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Full text of "Vorlesungen über Zahlentheorie"

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VORLESUNGEN  ÜBER 

MATHEMATIK 

VON 

LEOPOLD  KRONECKER. 

HERAUSGEGEBEN 
UNTER  MITWIRKUNG  EINER  VON  DER  KÖNIGLICH  PREUSSISCHEN 
AKADEMIE    DER   WISSENSCHAFTEN    EINGESETZTEN    KOMMISSION. 


IN  ZWEI  TEILEN. 


ZWEITER  TEIL. 


VORLESUNGEN  ÜBER 

ALLGEMEINE  ARITHMETIK. 


ERSTER  ABSCHNITT:   VORLESUNGEN  ÜBER  ZAHLENTHEORIE. 


LEIPZIG, 
DRUCK  UND  VERLAG  VON  B.  G.  TEUBNER. 

1901. 


VORLESUNGEN  ÜBER 

ZAHLENTHEORIE 


VON 


LEOPOLD  KRONECKER. 


ERSTER  BAND. 

ERSTE  BIS  DREIUNDDREISSIGSTE  VORLESUNG. 

BEARBEITET  UND  HERAUSGEGEBEN  VON 

Dh  kürt  hensel, 

PROFESSOR    DER    MATHEMATIK    AN    DER    UNIVERSITÄT    ZU    BERLIN. 


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MIT  7  FIGUREN  IM  TEXT. 


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LEIPZIG, 
DRUCK  UND  VERLAG  VON  B.  Q.  TEÜBNER. 

1901. 

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ALLE  RECHTE,  EINSCHLIESSLICH  DES  ÜBERSETZÜNGSRECHT8,  VORBEHALTEN. 


Vorwort. 


Die  drei  Vorlesungen  über  Zahlentheorie,  Determinantentheorie 
und  Algebra  bildeten  den  Hauptbestandteil  der  akademischen  Vorträge 
Leopold  Kroneckers  an  der  Berliner  Universität;  und  ebenso  hat  sich 
seine  wissenschaftliche  Lebensarbeit  zum  grofsen  Theile  in  diesen  drei 
Gebieten  bewegt. 

Schon  in  seiner  Antrittsrede  in  der  Berliner  Akademie  der  Wissen- 
schaften sprach  er  aus,  wie  sehr  ihn  gerade  diejenigen  Probleme 
fesselten;  welche  der  Arithmetik  und  der  Algebra  gemeinsam  sind;  und 
je  weiter  er  selbst  schaffend  in  seiner  Wissenschaft  vordrang;  desto 
deutlicher  wurde  ihm  der  enge  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden 
grofsen  Disziplinen  und  die  Notwendigkeit;  sie  aus  den  gleichen  Ge- 
sichtspunkten zu  behandeln.  So  wurde  auch  bei  jeder  Wiederholung 
die  Verbindung  zwischen  jenen  drei  Vorlesungen  eine  engere,  und  zu- 
letzt empfand  er  es  als  innere  Notwendigkeit,  sie  in  einen  Cyklus  zu 
vereinigen,  dem  er  den  zusammenfassenden  Namen  „Über  allgemeine 
Arithmetik"  gab.    x 

In  seinen  Vorlesungen  wollte  Kronecker  eine  Darstellung  jener 
Disziplinen  geben,  welche  alle  wesentlichen  gesicherten  Ergebnisse  der 
Forschung  bis  zur  Gegenwart  zu  einem  einheitlichen  organisch  geglie- 
derten Ganzen  zusammenfafst.  So  ergab  sich  mit  Notwendigkeit  eine 
Anordnung  des  Stoffes,  welche  in  vielen  Fällen  von  der  durch  die 
historische  Entwickelung  bedingten  wesentlich  verschieden  war.  Be- 
sonders mufsten  die  Prinzipien;  welche  im  neunzehnten  Jahrhundert 
erst  später  für  die  Wissenschaft  bestimmend  hinzutraten;  schon  im  An- 
fange entwickelt  werden;  wohin  sie  ihrer  Natur  und  Bedeutung  nach 
gehörten;  während  sie  sonst  vielfach  erst  dann  hinzugezogen  wurden; 
wenn  die  aus  ihnen  abzuleitenden  Folgerungen  dargestellt  werden 
sollten.  Endlich  mufs  ich  noch  auf  eine  Forderung  aufmerksam 
machen;  welche  Kronecker  bewufst  an  die  Definitionen  und  Beweise 
der  allgemeinen  Arithmetik  stellte;  und  durch  deren  strenge  Beachtung 
sich   seine  Darstellung   der  Zahlentheorie   und   der  Algebra  wesentlich 


F* 


4 


VI  Vorwort. 

von  fast  allen  übrigen  unterscheidet.  Er  meinte,  man  könne  und  man 
müsse  in  diesem  Gebiete  eine  jede  Definition  so  fassen,  dafs  durch 
eine  endliche  Anzahl  von  Versuchen  geprüft  werden  kann,  ob  sie  auf 
eine  Torgelegte  Gröfse  anwendbar  ist  oder  nicht.  Ebenso  wäre  ein 
Existenzbeweis  für  eine  Gröfse  erst  dann  als  völlig  streng  anzusehen, 
wenn  er  zugleich  eine  Methode  enthalte,  durch  welche  die  Gröfse, 
deren  Existenz  bewiesen  werde,  auch  wirklich  gefunden  werden  kann. 
Kronecker  war  weit  davon  entfernt,  eine  Definition  oder  einen  Beweis 
vollständig  zu  verwerfen,  der  jenen  höchsten  Anforderungen  nicht  ent- 
sprach, aber  er  glaubte,  dafs  dann  eben  noch  etwas  fehle,  und  er  hielt 
eine  Ergänzung  nach  dieser  Richtung  hin  für  eine  wichtige  Aufgabe, 
durch  die  unsere  Erkenntnis  in  einem  wesentlichen  Punkte  erweitert 
würde.  Aufserdem  glaubte  er,  dafs  eine  in  diesem  Sinne  strenge 
Formulierung  sich  im  allgemeinen  einfacher  gestaltet  als  eine  andere, 
bei  welcher  jene  Forderungen  noch  nicht  erfüllt  sind,  und  durch  seine 
Vorlesungen  hat  er  hierfür  wohl  in  vielen  Fallen  den  Beweis  erbracht. 

Diese  Gründe  haben  bewirkt,  dafs  sich  die  Vorlesungen  über 
Zahlentheorie,  deren  ersten  Band  ich  hiermit  der  Öffentlichkeit  über- 
gebe, in  einigen  wesentlichen  Punkten  von  den  früheren  Lehrbüchern 
über  diesen  Gegenstand  unterscheiden. 

Gauss  bestimmt  in  der  Einleitung  zu  seinen  „Disquisitiones  arith- 
meticae"  das  Gebiet  der  natürlichen  ganzen  Zahlen  als  das  Feld  der 
Arithmetik,  aber  er  selbst  war  gezwungen,  dieses  Gebiet  dadurch  zu  er- 
weitern, dafs  er  in  der  fünften  Sektion  desselben  Werkes  das  Reich 
der  quadratischen  Formen  von  zwei  Variablen,  in  der  siebenten  die 
Funktionen  von  x  hinzunahm,  welche  gleich  Null  gesetzt  die  Kreis- 
teilungsgleichungen ergeben. 

Kronecker  bezeichnet  nun  von  vorn  herein  die  Untersuchung  der 
rationalen  Zahlen  und  der  rationalen  Funktionen  von  einer  und  von 
mehreren  Variablen  als  die  Aufgabe  der  allgemeinen  Arithmetik.  Durch 
diese  Erweiterung  des  Bereiches  seiner  Wissenschaft  hat  er  den  Grund 
gelegt,  nicht  nur  für  die  erwähnten  höheren  Anwendungen  der  reinen 
Zahlentheorie,  sondern  auch  für  die  Determinantentheorie  oder  die 
Lehre  von  den  linearen  Gleichungen  und  für  die  Algebra  oder  die 
Theorie  der  höheren  Gleichungen.  Nachdem  in  dem  ersten  Teile  des 
vorliegenden  Bandes  die  Zerlegbarkeit  der  Zahlen  in  ihre  Primfaktoren 
und  die  Gesetze  der  Teilbarkeit,  d.  h.  die  Theorie  der  Kongruenzen 
nach  einem  Modul  auseinandergesetzt  ist,  wird  in  seinem  zweiten 
Teile  dargelegt,  dafs  man  mit  diesen  Definitionen  und  Methoden 
von  Gauss  auch  das  weitere  Reich  der  rationalen  Funktionen  beliebig 
vieler   Variablen    vollständig    beherrscht,  und    auch  hier   genau   die- 


Vorwort.  VII 

selben  Resultate  erhält,  wenn-  man  den  Begriff  der  Teilbarkeit  durch 
einen  Divisor  in  naturgemäßer  Weise  zum  Begriffe  der  Teilbarkeit 
durch  ein  Divisorensystem  erweitert. 

Wie  weit  die  Anwendbarkeit  dieser  Gaussischen  Prinzipien  reicht, 
lehren  schon  hier  die  geometrischen  Anwendungen,  sowie  die  wesent- 
liehen  Vereinfachungen,  welche  die  Theorie  der  Kreisteilungsgleichungen, 
die  Beweise  für  das  quadratische,  das  kubische  und  das  bi quadratische 
Reciprocitätsgesetz  und  die  Theorie  der  quadratischen  Formen  durch 
sie  erfahrt.  Ganz  besonders  wird  dies  aber  auch  in  den  späteren  Vor- 
lesungen dieses  Cyklus  hervortreten,  denn  auf  dieser  Grundlage  läfst 
sich  die  ganze  Determinantentheorie  und  ein  sehr  grofser  Teil  der 
Algebra  einheitlich  und  in  wunderbarer  Einfachheit  aufbauen. 

Gauss  hat  die  Arithmetik  zum  Range  einer  Wissenschaft  erhoben, 
aber  erst  Dirichlet  gab  ihr,  wie  schon  Eronecker  mit  Recht  hervorhob, 
wirklich  eigentliche  Methoden,  indem  er  zeigte,  dafs  und  wie  man 
ganze  Klassen  arithmetischer  Probleme  entweder  lösen,  oder  wenigstens 
die  arithmetische  Schwierigkeit  auf  eine  analytische  reduzieren  kann. 
Die  Methoden  Dirichlets  beruhen  wesentlich  auf  der  Einführung  des 
Grenzbegriffes  in  die  Arithmetik,  und  diese  Erweiterung  der  arithme- 
tischen Prinzipien  stellte  sich  bereits  für  die  elementare  Theorie  der 
quadratischen  Formen  als  unumgänglich  notwendig  heraus,  da  die 
Hauptfrage  nach  der  Darstellung  der  Klassenzahl  dieser  Formen  auf 
andere  Weise  nicht  gelöst  werden  konnte.  Trotzdem  wurde  aber  dieser 
Begriff  fast  in  allen  Lehrbüchern  entweder  gewissermaßen  notgedrungen 
erst  ganz  spät  hinzugenommen,  oder  es  wurden  überhaupt  alle  mit 
ihm  zusammenhängenden  Fragen  als  der  reinen  Arithmetik  fernliegend 
zunächst  unterdrückt,  und  später  in  einer  selbständigen  Darstellung 
zusammengefaßt. 

Auch  Kronecker  hat  in  der  Zeit  von  1871  bis  1882  unter  dem 
Titel  „Über  die  Anwendung  der  Analysis  auf  Probleme  der  Zahlen- 
theorie" allein  jene  Dirichletschen  Methoden  in  grofsen  sechsstündigen 
Vorlesungen  behandelt,  während  sein  Lehrer  und  Freund  E.  E.  Kummer 
die  sog.  „reine"  Zahlentheorie  vortrug.  Aber  er  erkannte  selbst,  dafs 
bei  dieser  mehr  aus  äufseren  Gründen  erfolgten  Scheidung  beide  Dis- 
ziplinen nicht  zu  ihrem  Rechte  kamen,  denn  der  logische  Aufbau  der 
Arithmetik  wurde  durch  die  Unterdrückung  oder  verspätete  Hinzu- 
ziehung des  Grenzbegriffes  verkümmert,  während  sich  die  Anwendungen 
der  Analysis  auf  die  Arithmetik  niemals  einheitlich  gestalten  liefsen, 
sondern  immer  den  Charakter  einer  äufserlichen  Zusammenfassung  be- 
grifflich fern  liegender  Fragen  behielten. 

Als  daher  nach  dem  Rücktritt  Kummers  im  Jahre  1883  die  Auf- 


VIII  Vorwort. 

gäbe  an  seinen  Nachfolger  herantrat,  das  ganze  Gebiet  der  Arithmetik 
systematisch  und  in  voller  Ausführlichkeit  zu  behandeln ,  da  zweifelte 
Kronecker  gerade  auf  Grund  der  bisher  gemachten  Erfahrungen  keinen 
Augenblick,  dafs  die  Methoden  der  Analysis  da  auseinanderzusetzen 
seien,  wohin  sie  begrifflich  gehören,  nämlich  schon  am  Anfange  der 
Darstellung,  und  so  erhalten  wir  im  dritten  Abschnitte  des  vorliegen- 
den Bandes  eine  ausführliche  Theorie  der  Mittelwerte  arithmetischer 
Funktionen,  aus  der  klar  hervorgeht,  dafs  es  wirklich  eben  nur  der 
Begriff  der  Grenze  ist,  welcher  zu  den  vorher  behandelten  arithme- 
tischen Definitionen  und  Methoden  als  neu  hinzutritt. 

Der  erste  Band  der  Zahlentheorie  schliefst  mit  dem  Beweise  des 
berühmten  Satzes,  dafs  jede  arithmetische  Reihe,  deren  Anfangsglied 
und  Differenz  teilerfremd  sind,  unendlich  viele  Primzahlen  enthält;  aber 
Kronecker  vervollständigt  den  Dirichletschen  Beweis  dieses  Satzes  in 
einem  wesentlichen  Punkte,  indem  er  nachweist,  dafs  man  für  jede  be- 
liebig grofs  anzunehmende  Zahl  ft  eine  gröfsere  Zahl  ]i  so  bestimmen 
kann,  dafs  in  dem  Intervalle  (ft  •  •  •  ]n)  sich  sicher  eine  Primzahl  der 
verlangten  Form  befindet.  Diese  schöne  Ergänzung  jenes  berühmten 
Beweises  ist  eine  Frucht  der  oben  erwähnten  höheren  Forderungen, 
welche  Kronecker  an  arithmetische  Beweise  stellte,  und  hier  scheint 
es  in  der  That,  dafs  durch  diese  Verbesserung  der  Dirichletsche  Be- 
weis nichts  an  Einfachheit  und  Durchsichtigkeit  verloren  hat. 

Für  die  Herausgabe  dieses  Werkes  lag  mir  ein  überreiches  Material 
in  den  sorgfältig  gesammelten  Notizen  Kroneckers  für  alle  seine  Vor- 
lesungen von  1863  bis  1891  vor;  ferner  standen  mir  sechs  zum  Teil 
sehr  eingehende  Ausarbeitungen  der  in  den  Wintersemestern  1883/84,  ♦ 
1885/86,  1887/88,  1889/90  gehaltenen  vier-  bezw.  sechsstündigen  Vor- 
lesungen zur  Verfügung,  endlich  eine  Ausarbeitung  der  Vorlesung, 
welche  im  Winter  1891  durch  den  Tod  Kroneckers  unterbrochen 
wurde.  Dann  habe  ich  noch  eine  sehr  gute  von  Professor  G.  Hettner 
herrührende  Bearbeitung  des  im  Wintersemester  1875/76  gehaltenen 
sechsstündigen  Kollegs  über  die  Anwendung  der  Analysis  auf  Probleme 
der  Zahlentheorie  vielfach  für  die  Herausgabe  benutzen  können.  Ich 
möchte  noch  kurz  angeben,  wie  ich  diese  reichen  Hülfsmittel  für  den 
vorliegenden  Band  benutzt  habe,  und  für  die  Fortsetzung  dieses  grofsen 
Werkes  zu  verwerten  gedenke. 

Kronecker  selbst  hat  über  den  Plan,  seine  Vorlesungen  heraus- 
zugeben, oft  und  eingehend  mit  mir  gesprochen;  aber  er  betonte  dabei 
stets,  dafs  sie  für  diesen  Zweck  noch  ganz  wesentlich  umgearbeitet 
und  systematisiert  werden  müfsten.    Liegt  doch  der  Wert  und  der  Reiz 


Vorwort.  IX 

akademischer  Vorlesungen  in  ganz  anderen  Vorzügen,  als  der  eines 
Lehrbuches  über  denselben  Gegenstand.  Hier  sollen  nicht  alle  Hülfs- 
mittel  zur  Durchforschung  des  ganzen  Gebietes  gegeben  werden,  wohl 
aber  soll  der  Lehrer  die  Begeisterung  für  jene  Disziplin  wecken,  er 
soll  die  Hörer  gewissermafsen  in  das  Innere  der  Werkstatt  der  Männer 
einfuhren,  welche  die  Wissenschaft  wirklich  gefordert  haben.  Hier 
kann  man  auf  eine  völlig  strenge  Disposition,  auf  eine  erschöpfende 
Darstellung  des  ganzen  Gebietes  verzichten,  denn  dies  findet  der 
Lernende  später  in  den  Lehrbüchern  und  Abhandlungen;  hier  darf  der 
Lehrer  auf  anregende  und  aussichtsvolle  Probleme  eingehen,  auch  wenn  die 
Untersuchung  noch  nicht  zu  einem  vollen  Abschlufs  geführt  werden 
kann,  denn  gerade  solche  Fragen  werden  empfängliche  Geister  viel 
tiefer  zu  eigenen  Problemstellungen  anregen,  als  vollständig  durch- 
geführte Untersuchungen.  Aufserdem  waren  die  Zuhörer  der  Kronecker- 
schen  Vorlesungen  grofsenteils  bereits  so  gut  vorgebildet,  dafs  er  viele 
Voruntersuchungen  als  bekannt  voraussetzen  konnte,  auf  die  bei  einer 
systematischen  Darstellung  notwendig  ausführlich  eingegangen  werden 
mufste. 

Alle  die  so  sich  ergebenden  wichtigen  Änderungen  gedachte 
Kronecker  bei  der  Herausgabe  selbst  zu  machen,  aber  nach  seinem 
Tode  fanden  sich  in  seinem  Nachlasse  gar  keine  Vorarbeiten  für  die 
Ausführung  dieses  Planes.  So  erwuchs  mir  denn  die  schwere  Auf- 
gabe, die  Bearbeitung  des  reichen  Materiales  nach  den  mir  wohl  be- 
kannten Intentionen  des  Meisters,  aber  ohne  seine  Hülfe  auszuführen, 
und  der  Wunsch,  dieser  Pflicht  nach  meinen  besten  Kräften  gerecht 
zu  werden,  hat  die  Herausgabe  dieses  ersten  Bandes  trotz  angestrengter 
Arbeit  etwas  verzögert.  Jetzt  sind  aber  die  Vorarbeiten  so  weit  ge- 
diehen, dafs  die  erste  Hälfte  des  zweiten  Bandes  der  Zahlentheorie 
und  die  erste  Hälfte  der  Determinantentheorie  bald  diesem  Bande 
folgen  können. 

Aus  den  Aufzeichnungen  und  Nachschriften  geht  hervor,  dafs 
Kronecker  seine  Vorlesungen  jedesmal  in  allen  wesentlichen  Punkten 
neu  durchgearbeitet  hat;  daher  die  sorgfältige  Formulierung  und  Be- 
handlung der  prinzipiell  wichtigen  Fragen.  Aber  aufserdem  wurden 
in  den  verschiedenen  Jahren  die  einzelnen  Teile  der  Zahlentheorie 
das  eine  Mal  sehr  eingehend  behandelt,  das  andere  Mal  nur  kürzer 
skizziert,  und  so  ergab  sich  die  dankbare  Aufgabe,  aus  allen  jenen 
Vorlesungen  eine  gleichmäfsige  Darstellung  des  ganzen  Gebietes  her- 
auszuarbeiten, wie  sie  der  Verewigte  in  einer  länger  ausgedehnten  Vor- 
lesung vielleicht  gegeben  hätte.  In  der  hier  gegebenen  Bearbeitung 
habe  ich  keine  wesentliche  Untersuchung  fortgelassen,  welche  Kronecker 


X  Vorwort. 

in  einer  dieser  Vorlesungen  durchgeführt  hat,  und  ebenso  wenig  habe 
ich  es  gewagt,  irgend  ein  Problem  aufzunehmen,  welches  Kronecker 
nicht  wenigstens  irgend  einmal  gestreift  hätte.  Einige  Untersuchungen, 
deren  Resultate  oder  Methoden  mir  wertvoll  erschienen,  habe  ich  in 
den  Anmerkungen  am  Ende  dieses  Bandes  kurz  dargestellt,  während 
einige  gröfsere  Zusätze  am  Ende  des  ganzen  Werkes  hinzutreten 
sollen. 

Während  so  der  Ideenkreis  dieses  Buches  im  wesentlichen  der 
geblieben  ist,  innerhalb  dessen  sich  die  Vorlesungen  bewegten,  habe 
ich  mich  besonders  zu  erreichen  bemüht,  dafs  dieses  Werk  auch  ein 
vollständiges  systematisches  Lehrbuch  der  Zahlentheorie  würde,  ohne 
dafs  der  persönliche  Reiz  der  Eroneckerschen  Darstellung  verloren 
ginge.  Ich  habe  daher  die  Anordnung  des  Stoffes  vollständig  nach 
eigenem  Ermessen  gemacht,  und  ich  habe  an  vielen  Stellen  die  Hülfs- 
untersuchungen  und  vorbereitenden  Sätze,  auf  welche  sich  Kronecker 
einfach  bezog,  dargestellt  und  eingehend  begründet,  in  dem  Wunsche, 
dafs  diese  Vorlesungen  auch  dem  nicht  vorgebildeten  Leser  zugänglich 
sein  möchten.  Aus  demselben  Grunde  hielt  ich  es  auch  für  nötig,  die 
Darstellung  an  vielen  Stellen  ausführlicher  zu  gestalten.  Endlich 
habe  ich  besonders  in  der  achtzehnten  Vorlesung  die  Untersuchungen 
Kroneckers  selbständig  weitergeführt,  damit  das  interessante  Problem 
der  Dekomposition  der  Modulsysteme  in  diesem  Lehrbuche  auch  zu 
einem  befriedigenden  Abschlüsse  geführt  werde.  Die  von  mir  ge- 
machten wesentlichen  und  unwesentlichen  Zusätze  habe  ich  im  An- 
hange  so  genau  angegeben,  dafs  der  Leser  den  ursprünglichen  Inhalt 
der  Kroneckerschen  Vorlesungen  leicht  wieder  herstellen  kann. 

Vor  der  definitiven  Drucklegung  hat  Herr  Professor  J.  L.  Heiberg 
in  Kopenhagen  die  historische  Einleitung  und  Herr  Professor  G.  Frobenius 
sowie  Herr  Dr.  E.  Landau  einen  grofsen  Teil  des  ganzen  Werkes  sehr 
sorgfältig  durchgesehen;  einige  Verbesserungsvorschläge  dieser  Gelehrten 
habe  ich  mit  herzlichem  Danke  benutzt.  Ferner  hat  mich  Herr 
Weymann  bei  der  Redaktion  der  ersten  und  Herr  Dr.  Fuchs  bei  der 
Korrektur  der  zweiten  Hälfte  dieses  Bandes  in  dankenswertester  Weise 
unterstützt. 

Sollte  es  mir  gelungen  sein,  den  Lesern  dieses  Werkes  auch  nur 
einen  Teil  der  hellen  Freude  zu  gewähren,  mit  der  die  Schüler 
Kroneckers  den  Vorträgen  des  Meisters  folgten,  so  würde  ich  mich 
für  die  grofse  auf  die  Herausgabe  verwandte  Arbeit  reich  belohnt  und 
zur  Fortarbeit  an  diesem  schönen  Werke  ermutigt  fühlen. 

Berlin,  den  5.  März  1901. 


Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes. 


Seite 

Einleitung 1—56 

Erste  Vorlesung 1—13 

Einleitung.  Alter,  Begründung  und  Abgrenzung  der  Arithmetik.  — 
Geschichte  der  Arithmetik.  Die  orientalischen  Völker.  Die  Arith- 
metik bei  den  Griechen.  —  Euklid.  Die  Elemente.  Vollkommene 
Zahlen.  Anzahl  aller  Primzahlen.  Jede  arithmetische  Reihe  ent- 
halt unendlich  viele  Primzahlen.  —  Diophant.  Theon.  Hypatia.  — 
Die  Araber.    Die  arabischen  Ziffern. 

Zweite  Vorlesung 14—39 

Niedergang  der  Wissenschaften  im  Mittelalter.  —  Die  Arithmetik  im 
siebzehnten  und  achtzehnten  Jahrhundert.  —  Fermat  und  einige  von 
seinen  Sätzen.  —  Beweis  des  sog.  kleinen  Fermatschen  Satzes.  —  Die 
Polygonalzahlen.  —  Der  sog.  grofse  Fermatsche  Satz:  Die  Gleichung 
3?  +  yn  —  *n  "t  nur  für  n  =  2  in  ganzen  Zahlen  lösbar.  —  Euler ; 
sein  Leben  und  einige  seiner  arithmetischen  Arbeiten.  —  Die  voll- 
kommenen und  die  befreundeten  Zahlen.  —  Diophantische  Probleme. 

—  Eulers  Lösung  des  Fermatschen  Problemes  in  den  Fällen  n  =  2 
und  nsi  —  Die  Pellsche  Gleichung.  —  Das  Reciprocitätsgesetz. 

—  Legendre  und  sein  Essai  sur  la  the'orie  des  nombres. 

Dritte  Vorlesung i 40—56 

Die  beiden  Hauptrichtungen  der  Arithmetik  im  neunzehnten  Jahr- 
hundert. —  Gauss  und  der  systematische  Aufbau  der  Arithmetik  in 
den  disquisitiones  arithmeticae.  —  Inhaltsübersicht.  —  Das  Problem 
der  Kreisteilung.  —  Dirichlet,  Jacobi,  Kummer.  —  Theorie  der  alge- 
braischen Zahlen;  arithmetische  Behandlung  dieses  Problemes.  — 
Dirichlet  und  die  Anwendung  der  Analysis  auf  Probleme  der  Zahlen - 
theorie.  —  Beispiele:  Die  Binomial-  und  Polynomialkoefficienten  sind 
ganze  Zahlen.  —  Einige  Untersuchungen  Eulers  aus  diesem  Gebiete. 

Erster  Teil.     Teilbarkeit  und  Kongruenz  im  Gebiete   der  Zahlen    57-142 

Vierte  Vorlesung 57—64 

Systematische  Arithmetik.  —  Der  Zahlbegriff.  —  Die  Ordnungszahlen. 

—  Die  Kardinalzahlen.  —  Der  Begriff  der  Anzahl.  —  Addition.  — 
Vertauschbarkeit  der  Summanden.  —  Die  Multiplikation.  —  Ver- 
tauschbarkeit  der  Faktoren  eines  Produktes. 


XII  Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes. 

Seite 

Fünfte  Vorlesung 65—72 

Die  Dekomposition  der  Zahlen.  —  Bestimmung  der  Teiler  einer  Zahl. 

—  Die  Anzahl  der  auszuführenden  Operationen  ist  endlich.  —  Auf- 
stellung aller  Teiler  einer  Zahl.  —  Die  Primzahlen.  —  Elementare 
Eigenschaften  der  Primzahlen.  —  Zerlegung  einer  Zahl  in  ihre  Prim- 
faktoren. —  Beweis  der'  Eindeutigkeit  jener  Zerlegung. 

Sechste  Vorlesung 73—82 

Darstellung  der  ganzen  Zahlen  durch  ihre  Exponentensysteme.  — 
Die  Teilbarkeit  einer  Zahl  durch  eine  andere.  —  Die  gemeinsamen 
Teiler  zweier  Zahlen  und  ihr  gröTster  gemeinsamer  Teiler.  —  Teiler- 
fremde Zahlen.  —  Die  gemeinsamen  Multipla  zweier  Zahlen  und  ihr 
kleinstes  gemeinsames  Vielfaches.  —  Ausdehnung  auf  beliebig  viele 
Zahlen.  —  Hauptsätze  über  die  Teilbarkeit  der  ganzen  Zahlen.  — 
Die  Summe  der  nton  Potenzen  aller  Divisoren  einer  Zahl. 

Siebente  Vorlesung 83—96 

Die  Kongruenz  der  Zahlen.  —  Kongruenz  und  Äquivalenz.  —  Die 
Grundregeln  für  das  Rechnen  mit  Kongruenzen.  —  Kongruenzen  für 
einen  Primzahlmodul.  —  Anwendungen. 

Achte  Vorlesung : 96—105 

Die  höheren  Kongruenzen.  —  Aufsuchung  ihrer  Wurzeln.  —  Haupt- 
sätze über  die  höheren  Kongruenzen.  —  Anzähl  der  Wurzeln  einer 
Kongruenz.  —  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  —  Anwen- 
dungen: Der  Wilsonsche  und  der  Fermatsche  Satz. 

Neunte  Vorlesung 106—120 

Lineare  Kongruenzen.  Bedingung  für  ihre  Auflösbarkeit.  Anzahl 
ihrer  Wurzeln.  —  Auflösung  der  linearen  Kongruenzen;  erste  Me- 
thode: Reduktion  auf  lineare  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul. 

—  Die  Einheiten  modulo  p.  —  Beweis  des  Wilsonschen  Satzes.  — 
Zweite  Auflösungsmethode  mit  Hülfe  der  Theorie  der  Kettenbrüche. 

Zehnte  Vorlesung 121—130 

Anwendung  der  Theorie  der  linearen  Kongruenzen.  —  Die  Einheiten 
und  die  Teiler  der  Null  für  einen  zusammengesetzten  Modul  m.  — 
Die  Anzahl  q>  (m)  der  Einheiten  modulo  m.  -1-  Die  Verallgemeinerung 
des  Fermatschen  Satzes.  —  Bestimmung  der  Zahl  tp(m).  —  Die  Ver- 
allgemeinerung des  Wilsonschen  Satzes. 

Elfte  Vorlesung 131—142 

Die  Invarianten  der  Kongruenz.  —  Arithmetische  und  analytische 
Invarianten.  —  Jede  Invariante  der  Kongruenz  ist  eine  symmetrische 
Funktion  aller  kongruenten  Zahlen.  —  Arithmetische  Untersuchung 
der  Fundamentalinvariante  der  Kongruenz. 

Zweiter  Teil.    Die  Rationalitätsbereiche  und  die  Theorie  der  Modnl- 
systeme .     143—241 

Zwölfte  Vorlesung 143-153 

Die  Kongruenz  nach  einem  Modulsystem.  —  Teiler  eines  Modul- 
systems. —  Äquivalente  Modulsysteme.  —  Reduktion  der  Modul- 
systeme. —  Theorie  der  ganzzahligen  Formen.  —  Äquivalente  Formen. 

—  Einheitsformen. 


Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes.  XIII 

Seite 

Dreizehnte  Vorlesung 154—169 

Die  Rationalitätsbereiche.  —  Allgemeine  Theorie  der  Modulsysteme. 

—  Allgemeine  Theorie  der  Formen.  —  Der  gröfste  gemeinsame  Teiler 
zweier  Divisorensysteme.  —  Die  Komposition  der  Modulsysteme.  — 
Anwendungen.  —  Die  Verallgemeinerung  des  Fermatschen  Theoremes. 

Vierzehnte  Vorlesung  ....       170— 17(5 

Der  Rationalitätsbereich  von  einer  Veränderlichen.  —  Das  Eukli- 
dische Verfahren  zur  Bestimmung  des  gröfsten  gemeinsamen  Teilers 
für  (fiesen  Bereich.  —  Die  Modulsysteme  erster  und  zweiter  Stufe. 

—  Beispiele.  —  Reine  und  gemischte  Modulsysteme  zweiter  Stufe. 

Fünfzehnte  Vorlesung 177—184 

Die  reinen  DivisorenBysteme  erster  Stufe  oder  die  ganzen  ganz- 
zahligen Funktionen.  —  Ihre  Zerlegung  in  irreduktible  Faktoren.  — 
Beweis  der  Eindeutigkeit  dieser  Zerlegung.  —  HülfBsätze. 

Sechzehnte  Vorlesung 185—193 

Die  reinen  Divisorensysteme  zweiter  Stufe.  —  Ihre  charakteristischen 
Eigenschaften.  —  Die  Anzahl  der  inkongruenten  Gröfsen  ist  stets 
endlich.  —  Die  Einheiten.  —  Verallgemeinerung  des  Fermatschen 
Satzes.  —  Komplementäre  Einheiten. 

Siebzehnte  Vorlesung 194—201 

Die  Dekomposition  der  reinen  Modulsysteme  zweiter  Stufe  (m,f.(x)). 

—  Zerlegung  derselben  in  die  Systeme  (p*t  f. ix)).  —  Reduktion  der 
einfachsten  Systeme  (p,  f.(x)).  —  Reduktion   der  Systeme  (pf,  f.(x)) 

und  (p8,  f.(x)).  —  Die  reduzierte  Form  der  Systeme  zweiter  Stufe.  » 

Achtzehnte  Vorlesung 202—211 

Erste  Reduktion  eines  beliebigen  Modulsystemes  (jp*,  fx ,  •  •  •  fv).  — 
Weitere  Reduktion  desselben  Systemes.  —  Beweis,  dafs  das  so  ge- 
fundene System  ein  reduziertes  ist. 

Neunzehnte  Vorlesung 212—228 

Die  Teiler  modulo  p  der  ganzen  Funktionen  von  x.  —  Der  gröfste 
gemeinsame  Teiler  modulo  p.  —  Die  Primfunktionen  modulo  p.  — 
Die  Primmodulsysteme  (p,  P(x)).  —  Ihre  Analogie  mit  den  Prim- 
zahlen. —  Eindeutigkeit  der  Zerlegung  der  ganzen  Funktionen  in 
Primfaktoren  modulo  p.  —  Zerlegung  des  Systemes  (p,  fix)).  —  Prim- 
modulsysteme und  unzerlegbare  Modulsysteme.  —  Untersuchung  des 
Bereiches  [x]  für  ein  Primmodulsystem.  —  Der  Fermatsche  Satz  und 
der  Wilsonsche  Satz  für  ein  Primmodulsystem.   —   Zerlegung  der 

Funktion  x*  —  x  modulo  p.  —  Die  einfachen  Modulsysteme.  —  Ihre 
Fundamentaleigenschaften.  —  Dekomposition  eines  beliebigen  Divi- 
sorensystemes  in  einfache  Systeme. 

Zwanzigste  Vorlesung 229 — 241 

Die  Modulsysteme  im  Bereiche  von  mehreren  Veränderlichen.  —  Die 
Zerlegung  der  ganzen  Gröfsen  in  ihre  Primfaktoren.  —  Die  Ratio- 
nalitätsbereiche { ft,  y,  -  •  *  * } .  —  Der  Rang  oder  die  Stufe  der  Divi- 
sorensysteme. —  Geometrische  Anwendungen.  —  Die  unzerlegbaren 
and  die  Primmodalsysteme.  —  Der  Bereich  {#, y, *}  und  die  zu- 
gehörigen Primmodulsysteme.  —  Modulsysteme  und  LinearformeiL 


XIV  Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes. 

Seite 

Dritter  Teil.  Anwendung  der  Analyst»  auf  Probleme  der  Zahlentheorie    242—374 

Einundzwanzigste  Vorlesung 242—263 

Zahlensysteme.  —  Neue  Begründung  der  Fundamentaleigenschaften 
der  Funktion  q>(n).  —  Beweis  einer  arithmetischen  Identität.  —  Die 
Zahlen  *m.  —  Die  summatorischen  Funktionen.  —  Anwendungen: 
Die  Fundamentaleigenschaft  der  Zahlen  sm.  —  Berechnung  der  Po- 
tenzsummen aller  inkongruenten  Einheiten  modulo  m. 

Zweiundzwanzigste  Vorlesung 264 — 280 

Analytischer  Beweis  der  eindeutigen  Zerlegbarkeit  der  Zahlen  in  ihre 
Primfaktoren.  —  Die  Dirichletschen  Reihen.  —  Ihre  Konvergenz.  — 
Eine  Funktion  kann  nur  auf  eine  Art  durch  eine  Dirichletsche  Reihe 
dargestellt  werden.  —  Anwendungen:  Analytische  Begründung  arith- 
metischer Sätze.  —  Bestimmung  der  Anzahl  und  der  Summe  aller 
Teiler  einer  Zahl.  —  Untersuchung  der  Funktion  <p(n).  —  Analy- 
tischer Beweis  des  Satzes,  dafs  die  Anzahl  aller  Primzahlen  unend- 
lich grofs  ist.  —  Analytischer  Beweis  arithmetischer  Reprocitäts- 
gleichungen.  —  Anwendungen. 

Dreiundzwanzigste  Vorlesung 281—298 

Die  Kreist eilungsfunktionen  xn  —  1.  —  Die  primitiven  Funktionen 
Fn(x)  und  ihre  Eigenschaften.  —  Die  Berechnung  der  primitiven 
Funktionen.  —  Die  Kreisteilungsgleichungen  und  die  Wurzeln  der 
Einheit.  —  Die  primitiven  n4*"  Einheitswurzeln.  —  Anwendungen: 
Die  Anzahl  der  Primzahlen  unterhalb  einer  gegebenen  Grenze. 

Vierundzwanzigste  Vorlesung 299 — 325 

Die  arithmetische  Funktion  %  (M,  N).   —  Ihre  genaue  Berechnung. 

—  Anwendung:  Bestimmung  der  Anzahl  aller  Primzahlen  unterhalb 
einer  gegebenen  Grenze.  —  Näherungsweise  Berechnung  der  Funk- 
tion %  (M>  N)'  —  Die  arithmetische  Funktion  ffl  (A,  D).  —  Ihr  ge- 
nauer Wert.  —  Näherungsweise  Berechnung  dieser  Funktion.  — 
Anwendung:  Die  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dafs  zwei  beliebige 
Zahlen  teilerfremd  sind.  —  Der  Mittelwert  arithmetischer  Funk- 
tionen. —  Berechnung  des  Mittelwertes  mit  Hülfe  der  Eulerschen 
Summenformel.  —  Anwendungen.  —  Berechnung  des  Mittelwertes 
mit  Hülfe  der  Dirichletschen  Reihen. 

Fünfundzwanzigste  Vorlesung  . 326 — 342 

Die  arithmetischen  Funktionen  von  Zahlensystemen  und  ihre  Mittel- 
werte. —  Anwendungen:   Die  mittleren  Werte  der  Funktionen  <p(n) 

und    -      •  —  Ober  die  arithmetischen  Funktionen,  welche  von  den 
n 

Divisoren  einer  Zahl  abhängen  und  über  die  Mittelwerte  derselben. 

—  Die  gröfseren  und  kleineren  Divisoren  einer  Zahl. 

Sechsundzwanzigste  Vorlesung , 343 — 374 

Der  Mittelwert  für  die  Anzahl  der  Divisoren.  —  Folgerungen  aus 
diesem  Resultate.  —  Die  Summe  der  Divisoren.  —  Die  Summe  der 
reziproken  Teiler.  —  Die  Summe  der  Logarithmen  aller  Teiler.  — 
Der  Überschufs  der  Teiler  von  der  Form  4n  +  1  über  die  von  der 
Form  4n  —  1  und  der  Mittelwert  dieser  Anzahl. 


Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes.  XV 

Seite 

Vierter  Teil«  Allgemeine  Theorie  der  Potenzreste  und  Beweis  des 
Satzes  über  die  arithmetische  Progression 375—496 

Siebenundzwanzigste  Vorlesung 375 — 388 

Theorie  der  Potenzreste  für  einen  zusammengesetzten  und  für  einen 
Primzahlmodul.  —  Einteilung  der  Einheiten  modulo  p  nach  dem  Ex- 
ponenten, zu  welchem  sie  gehören.  —  Die  primitiven  Wurzeln.  — 
Theorie  der  Indices  für  einen  Primzahlmodul.  —  Jacobis  „Canon 
arithmeticus".  —  Anwendungen:  Die  Auflösung  linearer  Kongruenzen. 
—  Beweis  des  Wilsonschen  Satzes.  —  Auflösung  der  reinen  Kon- 
gruenzen für  einen  Primzahlmodul. 

Achtundzwanzigste  Vorlesung 389—415 

Die  höheren  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  —  Die  Bedin- 
gung für  die  Existenz  einer  Kongruenz wurzel.  —  Erste  Herleitung 
der  Bedingungen  für  die  Existenz  von  8  inkongruenten  Wurzeln 
einer  Kongruenz.  —  Die  Systeme  oder  Matrizen.  —  Der  Rang  der 
Systeme.  —  Zweite  Herleitung  der  Bedingungen  für  die  Existenz 
von  8  inkongruenten  Wurzeln  einer  Kongruenz.  —  Die  recurrierenden 
Reihen.  —  Ihre  Ordnung.  —  Die  Ordnung  von  ganzzahligen  recur- 
rierenden Reihen  für  einen  Primzahlmodul.  —  Der  Grad  des  gröfsten 
gemeinsamen  Teilers  zweier  ganzzahligen  Funktionen  für  einen  Prim- 
zahlmodul. 

Neunund zwanzigste  Vorlesung 416 — 437 

Einteilung  der  Einheiten  für  einen  zusammengesetzten  Modul  nach 
dem  Exponenten,  zu  welchem  sie  gehören.  —  Existenzbeweis  für 
die  primitiven  Wurzeln  in  Bezug  auf  eine  Primzahlpotenz  und  das 
Doppelte  einer  solchen.  —  Die  Einheiten  modulo  2\  —  Die  Index- 
systeme der  Einheiten  für  zusammengesetzte  Moduln.  —  Anwen- 
dungen: Die  Darstellung  aller  nicht  äquivalenten  reduzierten  Brüche 
mit  gegebenem  Nenner.  Die  Entwickelung  rationaler  Brüche  nach 
fallenden  Potenzen  einer  Grundzahl.  Die  Anzahl  der  periodischen 
und  nichtperiodischen  Glieder  dieser  Entwickelung.  —  Anwendung 
auf  die  Theorie  der  Dezimalbrüche. 

Dreifsigste  Vorlesung 438—450 

Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  mh  +  r,  sobald 
(w,  r)  «=  l  ist.  —  Beweis  dieses  Satzes  für  einige  spezielle  Fälle.  — 
Schärfere  Formulierung  der  Aufgabe.  —  Die  Charaktere  einer  Zahl 
r  modulo  m.  —  Grundeigenschaften  der  Charaktere.  —  Der  Haupt- 
charakter, die  reciproken  und  die  ambigen  Charaktere. 

Einunddreifsigste  Vorlesung 461 — 464 

Beispiel:  Der  Fall  m  =  4.  Die  Anzahl  der  Primzahlen  von  der 
Form  4n  +  1  und  4n  —  1  ist  unendlich  grofs.  —  Aufstellung  der 
Grundgleichung.  —  Abschätzung  ihrer  einzelnen  Bestandteile.  — 
Spezialisierung  der  Grundgleichung  für  die  beiden  möglichen  Fälle 
und  Beweis  des  Dirichletschen  Satzes. 

Zweionddreifsigste  Vorlesung 466—479 

Der  allgemeine  Satz  über  die  Primzahlen  in  einer  arithmetischen 
Reihe.  —  Vereinfachung  der  Aufgabe.  —  Aufstellung  der  Grund- 
gleichung.  —   Abschätzung    ihrer  Glieder.   —   Spezialisierung  der 


XVI  Inhaltsverzeichnis  des  ersten  Bandes. 

Seite 

Grundgleichung:  Die  dem  Hauptcharakter  entsprechende  Gleichung. 
—  Die  den  übrigen  Charakteren  entsprechende  Gleichung.  —  Be- 
weis des  Dirichletschen  Satzes.  —  Folgerung:  Die  Primzahlen  ver- 
teilen sich  nahezu  gleichmäfsig  auf  die  <p(m)  Reihen  mx  +  r. 

Dreiunddreifsigste  Vorlesung 480 — 496 

VI  ß(*)(n) 

Beweis,  dafs  die  (qp  (m)  —  1)  Reihen    ^ —  von  Null  verschieden 

sind.  —  Die  den  ambigen  Charakteren  entsprechenden  Reihen.  — 
Angabe  einer  unteren  Grenze  für  ihren  Zahl  wert.  —  Die  den  kom- 
plexen Charakteren  entsprechenden  Reihen.  —  Bestimmung  einer 
unteren  Grenze  für  den  absoluten  Betrag  derselben.  —  Über  die  An- 
wendung der  Dirichletschen  Methoden  auf  höhere  Probleme  der 
Arithmetik.  —  Die  linearen,  die  quadratischen  und  die  allgemeinen 
zerlegbaren  Formen.  —  Die  Theorie  der  Einheiten. 

Anmerkungen  zum  ersten  Bande 497 — 509 


Erste  Vorlesung. 

Einleitung.  Alter,  Begründung  und  Abgrenzung  der  Arithmetik.  —  Geschichte  der 
Arithmetik.  Die  orientalischen  Völker.  Die  Arithmetik  bei  den  Griechen.  — 
Euklid.  Die  Elemente.  Vollkommene  Zahlen.  Anzahl  aller  Primzahlen.  Jede 
arithmetische  Reihe   enthält  unendlich   viele   Primzahlen.    —   Diophant.  Theon. 

Hypatia.  —  Die  Araber.    Die  arabischen  Ziffern. 

§1. 

Die  Zahlentheorie ,  mit  der  wir  uns  in  diesen  Vortragen  beschäf- 
tigen wollen,  ist  als  fest  begründete  Disciplin  von  allen  Zweigen  der 
Mathematik  der  jüngste,  dagegen  kann  sie  mit  vollem  Rechte  den  An- 
spruch erheben,  das  älteste  Forschungsgebiet  des  menschlichen  Geistes 
gebildet  zu  haben.  Sind  doch  die  Zahlen,  speziell  die  ganzen  Zahlen, 
gewifs  die  früheste  mathematische  Errungenschaft  der  Menschen,  und 
ganze  Kulturperioden  mögen  zwischen  der  Zeit  ihrer  Einführung  und 
z.  B.  der  Entstehung  der  geometrischen  Grundbegriffe  verflossen  sein. 
So  machten  auch  die  ersten  Menschen,  die  sich,  soviel  wir  wissen,  wirk- 
lichen mathematischen  Untersuchungen  zuwendeten,  die  Babylonier,  die 
Arithmetik  zum  Gegenstande  derselben. 

Trotzdem  ist  die  Geometrie  viel  eher  zu  einer  einheitlichen  Wissen- 
schaft geworden  und  verdiente  schon  zur  Zeit  der  Griechen  diesen 
Namen  vollständig,  während  die  Arithmetik  erst  in  unserm  Jahrhundert 
ihrer  Vollendung  entgegengeführt  wurde.  Allerdings  findet  sich  ein 
wahrscheinlich  auf  pythagoräischer  Grundlage  fufsender  Versuch,  die 
Zahlentheorie  wissenschaftlich  zu  begründen,  bei  Euklid,  einem  Schüler 
Piatos,  der  um  300  v.  Chr.  unter  Ptolemaeus  Soter  in  Alexandrien 
lebte  und  dort  sein  Hauptwerk,  die  „Elemente"  (<sx<H%£Za)  verfafste. 
Das  siebente,  achte  und  neunte  seiner  uns  erhaltenen  dreizehn  Bücher 
geben  eine  systematische  Lehre  von  den  Zahlen.  Auf  Grund  verhältnis- 
mäfsig  weitgehender  Forschungen  bietet  er  uns  hierin  mit  ihren  Be- 
weisen eine  gröfsere  Anzahl  interessanter  arithmetischer  Resultate,  die 
ungeachtet  seiner  auch  in  dieser  Darstellung  unverkennbaren  geome- 
trischen Tendenz  in  ihrer  wahren  Bedeutung  von  ihm  voll  erkannt  und 
gewürdigt  worden  sind. 

Kronecker,  Zahlentheorie.    I.  1 


2  Erste  Vorlesung. 

Es  ist  bemerkenswert;  dafs  dieses  Unternehmen  Euklids,  die 
Zahlenkunde  zum  Range  einer  Wissenschaft  zu  erheben,  mehr  als  zwei 
Jahrtausende  hindurch  keine  Nachahmung  gefunden  hat;  denn  so  be- 
deutend auch  die  Leistungen  der  auf  Euklid  im  Laufe  der  Entwick- 
lung folgenden  Zahlentheoriker  sind,  der  einheitliche  Aufbau  und  die 
systematische  wissenschaftliche  Darstellung  dieser  Disciplin  sind  erst  ganz 
neuen  Datums.  Wir  verdanken  sie  dem  grofsen  Gaufs }  und  zwar  als 
sein  höchstes,  unsterbliches  Verdienst,  und  selten  ist  wohl  ein  epoche- 
machendes Buch  unter  einem  so  bescheidenen  Titel  in  die  Welt  hin- 
ausgetreten, wie  seine  im  Jahre  1801  erschienenen  „disquisitiones 
arithmeticae",  die  noch  für  lange  Zeit  den  Kanon  der  „Zahlentheorie" 
bilden  werden.  Diese  jetzt  geläufig  gewordene  Bezeichnung  für  unsere 
Wissenschaft  ist  eine  Übersetzung  des  französischen  „theorie  des 
nombres".  Gaufs  hat  ihr  stets  den  Namen  „höhere  Arithmetik"  (arith- 
metica  sublimior)  beigelegt. 

§2. 

In  der  Vorrede  zu  seinem  grundlegenden  Werke  versucht  Gaufs, 
seine  Arithmetik  von  den  übrigen  mathematischen  Disciplinen  durch 
die  folgende  Definition  abzugrenzen: 

„disquisitiones  in  hoc  opere  contentae  ad  eam  matjjeseos  partem 
pertinent,  quae  circa  numeros  integros  versatur,  fractis  plerum- 
que,  surdis  semper  exclusis." 

Indem  er  so  als  das  Objekt  der  Zahlentheorie  wesentlich  nur  die  ganzen 
Zahlen  ansieht  und  insbesondere  die  irrationalen  (numeri  surdi)  streng 
ausgeschlossen  wissen  will,  trennt  er  den  Gegenstand  seiner  Betrach- 
tungen vielleicht  etwas  zu  scharf  von  den  Teilen  der  Mathematik,  die 
sich  auf  die  Eigenschaften  anderer  mathematischer  Grössen  (quantitates) 
beziehen.  Eine  derartige  Abgrenzung  des  Bereiches  einer  Wissenschaft 
kann  überhaupt  nicht  gut  gegeben  werden,  solange  diese  sich  weiter 
und  weiter  entwickelt,  und  dabei  ihr  Gebiet  organisch  ausdehnt.  Aufser- 
dem  aber  ist  es  naturgemäfs  beinahe  unmöglich,  die  Aufgabe  einer 
Wissenschaft  im  Anfange  einer  Darstellung  derselben  einem  Leser  deut- 
lich zu  machen,  dem  ja  zunächst  noch  alle  Vorkenntnisse  fehlen ;  man  mufs 
sich  vielmehr  vom  theoretischen  Standpunkte  aus  damit  begnügen,  gewisse 
Beispiele  und  Aufgaben  bedeutsamer  Natur  herauszugreifen  und  dadurch 
die  Eigenart  des  betreffenden  Erkenntnisgebietes  zu  charakterisieren.  Für 
unsern  Fall  würde  man  z.  B.  hervorheben  können,  „dafs  es  sich  in  der 
Zahlentheorie  um  die  Untersuchung  der  Zahlen  bezüglich  ihrer  Teil- 
barkeit, ihres  Charakters  als  Quadrate  oder  Kuben  u.  s.  f.  handelt".   Da- 


§  2.   Abgrenzung  der  Arithmetik.  3 

gegen  ist  es  nicht  wohl  möglich,  ihr  von  vornherein  bestimmte  Zahl- 
gebilde vorschreiben,  mit  denen  sie  sich  befassen  soll. 

Der  Gaufsische  Ausspruch,  der  die  Zahlentheorie  in  Gegensatz  zur 
Analysis  und  Algebra  zu  setzen  bestimmt  ist,  hat  nur  dann  eine  Be- 
rechtigung, wenn  die  Quantitäten,  welche  er  ausgeschlossen  wissen  will, 
der  Geometrie  oder  der  Mechanik  entnommen  sind,  falls  man  nicht  etwa 
auch  sie  in  Zahlen  übersetzen  und  als  solche  definieren  will. 

Die  engere  Abgrenzung  unserer  Wissenschaft  der  reinen  Algebra 
und  Analysis  gegenüber  ist  in  der  That  gar  nicht  durchzuführen.  Dafs 
dem  so  ist  und  dafs  die  Beschrankung  auf  die  rationalen,  sowie  der 
Ausschlufs  der  irrationalen  Zahlen  nicht  aufrecht  erhalten  werden 
können,  beweisen  die  „disquisitiones"  selbst  am  deutlichsten;  denn  die 
ganze  siebente  Section  dieses  Werkes,  die  die  Theorie  der  Kreisteilung 
behandelt,  ist  ja  der  Betrachtung  trigonometrischer  Gröfsen,  also 
irrationaler  Zahlen  gewidmet. 

Auch  die  Meinung,  es  müsse  die  Verwendung  von  Buchstaben  in 
der  Algebra  als  ein  wesentliches  Unterscheidungsmoment  derselben  gegen- 
über der  Zahlentheorie  gelten,  läfst  sich  unter  Berufung  auf  Gaufs 
selbst  widerlegen.  Er  hat  nämlich  zuerst  den  folgenreichen  Schritt 
gethan,  unbestimmte  Grössen  systematisch  in  die  Arithmetik  einzu- 
führen; ein  fruchtbarer  Gedanke,  dessen  ersten  Spuren  wir  bei  Diqphant 
und  seinem  gröfsen  Ausleger  Fermat  begegnen.  Freilich  haben  sich 
später  noch  Euler  und  Lagrange  ausführlich  mit  der  Theorie  der 
sogenannten  quadratischen  Formen  aa?  +  ^xy  -f-  cy2  beschäftigt;  sie 
thaten  dies  jedoch  immer  nur  im  Hinblick  auf  die  Frage,  welche  Zahlen 
durch  sie  dargestellt  werden  können,  wenn  man  den  Gröfsen  x  und  y 
ganzzahlige  Werte  beilegt,  sie  stellten  sich  also  z.  B.  die  Aufgabe, 
x  und  y  als  ganze  Zahlen  so  zu  bestimmen,  dafs  x2  +  y*  gleich  5,  13,  17 
oder  allgemein  gleich  irgend  einer  vorgelegten  Primzahl  von  der  Form 
4n  -(-  1  wird.  Erst  Gaufs  liefs  dann  diese  speziellen  Fragen  fallen  und 
ging  direkt  zu  der  Untersuchung  der  Formen  selbst  über,  sodafs  bei 
ihm  die  unbestimmten  Variablen  x  und  y  wirklich,  wie  in  der  Algebra, 
die  Bedeutung  von  Rechnungsobjekten  und  nicht  mehr  die  von  ge- 
eignet zu  wählenden  ganzen  Zahlen  besitzen.  Die  Darstellung  irgend 
einer  ganzen  Zahl  m  in  der  Form  ax*  +  ^xy  -{-  cy2  fällt  dann  als 
reife  Frucht  bei  den  bezüglichen  Untersuchungen  von  Gaufs  ab.  Rein 
äußerlich  kennzeichnete  er  diesen  Fortschritt  durch  die  Wahl  der  neuen, 
einfacheren  Bezeichnung  (a,  6,  c)  für  den  Ausdruck  ax*  -f-  bxy  -f-  cy29 
indem  er  hierdurch  die  alleinige  Abhängigkeit  der  Form  von  den 
Koefficienten  andeutete.  Zugleich  wurde  durch  seine  allgemeinere  Auf- 
fassung des  Gegenstandes  der  wichtige  Begriff  eines  Systems   ganzer 


4  Erate  Vorlesung. 

Zahlen    und    damit   im   Zusammenhange   der   der  Äquivalenz    solcher 
Systeme  methodisch  für  die  Wissenschaft  gewonnen. 

Andrerseits  würde  die  durch  die  Oaufsische  Definition  geforderte 
Abgrenzung  der  Arithmetik  gegen  die  Analysis  die  kontinuirlichen 
öröfsen  und  die  Anwendung  der  auf  sie  gegründeten  Methoden  in  der 
Hauptsache  dem  Bereiche  der  Zahlentheorie  entziehen.  Eine  derartige 
Beschränkung  erschien  allerdings  geboten  zu  einer  Zeit,  als  man  solche 
Quantitäten  noch  mehr  geometrisch  fafste;  sie  ist  aber  hinfällig 
geworden ,  seitdem  man  neuerdings  sich  bemüht,  viele  der  Geometrie 
oder  Mechanik  entstammende  Gröfsen  ohne  Rücksicht  auf  diese  Ent- 
stehung zu  definieren,  womit  dann  sofort  ihr  rein  arithmetisches  Wesen 
in  den  Vordergrund  tritt.  Definiert  man  z.  B.  die  aus  der  Geometrie 
herrührende  Transcendente  %  etwa  durch  die  Leibniz'sche  Reihe 

4  3      »      6  7      ' 


00 


so  ergiebt  sich  aus  dieser  grade  eine  der  schönsten  arithmetischen 
Eigenschaften  der  ungeraden  Zahlen,  nämlich  eben  die,  jene  geometrische 
Irrationalzahl  zu  bestimmen;  in  diesem  Sinne  ist  wohl  jenes  bekannte 
Wort:  „numero  impari  deus  gaudet"  zu  verstehen.  Die  Glieder  dieser 
Reihe  sind  nämlich,  um  das  etwas  näher  auszuführen,  arithmetisch 
wohl  unterschieden:  sie  haben  das  positive  oder  negative  Vorzeichen, 
je  nachdem  ihre  Nenner  durch  4  geteilt  den  Rest  1  oder  3  lassen. 
Wir  haben  hier  also  eine  Definition  .  der  Transcendenten  it  von 
durchaus  zahlentheoretischem  Charakter.  Nicht  anders  steht  es  mit 
der  folgenden,  impliciten  Darstellung  der  Ludolf sehen  Zahl,  die  wir 
erhalten,  wenn  wir  in  dem  die  ungeraden  Zahlen  wiederum  bevorzugen- 
den Kettenbruche 


z  -  tang  z  = 


** 


1  — 


z* 


3  — 


z* 


z  =  —  einsetzen. 

4e 


Was  uns  diese  Beispiele  lehren,  ist  nun  massgebend  für  alle  De- 
finitionen der  Analysis  überhaupt.  Dieselben  fuhren  stets  auf  die  ganzen 
Zahlen  und  ihre   Eigenschaften  zurück,  und   es   ist   von   dem  ganzen 


§  2.    Abgrenzung  der  Arithmetik.  5 

Gebiete  des  letztgenannten  Zweiges  der  Mathematik  der  einzige  Begriff 
des  limes  oder  der  Grenze  der  Zahlentheorie  bisher  fremd  geblieben. 
Gegen  die  Analysis  also,  die  sich  von  ihrer  ursprünglichen  Quelle,  der 
Geometrie,  befreit  und  auf  freiem  Boden  selbständig  entwickelt  hat, 
kann  die  Arithmetik  nicht  abgegrenzt  werden,  um  so  weniger,  als  es 
DwvMet  gelungen  ist,  grade  die  schönsten  und  tiefstliegenden  arith- 
metischen Resultate  durch  die  Verbindung  der  Methoden  beider  Disci- 
plinen  zu  erzielen. 

So  hat  Gaufs  in  seinem  Werke  selbst  die  Scheide  durchbrochen, 
die  er  zwischen  der  Arithmetik  und  den  Schwesterdisciplinen  aufrichten 
wollte,  hat  ihr  aber  dadurch  zugleich  die  Bahn  zu  einer  Ausbildung 
gewiesen,  in  welcher  sie,  nicht  mehr  der  Analysis  untergeordnet,  viel- 
mehr berufen  erscheint,  alle  Teile  der  Mathematik  mit  Ausnahme  der 
Geometrie  und  Mechanik  zu  umspannen. 

Wenn  wir  nun  schliefslich  doch  aus  praktischen  Gründen  die 
Arithmetik  oder  wenigstens  den  Inhalt  dieser  Vorlesungen  abgrenzen, 
so  wird  das  nur  so  geschehen  können,  dafs  sich  die  Grenzlinien  mehr 
oder  minder  verwischen,  so  dafs  an  manchen  Stellen  gewissermaßen 
nur  noch  ihre  Spuren  hervorschimmern. 

In  jedem  einzelnen  Falle  mufs  eben  das  mathematische  Taktgefühl 
entscheiden,  ob  man  die  betreffende  Materie  der  Arithmetik,  der  Algebra 
oder  der  Analysis  zurechnen  will;  denn  auch  die  Abgrenzung  der  bei- 
den letzteren  gegen  einander  ist  nicht  mehr  scharf  durchführbar. 

Die  Erkenntnis  der  engen  Verwandtschaft  der  Arithmetik  mit 
Analysis  und  Algebra  und  der  daraus  entspringende  Zwang,  gewisse 
Methoden  dieser  beiden  für  jene  zu  entnehmen,  führten  nun  seit  Gaufs 
zu  einer  so  gewaltigen  Umgestaltung  der  Disciplin,  dafs  es  jetzt  auch 
nicht  mehr  angemessen  erscheint,  den  Namen  „Zahlentheorie"  oder  den 
Gaufsischen  „arithmetica  subliinior"  an  die  Spitze  der  ganzen  Lehre  zu 
setzen,  man  mufs  vielmehr  eine  neue  Benennung  suchen,  welche  die  oben 
erläuterten  Beziehungen  andeutet]  Eine  solche  glaubte  ich  in  dem 
Gesamttitel  „allgemeine  Arithmetik"  (arithmetica  generalis)  zu  finden, 
den  diese  Vorlesungen  zum  ersten  Male  tragen  und  der  eben  den  vollen 
Bereich  der  Arithmetik  und  der  mit  ihr  zusammenhängenden  Disciplinen 
umfassen  soll. 

Aber  auch  eine  allgemeine  Arithmetik  werden  wir  doch  stets  mit 
der  gewöhnlichen  Zahlentheorie  beginnen  müssen,  d.  h.  mit  einer  syste- 
matischen Behandlung  der  ganzen  Zahlen.  Nur  werden  wir  hierbei 
keineswegs,  wie  Gaufs  es  wollte,  das  Hereinziehen  der  Brüche  ver- 
meiden, da  sie  ja  nichts  anderes  sind,  als  Systeme  zweier  ganzen  Zahlen, 
und  ebenso  werden  wir  in  gewisser  Weise  auch   irrationale  Zahlen  in 


6  Erste  Vorlesung. 

den  Kreis  unserer  Erörterungen  aufnehmen.  Endlich  wird  man  an- 
gesichts der  konsequenten  und  allgemeinen  Entwicklung  der  Begriffe 
der  Teilbarkeit  und  des  Enthaltenseins  noch  die  arithmetische  Behand- 
lung der  rationalen  Funktionen  einer  oder  mehrerer  Variablen,  sowie 
die  Herleitung  der  einfachsten,  hierher  gehörigen  Resultate  nicht 
entbehren  können,  wir  wollen  daher  auch  sie  schon  in  diesen 
Vorlesungen  benutzen.  Der  Erfolg  einer  solchen  Erweiterung  unseres 
Gebietes  wird  sich  in  dem  ferneren  Verlaufe  bei  der  Untersuchung  der 
Reciprocitätsgesetze  und  der  Behandlung  der  Theorie  der  quadratischen 
Formen  deutlich  zeigen. 

Eine  Fortführung  dieser  allgemeinen  Untersuchungen  ist  dann 
nach  zwei  Seiten  hin  möglich:  Entweder  kann  sich  die  genaue  Be- 
trachtung der  linearen  Funktionen  mehrerer  Veränderlichen  oder 
die  Spezialbehandlung  der  Funktionen  einer  Variablen  von  höherem, 
als  dem  ersten  Grade  anschliefsen.  Der  erste  Weg  führt  uns  zur 
Determinantentheorie,  der  letztere  zur  Theorie  der  algebraischen 
Gleichungen,  die  ja  nichts  anderes  ist,  als  die  Untersuchung  von  Funk- 
tionen einer  Veränderlichen,  die  den  Wert  Null  haben  sollen.  Den  letzten 
Teil  des  Stoffes,  der  in  der  allgemeinen  Arithmetik  zu  erledigen  ist, 
würden  dann  die  Funktionen  mehrerer  Veränderlichen  bilden,  deren 
Grad  den  ersten  übersteigt. 

Das  ist  der  Plan,  nach  dem  ich  die  Reihe  meiner  Vorlesungen 
über  allgemeine  Arithmetik  einzurichten  gedenke.  Nunmehr  trete  ich 
in  die  „Zahlentheorie",  die  erste  derselben,  ein. 

§3. 

Nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen  über  das  Alter,  die  Be- 
gründung und  die  Abgrenzung  der  Arithmetik  will  ich  ihre  geschicht- 
liche Entwicklung  in  gedrängter  Kürze  darlegen.  Es  wird  uns  ein 
solcher  Überblick  zugleich  Gelegenheit  geben,  auf  die  Hauptprobleme, 
die  unsere  Wissenschaft  in  den  zwei  Jahrtausenden  ihres  Werdens  und 
Wachsens  beschäftigt  haben,  kurz  hinzuweisen. 

Wie  schon  erwähnt,  fallt  die  Entstehung  der  Zahlen  und  ihres 
Gebrauches  in  Zeiten,  aus  denen  uns  keine  Kunde  mehr  geworden  ist. 
Doch  auch  aus  den  ersten  historischen  Perioden  ist  uns  nur  sehr  wenig 
über  die  Anfänge  der  Zahlenlehre  aufbewahrt.  Die  wirkliche  Aus- 
bildung derselben  beginnt,  wie  überhaupt  unsere  Kultur,  im  Orient. 
Nur  aus  Steinresten,  namentlich  durch  die  schätzenswerten  Entdeckungen 
von  J.  Brandts  in  den  letzten  Jahrzehnten,  wissen  wir,  dafs  die  alten 
Babylonier  die  Behandlung  der  Zahlen,  besonders  in  bezug  auf  ihre 


§  3.   Die  Arithmetik  bei  den  Orientalen  und  Griechen.  7 

Teilbarkeit  bereits  zu  einer  hohen  Stufe  gebracht  haben  müssen;  dies  war 
hauptsachlich  ein  Verdienst  der  bevorzugten  Priester  käste,  welche  die 
Pflege  aller  Wissenschaft  in  Händen  hatte,  und  der  damit  auch  die 
Ausgestaltung  der  Zahlenwissenschaft  zufiel  Das  strenge  Kastenwesen 
erwies  sich  eben  auch  hier  als  vorzüglich  geeignet,  die  Kenntnisse 
einer  Generation  der  nächsten  unverkürzt  zu  übermitteln  und  ein 
sicheres,  stetiges  und  doch  auch  kräftiges  Fortschreiten  wissenschaft- 
licher Arbeit  zu  ermöglichen.  Mehr  noch  trug  vielleicht  das  merk- 
würdige Zahlensystem  der  Babylonier  zu  ihren  Erfolgen  bei,  ein  System, 
dessen  Grundzahl  die  Sechzig  ist;  denn  so  unbequem  diese  grofse  Zahl 
auch  für  das  praktische  Rechnen  ist,  so  anregend  und  förderlich  mufste 
sie  für  Zahlensinn  und  Zahlenlehre  sein.  Sie  ist  eine  derjenigen  Zahlen, 
die  im  Verhältnis  zu  ihrer  Gröfse  die  meisten  Teiler  besitzen,  und 
daher  ganz  besonders  geeignet,  die  Grundzahl  eines  Systems  zu  bilden, 
viel  geeigneter  jedenfalls,  als  die  Zahl  Zehn,  die  nur  die  beiden  Teiler 
2  und  5  hat  und  die  ihre  Erhebung  zur  Grundzahl  unseres  Zahlen- 
systems dem  rein  zufälligen  Umstände  verdankt,  dafs  wir  mit  zehn 
Fingern  ausgestattet  sind.  —  Ahnliche  Vorbedingungen,  wie  bei  den 
Babyloniern  fanden  sich  auch  in  China  und  Ägypten. 

Die  Griechen  haben  die  Arithmetik  zusammen  mit  ihrer  ganzen 
Kultur  von  den  orientalischen  Volkern  übernommen,  haben  sie  aber 
nach  ihrer  Eigentümlichkeit  selbständig  ausgearbeitet  und  vervoll- 
kommnet. Auch  bei  ihnen  waren  es  nur  verhältnismäfsig  wenige, 
die  sich  mit  der  Arithmetik  befafsten,  aber  diesen  wenigen  wurde 
es  durch  das  Institut  der  Sklaverei,  die  alle  Sorge  und  Plage  des 
taglichen  Lebens  von  dem  Gebildeten  fast  völlig  fernhielt,  ermöglicht, 
sich  den  abstrakten  Wissenschaften  in  Mufse  und  mit  ganzer  Seele 
hinzugeben. 

So  haben  denn  auch  die  Griechen  Arithmetik  und  Geometrie  so 
gefordert,  dafs  Euklid  bereits  alles,  was  bis  dahin  besonders  durch 
Pythagoras  und  die  Pythagoräer  gefunden  und  geleistet  worden  war, 
sammeln  und  in  seinem  bereits  erwähnten  Hauptwerke  „die  Elemente" 
systematisieren  konnte,  für  die  erstere  Disciplin  freilich  in  einer  Weise, 
die  uns  doch  mitunter  eigentümlich  berührt,  wenn  sie  auch  für  spätere 
Jahrhunderte  vorbildlich  geworden  ist. 

Schon  sein  Verfahren,  zur  Begründung  der  Zahlenlehre  von  dem 
auszugehen,  was  wir  als  kontinuierliche  Quantitäten  bezeichnen  würden, 
also  von  Gröfsenvorstellungen,  die  arithmetisch  wesentlich  unbestimmt 
sind,  kann  uns  nicht  als  der  natürliche  Weg  erscheinen.  Von  hier  aus 
gelangt  er  durch  den  an  die  Spitze  der  Entwicklung  gestellten  Begriff 
des  Verhältnisses  zur  Zahl  als  dem  Ausdruck  eines  solchen  und  zur 


8  Erste  Vorlesung. 

Einheit  (povdg),  um  nun  erst  mit  deren  Hilfe  die  ganzen  Zahlen  ein- 
fach als  Mengen  (nkf^og)  von  Einheiten  zu  definieren.  Sicherlich  sind 
die  Menschen  zu  dem  Zahlbegriffe  auf  eine  ganz  andere,  naturgemäfsere 
Art  gekommen;  denn  zu  einem  Vergleiche,  wie  ihn  doch  der  Begriff 
des  Verhältnisses  bedingt,  bedarf  es  schon  einer  beträchtlichen  Abs- 
traktion. 

Von  dem  letztgenannten  Begriffe  versucht  Euklid  a  priori  eine 
Erklärung  zu  geben,  und  zwar  definiert  er  das  Verhältnis  schlechthin 
als  ein  Verhalten  (loyog,  6%(6ig\  Die  Nichtigkeit  und  Unbrauchbar- 
keit  dieser  Bestimmung  springt  aber  derart  in  die  Augen,  dafs  man 
vermutet  hat,  die  betreffende  Stelle  rühre  gar  nicht  von  ihm  her, 
zumal  er  gleich  darauf  den  nächsten  Begriff,  den  der  Proportion  (äva- 
koyicc),  in  trefflicher  Weise  erklärt. 

Von  dem  Begriffe  der  ganzen  Zahl  aus  weiterschreitend  gewinnt 
Euklid  dann  die  Definitionen  der  geraden  und  ungeraden  Zahlen,  des 
Teilers  ([legog),  der  unzerlegbaren  oder  Primzahlen  (ccQid-fibg  XQmtog) 
und  der  zusammengesetzten  Zahlen,  der  Quadrat-  und  Kubikzahlen 
(retQdycovoi^  xvßoi)  u.  a.  m.  Die  geometrische  Anschauungsweise  der 
Griechen  tritt  bei  den  hier  angewandten  Bezeichnungen  wieder  auf- 
fällig hervor;  so  nennt  Euklid  eine  aus  nur  zwei  Primzahlen  multipli- 
kativ  zusammengesetzte  Zahl  eine  Flächenzahl,  eine  solche,  die  nur 
drei  Primzahlen  enthält,  eine  Körperzahl. 

Ganz  besonders  scharf  hebt  sich  dagegen  von  dem  geometrischen 
Hintergrunde  die  Betrachtung  der  sogenannten  vollkommenen  Zahlen 
(numeri  perfecti,  agi&iLol  reXeiot)  ab,  deren  Eigenschaften  doch  ledig- 
lich rein  arithmetischer  Natur  sind  und  deren  charakteristisches  Merk- 
mal darin  besteht,  dafs  sie  gleich  der  Summe  ihrer  eigentlichen  Teiler 
sind.     Von  ihnen  beweist  Euklid  folgenden  merkwürdigen  Satz: 

„Wenn  man  eine  Reihe  von  Zahlen  mit  der  Eins  beginnend 
durch  fortgesetzte  Multiplikation  mit  zwei  bildet  und  addiert, 
so  erhält  man  eine  vollkommene  Zahl,  wenn  man  jene  Summe, 
sobald  dieselbe  eine  Primzahl  ist,  mit  der  letzten  Zahl  der  Reihe 
multipliziert." 

In  der  Redeweise  der  heutigen  Mathematik  würde  der  Satz  folgender- 
mafsen  lauten:  Ist 

1  +  2  +  2*  -\ h  2n~1  =  2B  —  1  =  p 

eine  Primzahl,  so  ist  2tt~  p  eine  vollkommene  Zahl. 

Bei  der  Unzulänglichkeit  der  griechischen  Zahlzeichen  ist  diese 
Leistung  der  griechischen  Mathematik  wahrhaft  zu  bewundern,  so  leicht 


§  3.    Vollkommene  Zahlen.    Primaahlen.  9 

auch  der  Beweis  mit  unseren  jetzigen  Hilfsmitteln  zu  führen  ist.  Die 
sämmtlichen  eigentlichen  Teiler  von  2n~~  p  sind  nämlich 

1,  2,  2»  •  •  •  2-1;  p,  2p,  2»p  ■  ■  ■  r-'p, 
und  ihre  Summe  ist  in  der  That 

=  1  +  2  +  2»  H 1-  2"_1  +p  +  2p  -\ 1-  2n~*p 

=  p-\-p(2'-1-l)=p-2n-\ 

Nimmt  man  für  n  die  Werte  2,  3,  so  wird  p  bezw.  =  3,  7,  und  da 
diese  wirklich  Primzahlen  sind,  so  gehören  hierzu  die  vollkommenen 
Zahlen  3  •  2  =  6   und  7  •  4  =  28.     Der  Fall  »  =  4,   für  den 

1  -f  2  +  2»  +  2»  =  15 

keine  Primzahl  ist,  liefert  keine  vollkommene  Zahl;  eine  solche  er- 
giebt  sich  aber  wieder  für  n  =  5,  nämlich  (25  —  1)  24  =  496. 

Das  Gepräge,  welches  die  Zahlentheorie  bei  Euklid  trägt,  ist  ihr 
bis  auf  den  heutigen  Tag  geblieben.  Für  ihre  Eigentümlichkeit,  ganz 
Triviales  und  ungemein  Tiefsinniges  dicht  neben  einander  mit  sich  zu 
führen,  die  in  dem  Mafse  keine  andere  mathematische  Disciplin  mit 
ihr  teilt,  kann  es  eine  deutlichere  Illustration  kaum  geben,  als  sie 
die  „Elemente",  die  erste  sie  behandelnde  Schrift,  darbieten.  Mit  er- 
müdender Breite  wird  da  auf  der  einen  Seite  bewiesen,  dafs  das  Produkt 
zweier  Quadratzahlen  wieder  eine  solche  ist,  und  dann  steht  im 
20.  Kapitel  des  neunten  Buches  der  durch  Inhalt  und  Beweis  gleich 
ausgezeichnete  Satz,  dafs  die  Anzahl  der  Primzahlen  unendlich  grofs 
ist.     Schon  die  Fassung,  die  Euklid  demselben  giebt,  ist  vortrefflich: 

„Der  Primzahlen    sind   mehr,   als  jede   vorgelegte  Anzahl   von 
Primzahlen." 

Auch  den  Gang  des  Beweises  wollen  wir  in  der  von  Euklid  herrührenden 
Form  geben.  Da  die  Methode  der  allgemeinen  Untersuchung  von  beliebig 
vielen  Zahlen  noch  nicht  bekannt  war,  so  beschränkte  er  sich  darauf, 
drei  Primzahlen  als  gegeben  anzunehmen  und  zu  zeigen,  dafs  dann 
notwendig  noch  eine  vierte  existieren  mufs;  dabei  richtete  er  aber 
seinen  Beweis  so  ein,  dafs  sich  seine  Anwendbarkeit  auf  beliebig  viele 
Primzahlen  von  selbst  ergab: 

Es  seien,  sagt  er,  A,  B9  r  drei  vorgelegte  Primzahlen;  aus 
denen  bilden  wir  die  Zahl  E  so,  dafs  sie  die  kleinste  ist,  die  A,  B,  r 
zu  Teilern  hat.  Dann  mufs  E  -f-  1  entweder  selbst  eine  Primzahl  sein, 
oder  sich  doch  in  Primfaktoren  zerlegen  lassen.  Es  sei  d  die  kleinste 
Primzahl,  die  in  E  -\-  1  enthalten  ist;  dann  kann  zJ  durch  A,  B,  JT 
nicht  teilbar  sein,  denn  wäre  das  der  Fall,  so  müfste  es  auch  E  +  1 


10  Erste  Vorlesung. 

sein,  und  das  ist  ja  ausgeschlossen,  weil  E  selbst,  durch   diese  Zahlen 
teilbar  ist. 

Der  Nachweis  dieses  Satzes  würde  sich  heute  etwa  so  gestaltet 
haben:  pu  Pv-.pn  seien  vorgelegte  Primzahlen;  bilden  wir  dann 
die  Zahl  (j>t  -  p%  •  pz  •  •  pn  -f-  1),  so  ist  sie  durch  keine  jener  n  Prim- 
zahlen teilbar.  Sie  ist  deshalb  entweder  selbst  eine  Primzahl  oder 
enthält  doch  wenigstens  eine  von  pXJ  p%,  p^} . .  ,pn  verschiedene  Prim- 
zahl als  Teiler. 

Diese  Euklidischen  Ergebnisse  greifen  aber  noch  viel  weiter;  sind 
nämlich  in  der  Iteihe  der  natürlichen  Zahlen  die  n  ersten  Primzahlen 
gegeben,  so  folgt  aus  ihnen  nicht  nur  die  Existenz  einer  (»  -f~  l)*"*, 
sondern  auch  ein  bestimmtes  Intervall,  in  dem  mindestens  eine  fernere 
Primzahl  mit  Sicherheit  liegen  mufs.  Freilich  ist  dieses  Intervall  sehr 
grofs,  und  es  entsteht  daher  notwendig  die  Frage  nach  dem  kleinsten 
Zwischenräume,  in  dem  jene  (w  -f-  l)to  Primzahl  liegen  mufs,  oder, 
was  dasselbe  ist,  nach  dem  Gesetze,  nach  welchem  die  Primzahlen  auf 
einander  folgen,  eine  Frage,  die  auch  heute  noch  ihrer  Beantwortung 
harrt;  die  Intervalle,  die  allemal  zwischen  je  zwei  benachbarten  Prim- 
zahlen liegen,  sind  ganz  unregelmäfsig,  bald  grofs,  bald  klein.  Es 
scheint  fast,  als  ob,  so  weit  man  auch  in  der  Reihe  der  Zahlen  fort- 
schreiten mag,  immer  neue  Primzahlen  vorkommen  müssen,  die  sich 
um  so  wenig  wie  überhaupt  möglich,  d.  h.  nur  um  zwei  Einheiten  unter- 
scheiden; doch  fehlt  auch  hierfür  noch  der  Beweis. 

Nachdem  man  so  erkannt  hatte,  dafs  in  der  Reihe  der  natürlichen 
Zahlen  die  der  Primzahlen  nie  abbricht,  lag  es  eigentlich  nahe,  die 
allgemeinere  Untersuchung  anzustellen,  ob  in  einer  Zahlenreihe,  die 
aus  der  natürlichen  durch  Überspringen  einer  bestimmten  Anzahl  von 
Zwischengliedern  entsteht,  also  z.  B.  in  der  Reihe 

1,5,    9,  13,.-. 
oder 

3,7,  11,  15,    .. 

oder  überhaupt  in  einer  beliebigen  arithmetischen  Reihe 

6,  a  +  6,    2  a  +  6, . . .  na  +  h,  ■  •  •         <ä=s1»  *» 8  •  •  •), 

wo  a  und  b  selbstredend  keinen  gemeinsamen  Teiler  haben  dürfen,  immer 
unendlich  viele  Primzahlen  vorhanden  sind. 

Jedoch  erst  der  französische  Mathematiker  Legendre  war  es,  der 
diese  Frage  überhaupt  einmal  aufwarf,  und  zwar  glaubte  er  anfangs, 
dem  Satze,  dafs  jede  arithmetische  Reihe  unendlich  viele  Primzahlen 
enthält,  selbstverständliche  Richtigkeit  zuschreiben  zu  dürfen;  später 
gab    er   jedoch    ausdrücklich    einen    Beweis,    der    sich    indessen    auf 


§  4.   Diophant.  11 

unbewiesene  Annahmen  stützt.  Es  war  dem  grofsen  Zahlentheoretiker 
Gustav  Lejeune-Dirichlet  vorbehalten,  einen  völlig  strengen  Beweis  jener 
Legendre'schen  Behauptung  zu  führen.  Aber  er  wiederum  bediente 
sich  eines  von  dem  Euklidischen  ganz  abweichenden  Verfahrens  und 
vermochte  daher  nicht,  dessen  klassisches  Vorbild  zu  erreichen  und 
seinen  Beweis  so  auszubilden,  dafs  er  ein  Intervall  erkennen  läfst,  in 
dem  notwendig  immer  eine  neue  Primzahl  der  arithmetischen  Reihe 
liegen  mufs.  Im  Jahre  1885  ist  es  mir  dann  gelungen ,  dem  Beweise 
Diricfilets  jene  Vollendung  zu  geben,  und  in  diesen  Vorlesungen  werde 
ich  ihn  zum  ersten  Male  in  seiner  exakteren  Fassung  auseinander- 
setzen. 

Das  Gesetz  anzugeben,  nach  dem  die  Primzahlen  einer  beliebigen 
arithmetischen  Reihe  auf  einander  folgen,  sind  wir  natürlich  noch  viel 
weniger  imstande,  als  wir  es  für  den  Spezialfall  der  natürlichen 
Zahlenreihe  waren. 

.  Man  ersieht  hieraus,  und  das  ist  recht  bezeichnend  für  die  Natur 
der  zahlentheoretischen  Aufgaben,  dafs  Fragen,  die  mit  den  von  Euklid 
behandelten  innig  zusammenhängen,  erst  zwei  Jahrtausende  nach  ihm 
in  der  Wissenschaft  auftauchten  und  zum  gröfsten  Teile  noch  heute 
ungelöste  Rätsel  geblieben  sind. 

Von  den  Forschern,  die  vor  Euklid  oder  gleichzeitig  mit  ihm  auf 
unserm  Gebiete  gewirkt  haben,  ist  nur  wenig  oder  nichts  erhalten 
geblieben,  und  so  läfst  es  sich  nur  schwer  entscheiden,  wie  grofs  der 
Anteil  ist,  der  ihm  selbst  an  den  in  seinen  Schriften  niedergelegten 
Resultaten  zukommt.  Jedenfalls  verrat  sein  Werk,  welches  noch  jetzt 
in  England  als  Elementarbuch  gebraucht  wird,  und  auf  das  sich  auch 
die  meisten  unserer  Lehrbücher  stützen,  einen  so  hohen  Grad  wissen- 
schaftlicher Reife,  dafs  man  zu  der  schon  erwähnten  Hypothese  genötigt 
wird,  Euklid  sei  mehr  ein  Bearbeiter  der  mathematischen  Errungen- 
schaften mehrerer  Jahrhunderte,  als  der  Schöpfer  einer  eigenen  Lehre  ge- 
wesen. Die  „Elemente"  haben  in  den  letzten  Jahren  durch  Menge  und 
Heiberg  eine  ausgezeichnete  Übersetzung  ins  Lateinische  gefanden. 

§4. 

Von  den  späteren  griechischen  Zahlentheoretikern,  die  zwar,  wie 
gesagt,  ihre  Wissenschaft  nie  in  ein  System  gebracht,  sie  aber  doch 
bedeutsam  gefordert  haben,  ist  uns  ebenfalls  verhältnismäfsig  sehr 
weniges  überliefert.  Für  unsere  knappe  historische  Übersicht  schliefst 
sich  an  Euklid  erst  wieder  der  Alexandriner  Diophant  an,  ein  ganz 
aufserordentliches  mathematisches  Talent,  durch  den  die  Zahlentheorie 


12  Erste  Vorlesung. 

sehr  erheblich  in  ihrer  Entwicklung  weiter  gefuhrt  wurde.  Bis  vor 
kurzem  schwankten  selbst  die  Angaben  über  seine  Lebenszeit  um 
600  Jahre,  nämlich  zwischen  200  v.  Chr.  und  400  n.  Chr.,  nur  schlofs 
man  aus  dem  Umstände,  dafs  seine  Schriften  ein  so  sehr  viel  reicheres 
Material  aufweisen,  als  die  Euklids,  dafs  sein  Leben  wohl  in  das  Ende 
jener  Periode  fallen  müfste,  und,  wie  sich  zeigte,  mit  vollem  Recht; 
denn  neuerdings  ist  den  Bemühungen  der  französischen  Historiker 
unserer  Wissenschaft  der  Nachweis  geglückt,  dafs  Diophant  um  das 
Jahr  350  n.  Chr.  unter  Kaiser  Julian  gelebt  hat.  Er  soll  84  Jahre  alt 
geworden  sein  und  hat,  wie  wir  mit  Sicherheit  wissen,  13  Bücher  über 
arithmetische  Probleme  geschrieben,  von  denen  nur  sechs,  aber  wohl  die 
wichtigsten,  auf  uns  gekommen  sind,  sowie  eine  auch  noch  vorhandene 
Abhandlung  über  die  Polygonalzahlen  verfafst. 

Diophant  ist  für  uns  der  erste  Darsteller  der  Algebra  und  der 
allgemeinen  Arithmetik;  er  behandelte  als  erster  die  Auflösung  von 
numerischen  Gleichungen,  die  allerdings  bei  ihm  noch  alle  in  die 
Form  praktischer  Aufgaben  eingekleidet  sind,  und  kam  im  Anschlüsse 
daran  auf  den  Gedanken,  für  die  Unbekannte  (aQi&tibg  Skoyog)  einen 
neuen  Buchstaben  einzuführen.  Das  war  eine  äufserst  glückliche  Kon- 
zeption, von  der  eins  der  wichtigsten  Hilfsmittel  der  ganzen  Mathe- 
matik, die  Buchstabenrechnung,  ihren  Ausgang  nahm  und  die  grade 
für  einen  Griechen  um  so  schwieriger  war,  als  die  Buchstaben  seines  Alpha- 
bets bereits  samtlich  bestimmte  Zahlen  ausdrückten.  Er  wählte  zur  Be- 
zeichnung der  Unbekannten  den  Buchstaben  g  das  Compendium  für  agiftpög. 

Ferner  gab  Diophant  eine  allgemeine  Methode  an,  um  lineare 
Gleichungen  mit  einer  Unbekannten  aufzulösen,  während  vor  ihm  die 
Griechen  allein  auf  den  Weg  des  Probierens  angewiesen  waren.  Dabei 
ist  es  nun  ein  interessanter  Beleg  für  die  Langsamkeit  des  Fortschrittes 
in  der  Mathematik,  dafs  er  die  Systeme  zweier  linearen  Gleichungen 
mit  zwei  Unbekannten  zwar  in  den  Kreis  seiner  Betrachtungen  zog,  es 
aber  doch  nicht  dahin  brachte,  für  sie  dasselbe  zu  leisten,  wie  für  eine 
Gleichung  mit  einer  Unbekannten,  dafs  es  ihm  nicht  in  den  Sinn  kam,  auch 
für  die  zweite  Unbekannte  gleichfalls  ein  besonderes  Zeichen  zu  suchen. 
Nachdem  er  nämlich  die  eine  Unbekannte  mit  Hülfe  seiner  neuen  Methode 
bestimmt  hat,  findet  er  die  zweite  in  der  früheren  Weise,  durch  Probieren. 

Von  hier  aus  wandte  er  sich  schliefslich  den  Gleichungen  zu,  die 
wir  noch  jetzt  Diophantische  nennen,  deren  Lösungen  nicht  vollständig 
definiert  sind,  aber  ihrer  Natur  nach  notwendig  ganze  Zahlen  sein 
müssen,  und  beschäftigte  sich  z.  B.  mit  der  Aufgabe,  eine  ganzzahlige 
Gleichung  mit  mehreren  Unbekannten  durch  ganze  Zahlen  zu  befrie- 
digen.   Untersuchungen  dieser  Art  bilden  dann  später  in  ihrem  weiteren 


§  4.   Die  Araber  und  die  arabischen  Ziffern.  13 

Umfange  einen  so  wesentlichen  Teil  der  Zahlentheorie ,  dafs  man  die- 
selbe auch  Diophantik  oder  diophantische  Analytik  genannt  hat*). 

Ziemlich  gleichzeitig  mit  Diophant  lebten  noch  zu  Alexandrien 
der  wenig  bedeutende  Mathematiker  Theon  und  seine  Tochter  Hypatia, 
ein  echtes  Kind  der  untergehenden  heidnisch-griechischen  Zeit,  der  von 
Suidas  ebenfalls  mathematische  Arbeiten,  u.  a.  ein  Kommentar  zu 
Diophants  Werken,  zugeschrieben  werden  und  die  im  Jahre  415  von 
den  fanatischen  Christen  ihrer  Vaterstadt  getötet  wurde. 

Hiermit  schliefst  in  der  Hauptsache  die  Geschichte  der  Zahlen- 
lehre der  Griechen  ab,  und  von  ihnen  geht  die  Pflege  unserer  Wissen- 
schaft an  die  Araber  über,  von  denen  wir  freilich  wenig  mehr  als  eine 
Übersetzung  des  Diophant,  und  auch  die  nicht  einmal  vollständig,  besitzen. 

So  haben  die  Araber  zwar  die  Zahlentheorie  nur  in  geringem  Mafse 
inhaltlich  durch  eigene  Entdeckungen  bereichert;  dagegen  verdanken 
wir  ihrem  hervorragenden  ForniÄnsinne  die  Ausarbeitung  von  Hilfs- 
mitteln, deren  sich  die  heutige  Mathematik  bedient,  und  speziell  die 
Begründung  der  von  ihnen  mit  dem  Namen  „Algebra"  (etwa  Buch- 
stabenrechnung) belegten  Wissenschaft.  Aufserdem  aber  machten  sie 
dem  Abendlande  das  herrliche  Geschenk  unseres  jetzigen  Ziffernsystems, 
das  sie  ihrerseits  von  den  Persern  und  Indern  überkommen  hatten,  ein 
Geschenk,  welches  den  zahlentheoretischen  Forschungen  geradezu  die 
Schwingen  verlieh,  die  ihnen  bis  dahin  fehlten.  Wenn  man  nämlich 
auch  annehmen  darf,  dafs  die  Weiterbildung  der  Zahlen  und  ihrer 
Theorie  jedenfalls  ohne  die  Einführung  dieses  Ziffernsystems,  wenn  auch 
sehr  viel  langsamer,  vor  sich  gegangen  wäre,  so  kann  man  doch  ihre 
Wichtigkeit  für  die  Entwicklung  der  gesamten  abendländischen  Kultur 
überhaupt  kaum  hoch  genug  anschlagen. 

Auf  verschiedenen  Wegen  gelangten  die  arabischen  Ziffern  nach 
Italien,  und  das  neue  System  breitete  sich  dann  in  dem  übrigen  Europa 
langsam  aus,  so  dafs  es  erst  am  Ausgange  des  Mittelalters  ein  Gemein- 
gut des  ganzen  Occidents  geworden  ist. 

*)  Der  Einwurf  Ltbris,  (Memoire  sur  la  thlorie  des  nombres,  Creüe's  Journal 
Bd.  9)  Diophants  unbestimmte  lineare  Gleichungen  seien  nicht  sowohl  unbestimmt, 
als  vielmehr  überbestimmt,  da  einer  solchen  Gleichung 

ax  +  &y  +  c  =  0 
noch  die  beiden  andern 

sin  xn  =  0,     sin  yn  =  0 

hinzugefügt  werden  müfsten,  um  x  und  y  als  ganze  Zahlen  zu  charakterisieren, 
ist  nichtig,  weil  die  letzteren  unendlich  viele  Lösungen  besitzen,  also  keine  wirk- 
lichen Gleichungen  sind.  Bei  seinem  ersten  Auftreten  wurde  dieser  Einwand 
selbst  von  Dirichiet  nur  als  Kuriosität  behandelt. 


Zweite  Vorlesung. 

Niedergang  der  Wissenschaften  im  Mittelalter.  —  Die  Arithmetik  im  siebzehnten 
und  achtzehnten  Jahrhundert.  —  Fermat  und  einige  von  seinen  Sätzen.  —  Beweis 
des  s.  g.  kleinen  Fermatschen  Satzes.  —  Die  Polygonalzahlen.  —  Der  s.  g.  grofse 
Fermat'sche  Satz:  Die  Gleichung  xn  +  y*  =  #n  i*t  nur  für  n  =  2  in  ganzen 
Zahlen  lösbar.  —  Euler;  sein  Leben  und  einige  seiner  arithmetischen  Arbeiten.  — 
Die  vollkommenen  und  die  befreundeten  Zahlen.  —  Diophantische  Probleme.  — 
Eulers  Lösung  des  Fermatschen  Problemes  in  den  Fällen  n  =  2  und  n  =  4.  — 
Die  Pellsche  Gleichung.  —  Das  Eeciprocitätsgesetz.  —  Legen dre  und  sein  Essai 

sur  la  theorie  des  nombres. 

§  X- 

Das  Mittelalter  ist  eine  Zeit  des  Niederganges  der  Mathematik, 
wie  aller  Wissenschaften.  Die  Geschichte  der  Algebra  beginnt  erst 
wieder  im  16.,  die  der  Arithmetik  sogar  erst  im  17.  Jahrhundert,  das 
wohl  für  alle  Zweige  der  Mathematik  eins  der  fruchtbarsten  gewesen 
ist.  In  dieser  Periode  ersteht  ganz  unvermittelt  ein  Mann,  der  auf 
seinem  Gebiete  wahrhaft  Wunder  vollbracht  hat  und  vielleicht  nächst 
Gaufs  als  der  gröfste  Zahlentheoretiker  aller  Zeiten  anzusehen  ist.  Es 
war  dies  Fermat,  der  von  1601 — 1665  lebte.  Er  war  nicht  einmal 
Mathematiker  von  Fach,  sondern  Jurist  und  bekleidete  die  Stelle  eines 
Parlamentsrates  in  Toulouse.  Dafs  er  trotzdem  nicht  nur  ein  arith- 
metisches Talent  ersten  Banges,  sondern  auch  in  vollem  Mafse  ein 
Gelehrter  gewesen  ist,  geht  aus  einigen  uns  erhaltenen  Briefen  und 
Aufzeichnungen  hervor,  denen  zufolge  er  sowohl  die  gesamte  Arith- 
metik seiner  Zeit  beherrschte,  wie  eine  eindringende  Kenntnis  der 
Newtonschen  Analysis  besafs*). 

Fermat  hat  eine  Übersetzung  des  Diophant  angefertigt  und  die- 
selbe mit  Randbemerkungen  versehen,  in  denen  er  seine  zahlentheore- 
tischen Entdeckungen  leider  meistenteils  ohne  Beweis  aufbewahrt  und 
dadurch  uns  Nachlebenden  eine  grofse  Zahl  unenthüllter  Geheimnisse 
hinterlassen  hat.  Man  ist  von  der  Richtigkeit  der  Fermatschen  Theoreme 
überzeugt  und  glaubt   auch,  dafs  er   sie   thatsächlich   bewiesen    habe, 

*)  Eine  vollständige  Ausgabe  seiner  Werke  und  der  von  ihm  hinterlassenen 
Briefe  wird  seit  dem  Jahre  1891  durch  Paul  Tannery  und  Charles  Henry  besorgt.  H. 


#  §  1.   Fermat.  15 

aber  auffällig  bleibt  es,  dafs  bei  den  Sätzen,  denen  er  seinen  Beweis 
zugefugt  hat,  derselbe  nicht  allzu  schwer  erscheint,  und  grade  da,  wo 
sich  dem  Beweise  für  uns  ungewöhnliche  und  zum  Teil  heute  noch 
nicht  überwundene  Schwierigkeiten  entgegenstellen,  ein  solcher  auch 
bei  Fermat  fehlt.  Andrerseits  darf  wieder  nicht  verschwiegen  werden, 
dafs  Fermat,  wie  Jacobi  hervorgehoben  hat,  bei  einigen  seiner  Be- 
hauptungen, die  sich  nachher  als  nicht  korrekt  herausgestellt  haben, 
ausdrücklich  bemerkt,  er  halte  dieselben  zwar  für  richtig,  habe  sich 
aber  vergebens  um  einen  Beweis  bemüht,  wahrend  bei  den  wahrschein- 
lich richtigen  Sätzen  ein  derartiger  Zusatz  jedesmal  fehlt. 

Um  die  geschichtliche  Darlegung  unserer  Absicht  gemäfs  mit  einer 
sachlichen  Einführung  in  die  Aufgaben  der  Zahlentheorie  zu  ver- 
schmelzen und  hier  speziell  einen  Einblick  in  die  Fragen  zu  geben, 
mit  denen  sich  Fermat  beschäftigt  hat,  wollen  wir  im  folgenden  einige 
der  von  ihm  herrührenden  Sätze  besprechen  und  zugleich  damit  An- 
deutungen verknüpfen,  in  welcher  Weise  sie  auf  die  fernere  Entwick- 
lung der  Zahlentheorie  eingewirkt  haben. 

Zunächst  wenden  wir  uns  einem  Theoreme  zu,  das  heute  im  Gegen- 
satze zu  dem  viel  tiefer  liegenden  „grofsen  Fermatschen  Satze"  unter 
dem  Namen  „kleiner  Fermatscher  Satz"  bekannt  ist  und  folgender- 
maTsen  ausgesprochen  werden  kann: 

Ist  p  eine  beliebige  Primzahl,  n  eine  beliebige  ganze  Zahl,  so 

ist  der  Ausdruck 

nr  —  n 
stets  durch  p  teilbar. 

Am  einfachsten  kann  der  Beweis  hierfür  durch  Induktion  geführt  wer- 
den: Aus  dem  binomischen  Lehrsatze  ergiebt  sich  nämlich  die  für  einen 
beliebigen  Wert  von  n  geltende  Identität 

p-i 
(n+\Y-{n  +  \)  =  nv-n  +  ^py-\ 


h=\ 


wo  die  ganzen  Zahlen 


Ph "    j— 2"7   —h (A-l,  *,  '  ■     P-l) 

die  zum  Exponenten  p  gehörigen  Binomialkoefficienten  sind.  Da  nun 
P\y'"P  _i  ihrer  Natur  nach  ganze  Zahlen  sind  und  ihre  Nenner  aus 
lauter  Faktoren  bestehen,  die  kleiner  sind,  als  die  Primzahl  p,  während 
allemal   ihre   Zähler  p   enthalten,    so    mufs  jede    einzelne   von   ihnen 

und  damit  auch  die  Summe  ^^  ph  np~    durch  p  teilbar,  d.  h.  von  der 


16  Zweite  Vorlesung.  * 

Form  p  •  k  sein.     Es  ist  also 

(n  +  1)'  —  (»  +  1)  =  np  —  n  +  jp  -  k 

Ist  daher  np  —  n  durch  p  teilbar,  so  gilt  dasselbe  auch  von 
(n  +  l)p  —  (n  +  1),  und  da  der  obige  Satz  für  n  =  1  offenbar  erfüllt 
ist,  so  ist  er  hiernach  für  jeden  Wert  von  n  bewiesen. 

Diese  Herleitung  stützt  sich  darauf,  dafs  die  Binomialkoefficienten 
ihrem  Wesen  nach  notwendig  ganze  Zahlen  sein  müssen,  denn  der  Bino- 
mialkoefficient  ph  ist  der  Koefficient  von  rc*  in  der  Entwicklung  von 
(1  +  x)p,  giebt  also  an,  wie  oft  die  Potenz  #*  in  dem  Produkte 
(1  -f-  x)  •  •  •  (1  +  x)  =  (1  +  x)p  vorkommt,  und  diese  Anzahl  mufs 
daher  ihrer  Natur  nach  notwendig  ganz  sein;  es  ist  dies  ein  Beweis- 
moment, welches  in  unserer  Wissenschaft  häufig  wiederkehrt  und  auf 
das  wir  in  einem  andern  Zusammenhange  noch  zurückkommen  werden. 

Von  den  vielen  Erweiterungen  des  kleinen  Fermatschen  Satzes, 
der  in  der  elementaren  Zahlentheorie  eine  sehr  bedeutende  Bolle 
spielt,  wollen  wir  eine  hier  vorführen,  weil  sie  uns  in  der  Folge  inter- 
essieren wird: 

Nach  dem  polynomischen  Lehrsatze  besteht  die  Identität 


k  Li» 


X  " 

ft   ' 


wo  sich  die  Summationen  über  alle  diejenigen  Wertsysteme  k\,  •  •  •  kn 
zwischen  0,  1,  •  •  •  p  erstrecken,  deren  Summe  genau  gleich  p  ist,  und 

wo  wieder  die  Polynomialkoefficienten  j—r-     h     ihrer  Entstehungsweise 

nach  natürlich  ganze  Zahlen  sind.  Ist  nun  für  einen  solchen  eines  der  k, 
etwa  hx  gleich  p  selbst,  so  sind  alle  übrigen  k%7  k^}  ■  •  •  kn  gleich  0,  der 
betreffende  Koefficient  ist  demnach  gleich  1;  die  Gesamtheit  aller  der- 
artigen Glieder  auf  der  rechten  Seite  ist  offenbar: 


xi  +  z2  H h  Xn 

In  allen  andern  Gliedern  unserer  vielfachen  Summe  sind  die  Zahlen  k 
durchweg  kleiner  als  p,  ist  daher,  was  nunmehr  angenommen  werden 
soll,  p  eine  Primzahl,  so  sind  alle  jene  Koefficienten  Vielfache  von  pf 
weil  ihre  Zähler  p  enthalten,  die  Faktoren  ihrer  Nenner  aber  sämtlich 
kleiner  als  p  sind.     Wir  haben  damit  den  Satz  gewonnen: 

Ist  p  irgend  eine  Primzahl,  so  ist  die  Differenz 
(1)  (xt  +  x,  +  •  •  •  +  xf  -  (*f  +  <  +  •  •  •  +  *»)  =■  0  'ww-L^ 

stets  durch  p  teilbar. 


§2.   Die  Polygonalzahlen.  17 

Z.  B.  ist  für  p  =  3 

(*1  +  X%  +  *s)3  —  (*l   +  *2   +  *J) 

=  3(afo  +  x\x^  +  a^aj  +  a^sj  +  x\x3  +  z2s*  +  2*^*3) . 

Setzt  man  in  dem  obigen  Ausdruck  (1)  speziell: 

x<  =  x„  =■•••  =  #   =  1 , 
12.  »         * 

so  ergiebt  sich  direkt,  dafs  np  —  n  durch  p  teilbar  ist,  und  der 
Fermatsche  Satz  ist  so  von  einem  allgemeineren  Gesichtspunkte  aus 
noch  einmal  abgeleitet. 

§2. 

Ehe  wir  zu  dem  grofsen  Fermatschen  Satze  übergehen ,  be- 
handeln wir  noch  eine  Gruppe  von  Sätzen,  die  Fermat  selbst  als  „pul- 
cherrima  theoremata"  bezeichnet,  und  denen  er,  einer  Andeutung  in  den 
Randbemerkungen  zufolge,  eine  eigene  Abhandlung  widmen  wollte.  Sie 
betreffen  die  Lehre  von  den  sogenannten  Polygonalzahlen,  einen  Lieb- 
lingsgegenstand für  seine  Arbeiten,  und  es  erfüllte  ihn  mit  besonderem 
Stolze,  dafs  er  der  Entdecker  gerade  dieser  Theoreme  gewesen  ist.  Dennoch 
haben  Fermate  Ergebnisse  auf  diesem  Gebiete  weit  weniger  in  die  fernere 
Entwicklung  der  Zahlentheorie  eingegriffen,  als  manche  andere  seiner 
Entdeckungen,  vielleicht,  weil  sie  überhaupt  nicht  so  sehr  den  Stempel 
wissenschaftlicher  Resultate,  als  den  einer  geistvollen  Unterhaltung  tragen, 
vielleicht  aber  auch,  weil  unsere  arithmetischen  Methoden  auf  Probleme 
dieser  Art  noch  nicht  erfolgreich  angewendet  werden  können;  denn  gerade 
bei  jenen  Sätzen,  die  im  wesentlichen  noch  unsern  Bemühungen,  sie 
zu  beweisen,  spotten,  wird  man  auf  die  Vermutung  geführt,  dafs  Fermat 
die  Zahlentheorie  nach  einer  ganz  andern  Richtung  ausgebildet  habe, 
als  wir,  dafs  er  nämlich  über  die  additive  Zusammensetzung  der  Zahlen 
sich  Aufschlüsse  verschafft  -habe,  die  uns  auch  heute  noch  fehlen. 

Der  Begriff  der  Polygonalzahlen  knüpft  an  die  Art  an,  wie  man 
spielerisch  die  Reihe  der  natürlichen  Zahlen  in  der  Form  eines  Dreiecks, 
eines  Vierecks  u.  s.  f.  folgendermafsen  anordnen  kann: 

Anordnung  der  Zahlen  im  Dreieck: 

1       3       6     10  • 
2      5      9 

• 

4      8    • 

7     ' 

Kronacker,  Zahlentheorie.    I.  2 


18 


Zweite  Vorlesung. 
Anordnung  der  Zahlen  im  Viereck: 


1 

4 

9 

16  : 

2 

3 

8 

15  '• 

5 

6 

7 

14  ; 

10 

11 

12 

13  : 

Anordnung  der  Zahlen  im  Fünfeck: 


u.  s.  f. 

Man  bezeichnet  dann  allgemein  die  Anzahl  derjenigen  Zahlen,  aus 
denen  bei  dieser  Darstellung  das  erste,  zweite,  dritte,  •  •  •  Ä-Eck  besteht,  als 
die  erste,  zweite,  dritte,  •  •  •  Ä- Eckszahl,  so  dafs  also  in  den  oben  be- 
zeichneten drei  Anordnungen  die  in  der  obersten  Horizontalreihe  neben 
einander  stehenden  Zahlen  die  Reihe  der  Dreiecks-,  Vierecks-  und  Fünf- 
eckszahlen darstellen.     Es  sind  demnach: 

1,    3,     6,    10,    15,    21,.-.  4>8  +  ») 
die  Dreiecks-  oder  Trigonalzahlen, 

1,    4,     9,     16,    25,    36,.-.  n* 
die  Vierecks-  oder  Tetragonalzahlen, 

1,    5,12,    22,    35,    51,    .y(3n2  — n) 

die  Fünfecks-  oder  Pentagonalzahlen,  und  man  erkennt  leicht,  dafs  die 
allgemeine  Reihe  der  i-Eckszahlen 

1,    Je,    3k  —  3,     6Jfc  —  8,     lOJfc  —  15,  • 

lauten  mufs. 

Sie  alle  bilden  arithmetische  Reihen  zweiter  Ordnung,  die  mit  der 
Eins  beginnend  Je  —  1  zur  ersten,  Je  —  2  zur  zweiten  Differenz  haben. 
Übertragt   man    die   eben   beschriebene   Art    der   Anordnung   auf  den 


n  +  ^(*-2) 


§  2.   Die  Polygonalzahlen.  19 

Raum,  so  bekommt  man  die  polyedrischen  Zahlen,  die  arithmetische 
Reihen  dritter  Ordnung  bilden.  Setzt  man  in  dem  allgemeinen  Aus- 
druck n  -| ~~ —  (k  —  2)  für  die  nto  A-Eckszahl  n  =  0,  so  erhält  man 

für  jedes  k  als  nullte  k-  Eckszahl  die  Zahl  Null,  und  in  manchen  Fällen, 
insbesondere  bei  dem  unten  erwähnten  Hauptsatze,  ist  diese  den  ife-Ecks- 
zahlen  zuzurechnen. 

Zunächst  seien  noch  einige  Bemerkungen  über  die  Geschichte 
dieser  figurierten  Zahlen  hier  angefügt:  Allem  Anscheine  nach  hat  man 
sie  bereits  in  der  Schule  Piatos  untersucht;  jedenfalls  thaten  dies  der 
ca.  200  v.  Chr.  lebende  Mathematiker  Hypsikles,  sowie  der  Alexandriner 
Eratosthenes.  Endlich  hat,  wie  schon  erwähnt,  Diophant  eine  kleine 
zehn  Lehrsätze  umfassende  Abhandlung  über  sie  geschrieben.  Doch 
soviel  sich  auch  die  Griechen  mit  diesen  eigentümlichen  Zahlen  be- 
schäftigt haben,  sie  waren  weit  davon  entfernt,  den  folgenden  Satz 
Fermats  aufzufinden: 

„Jede   Zahl    läfst    sich    als   Summe   von  k  k-  Eckszahlen   dar- 
stellen." 

Derselbe  ist  in  seiner  Allgemeinheit  bis  auf  den  heutigen  Tag  noch 
nicht  ein  wandsfrei  bewiesen  worden,  und  für  die  speziellen  Fälle,  in 
denen  das  gelungen  ist,  mit  so  tiefliegenden  Hilfsmitteln,  dafs  man  es 
wohl  mit  Sicherheit  aussprechen  kann,  Fermats  Beweise,  falls  er  sie 
wirklich  besessen  hat,  seien  auf  ganz  andern  Fundamenten  basiert 
gewesen.  m 

So  hat  zuerst  Gau/s  für  den  Satz: 

„Jede  Zahl  kann  als  Summe  von  drei  Dreieckszahlen  dargestellt 
werden"  (k  =  3) 

einen  Beweis  aus  den  verstecktesten  Eigenschaften  der  ternären  qua- 
dratischen Formen  geschöpft,  deren  Theorie  erst  von  ihm  begründet 
worden  ist.  Dieser  Spezialfall  besagt  nämlich,  dafs  jede  ganze  Zahl  h 
in  der  Form: 

h  = § 1 ^ 1 2 

geschrieben  werden  kann,  wo  x,  y,  z  geeignet  gewählte  ganze  Zahlen 
bedeuten.  Vervollständigen  wir  hier  die  Summanden  der  rechten  Seite 
zu  Quadraten,  so  erhalten  wir  die  Gleichung: 

8Ä  +  3  =  (2z  +  iy  +  (2y  +  l)a  +  (2*  +  1)* 

und  damit  die  Fassung,  in  der  Gaufs  unsern  speziellen  Fall  des 
Fermatschen  Satzes  erledigt  hat: 

2* 


20  Zweite  Vorlesung. 

„Jede  Zahl,  die  durch  8  geteilt  den  Rest  3  läfst,  ist  als  Summe 
yon  drei  ungeraden  Quadratzahlen  darstellbar", 

worin  man  statt  „ungeraden  Quadratzahlen"  auch  „Quadratzahlen"  schlecht- 
hin setzen  kann,  da  die  Summe  von  drei  Quadraten  durch  8  geteilt  den 
Rest  3  nur  dann  läfst,  wenn  sie  alle  ungerade  sind. 
Der  weitere  Satz: 

„Jede  ganze  Zahl  kann  als  Summe  von  vier  Quadratzahlen  dar- 
gestellt werden" 

ist  wohl  nicht  minder  bemerkenswert  und  leistet  ebenfalls  in  seiner  Art 
Vollkommenes,  denn  er  giebt  uns  zugleich  die  geringste  Anzahl  von 
Quadraten  an,  die  zu  jener  Darstellung  notwendig  und  hinreichend  sind, 
denn  z.  B.  schon  die  Zahl  15  =  l2  +  l2  +  22  -f-  32  kann  nicht  durch 
weniger  als  vier  Quadrate  dargestellt  werden.  Die  Richtigkeit  dieser 
Behauptung  fällt  am  Schlüsse  von  C.  G.  J.  Jacobis  „fundamenta  nova 
theoriae  functionum  ellipticarum"  als  Nebenresultat  der  Betrachtungen 
über  elliptische  Funktionen  ab  und  liefert  dadurch  ein  denkwürdiges 
Beispiel  für  die  Nützlichkeit  einer  Verbindung  von  Analysis  und 
Zahlentheorie. 

Es  läfst  sich  auch  leicht  zeigen,  wie  das  ursprünglich  zahlen- 
theoretische Problem  in  ein  analytisches  umgewandelt  werden  kann 
Multiplizieren  wir  die  vier  unendlichen  Reihen: 


1  +  2z  +  2*  +  2z9  -\ = 

A  =  — OD 
*=*-}- OD 

1  +  2u  +  2t*4  +  2u*  H =2jU* 

1  +  2v  +  2v*  +  2v9  -( =  £  if 

Jss  —  00 

JÄsa-4-  Qo 

1  +  2«>  +  2«>*  +  2w9  -\ =  V  «r»' 


mg= od 


mit  einander,  so  ergiebt  sich  die  Gleichung 


(2'«'')  tZ«')  C£-0  (2*0  - 2/  •  «■•  v  •  «•: 


aus  der  für  z  =  u  =  v  =  w  die  Identität 

(2V)4=2?«*'+**+''+" 


h,  k,  l,  m 


§  2.   Der  Fermatache  Satz  über  die  Polygonalzahlen.  21 

hervorgebt.  Auf  der  rechten  Seite  dieser  Gleichung  kommt  die 
Potenz  js8  offenbar  genau  so  oft  vor,  wie  die  Zahl  s  als  Summe  der 
Quadrate  von  vier  positiven  oder  negativen  ganzen  Zahlen  ausdrückbar 
ist;  schreiben  wir  daher  die  linke  Seite  in  Form  einer  Potenzreihe 

so  giebt  der  Koefficient  cs  an,  wie  oft  die  obige  Darstellung  von  s 
möglich  ist.  Soll  also  der  Fermatsche  Satz  für  den  Fall  A  =  4  richtig 
sein,  so  darf  kein  einziger  der  Koefficienten  c  gleich  Null  sein.  Den 
Wert  der  letzteren,  d.  i.  die  Anzahl  der  Darstellungen  einer  beliebigen 
Zahl  s,  hat  nun  Jacobi  mit  Hilfe  der  Theorie  der  elliptischen  Funk- 
tionen allgemein  berechnet  und  sie  im  wesentlichen  gleich  der  Summe 
der  Divisoren  von  s  gefunden;  und  da  diese  stets  eine  positive  Zahl 
ist,  so  ergiebt  sich  die  Richtigkeit  des  Fermatschen  Satzes  für  diesen 
speziellen  Fall  als  eine  selbstverständliche  Folgerung.  Später  hat  er 
diese  analytische  Herleitung  des  Satzes  von  den  Viereckszahlen  auf  die 
geschickteste  Weise  in  eine  rein  arithmetische  übertragen,  und  nach  ihm 
hat  dann  auch  DiricMet  einen  sehr  elementaren  und  einfachen  zahlen- 
theoretischen Beweis  gegeben.  In  gleicher  Weise  hatte  auch  Gaufs 
die  Anzahl  aller  Darstellungen  einer  Zahl  durch  drei  Dreieckszahlen 
bestimmt. 

Für  k  =  5  findet  man  weiter,  dafs  jede  Zahl  h  in  der  Form 

A  =  4-(3n;-n1)  +  4(3n;-»1)+...  +  l(3»;-n5) 

darstellbar  sein  mufs;  aus  dieser  Gleichung  folgt  durch  geeignete  Um- 
gestaltung die  neue: 

24Ä  +  5  =  (6Wl  -  l)8  +  (6n,  -  1)»  +  •  •  •  +  (6«5  -  1)*, 

d.  h.  es  besteht  der  Satz: 

Jede  Zahl,  die  durch  24  geteilt  den  Rest  fünf  läfst,  ist  ausdrückbar 
als  Summe  der  Quadrate  von  5  Zahlen,  die  alle  durch  6  geteilt 
den  Rest  —  1  lassen. 

Dafs  jede  solche  Zahl  überhaupt  als  Summe  von  fünf  Quadraten  ge- 
schrieben werden  kann,  ist  aus  dem  vorhergehenden  klar;  denn  eine 
solche  Darstellung  ist  bereits  durch  vier  Quadrate  möglich.  Es  kommt 
aber  hier  noch  die  weitere  Bedingung  hinzu,  dafs  die  Zahlen,  deren 
Quadrate  auf  der  rechten  Seite  vorkommen,  durch  6  geteilt  den  Rest 
—  1  lassen  sollen. 

Im  Anschlüsse  an  diese  besonderen  Beispiele  wenden  wir  uns  nun 
zur  Betrachtung  des  allgemeinen  Fermatschen  Satzes:  Jede  Zahl  h  läfst 
sich  als  Summe  von  k  k- Eckszahlen  darstellen: 


22  Zweite  Vorlesung. 

k 

Vervollständigen  wir  wieder  die  einzelnen  Glieder  der  rechten  Seite  zu 
Quadraten,  so  ergiebt  sich 

k 

8(*_2)A  =  2[4(*-2)X-4(*-2)'»a  +  8(*-2)no] 

k 

a=l 

und  hieraus 

k 

S(k  —  2)h  +  k(k  —  4)2  =  2  P(*  —  2)  nB  -  *  +  4]*. 

Ersetzt  man  endlich  in  dieser  Gleichung  jedes  ntf  durch  ti«  +  1,  so 
geht  sie  über  in 

k 

8(k  —  2)h  +  k(k-4)*  =  ^?[2(k  —  2)na  +  *]*, 

d.  h.: 

Jede  Zahl,  die  durch  8  (k  —  2)  geteilt  den  Rest  Jfc(A  —  4)2  läfst, 
kann  als  die  Summe  der  Quadrate  von  k  Zahlen  dargestellt 
werden,  die  alle  durch  2(k  —  2)  geteilt  den  Rest  k  lassen. 

Obwohl  nun  hierfür  noch  kein  Beweis  bekannt  ist,  drängt  sich  gleich 
die  weitere  Frage  nach  der  Anzahl  der  verschiedenen  Darstellungen 
einer  Zahl  h  in  der  angegebenen  Form  auf,  eben  die  Frage,  welche 
Gaufs  für  k  =  3  und  Jacobi  für  k  =  4  vollständig  erledigt  haben. 
Es  ist  auch  hier  nicht  schwer,  das  arithmetische  Problem  nach  dem 
Vorbilde  Jacobis  auf  ein  analytisches  zu  reduzieren;  jedoch  hat  man, 
natürlich  aufser  in  jenen  beiden  einfachsten  Fällen,  noch  keine  Lösung 
dieser  allgemeineren  Frage  gefunden*). 

§3. 

Der  grofse  Fermatsche  Satz,  das  berühmteste  unter  allen  Theoremen 
des  französischen  Mathematikers,  schliefst  sich  an  die  Aufgabe  an,  der 
Pythagoräischen  Gleichung 

x*  +  y*  =  0* 

durch  drei  ganze  Zahlen  zu  genügen.  Fermat  erweiterte  dieselbe  in 
naheliegender  Weise,  indem  er  nach  den  ganzzahligen  Lösungen   von 


*)  Vergleiche  hierzu  die  weiteren  Ausführungen  in  Nr.  1  des  Anhanges. 


§  3.    Der  große  Fermatsche  Satz.  23 

^  +  tf*  =  z%  forschte,  wo  n  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeutet,  und 
stellte  als  Ergebnis  seiner  Untersuchungen  den  allgemeinen  Satz  auf: 

Die  Gleichung  x%  +  yn  =  #*  kann  für  n  >  2  durch  kein  System 
ganzer  Zahlen  a,  b,  c  befriedigt  werden. 

Schreibt  man  die  Gleichung  in  der  Form 

©  -  ©  -  >. 

so  lautet  die  Behauptung: 

Wenn  w  >  2  ist,  können  die  nien  Potenzen  zweier  rationalen 
Brüche  nie  um  eine  Einheit  auseinanderliegen. 

Mit  diesem  Satze,  dem  Fermat  in  seiner  Ausgabe  des  DiopJmnt  nur 
die  Worte  hinzufügt: 

„Ich  habe  für  diese  Behauptung  einen  wunderbaren  Beweis  ge- 
funden, aber  der  Rand  des  Buches  ist  zu  schmal,  ihn  darauf 
niederzuschreiben  .  .  ." 

haben  sich  die  Mathematiker  nach  ihm  vielleicht  mehr  beschäftigt,  als 
mit  irgend  einem  andern,  und  wohl  keiner  hat,  abgesehen  etwa  von 
der  Quadratur  des  Kreises,  zu  so  vielen  falschen  und  irrtümlichen  De- 
ductionen  Veranlassung  gegeben.  Wenn  man  aber  auch  zu  dem  er- 
strebten Ziele,  dem  erschöpfenden  Beweise  des  Satzes  für  jeden  Wert 
von  n,  noch  immer  nicht  gelangt  ist,  so  sind  doch  die  vielen  dahin 
gehenden  Arbeiten  für  die  Wissenschaft  äufserst  folgenreich  und  frucht- 
bar gewesen.  Es  ist  deshalb  nicht  uninteressant,  kurz  auf  die  Geschichte 
des  Theorems  einzugehen.  Nachdem  für  dritte  und  vierte  Potenzen 
Euler  dasselbe  bereits  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  bewiesen 
hatte,  glückte  erst  1825  Lejeune-Dirichlet  ein  noch  nicht  ganz  voll- 
ständiger Beweis  für  fünfte  Potenzen,  der  zuerst  von  Legendre  und 
1827  auch  von  Diricklet  selbst  nach  seiner  Methode  zu  Ende  geführt 
wurde.  Im  Jahre  1837  lieferte  dann  Lame  den  Nachweis  für  den 
Fall  n  =  7.  In  neuester  Zeit  endlich,  vor  noch  nicht  50  Jahren,  hat 
Kummer  die  Unmöglichkeit  der  Fermatschen  Gleichung  für  unendlich 
viele  Zahlen  dargethan;  dabei  fufste  er  jedoch  auf  einer  ganz  neuen 
Theorie,  deren  Begründung  wohl  als  seine  gröfste  wissenschaftliche 
That  anzusehen  ist.  Aber  auch  seine  Darlegung  umfafst  nicht 
alle  Zahlen  n;  ja,  wenn  er  anfangs  glaubte,  er  habe  durch  seinen 
Beweis  den  Fermatschen  Satz  für  fast  alle  Zahlen  erledigt,  mufste  er 
sich  doch  später  vom  Gegenteile  überzeugen,  weil  die  Zwischenräume 
zwischen  solchen  Zahlen,  für  welche  die  Eummersche  Analyse  gilt, 
immer  gröfser  werden,  je  weiter  man  in  der  Zahlenreihe  fortschreitet. 


24  Zweite  Vorlesung. 

Trotzdem  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  der  Fermatsche  Satz  auch  für 
diese  Ausnahmszahlen  seine  Richtigkeit  behält*). 

§*• 

Nach  Fermat  hat  die  Arithmetik  zuerst  wieder  in  Euler  einen 
ausgezeichneten  Förderer  gefunden.  Er  wurde  1707  in  Basel  geboren 
und  lebte  von  1741 — 1766  in  Berlin,  wo  er  gänzlich  erblindete,  ohne 
deshalb  aufzuhören,  mit  voller  geistiger  Frische  und  gröfstem  Erfolge 
an  seiner  Wissenschaft  weiter  zu  arbeiten.  Von  Berlin  ging  er  nach 
Petersburg  und  starb  dort  1783.  Seine  wissenschaftliche  Begabung 
war  ungemein,  vielseitig,  und  es  giebt  kaum  ein  Feld  der  Mathematik, 
auf  dem  er  nicht  grundlegend  thätig  gewesen  wäre.  So  sind  auch 
seine  Arbeiten  sowohl  ihrem  Umfang  als  auch  ihrem  Inhalte  nach 
mit  denen  keines  andern  Mathematikers  zu  vergleichen.  Bei  seinen 
Lebzeiten  erschienen  493,  nach  seinem  Tode  noch  etwa  100  Abhand- 
lungen, welche  sich  zum  grofsen  Teile  auf  arithmetische  Probleme  be- 
ziehen. Die  zahlentheoretischen  Arbeiten  Eulers,  die  vorher  noch  völlig 
zerstreut  waren,  wurden  im  Jahre  1849  auf  Veranlassung  der  Peters- 
burger Akademie  von  den  Brüdern  Fufs  gesammelt  und  in  zwei  Bänden 
herausgegeben,  wodurch  sie  erst  allgemeiner  zugänglich  gemacht  wur- 
den. Sie  tragen  noch  ganz  den  Charakter  der  delektabeln  Mathematik, 
welcher  der  Arithmetik  vor  Gaufs  inne  wohnte,  und  bilden  eine  ganz 
aufserordentlich  anregende  Lektüre. 

In  seinen  Abhandlungen  hat  Euler  teils  der  Zahlentheorie  neue 
Bahnen  eröffnet,  teils  auch  bekannte  und  altberühmte  Sätze  auf  eigene 
Art  bewiesen  und  weiter  ausgebildet.  So  hat  er  zum  Beispiel  für  die 
schon  berührte  Theorie  der  vollkommenen  Zahlen  gezeigt,  dafs  auf  dem 
von  Euklid  angegebenen  Wege  alle  geraden  vollkommenen  Zahlen  er- 
halten werden,  und  dafs  die  ungeraden,  falls  solche  existieren,  not- 
wendig von  der  Form 

/ä  i     i\4n+l    2 

(Am  +  1)    ^  x 

sein  müssen,  wo  4m  +  1  =  P  e*ne  Primzahl  und  x  eine  durch  p  nicht 
teilbare  ungerade  Zahl  bedeutet.  Auch  unter  diesen  ist  bisher  keine 
vollkommene  Zahl  gefunden  worden;  doch  ist  es  andrerseits  noch  nicht 
gelungen,  den  Nachweis  zu  fuhren,  dafs  es  ungerade  vollkommene 
Zahlen  überhaupt  nicht  giebt. 

An  dieses  Problem  schliefst  sich  das  der  sogenannten  befreundeten 
oder  Freundschaftszahlen  (numeri  amicabiles).  So  heifsen  zwei  Zahlen  m 

*)  Vergleiche  hierzu  die  weiteren  Ausführungen  in  Nr.  2  des  Anhangs. 


§  4.    Die  vollkommenen  und  die  befreundeten  Zahlen.  25 

und  »,  wenn  die  Divisorensumme  der  einen  gleich  der  andern  ist  und 
umgekehrt.  So  sind  z.  B.  220  und  284  befreundete  Zahlen,  denn  die 
Teiler  von  220  und  284  sind  bzw. 

1,  2,  4,  5,  10,  11,  20,  22,  44,  55,  110 
und: 

1,  2,  4,  71,  142, 

und  die  Summe  der  ersteren  ist  284,  die  der  letzteren  220.  Die  Frage 
nach  ihnen  ist  zuerst  im  Mittelalter  von  Michael  Stifd  aufgeworfen 
worden,  und  Eider  hat  dann  eine  Methode  aufgestellt,  um  beliebig 
viele  Zahlen  dieser  Art  zu  bestimmen. 

Den  zweiten  Teil  seines  ganz  elementaren  Werkes  „Anleitung  zur 
Algebra",  das  gar  nicht  genug  gelobt  und  empfohlen  werden  kann, 
hat  Euler  ausschließlich  der  Diophantik  oder  unbestimmten  Analytik 
gewidmet. 

Die  arithmetischen,  wie  die  algebraischen  Aufgaben  sind,  so  mufs 
man  annehmen,  aus  Bedürfnissen  des  taglichen  Lebens  entstanden,  aus 
Anforderungen,  die  spezielle  Vorkommnisse  desselben  an  die  Arith- 
metik stellten.  Die  linearen,  quadratischen  und  kubischen  Gleichungen 
boten  sich  gewifs  zunächst  in  der  Gestalt  von  praktischen  Fragen  dar, 
wofür  die  sonderbare  Bezeichnung  der  falschen  Wurzeln  einer  Gleichung 
für  solche,  die  in  der  Praxis  keine  Verwendung  fanden,  ein  deutliches 
Zeugnis  ablegt.  So  ist  wohl  auch  die  unbestimmte  Analytik,  deren 
ersten  Spuren  wir  bei  Diophant  begegneten,  aus  rein  praktischem 
Interesse  hervorgegangen,  obwohl  wir  ihre  Entwicklung  im  einzelnen 
nicht  mehr  genau  verfolgen  können.  Diophctnt  selbst  scheint  die  von 
ihm  behandelten  Aufgaben  weniger  selbst  erdacht,  als  bereits  vor- 
handene der  Erfahrung  entnommen  und  wissenschaftlich  verwertet  zu 
haben.  Das  wird  unter  anderem  durch  den  Umstand  wahrscheinlich 
gemacht,  dafs  sich  in  der  griechischen  Anthologie  nach  damaliger  Ein- 
kleidung in  Märchenform  ein  zuerst  von  Lessing  bemerktes  Problem 
vorfindet,  das  auf  die  noch  zu  erwähnende  Pellsche  Gleichung  führt. 
Da  die  hier  auftretenden  Zahlen  sehr  grofs  sind,  mufs  die  Durch- 
führung der  Rechnung  bei  der  Unbequemlichkeit  der  griechischen 
Zahlzeichen  recht  schwer  gewesen  sein  und  bietet  ein  rühmliches 
Zeichen  der  geistigen  Kraft  jenes  Volkes.  Im  Mittelalter  ist  dann  jeder 
Traktat  der  Algebra  mit  ähnlichen  Aufgaben  der  unbestimmten  Ana- 
lytik angefüllt.  Dafs  dieses  ganze  Gebiet  damals  noch  zur  Algebra 
gerechnet  wurde,  und  dafs  selbst  Euler  die  betreffenden  Untersuchungen 
jener  Disciplin  einverleibt  hat,  bezeugt  wiederum,  wie  schwierig  es  ist, 
Arithmetik  und  Algebra  von  einander  zu  scheiden. 


26  Zweite  Vorlesung. 

Wenn  in  der  Algebra  eine  Anzahl  Gleichungen  mit  eben  so  viel  Un- 
bekannten, etwa  zwei  lineare  Gleichungen  mit  zwei  Unbekannten  gegeben 
sind,  so  bestimmen  sich  diese  für  gewöhnlich  vollständig,  und  zwar 
sind  die  Lösungen  rationale  Brüche,  wenn  die  Koefncienten  ganze 
Zahlen  sind.  Es  war  nun  natürlich,  dafs  man  von  hier  aus  zu  der 
ferneren  Frage  f ortschritt:  Wie  steht  es  mit  den  Lösungen,  wenn 
weniger  Gleichungen,  als  Unbekannte  vorhanden  sind?  In  dem  Falle 
ist  allerdings  die  Auflösung  schlechthin  leichter,  die  vollständige 
Bestimmung  aller  Lösungen  aber  viel  schwieriger,  als  zuvor. 

Eider  geht  im  Anfange  seiner  Algebra  von  ganz  einfachen,  ja  fast 
kindlichen  Beispielen  zumeist  in  praktischer  Einkleidung  aus,  die  aber 
doch  für  das  ganze  Gebiet  so  charakteristisch  sind,  dafs  wir  uns  einige 
von  ihnen  etwas  näher  ansehen  wollen. 

Das  erste  derselben  kann  folgendermafsen  ausgesprochen  werden: 

Man  soll  25   als  Summe  zweier  Zahlen  darstellen,  von  denen 
die  eine  durch  2,  die  andere  durch  3  teilbar  ist. 

Dazu  macht  Euler  den  Ansatz 

(1)  2x  +  3y  =  25, 

wo  x  und  y  ganze  und,  wie  er  von  vorn  herein  (Kap.  I,  3)  festgesetzt 
hat,  auch  positive  Zahlen  bedeuten.  Zur  Auflösung  dieser  Gleichung 
kann  man  ohne  weiteres  durch  Probieren  gelangen,  da  die  Zerlegung 
von  25  in  zwei  positive  Zahlen  überhaupt  nur  auf  12  verschiedene  Arten 
möglich  ist,  und  das  Probieren  ist  für  alle  derartigen  Aufgaben  in  der 
That  eine  theoretische  Lösungsmethode,  wenn  man  sie  wirklich  an- 
wenden kann,  d.  h.  wenn  die  Anzahl  der  anzustellenden  Versuche  eine 
endliche  ist. 

Um  dasselbe  aber  bei  grofsen  Zahlen  zu  vermeiden,  war  es  trotz- 
dem nötig,  eine  andere,  speziellere  Theorie  zu  ersinnen.  Euler  verfährt 
für  unser  Beispiel,  wie  folgt: 

Wegen  der  Gleichung 

3y  =  25  —  2x 

mufs  3y  und  damit  auch  y  ungerade  sein,  man  kann  also  setzen: 

(2)  y  =  2*  +  1. 

Durch  Einsetzen  geht  die  ursprüngliche  in  die  Gleichung 

(3)  s  +  3*=ll 

über,  und  so  erhalten  wir  für  x  und  y  folgende  Darstellung: 

x  =  U—  3*,    y  =  l  +  2*, 
worin,  z  eine  ganze  Zahl  bedeutet,  welche  nur  der  Bedingung   unter- 


§  4.   Diophantische  Probleme.  27 

worfen  ist7  dafs  x  und  y  positiv  sein  müssen,  z  kann  hiernach  nur 
die  Werte  0,  1,  2,  3  annehmen,  und  hieraus  ergeben  sich  für  x  und  y 
beziehlich  die  Zahlen  11,  8,  5,  2  und  1,  3,  5,  7,  d.  h.  die  Zahl  25 
kann  auf  folgende  vier  Arten  den  Bedingungen  der  Aufgabe  gemäfs 
dargestellt  werden: 

25  =  22  +  3  =  16  +  9  =  10  +  15  =  4  +  21. 

Bei  dem  folgenden  Beispiele  Eulers  wollen  wir  uns,  um  das  Problem 
wissenschaftlich  interessanter  zu  machen,  nicht  auf  die  positiven  Lösungen 
beschranken: 

Es  soll  eine  Zahl  N  gefunden  werden,  die  durch  5  teilbar  ist 
und  durch  7  dividiert  den  Rest  3  läfst. 

Man  hat  also  die  Gleichung 

(4)  5x  =  ly  +  3  [=  N] 

durch  ganze  Zahlen  zu  befriedigen.  Hier  kann  man  nun,  indem  man 
z.  B.  y  allein  als  Unbekannte  auffafst,  ebenso  verfahren,  wie  man  bei 
einer  gewöhnlichen  Gleichung  mit  einer  Unbekannten  diese  mit  dem 
Koefficienten  1  zu  isolieren  sucht.  Soll  ly  -f-  3  durch  5  teilbar  sein, 
so  mufs  dasselbe  auch  von  dem  Produkte  3(1  — y)  gelten,  da  es  sich 
nur  um  10 y,  also  um  ein  Vielfaches  von  5,  von  dem  vorigen  Aus- 
drucke unterscheidet.  Also  mufs  auch  (1  —  y)  selbst  die  Primzahl  5 
enthalten;  ich  kann  daher 

1  —  y  =  bz    also    y  =  —  bz  -{-  l 

setzen  und,  da  z  eine  beliebige,  positive  oder  negative  Zahl  bedeuten 
soll,  dafür  bequemer  schreiben 

(5)  y  =  5*  +  1. 

Jede  Zahl,  die  sich  auf  diese  Form  bringen  läfst,  genügt  also  der  Aus- 
gangsgleichung (4),  und  durch  Einsetzen  wird  dann  auch  der  zugehörige 

Wert  von  x}  nämlich 

s=7*  +  2 

erhalten.  Die  vollständige  Lösung  der  ursprünglichen  Gleichung  haben 
wir  somit  in  der  Form 

(6)  s  =  7*  +  2,    y  =  5*+l,    tf=35*+10, 

wobei  z  eine  durchaus  willkürliche  ganze  Zahl  sein  kann  und  keine 
andern  Zahlen  aufser  den  durch  (6)  dargestellten  die  Gleichung  (4) 
befriedigen. 


28 


Zweite  Vorlesung. 


§5. 

Die  beiden  im  vorigen  Abschnitte  behandelten  Beispiele  sind  spe- 
zielle Fälle  der  nachstehenden  allgemeinen  Frage: 

Es  sollen  alle  ganzzahligen  Lösungen  der  ganzzahligen  Gleichung 

(1)  ax  +  by  +  c  =  0 

gefunden  werden. 

Diese  Aufgabe  können  wir  uns  unter  Benutzung  der  Methoden 
der  analytischen  Geometrie  leicht  graphisch  veranschaulichen.  Jene 
Gleichung  stellt  nämlich,  bezogen  auf  irgend  ein  rechtwinkliges  Koor- 
dinatensystem, diejenige  gerade  Linie  dar,  die  auf  der  x-  und  y-  Achse 

beziehlich  die  Stücke und  —  -r-  abschneidet,  d.  h.  den  geome- 
trischen Ort  aller  und  nur  der  Punkte,  deren  Koordinaten  x  und  y  der 
Gleichung  (1)  genügen.  Von  ihnen  befriedigen  aber  unsere  spezielle 
Aufgabe  nur  die  Punkte  P,  deren  Koordinaten  ganzzahlige  Werte 
haben.  Um  diese  nunmehr  aus  der  gesammten  Ebene  herauszuheben, 
ziehen  wir  zur  x-  und  y-  Achse  je  eine  Schar  von  äquidistanten 
Parallelen  im  Abstände  1  und  bekommen  auf  diese  Weise,  wie  die  unten- 
stehende Figur  für  den  ersten  Quadranten  zeigt,  ein  Gittersystem,  dessen 


6 

s 

i 

X 

3 
2 

1 

f 

1 

V 

f  1 

r    k 

>   J 

l    i 

t     6 

'      i 

f      3 

r    >* 

Gitterpunkte  die  einzigen  Punkte  jener  Ebene  sind,  welche  ganzzahlige 
Koordinaten  haben.  Es  ist  demnach  die  Lösung  der  obigen  Gleichung 
identisch  mit  der  Forderung,  die  auf  einer  gegebenen  Geraden  liegen- 
den Gitterpunkte  zu  finden. 

Auch  bei  drei  Unbekannten  ist  eine  graphische  Versinnlichung  noch 
möglich,  z.  B.  werden  die  ganzzahligen  Lösungen  der  Gleichung 

(2)  ax  +  by  +  cz  +  d  =  0 

durch  die  Gitterpunkte  im  Baume  dargestellt,  die  der  durch  die 
Gleichung  (2)  charakterisierten  Ebene  angehören;  zwei  lineare  Gleichungen 
mit  drei  Unbekannten: 


§  5.    Ganzzahlige  Lösungen  linearer  Gleichungen.  29 

ax  -f-  by  +  cz  +  d  =  0 

'  a'x  +  b'y  +  c'z  +  <T  =  0 

bestimmen  eine  gerade  Linie  im  Räume  als  Schnittfigur  zweier  Ebenen, 
und  die  ganzen  Zahlen,  durch  die  beide  gleichzeitig  erfüllt  werden, 
werden  durch  die  auf  jener  Geraden  liegenden  Gitterpunkte  repräsen- 
tiert. In  ähnlicher  Weise  kann  offenbar  jede  Aufgabe  der  unbestimmten 
Analytik,  bei  der  nicht  mehr  als  drei  Unbekannte  in  Betracht  kommen, 
geometrisch  interpretiert  werden,  und  diese  anschauliche  Auffassungs- 
weise hat  in  vielen  Fragen  erfolgreich  die  abstrakte  Betrachtung 
ersetzt. 

Bei  einem  solchen  Systeme  von  Gleichungen  wird,  wie  wir  noch 
hervorheben  wollen,  die  Mannigfaltigkeit  der  Lösungen  durch  die  For- 
derung, dafs  die  Unbekannten  ganze  Zahlen  sein  sollen,  nicht  beschränkt, 
sondern  es  tritt  nur  an  die  Stelle  einer  kontinuierlichen,  eine  diskrete 
Mannigfaltigkeit. 

Im  Anschlüsse  an  diese  Eulerschen  Beispiele  wollen  wir  gleich 
ein  anderes,  sehr  bekanntes  und  prinzipiell  besonders  bemerkenswertes 
Problem  behandeln,  das  bei  ihm  nicht  vorkommt. 

Es  soll  die  Diophantische  Gleichung  mit  vier  Unbekannten: 

(4)  xy'—yx  =  \ 

oder  in  Determinantenform  geschrieben 

x    y 
x'  y 

vollständig  in  ganzen  Zahlen  gelöst  werden. 

Vor  allem  ist  klar,  dafs  irgend  zwei  der  vier  Zahlen,  welche  nicht  mit  ein- 
ander multipliziert  sind,  die  also  in  der  Determinante  entweder  unter 
oder  neben  einander  stehen,  keinen  gemeinsamen  Teiler  haben  dürfen, 
da  dieser  sonst  auch  in  1  enthalten  sein  müfste.  Es  seien  jetzt  x  und  y 
zwei  beliebige,  aber  fest  gewählte  ganze  Zahlen  ohne  gemeinsamen 
Teiler;  dann  wollen  wir  zunächst  fragen,  welche  Werte  man  nunmehr 
x  und  y  beizulegen  hat,  damit  die  Gleichung  erfüllt  werde.  Es  ist 
nun  leicht,  alle  diese  Zahlensysteme  aufzustellen,  sobald  man  nur 
eines  von  ihnen  etwa  durch  Probieren  gefunden  hat.  Ist  nämlich 
x'=x0,  y'=y0  ein  Zahlenpaar,  für  das  die  Gleichung 

*y<>  —  tfxo  =  1 

giltig  ist,  so  folgt  aus  dieser  und  der  Ausgangsgleichung  die  weitere 
und  da  x  und  y  relativ  prim  sind,  mufs 


=  1 


30  Zweite  Vorlesung. 

x—  x0  =  nx,    y'—y0  =  ny 

sein,  wo  n  eine  ganz  beliebige  positive  oder  negative  ganze  Zahl  sein 
kann.     Es  sind  also  die  sämtlichen  verlangten  Lösungen  von 

xy'—yxf=  1 
in  der  Form  enthatten: 

(5)  x'=*x0  +  nx,    y'=y0  +  ny, 

wo  n  die  eben  genannte  Bedeutung  hat,  x  und  y  irgend  welche  ganzen 
Zahlen  ohne  gemeinsamen  Divisor  und  x0,  y0  zwei  ganze  Zahlen  sind, 
die  der  Gleichung 

xVo  —yx0  =  i 

genügen. 

Nimmt  man  z.  B.   x  =  7,   y  =  11  an,   so  kann  x0  =  5,  y0  =  8 

gesetzt  werden,  weil 

78—  11-  5=  1 
ist,  und  das  ergiebt 

aj'=5-^7n,    y'=  8  +  lln        («=o,  +  i,  +»,  .   >, 

Jetzt  können  wir  weiter  y  als  ganz  beliebig  ansehen  und  dann 
für  x  jede  andere  Zahl  setzen,  die  mit  y  keinen  Teiler  gemeinsam  hat, 
so  dafs  sich  für  die  Systeme  (x,  y)  eine  zweifache  Mannigfaltigkeit 
ganzer  Zahlen  herausstellt.  Für  jedes  (x,  y)  haben  wir  aufserdem  eine 
einfache  Mannigfaltigkeit  von  Zahlenpaaren  (xf,  y')}  weil  das  in  (5) 
auftretende  n  alle  ganzzahligen  Werte  annehmen  kann  und  durch  seine 
Wahl  x  und  y  beide  vollständig  bestimmt  sind.  So  erhalten  wir 
also  im  ganzen  eine  dreifache  Mannigfaltigkeit  ganzzahliger  Lösungen 
unserer  Determinantengleichung.  Diese  Eigenschaft  bleibt  der  Sache 
nach  bestehen,  wenn  wir  ohne  Beschränkung  sämtliche  Zahlen  in  Be- 
tracht ziehen;  denn  auch  dann  sind  drei  Zahlen  vollkommen  beliebig, 
und  erst  die  vierte  ist  durch  sie  bestimmt.  Nur  bilden  die  ganzzahligen 
Lösungen  analog,  wie  vorher,  keine  kontinuierliche,  sondern  eine  dis- 
krete dreifache  Mannigfaltigkeit. 

§6. 

Wir   gehen   nun   zu   den  Diophantischen  Aufgaben  von  höherem 

als    dem  ersten    Grade   über   und  kehren  wieder  zu   der  Fermatschen 

Gleichung 

xn  +  yn  =  z* 

zurück,  die  Etiler  für  die  Fälle  n  =  2,  3,  4  erschöpfend  untersucht, 
und  dadurch,  wie  oben  erwähnt,  den  Grund  zu  einer  langen  Reihe 
von   Arbeiten  gelegt  hat,    die  dieses  berühmte  Theorem   zum  Gegen- 


§  6.    Eulers  Lösung  des  Fermatschen  Problemes.  31 

stände  haben.  Für  n  =  2  wird  man  auf  das  bereits  im  Altertume 
betrachtete  Problem  geführt,  die  Gleichung 

(1)  x*  +  y*  =  z* 

vollständig  in  ganzen  Zahlen  aufzulösen  oder,  geometrisch  gesprochen, 
alle  rechtwinkligen  Dreiecke  zu  finden,  deren  Seiten  ganzzahlig  sind. 

Euler  behandelt  diesen  Fall  etwa  in  folgender  Art:  Führt  man 
in  der  Gleichung  (1)  an  Stelle  von  z  die  neue  Unbekannte  u  durch 
den  Ansatz 

(2)  z  =  y  +  u 
ein,  so  verwandelt  sie  sich  in 

(3)  x*  =  2uy  +  u*. 

Setzen  wir  jetzt 

u  =  q* .  r, 

wo  q*  die  gröfste  in  u  enthaltene  Quadratzahl  ist  und  demnach  r  lauter 
von  einander  verschiedene  Primfaktoren  enthält,  so  folgt  aus  Gleichung  (3), 
dafs  z*  durch  q*,  also  auch  x  durch  q  teilbar  sein  mufs.  Setzen  wir 
daher 

(4)  x  =  q  •  m 

in  (3)  ein,  so  ist  nach  Beseitigung  des  gemeinsamen  Faktors  q* 

(5)  m2  =  2ry  +  q*r*. 

Hieraus  ergiebt  sich  weiter,  dafs  m2  und,  da  r  aus  lauter  von  ein- 
ander verschiedenen  Primfaktoren  besteht,  dafs  m  selbst  durch  r  teil- 
bar ist,  dafs  also: 

(6)  m  =  p  •  r 

gesetzt  werden  kann.     So  erhalten  wir  schliefslich 

V  ==  y  r  (p*  —  q*) 
und  aus  (4),  (6)  und  (2) 

x=pqr,    s  =  y  +  tt  =  i-r(j)*  +  g2). 
Die  Gleichungen 

(7)  x  =  pqr,     y  =  Yr(p8-g8),     «  =  yr(l)2  +  8') 

bilden  alsdann,  wenn  man  p,  q,  r  solche  ganzzahligen  Werte  erteilt, 
dafs  auch  xy  y,  z  ganze  Zahlen  sind,  die  Gesamtheit  der  gesuchten 
Losungen  der  ursprünglichen  Gleichung  (1). 

Offenbar  sind  von  ihnen  aber  nur  diejenigen  wesentlich,  welche 
keinen   gemeinsamen  Teiler  haben;  denn  hat  man  diese  gefunden,  so 


32  Zweite  Vorlesung. 

braucht  man  x,  y,  z  immer  nur  mit  einer  und  derselben  beliebig 
gewählten  ganzen  Zahl  t  zu  multiplizieren,  um  das  vollständige  Lösungs- 
system zu  bekommen.  Wir  lassen  jetzt  also  die  Beschränkung  eintreten, 
dafs  x  und  y  und  damit  selbstverständlich  auch  xy  y,  z  relativ  prim 
sein  sollen.  Dann  können  x  und  y  nicht  beide  gerade  sein;  ebensowenig 
jedoch  können  beide  zugleich  ungerade  sein,  denn  ist  etwa: 

x  =  p  •  q  •  r 

ungerade,  so  sind  es  auch  p  und  q,  und  folglich  ist 

V  =  -2-  r(p  +  q)(p  —  q) 

notwendig  gerade,  weil  sowohl  p  +  q,  wie  p  —  q  durch  2  teilbar  sind*). 
Da  die  Gröfsen  x  und  y  in  der  Pythagoräischen  Gleichung  symmetrisch 
vorkommen  und  wir  bisher  keine  besondern  Voraussetzungen  über  sie 
getroffen  haben,  so  wollen  wir  nunmehr  festsetzen,  dafs  x  gerade  und  y 
ungerade  sein  soll. 

Alsdann  kann  r  nur  eine  der  beiden  Zahlen  1  und  2  sein;  denn  ent- 
hielte es  irgend  einen  ungeraden  Primfaktor  oder  eine  höhere  Potenz 
von  2,  als  die  erste,  so  wären  x,  y,  z  sämtlich  durch  jenen  Primfaktor 
oder  durch  2  teilbar.  Wäre  aber  r  gleich  1,  so  müfsten,  damit  y  eine 
ganze  Zahl  bleibt,  p  und  q  entweder  beide  gerade  oder  beide  ungerade 
sein,  und  das  ist  ausgeschlossen,  weil  wir  y  als  ungerade  vorausgesetzt 
haben,  r  mufs  daher  notwendig  gleich  2  sein,  und  wir  erhalten 
anstatt  der  Gleichungen  (7)  die  spezielleren 

(8)  x^2pq7     y=p2  —  q\    z  =  p*  +  q%, 

in  denen  p  und  q  relativ  prim  sind  und  nicht  zugleich  gerade  oder 
ungerade  sein  dürfen.  Damit  y  positiv  wird,  wollen  wir  endlich  noch  p 
gröfser  als  q  annehmen.  Sind  diese  Bedingungen  erfüllt,  so  haben  wir 
in  (8)  alle  und  nur  die  Systeme  teilerfremder  Zahlen,  die  die  Pytha- 
goräische  Gleichung  befriedigen.     Die  vollständige  Lösung  von 

x%  +  y*  =  z* 

wird  dann  durch  die  Gleichungen: 


*)  Dafs  x  und  y  nicht  beide  ungerade  sein  können,  ist  auch  direkt  aus  der 

Natur  der  Gleichung 

aj!  +  y!  =  *" 

zu  erschließen.    Ist  nämlich  #  =  2m  -j-  1,  y  =  2n  +  1,  so  geht  unsere  Gleichung 

über  in 

4(mf  +  m  +  n*  +  n)  +  2  =  *»; 

z  müfste  demnach  gerade,  also  von   der  Form  2r  sein,  und  dies  würde  zu  der 
unmöglichen  Gleichung  führen 

4(m*  -fm  +  n1  -f-n  —  r*)-f2  =  0. 


§  7.    Die  Pythagoreischen  Zahlen.  33 

x  =  2pqt,     y  =  (j>*-q*)t,     *  =  (p*  +  q*)t 

(p>q>o,  t>0) 

(P>  Q  relativ  prim  und  nicht  beide  ungerade) 

geliefert,  und  zwar  jede  der  wirklich  verschiedenen  Lösungen  einmal 
und  nur  einmal,  weil  die  Zahlen  pf  q7  t  durch  z,  y,  z  durchaus  ein- 
deutig bestimmt  sind. 

Diese  Eulersche  Deduktion  bietet  gewissermafsen  das  Ideal  einer 
arithmetischen  Lösung,  das  bei  den  Aufgaben  der  Diophantik  freilich 
nur  sehr  selten  erreicht  wird. 

Die  einfachsten  teilerfremden  Pythagoräischen  Zahlen  sind  in  nach- 
stehender Tabelle  enthalten: 


In  der  That  ist  z.  B. 


p 

Q 

X 

y 

g 

2 

1 

4 

3 

5 

3 

2 

12 

5 

13 

4 

1 

8 

15 

17 

4 

3 

24 

7 

25 

5 

2 

20 

21 

29 

5 

4 

40 

9 

41 

\. 

41* 

=  40* 

+ 

9*. 

§7- 

Der  Grund,  warum  bei  der  soeben  behandelten  Aufgabe  die  voll- 
standige  Lösung  in  der  Art  gelingt,  dafs  jede  einzelne  einmal  und  nur 
einmal  erhalten  wird,  ist  analytischer  Natur.  Schreiben  wir  unsere 
Gleichung  in  der  Form 

(?)+ (? )*-  * 

SC  'U 

und  setzen  —  =  £,  —  =  17,  so  geht  das  Problem  in  das  äquivalente 
Ober,  es  soll  die  Gleichung 

p  +  if-i 

in  der  allgemeinsten  Weise  durch  rationale  Zahlen  befriedigt  werden. 
Jene  zweite  Gleichung  stellt  aber,  bezogen  auf  ein  beliebiges  recht- 
winkliges Koordinatensystem,  einen  Kreis  dar,  und  analytische  Be- 
trachtungen lehren,  dafs  hier  §  und  17  so  als  rationale  Funktionen  eines 
Parameters  r  ausgedrückt  werden  können,  dafs  der  kontinuierlichen 
Reihe  aller  reellen  Werte  von  t  alle  Punkte  P  des  Kreises  einmal  und 

Kroneokar,  Zahlentheorie.    I.  3 


34  Zweite  Vorlesung. 

nur  einmal  entsprechen.     Es   ist  nämlich,   wenn  der  zu  dem  Punkte 
P  =  (£,  rf)  gehörige  Winkel  mit  co  bezeichnet  wird, 

•    CO  .    ,    CO 

cos"  — Bin*  -T-         „  - 

,  2  2  1  —  t* 

£  =  COS  CD  =  - 


WO 


t  oi  .    ,  co  1  +  T* 

cos*  —  +  sin*  — 
2     *  2 

CD  CO 

2  am  —  •  cos  — 

2              2  2r 

rj  =  sm  g>  = =  . , 

'  ,    CO  .     ,    CO  1   +  t'7 

cos*  --  +  sin*  -  ' 

2    ^  2 


x  =  tang 


2 

ist;  und  in  der  That  durchläuft,  wenn  x  alle  Werte  von  —  oo  bis  -|-  °° 
annimmt,  der  Punkt  (£,  t;)  einmal  und  nur  einmal  die  ganze  Kreis- 
peripherie. 

Ist  überhaupt 

nt,  v)  -  o 

die  Gleichung  einer  algebraischen  Kurve,  so  ist  es  im  allgemeinen 
nicht  möglich,  £;  und  r]  als  rationale  Funktionen 

einer  neuen  Variablen  t  so  darzustellen,  dafs  jedem  Werte  yon  x  ein 
und  nur  ein  Punkt  der  Kurve  entspricht;  ist  dies  aber  für  eine  Kurve, 
wie  z.  B.  vorher  für  den  Kreis  der  Fall,  so  sagt  man,  sie  sei  vom 
Geschlechte  Null. 

Der  Vorteil,  den  die  Arithmetik  aus  dieser  analytischen  Definition 
zieht,  besteht  nun  darin,  dafs  unter  jener  Voraussetzung  und  der  wei- 
teren, dafs  <p(x)  und  rp(x)  auch  rationale  Zahlenkoefficienten  besitzen, 
rationalen  Werten  von  r  ebensolche  Werte  der  Koordinaten  £  und  y 
entsprechen  müssen.  Aus  dem  Parameterausdrucke  lassen  sich  daher 
im  allgemeinen  die  rationalen  Lösungen  der  Gleichung 


X 


berechnen;  macht  man  dieselbe  noch  durch  die  Substitution  £=— ,  rj=- 

z  z 

homogen,    so    gelangt  man  auf  demselben  Wege  zu  den  ganzzahligen 
Lösungen  der  homogenen  Gleichung  mit  drei  Unbekannten: 

f(x,  y,  z)  =  0. 

In  unserem  Beispiele  ergiebt  sich  so  aus 

x  1  —  r*        y  2t 

z  ~  r~+~t*'  ~J  ~  i  + 1*> 


fc 


§  7.   Die  Pythagoreischen  Zahlen.  35 

wenn  wir  x  =  —    setzen   und  p  und  q  jetzt   ganze  Zahlen    ohne  ge- 
meinsamen Teiler  bedeuten  lassen , 

x         p*  —  2*         y  2pq 


z         p%  +  qt}       z         p*  +  q*' 
und  hieraus  gehen  für  x,  y,  z  die  Gleichungen  hervor 

wo  t  eine  beliebige  ganze  Zahl  ist;  d.  h.  nach  Vertauschung  von  x  und  y 
genau  die  vorher  gefundenen  Lösungen. 

Ganz  analoge  Bemerkungen  gelten  für  alle  nicht  homogenen,  alge- 
braischen Gleichungen  mit  drei  Unbekannten , 

f(*>  y,  *)  =  0. 

Dieselben  repräsentieren  geometrisch  eine  Oberfläche  im  Räume.  Kann 
man  nun  wieder  die  rationalen  Funktionen 

x  =  9(u,  v),    y  =  *(«,  v),    z  =  x(u,  v) 

so  bestimmen,  dafs  jedem  Wertsystem  (u,  v)  ein  und  nur  ein  Punkt 
jener  Oberfläche  entspricht,  so  wird  auch  hier  die  Fläche  als  vom 
Geschlechte  Null  bezeichnet,  und  wieder  entsprechen  dann,  falls  nur 
die  Koefficienten  ebenfalls  rationale  Zahlen  sind,  rationalen  Werten 
von  u  und  v  ebensolche  von  x}  y,  z.  Durch  Ausführung  der  Sub- 
stitution x  =  -fr,  y  =  -^ ,  $  =  —  können  daraus  weiter  die  ganz- 
zahligen Lösungen  der  homogenen  Gleichung 

f{%,  n,  t,  *)  -  o 

hergeleitet  werden. 

Die  Erledigung  dieser  Frage  gestaltet  sich  erst  schwieriger,  wenn 
das  entsprechende  geometrische  Gebilde  nicht  mehr  vom  G$schlechte  Null 
ist,  wenn  also  seine  Koordinaten  nicht  mehr  in  der  oben  angegebenen 
Weise  als  rationale  Funktionen  von  einem  bezw.  von  zwei  Parametern 
mit  rationalen  Koefficienten  dargestellt  werden  können. 

§8. 

Wir. wollen  jetzt  die  vorher  gefundene  vollständige  Lösung  der 
Pythagoräischen  Gleichung  dazu  benutzen,  nach  dem  Vorgange  Eulers 
den  grofsen  Ferraatschen  Satz  für  den  Fall  n  =  4  zu  beweisen,  d.  h. 
darzuthun,  dafs  die  Gleichung 

a4  -f-  y4  =  ** 

durch  ganze  Zahlen  nicht  befriedigt  werden  kann. 


36  Zweite  Vorlesung. 

Euler  zeigt  zu  dem  Ende,  dafs  schon  die  allgemeinere  Gleichung 
(1)  et4  +  0*  =  c* 

durch  drei  ganze  Zahlen,  die  sämtlich  von  Null  verschieden  sind,  nicht 
gelöst  werden  kann.  Bei  diesem  Nachweise  kann  man  abermals  vor- 
aussetzen, dafs  je  zwei  von  den  Zahlen  a,  ß  und  c  relativ  prim  zu  ein- 
ander sind;  denn  ist 

a  =  <ht,     ß  =  ßlt, 

so  mufs  c*  durch  tK  teilbar  und 

c  =  cj* 

sein,  und  man  erhält  aus  der  vorigen  die  neue  Gleichung  von  der- 
selben Form 

ai  +  ßi  =  ci  > 

in  der  jetzt  alf  /J,  und  cx  teilerfremd  sind.  Wir  können  uns  also  dar- 
auf beschranken,  die  Unmöglichkeit  von  (1)  für  positive  Zahlen  zu 
beweisen,  von  denen  keine  mit  einer  andern  einen  gemeinsamen 
Teiler  hat. 

Schreiben  wir  unsere  Gleichung  in  der  Gestalt 

(«*)■  +  iß')'  -  «•, 

so  stimmt  sie  mit  der  früher  behandelten  Pythagoreischen  überein, 
schliefst  aber  noch  die  fernere  Bedingung  in  sich,  dafs  die  beiden 
Katheten  des  gesuchten  rechtwinkligen  Dreiecks  selbst  Quadratzahlen 
sein  sollen.  Eine  von  den  Gröfsen  a  und  ß  mufs  daher  gerade,  die 
andere  ungerade  sein,  und  da  beide  durchaus  symmetrisch  vorkommen, 
so  können  wir  von  vornherein  a  als  gerade  voraussetzen.  Dann  mufs 
aber  die  Lösung  der  Gleichung  (1),  wenn  eine  solche  existiert,  not- 
wendig in  der  vorher  aufgestellten  allgemeinen  enthalten  sein;  es  mufs 
also  nach  Gleichung  (8)  des  §  6: 

«»  =  2^,    /P  =  i»i-3S,    c  =  j>»  +  3» 

sein;  hier  bedeuten  p  und  q  wiederum  zwei  relativ  prime  ganze  Zahlen, 
von  denen  die  eine  gerade,  die  andere  ungerade  ist. 

Aus  der  zweiten  von  diesen  drei  Gleichungen  ergiebt  sich  nun  eine 
neue  Pythagoreische  Gleichung 

und  ihre  Auflösung  fuhrt  uns,  da  p  und  q  relativ  prim  sind,  und  ß 
ungerade  sein  soll,  für  ß7  p  und  q  zu  den  drei  Ausdrücken 

q  =  2tu,    ß  =  t*  —  u*}    !>  =  *»  +  **, 
in  denen  t  und  u  relativ   prim    sein   müssen,  weil  jeder  gemeinsame 


§  8.   Eulers  Lösung  des  Fermatechen  Problemes.  37   '* 

Teiler  von   ihnen  in  ßy  p  und  q  und  damit  auch  in  a}  ß  und  c  ent- 
halten wäre. 

Setzt  man  endlich  diese  Werte  von  p  und  q  in  a*  =  2pq  ein, 
so  folgt 

(|)'=  tu  (f  + «»). 

Soll  aber  das  Produkt  der  teilerfremden  Zahlen  ty  u  und  t*  +  u%  gleich 

der  Quadratzahl  ( ~)    se*n>  so  mufs  notwendig  jede  derselben  für  sich 

ein  Quadrat  sein,  man  kann  also  setzen: 

(2)  <  =  aj,    «  =  tf,    *»  +  Ms=cJ, 

wobei  offenbar  alf  ßt  und  q  sämtlich  von  Null  verschieden  anzunehmen 
sind,  weil  sonst  a*  =  £tu{t*  +  u*)  verschwinden  würde. 

Sind  demnach  a,  ß  und  c  drei  teilerfremde  Zahlen,  die  der 
Gleichung  (1)  genügen,  so  kann  man  aus  ihnen  stets  drei  andere 
aly  ßx  und  <\  von  derselben  Eigenschaft  herleiten,  zwischen  denen 
nach  (2)  dieselbe  Relation 

besteht. 

Dieses  anscheinend  nichtssagende  Resultat  gewinnt  die  Bedeutung 
einer  vollständigen  Lösung  unserer  Aufgabe,  wenn  wir  das  Gröfsen- 
verhältnis  von  c  und  (\  beachten.     Es  ist  nämlich 

c  =p*  -f  q*  =  (f  +  u*)*  +  4*V  =  c\  +  4*V, 

d.  h.  es  ist 

c>c\     oder    c1<c*. 

Besitzt    somit    für    einen    beliebig    gegebenen    Wert    von    c    die 

Gleichung: 

a*  +  /3*  =  c* 

überhaupt  eine  Lösung  in  dem  verlangten  Sinne,  so  kann  man  aus 
dieser  stets  eine  andere 

«\  +  Ä  =  c\ 

gewinnen,  für  die  cx  <  c  ist,  und  welche  ebenfalls  eine  Lösung  hat, 
bei  der  ax  und  ßx  beide  von  Null  verschieden  sind;  man  kann  also  das 
Verfahren  so  lange  fortsetzen,  als  das  betreffende  c  grösser  als  1  ist. 
Schliefslich  kommen  wir  dadurch  zu  der  Folgerung,  dafs  auch  die 
Gleichung 

«*  +  P  =  i 

durch  zwei  von  Null  verschiedene  Zahlen  a    und  ß    befriedigt  werden 


38  Zweite  Vorlesung. 

kann.  Da  "dies  letztere  aber  offenbar  unmöglich  ist,  so  kann  eben  die 
Ausgangsgleichung 

überhaupt  keine  ganzzahlige  Lösung  zulassen,  und  dasselbe  ist  damit 
a  fortiori  auch  für  die  Fermatsche  Gleichung 

#*  +  y4  =  j*4 
dargethan. 

In   ähnlicher,    nur    etwas    komplizierterer   Weise   hat   Eider   den 

Fermatschen  Satz  für  n  ==  3  erledigt;  aus  beiden  Beweisen  folgt  ohne 

weiteres  auch  die  Unmöglichkeit,  die  Gleichungen 

a*  —  y3  =  #3    und     tf4  —  y4  =  s4 
in  ganzen  Zahlen  aufzulösen. 

§9- 

Aufser  dem  Theoreme  Femwtis  haben  noch  mehrere  andere  arith- 
metische Probleme  schon  Euler  beschäftigt,  die  später  eine  grofse  Be- 
deutung in  der  Wissenschaft  erlangten.  Vorzüglich  gilt  das  auch  von 
der  nachstehenden  Aufgabe  der  unbestimmten  Analytik,  die  sich  im 
siebenten  Kapitel  seiner  Algebra  vorfindet: 

Für   eine   gegebene  Zahl   n   sollen   zwei    andere   ganze  Zahlen 
x  und  y  so  bestimmt  werden,  dafs  die  Gleichung 

x*  —  ny*  =  1 
erfüllt  ist. 

Auch  hier  ersann  Euler  eine  Methode,  um  zwei  derartige  Zahlen 
x  und  y  zu  finden;  jedoch  gelang  ihm  weder  der  Nachweis,  dafs  eine 
solche  Gleichung  stets  eine  ganzzahlige  Lösung  aufser  der  selbstver- 
ständlichen 

*  =  +  !>  y  =  o 

besitzt;  falls  n  keine  positive  Quadratzahl  ist,  noch  vermochte  er 
andrerseits  zu  zeigen,  dafs  der  von  ihm  angegebene  Weg  immer  zu  der 
gesuchten  Lösung  führen  mufs. 

Eine  erschöpfende  Behandlung  dieser  nach  dem  Engländer  Peü 
benannten  Gleichung,  an  der  sich  auch  Fermat  bereits  versuchte,  hat 
zuerst  Lagrange  geliefert,  indem  er  gleichzeitig  die  dazu  erforderliche 
Theorie  der  periodischen  Kettenbrüche  schuf.  Dieser  grofse  Mathe- 
matiker hat  sich  namentlich  in  der  Zeit  seines  Berliner  Aufenthaltes 
sehr  tief  mit  arithmetischen  Fragen  beschäftigt  und  einen  grofsen  Teil 
seiner  Ergebnisse,  speziell  das  soeben  erwähnte  Resultat,  in  den  höchst 
wertvollen  „Additions"  zu  seiner  1774  erschienenen  französischen  Über- 
setzung der  Algebra  Eulers  niedergelegt. 


§  9.   Legendre  und  sein  Essai  sur  la  the'orie  des  nombres.  39 

Ferner  betrachtete  Etiler,  auch  darin  ein  direkter  Nachfolger 
Fermate,  die  Zahlen  mit  grofser  Beharrlichkeit  etwa  in  gleicher  Weise, 
wie  es  die  induktiven  Wissenschaften,  z.  B.  die  Physik,  den  Vorgängen 
in  der  Natur  gegenüber  zu  thun  pflegen.  Das  zeigen  vor  allem  seine 
schliefslich  mit  Erfolg  gekrönten  Bemühungen  hinsichtlich  des  Reci- 
procitätsgesetzes der  quadratischen  Reste. 

Bei  diesen  Untersuchungen  ging  er  von  der  Aufgabe  aus,  zu  ent- 
scheiden, ob  eine  vorgelegte  Primzahl  pi  quadratischer  Rest  einer 
andern  Primzahl  p  ist,  d.  h.  ob  es  eine  ganze  Zahl  x  von  der  Be- 
schaffenheit giebt,  dafs  die  Differenz 

X*—Pi 
durch  p  teilbar  ist. 

Euler  schrieb  nun  für  sehr  viele  Primzahlen  p  sämtliche  quadra- 
tischen Reste  pt  auf  und  suchte  die  so  auf  induktivem  Wege  gefundenen 
Resultate  durch  ein  Gesetz  zusammenzufassen,  um  dieses  dann  direkt 
zu  beweisen.  Lange  blieben  seine  Forschungen  erfolglos;  er  vermochte 
nicht,  in  dem  aufgehäuften  Material  irgend  eine  gesetzmäfsige  Anord- 
nung zu  erkennen  und  bemühte  sich  vergebens,  die  aufgefundenen 
Zahlen,  die  arithmetische  Reihen  zweiter  Ordnung  bildeten,  in  solche 
erster  Ordnung  zu  bringen.  Erst  am  Ende  seines  Lebens  gelangte  er 
zu  dem  jetzt  unter  dem  Namen  des  Reciprocitätsgesetzes  geläufigen 
Fundamentalsatze,  den  er  zuerst,  freilich  noch  ohne  Beweis,  in  den 
1783  veröffentlichten  „opuscula  analytica"  aussprach. 

Die  Bezeichnung  „Reciprocitätsgesetz"  (loi  de  reciprocite)  stammt 
von  Legendre,  der  im  Jahre  1785  auch  die  Richtigkeit  desselben  dar- 
zuthun  versuchte.  Sein  Beweis  ist  aber  nur  ein  scheinbarer;  denn  er 
nimmt  bei  den  erforderlichen  Ausführungen  Primzahlen  von  gewissen 
Eigenschaften  zu  Hilfe,  ohne  zeigen  zu  können,  dafs  derartige  Zahlen 
existieren  müssen.  In  Wahrheit  würde  dazu  nämlich  die  Herleitung 
des  Satzes  notwendig  sein,  dafs  in  jeder  arithmetischen  Reihe  Prim- 
zahlen enthalten  sind,  eines  Satzes,  der  selber  wieder  nur  mit  Benutzung 
des  Reciprocitätsgesetzes  bewiesen  werden  konnte. 

Weiterhin,  im  Jahre  1798,  gab  Legendre  ein  Buch  über  Zahlen- 
theorie heraus,  das  zum  ersten  male  jenen  Titel  trägt,  seinen  „essai 
sur  la  theorie  des  nombres".  Derselbe  kann  allerdings  als  ein  geregeltes 
Werk  über  unsere  Disciplin  kaum  angesehen  werden,  er  ist  wenig 
mehr,  als  eine  Reihe  zusammengebundener  Abhandlungen.  Doch  hat 
sich  sein  Verfasser  das  Verdienst  erworben,  in  ihm  die  Summe  des 
damaligen  Wissens  im  wesentlichen  zusammengebracht  zu  haben. 


Dritte  Vorlesung, 

Die  beiden  Hauptrichtungen  der  Arithmetik  im  neunzehnten  Jahrhundert.  —  Gaufs 
und  der  systematische  Aufbau  der  Arithmetik  in  den  Disquisitiones  arithmeticae.  — 
Inhaltsübersicht.  —  Das  Problem  der  Kreisteilung.  —  Dirichlet,  Jacobi,  Kummer.  — 
Theorie  der  algebraischen  Zahlen,  arithmetische  Behandlung  dieses  Probleme«.  — 
Dirichlet  und  die  Anwendung  der  Analysis  auf  Probleme  der  Zahlentheorie.  — 
Beispiele :  Die  Binomial-  und  Polynomialkräfficienten  sind  ganze  Zahlen.  —  Einige 

Untersuchungen  Eulers  aus  diesem  Gebiete. 

§  i. 

Zwischen  die  erste  und  die  1808  erschienene  zweite  Auflage  der 
Zahlen theorie  von  Legendre  fällt  im  Jahre  1801  die  Veröffentlichung 
der  epochemachenden  „disquisitiones  arithmeticae"  von  Gaufs,  die  jene 
Auflage  nach  dem  Ausspruche  Legendres  selbst  nahezu  überflüssig 
machten. 

Karl  Friedrich  Gaufs  wurde  1777  als  das  Kind  einfacher  Leute 
in  Braunschweig  geboren.  Er  verdankte  seine  wissenschaftliche  Aus- 
bildung der  Güte  des  Herzogs  Karl  Wilhelm  Ferdinand  von  Braun- 
schweig, dem  er  dafür  sein  Erstlingswerk,  die  „disquisitiones"  widmete. 
Sein  späteres,  reich  gesegnetes  Leben  brachte  er  in  Göttingen  zu  und 
starb  dort  am  23.  Februar  1855.  Neuerdings  ist  dem  grofsen  Manne 
in  seiner  Vaterstadt  ein  Standbild  errichtet  worden. 

Der  von  Gaufs  gewählte  Titel  „disquisitiones"  ist  ein  überaus 
bescheidener,  wenn  man  bedenkt,  dafs  er  hier  zum  ersten  male  eine 
vollkommen  systematische  Behandlung  der  Zahlentheorie  liefert,  das 
somit  in  der  That  das  erste  eigentlich  wissenschaftliche  Werk  über  die 
Arithmetik  ist.  Zugleich  aber  ist  diese  früheste  exakte  Darstellung  so 
grundlegend  gewesen,  dafs  man  annehmen  darf,  das  Buch  werde  für 
Jahrhunderte  noch  die  wichtigste  Quelle  aller  arithmetischen  Forschung 
bleiben.  Es  ist  wirklich  staunenswert,  wie  ein  einzelner  Mann,  noch 
dazu  in  so  jungen  Jahren,  eine  solche  Fülle  von  Ergebnissen  zu  Tage 
fördern  konnte  und  vor  allen  Dingen  eine  so  tiefgreifende,  geordnete 
Bearbeitung  einer  ganz  neuen  Disciplin  zu  geben  vermochte. 


§  1.    Gaufs  und  die  Disquisitiones  ariihmeticae.  41 

Das  Werk  ist  in  sieben  Sektionen  eingeteilt,  deren  Inhalt  der 
folgende  ist: 

Erste  Sektion:   Allgemeine  Sätze  über  die  Kongruenz  der  Zahlen. 

Zweite       „         Über  die  Kongruenzen  des  ersten  Grades. 

Dritte        „         Reine  Kongruenzen   oder  Theorie  der  Potenzreste. 

Vierte       „         Über  die  Kongruenzen  zweiten  Grades. 

Fünfte       „         Auflösung  der  unbestimmten  oder  Diophantischen 

Gleichungen  zweiten  Grades  auf  Grund  der  Theorie 

der  quadratischen  Formen. 
Sechste     „         Anwendung  der  gewonnenen  Resultate. 
Siebente    „         Theorie  der  Kreisteilungsgleichungen. 

Mit  dem  Hauptergebnisse  dieser  siebenten  Sektion  hat  Gaufs 
namentlich  seinen  wissenschaftlichen  Ruhm  für  alle  Zeiten  begründet, 
indem  er  ein  Problem  weiter  führte  und  vollständig  löste,  das  seit 
Euklid  geruht  hatte,  obwohl  sich  so  viele  bedeutende  Mathematiker 
vor  Gaufs  mit  ihm  beschäftigt  hatten.  Er  hat  nämlich,  und  zwar 
durch  rein  arithmetische  Schlüsse,  nachgewiesen,  dafs  sich  die  Peri- 
pherie eines  Kreises  dann  in  p  gleiche  Teile  im  Sinne  der  Geometrie 
der  Alten,  d.  h.  durch  geometrische  Konstruktion  mit  Lineal  und  Zirkel 
zerlegen  läfst,  wenn  p  eine  Primzahl  von  der  Form  22*  -f-  1  ist,  dafs 
für  alle  andern  ungeraden  Primzahlen  aber  eine  derartige  Teilung  un- 
möglich ist.  Nur  die  beiden  ersten  Kreisteilungen  dieser  Art,  nämlich 
die  Teilung  in 

22°+  1  =  3        und        2*  +  1  =  5 

gleiche  Teile,  oder,  was  dasselbe  ist,  die  Konstruktion  des  regelmäfsigen 
Dreiecks  und  Fünfecks  waren  schon  den  griechischen  Mathematikern 
bekannt,  und  aufserdem  die  Thatsache,  dafs  man  mit  Zirkel  und  Lineal 
jeden  Winkel  halbieren,  dafs  man  also  den  Kreis  successive  in  2,  4,  8, . . . 
allgemein  in  2*  gleiche  Teile  teilen  kann.  Aus  diesen  beiden  That- 
sachen  zusammengenommen  konnte  man  dann  ohne  weiteres  schliefsen, 
dafs  auch  die  Teilung  des  Kreises  in 

2V3,    2*.  5,    2V35  <*=<>,  i, »,.. .) 

gleiche  Teile  möglich,  dafs  also  z.  B.  die  Konstruktion  der  regulären 
6,  10,  15,  •  •  •  Ecke  mit  Zirkel  und  Lineal  ausgeführt  werden  kann. 
Hiermit  waren  aber  die  Resultate  der  Geometer  vor  Gaufs  erschöpft: 
Es  war  ihnen  der  Beweis  nicht  gelungen,  dafs  die  Konstruktion  der 
regulären  7,  11,  13  Ecke  mit  Zirkel  und  Lineal  nicht  möglich  ist, 
und  noch  viel  weniger  waren  sie  im  Stande  gewesen  zu  zeigen,  dafs 
die  erste  Primzahl  nach  3  und  5,  für  welche  jene  Konstruktion  mög- 


42  Dritte  Vorlesung. 

lieh  wird,  die  Zahl  17  =  2  +1  ist.  Die  nächsten  Primzahlen,  für 
welche  jene  Teilung  des  Kreises  mit  Zirkel  und  Lineal  ausgeführt  wer- 
den kann,  sind  dann  erst 

2*'+  1  =  257 ,     2**+  1  =  65537.*) 

Aufserdem  hat  Gaufs  eine  Reihe  von  zahlentheoretischen  Abhand- 
lungen verfafst,  die  jetzt  im  zweiten  Bande  seiner  von  Schering  ge- 
sammelten Werke  sämtlich  vereinigt  und  daher  leicht  zugänglich  sind. 
Von  dem  Studium  derselben  im  Original  kann  sich  wohl  niemand  dis- 
pensieren, der  weiter  in  das  Innere  unseres  Gebietes  einzudringen 
beabsichtigt. 

Ist  auch  in  dieser  Hauptschrift  des  gröfsten  deutschen  Mathe- 
matikers eine  strenge  Systematik  nicht  durchgängig  festgehalten,  so 
gilt  das  doch  noch  durchaus  för  die  Entwicklungen  über  die  Theorie 
der  Kongruenzen  und  die  der  quadratischen  Formen.  Die  Art  der 
Darstellung  ist  in  den  disquisitiones,  wie  überhaupt  in  den  Gaufsischen 
Arbeiten,  die  Euklidische.  Er  stellt  die  Sätze  auf  und  beweist  sie, 
wobei  er  gradezu  mit  Fleifs  jede  Spur  der  Gedankengänge  verwischt, 
die  ihn  zu  seinen  Resultaten  geführt  haben.  In  dieser  dogmatischen 
Form  ist  gewifs  auch  der  Grimd  dafür  zu  suchen,  dafs  sein  Werk  so 
lange  unverstanden  blieb  und  dafs  es  erst  der  Bemühungen  und 
Forschungen  Lejeune-  DiricJdets  bedurfte,  um  es  bei  den  Nachlebenden 
zu  der  vollen  Wirkung  und  Würdigung  gelangen  zu  lassen.  Der  letzt- 
genannte Mathematiker  ist  insofern  wohl  als  der  unmittelbare  Erbe 
und  Nachfolger  von  Gaufs  in  unserer  Disciplin  anzusehen. 

Peter  Gustav  Lejeune -Dirichlet  wurde  1805  in  Düren  als  Sohn  des 
dortigen  Postmeisters  geboren.  Seine  mathematische  Ausbildung  erhielt 
er  in  Paris,  wo  er  später  als  Hauslehrer  in  der  Familie  des  Generals  Foy 
lebte.  1825  übergab  er,  wie  bereits  erwähnt,  seine  Abhandlung  über 
den  grofsen  Fermatschen  Satz  der  Pariser  Akademie  und  bekam  aus 
Anlafs  dessen  und  speziell  durch  Vermittlung  Alexander  von  Humboldts 


*)  Diese  fünf  ersten  Zahlen  von  der  Form  2    +  1  sind  sämtlich  Primzahlen, 

und  Fermat  hatte  den  Satz  ausgesprochen,  aber  mit  dem  ausdrücklichen  Zusätze, 

dafs  er  keinen  Beweis  desselben   besitze,   dafs   jede  in   dieser  Form  enthaltene 

Zahl  eine  Primzahl  sei.     Aber  Euler  zeigte  bereit* ,  dafs  schon  die  nächste  Zahl 

dieser  Art  ,»  «9 

2*+  1  =  232  +  1 

den  Teiler  641  hat,  und  später  wurde  weiter  nachgewiesen,  dafs  auch  die  Zahlen 

2*  +  1 ,  2*  +  1 ,  2*  +  1  und  2Z  +  1  keine  Primzahlen  sind.  Jener  Beweis 
hätte  auf  direktem  Wege  gar  nicht  gegeben  werden  können,  da  z.  B.  die  letzte 
jener  Zahlen  ausgeschrieben  über  20  Milliarden  Ziffern  besitzen  würde.  Mit  Hülfe 
der  Theorie  der  Kongruenzen  gestaltet  er  sich  verhältnismäfsig  einfach.      H. 


§  2.    Die  algebraischen  Zahlen.  43 

eine  Professur  an  der  Breslauer  Universität.  Von  da  nach  Berlin 
berufen  kündigte  er  hier  zum  ersten  male  eine  Vorlesung  über  Zahlen- 
theorie unter  dem  Titel  „Unbestimmte  Analytik"  an,  die  jedoch  nicht 
zu  stände  kam;  im  Sommer  1833  machte  er  dann  den  zweiten  Versuch, 
über  seine  Wissenschaft  zu  lesen,  mit  dem  Publikum  „Anfangsgründe 
der  höheren  Arithmetik".  Unter  dem  Titel  „Zahlentheorie"  hielt  er 
zuerst  im  Sommer  1841  ein  Privatkolleg  ab,  welches  ich  selbst  noch 
gehört  habe,  und  diese  Vorlesungen  haben  sich  seitdem  in  Berlin  und 
weiterhin  in  ganz  Deutschland  auf  den  Universitäten  eingebürgert. 
Dirichlets  Vorlesungen  über  Zahlentheorie  sind  nach  seinem  Tode  von 
Bedekind  herausgegeben  worden;  dies  Buch  enthält  in  fafslicher  Aus- 
einandersetzung wohl  eine  erschöpfende  Darstellung  von  dem,  was  jener 
in  seinen  Vorträgen  aus  den  50  er  Jahren  zu  geben  pflegte.  Im  Jahre 
1855  ging  Diricldet  als  Nachfolger  von  Gaufs  nach  Göttingen  und  starb 
daselbst  1859. 

Ziemlich  gleichzeitig  mit  ihm  las  Jacobi  (1805 — 1851)  in  Königs- 
berg über  arithmetische  Gegenstände;  er  wendete  sich  aber  gleich  nach 
der  Darlegung  des  Begriffes  der  Kongruenzen  und  ihrer  Eigenschaften 
der  Untersuchung  der  Kreisteilungsgleichungen  zu,  welche  ihn  be- 
sonders interessierten  und  deren  Theorie  ihm  wertvolle  Bereicherungen 
verdankt. 

Dirichlets  vornehmste  Arbeiten  beziehen  sich  alle  auf  die  Zahlen- 
theorie, die  er  selbst  noch  nach  Gaufs  dadurch  wesentlich  ausgestaltete, 
dafs  er  durch  Anwendung  der  Methoden  und  Resultate  der  Analysis 
sehr  tiefliegende  arithmetische  Probleme  ergründete  und  so  der  Zahlen- 
lehre eine  ganz  .neue  Disciplin  erschlofs;  neben  der  systematischen 
Arithmetik  von  Gaufs  kann  diese  als  die  zweite  Hauptrichtung  unserer 
Wissenschaft  im  neunzehnten  Jahrhundert  angesehen  werden. 

§2. 

Die  weitere  Fortbildung  und  Entwicklung  der  systematischen  Arith- 
metik knüpft,  wie  fast  alles,  was  die  Mathematik  unseres  Jahrhunderts 
an  eigenen  wissenschaftlichen  Ideen  gezeitigt  hat,  an  Gaufs  an.  Dieser 
stiefs  nämlich  bei  der  Herleitung  des  biquadratischen  lieciprocitäts- 
gesetzes  auf  die  Aufgabe,  diejenigen  Primzahlen  p   zu  finden,  für  die 

der  Ausdruck 

tf4  — 2 

durch  p  teilbar  wird,  sobald  man  für  x  eine  geeignet  gewählte  ganze 
Zahl  setzt.  Hierbei  wurde  er  darauf  geführt,  p  in  der  bekannten  Weise 
als  Summe  zweier  Quadratzahlen   o8  +  b%  zu  schreiben,  was  für  eine 


44  Dritte  Vorlesung. 

Primzahl  von  der  Form  4n  -f-  1  stets  möglich  ist;  und  nun  fand  er, 
dafs  die  in  Frage  stehende  Eigenschaft  von  p  hauptsächlich  durch  den 
Charakter  der  Zahlen  a  und  b  bedingt  ist.  Bezeichnet  man  aber 
]/— 1  mit  i7  so  ergiebt  sich  aus  jener  Darstellung  die  Zerlegung 
von  p  in  zwei  ganzzahlige,  komplexe  Faktoren: 

p  =  a*  +  &*  =  (0  +  1>i)  («  —  bi). 

Führt  man  also  die  Wurzel  der  ganzzahligen  quadratischen  Gleichung 

»»  +  1=0, 

durch  die  i  definiert  ist,  in  die  Betrachtung  ein,  so  hört  p  auf,  eine 
unzerlegbare  Primzahl  zu  sein,  sie  zerfällt  vielmehr  in  das  Produkt 
der  beiden  Faktoren  a  +  bi  und  a  —  bi.  Gaufs  hat  nun  eben  den 
folgenreichen  Schritt  gethan,  diese  sogenannten  komplexen  Zahlen  in 
die  Arithmetik  einzuführen  und  ihnen  hier  das  gleiche  Bürgerrecht  mit 
den  reellen  Zahlen  zu  verleihen.  Als  erste,  schöne  Frucht  dieser  allge- 
meineren Anschauungsweise  zeigte  sich,  dafs  die  Ausgangsfrage  nach 
dem  Reciprocitätsgesetze  für  vierte  Potenzen  der  Sache  nach  keine  gröfseren 
Schwierigkeiten  darbot,  als  es  bei  dem  entsprechenden  Gesetze  für  die 
quadratischen  Reste  der  Fall  gewesen  war. 

Somit  war  es  denn  gegeben,  dafs  man  auf  der  von  Gaufs  eröffneten 
Bahn  weiter  fortschritt  und  an  Stelle  der  einfachen  quadratischen  Gleichung 

»»  +  1=0 

die  Wurzeln  beliebiger  anderer  ganzzahliger  Gleichungen  für  die  zahlen- 
theoretische Forschung  heranzog.  So  hat  dann  E.  E.  Kummer  die 
Wurzeln  der  von  Gaufs  behandelten  Kreisteilungsgleichungen,  also 
die  allgemeinen  nten  Einheitswurzeln,  in  derselben  Art  arithmetisch 
untersucht,  wie  es  dieser  selbst  bei  den  Zahlen  von  der  Form  a  -f-  bi 
gethan  hat,  d.  h.  bei  denjenigen,  die  aus  den  vierten  Wurzeln  der  Einheit 
zusammengesetzt  sind. 

Als  man  dann  aber  dazu  überging,  für  die  Wurzeln  beliebiger 
ganzzahliger  Gleichungen  dasselbe  zu  leisten,  stellte  sich  heraus,  dafs 
diese  Aufgabe  vollkommen  gelöst  wäre,  wenn  man  nur  die  Theorie  der 
gewöhnlichen  rationalen  Funktionen  mehrerer  Variablen  mit  ganzen 
Zahlenkoefficienten  erschöpfend  klargelegt  hätte;  es  erwies  sich  also 
die  Einführung  der  Wurzeln  algebraischer  Gleichungen  als  überflüssig, 
wenn  man  statt  ihrer  die  Funktionen  beliebig  vieler  Variablen  auf  arith- 
metischem Wege  erforschte. 

Gerade  diese  Untersuchungen  habe  ich  deshalb  oben  als  den  Haupt- 
gegenstand der  allgemeinen  Arithmetik  bezeichnet;  denn  mit  ihrer 
Hilfe  müssen  sich  alle  zahlentheoretischen  Probleme  in  dem  neueren, 
erweiterten  Sinne  erledigen  lassen. 


§  3.    Anwendung  der  Analysis  auf  Probleme  der  Zahlentheorie.  45 

§3. 

Am  Ende  des  §  1  ist  bereits  darauf  hingewiesen  worden,  wie  vor 
allem  durch  Dirichlet  unter  methodischer  Benutzung  des  mächtigen 
Instrumentes  der  Analysis  sehr  versteckte  und  schöne  Resultate  ge- 
wonnen worden  waren,  deren  rein  arithmetische  Herleitung  auch 
später  teils  nur  mit  grofsen  Schwierigkeiten,  teils  überhaupt  noch  gar 
nicht  gelungen  ist.  Auch  schon  vor  Dirichlet  war  man  bisweilen  mit 
Hilfe  der  Analysis  zu  interessanten  zahlentheoretischen  Ergebnissen 
gelangt,  indem  man  dieselben  aus  fertigen  analytischen  Formeln  direkt 
herauslas.  Es  waren  das  Gelegenheitsresultate,  die  sich  ebenso  unver- 
mutet und  überraschend  darboten,  wie  sie  oft  dem  geregelten  Gange 
der  Wissenschaft  weit  vorauseilten.  Es  trat  bei  ihnen  allemal  der  merk- 
würdige Umstand  auf,  dafs  man  in  der  analytischen  Gleichung  gewisser- 
mafsen  schon  eine  Antwort  besafs,  zu  der  man  die  Frage  erst  zu 
suchen  hatte. 

Ehe  wir  an  den  systematischen  Aufbau  der  Zahlenlehre  heran- 
treten, wollen  wir  den  Charakter  dieser  früheren  Entdeckungen  und 
damit  die  Anwendung  der  Analysis  auf  arithmetische  Probleme  in 
ihrer  einfachsten  Gestalt  an  einigen  Beispielen  erläutern,  die  grofsen- 
teils  der  Eulerschen  „introductio  in  analysin  infinitorum"  entnommen 
sind.»  Eine  solche  Betrachtung  wird  um  so  lohnender  für  uns  sein, 
als  wir  durch  sie  meistens  Aufschlüsse  über  die  additive  Zusammen- 
setzung der  Zahlen  bekommen  werden,  während  die  Gaufsische  Zahlen- 
theorie, wie  bekannt,  wesentlich  auf  der  multiplikativen  Zusammen- 
setzung derselben  beruht. 

Zunächst  wollen  wir  auf  analytischem  Wege  beweisen,  dafs  die 
Binomialkoefficienten 

n  (n  —  1)  •  •  •  (n  —  k  +  1) 

1   •  2  •  •  •  K 

ganze  Zahlen  sind,  ein  Satz,  der  arithmetisch  so  ausgesprochen 
werden  kann: 

Das   Produkt   von    irgend    welchen   k   auf  einander    folgenden 
Zahlen  ist  stets  durch  dasjenige  der  k  ersten  Zahlen  teilbar. 

Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  ist  eigentlich  schon  daraus  klar, 
dafs  der  obige  Ausdruck  die  Zahl  der  Kombinationen  von  n  Elementen 
zu  je  &  Gliedern  ohne  Wiederholung,  also  eine  Anzahl,  angiebt  und 
deshalb  notwendig  ganzzahlig  sein  mufs.  Aber  abgesehen  davon,  kann 
man  das  Theorem  sehr  leicht  vermittels  der  Entwicklung  von  (1  -\-  x)n 
beweisen. 


46  Dritte  Vorlesung. 

Setzt  man  nämlich  das  Bestehen  der  Gleichung 

(i)       (i+«r-i+|  «<— «)--^-*+»)a. 

4=1 

voraus,  so  ist  offenbar,  das  die  Koefficienten  der  Potenzen  von  x  auf 
der  rechten  Seite  ganze  Zahlen  sind;  denn  eine  ganze,  ganzzahlige 
Funktion  von  x  kann  zu  einer  ganzen  positiven  Potenz  erhoben  wieder 
nur  eine  ganze  Funktion  mit  ganzzahligen  Koefficienten  ergeben.  Es 
kommt  demnach  lediglich  darauf  an,  die  Giltigkeit  der  vorstehenden 
Entwicklung  (1)  darzuthun,  und  das  geschieht  wohl  am  einfachsten 
durch  den  Schlafs  von  n  —  1  auf  n.  Nehmen  wir  nämlich  an,  es  sei 
schon  gezeigt,  dafs 

(i+«r,-i+2fe->),ty("~')»> 

ist,  so  folgt  hieraus  durch  Multiplikation  mit  1  -f-  x 

(i+»r-i+H-2h"-1)M(,,--i)«» 


*— i 


+ 2  (w  - *>  -  • <«  -  *>  **+> 


•— i 


=  i+*+2'(,,-1)„(*-*)** 


n 


V  (»  -  1)     •  •  (n  -  *  +  1)     , 


(k  —  1)! 

n— 1 


=l+xH-(»-l)a;+2(ln^VL^+(^^Ä-— )  * 

■   (n-l)-8-l    . 

.  i  +  M  +  2«?^Ä--:<^i*  + *)(„_*  +  *)  är»  +  *- 


k=2 


=  1+V  «(»-!)•••  (n-t+1)  ^ . 


*=1 


q.  e.  d. 

So  ist  uns  hier  durch  eine  analytische  Betrachtung  ein  Satz  über 
die  Teilbarkeit  der  Zahlen  in  den  Schofs  gefallen,  dessen  Herleitung  mit 
rein  arithmetischen  Hilfsmitteln  nicht  unbeträchtliche  Schwierigkeiten 
verursacht.  Auf  letzterem  Wege  hat  zuerst  Gaufs  jenen  Satz  in  seinen 
disquisitiones  bewiesen. 


§  3.   Die  Binomial-  and  die  Polynomialkoefficienten.  47 

In  ganz  analoger  Weise  kann  mit  Hülfe  des  polynomischen  Lehr- 
satzes gezeigt  werden,  dafs  der  Ausdruck 

n! 
*j!  •  •  •  kr\ 

eine  ganze  Zahl  ist,  wenn  hl}  k29  •  •  •  hv  irgendwelche  nicht  negative 
Zahlen  bedeuten,  deren  Summe  gleich  n  ist.  Die  Richtigkeit  dieses 
Satzes  ist  aber,  genau  ebenso  wie  vorher,  völlig  evident,  wenn  man  den 
polynomischen  Lehrsatz,  d.  h.  das  Bestehen  der  Gleichung: 

(*i  +  *l  +  •••  +  *,)"-  2      *,!*'■*  !  *£  '  *  '  *** 


/0<*,,  *, kv<n\ 

\*i  +  *,  +  -      +*,«/ 


als     bewiesen      annimmt;     denn     wiederum     mufs     ja     die     Potenz 

0*1  +  ^  H 1"  xn)n  eine  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von  x17  xi} . . .  xn 

sein.  Wir  haben  also  nur  nötig,  die  Richtigkeit  der  polynomischen 
Entwicklung  nachzuweisen  und  thun  dieses  auch  hier  durch  den  Schlufs 
von  «  —  1  auf  n. 

Es  gelte  für  den  Exponenten  n  —  1  die  Gleichung 


(*»  +  <%  +  •••  +  O    -  z 


„_!  ^7       (n  -  1)!        *i 


k 


ki     •  •  •  k      *  * 


» 


U, +±, +     +*,=-*- v> 

wobei  0!  gleich  l  gesetzt  ist.    Dann  erhalten  wir  durch  Multiplikation 
mit  xY  +  x*  +  *  •  *  +  x* 

Ersetzen  wir  nun  in  irgend  einer  der  t/  Partialsummen,  aus  denen 
die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  besteht, 

^        (n  -  1)!        *i  VM  *„ 

S        T~* i~*   &*      '  m  '  X.  •  •  •  X 

ki  -f-  1  durch  &,,  so  geht  sie  über  in 

Z     *!!■■•  (*,  —  1)!  •  •  •  *„ !    *l     "  "  *      "  '  X*    > 
*1 *    *  "  *» 

/o  <  *|t ...  *,-l,         *,<«-l\ 

oder,  anders  geschrieben,  in 


48  Dritte  Vorlesung. 


m  2 


(n  —  1)!  k.  *j    *.,  *„ 


k  *,!•••  kA  ■  .  .  k_\X*  X*        '  X* 
i 


/0   <*!,*,,-•  .*<•-.    *„<,«\ 

v*,+*,+ +  *„=»/  ' 


Hier  können  jetzt  die  Zahlen  &i  •  •  •  Jcv  nicht  nur,  wie  vorher,  inner- 
halb der  Grenzen  0  und  n  —  1,  sondern  auch  zwischen  0  und  n  an- 
genommen werden;  denn,  falls  ein  von  &,  verschiedenes  k  etwa  Ä-i 
gleich  n  ist,  so  müssen  wegen  der  zweiten  Bedingung  alle  übrigen  k, 
also  auch  &,-,  verschwinden  und  damit  kommt  das  zugehörige  Glied 
der  Summe  von  selbst  in  Wegfall. 

Addiert  man  nun  jene  v  Partialsummen  in  der  obigen  Form  (2), 
so  ergiebt  sich 


(*i  +  **  +  •  •  •  +  O*  =  2    k  i  •  /1b  r  xix? 


X 


und  schliefslich 


V*,+*,+       •  +  *„=*/ 


*1  Kv 


Hierdurch  ist  die  Richtigkeit  des  polynomischen  Satzes  und  damit 
zugleich  die  des  oben  ausgesprochenen  arithmetischen  Theoremes  be- 
wiesen. 

§4. 
Wir  gehen  weiter  aus  von  dem  unendlichen  Produkte 

(1)  (1  +  X)  (1   +  X*)  (1  +  **)  •  •  •  (1  +  X*")  •  •  -, 

oder  genauer  von  dem  Grenzwerte  desselben,  genommen  bis  zum 
nton  Gliede  für  unendlich  wachsendes  «;  damit  absolute,  d.  h.  von  der 
Anordnung  der  Faktoren  unabhängige  Konvergenz  besteht,  ist  noch  die 
Bedingung  |  x  |  <  1  hinzuzufügen.  Dann  können  wir  die  absolut  kon- 
vergierende Potenzreihe  von  x}  die  diesem  Produkte  gleich  ist,  auf 
folgende  sehr  elementare  Art  ausrechnen.  Multiplizieren  wir  nämlich 
(1)  mit  dem  Faktor  1  —  x,  so  ist 

(1  —  x)  (1  +  x)  =  1  -  X* 
und  ferner 

(1  —  s2)  (1  +  x*)  =  1  —  rr4 

(1  —  rr4)  (1  +  af)  =  1  —  x» 
u.  s.  f.;   die  Grenze,   der   sich   das  neugebildete  Produkt  mit  wachsen- 


§  4.   Anwendung  der  Analyais  auf  die  Arithmetik.  49 

dem  n  nähert,  ist  demnach  1,  da  |#|<1  sein  soll,  und  der  ur- 
sprünglich   betrachtete    Ausdruck    wird    gleich oder    gleich 

1  -f-  X  +  X?  -f-  •  •  • 

Die  so  gefundene  Gleichung: 

(2)        (1  +  x)  (1  +  «■)  •  -  -  (1  +  x*%)  -  -  -  —  1  +  x  +  a*  H 

enthalt  nun  wieder  eine  höchst  interessante  arithmetische  Relation. 
Die  Koefficienten  auf  beiden  Seiten  müssen  beziehlich  mit  einander 
übereinstimmen.  Daraus  folgt  zunächst,  dafs  bei  der  Entwicklung  des 
unendlichen  Produktes  auf  der  linken  Seite  alle  ganzen,  positiven  Ex- 
ponenten auftreten  müssen,  weil  sie  auf  'der  rechten  Seite  sämtlich 
vorhanden  sind.  Dieselben  entstehen  aber  links  als  Summen  aller 
Potenzen  von  2,  1,  2,  4,  8,  16,  •  •  •  2*,  •  •  •,  und  zwar  tritt  jeder  Ex- 
ponent 

2*1+2',  + H  2*«  (»,|*> 

links  einmal  und  nur  einmal  auf.  Da  aufserdem  die  Koefficienten  der 
unendlichen  Reihe  rechts  alle  gleich  1  sind,  so  ist  die  Darstellung  jeder 
ganzen  Zahl  als  Summe  von  lauter  verschiedenen  Potenzen  von  2 
auch  nur  einmal  möglich.     Wir  erhalten  also  den  Satz: 

Jede  positive  ganze  Zahl  läfst  sich  auf  eine  und  nur  eine  Weise 
als  Summe  von  verschiedenen  Potenzen  von  2  darstellen, 

oder,  was  dasselbe  ist: 

Jede   ganze  Zahl   läfst   sich   auf  eine  und  nur  eine  Weise  im 
dyadischen  Zahlensysteme  darstellen. 

So  aufgefafst  wird  das  hier  analytisch  gefundene  Resultat  fast 
selbstverständlich,  denn  die  gleiche  Eigenschaft  kommt  jedem  Zahlen- 
systeme mit  einer  ganz  beliebig  gewählten  Grundzahl  g  zu.  In  der 
That  erkennt  man  ohne  Schwierigkeit,  dafs  eine  Zahl  s  immer  auf 
eine  und  nur  eine  Art  im  ^-adi sehen  Zahlensysteme  oder  in  der  Form 

s  =  a0  -f  c^g  +  atf  -\ (-  angn 

darstellbar  ist,  wenn  a0,  c^,  •  ■  •  auf  die  Werte  0,  1,  •  •  •  g  —  1  be- 
schrankt werden.     Man  kann  dann  s  kürzer  in  der  Form 

s  =  (a„,  o»_i,  •  •  •  ai,  oo), 

schreiben,  wo  die  Koefficienten  o*  die  Ziffern  von  5  in  jenem  Zahlen- 
systeme bedeuten. 

Etder  behandelt  dieses  Beispiel  im  16.  Kapitel  seiner  „introductio 
in  analysin  infinitorum"  und  macht  von  dem  gewonnenen  Ergebnisse 
eine  ergötzliche  Nutzanwendung  auf  die  Frage  nach  der  Anzahl  der 

Kronecker,  Z Ahlentheorie.  L  4 


50  Dritte  Vorlesung. 

verschiedenen  Gewichte,  die  ein  Kaufmann  braucht,  um  jede  Last 
wägen  zu  können.  Dazu  sind  nämlich  nach  dem  Vorhergehenden  nur 
je  ein  Stück  von  1,  2,  4,  8,  16,  32  etc.  Pfund  nötig,  vorausgesetzt, 
dafs  keine  Bruchteile  von  Pfunden  vorkommen  sollen. 


§5. 

Im  Anschlüsse  an  diese  Untersuchungen  wollen  wir  noch  ein  ähn- 
liches Problem  behandeln,  dessen  Resultat  nicht  so  auf  der  Hand 
liegt,  und  an  das  sich  eine  grössere  Anzahl  arithmetischer  Folgerungen 
knüpfen  läfst.  In  dem  soeben  erwähnten  Werke  betrachtet  Euler  die 
Funktion 

(1)     P(x)  =  (1  +«)(1  +x*)  (1  +**)  ...  (1  —x)  (1  —  x?)  (1  —  afi)  •  •  • 

-i7(1+*)/7(1-*r) 

9  V 

/,  =  1,  2,  3,  4,        \ 
\v=l,  8,  5,  7,        /  " 

Damit  das  Produkt  absolut  konvergiere,  müssen  wir  wiederum  |#|<1 
voraussetzen.  Fassen  wir  dann  die  Glieder  1  -(-  x  und  1  —  x,  1  +  a? 
und  1  —  **,  1  +  x5  und  1  -  x?>  u.  s.  f.  zusammen  und  verändern  dem- 
gemäß die  Reihenfolge  der  Faktoren,  so  folgt  leicht 

(1»)  P(x)  =  (l+x*)(l+a*)(l+x*)..-(l  —  **)(!—  *6)(1—  s10).... 

Dieses  Verfahren  kann  man  beliebig  weit  fortsetzen  und  erhält  so  der 
Reihe  nach  weiter: 

(lb)  P(a;)  =  (l  +  ^)(l+^)(l+a;12)...(l—  a-*)(l  _*w)(l  _ **>)... 

(lc)  P(ip)  =  (l  +  ^8)(l+^16)(l  +  ic24)..(l—  «»)(1— ä"*)(1—  a*0)-' 

u.  s.  f. . 

Die  niedrigste  Potenz  von  x}  welche  in  der  Entwickelung  von  P  (x) 
auf  das  Anfangsglied  1  folgt,  kann  wegen  (la)  nicht  kleiner  als  die 
zweite  sein;  aus  (lb)  folgt  aber,  dafs  sie  nicht  niedriger  als  die  vierte, 
aus  (1°),  dafs  sie  nicht  niedriger  als  die  achte  sein  kann,  und  so  er- 
kennt man,  wenn  man  in  derselben  Weise  fortfährt,  dafs  die  auf  das 
konstante  Glied  möglicher  Weise  folgende  niedrigste  Potenz  von  x 
höher  und  höher  steigt,  dafe  sich  demnach  die  Potenzreihe  für  P(x) 
notwendig  auf  jene  Konstante,  d.  i.  auf  1  reduzieren  mufs. 

Dafs  P(x)  thatsächlich  den  Wert  1  hat,  läfst  sich  aber  auch  direkt 
beweisen.  Vergleicht  man  nämlich  die  erste  und  zweite  Darstellung 
des  Produktes  P(x)  in  (1)  und  (la),  so  ergiebt  sich  die  Funktional- 
gleichung 

P(x)  -  P<**). 


§  6.   Anwendung  der  Analysis  auf  die  Arithmetik.  51 

Wenn  nun  eine  absolut  konvergierende  Potenzreihe  eine  solche  Re- 
lation erfüllt,  so  mufs  sie  bis  auf  ihr  konstantes  Glied  verschwinden. 

Wäre  nämlich 

P(x)  =  Oo  +  avx*  +  •  •  • , 

wo  ar  der  erste  nicht  verschwindende  Koefficient  sein  soll,  so  folgte 
in  der  That  aus  der  obigen  Gleichung  die  Identität 

Oo  +  öy^"  +  •  •  •  —  «o  +  ö*#**  +  •  •  • , 
oder   man   erhielte   für  eine   endliche  Umgebung   der  Nullstelle   eine 

Gleichung 

OyXv  + arx?9 •  =  0; 

und  das  ist  eine  Unmöglichkeit,  wenn  nicht  eben  o,  =  0  ist. 
Jetzt  wollen  wir  die  Gleichung 

J7(i  +  *•)  jjo  -  *o = i 

arithmetisch  verwerten  und  setzen  sie  zu  dem  Ende  in  die  merk- 
würdige Form,  in  welcher  Etiler  sie  zuerst  behandelt  und  Jacobi  in 
seiner  Theorie  der  elliptischen  Funktionen  verwendet  hat: 

(i+*0(i  +  *')(i  +  ^---  =  (1_g)(11_x,)...- 

Entwickeln  wir  hier  die  rechte  Seite  mit  Hilfe  der  Identität 


=  1  +rr  +  x*-\ =  2^ 


1  —  x 

0 

in  ein  Produkt  unendlicher  Summen,  so  ist 

und  dieses  Summenprodukt  läfst  sich  sofort  durch  Einführung  neuer 
Summationsbuchstaben  als  eine  mehrfache  Summe  schreiben, 

(1  +  *)  (1  +  *■)  (1  +  a*)  •  •  •  «2*"+,*+5*  +  """ 

Multipliziert  man  jetzt  auch  die  linke  Seite  aus  und  ordnet  sie 
nach  steigenden  Potenzen  von  x,  so  müssen  beide  Entwicklungen  Glied 
für  Glied  übereinstimmen,  d.  h.  jedes  x'  mufs  ebenso  oft  links  wie 
rechts  vorkommen.    Links  tritt  nun  x'  so  oft  auf,  als  s  in  die  Form 

gesetzt  werden  kann,  wo  hlf  Aj,  •  •  •  beliebige  positive,  von  einander 
verschiedene  Zahlen  bedeuten,  oder  also  so  oft,  wie  s  als  Summe  von 
einander  verschiedener,  positiver  Zahlen  darstellbar  ist.  Rechts  dagegen 
erhält  man  x'  so  oft,  als  der  Exponent  die  Form 


62 


Dritte  Vorlesung. 


*— l-fH  +  S-Pi  +  ä-hH 

annimmt  oder  so  oft  wie  8ich  *  als  Summe  ungerader  Zahlen,  jede  be- 
liebig  oft  genommen,  ergiebt  Wir  haben  damit  den  Satz  gefunden: 

Jede  positive  ganze  Zahl  kann  ebenso  oft  aus  verschiedenen 
Summanden  zusammengesetzt  werden,  als  sie  sich  aus  gleichen 
oder  verschiedenen  aber  ungeraden  Summanden  zusammensetzen 
laust. 

Als  Beispiel  betrachten  wir  diese  beiden  Arten  der  Zerlegung  für 
die  Zahl  11.     Es  ist  hier 


3  +  1-5 

3 

+  2-5 
3 
3  +  1. 


+  19 


11  =  1  +  2  +  3  +  5     11  =  11-1 

=  1  +  2  +  8  -=8-1  +  1-3 

=  l  +  3-|_7  =61  +1-5 

=  1_|_4_|_6  =    5-1  +2-3 

=  2  +  3  +  6  =41  +1-7 

=  2  +  4  +  5  =    3-1  +  1 

=  1  +  10  =21 

=  2  +  9  =    2-1  +  3 

=  3  +  8  =1-1 

=  4  +  7  —1.1  +  1-3  +1-7 

=5+6  —  2 

=  11  —  111, 

und  wir  haben  in  der  That  beide  male  12  Zerlegungen. 

Unser  Satz  kann  übrigens  auch  so  ausgesprochen  werden: 

Stellt  man  erstens  aus  der  Reihe  der  natürlichen  Zahlen  alle 
Kombinationen  ohne  Versetzungen  und  Wiederholungen,  zweitens 
aus  der  Reihe  der  ungeraden  Zahlen  alle  Kombinationen  ohne 
Versetzungen  und  mit  Wiederholungen  zusammen  und  bildet 
immer  die  zugehörigen  Summen,  dann  kommt  in  beiden  so 
entstehenden  Reihen  jede  Zahl  s  gleich  oft  vor. 

Ferner  können  wir  in  der  Gleichung 

(1  +  *)  (1  +  a?)  (1  +  *»)  •  •  •  (1  -  *)  (1  -  3?)  (1  —  *»)  •  •  •  =  1 

für  die  linke  Seite  direkt  die  entsprechende  Potenzreihe  ansetzen;  wir 
bekommen  auf  diese  Weise 


*n  *i» 


»i.  *«» 


/*!.    *li  =0, 


=  0,  1,2, 
8,5, 


§  5.   Über  die  additive  Zusammensetzung  der  Zahlen.  53 

Die  Exponenten  s  werden  also  gebildet,  indem  man  beliebig  viele, 
aber  von  einander  verschiedene  Zahlen  der  Reihe  0,  1,  2,  •  •  •  zu  be- 
liebig vielen  ebenfalls  von  einander  verschiedenen  Zahlen  der  Reihe 
1,  3,  5,  •  •  •  addiert. 

Denkt  man  sich  jetzt  die  positive  ganze  Zahl  s  auf  alle  möglichen 
Arten  in  der  Form 

s  =  h  +  h  + h  kQ  +  v\  +  v%  + h  v« 

ausgedrückt  und  rechnet  eine  jede  solche  Darstellung  als  positiv  oder 
negativ,  je  nachdem  die  Anzahl  6  der  zuletzt  stehenden  Zahlen  v  gerade 
oder  ungerade  ist,  so  ist  der  Überschufs  der  Anzahl  der  positiven  über 
die  der  negativen  Darstellungen  von  s  genau  gleich  dem  Koeffi- 
cienten  C,  auf  der  linken  Seite,  also  gleich  Null.  Eine  Zahl  s  läfst 
sich  also  in  dem  angegebenen  Sinne  ebenso  oft  positiv,  wie  negativ 
darstellen. 

Zur  Erläuterung  dieses  Satzes  mögen  uns  die  Zerlegungen  von  3 
und  von  6  dienen.  Die  vorkommenden  ungeraden  Zahlen  v\}  •  •  •  v„ 
schliefsen  wir  dabei  zur  Unterscheidung  in  eine  Klammer  ein. 

3  =  l  +  2  =  2  +  (l)  =  (3)  =  3 

6  =  l  +  2  +  3  =  2  +  3  +  (l)  =  l  +  2  +  (3)  =  2  +  (l  +  3)  =  2  +  4 
=  3  +  (3)  =  l  +  5=l  +  (5)=5  +  (l)=(l+5)  =  l  +  4+(l)  =  6 

3  hat  also  beide  male  2,  6  beide  male  6  Darstellungen. 

§6. 

Zum  Schlüsse  nehmen  wir  noch,  was  ja  nahe  liegt,  auf  beiden 
Seiten  der  Gleichung 

die  Logarithmen  und  suchen  die  Gleichung 

(1)  2lo«(1+a;i)  +  2,lo8(1-a:,)  =  0 

für  die  Zahlentheorie  zu  verwerten.    Diese  letzte  Relation  kann  man  ohne 

0 

Mühe  auch  unmittelbar  verifizieren  und  so  einen  neuen  Beweis  für  die 
Eulersche  Produktformel  herleiten.  Differentiiert  man  nämlich,  um  das 
beiläufig  auszuführen,  den  Ausdruck  rechts  und  multipliziert  ihn  dann 
mit  x,  so  ergiebt  sich  eine  Funktion 


54  Dritte  Vorlesung. 

Diese  kann  auch  in  der  Form  geschrieben  werden: 

/  N  \1   2kxik     ,     ^TT  f     vx"  vxv     \ 

»«  -  2  TT**  +  2  li  +  ?  - 13^) 

d.  h.  <p(x)  genügt  der  Funktionalgleichung 

(3)  9  (*)-*,,(*■). 

Eine  solche  Funktion  mufs  aber  identisch  verschwinden,  denn  entwickelt 
man  sie  in  eine  Potenzreihe,  so  kann  man  genau  wie  oben  zeigen,  dafs 
sie  aufser  dem  konstanten  Gliede  keine  einzige  Potenz  von  x  enthält 
und  folglich  von  x  unabhängig  ist.  Das  konstante  Glied  ist  aber  wegen 
der  aus  (3)  folgenden  Gleichung  q>  (0)  =  2qp  (0)  gleich  Null.  Hiermit 
ist  der  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  Gleichung  (2)  und  zugleich  auch 
für  (1)  erbracht,  wenn  man  hinzunimmt,  dafs  sich  ihre  linke  Seite  für 
x  =  0  offenbar  auf  Null  reduziert. 

Aus  (1)  gewinnen  wir  nun  einen  interessanten  arithmetischen  Satz, 
wenn  wir  statt  der  Logarithmen  ihre  Reihenausdrücke  setzen  und  die 
Gleichung  betrachten 

*  =  1       k  m  =  l      v 

Da  nämlich  die  Koefficienten  gleich  hoher  Potenzen  von  x  auf  beiden 
Seiten  übereinstimmen  müssen,  so  ist  für  ein  beliebiges  N: 

^J  n  jLJ    m 

oder,  wenn  mit  Je  •  n  =  v  •  m  =  N  heraufmultipliziert  wird, 

kn=N  tm=N 

eine  Gleichung,  die  sich  schlief slich  folgendermafsen  schreiben  lätst: 

k/N  v/N 

wo  links  über  alle,  rechts  nur  über  alle  ungeraden  Teiler  von  N  zu 
summieren  ist.     Hierin  liegt  der  Satz: 

Die  Summe  aller  ungeraden  Teiler  einer  Zahl  N  ist  gleich  der 
algebraischen  Summe  aller  ihrer  Teiler,  wenn  jeder  von  diesen 


§  6.    Über  die  additive  Zusammensetzung  der  Zahlen.  55 

positiv  oder  negativ  genommen  wird,  je  nachdem  der  komple- 
mentäre Divisor  ungerade  oder  gerade  ist. 

Es  sei  z.  B.  N  =  360  =  2S  •  3*  •  5;  dann  sind  die  ungeraden  Teiler  v 

der  Reihe  nach 

t/=  1,  3,  5,  9,  15,  45, 

ihre  Summe  ist  78;  ferner  sind  diejenigen,  deren  komplementäre  Divi- 
soren ungerade  sind, 

8,  24,  40,  72,  120,  360 

und  ihre  Summe  624,  endlich  alle  übrigen 

1,  2,  3,  4,  5,  6,  9,  10,  12,  15,  18,  20,  30,  36,  45,  60,  90,  180 

und  ihre  Summe  546;  und  in  der  That  ist  624  —  546  =  78. 

Es  liegt  nun  die  Vermutung  nahe,  dafs  der  Satz,  zu  dem  wir  so 
analytisch  gelangt  sind,  auch  auf  direktem  Wege  leicht  bewiesen  wer- 
den könne,  und  das  ist  wirklich  der  Fall.     Setzen  wir  nämlich: 

N=2k-Mf 

wo  M  ungerade,  also  2*  die  höchste  in  N  enthaltene  Potenz  von  zwei 
sein  soll,  und  bezeichnen  wir  wieder  mit  v  alle  ungeraden  Teiler  von  N} 
d.  h.  alle  Teiler  von  M,  so  sind  2kv  alle  und  nur  die,  deren  komple- 
mentäre Divisoren  ungerade  sind,  und 

2*  •  V  (*=0,  1,  2,  •  •     *-l) 

alle  diejenigen,  deren  Komplemente  gerade  sind.  Bildet  man  aber  die 
algebraische  Summe  dieser  Teiler,  indem  man  die  ersten  positiv,  die 
letzten  negativ  nimmt,  so  ist  in  der  That 


V 


Nunmehr  könnte  man  von  diesem  arithmetisch  selbstverständlichen 
Resultate  ausgehend  die.  Eulersche  Produktformel  und  mit  ihrer  Hilfe 
den  im  vorigen  Paragraphen  angegebenen  zahlentheoretischen  Satz 
beweisen.  Rein  arithmetisch  wäre  dieser  Übergang  jedenfalls  nicht 
einfach,  während  er  sich  durch  das  Mittelglied  der  Analysis  durchaus 
ungezwungen  und  ohne  Schwierigkeit  vollzieht. 

Auch  hiermit  ist  die  Fruchtbarkeit  der  Gleichung  P(x)  =  1  für 
die  Zahlentheorie  noch  keineswegs  erschöpft;  doch  wollen  wir  die  Reihe 
dieser  Betrachtungen  jetzt  abbrechen,  da  es  uns  lediglich  darauf  ankam 
zu  zeigen,  in  welcher  Weise  die  Analysis  zu  zahlentheoretischen  Er- 
gebnissen führt.  Auch  die  letztangeführten  Beispiele  sind  dem  16.  Kapitel 
der  „introductio  in  analysin  infinitorum"  entnommen.  Euler  beschäftigt 
sich  darin  überhaupt  vorzugsweise  mit  der  additiven  Zerlegung  der  Zahlen, 


56  Dritte  Vorlesung. 

ein  Forschungsfeld,  das  später  nur  sehr  wenig  bearbeitet  wurde,  weil 
sich  das  Hauptinteresse  der  Mathematiker  auf  die  multiplikative  Zu- 
sammensetzung der  Zahlen  richtete.  Und  doch  hätte  unsere  Wissen- 
schaft bei  systematischem  Vorgehen  zuerst  die  Zerlegung  der  Zahlen 
in  ihre  Summanden  erledigen  müssen.  So  ist  hier  eine  Lücke  geblieben, 
die  bis  jetzt  unausgefüllt  ist;  das  angedeutete  grofse  und  wichtige  Ge- 
biet harrt  vorläufig  noch  einer  systematischen  Behandlung,  obwohl  in 
neuerer  Zeit  Sylvester  demselben  wieder  seine  Aufmerksamkeit  zu- 
gewendet hatte. 


Vierte  Vorlesung. 

Systematische  Arithmetik.  —  Der  Zahlbegriff.  —  Die  Ordnungszahlen.  —  Die 
Kardinalzahlen.  —  Der  Begriff  der  Anzahl.  —  Addition.  —  VertauBchbarkeit  der 
Summanden.    —    Die   Multiplikation.    —    Vertauschbarkeit  der  Faktoren    eines 

Produktes. 

§1. 

An  die  in  der  vorigen  Vorlesung  erwähnte  additive  Zusammen- 
setzung der  Zahlen  wird  gewöhnlich  der  Begriff  der  Zahl  selbst  an- 
geschlossen; sie  wird  als  das  Resultat  der  Aneinanderfügung  von  Ein- 
heiten gedacht.  Hierauf  gründet  sich  die  Definition,  die  Euklid,  sicher- 
lich unter  dem  Einflüsse  der  älteren  griechischen  Philosophie,  gegeben 
hat  und  die  seine  Nachfolger  DiopharU,  Theon  und  andere  noch 
dogmatischer  gestaltet  haben.  Daneben  läuft  die  philosophische  Er- 
klärung der  Zahl  als  das  Ergebnis  der  Zusammenfassung  von  Gegen- 
ständen unter  Abstraktion  von  ihren  Verschiedenheiten.  Abgesehen  von 
der  logischen  Bedenklichkeit  der  letzteren  Wendung  sind  derartige  De- 
finitionen an  sich  für  den  Mathematiker  wertlos.  Wir  müssen  vielmehr 
nach  einer  solchen  suchen,  aus  der  sich  die  Gesetze  und  Grundopera- 
tionen der  Arithmetik  auf  naturgemäfse  Weise  entwickeln  lassen,  und 
hierzu  kommen  wir  am  ersten,  wenn  wir  auf  die  mutmafsliche  historische 
Entstehung  des  Zahlbegriffes  zurückgehen. 

Um  sich  in  der  Aufsenwelt  zurechtzufinden,  giebt  der  Mensch  den 
ihn  umgebenden  Objekten  gewisse,  nach  einer  festen  Reihenfolge  ge- 
ordnete Bezeichnungen,  die  zunächst  ganz  willkürlich  bleiben;  hat  er 
sich  eine  genügende  Menge  von  ihnen  gebildet,  so  kann  er  sie  nun 
einer  Schar  verschiedener  und  zugleich  für  ihn  unterscheidbarer  Ob- 
jekte*) beilegen  und  dieselben  dadurch  unterscheiden.  Als  solche  rein 
konkrete  Bezeichnungen  stellen  sich  die  Ordnungszahlen,  „der  erste, 
der  zweite,  der  dritte"  u.  s.  w.  dar;  in  ihnen  liegt  der  naturgemäfse 
Ausgangspunkt  für  die  Entwicklung  des  Zahlbegriffs. 

Die  Gesamtheit  der  verwendeten  Bezeichnungen  fassen  wir  in  dem 
Begriffe  der  „Anzahl  der  Objekte",   aus   denen   die  Schar  besteht,   zu- 


*)  Die  Objekte  können  in  gewissem  Sinne  einander  gleich  und  nur  räumlich, 
zeitlich  oder  gedanklich  unterscheidbar  sein,  wie  z.  B.  zwei  gleiche  Längen  oder 
zwei  gleiche  Zeitteile. 


58 


Vierte  Vorlesung. 


sammen,  und  wir  knüpfen  den  Ausdruck  für  diesen  Begriff  unzwei- 
deutig an  die  letzte  der  verwendeten  Bezeichnungen  an,  da  deren 
Aufeinanderfolge  fest  bestimmt  ist.  So  kann  z.  B.  in  der  Schar  der 
Buchstaben  (a,  b7  c}  d7  e)  dem  Buchstaben  a  die  Bezeichnung  als 
„erster",  dem  Buchstaben  b  die  Bezeichnung  als  „zweiter"  u.  s.  f.  und 
endlich  dem  Buchstaben  e  die  Bezeichnung  als  „fünfter"  beigelegt  wer- 
den. Die  Gesamtheit  der  dabei  verwendeten  Ordnungszahlen  oder  die 
„Anzahl"  der  Buchstaben  a,  6,  c,  d,  e  kann  demgemäfs  in  Anknüpfung 
an  die  letzte  der  verwendeten  Ordnungszahlen  durch  die  Zahl  „Fünf" 
bezeichnet  werden. 

Der  Vorrat  von  Bezeichnungen,  den  wir  in  den  Ordnungszahlen 
besitzen,  ist  deshalb  immer  ausreichend,  um  den  Elementen  einer  jeden 
Schar  von  Objekten  zugeordnet  zu  werden,  weil  es  nicht  sowohl  ein 
wirklicher,  als  vielmehr  ein  ideeller  Vorrat  ist.  In  den  Gesetzen  der 
Bildung  unserer  Wort-  und  Zifferbezeichnung  der  Zahlen  besitzen  wir 
recht  eigentlich  das  „Vermögen",  jeden  Anspruch  zu  befriedigen.  Frei- 
lich nur  in  der  Weise,  dafs  in  dem  Ausdrucke  einer  Zahl  gewisse 
Bezeichnungen  beliebig  vielfach  wiederholt  werden.  Sind  aber  Wieder- 
holungen gestattet,  so  genügt  schon  ein  einziges  Zeichen,  um  jede  Zahl 
auszudrücken,  nämlich  so,  dafs  das  eine  Zeichen  so  oft  wiederholt 
wird,  als  die  Zahl  angiebt.  Indessen  wäre  eine  solche  primitive  Dar- 
stellungsweise mittels  eines  einzigen  Zeichens  ganz  unübersichtlich,  und 
die  andere  ebenso  primitive  Darstellungsweise  durch  lauter  verschiedene 
Zeichen  wäre  offenbar  ganz  unthunlich.  Man  ist  deshalb  bei  den  Wort- 
bezeichnungen der  Zahlen  wohl  darauf  ausgegangen,  mit  Hilfe  von  mög- 
lichst wenigen  spezifisch  verschiedenen  Stammworten  möglichst  viele 
Zahlen  auszudrücken,  und  dies  ist  dadurch  gelungen,  dafs  man  das 
Schema  der  Bezeichnungen  wie  eine  Tabelle  mit  zweifachem  Eingang 
einrichtete.     Denkt  man  sich  eine  Tabelle  von  folgender  Art: 


jr 

W 

M 

jr 

I 

1 

2 

X 

3 

X 

* 

% 

J 

X 

e 

X 

7 

8 

9 

§  1.   Der  Zahlbegriff.  59 

so  kann  man  durch  Einzeichnung  von  Punkten  in  die  45  Felder  alle 
Zahlen  bis  99999  genau  so  darstellen,  wie  es  durch  die  griechischen 
Wortbezeichnungen  geschieht;  dabei  sind  in  die  Kolonne  I  die  Einer, 
in  die  Kolonne  II  die  Zehner,  in  die  Kolonne  III  die  Hunderter,  in 
die  Kolonne  IV  die  Tausender  und  in  die  Kolonne  V  die  Zehntausen- 
der einzuzeichnen.  Es  wird  uns  also  durch  die  auf  der  Tabelle  mar- 
kierten fünf  Punkte  die  Zahl  32456  gegeben.  Die  griechische  Wort- 
bezeichnung TQiöiivQiot  öi6%Cktot  xstQcacödLoi  itBvxifpiovttt  ££  ergiebt 
sich  aus  einem  solchen  Schema  unmittelbar,  indetn  man  aus  der  Zeilen- 
bezeichnung den  Anfang  und  aus  der  Kolonnenbezeichnung  die  Endung 
jedes  einzelnen  der  fünf  Zahlwörter  entnimmt.  Demnach  ist  für  den 
ersten  Punkt,  welcher  in  der  Zeile  3  (rgslg)  und  in  der  Kolonne  V 
(pvQiot,)  steht,  das  Zahlwort  tqlö^vqiol  zu  bilden,  für  den  zweiten 
Punkt,  welcher  in  der  Zeile  2  (dvo)  und  in  der  Kolonne  IV  (%lkiot) 
steht,  das  Zahlwort  dt6%£Xioi  u.  s.  f.,  und  für  den  fünften  Punkt,  welcher 
in  der  Zeile  6  (££)  und  in  der  Kolonne  I  steht,  bleibt  das  Zahlwort  l£ 
selbst  ohne  Zusatz  einer  Endung.  Die  griechische  Zahlwörterbildung 
ermöglicht  es  also,  mit  Hilfe  von  nur  13  verschiedenen  Bezeichnungen, 
nämlich  neun  Anfangs-  und  vier  Endungsbezeichnungen,  alle  Zahlen 
bis  99999  deutlich  unterscheidbar  auszudrücken. 

Man  kann  nun  aus  den  Ordnungszahlen  (erste,  zweite,  . . .)  selbst 
eine  Schar  von  Objekten  bilden.  Für  diejenige  Schar,  welche  aus 
einer  bestimmten  (nteu)  Ordnungszahl  und  aus  allen  vorhergehenden 
Ordnungszahlen  besteht,  wird  die  „Anzahl"  gemäfs  der  oben  gegebenen 
Definition  durch  die  der  ntou  Ordnungszahl  entsprechende  „Kardinal- 
zahl" n  ausgedrückt,  und  es  sind  diese  Kardinalzahlen,  welche  auch 
schlechthin  als  „Zahlen"  bezeichnet  werden.  Eine  Zahl  m  heilst  „kleiner1" 
als  eine  andere  Zahl  n,  wenn  die  zu  m  gehörige  Ordnungszahl  der  zu  n 
gehörigen  vorangeht.  Die  sogenannte  natürliche  Reihenfolge  der  Zahlen 
ist  nichts  anderes  als  die  Reihenfolge  der  entsprechenden  Ordnungs- 
zahlen. 

§2. 

Wenn  man  eine  Schar  von  Objekten  „zählt",  d.  h.  wenn  man  die 
Ordnungszahlen  ihrer  Reihenfolge  nach  den  einzelnen  Objekten  als 
Bezeichnungen  beilegt,  so  giebt  man  damit  den  Objekten  selbst  eine 
bestimmte  Anordnung.  Wenn  nun  diese  Anordnung  der  Objekte  bei- 
behalten, aber  eine  neue  Reihenfolge  der  als  Bezeichnungen  verwen- 
deten Ordnungszahlen  (durch  irgend  eine  Permutation  derselben)  fest- 
gesetzt und  alsdann  dem  ersten  Objekte  die  in  der  neuen  Reihenfolge 
erste  Ordnungszahl,  dem  zweiten  Objekte  die  zweite  Ordnungszahl,  und 


62  Vierte  Vorlesung. 

Objekte  gleich  t^  -\-  n^  +  •  •  •  +  *v ;  denn  wir  zahlen  von  n,  weiter 
um  «2,  dann  um  Wj,  n4,  •  •  •  und  schliefslich  um  n*..  Schreiben  wir 
aber  dieselben  Objekte  jetzt  in  der  Folge 

(«,  1)  ■  •  •  («,  *«) 
(fl,  1)  •  •  •  (/»,  Hf) 


(Q,  1)  •  •  •  (*,  «*) 
und  nehmen  jetzt  wieder  erst  die  Glieder  der   ersten,   dann   die    der 
zweiten    Reihe    u.  s.  f.,    so    zahlen   wir   zuerst    bis    na,   dann    um   n^ 
weiter,   dann   um   nY  .  . .,   und   es   ergiebt  sich  so  die  Anzahl  gleich 

Wo  +  *ty  H +  *V  D*e  Schar  von  Objekten  ist  aber  in  beiden  Fallen 

dieselbe;  mithin  mufs  sich  beide  male  derselbe  Wert  für  ihre  Anzahl 
ergeben,  d.  h.  es  ist 

*i  +  *s  H h  wr  =  na  +  n^  H f-  ne; 

es  gilt  also  der  Satz: 

Die  Summe  von  beliebig  vielen  Zahlen  ist  unabhängig  von  der 
Anordnung  ihrer  Summanden. 

§4. 

Sind  die  einzelnen  Gröfsen  nly  n^,  . . .  nr  sämtlich  gleich  einer  und 
derselben  Zahl  n,  so  nennt  man  die  Addition  jener  r  gleichen  Zahlen 
eine  „Multiplikation  der  Zahl  n  mit  dem  Multiplikator  r"  und  setzt 

th  +  vh-i \-nr  =  r-n. 

Das  Resultat  der  so  definierten  Operation  bezeichnet  man  als  das 
Produkt  der  Zahlen  r  und  n,  und  man  nennt  r  den  Multiplikator, 
n  den  Multiplikand.  Dasselbe  Resultat  wird  aber  erhalten,  wenn  man  r 
mit  dem  Multiplikator  n  multipliziert;  und  auch  hier  ist  allgemeiner 
das  Produkt  beliebig  vieler  Zahlen  nlf  n2,  ...  nr  unabhängig  von  der 
Reihenfolge,  in  der  die  Multiplikationen  nach  einander  ausgeführt  wer- 
den.    Um  das  zu  beweisen,  bilden  wir  die  Zahlensysteme 

in  denen 

hx  die  Werte  i,  2,  3,     ••  ^ 

K    n        »       l>  2,  3,  •    •  «g 


„        „       1,  2,  3,  •    •  nk 

unabhängig  von  einander  annehmen.  Die  Gesamtheit  aller  dieser  Systeme 
schreiben  wir  dann  in  der  nachstehenden  Ordnung: 


§  4.    Die  Multiplikation.  63 

(1,      \"K) 

(2,     A*    •   •   •    Ar) 


In  der  ersten  Zeile  stehen  dabei  alle  diejenigen,  für  die  hL  den  Wert  1 
hat,  in  der  zweiten  die,  für  die  es  den  Wert  2  hat  u.  s.  f.,  während 
A?>  Aj,  •  •  •  Ar  jedesmal  alle  zugehörigen  Werte  unabhängig  von  einander 
annehmen.  Ist  daher  die  Anzahl  der  Systeme  in  der  ersten  Reihe 
gleich  s1}  so  ist  es  auch  die  in  der  zweiten ,  dritten  u.  s.  f.,  und  die 
Anzahl  N  aller  Systeme  ist  demnach  gleich  nx  •  sx. 

Die  5X  Systeme  der  ersten  Reihe  schreiben  wir  nun  weiter  folgen- 
dermafsen  auf: 

(l,  l,  K--K) 

(1,    2,     Äs    ...    kr) 


(!>  **>  h  "  '  An- 
stehen jetzt  in  der  ersten  Zeile  s2  Systeme,  so  befinden  sich  in  jeder 
anderen  ebenso  viele,  und  die  Anzahl  aller,  die  wir  ja  oben  mit  st 
bezeichnet  haben,  ist  w^  •  s2,  also  die  Gesamtheit  N  der  überhaupt  vor- 
handenen Systeme  nx  •  n^  •  s2 .  Setzt  man  dieses  Verfahren  fort,  so 
bekommt  man  endlich  für  die  Anzahl  N  aller  Systeme  den  Wert 

nt  -  «2  •  •  •  flr  . 

Wir  zählen  nun  zweitens  die  N  Systeme  in  einer  andern  Anord- 
nung: Es  mögen,  wie  oben,  a,  /},  y}  .  .  .  q  die  Zahlen  1,  2,  3,  .  . .  r 
in  irgend  einer  veränderten  Reihenfolge  bedeuten;  alsdann  stellen  wir 
in  einer  ersten  Zeile  alle  Systeme  zusammen,  in  denen  ha  gleich  1  ist, 
in  einer  zweiten  diejenigen,  für  die  es  gleich  2  ist  etc.,  in  der  letzten 
die,  für  welche  ha  gleich  na  ist.  Die  Elemente  der  ersten  Zeile  schreiben 
wir  ihrerseits  wieder  in  Reihen  auf,  in  denen  A^  beziehlich  die  Werte 
1,  2,  3,  •  •  •  np  durchläuft.  Wir  führen  auf  diese  Weise  für  die  neue 
Anordnung  der  Systeme  genau  dasselbe  Verfahren  durch,  wie  für 
die  frühere,  und  so  mufs  sich  notwendig  ihre  Anzahl  genau  wie 
vorher  gleich  na  •  np  •  •  •  n«  herausstellen.  Da  wir  aber  in  beiden 
Fällen  dieselben  Systeme  gezählt  haben,  mufs  ihre  Anzahl  beide 
male  die  gleiche  sein,  d.  h.  es  ist 

ttj  •  ftg    •  •  •    flr  =  fla  '  toß    '  '  *    Wo  . 

Damit  ist  der  Satz  streng  bewiesen,  dafs  das  Produkt  unabhängig  von 
der  Reihenfolge  ist,  in  der  die  Multiplikationen  nach  einander  vor- 
genommen werden. 


64  Vierte  Vorlesung. 

Aus  diesem  Grunde  bezeichnet  man  die  einzelnen  Multiplikatoren 
nD  "s?  a ' '  nr  m^  dem  gemeinsamen  Namen  der  Faktoren,  und  erst 
jetzt  ist  ein  solcher  gerechtfertigt.  Die  arithmetischen  Operationen 
sind  bei  verschiedener  Anordnung  der  Faktoren  verschieden,  das  Re- 
sultat aber  ist  dasselbe. 

Nicht  überall  in  der  Mathematik  gilt  dieses  sogenannte  Kommuta- 
tionsgesetz,  das  uns  bei  der  Multiplikation  und  Addition  fast  selbst- 
verständlich erscheint.  Es  giebt  Operationen,  die  der  erstgenannten 
durchaus  analog  sind  und  sogar  mit  ihr  die  gleiche  Bezeichnung  haben, 
bei  denen  aber  die  Reihenfolge  ganz  wesentlich  in  Betracht  kommt. 
Ein  Beispiel  dafür  bieten  die  Hamiltonschen  Quaternionen,  für  die  z.  B. 
das  Produkt  i  •  j  nicht  gleich  j  •  t,  sondern  gleich  —  j  •  %  ist.  Indes 
sollte  man  in  diesen  Fällen  den  Namen  „Multiplikation"  lieber  ver- 
meiden und  sich  etwa  der  Bezeichnung  „Komposition"  bedienen. 

Gewöhnlich  wird  der  Beweis  des  Satzes  von  der  Vertauschbarkeit 
des  Faktoren  eines  Produktes  in  geometrischer  Form  gegeben:  Um  zu 
zeigen,  dafs  nx  n%  —  n^  r^  ist,  denkt  man  sich  n^  Reihen  aus  je  r\ 
gleichen  Elementen  gebildet;  zahlt  man  dann  zuerst  die  Glieder  der 
ersten,  darauf  die  der  zweiten  Zeile  u.  s.  f.,  so  erhält  man  Wj  •  w,;  zahlt 
man  dagegen  zuerst  die  Glieder  der  ersten  Kolonne,  darauf  die  der 
zweiten  u.  s.  f.,  so  erhält  man  n^  •  nx.  Gerade  ebenso  kann  für  r  =  3 
der  Beweis  in  geometrischer  Einkleidung  geführt  werden;  man  verfährt 
dann  so,  dafs  man  sich  n,  über  einander  gelagerte  Schichten  vorstellt, 
von  denen  jede  n^  Reihen  mit  je  n^  gleichen  Elementen  enthalt.  Hat 
man  so  den  Satz  für  r  =  3  dargethan,  dann  ist  seine  Richtigkeit  für 
einen  beliebigen  Wert  von  r  durch  den  Schlufs  von  r  —  1  auf  r  leicht 
zu  zeigen*). 

Diese  landläufige  geometrische  Herleitung,  die  auf  der  Ver- 
tauschbarkeit der  Seiten  eines  Parallelogramms  bezw.  der  Kanten  eines 
Parallelepipedons  fufst,  ist  jedoch  eher  eine  geschickte  Veranschau- 
lichung, als  ein  arithmetisch  strenger  Beweis  zu  nennen.  Es  erscheint 
geraten,  die  durch  Euklid  in  die  Zahlenlehre  hineingetragene  geome- 
trische Tendenz  allmählich  abzustreifen  und  demgemäfs  auch  die  Ver- 
tauschbarkeit von  Multiplikandus  und  Multiplikator  als  nicht  so  nahe- 
liegend anzusehen,  wie  es  bei  jener  Betrachtung  geschieht. 


*)  Es  ist  hier  jedoch  nicht  angängig,  bei  dem  Beweise  der  Richtigkeit  jenes 
Satzes  für  r  ==  2  stehen  zu  bleiben  und  dann  schon  den  induktiven  Schlufs 
anzuwenden. 


Fünfte  Vorlesung. 

Die  Dekompo8ition  der  Zahlen.  —  Bestimmung  der  Teiler  einer  Zahl.  —  Die 
Anzahl  der  auszuführenden  Operationen  ist  endlich.  —  Aufstellung  aller  Teiler 
einer  Zahl.  —  Die  Primzahlen.  —  Elementare  Eigenschaften  der  Primzahlen.  — 
Zerlegung  einer  Zahl  in  ihre  Primfaktoren.  —  Beweis   der  Eindeutigkeit  jener 

Zerlegung. 

§  i. 

Haben  wir  in  dem  vorigen  Abschnitte  die  Zahlen  als  das  Resultat 
der  additiven  oder  multiplikativen  Zusammensetzung  kennen  gelernt,  so 
schliefst  sich  hieran  naturgemäfs  die  umgekehrte  Untersuchung,  wie 
man  die  Zahlen  in  ihre  einfacheren  Bestandteile  dekomponieren,  d.  h. 
sie  als  die  Summe  oder  das  Produkt  von  anderen  Zahlen  darstellen 
kann.  Dabei  wird  aber  die  Zerlegung  in  Summanden  für  uns  aufser 
Betracht  bleiben,  da  für  die  additive  Zahlentheorie,  wie  bereits  erwähnt, 
eine  systematische  Behandlung  noch  durchaus  fehlt.  Wir  wenden  uns 
daher  gleich  der  multiplikativen  Zusammensetzung  zu  und  präzisieren 
unsere  nächste  Aufgabe  dahin,  diejenigen  Zahlen  zu  finden,  aus  denen  eine 
gegebene  durch  Multiplikation  gebildet  werden  kann.  Diese  Aufgabe  ist 
immer  nur  durch  Probieren  zu  lösen  und  fuhrt  uns  so  von  vornherein 
auf  ein  f&r  zahlentheoretische  Forschungen,  wie  allgemein  für  die  ganze 
Wissenschaft  höchst  wichtiges  Prinzip:  Bei  jedem  Probieren  ist  es  un- 
erläfslich,  vorher  festzustellen,  ob  die  Anzahl  der  notwendigen  Ver- 
suche eine  endliche  ist.  Technisch  wird  eine  Methode  um  so  voll- 
kommener sein,  je  geringer  die  Anzahl  der  notwendigen  Versuche  ist, 
theoretisch  dagegen  ist  jede  Methode  brauchbar,  wenn  man  zeigen  kann, 
dafs  sie  nach  einer  endlichen  Anzahl  von  Versuchen  zum  Ziele  führt. 

Sehen  wir  nun  bei  einem  Produkte  von  dem  Unterschiede  zwischen 
Multiplikator  und  Multiplikandus  ab  und  sprechen  nur  von  den  Fak- 
toren, bezw.  Divisoren  einer  Zahl,  je  nachdem  wir  uns  diese  als  durch 
Zusammensetzung  entstanden  oder  als  zerlegbar  denken,  so  handelt  es 
sich  für  uns  darum,  alle  möglichen  Faktoren  oder  Divisoren  einer  Zahl  n 
zu  bestimmen.  Die  Einheit  und  die  Zahl  selbst  lassen  wir  begreif- 
licherweise dabei  aufser  Frage  und  beschränken  uns  auf  alle  diejenigen 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I,  5 


66  Fünfte  Vorlesung. 

Teiler,  die  gröfser  als  1  und  kleiner  als  n  sind.  Dafs  diese  Teiler  wirk- 
lich durch  eine  endliche  Ansahl  ron  Versuchen  gefunden  werden  können, 
erkennt  man  leicht.  Um  nämlich  zu  erfahren,  ob  eine  Zahl  d  ein  Divisor 
von  n  ist,  braucht  man  nur  zuzusehen,  ob  n  in  der  Reihe  d,  2d,  3tf,  •  •  •  tnd 
vorkommt,  wo  tnd  das  erste  Vielfache  von  d  bedeutet,  welches  gleich 
oder  gröfser  als  n  ist.  Da  wir  nur  solche  Zahlen  d  zu  untersuchen  haben, 
die  kleiner  als  n  sind,  und  da  n  —  1  nur  dann  ein  Teiler  von  n  sein 
kann,  wenn  es  gleich  1,  n  also  gleich  2  ist,  so  bleibt  uns  nur  die 
folgende  Gruppe  von  Produkten  zu  prüfen  übrig: 

2,  2-2,    3*2, i?t)  •  2 

3,  2*3,    3*3, w3  •  3 

4,  2-4,    3-4, mA  •  4  (m, <>  «>  (m,— i)i) . 

n  —  2,    2(n  —  2),    3(n  —  2),  . .  -  wB_2(n  —  2) 

Eine  Zahl  d  ist  demnach  dann  und  nur  dann  ein  Teiler  von  n, 
wenn  in  der  zugehörigen  Reihe  df  2d,  •  •  •  das  letzte  Element  md  •  d 
genau  gleich  n  ist;  bezeichnen  wir  also  mit  dl}  d^,  •  •  •  der  Reihe  nach 
alle  Glieder  der  ersten  Vertikalreihe,  deren  zugehörige  Zeile  als  letztes 
Element  n  enthält,  so  bilden  diese  ihrer  Gröfse  nach  geordnet  die 
Gesamtheit  aller  Divisoren  von  n  und  die  gestellte  Aufgabe  ist  somit 
vollständig  gelöst. 

Sind  zwei  oder  mehrere  Zahlen  n  und  nt  beide  durch  einen  und 
denselben  Divisor  d  teilbar,  so  gilt  dasselbe  von  ihrer  Summe  und 
ihrer  Differenz;  denn  ist 

n  =  vd7    nj  =  vxdy 
so  ist 

n  i  *h  ===  (?  i  vi)d 
und  allgemein  ist 

an  +  fl^Wj  =  (av  -f-  axv^)d} 

also  ebenfalls  durch  d  teilbar,  wenn  a  und  a^  beliebige  positive  oder 
negative  ganze  Zahlen  sind. 

Wir  betrachten  nun  den  kleinsten  unter  den  Teilern  di}  d^,  d^9  ••• 
von  n,  also  die  Zahl  d^;  dann  kann  diese  ihrerseits  offenbar  keinen 
Teiler  mehr  besitzen,  denn  wäre  $  ein  (von  1  und  d  verschiedener) 
Teiler  von  d,  so  wäre  8  auch  ein  Divisor  von  n,  es  existierte  also  im 
Gegensatze  zu  unserer  Annahme  ein  Divisor  von  n,  der  noch  kleiner 
wäre  als  d^.    Daraus  ziehen  wir  den  Schlufs: 

Es   giebt  Zahlen,   die   aufser  1  und  sich   selbst   keinen  Teiler 
.  besitzen.    Wir  nennen  dieselben  Primzahlen. 


§  2.   Die  Primzahlen.  67 

Die  Methode,  durch  welche  wir  hier  zu  den  Primzahlen  gelangt 
sind,  ist  eine  spezifisch  arithmetische,  von  der  wir  noch  häufiger  Ge- 
brauch machen  werden:  Wir  sahen,  die  Zahl  n  besitzt  nur  eine  end- 
liche Anzahl  von  Teilern,  die  wir  uns  alle  aufgestellt  denken  können; 
unter  ihnen  mufste  es  notwendig  einen  kleinsten  geben,  und  aus 
beiden  Momenten  ergab  sich  dann,  dafs  eben  dieser  eine  Primzahl 
sein  mufste. 

§2. 

Mit  dem  Begriffe  der  Primzahlen  tritt  für  jeden,  der  sich  mit  der 
Zahlentheorie  beschäftigt,  eine  lange  Reihe  von  Fragen  auf,  von  denen 
bis  jetzt  nur  die  wenigsten  durch  die  Wissenschaft  beantwortet  wer- 
den konnten.  Sie  sind  zugleich  die  einfachsten  und  die  geheimnis- 
vollsten unter  den  Zahlen. 

Schon  den  Griechen  war  ein  sehr  einfaches  Verfahren  bekannt, 
die  Primzahlen  unterhalb  einer  beliebig  gegebenen  Grenze  n  zu  be- 
stimmen, das  s.  g.  Sieb  des  Eratosthenes  (276 — 194  v.  Chr.).  Um 
nämlich  zu  entscheiden,  ob  eine  beliebige  Zahl  n  eine  Primzahl  oder 
eine  zusammengesetzte  Zahl  ist,  braucht  man  offenbar  nur  zu  unter- 
suchen, ob  n  durch  eine  der  unter  "j/n  liegenden  Primzahlen  teilbar 
ist;  denn  ist  n  keine  Primzahl,  dt  ihr  kleinster  Divisor  und  dxdx  =  n, 
so  ist  ja  dx  <C  dv  also  dx  ^  »;    jenes  Verfahren  besteht  dann   einfach 

darin,  dafs  man  in  der  Reihe  der  ungeraden  Zahlen  von  1  bis  n  zu- 

.i 

erst  von  3*  =  9  ausgehend  jede  dritte  Zahl  durchstreicht,  dann  von 
5*  =  25  ausgehend  jede  fünfte  Zahl,  von  72  =  49  ausgehend  jede  siebente 
Zahl  und  so  fort;  jedesmal  geht  man  von  dem  Quadrate  der  nächsten 
nicht  durchstrichenen  Zahl  p  aus,  und  durchstreicht  alsdann  jede  pte  Zahl, 
wobei  aber  jedesmal  die  schon  vorher  durchstrichenen  Zahlen  mitzu- 
zählen sind.  Die  nach  Ausführung  jener  Operationen  übrig  bleibenden 
Zahlen  sind  dann  alle  und  nur  die  ungeraden  Primzahlen  dieses  Inter- 
vallen, weil  sie  und  nur  sie  durch  keine  kleinere  Zahl  teilbar  sind; 
und  zu  ihnen  tritt  dann  noch  die  einzige  gerade  Primzahl  2  hinzu. 
Den  sehr  einfachen  Beweis  dieses  Satzes  übergehen  wir. 
Man  erhält  so  im  ersten  Hundert  die  25  Primzahlen: 

2,  3,  5,  7,  11,  13,  17,  19,  23,  29,  31,  37,  41,  43,  47,  53,  59,  61, 

67,  71,  73,  79,  83,  89,  97. 
Im  zweiten  Hundert  finden  sich  die  21  Primzahlen: 
101,  103,  107,  109,  113,  127,  131,  137,  139,  149,  151,  157,  163, 

167,  173,  179,  181,  191,  193,  197,  199. 

Das  Gesetz,  nach  welchem  die  so  einfach  bestimmbaren  Prim- 
zahlen  aufeinander  folgen,   kennen   wir   nicht.     Man   hat    aber    auch 

5* 


68  Fünfte  Vorlesung. 

au&erdem  bei  jenen  Zahlen  gewisse  merkwürdige  Thatsachen  beobachtet, 
deren  Beweis  mit  den  heutigen  Mitteln  unserer  Wissenschaft  noch 
nicht  gelangen  ist,  obwohl  sie  wohl  sicher  richtig  sind.  Wir  erwähnen 
nur  die  folgenden  beiden  Sätze: 

1)  Jede  gerade  Zahl  kann  als  Summe  zweier  Primzahlen  dar- 
gestellt werden. 

Dieses  Theorem  wurde  zuerst  von  Goldbach,  dann  von  Waring 
aufgestellt,  aber  nicht  bewiesen*).  Die  Prüfung  der  ersten  geraden 
Zahlen  etwa  von  2  bis  1000  lehrt  sogar,  dass  die  Anzahl  der  Darstellungen 
von  2n  in  dieser  Form,  abgesehen  von  kleineren  Schwankungen,  mit 
wachsendem  n  beständig  zunimmt,  wodurch  die  Wahrscheinlichkeit 
der  Richtigkeit  jenes  Satzes  erhöht  wird. 

2)  Jede  gerade  Zahl  kann  auf  unendlich  viele  Arten  als  Differenz 
zweier  Primzahlen  dargestellt  werden.  Wendet  man  diesen  Satz  speziell 
auf  die  Zahl  2  an,  so  würde  sich,  die  Richtigkeit  jenes  zweiten  Theorems 
vorausgesetzt,  der  bereits  oben  (S.  10)  erwähnte  wichtige  Satz  ergeben: 

Wie  weit  man  auch  in  der  Reihe  der  Primzahlen  fortgehen  mag, 
man  findet  stets  Primzahlen,  welche  sich  nur  um  zwei  Ein- 
heiten unterscheiden,  also  einander  so  nahe  liegen,  als  dies 
überhaupt  möglich  ist. 

Natürlich  nimmt  die  Häufigkeit  solcher  Paare  benachbarter  Primzahlen 
um  so  mehr  ab,  je  weiter  man  in  der  Reihe  derselben  fortgeht;  aus 
der  oben  angegebenen  Tabelle  folgt,  dafs  im  ersten  Hundert  acht,  im 
zweiten  Hundert  sieben  solcher  Paare  vorkommen.  Aufser  den  Zahlen 
3,  5,  7  existieren  offenbar  keine  drei  benachbarten  Primzahlen,  denn 
von  drei  aufeinander  folgenden  ungeraden  Zahlen  ist  ja  eine  stets  durch 
drei  theilbar,  also  keine  Primzahl. 

Andererseits  weist  die  Reihe  aller  Primzahlen  auch  wieder  beliebig 
grofse  Lücken  auf,  wenn  man  in  ihr  genügend  weit  fortgeht;  ist  näm- 
lich n  eine  beliebig  grofse  Zahl,  so  sind  die  n  —  1  auf  einander  fol- 
genden Zahlen 

n!  +  2,    n!  +  3,    n!  +  4,  •  -  •  n!  +  n 

sämtlich  keine  Primzahlen,  da  allgemein  n!  -f-  i  durch  i  teilbar  ist. 

Die  wichtigste  Eigenschaft  der  Primzahlen  ist  aber  die,  dafs  jede 
ganze  Zahl  auf  eine  und  nur  auf  eine.  Art  in  ein  Produkt  von  Prim- 
zahlen zerlegt  werden  kann,  dafs  sie  also  gewissermafsen  die  Elemente 
für  die  multiplikative  Zusammensetzung  aller  Zahlen  bilden.    Dafs  jede 

*)  Vgl.  die  Briefe  Goldbachs  und  Eulers  vom  7.  und  80.  Juni  1741,  Corre- 
spondance  mathematique  et  physique  de  quelques  celebres  g^ometrea  du  XVIIP*™« 
siecle  p.  127  et  135.  H. 


§  2.   Elementare  Eigenschaften  der  Primzahlen.  69 

Zahl  n  überhaupt  in  ein  Produkt  von  Primfaktoren  zerlegt  werden 
kann,  ist  unmittelbar  klar.  In  der  That  sei  n  beliebig  gegeben;  be- 
zeichnen wir  dann  ihren  kleinsten  Divisor,  der  nach  dem  Vorstehenden 
notwendig  eine  Primzahl  ist,  mit  ply  so  ergiebt  sich  eine  erste  Zer- 
legung von  n  in  der  Form 

n  =  A  '  *i  > 

wo  nt<n  ist.  Ist  jetzt  p%  die  kleinste  in  nx  enthaltene  Zahl,  also 
wieder  eine  Primzahl,  so  ist  diese,  da  sie  ebenfalls  ein  Teiler  von  n 
ist,  sicher  gleich  oder  gröfser  als  p19  und  aus 

folgt 

n  =  A-A-*, 

wo  n%<n1<n  ist.  Sucht  man  weiter  in  gleicher  Weise  den  kleinsten 
Divisor  p$  von  n^  auf  und  fährt  so  fort,  so  erhält  man  eine  ab- 
nehmende Folge  von  positiven  ganzen  Zahlen  n,  nlf  n^,  •  •  •  und  mufs 
so  nach  einer  endlichen  Anzahl  von  Schritten  zu  einer  Zahl  kommen, 
die  nicht  mehr  zerlegbar,  sonach  selbst  eine  Primzahl  ist;  hierdurch 
ist  dann  die  Darstellbarkeit  einer  beliebigen  Zahl  n  in  der  Form: 

n  =  A  '  A  *  A    '  "  Pr  (PilPt*P»        ±pr) 

dargethan,  d.  h.  es  besteht  der  Satz: 

Jede  Zahl  kann  als  Produkt  von  Primzahlen  dargestellt  werden. 

§3. 

In  unmittelbarem  Anschlüsse  hieran  wollen  wir  nunmehr  den 
Fundamentalsatz  beweisen,  dafs  jene  Darstellung  eindeutig  ist,  d.  h. 
dafs  sich  eine  Zahl  n  nicht  auf  zwei  verschiedene  Arten  in  ein  Produkt 
von  Primzahlen  auflösen  läfst.  Dazu  erinnern  wir  zunächst  an  einige 
bekannte  Thatsachen  in  bezug  auf  die  Division  einer  Zahl  A  durch 
eine  andere  n.     Bildet  man  nämlich  wieder  die  Reihe 

»,    2n,     3n,  •  •  •' 

der  Multipla  von  «,  so  ist  A  entweder  einem  von  ihnen  gleich,  also 
durch  n  teilbar,  oder  A  liegt  zwischen  zwei  aufeinander  folgenden 
Zahlen  jener  Reihe.  In  jedem  Falle  giebt  es  also  eine  und  nur  eine 
Zahl  A'  von  der  Art,  dafs: 

A'n£A<  (A'+l)n, 
oder: 

0<;A  —  A'n<n 

ist.     Setzt  man  also  A  —  A'n  =  a,  so  ergiebt  sich  der  Satz: 


70  Fünfte  Vorlesung. 

Sind  A  und  n  zwei  beliebige  Zahlen,  so  kann  A  stets  in  der 

Form  t 

A  =  An +  ß 

so  dargestellt  werden,  dafs  a  nicht  negativ  und  kleiner  als  *i, 
also  eine  der  Zahlen  0,  1,  2,  ■  •  •  n  —  1  ist.  Man  nennt  dann  a 
den  kleinsten  positiven  Divisionsrest  von  A  durch  n,  und  A  ist 
dann  und  nur  dann  durch  n  teilbar,  wenn  jener  Best  a  gleich 
Null  ist. 

Zu  dem  Nachweise  der  Eindeutigkeit  der  Zerlegung  einer  Zahl  in 
ihre  Primfaktoren  führt  nun  sofort  eine  Eigenschaft  der  Primzahlen, 
welche  in  dem  folgenden  wichtigen  Satze  ausgesprochen  ist: 

Ein  Produkt  von  beliebig  vielen  ganzen  Zahlen 

Ax  A^  •  •  •  Ak 

ist  dann  und  nur  dann  durch  eine  Primzahl  p  teilbar,  wenn 
mindestens  einer  seiner  Faktoren  A4  jene  Primzahl  enthält. 

Dieser  Satz  geht  aber  unmittelbar  aus   dem    folgenden  allgemeineren 
Theoreme  über  eine  beliebige  zusammengesetzte  Zahl  hervor: 

Ist  ein  Produkt  von  Je  Zahlen 

A1    At  -  -  •  Ak 

durch  eine  beliebig  gegebene  Zahl  n  teilbar,  ohne  dafs  einer 
seiner  Faktoren  es  ist,  so  giebt  es  auch  stets  ein  durch  n  teil- 
bares Produkt  von  ebenso  vielen  Gliedern 

dessen  sämtliche  Faktoren  kleiner  als  n  sind  und  von  denen 
jeder  ein  Teiler  von  n  ist. 

Ist  nämlich  A^  •  •  •  Ak  durch  n  teilbar,  ohne  dafs  eine  der  Gröfsen  A 
selbst  es  ist,  so  können  wir  die  letzteren  beziehlich  auf  die  Form 
bringen 

Äi  =  n  *  Ä'i  +  ai 


Ak^n-A]t  +  ak9 

wo  #!,•••  a>k  der  Reihe  nach  die  kleinsten  Reste  der  Division  von 
A1}  •  •  •  Ak  durch  n  und  daher  alle  positiv  und  kleiner  als  n  sind.  Da 
nun  offenbar: 

at  A%  -  -  •  Ak  =  (Ax  —  nA'1)Ait--'Ak  =  A1Ai-'-Ak  —  nA^A2---Ak 
durch  n  teilbar  ist,  weil  Minuendus  und  Subtrahendus  rechts  n  ent- 


§  3.   Zerlegung  einer  Zahl  in  ihre  Primfaktoren.  71 

halten,  und  da  wir  in  ganz  analoger  Weise  auch  A^ ,  •  •  -  Ak  durch 
Oj,  •  •  •  ak  ersetzen  können,  so  mufs  auch  das  Produkt 

«t  flfe  •  •  •  ak 

der  k  Divisionsreste  von  Al}  A2}  •  •  •  Ak  durch  n  die  Zahl  n  enthalten. 
Hiermit  haben  wir  zunächst  das  Resultat  gewonnen:  Oiebt  es  über- 
haupt ein  durch  n  teilbares  Produkt  von  Je  ganzen  Zahlen,  von  denen 
keine  n  enthält,  so  mufs  ein  ebensolches  schon  unter  denjenigen  Pro- 
dukten von  Je  Zahlen  auftreten,  von  denen  jeder  Faktor  kleiner  als  n 
ist.  Die  Gesamtzahl  dieser  letzten  Produkte  ist  aber  endlich;  man  kann 
sie  sich  daher  alle  gebildet  und  nach  ihrer  Gröfse  geordnet  denken. 
Es  bedeute  nunmehr 

dasjenige  unter  ihnen,  das  bei  jener  Anordnung  an  erster  Stelle  steht, 
also  gleich  oder  kleiner  als  alle  übrigen  ist;  dann  müssen  seine  Fak- 
toren samtlich  Divisoren  von  n  sein.  Denn  ginge  z.  B  aL  nicht  in  n 
auf  und  wäre  a[  der  Rest  der  Division  von  n  durch  alf  wäre  also 
n  =  v  '  «!  +  a'x ,  so  erkennt  man  ohne  weiteres,  dafs  das  Produkt 

u[  «2  •  •  •  ak  =  (n  —  v*i)*%  •  •  •  ak  =  no^  •  •  •  ak  —  v  •  a^  •  •  •  cck 
dann  ebenfalls  ein  Vielfaches  von  n  wäre.  Dieses  ist  aber  kleiner  als 
aitt»  ' '  '  ak  un^  ^es  widerspricht  der  über  das  letztere  Produkt  ge- 
machten Voraussetzung;  es  mufs  demnach  a'x  gleich  0  und  n  durch  c^ 
teibar  sein.  Das  Gleiche  gilt  von  den  übrigen  Je  Faktoren  unseres 
kleinsten  Produktes,  und  damit  ist  das  oben  aufgestellte  allgemeine 
Theorem  bewiesen. 

Es  sei  jetzt  speziell  n  eine  Primzahl,  dann  kann  das  Produkt 
Ax  •  •  •  Ak  durch  n  nur  teilbar  sein,  wenn  mindestens  einer  seiner 
Faktoren  dies  ist;  sonst  müfste  ja  nach  dem  soeben  bewiesenen  Satze 
ein  Produkt  c^c^  ' ' '  a*  von  eigentlichen  Divisoren  von  n  durch  n 
teilbar  sein,  und  das  ist  nicht  möglich,  weil  eine  Primzahl  keine  eigent- 
lichen Teiler  aufser  der  1  besitzt. 

Auf  Grund  dieser  Sätze  läfst  sich  jetzt  die  Ausgangsbehauptung: 

Jede  Zahl  n  kann  nur  auf  eine  Weise  als  ein  Produkt  von  Prim- 
zahlen dargestellt  werden, 

leicht  erledigen.    Zum  Beweise  nehmen  wir  an,  es  seien  uns  zwei  Zer- 
legungen derselben  Zahl  n  gegeben, 

n  =Pi  Pi  -  -  Pr  =  ?i  q%  "-  q* 

'Pl^Pi^       ••    <PÄ 

wo  p  und  q  Primzahlen  sind,  die  bereits  ihrer  Gröfse  nach  geordnet 


(; 


72  Fünfte  Vorlesung. 

sein  sollen;  wir  haben  alsdann  zu  untersuchen,  ob  auf  beiden  Seiten 
der  Gleichung  verschiedene  Primfaktoren  vorkommen  können.  Da  das 
Produkt  links  durch  die  Primzahl  px  teilbar  ist,  so  ist  das  auch  für 
dasjenige  rechts  der  Fall;  dies  ist  aber  nach  dem  eben  bewiesenen  Satze 
nur  möglich,  wenn  px  in  wenigstens  einem  der  Faktoren  ql9  •  •  •  q9  ent- 
halten, also  mit  ihm  identisch  ist.  Ganz  ebenso,  wie  pt  unter  den 
s  Primzahlen  q1}  •  •  •  q$f  tritt  aber  auch  qt  unter  den  r  Zahlen  p17  •  •  -pr 
auf,  und  da  px  und  qx  beide  male  die  kleinsten  Primzahlen  sind,  so  ist 
notwendig  px  =  &.  Schafft  man  beide  durch  Division  fort,  so  ergiebt 
sich  durch  genau  dieselben  Schlüsse  p%  =  q%y  pz  =  &  etc.,  d.  h.  die 
angesetzten  Zerlegungen  müssen  in  der  That  vollständig  überein- 
stimmen. 

Fassen  wir  jetzt  die  gleichen  Primfaktoren  zusammen,  so  erhalten 
wir  für  jede  Zahl  n  eine  und  nur  eine  Darstellung  in  der  Form: 

Die  Reihe  der  Primzahlen  giebt  somit  für  die  multiplikative  Zusammen- 
setzung der  Zahlen  die  Elemente  ab,  ganz  ähnlich,  wie  es  in  bezug  auf 
die  Addition  von  der  Zahl  1  gilt.  Während  dort  also  nur  ein  Ele- 
ment vorhanden  ist,  ist  hier  die  Anzahl  derselben  nach  dem  in  der 
Einleitung  bewiesenen  Satze  Euklids  unendlich  grofs,  jedoch  ist  die 
Dichtigkeit  der  Reihe  der  Primzahlen  verglichen  mit  der  der  Reihe 
der  natürlichen  Zahlen  eine  äufserst  geringe,  so  dafs  man  verhältnis- 
mäfsig  auch  hier  nur  eine  sehr  kleine  Zahl  von  Elementen  zur  Dar- 
stellung aller  Zahlen  bedarf. 


Sechste  Vorlesung. 

Darstellung  der  ganzen  Zahlen  durch  ihre  Exponentensysteme.  —  Die  Teilbarkeit 
einer  Zahl  durch  eine  andere.  —  Die  gemeinsamen  Teiler  zweier  Zahlen,  und  ihr 
gröfster  gemeinsamer  Teiler.  —  Teilerfremde  Zahlen.  —  Die  gemeinsamen  Multipla 
zweier  Zahlen  und  ihr  kleinstes  gemeinsames  Vielfaches.  —  Ausdehnung  auf  be- 
liebig viele  Zahlen.  —  Hauptsätze  über  die  Teilbarkeit  der  ganzen  Zahlen.  — 
Die  Summe  der  nten  Potenzen  aller  Divisoren  einer  Zahl. 

§1. 

In  den  folgenden  Abschnitten  wollen  wir  ein-  für  allemal  die  Prim- 
zahlen in  ihrer  natürlichen  Folge 

2,  3,  5,  7,  11,  13,  17,  ... 
nach  einander  durch 

Äl>    *8>  Äs>  *  *  * 

bezeichnen,  so  dafs  allgemein  nk  diejenige  bedeutet,  die  in  der  gewöhn- 
lichen Reihe  der  Primzahlen  die  £te  Stelle  einnimmt.  Nimmt  man  in 
die  am  Ende  der  vorigen  Vorlesung  gefundene  Darstellung  einer  be- 
liebigen Zahl  n  alle  jene  unendlich  vielen  Primzahlen  %X1  ä2,  •  ■  •  auf, 
indem  man  denjenigen,  die  in  n  gar  nicht  vorkommen,  den  Exponenten 
Null  giebt,  so  zeigt  sich,  dafs  jede  ganze  Zahl  auf  eine  und  nur  eine 
Art  als  ein  Produkt 

W  =  »-    Ä«    Ä-      •  •  • 

dargestellt  werden  kann,  in  welchem  stt ,  n% ,  jr3 ,  •  •  •  alle  Primzahlen 
in  ihrer  natürlichen  Reihenfolge  und  nl7  ni}  n^ ,  •  •  •  positive  ganze 
Zahlen  oder  die  Null  bedeuten,  und  dafs  auch  umgekehrt  jedes  solche 
Potenzenprodukt  eine  bestimmte  ganze  Zahl  definiert. 

Da  hierbei  die  Basiszahlen  x17  jt2  ,  •  •  •  stets  dieselben  sind,  so 
kann  jedes  n  auch  durch  das  System  seiner  Exponenten  allein  voll- 
ständig charakterisiert,  d.  h.  in  der  eindeutigen  Form 

n  =  (n1)  n2,  w8,  •  •  •) 

geschrieben  werden.  nl}  Wj ,  n^,  •  •  •  mögen  allgemein  die  Exponenten 
von  n  genannt  werden,   und   es   sollen   diese   der  Einfachheit   wegen 


74  Sechste  Vorlesung. 

durch   denselben   Buchstaben,   wie   die   Zahl   selbst,   mit   den   Indices 
1,  2,  •  •  •  bezeichnet  werden,  so  data  z.  B.  für  eine  beliebige  Zahl  A: 

»  —  (»4,  Ä,,  A3,  •••)  =  *J1*£*SJ'  ...  =  2*l3*»5**     .. 

zu   setzen   ist.     Für  die  ersten  neun  Zahlen  haben  wir  die  folgenden 

Darstellungen: 

1  -  (0,  0,  0,  -  •  •) 

2  =  (1,  0,  0,  ••-) 

3  =  (0,  1,0,-..) 

4  =  (2,  0,  0,  •••) 

5  =  (0,0,  1,0,..) 

6  =  (1,  1,0,..-) 

7  =  (0,  0,  0,  1,0,..-) 

8  =  (3,  0,  0,  •  -  ■) 

9  =  (0,  2,  0,  •••). 
Ebenso  ist  z.  B. 

38  808  =  2S  •  3*  •  V  - 11  =  (3,  2,  0,  2,  1,  0,  • .  •) 

Diese  Schreibweise  der  Zahlen  eignet  sich  besonders  für  die  Be- 
trachtung derjenigen  Eigenschaften,  die  auf  ihrer  multiplikativen  Zu- 
sammensetzung beruhen;  denn  für  die  Multiplikation  zweier  Zahlen  h 
und  h'  ergiebt  sich  nunmehr  die  einfache  Gleichung 

(*i;  K,  •  •  •)  (*x,  K>  •  •  •)  =  (Äi  +  Äi^  \  +  K>  •  ■  •)• 

§2. 

Wir  wollen  jetzt  aus  den  Entwicklungen  des  vorigen  Paragraphen 
Nutzen  ziehen  und  eine  Reihe  von  allgemeineren  Sätzen  zusammen- 
stellen, die  durch  jene  fast  selbstverständlich  geworden  sind. 

1)  Eine  Zahl 

Ä  =  (hx ,  Äa ,  •  •  •) 

ist  dann  und  nur  dann  durch  eine  andere 

teilbar,  wenn  allgemein  hr  ^>  kr  ist. 

Denn  allein  in  diesem  Falle  sind  die  Exponenten  des  Quotienten 

Y  durchweg  positiv  oder  Null,  nur  dann  ist  also  jener  Quotient  eine 

ganze  Zahl. 

2)  Unter  einem  gemeinsamen  Teiler  von  h  =  (Ax ,  Ä^ ,  •  •  •)  und 
l«(i1;  kS)  -  •  •)  versteht  man  eine  jede  ganze  Zahl  d  =  (c^,  d^,  •  •  •), 


§  2.   Gemeinsame  Teiler  and  gemeinsame  Vielfache.  75 

die  sowohl  in  &  als  auch  in  k  enthalten  ist,  für  die  somit  ohne  Aus- 
nahme jeder  Exponent  d{  kleiner  oder  höchstens  gleich  jedem  der  bei- 
den entsprechenden  Exponenten  A<  und  ki  ist;  eine  Zahl  d  ist  somit 
dann  ein  gemeinsamer  Teiler  von  h  und  k,  wenn  jeder  ihrer  Ex- 
ponenten di  nicht  gröfser  ist  als  der  kleinere  der  beiden  Exponenten 
hi  und  ki. 

Wird  die  kleinste  von  zwei  Zahlen  r  und  s  allgemein  durch  m(r,  s) 
bezeichnet,  so  sind  alle  gemeinsamen  Teiler  von  h  und  k  in  der 
ganzen  Zahl 

enthalten,  und  es  ist  andrerseits  jede  in  8  enthaltene  Zahl  ein  gemein- 
samer Divisor  von  h  und  k]  man  nennt  aus  diesem  Grunde  die  so 
bestimmte  Zahl  d  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  von  A  und  k. 
Soll  speziell  d  gleich  1  sein,  so  ist  dazu  notwendig  und  hinreichend, 
dafs  durchweg 

w(Af,  ki)  =  0 

ist,  d.  h.  dafs  von  je  zwei  entsprechenden  Exponenten  allemal  mindestens 
einer  verschwindet,  eine  Bedingung,  die  durch  die  andere 

Jh  •  h  =  0  (»=>i,  i,  »,  •  •  ) 

vollkommen  ersetzt  wird.  Zwei  Zahlen,  für  die  d  =  1  ist  oder  die 
keinen  gemeinsamen  Teiler  aufser  der  1  besitzen,  heifsen  teilerfremd 
oder  relativ  prim. 

3)  Eine  Zahl  m  =  (mt,  n^,  •  •  •)  ist  ein  gemeinsames  Viel- 
faches zweier  anderen  A  und  jfc,  wenn  sie  durch  jede  derselben  teil- 
bar ist,  wenn  also  jeder  Exponent  mt  von  m  gleich  oder  gröfser  ist 
als  der  gröfste  von  den  beiden  zugehörigen  A,-  und  ki.  Bezeichnet 
man  nun  entsprechend  wie  vorher  die  gröfste  von  zwei  Zahlen  r  und  s 

durch 

M(r,  s), 

so  ist  offenbar  jedes  gemeinsame  Multiplum  m  =  (mi}  m^9  •  •  •)  von 
h  und  k  ein  Vielfaches  der  folgenden  ganzen  Zahl: 

und  umgekehrt  ist  jedes  Vielfache  von  p  ein  gemeinsames  Multiplum 
von  A  und  k,  denn  m  ist  dann  und  nur  dann  sowohl  durch  A  als 
durch  k  teilbar,  wenn  allgemein  w,-  ^>  M(h.}  &.),  d.  h.  wenn  m  durch  p 
teilbar  ist.  Speziell  ist  (i  selbst  ein  und  zwar  das  kleinste  gemein- 
same Vielfache  von  A  und  k. 

4)  Als  eine  unmittelbare  Folge  der  beiden  letzten  Resultate  ge- 
winnen wir  den  Satz: 


76  Sechste  Vorlesung. 

Sind  A  und  k  zwei  beliebige  ganze  Zahlen  und  $  und  p  ihr 
gröfster  gemeinsamer  Teiler  und  ihr  kleinstes  gemeinsames  Viel- 
faches, so  ist  stets 

fid  =  hk. 
In  der  That  ist 

fid  =  ( •  •  -pi  +  ii    •  •), 

und  da  nach  der  oben  gefundenen  Darstellung  von  (i  und  d  allgemein 

(it  +  *«  =  MQii7  *•)  +  w  (*,,  h)  =  A,  +  k( 
ist;  so  ergiebt  sich  die  Richtigkeit  der  obigen  Gleichung. 
So  ist  z.  B.  für  die  beiden  Zahlen 

Ä  — 60  — 2>-3-5-*(2,  l,l,O--0  und  jfe  =  36  =  223*  =  (2,  2,  0, ...) 

fi  =(2,2,  l,0,..-)  =  22-3*.5  =  180,       *  =  (2, 1,  0,  -  ..)  =  223  =  12 

und  in  der  That  ist: 

dp  =  12  - 180  =  2160  =  60  .  36  =  hk. 

Sind  speziell  A  und  k  zu  einander  relativ  prim,  ist  also  d  =  1, 
so  ist  (i  =  hk7  und  man  erhält  den  auch  sonst  leicht  zu  beweisen- 
den Satz: 

Das  kleinste  gemeinsame  Vielfache  von  zwei  teilerfremden  Zahlen 
ist  gleich  ihrem  Produkte. 

Alle  diese  Ergebnisse  lassen  sich  ohne  weiteres  auf  beliebig  viele 
Zahlen  ausdehnen  und  können  dann  folgendermafsen  ausgesprochen 
werden:  Sind  A,  A',  A",  •  •  •  A(?)  beliebige  ganze  Zahlen,  so  ist  d  dann 
und  nur  dann  in  ihnen  allen  enthalten  oder  ein  gemeinsamer  Teiler 
derselben,  wenn  jeder  ihrer  Exponenten  d{  gleich  oder  kleiner  als  der 
kleinste  der  entsprechenden  Exponenten,  h{,  hi9  •  •  •  A^,  ist.  Bezeichnet 
man  wieder  allgemein  die  kleinste  von  den  beliebigen  ganzen  Zahlen 
r,  r',  •  •  •  r(?    durch: 

tn(r,r',...r«), 

so  stimmen  alle  gemeinsamen  Teiler  der  q  +  1  Zahlen   A,  A ,  •  •  •  A(e) 
mit  den  Divisoren  der  einen  Zahl 

•    s  -  (»(*,,  *;,  *;,  ■  •  •  **>),  m(Ä„  hif  *;, . . .  **>>, . . .) 

überein,  und   diese   heilst   daher   der   gröfste   gemeinsame   Teiler 
von  A,  Ä',  A",  •  •  •  h®. 

Ebenso  heifst  eine  Zahl  m  ein  gemeinsames  Vielfaches  der 
Zahlen  A,  A,  •  •  •  A(?),  wenn  sie  durch  jede  von  ihnen  teilbar  ist.  Be- 
zeichnet man  analog  wie  vorher  allgemein  mit 

M(r,  r',  •  •  •  r<?>) 

die  gröfste  unter  den  Zahlen  r,  r',  •  •  •  r^\  so   sind  alle  gemeinsamen 


§  2.    Gemeinsame  Teiler  und  gemeinsame  Vielfache.  77 

Multipla  von  A,  h ,  A  ,  •  •  •  A(?)  identisch  mit  allen  Vielfachen  der  einen 
ganzen  Zahl: 

p  -  (M(hlf  h'1}  *;,  •  •  •  A<*>),  M (ht,  h'a,  **',  •  •  •  A<<>)  •  •  •); 

aus  diesem  Grunde  heifst  die  so  bestimmte  ganze  Zahl  p  das  kleinste 
gemeinsame  Vielfache  von  A,  A,  •••  A(p).  Man  findet  also  den 
gröfsten  gemeinsamen  Teiler  der  (p  +  1)  Zahlen  A  ,  wenn  man  in  d 
jeden  Primfaktor  jr.  so  oft  aufnimmt,  als  er  in  jeder  von  jenen  Zahlen 
mindestens  vorkommt;  dagegen  findet  man  ihr  kleinstes  gemeinsames 
Vielfaches  dadurch,  dafs  man  in  ft  jeden  Primfaktor  so  oft  aufnimmt, 
als  er  in  diesen  Zahlen  höchstens  auftritt.     Ist  z.  B. 

h  -  (2,  4,  3,  5,  2,  0, 
A  =  (4,  0,  1,4,3,0, 

A"=  (6,  8,  2,  3,  4,  0,  • 
so  ergiebt  sich: 

<J  =  (2,0,  1,3,2,0, 

^  =  (6,8,  3,5,4,0,  • 

Die  q  -f-  1  Zahlen  A,  A,  •  •  •  A(e)  sind  ferner  dann  und  nur  dann 
relativ  prim  zu  einander,  d.  h.  sie  haben  keinen  gemeinsamen  Teiler 
aufser  der  1,  wenn  für  jeden  Index  r  der  kleinste  unter  den  Exponenten 
hr,  hr ,  hr  ,  •  •  •  h(r9)  gleich  Null,  oder,  was  dasselbe  ist,  wenn  für  jedes  r 
die  Gleichung  erfüllt  ist 

A  A'a"  ...  A(?)  =  0. 


r     r 


Sind  im  besonderen  je  zwei  der  Zahlen  A,  A,  •  •  •  A(?)  zu  einander  teiler- 
fremd, so  ist  ihr  kleinstes  gemeinsames  Vielfaches  wieder  gleich  ihrem 
Produkte;  denn  in  diesem  Falle  ist  für  jedes  i  unter  den  g  -\-  1  ent- 
sprechenden Exponenten  h.}  h.,  A.  ,  •  •  •  hfi  immer  nur  höchstens  einer 
Ton  Null  verschieden,  und  folglich  stets 

M(ht,  *;,  *;,  •  •  •  ä,j?))  -  a,  +  h(  +*;  +  ...  +  /,<<>, 

in  diesem  Falle  ist  daher 

p  =  (M(hlf  tilt  ■■■  hf),  .  ■  ■)  =  (ht -\- h[ -\ h*?'»—  )  —  **'•••  A<f) 

w.  z.  b.  w. 

Es  ergiebt  sich  hieraus  die  Folgerung:  Hat  eine  Zahl  N  eine 
Reihe  von  Zahlen  A,  A,  •  •  •  A  *°  zu  Divisoren,  von  denen  jede  zu  jeder 
andern  relativ  prim  ist,  so  ist  sie  auch  durch  das  Produkt  derselben  teilbar; 
alsdann  ist  nämlich  N  ein  gemeinsames  Multiplum  von  A,  A,  •  •  •  A^., 
mithin  durch  ihr  kleinstes  gemeinsames  Vielfache  teilbar,  und  dieses 


78  Sechsie  Vorlesung. 

ist   unter   der   gemachten  Annahme   mit   dem   Produkte  jener  q  +  1 
Zahlen  identisch. 

5)  Enthält  A'A"   eine  Zahl  d  als  Divisor  und  ist  d'  der  gröfste 
gemeinsame  Teiler  von  d  und  dem  einen  Faktor  A',  so  mufs 

der  andere  A"  durch  den  komplementären  Divisor.  d"=  -jrr  teil- 
bar sein. 

Nach  Voraussetzung  ist  nämlich,  weil  d  =  (ilf  <J2,  •  •  •)  der  gröfste  ge- 
meinsame Teiler  von  A'  und  d  ist,  allgemein: 

und  ferner,  da  A  •  h    durch  d  teilbar  ist: 

h.  +h">d.: 
es  ist  daher  in  der  That 

h.  >d.  —  ti.>d.  —  m (d.,  ti.)  >  di  —  ö\  =  *.' 

wenn  (d.)  das  Exponentensystem  von  ä  =  — r   bedeutet;    es   ist   also 

wirklich  —  eine  ganze  Zahl.  Ist  7t  zu  d  relativ  prim,  ist  also  8   gleich  1, 
d 

so  ist  d  =d,  mithin  h   durch  d  teilbar.  So  ergiebt  sich  der  speziellere  Satz: 

5  a)  Ist  ein  Produkt  A  A    durch  d  teilbar,  und  ist  der  erste  Faktor 
A  zu  d  relativ  prim,  so  mufs  der  zweite  A    durch  d  teilbar  sein. 

Der  erste  Satz  (5)  lautet  in  etwas  allgemeinerer  Fassung: 

Ist  das  Produkt  zweier  Zahlen  durch  eine  dritte  d  teilbar,  so 
kann  man  diese  stets  in  zwei  Faktoren  df  und  d  so  zerlegen, 
das  A   den  Teiler  d   und  A     den  Teiler  d    enthält. 

Die  Zerlegung  kann  gewöhnlich  auf  verschiedene  Arten  geschehen. 
Man  kommt  auf  den  vorigen  Satz  zurück,  wenn  man  speziell  für  d  den 
gröfsten  gemeinsamen  Teiler  von  A  und  d  und  für  d  den  zu  d 
komplementären  Divisor  von  d  wählt. 

6)  Eine  Zahl  A  ist  dann  und  nur  dann  eine  nte  Potenz,  wenn 
jeder  ihrer  Exponenten  A1;  \,  •  •  •  das  n-  fache  einer  anderen  ganzen 
Zahl,  wenn  also  immer  A.  =  nie.  ist:  in  der  That  ist  unter  dieser  Vor- 
aussetzung: 

Endlich  werde  noch   das  folgende  Corollar  dieses  letzten  Satzes  er- 
wähnt: 

Ist  das  Produkt  von  zwei  teilerfremden  Zahlen  A  und  A  eine 
»*  Potenz,  so  mufs  jeder  der  Faktoren  eine  solche  sein. 


§  2.   Gemeinsame  Teiler  und  gemeinsame  Vielfache.  79 

Jene  beiden  Voraussetzungen  erfordern  nämlich  das  Bestehen  der  beiden 
Gleichungen  für  jeden  Index  r: 

K+K=nh> 


it 


(r-i,  i,    ■•) 


hrhr  =  0. 


Da  hiernach  eine  der  beiden  Zahlen  hr  ,  hr  stets  gleich  Null,  die  andere 
also  gleich  nh    ist,  so  ist  jede  von  ihnen  durch  n  teilbar  und  somit  h 


r 

sowohl  wie  h    eine  nto  Potenz. 


Dieser  Satz  kann,  auf  beliebig  viele  Zahlen  verallgemeinert,  wie 
folgt  ausgesprochen  werden: 

Das  Produkt  von  beliebig  vielen  Zahlen  h  h "  •  •  •  h9\  von  denen 
jede  zu  jeder  andern  teilerfremd  ist,  ist  dann  und  nur  dann 
eine  wte  Potenz,  wenn  alle  Faktoren  einzeln  nto  Potenzen  sind. 

Denn  aus 

h'  +  ä"  H \-  A«  =  nh 

r     •        r      i  •        r  r 

in  Verbindung  damit,  dafs  immer  nur  höchstens  eine  der  q  Zahlen 
Ar,  Ar,  •  •  •  h^  von  Null  verschieden  sein  kann,  folgt  sofort,  dafs  die 
letzteren  sämtlich  durch  n  teilbar  sind. 

§3. 

Wir  wollen  jetzt  die  Thatsache  der  eindeutigen  Zerlegbarkeit  einer 
jeden  ganzen  Zahl  in  ihre  Primfaktoren  analytisch  einkleiden  und  dann 
mit  ihrer  Hilfe  einige  Resultate  über  Anzahl  und  Summe  der  Divisoren 
einer  Zahl  herleiten.  Bildet  man  das  Produkt  der  unendlich  vielen 
geometrischen  Reihen 

p-.(i  +  «j*1  +  «JX  +  --0(i  +  <*,  +  «N  +  •••)>< 

(1  +  *i*i  +  *2,*2  -\ — )  ••• 

OD 


=  JTJ(1  +  xkxk  +  n\rz\  H ), 


A=»l 


das  wie  jeder  seiner  Faktoren  absolut  konvergiert,  sobald  |  xh  \  <£  1  und 
r  <  —  1  ist,  und  summiert  zunächst  jede  der  Klammern  für  sich,  so 
geht  die  rechte  Seite  in 


00 


TT-1— 


über.    Multipliziert  man  dagegen  sofort  die  Reihen  aus,  so  nimmt  P 
den  Wert  an 


80  Sechste  Vorlesung. 

OD  OB 

*ii  «,,  ••    =0  nlt  14,  •-.  «0 

So  gelangt  man,  da  einem  jeden  Exponentensysteme  (n1;  n^,  •  •  •) 
immer  eine  bestimmte  Zahl  n  einmal  und  nur  einmal  entspricht;  zu 
der  für  |  xk  |  <^  1  und  r  <  —  1  geltenden  Identität 

und  weiter,  wenn  speziell 

*i  —  **  =  *s  = 1,     r  —  —  (1  +  p) 

gesetzt  wird,  zu  der  merkwürdigen  Gleichung 

P    +* 

wo  links  über  alle  Primzahlen  p  zu  multiplizieren,  rechts  über  alle 
ganzen  Zahlen  n  zu  summieren  ist,  und  wo  q  jeden  beliebigen  positiven 
Wert  haben  kann.  Die  Richtigkeit  dieser  schon  Euler  bekannten  Re- 
lation beruht  lediglich  auf  dem  Satze  von  der  Eindeutigkeit  der  Zer- 
legung jeder  Zahl  in  ihre  Primfaktoren,  und  sie  kann  deshalb,  wie 
später  gezeigt  werden  soll,  auch  umgekehrt  zum  Beweise  jenes  Theorems 
dienen. 

Wir  gehen  nun  zu  der  Aufgabe  über,  für  eine  beliebige  ganze 
Zahl  h  —  (hi}  Äg,  •  •  •),  deren  Teiler,  sie  selbst  mit  eingeschlossen, 
d,  d'}  d"  -  •  •  d  x)  heifsen  mögen,  die  Summe  der  r*611  Potenzen  aller 
ihrer  Teiler: 

sr  =  dr  +  d'r  +  •  •  •  +  <*(r-1)r, 

für  einen  beliebigen  ganzzahligen  Wert  von  r  zu  bestimmen.  Wie 
oben  gezeigt  war,  besitzt  h  genau  so  viele  Divisoren,  als  es  Zahlen 
d  =  (d^,  d^y  •  •  •)  giebt,  deren  Exponenten  der  Bedingung  d*  ^  At-  für 
jeden  Index  i  genügen.  Da  nun  für  jeden  Exponenten  A,  stets  Ja  +  1 
Zahlen  existieren,  die  gleich  oder  kleiner  als  A,  sind,  so  ergiebt  sich 
zunächst  die  Anzahl  aller  Teiler  von  h  oder  die  Summe  s0  gleich 

(k  + 1)  (*»  -f- 1) JI&  +  1); 

« 
hier  reducieren  sich  offenbar  alle  Faktoren,  für  die  die  Exponenten 
hi  gleich  0  sind,  auf  1.  Demnach  hat  z.  B.  die  Zahl  360  =  (3, 2, 1, 0  ■  •  •) 
4  •  3  •  2  =  24  Divisoren.  Ahnlich  könnte  man  die  Summe  st  der  Teiler 
von  h  finden;  einfacher  aber  löst  sich  die  allgemeinere  Frage  nach  der 
Summe  sr  auf  die  folgende  Weise: 


§  3.   Die  Summe  aller  Divisoren  einer  Zabl.  81 

Ist  wieder  A  =  (A^  Aj,  •  •  •)  die  gegebene  Zahl,  so  bilden  wir  das 
dem  soeben  behandelten  entsprechende  Produkt  der  endlichen  geome- 
trischen Reihen: 

cd  QQ     /    r      \Aj-f-l 

(1  +  xkxt  +  *,  xk  +  •  •  •  +  xk    xk)=ll  — f- r 

*«1  k=l  nkxk  ~~  x 

Multipliziert  man  wieder  die  linke  Seite  aus,  so  bekommt  man  eine 
Summe  von  lauter  Gliedern 

(ält  dt,  ■■.yx*x?.-.=drx*x?..., 

in  denen  d  alle  Divisoren  von  A,  nämlich  alle  und  nur  die  Zahlen 
durchlauft;  deren  Exponenten  dt  gleich  oder  kleiner  sind  als  die  ent- 
sprechenden Exponenten  A,-  von  A.  Setzt  man  dann  in  der  so  er- 
haltenen Identität 

k=nl  nkxk         *  d/h 

die  für  alle  Werte  von  r,  xt  ,  xif  •  •  •  besteht  und  in  der  rechts  über 
alle  Teiler  d  von  A  zu  summieren  ist, 

xt  =  %3  =  •  •  •  =  1, 
so  ergiebt  sich  sofort  die  gesuchte  Summe  sr  gleich 

d/h  t=l  nk         A 

Aus  dem  unendlichen  Produkte  rechts  können  alle  diejenigen  Faktoren 
einfach  fortgelassen  werden,  für  welche  der  zugehörige  Exponent  hk  =  0 
ist,  welche  also  in  A  nicht  auftreten,  denn  alle  diese  reduzieren  sich 
auf  Eins.    Ist  also 

die  Zerlegung  der  Zahl  A  in  ihre  Primfaktoren,  so  erhält  man  ffir  die 
Summe  der  r40"  Potenzen  ihrer  Teiler  den  eleganten  Ausdruck: 

/i+i)r  - 1    P{yi)r-i 

( l )  sr  = •  •  •  ~ 

Pl—1  PQ    —    1 

Giebt  man  r  den  Spezialwert  1,  so  findet  man  die  Summe  der  sämt- 
lichen Divisoren  von  A 

d/h  r* 

ebenso  gelangt  man.  auch  von  dieser  Formel  ausgehend  zu  der  schon 
vorher    gefundenen    Anzahl    der    Teiler,    wenn    man    in    der    obigen 

Kroneoker,  Zahlentheorie.  I.  6 


Sr  = 


82  Sechste  Vorlesung. 

Gleichung  (1)  r  gegen  Null  konvergieren  läfst  und  beachtet,  dafs  der 
Grenzwert  des  Quotienten 

p:-1 

für  r  =  0  allgemein  gleich  Tc.  +  1  ist. 

Ist  z.  B.   h  =  12  =  2  -3,   so  erhält   man   für  die  Summe   aller 
Teiler  von  12  den  Wert 

_(*8-l)(3'-l)_28 

und  in  der  That  ist 

1  +  2  +  3  +  4  +  6+12  =  28. 

So  erhält  man  ferner  für  h  =  10800  =  24  •  38 .  5*  für  st  den  Wert 

*-fef-fef-fef-««o- 


Siebente  Vorlesung. 

Die  Kongruenz  der  Zahlen.  —  Kongruenz  und  Äquivalenz.  —  Die  Grundregeln 
für  das  Rechnen  mit  Kongruenzen.  —  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  — 

Anwendungen. 

In  der  vorigen  Vorlesung  haben  wir  alle  Zahlen  betrachtet,  welche 
in  einer  gegebenen  ganzen  Zahl  als  Faktoren  enthalten  sind.  Nach 
dem  Vorgange  von  Gauss  wollen  wir  nunmehr  diese  Frage  in  gewissem 
Sinne  umkehren,  nämlich  jetzt  den  Divisor  m  festhalten  und  nach  der 
Gesamtheit  derjenigen  Zahlen  fragen,  die  durch  m  teilbar  sind.  Indem 
wir  dann  weiter  die  gemeinsamen  Eigenschaften  feststellen,  die  allen 
ganzen  Zahlen  hinsichtlich  ihres  Verhaltens  in  Bezug  auf  den  Divisor  m 
zukommen,  werden  wir  auf  einen  neuen  Begriff,  den  der  Kongruenz 
von  Zahlen,  geführt  werden.  Wir  verdanken  denselben  eben  unserem 
Gauss,  der  durch  seine  Einführung  erst  ein  sicheres  Fundament  für 
die  Zahlentheorie  geschaffen  hat. 

Schreibt  man  für  eine  beliebig  gegebene  ganze  Zahl  m  alle  ihre 
positiven  und  negativen  Vielfachen  auf,  bildet  man  also  die  beiderseits 
ins  Unendliche  gehende  Reihe 

(1)  3m,  —  2m,  —  m,  0,  m,  2m,  •  •  •, 

so  enthalt  dieselbe  eine  bestimmte  Klasse  von  Zahlen,  deren  Individuen 
durch  ihren  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  m  vollständig  charakterisiert 
sind.  Man  findet  alle  und  nur  diese  Zahlen,  wenn  man,  von  der  Zahl  0 
ausgehend,  in  der  nach  beiden  Seiten  unbegrenzt  ausgedehnten  natür- 
lichen Zahlenfolge 

(2)  •••,-4,  -3,  -2,  -1,0,  1,  2,  3,  4,  ••• 

immer  je  m  Zahlen  überspringt.  Die  so  aus  der  Reihe  aller  ganzen 
Zahlen  herausgehobene  Partialreihe  (1)  soll  mit  RQ  bezeichnet  werden. 
Werden  nun  in  derselben  Weise,  wie  soeben  die  Null,  die  Zahlen 
1,2,  •  •  •  m  —  1  successive  zum  Ausgangspunkt  gewählt,  und  wiederum 
jedesmal  je  m  Glieder  übersprungen,  so  ergeben  sich  im  Ganzen  m  Partial- 
reihen,  die  nach  ihren  Anfangsgliedern  bezw.  RQ7  Bv  ••<ßn__1  benannt 
und  folgendermafsen  geschrieben  werden  können: 

6* 


;») 


84 

Siebente  Vorlesung. 

*0 

•  •• — 3m, 

-2w, 

-w, 

o, 

m, 

2m 

** 

3m+l, 

-2m  +  l, 

—m+l, 

1, 

m+l, 

2m+l 

B, 

3m+2, 

-2m+2, 

-m+2, 

2, 

m+2, 

2m+2 

*_i 

3m+m- 

-i, 

—2m+m- 

-i, 

—m+m—1, 

m- 

-i, 

m+tn- 

-1. 

•  • 

Jede  ganze  Zahl  a  kommt  dann  offenbar  in  einer  und  nur  einer 
der  m  Reihen  vor,  weil  keine  derselben  mit  einer  andern  ein  Element 
gemeinsam  hat  und  weil  sie  zusammengenommen  die  natürliche  Zahlen- 
reihe (2)  darstellen. 

Gauss  kam  nun  auf  den  bedeutungsvollen  Gedanken,  die  in  einer 
und  derselben  Reihe  R.  stehenden  Zahlen  begrifflich  in  eine  Klasse  zu- 
sammenzufassen und  allgemein  die  gemeinsamen  Eigenschaften  aller 
Zahlen  einer  solchen  Reihe  aufzusuchen.  Er  nennt  irgend  zwei  Zahlen  a 
und  b  nach  dem  Modul  m  kongruent,  wenn  sie  derselben  Partial- 
reihe  angehören,  und  drückt  diese  Beziehung  folgendermafsen  aus: 

(4)  a  =  b    (mod  m) , 

in  Worten:   a  ist  kongruent  b  für  den  Modul  oder  modulo  m. 

Die  hier  benutzte  Bezeichnung  „Modul"  (=  Mafs)  für  den  Di- 
visor m  ist,  da  er  eine  ganz  allgemeine  Beziehung  des  betrachteten 
Begriffes  zu  einem  andern  bezeichnet,  in  der  -  gesamten  Mathematik 
bereits  sehr  beschwert.  Glücklicherweise  erstreckt  sich  aber  seine  viel- 
seitige Verwendung  auf  so  verschiedene  Disziplinen,  dafs  die  Möglich- 
keit einer  Verwechslung  fast  ausgeschlossen  ist.  In  der  Analysis  ist 
dieses  Wort  von  Weierstrass  sehr  vorteilhaft  durch  die  Benennung 
„absoluter  Betrag"  ersetzt  worden. 

Da  zwei  Zahlen  a  und  b  dann  und  nur  dann  in  derselben  Reihe 
R.  vorkommen,  wenn  sie  sich  um  ein  positives  oder  negatives  Viel- 
faches von  m  unterscheiden,  so  ist  die  obige  Kongruenz  völlig  gleich- 
bedeutend mit  der  Gleichung 

(4a)  a  =  b  +  ifc  •  m, 

wo  ifc  irgend  eine  ganze  Zahl  ist;  wir  können  daher  auch  die  andere 

Definition  aufstellen: 

„Zwei  ganze  Zahlen  a  und  b  sind  für  einen  Modul  m  kongruent, 
wenn  sie  sich  um  ein  beliebiges  Vielfaches  desselben  unter- 
scheiden, wenn  also  ihre  Differenz  durch  m  teilbar  ist." 

So  ist  z.  B. 

—  9  =  16  (mod  5), 

weil  —  9  —  16  =  —  25  durch  5  teilbar  ist;  ebenso  ist 


§  1.    Die  Kongruenz  der  Zahlen.  85 

15  zh  —  7    (modll), 

weil  15  +  7  =  22  ein  Vielfaches  von  11  ist. 

Die  Einführung  des  Kongruenzbegriffes,  so  formal  derselbe  im 
ersten  Augenblicke  auch  erscheinen  mag,  war  ein  äufserst  weittragender 
Schritt  des  grofsen  Gauss.  Schon  die  von  ihm  gewählte  Bezeichnung 
jener  Beziehung  in  der  Form  (4)  mufs  als  eine  wissenschaftliche  That 
angesehen  werden;  indem  er  hier  von  dem  in  der  Gleichung  (4a)  auf- 
tretenden Vielfachen  von  m  gänzlich  absah,  erkannte  er  mit  dem  sicheren 
Takte  und  Weitblicke  des  geborenen  Mathematikers  das  für  seine  Zwecke 
überflüssige  und  Unwesentliche,  um  es  zu  glücklicher  Vereinfachung 
eines  ganzen  Gebietes  von  Untersuchungen  schlechtweg  fortzulassen. 
Um  das  zu  würdigen,  braucht  man  nur  die  Abhandlungen  Eulers  zu 
studieren  und  bei  ihm  zu  beobachten,  zu  wie  viel  unnützen  Verwick- 
lungen und  Schwierigkeiten  der  Mangel  einer  scharfen,  prägnanten 
Charakterisierung  der  Gaussischen  Kongruenz  Anlafs  giebt. 

Jede  Zahl  a  ist  einer  und  nur  einer  Zahl  i  des  Systems 

0,  1,  2,  ...  m  — 1 

modulo  m  kongruent,  und  zwar  derjenigen,  die  dem  Index  der  ent- 
sprechenden Reihe  Bi  gleich  ist;  i  wird  dann  der  kleinste  positive 
Rest  von  a  modulo  m  genannt.     Ist  speziell 

a  =  0    (mod  m) , 

gehört  also  a  der  Reihe  R0  an,  so  ist  a  durch  m  teilbar. 

Man  braucht  aber  nicht,  wie  es  eben  geschehen  ist,  gerade  nur 
die  Zahlen  0,  1,  •  •  •  m  —  1  als  Repräsentanten  der  Reihen  RQ,  •  •  •  üm—1 
zu  benutzen,  sondern  man  kann  aus  jeder  von  diesen  Reihen  nach  Be- 
lieben je  ein  a.  herausgreifen.     Jedes  System 

0O>  ai> "  *  '  am-i 

von  m  so  bestimmten  Zahlen  besitzt  dann  allgemein  die  Eigenschaft, 
dafs  sie  alle  modulo  m  betrachtet  unter  einander  inkongruent  sind  und 
dafs  jede  andere  Zahl  a  einer  und  nur  einer  von  ihnen  kongruent  ist; 
ein  System  solcher  Zahlen  nennt  man  ein  vollständiges  Restsystem 
modulo  m.  Im  Besondern  bilden  irgend  welche  m  auf  einander  fol- 
gende Zahlen 

a,   a  -j-  1,   ß  +  2,   •  •  •  a  +  m  —  1, 

ein  vollständiges  Restsystem  modulo  m,  denn  die  Differenz  von  je  zweien 
derselben  ist  stets  kleiner  als  m  und  demnach  nie  durch  m  teilbar. 

Der  Begriff  der  Kongruenz,  wie  ihn  Gauss  aufgestellt  hat,  ist  nichts 
anderes  als  der  der  Äquivalenz  der  Zahlen  hinsichtlich  ihrer  Teilbarkeit 
durch  m,  oder  genauer  gesprochen,  in  Bezug  auf  den  Rest,  den  sie  bei 


86  Siebente  Vorlesung. 

der  Division  durch  m  lassen.  Gauss  hatte  an  Stelle  des  Wortes  „kon- 
gruent", das  in  der  Geometrie  bereits  eine  bestimmte  Bedeutung  hatte, 
und  dort  eine  Beziehung  charakterisiert,  die  durchaus  den  Charakter 
der  Identität  tragt,  sehr  wohl  das  aufserordentlich  bezeichnende  „äqui- 
valent", oder  „gleichwertig"  nehmen  können.  Für  die  weiterhin 
anzustellenden  Betrachtungen  sind  nämlich  zwei  ganze  Zahlen,  mögen 
sie  nun  grofs  oder  klein  sein,  in  der  That  gleichwertig,  wenn  sie  aus 
derselben  Partialreihe  B.  stammen,  d.  h.  modulo  m  den  gleichen  Rest 
lassen.  Doch  ist  die  Gaussische  Ausdrucksweise  schon  so  allgemein 
in  die  Wissenschaft  eingedrungen,  dafs  wir  uns  eben  von  der  Vorstellung 
der  Gleichheit,  die  dem  Worte  „kongruent"  in  der  Geometrie  anhaftet, 
entwöhnen  müssen,  eine  Forderung  der  Praxis,  die  auf  Grund  des  neu 
eingeführten  Zeichens  für  die  Kongruenz  (=),  leicht  zu  erfüllen  ist. 
Freilich  wäre  auch  dieses  Zeichen  vielleicht  besser  durch  ein  anderes 
Symbol  zu  ersetzen,  weil  durch  eben  dieses  Zeichen  neuerdings,  wohl 
zuerst  von  Biemann,  ausgedrückt  wird,  dafs  zwei  Ausdrücke  einander 
identisch  gleich  sind,  so  dafs  z.  B.  x  —  y  =  (x  +  y)  {x  —  y)  gesetzt 
wird.  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dafs  diese  Bedeutung  jenes  Zeichens, 
obwohl  sie  nicht  entfernt  die  gleiche  Verbreitung  gefunden  hat,  doch 
eigentlich  naturgemäfser  erscheint  als  die  Gaussische;  denn  bei  jenen 
drei  Strichen  denkt  man  unwillkürlich  zuerst  an  eine  verstärkte  Gleich- 
heit, während  durch  die  Kongruenz  in  der  Zahlentheorie  im  Gegenteil 
eine  viel  weniger  nahe  Verwandtschaft  zwischen  zwei  Zahlen  hervor- 
gehoben wird.  Selbstverständlich  wird  jenes  Zeichen  in  unseren  Vor- 
lesungen immer  im  Gaussischen  Sinne  verstanden  werden,  wogegen  wir 
uns  für  jede  davon  irgendwie  verschiedene  Art  der  Äquivalenz  des 
Symbols  (~)  bedienen  wollen.  —  Von  einem  andern  Gesichtspunkte 
aus  ist  es  als  ein  Vorteil  anzusehen,  dafs  Gauss  den  Aquivalenzbegriff, 
der  in  seiner  Allgemeinheit  für  die  ganze  Mathematik,  wie  auch  für 
andere  Wissenschaften  so  überaus  fruchtbar  ist,  nicht  an  die  von  ihm 
behandelte,  sehr  spezielle  Gleichwertigkeit  gebunden  hat. 

* 

§2. 

Werden  irgend  welche  Elemente  Ay  B7  (?,•••  oder  auch  Systeme 
von  solchen 

(4,  .4,,  ...),    (B1}  Bs,  •••),    (&,  C„  •••)•••, 
die  wir  typisch  ebenfalls  durch 

bezeichnen  wollen,  äquivalent  genannt,  so  mufs  diese  Beziehung,  falls 


§  2.    Kongruenz  und  Äquivalenz.  87 

sie  wirklich  die  Merkmale  der  Gleichwertigkeit  tragen  soll,  notwendig 
den  folgenden  drei  Anforderungen  genügen: 

1)  Jedes  System  mufs  sich  selbst  äquivalent,  d.  h.  es  mufs  stets 

A~  A 
sein. 

2)  Sind   zwei  Systeme  einem  dritten  äquivalent,   so   müssen  sie 

unter  einander  äquivalent  sein,  d.  h.  aus  den  beiden  Äquivalenzen 

A~C,    B~C 
mufs  sich  die  weitere 

A~B 
ergeben. 

3)  Ersetzt  man   in   den   Äquivalenzen    der   vorigen  Nummer   C 

durch  A,  so  folgt  aus 

B~A 
mit  Notwendigkeit 

A~B, 

d.  \l  die  Erklärung  der  Äquivalenz  mufs  in  Bezug  auf  A  und  B  symme- 
trisch sein. 

Dafs  jene  Bedingungen,  von  denen  die  dritte  in  den  beiden  ersten 
enthalten  ist,  für  unsere  Definition  der  Kongruenz  erfüllt  sind,  bedarf 
keines  Beweises;  in  der  That  ist  die  Richtigkeit  der  Kongruenz 

a  =  a    (mod  m) 

selbstverständlich;  und  bestehen  ferner  die  beiden  Kongruenzen: 

a  =  c    (mod  m)    und    b  =  c    (mod  m) , 

so  sind  ja  a  und  b  in  derselben  Reihe  B.  enthalten,  d.  h.  es  ist  auch 

a  =  b   (mod  w) . 

Wir  gehen  nun  dazu  über,  die  Grundregeln  für  das  Rechnen  mit 
Kongruenzen  herzuleiten  und  werden  dabei  an  der  Hand  einiger  elemen- 
tarer Sätze  zu  der  Erkenntnis  kommen,  dafs  man,  abgesehen  von  einer 
leicht  zu  findenden  Einschränkung,  mit  Kongruenzen  genau  ebenso  wie 
mit  Gleichungen  rechnen  kann.  Es  gelten  nämlich  die  folgenden  Fun- 
damentalsätze: 

M  ,  ,  , 

(1)  a  =  a\    b  =  b     (mod  m), 
so  ist  auch 

a  -f-  6  ==  a  -f-  V  j 

(2)  a  —  b  =  a  —  b'\  (modm)." 

ab  ^  ab'       ) 

Da  nämlich  die  beiden  Differenzen  a  —  a'  und  b  —  b'  nach  der  Vor- 
aussetzung (1)  durch  m  teilbar  sind,  so  ergiebt  sich  die  Richtigkeit 
der  Kongruenzen  (2)  unmittelbar  vermöge  der  Identitäten 


88  Siebente  Vorlesung. 

(a  +  b)  —  (a  +  &0  =  (a  —  a'j  +  (6  —  b') 
(a  —  b)  —  (a'  —  b')  =  (a  —  a*)  —  {b  —  6') 

a&  —  a'&'  =  a(6  —  6')  +  6'(a  —  a9). 

Natürlich   gilt  das  Gleiche   auch  von  Summen  mehrerer  Summanden 

und  Produkten  aus  mehreren  Faktoren,  und  hieraus  können  wir  direkt 

den  allgemeinen  Satz  folgern: 

„Ist  f(a,  b,  ef  •  •  •)  eine  beliebige  ganze,  ganzzahlige  Funktion 
der  Zahlen  a,  6,  c,  •  •  •,  so  ändert  sie,  modulo  m  betrachtet, 
ihren  Wert  nicht,  wenn  die  Zahlen  a,  b9  <:,•••  durch  andere, 
ihnen  modulo  m  beziehlich  kongruente  a7  6',  c'}  •  ■  •  ersetzt 
werden." 

Es  ist  somit  allgemein 

f(a,  &,<?,...)=  f(a,  6',  c,  -  •  -)    (mod  m), 
falls 

a  =  a,  b  =  b\  c  =  c\  •  •  •    (mod  m) 
ist. 

So  einfach  dieses  Theorem  auch  ist,   so  wird  es   doch  für  eine 

ganze  Theorie  Ton  fundamentaler  Bedeutung.    Ist  z.  B.  x  so  bestimmt, 

dafs  die  ganze,  ganzzahlige  Funktion 

f(x)  =  anxn  +  anlxn"1  -\ 1-  at  x  +  a0  =  0    (mod  m) 

ist,  wo  a0,  •  •  •  an  beliebige  ganze  Zahlen  bedeuten,  so  bleibt  diese  Kon- 
gruenz bestehen,  wenn  für  x  irgend  eine  ihr  kongruente  Zahl  g,  also 
etwa  der  kleinste  Best  von  x  modulo  m  gesetzt  wird.  Um  demnach  zu 
entscheiden,  ob  unsere  Kongruenz  durch  einen  ganzzahligen  Wert  von  x 
befriedigt  werden  kann,  hat  man  nur  notig,  für  x  der  Reihe  nach 
0,  1,  2,  •  •  •  m  —  1  oder  irgend  ein  anderes  vollständiges  Restsystem 
modulo  m  einzusetzen  und  zu  prüfen,  welche  der  so  entstehenden  m 
ganzen  Zahlen 

f(0),    /W,  •••«•»- 1) 
durch  m  teilbar  ist.     So  hat  z.  B.  die  Kongruenz 

f(x)  =  s2  +  x  +  1  =  0    (mod  5) 

überhaupt  keine  ganzzahlige  Lösung,  weil  keine  der  5  Zahlen 

/•(0)  =  1,    /Xl)  =  3,    /-(2)  =  7,    ^(8) -18,    /-(4)  =  21 
durch  5  teilbar  ist.     Dagegen  besitzt 

x  —  6x  =  0    (mod  5) 
die  beiden  inkongruenten  Lösungen 

x  =  0    (mod  5) ,     x  r_5  1    (mod  5) 
und  keine  andern. 


§  2.    Die  Grundregeln  für  das  Rechnen  mit  Kongruenzen.  89 

Haben  wir  ferner  eine  Kongruenz 

a  =  b    (mod  mx  m%mz  •  •  •  mr) , 

deren  Modul  ein  Produkt  aus  beliebig  vielen  Faktoren  ist,  so  ist  sie 

offenbar  für  jeden  Faktor  desselben  erfüllt,  d.  h.  es  folgen  aus  ihr  die 

r  weiteren  Kongruenzen 

a  =  b   (mod  m()  (•  =  1,2,     *•). 

Im  Anschlüsse  hieran  soll  nunmehr  auf  einen  Grundunterschied 
hingewiesen  werden,  der  zwischen  Gleichungen  und  Kongruenzen  im 
allgemeinen  statt  hat.  Unter  den  vielen  Sätzen,  die  für  beide  Gebiete 
in  gleicher  Weise  gelten,  ist  einer  der  selbverständlichsten  der  folgende: 

„Wenn  in  einem  Produkte  von  zwei  oder  mehreren  Zahlen  der 

eine  Faktor  gleich  oder  kongruent  Null  ist,  so  ist  es  auch  das 

Produkt  selbst." 
Die  Umkehrung  desselben: 

„Wenn   ein  Produkt  gleich  Null  ist,   so  mufs  es  einer  seiner 

Faktoren  sein" 
ist  nun  für  die  Theorie  der  Gleichungen  bei  weitem  wichtiger  als  jener 
Satz  selbst.  Die  Richtigkeit  jener  Umkehrung  ist  evident,  so  lange 
es  sich  um  Produkte  ganzer  Zahlen  handelt;  sie  mufs  jedoch  bei  der 
Einführung  anderer  als  der  natürlichen  Zahlen  jedesmal  erst  bewiesen 
werden.  Grade  auf  dem  Umstände,  dafs  dieser  Nachweis  in  dem  Ge- 
biete der  höheren  komplexen  Zahlen  ausnahmslos  geführt  werden  kann, 
beruht  die  grofse  Bedeutung  derselben  für  die  Entwicklung  der  Wissen- 
schaft Dafs  dieser  selbe  Satz  für  Kongruenzen  keineswegs  bedingungs- 
los besteht,  lehrt  das  nächste  beste  konkrete  Beispiel.  So  ist  z.  B. 
3-7  =  0  (mod  21),  ohne  dafs  einer  der  Faktoren  3  oder  7  durch  21 
teilbar  ist  Man  kann  aber  leicht  den  Satz  angeben,  welcher  in  der 
Theorie  der  Kongruenzen  an  die  Stelle  des  soeben  erwähnten  Theo- 
remes  tritt. 

Ist  nämlich  allgemein 
(5)  a  •  6  =  0    (mod  m) 

und  ist  (m,  a)  der  gröfste  gemeinsame  Divisor  von  m  und  a,  so  braucht 

tu 

b  nur  den  komplementären  Divisor  j- — - -r  zu  enthalten;  d.  h.  die  Kon- 
gruenz (5)  hat  die  andere 

6  =  0   (mod  7 r) 

\  (mf  a)ß 

zur  notwendigen  Folge;  wir  erhalten  also  hier  den  viel  spezielleren  Satz: 

„Ist 

a&  =  0    (mod  m), 

so  mufs  b  den  zu  (m,  a)  komplementären  Teiler  von  m  enthalten." 


90  Siebente  Vorlesung. 

Nur  in  dem  besonderen  Falle,   wo  (w,  ä)  gleich  1,   wo  also  a  zu  m 
relativ  prim  ist,  geht  aus  (5)  die  Kongruenz 

6  =  0    (mod  m) 
hervor. 

Ganz  ebenso  darf  aus  der  Kongruenz 

ac  =  bc    (mod  m) 
nicht  ohne  weiteres 

a  =  b    (mod  tri) 

geschlossen  werden,  sondern  es  ergibt  sich  wieder  nur 

a  =  b  (mod  -. A , 

denn  die  erste  Kongruenz  kann  ja  in  der  Form 

c(a  —  b)  =  0    (mod  w) 

geschrieben  und  auf  sie  der  soeben  gefundene  Satz  angewendet  werden. 

So  folgt  z.  B.  aus 

2- 5  =  8- 5    (mod  30) 


nicht 
sondern  nur 


2  =  8    (mod  30), 
2  =  8    (mod  6); 


dagegen  ergiebt  sich  aus 

5-2  =  5.14    (mod  6) 
notwendig 

2  =  14   (mod  6), 

weil  hier  der  Multiplikator  5  zu  6  teilerfremd  ist. 

„Ist  aber  der  Modul  speziell  eine  Primzahl  p,  so  kann  ein  Pro- 
dukt zweier  oder  mehrerer  Faktoren  niemals  durch  p  teilbar 
sein,  ohne  dafs  einer  der  letzteren  die  Primzahl  enthält" 
Hier  läfst  sich  also  jener  Fundamentalsatz  aus  der  Theorie  der  Glei- 
chungen ganz  entsprechend  auch  für  Kongruenzen  aufstellen,  und  danach 
können  die  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul  völlig  ebenso  wie 
die  Gleichungen  behandelt  werden. 

Auf  diese  Thatsache  hat  man  früher  zu  wenig  Gewicht  gelegt; 
selbst  Gauss  hat  sie  in  seinem  Hauptwerke  in  diesem  Zusammenhange 
nicht  hervorgehoben,  obgleich  die  Einführung  des  Aquivalenzbegriffes 
grade  dann  von  hervorragendem  Nutzen  ist,  wenn  der  eben  erwähnte 
Fundamentalsatz  erhalten  bleibt.  Bei  zusammengesetzten  Moduln  kann 
man  gewissermaßen  zwei  Klassen  der  Null  modulo  m  unterscheiden; 
in  der  einen  befinden  sich  alle  wirklichen  Vielfachen  von  m,  während 
die  andere  alle  Zahlen  umfafst,  die  mit  dem  Modul  nur  einen  Teiler 
gemeinsam  haben,  ohne  ihn  ganz  zu  enthalten.     Für  m  =  25  gehören 


§  2.    Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  91 

z.  B.  0,  25,  50,  ■  •  •  in  die  erste,  5,  10,  15,  20,  30  u.  s.  f.  in  die  zweite 
Klasse;  für  Primzahlmoduln  p  fallen  dagegen  die  Teiler  der  Null  mo- 
dulo  p  fort  und  daher  entspricht  die  Theorie  der  Kongruenzen  modulo 
p  vollständig  der  der  Gleichungen. 

Wir  hatten  ferner  auf  Grund  der  Darstellbarkeit  einer  Zahl  durch 
ihr  Exponentensystem  gezeigt,  dafs  eine  Zahl  m,  die  durch  zwei  andere 
m'  und  m"  teilbar  ist,  auch  deren  kleinstes  gemeinsames  Vielfaches 
enthalten  mufs.  Dieser,  Satz  lautet  auf  die  Kongruenzen  übertragen 
folgendermafsen : 

„Ist 

a  =  b  (mod  m)    und    a  =  b   (mod  m'), 

so  ist  auch 

a  =  b   (mod  [m,  m']), 

wo  [m,  m']  das  kleinste  gemeinsame  Vielfache  von  m  und  m 
bezeichnet", 
oder  verallgemeinert: 

„Gilt  eine  und  dieselbe  Kongruenz  für  verschiedene  Moduln,  so 
besteht  sie  auch  für  das  kleinste  gemeinsame  Vielfache  derselben 
als  Modul." 

So  folgt  z.  B.  daraus,  dafs  die  Kongruenz 

122  =  242 

f&r  jeden  der  vier  Moduln  12,  30,  40,  60  besteht,  dafs  sie  auch  für 
deren  kleinstes  gemeinsames  Vielfaches,  d.  h.  für  120,  erfüllt  ist. 
Hieran  schliefst  sich  unmittelbar  die  Folgerung: 

„Gilt  eine  Kongruenz  für  eine  Anzahl  von  Moduln,  von  denen 
jeder  zu  jedem  andern  relativ  prim  ist,  so  besteht  sie  auch  für 
ihr  Produkt", 

denn  in  diesem  Falle  ist  ja  eben  das  kleinste  gemeinsame  Vielfache 

gleich  dem  Produkte  jener  Moduln.     So  folgt  z.  B.  aus  dem  Bestehen 

der  Kongruenz 

11  =  2811 

für  m  =  8,  25,  7  die  Richtigkeit  der  Kongruenz: 

11  =  2811    (mod  1400). 

§3. 

Ehe  wir  auf  die  systematische  Behandlung  und  Auflösung  der 
Kongruenzen  eingehen,  wollen  wir  noch  die  Anwendbarkeit  der  bisher 
gefundenen  Resultate  an  einigen  Sätzen  erläutern,  die  in  der  elemen- 
taren Arithmetik  von  Bedeutung  sind.    Es  läfst  sich  nämlich  die  Frage, 


c  =  V 


94  Siebente  Vorlesung. 

«— («,f  «1-11  •••,  ci>  co) 
ihr  Produkt,  so  besteht  modulo  9  betrachtet  die  Kongruenz: 

.J/ct  =  ab  =  (j?a)  fy)  (mod  9)- 

0  0  0 

„Die  Ziffernsumme  eines  Produktes  ist  also  modulo  9  dem  Pro- 
dukte der  Ziffernsummen  seiner  Faktoren  kongruent,  und  ebenso 
ist  die  alternierende  Ziffernsumme  eines  Produktes  dem  Produkte 
der  alternierenden  Ziffernsummen  seiner  Faktoren  modulo  11 
kongruent." 
Wendet  man  z.  B.  jene  beiden  Proben  zur  Kontrolle  der  Gleichung 

3752  •  7640  =  28665280 

an,  so  liefern  diese  die  beiden  offenbar  richtigen  Kongruenzen: 

17.17  =  37) 
(_!)(_!)  =  1   )  (mod9)     l-(-5)  =  (-5)   (mod  11). 

Aufserdem  ergeben  sich  noch  in  den  Kongruenzen 

C  =  [C  ,  •  -  •  Cv  Cl9  C0]  =  C0   (mod  2)  und  (mod  5) 

und 

C  =  [C,.-.  Cv  Cv  C0]  =  10Ct  +  CQ   (mod  4)  und  (mod  25) 

die  bekannten  Kriterien  für  die  Teilbarkeit  einer  Zahl  durch  2,  4,  5 
oder  25  und  hieraus  ähnliche  Vereinfachungen  für  die  höheren  Potenzen 
von  2  oder  5. 

Um  das  Prinzip  dieser  Methoden  deutlicher  erkennen  zu  lassen, 
wollen  wir  jetzt  das  Gesetz  aufsuchen,  dem  die  Ziffern  einer  im  de- 
kadischen Systeme  gegebenen  Zahl  gehorchen  müssen,  damit  diese 
durch  7  teilbar  ist.  Zu  diesem  Zwecke  stellen  wir  die  kleinsten  posi- 
tiven oder  negativen  Reste  zusammen,  denen  die  Potenzen  von  10  mo- 
dulo 7  bezw.  kongruent  sind,  und  erhalten  so 

10=       3;     10*=       2;      108  =  — 1 

104=  — 3;     106  =  — 2;      106=       1. 

Jede  von  diesen  Kongruenzen  geht  aus  der  vorigen  hervor,  indem 
man  die  letztere  mit  10  multipliziert  und  ihre  rechte  Seite  modulo  7 
auf  ihren  kleinsten  positiven  oder  negativen  Best  reduciert.  Offenbar 
sind  dann  die  weiteren  Potenzen  von  10  von  der  siebenten  an  aber- 
mals den  Zahlen  3,  2,  —  1,  —  3,  —  2,  lin  derselben  Reihenfolge 
kongruent;  denn  es  ist  z.  B. 

107  =  106  •  10  ee  3    (mod  7). 
So  gelangen  wir  zu  der  Kongruenz: 


§  3.    Anwendungen.  95 

C-[Cr,-CvCv  C0]  =  (C0-C3  +  C6-C9  +  .--) 

+  3(01-Cf4+0T-C10  +  ---) 

+  2(C2-C5  +  C8 )    (mod.7). 

Z.  B.  ist 

12096735  =  (5  —  6  -f  2)  +  3  (3  -  9  +  1)  +  2  (7  —  0)  =  0  (mod  7). 

Nehmen  wir  nun  für  die  Moduln  gröfsere  Zahlen,  so  werden  derartige 
Gesetze  im  allgemeinen  immer  komplizierter  und  praktisch  unbrauch- 
barer; und  es  entsteht  daher  die  Frage,  für  welche  gröfseren  Moduln 
sich  ein  einfaches  Resultat  herausstellt.  Wie  sofort  zu  ersehen,  ist 
hierzu  erforderlich,  dafs  von  den  Resten  yk  der  Potenzen  ^r*  möglichst 
wenige  von  einander  verschieden  sind,  oder  dafs  yk  möglichst  bald 
wieder  den  Wert  +  1  bekommt;  demnach  kommt  es  dabei  wesentlich 
auf  die  willkürlich  wählbare  Grundzahl  g  unseres  Systemes  an. 

Ist  wieder  10  diese  Grundzahl,  so  gestaltet  sich  die  Untersuchung 
besonders  leicht  für  die  Primzahlen  37  und  101.    Es  ist  nämlich 

10  =  10,    102  eee  —  11,    10s  =  +  l    (mod  37) 

und  deshalb  genau  wie  vorher  jedes  fernere  10  einer  der  Zahlen 
1,  10,  —  11  kongruent,  je  nachdem  der  Exponent  von  der  Form  3ä, 
3  h  -f-  1  oder  3ä  -f-  2  ist.     Es  ist  somit 

c-[cr,...cv  Cv  C0]  =  (C0  +  Ca  +  C6  +  ...) 

+  10(Cl  +  Cl  +  C1  +  ..-)-ll(Ca+Ct  +  --.)    (mod  37); 

z.  B.  ist 

98754321  =  (1  +  4  +  8)  +  10  (2  +  5  +  9)  — 11  (3  +  7)  =  26  (mod  37), 

d.  h.   diese   Zahl    läfst    durch   37    geteilt    den  Best   26.     Ebenso    ist 
für  m  =  101 
10  =  10,  10*  =  —  1,  10s  =  —  10,  10*  =  1    (mod  101)     u.  s.  w., 

und  wir  erhalten  die  Kongruenz 

c-[crl...qfq,  C0]  =  (C0-C8  +  C,-C6  +  ...) 

+  10  (0,  -  Cs  +  C6  -  C7  +  •  •  •)  (mod  101). 

In  allen  den  soeben  behandelten  Fällen  richtet  sich  das  Haupt- 
interesse jedesmal  auf  die  Feststellung  der  kleinsten  Reste,  denen  die 
Potenzen  einer  Grundzahl  g,  in  unsern  Beispielen  also  die  Potenzen 
10  ,  10  ,  10 ,  •  •  •  modulo  m  kongruent  sind.  Man  kann  deshalb  das 
Obige  bereits  als  eine  Vorbereitung  auf  die  Theorie  der  Potenzreste 
betrachten. 


Achte  Vorlesung. 

Die  höheren  Kongruenzen.  —  Aufsuchung  ihrer  Wurzeln.  —  Hauptsätze  über  die 

höheren  Kongruenzen.  —  Anzahl  der  Wurzeln  einer  Kongruenz.  —  Kongruenzen 

,fär  einen  Primzahlmodul.  —  Anwendungen:  Der  Wilsonsche  und  der  Fermatsche  Satz. 

§  i. 

Nachdem  wir  in  der  letzten  Vorlesung  die  Grundregeln  über  das 
Rechnen  mit  Kongruenzen  auseinandergesetzt  haben,  wenden  wir  ans 
jetzt  der  speziellen  Theorie  der  letzteren  zu.  Wir  gehen  dabei  zunächst 
von  einem  allgemeineren,  grofsen  Untersuchungsgebiete,  der  Lehre  von 
den  sogenannten  höheren  Kongruenzen  aus,  die  derjenigen  von  den 
algebraischen  Gleichungen  in  der  Algebra  entspricht;  wir  fragen  nämlich, 
ob  es  ganze  Zahlen  x  giebt,  die  der  ganzzahligen  Kongruenz 

f(x)  =  cnxn  +  cn__1xn~1  +  •  •  -  +  cQ  =  0    (mod  m) 

genügen,  analog  wie  bei  den  Gleichungen  nach  den  Lösungen  von 

f(x)  -  0 

geforscht  wird.    Unsere  letzte,   wesentliche  Aufgabe  für  eine  einzige 
Unbekannte  kann  hiernach  so  ausgesprochen  werden: 

„Es  sollen  alle  Lösungen  der  ganzzahligen  Kongruenz 

f(x)  =  cnxn  +  cn_lxn~1  +  •  •  •  +  c0  =  0    (mod  m) 

gefunden,  d.  h.  es  soll  in  der  allgemeinsten  Weise  x  als  ganze 
Zahl  so  bestimmt  werden,  dafs  diese  Kongruenz  befriedigt  wird." 
Hat  man  eine  derartige  Zahl  x  gefunden,  so  genügt,  wie  oben  bewiesen 
wurde,  jede  zu  x  modulo  m  kongruente  Zahl  der  Kongruenz  ebenfalls; 
diese  besitzt  daher  dann  und  nur  dann  überhaupt  eine  ganzzahlige 
Lösung,  wenn  eine  solche  bereits  unter  den  m  ersten  Zahlen  0, 1,  •••m — 1 
vorhanden  ist.  Um  alle  Lösungen  der  Kongruenz  aufzusuchen,  hat  man 
also  nur  für  x  der  Reihe  nach  die  Werte  0,  1,  •  •  •  m  —  1  in  f{x) 
einzusetzen  und  nachzusehen,  welche  von  den  so  entstehenden  Zahlen 
f(0),  •  •  •  f(m  —  1)  durch  m  teilbar  sind.  Sind  at-  •  •  o.  alle  Zahlen 
jener  Reihe,  die  dieser  Forderung  entsprechen,  so  erhält  man  die  Ge- 
samtheit der  verlangten  Lösungen  in  den  r  Kongruenzen 

x  =  a,.    (mod  m)  («'— i,  *.  •  •  •  0- 


§  1.    Die  höheren  Kongruenzen.  97 

Mithin  kann  unsere  Aufgabe  stets  durch  eine  endliche  Anzahl  von 
Versuchen  gelöst  werden. 

Bei  der  Betrachtung  der  Kongruenzen  höheren  Grades  ist  nun 
eine  Erweiterung  des  Kongruenzbegriffes  von  höchstem  Nutzen,  die 
später  ausfuhrlich  erörtert  werden  soll.  Während  wir  nämlich  bis 
jetzt  nur  Zahlen  hinsichtlich  eines  Moduls  m  prüften,  wollen  wir  dieses 
jetzt  auch  für  ganze  ganzzahlige  Funktionen  von  Unbestimmten  thun, 
wobei  wir  die  Anzahl  der  letzteren  vorerst  auf  eine  beschränken;  wir 
sagen,  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion 

f{x)  =  cnxn  +  cn_xxn~x  + h  CQ 

ist  durch  m  teilbar,  wenn  der  Quotient 

m  -  m 

wiederum  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  von  x  ist.    Hieran  schliefst 

sich  unmittelbar  die  folgende  Definition: 

„Eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  von  x  ist  dann  und  nur 
dann  ein  Vielfaches  von  m,  wenn  ihre  sämtlichen  Koefficienten 
es  sind", 

und  damit  lassen  sich  sofort  die  Sätze   über  Kongruenzen  von  Zahlen 

auf  solche  von  ganzen  Funktionen  ausdehnen. 

„Zwei  Funktionen  f(x)  und  g(x)  sind  dann  und  nur  dann 
modulo  m  kongruent,  wenn  ihre  Differenz  durch  m  teilbar  ist." 

Ist  also 

f(X)  -=  %  +  aiX  +  atX*  ~\ 1-  anX 

g{*)  —  h  +  K*  +  \*  +  ••■  +  K*, 

so  ist 

f(x)=g(x)    (modw), 
wenn  durchweg 

ak  =  \  (mod  m)  (*=of  i,  2, .    »> 

ist.  Dafs  beide  Funktionen  von  gleichem  Grade  angenommen  worden 
sind,  bedeutet  keine  Beeinträchtigung  der  Allgemeinheit,  weil  man  ja, 
falls  eine  von  ihnen  von  niedrigerem  Grade  als  die  andere  ist,  die 
fehlenden  Potenzen  von  x  mit  dem  Koefficienten  0  hinzufugen  kann. 
Zwei  modulo  m  kongruente  Funktionen  f(x)  und  fx{x)  sind  einander 
für  jeden  ganzzahligen  Wert  des  Argumentes  kongruent;  jede  Wurzel 
der  einen  ist  daher  auch  eine  Kongruenzwurzel  der  andern.  Will  man 
nun  alle  Wurzeln  einer  Funktion  f(x)  angeben,  so  kann  man  sich  diese 
Aufgabe  dadurch  wesentlich  vereinfachen,  dafs  man  alle  Koefficienten 

Kronecker,  Zahlentheorie.    I.  7 


98  Achte  Vorlesung. 

modulo  m  auf  ihren  kleinsten  Rest  reduziert.     So  stimmen  z.  B.  alle 
Wurzeln  der  Kongruenz: 

12*s  —  23s*  +  Gx  -f  23  =  0    (mod  6) 
mit  denjenigen  der  einfacheren: 

x—  1  =  0    (mod  6) 

überein;  dieselbe  besitzt  somit  nur  die  beiden  Lösungen 

x  =  +  1    (mod  6). 

Auf  die  hier  sich  darbietenden  Probleme  werden  wir  bei  der 
Theorie  der  Divisorensysteme  ausführlich  eingehen.  Der  Zweck  vor- 
stehender Betrachtungen  an  dieser  Stelle  bestand  nur  darin,  die  für 
die  weiteren  Darlegungen  unentbehrlichen  Definitionen  anzugeben  und 
zugleich  darauf  hinzuweisen,  dafs  die  ganze  Entwicklung  jener  Theorie 
mit  Notwendigkeit  auf  die  arithmetische  Behandlung  der  ganzen  ganz- 
zahligen Funktionen  hinauslauft. 


§2. 

Es  sei  nun  £x  irgend  eine  Lösung  von 

(1)  f{x)  =  c0  +  cxx  +  •  •  •  +  cnxn  =  0    (mod  m) , 

also   /XSi)    durch   m   teilbar,    dann    besteht   für   ein   variables    x   die 
Kongruenz 

=  (*  -  y  w  +  «;*+-  +  c/"1) 

=  (*  —  6i)/i(*)    (mod»), 

wo  /^  (#)  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  vom  (n  —  l)ten  Grade  be- 
deutet.    Dieses   Resultat   kann    ganz   analog   wie   in    der  Theorie   der 
Gleichungen  folgendermafsen  ausgesprochen  werden: 
„Genügt  £j  der  Kongruenz 

.  f(x)  =  0    (mod  m), 

so  ist  für  jeden  Wert  von  x 

f{x)  =  {x  —  ll)f1{x)    (modt»), 

d.  h.  f(x)  ist  modulo  m  betrachtet  durch  den  zu  £t  gehörigen 
ganzzahligen  Linearfaktor  x  —  |x  teilbar." 
Angenommen  nun,  es  besäfse 

fx  (x)  =  0    (mod  m) 


§  2.    Die  Wurzeln  höherer  Kongruenzen.  99 

wieder  eine  ganzzahlige  Lösung  x  =  |s ,  so  ist  nach  dem  eben  be- 
wiesenen Theoreme 

£(*)  —  (*  —  *»)/i(*)  (mod"0 

and  demnach 

f(x)  =  (x-  y  (*  -  y  £  (*)    (mod  m). 

Fahrt  man  in  derselben  Weise  fort  und  beachtet,  dcCTs  der  Grad 
der  resultierenden  ganzen  ganzzahligen  Funktionen  fx{x)y  f2(x),  ••• 
immer  um  eine  Einheit  abnimmt,  so  mufs  man,  wie  leicht  zu  erkennen, 
schließlich  zu  einer  Funktion  kommen,  die  entweder  vom  0ton  Grade, 
also  eine  Eonstante  ist  oder  garkeine  Lösung  besitzt;  so  ergiebt  sich 
zuletzt 

A*)  =  (*-ü(*-ü---(*-y/;(*)    (modm), 
wobei  die  Kongruenz 

fk(x)  =  a0  +  axx  +  •  •  ■  +  an_kxn~~k  =  0    (mod  m) 

durch  keinen  ganzzahligen  Wert  mehr  befriedigt  werden  kann.  Ist 
speziell  Je  =  n,  so  reduziert  sich  fk  (x)  eben  auf  eine  Eonstante,  und 
zwar  lehrt  die  Koefficientenvergleichung  unmittelbar,  dafs  dieselbe 
gleich  cn,  dem  Eoefficienten  der  höchsten  Potenz  von  x  in  f(x),  ist. 
Die  ganzen  Zahlen  j^,  |g,  •  ••  £t  sollen  in  Analogie  mit  der  Theorie 
der  Gleichungen  auch  hier  Wurzeln  der  Kongruenz  (1)  genannt 
werden. 

Hat  eine  Gleichung  w**0  Grades  n  Wurzeln,  ist  also  identisch 

so  gilt  in  der  Algebra  der  Satz,  dafs  jede  andere  Lösung  £  mit  einer 
jener  n  Wurzeln  zusammenfallen  mufs,  da  das  Produkt 

«„(S-6,)(!-y  "-«-ü 

nur  dann  gleich  Null  sein  kann,  wenn  einer  seiner  Faktoren  es  ist. 
Hier  tritt  nun  wieder  der  oben  hervorgehobene  Fundamentalunterschied 
zwischen  .Gleichungen  und  Kongruenzen  hervor:  der  entsprechende  Satz 
für  Kongruenzen  hat  nämlich  keineswegs  allgemeine  Geltung,  eine 
Kongruenz  n**1  Grades  kann  sehr  wohl  mehr  als  n  inkongruente 
Lösungen  besitzen.  Sind  nämlich  g  ,  §2,  *  •  •  £n  n  Wurzeln  von  f(x)  =  0, 
ist  also: 

f(x)  =  cn(x  —  tj  ...  {x  —  6J    (mod  m) 

und  nehmen  wir  an,  £0  sei  eine  (n  +  1)**  Lösung  der  Kongruenz,  so 
wissen  wir,  dafs  das  Produkt 

/•(U  = «.  (5,  -*,)■•■  %  ~  U 


100  Achte  Vorlesung. 

sehr  wohl  durch  m  teilbar  oder  kongruent  Null  modulo  m  sein  kann, 
ohne  dafs  einer  seiner  Faktoren  es  ist;  hierzu  braucht  ja  nur  m  derart 
multiplikativ  zerlegbar  zu  sein,  dafs  seine  einzelnen  Bestandteile  in 
jenen  Faktoren  aufgehen.  £0  stimmt  daher  durchaus  nicht  notwendig  mit. 
einer  der  Gröfsen  £19  -••  £„  modulo  m  überein.  So  besitzt  z.  B.  die 
Kongruenz  des  zweiten  Grades: 

x*  +  x  =  0    (mod  6) 

die  vier  inkongruenten  Wurzeln  0,  2,  3,  5,  und  dem  entsprechen  die 
beiden  Darstellungen 

#*  +  x  =  x  (x  —  5)    (mod  6), 

x*  +  x  7=  (x  —  2)  (x  —  3)    (mod  6); 

in  der  That  ist  für  x  =  5 

f(5)  =  (5  —  2)  (5  —  3)  =  0    (mod  6), 

weil  der  erste  Faktor  des  Produktes  durch  3,  der  zweite  durch  2  teil- 
bar ist. 

Der  Hauptsatz  aus  der  Lehre  von  den  Gleichungen  bleibt  also  für 
Kongruenzen  durchaus  nicht  bedingungslos  bestehen,  und  dadurch  ge- 
staltet sich  diese  Theorie  sehr  viel  schwieriger  und  verwickelter  als 
die  der  Gleichungen.  Um  so  wichtiger  aber  ist  der  Umstand,  dafs 
sich  für  den  Spezialfall  eines  Primzahlmoduls  die  Kongruenzen  auch 
in  dieser  Hinsicht  ganz  ebenso  verhalten  wie  die  Gleichungen.  Besitzt 
eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  nten  Grades  fix)  modulo  p  betrachtet 
n  Wurzeln,  ist  also: 

f(x)  =  cn  (x  -  |t)  •  •  •  (x  -  £„)   (mod  j,),  (2) 

so  kann  keine  (n  +  l)te  von  £  ,  £2,  •  •  •  5n  modulo  p  verschiedene 
Lösung  |0  mehr  existieren,  denn  das  Produkt 

/•(g  =  c„(i0  -  y  •  •  •  &  -  y  (modp) 

« 

kann  nur  dann  durch  die  Primzahl  p  teilbar  sein,  wenn  mindestens 
einer  seiner  Faktoren  dieselbe  enthält.  Die  Möglichkeit  cn  =  0  (modp) 
ist  aber  natürlich  ausgeschlossen,  weil  sonst  f(x)  auf  Grund  der  Kon- 
gruenz (2)  identisch  durch  p  teilbar  wäre  und  die  Koefficienten  samt- 
lich Vielfache  von  p  sein  müfsten.  Wir  haben  somit  für  diese 
Kongruenzen  den  Fundamentalsatz  gewonnen: 

„Eine  Kongruenz  für   einen  Primzahlmodul  p  kann   höchstens 
so  viele  Wurzeln  haben,  als  ihr  Grad  angiebt,  es  sei  denn,  dafs 
alle  ihre  Koefficienten  durch  p  teilbar  sind." 
Als  unmittelbare  Folge  ergiebt  sich  hieraus  für  zusammengesetzte 
Moduln: 


§  2.    Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  101 

„Eine  Kongruenz   des  nton  Grades,  in  der  der  Koefficient  der 
höchsten  Potenz  zum  Modul  teilerfremd  ist,  kann  nicht  mehr 
als  n  Lösungen  haben,  die  in  Bezug  auf  einen  Primfaktor  des 
Moduls  inkongruent  sind." 
Andrerseits   kann   eine   Kongruenz   sowohl   für  einen    zusammen- 
gesetzten, wie  für  einen  unzerlegbaren  Modul  recht  gut  weniger  Wurzeln 
haben,  als  ihr  Grad  betragt.     Die  Kongruenz 

« 

x*+l  =  0    (mod3) 

besitzt  z.  B.  keine  einzige  Wurzel,  da  ihre  linke  Seite  für  keinen  der 
Werte  x  =  0,  1,  2  durch  3  teilbar  wird,  und  dasselbe  gilt  selbst- 
verständlich a  fortiori  für  jedes  Multiplum  von  3  als  Modul,  z.  B.  für 
m  =  6. 

Diese  Thatsache  bedeutet  jedoch  keine  wesentliche  Abweichung  der 
Kongruenzen  von  der  Analogie  mit  den  Gleichungen.  Denn  die  Regel, 
dafs  die  Anzahl  der  Wurzeln  gleich  dem  Grade  der  Gleichung  ist,  ist 
auch  für  die  letzteren  zunächst  nicht  richtig,  sie  wird  es  vielmehr  erst, 
wenn  man  das  Zahlenreich,  innerhalb  dessen  die  Wurzeln  zu  wählen 
sind,  durch  die  Einführung  der  komplexen  Zahlen  a  -\-  b  ]/ —  1 
genügend  erweitert;  erst  dann  hat  z.  B.  die  quadratische  Gleichung 

x*  +  1  =0 

zwei  Wurzeln  x  =  +  V —  1>  während  sie  durch  reelle  Werte  von  x 
überhaupt  nicht  befriedigt  werden  kann.  So  könnte  man  auch  die 
Wurzeln  unlösbarer  Kongruenzen  als  neue  Zahlgröfsen  definieren,  und 
wirklich  ist  das  mitunter  geschehen;  doch  wird  sich  zeigen,  dafs  sich 
ihre  Einführung  ohne  jeden  Nachteil  vermeiden  läfst. 


§3. 

Nach  den  Auseinandersetzungen  des  vorigen  Paragraphen  können 
die  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul  der  Hauptsache  nach  wie 
Gleichungen  behandelt  werden.     Für  sie  gilt  auch  der  weitere  Satz: 

Sind  *•••£.   I  von  einander  verschiedene  Wurzeln  der  Kon- 
gruenz 

f(x)-:-0   (modp), 
so  ist  identisch 

f(x)  =  (x  -  5.)  (*  -£,)...  (x  -  tt)  ft  (x), 

d.  h.  f(x)  ist  modulo  p  betrachtet  durch  das  Produkt  der  k  zu- 
gehörigen Linearfaktoren  teilbar. 


102  Achte  Vorlesung. 

Wird  nämlich  zunächst  angenommen,  f(x)  enthalte  modulo  p  nur 
das  Produkt  der  h  ersten  von  den  k  Linearfaktoren,  so  besteht  also  die 
Kongruenz : 

ersetzt  man  in  ihr  x  durch  die  (h  -f-  l)to  Kongruenzwurzel  |A  ,  1 ,  so 
ergiebt  sich : 

W  =  («H-i  -  5>)  •  •  '  &+i  -  W  £  Ä+i)  =  °    (m0d  *> 

Da  nun  £A ,  l  gemäfs  der  Voraussetzung  von  |t,  •  •  •  £A  modulo  j) 
verschieden  ist  und  einer  der  Faktoren  des  obigen  Produktes  modulo  p 
verschwinden  mufs,  so  ist  notwendig 

d.  h.  fh  (x)  ist  durch  x  —  £A  .  x  oder  f{x)  selbst  ist  in  der  That  modulo  p 
durch  das  Produkt  [x  —  gj)  •••  (x  —  gA)  (x  —  ^.^  teilbar,  w.  z.  b.  w. 
Im  Zusammenhange  hiermit  können  wir  jetzt  einige  interessante 
Folgerungen  speziellerer  Natur  ableiten.  Nach  dem  aus  der  Einleitung 
bekannten  kleinen  Fermat'schen  Satze  ist  für  eine  beliebige  Primzahl  p 
die  Differenz  a?  —  x  für  jeden  ganzzahligen  Wert  von  x  durch  p  teil- 
bar.    Es  besitzt  demnach  die  Kongruenz 

xp  —  x  =  0    (modp) 

die  p  modulop  inkongruenten  Wurzeln  0,  1,  •••  p — 1,  also  genau  so 
viele,  wie  ihr  Grad  angiebt;  daher  mufs  die  Kongruenz  bestehen 

(3)  xp  —  x  =  x(x  —  1)  •  •  •  {x  —  p  +  1)   (mod p). 

Ferner  erkennen  wir  leicht,  dafs  es  für  den  Modul  p  keine  Kongruenz 
niedrigeren  Grades  geben  kann,  die  für  jedes  ganzzahlige  x  erfüllt  ist, 
denn  eine  solche  müfste  ja  auch  die  p  inkongruenten  Wurzeln 
0,  1,  2,  •  •  -  p  —  1  haben,  also  auch  mindestens  vom  p***  Grade  sein. 

Aus  (3)  ergiebt  sich  nun  durch  Vergleichung  des  Koefficienten 
von  x  auf  beiden  Seiten  das  bemerkenswerte  Resultat: 

1-2  •••  (p  —  1)=  —  1    (mod p) 

d.  i.  der  sogenannte  Wilsonsche  Satz: 

„Ist  p  eine  beliebige  Primzahl,  so  ist 

(p-l)!  +  l 

stets  durch  p  teilbar." 
Offenbar  kann  dieser  Satz  auch  umgekehrt  werden:  Ist  für  irgend 
eine  ganze  Zahl  m 

(4)  (m  —  1) !  +  1  =  0    (mod  m) 


§  S.    Der  Wilsonsche  Satz.  103 

so  mufs  m  notwendig  eine  Primzahl  sein.  Hätte  nämlich  m  einen 
eigentlichen  Divisor  m',  so  müfste  derselbe  in  der  linken  Seite  von  (4) 
enthalten  sein,  und  das  ist  unmöglich,  weil  er  schon  unter  den  Faktoren 
des  Produktes  (m—  1)!  vorkommt.  Es  ist  deshalb  die  in  dem  Wilson* 
sehen  Satze  formulierte  Eigenschaft  der  Primzahlen  für  sie  charak- 
teristisch.   So  ist  z.  B.  für  p  =  7 

1.2-3---6  +  1  —  721  =  0    (mod  7). 

Eine  zweite  direkte  Folgerung  unseres  Ausgangstheorems  lautet: 
Hat  eine  Primzahlkongruenz 

f(x)  =  0    (modp) 

genau  so  viele  inkongruente  Wurzeln,   wie  ihr  Grad   angiebt, 
und  ist 

f(x)  —  9(x)1>(z), 

so  besitzt  jeder  dieser  beiden  Faktoren  die  gleiche  Eigenschaft. 

Die  Summe  der  Grade  von  <p(x)  und  1>(x)  ist  nämlich  gleich  dem 
Grade  von  f(x)  und  jede  Kongruenzwurzel  von  f(x)  ist  entweder  eine 
solche  von  tp(x)  oder  von  il>(x).  Hätte  daher  die  Kongruenz  q>(x)  =  0 
weniger  Wurzeln,  als  ihr  Grad  angiebt,  so  würde  die  Anzahl  der 
Wurzeln  von  1>(x)  =  0  (modp)  gröfser  sein  als  der  Grad  von  ty(x), 
und  das  ist  nicht  möglich,  weil  der  Modul  eine  Primzahl  ißt. 

Da  z.  B.  in  der  Gleichung 

xp  —  x  =  x{xp~l  —  1) 

der  erste  Faktor  rechts  für  x  =  0  verschwindet,  so  kommen  auf  die 
Kongruenz  s 

xp~l  —  1  =  0    (modp) 

die  p  —  1   übrigen  inkongruenten  Wurzeln  1,  2,  •  •  •  p  —  1,  und  wir 
erhalten  so  den  kleinen  Fermatschen  Satz  in  der  ursprünglichen  Form: 
Ist  p  eine  beliebige  Primzahl,  und  a  eine  nicht  durch  p  teil- 
bare ganze  Zahl,  so  ist  stets: 

ap"1  =  1    (modp). 

Es  sei  nun  h  irgend  eine  p  nicht  enthaltende  ganze  Zahl;  bilden 
wir  dann  die  p  Produkte 

0,  A,  2Ä,  -  -  •  (p  —  1)  h, 

so  sind  dieselben,  abgesehen  von  ihrer  Reihenfolge,  den  Zahlen 

0,  1,  2,  ...p—1 

modulo  p  kongruent.  In  der  That  -bilden  die  Elemente  der  ersten 
Reihe  ebenso  wie  die  der  zweiten  ein  vollständiges  Restsystem  modulo  p} 


104  Achte  Vorlesung. 

da  nie  je  zwei  unter  ihnen  für  diesen  Modul  kongruent  sein  können. 
Wäre  nämlich  etwa  rh^Eish  (modp),  wo  r  und  s  irgend  zwei  ver- 
schiedene der  Zahlen  0,  1,  2,  •  •  •  p  —  1  bedeuten,  so  müfste  h(r —  s) 
durch  p  teilbar  sein,  was  offenbar  unmöglich  ist.  Da  sich  ferner  die 
beiden  Zahlen  0  in  jenen  beiden  Reihen  gegenseitig  entsprechen,  so 
folgt,  dafs  auch  die  beiden  Reihen 

1,  2,  •  •  •  p  —  1     und    ä,  2A,  •  •  •  (j>  —  1)  A, 

abgesehen  von  ihrer  Reihenfolge,  modulo  p  einander  kongruent  sind. 
Ganz  m  derselben  Weise  wird,  wie  beiläufig  hier  erwähnt  werden  mag, 
auch  der  Satz  bewiesen: 

„Ist  m  irgend  eine  zusammengesetzte  und  h  eine  beliebige  zu  m 

relativ  prime  Zahl,  so  bilden  die  Produkte 

0,  Ä,  2h,  •  •  •  (m  —  1)  Ä 

ebenfalls  ein  vollständiges  Restsystem  modulo  tn" 
Es  sei  nun  5(1,  2,  •  •  p  —  1)  irgend  eine  ganze  symmetrische 
Funktion  der  (p  —  1)  Zahlen  1,  2,  •  •  •  p  —  1,  etwa  die  Summe 
(1  +2  +  * '  •  +  (P  —  1)  )  ihrer  Quadrate,  dann  bleibt  sie  nach  dem 
soeben  bewiesenen  Satze  modulo  p  ungeändert,  wenn  man  allgemein  i 
durch  hi  ersetzt,  d.  h.  es  ist  stets: 

5(1,  2,  •  •  •  p  -  1)  =  S(h,  2Ä,  •  - .  (p  —  1)  A)    (modp). 

So  ist  also  z.  B.  für  jedes  ganzzahlige  h 

p-i  p-i 

xp-l—l  =  JJ(x  —  i)  =  JJ(x  —  hi)    (modp). 

Es  sei  jetzt  spezieller  8  eine  homogene  symmetrische  Funktion 
ihrer  Argumente  von  der  v**n  Dimension,  so  ist  nach  dem  Hauptsatze 
über  homogene  Funktionen: 

8  (1,  2,  •  •  •  p  —  1)  =  S(A,  2Ä,  •  • .  (p  —  1)  h)  =  h*S(lr-p  —  1)   (modp) 

oder 

(5)  (hv—  1)5(1,  2,  ...p  — 1)  =  0    (modp), 

wo  h  jede  beliebige  durch  p  nicht  teilbare  ganze  Zahl  bedeuten  kann. 
Ist  hierbei  zunächst  v  kein  Vielfaches  von  p  —  1,  so  läfst  sich  h  stets 
so  bestimmen,  dafs  h*  —  1  die  Primzahl  p  nicht  enthält.  Ist  nämlich 
v'  der  kleinste  Rest,  den  v  nach  der  Division  durch  p  —  1  lädst, 
ist  also 

V  =  (p  l)r  -\-  V\  l*'=l,2,  •••/>— 8) 

so  ist  nach  dem  Fermatschen  Satze 

h9  =  h{f"l}rh9'  =  h9'    (modp), 


§  3.     Anwendungen.  105 

und,  weil  nunmehr  v'<p — 1  ist,  kann  h  sicher  stets  so  gewählt 
werden,  dafs 

V  —  1 

durch  p   nicht   teilbar  wird;   denn  wir   haben  ja   gesehen,    dafs    eine 

Kongruenz 

*"'  —  1  =  0 

von  niedrigerem  als  dem  (p  —  l)*611  Grade  nicht  für  jede  der  Zahlen 
1,  2,  •  •  •  p  —  1  bestehen  kann.  Wird  also  h  demgemäfs  gewählt,  so 
ist  in  der  Kongruenz  (5)  der  erste  Faktor  links  durch  p  nicht  teilbar; 
folglich  mufs  es  der  zweite  sein,  und  es  ist  damit  der  Satz  bewiesen: 

„Jede  ganze  homogene  symmetrische  Funktion  der  Zahlen 
1,  2,  •  •  •  p  —  1,  deren  Dimension  kein  Vielfaches  von  p  —  1  ist, 
ist  immer  durch  p  teilbar." 

Speziell  ist 

2'*'-l,+  2'+-  +  (p-l)'  =  0   (modp), 

so  lange  v  durch  p  —  1  nicht  teilbar  ist;  ist  dagegen 

v  =  (p  —  l)v,     also     lf"l)9=l    (modp), 
so  wird 

^JcHp-l)  =  p— 1=  —  1    (modp). 

k 


Neunte  Vorlesung. 

Lineare  Kongruenzen.  Bedingung  für  ihre  Auflösbarkeit.  Anzahl  ihrer  Wurzeln.  — 
Auflösung  der  linearen  Kongruenzen;  erste  Methode:  Reduktion  auf  lineare 
Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  —  Die  Einheiten  modulo  p.  —  Beweis 
des  Wilsonschen  Satzes.  —  Zweite  Auflösungsmethode  mit  Hilfe  der  Theorie  der 

Kettenbrüche. 

§  i. 

Nachdem  wir  in  der  vorigen  Vorlesung  die  wichtigsten  Sätze  aus 
der  allgemeinen  Theorie  der  höheren  Kongruenzen  abgeleitet  haben, 
wollen  wir  jetzt  in  die  genauere  Untersuchung  der  Kongruenzen  des 
ersten  Grades  oder  der  sogenannten  linearen  Kongruenzen  ein- 
treten. 

Es  sei  uns  also  die  Kongruenz 

(1)  Ax  =  B   (modJf) 

vorgelegt,  wo  A,  B  und  M  völlig  beliebige  ganze  Zahlen  sind.     Wir 

beweisen  dann  zunächst  den  folgenden  Hauptsatz: 

„Die  Kongruenz 

Ax  =  B   (modJf) 

besitzt   dann   und   nur   dann   überhaupt  ganzzahlige  Lösungen, 
wenn  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  t  =  {A7  M)  von  A  und  M 
auch  in  B  enthalten  ist,   und  zwar  ist  alsdann  die  Anzahl  der 
modulo    M   inkongruenten   Lösungen    jener   Kongruenz    genau 
gleich  ta 
Ist  nämlich   t  =  (A,  M)   der  gröfste   gemeinsame   Teiler  von  A 
und  M>  so  mufs  die  obige  Kongruenz  a  fortiori  für  den  Modul  t  er- 
füllt und  daher  B  ebenso  wie  Ax  durch  t  teilbar  sein.     Ist  das  aber 
der  Fall  und  ist 

A  =  aty      B  =  bt,      M=mt} 

so  können  wir  in  (1)  durch  t  dividieren  und  somit  die  Lösungen  der 
vorgelegten  Kongruenz  auf  die  der  neuen 

(2)  ax  =  b    (mod  m) 

zurückfuhren,  wo  jetzt  a  und  m  relativ  prim  sind.  Eine  solche  Kon- 
gruenz besitzt  aber  modulo  m  stets  eine  und  nur  eine  Lösung.  Denn 
da  (a,  tri)  =  1  ist,  so  bilden  die  m  Produkte 


§  1.    Lineare  Kongruenzen.  107 

0,  a,  2a,  •  •  •  (m  —  1)  a 

modulo  m  betrachtet  ein  vollständiges  Restsystem,  stimmen  somit,  ab- 
gesehen von  ihrer  Reihenfolge,  mit  den  Zahlen  0,  1,  2,  ••■  m  —  1 
überein.  Die  Zahl  b  ist  demnach  einem  und  nur  einem  jener  m  Pro- 
dukte kongruent,  d.  h.  es  giebt  in  der  That  eine,  aber  auch  nur  eine 
Zahl  £,  für  welche: 

a£  =  b    (mod  m) 

ist  oder  die  Kongrnenz  (2)  besitzt  stets  eine  einzige  Lösung  £. 

Soll  jetzt  die  Zahl  x  die  Kongruenz  (1)  befriedigen,  so  ist  dazu 
hinreichend  und  notwendig,  dafs  sie  mit  £  modulo  m  übereinstimmt, 
also  von  der  Form 

x  =  S  +  km 

ist,  wo  k  irgend  eine  ganze  Zahl  bedeutet.  Unter  all  diesen  Zahlen  x 
giebt   es  jedoch   grade   nur   t  modulo   M  inkongruente,   nämlich   die 

Zahlen: 

6,  g  +  w,  g  +  2nt,  ...  £+(*— l)w, 

während  jede  weitere  Zahl  |  +  km  für  den  Modul  M  =  mt  einer  und 
nur  einer  der  vorangehenden  kongruent  wird.    Jener  erste  Satz  ist  also 
in  allen  seinen  Teilen  bewiesen. 
So  besitzt  z.  B.  die  Kongruenz 

27s  =  21    (mod  45) 

keine  ganzzahlige  Lösung,  weil  21  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler 
9  von  27  und  45  nicht  enthält.     Bei  der  Kongruenz 

27  s  =  21    (mod  15) 

ist  dagegen  jene  notwendige  Bedingung  erfüllt  und  wir  können  sie 
nach  den  übrigen  Auseinandersetzungen  auf  die  einfachere 

9a;  =  7    (mod  5) 
und  diese  weiter  auf 

x  =  3    (mod  5) 

reduzieren;  dann  finden  wir  für  x  die  drei  modulo  15  inkongruenten 
Werte  x  =  3,  8,  13. 

Theoretisch  hätten  wir  hiermit  die  Kongruenzen  ersten  Grades 
eigentlich  schon  erledigt:  wir  haben  es  nur  mit  solchen  unter  ihnen 
zu  thun,  in  denen  a  und  m  teilerfremd  sind,  und  bestimmen  deren 
einzige  Wurzel  jedesmal  auf  dem  Wege  des  Probierens,  indem  wir  für 
x  der  Reihe  nach  0,  1,  2,  •  •  •  m  —  1  einsetzen  und  nachsehen,  welche 
der  Zahlen  ax  modulo  m  den  Rest  b  läfst.  Doch  führt  ein  so  wenig 
durchgebildetes  Verfahren,  wie  man  sich  leicht  überzeugt,  zu  bedeutenden 
praktischen  Schwierigkeiten,  sobald  es  sich  um  gröfsere  Moduln  handelt. 
Man  hätte  z.  B.  bei  der  Kongruenz 


108  Neunte  Vorlesung. 

167x  — 117    (mod216) 
die  215  Produkte 

167,    2  .  167,    3  •  167,  . .  -  215  .  167 

modulo  216  zu  prüfen. 

Wir  wollen  deshalb  in  den  nächsten  Abschnitten  einige  Reduktions- 
methoden darlegen,  durch  welche  diese  Aufgabe  praktisch  sehr  be- 
trachtlich vereinfacht  wird,  und  die  aufserdem  ein  grofses  wissen- 
schaftliches Interesse  besitzen. 

§2. 

Das  erste  nächstliegende  Hilfsmittel  für  die  Vereinfachung  einer 
gegebenen  Kongruenz,  deren  Modul  eine  gröfsere  Zahl  ist,  ist  die  De 
komposition   des   Moduls.     Ist   uns   nämlich    wieder    eine   Kongruenz 
gegeben: 

(1)  axF=b    (modro), 

in  welcher  wir  jetzt  a  zu  m  relativ  prim  annehmen  können,  so  denken 
wir  uns  den  Modul  w  irgendwie  in  ein  Produkt 

m  =  mx  •  •  •  mh 

zerlegt,  von  dessen  Faktoren  jeder  zu  jedem  andern  relativ  prim  ist. 
Dann  kann  die  Lösung  x,  wie  nunmehr  gezeigt  werden  soll,  aus  den- 
jenigen der  h  andern  Kongruenzen 

(2)  axk  ~  b    (mod  mk)  (*=i,  a,  •  •  •  *) 

linear  zusammengesetzt  werden,  die  sich  von  (1)  nur  durch  den  Modul 
unterscheiden  und  welche,  da  a  zu  jedem  mk  teilerfremd  ist,  auch 
immer  eine  und  nur  eine  Wurzel  xk  haben.  Bezeichnen  nämlich 
plf  ■  •  •  (ih  die  A   zu  mv  •  •  •  mh    komplementären   Divisoren   von   w, 

so  dass 

„         tu 

f*  =  —  (*=i,  •••*) 

oder 

Pimi  =  *>*mt  =    • '  =  f*A™A  =  m 

ist,  dann  ist  die  ganze  Zahl  p,k  zu  mk  relativ  prim,  aber  durch  jedes 
andere  m.  teilbar.  Sind  endlich  yv  •  •  •  yh  beziehlich  die  wiederum 
eindeutig  bestimmbaren  Lösungen  von 

(3)  f**^^1    (modm^), 

so  ist  leicht  einzusehen,  dafs  die  Wurzel  der  ursprünglichen  Kongruenz 
in  dem  Ausdrucke 

*  =  Wi  +  f  8y2*2  H 1-  HVkxh    (mod  w) 


§  2.    Auflösung  der  linearen  Kongruenzen.  109 

enthalten  ist.     In  der  That  ist  für  diese  Zahl  nach  (2)  und  (3) 

weil    alle    übrigen    Eoefficienten    (i.    den    Modul    mk    enthalten    und 

pkyk~  1   (mod  mk)    ist;    daher    genügt    die    so    bestimmte   Zahl   der 

Kongruenz 

ax  =  b 

für  jeden  der  A  unter  einander  teilerfremden  Moduln  mlf  •    •  mÄ,  also 
auch    für    ihr    kleinstes    gemeinsames    Vielfaches,    d.  h.   ihr   Produkt 

m\  ' '  '  mh  =  m  a^  Modul. 

Damit  ist  jetzt  die  Auflösung  von  (1)  auf  die  der  Kongruenzen 
(2)  und  (3)  zurückgeführt,  deren  Moduln  Teiler  von  m  sind. 

Es  sei  nun 

die  Zerlegung  von  m  in  seine  von  einander  verschiedenen  Primzahl- 
potenzen; wählen  wir  dann  für  die  Zahlen  mlf  •  •  •  mh  jene  Primzahl- 
potenzen  von  m,  so  können  wir  uns  von  jetzt  an  auf  die  Auflösung 
der  Kongruenzen 
(4)  ax  =  b    (mod  pr) 

beschränken,  in  denen  pr  eine  beliebige  Primzahlpotenz,  und  a  durch  p 
nicht  teilbar  ist. 

So  kann  z.  B.  die  am  Ende  des  vorigen  Abschnittes  betrachtete 
Kongruenz  für  den  Modul  216  =  2-3    durch  die  beiden  andern: 

167^^117    (mod  8) 

167*,  =  117    (mod  27) 

ersetzt  werden,  welche  sich  auf  die  folgenden 

lxt  =  b    (mod  8),        öx%  =  9    (mod  27) 

reduzieren  und  die  Lösungen 

xx  =  3,        x%  =  18 

haben.     Bestimmt  man  dann  noch  yv  und  y%  aus  den  Kongruenzen: 

27yt=l    (mod  8),        8y,  =  l    (mod  27), 

aus  denen  sich  yx  =  3,  y%  =  17  ergiebig  so  erhält  man  die  Lösung  der 
ursprünglichen  Kongruenz  in  der  Form: 

x  r_f  27  .  3  •  3  +  8  •  17  -  18  =  2691  =  99    (mod  216) 

und  in  der  That  ist: 

167  .  99  =  16533  ==■  117    (mod  216). 

Die  Aufgabe,  eine  lineare  Kongruenz  für  eine  beliebige  Potenz 
von  p  zu  lösen,  läfst  sich  endlich  auf  die  noch  einfachere  reduzieren, 


110  Neunte  Vorlesung. 

bei  der  der  Modul  eine  Primzahl,  also  r  gleich  1  ist.  Um  dies  zu 
zeigen,  denken  wir  uns  die  Lösung  £,  welche  jene  Kongruenz  notwendig 
besitzt,  in  dem  jp-adischen  Zahlensysteme,  d.  h.  in  der  Form 

(5)  *  -  8.  +  M»  +  «il»'  +  •  •  ■  +  K-iP"1 

geschrieben,  wo  J^,  ■  •  •  5r—1  noch  zu  bestimmende  Zahlen  der  Reihe 
0,  1,  •  •  •  p  —  1  bedeuten. 

Betrachten  wir  nun  die  Kongruenz  (4)  zunächst  für  den  Modul  p 
und  beachten,  dafs  für  ihn  £  ==  5q  ^>  80  erhalten  wir  zunächst  zur 
Bestimmung  von  £0  die  Kongruenz 

a$0  =  6    (mod|>), 

deren  Modul  die  Primzahl  p  selbst  ist. 

Haben  wir  aus  ihr  |0  gefunden,  so  betrachten  wir  die  Kongruenz 
(4)  modulo  p*  und  bekommen  so  die  folgende  Kongruenz  zur  Be- 
stimmung von  lv : 

a%  +  ^p)  =  b    (modp*) 

oder,  da  b  —  a£0  durch  p  teilbar  ist, 

deren  Modul  wieder  gleich  p  ist.  Wird  dieses  Verfahren  fortgesetzt, 
so  ergeben  sich  nacheinander  für  |2,  £s,  •  •  •  %>r__x  die  ganzzahligen 
Kongruenzen: 

ak  =  *-*&  +  iJL±M    (modp) 


*6r_i  = J=i (modp), 

also  lauter  Kongruenzen  für  den  einfachen  Primzahlmodul  p.  Die 
Substitution  der  so  gefundenen  Werte  von  £0,  •  •  •  grl  in  (5)  liefert 
dann  die  gesuchte  Wurzel  der  Kongruenz  (4). 

Bei  der  Auflösung  der  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul 

(6)  ax  =  b    (mod  p) , 

auf  die  wir  jetzt  die  Auflösung  der  allgemeinsten  linearen  Kongruenz 
reduziert  haben,  können  wir  jetzt  zwei  Fälle  unterscheiden.  Ist  näm- 
lich b  durch  p  teilbar,  so  mufs  es  auch  x  sein,  weil  o  und  p  teiler- 
fremd sind,  d.  h.  die  gesuchte  Lösung  ist  x  =  0;  ist  dagegen  b  kein 
Multiplum  von  p,  so  gilt  offenbar  dasselbe  von  x. 


§  2.    Die  Einheiten  modulo  p.  111 

In  diesem  Falle  kann  man  nun  die  Kongruenz  (6)  för  ein  ganz 
beliebiges  b  unmittelbar  auf  die  einfachere  Kongruenz 

(7)  aa  =  1    (mod  p) 

reduzieren;  denn  hat  man  diese  aufgelöst,  also  a    bestimmt,  so  folgt 

ja  unmittelbar 

x  =  ha'    (mod  p)} 

wie  sofort  zu  ersehen  ist,  wenn  die  vorhergehende  Kongruenz  (7)  mit 
b  multipliziert  wird.  Da  natürlich  nur  der  letztere  der  gedachten 
beiden  Fälle  allein  in  Frage  kommt,  so  sind  wir  somit  schliefslich  zu 
dem  Ergebnisse  gelangt,  dafs  die  allgemeinsten  linearen  Kongruenzen 
für  zusammengesetzte  Moduln  immer  auf  die  Auflösung  einer  Anzahl 
Kongruenzen  der  Form  (7)  zurückgeführt  werden  können. 

Die  Zahl  a  hat  die  Eigenschaft,  a  modulo  p  zur  Einheit  zu  er- 
gänzen; für  p  als  Modul  ist  daher  jede  durch  p  nicht  teilbare  Zahl 
ein  Teiler  der  1,  oder,  wenn  man  einen  solchen  selbst  eine  Einheit 
nennt,  so  kann  jede  Zahl  a  oder  a  modulo  p  als  eine  Einheit  angesehen 
werden,  a  und  a  dürfen  wir  hiernach  modulo  p  als  komplemen- 
täre Divisoren  der  1  oder  als  komplementäre  Einheiten  schlecht- 
weg  bezeichnen. 

Zu  jeder  Einheit  a  gehört  somit  eine  und  auch  nur  eine  komple- 
mentäre Einheit  a',  welche  im  allgemeinen  modulo;)  von  a  verschieden 
ist.    In  der  That,  soll  a'  =  a  (modp)  sein,  so  mufs: 

aa'  =  a*=l    (modjp) 

sein,  es  mufs  also  a  eine  der  beiden  Wurzeln  der  Kongruenz  zweiten 

Grades: 

**— l=(s-  l)(s+l)=l    (modp) 

sein,  d.  h.  die  komplementäre  Einheit  zu'  a  ist  dann  und  nur  dann 
kongruent  a,  wenn  a  =  +  1  ist.  In  der  Reihe  1,  2,  •  •  •  p  —  1  aller 
modulo  p  inkongruenter  Einheiten  sind  also  immer  je  zwei  von  einander 
verschiedene  a  und  a  komplementär,  mit  einziger  Ausnahme  der  beiden 
Einheiten  1  und  p  —  1,  von  denen  jede  zu  sich  selbst  komplementär  ist. 

Für  die  Primzahlen  als  Moduln  zerfallen  also  alle  Zahlen  gewisser- 
mafsen  in  zwei  Klassen;  die  eine  umfafst  alle  Vielfachen  von  p,  die 
andere  alle  Einheiten,  d.  h.  alle  zu  p  relativ  primen  Zahlen,  von  denen 
immer  je  zwei  komplementär  sind. 

Die  Frage  nach  den  komplementären  Divisoren  der  Einheit,  auf 
die  wir  oben  die  allgemeinste  Kongruenz  ersten  Grades  reduziert  haben, 
findet  eine  interessante  Anwendung  bei  einem  zweiten  Beweise  des 
Wilsonschen  Satzes. 


114  Neunte  Vorlesung. 

welche  sich  von  der  Kongruenz  (1)  in  der  That  nur  dadurch  unter- 
scheidet, dafs  an  der  Stelle  von  m  und  m1  beziehlich  die  dem  abso- 
luten Betrage  nach  kleineren  Zahlen  m1  und  Wj  getreten  sind. 

In  derselben  Weise  kann  man  fortfahren  und  gelangt  so,  indem 
genau  wie  vorher 

mx  =  52tWg  —  ws,        xx  =  s^xa  —  x^ 

gesetzt  wird,  zu  der  weiter  vereinfachten  Kongruenz 

Ws  a^  =  r    (mod  m%) 

u.  s.  f.  Da  die  so  definierten  ganzen  Zahlen  m,  m1}  m^,  -  -  -  ihrem  ab- 
soluten Werte  nach  immer  abnehmen,  so  mufs  schließlich  einer  der 
erhaltenen  Reste  mv+i  gleich  0  werden,  und  es  ergiebt  sich  für  die 
Zahlen  mt  das  Gleichungssystem: 

m  =  $!#&!  —  m^ 

7Wr— 2  ==s  Sy__iWr_  1  —  M>r 

wy_i  =  svfny . 

Aus  diesen  Gleichungen  folgt,  dafs  m,_i,  wv_2,  •  •  •  Wi,  m  der  Reihe 
nach  sämtlich  durch  mv  teilbar  sind;  da  aber  die  beiden  letzten  Zahlen 
dieser  Reihe,  ml  und  m  relativ  prim  sind,  so  mufs  ihr  gemeinsamer 
Teiler  mv  notwendig  gleich  +  1  sein.  Hiernach  lautet  die  vte  der  aus 
(1)  abgeleiteten  Kongruenzen  einfach 

w^r-i  =  +  Xv—i  =  r    (mod  m,_i) 
und  die  entsprechende  Gleichung 
(5)  +  xp-i  =  r  +  m^-xXy. 

Beide  sind  unmittelbar  aufzulösen,  da  der  Koeffizient  der  Unbekannten 
auf  +  1  reduziert  ist;  man  nimmt  für  #y_i  irgend  eine  Zahl,  die 
kongruent  -f-  r  bezw.  —  r  ist,  und  bestimmt  dazu  aus  der  rechten 
Seite  von  (5)  den  zugehörigen  Wert  von  xv.  Sind  so  xv  und  #r_i, 
sowie  die  Zahlen  St  bekannt,  so  werden  die  übrigen  Gröfsen  #*_*, 
#r_ 3,  •  •  •  xl9  x  durch  die  Auflösung  der  Gleichungen 


(6) 


Xv— i  =  Sr_i 

Xf 

-1  —  x* 

Xy — 3   ^=   Sy —  S 

Xy 

— a  —  a?»-i 

#1  =s=  Si%2 



*3 

X  *— -  S<  X\ 



Xa 

§  3.   Theorie  der  Kettenbrüche.  115 

geliefert;  die  mit  den  Gleichungen  (4)  völlig  analog  gebildet  sind. 
Damit  haben  wir  auch  auf  diesem  Wege  die  Gewifsheit  erlangt,  dafs 
für  unsere  Kongruenz  (1)  eine  Wurzel  sicher  existiert,  und  haben  zu- 
gleich eine  leichte  Methode  zu  ihrer  Ermittelung  in  der  successiven 
Auflösung  des  Gleichungssystemes  (6)  dargelegt. 

Sehr  viel  kürzer  aber  ist  das  Verfahren,  das  uns  die  folgenden 
Betrachtungen  liefern  werden:  Die  vorhin  benutzten,  durch  fortgesetzte 
Division  entstandenen  Gleichungen  (4) 

(7)  m,_j  =  s.m.  —  w.+1  P-i.1,-'), 

die  zur  Berechnung  der  Zahlen  m,  n^,  mi}  •  •  •  und  sX}  s^9  *  •  •  dienten, 

sind   genau   dieselben,   welche   zur  Umwandlung   des   Bruches   —   in 

einen  Kettenbruch  führen;  die  Zahlen  sl9  Sj,  •  •  •  sind  nichts  anderes, 
als  die  bei  jener  Operation  auftretenden  Nenner  des  Kettenbruches. 
Dividiert  man  nämlich  jede  der  obigen  Gleichungen  (7)  allgemein 
durch  m.y  so  können  sie  in  der  folgenden  Form  geschrieben  werden: 


m. 

> 

=  s.  — 
* 

i 

m.    ' 

t 

mi+i 

und  hieraus  bekommt  man  ohne  weiteres  für  —  die  Darstellung: 

ml        1 


m 


*i  — 


h  — 


h  — 


s, 

Bezeichnet  man  jetzt  die  einzelnen  Näherungswerte  dieses  Ketten- 
bruches mit 


setzt  man  also 


Ms 


M 

1      Ma       1 

s» 

V    Nt  ~ 

1 

hS,  —  1 

iVj  1  5j  S2  S3        5j         $3 


Sl  — 


s. 

2        *s 


8* 


116  Nennte  Vorlesung. 

u.  b.  f.,  so  geht  jedesmal   v  "*"     dadurch  aus  dem  Bruche  -^-  hervor, 

dafs  man  in  letzterem  s.  durch   s, ersetzt   und  dann  Zähler 

und  Nenner  mit  s..1   multipliziert.     Andrerseits   ist   nach   den   eben 
angefahrten  Darstellungen  der  ersten  Näherungsbrüche 

M9  =  M^  —  Mu    Nz  =  N%sz  —  Nl} 

und  im  Anschlufs  daran  ist  durch  den  Schlufs  von  n  auf  n  +  1  leicht 
zu  zeigen,  dafs  überhaupt  für  jedes  Je  ^  3  die  Gleichungen  bestehen 

(8)  Jf.-Jf^-Jf^,,    Nk  =  Nk^sk-Nk_t. 

Denn  nimmt  man  an,  dieselben  seien  für  den  Index  Je  erfüllt,  so  erhält 

man.  wenn  man  s,  durch  s, ersetzt  und  beide  Seiten  mit  St+i 

8k+i 

multipliziert, 


i 


i 


und  das  Entsprechende  für  Nk.x\  q.  e.  d. 

Mk  Mk j 

Sind  ferner  -v.-  und  -^ irgend  zwei  aufeinander  folgende  Nähe- 

rungswerte  des  Kettenbruches,  so  gilt  für  sie  stets  die  Gleichung 

(9)  Jf.y^-jr.jf^-i, 

wie  ebenfalls  durch  Schlufs  von  h  auf  h  -\-  1  direkt  zu  ersehen  ist, 
wenn  man  in 

für  Jf4 .  j  und  Nk.t  die  vorher  gefundenen  Ausdrücke  substituiert  und 

beachtet,  dafs  jene  Gleichung  für  k  =  2  in  der  That  richtig  ist  Gleich- 
zeitig folgt  hieraus,  dafs  Zähler  und  Nenner  eines  Näherungsbruches 

v    relativ  prim,  dafs  also  alle  jene  Brüche  reduziert  sind,  denn  jeder 

gemeinsame  Teiler  von  Mk  und  Nk  müfste  ja  nach  (9)  auch  in  Eins 
enthalten  sein. 

Nun  ist  der  letzte  Näherungsbruch  -^  gleich  — ^  selbst,  und  da 

beide  Brüche  reduziert  sind,  so  mufs  Jfr  — +  mi7  ^,  =  +  *»  se^ 
wo  das  Vorzeichen  beide  Male  das  gleiche  ist;  die  letztbewiesene 
Gleichung  geht  daher  für  k  =  v  in 


i 


i 


i 


l 


i 


§8.   Theorie  der  Kettenbrüche.  117 

über,  oder  als  Kongruenz  betrachtet  in 

mi(i^_i)  — 1    (»od»). 
„Ist  also  Nv_x  der  Nenner  des  vorletzten  Näherungsbruches,  der 
.  sich  bei  der  Entwicklung  von  — -  in  einen  Kettenbruch  heraus- 
stellt, so  ist  \  =  +  -^»—1  ^e  Wurzel  der  Kongruenz 

«^£=1    (modw)." 
Hieraus  folgt  weiter,  dafe 

x=  +  r-  Nv_t    (mod  m) 

die  Lösung  unserer  ursprünglichen  Kongruenz 

04  a:  =  r    (mod  m) 

ist.  Das  Resultat  unserer  Untersuchung  wollen  wir  in  dem  folgenden 
Satze  aussprechen: 

Um  die  Kongruenz: 

mtx  =  r    (mod  m) 

aufzulösen,  verwandle  man  den  Quotienten  —  in  einen  Ketten- 
bruch und  bestimme  seine  Näherungsbrüche.  Ist  dann  N'9_1  der 
Nenner  des  vorletzten  Näherungsbruches,  so  ist 

as^  +  riV^j    (mod  m) 
die  gesuchte  Lösung. 

§4. 

Zum  Abschlüsse  dieser  kurzen  Bemerkungen  über  die  Verwendung 
der  Theorie  der  Kettenbrüche  für  die  Auflösung  der  linearen  Kon- 
gruenzen bemerken  wir  noch,  dafs  durch  die  Reihe  der  zu  dieser  Auflösung 
benutzten  Gleichungen 

m  =  w^  —  Mg 

• 

sehr  verschiedene  Reduktionen  der  vorgelegten  Kongruenz  erhalten 
werden  können,  je  nachdem  man  die  Zahlen  iWj,  m^  •  •  •  immer  als  die 
kleinsten  positiven  oder  als  die  kleinsten  negativen  Reste  bestimmt, 
die  sich  bei  der  successiven  Division  von  m  durch  ntl)  von  mx  durch 
tu,  u.  s.  f.  ergeben,  oder  endlich  ob  man  sie  nach  Belieben  bald  positiv 
bald  negativ  wählt.    Im  ersten  Falle  sind  s1}  s%}  •  •  •  die  jedesmal  um  1 


118  Neunte  Vorlesung. 

vermehrten   gröfsten   ganzen   Zahlen,    die   in    den    positiven   Brüchen 
—  ,—••••  enthalten  sind :   sie  sind  also  selbst  alle  positiv  und  wir 

gewinnen  für  —  den  Kettenbruch 


m 


m 


«i  — 


52  — 


«3  — 


5      ' 
r 


in  welchem  alle  Nenner  Si,  %,  -  -  -  sr  positive  ganze  Zahlen  sind. 

Nimmt  man  dagegen  stets  die  negativen  kleinsten  Beste  für 
iMa,  w8,  •  •  •  und  bezeichnet  die  absoluten  Beträge  der  Zahlen  m,  n^,  •  •  • 
bezw.  mit  (i}  y^}  fig,  fa,  •  •  •  so  hat  man  die  neue  Kette  von  Gleichungen 

wo  nun  die  positiven  Zahlen  6U  62}  •  •  •  selbst  die  gröfsten  ganzen 
Zahlen  sind,  welche  in  den  Brüchen  —,—,-••  enthalten  sind  und  zu- 
gleich  die  Teilnenner  des  Kettenbruches 


mx        (it        l 

m         u                 1 

-H 

bedeuten. 

Will  man  eine  gegebene  Kongruenz  möglichst  schnell  auflösen,  so 
mufs  für  die  Zahlen  m2,  Wj,  mAy  •  •  ■  allemal  der  absolut  kleinste  der 
beiden  Beste  gewählt  werden;  denn  dann  nehmen  die  Glieder  der 
Reihe  m,  m1}  m^,  •  •  •  am  raschesten  ab  und  die  Kette  der  zur  Bestim- 
mung von  x  führenden  Gleichungen  ist  die  kürzeste. 

Als  konkretes  Beispiel  für  unsere  Darlegungen  behandeln  wir  statt 
der  vorhin  untersuchten  Kongruenz 

221*^111    (mod360) 

die  einfachere 

221see1    (mod360), 

aus   deren  Lösung  ja  die   der  vorigen   unmittelbar  gefunden   werden 


§  4.   Vereinfachung  der  zweiten  Auflösungsmethode.  H9 

kann.    Wählt  man   für  die  Zahlen  Wj,  Wj,  •••  jedesmal  die  absolut 
kleinsten  Reste,  so  wird  hier  das  Gleichungssystem  das  folgende: 

360  =  2  .  221  —  82 
221  =  3  •  82  —  25 

82  =  3-25  —  (—7) 

25  =  (— 4)(— 7)  — 3 
_7  =  (— 2)3  — 1 
3  =  3    1, 

221 

und  für  --^r  lautet  danach  der  Kettenbruch 

221        1 


360  _  1 


3-1 


-4-1 


_2-l. 
3 


Mit  Hilfe  der  zuvor  bewiesenen  Gleichungen 

Mk+i  —  Mk*k+i  —  Mk-i 
Nk+i  =  Nkst+i-  Nk-i 

werden  dann  ohne  Mühe  die  nachstehenden  Näherungsbrüche  berechnet: 

.L    iL    iL     ~~86      62     221 

2  >    ~b>    13>   —  67*    101»    36Ö> 

und  101  ist  als  Nenner  des  vorletzten  derselben  die  Wurzel  unserer 
Kongruenz;  es  ist  in  der  That 

221'101;=1    (mod  360). 

Als  Lösung  der  ursprünglichen  Kongruenz 

221s=lll    (mod360) 
erhalten  wir  dann  weiter 

x  =  101  -  111  i£E  51    (mod  360). 

Weit  langer  wird  jener  Kettenbruch  und  weit  umständlicher  die 
Berechnung  der  Kongruenzwurzeln ,  wenn  man  für  m,,  Mg,-*-  ent- 
weder die  kleinsten  positiven  oder  die  kleinsten  negativen  Reste  fest- 
hält, wie  das  Beispiel 

29  s=l    (mod  37) 


120  Nennte  Vorlesung. 

lehren  wird.    Wählen  wir  für  m2,  m^9  •  •  •  immer  die  negativen  Reste, 
so  erhalten  wir  den  Kettenbrach 

29        1 


37        2-1 


2-1 


8-1 


3-1 
6       2> 


und  dazu  die  Näherungsbrüche 


L   —   JL    -L    —   ??. 

2  »     3  >    4  '     9  '    23  >    87 ' 


wählen  wir  dagegen,  wie  bei  dem  vorigen  Beispiele  für  die  Zahlen  tn. 

29 
37 


stets  die  absolut  kleinsten  Reste,  so  ergiebt  sich  die  Darstellung  von 


29 


37  _  1 


—  3' 
bei  der  die  Näherungswerte 

L     ni     H     —29 
1  ;    —6'    14>   —87 

sind. 


Zehnte  Vorlesung. 

Anwendung  der  Theorie  der  linearen  Kongruenzen.   —  Die  Einheiten  und  die 
Teiler  der  Null  für  einen  zusammengesetzten  Modul  ro.  —  Die  Anzahl'  <p(m)  der 
Einheiten  modulo  m.  —  Die  Verallgemeinerung  des  Fermatschen  Satzes.  —  Be- 
stimmung der  Zahl  9(1»).    Die  Verallgemeinerung  des  Wilsonschen  Satzes. 

§i- 

In  der  vorigen  Vorlesung  hatten  wir  alle  ganzen  Zahlen  für  eine 
Primzahl  p  als  Modul  in  zwei  Klassen  eingeteilt,  nämlich  in  die,  welche 
zu  p  relativ  prim  und  die,  welche  durch  p  teilbar  sind.  Jede  Zahl  r 
der  ersten  Klasse,  hatten  wir  weiter  gesehen,  konnte  modulo  p  als  ein 
Teuer  der  1  oder  als  Einheit  angesehen  werden,  weil  sich  stets  eine 
komplementäre  Zahl  r'  so  bestimmen  liefs,  dais  die  Kongruenz 

rr  =  1    (mod  p) 

erfüllt  war.  Diese  Einteilung  wollen  wir  jetzt  auf  die  Ordnung  der 
Zahlen  für  einen  zusammengesetzten  Modul  m  ausdehnen.  Betrachten 
wir  irgend  ein  vollständiges  Restsystem  modulo  m,  also  etwa  die 
Zahlen  0,  1,  •  •  •  m  —  1,  so  zerfallen  dieselben,  offenbar  ganz  analog 
wie  vorher  für  die  Primzahl  j>,  in  solche,  die  zu  m  teilerfremd  sind, 
und  solche,  die  mit  m  irgend  einen  Divisor  gemeinsam  haben.  Be- 
zeichnet man  die  ersteren  in  irgend  einer  Reihenfolge  durch 


die  letzteren  durch 


ri>  r%>  '"  V 


si>  s*>  •••  sv> 


so  sind  die  Zahlen  r  wiederum  dadurch  charakterisiert,  dafs  sie 
modulo  m  Teiler  der  1  oder  Einheiten  genannt  werden  dürfen;  denn 
ist  r  zu  m  relativ  prim,  so  giebt  es,  wie  im  vorigen  Abschnitte  dar- 
gelegt wurde,  stets  eine  einzige  Zahl  r'y  die  der  Kongruenz 

rr  =  1    (mod  m) 

genügt,  und  da  r  zu  m  teilerfremd  ist,  so  gilt  dasselbe  von  r',  d.  h.  der 
komplementäre  Divisor  r   gehört  ebenfalls  der  Reihe  rl9  r2,  •  •  •  r    an. 


122  Zehnte  Vorlesung. 

Dem  gegenüber  kann  man  die  Zahlen  s  in  gewissem  Sinne  als 
Teiler  der  Null  bezeichnen.  Denn  zu  jeder  Zahl  $  existiert  immer 
eine  andere  von  der  Beschaffenheit,  dass 

ss'  zi  0    (mod  w) 

ist;  man  braucht  ja  nur,  wenn  s  einen  Teiler  §i  von  m  enthält,  für  s' 
irgend  eine  Zahl  der  zweiten  Reihe  zu  wählen,  welche  durch  den 
komplementären  Teiler  p'  teilbar  ist. 

Für  eine  Primzahl  p  sind  von  den  Zahlen  0,  1,  •  •  •  p  —  1  die 
p  —  1  letzten  1,  •  •  ■  p  —  1  Divisoren  der  1,  während  nur  die  Zahl  0 
selbst  in  die  zweite  Klasse  zu  rechnen  ist.     Hier  ist  demnach 

ft  =  p  —  1;     v  =  1. 

Ist  weiter  m  eine  beliebige  Primzahlpotenz  pfi,  so  sind  von  den  pt  Zahlen 
der  Reihe  0, 1,  •  •  •  pfi  —  1  genau  der  p*  Teil,  nämlich  die  jp*— *  Zahlen 

0,  p,  2p,-.  Cl»*-1  -  l)l>, 

die  Teiler  der  Null,  nämlich  diejenigen,  welche  mit  j>*  einen  gemein- 
samen Teiler  besitzen;  alle  anderen  sind  zu  pk  relativ  prim,  d.  L  sie 
können  als  Einheiten  modulo  p*  charakterisiert  werden.  In  diesem 
Falle  ist  also 

p  «  p*  -  p*-i «.  p>-i  (p  _  i) 

die  Anzahl  der  inkongruenten  Einheiten  modulo  p. 

Ist  r  irgend  eine  zu  m  teilerfremde  Zahl,  und  multipliziert  man 

die  Elemente   eines  vollständigen  Restsystemes   modulo  m,   etwa   die 

Zahlen 

0, 1,  •  •  •  m  —  1 , 

mit  r,  so  bilden,  wie  auf  S.  104  dargelegt  wurde,  diese  Produkte  wieder 
ein  vollständiges  Restsystem  modulo  m;  ist  daher  S(aQ9  •  -  •  «m—1)  irgend 

eine  ganze,  ganzzahlige,  symmetrische  Function  ihrer  Argumente,  so  ist 
5(0, 1,  2,  •  •  •  m  —  1)  =  S(0,  r,  2r,   •  •  (m  —  l)r)    (mod  w). 

Diese  Eigenschaft  der  Reihe  0, 1,  •  •  •  m  —  1,  sich  durch  Multiplikation 
mit  einer  zu  m  relativ  primen  Zahl  modulo  m  zu  reproduzieren,  kommt 
nun  genau  ebenso  dem  Systeme  der  p  modulo  m  inkongruenten  Ein- 
heiten 

(1)  ri>T2>    "r, 

zu.  Denn  ist  (r,  m)  =  1,  so  gilt  dasselbe  auch  für  jedes  der  p  Pro- 
dukte 

(2)  rrl9  -.-rr^ 


§  1.   Die  Einheiten  modulo  m.  123 

and  je   zwei    der   letzteren    sind    modulo   m    inkongruent,   weil   eine 

Kongruenz 

rri  =  rrk    (mod  m) 

nur  bestellen  kann,  wenn  r.  ==  rk  (mod  m)9  also  r.  =  rk  ist.  Damit 
gut  ferner  auch  die  Kongruenz 

s(ri>  ' '  •  %)  ze  8(rrl9  •  •  •  rr^)    (mod  w), 

wo  S,  wie  oben,  irgend  eine  symmetrische  Funktion  ihrer  Argumente 
bedeutet. 

Wählen  wir  für  S  speziell  die  symmetrische  Function 

YJ(x  —  rk)  =  (x  —  rx)  •  •  •  (*  — r  ), 
so  ergiebt  sich  für  jeden  Wert  von  x  die  Kongruenz 

folglich  für  x  —  0 

Da  m  mit  /  /  ^   keinen   gemeinsamen  Teiler   besitzt,   so   kann   dies 

Ergebnis  als  Verallgemeinerung  des  Fermatschen  Satzes  für  zusammen- 
gesetzte Moduln  folgendermafsen  ausgesprochen  werden: 

„Ist  m  eine  beliebige  ganze  Zahl,  so  genügt  jede  zu  m  teuer* 
fremde  Zahl  r  der  Kongruenz 

r^^l    (modm), 

wo  fi  die  Anzahl  aller  inkongruenten,  zu  m  teilerfremden  Zahlen 
bedeutet." 

Nach  dem  Vorgänge  von  Gaufs  wollen  wir  p,  die  Anzahl  aller 
modulo  m  inkongruenten  Einheiten,  mit  <p(w)  bezeichnen.  Für  eine 
Primzahlpotenz  jp  ist,  wie  schon  oben  dargethan  wurde, 

9,(y)  =  _p»-i(l,_1). 

jede  durch  p  nicht  teilbare  Zahl  genügt  demnach  der  Kongruenz: 

r**-1**-*)  ==  1    (mod^); 

für  Ä  =  1  kommen  wir  speziell  auf  den  Fermatschen  Satz  und  die 
Kongruenz 

(3)  rp_1  =  l    (modp) 

zurück. 


124  Zehnte  Vorlesung. 

Aus  dem  Umstände,  dafe  die  p  —  1  Einheiten  modulo  p  sämtlich. 
Wurzeln  der  Kongruenz  des  (p  —  l)*811  Grades 

xvip)—l^xp"l  —  l=0    (modp) 

sind,  hatten  wir,  da  der  Modul  eine  Primzahl  ist,  den  Schlufs  gezogen, 
dafs  für  ein  variables  x  die  Kongruenz: 

« 

x*-1  —  l=Yl(x  —  h)    (modp) 

besteht,  und  hatten  hieraus  z.  B.  die  Folgerung 

—  1  ez  1  •  2  •  •  •  (p  —  1)    (mod  p) 

abgeleitet.     In  gleicher  Weise  hat  sich  jetzt  für  einen  beliebigen  zu- 
sammengesetzten Modul  m  ergeben,  dafs  auch  die  Kongruenz: 

Ä»w— 1  =  0    (modm) 

ebenfalls  genau  ebenso  viele  Wurzeln  besitzt,  als  ihr  Grad  angiebt,  da 
dieselbe  alle  q>(fn)  Einheiten  rl9 r%}  •••  r  (m)  und  offenbar  keine  andere 

Zahl  zu  Wurzeln  hat;  es  läge  daher  die  Vermutung  nahe,  dafs  auch 
in  diesem  allgemeineren  Fall  eine  entsprechende  Kongruenz: 

(4)  **(ro)  — l=JJ(s  — rt)    (modm) 


*=i 


besteht,  aus  der  sich  dann  für  x  —  0  als  eine  Verallgemeinerung  des 
Wilsonschen  Satzes  die  Kongruenz: 

(5)  —  1  =  rt  r2  •  •  •  ry(m)    (mod  m) 

ergeben  würde.  Dafs  sich  aber  eine  solche  Zerlegung  (4)  für  einen 
zusammengesetzten  Modul  nicht  zu  ergeben  braucht,  ist  bereits  früher 
allgemein  nachgewiesen  worden;  dafs  im  Besondern  die  Kongruenz  (4) 
keine  notwendige  Giltigkeit  hat,  lehrt  das  einfachste  Beispiel:  Bildet 
man  für  den  Modul  m  =  9,  für  den  q>(tri)  =  6  ist  und  r19  •  •  •  r  (m) 
bezw.  die  Werte  1,  2,  4,  5,  7,  8  haben,  das  Produkt 

Y[(x  —  rä  —  (*  —  1)  (*  —  2)  (x  —  4)  (x  —  5)  (x  —  7)  (*  —  8), 
k 

so  ist  dasselbe  modulo  9  betrachtet  kongruent  (x*  —  l)8,  also  durchaus 
nicht  kongruent  xB  —  1.  Damit  ist  ferner  auch  das  Bestehen  der 
Kongruenz  (5)  fraglich  geworden,  da  sie  durch  Nullsetzen  von  x  aus 
(4)  gefolgert  wurde.  Wir  werden  jedoch  im  §  3  den  wahren  Wert 
jenes  Produktes  modulo  m  auf  anderem  Wege  bestimmen. 


§  2.   Die  Anzahl  der  Einheiten  modulo  m.  125 

§2. 

Zunächst  wollen  wir  für  ein  beliebiges  m  q>(tn),  d.  h.  die  Anzahl 
aller  inkongruenten  Einheiten  modulo  m 


ermitteln.     Ist 


ri>  •••  rV(m) 


T        •  •  •   ¥  S        ■••.<? 


ein  vollständiges  Bestsystem  modulo  m  in  der  Art,  dafs  s19  •  •  •  sv  wie 
im  vorigen  Paragraphen  alle  diejenigen  Zahlen  bedeuten,  die  mit  m 
irgend  einen  gemeinsamen  Teiler  haben,  so  bilden  die  p  Brüche 


—    — —    •  •  •  — 

J»       111  *  M 


die  Gesamtheit  aller  und  nur  der  Brüche  mit  dem  Nenner  m,  die  in 
reduzierter  Form  den  Kenner  m  haben.  Betrachten  wir  also  alle 
Brüche  mit  dem  Nenner  m,  rechnen  aber  diejenigen  von  ihnen  als 
äquivalent,  deren  Zähler  modulo  m  kongruent  sind,  die  sich  also  nur 
um  eine  ganze  Zahl  unterscheiden,  so  ist  <p(m)  gleich  der  Anzahl  der 
nicht  äquivalenten  reduzierten  Brüche  mit  dem  Nenner  m;  denn  es 
stimmen  die  letzteren  mit 


r 


1  r<p{m) 


•  • 


m9  m 


überein. 

Es  seien  nun  m  und  m"  irgend  zwei  teilerfremde,  komplementäre 
Divisoren  von  m}  sodafs 

m'w"  =  w,        (m'}  m")  =  1 

ist;  dann  kann  man  jedes  reduzierte  —  auf  eine  und  nur  eine  Weise 

als  Summe  von  zwei  Partialbrüchen  von  der  gleichen  Eigenschaft,  aber 
mit  den  Nennern  m    und  m"  darsteUen.     Soll  nämlich 


r_  r      ,     r 

tn         in'  in" 

sein,  so  ist  dazu  hinreichend  und  notwendig,  dafs 

r  =  r'w"  +  r"m' 

ist,  oder  dafs  die  Kongruenzen  bestehen: 

r'm"  =  r    (mod  m'),        r"m  ^  r    (mod  m"). 

In  der  That  wird,  da  sowohl  m"  wie  r  zu  m'  relativ  prim  sind,  durch 
die  erste  Kongruenz  eine  und  nur  eine  zu  m  teilerfremde  Zahl  r', 
durch    die    zweite    analog    eine    Zahl    r"    bestimmt.      Sind    aber 


126  Zehnte  Vorlesung. 


»t 


aß  aß  ^^ 

umgekehrt  —7-  und  —rr  reduzierte  Brüche,   so  ist  auch,  wie  leicht  zu 
sehen, 


t* 


r      ,     r     r 


ein  reduzierter  Bruch  mit  dem  Nenner  m.  Denn  hätten  r  und  m  =  mm" 
auch  nur  einen  gemeinsamen  Primteiler  p,  so  wäre  derselbe  entweder 
in  m  oder  in  m"  enthalten;  ist  also  z.  B.  m'  durch  p  teilbar,  so 
müfste  wegen  r  =  r'm"  -\-  r" m'  =  0  (mod  p)  auch 

r'm"  —  0    (mod  p) 
d.  h.  r'  durch  j)  teilbar  sein.    Es  wäre  dann  p  ein  gemeinsamer  Divisor 
von  r   und  m',  und  das  widerspricht  der  Voraussetzung.    Der  Bruch  — 
hat  deshalb  wirklich  die  reduzierte  Form.    Somit  entspricht  jedem  der 

w(m)  reduzierten  Brüche  —  eine  und  nur  eine  Summe 

t  \   /  ffi 

ii  +  ii 

m  m    ' 

wo  m  =  m'm'  und  (w',  m")  =  1  ist;  wir  erhalten  genau  ebenso  viele 

Brüche  — ,  wie  es  verschiedene  solcher  Summen   (riebt.     Die  Anzahl 

der  ersteren   ist   nun  <p(m),   die  der  letzteren  q>(tn')q>(m"),   weil  es 

9>(wi')  reduzierte  Brüche  — ,  g>(m")  Brüche  — -  giebt.  Es  ist  dem- 
nach allgemein 

Zerfällt  die  Zahl  m  in  das  Produkt  von  drei  oder  mehreren  Faktoren 
m'y  m'\  •  •  •  mW,  von  denen  jeder  zu  jedem  andern  relativ  prim  ist,  so 
ist  natürlich  auch 

q>(rri)  =  (p(m')q)(m")  •  •  •  y(n0). 

Nach  diesem  Satze  läfst  sich  nun,  für  jedes  m  =  p\lp*2*  •  •  •  pk*7  9>(*») 
durch 

tp(m)  =  yQ??1)  ?>(>**)  "  *  •  9>0**) 

darstellen,  und  dies  ergiebt,  da,  wie  oben  bewiesen, 
ist,  für  jeden  Wert  von  m 

«•=»1  «=1  ^* 

Es  ist  danach  <p(w)  stets  eine   gerade  Zahl  mit  einziger  Ausnahme 


§  3.   Die  Verallgemeinerung  des  Wihonschen  Satzes.  127 

des  Falles  m  =  2f  wo  qp(m)  den  Wert  1  hat;  denn  enthält  tn  auch 
nur  einen  ungeraden  Primfaktor  p.,  so  ist  p.  —  1   gerade;   ist  aber 

tn  =  2*  und  h  >  1,  so  ist  2*""1  immer  ein  Vielfaches  von  2. 

§3. 

Die  hier  gefundenen  Resultate  wollen  wir  jetzt  dazu  verwenden, 
die  am  Schlüsse  des  §  1  gestellte  Aufgabe  zu  lösen,  nämlich  den  Wert 
des  Produktes 

für  eine  beliebige  ganze  Zahl  tn  als  Modul  zu  bestimmen.  Wir  ver- 
fahren hierbei  zunächst  analog  wie  beim  Beweise  des  einfachen  Wilson- 
sehen  Satzes.  Da  jeder  Einheit  r  modulo  tn  eine  und  nur  eine  kom- 
plementäre Einheit  r    entspricht,  die  der  Kongruenz 

rr  =  1    (mod  tri) 

genügt  und  weil  daher,  falls  r  und  r  von  einander  verschieden  sind,  das 
Produkt  rr  aus  P  einfach  fortgelassen  werden  kann,  so  reduziert  sich 
unser  Produkt  P  modulo  tn  auf  das  folgende: 

(1)  p  =  rxr%  • . .  r9(ro)  =  Qiq2  .  -  -  ga    (mod  m), 

wo  Qlf  p2,  •  •  •  ga  alle  diejenigen  unter  jenen  Einheiten  r  sein  sollen, 
welche  zu  sich  selbst  komplementär  sind.  Eine  Einheit  q  ist  aber  dann 
und  nur  dann  zu  sich  selbst  komplementär,  wenn  p'  =  q}  wenn  also 

(2)  q*  ee:  1    (mod  tri) 

ist.  Mithin  ist  P  dem  Produkte  aller  a  modulo  tn  inkongruenten 
Wurzeln  der  Kongruenz  (2)  kongruent. 

Daraus  geht  aber  sofort  hervor,  dafs  unser  Produkt  P  modulo  m 
entweder  den  Wert  +  1  oder  den  Wert  —  1  haben  mufs.  Denn  ist  q 
irgend  eine  Wurzel  der  Kongruenz  (2),  so  ist  m  —  q  eine  andere  und 
zwar  von  q  verschiedene,  falls  m  gröfser  ist  als  2;  wäre  nämlich 
q  ==  tn  —  q,  so  wäre  m  =  2q,  also  q  nicht  teilerfremd  zu  m.  Daher 
ordnen  sich  die  Zahlen  qu  p2  •  •  •  ebenfalls  zu  Paaren  an,  und  es  ist 

immer 

q (m  —  q)  e^  — «-  p2  £5^  —  1    (mod  m). 

Also  folgt  aus  der  Kongruenz  (1)  die  weitere: 

a 

P=(—lf    (modm), 

wo  a  wie  vorher  die  Anzahl  der  modulo  m  inkongruenten  Wurzeln 

der  Kongruenz 

p*  e^  1    (mod  tri) 


128  Zehnte  Vorlegung. 

bedeutet.  Diese  Anzahl,  welche  somit  allein  noch  zu  finden  ist,  kann 
aber  in  den  einfachsten  Fallen,  wenn  m  die  Potenz  einer  Primzahl 
oder  das  Doppelte  einer  solchen  ist,  leicht  direkt  bestimmt  werden. 
In  der  That  besitzt  für  den  Fall  m  —p,  wo  p  eine  beliebige  ungerade 
Primzahl  ist,  die  Kongruenz: 

p8  =  1    (mod  p) 

nur  die  beiden  inkongruenten  Wurzeln  p  =  +  1,  und  dasselbe  ist  der 
Fall,  wie  man  leicht  auf  induktivem  Wege  beweist,  wenn  m  «=jp*  eine 
beliebige  Potenz  von  p  ist.  Nimmt  man  nämlich  bereits  als  bewiesen 
an,  dafs  die  Kongruenz 

P*eee1    (modp*-1) 

nur  die  beiden  Wurzeln  q  =  +  1  (mod^p*— 1)  besitzt,  so  kann  dieselbe 
Kongruenz  für  den  Modul  jfi  nur  die  Wurzeln 

haben,  wo  t  eine  noch  zu  bestimmende  ganze  Zahl  bedeutet,  denn 
modulo  pfi—1  mufs  sich  ja  n.  d.  V.  jede  Lösung  auf  +  1  reduzieren. 
Aus  der  Gleichung 

Q*-~l  +  2tpt-l  +  t*p?k-*  =  l    (modp*) 

folgt  aber  sofort,  dafs  t  durch  p  teilbar  sein  mufs,  dafs  also  auch 
modulo  ph  die  Anzahl  a  der  Wurzeln  jener  Kongruenz  gleich  2  ist. 

Genau  dasselbe  gilt  aber  auch  für  den  Fall  m  =  2ph,  wo  jf  wieder 
eine  Potenz  einer  ungeraden  Primzahl  bedeutet;  nach  dem  soeben  ge- 
führten Beweise  kann  nämlich  die  Kongruenz 

p*  =  l    (mod2^) 

nur  die  Wurzeln 

g  ee  +  1    (mod  2p*) 
und 

e  =  +  1  +p*    (mod2i/) 

haben,  da  sich  ja  alle  Lösungen  modulo  pfi  auf  +  1  reduzieren  müssen; 
von  diesen  vier  Lösungen  fallen  aber  die  beiden  letzten  fort,  da  sie 
offenbar  durch  2  teilbar  sind.    Auch  hier  ist  also  a  =  2. 

Etwas  anders  gestaltet  sich  das  Resultat,  wenn  m  =  2h  ist  In 
den  drei  einfachsten  Fällen,  wenn  m  gleich  2,  4  oder  8  ist,  hat  a 
bezw.  die  Werte  1,  2,  4,  denn  die  drei  Kongruenzen 

p2  =  1    (mod  2),      q*  =  1    (mod  4),      <f  n=  1   (mod  8) 

haben  bezw.  die  inkongruenten  Wurzeln  (1),   (1,  3),   (1,  3,  5,  7). 

Die  vier  letzten  Kongruenzwurzeln  kann  man  auch  in  der  Form 
schreiben : 

e  =  +l  +  «.22    (mod  2*), 


§  3.   Die  Verallgemeinerung  des  Wilsonschen  Satzes.  129 

wo  £  den  Wert  Null  oder  Eins  haben  kann,  und  wir  beweisen  jetzt 
wieder  auf  induktivem  Wege,  dafs  die  sämtlichen  Wurzeln  der  Kon- 
gruenz: 

(1)  <>*=1    (mod2*) 

in  der  Form 

<>ee4:1  +  «.2*~1  (.=o,i) 

enthalten  sind,  unter  der  Voraussetzung,  dafs  schon  gezeigt  ist,  dafs 
die  Kongruenz: 

p*=l    (mod^-1) 

nur  die  vier  Wurzeln  p  =  +  l*-f"*i'2*~"2  besitzt.  Da  nämlich  wieder 
die  obige  Kongruenz  (1)  a  fortiori  für  den  Modul  2  ~~  besteht,  so 
muTs  q  notwendig  die  Form  haben: 

p  =  ±l  +  £1.2A"2+£.2*-1    (mod2*). 

Substituiert  man  aber  diesen  Wert  von  p  in  (1)  und  läfst  die  Viel- 
fachen von  2*  fort,  so  ergiebt  sich,  dafs  ?t  durch  2  teilbar,  also 
gleich  Null  sein  mufs,  dafs  also  für  diesen  Modul  die  Kongruenz  (1) 
in  der  That  stets  genau  vier  Werte  hat.  Es  ergiebt  sich  also  zunächst 
das  Resultat: 

Das  Produkt  P  ist  kongruent  ( — 1),  wenn  m  =  4  oder  m  =  jfi 
oder  m  =  2p*  ist,  und  p  eine  ungerade  Primzahl  bedeutet;  da- 
gegen ist  jenes  Produkt  kongruent  +  1,  wenn  m  =  2*  ist,  und 
h  irgend  ein  ganzzahliger  Exponent  aufser  2  ist. 

Der  allgemeine  Fall  eines  beliebigen  zusammengesetzten  m  kann 
nun  durch  die  folgenden  Überlegungen  leicht  entschieden  werden. 

Es  sei  wieder  w  =  m'm"  und  m'  zu  m"  relativ  prim,  dann  kann 
man,  wie  oben  gezeigt  wurde,  jede  der  ft  Zahlen  r19  •  •  •  r^m)  in 
der  Form 

r  =  rhm   +rkm  ^i^l\Jj 

darstellen,  wo  r'h  und  r'k  die  <p(ni')  bezw.  q>(tn")  inkongruenten  Ein- 
heiten für  die  Moduln  m  und  m"  sind.  Das  ergiebt  für  P  die 
Kongruenz : 

tp(m')  <p{m") 

(2)  P  =  rv..  r       ~  JJ  [J(rh  m"  +  *>')    (mod  m). 

A  =  l    *  =  1 

Da  nun  P,  wie  oben  bereits  bewiesen  wurde,  modulo  m  nur  einen 
der  Werte  +  1  und  —  1  haben  kann,  so  brauchen  wir,  um  zu  ent- 
scheiden, welche  der  beiden  Möglichkeiten  im  gegebenen  Falle  eintritt, 
nur  den  Kongruenzwert  jenes  Produktes  für  einen  der  Moduln  m  oder 
m"  zu  kennen,  vorausgesetzt,   dafs   diese  Zahlen   gröfser  als  2  sind, 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  9 


130  Zehnte  Vorlesung. 

denn  modulo  2  sind  ja  + 1  und  —  1  einander  kongruent.  Ist  aber  ro 
nicht  von  der  Form  ph  oder  2  p*  oder  2*,  welche  Falle  wir  bereits 
vorher  direkt  erledigt  hatten,  so  kann  m  stets  so  zerlegt  werden,  dafe 
m  und  m"  >  2  ist.  Wir  können  daher  jetzt  m  und  m"  gröfser  als  2 
annehmen.     Für  den  Modul  m   lautet  dann  die  Kongruenz  (2) 

A=»l     *=al  XA=1  ' 

d.  h.  weiter 

y(m') 
weil  ja  m"9       modulo  w'  kongruent  1   ist.      /  /  r*   k81111  aber,  wie 

A=:l 

oben  dargelegt  worden  ist,  modulo  m'  betrachtet  nur  einen  der  beiden 
Werte  +  1  haben,  und  da  der  Exponent  q>(rn")  stets  eine  gerade  Zahl 
ist,  weil  m"  >  2  angenommen  werden  konnte,  so  ist  unter  den  ge- 
machten Annahmen 

P  Li£  1    (mod  m'), 

also  auch 

P  =  1    (mod  w), 

d.  h.  das  Produkt 

hat,  modulo  m  betrachtet,  stets  den  Wert  1. 

Wir  können  das  Resultat  dieser  ganzen  Untersuchung  oder  also 
die  Verallgemeinerung  des  Wilsonschen  Satzes  in  dem  folgenden  Theo- 
reme zusammenfassen: 

Das  Produkt  aller  inkongruenten  und  zu  tn  teilerfremden  ganzen 
Zahlen  ist  modulo  m  betrachtet  kongruent  —  1,  wenn  m  die 
Potenz  einer  ungeraden  Primzahl  oder  das  Doppelte  einer 
solchen,  oder  endlich  die  Zahl  4  ist;  in  allen  übrigen  Fällen 
ist  jenes  Produkt  kongruent  +  1- 


Elfte  Vorlesung. 

Die  Invarianten  der  Kongruenz.  —  Charakteristische  Invarianten.  —  Arithmetische 
und  analytische  Invarianten.  —  Jede  Invariante  der  Kongruenz  ist  eine  symme- 
trische Funktion  aller  kongruenten  Zahlen.  —  Arithmetische  Untersuchung  der 

Fundamentalinvariante  der  Kongruenz. 

§1. 

In  der  vorigen  Vorlesung  gelangten  wir  dadurch  zu  dem  Kon- 
gruenzbegriffe, dafs  wir  in  der  nach  beiden  Seiten  ins  Unendliche  fort- 
gesetzten Reihe  der  natürlichen  Zahlen  immer  je  m  Glieder  über- 
sprangen und  die  so  erhaltenen  Zahlen  in  Partialreihen  von  der 
folgenden  Form  zusammenfaßten : 

(Bk)  •••,  —  3m  +  i,  —  2m  +  ^>  —  m  -{-  k,  k,  m  +  k,  2m  +  £,-•• 
oder,  wie  wir  jetzt  einfacher  schreiben  wollen: 

. . .,  *<-$),  jfc<-'\  *(-i),  k,  kw,  km, .  ■  ■ 

wenn  allgemein: 

fc(r)  =  k  -f-  rm  (r=o,+i,±v  •) 

gesetzt  wird. 

Wir  bezeichnen  dann  zwei  Zahlen  a  und  b  als  kongruent  für  den 
Modul  my  wenn  sie  in  derselben  Reihe  Rk  enthalten  sind.  Dividieren 
wir  nunmehr  alle  Elemente  der  natürlichen  Zahlenfolge  durch  m,  so 
bekommen  wir  die  Reihe  aller  positiven  und  negativen  Brüche  mit 
dem  Nenner  m  und  statt  der  früheren  m  Partialreihen  Rk  die  neuen: 

(Rt)  •■"!    -=-1     ~^T>     n>       *n->     V,    9     '•"!  (*=0,1,     -m-l) 

jede  von  diesen  umfafst  die  Gesamtheit  aller  und  nur  der  Brüche  mit 

dem    Nenner   m,    die    sich    von    einander    um    ganze    Zahlen    unter- 

k  k* 

scheiden.     Betrachten  wir  daher  zwei  Brüche  —  und  -     als  äquivalent, 

wenn  sie  derselben  Reihe  R'k  angehören,  so  folgt  aus  der  Äquivalenz 


k        k' 
m        vi 


9 


132  Elfte  Vorlesung. 

die  Kongruenz 

k  e^  k$   (mod  m) 
und  umgekehrt. 

Wir  hatten  ferner  gesehen,  dafs  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion 
f(k)  modulo  m  ungeändert  bleibt,  wenn  man  für  k  irgend  eine   der 

Zahlen  ••-,  fc("~"2),  *(""1),  k,  k{1),  k{'\  •-.  einsetzt.  Wir  wollen  uns  nun 
mit  Funktionen  beschäftigen,  die  bei  jener  Substitution  nicht  nur  ihren 
Kongruenzwert  für  den  Modul  m  beibehalten,  sondern  überhaupt  ihren 
Wert  nicht  ändern,  die  also  konstant  bleiben,  wenn  k  alle  Zahlen  k 
der  Reihe  Rk  durchläuft.  Solche  Functionen  f(x)  nennt  man  Invarianten 
der  Kongruenz 

(1)  k  =  k'   (mod  m); 

das  Bestehen  der  letzteren  zieht  dann  allemal  die  Gleichung 

nach  sich.  Folgt  auch  umgekehrt  aus  der  Gleichung  (1*)  die  Kongruenz  (1), 
so  heilst  f(x)  eine  eigentliche  oder  charakteristische,  im  anderen 
Falle  eine  uneigentliche  Invariante.  Wie  von  vornherein  einleuchtet,  sind 
die  uneigentlichen  Invarianten  für  unsere  Untersuchungen  von  keiner 
wesentlichen  Bedeutung,  da  sie  schon  ihrer  Definition  nach  mit  dem 
Kongruenzbegriffe,  speziell  mit  unserer  Kongruenz  im  allgemeinen 
keinen  innern  Zusammenhang  haben;  so  ist  ja  z.  B.  jede  Funktion  f(x), 
die  die  Variable  garnicht  enthält,  also  jede  Konstante,  als  eine  uneigent- 
liche Invariante  der  Kongruenz  aufzufassen.  Wir  beschränken  uns  des- 
halb auf  die  charakteristischen  Invarianten.  In  arithmetischer  Gestalt 
haben  wir  eine  solche  bereits  kennen  gelernt,  nämlich  in  dem  kleinsten 
positiven  Reste,  den  eine  Zahl  k  durch  m  geteilt  läfst;  denn  dieser  ist 

für  alle  modulo  m  kongruenten  Zahlen  fc(/)  stets  derselbe  und  nimmt 
andrerseits,  wie  es  das  Kriterium  einer  eigentlichen  Invariante  verlangt, 
für  zwei  inkongruente  Zahlen  k  und  k'  verschiedene  Werte  an. 

Gehen  wir  jetzt  wieder  zur  Betrachtung  von  Brüchen  über,  so 
gelangen  wir  zu  einer  anderen  wichtigen  arithmetischen  Invariante,  die 
freilich  im  Grunde  mit  der  vorigen  übereinstimmt.  Zieht  man  von 
einer  beliebigen  Gröfse  a  die  ihr  zunächst  benachbarte  kleinere  oder 
gröfsere  ganze  Zahl  ab,  so  ergiebt  sich  eine  Zahl  R(a),  die  der 
absolut  kleinste  Rest  von  a  genannt  wird  und  durch  die  Un- 
gleichung 

-Y^-ß(«)<Y 

vollkommen  bestimmt  ist;  damit  auch  dann,  wenn  a  genau  in  der 
Mitte  zwischen   zwei  aufeinander  folgenden'  ganzen  Zahlen  liegt,  der 


§  1.   Die  Invarianten  der  Kongruenz.  133 

Begriff  unzweideutig  festgestellt  sei,  ist  durch  jene  Ungleichung  be- 
stimmt worden,  dafs  in  dem  genannten  Falle  R(a)  stets  gleich 
—  \  sein  soll. 

Bei  dieser  Definition  ist  R(a)  in  der  That  eine  eigentliche  In- 
Variante  für  die  Äquivalenz 

a  ~  a  -f-  1 

oder  für  die  Kongruenz  von  Brüchen  modulo  1;  denn  zwei  solche  a 
und  a  unterscheiden  sich  dann  und  nur  dann  um  eine  ganze  Zahl, 
sind  also  in  einem  erweiterten  Sinne  modulo  1  kongruent,  wenn 
R{a)  =  R(ar)  ist.     Für  die  gebrochenen  Zahlen  mit  dem  Nenner  m 

ist  der  absolut  kleinste  Rest  R  f — ]  ebenso  eine  charakteristische  In- 
variante der  Kongruenz  nach  dem  Modul  1,  wie  vorher  der  kleinste 
Rest  der  ganzen  Zahlen  k  für  die  Kongruenz  nach  dem  Modul  m. 

Dafs  sich  R  i—\  —  den  Fall  R  ( — j  =  —  y  allein  ausgenom- 
men —  durch  die  unendliche  Reihe 

v  .    2hkn 

*L  am 

ersetzen  läfst,  hat  keine  besondere  Bedeutung  für  die  Natur  der  In- 
variante. Einmal  tritt  in  der  analytischen  Darstellung  das  arithmetische 
Element,  der  Kongruenzbegriff,  keineswegs  gänzlich  zurück,  und  aufser- 
dem  kann  man  zahlentheoretische  Funktionen  immer  auf  mancherlei 
verschiedene  Weisen  durch  Grenzwerte  ausdrücken. 

Diese  beiläufige  Bemerkung  führt  uns  jedoch  zu  den  analytischen 
Invarianten  überhaupt,  auf  die  wir  näher  eingehen  wollen,  da  sie  neben 
den  arithmetischen  in  der  höheren  Zahlenlehre  eine  hervorragende 
Rolle  spielen. 

Es  sei  f(v)  eine  Funktion,  für  die  allemal 

k\        ~/k*> 


'(=)  -  '© 


ist,  sobald  zwischen  den  ganzen  Zahlen  Je  und  k'  die  Kongruenz 

Je  -~2  h'   (mod  m) 

k  k' 

besteht,  und  zwar  wie  auch  die  Brüche  —  und  —  gewählt  sein  mögen. 

Offenbar  ist  diese  Bedingung  immer  erfüllt,  wenn   für  jeden   reellen 
Wert  des  Argumentes 

d.  h.  wenn  f(v)  eine  periodische  Funktion  mit  der  Periode  1  ist.     In 


134  Elfte  Vorlesung. 

der  unendlichen  Sinus-Reihe,  deren  limes  gleich  R  (—)  war,  haben  die 

einzelnen  Glieder  sin alle  die  obige  Eigenschaft;  es  ist  demnach 

nicht  nur  die  Summe  selbst,  sondern  auch  jedes  Glied  derselben,  also 
die  einfache  Funktion  sin  2  Vit  eine  analytische  Invariante  unserer 
Kongruenz,  allerdings,  wie  unmittelbar  zu  ersehen  ist,  im  allgemeinen 
keine  charakteristische;  denn  es  folgt  nicht  notwendig  aus  der  Glei- 
chung 

sin  2vit  =  sin  2v'x 
die  andere 

v  =  h  +  v' 

oder  die  Äquivalenz 

v  ~  v'y 

sondern  es  kann  v  mit  v   auch  durch  die  Gleichung  v  =  A  +  -J-  —  v\ 

d.  h.  durch  die  Äquivalenz 

l 
v  ~ v 

verbunden  sein.     Beschränken  wir  dagegen  die  Werte  von  v  auf  die 

k 
gebrochenen  Zahlen  —  mit  ungeradem  Nenner  w,  so  ist  die  Funktion 

sin  2v %  auch  eine  charakteristische  Invariante;  in  diesem  Falle  kommt 
ja  der  Wert 

unter  den  Brüchen  mit  dem  Nenner  m  gar  nicht  vor. 

Ein  ganz  ähnliches  Verhalten,  wie  sin  2vn,   zeigt  die  Funktion 
cos  2 vor;  auch  für  sie  ergiebt  die  Gleichung 

cos  2vit  =  cos  2v'it 

zwei  Möglichkeiten,  nämlich 

v  ~v'  und  v  ~  —  v'y 

und  sie  ist  demnach  nur  als  eine  uneigentliche  Invariante  zu  betrachten. 
Erst  wenn  wir '  beide  Funktionen  zusammennehmen,  zieht  das  Glei- 
chungssystem 

sin  2vjt  =  sin  2v'it 

cos  2v%  =  cos  2v% 
■• 
die  Äquivalenz 

v  ~  v 

notwendig  nach  sich,  sodafs  wir  z.  B.  in  der  bekannten  Verbindung 
von  Sinus  und  Cosinus  zur  Exponentialfunktion 


§  1.   Analytische  Invarianten.  X3Ö 

cos  2vic  +  i  sin  2vit  =  e2"*' 

eine  wirkliche  charakteristische  Invariante  der  Äquivalenz 

v  ~  v  -f-  1 
besitzen. 

Eine  solche  bietet  sich  vor  allem  auch  in  der  Funktion  tang  vx 
dar,  da,  wie  man  sich  leicht  überzeugt,  aus 

tang  V7t  =  tang  v'n 
stets  nur 

folgen  kann.     Es  ist  also  die  Gleichung 

.  Kit  .  fC   71 

tang  —  =  tang  — 

der  Kongruenz 

k  =  k'   (mod  w») 

äquivalent.  Diese  Invariante  verdient  deshalb  vorzügliche  Beachtung, 
weil  alle  anderen  durch  sie  ausgedrückt  werden  können.  Zunächst 
gelten  z.  B.  für  die  beiden  uneigentlichen  Invarianten,  die  wir  kennen 
gelernt  haben,  die  Relationen 

.     c  2  tanir  vn 

sin  2vn  =  t  .  .      i— 


1  +  tang*  vit 

0  1  —  tang1  vn 

cos  2t;»  =  — i—7 — -. — : 

übrigens  beweisen  auch  sie  wiederum,  dafs  sin  2vx  und  cos  2vit  keine 
charakteristischen  Invarianten  sind,  denn  die  rechten  Seiten  bleiben 
vermöge  der  Eigenschaften  der  Tangente  nicht  nur  für  v  ~  t>',  sondern 

ebenfalls  für  v  ~  -- v    bezw.  t;  ~  —  v'  ungeändert. 

Im  Anschlüsse  hieran  ist  leicht  zu  zeigen,  dafs  sich  überhaupt 
jede  Invariante  für  unsere  Äquivalenz  auf  die  Fundamentalinvariante 
tang  vn  zurückführen  läfst.  Ist  nämlich  cp(v)  von  der  Beschaffenheit, 
dafs  <p(k)  =  <p(h')  ist,  falls  &  ee£  &'  (mod  m),  und  setzen  wir 

f(i)-*V> 

so  ist  f(v)  eine  reelle  Funktion  mit  der  Periode  1;  eine  solche  kann 
aber  bekanntermafsen  innerhalb  der  Grenzen  0  und  1  stets  in  eine 
Fouriersche  Reihe  entwickelt  werden,  d.  h.  es  ist 


f(v)  =  lim 


X,  <*„  cos  2nvic  +  2j  bn  sin  2nv% 

—  N  -N 


(0  <  v  £  1). 


136  Elfte  Vorlesung. 

Hieraus  ergiebt  sich  dann  für  qp(&)  der  Wert 

(  +N  +N 

<p(k)  =  lim  J2,  «.  cos  —  +2,  K*™  ~jT 

-r%  .     i  •  1  1  il  1  2  Tl  fC  1t  •■  .        2tlklt         i 

Da  sich  nun,  wie  oben  dargethan  wurde,  cos und  sin als 

rationale  Funktionen  von  tang schreiben  lassen  und  tang  (n  — j 

selbst  wieder  rational  durch  tang  —  ausdrückbar  ist,   so  ist  in  der 

That  unsere  obige  Behauptung  bewiesen ;  jede  Invariante  der  Kongruenz 
wird  durch  eine  konvergente  unendliche  Reihe  rationaler  Functionen 
von  tang  v%  dargestellt. 

Dieses  Ergebnis  wollen  wir  jetzt  dazu  benutzen,  eine  im  theo- 
retischen Sinne  naturgemäfse  Darstellung  aller  Invarianten  unserer 
Kongruenz  anzugeben,  und  zwar  auf  Grund  des  nachstehenden  Funda- 
mentalsatzes: 

„Jede  Invariante  der  Kongruenz 

k  =  h'   (mod  m) 

läfst   sich   als   eine   symmetrische  Function   aller   kongruenten 

Zahlen  . .  -,  Ä(~2),  ^"1},  h,  h{l\  Jc{2\  .  • .  darstellen .« 

Um  das  zu  zeigen,  dürfen  wir  uns  nach  dem  soeben  gewonnenen  Re- 
sultate darauf  beschränken,  die  Invariante  tang  vjc  in  der  verlangten 
Weise  auszudrücken.  Damit  ist  aber  auch  sofort  der  Beweis  des 
Theoremes  geführt;  denn  es  besteht  bekanntlich  die  Gleichung 

tang  vn  ~  Nsssao  ^  v  +  n> 

bei  der  auf  der  rechten  Seite  die  geforderte  symmetrische  Funktion 
aller  zu  v  äquivalenten  Zahlen  v  -f-  n  auftritt. 

So  ist  auch  umgekehrt  ohne  weiteres  einzusehen,  dafs  jede  sym- 
metrische Funktion  sämtlicher  zu  h  kongruenten  Zahlen  eine  Invariante 

der  Kongruenz 

k  =  k'   (mod  m) 

sein  mufs.  In  der  That,  ist  i>(x)  eine  beliebige  eindeutige  Funktion 
von  Xj  und  bilden  wir  die  unendliche  Summe 

J(k)  =  lim  y]l>(k{n))  =  lim  5}  1>(k  +  nm) , 

so  ist  dieselbe,  falls  sie  nur  konvergiert,  offenbar  eine  Invariante;  denn 
ersetzt  man   auf  beiden   Seiten   der  Gleichung  k   durch   7*(r),   so   hat 


§  2.   Die  Fundamentalinvariante  der  Kongruenz.  137 

J$r))  denselben  Wert,  wie  J(k),  weil  sich  nur  die  Glieder  der  Stimme 
nm  r  Stellen  verschoben  haben. 

So  einfach  aber  auch  diese  Überlegungen  sind,  so  hat  es  doch  im 
allgemeinen  seine  grofsen  Schwierigkeiten,  eine  gegebene  Invariante 
wirklich  auf  die  Form  einer  symmetrischen  Funktion  zu  bringen,  wie 
es  auch  andererseits  keineswegs  leicht  ist,  direkt  immer  eine  geeignete 
symmetrische  Funktion   der  Gröfsen  Ärr)  aufzustellen.     Denn   hier  ist 

einmal  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Reihe  ^j  ^(*(n))  konvergiert,  zweitens 

n 

aber  noch  dafür,  dafs  die  erhaltene  Invariante  eine  eigentliche  ist.    So 
konvergiert  beispielsweise 

V  i» 


^ 


kK 


nicht,  während  das  für  die  andere  Summe 

y i 

stets  der  Fall  ist,  sobald  nur  q  gröfser  als  0  ist. 


§2. 

Es  ist  interessant,  durch  die  unmittelbare  Untersuchung  der  In- 
variante 


f(y)  =  lim    y.  — j — , 


ohne  Zuhilfenahme  der  Kenntnis  davon,  dafs  ihre  Summe  den  Wert 

r— hat,  ihre  wesentlichen  Eigenschaften  zu  ergründen.    Dafs  wir 

es  hier  thatsächlich  mit  einer  Invariante  der  Äquivalenz  v  ~  v  +  1  zu 
thun  haben,  lehren  die  folgenden  Umformungen:  Es  ist 

f(v)—f(v  +  l)  =  lim  V  -*- lim   y        *  ^T 

#w        /v    "r    j       N=i<x^   v  +  n        N=*^  v  +  n  +  1 

N     ^  \v  +  n         v~+n+l) 


=  1™(dy-«,+^+i)  =  a 


Demnach  ist  für  jedes  ganzzahlige  n 

f{v)  =  f(v  +  »), 


138  Elfte  Vorlegung. 

und  es  genügt,  die  Funktion  nur  für  solche  reelle  oder  komplexe  Werte 
von   v   zu  betrachten,  deren   reeller  Theil  zwischen    —  --  und  +  v  > 

die  untere  Grenze  mit  eingeschlossen ,  liegt,  d.  h.  für  die  komplexen 

Zahlen 

v  =  Vl  +  v*? 

für  welche 

ist. 

Um  zunächst  nachzuweisen,  dafs  unsere  Reihe  überall  in  diesem 
Bereiche  mit  Ausnahme  der  Stelle  v  =  0  konvergiert,  setzen  wir 

/•(t,)  =  i-  +  lim   ?>(*   -  +  -L-)  -±  -2.  lim  5?  t1-. 
und  brauchen,  da  v  als  endlich  und  von  Null  verschieden  vorausgesetzt 

N 

wurde,  jetzt  nur  noch  die  Summe   S,      i_   »    °^eT  l>esser  gleich  die 
Reihe  der  absoluten  Beträge  derselben 

N 

C1)  £   In1-*" 

1      ' 

zu  betrachten,  die  wir  bezüglich  ihrer  Konvergenz  auf  eine  weit  ein- 
fachere Iteihe  zurückführen  können.     Es  ist  nämlich 

2  2  2/i*\2  2  2i2fk  * 

n  —  v  =  n  —  (tfj  +  v^t)  =  n  —  vt  +  v2  —  2v1vf%} 
also 


2        2 
n  —  v 


1     l/7    8  2,       2\2     •      j     2    2  ^  I     2  2|       2 

Weil  hier  n  mindestens  gleich  1,  v\  höchstens  gleich  —  ist,  n  — ^  +  #2 
daher  nicht  negativ  sein  kann,  so  ist  auch  sicher 


<^---„ 


und  aus  demselben  Grunde  ist 

n2  —  v\  +  v\  >  n2  —  1  >  (n  — l)2 

für  jedes  n.     Lassen  wir  schlief slich  in  der  Reihe  (1)  das  dem  Werte 

n  =  1  entsprechende,  jedenfalls  endliche  Glied     _   ,   fort,  so  ist  nun- 

<x 

mehr  die  übrig  bleibende  Summe  unbedingt  kleiner  als  ^^  r"~\\*  °&eT> 
wie  wir  anders  schreiben  wollen,  kleiner  als: 

OD 

'-2h- 


»  =  2 


§  2.   Die  Fundamentalinvariante  der  Kongruenz.  139 

Ist  für  diese  Summe  S  die  Konvergenz  dargethan,  so  ist  das  a  fortiori 
auch  für  unsere  ursprüngliche  Reihe  (1)  geschehen. 

Statt  für  die  Reihe  S  direkt,  führen  wir  den  Konvergenzbeweis 
gleich  für  die  allgemeinere 

da  wir  von  dieser  noch  später  ausgedehnten  Gebrauch  machen  werden; 
die  Reihe  S  erledigt  sich  ja  dann  als  Spezialfall  für  den  Wert  q  —  1 
von  selbst.  Wir  nehmen  zu  dem  Zwecke  eine  beliebige  positive  ganze 
Zahl  g  an  und  teilen  alle  Zahlen  n  nach  derselben  in  Klassen  ein,  von 
denen  die  erste  diejenigen  von  1  bis  g —  1,  die  zweite  die  von  g  bis 
g%  —  1  u.  s.  f.,  die  rte  alle  Zahlen  von  gr—1  bis  gr  —  1  enthält.    Fassen 

wir  nun  in  Sß  alle  Elemente  -j+-  m  Partialsummen  zusammen,  für  die 

die  entsprechenden  Werte  von  n  derselben  Klasse  angehören,  so  ver- 
gröfsern  wir  die  ganze  Reihe,  wenn  wir  in  jeder  der  Partialsummen 
ihre  sämtlichen  Glieder  durch  das  erste,  das  den  gröfsten  Wert  hat, 
ersetzen.     So  bekommen  wir  eine  Summe 

9-1     i     9*  -9    i    9* -9*    i    94-99    • 

1  »"        gl  +  Q        "T     0*<l+*>        '        fH  +  1)     "1 

-C-«(»  +  ^  +  ?!  +  ?!+-) 

welche  sicherlich  gröfser  ist  als  SD  und  für  alle  Werte  von  q  >  0 
einen  wohlbestimmten  endlichen  Wert  hat.  Daher  konvergiert  auch 
SQ  selber  und  mit  ihr  die  spezielle  Reihe  S.  Endlich  wollen  wir 
noch  den  Nachweis  führen,  dafs  f(y)  auch  dann  endlich  bleibt,  wenn 
in  v  =  v1  +  v2i  i>2  unendlich  grofs  wird,  während  vl9  wie  oben,  inner- 
halb der  Grenzen  +  *  angenommen  wird.  Schreiben  wir  wieder  jene 
Reihe  in  der  Form: 

/•(*)  =  ! -2 lim  j?^, 

1 

so  ist,  wie  oben  bewiesen  wurde,  und  wegen  \vt\  ^  -5- 

*  V3+3       N 


s  s 


1    " ~vl 


+  y 


+•5    t  «'-•!+•!' 


.2' 


140  Elfte  Vorlesung. 

hier  können  wir  von  der  zweiten  Summe  auf  der  rechten  Seite  einfach 
absehen,  da  ihre  Konvergenz  schon  oben  bewiesen  wurde.  Setzen  wir 
ferner  in  der  ersten  Summe  |  vt  |  =  w  und   sehen  von   ihrem  ersten, 

ftir  w  =  oo  verschwindenden  Gliede  = s    ab,   so  ist  wiederum 

l-vl+w*        ' 

wegen  \vt\  £  — 

N  N  N' 

^J  I*      „*  _j_  ,.„*       ^J  TL      1  \*  _i_  *„*         ^J  *,*  _i_  -J 

i2     **   —  v^-\-  w         'Tg     {n  —  1)  -f-  W  ^L  ""•   w 

wo  N' =  (N — 1)  ist.  Die  Konvergenz  dieser  letzten  Summe  beweist 
man,  indem  man  jene  Reihe  als  ein  sehr  einfaches  bestimmtes  Integral 

darstellt.  Ist  nämlich  w  sehr  grofs  angenommen,  so  kann  man  w  =  -p 

setzen,  wo  dx  eine  sehr  kleine  positive  Gröfse  bedeutet.   Dann  ist  aber: 

it  N' 

^7       va       ^7         dx  dx        .  dx  .  ,        dx 

jLJ  n*  +  w*  —  jLj  l  +  (n  •  da)*  —  1  +  da*  "»    l  +  (2da)*  "*  •"  (JT  d*)1' 

aber  für  N'dx  =  t  kann  jene  Summe  gleich  dem  folgenden  bestimmten 

Integrale  gesetzt  werden: 

t 

*    dx 

.     ,  =  arctg  t  —  arctg  0  =  arctg  t 

o       "■ 
was,  wie  grofs  auch  N,  also  auch  t,  angenommen  werden  mag,  stets 

einen  endlichen  Wert  besitzt,  und  für  N  =  oo  gegen  ~  konvergirt. 

Nachdem  wir  uns  so  von  der  Konvergenz  der  Reihe  für  f(v)  über- 
zeugt haben,  ist  es  weiter  unsere  Aufgabe  festzustellen,  ob  die  Funk- 
tion auch  eine  charakteristische  Invariante  der  Aequivalenz  v  ~  v  -{-  1 
ist,  d.  h.  ob  für  reelle  Werte  von  v  und  v    aus  der  Gleichung 

f(v)  -  /•(„') 

die  Aequivalenz 

v  ~  v 

unbedingt  gefolgert  werden  mufs.  Weil  es  nun  sowohl  für  v  als  auch 
für  v  immer  eine  zwischen  0  und  1  liegende  äquivalente  Zahl  giebt, 
für  die  f  denselben  Wert  annimmt,  so  können  wir  uns  die  Unter- 
suchung bedeutend  vereinfachen,  indem  wir  von  vorn  herein  v  und  v 
auf  jenes  Intervall  von  0  bis  1  beschränken  und  dann  nur  beweisen, 
dafs  f(v)  =  f(v')  notwendig  die  Gleichung  v  =  v'  nach  sich  zieht. 
Das  aber  geht  ohne  weiteres  aus  der  Umformung 

f(v\  -  f(v')  =  lim  S(-r AA  =  («'-  «0 lim  S ,    ■    l  .*    ,  =  0 


/: 


§  2.    Die  Fundamentalinvariante  der  Kongruenz.  141 

hervor.  Da  v  und  v  beide  zwischen  0  und  1  liegen,  so  haben  v-\-n  und 
t?'+  n  unveränderlich  dasselbe  Vorzeichen,  das  Produkt  (v  +  n)  (v'-\-  n) 
ist  also  stets  positiv.    In  der  obigen  Relation  ist  daher  v' — v  mit  der 

sicherlich  positiven  und  endlichen  Gröfse  lim  /,  -t — ; — x ,  ,  , — r  multi- 

pliziert  und  die  rechte  Seite  kann  nur  verschwinden,  wenn  wirklich 
v  =  v  ist.  Wie  aus  der  Form  der  Reihe  unmittelbar  ersichtlich  ist, 
gilt  endlich  fiir  jeden  Wert  von  0 

N 

f(-  v)  =  _  1  +  lim  V  j  — L-  h L_ )  =  _  /-(t,) . 

Um  über  weitere  Eigenschaften  der  Funktion  f(v)  Aufschlufs  zu 
erhalten,  legen  wir  nunmehr  dem  Argumente  v  spezielle  Werte  bei. 
Da  ergiebt  sich  zunächst  für  v  =  0,  ein  Fall,  den  wir  ja  bei  unserer 
Konvergenzbetrachtung  ausschlössen , 

N 


f(0)  =  Um  f(v)  =  lim 

f=0  c=0 


1  +  lim  Vf»    +_»._) 

v     '  N=CK)^J  \v  +  n    ■    v  —  n/ 


N 


=  lim f-  lim   /,  ( )  =  lim  —  = 


00; 


d.  h.  für  v  =  0  wird  das  erste  Glied  —  unserer  Reihe  für  sich  un- 

v 

endlich,  während  die  übrige  Reihe  für  sich  identisch  Null  wird.  Denkt 
man  sich  also  die  Variable  v  =  v1-\-  v^i  auf  den  unendlichen  Streifen 
2J0  begrenzt,  welcher  durch  die  beiden  Parallelen  zur  imaginären  Achse 

vx  =  —  -—■  und  vx  =  -f"  ir  begrenzt  wird,  so  besitzt  f(v)  nur  die  eine 

Unendlichkeitsstelle  v  =  0,  und  ist  sonst  allenthalben  endlich.  Denkt 
man  sich  ferner  die  ganze  komplexe  Zahlenebene  durch  die  entspre- 
chenden Parallelen 

vt  =  r  —  y    und     vt  =  r  +  y         (r—0,+1,+2,   ) 

in  die  Streifen  Zr  geteilt,  so  folgt  aus  der  Gleichung  f(r-\-v)  =f(y), 
dafs  jene  Funktion  in  jedem  Streifen  in  entsprechenden  Punkten  immer 

dieselben  Werte  annimmt.  Ferner  bekommt  man  für  v  =  —  die 
Gleichung 

li»2,Ti ü»V     ' 


-4(l-|  +  -J-J-  +  . ••)-*, 


142  Elfte  Vorlesung. 

da  die  in   der  Klammer   stehende  Reihe   die  Leibnitzsche  Reihe   für 
-  ist:  endlich  erhalten  wir  noch  für  v  =  -■- 

f®  -  Km  2  T1- -  *» -t—  "  -  °> 

2  ^  2  ^ 

weil  sich  hier  je  zwei  Glieder und gegenseitig   zer- 

s-+(r-D  -2~r 

stören.     Das  Resultat  der  letzten  Betrachtungen  lautet  demnach: 

„Die   Reihe   f(v)    wird    dann    und   nur   dann   unendlich,   wenn 

v~0  wird,   sie  nimmt   für  v  ~  —  den  Wert  tc  an  und  ver- 
schwindet  für  i;  ~  —  •" 


Zwölfte  Vorlesung. 

Die  Kongruenz  nach  einem  Modulsystem.  —  Teiler  eines  Modulsystems.  —  Aequi- 
valente  Modulsysteme.  —  Reduktion   der   Modulsysteme.  —  Theorie   der   ganz- 
zahligen Formen.  —  Aequivalente  Formen.  —  Einheitsformen. 

§1. 

Wir  kehren  jetzt  zur  Betrachtung  des  Kongruenzbegriffes  selbst 
zurück,  wie  wir  ihn  in  der  fünften  Vorlesung  nach  dem  Vorgange 
von  Gaufs  aufgestellt  haben.  Zwei  Zahlen  a  und  a  wurden  als  kon- 
gruent nach  dem  Modul  m  bezeichnet,  wenn  sich  die  eine  von  der 
anderen  um  ein  beliebiges  Vielfaches  von  m  unterscheidet,  sodafs  die 

Gleichung 

a  =  a  +  gm 

mit  der  Kongruenz 

a  =  a     (mod  m) 

gleichbedeutend  ist. 

Es  war  dort  schon  hervorgehoben  worden,  dafs  gerade  durch  diese 
unscheinbare  Abstraktion  der  Zahlentheorie  erst  ein  fester  Boden  ge- 
geben wurde.  Hier  soll  nun  ausgeführt  werden,  dafs  die  Gaufsische 
Idee  in  Wirklichkeit  noch  viel  weiter  greift;  man  kann  nämlich  das 
ihr  zu  Grunde  liegende  Prinzip  derart  ausdehnen,  dafs  es  nicht  nur 
die  Lehre  von  den  ganzen  Zahlen,  sondern  auch  das  Gebiet  aller  ganzen 
rationalen  Funktionen  von  einer  oder  mehreren  Veränderlichen  be- 
herrscht, und  man  kann  zeigen,  dafs  auch  in  diesem  höheren  Gebiete 
dieselben  einfachen  Grundgesetze  bestehen,  wie  in  der  gewöhnlichen 
Zahlentheorie.  Zunächst  wollen  wir  die  Erweiterung  des  Kongruenz- 
begriffes für  den  uns  geläufigen  Bereich  der  natürlichen  Zahlen  vor- 
nehmen, um  hier  erst  deutlich  werden  zu  lassen,  dafs  sie  in  der  That 
naturgemäfs  und  gedanklich  naheliegend  ist.  Haben  wir  dann  die  so 
gewonnenen  Definitionen  auf  die  Gesamtheit  der  ganzen  Funktionen 
beliebig  vieler  Unbestimmten  übertragen,  so  wird  sich  die  Rechtferti- 
gung, die  Zweckmäßigkeit  der  Verallgemeinerung  alsbald  ergeben;  wir 
werden  sehen,  dafs  wir  erst  mit  ihrer  Hilfe  im  Stande  sind,  jenen 
weiteren  Bereich  vollständig  zu  beherrschen. 


144  Zwölfte  Vorlesung. 

Kann  man  eine  ganze  Zahl  a  in  der  Form  cm  schreiben,  wo  c 
und  m  ebenfalls  ganzzahlig  sind,  so  heilst  a  ein  Vielfaches  von  m, 
d.  h.  a  enthalt  den  Modul  oder  Divisor  m;  hierbei  betrachtet  man  also 
alle  diejenigen  Oröfsen  a  unter  einem  gemeinsamen  Gesichtspunkte, 
welche  in  der  Form  cm  dargestellt  werden  können.  Eine  Erweiterung 
dieses  Begriffes  ergiebt  sich  unmittelbar,  wenn  man  die  sämtlichen 
Zahlen  ins  Auge  fafst,  die  sich  als  Summe  von  Vielfachen  zweier 
Zahlen  m1  und  m2,  also  in  der  Form  c1ml-\-  c^m^  darstellen  lassen  u. s. f., 
wenn  man  schließlich  alle  diejenigen  in  eine  Klasse  rechnet,  welche 
sich  als  Summe  von  Vielfachen  von  p  beliebig  gegebenen  ganzen 
Zahlen  m1}  m%}  •  •  •  mft  darstellen  lassen,  die  also  in  der  Form  ge- 
geben sind: 

(1)  a  =  c1m1^cim%-\ \-cfimt*> 

wo  cl}  c^y  •  •  •  fy  völlig  beliebige  positive  oder  negative  ganze  Zahlen 
bedeuten.  Man  erhalt  somit  alle  und  nur  die  Zahlen  a,  die  jener 
Klasse  angehören,  wenn  man  in  der  homogenen  linearen  Function 
oder  in  der  Form  q»^  +  c^m%  +  •  •  •  -f-  c^m^  den  Gröfsen  c  alle  mög- 
lichen ganzzahligen  Werte  beilegt.  Ebenso  wie  von  einer  Zahl  a  ge- 
sagt wurde,  sie  enthielte  den  Divisor  m,  sobald  sie  gleich  cm  gesetzt 
werden  konnte,  so  soll  es  hier  heifsen,  die  Zahl  a  enthalt  das  Divisoren- 
system oder  Modulsystem  (m1}  •••  mM)  oder  sie  ist  durch  jenes  Divisoren- 
system teilbar,  wenn  sie  in  der  Form  (1)  darstellbar  ist.  So  ist  z.  B. 
3  durch  das  Divisorensystem  (7,  16,  25)  teilbar,  weil 

3  =  3-7  +  2- 16  —  2  -  25 

ist,  und  aus 

6  =  1-  3  +  5-  15  —  4-  18 

geht  dasselbe  in  Bezug  auf  die  Zahl  6  und  das  Modulsystem  (3, 15, 18) 
hervor.  Speziell  ist  die  Null  ein  Vielfaches  von  jedem  Divisoren- 
systeme (mlf  •••  mM)f  weil  stets  die  Gleichung 

0  =  0  •  mx  +  0  •  m%  -f-  •  •  •  +  0  •  mM 

besteht,  und  aus  ähnlichem  Grunde  ist  jedes  Element  m.  eines  belie- 
bigen Modulsystems  (mv  •  •  •  m.9  •  •  •  m t)  durch  dasselbe  teilbar. 

Enthalt  die  Differenz  zweier  Zahlen  a  —  a  das  Divisorensystem 
(m1,---wA4),  so  nennt  man  a  und  a'  kongruent  für  jenes  System;  die 
Bezeichnungsweise  ist  dabei  ganz  dieselbe,  wie  bei  den  einfachen  Kon- 
gruenzen: 

(2)  a  =a    (modd  ml9  •  •  •  m^), 

(in  Worten:  a  ist  kongruent  a  modulis  ml}  •  •  •  w^).  Der  eigentüm- 
liche Gedanke,  der,  wie  gleich  im  Anfange  bemerkt  wurde,  der  Ein- 


§  1.   Kongruenz  nach  einem  Modulsystem.  145 

fÜhrung  des  Kongruenzbegriffes  ihren  grofsen  Wert  verleiht,  ist  dem- 
nach auch  hier  durchaus  festgehalten  worden.  Die  obige  Kongruenz 
vertritt  die  allgemeinere  Gleichung 

und  die  Koefficienten  c,  die  für  die  Untersuchung  bedeutungslos  sind,  sie 
im  Gegenteil  nur  hemmen  und  erschweren  könnten,  treten  vollkommen 
in  den  Hintergrund. 

Ist  a  selbst  ein  Vielfaches  des  Systemes  (n^,  •  •  •  m^),  so  kann 
auf  der  rechten  Seite  von  (2)  a  gleich  0  gewählt  und,  analog  wie 
früher,  in  diesem  Falle 

a  ?  :  0    (modd  mu  •  •  •  m^) 
gesetzt  werden. 

Ferner  genügt  unsere  erweiterte  Definition  den  Anforderungen, 
die  man,  wie  wir  im  §  2  der  siebenten  Vorlesung  ausführten,  an  jede 
Aequivalenz  stellen  mufs;  es  bestehen  nämlich  die  beiden  Funda- 
mentalsätze: 

1)  „Jede  Gröfse  a  ist  sich  selbst  kongruent", 

denn  die  Differenz  a  —  a  =  0  enthält  ja,  wie  oben  erwähnt,  alle 
Divisorensysteme  (mlf  m^7  •  •  •  mM),  und 

2)  „Sind  zwei  Zahlen  a  und  b  einer  dritten  c  kongruent,   so 
sind  sie  untereinander  kongruent", 

denn  ist  sowohl  a  —  c  wie  b —  c  durch  (m1;  *w2,-  •  m^)  teilbar,  so 
gilt  dasselbe  auch  von  der  Differenz 

a  —  b  =  a  —  c  —  (b  —  c). 

Im  Folgenden  soll,  der  Bequemlichkeit  halber,  mitunter  von  der 
abgekürzten  Bezeichung  (in.)  für  ein  Modulsystem  (ml}  •  •  •  m^)  Gebrauch 
gemacht  werden,  sobald  dadurch  kein  Mifsverständnis  hervorgerufen 
werden  kann. 

Ein  Modulsystem  (m.)  hat  eine  ganze  Zahl  d  zum  Teiler,  wenn 
alle  seine  Glieder  Vielfache  von  d  sind,  wenn  somit  d  ein  gemein- 
samer Divisor  aller  Elemente  mly  •  •  •  m^  ist.  Zugleich  ist  eine  solche 
Zahl  d  Teiler  einer  jeden  ganzen  Zahl  a,  welche  das  Modulsystem 
(ml  y  •  •  •  trip)  enthält;   ist  nämlich 

ml  =  dml7  wijj  =  dni%,  •  •  •  m^  =  dmM 
und  enthält  a  unser  System,  so  ist 

a  =  c1mi  +  c,Wj  -| |-cA1w^  =  d(c1m1+c2m2H hfy**)> 

also  in  der  That  ein  Multiplum  von  d.  Im  Anschlüsse  hieran  kann 
der  Begriff  der  Teilbarkeit  unter  Beibehaltung  seiner  Grundeigenschaften 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  10 


146  Zwölfte  Vorlesung. 

unmittelbar  auf  den  Fall  ausgedehnt  werden,  dafs  an  die  Stelle  des 
Divisors  d  ebenfalls  ein  Divisorensystem  (dx  ,  d% ,  •  •  •  d#)  tritt.  Zu  dem 
Zwecke  stellen  wir  die  Definition  auf: 

„Ein  Modulsystem  (m^  •  •  •  m^)  enthält  ein  anderes  (d17  •  •  •  dd) 
als  Teiler,  wenn  jedes  Element  m.  des  ersten  durch  das 
zweite  System  teilbar  ist,  d.  h.  wenn  die  /x  Gleichungen  bestehen : 

™1  =  <f<*l  +  <?**  +  '  '  •  +  *Td6 

(3)  

%-^^^  +  -"  +  #V 

Z.  B.  ist  (15,  25,  10)  ein  Teiler  von  (20,  35),  weil  zufolge  der  Rela- 
tionen 

20  =  0  •  15  +  0  •  25  +  2  •  10 

35  =  1  .  15  +  0  .  25  +  2  -  10 

die  beiden  Zahlen  20  und  35   durch   das   erste  System  teilbar  sind, 

und  aus 

6  =  5  .  18  —  4  .  21 

9  =  4  •  18  —  3  •  21 

39  =  1  •  18  +  1  -  21 

ergiebt  sich  ebenso,  dafs  (6, 9, 39)  ein  Vielfaches  von  (18,  21)  ist.  Nach 
diesen  Festsetzungen  erhellt  sofort  die  Richtigkeit  des  weiteren  Satzes: 

„Gilt  eine  Kongruenz  für  irgend  ein  Modulsystem  (m^),  so  gilt 
sie  auch  für  einen  beliebigen  Teiler  (dk)  desselben." 

In  der  That:  ist  a  =  0  (modd  m1}  --  fn^)}  so  läfst  sich  a  in  der  Form 

a  =  ^Wj  +  c2w2  H f-  c^tn^ 

schreiben;  ist  aber  zugleich  (d^)  ein  Divisor  von  (*».),  so  hängen  die 
Elemente  des  zweiten  Systems  mit  denen  des  ersten  durch  die 
Gleichungen  (3)  zusammen.  Ersetzt  man  nun  in  der  Relation  für  a 
ml7  •  •  •  mM  durch  ihre  homogenen  linearen  Ausdrücke  in  dx)  -  •  •  dd  und 
ordnet  dann  nach  den  Gröfsen  d,  so  wird 

a  =  0idi  +  9*d2  H h  9***9 

wo  die  Koefficienten  g  offenbar  wiederum  ganzzahlig  sind;  damit  ist 
unsere  Behauptung  bewiesen.     Dafs  auch  die  Umkehrung  des  Satzes: 
„Ist  ein  Modulsystem  (rfj  in  allen  durch  ein  anderes  (m^)  teil- 
baren Zahlen   gleichfalls  enthalten,   so  ist   es   ein  Divisor  des 
letzteren" 
Giltigkeit  hat,  bedarf  kaum  eines  Beweises;  zu  allen  durch  (mt.)  teil- 
baren Zahlen  gehören  ja  in  erster  Linie  die  Glieder  ml9  •  •  •  m^  selbst, 
und  sind  diese  Vielfache  von  (dj,  so  gilt  dasselbe  für  das  System  (w.). 


§  1.   Äquivalente  Modulsysteme.  147 

Diese  Betrachtungen  führen  uns  direkt  zu  einer  wichtigen  Be- 
ziehung zwischen  Modulsystemen,  die  ihr  Analogon  bei  den  einfachen 
Moduln  zunächst  nicht  zu  finden  scheint.  Es  können  nämlich  zwei 
Systeme  (m,)  und  (nk)  einander  gegenseitig  enthalten ,  wozu  ja  nur 
nötig  ist,  dafs  alle  Elemente  m.  durch  das  System  (nk)  und  umgekehrt 
alle  Elemente  nk  durch  das  System  (m.)  teilbar  sind.  So  stehen  z.  B. 
die  beiden  oben  angeführten  Systeme  (6,  9,  39)  und  (18,  21)  in  einem 
solchen  Verhältnis  wechselseitiger  Teilbarkeit,  wie  aus  den  Gleichungs- 
gruppen 

6  =  5- 18  — 4- 21  18  =  3-6  +  0. 9  +  0-  39 

9  =  4-18  —  3-  21  21  =  26  + 19  +  0- 39 

39  =  1- 18  +  1-21 

unmittelbar  hervorgeht. 

Zwei  derartige  Systeme  (wt.)  und  (nk)  wollen  wir  äquivalent 
nennen  und  diese  Beziehung  folgendermafsen  darstellen: 

In  Anlehnung  an  die  Resultate  über  die  Teilbarkeit  von  Divisoren- 
systemen bekommen  wir  daher  den  Lehrsatz: 

„Zwei  Systeme  (mt.)  und  (nk)  sind  einander  dann  und  nur  dann 
äquivalent,  wenn  jedes  von  ihnen  durch  das  andere  teilbar  ist. 
Besteht  ferner  eine  Kongruenz  für  das  Modulsystem  (*».),  so 
bleibt  sie  richtig,  wenn  wir  an  Stelle  desselben  irgend  ein  ihm 
äquivalentes  (nk)  treten  lassen." 

D.  h.:  in  allen  Fragen  der  Kongruenz  kann  ein  System  (w.)  durch  ein 
anderes  ihm  äquivalentes  ersetzt  werden.     So  ist  z.  B. 

33  =  15    (modd6,9,39)     und     (modd  18, 21), 

wie  aus  den  Gleichungen 

3  =  1-  21  —  1-18,        3  =  —  1-6  +  1-  9  +  0-  39 

ohne  weiteres  hervorgeht.  Sind  zwei  einfache  positive  ganze  Zahlen 
m  und  n  gegenseitig  durch  einander  teilbar,  so  ist  notwendig  m  =  n\ 
für  positive  ganze  Zahlen  fällt  also  die  Definition  der  Äquivalenz  mit 
der  der  Gleichheit  zusammen.  Aber  schon  wenn  zwei  Zahlen  positiv 
oder  negativ  genommen  werden  dürfen,  folgt  aus  der  Äquivalenz  von 
n  und  m  nur,  dafs  m  =  +  n  sein  mufs ;  hier  unterscheiden  sich  dem- 
nach äquivalente  Zahlen  höchstens  um  den  Faktor  +  1.  Die  Äqui- 
valenz von  Modulsystemen  bildet  dann  die  konsequente  Erweiterung 
jener  elementarsten  Verwandtschaft. 

10* 


148  Zwölfte  Vorlesung. 

§2. 

Den  oben  aufgestellten  Lehrsatz  wollen  wir  nunmehr  dazu  be- 
nutzen, ein  System  (n\,  •  •  •  mM)  auf  ein  äquivalentes  von  möglichst 
einfacher  Form  zu  reduzieren.  Das  geschieht  an  der  Hand  der  nach- 
stehenden Fundamentaleigenschaften  der  Divisorensysteme: 

„Ein  System  (m.)  geht  in  ein  äquivalentes  über,  ändert  sich 
also  im  Sinne  der  Äquivalenz  garnicht,  wenn  man  seinen  Ele- 
menten  ein  weiteres  m  hinzufügt,  welches  das  System  (w.)  selbst 
enthalt." 

Ist  nämlich 

(4)  m  =  c1m1  +  cimi-\ (-  c^ m^, 

so  ist  wirklich 

denn  einmal  ist  das  erste  System  ein  Teiler  des  zweiten,  weil  dessen 
Elemente  sämtlich  in  ihm  vorkommen,  andrerseits  aber  ist  es  auch  ein 
Vielfaches  desselben,  weil  das  einzige  neu  hinzutretende  Glied  m  nach 
Gleichung  (4)  durch  das  zweite  System  teilbar  ist.  Geht  man  umge- 
kehrt von  (m}  m19  •  •  •  mp)  aus  und  macht  über  m  wiederum  dieselbe 
Voraussetzung  wie  vorher,  so  erhält  man  auf  Grund  der  obigen  Äqui- 
valenz (4)  den  entsprechenden  Satz: 

„In  einem  Systeme  (m,  ml7  •  •  •  tn^)  kann  man  jedes  Element  m 
fortlassen,  welches  durch  das  aus  den  übrigen  gebildete  Modul- 
system (*»!,  •  •  •  wM)  teilbar  ist." 

So  ist 

(7, 15,  37)  ~  (15,  37), 

weil  7  =  —  2  •  15  -(-  1  ■  37,  also  das  erste  Element  7  ein  Vielfaches 
von  (15,  37)  ist.  Im  Besondern  kann  jedes  Glied  eines  Divisoren- 
systems schlechtweg  vernachlässigt  werden,  sobald  es  ein  Multiplum 
irgend  eines  anderen  Elementes  ist;  z.  B.  besteht  die  Äquivalenz 

(6, 12,  9, 18)  ~  (6,  9), 

weil  die  beiden  Elemente  12  und  18  Multipla  von  6  sind.  Ein  sehr 
naheliegendes  Korollar  der  soeben  gewonnenen  Ergebnisse  lautet: 

„Ein  Modulsystem  (w.)  bleibt  im  Sinne  der  Äquivalenz  unge- 
ändert,  wenn  man  eine  der  Zahlen  m.  um  ein  beliebiges  Viel- 
faches einer  anderen  vermehrt  oder  vermindert;" 

denn  man  darf  ja,  ohne  das  System  (ml9  •  •  •  mu)  im  Sinne  der  Äqui- 
valenz zu  verändern,  seinen   Gliedern  ein  (ft  +  l)te8  mx  -f-  tm2  hinzu- 


§  2.    Reduktion  der  Modalsysteme.  149 

fügen,  wo  t  eine  beliebige  ganze  Zahl  ist,  und  alsdann  aus  dem  neuen 
Systeme  (ro,  +  tm2,  mu  Wg,  •  •  •  m^)  mt  fortlassen  wegen  der  Gleichung 

(wx  -f-  tmi7  w8,  •  •  •  ni/u)  und  (m^  w2,  •  •  •  m^)  sind  also  in  der  That 
äquivalent.     Betrachten  wir  wieder  das  Beispiel  (6,  9,  39),  so  ist  z.  B. 

(6,  9,  39)  ~  (6,  9,  39  —  4 . 9)  ~  (6,  9,  3), 

und  da  schliesslich  noch  die  beiden  ersten  Elemente  als  Vielfache  des 
letzten  unterdrückt  werden  können,  so  reduziert  sich  das  System 
(6,  9,  39)  auf  den  einfachen  Divisor  3. 

Allgemein  lehrt  uns  der  letzte  Satz,  dafs  jedes  Modulsystem 
(m17  •  •  •  ntft)  von  beliebig  vielen  Gliedern  stets  auf  ein  anderes  äqui- 
valentes zurückgeführt  werden  kann,  das  nur  aus  einer  einzigen  Zahl  d 
besteht,  weil  wir  es  eben  in  der  Hand  haben,  die  Elemente  durch 
wechselseitige  Subtraktion  beliebig  zu  verkleinern.  Denkt  man  sich 
nämlich  die  positiven  Zahlen  ml ,  •  •  •  m^  im  Systeme  (ro.)  ihrer  Gröfse 
nach  geordnet,  sodafs 

mx  <  Wa  <  •  •  •  <  mM 

ist,  so  kann  man  zuerst  etwa  m%  durch  Abziehen  eines  geeigneten  Viel- 
fachen von  mt  kleiner  als  ml  machen;  in  dem  so  geänderten  äqui- 
valenten Systeme  (m1,  mi  —  tm%y  m8,  •  •  •  mh)  kann  man  nun  wieder 
die  Elemente  nach  der  Gröfse  ordnen,  d.  h.  n^  —  tm%  an  die  erste, 
m1  an  die  zweite  Stelle  setzen  und  das  neue  äquivalente  System  nun  wieder 
in  gleicher  Weise  umformen;  in  derselben  Weise  gehen  wir  fort,  und 
tragen  dabei  Sorge,  falls  einmal  bei  einer  solchen  Subtraktion  die  Null 
sich  ergiebt,  dieselbe  jedesmal  fortzulassen.  Wird  der  Prozefs  wieder- 
holt, so  lange  noch  wenigstens  zwei  verschiedene  Zahlen  m.  vorhanden 
sind,  um  sie  nach  ihrer  Gröfse  zu  ordnen,  so  mufs  man  offenbar  zuletzt 
nach  einer  endlichen  Anzahl  von  Operationen  zu  einem  Systeme  mit 
nur  einem  Gliede  d  kommen,  sodafs  wirklich 

(m17  m2,  •  -  •  mh)  ~  (d)  ~  d 

wird;  es  ergiebt  sich  also  das  merkwürdige  Resultat,  dafs  jedes 
Modulsystem  (mly  m2,  •  •  •  m^)  einer  ganzen  Zahl  d  äquivalent  ist. 

Die  Beziehung  des  so  gefundenen  einfachen  Zahlenmoduls  d  zu 
den  Elementen  (tnl7  w2,  •  •  m^)  des  ihm  äquivalenten  Systems  ist 
leicht  anzugeben  und  ergiebt  ein  weiteres  bedeutsames  Resultat.  Da 
nämlich  sämtliche  Gröfsen  m£  durch  d  teilbar  sein  müssen,  so  ist  d  ein 
gemeinsamer  Divisor  aller  Elemente  m.,  da  aber  auch  umgekehrt  d  das 
System  (mi7  •  •  •  m^)  enthalten  soll,  so  mufs  auch  die  Gleichung 

d  =  c1mi-\ 1-  c^m^ 


150  Zwölfte  Vorlesung. 

bestehen,  und  aus  ihr  ergiebt  sich  d  als  der  gröfste  gemeinsame  Teiler 
aller  jener  Zahlen.     Man  erhalt  also  den  Fundamentalsatz: 

„Jedes  Modulsystem  (ml7  •••  m^)  ist  dem  gröfsten  gemeinsamen 
Teiler  seiner  Glieder  als  Modul  äquivalent." 

Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  die  hier  durchgeführte 
Methode  der  Reduktion  eines  Modulsystems  mit  dem  bekannten  Eukli- 
dischen Verfahren  zur  Aufsuchung  des  gröfsten  gemeinsamen  Divisors 
zweier  oder  mehrerer  Zahlen  vollständig  identisch  ist.  Es  genügt, 
dieses  für  zwei  Zahlen  tn1  und  m^  auseinanderzusetzen.  Ist  mx  >  m^ 
und  bestimmt  man  nach  dem  Muster  Euklids  eine  dritte  Gröfse  mz 
durch  die  Relation 

mt  —  gimi  +  ^  =  0, 
so  ist 

»13  =  0    (moddw^Wg),        mlz^0    (modd  m,,  %), 

und  daraus  folgt  die  Äquivalenz 

(mu  m2)  ~  (wl7  *%,  m8)  ~  (w2,  w8), 

wo  nunmehr  m2  und  w3  kleiner  sind  als  die  Elemente  des  ursprüng- 
lichen Systems.  Fährt  man  in  der  gleichen  Weise  fort,  so  gelangt 
man  schliefslich  mit  Notwendigkeit  zu  einem  äquivalenten  Systeme 

(rf,  0)  po  d, 

d.  h.  d  ist  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  m1  und  mt. 

Zum  Abschlüsse  dieser  auf  die  Zahlen  bezüglichen  Untersuchungen 
seien  noch  zwei  Folgerungen  erwähnt,  die  besonders  deutlich  erkennen 
lassen,  wie  eng  die  neu  eingeführten  Definitionen  der  Teilbarkeit  und 
Äquivalenz  von  Modulsystemen  mit  dem  einfachsten  Begriffe  der  Kon- 
gruenz verbunden  sind: 

1)  „Von  zwei  Modulsystemen  {phj'"  mh)  }m^  ((h>"'dt)  *s*  das 
eine  dann  und  nur  dann  ein  Divisor  des  anderen,  wenn  der 
gröfste  gemeinsame  Teiler  M  der  Elemente  m.  ein  Vielfaches 
des  gröfsten  gemeinsamen  Teilers  D  der  Elemente  dk  ist" 

Denn  es  ist  ja 

Oi,  •  •  •  i*a)  ~  (M),        (dl7  •  •  -  dd)  ~  (D), 

und  nur,  wenn  die  Zahl  M  ein  Multiplum  von  D  ist,  enthält  das 
System  (M)  das  zweite  (D). 

2)  „Zwei  Systeme  (*».)  und  (nk)  sind  dann  und  nur  dann  äqui- 
valent, wenn  ihre  Theiler  M  und  N  einander  gleich  sind." 

Somit  kann  z.  B.  die  vorher  direkt  bewiesene  Äquivalenz  der  Systeme 
(6, 9, 39)  und  (18,  21)  schon  daraus  geschlossen  werden,  dafs  ihre 
Elemente  denselben  gröfsten  gemeinsamen  Divisor  3  besitzen. 


§  3.   Theorie  der  ganzzahligen  Formen.  151 

Aus  den  zuletzt  gegebenen  Ausführungen  folgt  *  nun,  dafs  die 
Theorie  der  Modulsysteme  mit  ganzzahligen  Elementen  praktisch  über- 
flüssig  ist,  da  sie  vollkommen  durch  die  Betrachtung  der  ihnen  äqui- 
valenten gewöhnlichen  Divisoren  ersetzt  werden  kann.  Ganz  anders 
aber  gestaltet  sich  diese  Frage,  sobald  wir  später  an  Stelle  der 
natürlichen  Zahlen  den  Bereich  der  ganzzahligen  Funktionen  einer  oder 
mehrerer  Unbestimmten  zu  Grunde  legen. 

§3. 

Ehe  wir  an  jene  allgemeineren  Aufgaben  herantreten,  wollen  wir 
die  Systeme  ganzzahliger  Moduln  noch  in  einem  neuen  interessanten 
Zusammenhange  betrachten,  den  wir  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch 
als  eine  praktische  Verwertung  derselben  ansehen  können.  Es  sei 
(mlf  mi7  •  •  •  m^)  ein  beliebiges  Divisorensystem,  dann  betrachten  wir 
die  aus  seinen  Elementen  gebildete  Linearform: 

M  =  m^  -f-  m%  x%  +  •  •  •  +  m^  Xp , 

in  der  xlf  x2,  •  •  •  xh  unbestimmte  Variable  bedeuten.  Legt  man  dann 
Zi, '  '  ■  Z/u  unabhängig  von  einander  alle  positiven  und  negativen  ganz- 
zahligen Werte  bei,  so  durchläuft  M  alle  und  nur  diejenigen  ganzen 
Zahlen,  welche  das  zugehörige  Modulsystem  (w^,  m^,  •  •  •  m^)  enthalten. 
Aus  diesem  Grunde  können  und  wollen  wir  jene  Linearform  für 
variable  Werte  von  x19  •  •  •  x^  als  Repräsentanten  jenes  Divisoren- 
systemes  (m^)  ansehen,  und  nun  weiter  darlegen,  in  welcher  Weise 
sich  die  im  vorigen  Paragraphen  für  die  Modulsysteme  gefundenen 
Resultate  nun  auf  die  zugehörigen  Linearformen  übertragen  lassen. 
So  sagen  wir  zunächst  von  zwei  Formen 

.Bf  =  m1x1  -f-  m%x%  -f-  •  •  •  +  **»%? 

es  ist  die  zweite  in  der  ersten  enthalten,  wenn  (dv  •  •  •  ds)  ein  Teiler  von 
(«i,  •••  mp)  ist  oder  also,  wenn  die  p  Gleichungen 

ml  =  cfdl  +  c(?di  +  --.  +  cfds 

m*  -  <f  <*i  +  4X  +  •  •  •  +  <t?*t 


mu  -  <f  ^  +  W,  +  •  '  •  +  #'4 


mit  ganzzahligen  Koefficienten  cf  bestehen.     Dieser  Definition   kann 
man  jetzt  aber  eine  andere  und  viel  naturgemäfsere  Fassung  geben. 


152  Zwölfte  Vorlesung. 

Multipliciert  man   nämlich  die  Ausdrücke  rechts  und  links  der  Reihe 
nach  mit  xl9  o^7  •  •  •  x^  and  addiert,  so  ergiebt  sich 

M=mlx1-] \-m/txfi  =  (c^)xl'\ h<£SM 

+  -  +  {cfxl  +  ^-+c{f)x)d6J 

d.  L:  es  läfst  sich  die  Form  D  dadurch  in  M  überführen,  dafs  man 
ihre  Unbestimmten  yv  •  •  •  y6  vermittelst  der  Relationen 


durch  homogene  lineare  Funktionen  von  x^-^x^  ersetzt.  Umgekehrt 
ist  leicht  zu  erkennen,  dafs  das  zur  Form  M  gehörige  Divisoren- 
system (m.)  ein  Vielfaches  desjenigen  von  (dj  ist,  sobald  durch  eine 
solche  Substitution  für  yv  •  •  •  y6  D  in  M  übergeht.  Hiermit  haben 
wir  nun  eine  tiefere  Einsicht  in  die  Beziehungen  der  Linearformen 
unter  einander  gewonnen,  als  ursprünglich  durch  den  rein  äufserlichen 
Zusammenhang  derselben  mit  den  entsprechenden  Divisorensystemen 
erzielt  wurde,  und  haben  gleichzeitig  für  die  Begriffe  der  Teilbarkeit 
und  Äquivalenz  von  Formen  eine  immanente  Definition  gefanden: 

„Eine  Form  M  ist  dann  und  nur  dann  ein  Vielfaches  einer 
anderen  D,  wenn  sie  aus  der  letzteren  durch  eine  ganzzahlige 
homogene  lineare  Substitution  erhalten  werden  kann.  Zwei 
Formen  M  und  N  sind  einander  äquivalent,  wenn  sich  jede  von 
ihnen  durch  eine  derartige  Substitution  in  die  andere  trans- 
formieren läfst." 

Unter  einer  primitiven  oder  Einheits-Form  verstehen  wir  eine  Form 

E  =  m^  +  m^x%  H \-  m^Xp, 

deren  Eoefficienten  relativ  prim  sind,  für  die  das  System  (m1,--mfJ) 
also  der  1  äquivalent  ist.  Eine  solche  ist  eben  vermöge  dieser  ihrer 
Eigentümlichkeit  in  allen  anderen  Formen  enthalten  und  nimmt  daher 
in  ihrem  Gebiete  dieselbe  Stellung  ein,  wie  +1  im  Reiche  der  natür- 
liche Zahlen.  Sie  ist  auch  dadurch  charakterisiert,  dafs  sich  für  ihre 
Variablen  xly  •  •  •  x^  ganze  Zahlen  c^,  •  •  •  a^  angeben  lassen,  die 
ihr  den  Wert  1  geben;  denn  das  schon  mehrfach  benutzte  Eukli- 
dische Verfahren  lehrt  ja  für  jedes  teilerfremde  System  mlf  •  •  •  m^  stets 
li  Zahlen  fl^Oj,---  «^  so  bestimmen,  dafs  die  Gleichung 

a1m1  +  OfcW2  H f-  a^nif,  =  1 


§  3.   Äquivalente  Formen  und  Einheiteformen.  153 

erfüllt  ist.  Ziehen  wir  daraus  die  Konsequenz  für  eine  beliebige 
Linearform  M>  so  dürfen  wir  derselben,  wie  der  Einheitsform  die 
Zahl  1,  den  gröfsten  gemeinschaftlichen  Teiler  d  ihrer  Koefficienten 
zuordnen  und  sie  diesem  in  gewissem  Sinne  äquivalent  setzen.  Schreibt 
man  nämlich 

M  =  m1xl  + h  Mfi%ii  =  d(mlxl  + \-  mhx^) 

und  beachtet,  dafs  mlf-fhfi  jetzt  keinen  Divisor  mehr  gemeinsam 
haben,  so  besteht  die  Gleichung 

M  =  d   E, 

und  nehmen  wir  E  ~  1  an,  so  ist 

M  ~  d\ 

dabei  sehen  wir  eine  Form  als  äquivalent  einer  Zahl  an,  wenn  sie  sich 
von  dieser  nur  um  eine  Einheitsform  unterscheidet. 
Ferner  kann,  weil 

d  <^>  (mu  m%}  •  •  •  »fy),    m{  =  dm. 

ist,  jede  Form 

M  =  m1x1  +  •  •  •  +  m^Xft, 

auf  die  äquivalente  Form  d  •  y  von  nur  einer  Unbestimmten  reduciert 
werden.  In  der  That  existieren  immer  (i  ganze  Zahlen  a17  •  •  •  ahJ  für 
die  M  den  Wert 

wld1  -f-  M^a^  -f-  •  ■  •  -f"  ^ßat* ss=s  d 

annimmt,  und  aufserdem  geht  die  Form  d  •  y  durch  die  ganzzahlige 
Substitution 

in  die  Form  M,  die  letztere  durch  die  entsprechende  Substitution 

in 
über. 


Dreizehnte  Vorlesung. 

Die  Rationalitätsbereiche.  —  Allgemeine  Theorie  der  Modulsysteme.  —  Allgemeine 
Theorie  der  Formen.  —  Der  gröfste  gemeinsame  Teiler  zweier  Divisorensysteme. 
—  Die  Komposition  der  Modulsysteme.  —  Anwendungen.  —  Die  Verallgemeinerung 

des  Fermatschen  Theoremes. 

§  i. 

Wir  wenden  uns  jetzt  jener  Erweiterung  unseres  Forschungs- 
gebietes zu,  auf  die  wir  am  Schlüsse  des  §  2  der  vorigen  Vorlesung 
hindeuteten. 

Es  sei  9t  eine  vorgelegte  unbestimmte  Gröfse.  Verbinden  wir 
diese  dann  mit  sich  selbst  auf  alle  möglichen  Arten  durch  die  elemen- 
taren Rechnungsoperationen  der  Addition,  Subtraktion,  Multiplikation 
und  Division,  so  gelangen  wir  zu  einem  Bereiche  von  Gröfsen,  der 
insofern  vollkommen  in  sich  abgeschlossen  ist,  als  seine  Individuen 
sich  stets  durch  die  genannten  Operationen  reproducieren.  Sind 
nämlich  <&(9t)  und  W($l)  irgend  welche  Elemente  jenes  Bereiches,  so 
gehören  ja  auch 

demselben  Bereiche  an,  das  letzte  mit  der  ein-  für  allemal  festzuhalten- 
den Maßgabe,  dafs  Wffi)  nicht  gleich  0  sein  darf. 

Die  Gesamtheit  aller  so  entstehenden  Gröfsen  soll  der  durch  9t 
konstituierte  Rationalitätsbereich  heifsen  und  mit  (9t)  bezeichnet  werden. 
Offenbar  gehören  ihm  zunächst  alle  Potenzen 

1,  «,  9t*,      -9t», 

an,  die  erste  derselben,  weil  1  =  ~  ist,  und  da  jede  von  diesen  mit 

sich  selbst  oder  mit  einer  anderen  durch  beliebig  oft  wiederholte  Ad- 
dition und  Subtraktion  zusammengesetzt  werden  kann,  so  folgt  dasselbe 
auch  für  sämtliche  ganze  Funktionen  von  91 

/"(»)  =  «o  +  «i*  +  '  *  '  +  "mW1, 


§  1.   Die  Rationalitätsbereiche.  155 

deren  Koefficienten  beliebige  positive  oder  negative  ganze  Zahlen  sind. 
An  sie  schliefsen  sich  endlich  noch  alle  rationalen  gebrochenen  Funk- 
tionen 

in  denen  a09-  -  -  Om  und  60,  •  •  •  bH  wiederum,  wie  stets  im  folgenden, 
ganze  positive  oder  negative  Zahlen  bedeuten. 

Auf  der  anderen  Seite  ist  ohne  weiteres  klar,  dafs  (9t)  aufser  den 
angegebenen  keine  neuen  Gröfsen  mehr  enthalten  kann;  denn  wenden 
wir  auf  irgend  zwei  rationale  Funktionen  unseres  Bereiches 


*■<*>-*$»  *iw-£8| 


nochmals  die  vier  der  Voraussetzung  nach  gestatteten  Rechenoperationen 
an,  so  läfst  sich  das  Resultat  immer  wieder  auf  die  Form  einer  ratio- 
nalen gebrochenen  Funktion  mit  ganzzahligen  Koefficienten  bringen. 
Damit  ist  der  Satz  bewiesen: 

„Der  Rationalitätsbereich  (9t)  umfafst  alle  rationalen  Funktionen 
von  9t  mit  ganzzahligen  Koefficienten  und  nur  diese/' 

Allerdings  könnten,  wie  beiläufig  bemerkt  werden  mag,  auch  die  ratio- 
nalen Funktionen 

F(m  _  «o +  «!«  +  •  •■•  +  «»*" 

• 

mit  gebrochenen  Koefficienten  hinzugenommen  werden;  doch  würde 
man  dann  sofort  imstande  sein,  sie  durch  Multiplikation  mit  dem 
Generalnenner  von  a0,  •  •  •  a™,  /30,  •  •  •  ßn  in  Funktionen  der  vorher  be- 
trachteten Art  umzuwandeln. 

Da  sich  somit  alle  Gröfsen  des  Rationalitätsbereiches  (91)  als 
Quotienten  ganzer  ganzzahliger  Funktionen  beliebigen  Grades  von 
91  darstellen,  so  dürfen  wir  uns  bei  der  Untersuchung  auf  die  letzteren 
allein  beschränken,  analog,  wie  die  Theorie  der  rationalen  Brüche  in 
jener  der  ganzen  Zahlen  mit  inbegriffen  ist. 

Auch  die  ganzen  ganzzahligen  Funktionen 

/•(9t)  =  a0  +  ^9*  H f-  o»  ab- 
bilden einen  in  sich  abgegrenzten  Bereich,  dessen  Elemente  sich  durch 
Addition,  Subtraktion  und  Multiplikation,  nicht  aber  durch  die  Division, 
wieder  erzeugen.  Wir  haben  hier  ein  Teilgebiet  von  (9t)  und  wollen 
dasselbe  zur  Unterscheidung  von  jenem  den  zu  9t  gehörigen  Intepritäts- 
bereich  nennen  und  durch  [9t]  bezeichnen.  Wird  speziell  die  unbe- 
stimmte Gröfse  9t  gleich  1  gewählt,  so  fallt  der  Rationalitätsbereich  (9t) 


156  Dreizehnte  Vorlesung. 

mit  dem  der  gewöhnlichen  rationalen  Brüche,  der  Integritätsbereich  [9t] 
mit   dem   der   ganzen  Zahlen  durchaus  zusammen ,   und  man  erkennt 
daraus,  wie  die  neuen  Definitionen  sich  in  konsequenter,  naturgemäfser 
Weise  auf  die  ersten  arithmetischen  Grundbegriffe  aufbauen. 
Es  seien  nun  allgemein 

9T,   9T, .  • .  W-) 

n  beliebige  unbestimmte  Gröfsen,  so  soll  jetzt  der  Gesamtkomplex  aller 
durch  die  erwähnten  elementaren  Rechenoperationen  aus  ihnen  hervor- 
gehenden Ausdrücke  ebenfalls  unter  dem  Namen  des  Rationalitäts- 
bereiches 

(SR',  ar,. . .  rm) 

zusammengefaßt  werden.  Genau  wie  vorher  gehört  dann  demselben 
jede  ganze  ganzzahlige  Funktion  der  Elemente  9t, 


m 


/■(»',  - . .  w»>)  =2*  ckl  *2  ...*.  ®'ki  «"**  •  •  •  w*)kn 


*i,*it  •■•v-* 


an,  so  wie  weiter  auch  jede  gebrochene  rationale  Funktion 

F(9t',  SR",  ■  •  •  ««)  =  **'' ' '  •  ^ , 

in  der  Zähler  und  Nenner  ihrerseits  Funktionen  der  ersteren  Art  sind. 
Auch  hier  ist  damit  der  Umfang  des  Bereiches  erschöpft,  und  es 
gilt  der  Satz: 

„Der  durch  die  Unbestimmten  SR',  •  •  •  SR(w)  konstituierte  Ratio- 
nalitätsbereich umfafst  alle  und  nur  die  rationalen  Funktionen 
von  SR',  •  •  •  SRW  mit  ganzzahligen  Koefficienten." 

Es  ist  endlich  ebenso  leicht  einzusehen,  wie  im  Falle  eines  einzigen 
91,  dafs  man  sich  auf  die  Behandlung  der  ganzen  ganzzahligen  Funk- 
tionen von  9t',  •  •  ■  9t(n)  beschränken  darf  und  dafs  die  letzteren  abermals 
einen  Teilbereich  für  sich  bilden,  dessen  Individuen  sich  nur  durch 
Addition,  Subtraktion  und  Multiplikation  aus  einander  ergeben.  Wir 
nennen  diesen  Bereich  den  zu  91",  91",  ■  •  •  9tW  angehörigen  Integritäts- 
bereich und  bezeichnen  ihn  durch  [91',  91",  •  ■  •  9t(n)]. 


§  2.     . 

Ist  M  irgend  eine  Gröfse  des  Bereiches  [91',  •  •  •  Stw],  so  heifst  ein 
anderes  Element  A  desselben  Integritätsbereiches  teilbar  durch  M  oder 

ein  Vielfaches  dieser  Gröfse,  wenn  der  Quotient  ^  selbst  ganz  ist,  also 

ebenfalls  in  [«',-••  9t<">]  vorkommt.    Es  ist  in  dem  Falle  A  =  CMf 


§  2.   Allgemeine  Theorie  der  Modulsysteme.  157 

und  wir  drücken  auch  hier  diese  Beziehung  unter  Abstraktion  von  dem 
▼ollig  belanglosen  Multiplikator  C  durch  die  Kongruenz 

A  ~  0  (mod  M) 

aus.  Wie  früher  im  Gebiete  der  natürlichen  Zahlen,  gelten  jetzt  für 
den  höheren  Bereich  der  ganzen  Funktionen  beliebig  vieler  Variablen 
alle  über  die  Kongruenz  ausgesprochenen  Sätze  und  Beweise. 

Wir  wollen  jetzt  aber  die  vorher  für  Zahlen  gefundene  Erweiterung 
des  Kongruenzbegriffes  auch  auf  die  hier  betrachteten  Bereiche 
[SR',  SR",  •  •  •  SR(,,)]  übertragen,  wir  werden  dann  sehen,  dafs  dieselben  hier 
nicht  überflüssig,  sondern  für  die  Erkenntnis  der  hier  geltenden  Ge- 
setze unbedingt  notwendig  sind.  Es  seien  also  Ml7  M2J  •  •  •  M^  (i 
ganze  Gröfsen  des  Bationalitatsbereiches  (SR',  •  •  •  SR<*>).  Dann  werden 
wir  entsprechend  alle  diejenigen  seiner  Elemente  A  in  einer  Gruppe 
vereinigen,  welche  in  der  Form: 

A  —  ClMl  +  '--  +  CILUt 

mit  ganzen  Koefficienten  Cif  •  •  •  C^  darstellbar  sind.  Jede  solche  Gröfse 
A  heilst  dann  durch  das  Modulsystem 

teilbar  oder  es  genügt  der  Kongruenz 

A  =  0  (modd  M1}  Mi7 .  -  -  MM). 

Offenbar  erzeugen  sich  auch  die  Gröfsen  A7  die  unser  System  ent- 
halt, samtlich  durch  die  Operationen  der  Addition,  Subtraktion  und 
Multiplikation  und  bilden  insofern  wiederum  einen  in  sich  abge- 
schlossenen Bereich  von  Individuen,  zu  denen  auch  stets  die  0,  sowie 
insbesondere  jedes  der  Elemente  Mly  •  •  •  M^  selber  gehört. 

A  und  Ä  heifsen  kongruent  für  das  Divisorensystem  (Mu  •  •  ■  Jf^), 
wenn  ihre  Differenz  A  —  A'  ein  Multiplum  desselben  ist;  es  vertritt 
daher  hier,  wie  früher,  die  Kongruenz 

A'  ~  A  (modd  Ml}  • .  -  MJ 

eine  Gleichung  von  der  Form: 

A'  =  A+  C.M,  +  •  •  •  +  CßMJi 

ist  A'  selbst  durch  (Mlf  •  •  •  MM)  teilbar,  so  ist  wie  oben 

A*  t=  0  (modd  Mx  •  ■  •  MJ 
zu  setzen. 

Dafs    auch   bei   der   soeben   angegebenen    Verallgemeinerung   des 

Kongruenzbegriffes  die  Axiome  „Jede  Gröfse  ist  sich  selbst  kongruent" 


158  Dreizehnte  Vorlesung. 

und  „Wenn  zwei  Gröfsen  einer  dritten  kongruent  sind,  so  sind  sie  es 
unter  einander"  fortbestehen,  dafs  also  die  Grundbedingungen  aller 
Äquivalenz  erfüllt  geblieben  sind;  bedarf  keiner  näheren  Auseinander- 
setzung. 

Ebenso  wie  man  in  den  Elementen  der  Zahlentheorie  den  ge- 
wöhnlichen ganzen  Zahlen  die  Modulsysteme  (m17  •  •  •  mM)  hinzufügte 
und  mit  ihnen  wie  mit  ganzen  Zahlen  rechnete,  können  wir  es  auch 
in  dem  umfassenderen  Integritätsbereiche  [91',  •  •  •  Sft(n)]  thun,  aber  mit 
dem  wichtigen  Unterschiede,  dafs  jenes  Gebiet  hier  eine  bedeutsame 
und  unbedingt  notwendige  Erweiterung  und  Ergänzung  durch  jene 
Adjunktion  erfährt,  während  dieselbe,  wie  wir  gesehen  hatten,  für  das 
Zahlenreich  keine  Ausdehnung  ergab. 

Es  handelt  sich  zunächst  wieder  darum,  die  alten  Festsetzungen 
und  Ergebnisse  über  ganzzahlige  Modulsysteme  auf  diejenigen  unseres 
jetzigen  Bereiches  zu  übertragen.     Sind  bei  zwei  Modulsystemen 

(M1}  ■  ■  ■  M„),      (A,----D,) 

alle  Glieder  M.  des  ersten  durch  das  zweite  (DJ  teilbar,  bestehen  also 
die  (i  Kongruenzen 

(1)  Mi  e=e  0  (modd  Dt,  •  -  -  DJ  «  =  i,  v    ,), 

so  heilst  (M, .)  ein  Vielfaches  von  (Dk)  oder  das  letztere  ein  Teiler  des 
anderen.     Hieran  knüpft  sich,  wie  früher,  unmittelbar  der  Lehrsatz: 

„Jede  Kongruenz 

(2)  Ä  r_  0  (modd  Mir    •  MJ 

bleibt  bestehen,  wenn  das  System  (Jfcf.)  durch  einen  beliebigen 
seiner  Teiler  (DJ  ersetzt  wird,  d.  h.  es  ist 

A~0  (moddD^.-DJ 

eine  notwendige  Folge  der  ursprünglichen  Kongruenz.  Besteht 
umgekehrt  jede  Kongruenz  für  das  System  (JQ  auch  für  ein 
anderes  (DJ,  so  ist  letzteres  ein  Divisor  von  (-8Q." 

In  der  That  vertritt  ja  die  Kongruenz  (2)  eine  Gleichung 

A  =  Ü.M,  +  -  -  •  +  C„2f„, 

deren  rechte  Seite  durch  (DJ  teilbar  ist,  weil  alle  Gröfsen  Mt ,  •  •  •  Mft 
nach  Voraussetzung  jenes  Divisorensystem  enthalten.  Ist  andererseits 
jede  Kongruenz  modulis  (Mt)  auch  für  das  System  (Dk)  erfüllt,  so 
geht  die  Teilbarkeit  von  (üf.)  durch  (Dk)  direkt  aus  den  fi  Kongruenzen 
(1)  hervor.  —  Speziell  ist  ein  beliebiges  Divisorensystem  (M{)  immer 
ein    Vielfaches    des    Einheitssystemes,    dessen    einziges    Glied    die    1 


§  2.   Allgemeine  Theorie  der  Modalsysteme.  159 

ist.  Fügt  man  den  Gröfsen  Mlf  •  •  •  M^  eines  Systemes  (2kf.)  irgend 
eine  Gröfse  M0  hinzu,  so  ist  das  entstehende  System  (Jf0,  Ml7  •••  JfM) 
allemal  ein  Teiler  von  (Jf.),  wie  die  Gleichungen 


M x  —  0  -  M0  +  1  •  Mx  +  0  •  Mt \-  0  .  M. 


/* 


Jf „  =  0  •  Jlf0  +  0  •  Jf^  + +  1  .  JfM 

lehren. 

„Zwei  Systeme  (Jf.)  und  (Nk)  heifsen  äquivalent,  wenn  jedes 
im  anderen  enthalten  ist;  jede  Kongruenz  modulis  (M.)  bleibt 
für  ein  äquivalentes  Modulsystem  (Nk)  bestehen.  Umgekehrt 
sind  zwei  Systeme  immer  dann  äquivalent,  wenn  jede  Kongruenz 
für  das  eine  auch  für  das  andere  giltig  ist." 

Z.  B.  ist 
.  (219t*  +  149t*  +  491,  79t2  +  391)  -  (39t2  +  591,  291*  —  SR) 

wegen  der  beiden  Gruppen  von  Gleichungen: 

219t8  +  149t2  +  49t  =  (39t2  +  59t)  (391  +  1)  +  (29t*  —  9t)  (691  +  1) 

79t2  +  39t  =  1  (39t2  +  59t)  +  2  (29t2  —  9t) 
und 

39t2  +  59t  =  2  (21 9t8  +  149t2  +  49t)  —  (79t2  +  39t)  (69t  +  1) 

29t2-    9t  =  (219t8+149t2  +  49t)(— l)  +  (79t2  +  39t)(3gt+l). 

„Jede  ein  Modulsystem  (Mly  •  •  •  Mh)  enthaltende  Gröfse  M0 
kann  seinen  Elementen  hinzugefügt  werden,  ohne  es  im  Sinne 
der  Äquivalenz  zu  ändern,  und  andererseits  darf  ein  Element  M0 
aus  einem  Systeme  (üf0,  Ml}  •  •  •  Mh)  ohne  weiteres  weggelassen 
werden,  falls  es  durch  das  aus  den  übrigen  Gliedern  gebildete 
Modulsystem  (Mt,  •  •  •  Mh)  teilbar  ist." 

Denn  ist 
(3)  M0  =  C,  M,  +  C%  M>  +  •  •  •  +  Cß  M„ 

so  ist  offenbar 

weil  die  einzige  auf  der  linken  Seite  hinzugekommene  Zahl  M0  nach 
Voraussetzung  ein  Multiplum  von  (M)  ist  und  somit  die  Glieder  eines 
jeden  der*  beiden  Systeme  das  andere  enthalten.  Dieselbe  Äquivalenz 
giebt  uns  bei  Annahme  der  Gleichung  (3)  die  Berechtigung,  in 
(Jtf0,  Ml,"  Mp)  das  Element  M0  einfach  zu  unterdrücken.  Aus  diesem 
Grunde   sind   sämtliche  Systeme,   in   welchem   die   1    vorkommt,   der 


160  Dreizehnte  Vorlesung. 

Zahl  1  äquivalent,  weil  alle  Gröfsen  Vielfache  derselben  sind,  d.  h.  es 
ist  stets: 

(i,  jf1,...j^,)~(i)~i. 

§3. 

Auch  für  einen  beliebigen  Rationalitätsbereich  kann  man  nun  an 
Stelle    eines  Divisorensystems  (M19  •  •  •  M^  die  zugehörige  homogene 

Linearform 

m  =  xxMx  -f-  •  •  •  +  XpMp 

betrachten,  deren  Koefncienten  M{  die  Elemente  des  Modulsystemes 
sind,  und  auf  diese  alle  Eigenschaften  der  Modulsysteme  übertragen. 
So  erhalten  wir  die  nachstehenden  Sätze: 

„Eine  Gröfse  M  ist  durch  die  Linearform  m  teilbar,  wenn  sie 
das  aus  den  Koefncienten  derselben  gebildete  Modulsystem 
(M1  •  •  •  Mp)  enthalt,  wenn  also  eine  Gleichung 

besteht,  in  der  C19  •  •  •  Ch  irgendwelche  ganze  Gröfsen  des  Be- 
reiches bedeuten," 

oder  anders  ausgesprochen: 

„Eine  Gröfse  M  ist  durch  eine  Linearform  teilbar,  wenn  sie  aus 
letzterer  dadurch  hervorgeht,  dafs  man  den  Variablen  x19  •  •  •  x^, 
geeignete  ganze  Werte  des  Bereiches  beilegt." 

Von  zwei  Formen 

m=x1M1  H \-XfiMp 

ist  die  erste  ein  Vielfaches  der  zweiten,  wenn  ihr  Koefficientensystem 
(M19  -  •  •  MM)  dasjenige  der  andern  (iV^,  ■  •  •  Nv)  zum  Teiler  hat.  Ist 
dies  aber  der  Fall,  bestehen  somit  allgemein  die  Gleichungen 

*=» 

so  überzeugt  man  sich  genau  ebenso,  wie  vorher  bei  Formen  des  natür- 
lichen Zahlenbereiches,  dafs  die  enthaltene  Form  n  durch  eine  lineare 
Substitution  mit  ganzen  Koefncienten 

in  m  übergeführt  werden  kann  und  dafs  umgekehrt  auch  die  zweite 
Beziehung  die  erste  nach  sich  zieht.     D.  h.: 


§  4.   Der  größte  gemeinsame  Teiler  zweier  Divisorensysteme.  161 

„Eine  Linearform  ist  in  einer  anderen  dann  and  nur  dann  ent- 
halten, wenn  sie  durch  eine  lineare  Transformation  ihrer  Un- 
bestimmten mit  ganzen  Koefficienten  in  jene  übergeht." 

Zwei  Formen  sind  äquivalent,  wenn  die  zugehörigen  Modulsysteme  es 
sind,  oder,  was  -dasselbe  ist,  wenn  jede  von  ihnen  ein  Multiplum  der 
anderen  ist.  Das  Kriterium  für  die  Äquivalenz  von  Formen  lautet 
demnach: 

„Zwei  Linearformen  sind  einander  dann  und  nur  dann  äqui- 
valent, wenn  jede  in  die  andere  durch  eine  homogene,  lineare 
Substitution  mit  ganzen  Koefficienten  transformiert  werden  kann." 


§4. 

Unter  einem  gemeinsamen  Teiler  zweier  ganzen  Zahlen  m  und  n 
verstanden  wir  jede  Zahl  d,  die  zugleich  in  m  und  n  enthalten  ist, 
und  zeigten  dann,  dafs  diese  alle  mit  den  sämtlichen  Teilern  einer  be- 
stimmten ganzen  Zahl  d  identisch  sind.  Die  letztere  aber  gehört  selbst 
zu  den  Zahlen  d  und  wurde  deshalb  der  gröfste  gemeinsame  Divisor 
von  m  und  n  genannt.  Wörtlich  dasselbe  Resultat  bekommt  man, 
wenn  man  nach  den  gemeinsamen  Teilern  zweier  Modulsysteme 

fragt;  jedoch  kann  hier  die  Antwort  in  einer  viel  einfacheren  Form 
durch  den  folgenden  Satz  gegeben  werden: 

„Jedes  in  (M)  und  (N)  zugleich  enthaltene  Divisorensystem 
(Dj ,  •  •  •  Dd)  ist  ein  Teiler  des  aus  den  Elementen  von  beiden 
Systemen  (M)  und  (2V)  gebildeten  Systemes 

welches  daher  auch  hier  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  (M ) 
und  (2V)  genannt  wird." 

In  der  That  ist  zunächst  sowohl  (M),  wie  (JV)  ein  Vielfaches  unseres 
Systemes  (Jf,  N),  weil  ja  sämtliche  Glieder  M.  und  Nk  unter  denen 
von  (M,  N)  vorkommen,  also  durch  dasselbe  teilbar  sind.  Anderer- 
seits enthalten  unter  der*  gemachten  Voraussetzung  alle  Gröfsen  M. 
und  NkJ  d.  h.  auch  alle  Elemente  von  (M9  N),  das  System  (Dly  •  •  •  Da), 
und  letzteres  ist  somit  wirklich  stets  ein  Divisor  von  (M,  JV).  So 
wird  z.  B.  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  (28,  42)  und  (21,  63) 

durch 

(28,42,21,63) 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  11 


162  Dreizehnte  Vorlesung. 

dargestellt,  ist  demnach  äquivalent  7,  wie  denn  auch  in  der  That 

(28,  42)  ~  7,      (21,  63)  ~  21, 

und  der  gröTste  gemeinsame  Teiler  von  7  und  21  gleich  7  ist.  Ent- 
sprechend läfst  sich  unsere  Behauptung  für  die  drei  Systeme 

(*»  +  x*  —  bx  +  3,  x*  +  2«»  —  Ix  +  4),  (x*—x,  lx*  +  x*—lx—l) 

und 

(x*  +  x*  —  bx  +  3,  xt  +  2x*  —  7x  +  4,xs  —  x,  lxt  +  x,  —  lx  —  l) 

verificieren.  Bei  Zerlegung  der  Elemente  in  ihre  Linearfaktoren  er- 
giebt  sich 

((x  —  1)*  (x  +  3),  {x  —  1)*  (x  +  4))  ~  (x  —  1)J  (x  +  3,  x  +  4)  ~  (x  —  1)» 
((**  —  l)x,  (x*  —  1)  (7a;  +  1))  ~  (x*  —  1)  (x,  Ix  +  1)  ~  (x*  —  1), 

wahrend  man  sich  durch  direkte  Reduktion  leicht  davon  überzeugt, 
dafs  das  dritte  Modulsystem  äquivalent: 

((x  —  l)1,  (x>  —  1))  ~  (x  —  1)  (*  —  1,  x  +  1)  ~  (x  —  1)  (2,  rr  —  1), 

d.  h.  wirklich  dem  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  von  (x  —  l)2  und 
x?  —  1  äquivalent  ist. 

§5. 

Wir  wenden  uns  nunmehr  zu  der  sogenannten  Komposition  der 
Modulsysteme,  die  wir  als  eine  Verallgemeinerung  der  einfachen 
Multiplikation  auffassen  müssen.     Hierbei  setzen  wir  zwei  Systeme 

(Jf)  -  (Mu  ■  •  •  M„),    (N)  =  (NU...N,) 

zu  einem  dritten  (M)  (N)  zusammen,  dessen  Elemente  aus  den  sämt- 
lichen Produkten 

bestehen,  und  nennen  das  so  gebildete  System  aus  (M)  und  (JV)  kom- 
poniert und  diese  die  Komponenten  von  (M)  (JV).  Dafs  die  so  de- 
finierte Komposition  thatsächlich  eine  richtige  Verallgemeinerung  der 
Multiplikation  ist,  beweist  sofort  der  Spezialfall,  in  welchem  die  Kom- 
ponenten nur  je  ein  Element  M0  und  N0  besitzen,  in  welchem  also  der 
neue  Begriff  mit  dem  der  Multiplikation  zusammenfällt.  Selbstver- 
ständlich ist  auch  hier  das  Kommutationsgesetz  erfüllt,  d.  h.  das  Kom- 
positionsergebnis ist  unabhängig  von  der  Reihenfolge  der  Komponenten 

(M)  (N)  ~  (N)  (M). 
Zunächst  gilt  nun  der  wichtige  Satz: 


§  6.   Die  Komposition  der  Modulsysteme.  163 

„Komponiert    man   zwei   äquivalente   Systeme   mit  einem   und 
demselben  dritten,  so  erhalt  man  wiederum  äquivalente  Systeme." 

Denn  ist 

so  bestehen  die  zwei  Gruppen  von  Gleichungen 

in  denen  die  Koefficienten  C.k  und  C'kl  ganze  Zahlen  sind.  Multipli- 
zieren wir  alle  jene  Relationen  nach  einander  mit  samtlichen  Gliedern 
eines  beliebigen  Modulsystemes  (N)  ■=»  (JV1;  •  •  •  Nv),  so  ergiebt  die  erste 
Reihe  von  Gleichungen  die  Teilbarkeit  von  (M')  (N)  durch  (M)  (N), 
die  zweite  die  Teilbarkeit  von  {M)  (N)  durch  (Jf' )  (N),  beide  zu- 
sammengenommen  ergeben  daher  die  Äquivalenz 

(Ä)  (A)  =  (•  •  •  MkNt . . .)  ~  (JT)  (JV)  —  (■  •  -  M!Nt ....). 

Als  unmittelbare  Folge  aus  dem  vorigen  erhalten  wir  dann  das 
andere  Theorem: 

„Ist 

(Jf)~  (IT)    und    (N)~(N*)9 
so  ist 

(Ä)  (JV)  ~  (JT)  (20," 

denn  eine  zweimalige  Anwendung  des  ersten  Satzes  giebt  uns  die  Aqui- 
valenz  * 

(M)  (N)  ~  (JfcT ')  (N)  ~  ( JT)  (#'). 

Aus  den  letzten  Resultaten,  die  zugleich  eine  Erweiterung  des 
Fundamentaltheorems  „Gleiches  mit  Gleichem  multipliziert  giebt  Gleiches" 
bieten,  erhellt  nochmals  recht  deutlich,  dafs  es  sich  in  der  Komposition 
von  Systemen  um  eine  notwendige  und  naturgemäße  Verallgemeinerung 
der  Zahlenmultiplikation  handelt.  Denn  bei  zwei  ganzzahligen  Modul- 
systemen (mlf  •  •  •  mh)  und  (nv  •  •  •  nr),  die  gewöhnlichen  ganzen  Zahlen, 
nämlich  den  gröfsten  gemeinsamen"  Teilern  ihrer  Elemente  m  und  n 
äquivalent  sind,  ist  ja  stets 

(mly  •  •  •  m^)  (*i,  •  •  •  »J  ~  (•  •  •  w.  nk>  •••)^  ron; 

hier   läuft   demnach    die  Komposition    direkt    auf   die    Multiplikation 

hinaus,  und  genau  ebenso  verhält  es  sich  bei  zwei  Systemen  (Ml7  •  •  •  Mh) 

und  (Nl}  -  •  •  Nr),  falls  jedes  von  ihnen  speziell  einem  solchen  mit  nur 

je  einem  Elemente  M0  und  N0  äquivalent  ist. 

Zum  Abschlufs   dieser  Untersuchungen  wollen  wir  noch  zwei  in 

der  gewöhnlichen  Zahlentheorie  hergeleitete  Ergebnisse  auf  unser  jetziges 

11* 


164  Dreizehnte  Vorlesung. 

allgemeineres  Gebiet  tibertragen,  wo  ihre  Richtigkeit  in  viel  einfacherer 
Weise  nachgewiesen  werden  kann. 

Sind  nämlich  m  und  n  beliebige  ganze  Zahlen,  so  ist  ihr  kleinstes 

gemeinsames  Vielfaches  gleich  -( — - — ,  wenn  (m,  n)  wieder,  wie  früher, 

den  gröfsten  gemeinsamen  Divisor  von  m  und  n  bedeutet,  und  der 
Satz,  dafs  jede  Zahl,  die  sowohl  m,  wie  n  enthält,  auch  durch  deren 

kleinstes   gemeinsames  Multiplum   ,    *  .   teilbar  ist,   läfst  sich  kurz  so 

aussprechen: 

„Ist  l  durch  m  sowohl  wie  durch  n  teilbar,  so  gilt  die  Kon- 
gruenz 

(m,  n)  l  =  0  (mod  m  •  n)" 

Derselbe  Satz  würde  für  Modulsysteme  folgendermafsen  lauten: 

^Ist  ein  System  (L1}  •  •  •  L^)  durch  zwei  andere  (Mly  •  •  •  Mp) 
und  (Nu  •  •  •  Nv)  gleichzeitig  teilbar,  so  ist 

(Mu  ■  •  •  MM,  N19  • .  •  N9)  (Lu  •  • .  Lx)  =  0  (modd(Jf)  (N))a 

Die  Richtigkeit  desselben  ist  hier  aber  ohne  weiteres  klar;  denn  jene 
Kongruenz  kann  auch  so  geschrieben  werden: 

(•  •  ■  MkLi}  •  •  •  NkL.,  •  •  •)  :=  0  (modd  (•••  MhNv  -•-)), 

und  in  dem  links  stehenden  Modulsysteme  enthält  allerdings  jedes 
Element  MhL.  und  NkLt  das  komponierte  System  (J£)  (N),  weil  nach 
Voraussetzung  jedes  L.  sowohl  durch  (M)  als  auch  durch  (N) 
teilbar  ist. 

Ist  ferner  ein  Produkt  In  Multiplum  einer  Zahl  w,  so  ist,  wie 

früher  dargethan  wurde,  n  ein  solches  für  den  Quotienten  -j — ,  oder 

es  ist 

(7,  m)  n  ee  0  (mod  m). 

Wiederum  auf  Modulsysteme  übertragen,  kann  dieser  Satz  folgender- 
mafsen ausgesprochen  werden: 

„Besteht  die  Kongruenz 

(L1}  •  • .  Lx)  (N19  .-NJeeO  (modd  Mu  •  -  •  2f„), 

ist  also  das  Produkt  der  Systeme  (iV)  und  (L)  durch  (Jf)  teilbar, 
so  ist  auch  schon  das  Produkt  aus  (N)  und  dem  gröfsten  ge- 
meinsamen Teiler  von  (L)  und  (M)  durch  (üf)  teilbar,  das 
heifst  aus  der  obigen  Kongruenz  folgt  die  weitere: 

(Lu    ^Lv  M1}  ■ ...  Mß)  (Nl9  •  •  •  N9)  =  0  (modd  Ml7  •  •  -  Jf„).<< 


§  6.   Anwendungen.  165 

Der  Beweis  ist  sofort  erbracht:  In  dem  ausgeführten  Produkte  links 
ist  ja  jedes  Glied  L.  Nk  nach  Voraussetzung  durch  (  Jf)  teilbar,  während 
dieselbe  Eigenschaft  bei  allen  übrigen  Gliedern  MhNh  selbstverständ- 
lich ist. 


.§  6. 

Die  Sätze  über  Modulsysteme,  die  wir  im  vorigen  Abschnitte  ge- 
wonnen haben,  können  nun  in  mannigfacher  und  interessanter  Weise 
benutzt  werden.  Da  wir  uns  dabei  in  späteren  Untersuchungen  haupt- 
sächlich auf  solche  Systeme  beschränken  werden,  deren  Elemente  ganze 
Zahlen  oder  Funktionen  einer  einzigen  Variablen  sind,  so  wollen  wir 
hier  zunächst  noch  eine  ganz  umfassende  Anwendung  unserer  Theorie 
vorführen.  Und  zwar  betrifft  sie  eine  Erweiterung  des  schon  in  der  Ein- 
leitung bewiesenen  kleinen  Fermatschen  Theorems,  nach  welchem  für 
jede  ganze  Zahl  a  und  für  eine  beliebige  Primzahl  p  die  Kongruenz 
besteht: 

op  —  a--zQ  (modp). 

Erhebt  man  die  für  alle  Primzahlen  p  und  beliebige  Variablen 
xi  7 '  '  *  x*  geltende  Kongruenz 

(*i  H H  **)' =  <  H h  <  (mod  p)f 

deren  Richtigkeit  bereits  in  der  zweiten   Vorlesung  S.  16   dargethan 
wurde,  nochmals  zur  p*n  Potenz,  so  ist,  wie  leicht  zu  ersehen, 

(*,  +  •••  +  zf  =«+•••  +  <)p  -  xf  +  •  •  •  +  xf  (modp), 

und  man  gelangt,  indem  man  dieses  Verfahren  r-mal  wiederholt,  zu 
der  allgemeinen  Relation 

(xi  H h  xy    i  xf-\ f-  xf   (mod  p). 

Schreiben  wir  diese  in  der  Form 

und  betrachten  sie  nunmehr  für  das  (v  *f-  l)-gliedrige  Modulsystem 

(p,  *f—  *„-'  xf—  x)  > 

so  kann  die  erste  Summe  auf  der  rechten  Seite  fortgelassen  werden, 
und  die  Kongruenz  geht  in  die  einfachere  über: 


166  Dreizehnte  Vorlesung. 

Pr 


Es  sei  jetzt 


irgend  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  der  Variablen  *n  •  •  •  gQ}  d.  h. 
eine  gange  Grofse  des  Rationalitatsbereiches  (gl9  •  •  •  ^).  Ersetzen  wir 
dann  in  unserer  Kongruenz  jede  der  Gröfsen  xh  durch  einen  der  Tenne 
von  f,  setzen  wir  also  in  beliebiger  Reihenfolge 


jt*  Jt, 


so  wird 

und  wir  werden  nun  zeigen ,  dafs  dieses  Modulsystem  durch  das  ein- 
fachere 

teilbar,  die  Kongruenz  daher  für  letzteres  a  fortiori  erfüllt  ist.    Da  die 
Koefficienten  Ck     k   als  ganze  Zahlen  angenommen  waren,  so  ist  nach 

dem  Fermatschen  Satze 


V 


und  somit  zunächst 


Pr 


~ (p. •  •  • v-^tK1  •  •  •  %)  - §i  • •  •  *?] •  •  •)■ 

Das  letztere  System  ist  aber  ein  Multiplum  von  (p,  •  •  #j —  gp  •  •  ■) ; 
denn  es  sind  ohne  Ausnahme  die  Differenzen  gh** —  #*'  durch  die 
andern  z\  —  z(  teilbar,  es  bestehen  folglich  die  Kongruenzen: 

*/    =  g*  (modd  p}  •  •  '  »t  —  gt ,  •  •  •) , 
und  hieraus  ergiebt  sich  weiter,  dafs  auch  die  Differenzen 


§  6.   Verallgemeinerung  des  Fermatschen  Satzes.  167 

jenes  System  enthalten.  Damit  ist  die  oben  aufgestellte  Behauptung 
bewiesen  und  gleichzeitig  der  Fermatsche  Satz  in  seinem  allgemeinsten 
Umfange  ausgesprochen: 

„Jede  ganze  Gröfse  f(z19  •  •  •  z^)  eines  beliebigen   Rationalitäts- 
bereiches (*!,  •  •'•  zQ)  genügt  der  Kongruenz 

f    =f  (modd  p}  •  •  •  zf —  0l  •  •  -J , 

wo  p  irgend  eine  Primzahl  sein  kann." 

Haben  wir  es  speziell  mit  einem  Rationalitätsbereiche  von  nur 
einer  Variablen  z  zu  thun,  so  reduziert  sich  jene  Kongruenz  auf  die 
folgende: 

(1)  (f(')f=  f(ß)  (modd p,  /-  ,) , 

die  wir  als  Gleichung  in  der  Form  schreiben: 

wo  <p(e)  und  i>{z)  ebenfalls  ganze,  ganzzahlige  Funktionen  von  z  be- 
deuten, und  zwar  ist  dieses  eine  Identität,  die  für  jeden  Wert  von  m 
giltig  ist. 

Wir  wollen  nunmehr  z  so  wählen,  dafs  ar  —  z  verschwindet,  also 
als  eine  der  pT  Wurzeln  der  Gleichung 

z*—  e  —  0. 

Dabei  würde  uns  die  Wurzel  z  =  0  offenbar  wieder  zu  dem  ursprüng- 
lichen Fermatschen  Satze  für  ganze  Zahlen  zurückführen.  Ersetzen 
wir  z  aber  durch  irgend  eine  der  pr  —  1  Wurzeln  der  reduzierten 
Gleichung 

^r-1-i  =  o 

oder  mit  andern  Worten  durch  eine  der  {jf  —  l)toa  Einheitswurzeln, 
so  geht  die  Kongruenz  (1)  in  eine  gewöhnliche  für  den  Modul  p  über, 
nämlich  in  die  folgende 

(1*)  (f  (*))'=  f(*)(modp), 

welche  aussagt,  dafs  die  Differenz  y  —  f  durch  p  geteilt  eine  ganze, 
ganzzahlige  Funktion  jener  Einheitswurzel  ergiebt.  Um  über  diese 
noch  immer  sehr  allgemeine  Kongruenz  näheren  Aufschlufs  zu  erhalten, 
führen  wir  jetzt  für  z  spezielle  Einheits wurzeln  ein,  indem  wir  dabei 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  über  p  verfügen.  Es  sei  zuerst  p 
irgend   eine   Primzahl   von   der   Form   6n  +  17   d.  h.  aus  der  Reihe 


168  Dreizehnte  Vorlesung. 

7,  13,  19,  31,  37,  •  •  •  beliebig  ausgewählt  und  *  =  p  eine  der  'beiden 
primitiven  dritten  Wurzeln  der  Einheit,  etwa 

Srti  _ 

Q=*e     =  cos— +  *sin-^  = g—  - — 

Da  alsdann  p  —  1  =  6n  durch  3  teilbar  ist  und  daher  die  Gleichungen 
qp—1  —  1=0  und  qp  —  q  =  0  erfüllt  sind,  so  besteht  unseren  Re- 
sultaten gemäfs  für  jede  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von  q  die  Kon- 
gruenz 

(f(Q)y  =  f(9)(modp). 

Ist  dagegen  p  =  6n  —  1,  gehört  p  also  der  Reihe  5,  11,  17,  23,  •  •  • 
an,  so  ist  nicht  p  —  1=0  (mod  3),  sondern  erst  p*  —  1  =  0  (mod  3), 
somit  auch  nicht  (P  —  q9  sondern  erst  q^  —  q  =  0.  Folglich  er- 
halten wir,  wenn  wir  in  (la)  z  =  q  und  r  =  2  substituieren,  in  diesem 

Falle 

(f(Q)Y  =  f(9)  (mod  p). 

Lassen  wir  ferner  p  eine  Primzahl  von  der  Form  4n  +  1>  also 
eine  Zahl  der  Reihe  5,  13,  17,  29,  •  •  •  bedeuten  und  wählen  wir  ent- 
sprechend für  z  eine  vierte  Wurzel  der  Einheit,  etwa  i  =  }/—  1,  so 
ist  f  —  i  =  0  und  für  jede  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von  i  oder 
für  jede  ganze  Gröfse  des  Rationalitätsbereiches  (i) 

(f(i)Y  =  f(i)  (mod!)). 

Dem  gegenüber  ist  für  eine  Primzahl  p  =  An  —  1  erst  wieder  ip  —  i 
=  0  und 

(f(i)Y  =  f(i)  (mod  p). 

2ni 


Analog  erhält  man  schließlich  noch,  wenn  co  =  e      eine   fünfte   Ein- 
heitswurzel ist,  die  Kongruenzen: 

(f((o)Y  =f(a)  (mod p)  (n-ioii+i) 

(f(<o)Y  =  /'(©)  (modp)  o,=io*-i) 

und 

(f((o)y  =  f((o)  (mod|>)  d>«  5j.  +  s). 

Es  sei  endlich  allgemein 

Ä   n 

co  =  e 

eine  w16  Wurzel  der  Einheit,  so  dafs  on  =  &ni  —  1  ist,  dann   haben 
offenbar  alle  und  nur  die  Potenzen 


§  6.   Verallgemeinerung  des  Fermatachen  Satzes.  169 


Um 


or  =  en      =  cos  —  2x  +  i  sin  —  2# 

den  Wert  1,  für  die  der  Bruch  —  eine  ganze  Zahl,  für  welche  also 
v  ein  Vielfaches  von  n  ist.     Bilden  wir  nun  die  Reihe  der  Potenzen 

W,   CO  ,    ttt    ,  •  •  •  G3     •  -  •  > 

wo  p  eine  beliebige  in  n  nicht  enthaltene  Primzahl  bedeutet,  so  stellen 
sie  uns  wegen  der  (Jleichung 

v) = (.-/-,  i .    •■■■•■■  • 

samtlich  nte  Wurzeln  der  Einheit  dar;  diese  müssen  sich  jedoch,  da  die 
Gleichung  ©"  =  1   nicht  mehr  als  n  Wurzeln  haben  fy&nn,  immer  in 

bestimmter  Folge  wiederholen.  Angenommen  es  sei  m.  diejenige 
Potenz,  die  zuerst  in  der  Reihe  wiederkehrt,  es  sei  also  etwa 

so  folgt  hieraus 

ar  =  1; 

nach  dem  oben  Gesagten  mufs  daher  der  Exponent  ^(jf  —  1),  mithin, 
weil  p  zu  n  relativ  prim  ist,  auch  pr  —  1  selbst  durch  n  teilbar  sein« 
Ist  aber  umgekehrt. r  der  kleinste  Exponent,  für  den  pr=l  (mpdn) 
ist  oder  gehört,  wie  wir  später  sagen  werden,  die  Primzahl  p  modulo  n 

zu   dem  Exponenten  r,  so  ist  schon  o  =  ©  ,  und  es  sind  demnach 

die  Potenzen  co}  af}  •  •  •  cor  alle  von  einander  verschieden.  Es  gilt 
dann  für  irgend  eine  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von  a>  auf  Grund 
unserer  allgemeinen  Kongruenz  die  besondere: 

(f(m)Y  =  /■(»)  (mod  p). 

Der  entsprechende  Satz,  der  gleichzeitig  eines  der  wichtigsten  Theoreme 
aus  der  Lehre  von  den  Kreisteilungsgleichungen  in  sich  schliefst,  lautet: 


„Ist  <d  =  e  eine  nte  Einheitswurzel  und  p  eine  beliebige  in  n 
nicht  enthaltene  Primzahl,  so  besteht  für  jede  ganze,  ganz* 
zahlige  Funktion  /*(&)  die  Kongruenz 

wo  p  modulo  n  zum  Exponenten  r  gehört,  d.  h.  r  den  kleinsten 
Exponenten  bedeutet,  für  den  ff  =  1  (mod  n)  ist." 


Vierzehnte  Vorlesung. 

Der  Rationalitätsbereich  von  einer  Veränderlichen.  —  Das  Euklidische  Verfahren 
zur  Bestimmung  des  gröfsten  gemeinsamen  Teilers  für  diesen  Bereich.  —  Die 
Modulsysteme   erster   und  zweiter  Stufe.   —   Beispiele.   —  Beine  und  gemischte 

Modulsysteme  zweiter  Stufe. 

§  i. 

Wie  bereits  in  der  letzten  Vorlesung  angedeutet  wurde,  wollen 
wir  die  Betrachtung  im  folgenden  fast  ausschliesslich  auf  die  ganzen 
Zahlen  und  ganzen,  ganzzahligen  Funktionen  einer  einzigen  Variablen 
beschränken  und  nur  dann,  wenn  die  Darstellung  sich  wesentlich  dadurch 
vereinfacht,  solche  von  mehreren  Veränderlichen  heranziehen.  Wir 
werden  uns  demgemäfs  auch  von  jetzt  an  nur  mit  den  jenem  Bereiche 
angehörenden  Modulsystemen  beschäftigen  und  stehen  nun,  da  die  Unter- 
suchung  der  ganzzahligen  Systeme  (m1?  •  •  •  mM)  schon  früher  erledigt 
worden  ist,  vor  der  Aufgabe,  auf  die  Divisorensysteme 

näher  einzugehen,  deren  Elemente  beliebige  ganze,  ganzzahlige  Funk- 
tionen einer  Variablen  x  sind. 

Schon  hier  werden  wir  deutlich  erkennen,  dafs  die  HinzufBgung 
der  Modulsysteme  wirklich  eine  zweckmäfsige  und  notwendige  Er- 
weiterung unseres  Gebietes  bedeutet,  und  zugleich  wird  uns  die  Be- 
deutung dieser  besonderen  Systeme  geeignete  Beispiele  für  die  Ver- 
wertung der  allgemeinen  Divisorensysteme  von  beliebig  vielen  Variablen 
bieten. 

Zunächst  handelt  es  sich  auch  hier  wieder  darum,  den  gröfsten 
gemeinsamen  Teiler  zweier  Individuen  unseres  Bereiches,  also  von 
irgend  zwei  ganzen,  ganzzahligen  Funktionen  /)(#)  und  f%(x)  zu  be- 
stimmen, und  zwar  handelt  es  sich  dabei  nur  um  die  Reduktion  des 
Modulsystemes 

das  ja  jenen  Divisor  repräsentiert,  auf  ein  äquivalentes  von  möglichst 
einfacher  Form.  Dieses  geschieht  durch  eine  Methode,  die  dem  Eukli- 
dischen Verfahren   zur  Aufsuchung  des  gröfsten  gemeinsamen  Teilers 


§  1.  Der  Rationalitatsbereich  von  einer  Variablen.  171 

zweier  Zahlen  Wj  und  tn^  sehr  nahe  verwandt  ist,  nur  dafs  es  im  all- 
gemeinen nicht,  wie  im  Falle  der  Zahlen,  gelingt,  das  System  auf  ein 
solches  von  nur  einem  Gliede  zurückzufahren. 

Ganz  analog,  wie  das  Modulsystem  (m1}  m,)  zuerst  durch  ein 
anderes  (mlf  iw^,  ro3)  ersetzt  werden  konnte,  in  welchem  m^  <  m^  ist, 
kann  man  dem  Systeme  (fu  f2)  ein  neues  Element  fs  hinzufügen,  dessen 
Grad  niedriger  ist,  als  der  der  Funktion  ft.  Hat  man  nämlich  die  Be- 
zeichnung so  gewählt,  dafs  ft(x)  von  höherem  Grade  als  f%(x)  ist,  so 
ergiebt  die  Division  von  ft(x)  durch  f%(x)  eine  Gleichung 

(1)  fi(x)  =  q(x)f>(x)  +  r(x), 

in  der  q(x)  und  r(x)  ganze  Funktionen  sind,  und  der  Grad  von  r(x) 
•  kleiner  ist,  als  der  von  f2(x).  Es  ist  aber  wohl  zu  beachten,  dafs  q(x) 
und  r(x)  für  gewöhnlich  gebrochene  Koefficienten  besitzen  und  daher 
nicht,  wie  im  früheren  Falle  die  entsprechenden  Zahlen,  ganze  Gröfsen 
des  Bereiches  sein  werden,  wie  das  in  der  That  sofort  eintritt,  wenn 
der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  von  f*{x)  in  dem  von  ft(x) 
nicht   enthalten    ist.     Wir  setzen   deshalb  q(x)  und  r(x)  in  die  Form 

f(«)-*®,    r(*)-— £« 

wo  jetzt  g^{x)  und  f5(x)  ganze,  ganzzahlige  Funktionen  von  x  sind 
und  nx  eine  geeignete  Zahl  bedeutet.  Wir  wählen  dieselbe  von  vorn- 
herein als  die  kleinste  positive  Zahl,  die  zu  unserer  Darstellung  aus- 
reicht, d.  i.  offenbar  gleich  dem  kleinsten  gemeinsamen  Vielfachen  aller 
in  q(x)  auftretenden  Koefficientennenner.  Die  Gleichung  (1)  verwandelt 
sich  dann  in  die  andere 

und  diese  sagt  aus,  dafs  die  ganze,  ganzzahlige  Funktion  fs(x),  deren 
Grad  niedriger  ist  als  der  von  />(#),  durch  das  Modulsystem  (fl}  ft) 
teilbar  ist  und  somit,  ohne  es  im  Sinne  der  Äquivalenz  zu  ändern,  zu 
demselben  hinzutreten  kann;  wir  erhalten  also  die  Äquivalenz: 

(fu  ft)  ~  (fu  ft»  ft)- 

Wenden  wir  nunmehr  weiter  das  gleiche  Verfahren  auf  f%(x) 
und  fi(x)  an,  so  ergiebt  sich  eine  neue  Äquivalenz 

(fu  ft,  f»)  ~  (fu  ft,   ft,  f<), 

in  welcher  der  Grad  von  fA  wiederum  kleiner  ist  als  der  von  f%}  und 
schreiten  wir  in  derselben  Weise  fort,  so  müssen  wir  schliefslich,  da 
der  Grad  der  Funktionen  f\,  f\,  f3y  •  •  •  beständig  abnimmt,  zu  einer 
Funktion  fy  gelangen,  die  in  der  nächst  vorhergehenden  /V-i  multipli- 


172  Vierzehnte  Vorlesung. 

ziert  mit  der  entsprechend  wie  oben  gewählten  Zahl  w„_i  ohne  Rest 
aufgeht.  -  D.  h.  wir  erhalten  das  folgende  System  von  Gleichungen : 

.«i/i  ~  9*f%  +  U  =  ° 
n%f%  —  ft/i+Ä  — ° 


Hr-ifv-l  g9f9  =  0, 


bei  dem  fl9  fSj  •  •  •  fy  ganze,  ganzzahlige  Funktionen  sind,  deren  jede 
von  höherem  Grade  ist  als  die  unmittelbar  folgende,  und  wo  nt}  •  •  •  nr_i 
ganze  Zahlen  von  der  oben  angegebenen  Beschaffenheit  bedeuten.  Die 
Relationen  sprechen  zugleich  aus,  dafs  jede  Funktion  der  Reihe  dem 
Divisorensysteme  (flf  f2)  unbeschadet  der  Äquivalenz  hinzugefügt  werden 
kann,  dafs  also 

<fi,tö~(fufn,  &,-••/*) 

ist.  Wir  können  die  Gleichungen  endlich  noch  als  Kongruenzen 
schreiben  und  erhalten  auf  diese  Art  zwei  Gruppen  von  solchen: 

/j  =  0(modd  f1}ft) 

fA  ~  0  (modd  f%,  ft) 

(«J  


1.3) 


f,-i  =  Q  (modd/;_s,  /*,_2) 

fy  =  0    (mOdd  fy-  ,,    fy-i) 

«,/;  =  ()  (modd/,,  fs) 
fitf,  =  0  (modd  /"„  ft) 

th-tfy-i  =  0  (modd  /',_!,  /',) 

tty-lfy-l  =  0    (mod  fy). 


Die  erste  Gruppe  lehrt,  dafs  jedes  der  Elemente  f1}  f%}  /i,  •.••/»  d*s 
aus  den  beiden  vorhergehenden  gebildete  Modulsystem  enthält,  die 
zweite,  dafs  das  Produkt  aus  einem  Elemente  und  einer  bestimmten 
ganzen  Zahl  stets  durch  das  aus  den  beiden  folgenden  bestehende 
System  teilbar  ist.  Aus  den  Kongruenzen  (2)  geht  ferner  hervor,  dafs 
ein  Divisorensystem  (fi}  /i+ 1)  immer  ein  Vielfaches  des  nächst  vorher- 
gehenden (fi-i,  fi)  ist,  sowie  dafs  überhaupt  ein  System  (fif  £_i) 
jedes  andere  (fh,  /a_i)  enthält,  falls  nur  h  <  i  ist.  Mithin  ist  auch 
unter  derselben  Bedingung  eine  Funktion  /}  selbst  Multiplum  von 
(fh,  /a— i),  und  hieraus  folgt  speziell  die  Kongruenz 

/;  =  o  (modd/;,  /;). 


§  1.   IJie  Erweiterung  des  Euklidischen  Verfahrens.  173 

Multipliziert  man  die  vorletzte  Kongruenz  von  (3)  mit  »„_i  und 
beachtet  dabei,  dafs  nr_i/i,_i  =  0  (mod/*,)  ist,  so  vereinfacht  sie  sich  zu 

(4)  rt,_i n„_2/;_2  =  0  (mod  /*„). 

Ebenso  erhält  man,  wenn  man  die  drittletzte  Kongruenz,,  mit  n,— i4i,jl'i 
erweitert,  unter  Benutzung  des  eben  gewonnenen  Resultates  das  neue: 

wr_inv_2»»_s/V-s  =  0  (mod/V), 

und    durch   analoges   Weiterschliefsen   ergiebt   sich   zuletzt   die   nach- 
stehende Reihe  von  Kongruenzen; 

n^ttj  • . .  nv^%n^ifx  =  0  (mod  fw) 

n^  •  -  •  n*-.tnv-if%  =  0  (mod  fv) 

(5)  na  •  •  •  w,_2w,_i/b  =  0  (mod /;) 


nr-inr-ifr-t  =  0  (mod  /;) 
»„_!/;_!  =  0  (mod  /;). 

Man  erkennt  so,  dafs  hier  gewöhnlich  nicht,  wie  in  der  Lehre  von  den 
ganzen  Zahlen,  die  Äquivalenz  (/j,  /"2)~/V  besteht,  denn  obwohl  die 
eine  dazu  nötige  Bedingung 

/•/=0(modd  fx,f%) 

erfüllt  ist,  müfste  doch  andererseits  auch  notwendig  ft  sowohl  in  fly  wie 
in  /j  enthalten  sein,  während  diese  Funktionen  nach  (5)  erst  durch 
Multiplikation  mit  den  Zahlen  nt  >  •  nv^i,  bezw.  n^  •  •  •  nr_i  durch 
/V  teilbar  werden.  Jene  Koefficienten  nt  •  ••  •  nv— i  und  n8  •  •  •  nr^x 
werden  nun  im  allgemeinen  nicht  die  kleinsten  Multiplikatoren  sein, 
welche  die  Teilbarkeit  von  f'x  und  f%  durch  f9  bewirken.  Wir  denken 
uns  daher  eine  entsprechende  Reduktion  vorgenommen,  und  es  seien  sx 
und  s$  die  kleinsten  dazu  ausreichenden  Zahlen;  dann  können  wir  das  Ge- 
samtergebnis der  bisherigen  Untersuchungen  folgendermafsen  aussprechen: 

„Sind  fx  und  f%  zwei  beliebige  ganze,  ganzzahlige  Funktionen 
von  x,  so  kann  man  stets  durch  successive  Division  eine  dritte 
Funktion  fv(x)  derselben  Art  und  weiter  zwei  ganze  Zahlen  sx 
und  £2  so  bestimmen,  dafs 

6)  U  =  0  (modd  /i,  Q,  7)  Slfx  =  s%fi  ^l  0  (mod  /;) 

ist." 

Die  Funktion  fy  ist  dann  und  nur  dann  der  gröfste  gemeinsame  Divisor 
von  /i  und  fif  wenn  sowohl  si9  als  auch  $3  gleich  1  ist.     Andernfalls 


174  Vierzehnte  Vorlesung. 

kann  fr  in  dem  von  uns  definierten  Sinne  nicht  mehr  als  solcher  gelten. 
Ist  nämlich 

*tfi  =  f*<P\>    hf*  =  /»9>s> 

wo  qpt  und  <pt  ganze  Gröfsen  unseres  Bereiches  sind,  so  ist 

und  st  kann  sich  nicht  gegen  die  Koefficienten  von  <pt  oder  %  gegen 
die  von  <p%  fortheben,  da  sie  ja  als  die  kleinsten  Zahlen  angenommen 
wurden,  für  die  die  betreffende  Kongruenz  erfüllt  ist. 

Betrachtet  man,  wie  es  auch  Gaufs  gethan  hat,  jede  ganze  Funk- 
tion  von   x,   auch   wenn   sie   gebrochene  Zahlenkoefficienten   besitzen 

sollte,  als  ganze  Gröfse  des  Bereiches,  so  sind  die  Quotienten  —  und  — 

ebenfalls  als  solche  anzusehen,  und  dann  ist  allerdings  f,  der  gröfste 
gemeinsame  Teiler  von  fx  und  /,;  d.  h.  es  stimmen  alsdann  die  für 
ganze  Funktionen  abzuleitenden  Resultate  wortlich  mit  denen  für  ganze 
Zahlen  überein.  und  ein  beliebiges  Modulsystem  unseres  Gebietes  lädst 
sich  stets  anf  ein  äquivalentes  L  nnr  einem  Elemente  zurückfahren. 
Die  Entwicklung  der  höheren  Zahlentheorie  in  unserer  Zeit  hat  jedoch 
gezeigt,  dafs  die  obige  Auffassung  nicht  die  zweckmafsige ,  ist,  dafs 
vielmehr  die  Koefficienten  einer  Funktion  sehr  wohl  berücksichtigt 
werden  müssen;  wir  werden  deshalb  auch  an  dem  bereits  ausge- 
sprochenen Ergebnisse  festhalten. 

Im  Anschlüsse  an  dasselbe  nehmen  wir  jetzt  eine  wichtige  Ein- 
teilung der  allgemeinen  Modulsysteme  in  zwei  Klassen  vor  und  zwar 
unter  dem  folgenden  Gesichtspunkte: 

„Diejenigen  Divisorensysteme  (fi(x),  •  •  •  /**(#))  von  beliebig 
vielen  Elementen,  die  einem  Systeme  (/*(#))  von  nur  einem 
Element  äquivalent  sind,  sollen  Modulsysteme  erster  Stufe  oder 
ersten  Banges,  alle  diejenigen,  bei  denen  solches  nicht  stattfindet, 
Modulsysteme  zweiter  Stufe  oder  zweiten  Ranges  genannt  werden." 

Ein  Modulsystem  (/i,  •  •  ■  /V)  ist  demnach  dann  und  nur  dann  von  der 
ersten  Stufe,  wenn  sich  eine  ganze  Gröfse  f(x)  so  angeben  läfst,  dafs 
die  Kongruenzen 

fx=ft  =  ..-  =  f9—.0(mo&f) 

/-EEE0(modd/i,.../;) 
gleichzeitig  erfüllt  sind;  denn  nur  in  dem  Falle  ist 

<fl,  -  ■ '  fr)  ~  tn- 


§  1.   Die  Modulsysteme  enter  und  zweiter  Stufe.  175 

So  ist  z.  B.  (3a:  —  3,  a;*  —  1,  3?  -+-  x  —  2)  ein,  Modalsystem  erster 
Stufe,  nämlich  äquivalent  x  —  1,  denn  es  ist  einmal 

3x—  3  —  3(*  —  1),  .r*-l— (*+!)(*— 1),  x*+x— 2=(x+2)(x—  1) 

und  dann  auch 

x  —  1  —  (x*  +  x  —  2)  —  (x*  —  1). 

Dagegen  ist  jedes  System  von  der  Form 

(m,  x  —  n), 

wo  m  >  1  ist,  sicher  sin  solches  zweiten  Ranges,  denn  es  existiert 
keine  von  1  verschiedene  ganze  Zahl  oder  ganze  Funktion,  die  in 
beiden  Elementen  zugleich  enthalten  sein  könnte,  und  andererseits  ist 
leicht  einzusehen,  dafe  ein  derartige«,  Dmsorensystem  auch  niemals 
der  1  äquivalent  sein  wird.    In  der  That,  wäre 

(m,  x  —  n)  ~  1, 

so  liefsen  sich  stets  zwei  ganze  Gröfsen  <p(x)  und  i>(x)  des  Bereiches 
so  bestimmen,  dafs  die  Relation 

1  =  nfty(x)  -f-  (x  —  ri)1>(x) 

identisch  erfüllt  ist.    Dieses  würde  aber  für  x  =  «  zu  der  unmöglichen 

Gleichung  fahren 

.1  =  wy(n), 

wo  ?(*)  eine  ganze  Zahl  ist. 

Wir  wollen  das  in  diesem  Paragraphen  enthaltene  Verfahren  zu 
einer  eventuellen  Reduktion  eines  Modulsystemes  (f\ ,  f%)  nun  auch  noch 
durch  einige  Beispiele  erläutern.     Für 

£(*)  —  a6  +  5*»  +  6*  +  l,    fi(x)  =  2ot*  +  2x+  1 
bekommen  wir: 

2(a*  +  5s»  +  5a;+l)  —  (2x>  +  2x+l)(x*  +  4)  +  a?  —  2x  +  2  —  0 

2x^  +  2x  +  l  —(a*  —  2x  +  2)(2x  +  4)  —  (6x—l)      =  0 

36(s*  —  2x  +  2)  —  (6x  —  7)(6*  —  5)  —  37  =0, 

und  somit  ist 

fr  =  37; 

die  allgemeinen  Gleichungen  6)  und  7)  lauten  hier: 

37(^  +  5^  +  5*+ l)EHO(mod37),    37 (2a8  +  2x  +  1)  =  0  (mod 37) 

und 

37  =  0  (modd  x*  +  5ar>  +  bx  +  1,    2rr>  +  2x  +  1), 

von  denen  aber  nur  die  letzte  Gleichung  etwas  neues  besagt.  Es  be- 
steht danach  die  Äquivalenz: 


176  Vierzehnte  Vorlesung. 

(*»  +  bx*  +  bx  +  1,  2ar»  +  2x  +  1) 
~  (a* -f- öar"  +  6a;  +  1,  2ar»  + 2a; +  1,37). 

Für  das  einfachere  System  (x*  -f-  a;  +  1 ,  2a;  +  1)  ergiebt  sich 

3(a?  +  a;  +  1)  =  0  (mod  3),   3(2a;  -f  1)  =  0  (mod  3) 

3  =  0  (modd  x»  +  x  -f  1,   2a;  +  1) 
und  endlich 

(a?  +  x  +  1,   2a-  +  1)  ~  (x*  +  a;  +  1,  2a;  +  1,   3). 

Die  letztere  Äquivalenz  ermöglicht  in  diesem  Falle  in  der  That  eine 
weitere  Reduktion.    Da  nämlich 

2x  +  1  =  —  (x  —  1)  +  Sx=  —  (#—  1)  (mod  3) 

ist,  kann  x —  1   dem  Systeme  hinzugefügt  und  das  Element  2x  +  1 
dafür  gestrichen  werden;  aufserdem  kann  man  auf  Grund  der  Relation 

#*  +  x  + .  1—  (x  —  l)(x  +  2)  +  3  =  0  (modd  3,  x  —  1) 

auch  das  erste  Glied  x*  -f~  #  -f-  1  fortlassen,  sodafs 

(**  +  #  +  i;  2a;  +  1) 

schlief slich  in  (3,  x  —  1)  übergeht. 

Die  Modulsysteme  zweiter  Stufe,  die  sich  hier  zum  ersten  male 
der  Untersuchung  darbieten,  unterscheiden  wir  zunächst  folgender- 
mafsen  in  reine  und  gemischte  Systeme: 

„Ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe 

(fi,.  V„  •••/;) 

ist  ein  solches,  dessen  Glieder  nicht  sämtlich  einen  und  den- 
selben Divisor  erster  Stufe  enthalten,  also  nicht  alle  durch 
dieselbe  ganze  Gröfse  f{x)  teilbar  sind.  Besitzen  dagegen  die 
Elemente  einen  gemeinsamen  Teiler  f(x)}  so  haben  wir  ein  ge- 
mischtes Modulsystem  zweiter  Stufe;  freilich  darf  dann  f(x) 
nicht  auch  seinerseits  ein  Vielfaches  des  Systemes  (/i,-*-/r) 
sein,  weil  letzteres  sonst  äquivalent  f(x)  wäre  und  nicht  von 
der  zweiten  Stufe  sein  würde." 

In  (3,  x  —  1)  haben  wir  z.  B.  ein  reines,  in 

.     (3(s»  +  1),  (*  -  1)  (*»  +  1)) 

ein  gemischtes  Modulsystem  zweiter  Stufe. 


Fünfzehnte  Vorlesung. 

Die  reinen  Divisorenaysteme  erster  Stufe  oder  die  ganzen  ganzzahligen  Funktionen.  — 
Ihre  Zerlegung  in  irreduktible  Faktoren.  —  Beweis  der  Eindeutigkeit  dieser  Zer- 
legung. —  Hilfssätze. 

§1.. 

In  den  nächsten  Vorlesungen  wollen  wir  die  Modulsysteme 
(Ft(x),  •  •  •  Fpix))  in  genau  derselben  Art  in  ihre  einfachsten  Bestand- 
teile zerlegen,  wie  wir  dies  im  Anfange  dieser  Vorlesungen  für  die 
ganzzahligen  Modulsysteme  (m19  «w2,  •  •  •  mh)  oder,  was  dasselbe  ist,  für 
die  ihnen  äquivalenten  ganzen  Zahlen  d  gethan  haben.  Den  einfachsten 
Fall  erhalten  wir  hier,  wenn  wir  annehmen,  dafs  das  zu  untersuchende 
Modulsystem  von  der  ersten  Stufe,  dass  also 

(F1(x)>Fi(x),---Ffl(x))^F(x) 

ist,  wo  F(x)  eine  beliebige  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von  x  be- 
deutet, und  mit  dieser  Frage  wollen  wir  uns  zunächst  beschäftigen. 

Wir  stellen  uns  jetzt  also  ebenso,  wie  in  der  elementaren  Zahlen- 
theorie, die  Aufgabe,  eine  vorgelegte  ganze  Gröfse  des  Bereiches,  d.  h. 
eine  ganze,  ganzzahlige  Funktion 

F(x)  =  c0  +  cxx  H f-  cHxn 

in  ihre  irreduktiblen  Faktoren  zu  zerfallen,  und  zwar  ist  diese  Auf- 
gabe auch  hier  eine  doppelte:  Wir  haben  erstens  zu  zeigen,  dafs  jene 
Zerlegung  durch  eine  endliche  Anzahl  von  Versuchen  geleistet  werden 
kann  und  dann  zweitens  nachzuweisen,  dafs  sie  nur  auf  eine  einzige 
Art  möglich  ist.  Zunächst  hat  man  den  gröfsten  Zahlenfaktor  m,  der 
etwa  in  F(x)  enthalten  ist,  aufzusuchen.  Derselbe  ist  offenbar  als 
grofster  gemeinsamer  Divisor  der  Koefficienten  c  durch  die  Gleichung 

w  =  (c0,  c1,.--cn) 

gegeben  und  danach  auf  bekannte  Weise  leicht  zu  bestimmen.  Ist 
sodann  m  in  der  Form 

m=pl  p;  ••  -pk 
dargestellt,  so  erhalten  wir  als  erstes  Resultat 

Kroneoker,  Zahlentheorie.  I.  12 


178  Fünfzehnte  Vorlesung. 

F{x)  =  ptl p*  -  •  -pkk-f(x), 

wo  die  Koefficienten  der  ganzen,  ganzzahligen  Funktion 

f(x)  =  a0  +  a1x-\ 1-  anxn 

relativ  prim  zu  einander  sind,  f(x)  selbst  daher  durch  keine  ganze 
Zahl  mehr  teilbar  ist;  wir  können  uns  mithin  von  vorn  herein  auf  die 
Betrachtung  solcher  Funktionen  fix)  beschranken. 

Angenommen  nun,  es  sei  f(x)  das  Produkt  zweier  ganzer,  ganz- 
zahliger Funktionen, 

(1)  f(x)  -  9(x)i,(x), 

und  diese  von  den  Graden  (i  und  v7  so  müssen  die  letzteren  Zahlen 
sicher  beide  von  Null  verschieden  sein,  weil  fix)  keinen  Zahlenteiler 
besitzt,  und   da  ferner  ft  -\-  v  =  n  ist,  mufs  eine  derselben,   etwa  p, 

notwendig  kleiner  oder  gleich  —  sein.  Ist  also  f(x)  überhaupt  zer- 
legbar, so  hat  es  unbedingt  einen  Teiler  (p(x),  dessen  Grad  höchstens 
gleich  —  oder  — - —  ist,  je  nachdem  n  gerade  oder  ungerade  ist.    Den 

Komplementärteiler  ty{x)  von  tp{x)  findet  man  weiter  durch  einfache  Divi- 
sion, und  die  Untersuchung  braucht  sich  demnach  nur  auf  alle  diejenigen 
Faktoren  <p(x)  von  f(x)  zu  erstrecken,  deren  Grad  die  oben  genannte 
Grenze  nicht  übersteigt. 

Wir  haben  so  nachgewiesen,  dafs  der  Grad  der  unbekannten  Teiler 
<p(x)  nur  eine  endliche  Reihe  von  Werten  durchlaufen  kann;  die 
Koefficienten  jener  Funktionen  bleiben  aber  dabei  zunächst  vollkommen 
unbestimmt,  und  die  Lösung  unseres  Problemes  ist  noch  keineswegs 
auf  eine  begrenzte  Anzahl  von  Versuchen  zurückgeführt.  Hierzu  ge- 
langen wir  erst  vermöge  der  folgenden  naheliegenden  Überlegung:  Er- 
setzt man  in  (1)  die  Variable  x  durch  eine  beliebige  ganze  Zahl  r,  so 

ist  wegen  der  Gleichung 

f(r)  =  <p(r)il>(r) 

die  ganze  Zahl  <p(r)  stets  einer  der  Teiler  von  f(r)  und  als  solcher 
auf  eine  bestimmte,  endliche  Anzahl  von  Werten  beschrankt.  Hierauf 
beruht  nun  ein  theoretisch  sehr  einfaches  Verfahren,  um  zu  entscheiden, 
ob  eine  Funktion  f(x)  einen  Teiler  von  gegebenem  Grade  /t  enthält, 
und  um  diese  Divisoren,  falls  sie  existieren,  sämtlich  anzugeben. 
Sind  nämlich 

irgend  welche  p  -f-  1  von  einander  verschiedene  Zahlen  und 


§  1.    Die  Zerlegung  der  Funktionen  einer  Variablen.  179 

die  zugehörigen  Werte  von  f(x)}  sind  aufserdein: 


d,  d",---^ 


die  einzelnen  Divisoren  bezw.  von  f(rQ),  •  •  •  f(r^7  so  mufs,  soll  f(x) 
ein  Vielfaches  von  <p(z)  sein,  allgemein  <p(rk)  gleich  einer  der  kh  Zahlen 

^k> '  ' '  "*  se*n-  Kennt  man  aber  die  Werte  <p(r^)7  die  eine  ganze 
Funktion  /tt<m  Grades  <p(x)  für  irgend  welche  ft  +  1  Werte  ihres  Argu- 
mentes annimmt,  so  kann  man  aus  ihnen  <p(x)  selbst  berechnen;  jene 
Funktion  ist  nämlich  nach  der  Lagrangeschen  Interpolationsformel  un- 
mittelbar durch  die  Gleichung  gegeben: 


/n^I    n    (*-  *o)  -  --  (*  —  **- Q  (*  -*k+ 1)  •  -  -  (^  —  r« 
^W-^V^(r,-r0)...(r,--r,_1)(r,-r,+  1)...(r,-r 


Man  bekommt  also  den  Komplex  aller  Funktionen  <p(x),  die  möglicher- 
weise in  f{x)  enthalten  sein  können,  dadurch,  dafs  man  in  der  obigen 
Darstellung   die    Gröfsen  <p(rk)   unabhängig   von    einander   die   ft  +  1 

Reihen  von  ganzen  Zahlen  ^,  •  •  •  r/^      durchlaufen  läfst,  und  zugleich 

den   Grad  u  gleich  —  bezw.  — - —    annimmt.      Durch    wirkliche    Aus- 

fuhrung  der  Division  überzeugt  man  sich  dann,  welche  unter  den 
k0  Ai  •  •  •  Xft  resultierenden  Funktionen  <p  die  gesuchten  Teiler  von  f(x) 
sind,  und  damit  ist  erwiesen,  dafs  die  Bestimmung  der  sämtlichen 
ganzzahligen  Divisoren  von  f(x)  in  9er  That  nur  eine  endliche  Anzahl 
von  Operationen  erfordert. 

Nachdem  jene  Frage  theoretisch  durch  die  soeben  dargelegte 
Methode  vollständig  erledigt  worden  ist,  würde  es  sich  nun  noch  für 
die  Anwendung  darum  handeln,  unter  der  wenn  auch  endlichen,  so 
doch  sehr  grofsen  Anzahl  der  Funktionen  (p(x)  die  wirklichen  Teiler 
von  f(x)  herauszusuchen.  In  erster  Linie  wird  diese  Aufgabe  durch  die 
Bemerkung  wesentlich  erleichtert,  dafs  sich  die  möglichen  Teiler  <p(jc) 
zwar  immer  als  ganze  Funktionen  von  x  darstellen,  jedoch  im  all- 
gemeinen gebrochene  Zahlenkoefficienten  besitzen  werden,  wie  das 
schon  aus  den  entsprechenden  Ausdrücken 


—        (*-Ollf...*-iI*  +  lf.      u) 


0 

12* 


180  Fünfzehnte  Vorlesung. 

hervorgeht,  bei  denen  dk  irgend  einen  Teiler  von  f(rk)  bedeutet.  Da 
aber  die  Divisoren  von  fix)  sämtlich  ganzzahlig  sein  müssen,  so  sind 
von  vorn  herein  alle  diejenigen  <p(x),  die  jene  Eigenschaft  nicht  haben, 
zu  verwerfen;  das  ist  bei  geeigneter  Wahl  von  r0,  rl} ;  •  •  r,,  jedenfalls  der 
bei  weitem  gröfste  Teil  aller  Xq  ■  •  •  A^  Funktionen,  und  es  werden 
daher  verhältnismäfsig  nur  sehr  wenige  ganzzahlige  übrig  bleiben,  für 

welche   dann   die  Division   in  f(x)   vorzunehmen  wäre;   dann  und  nur 

fix) 
dann,   wenn   der  Quotient  •L-jJz  e^ne  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von 

x  ist,  ist  <p(x)  ein  Teiler  von  f(x)}  alle  Funktionen  <p(x),  für  welche 
sich  jener  Quotient  nicht  als  ganz  ergiebt,  sind  also  einfach  fortzu- 
lassen.    Ferner   bietet   sich  die  Möglichkeit   dar,  den  Grad  ft  der  ge- 

AS  AI  I 

suchten  Divisoren  auch  beliebig  grofs,  also   gröfser  als  —  oder     ~T 

£  TS 

anzunehmen,  dafür  aber  die  Bedingung  einzuführen,  dafs  die  Potenzen 

von  (p(x),  welche  höher  als  —  sind,  allemal  ausfallen  müssen;  dadurch 

ergeben  sich  eine  Anzahl  von  Gleichungen,  welche  wiederum  die 
Anzahl  der  in  Betracht  kommenden  Teiler  wesentlich  verkleinern. 
Schliesslich  mag  noch  die  einfache  Überlegung  hervorgehoben  werden, 
dafs  schon  der  Koefficient  der  höchsten  Potenzen  in  <p(x),  nämlich  die 
Summe 

2iT(^-rA)  <a~o,i,..*-i,*+i,-„, 

stets  eine  ganze  Zahl  sein  mufs.  Wir  verweisen  im  übrigen  auf  die 
ausführlicheren  Entwicklungen  im  Anhange;  hier  liegt  uns  nur  daran 
zu  zeigen,  dafs  ein  endliches  wohlbestimmtes  Verfahren  existiert,  um 
alle  Teiler  einer  ganzen  Funktion  von  x  zu  bestimmen,  genau  ebenso, 
wie  dieses  für  alle  Teiler  einer  beliebigen  ganzen  Zahl  möglich  war. 

Nachdem  so  ein  endliches  Verfahren  angegeben  worden  ist,  um 
alle  Teiler  von  f(x)  zu  bestimmen,  lassen  sich  nun  weiter  wörtlich 
dieselben  Schlüsse  ziehen,  wie  früher  bei  der  Zerlegung  der  ganzen 
Zahlen  in  ihre  Bestandteile:  Ist  q>t(x)  einer  der  Divisoren  von  f{x) 
von  niedrigstem  Grade,  so  ist  die  Funktion  <px{x)  selbst  eine  unzerleg- 
bare oder  Primfunktion  in  dem  Sinne,  dafs  sie  keine  von  1  bezw.  von 
<pt(x)  verschiedene  ganze  Zahl  oder  ganze,  ganzzahlige  Funktion  von 
x  mehr  enthalten  kann;  denn  wäre  das  der  Fall,  so  müfste  auch  f(x) 
jenen  Teiler  besitzen,  was  mit  der  Voraussetzung,"  dafs  f(x)  durch  keine 
ganze  Zahl  teilbar  ist,  und  mit  der  anderen,  dafs  der  Grad  von  q>x{pc) 
möglichst  klein  sein  soll,  in  Widerspruch  steht. 

Unter  einer  Primfunktion  verstehen  wir  demnach  hier  jede  ganze, 
ganzzahlige  Funktion 


§  1.    Die  Zerlegung  der  Funktionen  einer  Variablen.  181 

P(x)  =  a^x"  +  a^-!^-1  -| 1-  a0, 

die  durch  keine  ganze  Gröfse  unseres  Bereiches  teilbar  ist,  mag  dieselbe 
eine  Zahl  oder  eine  Funktion  sein.  Eine  solche  Funktion  ist  durch  diese 
Eigenschaft  bis  auf  ihr  Vorzeichen  unzweideutig  definiert;  das  letztere 
fixieren  wir  willkürlich,  aber  fest  dadurch,  dafs  wir  den  Eoefficienten 
der  höchsten  Potenz  a^  stets  als  positiv  annehmen. 

Ist  also  (pt(x)  von  der  angegebenen  Beschaffenheit  und 

f(x)  =  <p1(x)f1(x), 

so  wird  man  nunmehr  in  derselben  Weise  den  Divisor  niedrigsten 
Grades  von  fx(x)  bestimmen,  der  zugleich  in  f(x)  enthalten  ist  und 
folglich  von  gleichem  oder  höherem  Grade  als  q>x(x)  sein  muss.    Ist 

dann 

fi(x)  =  <pt(x)f2(x), 

so  kann  unsere  Methode  auf  f%  (x)  angewendet  werden,  und  dieses  Verfahren 
läfst  sich  so  lange  fortsetzen,  bis  die  übrigbleibende  Funktion  fv(x) 
selbst  unzerlegbar  ist;  dieser  Fall  mufs  zuletzt  eintreten,  weil  der 
Grad  der  ganzen  Funktionen  f(x),  fx(x)  *  -  -  beständig  abnimmt  und 
offenbar  nicht  kleiner  werden  kann,  als  der  des  ersten  Faktors  <px(x). 
Fafst  man  endlich  auch  hier  die  gleichen  Elemente  zu  Potenzen 
zusammen,  so  gelangt  man  auf  diesem  Wege  zu  einer  Darstellung  der 
ursprünglichen  Funktion  F(x)  durch  das  Produkt 

in  welchem  p1}  •  •  -  pt  Primzahlen,  q>l}  •  •  •  <pm  Primfunktionen  bedeuten. 


§2. 

Wir  kommen  jetzt  zu  dem  zweiten  Teile  unserer  Aufgabe,  nämlich 
zu  zeigen,  dafs  die  im  vorigen  Paragraphen  gegebene  Zerlegung  einer 
Funktion  F(x)  in  ihre  Primfaktoren  eindeutig  ist.  Der  Beweis  des 
entsprechenden  Theoremes  bei  ganzen  Zahlen  gründete  sich  auf  den 
Satz,  dafs  das  Produkt  zweier  Zahlen  nur  dann  eine  Primzahl  enthalten 
kann,  wenn  mindestens  einer  seiner  Faktoren  Multiplum  derselben  ist. 
In  dem  weiteren  Gebiete,  das  wir  hier  betrachten,  lautet  dieser  Satz 
folgendermafsen : 

„Ist  das  Produkt  zweier  ganzen  Gröfsen  durch  eine  Primgröfse, 
(Primzahl  oder  Primfunktion),  teilbar,  so  enthält  notwendig 
mindestens  einer  der  Faktoren  jene  Gröfse  ebenfalls." 


182  Fünfzehnte  Vorlesung. 

Wir  führen  den  Nachweis  zunächst  für  eine  Primzahl  p.  Ist  für  die 
ganzen,  ganzzahligen  Funktionen  •(#)  und  *P(x)  die  Kongruenz  erfüllt: 

<P(.z;)  *P(x)  i  :  0  (mod  p), 

so  ist  darzuthun,  dafs  sie  schon  für  •  oder  W  allein  besteht,  d.  h. 
dafs  alle  Koefficienten  eines  der  beiden  Faktoren  Vielfache  von  p  sind. 
Offenbar  kann  man  alle  diejenigen  Koefficienten,  die  durch  p  teil- 
bar sind,  sowohl  in  •(#),  wie  in  *P(x)  von  vorn  herein  vernach- 
lässigen, da  letztere  hierbei  nur  durch  modulo  p  kongruente  Funktionen 
ersetzt  werden.  Reduziert  sich  dadurch  einer  der  Faktoren  auf  0,  so 
ist  p  ein  Divisor  desselben  und  unsere  Frage  bereits  erledigt.  Ist  das 
aber  nicht  der  Fall,  so  ergeben  sich  nach  Weglassung  der  betreffenden 
Summanden  zwei  Funktionen,  deren  Koefficienten  ausnahmslos  zu  p 
relativ  prim  sind;  wir  dürfen  somit  &(x)  und  *P(x)  von  Anfang  an 
in  jener  reduzierten  Form  zu  Grunde  legen.     Dann  ist 

•0)  =  ßm^"  +  a*-,**-1  -f  •••,     V(x)  =  bHx*  -f  fc.-ix"-1  +  •-., 

wo  sicher  am  und  bn  von  Null  verschieden  und  durch  p  nicht  teilbar 
sind.  Die  Entwicklung  von  •(>)  *P(x),  deren  Koefficienten  sämtlich 
durch  p  teilbar  sein  sollen,  beginnt  aber  mit  dem  höchsten  Gliede 
»/«?>»  tf"1"*"",  und  da  schon  dessen  Koefficient/)  sicherlich  nicht  enthält,  so 
kann  auch  das  Produkt  unmöglich  durch  p  teilbar  sein;  unsere  zweite 
Annahme  führt  daher  auf  einen  Widerspruch  mit  der  Voraussetzung, 
und  die  aufgestellte  Behauptung  ist  bewiesen. 

Ehe  wir  die  Richtigkeit  des  Satzes  weiter  auch  für  eine  Prim- 
funktion P(x)  darthun,  ziehen  wir  aus  dem  soeben  gewonnenen  Resul- 
tate noch  eine  Folgerung: 

„Ist  &(x)  eine  Funktion  unseres  Bereiches  ohne  Zahlenfaktor, 
so  ist  ein  Produkt  mF(x)  nur  dann  durch  &(x)  teilbar,  wenn 
F(x)  allein  jene  Funktion  enthält." 

Ist  nämlich  mF(x)  durch  •<;*•;)  teilbar,  so  besteht  eine  Gleichung: 

(1)  mF(z)=*Q(x)V(x), 

und  es  ist  nur  zu  zeigen,  dafs  der  zweite  Faktor  QF(x)  durch  m 
teilbar  ist;  denn  ist  W(x)  =  mW(x)}  wo  W  ebenfalls  ganz  ist,  so  geht 
die  obige  Relation  über  in 

F(x)  =  0(x)W(x), 

d.  h.  F(x)  ist  durch  &(x)  teilbar.  Angenommen  nun,  tn  sei  nicht 
vollständig  in  *P(x)  enthalten,  dann  denke  ich  mir  den  in  *P(x)  auf- 
gehenden Teiler  auf  beiden  Seiten  von  (1)  durch  Division  entfernt  und 
erhalte  so  eine  neue  Gleichung, 


§  2.    Die  Primfaktoren  und  ihre  Eigenschaften.  183 

(2)  mlF{x)^9{x)Wl{x), 

in  der  jetzt  kein  Primfaktor  p  von  mu  falls  ein  solcher  existiert,  in 
*Pi(x)  enthalten  ist.  Da  aber  &(x)  n.  d.  V.  p  gleichfalls  nicht  enthält, 
so  kann  nach  dem  obigen  Satze  die  rechte  und  mithin  auch  die  linke 
Seite  der  Gleichung  (2)  durch  p  nicht  mehr  teilbar  sein,  d.  h.  mt  hat 
keinen  Primfaktor  und  reduziert  sich  auf  1;  unsere  Folgerung  ist  dem- 
nach richtig. 

Wir  wenden  uns  nunmehr  dem  zweiten  Teile  unseres  Ausgangs- 
theoremes  zu: 

„Ist  JP(x)  eine  Primfunktion  und 

*  (x)  V(x)  =  0     (mod  P(x)) , 

so  mufs  wenigstens  eine  der  beiden  Grössen  0(x)  und   *P(x) 
für  sich  Multiplum  von  P{x)  sein." 

Es  ist  hiernach  zu  zeigen,  dafs,  wenn  einer  der  beiden  Faktoren, 
etwa  0(x)  durch  P(x)  nicht  teilbar  ist,  dieses  dann  notwendig  für  den 
anderen  Faktor  *P(x)  der  Fall  sein  mufs.  Zum  Beweise  wenden  wir 
auf  P(x)  und  0(x)  das  früher  beschriebene  Euklidische  Verfahren  an. 
Dasselbe  fährt  zuletzt  zu  einer  Grösse  Fv  unseres  Bereiches,  die  den 
Kongruenzen 

(SS  K  ==■-  0     (modd  P(x),  0(x)) 

mP(x)  =  0     (mod  Ft),      p  &(x)  =  0     (mod  F9) 

genügt,  wo  m  und  p  bestimmte  ganze  Zahlen  bedeuten.  Aus 
ihnen  folgt  in  diesem  Falle,  dafs  Fv  von  x  unabhängig,  also  eine 
ganze  Zahl  sein  mufs;  denn  wäre  F9  =  r-q(x)f  wo  q(x)  eine  ganze 
Funktion  ohne  Zahlenfaktor  ist,  so  wäre  nach  (1)  q(x)  wegen  der 
beiden  letzten  Kongruenzen  einmal  in  P(x)  enthalten,  also  mit  P(x) 
identisch,  zweitens  aber  auch  Divisor  von  &(x),  und  damit  würde  P(x) 
selbst  entgegen  der  Voraussetzung  Teiler  von  <&(x)  sein.  Multiplicieren 
wir  jetzt  die  erste  Kongruenz  in  (3)  mit  lP(x),  so  ist 

Fv  W(x)  _T:  0     (modd  P(x)  ¥(x),  0(x)  W(x)) 

und,  da  beide  Elemente  dieses  Modulsystemes  durch  P(x)  teilbar  sind, 
ergiebt  sich  weiter 

Fv  V(x)  =  0     (mod  P(x)) ; 

hieraus  folgt  aber  schliefslich,  weil  P(x)  die  ganze  Zahl  Fv  sicherlich 
nicht  enthält, 

V{x)  ~  0     (mod  P{x)) 
w.  z.  b.  w. 

Nachdem  wir  so  den  an  die  Spitze  der  Betrachtung  gestellten 
Fundamentalsatz  über  die  Primgröfsen  in  allen  seinen  Teilen  hergeleitet 


184  Fünfzehnte  Vorlesung. 

haben,  ist  es  nunmehr  sehr  leicht,  auch  die  Eindeutigkeit  der  Zerlegung 
einer  ganzen  Gröfse  in  ihre  irreduktiblen  Faktoren  zu  beweisen. 

Bestanden  nämlich  zwei  solche  Darstellungen  für  dieselbe  Gröfse, 
so  wären  sie  einander  gleich  zu  setzen  und  würden  gleich  bleiben, 
wenn  man  die  in  beiden  zugleich  auftretenden  Primfaktoren  durch  Di* 
vision  fortschaffte.  Würden  nach  Ausführung  dieser  Operation  auf 
beiden  Seiten  noch  Primfaktoren  übrig  geblieben  sein,  so  erhielten  wir 
eine  Gleichung: 

(4)  P^f-Q^,-; 

in  der  Pv  P9  •••  und  Q  9  Q2--  gleiche  oder  verschiedene  Primgrössen 
(Primzahlen  oder  Primfunktionen)  sind,  ohne  dafs  z.  B.  Px  in  der  Reihe 
Ql7  Q%}  •  •  •  vorkommt  und  umgekehrt.  Das  ist  aber  gar  nicht  mög- 
lich; denn  die  linke  Seite  der  Gleichung  ist  z.  B.  durch  P1  teilbar, 
folglich  mufs  es  auch  die  rechte  Seite  sein;  nach  dem  oben  bewiesenen 
Hauptsatze  mufs  also  einer  der  Faktoren  auf  der  rechten  Seite,  etwa 
Qx  die  Primgrösse  Px  enthalten;  da  er  aber  unzerlegbar  ist,  so  mufs 
Qx  —  P1  sein,  entgegen  unserer  Annahme,  dafs  in  der  Gleichung  (4) 
die  Faktoren  auf  der  linken  Seite  von  denen  auf  der  rechten  sämtlich 
verschieden  sind.  Die  Annahme,  dafs  die  beiden  vorausgesetzten  Zer- 
legungen einer  Grösse  von  einander  verschieden  seien,  ist  also  unhalt- 
bar; jede  ganze  Grösse  läfst  sich  auf  eine  und  nur  eine  Art  in  ihre 
irreduktiblen  Bestandteile  zerfallen. 


Sechzehnte  Vorlesung. 

Die  reinen  Divisorensysteme  zweiter  Stufe.  —  Ihre  charakteristischen  Eigen- 
schaften. —  Die  Anzahl  der  inkongruenten  GröTsen  ist  stets  endlich.  —  Die  Ein- 
heiten. —  Verallgemeinerung  des  Fermatschen  Satzes.  —  Komplementäre  Einheiten. 

§  i. 

Nachdem  wir  die  Divisorensysteme  erster  Stufe  in  ihre  irreduk- 
tiblen  Faktoren  zerlegt  haben,  gehen  wir  jetzt  zu  der  Betrachtung  der 
Modulsysteme  zweiter  Stufe  über  und  versuchen,  ein  solches  System 

(FxW,FMtor--F9fr)) 

ebenfalls  in  möglichst  einfache  Elemente  aufzulösen  und  ihre  Eigen- 
schaften kennen  zu  lernen. 

Haben  wir  es  zunächst  mit  einem  gemischten  Divisorensystem 
zu  thun,  besitzen  also  alle  Elemente  F.  einen  gemeinsamen  Teiler,  so 
können  wir  diesen  direkt  bestimmen,  indem  wir  durch  Zerlegung  von 
Fl9  • .  -  Fv  in  ihre  Primfaktoren  ihren  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  F 
aufsuchen.    Ist  dann: 

F.  =  Ff.,  tf-i.V"'). 

so  bekommen  wir  die  Äquivalenz: 

(Fl,Ft,...FJ~F.(fl,f„---fX 

wo  jetzt  das  neue  System  (f1}  f2>  •  •  •  /" )  ein  reines  Modulsystem  zweiter 
Stufe  ist,  dessen  Glieder  teilerfremd  sind.  Es  ist  (/i,  •  •  •  ft)  auch  nicht 
etwa  äquivalent  1,  weil  sonst  (Flf  •  •  •  Fv)  ~  F  wäre  und  der  ersten 
Stufe  angehörte.  Wir  brauchen  also  nur  die  reinen  Systeme  zweiter 
Stufe  weiter  zu  untersuchen. 

Diese  Systeme  sind  besonders  dadurch  ausgezeichnet  und  von  den 
Systemen  erster  Stufe  unterschieden,  dafs  für  sie  stets  ein  vollständiges 
Restsystem  aufgestellt  werden  kann,  d.  h.  es  läfst  sich  stets  eine  be- 
stimmte Anzahl  ganzer  Gröfsen 


186  Sechzehnte  Vorlesung. 

so  angeben,  dafs  jedes  Element  *p(x)  unseres  Bereiches  einer  und  nur 
einer  dieser  q  Funktionen  kongruent  ist,   oder  anders  ausgesprochen: 

I)  „Die  Anzahl   der  für  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe  in- 
kongruenten ganzen  Gröfsen  ist  immer  eine  endliche." 

Dieser  Satz  besteht  nicht  für  Modulsysteme  erster  Stufe,  denn  für 
eine  beliebige  Zahl  m  oder  eine  ganze  Funktion  F(x)  als  Modul  isir 
die  Anzahl  der  inkongruenten  Gröfsen  im  Bereiche  der  ganzen,  ganz- 
zahligen Funktionen  von  x  offenbar  unendlich  grofs;  dagegen  ist  er  im 
Bereiche  der  ganzen  Zahlen  für  einen  beliebigen  Zahlenmodul  m  er- 
füllt, und  schon  hieraus  kann  man  auf  eine  nahe  Verwandtschaft 
zwischen  den  Systemen  zweiter  Stufe  in  diesem  Gebiete  und  den  gewöhn- 
lichen ganzzahligen  Divisoren  im  Bereiche  der  ganzen  Zahlen  schliefsen. 

Um  diesen  Satz  abzuleiten,  beweisen  wir  zunächst  zwei  Funda- 
mentaltheoreme, welche  folgendermafsen  lauten: 

II)  „Jedem  reinen  Modulsysteme  zweiter  Stufe  (fl9  •  •  •  ft)  kann  man, 
ohne  es  im  Sinne  der  Äquivalenz  zu  ändern,  ein  geeignet  ge- 
/  wähltes  ganzzahliges  Element  m  hinzufügen. 

III)  „Jedem  reinen  Modulsysteme  kann  man,  ohne  es  im  Sinne  der 
Äquivalenz  zu  ändern,  ein  geeignet  gewähltes  Element/'(#)  =  x" 

-j-&1#,,~~1 -| \-bn  hinzufügen,  in  welchem  der  Koefficient  der 

höchsten   Potenz  von  x  gleich  Eins  ist." 

Um  zunächst  den  ersten  Satz  für  ein  System  (fly  f%y  •  •  •  ft)  zu  be- 
weisen, wende  ich  das  auf  S.  170  erwähnte  Euklidische  Verfahren  auf 
die  beiden  ersten  Funktionen  f\  und  f%  an;  dadurch  ergiebt  sich  eine 
Funktion  <p%(x\  für  welche: 

<ps(x)  =  0    (modd/i,/i) 

mjx  =  m^f%  =  0    (mod  qp8) 

ist,  wo  mx  und  tn%  ganzzahlige  Faktoren  bezeichnen.  Nehmen  wir  nun 
(p2  in  das  Modulsystem  auf,  wodurch  dasselbe  im  Sinne  der  Äquivalenz 
nicht  geändert  wird,  und  wenden  wir  das  gleiche  Verfahren  in  dem 
neuen  System  (/j,  /j,  qp2,  f59  •  •  •  fv)  auf  <p%{x)  und  f$(x)  an,  so  ergiebt 
sich  eine  Funktion  9>8(#),  für  die  analog 

f  lBv  9>s  =  °    (modd  <p%>  fz) 

mfa  =  m3f3  =  0    (mod9s) 

ist.  Verbindet  man  diese  Kongruenzen  mit  den  in  (1)  angeführten,  so 
folgt  aus  ihnen: 

(ps—  0    (modd  f1}f2,fz)] 


§  1.   Die  reinen  Di visorensy steine  zweiter  Stufe.  187 

multipliziert  man  andererseits  die  beiden  letzten  Kongruenzen  in  (1) 
mit  m'%  und  beachtet,  dafs  dann  der  Modul  m^ip%  durch  <p3  teilbar  ist, 
so  erhält  man  aus  (1)  und  (1*)  die  Kongruenzen: 

wo  §il9  ftg,  ff 3  wiederum  bestimmte  ganze  Zahlen  bedeuten.  Fügt  man 
jetzt  auch  <ps  dem  Systeme  hinzu,  behandelt  dann  <p9  und  fA  ebenso 
wie  vorher  und  wiederholt  nun  diesen  Prozefs  so  lange,  bis  man  zu 
dem  letzten  Gliede  fv  gekommen  ist,  so  erhält  man  schließlich  eine 
ganze  Gröfse  <pvJ  für  welche  offenbar  die  folgendeu  Kongruenzen  be- 
stehen: 

(2)  <pv—o  (modd /;,/;, .../;) 

*i/i  ^  *»/i  =  •  ■  •  ef=  */r  =  0    (mod  9,), 

in  denen  sl9  s29  •  •  -  sv  ganze  Zahlen  sind.  Danach  mufs  aber  (pr  not- 
wendig selbst  eine  ganze  Zahl  m  sein,  denn  enthielte  es  auch  nur 
eine  Primfunktion  P(x)9  so  wäre  diese  ein  gemeinsamer  Teiler  von 
fit''fv  und  das  System  kein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe.  Da 
ferner  nach  der  ersten  Kongruenz  in  (2)  <pv  =  m  das  System  (fl9  •  •  •  f) 
enthält,  so  haben  wir  die  Äquivalenz  gewonnen: 

(/i»  • "  •  O  ~  (m5  fi>'-0 
und  damit  den  ersten  Hauptsatz  bewiesen. 

§2. 

Um  nun  den  zweiten  Hauptsatz  in  Nr.  III  für  ein  beliebiges  System 
(m,  fx(x)9  •  •  -  fv(x))  zu  beweisen,  gebe  ich  ein  Verfahren  an,  um  in 
jedem  Falle  eine  jenes  System  enthaltende  Funktion 

(1)  f(x)  =  x-  +  bxx*-i  +  •  •  •  +  bn 

zu  finden,  in  welcher  der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  gleich 
Eins  ist. 

Es  seien  fi(x)9  •  •  •  fv(x)  bezw.  von  den  Graden  nl9  n^,  •  •  •  fl/ 
Bilden  wir  dann  die  ganze  Funktion 

F(z)  =  /■(*)  +  x^+1f,{x)  +  *■*  +  "»+ "/•(*)  +  ■  •  ■ 

+  Ä"i+,t+',-+,l»-i+,r-l^(*), 

so  kann  diese  selbstverständlich  dem  Modulsysteme  hinzugefügt  werden. 
Ferner   stimmen    ihre   Koefficienten   der   Reihe   nach   mit   denen   von 

fum  'fy  überein,  weil  die  Multiplikatoren  #*1+1,  x*1**** 2,  •  •  •  so  ge- 
wählt sind,    dafs  sich  nie  zwei   der  genannten  Koefficienten  in  F(.r) 


188  Sechzehnte  Vorlesung. 

vermischen.     Hieraus    folgt,   dafs  F(x)  durch  keine  Primzahl  teilbar 
ist,  da  fl}-  •  •  fv  als  relativ  prim  vorausgesetzt  wurden. 
Es  sei  nun: 

m  =  phi  p*  ...p  r 

die  Zerlegung  des  im  vorigen  Abschnitte  gefundenen  ganzzahligen 
Elementes  m  in  seine  Primfaktoren;  reduziert  man  dann  F(x)  für  eine 
der  Primzahlen  pk  auf  ihren  kleinsten  Rest,  so  ist  derselbe  notwendig 
von  Null  verschieden,  weil  sonst  F(x)  durch  pk  teilbar  wäre.  Die  so 
sich  ergebende  Gleichung 

F(z)  —  Ok(x)  —  pkVk(z) 

lautet,  wenn  man   sie  als  Kongruenz  für  unser  Divisorensystem   auf- 

fafst   und  beachtet,   dafs   ihre  linke  Seite   durch   dasselbe  teilbar  ist, 

f olgendermaf sen : 

9t(x)  -  pk  Vt(x)    (modd  fv.--  Q ; 

erhebt  man  rechts  und  links  zur  Potenz  hk)  so  folgt  weiter: 

(*,(*))**  -  #  (vk(xyf"  (modd  /;,...  Q 

oder  nach  Multiplikation  mit 


^.{9k{x)f  =  m{Wk{x))k"    (modd /;,.-. 0 


*k 


Da  m  aber  das  Modulsystem  enthalt,  so  bekommen  wir  schliefslich  für 
jeden  Primteiler  pk  von  m  eine  Kongruenz  von  der  Form: 


(2)  ^(*)-J!L (•,(*)/*==(>    (modd/i,-../;),       (t=l,,,.r) 

in  welcher  die  Koefficienten  von  &k  kleiner  als  pk  und  sicherlich  nicht 

alle  gleich  Null  sind.    Es  ist  also,  da  auch  -j-  zu  pk  teilerfremd  ist>  der 

*k 

Koefficient  Ck   der   höchsten   Potenz   von   x   in   der  Entwicklung  der 

ganzen,  ganzzahligen  Funktion  Xk(x)  zu  pk  relativ  prim,  dagegen  ent- 
hält er  jeden  anderen  Primfaktor  p.  von  m  ebenso  oft  als  m  selbst. 
Es  sei  nun  Bk  die  komplementäre  Einheit  zu  Ck  für  den  Modul  pkk , 
dann  besteht  die  Kongruenz: 

BkCk=l    (mod#), 

während  zugleich  für  jeden  anderen  Teiler  von  m: 

BkCk^O    (modp.')  («=o,i,  •  •.*—  i,*+i,     r) 

ist. 


§  2.   Die  reinen  Divisorensysteme  zweiter  Stufe.  1 89 

Denkt  man  sich  jetzt  die  Reihe  der  r  Funktionen: 

X^ix),  *,(*),  •  •  •  Xr(x) 

aufgestellt  und  dieselben  mit  solchen  Potenzen  x  l,  •  •  •  x  r  von  x  mul- 
tipliziert, dafs  die  Produkte  alle  vom  gleichen  Grade  n  sind,  so  ist  es 
nunmehr  leicht,  die  gesuchte  Funktion  f(x)  in  (1)  aus  ihnen  zusammen- 
zusetzen.    Bildet  man  nämlich  die  Summe: 

T(x)  =  Bt  xh  Xx(x)  +  B2xl*  Xs(x)  H h  Brxx*Xr(x), 

wo  B17  B27 '  •  •  die  vorher  bestimmten  zu  den  Cl7  Ci7  •  •  •  komplemen- 
tären Einheiten  sind,  so  wird  der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  in 
F(x)  durch  die  Gleichung: 

C=  ^  +  B%C%  H VBrCr 

gegeben.   Nun  verschwinden  hier  für  jedes  phk  die  sämtlichen  Produkte 

auf  der  rechten  Seite  mit  Ausnahme  des  i***  das  kongruent  1  ist;  es  ist 
mithin  C  für  jeden  Bestandteil  von  m,  also  auch  für  w  seihst  als 
Modul  kongruent  1,  C  kann  also  in  der  Form  geschrieben  werden: 

C=l  +mC. 

Daraus  folgt,  dafs  in  der  Differenz: 

f(x)  =  F(x)  —  mCxn 

der  Koefficient  des  höchsten  Gliedes  gleich  1  ist. 

Die  so  bestimmte  Funktion  f(x)  ist  in  der  That  die  gesuchte. 
Denn  die  Darstellung  von  F(x)  durch  die  Funktionen  Xx(x)7  X2(#),  •••, 
die  alle  das  Modulsystem  (f17  •  •  •/*)  enthalten,  lehrt  unmittelbar,  dafs 

auch  F(x)  selbst  durch  dasselbe  teilbar  ist,  und  daraus  geht  wiederum 
hervor,  dafs  für  f(x)  das  Gleiche  gilt,  weil  die  ganze  Zahl  m  ein  Viel- 
faches des  Modulsy sternes  ist;  f(x)  darf  deshalb  in  das  letztere,  ohne 
dessen  Wert  zu  ändern,  eingereiht  werden,  und  damit  ist  in  Verbin- 
dung mit  dem  vorangehenden  Satze  auch  das  zweite  Fundamental- 
theorem in  der  Theorie  unserer  Divisorensysteme  bewiesen. 

An  dieses  Ergebnis  läfst  sich  der  bereits  angekündigte  Beweis  dafür, 
dafs  es  für  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe  (Jtf)  =  (m7  f7  fl7  •  •  •  fy) 
nur  eine  endliche  Anzahl  von  Resten  giebt,  unmittelbar  anknüpfen. 
Zunächst  ist  nämlich  klar,  dafs  jede  Funktion  <p(x)  unseres  Integritäts- 
bereiches modulo  (M)  auf  eine  andere  zurückgeführt  werden  kann,  deren 
Grad  kleiner  ist,  als  der  Grad  n  von  f(x).  Denn  ist  das  höchste  Glied« 
von  qp  (x)   cxn+r7  so  dafs 

<p(x)  =  cx*+v  -{-.•• 
ist,  so  ist  die  Differenz 


190  Sechzehnte  Vorlesung. 

Vi{x)  =  y(x)  —  cxf(x) 

eine  zu  <p(x)  kongruente  Funktion,  deren  Grad  mindestens  um  eine 
Einheit  niedriger  ist.  Durch  Wiederholung  jenes  einfachen  Verfahrens 
kommt  man  aber  zuletzt  zu  einer  zu  <p(x)  kongruenten  Funktion 

y(x)  —  c0  +  ctx  -\ 1-  cn_xxn~l> 

welche  höchstens  vom  (n  —  l)*6"  Grade  ist;  diese  Funktion  kann  man 
endlich  auf  eine  kongruente  <p0(x)  reduzieren ,  deren  Koefficienten 
zwischen  0  und  m  —  1  liegen;  ist  nämlich  allgemein  y.  der  kleinste 
positive  Rest  von  c.  modulo  m,  und 

%(x)  —  n  +  yi*H 1-  jv-i*"""1, 

so  ist  fp(x)  =  <Po(%)  (m°d  *w),  also,  da  m  ein  Element  von  (Jf)  ist, 
auch  <p(x)  -ri  q>0(x)  (mod  M).  Jede  ganze  Gröfse  unseres  Gebietes 
ist  demnach  einer  anderen  von  der  Form  <p0(x)  modulis  (w,  f,  flf  •••/*,) 
kongruent,  und  da  die  Anzahl  der  verschiedenen  Funktionen  <p0(x) 
offenbar  endlich,  nämlich  m*  ist,  so  haben  wir  damit  die  in  (I)  an- 
gegebene Haupteigenschaft  der  Modulsysteme  zweiter  Stufe  dargethan. 
Es  mufs  jedoch  hervorgehoben  werden,  dafs  zwar  jede  Funktion 
<p(x)  für  das  Modulsystem  auf  einen  der  oben  bestimmten  Reste  g>Q(x) 
reduzierbar  ist,  dafs  aber  diese  Reste  selbst  im  allgemeinen  nicht  alle  unter- 
einander inkongruent  sein  werden.  Die  wirkliche  Angabe  der  für  ein 
Divisorensystem  zweiter  Stufe  inkongruenten  Gröfsen  ist  vielmehr  in 
dem  hier  behandelten  umfassenden  Falle  eine  sehr  schwierige  Aufgabe. 

§3. 
Es  sei 

(*)-</■,••■/;) 

irgend  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe,  dann  heifst  analog,  wie 
bei  den  gewöhnlichen  Zahlen,  eine  ganze  Gröfse  R  relativ  prim  oder 
teilerfremd  zu  (M\  wenn  das  aus  B  und  (M)  gebildete  System 

äquivalent  1  ist.  So  ist  z.  B.  eine  beliebige  ganze  Zahl  p  zu  (M)  re- 
lativ prim,  wenn  sie  mit  der  Zahl  m,  die  dem  Divisorensystem  zweiter 
Stufe  hinzugefügt  werden  kann,  keinen  gemeinsamen  Teiler  besitzt,  denn 
in  dem  Falle  ist  ja 

(ft  fif'"  O  ~  (ft  m>  fif"  O  ~  C1*  flf'"  O  ~  L 
Hier  besteht  nun  der  wichtige  Satz: 


§  3.    Verallgemeinerung  des  Fermat sehen  Satzes.  191 

„Sind  Rf  R'  zwei  ganze  Gröfsen,  die  zu  (M)  relativ  prim  sind, 
so  gilt  dasselbe  auch  von  ihrem  Produkte  RR'.li 

Aus  den  beiden  Äquivalenzen  (R}  fXJ  •  •  •  fv)  ~  1  und  (R'}  f17  •  •  •  fv)~  1 
folgt  nämlich  durch  Komposition: 

(.r,  fu--  o  (r;  fr,-  o  ~  i 

oder,  wenn  man  links  die  Komposition  ausführt: 

(RR  j  •  •  *  Rf. m '  •;  •  *  *  R  fk  •  •  '5  *••/*•  fu " "  *)  °^  !• 

Offenbar  ist  aber  dieses  System  ein  Vielfaches  des  anderen 

(RR  5  ••■/.•••) 

und  das  letztere  daher  notwendig  auch  äquivalent  1;  d.  h.  es  ist  in 
der  That  RR'  zu  (M)  teilerfremd. 

Wir  wählen  jetzt  aus  der  endlichen  Anzahl  der  modulo  (M)  in- 
kongruenten Beste  alle  diejenigen  aus,  die  mit  unserem  Systeme  keinen   . 
gemeinsamen  Teiler  haben  und  wir  bezeichnen  diese  auch  hier  als  Ein- 
heiten modulo  M.    Es  sei  ji  die  Anzahl  aller  inkongruenten  Einheiten 
modulo  M,  und  es  mögen  diese  in  beliebiger  Reihenfolge  durch: 

bezeichnet  werden.  Ist  dann  R  irgend  eine  Einheit  modulo  M  und 
bildet  man  die  (i  Produkte 

RRly  RR%9  m ' '  RRfl} 

so  sind  alle  diese,  wie  oben  bewiesen  wurde,  ebenfalls  Einheiten 
modulo  M]  aufserdem  erkennt  man  leicht,  dafs  sie  auch  modulo  M 
sämtlich  inkongruent  sind.  Wäre  das  nämlich  für  irgend  zwei  jener 
Produkte  RR.  und  RR.  nicht  der  Fall,  so  erhielte  man  eine  Kon- 
gruenz: 

Ä(Ä, -*,)  =  <>   (modd /•„•••/;); 

andererseits  folgt  aber  aus: 

durch  Multiplikation  mit  R.  —  Rk  die  Äquivalenz: 

(BCB,  -  BJ,  h  <«,  -  ty,  • '  •  /;<«,  -  fy)  ~  H{  -  Kk- 

Enthielte  also  R(R.  —  Rk)  das  Modulsystem  {M),  so  wäre  jedes  Ele- 
ment auf  der  linken  Seite,  also  das  ganze  Divisorensystem  durch  (M) 
teilbar,  also  würde  dasselbe  für  R.  —  Rk  auf  der  rechten  Seite  dieser 
Äquivalenz  gelten,  es  wäre  also: 

B.  =  Bk   (modd/i, /;,.../■,), 


192  Sechzehnte  Vorlesung. 

wahrend  wir  doch  R{  und  Rk  als  modulo  {M)  verschieden  voraus- 
gesetzt haben. 

Da  somit  die  p  Produkte 

RRi,  RR%} m ' m  RR? 

ebenfalls  ein  System  modulo  (üf)  inkongruenter  Einheiten  modulo  M 
bilden,  so  müssen  sie  für  das  Divisorensystem,  abgesehen  von  ihrer 
Reihenfolge,  mit  Rl9  •  •  •  R^  übereinstimmen.  Ist  daher  wieder  S{R1?  •  •  •  R^) 
eine  beliebige  ganze  symmetrische  Funktion  jener  Gröfsen,  so  besteht 
auch  hier  die  Kongruenz 

8(Rlf  •  •  -  B„)  =  SiRR,,  •  •  •  RRp)    (modd  /;,-..  Q 
und  insbesondere  für  eine  Variabele  X  die  weitere 

[J(X-Bk)  =  Y](X-RRh)    (modd/;,.--/;)     (»=1./-. 
*  h 

Hieraus  ergiebt  sich  durch  Vergleichung  der  beiden  von  X  freien 
Glieder: 

JJ Bt^xr]]Rh  (modd/;,.../;), 

wo  /  lRh  zu  (M)  relativ  prim  ist  und  daher  auf  beiden  Seiten  fort- 
gehoben werden  kann;  so  erhalten  wir  endlich  die  wichtige  Kongruenz: 

jr==i  (modd/;,.../;), 

eine  Kongruenz,  die  eine  unmittelbare  Verallgemeinerung  des  Fermat- 
schen  Satzes  bedeutet.     Derselbe  lautet  hier  folgendermafsen: 

„Die  fite  Potenz  jeder  zu  (M )  teilerfremden  ganzen  Gröfse  ist 
stets  kongruent  1,  wenn  p  die  Anzahl  der  modulo  (M)  inkon- 
gruenten Einheiten  bezeichnet." 

Als  Beispiel  betrachten  wir  das  Modulsystem  (Jf)  ~  (2,  x*).    Für 
dieses  giebt  es  offenbar  die  vier  inkongruenten  Gröfsen: 

0;  1,  xy  1  -f"  #; 

von  diesen  sind  1  und  1  -f-  x  zu  {M)  relativ  prim,  also  Einheiten 
modulo  (M),  dagegen  0  und  x  besitzen  einen  gemeinsamen  Teiler  mit 
(M),  denn  es  ist: 

(1  +  x,  2,  x2)  ~  (1  +  x,  1  +  2x  +  x\  2,  x2)  ~  (1  +  x,  1,  2,  z2)  ~  1, 

dagegen: 

(*,  2,  a*)  ~  (2,  x), 

also  nicht  äquivalent  Eins.  Es  ist  demnach  (i  =  2.  Also  ist  für  jede 
Gröfse  R  =  f{x)  des  Bereiches  [x]  R2  =  1  (mod  M ).  Dies  erkennt 
man  hier  auch  leicht  direkt,  denn  es  ist: 


§  3.   Komplementäre  Einheiten. 


193 


R  =  a  +  ßx  +  yo?  +  ■  • 
B*  =  (a  +  /Ja;)2  =  a2  =  1 


=  cc  +  /te    (mod  o;2), 
(modd  2,  a;2), 


falls  «  ^  0  (mod  2)  angenommen  wird 

Eine  direkte  Folgerung  aus  diesem  Ergebnisse  ist  noch  das  andere: 

„Ist  (M)  ein  beliebiges  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe  und 
ü  eine  beliebige  Einheit  mod  (M),  so  kann  man  immer  eine 
zweite  Einheit  R'  so  bestimmen,  dafs 

RR'  =  l    (mod(if)) 

ist;  je  zwei  solche  Funktionen  werden  komplementäre  Einheiten 
genannt« 

In  der  That  wird  ja  dieser  Bedingung  nach  dem  vorigen  Satze  sofort 

genügt,  wenn  man  R'  =  RF~~1  setzt.     Demnach  zerfallen  genau  wie 

bei  den  Zahlen  alle  ganzen  Gröfsen  des  Bereiches  modulo  (M)  betrachtet 

in   zwei  Klassen,   die  wiederum  bezw.  Teiler  der  Null  und  Teiler  der 

Eins  genannt  werden  können;   denn  ist  Rq  eine  Gröfse,  die  mit  (M) 

einen  Divisor   gemeinsam  hat,   so  lafst  sich  allemal    eine  zugehörige 

R^  so  angeben,  dafs 

B0R'0  =  0    (mod(JQ) 

wird,  ohne  dafs  Ri  durch  (M)  teilbar  ist.  Der  Beweis  dieses  letzten 
Satzes,  von  dem  im  folgenden  kein  Gebrauch  gemacht  wird,  soll  an 
dieser  Stelle  nicht  gegeben,  sondern  dem  Leser  überlassen  werden. 


Kronecker,  Zablentheoric.  I 


13 


Siebzehnte  Vorlesung. 

Die  Dekomposition  der  reinen  Modulsy  steine  zweiter  Stufe  (m,  /\). — Zerlegung  derselben 

in  die  Systeme  (ph,  f{{x)).  —  Reduktion  der  einfachsten  Systeme  (p,  f.(x)).  —  Re- 
duktion der  Systeme  (j>\  ft(x))  und  (p8,  f£(x)).  —  Die  reduzierte  Form  der  Systeme 

zweiter  Stufe. 

§1. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zur  Beantwortung  der  Hauptfrage  nach  der 
Zerlegung  oder  Dekomposition  eines  beliebigen  Modulsystemes  in  mög- 
liebst einfache  Elemente  und  zwar  können  wir  uns  hier  auf  die  reinen 
Modulsysteme  zweiter  Stufe  beschränken,  da  die  Systeme  erster  Stufe 
bereits  in   der  fünfzehnten  Vorlesung  vollständig  zerlegt  worden  sind. 

Es  sei  (M)  =  (fi(x)9  fz(x\  •  •  •  fv(x))  das  vorgelegte  System,  m  die 
niedrigste  ganze  Zahl,  welche  durch  (M)  teilbar  ist  und 

irgend   eine  Zerlegung   von  m  in  zwei   teilerfremde  Faktoren.     Dann 
besteht  die  folgende  Äquivalenz: 

(i)  («•>  fx,  •  •  •  O  ~  Oh  /;,  •  •  •  O  (v,  /;,•••  Q 

und  sie  liefert  uns  die  erste  und  wichtigste  Zerlegung  unseres  Modul- 
systemes. 

Der  soeben  ausgesprochene  Satz  ist  ein  ganz  spezieller  Fall  des 
folgenden  für  beliebige  Modulsysteme  geltenden  wichtigen  Theoremes, 
von  dem  wir  auch  später  Gebrauch  zu  machen  haben.  Es  sei  (f,fi,'—fr) 
irgend  ein  Divisorensystem  von  beliebig  vielen  Variablen  und  es 
möge  ein  Element  f  für  das  aus  den  übrigen  gebildete  Modulsystem 
(fi> '  '  '  /"*)  m  ^  Produkt  f0f^  zweier  teilerfremden  Faktoren  zerfallen; 
dann  zerfällt  auch  das  ganze  Modulsystem  in  zwei  Faktoren  vermöge 
der  Äquivalenz: 

Nach  der  Voraussetzung  ist  nämlich: 

(2)  f=fj;    (modd/i,  •••/;), 


§  1.   Die  Zerlegung  der  Modalsysteme  zweiter  Stufe.  195 

und  da  die  beiden  Faktoren  teilerfremd  sind,  so  ist: 

(3)  cr.,/i',/i,---o~i- 

Multipliziert  man  aber  das  Produkt  auf  der  rechten  Seite  von  (la)  aus, 
so  ergiebt  sich: 

(4)    (fofO(fQjfk)~(fQf»  m"fofi'"f  ''fofk'"'  '"fifk")    C*«i.V--»>- 

Andererseits   folgt,   wenn  man  die  Äquivalenz  (3)  auf  beiden  Seiten 
mit  (fif--f9)  multipliziert, 

("fofi'">  '  "fofk'  "t  "  '  fifk  '  ' ')  ~  (f\fm  '  '  O  > 

und  hieraus  geht  hervor,  dafs  die  rechte,  also  auch  die  linke  Seite  von  (4) 
in    der   That    äquivalent    (f0f0\  fv  •  •  •  fv)   oder   wegen  (2)    äquivalent 

(fjfu-O  ist>  w-  *-  b.  w. 

Setzt  man  in  der  Äquivalenz  (la)  /*=  m  =  pv,  so  erhält  man  die 

Äquivalenz  (1). 

Es  zerfällt  also  unser  System  (Jf)  in  zwei  andere,  welche  sich  von 
diesem  nur  dadurch  unterscheiden,  dafs  das  Zahlenelement  m  durch 
je  einen  der  teilerfremden  Faktoren  fi  und  v  von  m  ersetzt  i3t.  In 
derselben  Weise  kann  nun  jedes  dieser  Systeme  weiter  zerlegt  und 
diese  Dekomposition  so  lange  fortgesetzt  werden,  bis  die  Zahlenele- 
mente sämtlich  Primzahlpotenzen  geworden  sind.  Man  erhält  also  den 
folgenden  Satz: 

„Jedes    reine  Modulsystem   zweiter  Stufe   ist   äquivalent  einem 
Produkte  von  Systemen 

(jtfÄ)~(p*,/;(^--:/vw), 

deren  Zahlenelemente  Primzahlpotenzen  sind/' 

Im   Folgenden   brauchen   wir  uns  also  nur  mit  diesen  Modulsystemen 
(Mh)  zu  beschäftigen. 

Wir  betrachten  zuerst  den  einfachsten  Fall,  dafs  der  Exponent 
h  =  1  ist,  d.  h.  wir  untersuchen  ein  System: 

(Jf1)~(p,/iW,/,l(aJ),  ■••/;»)) 

und  versuchen  dieses  weiter  auf  eine  eindeutig  bestimmte  reduzierte 
Form  zu  bringen. 

Hierzu  führen  die  beiden  folgenden  für  beliebige  reine  Divisoren- 
systeme zweiter  Stufe  geltenden  Sätze: 

1)  „Ein  System  (w,  /i(#),  •  •  •  fv(xj)  bleibt  im  Sinne  der  Äquivalenz 
ungeändert,  wenn  man  die  Koefficienten  der  Funktionen  f.(x) 
um  beliebige  Multipla  des  Zahlenelementes  vermehrt." 

13* 


193  Siebzehnte  Vorlesung. 

2)  „Ein  System  (m,  fx  {x\  •  •  •  fw  (x))  bleibt  im  Sinne  der  Äquivalenz 
ungeändert,  wenn  man  irgend  eines  seiner  Funktionenelemente 
mit  einer  beliebigen  Einheit  modulo  m  multipliziert." 

In  der  That,  sei  etwa: 

fx{x)  =  a0  H f-  a*s*  -\ 1-  aHl x* 

die  erste  Funktion  unseres  Systemes;  ersetzt  man  in  ihr  ak  durch 
ak  =  at  +  Am,  so  erhält  man  eine  neue  Funktion: 

A0*0  =  /i(a0  +  Am**  =  /!(*)    (modm), 
es  ist  also  in  der  That: 

(m,  fx(x),  •  •  •  f9(p))  ~  (m,  fx{x),  •  •  •  £(«)), 

weil  die  beiden  Elemente  fx  und  fx  für  unser  Modulsystem  kon- 
gruent sind. 

Es  sei  zweitens  e  eine  Einheit  modulo  m,  und  e  die  komplemen- 
täre Einheit,  so  dafs  ee  =  1  (mod  m)  oder  ee  =  1  +  Am  ist.     Dann 

ist  offenbar 

(m,  efXf  •  •  •  fv)     teilbar  durch  (m,   fX7  •  •  •  fy) 

(w,  e  Vi, ..-/;)     „       „     (w,  e/;,  •  •  •  /;), 

endlich  ist  aber  auch: 

(m,  eefxy  -•■/;)  ~  (m,  (1  +  Am)/;,  -  -  •  f9)  ~  (m,  £, . . .  /;). 

Daher  sind  die  beiden  Systeme  (m,  /i,  •  •  •  /V)  und  (m,  efx  •  •  fv)  einander 
wirklich  äquivalent,  da  jedes  von  ihnen  durch  das  andere  teilbar  ist. 

Diese  beiden  Sätze  benutzen  wir  jetzt  zur  Reduktion  eines  be- 
liebigen Systemes  (p,  fx(x)f  •  •  •  f9(x)).  Zunächst  können  wir  von  vorn- 
herein voraussetzen,  dafs  in  jeder  der  Funktionen  f.(x)  der  Koefficient 
der  höchsten  Potenz  Eins  und  alle  anderen  Koefficienten  modulo  p  auf 
ihren  kleinsten  nicht  negativen  Rest  reduziert  sind.  Wäre  nämlich 
etwa  in  fx{x)  jener  höchste  Koefficient  gleich  e,  so  mute  e  eine  Ein- 
heit modulo  p  sein,  da  anderenfalls  jenes  durch  p  teilbare  Glied  ein- 
fach weggelassen  werden  könnte.  Dann  kann  man  aber  fx{x)  durch 
e'fx(x)  ersetzen,  wo  e  die  zu  e  komplementäre  Einheit  ist,  und  das 
dann  sich  ergebende  Anfangsglied  ee'x**  durch  x*1  ersetzen.  Ebenso 
kann  man  nach  dem  ersten  Satze  alle  anderen  Koefficienten  modulo  p 
auf  ihre  kleinsten  nicht  negativen  Reste  reduzieren. 

Das  so  umgeformte  Modulsystem  denken  wir  uns  jetzt  nach  dem 
Grade  seiner  Elemente  geordnet,  so  dafs  allgemein  f.(x)  von  höherem 
oder   wenigstens   von   gleichem  Grade   ist,   als    das   folgende  f.  ,  x(x). 

Dividiert  man  jetzt  fx(x)  durch  fs(x)f  so  erhält  man,  da  der  Koefficient 


§  1.   Die  Zerlegung  der  Modulsysteme  zweiter  Stufe.  197 

des  höchsten  Gliedes  von  f%(x)  gleich  1  ist,  eine  ganzzahlige 
Gleichung: 

in  welcher  der  Grad  von  /i(#)  niedriger  ist,  als  der  von  fx(x).  Aus 
dieser  Gleichung  folgt  aber  ohne  weiteres: 

wir  haben  somit  das  gegebene  Modulsystem  in  ein  äquivalentes  über- 
geführt, dessen  eines  Element  fx  von  niedrigerem  Grade  ist,  als  das  ent- 
sprechende des  ersten  Systemes,  während  alle  übrigen  Elemente  un- 
geändert  sind.    In  derselben  Weise  können  wir  fortfahren:  Wir  formen 

fi(x)  so  um,  dafs  der  Koefficient  des  Anfangsgliedes  Eins  und  alle 
anderen .  reduziert  sind,  ordnen  dann  diese  Funktionen  wieder  nach 
ihrem  Grade,  und  verkleinern  den  Grad  der  dann  zuerst  stehenden 
Funktion  u.  s.  w.,  wobei  wir  Sorge  tragen,  dafs,  wenn  eine  Division 
aufgeht,  der  bezügliche  Rest  fx(x)  =  0  einfach  fortgelassen  wird;  dies 
Verfahren  können  wir  so  oft  wiederholen,  als  noch  wenigstens  zwei 
Funktionen  fx(x)  und  f%(x)  in  dem  Systeme  vorhanden  sind;  da  aber 
bei  jeder  Reduktion  einer  der  Grade  mindestens  um  eine  Einheit  ver- 
mindert wird,  so  mufs  man  zuletzt  zu  einem  äquivalenten  Systeme 
(pf  f(x))  gelangen,  welches  nur  noch  ein  einziges  Funktionselement  ent- 
hält.    So  ergiebt  sich  also  der  folgende  wichtige  Satz: 

„Jedes  reine  Divisorensystem  zweiter  Stufe,  dessen  Zahlenelement 
eine   Primzahl   ist,    ist    äquivalent    einem  reduzierten   Systeme 
(P>  f(x))  von  nur  zwe*  Elementen.     Das  Funktionenelement 
f{x)  =  xn  -f-  ax  a:*""1  H (-  aH 

besitzt  lauter  modulo  p  reduzierte  Koefficienten  und  der  Koef- 
ficient der  höchsten  Potenz  ist  Eins." 

Ist  speziell  f(x)  vom  nullten  Grade,  so  mufs  es  notwendig  gleich  Eins 
sein,  und  das  Modulsystem  ist  dann  selbst  äquivalent  Eins. 

§2. 

Wir   wollen  noch  kurz   den  nächsten  Fall  untersuchen,   dafs  das 
Zahlenelement  das  Quadrat  einer  Primzahl  ist.     Ist  also  das  System: 

(i)  w~(p», /;,/»•  ••/;) 

gegeben,  so  betrachten  wir  neben  ihm  das  System: 

0»  fi>  ftr"  /») 


198  Siebzehnte  Vorlesung. 

und  bringen  dieses  nach  der  soeben  angegebenen  Methode  auf  die  re- 
duzierte  Form  (p,  f).     Aus  der  Äquivalenz: 

(1*)  (ft  fv  •  •  •  f.)  ~  Oft  f) 

folgt  aber,  dafs  f(x)  durch  das  Modulsystem  links  teilbar  sein  mufs, 
es  besteht  daher  eine  Gleichung: 

K*)-2ft-9k+pF> 

f(x)-pF(x)-2fk9ki 
führen  wir  also  statt  f(x)  die  neue  Funktion: 

(2)  f{x)  =  f(x)  -pF(x)  =  ^fkgk 

k 

ein,  und  beachten,  dafs  (p,  f)  =  (p,  f  —  pF)  ~  (p,  /')  ist,  so  folgt 
aus  (1*): 

(3)  {p,  f»  •  ■  ■  ft  ~  {p,  m\ 

Die  so  bestimmte  Funktion  f(x)  enthält  wegen  (2)  das  System 
(fif  fii  "•'  /*)?  s*e  tann  also  den  Elementen  von  (-3f8)  hinzugefügt 
werden,  d.  h.  es  ist: 

(4)  &,fi,-~f*)~(p%,fu---fcn 

In  dieser  neuen  Form  des  gegebenen  Modulsystemes  formen  wir  nun 
die  einzelnen  Elemente  f{  um.  Aus  der  Äquivalenz  (3)  folgt  näm- 
lich, dafs  jedes  fk(x)  in  der  Form  darstellbar  ist: 

fk  =  f<Pk  +  P*k  =  P*k(x)    (mod  f&>): 

Daher  dürfen  wir  in  dem  Systeme  (p2,  f1}-  •  •  fV}  f)  jedes  Element  f. 
durch  pif>k  ersetzen,  und  erhalten  die  Äquivalenz: 

(5)  (p2,  fw"  f^  ~  (p\  p*19  •  •  •  P**,  n 

Das  Modulsystem  (p,  i/>l9  •  •  •  #„)  kann  endlich  wieder  nach  der  im 
vorigen  Abschnitte  angegebenen  Methode  auf  die  äquivalente  Form 
(p,  g(x))  gebracht  werden.     Multipliziert  man  dann  die  Äquivalenz: 

mit  p,  und   fügt  hierauf  auf  beiden  Seiten   das   Element  f(x)  hinzu, 

so  ergiebt  sich: 

(p*,  pfl9 .  •  •  p^„  f)  ~  (p2,  p<j,  /*) 

oder  wegen  (5) 

(p2, /i,-  -f*)~föpg,f)> 


r 


§  2.     Die  Zerlegung  der  Systeme  (p\  ft(x)).  199 

„Jedes  Modulsystem,  dessen  Zahlenelement  das  Quadrat  einer 
Primzahl  ist;  kann  also  in  ein  äquivalentes  transformiert  werden, 
welches  aufser  dieser  Zahl  nur  noch  zwei  Elemente  enthält; 
von  denen  das  erste  jene  Primzahl  als  Teiler  hat." 

Ganz  analog  verfahren  wir  in  dem  nächsten  Falle:  Ist  uns  ein 
Modulsystem  (p8,  fu  •  •  •  fv)  gegeben,  so  betrachten  wir  neben  diesem 
das  System  (p*7  fl}  •  •  •  /*,),  welches  wir  bereits  zu  reduzieren  im  Stande 
sind;  es  sei: 

(6)  (p*,  fu---  fr)  ~  (f s,  WfD,  m), 

dann  folgen  ans  dieser  Äquivalenz  die  Gleichungen: 


P9=^fkrk+P%F, 


bestimmt  man  also  wieder  die  neuen   Funktionen  f  und  g  durch  die 
Gleichungen: 


0) 


P9=P9—PiF  =  ^fkrt, 
f-f   -P'G-^f*8» 

*  =  1 


so  ist  einmal: 


(P*,P9,  f)~(tf,P9>f)> 

da  sich  die  entsprechenden  Funktionen  nur  um  ein  Multiplum  von  p* 
unterscheiden;  weil  aber  pg  und  f  beide  nach  (7)  das  Modulsystem 
(fif ' '   f»)  enthalten,  so  ist  auch: 

(8)  (J>8,  fi,  ■  -  ■  fr)  ~  (P*,  fx ,  •  •  •  fr,  P9,  f). 

Man  kann  nun  auf  der  rechten  Seite  dieser  Äquivalenz  jedes  Element  fk  durch 
ein  anderes  p*%h  ersetzen,  denn  aus  der  Äquivalenz  (p8,  fk)  ~  (p2,  pg,  f) 
ergeben  sich  ja  v  Gleichungen  von  der  Form: 

fk  s==P*Xk  +  f9k  +P9  '  $k  <*-i, «,.■.!.) 

und  hieraus  folgt  in  der  That  die  Äquivalenz: 

00  (P*>  fwm  fyy  P9?  f)  ~  (f>  P*li, '  '  '  P*X*,  P9>  f), 

weil  sich  jedes  Element  p*%k  von  dem  entsprechenden  fh  nur  um  Mul- 
tipla  von  pg  und  von  f  unterscheidet.  Transformieren  wir  endlich 
das  System  (jp,  Xu"'X)  *n  ^as  äquivalente  (p,h(x))9  also  (p*)p*%lf- '  P*%^) 


200  Siebzehnte  Vorlesung, 

in  (ps,  p*h),  so  folgt  aus  (9)  das  Schlufsresultat: 

In  derselben  Weise  kann  man  fortfahren  und  durch  den  Schlufs 
von  n  auf  n  -f-  1  die  Richtigkeit  des  folgenden  allgemeinen  Satzes 
beweisen: 

„Jedes  Modulsystem  (Mh)  «v*  (p*;  fx(x)}  •  •  •  f9(x))f  dessen  Zahlen- 
element die  Ate  Potenz  einer  Primzahl  ist,  kann  stets  auf  die 
Form  gebracht  werden: 

(jPif-iFiWiit-tFtfr),  ■  •  -pF^ix),  Fk(x)), 

wo  die  ganzen  Funktionen  F{(x)  so  gewählt  werden  können, 
dafs  der  KoefBcient  der  höchsten  Potenz  jedesmal  gleich 
Eins  ist." 

Wir  überlassen  die  Ausführung  dieses  Beweises  dem  Leser  um  so 
lieber,  da  wir  in  der  nächsten  Vorlesung  von  ganz  anderen  Gesichts- 
punkten aus  auf  diesen  Satz  zurückkommen. 

» 

§3. 

Die  nächste  hier  sich  darbietende  Aufgabe  würde  nun  darin  be- 
stehen, dafs  man  für  jedes  Modulsystem  (p*,  fly  •  •  •  fv)  eine  „reduzierte 
Form"  angiebt,  in  welche  dasselbe  stets  und  nur  auf  eine  Weise 
übergeführt  werden  kann;  erst  dann  hat  man  ein  Mittel,  um  zu 
entscheiden,  ob  zwei  Systeme  (p*,  fl}  •  •  •  /),)  und  (p*,  glf  •  •  •  gv)  äqui- 
valent sind  oder  nicht;  es  gilt  dann  nämlich  der  Satz:  Zwei  Systeme 
sind  dann  und  nur  dann  äquivalent,  wenn  die  zugehörigen  reduzierten 
Systeme  identisch  sind. 

Für  die  einfachsten  Modulsysteme  (p,  /i(a?),  •  ■  •  fv(x))  besitzt  das 
vorher  gefundene  äquivalente  (p,  f(x))  bereits  die  Eigenschaften  eines 
reduzierten  Systemes.  Um  dies  nachzuweisen,  brauchen  wir  nur  zu 
zeigen,  dafs  aus  der  Äquivalenz: 

(i)  (p,f<ä)~(p>fi<*>) 

zweier  reduzierter  Systeme  notwendig  die  Gleichung  f(x)  =  ft(x)  folgt. 
Aus  der  Äquivalenz  (1)  ergeben  sich  aber  die  beiden  Kongruenzen: 

fix)  =  k  (x)  ft  (x)    (mod  p), 

fi  (*)  =  9>  (*)  f(?)      (mod  p), 

wo  (pl(x)  und  <p(x)  als  moduloj)  reduzierte  Funktionen   von  x  ange- 
nommen werden  können;  hieraus  folgt: 

fix)  ft  (x)  ?■•=  <p  (x)  Vl  (z)  fix)  /i  (x)   (mod  p). 


§  3.   Die  reduzierte  Form  der  Modulsysfceme.  201 

Da  aber  f  und  fx  durch  p  nicht  teilbar  sind,  so  ergiebt  sich: 

9>(*)9>i(*)  =  l    (modp); 
daher  müssen  <p(x)  und  <pt(x)  von  x  unabhängig  sein,  denn  beginnen 
q>(z)  mit  cxf}   <Pi(x)  mit  ^a^1»,   so   beginnt  9>(#)g>i(#)  mit  cc^^*** 
und  der  Koefficient  ccx  ist  durch  p  nicht  teilbar,  da  n.  d.  V.  c  und  cx 
p  nicht  enthalten.     Mithin  ist  <p(x)  =  c,   <pt(x)  =  cx,  und  es  ist  also: 

f(x)  =  clf1{x)    (modp), 

wo  Cj  eine  noch  zu  bestimmende  Zahl  bedeutet;  da  aber  in  f  und  fx 
der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  Eins  ist,  so  ist  cx  =  1  und 
f(#)  =  /i(#)  (mod|>),  und  da  in  beiden  Funktionen  die  Koefficienten 
modulo  jj  reduziert  sind,  so  können  sie  nur  kongruent  modulo  p  sein, 
wenn  sie  identisch  sind,  und  hiermit  ist  der  Beweis  vollständig  erbracht. 
Dagegen  überzeugt  man  sich  leicht,  dafs  die  vorher  gefundene 
Form  (p*7  pfy  g)  im  allgemeinen  nicht  die  reduzierte  für  ein  Modul- 
system (M%)  ist,  und  dasselbe  ist  für  alle  Systeme  (p*,  f1}  •  •  •  /^)  für 
ä  >  1  der  Fall.  Es  bietet  keine  grofsen  Schwierigkeiten  dar,  für  die 
einfachsten  Fälle  h  =  2,  3  eine  reduzierte  Form  für  die  zugehörigen 
Modulsysteme  zu  finden,  jedoch  ist  es  einfacher,  jene  Aufgabe  gleich 
ganz  allgemein  zu  lösen,  und  das  so  gefundene  sehr  einfache  und  über- 
sichtliche Resultat  dann  für  jene  Fälle  zu  spezialisieren.  Wir  gehen  also 
in  der  nächsten  Vorlesung  zu  diesem  allgemeinen  Probleme  über. 


Achtzehnte  Vorlesung. 

Erste  Reduktion  eines  beliebigen  Modulsystemes  (p*,  /j ,  •  •  •  fy).  —  Weitere  Re- 
duktion desselben  Systemes.  —  Beweis,  dafs  das  so  gefundene  System  ein  redu- 
ziertes ist. 

Wir  gehen  jetzt  dazu  über,  ein  beliebiges  Divisorensystem 

(M)  ~  o%  fax),  /;<#,  ■  -  •  £(*)) 

in  ein  äquivalentes  reduziertes  System  überzuführen.  Zu  diesem  Zwecke 
betrachten  wir  die  Gesamtheit  (fix))  aller  durch  (Jf)  teilbaren  Punk- 
tionen 

f(x)  =  <p0(z)j?  +  ^(a?)  ft(x)  H f-  <pv(x)fv(x), 

wo  die  Koefficienten  q>.(x)  beliebige  ganzzahlige  Funktionen  von  x  be- 
deuten. Da  {M)  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe  ist,  so  enthalt 
der  Bereich  (f(x))  auch  primitive,  d.  h.  solche  Funktionen,  deren  Koef- 
ficienten keinen  allen  gemeinsamen  Zahlenteiler  besitzen*).  Es  sei 
&0(x)  eine  solche  primitive  Funktion  von  möglichst  niedrigem  Grade 
in  x  und  es  sei  dieser  Grad  gleich  n0.  Dann  besitzen  also  alle  durch 
(M)  teilbaren  Funktionen  von  niedrigerem  als  dem  w0tea  Grade  einen 
Zahlenteiler  und  es  sei  für  den  Augenblick  d  der  kleinste  Teiler,  der 
bei  allen  diesen  Funktionen  auftritt.  Dann  mufs  d  notwendig  eine 
Potenz  von  jp,  also  etwa  gleich  p**  sein;  denn  wäre  d  =  cp**,  wo  c 
eine  Einheit  modulo  p  ist,  und  ist  F(x)  =  cpd*  f(x)  die  zugehörige 
Funktion,  ist  dann  c'   die  modulo  p?*—**  komplementäre  Einheit  zu  c, 

*)  Der  Einfachheit  wegen  ist  sowohl  hier  als  auch  später  in  dieser  Vor- 
lesung nur  die  Existenz  der  in  Frage  kommenden  Funktionen  bewiesen,  da- 
gegen wird  kein  Verfahren  angegeben,  um  dieselben  in  jedem  einzelnen  Falle 
wirklich  zu  berechnen.  Es  existiert  aber  ein  einfaches  rationales  und  endliches 
Verfahren,  um  jene  Funktionen  zu  bestimmen  (vgl.  K.  Hensel,  Über  die  Zurück- 
führung  der  Divisorensysteme  auf  ihre  reduzierte  Form,  Crelle's  Journal  Bd.  119 
S.  114 — 130),  so  dafs  der  so  oft  betonten  Forderung  Kronecker  s  auch  hier  voll- 
ständig genügt  wird.  d.  H. 


§  1.    Die  Reduktion  der  Systeme  (p*,  f.(x)).  203 

so  dafs  cc  =  1  -f-  Ap*~~d*  ist,  so  gehört  die  Funktion: 

p+f(z)  —  c'J»  —  A*V(*) 

ebenfalls  dem  Bereiche  (f(x))  an,  und  besitzt  nur  den  Zahlen  teuer  prf«. 

Diese  niedrigste  Potenz  von  p  ist  also  offenbar  der  gröfste  ge- 
meinsame Teiler  aller  Elemente  F(x)  von  niedrigerem  als  dem  w0ten 
Grade,  und  es  existieren  in  jenem  Bereiche  Funktionen,  welche  genau 
durch  p**  teilbar  sind.  Es  sei  nun  &x  (x)  eine  Funktion  dieser  Art,  deren 
Grad  t^  wieder  möglichst  klein  ist.  Dann  ist  nx  <  n  und  ^  >  0,  denn 
wäre  dj  =  0,  also  pfa  =  1,  so  wäre  ja  Ofr)  entgegen  unserer  Voraus- 
setzung ebenfalls  primitiv. 

Alle  Elemente  des  Bereiches  (f(x))  von  niedrigerem  als  dem  n^11 
Grade  besitzen  einen  Zahlentheiler,  welcher  durch  eine  höhere  als  die 
d^  Potenz  von  p  teilbar  ist  und  man  zeigt  genau  wie  vorher,  dafs 
ihr  gröfster  gemeinsamer  Teiler  notwendig  eine  Potenz  p**  von  p  ist, 
und  dafs  es  Funktionen  dieses  Bereiches  giebt,  welche  genau  p^  als 
Zahlenteiler  besitzen.  Es  sei  0fr)  eine  solche  Funktion,  deren  Grad 
«2  möglichst  niedrig  ist.  In  derselben  Weise  kann  man  fortfahren, 
und  da  die  Grade  »0,  n1}  n,,  •  •  •  eine  abnehmende  Reihe  bilden,  so 
gelangt  man  zuletzt  zu  einer  Funktion  0fr)  vom  nullten  Grade, 
deren  Zahlenteiler  pdf*  ist,  d.  h.  jene  letzte  Funktion  ist  selbst  gleich 
pd",  und  zwar  ist  pdv  =  ph  falls  ph  die  kleinste  durch  (Jüf)  teilbare 
Zahl  war,  anderenfalls  ist  A  >  d^  und  dann  kann  ph  als  Multiplum 
von  pdP  aus  (M)  fortgelassen  werden.  Man  erhält  auf  diese  Weise 
eine  Reihe  von  (^  +  1)  Funktionen: 

®oO)>  *i(*)i  *  •  •  ®fr) 
des  Bereiches  (f(x))}  deren  Grade: 

eine  abnehmende  Reihe  bilden,  während  n^  =  0  ist,  und  von  deren 
Zahlenteilern: 

A  A  •  •  •  A 

der  erste  gleich  1  und  jeder  ein  Teiler  des  folgenden  ist.  Offenbar 
ist  das  aus  diesen  (fi  -f-  1)  Elementen  gebildete  Modulsystem 
(0o(x),  0x(x)}  •  •  •  0/l(x))  durch  (M)  teilbar,  weil  seine  Elemente  alle 
dem  Bereiche  (f(x))  angehören,  aber  man  zeigt  weiter,  dafs  es  äqui- 
valent (M)  ist,  und  dafs  man  nun  leicht  aus  ihm  eine  reduzierte  Form 
für  (M)  herleiten  kann.     Hierzu  führt  der  folgende  wichtige  Satz: 

„Jede  der  Funktionen  0>(x)  ist  von  der  Form: 
*,(*)  =  l>di<pfr)  =/•>*<  +  a,  x*'-1  +  ■  -  ■  +  <g, 


204  Achtzehnte  Vorlesung. 

d.  h.    in    ihrem    primitiven   Faktor   kann   der   Koefficient   der 
höchsten  Potenz  von  x  gleich  Eins  angenommen  werden." 

Wäre  nämlich  jener  Koefficient  nicht  Eins,  sondern  etwa  gleich 
cp?,  wo  c  den  durch  p  nicht  teilbaren  Bestandteil  bezeichnet,  30  kann 
zunächst  c  dadurch  beseitigt  werden,  dafs  man  $•(#)  durch  c'&i(x) 
ersetzt,  wo  c  die  zu  c  komplementäre  Einheit  modulo  pt  bedeutet,  und 
dann  den  Koefficienten  von  xnimc'<&{(x)  modulo  p  auf  seinen  kleinsten 
Rest    reduziert.      Man    kann    also   gleich   annehmen,    dafs   <p.(x)   mit 

pexn*  anfängt,  und  es  ist  zu  zeigen,  dafs  dann  notwendig  p  =  0  sein  mufs. 
Für  die  letzte  Funktion  0v(x)=pd*  ist  dies  offenbar  der  Fall.  Um 
nun  den  Beweis  allgemein  zu  fuhren  nehme  ich  an,  es  sei  in  Über- 
einstimmung mit  unserer  Behauptung  für  irgend  einen  Wert  von  i: 

(1)  ®,+1(o;)=i)d*+1^+i  +  ..., 

aber  es  sei  für  die  nächstvorhergehende  Funktion  Oi(x)  g  J>  0,  also: 

(la)  &i(x)  =  pdi+«xnij 

und  ich  beweise  dann,  dafs  g  notwendig  gleich  Null  sein  mufs,  da  man 
anderenfalls  aus  $,(#)  und  <&i+1(x)  eine  andere  Funktion  des  Be- 
reiches (/(#))   von   niedrigerem   als  dem  n.too  Grade  herleiten  könnte, 

deren  Zahlenteiler  kleiner  als  p  '+1  wäre,  was  mit  der  Definition  von 
9i+t(z)  im  Widerspruch  steht.     Setzt  man  nämlich: 

* 

oder: 

gr^)  =  /.  +  i-<*  +  e>  Qfä  _  x^-'t+ity+^x), 

je  nachdem  di  +  g  ^  d,_|_i  oder  di i-\-  g  <  dt+i  ist,  so  ist  *P(x)  eine  Funk- 
tion des  Bereiches  {fix))  von  niedrigerem  ab  dem  wf.ten  Grade,  denn  bei 
Substitution  der  in  (1)  und  (la)  angegebenen  Werte  von  &i(x)  und 
Oi+ifa)  erkennt  man  sofort,  dafs  sich  der  Koefficient  von  x**  in  beiden 
Fällen  auf  Null  reduziert;  ferner  sieht  man  leicht,  dafs  der  Zahlen- 
teiler von  *P(x)  im  ersten  Falle  genau  gleich  pd{,  im  zweiten  genau 
pi+i—Q  jg^  da  beide  Male  der  Minuendus  genau  die  angegebene,  der 
Subtrahendus  aber  eine  höhere  Potenz  von  p}  nämlich  bezw.  pd*^~* 
oderp,  +  1  enthält;  damit  ist  der  in  Aussicht  gestellte  Beweis  voll- 
ständig erbracht. 

Hieraus  ergiebt  sich  ohne  weiteres  der  Beweis  des  Satzes: 

„Jedes  Element  des  Bereiches  (f(x))  enthält  auch  das  Modul- 
system (&0(x),  Ox(x)9'"  9p(x)),  d.  h.  dieses  ist  dem  gegebenen 
Systeme  (p\  /i (#),••  •  /V(#))  äquivalent." 


§  1.   Die  Reduktion  der  Systeme  (p*,  f.(x)).  205 

Ißt  nämlich  F(x)  irgend  eine  durch  (M)  teilbare  Funktion,  so  sei 
&.(x)  die  erste  Funktion  der  Reihe  90(x\  &i(x),  ••■,  deren  Grad  n. 
kleiner  oder  gleich  dem  Grade  von  F(x)  ist.  Dann  besitzt  F(x)  not- 
wendig mindestens  den  Zahlentheiler  pdi,  wie  aus  der  Grundeigenschaft 
von  &i(x)  direkt  folgt,  und  da  £>,(a?)  =p  *(x  »*-}-...)  ist,  so  ergiebt 
sich  durch  einfache  Division  von  F{x)  durch  #,(#)  eine  Gleichung: 

F{x)  =  *(*)  0<(x)  +  Fx(*), 

in  der  ki(x)  und  Fx(x)  ganze,  ganzzahlige  Funktionen  bedeuten,  und 
die  letzte  von  niedrigerem  als  dem  n.ten  Grade  ist.  Da  diese  aber 
wegen  der  Gleichung: 

ebenfalls  durch  (M)  teilbar  ist,  so  ist  ihr  Zahlenteiler  mindestens  gleich 
pdi+x>  und  man  erhalt  durch  Division  von  Fx{x)  durch  &i+x(x)  eine 
neue  Gleichung  derselben  Art: 

Ft(x)  -  i,+1(*)*+i(«)  +  Ft(x), 

wo  Fa(x)  wieder  ganz  und  von  niedrigerem  Grade  als  0t -+i(x)  ist 
und  durch  analoges  Fortschreiten  erhält  man  eine  Kette  ähnlicher 
Gleichungen,  aus  denen  sich  die  folgende  Darstellung  von  F(x)  durch 
unser  System  (&0(x),  9x(x)f  •  •  •)  und  damit  der  Beweis  unserer  Be- 
hauptung  ergiebt: 

F(x)  =  k(x)  9i(x)  +  *+i(*)  **+i(«)  H M*(«)  */.(*)• 

Hierdurch  ist  auch  der  am  Ende  des  §  2  der  vorigen  Vorlesung  auf- 
gestellte weniger  allgemeine  Satz  bewiesen. 

Mit  Rücksicht  auf  diese  Darstellung  von  F(x)  durch  das  System 
(<2>0,  0ly  •  •  •  0h)  kann  man  endlich  noch  den  folgenden  Satz  aus- 
sprechen, welcher  im  nächsten  Abschnitte  benutzt  werden  wird: 

„Eine  Funktion  F(x)  enthält  dann  und  nur  dann  das  Modul- 
system (M)9  wenn  sie  auch  durch  das  Divisorensystem 
(&i(x)9  #,  +  i(#),  •  •  •  &fi(x))  teilbar  ist,  in  dem  4>,-(z)  die  erste 
Funktion  der  Reihe  <&0(x),  Ot(x)7  •  •  •  bedeutet,  deren  Grad 
gleich  oder  kleiner  als  der  von  F{x)  ist.  Enthält  F(x)  jenes 
System,  so  besteht  eine  Gleichung: 

F(x)  =  kix)  *,(*)  +  A,+i(*)  9t+i(z)  +  ■  ■  •  +  kh(x)  9M  (x), 

in  welcher  der  Grad  eines  jeden  Produktes  kk(x)  &k(x)  kleiner 
ist  als  derjenige  der  nächst  vorhergehenden  Funktion  &k—i(x) 
und  der  Grad  des  ersten  Produktes  A,-(#)  &i(x)  genau  gleich 
demjenigen  von  F(x)  ist." 


206  Achtzehnte  Vorlesung. 

§2. 

So  einfach  die  im  vorigen  Abschnitt  gefundene  Form  (#0,  #!,-••  &?) 
für  das  Modulsystem  (ilf)  auch  ist,  so  sind  doch  die  Bestimmungen 
über  die  Elemente  <&i(x)  noch  nicht  so  eng  gefafst,  dafs  jenes  System 
ein  eindeutig  bestimmtes  reduziertes  ist;  in  der  That  behält  jenes 
Modulsystem  alle  seine  charakteristischen  Eigenschaften,  wenn  man 
ein  beliebiges  Element  <ft(#)  durch  ein  anderes  &f(x)  ersetzt,  welches 
mit  jenem  durch  eine  Gleichung: 

&i(x)  =  0i(x)  +  ki+i(x) &i+i(x)  -\ 1-  k^ix)  0M(x) 

zusammenhängt;  nur  sind  hier  die  Koefficienten  JLk(x)  so  zu  wählen, 
dafs  jedes  Produkt  kkQ>k(x)  von  niedrigerem  Grade  ist  als  <P.;  ist  dies 

aber  geschehen,  so  ist  ®i(x)  ebenfalls  eine  Funktion  des  Bereiches 
(f(X)),  deren  Zahlenteiler  genau  gleich  p  '  und  deren  Grad  gleich  »., 
also  möglichst  klein  ist.  Aber  diese  einfache  Bemerkung  giebt  anderer- 
seits ein  Mittel,  um  das  System  ($,(#;)  in  ein  äquivalentes  reduziertes 
überzuführen. 

Ist  nämlich  &i—i(x)  irgend  ein  Element  unseres  Systemes,  so  ist 
dasselbe  sicher  nicht  durch  das  aus  den  folgenden  gebildete  Divisoren- 
system (<&,,  ä>i  +  i,  •  •  •  &?)  teilbar,  denn  alle  diese  Elemente  enthalten 
mindestens  den  Zahlenteiler  p  ',  während  £>,__  x  nur  durch  die  niedrigere 
Potenz  pim~l  teilbar  ist.  Man  kann  jedoch  Oi—i(x)  mit  einer  solchen 
Potenz  p*  von  p  multiplizieren,  dafs  das  Produkt  jp*<&,_i(#)  jenes 
Modulsystem  enthält,  und  man  erkennt  leicht,  dafs  p6  mindestens  gleich 
pd»—  *»•  — 1  sein  mufs;  denn  da  £>,_i(a;)  nur  den  Teiler  p**  —  1  hat,  so 
mufs  pfi  mindestens  so  grofs  gewählt  werden,  damit  das  Produkt  den 
Teiler  pd{  besitze.  Diese  Potenz  von  p  genügt  aber  auch,  denn  da  das 
Produkt  pdi~d,'—l&i—i(x)  ein  Element  des  Bereiches  (f(xj)  vom  Zahlen- 
teiler p  *  und  vom  Grade  n._l  >  n.  ist,  so  kann  man  diese  Funktion 
durch  <&i(x)  dividieren  und  auf  die  im  vorigen  Abschnitte  beschriebene 
Weise  so  lange  fortfahren,  bis  man  eine  Gleichung  von  der  folgenden 
Form  erhält: 

(1)  p*i~~di-1Qi-1(x)  =  buOi(x)  +  bi9i+i0i+i(x)  H (-  bi^%{x)9 

womit  die  Behauptung  bewiesen  ist.  In  dieser  Gleichung  sind  nach 
dem  am  Schlüsse  des  vorigen  Abschnittes  angeführten  Satze  die  Koef- 
ficienten solche  ganze,  ganzzahlige  Funktionen  von  z,  dafs  allgemein 
der  Grad  eines  jeden  Produktes  &,-*9*  kleiner  ist,  als  der  Grad  der  vor- 
hergehenden Funktion  #*_i,  während  der  Grad  von  buQi  genau  gleich 
dem  von  <ft_i  ist;  endlich  ergiebt  sich  durch  Vergleichung  der  Koef- 


§  2.    Die  Eigenschafben  der  reduzierten  Systeme.  207 

ficienten  der  höchsten  Potenz  von  x  auf  beiden  Seiten  von  (1),  dafs 
in  ba  der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  gleich  Eins  ist. 

Zur  Vereinfachung  mögen  im  Folgenden  die  positiven  Zahlen: 

d. —  d.    *=e.y        n.    , — n.  =  /".  (i=i,2,./<) 

gesetzt  werden,  so  dafs  die  Zahlen  e19  eif  •  •  •  eM  angeben ,  um  wieviel 
die  Exponenten  von  p  in  den  Teilern  von  40(#),  *i0*0; ' "  *  ®p(x)  zu~ 
nehmen,  und  die  Zahlen  flf  f2,  •  •  •  fM  um  wieviel  der  Grad  in  derselben 
Funktionenreihe  abnimmt.  Dann  ist  allgemein  für  den  Zahlenteiler 
und  den  Grad  des  Elementes  &,(#) 

Pdi  =2>'1+'s+  -+\        n,-ft+l  +  fi+s  +  •  •  •  +  fh, 

und  die  (i  Gleichungen  (1)  können  folgendermafsen  geschrieben  werden: 

p'i  0O      =  in  &t  +  &u<pg  +  6130>3  -\ \-  b1/t  <J>n 

p**  0t       =  b„&t  +  bi3$a  -\ \-  h„  tf„ 

(2)  p'*q>t       =  »te». +  ■••  +  *»*.**. 

Hier  bilden  die  Koefficienten  ein  Dreieckssystem: 


(3)  (bn)  = 


*u 

61*  • 

•  •  &1M 

0 

6M  • 

•62^ 

0 

0    • 

••  &/<* 

von  ganzen,  ganzzahligen  Funktionen  von  x}  in  welchem  alle  Elemente 
6, .,  6...  ■  •  •  6.    ,  .  der  i*60  Vertikalreihe  mit  Ausnahme  des  letzten  in  der 

Diagonale  stehenden  Gliedes  ba  sämtlich  von  niedrigerem  als  dem 
fi***  Grade  sind,  während  ba  genau  vom  /itoI1  Grade  ist,  und  als 
Koefficienten  von  xfi  die  Eins  hat.  In  der  That  folgt  dies  ja  daraus, 
dafs  allgemein  der  Grad  von  &,*#*  kleiner  als  der  von  &h  —  i  sein  mufs. 
Man  kann  nun  aber  weiter  a  priori  voraussetzen,  dafs  auch  die 
Horizontalreihen  dieses  Dreieckssystemes  (pik)  in  der  Weise  reduziert 
sind,  dafs  in  allen  Elementen  biif  &i,«  +  i,  •■•  bift  der  iien  Horizontal- 
reihe die  Zahlenkoefficienten  sämtlich  kleiner  sind  als  pe',  oder  also, 
dafs  sie  von  vorn  herein  auf  ihre  kleinsten  Reste  modulo  pl  reduziert 
sind.  Angenommen  nämlich,  diese  Voraussetzung  sei  schon  für  das 
eine  Element  b^  der  letzten  Zeile,  für  die  beiden  Elemente  der  vor- 
letzten Zeile,  u.  s.  w.;  bis  zu  den  Elementen  der  (i  -j-  l)ten  Zeile  erfüllt, 


208  Achtzehnte  Vorlesung. 

aber  noch  nicht  für  alle  Elemente  der  #*n  Zeile,  so  setze  man  für  alle 
diese  Elemente  &,,-,  i,-,,-^.!,  •  •  • 

wo  jetzt  die  Funktionen  b®l  die  kleinsten  Reste  der  h.k  modulo  p*  be- 
deuten, also  alle  für  diesen  Modul  reduziert  sind.  Setzt  man  dann 
diese  Werte  in  die  *te  Gleichung  des  Systemes  (2) 

ein,  und  vereinigt  dann  alle  mit  pe*  multiplizierten  Elemente  mit 
p€i0i^i  auf  der  linken  Seite,  so  ergiebt  sich: 

(4)        ph  (*._,  -  &,>,  -  *m+i*,+i K  ®„) 

=  6(.0)<P.  +  &™      *..;  +  ...  +  &<">  tf„ 
Setzt  man  also: 
(4Ä)  *.    ,  =  £>.    ,  —  &..£>. •  •  —  6.    0  , 

\         /  f  —  1  I  —  1  lt         «  •  fl         fA' 

so  ist  das  System: 

weil  die  beiden  einzigen  von  einander  verschiedenen  Elemente  durch 
die  Gleichung  (4*)  mit  einander  verbunden  sind;  aus  derselben 
Gleichung  folgt  aber  weiter,  dafs  auch  das  neue  Element  <P,_i  eben- 
falls eine  ganze  Funktion  des  Grades  n,_ i  ist,  welche  den  Zahlenteiler 
pi~1  besitzt,  denn  jedes  der  Produkte  bik&h  ist  von  niedrigerem  Grade 
als  das  vorhergehende  ®k—i,  also  a  fortiori  als  3>,_i  und  alle  Funk- 
tionen $,-,  &i f+i  •  •  •  in  (4a)  besitzen  einen  höheren  Zahlenteiler  als  den 
von  ®,_ i,  der  gleich  p**—1  ist.  Führt  man  also  ®,_i  an  Stelle  von 
<P,_i  in  unser  System  ein,  und  stellen  wir  für  das  äquivalente  System 
(®0,  •  •  •  <fy_i,  •  •  •  O/u)  die  Gleichungen  (2)  auf,  so  werden  die  letzten 
Gleichungen  gar  nicht  geändert,  da  in  ihnen  #,  — i  überhaupt  nicht 
vorkommt,  dagegen  geht  die  f*  Gleichung  wegen  (4)  und  (4a)  über  in: 

P«*t_l-b«>9t  +  ...  +  b%*lli 

hier  besitzen  die  Koefficienten  in  Bezug  auf  ihre  Grade  dieselben 
Eigenschaften  wie  vorher,  sind  aber  aufserdem  noch  modulo  pf*  redu- 
ziert; endlich  ändern  sich  die  (i  —  1)  ersten  Gleichungen  dadurch, 
dafs  in  jeder  von  ihnen  auf  der  rechten  Seite  <fy_i  durch  ©*— i  zu 
ersetzen  und  sie  dann  wieder  aufs  neue  zu  ordnen  ist.  Darch  diese  Re- 
duktion  ist  also  erreicht,  dafs  jetzt  auch   die  Zahlenkoefficienten  des 


§  3.   Die  reduzierte  Form  der  Divisorensysteme.  209 

Elementes  bik  der  i**n  Horizontalreihe  modulo  pH  reduziert  sind,  wahrend 
dies  vorher  nur  für  alle  späteren  Reihen  der  Fall  war.  Reduziert 
man  jetzt  die  (i  —  1)*  Zeile  des  neuen  Systemes  in  derselben  Weise 
modulo  j/'—1,  und  fährt  so  fort,  so  erhält  man  zuletzt  ein  den  An- 
forderungen unseres  Satzes  entsprechendes  System,  und  wir  können 
daher  gleich  das  System  (&0(x),  Q>x(x)7  •  •  •  O^x))  in  dieser  Weise  ge- 
geben voraussetzen. 

§3. 

Es  soll  jetzt  endlich  nachgewiesen,  werden,  dafs  die  im  vorigen  Ab- 
schnitte gefundene  reduzierte  Form,  auf  die  jedes  Divisorensystem 
(M)  ~  (p*,  fx(x),  •  •  •  f9(x))  gebracht  werden  kann,  eine  eindeutig  be- 
stimmte ist,  d.  h.  dafs  zwei  Systeme  dieser  Art  nur  dann  äquivalent 
sein  können,  wenn  sie  identisch  sind.  Zu  diesem  Zwecke  nehme  ich 
an,  die  beiden  reduzierten  Systeme 

(O0(x),  &x  (x),  •  -  •  *„(*))       und       (V0(x),  V^x),  •  -  •  y,(*)) 

seien  demselben  Systeme  (-M),  also  auch  einander  äquivalent,  d.  h.  der 
Bereich  (f(x))  aller  durch  sie  teilbaren  Funktionen  sei  für  beide 
Systeme  der  gleiche.  Dann  mufs  erstens  die  Anzahl  der  Elemente 
Oi(x)  und  Vk(x)  dieselbe,  es  mufs  also  ft  =  g  sein,  und  zweitens  mufs 
sowohl  der  Grad  als  auch  der  Zahlenteiler  von  je  zwei  entsprechen- 
den Funktionen  <&,(#)  und  Vt(x)  identisch  sein,  denn  alle  diese  Zahlen 
sind  ja  allein  durch  den  Bereich  (/*(#))  bestimmt,  welcher  für  die 
beiden  äquivalenten  Systeme  der  gleiche  ist.  So  sind  z.  B.  sowohl 
O0(x)  als  auch  ^(x)  zwei  Funktionen  des  Bereiches  (f(x))  von  mög- 
lichst niedrigem  Grade  n0  ohne  Zahlenteiler,  9t(x)  und  ^(z)  zwei 
Funktionen  desselben  Bereiches  von  niedrigerem  Grade  ab  n0,  deren 
Zahlenteiler  möglichst  klein  und  deren  Grad  möglichst  niedrig  ist  u.  s.  f. 
In  den  beiden  als  äquivalent  vorausgesetzten  Systemen  ($,(#))  und 
(Vi(x))  sind  ferner  die  letzten  Elemente  O^x)  und  *PM(x)  identisch, 
denn  es  ist  ^  =  ¥^  =  pd*  die  kleinste  ganze  Zahl  des  zugehörigen 
Bereiches. 

Um  nun  den  angekündigten  Beweis,  dafs  beide  Systeme  notwendig 
identisch  sind,  vollständig  zu  führen,  nehme  ich  an,  man  wisse  bereits, 
dafs  die  (ji  —  *  —  1)  letzten  Elemente  &i(x),  Qi+i(x),'"Qfi(x)  in 
beiden  Systemen  übereinstimmen,  und  ich  zeige  dann,  dafs  aus  der 
Äquivalenz  der  beiden  reduzierten  Systeme: 

(<&0>  *  • '  ®<-i>  •«> '  •  •  */<)       uad       (^o> '  *  *  Vi-ii  <fc>  •  •  •  **) 
mit  Notwendigkeit  die  Identität  der  beiden  nächstvorhergehenden  Ele- 
mente Qi-\  und  Vi—i  folgt. 

Kroneoker,  Zahlentheorie.   I.  14 


•    » 


210  Achtzehnte  Vorlesung. 

Nach   der  Definition   der   reduzierten  Systeme   bestehen   nun  für 
diese  beiden  Elemente  die  Gleichungen: 

p*'(p.    ,  =  b.  .0.  +  b. ...  <B.  ,  ,  + \-b.    O  , 

p'<W.    .  =  6:  .  0.  +  b' ...  9. .  .  -4 \-V.   0  , 

in  welchen  die  Koefficienten  bik  und  b'.k  modulo  pl  reduziert  sind,  und 
der  Grad  eines  jeden  Produktes  b.k  &kJ  b'ik <Pk  mit  Ausnahme  der  beiden 
ersten  kleiner  ist,  als  der  des  vorhergehenden  Elementes  Q>k_L-  Durch 
Subtraktion  beider  Gleichungen  erhält  man  eine  neue: 

(i)    *>*(*._,-  ^_i)  =  y,*+n+i**+i+-+^*^ 

in  welcher  jetzt  der  Grad  aller  Koefficienten  yk  =  b.k  —  6  '4  mit  Ein- 
schlufs  des  ersten  y.  =  b..  —  b'{i  in  der  eben  angegebenen  Weise  re- 
duziert ist,  denn  da  b..  und  K.  beide  mit  a/*  beginnen,  so  hebt  sich 
dieses  Glied  in  y.  fort;  ferner  sind  die  Zahlenkoefficienten  aller  Funk- 
tionen yk  ihrem  absoluten  Werte  nach  kleiner  als  p\  da  dieselben  in 
bik  und  b'ik  positiv  und  kleiner  als  pl   waren ;    eine    solche    Funktion 

kann  daher  nur  dann  durch  pl  teilbar  sein,  wenn  sie  gleich  Null  ist. 
Da  nun  die  Differenz  (<P,-_i  —  Vi— i)  auf  der  linken  Seite  der 
Gleichung  (1)  dem  Bereiche  (f{xj)  angehört  und  von  niedrigerem  als 
dem  w|._1ten  Grade  ist,  weil  sich  die  höchsten  Glieder  von  &i_l  und 
Wi—i  ebenfalls  fortheben,  so  kann  die  linke  Seite  der  Gleichung  (1) 
nach  dem  am  Schlüsse  des  §  1  bewiesenen  Satze  folgendermafsen  ge- 
schrieben werden: 

wo  ebenfalls  jedes  Produkt  ßk&k  von  niedrigerem  Grade  als  &k_x  ist. 
So  geht  die  Gleichung  (1)  über  in: 

—  Y{ *<  +  7,+,*,+,  H H  Yh  *„ , 

^tder  wenn  man  zur  Abkürzung 

(2)  yk(x)  -  p«ßt(x)  =  ek(x) 

setzt,  in: 

(3)  c.<D,.  +  ci+lOi+l  +  ...  +  cit0ii-O. 

Diese  Gleichung,  in  welcher  der  Grad  eines  jeden  Produktes  ck&k  eben- 
falls kleiner  ist  als  der  des  vorhergehenden  &k_v  kann  aber  nur  dann 
erfüllt  sein,  wenn  alle  Koefficienten  einzeln  gleich  Null  sind.      Wäre 


§  3.   Die  reduzierte  Form  der  Divisorensysteme.  211 

nämlich  etwa  ck(x)  der  erste  nicht  verschwindende  Koefficient,  so  wäre 
die  linke  Seite  der  Gleichung  (3)  genau  von  dem  Grade  von  ck9kf  da 
alle  vorhergehenden  Glieder  Null,  alle  folgenden  aber  von  niedrigerem 
Grade  sind.  Da  demnach  in  den  Gleichungen  (2)  alle  rechten  Seiten 
Null  sind,  so  müssen  alle  Elemente  yk(x)  durch  p*  teilbar  sein,  was 
nach  der  oben  gemachten  Bemerkung  nur  möglich  ist,  wenn  sie  alle 
gleich  Null  sind.  Demnach  folgt  aus  der  Gleichung  (1),  dafs 
&i—i(x)=  iPi—iiz)  ist,  was  zu  beweisen  war. 

Damit  ist  der  vollständige  Beweis  erbracht,  dafs  jedes  Divisoren- 
system (p*,  fx{x)}  •  •  -  ff*(xj)  auf  eine  und  auch  nur  auf  eine  Weise  in 
ein  äquivalentes  System  (&0(x),  4>x(a;),  •  •  •  $M(#))  transformiert  werden 
kann,  dafs  also  die  hier  angegebene  Form  in  der  That  eine  kanonische 
oder  reduzierte  Form  ist. 

.  Mit  Hülfe  dieses  Satzes  kann  man  die  reduzierte  Form  für  die 
einfachsten  Modulsysteme  dieser  Art  unmittelbar  hinschreiben.  So  ist 
z.  B.  jedes  System  (p2,  fx{x)}  •  •  *fv{x))  äquivalent  einem  reduzierten 
(4>0(rr),  Ox(x)}  4>2(#)),  zwischen  dessen  Elementen  die  Gleichungen  be- 
stehen: 

jp®o(a;)  =  61101  +  612*a, 

und  wo  $2  =  p*  ist.  Setzt  man  die  hieraus  sich  ergebenden  Werte 
jener  drei  Funktionen  in  das  Modulsystem  ein,  so  ergiebt  sich  die 
Äquivalenz: 

(P2;  f\&\ '  *  •  /*„(*))  ~  (6n ÖO  &**(*)  +  Pbn(x\  p6«(«),  P*)> 

in  der  alle  drei  Funktionen  b  modulop  reduziert  und  der  Grad  von 
612  kleiner  ist  als  der  von  bn. 


U* 


Neunzehnte  Vorlesung. 

Die  Teiler  modulo  p  der  ganzen  Funktionen  von  x.  —  Der  gröfste  gemeinsame  Teiler 
modulo  p. —  Die  Primfunktionen  modulo  p.  —  Die  Primmodulsysteme  (p,  Pix)).  — 
Ihre  Analogie  mit  den  Primzahlen.  —  Eindeutigkeit  der  Zerlegung  der  ganzen 
Funktionen  in  Primfaktoren  modulo  p.  —  Zerlegung  des  Systems  (p,  fix)).  —  Prim- 
modulsysteme und  unzerlegbare  Modulsysteme.  —  Untersuchung  des  Bereiches  [x] 
für  ein  Primmodulsystem.  —  Der  Fermatsche  Satz  und  der  Wilsonsche  Satz  für 

ein  Primmodul  System.  —  Zerlegung  der  Funktion  xp  —  x  modulo  p.  —  Die  ein- 
fachen Modulsysteme.  —  Ihre  Fundamentaleigenschaften.  —  Dekomposition  eines 

beliebigen  Divisorensystems  in  einfache  Systeme. 

§  i. 

Nachdem  im  vorigen  Abschnitte  die  Zurückführung  der  allgemei- 
nen Modulsysteme  (pft^f^x),  ...fr(x))  auf  die  reduzierte  Form  ange- 
geben wurde,  wenden  wir  uns  jetzt  einer  genaueren  Untersuchung  der 
einfachsten  Systeme  (p,  fx(x),  ...  fv(x))  zu,  in  denen  das  Zahlenelement 
eine  Primzahl  ist.     Wir  stellen  dazu  folgende  Definition  auf: 

„Eine  Funktion  f(x)  heilst  ein  Teiler  modulo  p  von  einer  ande- 
ren Funktion  F(x),  wenn  eine  Kongruenz 

F(x)  =  f(x)g{x)      (mod  p) 

besteht,  in  der  g(x)  ebenfalls  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion 
bedeutet." 

Da  diese  Kongruenz  nur  eine  Gleichung 

F{x)=f(x)g(x)+ph(x) 

vertritt,  so  erkennt  man,  dass  f(x)  dann  und  nur  dann  ein  Teiler  von 
F(x)  ist,  wenn  die  Äquivalenz  (p,  F(x))  ~  (p}  f(x)g(x))  besteht. 

Bei  dieser  Untersuchung  werden  sowohl  F(x)  als  auch  f{x)  nur 
modulo  p  betrachtet,  also  können  ihre  Koeffizienten  modulo  p  auf  ihren 
kleinsten  Rest  reduziert  und  kongruente  Funktionen  als  äquivalent  an- 
gesehen werden.  Der  Grad  eines  Teilers  von  F(x)  ist  dann  offenbar 
höchstens  gleich  dem  Grade  n  von  F(x).  Ein  jeder  solcher  Teiler 
mufs  also  die  Form  haben: 


§  1.    Die  Teiler  modulo  p  der  ganzen  Funktionen.  213 

f(x)  =  a0  +  atx  -(-•••  +  anx*> 

wo  die  Koeffizienten  a.  Zahlen  der  Reihe  0,  1,  ...  p  —  1  bedeuten.  Da 
aber  im  Ganzen  nur  pn+l  solche  Funktionen  existieren,  so  ergiebt  sich 
der  Satz: 

„Eine  Funktion  F(x)  besitzt  nur  eine  endliche  Anzahl  von  Tei- 
lern modulo  p." 

Unter  diesen  Divisoren  sind  stets  auch  die  Einheiten  modulo  jp,  d.  h. 
alle  durch  p  nicht  teilbaren  Zahlen  enthalten.  Ist  nämlich  Oq  eine 
solche  und  a0'  die  komplementäre  Einheit,  so  ist  in  der  That: 

F(x)  =  a0a0'F(x)  =  a0FQ(x)    (modp), 

wenn  F0(x)  =  a0'F(x)  gesetzt  ist.  Aus  diesem  Grande  sind  die  Ein- 
heiten modulo  p  auch  in  dieser  Theorie  als  Einheiten  anzusehen,  weil 
sie  in  einer  jeden  Gröfee  des  Bereiches  enthalten  sind,  und  es  kann 
und  soll  daher  im  folgenden  stets  von  ihnen  bei  der  Aufzählung  der 
Teiler  abgesehen  werden. 

Eine  Funktion  f(x)  heifst  ein  gemeinsamer  Teiler  modulo  p  von 
mehreren  anderen  Funktionen  f\(x),  ft(x)7  ...  fv(x),  wenn  sie  modulo  p 
betrachtet  in  jeder  einzelnen  von  ihnen  enthalten  ist;  dann  gilt  der 
folgende  Satz:  Alle  gemeinsamen  Teiler  f(x)  sind  die  sämtlichen  Teiler 
modulo  p  von  einem  unter  ihnen,  welcher  daher  der  gröfste  gemeinsame 
Teiler  von  fx{x),  •  •  •  fv(x)  genannt  wird.  Ist  f(x)  der  gröfste  gemeinsame 
Teiler  von  fx{x),  --fv(x),  so  besteht  die  Äquivalenz: 

d.  h.  f(x)  ist  das  zweite  Element  des  zu  {p,fx{x)y  --fy{x))  äqui- 
valenten reduzierten  Systemes. 

In  der  That,  ist  f(x)  so  gewählt,  dafs  die  Äquivalenz  (1)  besteht, 
so  folgen  aus  ihr  die  Gleichungen: 

oder 

/*(*)  =  f(x)  »*(*)     (mod  P) 

d.  h.  f(x)  ist  wirklich  ein  gemeinsamer  Teiler  der  v  Funktionen  fk(x)] 
aber  umgekehrt  folgt  aus  der  Äquivalenz  (1): 

(2)  ftx)  =  Mz)^)  +  ■  •  •  +  f,(z)1>,(x)    (modp), 

weil  auch*  die  rechte  Seite  von  (1)  die  linke  enthält.  Ist  nun  f(x) 
ein  anderer  gemeinsamer  Teiler  mod  p  jener  v  Funktionen,  ist  also 
auch: 

fk(x)  =  J{x) yk(x)     (mod  p), 


214  Neunzehnte  Vorlesung. 

so  mufs  f(x)  notwendig  ein  Teiler  von  f(x)  sein;  denn  setzt  man  jene 
Werte  der  Funktionen  fk(x)  in  (2)  ein,  so  folgt: 

fix)  =  f{x)  faW^ix)  H h  vv(x)1>v(x)) 

=  f(x)g(x)  (modp), 

und  hierdurch  ist  jener  Satz  vollständig  bewiesen. 

Die  v  Funktionen  fx{x)7  •  •  •  fv(x)  heifsen  relativ  prim  oder  teuer- 
fremd  modulo  p,  wenn  das  zugehörige  System 

ist.  Dann  existieren  also  stets  v  solche  Multiplikatoren  <px(x),  •••  <pt(x), 
dass  die  Kongruenz: 

/i^i  +  f%<P%  H h  />„  =  1     (mod  p) 

erfüllt  ist,  und  unter  Benutzung  der  Gleichungen,  mit  deren  Hülfe  im 
§  1  der  siebzehnten  Vorlesung  ein  Modulsystem  Q>,  /",,  —  /^)  auf  seine 
reduzierte  Form  gebracht  wird,  können  jene  Multiplikatoren  auch  immer 
wirklich  berechnet  werden. 

Eine  Funktion  F(x)  vom  nten  Grade  besitzt  modulo  p  stets  eine 
endliche  Anzahl  von  Teilern  und  sie  können  als  ganze  Funktionen: 

(8)  <p  (x)  =  *»  +  a^x-1  +  •  •  •  +  a0 

angenommen  werden,  deren  Grad  v  <in  ist,  deren  Koeffizienten  mo- 
dulo p  reduziert  sind,  und  in  welchen  der  Koeffizient  der  höchsten  Potenz 
gleich  Eins  angenommen  werden  kann;  denn  wäre  jener  Koeffizient 
gleich  av>  so  kann  ja  <p(x)  durch  av'<p(x)  ersetzt  werden,  wo  av'  die 
komplementäre  Einheit  zu  av  bezeichnet.  Man  kann  alle  jene  Teiler 
durch  ein  endliches  Verfahren  bestimmen.  Zu  diesem  Zwecke  denke 
man  sich  alle  jene  Funktionen  von  der  Form  (3)  aufgeschrieben,  nach 
ihrem  Grade  geordnet,  und  bezeichne  sie  in  dieser  Reihenfolge  durch: 

»o(*)>  *i(*),  ' '  ' 

so  dafs  also  für  ihre  Grade  v0,  vx,  •  •  •  v0  <  vt  <  •  •  •  ist.  Reduzieren 
wir  dann  der  Reihe  nach  die  Modulsysteme 

(p,  F(x),  <p0(x)),     (p,  Fix),  q>t (x)),  -  •  ■ 

so  sei  etwa  (p,  F(x),  <ph(x))  das  erste,  welches  nicht  äquivalent  Eins 
ist.    Dann  ist  notwendig: 

(p,  F(x),  <phix))  ~  O,  <phix)) 

und  (ph(x)  ist  der  oder  ein  Teiler  niedrigsten  Grades  von  F(x).  Wäre 
nämlich  etwa: 

(p,  F(x),  cphix))  ~  ip,  <pix)), 


§.  1.   Der  gröfste  gemeinsame  Teiler  modulo  p.  215 

wo  <p(x)  ^  <ph(x)  ist,  so  wäre  ja  <p(x)  ein  gemeinsamer  Teiler  von  F(x) 
und  <ph(x),  sein  Grad  müfste  also  kleiner  oder  gleich  vh  sein;  das  er- 
stere  ist  aber  nicht  möglich,  da  sonst  <p(x)  schon  unter  den  früheren 
Funktionen  hätte  vorkommen  müssen,  also  müfste  (p(x)  und  <ph(x)  von 
gleichem  Grade  sein;  aber  aus  der  Kongruenz: 

q>h  =  etp    (mod  p) 

folgt  dann,  dafs  e  vom  nullten  Grade,  also  eine  Einheit  sein  muss,  und 
da  beide  Funktionen  mit  xh  beginnen,  so  mufs  e=  1  sein,  w.  z.  b.  w. 
Wir  wollen  diesen  Teiler  niedrigsten  Grades  von  F(x)  im  Folgenden 
mit  P(x)  bezeichnen.     Dann  ist  also: 

(4)  F(x)  =  P(x)Fi(x)    (mod*), 

wo  Ft(x)  von  niedrigerem  Grade  ist,  als  F(x).  Ein  solcher  Teiler  P{x) 
kann  nun  selbst  nicht  noch  weiter  modulo  p  zerfallen,  er  ist  also  mo- 
dulo p  irreduktibel.     Wäre  nämlich 

P(x)  =  Q(x)  R(x)    (mod  p\ 

wo  die  Grade  beider  Faktoren  kleiner  sind  als  der  Grad  von  P(x\  so 

folgte  aus  (4) 

F(x)  =  Q(x)R(x)F1(x)    (mod  p) 

d.  h.  F(x)  besäfse  gegen  unsere  Voraussetzung  bereits  einen  Teiler 
niedrigeren  Grades. 

In  derselben  Weise  können  wir  jetzt  von  dem  komplementären 
Faktor  Fx(x)  in  der  Kongruenz  (4)  einen  Faktor  Px(x)  von  möglichst 
niedrigem  Grade  bestimmen,  so  dafs  Ft(x)  je  P1(x)Fi(x)  (modjp)  und 
Px{x)  wieder  modulo  p  irreduktibel  ist.     Dann  folgt  aus  (4) 

F(x)  =  P(x)Pt(x)F9(x)    (modjp),- 

und  man  erkennt,  dass  Px  (x)  auch  ein  Teiler  von  F(x)  modulo  p,  also 
von  gleichem  oder  höherem  Grade  als  P(x)  ist.  Fährt  man  in  der- 
selben Weise  fort,  so  erhält  man  zuletzt  eine  Zerlegung: 

F{x)  ~  P(x)Pt(x)  .  -  •  P^x)    (mod  p) 

in  lauter  gleiche  oder  verschiedene  modulo  p  irreduktible  Faktoren. 
Es  fragt  sich,  ob  diese  Zerlegung  in  Primfaktoren  ebenso  wie  bei  den 
Zahlen  eine  eindeutige  ist;  wir  werden  diese  Frage  im  nächsten  Ab- 
schnitte, und  zwar  bejahend,  beantworten. 

§2. 

9 

Wir  sind  im  vorigen  Abschnitte  auf  die  modulo  p  irreduktiblen 
Gröfsen  des  Bereiches  [x]  in  völlig  gleicher  Art  geführt  worden,  wie 
wir  in  der  fünften  Vorlesung  zum  Beweise  der  Existenz  der  Primzahlen 


216  Neunzehnte  Vorlesung. 

gelangten;  auch  hier  sehen  wir,  dafs  jeder  Teiler  niedrigsten  Grades 
einer  beliebigen  Gröfse  F(x)  modulo  p  irreduktibel  ist. 

Ein  Modulsystem  (77)  =  (p,  P(x)),  dessen  zweites  Element  mo- 
dulo p  unzerlegbar  ist,  soll  ein  Primmodtdsystem  genannt  werden,  weil 
ein  solches  allein  alle  Eigenschaften  der  Primzahlen  in  dem  erweiter- 
ten Bereiche  [x]  besitzt.   Es  besteht  nämlich  zunächst  der  wichtige  Satz: 

„Eine  Gröfse  F(x)  ist  entweder  durch  ein  Primmodulsystem  (77) 
teilbar,  oder  sie  ist  eine  Einheit  modulo  (77)." 

Es  kann  nämlich  das  Modulsystem  (p,  P(x),  F(x))  nur  äquivalent 
(p,  P(x))  oder  äquivalent  1  sein,  denn  anderenfalls  liefse  es  sich  auf 
(p,  P(x))  reduzieren,  wo  P{x)  ein  Teiler  von  P(x)  modulo  p  wäre, 
was  mit  der  über  P(x)  gemachten  Voraussetzung  im  Widerspruch 
steht. 

Hieraus  folgt  sofort  der  zweite  Hauptsatz: 

„Ein  Produkt  F(x)  G(x)  ist  dann  und  nur  dann  durch  ein 
Primmodulsystem  (p}  P(x))  teilbar,  wenn  mindestens  einer  der 
beiden  Faktoren  jenes  System  enthält." 

Ist  nämlich  das  Produkt  F(x)  G(x)  durch  (77)  teilbar,  besteht 
also  die  Äquivalenz: 

(p,  P(x),  F(x)G{x))  ~  (p,  P(s)), 

0 

und  nehmen  wir  an,  weder  F(x)  noch  G(x)  enthalte  jenes  System, 
so  bestehen  notwendig  die  Äquivalenzen: 

(p,  P(x),  F(x))  -  1 ,        (p,  P(x),  G(x))  ~  1; 

aus  ihnen  folgt  aber  durch  Komposition  die  weitere: 

(p*,  pP}  J»,  pF}  p  G,  PF}  PG,  FG)~1; 

dieses  System  ist  nun  offenbar  durch  (p,  P,  FG)  teilbar,  weil  jedes 
seiner  Elemente  ein  Multiplum  von  p  oder  P  oder  FG  ist;  also  mufs 
auch  (p,  P,  FG)  äquivalent  Eins  sein,  also  FG  auch  P(x)  nicht  ent- 
halten. Derselbe  Satz  gilt  natürlich  für  ein  Produkt  von  beliebig 
vielen  Factoren. 

Endlich  ergiebt  sich  der  Satz: 

„Ist  eine  Gröfse  F(x)  durch  zwei  nicht  äquivalente  Primmodul- 
systeme (p,  P(x))  und  (p,  Q(x))  teilbar,  so  enthält  sie  auch  ihr 
Produkt  (p,  P(x))  •  (p,  Q(x)).« 

Da  nämlich  P(x)  und  Q(x)  modulo  p  teilerfremd  sind,  so  ist  nach 
dem  im  §  1  der  siebzehnten  Vorlesung  bewiesenen  Satze: 

(p,  P(x))  (p,  Q(x))  ~  (p,  PQ). 
Enthält  nun  F(x)   das  System  (p,  P),  so  heilst  das  nichts  anderes, 


§  2.   Die  PrimmodulByeteme  (p,  P(x)).  217 

als  dafs  F(x)  modulo  p  den  Teiler  P(x)  besitzt,  und  das  Entsprechende 
gilt  für  den  zweiten  Teiler  Q (x).  Enthält  aber  die  Funktion  F  {x\  modulo  p 
betrachtet,  sowohl  den  Divisor  P(x)  als  auch  Q(x)9  so  ist  sie  in  der 
That  modulo  p  durch  PQ  teilbar,  enthält  also  das  System  (p,  PQ) 
und  unser  Satz  ist  bewiesen. 

Wir  wollen  diese  Sätze  zunächst  benutzen,  um  die  Eindeutigkeit 
der  Zerlegung  einer  Funktion  F(x)  in  ihre  modulo  p  irreduktiblen 
Faktoren  zu  beweisen.  Gäbe  es  nämlich  zwei  solche  Zerlegungen,  so 
wären  diese  einander  kongruent,  man  hätte  also  eine  Kongruenz: 

(1)    F(z)  =  P(x)  Px(x)  • .  -  Ph(x)  =  Q(x)  Qx(x)  •  •  •  Qv{x)    (modp).  • 

Es  sei  nun  S(x)  das  Produkt  aller  Faktoren,  welche  in  beiden  Zer- 
legungen identisch  sind,  so  kann  diese  Kongruenz  auch  so  geschrieben 

werden: 

S(x)  (P(x)  -  - .  P^x)  —  Q(x)  •  •  •  <),,(*))  =  0    (mod  p), 

und  da  S(x)  p  nicht  enthält,  so  ist  sie  nur  dann  erfüllt,  wenn: 

P(x)  ■ . .  P„(*)  =  Q(x)  ■  •  •  Qri(x)    (modp) 

ist,  wo  jetzt  kein  einziger  Primfaktor  auf  beiden  Seiten  zugleich  vorkommt. 
Da  nun  das  Produkt  Q(x)  •  •  •  QVl  (x)  das  Modulsystem  (p,  P(x))  ent- 
halt, so  mufs  mindestens  einer  seiner  Faktoren,  etwa  Q(x),  durch  das- 
selbe teilbar  sein,  es  mufs  also  die  irreduktible  Funktion  Q(x) 
modulo  p  durch  P(x)  teilbar,  d.  h.  entgegen  der  soeben  gemachten 
Voraussetzung  gleich  P(x)  sein,  und  damit  ist  jener  Satz  vollständig 
bewiesen. 

Es  kann  vorkommen,  dafs  die  Funktion  F(x)  mehrere  gleiche  irre- 
duktible Faktoren  enthält.  Wir  fassen  dieselben  zusammen  und 
schreiben  die  Zerlegung  folgendermafsen: 

F(x)  ~  P(x)h P,(xp  .  •  •  P9(xf*     (mod  p), 

wo  P(x)9  Px(x)}  •  •  •  Pt(x)  sämtlich  modulo  p  inkongruent  sind. 

§3. 

Wir  untersuchen  jetzt  die  allgemeineren  reduzierten  Systeme 
(p,  f(x))  und  stellen  die  Bedingung  dafür .  auf,  dafs  sie  sich  noch 
weiter  dekomponieren  lassen.  Ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe 
(j>>  f&))  kann  offenbar  nur  in  ebensolche  Faktoren  zerfallen,  und  ist 
dies  der  Fall,  so  kann  das  Zahlenelement  in  allen  diesen  Komponenten 
ebenfalls  nur  gleich  p  sein.  Jedes  solches  System  können  wir  uns 
bereits  auf  die  reduzierte  Form  gebracht  denken;  wir  haben  demnach 
nur  die  Frage  zu  lösen,  unter  welcher  Bedingung  die  Zerlegung: 


218  Neunzehnte  Vorlesung. 

(1)  (p,  f{x))  ~  (p,  ft(x))  (p,  ft (x))  ~  (p*,  p/l/p/i,  /i/i) 

möglich  ist.  Da  p  durch  das  rechts  stehende  System  teilbar  ist,  so 
mufs  eine  Gleichung  von  der  Form  bestehen: 

(1»)  p  ~p*F(x)  +  p(fr(x)  Gx(x)  +  fax)  <?,(*))  +  £(*)/;(*)#(*), 

und  da  hier  alle  Glieder  mit  Ausnahme  des  letzten  auf  der  rechten 
Seite  p  enthalten,  so  mufs  auch  H(x)  —  pH'(x)  durch  p  teilbar  sein. 
Setzt  man  diesen  Wert  in  (la)  ein  und  hebt  dann  mit  p,  so  kann  diese 
Gleichung  so  geschrieben  werden: 

1  =  pF(x)  +  £(*)  (ßt {x)  +  ftW  H\x))  +  f%{x)  (}%(x)} 
und  aus  ihr  ergiebt  sich  die  notwendige  Bedingung: 

d.  h.  die  beiden  Funktionen  fx(x)  und  f%(x)  müssen  modulo  p  be- 
trachtet relativ  prim  sein. 

Ist  aber  umgekehrt  (p,  f1}  fs)  ~  1,  also  (p*,  pf19  pf%)  ~p,  so  wird 
die  rechte  Seite  in  (1)  einfach  äquivalent  (p,  f[f%)  und  dieses  System 
ist  demnach  dem  ursprünglichen  (p,  f(x))  dann  und  nur  dann  äqui- 
valent, wenn: 

(2)  /•(*)  =  £(*)/;(*)    (moip),        (j>,  /iW,  /iW)  ~  1, 

wenn  also  ft(x)  und  f^(x)  zwei  komplementäre,  aber  modulo  p  relativ 
prime  Faktoren  von  f(x)  sind. 

Damit  ist  aber  sofort  die  vollständige  Zerlegung  eines  Divisoren- 
systemes  (p,  f(xj)  in  seine  irreduktiblen  Faktoren  gegeben.   Ist  nämlich: 

f{x)  =  P(x)h  Pt  (x)hl  •  •  -  Pv(x)h*    (mod  p) 

die  Zerlegung  von  f(x)  in  seine  modulo  p  irreduktiblen  Faktoren, 
so  ist: 

(ft  /"«*>)  ~  (ft  PVft  (ft  JPiÖO*1)  •  •  ■  (ä  aw1*) 

die  vollständige  Dekomposition  des  Divisorensystemes  (p,  /*(#))  in  un- 
zerlegbare Systeme. 

Schon  hier  werden  wir  zu  einem  fundamentalen  Unterschiede  ge- 
führt, welcher  zwischen  der  Zerlegung  der  Zahlen  und  der  ihr  so  nahe 
verwandten  Dekomposition  der  Divisorensysteme  besteht.  Während 
nämlich  die  Teilbarkeit  einer  Zahl  m  durch  eine  andere  d  stets 
ihre  Zerlegbarkeit  in  ein  Produkt  dd'  nach  sich  zieht,  ist  dies 
bei  den  Modulsystemen  zweiter  Stufe  im  allgemeinen  nicht  mehr  der 
Fall.  In  der  That  besitzt  z.  B.  jedes  der  hier  gefundenen  Divisoren- 
systeme (p,  P(x)h)  offenbar  den  Divisor  (p,  P(x))  und  allgemeiner  jeden 
Divisor  (p,  P(x)k),   wenn  k  <  h  ist,   aber  es  ist  nicht  möglich,  jenes 


§  4.   Untersuchung  des  Bereiches  [x]  für  ein  Primmodulsystem.  219 

System  auf  irgend  eine  Weise  in  zwei  Faktoren  zu  zerlegen.  Wir 
müssen  daher  unterscheiden  zwischen  der  Zerlegbarkeit  eines  Systemes 
und  seiner  Eigenschaft  einen  Teiler  zu  besitzen.  -  Die  Unzerlegbarkeit 
schliefst,  wie  wir  sehen,  das  Vorhandensein  von  Divisoren  keines- 
wegs aus,  während  allerdings  umgekehrt  ein  System,  welches  keinen 
Teiler  mehr  besitzt,  selbstverständlich  auch  nicht  weiter  zerlegt 
werden  kann. 

Die  Eigenschaft,  dafs  ein  Modulsystem  zweiter  Stufe  keinen  Teiler 
mehr  besitzt,  wollen  wir  als  die  charakteristische  Eigenschaft  für  ein 
Primmodulsystem  ansehen,  während  wir  die  nicht  weiter  zerlegbaren 
irreduktible  Modulsysteme  nennen  wollen. 


§4. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zu  einer  genaueren  Untersuchung  der  Prim- 
modulsysteme und  bestimmen  zunächst,  welchen  Systemen  diese  Eigen- 
schaft zukommt.     Hier  gilt  nun  der  folgende  Satz: 

„Ein  Divisorensystem  zweiter  Stufe  (f17  f%,  •  •  •/",)  ist  dann  und 
nur  dann  ein  Primmodulsystem,  wenn  es  einem  Systeme  (p,  P(x)) 
äquivalent  ist,  wo  p  eine  Primzahl  und  P(x)  modulo  p  irre- 
duktibel  ist." 

Ist  nämlich  zunächst  (Jf)  ~  fQ(x)  (ft{x)}  •  •  •  fv(x))  ein  gemischtes 
Modulsystem  zweiter  Stufe,  so  kann  es  kein  Primmodulsystem  sein, 
es  sei  denn,  dafs  entweder  f0(x)  oder  (J\(x),  •  •  •  fv(x))  äquivalent  Eins 
ist,  da  es  ja  sonst  mehr  als  einen  Teiler  hätte.  Bei  der  zweiten  An- 
nahme wäre  es  aber  äquivalent  f0(x),  also  nicht  von  der  zweiten  Stufe, 
also  mufs  zunächst  f0(x)  =  1,  also  (M)  ~  (fl9  •  •  •  fv)  ein  reines  Modul- 
system sein.  Ist  aber  (JM)  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe,  und 
m  sein  Zahlenelement,  ist  ferner  m  keine  Primzahl  und  p  einer  ihrer 
Primfaktoren,  so  besitzt  das  gegebene  Modulsystem  (M)  ~  (w,  fl9*»  ■/*,) 
das  System  (p,  f1}  •  •  •  fv)  als  eigentlichen  Teiler,  ist  also  kein  Prim- 
modulsystem. Ist  das  gegebene  System  (M)  aber  äquivalent  (p,  f1}  •  •  •/*,) 
und  ist  (p,f(x))  seine  reduzierte  Form,  wäre  ferner  f(x)  modulo  p 
nicht  reduziert,  und  wäre  P(x)  ein  Teiler  von  f(x)  modulo  p,  so  be- 
säße das  System  (p,  fix))  das  andere  (p,  P(x))  als  eigentlichen  Teiler, 
wäre  also  wieder  kein  Primmodulsystem,  und  da  andererseits  die 
Systeme  (p,  P(x))  in  der  That  Primmodulsysteme  sind,  so  ist  die  auf- 
gestellte Behauptung  bewiesen. 

Ein  Primmodulsystem  (p,  P<xS)  ist  stets  ein  eigentliches  Modul- 
system,  also   niemals   äquivalent  Eins,   aufser  in  dem  selbstverständ- 


220  Neunzehnte  Vorlesung. 

liehen  Falle,  wenn  P(x)  vom  nullten  Grade  ist,  sich  also  auf  Eins 
reduziert.  Ist  nämlich  (p,  P(x))  ~  l,  ist  also  die  Zahl  1  durch  jenes 
System  darstellbar,  so  giebt  es  einen  solchen  Faktor  Q(x),  dafs 

P(x)Q(x)  =  l    (modp) 

ist,  und  dies  ist,  wie  früher  gezeigt  wurde,  nur  möglich,  wenn  P(x) 
und  Q(x)  vom  nullten  Grade,  also  gleich  Eins  sind. 

Es  sei  nun  (77)  =  (p,  P(x))  ein  beliebiges  Primmodulsystem,  also 

P(x)  =  xn  +  an-i«*-1  -| \-  a0 

eine  modulo  p  irreduktible  Funktion  n*611  Grades.  Jede  Gröfse  des 
Bereiches  [x]  ist  dann  offenbar  modulo  (77)  einer  Funktion: 

kongruent,  wo  die  Koefficienten  a.  Zahlen  der  Reihe  0,  1,  •  •  •  p  —  1 
sind.  Die  so  sich  ergebenden  pn  Funktionen  sind  aber  modulo  (j>,  P(x)) 
inkongruent.  Ferner  sind  alle  diese  Funktionen  zu  dem  Primmodul- 
system (py  P(x))  teilerfremd,  da  eine  solche  Funktion  mit  diesem  nur 
dann  einen  Teiler  gemeinsam  haben  kann,  wenn  es  dasselbe  enthält. 
Also  ergiebt  sich  der  Satz: 

„Die  Anzahl  9)  (77)  aller  inkongruenten  Einheiten  für  ein  Prim- 
modulsystem (77)  =  (p,  P(x))  ist  gleich  pn  —  1,  wenn  n  den 
Grad  der  zugehörigen  Primfunktion  bedeutet." 

Aus  dem  am  Ende  der  sechzehnten  Vorlesung  für  beliebige  Modul- 
systeme bewiesenen  Satze  folgt  hier,  dafs  für  jede  durch  (77)  nicht 
teilbare  Gröfse  X  von  [x]  die  Kongruenz  besteht: 

X^^l    (mod  (p,P(x)) 

oder,  wenn  man  die  eine  Gröfse  X0  =  0  mit  hinzuzieht,  so  ergiebt  sich 
der  Satz: 

„Jede  Gröfse  X  des  Bereiches  [x]  genügt  der  Kongruenz: 

XpW—  X  =  0    (mod(p,  P(x)), 

wenn  n  der  Grad  der  Primfunktion  P(x)  ist." 

Zu  jeder  Einheit  g  gehört  auch  hier  stets  eine  komplementäre  g\  für 
welche  gg  =  1  (modd  p,  P(xj)  ist,  denn  nach  dem  soeben  bewiesenen 

Satze  braucht  man  nur  g '  =*  <f        zu  setzen. 

Da  für  ein  Primmodulsystem  (77)  der  Satz  besteht,  dafs  ein  Pro- 
dukt dasselbe  nur  dann  enthalten  kann,  wenn  dies  schon  für  einen 
seiner  Faktoren  der  Fall  ist,  so  folgt  schon  hieraus,  dafs  jedem  Satze 
über  Primzahlen  p  in  dem  Bereiche  [1]  der  natürlichen  Zahlen  ein  Satz 


§  4.    Der  Fermatsche  Satz  für  ein  Primroodulsy stein.  221 

über  Primmodulsysteme  (77)  im  Gebiete  [x]  vollständig  entspricht. 
Insbesondere  gilt  auch  hier  der  folgende  Satz: 

„Eine  Kongruenz  für  ein  Primmodulsystem: 
0(Z)  =  grZ*  +  g^Z*"1  +  • .  •  +  g0  =  0    (modd  p,  P{x)\ 

deren  Koefficienten  dem  Bereiche  [x]  angehören,  kann  innerhalb 
desselben  nicht  mehr  inkongruente  Wurzeln  haben,  als  ihr  Grad 
angiebt." 

Zunächst  können  wir  alle  Eoef&cienten  von  G{Z),  ohne  die  Kongruenz  zu 
ändern,  auf  ihre  kleinsten  Reste  modulo  (77)  reduzieren;  dann  kann  man  den 
Koefficienten  gv  der  höchsten  Potenz  von  Z  gleich  Eins  voraussetzen, 
denn  anderenfalls  könnten  wir  ja  die  Funktion  G{Z)  mit  der  zu  gv 
modulo  (77)  komplementären  Einheit  g'y  multiplizieren;  auch  dann 
stimmen  die  Wurzeln  der  Kongruenz  g'vG(Z)  ~  0  mit  denen  von 
G(Z)  =  0  überein.     Haben  wir  so  eine  Kongruenz  erhalten: 

G(Z)  =  Z*  +  g9_x  2TX+  •  •  •  +  g0  =  0    (modd  p,  P(x)), 

und  ist  Xj  eine  Wurzel  derselben,  so  ist  eben  G(Xl)  durch  (77)  teil- 
bar; es  ist  demnach  für  ein  variables  Z: 

G(Z)  =  G(Z)-G(Xl)  =  (Zv-Xl)  +  .^  +  g1(Z-Xl) 

=  {Z—X^GX{Z)    (moddj>,P(x)), 

wo  GX(Z)  eine  Funktion  derselben  Art,  aber  vom  (v —  1)**  Grade  in  Z 
ist;  ist  also  Xt  irgend  eine  Wurzel  der  Kongruenz  G(Z)  =  0 
(modd  p,  P(x)),  so  ist  ihre  linke  Seite  modulo  (77)  durch  den  zuge- 
hörigen Linearfaktor  (Z  —  Xx)  teilbar.  Ist  nun  X%  eine  zweite  von 
Xt  verschiedene  Wurzel  der  ursprünglichen  Kongruenz,  so  folgt  aus 
der  soeben  abgeleiteten  Kongruenz  für  Z  =  X, 

6Ä)  =  (Xi  —  Xt)  ff^JJ  =i=  0    (modd p,  P(x)) 

und  da  X^  —  Xx  zu  (77)  relativ  prim  ist,  so  mufs  X^  eine  Wurzel  von 
GX(Z)  =  0  sein.  Hätte  also  die  Kongruenz  v"»  Grades  G(Z)  =  0 
mehr  als  v  Wurzeln,  so  müfste  die  Kongruenz  des  (v  —  1)***  Grades 
GX(Z)  =  0  mehr  als  (v  —  1)  Wurzeln,  nämlich  alle  vorigen  mit  Aus- 
nahme von  Xt  besitzen.  Nehmen  wir  daher  an,  es  sei  unser  Satz 
schon  für  die  Kongruenzen  des  (v  —  l)*011  Grades  bewiesen,  so  gilt  er 
auch  für  die  Kongruenzen  des  i/toQ  Grades,  und  da  er  für  die  Kon- 
gruenzen des  ersten  Grades  Z  -+-  g0  =  0  (modd  p,  fix))  offenbar  be- 
steht, so  ist  seine  allgemeine  Gültigkeit  erwiesen  und  es  ergeben  sich 
genau  dieselben  Folgerungen,   wie  wir  sie  für  Primzahlmoduln  in  der 


222  Nennzehnte  Vorlesung. 

achten  Vorlesung  abgeleitet  haben.  Sind  insbesondere  X1JXi,*--  Xh 
p  inkongruente  Wurzeln  unserer  Kongruenz,  so  ist  für  ein  variables  Z: 

G(Z)  =  (Z  —  Xx)  • .  •  (Z  —  X,,)  G{Z)    (modd  p,  P(x)), 

wo  G  (Z)  eine  ganze  Funktion  des  (y  —  /i)tea  Grades  bedeutet. 

Die  Kongruenz  Z?  —  ZT-~  0  (mod^,  P{x))  besitzt  nun  genau  so 
viele  inkongruente  Wurzeln,  als  ihr  Grad  angiebt,  nämlich  alle  pn 
modulo  (77)  inkongruenten  Beste: 

J^  =  0,    J^,    iig,  •  •  •  Rpn_x 

des  Bereiches  [#];  also  besteht  für  ein  variables  Z  die  Kongruenz: 

Zpn—Z=z[J(Z—Rk)    (moddj>,P(s)), 

und  durch  Vergleichung  der  Koefficienten  von  Z  auf  beiden  Seiten 
ergiebt  sich  die  folgende  Verallgemeinerung  des  Wilsonschen  Satzes 
auf  Primmodulsysteme: 

—  l=[jRk  =  JjK+  «i*H hfl-i^1)    (moddp,P(x)), 

m 

wo  die  Koefficienten  a.  unabhängig  von  einander  alle  Werte  von  0 
bis  p  —  1  annehmen  und  nur  nicht  alle  zugleich  Null  sein  dürfen. 


§5. 

Setzt  man  für  Z  irgend  eine  Gröfse  a0  -f-  axx  +  •  •  •  +  a»—!^—1 
des  Bereiches  [x]  mit  modulo  p  reduzierten  Koefficienten,  so  ist  nach 

den  Ergebnissen  des  vorigen  Abschnittes  Z*  —  Z  durch  jedes  Prim- 
modulsystem (p,Pn(xj)  teilbar,  in  welchem  die  irreduktible  Funktion 
PH(x)  vom  nton  Grade  ist.  Wir  wählen  speziell  Z  =  x,  und  stellen 
uns  nun  die  Aufgabe,  alle  Primmodulsysteme  (p,  P{x))  zu  finden,  welche 
in  der  ganzen  Funktion: 

ar —  x 

aufser  den  Systemen  (p,  Pn(%))  enthalten  sind.  Da  ergiebt  sich  nun 
obne  Schwierigkeit  der  Satz,  dafs  jene  Funktion  auch  durch  alle  die 
Primmodulsysteme  (p,  Pt(x))  teilbar  ist,  für  welche  der  Grad  v  von 
P*(x)  ein  Teiler  von  n  ist. 


§  6.   Zerlegung  der  Funktion  aP  —  x   (modulo  p).  223 

Ist  nämlich  Pv{x)  vom  i/toa  Grade,  so  ist  zunächst  nach  dem  oben 
bewiesenen  Satze: 

o?  =  x    (modd  p,  Pv(x)). 

Erheben  wir  nun  beide  Seiten  zur  p*,en  Potenz,  so  ergiebt  sich: 

of  =qF '  =  x    (modd  p,  Pv(x)). 

Behandeln  wir  die  Kongruenz  ar    =  x    in   gleicher   Weise,    so    folgt 

3  v 

weiter:   a?   =  x,  und  allgemein  ist  für  jedes  ganzzahlige  h: 

ar    =  x    (modd  p,  Pv(x)). 

Ist  also  n  =  hv  oder  v  ein  beliebiger  Teiler  von  n,  so  enthält  in  der 

That  3^  —  x  den  Divisor  (p,  P*(x))}  w.  z.  b.  w. 

Wir  zeigen  aber  jetzt  weiter,  dafs  ar  —  x  auch  nur  durch  solche 
Primmodulsysteme  (p,  Pv(x))  teilbar  ist,  für  welche  v  ein  Teiler  von  n 
ist.   Angenommen  nämlich,  irgend  ein  System  (p,  Pv(x))  sei  ein  Divisor 

von  x    —  x9  dann  bestehen  die  beiden  Kongruenzen: 

a?  =  x,      3?  =  x    (modd p}  P,); 
ans  ihnen  ergeben  sich,  wie  vorher,  die  allgemeineren  Kongruenzen: 

und  wenn  man  beide  Seiten  der  ersten  Kongruenz  zur  py*ton  Potenz 
erhebt,  und  dann  die  zweite  benutzt: 

W  3?n+r"=x    (moddp,P,). 

Sind    also  g   und   7/    beliebige,    aber    nicht   negative   Zahlen,    so    ist 

ar  —  a:  durch  (p,  P,)  teilbar.     Es  sei  nun  t  der  gröfste  gemein- 

same Teiler  von  n  und  v,  dann  kann  man  zwei  positive  oder  negative 
Zahlen  g  und  y  so  bestimmen,  dafs  g'n  -\-  y'v  =  £  wird,  und  hieraus 
folgt  für  jedes  ganzzahlige  r: 

(?'  +  rv)n  +  (/  +  rn)v  °"  '  +  2rnv. 

Denken,  wir  uns  jetzt  r  so  bestimmt,  dafs  die  beiden  Zahlen  g' -\-  rv 
und  y'  -f-  rn  positiv  werden,  und  substituieren  wir  diese  Werte  für  g 

und  y  in  (1),  so  folgt  ar  =x}  oder,  da  xr        ^ex  ist: 

(x*rnvy~  g/=  x    (modd  p,  >,(*)); 


224  Neunzehnte  Vorlesung 

es  ist  also  ar —  x,  und  damit  auch  das  Divisorensystem  [p,  ar —  x) 
durch  (p,  Pv(x))  teilbar. 

Nun  hatten  wir  bereits  im  §  6  der  dreizehnten  Vorlesung  bewiesen, 
dafs  für  jede  ganze  ganzzahlige  Funktion  von  x  stets  die  Kongruenz 
gilt: 

(F(0i/=F(x)    (modd  p,a?—x), 

und  diese  Kongruenz  gilt  a  fortiori  für  das  Primmodulsystem  (p,  Pv(x)), 
das  ja  ein  Teiler  des  soeben  betrachteten  ist.  Da  es  aber  für  dieses 
letzte  Modulsystem  genau  py  inkongruente  Reste  oder  Funktionen  F(x) 
giebt,  so  würde  sich  aus  dieser  Deduktion  ergeben,  dafs  die  Kon- 
gruenz: 

(F(x)Y'—  F{x)  =  0    (moddp,  Pv(x)) 

genau  p"  inkongruente  Wurzeln  besitzt.  Weil  nun  eine  Kongruenz 
für  ein  Primmodulsystem  nicht  mehr  Wurzeln  haben  kann,  ab  ihr 
Grad  angiebt,  so  ist  notwendig  pv  ^p*  oder  v  <j  t}  und  da  t  ein  Divisor 
von  v  ist,  so  muls  v  =  t  =  (n,  v),  d.  h.  es  mufs  v  ein  Teiler  von  n 
sein.     Es  ergiebt  sich  also  der  Satz: 

„Die  Funktion  ar  —  x  besitzt  alle  und  nur  die  Primmodulsysteme 
(p,  P4(x))  als  Teiler,  für  welche  der  Grad  d  der  Funktion  Pd{x) 
ein  Teiler  von  n  ist." 

Wir  bezeichnen  jetzt  durch  d  alle  Teiler  der  Zahl  n  und  mit 
Pd(x),  Pd(x)7  •  •  •    alle    modulo  p    irreduktiblen    Funktionen    von    x. 

Da  die  Funktion  o? — xalle  Primmodulsysteme  (p,  Pd{%))9  (j?,  PAz)),m  •• 
enthält,  so  enthält  sie  auch  ihr  Produkt,  und  da  allgemein: 

(ft  P4<&)  (ft  ?*,(*))  ~  0,  PdW  P+W) 

ist,  so  folgt  aus  unseren  bisherigen  Betrachtungen,  dafs  x  —  x  durch 
das  Divisorensystem 

(p>  Uw) 

teilbar  ist,  und  kein  anderes  System  (p,  Pd(x))  enthält,  wo  S  nicht  in 

n  enthalten  ist.  Es  besitzt  also  af  —  x  modulo  p  alle  und  nur  die 
Primfaktoren  Pd{x)}  d.  h.  es  besteht  eine  Kongruenz: 

A(*) 

d/n        k 


§  5.    Zerlegung  der  Funktion  gp  —  x  (modulo  p).  225 

wo  sich  die  Multiplikation  auf  alle  Teiler  d  von  n  und  auf  alle  mo- 
dulo p  irreduktiblen  Funktionen  *?*"  Grades  bezieht  und  wo  die  Ex- 
ponenten h{*}  noch  unbekannte  positive  ganze  Zahlen  bedeuten. 

Wir  zeigen  endlich,  dafs  unsere  Funktion  jedes  Modulsystem 
(p,  Pd(%))  nur  einmal  enthält,  dafs  also  in  der  Kongruenz  (2)  alle  Ex- 
ponenten h{j  gleich  Eins  sind.  Enthielte  nämlich  jene  Funktion  einen 
Primfaktor  P(x)  auch  nur  in  der  zweiten  Potenz,  wäre  also: 

a*%-  x  —  P(x)*  Q(x)  +  pB(x) , 

wo  in  Q(x)  alle  übrigen  Faktoren  modulo  p  zusammengefafst  sind,  so 
ergäbe  sich  durch  Differentiation: 

p'  ■  s""-1—  1  -  2P(z)  P'{x)  Q(x)  +  P(xfQ'(z)  +  pSr(x\ 

oder  wenn  man  beide  Seiten  modulo  (p,  P(x))  betrachtet,  und  alle 
Multipla  von  p  und  P(x)  fortläfst,  so  würde  sich  ergeben: 

—  1  -jli  0    (mod  p,  P(x)), 

d.  h.  das  System  (jp,  P(x))  mülste  äquivalent  Eins  oder  P(x)  selbst  gleich 
Eins  sein. 

Hieraus  folgt,  dafs  die  Zerlegung  (2)  so  geschrieben  werden  kann: 

(2*)  xp"  —  x  =  ]~JPd(x)    (modj)), 

wo  sich  die  Multiplikation  auf  alle  und  nur  die  modulo  p  irreduktiblen 
Funktionen  bezieht,  deren  Grad  ein  Teiler  von  n  ist;  und  aus  dieser 

Kongruenz  resultiert  die  folgende  Zerlegung  des  Modulsystemes  (pf  x*  —  x) 


(p,xp*-x)~[J(p,Pd(x)), 


welche  als  eins  der  schönsten  und  wichtigsten  Resultate  dieser  ganzen 
Theorie  angesehen  werden  kann. 

.§6. 

Den  bis  jetzt  behandelten  Primmodulsystemen  (77)  stehen  die- 
jenigen Divisorensysteme  am  nächsten,  welche  zwar  eigentliche  Teiler 
besitzen,  aber  nur  durch  ein  einziges  Primmodulsystem  teilbar  sind. 
Ein  solches  System  (77)  soll  ein  einfaches  System  genannt  werden 
Ein  solches  System  ist  z.  B.  (jf,  P(x)  ),  wenn  a  und  b  beliebige  ganze 
Zahlen   sind,   denn  es  enthält  das  Primmodulsystem  (77)  =  (p,  P(x))} 

Kronecker,  Zahlentheorie.    I.  15 


226  Neunzehnte  Vorlegung. 

aber  kein  anderes  (77t)  =  (pl7  P^x)),  in  welchem  beide  Elemente 
pl9  Px(x)  oder  auch  nur  ein  einziges  bezw.  von  p,  P(x)  in  (77)  ver- 
schieden sind,  denn  dann  ist  ja  entweder  p  oder  P(x)  sicher  nicht 
durch  (77J  teilbar;  aber  auch  allgemeiner  ist  jedes  System: 

(i)  (n)~(pa,ft(x),...fr(x)tP(z)b)t 

dessen  Zahlenelement  eine  beliebige  Primzahlpotenz  ist,  und  welches  aufser- 
dem  eine  Potenz  einer  irreduktiblen  Funktion  P(x)  enthält,  ein  einfaches 
Modulsystem.  Da  dieses  nämlich  ein  Teiler  des  einfachen  Systemes  (pa,  P*{xj) 
ist,  welches  seinerseits  kein  anderes  Primmodulsystem  als  (77)  =  (p,  P{x)) 
enthält,  so  gilt  dasselbe  auch  von  dem  Systeme  (77).  Ist  das  System  (1) 
nicht  äquivalent  Eins,  so  soll  es  ein  zu  (77)  gehöriges  einfaches 
Modulsystem  genannt  werden. 

Man  kann  leicht  die  notwendige  und  hinreichende  Bedingung 
dafür  'angeben,  dafs  ein  solches  System  äquivalent  Eins  ist;  wir  be- 
weisen zunächst  den  folgenden  Satz: 

„Ein  dreigliedriges  Modulsystem  (77)  =  (pa,  /"(#),  P(xf)  ist  dann 
und  nur  dann  äquivalent  Eins,  wenn  das  Element  f(x)  durch 
das  zugehörige  Primmodulsystem  (77)  =  (j),  P(x))  nicht  teil- 
bar ist." 

Ist  nämlich  f(x)  durch  (77)  teilbar,  so  gilt  dasselbe  auch  von  dem 
ganzen  Systeme  (77),  da  dann  seine  drei  Elemente  den  Divisor  (77) 
enthalten;  dann  kann  also  (77)  nicht  äquivalent  Eins  sein.  Ist  dagegen 
f(x)  nicht  durch  (77)  teilbar,  ist  also: 

(p,/te),P(#))~l, 

so  gilt  dasselbe  auch  von  jeder  Potenz  dieses  Systemes,  insbesondere 
ist  also: 

(p,/;p)0+*~(--.,.pYpV--)~i, 

wo  A,  ft,  v  alle  ganzzahligen  Werte  annehmen,  deren  Summe  a  -(-  b  ist. 
Diese  Potenz  ist  aber  durch  (77)  =  (pa,  ff  P*)  teilbar,  denn  jedes  seiner 
Elemente  px  f*1  Pv  ist,  falls  \l  >  0  ist,  ein  Vielfaches  von  f,  dagegen  für  f* = 0, 
also  k  -\-  v  =  a  -\-  b,  entweder  durch  p  oder  P6  teilbar,  je  nachdem 
A  ^  a  oder  A  <  a,  v  >  b  ist.  Also  ist  in  der  That  auch  (77)  ~  1, 
w.  z.  b.  w.     Hieraus  folgt  aber  sofort  der  allgemeine  Satz: 

„Ein  beliebig  gegebenes  System: 

{n)  =  y,  /i(*0,  •••/■»,  p* (*)) 

ist  dann  und  nur  dann  nicht  äquivalent  Eins,  also  ein  einfaches 
Modulsystem,  wenn  alle  seine  Elemente  f)(x)  den  zugehörigen 


§  6.   Die  einfachen  Modulsysteme.  227 

Primdivisor  (77)  =  (j>}  P(x))  enthalten,  wenn  also  (77)  durch  (77) 
teilbar  ist." 

Wir  beweisen  endlich  den  wichtigen  Satz: 

„Jedes  reine  Modalsystem  zweiter  Stufe  (fly  f2}  •  •  -/"J  kann  auf 
rationalem  Wege  in  ein  Produkt  von  teilerfremden  einfachen 
Divisorensystemen  zerlegt  werden." 

Es  sei  nämlich 

ab  e 

m  =  p  q  •  •  •  r 

das  auf  rationalem  Wege  bestimmbare  Zahlenelement  des  gegebenen 
Systemes,  so  ist  zunächst: 

<*h  fi,  •••  O  ~  (P">  fi ,-  ftti,  fu  -O---  (r%  /i,  •••  /•,). 
Es  ist  daher  nur  noch  das  Modulsystem: 

weiter  in  einfache  Systeme  zu  zerlegen.  Hierzu  führt  die  folgende 
Betrachtung:  Von  den  Elementen  ft{x)}  •  •  •  fv(x)  mufs  mindestens 
eins,  etwa  fx($)  durch  p  nicht  teilbar  sein,  da  sonst  alle  v  Elemente 
des  ursprünglichen  Systemes  den  Teiler  p  besäfsen,  dieses  also  kein 
reines  Divisorensystem  wäre.  Denkt  man  sich  nun  fx{x)  modulo  p 
in  seine  irreduktiblen  Faktoren  zerlegt,  so  ergiebt  sich  eine  Gleichung 
von  der  Form: 

fl(x)  =  P'^ pUx), 

aus  welcher  hervorgeht,  dafs  die  Differenz  auf  der  rechten  Seite  gleich 
fx(x),  also  durch  das  Divisorensystem  (Ma)  teilbar  ist.  Erhebt  man 
nun  beide  Seiten  der  aus  dieser  Identität  folgenden  Kongruenz: 

P"!?...  =pft(x)    (modjfj 

zur  a**  Potenz,  so  wird  auch  ihre  rechte  Seite  pf\  durch  (JfJ  teil- 
bar; setzt  man  also  links  zur  Abkürzung  aa  =  bf  aa1  =  61,-*,  so 
erhält  man: 

1*2*  ■-.  =  <>    (modJf), 

d.  h.  es  kann  das  Produkt  P*  Pj1  •  •  •  den  Elementen  von  (M^  hinzu- 
gefügt werden,  ohne  dieses  System  im  Sinne  der  Äquivalenz  zu  ändern. 

Da  aber  die  Funktionen  i3*,  P^,  •  •  •  modulo  p*  teilerfremd  sind,  so  er- 
halt man  hieraus  die  folgende  Zerlegung  von  (Ma)  in  einfache  Systeme: 

(IQ  ~Oa,  f»-f„  **  *?•••)  ~  (Pa.  fvfr,  ^(P",  fi,~f„  **)  ••  •, 


15 


* 


228  Neunzehnte  Vorlesung. 

in  welcher  sich  die  einzelnen  Faktoren  anf  der  rechten  Seite  nur  dadurch 
von  dem  ursprünglichen  Systeme  (fl9  •  •  •  fv)  unterscheiden,  dafs  seinen 
Elementen  als  Zahlenelement  eine  Primzahlpotenz  p1  und  als  primi- 
tives Element  die  Potenz  einer  modulo  p  irreduktiblen  Funktion  P(x) 
hinzugefügt  sind,  welche  beide  allein  durch  Anwendung  des  Eukli- 
dischen Verfahrens  bestimmt  werden  können. 

Aus  diesen  Produkten  sind  nun  alle  diejenigen  Systeme  einfach 
fortzulassen,  in  welchen  nicht  jedes  Element  f{(x)  das  zugehörige  Prim- 
modulsystem (p,  P.(z))  enthält,  denn  diese  aber  auch  nur  sie  sind  äqui- 
valent Eins.  Alle  übrigen  sind  „einfache  Modulsysteme"  und  können 
nun  auf  die  in  der  vorletzten  Vorlesung  gefundene  reduzierte  Form 
zurückgeführt  werden. 


Zwanzigste  Vorlesung. 

Die  Modulsysteme  im  Bereiche  von  mehreren  Veränderlichen.  —  Die  Zerlegung 
der  ganzen  GröTsen  in  ihre  Primfaktoren.  —  Die  Rationalitätebereiche  { a?,  y,  •  •  •  z } . 

—  Der  Rang  oder  die  Stufe  der  Divisorensysteme.  —  Geometrische  Anwendungen. 

—  Die  unzerlegbaren  und  die  Primmodulsysteme.  —  Der  Bereich   {x,  y,  z)   und 

die  zugehörigen  Primmodulsysteme.  —  Modulsysteme  und  Linearformen. 

Zum  Abschlufs  dieser  Untersuchungen  wollen  wir  zeigen,  ohne  ganz 
ausführlich  auf  die  Beweise  einzugehen,  wie  sich  die  Gesetze  für  die 
Modulsysteme  erweitern,  wenn  man  die  Bereiche  von  mehreren  Variablen 
in  Betracht  zieht,  und  zwar  beschranken  wir  uns  zunächst  auf  den 
Bereich  [x,  y]  von  zwei  Veränderlichen. 

Jede  ganze  Gröfse  F(x}  y)  kann  auf  eine  und  nur  eine  Weise 
in  irreduktible  oder  Primfunktionen  zerlegt  werden,  um  dies  nach- 
zuweisen, ordnen  wir  F(x,  y)  nach  Potenzen  von  y;  ist  dann: 

F(x,  y)  =  F0(x)  +  Ft(x)y  +  Ft(x)y>  +  ■■■  +  Fn(x)y», 

so  können  wir  zunächst  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  F(x)  aller 
Koefficienten  F.(x)  bestimmen  und  diesen  für  sich  nach  den  Vor- 
schriften des  §  1  der  fünfzehnten  Vorlesung  in  seine  irreduktiblen 
Faktoren  zerlegen.     Ist  dann: 

F(x,  y)  =  F(x)f(x,  y)  =  F(x)(f0(x)  +  ft{x)y  +  •  •  •  +  />>»")> 

wo  jetzt  die  f.(x)  keinen  gemeinsamen  Teiler  mehr  haben,  so  ist  nun 
zu  untersuchen,  ob  der  zweite  Faktor  f(x}  y)  noch  weitere  Teiler  be- 
sitzt, und   zwar  braucht  man  auch  hier  offenbar  nur  nach  denjenigen 

Teilern  zu  fragen,  welche  in  y  höchstens  bzw.  vom  Grade  -y  oder  — £— 

sind,  je  nachdem  n  gerade  oder  ungerade  ist. 

Es  sei  nun  /  (x}  y)  ein  noch  unbekannter  Teiler  v*n  Grades  von 
f(x,  y\  so  dafs  also  eine  Zerlegung  existiert: 

ffa  y)  =  f9(*>  y)fn-M  y)- 

Ersetzt  man  dann  y  durch  eine  beliebige  ganze  Zahl  r,  so  ergiebt  sich: 


230  Zwanzigste  Vorlesung. 

f(x,r)=f*{x>r)fn-Ax>r)> 

d.  h.  die  nur  von  x  allein  abhäiigige  Funktion  fv(x,  r)  mufs  notwendig 
einer  der  Teiler  der  Funktion  f(x,  r)  sein;  da  aber  die  Anzahl  der 
Teiler  der  gegebenen  Funktion  f(x7  r)  endlich  ist  und  diese  rational 
bestimmbar  sind,  so  kann  fv($,  r)  nur  eine  endliche  Anzahl  von 
Werten  annehmen,  die  man  für  jedes  r  direkt  finden  kann.  Wir  dürfen 
also  genau  wie  bei  den  Funktionen  von  einer  Variablen  folgendermafsen 
verfahren:  wählen  wir  für  y  (v  -f-  1)  verschiedene  ganze  Zahlen 
roy  rlf  •  •  •  r„,  so  besteht  wieder  nach  der  Lagrangeschen  Interpolations- 
formel für  den  gesuchten  Teiler  ft(x,  y)  die  Gleichung: 

fix  irt-'ivfc  r\  (» - f«)  ••  •  (» - f*-0 (y  -  f*+*) •••(»- 1). 

U*,  V)  -£  /,(*,  rJ    {rt  -  r0)  .  • .  (r,  -  r4_l}  (rt  -  rt+1)  . . .  <rt  -  rt) 

Ersetzt  man  in  dieser  Formel  jedes  fv(x,  rk)  unabhängig  von  den 
anderen  der  Reihe  nach  durch  alle  Teiler  der  betreffenden  Funktion  f(x,  rj, 
so  erhält  man  für  fv(x,  y)  eine  endliche  Anzahl  von  Funktionen  von  x 
und  y,  unter  denen  die  gesuchten  Teiler  notwendig  enthalten  sind, 
und  jetzt  in  der  früher  angegebenen  Weise  direkt  durch  Division  ermittelt 
werden  können.  Jede  ganze  Gröfse  des  Bereiches  [x,  y]  kann  also 
folgendermafsen  zerlegt  werden: 

*X*,  y)  -  i>!'  fi  ■  ■  ■  /i  (*f  U  (*?  ■•■9i(*,yt---, 

hier  bedeuten  pi9  •  •  •  f1(x)9  •  •  •  gx(x,  y)  •  •  •  sämtlich  nicht  weiter  zer- 
legbare oder  Primgröfsen. 

um  weiter  die  Eindeutigkeit  dieser  Zerlegung  nachzuweisen,  kann 
man  genau  wie  im  §  2  der  fünfzehnten  Vorlesung  zeigen,  dafs  ein 
Produkt  q>(xy)il>(xy)  zweier  ganzen  Gröfsen  nur  dann  durch  eine 
Primgröfse  teilbar  ist,  wenn  mindestens  einer  der  Faktoren  dieselbe 
enthält;  und  auch  hier  zerfällt  der  Beweis  in  zwei  Teile,  je  nachdem 
die  Primgröfse  von  y  unabhängig  ist,  oder  y  enthält.  In  derselben 
Weise  fortgehend  zeigt  man  auf  induktivem  Wege  für  einen  Bereich 
[Xj  y}  -  •  •  z]  von  beliebig  vielen  Variablen,  dafs  jede  Gröfse  desselben 
eindeutig  in  ein  Produkt  von  Primgröfsen  zerlegt  werden  kann,  dafs 
also  die  elementaren  Gesetze  der  Arithmetik  in  allen  diesen  Bereichen 
vollständig  erhalten  bleiben. 

Ich  möchte  aber  gleich  hier  auf  eine  andere  Art  von  Rationalitäts- 
bereichen aufmerksam  machen,  welche  besonders  in  den  geometrischen 
Anwendungen  benutzt  werden,  und  die  in  dieser  Vorlesung  wesentlich 
den  Betrachtungen  zu  Grunde  gelegt  werden  sollen.  Betrachten  wir  die 
Gesamtheit  «aller  rationalen  Funktionen  von  x  und  y}  jetzt  aber  nicht 


§  1.   Die  Rationalitätsbereiche  für  mehrere  Variable.  231 

mit  ganzzahligen,  sondern  mit  ganz  beliebigen  konstanten  Koefficienten, 
bo  bilden  diese  ebenfalls  einen  vollständig  in  sich  abgeschlossenen  Ratio- 
nalitätsbereich, dessen  Individuen  sich  durch  die  elementaren  Rechen- 
operationen wiedererzeugen.  Eine  Gröfse  F(x,  y)  dieses  Bereiches 
nennen  wir  jetzt  ganz  oder  gebrochen,  je  nachdem  sie  als  Funktion 
von  x  und  y  betrachtet  ganz  oder  gebrochen  ist,  während  ihre  Koef- 
ficienten  ganz  beliebige  Eonstanten  sein  können.  Diese  ganzen  Gröfsen 
bilden  einen  „Integritätsbereich",  welcher  jetzt  durch  [x,  y)  bezeichnet 
werden  mag;  jede  ganze  Gröfse  kann  auch  hier,  wie  man  nachweisen 
kann,  eindeutig  in  ihre  Primfaktoren  zerlegt,  und  jede  gebrochene 
Funktion  als  Quotient  zweier  ganzen  Funktionen  dargestellt  werden. 
Jeder  ganzen  Gröfse  F(x,  y)  entspricht  eine  algebraische  Gleichung 
F(x}  y)  =  0,  also  auch  eine  ganz  bestimmte  durch  sie  dargestellte 
Kurve  5?  80  dal*  a^80  &Uen  Individuen  des  Bereiches  [x,  y\  alle 
algebraischen  Kurven  entsprechen.  Ebenso  ist  dem  in  gleicher  Weise 
gebildeten  Integritätsbereiche  { x}  y,  z }  von  drei  Variablen  die  Gesamt- 
heit aller  algebraischen  Flächen  zugeordnet  u.  s.  w. . 

Ich  gehe  jetzt  zu  einer  kurzen  Betrachtung  der  Modulsysteme 
innerhalb  dieses  neuen  Bereiches  [x,  y)  von  zwei  Variablen  über, 
wobei  ich  gleich  bemerke,  dafs  sich  für  die  früheren  Bereiche  \xy  y\  im 
wesentlichen  dieselben  Resultate  ergeben;  und  zwar  möchte  ich  kurz 
über  die  verschiedenen  Klassen  oder  Stufen  Rechenschaft  geben, 
welche  bei  jenen  Systemen  auftreten  können;  auch  hier  benutze  ich 
der  gröfseren  Anschaulichkeit  wegen  die  elementaren  Vorstellungen 
der  Geometrie. 

Bei  der  soeben  eingeführten  Definition  der  ganzen  Gröfsen  des 
Bereiches  {x,  y)  ist  die  Definition  der  Teilbarkeit  einer  Gröfse  durch 
ein  Modulsystem  folgendermafsen  zu  fassen: 

„Eine  Gröfse  f0(x,  y)  ist  dann  und  nur  dann  durch  ein  Modul- 
system: 

( Jf )  ~  (ft  {x,  y\  f%  (x,  y),  •  •  •  fv  (x,  y)) 

teilbar,  wenn  eine  Gleichung  von  der  Form  besteht: 

(!)        /o(*,  y)  =  fc(*,  y)/i(*>  y)  H V  sXx>  y)f*(x>  y)> 

in  welcher  alle  Koefficienten  g1  (x,  y),  •  •  •  gy  (x,  y)  Grölsen  des 
Integritätsbereiches  {xyy\,  also  ganze  Funktionen  von  x  und  y 
mit  beliebigen  Koefficienten  bedeuten." 

Zu  jedem  Modulsystem  (M)  ~  (fx(x}  y),  f%{x,  y)),  -  -  .  fv(x,  y))  gehört 
ein  Gleichungssystem: 

(2)  u  (*,  y)  =  o,  u  (*,  v)  =  °>  ---fte  y)  =  °» 


232  Zwanzigste  Vorlesung. 

welches  man  erhält,  indem  man  seine  einzelnen  Elemente  gleich  Null 
setzt;  dieselben  repräsentieren,  geometrisch  gesprochen,  ein  System  von 
v  ebenen  Kurven  f„  f„  •  •  ■  fT.  Die  aUen  jenen  v  Kurven  gemeinsamen 
Schnittpunkte  (£,  r\)  mögen  für  den  Augenblick  die  Fundamentalpunkte 
oder  Grundpunkte  von  (Jf)  genannt  werden.  Alle  durch  (M)  teilbaren 
Gröfeenf0(x,y)  in  (1)  stellen,  gleich  Null  gesetzt,  Kurven  f0  dar,  sie  ge- 
hören einer  durch  (M)  charakterisierten  Kurvenschar  an,  deren  Kurven 
ebenfalls  sämtlich  durch  die  Fundamentalpunkte  (£,  rj)  hindurchgehen,  da 
für  (#=  £,  y  =  rj)  die  rechte,  also  auch  die  linke  Seite  von  (2)  ver- 
schwindet. Setzt  man  also  alle  durch  (M)  teilbaren  Funktionen  gleich 
Null,  so  erhält  man  eine  Kurvenschar,  welche  als  Fundamentalpunkte 
alle  und  nur  die  aus  der  Auflösung  von  (2)  sich  ergebenden  Punkte 
(g,  rj)  besitzt.  Jene  Wertsysteme  (£,  rj)  oder  was  dasselbe  ist,  die  zuge- 
hörigen Grundpunkte  sind  also  alles,  was  den  Kurven  f0  gemeinsam 
ist.  Äquivalente  Modulsysteme,  d.  h.  solche,  denen  dieselbe  Kurven- 
schar entspricht,  besitzen  daher  notwendig  dieselben  Fundamentalpunkte; 
andererseits  brauchen  aber  zwei  Modulsysteme  mit  gleichen  Funda- 
mentalpunkten nicht  notwendig  äquivalent  zu  sein.  So  sind  z.  B.  die 
beiden  Systeme  (#*,  y)  und  (#,  y%)  offenbar  nicht  äquivalent,  obwohl 
die  zugehörigen  Gleichungen  (#*  =  0,  y  =  0),  (x  =  0,  y*  =  0) 
beide  Male  denselben  Punkt,  nämlich  den  Koordinatenanfangspunkt 
definieren. 

Jedoch  können  wir  nun  das  zugehörige  Gleichungssystem  (2)  zur 
Definition  der  Stufe  eines  Divisorensystemes  benutzen.  Ein  System 
von  v  algebraischen  Kurven  f{(x,  y)  =  0  kann  nämlich  entweder  eine 
ganze  Kurve  gemeinsam  haben,  oder  sie  können  sich  in  einer  offenbar 
endlichen  Anzahl  von  diskreten  Punkten  schneiden,  oder  endlich  sie 
haben  gar  keinen  Punkt  gemeinsam.  In  den  unterschiedenen  Fällen 
sagen  wir,  das  zugehörige  Modulsystem  (M)  ist  von  der  ersten  oder 
von  der  zweiten  Stufe;  haben  sie  gar  keine  Punkte  gemeinsam,  so  ist 
das  zugehörige  Modulsystem  äquivalent  Eins.  Ein  Modulsystem  erster 
Stufe  besitzt  also  eine  Kurve  oder  eine  einfache  Mannigfaltigkeit,  ein 
System  zweiter  Stufe  nur  eine  endliche  Anzahl,  oder  eine  nullfache 
Mannigfaltigkeit  von  Fundamentalpunkten. 

So  ist  z.  B.  jede  einzelne  Funktion  F(x,  y)  als  Modulsystem  aufgefaßt 
von  der  ersten  Stufe,  da  die  eine  Gleichung  F(x}y)  =0  stets  eine  einfache 
Mannigfaltigkeit  von  Lösungen  besitzt  oder  eine  Kurve  darstellt.  Sind 
ferner  F{x7  y)  und  G(x,  y)  teilerfremde  ganze  Funktionen  von  x  und  y, 
so  ist  das  Modulsystem  (F(x7y),  G(xy  yj)  von  der  zweiten  Stufe,  denn 
die  beiden  Kurven  (F  ==  0,  G  =  0)  besitzen  unter  der  gemachten  Vor- 
aussetzung stets  eine  endliche  Anzahl  von  Schnittpunkten. 


§  1.    Die  Modulsysteme  verschiedener  Stufe.  233 

In  derselben  Weise  zeigt  sich,  dals  bei  einem  Bereiche   \x,y,*\ 
von  drei  Variablen  ein  Divisorensystem: 

«/!<&  y>  *>,  f%&i  y>  *),  ■  •  •  £<&  y,  *)) 

von  der  ersten,  zweiten  oder  dritten  Stufe  sein  kann,  je  nachdem  die 
v  Oberflächen: 

eine  ganze  Fläche,  oder  eine  Raumkurve,  oder  nur  getrennte  Punkte, 
gemeinsam  haben,  und  entsprechende  Unterschiede  bestehen  für  Modul- 
systeme innerhalb  eines  Bereiches  { x,  y,  z}  •  •  •  u }  von  beliebig  vielen 
Variablen.  Ist  n  die  Anzahl  derselben,  so  können  nur  Modulsysteme 
bis  zur  n**  Stufe  auftreten. 

Ein  Modulsystem  erster  Stufe  (/i(#,  y\  •  •  •  fv(x7  y))  kann  sehr  wohl 
noch  Systeme  zweiter  Stufe  enthalten,  wenn  die  dazu  gehörigen  Kurven 
f.(x,  y)  =  0  aufser  der  gemeinsamen  Kurve  f0(x,  y)  =  0  noch  andere 
einzelne  Schnittpunkte  besitzen.  Alsdann  heifst  das  Modulsystem  (üf) 
ein  gemischtes,  im  anderen  Falle  ein  reines  Modulsystem  erster  Stufe. 
Es  sei  (Jtf)  =  (f19  •  •  •£)  ein  Modulsystem  erster  Stufe;  dann  müssen 
alle  Elemente  f.(x}  y)  einen  grössten  gemeinsamen  Teiler  f0(x,  y)  haben, 
der  gleich  Null  gesetzt  eben  die  gemeinsame  Schnittkurve  repräsen- 
tiert.   Ist  also: 

fi(x>y)  =  fo(x>y)fi(x>y)> 

so  .ist: 

(/i(*i!Ä--YAy))~/o^»)(A^i»)r''/i(«iy))i 

dann  ist  (M)  dann  und  nur  dann  ein  reines  Modulsystem  erster  Stufe, 
wenn  (f19  •  •  •  fv)  ~  1  ist,  anderenfalls  ein  gemischtes  System,  welches 
in  das  Produkt  aus  einem  reinen  Modulsystem  erster  Stufe  f0(x,  y)  und 
einem  anderen  (flf  •  •  •  fv)  zerlegt  werden  kann,  das  selbst  von  der 
zweiten  Stufe  ist.  Die  reinen  Modulsysteme  erster  Stufe  sind  also 
äquivalent  den  ganzen  Functionen  f0(xf  y)  unseres  Bereiches,  welche 
wir  zu  behandeln  und  eindeutig  zu  zerlegen  im  Stande  sind.  In  gleicher 
Weise  kann  man  zeigen,  dafs  sich  überhaupt  jedes  gemischte  Divisoren- 
system einer  beliebigen  Stufe  stets  als  ein  Produkt  von  reinen  Divi- 
sorensystemen von  derselben  und  den  folgenden  Stufen  darstellen  läfst; 
es  sind  daher  nur  die  reinen  Divisorensysteme  einer  beliebigen  Stufe 
weiter  zu  untersuchen,  in  ihre  einfachsten  Faktoren  zu  dekomponieren 
und  alsdann  auf  ihre  reduzierte  Form  zurückzuführen.  Doch  soll  auf 
jene  höhere  Untersuchung  an  dieser  Stelle  nur  hingewiesen  werden. 
Etwas  anders  gestaltet  sich  die  Definition  der  Stufe  eines  Modul- 


234  Zwanzigste  Vorlesung. 

Systems  (M)  ~  (f1}  f%>  •••/*,,),  wenn  seine  Elemente  ganze  ganzzahlige 
Funktionen  von  mehreren  Variablen  x,  y, .  •  •  u  sind,  wenn  wir  uns  also 
nicht  innerhalb  des  Bereiches  { x,  y}  •  •  •  u } ,  sondern  in  dem  vorher 
betrachteten  Bereiche  [x,  y}  •  •  -  u]  bewegen.  Alsdann  kann  man  zu- 
nächst alle  Modulsysteme  in  zwei  Arten  scheiden,  je  nachdem  der  Bereich 
(f0)  aller  durch  (M)  teilbaren  Gröfsen: 

fo  —  9ifi  +  9*f*  -\ h  9vfv 

kein  einziges  Zahlenelement  enthält  oder  in  ihm  auch  Zahlen  vor- 
handen sind.  Kommen  in  dem  Bereiche  (fQ)  keine  Zahlenelemente  vor, 
ist  also  (/i,  -••/;)  von  der  ersten  Art,  so  bestimmt  sich  die  Stufe 
des  Modulsystems  wieder  einfach  aus  der  Mannigfaltigkeit  der  durch 
das  Gleichungssystem: 

(i)  /i  =  o,  £-0,  •••/•,  =  (> 

definierten  Lösungen.  Ist  also  ft  die  Anzahl  der  Variablen  und  wird 
die  p-  fache  Mannigfaltigkeit  aller  möglichen  Wertsysteme  (x,  y}  •  •  •  t«) 
durch  die  Gleichungen  (1)  auf  eine  Qu  —  p) -fache  beschränkt,  so  ist 
jenes    Modulsystem    vom    Bange    q.     So    ist    z.  B.    ein   Modulsystem 

(fi(x>  V>  zh  '  "  f  (&f  Vi  z))  auc^  m  dem  Bereiche  [x,  y,  z]  von  der 
ersten,  zweiten  oder  dritten  Stufe,  wenn  die  v  ganzen  ganzzahligen 
Funktionen  f.(x,  y,  z\  gleich  Null  gesetzt,  Oberflächen  darstellen,  welche 
eine  ganze  Mäche,  oder  eine  Raumkurve  oder  endlich  nur  eine  Anzahl 
von  Punkten  im  Räume  gemeinsam  haben. 

Ist  aber  (fl}  •  •  •  f^)  ein  Modulsystem  zweiter  Art,  enthält  also  der 
zugehörige  Bereich  (f0)  auch  Zahlen,  so  giebt  es  ganze  Zahlen  m, 
welche  in  der  Form: 

(2)  ™  =  9ifi-\ \-9vfv 

darstellbar  sind;  dann  besitzt  das  Gleichungssystem  (1)  offenbar  gar 
keine  Lösung  (x0,  y0,  •  •  •  w0),  weil  ja  für  diese  wegen  (2)  auch  m  ver- 
schwinden müfste.  Innerhalb  des  Bereiches  [x,  y,  •  •  •  u)  würde  also 
jedes  solches  Modulsystem  äquivalent  Eins  sein;  hier  ist  dies  aber 
keineswegs  der  Fall.  Wir  wollen  hier  nur  die  folgende  für  einen  grofsen 
Teil  solcher  Modulsysteme  zweiter  Art  unmittelbar  anwendbare  De- 
finition der  Stufenzahl  aufstellen.  Ist  m0  die  kleinste  durch  (M)  teil- 
bare Zahl,   so   kann  jenes  System  so   beschaffen  sein,  dafs  es  in  ein 

äquivalentes 

(m0,  F„  F„  •  •  •  Fa) 

transformierbar  ist,  in  welchem  das  nach  Fortlassung  von  m0  übrig- 
bleibende System  (M0)  ~  (F1}  F2,  •  •  •  Fa)  kein  Zahlenelement  mehr 
besitzt,  also  von  der  ersten  Art  ist.     Ein  solches  Modulsystem  zweiter 


§  2.  Die  unzerlegbaren  und  die  Primmodulsysteme.  235 

Art  kann  also  als  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  einer  gewöhnlichen 
ganzen  Zahl  m0  und  eines  Modulsystems  erster  Art  (M0)  =  (F1}F%y»'Fa) 
angesehen  werden. 

Ist  dann  (M)  ~  (w0,  üf0)  ein  solches  Modalsystem  zweiter  Art 
und  q0  der  Rang  des  zugehörigen  Modulsystemes  erster  Art  (M0), 
so  soll  (M)  als  ein  Modulsystem  von  der  (q0  -|-  l)*011  Stufe  be- 
zeichnet werden. 
So  konnte  z.  B.  jedes  Modulsystem  (ft(x),  ff(x),  •  •  •  fv(x))  im  Be- 
reiche [x],  dessen  Zahlenelement  eine  Primzahl  ist,  in  das  äquivalente 
System  (jp,  f0(xj)  transformiert  werden,  d.  h.  es  ist  also 

(fu  /i;  ' " '  O  ~  (™o>  Mo)> 
wenn 

m0=p,     (M0)~f0(x) 

gesetzt  wird,  und  da  hier  (M0)  ein  Modulsystem  erster  Art  von  der 
ersten  Stufe  ist,  so  ist  auch  nach  der  hier  gegebenen  Definition  ebenso 
wie  vorher  die  Stufenzahl  von  {f1(x)}  •  ■  •  fv(x))  gleich  zwei. 

Es  bleibe  hier  dahingestellt,  wie  die  Definition  der  Stufenzahl  in 
diesem  Bereiche  [x,  y,  -  •  •  ü]  allgemein  zu  fassen  ist,  falls  die  obige  Trans- 
formation nicht  möglich  sein  sollte.  Es  wäre  interessant  und  wichtig, 
wenn  diese  Frage  in  umfassender  und  einfacher  Weise  gelöst  würde. 
Wir  wollen  jedoch  ihrer  Lösung  hier  nicht  näher  treten  und  solche 
speziellen  Divisorensysteme  von  den  folgenden  Betrachtungen  aus- 
schüefsen. 

§2. 

Ein  Divisorensystem  (gl?  g%}  •  •  •  gx)  in  einem  beliebigen  Rationa- 
litätsbereiche [x,  y,  •  ■  •  z)  oder  [#,  y,  •  •  •  z]  heilst  auch  in  diesem 
allgemeinsten  Falle  unzerlegbar,  wenn  es  nicht  als  Produkt  zweier 
anderen  Systeme  dargestellt  werden  kann,  ohne  dafs  einer  von  seinen 
beiden  Faktoren  äquivalent  Eins  ist.  Aber  unter  den  unzerlegbaren 
Modulsystemen  giebt  es  stets  solche,  welche  einen  anderen  Divisor 
(d1?  rf,,  •  •  •  d  )  enthalten,  ohne  dafs  ein  solcher  komplementärer  Divisor 
(el7  Cj,  •  •  •  6^)  existiert,  dafs: 

(9u  9t>-  9z)  ~  fäi  dt,  •  •  •  tfj  (eu  e%}  .  .  -  ev) 

ist.  So  war  z.  B.  jedes  einfache  System  (p,  P(x)  )  durch  (p,  P(x)) 
teilbar,  obwohl  es  überhaupt  nicht  weiter  dekomponiert  werden  konnte. 
Auch  in  diesem  allgemeinsten  Falle  werden  wir  also,  wie  dies  für  den 
Bereich  [x]  schon  geschah,  die  unzerlegbaren  und  die  Primmodul- 
systeme genau  von  einander  zu  unterscheiden  haben. 


236  Zwanzigste  Vorlesung. 

Hier  können  wir  aber  die  Primmodulsysteme  nicht  als  solche  un- 
zerlegbaren Systeme  definieren,  welche  überhaupt  gar  keinen  Teiler 
mehr  besitzen.  In  der  That  ist  z.  B.  eine  Primzahl  p  im  Gebiete  [x] 
der  ganzzahligen  Funktionen  von  x  ein  Primdivisor  erster  Stufe,  weil 
sie  durch  keinen  einzigen  Divisor  erster  Stufe,  nämlich  durch  keine 
Zahl  und  durch  keine  Funktion  von  x  teilbar  ist.  Trotzdem  enthält  p 
aber  unendlich  viele  Teiler  zweiter  Stufe,  nämlich  jedes  Divisorensystem 
(P>  fi(&>  ft(x\ " •  fv(x))>  dessen  Zahlenelement  gleich  p  ist.  Ebenso  ist 
der  Teiler  (p,  P(xj)  auch  im  Gebiete  [x,  y\  der  ganzzahligen  Funk- 
tionen von  x  und  y  ein  Primdivisor  zweiter  Stufe,  wenn  P(x)  modulo  p 
irreduktibel  ist,  denn  man  erkennt  leicht,  dafs  er  auch  in  diesem  Gebiete 
keinen  Teiler  zweiter  Stufe  hat;  wohl"  aber  enthält  er  unendlich  viele 
Divisorensysteme  dritter  Stufe,  z.  B.  alle  Systeme  (p,  P(x),  Q(xy))}  wenn 
Q(x,  y)  eine  beliebige  ganze  Funktion  von  x  und  y  bedeutet. 

Entsprechend  soll  in  einem  beliebigen  Rationalitätsbereiche  ein  un- 
zerlegbarer Divisor  p*r  Stufe  (Fl7  Ft7  •  •  •  Fv)  dann  und  nur  dann  ein 
Primdivisor  genannt  werden,  wenn  er  keinen  einzigen  Teiler  derselben 
Stufe  besitzt;  wohl  aber  kann  und  wird  er  im  Allgemeinen  unendlich 
viele  Teiler  von  höherer  als  der  pten  Stufe  haben« 

Als  Beispiel  betrachten  wir  die  Modulsysteme  in  dem  Bereiche 
\x,  y,  z\  der  ganzen  Funktionen  von  drei  Variablen  mit  beliebigen 
Koeffizienten.  Eine  Gröfse  f(x,  y,  z)  ist  dann  und  nur  dann  ein  Prim- 
divisor erster  Stufe,  wenn  sie  irreduktibel  ist,  wenn  also  die  zugehörige 
Gleichung  f(x}  y,  z)  =  0  eine  unzerlegbare  algebraische  Fläche  F  im 
dreidimensionalen  Räume  darstellt.  Ist  dann  g(x,  y}  z)  eine  andere 
ganze  Gröfse  desselben  Bereiches,  G  die  zugehörige  Fläche,  so  ist  g 
entweder  durch  f  teilbar,  oder  das  System  (f(x,  y,  z),  g(x,  y9  z))  ist 
ein  Modulsystem  von  der  zweiten  Stufe.  Im  ersten  Falle  ist  die  Fläche  F 
ein  Teil  der  anderen  Fläche  6r;  im  zweiten  entspricht  dem  Modulsysteme 
(f)  ff)  oder  dem  Gleichungssysteme  (f  ==  0,  g  =  0)  geometrisch  der  voll- 
ständige Schnitt  jener  beiden  Oberflächen  F  und  G,  also  eine  bestimmte 
Raumkurve  C.  —  Tritt  dieser  letzte  Fall  ein,  und  ist  aufserdem  das 
System  (/*,  g)  ein  Primmodulsystem,  so  nennen  wir  auch  die  zugehörige 
Kurve  C  eine  irreduktible  Raumkurve. 

Es  sei  endlich  h(xy  y,  z)  eine  dritte  Gröfse  von  {x,  y,  z)}  H  die 
zugehörige  Fläche,  so  mufs  h  entweder  durch  das  Primmodulsystem 
(ff  ff)  teilbar  sein,  oder  das  Modulsystem  (f(x,  y}  z)}  g\x}  y,  z\  h(x,  y,  z)) 
ist  von  der  dritten  Stufe,  d.  h.  die  drei  Flächen  F,  G  und  H,  oder, 
was  dasselbe  ist,  die  Raumkurve  C  und  die  Oberfläche  H  haben  nur 
eine  endliche  Anzahl  von  Schnittpunkten  gemeinsam;  es  ergiebt  sich 
also  der  Satz: 


§  2.   Geometrische  Anwendungen.  237 

Eine  irreduktible  Raumkurve  und  eine  algebraische  Fläche  haben 
stets  nur  eine  endliche  Anzahl  von  Schnittpunkten,  es  sei  denn, 
dafs  die  Kurve  vollständig  auf  der  Fläche  liegt. 

Die  Primmodulsysteme  dritter  Stufe  in  diesem  Bereiche  können 
leicht  angegeben  werden.     In  der  That  erkennt  man  unmittelbar,  dafs 

jedes  Modulsystem 

p  =  (x  —  a,  y  —  ß,  z  —  y) 

ein  Primmodulsystem  dritter  Stufe  ist,  denn  jede  Gröfse  k(x,  yf  z) 
ist  entweder  durch  p  teilbar  oder  das  System  (Je  (x,  y,  z\  x  —  a,  y — ß,  z  —  y) 
ist  äquivalent  Eins;  da  man  nämlich  Je  stets  in  der  Form  darstellen  kann: 

Kx>  y>  *)  =  *(«,  ß,  y)  +  (*  —  «)  h  fo  y,  *) 

+  (jf  —  ß)  *%{*>  %  *)  +  iß  —  y)  *sfo  &  *), 

wo  Jc1)  i|,  t8  ganze  Funktionen  von  x,  y,  z7  bedeuten,  so  ist: 

(k{x,  y,z),  x  —  a,  y  —  ß,  z  —  y)~  (*(«,  ß,y),  x  — a,  y  —  ß,  z  —  y), 

und  das  rechts  stehende  Modulsystem  ist  in  der  That  äquivalent  Eins 
oder  äquivalent  p,  je  nachdem  Je(a}  ß,  y)  von  Null  verschieden,  oder 
gleich  Null  ist. 

Jedem  solchen  Primdivisor  dritter  Stufe  (x  —  a,  y  —  ß,  z  —  y) 
entspricht  eindeutig  ein  Punkt  P  im  Räume,  welcher  durch  die  Gleichungen 
(x  —  a  =  0,  y  —  ß  =  0,  z  —  y  =  0)  definiert  ist,  also  die  Koordinaten 
(a,  ß,  y)  besitzt.  Die  Gröfse  Je(x,  y,  z)  enthält  also  dann  und  nur 
dann  das  Primmodulsystem  p,  wenn  die  ihr  entsprechende  Oberfläche  K 

Jetzt  erkennt  man  aber  leicht,  dafs  die  soeben  betrachteten  Systeme  p 
auch  die  einzigen  Primmodulsysteme  dritter  Stufe  sind.  Soll  nämlich 
ein  System  (f(xyz),  g(xyz),  •  •  •  h(xyz))  von  der  dritten  Stufe  sein,  so 
können  die  zugehörigen  Oberflächen  F,  G7  •  •  •  H  nur  eine  endliche 
Anzahl  diskreter  Punkte  gemeinsam  haben.  Haben  sie  aber  mehr  als 
einen  Schnittpunkt  und  ist  P  einer  von  ihnen,  so  besitzt  das  System 
(/>  9 } ' ' '  *)  sicher  das  zu  P  gehörige  System  p  =  (x  —  a,  y  —  ß,  z  —  y) 
als  eigentlichen  Teiler,  kann  also  nicht  prim  sein.  Ist  endlich  P=(a,ß,  y) 
der  einzige  Schnittpunkt  der  Oberflächen  (F,  6r,  •  •  •  H),  so  sind  alle 
Groben  fy  </,  •  •  •  h  durch  den  zugehörigen  Primteiler  p  teilbar,  also 
enthält  (f}  g,  •  •  •  h)  ebenfalls  p,  und  zwar  als  eigentlichen  Teiler,  wenn 
nicht  (ff  g,  -  -  -  h)  ~  (x  —  a,  y  —  ß}  z  —  y)  ist,  und-  hiermit  ist  die 
aufgestellte  Behauptung  bewiesen. 

Wir  erhalten  so  den  folgenden  Satz,  welcher  uns  einen  vollstän- 
digen Einblick  in  die  geometrische  Bedeutung  des  rein  arithmetrischen 
Begriffes  der  Primdivisoren  gewährt: 


238  Zwanzigste  Vorlesung. 

In  dem  Bereiche  {x,  y,  z)  entsprechen  den  Divisoren  der  ersten, 
zweiten  und  dritten  Stufe  die  algebraischen  Flächen,  die  alge- 
braischen Karren  und  die  Punkte  im  Baume.  Jedem  Primteiler 
der  ersten  Stufe  entspricht  eine  unzerlegbare  Oberfläche,  jedem 
Primteiler  zweiter  Stufe  eine  irreduktible  Baumkurve,  jedem 
Primteiler  dritter  Stufe  ein  einzelner  Punkt  im  Baume. 


§3. 

Für  die  hier  betrachteten  Primmodulsysteme  eines  beliebigen  Be- 
reiches \x,  y}  •  •  •  z),  aber  auch  nur  für  diese,  bleiben  alle  Sätze  be- 
stehen, welche  wir  in  den  früheren  Vorlesungen  für  die  gewöhnlichen 
Primzahlen  aufgestellt  und  bewiesen  hatten;  der  Grund  dieser  That- 
sache  liegt  darin,  dafe  für  diese  Systeme  der  Fundamentalsatz  der 
elementaren  Zahlentheorie  in  Kraft  bleibt, 

dafs  ein  Produkt  von  zwei  ganzen  Gfröfsen  dann  und  nur  dann 
durch  ein  Primmodulsystem  teilbar  ist,  wenn  dieses  in  einem 
seiner  Faktoren  enthalten  ist. 

Sei  nämlich 

p9  =  (fu  /»>•••  O 

ein  Primmodulsystem  ptor  Stufe  des  Bereiches  { xy  y,  •  •  ■  z  \ ,  und  g  und  h 
zwei  andere  Gröfsen  desselben,  deren  Produkt  durch  p  teilbar  ist, 
so  dafs: 

(1)  (9-*\fuf„  -~0~(ft,  f„--0 

ist.  Wäre  nun  weder  g  noch  h  durch  das  Primmodulsystem  p  teilbar, 
so  müfsten  die  beiden  Modulsysteme 

(1*)  (9,  fx,'"  O      ™*      (*>  fu'"  O 

mindestens  von  der  (q  -f-  l)tou  Stufe  sein.  Alsdann  wäre  aber  auch  ihr 
Produkt : 

(2)  (g,  -fr")  (h>  ••/*•■  0  ~  0*>  -9fi-,-hfr>--  UU  •  •) 

ebenfalls  von  höherer  als  der  Q**n  Stufe,  denn  die  (v  +  l)8  Gleichungen : 
(2»)  9h  =  0,    gff  =  0,    hft=*0,    f.ft  =  0        (.,*-!,»,••►), 

durch  welche  die  Stufenzahl  des  Systems  (2)  bestimmt  wird,  sind  ja 
für  alle  und  nur  die  Wertsysteme  (g,  rj}  •  •  •  £)  der  Variablen  (x,  y,  •  •  •  z) 
erfüllt,  für  welche  entweder: 

g  =  fx  =  ...=/;  =  0        oder        Ä  =/;  =  ...=/;  =  0 
ist;  die  Stufenzahl  des  Produktes  (2)  ist  also  gleich  der  kleineren  unter 


§  8.   Der  Fundamentalsatz  für  die  Primmoduhysteme.  239 

den  Stufenzahlen  der  beiden  Faktoren  (jj,  ft-  •  -  /"„)  oder  (A,  f19  •  •  •  f)f 
also  ebenfalls  mindestens  gleich  ()  +  1. 

Nun  ist  aber  das  System  (gh,  gfv  hfk,  f{fk)  offenbar  durch  das 
andere  (gh,  fu-  •  •  £)  teilbar,  und  daher  ist  auch  dieses  mindestens  vom 
Range  (<?  +  1),  nnd  da  dies  mit  der  in  (1)  gemachten  Voraussetzung, 
dafs  gh  durch  p  teilbar  sein  soll,  im  Widerspruch  steht,  so  folgt,  dafs 
wirklich  mindestens  eins  der  Systeme  (1*)  äquivalent  p  ,  dafs  also 
einer  der  Faktoren  g  und  h  durch  p    teilbar  sein  mufs. 

Sprechen  wir  dieses  Resultat  z.  B.  für  die  Modulsysteme  zweiter 
Stufe  im  Bereiche  {x,  y,  0)  aus,  so  lautet  der  entsprechende  geome- 
trische Satz  folgendermafsen: 

Liegt  eine  irreduktible  Raumkurve  auf  einer  reduktiblen  oder 
zerfallenden  Oberfläche,  so  mufe  sie  vollständig  auf  einem  ein- 
zigen ihrer  unzerlegbaren  Teüe  verlaufen. 


Die  in  dieser  letzten  Vorlesung  durchgeführten  Untersuchungen  über 
die  Funktionen  von  mehreren  Variablen  sollen  die  Fülle  der  in  diesem 
Gebiete  sich  darbietenden  Probleme  keineswegs  erschöpfen;  es  lag  mir 
nur  daran  zu  zeigen,  dafs  und  in  welcher  Weise  die  hier  auseinander- 
gesetzten arithmetischen  Methoden  weit  über  das  ursprüngliche  Gebiet 
der  reinen  Zahlenlehre  ausgedehnt  werden  können,  ohne  ihre  Einfach- 
heit und  Anwendbarkeit  einzubüfsen.  Insbesondere  eröffnen  sie  den 
Weg,  um  die  wichtigsten  Fragen  der  höheren  Geometrie  in  durchaus 
einheitlicher  und  überraschend  einfacher  Weise  zu  beantworten. 


§4. 

Unsere  Untersuchungen  gingen  in  der  siebenten  Vorlesung  im 
Anschlufs  an  die  Disquisitiones  arithmeticae  von  der  Einteilung  der 
Zahlen  in  Klassen  nach  einem  Modul  m  aus;  diese  Betrachtungen  führten 
uns  weiter  zu  dem  Begriffe  der  Kongruenz  nach  einem  Modul  und  zu 
seiner  Ausdehnung,  der  Kongruenz  nach  einem  Modulsystem.  Nur 
kurz  hatte  ich  im  §  3  der  zwölften  Vorlesung  darauf  hingewiesen,  dafs 
jedes  Modulsystem  (mly  •  •  •  m^)  im  Sinne  der  Äquivalenz  auch  durch 
eine  homogene  Linearform  m1x1  -f-  •  •  •  +  m^x^  ersetzt  werden  kann. 
Zum  Abschlufs  der  auf  die  Divisorensysteme  bezüglichen  Ausführungen 
will  ich  jetzt  noch  zeigen,  dafs  man  die  hier  auseinandergesetzte  Theorie, 
nnd  zwar  sowohl  die  Lehre  von  den  Kongruenzen  nach  einem  Modul 
als  auch  die  Theorie  der  Divisorensysteme  und  ihrer  Äquivalenz  voll- 
ständig auf  die  Theorie  der  nicht  homogenen  Linearformen  und  ihre 


240  Zwanzigste  Vorlesung. 

Transformationen  in  einander  gründen  und  so  eine  zweite  vollständig 
einheitliche  Behandlung  der  höheren  Arithmetik  gewinnen  kann.  Doch 
will  ich  mich  der  Einfachheit  wegen  und  im  Hinblick  auf  die  weiter- 
hin zu  machenden  Anwendungen  schon  jetzt  auf  die  ganezahligen,  d.  h. 
auf  die  dem  Bereiche  [1]  angehorigen  Linearformen  beschranken. 

Wir   nennen  zunächst  zwei  ganzzahlige  nicht  homogene  Formen 
von  einer  Variablen 


M  =  k  +  tnx,    Jf '—  *'+  m'x' 

äquivalent,  wenn  jede  durch  eine  ganzzahlige  lineare  Transformation: 

x  =  ax'-\-  ß,       x'=  a'x  +  ß' 

in  die  andere  übergeführt  werden  kann.  Soll  aber  durch  die  erste 
Transformation  M  in  M '  übergehen,  so  mufs: 

k  +  m{ax'  +  ß)  =  k'+  rn'x' 
also: 

m'=  mcc,        k'  =  k  +  inß 

sein;  umgekehrt  müssen  a    und  ß'  so  gewählt  werden  können,  data 

m  =  m'ay .      k  =  fc'-f-  m'ß' 

ist.  Aus  diesen  Gleichungen  folgt  zunächst,  dafs  m  =  maa,  also 
aa'=  1  sein  muss,  und  da  a  und  a  ganze  Zahlen  sein  sollen,  so  mufs 
a  =  «'  —  +  1,  also  w'=  +  m  sein,  und  die  anderen  Gleichungen 
ergeben  i'=  k  (mod  m). 

Zwei  Linearformen  ma;  -f-  k  und  m'x' -\-k'  sind  also  dann  und 
nur  dann  äquivalent,  wenn  m'=  +  m  und  k'~k  (mod  w)  ist. 

Nimmt    man    nun    an    Stelle    der    Linearformen    mit    einer    Un- 
bestimmten solche  mit  beliebig  vielen  Unbestimmten: 

M  =  A:  -f  w^  H J-  fn^a;^,     Jbf'  =  k'+  m^x^-\ f-  w>/ 

und  definiert  zwei  solche  Formen  als  einander  äquivalent,  wenn  sie 
durch  ganzzahlige  Substitutionen: 

(i)  «i-A+w'+-+v;,  <=/v+<x*i+-"+«*>,  CS::::) 

in  einander  übergehen,  so  ergiebt  sich  der  allgemeine  Satz: 
Zwei  Linearformen: 

sind  einander  dann  und  nur  dann  äquivalent,   wenn  die  beiden 


§  4.   Modulsysteme  und  Linearformen.  241 

Modulsysteme   (0^,  •  •  •  m)    und   (m/,  •  •  •  mj)   äquivalent   sind, 
und  wenn  außerdem: 

k'=  k    modd  (m19  •  •  •  m  ) 
ist. 

Soll  nämlich  durch  die  erste  Transformation  M  in  M'  übergehen, 
so  mufs: 

.  y  >  A  '  A 

also 

*'—  *  +2  mA  >    < =2  «#» m, 

g  g 

sein,  und  soll  auch  umgekehrt  M '  in  M  transformierbar  sein,  so  müssen 
die  ganzen  Zahlen  ßh'  und  a'hl  so  gewählt  werden  können,  dafs 

A  I 

ist;  sind  umgekehrt  diese  Bedingungsgleichungen  erfüllt,  so  sind  in  der 
That  M  und  M'  äquivalent.  Aber  die  zweite  und  vierte  von  ihnen 
sprechen  aus,  dafs  die  Modulsysteme  (m  )  und  (wA')  äquivalent,  die 
erste  und  dritte,  dafs  k  und  k'  modulis  (mL  •  •  •  m  )  oder  modulis 
(m^y  •  •  •  mt')  kongruent  sein  müssen,  und  damit  ist  der  aufgestellte  Satz 
vollständig  bewiesen. 


Kronecker,  Zahlentheorie.  I.  16 


Einundzwanzigste  Vorlesung. 


Zahlensysteme.  —  Neue  Begründung  der  Fundamentaleigenschaften  der  Funktion 

<p(n).  —  Beweis  einer  arithmetischen  Identität.  —  Die  Zahlen  sm.  —  Die  summa- 

torischen  Funktionen.  —  Anwendungen:  Die  Fundamentaleigenschaft  der  Zahlen  et 

—  Berechnung  der  Potenzsummen  aller  inkongruenten  Einheiten  modulo  n. 


m 


§  1. 

Im  folgenden  bezeichnen  wir  mit  dem  Symbole  (i,  k)  den  gröfsten 
gemeinsamen  Teiler  der  beiden  ganzen  Zahlen  i  und  k}  also  diejenige 
Zahl  d7  der  das  Divisorensystem  {i,  k)  oder,  was  dasselbe  ist,  die 
Linearform  ix  -f-  ky  äquivalent  ist. 

In  den  nächsten  Vorlesungen  wollen  wir  nun  das  nach  zwei  Seiten 
hin  ins  Unendliche  ausgedehnte  System  von  ganzen  Zahlen: 

(1,1),     (1,2),     (1,3),... 
(1)  ((•,  *))  =  (2, 1),     (2,  2),     (2,  8),  •  ■  • 

(3, 1),     (3,  2),    (3,  3),  •  •  • 


genauer  untersuchen.  Ersetzen  wir  in  demselben  alle  Elemente  (i,  Ar) 
durch  die  ihnen  äquivalenten  gröfsten  gemeinsamen  Teiler,  so  lauten 
die  zehn  ersten  Zeilen  und  Kolonnen  dieses  merkwürdigen  Systemes 
f olgendermaf sen : 


(i*) 


1 

,  1,  1,  1,  1,  1,  1,  1,  1, 

1,        .. 

1 

\ 

,    2,    1,    2,    1,    2,    1,    2,    1, 

2,     •     • 

1, 

\ 
,    1,    3,    1,    1,    3,    1,    1,    3, 

1,     ■  .- 

1 

\ 
,    2,    1,    4,    1,    2,    1,    4,    1, 

,2, 

«»,  *))  = 

=  1, 
1, 

\ 

1,  1,    1,    6,    1,    1,    1,    1, 

\ 

2,  3,    2,    1,    6,    1,    2,    3, 

6,     ... 
2,     ■  •  • 

1, 
1, 

\ 
,    1,    1,    1,    1,    1,    7,    1,    1, 

\ 

,    2,    1,    4,    1,    2,    1,    8,    1, 

1,  .     ■  • 

2,  .. 

1, 

\ 
1,    3,    1,    1,    37    1,    1,    9, 

1, 

1. 

,    2,    1,    2,    5,    2,    1,    2,    1, 

\ 
10,  •  ■  • 

§  1.   Zahlensysteme.  243 

Dieses  System  ist  symmetrisch,  da  (t,  h)  =  (Je,  %)  ist,  es  bleibt  also 
ungeändert,  wenn  man  seine  Zeilen  oder  Horizontalreihen  mit  seinen 
Kolonnen  oder  Vertikalreihen  vertauscht.  Da  ferner  allgemein  (Je,  Je)~Je 
ist,  so  bilden  diejenigen  Elemente,  welche  in  der  oben  durch  einen 
Strich  bezeichneten  Hauptdiagonale  stehen,  die  Reihe  der  natürlichen 
Zahlen;  alle  anderen  Zahlen  der  &**"1  Zeile 

(*,l),(M),...(*,*),(*,*  +  i),..: 

sind  Teiler  von  Je. 

Ordnen  wir  einer  jeden  Zahl  (i,  Je)  denjenigen  Oitterpunkt  im  ersten 
Quadranten  der  Zahlenebene  (vgl.  §  5  der  zweiten  Vorlesung)  zu,  welcher 
die  Koordinaten  (x  =  i,  y  =  Jc)  besitzt,  so  erhalten  wir  die  Zahlen  des 
ganzen  Systemes  (1*)  in  genau  derselben  Reihenfolge  auf  jene  Gitter- 
punkte verteilt,  mit  dem  einzigen  unwesentlichen  Unterschiede,  dafs 
sich  die  Horizontalreihen  nicht  nach  unten,  sondern  nach  oben  ins 
Unendliche  fortsetzen.  Wir  wollen  nun  zwei  Punkte  P  =  (i,  Je)  und 
Pf=(i'}  Je')  in  eine  und  dieselbe  Klasse  K  rechnen,  wenn  (i,  Je)  ~  (i',Jc')  ~  t 
ist,  wenn  also  die  beiden  Zahlenpaare  (i,  Je)  und  (i',  Je')  denselben  grössten 
gemeinsamen  Teiler  t  besitzen.  Dann  kann  eine  der  Aufgaben,  mit 
deren  Lösung  wir  uns  in  den  nächsten  Vorlesungen  beschäftigen  wollen, 
folgendermafsen  ausgesprochen  werden:  Wir  denken  uns  im  ersten 
Quadranten  der  Zahlenebene  eine  beliebige  geschlossene  Kurve  gegeben, 
welche  einen  Teil  F  jener  Ebene  vollständig  begrenzt,  also  eine  be- 
stimmte Anzahl  der  ganzzahligen  Gitterpunkte  P,  P',  •  •  •  enthält.  Es 
soll  untersucht  werden,  wie  viele  von  diesen  Punkten  zu  einer  gegebenen 
Klasse  Kt  gehören,  oder,  was  dasselbe  ist,  es  soll  angegeben  werden, 
wie  viele  Zahlenpaare  (i,k)  in  einem  beliebig  begrenzten  Bereiche  den 
gröfsten  gemeinsamen  Teiler  t  besitzen. 

In  dieser  Allgemeinheit  läfst  sich  die  vorliegende  Aufgabe  schwer 
behandeln;  dagegen  erhält  man  einfache  Resultate,  wenn  man  die  Be- 
grenzungskurve geeignet  wählt. 

Wir  untersuchen  zunächst  den  Fall,  dafs  das  Gebiet  ein  Rechteck 
ist,  welcher  nur  eine  einzige  Punktreihe  und  zwar  die  ersten  n  Zahlen: 

(*,  1),  (w,  2),  •  -  -  (n,  n) 

einer  beliebigen  »*"  Zeile  einschliefst.  Soll  eine  der  Zahlen  (n,  Je)  über- 
haupt zu  einer  Klasse  Kt  gehören,  so  mufs  t  =  d  notwendig  ein  Teiler 

von  n,  also: 

n  —  d-d' 

sein.  Für  alle  zur  Klasse  Kd  gehörigen  Zahlen  (n,  Je)  mufs  dann  Je  ein 
Vielfaches  von  d  sein,  die  gesuchten  Zahlensysteme  sind  daher  unter 
den  d'  Systemen: 

16* 


244  Einundzwanzigste  Vorlesung. 

(n,  d),  (»,  2d),  •  •  •  (»,  d'd) 

enthalten.    Damit  aber 

(n,  k'd)  =  (dd\  k'd)  ~  d 

ist,  ist  notwendig  und  hinreichend,  dafs 

(d't  V)  ~  1, 

dafs  also  V  teilerfremd  zu  dem  zu  d  komplementären  Divisor  von  n 
ist,  und  da  unter  den  d'  Zahlen  1,  2,  •  •  •  d'  genau  q>(dr)  dieser  Be- 
dingung genügen,  so  ergiebt  sich  der  Satz: 

Unter  den  Systemen  (n,  1),  (n,  2),  •  •  •  (n,  n)  gehören  genau  <p  (rf*) 
zu  der  Klasse  Kd,  wenn  d  ein  beliebiger  Teiler  von  n  und 
<W'  =  n  ist. 

Wählt  man  jetzt  für  d  der  Reihe  nach  alle  Teiler  von  n,  n  selbst 
und  1  mit  eingeschlossen,  und  beachtet  man,  dafs  dann  jedes  der 
n  Systeme  (n,  k)  ~  d  in  eine  und  nur  eine  dieser  Klassen  Kd  gehört, 
so  ergiebt  sich  für  die  Anzahl  n  aller  Systeme  (n,  k)  auch  der  Aus- 
druck ^9>(<0'     Ersetzt   man   also    d'  durch  <?,   und   berücksichtigt 

dd'=n 

dann,  dafs  offenbar  auch  d'  ebenso  wie  d  alle  Teiler  von  n  durch- 
läuft, so  ergiebt  sich  die  wichtige  Beziehung: 

(i)  2?»w-»- 

Wir  wollen  zunächst  diese  Formel,  durch  welche  die  arithme- 
tische Funktion  <p(n)  vollständig  bestimmt  ist,  auf  einem  anderen 
und  sehr  eleganten  Wege  ableiten:  Es  sei 

n  =  aV  •  •  •  <? 

die  Zerlegung  der  Zahl  n  in  ihre  Primfaktoren.  Bildet  man  dann  das 
Produkt: 

A-B--.C=(l+<p(a)  +  <p(a*)-\ \-(p(a"))  •••  (l  +  9(c)H \-<p(<?))  , 

so  ist  dasselbe  wegen  der  bekannten  Eigenschafben  der  Funktion  q>  (m) 
gleich : 

«'T^V  0^.../  V=0,1,     -y/ 

d.  h.  jenes  Produkt  AB  •  •  •  C  ist  gleich    ^Vp  (fl),   wenn   die   Summe 

rf/n 

auf  alle  Teiler  d  =  aa  Ü*  •  •  •  cy  von  w  erstreckt  wird.  Andererseits 
ist  aber  (vgl.  S.  123) 


§  1.   Die  Eigenschaften  der  Funktion  cp(n).  245 

4  —  9>(1)  +  <p(a)  H 1-  <p(a") 

=  1  +  (a  —  1)  +  (a*—a)  -\ \-  (a°  —  a"-1)  —  a", 

und  das  Entsprechende  gilt  für  B  ■  •  •  C.    Also  ist  in  der  That: 

w.  z.  b.  w. 

Man  kann  aber  auch  umgekehrt  die  Formel  (1)  benutzen,  um  alle 
Eigenschaften  der  Funktion  q>(n)  und  ihren  Wert  für  ein  beliebiges  n 
zu  finden. 

Ist  zunächst  n=p  eine  Primzahl,  so  folgt  aus  ihr: 

(2)  <p(p)  +  <pO)=p,      <p(p)=p  —  i. 

Für  n  =  p*  ergiebt  sich  unter  Benutzung  yon  (2) 

<p(p*)=p2—p. 
Ebenso  ist,  falls  n  =ph  eine  beliebige  Primzahlpotenz  bedeutet, 

9&)  +  ^O**"1)  H h  9(j>)  +  9(1)  =1>\ 

oder,  da  nach  derselben  Gleichung  die  Summe  der  h  letzten  Glieder 
gleich  ii*—1  ist, 

y^^pt—pt-1- 

Zweitens  wollen  wir  mit  Hülfe  dieser  Formel  auf  induktivem  Wege 
zeigen,  dafs,  falls  w  =  rs  irgend  eine  Zerlegung  yon  n  in  zwei  teiler- 
fremde Faktoren  ist,  stets: 

9>(n)  =  y(r  -  s)  =  <p(r)  •  <p(s) 

ist.  Hierzu  nehmen  wir  an,  dafs  derselbe  Satz  für  alle  unter  n  liegen- 
den Zahlen  bereits  bewiesen  ist.     Dann  folgt  aus  (1) 

n  =  r  .  s  =  (2^W)  (2v(s))> 

wo  sich  die  Summation  rechts  auf  alle  Teiler  q  yon  r  und  6  yon  5 
bezieht;  es  ist  also: 

n  =  <p(r)  <p(s)  +2?>(f)  9>(*)> 

wo  in  der  Summe  rechts  nur  das  Produkt  <p(r)  <p(s)  fortzulassen  ist. 
Da  dann  aber  für  alle  Glieder  dieser  Summe  nach  unserer  Voraus- 
setzung q>(o)  fp(ö)  =  <p(qö)  ist,  und  da  ferner  jeder  eigentliche  Teiler 
d  yon  n  auf  eine  und  nur  eine  Weise  als  ein  Produkt  q  •  6  dargestellt 


246  Einundzwanzigsie  Vorlesung. 

werden  kann,  dessen  Faktoren  bezw.  in  r  und  s  enthalten  sind,  so  kann 
die  letzte  Gleichung  auch  so  geschrieben  werden: 

n  =  <p(r)  <p(s)  +^£ <p(d), 

d/n 

die  Summe  erstreckt  über  alle  eigentlichen  Teiler  d  von  n.  Anderer- 
seits folgt  aber  wiederum  aus  (1) 

d/n 

und  durch  Vergleichung  ergiebt  sich  in  der  That 

<p(n)  =  <p(r)<p(s), 

d.  h.  die  Richtigkeit  der  aufgestellten  Behauptung. 

Ist  also  n  =  2)*1  •  •  •  p*k  die  Zerlegung  von  n  in  seine  Primzahl- 
potenzen," so  ergiebt  sich  genau  wie  auf  S.  126: 

*(«)  =  «]J(i-i-). 

§2. 

Die  im  vorigen  Abschnitte  gefundene  wichtige  Definitionsgleichung 
(1)  für  y(n)  ist  nur  ein  ganz  spezieller  Fall  einer  sehr  allgemeinen  Be- 
ziehung, welche  zwischen  zahlentheoretischen  Funktionen  besteht  und 
zu  deren  Ableitung  wir  jetzt  übergehen  wollen. 

Zu  diesem  Zwecke  führen  wir  eine  neue  Funktion  p(»,  k)  von 
(n,  k)  *v*  d  ein;  wir  setzen  nämlich  fest,  es  soll: 

Q(n,  k)  =  1 

sein,  sobald  (w,  k)  <v  1  ist,  wenn  also  n  und  k  teilerfremd  sind,  da- 
gegen sei 

p(n,  k)  =  0, 

wenn  (n,  k)  =  d  >  1  ist.  Das  nach  beiden  Seiten  ins  Unendliche  fort- 
gesetzte System: 

(p(n,  k))  (*,  *=x,  s,     *) 

ist  also  auch  symmetrisch,  es  enthält  aber  nur  die  Elemente  1  und  O 
und  geht  aus  dem  auf  S.  242  angegebenen  Schema  dadurch  hervor, 
dafs  dort  alle  Zahlen  mit  Ausnahme  von  1  durch  0  ersetzt  werden. 

Denken  wir  uns  n  und  k  durch  ihre  Exponentensysteme  (vgl. 
S.  73)  dargestellt  und  ist: 

n  =  (nx,  »a,«^'--) 
k  =  (ku  1%,  ks,---), 


§  2.   Beweis  einer  arithmetischen  Identität.  247 

so  kann  die  Definition  von  p(w,  Je)  sehr  einfach  auch  so  ausgesprochen 
werden,  dafs  g(n,  Je)  den  Wert  1  oder  0  hat,  je  nachdem  alle  Produkte 
nhkk  =  0  sind,  oder  mindestens  eins  derselben  yon  Null  verschieden 
ist;  es  mufs  also  stets: 

nh  •  Jch  •  p(w,  Je)  =  0  (*=i,  »,•••) 

sein. 

Es  ist  leicht,  für  diese  arithmetische  Funktion  g(n,  Je)  einen  ana- 
lytischen Ausdruck  anzugeben.     Er  ist  nämlich  stets: 

hkn\* 

9(»,  *>  =17i 

In  der  That:  haben  n  und  Je  keinen  gemeinsamen  Teiler,  so  sind  die 
(t*  —  1)  Produkte  Je}  2Je}  •  •  •  (n  —  1)4,  abgesehen  von  ihrer  Reihen- 
folge, den  Zahlen  1,  2,  •  •  ■  n  —  1  modulo  n  kongruent;  das  Produkt 
im  Zahler  ist  also,  da  der  Sinus,  abgesehen  vom  Vorzeichen,  um  %  pe- 
riodisch ist,  gleich  dem  im  Nenner  stehenden  Produkte,  in  diesem  Falle 
ist  also  wirklich  q(h}  Je)  =  1.  Haben  dagegen  n  und  Je  einen  gemein- 
samen Teiler  d,   so    existiert   unter   den    (n  —  1)  Produkten  hie  min- 

destens  eins,  für  welches  hJe  =  0   (mod  n)  und  demnach    sin =  0 

ist,  und  da  auch  in  diesem  Falle  kein  Faktor  des  Nenners  verschwindet, 
so  ist  hier  p(n,  Je)  =*  0,  w.  z.  b.  w. 

Es  sei  jetzt  f(ny  Je)  eine  beliebige  Funktion  der  Zahl  d  =  (n,  Je)] 
ich  bemerke  zur  Vermeidung  von  Mifsverständnissen,  dafs  die  Funktion  f 
nur  von  einem  Argumente,  nämlich  von  der  Zahl  (»,  Je)  ~  d,  nicht  aber 
von  den  beiden  Zahlen  n  und  Je  abhängt,  dafs  sie  also  eigentlich  in  der 
Form  f((n,  Je))  geschrieben  werden  müfste.  Wir  wollen  aber  im  fol- 
genden die  einfachere  Schreibweise  f(n,  Je)  beibehalten.  Wir  betrachten 
dann  die  Funktion: 


2lQ(»9  *)'/>;  *) 


2 

welche  also  von  den  n  Elementen: 

f(n,  1),    f(n,2),...f(n,n) 

alle  und  nur  diejenigen  als  Summanden  enthält,  für  welche  (n,  Je)  ~  1, 
also  Je  zu  n  relativ  prim  ist.  Es  ist  leicht,  für  jene  Summe  eine  direkte 
Darstellung  zu  finden,  welche  als  Grundlage  für  unsere  ferneren  Unter- 
suchungen dienen  soll.     Es  sei: 

v.      r,  r- 

n=Pl  Pi    ••Pr 

die  Zerlegung  von  »  in  seine  Primfaktoren,  und  diese  seien  so  geordnet, 


248  Einundzwanzigste  Vorlesung. 

dafs  l>i  <  ft  <  •  •  •  <pr  ist.     Dann  besteht  stets,  wie  auch  die  Funk- 
tion f(n7  k)  beschaffen  sein  mag,  die  folgende  wichtige  Identität: 


]>j9(n,  k)  f(n,  k)  =^f(n,  k)  -^f(n,  kpa)  +^f(n,  kpj) 


(1) 


*,  a  *,o,/9 


*,or,/*,y  k 

Hier  ist  allgemein  in  der  (h  -f-  l)ten  Partialsumme  auf  der  rechten  Seite 

2ftn>  kPaPfi'"Pi) 

in  Bezug  auf  jedes  Produkt  papfi-  •  •  p6   von  je  h  verschiedenen  Prim- 
teilern von  n  zu  summieren,  und  zwar  jedesmal  für 


PaPfi  "     P6 

Von  der  Richtigkeit  dieser  wichtigen  Formel  überzeugt  man  sich 

n 

so:  Die  Summe  J£f(n,  k)  unterscheidet  sich  von  der  zu  berechnenden 

JS  Q(n>  *)  f(n>  k)    nur  dadurch,  dafs  die  erstere  auch  alle  Elemente 

f(n,  k)  enthält,  für  welche  k  mit  n  mindestens  einen  Primfaktor  pa 
gemeinsam   hat.     Um   also   die   gesuchte  Summe  zu  erhalten,  müssen 

wir  von  ^f{n}  k)  die  folgende: 

n 

erstreckt  über  alle  Primteiler  pa  von  n,  oder  kürzer  geschrieben 
^  f(n9  kpa)    abziehen.     Dann   ist   aber  jedes  Element  f(n9  k)   zwei 

Mal  abgezogen,  für  welches  k  =  kaßpap^  ein  Multiplum  von  irgend 
zwei  verschiedenen  Primfaktoren  pa  und  p .  von  n  ist,  da  dieses  Element 
in  (1*)  sowohl  in  der  zu  pa  als  in  der  zu  p.  gehörigen  Summe  vor- 
kommt. Um  diesen  Fehler  auszugleichen,  fugen  wir  also  wiederum 
die  Summe: 

n 
PaPß 

2     2f(n>    KfiPaPfl)* 

oder    kürzer  Jg  f(n,  kpaps)  hinzu,   müssen  aber  alsdann  die   Summe 

er,/*,*  P 

aller  derjenigen  Elemente  f(n,  k)  abziehen,  in  welcher  k  und  n  drei 


§  2.  Beweis  einer  arithmetischen  Identität.  249 

verschiedene  Primteiler  pap*p  gemeinsam  haben  u.  s.  w.;  und  durch 
Fortsetzung  dieses  Verfahrens  erhalten  wir  zuletzt  in  der  That  die 
Identität  (1). 

Ich  will  aber  die  Richtigkeit  dieser  wichtigen  Gleichung  noch  ein- 
mal ganz  direkt  durch  den  Nachweis  verifizieren,  dafs  jedes  Element 
f(nf  h)  auf  der  rechten  und  auf  der  linken  Seite  von  (1)  gleich  oft 
vorkommt.  Es  möge  nämlich  h  mit  n  genau  X  verschiedene  Primfak- 
toren pay  pb7  pe7  --pd,  pe  gemeinsam  haben;  dann  enthält  die  Summe 
links  das  Element  f(ny  h)  einmal  oder  keinmal,  je  nachdem  X  =  0 
oder  X  >  0  ist.  Auf  der  rechten  Seite  von  (1)  dagegen  kommt  f(n,  h) 
in  der  ersten  Summe  ^Sf(nr  k)  genau  einmal  vor,  in  der  zweiten 
^f(n.  kpa)  genau  X  Male,   nämlich    in  jeder  der  X  auf  pa,  ph7  •  -  - pe 

bezüglichen  Partialsummen  einmal;  in  der  nächsten  SummeJ^Y(w,  kpapS) 
tritt  /"(«,  h)  genau         ~      Male  auf,  nämlich  je  einmal  in  jeder  der 

auf  die ^—  Primzahlprodukte  papb,  papc>  pbpc,  •  •   pdpe  bezüglichen 

Partialreihe  je  einmal,  u.  s.  w.  So  erkennt  man,  dafs  dieses  Element 
auf  der  rechten  Seite  von  (1)  mit  dem  Faktor: 

1  _  2  J_  *(*-*)  _  *(*-!)  (1-2) 

"■         1  .  «  123  ■     * 

multipliziert  ist.     Dieser  ist  aber  gleich: 

(1-1)'  =  0, 

sobald  X  >  0  ist,  sobald  also  Ä  mit  n  einen  gemeinsamen  Teiler  besitzt; 
ist  dagegen  X  =  0,  also  h  zu  n  teilerfremd,  so  ist  er  gleich  1,  und 
damit  ist  die  Richtigkeit  der  Gleichung  (1)  bewiesen. 

§3. 

So  einfach  die  im  vorigen  Abschnitte  gefundene  Formel  (1)  auch 
gedanklich  ist,  so  läfst  sie  sich  doch  nur  etwas  umständlich  schreiben, 
weil  in  ihr  auf  der  rechten  Seite  nicht  über  aUe  Elemente  f(n}  kd) 
summiert  wird,  für  welche  d  ein  beliebiger  Teiler  von  n  ist,  sondern 
nur  über  diejenigen,  für  welche  d  =  1,  pa,  pap^y  PaP*Py>  *  •  *  ist,  also 
nur  eine  Anzahl  von  einander  verschiedener  Primfaktoren  von  n 
enthalt. 

Wir  fuhren  daher  jetzt  ein  Zeichen  ein,  welches  uns  ermöglicht, 
in  jener  Summe  über  alle  Teiler  von  n  zu  summieren,  und  welches  in 
unseren  weiteren  Untersuchungen  eine  wichtige  Rolle  spielen  wird.  Es 
sei  nämlich  *m  eine  Zahl,  welche  für  jeden  ganzzahligen  Wert  von  m 
durch  die  folgenden  Eigenschaften  definiert  ist: 


-  / 


{*) 


250  Einundzwanzigste  Vorlesung. 

s    =       0  falls  m  auch  nur  einen  Primfaktor  mehr  als  einmal 

m 

enthält; 

Bm  =  -f-  1  falls  m  eine  gerade  Anzahl  von  einander  verschie- 
dener Primfaktoren  enthalt; 

«m  =  —  1  falls  m  eine  ungerade  Anzahl  verschiedener  Prim- 
faktoren besitzt; 

«,  -  + 1. 

Ist  also  m  =  (fi1?  ft2,  fiS;  ■  •  •)  durch  sein  Exponentensystem  definiert, 
so  ist  sm  dann  und  nur  dann  ^  0 ,  wenn  bei  jener  Darstellung  kein 
einziger  Exponent  p  gröfser  als  Eins  ist;  ist  dies  aber  der  Fall  und 

63»  (m)  die  Anzahl  der  Primfaktoren  von  m}  so  ist  em  =  ( —  1)      . 
Die  ersten  12  Zahlen    . 

£1?  £t)  £37    *At  £b7  £67  Bt}    £S>    *97  *10)         £11>    fll 

haben  also  der  Reihe  nach  die  folgenden  Werte: 

1,  -  1,  -  1,  0,  -  1,  +  1,  -  1,  0,  0,  +  1,  -  1,    0. 

Mit  Benutzung  dieser  Koefficienten  kann  dann  die  Gleichung  (1) 
des  vorigen  Paragraphen  in  der  bemerkenswert  einfachen  und  ele- 
ganten Form  geschrieben  werden: 

n  <r 

(i)         2  9  (»,  *)  n»,  *)  =2  2  *ä  •  f(*>  *rf)       <**'=*> > 

1  d/n    *=1 

wo  sich  die  Summation  rechts  auf  aUe  Teiler  d  von  n  bezieht  und 
jedesmal  in  Bezug  auf  Je  von  1,  2,  •  •  •  bis  zu  dem  komplementären 
Teiler  d'  von  d  zu  summieren  ist;  in  der  That  fallen  ja  nach  der 
Definition  von  sd  alle  Summanden  fort,  in  denen  d  nicht  aus  lauter 
ungleichen  Primfaktoren  von  n  besteht,  während  die  übrig  bleibenden 
den  Faktor  +  1  erhalten. 

An  Stelle  der  Funktion  f(nf  Je)  führen  wir  jetzt  die  beiden  fol- 
genden summatorischen  Funktionen  ein: 

d' 
F{n,  d)  =  ]>jf(n,  kd)=f(n,d)  +  f(n,  2d)+--  +  f(n,d'd) 

*  (»,  d)  =  ^  9 (d'>  *)  /("»  Äd)5 

dann  enthält  die  Funktion  0(n,  et)  alle  und  nur  die  Summanden 
f(n,  Jcd)  von  F(n,  d),  in  welchen  Je  zu  dem  komplementären  Divisor  d' 
teilerfremd  ist,  oder  es  besteht  O  (n,  d)  aus  allen  den  q>  (df)  Summan- 
den f(n,  Je),  in  welchen  (n,  Je)  ~  d  ist.   Es  ist  also  speziell  für  d  =  1 


§  3.   Die  summatorischen  Funktionen.  251 

.    n 

0>  (n,  1)  =  2  9  (n>  *)  f(n>  &)  i   substituiert  man.  diesen  Wert  in  (1), 

und  führt  auf  der  rechten  Seite  die  summatorischen  Funktionen  F{n,  d) 
ein,  so  erhält  man  die  erste  Formel: 

(3)  9(n,l)=y;*d-F(n,d). 

d/n 

Bildet  man  aber  andererseits  die  über  alle  Teiler  von  n  erstreckte 
Summe 

2*(*>d)=22Kn>v 

d/n  d    {n?W-d 

und  beachtet,  dafs  jedes  der  n  Systeme  (n,  k)  einem  einzigen  Divisor 
von  n  äquivalent  ist,  so  wird  die  rechte  Seite  gleich  der  Summe  aller 
n  Elemente  f{ny  &),  oder  nach  (2)  gleich  F(n}  1).  So  erhält  man  als 
Auflösung  von  (3)  die  zweite  Formel: 

(3")  F(n,  l)-JJ0(n,d). 

d/n 

Die  Reciprocität  zwischen  den  beiden  Gleichungssystemen  (3)  und 
(3m)  wird  noch  auffallender,  wenn  man  statt  F(nf  d)  die  Funktion 
W(n,  d)  =  sd  F(n,  d)  einführt;  dann  gehen  nämlich  jene  Gleichungs- 
systeme einfach  über  in: 

(3b)  d/" 

d/n 

§4. 

Aus  den  Reciprocitätsgleichungen  (3b)  können  wir  jetzt  dadurch 
eine  grofse  Anzahl  von  interessanten  rein  arithmetischen  Resultaten 
ableiten,  dafs  wir  der  bisher  willkürlich  angenommenen  Funktion  f(n,  k) 
spezielle  Werte  beilegen. 

Es  sei  erstens  für  jedes  k  <  n 

n»,  *)-o, 

dagegen  sei  für  k  =  n 

f(n,  n)  =  1 . 

Dann  wird: 

d' 

tr(„,  d)  =edF(n,d)=  ed2f(n,  *<*)  =  *« 


'd 

*=1 


252  Einundzwanzigste  Vorlesung. 

sobald  d  ein  eigentlicher  Teiler  von  n  ist;  dagegen  ist 

&(n,  »)  — 1, 

da  nur  in  diesem  Falle  unter  den  Elementen  f(n7  Je)  von  0(n,  d)  das 
von  Null  verschiedene  f(n,  n)  enthalten  ist.  Ist  also  n>  1,  so  liefert 
die  erste  der  beiden  Gleichungen  (3b)  die  wichtige  Relation: 


2*-o 


(«>D 

d/n 

Die  Summe   aller  Koefficienten   sdf   erstreckt   über   alle  Teiler 
einer  beliebigen  Zahl  n  >  1,  ist  also  stets  gleich  NulL 

Auf  die  Bedeutung  dieser  Eigenschaft  der  Gröfsen  ed  für  die  ganze 
Arithmetik  soll  in  der  nächsten  Vorlesung  ausführlich  eingegangen 
werden. 

Es  sei  zweitens 

f(n,  ft)  -  V, 

wo  z  ein  vorlaufig  ganz  beliebiger  konstanter  Exponent  sein  soll; 
dann  ist 

(r,ii)-l 

wenn  r  alle  inkongruenten  Einheiten  modulo  n  durchläuft,  und: 

VI 

V(n,  «9  -  v  F(n,  d)  =  sä  £  (kd) ' 

d' 


i 

also  liefert  die  Gleichung  &(n,  1)  =^  ^(w,  d)  die  Relation: 

d' 


2' -2;* -2* 

d/n  1 


Diese  Gleichung  kann  benutzt  werden,  um  die  Potenzsummen  der  Ein- 
heiten modulo  n  zu  berechnen.  Setzen  wir  zunächst  z  =  0,  so  wird 
die  linke  Seite  gleich  der  Anzahl  qp(n)  aller  inkongruenten  Einheiten, 
und  man  erhält: 

9>  (»)  =  2  **  '  d ' =  n  2  T 

~~n     ~^J   d  ' 

d/n 

die  Summe  auf  der  rechten  Seite  giebt  uns  also  das  Verhältnis  an,  in 
dem  die  Anzahl  der  inkongruenten  Einheiten  modulo  n  zu  n  steht. 


§  4.   Anwendungen.  253 

Für  jgr  =  1  ergiebt  sich  die  Gleichung: 

1 
und  da  J|J5,$|  =  0,   t2sdd'=  <p(n)  ist,  so  folgt: 

2,r  =  {»9)(n), 

Da  <p  (n)  für  w  >  2  stets  eine  gerade  Zahl  ist,  so  ist  das  Verhältnis 

^—  =  yf(n)  der  Summe  aller  Einheiten  modulo  n  zu  n  immer  eine 
ganze  Zahl;  eine  Ausnahme  bildet  nur  der  Fall  n  =  2. 


Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

m 

Analytischer  Beweis  der  eindeutigen  Zerlegbarkeit  der  Zahlen  in  ihre  Primfaktoren. 
—  Die  Dirichletschen  Reihen.  —  Ihre  Konvergenz.  —  Eine  Funktion  kann  nur 
auf  eine  Art  durch  eine  Dirichletsche  Reihe  dargestellt  werden.  —  Anwendungen : 
Analytische  Begründung  arithmetischer  Sätze.  —  Bestimmung  der  Anzahl  und  der 
Summe  aller  Teiler  einer  Zahl.  —  Untersuchung  der  Funktion  qp(n).  —  Analyti- 
scher Beweis  des  Satzes,  dafs  die  Anzahl  aller  Primzahlen  unendlich  grofs  ist.  — 
Analytischer  Beweis   arithmetischer  Reciprocitätsgleichungen.    —    Anwendungen. 

Für  die  in  der  vorigen  Vorlesung  eingeführten  Gröfsen"  tlt  £t)  ea,  •  •  • 
hatten  wir  im  §  4  die  Fundamentalgleichung  gefunden 

« 

(i)  2'*-°> 

d/n 

wenn  diese  Summe  über  alle  Teiler  einer  beliebigen  Zahl  n  >  1  er- 
streckt wird.  Es  ist  nun  höchst  bemerkenswert,  dafs  diese  Fundamental- 
eigenschaft der  Gröfsen  em  vollständig  äquivalent  mit  dem  Hauptsatze 
ist,  dafs  jede  Zahl  auf  eine  einzige  Art  in  ein  Produkt  von  Primzahlen 
zerlegt  werden  kann.  Den  strengen  Beweis  dieser  Thatsache  werden 
wir  dadurch  erbringen,  dafs  wir  die  Zahlen  £m  in  anderer  Weise,  näm- 
lich als  die  Koefficienten  einer  unendlichen  Reihe  definieren,  und  dann 
diese  Reihe  weiter  untersuchen;  durch  diese  veränderte  Auffassung  wer- 
den wir  von  selbst  auf  den  eigentlichen  Inhalt  dieses  ganzen  Abschnittes, 
nämlich  zu  den  Anwendungen  der  Analysis  auf  arithmetische  Probleme 
hingeführt,  durch  deren  Einführung  Dirichlet  die  Gauss'sche  Arithmetik 
in  so  umfassender  Weise  erweitert  hat. 

Denken  wir  uns  das  auf  alle  Primzahlen  p  ausgedehnte  Produkt 

11(1 -J  ausmultipliziert,  so  ergiebt  sich  die  folgende  Gleichung: 

in  welcher  die  Summen  rechts  bezw.  auf  alle  Primzahlen  p,  auf  alle 
Produkte  von  je  zwei,  drei,  •  •  •  verschiedenen  Primzahlen  auszudehnen 
sind.  Nach  der  in  der  vorigen  Vorlesung  gegebenen  Definition  der 
Gröfsen  sn  kann  aber  die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  in  der  Form 


§  1.   Die  Dirichletachen  Reihen.  255 


OD 

^  — "    geschrieben  werden;  man  gelangt  also  zu  der  Gleichung: 


S  « 


»=i 


welche  gilt,  mag  die  Anzahl  aller  Primzahlen  endlich,  oder  mag  sie, 
wie  dies  thatsächlich  der  Fall  ist,  unendlich  grofs  sein.  Bei  dieser 
letzteren  Annahme  gilt  diese  Gleichung  aber  nur  für  solche  Werthe 
von  z,  für  welche  sowohl  das  unendliche  Produkt  links,  als  auch 
die  unendliche  Reihe  rechts  unbedingt  konvergiert.  Wir  nehmen 
vorläufig  als  bewiesen  an,  dafs  man  z  stets  so  wählen  kann,  dafs  nicht 
nur  die  beiden  Seiten  dieser  Gleichung,  sondern  überhaupt  alle  hier 
auftretenden  Reihen  und  Produkte  unbedingt  convergieren;  wir  werden 
die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  im  nächsten  Paragraphen  in  einem 
viel  allgemeineren  Umfange  darthun,  indem  wir  in  eine  genauere  Unter- 
suchung der  s.  g.  Dirichletschen  Reihen,  nämlich  der  Reihen  von  der 


OD 


Form  ^j  ~  eintreten,  und  zeigen,  für  welche  Werte  von  e  sie  un- 


1         n 


bedingt  konvergieren.    Hierbei  wird  sich  femer  das  wichtige  Resultat 


ergeben,  dafs  zwei  solche  Reihen  /.  —  und  ^  —  nur  dann  für  alle 

Werte  von  z  einander  gleich  sein  können,  wenn  sie  identisch  sind,  wenn 
also  allgemein  c.  =  c!  ist;  wir  verweisen  an  dieser  Stelle  vorläufig 
auf  jene  Beweise,  um  hier  den  Gedankengang  nicht  zu  unterbrechen. 

Nehmen  wir  also  auch  diesen  Satz  bereits  als  bewiesen  an,  so 
liefert  uns  die  Gleichung  (2*)  jetzt  eine  neue  analytische  Definition 
der  Gröfsen  £m;  denn  multipliziert  man  das  Produkt  links  aus,  und 
vergleicht  dann  die  beiden  Reihen  Glied  für  Glied  mit  einander,  so 
erhält  man  ja  genau  die  auf  S.  250  angegebenen  Werte  für  die  Zahlen 
el9  *8,  £8,  •••-  Wir  wollen  jetzt  von  dieser  Definition  der  Zahlen  em 
ausgehen  und  zeigen,  wie  sich  allein  aus  dem  Bestehen  der  Glei- 
chungen (1)  die  eindeutige  Zerlegbarkeit  jeder  Zahl  in  Primfaktoren 
erschließen  läfst. 

Zu  diesem  Zwecke  formen  wir  die  unendliche  Reihe: 


OD  OD 


1=1    m 


Ä  (« •  *0* 


auf  zwei   verschiedene  Arten  um,  aus  deren  Vergleichung  sich  jener 
Satz  unmittelbar  ergiebt.     Einmal  folgt  aus  (2a)  die  Gleichung: 


256  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 


DI  P  *  M 


Setzt  man  aber  andererseits  Im  =  n,  summiert  dann  in  8  zuerst  über 
alle  Werte  von  n«l,  2,  ■  •  •  und  dann  für  jedes  n  über  alle  Teiler  l 
von  n7  so  ergiebt  sich  für  8  der  einfache  Wert: 


iA  W    n  «=1      n 


da  wegen   der  Fundamentaleigenschaft  (1)   alle   im  Zahler   stehenden 

Summen  ^  s.   mit  einziger  Ausnahme  derjenigen  für  n  =  1  Null  sind. 

,/n 
Es  ergiebt  sich  so  die  merkwürdige  Gleichung: 


m-$-2±-*. 


und  aus  ihr  folgt  die  weitere: 

m       m  p       1  —  — 

Da  nun  ferner  für  jeden  einzelnen  Faktor  des  rechts  stehenden  Pro- 
duktes: 


OD 


1_±~1+P'+P"+""        4f 

ist,  vorausgesetzt,  dafs  e  so  gewählt  ist,  dafs  —  <  1   ist,  so   ergiebt 
sich  die  Gleichung: 


2 

m 


m'        \2  p*>)  (2  #')  \2  £>)  '" 


wenn  p,  pl7  p39  •  •  •  die  Primzahlen  in  ihrer  natürlichen  Reihenfolge 
bedeuten,  d.  h.  es  ist: 

m  ptk 

wo  die  Summe  links  auf  alle  Zahlen  m,  die  rechts  auf  alle  Primzahlen 
P>  Piy  "  '  un<^  B^e  Exponenten  Je,  kl}  •  •  •  zu  beziehen  ist.  Nach  dem 
oben  erwähnten  Hülfssatze  kann  nun  diese  Gleichung  nur  dann  be- 
stehen, wenn  jedes  Glied  —  auf  beiden  Seiten  denselben  Koefficienten 


§  2.   Die  Konvergenz  der  Dirichletschen  Reihen.  257 

besitzt;  dieser  Koefficient  ist  aber  links  gleich  Eins,  rechts  gleich  der 
Anzahl  der  Darstellungen  von  m  in  der  Form  p  p^  •  •  •,  und  damit  ist 
bewiesen,  dafs  jene  Anzahl  stets  gleich  Eins  ist  und  zwar  allein  unter 

Benutzung  der  Gleichungen  ^  Bd  =  0. 

d/n 

Diese  wichtige  Thatsache  ist  schon  von  Euler  klar  erkannt,  aber 
in  wenig  geschickter  Weise  bewiesen  worden.  Die  hier  gegebene  Her- 
leitung verdanken  wir  Dirichlet. 


§2. 

Wir  wollen  jetzt  nachtraglich  zeigen,  dafs  eine  Reihe    ^  —  für 

geeignet  gewählte  Werte  von  z  stets  unbedingt  konvergent  ist,  sobald 
nur  ihre  Koefficienten  c  sämtlich  unterhalb  einer  endlichen  Grenze 
liegen;  es  gilt  nämlich  der  wichtige  Satz: 

Eine  Reihe    ^  —  konvergiert  unbedingt  für  alle  Werte  von  z, 

welche  grofser  als  Eins  sind. 

In  der  That,  liegen  alle  Koefficienten  cn  absolut  genommen  unterhalb 
einer  endlichen  Gröfse  C,  ist  also  allgemein: 

kl<c, 

so  ist: 


1 

00 


ä2^<°-27- 


und  da  die  Reihe  ^  ~   nach  dem  auf  S.  139  gegebenen  Beweise  fiir 

i 
jeden  Wert  von  z  >  1  konvergiert,  so  konvergiert  auch  die  vorgelegte 

Reihe  unbedingt,  also  unabhängig  von  der  Reihenfolge  ihrer  Glieder 

in  demselben  Bereiche  für  z. 

Wir  wollen  hier  noch  einen  zweiten  Beweis  für  die  Konvergenz 

00 

1 

der  Reihe^  ~  für  z  >  1   geben,  welcher  nicht  wie  der  früher  ge- 
i 

gebene  rein  arithmetisch  ist,  sondern  sich  auf  die  Elemente  der  Inte- 
gralrechnung stützt,  und  der  aufserdem  unsere  Reihe  von  vorn  herein 
zwischen  zwei  Grenzen  einschliefst. 

Wir  gelangen  zu  diesem  für  das  Weitere  besonders  wichtigen  Re- 
sultate durch  die  folgenden  einfachen  Überlegungen:  Es  sei  f(x)  eine 
Funktion  von  x}  welche  in  einem  Intervalle  J=(A-  •  •  B)  stetig  ist. 
Sind  dann  m  und  m  +  1   zwei  auf  einander  folgende  ganze  Zahlen, 

Kronecker,  Zahlentheorie.  L  17 


258  Zweiundzwanzig8te  Vorlesung. 

welche  in  jenem  Intervalle  liegen,  so  ist  bekanntlich  nach  dem  ersten 
Mittelwertsatze : 

m-fl 
if{x)  dx  =  /XU)  (m<£<m+l)  , 


m 


wo  |  einen  Mittelwert  zwischen  m  und  m  -f-  1  bedeutet.  Wir  machen 
jetzt  über  die  Funktion  f(x)  die  weitere  Voraussetzung,  dafs  sie  in 
dem  ganzen  Intervalle  J  mit  wachsendem  Argumente  abnimmt.  Dann 
ist  stets  f{rri)  >  f(fc)  >  f{wi  -\-  1),  und  die  obige  Gleichung  liefert  die 
Ungleichung: 

ro+l 


f(m)  >ff(x)  dx  >  f(m  +  1). 


m 


Es  seien  jetzt  a  und  b  zwei  ganze  Zahlen  des  Intervalles  J  und  a<6. 
Summieren  wir  dann  diese  Ungleichung  von  a  bis  &  —  1,  so  ergiebt 
sich: 

6—1  6  —  1        !?  +  1  6  —  1 


v /•(»»)  >2  //"(*)«»*  ^/o»  + 1), 


a  a 


m 


und  hieraus  folgt  nach  einer  leichten  Umformung: 

6  b  6 


a 

oder  es  ist: 


*  6  * 

(1)  f(a)  +ff(x)  dx  >2Jf(m)  >  f(b)  +ff(x)  dx . 

a  a  a 

Diese  wichtige  und  sehr  allgemeine  Gleichung  kann  auch  in  der  fol- 
genden einfacheren  Form  geschrieben  werden: 

(1*)  2lf(m)=  /"(!)  +  /  m  dx  *<«<•», 

a  a 

wo  wiederum  £  einen  nicht  näher  bestimmten  Mittelwert  zwischen 
a  und  b  bedeutet;  da  nämlich  f(x)  in  jenem  Intervalle  stetig  ist,  also 
alle  Werte  zwischen  f(a)  und  f(b)  durchläuft,  so  giebt  es  sicher  einen 

Wert  von  g,  für  welchen  /*(£)  -f-  /  f{%)  dx  gleich  ^  f(m)  wird.  Wählen 

a  a 

wir    speziell    f(x)  =  — ,    so    wird  /  f(x)  dx  =  /  -%  = ^^ ; 


§  2.   Die  Konvergenz  der  Dirichletschen  Reihen.  259 

b 

für  z  >  1  ist  also   I  —  = ( JZT )  5  e8  ergiebt  s*ch  dem- 

nach  aus  (1*)        a 

Ist  nun  z>l,  so  lehrt  diese  Gleichung,  dafs  für  einen  genügend 
grofsen  Wert  von  a  die  rechte,  also  auch  die  linke  Seite  dieser  Glei- 
chung beliebig  klein  gemacht  werden  kann,  da  die  drei  Glieder  derselben 
mit  wachsendem  a  und  b  unter  jede   Grenze  herabsinken.     Also  kon- 


00 


vergiert  unsere  Reihe  ^>*  —  unbedingt,  da  man  o  stets  so  grofs  wählen 

1 

kann,  dafs  die  Summe   ^^—  von  beliebig  vielen  Gliedern 


^J 


m 


a 


a'     '    (a  +  1)9    r         ^    b* 

beliebig  klein  gemacht  werden  kann. 

Setzt   man  ferner  in  der  Ungleichung  (1)   ebenfalls  f(x)  =  — , 

x* 

aber  o  =  1 ,  b  =  co  und  beachtet,  dafs  f(po)  =  0  ist,  so  ergiebt  sich 
für  unsere  ganze  Reihe  die  Ungleichung: 

<2>  l+.4r>2^>jrT- 

1 

durch   welche   ihr  Wert   für  jedes  z  bis  auf  eine  Einheit  genau  be- 
stimmt wird. 

Endlich  werde  noch  bemerkt,  dafs  die  Summe  unserer  Reihe  unter 
Benutzung  der  Elemente  der  Analysis  leicht  gefunden  werden  kann, 
sobald  z  irgend  eine  gerade  Zahl  ist*).     So  ist  z.  B.: 

±  +  ±  +  ±  +  ...  =  ^L 

— -    .^_        ■      -  I  ■  I  •     •     •     =     — 

l6  26  36  946 ' 


*)  Vgl.  z.  6.  Schlömilch,   Compendinm    der    höheren  Analysis.    Y.  Auflage. 
Bd.  L     S.  243. 

17* 


260  Zweiondzwanzig8te  Vorlesung. 

Wir  zeigen  jetzt,  dafs  auch  das  unendliche  Produkt  / /( 1 ;) 

für  z  >  1  unbedingt  konvergiert;  wir  brauchen  dazu  nur  nachzuweisen, 
dafs  der  Logarithmus  desselben  innerhalb  dieses  Bereiches  eine  konver- 
gente Reihe  ist.     Nun  ist 

-•i7(i-3--^-ä-2e+£+£+--> 

Bedeutet  aber  x  irgend  einen  positiven  echten  Bruch,  so  ist: 

(3)       ?  +  ?  +  •••  <T<1  +  *  +  *,+"-)-irrbi 

wählt   man   ferner  x  <  — ,  so  ist  offenbar: 
(3Ä)  — — i —  <  — - 

^     '  3      1  —  x^  2 

1  3 

Da  nun  für  jede  Primzahl  p  =  2,  3,  •  •  •    —  <  —  ist,    sobald  z  >  1  an- 

p*       ö 

genommen  wird,  so  können  in  jeder  der  Klammern  rechts  die  Umfor- 
mungen (3)  und  (3Ä)  vorgenommen  werden,  und  es  ist  also 

->n(1-?)-2ü+6--+-)<27+27-- 


P 

CD 


und  da  offenbar    yT"^<2?"^<2^  ist;  Und  2  ~*  ftr  *  >  * 

P    p  P    p  i  i 

konvergiert,    so    gilt   dasselbe    auch   von   dem   unendlichen    Produkte 

jTZ(1_7');  wzb-  w- 

§3. 

Die  hier  betrachteten  Reihen 

^.4-^.4.-^.-1 

l*  ^  2*  ^  3*  ^ 

konvergieren    innerhalb    des    ganzen    Bereiches    z  >  1    unbedingt;     sie 
haben  aber   aufserdem   die  Eigenschaft,  dafs   nicht   nur   die   einzelnen 

Multiplikatoren  —  mit  wachsendem   z  unbegrenzt  abnehmen,    sondern 

n* 

dafs  auch  der  Quotient: 

zweier  auf  einander  folgenden  Multiplikatoren  durch  Vergröfserung  von 
z  beliebig  klein  gemacht  werden  kann. 


§  3.   Die  Dirichletschen  Reihen.  261 

Diese  Thatsache   wollen  wir  jetzt   zu   dem   Nachweise  benutzen, 

c  c 

dafs  eine  jede  Reihe  -r  -( ^-^ — |-  •  •  •    für  ein  genügend  grofses  z 

r'        (r  + 1)* 

das  Vorzeichen   ihres   Anfangsgliedes   besitzt,   weil   dann   die   Summe 
aller  folgenden  Glieder  absolut  genommen  kleiner  als  jenes  erste  nicht 


Cr 


verschwindende  Glied  —  wird.     Hieraus  folgt  dann  ohne  weiteres  der 

r* 

schon  vorher  angekündigte  Beweis  des  Satzes,  dafs  eine  Funktion  f(z)y 

wenn  überhaupt,  nur  auf  eine  einzige  Art  in  eine  Reihe  ^\-~ 
entwickelt  werden  kann;  denn  wären 

zwei  verschiedene  derartige  Entwickelungen  einer  und  derselben  Funktion, 
so  wäre  ja  ihre  Differenz: 

m  V  C"  ~  C"  —  Cr~Cr'  4-  e'+i~c'+i  _l 

(1)  2j-^--— ?-+   (r+1).    +••• 

identisch  Null,  ohne  dafs  alle  ihre  Koefficienten  cn  —  cn'  verschwinden, 
und  dies  ist  unmöglich,  da  für  ein  genügend  grofses  z  jene  Reihe  (1) 
das  Vorzeichen  ihres  ersten  von  Null  verschiedenen  Koefficienten  cr  —  cr' 
erhalten  müfste. 

Wir  wollen  den  angegebenen  Satz  gleich  für  eine  viel  allgemeinere 
Klasse  von  Reihen  beweisen,  unter  denen  z.  B.  auch  die  gewöhn- 
lichen Potenzreihen  enthalten  sind.     Es  sei: 

*•(*)  =  «Wo«  +  *xfM  +  «i/i(«)  +  •  •  • 

eine  Reihe,  in  welcher  die  Koefficienten  c0,  c17  ...  reelle  Konstanten, 
die  Multiplikatoren  f0(z),  ft{z)9  ■  •  •  reelle  Funktionen  von  z  sind,  und 
welche  die  folgenden  Eigenschaften  besitzen  soll: 

1)  Sie  konvergiert  unbedingt  innerhalb  eines  Bereiches  z  >  a  der 
Variabein  z. 

2)  Alle  Multiplikatoren  f0(z),  f1(z))  f%(z),  •••  besitzen  innerhalb 
dieses  Bereiches  positive  Werte. 

3)  Der  Quotient   f  n    .  >   zweier  auf  einander  folgenden  Multipli- 
katoren wird  mit  wachsendem  z  unendlich  klein. 

4)  Der  Anfangskoefficient  c0  ist  von  Null  verschieden;    er  werde 
als  positiv  angenommen. 

Besitzt  die  Reihe  F(z)  diese  vier  Eigenschaften,  so  beweisen  wir, 
dafs  sie  niemals  identisch  Null  sein  kann,  dals  sie  vielmehr  für  ein 


262  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

genügend  grofses  z  das  Vorzeichen  des  Anfangsgliedes  c0f0(z)  erhält, 

also  positiv  ist.    Da  der  Reihe  ^  -y    diese    vier   Eigenschaften    zu- 

kommen,  so  gilt  der  folgende  Beweis  also  auch  für  diese. 
Zum  Beweise  schreiben  wir  unsere  Reihe  in  der  Form: 

(2)  F(m)  =  c0f0(z)  +  FM 

WO 

OD 

(2*)  FlW-S'.M 

1 
ist,  und  zeigen,  dafs  für  ein  genügend  grofses  z   \  Fx  (z)  |  <  —  c0  f0(z) 

gemacht  werden  kann,  dafs  also  Fx(z)  =  —  c0f0(z)€0  wird,  wo  e0  einen 

positiven  oder  negativen  echten  Bruch  bedeutet;   dann  ist  aber  unsere 
Behauptung  bewiesen,  denn  für  einen  solchen  Wert  von  &  wird 

d.  h.  F(z)  ist  sicher  positiv,   weil  alle  drei   Faktoren  nach  der  Vor- 
aussetzung gröfser  als  Null  sind. 

Dafs  aber  z  stets  der  eben  aufgestellten  Bedingung  gemäfs  gewählt 
werden  kann,  zeigen  wir  so:  Ist  £  ein  beliebiger  Wert  von  z  inner- 
halb des  Konvergenzbereiches  unserer  Reihe,  so  ist: 


(3)     |*i(*)|- 


2V.('> 


OD 


y 

T 
Nun  kann  man  zunächst  z  stets  so  grofs  wählen,  dafs: 


/".W 


£2wM-2w-m'f-®- 


oder,  was  dasselbe  ist,  dafs: 


fnW  fn® 


flto     ^    /i(f) 

wird;  da  nämlich: 

lim  -rrr  =  lim  l  ■> —  /~n  *  -* t\ tj-t  )  =  U 

/i+iW 
ist,  weil  auf  der  rechten  Seite  jeder  der  n  —  1  Faktoren      T, .      für 

sich  n.  d.  V.  diesen  Grenzwert  besitzt,  so  kann  z  stets  so  grofs  ge- 
wählt werden,  dafs  für  jedes  n  die  Ungleichung  (4)  erfüllt  ist.  Für 
einen  solchen  Wert,  von  z  geht  aber  die  Ungleichung  (3)  über  in: 


§  3.    Die  Dirichletschen  Reihen.  263 

(5)  W')\<fi$-$\\\r.&-$*, 

OD 

wo  st  die  Summe  der  n.  d.  V.  konvergenten  Reihe    ^  \cn\f* (Ö   ^e" 

i 

deutet.  Jetzt  kann  man  endlich  z  noch  so  grofs  annehmen,  dafs  wirk- 
lich |  F1(z)  |  <  y  cofo(ßÖ  wird,  denn  wegen  (5)  ist  ja  diese  Bedingung 
sicher  erfüllt,  wenn: 

(6)  7JäSl<  2-co/ö(*)> 

oder,  was  dasselbe  ist,  wenn: 

f0(z)  <   2   C<>     8± 

ist,  und  da  n.  d.  V.  lim  -^yr  =  0  wird,  so  kann  in  der  That  z  so 
grofs  gewählt  werden,  dafs  die  Ungleichung  (6)  erfüllt,  dafs  also  F(z) 
in  der  Form  c0f0(z)  (1  +  -5-  £0J  darstellbar   ist,   und   damit   ist   dieser 

wichtige  Satz  in  seinem  vollen  Umfange  bewiesen. 

Die    Bedingungen    (1) — (4)    sind    nicht    nur    für    unsere   Reihen 

2«,  sondern  auch  allgemeiner  für  alle  Reihen: 


Cn 


2j  ,voo 

erfüllt,   wenn   #(n)   eine   mit  n  zugleich   wachsende   Gröfse   ist   und 
ebenso  auch  für  alle  Reihen  von  der  Form: 


2cne 


_ — HS 


Setzt    man    in    dieser  letzten   Reihe  er*  =  x,    so   geht   sie   über   in 

OD 

St  cnx%]  unser  Beweis  lehrt  also  auch,   dafs  eine  Funktion  von  xf 
0 

wenn  überhaupt,  nur  auf  eine  Weise  als  Potenzreihe  ^cnxn   dargestellt 
werden  kann. 

§4. 

Wir  wollen  den  soeben  bewiesenen  Satz  zunächst  zur  analytischen 
Begründung  einiger  arithmetischer  Resultate  benutzen,  welche  wir  früher 
auf  ganz  anderem  Wege  bewiesen  hatten. 


264  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

Es  sei  G(n)  irgend  eine  zahlentheoretische  Punktion  von  n  von 
der  Beschaffenheit,  dafs  für  alle  ganzen  Zahlen 

G(m.n)  =  G(m)G(n) 
ist;  dann  mufs  zunächst  G(l)  =  1  sein,  da  ja  für  jedes  ganzzahlige  r 

G(l)  =  6?(lr)  =  (ö(D)r 

ist,  und  dies  dann  und  nur  dann  der  Fall  sein  kann,  wenn  G(l) 
gleich  1  oder  gleich  0  ist;  bei  der  zweiten  Annahme  wäre  aber  jedes 
G(n)  =  G(n)  •  G(l)  =  0;  sehen  wir  also  von  diesem  trivialen  Falle 
ab,  so  ist  stets  G(l)  =  1. 

Ist  G(n)  irgend  eine  solche  Funktion  und  bedeuten  pl}  p2, 
alle  Primzahlen  in  ihrer  natürlichen  Reihenfolge,  so  ist: 


OD 


2  öc») = 2°^^  ■••)=2  G^kl  ■  2  G(p*f  •  • 

i  i 

—  1  -  G(Pl)  *  1-G(pt) 
Es  ist  also  stets: 


OD 


G(P) 


ei)  2g^-Ut^i 

i  p 

falls  G(n)  so  gewählt  ist,  dafs  die  hier  auftretenden  Reihen  und  Pro- 
dukte unbedingt  konvergieren;  da  aber  andererseits: 

J7(!  -  G  <p» = 2 « - G  o) 

p  m 

ist,  so  folgt  aus  (1)  die  zweite  Fundamentalgleichung 


qo  oo 


(i*)  2j«ffw-26w-1 

i  i 

Aus  der  ersten  Gleichung  ergiebt  sich  speziell  für  G(n)  =  —  die  schon 
früher  gefundene  für  z  >  1  gültige  Gleichung: 


1  f>       1  — 


1 
P 


die  zweite  sagt  nur  aus,  dafs  ^^  ed  =  0  ist. 

d/n 

Erheben  wir  die  Gleichung  (lb)  zum  Quadrat,  so  wird  ihre  linke 
Seite: 


§  4.   Anwendungen:  Die  Anzahl  der  Divisoren.  265 


wenn  man  unter  4>(k)  die  Anzahl  der  Fälle  verstellt,  wo  zwei  Zahlen 
r  und  s  existieren,  für  welche  rs  =  k  ist,  wenn  man  also  mit  anderen 
Worten  unter  if>(k)  die  Anzahl  der  Divisoren  von  k  versteht.     Setzen 

wir  rechts  für  den  Augenblick  —  =  x  und  beachten,  dafs  für  |  x  |  <  1 
ist,  so  kann  das  Quadrat  der  rechten  Seite  von  (1°)  so  geschrieben  werden : 

und  aus  der  Koefficientenvergleichung  auf  beiden  Seiten  der  Gleichung: 

yi?W_  yt(fti  +  i)fo  +  i)--- 

ergiebt  sich  der  schon  früher  (S.  80)  bewiesene  Satz: 

Die  Anzahl  der  Divisoren  einer  Zahl  k  =  pilpi  •  •  •  ist 

Ganz  ähnlich  können  wir  die  Summe  aller  Divisoren  einer  Zahl 
berechnen:  Setzen  wir  in  der  Grundgleichung  (1)  6r(n)  einmal  gleich 
»a_1,  das  anderemal  gleich  n*  und  multiplizieren  die  beiden  so  sich 
ergebenden   Gleichungen  mit  einander,  so  folgt: 

Für  die  linke  Seite  kann  man  aber  schreiben: 

•  yd 

(2.}  yj^^ytr 

wo  mn  =  &  imd  d  an  die  Stelle  von  m  gesetzt  ist,  und  wo  ^  d  über 
alle  Teiler  von  k  zu  erstrecken  ist.  */* 

Setzt  man  ferner  in  der  für  |  x  |  <  1  gültigen  Gleichung: 


OD 


1 L_  (-P L_\ L_  y(«v+l  -  1U' 

(1_  x)(l  —  px)        p-i\i—px        1-x)        p-l^jW  v>x 

x=    ,_!;'  so  erhält  man  für  die  rechte  Seite  von  (2)  den  Ausdruck; 


266  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 


M  ^2 


(2b)  JI 


_  *v  Pl  — 1       ft  — * 


0-f0(-7)       <'■'■  •)' 


und  durch  Koefficientenvergleichung  der  beiden  Reihen  (2*)  und  (2b) 
erhält  man  den  ebenfalls  bereits  früher  (S.  81)  gefundenen  Ausdruck 

7   et  =  •     '  •  •  • 

4i        Pi"1     p»-1 


für  die  Summe  aller  Divisoren  einer  Zahl  n  =  pfpf 

Natürlich  könnten  wir  ebenso  einen  Ausdruck  für  die  r160  Po- 
tenzsummen aller  Divisoren  einer  Zahl  k  herleiten,  wenn  r  eine  be- 
liebige  ganze  Zahl  ist.  Es  ist  dies  die  reine  Maschinenarbeit,  auf  der 
einen  Seite  thun  wir  das  Material  hinein,  auf  der  anderen  kommt  das 
fertige  Resultat  heraus. 

Als  dritte  Anwendung  wollen  wir  für  die  durch  das  Produkt 

(3)  <p(n)  =  nfJ(l-±) 

p/n 

für  jeden  Wert  von   n    definierte   arithmetische  Funktion   qp(n)  noch 
einmal  die  Fundamentalgleichung: 

(4)  2V<o=* 

d/k 
direkt  herleiten,  ohne  die  Thatsache  zu  benutzen,  dafs  sie  die  Anzahl 
der  inkongruenten  Einheiten  modulo  n  angiebt. 

Aus  der  Definitionsgleichung  (3)  ergeben  sich'  ohne  weiteres  die 
für  ein  positives  z  gültigen  Umformungen: 


p/n    \  Pf 


=n\i+(i-j)(?+p--+-)} 


p  " 

P' 

wenn  man   in  der  zweiten   Summe  n*  in  seine  Primfaktoren  zerlegt. 
Multipliziert  man  also  diese  Gleichung  mit 

so  ergiebt  sich  die  einfache  Gleichung: 


§  4.    Anwendungen:  Die  Funktion  y{n).  267 

~ä  k 

P 

Diese  Gleichung  kann  aber  nach  einer  leichten  Umformung  folgender- 
mafsen  geschrieben  werden  : 

x      '  k  l 

und  aus  ihr   ergiebt  sich   durch  Koefficientenvergleichung  unmittelbar 
die  Richtigkeit  der  Relation  (4). 

Wir  wollen  endlich   unsere  allgemeine  Formel  anwenden,  um  den 
folgenden  weniger  bekannten  Lehrsatz  zu  beweisen: 

Die  Anzahl  il>(k)  der  Divisoren  einer  beliebigen  Zahl  Je  ist  durch 
die  Formel  gegeben: 

n 

wo    allgemein    ^(m)   die   Anzahl    der    in   m   enthaltenen   ver- 
schiedenen Primfaktoren  bedeutet  und  die  Summation  sich  auf 
alle  Zahlen  n  erstreckt,  deren  Quadrat  in  k  enthalten  ist. 
Nach  der  vorher  gefundenen  Gleichung  (lc)  ist: 

-nrLrJT(1+2i?^)' 

P 
diese  letzte  Umformung  folgt  sofort  aus  der  bekannten  Gleichung: 

i±^f  =  1  +  2x  +  2s8  +  2  a*  H 

1  — X  l  .     I  l  I 


für  x  =  —  -     Nun  ist  aber   /  1 —  =  ^5*-r- 

p'  Vi -       ^  n 


P 


und 


wenn,   wie   oben,   xs(m)   die   Anzahl   der   verschiedenen  Primfaktoren 
von  m  bedeutet.     Setzt  man  diese  Werte  ein,  so  folgt: 


268  Zweiundzwanzigate  Vorlesung. 


*T     k  *?  n       *-*      m  ~  (mn2) 

d.  h.  es  ist: 

wo  zu  summieren  ist  über  alle  Zahlen  tn7  für  die 

k 

fnn  =  & ,     m  =  — • 
'  n1 

ist,  d.  h.  es  ist: 


*<k)-22*    , 


wo  sich  die  Summe  auf  alle  n  erstreckt,  deren  Quadrat  in  k  enthalten 
ist,  w.  z.  b.  w. 

Enthält  z.  B.  k  nur  ungleiche  Primfaktoren,  so  ist  für  n  nur  der 
Wert  1  zu  wählen,  d.  h.  es  ist: 

*(*)  =  2Ö<*>, 

wenn    cf(k)  =  r   die   Anzahl   der   Primfaktoren  von   k  bedeutet,   und 
diftser  Wert  stimmt  mit  dem  aus  der  früheren  Formel: 

*(*)  =  (h  +  i)  (h  +  i)  •  •  •  (*r  + 1) 

für  kx  =  k%  =  •  •  •  =  kr  =  1  sich  ergebenden  ip(k)  =  2r  offenbar  überein. 
Es  sei  zweitens  k^p^qpr*,  also  nach  der  früheren  Formel: 

$(k)  =  3  •  4  •  5  =  60. 

In  diesem  Falle  sind  also  die  folgenden  Quadrate  w2  in  k  enthalten: 

na      =  1,  p*}  q27  r2,  f4,  p*q*9p*r*}  p*r*,  g2r2,  q*r*7  p*q*r*9  p2g2r* 

und  er  ist  daher  resp. 

*(£)-»,  2,  3,  3,2,     2,     2,      1,      3,     2,        2,        1; 

mithin  kommt  unter  den  Werten  von,  TB  i—A  zweimal  1,  sechsmal  2, 
viermal  3  vor,  also  ist: 

1>(k)  =  2  •  21  +  6  •  2»  +  4  •  2S  =  60. 

§5. 

Als  eine  weitere  Anwendung  unserer  Untersuchungen  wollen  wir 
einen  rein  analytischen  Beweis  dafür  geben,  dafs  die  Anzahl  der 
Primzahlen  unendlich  grofs  ist.     Bei  der  Ableitung  der  Gleichung: 


§  5.   Die  Anzahl  der  Primzahlen  ist  unendlich  grofs.  269 

<•>  2h-nrr 

ist  garnicht  von  der  Thatsache  Gebrauch  gemacht  worden,  dafs  un- 
endlich viele  Primzahlen  existieren,  dafs  also  das  rechts  stehende  Pro- 
dukt  unendlich  viele  Faktoren  enthält;  wir  wollen  jetzt  diese  Gleichung 
gerade  zu  jenem  Nachweise  benutzen.  Wäre  die  Faktorenanzahl  in 
jenem  Produkte  endlich,  so  könnten  wir  bewirken,  dafs  nach  Abson- 
derung einer  endlichen  Anzahl  von  Faktoren  das  übrig  bleibende  Pro- 
dukt genau  gleich  Eins  wird.  Demnach  spitzt  sich  der  Beweis  für 
die  Unendlichkeit  der  Primzahlenanzahl  auf  den  Nachweis  zu,  dafs 
nach  Absonderung  einer  beliebigen  Anzahl  von  Faktoren  unseres 
Produktes  das  Produkt  der  übrigen  Faktoren  stets  noch  gröfser  als 
Eins  ist. 

Es  sei  nun  m  eine  beliebig  angenommene  Zahl;  wir  zerlegen  dann 
unser  Produkt  für  ein  beliebiges  z>  1  folgendermafsen  in  zwei  Theile: 

nrr-IJr^  n^-2^ 

P  x  p£™  m      P>m   x  -  II 

p  p  p 

und  da  die  rechte  Seite  nach  §  2  Nr.  2  gröfser  ist  als  __  ,  so  erhalten 
wir  folgende  Ungleichung: 

n-±r> — 1—r-> — r-> 

p  p£m  i P^™\ _ 

P*  ? 

denn  das  in  der  Mitte  stehende  endliche  Produkt  wird  sicher  ver- 
gröfsert,  wenn  alle  Exponenten  z  durch  den  kleineren  Exponenten  1 
ersetzt  werden.  Wählen  wir  nun  den  bis  jetzt  noch  ganz  beliebigen 
Exponenten  z  so,  dafs 

ist,  so  geht  unsere  Ungleichung  in  die  einfachere  über: 


J7rLT>1- 

p>m    *■  . 


bei  der  m  ganz  beliebig  gewählt  werden  konnte.     Wie  grofs  wir  also 

m  auch  annehmen  mögen,  immer  wird  das  Produkt  aller  Faktoren -, 

l 

P 
für  die  p  >  m  ist,  gröfser  sein  als  Eins;  läge   aber  oberhalb  m  keine 


270  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

Primzahl  mehr,  so  könnte  jenes  Produkt  sicher  nicht  gröfser  als  Eins, 
sondern  es  müfste  notwendig  gleich  Eins  sein,  und  damit  ist  unsere 
Behauptung  bewiesen. 

Dieser  Beweis  ist  von  Euler  in  der  Introductio  und  zwar  im 
15.  Kapitel  des  ersten  Bandes  gegeben  worden,  aber  in  der  mehr 
naiven  Weise  Eiders  ohne  eine  strenge  Konvergenzbetrachtung;  er  "geht 
in  der  Gleichung  (1)  direkt  zu  der  Grenze  für  z  =  1  über,  und  folgert 
aus  dem  Unstande,  dafs  dann  die  linke  Seite  unendlich  wird,  dafs 
dasselbe  auch  für  die  rechte  der  Fall  sein  mufs,  was  nicht  der  Fall 
sein  könnte,  wenn  jenes  Produkt  nur  eine  endliche  Anzahl  von  Faktoren 
besäfse.  Jene  Gleichung  gilt  aber  nur  für  z  >  1 ,  für  z  =  1  hat  sie 
gar  keinen  Sinn.  Es  war  eben  auch  hier  die  Hand  eines  Schleifers 
notwendig,  um  den  Glanz  der  Edelsteine  Eulers  voll  herauszuarbeiten. 

Auch  diesem  Beweise  kann  man  ebenso  wie  dem  Euklidischen 
eine  solche  Form  geben,  dafs  sich  aus  ihm  ein  Intervall  (m  -  -  •  ri)  er- 
giebt,  innerhalb  dessen  sicher  eine  neue  Primzahl  p>  m  sich  befindet, 
wie  grofs  m  auch  angenommen  worden  ist;  erst  dann  ist  ja  auch  der 
letzten  und  höchsten  Anforderung  genügt,  die  man  an  einen  strengen 
mathematischen  Beweis  zu  stellen  hat. 

Es  sei  also  m  wieder  beliebig  gegeben;  ist  dann  n  zunächst  irgend 
eine  oberhalb  m  liegende  Zahl,  so  können  wir  jetzt  unser  unendliches 

Produkt   \  \  l r-\  in  drei  Teile  teilen,  von  denen  sich  das  erste 


?w 


P 

auf  alle  Primzahlen  5C  w,  das  letzte  auf  alle  oberhalb  n  und  das  mit- 
telste auf  alle  diejenigen  Primzahlen  bezieht,  welche  gröfser  als  m  aber 

00 

^n  sind.     Da  nun  das  ganze  Produkt  gleich   ^?—s>    also  für  z  >  1 

1 

sicher  gröfser  als     _     ist,  so  erhält  man  die  Ungleichung: 


^JI-VII-VJT-V 

p±m    1 p>m    1 p>n    1 

P*  P*  P* 

Diese  Ungleichung  wird  verstärkt,  wenn  wir   das  erste  endliche  Pro- 
dukt durch  den  gröfseren  Wert: 


w  p-n~L 

«<•»  l 


PS*»  p 


ersetzen,  den  es  für  z  =  1  annimmt;   und  dasselbe  ist  der  Fall,  wenn 
wir  auch  das  dritte  Produkt  vergröfsern.     Nun  ist  aber: 


§  6.    Die  Anzahl  der  Primzahlen  ist  unendlich  grofs.  271 


n(7h)=n(i+?+P+-)<i+^ 

p>*    V       «•/         p>n 


■ . »    «Ji^    •    •    • 

I       ^  \        p       p  /  v*  -r ^ 

OD 


denn   das  ausmultiplizierte  Produkt   enthält   alle   und   nur    diejenigen 
Glieder  — ,  für  welche  alle  Primfaktoren  von  r  einzeln  gröfser  als  n 

00 

sind,  während  ^  —  überhaupt  alle  Glieder  enthält,  für  welche  r  selbst 

gröfser  als  n  ist.     Andererseits  folgt  aus  der  allgemeinen  Formel  (la) 
a.  S.  258 


-OD 

n  +  1 


OD 


also  ist  unser  drittes  Produkt  kleiner  als 


1  +  *  =  1 +  («-!)  ff"1  . 

Ersetzt  man  also  das  erste  und  das  dritte  Produkt  in  unserer  Un- 
gleichung durch  die  hier  gefundenen  grofseren  Zahlen,  so  ergiebt  sich 
die  einfachere  Beziehung: 


._,    »s. 


i  <p. '+»-_?*- -n-v 

n  p>m  1 

P' 


Setzt  man  also  zur  Abkürzung: 

p>m  * 

so  ergiebt  sich  für  dieses  Produkt  die  Ungleichung: 
(3)  •  x<(Ä_l  +  _L_).p. 

Jenes  Produkt  X  ist  aber  dann  und  nur  dann  ein  echter  Bruch,  wenn 
in  dem  Intervalle  zwischen  m  und  n  mindestens  eine  Primzahl  vor- 
handen ist,  dagegen  sicher  gleich  Eins,  wenn  dies  nicht  der  Fall  ist. 
Kann  man  also  n  so  grols  und  z  —  1  so  klein  wählen,  dafs  das  rechts 

stehende  Produkt  uz  —  1)  -j — j^~\  P  ein   echter  Bruch  ist,   so  gilt 

da  gleiche  a  fortiori  von  dem  Produkte  X,  d.  h.  dann  enthält  das  In- 
tervall (m  -  -  -  n)  sicher  mindestens  eine  Primzahl. 


272  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

Dieser  Bedingung  kann  man  aber,  welches  auch  der  Wert  von 
m  oder  also  der  von  P  sein  möge,  stets  genügen.  Zu  diesem  Zwecke 
ersetzen  wir  z  durch  die  neue  Variable  u  vermittelst  der  Gleichung: 

z  —  1  =  — 

u  7 

dann  können  wir  für  ein  beliebig  gegebenes  u  n  so  grofs  wählen,  dafs 

lu 

nz"1  =  nu  >  u  ist;  dazu  mufs  — - —  >  lu,  also  In  >  u  sein;  also  er- 
giebt  sich  einfach 

(4)  n  >  e". 

Wählt  man  also  n  dieser  Bedingung  gemäfs,  so  wird  <  —    und 

die  rechte  Seite  von  (3)  wird  kleiner  als 

Wählt  man  also  u  nur  so  grofs,  dafs  dieser  Ausdruck  ein  echter 
Bruch  ist,  dafs  also: 

(5)  (l  +  lu)P<u 

ist,  so  ist  für  den  zugehörigen  Wert  von  n  sicher  X  <  1,  also  zwischen 
m  und  n  sicher  eine  Primzahl  vorhanden.     Wir  setzen  nun: 

u  =  CPlP 

und  suchen  die  Eonstante  C  so  zu  bestimmen,  dafs  der  Bedingung  (5) 
genügt  wird;  dann  geht  diese  aber  über  in: 

\  +  lC+lP  +  UP<ClP 

1  +ic<(C—  Y)IP  —  IIP. 

Ist  der  Wert  von  m  oder  also  der  von  P  nur  einigermafsen  beträcht- 
lich, so  kann  C  nur  wenig  gröfser  als  1  angenommen  werden;  wählt 
man  z.  B.  C  =  2,  so  mufs: 

1  +  12<IP  —  IIP 
oder  es  mufs  1(2 e)  <  l  jp,  also  einfacher: 

2e<£ 

sein;  wählt  man  also  von  vornherein  m  so  grofs,  dafs  P  >  6  •  IP  ist, 
so  ist  der  obigen  Bedingung  sicher  genügt.  Man  kann  aber  leicht  eine 
untere  Grenze  für  m  angeben,  von  der  ab  das  zugehörige  Produkt  P  stets 

dieser  Bedingung  genügt,  denn  der  Quotient  yp  wächst  ja  mit  zunehmen- 
dem P  fast  ebenso  rasch,  wie  P  selbst  über  jedes  Mais  hinaus.    Dann  ist 


§  6.  Analytischer.  Beweis  arithmetischer  Reciprocitätsformeln.  273 

in  dem  Intervalle  zwischen  m  und 

n  >  e  =  e        =  Fe 

sicher  mindestens  eine  Primzahl  enthalten.  Auch  dieses  Intervall  ist 
im  allgemeinen  sehr  viel  zu  grofs,  jedoch  ist  dasselbe  auch  für  das 
bei  dem  Euklidischen  Beweise  sich  ergebende  Intervall  zwischen  px  und 
(ptp2  -  -  *1>X)  —  1  der  Fall;  bei  einer  genaueren  Untersuchung  ergiebt 
sich  sogar,  dafs  dieses  letztere  Intervall  mindestens  ebenso  grofs  als 
das  soeben  gefundene  ist.  Wir  werden  aber  im  folgenden  sehen ,  dafs 
die  Prinzipien  des  Euklidischen  Beweises  nicht  zur  Lösung  der  höheren 
Aufgabe  benutzt  werden  können,  ob  in  jeder  arithmetischen  Reihe 
ax  -\-  b  unendlich  viele  Primzahlen  enthalten  sind,  wenn  (a,  b)  ~  1  ist. 
Dagegen  werden  wir  jenes  Problem  durch  eine  Verallgemeinerung  der 
hier  benutzten  Methode  wirklich  zu  lösen  im  Stande  sein. 


.   §  6. 

Mit  Hülfe  der  in  dieser  Vorlesung  gewonnenen  analytischen  Re- 
sultate kann  man  sehr  leicht  die  früher  rein  arithmetisch  bewiesenen 
Reciprocitätsformeln : 

0 (»,  1)  =2  V(n,  d) ,     V(n,l)-2!  *(">*)> 

d/n  d/n 

durch  sehr  viel  allgemeinere  ersetzen  und  dann  ganz  direkt  verifizieren. 
Es  seien:  * 

111 
drei  Funktionen  von  z,  welche  durch  die  Gleichung 

(2)  H(z)  =  F{z)G{z) 

mit  einander  verbunden  sein  sollen,  und  es  werde  ferner  vorausgesetzt, 
dafs  die  Koefficienten  g(n)  die  Eigenschaft  haben,  dafs  allgemein: 

(3)  9{p)'9{y)=9{V"v)9    also    $r(l)  — 1 
ist.     Dann  ergiebt  sich  aus  (2) 

w  .*■(•> -£-§• 

Ersetzt  man  aber  in  (2)  und  (4)  die  drei  Funktionen  durch  die 
Reihen  (1)  und  beachtet  dabei,  dafs  unter  der  Voraussetzung  (3) 
nach  (la)  des  §  4 

Krooecker,  Zahlentheorie.    L  18 


274  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

G(z)      2j      n* 

ist,  so  können  jene  beiden  Gleichungen  bei  geeigneter  Bezeichnung  der 
Summationsbuchstaben  folgendermafsen  geschrieben  werden: 


00  OD 


Zj    nx        JLJ    <Zj       (ddj      ' 
i  d=i    <p=i       v      ' 

(5) 

2j    n*         2j     2j         (ddj 
i  d=i    d=i         v       ' 

Setzt  man  also  rechts  dd'=  n  und  summiert  für  jedes  n  über  alle 
komplementären  Produkte  dd'=  n,  so  erhalt  man  durch  KoefBcienten- 
vergleichung  den  folgenden  wichtigen  Satz: 

Sind  f(n),  g(n)7  h(n)  zahlentheoretische  Punktionen,  und  ist 
speciell  für  g(n)  stets  g(jiv)  =  g((i)  g(v)}  so  ist  von  den  beiden 
Gleichungssystemen: 


dd=*n 


jedes  eine  Folge  des  anderen;  das  eine  System  kann  also  als  die 
Auflösung  des  anderen  angesehen  werden. 

Setzen  wir  noch,  um  die  Reciprocität  bei  jenen  Systemen  deutlicher 
hervortreten  zu  lassen: 

also  speziell: 

A(»)  =  ClA(n)=7X«), 

so  erhält  man  zwischen  den  Funktionen  f(d)  und  f{d)  die  völlig  sym- 
metrischen Gleichungen: 

f(*)-2fwtw> 

(6»)  ^  _ 

m-2fww)i 

die   im    Anfange   dieses   Abschnittes   erwähnten   Gleichungen   ergeben 
sich  aus  diesen  durch  die  Spezialisierung: 

(6b)  *(»)-!,    m  =  *{»>  «0,    f{d)=W(n,d'). 

Die    in    (6*)    mit   Hülfe    der   Analysis    gewonnenen    Gleichungs- 
systeme   können    auch    leicht    rein    arithmetisch    aus    einander    her- 


§  7.  Anwendungen.  275 

geleitet  werden.  Zu  diesem  Zwecke  nehmen  wir  an,  es  bestehen 
für  jeden  Wert  von  m  zwischen  den  Funktionen  f  und  /'  die  Glei- 
chungen: 

und  zeigen,  dafs  dann  für  jedes  n  die  Summe 

*(»)  =,2 'f(fO  9(d') 

dd'=*n 

notwendig  gleich  f(n)  ist.  Schreiben  wir  aber  in  F(n)  für  jedes  f(d) 
die  ihm  gleiche  Summe: 

so  wird  wegen  der  Multiplikationseigenschaft  der  Funktionen  g(ji) 

F(n)  =2/rO^(*')fl'(d')=2,/r(»)^(*'rf'), 

dS'd'=n 

wobei  die  Summation  auf  alle  Zerlegungen  n  =  dd'd'  zu  erstrecken 
ist.     Setzt  man  also  jetzt  d  =  t,   d'd'=  -r-  =  £',  so  ergiebt  sich: 

und  diese  Summe  ist  nach  (7)  in  der  That  gleich  f(n),  w.  z.  b.  w. 


*»=,£/•(<)  *KO, 


§7. 
Wir  wollen  jetzt  von  den  Reciprocitätegleichungen: 

(1)  h(n)=2K*>9(d">>    f(n)-2Eä^)Hd') 

eine  Anzahl  von  Anwendungen  machen.     Es  sei: 

g(n)  =  1,    h(n)  =  In, 
dann  ergiebt  sich  für  f(n)  der  Ausdruck: 

d7=n  d/n  d/n  d/n 

weil  ^  sä  =  0   ist.     Sind  also  pk ,  pi}  •  •  •  pa    alle  von  einander  ver- 

dfn 

schiedenen   Primzahlen,   welche  in  n  enthalten   sind,  so   ergiebt   sich 

18» 


276  Zweiundzwanziggte  Vorlesung. 

wagen  der  Definition  der  Zahlen  sd  für  f(n)  der   folgende   Ausdruck: 

Pa  Pa  P{i 

Pa  PaPß  PaPpPy 

Diese  Summe  hat  aber  einen  sehr  einfachen  Wert;  sie  enthält  näm- 
lich zunächst  jeden  der  dS  Logarithmen  Ip  }  •  •  •  lpa  offenbar  gleich 
oft,  wir  brauchen  daher  nur  zu  untersuchen,  wie  oft  einer  derselben, 
etwa  lpx  in  ihr  auftritt;  man  sieht  nun  ohne  weiteres,  dafs  lpt  in  der 
ersten  Summe  einmal,  in  der  zweiten  genau  ®>  —  1  male,  nämlich  in 
l(PiPi)j  ^(jPiPn)}  '  '  '  l(PiPo)  vorkommt,  in  der  dritten  offenbar 
12 male  u.  s.  w.,  und  man  erkennt  so,  dafs  lpl9  also  auch 

jeder  andere  Logarithmus,  in  f(n)  den  Koefficienten: 

i 

besitzt,  also  den  Koefficienten  Null,  sobald  die  Anzahl  tff  der  von 
einander  verschiedenen  Primfaktoren  von  n  gröfser  ist  als  Eins,  da- 
gegen den  Koefficienten  1,  sobald  SJ  =  1  ist;  es  ergiebt  sich  also  das 
Resultat: 

Für  die  durch  die  Gleichungen: 

d/n 

definierte  zahlentheoretische  Funktion  f(n)  ist 

/X»)  =  o, 

falls  n  keine  Primzahlpotenz,  dagegen 

f(n)  =  lp, 

sobald  n  =*  p*  eine  Primzahlpotenz  ist. 
Oder,  was  nach  (2)  dasselbe  ist: 
Die  Summe: 

d/n 

besitzt  den  Wert  Ip  oder  0,  je  nachdem  n  eine  Primzahlpotenz 
ist  oder  nicht. 

Bilden  wir  endlich  die  Funktion 


§  7.  Anwendungen.  277 

(3)  •«  -  e^d,Lf[(e'r^nd^ 

d/n  d/n 

so  ergiebt  sich  ihr  Wert  gleich  1  oder  gleich  p,  je  nachdem  n  mehrere 
von  einander  verschiedene  Primfaktoren  besitzt  oder  die  Potenz  einer 
Primzahl  ist. 

Es  ist  interessant,  dieses  Resultat  direkt  analytisch  herzuleiten, 
doch  mag  dies  nur  kurz  erwähnt  werden.  Wir  stellen  zu  diesem 
Zwecke  die  Doppelsumme: 

auf  eine  andere  Art  in  der  Form  ^V  —  dar  und  leiten  unser  Resultat 
dann  durch  Koefficientenvergleichung  her.     Es  ist  nämlich: 

•«--2  2^  -  (-2 '£)  (2i)  -  j^l 

m      '  J/\       p') 

ferner  ist: 

2>    m>        Zi  P'a      Jj   (PaPliy   i~"*' 

lp0 

oder  wenn  man  alle  mit  einem  bestimmten  —  multiplizierten  Tenne 

Po 
zusammenfaßt  und  alsdann  über  alle  Primzahlen  p0  summiert: 

wo  in  dem  Produkt  rechts  über  alle  Primzahlen  zu  summieren  ist, 
welche  von  p0  verschieden  sind;  man  kann  daher  diese  Gleichung  ein- 
facher so  schreiben: 

Zj     m'  2i  p%  '       ,  _  J_ 

Po 


(w-M&-^y 


278  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

wo   jetzt   in   den   Ausdrücken   rechts    beide    male    die   Multiplikation 
bzw.  die  Summierung  auf  alle  Primzahlen  p  zu  erstrecken  ist.     Setzt 

man  diesen  Wert  von  — ^  — r~  in  den  Ausdruck  von  0(z)  ein,  so 
ergiebt  sich: 

•w-25?-r*-,-2(if+?.+?.+-)-^ 

P  l  ~~       ,  P  F.* 

P 

da   aber  9(z)   auch  gleich  y^~~~ —    war,    so   ergiebt    sich    durch 

n 

Koefficientenvergleichung  in   der   That,   dafs  J£  e  ld    dann   und    nur 

d/n 

dann  gleich  Ip  ist,  wenn  n  =  p*  ist,  sonst  aber  immer  den  Wert 
Null  hat. 

Endlich  wollen  wir  von  der  in  diesem  Paragraphen  gefundenen 
Hauptgleichung : 

(4)  -2Vd  =  (°'Z*) 

d/n 

noch  die  folgende  arithmetische  Anwendung  machen:  Wir  lassen  n 
der  Reihe  nach  alle  Zahlen  1,  2,---N  durchlaufen,  wo  N  beliebig 
gegeben  sei,  und  summieren  alle  so  entstehenden  N  Gleichungen  (4). 
Denken  wir  uns  dann  die  linker  Hand  stehende  Doppelsumme 

»»1       d/n 

entwickelt,  so  erkennen  wir,  dafs  in  ihr  jedes  Glied  —  s  ld  genau  so 
oft  vorkommt,  als  dd'<.N  ist. 

Wir  bezeichnen  nach  dem  Vorgange  von  Gauss  die  gröfste  ganze 
Zahl,  welche  in  einem  Bruche  A  enthalten  ist,  stets  durch  [Ä],  so 
dafs  also  diese  ganze  Zahl  durch  die  Ungleichung: 

* 

vollständig  bestimmt  ist.  Dieses  Zeichen  kommt  schon  bei  Euler  und 
Legendre  vor;  letzterer  bezeichnet  es  durch  E(Ä),  wo  E  als  Anfangs- 
buchstabe von  „entier"  steht.  Da  Diricfdet  das  Gauss'sche  Zeichen 
adoptiert  hat,  so  wollen  wir  es  auch  beibehalten.     Dann  ergiebt  sich, 

—  male  in  der  obigen  Doppelsumme 

auftritt;  diese  kann  daher  folgendermafsen  geschrieben  werden: 

-im..'«. 


X=*l 


§  7.  Anwendungen.  279 

oder  noch  einfacher: 

denn  wenn  man  in  Bezug  auf  x  über  N  hinaus  summiert,  so  fallen  alle 
folgenden  Glieder   von  selbst   fort,   da   die   gröfsten  Ganzen    N  ,       , 

N 

Rechter  Hand  ergiebt  sich  die  Summe   ^  (0,  Ip),  d.  h.  man   er- 

i 

hält  für  jede  Primzahl  p  die  Zahl  Ip  so  oft,  als  in  der  Reihe  1,  2,  •  •  •  N 
Potenzen  dieser  Primzahl  vorkommen;  ist  also  p  die  letzte  jener 
Potenzen,  also  diejenige  Potenz  von  p,  welche  gerade  noch  <  N  ist, 
so  tritt  in  jener  Summe  genau  hlp  auf.  Da  aber  h  der  Exponent  ist, 
für  welchen: 

hip<:iN<(h  +  i)ip, 

ist,  so  ergiebt  sich  für  h  einfach  der  Wert: 

und  diese  Definition  gilt  auch,  wenn  p>  N  sein  sollte,  da  ja  dann 
von  selbst  f  j— 1  =  0  wird.  Also  erhält  man  durch  jene  Summation 
aus  (4)  die  folgende  merkwürdige  Formel: 

oder,  wenn  man  die  linke  Seite  ausgeschrieben  denkt: 

2£>. -2t-y  <<«,>+•■• 

Untersuchen  wir  nun  wieder,  welches  der  Koefficient  von  irgend  einem 
Ip  auf  der   linken  Seite    ist;   in   der   ersten   Summe  besitzt   Ip   den 

Koefficienten  |— 1 ,  in  der  zweiten  den  Koefficienten  — ^  | 1 ,  wenn 

Ct  ■■ 

pa  alle  Primzahlen  aufser  p  durchläuft;  in  der  dritten  Summe  besitzt 
Ip  die  Koefficienten  +^.  | ],  wenn  pa)  p.   alle  unter  einander 

und  von  p  verschiedenen  Primzahlen  bedeuten  u.  s.  w.     Ordnet  man 


280  Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

also  die  linke  Seite  in  dieser  Weise  und  vertauscht  dann  beide  Seiten, 
so  nimmt  unsere  Gleichung  die  folgende  Gestalt  an: 

2\gl»  -2*ffl  -2[£  ]  +2[i-&  -  ■  ■ 


*    P 

oder  einfacher: 

2 

P 


([$-["] +2  [-£]->-<»• 


Diese  Gleichung  kann  aber  nur  dann  erfüllt  sein,  wenn  alle  Koefficienten 
der  Ip  einzeln  verschwinden;  in  der  That,  beachtet  man,  dafs  alle  Jene 
Koefficienten  offenbar  ganze  Zahlen  sind,  und  bezeichnet  man  diese  durch 
w,  tn'f  -",  so  heilst  jene  Gleichung  einfach  mlp  -f-  mlp'  +  •  •  •  =  0, 
oder  jfnp'm'  •  ••  =  1,  und  sie  kann  nur  bestehen,  wenn  alle  Exponenten 
m,  m\  •  -  •  für  sich  verschwinden.  Man  erhalt  also  das  folgende  merk- 
würdige Resultat: 

Ist  N  eine  beliebige  Zahl,  p  eine  beliebige  Primzahl,  und  be- 
deuten p'yp'y  ■  •  •  alle  von  p  verschiedenen  Primzahlen,  so  ist 

fif]  -  [f]  -2\^i\ +*2,[jjhr] — • 

p  p  *p 

Die  Summe  auf  der  rechten  Seite  besteht  nur  scheinbar  aus  unendlich 

[N        i 
pr    von  selbst  verschwin- 
PP'\—P{a)J 
den,  sobald  der  Nenner  gröfser  ist  als  der  Zähler. 


Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

Die  Kreisteilungsfunktionen  xn —  1.  —  Die  primitiven  Funktionen  FH(x)  und  ihre 

Eigenschaften.  —  Die  Berechnung  der  primitiven  Funktionen.  —  Die  Kreisteil ungs- 

gleichungen  und  die  Wurzeln  der  Einheit  —  Die  primitiven  nten  Einbeitswnrzeln.  — 

Anwendungen:  Die  Anzahl  der  Primzahlen  unterhalb  einer  gegebenen  Grenze. 

Wir  gehen  jetzt  zur  Untersuchung  der  einfachsten,  aber  auch  der 
wichtigsten  Gröfsen  des  Bereiches  [x]  der  Funktionen  einer  Variablen 
über,  durch  deren  Hinzuziehung  Gauss  zum  erstenmale  die  arithme- 
tischen Methoden  auf  die  Algebra  ausgedehnt  und  damit  die  Grund- 
lage für  die  moderne  allgemeine  Arithmetik  geschaffen  hat.  Wir  werden 
hier  Gelegenheit  haben,  sowohl  von  der  Theorie  der  Modulsysteme  als 
von  den  in  den  letzten  Vorlesungen  gefundenen  allgemeinen  Recipro- 
citätsformeln  wichtige  Anwendungen  zu  machen. 

Den  Gegenstand   unserer  Untersuchungen   bilden   die   einfachsten 

ganzen  Funktionen 

x*—l 

für  alle  ganzzahligen  Werte  von  n.  Jede  von  ihnen  liefert  gleich  Null 
gesetzt  eine  Gleichung  n*611  Grades 

x«  —  1  =  0, 

deren  n  Wurzeln  x  =  >/i  als  die  nteu  Wurzeln  der  Einheit  bezeichnet 
werden  können.  Auf  die  Untersuchung  dieser  Zahlen  hat  eben  Gauss 
zuerst  seine  Methoden  angewendet.  Wir  wollen  erst  später  auf  die 
hier  sich  darbietenden  Fragen  näher  eingehen,  und  zuerst  mit  Hülfe 
der  Theorie  der  Modulsysteme  die  Zerlegung  dieser  Gröfsen  in  ihre 
Faktoren  durchführen. 

Eine  jede  Funktion  xn  —  1  kann,  wie  wir  in  der  fünfzehnten  Vor- 
lesung gezeigt  hatten,  auf  eine  einzige  Art  in  ein  Produkt  von  Primfunk- 
tionen zerlegt  werden.  Ferner  erkennt  man  leicht,  dafs  x*  —  1  keinen 
dieser  Primfaktoren  p  (x)  mehr  als  einmal  enthalten  kann;  wäre  nämlich 


282  Dreiondzwanzigute  Vorlesung. 

wo  Pi(x)9  Pi(x)y  ••■  Primfunktionen  bedeuten,  and  wäre  auch  nur 
einer  der  Exponenten,  etwa  kx  >  1,  so  enthielte  die  Ableitung  nxm~1 
dieser  Funktion  jenen  Primfaktor  pt(x)  ebenfalls,  sie  besafae  also 
mit  xn  —  1  einen  gemeinsamen  Teiler  erster  Stufe,  was  offenbar  un- 
möglich ist.     Es  ist  also: 

(1)  *■  — 1— ft(*)ft(«)  •••?», 

wo  die  Funktionen  p.(x)  von  einander  verschiedene  unzerlegbare 
Faktoren  bedeuten. 

Ist  d  irgend  ein  Teiler  von  n  =  dd'}  so  ist  xn —  1  durch  x* —  1 
teilbar;  alle  Primfaktoren  von  x*  —  1  sind  also  in  dem  Produkte 
px  (x)  •  •  •  p9  (x)  ebenfalls  enthalten.  Wir  betrachten  allgemein  das  Pro- 
dukt aller  derjenigen  unter  den  v  Primfaktoren  von  x*  —  1,  welche  in 
keiner  der  Funktionen  x*  —  1  enthalten  sind,  wenn  d  alle  eigentlichen 
Divisoren  von  n  bedeutet.  Wir  bezeichnen  dieses  Produkt  durch  Fn  (x)  und 
nennen  es  den  primitiven  Teiler  von  x*  —  1 .  Zu  jeder  Funktion  af*  —  1 
gehört  dann  ein  primitiver  Divisor,  der  aus  einem  oder  mehreren  von 
einander  verschiedenen  Primfaktoren  p  (x)  bestehen  kann.  Erst  später 
wollen  wir  beweisen,  dafs  jeder  solche  Divisor  Fm(x)  nur  aus  einem 
einzigen  Primfaktor  besteht,  also  selbst  irreduktibel  ist.  Vorläufig 
wollen  wir  ein  einfaches  Mittel  angeben,  um  diese  primitiven  Teiler 
Fn  (x)  zu  bilden,  und  hierzu  wollen  wir  zuerst  ihre  elementaren  Eigen- 
schaften entwickeln. 

Zwei  primitive  Faktoren  Fm  (x)  und  Fn  (x)  können  niemals  einen 
gemeinsamen  Teiler  (erster  Stufe)  enthalten,  wenn  sie  nicht 
identisch  sind,  oder  das  Modulsystem 

M~(Fm(x),  Fn(x)) 

besitzt  keinen  einzigen  Teiler  erster  Stufe. 

Zum  Beweise  dieses  wichtigen  Satzes   können   wir   m>  n  annehmen; 

dann  ist 

M~(Fmfr),    Fn(x),    x"—l,    x*—l)} 

da  die  beiden  hinzugefügten  Elemente  bzw.  durch  Fm{x)  und  Fn(x) 
teilbar  sind.  Demselben  Modulsysteme  können  wir  aber,  ohne  es  im 
Sinne  der  Äquivalenz  zu  ändern,  ein  Element 

hinzufügen,  wenn  a  und  b  beliebige  positive  Zahlen  bedeuten,  denn 
dieses  enthält  stets  das  System  (#"■  —  1,  xn  —  1);  da  nämlich  x*m —  1 
durch  af*  —  1  teilbar  ist,  so  ist  sicher 

x*m  =  1     (modd  x™  —  1 ,  xn  —  1), 


§  1.  Die  primitiven  Funktionen  Fn(x).  283 

denn  diese  Kongruenz  besteht  schon  für  af  —  1  allein.    Ebenso  ist 

a?n  =  1     (modd  a"*  —  1,  x*  —  1) , 
also  ergiebt  sich  durch  die  Multiplikation  beider  Kongruenzen: 

a-im+ft«  _  i  rrr,  q    (modd  af»  —  1,  xn  —  1). 

Es  sei  nun  (m,  n)  ~  £  der  grofste  gemeinsame  Teiler  von  m  und  n; 
dann  kann  man  die  beiden  positiven  Zahlen  a  und  b  stets  so  be- 
stimmen, dals: 

am  +  6n  =  t  +  *  ■  wn 

wird.  Sind  nämlich  a  und  ß  zwei  solche  positive  oder  negative  Zahlen, 
dals 

am  +  ßn  =  ^ 

und  sind  pn  und  <Jw  beliebige  Multipla  von  n  und  m,  so  ist: 

(a  -f-  pn)  m  +  ifi  +  <*w)  n  =  t  +  (p  +  6)  mn 

und  man  kann  q  und  <f  stets  so  wählen,  dafs  a  =  a  +  pn  und 
6  =  /J  +  o*w  positiv  ausfallen.     Dann  ist  aber: 

(M)~(Fm(x),  Fn(x),  3*+™*  — 1,  ar  —  1,  *»  — 1); 
nun  ist: 

£<+rmii  _l=^.a-»irB_l  ^_J       (modd  tf»  —  l ,  X%  —  1), 

denn  es  ist  a?" ' r*  =  1  (mod  a?"  —  1),  weil  xm  rn  —  1  durch  a?"  —  1 
teilbar  ist;  somit  ergiebt  sich  endlich  die  für  jedes  Zahlenpaar  (m,  n) 
geltende  wichtige  Äquivalenz: 

(2)  (Fm  (x),  Fn  (x))  ~  (Fm  (x),  Fn  (x)}  x*  —  1) , 

wenn  t  der  grofste  gemeinsame  Teiler  von  m  und  n,  also  sowohl  in  m 
als  in  n  enthalten  ist.  Hätten  also  Fm(x)  und  Fn(x)  einen  gemein- 
samen Teiler  F(x)}  so  müfste  F(x)  auch  in  a^  —  1  enthalten  sein, 
also  Fm(x)  und  x? —  1  hätten  einen  Teiler  F(x)  gemeinsam,  was  mit 
der  Definition  des  primitiven  Faktors  Fm  (x)  von  x?*  —  1  im  Wider- 
spruch stehen  würde. 

Dieser  Satz  liefert  uns  nun  sofort  eine  Zerlegung  der  Funktion 
xn  —  1;  dieselbe  ist  nämlich  durch  alle  Funktionen  X* —  1,  also  a  for- 
tiori durch  ihre  primitiven  Faktoren  Fd(x)  teilbar,  wenn  d  alle  Teiler 
von  n  bedeutet,  und  da  alle  diese  Funktionen  Fd(x)  zu  einander  teiler- 
fremd sind,  so  enthält  xn  —  1  auch  ihr  Produkt,  d.  h.  es  ist: 

*-l-Q(x)IjF4(z), 

dt/n 

*o  Q  (x)   das  Aggregat  aller  übrigen  Primfaktoren   von  x*  —  1    be- 


284  Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

deutet.  £8  handelt  sich  nun  noch  darum,  den  Wert  des  Faktors  Q(x) 
festzustellen.  Q(x)  kann  mit  keinem  der  Fd(x)  einen  gemeinsamen 
Teiler  haben,  denn  wäre  dies  der  Fall,  so  hätte  ja  x*  —  1  einen  mehr- 
fachen Teiler,  was  unmöglich  ist.  Es  sei  nun  q(x)  irgend  ein  irre- 
duktibler  Faktor  von  Q(x),  so  ist  q(x)  ein  Teiler  von  xn — 1;  an- 
dererseits kann  aber  q(x)  nicht  zu  den  Teilern  gehören,  welche  nur 
in  xn  —  1,  aber  nicht  zugleich  in  einem  xi*  —  1  enthalten  sind,  deren 
Grad  d  ein  Teiler  von  n  ist,  denn  das  Produkt  aller  dieser  Faktoren 
hatten  wir  ja  mit  Fn(x)  bezeichnet.  Es  mufs  also  q(x)  in  mindestens 
einem  &  —  1  aufgehen,  für  welches  d  ein  Teiler  von  n  ist.  Es  sei 
nun  x*°  —  1  die  Funktion  niedrigsten  Grades,  welche  q  (x)  enthält; 
dann  kann  q  (x)  sicher  nicht  zu  den  Teilern  der  Funktion  a^  —  1 
gehören,  welche  nur  in  ihr,  aber  nicht  in  einem  x?°  —  1  enthalten  ist, 
deren  Exponent  d0  ein  Teiler  von  d0  ist,  denn  das  Produkt  aller  dieser 
Faktoren  war  ja  F.  (x),  welches  q(x)  nicht  enthält;  also  maus  q(x) 
mindestens  in  einem  xfi*  —  1  aufgehen,  für  welches  d0  ein  Teiler  von  dÜJ 
also  a  fortiori  von  n  ist,  und  dies  steht  im  Wiederspruche  mit  der 
soeben  über  x*>  —  1  gemachten  Voraussetzung.  Also  besitzt  Q  (x) 
überhaupt  gar  keinen  Teiler  q(x),  mufs  also  gleich  +1  sein,  und 
kann  also  stets  gleich  +  1  angenommen  werden,  wenn  über  das  Vor- 
zeichen der  Fd(x)  geeignet  verfügt  wird.  Wir  erhalten  so  die  für 
jeden  Wert  von  n  gültige  wichtige  Zerlegung: 

(3)  *»-l=J7*». 

d/n 


§2. 

Die  am  Schlüsse  des  vorigen  Abschnittes  gefundenen  Gleichungen 
geben  uns  nun  ein  Mittel,  um  die  primitiven  Faktoren  Fn(x)  von 
xn  —  1  direkt  zu  bestimmen;  setzen  wir  nämlich  wieder  in  unserer 
allgemeinen  Reciprocitätsgleichung  (6)  a.  S.  274: 

g(n)  =  l,    f(n)  =  lFn(x), 

so  ergiebt  sich  nach  der  ersten  jener'  Gleichungen  und  nach  (3) 

dj  n  d/n  d/n 

und  hieraus  folgt  vermöge  der  zweiten  Reciprocitätsgleichung: 

dd'=n  dd'=n  \di'=n  ) 

and  wir  erhalten  ao  die  für  jedes  n  gültige  Darstellung  unserer  primi- 


§  2.  Bestimmung  der  Funktionen  Fn(x).  285 

tiven  Faktoren: 

n 

(1)  Fn(x) -f]  (x7  -  l)u, 

d/n 

welche  uns   gestattet,   alle  primitiven  Faktoren  Fd(x)  zu   finden   und 
damit  jedes  xn  —  1  =  JJ  F.  (x)  in  Faktoren  zu  zerlegen. 

d/n 

Aus  der  Formel  (1)  ergiebt  sich  sofort  auch  der  Grad  der  primi- 
tiven  Functionen  Fn(x).     Da   nämlich   der  Grad    eines  jeden  Faktors 

n 

\xd  —  l)  d  gleich  sd  •  -t  ist,  so  ist  der  Grad  von  Fn(x)  gleich 

d/n 

d.  h.  gleich  der  Anzahl  der  inkongruenten  Einheiten  modulo  n. 

Nach  der  oben  gegebenen  Definition  der  primitiven  Faktoren  sind 
sie  alle  ganze  ganzzahlige  Funktionen  von  x,  und  durch  die  obige 
Darstellung  ist  somit  eine  Zerlegung  von  xn  —  1  gefunden;  jedoch  ist 
hierdurch  noch  keineswegs  bewiesen,  dafs  diese  Funktionen  Fd(x)  nun 
ihrerseits  nicht  mehr  weiter  zerlegt  werden  können.  Auf  den  Beweis 
dieses  wichtigen  Satzes  werden  wir  erst  später  in  anderem  Zusammen- 
hange eingehen. 

Wir  wollen  die  primitiven  Faktoren  Fn(x)  nach  der  soeben  ge- 
fundenen Formel  für  einige  einfache  Werte  von  n  bestimmen. 

Es  sei  zuerst  n=p*  eine  beliebige  Primzahlpotenz;  dann  sind 
alle  Teiler  d  =  p*>,  wo  Xq  <C  x,  und  alle  e d  =  0  aufser  für  d  =  1,  p 
und    zwar   ist   st  =  1,    sp  =  —  1,    und   da   in   diesen    beiden   Fällen 

Fix)  =     ^T1 

(2)  r  xr     -1 

=  Äy-1  <*-»>  +  ^-'  <*-•>  + . . .  +  ^~l  + 1; 

speciell  ist  für  x  =  1 

(2*)  Fp(x)  =  ?^-  =  x'-1+X>-t  +  ---  +  x+l. 

Es  sei  zweitens 

n  =  pq 

gleich  dem  Produkte  zweier   von   einander  verschiedenen  Primzahlen, 
dann  ist  nach  unserer  allgemeinen  Formel: 


286  Draundzwanzigste  Vorlesung. 

(2b)       Fpq  (x)  =  (xpq  —  l)'1  .  (xp  —  ip  •  (x9  —  1)'*  .  (x  —  1)'p  « 

^(ggg  —  l)(s-l) 
_  (**  —  1)  (a*  -  1)  " 

So  ist  speziell  ftr  1>  =  3,  g  =  2 

pn_    (S*—  1)(3P—  1)    _  g'+l    _      i  _  ,      t 

aus  (2*)  ergiebt  sich  ferner: 

and  man  erhält  in  diesem  speziellen  Falle  die  folgende  Zerlegung  von 
x*-l 

*—l-F,(x)Ft(x)  Ft(x)  F1(x)=-(xi-x+l)(xi+x+  1X*+  IX*-!)- 

Wir  schreiben  jetzt  die  vorher  gefundene  Gleichung  för  Fn(x)  in 
etwas  anderer  Form.    Ist  nämlich  n  >  1,  so  ist  identisch: 

(8)      w-nf-ir-nfer?. 

d/n  d/n 

denn  das  zweite  Produkt  unterscheidet  sich  von  dem  ersten  nur  durch 

die  Potenz  (x  —  1)  d/n   9  deren  Exponent  für  n  >  1  immer  Null  ist. 
Also  ist  auch: 

(3')  Fu{x)-JJ{z4'~l+x"*  +  ...  +  x  +  iyd.        . 

d/n 

Setzen  wir  in  dieser  Gleichung  speziell  x  =  1  und  beachten  dabei,  daß 
in  (3*)  jeder  Faktor  des  Produktes  -r  Glieder  enthält,  so  folgt: 

d/n  d/n 

und  da  ^ed  =  0  und  JJd    d  nach  (4)  a.  S.  278  gleich  1  oder  p  ist, 

d  d/n 

je  nachdem  n  mehrere  verschiedene  Primteiler  enthält  oder  eine  Prim- 
zahlpotenz ist,  so  erhält  man  in  diesen  beiden  Fällen: 

(4)  *;(!)«=  i,     *>(i)-i»;' 

die  zweite  von  diesen  Gleichungen  folgt  auch  sofort  aus  (2)  för  x  =  l. 
Wir  hatten   schon  vorher  gesehen,   dafs  zwei  von  einander  ver- 
schiedene primitive  Faktoren  Fm(x)  und  Fn(x)  keinen   gemeinsamen 


§  2.  Eigenschaften  der  Funktion  Fn(x).  287 

Teiler  q(x)  von  der  ersten  Stufe  enthalten  können,  dafs  also  das  Mo- 
dulsystem (Fm(x),  Fn(x))  stets  ein  reines  Modulsystem  zweiter  Stufe 
sein  mufs;  wir  zogen  diese  Folgerung  aus  der  Äquivalenz: 

(5)  (Fm<&,  Fn(x))  ~  (Fm(x),  Fn{x)}  a?  —  l), 

in  der  t  =  (m,  n)  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  m  und  n  ist. 
Wir  benutzen  jetzt  dieselbe  Äquivalenz,  um  den  folgenden  wichtigen 
Satz  zu  beweisen: 

Sind  m  und  n  relativ  prim,  so  besitzen  die  beiden  Faktoren 
Fm  (x)  und  Fn  (x)  auch  keinen  gemeinsamen  Teiler  zweiter 
Stufe,  d.  h.  es  ist: 

(Fm(x),  Fn(x))  ~  1. 

Da  nämlich  in  diesem  Falle  t  ~  (ro,  n)  =  1  ist,  so  geht  hier  die  Äqui- 
valenz (5)  über  in: 

(Fm(x),  Fn(x))  ~  (Fm(x),  Fn(x),  x  —  1); 

diesem  letzten  und  daher  auch  dem  ursprünglichen  Systeme  kann  man 
nun,  ohne  es  im  Sinne  der  Äquivalenz  zu  ändern,  die  beiden  Zahlen 
Fm(l)  und  Fn(l)  hinzufügen,  da  sie  Multipla  jenes  Systemes  sind.  Da 
nämlich  für  jede  ganzzahlige  Funktion  F(x)  die  Differenz  F(x)  —  F(l) 
durch  x  —  1  teilbar  ist,  so  ist  speziell: 

Fm(z)  =  Fm(l)    mod(*— 1), 

d.  h.  Fm(l)  enthält  das  System  (Fm(x),  x  —  1),  also  a  fortiori  unser 
System  (Fm(x),  Fn(x),  x —  1).     Also  ist  in  diesem  Falle: 

(Fm(x),  Fn(x))  ~  {Fm(x)y  Fn(x),  Fm(l),  ^.(D)- 

Enthalt  nun  m  oder  n  mehr  als  eine  Primzahl,  so  ist  die  eine  der 
beiden  Zahlen  Fm(l)  und  Fn(l)  gleich  1,  also  das  ganze  Modulsystem 
äquivalent  Eins.  Sind  dagegen  m  und  n  beide  Primzahlpotenzen,  ist 
also  m  =  j/,  n  =  q*}  so  mufs  wegen  (w,  n)  ~  1  p  von  q  verschieden 
sein,  und  da  in  diesem  Falle  Fm(l)  =  p,  Fn(l)  =  q  ist,  so  folgt: 

(RW,  Fn(x))  ~  (Fm(x),  Fn(x),  p,  q)  ~  1, 

und  damit  ist  unser  Satz  vollständig  bewiesen« 

Sind  dagegen  m  und  n  nicht  teilerfremd,  so  braucht  das  Modul- 
system zweiter  Stufe  (Fm(x),  Fn(x))  keineswegs  äquivalent  Eins  zu 
sein.     So  war  z.  B.: 

(F6(x),  Fs{x))  =  (x*  +  x+l,  a*  —  z+l) 

und  dieses  ist  äquivalent  (x*  -f-  x  4"  1>  x*  —  #+1*2)  da  die  Zahl 
2  wegen  der  Identität: 


288  Dreiund zwanzigste  Vorlesung. 

2  =  (1  —  x)  (x*  +  x  +  1)  +  (1  +  x)  (x*  —  x  -f  1 ) 

das  System  enthält,  also  seinen  Elementen  zugefügt  werden  kann.  Aus 
dem  so  veränderten  Systeme  kann  aber  das  Element  #*  —  x  +  1  fort- 
gelassen werden,  da  es  wegen  der  Gleichung: 

x2  —  x  +  1  =  Os  +  x  +  1)  —  2x 

das  aus  den  beiden  anderen  Elementen  gebildete  Modulsystem  (x*-\-  x + 1, 2) 
enthält;  es  ist  also: 

(F6(x),  Fz  (x))  ~  (2,  x*  +  x  +  1) 

und  dieses  System,  welches  nach  der  auf  S.  208  gegebenen  Definition 
reduziert  ist,  ist  also  sicher  nicht  äquivalent  Eins. 

§3. 

Wir  wollen  endlich  noch  die  bisher  gefundenen  Sätze  benutzen, 
um  eine  höchst  merkwürdige  und  wichtige  Eigenschaft  der  primitiven 
Funktionen  Fn(x)  herzuleiten.  Sind  m  und  n  teilerfremd,  so  war,  wie 
wir  gesehen  hatten,  das  Modulsystem  (Fm(x),  Fn(x))  ~  1?  besafs  also 
keinen  einzigen  Divisor  erster  oder  zweiter  Stufe.  Wir  betrachten 
jetzt  an  seiner  Stelle  das  Divisorensystem: 

(M)  ~  (Fm(x*),  Fn(af»)), 

und  wir  wollen  zeigen,  dafs  diese  beiden  Funktionen  stets  einen  Teiler 
erster  Stufe  haben,  und  zwar  ist  dieser  die  zu  af"  —  1  gehörige  pri- 
mitive Funktion  Fmn(x).     Wir  beweisen  also  den  Satz: 

Der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  Fm{p^)  und  Fnfx?*)  ist  stets 
gleich  Fmn(x),  falls  m  und  n  teilerfremd  sind. 

Da  Fm(x)  ein  Teiler  von  af"  —  1  ist,  so  ist  Fm(&)  ein  Divisor  von 
(xn)m  -1-af"  —  1,  und  dasselbe  gilt  offenbar  von  Fn(tf"\  also  ist 

zunächst: 

(M)  ~  (Fm(x"),  Fn(x"),  x'»«  -  1). 

Ist  also  &{x)  irgend  eine  irreduktible  Funktion,  welche  zunächst  nur 
in  Fm(xn)  enthalten  ist,  so  mufs  sie  auch  in  #"**  —  1  aufgehen, 
und  da: 

(1)  af"*  —  1  =  VI  F6(x) 

T/mn 

ist,  wo  S  alle  Teiler  von  mn  durchläuft,  so  mufs  ®(x)  in  einer  und 
auch  nur  einer  der  primitiven  Funktionen  F#(x)  enthalten  sein.  Da 
aber  m  und  n  n.  d.  V.  teilerfremd  sind,  so  kann  der  Divisor  d  von 
mn  so  in  ein  Produkt  \iv  zerlegt  werden,  dafs  ft  ein  Teiler  von  m, 


§  3.    Eigenschaften  der  Funktion  Fn  (x).  289 

v  ein  Teiler  von  n  ist;  &(x)  ist  also  ein  Teiler  von  Fp^x),  also  a 
fortiori  von  3?r  —  1,  wo  fi(i  =  m,  vv  =  n  ist.  Ist  nun  die  Funktion 
8(x)  ein  Teiler  von  x?v  —  1,  so  geht  sie  auch  in  af*  *  —  1  =  xun —  1 
auf,  da  /*  —  1  selbst  durch  xuv  —  1  teilbar  ist;  also  haben  die  bei- 
den Funktionen 

x?n  -  1     und    Fn{xn) 

sicher  den  gemeinsamen  Teiler  0(x).  Ersetzt  man  aber  in  diesen 
beiden  Funktionen  für  den  Augenblick  x*  durch  y,  und  beachtet,  dafs 
die  beiden  Funktionen  Fm(y)  und  yf*  —  1  nach  der  Fundamentaleigen- 
schaft von  Fm(y)  keinen  Divisor  gemeinsam  haben,  so  lange  ft  ein 
eigentlicher  Teiler  von  m9  also  kleiner  als  m  ist,  so  erkennt  man,  dafs 
notwendig  p  =  m  sein  mufs,  wenn  nicht  jener  Teiler  ®(x)  =  1  sein 
soll.    Es  ergiebt  sich  also  zunächst  der  Satz: 

Jeder  irreductible  Teiler  von  Fm{x*)  ist  ein  Teiler  eines  primi- 
(3)        tiven  Faktors  Fmv(x)9  für   welchen  v  einen  Teiler  von  n  be- 
deutet. 

Ist  nun  @(x)  auch  in  FM(a^4)  enthalten,  so  beweist  man  genau  ebenso, 
dafe  diese  Funktion  ein  Teiler  eines  Faktors  .^„(a?)  sein  mufs,  wo  /tt 
einen  Teiler  von  m  bedeutet,  in  diesem  Falle  haben  also  die  so  sich 
ergebenden  primitiven  Faktoren  Fmv(x)  und  Ffin(x)  den  Divisor  &(x) 
gemeinsam,  sie  müssen  also  notwendig  identisch  sein,  d.  h.  jeder  ge- 
meinsame Teiler  von  Fm(xn)  und  Fniaf1)  ist  auch  in  F„,n  (x)  enthalten. 
Wir  beweisen  jetzt,  dafs  auch  umgekehrt  jeder  Primteiler  von 
FmH(x)  ein  gemeinsamer  Teiler  von  Fm(xn)  und  F^sf1)  ist.  Da  diese 
drei  Funktionen  sämtlich  in  afnn  —  1  enthalten  sind,  also  lauter  ver- 
schiedene Primteiler  besitzen,  so  ist  durch  diesen  Beweis  unser  Theorem 
in  seinem  ganzen  Umfange  erwiesen.  Ersetzt  man  nun  in  der  Identität: 


-l-ljFß(x) 


fi/m 

die  Variable  x  durch  xn,  so  geht  sie  über  in: 

xmn  _l=  jy  F^X»); 

p/m 

jeder  Primteiler  Q(x)  von  Fmn(x)  ist  aber  zugleich  ein  Divisor 
von  xmn  —  1,  und  daher  in  einer  der  Funktionen  Fh{xn)  enthalten. 
Nun  war  soeben  in  dem  Satze  (3)  bewiesen  worden,  dafs  jeder  irre- 
ductible Teiler  Q(x)  von  Fft(xn)  notwendig  in  einer  der  primitiven 
Funktionen  F^^x)  enthalten  sein  mufs,  wenn  v  einen  der  Divisoren 
von  n  bedeutet.    Also  ist  jeder  irreductible  Teiler  von  Fm  n  {x)  zugleich 

Kronecker,  Zahlentbeorte.  I.  19 


290  Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

in  einem  FM(ot*)  und  in  einem  F^x)  enthalten,  wo  ft  bei  diesen 
beiden  Funktionen  denselben  Teiler  von  m  bedeutet.  Da  aber  Fmn(x) 
und  Fprfa)  nur  dann  einen  gemeinsamen  Teiler  besitzen,  wenn  sie 
identisch  sind,  so  mufs  p  =  m7  v  —  n  sein;  jeder  Primteiler  von 
Fmn(x)  ist  also  auch  in  Fm(£*)  enthalten,  und  wörtlich  ebenso  zeigt 
man,  dafs  er  auch  in  Fn{afn>)  auftritt,  d.  h.  dafs  in  der  That  Fmn{x) 
der  gröfste  gemeinsame  Teiler  erster  Stufe  von  Fm(xn)  und  Fnfaf")  ist. 
So  ist  z.  B. 

F€(x)  ~  (Ft(a*>,  W)); 

setzt  man  also  die  vorher  gefundenen  Werte  dieser  primitiven  Funk- 
tionen ein,  so  mufs  sein: 

&  —  x  +  1  ~  (x4  +  x*  +  1,  ar»  +  1), 

und  in  der  That  ist  #*  +  x%  +  1  =  (#*  —  x  +  1)  (x*  +  x  +  1)  und 
a?  -\-  \  =  (x  -f-  1)  (a?  +  x  4~  1)>  uud  diö  beiden  Funktionen  x* —  x  +  1 
und  x  +  1  besitzen  keinen  Teiler  erster  Stufe  mehr. 

Offenbar  erhalt  man  durch  mehrmalige  Anwendung  des  soeben 
bewiesenen  Hauptsatzes  unmittelbar  den  Beweis  des  folgenden  all- 
gemeineren Theorems: 

Ist  n=p*p*  •  •  pkrr  =  phlP1=p^Pi =  ph/Pr  die  Zer- 
legung einer  beliebigen  Zahl  in  ihre  Primzahlpotenzen,  so  besteht 
für  die  zugehörige  primitive  Funktion  Fn(x)   die   Äquivalenz: 


§4. 

In  einer  späteren  Vorlesung  werden  wir,  ohne  das  Gebiet  der 
ganzen  Zahlen  zu  verlassen,  die  Kreistheilungsgleichungen  x*  —  1=0 
mit  Hülfe  der  Theorie  der  Modulsysteme  eingehend  behandeln;  es  er- 
scheint jedoch  nicht  überflüssig,  hier  noch  die  Wurzeln  jener  Gleichungen 
direkt  zu  bestimmen  und  die  Zerlegung  der  Funktionen  x*  —  1  in 
ihre  n  algebraischen  Linearfaktoren  anzugeben.  Wir  wollen  diese 
Resultate  dann  benutzen,  um  die  Bedeutung  der  in  den  letzten  Ab- 
schnitten gefundenen  Sätze  einfach  darzulegen,  und  hierauf  eine  Reihe 
von  Anwendungen  dieser  Sätze  zu  geben. 

Es  ist  leicht,  alle  Wurzeln  der  Gleichung: 

(1)  x»  —  1 

durch  trigonometrische  oder  Exponentialfunktionen  direkt  darzustellen. 
Soll  nämlich  eine  komplexe  Zahl 


§  4.   Die  Kreisteilungsgleichungen.  291 

£  =  p(cos  <p  -[-  *  sin  <p) 

eine  Wurzel  jener  Gleichung  sein,  so  ergiebt  sich  bei  Substitution 
von  |  in  (1)  und  bei  Benutzung  der  Moivreschen  Formel  die  Gleichung: 

g»  =  p»(cos  (nqp)  +  *  sin  (*9))  =  1  f 

und  ihr  wird  bekanntlich  dann  und  nur  dann  genügt,  wenn 

p  =  l,  cos  (nq>)  =  1,  sin  (wqp)  =  0 

ist.  Es  mufs  also  der  Bogen  ntp  irgend  ein  Vielfaches  der  ganzen 
Kreisperipherie,  also  gleich  2kx  sein,  wo  k  irgend  eine  ganze  Zahl 
bedeuten  kann.  Alle  Wurzeln  der  Gleichung  (1)  besitzen  also  die 
Form*): 

v  6  K  1t      .  2  Kit 

£   =  cos +  *  sin (*=ot±i,±2,    ■)• 

Denkt  man  sich  in  der  komplexen  Zahlenebene  um  den  Nullpunkt 
mit  dem  Radius  1  einen  Kreis  beschrieben,  und  seine  Peripherie  von 


Fig.  1. 


*)  Betrachtet  man  für  ein  beliebiges  reelles  a  die  allgemeinere  Gleichung: 

<c*  =  4°*  =  cos  a  +  i  sin  <*, 

so  zeigt  man  genau  ebenso,  dafs  für  eine  Wurzel  £  =  pe9"  p  =  1  sein  mufs,  und 
ans  der  Gleichung: 

en<pi  ä  eai 

folgt  dann  ganz  ebenso  nq>  =  et  +  2lcn,  q>  = 1 ;  die  n  Wurzeln  dieser 

Gleichung   gehen   also   aus   der   einen: 

Ol 

e   —  cos k  *  sin  — 

«    '  n 

ikni 

durch  Multiplikation  mit  den  n  Kinheits wurzeln  e   n     für  k  =  lf    ,  ■•   n  hervor. 

19* 


292  Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

dem  Punkte  A^,  dem  Schnittpunkte  jenes  Kreises  mit  der  positiven 
Horizontalaxe,  ausgehend,  in  n  gleiche  Teile  geteilt,  so  entspricht  all- 
gemein  der  &te  Teilpunkt  Ak  einer  komplexen  Zahl  p(cos<p -j- ^sinqp), 

deren  absoluter  Betrag  p  =  1,  und  deren  Argument  g>  = ist ,   d.  h. 

die  Teilpunkte  A^,  A17  A^}  •••  repräsentieren  der  Reihe  nach  die 
Wurzeln: 

€0  =  1, 

£  =  cos \-  1  sin  — 

L  =  cos  2 (-  i  sin  2  — 


Aus  dieser  Darstellung  folgt  ohne  weiteres,  dafs  die  n  Wurzeln 
%o>  %i>  62;  •  •  •  5n— 1,  welche  jenen  n  Teilpunkten  A^,  Aly  •  •  •  -4*_i  ent- 
sprechen, sämtlich  von  einander  verschieden  sind,  dafs  aber  für  die 
folgenden  gn  =  £<>,  Sn+ 1  =  Si,  •  •  •  und  allgemein  £w+„  =  g,  ist.  Statt 
des  Teilpunktes  Aq  können  wir  auch  den  mit  ihm  zusammenfallenden 
An  wählen,  so  dafs  also  die  n  von  einander  verschiedenen  Wurzeln 
jetzt  gt,  £2,  •  •  •  g*  sind,  und  dies  soll  im  folgenden  immer  geschehen. 
Beachtet  man  weiter,  dafs  bekanntlich: 

tkni  ini    k 

ist,  und  dafs  eine  Gleichung  nten  Grades   nicht  mehr  als  n  von  ein- 
ander verschiedene  Wurzeln  besitzen  kann,  so  erhalten  wir  den  Satz: 
Die  n  Wurzeln  der  Gleichung 

x*  —  1  =  0 

sind   sämtlich   von   einander   verschieden,   und   man  findet  sie, 
wenn  man  in  der  Formel: 

2krti 

k  gleich  1,  2,  3,  .  .  .  n  annimmt.   Diese  n  Wurzeln  können  auch 
in  der  Form: 

£     E2    £8    •  •  •  in 

geschrieben  werden,  wenn  £x  =  e  n    ist ;  man  erhält  aber  genau 
dieselben  Wurzeln,  nur  in  anderer  Anordnung  in  der  Reihe: 

£*1       £*2      ...    t*n 


§  4.   Die  Kreisteilungsgleichungen.  293 

wenn  kif  fej,  •  •  •  kn  irgend  ein  vollständiges  Restsystem  modulo 

n  bedeutet. 
Hiernach  erhalt  man  bekanntlich  für  jeden  Wert  von  n  die  folgende 
Zerlegung  der  Funktion  rc*  —  1  in  ihre  Linearfaktoren 

n  n  ikfti 

(2)      *--i-j|(*-w-j7(*-« "  )• 

Wir  betrachten  nun  zunächst  den  primitiven  Teiler  von  z*  —  1 


ddt=*n 


und  untersuchen,  aus  welchen  Linearfaktoren  er  besteht.  Ersetzt  man 
in  (2)  n  durch  d'y  so  folgt: 

d'  ihni  d'  ihdni 

s-i-n(*—4')-n{— ■  )• 

i  i 

Setzt  man  aber  diesen  Wert  in  Fn(x)  ein,  so  wird 

d*  ihdni  §d 

(3)  *•-(*) -JJJK*-«-7-)  > 

d      A=.l 

wo  erstens  d  alle  Divisoren  von  n,  zweitens  hd  alle  Vielfache  von 
d,  also  tf,  2tf,  •  •  •  d'  d  durchläuft. 

Um  nun  zu  entscheiden,  aus  welchen  Linearfaktoren  Fn(x)  besteht, 

greifen  wir  irgend  einen  etwa  \x  —  e  *  )  heraus,  und  sehen  zu,  mit 
welchen  Exponenten  ad  behaftet  er  in  (3)  vorkommt.  Offenbar  kommt 
er  überhaupt  so  oft  vor,  als  sich  k  in  der  Form  hd  darstellen  läfst, 
wo  d  einen  Teiler  von  n  bedeutet,  und  jedesmal  besitzt  der  Linear- 
faktor den  zugehörigen  Exponenten  ed.  Ist  also  t  =  (n,  k)  der  gröfste 
gemeinsame  Teiler  von  n  und  k,  und  durchläuft  d  alle  Teiler  von  t, 

so  gehört  zu  jedem  solchen  Teiler  ein  Linearfaktor  \x  —  e  n  )  d.  h. 
Fn(x)  enthält  genau  die  Potenz: 


ikxi, 


(*  - rn 


d/t 


Nach  der  oft  benutzten  Fundamentaleigenschaft  der  Zahlen  c  ist  aber 
jener  Exponent  Se.  dann  und  nur  dann  von  Null  verschieden,  wenn 

*=*(»,  ft)  =  l,  wenn  also  k  zu  n  teilerfremd  oder  eine  Einheit  mo- 
dulo n  ist  und  dann  ist  jener  Exponent  gleich  Eins.  Also  ergiebt  sich 
für  den  primitiven  Divisor  Fn(x)  der  Ausdruck: 


294  Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

Uni 
Fn(x)=[](x-C*    ), 

wo  sich  das  Produkt  über  die  <p(n)  modulo  n  inkongruenten  Ein- 
heiten sly  s2}  •  •  •  S(p(n)  erstreckt,  und  hier  sieht  man  direkt,  dafs  der 
Grad  von  Fn(x)  gleich  <p(n)  ist.     Ebenso  ist  für  ein  beliebiges  m 

irni 

F*(x)  -  JJ  (x  -  e  ~~)  , 

(r) 

erstreckt  über  alle  inkongruenten  reduzierten  Brüche  mit  dem  Nenner 
m.  Hier  erkennt  man  ohne  weiteres,  dafs  zwei  solche  Funktionen 
Fm(x)  und  Fn(x)  keinen  Teiler  besitzen  können,  denn  hätten  sie  auch 
nur  einen  Linearfaktor  gemeinsam,    so  müfste  ja  für  ein  Zahlenpaar 


(V,  s)     e        =  e        f    d.  b.    es    müfsten    die    reduzierten    Brüche    — 

und  —  gleich  sein,  oder  sich  um  eine  ganze  Zahl  unterscheiden,  was 
offenbar  unmöglich  ist. 

1       2  n 

Denkt  man  sich  die  n  Brüche  —    —    ...—   auf   ihre    reduzierte 

n  7   n  7  n 

Form  gebracht,  und  alsdann  nach  ihrem  Nenner  geordnet,  so  besitzen 

genau  <p(n)  von    ihnen    den   Nenner  n,   und  allgemeiner  gehören   zu 

jedem  Divisor  d  von  n  genau  <jp(d)  reduzierte  Brüche     .  ,  -,  ,  •  •  •  -~- 
mit  dem  Nenner  d.    Nach  dem  soeben  bewiesenen  Satze  sind  dann  die 

q>(d)  zugehörigen  Potenzen  e    d    die  sämtlichen  Wurzeln  der  Gleichung 
Fd(x)  =  0,  d.h.  für  den  primitiven  Faktor  Fd(x)  besteht  die  Zerlegung: 

Fd(x)  =  U\*-e   '-")» 

und  da  jeder  der  n  Brüche  -'-   in  seiner  reduzierten  Form    zu    einem 

einzigen   Nenner   d   gehört,    so    ergiebt    sich    hier    sofort   die   bereits 
a.  S.  284  bewiesene  Zerlegung: 

x"  - l  =  17  *»• 

d/n 

Ehe  wir  zu  den  Anwendungen  übergehen,  wollen  wir  noch  einen 
auf  die  Zerlegung  in  die  Linearfaktoren  gegründeten  Beweis  dafür  an- 
geben, dafs  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  der  Funktionen  Fm(xH)  und 
Fnix"1)  gleich  dem  primitiven  Faktor  Fmn(x)  ist,  falls  m  und  n  teiler- 
fremd sind.     Ersetzt  man  in  der  Gleichung: 


$  4.   Die  Krei8teilung8gleichnngen.  295 

irni 


Fm(x)=f[(x-em) 


(r,m)=*l 


x  durch  xn  und  zerlegt  dann  nach  dem  in  der  Anmerkung  a.  S.  291  be- 
wiesenen Satze  jeden  einzelnen  Faktor  wiederum  in  seine  Linearfaktoren, 
so  ergiebt  sich  die  folgende  Gleichung: 


Imi  n  %riti        2k  ni 


Fm(x<>)  =  ri{x"-em)  =  IJY](x-em*        ') 


*=1      r 


-nn('-°'"{-+ii)).       fÄr) 

k  r 

und  genau  ebenso  erhält  man  durch  Vertauschung  von  m  und  n: 

*.(*■)  -  nn  (*  - "(" +=y )  •   es?-.-;-) 

h    $ 

Betrachtet  man  aber  die  nqp(m)  Brüche 

_*_    ,      r    __km  +  r  __    q  A=i,2,    n\ 

n     '    wn  mn  mn}  \  (*•,»») -1  / 

so  erkennt  man,  dafs  ihre  Zähler  g  =  Arm  +  r  einfach  alle  zu  m  teiler- 
fremden Zahlen  sind,  welche  <£  mn  sind.  Da  man  nun  durch  Ver- 
tauschung von  m  und  n  den  ganz  analogen  Ausdruck  für  Fn{xm)  er- 
hält, so  ergeben  sich  für  jene  beiden  Funktionen  einfach  die  folgenden 
Darstellungen: 

Fm(x»)  =  ]~J(x  ~~  e  mn  )  (<e.»o-i.  ei*») 

%ani 

Fn(af»)  =  J~J  (x—  emn)  («vo-i,  a<w»)), 

a 

Aus  ihnen  folgt  aber  ohne  weiteres,  dafs  jene  beiden  Funktionen  als 
gröfsten  gemeinsamen  Teiler  das  Produkt  aller  derjenigen  Linearfaktoren 


2tHi 


x —  emn  enthalten,  in  welchen  r  sowohl  zu  m,  als  auch  zu  n,  d.  h. 
also  zu  mn  teilerfremd  ist,  und  r  ^  mn  ist;  jener  gröfste  gemeinsame 
Teiler  ist  also: 

2t  ni 

2  J   \X e  mn  )  ((*,m»)-l,  t<mn)) 

x 

d.  h.  gleich  Fmn(x)y  w.  z.  b.  w. 


296  Dreiundzwanzigete  Vorlesung. 

§5- 

Zum  vorläufigen  Abschlufs  dieser  auf  die  Kreisteilungsgleichungen 
bezüglichen  Untersuchungen  wollen  wir  eine  wichtige  Folgerung  aus 
dem  im  §  2  hergeleiteten  Resultate  ziehen,  dafs 

(i)  ^«(i)-i>,i 

ist,  je  nachdem  m  eine  Primzahlpotenz  tf  ist,  oder  nicht.     Es  war: 

Irtti 

Fm(*)  =  JJ(*-era), 

r 

das  Produkt  erstreckt  über  irgend  ein  System  inkongruenter  Einheiten 
rur%j '  ' '  r<f(rn)  für  den  Modul  m;  da  aber  dann  die  <p(ro)  Zahlen 
( —  rÄ)  ebenfalls  ein  vollständiges  System  inkongruenter  Einheiten 
bilden,  so  ist  auch: 

trni 


Fm(x)  =  f](x-e     «), 


und  durch  Multiplikation  dieser  beiden  Darstellungen  erhält  man: 


2rni\  /  %mi 


Fm(x)  =  Jj{(c  -  e  m)(x- 


i 


m 

r  i  \x  —  e       /  \x  —  e 


««-«(;-"+«  m)+i 


(r) 
(r)       V 


* 


Setzt  man  in  dieser  Gleichung  x=  1,  so  erhält  man,  da 
—  =  4  sm  ( — 


2  —  2  cos  — -  =  4  sin  ( — J    ist, 


^m(l)  =  Jj2  Sin  ^  Cr,»)-!, 

r 

und  dieses  Produkt  ist  also  gleich  1  oder  gleich  p,  je  nachdem  m 
mehr  als  eine  Primzahl  enthält,  oder  eine  Primzahlpotenz  |>*  ist. 

Diese  Formel  benutzen  wir  nun  dazu,  die  Anzahl  der  in  einem 
gewissen  Intervalle  vorhandenen  Primzahlen  zu  bestimmen.  Die  9(1») 
Zahlen  r,  welche  <  m  und  zu  m  teilerfremd  sind,  teilen  wir  in  zwei 

Gruppen,  je  nachdem  sie  kleiner  oder  gröfser  als  —  sind,  und  wir  be- 
zeichnen die  der  ersten  Gruppe  durch  r,  die  der  letzten  durch  r\  wobei 
wir  bemerken,  dafs  für  m  >  2  offenbar  keine  der  Zahlen  r  =  y  sein 


§  5.   Anwendungen.  297 

kann.    Dann  besteht  immer  für  je  zwei  entsprechend«  Einheiten  r  und 
r    dieser  beiden  Gruppen  eine  Gleichung 

r  =  m  —  r,     also     sin ==  sin 

Man  erhalt  also  für  Fm(l)  die  folgende  einfache  Darstellung 


'-w  -  II » *  5  ■  /T  *  *  t?  -  /!(*  *  5)1 


(";:',')• 


Bezeichnen)  wir  also  der  Einfachheit  wegen  mit  Qm  alle  echten  Brüche 
— ,  welche  <-s-  sind  und  in  der  reduzierten  Form  den  Nenner  m 
haben,  so  ergiebt  sich  die  Gleichung 

(2)  [7  (2  sin  ^«)»-Al 

Qm 

je  nach  den  beiden  oben  unterschiedenen  Möglichkeiten  für  m. 

Wir  bilden  nun  das  allgemeinere  Produkt  /  I  (2  sin  p*r)2,  jetzt  aber 

erstreckt   über   alle   reduzierten    echten    Brüche    <  — ,   deren  Nenner 

gleich  oder  kleiner  als  eine  beliebig  gegebene  Zahl  N  ist.  Dieses 
Produkt  kann  offenbar  so  geschrieben  werden: 

N 

(3)  fl  (2  sin  ,«)■  =  YI TI  (2  8in  9»*?' 

Nach  (2)  sind  aber  alle  die  einzelnen  inneren  Produkte  gleich  Eins, 
für  welche  m  keine  Primzahlpotenz  ist,  und  diese  können  also  fort- 
gelassen werden,  während  sie  im  letzteren  Falle  gleich  p  sind.  Eine 
beliebige  Primzahl  ph  kommt  also  rechts  genau  so  oft  vor,  als  es  Po- 

tenzen  ph<^N  giebt;  ist  also  phh  die  Potenz  von  ph)  für  welche 

(4)  ft<N<plk+1, 
ist,  so  ergiebt  sich  aus  (3)  die  Gleichung: 


(5)  J7(2sinp*)*  =  J][> 


wo  das  Produkt  rechts  auf  alle  Primzahlen  erstreckt  werden  kann,  da 
für  alle  ph>  N  die  Exponenten  hk  von  selbst  Null  werden.     Da  aus 

der  Ungleichung  (4)  offenbar: 


298  Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

INI 


also  hk  = 
werden: 


L'^J 


folgt,  so  kann  unsere  Gleichung  auch  so  geschrieben 


(5»)  JJ  (2  sin  <,*)»  =  JJpL«i>J ; 

!  '.  i 

wo  sich  das  Produkt  links  über  alle  reduzierten  Brüche  <  -^-  erstreckt, 

deren  Nenner  <C  JT  ist,  während  es  rechts  auf  alle  Primzahlen  p  aus- 
zudehnen ist.  Nehmen  wir  in  dieser  Gleichung  auf  beiden  Seiten  die 
Logarithmen  und  dividieren  wir  durch  IN,  so  folgt: 

Q  P 

oder  da  nach  der  Definition  des  Symboles  [A] 

ist,  wo  dp  für  jedes  p  einen  echten  Bruch  bezeichnet,  so  ergiebt  sich 
endlich  die  Formel: 

^I(»-inf«)-2(l-*,.ä), 

<>  (P) 

welche  besonders  dadurch  merkwürdig  erscheint,  dafs  auf  ihrer  linken 
Seite  die  Primzahlen  garnicht  explicite  auftreten,  während  rechts  nur 
diese  vorhanden  sind.  Diese  Gleichung  gewährt  uns  eine  ungefähre 
Schätzung  für  die  Anzahl  AN  der  Primzahlen  unterhalb  der  beliebig 
angenommenen  Zahl  N]  läfst  man  nämlich  auf  der  rechten  Seite  die 

echten  Brüche  öp  •  ^  fort,  welche  für  einen  grofsen  Wert  von  N  für 

die  meisten  Primzahlen  p  sehr  klein  werden,  so  ergiebt  sich  für  jene 
Anzahl  AN  der  zu  kleine  aber  angenäherte  Wert 

Wir  können  endlich  die  Gleichung  (5)  dadurch  vereinfachen,  dafs 
wir  auf  ihrer  rechten  Seite  alle  diejenigen  Primzahlen  zusammenfassen, 
welche  denselben  Exponenten  kh  besitzen.     Sind  nämlich: 

P»  Pk>  Pk" ' ' ' 
alle  und  nur  die  Primzahlen,  für  welche 


pk<N<pk+\    also     Nk+x<p^Nh 

1 

oder,  was  dasselbe  ist,  sind  pk9 pv • •  •  alle  in  dem  Intervalle  N**1  --N 
vorhandenen  Primzahlen,  so  geht  unsere  Gleichung  über  in: 

(5»)  7J  (2  sin  Q*y  =  ]~[  (ft  j»;  •••)*• 


*=1,2 


Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

Die  arithmetische  Funktion  ^w(3f,  JV).  —  Ihre  genaue  Berechnung.  —  Anwendung: 
Bestimmung  der  Anzahl  aller  Primzahlen  unterhalb  einer  gegebenen  Grenze.  — 
Näherungsweise  Berechnung  der  Funktion  %n(M,  N).  —  Die  arithmetische  Funk- 
tion %t{A,D).  —  Ihr  genauer  Wert.  —  Naherungsweise  Berechnung  dieser  Funk- 
tion. —  Anwendung:  Die  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dafs  zwei  beliebige  Zahlen 
teilerfremd  sind.  —  Der  Mittelwert  arithmetischer  Funktionen.  —  Berechnung  des 
Mittelwertes  mit  Hülfe  der  Eulerschen  Summenformel.  —  Anwendungen.  —  Be- 
rechnung des  Mittelwertes  mit  Hülfe  der  Dirichletschen  Reihen. 

8  1- 

Wir  waren  im  Anfange   dieses   Kapitels  von  dem   Zahlensystem 

(1, 1),    (1,  2),    (1,  3),  • •  • 

(2,1),    (2,2),    (2,3),-.. 

(1)  ((*,  *))  -  (3, 1),    (3,  2),    (3,  3),  •  ■  • 


ausgegangen,  in  welchem  jedes  Element  (i,  Je)  ~  t,  nämlich  äquivalent 
dem  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  von  i  und  Je  war;  wir  hatten  dann 
die  Elemente  (i,  Je),  (/',  &'),  •  •  •  welche  denselben  gemeinsamen  Teiler  t 
besitzen,  als  äquivalent  angesehen  und  in  eine  und  dieselbe  Klasse  Kt 
geordnet,  und  wir  hatten  uns  schon  damals  die  Aufgabe  gestellt,  die 
Anzahl  aller  derjenigen  Elemente  (i,  Je)  in  einem  gegebenen  begrenzten 
Bereiche  zu  finden,  welche  einer  gegebenen  Klasse  Kt  angehören. 

Wir  nehmen  dies  Problem  jetzt  wieder  auf  und  fragen  zunächst 
nach  den  Systemen  (i,  Je)  in  einem  beliebigen  Abschnitte  einer  einzigen 
Horizontalreihe  Hn,  welche  die  Invariante  Eins  besitzen,  d.  h.  wir 
stellen  uns  die  folgende  Aufgabe: 

Es  seien  M  und  N  zwei  beliebige  ganze  Zahlen  und  M  <  N; 

es  soll  die  Anzahl  zH(Mf  N)  aller  Systeme 

(n,M+l),  (n,M+2),  •••(«,  N) 

gefunden  werden,  welche  äquivalent  Eins  sind,  oder  es  soll  die 
Anzahl  aller  Zahlen  r  in  dem  Intervalle 

M<r<N 


300  Vierundzwanziggte  Vorlesung. 

gefunden  werden,   welche  zu  einer  beliebig  gegebenen  Zahl  w 

teilerfremd  sind. 
Diese  Aufgabe  wurde  in  dem  speziellen  Falle  M  =  0,  N  =  n  a.  a.  0. 
bereits  gelöst,  und  es  ergab  sich  hier  ^(0,  n)  =  ?>(»).  Offenbar  erhalt 
man  die  hier  gesuchte  Anzahl,  wenn  man  erst  die  Anzahl  z„(0,  N)  der 
Zahlen  r  <^N  aufsucht,  welche  zu  n  teilerfremd  sind  und  von  ihr  die 
entsprechende  Anzahl  %n(0,  M)  der  Zahlen  r<^M  abzieht,  d.  h.  es  ist 

(1)  Zn(M,  N)  -  Zn(0,  N)  -  z,(0,  M) . 

Es  seien 

Pu  ft>  • "  Pg 

alle  von  einander  verschiedenen  Primfaktoren  von  n,  ihrer  Grösse  nach 
geordnet.  Dann  erhält  man  die  Anzahl  ^(0,  N)  aller  zu  n  teiler- 
fremden Zahlen  r  <i  N,  indem  man  von  der  Anzahl  aller  Zahlen  <.  N, 
d.  h.  von  N  die  Anzahl  aller  derjenigen  Zahlen  abzieht,  welche  mit  n 
einen  der  Primfaktoren  pa  gemeinsam  haben.  Für  eine  einzige  Prim- 
zahl pa  ist  aber  jene  letztere  Anzahl  offenbar  gleich     —  I  •    Zieht  man 

9 

aber  von  N  die  über  alle  g  Primfaktoren  erstreckte  Summe  ^.    — 
ab,  so  ist  die  Differenz:  Ä=1 

*-2& 


[ZI 


offenbar  kleiner  als  die  gesuchte  Anzahl,  denn  wir  haben  ja  alle  und 
nur  diejenigen  Zahlen  r  mehr  als  einmal  gerechnet  und  abgezogen, 
welche  zwei  von  einander  verschiedene  Primzahlen  pa  und  p*  mit  n 

gemeinsam  haben,  und  da  ihre  Anzahl  für  irgend  zwei  solche  Zahlen 
gleich     ist,  so  müssen  wir  zu  der  obigen  Differenz  noch,  die 

über  alle  ^^ — -  Produkte  pap^  erstreckte  Summe  ^    hinzu- 

a,{j     \-PaPflJ 

fügen.     Die  so  sich  ergebende  Summe: 


'-?E]+2fcSd 


ist  aber  wieder  zu  grofs,  weil  jetzt  wieder  alle  diejenigen  Zahlen  r 
mehr  als  einmal  gerechnet  und  hinzugefügt  worden  sind,  welche  drei 
von  einander  verschiedene  Primfaktoren  paf  pfi,  p  von  n  enthalten,  u.  s.  w. 

Fährt  man  in  derselben  Weise  fort,  so  erhält  man  zuletzt  für  die  ge- 
suchte Anzahl  den  Ausdruck: 


in 


§  1.   Die  arithmetische  Funktion  %n(MyN).  301 

und  man  überzeugt  sich  nachträglich  leicht,  dafs  hier  in  der  That  jede 
zu  n  teilerfremde  Zahl  r  einmal  gezählt  ist,  während  alle  übrigen  Zahlen 
nicht  mit  gerechnet  sind.  Ist  nämlich  (r,  n)  =  t  und  besitzt  t  genau  y  von 
einander  verschiedene  Primfaktoren,  so  ist  r  unter  den  N  ersten  Zahlen 

einmal  mitgezählt,  in  der  zweiten  Summe  ^    —     genau  y  Male,  i 

der  dritten  Summe   genau   7  Male   u.  s.  w.,  d.  h.  man  erkennt 

genau  wie  a.  S.  249,  dafs  die  Zahl  r  in  jenem  Ausdruck  z»(0,  N)  genau 

1-y+^----±1  =  (1-1)y 

Male,  d.  h.  einmal  oder  garnicht  gezählt  wird,  je  nachdem  y  =  \  oder 
y  >  1,  d.  h.  je  nachdem  (r,  n)  ~  1  ist  oder  nicht. 

Dieselbe  Überlegung  bleibt  auch  in  dem  allgemeineren  Falle  richtig, 
wenn  die  obere  Grenze  N  des  Intervalles  keine  ganze  Zahl,  sondern 
ein  beliebiger  Bruch  ist,  nur  ist  dann  die  Anzahl  aller  Zahlen  r  ^N 
nicht  gleich  N,  sondern  gleich  [N],  während  alle  übrigen  Betrach- 
tungen unverändert  richtig  bleiben.    Es  ist  also  für  ein  beliebiges  N: 

oder  einfacher  bei  Einführung  der  Zahlen  sm: 

wo  jetzt  die  Summation  über  alle  Teiler  d  von  n  zu  erstrecken  ist. 

Nach  der  oben  bewiesenen  Gleichung  (1)  erhält  man  also  für  die 
Anzahl  %n{M9  N)  der  zwischen  r  =  M  und  r  =  N  liegenden  Systeme 
(n,  r)  ~  1  den  einfachen  Ausdruck: 

«.«*)-.z*fi]-[a>. 

d/n 

wo  wieder  über  alle  Teiler  d  von  n  zu  summieren  ist,  und  wo  sowohl 
M  als  N  ganze  oder  gebrochene  Zahlen  bedeuten  können. 
Wir  wollen  nach  dieser  Formel  die  Anzahl: 

fc,(100, 120) 


302  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

aller  Zahlen  zwischen  100  und  120  berechnen,  welche  zu  15  teuer- 
fremd  sind.     Hier  sind  die  Teiler  d  von  15 

1,        3,         5,    15, 

die  zugehörigen  Werte  von  sd 

i,  -i,  -i,  i, 

und  da  für  diese  Teiler  der  Reihe  nach: 

pj]  =  120, 40,  24,  8;    [^]  =  100, 33, 20,  6 

ist,  so  erhalt  man  die  folgende  Darstellung: 

Zl6(100, 120)  =  (120  —  100)  —  (40  —  33)  —  (24  —  20)  +  (8  —  6)  =  11, 

und  in  der  That  sind  die  innerhalb  dieser  Grenzen  liegenden  zu  15 
teilerfremden  Zahlen  die  11  folgenden: 

101,  103,  104,  106,  107,  109,  112,  113,  116,  118,  119. 

Wir  wollen  diese  Formel  benutzen,  um  die  Anzahl  aller  Prim- 
zahlen unterhalb  einer  beliebig  gegebenen  Grenze  N  zu  berechnen. 
Es  seien 

(4)  JPi,  A,  •  •  •  A 

alle  diejenigen  Primzahlen,  welche  <^YN  sind.  Wählen  wir  dann 
speziell 

so  müssen  die  in  dem  Intervalle  (YN  •  •  •  N)  liegenden  zu  n  relativen 
Primzahlen  notwendig  absolute  Primzahlen  sein,  denn  wäre  eine  solche 
Zahl  r  das  Produkt  auch  nur  von  zwei  Primfaktoren,  so  müfste  jeder 

von  ihnen  notwendig  <^  YN  sein,  also  in  der  Reihe  (4)  vorkommen, 
d.  h.  r  und  n  hätten  einen  gemeinsamen  Teiler.     Also  ist: 

d/n  d/n  d/n 

die  Anzahl  aller  Primzahlen  in  dem  Intervalle  fyN  •  •  •  N).  Nach  der 
allgemeinen  Formel  ist  nun  die  Anzahl  %n(0,  Y^J  der  zu  n  teiler- 
fremden Zahlen  in  dem  Intervalle  (0  •  •  •  Y^) 

d/n 

also  genau  gleich  jener  zweiten  Summe;  aber  diese  Anzahl  ist  gleich 


§  1.    Anzahl  aller  Primzahlen  unter  einer  gegebenen  Grenze.  303 

Eins,  da  jede  Zahl  r  <,YW  mit  Ausnahme  der  Zahl  1  mindestens  eine  der  v 
Primzahlen  p  <  Y^N  enthalten  mufs.     Also  ist : 

Nimmt  man  also  zu  ihnen  noch  die  v  Primzahlen  plr  pt,  ■  ■  ■  pr  unter 

yW  hinzu  und  rechnet  aufserdem  die  Zahl  1    als  Primzahl   mit,   so 
ergiebt  sich  der  Satz: 

Die  Anzahl  aller  Primzahlen,  welche  in  der  Reihe  1,  2,  3,  •  •  •  N 

vorkommen,  ist: 

d/n 

wenn  die  Summation  auf  die  Divisoren  d  des  Produktes 
n  =PiPz  -  •  •  pv  aller  zwischen  1  und  "J/jV  liegenden  Primzahlen 
erstreckt  wird. 

Diese   elegante    und   sehr    brauchbare    Formel    ist   eine   der  wenigen 

genauen,  die  wir  über  die  Primzahlen  kennen. 

Wir  wollen  als  Beispiel  die  Anzahl  aller  Primzahlen  aufsuchen, 

welche  kleiner  als  50  sind.     Hier  ist: 

2V=50,    [}/F]  =  7,    also    n  —  2  .  3  .  5  -  7  =  210, 
es  sind  also  die  Teiler  d  von  n  der  Reihe  nach: 

d  -  1;    2,    3,    5,     7;    6,  10,  14,  15,  21,  35;  30,  42,  70,105;210, 

[N~\ 
■j    sind: 

ad  -  1;  — 1,  —1,  —1,  —1;  +1,  +1,  +1,  +1,  +1,  +1  j  —1,  —1,  —1,  —1 ;  +1 

[5]-60;  25,  16,  10,     7;    8,    5,    3,    3,    2,     1;     1,     1,    0,     0;     0, 

es  ergiebt  sich  also  die  gesuchte  Anzahl  gleich: 

4  +  50  —  (25+16  +  10  +  7)  +  (8+5+3+3  +  2  +  l)  — (1  +  1)  =  17, 

und   in   der  That   lehrt  ein  Blick   auf  die  Tabelle  a.  S.  67,  dafs  die 
16  Primzahlen 

1,  2,  3,  5,  7,  11,  13,  17,  19,  23,  29,  31,  37,  41,  43,  47 

kleiner  sind  als  50. 

Es  sei  zweitens  N  =  120,  also  [j/F]  =  10,  n  =  2  .  3  •  f>  •  7. 
Hier  sind  die  Werte  von  d  und  €d  offenbar  dieselben  wie  vorher,  man 
erhalt  daher  aus  den  obigen  Reihen  für  die  gesuchte  Anzahl: 

4  +  ^b*  ■  \}f]  -  4  +  120  -  (60  +  40  +  24  +  17) 

+  (20  +  12  +  8  +  8  +  5  +  3)       (4  +  2  +  1  +  1)  =  31, 


304  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

und  in  der  That  kommen,  wie  die  soeben  erwähnte  Tabelle  lehrt,  zu 
den  16  vorher  betrachteten  Primzahlen  noch  die  15  folgenden: 

53,  59,  61,  67,  71,  73,  79,  83,  89,  97,  101,  103,  107,  109,  113 

zwischen  50  und  120  hinzu. 

-r    durch  die 

iV 
Brüche  -,-,   welche  sich  ja  von  jenen  nur  um  einen  positiven  echten 

Bruch  unterscheiden,  so  erhält  man  den  folgenden  angenäherten  Wert 
für  die  Anzahl  aller  unter  N  liegenden  Primzahlen: 

wo  sich  das  Produkt  rechts  auf  die  v  unter  YW  liegenden  Primzahlen 
P\  >  * "  *  Pv  erstreckt. 

Diese  Annäherung  ist  schon  für  kleine  Werte  von  N  eine  sehr 
gute.  So  ergiebt  sich  z.  B.  für  die  beiden  vorher  behandelten  Fälle 
N=  50  und   N=  120  statt  der  genauen  Anzahlen  16  und  31  bezw. 

4 + 50  4^4t? = 15>6  bzw-  4+120  ^l=31>4> 

beide  Male  ist  also  der  Fehler  noch  kleiner  als  —     Man   kann  auch 

leicht  ein,  wenn  auch  verhältnismäfsig  sehr  grofses  Intervall  angeben, 
innerhalb  dessen  der  bei  dieser  Annäherung  gemachte  Fehler  liegen 
mufs.     Ersetzt  man  nämlich  in  der  Summe: 

m-2[$+2\ä]~~ 

die  gröfsten  Ganzen  alle  durch  die  entsprechenden  Brüche  selbst,  so 
wird  bei  jedem  einzelnen  Gliede  ein  Fehler  begangen,  der  positiv  oder 
negativ,  aber  absolut  genommen  stets  kleiner  als  Eins  ist.  Also  liegt 
der  Gesamtfehler  zwischen  -f~  A  und  —  A,  wenn  A  die  Anzahl  aller 
jener  Glieder  ist;  da  aber  für  diese  Anzahl  offenbar: 

ist,  so  ergiebt  sich  für  die  Anzahl  aller  Primzahlen  unter  N  die 
Näherungsformel : 

wo  €  ein  unbekannter  positiver  oder  negativer  echter  Bruch  ist;  die 
Grenze  des  Intervalles  der  Unbestimmtheit  ist  also  gleich  21"*"1,  wenn 
v  die  Anzahl  aller  Primzahlen  unterhalb  }/N  bedeutet. 


§  2.   Die  arithmetische  Funktion  91,04,  D).  305 

§2. 

Wir  wollen  jetzt  die  im  §  1  dieser  Vorlesung  a.  S.  299  gestellte 
Aufgabe  in  dem  Falle  lösen,  dafs  der  Bereich  der  zu  untersuchenden 
Elemente  (i,k)  durch  ein  beliebiges  Rechteck  ABCD  begrenzt  wird, 
dessen  Seiten  der  Horizontalaxe  und  der  Vertikalaxe  in  dem  Schema 
((*,  Ä*))  parallel  laufen;  wir  bezeichnen  also  durch 

%{A,  D) 

die  Anzahl  aller  Elemente  (i,  Je)  innerhalb  des  Rechteckes  ABCD, 
welche  äquivalent  t  sind,  für  welche  also  i  und  k  den  gröfsten  gemein- 
samen Teiler  t  haben,  und  suchen  diese  Anzahl  für  ein  beliebiges 
Rechteck  ABCD  und  für  einen  beliebigen  Wert  von  t  zu  bestimmen. 
Ich  bemerke  gleich,  dafs  wir  diejenigen  Systeme  (»,  k\  welche  eventuell 
auf  den  äufseren  Begrenzungsseiten  BD  und  CD  liegen,  dem  Recht- 
eck zuzählen  wollen,  dagegen  wollen  wir  diejenigen  Elemente  nicht 
mitrechnen,  welche,  sich  auf  den  inneren  Seiten  AB  und  AC  befinden. 

Zunächst  erkennt  man,  dafs  wir  uns  bei  dieser  Frage  auf  den  Fall 
beschranken  können,  dafs  die*  erste  Ecke  A  des  Begrenzungsrechteckes 
mit  dem  ersten  Elemente  (1,  1)  zusammenfällt,  welches  mit  0  be- 
zeichnet werden  mag.  Kennt  man  nämlich  für  einen  beliebigen 
Punkt  P  jene  Anzahl  Ä,(0,  P),  so  wird,  wie  die  nebenstehende  Figur 
ohne  weiteres  ergiebt,  die  Anzahl  %(Af  D)  durch  die  Gleichung: 

( 1)       %{A,  D)  =  %{0,  D)  -  %(0,  C)  -  «,(0,  £)  +  %(0,  Ä) 

gegeben,  denn  jedes  System  (i,  k)  mit  der  Invariante  t  wird  in  dem 
Aggregate  rechts  dann  und  nur  dann,  und  zwar  einmal  gezählt,  wenn 
es  in  dem  Rechteck  ABCD  liegt; 
dagegen  hebt  es  sich  in  den  An- 
zahlen rechts  fort,  wenn  es  in  einem 
der  drei  anderen  Partialrechtecke 
vorkommt.  Ferner  erkennt  man 
leicht,  dafs  jene  Formel  (1),  falls 
ABCD  ein  inneres  Rechteck  ist, 
auch  dann  noch  richtig  bleibt,  wenn 
man  üj  jenen  Rechtecken  (0,  P) 
alle  vier  Seiten  dem  Inneren  des  Rechteckes  zuzählt.  Will  man  dies  nicht, 
so  braucht  man  das  ganze  System  (dk))  nur  noch  mit  einer  nullten  Hori- 
zontalreihe (0,  0),  (0,  1),  (0,  2)  •  •  •  und  entsprechend  mit  einer  nullten 
Vertikalreihe   (0,  0),  (1,  0),  (2,  0)  •  •  •    zu   rändern,   und  den   Anfangs- 

Krooecker,  Zahlentheorie.   I.  20 


Fig.  2. 


306  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

punkt  jetzt  nach  dem  Elemente  (0,  0)  zu  verlegen.     Wir  wollen  im 
Folgenden  diese  letztere  Annahme  machen. 

Es  habe  jetzt  der  Punkt  P  die  Koordinaten  (x  =  m,  y  =  n),  wobei 
m  und  n  wieder  beliebige  ganze  oder  gebrochene  Zahlen  sein  können. 
Da  das  System  ((t,  k))  symmetrisch  ist,  so  können  wir  m  <^  n  annehmen, 
weil  sich  die  Anzahl  Ä<(0,  P)  bei  einer  Vertauschung  der  Zeilen  und 
Kolonnen  nicht  ändert.  Wir  können  die  zu  lösende  Fundamentalauf- 
gabe jetzt  also  folgendermafsen  aussprechen: 

Wie  grofs  ist  die  Anzahl  %(0,  (m,  n))  aller  Zahlensysteme  (i,  k), 

für  welche 

l^i<^m;     1^Ä<C»;     m^n 

ist,  und  die  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  t  besitzen? 
Man  findet  diese  Zahl  durch  eine  Betrachtung,  welche  der  a.  S.  300 
durchgeführten  durchaus  anlog  ist,  hier  also  nur  angedeutet  zu  werden 
braucht. 

Sollen  die  beiden  Zahlen  i  und  k  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler 
t  haben,  so  müssen  sie  sicher  Multipla  von  t  sein,  und  da  in  der  Reihe 

1,  2,  •  •  •  m  genau  \-t\9  in  der  Reihe  1,  2,  •  •  •  n  genau  |y  j  Vielfache 

von  t  enthalten  sind,  so  ist  die  Anzdhl  aller  Zahlensysteme  (i,  k)} 
welche  innerhalb  (0,  (m,  n))  überhaupt  den  Teiler  t  haben,  genau  gleich 

I       r  y  5  un<J  zwar  kann  hier  t  ganz  beliebig  gewählt  sein,  denn  jenes 

Produkt  wird  ja  von  selbst  Null,  wenn  t  gröfser  als  m  oder  n  ist,  da 

dann     -      oder     -      echte  Brüche,  die  in  ihnen  enthaltenen  gröfsten 

ganzen  Zahlen  also  Null  sind.  Um  aber  diejenigen  Systeme  zu  finden, 
deren  gröfster  gemeinsamer  Teiler  t  ist,  mufs  man  von  jenen  zunächst 
alle  diejenigen  Systeme  (i,  k)  abziehen,  für  welche  i  und  k  beide  durch 
pt  teilbar  sind,  wenn  p  irgend  eine  bestimmte  Primzahl  bedeutet;  nach 
dem  soeben  benutzten  Satze  ist  aber  die  Anzahl  dieser  Systeme  gleich 

So  ergiebt  sich  die  Differenz: 


Lpt1  Lpt] 


R][t]- 2  K][,U 


in  welcher  die  Summation  auf  alle  Primzahlen  erstreckt  werden  kann, 
da  alle  Produkte  von  selbst  Null  werden,  für  welche  pt  >  m  ist.  In 
diesem  Ausdrucke  sind  aber  wieder  alle  diejenigen  Systeme  (i,  fy  zwei- 
mal abgerechnet  worden,  in  denen  i  und  k  einen  gemeinsamen  Teiler 
pp't  besitzen,  wo  p  und  p  irgend  zwei  von  einander  verschiedene 
Primzahlen  sind.  Fügt  man  daher  die  Anzahl  aller  dieser  Systeme 
hinzu,  ergiebt  sich  genau  ebenso: 


§  2.   Die  arithmetische  Punktion  Xt(A,  D).  307 

Ltj  LtJ  ~  £  lytl  [pii  +  2j  L^T'ü  iWtv 

durch  analoges  Weiterschliefsen  erhält  man  zuletzt  für  die  gesuchte  An- 
zahl den  Ausdruck: 

(2,     »,(0,(»,„,)-[f][i]_2[S]K]+^b?i][??l]--. 

P  PiP 

und  man  überzeugt  sich  wiederum  leicht  a  posteriori  von  der  Richtig* 
keit  dieser  Gleichung;  ist  nämlich  ein  Element  (iy  Je)  ^  Xt  und  enthält  A 
genau  v  von  einander  verschiedene  Primfaktoren,  so  erkennt  man 
genau,     wie    a.   S.   301,    dafs    jenes    Element    bei     dieser    Zählung 

1  —  v  -f-        ~     —  •  •  •  =  (1  —  1)*  Male  gerechnet  wurde.    Unter  Be- 

nutzung  der  Zahlen  ek  kann  dieser  Ausdruck  kürzer  so  geschrieben 
werden: 

OD 

2 


(2»)  «w<*«>)-2'»[£H-5]' 


und  zwar  kann  diese  Summe  unbedenklich  über  alle  unendlich  vielen 
Zahlen  Je  =  1,  2,  •  •  •  ausgedehnt  werden,  da  alle  Glieder  verschwinden, 

für  welche  ,--  <  1  oder  Je  >  |  — |  ist.     Man  kann    daher  jene   Summe 

in  endlicher  Form  auch  folgendermalsen  schreiben: 

in 

(2>)  a,(o,  <»,„))_  2 «,[»]  Kl- 

Es  sei  z.  B.  m  =  50,  n  =  60,  t  =  l.     Dann  ist: 

«,(0,  (60,  60,)  -[?]•[?]-  [£]  ■  [£]  -  [£]  [£] 

r  50  i    r  60  -| r  60  n    r  601   ,   r    so   i    r    60   i 

=  56  —  (12  +  4  +  1  +  1)  +  1  =  39; 

es  giebt  also  in  jenem  Rechtecke  genau  39  Zahlensysteme  (i,  k),  deren 
gröfater  gemeinsamer  Teiler  gleich  7  ist. 


§3. 

Die  im  vorigen  Abschnitt  gefundene  Anzahl  %(0,  (m,  n))  wollen 

wir  jetzt  abschätzen,  um  dann  zu  untersuchen,  welcher  Grenze  sie  sich 

nähert,  wenn  die  Seiten  des  begrenzenden  Rechteckes  unendlich  grofs 

werden.     Zu   diesem  Zwecke  ersetzen  wir  in  dem  Ausdrucke  (2b)  die 

20* 


308 


Vierundxwanzigste  Vorlesung. 


in  ihm  auftretenden  gröfsten  ganzen  Zahlen  j-t  unc|  ,- 1  durch  die 
zugehörigen  Brüche.     Setzt  man  nämlich  allgemein: 

p»n m *        rnn _n  *. 

\JctJ~  kt       °*'     Lkt]~kt       °*> 

so  sind  dt  und  «;  der  Erklärung  des  Gaussischen  Zeichens  gemäfe 
nicht  negative  echte  Brüche,  und  man  erhält  dann  für  jene  Anzahl  den 
Ausdruck: 


m 
7 


«,(o,  (m, »))  -  2^g  - «»)  (£  - «;) 


(i) 


_mn  ^7^_  m  ^  W  _  «    V  !i!*    i     V.Ar 
~   t*  j£J  £*  t  ;LJ     k  t  J^J     k     ^  jLJ    *   *  * 

Die  erste  Summe  schreiben  wir  anders:     Da  nämlich  identisch: 


m 

T 


(2) 


*=a 


k%  ~  <4J  k* 


*=i 


jt= 


ist,  und  da  nach  der  Bemerkung  a.  S.  264  Nr.  (lb)  für  jedes  *  >  1 


1  -H  z.7 


ist,  so  ergiebt  sich  für  diese  erste  Summe  in  (2) 


^1  ic*  ~    ~ 


1; 


weil  nach  der  a.  S.  259  gemachten  Bemerkung  ^^  &•  =  IT  ^s^*    ^er 

1 
nach  kann  unsere  Gleichung  (1)  einfacher  so  geschrieben  werden: 

(3) 

wo  das  Restglied  R  den  folgenden  Wert  hat: 


8,(0, 0», »,)  _  !i .  1,  -  B 


mn 


m 
~t 


r**\    n  _  mn    >•  *  4.  m  V  *  *  4. 

r=T+i        i  *         * 

Wir  wollen  diesen  Rest  nicht  genau  berechnen,  sondern  nur  zwei 
Grenzen  angeben,  zwischen  denen  R  notwendig  liegt;  wir  werden  dann 

sehen,  dafs  das  Verhältnis  mit  wachsendem  m  unendlich  klein  wird, 

7  mn 


§  8.    Näherungsweise  Berechnung  der  Funktion  %t(A,  D). 


309 


and  mit  Hilfe  dieser  einen  Thatsache  kann  der  Grenzwert  von 
8/(0,  (tn,  n))  für  m  =  oo  leicht  gefunden  werden.  Ich  zeige  nun  durch 
eine  Abschätzung  der  einzelnen  Summen,  aus  denen  R  besteht,  dafs 
jenes  Restglied  zwischen  den  beiden  Grenzen: 


(3b) 


±\™i^-  +  ?lt^(1  +  1t)  +  t\ 


t 


—  1 


J 


liegen  mufs.     Es  ist  nämlich  zunächst 


Nun  folgt  aus  der  Gleichung  (1)  a.  S.  258 

6  » 


(4) 


falls  f(x)  eine  Funktion  ist,  welche  mit  wachsendem  Argumente  ab- 
nimmt. Aber  aus  dieser  Formel  ergiebt  sich  für  f(x)  =  —  und  für 
6  =  oo  ^  oo 

i  v     J  x9 } 

*  * 

X 

und  för  z  =  2,  a  =  |    - 1  erhält  man  endlich,  da  /    -t  =  —  ist, 


(5) 


Mit  Hilfe  derselben  Fundamentalformel  (4)  kann  man  auch  die 
zweite  und  dritte  Summe  in  R  abschätzen.     Offenbar  ist  nämlich: 


m 
t 


#<2i->+ 


1 
wie  man  leicht  erkennt,  wenn  man  in  (4)  a  «=  1,  b  =*»  I  -  ,  f(x)  «=  — - 

setzt.    Ersetzt  man  also  noch  rechts  |y  1  durch  den  gröfseren  Bruch  -r- , 

und  beachtet  man,  dafs  die  dritte  Summe  in  dem  Ausdrucke  (3*)  von 
R  ganz  gleich  gebildet  ist,  so  folgt: 


(.W 


2- 


t9k  I 

.-       und 
k 


m 

T 


<i  +  Kf) 


310 


Vierundzwanzigste  Vorlesung. 


Endlich  besteht  für  die  vierte  Summe  offenbar  die  Ungleichung: 


(&b) 


€kdkdk 


Setzt  man  die  so  gefundenen  Grenzen  (5),  (5a),  (5b)  für  die  vier  Sum- 
men in  R  ein,  so  findet  man,  dafs  jR  in  der  That  innerhalb  der  beiden 
in  (3b)  angegebenen  Grenzen  liegt. 
Wir  wollen  nun  das  Verhältnis: 


Mt 


mn 


der  Anzahl  der  zur  Klasse  Kt  gehörigen  Elemente  in  dem  Recht- 
eck (0,  (m,  n))  zu  der  Anzahl  mn  aller  in  ihm  enthaltenen  Elemente 
oder,  was  dasselbe  ist,  die  mittlere  Anzahl  der  Elemente  (if  k)  ~t  in 
unserem  Rechteck  (0,  (w,  n))  bestimmen. 

Ersetzt  man  den  Rest  R  durch  seinen  Ausdruck  (3b),  so  erhält 
man  für  jenes  Verhältnis  den  Wert: 


Mt 


6       1     ,     1   j  1 

w» '  i1  —  t     i 


m 
T 


wo  das  in  gewundenen  Klammern  stehende  zweite  Glied  hier  wie  im 
folgenden  immer  eine  zwischen  den  beiden  Grenzen  liegende  Zahl  be- 
deutet, welche  dem  positiven  und  dem  negativen  Vorzeichen  entsprechen. 

Ersetzt  man  noch,  was  offenbar  erlaubt  ist,  —  durch  die  gröfsere  oder 
ihr  gleiche  Zahl  — ,  so  erhält  man  schliefslich : 

*-iv±Tl,rr,  +  =(»  +  »(T))l-. 

Schon  dieser  Ausdruck  würde  für  die  zunächst  zu  ziehende  Folgerung 
genügen.  Um  ihn  aber  noch  weiter  zu  vereinfachen  bemerke  ich,  dafs 
für  m>2t 


in  —  t 


ist,  wie  eine  leichte  Rechnung  zeigt.     Dann  ist  also  a  fortiori: 

Ersetzt  man  endlich  noch    — ( =-  durch  —  m-t),  was  ebenfalls  sicher 

erlaubt  ist,  sobald  m  die  Grenze  ebt  überschreitet,  da  dann: 


§  3.    Näherungsweise  Berechnung  der  Funktion  Wt(A,  B). 


311 


wird,  so  erhalt  man  für  Mt  den  folgenden  eleganten  Ausdruck: 

*,(<>,  <m*))_ 


(6) 


Jf,= 


mn 


wo  f  einen  positiven  oder  negativen  echten  Bruch  bedeutet. 

Lassen   wir   nun    die    Seiten  m   und   n   über  jedes   Mafs   hinaus 

wachsen,  so  nähert  sich  — ,  also  auch  das  ganze  zweite  Glied  sehr 

rasch  unbegrenzt  der  Null,  und  es  ergiebt  sich  der  Satz: 

Das  Verhältnis   der  Anzahl   der   Elemente    (i,  k)  ~t   innerhalb 

des  Rechteckes  (0,  (m,  n))  zu  der  Anzahl  aller  Elemente  nähert 

sich    mit    wachsendem 

0 


m  und  n  unbegrenzt 
dem  Werte  -vtt,  un^ 

zwar  sind  die  bei  die- 
sem Grenzübergange 
vernachlässigten  Glie- 
der höchstens  von  der 

Ordnung   


7t 


tn 


m, 


B 


a 


D 


Fig.  3. 


Wir  wollen  endlich  jenen 
asymptotischen  Wert  für  ein  ganz  beliebiges  Rechteck  AB  CD  be- 
rechnen, dessen  Gegenecken  A  und  D  bezw.  die  Koordinaten  (m,  n) 
und  (m',  n')  besitzen.  Nun  ergiebt  sich  aus  (6)  für  die  Anzahl 
8,(0,  (m,  n))  für  ein  beliebiges  Rechteck  (0,  A),  falls  n^>m  ist, 


CO 


«,(0, (ro,n))  =  ^  •  mn  +  -^  l^y 


u*t 


t 


wo  noch,  was  offenbar  zulässig  ist,  —  durch  -  -  ersetzt  wurde.     Be- 
rechnet  man  nun  der  Reihe  nach  die  Anzahlen 

«,(0,(m>')),     «,(0,(//i,w')),     *,(0,»»),     «,(0,(m,w)) 

für  die  vier  Rechtecke  (0,2)),  (0,  C),  (0,5),  (0,  J.),  so  ergiebt  sich 
aus  (7)  für  die  gesuchte  Anzahl  21/  (A,  D)  der  Wert 

%{A}  D)  =  — ,  ,  (mn  —  mn  —  mn  +  mn)  +  R 

wo  ü   aus  den   soeben   angegebenen  Restgliedern    für    alle  jene   vier 
Rechtecke  gebildet  ist.     Ersetzt  man   aber  in  jenem  Aggregate  für  R 

alle  echten  Brüche  £  durch  +  1,  bezw.  —  1  und  alle  Produkte  -rl  r 

durch  das  gröfste  unter  ihnen,  also  durch  -rl-r,  so  erhält  man  für 
At(A,  D)  den  Ausdruck: 


312  '     Vierundzwanxlgste  Vorlesung. 

wenn  /t  =  m  —  m  und  v  =  ri  —  n  die  Seitenlangen  des  Rechteckes 
AB  CD  bezeichnen,  und  hieraus  folgt,  wenn  man  diese  Gleichung  durch 
pv  dividiert  und  dann  zur  Grenze  m  =  n  =  <x>  übergeht,  während 
m  und  n  gegebene  endliche  Werte  behalten: 

da  bei  diesem  Grenzübergange  das  zweite  Glied  gegen  Null  konvergiert, 

und  zwar  ist  der  hierbei   begangene  Fehler  von  der  Ordnung 

Wir  können  aber  auch  von  der  Bedingung  absehen,  dafs  der  Anfangs- 
punkt A  =  (m,  n)  im  Endlichen  bleiben  soll;  auch  er  kann  vielmehr 
ins  Unendliche  rücken,  nur  müssen  die  Seitenlängen  (t  und  v  des  be- 
trachteten Rechteckes  so  grofs  angenommen  werden,  dafs  der  Quotient 

sich  der  Grenze  Null  nähert. 

fiV 

Wählt  man  speziell  t  =  1,  so  lehrt  unsere  Formel,  dafs  die  mitt- 
lere Anzahl  aller  teilerfremden  Systeme  (i,  k)  innerhalb  des  Rechtecks 

6  3 

AB  CD  gegen  die  Grenze  — j,  also  näherungsweise  gegen  --  konvergiert, 

wenn  der  Punkt  D  auf  irgend  einem  Wege  ins  Unendliche  rückt;  oder 
die  Wahrscheinlichkeit,   dafs   zwei  beliebig  herausgegriffene  Zahlen  i 

und  k  relativ  prim  sind,  ist     s  • 

Hätten  wir,  wie  dies  Dirichlet  in  seinen  Vorlesungen  öfter  gethan 
hat,  unsere  Aufgabe  von  vornherein  als  ein  Problem  der  Wahrschein- 
lichkeitsrechnung gefafst,  so  hätten  wir  das  vorher  gefundene  Resultat 
sehr  viel  einfacher  finden  können,  doch  mufs  gleich  hinzugefugt  werden, 
dafs  diese  Dirichletsche  Herleitung  nicht  als  ein  strenger  Beweis  an- 
gesehen werden  kann. 

Nehmen  wir  nämlich  an,  die  Wahrscheinlichkeit,  dafs  zwei  belie- 
bige Zahlen  i  und  k  relativ  prim  sind,  dafs  also  (i,  k)  ~  1  ist,  .sei 
gleich  wy  so  lehrt  eine  einfache  Überlegung,  dafs  die  Wahrscheinlich- 
keit wt  dafür,  dafs  zwei  Zahlen  i  und  k  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  t 

haben,  gleich  -t-   sein   mufs,    denn   in    diesem  Falle    mufs  ja   i  =  i^ 

k  =  kxt  und  (ij,  kt)  ~  1  sein,  d.  h.  die  Anzahl  dieser  Systeme  ist  der 
t* te  Teil  von  der  Anzahl  aller  teilerfremden  Systeme  (i,  k).  Die 
Summe 

PC  00 

1  1 

aller  dieser  Wahrscheinlichkeiten  mufs  aber  offenbar  gleich  der  Gewifs- 


w  = 


§  4.    Die  Mittelwerte  arithmetischer  Funktionen.  313 

heit,  also  gleich  Eins  sein,  denn  diese  Summe  giebt  ja  die  Wahrschein- 
lichkeit dafür,  dafs  jene  beiden  Zahlen  überhaupt  einen  gemeinsamen 
Teiler  besitzen,  und  hieraus  folgt  also  für  w  die  Gleichung: 

l ^ 

In  dieser  Deduktion  liegt  aber  von  vornherein  die  des  Beweises 
bedürftige  Voraussetzung,  dafs  die  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dafs  zwei 
beliebig  grofse  Zahlen  i  und  Je  relativ  prim  sind,  überhaupt  existiert, 
d.  h.  dafs  das  Verhältnis  der  Anzahl  der  primitiven  Systeme  (i,  k)  zu 
der  Anzahl  aller  Systeme  sich  einer  bestimmten  Grenze  nähert,  wenn 
die  Anzahl  der  betrachteten  Systeme  unendlich  grofs  wird,  und  dafs 
diese  Grenze  analytisch  darstellbar  ist,  dafs  also  mit  ihr  gerechnet 
werden  kann.  Streng  genommen  lehrt  also  die  Dirichletsche  Deduktion 
nur,  dafs  jene  Wahrscheinlichkeit,  falls  sie  überhaupt  existiert,  notwendig 

gleich  -,   sein   mufs.     Dafs   die   von   uns   gegebene   Deduktion   keine 

solche  prinzipielle  Voraussetzung  macht,  ist  ein  sehr  wesentlicher  Vor- 
zug derselben. 

§4. 

Die  elementaren  arithmetischen  Funktionen,  wie  die  Anzahl  <p(ri) 
der  Einheiten  modulo  w,  oder  die  Anzahl  Ad(n)  aller  Teiler  von  n, 
oder  die  Anzahl  aller  Primzahlen  unterhalb  n  u.  a.  m.,  unter- 
scheiden sich  dadurch  sehr  wesentlich  von  den  einfachsten  Funktionen 
der  Analysis,  dafs  sie  mit  wachsendem  n  zwar  im  allgemeinen  ebenfalls 
ständig  zu-  oder  ständig  abnehmen,  dafs  sie  aber  in  der  Umgebung 
einzelner  Stellen  grofse  Wertschwankungen,  ein  plötzliches  Herabsinken 
und  ein  ebenso  rasches  Wiederansteigen  der  Funktionswerte  zeigen. 

So  fällt  z.  B.  die  Funktion  Ad(ri)}  die  Anzahl  aller  Teiler  von  w, 
obwohl  sie  im  allgemeinen  mit  wachsendem  n,  und  zwar  ziemlich  rasch, 
zunimmt,  dennoch  stets  auf  den  kleinsten  überhaupt  möglichen  Wert 
Ad(ri)  =  2  zurück,  sobald  n  eine  Primzahl  wird;  ebenso  erhält  q>(ri) 
immer  den  relativ  sehr  grofsen  Wert  n —  1,  wenn  das. Argument  n 
bei  seinem  Zunehmen  gleich  einer  Primzahl  wird.  Wie  unregelmäfsig 
z.  B.  diese  Funktion  sich  ändert,  zeigt  die  folgende  Tabelle,  welche 
die  den  Argumenten  zwischen  100  und  125  entsprechenden  Werte  von 
<jp(n)  angiebt: 

n  =  100, 101, 102, 103, 104,  105, 106, 107,  108, 109, 110, 111,  112 
<p(n)  =    40,100,    32,102,    48,    48,    52,106,    36,108,    40,    72,    48, 

n  =  113, 114, 115, 116, 117, 118,  119,  120, 121,  122,  123,  124, 125 
9,(w)=112,    36,    88,    56,    72,    58,    96,    32,110,    60,    80,    60,100. 


314  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

Bei  dieser  grofsen  Regellosigkeit  der  Funktionswerte  läfst  es  sich 
voraussehen,  dafs  es  gewöhnlich  sehr  schwer  und  umständlich  sein  wird, 
eine  solche  arithmetische  Funktion  genau  analytisch  darzustellen,  falls 
diese  Darstellung  überhaupt  gegeben  werden  kann. 

Diese  merkwürdige  Thatsache  führte  nun  naturgemäfs  zu  der  Frage, 
ob  sich  diese  Unregelmäfsigkeiten  in  den  Wertefolgen  einer  arithme- 
tischen Funktion  nicht  ausgleichen,  wenn  man  den  Durchschnitt  einer 
längeren  Reihe  auf  einander  folgender  Funktionswerte  betrachtet,  und 
ob  nicht  bei  dieser  Art  der  Betrachtimg  das  wahre  Gesetz  für  die  Wert- 
änderungen jener  zahlentheoretischen  Funktionen  frei  von  diesen  mehr 
zufälligen  sprungweisen  Änderungen  deutlich  hervortreten  wird,  da  jene 
extremen  Schwankungen,  eben  weil  sie  nur  Ausnahmefälle  bilden,  den 
durchschnittlichen  Wert  nicht  wesentlich  beeinflussen. 

Diese  Fragestellung  führt  nun  von  selbst  zu  der  Untersuchung 
der  Mittelwerte  arithmetischer  Funktionen,  und  zwar  ergiebt  sich,  um 
dies  gleich  vorweg  zu  nehmen,  das  schöne  Resultat,  dafs  man  auf  diese 
Weise  eine  wunderbar  einfache  und  deutliche  Einsicht  in  die  Natur 
einer  solchen  scheinbar  ganz  regellosen  Funktion  und  in  das  Gesetz 
ihres  Wachsens  und  Abnehmens  erhält. 

Für  eine  und  dieselbe  Funktion  kann  man  nun  für  einen  belie- 
bigen sehr  grofsen  Wert  von  n  zwei  verschiedene  Mittelwerte  finden, 
von  denen  der  erste  den  Verlauf  der  Funktion  in  dem  ganzen  Inter- 
valle von  1  bis  w,  der  zweite  ihren  Charakter  in  der  Umgebung  von  n 
allein  charakterisiert.  Der  Einfachheit  wegen  wollen  wir  im  folgenden 
annehmen,  dafs  die  Funktion  f(n)  nicht  blofs  für  alle  ganzzahligen, 
sondern  auch  für  alle  dazwischen  liegenden  reellen  Werte  von  x  de- 
finiert, und  dafs  f(x)  für  alle  endlichen  Werte  von  x  stetig  und  diffe- 
renzierbar ist;  eine  Annahme,  welche  offenbar  immer  erfüllbar  ist. 

Ist  nun  n  eine  beliebige  ganze  Zahl,  so  stellt  der  Ausdruck: 

f(i)  +  f(2)  +  '--  +  f(n) 
n 

das  arithmetische  Mittel  aller  Funktionswerte  in  dem  Intervalle  (1  •  •  •  w), 
und  der  Grenzwert: 

(i)  !/(/•(«))  =  um  f^tm±—+m 


n  =  oo 


den  mittleren  Wert  der  Funktion  f'(n)  überhaupt  dar,  falls  ein  solcher 
Grenzwert  existiert,  was  jedesmal  erst  nachzuweisen  ist.     Ist 

F(n)  =  /Xl)  +  f{2)  +  ...  +  /•(») 
die   zu  f(n)   gehörige    sogenannte   summatorische  Funktion,   so   wird 


§  4.   Die  Mittelwerte  arithmetischer  Funktionen.  315 

M(f(ri))  =  — ^ ,  es  wird  also  dieser  erste  Mittelwert  durch  den  ein- 
fachen Ausdruck: 
(1»)  M(f)  -  lim  ^  =  lim  ^ 

dargestellt. 

Neben  dieser  Zahl  iüf  (f)  kann  man  nach  Gaw^s  (Disq.'  arithm. 
art.  301 — 303)  einen  anderen  Mittelwert  angeben,  welcher  uns  den  mitt- 
leren Wert  einer  Funktion  f(n)  in  der  Umgebung  einer  einzelnen  Stelle 
n  =  v  für  unbegrenzt  wachsendes  v  darstellt,  und  dieser  soll  der 
Gaussische  Mittelwert  genannt  und  durch  2R(/*)  bezeichnet  werden. 
Betrachtet  man  nämlich  das  arithmetische  Mittel 

/on  m + /> +*)  +  •••+/>+*) 

von  irgendwelchen  (v  -f-  1)  aufeinander  folgenden  Funktionswerten,  so 
stellt  dieser  Quotient  den  mittleren  Funktionswert  von  f  in  dem  Inter- 
valle (fi,  •  •  •  (i  +  v)  dar;  setzen  wir  also  für  ein  gerades  v: 

so  erhält  man  in  dem  dann  sich  ergebenden  Ausdruck: 

fü\  f(n-k)  +  f(n-k  +  1)  +  •  •  •  +  f(n)  +  •  •  .  +  f(n  +  k) 

w  -  2jfc-+i  -  ■ 

den  mittleren  Wert  von  f(iriy  in  der  Umgebung  (n  —  k,  •  •  • ,  n  +  Je)  der 
Stelle  n. 

Lassen  wir  jetzt  die  die  Umgebung  von  n  bestimmende  Zahl  Je 
wachsen,  so  werden  die  in  den  2 Je  +  1  Funktionswerten  f(l)  in 
(3)  auftretenden  Unregelmäfsigkeiten  mehr  und  mehr  kompensiert; 
jedoch  kann  man  Je  nicht  beliebig  zunehmen  lassen;  wird  nämlich 
Je  gegen  n  zu  grofs,  so  kann  jenes  Intervall  (n  +  Je)  nicht  mehr 
als  die  Umgebung  der  Stelle  n  angesehen  werden.  Wir  lassen 
daher  sowohl  Je  als  auch  n  selbst  unbegrenzt  wachsen,  aber  so, 
dafs    Je   gegen  n    unendlich    klein    wird,    dafs    also    die   Verhältnisse 

—  =  1  +  -  -  der  beiden  äufsersten  Intervallgrenzen  zu  n  sich  nur  un- 
endlich wenig  von  der  Einheit  unterscheiden.  Nähert  sich  dann  dieser 
Quotient  einem  bestimmten  nur  von  n  abhängigen  Grenzwerte,  so 
nennen  wir  den  Ausdruck: 

1R(f<n))  =  lim   ]imf^-k)+--+i^+—±^+^  (u-i-o) 

den  Gaussischen  Mittelwert  der  arithmetischen  Funktion  f(n)  für  den 
sehr  grofsen  Wert  n.    Bei  dieser  Definition  bleibt  es  aber  unbestimmt, 


316  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

in  welchem  Verhältnis  k  gegen  n  unendlich  klein  wird;  wir  werden 
sehen  ,  dals  die  Bestimmung  hierüber  jedesmal  durch  die  Natur  der 
gegebenen  Funktion  von  selbst  gegeben  wird. 

Wendet  man  dieselbe  Überlegung  auf  den  Ausdruck  (2)  an,  so 
hat  man  hier  zu  den  Grenzen  (i  =  oo  und  v  =  oo  überzugehen,  mit 
der  Marsgabe,  dals  die  Gröfse  v  des  Intervaües  gegen  p  unendlich  klein 
werden  muis.  Ersetzen  wir  noch  p  durch  p  +  1  a^°  v  +  1  durch  v, 
wodurch  der  Grenzwert  nicht  geändert  wird,  so  erhalten  wir  für  den 
Gaussischen  Grenzwert  den  Ausdruck: 

m(f((i))  -  lim  Um  •  ft»+D  +  ---  +  /f0»  +  » 

/fast»     f=3s00 

wo  F(n)   wieder   die    summatorische  Funktion  zu  f(n)  bedeutet  und 

wo  auf  der  linken  Seite  n  =  (i  -f-  —  durch  p,  ersetzt  ist. 

Ist  die  zugehörige  analytische  Funktion  F(x)  für  grofse  Werte 
von  x  differenzierbar,  so  ergiebt  sich  nach  dem  Mittelwertsatze  der 
einfachere  Ausdruck:  • 

m{f(tL))  =  \\mF{*  +  v)-F-^=    lim   F'fa  +  dv), 

wo  d  einen  unbekannten  positiven  echten  Bruch  bedeutet.  Führt  man 
dagegen  an  Stelle  der  summatorischen  Funktion  F(n)  den  ersten 
Mittelwert  M(n)  aus  (1)  ein,  so  folgt: 

W(/Xiö)  =  »  +  »>*(»+*)-**«  _  Mfr  +  v)  +  p  mt±±=JM9 

und  falls  auch  diese  Funktion  in  jenem  Intervalle  differenzierbar  ist, 
so  folgt: 

2R(»  =  M(fl  +  V)  +  tlM'((l  +  iv)  <0«J<1); 

ist  -Jf(fi)  speziell  eine  solche  Funktion,  dafs  für  unbegrenzt  wachsendes 
ft,  v  und  abnehmendes  -      pM'di  -{-  Sv)  gegen    das  erste  Glied  ver- 

fr 

schwindet,  so  ergiebt  sich  mit  beliebiger  Annäherung: 


§5. 

Die  Bestimmung  der  zu  f(x)  gehörigen  summatorischen  Funktion 
F(x)  kann  in  vielen  Fällen  mit  Hülfe  der  Integralrechnung  durch  die 
Eulersche   Summenformel   ausgeführt  werden.     Ich   möchte   an    dieser 


§  5.   Die  Eulereche  Summenformel. 


317 


Stelle  nur  an  die  Herleitung  jener  berühmten  Formel  erinnern,  ohne 
sie  aber  zu  beweisen,  da  dies  Sache  der  Integralrechnung  ist*). 

Setzen  wir  der  Ein- 
fachheit wegen  die  be- 
trachtete Funktion  f(x) 
in  dem  Intervalle  0,  •  •  •  n  -A 
als  nicht  negativ  voraus, 
so  stellt  das  Integral 


ff(x)dx 


Fig.  4. 


geometrisch  den  Inhalt  des  durch  die  Kurve  y  =  f(x)  begrenzten 
Flachenstückes  OABC  dar;  dagegen  giebt  die  summatorische  Funktion: 

F(n)  =  f(l)  +  f(2)  +  ...  +  /•(„)  =  2"  «»'  +  1)  -  0  /■(»'  +  1) 

=  i^  +  -Rg  4-  •  *  •  4"  Rn 

die  Summe  der  n  Rechtecke  i?*,  welche  aus  den  Ordinaten  f(k) 
und  den  dazwischen  liegenden  Teilen  der  Abscissenaxe  gebildet  sind. 
Jene  Summe  F(n)  wird  also  näherungsweise  durch  das  Integral  dar- 
gestellt. Untersucht  man  nun  unter  Anwendung  des  Mittelwertsatzes, 
welcher  Fehler. bei  dieser  Darstellung  gemacht  wird,  so  erhält  man 
eben  die  Eulersche  Gleichung: 

/•(l)  +  f{2)  +  ...  +  /•(„) 

=  c +ff(x)dx  + 1  /•(«)  +  ^  r  in)  -  ^  r  (») ; 

i 

hier  bedeutet  C  eine  von  f(x)  abhängige  Konstante,  welche  jedesmal 
berechnet  werden  mufs,  und  £  einen  unbekannten  positiven  echten 
Bruch,  und  es  ist  vorausgesetzt,  dafs  die  Funktion  f{x)  nebst  ihren 
vier  ersten  Ableitungen  in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  n)  endlich  und  stetig 
ist,  und  dafs  ferner  f""{x)  in  jenem  Intervalle  keine  Zeichenänderung 
erfährt. 

Wir  wollen  diese  Gleichung  nur  auf  die  Bestimmung  der  Reihe 

1  4~  2  4~  T  4~  ' ' "  4~        fur  ein  beliebig  grofses  n  anwenden,   da  wir 

das  hier  erlangte  Resultat  im  folgenden  notwendig  brauchen  werden. 
In  diesem  Falle  ist  also: 


*)  Vgl.  z.  B.  Schlömilch,  Compendium  der  höheren  Analysis.  V.  Aufl.  Bd.  I, 
S.  439. 


318  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 


24 

6  7 


die  Bedingungen  für  die  Anwendbarkeit  der  Eulerschen  Summenformel 
sind  also  alle  erfüllt,  und  man  erhält  aus  ihr  die  folgende  Gleichung: 

1  4-  -1-  _i_  A  _i l  JL  =  c  4-  In  4-  - -1-  4-  — -  • 

1  ^   2   ^   3   ^  ^  n         U    '    tW    '    2n         12n»    '    64n4 

Um  die  von  n  unabhängige  Konstante  C  zu  finden,  schaffen  wir  In 
auf  die  linke  Seite  und  gehen  dann  zur  Grenze  für  n  =  oo  über. 
Dann  ergiebt  sich  für  C  die  einfache  Gleichung: 

C-ä(1  +  T  +  -  +  ¥-4 


n=ao 


d.  h.  C  ist  der  Wert,  um  den  sich  die  Summe  der  reciproken  Zahlen 
von  1  bis  n  von  In  unterscheidet,  wenn  n  unbegrenzt  wächst.    Ersetzt 


i 


man  hier  -r-  durch    /  z  ~xdz7    so    kann    der   in    Klammern    stehende 

o 
Ausdruck  rechts  so  geschrieben  werden: 


In  1 


und  durch  die  Substitution: 

*  =  l-i-,        l-*  =  i-,        dz * 

n  '  n  '  n 

geht  er  über  in: 

/-?  •  t  c-  c-  in  ■-/?  -sh  (»-('-in  -/?■■ 

n  10.  1 

Geht  man  hier  zur  Grenze  n  =  oo  über  und  beachtet  dabei  einmal, 
dafs  unser  Integral  für  unbegrenzt  wachsendes  n  konvergiert,  und 
zweitens,  dafs: 


limfl  — -i)   =  <T* 


ist,  so  ergiebt  sich  für  die  Konstante  C  der  Ausdruck: 


1  00 


0  10  1 

wenn  wir  nun  den  ersten  Integranden  in  eine  Potenzreihe  entwickeln 
und  dann  gliedweise  integrieren,  und  den  zweiten  durch  die  Sub- 
stitution : 


§  5.    Die  Eulersche  Summenformel.  319 


&  =  —  n,    t  =  <rl      («-1,  c={;  *«.  c-o) 

transformieren,  so  folgt: 


i 

€ 


^         X         221^83!  44!     '  Jlt' 

o 

Das  hier  an  zweiter  Stelle  stehende  bestimmte  Integral: 

J  n 

0 

für  eine  beliebige  obere  Grenze  c  wird  bekanntlich  der  Integrallogarith- 
mus genannt  und  durch  li(c)  bezeichnet;  derselbe  spielt  gerade  in  der 
Zahlentheorie  eine  wichtige  Rolle.  Man  erhält  also  für  die  Zahl  C7 
welche  die  Eulersche  Konstante  heilst,  die  für  die  numerische  Berech- 
nung äu&erst  bequeme  Formel: 


OD 

\k  —  1 


und  aus  ihr  ergiebt  sich 

C  =  0,5772156649 

§6. 

Die  Bestimmung  des  mittleren  Wertes  einer  arithmetischen  Funk- 
tion f(k),  d.  h.  des  Grenzwertes: 

M(f(n))  =  lim  m  +  f®  +  -2+m  =  lim  *® 


«  =  ac  n  =  oo 


kann  in  vielen  Fällen  auf  wunderbar  einfache  Weise  ausgeführt  werden, 
aber  nur  unter  der  notwendigen  Voraussetzung,  dafs  man  bereits  ander- 
weitig wisse,  dafs  für  f(k)  ein  Grenzwert  existiert,  d.  h.  dafs  der  Quo- 

tient  —  -  mit  wachsendem  n  einer  von  n  unabhängigen  Grenze  zu- 
strebt. 

Zu  diesem  Zwecke  betrachten  wir  die  endliche  Dirichletsche  Reihe: 

i 

deren  Koefficienten  die  Werte  f(k)  der  zu  untersuchenden  arithme- 
tischen Funktion  sind,  und  die  wir  uns  bis  zu  einem  beliebigen 
(n  +  1)*"  Gliede  ausgedehnt  denken.  Da  für  jeden  positiven  Wert 
von  z: 


320  Vierund  zwanzigste  Vorlesung, 

ist,  so  ist  jene  Reihe 


OD 


(2) 


1  1  t 


Auf  diese  Reihe  wenden  wir  nun  eine  Transformation  an,  welche 
wohl  zuerst  von  Abel  und  zwar  mit  sehr  grofsem  Erfolge  benutzt 
worden  ist.     Sind  nämlich: 

4>t  A>  -->  4»;   Bo>  Bu  -  •  -,  B* 

2n  +  2  beliebige  Gröfsen,  so  folgt  aus  der  Identität: 

die  Richtigkeit  der  folgenden  Gleichung 

(3)    A0B0  +2  A-x(^  -  ^-i)  -  2^*-'  _  ^)  +  ^S" 

1  1 

in  welcher  die  Abelsche  Umformung  enthalten  ist. 
Setzen  wir  nun  in  dieser  Gleichung 

od  i+1 

Bk      =F{k)     =j?f(h)         „        Bk     -Bk_t  -/•(*), 

1 

und  setzen  wir  das  erste  Element  B0  =  0,  so  ergiebt  sich  aus  der 
rechten  Seite  von  (2)  unter  Benutzung  von  (1*)  die  folgende  Darstel- 
lung unserer  Reihe: 

w  $'■?-' $*vj%  +  £&- 

Die  erste  Summe  rechts  können  wir  nun  als  ein  einziges  Integral 
schreiben,  wenn  wir  an  Stelle  der  Zahlenreihe  F(Jc)  eine  Funktion  i$(x) 
einführen,  welche  in  jedem  der  Intervalle  (Je  •  •  •  Je  -f-  1)  durch  die 
Gleichungen: 

(5)  x%(x)  =  FQc)  CÜv-'J 

definiert  sein  soll.     Für  alle  ganzzahligen  Werte  von  x  ist  also 


§  6.   Erste  Bestimmung  des  Mittelwertes.  321 

(5*)  3(*)  =  nr 

gleich  dem  Mittelwerte  M(f(kj))  für  alle  dazwischen  liegenden  Werte 

ist  dagegen  %(x)  =  — — ;  in  jedem  einzelnen  Intervalle  (k^x<lc-\-l) 

ändert  sich  also  die  Funktion  $(%)  stetig,  aber  unmittelbar  vor  dem 
ganzzahligen  Argumentwerte  macht  sie  einen  Sprang,  dessen  Grö&e  gk 
offenbar  gleich 

also  im  allgemeinen  von  endlicher  Qröfse  ist;  jedoch  nehmen,  falls  die 
Grölsen  f(k)  endlich  bleiben,  diese  Zahlen  gk  mit  wachsendem  Je  un- 
begrenzt ab. 

Setzen  wir  die  Funktion  FQc)  auf  der  rechten  Seite  von  (4) 
unter  das  Integralzeichen,  und  führen  wir  dann  die  Funktion  %(%)  ein, 
so  geht  diese  Gleichung  über  in: 


yr  r%&y 


JL*    **  jLi  J       x*       '    (n+1)' 

(6)  *  X    * 

J       x*      ^(n+l)' 

l 

Da  der  Integrand  ^-^  für  ein  positives  *  nur  an  einer  endlichen  An- 

x' 

zahl  von  Punkten  Unstetigkeiten  von  endlicher  Gröfse  besitzt;  so  folgt, 
dafs  das  rechts  stehende  Integral  endlich  und  differenzierbar  ist,  und 
dasselbe  gilt  für  den  Grenzwert  jenes  Integrales  für  n  =  oo ,  sobald 
nur   der   absolute  Wert   von  F(k)   unterhalb   einer   endlichen  Grenze 

bleibt,  denn  alsdann  ist  ja:   |  x%(x)  \<g,  \  5(#)  I  <  — ,  also  für  ein 

sc 

positives  z\ 


CO  00 


I    r5(*)dx\  C  dx    __  g 

\J       af       \<9J^+'-g' 


w.  z.  b.  w. 

Wir  wollen  nun  annehmen,  man  wisse,  dafs  M(f(n))  =  — —  mit 

wachsendem  n  gegen   einen   endlichen   Grenzwert   C  konvergiert,    so 
dafs  also 

(6')  Eg>  =  C  +  8n 

ist,   wo   iH  mit  wachsendem  n  unendlich  klein  wird.     Dann  besteht 
also  wegen  (5a)  für  unsere  neue  Funktion  3(#)  eine  Gleichung: 

Kronecker,  Zahlentheorie.    L  21 


322  Vierandzwanzigste  Vorlesung. 

(6b)  5(*)-c +  *(«), 

wo  wir  von  der  Funktion  d(x)  nur  wissen,   daß)  sie  für  endliche  x 

endlich  und  dafs 

lim  g(x)  =  0 

ist.  Setzen  wir  diesen  Wert  von  %(x)  in  die  Gleichung  (6)  ein,  und 
multiplizieren  sie  mit  e  —  1,  so  ergiebt  sich  weiter: 

(7)  1  » 

^V  V     **  ^V  '  (♦»  +  !)' 

1 

Das  erste  Integral  besitzt  den  einfachen  Wert 

(7»)  Cg(l  -  (n  +  l)1-*) ; 

um  das  zweite  näherungsweise  zu  berechnen,  teilen  wir  das  Inte- 
grationsintervall in  zwei  Teile  (1  •  •  •  A)  und  (A  •  •  •  n  -f- 1);  dann  können 
und  wollen  wir  A  von  vorn  herein  so  grofs  annehmen,  dafs  d(x)  in 
dem  ganzen  Intervalle  (A  •  •  •  oo),  also  a  fortiori  auch  innerhalb 
(A  •  •  •  n  -f-  1)  seinem  absoluten  Werte  nach  unterhalb  einer  beliebig 
kleinen  Gröfse  r  bleibt.  Ist  dann  a  eine  solche  positive  Zahl,  dafs 
|  S(x)  |  in  dem  ersten  Intervalle  (1  •  •  •  A)  kleiner  ist  als  cc,  so  ergiebt 
sich  für  das  zweite  Integral: 

n+l  2  *-fl  *  »4-1 


/sw?*V'-",p+"/ 


*« 


(8) 

Hieraus  folgt,  dafs  das  ganze  zweite  Integral  zu  Null  wird,  wenn  man 
zuerst  n  unendlich  grofs  werden,  und  dann  z  gegen  Eins  konvergieren 
läfst.     In  der  That  ist  ja  wegen  (8) 

*+1  l-s 

(8*)  (*»-*)  fy&dz~6a.1     '"^y- g)  +  jt.,(-±- 1—\. 

11— *  — 1 
da  nun  der  erste  Bruch  — — j —  für  e  =  1  gegen  den  wahren  Wert 

—  lg  A  konvergiert,  wahrend  das  letzte  Glied  bei  jenen  Grenzüber- 
gängen in  d%  übergeht,  so  wird  die  rechte  Seite  von  (8*)  in  der  That 


§  6.   Ente  Bestimmung  des  Mittelwertes.  323 

unendlich  klein.    Dasselbe  gilt  aber  auch  von  dem  letzten  Gliede  in  (7), 
denn  es  ist  wegen  (6*) 

(*  —  !)  7—r^r.  —  («  —  1) 


(*  +  »*  «'-^i)' 


und  die  rechte  Seite  geht  für  w  =  oo  in  Null  über,  solange  noch  z>  1 
bleibt.  Da  nun  dasselbe  auch  von  dem  zweiten  Gliede  in  (7a)  gilt,  so 
ergiebt  sich  schließlich  aus  (7),  wenn  man  zuerst  zur  Grenze  n  =  oo 
und  dann  zur  Grenze  z  —  1  übergeht: 

denn  nach  (6*)  ist  ja  C  =  lim  — —  •  Man  erhalt  also  den  folgenden 
interessanten  Satz: 

Besitzt  die  arithmetische  Funktion  f(k)  überhaupt  einen  Mittel- 
wert, so  konvergiert  die  zugehörige  Dirichletsche  Reihe  ^~ 
für  z  >  1,  und  das  Produkt 

konvergiert  für  z  =  1  gegen  einen  bestimmten  Grenzwert, 
welcher  gleich  dem  Mittelwerte  von  f{h)  ist. 

Ich  bemerke  noch,  dafs  dieser  Satz  auch  dann  noch  richtig  bleibt, 
wenn  jener  Mittelwert  C  unendlich  grofs  sein  sollte,  da  in  diesem  Falle 
die  zugehörige  Dirichletsche  Reihe  ebenfalls  über  jedes  Mals  hinaus 
wächst,  denn  dann  folgt  ja  aus  (5a),  dafs  %(%)  für  grofse  x  unendlich 
wird.  Nimmt  man  also  an,  dafs  von  einem  genügend  grofsen  Werte  £ 
an  %{x)  bestandig  gröfser  ist  als  %(£),  so  ist: 


OD 


setzt  man  also  in  (6)  n  =  oo  und  unterdrückt  den  zweiten  Summanden   ' 
rechts,  so  ergiebt  sich  die  Ungleichung: 

(,_1)V^>(.«-.)/^>Ä 


1 


/" 


also  ist  der  Grenzwert  der  linken  Seite  für  z  =  1  gröfser  als  2K£),  er 
ist  also,  da  £  beliebig  grofs  gewählt  werden  kann,  in  der  That  unend- 
lich grofs. 

Da  man  nun  in  vielen  Fällen  den  Grenzwert  von 

21* 


324  Vierundzwanzigste  Vorlesung. 


00 


1 

für  z  =  1  leicht  bestimmen  kann,  so  würde  dieser  Satz  ein  sehr 
brauchbares  Mittel  zur  Bestimmung  der  Mittelwerte  liefern,  wenn  seine 
Anwendbarkeit  nicht  die  Voraussetzung  der  Existenz  dieser  Mittel- 
werte involvierte.  Da  wir  diesen  Existenzbeweis  aber  nur  sehr  selten 
auf  einfachere  Weise  geben  können,  so  werden  wir  uns  dieses  Satzes 
nur  zur  Verifikation  der  gewonnenen  Resultate  bedienen,  und  in 
der  nächsten  Vorlesung  andere  Methoden  zur  Bestimmung  der  mittleren 
Werte  auseinandersetzen,  welche  von  jeder  unbewiesenen  Voraus- 
setzung frei  sind. 

Für  die  einfachste  Dirichletsche  Reihe 

i 

ergiebt    sich  unmittelbar,    dafs    sie    für    z  =  1    wie       __      unendlich 

wird,  was  wir  früher  auf  anderem  Wege  bewiesen  hatten,  denn  für 
diese  Reihe  ist  f(Jc)  =  lf  also  der  Mittelwert  der  Koefficienten 

1 

also  ist  in  der  That 

W  ««(«-Dj'i-i, 

w.  z.  b.  w. 

Als  eine  zweite  einfache  Anwendung  dieses  Satzes  suchen  wir  den 
Mittelwert  der  arithmetischen  Funktion 


p/k  * 


zu  bestimmen,  welche  das  Verhältnis  aller  Einheiten  niodulo  Je  zu  allen 
modulo  k  inkongruenten  Zahlen  angiebt. 

Wir  hatten  für  die  Funktion  <p(Jc)  auf  S.  267  die  folgende  Glei- 
chung gefunden: 


00  OD  ,_»  OD 


(io)  Sjf^ '20' "2^' 

ii  i 

Geht  man  hier  auf  beiden  Seiten  zur  Grenze  z  =  1  über,  nachdem 
man  diese  Gleichung  mit  z  —  1  multipliziert  hat  und  beachtet  man 
dabei,  dafs: 


§6.  Beispiele.  325 

OD  00 

lim  V*     -Vi-t" 
und 

ist,   so   ergiebt   sich  aus  (9)  und  (10)  eine  Gleichung;   die  man  offen- 
bar so  schreiben  kann: 

jpg) 

Mit  Benutzung  unseres  allgemeinen  Theoremes  ergiebt  sich  also  der 
merkwürdige  Satz: 

Besitzt  die  arithmetische  Funktion  ^~  überhaupt  einen  Mittel- 
wert, konvergiert  also  die  Summe 

J_  M£)  i  jp(2)  , ,  y(n)\ 

für  unbegrenzt  wachsendes  n  gegen  einen  von  n  unabhängigen 
Grenzwert,  so  ist  derselbe  gleich  -^ 

Wir  wollen  auf  die  Folgerungen  aus  diesem  Resultate  erst  dann 
eingehen,  wenn  wir  es  direkt,  d.  h.  ohne  jene  unbewiesene  «Annahme 
hergeleitet  haben.  Wir  wollten  nur  zeigen,  wie  einfach  jene  Fragen 
zu  beantworten  sind,  wenn  man  darauf  verzichtet,  sie  ganz  streng  zu 
lösen. 


Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

Die  arithmetischen  Funktionen  von  Zahlensystemen  und  ihre  Mittelwerte.  —  An- 
co fori 

Wendungen:   Die  mittleren  Werte  der  Funktionen  g>(n)  und  ^-^.   —  Über  die 

arithmetischen  Funktionen,  welche  von  den  Divisoren  einer  Zahl  abhängen  und 
über    die    Mittelwerte    derselben.    —    Die    gröTseren    und    kleineren    Divisoren 

einer  Zahl. 

§1. 

Wir  wollen  die  in  der  vorigen  Vorlesung  begründete  Theorie  jetzt 
auf  die  wirkliche  Bestimmung  der  mittleren  Werte  einiger  arithmeti- 
schen Funktionen  anwenden.  Wir  stützen  uns  dabei  zunächst  auf  die 
in  §  1  und  §  2  jener  Vorlesung  abgeleiteten  Resultate  über  die  Zahlen- 
systeme {{i,  Je))  und  geben  diesen  eine  solche  Form,  dafs  sie  selbst 
als  einfache  Beispiele  zu  der  Theorie  der  Mittelwerte  erscheinen.  Zu 
diesem  Zwecke  dehnen  wir  unsere  Theorie  auf  die  Betrachtung  der 
arithmetischen  Funktionen  von  Zahlensystemen  aus. 

Es  sei  f(i,  Je)  eine  arithmetische  Funktion  der  beiden  ganzen 
Zahlen  i  und  ky  sie  sei  also  eindeutig  bestimmt,  wenn  i  und  Je  beliebig 
gegeben  sind.  Wie  wir  nun  in  der  vorigen  Vorlesung  die  Funktion 
f(i)  entweder  in  einem  Intervalle  (1,  •  •  •  n)  oder  in  einem  anderen 
(f1;  • ' "  f*  ~f~  v)  betrachteten  und  beide  Male  das  arithmetische  Mittel: 

n  //  +  » 

2f®  2f® 

*=1  und       *---*— 


n  v 


aller  Funktionswerte  in  jenem  Intervalle  aufsuchten,  ebenso  betrachten 
wir  jetzt  das  arithmetische  Mittel  aller  Funktionswerte  f(i}  Je)  in  einem 
zweidimensionalen  Gebiete  (i,  Je)]  und  /war  erhalten  wir  die  einfachste 
Verallgemeinerung  jener  beiden  Mittelwerte,  wenn  wir  für  jenes  Gebiet 
beide  Male  ein  Rechteck  wählen,  dessen  Seiten  der  horizontalen  und 
der  vertikalen  Axe  parallel  sind. 

Betrachten  wir  zunächst  f(i,  Je)  für  alle  Wertsysteme: 

(1,1),   (1,2), (l,n) 

(ii)  =  (2>l)>   (2>2)> (%«) 

(w,  1),  (*»,  2), (m,  n) 


§  1.  Die  Mittelwerte  der  Funktionen  von  Zahlensystemen.  327 

für  ein  beliebiges  m  und  n,  so  erhalten  wir  in  dem  Ausdrucke: 

2  2fw 

den  gesuchten  Mittelwert  für  /*(*,  i)  in  jenem  Rechtecke  (R).  Legen 
wir  dagegen  das  allgemeine  Rechteck: 

ü*  +  i,p'+i), (p  +  lt  j + ^ 

CD  -  :  : 

0»  +  v,  p  +  1), 0*  +  v,  n'  +  v0 

zu  Grunde,  so  erhalten  wir  in  dem  Quotienten: 

SR  (/-OD)  =  M+1  "+1 

den  Gauss'schen  Mittelwert  von  f(i9  k)  in  der  Umgebung  (SR)  von  irgend 
einem  in  91  liegenden  System  (i,  k)  unter  der  notwendigen  Voraus- 
setzung, dafs  jenes  ganze  Gebiet  (SR)  als  klein  gegenüber  der  Gröfse 
von  [i  und  p'  angesehen  werden  kann. 

Lassen  wir  nun  in  beiden  Fällen  das  betrachtete  Rechteck  in 
seinen  beiden  Dimensionen  unbegrenzt  wachsen  und  konvergieren  jene 
beiden  Mittelwerte  dann  gegen  bestimmte  Grenzwerte ,  so  sind  diese 
Verallgemeinerungen  des  allgemeinen  und  des  Gaussischen  Mittel- 
wertes für  Punktionen  von  zwei  Argumenten  f(i,  k).  Im  zweiten  Falle 
rnufe  man  aber  die  Seiten  v  und  v'  in  der  Weise  wachsen  lassen,  dafs 
sie  bezw.  gegen  fi  und  p'  klein  bleiben.  So  ergeben  sich  also  die 
beiden  Mittelwerte: 

* W  =  k*  i\s- 

2w>  *> 

Mf)  =   lim      lim  m    .  lim-  =  lim^  =  0, 

Wahlen  wir  speziell  f(i,  k)  gleich  1  oder  gleich  0,  jenachdem 
i  und  k  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  t  haben  oder  nicht,  so  geben 
die  über  die  beiden  Rechtecke  R  bezw.  9i  erstreckten  Summen 

(«) 


328  Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

offenbar  die  Anzahlen  der  in  R  bezw.  9t  befindlichen  Systeme  (t,  Je)  ~  t 
an,  nnd  nach  den  im  §  3  der  letzten  Vorlesung  bewiesenen  Sätzen 
nähern  sich  also  die  beiden  Mittelwerte  M(f)  und  9K(/*)  mit  un- 
begrenzt wachsendem  B  und  91  derselben  Grenze,  nämlich  — ^  •    Nach 

der  am  Schlüsse  des  §  3  gemachten  Bemerkung  war  der  im  zweiten 
Falle  bei  dem  Grenzübergänge  gemachte  Fehler  nach  der  früheren  Be- 

n'  In' 

Zeichnung  von  der  Ordnung ,   nach  der  hier  benutzten  also  von 

der  Ordnung  ^  ,  ,  wenn  wir  unter  ft  die  grofsere  der  beiden 

Zahlen  ft  und  \i    verstehen.     Dieser  Quotient   kann   aber  durch  den 

einfacheren  £-£  ersetzt  werden,  weil  sich  das  Verhältnis  jener  beiden 
Zahlen: 

**$?"- (H- 7)  0  + ^) 

mit  wachsendem  a  dem  Grenzwerte  Eins  nähert,  da  lim  —  =  0  wird. 

Ist  endlich  v^v',  so  folgt,  dafsder  hier  begangene  Fehler  kleiner,  als 

f**f» 

ist;  es  müssen  daher  v  und  v  so  im  Verhältnis  zu  (i  und  p  gewählt 
werden,  dafs  die  drei  Quotienten: 

fL  9  p' 9  V1 

unendlich   klein  werden.     Diesen   Bedingungen   wird   z.  B.  durch   die 

Annahmen: 

_^ 

genügt,  da  diese  Brüche  dann  der  Reihe  nach  gleich: 

l  l  Zp 


werden. 


t>*'         t^'         ^ 


§2. 

Wir  benutzen   nun   das   im  vorigen  Abschnitte  gefundene  allge- 
meine  Resultat,   um   die   mittleren  Werte   der   beiden   arithmetischen 

Funktionen  <p(n)  und  ^-+  aufzusuchen,  und  zwar  werden  wir  uns  hier 

und  im  Folgenden  ausschliefslich  mit  dem  Gauss'schen  Mittelwerte  be- 
schäftigen, da  der  andere  nur  als  Mittel  zum  Zwecke  anzusehen  ist. 


§  2.   Der  Mittelwert  von  <p(n).  329 

Zu  diesem   Zwecke   betrachten   wir  in   dem  Systeme   ((i,  Je))  ein 
Dreieck: 

(1,1) 

(2, 1),  (2,  2) 

(3, 1),  (3, 2),  (3, 3) 


(»,1),  (n,2),  (w,3),  ••  •(«>*), 

welches  einem  beliebigen  ganzzahligen  n  entspricht,  und  suchen  die 
Anzahl  aller  teilerfremden  Systeme  (i,  k)~l  innerhalb  desselben,  d.  h. 
wir  bestimmen  die  Anzahl  der  teilerfremden  Systeme  (i,  Je),  für  welche 

n  ^  i  ]>  Je 

ist.  Da  aber  allgemein  in  der  i*"1  Zeile  jenes  Dreieckes,  also  unter 
den  Elementen  (i,  1),  (i,  2),  •  •  •  (i,  i)  genau  tp(i)  primitive  Systeme 
vorhanden  sind,  so  ist  die  gesuchte  Anzahl 


*=*1 


Ergänzen  wir  nun  jenes  Dreieck  zu  einem  Quadrate  von  w8  Ele- 
menten, indem  wir  allgemein  in  der  i**1  Zeile  die  Elemente  (i,  i  + 1), 
(i,i-{-2)9  •  •  ■  (i,  n)  hinzufugen,  und  suchen  wir  jetzt  die  Anzahl  aller 
teilerfremden  Systeme  (if  Je)  in  diesem  Quadrate,  so  war  diese' 

-j  n2  +  3snln, 

wie  sich  aus  der  Formel  (7)  S.  311  für  t  =  1  und  für  m  =  n  ergiebt. 
Diese  Anzahl  ist  nun  genau  das  Doppelte  der  vorher  gesuchten  Zahl 
A(n)>  denn  da  das  quadratische  System  ((i,  Je))  symmetrisch  ist,  so 
entspricht  jedem  Elemente  (i,  Je)  ^1  unterhalb  der  Diagonale  ein  eben- 
solches oberhalb  derselben,  während  von  den  Diagonalelementen  (t,  i) 
mit  einziger  Ausnahme  des  ersten  kein  einziges  primitiv  ist.  Wir 
erhalten  also  für  A(n)  die  Gleichung: 

n 

(1)  Ä(n)  =  2  9  (»)  —  ^  »8  +  y  «»*», 

i 

d.  h.  es  ergiebt  sich  für  den  Mittelwert  von  tp(n)  in  dem  Bereiche 
(1,  •  •  •  n)  die  einfache  Gleichung: 

M(tp{n))  =  -^—  —  n-  ^  +  y  ein. 


330  Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

Wir  berechnen  jetzt  weiter  den  Gaussischen  Mittelwert  von  q>(n) 
in  der  Umgebung  (n  —  k,  •  •  •  n  +  k)  der  Stelle  n;  nach  der  Formel 
(3)  a.  S.  315  ist  derselbe: 

n+k  *+*  n— *— 1 

2<p®    2*®- 2  v®     ä  A.     t 

m(w(n))  =  2=* 1 1  =  A(n  +  k)-A(n-k-l)m 

IKWW)—    2h+l  —  u  +  1  U  +  l  ' 

und  nach  (1)  ergiebt  sich  also: 

Nfr«) "  ÜTT  Ö  ((n  +  Ä)*  -  (w  ~  *  -  W)  +  * 
-£<»,,_  1)  +  B- 5  + IT, 

wo  das  Bestglied  j?'  durch  die  Gleichung: 

v, v         S^ 3  (e'(n  +  k)l(n  +  k)  —  e"(n  —  k  —  l)l(n  —  jfc  —  1)) j^ 

gegeben  ist,  und  e  und  e"  positive  oder  negative  echte  Brüche  be- 
deuten. 

Wir    wollen   nur   die   Gröfsenordnung    des  Restgliedes   R'  fest- 

stellen;  dazu  können  wir  das  Glied 5  fortlassen,  e'  und  e"  durch. 

+  1  bezw.  —  1  ersetzen,  aufserdem  im  Nenner  2k  +  1  durch  2  k, 
im  Subtrahendus  n  —  k  —  1   durch  n  —  k  ersetzen,  und  endlich  den 

dann    auftretenden   Zahlenfaktor  --  fortlassen,   weil   durch   alle   diese 

Veränderungen  der  absolute  Betrag  des  Bestes  vergröfsert  oder  nur  um 
Gröfsen  höherer  Ordnung  verkleinert  x  wird.  Dann  ergiebt  sich  für  B' 
der  einfachere  Ausdruck: 

(n  +  k)  l  (n  +  k)  +  (n  —  k)  l  (n  —  k)  =  n^  ^  ,  a  _  ^    ,    ^  n  +  k 

K  K  Ä  ~ ™"  K 


-25r  +  T'(1-S  +  i— i 


1 

n 
Entwickelt  man  endlich  die   beiden  Logarithmen  nach  Potenzen  von 

— ,  so  erkennt  man,  dafs  die  beiden  letzten  Glieder  mit  der  ersten 

k 
Potenz  von  —  beginnen;  das  Bestglied  R'  kann  also  in  der  Form  ge- 
schrieben werden: 

■nt  * 

*      '    "f    n 
wo  e1  und  b%  positive  oder  negative  echte  Brüche  und  u  und  ß  geeignet 


•nt  nln    .        a     k 


§  2.   Der  Mittelwert  von  <p(n).  331 

zu  wählende  endliche  Eonstanten  bedeuten;  man  erhält  also  für  den 
gesuchten  Mittelwert  den  einfachen  Ausdruck: 

(2)  Kfo«) -5 +  *«.=£ +  **!■• 

Geht  man  jetzt  zur  Grenze  (n  =  oo,  —  =  0 j  über,  so  sieht  man, 

dafs  h  im  Verhältnis  zu  n  nicht  ganz  beliebig  klein  gewählt  werden 
kann,  wenn  die  beiden  hier  auftretenden  Restglieder  gegen  das  erste 
unendlich  klein  werden  sollen.  Am  besten  wäre  es,  wenn  Je  so  be- 
stimmt werden  konnte,  dafs  jene  beiden  Restglieder 

nln  ,  k 

-r       **        n 

etwa  von  gleicher  Ordnung  würden.  Dann  müfste  aber  Je*  von  der 
Ordnung  n*ln,  also  Je  von  höherer  Ordnung  als  n  selbst  sein,  es  würde 
also  durch  9K(qp(w))  nicht  der  Mittelwert  von  g>(n)  in  der  Umgebung 
der  Stelle  n  dargestellt. 

Um  ein  möglichst  gutes  Resultat  zu  erzielen,  setzen  wir: 

*       ln> 

wir  wählen  also  die  Umgebung  von  n  zwar  verhältnismäßig  grofs 
gegen  n,  aber  doch  noch  gemäfs  den  oben  gestellten  Anforderungen, 

so,   dafs   lim  —  =  lim  y-  =  0  wird.     Dann  werden  die   beiden  Rest- 

ftcaao 

glieder  in  (2)  bezw.  von  der  Ordnung  (In)*  und  j-]   dieses  letztere 

Restglied  kann  dann  also  gegen  das  erste  vernachlässigt  werden,  und 
man  erhält: 

(3)  a»(»«)-S  +  S5  (*»)■; 

für  sehr  grofse  Werte  von  n  hat  also  <p(n)  die  durchschnittliche 

Grofse  — y,  d.  h.  ziemlich  angenähert  die  Grofse  -z-n. 

Es  ist  interessant  zu  sehen,  dafs  dieser  mittlere  Wert  schon  bei 

verhältnismäfsig  kleinen  Zahlen  n  eine  recht  gute  Annäherung  giebt. 

Wählt  man  z.  B. 

n  =  112,        Je  =  12, 

so  wird,  wie  eine  kleine  Rechnung  unter  Benutzung  der  a.  S.  313  ge- 
gebenen Tabelle  lehrt: 

«=124 

m(»ai*>)  -  <=i — HF  =  67,68, 


332  Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

3 

während  —  •  112  =  67,2  ist;  der  begangene  Fehler  ist  also  schon  hier 
kleiner  als  —  • 

§3. 
Wir  wollen  jetzt  den  Mittelwert  der  Funktion: 

p/* 

in  gleicher  Weise  berechnen,  jetzt  aber  unabhängig  von  der  im  §  6 
der  vorigen  Vorlesung  gemachten  Voraussetzung,  dafs  ein  solcher 
Mittelwert  wirklich  existiert.  Zu  diesem  Zwecke  bestimmen  wir  die 
Anzahl  $^(0,  (#»,  n))  aller  in  einem  beliebigen  Rechtecke 

((1, 1),  (1,  n),  (m,  1),  (ro,  n)) 

befindlichen  Systeme  (i,  k)  ~  1  auf  zwei  verschiedene  Arten,  und  finden 
dann  den  gesuchten  Mittelwert  durch  Gleichsetzung  jener  beiden  Resul- 
tate.   Nach  der  Formel  (6)  a.  S.  311  ist  jene  Anzahl: 

(1)  %i  (0,  (m,  n))  =  £itnn  +  Senlm . 

Betrachten  wir  nun  zweitens  die  n  in  einer  beliebigen  ftton  Zeile  stehen- 
den Systeme: 

(2)  &1),...(M);(M+1X-..(M*)5(*»2*+1X (*,»), 

so  sind  unter  den  k  ersten  (Je,  1),  •  •  •  (Je,  k)  genau  <p(k)  teilerfremde 
Systeme  enthalten,  ebenso  unter  den  Je  folgenden  (Je,  Je  +  1),  •  •  •  (Je,  2k), 
da  diese  ja  den  Je  ersten  äquivalent  sind,  u.  s.  w.     Also  zerfällt  die 

Reihe  (2)  in  K-l  Partialreihen  von  je  Je  Elementen,  von  denen  jede 

<p(n)  Einheitssysteme  enthält,  und  zu  ihnen  tritt  dann  noch  eine  kleine 

Anzahl  (k,  |!V]  Je  -\-  1),  >  -  •  Qc,ri),    welche    die    letzte    unvollständige 

Partialreihe  büden,  und  in  welcher  die  Anzahl  der  Einheitssysteme 
<^  tp(k)  ist.  Mithin  ist  die  gesuchte  Anzahl  für  eine  der  m  Horizontal- 
reihen unseres  Rechteckes  gleich: 

*<*)[t]  +  '*»(*)» 

wo  Sh  nicht  negativ  und  höchstens  gleich  Eins  ist.  Ersetzt  man  noch 
yc\  durch  ~  —  dk,  wo  0  ^  dft'<  1  ist,  und  setzt  man  dann  dk  —  dk  =  ek , 
so  wird  jene  Anzahl: 


§  3.   Der  Mittelwert  von  ^ .  333 

n 

wo  jetzt  sk  zwischen  —  1  und  -f-  1,  die  letzte  Grenze  eingeschlossen, 
liegen  kann.  Bilden  wir  nun  die  Summe  dieser  Anzahlen  für  alle 
m  Horizontalreihen  und  setzen  diese  der  in  (1)  gefundenen  Gesamtzahl 
gleich,  so  ergiebt  sich  schliefslich: 

m  m 

4=1  *=1 

oder  durch  Division  mit  mn: 

(3)  m(*%>)=±  +  B, 

wo  das  Restglied  R  den  folgenden  Wert  hat: 


m 


Da   aber   in   diesem  Ausdrucke  für  die  zweite  Summe  nach  der  im 
vorigen  Abschnitte  gefundenen  Formel  (1): 


m 


m 


a=i  i 

ist,  so  ist  das  zweite  Glied  von  R  absolut  genommen  nicht  gröfser  als: 

(V\  3      m    ,     3     lgw 

und  da  n  sonst  in  (3)  und  (3a)  nicht  vorkommt,  so  kann  man  n  von 
vornherein  so  grols  annehmen,  dafs  das  ganze  zweite  Glied  in  (3a)  von 

niedrigerer  Ordnung  wird  als  -^— ,  so  dafs  es  in  R  einfach  fortgelassen 

werden  kann.     Dann  ergiebt  sich  also  für  den  Mittelwert  von  ^—^  in 
dem  Intervalle  (1;  •  •  •  m)  der  einfachere  Ausdruck: 

(4)  jf(^)«^  +  8.tof 

oder  wenn  man  mit  dem  Nenner  m  herauf  multipliziert: 


m 


(4»)  yjf^.==±t.m  +  ^£\gm  (-k.<+d. 

1 

Aus  dieser  Gleichung  können  wir  nun  leicht  den  Gaussischen 
Mittelwert  der  Funktion  ^— -  in  der  Umgebung  (m  —  l,  •  •  •  m  +  T) 
einer  beliebigen  Stelle  m  berechnen;  es  ist  nämlich  wieder: 


334  Fünfundswanzigste  Vorlesung. 

M\   k   )  2J+1  ä»^-"' 

wo  jetzt  iJ  aus  den  beiden  Bestgliedern  gebildet  ist,  welche  man  in 
dem  Ausdrucke  (4*)  erhalt,  wenn  dort  w  bezw.  durch  m  +  l  und 
m  —  l  —  1  ersetzt  wird;  es  ist  also: 

p        q  gtlg(w  +  l)  — gtlg(m  — Z—l) 

Auch  hier  kann  man  wie  a.  S.  330  st  und  es  durch  1  und  —  1,  m  —  l  —  1 
durch  m  —  l}  ferner  21  +  1  im  Nenner  durch  21  und  endlich  den  Mul- 

O  

tiplikator  -5-  durch  2  ersetzen.  Es  kann  also  R  auch  folgendermafsen 
bestimmt  werden: 

1  —  —  J  =  —  -^  —  ■  —  —  -| für   einen  genügend 

kleinen  Wert  von  —  beliebig  wenig  von  dem  Anfangsgliede  unter- 
scheidet, so  kann  man  B  auch  die  Form  geben: 

wo  z.B.  die  Klammer  |—  ?J  hier  wie  stets  im  Folgenden  einen  Ausdruck 

von  der  Größenordnung  — y  bedeuten  soll,  d.  h.  eine  Gröfse  von  der 

Form  ß  —j,  in  der  ß  eine  nicht  näher  bestimmte  aber  endliche  Gröfse 
ist.     Dann  erhält  unser  Mittelwert  den  einfachen  Ausdruck: 

Auch  hier  kann  man  die  Intervallgrenze  l  nicht  in  einem  solchen 
Verhältnis  zu  m  annehmen,  dafs  beide  Restglieder  von  gleicher  Ord- 
nung unendlich  klein  werden,  denn  dazu  müfste  Z*  =  m*lgm,  also 
l  gröfser  als  m  angenommen  werden.     Wir  wollen 

l  =  Ym  -  lg  m 

wählen;  dann  verschwindet  — =■  =  -^  gegen  -^  =  -—  und  man  erhält 
die  Formel:  m  Y 


«pft-i+isi 


Ym 

Für   einigermafsen   gröfse  Werte   von  m  ist  also  der  mittlere 
Wert   der  echten  Brüche   -^— ;  gleich     i}    oder   nahezu   gleich 


§  3.   Der  Mittelwert  von  ^  •  335 

Y  >  doch  mufs  man  auch  hier  das  Intervall  (m  —  l,  •  •  •  m  -f-  0 

yerhältnismäfsig  grofs  gegen  m  annehmen. 

Dieser  Satz  stimmt  mit  dem  a.  S.  325  gefundenen  überein;  hier 
ist  er  aber  vollkommen  streng  bewiesen,  und  wir  erhalten  auch  die 
Ordnung  des  begangenen  Fehlers. 


§4. 

Wir  wollen  uns  im  Folgenden  genauer  mit  den  Mittelwerten  der- 
jenigen zahlentheoretischen  Funktionen  beschäftigen,  welche  von  den 
Teilern  der  ganzen  Zahlen  abhängen;  wir  werden  z.  B.  die  mittleren 
Werte  für  die  Anzahl  der  Divisoren,  für  ihre  Summe,  für  die  Summe 
ihrer  Logarithmen  berechnen  u.  a.  m.  Die  genauen  Ausdrücke  aller 
dieser  mittleren  Werte  können  aus  einer  einzigen  sehr  allgemeinen 
Formel  abgeleitet  werden,  zu  deren  Begründung  ich  zunächst  übergehe. 

Es  seien  wieder,  wie  a.  S.  274  • 

zahlentheoretische  Funktionen,  von  denen  speziell  g(h)  die  Eigenschaft 
hat,  dafs 

ist.    Dann  war  gezeigt  worden,  dafs  von  den  beiden  Gleichungssystemen: 
(1)  H*)  =  51fW9W 


.t 


jedes  eine  Folge  des  anderen  ist. 

Es  sei  jetzt  N  eine  beliebige  ganze  oder  gebrochene  positive  Zahl, 
und  es  mögen 

F(N),    G(N),    B{N) 

die  zu  f(k),  g(k),  h(k)  gehörigen  summatorischen  Funktionen  bedeuten, 
so  dafs  also  z.  B. 

F(N)  -  f(l)  +  f(2)  +  •  •  •  +  f([NJ) 

ist,  und  die  entsprechenden  Gleichungen  für  G(N)  und  H(N)  be- 
stehen; dann  sind  jene  summatorischen  Funktionen  nicht  blofs  für  alle 
ganzzahligen,  sondern  auch  für  alle  dazwischen  liegenden  gebrochenen 
Werte  von  N  definiert,  sie  behalten  in  dem  ganzen  Intervalle  zwischen 
je  zwei  aufeinander  folgenden  ganzen  Zahlen  k  und  Je  -f-  1  ihren  Wert 
und   andern    sich    nur    sprungweise,    sobald    das  Argument  N   einen 


336  Fünfnndzwanzig8te  Vorlesung. 

ganzzahligen   Wert   überschreitet.     Ist   dann  N  eine   beliebige   ganze 
Zahl,  so  ist  z.  B.  der  Quotient: 

N 

F(N)         i 


N  N 

der   Mittelwert   der   arithmetischen   Funktion  f(k)    für    das    Intervall 
(1,  2,  •  •  •  N)  und  das  Entsprechende  gilt  für  G(N)  und  H(N). 

Ich  zeige  nun,  dafs  für  diese  drei  summatorischen  Funk- 
tionen die  beiden  mit  (1)  und  (lft)  völlig  analogen  Gleichungssysteme 
bestehen: 

(2)  e(n)  -ym  <?(*') 

d~N  (<r=i,»,-.[ivi). 

(2*)  F(N)  =yeig(*)B(S') 

Summieren  wir  njunlich  die  beiden  Gleichungen  (1)  und  (la)  für 
alle  Werte  von  n  =  1,  z,  •  •  •  [2T],  bo  ergeben  sich  die  Gleichungen: 

INI 

h(n)=2  2fW9W  -2rtf0*w 

n=l    dd'=*  f^v^N 

im 

w=l    dd'=n  f*£N 

Summiert  man  also  auf  der  rechten  Seite  zuerst  in  Bezug  auf  fi  von 

—  I' 
d.  h.  in  Bezug  auf  alle,  ganzen  Zahlen  v,  für  welche  \tv  <  N  ist,   so 

gehen  jene  Gleichungen  über  in: 

(T  *  //»— it«p- "in  \ 

oder  bei  Einführung  der  summatorischen  Funktionen  G( — j  und  H( — j 
für  die  inneren  Summen  ergeben  sich  in  der  That  die  Gleichungen: 

*w  =2  fv> G  (f) 

N 
welche  in  (2)  und  (2a)  übergehen,  wenn  /i  und  —  durch  d  und  <J' 

IT 

ersetzt  werden. 


§  4.   Grundformeln  für  die  Theorie  der  Mittelwerte.  337 

Wir  werden  jene  beiden  Formeln  (2)  und  (2ft)  nur  in  dem 
speziellen  Falle  anwenden,  dafs  für  jedes  Je 

ist;  da  dann  die  zugehörige  summatorische  Funktion 

i 
wird,  so  erhalten  wir  aus  (1),  (1*)  und  (2),  (2a)  den  sehr  allgemeinen  Satz: 

Ist  f(k)  eine  beliebige  arithmetische  Funktion,  und  ist  für  jedes 
ganzzahlige  h 

(3)  Hn)=2fW> 

d/n 

so   bestehen   zwischen   den  summatorischen  Funktionen  F(N) 
und  B(N)  die  Gleichungen: 

(3-)     '  H(N)=  ß[f]f(d)    ' 

im 
(3b)  ^W=^#(t)- 

Ist   also  z.  B.  f(Jc)  =  1,  so  ist  h(n)  =  2f(ß)  gleich  der  Anzahl 

d/n 

aller  Teiler  von  w,  und  der  Quotient      L  '  liefert  für  ein  beliebiges 

gannzzahliges  N  den  Mittelwert  jener  Anzahl  für  das  Intervall  (1,  •  •  •  iV); 
ist  ferner  f(k)  =^Jcf  so  ist  h(n)  gleich  der  Summe  aller  Divisoren  von 

w,  und  j^  gleich  dem  Mittelwerte  jener  Divisorensumme  in  dem- 
selben Intervalle,  und  die  allgemeine  Formel 

(3«)  JVCbÖ»»  —  ^Q  —  y  ^S 

welche  aus  (3*)  für  ein  beliebiges  ganzzahliges  N  hervorgeht,  giebt  ein 
einfaches  Mittel,  um  jenen  Mittelwert  in  jedem  einzelnen  Falle  genau 
zu  berechnen. 

Wir  werden  im  Folgenden  für  f(h)  stets  eine  positive  Funktion 
von  k  wählen;  dann  finden  wir  aus  (3C)  leicht  einen  angenäherten 
Wert,  nämlich  eine  obere  Grenze  für  den  gesuchten  Mittelwert  M(h(ri)). 

Schreiben  wir  nämlich  in  ihr  statt  der  gröfsten  Ganzen  \-f\  jedesmal 

den  Bruch  -j-  selbst,  so  vergröfsern  wir  die  rechte  Seite,  es  ist  also 
sicher: 

Kronecker,  Zahlentheorie.  I.  22 


338  Fünfondzwanzigste  Vorlesung. 

(4)  M(h(n))<2fJT- 

Wollten  wir  aber  M(h(rij)  gleich  der  rechts  stehenden  Summe  setzen, 
so  würde  der  begangene  Fehler  im  allgemeinen  noch  sehr  grols,  näm- 
lich von  der  Größenordnung  der  iV-gliedrigen  Summe 

1 

sein;  in  vielen  Fällen  ist  aber  jener  Fehler  von  derselben  Ordnung, 
wie  die  zu  berechnende  Gröfse  selbst,  und  dann  ist  die  Formel  (4)  für 
die  näherungsweise  Berechnung  jenes  Mittelwertes  völlig  unbrauchbar. 
Wir  müssen  also  jenen  Fehler  zu  verkleinern  suchen. 

§5. 

Man  kann  diesen  Zweck  auf  eine  geradezu  wunderbar  einfache 
Weise  erreichen,  aber  es  gehörte  ein  Gedanke  dazu,  der,  so  einfach  er 
ist,  doch  eine  der  wichtigsten  arithmetischen  Methoden  enthalt.  Gauss 
war  wohl  der  erste,  der  diesen  Gedanken  ausgesprochen  hat,  zwar 
nicht  in  seinen  veröffentlichten  Schriften,  wohl  aber  findet  er  sich, 
wenn  auch  in  etwas  dunkler  Form,  in  seinem  Nachlafs.  Man  muls 
nämlich  die  Teiler  d  einer  beliebigen  Zahl  n  in  zwei  Gruppen  (dj) 
und  (di)  scheiden;  in  die  erste  Gruppe  rechnen  wir  die  kleineren  Divi- 
soren von  w,  Ah.  die  Teiler  d1  <  ]/n,  in  die  zweite  die  größeren 
d%  >  )/n;  sollte  speziell  n  =  p*  eine  Quadratzahl  sein,  so  müssen  wir, 
wie  dies  gleich  näher  ausgeführt  werden  wird,  diesen  einen  Teiler 
li  =  yü  mit  seinem  halben  Gewichte  zur  ersten,  mit  seiner  anderen 
Hälfte  zur  zweiten  Gruppe  rechnen. 

Ist  nun  wieder  f(k)  eine  beliebige  arithmetische  Funktion  von  kt 
so  setzen  wir  ganz  entsprechend  den  Gleichungen  (3)  a.  S.  337: 

m»)  -  2f(&'    *• w  -2f(®> 

wo  die  Summationen  jetzt  nur  über  alle  gröfseren  bezw.  alle  kleineren 
Divisoren  zu  erstrecken  sind,  und  wo,  falls  n  =  a2  eine  Quadratzahl 

sein  sollte,  in  jeder  von  beiden  Summen  der  Summand  y/Xft)  auftritt. 

Ist  dann  zunächst  für  ein  beliebiges  ganzzahliges  N  Ht(N)  die  sum- 
matorische  Funktion  von  \(n)  für  das  Intervall  (1,  •  •  •  N),  so  ist  also: 

N  N 

min  =  2 '*i(«o  -  2  2f<&>-29Wfw>    ■ 

1  .     »=1     dj/n  (*) 


§  6.    Grundformeln  für  die  Theorie  der  Mittelwerte.  339 

wo  ftLr  ein  beliebiges  k  f(k)  so  oft  auftritt,  als 

»  

ist;  setzt  man  also  l  =  k  -\-  r,  so  giebt  der  Koefficient  p(fr)  auf  der 

rechten  Seite*  die  Anzahl  der  Auf  Losungen  der  Ungleichung: 

k(k  +  r)<^N 

an.     Dieselbe  besitzt  aber  offenbar  die  Lösungen: 

r  =  0,l,. .•[*]-*, 

und  da  die  erste,  r  =  0,  nur  halb  zu  rechnen  ist,  so  ist  ihre  Anzahl 

•<»)'-[f|-*  + T' 
<L  h.  es  ist: 

V 

(1)  1^=^  ([*]_* +  -L)f(fc),  (_[K^ 

wo  die  Summation  nur  bis  v  =  [YW]  zu  erstrecken  ist,  da  für  alle 
gröfseren  Werte  von  k  kl>  N  sein  würde. 

Wir  können  diesen  Ausdruck  in  sehr  eleganter  Weise  umformen, 
wenn  wir  an  Stelle  von  f(k)  die  summatorische  Funktion  F(k)  ein- 
führen.    Setzen  wir  nämlich 

f(k)  =  F(k)-F(k-l), 

wobei  F(0)  =  0  anzunehmen  ist,  und  außerdem 

so  geht  der  Ausdruck  (1)  för  HX(N)  über  in: 

^(jo-2(t-*)(jf'<*)--p*-1»  +  2t-^)' 

oder  wenn  man  beachtet,  dafs  die  letzte  Summe  zwischen  den  beiden 
Grenzen  +  y  (^  fify)  liegt,  also  gleich  y  F(y)  gesetzt  werden  kann, 


i 

V 


Ersetzt  man  aber  in  der  zweiten  Summe  k  —  1  durch  k}  und  lafst  dann 
ihr  mit  jF(O)  =  0  multipliziertes  Anfangsglied  fort,  so  ergiebt  sich: 

um  -2Fw  (f  -  *)  -2F(k)(*r-i  -  <* + D)  +  TFW> 

22* 


340  Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

oder  wenn  man  in  der  zweiten  Summe  auch  bis  v  summiert,  dieses 
letzte  Glied  aber  wieder  abzieht  und  dann  beide  Summen  mit  einander 
vereinigt: 

^W-^^ferrj+^  +  ^W^-^  +  ^  +  T)- 

Der  Koefficient  von  F{y) 

«-jfl-.(»  +  l)  +  T 
ist  ein  ^wischen  +  -5-  "und  —  y  liegender  Brach;  da  nämlich 

zwischen  YN  und  YN-\-  1  Hegt,  so  erhalt  man  eine  untere  und  eine 
obere  Grenze  für  a,  wenn  man  v  +  1  einmal  durch  ]/^+  1,  das  andere 
Mal  durch  YN  und  außerdem  s  durch  —  1  bezw.  -f-  1  ersetzt.  Also 
ist: 

N     _  '(VW  4-  l)  —  !<«<-*-  —  VW  4-  -  =  -• 

die  untere  Grenze  wird  noch  verkleinert,  wenn  man  in  ihrem  ersten 

Gliede  N  durch  N  —  1  ersetzt,  wodurch  sich  einfach  die  Grenze  —  y 

ergiebt. 

Man  erhält  also  für  S±(N)  die  folgende  elegante  Gleichung: 

fr  V 

Es    sei   jetzt   zweitens  B^fN)   die   summatörische  Funktion   für 
^(n);  dann  ist: 

•  N  N 

1  w=l    4%Jn 

wo  in  die  letzte  Summe  jeder  Summand  f(l)  so  oft  aufzunehmen  ist, 
als 

ist;  Hur  für  ein  k  71er  Reihe  1,  2,  •  •  •  [V^]  giebt  es  Bolche  komple- 
mentäre Faktoren  l,  und  für  ein  bestimmtes  k  dieser  Reihe  sind  für  / 
der  Reihe  nach  die  Zahlen: 

'*,    *+l,    ft  +  2,  •••  [-£] 
fcu  wählen,  init  der  Mafsgabe^  dafs  für  Z  =  k  nur  y/X*)  aufzunehmen 


§  6.   Grundformehi  ffir  die  Theorie  der  Mittelwerte.  341 

ist.     Summieren- wir  also  aber  alle  zulässigen  k,  so  ergiebt  sich: 

[4 ]        ' 

Führen  wir  wieder  in  die  innere  Summe  die  summatorische  Funktion 
F(r)  ein,  bo  wird: 

f© -*(-?) —*•<*);     j?m  =  F(v), 

also  ergiebt  sich  für  S%(N)  die  einfache  Formel: 

(1")  H(N)  =2HF(t)  ~  *(*)}  +  YF(V)- 

Addiert  man  die  beiden  Formeln  (1*)  und  (lb),  so  ergiebt  sich  für 
die  in  §  1  betrachtete  summatorische  Funktion  H(N)=H1(N)  +  H%(N) 
der  folgende  einfache  Ausdruck: 

V  V 

(2)  *(J0-^iJfij +,£*(-?) +  W»),     <-•«'« 

wo  die  Summation  jedesmal  von  1  bis  v  =  [V^]  zu  erstrecken  ist. 
Die  so  sich  ergebenden  Formeln 

(3)       b,  (jo  -  2  KD  -  *  w) + t  *« 


1 


aus    denen   sich    durch  Division  mit  N  die  Mittelwerte  der  arithme- 
tischen Funktionen: 


*/• 


(3») 


*•(»)- Jg/W 


<**/* 


in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  N)  ergeben,  unterscheiden  sich  nun  von  der 


342  Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

im  vorigen  Abschnitte  gefundenen  Gleichung  (3°)  ganz  wesentlich  da- 
durch, dafs  hier  die  Summationen  nicht  yon  1  bis  N,  sondern  nur  von 
1  bis  [YN]  zu  erstrecken  sind,  und  wir  werden  im  Folgenden  sehen, 
dafs  allein  aus  diesem  Grunde  jene  Summen  mit  sehr  viel  grofserer 
Genauigkeit  angenähert  berechnet  werden  können. 

Wir  wollen  diese  Fundamentalformeln  (1),  (1*)  und  (lb)  nun- 
mehr auf  eine  ganze  Reihe  von  Spezialfällen  anwenden,  und  so  eine 
grofse  Anzahl  von  sehr  eleganten  Resultaten  in  Bezug  auf  die  Hittel- 
werte arithmetischer  Funktionen  erachliefseiL 


Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

Der  Mittelwert  für  die  Anzahl  der  Divisoren.  —  Folgerungen  aus  diesem  Resul- 
tate. —  Die  Summe  der  Divisoren.  —  Die  Summe  der  reziproken  Teiler.  —  Die 
Summe  der  Logarithmen  aller  Teiler.  —  Der  Überschuß  der  Teiler  von  der  Form 
4n  -f  *  über  die  von  der  Form  4n  —  1  und  der  Mittelwert  dieser  Anzahl. 

§1. 

Wir  setzen  in  den  am  Ende  der  vorigen  Vorlesung  abgeleiteten 
Formeln  (1),  (la)  und  (lb)  zunächst 

/•(*)  =  1;    % 

dann  werden  die  Funktionen  \{n)  und  Aj(n)  in  (3*)  gleich  der  An- 
zahl der  kleineren  bezw.  gleich  der  der  gröfseren  Divisoren,  und  die 
beiden  ersten  Formeln  in  (3)  liefern  die  Mittelwerte  jener  beiden  An- 
zahlen in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  N).  Da  aber  bei  jeder  Zerlegung 
»  =  d,  •  d,  einer  der  Paktoren  ein  kleinerer,  der  andere  ein  größerer 
ist,  so  ist  hier  Äj(n)  =  Aj(n),  also  auch  Ht(N)  =  li^(-N);  wir  brauchen 
in  diesem  Falle  also  nur  eine  jener  beiden  Summen  zu  berechnen. 

Wir  benutzen  zur  Berechnung  von  HX(N)   die  Formel  (1)   des 
vorigen  Abschnittes;  aus  ihr  ergiebt  sich: 

w  *w-.£cfl-*+i) 

oder  wenn  man 

setzt,  wo  dk  einen  nicht  negativen  echten  Bruch  bedeutet,  so  wird: 

1  1 

Um  nun  die  Gröfse  von  H^N)  abzuschätzen,  schreiben  wir  diese  Glei- 
chung in  der  folgenden  Form; 


344  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

1 

dann  ist  das  Restglied 

und  da  offenbar  N 2>  [YN]%  ist,  so  folgt,  dafe  | JB |< VW  ist  Also  wird: 
(2)  H^N)  =  N 2t  -  t  -  « ^  <-»*•«« 

Nach  der  a.  S.  318  bewiesenen  Enlerschen  Formel  ist  nun: 

wo  C  die  Eulersche  Eonstante  und  <J'  ein  unbekannter  positiver  echter 
Bruch  ist.     Ersetzt  man  also  [Y^]  durch  YW —  S,  so  folgt: 

■^flfj  +  rf'^  +  ö 

Setzt  man  also  diesen  Wert  in  (2)  ein,  so  ergiebt  sich: 

Ordnet  man  die  rechte  Seite  nach  Potenzen  yon  YN  und  berück- 
sichtigt nur  die  Glieder  von  der  Ordnung  -y^=,  indem  man  beachtet, 

dafs  in  der  Taylorschen  Reihe  für  genügend  grofse  Werte  von  N  die 
Summe  aller  folgenden  Glieder  kleiner  wird  als  das  nächstvorhergehende 
Glied,  so  erhält  man: 

fli  (20  -  -f  IN+  %  (20-  1)  +  YN(i'  -d-0) 

wo,  wie  bereits  a.  S.  334  erwähnt  wurde,    j  ■ i  ein  Glied  yon  der 


§  1.   Der  Mittelwert  für  die  Anzahl  der  Divisoren.  345 

Ordnung  von  — ==,  d.  h.  von  der  Form  -— =   bedeutet,   wenn  p    eine 

unbekannte,  aber  unterhalb  einer  endlichen  Grenze  liegende  Zahl  ist. 
Da.  nun  endlich: 


'-<J-tf|<2,         SS'-y  ^l"'l  + 


"<2 


2 

ist,  so  kann  SX(N)  folgendermaßen  geschrieben  werden: 

(3)  H1(N)~%lN+%(2C-l}+2(«VN+ß)+[^=}, 

wo  cc  und  ß  unbekannte  positive  oder  negative  echte  Brüche  bedeuten. 
Verdoppelt  man  diese  Anzahl  und   berücksichtigt   man   nur   das 
Bestglied  höchster  Ordnung,   so  erhalt  man  für  die  Summe  der  An- 
zahlen aller  Teiler  in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  N)  den  Ausdruck: 

(4)  H(N)  —  H±(N)  +  Hi(N)  =  NIN+  N(2G—  1)  +  ?/*?, 

wo  y  eine  Gröfee  bedeutet ,  welche  für  jedes  noch  so  grofse  N  end- 
lich bleibt,  und  durch  Division  mit  N  erhält  man  für  die  mittlere  An- 
zahl aller  Divisoren  in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  N): 

(4-)  5^2.^+2(7-1+ {^j. 

Wir  wollen  jetzt  mit  Hülfe  der  Gleichung  (4)  den  Gaussschen 
Mittelwert  der  Anzahl  aller  Teiler  in  der  Umgebung  der  Stelle  N  be- 
rechnen. Nach  der  a.  S.  316  bewiesenen  Formel  ist  derselbe  gleich 
dem  Grenzwerte  des  Quotienten: 


ffir 

N 


N=oo,     ]c  =  oo,     -^=0. 


Bildet  man  aber  jenen  Quotienten  mit  Hülfe  von  (4),  so  ergiebt  sich 
zunächst: 

(5)  ±[(N+k)l(N+k)-mN+k(2C-l)+{VW+le}  -[VF)]. 
Nun  ist  zunächst  wegen 

y^+*-yF(i+ 4. -£  +  ...) 

die  Differenz  jener  beiden  Bestglieder  wieder  von  der  Ordnung  YN, 
und  da  ferner: 


346  Sechsundzwanziggte  Vorlesung. 

(N+ k)  l(N+  k)  —  Nl  JV=  (iV+ k)  l  N—NIN+  (N+  *)  *(l  +  ^) 

ist,  so  ergiebt  sich  nach  Division  mit  Je  für  den  gesuchten  Mittelwert 
der  Anzahl  aller  Divisoren  (5)  der  einfache  Ausdruck: 

Der  mittlere  Wert  für  die  Anzahl  aller  Teiler  einer  Zahl  ist  also 
gleich  (IN  -{-  2C),  vorausgesetzt,  dafs  wir  die  Grobe  Je  des  Intervalles 
(N9  •  •  •  N  +  Je)  gegen  N  so  annehmen,  dafis  die  beiden  Quotienten 

und     J-^— 
N  k 

möglichst  klein  werden.    Am  besten  wählen  wir  Je  so,  dafs  beide  Quo- 
tienten gleiche  Gröfsenordnung  erhalten,  d.  h.  wir  nehmen: 

Je  von  der  Ordnung  N* 

an;  dann  erhalten  -^-  und  -^r—  beide  die  Ordnung  N     ;  es  ergiebt  sich 
also  das  Resultat: 

Die  mittlere  Anzahl  aller  Teiler  einer  Zahl  N  ist 

IN  +  2(7=  IN  +  1,154431 . . ., 

sie  wächst  also  wie  lg -ZV,  und  dieser  Mittelwert  ist  genau  bis 

auf  einen  Fehler  von  der  Ordnung  -i — .  wenn  die  betrachtete 

VN  a   m 

Umgebung  von  N  von  der  Gröfsenordnung  2V    ist 

Wählen  wir  z.  B. 

N=  100000000  =  10«,      *  =  1000000  =  108, 

so  ist  die  mittlere  Anzahl  der  Divisoren  aller  Zahlen  in  dem  Inter- 
valle von  100  Billionen  bis  101  Billionen  gleich 

MO8  +  2C  =  8  .  110  +  2G  =  19,5752  . . ., 

und  der  hier  begangene  Fehler  ist  höchstens  gleich  t =  — ,  d.  h. 

er  betragt  höchstens  eine  Einheit  der  zweiten  Dezimalstelle. 

Ist  speziell  2V=  3A  gleich  einer  Potenz  von  3,  so  ist  die  Anzahl 
•  ihrer  Divisoren  offenbar  gleich  (A  +  1);  da  aber 

A  =  ^=  (0,9102...)^ 


§  2.  Anwendungen.  347 

ist,  so  ist  h  +  1  jenem  Mittelwerthe  IN  -f-  2  G  annähernd  gleich.  In 
diesem  Falle  ist  also  die  wirkliche  Anzahl  der  Divisoren  von  N  nahezu 
gleich  dem  Mittelwerte  dieser  Anzahl. 

§2. 

Ehe  ich  zur  Bestimmung  des  Mittelwertes  für  die  Summe  der 
Divisoren  übergehe,  möchte  ich  an  das  soeben  gefundene  Resultat 
einige  Bemerkungen  anknüpfen. 

Die  Betrachtungen  des  vorigen  Paragraphen  haben  ergeben,  dafs 
in  den  beiden  Dirichletschen  Reihen: 

(1)  jgm    „nd    J^, 

i  i 

in  denen  ty(k)  die  Anzahl  aller  Divisoren  von  h  und  C  die  Eulersche 
Konstante  bedeutet,  die  Koefficienten  Mittelwerte  besitzen,  und  dafs 
diese  einander  gleich  sind.    In  der  That  folgt  ja  aus  (4a)  des  §  1: 

i 

und  für  die  zweite  Reihe  ergiebt  sich  leicht: 

N  X 

(1*)    ^2(fc*  +  2^-^^k*  +  2C  =  lgiH-2C'-l  +  *^ 

.,  <o<<r<i), 

weil: 

VI  / 

(lb)  <2te*=J  lgxdz  +  ]g£  =  [xlgx  —  x]*+lg|      &<*<*) 

=  N]gN-N+l+]g$ 
ist.    Hieraus  folgt,  dafs  in  der  Differenz  der  beiden  Reihen  (1): 

die  Koefficienten  f(h)  ebenfalls  einen  Mittelwert  und  zwar  den  Mittel- 
wert Null  haben.  Aus  dem  im  §  6  der  vierundzwanzigsten  Vorlesung 
bewiesenen  Satze  folgt  also,  dafs  der  Grenzwert 

existiert  und  den  Wert  Null  hat.  Falls  also  jene  Reihe  (2),  welche 
für  e  >  1  konvergiert,  für  z  =  1  unendlich  grofs  werden  sollte,  so 
wird  sie  jedenfalls  von  niedrigerer  als  der  ersten  Ordnung  unendlich 


348  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

grofs.  Wir  wollen  jetzt  aber  direkt  zeigen,  dafs  diese  Reihe  für  0  —  1 
gar  nicht  unendlich  grofs  wird,  sondern  gegen  einen  endlichen  Grenz- 
wert konvergiert,  oder,  was  dasselbe  ist,  wir  zeigen,  dafe  die  beiden 
Dirichletschen  Reihen  (1)  für  die  Umgebung  der  Stelle  (z  =  1)  in 
gleicher  Weise  unendlich  grofs  werden. 

Für  die  erste  Reihe  hatten  wir  im  §  4  (lc)  der  zweiundzwanzigsten 
Vorlesung  die  folgende  Gleichung  gefunden: 

OB  /        OD  \    8 

Ferner  hatten  wir  den  Wert  der  rechts  stehenden  Dirichletschen  Reihe 

00 

^—  bis  auf  eine  Einheit  genau  bestimmt,  es  war  nämlich: 


l 


CD 


1  1 


(3a)  2?-rri+'*> 


1 


wo  d  einen  unbekannten  positiven  echten  Bruch  bedeutet.  Eine  ge- 
nauere Betrachtung  dieser  Reihe,  auf  die  ich  an  dieser  Stelle  nicht 
eingehen  will,  lehrt  nun,  dafs  für  jedes  z  >  1  jene  Reihe  eine  stetige 
differenzierbare  Funktion  von  z  ist  und  dals 


00   1  l 


(3b)  ■^-rri  +  0  +  (#-l)(0'  +  -) 

i  • 

ist,  wo  C  wieder  die  Mascheronische  Eonstante  ist,  und  q>(z)  =  C  -\ 

mit  seinen  Ableitungen  für  z  =  1  endlich  bleibt     Also  ist: 

1 

wo  die  fortgelassenen  Glieder  für  z  =  1  endlich  bleiben. 

Genau   dieselbe  Entwickelung   gilt   aber   für  die  zweite  Reihe  in 
(1).     In  der  That  ist: 

1  1 

Ferner  folgt  aus  der  allgemeinen  Gleichung  S.  258: 


00 


(4)    4  *    *    </  **  2    U-i)V-*jt 

_         1  l  +  (*-l)lg2  .     IgS 


§  2.   Anwendungen.  349 

weil  das  in  eckigen  Klammern  stehende  unbestimmte  Integral  für 
x  =  oo  versohwindet,  wenn  z  um  noch  so  wenig  gröfser  ist  als  Eins. 
Beachtet  man  also,  dafs: 

i    _,-*-«».»  _1_(,_1)lg2.+  ... 

und  entwickelt  jetzt  die  rechte  Seite  von  (4)  nach  Potenzen  von  z  —  1, 
so  folgt: 


wo   die  fortgelassenen  Glieder  für  js  =  1  endlich  bleiben*),   d.  h.  es 
ist,  wie  bewiesen  werden  sollte: 

<sn]gk  +  2C  =      l        .      2C     . 

i 

.  •  ■  •  -, 

Wüfste  man  also,  dafe  die  arithmetische  Funktion  1>(k),  also  auch 
die  Funktion  f(k)  in  (2)  einen  Mittelwert  besitzt,  so  würde  aus  dem 
soeben  erwähnten  Satz  jetzt  direkt  folgen,  dafs  dieser  Mittelwert  von 
f(k)  gleich  Null  ist,  dafs  also  die  Funktionen  ^(&)  und  (lg&  +  2C) 
gleiche  Mittelwerte  haben,  und  aus  der  Gleichung  (la)  würde  sich  so 
auch  der  mittlere  Wert  für  die  Anzahl  der  Divisoren  ergeben.  Dieser 
Nachweis  konnte  aber  bisher  noch  nicht  gegeben  werden,  und  daher 
ist  der  im  vorigen  Abschnitte  gegebene,  von  jeder  Voraussetzung  freie 
Nachweis  bei  weitem  vorzuziehen. 

Wir  zeigen  endlich  noch  direkt,,  dafs  die  soeben  behandelte 
Dirichletsche  Reihe: 

*  f9)         ^7^(Ä)-lg*^2C 


auch  über  den  Wert  j@r  =  1  hinaus,  nämlich  bis  zu  dem  Werte  e  =  y 
hin  konvergiert. 

Zu  diesem  Zwecke  transformieren  wir  die  endliche  Reihe  (2) 

Zj    Je* 
l 

mit  Hülfe   der  a.  S.  320   angegebenen  Abelschen  Umformung,   indem 
wir  dort  in  der  Formel  (3) 


*   Dasselbe  Resultat  kann  auch  durch  Differentiation  der  Gleichung  (3b)  ab- 
geleitet werden.  H. 


350  Sechsundawansigate  Vorlesung. 


1 


setzen.     Setzen  wir  endlich  das  noch  nicht  definierte  B0  =  0,  so  wird 
JB^  —  ^_!  =  f(fy>  un<l  Jene  allgemeine  Gleichung  geht  über  in: 

VÖ9  -  V^fi — ^  4-   F(jy) 


oder  da  nach  dem  Mittelwertsatze: 


(0  <»k<l) 


k9     (k+i)'     (k+8ky+l 

ist,  so  ergiebt  sich: 

(&\  ^rfl*)^-^    **(*)     .   yw  . 

Nun  ist  für  jeden  Wert  von  n  wegen  (1*)  des  §  2  und  (4)  des  §  1: 

1  1 

=  H(n)  -  (nlgn  +  »(20—  1)  +  *.lg«) 

=  (nlgn+n(2C-l)  +  ywV^-(nlgn+n(2C-l)  +  l+*wlgn) 

wo  auch  aM  ebenso  wie  yn  und  *Ä  mit  unbegrenzt  wachsendem  n  unter- 
halb einer  endlichen  Grenze  bleibt. 

Substituiert  man  also  diesen  Wert  für  F(k)  und  F(N)   in  (5*) 
und  beachtet,  dafs  dann  das  Restglied: 

F(N)    =   aNVN 
(N+1)'  =  (N+1)' 


mit  wachsendem  N  unendlich  klein  wird,  sobald  nur  g  um  beliebig 

2 


wenig  gröfser  ist  als  — ,  so  ergiebt  sich  für  den  Grenzwert  der  Reihe 


(5ft)  für  N=oo: 


i 


wo  0(k)  für  beliebig  grofse  Werte  von  k  stets  unterhalb  einer  end- 
lichen Grenze  bleibt.    Nach  dem  allgemeinen  Satze  über  die  Dirichlet- 


§  3.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Divisoren.  351 

sehen  Reihen   konvergiert  somit   diese,  also   auch   die   ursprüngliche 

Reihe  gleichmäfsig,  sobald  e  +  y  >  1;  sobald  also  z  gröfser  als  y  ist. 

Hätten  wir  diesen  Satz  direkt  beweisen  können,  so  konnten  wir 
auch  aus  ihm  leicht  den  Mittelwert  für  die  Anzahl  der  Divisoren  er- 
mitteln; jedoch  ist  bisher  dieser  direkte  Beweis  stets  vergeblich  ver- 
sucht worden,  es  ist  dies  einer  der  Fälle,  wo  die  Arithmetik  mehr 
vermag,  als  die  Analysis,  wo  sie  imstande  ist,  ihrerseits  die  Analysis 
zu  fordern. 

§3. 

Um  jetzt  die  Mittelwerte  für  die  Summe  der  greiseren  and  der 
kleineren  Divisoren  zu  berechnen,  setze  ich  in  den  allgemeinen  Formeln 
(1»)  und  (lb)  a,  S.  340  und  341: 

(1)  fW-k,      also      F(h)  -  *4±^ ; 

dann  erhält  man  zuerst  aus  (1*)  für  die  Summe  S^N)  der  kleineren 
Divisoren  aller  Zahlen  1,  2,  •  •  •  N  den  Ausdruck: 

1  1 

oder  da  bekanntlich: 

(S\  yt(i  +  i)^yHi)H2) 

^  '  <t-J       1-2  123         > 

1 

ist* 

Ersetzt  man  hier  v  durch  YW —  d  und  berücksichtigt  nur  die  Glieder 
höchster  Ordnung  in  N,  so  erhalt  man  für  S^N)  die  Darstellung: 

(3)  fli(20-T^  +  «/Hr, 

wo  ß  eine  leicht  angebbare  endliche  Eonstante  bedeutet  und  s  zwischen 
—  1  und  +  1  liegt.  Also  ist  der  mittlere  Wert  für  die  Summe  aller 
kleineren  Divisoren  in  dem  Intervalle  (1,  2,  ■  •  •  N): 

(3*)  ifli(tf)  =  4yF+e0. 

Entsprechend  ergiebt  sich  aus  (lb)  a.  S.  341  für  die  Summe  aller 
gröfseren  Divisoren: 


352  Sechaundzwanzigste  Vorlesung. 

oder  bei  Benutzung  von  (2): 

-T?[f]fff]  +  0-(T +  ?.+  §)• 

Wir  wollen  diese  Summe  berechnen  unter  Vernachlässigung  von  Gliedern, 
deren  Größenordnung  NIN  oder  niedriger  ist.  Schreibt  man  wieder 
yW —  ö    statt    Vy    so    kann    man    die    drei    letzten    Glieder    durch 

—  -rN%  ersetzen.    Ferner  ist: 

„,    ?[fl(tfl+>)-?(f-«)(f+*.1 

11  1 

wo  dk  und  dk'  =  1  —  dk  beide  zwischen  Null  und  Eins  liegen.    Daher 

kann  die  Summe  (4*)  durch   N*  ^  ^  ersetzt  werden,  weil  die  beiden 

i 

fortgelassenen  Summen  ihrem  absoluten  Betrage  nach  unterhalb 

Jf2IÄIOT^ —  und  y** 

1 
liegen.    Nun  ist  aber  fQr  den  ersten  Teil  von  (4ft) 


w 


^^i-^i-$i)-«"T-^$i 


und  da  nach  einer  oft  benutzten  Formel: 


OD  » 

Zl^F+J  &  =  V  +  ?  =  y^-*  +  (]/N~-d)* =  yW  +  \n) 

(£>*),      (0<K1) 

gesetzt  werden  kann,  so  geht  (4b)  über  in: 


s 


(4°)  ^^^-i-^  +  W 

1 

Substituiert  man  diesen  Wert  in  (4),  so  ergiebt  sich  endlich: 
(5)  Ht{N)  =  ^  -±NVN  +  ßNlN. 


§  8.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Divisoren.  353 

Der  Mittelwert  für  die  Summe  aller  gröfseren  Divisoren  in  dem  Inter- 
valle 1,  2,  •  •  •  N  wird  also: 

und  durch  Addition  der  Gleichungen  (3)  und  (5)  bezw.  (3Ä)  und  (5a) 
erhalt  man  für  die  Summe  aller  Divisoren  die  Gleichungen: 


*" 


H(N)-N*-^  +  ßNlgN 


12 


jrH(N)  =  N^  +  ß]gN. 


Wir  berechnen  endlich  die  Gaussschen  Mittelwerte  3K(S.  (n))  und 
ÜR(S.  (n))  für  die  Summen  der  gröfseren  und  der  kleineren  Divisoren 
in  einem  Intervalle  (n  —  Je,  •  •  •  n  +  Je),  dessen  Gröfse  2fc  unendlich 
klein  gegen  n  ist. 

Ersetzt  man  zunächst  in  (3)  N  bezw.  durch  n-\-k  und  n  —  (Je  -f- 1); 
so  ergiebt  sich: 


8 


»(**  W)  — 2H1 —  Y 2*+l 


+ 


+  1  8  2*-f 

*ift(*  +  *)-«ift(*-*-i) 


2*  +  l 
3 

Da  die  Funktion  x%  stetig  ist,  so   ergiebt  sich  nach  dem  Mittelwert- 
satze für  das  erste  Glied  auf  der  rechten  Seite: 

L  iL  i 


2  (n  +  fe)*-(n-(fc  +  l))*  _,_    r    fcNT_^T/i    .     *\f 
8 


SrF^-c  +  ö'—MH-i) 


— »» +  --^  +  --, 

wo   |    eine  zwischen    —  (ä  +  1)    und    +  k   liegende  Zahl  bedeutet; 
dieses  erste  Glied  ist  also  gleich: 

•*  +  {£)• 

Das  zweite  Glied  ist  von  der  Gröfsenordnung  -r-7  wie  man  unmittelbar 
erkennt,  wenn  man  es  in  der  Form: 

,  .,ft(,+i)-,ft(-^) 

Kronecker,  Zahlentheorie.  I.  23 


354  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

k 
schreibt,  und  beachtet,  dafc  lim  —  =  0  wird.     Also   ergiebt  sich   das 

folgende  Resultat: 

(6)  iK(Vn))=V^+{^}  +  {f}- 

Für  die  größeren  Divisoren  ist  analog: 

STOfQ   ^        g«(»  +  *)-  -H«  (»-*-  *)_.«'    (»  +  *)»- (»-*-!)' 


s  s 


_  ^  (n  +  k)*  —  (n  —  k  —  l)*     ,    ft  (n+t)f(»4-ife)-f?,(n  —  k  - 1)  t(n  —  Jfc-1)  . 
8  2*  +  l  "t"  2fc-|-l  ' 

das  Restglied  ist  von  der  Ordnung  -r-,  denn  man  kann  es  in  der  Form: 

„,„  ,(^)0+ö)-,(.-^)(.+'^) 


•  +  T 


schreiben,  wo  der  zweite  Faktor  bei  dem  Grenzübergange  für  n  und  Je 
offenbar   endlich   bleibt.     Da   ferner   das  erste  Glied  auf  der  rechten 

Seite  der  letzten  Gleichung  offenbar  gleich  T^(2n  —  1)  =  »—  —  -^ 


12 v  '  6         12 

i 


und  das  zweite,  wie  oben  bewiesen,  gleich  n*  +  {-7=-}  ist,  so  er- 
giebt sich  für  den  Mittelwert  der  gröfseren  Divisoren  der  Gleichung: 

(6*)         aR^c»))  -  «£  -  y^  +  {^}  +  {^}  • 

Addiert  man  die  beiden  Formeln  (6)  und  (6a)  und  beachtet  dabei,  dafo 
alsdann  die  Glieder  von  der  Ordnung  {  ■£  j   gegen  die  von  der  Ordnung 

-T- }  fortgelassen  werden  können,  so  ergiebt  sich  für  den  Mittelwert 
der  Summe  aller  Divisoren: 

(6>)  n^))  -  .±  +  [±]  +  ffl- 

Um  hier  eine  möglichst  grofse  Annäherung  an  die  Mittelwerte  zu  er- 
halten, wählen  wir  die  Intervallgröfse  k  wieder  so,  dafs  die  vernach- 
lässigten Glieder  in  (6),  (6a)  und  (6b)  nahezu  von  gleicher  Gröfse 
werden,  d.  h.  wir  wählen  in  (6)  für  die  kleineren  Divisoren: 

-  k  n  - 

fc  =  n4,     so  dafs    -— =  — =  n*. 

'  Vn         k 

in  (6Ä)  und  (6b)  für  die  gröfseren  Divisoren  und  für  alle  Divisoren: 


§  3.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Divisoren.  355 

k  =  n4  Vht,     so  dafs     —==  =  —  =  n4  Vlg  n 

ist.     Dann  ergeben  sich  die  beiden  Sätze: 

Der  Gaussische  Mittelwert  für  die  Summe  der  kleineren  Divi- 
soren ist: 

(7)  m(8di(n))=Yn  +  In4} 

und  diese  Annäherung  wird  erreicht,  wenn  die  Intervallgröfse 

8 

die  Ordnung  von  n4   hat. 

Der  Gaussische  Mittelwert  für  die  Summe  der  gröfseren  Divi- 
soren ist: 

(7»)  »(fl^GO)  =  \nn*  —  Y*  +  {n4  ]/to 

und  diese  Annäherung  wird  erreicht,  wenn  die  Intervallgröfse 

8 

die  Ordnung  n4  ]/7w  hat.  Der  Mittelwert  für  die  Summe  aller 
Divisoren  ist  mit  der  gleichen  Genauigkeit  und  für  dieselbe 
Gröfse  des  Intervalles: 

(7b)  »(fl>))  =  -J-n*2  +  {n4  l/to} . 

In  beiden  Fällen  ist  die  absolute  Gröfse  des  möglicherweise  ge- 
machten Fehlers  sehr  grofs,  sie  ist  aber  klein  im  Verhältnis  zur  Gröfse 
des  hier  sich  ergebenden  mittleren  Wertes. 

§4. 

Aus  dem  Resultate  des  letzten  Abschnittes  ziehen  wir  zunächst 
noch  eine  interessante  Folgerung.     Ist 

die  Zerlegung  einer  beliebigen  Zahl  n  in  ihre  Primfaktoren,   so  war: 

weil  ^-^  =  /  /  (l  —  PÄ"1)  *s*-     ^s  ^es^?ht  also  die  Identität: 
(1-)  »>  JJ  (1  -  P7('h+1))  =  9>(»)  5»  • 


23 


•j* 


356  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

Berücksichtigt  man  aber  jedesmal  nur  die  Glieder  höchster  Ordnung, 
so  waren  die  Mittelwerte  von  <p(n)  und  von  Sd(n)  bezw.  gleich  -^nn% 

und  —^-     Wäre  also  der  Satz  richtig,  dafs  der  Gaussische  Mittelwert 

eines  Produktes  gleich  dem  Produkte  der  Mittelwerte  seiner  Faktoren 
ist,  so  müfste  in  (1)  der  Mittelwert  der  rechten,  also  auch  der  der 
linken  Seite  bis  auf  Glieder  niedrigerer  Ordnung  gleich: 


O'MS).   . 


d.  h.  gleich  n*  sein.     Da  nun  auf  der  linken  Seite  der  Mittelwert: 

gR(n*)  =  n'  +  (n+l)'  +  ...  +  (n  +  y-l)' 

der  Funktion  n*  bis  auf  Glieder  von  niedrigerer  Ordnung  wiederum 
gleich  n2  ist,  so  würde  sich  aus  der  Identität  (1*)  der  Schiulis  ziehen 
lassen,  dafs  der  Gaussische  Mittelwert  der  arithmetischen  Funktion: 


(2) 


«M-I7(i-;£.) 


wenn  p*  jedesmal  alle  in  n  enthaltenen  Primzahlpotenzen  durchläuft, 
gleich  Eins  sein  mufs. 

Dieser  Satz  über  den  Mittelwert  eines  Produktes  ist  aber  im  all- 
gemeinen nicht  richtig,  und  thatsächlich  ist  9R(x(n))  auch  etwas  kleiner 
als  Eins.  Wir  wollen  diesen  Wert  jetzt  direkt  bestimmen.  Zu  diesem 
Zwecke  entwickeln  wir  in  der  summatorischen  Funktion  von  %(n): 

die  einzelnen  Produkte  rechter  Hand,  dann  folgt: 

1       V  W»A  A%ä*A  A  ' 

N  N 

1    *V»A  *  rt^A       A 

wo  die  Summationen  im  Inneren  über  alle  in  n  enthaltenen  verschie- 
denen Produkte  von  Primzahlpotenzen  zu  erstrecken  und  alsdann  von 

N 

1  bis  N  zu  summieren  ist.    In  der  ersten  Summe  ^V   ^         .  1  tritt 

dann  eine  bestimmte  Primzahlpotenz  — ^y  so  oft  auf,  als  es  Zahlen  n 
in  der  Reihe  (1,  2,  •  •  -  N)  giebt,  welche  durch  p",  aber  nicht  durch 


§  4.   Anwendungen.  357 

pv+1  teilbar  sind;  diese  Anzahl  ist  aber  offenbar  gleich: 

[?~]~b+I], 

denn  sie  ist  gleich  der  Anzahl  aller  Multipla  von  pv  vermindert  nm 
die  Anzahl  aller  Multipla  von  p"*1,  jene  erste  Summe  ist  also  gleich: 


p* 


([*•]  L^w1*1' 


^/rz 


wo  die  Summation  auf  aUe  Potenzen  p*  von  allen  Primfaktoren  p 
erstreckt  werden  kann,  da  ja,  falls  pv>  N  sein  sollte,  der  betreffende 
Koefficient  von  selbst  verschwindet. 

N 

In  der  zweiten  Summe   /.    /. ^ ^  tritt  ein  bestimmtes 

1  .  j>Aa** 

Produkt  — — n — tnr   so   °ft   auf,   als   es  Zahlen  n  in  dem  Intervalle 

(1,  •  •  •  N)  giebt,  welche  durch  das  Produkt  <p*jpv  teilbar  sind,  aber 
keinen  von  diesen  beiden  Primteilern  öfter  als  v  bezw.  v  Male  ent- 
halten; man  erkennt  aber  leicht,  dafs  diese  Anzahl  gleich: 

(3)  bV7]  ~  t+V7]  ~  LpV7^1]  +  Lpf+V+1J 

ist,  denn  jede  einzelne  dieser  vier  Zahlen  giebt  die  Anzahl  aller  Mul- 
tipla bezw.  von 

(3*)      *y%     .p'+y,     *y+i,     /+y+l 

in  jenem  Intervalle  an,  und  man  überzeugt  sich  sofort,  dafs  ein  Mul- 
tiplum  von  j*y  in  dem  Aggregate  (3)  dann  und  nur  dann,  und  zwar 
einmal  gezahlt  wird,  wenn  es  nicht  zugleich  auch  durch  eins  der  drei 
anderen  Produkte  (3a)  teilbar  ist.    Also  wird  jene  zweite  Summe  gleich: 

und  sie  kann  ebenfalls  auf  alle  Primzahlpotenzen  ausgedehnt  werden. 
In  derselben  Weise  kann  man  die  dritte  Summe  umformen  u.  s.  w.; 
somit  erhält  man  die  Gleichung: 


welche,  beiläufig  bemerkt,  offenbar  kürzer  so  geschrieben  werden  kann: 


358  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 


OD 


*i*>-22[¥\$- 


r=l  dd'=v 


Um  einen  angenäherten  Wert  für  X(N)  zu  erhalten,  ersetzen  wir 
die  in  den  Brüchen  -y-^, —  enthaltenen  gröfsten  ganzen  Zahlen  durch 

diese  Brüche  selbst  und  wir  wollen  den  hierbei  begangenen  Fehler 
durch  G  bezeichnen.  Die  so  sich  ergebende  Summe  kann  dann  folgender- 
maßen geschrieben  werden: 

4-?('-H|,w) 

+2(i-7)(^?^)-2(>-?)(2:P-^)— •}■ 


p 
oder  da 


V       p) U8  +  ps  "*        )  =  jp"(p  +  i) 
ist,  so  erhält  man  für  X(N)  den  folgenden  Wert: 

(4)  x(20-irn'(l-p^T))  +  O.  <_,«,«+„ 

Um  eine  obere  Grenze  für  den  Fehler  C  zu  finden  beachten  wir, 

dafs  wir  bei  jedem  einzelnen  Gliede     ; —   — x^ — rrr  einen  nicht 

LPVPV  •••_!.?       P' 
negativen    echten   Bruch   vernachlässigt   haben;    wir   vergröfsern   also 

diesen  Fehler,  wenn  wir  alle  jene  echten  Brüche  positiv  und  gleich  Eins 

wählen;  also  ist  sicher: 

d.  h.  es  ist,  da 

1  4-   *  J-         —       * 


p1  '   PM  p% — p; 

ist,  a  fortiori: 


p 


Das  rechts  stehende  Produkt  ist  endlich  und  liegt  unter  einer  leicht 
angebbaren  Gröfse.  In  der  That,  man  kann  stets  eine  positive  Zahl  y 
so  bestimmen,  dafs  für  alle  Primzahlen  p  mit  Ausnahme  einer  end- 
lichen Anzahl: 

1-| - <£ - „  =  1-1 - I - I 

^  P%  —  P      t i_  i>1+ Y      p8(l+^ 

pl+r 


§  4.    Anwendungen.  359 

ist;  dieser  Ungleichung  wird  nämlich  sicher  genügt,  wenn: 

also: 

p  —  2pY  —  1  >  0 

angenommen  wird.   Für  alle  Primzahlen  >  5  kann  also  y  =  --  gewählt 
werden,  weil  dann  in  der  That 

p-2Yp-l  =  {jp-Vpf—2 

positiv  ist.    Also  ist 

m+ph)<n7±r<2Jv 

also  sicher  eine  endliche  Gröfse;  dasselbe  gilt  also  auch  von  der  Kon- 
stante C  in  der  Gleichung  (4). 

Auch  der  Koefficient  von  N  in  dieser  Gleichung  ist  eine  endliche 
positive  Konstante  q,  deren  Wert  etwas  kleiner  als  %  ist.  Zum  Be- 
weise dieser  Thatsache  zeige  ich,  dafs  man  eine  positive  Zahl  ß  so 
bestimmen  kann,  dafe  für  alle  Primzahlen  p 

l_i<i__JL_<l_    * 


p8"         p'Cp+i)^         p*+t> 

ist.  Die  linke  Seite  dieser  Ungleichung  ist  offenbar  für  jede  Prim- 
zahl erfüllt.  Damit  auch  die  rechte  bestehe,  muls  ß  so  gewählt  werden, 
dafs 

also: 

0> — Tj— 

ist,  und  dieser  Bedingung  wird  wegen  l  ( 1  -j )  <  —   sicher   genügt, 

wenn  ß  >  -y   für  jedes  p,   d.  h.  wenn   ß  7>  —. .-    gewählt  wird.     Thut 

man  aber  dies,  und  multipliziert  dann  in  der  obigen  Ungleichung  über 
alle  Primzahlen  p}  so  erkennt  man,  dafs  das  Produkt 

zwischen 

liegt;  es  ist  also  wirklich  endlich,  und  etwas  kleiner  als  %. 


360  Secheundzwanzigste  Vorlesung. 

Aus  der  so  sich  ergebenden  Gleichung 

ergiebt  sich  aber  der  gesuchte  Mittelwert  9Ä(x(n))  in  dem  Intervalle 
(n  —  ky  •  •  •  n  -\-k)  offenbar  gleich: 

wenn  q  die  in  (5)  definierte  Eonstante  ist,  und  Cx  und  C2  die  beiden 
zu  (»  -f-  *)  un^  (w  —  &  —  1)  gehörigen  Fehler  bedeuten;  damit  ist  die 
aufgestellte  Behauptung  vollständig  bewiesen. 

Dieselbe  Methode  kann  man,  wie  zum  Schlüsse  noch  bemerkt 
werden  mag,  benutzen,  um  auf  einem  anderen  Wege  den  schon  vorher 
bestimmten  Mittelwert  von 


wo-*?-n(»-i) 

p/.n 


zu  finden.    In  der  That  ergiebt  sich  hier  ganz  ebenso  für  die  summa- 
torische  Funktion: 


N 


9to-2*?-2II(i-$) 


1  1         p/n 

N 


-2(i-2}+2b—) 

p  fr? 

und  bei  Fortlassung  der  Gaussischen  eckigen  Klammern  ergiebt  sich 
als  angenäherter  Wert  von  Q(N) 

*^-2^+2^—)-"2^iL-^ 

es  ist  also: 

wo  aber  die  Bestimmung  des  Korrektionsgliedes  C  hier  erheblich 
schwieriger  ist,  als  vorher;  wir  brauchen  hierauf  nicht  weiter  ein- 
zugehen. 


§  6.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  reciproken  Teiler.  361 

§5. 

Als  eine  weitere  Anwendung  unserer  allgemeinen  Theorie  unter- 
suchen wir  den  Mittelwert  für  die  Summe  der  reciproken  Teiler; 
hierzu  müssen  wir  setzen: 

dann  werden: 

und  — J^—  und     *L      werden  gleich  den  gesuchten  Mittelwerten  für 

die  kleineren  und  für  die  gröberen  Teiler  von  N. 

Setzen  wir  zur  Bestimmung  von  Hx  (N)  in  der  Formel  (1)  a.  S.  339 

f(Je)  ==  — -  und  aufserdem  wieder: 

rJVn   .1         N       x    .    l        N   .h 

so  ergiebt  sich: 

1         X 

i  i 

und  da  nach  (4°)  a.  S.  352: 

i 
ist)  während  v  =  YN —  d  und 

1  1 

ist,  so  ergiebt  sich  für  SX(N)  der  Ausdruck: 

(1)  Ht(N)  =  N.^-2VN+{\gN). 

Für  die  gröberen  Divisoren  war  nach  Nr.  (3)  a.  S.  341 

Setzt  man  hier  für  die  summatorische  Funktion  F(k)  ihren  Wert: 


362  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

1 

und  beachtet,  dafs  sich  dann  in  der  Summe  rechts  jedesmal  die  Euler- 
sche  Eonstante  forthebt,  so  erhält  man  nach  einfachen  Umformungen: 

*W-^("f[fl-«i»)  +  '?f!i 


1 

Wir  berechnen  den  Wert  von  E^  (N)  ebenfalls  nur  bis  auf  Glieder 

von  der  Ordnung  lg  N,  dann  können  wir  lg  \-y\  durch  lg  -v- = lg  Jf — Igt 

ersetzen   und   alle   übrigen  Glieder   fortlassen ,   denn   von   den  beiden 
Summen: 

2,y  =  lgvH 

i 

^J  rNi  ^       rN-\ 

1  Lt]       [t] 

hat  die  erste  offenbar  die  Ordnung  lg  N,  während  die  zweite  wegen 
der  Ungleichung: 

ra>[#]>* 

unterhalb  Eins  liegt.     Thun  wir  dies,  so  ergiebt  sich  für  B^(N)  der 
einfache  Wert: 

Ht(N)  =  vlgN-2]>j]gh+{]gN), 

1 

oder  da  wegen  (lb)  a.  S.  347: 

V 

2w  =  v\gv-v+  {\gN}  =  1  „  lg  tf- y^-f-  {lgjvj 

1 

ist,  so  ergiebt  sich  endlich: 

(2)  3,(10  -  2VW+ [lg  N). 

Durch  Addition  von  (1)  und  (2)  erhält  man  für  die  Summe  aller 
reciproken  Teiler 

(3)  H0(N)  =  N.^+{]gN). 


§  6.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  reciproken  Teiler.  363 

Hierbei  tragen,   wie  man  sieht,  die  kleineren  Divisoren  weitaus   den 
gröfsten  Teil  zur  Gesamtsumme  bei. 

Um  nun  die  Gaussischen  Mittelwerte  SR^n),  9Äa(n)  und  9R0(n)  in 
der  Umgebung  (n  —  k,  •  •  •  n  -f-  k)  von  n  zu  finden,  bilden  wir  wieder 
mit  Hülfe  von  (1),  (2)  und  (3)  die  Differenzen: 

H.  (n  -f-  k)  —  H.  (n  —  k  —  1 ) 


2Ä+1 


(1=0,1,2) 


und  formen  sie  durch  Anwendung  des  Mittelwertsatzes  um.    Dann  er- 
giebt  sich  aus  (1): 


m  U\  —  **         9  Vn  +  k-yn-(k  +  l)    ,    ^lgfo  +  Afl  +  tt.lgfo-fc-l) 

=  T~y^l+  \-r\>  (-(*+D<*<*) 

denn  das  Bestglied  ist  von  der  Ordnung  (4r  }>  wie  aus  der  Identität: 

«ilg(*  +  *)  +  «t  lg(n-(*+  1)) 


2k  +1 


SS    ■  ■  - '^  '■  m     •  -  —  ■■■  ii  ■  ■■  ■■     ■■■    -  —    ■  ■■  ■  ■      — ^^— ^^— ^^— —  ^ 


•+T 


unmittelbar  folgt.     Da  nun 

ist,  so  erhalt  man  die  Gleichung: 

Führt  man  dieselbe  Betrachtung  bei  der  Gleichung  (2)  durch,  so 
erhalt  man  ohne  jede  weitere  Rechnung: 

<n  ■«.,_£  + ßj  +  {!p} 

und  aus  (3)  ergiebt  sich  endlich: 

(3-)  aR0(«)  =  ^+(^}. 

Wählt  man  die  Gröfse  k  des  Intervalles  in  (1*)  und  (2Ä)  von  der 

3.     

Ordnung  n4  )/lgn;  so  sind  die  vernachlässigten  Glieder  beide  von  der 


364  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 


Ordnung  "  gn »     In  (3ft)  braucht  man  k  nur  so  zu  wählen,  dafs; 

lim    y  lgn  =  0 

wird.  Dies  wird  z.  B.  bekanntlich  für  k  =  n?  erreicht,  wenn  q  einen 
noch  so  kleinen  positiven  Bruch  bedeutet.  Es  ergeben  sich  also  die 
Sätze: 

Die  mittleren  Werte  für  die  Summen  der  reciproken  kleineren 

und  gröfseren  Divisoren  sind  bezw.  gleich: 

(4)  *M  -  *  -  i  +  jte} 

(4-)  SK,(.)  -  i  +  l*?l . 


Ig«) 


(o<e<i) 


und  der  Fehler  wird  von  dieser  Ordnung,  wenn  die  Intervall- 
gröfse  k  von  der  Ordnung  I— §l5   genommen   wird.      Für  alle 

n 
Teiler  ist  der  entsprechende  Mittelwert: 

(4b)  ^o(»)  =  t+{^} 

für  die  Intervallgrofse  k  =  n9. 

Vergleicht  man  die  in  (4),  (4*),  (4b)  gefundenen  Mittelwerte  mit 
den  in  (7),  (7a)  und  (7b)  a.  S.  355  bestimmten  für  die  Summen  der 
Divisoren  selbst,  so  erkennt  man,  dafs  die  Gleichungen  bestehen: 

2K(jg|i(w))  =  naRa(n) 

2»(^(n))  =  na»1(n) 

2R(Sd(w))  =  »aR0(n); 

dafs  diese  Relationen  erfüllt  sein  müssen,  ist  beinahe  evident,  denn  für 
jede  Zahl  n  bestehen  ja  die  Gleichungen: 

djn  djn    ^ 

d/n  d/n 

jedoch  sind  die  Genauigkeitsintervalle  bei  den  beiden  Resultaten  nicht 
dieselben. 


§  6.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Logarithmen  aller  Teiler.       365 

§6. 

Wir  berechnen  jetzt  den  Mittelwert  für  die  Summe  der  Loga- 
rithmen der  kleineren  bezw.  der  gröfseren  Divisoren  von  n,  oder,  was 
dasselbe  ist,  wir  suchen  den  mittleren  Wert  der  Logarithmen  von 
dem  Produkte  jener  Teiler.     Hierzu  müssen  wir  setzen: 

/•(*)  -  ig  *, 

so  dafs  die  zugehörige  summatorische  Funktion  FQc)  nach  (lb)  a.  S.  347 
den  Wert  erhält: 

k 

(1)  F(k)  =  ^?lgh  =  k\gh  —  k+l  +  dk  lgfc,  (o«**«!) 

i 

dann  wird  von  selbst: 

cL  h.  Ai(n)  und  Ä,(n)  sind  die  Summen  der  Logarithmen  der  kleineren 
bezw.  gröfseren  Divisoren,  und  aus  den  beiden  summatorischen  Funk- 
tionen : 


1 

v 


(2)  ~N2l*T-2k]*h  +  i2]«k        <-1<-+1> 


1 

9 


erhalt  man  unmittelbar  die  Mittelwerte  der  arithmetischen  Funktionen 
ht  (n)  und  ht  (w)  für  das  Intervall  (1,  •  •  •  JV). 

Wir  wollen  jene  beiden  Mittelwerte  nur  genau  bis  auf  Gröfsen  von 
der  Ordnung  N  berechnen,  obwohl  wir  die  Rechnung  ohne  Schwierig- 
keit mit  wesentlich  gröfserer  Annäherung  durchführen  könnten. 

Zur  Bestimmung  von  H^N)  haben  wir  nur  die  drei  Summen: 


V 


2¥.   2^,   2*» 

11  1 

auszuwerten.    Nun  ist  nach  der  oft  benutzten  Formel  (1)  a.  S.  258: 

¥  +  /V*'>.Z¥>!F  +  Ar*'. 

8  3  3 


366  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

weil  die  Funktion  -^—  ihren  Maximalwert  -?-==—  für  x  =  e  erreicht, 
und  von  da  bestandig  abnimmt.     Da  nun: 


/ 


'/  d,  _  [i.  (ig  «)ij_  i  (ig  <yn  _*))■_  i  (ig  »? 


ist,  weil  lg(VN —  9)  =  lg  V^äT  +  lg  (  1 j= )  is*>  un^  der  zweite  Loga- 

rita»  die  Orinung  ^  W,  »  ergiebt  *»  flr  di.  «rte  8_ 
mit  einem  Fehler,  der  höchstens  eine  endliche  Eonstante  ist: 

(3)  2t  =  1W+(1). 

1 

Da    zweitens    die    Funktion    x  lg  x    in    dem    ganzen    Intervalle 
(l,  •  •  •  VN)  stetig  ist  und  wachst,  so  ist: 

S,  £lg&  =  /  #lg#  -f-  *v  lgv  =  /  x\%x  —  /  x\gx  +  ev  lgv 

1  1  1  v 

fjf  (0«««1) 

=J   x]gX  —  d1>\gt  +  £vlgV, 
1 

wenn  v  =  YN  —  S  ist,  und   £   einen   Mittelwert  zwischen  YN  —  i 
und  ]/^T  bedeutet.     Also  ist: 

^ftlgft-[y«,lg*--j-«,]^+{y^lg2r} 

(4)  =-^jvigjv— -j-iv+{yFigjv} 

Da  endlich  die  dritte  Summe  ^  lg  &  nach  (lb)  S.  347   von  der 

i 
Gröfsenordnung  vlgv  oder,  was  dasselbe  ist,  j/^Tlg^ist,  so  kann  sie 

einfach  vernachlässigt  werden,  und  man  erhält  aus  (3)  und  (4) 

(5)  Hl(N)  =  ±N(\gN)*-±NlsN+  \N}. 

Wir  berechnen  jetzt  B^^N)  mit  der  gleichen  Annäherung  {N). 
Substituiert  man  in  (2)  den  Wert  (1)  von  F(k),  so  ergiebt  sich  zunächst: 


§  6.   Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Logarithmen  aller  Teiler.       367 

*<*>-.2(tfMxl-[f]-»**+*) 


1 


+2<MZ]-2».w 

1  1 

+  yvlgv  —  v  +  l  +  dlgv. 

In  dieser  Gleichung  kann  man  zunächst  alle  Elemente  mit  Ausnahme 
von  den  in  der  ersten  Summe  stehenden  einfach  fortlassen,  da  sie  von 
niedrigerer  Ordnung  als  N  sind;  dies  ist  für  die  vier  letzten  Elemente 
wegen  v  <  YN  selbstverständlich,  für  die  beiden  anderen  Summen  folgt 
dasselbe  Resultat  aus  den  Ungleichungen: 

2v%[f]-»2*[f]<2'«T<i"%»--2** 

111  1 

1 

v 

in   Verbindung   mit   der  Thatsache,   dafs  ^  lg  h   von   der   Ordnung 

VN  IgN  ist.  l 

Ferner   kann   man   in  der  ersten  Summe  die  eckigen  Klammern 
einfach  fortlassen.     In  der  That  ist: 

2[fI-2T-2».-2f+w. 

die  zweite  von  diesen  drei  Summen  ist,  wie  soeben  gezeigt  wurde, 
von  der  Ordnung  ]/iV  lg  N,  kann  also  fortgelassen  werden;   beachtet 

man  weiter,  dafs  in  der  dritten  Summe  —  <  — = ,   also   für  ein  ge- 

JV        VN 
nügend  grofses  N  Y 

(         **A  I        k 

W— r)|<y 

ist,  so  findet  man  für  diese: 

und  damit  ist  die  obige  Behauptung  vollständig  bewiesen.     Also  ist: 


368  Sech8undzwanzig8te  Vorlesung. 


9 


1 


1 

Nun  ist: 

l 

1 

1 

Substituiert  man  also  diese  Werte,  so  erhält  man  bis  auf  Gröfsen  der 
Ordnung  N  den  folgenden  Wert  für  ^(N): 

(6)         H,(ir)-±N<)gNr  +  (c-±)Nigifr+iiir). 

Addiert  man  endlich  die  Gleichungen  (5)  und  (6),  so  folgt: 
H(N)  =  fli(J0  +  St(N)  -  i- NQg N)>  +  tf  lgff  (C-  1)  +  {IT}, 

also  es  ergiebt  sich  der  Satz: 

Der  Mittelwert  für  die  Summe  der  Logarithmen  aller  Divisoren 
von  n  in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  N)  ist  gleich: 

(?)  4(lgJV)«  +  (C-l)lg.W+{l}. 

Wir   bilden  jetzt  den   Gaussischen  Mittelwert  derselben  Funktion 
für  das  Intervall  (n  —  k,  •  •  •  n  +  k),  d.  h.  den  Quotienten: 

mm)  _  g(n  +  *)-g(n-*-l) . 

Wir  können  diesen  Quotienten  wieder  mit  Hülfe  des  Mittelwertsatzes 
einfach  berechnen.    Schreibt  man  nämlich  S(n)  in  der  Form: 

(7»)  JET(n)  =  JF(n)  +  an, 

wo  also 

W(n)  -  i-  »0g»)*  +  n  lg»  (C  -  1) 


§  7.   Anwendungen.  869 

zu  setzen   ist,   und  beachtet   dann,    dafs  S{n)  eine  stetige  Funktion 
von  n  ist,  so  ergiebt  sich: 

2R(A(n))  =  F'(n  +  x)  +{£}, 

wo  x  einen  in  dem  Intervalle  ( —  (k  +  1),  ■  ■  •  +  k)  liegenden  Mittel- 
wert bedeutet;  in  der  That  ergiebt  sich  ja  aus  (7*)  für  das  Restglied: 

^(H  +  fc)-«^»-*  — 1)         n      "»  V1  +  W  "~  "»  (* ~~  ~^n"  )   ' 

dasselbe  besitzt  also  die  Ordnung  {  y}  • 
Also  wird: 

»(*<»»  -  |(lg(»  +  «))*  +  Clg(»  +  x)  +  (C-  1)  +  l-J-J 
(S\ 

-yOg^  +  Clgn+ly)- 

Die  Genauigkeit  ist  hier,  wie  gesagt,  nicht  grofs;  wir  hätten  sie  leicht 
erhöhen  können. 

§  i. 

Wir  können  das  im  letzten  Abschnitt  gefundene  Resultat  nach- 
traglich in  interessanter  Weise  verificieren.  Zu  diesem  Zwecke  be- 
trachten wir  die  Dirichletsche  Reihe: 

(i)  ytL_ 


1      * 


in  welcher  die  Koefficienten  die  zu  untersuchenden  Funktionen  h(ri) 
sind,  und  zeigen  wieder,  dafs  sie  der  Reihe: 

i 

in  der  Weise  äquivalent  ist,  dafs  die  Differenz  beider  Reihen  für  z  =  1 
endlich  bleibt.  Weifs  man  dann,  dafs  die  Koefficienten  h(n)  der  ersten 
Reihe  überhaupt  einen  Mittelwert  besitzen,  so  folgt  genau  wie  a.  S.  347  flgde., 

dafs  der  Gaussische  Mittelwert  von  h(n)  gleich  -«  (lgw)8  +  Clgn  ist. 
Nun  ist  für  die  erste  Reihe  offenbar: 

•         5^1gd  OD  00 

(2)       2  -v-  =2  2H-2 ';  2  ^  • 

Ferner  ergiebt  sich  aus  der  a.  S.  348  aufgestellten  Gleichung  (3b): 

Kroncckor,  ZiWentheorie.   I.  24 


370  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

(*)  5?-r: — 1—  +  c+C(M-i)  +  ... 

*mi  n  z  —  1 

1 
durch  ein-  bezw.  zweimalige  Differentiation  nach  z: 

m  y  ^-n x e 

Setzt  man  die  so  gefundenen  Werte  für  die  beiden  Reihen  (3)  und  (3a) 
in  (2)  ein,  so  ergiebt  sich: 

j£j    n*         (*  — l)8    '    (z-1)*    '  ' 

wo  die  fortgelassenen  Glieder  für  z  =  1  endlich  bleiben,  da  der  mit 
— —  multiplizierte  Term  den  Koefficienten  Null  erhält. 

Andererseits  folgt  aber  aus  (3*)  und  (3b),  dafs  auch  für  die  zweite 

Reihe: 

l 


TQg»)'  +  cig«  _  _J_      _c 

^J  nx  =  (*  — l)a        (z  —  iy 


ist,  und  damit  ist  unsere  Behauptung  vollständig  erwiesen. 

Wenn  man  die  Reihen  (3),  (3a),  (3b)  noch  weiter  entwickelte,  so 
könnte  man  durch  dieses  Verfahren  den  Mittelwert  für  die  arithme- 
tische Funktion  h(n)  genauer  bestimmen;  doch  soll  hierauf  nicht 
näher  eingegangen  werden. 

In  ähnlicher  Weise  können  und  wollen  wir  den  mittleren  Wert 
der  arithmetischen  Funktion: 


/"(*)-  -SVgtf 


d/k 


bestimmen,  unter  der  Voraussetzung,  dafs  wir  bereits  wissen,  dafs  diese 
Funktion  einen  Mittelwert  hat.  Nach  dem  a.  S.  276  bewiesenen  Satze 
wissen  wir,  dafs  diese  Funktion  fQc)  dann  und  nur  dann  Ton  Null 
verschieden,  und  zwar  gleich  Igp  ist,  wenn  k  =  #*  eine  Primzahlpotenz 
ist;  das  hier  sich  ergebende  Resultat  wird  uns  also  einen  inter- 
essanten Einblick  in  die  Verteilung  der  Primzahlen  geben.  Nun  ist 
identisch: 


S  7.   Anwendungen.  571 

_  Alff  V-  =  — —  =  V^.  V— =  V^^ 
dz    *£i  n'  =     x? *         JLJ    rf     JLJ  m*        Zj    (mn)M 


dd'  =  *  ^^1  d/*  d/t 


-2*=i — 2 


k* 

1  1 

j£l  k*  Zl    V  ' 

l 

weil  für  k  >  1  2ed  ~  ®  kt.    Andererseits  ist  aber  nach  (3)  und  (3a) 

_  ±  iff  vi  =     »'  =  (*-*)' L.  j_ 

**  n*  z  —  1 

da  aber  die  Reihe  ^^7  dasselbe  Anfangsglied  besitzt,  so  folgt,  dafs 
die  beiden  Dirichletschen  Reihen: 

Vi     und      y^ 

^Lj  k'  jLj    k' 

für  die  Stelle  8=1  in  gleicher  Weise  unendlich  werden.  Besitzt 
also  die  Funktion  f(k)  überhaupt  einen  Mittelwert  für  das  Intervall 
(1,  •  •  •  n),  so  ist  er  notwendig  gleich  Eins,  oder  es  ist: 

wenn  in  diese  Summe  jede  Primzahl  p  genau  h  Male  aufgenommen 
wird,  sobald 

ist.     Also  ergiebt  sich  einfacher: 

(4)  lim^lgj^-l. 

Dieser  Grenzwert  bleibt  aber  ungeändert,  wenn  man  alle  Potenzen  jj* 
durch  p  ersetzt,  d.  h.  es  ist: 


oder 

was 

dasselbe  ist: 

'  K 

p5* 

(5) 

limi-2(Ä- 

- 1)  lgi>  = 

=  lim 

12- 

lg^-i  _  0. 

24* 


372  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

In  der  That  ist  für  alle  Primzahlen,  für  welche  der  Exponent  h  >  1 
ist,  p*<ip^  <  n,  also  p  <  |/n;  alle  jene  Primzahlen  sind  daher  in  der 
Reihe  1,  2,  •  •  •  [)/n]  enthalten.  Ersetzt  man  aber  in  der  Summe  (5) 
alle  Potenzen  ph~1  durch  n  und  summiert  dann  über  alle  Zahlen  der 
Reihe  1,  2,  •  •  •  [Yn]}  so  wird  dieselbe  sicher  vergröfsert,  d.  h.  es  ist: 

l  l 

und  da  die  rechte  Seite  mit  wachsendem  n  gegen  Null  konvergiert, 
so  ist  unsere  Behauptung  erwiesen.  Es  ergiebt  sich  also  die  wichtige 
Gleichung: 

und  aus  ihr  folgt  der  Satz: 

Der  Mittelwert  für  die  Logarithmen  aller  Primzahlen  in  dem 
Intervalle  (1,  •  •  •  n)  ist  gleich  Eins. 

Hieraus  folgt  ohne  weiteres  für  den  Gaussischen  Mittelwert: 

ft4-v 


limj^  lgp  =  v, 


oder  der  Satz: 


Die  Summe  der  Logarithmen  aller  Primzahlen  in  einem  Inter- 
valle (ji  -f-  1,  •  •  •  fi  -f-  v)  ist  näherungsweise  gleich  der  Grö&e 
jenes  Intervalles. 


§8. 

Als    eine    letzte    Anwendung    unserer    allgemeinen    Formeln    be- 
trachten wir  die  Funktion: 


/W  =  - ^— 


; 


wo   i  =  V— T  ist.     Hier  ist  offenbar  zunächst: 

f(4h  +  e)=  f(s),    f(-  k) f(k)  <.-t i,M), 

und  da  f(0)  =  f(2)  =  0,    f{\)  =  +  1    ist,  so  ergiebt  sich  allgemein 
für  jedes  gerade  k 

f(2h)  =  0, 
für  jedes  ungerade  k 

/"(*)  =  (-ip", 


§  8.   Anzahl  der  Teiler  von  den  Formen  4n+  *  und  4n  —  1.  373 

d.  h.  gleich  +  1,  je  nachdem  k  von  der  Form  4n  +  1  oder  4w  +  3 
ist.     Für  die  summatorische  Funktion  F(k)  folgt  leicht: 

F(k)  =  1  1  +  1 1=0  (*=**,  4A  +  3) 

^(Ä)  =  1  1   +   1 ••+1  =  1  (*=*Ä  +  1,    4A  +  2). 

In  diesem  Falle  geben  also  die  Zahlen: 

den  Überschufs  der  kleineren  (gröfseren)  Teiler  von  der  Form  4n  +  1 

über   die  von  der  Form  4w  +  3  an,   und  die  Funktionen      'i.  ■  und 

H  (N)  . 

— -%r^    den    mittleren   überschufs  jener   Divisoren   in   dem   Intervalle 

Wir  ersetzen  nun  in  den  beiden  Gleichungen: 

-F(fc)  durch  seinen  Wert  0  oder  1,  und  wollen  St(N)  und  H^N)  bis  auf 
Gröfsen  der  Ordnung  |/jY  berechnen  und  zwar  so,  dafs  wir  den  Koef- 
ficienten  von  YN  abschätzen.     Es  wird  nun: 

+  aF(v) 

-»(»-4  +  i— -±i)  +  *  +  m. 

wo  u  die  letzte  ungerade  Zahl  <  v  bedeutet;  die  zweite  Summe  unter- 
scheidet sich  nämlich  von  —  v  oder  auch  von  -^VN  nur  um  eine  Kon- 

stante,  welche  absolut  genommen  kleiner  als  Eins  ist.  Da  nun  die 
erste  Summe  in  der  Form: 

2(i-±  +  i  —  -  +  «-Tl-)-(+w-Ti±-) 

4   ^C  Vm+2        u  +  i~        ) 

geschrieben  werden  kann  und  da  die  zu  —  hinzutretende  alternierende 
Summe  absolut  genommen  kleiner  als  ihr  Anfangsglied  -375,  also 
sicher  kleiner  als  — -  —  ist,  so  ergiebt  sich  für  H^N)  der  Ausdruck: 


374  Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

Ersetzt  man  auch  in  dem  Ausdrucke  für  Ht  (JV)  die  Funktionen  F  (y) 

und  F(k)  durch  ihre  Werte  Null  oder  Eins,  und  beachtet  dabei,  dafs 
bei  der  hier  gewünschten  Genauigkeit  F(v)  fortgelassen,  J£F(k)  aber 

durch  -^YN   ersetzt  werden  kann,  und  dafs: 

ist,  wenn  Qy  angiebt,  wie  viele  von  den  v  Zahlen    -r-    von  der  Form 

4A  +  1  oder  4A  +  2  sind,  dafs  also  jene  Summe  gleich  6%VN  ge- 
setzt werden  kann,  wo  d2  einen  positiven  echten  Bruch  bedeutet,  so 
erhält  man  die  Gleichung: 

Endlich  ergiebt  sich  für  alle  Divisoren: 

H(N)  -  H^N)  +  Ht(N)  -  JV(^-  +  fLt«*  _*_) 

-2T-J  +  «yjy.  (-1-«+«» 

Bildet  man  in  der  oft  angegebenen  Weise  den  Gaussischen  mittleren 
Wert  der  Funktionen  \  (n),  \  (n),  h(n)  in  dem  Intervalle  (n  —  k7  •  •  •  n  -f- 1) 
und  wählt  man  von  vorn  herein  &  genügend  klein  gegen  n,  so  erhält 
man  nach  einer  leichten  Rechnung: 

9H(V»))  =  T  +  ^ir>    »(*»w)-T*ir; 

2R(A(n))  =  |  +  4^. 

Der  Uberschufs  der  Anzahl  aller  Teiler  von  der  Form  4»  +  1 
über  die  von  der  Form  4w  —  1   ist  also  im  Mittel  gleich  — , 

d.  h.  etwa  gleich  —  •    Dasselbe  ist  auch  für  den  entsprechenden 

Uberschufs   bei    den  kleineren  Divisoren  der  Fall,  während  die 
gröfseren  Divisoren  beider  Kategorien  nahezu  gleich  verteilt  sind. 


Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 

Theorie  der  Potenzreste  für  einen  zusammengesetzten  und  für  einen  Primzahl- 
modul. —  Einteilung  der  Einheiten  modulo  p  nach  dem  Exponenten,  zu  welchem 
sie  gehören.  —  Die  primitiven  Wurzeln.  —  Theorie  der  Indices  für  einen  Prim- 
zahlmodul. —  Jacobis  „Canon  arithmeticus".  —  Anwendungen:  Die  Auflösung 
linearer  Kongruenzen.  —  Beweis  des  Wilsonschen  Satzes.  —  Auflösung  der  reinen 

Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul. 

§i- 

Ebenso,  wie  man  bei  der  sog.  Auflösung  der  Gleichungen  eine 
gegebene  Gleichung  n***  Grades  auf  eine  Kette  von  lauter  reinen  Glei- 
chungen zurückzuführen  sucht,  und  daher  zuvörderst  diese  reinen  Glei- 
chungen und  ihre  Wurzeln  genau  zu  studieren  hat,  wollen  wir  uns 
in  der  Theorie  der  Kongruenzen  zuerst  mit  den  „reinen"  d.  h.  mit 
den  Kongruenzen  von  der  Form: 

(1)  xn  =  a     (mod  m) 

beschäftigen.  Besitzt  diese  Kongruenz  eine  Wurzel,  so  ist  a  der  wten 
Potenz  einer  ganzen  Zahl  modulo  m  kongruent;  wir  sagen  daher,  die 
Zahl  a  ist  ein  wtoT  Potenzrest  für  m.  Die  Theorie  der  reinen  Kon- 
gruenzen und  die  Theorie  der  Potenzreste  sind  also  nicht  von  einander 
verschieden. 

Wir  können  die  hier  zu  lösende  Aufgabe  sofort  als  ein  Problem 
aus  der  Theorie  der  Modulsysteme  fassen,  denn  offenbar  besteht 
der  Satz: 

Die  Kongruenz  (1)    besitzt    dann    und  nur  dann  eine  Lösung, 
wenn  die  Gröfse  x  so  bestimmt  werden  kann,    dafs  die  Äqui- 
valenz: 
(la)  (xn  —  a,  m)  ~  m 

besteht. 

Die  allgemeinste  hier  sich  darbietende  Aufgabe  wäre  die,  dafs  in 
der  reinen  Kongruenz  (1)  a  eine  ganze  Gröfse  eines  beliebigen  Ratio- 
nalitätsbereiches [£,  yj,  •  •  •]  ist,  während  m  irgend  ein  Modulsystem  desselben 
Bereiches  bedeutet;  z.  B.  könnten  wir  a  und  in  als  ganze  ganzzahlige 
Funktion    einer   Variablen    £,    annehmen,    und    fragen,    ob  man  x  als 


376  Siebemmdz wanzigste  Vorlesung. 

eine  ganze  Funktion  von  £  so  wählen  kann,  dafs  die  Kongruenz  (1) 
erfüllt  wird.  Hier  sind  indessen  bis  jetzt  erst  sehr  wenig  Resultate 
gefunden  worden. 

Wir  wollen  uns  daher  im  Folgenden  immer  auf  den  Bereich  [1] 
der  ganzen  Zahlen  beschränken. 

Ist  der  Modul  m  =  p*qh  •  •  r*  eine  beliebige  zusammengesetzte 
Zahl,  so  besteht,  wie  wir  a.  S.  194  gesehen  haben,  die  Äquivalenz: 

(2)  (x*  —  a}m)~  (xn  —  a,  p*)  (xn  —  a,  g*)  •  •  •  (xn  —  a,  r*); 

also  ist  die  Äquivalenz  (1*)  oder,  was  dasselbe  ist,  die  Kongruenz  (1) 
dann  und  nur  nur  dann  erfüllt,  wenn  die  Äquivalenzen: 

(2*)    (xn  —  a,  p>)  ~  p*,    (xn  —  a,  g*)  ~  g*,    •  •  •    (xn  —  a,r*)  ~r* 

zugleich  bestehen;  es  gilt  also  der  Satz: 

Eine  Zahl  a  ist  dann  und  nur  dann  n*6*  Potenzrest  für  eine  zu- 
sammengesetzte Zahl  w,  wenn  sie  für  jede  in  m  enthaltene 
Primzahlpotenz  ntor  Potenzrest  ist. 

Wir  brauchen  daher  im  Folgenden  nur  die  Kongruenzen  (1)  für 
den  Fall  zu  untersuchen,  dafs  m  =  ph  eine  Primzahlpotenz  ist,  während 
der  Exponent  h  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeuten  kann.  Wir  werden 
später  eingehend  die  drei  ersten  Fälle  untersuchen,  welche  den 
Werten  n  =  2,  3,  4  des  Exponenten  von  x  entsprechen,  d.  h.  wir 
werden  die  vollständige  Theorie  der  sog.  quadratischen,  der  kubischen 
und  der  biquadratischen  Reste  entwickeln. 

Zunächst  wollen  wir  einige  allgemeine  Sätze  aus  der  Theorie  der 
nton  Potenzreste  für  den  Fall  beweisen,  dafs  der  Modul  eine  Primzahl  p 
ist;  aus  ihnen  lassen  sich  die  entsprechenden  Resultate  für  eine  be- 
liebige Primzahlpotenz  pfi  leicht  ableiten. 

Ebenso  wie  für  die  Untersuchung  der  allgemeinen  reinen  Glei- 
chung xn  —  a  =  0  die  Kenntnis  der  n*80  Wurzeln  der  Einheit,  d.  h. 
der  Wurzeln  der  speziellen  Gleichung  xn  —  1=0  nötig  ist,  mufs  der 
Betrachtung  der  Kongruenz  (1)  die  Untersuchung  der  Kongruenz: 

(3)  z»  —  1  =  0     (mod  m) 

vorangehen.  Wir  gehen  also  zunächst  zur  Lösung  dieser  Aufgabe  über, 
indem  wir  den  Modul  m  als  eine  beliebige  Primzahl  p  voraussetzen. 

Wir  hatten  im  §  1  der  dreiundzwanzigsten  Vorlesung  die  Funktion 
x*  —  1  folgendermafsen  als  ein  Produkt  ganzer  ganzzahliger  Faktoren  dar- 
gestellt: 

(3»)  *"-!=*  JJ-*»  5 

d/n 

hier  war  allgemein  jeder  „primitive  Divisor"  Im(x)  das  Produkt  aller 


§  1.  Theorie  der  Potenzreste.  377 

Primteiler  von  x?'  —  1 ,  welche  nicht  zugleich  in  einer  derjenigen 
Funktionen  af  —  1  enthalten  sind,  deren  Exponent  fi  ein  Teiler  von  m 
ist  Der  primitive  Divisor  Fm(x)  ist  vom  Grade  qp(ro)  und  kann 
folgendermaßen  dargestellt  werden: 

m r^'_iv* 


l(aJ)=J7(^'^iy 


Es  sei  jetzt  zunächst  n  =p  —  1;  die  zu  untersuchende  Kongruenz: 

(4)  a*"1  =  1     (mod  p) 

besitzt  dann  die  p  —  1  inkongruenten  Wurzeln  x  =  1,  2,  •  •  •  p  —  1, 
d.  h.  so  viele  als  ihr  Grad  angiebt.  Hieraus  und  aus  der  Gleichung 
(3*)  ergeben  sich  also  die  beiden  folgenden  Zerlegungen  modulo  p 
von  xp~"1 —  1: 

(4»)  ^-1-i  =  f[Fi(x)  =  JJ(x-k)    (mod*). 

d/ip-l)  *=1 

Ersetzt  man  hier  die  Variable  x  durch  irgend  eine  Einheit  k  modulo  p, 
so  erkennt  man,  dafs  jede  der  (p  —  1)  Zahlen  k  =  1,  2,  •  •  •  p  —  1 
einer  und,  wie  man  sieht,  auch  nur  einer  der  <p(rf)  Kongruenzen 

Fd(x)  =  0    (mod  p) 

genügt,  da  ja,  wenn  auch  nur  zwei  von  jenen  primitiven  Funktionen 
*»  und  Fd,(X)  moduloj,  befrachtet,  denselben  Linearfaktor  *  -  * 
besäfsen,  die  Funktion  xr  —  1  modulo  p  den  Faktor  (x  —  i)*  ent- 
halten müfste,  was  mit  der  Kongruenz  (4ft)  in  Widerspruch  stehen 
würde.  Ebenso  erkennt  man,  dafs  keine  jener  Funktionen  Fd(x)  einen 
Linearfaktor  modulo  p  mehr  als  einmal  enthalten  kann.  Jede  der 
<p(p  —  1)  Kongruenzen  Fd(x)  :_i  0  (mod  p)  besitzt  also  ebenfalls  genau 
so  viele  modulo  p  inkongruente  Wurzeln,  als  ihr  Grad  q>(d)  angiebt. 
Wir  können  und  wollen  hiernach  die  p  —  1  inkongruenten  Einheiten 
für  den  Modul  p,  d.  h.  die  Zahlen  1,  2,  •  •  •  p  —  1  in  Gruppen  (Gd) 
ordnen,  indem  wir  in  eine  Gruppe  alle  diejenigen  Einheiten: 

zusammenfassen,  welche  die  Kongruenz: 

Fd  (x)  =  0     (mod  p) 

befriedigen.  Die  Anzahl  der  Einheiten  der  zu  Fd(x)  gehörigen  Gruppe 
Gd   ist  dann  genau  gleich  qp(d),  und  für  ein  variables  x  besteht  die 

Kongruenz: 

<jp(d) 

(5)  *»=JJ  (*-*<"). 


i  =  l 


378  Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 

Zwei  primitive  Funktionen  Fd(x)  und  Fd(x)  sind  auch  modulo  p  be- 
trachtet teilerfremd,  da  sie  keine  einzige  Kongruenzwurzel  gemeinsam 
haben,  cL  h.  es  besteht  der  Satz: 

Zwei  primitive  Funktionen  Fd(x)  und  Fd(x),  deren  Indices  d 
und  d  Teiler  von  p  —  1  sind,  haben  dann  und  nur  dann  einen 
gemeinsamen  Teiler  modulo  p,  wenn  sie  identisch  sind,  wenn 
also  d  =  8  ist. 

Wir  wollen  nun  die  Eigenschaften  untersuchen;  welche  den  <p(ct) 
Einheiten  tid  einer  und  derselben  Gruppe  Gd  gemeinsam  sind.  Da 
Fd(x)  ein  Teiler  von  (x* — 1)  ist,  so  genügt  jede  der  tp{d)  Zahlen 
kd  auch  der  Kongruenz: 

kdd  =  \     (modp). 

Wir  zeigen  aber  jetzt  weiter,  dafs  dies  die  niedrigste  Potenz  von  kd 
ist,  welche  durch  p  geteilt  den  Rest  Eins  läfst.  Zu  diesem  Zwecke 
leite  ich  gleich  den  allgemeineren  Satz  ab,  welcher  den  hier  zu  beweisen- 
den offenbar  als  speziellen  Fall  enthält: 

Eine  Zahl  kd  genügt  dann  und  nur  dann  der  Kongruenz: 

k~-=l     (modp), 

wenn  m  ein  Multiplum  von  d  ist. 

« 

In  der  That,  genügt  kd  den  beiden  Kongruenzen: 

K~     *>      K7^1     (modl>)> 
so  genügt  dieselbe  Zahl  der  anderen: 

*;'+*"  =1     (modp), 

wo  a  und  ß  beliebige  positive  oder  auch  negative  ganze  Zahlen  be- 
deuten können.     Wählt  man  nun  a  und  ß  so,  dafs: 

ad  +  ßm  =  t  =  (rf,  m) 
ist,  so  genügt  kd  auch  der  Kongruenz: 

* 

x*  —  1  zr:  0     (mod  pi). 
Ersetzt  man  aber  in  der  Identität: 

x  durch  /••  ,  so  erkennt  man,  dafs  eine  der  <p(t)  Zahlen  -Fj(&J  durch  p 
teilbar  sein  mufs,  dafs  also  die  beiden  primitiven  Funktionen  Fd(x) 
und  Fd(x)  modulo/)  betrachtet  einen  gemeinsamen  Teiler  x  —  kd  be- 
sitzen.    Da  aber  8  ein  Teiler  von  t  =  (rf,  ni)7  also  in  d  enthalten  ist, 


§  1.   Theorie  der  Potenzreste.  379 

und  da  d  ein  Divisor  von  p  —  1  ist,  so  ist  d  ebenfalls  einer  der 
Teiler  von  p  —  1.  Es  müssen  also  die  beiden  Funktionen  Fd(x)  und 
Fö(x)  eine  gemeinsame  Wurzel  modulo  p  haben,  und  dies  ist,  da  d 
und  8  beide  Teiler  von  (p  —  1)  sind,  nach  dem  soeben  bewiesenen 
Satze  nur  dann  möglich,  wenn  ö  =  d,  d.  h.  wenn  t  =  (d,  m)  =  d}  wenn 
also  m  ein  Multiplum  von  d  ist,  w.  z.  b.  w. 

Eine  Zahl  k,  für  welche  W  =  1  ist,  während  keine  niedrigere 
Potenz  von  k  durch  p  geteilt  den  Rest  Eins  läfst,  soll  nach  Gauss  als 
zum  Exponenten  d  modulo  p  gehörig  bezeichnet  werden.  Jede  Einheit 
modulo  p  gehört  also  zu  einem  und  nur  einem  Exponenten  modulo  p. 
Dann  lehren  unsere  bis  jetzt  gefundenen  Sätze,  dafs  die  (p(d)  Zahlen 
(kj  kd  kd"  •  •  •)  sämtlich  zum  Exponenten  d  gehören,  und  da  sich  jede 
Einheit  modulo  p  in  einer  einzigen  Gruppe  Gd  befindet,  so  ergiebt 
sich  jetzt  der  folgende  wichtige  Satz,  der  uns  eine  vollständige  Ein- 
teilung der  Einheiten  modulo  p  nach  ihrem  Exponenten  liefert: 

Jede  nicht  durch  p  teilbare  Zahl  k  gehört  modulo  p  zu  einem 
Exponenten  d,  welcher  stets  ein  Teiler  von  (p  —  1)  ist.  Zu 
jedem  Divisor  d  von  p  —  1  gehören  genau  q>(d)  modulo  p 
inkongruente  Einheiten  (kd,  kd"}  •  •  •),  und  diese  sind  die  sämt- 
lichen Wurzeln  der  Kongruenz  des  vid)*3*  Grades: 

Fd(x)  =YI(X~  *?)  ^  °    (mod  P)> 

wenn  Fd(x)  der  zum  Divisor  d  von  p  —  1  gehörige  primitive 
Faktor  ist. 

Es  sei  z.  B.  p  =  7,  p  —  1  =  6,  dann  ist 

x*  -  1  =  F6(x)  F^x)  F,(x)  Fx(xy, 

nun  war  (vgl.  S.  286): 

F6(x)  =  x2  —  x  +  1  =  ■(*  —  3)  (x  —  5) 
F9(x)  =  x2  +  x  +  1  =  {x  —  2)  {x  —  4) 
F9(x)*=  x+  liz_(a;  — 6) 

F1(x)=  x  —  1  s.(x—l) 


(mod  7), 


also  gehören  3  und  5  zum  Exponenten  6,  2  und  4  zum  Exponenten 

3,  während  6  und  1  bezw.  zu  den  Exponenten  2  und  1  gehören.     In 

der    That     gehört    z.  B.  3    wirklich    zum   Exponenten    0,    denn    die 

Potenzen 

3,  3*,  33,  34,  36,  36 

sind  modulo  7  betrachtet  bezw.  kongruent: 


380  Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 

3,  2,  6,  4,  5,  1, 

d.  h.  3*  ist  die  niedrigste  Potenz  von  3,  welche  durch  7  geteilt  den 
Rest  Eins  läfst. 

Ist  d  irgend  ein  Teiler  von  (p —  1),  so  folgt  aus  der  Gleichung: 

(6)  **-i-n>,(*), 

dafs  die  Kongruenz 

x*  —  1  =  0     (mod  p) 

so  viele  inkongruente  Wurzeln  besitzt,  als  die  (p(d)  Kongruenzen: 

F6(x)  =  0    (modjp) 

zusammengenommen.  Da  aber  jede  der  letzteren  <p(d)  Wurzeln  be- 
sitzt, und  keine  zwei  von  ihnen  eine  gemeinsame  Lösung  haben,  so 
hat  die  Kongruenz  (6)  ^Stp(d)  =  d  Wurzeln.  Wir  haben  also  den  Satz: 

d/d 

Die  Kongruenz  tf*  —  1=0  (mod  p)  hat  genau  so  viele  in- 
kongruente Wurzeln  als  ihr  Grad  angiebt,  sobald  d  ein  Teiler 
von  p  —  1  ist. 

Es    sei  jetzt  kd  irgend  eine   zum   Exponenten  d   gehörige   Zahl; 
dann  genügt  sie  der  Kongruenz: 

(7)  tf*-l  =  0     (modp). 

Daraus  folgt,  dafs  auch  die  d  Zahlen 

(8)  i,  k,  *;,•••  K~l 

ebenfalls  Wurzeln  derselben  Kongruenz  sind,  denn  es  ist  ja: 

(*£)'=  $)r  =  1     (modp). 

Ferner  sind  die  d  Zahlen  dieser  Reihe  sämtlich  modulo  p  verschieden, 
denn  wäre  z.  B.: 

K  =  K     (mod  P)f  (r<';  °- «  S'-1)  > 

so  müfste  ja: 

Jcrd~~*  =  1     (mod  p) 

sein,  d.  h.  kd  gehörte  entgegen  unserer  Annahme  nicht  zum  Ex- 
ponenten df  weil  schon  eine  niedrigere  als  die  rP®,  nämlich  die  (r  —  s)te 
Potenz  dieser  Einheit  kongruent  Eins  wäre.  Also  sind  die  d  Zahlen 
der  Reihe  (8)  die  sämtlichen  Wurzeln  der  Kongruenz  (7),  d.  h.  es  be- 
steht für  ein  variables  x  die  Zerlegung: 

**  - 1  --  U(x-  *i)  (mod  &  > 


S  1.  Theorie  der  Potenzreate.  381 

wenn  hd  irgend  eine  bestimmte  unter  den  <p(d)  zum  Exponenten  d  ge- 
hörigen Zahlen  bedeutet. 

Aus  diesem  Resultate  ziehen  wir  gleich  eine  wichtige  Folgerung: 
Aus  den  beiden  Zerlegungen  der  Funktion  a?  —  1  modulo  p 

rf— 1 

*_l-n>,(aO=JJ  (*--*£)     (mod*) 

folgt,  dafs  die  <p(8)  Eongruenzwurzeln  einer  bestimmten  primitiven 
Funktion  Fd(x),  deren  Index  6  ein  Teiler  von  d  ist,  gewisse  unter  den 
d  Potenzen  der  Reihe  (8)  sein  müssen. 

Es  sei  nun  kkd  irgend  eine  dieser  Potenzen;  dann  kann  man  leicht 
den  Exponenten  finden,  zu  welchem  sie  modulo  p  gehört.  In  der  That 
sei  d0  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  von  h  und  d,  so  dafs: 

*  =  *oÄ<»     d  =  d0d0,     (Ä0,  d0)  =  1 

ist.     Bildet  man  dann  die  Potenzen: 

so  ist  eine  Zahl  (kdY  dieser  Reihe  dann  und  nur  dann  kongruent  Eins 
modulo  p,  wenn  der  Exponent  hr  =  hQd0r  durch  d  =  d0d0,  wenn  also 
A0r  durch  d0  teilbar  ist.  Da  aber  (An,  d^)  =  1  ist,  so  mufs  notwendig 
r  ein  Multiplum  von  d0  sein,  d.  h.  Ar    gehört  zum  Exponenten 


d 


h 
d 


Speziell  gehören  die  <p(d)  Potenzen 

k\  (A,rf)=i, 

deren  Exponenten  h  zu  d  teilerfremd  sind,  zum  Exponenten  d  selbst, 
d.  h.  es  gilt  der  Satz: 

Ist  d  irgend  ein  Teiler  von  p  —  1,  kd  irgend  eine  zum  Ex- 
ponenten d  gehörige  ganqerZahl,  so  sind  alle  zu  d  gehörigen 
Zahlen  (kd  kd"  •  •  •)  als  Potenzen  von  irgend  einer  unter  ihnen 
darstellbar.     Alle  diese    und  nur  sie  sind  nämlich  in  der  Reihe 

kkd  (A,  d) « 1 

enthalten,  wenn  der  Exponent  h  alle  <p(d)  zu  d  teilerfremden 
Zahlen  durchläuft;  est  ist  also: 

Fd{x)  =  ]~J  (x  —  &*)     (mod  p)  (a,  d)  =  i . 


382  Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 

§2. 

Unter  den  Gruppen  Gd  =  (kj,  kd",  •  •  •)  der  zu  demselben  Ex- 
ponenten gehörigen  Einheiten  modulo  p  ist  diejenige  besonders  wichtig, 
für  welche  der  Teiler  d  von  p  —  1  seinen  gröfsten  Wert  hat,  also 
gleich  (jp  —  1)  selbst  ist.  Wenden  wir  die  allgemeinen  Resultate  des  letzten 
Abschnittes  auf  diesen  Fall  an,  so  ergeben  sich  die  folgenden  Sätze: 

Unter  den  Einheiten  modulo  p  giebt  es  genau  <p(jp  —  1),  welche 
zu  dem  Exponenten  p  —  1  gehören,  für  welche  also  keine  niedrigere 
als  die  (p  —  l)te  Potenz  der  Einheit  kongruent  ist.  Diese  Einheiten 
werden  nach  Gauss  primitive  Wurzeln  von  p  genannt.  Ist  g  eine  dieser 
primitiven  Wurzeln,   so  sind  alle  anderen  in  der  Reihe  der  Potenzen 

gh  (a,j>-i)=i 

enthalten. 

Bilden  wir  die  p  —  1  ersten  Potenzen  von  g 

(i)  i,  g,  g\  •  •  •  sr~; 

so  sind  diese  sämtlich  inkongruente  Einheiten  modulo  p,  während 
gp~l,  (f,  •  •  •  wieder  kongruent  1,  g,  •  •  •  sind,  so  dafs  allgemein 

(2)  0i+(F-i)=0*     (mod/)) 

ist.  Da  es  überhaupt  nur  p  —  1  inkongruente  durch  p  nicht  teilbare 
Zahlen  giebt,  so  folgt,  dafs  die  Zahlen  (1),  abgesehen  von  ihrer  Reihen- 
folge, den  Zahlen  1,  2,  •  •  •  p  —  1  modulo  p  kongruent  sind.  Es  er- 
giebt  sich  also  der  Satz: 

Jede   durch  p  nicht  teilbare  Zahl  y  ist  modulo  p  einer  Potenz 

<f*  der  primitiven  Wurzel  kongruent.    Dieser  Exponent  h  von  g 

wird    nach  Gauss    der  Index  von  y  genannt  und  durch  Ind  y 

bezeichnet,  so  dafs  also  diese  arithmetische  Funktion  durch  die 

Kongruenz: 

g^d  *  =r-  y     (mod  p) 
definiert  ist. 

Wegen  der  Kongruenz  (2)  ist  der  Index  von  y  nur  modulo  p  —  1  be- 
bestimmt, denn  die  Kongruenz: 

(3)  <r  ==  f 

ist  dann  und  nur  dann  erfüllt,  wenn 

(3»)  a  ~  a      (mod  p  —  1) 

ist. 

Durch  die  Einführung  dieser  arithmetischen  Funktionen  erhalten 
wir  nun  das  Mittel,  alle  durch  p  nicht  teilbaren  Zahlen  modulo  p  be- 
trachtet  als  Potenzen   einer   und    derselben  Grundzahl  g  darzustellen, 


§  2.   Die  primitiven  Wurzeln.  383 

genau  ebenso,  wie  man  mit  Hülfe  der  Logarithmen  jede  beliebige  Zahl 
als  Potenz  der  Basis  des  betreffenden  Logarithmensystemes  darzustellen 
imstande  ist.  Natürlich  gelten  daher  für  das  Rechnen  mit  den  arith- 
metischen Funktionen  Ind  y  wörtlich  dieselben  Regeln ,  wie  für  die 
Logarithmen,  nur  dafs  an  die  Stelle  der  Gleichheit  die  Kongruenz  für 
den  Modul  (p  —  1)  tritt. 

Der  Index  eines   Produktes  ist  der  Summe  der  Indices  seiner 
Faktoren  modulo  p  —  1  kongruent,  d.  h.  es  ist: 

(4)  Ind  (ft  y2)  :-_:  Ind  yx  -f-  Ind  y%     (mod  (p  —  1)). 

Sind  nämlich  yx  und  y%  zwei  beliebige  Einheiten  modulo  p  und  ist: 

so  ergiebt  sich  durch  Multiplikation: 

yx  y9  =  g1*6  * +Ind  *       (mod  p) , 

und  da  andererseits  nach  der  Definition  der  Index 

Yi  Yi  ^  !?** (yi  y,)     (mod  P) 
ist,  so  ergiebt  sich: 

flfInd(yiy»)  --  gIndyi+Ind>'* 

und  wegen  (3)  und  (3a)  folgt  hieraus  die  zu  beweisende  Kongruenz  (4). 
Ganz    ebenso    wie  in  der  Theorie  der  Logarithmen  ergeben   sich 
aus  diesem  Satze  die  Folgerungen: 

(4»)  Ind  7l  m  Ind  yx  —  Ind  y2     (mod  (p  —  1)) 

(4b)  Ind  (yn)  __  n  Ind  y  (mod  (p  —  1)). 

Wählt  man  für  jede  Primzahl  p  eine  primitive  Wurzel  g  als 
Basis  eines  Indexsystemes  und  stellt  dann  alle  Zahlen  1,  2,  •  •  •  p  —  1 
modulo  p  als  Potenzen  von  g  dar,  so  erhält  man  Tafeln,  welche  bei 
allen  Untersuchungen  modulo  p  die  Rechnung  in  genau  derselben 
Weise  vereinfachen,  wie  die  Logarithmentafeln  die  gewöhnlichen  Rech- 
nungen. Von  diesem  Gedanken  ausgehend  hat  Jacobi  derartige  Tafeln 
für  alle  Primzahlen  bis  1000  berechnen  lassen,  und  sie  in  einem  Werke 
vereinigt,  dem  er  den  Titel  „Canon  arithmeticus"  gegeben  hat.  Welche 
unter  den  qp(p — 1)  primitiven  Wurzeln  modulo  p  man  jedesmal  als 
Grundzahl  g  des  betreffenden  Indexsystemes  wählt,  ist  für  die  Rech- 
nung offenbar  ganz  ebenso  gleichgültig,  wie  es  bei  den  Logarithmen- 
tafeln die  Basis  des  Logarithmensystemes  ist.  Im  Canon  arithmeticus 
wurde  jedesmal,  wenn  die  Zahl  10  eine  primitive  Wurzel  modulo  p 
war,  diese  für  g  genommen,  da  sich  hierdurch  die  Berechnung  der  be- 
treffenden Tabelle  wesentlich  vereinfachte. 


384 


Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 


Um  eine  Übersicht  über  die  Einrichtung  dieser  wichtigen  Tabellen 
zu  geben ,  schreiben  wir  für  den  Modul  p  =  19  und  die  primitive 
Wurzel  g  =  10  die  Tafel  auf: 


Numeri 

' 

Indices 

Ind 

0     1 

2     3     4     6 

6     7     8     9 

Num 

0     12     3     4     6 

6 

7     8     9 

1 

10 
9    14 

6  12    6     8 

7  18  16    8 

11  16  17  18 
4     2     1 

1 

18  17    6    16    2 
1     6     3    13  11    7 

4 
14 

12  16  10 
8     9 

Die  erste  Tabelle  liefert  zu  einem  gegebenen  Index  a  die  zugehörige 
Zahl  y,  d.  h.  den  Numerus  Indicis  a,  die  zweite  umgekehrt  zu  einer 
gegebenen  Zahl  y  ihren  Index  a.  Die  zehn  Stellen  in  einer  Zeile  ent- 
sprechen den  Einern  der  vorgelegten  Zahl,  die  Horizontalreihen  den 
Zehnern  derselben.     So  ergiebt  sich  z.  B.  aus  der  zweiten  Tabelle: 

Ind  11  =  6     und  es  ist  wirklich     1011  ~  6       (mod  19) 
Ind  18  =  9       „  109  =  18     (mod  19). 


»        V 


Ferner  folgt  z.  B.  aus  der  ersten  Tabelle: 

Num.  Ind  7  =  15,       Num.  Ind  9  =  18, 

und  es  ist  in  der  That: 

107  =  15,       109  =  18     (mod  19). 

Ich  möchte  noch  hervorheben,  dafs  für  jedes  zu  einer  beliebigen  un- 
geraden Primzahl  p  gehörige  Indexsystem 


(5) 


Ind(p-1)=^ 


ist.     Da  nämlich  für  jede  primitive  Wurzel: 

/-1_1  =  (/t-_1)(/i-+1)==o     (modp) 

ist,  so  mufs  entweder  der  erste  oder  der  zweite  Faktor  rechts  p  ent- 
halten.    Da  aber  g  n.  d.  V.  zum  Exponenten  p  —  1   gehört,   so  kann 

nicht  g  2    =  1    (mod  p)  sein;  also  ist  notwendig: 

g  2    -~  —  1  ~  p  —  1     (mod  p) , 


(5") 


und  hieraus  folgt  die  Richtigkeit  der  obigen  Gleichung  (5). 

Mit  Hülfe  der  Indextafeln   kann  man  eine  beliebige  lineare  Kon- 
gruenz: 

ax  =  b    (mod  p) 


§  2.   Theorie  der  Indiced.  38o 

für  einen  Primzahlmodul  p  leicht  auflösen.      Geht  man  nämlich  auf 
beiden  Seiten  zu  den  Indices  über,  so  folgt  aus  (4)  die  Kongruenz: 

Ind  a  -j-  Ind  x       Ind  b     (mod  (p  —  1)) 
Ind  x  e^  Ind  b  —  Ind  a     (mod  (p  —  1)), 

und  durch  den  Übergang  zu  den  Numeris  ergiebt  sich  der  gesuchte 
Wert  von  x. 

Ist  z.  B.  die  Kongruenz: 

Ix —  17     (mod  19) 
gegeben,  so  folgt  aus  der  zweiten  Tabelle: 

Ind  x~  Ind  17  —  Ind  7 

— -  8  —  12  =  14     (mod  18), 

also  ist  x  =  Num  Ind  14  =  16,  und  in  der  That  ist: 

7- 16  1=17     (mod  19). 

Die  Darstellung  der  Zahlen  durch  die  Potenzen  einer  primitiven 
Wurzel  wollen  wir  zu  einem  sehr  einfachen  Beweise  des  Wilsonschen 
Satzes  benutzen.     Es  ist  nämlich  offenbar: 

p(p-i)       /  p-i\* 


*  G-) 


1    23  ...p—  1— ^+2+ -+i»-«  Ezijf     *      =ih\g  *  ;      (modj)), 

oder  da  nach  (5a)  g  2    :     —  1   und  p  eine   ungerade  Zahl  ist,   so  er- 
giebt sich: 


jJ*---(-ir---=-i  ("od*), 


wie  schon  früher  (S.  102)  auf  anderem  Wege  bewiesen  wurde. 

Die   modulo  p  inkongruenten  Einheiten,   oder,  was  dasselbe  ist, 

die  p  —  1  Potenzen: 

1,    9,   9*,  ■■  <P-2 
hatten  wir  in  Gruppen 

g«. = (*;.  *;>  •  •  •) 

eingeteilt  nach  dem  Exponenten  rf0,  zu  welchem  sie  modulo  p  gehören. 
Auf  Grund  des  oben  S.  381  abgeleiteten  allgemeinen  Resultates 
können  wir  jetzt  leicht  alle  Einheiten  y^tf*  finden,  welche  zu  einem 
gegebenen  Divisor  d0  von  p  —  1  als  Exponenten  gehören.  Ersetzen 
wir  nämlich  den  dort  beliebig  gewählten  Divisor  d  von  p  —  1  durch 
p  —  1  selbst,  so  mufs: 


0       (h,p-i) 

Kronecker,  Zahlentheorie.  I.  25 


386  Siebenundzwanzigate  Vorlesung. 

sein.    Ist  also  p  —  1  =  ^0<V;  a^s0  *V  ^er  zu  ^o  komplementäre  Teiler 
von  p  —  1,  so  mufs: 

(*,  p-i)- «/,', 

oder  also  A  =  rd0'  sein,  wobei   (r,  d0)  =  1  ist.     So  ergiebt  sich  also 
der  allgemeine  Satz: 

Von  den  p  —  1  inkongruenten  Einheiten  y  gehören  alle  und 
nur  die  zu  einem  gegebenen  Teiler  d0  von  p  —  1  als  Exponenten, 
deren    Index    mit    p  —  1     den    gröfsten    gemeinsamen    Teiler 

d0' =     j       hat;  sie  sind  also  in  der  Form: 


r'-T1 


g       *»  (r,rf=l) 

enthalten;  ihre  Anzahl  ist  daher  gleich  (p(d0),  und  für  die  zu- 
gehörige primitive  Funktion  F.  (x)  besteht  für  ein  variables  x  die 
Zerlegung: 

1^*)eee]7(*-/V). 

So  folgt  z.  B.  aus  der  zweiten  Tabelle  a.  S.  384,  dafs  die  6  =  qp(9) 

folgenden  Zahlen: 

4,    5,    6,      9,    16,  17 

modulo  19  zum  Exponenten  9  gehören,  denn  ihre  Indices 

16,    2,    4,    10,    14,    8 

sind   die    einzigen,    welche    mit    18    den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler 

2  =  — -  haben, 
y 

Wir   benutzen    endlich    die  Theorie    der   primitiven  Wurzeln   zur 

Untersuchung  der  allgemeinen  reinen  Kongruenzen: 

(6)  #"  =  y     (mod  p) 

für  einen  beliebigen  Primzahlmodul.  Gehen  wir  in  dieser  Kongruenz 
zu  den  Indices  über,  so  erhalten  wir  für  |  =  Ind  x  die  lineare  Kon- 
gruenz: 

(6a)  ng  =  Ind  y     (mod  (p  —  1)). 

Nach  dem  a.  S.  106  bewiesenen  Hauptsatze  besitzt  aber  eine  lineare 
Kongruenz  dann  und  nur  dann  eine  ganzzahlige  Lösung,  wenn  die 
rechte  Seite,  also  Ind  y,  durch  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler 

d  =  (n,  p  —  1) 

des  Koefficienten  von  g  und  des  Moduls  teilbar  ist.  Ist  das  der  Fall, 
und  ist: 


§  2.   Auflösung  der  allgemeinen  reinen  Kongruenzen.  387 

n  =*  n0d,      p  -  1  =  d0d, 
so  geht  die  Kongruenz  (6*)  über  in: 

(6b)  «o^1-5^     (*odd0), 

aus  welcher  sich  5,  da  (w0,  d0)  ~  1  ist,  modulo  dQ  eindeutig  bestimmt; 
ist  dann  So  der  so  sich  ergebende  Wert,  so  erhält  man  für  £  die  d 
folgenden  modulo  p  —  1  inkongruenten  Werte: 

welche  samtlich  der  Kongruenz  (6a),  also  auch  der  Bedingung  (6)  ge- 
nügen, und  da  zu  jedem  dieser  Werte  von  £  =  Ind  x  ein  einziger 
Wert  von  x  gehört,  so  ergiebt  sich  der  folgende  Satz: 

Eine  Zahl  y  ist  dann  und  nur  dann  nter  Potenzrest  zu  p}  wenn 
ihr  Index  durch  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  d  von  n  und 
p  —  1  teibar  ist.     Ist  dies  Fall,  so  besitzt  die  Kongruenz: 

'  xn  —  y  =  0     (mod  p) 

genau  d  =  (w,  p  —  1)  inkongruente  Wurzeln. 

Ist  speziell  n  =  d  selbst  ein  Divisor  von  p  —  1 ,  so  ergiebt  sich  als 
Corollar: 

Eine  Zahl  y  ist  dann  und  nur  dann  dfter  Potenzrest  zu  pf  wenn 

ihr  Index  ein  Multiplum  von  d  ist;  ist  das  der  Fall,  so  besitzt 

die  Kongruenz: 

a?  —  y  i -~  0     (mod  p) 

genau  so  viele  inkongruente  Wurzeln  als  ihr  Grad  angiebt. 

Wir  können  dieses  letzte  Kriterium  auch  in  einer  von  der  Theorie 
der  Indices  unabhängigen  Form  aussprechen.     Ist  nämlich: 

Ind  y  =  dg 

durch  d  teilbar,  also  y  ~  ^e,  und  ist  d'  der  zu  d  komplementäre 
Teiler  von  p  —  1,  so  ist: 

y1'  =  0**9  ~  (gP~  iy  =  1     (mod  p) 
und  ist  umgekehrt: 

so  ist  Ind  y  durch  d  teilbar,  also  y  rf*6'  Potenzrest  zu  p.  Es  gilt  also 
der  Satz: 

Eine  Zahl  y  ist  dann  und  nur  dann  <Per  Potenzrest  zu  p,  wenn 

p-i 

y  d    m  1     (mod  p) 
ist. 

26* 


388  Siebenundzwanzigate  Vorlesung. 

Auch  die  allgemeinere  Frage,  ob  eine  Zahl  ntor  Potenzrest  von  p 
ist,  ist  natürlich  ganz  unabhängig  davon,  welche  primitive  Wurzel  g 
von  p  bei  dem  Indexsystem  zu  Grunde  gelegt  wird;  also  mufs  auch 
das  vorher  gefundene  allgemeine  Kriterium  ebenfalls  von  der  Wahl  von 
g  unabhängig  sein.  In  der  That,  ersetzt  man  g  durch  die  primitive 
Wurzel  g0,  so  wird  g  eh  $J,  wo  (r,  p  —  1)  =  1  ist,  also  wird: 

d.  h.  der  Index  von  y  für  gQ  geht  aus  dem  für  g  durch  Multiplikation 
mit  der  zu  p  —  1  teilerfremden  Zahl  r  hervor,  der  gröfste  gemein- 
same Teiler  von  Ind  y  und  p  —  1  ist  also  unabhängig  davon,  welche 
primitive  Wurzel  von  p  als  Basis  des  Indexsystemes  zu  Grunde  gelegt 
wird.  Man  kann  auch  den  folgenden  allgemeineren  Satz  aussprechen, 
dessen  einfacher  Beweis  dem  Leser  überlassen  bleibe: 

Eine  Zahl  y  ist  dann  und  nur  dann  wtcr  Potenzrest  zu  pf  wenn 
sie  der  Bedingung: 


genügt,  wo  d  =  (n,  p  —  1)  ist;  ist  dies  der  Fall,  so  besitzt  die 
Korgruenz  xn  —  y  =  0  (mod  p)  genau  d  inkongruente  Wurzeln. 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 

Die  höheren  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul.  —  Die  Bedingung  für  die 
Existenz  einer  Kongruenzwurzel.  —  Erste  Herleitung  der  Bedingungen  für  die 
Existenz  von  8  inkongruenten  Wurzeln  einer  Kongruenz.  —  Die  Systeme  oder 
Matrizen.  —  Der  Rang  der  Systeme.  —  Zweite  Herleitung  der  Bedingungen  für 
die  Existenz  von  *  inkongruenten  Wurzeln  einer  Kongruenz.  —  Die  recurrierenden 
Reihen.  —  Ihre  Ordnung.  —  Die  Ordnung  von  ganzzahligen  recurrierenden  Reihen 
für  einen  Primzahlmodul.  —  Der  Grad  des  gröTsten  gemeinsamen  Teilers  zweier 

ganzzahliger  Funktionen  für  einen  Primzahlmodul. 

§  i. 

Ehe  wir  die  in  der  vorigen  Vorlesung  gefundenen  Resultate  auf 
zusammengesetzte  Moduln  ausdehnen,  wollen  wir  für  Primzahlmoduln 
die  allgemeine  Frage  lösen,  unter  welchen  Bedingungen  eine  nicht  reine 
Kongruenz: 

(1)  f(x)  =  c0  +  c1x  +  ...  +  cn*»  =  0    (modp) 

ganzzahlige  Lösungen  besitzt  und  wie  grofs  die  Anzahl  ihrer  in- 
kongruenten Wurzeln  ist. 

Wie  bereits  früher  erwähnt  wurde,  kann  diese  Frage  stets  durch 
Probieren     entschieden     werden,     da     man    ja     nur     die    p    Zahlen 

f(P)>  f(l)>  *  '  '  f(P  —  1)  au*  ^nre  Teilbarkeit  durch  p  zu  untersuchen 
braucht.  In  neuerer  Zeit  hat  aber  Herr  Rados*)  unter  Benutzung 
einfacher  Determinantensätze  eine  sehr  elegante  Bestimmung  jener  An- 
zahl gegeben,  welche  wir  an  dieser  Stelle  auf  einem  anderen  Wege 
beweisen  und  dann  verallgemeinern  wollen. 

Zunächst  können  wir  von  der  Wurzel  x  =  0  (mod  p)  absehen, 
weil  sie  dann  und  nur  dann  auftritt,  wenn  c0  durch  p  teilbar  ist.  .  Wir 
fragen  also  nur  nach  den  Einheiten  £  modulo  p,  welche  die  Kongruenz 
(1)  befriedigen.  Da  ferner  für  jede  solche  Einheit  £p  _1  ft  1  (modp) 
ist,  so  können  wir  in  (1)  jeden  Exponenten  von  x  durch  seinen  kleinsten 
Rest  modulo  p  —  1  ersetzen  und  daher  die  Funktion  f(x)  von  vorn^ 
herein  höchstens  vom  (p — 2)tcn  Grade  voraussetzen;  wir  stellen  uns 
also  zunächst  die  Frage: 

•>  Journal  für  Mathematik  Bd.  99  S.  258—260, 


390  Achtnnd zwanzigste  Vorlesung. 

Unter  welcher  Bedingung  besitzt  die  Kongruenz: 

(1»)  f{x)  =  r0  +  cLx  +  ctx  H f-  cp_2x,,~2  =  0     (mod  p) 

eine  ganzzahlige,  durch  />  nicht  teilbare  Wurzel? 

Zur  Vereinfachung  der  nachfolgenden  Untersuchungen  wollen  wir  fest- 
setzen, dafs  eine  Zahl  ci}  deren  Index  gröfser  als  p  —  2  oder  negativ 
ist,  gleich  demjenigen  unter  den  Koefficienten  c0}  clf  •  •  •  cp__2  von  f(x) 
sein  soll,  dessen  Index  kongruent  i  modulo  p  —  1  ist,  so  dafs  also  für 
die  Koefficienten  die  allgemeine  Gleichung: 

(2)  <7+(p-0  =  c- 

besteht,  mag  i  positiv  oder  negativ  sein. 

Es  sei  nun  j;  eine  Wurzel  der  Kongruenz  (la),  d.  h.  es  sei: 

P-% 

(3)  m~2e^=°  (mod^- 

Nach  der  Definitionsgleichung  (2)  und  wegen  der  für  jede  Einheit  £ 
bestehenden  analogen  Kongruenz: 

•£+<P-i>  =  p     (mod/)) 

kann  aber  die  Kongruenz  (2)  auch  folgendermaisen  geschrieben  werden: 

und  zwar  für  jeden  ganzzahligen  Wert  von  t;  und  da  £'  p  nicht  ent- 
hält, so  ergeben  sich  aus  (3)  die  p  —  1  folgenden  Kongruenzen: 

p-s 
(4)  ^j  c.  +  k ik  =  0  (.-o,  i,     P-«) 

oder  ausgeschrieben: 

c0    +  «,«  +  ftif  +  •  •  •  +  <,-*sp_J = o 

(*) 


(mod  j>); 


c,_,  +  c0|  +  cß  +  •  •  •  +  cp-d"-*^  0 
eine,  Einheit  £   genügt    also    dann  und  nur  dann  der  Kongruenz  (3), 
wenn  sie  die  p  —  1  Kongruenzen  (4)  befriedigt. 

Wir  betrachten  nun  neben  den  Kongruenzen  (4)  vom  (p  —  2)**n 
Grade  das  folgende  System  von  p  —  1  linearen  homogenen  Kongruenzen 
mit  den  p  —  1  neuen  Unbekannten  j^,  gu  •  •  •  gJD-_2: 

(5)  2ci+&  —  °    (modP)>  e-M.- ■■*-«> 

welches  aus  (4)  dadurch  hervorgeht,  dafs  die  Potenzen  £*   durch  die 


§  1.   Die  höheren  Kongruenzen  für  einen  Primzahlmodul. 


391 


Unbekannten  %k  ersetzt  werden.  Dann  besitzen  die  (p  —  1)  Kon- 
gruenzen (p  —  2)ten  Grades  (4)  dann  und  nur  dann  eine  Lösung,  wenn 
die  linearen  Kongruenzen  (5)  eine  solche  Lösung  haben,  dafs: 


(6) 


2 


»  —  2 


!o  :  h  :  62  : ' '  • :  £p-2  ^  1  :  £  :  S   :  •  •  • :  ?         (mod  p) 


ist,  dafs  also  allgemein: 

ist.  Nun  folgt  aber  aus  den  Elementarsätzen  der  Determinanten- 
theorie,  dafs  die  linearen  Kongruenzen  (5)  überhaupt  nur  dann  eine 
Lösung  aufser  der  selbstverständlichen  (|j0  ~  gx  =  •  ■  ■  =  {Sp_2  =2  0  (mod  p)) 
besitzen,  wenn  ihre  Determinante: 


c. 


•  +  * 


'0> 


u 


•   Cp-! 


(«\*=0,1,     -p-2) 


fy  —  2>    Cp—  1,    '  *  *    c2(p  — 2) 

durch  p  teilbar  ist.    Wir  erhalten  somit  zunächst  das  folgende  Resultat: 

Die  Kongruenz  f(x)  =  0  (mod  p)  wird  nur  dann  durch  eine 
Einheit  £  modulo  p  befriedigt,  wenn  die  aus  ihren  Koefficienten 
gebildete  Determinante  |c.,t|  durch  p  teilbar  ist. 

Es  ist  nun  interessant,  dafs  dieselbe  Bedingung  auch  hinreichend  ist, 
dafs  also,  wenn  die  linearen  Kongruenzen  (5)  überhaupt  eine  Lösung 
besitzen,  stets  auch  eine  solche  existiert,  welche  noch  den  weiteren 
Bedingungen  (6)  genügt.  In  der  That,  es  sei  |crf,Ä|  durch  p  teilbar 
und  es  mögen  w0,  m1}  •  ■  •  mp—2  p  —  1  nicht  sämtlich  durch  p  teil- 
bare Zahlen  sein,  welche  den  Kongruenzen  (5)  genügen,   so  dafs  also: 


^  ci+kmk 
k 


0     (mod  p) 


(i=0,l,-    -p-l) 


ist.     Ist  dann   |  irgend  eine  der  p  —  1  inkongruenten  Einheiten  mo- 
dulo p,  so  ist  auch: 

p-i 

ff  /,  ci+kmk  =  0     (mod  jp)  («=o,i,.  -j»-i), 


*=o 


und  durch  Addition  dieser  p —  1  Kongruenzen  folgt: 


=  v 


V 


0 = Z  ««+.?"•*  =2i  <i+J?+k  ■  m>*-k 

»,  k  1,  k 


p-% 


QSt~,)  (2  c.+ **+k) = (2XH  (2c^  (mod*)> 


,'4-*  =  0 


392  Achttuidz  wanzigste  Vorlesung. 

d.  h.  es  mufs  für  jeden  Wert  g  =  1,  2,     ■  •  p  —  1  das  Produkt: 

(7)  (m0  +  m^-i  +  • '  •  +  mp_ag-<*-2>)/X&) 

durch  p  teilbar  sein.  Der  erste  Faktor  kann  aber  nicht  für  jede  der 
p  —  1  inkongruenten  Zahlen  durch  p  teilbar  sein,  da  sonst  die  Kon- 
gruenz des  p  —  2teu  Grades: 

mo  -f"  nhx  "4"  '  '  *  "f"  iHp—s*  _"  EEi  0     (mod  p) 
die  p  —  1  inkongruenten  ganzzahligen  Wurzeln 

x  =£:  l"''1     (mod  p)  u-=if2,..p-i) 

besäfse.  Also  mufs  für  mindestens  einen  Wert  von  §  der  zweite 
Faktor  p  enthalten,  d.  h.  £  ist  dann  in  der  That  eine  Wurzel  der  Kon- 
gruenz f(g)  ™  0  (mod  p\  w.  z.  b.  w. 


§2-*) 

Wir  wollen  nun  weiter  die  Frage  entscheiden,  wie  viele  inkon- 
gruente Lösungen  die  Kongruenz: 

(1)  f(x)  =  c0  +  cxx  -\ f-  cp-2i?~2  ^-~  0     (mod  p) 

besitzt.  Wir  werden  zeigen,  dafs  auch  diese  Aufgabe  vollständig  auf 
die  Betrachtung  der  Lösungen  von  den  (p  —  1)  linearen  homogenen 
Kongruenzen 

p-2 

(2)  £  c. + klk\ :  =  0     (mod  jp)  («=o,  i, . . - P- 2) 

zurückgeführt  werden  kann.  Wir  wollen  daher  zuerst  einige  Bemer- 
kungen über  solche  lineare  Kongruenzen  und  ihre  Lösungen  voraus- 
schicken. 

Besitzt  ein  solches  System  (2)  mehr  als  eine  Lösung  und  sind  etwa: 


m0',   w/,    •  •  •  < 


Q 


tt  tt 


m0  ,  mt  ,  •    •  Wp_2 
zwei  solche  Lösungen,  so  dafs  also: 

p  — 2  p— 2 

2jci  +  kmk'  =  0,       2 ci+kmk'  —  °     (moiP)         (i=o,i,  .p-2) 

i=0  *  =  0 

ist,  und  sind  k'  und  k"  zwei  beliebige  ganze  Zahlen,  so  ist  auch: 

*)  Für  das  volle  Verständnis  der  §§  2  und  3  ist  einige  Bekanntschaft  dafs 
mit  den  Elementen  der  Determinantentheorie  erwünscht;  wir  bemerken  jedoch, 
die  Resultate  dieser  Abschnitte  später  nicht  benutzt  werden. 


§  2.   Die  Anzahl  der  Wurzeln  einer  höheren  Kongruenz.  393 


2  *+&<+»■"' o=°  (™dp)> 


T 

d.  h.  die  p  —  1  Zahlen: 

lmQ  -{-  i.  m0  ,  "  •  l  mp-i  +  *  wfy-2 

ergeben  ebenfalls  eine  Lösung,  und  das  entsprechende  ist  der  Fall; 
wenn  die  Kongruenzen  (2)  drei  oder  mehr  Lösungen  haben. 

So  besitzt  ein  solches  System  linearer  homogener  Kongruenzen 
im  allgemeinen  sehr  viele  inkongruente  Lösungen,  welche  man  aber 
alle  auf  die  soeben  angedeutete  Art  aus  einer  kleinen  Anzahl  von 
ihnen  zusammensetzen  kann.     Ein  System  von  s  solchen  Lösungen: 

m0',   »*/,   Wp'_2 

(*)          (*)  (*) 

»i»    m\>     mp-2 

der  Kongruenzen  (2)  heifst  lin&ar  unabhängig,  wenn  keine  unter  ihnen 
durch  die  s  —  1  anderen  in  der  eben  angegebenen  Weise  linear  und 
homogen  dargestellt  werden  kann,  oder,  was  offenbar  dasselbe  ist, 
wenn  man  nicht  imstande  ist,  s  nicht  sämtlich  durch  p  teilbare  Zahlen 
(i9  n",  -  •  •  pW  so  zu  bestimmen,  dafs  die  p  —  1  Kongruenzen 

(4)  p'm/  +  ii"mk"  H h  p^m®  =  0     (mod  p)      c*=m.-p-») 

sämtlich  erfüllt  sind.  Kann  man  nämlich  die  Zahlen  p®  so  wählen, 
und  ist  etwa  fi(*>  durch  p  nicht  teilbar,  so  ergiebt  sich  ja  aus  (4): 

< = -  (Ä-  < + S  **"+••■ + ^  w*'_1))  (mod  p) ' 

(*  =  0,l,-p-S) 

d.  h.  die  ste  Lösung  unserer  Kongruenzen  ist  linear  und  homogen  durch 
die  (s  —  1)  ersten  darstellbar. 

Aus  den  Elementarsätzen  der  Determinantentheorie  geht  hervor, 
dafs  die  s  Lösungen  (3)  dann  und  nur  dann  linear  unabhängig  sind, 
wenn  nicht  alle  Determinanten  ster  Ordnung  durch  p  teilbar  sind, 
welche  man  aus  dem  System  (w^j  in  (3)  bilden  kann.  Ist  nämlich 
auch  nur  eine  unter  diesen,  etwa  die  erste: 

nicht  durch  p  teilbar,  so  können  schon  die  s  ersten  Kongruenzen  von 
(4)  nur  bestehen,  wenn  alle  s  Zahlen  ft(A)  kongruent  Null  sind,  d.  h. 
jene  s  Lösungen  sind  sicher  linear  unabhängig-,  sind  dagegen  alle  jene 
Determinanten  steTt  Ordnung  durch  p  teilbar,  so  kann  man  bekanntlich 


394  Achtundzwanzigste  Vorlesung. 

(i9  (i",  •  •  •  fiw  stets  den  Kongruenzen  (4)  gemäfs  bestimmen,  da  sie 
alle  eine  notwendige  Folge  von  (s  —  1)  unter  ihnen  sind,  welche  ihrer- 
seits durch  die  s  Gröfsen  fi(A)  offenbar  stets  befriedigt  werden  können. 

Hieraus  folgt  schon,  dafs  jedes  System  linearer  homogener  Kon- 
gruenzen höchstens  so  viele  linear  unabhängige  Lösungen  besitzen 
kann,  als  die  Anzahl  ihrer  Unbekannten  beträgt,  und  ferner,  dafs  die 
Anzahl  der  linear  unabhängigen  Lösungen  eines  solchen  Systemes  ein 
für  alle  Male  bestimmt  und  unabhängig  davon  ist,  wie  diese  unab- 
hängigen Lösungen  ausgewählt  werden. 

Es  sei  nun  s  die  Anzahl  aller  linear  unabhängigen  Lösungen  der 
linearen  Kongruenzen  (2)  und  es  sei  (3)  ein  solches  vollständiges  System 
unabhängiger  Lösungen,  so  dafs  dann  aus  diesen  jede  andere  Lösung 
(6o>  £i>  '  "  ■  5p— i)  von  (2)  linear  und  homogen,  d.  h.  in  der  Form: 

dargestellt  werden  kann.  Wir  beweisen  dann  die  Richtigkeit  des  fol- 
genden allgemeinen  Satzes: 

Die  Kongruenz: 
(5)  f(pc)~0    (modp) 

besitzt  genau  5  inkongruente  durch  p  nicht  teilbare  Wurzeln, 
wenn  das  zugehörige  lineare  Kongruenzensystem: 


p  —  2 


(6)  j£  c. + k  lk  --i   0     (mod  p)  («-o,  i,  •  •  p-s) 

genau  s  linear  unabhängige  Lösungen  hat. 
Wir  beweisen  diesen  wichtigen  Satz  folgen dermafsen:  Es  sei 

irgend  eine  der  s  unabhängigen  Lösungen  (3)  der  Kongruenzen  (2),  so 

dafs  also: 

P-* 

ist,  und  |  bedeute  eine  beliebige  Einheit  modulo  p.  Multipliziert  man 
dann  wieder  allgemein  die  i*e  dieser  Kongruenzen  mit  £'  und  addiert 
dann  alle,  so  erhält  man  genau  wie  in  (7)  des  vorigen  Paragraphen 

m)  «>  +  <>  r1  +  •  •  •  +  «•» ,  r*-*)  =  o  (mod ji)  5 

für  jede  Einheit  j;  mufs  also  entweder  der  eine  oder  der  andere  von 
diesen  beiden  Faktoren  durch  p  teilbar  sein.     Es  seien  nun: 

(6a)  Ix,  £»,  •••!, 


§  2.   Die  unabhängigen  Lösungen  eines  linearen  Kongruenzensystemes.    395 

diejenigen  Einheiten  modulo  p}  welche  die  Kongruenz  (1)  nicht  be- 
friedigen, dann  müssen  also  für  jede  von  ihnen  die  s  Kongruenzen 

(7)  2w^"^°  (mod*) 

für  ä  =  1,  2,  •  •  •  s  bestehen.  Es  seien  nun  (i,  fi",  •  •  •  ji^  zunächst 
beliebige  Zahlen;  multipliziert  man  dann  allgemein  die  Ato  dieser  Kon- 
gruenzen (7)  mit  ft(A)  und  addiert  alle,  so  ergiebt  sich  die  eine  Kon- 
gruenz: 

cn  2  SV-Pr *- 1»  +  *_,r * + •  •  • + ».^r"-'^  (mod,), 

wo  zur  Abkürzung; 

gesetzt  ist.  Man  kann  die  s  ganzen  Zahlen  fi(A)  stets  so  bestimmen, 
dafs  auf  der  linken  Seite  von  (7a)  die  s — 1  letzten  Koefficienten  modulo  p 
yersch winden,  während  die  übrig  bleibenden  p  —  s  ersten  Koefficienten 
ko,  A—i,  -  -  •  A_(p__,_i)  nicht  alle  durch  p  teilbar  sind;  in  der  That  er- 
giebt die  erste  Bedingung  nur  s  —  1  lineare  homogene  Kongruenzen 
für  die  s  Unbekannten  fi(A>,  welchen  stets  durch  nicht  sämtlich  yer- 
sch windende  Werte  yj}  \l"}  •  •  •  fi(,)  genügt  werden  kann;  wären  aber  für 
diese  auch  die  p  —  s  ersten  Koefficienten  A0,  A_i,  •  •  •  sämtlich  gleich 
Null,  so  wäre  das  System  (3)  der  Lösungen  w(A)  entgegen  der  oben 
gemachten  Voraussetzung  nicht  linear  unabhängig. 

Denken  wir  uns  also  die  Gröfsen  fi  so  bestimmt,  und  multipli- 
zieren wir  dann,  um  die  negativen  Potenzen  von  £  fortzuschaffen,  die 
Kongruenz  (5)  noch  mit  If  *,  so  folgt,  dafs  jede  der  t  inkongruenten 
Einheiten  %x,  •  •  •  £,  in  (6Ä)  notwendig  der  einen  Kongruenz: 

*.?"'" '  +  L.i¥ '  +  ■  •  •  +  A-(P ,)   i-  0     (mod  p) 

genügen  mufs,  deren  Grad  gleich  oder  kleiner  als  p  —  s  —  1  ist,  und 
deren  Koefficienten  k.  nicht  sämtlich  modulo  p  verschwinden.  Also 
kann  die  Anzahl  t  dieser  Einheiten  höchstens  gleich  p —  1  —  s  sein; 
demnach  ist  die  Anzahl  der  übrigen  Einheiten,  d.  h.  die  Anzahl  aller 
Wurzeln  der  Kongruenz  /"(g)  =~  0  (mod  p),  gleich  oder  gröfser  als  5. 
Endlich  beweist  man  aber  leicht,  dafs  jene  Anzahl  sicher  auch 
nicht  gröfser  als  s  sein  kann.     In  der  That,  seien  jetzt: 

alle  modulo  p  inkongruenten  Einheiten,  welche  Wurzeln  der  vorgelegten 


396 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 


Kongruenz  (1)  sind ,  dann  genügt,  wie  a.  S.  390  (4a)  bewiesen  wurde, 
jede  von  ihnen  den  p  —  1  Kongruenzen: 


2  *<+***  —  °     (modP) 


d.  h.  es  sind  die  Potenzen: 


**  «l?  »i>  ' ' "  §i 


r« 


p-2 


*?     »2>    »3>  « 


p-2 
2 


(/=0,1,        f-2), 


6  spezielle  Lösungen  der  (p —  1)  linearen  Kongruenzen: 
(8)  2ei+t**-~°    (modP>' 

k 

dieselben   sind   aber  auch  sicher  linear  unabhängig,    denn   schon  ihre 
erste  Determinante  tfter  Ordnung: 


o  —  \ 


a  —  1 
2 


a  —  1 


ist    durch  p   nicht   teilbar,    da  sie,    abgesehen   vom  Vorzeichen,   dem 
Differenzenprodukt : 


n  a,  -  u 


(j7,A  =  lf2,--o) 


g<  h 


der  ö  inkongruenten  Zahlen  |t,  •  •  •  i,a  gleich  ist.  Da  aber  die  Anzahl 
aller  linear  unabhängigen  Lösungen  der  Kongruenzen  (8)  n.  d.  V.  gleich 
s  ist,  so  kann  die  Anzahl  6  der  Kongruenzwurzeln  von  (1)  sicher  nicht 
gröfser  als  s  sein;  sie  ist  daher  genau  gleich  s,  d.  h.  unser  Theorem 
ist  vollständig  bewiesen. 


§3. 

Aus  den  Betrachtungen  des  vorigen  Abschnittes  hat  sich  ergeben, 
dafs  die  Anzahl  der  ganzzahligen  Lösungen  einer  Kongruenz  modulo  p 
identisch  ist  mit  der  Anzahl  der  linear  unabhängigen  Lösungen  eines 
speziellen  Systemes  linearer  homogener  Kongruenzen.  Wir  werden  so 
zu  dem  ganz   allgemeinen  und  rein  arithmetischen  Probleme  geführt, 


§  8.   Der  Hang  der  Systeme.  397 

ein  beliebiges  System  linearer  homogener  Kongruenzen  aufzulösen, 
d.  h.  seine  linear  unabhängigen  Lösungen  vollständig  anzugeben ,  denn 
aus  ihnen  kann  ja  jede  andere  Lösung  auf  einfache  Weise  zusammen- 
gesetzt werden.  Wörtlich  dieselbe  Frage  tritt  bei  der  vollständigen 
Auflösung  linearer  homogener  Gleichungen  auf,  und  ihre  allgemeine 
Lösung  ist  eine  der  schönsten  Anwendungen  der  Theorie  der  Modul- 
systeme. Wir  wollen  die  Untersuchung  mit  Hülfe  dieser  Theorie  so 
führen,  dafs  ihre  Resultate  sowohl  für  Gleichungen  als  für  Kongruenzen 
benutzt  werden  können. 
Es  seien: 

Vi  =  auxi  +  ai*xi  ~\ h  auxt 

m  %  =  "21*1  +  «22*2  H h  <*itXt 

y.  =  ö.i*i  +  a,2*2  H h  a*txt 

$  lineare  homogene  Funktionen  der  t  Variablen  xn  xif  •  •  •  xr  Wir 
stellen  uns  zunächst  die  Aufgabe,  alle  Lösungen  (xl}  x2,  •  ■  •  xt)  der 
s  homogenen  linearen  Gleichungen: 

(2)  y,  =  0,    y,  =  0,     •••    y.  =  0 

anzugeben. 

Wir  bilden  zu  diesem  Zwecke  aus  den  st  Koefficienten  aik  das 
zugehörige  rechteckige  System  oder  die  sog.  Matrix: 

aiu  ai2>  "  '  a 

(3)  (O—  I      ;  I  (w-J' 

und  wir  betrachten  zuerst  das  System  aller  Determinanten  erster  Ord- 
nung, dann  das  System  aller  Determinanten  zweiter,  dritter,  .  .  .  Ord- 
nung, welche  man  aus  der  Matrix  (a#jt)  durch  Weglassung  gewisser 
Zeilen  und  Kolonnen  bilden  kann.  Ist  z.  B.  /<,s,  so  sind  die  Deter- 
minanten der  /ten  Ordnung  die  letzten,  welche  aus  jener  Matrix  gebildet 
werden  können,  indem  man  in  ihr  jedesmal  irgend  welche  s  —  t 
Zeilen  fortläfst  und  die  übrigbleibenden  t  Zeilen  zu  einer  Determinante 
tteT  Ordnung  vereinigt. 

Es  seien  nun  die  Determinanten  rter  Ordnung  nicht  sämtlich  gleich 
Null,  während  alle  Determinanten  (r  +  l)ter  Ordnung  verschwinden, 
welche  man  aus  der  Matrix  (aljt)  bilden  kann.  Dann  sagen  wir,  das 
System  (aa)  ist  vom  Bange  r.  Man  erkennt  leicht  auf  induktivem 
Wege,  dafs  dann  nicht  blofs  die  Determinanten  der  (V  +  l)lei,  sondern 


398 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 


auch  alle  diejenigen  von  höherer  Ordnung  verschwinden.  Sind  nämlich 
etwa  alle  Determinanten  der  <ytol  Ordnung  von  (aik)  Null  und  ent- 
wickelt man  irgend  eine  Determinante  der  (ö  -f-  l)ten  Ordnung,  etwa 
die  erste:  , 

ßll>  Uli}  '  '  '   01,0-fl 

! 
«21,  <*it>  '  "  '    #2,0-4-1 


nach  den  Elementen  der  ersten  Zeile,  so  ergiebt  sich  ja: 

«ii  Ai  +  fliaA*  +  •  ■  •  +  «io-f  iAa+i, 
wo  An  A,,  *  •  •  Aff 4.1  Determinanten  ö*6'  Ordnung  von  (alt),  also  n.  d.  V. 
sämtlich   gleich  Null  sind,  und  hierdurch  ist  unsere  Behauptung  voll- 
ständig bewiesen. 

Ist  ferner  das  System  (aik)  vom  Range  r  und  transformiert  man 
dasselbe  in  ein  anderes,  (a!*),  indem  man  entweder  die  Elemente  einer 
Reihe  (Zeile  oder  Kolonne)  mit  einer  nicht  verschwindenden  Konstanten 
multipliziert,  oder  zu  einer  Reihe  ein  beliebiges  Multiplum  einer 
Parallelreihe  hinzufügt,  oder  endlich  mehrere  von  diesen  Operationen 
nach  einander  ausfährt,  so  ist  das  System  (a'ik)  von  gleichem  Range. 
Der  sehr  einfache  Beweis  dieses  wichtigen  Determinantensatzes  beruht 
einmal  darauf,  dafs  durch  die  gleichen  Transformationen  offenbar  auch 
umgekehrt  das  System  (a',k)  in  (aik)  übergeführt  werden  kann,  zweitens 
auf  der  Thatsache,  dafs  jede  Determinante  D/  einer  beliebigen  ste  *  Ord- 
nung von  (a'ik)  als  homogene  lineare  Funktion  aller  Determinanten 
derselben  Ordnung  von  (aik)  dargestellt  werden  kann,  dafs  daher  also 
alle  Determinanten  DJ  verschwinden,  sobald  alle  Determinanten  Dt 
Null  sind,  und  umgekehrt. 

Es  sei  nun  das  System  (aik)  vom  Range  r;  dann  können  und 
wollen  wir  uns  einmal  die  Variablen  x19  •  •  •  xt  und  zweitens  die  linearen 
Funktionen  yly  •  •  •  yt  von  vorn  herein  so  bezeichnet  denken,  dafs 
speziell  die  erste  jener  Determinanten  rter  Ordnung: 


W 


7)w  = 


a 


11; 


a 


lr 


a 


rl> 


a 


rr 


eine    von  denen  ist,  welche  nicht  Null  ist.     Dann   wollen  wir  nach- 
weisen, dafs  die  (s  —  r)  letzten  Gleichungen 

(5)  (*+i  =  0,  •  •  •  y,  =  0) 

eine  notwendige  Folge  der  r  ersten 

(5»)  (y1  =  0,  •••yr-0)   ' 


§  3.   Lineare  Gleichungen  vom  Range  r.  399 

sind,  dafs  also  die  vollständige  Auflösung  des  ganzen  Systemes  (2) 
durch  die  Untersuchung  seiner  r  ersten  Gleichungen  vollständig  er- 
setzt wird. 

Diese   letzte  Aufgabe   kann   aber   leicht   gelöst   werden.     In   der 
That  sei 


(6) 


all?    •  '  •    alr 


M  « .    •  •  •    CC    / 


das  System  der  zu  der  Determinante  (4)  gehörigen  Unterdeterminanten 
(r —  l)tor  Ordnung,  so  dafs  allgemein: 

(6-)  2*n*it-*kkW  u*-m** 

ist.    Schreibt  man  nun  jene  r  ersten  Gleichungen  (yh  =  0)  in  der  Form: 

r  t 

'2<>ikXk=—'2ailXl  ('-LI,'"'), 

*  =  1  /=*+l 

multipliziert  dann  allgemein  die  ite  derselben  mit  ahi  und  addiert  alle 
jene  Gleichungen,  so  folgt: 

I,  *  i,  l 

Beachtet  man  also  die  Gleichungen  (6*)  und  setzt  aufserdem  die  De- 
terminanten rtor  Ordnung: 

(ßb)  2 **••  *■■« = ~~ Ä»»  C-*+ 1.  •  ■  •  3 

so  ergeben  sich  die  r  Gleichungen: 

i 

(7)  D(r)Xh=2  ^hlXl>  (A=l,2,        r) 

welche  die  vollständige  Auflösung  des  ganzen  Gleichungssystemes  (5) 
enthält;  von  den  t  Unbekannten  xlf  •  •  •  xt  bestimmen  sich  also  r  als 
homogene  lineare  Funktionen  der  t  —  r  übrigen  (av+i,  •  •  •  %t),  welche 
ihrerseits  ganz  beliebig  angenommen  werden  können. 

Wir  wollen  jetzt  unter  Benutzung  der  Theorie  der  Divisoren- 
systeme direkt  nachweisen,  dafs  das  Gleichungssystem  (7)  dem  ur- 
sprünglichen  in  Nr.  (2)  absolut  äquivalent  ist,   falls  die  Determinante 

D(r)  ^  0  ist,  aber  alle  Determinanten  (r  +  l)ter  Ordnung  verschwinden. 

Zu  diesem  Zwecke  entwickele  ich  irgend  eine  der  s  Determinanten 
(r  -f  l)ter  Ordnung: 


400 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 


(8) 


A,= 


Vi,  <* 


11?    ö12> 


a 


lr 


Ulf    a*l>    a%2>    '—    a2 


yr>    arl>    <*r2>   '"    an 

y»  «a»  au,  •  •  •  ai, 


(i=l,2,-     •) 


auf  zwei  verschiedene  Arten:  Schreibt  man  zunächst  für  die  yk  die 
linearen  Funktionen  in  x  und  entwickelt  dann,  so  wird  diese  Determi- 
nante, da  die  xk  nur  in  der  ersten  Kolonne  und  zwar  homogen  und 
linear  auftreten,  selbst  eine  homogene  lineare  Funktion  von  xl9  •••  xn 
d.  h.  es  ist: 
(8-)  Al-Ci"*1  +  C40«t  +  ...  +  C|',*J,       . 

deren  Koefficienten  &k  offenbar  gewisse  Determinanten  (#•  -f-  l)ter  Ord- 
nung des  Systemes  (aik)  sind,  denn  setzt  man  in  jener  Determinante  (8) 
ein  xk  =  1  und  alle  anderen  xh  =  0,  so  ergiebt  sich  ja: 


C?  = 


atk7    ailf 


aik)    ail7 


'lr 


a 


rr 


air 


Jede  solche  Determinante  A,  verschwindet  also  wegen  (8a)  sicher  für 
ein  Modulsystem  (Z^  1},  D^  ,  •  •  •),  dessen  Elemente  die  sämtlichen 
Determinanten  (r  +  l)teT  Ordnung  des  Systemes  (aik)  sind. 

Entwickeln    wir    jene    Determinante    zweitens    nach    ihrer    ersten 
Kolonne,  so  wird  sie  gleich: 

(8»)  A,  =  yxDu  +  ytDt,  +  ■■■  +  yrDri  +  j,,7)w , 

wo  die  Koefficienten  7)j .,  D2/,  •  •  •  Dri  gewisse  Determinanten  rtor  Ordnung 
der  Matrix  (aik)  sind,  und  D(r)  wieder  jene  erste  Unterdeterminante  der- 
selben Ordnung  in  (4)  bedeutet.  Da  aber  diese  lineare  Funktion  (8b) 
das  Modulsystem  lD^  \  •  •  •)  enthält,  so  folgt,  dafs  für  ihr  letztes 
Glied  D    yi  die  Kongruenz  besteht: 

(8")  D(r)&  =  0    moddfo,  yt,  ■■■  y„  (D(r+,)))       </=!.»,•■  •). 

wo  das  eine  Element  (7)  +1))  "das  System  aller  jener  Unterdetermi- 
nanten (r  +  IVer  Ordnung  vertreten  soll. 

Bedeutet  wieder  (aA/)  das  System  aller  Unterdeterrainanten  (r  —  1  )1er 
Ordnung  von  D{r\  so  folgt  aus  den  Gleichungen  (tia): 


(9) 


V 


_  V 


>(<-> 


iW 


A,r/=i 


y 


§  3.   Lineare  Gleichungen  vom  Range  r.  401 

zweitens  ist  nach  (6a): 

r  r         /    r  *  \ 

(9»)  f«l  9  =  1  A  =  l  J=r+1 


r 


wo  die  j4aj  wieder  die  in  (6b)  angegebene  Bedeutung  haben.  Sub- 
stituiert man  also  die  in  (9*)  gefundenen  Werte  der  ^akgyg  in  (9), 
so  ergiebt  sich  die  zweite  Fundamentalkongruenz: 


(r)„    — 


(10)  ZTy.  =  0    modd 


/=r-fl 


(*-l,       r) 


und  aus  (9a)  folgt  direkt: 

(10*)  D{r)xk  —  ^Äklxt  =  0     modd  (ylf  y%,  . .  -  yr). 

Aus  den  Kongruenzen  (8b),  (10)  und  (10a)  kann  nun  das  gesuchte 
Resultat  leicht  abgeleitet  werden.  Zu  diesem  Zwecke  multiplizieren 
wir  erstens  die  Kongruenzen  (8b)  und  ihren  Modul  mit  L r*  und  ersetzen 
dann  den  Modul 

durch  den  anderen: 

welcher  wegen  (10)  ein  Divisor  des  vorigen  ist;  zweitens  fügen  wir 
zu  dem  Modulsysteme  in  (10*)  die  Elemente  yr ,  v  •  •  •  ya?  D^l\  •  •  • 
hinzu.     Dann  erhalten  wir  die  beiden  Kongruenzen: 

(11)     (D(r)yyi~0    modd  {Dir)xk  —  ^Aklxl}  Bf+1),  .-•),  «=i, ■••-) 

(11»)     lPxk-^Aitxt  =  0    moddjjf,,  Ä,  •  •  •  j,,;  Z><r+1>,  •••}, 

welche  aussagen ,  dafs  die  Gröfsen  auf  der  linken  Seite  der  Kon- 
gruenzen identisch  gleich  homogenen  linearen  Funktionen  der  Ele- 
mente der  Modulsysteme  mit  ganzen  ganzzahligen  Koefficienten  dar- 
stellbar sind. 

Ist  nun  das  System  (aik)  vom  Range  r,  sind  also  alle  Determi- 
nanten D(r+1)  gleich  Null,  und  D(r)  <  0,  so  folgt  aus  den  Kongruenzen 
(11),  dafs  die  s  Funktionen  y,  verschwinden,  wenn  die  xk  den  Glei- 
chungen 

Krooecker,  Zahlentheorie.   I.  26 


402  Achtundzwanzigste  Vorlesung. 

(12)  D{r)xt*=2Ļx'  (*=iA -0 

l 

genügen,  aus  den  Kongruenzen  (11*)  dagegen  ergiebt  sich  umgekehrt, 
dafs  aus  dem  Bestehen  der  Gleichungen  yx  =  0  notwendig  die  r  Glei- 
chungen (12)  folgen;  jene  beiden  Gleichungssysteme  sind  also  in  der 
That  äquivalent. 

Schreibt  man  die  Gleichungen  (12)  in  der  Form: 


=  A'    ,  ,x  .-  +  •••  +  A'x. 

r  r,  r-f-1     »"-f-1     '  '  rt     t 


X 


X     ■  ,    — —  X     i  4 


jLs  ~—"    '  X* 


oder  einfacher  geschrieben: 

t 

x{  =  ^  An  xx  (» =»i,  *, 


r) 


ei» 


t 

*t-2*U*,  <*=H-i....0, 


man 


ls=r+l 

wo   zur  Abkürzung  allgemein  -—  ==  Äit  gesetzt  ist,  so  erkennt 

leicht,  dafs  die  Anzahl  der  linear  unabhängigen  Lösungen  unseres 
Gleichungssystemes  genau  gleich  t  —  r  ist.  Setzt  man  nämlich  auf 
der  rechten  Seite  jener  Gleichungen  alle  willkürlich  anzunehmenden 
Gröfsen  xr+\}  %r+ 2,  •  •  -  %t  gleich  Null,  mit  Ausnahme  einer  einzigen 
xx,  welche  gleich  Eins  angenommen  wird,  setzt  man  also  allgemein: 

so  ergeben  sich  für  A  =  r  -|-  1,  -- 1  t  —  r  Lösungssysteme  u£  ,  •  •  •  £)  j : 

(14) 

welche    offenbar   linear   unabhängig   sind,   denn   die   aus  den.  (t  —  rf 
Elementen  {£    gebildete  Determinante    i£ )    =    d kX  j  hat  den  Wert  Eins. 
Jede   andere  Lösung  (13)    ist  aber  durch  diese  t  —  r   speziellen 
Lösungen  homogen  und  linear  darstellbar;  denn  sind: 

Xx  =  pW  (X=r+l,---t) 


§  3.  Lineare  Kongruenzen  vom  Range  r.  403 

diejenigen  Werte  der  Gröfsen  {xr+i}  •  •  •  xt)9  welche  irgend  einer 
Lösung  entsprechen,  so  folgt  ja  aus  (13)  und  (14)  für  diese  Lösung 
die  Darstellung: 


und  hierdurch  ist  unsere  Behauptung  vollständig  erwiesen.    Es  ergiebt 
sich  so  der  folgende  wichtige  Satz: 

Ist  das  Koefficientensystem  (a9k)  eines  Systems  von  linearen 
homogenen  Gleichungen  mit  t  Unbekannten  vom  Range  r,  so 
besitzt  dasselbe  genau  t  —  r  linear  unabhängige  Lösungen. 

Aus  den  Fundamentalkongruenzen  (11)  und  (lla)  können  wir  aber 

ohne  weiteres  ein  sehr  viel  allgemeineres  Resultat  herleiten.    Es  mögen 

die  Elemente  aik  ganze  Gröfsen  eines  beliebigen  Rationalitätsbereiches 

sein,  und  es  sei 

P  =  (M,M',  •••) 

ein  beliebiges  Primmodulsystem   desselben  Bereiches  von  irgend  einer 

Stufe.     Dann  bleiben  die  Kongruenzen  (11)  und  (11*)  bestehen,  wenn 

man  den  Elementen  ihrer  Moduln  noch  das  Modulsystem  P  hinzufügt, 

da  die  so  entstehenden  Divisorensysteme  Teiler  der  vorigen  sind.    Wir 

sagen   nun,  das    System    (aik)  ist  modulo  P  vom  Range  r,  wenn  alle 

Determinanten  (r  -f-  l)toT  Ordnung  -D(tr+1),  •  •  •   P     enthalten,    während 

mindestens  eine  Determinante  r*6*  Ordnung,   etwa  D     durch    P  nicht 

teilbar   ist.     Sieht  man  dann  von  Teilern  höherer  Stufen  ab,  so  folgt 

aus  jenen  beiden  Kongruenzsystemen,  dafs  die  vollständige  Lösung  der 

Kongruenzen: 

y{  =  0     (mod  P)  0= i,  *,■••#> 

durch  die  Kongruenzen: 

D{r)  xk  =  ^  Ahl  xl    (mod  P)  (*= i,  *,  •  •  r) 

gegeben  wird. 

Sind  die  aik  speziell  ganze  Zahlen  und  P  =  p  eine  Primzahl,  so 
kommen  wir  auf  den  oben  behandelten  Fall  der  ganzzahligen  Kon- 
gruenzen für  einen  Primzahlmodul  zurück. 

Für  ein  solches  System  linearer  Kongruenzen  modulo  p  gelten 
also  wörtlich  die  vorher  für  Gleichungen  gefundenen  Sätze.  Ver- 
binden wir  nun  den  a.  S.  394  abgeleiteten  Satz  mit  dem  oben  gefun- 
denen Theorem,  so  ergiebt  sich  das  folgende  wichtige  Resultat,  durch 

26* 


404 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 


welches  die  Frage  nach  der  Anzahl  der  Wurzeln  einer  gegebenen  Kon- 
gruenz höheren  Grades  vollständig  gelöst  wird. 

Eine  Kongruenz: 


/*(*)  —  <b  +  *i<H b  CP-**? 


—  8 


0     (mod  p) 


besitzt  genau  s  modulo  p  inkongruente  durch  p  nicht  teilbare 
Wurzeln,  wenn  die  aus  den  Koefficienten  gebildete  Matrix  der 
0  —  l)ton  Ordnung: 


(<«+*)- 


°3>  cli 


Cp-i 


ycp-2f    C0,    Clt    •  •  •    Cpsß 

vom  Range  p  —  1  —  s  ist. 

Ein    spezieller  Fall    dieses  Theorems   ist  der  im  §  1   bewiesene  Satz, 
welcher  sich  für  $  =  1  ergiebt. 


§4. 

Man  kann  die  Frage  nach  der  Anzahl  der  Wurzeln  einer  Kon- 
gruenz 

(1)  /■(*)  =  <>    (modp) 

noch  in  einer  anderen  Weise  behandeln:  Sind  nämlich  wieder 
I17  fe>  '*'  I*  die  modulo  p  inkongruenten  Einheiten,  welche  (1)  ge- 
nügen, und  ist: 

(2)  6(x)  =  (*  -  fe)  (*  -  |x)  •  •  •  (*  -  |.) 

das  Produkt  der  zugehörigen  Linearfaktoren,  so  ist  0(x)  offenbar  der 
gröfste  gemeinsame  Teiler,  den  die  beiden  Funktionen  f(x)  und 

(3)  g(x)  =  o?-1—  1  =  0  —  1)  (x  —  2)  •  •  •  (x  —  ip—1))     (modp) 

modulo  p  mit  einander  haben,  d.  h.  es  ist: 

(p,  f(x),  a*~l  —  l)~(jp,  0(x)). 

Bringt  man  also  nach  der  a.  S.  195flgde.  angegebenen  Methode  das 
links  stehende  Modulsystem  auf  seine  reduzierte  Form  (p,  0(x))f  so 
giebt  der  Grad  dieser  Funktion  unmittelbar  die  gesuchte  Anzahl  s. 

Man  kann  aber  auch,  und  das  ist  hier  das  Wesentliche,  diese  That- 
sache  zu  einer  anderen  Herleitung  der  Anzahl  s  benutzen.  Zu  diesem 
Zwecke  betrachten  wir  eine  beliebige  „echt  gebrochene"  Funktion  von  x: 


(4)  C(x)  = 


§  4.  Die  rekurrierenden  Reihen.  405 


K  +  *!*+ +  M 


» ' 


d.  h.  eine  solche,  bei  der  der  Grad  des  Nenners  gröfser  ist,  als  der  des 
Zählers.     Eine  solche  Funktion  kann  bekanntlich  in  eine  Reihe 

OD 

±=0 

entwickelt  werden,  welche  in  der  Umgebung  der  Stelle  x  =  cx>,  d.  h. 
für  grofse  Werte  von  x  gleichmäfsig  konvergiert.  Die  Werte  der  Ent- 
wickelung8koefficienten  c_k  bestimmen   sich  leicht  aus  der  Gleichung: 

n  —  1  n  oo 

2a**,={2h»*)(2c->-^k-1) 

(5)  •  °  ° 

n  oo 

=22h»c-*-^-k~l> 

welche  sich  aus  (4)  und  (4a)  durch  Gleichsetzen  ergiebt.     Setzt  man 

hier: 

h  —  k  —  1  =  —  m, 

so  durchläuft  m  alle  Werte  von  — (n — 1)  bis  +  oo;  setzt  man 
ferner  für  ein  festes  m: 

so  geht  die  Gleichung  (5)  über  in: 

H  —  1  -f-00 

(5*)  S^^JE0-^'*' 

1  -(n-l) 

und  durch  Koefficientenvergleichung  ergiebt  sich,  dafs  für  die  n  ersten 

negativen  Werte  von  m: 

Cg  =  ag}  (9  =  *,  i,-     n-l) 

für  alle  folgenden  positiven  Werte  von  tu  (7_m  =  0  sein  mufs.  Man 
erhalt  daher  zur  Bestimmung  der  n  Anfangsglieder  c_i,  •••  c_„  die 
Gleichungen: 

<?„_,- ft.c,  =  «„_, 

(6)    : 


406  Achtundzwanzigste  Vorlesung. 

während  von  den  folgenden  Gleichungen: 

(6»)        C      =bnc(.,4-b     xc  ,     ...H h*oc«  =  ° 

V      /  — m  *    — {H-f-m)     '        n  —  1    — (n —  1-f-m)     '  ■        0    — m 

jede  einen  Koefficienten  c_,  .  .  durch  die  n  vorhergehenden  auszu- 
drücken gestattet.  Die  successive  Auflösung  dieser  Gleichungen  er- 
giebt  der  Reihe  nach: 

C-i—     bn    >       C-*~  6° 


»  ~n 


und  man  erkennt  leicht,  dafs  jeder  der  Entwickelungskoefficienten  c_. 
gleich  einer  ganzen  ganzzahligen  Funktion  der  agJ  bh,  dividiert  durch 
eine  Potenz  von  bn,  ist;  ebenso  leicht  folgt  auf  induktivem  Wege,  dafs 
jeder  der  Zähler  eine  homogene  lineare  Funktion  der  Koefficienten 
ao>  ai>  ' '  '  an—\  des  Zählers  ist.  Man  erkennt  so,  dafs  von  den  Glie- 
dern der  unendlichen  Reihe  (4a),  welche  den  rationalen  echten  Bruch 
(4)  darstellt,  immer  je  (n  +  1)  auf  einander  folgende  Koefficienten 
durch  eine  und  dieselbe  homogene  lineare  Relation  (6a)  verbunden  sind. 
Eine  solche  Potenzreihe  nennt  man  daher  eine  „rekurrierende  Reihe". 
Schon  Euler,  der  sich  wohl  zuerst  mit  ihnen  beschäftigt  hat, 
bewies,  in  seiner  „Introductio  in  analysin  infinitorum",  dafs  jeder 
rationale  echte  Bruch  in  eine  solche  rekurrierende  Reihe  entwickelt 
werden  kann,  aber  er  zeigte  auch  umgekehrt,  dafs  jede  rekurrierende 
Reihe  einen  rationalen  echten  Bruch  darstellt,  dafs  also  diese  Eigen- 
schaft charakteristisch  für  die  rationalen  Brüche  ist.  In  der  That,  ist 
die  Reihe 


OD 


C(x)=J>Jc-i3r-i 


-2 

*  =  1 

eine  rekurrierende,  ist  ferner  für  jedes  m: 

n     ■ 

(7)  2b'e-i*+»-° 

eine  rekurrierende  Gleichung,  welche  zwischen  je  n  -f-  1  aufeinander 
folgenden  Entwickelungskoefficienten  c_i,  e_2,  •  •  •  besteht,  und  mul- 
tipliziert man  jene  Reihe  mit  der  ganzen  Funktion: 

so  folgt  eben  aus  den  Gleichungen  (7),  dafs  jenes  Produkt  gar  keine 
negativen  Potenzen  mehr  enthält,  also  eine  ganze  Funktion 

ao  +  ai x  H V  «»-i  ^n_1 

ist,  und  hiermit  ist  unsere  Behauptung  vollständig  bewiesen.  Man  er- 
kennt aber  weiter,  dafs  von  jenen  Koefficienten   dann   und  nur  dann 


§  4.  Die  Ordnung  der  rekurrierenden  Reihen.  407 

immer  je  (n  -f-  1)  und  keine  kleinere  Anzahl  durch  eine  und  dieselbe 
Gleichung  mit  einander  verbünden  sind,  wenn  diese  Reihe  einen  redu- 
zierten echten  Bruch  darstellt,  dessen  Nenner  vom  nten  Grade  ist,  d.  h. 
einen  solchen  Bruch,  dessen  Zähler  und  Nenner  keinen  gemeinsamen 
Teiler  mehr  besitzen;  denn  anderenfalls  wäre  ja  jener  Bruch  identisch 
gleich  einem  reduzierten  echten  Bruche  mit  einem  Nenner  von  einem 
niedrigeren  Grade  vf  d.  h.  es  müfste  schon  zwischen  je  (y  -j-  1)  Ent- 
wickelungskoefficienten  eine  und  dieselbe  Relation  bestehen  entgegen 
der  oben  gemachten  Voraussetzung.  Wir  wollen  sagen,  eine  rekur- 
rierende Reihe  besitzt  die  Ordnung  n,  wenn  zwischen  je  (n  +  1)  auf 
einander  folgenden  Eoefficienten  dieselbe  lineare  homogene  Relation 
besteht  und  (n  + 1)  die  kleinste  Anzahl  ist,  für  welche  dies  der  Fall  ist. 
Aus  dieser  letzten  Thatsache  ziehen  wir  jetzt  eine  wichtige  Folge- 
rung: Es  seien  f(x)  und  g(x)  zwei  ganze  Funktionen,  und 

(fix),  g{x))~e(x) 

ihr  gröfster  gemeinsamer  Teiler;  wir  können  und  wollen  im  Folgenden 
beide  Funktionen  von  verschiedenem  Grade  voraussetzen  und  zwar 
wollen  wir  annehmen,  dafs  g(x)  von  höherem  Grade  ist  als  f(x). 
Besäfsen  nämlich  beide  Funktionen  denselben  Grad,  so  können  wir  ja 
von  vorn  herein  f(x)  durch  f(x)  —  Xg(x)  ersetzen  und  die  Eonstante 
X  so  wählen,  dafs  diese  Differenz  von  niedrigerem  Grade  als  g(x)  wird. 
Es  sei  nun: 

f(x)  =  f0(x)d(x),      g(x)=go(x)0(x), 

also  (f0(x),  g0(xj)  ~  1,  und  es  seien  n  und  s  die  Grade  von  f(x)  und 
B(x).     Ist  dann: 

9(P)        9o(x)       *-* 

f(x) 
die  Entwickelung  des  Quotienten  L,  -  nach  fallenden  Potenzen,  so  mufs 

nach    dem    soeben   bewiesenen   Satze    die    rekurrente    Reihe    auf    der 
rechten  Seite  von  der  Ordnung  n  —  s  sein;  es  gilt  also  der  Satz: 

Zwei  Funktionen  f(x)  und  g(x)  besitzen  einen  gröfsten  gemein- 
samen Teiler   vom  Grade  s,  wenn  die  rekurrierende  Reihe,  in 

welche  sich  der  echte  Bruch  ~  -'-  entwickeln  läfst,  von  der  Ord- 

9(*) 

nung   n  —  s   ist,   während   n  den  Grad  des  Nenners  g(x)  be- 
deutet. 


408  Achtiiodzwanzigste  Vorlesung. 

§5. 

Wörtlich  dieselben  Sätze   können  wir  nun  auch  für  den  gröfsten 
gemeinsamen    Teiler    aussprechen,    welchen    zwei    ganze    ganzzahlige  , 
Funktionen  von  x  für  einen  Primzahlmodul  haben.     Es  seien  wieder 

fix)  =  a0  +  axx  H f-  a._i.r— f,    g{x)  =  bQ  +  btx-\ \-buaf 

zwei  solche  Funktionen,  und  es  werde  angenommen,  dafs  der  Koef- 
ficient  bn  der  höchsten  Potenz  von  x  in  g  (x)  nicht  durch  p  teilbar  ist. 
Ist  dann 


OD 


fix)       %ri 


i 


fix) 
die  Entwickelung  des  echten  Bruches  ---,  {  nach  fallenden  Potenzen  Ton 

4  °  g(x) 

x,  so  folgt  aus  den  Bemerkungen  a.  S.  406,  dafs  die  Koefficienten  c_, 
rationale  Brüche  sind;  deren  Nenner  p  nicht  enthalten,  da  dieselben 
nur  Potenzen  von  bn  sind.  Alle  jene  Entwickelungskoefficienten  sind 
also  modulo  p  betrachtet  ganzen  Zahlen  kongruent.  Da  ferner  die 
Zähler  der  Koefficienten  c_,-  homogene  lineare  Funktionen  der  Koef- 
ficienten des  Zählers  f(x)  sind,  so  folgt,  dafs  alle  Entwickelungskoef- 
ficienten durch  p  teilbar  sind,  wenn  f(x)  =  pf(x)  ein  Multiplura  von 
p  ist.  Umgekehrt  ergiebt  sich  aus  den  Gleichungen  (6)  des  §  4,  dafs 
alle  Koefficienten  ak  von  f(x)  durch  p  teilbar  sind,  wenn  dasselbe  für 
alle  Entwickelungskoefficienten  c_,-  vorausgesetzt  wird. 

Es  sei  nun  0  (x)  der  gröfste  gemeinsame  Teiler,  den  f(x)  und  g(x) 
modulo  p  besitzen,  es  sei  also: 

(1)  f(x)=U(x)0{z)+pF{x) 

g(x)  =  g0(x)6(x)+PG(x) 

(/"o(*>,  ftW^)^1- 
Sind  dann: 


OD 


g(x)        ^J     -»  g0(x)         *£J     -• 


fix)  f  (x) 

die  Entwickelungen  der  beiden  Quotienten  ^y-£  und  ^-~~  in  rekurrente 

Reihen,  so  sind  die  Entwickelungskoefficienten  c_  {  und  c^\  modulo  p 
ganzen  Zahlen  kongruent,  und  aus  der  Gleichung: 


^    \^i  <<~i)*  g{x)  gQ(x)  goe+pG 


fix)        fo  (*)  _  fo  0  +  P*'    _  U  _  P(F?o  -GfJ 

9o        9*  9  +  P9o  o 


'o 


§  6.   Die  Ordnung  rekurrierender  Reihen  für  einen  Primzahlmodul.      409 

folgt,  dafs  alle  Differenzen  lc_m{  —  c^A  notwendig  durch  p  teilbar  sein 
müssen.     In  der  That  ist  ja  in  dem  Bruche: 

p(Fg0  -  Gf0) 

g\e  +  pg,G 

auf  der  rechten  Seite  der  Zähler  durch  p  teilbar,  während  der  Koef- 
ficient  der  höchsten  Potenz  von  x  im  Nenner  p  sicher  nicht  enthält, 
da  ja  sonst  entweder  der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  von  g0(x) 
oder  der  von  0(x)  ein  Multiplum  von  p  sein  müfste;  dies  ist  aber 
wegen  der  dritten  Gleichung  von  (1)  unmöglich. 

Sind   also    /,  c_  .  x~ *   und    ^  c{^. x~ '  die  Entwicklungen  eines 

fix)  f  ix) 

Bruches  ~~  und   desjenigen  Bruches  ^-i- ,  welcher  als  die  modulo  p 

reduzierte  Form  des  ersten  anzusehen  ist,  so  besteht  die  Kongruenz: 


OD  OD 


2c~ix  '—2c-ix '  (modi>) 
i  i 

in  dem  Sinne,  dafs  je  zwei  entsprechende  Koefficienten  c_,  und  c^. 
kongruent  sind. 

Es  sei  nun  der  Grad  des  gemeinsamen  Teilers  0(x)  wieder  gleich 
s,  so  dafs  also  g0(x)  vom   Grade  n  —  s  ist;   dann   ist  die  rekurrente 

Reihe  ^  c_tx~*  von  der  Ordnung  n  —  s,  d.  h.  zwischen  je  (n  —  s  +  1) 

aufeinander  folgenden  Entwickelungskoefficienten  besteht  eine  und 
dieselbe  Gleichung: 

Betrachtet  man  aber  diese  Gleichungen  als  Kongruenzen  modulo  p,  so 
kann   man    die   Koefficienten   er*    ,  m)    durch    die    ihnen    kongruenten 

c—(k+m)  ersetzen,  d.  h.  von  den  Entwickelungskoefficienten  des  Bruches 

fix) 

—j-t  sind  immer  je  n  —  s  +  1   aufeinander  folgende  durch  eine  und 

dieselbe  lineare  homogene  Kongruenz: 

n — t 
1 

verbunden. 

f  ix) 

Ist  aber  der  Bruch  ^y-(   wirklich   modulo  p   reduziert,   d.  h.   ist 

(fo(x)?  9^x)j  P)  ~  lj  80  können  zwischen  den  Entwickelungskoefficienten 
c_4-  oder  c_\  auch  keine  Kongruenzen  niedrigerer  Ordnung  bestehen; 
denn  wäre  dies  der  Fall,  wären 


410  Achtundzwanzigßte  Vorlesung. 


w—  a 


2  ** '-(*+■.>  —  °  (modJ>)  ia>* 


jene  Kongruenzen,  und  definiert  man  dann  die  Zahlen  c_ i,  c—%, 
durch  die  entsprechenden  Gleichungen9. 

n  —  g 
0 

so  stellt  die  Reihe    /,  c    .#~~ '  einen  echten  Bruch  =-,-;    dar,    dessen 

Nenner  <7  (x)  vom  Grade  n  —  <*  ist,  während  sein  höchster  Koefficient 
p  nicht  enthält,  und  aus  den  Kongruenzen: 

c_.  E^  c^.     (mod  ») 

folgt  nach  dem  oben  bewiesenen  Satze,  dafs  in  der  Differenz: 

fo(rt  _  fj&_  =  fo  (*)  gfr)  —  f(*)  9o  fr) 

der  Zähler  des  rechts  stehenden  Bruches  durch  p  teilbar  sein  mufs, 
da  der  Koefficient  der  höchsten  Potenz  von  x  im  Nenner  p  nicht  enthält. 
Aus  der  Kongruenz: 

/o(s)  <7O0  =  f(x)  9o(x)     (mod  P) 

folgt  aber  weiter,  da  f0(x)  und  #0(#)  modulo  p  teilerfremd  sind,  dafs 
g(x)  modulo  p  betrachtet  durch  g0(x)  teilbar  sein  mufs,  was  unmög- 
lich ist,  da  der  Grad  von  g(x)  niedriger  ist  als  der  von  g0(x). 

Wir  wollen  auch  hier  sagen,  die  rekurrente  Beihe  ^,  c_.x~%  ist 

modtdo  p  von  der  Ordnung  n  —  s,  wenn  stets  (n  —  5+1)  aber  keine 
niedrigere  Anzahl  aufeinander  folgender  Entwickelungskoefficienten 
durch  eine  und  dieselbe  lineare  homogene  Kongruenz  modulo  p  mit 
einander  verbunden  sind.  Dann  können  wir  jetzt  den  folgenden  Satz 
aussprechen,  welcher  dem  am  Schlüsse  des  vorigen  Paragraphen  ge- 
fundenen ganz  analog  ist: 

Zwei  ganzzahlige  Funktionen  f(x)  und  g{x)  besitzen  modulo  p 
betrachtet    einen    gröfsten    gemeinsamen   Teiler   vom    Grade   s, 

wenn   die  rekurrierende  Reihe,    in  welche  sich  der  echte  Bruch 

f(x) 

^r  entwickeln  läfst,    modulo  p   von  der  Ordnung  n  —  s  ist, 

während  n  den  Grad  des  Nenners  g(x)  modulo  p  bedeutet. 


§  6.   Der  Grad  des  Teilers  zweier  Funktionen  modulo  p.  411 

§6. 
Es  sei  jetzt  wie  am  Anfang  des  §  4: 
/"(*)  —  co  +  W  H f-  Cp-jx'--,    g(x)  =  x"_1  —  1 , 

wo  wir  nur  des  Folgenden  wegen  die  Koefficienten  von  f(x)  durch 
co>  cu  ' ' '  s^a^  durch  aQ9  a1}  •  •  •  bezeichnen,  so  dafs  also  der  Grad  s 
des  gemeinsamen  Teilers  jener  beiden  Funktionen  modulo  p  die  An- 
zahl der  inkongruenten  Einheiten  angiebt,  welche  die  Kongruenz 
f(x)  =  0  (mod  p)  als  Wurzeln  besitzt.    Entwickeln  wir  den  Quotienten : 

fix)  ^  JSV* 

g(x)        x?-1-! 

nach  fallenden  Potenzen  von  x  und  setzen  wiederum  allgemein 
ci+Z(     t)  =  ckf  so  ergiebt  sich  durch  Division  von  Zähler  und  Nenner 

mit  xp~~l  und  Entwickelung  des  Nenners: 

P 1  00  OD 

In  diesem  Falle  sind  also  die  Entwickelungskoefficienten  einfach  die 
Koefficienten  c_i,  c_2>  •  •  •  C— (P_i),  oder  was  dasselbe  ist,  cp—2y  fy— »>  •  •  •  c0 
der  zu  untersuchenden  Funktion,  in  dieser  Reihenfolge  geschrieben,  welche 
sich  periodisch  wiederholen.  Kehrt  man  noch  die  Reihenfolge  der  Ent- 
wickelungskoefficienten um,  was  für  das  folgende  Resultat  unwesent- 
lich ist,  so  ergiebt  sich  durch  Anwendung  des  am  Schlüsse  des  vorigen 
Abschnittes  bewiesenen  Satzes  das  Theorem: 

Die  Kongruenz 

f(x)  =  <o  +  c\x  H h  Cp_2fl^""2  =  0     (mod  p) 

besitzt  genau  s  modulo  p  inkongruente  Einheiten  als  Wurzeln, 
wenn  zwischen  je  p  —  s  aufeinander  folgenden  Zahlen  der 
periodischen  Reihe: 

<\i>  clf  c2,  •  •  •  cp_2,  c0,  q, 

eine  und  dieselbe  lineare  homogene  Kongruenz  besteht,  und 
dies  die  kleinste  Anzahl  ist,  für  welche  eine  solche  Beziehung 
stattfindet. 

Wir  ziehen  aus  diesem  Satze  eine  interessante  Folgerung,  welche 


412 


Achtundzwanzigste  Vorlesung. 


wir  auch  an  das  allgemeine  Theorem  am  Schlüsse  des  vorigen  Ab- 
schnittes hätten  anknüpfen  können. 

Es  sei: 

r  =  p  —  s  —  1 
und 

(1)       60c,  -f  blci+1  H f-  6r-1c,+r_1  +  c.+r  =  0    (mod  p) 

jene  lineare  Relation  zwischen  je  r  -f-  1  aufeinander  folgenden  Koef- 
ficienten,  in  welcher  wir,  was  offenbar  stets  erreicht  werden  kann, 
br  gleich  Eins  angenommen  haben. 

Multipliziert  man  nun  in  den  schon  oben  behandelten  Systemen: 


('<+*)  = 


C0>  C11   '"   eP-r  +  l,   '  " "   cp-*>   fy_a  v 
Cl>    C%J    '  '  '    Cp—r+2y    "  '  *    Cp—  g,    Cp— i 


die  vorletzte  Kolonne  mit  6r— i,  die  vorvorletzte  mit  hr—%y  u.  s.  w.  und 
addiert  sie  dann  alle  zur  letzten  Kolonne,  so  werden  alle  Elemente 
dieser  letzten  Kolonne  wegen  der  bestehenden  Rekursionsformel  (1) 
kongruent  Null  modulo  p.  Addiert  man  nun  in  derselben  Weise  zur 
vorletzten  Kolonne  die  bezw.  mit  6r— i,  K— 2,  •  •  •  i0  multiplizierten 
nächst  vorhergehenden  Kolonnen,  so  treten  auch  an  Stelle  dieser  Ele- 
mente lauter  Nullen.  Fährt  man  in  derselben  Weise  fort,  so  erhält 
man  ein  tWonniertes  System,  dessen  r  erste  Kolonnen  ungeändert 
sind,  während  alle  folgenden  nur  Nullen  enthalten.  Formt  man  end- 
lich auch  die  Horizontalreihen  dieses  System  es  in  gleicher  Weise  um, 
so  geht  unser  System  zuletzt  über  in  das  folgende: 


(«*)  - 


c, 


0) 


i) 


11 


o, 

0, 


0\ 

0 


Cr-1,    Cr>    •  •  •    C2(r_2),  0,  •  •  •    0 

0,     0,  .  •  0,       0,  ■ . .  0 


10, 


0, .. 


.  0,       0, .  •  oJ 


Dasselbe  ist  modulo  p  betrachtet  evident  höchstens  vom  Range  r,  da 
alle  Determinanten  (r  +  l)ter  Ordnung  offenbar  durch  p  teilbar  sind; 
dieses  transformierte  System  ist  dann  und  nur  dann  von  niedrigerem 
als  dem  rte:i  Range,  wenn  die  einzige  in  ihm  vorhandene  Determinante 
r**  Ordnung: 


§  6.   Der  Grad  des  Teilers  zweier  Funktionen  modulo  p. 


413 


Ö 


r) 


H-a 


(ft*=0.1,..T-l) 


ebenfalls  noch  durch  p  teilbar  wäre. 

Nach  der  a.  S.  398  gemachten  Bemerkung,  welche  ebenso  auch 
für  die  Kongruenz  für  einen  Primzahlmodul  gilt,  besitzen  aber  die 
beiden  Systeme  (cg  ,  k)  und  (c'ik)  denselben  Rang,  da  das  zweite  aus 
dem  ersten  nur  durch  mehrfache  Anwendung  der  beiden  dort  er- 
wähnten Elementartransformationen  hervorgeht.  Also  ist  auch  das 
System  (c.  ,  k)  höchstens  vom  Range  r  und  dann  und  nur  dann  wirk- 
lich von  diesem  Range,  wenn  seine  erste  Hauptsubdeterminante 
Ör)  =  |  c  ,  h  |  nicht  durch  p  teilbar  ist.  Nun  hatten  wir  aber  a.  S.  404 
direkt  bewiesen,  dafs  das  System  (c..k)  genau  vom  Range  r  und  nieht 
von  niedrigerem  Range  ist,  wenn  die  Kongruenz  f(x)  =  0  (mod  p) 
genau  s  inkongruente  Wurzeln  besitzen  soll.  Also  ist  jene  Haupt- 
unterdeterminante ö  sicher  nicht  durch  s  teilbar,  und  es  ergiebt  sich 
der  weitere  Satz: 

Die  Kongruenz  f(x)  =  0  (mod  p)  besitzt  genau  p  —  1  —  r  in- 
kongruente Lösungen,  wenn  die  Hauptunterdeterminante  rtor  Ord- 


nung: 


'0> 


l? 


i> 


2> 


Cr- 1 


Cr-1,    C 


ry 


C2r-2 


des  zugeordneten  Systems  (c.,t)  durch  p  nicht  teilbar  ist,  wäh- 
rend alle  Determinanten  (r  +  l)ter  Ordnung  modulo  p  ver- 
schwinden. 

Die  Anzahl  der  Determinanten  (r  -f-  l)ter  Ordnung,  welche  hier  auf 
ihr  Verschwinden  modulo  p  zu  untersuchen  sind,  ist  ganz  aufser- 
ordentlich  grofs.  Wir  wollen  jetzt  noch  zum  Abschlüsse  dieser  Be- 
trachtungen zeigen,  dafs  man,  falls  die  Hauptunterdeterminante  rtor  Ord- 
nung p  nicht  enthält,  nur  p  —  (r  +  1)  Determinanten  (r  +  l)*6' 
Ordnung  auf  ihre  Teilbarkeit  durch  p  zu  untersuchen  braucht,  nämlich 
die  Determinanten: 


(2) 


7)(r+D  = 

t 


CQ)  Cl> 


clf        C2, 


•  •  •    Cr  —  i,      Cr  +  t 
"  '    Cr>  «V+t  +  l 


cr_i,  cr,       •  •  •  cSr_2,  rJr+r_! 


(f  =  0,l,    •    p  —  2  —  r), 


v; 


Cr+l,    '  '  •    C%r— 1;    Ctr+t 


welche  aus  der  Hauptunterdeterminante   \c9+h\  durch  Ränderung  mit 


414  AchtundzwajiEigflte  Vorlesung 

der  nächstfolgenden  Zeile  und  jeder  der  p  —  (r  +  1)  letzten  Kolonnen 
hervorgeht. 

In  der  That  zeigt  man  auf  dem  folgenden  Wege  leicht,  dafs,  falls 
alle  jene  Determinanten  /)r  p  enthalten,  zwischen  je  (r  -f-  1)  auf- 
einander folgenden  Koefficienten  eine  lineare  Relation  besteht,  dafs 
also  die  Kongruenz  f(x)  =  0  (mod  p)  wirklich  p —  1  —  r  Wurzeln 
besitzt.  Da  nämlich  die  Hauptunterdeterminante  rter  Ordnung  |  cg+h  ] 
p  nicht  enthalt,  so  kann  man  stets  r  Zahlen  60,  blf  •  •  •  br  so  bestimmen, 
dafs  die  r  Kongruenzen: 

Vo      H h&r-i<V_i    +cr        =0 

\c\      H \-br-\Cr        +  <V+i   eeO 


(3) 


(mod  jp) 


samtlich  erfüllt  sind.  Ich  behaupte,  dafs  dann  auch  für  jedes 
r  =  0,  1,  -  •  -  p  —  2  —  r  ebenfalls: 

ist.  Addiert  man  nämlich  in  der  Determinante  D*  in  (2)  die  erste, 
zweite,  . .  .  Horizontalreihe  zur  letzten,  nachdem  man  sie  bezw.  mit 
60,  bl9  •••  fcr— i  multipliziert  hat,  so  verschwinden  wegen  (3)  die  r 
ersten  Elemente  jener  Zeile  modulo  p,  während  das  letzte  Element 
gleich  2?r-f*  in  (3)  wird.  Entwickelt  man  nun  die  nach  der  gemachten 
Annahme  durch  p  teilbare  Determinante  Ir*~*~  nach  ihrer  letzten 
Kolonne,  so  reduziert  sie  sich  auf  das  eine  Glied: 

Wr  +  l)  =  +  B  |  c  I 

d.  h.  es  mufs  notwendig  Br+t  p  enthalten,  oder  die  Koefficienten 
hängen  wirklich  durch  die  lineare  Rekursionsformel: 

Vi+MHH h^Vi  +  Vr-0    (modp)    (*=0,l,...p-*) 

zusammen;  das  System  (c..k)  ist  demnach  wirklich  vom  Range  r,  w.z.b.w. 
Als  Beispiel  betrachten  wir  die  Kongruenz: 

(4)  2x2  +  3  ee  0     (mod  5), 

zu  welcher  das  System: 

2     0     3     0 

(,      ).(0    3     0     2 

Kt+kJ      »3020 

s0    2    0    3 

gehört.  Von  den  Hauptunterdeterminanten  dieses  Systemes  ist  die 
Determinante  zweiter  Ordnung 


§  6.  Der  Grad  des  Teilers  zweier  Funktionen  modulo  p. 


415 


2  0 
0  3 


=  6 


nicht  durch  5  teilbar,  während  die  beiden  Determinanten  dritter  Ord- 
nung: 


2 

0 

3 

0 

3 

0 

3 

0 

2 

=  -15, 


2 

0 

0 

0 

3 

2 

3 

0 

0 

o, 


welche  aus  ihr  durch  Ränderung  entstehen ,  den  Divisor  5  enthalten. 
Also  besitzt  die  Kongruenz  (4)  zwei  modulo  5  inkongruente  Wurzeln, 
und  in  der  That  ist  ja: 

2s*  +  3  =  2(x  —  1)  (x  +  1)     (mod  5). 


Neunundzwanzigste  Vorlesung. 

Einteilung  der  Einheiten  für  einen  zusammengesetzten  Modul  nach  dem  Ex- 
ponenten, zu  welchem  sie  gehören.  —  Existenzbeweis  für  die  primitiven  Wurzeln 
in  Bezug  auf  eine  Primzahlpotenz  und  das  Doppelte  einer  solchen.  —  Die  Ein- 
heiten modulo  2".  —  Die  Indexsysteme  der  Einheiten  für  zusammengesetzte  Mo- 
duln. —  Anwendungen:  Die  Darstellung  aller  nicht  äquivalenten  reduzierten 
Brüche  mit  gegebenem  Nenner.  Die  Entwickelung  rationaler  Brüche  nach 
fallenden  Potenzen  einer  Grundzahl.  Die  Anzahl  der  periodischen  und  nicht- 
periodischen Glieder  dieser  Entwickelung.  —    Anwendung   auf  die   Theorie   der 

Dezimalbrüche. 

§  i. 

Im  vorigen  Abschnitte  haben  wir  die  reinen  Kongruenzen  für 
einen  Primzahlmodul  p  vollständig  untersucht  und  zwar  mit  Hülfe 
der  primitiven  Wurzeln  modulo  p.  Wir  wollen  jetzt  den  Begriff  der 
primitiven  Wurzeln  auf  den  Fall  eines  zusammengesetzten  Moduls  aus- 
dehnen. 

Ist  m  eine  beliebige  ganze  Zahl,  a  eine  Einheit  modulo  in,  so 
genügt  a  nach  dem  allgemeinen  Fermatschen  Satze  der  Kongruenz: 

(1)  av(m)EEEl     (modm). 

Indessen  braucht  die  op(m)te  Potenz  von  a  nicht  die  niedrigste  zu  sein, 
welche  kongruent  Eins  ist.  Es  sei  a*  die  kleinste  Potenz  von  a, 
welche  diese  Eigenschaft  hat;  dann  möge  wieder  t  der  Exponent  ge- 
nannt werden,  zu  welchem  a  modulo  m  gehört.  Ist  dann  s  irgend 
eine  Zahl,  für  welche  ebenfalls  a*  ez  1  (mod  m)  ist,  so  mufs  s  not- 
wendig ein  Vielfaches  von  t  sein.     Wäre  nämlich: 

s  =  %t  -f-  tt  Ci<0 

und  wäre  tx  nicht  Null,  so  wäre  ja: 

a*  =  atr  a**  =  a'»  =  1     (mod  m)f 

d.  h.  es  wäre  entgegen  unserer  Annahme  t  nicht  der  Exponent,  zu  dem 
a  modulo  m  gehört. 


§  1.   Die  primitiven  Wurzeln  für  eine  Primzahlpotenz.  417 

Da  nun  für  jede  Einheit  a  die  Kongruenz  (1)  besteht,  so  mufs* 
<p(m)  ein  Multiplum  von  t  sein,  <L  h.  es  besteht  der  Satz: 

Jede  Einheit  modulo  m  gehört  zu  einem  Exponenten,  welcher 
einer  der  Teiler  Ton  g>(m)  ist,  also  höchstens  gleich  (p(tn)  selbst 
sein  kann. 

Giebt  es  üun  unter  den  Einheiten  modulo  m  auch  eine  solche  g,  welche 
zu  dem  gröfsten  möglichen  Exponenten,  nämlich  zu  <p(m)  selbst  ge- 
hört, so  würden  wir  sie  wieder  eine  primitive  Wurzel  modulo  m  nennen, 
und  wir  könnten  dann  auf  diese  Thatsache  eine  vollständige  Theorie 
und  Einteilung  der  Einheiten  auch  für  einen  zusammengesetzten  Modul 
m  gründen.  Wir  werden  zeigen,  dafs  solche  primitiven  Wurzeln  immer 
existieren,  wenn  m  =  pk  eine  beliebig  hohe  Potenz  irgend  einer  un- 
geraden Primzahl  ist,  oder  wenn  m  =  2p*,  oder  endlich  wenn  m  =  4 
ist,  dafs  dies  dagegen  sonst  nicht  mehr  der  Fall  ist,  dafs  wir  aber 
in  jedem  anderen  Falle  jene  Theorie  leicht  auf  die  speziellen  Moduln 
m  =  pt  reduzieren  können. 

Ehe  wir  auf  jenen  Existenzbeweis  der  primitiven  Wurzeln  mo- 
dulo p*  eingehen,  kommen  wir  noch  einmal  kurz  auf  den  Fall  eines 
Primzahlmoduls  zurück.  Ist  g  eine  primitive  Wurzel  modulo  p,  so  ist 
(<p— *  —  1)  durch  p  teilbar.  Ich  behaupte  nun,  dafs  man  die  primi- 
tive Wurzel  g  stets  so  annehmen  kann,  dafs  jene  Differenz  zwar  durch 
jp,  aber  sicher  nicht  durch  p*  teilbar  ist.     Wäre  nämlich: 

(la)  fx  =  \     (modp2), 

und  ersetzt  man  g  durch  die  kongruente  Zahl  g  =  g  -(-  pe,  wo  e  eine 
beliebige  Einheit  modulo  p  ist,  so  ist  g  offenbar  ebenfalls  primitive 
Wurzel  modulo  p  und  es  ist: 

gp-i  =  (g  -f-  epY~l  =  g*>-1  +  (p  —  1)  g*-*pe    (mod  p2), 

weil  alle  folgenden  Glieder  mindestens  durch  p%  teilbar  sind.  Also  ist 
wegen  (1'): 

g*-1  —  1  =  —  g*-*pe^O    (modp*), 

q.  e.  d.  Genügt  also  g  der  Kongruenz  (1),  so  ist  man  sicher,  dafs 
z.  B.  für  g  n=r  g  -{-  p7  gP—1  —  1  nicht  durch  p*  teilbar  ist. 

Wir  zeigen  nun  auf  induktivem  Wege,  dafs  für  jede  Potenz  einer 
ungeraden  Primzahl  eine  primitive  Wurzel  existiert,  indem  wir  als  be- 
wiesen annehmen,  dafs  für  eine  Potenz  pk  eine  solche  Wurzel  g  vor- 
handen ist,  und  dann  ein  Mittel  angeben,  um  aus  g  eine  primitive 
Wurzel  modulo  p*"*"1  herzuleiten.  Da  wir  oben  für  den  Modul  p  selbst 
primitive  Wurzeln  gefunden  haben,  so  ist  ja  damit  der  Beweis  Voll- 
ständig erbracht. 

Kronecker,  Zahlentheorie.  I.  27 


418  Neunuiidzwanzigste  Vorlesung. 

Es  möge  also  g  eine  primitive  Wurzel  modulo  p*  sein,  so  dafs: 

gvirh  =  ^p*-1^-!)  =  1     (mod  p*) 

die  niedrigste  Potenz  von  g  ist,  welche  durch  j>*  geteilt  den  Rest  Eins 
läfst.  Es  sei  ferner  t  der  Exponent,  zu  dem  g  für  die  nächst  höhere 
Potenz  p*+x  von  p  gehört,  so  dafs: 

(2)  ^  =  1     (mod  p**1) 

ist.  Dann  ist,  wie  oben  bewiesen,  t  ein  Teiler  von  y^"*-1)  =sspk(p —  1), 
aber  andererseits  ein  Multiplum  von  gp(p*)  ==p*—1(p — 1),  denn  die 
letzte  Kongruenz  (2)  bleibt  ja  auch  modulo  pk  bestehen,  also  mufs  t 
ein  Vielfaches  von  dem  Exponenten  sein,  zu  dem  g  modulo  jj*  gehört. 
Da  sich  aber  die  beiden  Zahlen  g>(p*)  und  ^(p*^1)  nur  um  den  Faktor 
p  unterscheiden,  so  sind  nur  die  beiden  Fälle  möglich,  dass  f  =  y(p*+1), 
d.  h.  dafs  g  auch  bereits  primitive  Wurzel  für  p*+*  ist,  oder  dafs 
t  =  <p(jt)  ist.  Wir  zeigen  jetzt,  dass  bei  geeigneter  Wahl  von  g  die 
zweite  Möglichkeit  nicht  eintreten  kann,  dafs  dann  also  notwendig 
t*=  q)(pk+r)}  d.  h.  dafs  diese  primitive  Wurzel  modulo  p*  von  selbst 
eine  solche  modulo  pk^~1  ist. 

Hierzu  bedienen  wir  uns  des  folgenden  einfachen  Hülfssatzes: 

Sind  x  und  y  zwei  beliebige  ganze  Zahlen,  so  besteht  für  jede 
Primzahlpotenz  die  Kongruenz: 

(3)  (a;  +  py)^"1  =  a/-1+^^""1-1y    (modp*+i), 

d.  h.  modulo  jp*+*  kann  die  Potenz  links  durch  die  beiden  Anfangs- 
glieder ihrer  Entwickelung  nach  dem  binomischen  Satze  ersetzt  werden. 
Da  dieser  Satz  offenbar  für  k  =  1  richtig  ist,  so  brauchen  wir  nur  zu 
zeigen,  dafs  er  auch  für  p*+2  erfüllt  ist,  falls  er  ffir  den  Modul  p*+l 
als  richtig  angenommen  wird.  Nehmen  wir  aber  die  Kongruenz  (3) 
modulo  p**1  als  bewiesen  an,  schreiben  wir  sie  in  der  Form: 

(x  +  pyy-1  =  s**-1  +1>*sp*-1-i y  +  p*+V(*,  y), 

wo  f(x,  y)  eine  ganze  ganzzahlige  Funktion  von  x  und  y  bedeutet, 
und  erheben  dann  beide  Seiten  zur  pUn  Potenz,  so  folgt,  wenn  wir 
ihre  rechte  Seite  modulo  pk+3  betrachten: 

(*  +PVy*=  (a^^  +  ptaf-1-^  +pk+1f(z,  y))p 
=  af  +  p*+1a^~1y     (mod  *>*+*), 

weiP  alle  folgenden  Glieder  mindestens  durch  jp*+*  teilbar  sind;  damit 
ist  aber  unser  Hülfssatz  vollständig  bewiesen. 


§  1.   Die  primitiven  Wurzeln  für  eine  Primzahlpotenz.  419 

Nun  sei  g  eine  primitive  Wurzel  modulo  j)*,  welche  für  die  nächst 

höhere  Potenz  p**1  keine  primitive  Wurzel  ist,  also  für  sie  nur  zum 

Exponenten  p^^x(p —  1)  gehört.    Dann  folgt  aus  unserem  Hülfssatze 

zunächst,    dafs  g   auch   modulo  p   selbst   eine   primitive  Wurzel   sein 

mufs;  gehörte  nämlich  g  modulo  p  zu  einem  Divisor  d  von  p  —  1,  wäre 

also: 

g*  =  1  +  hp, 

so  ergäbe  sich  aus  unserem  Lemma  für  x  =  1,  y  =  ä: 

g^-^  =  (l+hpy^l=l  +p*h    (mody*1) 
=  1     (mod  p*) , 

d.  h.  g  wäre  entgegen  unserer  Voraussetzung  keine  primitive  Wurzel 
modulo  p*. 
Ist  nun 

so  ergiebt  sich  durch  nochmalige  Anwendung  unseres  Hülfssatzes: 
P9(p*)=^-1(p-i)  =  (l  + /p/-1  ee  1  +  tf*f    (mody+1), 

und  die  rechte  Seite  ist  also  dann  und  nur  dann  kongruent  Eins 
modulo  |>*+1;  wenn  f  ein  Vielfaches  von  p,  d.  h.  wenn  {cp"1  —  1) 
durch  p*  teilbar  ist;  ist  also  die  primitive  Wurzel  modulo  p*  speziell 
so  beschaffen,  dals  zugleich  (jp— *  —  1)  nur  durch  p9  aber  nicht  durch 
p%  teilbar  ist,  so  ist  g  von  selbst  primitive  Wurzel  für  j?*"*"1,  also  nach 
demselben  Beweise  auch  für  l>*+2,  •  •  •,  d.  h.  für  jede  höhere  Potenz 
von  p. 

Denken  wir  uns  also,  was  nach  dem  im  Anfange  flieses  Para- 
graphen bewiesenen  Satze  stets  möglich  ist,  g  als  primitive  Wurzel 
für  p  so  gewählt,  dafs  (jf1  —  1)  nicht  durch  p*  teilbar  ist,  so  ist 
nach  dem  soeben  geführten  Beweise  dieselbe  Zahl  g  primitive  Wurzel 
modulo  jp2,  ps,  •  ••,  d.  h.  für  jede  Potenz  von  p  als  Modul,  und  damit 
ist  der  allgemeine  Satz  vollständig  bewiesen. 

So  ist  z.  B.  die  Zahl  2  primitive  Wurzel  modulo  5,  da  sie  zum  Ex- 
ponenten 4  modulo  5  gehört,  und  da  2*  —  1  =  15  nicht  durch  5* 
teilbar  ist,  so  ist  2  auch  primitive  Wurzel  für  jede  Potenz  von  5.  In 
der  That  gehört  z.  B.  2  modulo  25  zum  Exponenten  9?  (25)  =  20, 
wie  eine  leichte  Rechnung  zeigt. 

Ist  der  Modul  m  =  2pk}  so  existieren  für  ihn  ebenfalls  primitive 
Wurzeln,  welche  zum  Exponenten  q>(2pf)  =  qp(2)  g>(p*)  =  qp(p*)  gehören; 
ist  nämlich  g  eine  solche  für  den  Modul  pk  und  ist  g  ungerade,  so  ist 

g  auch  eine  Einheit  modulo  2pk)  welche  zum  Exponenten  (p(2pk)  ge- 

27* 


420  Neunundzwanzigste  Vorlesung. 

hört,  also  auch  für  2jp*  eine  primitive  Wurzel.  Ist  dagegen  g  gerade, 
also  modulo  2jP  keine  Einheit,  so  brauchen  wir  nur  g  durch  g  =  g  +  P* 
zu  ersetzen,  denn  dann  ist  g  ungerade  •  und  offenbar  ebenfalls  primitive 
Wurzel  für  jp*  und  somit  auch  für  2jf. 


§2. 

Unser  Beweis,  dafs  für  jede  Primzahlpotenz  pt  primitive  Wurzeln 
existieren,  galt  nur  in  dem  Falle,  dafs  p  ungerade  ist;  und  in  der  That 
existieren  für  eine  Potenz  2V  von  2  niemals  primitive  Wurzeln,  sobald 
der  Exponent  v  ^  3  ist.  Für  einen  Modul  2*  sind  nämlich  alle  und 
nur  die  ungeraden  Zahlen  u  Einheiten;  und  da  g>(2*)  =  2*~  ist,  so 
müfste,  falls  auch  in  diesem  Falle  primitive  Wurzeln  vorhanden  sein 
sollten,  eine  ungerade  Zahl  existieren,  welche  modulo  2"  zum  Exponenten 
2V—1  gehört.  Man  zeigt  aber  leicht,  dafs  für  jede  ungerade  Zahl  u 
die  Kongruenz  besteht: 

(1)  w2'-2  =  l     (mod2*), 

sobald  v  ^  3  ist.  Für  v  =  3,  also  2*  ='  8,  folgt  dies,  da  u  stets  in 
der  Form  4v  +  1  geschrieben  werden  kann,  einfach  aus  der  Kon- 
gruenz: 

(1*)  M*  =  (4v  +  1)*  =  16t/2  +  8v  +  1  =  1     (mod  8). 

Dasselbe  kann  man  aber  auf  induktivem  Wege  für  jede  höhere  Potenz 
2V  beweisen.  Nehmen  wir  nämlich  an,  dafs  für  eine  solche  Potenz  2r 
von  2  und  irgend  eine  Zahl  u 

w*v~2  =  l     (mod2v), 

d.  h.  dafs  die  Differenz  w2*-2 —  1  durch  2V  teilbar  ist,  so  folgt  aus  der 
Identität: 

(2)  u*—1  -  1  =  (t*2'-*  -  1)  (w2'-2  +  1) , 

dafs  auch 

w2r-1  =  l     (mod2v+1) 

ist,  denn  in  dem  rechts  stehenden  Produkte  in  (2)  ist  der  erste  Faktor 
n.  d.  V.  durch  2V,  der  zweite  aber  mindestens  durch  2  teilbar,  da  er 
offenbar  gerade  ist,  und  damit  ist  die  obige  Behauptung  vollständig 
bewiesen. 

Dagegen  kann  man  aber  für  jeden  solchen  Modul  2"  stets  eine 
Zahl  finden,  welche  wirklich  genau  zu  diesem  höchsten  überhaupt 
möglichen  Exponenten  2V~"2  gehört.     Für  den  Modul  28  =  8  besitzt 


§  2.   Die  Einheiten  modnlo  2*.  421 

die  Zahl  5  offenbar  diese  Eigenschaft,  aber  man  kann  wieder  leicht 
induktiv  zeigen,  dafs  dieselbe  Zahl  auch  für  jede  höhere  Potenz  2" 
zum  Exponenten  2r~~    gehört. 

Angenommen  nämlich  die  Zahl  5  gehörte  modulo  2V  nicht  zum 
Exponenten  2*~*}  so  müfste  sie  zu  einem  Teiler  von  dieser  Zahl,  d.  h. 
zu  einer  Potenz  2*  gehören,  deren  Exponent  k  ^  v  —  3  ist,  d.  h.  es 

müfste 

5**  =  1     (mod  2*) 

sein.     Erhebt  man  aber  diese  Kongruenz  zur  2V  n  Potenz,  so  er- 

gäbe sich  aus  ihr: 

(3)  5**-8  =  l     (mod  2'). 

Kann  man  also  umgekehrt  nachweisen,  dafs  die  Zahl  5  dieser  letzten 
Kongruenz  nicht  genügt,  so  ist  damit  bewiesen,  dafs  5  modulo  2"  zum 
Exponenten  2        gehört. 

Es  möge  nun  5  für  eine  Potenz  2*  von  2  zum  Exponenten  v — 2 
gehören,  d.  h.  es  sei  die  Differenz  (52V~~S  —  1)  durch  2"  nicht  teilbar. 
Dann  ist  auch  die  Differenz: 

5"-2  —  1  =  (52*-8  -  1)  (52*-8  +  1) 

sicher  nicht  durch  2*+1  teilbar,  denn  der  erste  Faktor  rechts  enthält 
n.  d.  V.  höchstens  die  Potenz  2"""1,  während  der  zweite,  da  er  offenbar 
von  der  Form  4n  +  2  ist,  genau  durch  2  teilbar  ist.  Ist  also  die 
Kongruenz  (3)  nicht  erfüllt,  gehört,  also  5  für  2V  zum  Exponenten 
2*~*,  so  besteht  auch  die  Kongruenz: 

52*-*=l     (mod  2*+') 

ebenfalls  nicht,  d.  h.  5  gehört  auch  modulo  2V+1  zum  Exponenten 
2*—1;  und  da  5  modulo  28  wirklich  zum  Exponenten  21  gehört,  so 
ist  unsere  Behauptung  bewiesen. 

Die  beiden  bisher  ausgeschlossenen  Fälle  m  =  2  und  m  =  22  er- 
ledigen sich  einfach  durch  die  Bemerkung,  dafs  für  den  Modul  2  die 
Zahl  1,  für  den  Modul  4  offenbar  die  Zahl  3  oder,  was  dasselbe  ist, 
( —  1)  eine  primitive  Wurzel  ist.  Für  den  Modul  2V  giebt  es  dagegen, 
falls  v  >  2  ist,  keine  primitive  Wurzel,  aber  man  erkennt  leicht,  dafs 
alle  2*~~  modulo  2V  inkongruenten  Einheiten  und  nur  sie  in  der  all- 
gemeineren Form 

+  1,  +  5,  +  52,  •  • .  +  52'-'-1 

dargestellt  sind;  denn  wären  zwei  solche  Potenzen  +  5*  und  +  ö1" 
kongruent,  so  müfste  ja  eine  Potenz 


422  Neunundzwanzigsfce  Vorlesung. 

5e=*5*-"  =  +l     (mod2y) 

sein,  deren  Exponent  q  <  2V~  wäre.  Aber  eine  solche  Potenz  kann 
nicht  kongruent  -f-  1  M^h  we^  ^  zum  Exponenten  2r~~*  gehört;  eben- 
sowenig kann  sie  kongruent  —  1  sein,  weil  5,  also  auch  jede  Potenz 
von  5,  schon  modulo  2'  kongruent  +  1  ist.  Man  sieht  sofort,  dafs 
die  Einheiten  +  &e°  alle  und  nur  diejenigen  inkongruenten  Zahlen  von 
der  Form  4n  +  1,  diejenigen  —  5*°  alle  die  von  der  Form  An  —  1  sind. 
Wir  können  jene  2*~~1  modulo  2*  inkongruenten  Einheiten  e  offenbar 
folgen dermalsen  vollständig  darstellen: 

e-i-lfV    (mod  2')  Uo.^0;)-*-,); 

in  diesem  Falle  ist  also  eine  solche  Einheit  modulo  2"  nicht  durch 
einen  Index,  sondern  durch  ein  Indexsystem  (p,  q0)  von  zwei  Zahlen 
vollständig  charakterisiert,  welche  unabhängig  von  einander  vollständige 
Restsysteme  bezw.  modulo  2  und  modulo  2  durchlaufen;  auch  hier 
können  wir  jenes  Exponentensystem  (p,  q0)  =  Indd  (e)  setzen,  und  als 
die  Indices  von  e  bezeichnen;  man  erkennt  auch  sofort,  dafs,  wenn: 

«  =  (—  l)*ö*       J=(—rfb*'    (mod  2*) 

zwei  beliebige  Einheiten  modulo  2"  sind, 

ee'  =  (—  Vf+*  5*+*     (mod  2") 

ist,  dafs  also  auch  hier  die  Beziehung  besteht: 

Indd  (ee)  =  Indd  e  -f-  Indd  e 

mit  der  Mafsgabe,  dafs  jedesmal  die  Summe  q  -f-  Q  modulo  2,  die  Summe 
Po  "f"  Qo  niodulo  2*~  auf  ihren  kleinsten  Rest  reduziert  anzunehmen 
ist.  Die  Indexsysteme  ersetzen  hier  also  die  Indices  für  einen  Prim- 
zahlmodul vollständig. 

Wir  hatten  bis  jetzt  bewiesen,  dafs  für  die  Moduln: 

(4)  2,   4,  ?,  2? 

primitive  Wurzeln  existieren.  Wir  zeigen  nunmehr,  dafs  dies  über- 
haupt die  einzigen  Fälle  sind,  für  welche  primitive  Wurzeln  vorhanden 
sind.     In  der  That  sei: 

fft    SBS  jp*l  *>*»      •    •    • 

irgend  eine  zusammengesetzte  Zahl;  ist  dann  e  irgend  eine  Einheit 
modulo  m}  so  genügt  sie  für  jede  in  m  enthaltene  Primzahlpotenz  der 
Kongruenz: 

(5)  e  '  *•" '  =  1     (mod  ph/) ; 


§  3.   Die  Indexsysteme  für  zusammengesetzte  Moduln.  423 

ist  daher  t  das  kleinste  gemeinsame  Multiplnm  der  Zahlen 

so  genügt  jede  Einheit  modnlo  m  der  Kongruenz: 
(6)  e?  =  1     (mod  m) , 

weil  dieselbe  Kongruenz  wegen  (5)  für  jede  in  m  enthaltene  Primzahl- 
potenz  p.'  erfüllt  ist.     Ist  also  diese  Zahl  t  kleiner  als: 

9  (m)  — 9(^)9(1*)  ••-, 

ist  also  das  kleinste  Multiplnm  von  (qpQ**1),  <p(j?*),  •  •  •)  kleiner  als 
das  Produkt  derselben  Zahlen,  so  giebt  es  keine  primitive  Wurzel 
modulo  m,  da  alle  Einheiten  modulo  m  der  Kongruenz  (6)  genügen, 
deren  Exponent  t  <  <p(m)  ist.  Nun  ist  aber  das  kleinste  gemeinsame 
Vielfache  beliebig  vieler  Zahlen  nach  dem  a.  S.  77  bewiesenen  Satze 
dann  und  nur  dann  gleich  ihrem  Produkte,  wenn  je  zwei  von  ihnen 
zu  einander  teilerfremd  sind.  Also  existiert  sicher  keine  primitive 
Wurzel  für  den  Modul  m  =phpfc  • . .,  wenn  von  den  Zahlen: 

auch  nur  zwei  einen  gemeinsamen  Teiler  haben.  Also  kann  m  zu- 
nächst nicht  mehr  als  eine  ungerade  Primzahlpotenz  enthalten,  da 
anderenfalls 

die  beiden  Faktoren  (px  —  1)  und  (p8  —  1)  den  gemeinsamen  Faktor  2 
enthalten  würden;  also  mufs 

m  =  2h^ 

sein.  Ist  aber  k  >  0,  so  kann  der  Exponent  A  von  2  nur  gleich  Null 
oder  Eins  sein,  da  anderenfalls  qp(2A)  und  <p(jf)  wieder  den  Teiler 
2  hätten.  Es  bleiben  also  nur  die  Moduln  2*,  p*  und  2p*  übrig,  für 
welche  primitive  Wurzeln  existieren  können,  d.  h.  diejenigen,  welche 
oben  bereits  genau  untersucht  wurden.  So  ergiebt  sich,  dafs  wirklich 
nur  in  den  vier  oben  hervorgehobenen  Fällen  (4)  primitive  Wurzeln 
existieren. 

§3. 

Mit  Hülfe  der  primitiven  Wurzeln  konnten  wir  alle  Einheiten 
modulo  p  auf  überraschend  einfache  Weise  als  Potenzen  einer  Grund- 
zahl g  darstellen,  und  sie  vollständig  in  Klassen  einteilen.  Für  zu- 
sammengesetzte Moduln  ist  eine  solche  Darstellung  im  allgemeinen 
nicht  möglich,   es  scheint  also,   dafs  das  wichtige  Hülfsmittel  der  In* 


424  Neunundzwanxigste  Vorlesung. 

dices  in  diesem  Falle  verloren  geht,  aber  gerade  hier  iöt  es  für  eine 
Anzahl  wichtiger  Anwendungen,  besonders  für  die  Dirichletsche  Unter- 
suchung der  arithmetischen  Reihe,  unbedingt  notig,  eine  ähnliche  voll- 
ständige Darstellung  der  Einheiten  modulo  tn  zu  besitzen,  wie  es  die 
der  Einheiten  modulo  p  durch  die  zugehörigen  Indices  war.  Die  vor- 
angegangenen Betrachtungen  geben  uns  nun  in  der  That  die  Möglich- 
keit, jede  Einheit  r  modulo  m  zwar  nicht  durch  einen  Index  q,  wohl 
aber  ganz  ebenso  wie  vorher  für  den  Modul  2*  durch  ein  Indexsystem 
(q>  Co;  Qd  ' '  0  vollständig  zu  charakterisieren,  welches  genau  dieselben 
wesentlichen  Eigenschaften  besitzt,  wie  die  Indices  für  einen  Primzahl- 
modul. Hierzu  führen  die  folgenden  Betrachtungen. 
Es  sei 

(1)  m  =  4  •  2*°  g*1  q** 

der  zu  untersuchende  Modul,  qu  q%7  •  •  •  seien  die  in  m  auftretenden 
ungeraden  Primzahlen,  und  4  •  2*°  =  2*°+*  die  in  jenem  Modul  ent- 
haltene Potenz  von  2,  wir  nehmen  auch  h0^>l  an,  setzen  also  voraus, 
dafs  m  mindestens  durch  23  =  8  teilbar  ist.  Hierin  liegt  keine  Be- 
schränkung; wäre  nämlich  z.  B.  m  durch  2  ganlicht  teilbar,  so  können 
wir  ja  m  =  8w  an  Stelle  von  m  als  Modul  wählen,  denn  jede  Kon- 
gruenz modulo  8  m  gilt  dann  ja  sicher  auch  modulo  tn. 

Für  jede  Primzahlpotenz  qkf  denken  wir  uns  nun  eine  primitive 
Wurzel  g{  aufgesucht;  dieselbe  behält  diese  Eigenschaft,  wenn  wir  zu 
ihr  ein  beliebiges  Multiplum  a{q.1  des  Moduls  addieren.  Wir  wollen 
dies  thun,  und  jenen  Koefficienten  a{  so  bestimmen,  dafs  die  neue 
primitive  Wurzel: 

(2)  Yi  =  9i  +  a^=\     (mod^\ 

wird.  Dieser  Bedingung  kann  man  stets  genügen,  da  der  Koefficient 
von  ai  und  der  Modul,  d.  h.  die  beiden  Zahlen  q*  und  ~-   teilerfiremd 

sind.     Die  so  sich  ergebenden  Zahlen  (y1}  y2,  •  •  •)  sind  dann  so  be- 
stimmt, dafs  allgemein  y{  eine  primitive  Wurzel  modulo  qh.{  ist,  während 
sie  für  jede  andere  in  tn  enthaltene  Primzahlpotenz  kongruent  Eins  ist. 
In  derselben  Weise  setzen  wir: 

y0  =  5  -f-  4  •  2*o« 

und  bestimmen  a  so,  dafs: 

(2«)  y0  =  5  +  4.2*.a=l     (mod^-), 

d.  h.  dafs  4  •  2*°a  =  —  4,  oder  also: 


§  3.   Die  Indexsysteme  für  zusammengesetzte  Moduln.  425 

2*°a  =  —  1     (mod  r) 

\  4  •  2*°/ 

ist,  was  ebenfalls  stets  möglich  ist;  endlich  setzen  wir: 

y  =  — 1  +4.2*o/3 

und  verfügen  über  ß  in  der  Weise,  dafs: 

(2")  y  =  - 1+4-2^  =  1     (mod^) 

oder,  was  dasselbe  ist,  dafs:  < 

0.2*0+1  =  1     (mod  -^\ 

ist.  Die  so  bestimmten  beiden  Zahlen  y  und  y0  sind  dann  modulo 
4  •  2*«  bezw.  kongruent  ( —  1)  und  5,  während  sie  für  jede  andere  in 
m  enthaltene  Primzahlpotenz  ebenfalls  kongruent  Eins  sind. 

Ich  zeige  nun,  dafs   und  wie  man  jede  Einheit  r  modulo  m  auf 
eine  einzige  Weise  in  der  Form: 

e0=o,i,   .2*0-1 

?1=0,1,   -9(7*1) -1 

e»=-o,i,.  -9&J0-1 

darstellen  kann.  Betrachten  wir  nämlich  jene  Kongruenz  (3)  zuerst 
modulo  4  •  2**  und  beachten  wir  dabei,  dafs  yl9  y%}  •••  für  diesen 
Modul  alle  kongruent  Eins  sind,  während  y  und  y0  bezw.  kongruent 
' —  1  und  5  werden,  so  ergiebt  sich  aus  ihr  die  Kongruenz: 

r  =  (—  tf  bQo     (mod  4  •  2*o) , 

aus  der  sich  q  und  q0  eindeutig  als  Zahlen  der  beiden  Reihen  (0,  1) 
bezw.  (0,  1,  •  •  •  2*°  —  1)  bestimmen.  Betrachten  wir  zweitens  die- 
selbe Kongruenz  modulo  q.%  so  sind  alle  Zahlen  y  aufser  yi  kongruent 
Eins,  yi  aber  kongruent  gi  und  man  erhält  für  Qi  die  Kongruenz: 

r  =  gf     (mod  gj')  , 

welche  Qt  eindeutig  innerhalb  der  Reihe  0,  2,  •  •  •  9(g£'j —  1  bestimmt. 
Sind  auf  diese  Weise  alle  Exponenten  9,  q0)  q1}  •  •  •  bestimmt,  so 
ist  in  der  That: 

r  =  y*  y^°  y^1  •  •  •     (mod  m) , 

da  diese  Kongruenz  für  die  sämtlichen  in  m  enthaltenen  Primzahlpotenzen 

4  •  2\  q\\  q\\  ■■■ 

erfüllt  ist.     Umgekehrt  sind  auch  die  auf  diese  Weise  sich  ergebenden 


426  Neunundzwanzigste  Vorlesung. 

2  •  2*'"1  •  y  («*•)  <pt  (<£)  •  •  •  -  <p  (4  •  2*°^'  <£  •  •  •)  =  9(m) 

Zahlen  (y*  y*°  •  •  •)  offenbar  Einheiten  modulo  m,  welche  samtlich  mo- 
dulo  m  inkongruent  sind,  da  zwei  solche  Einheiten: 

r  =  y9  yj°  yf  •  •  • ,    r'=yQ  y9°  yf  •  •  •     (mod  w), 

für  welche  auch  nur  zwei  entsprechende  Exponenten  q{  und  p/  ver- 
schieden sind,  ja  schon  für  die  entsprechende  Primzahlpotenz  q/,  also 
a  fortiori  modulo  m  inkongruent  sein  müssen. 

Da  somit;  abgesehen  von  den  ein  für  alle  Male  fest  gewählten 
Grundzahlen  y7  y0f  yl7  •  •  •  jede  Einheit  r  modulo  m  durch  das  Ex- 
ponentensystem (p,  q0,  Qlf  •  •  •)  eindeutig  bestimmt  ist,  so  können 
und  wollen  wir  dieses  ähnlich  wie  das  am  Ende  des  §  2  für  den  Modul  2* 
betrachtete  Exponentensystem  (p,  q0)  als  das  zu  r  gehörige  Indexsystem 
bezeichnen,  und  diese  Zugehörigkeit  durch  die  Gleichung: 

charakterisieren.  Auch  hier  könnten  wir.  die  einzelnen  Exponenten 
Qi^<P  (qfj  annehmen,  haben  aber  dann  jene  Exponenten  Qi  nur  mo- 
dulo (p  (q**)  zu  betrachten;  wir  wollen  daher  jene  Exponenten  p,  immer 
bereits  auf  ihren  kleinsten  Best  reduziert  voraussetzen.  Zwei  Zahlen  r 
und  r  sind  dann  und  nur  dann  kongruent  modulo  my  wenn  ihre  In- 
dexsysteme (p,  q0,  q1}  •  •  •)  und  (p',  q0'9  Qt'7  •  •  •)  identisch  sind.  Aus 
der  Darstellung  zweier  Einheiten  r  und  r  durch  die  Produkte  (y9  y$  •  •  ) 

und  (y9  y{J°  •  •  •)  geht  endlich  ohne  weiteres  hervor,  dafs  auch  in  diesem 
allgemeinsten  Falle  die  Fundamentalgleichung: 

Indd  (rr)  =  Indd  (r)  +  Indd  (r  ) 
erfüllt  ist. 

§4. 

Wir  wenden  die  hier  entwickelte  Theorie  der  Indices  auf  die 
Zerlegung  der  Brüche  in  Partialbrüche  au,  indem  wir  zunächst  die 
a.  S.  125  gegebenen  Ausführungen  verallgemeinern.     Es  sei 

die  Zerlegung  einer  beliebigen  ganzen  Zahl  in  ihre  Primzahlpotenzen. 
Definieren  wir  dann  die  Zahlen  Qly  Q2)  •  •  •  durch  die  Gleichungen: 

(i)  ™  =  <£  Qt  =  i?Q*  = 


•  •  • 


so  ist  das  Divisorensystem  (Qx,  Q%y  — Q)  offenbar  äquivalent  Eins;  ist 


§  4.  Die  Zerlegung  rationaler  Brüche  in  Partialbrüche.  427 

also  n  eine  beliebige  ganze  Zahl,  so  kann  man  stets  solche  Multipli- 
katoren nXJ  na,  •  •  •  finden,  daGs 

(2)  »  — "ifc  +  "bft  +  -"  +  »fflf 
ist,  oder  wenn  man  mit  m  dividiert,  so  folgt: 

d.  h.  jeder  rationale  Bruch  kann  in  Partialbrüche  zerlegt  werden,  deren 
Nenner  die  einzelnen  in  dem  Nenner  enthaltenen  Primzahlpotenzen  sind. 
Da  allgemein  Q.  durch  jede  Primzahlpotenz  qhh  aufser  q*  teilbar, 
aber  zu  dieser  letzteren  teilerfremd  ist,  so  folgt,  dafs  n  dann  und  nur 
dann  durch  m  teilbar  ist,  wenn  alle  Koefficienten  w,  die  entsprechende 
Primzahlpotenz  q*  enthalten,  denn  aus  (2)  folgt: 

(3)  n  =  n{  Q{     (mod  $)  , 

d.  h.  n  ist  nur  dann  durch  q.{  teilbar,  wenn  dasselbe  für  n,  der  Fall 
ist.     Zwei  Zahlen: 

sind  also  stets  und  nur  dann  kongruent  modulo  m9  wenn  allgemein: 

nt.  =  n/     (mod  qty  (*=i,v  ■•*) 

ist.  Endlich  folgt  aus  den  Kongruenzen  (3)  ohne  weiteres,  dafs  n 
dann  und  nur  dann  zu  m  teilerfremd  ist,  wenn  allgemein  n{  nicht 
durch  qi  teilbar  ist. 

Wir  betrachten  nun  alle  Brüche  —  mit  dem  Nenner  m  und  denken 

m 

sie  uns  nach  (2*)  in  Partialbrüche  zerlegt.  Ein  solcher  Bruch  ist 
nach  der  soeben  gemachten  Bemerkung  dann  und  nur  dann  reduziert, 
d.  h.  Zähler  und  Nenner  sind  teilerfremd,  wenn  dasselbe  für  die  ein- 
zelnen Partialbrüche  der  Fall  ist.    Nennen  wir  wieder  wie  im  §  1  der 

elften  Vorlesung  zwei  reduzierte  Brüche  —  und  —    äquivalent,   wenn 

sie  sich  nur  um  eine  ganze  Zahl  unterscheiden,  wenn  also  ihre  Zähler 
modulo  m  kongruent  sind,  so  folgt  aus  den  oben  gemachten  Bemer- 
kungen, dafs  jene  beiden  Brüche: 

—  =  /.  -T-     und      —  =    >  — 

i  i 

dann  und  nur  dann  äquivalent  sind,  wenn  je  zwei  entsprechende  Par- 
tialbrüche äquivalent  sind.  Man  erhält  also  ein  vollständiges  System 
nicht  äquivalenter  reduzierter  Brüche  mit  dem  Nenner  m,   wenn  man 


42*  N 

in    der  Darstellung     "**     die  Zähler  n    uiiabharjR?  v«  einander  ein 
vollständiges  System   irJc«»ngraeLter  Einheiten  fir  öä  entsprechenden 
Xenner  q*  durchlaufen  läl>t. 
Es  sei  nun  speziell: 

-»»    *.    *«■ 

wobei  v  >  3  angenommen  werde  und  j>2.  j*..  -  -  -  jetzt  ungerade  Prim- 
zahlen bedeuten.  Sind  dann  gl7  git  -  -  -  primitive  Wurzeln  rar  die 
Primzahlpotenzen  /y,  />*%  -  -  -?  so  kann  man  also  die  f-ii  nicht  äqui- 
valenten reduzierten  Bräche  folgendermaisen  darstellen: 

j-_  +  5<+^  +  *  +  ...     /■■-"  *-;-')• 

Diese  Darstellung  der  rationalen  Bruche  ist  für  alle  arithmetischen 
Untersuchungen  derselben  sehr  wichtig.  Die  kleinsten  Beste  aller  re- 
duzierten Brüche  mit  dem  Nenner  m  sind,  bei  festen  Grundzahlen 
9\i  9t f  —  durch  die  Exponenten  (A0,  hly  Aj,  — )  und  das  zugehörige 
Vorzeichen  des  ersten  Partialbruches  eindeutig  bestimmt  Ist  speziell 
v  =  1  oder  2,  so  tritt  an  die  Stelle  des  ersten  Partialbruches  offenbar 

2  oder  +  ~  *  Wir  werden  diese  Darstellung  gleich  bei  der  elemen- 
taren Frage  nach  den  Perioden  der  Dezimalbruche  anwenden. 


§5. 

Wir  wollen  die  Theorie  der  Potenzreste  zweitens  auf  die  Ent- 
Wickelung  der  rationalen  Brüche  nach  fallenden  Potenzen  einer  be- 
liebigen Grundzahl  anwenden« 

Wir  hatten  a.  S.  405  gesehen,   dafs   man  jeden  rationalen  Bruch 

OD  f X ) 

'      des    Rationalitätsbereiches   (x)   in   eine   nach   fallenden   Potenzen 

von  x  fortschreitende  konvergente  Reihe  entwickeln  kann,  und  wir 
hatten  umgekehrt  eine  gemeinsame  charakteristische  Eigenschaft  aller 
derjenigen  Reihen  dieser  Art  gefunden,  welche  rationale  Brüche  dar- 

stellen.  Genau  dasselbe  gilt  nun  auch  für  die  rationalen  Brüche  — 
im  Bereiche  fl|  der  rationalen  Zahlen. 

Ist  zunächst  y  irgend  eine  rationale  oder  irrationale  reelle  Zahl, 
und  g  eine  beliebige  positive  ganze  Zahl,  welche  gröfser  als  Eins  ist, 
so  kann  y  stets  folgendermafsen  nach  fallenden  Potenzen  von  g  ent- 
wickelt werden: 

(1)  y-5+^+!  +  ..., 


/    '    9 


§  6.  Verallgemeinerung  der  Dezimalbrüche  für  die  Grundzahl  g.        429 

w.o  die  Koefficienten  crr  cr+if  •  •  •  Zahlen   der  Reihe  0,  1,     •  •  g  —  1 

bedeuten.     Ist  nämlich  —  diejenige  Potenz  von  g9  für  welche: 

9* 

7  =  y<7=i>  oder  1^y?<9 

ist,  so  ist  identisch: 

wo  cr  eine  der  Zahlen  1,  2,  •  •  •  g  —  1  und  dr  ein  nicht  negativer 
echter  Bruch  ist,  so  dafs  also 

0^yr+i<g 

ist.  Man  kann  also  in  (2)  wieder  yr+i  =  <V+i  +  #r+i  setzen,  wo 
cr+i  =  [?V+i]  der  Reihe  0,  1,  •  •  •  g  —  1  angehört  und  dr+\  ein  echter 
Bruch  ist,  und  durch  Fortsetzung  dieses  Verfahrens  ergeben  sich  in  der 
That  so  viele  auf  einander  folgende  Glieder  der  Reihe  (1),  als  man  nur 
immer  will.  Eine  jede  solche  Reihe  konvergiert  unbedingt,  da  sie 
lauter  nicht  negative  Glieder  enthält  und: 


00  00  00 

C. 


ist;  sie  stellt  -auch  die  Zahl  y  mit  jeder  vorgegebenen  Genauigkeit  dar, 
da  ja  die  Differenz 

ist,  also  mit  wachsendem  q  beliebig  klein  gemacht  werden  kann. 

Diese  Darstellung  der  Zahlen  y  ist  aber  auch  stets  eindeutig,   es 

c 
sei   denn,    dais   von   einem   Gliede   —  an  alle  folgenden  Koefficienten 

f*+i,  c#+2,  •••    ihren    gröfsten   Wert  g  —  1    erhalten.     Alsdann   ist 
nämlich: 

cjl  +  . . .  +  cl  +  Lzl  +  fLr x 


(3)  y«i  +  ...  +  i  +  L-+f-!  + 


'+J  +  — iWd1  +  i  +  9m)mmi 


und  da  die  Summe  aller  Glieder: 

g9*1  g'  ■  -  *        y  '       r 

ist,  so  ist  in  diesem  Falle  y  in  der  That  auch  in  der  geschlossenen 
Form: 

(3»)  y-i  +  ari\+--'  +  A- 

9         9^  9 


430  Neunundzwanzigste  Vorlesung. 

darstellbar,  welche  man  erhalt,  wenn  man  alle  jene  Glieder  ^~     fort- 

läfst,  und  dafür  den  nächst  vorhergehenden  Koefficienten  nm  eine  Ein- 
heit vergrößert.  Dieser  Ausnahmefall  kann  also  nnr  bei  gewissen  ra- 
tionalen Brüchen  vorkommen,  nnd  wir  wollen  übereinkommen,  in  einem 
solchen  Falle  statt  der  unendlichen  Reihe  (3)  stets  die  endliche  Dar- 
stellung (3*)  f&r  y  zu  wählen.  Bei  dieser  Festsetzimg  kann  man  aber 
niemals  zwei  verschiedene  Darstellungen  für  eine  und  dieselbe  Zahl  y 
haben.     Wären  nämlich: 

y-^  +  ---  +  ^  +  ^+i  +  ^+i  +  --- 

r  m  m    I    1  *"m    1    8 

=  7  +  "-  +  7  +  ^m  +  ^  +  --- 

zwei  verschiedene  Darstellungen  derselben  Zahl  y,  so  wollen  wir  die 
allgemeinste  Annahme  machen,  dafs  die  ersten  Koefficienten  cr7  Cr+\7  •  •  •  c$ 
in  beiden  Reihen  gleich  sind,  dagegen  cr'+i  >  cr+i  ist,  während  wir 
über  die  relative  Gröfse  der  folgenden  Koefficienten  nichts  voraussetzen 
wollen.    Dann  müfste  aber: 

sein,  und  dies  ist  unmöglich,  da  das  erste  Glied  sicher  positiv  und 
mindestens  gleich  — r^  ist,  während  die  Summe  aller  folgenden  sicher 

gröfser  als  die  Reihe: 

ist,  denn  diesen  Wert  würde  man  dann  und  nur  dann  erhalten,  wenn 
man  in  den  Differenzen  (cr'+*  —  cr+ h)  oüe  cr'+Ä  ==*  0  und  alle 
cr+h  —  ff  —  1  annähme,  eine  Voraussetzung,  die  durch  die  soeben  ge- 
troffene Festsetzung  verboten  ist.  Also  kann  die  Differenz  (4)  niemals 
gleich  Null  sein,  die  Darstellung  aller  Zahlen  y  ist  somit  eindeutig. 
Wir  können  das  soeben  gefundene  Resultat  auch  in  der  folgenden 
positiven  Form  aussprechen: 

Von  zwei  Reihen  ^  -f  und  ^  -f  ist  die  zweite  gröfser  als 

die  erste,  wenn  in  der  Differenz    y^  -*—. — !  der  erste  nicht  ver- 
schwindende Koefficient  positiv  ist. 

Wählt  man  speziell  g  =  10,  so  erhält  man  die  bekannten  Theo- 
reme über  die  Darstellung  der  Zahlen  y  durch  Dezimalbrüche,  speziell 


§  5.   Verallgemeinerung  der  Dezimalbrüche  für  die  Grundzahl  g.        431 

den  Satz,  dafs  eine  Zahl  y  durch  den  zugehörigen  Dezimalbruch  ein- 
deutig  dargestellt  wird,  wenn  man  festsetzt,  dafs  eine  Neunerperiode, 
falls  sie  auftreten  sollte,  durch  denjenigen  Bruch  ersetzt  wird,  in 
welchem  die  letzte  vor  der  Periode  stehende  Ziffer  um  Eins  ver- 
gröfsert  wird. 

Wir  wollen  der  kürzeren  Schreibweise  wegen  auch  für  eine  be- 

c  c 

liebige  Grundzahl  g  eine  Reihe  c0  +  —  +  -\  +  •  •  •   abgekürzt  in  der 

Form: 

CQ>    Cl    C%    °Z     '  '  ' 

schreiben.  Dann  bestehen  für  das  Rechnen  mit  den  Brüchen  mit  der 
Grundzahl  g  wörtlich  dieselben  Regeln  wie  für  die  Dezimalbrüche, 
speziell  gilt  der  Satz,  dafs  jeder  solche  Bruch  stets  kleiner  ist  als  eine 
Einheit  der  nächsten  links  befindlichen  Stelle. 

Es  sei  nun   —  ein  beliebiger  echter  Bruch  in  seiner  reduzierten 
Form  und 

(5)  £  =  °>  ci  c*  *  '  "  •  =  7"  +  % A — 

seine  Entwickelung  nach  fallenden  Potenzen  der  ein  für  alle  Male  ge- 
gebenen Grundzahl  g.  Multiplizieren  wir  dann  die  Gleichung  (5)  mit 
einer  beliebigen  Potenz  gh9  so  haben  wir  rechts  offenbar  nur  das  Komma 
um  h  Stellen  nach  links  zu  rücken,  und  wir  erhalten  so  die  Glei- 
chungen: 

g*  •  —  =  <\    C*    •  '  •  ChJ  C*+i    CA  +  2    •  •  •  (4—0,1,1,...). 

ferner  ergiebt  sich  für  die  gröfste  in  diesem  Bruche  enthaltene  ganze 
Zahl: 


[ff*  ■-£"]  — ci  c*  •••^00' 


weil  der  fortgelassene  Bruch  0,  £*+!>  *  *  -  offenbar  <  1  ist.    Also  folgt 
durch  Subtraktion: 

^•-Ä--[>-ijr]-0>*+i  <*+••••• 

Auch  dieser  echte  Bruch  ist  offenbar  ein  solcher  mit  dem  Nenner  my 

da  er  sich  von  gh*  —  nur  um  eine  ganze  Zahl  unterscheidet;  jedoch 

braucht  er  nicht  reduziert  zu  sein.     Wir  wollen  ihn  gleich  — -  setzen. 

Auf  diese  Weise  erhält  man  unendlich  viele  reduzierte  echte  Brüche 
mit  dem  Nenner  m: 

_A  =  0,  ch+1  ch+%  •  •  •;  (a=o,i,2,...) 

in 


432  Nenamubwaimgrte  Yortesang. 

da  aber  im  ganzen  nur  m  solcher  Brache  existieren,  so  müssen  sie 
sich  notwendig  wiederholen.     Es  seien  nun: 

(6)  J     and     ^±-r 

die  beiden  ersten  echten  Brache  dieser  Reihe,  welche  identisch  sind, 
so  dafe  also: 

0,    Cq  +  i    Cq  +  i    •  •  •    =0,    C^+r+X    <V+r+ * 

ist.  Wegen  der  Eindeutigkeit  der  Darstellung  durch  solche  Reihen 
kann  aber  diese  Gleichung  .nur  dann  stattfinden,  wenn  die  Koef- 
Seien ten  Glied  ffir  Glied  identisch  sind,  wenn  also: 

wenn  also  von  dem  Koefficienten  cQ+%  an  allgemein  ist: 

zugleich  sind  offenbar  p  und  r  die  kleinsten  derartigen  Zahlen,  für 
welche  diese  Gleichungen  erfüllt  sind,  denn  bestanden  entsprechende 
Relationen  auch  schon   für   qq  <  q,   r0  <  r,   so    wäre   offenbar   schon 

__£•  _  _&+!•.     algo   die   Brüche  (6)   nicht   die   ersten,   welche   in   der 
mm'  v  '  ' 

n. 

Reihe  —  einander  gleich  sind. 

Dasselbe  ist  natürlich  auch  für  einen  unechten  rationalen  Bruch 
der  Fall,  da  hier  ja  nur  noch  eine  endliche  Anzahl  von  Stellen  links 
vom'  Komma  hinzutreten,  wir  brauchen  daher  im  folgenden  nur  die 
echten  Brüche  zu  berücksichtigen. 

*  Jeder  rationale  echte  Bruch  —  ist  also  bei  einer  Entwickeluni? 

m  ° 

nach  fallenden  Potenzen    von  g  gleich  einem  gemischt  perio- 
dischen Bruche: 


w        A  

—  =  U,    Cx     •  •  *    Cq      fy+i      fy+2     •  •  •    fy+r     fy+l      Cq+2     •  .  •    Cq+r 


Umgekehrt  stellt  jede  solche  periodische  Reihe  einen  rationalen  echten 
Bruch  dar.     In  der  That,  sei  etwa: 

multiplizieren  wir  diese  Gleichung  einmal  mit  g?}  das  andere  Mal  mit 
g?+r,  so  werden  die  hinter  dem  Komma  stehenden  Bestandteile  beide 
Male  identisch,  nämlich  0,  fy+i  •  .  •  cQ+r  c^+i  .  .  .  fy+r  . .  • .  Die 
beiden  Produkte  gQy  und  gQ+ry  unterscheiden  sich  demnach  nur  um 
eine  ganze  Zahl,  oder  ihre  Differenz: 

9*+ry  —  9*Y  =  gft(sr  —  l)y  =  w 


§  6.   Entwickelung  einer  Gröfse  nach  fallenden  Potenzen  von  g.         433 
ist  sicher  eine  ganze  Zahl.     Also  ist  in  der  That: 

und  hiermit  ist  unsere  Behauptung  vollständig  erwiesen.  Ausserdem 
zeigt  sich  aber,  dafs  der  Nenner  m  des  so  dargestellten  Bruches  not- 
wendig ein  Divisor  des  Produktes  g*(<jF —  1)  sein  mufs,  wenn  q  die 
Anzahl  der  nicht  periodischen  Glieder,  r  die  Gröfse  der  Periode  be- 
deutet. 

Ist  aber  umgekehrt  der  reduzierte  echte  Bruch  —  gegeben,  so 

kann  man  die  Anzahl  q  der  unperiodischen  Elemente  und  die  Gröfse 

r  seiner  Periode  bei  der  Entwickelung  nach  Potenzen  von  g  allein  aus 

seinem  Nenner  und  der  Grundzahl  g  bestimmen.    Ist  nämlich  wieder: 

n        A  

—  =  u,  cx  "-  c9   cQ+x  - . .  ce+r  •  •  •, 

so  sind  die  beiden  Produkte 

g*  —     und    fltf+r— 

9    m  *        m 


die  ersten  in    der   Reihe  gh  — ,   welche   äquivalent   sind,   für   welche 
also  die  Differenz: 

eine  ganze  Zahl  ist.     Da  nun  n  relativ  prim  zu  m  ist,  so  folgt,  dafs 
q  und  r  die  kleinsten  Zahlen  sind,  für  welche 

(7)  g*(f-l)  =  0    (modm) 

ist,  und  durch  diese  eine  Bedingung  sind  p  und  r  eindeutig  bestimmt. 
Ist  erstens  der  Nenner  m  zur  Grundzahl  g  teilerfremd,  so  besteht 
die  Kongruenz  (7)  dann  und  nur  dann,  wenn  der  zweite  Faktor  (f —  1 
für  sich  durch  m  teilbar  ist;  in  diesem  Falle  ist  also  q  =  0  und  r  ist 
der  kleinste  Exponent,  für  den  (f  —  1  durch  m  teilbar  ist,  d.  h.  der 
Exponent,  zu  dem  g  modulo  m  gehört. 

Alle  Brüche  — ,    deren   Nenner    zur   Grundzahl   q    teilerfremd 

sind,  ergeben  also  bei  ihrer  Entwickelung  nach  fallenden 
Potenzen  von  g  rein  periodische  Reihen,  und  die  Länge  der 
Periode  ist  gleich  dem  Exponenten,  zu  dem  g  modulo  m  ge- 
hört. 

Besitzt  zweitens  m  genau  dieselben  Primfaktoren,  wie  die  Grund- 
zahl g9  so  ist  für  jedes  r  >  1  (<f  —  1)  zum  teilerfremd;  also  ist 
hier  r  =  1  zu  nehmen,  und  q  ist  der  niedrigste  Exponent,  für  welchen 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  28 


434  Xennundzwanrigste  Vorlesung. 

(7*)  ge  =  0    (mod  m) 

ist.     In  diesem  Falle  ist  also: 

n  A 

—  =  U?  cl  '  '    c9  ^+iCe+iCe+1  •  •  • 


Multipliziert  man  aber  diese  Gleichung  mit  g*  und  beachtet  dabei,  dafs 
dann 

-^ge  =  qcj  ••  •  ^,r{i+1ce+i  •  -  • 

wegen  (7*)  eine  ganze  Zahl  ist,  so  folgt,  dafs  c^+i  =  0  sein  muls;  in 
diesem  Falle  bricht  also  der  Bruch  0,  Cj  •  •  •  nach  q  Gliedern  ab,  und 
die  Anzahl  seiner  Glieder  ist  durch  die  Kongruenz  (7*)  bestimmt    Ist 

wo  alle  Ä  mindestens  gleich  Eins  sind,  so  ist  q  die  kleinste  ganze 
Zahl,  für  welche  p\hl  •  •  •  p^  r  durch  p  *  •  •  •  prr  teilbar  ist,  welche  also 
gleich  oder  gröfser  ist  als  die  r  Brüche: 

V  V    "  K 

Wir  wollen  diese  Zahl  kurz  durch 

bezeichnen.  Besitzt  die  Grundzahl  g  nur  einfache  Primfaktoren,  sind 
also  alle  h{  =  1,  so  ist  einfach  q  =  [klf  •  •  •  kr)  der  gröfste  unter 
den  Exponenten  k{  von  m.     Es  ergiebt  sich  also  als  zweiter  Satz: 

Besteht  der  Nenner  des  Bruches  —  nur  aus  Primfaktoren  der 

m 

Grundzahl  g7  so  bricht  die  Entwickelung  nach  fallenden  Potenzen 

von  g  nach  q  Gliedern  ab,  wenn  gQ  die  kleinste  Potenz  der 

Grundzahl  ist,  welche  durch  m  teilbar  ist. 

Sind  endlich  m  und  g  ganz  beliebig  gegeben,  so  kann  man  m 
stets  in  zwei  Faktoren  ym^  so  zerlegen,  dafs  y  alle  Primfaktoren 
von  m  enthält,  welche  auch  in  g  vorkommen,  dafs  also  mx  zu  g  teiler- 
fremd ist.  Dann  folgt  aus  der  Kongruenz  (7),  dafs  jetzt  q  und  r  die 
kleinsten  Zahlen  sind,  für  welche  die  beiden  Kongruenzen: 

(7b)  gd  =  0    (mod  y),        ^=  1     (mod  m,) 

erfüllt  sind.  In  diesem  Falle  ist  also  der  Bruch  stets  gemischt  perio- 
disch, und  die  Anzahl  von  nichtperiodischen  und  periodischen  Gliedern 
wird  durch  die  beiden  Kongruenzen  (7b)  bestimmt. 


§  5.   Die  periodischen  und  nicht  periodischen  Glieder  der  Dezimalbrüche.    435 

Wenden  wir  diese  Resultate  auf  die  Entwickelung  rationaler 
Brüche  in  Dezimalbrüche,  also  auf  den  Fall  g  =  2  •  5  an,  so  ergeben 
sich  die  Sätze: 

1)  Jeder  reduzierte  rationale  Bruch,  dessen  Nenner  von  der  Form 
m  =  2*  •  5/*  ist,  ergiebt  einen  endlichen  Dezimalbruch,  und  die  Anzahl 
seiner  Ziffern  rechts  vom  Komma  ist  dem  gröfseren  der  beiden  Ex- 
ponenten a  und  ß  gleich.     So  ist  z.  B.: 

4Ö  ^  2*^3  =  °>291 " 

2)  Ein  reduzierter  Bruch  ist  dann  und  nur  dann  rein  periodisch, 
wenn  sein  Nenner  weder  durch  2  noch  durch  5  teilbar  ist,  und  die 
Länge  der  Periode  ist  gleich  dem  Exponenten,  zu  welchem  10  für  den 
Nenner  als  Modul  gehört.  So  haben  z.  B.  alle  Brüche  mit  den  Nennern 
3  und  9  eine  eingliedrige  Periode,  alle  Brüche  mit  dem  Nenner  11 
eine  zweigliedrige,  alle  Brüche  mit  dem  Nenner  37  eine  dreigliedrige 
Periode,  weil  10  modulo  37  zum  Exponenten  3  gehört;  ebenso  haben 
alle  Brüche  mit  dem  Nenner  7  eine  sechsgliedrige  Periode,  weil 
10  =  3  (mod  7)  eine  primitive  Wurzel  modulo  7  ist.     Z.  B.  ist: 

1  =  0,027027...,    y  =0,571428  ... 

3)  Jeder  Bruch  — -3 —   ist  einem  gemischt  periodischen  Dezimal- 

2ab"m1 

brache  gleich,  welcher  soviel  unperiodische  Ziffern  enthält,  als  der 
größere  der  beiden  Exponenten  (a,  ß)  angiebt,  und  dessen  Periode 
gleich  dem  Exponenten  ist,  zu  dem  10  modulo  mx  gehört. 

So  besitzt  z.  B.  —  =  — -—  drei  unperiodische  und  sechs  periodische 

Ziffern,  ebenso  besitzt  der  Bruch: 

247  247 


92400         24-  5*-  3  •  7     11 

vier  unperiodische  und  sechs  periodische  Ziffern,  weil  10  für  die  Prim- 
zahlen 3,  7,  11  bezw.  zu  den  Exponenten  1,  6,  2,  für  ihr  Produkt 
also  zum  Exponenten  6  gehört,  und  in  der  That  ist: 

^ö  =  0,089285Tl4.... 

Es  sei  jetzt  (g,  m)  ~  1  und  g  gehöre  zum  Exponenten  r  modulo  w. 

Dann   ergiebt  jeder   der   q>(rri)   nicht   äquivalenten   reduzierten  echten 

Brüche   mit   dem  Nenner  m    bei  seiner  Entwickelung  nach  fallenden 

Potenzen  von  g  eine  rein   periodische  Reihe  von  r  Gliedern.     Es  sei 

nun: 

28* 


436  Nennnndzwanzigste  Vorlesung. 

—  =  0, Kc9  •  ••  c     7c~  (Tel  •  •  • 
eine  dieser  Reihen,  dann  gehören  zu  ihr  noch  genau  r  andere  Reihen: 

^      =  0?ctct...crcl  c^  •  -  • 


m 


»r-1 


m 


=  0fcrc1...cr_icr_lcrcl 


von  denen  jede  ans  der  vorhergehenden  dadurch  entsteht,  dafs  man 
die  Glieder  seiner  Periode  um  eine  Stelle  cyklisch  verschiebt.  Alle 
diese  Reihen  stellen  offenbar  rationale  echte  Brüche  dar,  aber  auch 
solche  mit  dem  Nenner  m,  denn  es  sind  diejenigen  positiven  echten 
Brüche,  denen  die  r  Produkte: 

-,    9-y   9%n\  ■••  iT-1-0 

äquivalent  sind,  und  diese  besitzen  in  ihrer  reduzierten  Form  wirk- 
lieh  alle  den  Nenner  m.    Das  nächstfolgende  Produkt  if  *  —  ist  wieder 

äquivalent   — ,   weil   (f  =  1  (mod  m)   ist.      Greift   man  nun  aus  den 

<p  (m)  —  r  übrigen   reduzierten   echten   Brüchen    —  einen  —  heraus, 

welcher  in  der  Reihe   _i  noch  nicht  enthalten  ist,  so  gehört  zu  ihm 

wieder  ein  neuer  Gvklus  ( — ,  — ,  •  ■  •   )  von  r  verschiedenen  re- 

J  \m  7    m  7  fii    / 

duzierten  echten  Brüchen  — ,  welche  aus  —   durch   cykliche  Vertau- 

schung  der  Elemente  seiner  Periode  hervorgehen;  von  ihnen  ist  offen- 
bar wieder  keiner  in  der  ersten  Reihe  enthalten,  da  ja  entgegen- 
gesetzten Falles  die  ganzen  Cyklen  identisch  sein  müfsten.  Geht  man 
in  derselben  Weise  fort,  so  erkennt  man,  dafs  sich  die  <p(m)  redu- 
zierten echten  Brüche  in  ^-^  Klassen  von  je  r  reduzierten  Brüchen 

sondern,  welche  immer  aus  einem  von  ihnen  durch  cyklische  Vertau- 
schung der  Elemente  seiner  Periode  hervorgehen. 

Betrachtet  man  z.  B.  die  Entwickelung  der  12  reduzierten  echten 

Brüche  —  für  (n  =  1,  2,  •  •  •  12),  so  zerfallen  diese,  da  10  modulo  13 

zum  Exponenten  6  gehört,  in  zwei  Klassen  von  je  sechs  Brüchen, 
welche  man  leicht  hinschreiben  kann.    Greifen  wir  irgend  einen  dieser 

Brüche,  etwa:  —  =  0,384  615  •  •  •   heraus,   multiplizieren   beide   Seiten 


§  6.   Die  periodischen  und  nicht  periodischen  Glieder  der  Dezimalbrüche.    437 

mit  10,  and  reduzieren  sie  dann  auf  den  kleinsten  äquivalenten  echten 
Bruch,  und  fahren  in  derselben  Weise  fort,  so  ergiebt  sich  ein  erster 
Cyklus: 

^  =  0,384 615  •  •  • ,  ^  =  0,615384  •  •  • , 

jg  =  0,846 153  •  •  - ,  1  =  0,153  846    •  • , 

jg  =  0,46T538  •  ■  • ,  ~  =  0,538461 

dessen  Zähler  offenbar  die  Divisionsreste  sind,  welche  sich  bei  der  Ver- 
Wandlung  von  ±  in  ein«»  Dezimalbruch  ergeben.  Wählen  wir  dann 
als  Anfangsglied  des  zweiten  Cyklus  etwa 

1  =  0,076928  •  •  - , 

so  ergiebt  sich  dieser  genau  ebenso,  und  zwar  entspricht  er  den  Ent- 
wickelungen  der  echten  Brüche: 

i      *2    JL    1?    iL    i_ 
13'   13  >   18'   13 '   W   13* 

Ist  speziell  g  primitive  Wurzel  zu  m,  so  gehören  alle  reduzierten 

echten  Brüche  —  zu  einer  einzigen  Klasse,  gehen  also  aus  einem  von 

ihnen  durch  cyklische  Vertauschung  der  Periodenglieder  hervor.  Nach 
den  Resultaten  des  §  2  dieser  Vorlesung  kann  dieser  Fall  überhaupt 

nur  für  reduzierte  Brüche  4  eintreten,   deren  Nenner   eine  Primzahl- 

P 

potenz  ist.  Innerhalb  des  ersten  Hunderts  ist  die  Zahl  10  primitive 
Wurzel  zu  den  folgenden  neun  Primzahlen: 

7,    17,    19,    23,    29,    47,    59,    61,  97; 

nur  die  Brüche  mit  diesen  Primzahlnennern  geben  also  bei  Verwandlung 
in  Dezimalbrüche  einen  einzigen  Cyklus,  so  ist  z.  B.  für  p  =  7: 

y  =  0,142857  . .  • ,  y  =  0,571 428  .  - . , 


5 


y  =  0,285  714  ... ,  y  =  0,714285  •  ■  • , 


6 


-  =  0,428571  •  • .,  ~  =  0,857  142  ... . 

Ebenso   gehört   10  modulo  49   nach  dem  a.  S.  419   bewiesenen  Satze 
zum  Exponenten  9 (49)  =  42,  weil  106—  1  =  (100)8—  1  =  7  (mod  7*) 

ist.     Alle  42  reduzierten  Brüche  -^  besitzen  also  dieselbe  Periode  von 
42  Stellen. 


Dreifsigste  Vorlesung. 

Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  tnh  +  r,  sobald  (»,  r)  =  1 
ist.  —  Beweis  dieses  Satzes  für  einige  spezielle  Fälle.  —  Schärfere  Formulierung 
der  Aufgabe.  —  Die  Charaktere  einer  Zahl  r  modulo  m.  —  Grundeigenschaften 
der    Charaktere.    —    Der    Hauptcharakter,    die    reciproken    und    die    ambigen 

Charaktere. 

§1. 

Zum  Abschlufs  der  ersten  Hälfte  dieser  Vorlesungen  wenden  wir 
uns  einem  Probleme  zu,  dessen  Lösung  fast  alle  Resultate  voraussetzt, 
die  wir  bisher  abgeleitet  haben,  nämlich  zum  Beweise  des  folgenden 
Satzes: 

Jede  unbegrenzte  arithmetische  Reihe,  deren  erstes  Glied  und 
Differenz  ganze  Zahlen  ohne  gemeinschaftlichen  Faktor  sind, 
enthält  unendlich  viele  Primzahlen. 

Während  der  allgemeine  Beweis  dieses  Satzes  mit  den  Mitteln 
der  elementaren  Arithmetik  nicht  geführt  werden  konnte,  gelingt  der- 
selbe für  einige  spezielle  arithmetische  Reihen  leicht  mit  Hülfe  der 
Methode,  welche  Euklid  für  den  Beweis  der  unendlichen  Anzahl  aller 
Primzahlen  benutzt  hat.  Wir  geben  zunächst  einige  von  diesen 
speziellen  Sätzen  an: 

I.  Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  6n  —  1. 

Zum  Beweise  dieses  Satzes  bemerke  ich  zuerst,  dafs  jede  Zahl  m  von 
der  Form  6n  —  1  notwendig  mindestens  einen  Primfaktor  derselben 
Form  haben  mufs.  Da  nämlich  jede  oberhalb  3  liegende  Primzahl 
eine  der  beiden  Formen  6n  +  1  oder  6n  —  1  hat,  so  liegt  die  Richtig- 
keit dieser  Behauptung  auf  der  Hand,  denn  besäfsen  alle  Primfaktoren 
von  m  die  Form  6w  -f-  1,  so  würde  ja  dasselbe  von  ihrem  Produkte 
tn  gelten. 

Angenommen  nun,  es  gäbe  nur  eine  endliche  Anzahl  Primzahlen 

von  der  Form    6n  —  1,    und  p   sei   die   gröfste   unter   ihnen;   setzen 

wir  dann; 

m  — (2-3-5-7  •  11  •-  •/>)  —  1, 


§  1.   Der  Dirichletsche  Satz  über  die  arithmetische  Reihe.  439 

so  besitzt  m  die  Form  6n  —  1  und  ist  offenbar  durch  keine  von  den 
Primzahlen  5,  11,  17,  •••  p  derselben  Form  teilbar.  Also  mufs  unter 
den  Primfaktoren  von  m  mindestens  einer  vorbanden  sein,  welcher 
die  Form  6n — 1  hat,  und  gröfser  ist  als  p,  und  damit  ist  die  obige 
Behauptung  bewiesen. 

II.  Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  4w  —  1. 

Jede  Zahl  m  von  der  Form  4w  —  1  besitzt  notwendig  mindestens 
einen  Primfaktor  derselben  Form,  denn  das  Produkt  beliebig  vieler 
Primfaktoren  4n  -f-  1  besitzt  offenbar  wieder  dieselbe  Form.  Wäre 
also  wieder  p  die  letzte  Primzahl  der  Form  4n  —  1,  so  ist  die  Zahl: 

m  =  4  •  (3  •  5  •  •  ■  p)  —  1 

wieder  eine  Zahl  von  der  Form  4n  —  1 ,  welche  also  notwendig  min- 
destens einen  Primfaktor  derselben  Form  haben  mufs,  welcher  gröfser 
als  p  ist,  weil  m  durch  keinen  der  Primfaktoren  teilbar  ist,  die 
^p  sind. 

III.  Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  4n  -f-  1. 

Wir  werden  später  den  Satz  beweisen,  dafs  eine  Zahl  m  =  a*  -f-  b2, 
in  welcher  a  und  b  teilerfremd  sind,  nur  ungerade  Primteiler' von  der 
Form  4n  +  1  besitzt;  wir  nehmen  diesen  Hülfssatz  schon  hier  als  be- 
wiesen an.  Angenommen  nun,  die  Anzahl  aller  Primzahlen  der  Form 
4n  -f-  1  sei  endlich,  und  p  sei  die  letzte  unter  ihnen,  dann  folgt  genau 
wie  vorher,  dafs  die  Zahl: 

m  =  4  •  3*  •  52  - .   p%  +  1 

notwendig  entgegen  unserer  Annahme  mindestens  einen  oberhalb  p 
liegenden  Primfaktor  von  der  Form  4n  +  1  haben  mufs. 

IV.  Es  giebt  unendlich  viele  Primzahlen  von  der  Form  8n  +  5- 

Angenommen,  dieser  Satz  sei  nicht  richtig  und  p  sei  die  gröfste  von 
allen  Primzahlen  dieser  Form:  dann  besitzt  nach  dem  soeben  erwähnten 
Hülfssatz  die  Zahl: 

m  =  &'b*-p*  +  22 

nur  Primfaktoren  von  der  Form  4n -f-  1,  oder  was  dasselbe  ist,  von 
der  Form  8n  +  1;  oder  8«  -f-  5,  welche  sämtlich  gröfser  sind  als  p. 
Aber  m  selbst  ist  von  der  Form  8n  +  5,  weil  jede  der  Quadratzahlen 
3*,  5*,  •  •  •  p*  kongruent  Eins  modulo  8  ist.  Also  mufs  m  mindestens 
einen  Primteiler  derselben  Form  haben,  da  das  Produkt  beliebig  vieler 
Primfaktoren  der  Form  Sn  +  1  wieder  dieselbe  Form  hätte. 


440  Dreifsigste  Vorlesung. 

Endlich    beweisen   wir   noch   mit   elementaren   Hülfsmitteln    den 
folgenden  schon  sehr  allgemeinen  Fall  unseres  Hauptsatzes: 

V.  Es   giebt   unendlich   viele  Primzahlen   von  der  Form  mh  +  1> 
wenn  m  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeutet. 

Es  sei  m  beliebig  gegeben  und 

(i)  Fm(z)  =  TJ(x6'-iy* 

der   zu   m  gehörige  primitive  Divisor.     Dann  gilt  für  eine  beliebige 
Primzahl  p  der  folgende  Satz: 

Die  Kongruenz: 

(2)  *•«(*)  =  0     (modp) 

besitzt,  falls  p  kein  Teiler  von  m  ist,  dann  und  nur  dann  eine 
Lösung,  wenn  m  ein  Teiler  von  p  —  1,  wenn  also  p  von  der 
Form  mJx  -|~  1  ist;  ist  dies  der  Fall,  so  hat  sie  (nach  S.  377) 
genau  <p(m)  inkongruente  Wurzeln. 

Ist  nämlich  Je  eine  Wurzel  von  (2),  so  folgt  aus  der  Identität: 

(3)  sr  -  1  -  [J  F4(z) 


d/m 
m 


für  x  =  Je,  dafia  auch  die  Differenz  (Je  —  1)  durch  p  teilbar  ist,  und 
zweitens  sieht  man,  dafs  p  nicht  in  Je  enthalten  sein  kann.  Ferner  wollen 
und  können  wir  von  vorn  herein  Je  so  gewählt  annehmen,  dafs  (Jem —  1) 
zwar  durch  p9  aber  nicht  durch  p2  teilbar  ist.  Wäre  dies  nämlich 
der  Fall,  und  setzt  man  in  der  offenbar  richtigen  Kongruenz: 

(x  +  p)m —  1  =:  (xm  —  1)  +  fnxm~xp    (mod  p2), 

x  =  Je9  so  folgt  aus  der  dann  sich  ergebenden  Kongruenz: 

(Je  -f-  p)m  —  l^mT ~xp    (mod  p%)7 

d.  h.  (#m  —  1)  ist  entweder  für  x  =  Je  oder  für  x  =  Je  -f-  p  sicher 
nicht  durch  p2  teilbar.  Setzt  man  also  in  (3)  x  =  Jc}  so  enthält  nach 
der  soeben  gemachten  Voraussetzung  die  linke,  also  auch  die  rechte 
Seite  nur  die  erste  Potenz  von  p7  und  hieraus  folgt,  dafs  x  =  Je 
eine  Wurzel  von  (2)  ist,  aber  keine  einzige  der  Kongruenzen: 

Fd(x)  =  0    (modp), 

befriedigt,  deren  Index  d  ein  eigentlicher  Teiler  von  m  ist.  Hieraus 
folgt  weiter,  dafs  x  =  Je  auch  keiner  Kongruenz: 

tf1  —  1  =  0     (mod  p) 


§  1.   Spezielle  Fälle  des  Dirichletschen  Satzes.  441 

genügt,  deren  Exponent  ein  eigentlicher  Divisor  von  m  ist,   da  sonst 
wegen  der  Identität: 


af-l  =  TjFi(x) 

1/d 


mindestens  eine  der  Zahlen  F^(k)  p  enthalten  müfste,  deren  Index 
d  ein  eigentlicher  Teiler  von  m  ist. 

Da  aber  k  die  beiden  Kongruenzen: 

**==-- 1,        1f-l~l     (modp) 

befriedigt,  so  zeigt  man  genau  wie  a.  S.  378,  dafs  auch: 

^^eI     (mod  p) 

sein  mufs,  wenn  d  =  (w,  p  —  1)  den  gröfsten  gemeinsamen  Teiler  von  m 
und  p  —  1  bedeutet,  und  da  dies  nach  dem  soeben  bewiesenen  Satze 
nur  möglich  ist,  wenn  d  =  m  ist,  so  folgt  in  der  That,  dafs  die 
Kongruenz  (2)  nur  dann  eine  Lösung  hat,  wenn  m  ein  Teiler  von 
p  —  1  ist. 

Legt  man  also  in  Fm  (x)  x  irgend  einen  ganzzahligen  Wert  k  bei, 
so  enthält  die  Zahl  Fm  (k)  nur  solche  Primteiler,  welche  von  der  Form 
mh  -f-  1,  oder  solche,  welche  Teiler  von  m  sind.  Denkt  man  sich  das 
Produkt  (1)  ausmultipliziert,  so  besitzt  es  die  Form: 

(4)  Fm  (x)  -  x* {m)  +  A*M~l  +  -■■  +  *9im)-i*  +  l, 

denn  das  konstante  Glied  ist  1,  wie  sich  aus  (1)  für  x  =  0  ergiebt. 
Angenommen  nun,  es  gebe  nur  eine  endliche  Anzahl  Primzahlen 
von  der  Form  hm  +  1  und  p  sei  die  letzte  unter  ihnen.     Setzt  man 
dann  in  (4) 

x  =  P  =  m  -  (1  •  2  •  •  •  p) , 

so  ist  Fm(P)  eine  ganze  Zahl,  welche  keinen  Divisor  von  m  und 
keinen  Primteiler  von  der  Form  mh  +  1  enthält,  welcher  ^p  ist,  denn 
offenbar  läfst  ja  Fm(P)  durch  jeden  von  diesen  Faktoren  geteilt  den 
Rest  Eins.  Da  aber  Fm(P)  nur  Teiler  von  der  Form  mh  +  1  be- 
sitzt, so  müssen  diese  alle  gröfser  als  p  sein;  es  giebt  also  wirklich  un- 
endlich viele  Primzahlen  von  dieser  Form,  und  in  dem  endlichen  Inter- 
valle (p,  •  •  •  Fm  ( P))  mufs  mindestens  eine  neue  Primzahl  von  der 
Form  (hm  -f-  1)  liegen. 

Sind  wir  imstande,  wie  in  den  hier  betrachteten  Fällen  eine 
Zahlform  zu  finden,  welche  stets  mindestens  einen  Primteiler  der  vor- 
gelegten arithmetischen  Reihe  enthält,  so  können  wir  die  Euklidische 
Beweismethode  immer  anwenden.     Dann  löst  diese  Methode  aber  die 


442  Dreifsigste  Vorlesung. 

Aufgabe  in  der  strengeren  Fassung,  dafs  wir  für  jede  vorgelegte  Zahl 
ti  eine  gröfsere  Zahl  v  so  angeben  können,  dafe  in  dem  endlichen 
Intervalle  ((i  •  •  •  v)  mindestens  eine  Primzahl  der  betrachteten  Form 
enthalten  ist. 

Leider  können  wir  aber  solche  Zahlformen  nur  in  seltenen  Fallen 
finden,  und  so  war  Dirichlet  genötigt,  fftr  die  Untersuchung  der 
allgemeinen  arithmetischen  Reihe  andere  Methoden  zu  benutzen,  mit 
deren  Hülfe  er  der  Zahlentheorie  ganz  neue  Wege  eröffnete*).  Es 
ist  aber  Dirichlet  nicht  gelungen,  die  allgemeinere  Aufgabe  in  dem 
eben  angegebenen  strengeren  Sinne  zu  lösen.  Im  Folgenden  wollen 
wir  den  Dirichletschen  Beweisgang  so  vervollständigen,  dafs  er  auch 
dieser  letzten  und  höchsten  Anforderung  genügt.  Wir  stellen  uns 
daher  gleich  die  folgende  allgemeine  Aufgabe,  in  welcher  der  Dirichlet- 
sche  Satz  offenbar  enthalten  ist: 

Ist  fi  eine  beliebig  gegebene  Zahl,  so  soll  eine  andere  endliche 
Gröfse  v  >  fi  so  bestimmt  werden,  dafs  in  dem  Intervalle  {p,  •  •  •  v) 
mindestens  eine  Primzahl  von  der  Form  hm  -\-  r  enthalten  ist, 
wenn  m  und  r  zwei  beliebige  teilerfremde  Zahlen  bedeuten. 

Die  hier  darzulegende  Theorie  habe  ich  bereits  in  einer  im 
Wintersemester  1875/76  gehaltenen  Vorlesung  über  die  Anwendung 
der  Analysis  auf  Probleme  der  Zahlentheorie  für  den  Fall  vorgetragen, 
dafs  die  Differenz  m  eine  Primzahl  ist.  Für  einen  zusammengesetzten 
Modul  wurde  diese  Untersuchung  vollständig  in  der  im  Wintersemester 
1886 — 1887  gehaltenen  Vorlesung  gegeben. 

§2. 
Es  sei 

r  -f-  mh  (*=o,i1a,    .) 

die  gegebene  arithmetische  Reihe,  und  (r,  m)  ~  1,  so  handelt  es  sich 
also  um  die  Anzahl  aller  Primzahlen  q,  welche  der  Bedingung: 

q  =  r     (mod  m) 

genügen.  Wir  nehmen  m  vollständig  beliebig  an,  nur  können  und 
wollen  wir,  ohne  die  Allgemeinheit  der  Untersuchung  zu  beeinträch- 
tigen, voraussetzen,  dafs  m  mindestens  durch  die  dritte  Potenz  von  2 
teilbar  ist;  es  sei  also: 


*)  Bericht  über  die  Verhandlungen  der  Kgl.  Preufs.  Akademie  der  Wiagen- 
schaften,  Jahrgang  1837,  S.  108—110.  Gesammelte  Werke  Bd.  I  S.  307—312.  — 
Abhandlungen  der  Kgl.  Preufs.  Akademie  der  Wissenschaften  v.J.  1837,  S.  45— 81. 
Gesammelte  Werke  Bd.  I  S.  313—342. 


§  2.   Die  Charaktere  der  Einheiten  modulo  tn.  443 

(1)  m  =  4.2N£<£...g^ 

die  Zerlegung  von  m  in  seine  Primiaktoren.  Offenbar  liegt  in  dieser 
Voraussetzung  keine  Beschränkung,  denn  ist  für  irgend  ein  m  bewiesen, 
dafs   die   AnwJil  aller  Primzahlen  von   der  Form   mh  4-  r  unendlich 

9 

grofs  ist,  wenn  (r,  tri)  =  1  ist,  so  zeigt  man  leicht,  dafs  dasselbe  auch 
von  der  Anzahl  aller  Primzahlen  der  Form  tn0h0  -f-  r0  gilt,  wenn  m0 
irgend  einen  Teiler  von  tn  bedeutet  und  (r0,  tn0)  =  1  ist. 

Ist  nämlich  zunächst  tn0  ein  Teiler  von  tn,  welcher  nur  eine  Prim- 
zahl p  weniger  oft  enthält  als  tn,  ist  also  tn  =  tnQp;  ist  ferner 
(r0,  w0)  =  1,  so  ist  sicher  entweder 

(la)  (r0,  tri)  =  1,     oder     (r0  +  m0,  tn)  =  1. 

Ist  nämlich  r0  durch  p  nicht  teilbar,  so  ist  es  auch  zu  pm0  teiler- 
fremd, also  (r0,  tri)  ~  1.  Enthält  dagegen  r0  die  Primzahl  p,  so  ist 
sicher  tn0  durch  p  nicht  teilbar,  weil  n.  d.  V.  (r0,  w0)  ~  1  ist.  Dann 
ist  also  (r0  +  w0,  i>w0)  ~  1,  weil  rQ-\-  tn0  p  nicht  enthält,  und  zu 
m0  relativ  prim  ist. 

Beachtet  man  aber,  dafs  von  der  arithmetischen  Reihe  (r0  +  tn0h0) 
mit  der  Differenz  m0  die  beiden  Reihen  mit  der  Differenz  m 

und 

*o  +  w0,   r0  +  m0  +  m,  r0  +  m0  +  2m,  -  •  • 

Partialreihen  sind,  und  dafs  n.  d.  V.  und  wegen  der  Äquivalenz  (la) 
mindestens  eine  von  ihnen  unendlich  viele  Primzahlen  enthält,  so  gilt 
dasselbe  von  der  Reihe  (r0  +  m0A);  so  ergiebt  sich  durch  successives 
Weiterschliefsen  die  Richtigkeit  der  obigen  Behauptung  für  den  Fall, 
dais  m0  ein  beliebiger  Teiler  von  tn  ist. 

Es  sei  tn  in  der  Form  (1)  gegeben;  und  es  mögen  wie  im  §  3  der 
vorigen  Vorlesung: 

(2)  r>  r<»  vi,  •  •  •  r0 

primitive  Wurzeln  für  die  Moduln: 

(2*)  4,  2%  £  . . .  gjr 

sein,  so  dafs  also: 

y*       =1     (mod  4) 

'/2*)  V*  °     =  1     (m°d  2A°+2) 

yf(v)=l    (mod  q*<) 

ist  und  keine  niedrigeren  Potenzen  jener  Zahlen  kongruent  Eins  sind; 
dann  ist  jede  Einheit  r  in  Bezug  auf  tn  durch  die  Kongruenz 


(/  =  1,2,-  -9) 


444  Dreifsigste  Vorlesung. 

(3)  r  =  yQ  yQQ°  y*1  •  •  •  yQJ>     (mod  m) 

für  m  eindeutig  bestimmt;  halten  wir,  was  im  Folgenden  immer  ge- 
schehen soll,  die  primitiven  Wurzeln  yi  ein  für  alle  Male  fest,  so  ist 
r  durch  das  zugehörige  Indexsystem: 

(3")  (Q,  Qo,  Qu-  Q9)  —  hdd  r 

ebenfalls  bestimmt,  und  man  erhält  ein  vollständiges  Indexsystem,  für 
alle  <p(tn)  inkongruenten  Einheiten  modulo  m,  wenn  man  die  Ex- 
ponenten q  unabhängig  von  einander  die  Zahlen: 

(3b)     p  =  0,  1;   <,0  =  0,  1,  ...  2*"—  1;   Qi  =  0,l,.--<p(qy-l 

durchlaufen  lafet. 

Wir  ordnen  nun  den  ganzen  Zahlen  y  der  Reihe  nach  die  folgen- 
den primitiven  Einheitswurzeln 

(4) 

zu,  und  zwar  sei: 

=    1 

(4«)  ca0  =  e'"°,  „      „       0,^      =1 

tni 

«,,  =  e»  ('?')  „      „       »f W')  =  1  (-i, 2,    • ,) 

die  niedrigsten  Potenzen  jener  Zahlen  sind,  welche  gleich  Eins  werden. 
Es  sei  nun  r  eine  Einheit  modulo  w,  und  Inddr=(p,(>0,(>1,--(^); 
ordnen  wir  r  jetzt  die  Einheitswurzel: 

(5)  Q(r)-(-i)jo>r- ••«.;» 

zu,  so  gehört  zu  jeder  Einheit  r  eine  und  nur  eine  Einheitswurzel 
Q(r),  welche  wir  einen  Charakter  von  r  nennen  wollen,  denn  durch  r 
ist  ja  das  Indexsystem  (p,  p0,  •  •  •),  also  Q(r)  eindeutig  bestimmt. 

Wir  wollen  aber  den  Begriff  des  Charakters  von  r  gleich  in  der 
Weise  verallgemeinern,  dafs  wir  an  Stelle  der  speziellen  in  (4a)  zu 
Grunde  gelegten  Einheitswurzeln  co,  o0,  •  •  •  <off  jedesmal  irgend  eine  von 
jenen  Wurzeln  betrachten.  Ist  aber  z.  B.  ©<  die  vorher  eingeführte 
spezielle  primitive  Wurzel  der  Gleichung: 

so  sind  alle  und  nur  die  übrigen  <p  (<?*')  von  einander  verschiedenen 
Wurzeln  derselben  Gleichung  in  der  Reihe 


03,      ÖJ0,      031,      ü2,    •  •  • 

• 

a, 

ei: 

tni 

(o  =  —  1  =  e  2  ,     so  dafs 

<D* 

tni 

(ö  =  e  2*° 

tni 

f 


§  2.   Die  Charaktere  der  Einheiten  modulo  tn.  445 

enthalten,  wenn  k{  die  Zahlen  0,  1,  2,  •  •  •  (plqy)  durchläuft.  Legen 
wir  also  statt  der  Zahlen  a>,  o0,  •  •  •  mg  in  (4*)  die  Zahlen 

(6)  ©*,    CöJ°,    (o\\  -  ■  •  CD*' 

zu  Grunde,  so  gehört  zu  der  Einheit  r  modulo  m  die  Einheitswurzel: 

welche  für  diese  Wahl  der  Einheits  wurzeln  (6B)  der  Charakter  von  r  heifsen 
soll.  .  Wenn  kein  Mifsverstandnis  zu  befürchten  ist,  wollen  wir  im 
folgenden  das  zu  Grunde  gelegte  Exponentensystem  (k,  k0)  ki}  •  •  •) 
kurz  durch  (k)  und  den  zugehörigen  Charakter  einfacher  durch 

»*)(r) 

bezeichnen.  Auch  hier  entspricht  für  ein  festes  Wertsystem  (Je,  k0,  •  •  •) 
jeder  Einheit  r  offenbar  ein  Charakter  QW(r). 

Halten  wir  das  Exponentensystem  (k)  fest,  so  gehört  also  zu  jeder 
positiven  oder  negativen  ganzen  Zahl  r  ein  vollständig  bestimmter 
Charakter  QW(r),  sobald  nur  r  zu  m  teilerfremd  ist.  Wir  wollen  aber 
Q(*)(r)  auch  für  den  Fall  definieren,  dafs  r  und  m  einen  gemeinsamen 
Teiler  besitzen;  wir  setzen  fest,  dafs  in  diesem  Falle  stets: 

Q(*)(r)  =  0 
sein  soll. 

Die  so  für  alle  ganzen  Zahlen  definierten  Charaktere  Qw(r)  haben 

dann  die  beiden  Fundamentaleigenschaften,  dafs  erstens 

(7)  »*>(r)  =  »*)(/) 

ist,  sobald 

r  ==  /     (mod  tn) 

ist.  Sind  nämlich  die  kongruenten  Zahlen  r  und  r  beide  Einheiten, 
so  gehört  ja  zu  ihnen  dasselbe  Indexsystem  (q,  q0,  •  •  •),  also  auch  der- 
selbe Charakter  Q(*)(r);  hat  dagegen  r  einen  gemeinsamen  Teiler  mit  tn, 
so  gilt  dasselbe  von  r,  ihre  Charaktere  sind  also  beide  gleich  Null. 
Zweitens  besitzen  aber  die  Charaktere  stets  die  Multiplikationseigen- 
schaft, d.  h.  für  zwei  beliebige  Zahlen  r  und  r  ist: 

(7*)  Q(*)(r)  Q<*>(/)  =  QW(rr) . 

Dies  ist  klar,  sobald  auch  nur  einer  der  beiden  Faktoren  r  und  r  mit 
m  einen  gemeinsamen  Teiler  hat,  denn  dann  gilt  ja  dasselbe  für  ihr 
Produkt;  beide  Seiten  unserer  Gleichung  sind  dann  also  Null.  Sind 
dagegen  r  und  /  beide  Einheiten  modulo  tn  und  ist: 


446  Dreifrigste  Vorlesung. 

Indd  r  =  (q,  9o,  ft,  -  •  •),     Indd  r  =  (q,  q0',  fcf,  - .  •) , 
also 

Indd  (r#0 -(*  +  ¥',*  +  *',-•  •), 

so  ist  ja  in  der  That: 

»*>(r) QW(r')  =  (—  lyCe+^ajJ.^+^mJiCet+ft') . . .  =  QW(rr'). 

Sind  dagegen 

o  .  gdä  ,  o.  ,  •  •  • :    &   .  cd"  .  od/  .  •  •  • 

irgend  zwei  Systeme  von  Einheitswurzeln  und  sind  Q(*»*«>»  )(r)  und 
Q(*'»*b',  ••)(*•)  ZWei  zu  einer  und  derselben  Zahl  r  gehörigen  Charaktere, 
so  folgt  offenbar  aus  der  Darstellung  (6a)  die  für  jedes  r  gültige  Gleichung: 

Q(*,*o,  •■)(*.)  .  Q(*'»  *<>',•••) (r)  =  Q(*+*',*o+*o',-  -)(r) 

mit  der  Maßgabe,  dafs  hier  wie  im  Folgenden  die  Indices  kyboiKy'" 
nur  bezw.  modulo  2,  2*°,  y>(Q{)>  •  •  •  betrachtet  werden;  zwei  verschie- 
dene Charaktere  QW(r)  und  Q<*'>(r)  für  eine  Zahl  r  setzen  sich  also 
stets  zu  dem  eindeutig  bestimmten  Charakter  Q<*+*')(r)  für  dieselbe  Zahl 
zusammen;  speziell  ergiebt  sich  so,  dafs  für  jeden  positiven  oder  nega- 
tiven ganzzahligen  Exponenten: 

(Q(*>(r))'  =  Q<'*>(r) 

ist.  Die  Charaktere  (QW(r),  Q(*  }W,  •••)!!&  ein  und  dasselbe  r  bilden 
also  in  der  Weise  eine  Gruppe ,  dafs  das  Produkt  und  der  Quotient 
von  beliebig  vielen  unter  ihnen  wiederum  in  dem  Systeme  enthalten  ist 

Endlich  geht  aus  der  Darstellung  (6a)  hervor,  dafs  alle  Charaktere 
Q<*)(r)  für  beliebige  Einheiten  reelle  oder  komplexe  Zahlen  sind,  deren 
absoluter  Betrag  gleich  Eins  ist 

Wir  wollen  den  Charakter: 

Qlo,o,o,...)(r)===Q(0)(r)? 

der   den  Exponenten  ht  =  0,   also  den  Einheitswurzeln   ©*•  —  1    ent- 
spricht,  den  Hauptcharakter  nennen;  für  jede  Einheit  r  ist  in  diesem 
Falle  QW>(r)  =  +  1. 
Zwei  Charaktere: 

Q(*,*o,  ••■)(r)     und     Q(-*.-*bt  ">(r), 

welche  sich  durch  Multiplikation  zum  Hauptcharakter  Q<°>°,  -)(r)  zu- 
sammensetzen, sollen  konjugierte  oder  reciproke  Charaktere  heifsen.  In 
diesem  Falle  sind  einfach: 

Q(*)(r)  =  a  +  ßi,     Q(-*)(r)  =  a  —  ßi 
konjugierte  Zahlen,  da  ihr  Produkt  gleich  Eins  ist. 


§  2.   Die  Fundamentalsätee  für  die  Theorie  der  Charaktere.  447 

Ein  Charakter  QW(r)  heifst  ambig ,  wenn  er  sich  selbst  reciprok, 
wenn  also  für  jedes  r 

Q(*)(r)  =  Q(-*)(r); 

oder  für  jedes  Indexsystem  (p,  q0,  •  •  •) 

(Q<*>(r))»  =  Q(»*)(r)  =  ©»*?  o**«^  -  •  •  =  1 

ist.  Wählt  man  in  diesen  Gleichungen  immer  einen  Exponenten  Q  =  l, 
alle  anderen  gleich  Null,  so  ergiebt  sich,  dafs  ein  Charakter  Q<*>  dann 
und  nur  dann  ambig  ist,  wenn  seine  Exponenten  (k,  kQ,  •  •  •)  den  Be- 
dingungen: 

C32*  =  1,     wj*°  =  1,     cjJ*»  =  1,  •  •  • 

genügen,  d.  h.  wenn: 

»*  — ±lf     "o=±1>     »J  — ±1,  •••  »J»  — ±1 

ist.  Da  die  sämtlichen  Gleichungen  (4*)  für  o,  o0f  •  •  •  von  geradem 
Grade  sind,  so  hat  jede  von  ihnen  die  beiden  Wurzeln  +  1;  also  ist 
die  Anzahl  aller  ambigen  Charaktere,  einschließlich  des  Hauptcharakters 
gleich  2*+2.  Für  diese  und  nur  für  sie  ist  der  Charakter  QW(r)  jeder 
beliebigen  Einheit  r  reell  und  besitzt  den  Wert  +  1. 

Für  alle  übrigen  Charaktere  dagegen  ist  also  mindestens  eine  der 
Einheitswurzeln  &k,  o^,  o*1,  •••  imaginär,  und  daher  sollen  auch  diese 
Charaktere  QW(r)  imaginäre  Charaktere  genannt  werden.  Für  min- 
destens eine  Einheit  r  ist  dann  QW(r)  ebenfalls  imaginär. 

Wir  beweisen  endlich  noch  drei  wichtige  Sätze  über  die  Charaktere, 
welche  im  folgenden  gebraucht  werden. 

Durchläuft  r  ein  vollständiges  Restsystem  modulo  m,  so  ist  für 
den  Hauptcharakter: 

(r) 

für  jeden  anderen  Charakter  aber: 

QW(r)— 0. 


? 


In   der  That   kann   für  einen  beliebig  gegebenen  Charakter  QW  jene 
Summe  folgendermafsen  als  Produkt  dargestellt  werden: 

(ß)  2  ®{k)(r) = 2  *** *****  a*i9% ' ' m = i2  ö*(j)  i2  <°k°Qo) '"' 

Ist  nun  auch  nur  eine   der  Zahlen  k,  k0f  •  •  •  etwa  t.  von  Null  ver- 
schieden, so  ist  der  bezügliche  Faktor: 


448  Dreifsigste  Vorlesung 

(8')     2  •?*  -  1  +  ro**  +  «"'  +  •••  +  •?  W*H  =  ^  ?'  "  '  -  0; 

dasselbe  gilt  also  auch  für  das  ganze  Produkt;  sind  dagegen  alle  it  =  0, 
so  ist  jene  Summe  wirklich  gleich  <p(rn),  da  dann  alle  <p  (tri)  Einheits- 
charaktere QW(r)  =  1,  alle  anderen  aber  gleich  Null  sind. 

Ist  ferner  r0  eine  Zahl,  deren  Indices  (p,  p0,  q1}  •  •  •)  sämtlich 
gleich  Null  sind,  welche  also  selbst  kongruent  Eins  modulo  m 
ist,  so  ist  die  auf  alle  Charaktere  QW(r0),  Q(*'>(r0),  •  •  •  von  r0  be- 
.  zogene  Summe: 

<*) 
für  jede  andere  Zahl  r  ist  dagegen: 

Q(*)(r)  =  0. 


£ 


Dieser  Satz  folgt  unmittelbar  aus  den  Gleichungen  (8)  und  (8a),  wenn 
man  in  ihnen  allgemein  k{  und  pf.  vertauscht. 

Es  sei  endlich  r  eine  beliebige  Einheit  modulo  m,   dann  bilden 
ihre  <p(m)  verschiedenen  Charaktere: 


2*,-]±£  +  ^  +  -A£ 


2    '  *   "  -(£)         J 


Q(*)(r)  =  e      ^  »' 

eine  Gruppe  von  lauter  Wurzeln  der  Einheit  e  * ,  deren  Nenner  dk 
in  ihrer  reduzierten  Form  jedesmal  Teiler  von  <p(m)  sind.  Es  sei 
speziell 


(Äo)  2ni 


L 


(9)  Q^  =  e       * 

einer  der  Charaktere,  für  welchen  der  reduzierte  Bruch  -±  möglichst 

0 

klein  aber  nicht  Null  ist.  Dann  ist  notwendig  £0=1,  denn  sonst 
könnte  man  t0'  so  bestimmen,  dafs  t0t0'  =  1  (mod  d0)  ist,  und  man  er- 
hielte aus  der  Gleichung  (9): 

■ 

also  entgegen  der  vorher  über  Q^\r)  gemachten  Voraussetzung  d«i 
kleineren  Bruch  -,-•     Ist  dann  also: 

2rt» 
0^(^  —  6*     =Ö 


§  2.   Die  Fundamentalsätze  für  die  Theorie  der  Charaktere.  449 

dieser  Charakter,  für  welchen  -r-  möglichst  klein,  also  d0  möglichst 
grofs  ist,  so  sind  die  d0  Potenzen: 

(Q(*°)(r))*  =  Q<A*°>(r)  =  ah 

ebenfalls  d0te  Wurzel  der  Einheit,  und  man  zeigt  leicht,  dafs  in  diesem 
Falle  alle  q>(m)  Charaktere  Q^(r)  dj*  Einheitswurzeln  sind.  In  der 
That,  ist  für  irgend  einen  Charakter: 

QW(r)  — €»*'•", 
wo  ft  ein  rationaler  echter  Bruch  ist,  und  ist  s  so  gewählt,  dafs: 

dann  ist  der  Quotient: 

j££l =Q(*-^(r)== -••("-£). 

wäre  also  p>3-,  so  entspräche  dem  Charakter  Q**""**-*  wieder  enfc- 
gegen  unserer  Voraussetzung  der   unterhalb   -=-   liegende   echte   Bruch 

0»  -  5 '  *°  mufB  Jener  a™*  ™twendig  Ntdl,  also  ,  =  ±  sein, 
w.  z.  b.  w. 

Man  zeigt^  nun  endlich  leicht,  dafs  jede  der  d0  Potenzen 
(1,  a>,  o>2,  ...  oi*-1)  genau  gleich  oft  durch  diese  q>(m)  Charaktere 
dargestellt  wird.     In  der  That,  bezeichnen  wir  durch: 

(10)  QW   Q<*),  • . .  QW 

alle  diejenigen  unter  den  <p(m)  Charakteren  Q(i)(r),  welche  gleich  Eins 
sind  und  durch  Q  einen  von  denen,  welche  den  Wert  g>  haben,  so  sind 

(10^)  QQ*1),  QQW,  •  •  •  QQW 

q  von  einander  verschiedene  Charaktere,  welche  alle  gleich  <ä  sind. 
Ferner  giebt  es  auch  keinen  anderen  unter  den  qp(m)  Charakteren, 
welcher  den  gleichen  Wert  hat;  denn  ist 

so  ist  der  Quotient  -^  ein  Charakter,  welcher  gleich  Eins  ist,  also  der 

Reihe  (10)  angehört.  In  genau  derselben  Weise  zeigt  man,  dafs  in  der 
Reihe 

alle  und  nur  die  Charaktere  enthalten  sind,  welche  gleich  g>x  sind. 
Also  sind  in  dem  Systeme  von  pd0  Elementen: 

Kronecker,  Zahlantheorie.   L  29 


450  Dreifsigste  Vorlesung. 

Q*Q(D,   ...   Ql&if)  (1=1,1;. ..^-i) 

alle  und  nur  die  q>(m)  Charaktere  QW(r)  enthalten;  es  ist  also 
(>d0  =  qp(m),  d.  h.  es  ist: 

0 

jede  der  d0  Einheitswurzeln  <5a  wird  also  durch  jene  Charaktere  gleich 

oft,  nämlich  ^>  Male  darstellt 

Die  Zahl  d0,  welche  nur  von  der  zu  Grunde  gelegten  Einheit  r 
abhängt,  hat  für  diese  eine  einfache  Bedeutung;  es  ist  d^  offenbar  der 
niedrigste  Exponent,  für  welchen  für  jeden  der  <p(m)  Charaktere: 

(Q(*)(/-))rfo  =  Q(<*o*)(r)  =  ci^*?  ©*»*•*>  e>f»*^  .  .  .  =  1 

ist,  wie  auch  die  Exponenten  Je,  k0f  kl7  •  •  •  angenommen  werden.  Wählt 
man  aber  speziell  alle  k,  =  0  mit  Ausnahme  yon  je  einem  derselben, 
welches  gleich  Eins  angenommen  wird,  so  ergiebt  sich  d0  als  die 
kleinste  Zahl,  für  welche  die  Gleichungen: 

et**?  =  l}    oj*»?«  =  lf    cdJ»^  =  1, 

sämtlich  erfüllt  sind,  oder  d0  ist  die  kleinste  Zahl,  welche  die  Kon- 
gruenzen: 

d0Q  =  0     (mod  2) 

d0g0  =  0    (mod  2*o) 

doQi  =  0     (mod  9  (qh/)\  ('-*.  *■■•#> 

befriedigt.     Nun  ist  aber: 

W>0,  doQo,  *oQx>  ' '  0  =  hdd  H», 

also  ist  r*  die  kleinste  Potenz  von  r,  deren  Indexsystem  gleich 
(0,  0,  •  •  •),  welche  selbst  also  kongruent  Eins  modulo  m  ist,  oder  d^ 
ist  der  Exponent,  zu  dem  r  modulo  m  gehört.     Also  folgt  der  Satz: 

Ist  r  eine  Einheit  modulo  m  und  d0  der  Exponent,  zu  dem  r 
gehört,  so  sind  die  <p(m)  Charaktere  QW(r)  samtlich  df  Wurzeln 

der  Einheit,  und  jede  von  ihnen  wird  gleich  oft,  nämlich  ^— 
Male  dargestellt. 

§3. 
Da  die  Charaktere  QW(r)  die  Multiplikationseigenschaft: 

Q<*)(r)QW(/)  =  Q<*>(r/) 

haben,  so  gilt  nach  (1)  für  die  mit  ihnen  als  Entwickelungskoef- 
ficienten  gebildeten  Dirichletschen  Reihen  die  folgende  Gleichung: 


§  3.   Die  Dirichletschen  Reihen  Lw(z).  451 


(1)       zw-s^-n 


— i  n'      —  i  _  qW(p) 


Auf  der  linken  Seite  fehlen  alle  und  nur  die  Zahlen  n,  welche  mit  m 
einen  gemeinsamen  Teiler  haben,  auf  der  rechten  alle  Primzahlen 
2,  Qi,  qif  • ' '  Qgf  die  in  m  enthalten  sind.  Die  Gleichung  (1)  gilt  für 
jeden  Wert  von  z,  vorausgesetzt  nur,  dafs  sowohl  die  Summe  links 
als  auch  das  Produkt  rechts  unbedingt  konvergiert.  Da  die  Charak- 
tere QW(n)  Einheitswurzeln  sind,  deren  absoluter  Betrag  also  gleich 
Eins  ist,  so  ist  diese  Bedingung  sicher  für  z  >  1  erfüllt.  Für  gewisse 
unter  den  Reihen  #*>(*)  konvergiert  jene  Reihe  aber  auch,  wie  wir 
später  zeigen  werden,  für  ar<^l;%wir  werden  von  dieser  Thatsache 
noch  Gebrauch  zu  machen  haben. 

Unter  Benutzung  des  letzten  Satzes  im  §  2  beweisen  wir  gleich 
eine  Fundamentalgleichung  für  diese  Reiben.  Multiplizieren  wir  alle 
<p(fn)  Gleichungen  (1),  welche  den  verschiedenen  Charakteren  Qft *»»•••) 
entsprechen,  so  ergiebt  sich: 


(Mo,—)    n  "  (*,*o,    ■)    P      1  — 


P 


Ist  aber  p  irgend  eine  der  rechts  stehenden  Primzahlen  und  d  der  Ex- 

im 

ponent,   zu  dem  sie  modulo  m  gehört  und  ist   <o  =  e  d  ,    so   ist  nach 
dem  soeben  erwähnten  Satze: 

^(»-^-((»-fK'-^-O-^F 

,y0») 

d  ~ . 


-o-?) 


Also  ergiebt  sich  die  folgende  wichtige  Gleichung: 

Ö(*}(n) 


Q2*?-IJ 


(2)  V  ""    "'       V  U  -  i-Y*?' 


('-# 


wo  das  Produkt  rechts  auf  alle  Primzahlen  aufser  2,  qly  •  •  •  q zu  er- 

«  <f 

strecken  ist;  da  alle  jene  (p(fri)  Reihen  für  #>  1  unbedingt  konvergent 
sind,  so  gilt  dasselbe  auch  für  das  Produkt  rechts,  da  aber  ferner  alle 
seine  Faktoren  unechte  Brüche  sind,  so  ist  der  Wert  der  rechten  Seite 
sicher  gröfser  als  Eins.  Wir  werden  diese  Formel,  welche  sich  bei 
DiricMet  noch  nicht  findet,  am  Ende  unserer  Betrachtungen  wesentlich 
benutzen. 

29* 


Einunddreifsigste  Vorlesung. 

Beispiel:  Der  Fall  »1  =  4.  Die  Anzahl  der  Primzahlen  von  der  Form  4n  +  1 
und  in  —  1  ist  unendlich  grofs.  —  Aufstellung  der  Grundgleichung.  —  Ab- 
schätzung ihrer  einzelnen  Bestandteile.  —  Spezialisierung  der  Grundgleichung  für 

die  beiden  möglichen  Fälle  und  Beweis  des  Satzes. 

Wir  wollen  den  Gang  unserer  Untersuchung  zuerst  an  dem  Falle 

m  =  4 

erläutern,  d.  h.  wir  wollen  als  Beispiel  für  die  allgemeine  Betrachtung 
den  Satz  beweisen: 

Die  Anzahl  der  Primzahlen  von  der  Form  4n  +  1  und  die  An- 
zahl derjenigen  von  der  Form  4n  +  3  ist  unendlich  grofs. 

Nur  als  Beispiel  ist  der  hier  zu  führende  Beweis  anzusehen,  da  wir 
gerade  diese  beiden  Sätze  am  Anfang  der  vorigen  Vorlesung  auf  sehr 
viel  einfachere  Art  bewiesen  haben. 

Da  ( —  1)  eine  primitive  Wurzel  modulo  4  ist,  so  haben  wir  in 
diesem  Falle  für  eine  beliebige  ungerade  Zahl  n 

%  q  =  Ind  n  =  y  (n  —  *)> 

in  der  That  ist  ja  für  ein  ungerades  n  stets: 

(—  1)t("~1}  =  »     (mod4), 

wie  man  leicht  in  den  beiden  Fällen  n  =  4v  +  1  verificiert.  Hier  ist 
also: 

QW(„)  =  (- 1)     •  »  =  4,1  +  1  (i=M)( 

QW(n)  =  0  n  =  2v 

und  unsere  Grundgleichung  wird  daher: 


§  1.   Die  Primzahlen  der  Form  4n  +  1  und  4n  —  1.  453 

v(-i)2 rr__jL— 

^A'  •— 1,8,-..       n  p  jvT**"1' 

1  ? 

wo   die  Sumjnation   links   über   alle   ungeraden  Zahlen,   das  Produkt 
rechts  über  alle  ungeraden  Primzahlen  zu  erstrecken  ist. 

In  dieser  Gleichung  werden  wir  nicht,  wie  es  Dirichlet  that,  von 
der  linken,  sondern  von  der  rechten  Seite  ausgehen,  diese  aber  zuerst 
durch  ein  endliches  Produkt  ersetzen;  so  werden  wir  imstande  sein, 
für  ein  beliebiges  ft  ein  Intervall  (/*,  ■  •  •  ft)  anzugeben,  innerhalb  dessen 
sich  sicher  eine  Primzahl  von  der  Form  4n  -\~  1  und  eine  von  der 
Form  4n  —  1  befindet.    Es  seien  v  und  X  beliebige  ganze  Zahlen  und 

Pu  Ar"  Pr 

die  v  ersten  ungeraden  Primzahlen  3,  5,  •  •  • .     Dann  betrachten  wir 
das  endliche  Produkt: 


(2)  II(y,  l)-JJ 


P** 


i  ..         > 


"8  t*(p-i) 


welches  offenbar  für  k  =  v  =  00  in  die  rechte  Seite  von  (1)  übergeht. 
Nun  ist  jeder  einzelne  von  diesen  v  Faktoren  entwickelt  gleich 
der  Summe: 


(3) 


4*(p-d  {»(p-i)  is*(i»-i) 

A(a-i)*(p_i) 

■    (-*)* 


Multiplizieren  wir  diese  v  endlichen  geometrischen  Reihen  für 
P  =  Px,  pi}  -  -  -  p*  mit  einander,  so  ergiebt  sich  eine  endliche  Summe, 
welche,  wie  wir  sofort  beweisen  werden,  folgendermafsen  geschrieben 
werden  kann: 


(4)  Vt^> 


p      4-**»-1) 


2 


wo  P  eine  gleich  anzugebende  Zahl  ist,   n  die  Reihe  aller  ungeraden 
Zahlen  durchläuft  und  cn  entweder  Null  oder  Eins  bedeutet. 


454  EinunddreiTsigste  Vorlesung. 

In  dem  Produkte  der  v  Faktoren  (3)  tritt  nämlich  ein  bestimmter 
Nenner  n*  nur  dann  und  zwar  ein  einziges  Mal  auf,  wenn  n  nur  die 
v  ersten  ungeraden  Primzahlen,  und  keine  öfter  als  (X  —  1)  Male  ent- 
hält, wenn  also: 

(5)  n  =  pfpf  -  -  •  pav*  (o<«,<i) 

ist;  alsdann  besitzt  —  den  Koefficienten: 

n 

„^  ,      l ,\  («i(Pi-i)+«.(A-i)+-  ••  +  *V(PV-D) 

Aber  diese  Potenz  von  ( —  1)  kann  durch  ( —  1)*  ersetzt  werden, 

denn  eine  sehr  einfache  Betrachtung  lehrt,  dafs  für  eine  jede  ungerade 
Zahl  n 

(5b)  n_l  =  a101-,l)  +  ...  +  aI(pr  — 1)    (mod  4) 

ist,  wenn  die  Gleichung  (5)  ihre  Zerlegung  in  Primfaktoren  angiebt. 
Ist  nämlich  n  =  PQ  irgend  eine  Zerlegung  der  ungeraden  Zahl  n  in 
zwei  ebenfalls  ungerade  Faktoren,  so  ist: 

n-l  =  (P— 1)  +  (G-1)     (mod  4), 

weil  aus  dieser  Kongruenz  für  n  =  PQ  die  offenbar  richtige  Kon- 
gruenz: 

(P_1)(G_1)  =  0     (mod  4) 

folgt.  Zerlegt  man  aber  P  und  Q  wiederum  und  fährt  so  fort,  so  er- 
giebt  sich  endlich  die  Richtigkeit  der  Kongruenz  (5b). 

Die  Grenze  P,  bis  zu  der  die  Summation  zu  erstrecken  ist,  ißt 
einfach: 

(5C)  P  =  (lhPt  ■  ■  ■  P.)1-1 , 

denn  dann  ist  P  die  gröfste  unter  den  Zahlen  (5). 

Wir  teilen  jetzt  das  Summationsintervall  (1,  •  •  •  P)  von  (4)  in 
zwei  Teile  so  ein,  dafs  in  der  ersten  Teilsumme  dUe  cn  =  1  sind,  oder 

alle  ungeraden  Zahlen  —  vorkommen,   in   der   zweiten   dagegen  nicht 

ti 

mehr  alle  ungeraden  Zahlen  auftreten.     Aus  der  Darstellung  (5)  aller 

in  (4)    vorkommenden   Zahlen  n  folgt  nämlich,    dafs  für  eine  solche 

Zahl  sicher  cn  =  1  ist,  wenn  n  den  beiden  Bedingungen: 

(5d)  n<Sx     und    n  <p,+i 

zugleich  genügt,  denn  dann  kann  n  ja  sicher  überhaupt  keinen  Primteiler 
Pv+i,  i>*+2,  •  ■  •  und  auch  keinen  der  früheren  öfter  als  (A  —  1)  Male 
enthalten.    Für  alle  diesen  beiden  Bedingungen  genügenden  Zahlen  ist 


Cn> 


§  2.    Aufstellung  der  Grundgleichung.  455 

also  immer  cn  =  1.  Wir  ziehen  dieselben  dadurch  in  eine  Bedingung 
zusammen,  dafs  wir  die  bisher  noch  ganz  willkürlich  anzunehmende 
letzte  Primzahl  pf  jetzt  so  bestimmen,  dafs  sie  die  letzte  unterhalb  3* 
liegende  Primzahl,  dafs  also: 

Pv<&  <pv+i 

ist;  dann  ist  nämlich  für  alle  Zahlen  n  unterhalb  3*  a  fortiori  n<p,+i. 
Alsdann  ist  durch  die  willkürlich  anzunehmende  Potenz  3*  die  Prim- 
zahl py  eindeutig  bestimmt  und  man  erhält  jetzt  die  Gleichung: 

wobei 

P  =  OiA  •  •  •  P'Y"1 
anzunehmen  ist. 


§  2. 

Die  am  Schlüsse  des  §  1  gefundene  Grundgleichung: 

i  kX{p-i) 

Pv    1  —  ^""^ 3*-*  V*(*-D  P  \  *{*-*) 

(i)  n £ 25=^+27ta!^- 

!  _  (-*) 

formen  wir  jetzt  dadurch  um,  dafs  wir  auf  beiden  Seiten  die  Loga- 
rithmen nehmen,  und  dann  nach  z  differenzieren.  Kehren  wir  noch 
auf  beiden  Seiten  die  Vorzeichen  um,  so  ergiebt  sich  nach  einer  ein- 
fachen Rechnung  die  Gleichung: 


<>n 


(2) 


Pv  Lk{p-l)  Pv  lu(p-l) 

V  (-*>  *p  _  V  (zi1) }*£ 


vt-i)2       igt*  |  v*-1)        te»  c 


1  8* 


1  8* 

Wir  betrachten  zunächst  die  rechte  Seite  dieser  Hauptgleichung  und 
zeigen,  dafs  wir  die  von  3*  bis  P  zu  erstreckenden  Summen  im  Zähler 
und  Nenner  durch  Vergröfserung  von  X  beliebig  klein  machen  können, 


456 


Einunddreifaigate  Vorlegung. 


und  zwar  kann  dies  stets  erreicht  werden,  wenn  nur  z  >  1  ist,  wie 
nahe  auch  z  an  Eins  liegen  mag. 
In  der  That  ist  erstens: 


?fca 


_ lg» 


wo  in  der  Summe  rechts  über  die  ungeraden  und  geraden  n  summiert 
wird,  wodurch  ja  die  Ungleichung  nur  verstärkt  wird.     Da  aber  die  Funk- 

LfiT  X 

tion  -~-  für  z  >  1   mit   zunehmendem  x   beständig   abnimmt,  so  ist 
x 

weiter: 


p  p 


&<$<r) 


/ 


=  r_     ig* 1—T  4-  !**. 


i«^ 


also  ist,  wenn  wir  das  zweite  Glied  durch  den  grösseren  Wert  -^ 
ersetzen: 


(3) 


r  T*(«-i) 

^»(-1)»  lgn 


» 


lg  3*  1  ,    IgJ^ 


wo  rechts  bereits  der  auf  die  obere  Grenze  P  bezügliche  negative  Teil 
jenes  bestimmten  Integrales  fortgelassen  worden  ist. 

Ganz   ebenso   erhält  man  für  die  zweite  Summe  im  Nenner  auf 
des  rechten  Seite  von  (2): 

i 


8* 


n 


< 


p 

9* 


($*<S<Fi 


/dx    ,    2__  1 


1  -  +  - 

-i  +  r' 


9* 


also   ergiebt  sich,  wenn  man  das  zweite  Glied  fortläfst  und  das  dritte 
wieder  vergröfsert: 


(3*) 


P  -r-*(»-l) 


n 


< l +1. 


Mit  Hülfe  dieser  beiden  Gleichungen  zeigen  wir  jetzt,  dafs  man,  wie 
klein  auch  die  positive  Gröfse  z  —  1  sei,  durch  Vergröfserung  von  k 


§  e.   Aufstellung  der  Grundgleichung.  457 

jene  beiden  Summen  so  klein  machen  kann,  als  man  nur  immer  will. 
Dazu  braucht  man  nur  für  ein  gegebenes  z  —  1  X  so  grofs  zu  wählen, 
data  jede  der  fünf  Zahlen: 

U\  lg»2  l  *  lg  3*      1 

W  (*-l)3*<— »'     (f-i)V»-«'     («-lJS1«— »>'      3*  '     8* 

beliebig  klein  ausfällt.  Allen  diesen  Bedingungen  wird  nun  zugleich 
genügt,  wenn  man  X  so  grofs  wählt,  dafs: 

(5)  (Z-X?.  8i(-«<T 

wird,  wenn  %  eine  beliebige  kleine  Gröfse  bedeutet.  Diese  Bedingung 
kann  man  stets  befriedigen,  da  bekanntlich  -5— -x    mit   wachsendem   x 

unendlich  klein  wird,  wie  klein  auch  der  positive  Bruch  (z  —  1)  ge- 
geben sei.  Ist  aber  X  nach  (5)  bestimmt,  so  liegen  jene  fünf  Brüche 
(4)  a  fortiori  unterhalb  r,  denn  sie  gehen  aus  dem  Quotienten  (5) 
bezw.  durch  Multiplikation  mit  den  echten  Brüchen: 

1  g  -  1        (z  —  !)•  («  —  1)* 


*-l, 


ig3"     ig3a'    «*(«—)'    iga*.«?-*)* 


hervor.    Dann  liegen  also  die  beiden  Summen  in  (3)  und  (3*)  absolut 
genommen  bezw.  unterhalb 

3r       und       2r, 

können  also  für  ein  genügend  grofses  X  wirklich  kleiner  als  jede  noch 
so  kleine  Gröfse  gemacht  werden. 

Endlich   weisen   wir   noch   nach,   dafs   die  zweite  links  stehende 
Summe  in  (2)  für  ein  genügend  grofses  X  ihrem  absoluten  Werte  nach 

kleiner  als  —  gemacht  werden  kann.    Es  ist  nämlich: 
Pv  4-**(p— i)       ,  *»  *» 

yy(-i)2        W   ^  v  ugp  ^  v  ngJ) 

^  p*-l  1 

p      * — 1=1 

p 

und  da,  falls  nur  X  >  2  angenommen  wird,  für  jedes  p: 


]gJ>      ^  JgP    _  IgP        1       ^  *  Igp 
l     —         l          ^       . 
*-33i      ^"T  1 


(6a)  „ *_-%_A         *      i_i<3    P~<1 

p1-1      P      P  P* 


458  Einunddreifsigete  Vorlesung.    •• 

ist,  so  wird  der  absolute  Wert  unserer  Summe  kleiner  als: 

Py  od  • 

8  8  o 

und  da  dieser  Bruch  ffir  X  ^>  6  unterhalb  ~  liegt,  so  gilt  dasselbe  a 

fortiori  von  unserer  Summe;  diese  kann  also  gleich  —  gesetzt  werden, 

wo  6  ein  positiver  oder  negativer  echter  Bruch  ist. 

Setzen  wir  also  für  die  drei  soeben  untersuchten  Summen  ihre 
abgeschätzten  Werte  in  (2)  ein,  so  ergiebt  sich  die  folgende  Glei- 
chung: 

V(-l)2  lgn 


8        ,  T*(P~1)  •*-•  y*^-x> 


n 


wo  <7,  tf*,  tf"  positive  oder  negative  echte  Brüche  und  t  eine  Zahl  be- 
deutet, welche  a  priori  beliebig  klein  gewählt  werden  kann. 


§3.       . 

Die  am  Schlüsse  des  vorigen  Abschnittes  gefundene  Hauptglei- 
chung repräsentiert  zwei  verschiedene  Gleichungen,  die  den  beiden 
möglichen  Werten  k  =  0  und  Je  =  1  von  k  entsprechen.  Wir  be- 
trachten diese  jetzt  gesondert  und  leiten  aus  ihrer  Verbindung  den  ge- 
suchten Beweis  des  Satzes  über  die  Anzahl  der  Primzahlen  von  der 
Form  4n  +  1  vmd  4n  -f-  3  ab. 

Setzen  wir  zuerst  k=  1,  so  geht  unsere  Gleichung  (7)  über  in: 

V(-i)*  lg» 


p 


v 


>-»,„     2,'      n*       +8^ 


(i)       y  s-lr. **.  =  ~ - + 

1         «• 

Von  den  beiden  rechts  im  Zähler  und  Nenner  stehenden  alternierenden 
Summen: 


§  3.   Spezialisierung  der  Grundgleichung.  459 

9 

3  —2  (h—  1) 

V(-l)2  lgn  =      _lg3         Ig5_lg7    ,  ,    lg  (3* -2) 

^  nz  3*    "1"    6*  7*    "1  —    (81  -  2)* 

8*_j  y(n-l) 

2*—? =1_i+i-^      +'••  + 


3*  6*  7J  —    (3*  —  2)* 

zeigt   man  nun  leicht,   dafs  die  erste  zwischen  Null  und   —  — ,   die 

2 

zweite  zwischen  y  und  1  liegt.     Da  nämlich  die  beiden  Funktionen 

-5—  und  — ■  mit  wachsendem  x  abnehmen,  weil  ihre  Ableitungen: 
x  x 

*  —  ***    Und     -     * 


x.+i        —  ^+i 

beide  für  x  ^  3  negativ  sind,  so  ist  in  beiden  Reihen  jedes  folgende 
Glied,  abgesehen  vom  Zeichen,  kleiner  als  das  vorhergehende;  daher 
ist  die  erste  Reihe  sicher  absolut  genommen  kleiner  als  ihr  Anfangs- 
glied ^j-  und  da: 

lg3       lg3 1,098  •••        l 

3*  3    ~        3  2 

ist,  so  kann  diese  in  der  Form  —  y  geschrieben  werden,  wo  d  einen 
positiven  echten  Bruch  bedeutet.  Ebenso  leicht  erkennt  man,  dafs  die 
zweite  Reihe  zwischen  1  und  (l -),  also  a  fortiori  zwischen  1  und 

(1  \  8  ü' 

1  —  -j  liegt,  d.  h.  man  kann  sie  gleich  y  +  y   setzen,   wo    d'   die 

gleiche  Bedeutung  wie  8  hat.  Also  ergiebt  sich  für  die  rechte  Seite 
in  (1)  der  Ausdruck: 

2    '  ,      6 


L  ±  /-i < <M)  <+i\ 


i  +  T  +  2*"* 

wo  r  eine  Gröfse  bedeutet,  welche  wir  durch  Vergröfserung  von  k 
a  priori  beliebig  klein  machen  können,  und  zwar  ganz  unabhängig 
von  dem  Werte  von  z.  Wählt  man  also  (<J,  <J',  6,  <?,  tf")  so,  dafs  der 
Wert  dieses  Bruches,  abgesehen  von  Vorzeichen,  möglichst  grofs  aus- 
fallt, so  ergiebt  sich  für  den  absoluten  Wert  der  linken  Seite  von  (1) 
die  Ungleichung: 


W  !  Z 


Y  +  3r       i 

<1> + 


1        *      ,      ^T('_1)  -„•  —  2r 


460  Einunddreifsigste  Vorlesung. 

Wählen  wir  jetzt  k  so  grofs,  dafs: 


l 


ist,  so  wird  die  rechte  Seite  von  (3)  kleiner  als  Eins,  und  es  ergiebt 
sich  der  erste  Satz: 

Ist  z>\    beliebig   gegeben,    so   kann   man   X   stets   so  groß 
wählen,  dafs 


(3») 


J*— 1  8*— S 

yjgA__  y  igft 


<i 


n?  (-  iy       igp 

wird,  wenn  px  alle  Primzahlen  von  der  Form  4n  +  1?  A  aüe 
diejenigen  von  der  Form  4n  -f-  3  in  dem  Intervalle  (1,  •  •  •  31  —  2) 
durchläuft;  jene  Reihe  bleibt  also  zwischen  endlichen  Grenzen, 
wie  weit  auch  die  Summation  fortgesetzt  wird. 

Wir  setzen  jetzt  zweitens  in  der  Grundformel  (7)  des  §  2  k=0.  Dann 
haben  alle  Potenzen  von  ( —  1)  den  Exponenten  Null,  alle  bisher 
betrachteten  Reihen  (3),  (3*)  und  (6)  des  §  2  erhalten  also  lauter  posi- 
tive Glieder.     Daher  ergiebt  sich  in  diesem  Falle  die  Grundgleichung: 

wo  die  positiven  oder  negativen  echten  Brüche  6,  ff9  ff'  durch  die 
positiven  echten  Brüche  d,  8',  d"  ersetzt  worden  sind,  weil  die  zuge- 
hörigen Reihen  nur  positive  Glieder  enthalten. 

Wir  wollen  nur  eine  untere  Grenze  für  den  Wert  der  links 
stehenden  Reihe  finden.    Zu  diesem  Zwecke  verkleinern  wir  die  rechte 

Seite,  indem  wir  3d'r  im  Zähler  und  —  fortlassen,  und  wir  vergrößern 

den  Nenner,  indem  wir  dort  die  Summation  bis  ins  Unendliche  er- 
strecken, wofür  wir  dann  das  Glied  2ö"x  ebenfalls  fortlassen  können, 

p 

weil  dieses  ja  die  Summe   s,  ~i   vertritt,   also  sicher  kleiner  ist  als 

der  hinzugefügte  Teil  unserer  Summe.  Beachten  wir  noch,  dafe  im 
Zähler  nach  (4)  a.  S.  457: 


l  l 


§  8.   Spezialisierung  der  Gmndgleichung.  461 

ist,  so  ergiebt  sich  die  folgende  einfachere  Gleichung: 

wo  die  Summationen  rechts  beide  Male  nur  über  die  ungeraden  Zahlen 
auszudehnen  sind.    Nun  ist  einmal  ähnlich  wie  a.  S.  456: 


3  1  i 


3*-: 


2  b-l)(2x  +  l)'"1  "*"  (*-l)*  (205+1)—  'Ji 

>  lg3  I  *  x 

2(0—  1)3* -1  ^  2(^— l)^*-1  ' 

weil  die  beiden  Summanden,  welche  der   oberen  Grenze  entsprechen, 
nach  (4)  a.  S.  457  unterhalb  —  x  liegen. 
Zweitens  ist: 


OD 


4*'        4^(2^+1)'  ,/    (2a:+l)'  '    2(*-l)         2(«-l) 

11  0 

Substituiert  man  also  diese  Werte  in  (5),   so  ergiebt  sich  nach  ein- 
fachen Redaktionen: 

1k  3 


^Jp*-l  2*  — 1  (*  — l)(2s  — 1)3 

3 

Nun  ist  für  jedes  0  <  —  und  r  <  ^= 

££-4*-i)>ü=i, 

also  ergiebt  sich: 

(6)  y^7>^  + 


«— 1 


^Jp*—  1         2  (2s—  1)(S— 1)3 

3 


§4. 

Diese   beiden  Formeln  (3*)  und  (6)   benutzen  wir  jetzt  zu  dem 
Nachweise  des  Satzes: 


462  Einunddreifsigste  Vorlesung. 

Ist  Pp  eine  beliebige  Primzahl,  so  kann  man  stets  ein  mit  p„ 
beginnendes  endliches  Intervall  finden,  innerhalb  dessen  min- 
destens eine  Primzahl  von  der  Form  4»  +  1  un(^  eme  von  der 
Form  4n  -f-  3  sieh  befindet. 

Zu  diesem  Zwecke  wählen  wir  die  noch  nicht  determinierte  Zahl 
z  <  —  so  nahe  an  Eins,  dafs 


\'       l    —  4ml   P—  1 


(2*  -  1)  (*  -  1)  3— l    =  4Jp 

p=» 


ist,  wenn  p^  die  beliebig  gegebene  Primzahl  bedeutet;  dann  ergiebt 
sich  aus  (6): 

yj8P_>L  +  2j?lSP_. 

jLj  p'—l         2  ^LJ  0  —  1 

8      *  8      * 

Addieren  wir  nun  zu  dieser  Ungleichung  die  linke  Seite  von  (3*),  oder 
subtrahieren  wir  sie,  und  beachten  wir  dabei,  dafs  ihr  Wert  sicher  ein 
positiver  oder  negativer  echter  Bruch  ist,  so  besteht  in  beiden  Fallen 
die  folgende  Ungleichung: 

Py  Py  ^-(P—  1)  _*£_ 

Wir  bezeichnen  jetzt  wieder  durch  pt  und  |>8  die  Primzahlen  von 
der  Form  4n  +  1  und  4n  +  3.  Dann  geht  unsere  Ungleichung 
über  in: 

—  2'" 


(#ft +#£«)>  f 


Es  sei  zuerst 

Vereinigen  wir  die  entsprechenden  Summen  und  heben  dann  mit  2,  so 
ergiebt  sich: 

Zft'-I       ^ft"-l       ^rfft-l       ^A-l^* 

6  8  5  8 

Diese  Ungleichung  wird  verstärkt,   wenn  man  in  der  ersten  Summe 
überall  z  durch  1  ersetzt,  und  in  der  zweiten  die  Exponenten  2z  in  dem 


§  4.   Beweis  des  Diricfaletschen  8atzes.  463 

Intervalle  zwischen  (1,  •  •  -p^)  ebenfalls  durch  die  niedrigeren  Exponenten 
Eins  ersetzt;  dann  heben  sich  aber  die  negativen  Glieder  fort.  Bringt 
man  also  den  Rest  der  zweiten  Summe  auf  die  rechte  Seite,  so  er- 
giebt  sich: 


P\>pfl  P%>PI 


da  aber  offenbar: 


_}g_P_  <  JgP_  <     IgP     <  lg (P  —  1)'  =  2  tefr  —  *) 

jp2*—  i     j>*-i     (p-i)2       d>-i)8  (P-i?  ' 

ist,  so  ergiebt  sich  für  die  rechts  stehende  Summe: 


Pf-rp  n^rfi 


=  2- 


1  +  'g*V . 


der  rechts  stehende  Ausdruck  ist  aber  schon  für  p^  =  41  kleiner  als 

-     und  dies  bleibt  bestehen,  wenn  pM  gröfser  als  41  angenommen  wird. 

Also   ergiebt   sich   in   der   That  aus  (3);   wenn   noch   die  obere 
Grenze  py  durch  31  ersetzt  wird: 

Pi<pp 

d.  h.  in  dem  Intervalle  (pH)  •  •  •  3a)  mufs  mindestens  eine  neue  Prim- 
zahl pi  von  der  Form  4n  +  1  liegen,  da  ja  sonst  jene  Summe  Null 
wäre. 

Es  sei  zweitens 

*  —  i, 


dann  geht  die  Ungleichung  (2)  über  in: 

^T      lgj>       _  /  ^5   lg?L   _1_  ^7  J?^„\  >   *     ' 

<4*p1-p7'      ^Pi-1      <4*P*-1'      4' 

und   diese   Ungleichung  wird    noch    verstärkt,    wenn   die   zweite   von 
jenen  drei  Summen  fortgelassen  wird;  da  aufserdem 

1    <^-<   l 


P2—P2  *      rf  — J      Pi  -l 
ist,  so  gilt  diese  Ungleichung  a  fortiori,  wenn  p\  —  pj*  durch  p2  —  1 


464  Einunddreifsigste  Vorlesung. 

ersetzt  wird.     Da  sich  aber  dann   ^^J&A_   forthebt,  so  ergiebt  sich 
schließlich:  » 

-^  Pt  —  l       *  ' 

d.  h.  in  dem  vorher  bestimmten  Intervalle  (p^,  •  •  •  3*)  befindet  sich 
auch  sicher  eine  Primzahl  ps  von  der  Form  4n  -f-  3. 

Wir  fassen  das  Resultat  unserer  Untersuchungen  in  der  folgenden 
Kette  von  Gleichungen  zusammen: 

Sei  Pp  ^  41    eine    beliebige   Primzahl.     Bestimmen   wir   dann 
erstens  z  durch  die  Ungleichung 

(g  - 1)  (2,  -  i)ar-1  ^ 1— , 


""    IgF 


wählen  wir  zweitens  o  so,  dafs: 


1  +  »^^ 

s    * 


•  67  1  1 


igm-^  (z  —  l)8         (*  — 1)»*>  57' 

und  definieren  wir  endlich  A  durch  die  Gleichung: 

A_       k"  oder    S*(— «  — «, 

(*  —  1)  lg  3  » 

so  ist  in  dem  Intervalle 

(fr,  •••3*) 
mindestens  je  eine  Primzahl   von  der  Form  An  -f-  1  und  von 
der  Form  4n  -f-  3  enthalten. 

Es  gilt  dann  nämlich  die  Ungleichung: 

lg  3*  _      *lg3      =  lg»         1  t 

welche  nach  (5)  a.  S.  457  hinreichend  dafür  war,  dafs  zwischen  pH  und 
3  eine  derartige  Primzahl  auftritt.  Wir  bemerken  endlich  noch,  dafs 
bei  dieser  Bestimmung  auch  X  >  6  ausfällt,  was  wir  oben  voraussetzten, 
wenn    nur    von    vorn    herein   ph    so    grofs    angenommen    wird,   dafs 

^  £?-  >  —  wird.     Wir  wollen  diese  einfache  Rechnung  nicht  be- 

sonders  ausführen. 


Zweiunddreifsigste  Vorlesung. 

Der  allgemeine  Satz  über  die  Primzahlen  in  einer  arithmetischen  Reihe.  —  Ver- 
einfachung der  Aufgabe.  —  Aufstellung  der  Grundgleichung.  —  Abschätzung 
ihrer  Glieder.  —  Spezialisierung  der  Grundgleichung:  Die  dem  Hauptcharakter 
entsprechende  Gleichung.  —  Die  den  übrigen  Charakteren  entsprechende  Glei- 
chung. —  Beweis  des  Dirichletschen  Satzes.  —  Folgerung:  Die  Primzahlen  ver- 
teilen sich  nahezu  gleichmäßig  auf  die  qp(ro)  Reihen  mx-\~r. 

§1. 

Wir  gehen  jetzt  zum  Beweise  des  allgemeinen  Satzes  über,  dafs 
in  einer  beliebig  gegebenen  arithmetischen  Reihe 

W0*  +  r  (Ä=0,l,2,       ) 

unendlich  viele  Primzahlen  enthalten  sind.  Wir  vereinfachen  aber  die 
nachfolgenden  Überlegungen  gleich  dadurch,  dafs  wir  an  Stelle  der 
Differenz  m0  ein  geeignet  gewähltes  Multiplum  derselben  einführen, 
wodurch  ja,  wie  bereits  oben  S.  443  bemerkt  wurde,  die  Allgemein- 
gültigkeit des  Beweises  nicht  beeinträchtigt  wird.  Es  sei  nämlich  pu 
eine  beliebige  Primzahl,  welche  nur  gröfser  sein  soll  als  alle  Prim- 
teiler von  m0;  dann  wählen  wir  als  Differenz  der  zu  untersuchenden 
arithmetischen  Reihe  statt  m^  die  Zahl: 

(1)  w  =  (2.3.5.7...  Pfl)\ 

wo  h  J>  3  und  aufserdem  so  grofs  sein  soll,  dafs  m  ein  Multiplum  von 
m0  ist.     Bei  dieser  Wahl  von  m  sind  die  auf  p^  folgenden  Primzahlen 

(2)  Pp+u  2V+2, " '  "i   P*>  iM-i; ' ' ' 

alle  und  nur  diejenigen,  welche  nicht  in  m  enthalten  sind. 

Es  sei  nun  k  ein  vorläufig  ganz  beliebig  gegebener  ganz- 
zahliger Exponent,  und  es  bedeute  pv  die  eindeutig  bestimmte  Prim- 
zahl der  Reihe  (2),  für  welche 

(2*)  Pr<p\+1<Pr+1 

ist.  Wir  wollen  uns  dann  die  Aufgabe  stellen,  zu  untersuchen,  wie 
grofs  X  gewählt  werden  mufs,  damit  unter  den  Primzahlen: 

Kronecker,  Zahlentheorie.    I.  30 


466  Zweinnddreifsigste  Vorlesung. 

des  Intervalles  (p  ,  l9  •  •  •  pl  ,  x)  sicher  eine  Primzahl  einer  bestimmten 
Form  h  m  -f-  r,  enthalten  ist,  wenn  r4  eine  beliebige  Einheit  modulo  »* 
bedeutet.  Ist  diese  Aufgabe  gelöst,  so  ist  auch  der  allgemeine  Satz 
über  die  arithmetische  Reihe  in  seiner  präzisesten  Fassung  bewiesen. 
Denn  ist  irgend  eine  Reihe  (mQh  -f-  r)  gegeben  und  es  soll  von 
einer  beliebig  grofsen  Primzahl  p^+i  ab  ein  Intervall  abgegrenzt 
werden,  innerhalb  dessen  sicher  eine  neue  Primzahl  dieser  Reihe 
enthalten  ist,  so  bilden  wir  mit  Hülfe  der  vorhergehenden  Primzahl 
Pp  und  m0  die  neue  Differenz  m  in  (1),  grenzen  für  sie  das  Inter- 
vall (p  i  j,  •  •  •  i^+1)  ah,  und  sind  dann  sicher,  dafs  in  eben  diesem 
Bereiche  auch  eine  neue  Primzahl  der  Form  (tn0h  -f-  r)  enthalten  ist. 


§2. 
Wir  betrachten  nun  die  v  —  jt  Primzahlen: 

(1)  Pp  +  lf  Pf+*>      '•>  P* 

unseres  Intervalles  (p   ,  x,  •  •  •  pl ■    4),  bilden  aus  ihnen  die  Zahlen: 

(i*)  p^p^-p;  (*.=«•>.  ■•*->. 

welche  nur  die  Primteiler  jenes  Interralles  und  jeden  in  niedrigerer 
als  der  A**"  Potenz  enthalten,  und  beweisen  dann  wörtlich  ebenso  wie 
in  dem  speziellen  Falle  w  =  4  die  Richtigkeit  der  folgenden  Gleichung: 

in  ihr  bedeutet  Q  wieder  einen  der  y(w)  Charaktere  Q(*»*of  )}  und  cn 
ist  gleich  Null  oder  Eins  zu  setzen,  je  nachdem  n  unter  den  Zahlen 
(la)  enthalten   ist,  oder  nicht.    In  der  That  zerfallt  ja  auch  hier  die 

Reihe  rechts  in  einen  Hauptteil  für  »<p24+1,  in  welchem  alle  — ~ 

wirklich  auftreten,  und  in  einen  zweiten  für  p1  ,  j<n<(p  ,  x  -•  pj1"1, 
in  welchem  jene  Glieder  nur  sporadisch  vorkommen,  während  jenseits 
der  letzten  Grenze  kein  einziges  Glied  mehr  vorhanden  ist. 

Andererseits  kann  aber  die  linke  Seite  von  (2)  wegen  der  Mul- 
tiplikationseigenschaft von  Q(n)  folgendermaßen  summiert  und  ab  ein 
Produkt  von  (v  —  f*)  endlichen  Summen  dargestellt  werden: 


§  2.    Aufstellung  der  Grundgleichuug.  467 

Pr      2  —  1  .  Pp     1 rf-^ 

tj  ^ß^_  rr       pix 

So  ergiebt  sich  die  Fandamen talformel: 

wenn  rechts  zur  Abkürzung: 

(3«)  ^-fj+1-l,     r-Cp^j,^,...^-« 

gesetzt  wird. 

Wir  differenzieren  jetzt  die  so  gewonnene  Gleichung  logarithmisch 
nach  2j  und  erhalten: 

*ß(n)lgn  *       Q(»)lgn 

Pr  p*  ,         ,  > , r  >  cn i — 

yj  ß_(i>)  Igj>  _  V  0(1*)  lg  f*  =   i        *  * + 1  * 

i     w*        jr+i  "    n* 


oder,  da  identisch: 


Q(p)  lgi>  _  Q  (p)  IgP    .     Q(P)8  Igp 


p'-Q(p)  p'  p'(p'-ö(p)) 

ist,  so  ergiebt  sich  schliefslich  die  wichtige  Gleichung: 

yi  fl(j,)  igp  =  *sri  Q(p^)  igJ>*  _  yi  Q(P*)  igP 

(4)  j,Q(*»)lgn  +     *  c  ß(n)  lgn 


+  -1 


1        n  N+l  n 

welche  das  Fundament  für  alle  unsere  weiteren  Untersuchungen  bildet. 


§3. 

Von  den  sechs  Summen,  welche  auf  der  rechten  Seite  der  Funda- 
mentalgleichung (4)  des  letzten  Abschnittes  stehen,  brauchen  wir  nur 
die  beiden: 

(1)  £*&     und     j^«**, 


SO 


468  Zweiunddreifsigste  Vorlesung. 

von  denen  die  zweite  die  logarithmische  Ableitung  der  ersteren  ist, 
eingehender  zu  betrachten;  die  vier  anderen  Reihen: 

T  T 

/ia\  V1      Ö(n)lgn  ,        <7      ö(n) 

(1  )  /*  cn        \  und         >  c.  — ^ 

und 

(lb)    •       |y^)  ^   v  yti 

brauchen  wir  nur  in  Grenzen  einzuschliefsen.  Wir  beweisen  jetzt  ganz 
ähnlich,  wie  in  dem  speziellen  Falle  m  =  4,  dafe  die  beiden  ersten 
Reihen  (la)  durch  Vergröfserung  des  Exponenten  l  ihrem  absoluten 

Betrage  nach  kleiner  als  — ,  die  beiden  in  (lb)  aber  beliebig  klein  ge- 
macht werden  können.  Und  zwar  gilt  dies,  welcher  der  q>(tri)  Charak- 
tere QW  auch  unter  Q  verstanden  wird,  und  unabhängig  davon,  wie 
klein  der  Wert  von  z —  1  angenommen  wird,  falls  nur  überhaupt  z>  1  ist. 
Da  nämlich  der  absolute  Betrag  der  komplexen  Zahlen  Q(n)  stets 
gleich  Eins  oder  Null  ist,  so  sind  die  Beträge  der  beiden  Reihen  (1*) 
bezw.  kleiner  als: 

T  T 

N+l    n  N+ln  | 

wo  die  Summation  wieder  auf  alle  und  nicht  blofs  auf  die  zu  m 
teilerfremden  Zahlen  zu  erstrecken  ist;  und  man  beweist  wörtlich  ebenso  | 

wie  a.  S.  456  und  457,  dafs  diese  beiden  Reihen  bezw.  kleiner  sind  als: 

3r     und     2r, 

wenn  nur  das  Intervall  (p  ,l7  •  •  •  p1  .  j  —  1)  genügend  vergröfsert 
wird,  wenn  nämlich  JV  =  p*  ,  x  —  1  so  grofs  angenommen  wird,  dafs: 

(2)  lgN      x<r 

ist.  Ist  nämlich  A  dieser  Bedingung  entsprechend  gewählt,  so  liegen 
auch  hier  die  fünf  Quotienten: 

/2a\  lg*  *  *  lg*         JL 

k    '  (z-\)n>-17     (z-i^n*-1'     (^-l)n*-1,       n   '      n 

sämtlich  unterhalb  r,  sobald  nur  n  >i>*  ,  x  >  N  ist,  und  hieraus  kann 
der  Beweis  unserer  Behauptung  genau  ebenso,  wie  a.  a.  0.  erschlossen 
werden. 

Ebenso  ist  der  absolute  Betrag  der  beiden   anderen   Reihen  (lb) 
bezw.  kleiner  oder  gleich: 


§  3.    Abschätzung  der  Glieder  der  Grundgleichuug.  469 

yl*tfL    Und    y_I*iL  . 

Aber  von  der  ersten  dieser  beiden  positiven  Reihen  wurde  schon 
a.  S.  457  bewiesen,  dafs  sie  kleiner  ist  als  , — ^ :    sie   liegt   also 

sicher  unterhalb  — ,  sobald  nur  A  ^  6  angenommen  wird.  Um  das- 
selbe auch  für  die  zweite  Reihe  nachzuweisen,  brauchen  wir  nur  zu 
beachten,  dafs,  ähnlich  wie  a.  S.  463: 

IgP      <     IgP     <     lg  ff     <  lg(P  —  l)* 


ist,  weil  hier  jedesmal  der  Zähler  vergröfsert  oder  der  Nenner  verkleinert 
wird.     Also  ist: 

Ist  aber  jP/i+i,  d.  h.  der  Anfang  des  zu  untersuchenden  Intervalles 
fp   ,lf  •*•  •  jp^  ,  j)  auch  nur  gleich  11,  so  ist  jene  Reihe  bereits  kleiner 

2  1 

als  g7(l  +  21g3)<—  und  diese  obere  Grenze  wird  um  so   kleiner, 

je  gröfser  pp+\  ist. 

Wir  bezeichnen  jetzt  und  im  Folgenden  stets  durch  6  eine  Zahl 

von  der  Form 

6  =  de*£, 

wo  ä  einen  positiven  echten  Bruch  und  e$l  irgend  eine  komplexe  Zahl 
bedeutet,  deren  absoluter  Betrag  gleich  Eins  ist;  eine  solche  Zahl  6 
können  und  wollen  wir  einen  komplexen  echten  Bruch  nennen.  Dann 
folgt  aus  den  Resultaten  dieses  Paragraphen,  dafs  wir  die  Fundamental- 
formel (4)  des  §  2  folgendermafsen  schreiben  können: 

,o\  V  Q(p)lgJ?  =  5L  _  ÜL  _L_     l  "' 

W  Zj      jf  io      10  "^       *ß(«)  ' 


i    n 


und  zwar  gilt  diese  Gleichung  für  jeden  der  (p(tri)  Charaktere  Q.  Aus 
den  so  sich  ergebenden  <p(ni)  Gleichungen  werden  wir  jetzt  das  ge- 
suchte Resultat  über  die  arithmetische  Reihe  ableiten. 


470  Zweiunddreifsigste  Vorlesung. 


§4. 

Wir  untersuchen  die  Gleichung  (3)  zuerst  für  den  Fall,  daGs  Q  =  QJ°* 
der  Hauptcharakter  ist;  dann  sind  alle  Q<0)(n)  gleich  Null  oder  Eins, 
und  alle  vier  im  vorigen  Abschnitte  betrachteten  Reihen  haben  lauter 
reelle  positive  Koefficienten,  sind  also  selbst  positiv;  also  reduzieren  sich 
alle  komplexen  echten  Brüche  a  =  deß*  auf  6  =  6*,  d.  h.  in  diesem  Falle 
geht  die  Gleichung  (3)  über  in  die  einfachere: 

<«         2?-->-«+-fT— . 

Pu+i  >    —  +  2<Jr 

1  W 

wo  die  Gröfsen  ä  unbekannte  positive  echte  Brüche  sind,  und  wo  dur  h 
den  Accent  an  den  beiden  Summenzeichen  angedeutet  ist,  dafs  nur 
über  diejenigen  Zahlen  n  zu  summieren  ist,  welche  zu  m  relativ  prim 
sind,   welche   also   keine  einzige  unter  den  (i  ersten  Primzahlen  ent- 

« 

halten. 

Um  die  angenäherte  Berechnung  der  rechten  Seite  einfacher 
durchfuhren   zu   können,   summieren   wir   im   Zähler  und  Nenner  bis 

(N-\-  m\  so  dafs  wir  g>(tn)  Summanden     -     bezw.  —  zugefügt  haben, 

für  welche  n  >  N  ist,  so  dafs  die  Summe  jener  g>(m)  Summanden 
unterhalb  qp(iw)r  liegt.  Suchen  wir  nun  den  gröfsten  und  den  kleinsten 
Wert  auf^  welchen  die  rechte  Seite  von  (1)  erhalten  kann,  so  erkennen 
wir,  dafs  die  linke  Seite  notwendig  zwischen  den  beiden  folgenden 
Grenzen  liegt: 

(2)     +  i0  +  *+Vr und  ~  io  +  -*+=! 


**   n  i     w 


2t 


Um   nun  jene  Summen  zu  berechnen  beachten  wir,   dafs  die  in  ihnen 
auftretenden  Zahlen  n  in  die  q>(tn)  arithmetischen  Reihen 


-*,  + '.  (U;t:::D 


angeordnet  werden  können,  in  welchen  r(  die  modulo  m  inkongruenten 
zu  m  relativen  Primzahlen  durchläuft,  welche  kleiner  als  m  sind,  und 
hk  von  Null  bis  zu  der  ersten  Zahl  H(  geht,  für  welche  mH.-\-  r{>  X 
ist.     Bei  dieser  Anordnung  ergiebt  sich  leicht  nach  S.  461 : 


§  4.   Die  dem  Hauptcharakter  entsprechende  Grundgleichung.  471 

^"lg  n  _  ^i    j^g  (»'*<  + ^  =  „  /    /»'lg(ma;  +  r.)  lgj, 

Ä    V         Zi   JL    (mh.+  r)'         J  '    '  ■     ^  "f"    "    " 


«tt  =  V   y lg  Kmni  T  V  _  VY  /  tj  da;  4-  — '^ 

nä         ^   ^    (mh  +  rV         ^  VJ     (»»*  +  rY  "*"    £?  / 

wo  £,.  einen  Mittelwert  zwischen  ri  und  *»jHj  +  r{  bedeutet;  und  da: 

/»  lg(mx+r)         r  lg(w*  +  r.),  1  -i*, 

,/      (»x  +  r/      *  _  _  lm(z--l)~(mx  +  ry-~l  +  »"(7-  if(inx~+  r)2-1J0 
o  *  *  * 

ist7  und  der  Wert  des  Integrales  für  die  obere  Grenze  H{  wegen  (2*) 
a.  S.  468  unterhalb  2  t  bleibt,  so  ergiebt  sich  für  jene  Summe  der  an- 
genäherte Wert: 

ylgn        <^/       1  11  lgr.  lgr.  \ 

(3)  (o<^,«,*i) 

(0<cF,  i«l) 
lg  4.       lgr.       lgr. 

da  ^3<i-«<Aj  ist. 
*/  r'(  r( 

Genau  ebenso  findet  man  für  die  im  Nenner  stehende  Summe: 

A'+m  *t  Hi 

2j    nz  =2d   2j  (mh  +  r )T  =  2j  \J   (mx  +  r )'  +  {// 

(3*)  =2(^=TK-  +  d;-t~£:'T) 


Setzt  man  also  die  Werte  jener  beiden  Reihen  (3)  und  (3*)  in  (2) 
ein,  so  ergiebt  sich  für  die  linke  Seite  von  (1)  die  folgende  Darstellung: 

1  1  1  , 1r  r-. 


wo  C  und  Cx  von  #  unabhängige  Eonstanten  bedeuten,  welche  aus  (3) 
und  (3a)  leicht  berechnet  werden  können.  Also  erhält  man  durch 
Division  die  Schlufsgleichung: 

^+1 


472  Zwei  und  ilr  eifrigste  Vorlesung. 

wo  d[V]  ein  von  z  abhängiger  positiver  echter  Bruch  und  ct0  eine  end- 
liche von  z  unabhängige  Konstante  bedeutet,  auf  deren  Berechnung  es 
nicht  ankommt.  Hat  man  also  das  Intervall  (j>  ,,,-■■  l^ +  l)  ge- 
nügend grofs  angenommen,  so  kann  der  Wert  der  Reihe  (4)  dadurch 
beliebig  grofs  gemacht  werden,  dafs  man  z  nahe  genug  an  Eins  wühlt. 


Wir  betrachten  die  Hauptgleichung  (3)  des  §  3  jetzt  zweitens  für 
den  Fall,  dafs  Q  nicht  der  Hauptcharakter  ist,  und  weisen  nach,  dafs 
dann  die  beiden  rechts  stehenden  Reihen: 


(D  2*** 


und 


für  z  =  1  endlich  bleiben,  wie  grofs  auch  das  Intervall  (j>l+l,  ■  ■  ■  1^,  +  1) 
angenommen  werde. 

Wir  zeigen  dies  gleich  für  die  allgemeinere  Reihe: 

wenn    $(x)    irgend    eine    positive   Funktion   von   x   ist,    welche   mit 
wachsendem  Argumente  abnimmt  und  für  x  =  c©  verschwindet. 

Wenden  wir  auf  diese  Reihe  die  Abelsche  Umformung  an,  indem 
wir  in  der  Formel  (3)  a.  S.  320 

Ät  =  *(*),      A  — 0(*) 

setzen,  so  geht  sie  Über  in: 

(2)        ^(«w  -  *(»  +  i))^a(»)  +  «.(»  +  lj^noo. 

Nun  war  aber  nach  dem  a.  S.  447  unten  bewiesenen  Theoreme  die  Summe 
2?Q(S)   erstreckt  Ober  irgend  ein  vollständiges  Restsystem  modulo  m 

Null,  wenn  Q,  wie  dies  ja  hier  angenommen  wurde,  nicht 
Charakter  ist.  Teilen  wir  also  ein  beliebiges  Intervall 
in  die  Teile 

•■■«*;    m+  1,  ■  •■   2m;    ■  ■  -;    m[-£]  +l,-.-n), 

jeder,  mit  Ausnahme  des  letzten,  ein  vollständiges  Rest- 
iulo  m  bildet,  so  ist  nach  diesem  Satze: 


§  5.    Die  den  übrigen  Charakteren  entsprechenden  Hauptgleichungen.     473 


I» 


+  1 


n 
m 


Also  kann  unsere  Summe  (2)  folgendermafsen  geschrieben  werden: 

(♦(1)  —  1>(2j)  Q(l)  +  ty(2)  —  *(3))  (Q(l)  +  Q(2)) 

+  ty(3)  —  tf(4))  (Q(l)  +  Q(2)  +  Q(3))  -\ 

+  0(ro  +  1)  —  i>(m))  Q{m  +  1) 

+  (*(»»  +  2)  —  1>{m  +  1))  (Q(ro  +  1)  +  Q(m  +  2))  -\ 

+ 

+  H&  + 1)^«^), 

wenn  m\  —  \-^-l=N0  gesetzt  wird;  wenn  man  also  die  mit  Q (1), Q(2), •  •  • 

multiplizierten   Glieder    zusammenfaßt,    die   sich   aufhebenden   Tenne 
fortläfst,  und  endlich  beachtet,  dafs  allgemein: 

Q(0  =  QO  +  0  =  Q(2w  +  i)  =  •  •  - 
ist,  so  wird  unsere  Reihe  gleich: 


m 


2  Q  W  (* (*)  —  *(*»  + 1)  +  * (m  +  s)  —  il>(2rn  +  1)  H ) 

(3) 

=  3?  ß^JbXtffr»*  +  s)  —  *(WÄ  +  *»  +  1)) 
.  =  i  * 

N 

+  *(#  +  !)  2^0, 

wo  in  der  inneren  Summe  die  Summation  auf  alle  Zahlen  h  zu  er- 
strecken ist,  für  welche  mh  -{-  m  -{-  l  <  N  ist,  und  wo  für  s  nur  in 
Bezug  auf  die  q>(in)  zu  m  teilerfremden  Zahlen  unterhalb  m  summiert 
zu  werden  braucht. 

Für  unsere  beiden  Reihen  (1)  ergiebt  sich  so: 

(4)  '  "  * 

i  «  v      '  y0 

wo  zur  Abkürzung  für  jedes  s: 


474 


Zweiunddreiisigste  Vorlesung. 


(5) 

gesetzt  ist,  und 
(5') 


*(«)  -  3  -  777-^  + 


«'        (»»+!)*        (»»+«)  (2w  +  l) 


+ 


B'(s)  =  —  ^  4-  lg (■»  + 1)       lg  (»  +  »)   , 

• 

die  Ableitung  der  ersten  alternierenden  Reihe  nach  z  bedeutet.  Beide 
Male  sind  die  Summationen  so  weit  auszudehnen,  als  die  Zahlen  im 
Nenner  kleiner  als  N  sind. 

Hieraus  ergiebt  sich  leicht,  dafs  der  absolute  Betrag  beider  Reihen 
endlich  ist.     In  der  That  folgt  aus  (4): 

y?(M)l<  y\R.(S)\  +  ^'^- 


(6) 


j?££L*«j<  2TI«»I  +  f»(») 


1g(Ar+l) 


Ferner  ist  in  den  alternierenden  Reihen  Rt{s)  und  -R/(s)  jedes  folgende 
Glied  kleiner  als  dos  vorhergehende,  also  ist  der  absolute  Betrag  einer 
jeden  solchen  Reihe  kleiner  als  der  ihres  Anfangsgliedes,  d.  h.  es  ist: 

t<ttt 1  Bl  —  1 

m  2\>.m<2$<2i-i+'2i<i+2i. 

denn  in  dem  Intervalle  zwischen  2  und  2V-H  existiert  keine  einzige 
Zahl  s,  welche  zu  m  =  (2  •  3  •  •  •  p^)h  teilerfremd  wäre,  und  offenbar 
wird  also  die  Ungleichung  verstärkt,  wenn  man  rechts  über  aüe  Zahlen 
zwischen  l^+i  und  m  —  1  statt  nur  über  die  Einheiten  modulo  m 
summiert.     Ferner  ist: 

ro  — 1 


ro  — 1 

2 

fy  +  1 


f>  +  l 


also  erhält  man,  wenn  nur  l  grofs  genug  angenommen  wird: 


(7») 


N 


l 


n 


<  ]g(»  -  1)  +  (l  -  lgiV+1  +  -J-)  +  4^ 


<lg(m-l)+4 


qp(wi) 


JV+l 


sobald  nur  /V+i  ^  5  ist,  denn  man  erkennt  leicht,  dafs  dann  der  zweite 

Teil    (1  —  lglV-f  i  H )    bereits  negativ  ist.     Ganz   ebenso   zeigt 

man,  dafs: 


§  5.   Die  den  übrigen  Charakteren  entsprechenden  Hauptgleichungen.     475 

m    2i»;»i<2V<2V</V*-+!!£j1 

<  |OgC«  -  1))*  +  V^  <  (18W*)S' 

weil  hier  das  Anfangsglied  wegen  lg  1  =  0  fortfallt.  Die  Richtigkeit 
der  letzten  Ungleichung  erkennt  man  leicht,  wenn  man  sie  verstärkt, 

indem  man  links       (lg(w — l))2  durch  --Qgmf   und   — -^t*  durch 

1  ersetzt,  denn  dann  ergiebt  sich  1  <  —  (lg  m)2.  Beachtet  man  end- 
lich noch,  dafs  die  Zusatzglieder  in  (6)  nach  (2ft)  a.  S.  468  unterhalb 
<p(m)x  liegen,  also  mit  wachsendem  X  unendlich  klein  werden,  so 
folgt  in  der  That,  dafs  jene  beiden  Reihen  unter  einer  bestimmten 
endlichen  Grenze  bleiben,  wie  weit  sie  auch  verlängert  werden  mögen, 
und  auch  dann,  wenn  z  =  1  wird.  Beide  Reihen  sind  also  für 
z  =  1  endlich  bei  beliebig  wachsendem  N.  Da  dieselben  ferner  in 
dem  Intervalle  (1,  •  •  •  z)  differenzierbare  Funktionen  von  z  sind,  so  be- 
steht für  sie  die  Darstellung: 

(8)  .v   *     " 

^£^_ä,  +  (,_i)ÄWf 

1 

wo  die  Konstanten 

(8-)  i-2-P  ™d  ä-2^> 

i  i 

die  Werte  jener  Reihen  für  8=1,  beide  endlich  sind,  und  wo  auch 
ßi(e)f  ßi(z)  *n  dem  ganzen  Intervalle  (1;  ■••  z)  ebenfalls  endlich 
bleiben.  Setzen  wir  also  diese  Werte  in  (3)  des  §  3  ein,  und  nehmen 
wir  an,  dafs  die  im  Nenner  stehende  Zahl  ß0  einen  von  Null  ver- 
schiedenen Wert  hat,  so  folgt  für  jeden  vom  Hauptcharakter  verschie- 
denen Charakter  Q^: 

(9)  2  —pT'  ' =  To (*°  -  ^  +  <A+»«^  +  (*-i)ft>)  ~  ö   **' 

wo  ak  eine  positive  Zahl  und  ö  =  ä  c  *  einen  von  z  unabhängigen 
komplexen  echten  Bruch  bedeutet.  Es  sei  a  eine  positive  Konstante, 
welche  gröfser  ist  als  alle  diese  <p(ro)  —  1  Zahlen  ak  und  die  in  (4) 


476  Zweiunddreifsigste  Vorlesung. 

des  §  4  auftretende  Konstante  a0.  Dann  können  und  wollen  wir 
in  allen  diesen  <p(jn)  Gleichungen  die  <p(m)  Zahlen  «,  durch  a 
ersetzen.  y 

Die  Gleichung  (9)  gilt  nur  dann,  wenn  die  Konstante  ß0  =^  

i 
im  Nenner  mit  wachsendem  N  gegen   einen  von  Null'  verschiedenen 

Grenzwert  konvergiert.  Würde  nämlich  ß0  mit  wachsendem  N  un- 
endlich klein,  so  konvergierte  der  Nenner  in  (9)  gegen  (z — l)/?^), 
die  linke  Seite  hätte  also  den  Wert: 

d.  h.  auch  diese  Reihe  könnte,  ebenso  wie  die  dem  Hauptcharakter 
entsprechende,  für  z  =  1  unendlich  grofs  werden.  Wir  werden  nach- 
weisen, und  dies  ist  ein  Hauptpunkt  unserer  ganzen  Untersuchung,  dafs 
dieser  zweite  Fall  niemals  eintreten  kann,  d.  h.  dafs  für  jeden  von  Q<0) 
verschiedenen  Charakter  QW  wirklich  die  Gleichung  (9)  besteht.  Vor- 
läufig setzen  wir  diese  Thatsache  als  bewiesen  voraus,  um  den  Gang 
der  Untersuchung  nicht  aufzuhalten,  und  wir  wollen  jetzt  aus  ihr  den 
Beweis  des  Satzes  über  die  arithmetische  Reihe  herleiten. 


§6. 

Unter  Benutzung  der  qp(m)  aus  §  4  Nr.  (4)  und  aus  §  5  Nr.  (9j 
sich  ergebenden  Fundamentalgleichungen: 

(i)  'T 

J^/SJU  0.       >=1,,,...9(m)_1, 

Pfi+l 

beweisen  wir  jetzt,  dafs  die  Anzahl  aller  Primzahlen  von  der  Form 

mh  +  r 

unendlich  grofs  ist,  wenn  r  irgend  eine  der  <p(m)  inkongruenten  Ein- 
heiten modulo  m  ist.     Zu  diesem  Zwecke  multiplizieren  wir  jede  der 

9?(w)  Gleichungen  (1)  mit  dem  zugehörigen  Charakter  Q^rr)  der  zu 

r  modulo  m  reciproken  Einheit  —  und  addieren  hierauf  alle  diese  Glei- 
chungen.    Dann  ergiebt  sich: 


§  6.   Beweis  des  Dirichletschen  Satzes.  477 

Py    .  (p(f)  —  1  +  (p(m)  —  l 

(2)   2  v  •  ( 2  *»  ( 9)  -  ^i + «  2  «"  QW(^) '  (*(°wu,) 


*V+i 


A=0  A=Ü 


da  ja  Q<0)  ( -  j  =  1  ist.     Oder  da  die  Summe 

2'0<"(v) 

h 

nach  dem  Satze  a.  S.  448  nur  dann  von  Null  verschieden  und  zwar  gleich 
9>(jm)  ist,  wenn  —  =  1  (mod  w*),  also  _pr.fr  ist,  so  ergiebt  sich  aus 

(2)  die  einfachere  Gleichung: 

(3)  9(P)2~   ^ ^7  +  *r9>(»0«> 

wenn  pr  auf  der  linken  Seite  die  Reihe  der  Primzahlen  von  der  Form 
(mh  +  r)  in  dem  Intervalle  (p    ,  v  •  •  •  p*  .  t)  durchlauft  und  wenn  6r 

wieder  einen  komplexen  echten  Bruch  dre  r  bedeutet. 

Die  Gleichung  (3)  gilt  für  jeden  noch  so  nahe  an  Eins  liegenden 
Wert  von  z,  und  a  und  ist  unabhängig  von  z.  Wählt  man  also  z  —  1 
so  klein,  dafs 

(4)  j^  >  a<p(tn) 

ist,  und  bestimmt  dann  die  obere  Grenze  JVdes  Intervalles  (p^+i,*-  •  •  N) 
aus  der  Bedingung: 

(4.)  *N    <t 

K    '  (z-lfN'-1^' 

wenn  x  einen  genügend  kleinen  Bruch  bedeutet,  so  ist  sicher 

pr*  N  Pr-*N 

Pr>P(i    Fr  Pr*Pfi  *r 

d.  h.  in  dem  so  bestimmten  Intervalle  (j>M  •  •  •  N)  befindet  sich  min- 
destens eine  neue  Primzahl  der  Form  mh  -j-  r.  Damit  ist  der  Beweis 
des  Dirichletschen  Fundamentalsatzes  in  voller  arithmetischer  Strenge 
erbracht,  falls  man  als  erwiesen  annimmt,  dafs  für  keine  einzige  der 
9(111)  —  1  Summen  ß0: 


N 


Ö(*}(n) 


limVö^=0 


A=»ao        x 


(k  =  l,9t-.<p(n,)-l) 


478  Zweiiinddreifsigste  Vorlesung. 

i>t.  Wäre  dies  nämlich  auch  nur  für  eine  einzige  von  jenen  Summen 
der  Fall,  so  würde  für  den  zugehörigen  Charakter  0**«*  die  betreffende 
Gleichung  (1)  die  in  (9*j  des  §  5  angegebene  Form  haben: 

und  es  konnten  sich  bei  der  nachfolgenden  Summation  die  mit     

multiplizierten  Glieder  einfach  fortheben,  wodurch  unsere  Beweis- 
methode unanwendbar  würde. 

Ehe  wir  aber  zu  diesem  fundamentalen  Beweis  schreiten,  ziehen 
wir  aus  der  Gleichung  (3),  welche  wir  jetzt  in  der  Form: 

schreiben,  eine  höchst  interessante  Folgerung.  Dieselbe  gilt  nämlich 
für  jedes  noch  so  grofse  N  und  für  einen  beliebig  nahe  an  Eins 
liegenden  Wert  von  z.  Gehen  wir  also  zuerst  zur  Grenze  N  =  oo 
und  dann  zur  Grenze  z  =\  über,  und  nehmen,  was  auf  das 
Resultat  offenbar  keinen  Einflufs  hat,  als  Anfang  des  Intervalles  die 
erste  Primzahl  2,  d.  h.  betrachten  wir  alle  überhaupt  existierenden 
Primzahlen  pr  von  der  Form  mh  -f-  r,  so  geht  die  Gleichung  (3*)  über  in: 


(3")  limOr-l)^1"'-.    TV 

Mit  Hülfe  dieser  Gleichung  kann  man  nun  wenigstens  fast  voll- 
ständig den  sehr  viel  tiefer  liegenden  Satz  beweisen,  dafs  nicht  nur 
jede  der  <p(ni)  arithmetischen  Reihen  mit  der  Differenz  m: 

mh+ri  (.•=°J,,.,,,(„,)  > 

welche    überhaupt  Primzahlen  enthalten  kann,   deren   unendlich   viele 
besitzt,    sondern    dafs  sich  alle  unendlich  vielen  Primzahlen  auf  jene 
<p(in)  arithmetischen  Reihen  nahezu  gleichmäfsig  verteilen. 
Betrachten  wir  nämlich  die  Dirichletsche  Reihe: 


1 

in  welcher  f(Jc)  dann  und  nur  dann  von  Null  verschieden  und  zwar 
gleich  lg  pr  ist,  wenn  Je  gleich  einer  Primzahl  pr  von  der  Form  mh  -f-  r 

00 

ist,  so  geht  F(z)  in  die  soeben  betrachtete  Reihe     >^     zr  über.   Nun 

1        Pr 


§  6.   Die  Dichtigkeit  der  Primzahlen  in  einer  arithmetischen  Reihe.      479 

hatten  wir  aber  im  §  6  der  vierundzwaiftigten  Vorlesung  den  Satz  be- 
wiesen, falls  die  arithmetische  Funktion  f(k)  in  (4)  überhaupt  einen 
Mittelwert  hat,  so  konvergiert  die  zugehörige  Dirichletsche  Reihe  für 

OD 

z  >  1,    der    Grenzwert    lim  (z  —  1)  ^    ,  ä     existiert    und    ist   jenem 

Mittelwerte  gleich.     Hier  wissen  wir  umgekehrt   aus  (3b),  dafs  jener 

Grenzwert   für   unsere  Dirichletsche  Reihe   existiert,   und  gleich -. 

7  °  9  (tn) 

ist.  Könnten  wir  also  nachweisen,  dafs  die  Logarithmen  der  Prim- 
zahlen pr  einen  Mittelwert  haben,  so  wäre  damit  auch  sein  Wert  be- 
stimmt, denn  es  wäre  der  Nachweis  geführt,  dafs: 

i-       AI)  +  fW  +  -  •  •  +  A») 1  /   /<Pr)=*Pr    \ 

1Un  n  ~  <p(m)  \/(*)=o  {k$Pr)) 

ist.  Diese  Existenz  eines  Mittelwertes  hat  man  bisher  noch  nicht 
zu  beweisen  vermocht,  durch  weitgehende  Prüfungen  hat  sich  aber 
unser  Satz  als  richtig  bewährt.  Nehmen  wir  also  die  Existenz  eines 
Mittelwertes  als  feststehend  an,  und  beachten  wir,  dafs  das,  was 
hier  von  der  Differenz  m  =  (2  •  3  •  •  •  prf  bewiesen  ist,  auch  offenbar 
für  jeden  Teiler  von  my  also  für  jede  beliebige  Differenz  gilt,  so  er- 
halten wir  den  Satz: 

Die  Dichtigkeit   der  Primzahllogarithmen  in  jeder  der  arithme- 
tischen Reihen  mh  -\-  r.  ist  gleich  und  zwar  ist  sie  gleich  —,-i* 

Wählt  man  speziell  m  =  1 ,  also  für  pr  alle  Primzahlen  p,  so  wird 
hier  der  Mittelwert  einfach  gleich  Eins;  wir  erhalten  so  einen  neuen 
Beweis  des  schon  a.  S.  372  bewiesenen  Satzes,  dafs  für  grofse  Werte 
von  n  näherungsweise 

l 
ist. 


Dreiunddreilsigste  Vorlesung. 

Beweis,  dafs  die  (<p  (m)  —  1)  Reihen  ^^ —  Ton  Nnll  ▼erechieden  sind.  —  Die 

den  ambigen  Charakteren  entsprechenden  Reihen.  —  Angabe  einer  unteren  Grenze 
für  ihren  Zahlwert.  —  Die  den  komplexen  Charakteren  entsprechenden  Reihen.  — 
Bestimmung  einer  unteren  Grenze  für  den  absoluten  Betrag  derselben.  —  über 
die  Anwendung  der  Dirichletschen  Methoden  auf  höhere  Probleme  der  Arith- 
metik. —  Die  linearen,  die  quadratischen  und  die  allgemeinen  zerlegbaren  Formen. 

—  Die  Theorie  der  Einheiten. 

§1. 

Ich  wende  mich  jetzt  zum  Beweise  des  Satzes,  dafs  alle  op(fw)  —  1 
endlichen  Reihen: 

CD  2-P-ir 

1 

für  ein  unbegrenzt  wachsendes  N  gegen  einen  Ton  Null  verschiedenen 
Grenzwert  konvergieren.  Dieser  Nachweis  hat  Dirichlet  die  aller- 
gröfsten  Schwierigkeiten  bereitet,  ihm  aber  gerade  die  Gelegenheit  ge- 
geben, seine  analytischen  Methoden  so  auszubilden,  dafe  sie  zugleich 
eine  grofse  Anzahl  der  tiefstliegenden  Probleme  der  Arithmetik  zu 
lösen  geeignet  waren. 

Die  Untersuchung  ist  eine  ganz  verschiedene,  je  nachdem  QW  ein 
ambiger  oder  ein  komplexer  Charakter  ist.*  Im  ersten  Falle  sind  alle 
Zahlen  QW(w)  gleich  Null  oder  +  1,  jene  Reihen  sind  also  sämtlich 
reell.  Ist  Ind  n  =  (p,  Q0f  q1}  •  •  •),  so  handelt  es  sich  hier  um  den 
Grenzwert  der  Reihen: 


OD 


lim  V(+i)g(±i)go(±i)g1-^ 

wo  gewisse  unter  den  Basiszahlen  gleich  +  1,  gewisse  andere  gleich 
' —  1  sind,  je  nach  dem  zu  Grunde  gelegten  Charakter  QW. 

Gerade  die  Untersuchung  der  ambigen  Reihen  bot  Dirichlet  zuerst 
besondere  Schwierigkeiten,  die  zu  überwinden  ihm  nur  „durch  indirekte 


§  1.   Beweis,  dafs  die  Reihen  (f®  nicht  verschwinden.  481 

und  ziemlich  kompilierte  Betrachtungen  gelang".  Erst  später  über- 
zeugte sich  Dirichlet  davon,  dafs  man  denselben  Zweck  auf  einem 
anderen  Wege  weit  kürzer  erreicht.  In  der  That  lassen  sich  die  ana- 
lytischen Methoden  Dirichlets  auf  andere  Probleme  anwenden,  zwischen 
denen  und  der  hier  behandelten  Aufgabe  man  zunächst  keinen  Zu- 
sammenhang vermuten  sollte.  Es  zeigt  sich  nun,  dafs  bei  einem  von 
jenen  Problemen  gerade  diese  Reihen  ebenfalls  auftreten,  und  zwar 
ergeben  sie  sich  da  direkt  als  gleich  einem  Produkte: 

5D-C, 

dessen  erster  Faktor  eine  explicite  durch  einen  Logarithmus  und  eine 
Quadratwurzel  darstellbare  Zahl  und  dessen  zweiter  Faktor  eine  be- 
stimmte Anzahl  ist,  welche  ihrer  Bedeutung  nach  not  wendig  eine 
positive  ganze  Zahl  sein  mufs.  Wir  werden  später  in  der  Theorie  der 
quadratischen  Formen  diesen  Nachweis  ausführlich  geben;  für  jetzt 
verweisen  wir  auf  denselben  und  nehmen  jenes  Resultat  hier  als  be- 
wiesen an.  Aus  ihm  ergiebt  sich  ohne  weiteres  nicht  nur,  dafs  alle 
jene  ambigen  Reihen  einen  von  Null  verschiedenen  Wert  besitzen, 
sondern  auch  der  weitere,  dafs  dieser  Wert  oberhalb  der  a  priori  be- 
stimmbaren Zahl  2)  liegt,  weil  ja  jene  Anzahl  C  mindestens  gleich 
Eins  sein  mufs. 

Will  man  aber  den  Beweis  für  die  Existenz  unendlich  vieler  Prim- 
zahlen von  der  Form  mh  -j-  r  in  der  strengen  Weise  führen,  dafs  man 
für  jede  Stelle  p^+i  ein  Intervall  abzugrenzen  imstande  ist,  innerhalb 
dessen  sich  mindestens  eine  neue  Primzahl  dieser  Art  befindet,  so 
braucht  man  mit  Notwendigkeit  eine  solche  untere  Grenze  für  jene 
Reihen,  denn  von  der  Gröfse  von  ß0  hängt  ja  in  (1)  a.  S.  476  die 
Gröfse  von  a  in  der  Weise  ab,  dafs  sie  mit  abnehmendem  ß0  un- 
begrenzt wächst.  Da  aber,  wie  aus  (4)  und  (4a)  a.  S.  477  folgt,  mit 
wachsendem  a  auch  das  Intervall  (p^+i,  •  •  •  JV)  gröfser  und  gröfser 
wird,  so  erkennt  man,  dafs  jener  Beweis  dann  und  nur  dann  erbracht 
ist,  wenn  man  für  den  absoluten  Betrag  von  ß0  eine  untere  Grenze 
anzugeben  vermag.  Für  die  ambigen  Charaktere  erfüllt  der  Beweis  von 
Dirichlet  auch  diese  Forderung,  *  dagegen  reichen  seine  Methoden  nicht 
aus,  um  dasselbe  auch  für  die  Reihen  zu  leisten,  welche  den  kom- 
plexen Charakteren  entsprechen. 

Überhaupt  ist  das  hier  in  einem  speziellen  Falle  sich  darbietende 
Problem,  für  eine  von  Null  verschiedene  wohldefinierte  Zahlgröfse  eine 
Grenze  zu  finden,  über  der  sie  notwendig  liegen  mufs,  nicht  so  einfach, 
als  es  auf  den  ersten  Blick  erscheint,  vielmehr  kann  diese  Aufgabe 
unter  Umständen  eine  der  heikelsten  Fragen  sein,  die  die  Wissenschaft 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  31 


482  Dreiunddreifsigßte  Vorlesung. 

kennt.  Von  der  Art  ist  z.  B.  die  folgende  sich  häufig  darbietende 
Aufgabe:  Es  sei  eine  Determinante  mit  irrationalen  Elementen  aik  ge- 
geben; wir  wissen,  dafs  sie  einen  von  Null  verschiedenen  Wert  besitzt. 
Es  soll  eine  untere  Grenze  für  ihren  Wert  bestimmt  werden.  So  ein- 
fach die  Lösung  jener  Aufgabe  für  die  obere  Grenze  ist,  so  schwierig 
gestaltet  sie  sich  für  die  untere,  weil  man  nicht  weifs,  wie  genau  man 
jene  irrationalen  Gröfsen  berechnen  mufs,  um  sicher  zu  sein,  dafs  die 
vernachlässigten  Teile  das  Produkt  nicht  mehr  störend  beeinflussen 
können. 

Ich  bemerke  dabei,  dafs  schon  Dirichlet  selbst,  welcher  in  der 
schon  öfter  erwähnten  Abhandlung  vom  27.  Juli  1837  die  Grundlage 
für  alle  Anwendungen  der  Änalysis  auf  die  Arithmetik  geschaffen  hat, 
diese  Schwierigkeit  klar  hervorhebt.  „Es  fehlt,"  sagt  er  dort,  „noch 
an  gehörigen  Prinzipien  zur  Feststellung  der  Bedingungen,  unter 
denen  transcendente  Verbindungen,  welche  unbestimmte  ganze  Zahlen 
enthalten,  verschwinden  können."  Damit  spricht  aber  Dirichlet  nur 
mit  anderen  Worten  aus,  dafs  die  Art,  Gröfsen  allein  durch  unendliche 
Reihen  zu  definieren,  unzulänglich  ist,  da  sie  eben  im  allgemeinen  nicht 
ausreicht,  um  von  einer  Gröfse  zu  unterscheiden,  ob  sie  gröfser  als 
eine  gegebene  Zahl  ist  oder  nicht.  Sind  aber  z.  B.  q  und  q  zwei 
Primzahlen,  und  bildet  man  die  beiden  speziellen  ambigen  Reihen: 

(*,q)  =  l  (»',9')  =  1 

wenn  jedesmal  v  =  Ind  w  modulo  q,  v  =  Ind  n  modulo  q  ist,  so 
läfst  sich  eine  Untersuchung,  welche  von  diesen  beiden  Reihen  gröfser 
ist  als  die  andere,  garnicht  anstellen,  ehe  man  die  Frage  nach  einer 
unteren  Grenze  für  jede  von  ihnen  vorher  beantwortet  hat. 


§2- 

Um  nun  den  angekündigten  Beweis  auch  für  komplexe  Charaktere 
zu  führen,  gehe  ich  auf  die  Fundamentalgleichung  (3)  a.  S.  467  zurück 
und  betrachte  hier  die  Funktion: 

fy  +  lX  l         ' 

welche  dort  den  einen  Faktor  der  linken  Seite  bildet.  Bei  der  Summe 
rechts  ist  durch  den  Accent  angedeutet,  dafs  in  ihr  alle  und  nur  die 
Zahlen  n  auftreten,  welche  keine   anderen  Primfaktoren  enthalten  als 


§  2.   Die  den  komplexen  Charakteren  entsprechenden  Reihen  ß^K        483 


diejenigen  des  Intervalles  (p/i+i,  •  •  •  pl).  Läfst  man  die  obere  Grenze 
des  Intervalles  gröfser  und  gröfser  werden,  und  dannt#  sich  der 
Grenze  1  nähern,  so  ergiebt  sich  schließlich: 


*=1  1 


wir  brauchen  daher  nur  nachzuweisen,  dafs  diese  Funktionen  für  z=\ 
gegen  eine  von  Null  verschiedene  Grenze  konvergieren. 

Aus   der   soeben  erwähnten  Gleichung  a.  S.  467    ergiebt  sich  für 
PW(tf)  die  Gleichung: 

p 

und  mit  ihrer  Hülfe  werden  wir  zunächst  sehr  einfach  zeigen,  dafs 
alle  jene  q>(m)  Funktionen  P^\z)  ihrem  absoluten  Betrage  nach  unter- 
halb einer  angebbaren  Grenze  liegen.     Es  gilt  nämlich  der  Satz: 

Für  einen  genügend  grofsen  Wert  von  v,  d.  h.  von  N  ist  für 
jedes  z  >  1 


(3) 


J*»|<21gm(l+^-,), 


(3») 


wenn  Qw  nicht  der  Hauptcharakter  ist;  für  diesen  ist  dagegen: 

|pWW|<?fW._!_. 


Beide  Beweise  folgen  leicht  aus  den  Betrachtungen  des  §  4  der  vorigen 
Vorlesung.  Gehen  wir  nämlich  in  (2)  zunächst  zu  den  absoluten  Be- 
trägen über,  so  ergiebt  sich  leicht: 


(4)       I Ä')  I  £ 


N 


<^Q(t)(n) 


n 


+ 


iV+1 


n 


Pv 


n 


1  — 


A* 


Ich  beweise  nun  die  Richtigkeit  der  Ungleichung  (3),  wenn  Q<*>  nicht 
der  Hauptcharakter  ist,  und  zeige  zuerst,  dafs  man  den  Wert  des 
letzten  Produktes  auf  der  rechten  Seite  von  (4)  durch  Vergröfserung 

des  Intervalles  kleiner  als  1  -A — -,  -r*   machen   kann.     Entwickeln   wir 

aber  jenes  Produkt  in  eine  Reihe,  so  wird: 

pv 


(5) 


ZT 


f„+i  1  -  y, 


die  Summe  erstreckt  auf  alle  Zahlen  n,  deren  Primfaktoren  nur  dem 

31* 


484 


***•"*«***  rwlew^ 


Intervalle    </V+i»     -    -   -   X)    aaJR.il5_B„ 

(1,  •••JV+i  — U     l^xxie  einzige  solche  ZiM      *    t™    **    fcleTlI!< 

vorkommt,  so  ist  jenes   Produkt  sicher  H-  ^«1*^  Toa  j^ 


*+i 


wenn  die  Summation   jetzt  auf  alle  Zahlen  . 

ist;  ferner  ist  aber:  ron  A+i  aa  ausgedehnt 

(»)  '•  +  •  ££  «'*  ,».^,..'.. 

Da  aber  der  letzte  Ausdruck  in  (5)  mjt        ,  '"^      r—1 

wird,  so  können  and  wollen  wir  zunächsTT        dem  *  nnendÜch  klein 

ist;  dann  ist  a  fortiori: 

w.  z.  b.  w.  *^ 

Ich  beweise  zweitens  daß  man  K  • 
Internes  (,ß+l,  . .,  ^  ^  j£  |^ender  Ver^fce^  des 

von  (4)  kleiner  machen  kann  als  21«,«,      t     ,    ^  der  rechten  Seite 
a.  S.474:  als^Igm.     In  der  That  war  nach  (7.) 

^  -^--  j  <  lg(w  —  l)  _f_  »(«) 
Wählt  man  also  A  zweitens  so  grofs,  dafs: 

W      £<£>*—.      also      ^®<%— .%(.^1} 

i«t,  so  ergiebt  sich: 

(7*)  ITS^I^, 

iHnlich  ergiebt  sich  ft,  den  zweiten  Teil: 


§  2.    Die  den  komplexen  Charakteren  entsprechenden  Reihen  ß^k\       485 


v"  )  f*dx  111 

e/      *  J^  +  i  <*  ^fy  +  l  *V  +  1 

wenn  man  drittens  A  so  grofs  wählt,  dais: 

(6b)  fr—^^>  +  7~  <  lg  m 

wird,  was  für  jeden  noch  so  kleinen  Wert  von  z  —  1  offenbar  zu  erreichen 
ist.  Also  ergiebt  sich  aus  (7),  (7a),  (7b)  und  (4),  wie  behauptet 
wurde: 


P<:>W|<21gm(l+-(y 


Um    nun   das    entsprechende   Resultat   für   den   Fall   des    Haupt- 
charakters abzuleiten,  ersetze  ich  in  (1)   Qw  durch  ß(0).    Dann  folgt: 

^ n     («,t)lln 

wenn  die  Summation  in  der  zweiten  Summe  auf  alle  zu  m  teilerfremden 
Zahlen  n  erstreckt  wird.     Nun  ist  aber  genau  wie  in  (3a)  a.  S.  471: 

2j    n*~£i   J^J  hnh.  +  r)* 


OD 


2j  \J  (mx  +  rf  +  (m«.+  r.)V       2j  \m(z  -  l)^"1  +  r'J 
U      *  ri 

Beachten  wir  nun,  dafs  die  letzte  Ungleichung  noch  verstärkt  wird, 
wenn  wir  die  Exponenten  z  und  z  —  1  bezw.  durch  1  und  0  ersetzen, 

und  dafs  dann   ^ ~T^1  ^  V(m)  übergeht,  während: 


m  — 1 


m  — 1 


2l<l+2l<l+fi:  +  .±. 

Pf+1'  fy  +  1 

=  lg(m  -  1)  +  (l  +  /  -  -  lg/V+1)  <  lg 


m 


486  Dreiunddreifsigste  Vorlesung. 

ist,  wie  man  ebenso  wie  in  (V)  a.  S.  474  nachweist,  so  ergiebt  sich: 

P(0)(^)<lgm  +  -iT?^. 

Wir  haben  bis  jetzt  noch  z  ganz  beliebig,  nur  gröfser  als  Eins 
angenommen,  wir  wollen  nun  die  Differenz: 

wählen,  so  dafs: 

lgm<     1  -.*<m) 
°  *  —  1       m 

wird;  dann  ergiebt  sich  aus  der  letzten  Gleichung  in  der  That: 

*  v  }  ^      m        z  —  l 

§3. 

Ich  zeige  jetzt,  wie  man  mit  Hülfe  der  im  vorigen  Paragraphen 
bestimmten  oberen  Grenzen  für  die  Produkte  |  i*0)(£)  |  und  |  P^(*)  \ 
verhältnismäfsig  leicht  eine  untere  Grenze  für  alle  Reihen: 

y  g(*>(n) 

l 

finden  kann,  vorausgesetzt,  dafs  QW  ein  komplexer  Charakter  ist,  also 
nicht  zu  den  ambigen  gehört. 

Zu  diesem  Zwecke  bilde  ich  das  Produkt  aller  <p(jn)  Funktionen 
P^\z)f  welche  den  verschiedenen  Charakteren  QW  entsprechen.  Dann 
ist  nach  dem  a.  S.  451  bewiesenen  Satze: 

Pv  P* 


nxto-n^T-h^-n 


ü-tfr-ZX)     ftt  (.-^ 


<p  (m)  9 
d~ 


und  dieses  endliche  Produkt  ist,  wie  bereits  erwähnt  wurde,  sicher 
gröfser  als  Eins.  Geht  man  also  links  zu  den  absoluten  Betragen  über, 
so  ergiebt  sich  zunächst: 

(i)  JJ|j»>(#)|>i. 

k 

Es  sei  nun  Q<*>  der  zu  untersuchende  komplexe  Charakter;  dann  ist 
Q<~"*>  der  konjugierte  Charakter,  und*  die  beiden  zugehörigen  kon- 
jugierten Funktionen  T^\z)  und  2*~*>(jer)  besitzen  denselben  absoluten 
Betrag,  also  ergiebt  sich  aus  (2)  des  §  2: 


§  3.  Bestimmung  einer  unteren  Grenze  für  die  Reihen  ß^\ 


487 


|*?0||*i-*(')| -|*?w  i 


N 


(2) 


_  i  Vö(i)(«) 


QW(n) 


Pv 


#+1 


JV  -  2 


P 


x* 


wenn   man  die  Ungleichung  (7)  des  §  2  berücksichtigt.      Ebenso  ist 
für  den  Hauptcharakter  nach  (3a)  des  vorigen  Paragraphen 

(2')  l!*»  <-i--.^, 

und  für  die  (<p(m)  —  3)  noch  übrigen  Charaktere  wegen  (3)  desselben 
Abschnittes 


(2b) 


2*>)|<21g*»(l+^) 


Setzt  man  also  die  oberen  Grenzen  (2),  (2Ä)  und  (2b)  für  die  Faktoren 
|  !**)(*)  |  in  (1)  ein,  so  wird  diese  Ungleichung  noch  verstärkt,  und  es 
folgt: 


N 


x<  2*^+2 


ß(i)(n) 


A  +  l 

2<jp(m) 
m(z  —  1) 


n 


(2  lg  »)*-»- (l  +  ^) 


1      \y(»n)-l 


oder  da  ?^  <  1,  und 


(i  +  i)'-  -  1  +  S--J-  + 


qp-1      ,     (y-l)(qp-2)     ,  ^  1      .     £ 

2<p<  "T"  "'  ^  '      y 


1  — 


I<2 

1  \V— 1 


ist,  so  ergiebt  sich  endlich,  wenn  man  ?—  durch  Eins,  (1  -j — sj 

durch  2  ersetzt,  eine  Ungleichung,  welche  folgendermaßen  geschrieben 
werden  kann: 

(3) 


(«-i)(]g»«)' 


*       im  T  im         >* 

Q<*»(n)    .     "V  „    Q(  '(«)  ' 


2™  +21«. 

^^  tl  vi« 


> 


JV+l 


(2lgm)«' 


(»)-i 


(3*) 


Nun  war  nach  (6)  a.  S.  474 

ßW(n) 
n 


und  durch  Anwendung  des  Mittelwertsatzes  auf  die  rechte  Seite  ergiebt 


488  Dreiunddreifsigste  Vorlesung, 

sich  weiter  für  ein  genügend  grofses  A: 

(3b)    ^ BÄs)=  ^ S^  +  iz-l)^ Bas)<lgni+(z-l)Qgmy 

»  «  « 

bei  Beachtung  der  Gleichungen  (7a)  a.  S.  485,  sowie  von  (7*)  und  (7b) 
a.  S.  474  und  475.     Ebenso  folgt  aus  (7b)  a.  S.  485: 

(8-)  \±K*& 


<_* i_  +  _L. 


-1    v^-V 


Pfi  +  l  Pfi  +  1 


Setzt  man  nun  zur  Abkürznng: 

so  ist  #  eine  von  *  abhängige  positive  Gröfse,  welche  für  ein  ge- 
gebenes z  >  1  mit  wachsendem  A  abnimmt,  und  durch  Vergröfserung  von 
k  beliebig  klein  gemacht  werden  kann.  Also  kann  man  jetzt  die  iu 
(3)  stehende  Summe  folgendermafsen  darstellen: 

N  T  - 

i    n     tf+i    n 

wo  <J  und  <$'  unbekannte  positive  echte  Brüche  bedeuten,  von  denen  d 
von  z  und  von  2V  nicht  abhängt  und  #  eine  positive  Gröfse  ist,  die  durch 
Vergröfserung  des  Intervalles  beliebig  klein  gemacht  werden  kann.  Läfst 
man  in  dieser  Gleichung  zuerst  N  unendlich  grofs  werden  und  dann  z 
näher  und  näher  an  Eins  heranrücken,  so  ergiebt  sich  zuletzt: 

i 

d.  h.  die  Gröfse  ß^  besitzt  dann  und  nur  dann  einen  von  Null  ver- 
schiedenen Wert,  wenn  dasselbe  für  d  der  Fall  ist.  Wir  wollen  also 
jetzt  unter  Benutzung  der  Ungleichung  (3)  für  S  eine  untere  Grenze 
suchen. 

Aus  (4)  folgt  durch  den  Übergang  zu  den  absoluten  Beträgen: 

N        -  T 

(4a)         2l9^+2en~in)      <6k>»  +  (*-l)(S'  +  &)(lgm)\ 
1  n  N+l  n 

Substituieren  wir  diesen  Wert  in  (3),  ziehen  die  Wurzel  auf  beiden 
Seiten  aus,  und  dividieren  dann  mit  j/s  —  1  lg  m  durch,  so  ergiebt 
sich  für  d  die  Ungleichung: 

(5)  —L-  >  (2  lg  «•)*  U ~ ""  -  V*  -  1  (*'+»)  lg m . 

y  z  —  l 


§  3.   Bestimmung  einer  unteren  Grenze  für  die  Reihen  fft\  489 

Wählen   wir  also  das  Intervall  (p   ,  t  •  •  •  p1  .  t)  nur  so  grofs,   dafs 
auch  &  ebenso  wie  d'  unter  Eins  liegt,  so  ist  sicher: 

Das  zweite  Glied  rechts  können  wir  jetzt  durch  Verkleinerung  von  z 
beliebig  klein  machen;  wählen  wir  z  so  nahe  an  Eins,  dafs: 

0—  l<(21gm)-(*+1) 

ist,  so  wird  dasselbe  kleiner  als  das  erste  Glied  27         ,  also  liegt  dann 
,  mithin  auch  d  selbst  oberhalb  einer  endlichen  positiven  Zahl, 


Y~z  —  l 

d.  h.  die  Reihe 


l 


liegt;  falls  Q<*>  ein  beliebiger  komplexer  Charakter  ist,  absolut  genommen 
stets  oberhalb  einer  angebbaren  positiven  Grenze,  w.  z.  b.  w. 

Ich  bemerke,  dafs  diese  Beweismethode  nicht  auf  den  Fall  an- 
wendbar ist,  dafs  Q(*)  ein  ambiger  Charakter  ist,  denn  in  diesem  Falle 
existiert  zu  PW(z)  keine  konjugierte  Reihe,  und  an  die  Stelle  der  Un- 
gleichung (3)  tritt  eine  andere  von  genau  derselben  Art,  in  welcher 
aber  links  nicht  das  Quadrat,  sondern  nur  die  erste  Potenz  von 

I  yaW(n)      ^  g{i)(w).| 

steht.  Ersetzt  man  aber  diesen  Betrag  durch  seine  in  (4R)  bestimmte 
obere  Grenze,  so  ergiebt  sich: 

-±-i  +  (fi'+»)lgm>e, 

wo  s  wieder  eine  sehr  kleine  aber  positive  Gröfse  bedeutet.  Bei  Ver- 
grölserung  des  Intervalles  und  beim  Übergange  zu  z  =  1  wird  aber  nur 
fr  unendlich  klein,  während  dies  für  d'  keines weges  der  Fall  zu  sein 
braucht;  es  könnte  somit  sehr  gut  d  =  0  sein,  wenn  nur  d'  gegen 
einen  von  Null  verschiedenen  Wert  konvergiert. 


§  4. 

Zum  Abschlufs  dieser  Untersuchungen  wollen  wir  wirklich  eine 
untere  Grenze  für  den  absoluten  Betrag  aller  jener  Reihen  angeben. 
Wir  beweisen  nämlich  den  Satz: 


490  Dreiunddreifsigste  Vorlesung. 

Der  absolute  Betrag  aller  Reihen: 

yg(t)(n) 
jLJ      n      > 

welche    irgend    einem    komplexen    Charakter    entsprechen,    ist 
sicher  gröfser  als: 


(2»)m 

Zum  Beweise  dieses  Satzes  zeigen  wir  zunächst,  dafs  die  sämtlichen 
Bedingungen  (6),  (6*),  (6b),  (6C)  des  §  2,  denen  e  und  die  Gröfse  des 
Intervalles  (jp   .  x  •••  p*  +1)  genügen  mufsten,  erfüllt  sind,  wenn  wir 

v  '  \m/      ßlgro)1** 

annehmen,  und  dann  k  der  Bedingung 

gemäfs  annehmen.    Da  aber  offenbar 

. * |__ÜL_^ 


ist,  so  folgt  aus  der  Bedingung  (1*)  die  einfachere: 

^  '  *>+!  ^({z  —  Digiti)" 

Nun   waren    die  oben  erwähnten  vier  Bedingungen  für  z  und  A  die 
folgenden : 

0)  „    ^-»+jr-<    ' 


(»-i)^+i     j>J+i     »(»)•' 


(2*)  -t-<~%    " 


j£+i       »<«>        *-*' 


(2°)  *  -  1<  *(m) 


mlgtn 


Von   ihnen   ist   die   Bedingung   (2C)    offenbar  durch  (1)  erfüllt,   denn 
aus  beiden  folgt  die  Ungleichung: 

welche  richtig  ist,  da  die  linke   Seite  ein  echter,  die  rechte  ein  un- 
echter Bruch  ist.     Ferner  ist  in  (2) 


(3) 


§  4.   Bestimmung  einer  unteren  Grenze  für  die  Reihen  (fik\  491 

! +  _!_<_!_/_  1_  +  _L_\<_L_ 


weil  X  ^  3,  ^+i  >  2  ist.    Nun  folgt  aus  (lb)  und  aus  (1): 


\%l+9  Qgmp)' 
Nun  folgt  weiter  aus  (1): 

g  —  1  =  f    y    ^  (*- 1 N  <  -JE— 

\m  lg  m)  \m     21 + V  (lg  »)*/       m  lg  in 7 

also  ist  der  Exponent  __  >  m  gw •  Verkleinert  man  also  den  Ex- 
ponenten  _  des  echten  Bruches  in  (3ft),  indem  man  ihn  durch 
—  ersetzt,  so  wird  die  rechte  Seite  vergrößert,  also  ist  a  fortiori: 

j_< » < 


^  2    V  0gm)fmlgm 

und  da  endlich  21gm  =  lgw2>e  ist,  so  ergiebt  sich: 

V    '  p^1!        c2mlgm        m2m       (<p{m))*m       <p(m)* ' 

und   in   Verbindung   mit   (3)   ergiebt   sich   das  Bestehen  der  Unglei- 
chung (2). 

Sehr  einfach  beweisen  wir  die  Richtigkeit  der  Formel  (2b).    Die 

beiden  Summanden  links  sind  nämlich  echte  Brüche  <  — ;  dies  ist  für 

den  zweiten  selbstverständlich,   für  den  ersten  folgt  es  mit  Hülfe  von 
(lb)  aus  der  Ungleichung: 

Da  aber  die  rechte  Seite  der  Ungleichung  (2b)  sicher  grölser  als  Eins 
ist,  so  ist  ihre  Richtigkeit  vollständig  bewiesen. 

Endlich  folgt  das  Bestehen  der  Ungleichung  (2a)  fast  direkt  aus 
(3b),  denn  es  ist  einmal  für  ihre  linke  Seite: 

ti+t     4+1     »,"' 

andererseits  ist  aber  für  die  rechte  Seite: 

_1_.iÄ_»_>±iÄ?+J>i./'i_   M 

q>(m)   Bw-r    «I    ö     m      ^  m  \m        2my 


492  Dreiunddreifsigste  Vorlesung, 

und  da  offenbar: 

w2  \  2m/        m2m' 

ist,  so  folgt  hieraus  die  Richtigkeit  von  (2a). 

Wir  können  also  die  aus  (1)  und  (1*)  sich  ergebenden  Werte 
von  z  und  k  in  die  Formel  (5)  des  vorigen  Paragraphen  substituieren. 
In  dieser  Relation: 

8  +  (z  —  i)  (<r  +  »)  lgm  >  — L_y^— r 

(2lgm)   * 
war  8'  <  1   und  die  Gröfse  &  war  durch  die  Gleichung  (3d)  a.  S.  488 

definiert  Substituiert  man  aber  hier  die  Werte  von  z  —  1  und  A,  so 
erkennt  man  leicht,  dafs  auch  #  <  1  wird.  In  der  That  folgt  ja  aus 
der  Ungleichung  (1*): 

V*       ^.fy  +  i  ^-fi  \*  —VPp  +  i  Pp+i 

Ersetzt  man  also  oben  d'  +  &  durch  2,  und  (a  —  1)  durch 

V  w  /  (algm)**1'' 
so  ergiebt  sich  für  d 

«  +  2  •  (?£.>)'.  (2  lgmr^+^lgm  >  *®  (2  lg«)"', 
also 

und  da  für  das  hier  gewählte  m  =  (2  •  3  •  •  •  p^)  offenbar  die  Unglei- 
chungen 

bestehen,  so  ergiebt  sich  endlich: 

d>i_.! 1 L_ 

m  '  2   '  (2m)m~1         (2w)m  ' 

w.  z.  b.  w. 

§5. 

Wir  haben  so  die  Aufgabe  völlig  gelöst,  für  jede  arithmetische 
Reihe  (m0x  -\-  r)  und  für  jede  noch  so  grofte  Zahl  p  ein  endliches 
Intervall  (/k,  •  •  •  v)  so  abzugrenzen,  dafs  in  demselben  sicher  eine 
dieser  Reihe  angehörige  Primzahl  enthalten  ist. 


§  5.   Anwendung  der  Dirichletschen  Methoden  auf  höhere  Probleme.     493 

Die  fundamentale  Dirichletsche  Arbeit,  welche  die  Grundlage  für 
unsere  Untersuchungen  bildete,  führt  aber  in  Wahrheit  sehr  viel  weiter 
in  die  tiefsten  Probleme  der  Arithmetik,  als  dies  zunächst  den  An- 
schein hat.  Dies  hat  Dirichlet  selbst  schon  klar  erkannt  und  in  der 
Vorrede  zu  seiner  Abhandlung:  „Sur  l'usage  des  se*ries  infinies  dans  la 
theorie  des  nombres"*)  hervorgehoben. 

Betrachten  wir  zunächst  irgend  eine  homogene  primitive  ganz- 
zahlige Linearform: 

in  welcher  also  das  aus  den  Koefficienten  gebildete  Modulsystem 
(m19  m29  •  •  •  mH)  ~  1  ist,  und  legen  wir  dann  xl9  x%9  •  •  •  xh  alle  mög- 
lichen ganzzahligen  Werte  bei,  so  stellt  sie  alle  ganzen  Zahlen  der 
Reihe  1,  2,  3,  •  •  •,  also  wegen  des  Euklidischen  Fundamentalsatzes  un- 
endlich viele  Primzahlen  dar.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  kann 
jener  Satz  von  der  Existenz  unendlich  vieler  Primzahlen  in  der  folgen- 
den Form  ausgesprochen  werden: 

Jede  homogene  primitive  Form  mit  ganzzahligen  Koefficienten 
stellt  unendlich  viele  Primzahlen  dar. 

Betrachten  wir  nun  eine  beliebige  nicht  homogene  primitive  Form:. 
(1)  m^x^  +  max2  -J (-  m^x^  +  r,      (fa,«»l'--i*p,r)-i) 

so  ist  dieselbe  nach  den  a.  S.  240  und  241  bewiesenen  Sätzen  äqui- 
valent der  primitiven  Form: 

C1*)  mX  +  r,  ((m,r)-l) 

wenn  m  ~  (m19  m%9  •  •  •  mM)9  der  gröfste  gemeinsame  Teiler  der  Koef- 
ficienten mi  ist,  d.  h.  die  eine  kann  in  die  andere  durch  eine  ganz- 
zahlige lineare  Transformation  übergeführt  werden;  die  Gesamtheit  der 
durch  beide  Formen  darstellbaren  Zahlen  ist  also  identisch,  und  der 
soeben  für  die  arithmetische  Reihe  bewiesene  Satz  kann  somit  auch 
folgendermafsen  allgemeiner  ausgesprochen  werden: 

Jede  nicht  homogene  primitive  ganzzahlige  Form  stellt  unend- 
lich viele  Primzahlen  dar. 

Der  so  ausgesprochene  Satz  giebt  uns  die  tiefste  Einsicht  in  die  Theorie 
der  linearen  Formen. 

Es  liegt  nun  nahe,  die  hier  gefundenen  allgemeinen  Resultate  auch 
auf  Formen  höheren  Grades  auszudehnen.    Wir  werden  im  Folgenden 


*)  Crelle,  Journal  für  die  reine  und  angewandte  Mathematik  Bd.  18  S.  250 
bh  274.    Gesammelte  Werke  Bd.  1  S.  857—374. 


494  Dreiunddreifsigste  Vorlesung. 

speziell  die  einfachste  Theorie  der  homogenen  quadratischen  Formen 
mit  zwei  Variablen  eingehend  betrachten,  und  werden  mit  ganz  den- 
selben Mitteln  zeigen,  dafs  jede  primitive  Form 

ebenfalls  unendlich  viele  Primzahlen  darstellt,  wenn  man  x  und  y  alle 
möglichen  ganzzahligen  Werte  beilegt.  Ja  man  kann  weiter  gehen 
und  zeigen,  dafs  man  die  Dirichletschen  Methoden  benutzen  kann, 
um  fast  die  ganze  Theorie  dieser  Formen  mit  einem  Schlage  zu  ent- 
wickeln. Von  diesen  Anwendungen  handelt  Dirichlet  ausführlich  in 
seiner  berühmten  Abhandlung:  „Recherches  sur  diverses  applications 
de  l'analyse  infinitesimale  ä  la  theorie  des  nombres"*). 

Jedoch  bilden  die  binaren  quadratischen  Formen  nur  einen  ersten 
Schritt  für  eine  grofse  und  wichtige  Verallgemeinerung  des  Dirichlet- 
schen Satzes. 

Es  sei  nämlich: 

F(p)  =  a>n  +  p1on"~1  +  Pi<on~~*  +  •  •  •  +  pn  =  0 

eine  Gleichung  von  beliebigem  Grade  mit  ganzzahligen  Koefficienten 
Pd  Pd  '  * '  Pn}  die  deinen  rationalen  Faktor  hat,  und  deren  n  reelle 
oder  komplexe  Wurzeln  mit  a,  ß9  •  •  •  q  bezeichnet  werden  sollen. 
Bildet  man  nun  mit  den  n  unbestimmten  Gröfsen  x,  y7  z7  •  •  •  u  die 
n  „konjugierten  linearen  homogenen  Formen": 

<p(a)  =  #  +  ay +  «#-!-•••  +  a*~  u 
<p(ß)  =  x  +  ßy  +  ß*z  H 1-  ßn~xu 

<p(q)  =  x  +  Qy  +  qz  -\ f-  p"""1«, 

so  wird  das  Produkt 

(2)  0(x,  y,  *,  . .  .  m)  —  9(u)  tp(ß)  •  •  -  <p(q) 

eine  homogene  Funktion  n*®11  Grades  von  x7  y,  z7  -  •  •  w,  deren  Koef- 
ficienten als  symmetrische  Funktionen  der  n  Wurzeln  (a,  ß,  •••())  be- 
kanntlich reelle  ganze  Zahlen  sind,  welche  offenbar  keinen  gemeinsamen 
Teiler  haben,  da  der  Koefficient  von  af1  gleich  Eins  ist.  Man  zeigt 
ferner  leicht,  dafs  <$(x,  y,  -  -  -  u)  ebenfalls  nicht  in  ganzzahlige  Fak- 
toren niederen  Grades  zerfallen  kann. 

Giebt  man  nun  den  Unbestimmten  (x,  y,  •  •  •  u)  alle  möglichen 
ganzzahligen  Werte,  so  erhält  man  wieder  einen  Bereich  von  unendlich 

*)  Crelle,  Journal  für  die  reine  und  angewandte  Mathematik,  Bd.  19  S.  324 
bis  369,  Bd.  21  S.  1-12  und  S.  134—156.    Gesammelte  Werke  Bd.  1  S.  411-496, 


§  5.   Die  quadratischen  and  die  allgemeinen  zerlegbaren  Formen.       495 

vielen  durch  O  darstellbaren  ganzen  Zahlen,  und  unter  Anwendung 
derselben  Dirichletschen  Methoden  kann  man  jetzt  den  Fundamental- 
satz beweisen,  dafs  durch  jede  solche  homogene  Form  ebenfalls  unend- 
lich viele  Primzahlen  dargestellt  werden.  Es  hat  zuerst  sogar  den  An- 
schein, als  ob  man  für  diese  tiefste  Frage  gar  keine  gröfsere  Mühe 
aufzuwenden  hätte,  als  für  den  speziellen  Fall  der  quadratischen  Formen; 
doch  bedarf  dieser  Beweis  in  der  That  viel  gröfserer  Vorbereitungen, 
so  dafs  wir  uns  später  auf  die  quadratischen  Formen  beschränken 
werden.  Jedoch  giebt  gerade  dieses  allgemeine  Problem  eben  wegen 
seiner  Schwierigkeit  zu  höchst  interessanten  Fragen  Veranlassung. 
Namentlich  bei  der  auch  hier  notwendigen  Bestimmung  der  unteren 
Grenze  für  die  in  diesem  Falle  auftretenden  Reihen  spielen  immer  die 
Einheitswurzeln  eine  wichtige  Rolle. 

Die  vorher  betrachteten  quadratischen  Formen  können  als  ganz 
spezieller  Fall  dieser  allgemeinen  sog.  zerlegbaren  Formen  &(x,  y}  ••  •  u) 
aufgefafst  werden,  denn  aus  der  Identität: 

Aa  (ax*  +  bxy  +  cy2)  =  (2ax  +  (b  +  VD)y)  (2ax  +  (b  —  )/2))y) , 

wo 

D  =  b>  —  4ac 

gesetzt  ist,  folgt  ja,  dafs  jene  Form,  abgesehen  von  einem  Zahlenfaktor, 
in  ein  Produkt  von  zwei  Linearfaktoren 

2ax  +  (b+YD)y      und      2ax  +  (b—  YÖ)y 

zerfällt,  deren  entsprechende  Eoefficienten  konjugierte  algebraische 
Zahlen  sind,  und  für  solche  Formen  gilt  der  allgemeine  Satz  von 
Dirichlet  ebenfalls. 

Aber  jene  Prinzipien  reichen  noch  sehr  viel  weiter,  und  geben  zu 
einer  Fülle  von  naturgemäfsen  Problemen  Veranlassung.  Wir  sahen, 
dafs  sich  alle  Primzahlen  auf  die  q>(m)  arithmetischen  Reihen 

mx-\-r1}    w#  +  r2,    •••    w#  +  r9(m) 
verteilen,  und  zwar  so,  dafs  diese  gleiche  mittlere  Dichtigkeit  besitzen; 
wir  können  uns  nun  die  allgemeineren  Probleme  stellen: 

1)  Es  sollen  alle  Zahlen  so  in  Klassen  geordnet  werden,  dafs  jede 
Klasse  unendlich  viele  Primzahlen  enthält. 

2)  Es  soll  diese  Einteilung  so  gemacht  werden,  dafs  die  mittlere 
Dichtigkeit  der  Primzahlen  in  allen  Klassen  dieselbe  ist. 

Endlich  erwähnen  wir  noch  die  weitere  Fundamentalfrage,  welche 
uns  in  der  Folge  wenigstens  für  den  Fall  der  quadratischen  Formen 
noch  eingehend  beschäftigen  wird:  Ist  &  (x,  y}  •  •  •  z)  wieder  eine 
zerlegbare  Form,  so  besitzt  die  Gleichung: 


4,96  Drei  und  drei  fß  igst«  Vorlesung. 

f3)  *(*,  y,  ...  *)  — l 

im    allgemeinen  unendlich  viele  Lösungen  (-r,  yy  •  ■  •  s),  und  man  be- 
weist,  dafs  sich  aus  zwei  solchen  Lösungen  immer  eine  dritte  durch 
ein    leicht    angehbares  Verfahren   herleiten    lafst.      Für   den   Fall  der 
quadratischen  Formen  wird  jene  Gleichung  speziell: 

wenn  D  irgend  eine  nicht  quadratische  ganze  Zahl  von  der  Form 
4n  oder  4n  -\-  1  bedeutet.  Unter  Benutzung  der  Dirichletschen  Me- 
thoden kann  man  zeigen,  dafs  diese  Gleichung  für  ein  positives  D 
notwendig  unendlich  viele  Lösungen  hat,  welche  sich  aus  einer  einzigen 
Fundamentallösung  leicht  ableiten  lassen,  während  sie  für  ein  negatives 
D  offenbar  nur  eine  endliche  Anzahl  von  Lösungen  besitzen  kann. 
Dieses  Resultat  lafst  sich  für  die  Lösungen  der  allgemeinen  Gleichung 
(3)  verallgemeinern  und  bildet  dann  die  Grundlage  für  die  Theorie 
der  sog.  algebraischen  EinJieiten. 

Zum  Schlüsse  mag  noch  folgende  historische  Bemerkung  hier 
Platz  finden.  Als  Dirichlet  seine  Beweismethoden  Gauss  mitteilte,  war 
dieser  bereits  selbst  im  Besitze  der  Dirichletschen  Resultate;  nur  eine 
einzige  Schwierigkeit  vermochte  er  nicht  zu  überwinden.  Daher  ist 
die  betreffende  Abhandlung  bei  seinen  Lebzeiten  nicht  veröffentlicht 
worden,  obwohl  Gauss,  wie  aus  seinem  Nachlasse  hervorgeht,  zwei 
Male  angefangen  hat,  dieselbe  druckfertig  zu  machen;  beide  Male  bricht 
aber  das  Manuskript  im  Wesentlichen  an  derselben  Stelle  ab.  Diese 
Schwierigkeit  kann  man  verhältnismäfsig  einfach  überwinden,  wenn 
man  die  Dirichletsche  Arbeit  kennt;  sie  rührt  nur  daher,  dafs  Gauss 
nicht  wie  Dirichlet  die  Untersuchung  der  arithmetischen  Reihe  an  die 
Spitze  seiner  Betrachtungen  gestellt  hat. 


*•— 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 


Einleitung. 
Erste  Torlesung. 

§  2.  S.  4,  Z.  6  v.  u. 

Für  die  Herleitung  dieser  Formel  vgl.  z.  B.  M.  A.  Stern,  Lehrbuch  der 
algebraischen  Analysis  (Leipzig  1860).  Note  14,  S.  461  flgde.,  speziell  S.  480,  Nr.  28. 

§  3.  S.  10,  Z.  9  flgde.  v.  o. 

Ein  Intervall  von  nahe  gleicher  Größenordnung  liefert  der  folgende  Beweis 
von  E.  E.  Kummer  (Berliner  Berichte  1878,  S.  771):  Angenommen,  die  Anzahl 
aller  Primzahlen  wäre  endlich  und  p  die  letzte  unter  ihnen.    Ist  dann 

m  =  2  •  8  •  6  •  •  •  p 

das  Produkt  aller  Primzahlen,  so  besitzt  jede  Zahl  aufser  Eins  mit  m  notwendig 
einen  gemeinsamen  Teiler,  also  müfste  die  Anzahl 

<p(m)  —  (2  -  1)  (3  -  1)  ...  (p  —  1) 

aller  inkongruenten  Einheiten  modulo  m  gleich  Eins  sein,  was  offenbar  nicht  der 
Fall  Ut;  also  mufs  oberhalb  p  und  zwar  zwischen  p  und  m  notwendig  noch  eine 
weitere  Primzahl  liegen.  Dieser  Beweis  rührt  eigentlich  schon  von  Euler  her. 
Vgl.  Comment.  arithmeticae  collectae  T.  II  p.  518,  Nr.  135  flgde. 

§3.  S.  11,  Z.  lv.o. 

A.  Piltz  hat  im  Anhange  seiner  Habilitationsschrift:  Über  die  Häufigkeit  der 
Primzahlen  in  arithmetischen  Progressionen  und  verwandte  Gesetze,  Jena  1884, 
bewiesen,  dafs  der  Induktionssatz,  auf  den  Legendre  seinen  Beweis  stützt,  falsch 
ist.    Schon  vor  ihm  ist  diese  Thatsache  von  C.  Moreau  festgestellt  worden. 

Zweite  Vorlesung. 

§  2.  S.  17,  Z.  15  v.  u.  flgde. 

Die  Vermutung,  dafs  Fermat  zur  Begründung  seiner  bisher  nicht  vollständig 
bewiesenen  Sätze  ganz  andere  auf  der  additiven  Zusammensetzung  der  Zahlen  be- 
ruhende Methoden  angewandt  habe,  hat  Kronecker  in  einem  Gespräche  mit  mir, 
aber  wohl  nicht  in  seinen  Vorlesungen  ausgesprochen. 

§  2.  S.  19,  Z.  18  v.  o. 

Der  Beweis  des  Satzes  über  die  Polygonalzahlen,  welchen  Cauchy  am 
13.  November  1815  der  Pariser  Akademie  vorlegte,  ist  vollständig  einwandsfrei. 
Canchy  spricht  ihn  in  der  folgenden  präziseren  Fassung  aus: 

Kronecker,  Zahlentheorie.   I.  32 


498  Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 

Jede  positive  ganze  Zahl  kann  als  Summe  von  m  -\-  2  (m  -f-  2)-EckB- 
zahlen  dargestellt  werden,  von  welchen  aber  mindestens  m  —  2  gleich 
Null  oder  Eins  angenommen  werden  können. 

Da  aber  jede  (m  +  2) -Eckszahl  in  der  Form 

rs —  r   , 

1?» \-  r  (r=0, 1,  2,       ) 

darstellbar  ist,  so  behauptet  der  Cauchysche  Satz,  dafs  jede  Zahl  n  in  der  Form : 

(1)    *  =  |  ((»?  +  ^  +  '5  +  *J)-(ri  +  rt  +  ri  +  '*))  +  ('i+'.+  *,+  rJ+  9 

darstellbar  ist,  wo  rlf  rf,  rs,  rA  nicht  negative  ganze  Zahlen  bedeuten,  und  q 
eine  der  Zahlen  0,  1,    •  •  m—  2  ist.    Setzt  man  also: 

« -  »i  +  '2  +  'l  +  <l 

*  =  ri  +  r*  +  fS  +  r4' 

so  lautet  der  präziser  gefafste  Fermatsche  Satz  folgenderniafsen : 
Jede  Zahl  n  kann  stets  in  der  Form: 

n  =  —  (*  —  ff)  +  *  +  e  (?<»  — i) 

dargestellt  werden,  wenn  x  und  a  nicht  negative  Zahlen  bedeuten,  die 
ihrerseits  simultan  in  den  Formen  (1*)  darstellbar  sind. 

Dieser  Satz  kann  verhältnismäfsig  einfach  bewiesen  werden,  wenn  man  den 
Fermatschen  Satz  für  die  Dreieckszahlen  als  bewiesen  annimmt.  Für  die  Durch- 
führung dieses  Beweises  vgl.  die  ausgezeichnete  Darstellung  desselben  von 
P.  Bachmann,  „Die  Arithmetik  der  quadratischen  Formen41,  Teil  I  S.  154—162. 

Aus  diesem  Satze  hat  Legendre  (Theorie  des  nombres  3.  e*d.  sixieme  partie) 
noch  eine  Anzahl  von  Folgerungen  gezogen,  durch  welche  der  allgemeine  Fermat- 
sche Satz  in  noch  einfacherer  Form  erscheint,  so  besteht  z.  B.  der  Satz: 

Jede  oberhalb  28  m8  liegende  Zahl  kann  stets  durch  nur  vier  Polygonal- 
zahlen der  (m  -f  2)ton  Ordnung  dargestellt  werden,  falls  m  eine  beliebige 
ungerade  Zahl  ist. 

Ist  w  eine  gerade  Zahl,  so  folgt  aus  den  Legendreschen  Sätzen,  dafB  jede  ober- 
halb 7  ro8  liegende  Zahl  höchstens  durch  fünf  Polygonalzahlen  (m  +  2)ter  Ordnung 
darstellbar  ist,  von  denen  mindestens  eine  gleich  Null  oder  Eins  angenommen 
werden  kann. 

§  7.  S.  34,  Z.  1—9  v.  o.  und  Z.  2  v.  u.  —  S.  35,  Z.  7  v.  o. 

Die  Anwendung  der  Eroneckerschen  Betrachtungen  auf  die  Bestimmung  der 
Pythagoreischen  Zahlen  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

Dritte  Vorlesung. 

§  1.  S.  41,  Z.  18  v.  u.  —  S.  42,  Z.  4  v.  o.  und  Z.  11  bis  Z.  1  v.  u. 

Die  Bemerkungen  über  die  Frage  der  Teilung  des  Kreises  mit  Zirkel  und 
Lineal  sind  Zusatz  des  Herausgebers.  Vgl.  ausserdem  C.  Fi  Gauss,  Disquisitiones 
arithmeticae  §§  866,  366.  Gauss  führt  a.  a.  0.  nur  den  Beweis,  dafs  die  Teilung 
des   Kreises    in  p  gleiche  Teile   mit   Zirkel   und  Lineal  für  die  Primzahlen 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande.  499 

p==2*w+l  möglich  ist,  fügt  aber  ausdrücklich  hinzu,  dafs  er  auch  in* aller 
Strenge  nachweisen  könne,  dafs  jene  Primzahlen  die  einzigen  sind,  für  welche 
eine  solche  Teilung  ausgeführt  werden  kann. 

Der  Beweis  dieser  weiteren  Thatsache  beruht  auf  dem  folgenden  Theorem 
über  diejenigen  auflösbaren  Gleichungen,  deren  Wurzeln  nur  Quadratwurzeln  ent- 
halten, also  mit  Zirkel  und  Lineal  konstruiert  werden  können: 

Der  Grad  einer  irreduktiblen  Gleichung,  welche  durch  successive  Aus- 
ziehung von  Quadratwurzeln  aufgelöst  werden  kann,  mufs  notwendig 
eine  Potenz  von  zwei  sein. 

Dasselbe  folgt  aus  der  Galoischen  Theorie  als  spezieller  Fall,  und  ist  wohl  zuerst 
von  Petersen  hervorgehoben  worden.  (Vgl.  z.  B.  Petersen,  Theorie  der  algebrai- 
schen Gleichungen,  Kopenhagen  1878,  S.  159flgde.)  Obwohl  diese  Bedingung 
natürlich  nur  eine  notwendige  ist,  entscheidet  sie  die  vorliegende  Frage  voll- 
ständig. Damit  nämlich  der  Kreis  in  ro  gleiche  Teile  mit  Zirkel  und  Lineal 
geteilt  werden  kann,  mufs  der  Grad  cp(m)  der  irreduktiblen  Gleichung 

eine  Potenz  von  2  sein,  wenn  Fm  (x)  den  zw  xm  —  1  gehörigen  primitiven  Divisor 
bedeutet.    Da  dies  aber  dann  und  nur  dann  der  Fall  ist,  wenn: 

m  =  2"  •  pt  pt  •  •  •  pv 

ist,  wo  jede  Primzahl  pi  von  der  Form  2*  '  +  *  ^>  un<^  da  für  diese  Zahlen 
nach  den  Gaussischen  Sätzen  jene  Teilung  wirklich  ausführbar  ist,  so  ist  unser 
Satz  vollständig  bewiesen. 

Genau  ebenso  zeigt  man,  dafs  z.  B.  die  Trisection  des  Winkels  und  die  Ver- 
doppelung des  Würfels  mit  Zirkel  und  Lineal  nicht  möglich  ist,  da  beide  Fragen 
auf  irreduktible  Gleichungen  dritten  Grades  führen. 

§3.  S.45— 48. 

Auf  die  folgende  Art  beweist  man  rein  arithmetisch,  dafs  jeder  Binominal- 
koefficient: 

stets  eine  ganze  Zahl  ist. 

Ist  tn  eine  beliebige  Zahl,  p  irgend  eine  Primzahl,  so  ist  der  Exponent  p 
der  höchsten  in 

(2)  ro!  =  1  •  2  •  •  -  ro 

enthaltenen  Potenz  von  p  gleich: 

«  >-[£]+[,"]+••• 

wo  die  Reihe  von  selbst  abbricht,  sobald  p%  >  ro  ist. 

Unter  den  m  Faktoren  von  (2)  sind  nämlich  nur  die  —  Zahlen  jp,  2p,  •  •  •  I  —  \p 
überhaupt  durch  p  teilbar,  also  ist  p  auch  der  Exponent  der  in  dem  Produkte: 

88* 


500  Anmerkungen  zum  ersten  ßande. 

enthaltenen  Potenz  von  p,  d.  h.  es  ist: 

"-[jfj  +  ft. 

wenn  pPl  die  in  /        I ! )  enthaltene  Potenz  von  p  bedeutet.   Ersetzt  man  aber  in 

(2)  m  durch     —  L  so  findet  sich  ganz  ebenso  unter  Benutzung  der  Anmerkung 
zu  §  7  S.  278,  a.  S.  506 : 

wenn  ps  den  Exponenten  der  in  I  — ^  I !   enthaltenen  Potenz   von  p   bezeichnet. 

Schliefst  man  analog  weiter,  so  ergiebt  sich  die  Gleichung  (2*). 

Denkt  man  sich  m  im  j>-adischen  Zahlensysteme  geschrieben: 

(3)  m  =  a0  +  alp  +  a^p*  H \-  avp* , 

so  ist  allgemein: 

ri]  =  "<  '+*i+lP+m~  +  avP 

m 

also  ergiebt  eine  leichte  Rechnung  für  p  den  Wert 

**  —  <*« 

wenn  am  die  Ziffersumme  der  im  p-adischen  Zahlensysteme  geschriebenen  Zahl  m 
bedeutet. 

L.  Stickelberger  (Über  eine  Verallgemeinerung  der  Kreisteilung,  Math.  Ann. 
Bd.  37,  S.  321—367,  §  4)  bestimmt  mit  Hülfe  der  Darstellung  (3)  von  m  noch  den 

91t! 

Rest  modulo  p  von  — "■    Es  ist: 

=  % !  04 !  at  !  •  •  •    (mod  p) , 


»»— • 


(-pf 

m 

wenn  a0,  0|,  •     ■  die  Ziffern  von  m  im  jp-adischen  Zahlensysteme  sind. 

Nun  ergiebt  sich  mit  Hülfe  von  (2*),  dafs  eine  beliebige  Primzahl  p  in  dem 
Polynomialkoefficienten  (1)  genau: 

Male  enthalten  ist.     Diese  Zahl  kann  aber  niemals  negativ  sein,  denn  aus  der 

Gleichung: 

n  =  »i  -J-  Ä j  -\-  ' •  •  -\-  fc 

folgt  durch  Division  mit  p%  und  Übergang  zu  den  gröfsten  Ganzen  leicht: 

und  damit  ist  der  obige  Satz  vollständig  bewiesen. 

Eine  Verallgemeinerung  dieser  Frage  bildet  der  folgende  von  E.  Landau  be- 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 


501 


bewiesene  Satz  (Nouv.  Ann.  III.  se*r.  t.  19 
produit  de  factorielles  par  un  autre): 


Sur  les  conditions  de  divisibilit£  cVun 


Es  seien 


tt 


1» 


u 


m» 


Vl>"Vn 


m  +  n  homogene  lineare  Funktionen  der  Variablen  xx,  xt, 
ganzzahligen  Koefficienten,  so  dafs: 


ist.    Dann  ist  der  Faktoriellenquotient: 


•.-2^** 


*=i 


x    mit  positiven 


r=l,  •  •  n) 


vx\  v%\  •  •  •  vn\ 

für  alle  ganzzahligen  nicht  negativen  Wertsysteme  (#!,#,,-• 
dann  eine  ganze  Zahl,  wenn  die  Ungleichung: 

für  alle  Systeme  (0  <  x.  <  1)  erfüllt  ist. 

Aus  diesem  Satze  folgt  z.  B.  leicht,  dafs  die  Quotienten: 


xr)  dann  und  nur 


(2*0!  (2*,)! 


(4«,)!  (4a^! 


xxl  xt\  (xx  +  #,)!'         xl\  x%\  (2x1~\-xi)\  (xx  +  2xt)l ' 

(ra5,)!  •  •  •  (rxr) ! 
«,!«,!  •  •  •  xr\  (xt  +  x,  -\ 1-  xr)! 

fi5r  alle  x{  >  0  ganzzahlige  Werte  haben,  weil  in  dem  Intervalle  (0  •  •  •  1) 

[2a;,]  +  [ix,]  ^  [*,]  +  fo]  +  [*,  +  *,] 
[iXl]  +  [4a;,]  >  [*,]  +  [*,]  +  [2*,  +  a^]  +  [x,  +  2*,] 


2 

•  =1 


r  r 


ist. 


Unter  Benutzung  desTschebyscheffschen  Satzes  (Anm.  zu  S.  67,  a.  S.  502)  beweist 
man  leicht,  dafs  n!  niemals  die  Potenz  einer  ganzen  Zahl  Bein  kann,  denn  nach  jenem 

Satze  existiert  ja  in  dem  Intervalle  (— -  -\-  1  •  -  •  n\    stets  eine  Primzahl  jp,   und 

diese  ist  in  n!  nur  einmal  enthalten,  weil  schon  2p  >  n  ist. 


§  6.  S.  66  Ende. 

In  neuerer  Zeit  ist  Herr  K.  Th.  Vahlen  diesen  Fragen  in  der  Abhandlung: 
„Beiträge  zu  einer  additiven  Zahlentheorie",  Crelles  Journal  Bd.  112  S.  1 — 36 
näher  getreten. 


502  Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 

Erster  Teil. 
Tierte  Vorlesung, 

Für  diese  Vorlesung  wurde  die  Abhandlung  Kroneckers  „Über  den  Zahl- 
begrifft,  Crelles  Journal  Bd.  101  S.  337—353.  —  Gesammelte  Werke  Bd.  31  S.  24V 
bis  274  vielfach  benutzt. 

Fünfte  Vorlesung. 

§  2.  S.  67  und  S.  68-bis  Z.  4  v.  u. 

Die  einleitenden  Bemerkungen  über  die  Primzahlen  sind  Zusatz  des  Heraus- 
gebers. —  In  einer  im  Jahre  1860  der  Petersburger  Akademie  vorgelegten  Ab- 
handlung hat  TschebyschefF  den  schönen  Satz  bewiesen: 

7 
Ist  a  eine  beliebige  Zahl  >  — - ,    so    befindet    sich    in    dem   Intervalle 

(a  •  •  •  2  a  —  2)  mindestens  eine  Primzahl. 

Sechste  Vorlesung. 

§1. 
Läfst  man  in  der  Gleichung 

n  =  :rj»  n£  *Ja  •  • 

a.  S.  73  die  Exponenten  n.  unabhängig  von  einander  die  ganze  Reihe  der  positiven 
und  negativen  Zahlen  durchlaufen,  so  erhält  man  in  der  Gleichung 

n  =  (*i, ,  n, ,  n, ,  •  •  •) 

eine  eindeutige  Darstellung  aller  rationalen  (ganzen  und  gebrochenen)  Zahlen.    Da 
alle   in   dieser   Vorlesung   gegebenen  Definitionen   und  Sätze   von   der  Annahme 
ni  >  0)  unabhängig  sind,  so  erhält  man  bei  dieser  Erweiterung  eine  einheitliche 
arütellung  der  elementaren  arithmetischen  Eigenschaften  aller  rationalen  Zahlen. 


s 


§2. 

Die  Bezeichnungen  m(Ä,  &,  •  •  •  T)  und  M  (A,  £,  •  •  •  I)  sind  vom  Herausgeber 
zugefügt  worden,  ebenso  der  a.  S.  75  und  76  angegebene  Satz  4  und  sein  Beweis. 

Siebente  Vorlesung« 

§  3.  S.  93,  Z.  12  v.  u.  —  S.  94,  Z.  20  v.  u. 

Die  hier  behandelten  Beispiele  (Neuner-  und  Elferprobc)  sind  Zusatz  des 
Herausgebers. 

Achte  Vorlesung. 

§  1.  S.  97  bis  S.  98,  Z.  14  v.  o.     Zusatz  des  Herausgebers. 

§  3.  S.  102.   Zum  Wilsonschen  Satze. 

Mit  Hülfe  der  im  §  5  der  achtundzwanzigsten  Vorlesung  gefundenen  Resultate 
kann  man  leicht  eine  auch  historisch  interessante  Verallgemeinerung  des  Wilson- 
Bchen  Satzes  beweisen.    Es  sei  p  eine  beliebige  Primzahl  und 

irgend  welche  ji  inkongruente  Einheiten  modulo  p.     Dann  gilt  für  grofse  Wert« 
von  x  die  Gleichung: 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande.  503 


(i) 


ä-#i^-tf(.+5+S+-) 


X  X* 


wo  allgemein: 

A(ait  °«'  "•■  a/i) 

die  Summe   der  Kombinationen   mit  Wiederholung   zu  je  i  von  den  Einheiten 
ai »  *  *  •  aü  bedeutet. 
Es  seien  ferner: 

die  y  =  p  —  1  —  p  übrigen  modulo  p  inkongruenten  Einheiten  und 

tt>  (x)  =  (x  —  bt )  (*  —  &,)  •  •  •  (o;  —  &,) 

die  zu  qp(x)  komplementäre  Funktion,  so  dafs: 

<p(x)  ip(x)  ==  x*"1  —  1    (mod  p) 

ist.    Multipliziert  man  nun  die  Gleichung  (1)  mit  xp'~1 —  1  und  betrachtet  dann 
alle  Koefficienten  nur  modulo  jp,  so  folgt: 

xP  *(*)  =  *"-»  +  At  *-*  +  ...  +  Ar3f  +  Är+13f~l  +■■■  +  (Äp_1  - 1) 

Ersetzt  man  also  ip(x)  durch  seinen  Wert  in  (2),  so  ergeben  sich  durch  Koef- 
ficientenvergleichung  erstens  die  folgenden  Kongruenzen: 

(3)  Ai+{p_l)'=Ai    (modp),  («=0,1,«,..      a,-i) 

d.  h.  die  Summen  A^,  Ax,  •  •  •  A      x,  •  •  •  reproduzieren  sich  modulo  p  betrachtet 
periodisch.    Zweitens  folgt: 

(3*)  4,+  1EE^+2^-.-EE4,_2EE0     (modj)), 

d.  h.  es  besteht  der  Satz: 

Sind  Oj ,  a, ,  •  •  •  o  irgend  welche  p  inkongruente  Einheiten  modulo  p, 
so  sind  die  Summen  ihrer  Kombinationen  Ah  mit  Wiederholungen  durch 
p  teilbar,  deren  Index  modulo  p  —  1  einer  der  Zahlen  (v-\rl),  (v -f  2)> 
•  •  •  (p  —  2)  kongruent  ist. 

Endlich  ergeben  sich  aber  die  Kongruenzen: 

wenn  -B^j,  •  •  •  0,.)   die  elementaren  symmetrischen  Funktionen  der  6lf  •  •  •  6„, 
d.  h.  die  Summen  aller  Kombinationen  derselben  zu  je  &  ohne  Wiederholung  be- 


504  Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 

deutet.  Beachtet  man,  dafs  für  k  ]>  v  jene  Summen  von  selbst  Null  sind,  so  kann 
man  das  Resultat  unserer  Untersuchung  in  die  eine  Kongruenz  zusammenziehen: 

(4)  Ak(at,  at,  •  .  •  aj  ~  (-  1)^(6,,  •  ■  •  br)    (mod  />), 

wenn  kt  den  kleinsten  Rest  von  k  modulo  (p  —  1)  bedeutet    Oder  es  gilt  der 

Satz: 

Die  Summe  aller  Kombinationen  der  inkongruenten  Einheiten  <H,  •   •  a„ 

zu  je  k  mit  Wiederholung  ist  der  Summe  der  Kombinationen  der  übrigen 

(5)  Einheiten  bx ,  •  •  •  b9  zu  je  k0  ohne  Wiederholung  mit  alternierenden  Vor- 
zeichen kongruent,  wenn  it0  den  kleinsten  Rest  von  k  modulo  p  —  1  be- 
zeichnet. 

Das  Bestehen  der  Kongruenzen  (3»)  ist  zuerst  von  Steiner  (Crelles  Journal  Bd.  13 
p.  356;  —  Werke  Bd.  2  p.  7)  und  später  von  Jacobi  (Crelles  Journal  Bd.  14  p.  64; 
—  Werke  Bd.  6  p.  252)  bewiesen  worden;  der  allgemeine  Satz  (5)  ist  bisher 
noch  nicht  ausgesprochen  worden. 

Setzt  man  in  der  allgemeinen  Formel  (4)  k  =  p  —  2  und  wählt  für  5X ,  6, ,  •  •  -hT 
die  Zahlen  2,  3,  •  •  •  p  —  1,  so  dafs  o,  =  1  wird,  so  erhält  man  den  WiWu- 
sehen  Satz. 

§  3.  S.  103.  Zum  Fermatschen  Satze. 

In  Beantwortung  einer  in  Crelles  Journal  gestellten  Aufgabe  gab  Jacobi 
(Crelles  Journal  Bd.  3  S.  301—  302;  —  Werke  Bd.  6  S.  238— 239)  Fälle  an,  in 
welchen  a'""1  —  1  für  a  <  jp  nicht  blofs  durch  p,  sondern  auch  durch  p*  teilbar 
ist.    Der  einfachste  von  diesen  Fällen  ist  in  der  folgenden  Gleichung  enthalten: 

310  —  1  *=  (36)*  —  1  —  243*  —  1  =  (2  .  11»  +  1)*  —  1  =  0     (mod  11"). 

ap— 1 
Der  Rest  des  Quotienten modulo  p  wurde   von  Eisenstein  (Ber.   der 

Berl.  Akad.  1850,  S.  41);  Sylvester  (Comptes  rendus  t.  52  p.  161);  Stern  (Crelles 
Journal  Bd.  100)  und  Mirimanoff  (Crelles  Journal  Bd.  115  S.  295)  untersucht. 

§3.  S.  103,  Z. 8—  20 v.o.   Zusatz  des  Herausgebers. 

§  3.  S.  104,  Z.  14  v.  u.  bis  S.  105  Ende. 

Der  Satz  über  die  homogenen  symmetrischen  Funktionen  der  Einheiten  mo- 
dulo p  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers., 


Neunte  Yorlesung. 

§  2.  S.  112,  Z.  11  v.  o.  bis  S.  113,  Z.  7  v.  o.    Zusatz  des  Herausgebers. 

§4.  S.  118,  Z.  11  v.u. 

Die  Richtigkeit  der  Behauptung  Kroneckers,  dafs  derjenige  Kettenbruch  der 
kürzeste  ist,  bei  welchem  immer  nach  dem  kleinsten  Reste  dividiert  wird,  hat 
Herr  Vahlen  (Crelles  Journal  Bd.  116  S.  221  flgde.)  nachgewiesen.  Ebenso  ergiebt 
die  Division  nach  dem  gröfsten  Reste  die  (beiden)  längsten  Kettenbrüche.  Läfst 
man  bei  den  successiven  Divisionen  nach  Belieben  positive  oder  negative  Reste  zu, 
so   erhält  man  verschiedene  Kettenbruchentwickelungen  für  einen  und  denselben 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande.  505 

i 

echten  Bruch  —   und  ihre  Anzahl  ist  stets  dem  Nenner  n  jenes  Bruches  gleich 

ti 

(a.  a.  0.  S.  227). 

Elfte  Vorlesung, 

§  2.   8.  138,  Z.  14  v.  u.  bis  S.  139,  Z.  2  v.  o.  und  8.  139,  Z.  9  v.  u.  bis  S.  140,  Z.  16  v.  u. 
sind  Zusätze  des  Herausgebers. 


Zweiter  Teil. 

Für  die  Darstellung  diwes  Teiles  wurden  neben  den  Vorlesungsmanuskripten 
und  Nachschriften  auch  die  folgenden  Abhandlungen  Kroneckers  wesentlich  mit- 
benutzt: 

1)  „Grundzüge  einer  arithmetischen  Theorie  der  algebraischen  Gröfsen", 
Crelles  Journal  Bd.  92  S.  1—122;   Gesammelte  Werke  Bd.  2  S.  237—388. 

2)  „Die  Zerlegung  der  ganzen  Gröfsen  eines  natürlichen  Kationalitäts- 
bereiches  in  ihre  irreduktiblen  Faktoren",  Crelles  Journal  Bd.  94  S.  344 
bis  348;  Werke  Bd.  2  S.  409—416 

3)  „Über  einige  Anwendungen  der  Modulsysteme  auf  elementare  algebrai- 
sche Fragen44,  Crelles  Journal  Bd.  99  S.  329—371 ;  Werke  Bd.  31  S.  146—209. 

Dreizehnte  Vorlesung. 

II. 

< 

Die  Darstellung  dieses  Abschnittes  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers  unter 
Benutzung  der  obigen  Abh.  Nr.  1. 

§  5.  S.  163,  Z.  15  v.  u.  bis  Z.  2  v.  u.   Zusatz  des  Herausgebers. 

Fünfzehnte  Vorlesung. 

§  2.  S.  182,  Z.  10  v.  u.  bis  S.  183,  Z.  7  v.  o.  Zusatz  des  Herausgebers.   S.  184,  Z.  3  v.  o. 
bis  Ende  der  Vorlesung  Zusatz  des  Herausgebers. 

Sechzehnte  Vorlesung. 

§  3.  S.  192,  Z.  12  v.  u.  bis  S.  193  Ende  Zusatz  des  Herausgebers. 

Siebzehnte  Vorlesung. 

§1.  S.  194  bis  S.  196,  Z.  16  v.  u.    Die  allgemeinen  Sätze  über  die  Dekomposition 
der  Modulsysteme  zweiter  Stufe  sind  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

§  3.  Ende. 

Bis  zu  diesem  Punkte  etwa  hatte  Kronecker  die  Frage  der  Dekomposition 
der  Modulsysteme  in  seiner  letzten  Vorlesung,  Wintersemester  1890/91,  geführt, 
war  dann  aber  zu  den  Anwendungen  der  Analysis  auf  die  Arithmetik  über- 
gegangen. 

Achtzehnte  Vorlesung. 

Diese  ganze  Vorlesung  ist  vom  Herausgeber  hinzugefügt  worden.  Vgl.  hierzu 
die  Abhandlungen  von  K.  Hensel,  „Über  die  Zurückführung  der  Divisorensysteme 


506  Anmerkungen  zum  ersten  Bande. 

auf  eine  reduzierte  Form11,  Crelles  Journal  Bd.  118  S.  234—250,  Bd.  119  S.  114 
bis  130  und  „Über  die  elementaren  arithmetischen  Eigenschaften  der  reinen  Mo- 
dulsysteme zweiter  Stufe",  Crelles  Journal  Bd.  119  S.  176—185. 

Neunzehnte  Vorlesung. 

§1-3. 

Diese  Vorlesung  ist  unter  Benutzung  kurzer  Bemerkungen  Kroneckers  vom 
Herausgeber  hinzugefügt  worden. 

§6. 
Die  Zerlegung  der  Divisorensysteme  in  einfach  Systeme  ist  ein  Zusatz  des 
Herausgebers. 

Zwanzigste  Vorlesung« 

Diese  ganze  Vorlesung  mit  Ausnahme  des  §  4  ist  vom  Herausgeber  unter 
Benutzung  kurzer  Bemerkungen  in  den  Vorlesungen  1889  und  1890  und  der  oben 
erwähnten  Abhandlungen  Kroneckers  hinzugefügt  worden. 

Dritter  Teil. 

In  diesen  Teil  wurden  gewisse  Abschnitte  aus  der  im  Wintersemester 
1875/76  von  Kronecker  gehaltenen  Vorlesung  „Anwendung  der  Analysis  auf  Pro- 
bleme der  Zahlentheorie11  aufgenommen.  Dieselbe  soll  im  Folgenden  mit  „A.  d.  A.u 
zitiert  werden. 

Einundzwanzigste  Vorlesung« 

§  1.  S.  244,  Z.  13  v.  u.  bis  S  246,  Z.  5  v.  o.  und  S.  245,  Z.  14  v.  u.  bis  S.  246  Ende  des 
Abschnittes.  Die  neue  Begründung  der  Fundamentaleigenschaften  der  Funk- 
tion qp(n)  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

Zweiundzwanzigste  Vorlesung. 

§  2.  S.  257,  Z.  9  v.  u.  bis  S.  259,  Z.  7  v.  u.  ist  aus  der  Vorlesung  A.  d.  A.  aufgenommen 
worden. 

§  4.  S.  267,  Z.  7  v.  o.  bis  zum  Ende  des  §  4  gehörte  der  Vorlesung  A.  d.  A.  an. 

§  5.  Dieser  ganze  Abschnitt  ist  ebenfalls  aus  jener  Vorlesung  entnommen. 

§7.  S.  278,  Z.  11  v.u.flgde. 
Sind  »i,  a,  b  beliebige  ganze  Zahlen,  so  gilt  stets  die  Gleichung: 


[vLaJJ       lab] 


Ist  nämlich  tn  =  am  +  a\  m  =  bm"  -f-  b\  wo  d  <  a  —  1,  b'  <  b  —  1,  so  folgt 
m  =  abm"  -f-  (ab*  -f-  d ),  wo  ab*  +  d  <  a(6  —  1)  +  a  —  1  =  ab  —  1.  Also 
ist  in  der  That: 

-•'=[«]=[?]=[>£]]-"'""• 

Dreiundzwanzigste  Vorlesung. 

§  4.  S.  290,  Z.  13  v.  u.  bis  S.  293,  Z.  5  v.  o. 
Die   kurze   Darstellung   der   Elementarsätze   über  die  Wurzeln  der  Kreis- 
teilungsgleichungen ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 


Anmerkungen 'zum  ersten  Bande.  507 

Vierundzwanzigste  Vorlesung. 

§  1.  Zu  S.  305  flgde. 

Um  vermittelst  der  Formel  (1)  die  für  ein  aufseres  Rechteck  gefundenen 

Resultate  ohne  störende  Nebenbetrachtungen  auf  innere  Rechtecke  anwenden  zu 

können,  wurde  vom  Herausgeber  dem  Systeme  ((*',  k))  die  nullte  Horizontal-  und 

Vertikalreihe  hinzugefügt,  und  die  Eroneckerschen  Bezeichnungen  entsprechend 

geändert. 

§  4.  S.  313—316. 

Die   Betrachtungen  dieses  Abschnittes   sind   vom  Herausgeber  hinzugefügt 

worden.    Für  den  letzten  Teil  desselben  (S.  316)  wurde  die  Vorlesung  A.  d.  A. 

benutzt. 

§  6.  S.  316,  Z.  3  y.  u,  bis  S.  317,  Z.  4  v.  u. 

Zusatz  des  Herausgebers.     Der  übrige  Teil  dieses  Abschnittes  wurde  aus 
A.  d.  A.  entnommen. 

§  6.  S.  319,  Z.  14  v.  u.  bis  S.  325  Ende. 

Dieser  ganze  Abschnitt  wurde  der  Vorlesung  A.  d.  A.  entnommen. 

Fünfundzwanzigste  Vorlesung. 

§  1.  S.  326,  Z.  1  v.  o.  bis  S.  327,  Z.  6  v.  u.    Zusatz  des  Herausgebers.    S.  331,  Z.  7  v.  u. 
bis  S.  332,  Z.  2  v.  o.   Zusatz  des  Herausgebers. 

§  5.  S.  340,  Z.  5  bis  Z.  16  v.  o. 
Diese  Grenzbestimmung  für  den  Fehler  a  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

Sechsundzwanzigste  Vorlesung. 

§  3.  S.  353,  Z.  12  y.  o.  bis  S.  354,  Z.  10  v.  o. 

Die  hier  durchgeführte  Grenzbestimmung  mit  Hülfe  des  Mittelwertsatzes  ist 
ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

§  4.  S.  358,  Z.  5  v.  u.  bis  S.  359,  Z.  11  v.  o. 
Die  hier  gegebene  Grenzbestimmung  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

§  5.  S.  363,  Z.  3  y.  o.  bis  Z.  3  v.  u. 

Diese  Bestimmungen  des  Gaussischen  Mittelwertes  sind  ein  Zusatz  des  Her- 
ausgebers. 

§  6.  S.  368,  Z.  8  v.  u.  bis  S.  369,  Z.  7  v.  o. 

Diese  Mittel  Wertsbestimmung  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

§  7.  S.  371,  Z.  5  y.  u.  bis  S.  372,  Z.  6  v.  o.  ist  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

Vierter  Teil. 
Siebenundzwanzigste  Vorlesung. 

§  1.  S.  376,  Z.  13  y.  u.  bis  S.  376,  Z  15  v.  o. 

Die   Anwendung    der  Theorie   der  Modulsysteme    auf  die  Potenzreste  ist 
Zusatz  des  Herausgebers. 


508  Anmerkungen  zum'  ersten  Bande. 

Achtundzwanzigste  Vorlesung. 

§  2.  S.  392,  Z.  6  v.  u.  bis  S.  894,  Z.  9  v.  o. 

Die  Ausführungen  über  die  unabhängigen  Lösungen  linearer  Kongruenzen 
sind  Z U8 atz  des  Herausgebers. 

§  3.  S.  397,  Z.  2  v.  u.  bis  S.  399,  Z.  6  v.  u.    Zusatz  des  Herausgebers.    S.  402,  Z.  6  v.  o. 
bis  S.  403,  Z.  10  v.  o.   Zusatz  des  Herausgebers. 

§  5.  S.  408,  Z.  13  bis  Z.  19  v.  o.   Zusatz  des  Herausgebers. 

Neunundzwanzigste  Vorlesung. 

§  4.  S.  426,  Z.  6  v.  u.  bis  S.  427,  Z.  13  v.  u.    Zusatz  des  Herausgebers. 

Dreißigste  Yorlesung. 

Die  in  den  letzten  Vorlesungen  dargestellte  Untersuchung  der  arithmetischen 
Reihe  hat  Eronecker  nur  einmal  im  Jahre  1886  durchgeführt,  in  den  späteren 
Vorlesungen  wegen  Zeitmangel  nur  auf  sie  hingewiesen.  Die  Darstellung  mufste 
hier  sehr  wesentlich  geändert  werden,  da  es  Eronecker  im  Verlaufe  der  Vor- 
lesungen gelang,  die  Untersuchungen  bedeutend  zu  vereinfachen;  dadurch  aber 
mufsten  bereits  behandelte  Teile  verändert  werden,  ohne  dafs  der  Vortragende 
selbst  dies  ausführlich  angegeben  hat.  Ich  hoffe,  dafs  es  mir  nach  längerer  Be- 
schäftigung mit  dem  Gegenstande  gelungen  sein  möchte,  diese  schöne  Unter- 
suchung etwa  so  darzustellen,  wie  es  Eronecker  bei  einem  zweiten  Vortrage  ge- 
than  hätte. 

§  1.  S.  438  und  439  sind  ein  Zusatz  des  Herausgebers. 

S.  440  und  441. 

Der  Beweis  des  Dirichletschen  Satzes  für  die  arithmetische  Reihe  tnh  -f-  1 
ist  eine  einfache  Verallgemeinerung  eines  von  Eronecker  in  der  Vorlesung  A.  d.  A. 
für  den  Fall  gegebenen,  dafs  m  eine  Primzahl  ist.  Einen  anderen  Beweis  für 
diesen  Fall  gab  Herr  Wendt  im  Jahre  1895  in  Crelles  Journal  Bd.  115.  Vgl.  auch 
die  Arbeiten  von  Lebesgue  (Liouvilles  Journal  Ser.  I  Bd.  8)  und  Serret  (a.  a.  0. 
Bd.  17). 

§  1.  Ende  S.  442  Anmerkung. 

Dirichlet  hat  denselben  Satz  auch  für  die  arithmetischen  Reihen  r  -\-  mx 
bewiesen,  in  denen  V  und  m  gegebene  teilerfremde  komplexe  Zahlen  sind,  und  x 
die  Reihe  aller  komplexen  ganzen  Zahlen  durchläuft  (Berichte  der  Berl.  Akad.- 
v.  J.  1841,  S.  141—161;  Werke  Bd.  2  S.  509—532).  —  Auch  Herr  Mertens  hat  im 
Jahre  1895  Grenzen  angegeben,  innerhalb  deren  notwendig  eine  neue  Primzahl 
der  Form  r  +  tnh  liegen  mufs,  und  das  Nichtversch winden  der  in  der  letzten 
Vorlesung  betrachteten  Reihen  durch  elementare  Sätze  über  die  Multiplikation 
von  Reihen  nachgewiesen.  —  Vgl.  die  Aufsätze  ,,Über  Dirichletsche  Reihen", 
„Über  das  Nichtverschwinden  Dirichletscher  Reihen  mit  reellen  Gliedern".  — 
Wiener  Berichte  Bd.  104  (1895)  und  „Über  Multiplikation  und  Nichtverschwinden 
Dirichletscher  Reihen".  —  Crelles  Journal  Bd.  117  (1897). 

§  2.  S.  343,  Z.  2—25  v.  o.   Zusatz  des  Herausgebers. 


Anmerkungen  zum  ersten  Bande.  509 

§  2.  S.  444,  Z.  16  v.  u.  bis  S.  460,  Z.  6  v.  u. 

Die  ganze  hier  auseinandergesetzte  Theorie  der  Charaktere  wurde  vom  Her- 
ausgeber hinzugefügt. 

§  3.  S.  461,  Z.  19  v.  u.  bis  Ende  des  Abschnittes. 

Der  Beweis  dieser  Fundamentalgleichung  auf  Grund  der  Theorie  der  Charak- 
tere wurde  vom  Herausgeber  hinzugefügt.  Eronecker  gab  diesen  Beweis  durch 
ein  successives  Verfahren,  aus  welchem  das  Endresultat  nicht  einfach  erkannt 
werden  konnte. 

Einunddreifslgste  Vorlesung. 

§  1.  S.  464,  Z.  8 — 20  v.  o.   Zusatz  des  Heransgebers. 


Druckfehler. 

S.  157,  Z.  19  v.  o.  statt  „es"  lies  „sie*4.  ■ 

S.  188,  Z.  4  v.  o.       „     j?J l       „    jj}1. 

S.  258,  Z.  2  y.  u.  ist  zuzufügen: 

Selbstverständlich  gilt  die  Gleichung  (1*)  auch  dann,  wenn  die  Funktion  j 

f(x)  in  dem  Intervalle  J  mit  wachsendem  Argumente  zunimmt 

S.  327,  Z.  6  v.  u.  statt  ,  lies  . 

S.  377,  Z.  15  y.  o.  ist  qp(cf)  fortzulassen. 

S.  377,  Z.  12  v.  u.    „    <p(p  —  1)     „ 

S.  378,  Z.  4  v.  u.      „    <p(f)  „. 

S.  380,  Z.  8  v.  u.      „    <p{d)  „ 


p.  p. 

Meinen  umfangreichen  Verlag  auf  dem  Gebiete  der  Mathematischen, 
der  Technischen  und  Naturwissenschaften  nach  allen  Richtungen  hin 
weiter  auszuhauen,  ist  mein  stets  durch  das  Vertrauen  und  Wohlwollen 
zahlreicher  hervorragender  Vertreter  obiger  Gebiete  von  Erfolg  begleitetes 
Bemühen,  wie  mein  Verlagskatalog  zeigt,  und  ich  hoffe,  dafs  bei  gleicher 
Unterstützung  seitens  der  Gelehrten  und  Schulmänner  des  In-  und  Auslandes 
auch  meine  weiteren  Unternehmungen  Lehrenden  und  Lernenden  in  Wissen- 
schaft und  Schule  jederzeit  förderlich  sein  werden.  Verlagsanerbieten  ge- 
diegener Arbeiten  auf  einschlägigem  Gebiete  werden  mir  deshalb,  wenn 
auch  schon  gleiche  oder  ähnliche  Werke  über  denselben  Gegenstand  in 
meinem  Verlage  erschienen  sind,  stets  sehr  willkommen  sein. 

Unter  meinen  zahlreichen  Unternehmungen  mache  ich  ganz  besonders 
auf  die  von  den  Akademien  der  Wissenschaften  zu  München  und  Wien  und 
der  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen  herausgegebene  Enoyklo- 
pädie  der  Mathematischen  Wissenschaften  aufmerksam,  die  in  7  Bänden 
die  Arithmetik  und  Algebra,  die  Analysis,  die  Geometrie,  die  Mechanik, 
die  Physik,  die  Geodäsie  und  Geophysik  und  die  Astronomie  behandelt  und 
in  einem  Schlufsband  historische,  philosophische  und  didaktische  Fragen 
besprechen,  sowie  ein  Generalregister  zu  obigen  Bänden  bringen  wird. 

Weitester  Verbreitung  erfreuen  sich  die  mathematischen  und  natur- 
wissenschaftlichen Zeitschriften  meines  Verlags,  als  da  sind:  Die  Mathe- 
matischen Annalen,  die  Biblio(heoa  Mathematica,  das  Arohiv  der 
Mathematik  und  Physik,  die  Jahresberichte  der  Deutschen  Mathe- 
matiker-Vereinigung, die  Zeitschrift  für  Mathematik  und  Physik 
und  die  Zeitschrift  für  mathematischen  und  naturwissenschaftlichen 
Unterricht. 

Seit  1868  veröffentliche  ich  in  kurzen  Zwischenräumen:  „Mitteilungen 
der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner".  Diese  „Mitteilungen",  welche 
unentgeltlich  in  20  000  Exemplaren  sowohl  im  In-  als  auch  im  Auslande 
yon  mir  verbreitet  werden,  sollen  das  Publikum,  welches  meinem  Verlage 
Aufmerksamkeit  schenkt,  von  den  erschienenen,  unter  der  Presse  befindlichen 
und  von  den  vorbereiteten  Unternehmungen  des  Teubnerschen  Verlags  in 
Kenntnis  setzen  und  sind  ebenso  wie  das  bis  auf  die  Jüngstzeit  fortgeführte 
jährlich  zwei-  bis  dreimal  neu  gedruckte  Verzeichnis  des  Verlags  von 
B.  G.  Teubner  auf  dem  Gebiete  der  Mathematik,  der  technischen 
und  Naturwissenschaften  nebst  Grenzgebieten,  95.  Ausgabe  [XXXVHI 
u.  140  S.  gr.  8],  in  allen  Buchhandlungen  unentgeltlich  zu  haben,  werden 
auf  Wunsch  aber  auch  unter  Kreuzband  von  mir  unmittelbar  an  die  Be- 
steller übersandt. 

Leipzig,  Poststrafse  3.  B    q    Teubner. 


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Stanford,  California 


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