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VORLESUNGEN ÜBER
MATHEMATIK
VON
LEOPOLD KRONECKER.
HERAUSGEGEBEN
UNTER MITWIRKUNG EINER VON DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN EINGESETZTEN KOMMISSION.
IN ZWEI TEILEN.
ZWEITER TEIL.
VORLESUNGEN ÜBER
ALLGEMEINE ARITHMETIK.
ERSTER ABSCHNITT: VORLESUNGEN ÜBER ZAHLENTHEORIE.
LEIPZIG,
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.
1901.
VORLESUNGEN ÜBER
ZAHLENTHEORIE
VON
LEOPOLD KRONECKER.
ERSTER BAND.
ERSTE BIS DREIUNDDREISSIGSTE VORLESUNG.
BEARBEITET UND HERAUSGEGEBEN VON
Dh kürt hensel,
PROFESSOR DER MATHEMATIK AN DER UNIVERSITÄT ZU BERLIN.
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MIT 7 FIGUREN IM TEXT.
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DRUCK UND VERLAG VON B. Q. TEÜBNER.
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ALLE RECHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZÜNGSRECHT8, VORBEHALTEN.
Vorwort.
Die drei Vorlesungen über Zahlentheorie, Determinantentheorie
und Algebra bildeten den Hauptbestandteil der akademischen Vorträge
Leopold Kroneckers an der Berliner Universität; und ebenso hat sich
seine wissenschaftliche Lebensarbeit zum grofsen Theile in diesen drei
Gebieten bewegt.
Schon in seiner Antrittsrede in der Berliner Akademie der Wissen-
schaften sprach er aus, wie sehr ihn gerade diejenigen Probleme
fesselten; welche der Arithmetik und der Algebra gemeinsam sind; und
je weiter er selbst schaffend in seiner Wissenschaft vordrang; desto
deutlicher wurde ihm der enge Zusammenhang zwischen diesen beiden
grofsen Disziplinen und die Notwendigkeit; sie aus den gleichen Ge-
sichtspunkten zu behandeln. So wurde auch bei jeder Wiederholung
die Verbindung zwischen jenen drei Vorlesungen eine engere, und zu-
letzt empfand er es als innere Notwendigkeit, sie in einen Cyklus zu
vereinigen, dem er den zusammenfassenden Namen „Über allgemeine
Arithmetik" gab. x
In seinen Vorlesungen wollte Kronecker eine Darstellung jener
Disziplinen geben, welche alle wesentlichen gesicherten Ergebnisse der
Forschung bis zur Gegenwart zu einem einheitlichen organisch geglie-
derten Ganzen zusammenfafst. So ergab sich mit Notwendigkeit eine
Anordnung des Stoffes, welche in vielen Fällen von der durch die
historische Entwickelung bedingten wesentlich verschieden war. Be-
sonders mufsten die Prinzipien; welche im neunzehnten Jahrhundert
erst später für die Wissenschaft bestimmend hinzutraten; schon im An-
fange entwickelt werden; wohin sie ihrer Natur und Bedeutung nach
gehörten; während sie sonst vielfach erst dann hinzugezogen wurden;
wenn die aus ihnen abzuleitenden Folgerungen dargestellt werden
sollten. Endlich mufs ich noch auf eine Forderung aufmerksam
machen; welche Kronecker bewufst an die Definitionen und Beweise
der allgemeinen Arithmetik stellte; und durch deren strenge Beachtung
sich seine Darstellung der Zahlentheorie und der Algebra wesentlich
F*
4
VI Vorwort.
von fast allen übrigen unterscheidet. Er meinte, man könne und man
müsse in diesem Gebiete eine jede Definition so fassen, dafs durch
eine endliche Anzahl von Versuchen geprüft werden kann, ob sie auf
eine Torgelegte Gröfse anwendbar ist oder nicht. Ebenso wäre ein
Existenzbeweis für eine Gröfse erst dann als völlig streng anzusehen,
wenn er zugleich eine Methode enthalte, durch welche die Gröfse,
deren Existenz bewiesen werde, auch wirklich gefunden werden kann.
Kronecker war weit davon entfernt, eine Definition oder einen Beweis
vollständig zu verwerfen, der jenen höchsten Anforderungen nicht ent-
sprach, aber er glaubte, dafs dann eben noch etwas fehle, und er hielt
eine Ergänzung nach dieser Richtung hin für eine wichtige Aufgabe,
durch die unsere Erkenntnis in einem wesentlichen Punkte erweitert
würde. Aufserdem glaubte er, dafs eine in diesem Sinne strenge
Formulierung sich im allgemeinen einfacher gestaltet als eine andere,
bei welcher jene Forderungen noch nicht erfüllt sind, und durch seine
Vorlesungen hat er hierfür wohl in vielen Fallen den Beweis erbracht.
Diese Gründe haben bewirkt, dafs sich die Vorlesungen über
Zahlentheorie, deren ersten Band ich hiermit der Öffentlichkeit über-
gebe, in einigen wesentlichen Punkten von den früheren Lehrbüchern
über diesen Gegenstand unterscheiden.
Gauss bestimmt in der Einleitung zu seinen „Disquisitiones arith-
meticae" das Gebiet der natürlichen ganzen Zahlen als das Feld der
Arithmetik, aber er selbst war gezwungen, dieses Gebiet dadurch zu er-
weitern, dafs er in der fünften Sektion desselben Werkes das Reich
der quadratischen Formen von zwei Variablen, in der siebenten die
Funktionen von x hinzunahm, welche gleich Null gesetzt die Kreis-
teilungsgleichungen ergeben.
Kronecker bezeichnet nun von vorn herein die Untersuchung der
rationalen Zahlen und der rationalen Funktionen von einer und von
mehreren Variablen als die Aufgabe der allgemeinen Arithmetik. Durch
diese Erweiterung des Bereiches seiner Wissenschaft hat er den Grund
gelegt, nicht nur für die erwähnten höheren Anwendungen der reinen
Zahlentheorie, sondern auch für die Determinantentheorie oder die
Lehre von den linearen Gleichungen und für die Algebra oder die
Theorie der höheren Gleichungen. Nachdem in dem ersten Teile des
vorliegenden Bandes die Zerlegbarkeit der Zahlen in ihre Primfaktoren
und die Gesetze der Teilbarkeit, d. h. die Theorie der Kongruenzen
nach einem Modul auseinandergesetzt ist, wird in seinem zweiten
Teile dargelegt, dafs man mit diesen Definitionen und Methoden
von Gauss auch das weitere Reich der rationalen Funktionen beliebig
vieler Variablen vollständig beherrscht, und auch hier genau die-
Vorwort. VII
selben Resultate erhält, wenn- man den Begriff der Teilbarkeit durch
einen Divisor in naturgemäßer Weise zum Begriffe der Teilbarkeit
durch ein Divisorensystem erweitert.
Wie weit die Anwendbarkeit dieser Gaussischen Prinzipien reicht,
lehren schon hier die geometrischen Anwendungen, sowie die wesent-
liehen Vereinfachungen, welche die Theorie der Kreisteilungsgleichungen,
die Beweise für das quadratische, das kubische und das bi quadratische
Reciprocitätsgesetz und die Theorie der quadratischen Formen durch
sie erfahrt. Ganz besonders wird dies aber auch in den späteren Vor-
lesungen dieses Cyklus hervortreten, denn auf dieser Grundlage läfst
sich die ganze Determinantentheorie und ein sehr grofser Teil der
Algebra einheitlich und in wunderbarer Einfachheit aufbauen.
Gauss hat die Arithmetik zum Range einer Wissenschaft erhoben,
aber erst Dirichlet gab ihr, wie schon Eronecker mit Recht hervorhob,
wirklich eigentliche Methoden, indem er zeigte, dafs und wie man
ganze Klassen arithmetischer Probleme entweder lösen, oder wenigstens
die arithmetische Schwierigkeit auf eine analytische reduzieren kann.
Die Methoden Dirichlets beruhen wesentlich auf der Einführung des
Grenzbegriffes in die Arithmetik, und diese Erweiterung der arithme-
tischen Prinzipien stellte sich bereits für die elementare Theorie der
quadratischen Formen als unumgänglich notwendig heraus, da die
Hauptfrage nach der Darstellung der Klassenzahl dieser Formen auf
andere Weise nicht gelöst werden konnte. Trotzdem wurde aber dieser
Begriff fast in allen Lehrbüchern entweder gewissermaßen notgedrungen
erst ganz spät hinzugenommen, oder es wurden überhaupt alle mit
ihm zusammenhängenden Fragen als der reinen Arithmetik fernliegend
zunächst unterdrückt, und später in einer selbständigen Darstellung
zusammengefaßt.
Auch Kronecker hat in der Zeit von 1871 bis 1882 unter dem
Titel „Über die Anwendung der Analysis auf Probleme der Zahlen-
theorie" allein jene Dirichletschen Methoden in grofsen sechsstündigen
Vorlesungen behandelt, während sein Lehrer und Freund E. E. Kummer
die sog. „reine" Zahlentheorie vortrug. Aber er erkannte selbst, dafs
bei dieser mehr aus äufseren Gründen erfolgten Scheidung beide Dis-
ziplinen nicht zu ihrem Rechte kamen, denn der logische Aufbau der
Arithmetik wurde durch die Unterdrückung oder verspätete Hinzu-
ziehung des Grenzbegriffes verkümmert, während sich die Anwendungen
der Analysis auf die Arithmetik niemals einheitlich gestalten liefsen,
sondern immer den Charakter einer äufserlichen Zusammenfassung be-
grifflich fern liegender Fragen behielten.
Als daher nach dem Rücktritt Kummers im Jahre 1883 die Auf-
VIII Vorwort.
gäbe an seinen Nachfolger herantrat, das ganze Gebiet der Arithmetik
systematisch und in voller Ausführlichkeit zu behandeln , da zweifelte
Kronecker gerade auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen keinen
Augenblick, dafs die Methoden der Analysis da auseinanderzusetzen
seien, wohin sie begrifflich gehören, nämlich schon am Anfange der
Darstellung, und so erhalten wir im dritten Abschnitte des vorliegen-
den Bandes eine ausführliche Theorie der Mittelwerte arithmetischer
Funktionen, aus der klar hervorgeht, dafs es wirklich eben nur der
Begriff der Grenze ist, welcher zu den vorher behandelten arithme-
tischen Definitionen und Methoden als neu hinzutritt.
Der erste Band der Zahlentheorie schliefst mit dem Beweise des
berühmten Satzes, dafs jede arithmetische Reihe, deren Anfangsglied
und Differenz teilerfremd sind, unendlich viele Primzahlen enthält; aber
Kronecker vervollständigt den Dirichletschen Beweis dieses Satzes in
einem wesentlichen Punkte, indem er nachweist, dafs man für jede be-
liebig grofs anzunehmende Zahl ft eine gröfsere Zahl ]i so bestimmen
kann, dafs in dem Intervalle (ft • • • ]n) sich sicher eine Primzahl der
verlangten Form befindet. Diese schöne Ergänzung jenes berühmten
Beweises ist eine Frucht der oben erwähnten höheren Forderungen,
welche Kronecker an arithmetische Beweise stellte, und hier scheint
es in der That, dafs durch diese Verbesserung der Dirichletsche Be-
weis nichts an Einfachheit und Durchsichtigkeit verloren hat.
Für die Herausgabe dieses Werkes lag mir ein überreiches Material
in den sorgfältig gesammelten Notizen Kroneckers für alle seine Vor-
lesungen von 1863 bis 1891 vor; ferner standen mir sechs zum Teil
sehr eingehende Ausarbeitungen der in den Wintersemestern 1883/84, ♦
1885/86, 1887/88, 1889/90 gehaltenen vier- bezw. sechsstündigen Vor-
lesungen zur Verfügung, endlich eine Ausarbeitung der Vorlesung,
welche im Winter 1891 durch den Tod Kroneckers unterbrochen
wurde. Dann habe ich noch eine sehr gute von Professor G. Hettner
herrührende Bearbeitung des im Wintersemester 1875/76 gehaltenen
sechsstündigen Kollegs über die Anwendung der Analysis auf Probleme
der Zahlentheorie vielfach für die Herausgabe benutzen können. Ich
möchte noch kurz angeben, wie ich diese reichen Hülfsmittel für den
vorliegenden Band benutzt habe, und für die Fortsetzung dieses grofsen
Werkes zu verwerten gedenke.
Kronecker selbst hat über den Plan, seine Vorlesungen heraus-
zugeben, oft und eingehend mit mir gesprochen; aber er betonte dabei
stets, dafs sie für diesen Zweck noch ganz wesentlich umgearbeitet
und systematisiert werden müfsten. Liegt doch der Wert und der Reiz
Vorwort. IX
akademischer Vorlesungen in ganz anderen Vorzügen, als der eines
Lehrbuches über denselben Gegenstand. Hier sollen nicht alle Hülfs-
mittel zur Durchforschung des ganzen Gebietes gegeben werden, wohl
aber soll der Lehrer die Begeisterung für jene Disziplin wecken, er
soll die Hörer gewissermafsen in das Innere der Werkstatt der Männer
einfuhren, welche die Wissenschaft wirklich gefordert haben. Hier
kann man auf eine völlig strenge Disposition, auf eine erschöpfende
Darstellung des ganzen Gebietes verzichten, denn dies findet der
Lernende später in den Lehrbüchern und Abhandlungen; hier darf der
Lehrer auf anregende und aussichtsvolle Probleme eingehen, auch wenn die
Untersuchung noch nicht zu einem vollen Abschlufs geführt werden
kann, denn gerade solche Fragen werden empfängliche Geister viel
tiefer zu eigenen Problemstellungen anregen, als vollständig durch-
geführte Untersuchungen. Aufserdem waren die Zuhörer der Kronecker-
schen Vorlesungen grofsenteils bereits so gut vorgebildet, dafs er viele
Voruntersuchungen als bekannt voraussetzen konnte, auf die bei einer
systematischen Darstellung notwendig ausführlich eingegangen werden
mufste.
Alle die so sich ergebenden wichtigen Änderungen gedachte
Kronecker bei der Herausgabe selbst zu machen, aber nach seinem
Tode fanden sich in seinem Nachlasse gar keine Vorarbeiten für die
Ausführung dieses Planes. So erwuchs mir denn die schwere Auf-
gabe, die Bearbeitung des reichen Materiales nach den mir wohl be-
kannten Intentionen des Meisters, aber ohne seine Hülfe auszuführen,
und der Wunsch, dieser Pflicht nach meinen besten Kräften gerecht
zu werden, hat die Herausgabe dieses ersten Bandes trotz angestrengter
Arbeit etwas verzögert. Jetzt sind aber die Vorarbeiten so weit ge-
diehen, dafs die erste Hälfte des zweiten Bandes der Zahlentheorie
und die erste Hälfte der Determinantentheorie bald diesem Bande
folgen können.
Aus den Aufzeichnungen und Nachschriften geht hervor, dafs
Kronecker seine Vorlesungen jedesmal in allen wesentlichen Punkten
neu durchgearbeitet hat; daher die sorgfältige Formulierung und Be-
handlung der prinzipiell wichtigen Fragen. Aber aufserdem wurden
in den verschiedenen Jahren die einzelnen Teile der Zahlentheorie
das eine Mal sehr eingehend behandelt, das andere Mal nur kürzer
skizziert, und so ergab sich die dankbare Aufgabe, aus allen jenen
Vorlesungen eine gleichmäfsige Darstellung des ganzen Gebietes her-
auszuarbeiten, wie sie der Verewigte in einer länger ausgedehnten Vor-
lesung vielleicht gegeben hätte. In der hier gegebenen Bearbeitung
habe ich keine wesentliche Untersuchung fortgelassen, welche Kronecker
X Vorwort.
in einer dieser Vorlesungen durchgeführt hat, und ebenso wenig habe
ich es gewagt, irgend ein Problem aufzunehmen, welches Kronecker
nicht wenigstens irgend einmal gestreift hätte. Einige Untersuchungen,
deren Resultate oder Methoden mir wertvoll erschienen, habe ich in
den Anmerkungen am Ende dieses Bandes kurz dargestellt, während
einige gröfsere Zusätze am Ende des ganzen Werkes hinzutreten
sollen.
Während so der Ideenkreis dieses Buches im wesentlichen der
geblieben ist, innerhalb dessen sich die Vorlesungen bewegten, habe
ich mich besonders zu erreichen bemüht, dafs dieses Werk auch ein
vollständiges systematisches Lehrbuch der Zahlentheorie würde, ohne
dafs der persönliche Reiz der Eroneckerschen Darstellung verloren
ginge. Ich habe daher die Anordnung des Stoffes vollständig nach
eigenem Ermessen gemacht, und ich habe an vielen Stellen die Hülfs-
untersuchungen und vorbereitenden Sätze, auf welche sich Kronecker
einfach bezog, dargestellt und eingehend begründet, in dem Wunsche,
dafs diese Vorlesungen auch dem nicht vorgebildeten Leser zugänglich
sein möchten. Aus demselben Grunde hielt ich es auch für nötig, die
Darstellung an vielen Stellen ausführlicher zu gestalten. Endlich
habe ich besonders in der achtzehnten Vorlesung die Untersuchungen
Kroneckers selbständig weitergeführt, damit das interessante Problem
der Dekomposition der Modulsysteme in diesem Lehrbuche auch zu
einem befriedigenden Abschlüsse geführt werde. Die von mir ge-
machten wesentlichen und unwesentlichen Zusätze habe ich im An-
hange so genau angegeben, dafs der Leser den ursprünglichen Inhalt
der Kroneckerschen Vorlesungen leicht wieder herstellen kann.
Vor der definitiven Drucklegung hat Herr Professor J. L. Heiberg
in Kopenhagen die historische Einleitung und Herr Professor G. Frobenius
sowie Herr Dr. E. Landau einen grofsen Teil des ganzen Werkes sehr
sorgfältig durchgesehen; einige Verbesserungsvorschläge dieser Gelehrten
habe ich mit herzlichem Danke benutzt. Ferner hat mich Herr
Weymann bei der Redaktion der ersten und Herr Dr. Fuchs bei der
Korrektur der zweiten Hälfte dieses Bandes in dankenswertester Weise
unterstützt.
Sollte es mir gelungen sein, den Lesern dieses Werkes auch nur
einen Teil der hellen Freude zu gewähren, mit der die Schüler
Kroneckers den Vorträgen des Meisters folgten, so würde ich mich
für die grofse auf die Herausgabe verwandte Arbeit reich belohnt und
zur Fortarbeit an diesem schönen Werke ermutigt fühlen.
Berlin, den 5. März 1901.
Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes.
Seite
Einleitung 1—56
Erste Vorlesung 1—13
Einleitung. Alter, Begründung und Abgrenzung der Arithmetik. —
Geschichte der Arithmetik. Die orientalischen Völker. Die Arith-
metik bei den Griechen. — Euklid. Die Elemente. Vollkommene
Zahlen. Anzahl aller Primzahlen. Jede arithmetische Reihe ent-
halt unendlich viele Primzahlen. — Diophant. Theon. Hypatia. —
Die Araber. Die arabischen Ziffern.
Zweite Vorlesung 14—39
Niedergang der Wissenschaften im Mittelalter. — Die Arithmetik im
siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert. — Fermat und einige von
seinen Sätzen. — Beweis des sog. kleinen Fermatschen Satzes. — Die
Polygonalzahlen. — Der sog. grofse Fermatsche Satz: Die Gleichung
3? + yn — *n "t nur für n = 2 in ganzen Zahlen lösbar. — Euler ;
sein Leben und einige seiner arithmetischen Arbeiten. — Die voll-
kommenen und die befreundeten Zahlen. — Diophantische Probleme.
— Eulers Lösung des Fermatschen Problemes in den Fällen n = 2
und nsi — Die Pellsche Gleichung. — Das Reciprocitätsgesetz.
— Legendre und sein Essai sur la the'orie des nombres.
Dritte Vorlesung i 40—56
Die beiden Hauptrichtungen der Arithmetik im neunzehnten Jahr-
hundert. — Gauss und der systematische Aufbau der Arithmetik in
den disquisitiones arithmeticae. — Inhaltsübersicht. — Das Problem
der Kreisteilung. — Dirichlet, Jacobi, Kummer. — Theorie der alge-
braischen Zahlen; arithmetische Behandlung dieses Problemes. —
Dirichlet und die Anwendung der Analysis auf Probleme der Zahlen -
theorie. — Beispiele: Die Binomial- und Polynomialkoefficienten sind
ganze Zahlen. — Einige Untersuchungen Eulers aus diesem Gebiete.
Erster Teil. Teilbarkeit und Kongruenz im Gebiete der Zahlen 57-142
Vierte Vorlesung 57—64
Systematische Arithmetik. — Der Zahlbegriff. — Die Ordnungszahlen.
— Die Kardinalzahlen. — Der Begriff der Anzahl. — Addition. —
Vertauschbarkeit der Summanden. — Die Multiplikation. — Ver-
tauschbarkeit der Faktoren eines Produktes.
XII Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes.
Seite
Fünfte Vorlesung 65—72
Die Dekomposition der Zahlen. — Bestimmung der Teiler einer Zahl.
— Die Anzahl der auszuführenden Operationen ist endlich. — Auf-
stellung aller Teiler einer Zahl. — Die Primzahlen. — Elementare
Eigenschaften der Primzahlen. — Zerlegung einer Zahl in ihre Prim-
faktoren. — Beweis der' Eindeutigkeit jener Zerlegung.
Sechste Vorlesung 73—82
Darstellung der ganzen Zahlen durch ihre Exponentensysteme. —
Die Teilbarkeit einer Zahl durch eine andere. — Die gemeinsamen
Teiler zweier Zahlen und ihr gröTster gemeinsamer Teiler. — Teiler-
fremde Zahlen. — Die gemeinsamen Multipla zweier Zahlen und ihr
kleinstes gemeinsames Vielfaches. — Ausdehnung auf beliebig viele
Zahlen. — Hauptsätze über die Teilbarkeit der ganzen Zahlen. —
Die Summe der nton Potenzen aller Divisoren einer Zahl.
Siebente Vorlesung 83—96
Die Kongruenz der Zahlen. — Kongruenz und Äquivalenz. — Die
Grundregeln für das Rechnen mit Kongruenzen. — Kongruenzen für
einen Primzahlmodul. — Anwendungen.
Achte Vorlesung : 96—105
Die höheren Kongruenzen. — Aufsuchung ihrer Wurzeln. — Haupt-
sätze über die höheren Kongruenzen. — Anzähl der Wurzeln einer
Kongruenz. — Kongruenzen für einen Primzahlmodul. — Anwen-
dungen: Der Wilsonsche und der Fermatsche Satz.
Neunte Vorlesung 106—120
Lineare Kongruenzen. Bedingung für ihre Auflösbarkeit. Anzahl
ihrer Wurzeln. — Auflösung der linearen Kongruenzen; erste Me-
thode: Reduktion auf lineare Kongruenzen für einen Primzahlmodul.
— Die Einheiten modulo p. — Beweis des Wilsonschen Satzes. —
Zweite Auflösungsmethode mit Hülfe der Theorie der Kettenbrüche.
Zehnte Vorlesung 121—130
Anwendung der Theorie der linearen Kongruenzen. — Die Einheiten
und die Teiler der Null für einen zusammengesetzten Modul m. —
Die Anzahl q> (m) der Einheiten modulo m. -1- Die Verallgemeinerung
des Fermatschen Satzes. — Bestimmung der Zahl tp(m). — Die Ver-
allgemeinerung des Wilsonschen Satzes.
Elfte Vorlesung 131—142
Die Invarianten der Kongruenz. — Arithmetische und analytische
Invarianten. — Jede Invariante der Kongruenz ist eine symmetrische
Funktion aller kongruenten Zahlen. — Arithmetische Untersuchung
der Fundamentalinvariante der Kongruenz.
Zweiter Teil. Die Rationalitätsbereiche und die Theorie der Modnl-
systeme . 143—241
Zwölfte Vorlesung 143-153
Die Kongruenz nach einem Modulsystem. — Teiler eines Modul-
systems. — Äquivalente Modulsysteme. — Reduktion der Modul-
systeme. — Theorie der ganzzahligen Formen. — Äquivalente Formen.
— Einheitsformen.
Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes. XIII
Seite
Dreizehnte Vorlesung 154—169
Die Rationalitätsbereiche. — Allgemeine Theorie der Modulsysteme.
— Allgemeine Theorie der Formen. — Der gröfste gemeinsame Teiler
zweier Divisorensysteme. — Die Komposition der Modulsysteme. —
Anwendungen. — Die Verallgemeinerung des Fermatschen Theoremes.
Vierzehnte Vorlesung .... 170— 17(5
Der Rationalitätsbereich von einer Veränderlichen. — Das Eukli-
dische Verfahren zur Bestimmung des gröfsten gemeinsamen Teilers
für (fiesen Bereich. — Die Modulsysteme erster und zweiter Stufe.
— Beispiele. — Reine und gemischte Modulsysteme zweiter Stufe.
Fünfzehnte Vorlesung 177—184
Die reinen DivisorenBysteme erster Stufe oder die ganzen ganz-
zahligen Funktionen. — Ihre Zerlegung in irreduktible Faktoren. —
Beweis der Eindeutigkeit dieser Zerlegung. — HülfBsätze.
Sechzehnte Vorlesung 185—193
Die reinen Divisorensysteme zweiter Stufe. — Ihre charakteristischen
Eigenschaften. — Die Anzahl der inkongruenten Gröfsen ist stets
endlich. — Die Einheiten. — Verallgemeinerung des Fermatschen
Satzes. — Komplementäre Einheiten.
Siebzehnte Vorlesung 194—201
Die Dekomposition der reinen Modulsysteme zweiter Stufe (m,f.(x)).
— Zerlegung derselben in die Systeme (p*t f. ix)). — Reduktion der
einfachsten Systeme (p, f.(x)). — Reduktion der Systeme (pf, f.(x))
und (p8, f.(x)). — Die reduzierte Form der Systeme zweiter Stufe. »
Achtzehnte Vorlesung 202—211
Erste Reduktion eines beliebigen Modulsystemes (jp*, fx , • • • fv). —
Weitere Reduktion desselben Systemes. — Beweis, dafs das so ge-
fundene System ein reduziertes ist.
Neunzehnte Vorlesung 212—228
Die Teiler modulo p der ganzen Funktionen von x. — Der gröfste
gemeinsame Teiler modulo p. — Die Primfunktionen modulo p. —
Die Primmodulsysteme (p, P(x)). — Ihre Analogie mit den Prim-
zahlen. — Eindeutigkeit der Zerlegung der ganzen Funktionen in
Primfaktoren modulo p. — Zerlegung des Systemes (p, fix)). — Prim-
modulsysteme und unzerlegbare Modulsysteme. — Untersuchung des
Bereiches [x] für ein Primmodulsystem. — Der Fermatsche Satz und
der Wilsonsche Satz für ein Primmodulsystem. — Zerlegung der
Funktion x* — x modulo p. — Die einfachen Modulsysteme. — Ihre
Fundamentaleigenschaften. — Dekomposition eines beliebigen Divi-
sorensystemes in einfache Systeme.
Zwanzigste Vorlesung 229 — 241
Die Modulsysteme im Bereiche von mehreren Veränderlichen. — Die
Zerlegung der ganzen Gröfsen in ihre Primfaktoren. — Die Ratio-
nalitätsbereiche { ft, y, - • * * } . — Der Rang oder die Stufe der Divi-
sorensysteme. — Geometrische Anwendungen. — Die unzerlegbaren
and die Primmodalsysteme. — Der Bereich {#, y, *} und die zu-
gehörigen Primmodulsysteme. — Modulsysteme und LinearformeiL
XIV Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes.
Seite
Dritter Teil. Anwendung der Analyst» auf Probleme der Zahlentheorie 242—374
Einundzwanzigste Vorlesung 242—263
Zahlensysteme. — Neue Begründung der Fundamentaleigenschaften
der Funktion q>(n). — Beweis einer arithmetischen Identität. — Die
Zahlen *m. — Die summatorischen Funktionen. — Anwendungen:
Die Fundamentaleigenschaft der Zahlen sm. — Berechnung der Po-
tenzsummen aller inkongruenten Einheiten modulo m.
Zweiundzwanzigste Vorlesung 264 — 280
Analytischer Beweis der eindeutigen Zerlegbarkeit der Zahlen in ihre
Primfaktoren. — Die Dirichletschen Reihen. — Ihre Konvergenz. —
Eine Funktion kann nur auf eine Art durch eine Dirichletsche Reihe
dargestellt werden. — Anwendungen: Analytische Begründung arith-
metischer Sätze. — Bestimmung der Anzahl und der Summe aller
Teiler einer Zahl. — Untersuchung der Funktion <p(n). — Analy-
tischer Beweis des Satzes, dafs die Anzahl aller Primzahlen unend-
lich grofs ist. — Analytischer Beweis arithmetischer Reprocitäts-
gleichungen. — Anwendungen.
Dreiundzwanzigste Vorlesung 281—298
Die Kreist eilungsfunktionen xn — 1. — Die primitiven Funktionen
Fn(x) und ihre Eigenschaften. — Die Berechnung der primitiven
Funktionen. — Die Kreisteilungsgleichungen und die Wurzeln der
Einheit. — Die primitiven n4*" Einheitswurzeln. — Anwendungen:
Die Anzahl der Primzahlen unterhalb einer gegebenen Grenze.
Vierundzwanzigste Vorlesung 299 — 325
Die arithmetische Funktion % (M, N). — Ihre genaue Berechnung.
— Anwendung: Bestimmung der Anzahl aller Primzahlen unterhalb
einer gegebenen Grenze. — Näherungsweise Berechnung der Funk-
tion % (M> N)' — Die arithmetische Funktion ffl (A, D). — Ihr ge-
nauer Wert. — Näherungsweise Berechnung dieser Funktion. —
Anwendung: Die Wahrscheinlichkeit dafür, dafs zwei beliebige
Zahlen teilerfremd sind. — Der Mittelwert arithmetischer Funk-
tionen. — Berechnung des Mittelwertes mit Hülfe der Eulerschen
Summenformel. — Anwendungen. — Berechnung des Mittelwertes
mit Hülfe der Dirichletschen Reihen.
Fünfundzwanzigste Vorlesung . 326 — 342
Die arithmetischen Funktionen von Zahlensystemen und ihre Mittel-
werte. — Anwendungen: Die mittleren Werte der Funktionen <p(n)
und - • — Ober die arithmetischen Funktionen, welche von den
n
Divisoren einer Zahl abhängen und über die Mittelwerte derselben.
— Die gröfseren und kleineren Divisoren einer Zahl.
Sechsundzwanzigste Vorlesung , 343 — 374
Der Mittelwert für die Anzahl der Divisoren. — Folgerungen aus
diesem Resultate. — Die Summe der Divisoren. — Die Summe der
reziproken Teiler. — Die Summe der Logarithmen aller Teiler. —
Der Überschufs der Teiler von der Form 4n + 1 über die von der
Form 4n — 1 und der Mittelwert dieser Anzahl.
Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes. XV
Seite
Vierter Teil« Allgemeine Theorie der Potenzreste und Beweis des
Satzes über die arithmetische Progression 375—496
Siebenundzwanzigste Vorlesung 375 — 388
Theorie der Potenzreste für einen zusammengesetzten und für einen
Primzahlmodul. — Einteilung der Einheiten modulo p nach dem Ex-
ponenten, zu welchem sie gehören. — Die primitiven Wurzeln. —
Theorie der Indices für einen Primzahlmodul. — Jacobis „Canon
arithmeticus". — Anwendungen: Die Auflösung linearer Kongruenzen.
— Beweis des Wilsonschen Satzes. — Auflösung der reinen Kon-
gruenzen für einen Primzahlmodul.
Achtundzwanzigste Vorlesung 389—415
Die höheren Kongruenzen für einen Primzahlmodul. — Die Bedin-
gung für die Existenz einer Kongruenz wurzel. — Erste Herleitung
der Bedingungen für die Existenz von 8 inkongruenten Wurzeln
einer Kongruenz. — Die Systeme oder Matrizen. — Der Rang der
Systeme. — Zweite Herleitung der Bedingungen für die Existenz
von 8 inkongruenten Wurzeln einer Kongruenz. — Die recurrierenden
Reihen. — Ihre Ordnung. — Die Ordnung von ganzzahligen recur-
rierenden Reihen für einen Primzahlmodul. — Der Grad des gröfsten
gemeinsamen Teilers zweier ganzzahligen Funktionen für einen Prim-
zahlmodul.
Neunund zwanzigste Vorlesung 416 — 437
Einteilung der Einheiten für einen zusammengesetzten Modul nach
dem Exponenten, zu welchem sie gehören. — Existenzbeweis für
die primitiven Wurzeln in Bezug auf eine Primzahlpotenz und das
Doppelte einer solchen. — Die Einheiten modulo 2\ — Die Index-
systeme der Einheiten für zusammengesetzte Moduln. — Anwen-
dungen: Die Darstellung aller nicht äquivalenten reduzierten Brüche
mit gegebenem Nenner. Die Entwickelung rationaler Brüche nach
fallenden Potenzen einer Grundzahl. Die Anzahl der periodischen
und nichtperiodischen Glieder dieser Entwickelung. — Anwendung
auf die Theorie der Dezimalbrüche.
Dreifsigste Vorlesung 438—450
Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form mh + r, sobald
(w, r) «= l ist. — Beweis dieses Satzes für einige spezielle Fälle. —
Schärfere Formulierung der Aufgabe. — Die Charaktere einer Zahl
r modulo m. — Grundeigenschaften der Charaktere. — Der Haupt-
charakter, die reciproken und die ambigen Charaktere.
Einunddreifsigste Vorlesung 461 — 464
Beispiel: Der Fall m = 4. Die Anzahl der Primzahlen von der
Form 4n + 1 und 4n — 1 ist unendlich grofs. — Aufstellung der
Grundgleichung. — Abschätzung ihrer einzelnen Bestandteile. —
Spezialisierung der Grundgleichung für die beiden möglichen Fälle
und Beweis des Dirichletschen Satzes.
Zweionddreifsigste Vorlesung 466—479
Der allgemeine Satz über die Primzahlen in einer arithmetischen
Reihe. — Vereinfachung der Aufgabe. — Aufstellung der Grund-
gleichung. — Abschätzung ihrer Glieder. — Spezialisierung der
XVI Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes.
Seite
Grundgleichung: Die dem Hauptcharakter entsprechende Gleichung.
— Die den übrigen Charakteren entsprechende Gleichung. — Be-
weis des Dirichletschen Satzes. — Folgerung: Die Primzahlen ver-
teilen sich nahezu gleichmäfsig auf die <p(m) Reihen mx + r.
Dreiunddreifsigste Vorlesung 480 — 496
VI ß(*)(n)
Beweis, dafs die (qp (m) — 1) Reihen ^ — von Null verschieden
sind. — Die den ambigen Charakteren entsprechenden Reihen. —
Angabe einer unteren Grenze für ihren Zahl wert. — Die den kom-
plexen Charakteren entsprechenden Reihen. — Bestimmung einer
unteren Grenze für den absoluten Betrag derselben. — Über die An-
wendung der Dirichletschen Methoden auf höhere Probleme der
Arithmetik. — Die linearen, die quadratischen und die allgemeinen
zerlegbaren Formen. — Die Theorie der Einheiten.
Anmerkungen zum ersten Bande 497 — 509
Erste Vorlesung.
Einleitung. Alter, Begründung und Abgrenzung der Arithmetik. — Geschichte der
Arithmetik. Die orientalischen Völker. Die Arithmetik bei den Griechen. —
Euklid. Die Elemente. Vollkommene Zahlen. Anzahl aller Primzahlen. Jede
arithmetische Reihe enthält unendlich viele Primzahlen. — Diophant. Theon.
Hypatia. — Die Araber. Die arabischen Ziffern.
§1.
Die Zahlentheorie , mit der wir uns in diesen Vortragen beschäf-
tigen wollen, ist als fest begründete Disciplin von allen Zweigen der
Mathematik der jüngste, dagegen kann sie mit vollem Rechte den An-
spruch erheben, das älteste Forschungsgebiet des menschlichen Geistes
gebildet zu haben. Sind doch die Zahlen, speziell die ganzen Zahlen,
gewifs die früheste mathematische Errungenschaft der Menschen, und
ganze Kulturperioden mögen zwischen der Zeit ihrer Einführung und
z. B. der Entstehung der geometrischen Grundbegriffe verflossen sein.
So machten auch die ersten Menschen, die sich, soviel wir wissen, wirk-
lichen mathematischen Untersuchungen zuwendeten, die Babylonier, die
Arithmetik zum Gegenstande derselben.
Trotzdem ist die Geometrie viel eher zu einer einheitlichen Wissen-
schaft geworden und verdiente schon zur Zeit der Griechen diesen
Namen vollständig, während die Arithmetik erst in unserm Jahrhundert
ihrer Vollendung entgegengeführt wurde. Allerdings findet sich ein
wahrscheinlich auf pythagoräischer Grundlage fufsender Versuch, die
Zahlentheorie wissenschaftlich zu begründen, bei Euklid, einem Schüler
Piatos, der um 300 v. Chr. unter Ptolemaeus Soter in Alexandrien
lebte und dort sein Hauptwerk, die „Elemente" (<sx<H%£Za) verfafste.
Das siebente, achte und neunte seiner uns erhaltenen dreizehn Bücher
geben eine systematische Lehre von den Zahlen. Auf Grund verhältnis-
mäfsig weitgehender Forschungen bietet er uns hierin mit ihren Be-
weisen eine gröfsere Anzahl interessanter arithmetischer Resultate, die
ungeachtet seiner auch in dieser Darstellung unverkennbaren geome-
trischen Tendenz in ihrer wahren Bedeutung von ihm voll erkannt und
gewürdigt worden sind.
Kronecker, Zahlentheorie. I. 1
2 Erste Vorlesung.
Es ist bemerkenswert; dafs dieses Unternehmen Euklids, die
Zahlenkunde zum Range einer Wissenschaft zu erheben, mehr als zwei
Jahrtausende hindurch keine Nachahmung gefunden hat; denn so be-
deutend auch die Leistungen der auf Euklid im Laufe der Entwick-
lung folgenden Zahlentheoriker sind, der einheitliche Aufbau und die
systematische wissenschaftliche Darstellung dieser Disciplin sind erst ganz
neuen Datums. Wir verdanken sie dem grofsen Gaufs } und zwar als
sein höchstes, unsterbliches Verdienst, und selten ist wohl ein epoche-
machendes Buch unter einem so bescheidenen Titel in die Welt hin-
ausgetreten, wie seine im Jahre 1801 erschienenen „disquisitiones
arithmeticae", die noch für lange Zeit den Kanon der „Zahlentheorie"
bilden werden. Diese jetzt geläufig gewordene Bezeichnung für unsere
Wissenschaft ist eine Übersetzung des französischen „theorie des
nombres". Gaufs hat ihr stets den Namen „höhere Arithmetik" (arith-
metica sublimior) beigelegt.
§2.
In der Vorrede zu seinem grundlegenden Werke versucht Gaufs,
seine Arithmetik von den übrigen mathematischen Disciplinen durch
die folgende Definition abzugrenzen:
„disquisitiones in hoc opere contentae ad eam matjjeseos partem
pertinent, quae circa numeros integros versatur, fractis plerum-
que, surdis semper exclusis."
Indem er so als das Objekt der Zahlentheorie wesentlich nur die ganzen
Zahlen ansieht und insbesondere die irrationalen (numeri surdi) streng
ausgeschlossen wissen will, trennt er den Gegenstand seiner Betrach-
tungen vielleicht etwas zu scharf von den Teilen der Mathematik, die
sich auf die Eigenschaften anderer mathematischer Grössen (quantitates)
beziehen. Eine derartige Abgrenzung des Bereiches einer Wissenschaft
kann überhaupt nicht gut gegeben werden, solange diese sich weiter
und weiter entwickelt, und dabei ihr Gebiet organisch ausdehnt. Aufser-
dem aber ist es naturgemäfs beinahe unmöglich, die Aufgabe einer
Wissenschaft im Anfange einer Darstellung derselben einem Leser deut-
lich zu machen, dem ja zunächst noch alle Vorkenntnisse fehlen ; man mufs
sich vielmehr vom theoretischen Standpunkte aus damit begnügen, gewisse
Beispiele und Aufgaben bedeutsamer Natur herauszugreifen und dadurch
die Eigenart des betreffenden Erkenntnisgebietes zu charakterisieren. Für
unsern Fall würde man z. B. hervorheben können, „dafs es sich in der
Zahlentheorie um die Untersuchung der Zahlen bezüglich ihrer Teil-
barkeit, ihres Charakters als Quadrate oder Kuben u. s. f. handelt". Da-
§ 2. Abgrenzung der Arithmetik. 3
gegen ist es nicht wohl möglich, ihr von vornherein bestimmte Zahl-
gebilde vorschreiben, mit denen sie sich befassen soll.
Der Gaufsische Ausspruch, der die Zahlentheorie in Gegensatz zur
Analysis und Algebra zu setzen bestimmt ist, hat nur dann eine Be-
rechtigung, wenn die Quantitäten, welche er ausgeschlossen wissen will,
der Geometrie oder der Mechanik entnommen sind, falls man nicht etwa
auch sie in Zahlen übersetzen und als solche definieren will.
Die engere Abgrenzung unserer Wissenschaft der reinen Algebra
und Analysis gegenüber ist in der That gar nicht durchzuführen. Dafs
dem so ist und dafs die Beschrankung auf die rationalen, sowie der
Ausschlufs der irrationalen Zahlen nicht aufrecht erhalten werden
können, beweisen die „disquisitiones" selbst am deutlichsten; denn die
ganze siebente Section dieses Werkes, die die Theorie der Kreisteilung
behandelt, ist ja der Betrachtung trigonometrischer Gröfsen, also
irrationaler Zahlen gewidmet.
Auch die Meinung, es müsse die Verwendung von Buchstaben in
der Algebra als ein wesentliches Unterscheidungsmoment derselben gegen-
über der Zahlentheorie gelten, läfst sich unter Berufung auf Gaufs
selbst widerlegen. Er hat nämlich zuerst den folgenreichen Schritt
gethan, unbestimmte Grössen systematisch in die Arithmetik einzu-
führen; ein fruchtbarer Gedanke, dessen ersten Spuren wir bei Diqphant
und seinem gröfsen Ausleger Fermat begegnen. Freilich haben sich
später noch Euler und Lagrange ausführlich mit der Theorie der
sogenannten quadratischen Formen aa? + ^xy -f- cy2 beschäftigt; sie
thaten dies jedoch immer nur im Hinblick auf die Frage, welche Zahlen
durch sie dargestellt werden können, wenn man den Gröfsen x und y
ganzzahlige Werte beilegt, sie stellten sich also z. B. die Aufgabe,
x und y als ganze Zahlen so zu bestimmen, dafs x2 + y* gleich 5, 13, 17
oder allgemein gleich irgend einer vorgelegten Primzahl von der Form
4n -(- 1 wird. Erst Gaufs liefs dann diese speziellen Fragen fallen und
ging direkt zu der Untersuchung der Formen selbst über, sodafs bei
ihm die unbestimmten Variablen x und y wirklich, wie in der Algebra,
die Bedeutung von Rechnungsobjekten und nicht mehr die von ge-
eignet zu wählenden ganzen Zahlen besitzen. Die Darstellung irgend
einer ganzen Zahl m in der Form ax* + ^xy -{- cy2 fällt dann als
reife Frucht bei den bezüglichen Untersuchungen von Gaufs ab. Rein
äußerlich kennzeichnete er diesen Fortschritt durch die Wahl der neuen,
einfacheren Bezeichnung (a, 6, c) für den Ausdruck ax* -f- bxy -f- cy29
indem er hierdurch die alleinige Abhängigkeit der Form von den
Koefficienten andeutete. Zugleich wurde durch seine allgemeinere Auf-
fassung des Gegenstandes der wichtige Begriff eines Systems ganzer
4 Erate Vorlesung.
Zahlen und damit im Zusammenhange der der Äquivalenz solcher
Systeme methodisch für die Wissenschaft gewonnen.
Andrerseits würde die durch die Oaufsische Definition geforderte
Abgrenzung der Arithmetik gegen die Analysis die kontinuirlichen
öröfsen und die Anwendung der auf sie gegründeten Methoden in der
Hauptsache dem Bereiche der Zahlentheorie entziehen. Eine derartige
Beschränkung erschien allerdings geboten zu einer Zeit, als man solche
Quantitäten noch mehr geometrisch fafste; sie ist aber hinfällig
geworden , seitdem man neuerdings sich bemüht, viele der Geometrie
oder Mechanik entstammende Gröfsen ohne Rücksicht auf diese Ent-
stehung zu definieren, womit dann sofort ihr rein arithmetisches Wesen
in den Vordergrund tritt. Definiert man z. B. die aus der Geometrie
herrührende Transcendente % etwa durch die Leibniz'sche Reihe
4 3 » 6 7 '
00
so ergiebt sich aus dieser grade eine der schönsten arithmetischen
Eigenschaften der ungeraden Zahlen, nämlich eben die, jene geometrische
Irrationalzahl zu bestimmen; in diesem Sinne ist wohl jenes bekannte
Wort: „numero impari deus gaudet" zu verstehen. Die Glieder dieser
Reihe sind nämlich, um das etwas näher auszuführen, arithmetisch
wohl unterschieden: sie haben das positive oder negative Vorzeichen,
je nachdem ihre Nenner durch 4 geteilt den Rest 1 oder 3 lassen.
Wir haben hier also eine Definition . der Transcendenten it von
durchaus zahlentheoretischem Charakter. Nicht anders steht es mit
der folgenden, impliciten Darstellung der Ludolf sehen Zahl, die wir
erhalten, wenn wir in dem die ungeraden Zahlen wiederum bevorzugen-
den Kettenbruche
z - tang z =
**
1 —
z*
3 —
z*
z = — einsetzen.
4e
Was uns diese Beispiele lehren, ist nun massgebend für alle De-
finitionen der Analysis überhaupt. Dieselben fuhren stets auf die ganzen
Zahlen und ihre Eigenschaften zurück, und es ist von dem ganzen
§ 2. Abgrenzung der Arithmetik. 5
Gebiete des letztgenannten Zweiges der Mathematik der einzige Begriff
des limes oder der Grenze der Zahlentheorie bisher fremd geblieben.
Gegen die Analysis also, die sich von ihrer ursprünglichen Quelle, der
Geometrie, befreit und auf freiem Boden selbständig entwickelt hat,
kann die Arithmetik nicht abgegrenzt werden, um so weniger, als es
DwvMet gelungen ist, grade die schönsten und tiefstliegenden arith-
metischen Resultate durch die Verbindung der Methoden beider Disci-
plinen zu erzielen.
So hat Gaufs in seinem Werke selbst die Scheide durchbrochen,
die er zwischen der Arithmetik und den Schwesterdisciplinen aufrichten
wollte, hat ihr aber dadurch zugleich die Bahn zu einer Ausbildung
gewiesen, in welcher sie, nicht mehr der Analysis untergeordnet, viel-
mehr berufen erscheint, alle Teile der Mathematik mit Ausnahme der
Geometrie und Mechanik zu umspannen.
Wenn wir nun schliefslich doch aus praktischen Gründen die
Arithmetik oder wenigstens den Inhalt dieser Vorlesungen abgrenzen,
so wird das nur so geschehen können, dafs sich die Grenzlinien mehr
oder minder verwischen, so dafs an manchen Stellen gewissermaßen
nur noch ihre Spuren hervorschimmern.
In jedem einzelnen Falle mufs eben das mathematische Taktgefühl
entscheiden, ob man die betreffende Materie der Arithmetik, der Algebra
oder der Analysis zurechnen will; denn auch die Abgrenzung der bei-
den letzteren gegen einander ist nicht mehr scharf durchführbar.
Die Erkenntnis der engen Verwandtschaft der Arithmetik mit
Analysis und Algebra und der daraus entspringende Zwang, gewisse
Methoden dieser beiden für jene zu entnehmen, führten nun seit Gaufs
zu einer so gewaltigen Umgestaltung der Disciplin, dafs es jetzt auch
nicht mehr angemessen erscheint, den Namen „Zahlentheorie" oder den
Gaufsischen „arithmetica subliinior" an die Spitze der ganzen Lehre zu
setzen, man mufs vielmehr eine neue Benennung suchen, welche die oben
erläuterten Beziehungen andeutet] Eine solche glaubte ich in dem
Gesamttitel „allgemeine Arithmetik" (arithmetica generalis) zu finden,
den diese Vorlesungen zum ersten Male tragen und der eben den vollen
Bereich der Arithmetik und der mit ihr zusammenhängenden Disciplinen
umfassen soll.
Aber auch eine allgemeine Arithmetik werden wir doch stets mit
der gewöhnlichen Zahlentheorie beginnen müssen, d. h. mit einer syste-
matischen Behandlung der ganzen Zahlen. Nur werden wir hierbei
keineswegs, wie Gaufs es wollte, das Hereinziehen der Brüche ver-
meiden, da sie ja nichts anderes sind, als Systeme zweier ganzen Zahlen,
und ebenso werden wir in gewisser Weise auch irrationale Zahlen in
6 Erste Vorlesung.
den Kreis unserer Erörterungen aufnehmen. Endlich wird man an-
gesichts der konsequenten und allgemeinen Entwicklung der Begriffe
der Teilbarkeit und des Enthaltenseins noch die arithmetische Behand-
lung der rationalen Funktionen einer oder mehrerer Variablen, sowie
die Herleitung der einfachsten, hierher gehörigen Resultate nicht
entbehren können, wir wollen daher auch sie schon in diesen
Vorlesungen benutzen. Der Erfolg einer solchen Erweiterung unseres
Gebietes wird sich in dem ferneren Verlaufe bei der Untersuchung der
Reciprocitätsgesetze und der Behandlung der Theorie der quadratischen
Formen deutlich zeigen.
Eine Fortführung dieser allgemeinen Untersuchungen ist dann
nach zwei Seiten hin möglich: Entweder kann sich die genaue Be-
trachtung der linearen Funktionen mehrerer Veränderlichen oder
die Spezialbehandlung der Funktionen einer Variablen von höherem,
als dem ersten Grade anschliefsen. Der erste Weg führt uns zur
Determinantentheorie, der letztere zur Theorie der algebraischen
Gleichungen, die ja nichts anderes ist, als die Untersuchung von Funk-
tionen einer Veränderlichen, die den Wert Null haben sollen. Den letzten
Teil des Stoffes, der in der allgemeinen Arithmetik zu erledigen ist,
würden dann die Funktionen mehrerer Veränderlichen bilden, deren
Grad den ersten übersteigt.
Das ist der Plan, nach dem ich die Reihe meiner Vorlesungen
über allgemeine Arithmetik einzurichten gedenke. Nunmehr trete ich
in die „Zahlentheorie", die erste derselben, ein.
§3.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen über das Alter, die Be-
gründung und die Abgrenzung der Arithmetik will ich ihre geschicht-
liche Entwicklung in gedrängter Kürze darlegen. Es wird uns ein
solcher Überblick zugleich Gelegenheit geben, auf die Hauptprobleme,
die unsere Wissenschaft in den zwei Jahrtausenden ihres Werdens und
Wachsens beschäftigt haben, kurz hinzuweisen.
Wie schon erwähnt, fallt die Entstehung der Zahlen und ihres
Gebrauches in Zeiten, aus denen uns keine Kunde mehr geworden ist.
Doch auch aus den ersten historischen Perioden ist uns nur sehr wenig
über die Anfänge der Zahlenlehre aufbewahrt. Die wirkliche Aus-
bildung derselben beginnt, wie überhaupt unsere Kultur, im Orient.
Nur aus Steinresten, namentlich durch die schätzenswerten Entdeckungen
von J. Brandts in den letzten Jahrzehnten, wissen wir, dafs die alten
Babylonier die Behandlung der Zahlen, besonders in bezug auf ihre
§ 3. Die Arithmetik bei den Orientalen und Griechen. 7
Teilbarkeit bereits zu einer hohen Stufe gebracht haben müssen; dies war
hauptsachlich ein Verdienst der bevorzugten Priester käste, welche die
Pflege aller Wissenschaft in Händen hatte, und der damit auch die
Ausgestaltung der Zahlenwissenschaft zufiel Das strenge Kastenwesen
erwies sich eben auch hier als vorzüglich geeignet, die Kenntnisse
einer Generation der nächsten unverkürzt zu übermitteln und ein
sicheres, stetiges und doch auch kräftiges Fortschreiten wissenschaft-
licher Arbeit zu ermöglichen. Mehr noch trug vielleicht das merk-
würdige Zahlensystem der Babylonier zu ihren Erfolgen bei, ein System,
dessen Grundzahl die Sechzig ist; denn so unbequem diese grofse Zahl
auch für das praktische Rechnen ist, so anregend und förderlich mufste
sie für Zahlensinn und Zahlenlehre sein. Sie ist eine derjenigen Zahlen,
die im Verhältnis zu ihrer Gröfse die meisten Teiler besitzen, und
daher ganz besonders geeignet, die Grundzahl eines Systems zu bilden,
viel geeigneter jedenfalls, als die Zahl Zehn, die nur die beiden Teiler
2 und 5 hat und die ihre Erhebung zur Grundzahl unseres Zahlen-
systems dem rein zufälligen Umstände verdankt, dafs wir mit zehn
Fingern ausgestattet sind. — Ahnliche Vorbedingungen, wie bei den
Babyloniern fanden sich auch in China und Ägypten.
Die Griechen haben die Arithmetik zusammen mit ihrer ganzen
Kultur von den orientalischen Volkern übernommen, haben sie aber
nach ihrer Eigentümlichkeit selbständig ausgearbeitet und vervoll-
kommnet. Auch bei ihnen waren es nur verhältnismäfsig wenige,
die sich mit der Arithmetik befafsten, aber diesen wenigen wurde
es durch das Institut der Sklaverei, die alle Sorge und Plage des
taglichen Lebens von dem Gebildeten fast völlig fernhielt, ermöglicht,
sich den abstrakten Wissenschaften in Mufse und mit ganzer Seele
hinzugeben.
So haben denn auch die Griechen Arithmetik und Geometrie so
gefordert, dafs Euklid bereits alles, was bis dahin besonders durch
Pythagoras und die Pythagoräer gefunden und geleistet worden war,
sammeln und in seinem bereits erwähnten Hauptwerke „die Elemente"
systematisieren konnte, für die erstere Disciplin freilich in einer Weise,
die uns doch mitunter eigentümlich berührt, wenn sie auch für spätere
Jahrhunderte vorbildlich geworden ist.
Schon sein Verfahren, zur Begründung der Zahlenlehre von dem
auszugehen, was wir als kontinuierliche Quantitäten bezeichnen würden,
also von Gröfsenvorstellungen, die arithmetisch wesentlich unbestimmt
sind, kann uns nicht als der natürliche Weg erscheinen. Von hier aus
gelangt er durch den an die Spitze der Entwicklung gestellten Begriff
des Verhältnisses zur Zahl als dem Ausdruck eines solchen und zur
8 Erste Vorlesung.
Einheit (povdg), um nun erst mit deren Hilfe die ganzen Zahlen ein-
fach als Mengen (nkf^og) von Einheiten zu definieren. Sicherlich sind
die Menschen zu dem Zahlbegriffe auf eine ganz andere, naturgemäfsere
Art gekommen; denn zu einem Vergleiche, wie ihn doch der Begriff
des Verhältnisses bedingt, bedarf es schon einer beträchtlichen Abs-
traktion.
Von dem letztgenannten Begriffe versucht Euklid a priori eine
Erklärung zu geben, und zwar definiert er das Verhältnis schlechthin
als ein Verhalten (loyog, 6%(6ig\ Die Nichtigkeit und Unbrauchbar-
keit dieser Bestimmung springt aber derart in die Augen, dafs man
vermutet hat, die betreffende Stelle rühre gar nicht von ihm her,
zumal er gleich darauf den nächsten Begriff, den der Proportion (äva-
koyicc), in trefflicher Weise erklärt.
Von dem Begriffe der ganzen Zahl aus weiterschreitend gewinnt
Euklid dann die Definitionen der geraden und ungeraden Zahlen, des
Teilers ([legog), der unzerlegbaren oder Primzahlen (ccQid-fibg XQmtog)
und der zusammengesetzten Zahlen, der Quadrat- und Kubikzahlen
(retQdycovoi^ xvßoi) u. a. m. Die geometrische Anschauungsweise der
Griechen tritt bei den hier angewandten Bezeichnungen wieder auf-
fällig hervor; so nennt Euklid eine aus nur zwei Primzahlen multipli-
kativ zusammengesetzte Zahl eine Flächenzahl, eine solche, die nur
drei Primzahlen enthält, eine Körperzahl.
Ganz besonders scharf hebt sich dagegen von dem geometrischen
Hintergrunde die Betrachtung der sogenannten vollkommenen Zahlen
(numeri perfecti, agi&iLol reXeiot) ab, deren Eigenschaften doch ledig-
lich rein arithmetischer Natur sind und deren charakteristisches Merk-
mal darin besteht, dafs sie gleich der Summe ihrer eigentlichen Teiler
sind. Von ihnen beweist Euklid folgenden merkwürdigen Satz:
„Wenn man eine Reihe von Zahlen mit der Eins beginnend
durch fortgesetzte Multiplikation mit zwei bildet und addiert,
so erhält man eine vollkommene Zahl, wenn man jene Summe,
sobald dieselbe eine Primzahl ist, mit der letzten Zahl der Reihe
multipliziert."
In der Redeweise der heutigen Mathematik würde der Satz folgender-
mafsen lauten: Ist
1 + 2 + 2* -\ h 2n~1 = 2B — 1 = p
eine Primzahl, so ist 2tt~ p eine vollkommene Zahl.
Bei der Unzulänglichkeit der griechischen Zahlzeichen ist diese
Leistung der griechischen Mathematik wahrhaft zu bewundern, so leicht
§ 3. Vollkommene Zahlen. Primaahlen. 9
auch der Beweis mit unseren jetzigen Hilfsmitteln zu führen ist. Die
sämmtlichen eigentlichen Teiler von 2n~~ p sind nämlich
1, 2, 2» • • • 2-1; p, 2p, 2»p ■ ■ ■ r-'p,
und ihre Summe ist in der That
= 1 + 2 + 2» H 1- 2"_1 +p + 2p -\ 1- 2n~*p
= p-\-p(2'-1-l)=p-2n-\
Nimmt man für n die Werte 2, 3, so wird p bezw. = 3, 7, und da
diese wirklich Primzahlen sind, so gehören hierzu die vollkommenen
Zahlen 3 • 2 = 6 und 7 • 4 = 28. Der Fall » = 4, für den
1 -f 2 + 2» + 2» = 15
keine Primzahl ist, liefert keine vollkommene Zahl; eine solche er-
giebt sich aber wieder für n = 5, nämlich (25 — 1) 24 = 496.
Das Gepräge, welches die Zahlentheorie bei Euklid trägt, ist ihr
bis auf den heutigen Tag geblieben. Für ihre Eigentümlichkeit, ganz
Triviales und ungemein Tiefsinniges dicht neben einander mit sich zu
führen, die in dem Mafse keine andere mathematische Disciplin mit
ihr teilt, kann es eine deutlichere Illustration kaum geben, als sie
die „Elemente", die erste sie behandelnde Schrift, darbieten. Mit er-
müdender Breite wird da auf der einen Seite bewiesen, dafs das Produkt
zweier Quadratzahlen wieder eine solche ist, und dann steht im
20. Kapitel des neunten Buches der durch Inhalt und Beweis gleich
ausgezeichnete Satz, dafs die Anzahl der Primzahlen unendlich grofs
ist. Schon die Fassung, die Euklid demselben giebt, ist vortrefflich:
„Der Primzahlen sind mehr, als jede vorgelegte Anzahl von
Primzahlen."
Auch den Gang des Beweises wollen wir in der von Euklid herrührenden
Form geben. Da die Methode der allgemeinen Untersuchung von beliebig
vielen Zahlen noch nicht bekannt war, so beschränkte er sich darauf,
drei Primzahlen als gegeben anzunehmen und zu zeigen, dafs dann
notwendig noch eine vierte existieren mufs; dabei richtete er aber
seinen Beweis so ein, dafs sich seine Anwendbarkeit auf beliebig viele
Primzahlen von selbst ergab:
Es seien, sagt er, A, B9 r drei vorgelegte Primzahlen; aus
denen bilden wir die Zahl E so, dafs sie die kleinste ist, die A, B, r
zu Teilern hat. Dann mufs E -f- 1 entweder selbst eine Primzahl sein,
oder sich doch in Primfaktoren zerlegen lassen. Es sei d die kleinste
Primzahl, die in E -\- 1 enthalten ist; dann kann zJ durch A, B, JT
nicht teilbar sein, denn wäre das der Fall, so müfste es auch E + 1
10 Erste Vorlesung.
sein, und das ist ja ausgeschlossen, weil E selbst, durch diese Zahlen
teilbar ist.
Der Nachweis dieses Satzes würde sich heute etwa so gestaltet
haben: pu Pv-.pn seien vorgelegte Primzahlen; bilden wir dann
die Zahl (j>t - p% • pz • • pn -f- 1), so ist sie durch keine jener n Prim-
zahlen teilbar. Sie ist deshalb entweder selbst eine Primzahl oder
enthält doch wenigstens eine von pXJ p%, p^} . . ,pn verschiedene Prim-
zahl als Teiler.
Diese Euklidischen Ergebnisse greifen aber noch viel weiter; sind
nämlich in der Iteihe der natürlichen Zahlen die n ersten Primzahlen
gegeben, so folgt aus ihnen nicht nur die Existenz einer (» -f~ l)*"*,
sondern auch ein bestimmtes Intervall, in dem mindestens eine fernere
Primzahl mit Sicherheit liegen mufs. Freilich ist dieses Intervall sehr
grofs, und es entsteht daher notwendig die Frage nach dem kleinsten
Zwischenräume, in dem jene (w -f- l)to Primzahl liegen mufs, oder,
was dasselbe ist, nach dem Gesetze, nach welchem die Primzahlen auf
einander folgen, eine Frage, die auch heute noch ihrer Beantwortung
harrt; die Intervalle, die allemal zwischen je zwei benachbarten Prim-
zahlen liegen, sind ganz unregelmäfsig, bald grofs, bald klein. Es
scheint fast, als ob, so weit man auch in der Reihe der Zahlen fort-
schreiten mag, immer neue Primzahlen vorkommen müssen, die sich
um so wenig wie überhaupt möglich, d. h. nur um zwei Einheiten unter-
scheiden; doch fehlt auch hierfür noch der Beweis.
Nachdem man so erkannt hatte, dafs in der Reihe der natürlichen
Zahlen die der Primzahlen nie abbricht, lag es eigentlich nahe, die
allgemeinere Untersuchung anzustellen, ob in einer Zahlenreihe, die
aus der natürlichen durch Überspringen einer bestimmten Anzahl von
Zwischengliedern entsteht, also z. B. in der Reihe
1,5, 9, 13,.-.
oder
3,7, 11, 15, ..
oder überhaupt in einer beliebigen arithmetischen Reihe
6, a + 6, 2 a + 6, . . . na + h, ■ • • <ä=s1» *» 8 • • •),
wo a und b selbstredend keinen gemeinsamen Teiler haben dürfen, immer
unendlich viele Primzahlen vorhanden sind.
Jedoch erst der französische Mathematiker Legendre war es, der
diese Frage überhaupt einmal aufwarf, und zwar glaubte er anfangs,
dem Satze, dafs jede arithmetische Reihe unendlich viele Primzahlen
enthält, selbstverständliche Richtigkeit zuschreiben zu dürfen; später
gab er jedoch ausdrücklich einen Beweis, der sich indessen auf
§ 4. Diophant. 11
unbewiesene Annahmen stützt. Es war dem grofsen Zahlentheoretiker
Gustav Lejeune-Dirichlet vorbehalten, einen völlig strengen Beweis jener
Legendre'schen Behauptung zu führen. Aber er wiederum bediente
sich eines von dem Euklidischen ganz abweichenden Verfahrens und
vermochte daher nicht, dessen klassisches Vorbild zu erreichen und
seinen Beweis so auszubilden, dafs er ein Intervall erkennen läfst, in
dem notwendig immer eine neue Primzahl der arithmetischen Reihe
liegen mufs. Im Jahre 1885 ist es mir dann gelungen , dem Beweise
Diricfilets jene Vollendung zu geben, und in diesen Vorlesungen werde
ich ihn zum ersten Male in seiner exakteren Fassung auseinander-
setzen.
Das Gesetz anzugeben, nach dem die Primzahlen einer beliebigen
arithmetischen Reihe auf einander folgen, sind wir natürlich noch viel
weniger imstande, als wir es für den Spezialfall der natürlichen
Zahlenreihe waren.
. Man ersieht hieraus, und das ist recht bezeichnend für die Natur
der zahlentheoretischen Aufgaben, dafs Fragen, die mit den von Euklid
behandelten innig zusammenhängen, erst zwei Jahrtausende nach ihm
in der Wissenschaft auftauchten und zum gröfsten Teile noch heute
ungelöste Rätsel geblieben sind.
Von den Forschern, die vor Euklid oder gleichzeitig mit ihm auf
unserm Gebiete gewirkt haben, ist nur wenig oder nichts erhalten
geblieben, und so läfst es sich nur schwer entscheiden, wie grofs der
Anteil ist, der ihm selbst an den in seinen Schriften niedergelegten
Resultaten zukommt. Jedenfalls verrat sein Werk, welches noch jetzt
in England als Elementarbuch gebraucht wird, und auf das sich auch
die meisten unserer Lehrbücher stützen, einen so hohen Grad wissen-
schaftlicher Reife, dafs man zu der schon erwähnten Hypothese genötigt
wird, Euklid sei mehr ein Bearbeiter der mathematischen Errungen-
schaften mehrerer Jahrhunderte, als der Schöpfer einer eigenen Lehre ge-
wesen. Die „Elemente" haben in den letzten Jahren durch Menge und
Heiberg eine ausgezeichnete Übersetzung ins Lateinische gefanden.
§4.
Von den späteren griechischen Zahlentheoretikern, die zwar, wie
gesagt, ihre Wissenschaft nie in ein System gebracht, sie aber doch
bedeutsam gefordert haben, ist uns ebenfalls verhältnismäfsig sehr
weniges überliefert. Für unsere knappe historische Übersicht schliefst
sich an Euklid erst wieder der Alexandriner Diophant an, ein ganz
aufserordentliches mathematisches Talent, durch den die Zahlentheorie
12 Erste Vorlesung.
sehr erheblich in ihrer Entwicklung weiter gefuhrt wurde. Bis vor
kurzem schwankten selbst die Angaben über seine Lebenszeit um
600 Jahre, nämlich zwischen 200 v. Chr. und 400 n. Chr., nur schlofs
man aus dem Umstände, dafs seine Schriften ein so sehr viel reicheres
Material aufweisen, als die Euklids, dafs sein Leben wohl in das Ende
jener Periode fallen müfste, und, wie sich zeigte, mit vollem Recht;
denn neuerdings ist den Bemühungen der französischen Historiker
unserer Wissenschaft der Nachweis geglückt, dafs Diophant um das
Jahr 350 n. Chr. unter Kaiser Julian gelebt hat. Er soll 84 Jahre alt
geworden sein und hat, wie wir mit Sicherheit wissen, 13 Bücher über
arithmetische Probleme geschrieben, von denen nur sechs, aber wohl die
wichtigsten, auf uns gekommen sind, sowie eine auch noch vorhandene
Abhandlung über die Polygonalzahlen verfafst.
Diophant ist für uns der erste Darsteller der Algebra und der
allgemeinen Arithmetik; er behandelte als erster die Auflösung von
numerischen Gleichungen, die allerdings bei ihm noch alle in die
Form praktischer Aufgaben eingekleidet sind, und kam im Anschlüsse
daran auf den Gedanken, für die Unbekannte (aQi&tibg Skoyog) einen
neuen Buchstaben einzuführen. Das war eine äufserst glückliche Kon-
zeption, von der eins der wichtigsten Hilfsmittel der ganzen Mathe-
matik, die Buchstabenrechnung, ihren Ausgang nahm und die grade
für einen Griechen um so schwieriger war, als die Buchstaben seines Alpha-
bets bereits samtlich bestimmte Zahlen ausdrückten. Er wählte zur Be-
zeichnung der Unbekannten den Buchstaben g das Compendium für agiftpög.
Ferner gab Diophant eine allgemeine Methode an, um lineare
Gleichungen mit einer Unbekannten aufzulösen, während vor ihm die
Griechen allein auf den Weg des Probierens angewiesen waren. Dabei
ist es nun ein interessanter Beleg für die Langsamkeit des Fortschrittes
in der Mathematik, dafs er die Systeme zweier linearen Gleichungen
mit zwei Unbekannten zwar in den Kreis seiner Betrachtungen zog, es
aber doch nicht dahin brachte, für sie dasselbe zu leisten, wie für eine
Gleichung mit einer Unbekannten, dafs es ihm nicht in den Sinn kam, auch
für die zweite Unbekannte gleichfalls ein besonderes Zeichen zu suchen.
Nachdem er nämlich die eine Unbekannte mit Hülfe seiner neuen Methode
bestimmt hat, findet er die zweite in der früheren Weise, durch Probieren.
Von hier aus wandte er sich schliefslich den Gleichungen zu, die
wir noch jetzt Diophantische nennen, deren Lösungen nicht vollständig
definiert sind, aber ihrer Natur nach notwendig ganze Zahlen sein
müssen, und beschäftigte sich z. B. mit der Aufgabe, eine ganzzahlige
Gleichung mit mehreren Unbekannten durch ganze Zahlen zu befrie-
digen. Untersuchungen dieser Art bilden dann später in ihrem weiteren
§ 4. Die Araber und die arabischen Ziffern. 13
Umfange einen so wesentlichen Teil der Zahlentheorie , dafs man die-
selbe auch Diophantik oder diophantische Analytik genannt hat*).
Ziemlich gleichzeitig mit Diophant lebten noch zu Alexandrien
der wenig bedeutende Mathematiker Theon und seine Tochter Hypatia,
ein echtes Kind der untergehenden heidnisch-griechischen Zeit, der von
Suidas ebenfalls mathematische Arbeiten, u. a. ein Kommentar zu
Diophants Werken, zugeschrieben werden und die im Jahre 415 von
den fanatischen Christen ihrer Vaterstadt getötet wurde.
Hiermit schliefst in der Hauptsache die Geschichte der Zahlen-
lehre der Griechen ab, und von ihnen geht die Pflege unserer Wissen-
schaft an die Araber über, von denen wir freilich wenig mehr als eine
Übersetzung des Diophant, und auch die nicht einmal vollständig, besitzen.
So haben die Araber zwar die Zahlentheorie nur in geringem Mafse
inhaltlich durch eigene Entdeckungen bereichert; dagegen verdanken
wir ihrem hervorragenden ForniÄnsinne die Ausarbeitung von Hilfs-
mitteln, deren sich die heutige Mathematik bedient, und speziell die
Begründung der von ihnen mit dem Namen „Algebra" (etwa Buch-
stabenrechnung) belegten Wissenschaft. Aufserdem aber machten sie
dem Abendlande das herrliche Geschenk unseres jetzigen Ziffernsystems,
das sie ihrerseits von den Persern und Indern überkommen hatten, ein
Geschenk, welches den zahlentheoretischen Forschungen geradezu die
Schwingen verlieh, die ihnen bis dahin fehlten. Wenn man nämlich
auch annehmen darf, dafs die Weiterbildung der Zahlen und ihrer
Theorie jedenfalls ohne die Einführung dieses Ziffernsystems, wenn auch
sehr viel langsamer, vor sich gegangen wäre, so kann man doch ihre
Wichtigkeit für die Entwicklung der gesamten abendländischen Kultur
überhaupt kaum hoch genug anschlagen.
Auf verschiedenen Wegen gelangten die arabischen Ziffern nach
Italien, und das neue System breitete sich dann in dem übrigen Europa
langsam aus, so dafs es erst am Ausgange des Mittelalters ein Gemein-
gut des ganzen Occidents geworden ist.
*) Der Einwurf Ltbris, (Memoire sur la thlorie des nombres, Creüe's Journal
Bd. 9) Diophants unbestimmte lineare Gleichungen seien nicht sowohl unbestimmt,
als vielmehr überbestimmt, da einer solchen Gleichung
ax + &y + c = 0
noch die beiden andern
sin xn = 0, sin yn = 0
hinzugefügt werden müfsten, um x und y als ganze Zahlen zu charakterisieren,
ist nichtig, weil die letzteren unendlich viele Lösungen besitzen, also keine wirk-
lichen Gleichungen sind. Bei seinem ersten Auftreten wurde dieser Einwand
selbst von Dirichiet nur als Kuriosität behandelt.
Zweite Vorlesung.
Niedergang der Wissenschaften im Mittelalter. — Die Arithmetik im siebzehnten
und achtzehnten Jahrhundert. — Fermat und einige von seinen Sätzen. — Beweis
des s. g. kleinen Fermatschen Satzes. — Die Polygonalzahlen. — Der s. g. grofse
Fermat'sche Satz: Die Gleichung xn + y* = #n i*t nur für n = 2 in ganzen
Zahlen lösbar. — Euler; sein Leben und einige seiner arithmetischen Arbeiten. —
Die vollkommenen und die befreundeten Zahlen. — Diophantische Probleme. —
Eulers Lösung des Fermatschen Problemes in den Fällen n = 2 und n = 4. —
Die Pellsche Gleichung. — Das Eeciprocitätsgesetz. — Legen dre und sein Essai
sur la theorie des nombres.
§ X-
Das Mittelalter ist eine Zeit des Niederganges der Mathematik,
wie aller Wissenschaften. Die Geschichte der Algebra beginnt erst
wieder im 16., die der Arithmetik sogar erst im 17. Jahrhundert, das
wohl für alle Zweige der Mathematik eins der fruchtbarsten gewesen
ist. In dieser Periode ersteht ganz unvermittelt ein Mann, der auf
seinem Gebiete wahrhaft Wunder vollbracht hat und vielleicht nächst
Gaufs als der gröfste Zahlentheoretiker aller Zeiten anzusehen ist. Es
war dies Fermat, der von 1601 — 1665 lebte. Er war nicht einmal
Mathematiker von Fach, sondern Jurist und bekleidete die Stelle eines
Parlamentsrates in Toulouse. Dafs er trotzdem nicht nur ein arith-
metisches Talent ersten Banges, sondern auch in vollem Mafse ein
Gelehrter gewesen ist, geht aus einigen uns erhaltenen Briefen und
Aufzeichnungen hervor, denen zufolge er sowohl die gesamte Arith-
metik seiner Zeit beherrschte, wie eine eindringende Kenntnis der
Newtonschen Analysis besafs*).
Fermat hat eine Übersetzung des Diophant angefertigt und die-
selbe mit Randbemerkungen versehen, in denen er seine zahlentheore-
tischen Entdeckungen leider meistenteils ohne Beweis aufbewahrt und
dadurch uns Nachlebenden eine grofse Zahl unenthüllter Geheimnisse
hinterlassen hat. Man ist von der Richtigkeit der Fermatschen Theoreme
überzeugt und glaubt auch, dafs er sie thatsächlich bewiesen habe,
*) Eine vollständige Ausgabe seiner Werke und der von ihm hinterlassenen
Briefe wird seit dem Jahre 1891 durch Paul Tannery und Charles Henry besorgt. H.
# § 1. Fermat. 15
aber auffällig bleibt es, dafs bei den Sätzen, denen er seinen Beweis
zugefugt hat, derselbe nicht allzu schwer erscheint, und grade da, wo
sich dem Beweise für uns ungewöhnliche und zum Teil heute noch
nicht überwundene Schwierigkeiten entgegenstellen, ein solcher auch
bei Fermat fehlt. Andrerseits darf wieder nicht verschwiegen werden,
dafs Fermat, wie Jacobi hervorgehoben hat, bei einigen seiner Be-
hauptungen, die sich nachher als nicht korrekt herausgestellt haben,
ausdrücklich bemerkt, er halte dieselben zwar für richtig, habe sich
aber vergebens um einen Beweis bemüht, wahrend bei den wahrschein-
lich richtigen Sätzen ein derartiger Zusatz jedesmal fehlt.
Um die geschichtliche Darlegung unserer Absicht gemäfs mit einer
sachlichen Einführung in die Aufgaben der Zahlentheorie zu ver-
schmelzen und hier speziell einen Einblick in die Fragen zu geben,
mit denen sich Fermat beschäftigt hat, wollen wir im folgenden einige
der von ihm herrührenden Sätze besprechen und zugleich damit An-
deutungen verknüpfen, in welcher Weise sie auf die fernere Entwick-
lung der Zahlentheorie eingewirkt haben.
Zunächst wenden wir uns einem Theoreme zu, das heute im Gegen-
satze zu dem viel tiefer liegenden „grofsen Fermatschen Satze" unter
dem Namen „kleiner Fermatscher Satz" bekannt ist und folgender-
maTsen ausgesprochen werden kann:
Ist p eine beliebige Primzahl, n eine beliebige ganze Zahl, so
ist der Ausdruck
nr — n
stets durch p teilbar.
Am einfachsten kann der Beweis hierfür durch Induktion geführt wer-
den: Aus dem binomischen Lehrsatze ergiebt sich nämlich die für einen
beliebigen Wert von n geltende Identität
p-i
(n+\Y-{n + \) = nv-n + ^py-\
h=\
wo die ganzen Zahlen
Ph " j— 2"7 —h (A-l, *, ' ■ P-l)
die zum Exponenten p gehörigen Binomialkoefficienten sind. Da nun
P\y'"P _i ihrer Natur nach ganze Zahlen sind und ihre Nenner aus
lauter Faktoren bestehen, die kleiner sind, als die Primzahl p, während
allemal ihre Zähler p enthalten, so mufs jede einzelne von ihnen
und damit auch die Summe ^^ ph np~ durch p teilbar, d. h. von der
16 Zweite Vorlesung. *
Form p • k sein. Es ist also
(n + 1)' — (» + 1) = np — n + jp - k
Ist daher np — n durch p teilbar, so gilt dasselbe auch von
(n + l)p — (n + 1), und da der obige Satz für n = 1 offenbar erfüllt
ist, so ist er hiernach für jeden Wert von n bewiesen.
Diese Herleitung stützt sich darauf, dafs die Binomialkoefficienten
ihrem Wesen nach notwendig ganze Zahlen sein müssen, denn der Bino-
mialkoefficient ph ist der Koefficient von rc* in der Entwicklung von
(1 + x)p, giebt also an, wie oft die Potenz #* in dem Produkte
(1 -f- x) • • • (1 + x) = (1 + x)p vorkommt, und diese Anzahl mufs
daher ihrer Natur nach notwendig ganz sein; es ist dies ein Beweis-
moment, welches in unserer Wissenschaft häufig wiederkehrt und auf
das wir in einem andern Zusammenhange noch zurückkommen werden.
Von den vielen Erweiterungen des kleinen Fermatschen Satzes,
der in der elementaren Zahlentheorie eine sehr bedeutende Bolle
spielt, wollen wir eine hier vorführen, weil sie uns in der Folge inter-
essieren wird:
Nach dem polynomischen Lehrsatze besteht die Identität
k Li»
X "
ft '
wo sich die Summationen über alle diejenigen Wertsysteme k\, • • • kn
zwischen 0, 1, • • • p erstrecken, deren Summe genau gleich p ist, und
wo wieder die Polynomialkoefficienten j—r- h ihrer Entstehungsweise
nach natürlich ganze Zahlen sind. Ist nun für einen solchen eines der k,
etwa hx gleich p selbst, so sind alle übrigen k%7 k^} ■ • • kn gleich 0, der
betreffende Koefficient ist demnach gleich 1; die Gesamtheit aller der-
artigen Glieder auf der rechten Seite ist offenbar:
xi + z2 H h Xn
In allen andern Gliedern unserer vielfachen Summe sind die Zahlen k
durchweg kleiner als p, ist daher, was nunmehr angenommen werden
soll, p eine Primzahl, so sind alle jene Koefficienten Vielfache von pf
weil ihre Zähler p enthalten, die Faktoren ihrer Nenner aber sämtlich
kleiner als p sind. Wir haben damit den Satz gewonnen:
Ist p irgend eine Primzahl, so ist die Differenz
(1) (xt + x, + • • • + xf - (*f + < + • • • + *») =■ 0 'ww-L^
stets durch p teilbar.
§2. Die Polygonalzahlen. 17
Z. B. ist für p = 3
(*1 + X% + *s)3 — (*l + *2 + *J)
= 3(afo + x\x^ + a^aj + a^sj + x\x3 + z2s* + 2*^*3) .
Setzt man in dem obigen Ausdruck (1) speziell:
x< = x„ =■••• = # = 1 ,
12. » *
so ergiebt sich direkt, dafs np — n durch p teilbar ist, und der
Fermatsche Satz ist so von einem allgemeineren Gesichtspunkte aus
noch einmal abgeleitet.
§2.
Ehe wir zu dem grofsen Fermatschen Satze übergehen , be-
handeln wir noch eine Gruppe von Sätzen, die Fermat selbst als „pul-
cherrima theoremata" bezeichnet, und denen er, einer Andeutung in den
Randbemerkungen zufolge, eine eigene Abhandlung widmen wollte. Sie
betreffen die Lehre von den sogenannten Polygonalzahlen, einen Lieb-
lingsgegenstand für seine Arbeiten, und es erfüllte ihn mit besonderem
Stolze, dafs er der Entdecker gerade dieser Theoreme gewesen ist. Dennoch
haben Fermate Ergebnisse auf diesem Gebiete weit weniger in die fernere
Entwicklung der Zahlentheorie eingegriffen, als manche andere seiner
Entdeckungen, vielleicht, weil sie überhaupt nicht so sehr den Stempel
wissenschaftlicher Resultate, als den einer geistvollen Unterhaltung tragen,
vielleicht aber auch, weil unsere arithmetischen Methoden auf Probleme
dieser Art noch nicht erfolgreich angewendet werden können; denn gerade
bei jenen Sätzen, die im wesentlichen noch unsern Bemühungen, sie
zu beweisen, spotten, wird man auf die Vermutung geführt, dafs Fermat
die Zahlentheorie nach einer ganz andern Richtung ausgebildet habe,
als wir, dafs er nämlich über die additive Zusammensetzung der Zahlen
sich Aufschlüsse verschafft -habe, die uns auch heute noch fehlen.
Der Begriff der Polygonalzahlen knüpft an die Art an, wie man
spielerisch die Reihe der natürlichen Zahlen in der Form eines Dreiecks,
eines Vierecks u. s. f. folgendermafsen anordnen kann:
Anordnung der Zahlen im Dreieck:
1 3 6 10 •
2 5 9
•
4 8 •
7 '
Kronacker, Zahlentheorie. I. 2
18
Zweite Vorlesung.
Anordnung der Zahlen im Viereck:
1
4
9
16 :
2
3
8
15 '•
5
6
7
14 ;
10
11
12
13 :
Anordnung der Zahlen im Fünfeck:
u. s. f.
Man bezeichnet dann allgemein die Anzahl derjenigen Zahlen, aus
denen bei dieser Darstellung das erste, zweite, dritte, • • • Ä-Eck besteht, als
die erste, zweite, dritte, • • • Ä- Eckszahl, so dafs also in den oben be-
zeichneten drei Anordnungen die in der obersten Horizontalreihe neben
einander stehenden Zahlen die Reihe der Dreiecks-, Vierecks- und Fünf-
eckszahlen darstellen. Es sind demnach:
1, 3, 6, 10, 15, 21,.-. 4>8 + »)
die Dreiecks- oder Trigonalzahlen,
1, 4, 9, 16, 25, 36,.-. n*
die Vierecks- oder Tetragonalzahlen,
1, 5,12, 22, 35, 51, .y(3n2 — n)
die Fünfecks- oder Pentagonalzahlen, und man erkennt leicht, dafs die
allgemeine Reihe der i-Eckszahlen
1, Je, 3k — 3, 6Jfc — 8, lOJfc — 15, •
lauten mufs.
Sie alle bilden arithmetische Reihen zweiter Ordnung, die mit der
Eins beginnend Je — 1 zur ersten, Je — 2 zur zweiten Differenz haben.
Übertragt man die eben beschriebene Art der Anordnung auf den
n + ^(*-2)
§ 2. Die Polygonalzahlen. 19
Raum, so bekommt man die polyedrischen Zahlen, die arithmetische
Reihen dritter Ordnung bilden. Setzt man in dem allgemeinen Aus-
druck n -| ~~ — (k — 2) für die nto A-Eckszahl n = 0, so erhält man
für jedes k als nullte k- Eckszahl die Zahl Null, und in manchen Fällen,
insbesondere bei dem unten erwähnten Hauptsatze, ist diese den ife-Ecks-
zahlen zuzurechnen.
Zunächst seien noch einige Bemerkungen über die Geschichte
dieser figurierten Zahlen hier angefügt: Allem Anscheine nach hat man
sie bereits in der Schule Piatos untersucht; jedenfalls thaten dies der
ca. 200 v. Chr. lebende Mathematiker Hypsikles, sowie der Alexandriner
Eratosthenes. Endlich hat, wie schon erwähnt, Diophant eine kleine
zehn Lehrsätze umfassende Abhandlung über sie geschrieben. Doch
soviel sich auch die Griechen mit diesen eigentümlichen Zahlen be-
schäftigt haben, sie waren weit davon entfernt, den folgenden Satz
Fermats aufzufinden:
„Jede Zahl läfst sich als Summe von k k- Eckszahlen dar-
stellen."
Derselbe ist in seiner Allgemeinheit bis auf den heutigen Tag noch
nicht ein wandsfrei bewiesen worden, und für die speziellen Fälle, in
denen das gelungen ist, mit so tiefliegenden Hilfsmitteln, dafs man es
wohl mit Sicherheit aussprechen kann, Fermats Beweise, falls er sie
wirklich besessen hat, seien auf ganz andern Fundamenten basiert
gewesen. m
So hat zuerst Gau/s für den Satz:
„Jede Zahl kann als Summe von drei Dreieckszahlen dargestellt
werden" (k = 3)
einen Beweis aus den verstecktesten Eigenschaften der ternären qua-
dratischen Formen geschöpft, deren Theorie erst von ihm begründet
worden ist. Dieser Spezialfall besagt nämlich, dafs jede ganze Zahl h
in der Form:
h = § 1 ^ 1 2
geschrieben werden kann, wo x, y, z geeignet gewählte ganze Zahlen
bedeuten. Vervollständigen wir hier die Summanden der rechten Seite
zu Quadraten, so erhalten wir die Gleichung:
8Ä + 3 = (2z + iy + (2y + l)a + (2* + 1)*
und damit die Fassung, in der Gaufs unsern speziellen Fall des
Fermatschen Satzes erledigt hat:
2*
20 Zweite Vorlesung.
„Jede Zahl, die durch 8 geteilt den Rest 3 läfst, ist als Summe
yon drei ungeraden Quadratzahlen darstellbar",
worin man statt „ungeraden Quadratzahlen" auch „Quadratzahlen" schlecht-
hin setzen kann, da die Summe von drei Quadraten durch 8 geteilt den
Rest 3 nur dann läfst, wenn sie alle ungerade sind.
Der weitere Satz:
„Jede ganze Zahl kann als Summe von vier Quadratzahlen dar-
gestellt werden"
ist wohl nicht minder bemerkenswert und leistet ebenfalls in seiner Art
Vollkommenes, denn er giebt uns zugleich die geringste Anzahl von
Quadraten an, die zu jener Darstellung notwendig und hinreichend sind,
denn z. B. schon die Zahl 15 = l2 + l2 + 22 -f- 32 kann nicht durch
weniger als vier Quadrate dargestellt werden. Die Richtigkeit dieser
Behauptung fällt am Schlüsse von C. G. J. Jacobis „fundamenta nova
theoriae functionum ellipticarum" als Nebenresultat der Betrachtungen
über elliptische Funktionen ab und liefert dadurch ein denkwürdiges
Beispiel für die Nützlichkeit einer Verbindung von Analysis und
Zahlentheorie.
Es läfst sich auch leicht zeigen, wie das ursprünglich zahlen-
theoretische Problem in ein analytisches umgewandelt werden kann
Multiplizieren wir die vier unendlichen Reihen:
1 + 2z + 2* + 2z9 -\ =
A = — OD
*=*-}- OD
1 + 2u + 2t*4 + 2u* H =2jU*
1 + 2v + 2v* + 2v9 -( = £ if
Jss — 00
JÄsa-4- Qo
1 + 2«> + 2«>* + 2w9 -\ = V «r»'
mg= od
mit einander, so ergiebt sich die Gleichung
(2'«'') tZ«') C£-0 (2*0 - 2/ • «■• v • «•:
aus der für z = u = v = w die Identität
(2V)4=2?«*'+**+''+"
h, k, l, m
§ 2. Der Fermatache Satz über die Polygonalzahlen. 21
hervorgebt. Auf der rechten Seite dieser Gleichung kommt die
Potenz js8 offenbar genau so oft vor, wie die Zahl s als Summe der
Quadrate von vier positiven oder negativen ganzen Zahlen ausdrückbar
ist; schreiben wir daher die linke Seite in Form einer Potenzreihe
so giebt der Koefficient cs an, wie oft die obige Darstellung von s
möglich ist. Soll also der Fermatsche Satz für den Fall A = 4 richtig
sein, so darf kein einziger der Koefficienten c gleich Null sein. Den
Wert der letzteren, d. i. die Anzahl der Darstellungen einer beliebigen
Zahl s, hat nun Jacobi mit Hilfe der Theorie der elliptischen Funk-
tionen allgemein berechnet und sie im wesentlichen gleich der Summe
der Divisoren von s gefunden; und da diese stets eine positive Zahl
ist, so ergiebt sich die Richtigkeit des Fermatschen Satzes für diesen
speziellen Fall als eine selbstverständliche Folgerung. Später hat er
diese analytische Herleitung des Satzes von den Viereckszahlen auf die
geschickteste Weise in eine rein arithmetische übertragen, und nach ihm
hat dann auch DiricMet einen sehr elementaren und einfachen zahlen-
theoretischen Beweis gegeben. In gleicher Weise hatte auch Gaufs
die Anzahl aller Darstellungen einer Zahl durch drei Dreieckszahlen
bestimmt.
Für k = 5 findet man weiter, dafs jede Zahl h in der Form
A = 4-(3n;-n1) + 4(3n;-»1)+... + l(3»;-n5)
darstellbar sein mufs; aus dieser Gleichung folgt durch geeignete Um-
gestaltung die neue:
24Ä + 5 = (6Wl - l)8 + (6n, - 1)» + • • • + (6«5 - 1)*,
d. h. es besteht der Satz:
Jede Zahl, die durch 24 geteilt den Rest fünf läfst, ist ausdrückbar
als Summe der Quadrate von 5 Zahlen, die alle durch 6 geteilt
den Rest — 1 lassen.
Dafs jede solche Zahl überhaupt als Summe von fünf Quadraten ge-
schrieben werden kann, ist aus dem vorhergehenden klar; denn eine
solche Darstellung ist bereits durch vier Quadrate möglich. Es kommt
aber hier noch die weitere Bedingung hinzu, dafs die Zahlen, deren
Quadrate auf der rechten Seite vorkommen, durch 6 geteilt den Rest
— 1 lassen sollen.
Im Anschlüsse an diese besonderen Beispiele wenden wir uns nun
zur Betrachtung des allgemeinen Fermatschen Satzes: Jede Zahl h läfst
sich als Summe von k k- Eckszahlen darstellen:
22 Zweite Vorlesung.
k
Vervollständigen wir wieder die einzelnen Glieder der rechten Seite zu
Quadraten, so ergiebt sich
k
8(*_2)A = 2[4(*-2)X-4(*-2)'»a + 8(*-2)no]
k
a=l
und hieraus
k
S(k — 2)h + k(k — 4)2 = 2 P(* — 2) nB - * + 4]*.
Ersetzt man endlich in dieser Gleichung jedes ntf durch ti« + 1, so
geht sie über in
k
8(k — 2)h + k(k-4)* = ^?[2(k — 2)na + *]*,
d. h.:
Jede Zahl, die durch 8 (k — 2) geteilt den Rest Jfc(A — 4)2 läfst,
kann als die Summe der Quadrate von k Zahlen dargestellt
werden, die alle durch 2(k — 2) geteilt den Rest k lassen.
Obwohl nun hierfür noch kein Beweis bekannt ist, drängt sich gleich
die weitere Frage nach der Anzahl der verschiedenen Darstellungen
einer Zahl h in der angegebenen Form auf, eben die Frage, welche
Gaufs für k = 3 und Jacobi für k = 4 vollständig erledigt haben.
Es ist auch hier nicht schwer, das arithmetische Problem nach dem
Vorbilde Jacobis auf ein analytisches zu reduzieren; jedoch hat man,
natürlich aufser in jenen beiden einfachsten Fällen, noch keine Lösung
dieser allgemeineren Frage gefunden*).
§3.
Der grofse Fermatsche Satz, das berühmteste unter allen Theoremen
des französischen Mathematikers, schliefst sich an die Aufgabe an, der
Pythagoräischen Gleichung
x* + y* = 0*
durch drei ganze Zahlen zu genügen. Fermat erweiterte dieselbe in
naheliegender Weise, indem er nach den ganzzahligen Lösungen von
*) Vergleiche hierzu die weiteren Ausführungen in Nr. 1 des Anhanges.
§ 3. Der große Fermatsche Satz. 23
^ + tf* = z% forschte, wo n eine beliebige ganze Zahl bedeutet, und
stellte als Ergebnis seiner Untersuchungen den allgemeinen Satz auf:
Die Gleichung x% + yn = #* kann für n > 2 durch kein System
ganzer Zahlen a, b, c befriedigt werden.
Schreibt man die Gleichung in der Form
© - © - >.
so lautet die Behauptung:
Wenn w > 2 ist, können die nien Potenzen zweier rationalen
Brüche nie um eine Einheit auseinanderliegen.
Mit diesem Satze, dem Fermat in seiner Ausgabe des DiopJmnt nur
die Worte hinzufügt:
„Ich habe für diese Behauptung einen wunderbaren Beweis ge-
funden, aber der Rand des Buches ist zu schmal, ihn darauf
niederzuschreiben . . ."
haben sich die Mathematiker nach ihm vielleicht mehr beschäftigt, als
mit irgend einem andern, und wohl keiner hat, abgesehen etwa von
der Quadratur des Kreises, zu so vielen falschen und irrtümlichen De-
ductionen Veranlassung gegeben. Wenn man aber auch zu dem er-
strebten Ziele, dem erschöpfenden Beweise des Satzes für jeden Wert
von n, noch immer nicht gelangt ist, so sind doch die vielen dahin
gehenden Arbeiten für die Wissenschaft äufserst folgenreich und frucht-
bar gewesen. Es ist deshalb nicht uninteressant, kurz auf die Geschichte
des Theorems einzugehen. Nachdem für dritte und vierte Potenzen
Euler dasselbe bereits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts bewiesen
hatte, glückte erst 1825 Lejeune-Dirichlet ein noch nicht ganz voll-
ständiger Beweis für fünfte Potenzen, der zuerst von Legendre und
1827 auch von Diricklet selbst nach seiner Methode zu Ende geführt
wurde. Im Jahre 1837 lieferte dann Lame den Nachweis für den
Fall n = 7. In neuester Zeit endlich, vor noch nicht 50 Jahren, hat
Kummer die Unmöglichkeit der Fermatschen Gleichung für unendlich
viele Zahlen dargethan; dabei fufste er jedoch auf einer ganz neuen
Theorie, deren Begründung wohl als seine gröfste wissenschaftliche
That anzusehen ist. Aber auch seine Darlegung umfafst nicht
alle Zahlen n; ja, wenn er anfangs glaubte, er habe durch seinen
Beweis den Fermatschen Satz für fast alle Zahlen erledigt, mufste er
sich doch später vom Gegenteile überzeugen, weil die Zwischenräume
zwischen solchen Zahlen, für welche die Eummersche Analyse gilt,
immer gröfser werden, je weiter man in der Zahlenreihe fortschreitet.
24 Zweite Vorlesung.
Trotzdem ist es wahrscheinlich, dafs der Fermatsche Satz auch für
diese Ausnahmszahlen seine Richtigkeit behält*).
§*•
Nach Fermat hat die Arithmetik zuerst wieder in Euler einen
ausgezeichneten Förderer gefunden. Er wurde 1707 in Basel geboren
und lebte von 1741 — 1766 in Berlin, wo er gänzlich erblindete, ohne
deshalb aufzuhören, mit voller geistiger Frische und gröfstem Erfolge
an seiner Wissenschaft weiter zu arbeiten. Von Berlin ging er nach
Petersburg und starb dort 1783. Seine wissenschaftliche Begabung
war ungemein, vielseitig, und es giebt kaum ein Feld der Mathematik,
auf dem er nicht grundlegend thätig gewesen wäre. So sind auch
seine Arbeiten sowohl ihrem Umfang als auch ihrem Inhalte nach
mit denen keines andern Mathematikers zu vergleichen. Bei seinen
Lebzeiten erschienen 493, nach seinem Tode noch etwa 100 Abhand-
lungen, welche sich zum grofsen Teile auf arithmetische Probleme be-
ziehen. Die zahlentheoretischen Arbeiten Eulers, die vorher noch völlig
zerstreut waren, wurden im Jahre 1849 auf Veranlassung der Peters-
burger Akademie von den Brüdern Fufs gesammelt und in zwei Bänden
herausgegeben, wodurch sie erst allgemeiner zugänglich gemacht wur-
den. Sie tragen noch ganz den Charakter der delektabeln Mathematik,
welcher der Arithmetik vor Gaufs inne wohnte, und bilden eine ganz
aufserordentlich anregende Lektüre.
In seinen Abhandlungen hat Euler teils der Zahlentheorie neue
Bahnen eröffnet, teils auch bekannte und altberühmte Sätze auf eigene
Art bewiesen und weiter ausgebildet. So hat er zum Beispiel für die
schon berührte Theorie der vollkommenen Zahlen gezeigt, dafs auf dem
von Euklid angegebenen Wege alle geraden vollkommenen Zahlen er-
halten werden, und dafs die ungeraden, falls solche existieren, not-
wendig von der Form
/ä i i\4n+l 2
(Am + 1) ^ x
sein müssen, wo 4m + 1 = P e*ne Primzahl und x eine durch p nicht
teilbare ungerade Zahl bedeutet. Auch unter diesen ist bisher keine
vollkommene Zahl gefunden worden; doch ist es andrerseits noch nicht
gelungen, den Nachweis zu fuhren, dafs es ungerade vollkommene
Zahlen überhaupt nicht giebt.
An dieses Problem schliefst sich das der sogenannten befreundeten
oder Freundschaftszahlen (numeri amicabiles). So heifsen zwei Zahlen m
*) Vergleiche hierzu die weiteren Ausführungen in Nr. 2 des Anhangs.
§ 4. Die vollkommenen und die befreundeten Zahlen. 25
und », wenn die Divisorensumme der einen gleich der andern ist und
umgekehrt. So sind z. B. 220 und 284 befreundete Zahlen, denn die
Teiler von 220 und 284 sind bzw.
1, 2, 4, 5, 10, 11, 20, 22, 44, 55, 110
und:
1, 2, 4, 71, 142,
und die Summe der ersteren ist 284, die der letzteren 220. Die Frage
nach ihnen ist zuerst im Mittelalter von Michael Stifd aufgeworfen
worden, und Eider hat dann eine Methode aufgestellt, um beliebig
viele Zahlen dieser Art zu bestimmen.
Den zweiten Teil seines ganz elementaren Werkes „Anleitung zur
Algebra", das gar nicht genug gelobt und empfohlen werden kann,
hat Euler ausschließlich der Diophantik oder unbestimmten Analytik
gewidmet.
Die arithmetischen, wie die algebraischen Aufgaben sind, so mufs
man annehmen, aus Bedürfnissen des taglichen Lebens entstanden, aus
Anforderungen, die spezielle Vorkommnisse desselben an die Arith-
metik stellten. Die linearen, quadratischen und kubischen Gleichungen
boten sich gewifs zunächst in der Gestalt von praktischen Fragen dar,
wofür die sonderbare Bezeichnung der falschen Wurzeln einer Gleichung
für solche, die in der Praxis keine Verwendung fanden, ein deutliches
Zeugnis ablegt. So ist wohl auch die unbestimmte Analytik, deren
ersten Spuren wir bei Diophant begegneten, aus rein praktischem
Interesse hervorgegangen, obwohl wir ihre Entwicklung im einzelnen
nicht mehr genau verfolgen können. Diophctnt selbst scheint die von
ihm behandelten Aufgaben weniger selbst erdacht, als bereits vor-
handene der Erfahrung entnommen und wissenschaftlich verwertet zu
haben. Das wird unter anderem durch den Umstand wahrscheinlich
gemacht, dafs sich in der griechischen Anthologie nach damaliger Ein-
kleidung in Märchenform ein zuerst von Lessing bemerktes Problem
vorfindet, das auf die noch zu erwähnende Pellsche Gleichung führt.
Da die hier auftretenden Zahlen sehr grofs sind, mufs die Durch-
führung der Rechnung bei der Unbequemlichkeit der griechischen
Zahlzeichen recht schwer gewesen sein und bietet ein rühmliches
Zeichen der geistigen Kraft jenes Volkes. Im Mittelalter ist dann jeder
Traktat der Algebra mit ähnlichen Aufgaben der unbestimmten Ana-
lytik angefüllt. Dafs dieses ganze Gebiet damals noch zur Algebra
gerechnet wurde, und dafs selbst Euler die betreffenden Untersuchungen
jener Disciplin einverleibt hat, bezeugt wiederum, wie schwierig es ist,
Arithmetik und Algebra von einander zu scheiden.
26 Zweite Vorlesung.
Wenn in der Algebra eine Anzahl Gleichungen mit eben so viel Un-
bekannten, etwa zwei lineare Gleichungen mit zwei Unbekannten gegeben
sind, so bestimmen sich diese für gewöhnlich vollständig, und zwar
sind die Lösungen rationale Brüche, wenn die Koefncienten ganze
Zahlen sind. Es war nun natürlich, dafs man von hier aus zu der
ferneren Frage f ortschritt: Wie steht es mit den Lösungen, wenn
weniger Gleichungen, als Unbekannte vorhanden sind? In dem Falle
ist allerdings die Auflösung schlechthin leichter, die vollständige
Bestimmung aller Lösungen aber viel schwieriger, als zuvor.
Eider geht im Anfange seiner Algebra von ganz einfachen, ja fast
kindlichen Beispielen zumeist in praktischer Einkleidung aus, die aber
doch für das ganze Gebiet so charakteristisch sind, dafs wir uns einige
von ihnen etwas näher ansehen wollen.
Das erste derselben kann folgendermafsen ausgesprochen werden:
Man soll 25 als Summe zweier Zahlen darstellen, von denen
die eine durch 2, die andere durch 3 teilbar ist.
Dazu macht Euler den Ansatz
(1) 2x + 3y = 25,
wo x und y ganze und, wie er von vorn herein (Kap. I, 3) festgesetzt
hat, auch positive Zahlen bedeuten. Zur Auflösung dieser Gleichung
kann man ohne weiteres durch Probieren gelangen, da die Zerlegung
von 25 in zwei positive Zahlen überhaupt nur auf 12 verschiedene Arten
möglich ist, und das Probieren ist für alle derartigen Aufgaben in der
That eine theoretische Lösungsmethode, wenn man sie wirklich an-
wenden kann, d. h. wenn die Anzahl der anzustellenden Versuche eine
endliche ist.
Um dasselbe aber bei grofsen Zahlen zu vermeiden, war es trotz-
dem nötig, eine andere, speziellere Theorie zu ersinnen. Euler verfährt
für unser Beispiel, wie folgt:
Wegen der Gleichung
3y = 25 — 2x
mufs 3y und damit auch y ungerade sein, man kann also setzen:
(2) y = 2* + 1.
Durch Einsetzen geht die ursprüngliche in die Gleichung
(3) s + 3*=ll
über, und so erhalten wir für x und y folgende Darstellung:
x = U— 3*, y = l + 2*,
worin, z eine ganze Zahl bedeutet, welche nur der Bedingung unter-
§ 4. Diophantische Probleme. 27
worfen ist7 dafs x und y positiv sein müssen, z kann hiernach nur
die Werte 0, 1, 2, 3 annehmen, und hieraus ergeben sich für x und y
beziehlich die Zahlen 11, 8, 5, 2 und 1, 3, 5, 7, d. h. die Zahl 25
kann auf folgende vier Arten den Bedingungen der Aufgabe gemäfs
dargestellt werden:
25 = 22 + 3 = 16 + 9 = 10 + 15 = 4 + 21.
Bei dem folgenden Beispiele Eulers wollen wir uns, um das Problem
wissenschaftlich interessanter zu machen, nicht auf die positiven Lösungen
beschranken:
Es soll eine Zahl N gefunden werden, die durch 5 teilbar ist
und durch 7 dividiert den Rest 3 läfst.
Man hat also die Gleichung
(4) 5x = ly + 3 [= N]
durch ganze Zahlen zu befriedigen. Hier kann man nun, indem man
z. B. y allein als Unbekannte auffafst, ebenso verfahren, wie man bei
einer gewöhnlichen Gleichung mit einer Unbekannten diese mit dem
Koefficienten 1 zu isolieren sucht. Soll ly -f- 3 durch 5 teilbar sein,
so mufs dasselbe auch von dem Produkte 3(1 — y) gelten, da es sich
nur um 10 y, also um ein Vielfaches von 5, von dem vorigen Aus-
drucke unterscheidet. Also mufs auch (1 — y) selbst die Primzahl 5
enthalten; ich kann daher
1 — y = bz also y = — bz -{- l
setzen und, da z eine beliebige, positive oder negative Zahl bedeuten
soll, dafür bequemer schreiben
(5) y = 5* + 1.
Jede Zahl, die sich auf diese Form bringen läfst, genügt also der Aus-
gangsgleichung (4), und durch Einsetzen wird dann auch der zugehörige
Wert von x} nämlich
s=7* + 2
erhalten. Die vollständige Lösung der ursprünglichen Gleichung haben
wir somit in der Form
(6) s = 7* + 2, y = 5*+l, tf=35*+10,
wobei z eine durchaus willkürliche ganze Zahl sein kann und keine
andern Zahlen aufser den durch (6) dargestellten die Gleichung (4)
befriedigen.
28
Zweite Vorlesung.
§5.
Die beiden im vorigen Abschnitte behandelten Beispiele sind spe-
zielle Fälle der nachstehenden allgemeinen Frage:
Es sollen alle ganzzahligen Lösungen der ganzzahligen Gleichung
(1) ax + by + c = 0
gefunden werden.
Diese Aufgabe können wir uns unter Benutzung der Methoden
der analytischen Geometrie leicht graphisch veranschaulichen. Jene
Gleichung stellt nämlich, bezogen auf irgend ein rechtwinkliges Koor-
dinatensystem, diejenige gerade Linie dar, die auf der x- und y- Achse
beziehlich die Stücke und — -r- abschneidet, d. h. den geome-
trischen Ort aller und nur der Punkte, deren Koordinaten x und y der
Gleichung (1) genügen. Von ihnen befriedigen aber unsere spezielle
Aufgabe nur die Punkte P, deren Koordinaten ganzzahlige Werte
haben. Um diese nunmehr aus der gesammten Ebene herauszuheben,
ziehen wir zur x- und y- Achse je eine Schar von äquidistanten
Parallelen im Abstände 1 und bekommen auf diese Weise, wie die unten-
stehende Figur für den ersten Quadranten zeigt, ein Gittersystem, dessen
6
s
i
X
3
2
1
f
1
V
f 1
r k
> J
l i
t 6
' i
f 3
r >*
Gitterpunkte die einzigen Punkte jener Ebene sind, welche ganzzahlige
Koordinaten haben. Es ist demnach die Lösung der obigen Gleichung
identisch mit der Forderung, die auf einer gegebenen Geraden liegen-
den Gitterpunkte zu finden.
Auch bei drei Unbekannten ist eine graphische Versinnlichung noch
möglich, z. B. werden die ganzzahligen Lösungen der Gleichung
(2) ax + by + cz + d = 0
durch die Gitterpunkte im Baume dargestellt, die der durch die
Gleichung (2) charakterisierten Ebene angehören; zwei lineare Gleichungen
mit drei Unbekannten:
§ 5. Ganzzahlige Lösungen linearer Gleichungen. 29
ax -f- by + cz + d = 0
' a'x + b'y + c'z + <T = 0
bestimmen eine gerade Linie im Räume als Schnittfigur zweier Ebenen,
und die ganzen Zahlen, durch die beide gleichzeitig erfüllt werden,
werden durch die auf jener Geraden liegenden Gitterpunkte repräsen-
tiert. In ähnlicher Weise kann offenbar jede Aufgabe der unbestimmten
Analytik, bei der nicht mehr als drei Unbekannte in Betracht kommen,
geometrisch interpretiert werden, und diese anschauliche Auffassungs-
weise hat in vielen Fragen erfolgreich die abstrakte Betrachtung
ersetzt.
Bei einem solchen Systeme von Gleichungen wird, wie wir noch
hervorheben wollen, die Mannigfaltigkeit der Lösungen durch die For-
derung, dafs die Unbekannten ganze Zahlen sein sollen, nicht beschränkt,
sondern es tritt nur an die Stelle einer kontinuierlichen, eine diskrete
Mannigfaltigkeit.
Im Anschlüsse an diese Eulerschen Beispiele wollen wir gleich
ein anderes, sehr bekanntes und prinzipiell besonders bemerkenswertes
Problem behandeln, das bei ihm nicht vorkommt.
Es soll die Diophantische Gleichung mit vier Unbekannten:
(4) xy'—yx = \
oder in Determinantenform geschrieben
x y
x' y
vollständig in ganzen Zahlen gelöst werden.
Vor allem ist klar, dafs irgend zwei der vier Zahlen, welche nicht mit ein-
ander multipliziert sind, die also in der Determinante entweder unter
oder neben einander stehen, keinen gemeinsamen Teiler haben dürfen,
da dieser sonst auch in 1 enthalten sein müfste. Es seien jetzt x und y
zwei beliebige, aber fest gewählte ganze Zahlen ohne gemeinsamen
Teiler; dann wollen wir zunächst fragen, welche Werte man nunmehr
x und y beizulegen hat, damit die Gleichung erfüllt werde. Es ist
nun leicht, alle diese Zahlensysteme aufzustellen, sobald man nur
eines von ihnen etwa durch Probieren gefunden hat. Ist nämlich
x'=x0, y'=y0 ein Zahlenpaar, für das die Gleichung
*y<> — tfxo = 1
giltig ist, so folgt aus dieser und der Ausgangsgleichung die weitere
und da x und y relativ prim sind, mufs
= 1
30 Zweite Vorlesung.
x— x0 = nx, y'—y0 = ny
sein, wo n eine ganz beliebige positive oder negative ganze Zahl sein
kann. Es sind also die sämtlichen verlangten Lösungen von
xy'—yxf= 1
in der Form enthatten:
(5) x'=*x0 + nx, y'=y0 + ny,
wo n die eben genannte Bedeutung hat, x und y irgend welche ganzen
Zahlen ohne gemeinsamen Divisor und x0, y0 zwei ganze Zahlen sind,
die der Gleichung
xVo —yx0 = i
genügen.
Nimmt man z. B. x = 7, y = 11 an, so kann x0 = 5, y0 = 8
gesetzt werden, weil
78— 11- 5= 1
ist, und das ergiebt
aj'=5-^7n, y'= 8 + lln («=o, + i, +», . >,
Jetzt können wir weiter y als ganz beliebig ansehen und dann
für x jede andere Zahl setzen, die mit y keinen Teiler gemeinsam hat,
so dafs sich für die Systeme (x, y) eine zweifache Mannigfaltigkeit
ganzer Zahlen herausstellt. Für jedes (x, y) haben wir aufserdem eine
einfache Mannigfaltigkeit von Zahlenpaaren (xf, y')} weil das in (5)
auftretende n alle ganzzahligen Werte annehmen kann und durch seine
Wahl x und y beide vollständig bestimmt sind. So erhalten wir
also im ganzen eine dreifache Mannigfaltigkeit ganzzahliger Lösungen
unserer Determinantengleichung. Diese Eigenschaft bleibt der Sache
nach bestehen, wenn wir ohne Beschränkung sämtliche Zahlen in Be-
tracht ziehen; denn auch dann sind drei Zahlen vollkommen beliebig,
und erst die vierte ist durch sie bestimmt. Nur bilden die ganzzahligen
Lösungen analog, wie vorher, keine kontinuierliche, sondern eine dis-
krete dreifache Mannigfaltigkeit.
§6.
Wir gehen nun zu den Diophantischen Aufgaben von höherem
als dem ersten Grade über und kehren wieder zu der Fermatschen
Gleichung
xn + yn = z*
zurück, die Etiler für die Fälle n = 2, 3, 4 erschöpfend untersucht,
und dadurch, wie oben erwähnt, den Grund zu einer langen Reihe
von Arbeiten gelegt hat, die dieses berühmte Theorem zum Gegen-
§ 6. Eulers Lösung des Fermatschen Problemes. 31
stände haben. Für n = 2 wird man auf das bereits im Altertume
betrachtete Problem geführt, die Gleichung
(1) x* + y* = z*
vollständig in ganzen Zahlen aufzulösen oder, geometrisch gesprochen,
alle rechtwinkligen Dreiecke zu finden, deren Seiten ganzzahlig sind.
Euler behandelt diesen Fall etwa in folgender Art: Führt man
in der Gleichung (1) an Stelle von z die neue Unbekannte u durch
den Ansatz
(2) z = y + u
ein, so verwandelt sie sich in
(3) x* = 2uy + u*.
Setzen wir jetzt
u = q* . r,
wo q* die gröfste in u enthaltene Quadratzahl ist und demnach r lauter
von einander verschiedene Primfaktoren enthält, so folgt aus Gleichung (3),
dafs z* durch q*, also auch x durch q teilbar sein mufs. Setzen wir
daher
(4) x = q • m
in (3) ein, so ist nach Beseitigung des gemeinsamen Faktors q*
(5) m2 = 2ry + q*r*.
Hieraus ergiebt sich weiter, dafs m2 und, da r aus lauter von ein-
ander verschiedenen Primfaktoren besteht, dafs m selbst durch r teil-
bar ist, dafs also:
(6) m = p • r
gesetzt werden kann. So erhalten wir schliefslich
V == y r (p* — q*)
und aus (4), (6) und (2)
x=pqr, s = y + tt = i-r(j)* + g2).
Die Gleichungen
(7) x = pqr, y = Yr(p8-g8), « = yr(l)2 + 8')
bilden alsdann, wenn man p, q, r solche ganzzahligen Werte erteilt,
dafs auch xy y, z ganze Zahlen sind, die Gesamtheit der gesuchten
Losungen der ursprünglichen Gleichung (1).
Offenbar sind von ihnen aber nur diejenigen wesentlich, welche
keinen gemeinsamen Teiler haben; denn hat man diese gefunden, so
32 Zweite Vorlesung.
braucht man x, y, z immer nur mit einer und derselben beliebig
gewählten ganzen Zahl t zu multiplizieren, um das vollständige Lösungs-
system zu bekommen. Wir lassen jetzt also die Beschränkung eintreten,
dafs x und y und damit selbstverständlich auch xy y, z relativ prim
sein sollen. Dann können x und y nicht beide gerade sein; ebensowenig
jedoch können beide zugleich ungerade sein, denn ist etwa:
x = p • q • r
ungerade, so sind es auch p und q, und folglich ist
V = -2- r(p + q)(p — q)
notwendig gerade, weil sowohl p + q, wie p — q durch 2 teilbar sind*).
Da die Gröfsen x und y in der Pythagoräischen Gleichung symmetrisch
vorkommen und wir bisher keine besondern Voraussetzungen über sie
getroffen haben, so wollen wir nunmehr festsetzen, dafs x gerade und y
ungerade sein soll.
Alsdann kann r nur eine der beiden Zahlen 1 und 2 sein; denn ent-
hielte es irgend einen ungeraden Primfaktor oder eine höhere Potenz
von 2, als die erste, so wären x, y, z sämtlich durch jenen Primfaktor
oder durch 2 teilbar. Wäre aber r gleich 1, so müfsten, damit y eine
ganze Zahl bleibt, p und q entweder beide gerade oder beide ungerade
sein, und das ist ausgeschlossen, weil wir y als ungerade vorausgesetzt
haben, r mufs daher notwendig gleich 2 sein, und wir erhalten
anstatt der Gleichungen (7) die spezielleren
(8) x^2pq7 y=p2 — q\ z = p* + q%,
in denen p und q relativ prim sind und nicht zugleich gerade oder
ungerade sein dürfen. Damit y positiv wird, wollen wir endlich noch p
gröfser als q annehmen. Sind diese Bedingungen erfüllt, so haben wir
in (8) alle und nur die Systeme teilerfremder Zahlen, die die Pytha-
goräische Gleichung befriedigen. Die vollständige Lösung von
x% + y* = z*
wird dann durch die Gleichungen:
*) Dafs x und y nicht beide ungerade sein können, ist auch direkt aus der
Natur der Gleichung
aj! + y! = *"
zu erschließen. Ist nämlich # = 2m -j- 1, y = 2n + 1, so geht unsere Gleichung
über in
4(mf + m + n* + n) + 2 = *»;
z müfste demnach gerade, also von der Form 2r sein, und dies würde zu der
unmöglichen Gleichung führen
4(m* -fm + n1 -f-n — r*)-f2 = 0.
§ 7. Die Pythagoreischen Zahlen. 33
x = 2pqt, y = (j>*-q*)t, * = (p* + q*)t
(p>q>o, t>0)
(P> Q relativ prim und nicht beide ungerade)
geliefert, und zwar jede der wirklich verschiedenen Lösungen einmal
und nur einmal, weil die Zahlen pf q7 t durch z, y, z durchaus ein-
deutig bestimmt sind.
Diese Eulersche Deduktion bietet gewissermafsen das Ideal einer
arithmetischen Lösung, das bei den Aufgaben der Diophantik freilich
nur sehr selten erreicht wird.
Die einfachsten teilerfremden Pythagoräischen Zahlen sind in nach-
stehender Tabelle enthalten:
In der That ist z. B.
p
Q
X
y
g
2
1
4
3
5
3
2
12
5
13
4
1
8
15
17
4
3
24
7
25
5
2
20
21
29
5
4
40
9
41
\.
41*
= 40*
+
9*.
§7-
Der Grund, warum bei der soeben behandelten Aufgabe die voll-
standige Lösung in der Art gelingt, dafs jede einzelne einmal und nur
einmal erhalten wird, ist analytischer Natur. Schreiben wir unsere
Gleichung in der Form
(?)+ (? )*- *
SC 'U
und setzen — = £, — = 17, so geht das Problem in das äquivalente
Ober, es soll die Gleichung
p + if-i
in der allgemeinsten Weise durch rationale Zahlen befriedigt werden.
Jene zweite Gleichung stellt aber, bezogen auf ein beliebiges recht-
winkliges Koordinatensystem, einen Kreis dar, und analytische Be-
trachtungen lehren, dafs hier § und 17 so als rationale Funktionen eines
Parameters r ausgedrückt werden können, dafs der kontinuierlichen
Reihe aller reellen Werte von t alle Punkte P des Kreises einmal und
Kroneokar, Zahlentheorie. I. 3
34 Zweite Vorlesung.
nur einmal entsprechen. Es ist nämlich, wenn der zu dem Punkte
P = (£, rf) gehörige Winkel mit co bezeichnet wird,
• CO . , CO
cos" — Bin* -T- „ -
, 2 2 1 — t*
£ = COS CD = -
WO
t oi . , co 1 + T*
cos* — + sin* —
2 * 2
CD CO
2 am — • cos —
2 2 2r
rj = sm g> = = . ,
' , CO . , CO 1 + t'7
cos* -- + sin* - '
2 ^ 2
x = tang
2
ist; und in der That durchläuft, wenn x alle Werte von — oo bis -|- °°
annimmt, der Punkt (£, t;) einmal und nur einmal die ganze Kreis-
peripherie.
Ist überhaupt
nt, v) - o
die Gleichung einer algebraischen Kurve, so ist es im allgemeinen
nicht möglich, £; und r] als rationale Funktionen
einer neuen Variablen t so darzustellen, dafs jedem Werte yon x ein
und nur ein Punkt der Kurve entspricht; ist dies aber für eine Kurve,
wie z. B. vorher für den Kreis der Fall, so sagt man, sie sei vom
Geschlechte Null.
Der Vorteil, den die Arithmetik aus dieser analytischen Definition
zieht, besteht nun darin, dafs unter jener Voraussetzung und der wei-
teren, dafs <p(x) und rp(x) auch rationale Zahlenkoefficienten besitzen,
rationalen Werten von r ebensolche Werte der Koordinaten £ und y
entsprechen müssen. Aus dem Parameterausdrucke lassen sich daher
im allgemeinen die rationalen Lösungen der Gleichung
X
berechnen; macht man dieselbe noch durch die Substitution £=— , rj=-
z z
homogen, so gelangt man auf demselben Wege zu den ganzzahligen
Lösungen der homogenen Gleichung mit drei Unbekannten:
f(x, y, z) = 0.
In unserem Beispiele ergiebt sich so aus
x 1 — r* y 2t
z ~ r~+~t*' ~J ~ i + 1*>
fc
§ 7. Die Pythagoreischen Zahlen. 35
wenn wir x = — setzen und p und q jetzt ganze Zahlen ohne ge-
meinsamen Teiler bedeuten lassen ,
x p* — 2* y 2pq
z p% + qt} z p* + q*'
und hieraus gehen für x, y, z die Gleichungen hervor
wo t eine beliebige ganze Zahl ist; d. h. nach Vertauschung von x und y
genau die vorher gefundenen Lösungen.
Ganz analoge Bemerkungen gelten für alle nicht homogenen, alge-
braischen Gleichungen mit drei Unbekannten ,
f(*> y, *) = 0.
Dieselben repräsentieren geometrisch eine Oberfläche im Räume. Kann
man nun wieder die rationalen Funktionen
x = 9(u, v), y = *(«, v), z = x(u, v)
so bestimmen, dafs jedem Wertsystem (u, v) ein und nur ein Punkt
jener Oberfläche entspricht, so wird auch hier die Fläche als vom
Geschlechte Null bezeichnet, und wieder entsprechen dann, falls nur
die Koefficienten ebenfalls rationale Zahlen sind, rationalen Werten
von u und v ebensolche von x} y, z. Durch Ausführung der Sub-
stitution x = -fr, y = -^ , $ = — können daraus weiter die ganz-
zahligen Lösungen der homogenen Gleichung
f{%, n, t, *) - o
hergeleitet werden.
Die Erledigung dieser Frage gestaltet sich erst schwieriger, wenn
das entsprechende geometrische Gebilde nicht mehr vom G$schlechte Null
ist, wenn also seine Koordinaten nicht mehr in der oben angegebenen
Weise als rationale Funktionen von einem bezw. von zwei Parametern
mit rationalen Koefficienten dargestellt werden können.
§8.
Wir. wollen jetzt die vorher gefundene vollständige Lösung der
Pythagoräischen Gleichung dazu benutzen, nach dem Vorgange Eulers
den grofsen Ferraatschen Satz für den Fall n = 4 zu beweisen, d. h.
darzuthun, dafs die Gleichung
a4 -f- y4 = **
durch ganze Zahlen nicht befriedigt werden kann.
36 Zweite Vorlesung.
Euler zeigt zu dem Ende, dafs schon die allgemeinere Gleichung
(1) et4 + 0* = c*
durch drei ganze Zahlen, die sämtlich von Null verschieden sind, nicht
gelöst werden kann. Bei diesem Nachweise kann man abermals vor-
aussetzen, dafs je zwei von den Zahlen a, ß und c relativ prim zu ein-
ander sind; denn ist
a = <ht, ß = ßlt,
so mufs c* durch tK teilbar und
c = cj*
sein, und man erhält aus der vorigen die neue Gleichung von der-
selben Form
ai + ßi = ci >
in der jetzt alf /J, und cx teilerfremd sind. Wir können uns also dar-
auf beschranken, die Unmöglichkeit von (1) für positive Zahlen zu
beweisen, von denen keine mit einer andern einen gemeinsamen
Teiler hat.
Schreiben wir unsere Gleichung in der Gestalt
(«*)■ + iß')' - «•,
so stimmt sie mit der früher behandelten Pythagoreischen überein,
schliefst aber noch die fernere Bedingung in sich, dafs die beiden
Katheten des gesuchten rechtwinkligen Dreiecks selbst Quadratzahlen
sein sollen. Eine von den Gröfsen a und ß mufs daher gerade, die
andere ungerade sein, und da beide durchaus symmetrisch vorkommen,
so können wir von vornherein a als gerade voraussetzen. Dann mufs
aber die Lösung der Gleichung (1), wenn eine solche existiert, not-
wendig in der vorher aufgestellten allgemeinen enthalten sein; es mufs
also nach Gleichung (8) des § 6:
«» = 2^, /P = i»i-3S, c = j>» + 3»
sein; hier bedeuten p und q wiederum zwei relativ prime ganze Zahlen,
von denen die eine gerade, die andere ungerade ist.
Aus der zweiten von diesen drei Gleichungen ergiebt sich nun eine
neue Pythagoreische Gleichung
und ihre Auflösung fuhrt uns, da p und q relativ prim sind, und ß
ungerade sein soll, für ß7 p und q zu den drei Ausdrücken
q = 2tu, ß = t* — u*} !> = *» + **,
in denen t und u relativ prim sein müssen, weil jeder gemeinsame
§ 8. Eulers Lösung des Fermatechen Problemes. 37 '*
Teiler von ihnen in ßy p und q und damit auch in a} ß und c ent-
halten wäre.
Setzt man endlich diese Werte von p und q in a* = 2pq ein,
so folgt
(|)'= tu (f + «»).
Soll aber das Produkt der teilerfremden Zahlen ty u und t* + u% gleich
der Quadratzahl ( ~) se*n> so mufs notwendig jede derselben für sich
ein Quadrat sein, man kann also setzen:
(2) < = aj, « = tf, *» + Ms=cJ,
wobei offenbar alf ßt und q sämtlich von Null verschieden anzunehmen
sind, weil sonst a* = £tu{t* + u*) verschwinden würde.
Sind demnach a, ß und c drei teilerfremde Zahlen, die der
Gleichung (1) genügen, so kann man aus ihnen stets drei andere
aly ßx und <\ von derselben Eigenschaft herleiten, zwischen denen
nach (2) dieselbe Relation
besteht.
Dieses anscheinend nichtssagende Resultat gewinnt die Bedeutung
einer vollständigen Lösung unserer Aufgabe, wenn wir das Gröfsen-
verhältnis von c und (\ beachten. Es ist nämlich
c =p* -f q* = (f + u*)* + 4*V = c\ + 4*V,
d. h. es ist
c>c\ oder c1<c*.
Besitzt somit für einen beliebig gegebenen Wert von c die
Gleichung:
a* + /3* = c*
überhaupt eine Lösung in dem verlangten Sinne, so kann man aus
dieser stets eine andere
«\ + Ä = c\
gewinnen, für die cx < c ist, und welche ebenfalls eine Lösung hat,
bei der ax und ßx beide von Null verschieden sind; man kann also das
Verfahren so lange fortsetzen, als das betreffende c grösser als 1 ist.
Schliefslich kommen wir dadurch zu der Folgerung, dafs auch die
Gleichung
«* + P = i
durch zwei von Null verschiedene Zahlen a und ß befriedigt werden
38 Zweite Vorlesung.
kann. Da "dies letztere aber offenbar unmöglich ist, so kann eben die
Ausgangsgleichung
überhaupt keine ganzzahlige Lösung zulassen, und dasselbe ist damit
a fortiori auch für die Fermatsche Gleichung
#* + y4 = j*4
dargethan.
In ähnlicher, nur etwas komplizierterer Weise hat Eider den
Fermatschen Satz für n == 3 erledigt; aus beiden Beweisen folgt ohne
weiteres auch die Unmöglichkeit, die Gleichungen
a* — y3 = #3 und tf4 — y4 = s4
in ganzen Zahlen aufzulösen.
§9-
Aufser dem Theoreme Femwtis haben noch mehrere andere arith-
metische Probleme schon Euler beschäftigt, die später eine grofse Be-
deutung in der Wissenschaft erlangten. Vorzüglich gilt das auch von
der nachstehenden Aufgabe der unbestimmten Analytik, die sich im
siebenten Kapitel seiner Algebra vorfindet:
Für eine gegebene Zahl n sollen zwei andere ganze Zahlen
x und y so bestimmt werden, dafs die Gleichung
x* — ny* = 1
erfüllt ist.
Auch hier ersann Euler eine Methode, um zwei derartige Zahlen
x und y zu finden; jedoch gelang ihm weder der Nachweis, dafs eine
solche Gleichung stets eine ganzzahlige Lösung aufser der selbstver-
ständlichen
* = + !> y = o
besitzt; falls n keine positive Quadratzahl ist, noch vermochte er
andrerseits zu zeigen, dafs der von ihm angegebene Weg immer zu der
gesuchten Lösung führen mufs.
Eine erschöpfende Behandlung dieser nach dem Engländer Peü
benannten Gleichung, an der sich auch Fermat bereits versuchte, hat
zuerst Lagrange geliefert, indem er gleichzeitig die dazu erforderliche
Theorie der periodischen Kettenbrüche schuf. Dieser grofse Mathe-
matiker hat sich namentlich in der Zeit seines Berliner Aufenthaltes
sehr tief mit arithmetischen Fragen beschäftigt und einen grofsen Teil
seiner Ergebnisse, speziell das soeben erwähnte Resultat, in den höchst
wertvollen „Additions" zu seiner 1774 erschienenen französischen Über-
setzung der Algebra Eulers niedergelegt.
§ 9. Legendre und sein Essai sur la the'orie des nombres. 39
Ferner betrachtete Etiler, auch darin ein direkter Nachfolger
Fermate, die Zahlen mit grofser Beharrlichkeit etwa in gleicher Weise,
wie es die induktiven Wissenschaften, z. B. die Physik, den Vorgängen
in der Natur gegenüber zu thun pflegen. Das zeigen vor allem seine
schliefslich mit Erfolg gekrönten Bemühungen hinsichtlich des Reci-
procitätsgesetzes der quadratischen Reste.
Bei diesen Untersuchungen ging er von der Aufgabe aus, zu ent-
scheiden, ob eine vorgelegte Primzahl pi quadratischer Rest einer
andern Primzahl p ist, d. h. ob es eine ganze Zahl x von der Be-
schaffenheit giebt, dafs die Differenz
X*—Pi
durch p teilbar ist.
Euler schrieb nun für sehr viele Primzahlen p sämtliche quadra-
tischen Reste pt auf und suchte die so auf induktivem Wege gefundenen
Resultate durch ein Gesetz zusammenzufassen, um dieses dann direkt
zu beweisen. Lange blieben seine Forschungen erfolglos; er vermochte
nicht, in dem aufgehäuften Material irgend eine gesetzmäfsige Anord-
nung zu erkennen und bemühte sich vergebens, die aufgefundenen
Zahlen, die arithmetische Reihen zweiter Ordnung bildeten, in solche
erster Ordnung zu bringen. Erst am Ende seines Lebens gelangte er
zu dem jetzt unter dem Namen des Reciprocitätsgesetzes geläufigen
Fundamentalsatze, den er zuerst, freilich noch ohne Beweis, in den
1783 veröffentlichten „opuscula analytica" aussprach.
Die Bezeichnung „Reciprocitätsgesetz" (loi de reciprocite) stammt
von Legendre, der im Jahre 1785 auch die Richtigkeit desselben dar-
zuthun versuchte. Sein Beweis ist aber nur ein scheinbarer; denn er
nimmt bei den erforderlichen Ausführungen Primzahlen von gewissen
Eigenschaften zu Hilfe, ohne zeigen zu können, dafs derartige Zahlen
existieren müssen. In Wahrheit würde dazu nämlich die Herleitung
des Satzes notwendig sein, dafs in jeder arithmetischen Reihe Prim-
zahlen enthalten sind, eines Satzes, der selber wieder nur mit Benutzung
des Reciprocitätsgesetzes bewiesen werden konnte.
Weiterhin, im Jahre 1798, gab Legendre ein Buch über Zahlen-
theorie heraus, das zum ersten male jenen Titel trägt, seinen „essai
sur la theorie des nombres". Derselbe kann allerdings als ein geregeltes
Werk über unsere Disciplin kaum angesehen werden, er ist wenig
mehr, als eine Reihe zusammengebundener Abhandlungen. Doch hat
sich sein Verfasser das Verdienst erworben, in ihm die Summe des
damaligen Wissens im wesentlichen zusammengebracht zu haben.
Dritte Vorlesung,
Die beiden Hauptrichtungen der Arithmetik im neunzehnten Jahrhundert. — Gaufs
und der systematische Aufbau der Arithmetik in den Disquisitiones arithmeticae. —
Inhaltsübersicht. — Das Problem der Kreisteilung. — Dirichlet, Jacobi, Kummer. —
Theorie der algebraischen Zahlen, arithmetische Behandlung dieses Probleme«. —
Dirichlet und die Anwendung der Analysis auf Probleme der Zahlentheorie. —
Beispiele : Die Binomial- und Polynomialkräfficienten sind ganze Zahlen. — Einige
Untersuchungen Eulers aus diesem Gebiete.
§ i.
Zwischen die erste und die 1808 erschienene zweite Auflage der
Zahlen theorie von Legendre fällt im Jahre 1801 die Veröffentlichung
der epochemachenden „disquisitiones arithmeticae" von Gaufs, die jene
Auflage nach dem Ausspruche Legendres selbst nahezu überflüssig
machten.
Karl Friedrich Gaufs wurde 1777 als das Kind einfacher Leute
in Braunschweig geboren. Er verdankte seine wissenschaftliche Aus-
bildung der Güte des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braun-
schweig, dem er dafür sein Erstlingswerk, die „disquisitiones" widmete.
Sein späteres, reich gesegnetes Leben brachte er in Göttingen zu und
starb dort am 23. Februar 1855. Neuerdings ist dem grofsen Manne
in seiner Vaterstadt ein Standbild errichtet worden.
Der von Gaufs gewählte Titel „disquisitiones" ist ein überaus
bescheidener, wenn man bedenkt, dafs er hier zum ersten male eine
vollkommen systematische Behandlung der Zahlentheorie liefert, das
somit in der That das erste eigentlich wissenschaftliche Werk über die
Arithmetik ist. Zugleich aber ist diese früheste exakte Darstellung so
grundlegend gewesen, dafs man annehmen darf, das Buch werde für
Jahrhunderte noch die wichtigste Quelle aller arithmetischen Forschung
bleiben. Es ist wirklich staunenswert, wie ein einzelner Mann, noch
dazu in so jungen Jahren, eine solche Fülle von Ergebnissen zu Tage
fördern konnte und vor allen Dingen eine so tiefgreifende, geordnete
Bearbeitung einer ganz neuen Disciplin zu geben vermochte.
§ 1. Gaufs und die Disquisitiones ariihmeticae. 41
Das Werk ist in sieben Sektionen eingeteilt, deren Inhalt der
folgende ist:
Erste Sektion: Allgemeine Sätze über die Kongruenz der Zahlen.
Zweite „ Über die Kongruenzen des ersten Grades.
Dritte „ Reine Kongruenzen oder Theorie der Potenzreste.
Vierte „ Über die Kongruenzen zweiten Grades.
Fünfte „ Auflösung der unbestimmten oder Diophantischen
Gleichungen zweiten Grades auf Grund der Theorie
der quadratischen Formen.
Sechste „ Anwendung der gewonnenen Resultate.
Siebente „ Theorie der Kreisteilungsgleichungen.
Mit dem Hauptergebnisse dieser siebenten Sektion hat Gaufs
namentlich seinen wissenschaftlichen Ruhm für alle Zeiten begründet,
indem er ein Problem weiter führte und vollständig löste, das seit
Euklid geruht hatte, obwohl sich so viele bedeutende Mathematiker
vor Gaufs mit ihm beschäftigt hatten. Er hat nämlich, und zwar
durch rein arithmetische Schlüsse, nachgewiesen, dafs sich die Peri-
pherie eines Kreises dann in p gleiche Teile im Sinne der Geometrie
der Alten, d. h. durch geometrische Konstruktion mit Lineal und Zirkel
zerlegen läfst, wenn p eine Primzahl von der Form 22* -f- 1 ist, dafs
für alle andern ungeraden Primzahlen aber eine derartige Teilung un-
möglich ist. Nur die beiden ersten Kreisteilungen dieser Art, nämlich
die Teilung in
22°+ 1 = 3 und 2* + 1 = 5
gleiche Teile, oder, was dasselbe ist, die Konstruktion des regelmäfsigen
Dreiecks und Fünfecks waren schon den griechischen Mathematikern
bekannt, und aufserdem die Thatsache, dafs man mit Zirkel und Lineal
jeden Winkel halbieren, dafs man also den Kreis successive in 2, 4, 8, . . .
allgemein in 2* gleiche Teile teilen kann. Aus diesen beiden That-
sachen zusammengenommen konnte man dann ohne weiteres schliefsen,
dafs auch die Teilung des Kreises in
2V3, 2*. 5, 2V35 <*=<>, i, »,.. .)
gleiche Teile möglich, dafs also z. B. die Konstruktion der regulären
6, 10, 15, • • • Ecke mit Zirkel und Lineal ausgeführt werden kann.
Hiermit waren aber die Resultate der Geometer vor Gaufs erschöpft:
Es war ihnen der Beweis nicht gelungen, dafs die Konstruktion der
regulären 7, 11, 13 Ecke mit Zirkel und Lineal nicht möglich ist,
und noch viel weniger waren sie im Stande gewesen zu zeigen, dafs
die erste Primzahl nach 3 und 5, für welche jene Konstruktion mög-
42 Dritte Vorlesung.
lieh wird, die Zahl 17 = 2 +1 ist. Die nächsten Primzahlen, für
welche jene Teilung des Kreises mit Zirkel und Lineal ausgeführt wer-
den kann, sind dann erst
2*'+ 1 = 257 , 2**+ 1 = 65537.*)
Aufserdem hat Gaufs eine Reihe von zahlentheoretischen Abhand-
lungen verfafst, die jetzt im zweiten Bande seiner von Schering ge-
sammelten Werke sämtlich vereinigt und daher leicht zugänglich sind.
Von dem Studium derselben im Original kann sich wohl niemand dis-
pensieren, der weiter in das Innere unseres Gebietes einzudringen
beabsichtigt.
Ist auch in dieser Hauptschrift des gröfsten deutschen Mathe-
matikers eine strenge Systematik nicht durchgängig festgehalten, so
gilt das doch noch durchaus för die Entwicklungen über die Theorie
der Kongruenzen und die der quadratischen Formen. Die Art der
Darstellung ist in den disquisitiones, wie überhaupt in den Gaufsischen
Arbeiten, die Euklidische. Er stellt die Sätze auf und beweist sie,
wobei er gradezu mit Fleifs jede Spur der Gedankengänge verwischt,
die ihn zu seinen Resultaten geführt haben. In dieser dogmatischen
Form ist gewifs auch der Grimd dafür zu suchen, dafs sein Werk so
lange unverstanden blieb und dafs es erst der Bemühungen und
Forschungen Lejeune- DiricJdets bedurfte, um es bei den Nachlebenden
zu der vollen Wirkung und Würdigung gelangen zu lassen. Der letzt-
genannte Mathematiker ist insofern wohl als der unmittelbare Erbe
und Nachfolger von Gaufs in unserer Disciplin anzusehen.
Peter Gustav Lejeune -Dirichlet wurde 1805 in Düren als Sohn des
dortigen Postmeisters geboren. Seine mathematische Ausbildung erhielt
er in Paris, wo er später als Hauslehrer in der Familie des Generals Foy
lebte. 1825 übergab er, wie bereits erwähnt, seine Abhandlung über
den grofsen Fermatschen Satz der Pariser Akademie und bekam aus
Anlafs dessen und speziell durch Vermittlung Alexander von Humboldts
*) Diese fünf ersten Zahlen von der Form 2 + 1 sind sämtlich Primzahlen,
und Fermat hatte den Satz ausgesprochen, aber mit dem ausdrücklichen Zusätze,
dafs er keinen Beweis desselben besitze, dafs jede in dieser Form enthaltene
Zahl eine Primzahl sei. Aber Euler zeigte bereit* , dafs schon die nächste Zahl
dieser Art ,» «9
2*+ 1 = 232 + 1
den Teiler 641 hat, und später wurde weiter nachgewiesen, dafs auch die Zahlen
2* + 1 , 2* + 1 , 2* + 1 und 2Z + 1 keine Primzahlen sind. Jener Beweis
hätte auf direktem Wege gar nicht gegeben werden können, da z. B. die letzte
jener Zahlen ausgeschrieben über 20 Milliarden Ziffern besitzen würde. Mit Hülfe
der Theorie der Kongruenzen gestaltet er sich verhältnismäfsig einfach. H.
§ 2. Die algebraischen Zahlen. 43
eine Professur an der Breslauer Universität. Von da nach Berlin
berufen kündigte er hier zum ersten male eine Vorlesung über Zahlen-
theorie unter dem Titel „Unbestimmte Analytik" an, die jedoch nicht
zu stände kam; im Sommer 1833 machte er dann den zweiten Versuch,
über seine Wissenschaft zu lesen, mit dem Publikum „Anfangsgründe
der höheren Arithmetik". Unter dem Titel „Zahlentheorie" hielt er
zuerst im Sommer 1841 ein Privatkolleg ab, welches ich selbst noch
gehört habe, und diese Vorlesungen haben sich seitdem in Berlin und
weiterhin in ganz Deutschland auf den Universitäten eingebürgert.
Dirichlets Vorlesungen über Zahlentheorie sind nach seinem Tode von
Bedekind herausgegeben worden; dies Buch enthält in fafslicher Aus-
einandersetzung wohl eine erschöpfende Darstellung von dem, was jener
in seinen Vorträgen aus den 50 er Jahren zu geben pflegte. Im Jahre
1855 ging Diricldet als Nachfolger von Gaufs nach Göttingen und starb
daselbst 1859.
Ziemlich gleichzeitig mit ihm las Jacobi (1805 — 1851) in Königs-
berg über arithmetische Gegenstände; er wendete sich aber gleich nach
der Darlegung des Begriffes der Kongruenzen und ihrer Eigenschaften
der Untersuchung der Kreisteilungsgleichungen zu, welche ihn be-
sonders interessierten und deren Theorie ihm wertvolle Bereicherungen
verdankt.
Dirichlets vornehmste Arbeiten beziehen sich alle auf die Zahlen-
theorie, die er selbst noch nach Gaufs dadurch wesentlich ausgestaltete,
dafs er durch Anwendung der Methoden und Resultate der Analysis
sehr tiefliegende arithmetische Probleme ergründete und so der Zahlen-
lehre eine ganz .neue Disciplin erschlofs; neben der systematischen
Arithmetik von Gaufs kann diese als die zweite Hauptrichtung unserer
Wissenschaft im neunzehnten Jahrhundert angesehen werden.
§2.
Die weitere Fortbildung und Entwicklung der systematischen Arith-
metik knüpft, wie fast alles, was die Mathematik unseres Jahrhunderts
an eigenen wissenschaftlichen Ideen gezeitigt hat, an Gaufs an. Dieser
stiefs nämlich bei der Herleitung des biquadratischen lieciprocitäts-
gesetzes auf die Aufgabe, diejenigen Primzahlen p zu finden, für die
der Ausdruck
tf4 — 2
durch p teilbar wird, sobald man für x eine geeignet gewählte ganze
Zahl setzt. Hierbei wurde er darauf geführt, p in der bekannten Weise
als Summe zweier Quadratzahlen o8 + b% zu schreiben, was für eine
44 Dritte Vorlesung.
Primzahl von der Form 4n -f- 1 stets möglich ist; und nun fand er,
dafs die in Frage stehende Eigenschaft von p hauptsächlich durch den
Charakter der Zahlen a und b bedingt ist. Bezeichnet man aber
]/— 1 mit i7 so ergiebt sich aus jener Darstellung die Zerlegung
von p in zwei ganzzahlige, komplexe Faktoren:
p = a* + &* = (0 + 1>i) (« — bi).
Führt man also die Wurzel der ganzzahligen quadratischen Gleichung
»» + 1=0,
durch die i definiert ist, in die Betrachtung ein, so hört p auf, eine
unzerlegbare Primzahl zu sein, sie zerfällt vielmehr in das Produkt
der beiden Faktoren a + bi und a — bi. Gaufs hat nun eben den
folgenreichen Schritt gethan, diese sogenannten komplexen Zahlen in
die Arithmetik einzuführen und ihnen hier das gleiche Bürgerrecht mit
den reellen Zahlen zu verleihen. Als erste, schöne Frucht dieser allge-
meineren Anschauungsweise zeigte sich, dafs die Ausgangsfrage nach
dem Reciprocitätsgesetze für vierte Potenzen der Sache nach keine gröfseren
Schwierigkeiten darbot, als es bei dem entsprechenden Gesetze für die
quadratischen Reste der Fall gewesen war.
Somit war es denn gegeben, dafs man auf der von Gaufs eröffneten
Bahn weiter fortschritt und an Stelle der einfachen quadratischen Gleichung
»» + 1=0
die Wurzeln beliebiger anderer ganzzahliger Gleichungen für die zahlen-
theoretische Forschung heranzog. So hat dann E. E. Kummer die
Wurzeln der von Gaufs behandelten Kreisteilungsgleichungen, also
die allgemeinen nten Einheitswurzeln, in derselben Art arithmetisch
untersucht, wie es dieser selbst bei den Zahlen von der Form a -f- bi
gethan hat, d. h. bei denjenigen, die aus den vierten Wurzeln der Einheit
zusammengesetzt sind.
Als man dann aber dazu überging, für die Wurzeln beliebiger
ganzzahliger Gleichungen dasselbe zu leisten, stellte sich heraus, dafs
diese Aufgabe vollkommen gelöst wäre, wenn man nur die Theorie der
gewöhnlichen rationalen Funktionen mehrerer Variablen mit ganzen
Zahlenkoefficienten erschöpfend klargelegt hätte; es erwies sich also
die Einführung der Wurzeln algebraischer Gleichungen als überflüssig,
wenn man statt ihrer die Funktionen beliebig vieler Variablen auf arith-
metischem Wege erforschte.
Gerade diese Untersuchungen habe ich deshalb oben als den Haupt-
gegenstand der allgemeinen Arithmetik bezeichnet; denn mit ihrer
Hilfe müssen sich alle zahlentheoretischen Probleme in dem neueren,
erweiterten Sinne erledigen lassen.
§ 3. Anwendung der Analysis auf Probleme der Zahlentheorie. 45
§3.
Am Ende des § 1 ist bereits darauf hingewiesen worden, wie vor
allem durch Dirichlet unter methodischer Benutzung des mächtigen
Instrumentes der Analysis sehr versteckte und schöne Resultate ge-
wonnen worden waren, deren rein arithmetische Herleitung auch
später teils nur mit grofsen Schwierigkeiten, teils überhaupt noch gar
nicht gelungen ist. Auch schon vor Dirichlet war man bisweilen mit
Hilfe der Analysis zu interessanten zahlentheoretischen Ergebnissen
gelangt, indem man dieselben aus fertigen analytischen Formeln direkt
herauslas. Es waren das Gelegenheitsresultate, die sich ebenso unver-
mutet und überraschend darboten, wie sie oft dem geregelten Gange
der Wissenschaft weit vorauseilten. Es trat bei ihnen allemal der merk-
würdige Umstand auf, dafs man in der analytischen Gleichung gewisser-
mafsen schon eine Antwort besafs, zu der man die Frage erst zu
suchen hatte.
Ehe wir an den systematischen Aufbau der Zahlenlehre heran-
treten, wollen wir den Charakter dieser früheren Entdeckungen und
damit die Anwendung der Analysis auf arithmetische Probleme in
ihrer einfachsten Gestalt an einigen Beispielen erläutern, die grofsen-
teils der Eulerschen „introductio in analysin infinitorum" entnommen
sind.» Eine solche Betrachtung wird um so lohnender für uns sein,
als wir durch sie meistens Aufschlüsse über die additive Zusammen-
setzung der Zahlen bekommen werden, während die Gaufsische Zahlen-
theorie, wie bekannt, wesentlich auf der multiplikativen Zusammen-
setzung derselben beruht.
Zunächst wollen wir auf analytischem Wege beweisen, dafs die
Binomialkoefficienten
n (n — 1) • • • (n — k + 1)
1 • 2 • • • K
ganze Zahlen sind, ein Satz, der arithmetisch so ausgesprochen
werden kann:
Das Produkt von irgend welchen k auf einander folgenden
Zahlen ist stets durch dasjenige der k ersten Zahlen teilbar.
Die Richtigkeit dieser Behauptung ist eigentlich schon daraus klar,
dafs der obige Ausdruck die Zahl der Kombinationen von n Elementen
zu je & Gliedern ohne Wiederholung, also eine Anzahl, angiebt und
deshalb notwendig ganzzahlig sein mufs. Aber abgesehen davon, kann
man das Theorem sehr leicht vermittels der Entwicklung von (1 -\- x)n
beweisen.
46 Dritte Vorlesung.
Setzt man nämlich das Bestehen der Gleichung
(i) (i+«r-i+| «<— «)--^-*+»)a.
4=1
voraus, so ist offenbar, das die Koefficienten der Potenzen von x auf
der rechten Seite ganze Zahlen sind; denn eine ganze, ganzzahlige
Funktion von x kann zu einer ganzen positiven Potenz erhoben wieder
nur eine ganze Funktion mit ganzzahligen Koefficienten ergeben. Es
kommt demnach lediglich darauf an, die Giltigkeit der vorstehenden
Entwicklung (1) darzuthun, und das geschieht wohl am einfachsten
durch den Schlafs von n — 1 auf n. Nehmen wir nämlich an, es sei
schon gezeigt, dafs
(i+«r,-i+2fe->),ty("~')»>
ist, so folgt hieraus durch Multiplikation mit 1 -f- x
(i+»r-i+H-2h"-1)M(,,--i)«»
*— i
+ 2 (w - *> - • <« - *> **+>
•— i
= i+*+2'(,,-1)„(*-*)**
n
V (» - 1) • • (n - * + 1) ,
(k — 1)!
n— 1
=l+xH-(»-l)a;+2(ln^VL^+(^^Ä-— ) *
■ (n-l)-8-l .
. i + M + 2«?^Ä--:<^i* + *)(„_* + *) är» + *-
k=2
= 1+V «(»-!)••• (n-t+1) ^ .
*=1
q. e. d.
So ist uns hier durch eine analytische Betrachtung ein Satz über
die Teilbarkeit der Zahlen in den Schofs gefallen, dessen Herleitung mit
rein arithmetischen Hilfsmitteln nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten
verursacht. Auf letzterem Wege hat zuerst Gaufs jenen Satz in seinen
disquisitiones bewiesen.
§ 3. Die Binomial- and die Polynomialkoefficienten. 47
In ganz analoger Weise kann mit Hülfe des polynomischen Lehr-
satzes gezeigt werden, dafs der Ausdruck
n!
*j! • • • kr\
eine ganze Zahl ist, wenn hl} k29 • • • hv irgendwelche nicht negative
Zahlen bedeuten, deren Summe gleich n ist. Die Richtigkeit dieses
Satzes ist aber, genau ebenso wie vorher, völlig evident, wenn man den
polynomischen Lehrsatz, d. h. das Bestehen der Gleichung:
(*i + *l + ••• + *,)"- 2 *,!*'■* ! *£ ' * ' ***
/0<*,, *, kv<n\
\*i + *, + - +*,«/
als bewiesen annimmt; denn wiederum mufs ja die Potenz
0*1 + ^ H 1" xn)n eine ganze, ganzzahlige Funktion von x17 xi} . . . xn
sein. Wir haben also nur nötig, die Richtigkeit der polynomischen
Entwicklung nachzuweisen und thun dieses auch hier durch den Schlufs
von « — 1 auf n.
Es gelte für den Exponenten n — 1 die Gleichung
(*» + <% + ••• + O - z
„_! ^7 (n - 1)! *i
k
ki • • • k * *
»
U, +±, + +*,=-*- v>
wobei 0! gleich l gesetzt ist. Dann erhalten wir durch Multiplikation
mit xY + x* + * • * + x*
Ersetzen wir nun in irgend einer der t/ Partialsummen, aus denen
die rechte Seite dieser Gleichung besteht,
^ (n - 1)! *i VM *„
S T~* i~* &* ' m ' X. • • • X
ki -f- 1 durch &,, so geht sie über in
Z *!!■■• (*, — 1)! • • • *„ ! *l " " * " ' X* >
*1 * * " *»
/o < *|t ... *,-l, *,<«-l\
oder, anders geschrieben, in
48 Dritte Vorlesung.
m 2
(n — 1)! k. *j *., *„
k *,!••• kA ■ . . k_\X* X* ' X*
i
/0 <*!,*,,-• .*<•-. *„<,«\
v*,+*,+ + *„=»/ '
Hier können jetzt die Zahlen &i • • • Jcv nicht nur, wie vorher, inner-
halb der Grenzen 0 und n — 1, sondern auch zwischen 0 und n an-
genommen werden; denn, falls ein von &, verschiedenes k etwa Ä-i
gleich n ist, so müssen wegen der zweiten Bedingung alle übrigen k,
also auch &,-, verschwinden und damit kommt das zugehörige Glied
der Summe von selbst in Wegfall.
Addiert man nun jene v Partialsummen in der obigen Form (2),
so ergiebt sich
(*i + ** + • • • + O* = 2 k i • /1b r xix?
X
und schliefslich
V*,+*,+ • + *„=*/
*1 Kv
Hierdurch ist die Richtigkeit des polynomischen Satzes und damit
zugleich die des oben ausgesprochenen arithmetischen Theoremes be-
wiesen.
§4.
Wir gehen weiter aus von dem unendlichen Produkte
(1) (1 + X) (1 + X*) (1 + **) • • • (1 + X*") • • -,
oder genauer von dem Grenzwerte desselben, genommen bis zum
nton Gliede für unendlich wachsendes «; damit absolute, d. h. von der
Anordnung der Faktoren unabhängige Konvergenz besteht, ist noch die
Bedingung | x | < 1 hinzuzufügen. Dann können wir die absolut kon-
vergierende Potenzreihe von x} die diesem Produkte gleich ist, auf
folgende sehr elementare Art ausrechnen. Multiplizieren wir nämlich
(1) mit dem Faktor 1 — x, so ist
(1 — x) (1 + x) = 1 - X*
und ferner
(1 — s2) (1 + x*) = 1 — rr4
(1 — rr4) (1 + af) = 1 — x»
u. s. f.; die Grenze, der sich das neugebildete Produkt mit wachsen-
§ 4. Anwendung der Analyais auf die Arithmetik. 49
dem n nähert, ist demnach 1, da |#|<1 sein soll, und der ur-
sprünglich betrachtete Ausdruck wird gleich oder gleich
1 -f- X + X? -f- • • •
Die so gefundene Gleichung:
(2) (1 + x) (1 + «■) • - - (1 + x*%) - - - — 1 + x + a* H
enthalt nun wieder eine höchst interessante arithmetische Relation.
Die Koefficienten auf beiden Seiten müssen beziehlich mit einander
übereinstimmen. Daraus folgt zunächst, dafs bei der Entwicklung des
unendlichen Produktes auf der linken Seite alle ganzen, positiven Ex-
ponenten auftreten müssen, weil sie auf 'der rechten Seite sämtlich
vorhanden sind. Dieselben entstehen aber links als Summen aller
Potenzen von 2, 1, 2, 4, 8, 16, • • • 2*, • • •, und zwar tritt jeder Ex-
ponent
2*1+2', + H 2*« (»,|*>
links einmal und nur einmal auf. Da aufserdem die Koefficienten der
unendlichen Reihe rechts alle gleich 1 sind, so ist die Darstellung jeder
ganzen Zahl als Summe von lauter verschiedenen Potenzen von 2
auch nur einmal möglich. Wir erhalten also den Satz:
Jede positive ganze Zahl läfst sich auf eine und nur eine Weise
als Summe von verschiedenen Potenzen von 2 darstellen,
oder, was dasselbe ist:
Jede ganze Zahl läfst sich auf eine und nur eine Weise im
dyadischen Zahlensysteme darstellen.
So aufgefafst wird das hier analytisch gefundene Resultat fast
selbstverständlich, denn die gleiche Eigenschaft kommt jedem Zahlen-
systeme mit einer ganz beliebig gewählten Grundzahl g zu. In der
That erkennt man ohne Schwierigkeit, dafs eine Zahl s immer auf
eine und nur eine Art im ^-adi sehen Zahlensysteme oder in der Form
s = a0 -f c^g + atf -\ (- angn
darstellbar ist, wenn a0, c^, • ■ • auf die Werte 0, 1, • • • g — 1 be-
schrankt werden. Man kann dann s kürzer in der Form
s = (a„, o»_i, • • • ai, oo),
schreiben, wo die Koefficienten o* die Ziffern von 5 in jenem Zahlen-
systeme bedeuten.
Etder behandelt dieses Beispiel im 16. Kapitel seiner „introductio
in analysin infinitorum" und macht von dem gewonnenen Ergebnisse
eine ergötzliche Nutzanwendung auf die Frage nach der Anzahl der
Kronecker, Z Ahlentheorie. L 4
50 Dritte Vorlesung.
verschiedenen Gewichte, die ein Kaufmann braucht, um jede Last
wägen zu können. Dazu sind nämlich nach dem Vorhergehenden nur
je ein Stück von 1, 2, 4, 8, 16, 32 etc. Pfund nötig, vorausgesetzt,
dafs keine Bruchteile von Pfunden vorkommen sollen.
§5.
Im Anschlüsse an diese Untersuchungen wollen wir noch ein ähn-
liches Problem behandeln, dessen Resultat nicht so auf der Hand
liegt, und an das sich eine grössere Anzahl arithmetischer Folgerungen
knüpfen läfst. In dem soeben erwähnten Werke betrachtet Euler die
Funktion
(1) P(x) = (1 +«)(1 +x*) (1 +**) ... (1 —x) (1 — x?) (1 — afi) • • •
-i7(1+*)/7(1-*r)
9 V
/, = 1, 2, 3, 4, \
\v=l, 8, 5, 7, / "
Damit das Produkt absolut konvergiere, müssen wir wiederum |#|<1
voraussetzen. Fassen wir dann die Glieder 1 -(- x und 1 — x, 1 + a?
und 1 — **, 1 + x5 und 1 - x?> u. s. f. zusammen und verändern dem-
gemäß die Reihenfolge der Faktoren, so folgt leicht
(1») P(x) = (l+x*)(l+a*)(l+x*)..-(l — **)(!— *6)(1— s10)....
Dieses Verfahren kann man beliebig weit fortsetzen und erhält so der
Reihe nach weiter:
(lb) P(a;) = (l + ^)(l+^)(l+a;12)...(l— a-*)(l _*w)(l _ **>)...
(lc) P(ip) = (l + ^8)(l+^16)(l + ic24)..(l— «»)(1— ä"*)(1— a*0)-'
u. s. f. .
Die niedrigste Potenz von x} welche in der Entwickelung von P (x)
auf das Anfangsglied 1 folgt, kann wegen (la) nicht kleiner als die
zweite sein; aus (lb) folgt aber, dafs sie nicht niedriger als die vierte,
aus (1°), dafs sie nicht niedriger als die achte sein kann, und so er-
kennt man, wenn man in derselben Weise fortfährt, dafs die auf das
konstante Glied möglicher Weise folgende niedrigste Potenz von x
höher und höher steigt, dafe sich demnach die Potenzreihe für P(x)
notwendig auf jene Konstante, d. i. auf 1 reduzieren mufs.
Dafs P(x) thatsächlich den Wert 1 hat, läfst sich aber auch direkt
beweisen. Vergleicht man nämlich die erste und zweite Darstellung
des Produktes P(x) in (1) und (la), so ergiebt sich die Funktional-
gleichung
P(x) - P<**).
§ 6. Anwendung der Analysis auf die Arithmetik. 51
Wenn nun eine absolut konvergierende Potenzreihe eine solche Re-
lation erfüllt, so mufs sie bis auf ihr konstantes Glied verschwinden.
Wäre nämlich
P(x) = Oo + avx* + • • • ,
wo ar der erste nicht verschwindende Koefficient sein soll, so folgte
in der That aus der obigen Gleichung die Identität
Oo + öy^" + • • • — «o + ö*#** + • • • ,
oder man erhielte für eine endliche Umgebung der Nullstelle eine
Gleichung
OyXv + arx?9 • = 0;
und das ist eine Unmöglichkeit, wenn nicht eben o, = 0 ist.
Jetzt wollen wir die Gleichung
J7(i + *•) jjo - *o = i
arithmetisch verwerten und setzen sie zu dem Ende in die merk-
würdige Form, in welcher Etiler sie zuerst behandelt und Jacobi in
seiner Theorie der elliptischen Funktionen verwendet hat:
(i+*0(i + *')(i + ^--- = (1_g)(11_x,)...-
Entwickeln wir hier die rechte Seite mit Hilfe der Identität
= 1 +rr + x*-\ = 2^
1 — x
0
in ein Produkt unendlicher Summen, so ist
und dieses Summenprodukt läfst sich sofort durch Einführung neuer
Summationsbuchstaben als eine mehrfache Summe schreiben,
(1 + *) (1 + *■) (1 + a*) • • • «2*"+,*+5* + """
Multipliziert man jetzt auch die linke Seite aus und ordnet sie
nach steigenden Potenzen von x, so müssen beide Entwicklungen Glied
für Glied übereinstimmen, d. h. jedes x' mufs ebenso oft links wie
rechts vorkommen. Links tritt nun x' so oft auf, als s in die Form
gesetzt werden kann, wo hlf Aj, • • • beliebige positive, von einander
verschiedene Zahlen bedeuten, oder also so oft, wie s als Summe von
einander verschiedener, positiver Zahlen darstellbar ist. Rechts dagegen
erhält man x' so oft, als der Exponent die Form
62
Dritte Vorlesung.
*— l-fH + S-Pi + ä-hH
annimmt oder so oft wie 8ich * als Summe ungerader Zahlen, jede be-
liebig oft genommen, ergiebt Wir haben damit den Satz gefunden:
Jede positive ganze Zahl kann ebenso oft aus verschiedenen
Summanden zusammengesetzt werden, als sie sich aus gleichen
oder verschiedenen aber ungeraden Summanden zusammensetzen
laust.
Als Beispiel betrachten wir diese beiden Arten der Zerlegung für
die Zahl 11. Es ist hier
3 + 1-5
3
+ 2-5
3
3 + 1.
+ 19
11 = 1 + 2 + 3 + 5 11 = 11-1
= 1 + 2 + 8 -=8-1 + 1-3
= l + 3-|_7 =61 +1-5
= 1_|_4_|_6 = 5-1 +2-3
= 2 + 3 + 6 =41 +1-7
= 2 + 4 + 5 = 3-1 + 1
= 1 + 10 =21
= 2 + 9 = 2-1 + 3
= 3 + 8 =1-1
= 4 + 7 —1.1 + 1-3 +1-7
=5+6 — 2
= 11 — 111,
und wir haben in der That beide male 12 Zerlegungen.
Unser Satz kann übrigens auch so ausgesprochen werden:
Stellt man erstens aus der Reihe der natürlichen Zahlen alle
Kombinationen ohne Versetzungen und Wiederholungen, zweitens
aus der Reihe der ungeraden Zahlen alle Kombinationen ohne
Versetzungen und mit Wiederholungen zusammen und bildet
immer die zugehörigen Summen, dann kommt in beiden so
entstehenden Reihen jede Zahl s gleich oft vor.
Ferner können wir in der Gleichung
(1 + *) (1 + a?) (1 + *») • • • (1 - *) (1 - 3?) (1 — *») • • • = 1
für die linke Seite direkt die entsprechende Potenzreihe ansetzen; wir
bekommen auf diese Weise
*n *i»
»i. *«»
/*!. *li =0,
= 0, 1,2,
8,5,
§ 5. Über die additive Zusammensetzung der Zahlen. 53
Die Exponenten s werden also gebildet, indem man beliebig viele,
aber von einander verschiedene Zahlen der Reihe 0, 1, 2, • • • zu be-
liebig vielen ebenfalls von einander verschiedenen Zahlen der Reihe
1, 3, 5, • • • addiert.
Denkt man sich jetzt die positive ganze Zahl s auf alle möglichen
Arten in der Form
s = h + h + h kQ + v\ + v% + h v«
ausgedrückt und rechnet eine jede solche Darstellung als positiv oder
negativ, je nachdem die Anzahl 6 der zuletzt stehenden Zahlen v gerade
oder ungerade ist, so ist der Überschufs der Anzahl der positiven über
die der negativen Darstellungen von s genau gleich dem Koeffi-
cienten C, auf der linken Seite, also gleich Null. Eine Zahl s läfst
sich also in dem angegebenen Sinne ebenso oft positiv, wie negativ
darstellen.
Zur Erläuterung dieses Satzes mögen uns die Zerlegungen von 3
und von 6 dienen. Die vorkommenden ungeraden Zahlen v\} • • • v„
schliefsen wir dabei zur Unterscheidung in eine Klammer ein.
3 = l + 2 = 2 + (l) = (3) = 3
6 = l + 2 + 3 = 2 + 3 + (l) = l + 2 + (3) = 2 + (l + 3) = 2 + 4
= 3 + (3) = l + 5=l + (5)=5 + (l)=(l+5) = l + 4+(l) = 6
3 hat also beide male 2, 6 beide male 6 Darstellungen.
§6.
Zum Schlüsse nehmen wir noch, was ja nahe liegt, auf beiden
Seiten der Gleichung
die Logarithmen und suchen die Gleichung
(1) 2lo«(1+a;i) + 2,lo8(1-a:,) = 0
für die Zahlentheorie zu verwerten. Diese letzte Relation kann man ohne
0
Mühe auch unmittelbar verifizieren und so einen neuen Beweis für die
Eulersche Produktformel herleiten. Differentiiert man nämlich, um das
beiläufig auszuführen, den Ausdruck rechts und multipliziert ihn dann
mit x, so ergiebt sich eine Funktion
54 Dritte Vorlesung.
Diese kann auch in der Form geschrieben werden:
/ N \1 2kxik , ^TT f vx" vxv \
»« - 2 TT** + 2 li + ? - 13^)
d. h. <p(x) genügt der Funktionalgleichung
(3) 9 (*)-*,,(*■).
Eine solche Funktion mufs aber identisch verschwinden, denn entwickelt
man sie in eine Potenzreihe, so kann man genau wie oben zeigen, dafs
sie aufser dem konstanten Gliede keine einzige Potenz von x enthält
und folglich von x unabhängig ist. Das konstante Glied ist aber wegen
der aus (3) folgenden Gleichung q> (0) = 2qp (0) gleich Null. Hiermit
ist der Beweis für die Richtigkeit der Gleichung (2) und zugleich auch
für (1) erbracht, wenn man hinzunimmt, dafs sich ihre linke Seite für
x = 0 offenbar auf Null reduziert.
Aus (1) gewinnen wir nun einen interessanten arithmetischen Satz,
wenn wir statt der Logarithmen ihre Reihenausdrücke setzen und die
Gleichung betrachten
* = 1 k m = l v
Da nämlich die Koefficienten gleich hoher Potenzen von x auf beiden
Seiten übereinstimmen müssen, so ist für ein beliebiges N:
^J n jLJ m
oder, wenn mit Je • n = v • m = N heraufmultipliziert wird,
kn=N tm=N
eine Gleichung, die sich schlief slich folgendermafsen schreiben lätst:
k/N v/N
wo links über alle, rechts nur über alle ungeraden Teiler von N zu
summieren ist. Hierin liegt der Satz:
Die Summe aller ungeraden Teiler einer Zahl N ist gleich der
algebraischen Summe aller ihrer Teiler, wenn jeder von diesen
§ 6. Über die additive Zusammensetzung der Zahlen. 55
positiv oder negativ genommen wird, je nachdem der komple-
mentäre Divisor ungerade oder gerade ist.
Es sei z. B. N = 360 = 2S • 3* • 5; dann sind die ungeraden Teiler v
der Reihe nach
t/= 1, 3, 5, 9, 15, 45,
ihre Summe ist 78; ferner sind diejenigen, deren komplementäre Divi-
soren ungerade sind,
8, 24, 40, 72, 120, 360
und ihre Summe 624, endlich alle übrigen
1, 2, 3, 4, 5, 6, 9, 10, 12, 15, 18, 20, 30, 36, 45, 60, 90, 180
und ihre Summe 546; und in der That ist 624 — 546 = 78.
Es liegt nun die Vermutung nahe, dafs der Satz, zu dem wir so
analytisch gelangt sind, auch auf direktem Wege leicht bewiesen wer-
den könne, und das ist wirklich der Fall. Setzen wir nämlich:
N=2k-Mf
wo M ungerade, also 2* die höchste in N enthaltene Potenz von zwei
sein soll, und bezeichnen wir wieder mit v alle ungeraden Teiler von N}
d. h. alle Teiler von M, so sind 2kv alle und nur die, deren komple-
mentäre Divisoren ungerade sind, und
2* • V (*=0, 1, 2, • • *-l)
alle diejenigen, deren Komplemente gerade sind. Bildet man aber die
algebraische Summe dieser Teiler, indem man die ersten positiv, die
letzten negativ nimmt, so ist in der That
V
Nunmehr könnte man von diesem arithmetisch selbstverständlichen
Resultate ausgehend die. Eulersche Produktformel und mit ihrer Hilfe
den im vorigen Paragraphen angegebenen zahlentheoretischen Satz
beweisen. Rein arithmetisch wäre dieser Übergang jedenfalls nicht
einfach, während er sich durch das Mittelglied der Analysis durchaus
ungezwungen und ohne Schwierigkeit vollzieht.
Auch hiermit ist die Fruchtbarkeit der Gleichung P(x) = 1 für
die Zahlentheorie noch keineswegs erschöpft; doch wollen wir die Reihe
dieser Betrachtungen jetzt abbrechen, da es uns lediglich darauf ankam
zu zeigen, in welcher Weise die Analysis zu zahlentheoretischen Er-
gebnissen führt. Auch die letztangeführten Beispiele sind dem 16. Kapitel
der „introductio in analysin infinitorum" entnommen. Euler beschäftigt
sich darin überhaupt vorzugsweise mit der additiven Zerlegung der Zahlen,
56 Dritte Vorlesung.
ein Forschungsfeld, das später nur sehr wenig bearbeitet wurde, weil
sich das Hauptinteresse der Mathematiker auf die multiplikative Zu-
sammensetzung der Zahlen richtete. Und doch hätte unsere Wissen-
schaft bei systematischem Vorgehen zuerst die Zerlegung der Zahlen
in ihre Summanden erledigen müssen. So ist hier eine Lücke geblieben,
die bis jetzt unausgefüllt ist; das angedeutete grofse und wichtige Ge-
biet harrt vorläufig noch einer systematischen Behandlung, obwohl in
neuerer Zeit Sylvester demselben wieder seine Aufmerksamkeit zu-
gewendet hatte.
Vierte Vorlesung.
Systematische Arithmetik. — Der Zahlbegriff. — Die Ordnungszahlen. — Die
Kardinalzahlen. — Der Begriff der Anzahl. — Addition. — VertauBchbarkeit der
Summanden. — Die Multiplikation. — Vertauschbarkeit der Faktoren eines
Produktes.
§1.
An die in der vorigen Vorlesung erwähnte additive Zusammen-
setzung der Zahlen wird gewöhnlich der Begriff der Zahl selbst an-
geschlossen; sie wird als das Resultat der Aneinanderfügung von Ein-
heiten gedacht. Hierauf gründet sich die Definition, die Euklid, sicher-
lich unter dem Einflüsse der älteren griechischen Philosophie, gegeben
hat und die seine Nachfolger DiopharU, Theon und andere noch
dogmatischer gestaltet haben. Daneben läuft die philosophische Er-
klärung der Zahl als das Ergebnis der Zusammenfassung von Gegen-
ständen unter Abstraktion von ihren Verschiedenheiten. Abgesehen von
der logischen Bedenklichkeit der letzteren Wendung sind derartige De-
finitionen an sich für den Mathematiker wertlos. Wir müssen vielmehr
nach einer solchen suchen, aus der sich die Gesetze und Grundopera-
tionen der Arithmetik auf naturgemäfse Weise entwickeln lassen, und
hierzu kommen wir am ersten, wenn wir auf die mutmafsliche historische
Entstehung des Zahlbegriffes zurückgehen.
Um sich in der Aufsenwelt zurechtzufinden, giebt der Mensch den
ihn umgebenden Objekten gewisse, nach einer festen Reihenfolge ge-
ordnete Bezeichnungen, die zunächst ganz willkürlich bleiben; hat er
sich eine genügende Menge von ihnen gebildet, so kann er sie nun
einer Schar verschiedener und zugleich für ihn unterscheidbarer Ob-
jekte*) beilegen und dieselben dadurch unterscheiden. Als solche rein
konkrete Bezeichnungen stellen sich die Ordnungszahlen, „der erste,
der zweite, der dritte" u. s. w. dar; in ihnen liegt der naturgemäfse
Ausgangspunkt für die Entwicklung des Zahlbegriffs.
Die Gesamtheit der verwendeten Bezeichnungen fassen wir in dem
Begriffe der „Anzahl der Objekte", aus denen die Schar besteht, zu-
*) Die Objekte können in gewissem Sinne einander gleich und nur räumlich,
zeitlich oder gedanklich unterscheidbar sein, wie z. B. zwei gleiche Längen oder
zwei gleiche Zeitteile.
58
Vierte Vorlesung.
sammen, und wir knüpfen den Ausdruck für diesen Begriff unzwei-
deutig an die letzte der verwendeten Bezeichnungen an, da deren
Aufeinanderfolge fest bestimmt ist. So kann z. B. in der Schar der
Buchstaben (a, b7 c} d7 e) dem Buchstaben a die Bezeichnung als
„erster", dem Buchstaben b die Bezeichnung als „zweiter" u. s. f. und
endlich dem Buchstaben e die Bezeichnung als „fünfter" beigelegt wer-
den. Die Gesamtheit der dabei verwendeten Ordnungszahlen oder die
„Anzahl" der Buchstaben a, 6, c, d, e kann demgemäfs in Anknüpfung
an die letzte der verwendeten Ordnungszahlen durch die Zahl „Fünf"
bezeichnet werden.
Der Vorrat von Bezeichnungen, den wir in den Ordnungszahlen
besitzen, ist deshalb immer ausreichend, um den Elementen einer jeden
Schar von Objekten zugeordnet zu werden, weil es nicht sowohl ein
wirklicher, als vielmehr ein ideeller Vorrat ist. In den Gesetzen der
Bildung unserer Wort- und Zifferbezeichnung der Zahlen besitzen wir
recht eigentlich das „Vermögen", jeden Anspruch zu befriedigen. Frei-
lich nur in der Weise, dafs in dem Ausdrucke einer Zahl gewisse
Bezeichnungen beliebig vielfach wiederholt werden. Sind aber Wieder-
holungen gestattet, so genügt schon ein einziges Zeichen, um jede Zahl
auszudrücken, nämlich so, dafs das eine Zeichen so oft wiederholt
wird, als die Zahl angiebt. Indessen wäre eine solche primitive Dar-
stellungsweise mittels eines einzigen Zeichens ganz unübersichtlich, und
die andere ebenso primitive Darstellungsweise durch lauter verschiedene
Zeichen wäre offenbar ganz unthunlich. Man ist deshalb bei den Wort-
bezeichnungen der Zahlen wohl darauf ausgegangen, mit Hilfe von mög-
lichst wenigen spezifisch verschiedenen Stammworten möglichst viele
Zahlen auszudrücken, und dies ist dadurch gelungen, dafs man das
Schema der Bezeichnungen wie eine Tabelle mit zweifachem Eingang
einrichtete. Denkt man sich eine Tabelle von folgender Art:
jr
W
M
jr
I
1
2
X
3
X
*
%
J
X
e
X
7
8
9
§ 1. Der Zahlbegriff. 59
so kann man durch Einzeichnung von Punkten in die 45 Felder alle
Zahlen bis 99999 genau so darstellen, wie es durch die griechischen
Wortbezeichnungen geschieht; dabei sind in die Kolonne I die Einer,
in die Kolonne II die Zehner, in die Kolonne III die Hunderter, in
die Kolonne IV die Tausender und in die Kolonne V die Zehntausen-
der einzuzeichnen. Es wird uns also durch die auf der Tabelle mar-
kierten fünf Punkte die Zahl 32456 gegeben. Die griechische Wort-
bezeichnung TQiöiivQiot öi6%Cktot xstQcacödLoi itBvxifpiovttt ££ ergiebt
sich aus einem solchen Schema unmittelbar, indetn man aus der Zeilen-
bezeichnung den Anfang und aus der Kolonnenbezeichnung die Endung
jedes einzelnen der fünf Zahlwörter entnimmt. Demnach ist für den
ersten Punkt, welcher in der Zeile 3 (rgslg) und in der Kolonne V
(pvQiot,) steht, das Zahlwort tqlö^vqiol zu bilden, für den zweiten
Punkt, welcher in der Zeile 2 (dvo) und in der Kolonne IV (%lkiot)
steht, das Zahlwort dt6%£Xioi u. s. f., und für den fünften Punkt, welcher
in der Zeile 6 (££) und in der Kolonne I steht, bleibt das Zahlwort l£
selbst ohne Zusatz einer Endung. Die griechische Zahlwörterbildung
ermöglicht es also, mit Hilfe von nur 13 verschiedenen Bezeichnungen,
nämlich neun Anfangs- und vier Endungsbezeichnungen, alle Zahlen
bis 99999 deutlich unterscheidbar auszudrücken.
Man kann nun aus den Ordnungszahlen (erste, zweite, . . .) selbst
eine Schar von Objekten bilden. Für diejenige Schar, welche aus
einer bestimmten (nteu) Ordnungszahl und aus allen vorhergehenden
Ordnungszahlen besteht, wird die „Anzahl" gemäfs der oben gegebenen
Definition durch die der ntou Ordnungszahl entsprechende „Kardinal-
zahl" n ausgedrückt, und es sind diese Kardinalzahlen, welche auch
schlechthin als „Zahlen" bezeichnet werden. Eine Zahl m heilst „kleiner1"
als eine andere Zahl n, wenn die zu m gehörige Ordnungszahl der zu n
gehörigen vorangeht. Die sogenannte natürliche Reihenfolge der Zahlen
ist nichts anderes als die Reihenfolge der entsprechenden Ordnungs-
zahlen.
§2.
Wenn man eine Schar von Objekten „zählt", d. h. wenn man die
Ordnungszahlen ihrer Reihenfolge nach den einzelnen Objekten als
Bezeichnungen beilegt, so giebt man damit den Objekten selbst eine
bestimmte Anordnung. Wenn nun diese Anordnung der Objekte bei-
behalten, aber eine neue Reihenfolge der als Bezeichnungen verwen-
deten Ordnungszahlen (durch irgend eine Permutation derselben) fest-
gesetzt und alsdann dem ersten Objekte die in der neuen Reihenfolge
erste Ordnungszahl, dem zweiten Objekte die zweite Ordnungszahl, und
62 Vierte Vorlesung.
Objekte gleich t^ -\- n^ + • • • + *v ; denn wir zahlen von n, weiter
um «2, dann um Wj, n4, • • • und schliefslich um n*.. Schreiben wir
aber dieselben Objekte jetzt in der Folge
(«, 1) ■ • • («, *«)
(fl, 1) • • • (/», Hf)
(Q, 1) • • • (*, «*)
und nehmen jetzt wieder erst die Glieder der ersten, dann die der
zweiten Reihe u. s. f., so zahlen wir zuerst bis na, dann um n^
weiter, dann um nY . . ., und es ergiebt sich so die Anzahl gleich
Wo + *ty H + *V D*e Schar von Objekten ist aber in beiden Fallen
dieselbe; mithin mufs sich beide male derselbe Wert für ihre Anzahl
ergeben, d. h. es ist
*i + *s H h wr = na + n^ H f- ne;
es gilt also der Satz:
Die Summe von beliebig vielen Zahlen ist unabhängig von der
Anordnung ihrer Summanden.
§4.
Sind die einzelnen Gröfsen nly n^, . . . nr sämtlich gleich einer und
derselben Zahl n, so nennt man die Addition jener r gleichen Zahlen
eine „Multiplikation der Zahl n mit dem Multiplikator r" und setzt
th + vh-i \-nr = r-n.
Das Resultat der so definierten Operation bezeichnet man als das
Produkt der Zahlen r und n, und man nennt r den Multiplikator,
n den Multiplikand. Dasselbe Resultat wird aber erhalten, wenn man r
mit dem Multiplikator n multipliziert; und auch hier ist allgemeiner
das Produkt beliebig vieler Zahlen nlf n2, ... nr unabhängig von der
Reihenfolge, in der die Multiplikationen nach einander ausgeführt wer-
den. Um das zu beweisen, bilden wir die Zahlensysteme
in denen
hx die Werte i, 2, 3, •• ^
K n » l> 2, 3, • • «g
„ „ 1, 2, 3, • • nk
unabhängig von einander annehmen. Die Gesamtheit aller dieser Systeme
schreiben wir dann in der nachstehenden Ordnung:
§ 4. Die Multiplikation. 63
(1, \"K)
(2, A* • • • Ar)
In der ersten Zeile stehen dabei alle diejenigen, für die hL den Wert 1
hat, in der zweiten die, für die es den Wert 2 hat u. s. f., während
A?> Aj, • • • Ar jedesmal alle zugehörigen Werte unabhängig von einander
annehmen. Ist daher die Anzahl der Systeme in der ersten Reihe
gleich s1} so ist es auch die in der zweiten , dritten u. s. f., und die
Anzahl N aller Systeme ist demnach gleich nx • sx.
Die 5X Systeme der ersten Reihe schreiben wir nun weiter folgen-
dermafsen auf:
(l, l, K--K)
(1, 2, Äs ... kr)
(!> **> h " ' An-
stehen jetzt in der ersten Zeile s2 Systeme, so befinden sich in jeder
anderen ebenso viele, und die Anzahl aller, die wir ja oben mit st
bezeichnet haben, ist w^ • s2, also die Gesamtheit N der überhaupt vor-
handenen Systeme nx • n^ • s2 . Setzt man dieses Verfahren fort, so
bekommt man endlich für die Anzahl N aller Systeme den Wert
nt - «2 • • • flr .
Wir zählen nun zweitens die N Systeme in einer andern Anord-
nung: Es mögen, wie oben, a, /}, y} . . . q die Zahlen 1, 2, 3, . . . r
in irgend einer veränderten Reihenfolge bedeuten; alsdann stellen wir
in einer ersten Zeile alle Systeme zusammen, in denen ha gleich 1 ist,
in einer zweiten diejenigen, für die es gleich 2 ist etc., in der letzten
die, für welche ha gleich na ist. Die Elemente der ersten Zeile schreiben
wir ihrerseits wieder in Reihen auf, in denen A^ beziehlich die Werte
1, 2, 3, • • • np durchläuft. Wir führen auf diese Weise für die neue
Anordnung der Systeme genau dasselbe Verfahren durch, wie für
die frühere, und so mufs sich notwendig ihre Anzahl genau wie
vorher gleich na • np • • • n« herausstellen. Da wir aber in beiden
Fällen dieselben Systeme gezählt haben, mufs ihre Anzahl beide
male die gleiche sein, d. h. es ist
ttj • ftg • • • flr = fla ' toß ' ' * Wo .
Damit ist der Satz streng bewiesen, dafs das Produkt unabhängig von
der Reihenfolge ist, in der die Multiplikationen nach einander vor-
genommen werden.
64 Vierte Vorlesung.
Aus diesem Grunde bezeichnet man die einzelnen Multiplikatoren
nD "s? a ' ' nr m^ dem gemeinsamen Namen der Faktoren, und erst
jetzt ist ein solcher gerechtfertigt. Die arithmetischen Operationen
sind bei verschiedener Anordnung der Faktoren verschieden, das Re-
sultat aber ist dasselbe.
Nicht überall in der Mathematik gilt dieses sogenannte Kommuta-
tionsgesetz, das uns bei der Multiplikation und Addition fast selbst-
verständlich erscheint. Es giebt Operationen, die der erstgenannten
durchaus analog sind und sogar mit ihr die gleiche Bezeichnung haben,
bei denen aber die Reihenfolge ganz wesentlich in Betracht kommt.
Ein Beispiel dafür bieten die Hamiltonschen Quaternionen, für die z. B.
das Produkt i • j nicht gleich j • t, sondern gleich — j • % ist. Indes
sollte man in diesen Fällen den Namen „Multiplikation" lieber ver-
meiden und sich etwa der Bezeichnung „Komposition" bedienen.
Gewöhnlich wird der Beweis des Satzes von der Vertauschbarkeit
des Faktoren eines Produktes in geometrischer Form gegeben: Um zu
zeigen, dafs nx n% — n^ r^ ist, denkt man sich n^ Reihen aus je r\
gleichen Elementen gebildet; zahlt man dann zuerst die Glieder der
ersten, darauf die der zweiten Zeile u. s. f., so erhält man Wj • w,; zahlt
man dagegen zuerst die Glieder der ersten Kolonne, darauf die der
zweiten u. s. f., so erhält man n^ • nx. Gerade ebenso kann für r = 3
der Beweis in geometrischer Einkleidung geführt werden; man verfährt
dann so, dafs man sich n, über einander gelagerte Schichten vorstellt,
von denen jede n^ Reihen mit je n^ gleichen Elementen enthalt. Hat
man so den Satz für r = 3 dargethan, dann ist seine Richtigkeit für
einen beliebigen Wert von r durch den Schlufs von r — 1 auf r leicht
zu zeigen*).
Diese landläufige geometrische Herleitung, die auf der Ver-
tauschbarkeit der Seiten eines Parallelogramms bezw. der Kanten eines
Parallelepipedons fufst, ist jedoch eher eine geschickte Veranschau-
lichung, als ein arithmetisch strenger Beweis zu nennen. Es erscheint
geraten, die durch Euklid in die Zahlenlehre hineingetragene geome-
trische Tendenz allmählich abzustreifen und demgemäfs auch die Ver-
tauschbarkeit von Multiplikandus und Multiplikator als nicht so nahe-
liegend anzusehen, wie es bei jener Betrachtung geschieht.
*) Es ist hier jedoch nicht angängig, bei dem Beweise der Richtigkeit jenes
Satzes für r == 2 stehen zu bleiben und dann schon den induktiven Schlufs
anzuwenden.
Fünfte Vorlesung.
Die Dekompo8ition der Zahlen. — Bestimmung der Teiler einer Zahl. — Die
Anzahl der auszuführenden Operationen ist endlich. — Aufstellung aller Teiler
einer Zahl. — Die Primzahlen. — Elementare Eigenschaften der Primzahlen. —
Zerlegung einer Zahl in ihre Primfaktoren. — Beweis der Eindeutigkeit jener
Zerlegung.
§ i.
Haben wir in dem vorigen Abschnitte die Zahlen als das Resultat
der additiven oder multiplikativen Zusammensetzung kennen gelernt, so
schliefst sich hieran naturgemäfs die umgekehrte Untersuchung, wie
man die Zahlen in ihre einfacheren Bestandteile dekomponieren, d. h.
sie als die Summe oder das Produkt von anderen Zahlen darstellen
kann. Dabei wird aber die Zerlegung in Summanden für uns aufser
Betracht bleiben, da für die additive Zahlentheorie, wie bereits erwähnt,
eine systematische Behandlung noch durchaus fehlt. Wir wenden uns
daher gleich der multiplikativen Zusammensetzung zu und präzisieren
unsere nächste Aufgabe dahin, diejenigen Zahlen zu finden, aus denen eine
gegebene durch Multiplikation gebildet werden kann. Diese Aufgabe ist
immer nur durch Probieren zu lösen und fuhrt uns so von vornherein
auf ein f&r zahlentheoretische Forschungen, wie allgemein für die ganze
Wissenschaft höchst wichtiges Prinzip: Bei jedem Probieren ist es un-
erläfslich, vorher festzustellen, ob die Anzahl der notwendigen Ver-
suche eine endliche ist. Technisch wird eine Methode um so voll-
kommener sein, je geringer die Anzahl der notwendigen Versuche ist,
theoretisch dagegen ist jede Methode brauchbar, wenn man zeigen kann,
dafs sie nach einer endlichen Anzahl von Versuchen zum Ziele führt.
Sehen wir nun bei einem Produkte von dem Unterschiede zwischen
Multiplikator und Multiplikandus ab und sprechen nur von den Fak-
toren, bezw. Divisoren einer Zahl, je nachdem wir uns diese als durch
Zusammensetzung entstanden oder als zerlegbar denken, so handelt es
sich für uns darum, alle möglichen Faktoren oder Divisoren einer Zahl n
zu bestimmen. Die Einheit und die Zahl selbst lassen wir begreif-
licherweise dabei aufser Frage und beschränken uns auf alle diejenigen
Kronecker, Zahlentheorie. I, 5
66 Fünfte Vorlesung.
Teiler, die gröfser als 1 und kleiner als n sind. Dafs diese Teiler wirk-
lich durch eine endliche Ansahl ron Versuchen gefunden werden können,
erkennt man leicht. Um nämlich zu erfahren, ob eine Zahl d ein Divisor
von n ist, braucht man nur zuzusehen, ob n in der Reihe d, 2d, 3tf, • • • tnd
vorkommt, wo tnd das erste Vielfache von d bedeutet, welches gleich
oder gröfser als n ist. Da wir nur solche Zahlen d zu untersuchen haben,
die kleiner als n sind, und da n — 1 nur dann ein Teiler von n sein
kann, wenn es gleich 1, n also gleich 2 ist, so bleibt uns nur die
folgende Gruppe von Produkten zu prüfen übrig:
2, 2-2, 3*2, i?t) • 2
3, 2*3, 3*3, w3 • 3
4, 2-4, 3-4, mA • 4 (m, <> «> (m,— i)i) .
n — 2, 2(n — 2), 3(n — 2), . . - wB_2(n — 2)
Eine Zahl d ist demnach dann und nur dann ein Teiler von n,
wenn in der zugehörigen Reihe df 2d, • • • das letzte Element md • d
genau gleich n ist; bezeichnen wir also mit dl} d^, • • • der Reihe nach
alle Glieder der ersten Vertikalreihe, deren zugehörige Zeile als letztes
Element n enthält, so bilden diese ihrer Gröfse nach geordnet die
Gesamtheit aller Divisoren von n und die gestellte Aufgabe ist somit
vollständig gelöst.
Sind zwei oder mehrere Zahlen n und nt beide durch einen und
denselben Divisor d teilbar, so gilt dasselbe von ihrer Summe und
ihrer Differenz; denn ist
n = vd7 nj = vxdy
so ist
n i *h === (? i vi)d
und allgemein ist
an + fl^Wj = (av -f- axv^)d}
also ebenfalls durch d teilbar, wenn a und a^ beliebige positive oder
negative ganze Zahlen sind.
Wir betrachten nun den kleinsten unter den Teilern di} d^, d^9 •••
von n, also die Zahl d^; dann kann diese ihrerseits offenbar keinen
Teiler mehr besitzen, denn wäre $ ein (von 1 und d verschiedener)
Teiler von d, so wäre 8 auch ein Divisor von n, es existierte also im
Gegensatze zu unserer Annahme ein Divisor von n, der noch kleiner
wäre als d^. Daraus ziehen wir den Schlufs:
Es giebt Zahlen, die aufser 1 und sich selbst keinen Teiler
. besitzen. Wir nennen dieselben Primzahlen.
§ 2. Die Primzahlen. 67
Die Methode, durch welche wir hier zu den Primzahlen gelangt
sind, ist eine spezifisch arithmetische, von der wir noch häufiger Ge-
brauch machen werden: Wir sahen, die Zahl n besitzt nur eine end-
liche Anzahl von Teilern, die wir uns alle aufgestellt denken können;
unter ihnen mufste es notwendig einen kleinsten geben, und aus
beiden Momenten ergab sich dann, dafs eben dieser eine Primzahl
sein mufste.
§2.
Mit dem Begriffe der Primzahlen tritt für jeden, der sich mit der
Zahlentheorie beschäftigt, eine lange Reihe von Fragen auf, von denen
bis jetzt nur die wenigsten durch die Wissenschaft beantwortet wer-
den konnten. Sie sind zugleich die einfachsten und die geheimnis-
vollsten unter den Zahlen.
Schon den Griechen war ein sehr einfaches Verfahren bekannt,
die Primzahlen unterhalb einer beliebig gegebenen Grenze n zu be-
stimmen, das s. g. Sieb des Eratosthenes (276 — 194 v. Chr.). Um
nämlich zu entscheiden, ob eine beliebige Zahl n eine Primzahl oder
eine zusammengesetzte Zahl ist, braucht man offenbar nur zu unter-
suchen, ob n durch eine der unter "j/n liegenden Primzahlen teilbar
ist; denn ist n keine Primzahl, dt ihr kleinster Divisor und dxdx = n,
so ist ja dx <C dv also dx ^ »; jenes Verfahren besteht dann einfach
darin, dafs man in der Reihe der ungeraden Zahlen von 1 bis n zu-
.i
erst von 3* = 9 ausgehend jede dritte Zahl durchstreicht, dann von
5* = 25 ausgehend jede fünfte Zahl, von 72 = 49 ausgehend jede siebente
Zahl und so fort; jedesmal geht man von dem Quadrate der nächsten
nicht durchstrichenen Zahl p aus, und durchstreicht alsdann jede pte Zahl,
wobei aber jedesmal die schon vorher durchstrichenen Zahlen mitzu-
zählen sind. Die nach Ausführung jener Operationen übrig bleibenden
Zahlen sind dann alle und nur die ungeraden Primzahlen dieses Inter-
vallen, weil sie und nur sie durch keine kleinere Zahl teilbar sind;
und zu ihnen tritt dann noch die einzige gerade Primzahl 2 hinzu.
Den sehr einfachen Beweis dieses Satzes übergehen wir.
Man erhält so im ersten Hundert die 25 Primzahlen:
2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31, 37, 41, 43, 47, 53, 59, 61,
67, 71, 73, 79, 83, 89, 97.
Im zweiten Hundert finden sich die 21 Primzahlen:
101, 103, 107, 109, 113, 127, 131, 137, 139, 149, 151, 157, 163,
167, 173, 179, 181, 191, 193, 197, 199.
Das Gesetz, nach welchem die so einfach bestimmbaren Prim-
zahlen aufeinander folgen, kennen wir nicht. Man hat aber auch
5*
68 Fünfte Vorlesung.
au&erdem bei jenen Zahlen gewisse merkwürdige Thatsachen beobachtet,
deren Beweis mit den heutigen Mitteln unserer Wissenschaft noch
nicht gelangen ist, obwohl sie wohl sicher richtig sind. Wir erwähnen
nur die folgenden beiden Sätze:
1) Jede gerade Zahl kann als Summe zweier Primzahlen dar-
gestellt werden.
Dieses Theorem wurde zuerst von Goldbach, dann von Waring
aufgestellt, aber nicht bewiesen*). Die Prüfung der ersten geraden
Zahlen etwa von 2 bis 1000 lehrt sogar, dass die Anzahl der Darstellungen
von 2n in dieser Form, abgesehen von kleineren Schwankungen, mit
wachsendem n beständig zunimmt, wodurch die Wahrscheinlichkeit
der Richtigkeit jenes Satzes erhöht wird.
2) Jede gerade Zahl kann auf unendlich viele Arten als Differenz
zweier Primzahlen dargestellt werden. Wendet man diesen Satz speziell
auf die Zahl 2 an, so würde sich, die Richtigkeit jenes zweiten Theorems
vorausgesetzt, der bereits oben (S. 10) erwähnte wichtige Satz ergeben:
Wie weit man auch in der Reihe der Primzahlen fortgehen mag,
man findet stets Primzahlen, welche sich nur um zwei Ein-
heiten unterscheiden, also einander so nahe liegen, als dies
überhaupt möglich ist.
Natürlich nimmt die Häufigkeit solcher Paare benachbarter Primzahlen
um so mehr ab, je weiter man in der Reihe derselben fortgeht; aus
der oben angegebenen Tabelle folgt, dafs im ersten Hundert acht, im
zweiten Hundert sieben solcher Paare vorkommen. Aufser den Zahlen
3, 5, 7 existieren offenbar keine drei benachbarten Primzahlen, denn
von drei aufeinander folgenden ungeraden Zahlen ist ja eine stets durch
drei theilbar, also keine Primzahl.
Andererseits weist die Reihe aller Primzahlen auch wieder beliebig
grofse Lücken auf, wenn man in ihr genügend weit fortgeht; ist näm-
lich n eine beliebig grofse Zahl, so sind die n — 1 auf einander fol-
genden Zahlen
n! + 2, n! + 3, n! + 4, • - • n! + n
sämtlich keine Primzahlen, da allgemein n! -f- i durch i teilbar ist.
Die wichtigste Eigenschaft der Primzahlen ist aber die, dafs jede
ganze Zahl auf eine und nur auf eine. Art in ein Produkt von Prim-
zahlen zerlegt werden kann, dafs sie also gewissermafsen die Elemente
für die multiplikative Zusammensetzung aller Zahlen bilden. Dafs jede
*) Vgl. die Briefe Goldbachs und Eulers vom 7. und 80. Juni 1741, Corre-
spondance mathematique et physique de quelques celebres g^ometrea du XVIIP*™«
siecle p. 127 et 135. H.
§ 2. Elementare Eigenschaften der Primzahlen. 69
Zahl n überhaupt in ein Produkt von Primfaktoren zerlegt werden
kann, ist unmittelbar klar. In der That sei n beliebig gegeben; be-
zeichnen wir dann ihren kleinsten Divisor, der nach dem Vorstehenden
notwendig eine Primzahl ist, mit ply so ergiebt sich eine erste Zer-
legung von n in der Form
n = A ' *i >
wo nt<n ist. Ist jetzt p% die kleinste in nx enthaltene Zahl, also
wieder eine Primzahl, so ist diese, da sie ebenfalls ein Teiler von n
ist, sicher gleich oder gröfser als p19 und aus
folgt
n = A-A-*,
wo n%<n1<n ist. Sucht man weiter in gleicher Weise den kleinsten
Divisor p$ von n^ auf und fährt so fort, so erhält man eine ab-
nehmende Folge von positiven ganzen Zahlen n, nlf n^, • • • und mufs
so nach einer endlichen Anzahl von Schritten zu einer Zahl kommen,
die nicht mehr zerlegbar, sonach selbst eine Primzahl ist; hierdurch
ist dann die Darstellbarkeit einer beliebigen Zahl n in der Form:
n = A ' A * A ' " Pr (PilPt*P» ±pr)
dargethan, d. h. es besteht der Satz:
Jede Zahl kann als Produkt von Primzahlen dargestellt werden.
§3.
In unmittelbarem Anschlüsse hieran wollen wir nunmehr den
Fundamentalsatz beweisen, dafs jene Darstellung eindeutig ist, d. h.
dafs sich eine Zahl n nicht auf zwei verschiedene Arten in ein Produkt
von Primzahlen auflösen läfst. Dazu erinnern wir zunächst an einige
bekannte Thatsachen in bezug auf die Division einer Zahl A durch
eine andere n. Bildet man nämlich wieder die Reihe
», 2n, 3n, • • •'
der Multipla von «, so ist A entweder einem von ihnen gleich, also
durch n teilbar, oder A liegt zwischen zwei aufeinander folgenden
Zahlen jener Reihe. In jedem Falle giebt es also eine und nur eine
Zahl A' von der Art, dafs:
A'n£A< (A'+l)n,
oder:
0<;A — A'n<n
ist. Setzt man also A — A'n = a, so ergiebt sich der Satz:
70 Fünfte Vorlesung.
Sind A und n zwei beliebige Zahlen, so kann A stets in der
Form t
A = An + ß
so dargestellt werden, dafs a nicht negativ und kleiner als *i,
also eine der Zahlen 0, 1, 2, ■ • • n — 1 ist. Man nennt dann a
den kleinsten positiven Divisionsrest von A durch n, und A ist
dann und nur dann durch n teilbar, wenn jener Best a gleich
Null ist.
Zu dem Nachweise der Eindeutigkeit der Zerlegung einer Zahl in
ihre Primfaktoren führt nun sofort eine Eigenschaft der Primzahlen,
welche in dem folgenden wichtigen Satze ausgesprochen ist:
Ein Produkt von beliebig vielen ganzen Zahlen
Ax A^ • • • Ak
ist dann und nur dann durch eine Primzahl p teilbar, wenn
mindestens einer seiner Faktoren A4 jene Primzahl enthält.
Dieser Satz geht aber unmittelbar aus dem folgenden allgemeineren
Theoreme über eine beliebige zusammengesetzte Zahl hervor:
Ist ein Produkt von Je Zahlen
A1 At - - • Ak
durch eine beliebig gegebene Zahl n teilbar, ohne dafs einer
seiner Faktoren es ist, so giebt es auch stets ein durch n teil-
bares Produkt von ebenso vielen Gliedern
dessen sämtliche Faktoren kleiner als n sind und von denen
jeder ein Teiler von n ist.
Ist nämlich A^ • • • Ak durch n teilbar, ohne dafs eine der Gröfsen A
selbst es ist, so können wir die letzteren beziehlich auf die Form
bringen
Äi = n * Ä'i + ai
Ak^n-A]t + ak9
wo #!,••• a>k der Reihe nach die kleinsten Reste der Division von
A1} • • • Ak durch n und daher alle positiv und kleiner als n sind. Da
nun offenbar:
at A% - - • Ak = (Ax — nA'1)Ait--'Ak = A1Ai-'-Ak — nA^A2---Ak
durch n teilbar ist, weil Minuendus und Subtrahendus rechts n ent-
§ 3. Zerlegung einer Zahl in ihre Primfaktoren. 71
halten, und da wir in ganz analoger Weise auch A^ , • • - Ak durch
Oj, • • • ak ersetzen können, so mufs auch das Produkt
«t flfe • • • ak
der k Divisionsreste von Al} A2} • • • Ak durch n die Zahl n enthalten.
Hiermit haben wir zunächst das Resultat gewonnen: Oiebt es über-
haupt ein durch n teilbares Produkt von Je ganzen Zahlen, von denen
keine n enthält, so mufs ein ebensolches schon unter denjenigen Pro-
dukten von Je Zahlen auftreten, von denen jeder Faktor kleiner als n
ist. Die Gesamtzahl dieser letzten Produkte ist aber endlich; man kann
sie sich daher alle gebildet und nach ihrer Gröfse geordnet denken.
Es bedeute nunmehr
dasjenige unter ihnen, das bei jener Anordnung an erster Stelle steht,
also gleich oder kleiner als alle übrigen ist; dann müssen seine Fak-
toren samtlich Divisoren von n sein. Denn ginge z. B aL nicht in n
auf und wäre a[ der Rest der Division von n durch alf wäre also
n = v ' «! + a'x , so erkennt man ohne weiteres, dafs das Produkt
u[ «2 • • • ak = (n — v*i)*% • • • ak = no^ • • • ak — v • a^ • • • cck
dann ebenfalls ein Vielfaches von n wäre. Dieses ist aber kleiner als
aitt» ' ' ' ak un^ ^es widerspricht der über das letztere Produkt ge-
machten Voraussetzung; es mufs demnach a'x gleich 0 und n durch c^
teibar sein. Das Gleiche gilt von den übrigen Je Faktoren unseres
kleinsten Produktes, und damit ist das oben aufgestellte allgemeine
Theorem bewiesen.
Es sei jetzt speziell n eine Primzahl, dann kann das Produkt
Ax • • • Ak durch n nur teilbar sein, wenn mindestens einer seiner
Faktoren dies ist; sonst müfste ja nach dem soeben bewiesenen Satze
ein Produkt c^c^ ' ' ' a* von eigentlichen Divisoren von n durch n
teilbar sein, und das ist nicht möglich, weil eine Primzahl keine eigent-
lichen Teiler aufser der 1 besitzt.
Auf Grund dieser Sätze läfst sich jetzt die Ausgangsbehauptung:
Jede Zahl n kann nur auf eine Weise als ein Produkt von Prim-
zahlen dargestellt werden,
leicht erledigen. Zum Beweise nehmen wir an, es seien uns zwei Zer-
legungen derselben Zahl n gegeben,
n =Pi Pi - - Pr = ?i q% "- q*
'Pl^Pi^ •• <PÄ
wo p und q Primzahlen sind, die bereits ihrer Gröfse nach geordnet
(;
72 Fünfte Vorlesung.
sein sollen; wir haben alsdann zu untersuchen, ob auf beiden Seiten
der Gleichung verschiedene Primfaktoren vorkommen können. Da das
Produkt links durch die Primzahl px teilbar ist, so ist das auch für
dasjenige rechts der Fall; dies ist aber nach dem eben bewiesenen Satze
nur möglich, wenn px in wenigstens einem der Faktoren ql9 • • • q9 ent-
halten, also mit ihm identisch ist. Ganz ebenso, wie pt unter den
s Primzahlen q1} • • • q$f tritt aber auch qt unter den r Zahlen p17 • • -pr
auf, und da px und qx beide male die kleinsten Primzahlen sind, so ist
notwendig px = &. Schafft man beide durch Division fort, so ergiebt
sich durch genau dieselben Schlüsse p% = q%y pz = & etc., d. h. die
angesetzten Zerlegungen müssen in der That vollständig überein-
stimmen.
Fassen wir jetzt die gleichen Primfaktoren zusammen, so erhalten
wir für jede Zahl n eine und nur eine Darstellung in der Form:
Die Reihe der Primzahlen giebt somit für die multiplikative Zusammen-
setzung der Zahlen die Elemente ab, ganz ähnlich, wie es in bezug auf
die Addition von der Zahl 1 gilt. Während dort also nur ein Ele-
ment vorhanden ist, ist hier die Anzahl derselben nach dem in der
Einleitung bewiesenen Satze Euklids unendlich grofs, jedoch ist die
Dichtigkeit der Reihe der Primzahlen verglichen mit der der Reihe
der natürlichen Zahlen eine äufserst geringe, so dafs man verhältnis-
mäfsig auch hier nur eine sehr kleine Zahl von Elementen zur Dar-
stellung aller Zahlen bedarf.
Sechste Vorlesung.
Darstellung der ganzen Zahlen durch ihre Exponentensysteme. — Die Teilbarkeit
einer Zahl durch eine andere. — Die gemeinsamen Teiler zweier Zahlen, und ihr
gröfster gemeinsamer Teiler. — Teilerfremde Zahlen. — Die gemeinsamen Multipla
zweier Zahlen und ihr kleinstes gemeinsames Vielfaches. — Ausdehnung auf be-
liebig viele Zahlen. — Hauptsätze über die Teilbarkeit der ganzen Zahlen. —
Die Summe der nten Potenzen aller Divisoren einer Zahl.
§1.
In den folgenden Abschnitten wollen wir ein- für allemal die Prim-
zahlen in ihrer natürlichen Folge
2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, ...
nach einander durch
Äl> *8> Äs> * * *
bezeichnen, so dafs allgemein nk diejenige bedeutet, die in der gewöhn-
lichen Reihe der Primzahlen die £te Stelle einnimmt. Nimmt man in
die am Ende der vorigen Vorlesung gefundene Darstellung einer be-
liebigen Zahl n alle jene unendlich vielen Primzahlen %X1 ä2, • ■ • auf,
indem man denjenigen, die in n gar nicht vorkommen, den Exponenten
Null giebt, so zeigt sich, dafs jede ganze Zahl auf eine und nur eine
Art als ein Produkt
W = »- Ä« Ä- • • •
dargestellt werden kann, in welchem stt , n% , jr3 , • • • alle Primzahlen
in ihrer natürlichen Reihenfolge und nl7 ni} n^ , • • • positive ganze
Zahlen oder die Null bedeuten, und dafs auch umgekehrt jedes solche
Potenzenprodukt eine bestimmte ganze Zahl definiert.
Da hierbei die Basiszahlen x17 jt2 , • • • stets dieselben sind, so
kann jedes n auch durch das System seiner Exponenten allein voll-
ständig charakterisiert, d. h. in der eindeutigen Form
n = (n1) n2, w8, • • •)
geschrieben werden. nl} Wj , n^, • • • mögen allgemein die Exponenten
von n genannt werden, und es sollen diese der Einfachheit wegen
74 Sechste Vorlesung.
durch denselben Buchstaben, wie die Zahl selbst, mit den Indices
1, 2, • • • bezeichnet werden, so data z. B. für eine beliebige Zahl A:
» — (»4, Ä,, A3, •••) = *J1*£*SJ' ... = 2*l3*»5** ..
zu setzen ist. Für die ersten neun Zahlen haben wir die folgenden
Darstellungen:
1 - (0, 0, 0, - • •)
2 = (1, 0, 0, ••-)
3 = (0, 1,0,-..)
4 = (2, 0, 0, •••)
5 = (0,0, 1,0,..)
6 = (1, 1,0,..-)
7 = (0, 0, 0, 1,0,..-)
8 = (3, 0, 0, • - ■)
9 = (0, 2, 0, •••).
Ebenso ist z. B.
38 808 = 2S • 3* • V - 11 = (3, 2, 0, 2, 1, 0, • . •)
Diese Schreibweise der Zahlen eignet sich besonders für die Be-
trachtung derjenigen Eigenschaften, die auf ihrer multiplikativen Zu-
sammensetzung beruhen; denn für die Multiplikation zweier Zahlen h
und h' ergiebt sich nunmehr die einfache Gleichung
(*i; K, • • •) (*x, K> • • •) = (Äi + Äi^ \ + K> • ■ •)•
§2.
Wir wollen jetzt aus den Entwicklungen des vorigen Paragraphen
Nutzen ziehen und eine Reihe von allgemeineren Sätzen zusammen-
stellen, die durch jene fast selbstverständlich geworden sind.
1) Eine Zahl
Ä = (hx , Äa , • • •)
ist dann und nur dann durch eine andere
teilbar, wenn allgemein hr ^> kr ist.
Denn allein in diesem Falle sind die Exponenten des Quotienten
Y durchweg positiv oder Null, nur dann ist also jener Quotient eine
ganze Zahl.
2) Unter einem gemeinsamen Teiler von h = (Ax , Ä^ , • • •) und
l«(i1; kS) - • •) versteht man eine jede ganze Zahl d = (c^, d^, • • •),
§ 2. Gemeinsame Teiler and gemeinsame Vielfache. 75
die sowohl in & als auch in k enthalten ist, für die somit ohne Aus-
nahme jeder Exponent d{ kleiner oder höchstens gleich jedem der bei-
den entsprechenden Exponenten A< und ki ist; eine Zahl d ist somit
dann ein gemeinsamer Teiler von h und k, wenn jeder ihrer Ex-
ponenten di nicht gröfser ist als der kleinere der beiden Exponenten
hi und ki.
Wird die kleinste von zwei Zahlen r und s allgemein durch m(r, s)
bezeichnet, so sind alle gemeinsamen Teiler von h und k in der
ganzen Zahl
enthalten, und es ist andrerseits jede in 8 enthaltene Zahl ein gemein-
samer Divisor von h und k] man nennt aus diesem Grunde die so
bestimmte Zahl d den gröfsten gemeinsamen Teiler von A und k.
Soll speziell d gleich 1 sein, so ist dazu notwendig und hinreichend,
dafs durchweg
w(Af, ki) = 0
ist, d. h. dafs von je zwei entsprechenden Exponenten allemal mindestens
einer verschwindet, eine Bedingung, die durch die andere
Jh • h = 0 (»=>i, i, », • • )
vollkommen ersetzt wird. Zwei Zahlen, für die d = 1 ist oder die
keinen gemeinsamen Teiler aufser der 1 besitzen, heifsen teilerfremd
oder relativ prim.
3) Eine Zahl m = (mt, n^, • • •) ist ein gemeinsames Viel-
faches zweier anderen A und jfc, wenn sie durch jede derselben teil-
bar ist, wenn also jeder Exponent mt von m gleich oder gröfser ist
als der gröfste von den beiden zugehörigen A,- und ki. Bezeichnet
man nun entsprechend wie vorher die gröfste von zwei Zahlen r und s
durch
M(r, s),
so ist offenbar jedes gemeinsame Multiplum m = (mi} m^9 • • •) von
h und k ein Vielfaches der folgenden ganzen Zahl:
und umgekehrt ist jedes Vielfache von p ein gemeinsames Multiplum
von A und k, denn m ist dann und nur dann sowohl durch A als
durch k teilbar, wenn allgemein w,- ^> M(h.} &.), d. h. wenn m durch p
teilbar ist. Speziell ist (i selbst ein und zwar das kleinste gemein-
same Vielfache von A und k.
4) Als eine unmittelbare Folge der beiden letzten Resultate ge-
winnen wir den Satz:
76 Sechste Vorlesung.
Sind A und k zwei beliebige ganze Zahlen und $ und p ihr
gröfster gemeinsamer Teiler und ihr kleinstes gemeinsames Viel-
faches, so ist stets
fid = hk.
In der That ist
fid = ( • • -pi + ii • •),
und da nach der oben gefundenen Darstellung von (i und d allgemein
(it + *« = MQii7 *•) + w (*,, h) = A, + k(
ist; so ergiebt sich die Richtigkeit der obigen Gleichung.
So ist z. B. für die beiden Zahlen
Ä — 60 — 2>-3-5-*(2, l,l,O--0 und jfe = 36 = 223* = (2, 2, 0, ...)
fi =(2,2, l,0,..-) = 22-3*.5 = 180, * = (2, 1, 0, - ..) = 223 = 12
und in der That ist:
dp = 12 - 180 = 2160 = 60 . 36 = hk.
Sind speziell A und k zu einander relativ prim, ist also d = 1,
so ist (i = hk7 und man erhält den auch sonst leicht zu beweisen-
den Satz:
Das kleinste gemeinsame Vielfache von zwei teilerfremden Zahlen
ist gleich ihrem Produkte.
Alle diese Ergebnisse lassen sich ohne weiteres auf beliebig viele
Zahlen ausdehnen und können dann folgendermafsen ausgesprochen
werden: Sind A, A', A", • • • A(?) beliebige ganze Zahlen, so ist d dann
und nur dann in ihnen allen enthalten oder ein gemeinsamer Teiler
derselben, wenn jeder ihrer Exponenten d{ gleich oder kleiner als der
kleinste der entsprechenden Exponenten, h{, hi9 • • • A^, ist. Bezeichnet
man wieder allgemein die kleinste von den beliebigen ganzen Zahlen
r, r', • • • r(? durch:
tn(r,r',...r«),
so stimmen alle gemeinsamen Teiler der q + 1 Zahlen A, A , • • • A(e)
mit den Divisoren der einen Zahl
• s - (»(*,, *;, *;, ■ • • **>), m(Ä„ hif *;, . . . **>>, . . .)
überein, und diese heilst daher der gröfste gemeinsame Teiler
von A, Ä', A", • • • h®.
Ebenso heifst eine Zahl m ein gemeinsames Vielfaches der
Zahlen A, A, • • • A(?), wenn sie durch jede von ihnen teilbar ist. Be-
zeichnet man analog wie vorher allgemein mit
M(r, r', • • • r<?>)
die gröfste unter den Zahlen r, r', • • • r^\ so sind alle gemeinsamen
§ 2. Gemeinsame Teiler und gemeinsame Vielfache. 77
Multipla von A, h , A , • • • A(?) identisch mit allen Vielfachen der einen
ganzen Zahl:
p - (M(hlf h'1} *;, • • • A<*>), M (ht, h'a, **', • • • A<<>) • • •);
aus diesem Grunde heifst die so bestimmte ganze Zahl p das kleinste
gemeinsame Vielfache von A, A, ••• A(p). Man findet also den
gröfsten gemeinsamen Teiler der (p + 1) Zahlen A , wenn man in d
jeden Primfaktor jr. so oft aufnimmt, als er in jeder von jenen Zahlen
mindestens vorkommt; dagegen findet man ihr kleinstes gemeinsames
Vielfaches dadurch, dafs man in ft jeden Primfaktor so oft aufnimmt,
als er in diesen Zahlen höchstens auftritt. Ist z. B.
h - (2, 4, 3, 5, 2, 0,
A = (4, 0, 1,4,3,0,
A"= (6, 8, 2, 3, 4, 0, •
so ergiebt sich:
<J = (2,0, 1,3,2,0,
^ = (6,8, 3,5,4,0, •
Die q -f- 1 Zahlen A, A, • • • A(e) sind ferner dann und nur dann
relativ prim zu einander, d. h. sie haben keinen gemeinsamen Teiler
aufser der 1, wenn für jeden Index r der kleinste unter den Exponenten
hr, hr , hr , • • • h(r9) gleich Null, oder, was dasselbe ist, wenn für jedes r
die Gleichung erfüllt ist
A A'a" ... A(?) = 0.
r r
Sind im besonderen je zwei der Zahlen A, A, • • • A(?) zu einander teiler-
fremd, so ist ihr kleinstes gemeinsames Vielfaches wieder gleich ihrem
Produkte; denn in diesem Falle ist für jedes i unter den g -\- 1 ent-
sprechenden Exponenten h.} h., A. , • • • hfi immer nur höchstens einer
Ton Null verschieden, und folglich stets
M(ht, *;, *;, • • • ä,j?)) - a, + h( +*; + ... + /,<<>,
in diesem Falle ist daher
p = (M(hlf tilt ■■■ hf), . ■ ■) = (ht -\- h[ -\ h*?'»— ) — **'••• A<f)
w. z. b. w.
Es ergiebt sich hieraus die Folgerung: Hat eine Zahl N eine
Reihe von Zahlen A, A, • • • A *° zu Divisoren, von denen jede zu jeder
andern relativ prim ist, so ist sie auch durch das Produkt derselben teilbar;
alsdann ist nämlich N ein gemeinsames Multiplum von A, A, • • • A^.,
mithin durch ihr kleinstes gemeinsames Vielfache teilbar, und dieses
78 Sechsie Vorlesung.
ist unter der gemachten Annahme mit dem Produkte jener q + 1
Zahlen identisch.
5) Enthält A'A" eine Zahl d als Divisor und ist d' der gröfste
gemeinsame Teiler von d und dem einen Faktor A', so mufs
der andere A" durch den komplementären Divisor. d"= -jrr teil-
bar sein.
Nach Voraussetzung ist nämlich, weil d = (ilf <J2, • • •) der gröfste ge-
meinsame Teiler von A' und d ist, allgemein:
und ferner, da A • h durch d teilbar ist:
h. +h">d.:
es ist daher in der That
h. >d. — ti.>d. — m (d., ti.) > di — ö\ = *.'
wenn (d.) das Exponentensystem von ä = — r bedeutet; es ist also
wirklich — eine ganze Zahl. Ist 7t zu d relativ prim, ist also 8 gleich 1,
d
so ist d =d, mithin h durch d teilbar. So ergiebt sich der speziellere Satz:
5 a) Ist ein Produkt A A durch d teilbar, und ist der erste Faktor
A zu d relativ prim, so mufs der zweite A durch d teilbar sein.
Der erste Satz (5) lautet in etwas allgemeinerer Fassung:
Ist das Produkt zweier Zahlen durch eine dritte d teilbar, so
kann man diese stets in zwei Faktoren df und d so zerlegen,
das A den Teiler d und A den Teiler d enthält.
Die Zerlegung kann gewöhnlich auf verschiedene Arten geschehen.
Man kommt auf den vorigen Satz zurück, wenn man speziell für d den
gröfsten gemeinsamen Teiler von A und d und für d den zu d
komplementären Divisor von d wählt.
6) Eine Zahl A ist dann und nur dann eine nte Potenz, wenn
jeder ihrer Exponenten A1; \, • • • das n- fache einer anderen ganzen
Zahl, wenn also immer A. = nie. ist: in der That ist unter dieser Vor-
aussetzung:
Endlich werde noch das folgende Corollar dieses letzten Satzes er-
wähnt:
Ist das Produkt von zwei teilerfremden Zahlen A und A eine
»* Potenz, so mufs jeder der Faktoren eine solche sein.
§ 2. Gemeinsame Teiler und gemeinsame Vielfache. 79
Jene beiden Voraussetzungen erfordern nämlich das Bestehen der beiden
Gleichungen für jeden Index r:
K+K=nh>
it
(r-i, i, ■•)
hrhr = 0.
Da hiernach eine der beiden Zahlen hr , hr stets gleich Null, die andere
also gleich nh ist, so ist jede von ihnen durch n teilbar und somit h
r
sowohl wie h eine nto Potenz.
Dieser Satz kann, auf beliebig viele Zahlen verallgemeinert, wie
folgt ausgesprochen werden:
Das Produkt von beliebig vielen Zahlen h h " • • • h9\ von denen
jede zu jeder andern teilerfremd ist, ist dann und nur dann
eine wte Potenz, wenn alle Faktoren einzeln nto Potenzen sind.
Denn aus
h' + ä" H \- A« = nh
r • r i • r r
in Verbindung damit, dafs immer nur höchstens eine der q Zahlen
Ar, Ar, • • • h^ von Null verschieden sein kann, folgt sofort, dafs die
letzteren sämtlich durch n teilbar sind.
§3.
Wir wollen jetzt die Thatsache der eindeutigen Zerlegbarkeit einer
jeden ganzen Zahl in ihre Primfaktoren analytisch einkleiden und dann
mit ihrer Hilfe einige Resultate über Anzahl und Summe der Divisoren
einer Zahl herleiten. Bildet man das Produkt der unendlich vielen
geometrischen Reihen
p-.(i + «j*1 + «JX + --0(i + <*, + «N + •••)><
(1 + *i*i + *2,*2 -\ — ) •••
OD
= JTJ(1 + xkxk + n\rz\ H ),
A=»l
das wie jeder seiner Faktoren absolut konvergiert, sobald | xh \ <£ 1 und
r < — 1 ist, und summiert zunächst jede der Klammern für sich, so
geht die rechte Seite in
00
TT-1—
über. Multipliziert man dagegen sofort die Reihen aus, so nimmt P
den Wert an
80 Sechste Vorlesung.
OD OB
*ii «,, •• =0 nlt 14, •-. «0
So gelangt man, da einem jeden Exponentensysteme (n1; n^, • • •)
immer eine bestimmte Zahl n einmal und nur einmal entspricht; zu
der für | xk | <^ 1 und r < — 1 geltenden Identität
und weiter, wenn speziell
*i — ** = *s = 1, r — — (1 + p)
gesetzt wird, zu der merkwürdigen Gleichung
P +*
wo links über alle Primzahlen p zu multiplizieren, rechts über alle
ganzen Zahlen n zu summieren ist, und wo q jeden beliebigen positiven
Wert haben kann. Die Richtigkeit dieser schon Euler bekannten Re-
lation beruht lediglich auf dem Satze von der Eindeutigkeit der Zer-
legung jeder Zahl in ihre Primfaktoren, und sie kann deshalb, wie
später gezeigt werden soll, auch umgekehrt zum Beweise jenes Theorems
dienen.
Wir gehen nun zu der Aufgabe über, für eine beliebige ganze
Zahl h — (hi} Äg, • • •), deren Teiler, sie selbst mit eingeschlossen,
d, d'} d" - • • d x) heifsen mögen, die Summe der r*611 Potenzen aller
ihrer Teiler:
sr = dr + d'r + • • • + <*(r-1)r,
für einen beliebigen ganzzahligen Wert von r zu bestimmen. Wie
oben gezeigt war, besitzt h genau so viele Divisoren, als es Zahlen
d = (d^, d^y • • •) giebt, deren Exponenten der Bedingung d* ^ At- für
jeden Index i genügen. Da nun für jeden Exponenten A, stets Ja + 1
Zahlen existieren, die gleich oder kleiner als A, sind, so ergiebt sich
zunächst die Anzahl aller Teiler von h oder die Summe s0 gleich
(k + 1) (*» -f- 1) JI& + 1);
«
hier reducieren sich offenbar alle Faktoren, für die die Exponenten
hi gleich 0 sind, auf 1. Demnach hat z. B. die Zahl 360 = (3, 2, 1, 0 ■ • •)
4 • 3 • 2 = 24 Divisoren. Ahnlich könnte man die Summe st der Teiler
von h finden; einfacher aber löst sich die allgemeinere Frage nach der
Summe sr auf die folgende Weise:
§ 3. Die Summe aller Divisoren einer Zabl. 81
Ist wieder A = (A^ Aj, • • •) die gegebene Zahl, so bilden wir das
dem soeben behandelten entsprechende Produkt der endlichen geome-
trischen Reihen:
cd QQ / r \Aj-f-l
(1 + xkxt + *, xk + • • • + xk xk)=ll — f- r
*«1 k=l nkxk ~~ x
Multipliziert man wieder die linke Seite aus, so bekommt man eine
Summe von lauter Gliedern
(ält dt, ■■.yx*x?.-.=drx*x?...,
in denen d alle Divisoren von A, nämlich alle und nur die Zahlen
durchlauft; deren Exponenten dt gleich oder kleiner sind als die ent-
sprechenden Exponenten A,- von A. Setzt man dann in der so er-
haltenen Identität
k=nl nkxk * d/h
die für alle Werte von r, xt , xif • • • besteht und in der rechts über
alle Teiler d von A zu summieren ist,
xt = %3 = • • • = 1,
so ergiebt sich sofort die gesuchte Summe sr gleich
d/h t=l nk A
Aus dem unendlichen Produkte rechts können alle diejenigen Faktoren
einfach fortgelassen werden, für welche der zugehörige Exponent hk = 0
ist, welche also in A nicht auftreten, denn alle diese reduzieren sich
auf Eins. Ist also
die Zerlegung der Zahl A in ihre Primfaktoren, so erhält man ffir die
Summe der r40" Potenzen ihrer Teiler den eleganten Ausdruck:
/i+i)r - 1 P{yi)r-i
( l ) sr = • • • ~
Pl—1 PQ — 1
Giebt man r den Spezialwert 1, so findet man die Summe der sämt-
lichen Divisoren von A
d/h r*
ebenso gelangt man. auch von dieser Formel ausgehend zu der schon
vorher gefundenen Anzahl der Teiler, wenn man in der obigen
Kroneoker, Zahlentheorie. I. 6
Sr =
82 Sechste Vorlesung.
Gleichung (1) r gegen Null konvergieren läfst und beachtet, dafs der
Grenzwert des Quotienten
p:-1
für r = 0 allgemein gleich Tc. + 1 ist.
Ist z. B. h = 12 = 2 -3, so erhält man für die Summe aller
Teiler von 12 den Wert
_(*8-l)(3'-l)_28
und in der That ist
1 + 2 + 3 + 4 + 6+12 = 28.
So erhält man ferner für h = 10800 = 24 • 38 . 5* für st den Wert
*-fef-fef-fef-««o-
Siebente Vorlesung.
Die Kongruenz der Zahlen. — Kongruenz und Äquivalenz. — Die Grundregeln
für das Rechnen mit Kongruenzen. — Kongruenzen für einen Primzahlmodul. —
Anwendungen.
In der vorigen Vorlesung haben wir alle Zahlen betrachtet, welche
in einer gegebenen ganzen Zahl als Faktoren enthalten sind. Nach
dem Vorgange von Gauss wollen wir nunmehr diese Frage in gewissem
Sinne umkehren, nämlich jetzt den Divisor m festhalten und nach der
Gesamtheit derjenigen Zahlen fragen, die durch m teilbar sind. Indem
wir dann weiter die gemeinsamen Eigenschaften feststellen, die allen
ganzen Zahlen hinsichtlich ihres Verhaltens in Bezug auf den Divisor m
zukommen, werden wir auf einen neuen Begriff, den der Kongruenz
von Zahlen, geführt werden. Wir verdanken denselben eben unserem
Gauss, der durch seine Einführung erst ein sicheres Fundament für
die Zahlentheorie geschaffen hat.
Schreibt man für eine beliebig gegebene ganze Zahl m alle ihre
positiven und negativen Vielfachen auf, bildet man also die beiderseits
ins Unendliche gehende Reihe
(1) 3m, — 2m, — m, 0, m, 2m, • • •,
so enthalt dieselbe eine bestimmte Klasse von Zahlen, deren Individuen
durch ihren gröfsten gemeinsamen Teiler m vollständig charakterisiert
sind. Man findet alle und nur diese Zahlen, wenn man, von der Zahl 0
ausgehend, in der nach beiden Seiten unbegrenzt ausgedehnten natür-
lichen Zahlenfolge
(2) •••,-4, -3, -2, -1,0, 1, 2, 3, 4, •••
immer je m Zahlen überspringt. Die so aus der Reihe aller ganzen
Zahlen herausgehobene Partialreihe (1) soll mit RQ bezeichnet werden.
Werden nun in derselben Weise, wie soeben die Null, die Zahlen
1,2, • • • m — 1 successive zum Ausgangspunkt gewählt, und wiederum
jedesmal je m Glieder übersprungen, so ergeben sich im Ganzen m Partial-
reihen, die nach ihren Anfangsgliedern bezw. RQ7 Bv ••<ßn__1 benannt
und folgendermafsen geschrieben werden können:
6*
;»)
84
Siebente Vorlesung.
*0
• •• — 3m,
-2w,
-w,
o,
m,
2m
**
3m+l,
-2m + l,
—m+l,
1,
m+l,
2m+l
B,
3m+2,
-2m+2,
-m+2,
2,
m+2,
2m+2
*_i
3m+m-
-i,
—2m+m-
-i,
—m+m—1,
m-
-i,
m+tn-
-1.
• •
Jede ganze Zahl a kommt dann offenbar in einer und nur einer
der m Reihen vor, weil keine derselben mit einer andern ein Element
gemeinsam hat und weil sie zusammengenommen die natürliche Zahlen-
reihe (2) darstellen.
Gauss kam nun auf den bedeutungsvollen Gedanken, die in einer
und derselben Reihe R. stehenden Zahlen begrifflich in eine Klasse zu-
sammenzufassen und allgemein die gemeinsamen Eigenschaften aller
Zahlen einer solchen Reihe aufzusuchen. Er nennt irgend zwei Zahlen a
und b nach dem Modul m kongruent, wenn sie derselben Partial-
reihe angehören, und drückt diese Beziehung folgendermafsen aus:
(4) a = b (mod m) ,
in Worten: a ist kongruent b für den Modul oder modulo m.
Die hier benutzte Bezeichnung „Modul" (= Mafs) für den Di-
visor m ist, da er eine ganz allgemeine Beziehung des betrachteten
Begriffes zu einem andern bezeichnet, in der - gesamten Mathematik
bereits sehr beschwert. Glücklicherweise erstreckt sich aber seine viel-
seitige Verwendung auf so verschiedene Disziplinen, dafs die Möglich-
keit einer Verwechslung fast ausgeschlossen ist. In der Analysis ist
dieses Wort von Weierstrass sehr vorteilhaft durch die Benennung
„absoluter Betrag" ersetzt worden.
Da zwei Zahlen a und b dann und nur dann in derselben Reihe
R. vorkommen, wenn sie sich um ein positives oder negatives Viel-
faches von m unterscheiden, so ist die obige Kongruenz völlig gleich-
bedeutend mit der Gleichung
(4a) a = b + ifc • m,
wo ifc irgend eine ganze Zahl ist; wir können daher auch die andere
Definition aufstellen:
„Zwei ganze Zahlen a und b sind für einen Modul m kongruent,
wenn sie sich um ein beliebiges Vielfaches desselben unter-
scheiden, wenn also ihre Differenz durch m teilbar ist."
So ist z. B.
— 9 = 16 (mod 5),
weil — 9 — 16 = — 25 durch 5 teilbar ist; ebenso ist
§ 1. Die Kongruenz der Zahlen. 85
15 zh — 7 (modll),
weil 15 + 7 = 22 ein Vielfaches von 11 ist.
Die Einführung des Kongruenzbegriffes, so formal derselbe im
ersten Augenblicke auch erscheinen mag, war ein äufserst weittragender
Schritt des grofsen Gauss. Schon die von ihm gewählte Bezeichnung
jener Beziehung in der Form (4) mufs als eine wissenschaftliche That
angesehen werden; indem er hier von dem in der Gleichung (4a) auf-
tretenden Vielfachen von m gänzlich absah, erkannte er mit dem sicheren
Takte und Weitblicke des geborenen Mathematikers das für seine Zwecke
überflüssige und Unwesentliche, um es zu glücklicher Vereinfachung
eines ganzen Gebietes von Untersuchungen schlechtweg fortzulassen.
Um das zu würdigen, braucht man nur die Abhandlungen Eulers zu
studieren und bei ihm zu beobachten, zu wie viel unnützen Verwick-
lungen und Schwierigkeiten der Mangel einer scharfen, prägnanten
Charakterisierung der Gaussischen Kongruenz Anlafs giebt.
Jede Zahl a ist einer und nur einer Zahl i des Systems
0, 1, 2, ... m — 1
modulo m kongruent, und zwar derjenigen, die dem Index der ent-
sprechenden Reihe Bi gleich ist; i wird dann der kleinste positive
Rest von a modulo m genannt. Ist speziell
a = 0 (mod m) ,
gehört also a der Reihe R0 an, so ist a durch m teilbar.
Man braucht aber nicht, wie es eben geschehen ist, gerade nur
die Zahlen 0, 1, • • • m — 1 als Repräsentanten der Reihen RQ, • • • üm—1
zu benutzen, sondern man kann aus jeder von diesen Reihen nach Be-
lieben je ein a. herausgreifen. Jedes System
0O> ai> " * ' am-i
von m so bestimmten Zahlen besitzt dann allgemein die Eigenschaft,
dafs sie alle modulo m betrachtet unter einander inkongruent sind und
dafs jede andere Zahl a einer und nur einer von ihnen kongruent ist;
ein System solcher Zahlen nennt man ein vollständiges Restsystem
modulo m. Im Besondern bilden irgend welche m auf einander fol-
gende Zahlen
a, a -j- 1, ß + 2, • • • a + m — 1,
ein vollständiges Restsystem modulo m, denn die Differenz von je zweien
derselben ist stets kleiner als m und demnach nie durch m teilbar.
Der Begriff der Kongruenz, wie ihn Gauss aufgestellt hat, ist nichts
anderes als der der Äquivalenz der Zahlen hinsichtlich ihrer Teilbarkeit
durch m, oder genauer gesprochen, in Bezug auf den Rest, den sie bei
86 Siebente Vorlesung.
der Division durch m lassen. Gauss hatte an Stelle des Wortes „kon-
gruent", das in der Geometrie bereits eine bestimmte Bedeutung hatte,
und dort eine Beziehung charakterisiert, die durchaus den Charakter
der Identität tragt, sehr wohl das aufserordentlich bezeichnende „äqui-
valent", oder „gleichwertig" nehmen können. Für die weiterhin
anzustellenden Betrachtungen sind nämlich zwei ganze Zahlen, mögen
sie nun grofs oder klein sein, in der That gleichwertig, wenn sie aus
derselben Partialreihe B. stammen, d. h. modulo m den gleichen Rest
lassen. Doch ist die Gaussische Ausdrucksweise schon so allgemein
in die Wissenschaft eingedrungen, dafs wir uns eben von der Vorstellung
der Gleichheit, die dem Worte „kongruent" in der Geometrie anhaftet,
entwöhnen müssen, eine Forderung der Praxis, die auf Grund des neu
eingeführten Zeichens für die Kongruenz (=), leicht zu erfüllen ist.
Freilich wäre auch dieses Zeichen vielleicht besser durch ein anderes
Symbol zu ersetzen, weil durch eben dieses Zeichen neuerdings, wohl
zuerst von Biemann, ausgedrückt wird, dafs zwei Ausdrücke einander
identisch gleich sind, so dafs z. B. x — y = (x + y) {x — y) gesetzt
wird. Es ist nicht zu leugnen, dafs diese Bedeutung jenes Zeichens,
obwohl sie nicht entfernt die gleiche Verbreitung gefunden hat, doch
eigentlich naturgemäfser erscheint als die Gaussische; denn bei jenen
drei Strichen denkt man unwillkürlich zuerst an eine verstärkte Gleich-
heit, während durch die Kongruenz in der Zahlentheorie im Gegenteil
eine viel weniger nahe Verwandtschaft zwischen zwei Zahlen hervor-
gehoben wird. Selbstverständlich wird jenes Zeichen in unseren Vor-
lesungen immer im Gaussischen Sinne verstanden werden, wogegen wir
uns für jede davon irgendwie verschiedene Art der Äquivalenz des
Symbols (~) bedienen wollen. — Von einem andern Gesichtspunkte
aus ist es als ein Vorteil anzusehen, dafs Gauss den Aquivalenzbegriff,
der in seiner Allgemeinheit für die ganze Mathematik, wie auch für
andere Wissenschaften so überaus fruchtbar ist, nicht an die von ihm
behandelte, sehr spezielle Gleichwertigkeit gebunden hat.
*
§2.
Werden irgend welche Elemente Ay B7 (?,••• oder auch Systeme
von solchen
(4, .4,, ...), (B1} Bs, •••), (&, C„ •••)•••,
die wir typisch ebenfalls durch
bezeichnen wollen, äquivalent genannt, so mufs diese Beziehung, falls
§ 2. Kongruenz und Äquivalenz. 87
sie wirklich die Merkmale der Gleichwertigkeit tragen soll, notwendig
den folgenden drei Anforderungen genügen:
1) Jedes System mufs sich selbst äquivalent, d. h. es mufs stets
A~ A
sein.
2) Sind zwei Systeme einem dritten äquivalent, so müssen sie
unter einander äquivalent sein, d. h. aus den beiden Äquivalenzen
A~C, B~C
mufs sich die weitere
A~B
ergeben.
3) Ersetzt man in den Äquivalenzen der vorigen Nummer C
durch A, so folgt aus
B~A
mit Notwendigkeit
A~B,
d. \l die Erklärung der Äquivalenz mufs in Bezug auf A und B symme-
trisch sein.
Dafs jene Bedingungen, von denen die dritte in den beiden ersten
enthalten ist, für unsere Definition der Kongruenz erfüllt sind, bedarf
keines Beweises; in der That ist die Richtigkeit der Kongruenz
a = a (mod m)
selbstverständlich; und bestehen ferner die beiden Kongruenzen:
a = c (mod m) und b = c (mod m) ,
so sind ja a und b in derselben Reihe B. enthalten, d. h. es ist auch
a = b (mod w) .
Wir gehen nun dazu über, die Grundregeln für das Rechnen mit
Kongruenzen herzuleiten und werden dabei an der Hand einiger elemen-
tarer Sätze zu der Erkenntnis kommen, dafs man, abgesehen von einer
leicht zu findenden Einschränkung, mit Kongruenzen genau ebenso wie
mit Gleichungen rechnen kann. Es gelten nämlich die folgenden Fun-
damentalsätze:
M , , ,
(1) a = a\ b = b (mod m),
so ist auch
a -f- 6 == a -f- V j
(2) a — b = a — b'\ (modm)."
ab ^ ab' )
Da nämlich die beiden Differenzen a — a' und b — b' nach der Vor-
aussetzung (1) durch m teilbar sind, so ergiebt sich die Richtigkeit
der Kongruenzen (2) unmittelbar vermöge der Identitäten
88 Siebente Vorlesung.
(a + b) — (a + &0 = (a — a'j + (6 — b')
(a — b) — (a' — b') = (a — a*) — {b — 6')
a& — a'&' = a(6 — 6') + 6'(a — a9).
Natürlich gilt das Gleiche auch von Summen mehrerer Summanden
und Produkten aus mehreren Faktoren, und hieraus können wir direkt
den allgemeinen Satz folgern:
„Ist f(a, b, ef • • •) eine beliebige ganze, ganzzahlige Funktion
der Zahlen a, 6, c, • • •, so ändert sie, modulo m betrachtet,
ihren Wert nicht, wenn die Zahlen a, b9 <:,••• durch andere,
ihnen modulo m beziehlich kongruente a7 6', c'} • ■ • ersetzt
werden."
Es ist somit allgemein
f(a, &,<?,...)= f(a, 6', c, - • -) (mod m),
falls
a = a, b = b\ c = c\ • • • (mod m)
ist.
So einfach dieses Theorem auch ist, so wird es doch für eine
ganze Theorie Ton fundamentaler Bedeutung. Ist z. B. x so bestimmt,
dafs die ganze, ganzzahlige Funktion
f(x) = anxn + anlxn"1 -\ 1- at x + a0 = 0 (mod m)
ist, wo a0, • • • an beliebige ganze Zahlen bedeuten, so bleibt diese Kon-
gruenz bestehen, wenn für x irgend eine ihr kongruente Zahl g, also
etwa der kleinste Best von x modulo m gesetzt wird. Um demnach zu
entscheiden, ob unsere Kongruenz durch einen ganzzahligen Wert von x
befriedigt werden kann, hat man nur notig, für x der Reihe nach
0, 1, 2, • • • m — 1 oder irgend ein anderes vollständiges Restsystem
modulo m einzusetzen und zu prüfen, welche der so entstehenden m
ganzen Zahlen
f(0), /W, •••«•»- 1)
durch m teilbar ist. So hat z. B. die Kongruenz
f(x) = s2 + x + 1 = 0 (mod 5)
überhaupt keine ganzzahlige Lösung, weil keine der 5 Zahlen
/•(0) = 1, /Xl) = 3, /-(2) = 7, ^(8) -18, /-(4) = 21
durch 5 teilbar ist. Dagegen besitzt
x — 6x = 0 (mod 5)
die beiden inkongruenten Lösungen
x = 0 (mod 5) , x r_5 1 (mod 5)
und keine andern.
§ 2. Die Grundregeln für das Rechnen mit Kongruenzen. 89
Haben wir ferner eine Kongruenz
a = b (mod mx m%mz • • • mr) ,
deren Modul ein Produkt aus beliebig vielen Faktoren ist, so ist sie
offenbar für jeden Faktor desselben erfüllt, d. h. es folgen aus ihr die
r weiteren Kongruenzen
a = b (mod m() (• = 1,2, *•).
Im Anschlüsse hieran soll nunmehr auf einen Grundunterschied
hingewiesen werden, der zwischen Gleichungen und Kongruenzen im
allgemeinen statt hat. Unter den vielen Sätzen, die für beide Gebiete
in gleicher Weise gelten, ist einer der selbverständlichsten der folgende:
„Wenn in einem Produkte von zwei oder mehreren Zahlen der
eine Faktor gleich oder kongruent Null ist, so ist es auch das
Produkt selbst."
Die Umkehrung desselben:
„Wenn ein Produkt gleich Null ist, so mufs es einer seiner
Faktoren sein"
ist nun für die Theorie der Gleichungen bei weitem wichtiger als jener
Satz selbst. Die Richtigkeit jener Umkehrung ist evident, so lange
es sich um Produkte ganzer Zahlen handelt; sie mufs jedoch bei der
Einführung anderer als der natürlichen Zahlen jedesmal erst bewiesen
werden. Grade auf dem Umstände, dafs dieser Nachweis in dem Ge-
biete der höheren komplexen Zahlen ausnahmslos geführt werden kann,
beruht die grofse Bedeutung derselben für die Entwicklung der Wissen-
schaft Dafs dieser selbe Satz für Kongruenzen keineswegs bedingungs-
los besteht, lehrt das nächste beste konkrete Beispiel. So ist z. B.
3-7 = 0 (mod 21), ohne dafs einer der Faktoren 3 oder 7 durch 21
teilbar ist Man kann aber leicht den Satz angeben, welcher in der
Theorie der Kongruenzen an die Stelle des soeben erwähnten Theo-
remes tritt.
Ist nämlich allgemein
(5) a • 6 = 0 (mod m)
und ist (m, a) der gröfste gemeinsame Divisor von m und a, so braucht
tu
b nur den komplementären Divisor j- — - -r zu enthalten; d. h. die Kon-
gruenz (5) hat die andere
6 = 0 (mod 7 r)
\ (mf a)ß
zur notwendigen Folge; wir erhalten also hier den viel spezielleren Satz:
„Ist
a& = 0 (mod m),
so mufs b den zu (m, a) komplementären Teiler von m enthalten."
90 Siebente Vorlesung.
Nur in dem besonderen Falle, wo (w, ä) gleich 1, wo also a zu m
relativ prim ist, geht aus (5) die Kongruenz
6 = 0 (mod m)
hervor.
Ganz ebenso darf aus der Kongruenz
ac = bc (mod m)
nicht ohne weiteres
a = b (mod tri)
geschlossen werden, sondern es ergibt sich wieder nur
a = b (mod -. A ,
denn die erste Kongruenz kann ja in der Form
c(a — b) = 0 (mod w)
geschrieben und auf sie der soeben gefundene Satz angewendet werden.
So folgt z. B. aus
2- 5 = 8- 5 (mod 30)
nicht
sondern nur
2 = 8 (mod 30),
2 = 8 (mod 6);
dagegen ergiebt sich aus
5-2 = 5.14 (mod 6)
notwendig
2 = 14 (mod 6),
weil hier der Multiplikator 5 zu 6 teilerfremd ist.
„Ist aber der Modul speziell eine Primzahl p, so kann ein Pro-
dukt zweier oder mehrerer Faktoren niemals durch p teilbar
sein, ohne dafs einer der letzteren die Primzahl enthält"
Hier läfst sich also jener Fundamentalsatz aus der Theorie der Glei-
chungen ganz entsprechend auch für Kongruenzen aufstellen, und danach
können die Kongruenzen für einen Primzahlmodul völlig ebenso wie
die Gleichungen behandelt werden.
Auf diese Thatsache hat man früher zu wenig Gewicht gelegt;
selbst Gauss hat sie in seinem Hauptwerke in diesem Zusammenhange
nicht hervorgehoben, obgleich die Einführung des Aquivalenzbegriffes
grade dann von hervorragendem Nutzen ist, wenn der eben erwähnte
Fundamentalsatz erhalten bleibt. Bei zusammengesetzten Moduln kann
man gewissermaßen zwei Klassen der Null modulo m unterscheiden;
in der einen befinden sich alle wirklichen Vielfachen von m, während
die andere alle Zahlen umfafst, die mit dem Modul nur einen Teiler
gemeinsam haben, ohne ihn ganz zu enthalten. Für m = 25 gehören
§ 2. Kongruenzen für einen Primzahlmodul. 91
z. B. 0, 25, 50, ■ • • in die erste, 5, 10, 15, 20, 30 u. s. f. in die zweite
Klasse; für Primzahlmoduln p fallen dagegen die Teiler der Null mo-
dulo p fort und daher entspricht die Theorie der Kongruenzen modulo
p vollständig der der Gleichungen.
Wir hatten ferner auf Grund der Darstellbarkeit einer Zahl durch
ihr Exponentensystem gezeigt, dafs eine Zahl m, die durch zwei andere
m' und m" teilbar ist, auch deren kleinstes gemeinsames Vielfaches
enthalten mufs. Dieser, Satz lautet auf die Kongruenzen übertragen
folgendermafsen :
„Ist
a = b (mod m) und a = b (mod m'),
so ist auch
a = b (mod [m, m']),
wo [m, m'] das kleinste gemeinsame Vielfache von m und m
bezeichnet",
oder verallgemeinert:
„Gilt eine und dieselbe Kongruenz für verschiedene Moduln, so
besteht sie auch für das kleinste gemeinsame Vielfache derselben
als Modul."
So folgt z. B. daraus, dafs die Kongruenz
122 = 242
f&r jeden der vier Moduln 12, 30, 40, 60 besteht, dafs sie auch für
deren kleinstes gemeinsames Vielfaches, d. h. für 120, erfüllt ist.
Hieran schliefst sich unmittelbar die Folgerung:
„Gilt eine Kongruenz für eine Anzahl von Moduln, von denen
jeder zu jedem andern relativ prim ist, so besteht sie auch für
ihr Produkt",
denn in diesem Falle ist ja eben das kleinste gemeinsame Vielfache
gleich dem Produkte jener Moduln. So folgt z. B. aus dem Bestehen
der Kongruenz
11 = 2811
für m = 8, 25, 7 die Richtigkeit der Kongruenz:
11 = 2811 (mod 1400).
§3.
Ehe wir auf die systematische Behandlung und Auflösung der
Kongruenzen eingehen, wollen wir noch die Anwendbarkeit der bisher
gefundenen Resultate an einigen Sätzen erläutern, die in der elemen-
taren Arithmetik von Bedeutung sind. Es läfst sich nämlich die Frage,
c = V
94 Siebente Vorlesung.
«— («,f «1-11 •••, ci> co)
ihr Produkt, so besteht modulo 9 betrachtet die Kongruenz:
.J/ct = ab = (j?a) fy) (mod 9)-
0 0 0
„Die Ziffernsumme eines Produktes ist also modulo 9 dem Pro-
dukte der Ziffernsummen seiner Faktoren kongruent, und ebenso
ist die alternierende Ziffernsumme eines Produktes dem Produkte
der alternierenden Ziffernsummen seiner Faktoren modulo 11
kongruent."
Wendet man z. B. jene beiden Proben zur Kontrolle der Gleichung
3752 • 7640 = 28665280
an, so liefern diese die beiden offenbar richtigen Kongruenzen:
17.17 = 37)
(_!)(_!) = 1 ) (mod9) l-(-5) = (-5) (mod 11).
Aufserdem ergeben sich noch in den Kongruenzen
C = [C , • - • Cv Cl9 C0] = C0 (mod 2) und (mod 5)
und
C = [C,.-. Cv Cv C0] = 10Ct + CQ (mod 4) und (mod 25)
die bekannten Kriterien für die Teilbarkeit einer Zahl durch 2, 4, 5
oder 25 und hieraus ähnliche Vereinfachungen für die höheren Potenzen
von 2 oder 5.
Um das Prinzip dieser Methoden deutlicher erkennen zu lassen,
wollen wir jetzt das Gesetz aufsuchen, dem die Ziffern einer im de-
kadischen Systeme gegebenen Zahl gehorchen müssen, damit diese
durch 7 teilbar ist. Zu diesem Zwecke stellen wir die kleinsten posi-
tiven oder negativen Reste zusammen, denen die Potenzen von 10 mo-
dulo 7 bezw. kongruent sind, und erhalten so
10= 3; 10*= 2; 108 = — 1
104= — 3; 106 = — 2; 106= 1.
Jede von diesen Kongruenzen geht aus der vorigen hervor, indem
man die letztere mit 10 multipliziert und ihre rechte Seite modulo 7
auf ihren kleinsten positiven oder negativen Best reduciert. Offenbar
sind dann die weiteren Potenzen von 10 von der siebenten an aber-
mals den Zahlen 3, 2, — 1, — 3, — 2, lin derselben Reihenfolge
kongruent; denn es ist z. B.
107 = 106 • 10 ee 3 (mod 7).
So gelangen wir zu der Kongruenz:
§ 3. Anwendungen. 95
C-[Cr,-CvCv C0] = (C0-C3 + C6-C9 + .--)
+ 3(01-Cf4+0T-C10 + ---)
+ 2(C2-C5 + C8 ) (mod.7).
Z. B. ist
12096735 = (5 — 6 -f 2) + 3 (3 - 9 + 1) + 2 (7 — 0) = 0 (mod 7).
Nehmen wir nun für die Moduln gröfsere Zahlen, so werden derartige
Gesetze im allgemeinen immer komplizierter und praktisch unbrauch-
barer; und es entsteht daher die Frage, für welche gröfseren Moduln
sich ein einfaches Resultat herausstellt. Wie sofort zu ersehen, ist
hierzu erforderlich, dafs von den Resten yk der Potenzen ^r* möglichst
wenige von einander verschieden sind, oder dafs yk möglichst bald
wieder den Wert + 1 bekommt; demnach kommt es dabei wesentlich
auf die willkürlich wählbare Grundzahl g unseres Systemes an.
Ist wieder 10 diese Grundzahl, so gestaltet sich die Untersuchung
besonders leicht für die Primzahlen 37 und 101. Es ist nämlich
10 = 10, 102 eee — 11, 10s = + l (mod 37)
und deshalb genau wie vorher jedes fernere 10 einer der Zahlen
1, 10, — 11 kongruent, je nachdem der Exponent von der Form 3ä,
3 h -f- 1 oder 3ä -f- 2 ist. Es ist somit
c-[cr,...cv Cv C0] = (C0 + Ca + C6 + ...)
+ 10(Cl + Cl + C1 + ..-)-ll(Ca+Ct + --.) (mod 37);
z. B. ist
98754321 = (1 + 4 + 8) + 10 (2 + 5 + 9) — 11 (3 + 7) = 26 (mod 37),
d. h. diese Zahl läfst durch 37 geteilt den Best 26. Ebenso ist
für m = 101
10 = 10, 10* = — 1, 10s = — 10, 10* = 1 (mod 101) u. s. w.,
und wir erhalten die Kongruenz
c-[crl...qfq, C0] = (C0-C8 + C,-C6 + ...)
+ 10 (0, - Cs + C6 - C7 + • • •) (mod 101).
In allen den soeben behandelten Fällen richtet sich das Haupt-
interesse jedesmal auf die Feststellung der kleinsten Reste, denen die
Potenzen einer Grundzahl g, in unsern Beispielen also die Potenzen
10 , 10 , 10 , • • • modulo m kongruent sind. Man kann deshalb das
Obige bereits als eine Vorbereitung auf die Theorie der Potenzreste
betrachten.
Achte Vorlesung.
Die höheren Kongruenzen. — Aufsuchung ihrer Wurzeln. — Hauptsätze über die
höheren Kongruenzen. — Anzahl der Wurzeln einer Kongruenz. — Kongruenzen
,fär einen Primzahlmodul. — Anwendungen: Der Wilsonsche und der Fermatsche Satz.
§ i.
Nachdem wir in der letzten Vorlesung die Grundregeln über das
Rechnen mit Kongruenzen auseinandergesetzt haben, wenden wir ans
jetzt der speziellen Theorie der letzteren zu. Wir gehen dabei zunächst
von einem allgemeineren, grofsen Untersuchungsgebiete, der Lehre von
den sogenannten höheren Kongruenzen aus, die derjenigen von den
algebraischen Gleichungen in der Algebra entspricht; wir fragen nämlich,
ob es ganze Zahlen x giebt, die der ganzzahligen Kongruenz
f(x) = cnxn + cn__1xn~1 + • • - + cQ = 0 (mod m)
genügen, analog wie bei den Gleichungen nach den Lösungen von
f(x) - 0
geforscht wird. Unsere letzte, wesentliche Aufgabe für eine einzige
Unbekannte kann hiernach so ausgesprochen werden:
„Es sollen alle Lösungen der ganzzahligen Kongruenz
f(x) = cnxn + cn_lxn~1 + • • • + c0 = 0 (mod m)
gefunden, d. h. es soll in der allgemeinsten Weise x als ganze
Zahl so bestimmt werden, dafs diese Kongruenz befriedigt wird."
Hat man eine derartige Zahl x gefunden, so genügt, wie oben bewiesen
wurde, jede zu x modulo m kongruente Zahl der Kongruenz ebenfalls;
diese besitzt daher dann und nur dann überhaupt eine ganzzahlige
Lösung, wenn eine solche bereits unter den m ersten Zahlen 0, 1, •••m — 1
vorhanden ist. Um alle Lösungen der Kongruenz aufzusuchen, hat man
also nur für x der Reihe nach die Werte 0, 1, • • • m — 1 in f{x)
einzusetzen und nachzusehen, welche von den so entstehenden Zahlen
f(0), • • • f(m — 1) durch m teilbar sind. Sind at- • • o. alle Zahlen
jener Reihe, die dieser Forderung entsprechen, so erhält man die Ge-
samtheit der verlangten Lösungen in den r Kongruenzen
x = a,. (mod m) («'— i, *. • • • 0-
§ 1. Die höheren Kongruenzen. 97
Mithin kann unsere Aufgabe stets durch eine endliche Anzahl von
Versuchen gelöst werden.
Bei der Betrachtung der Kongruenzen höheren Grades ist nun
eine Erweiterung des Kongruenzbegriffes von höchstem Nutzen, die
später ausfuhrlich erörtert werden soll. Während wir nämlich bis
jetzt nur Zahlen hinsichtlich eines Moduls m prüften, wollen wir dieses
jetzt auch für ganze ganzzahlige Funktionen von Unbestimmten thun,
wobei wir die Anzahl der letzteren vorerst auf eine beschränken; wir
sagen, eine ganze ganzzahlige Funktion
f{x) = cnxn + cn_xxn~x + h CQ
ist durch m teilbar, wenn der Quotient
m - m
wiederum eine ganze ganzzahlige Funktion von x ist. Hieran schliefst
sich unmittelbar die folgende Definition:
„Eine ganze ganzzahlige Funktion von x ist dann und nur
dann ein Vielfaches von m, wenn ihre sämtlichen Koefficienten
es sind",
und damit lassen sich sofort die Sätze über Kongruenzen von Zahlen
auf solche von ganzen Funktionen ausdehnen.
„Zwei Funktionen f(x) und g(x) sind dann und nur dann
modulo m kongruent, wenn ihre Differenz durch m teilbar ist."
Ist also
f(X) -= % + aiX + atX* ~\ 1- anX
g{*) — h + K* + \* + ••■ + K*,
so ist
f(x)=g(x) (modw),
wenn durchweg
ak = \ (mod m) (*=of i, 2, . »>
ist. Dafs beide Funktionen von gleichem Grade angenommen worden
sind, bedeutet keine Beeinträchtigung der Allgemeinheit, weil man ja,
falls eine von ihnen von niedrigerem Grade als die andere ist, die
fehlenden Potenzen von x mit dem Koefficienten 0 hinzufugen kann.
Zwei modulo m kongruente Funktionen f(x) und fx{x) sind einander
für jeden ganzzahligen Wert des Argumentes kongruent; jede Wurzel
der einen ist daher auch eine Kongruenzwurzel der andern. Will man
nun alle Wurzeln einer Funktion f(x) angeben, so kann man sich diese
Aufgabe dadurch wesentlich vereinfachen, dafs man alle Koefficienten
Kronecker, Zahlentheorie. I. 7
98 Achte Vorlesung.
modulo m auf ihren kleinsten Rest reduziert. So stimmen z. B. alle
Wurzeln der Kongruenz:
12*s — 23s* + Gx -f 23 = 0 (mod 6)
mit denjenigen der einfacheren:
x— 1 = 0 (mod 6)
überein; dieselbe besitzt somit nur die beiden Lösungen
x = + 1 (mod 6).
Auf die hier sich darbietenden Probleme werden wir bei der
Theorie der Divisorensysteme ausführlich eingehen. Der Zweck vor-
stehender Betrachtungen an dieser Stelle bestand nur darin, die für
die weiteren Darlegungen unentbehrlichen Definitionen anzugeben und
zugleich darauf hinzuweisen, dafs die ganze Entwicklung jener Theorie
mit Notwendigkeit auf die arithmetische Behandlung der ganzen ganz-
zahligen Funktionen hinauslauft.
§2.
Es sei nun £x irgend eine Lösung von
(1) f{x) = c0 + cxx + • • • + cnxn = 0 (mod m) ,
also /XSi) durch m teilbar, dann besteht für ein variables x die
Kongruenz
= (* - y w + «;*+- + c/"1)
= (* — 6i)/i(*) (mod»),
wo /^ (#) eine ganze ganzzahlige Funktion vom (n — l)ten Grade be-
deutet. Dieses Resultat kann ganz analog wie in der Theorie der
Gleichungen folgendermafsen ausgesprochen werden:
„Genügt £j der Kongruenz
. f(x) = 0 (mod m),
so ist für jeden Wert von x
f{x) = {x — ll)f1{x) (modt»),
d. h. f(x) ist modulo m betrachtet durch den zu £t gehörigen
ganzzahligen Linearfaktor x — |x teilbar."
Angenommen nun, es besäfse
fx (x) = 0 (mod m)
§ 2. Die Wurzeln höherer Kongruenzen. 99
wieder eine ganzzahlige Lösung x = |s , so ist nach dem eben be-
wiesenen Theoreme
£(*) — (* — *»)/i(*) (mod"0
and demnach
f(x) = (x- y (* - y £ (*) (mod m).
Fahrt man in derselben Weise fort und beachtet, dcCTs der Grad
der resultierenden ganzen ganzzahligen Funktionen fx{x)y f2(x), •••
immer um eine Einheit abnimmt, so mufs man, wie leicht zu erkennen,
schließlich zu einer Funktion kommen, die entweder vom 0ton Grade,
also eine Eonstante ist oder garkeine Lösung besitzt; so ergiebt sich
zuletzt
A*) = (*-ü(*-ü---(*-y/;(*) (modm),
wobei die Kongruenz
fk(x) = a0 + axx + • • ■ + an_kxn~~k = 0 (mod m)
durch keinen ganzzahligen Wert mehr befriedigt werden kann. Ist
speziell Je = n, so reduziert sich fk (x) eben auf eine Eonstante, und
zwar lehrt die Koefficientenvergleichung unmittelbar, dafs dieselbe
gleich cn, dem Eoefficienten der höchsten Potenz von x in f(x), ist.
Die ganzen Zahlen j^, |g, • •• £t sollen in Analogie mit der Theorie
der Gleichungen auch hier Wurzeln der Kongruenz (1) genannt
werden.
Hat eine Gleichung w**0 Grades n Wurzeln, ist also identisch
so gilt in der Algebra der Satz, dafs jede andere Lösung £ mit einer
jener n Wurzeln zusammenfallen mufs, da das Produkt
«„(S-6,)(!-y "-«-ü
nur dann gleich Null sein kann, wenn einer seiner Faktoren es ist.
Hier tritt nun wieder der oben hervorgehobene Fundamentalunterschied
zwischen .Gleichungen und Kongruenzen hervor: der entsprechende Satz
für Kongruenzen hat nämlich keineswegs allgemeine Geltung, eine
Kongruenz n**1 Grades kann sehr wohl mehr als n inkongruente
Lösungen besitzen. Sind nämlich g , §2, * • • £n n Wurzeln von f(x) = 0,
ist also:
f(x) = cn(x — tj ... {x — 6J (mod m)
und nehmen wir an, £0 sei eine (n + 1)** Lösung der Kongruenz, so
wissen wir, dafs das Produkt
/•(U = «. (5, -*,)■•■ % ~ U
100 Achte Vorlesung.
sehr wohl durch m teilbar oder kongruent Null modulo m sein kann,
ohne dafs einer seiner Faktoren es ist; hierzu braucht ja nur m derart
multiplikativ zerlegbar zu sein, dafs seine einzelnen Bestandteile in
jenen Faktoren aufgehen. £0 stimmt daher durchaus nicht notwendig mit.
einer der Gröfsen £19 -•• £„ modulo m überein. So besitzt z. B. die
Kongruenz des zweiten Grades:
x* + x = 0 (mod 6)
die vier inkongruenten Wurzeln 0, 2, 3, 5, und dem entsprechen die
beiden Darstellungen
#* + x = x (x — 5) (mod 6),
x* + x 7= (x — 2) (x — 3) (mod 6);
in der That ist für x = 5
f(5) = (5 — 2) (5 — 3) = 0 (mod 6),
weil der erste Faktor des Produktes durch 3, der zweite durch 2 teil-
bar ist.
Der Hauptsatz aus der Lehre von den Gleichungen bleibt also für
Kongruenzen durchaus nicht bedingungslos bestehen, und dadurch ge-
staltet sich diese Theorie sehr viel schwieriger und verwickelter als
die der Gleichungen. Um so wichtiger aber ist der Umstand, dafs
sich für den Spezialfall eines Primzahlmoduls die Kongruenzen auch
in dieser Hinsicht ganz ebenso verhalten wie die Gleichungen. Besitzt
eine ganze ganzzahlige Funktion nten Grades fix) modulo p betrachtet
n Wurzeln, ist also:
f(x) = cn (x - |t) • • • (x - £„) (mod j,), (2)
so kann keine (n + l)te von £ , £2, • • • 5n modulo p verschiedene
Lösung |0 mehr existieren, denn das Produkt
/•(g = c„(i0 - y • • • & - y (modp)
«
kann nur dann durch die Primzahl p teilbar sein, wenn mindestens
einer seiner Faktoren dieselbe enthält. Die Möglichkeit cn = 0 (modp)
ist aber natürlich ausgeschlossen, weil sonst f(x) auf Grund der Kon-
gruenz (2) identisch durch p teilbar wäre und die Koefficienten samt-
lich Vielfache von p sein müfsten. Wir haben somit für diese
Kongruenzen den Fundamentalsatz gewonnen:
„Eine Kongruenz für einen Primzahlmodul p kann höchstens
so viele Wurzeln haben, als ihr Grad angiebt, es sei denn, dafs
alle ihre Koefficienten durch p teilbar sind."
Als unmittelbare Folge ergiebt sich hieraus für zusammengesetzte
Moduln:
§ 2. Kongruenzen für einen Primzahlmodul. 101
„Eine Kongruenz des nton Grades, in der der Koefficient der
höchsten Potenz zum Modul teilerfremd ist, kann nicht mehr
als n Lösungen haben, die in Bezug auf einen Primfaktor des
Moduls inkongruent sind."
Andrerseits kann eine Kongruenz sowohl für einen zusammen-
gesetzten, wie für einen unzerlegbaren Modul recht gut weniger Wurzeln
haben, als ihr Grad betragt. Die Kongruenz
«
x*+l = 0 (mod3)
besitzt z. B. keine einzige Wurzel, da ihre linke Seite für keinen der
Werte x = 0, 1, 2 durch 3 teilbar wird, und dasselbe gilt selbst-
verständlich a fortiori für jedes Multiplum von 3 als Modul, z. B. für
m = 6.
Diese Thatsache bedeutet jedoch keine wesentliche Abweichung der
Kongruenzen von der Analogie mit den Gleichungen. Denn die Regel,
dafs die Anzahl der Wurzeln gleich dem Grade der Gleichung ist, ist
auch für die letzteren zunächst nicht richtig, sie wird es vielmehr erst,
wenn man das Zahlenreich, innerhalb dessen die Wurzeln zu wählen
sind, durch die Einführung der komplexen Zahlen a -\- b ]/ — 1
genügend erweitert; erst dann hat z. B. die quadratische Gleichung
x* + 1 =0
zwei Wurzeln x = + V — 1> während sie durch reelle Werte von x
überhaupt nicht befriedigt werden kann. So könnte man auch die
Wurzeln unlösbarer Kongruenzen als neue Zahlgröfsen definieren, und
wirklich ist das mitunter geschehen; doch wird sich zeigen, dafs sich
ihre Einführung ohne jeden Nachteil vermeiden läfst.
§3.
Nach den Auseinandersetzungen des vorigen Paragraphen können
die Kongruenzen für einen Primzahlmodul der Hauptsache nach wie
Gleichungen behandelt werden. Für sie gilt auch der weitere Satz:
Sind *•••£. I von einander verschiedene Wurzeln der Kon-
gruenz
f(x)-:-0 (modp),
so ist identisch
f(x) = (x - 5.) (* -£,)... (x - tt) ft (x),
d. h. f(x) ist modulo p betrachtet durch das Produkt der k zu-
gehörigen Linearfaktoren teilbar.
102 Achte Vorlesung.
Wird nämlich zunächst angenommen, f(x) enthalte modulo p nur
das Produkt der h ersten von den k Linearfaktoren, so besteht also die
Kongruenz :
ersetzt man in ihr x durch die (h -f- l)to Kongruenzwurzel |A , 1 , so
ergiebt sich :
W = («H-i - 5>) • • ' &+i - W £ Ä+i) = ° (m0d *>
Da nun £A , l gemäfs der Voraussetzung von |t, • • • £A modulo j)
verschieden ist und einer der Faktoren des obigen Produktes modulo p
verschwinden mufs, so ist notwendig
d. h. fh (x) ist durch x — £A . x oder f{x) selbst ist in der That modulo p
durch das Produkt [x — gj) ••• (x — gA) (x — ^.^ teilbar, w. z. b. w.
Im Zusammenhange hiermit können wir jetzt einige interessante
Folgerungen speziellerer Natur ableiten. Nach dem aus der Einleitung
bekannten kleinen Fermat'schen Satze ist für eine beliebige Primzahl p
die Differenz a? — x für jeden ganzzahligen Wert von x durch p teil-
bar. Es besitzt demnach die Kongruenz
xp — x = 0 (modp)
die p modulop inkongruenten Wurzeln 0, 1, ••• p — 1, also genau so
viele, wie ihr Grad angiebt; daher mufs die Kongruenz bestehen
(3) xp — x = x(x — 1) • • • {x — p + 1) (mod p).
Ferner erkennen wir leicht, dafs es für den Modul p keine Kongruenz
niedrigeren Grades geben kann, die für jedes ganzzahlige x erfüllt ist,
denn eine solche müfste ja auch die p inkongruenten Wurzeln
0, 1, 2, • • - p — 1 haben, also auch mindestens vom p*** Grade sein.
Aus (3) ergiebt sich nun durch Vergleichung des Koefficienten
von x auf beiden Seiten das bemerkenswerte Resultat:
1-2 ••• (p — 1)= — 1 (mod p)
d. i. der sogenannte Wilsonsche Satz:
„Ist p eine beliebige Primzahl, so ist
(p-l)! + l
stets durch p teilbar."
Offenbar kann dieser Satz auch umgekehrt werden: Ist für irgend
eine ganze Zahl m
(4) (m — 1) ! + 1 = 0 (mod m)
§ S. Der Wilsonsche Satz. 103
so mufs m notwendig eine Primzahl sein. Hätte nämlich m einen
eigentlichen Divisor m', so müfste derselbe in der linken Seite von (4)
enthalten sein, und das ist unmöglich, weil er schon unter den Faktoren
des Produktes (m— 1)! vorkommt. Es ist deshalb die in dem Wilson*
sehen Satze formulierte Eigenschaft der Primzahlen für sie charak-
teristisch. So ist z. B. für p = 7
1.2-3---6 + 1 — 721 = 0 (mod 7).
Eine zweite direkte Folgerung unseres Ausgangstheorems lautet:
Hat eine Primzahlkongruenz
f(x) = 0 (modp)
genau so viele inkongruente Wurzeln, wie ihr Grad angiebt,
und ist
f(x) — 9(x)1>(z),
so besitzt jeder dieser beiden Faktoren die gleiche Eigenschaft.
Die Summe der Grade von <p(x) und 1>(x) ist nämlich gleich dem
Grade von f(x) und jede Kongruenzwurzel von f(x) ist entweder eine
solche von tp(x) oder von il>(x). Hätte daher die Kongruenz q>(x) = 0
weniger Wurzeln, als ihr Grad angiebt, so würde die Anzahl der
Wurzeln von 1>(x) = 0 (modp) gröfser sein als der Grad von ty(x),
und das ist nicht möglich, weil der Modul eine Primzahl ißt.
Da z. B. in der Gleichung
xp — x = x{xp~l — 1)
der erste Faktor rechts für x = 0 verschwindet, so kommen auf die
Kongruenz s
xp~l — 1 = 0 (modp)
die p — 1 übrigen inkongruenten Wurzeln 1, 2, • • • p — 1, und wir
erhalten so den kleinen Fermatschen Satz in der ursprünglichen Form:
Ist p eine beliebige Primzahl, und a eine nicht durch p teil-
bare ganze Zahl, so ist stets:
ap"1 = 1 (modp).
Es sei nun h irgend eine p nicht enthaltende ganze Zahl; bilden
wir dann die p Produkte
0, A, 2Ä, - - • (p — 1) h,
so sind dieselben, abgesehen von ihrer Reihenfolge, den Zahlen
0, 1, 2, ...p—1
modulo p kongruent. In der That -bilden die Elemente der ersten
Reihe ebenso wie die der zweiten ein vollständiges Restsystem modulo p}
104 Achte Vorlesung.
da nie je zwei unter ihnen für diesen Modul kongruent sein können.
Wäre nämlich etwa rh^Eish (modp), wo r und s irgend zwei ver-
schiedene der Zahlen 0, 1, 2, • • • p — 1 bedeuten, so müfste h(r — s)
durch p teilbar sein, was offenbar unmöglich ist. Da sich ferner die
beiden Zahlen 0 in jenen beiden Reihen gegenseitig entsprechen, so
folgt, dafs auch die beiden Reihen
1, 2, • • • p — 1 und ä, 2A, • • • (j> — 1) A,
abgesehen von ihrer Reihenfolge, modulo p einander kongruent sind.
Ganz m derselben Weise wird, wie beiläufig hier erwähnt werden mag,
auch der Satz bewiesen:
„Ist m irgend eine zusammengesetzte und h eine beliebige zu m
relativ prime Zahl, so bilden die Produkte
0, Ä, 2h, • • • (m — 1) Ä
ebenfalls ein vollständiges Restsystem modulo tn"
Es sei nun 5(1, 2, • • p — 1) irgend eine ganze symmetrische
Funktion der (p — 1) Zahlen 1, 2, • • • p — 1, etwa die Summe
(1 +2 + * ' • + (P — 1) ) ihrer Quadrate, dann bleibt sie nach dem
soeben bewiesenen Satze modulo p ungeändert, wenn man allgemein i
durch hi ersetzt, d. h. es ist stets:
5(1, 2, • • • p - 1) = S(h, 2Ä, • - . (p — 1) A) (modp).
So ist also z. B. für jedes ganzzahlige h
p-i p-i
xp-l—l = JJ(x — i) = JJ(x — hi) (modp).
Es sei jetzt spezieller 8 eine homogene symmetrische Funktion
ihrer Argumente von der v**n Dimension, so ist nach dem Hauptsatze
über homogene Funktionen:
8 (1, 2, • • • p — 1) = S(A, 2Ä, • • . (p — 1) h) = h*S(lr-p — 1) (modp)
oder
(5) (hv— 1)5(1, 2, ...p — 1) = 0 (modp),
wo h jede beliebige durch p nicht teilbare ganze Zahl bedeuten kann.
Ist hierbei zunächst v kein Vielfaches von p — 1, so läfst sich h stets
so bestimmen, dafs h* — 1 die Primzahl p nicht enthält. Ist nämlich
v' der kleinste Rest, den v nach der Division durch p — 1 lädst,
ist also
V = (p l)r -\- V\ l*'=l,2, •••/>— 8)
so ist nach dem Fermatschen Satze
h9 = h{f"l}rh9' = h9' (modp),
§ 3. Anwendungen. 105
und, weil nunmehr v'<p — 1 ist, kann h sicher stets so gewählt
werden, dafs
V — 1
durch p nicht teilbar wird; denn wir haben ja gesehen, dafs eine
Kongruenz
*"' — 1 = 0
von niedrigerem als dem (p — l)*611 Grade nicht für jede der Zahlen
1, 2, • • • p — 1 bestehen kann. Wird also h demgemäfs gewählt, so
ist in der Kongruenz (5) der erste Faktor links durch p nicht teilbar;
folglich mufs es der zweite sein, und es ist damit der Satz bewiesen:
„Jede ganze homogene symmetrische Funktion der Zahlen
1, 2, • • • p — 1, deren Dimension kein Vielfaches von p — 1 ist,
ist immer durch p teilbar."
Speziell ist
2'*'-l,+ 2'+- + (p-l)' = 0 (modp),
so lange v durch p — 1 nicht teilbar ist; ist dagegen
v = (p — l)v, also lf"l)9=l (modp),
so wird
^JcHp-l) = p— 1= — 1 (modp).
k
Neunte Vorlesung.
Lineare Kongruenzen. Bedingung für ihre Auflösbarkeit. Anzahl ihrer Wurzeln. —
Auflösung der linearen Kongruenzen; erste Methode: Reduktion auf lineare
Kongruenzen für einen Primzahlmodul. — Die Einheiten modulo p. — Beweis
des Wilsonschen Satzes. — Zweite Auflösungsmethode mit Hilfe der Theorie der
Kettenbrüche.
§ i.
Nachdem wir in der vorigen Vorlesung die wichtigsten Sätze aus
der allgemeinen Theorie der höheren Kongruenzen abgeleitet haben,
wollen wir jetzt in die genauere Untersuchung der Kongruenzen des
ersten Grades oder der sogenannten linearen Kongruenzen ein-
treten.
Es sei uns also die Kongruenz
(1) Ax = B (modJf)
vorgelegt, wo A, B und M völlig beliebige ganze Zahlen sind. Wir
beweisen dann zunächst den folgenden Hauptsatz:
„Die Kongruenz
Ax = B (modJf)
besitzt dann und nur dann überhaupt ganzzahlige Lösungen,
wenn der gröfste gemeinsame Teiler t = {A7 M) von A und M
auch in B enthalten ist, und zwar ist alsdann die Anzahl der
modulo M inkongruenten Lösungen jener Kongruenz genau
gleich ta
Ist nämlich t = (A, M) der gröfste gemeinsame Teiler von A
und M> so mufs die obige Kongruenz a fortiori für den Modul t er-
füllt und daher B ebenso wie Ax durch t teilbar sein. Ist das aber
der Fall und ist
A = aty B = bt, M=mt}
so können wir in (1) durch t dividieren und somit die Lösungen der
vorgelegten Kongruenz auf die der neuen
(2) ax = b (mod m)
zurückfuhren, wo jetzt a und m relativ prim sind. Eine solche Kon-
gruenz besitzt aber modulo m stets eine und nur eine Lösung. Denn
da (a, tri) = 1 ist, so bilden die m Produkte
§ 1. Lineare Kongruenzen. 107
0, a, 2a, • • • (m — 1) a
modulo m betrachtet ein vollständiges Restsystem, stimmen somit, ab-
gesehen von ihrer Reihenfolge, mit den Zahlen 0, 1, 2, ••■ m — 1
überein. Die Zahl b ist demnach einem und nur einem jener m Pro-
dukte kongruent, d. h. es giebt in der That eine, aber auch nur eine
Zahl £, für welche:
a£ = b (mod m)
ist oder die Kongrnenz (2) besitzt stets eine einzige Lösung £.
Soll jetzt die Zahl x die Kongruenz (1) befriedigen, so ist dazu
hinreichend und notwendig, dafs sie mit £ modulo m übereinstimmt,
also von der Form
x = S + km
ist, wo k irgend eine ganze Zahl bedeutet. Unter all diesen Zahlen x
giebt es jedoch grade nur t modulo M inkongruente, nämlich die
Zahlen:
6, g + w, g + 2nt, ... £+(*— l)w,
während jede weitere Zahl | + km für den Modul M = mt einer und
nur einer der vorangehenden kongruent wird. Jener erste Satz ist also
in allen seinen Teilen bewiesen.
So besitzt z. B. die Kongruenz
27s = 21 (mod 45)
keine ganzzahlige Lösung, weil 21 den gröfsten gemeinsamen Teiler
9 von 27 und 45 nicht enthält. Bei der Kongruenz
27 s = 21 (mod 15)
ist dagegen jene notwendige Bedingung erfüllt und wir können sie
nach den übrigen Auseinandersetzungen auf die einfachere
9a; = 7 (mod 5)
und diese weiter auf
x = 3 (mod 5)
reduzieren; dann finden wir für x die drei modulo 15 inkongruenten
Werte x = 3, 8, 13.
Theoretisch hätten wir hiermit die Kongruenzen ersten Grades
eigentlich schon erledigt: wir haben es nur mit solchen unter ihnen
zu thun, in denen a und m teilerfremd sind, und bestimmen deren
einzige Wurzel jedesmal auf dem Wege des Probierens, indem wir für
x der Reihe nach 0, 1, 2, • • • m — 1 einsetzen und nachsehen, welche
der Zahlen ax modulo m den Rest b läfst. Doch führt ein so wenig
durchgebildetes Verfahren, wie man sich leicht überzeugt, zu bedeutenden
praktischen Schwierigkeiten, sobald es sich um gröfsere Moduln handelt.
Man hätte z. B. bei der Kongruenz
108 Neunte Vorlesung.
167x — 117 (mod216)
die 215 Produkte
167, 2 . 167, 3 • 167, . . - 215 . 167
modulo 216 zu prüfen.
Wir wollen deshalb in den nächsten Abschnitten einige Reduktions-
methoden darlegen, durch welche diese Aufgabe praktisch sehr be-
trachtlich vereinfacht wird, und die aufserdem ein grofses wissen-
schaftliches Interesse besitzen.
§2.
Das erste nächstliegende Hilfsmittel für die Vereinfachung einer
gegebenen Kongruenz, deren Modul eine gröfsere Zahl ist, ist die De
komposition des Moduls. Ist uns nämlich wieder eine Kongruenz
gegeben:
(1) axF=b (modro),
in welcher wir jetzt a zu m relativ prim annehmen können, so denken
wir uns den Modul w irgendwie in ein Produkt
m = mx • • • mh
zerlegt, von dessen Faktoren jeder zu jedem andern relativ prim ist.
Dann kann die Lösung x, wie nunmehr gezeigt werden soll, aus den-
jenigen der h andern Kongruenzen
(2) axk ~ b (mod mk) (*=i, a, • • • *)
linear zusammengesetzt werden, die sich von (1) nur durch den Modul
unterscheiden und welche, da a zu jedem mk teilerfremd ist, auch
immer eine und nur eine Wurzel xk haben. Bezeichnen nämlich
plf ■ • • (ih die A zu mv • • • mh komplementären Divisoren von w,
so dass
„ tu
f* = — (*=i, •••*)
oder
Pimi = *>*mt = • ' = f*A™A = m
ist, dann ist die ganze Zahl p,k zu mk relativ prim, aber durch jedes
andere m. teilbar. Sind endlich yv • • • yh beziehlich die wiederum
eindeutig bestimmbaren Lösungen von
(3) f**^^1 (modm^),
so ist leicht einzusehen, dafs die Wurzel der ursprünglichen Kongruenz
in dem Ausdrucke
* = Wi + f 8y2*2 H 1- HVkxh (mod w)
§ 2. Auflösung der linearen Kongruenzen. 109
enthalten ist. In der That ist für diese Zahl nach (2) und (3)
weil alle übrigen Eoefficienten (i. den Modul mk enthalten und
pkyk~ 1 (mod mk) ist; daher genügt die so bestimmte Zahl der
Kongruenz
ax = b
für jeden der A unter einander teilerfremden Moduln mlf • • mÄ, also
auch für ihr kleinstes gemeinsames Vielfaches, d. h. ihr Produkt
m\ ' ' ' mh = m a^ Modul.
Damit ist jetzt die Auflösung von (1) auf die der Kongruenzen
(2) und (3) zurückgeführt, deren Moduln Teiler von m sind.
Es sei nun
die Zerlegung von m in seine von einander verschiedenen Primzahl-
potenzen; wählen wir dann für die Zahlen mlf • • • mh jene Primzahl-
potenzen von m, so können wir uns von jetzt an auf die Auflösung
der Kongruenzen
(4) ax = b (mod pr)
beschränken, in denen pr eine beliebige Primzahlpotenz, und a durch p
nicht teilbar ist.
So kann z. B. die am Ende des vorigen Abschnittes betrachtete
Kongruenz für den Modul 216 = 2-3 durch die beiden andern:
167^^117 (mod 8)
167*, = 117 (mod 27)
ersetzt werden, welche sich auf die folgenden
lxt = b (mod 8), öx% = 9 (mod 27)
reduzieren und die Lösungen
xx = 3, x% = 18
haben. Bestimmt man dann noch yv und y% aus den Kongruenzen:
27yt=l (mod 8), 8y, = l (mod 27),
aus denen sich yx = 3, y% = 17 ergiebig so erhält man die Lösung der
ursprünglichen Kongruenz in der Form:
x r_f 27 . 3 • 3 + 8 • 17 - 18 = 2691 = 99 (mod 216)
und in der That ist:
167 . 99 = 16533 ==■ 117 (mod 216).
Die Aufgabe, eine lineare Kongruenz für eine beliebige Potenz
von p zu lösen, läfst sich endlich auf die noch einfachere reduzieren,
110 Neunte Vorlesung.
bei der der Modul eine Primzahl, also r gleich 1 ist. Um dies zu
zeigen, denken wir uns die Lösung £, welche jene Kongruenz notwendig
besitzt, in dem jp-adischen Zahlensysteme, d. h. in der Form
(5) * - 8. + M» + «il»' + • • ■ + K-iP"1
geschrieben, wo J^, ■ • • 5r—1 noch zu bestimmende Zahlen der Reihe
0, 1, • • • p — 1 bedeuten.
Betrachten wir nun die Kongruenz (4) zunächst für den Modul p
und beachten, dafs für ihn £ == 5q ^> 80 erhalten wir zunächst zur
Bestimmung von £0 die Kongruenz
a$0 = 6 (mod|>),
deren Modul die Primzahl p selbst ist.
Haben wir aus ihr |0 gefunden, so betrachten wir die Kongruenz
(4) modulo p* und bekommen so die folgende Kongruenz zur Be-
stimmung von lv :
a% + ^p) = b (modp*)
oder, da b — a£0 durch p teilbar ist,
deren Modul wieder gleich p ist. Wird dieses Verfahren fortgesetzt,
so ergeben sich nacheinander für |2, £s, • • • %>r__x die ganzzahligen
Kongruenzen:
ak = *-*& + iJL±M (modp)
*6r_i = J=i (modp),
also lauter Kongruenzen für den einfachen Primzahlmodul p. Die
Substitution der so gefundenen Werte von £0, • • • grl in (5) liefert
dann die gesuchte Wurzel der Kongruenz (4).
Bei der Auflösung der Kongruenzen für einen Primzahlmodul
(6) ax = b (mod p) ,
auf die wir jetzt die Auflösung der allgemeinsten linearen Kongruenz
reduziert haben, können wir jetzt zwei Fälle unterscheiden. Ist näm-
lich b durch p teilbar, so mufs es auch x sein, weil o und p teiler-
fremd sind, d. h. die gesuchte Lösung ist x = 0; ist dagegen b kein
Multiplum von p, so gilt offenbar dasselbe von x.
§ 2. Die Einheiten modulo p. 111
In diesem Falle kann man nun die Kongruenz (6) för ein ganz
beliebiges b unmittelbar auf die einfachere Kongruenz
(7) aa = 1 (mod p)
reduzieren; denn hat man diese aufgelöst, also a bestimmt, so folgt
ja unmittelbar
x = ha' (mod p)}
wie sofort zu ersehen ist, wenn die vorhergehende Kongruenz (7) mit
b multipliziert wird. Da natürlich nur der letztere der gedachten
beiden Fälle allein in Frage kommt, so sind wir somit schliefslich zu
dem Ergebnisse gelangt, dafs die allgemeinsten linearen Kongruenzen
für zusammengesetzte Moduln immer auf die Auflösung einer Anzahl
Kongruenzen der Form (7) zurückgeführt werden können.
Die Zahl a hat die Eigenschaft, a modulo p zur Einheit zu er-
gänzen; für p als Modul ist daher jede durch p nicht teilbare Zahl
ein Teiler der 1, oder, wenn man einen solchen selbst eine Einheit
nennt, so kann jede Zahl a oder a modulo p als eine Einheit angesehen
werden, a und a dürfen wir hiernach modulo p als komplemen-
täre Divisoren der 1 oder als komplementäre Einheiten schlecht-
weg bezeichnen.
Zu jeder Einheit a gehört somit eine und auch nur eine komple-
mentäre Einheit a', welche im allgemeinen modulo;) von a verschieden
ist. In der That, soll a' = a (modp) sein, so mufs:
aa' = a*=l (modjp)
sein, es mufs also a eine der beiden Wurzeln der Kongruenz zweiten
Grades:
**— l=(s- l)(s+l)=l (modp)
sein, d. h. die komplementäre Einheit zu' a ist dann und nur dann
kongruent a, wenn a = + 1 ist. In der Reihe 1, 2, • • • p — 1 aller
modulo p inkongruenter Einheiten sind also immer je zwei von einander
verschiedene a und a komplementär, mit einziger Ausnahme der beiden
Einheiten 1 und p — 1, von denen jede zu sich selbst komplementär ist.
Für die Primzahlen als Moduln zerfallen also alle Zahlen gewisser-
mafsen in zwei Klassen; die eine umfafst alle Vielfachen von p, die
andere alle Einheiten, d. h. alle zu p relativ primen Zahlen, von denen
immer je zwei komplementär sind.
Die Frage nach den komplementären Divisoren der Einheit, auf
die wir oben die allgemeinste Kongruenz ersten Grades reduziert haben,
findet eine interessante Anwendung bei einem zweiten Beweise des
Wilsonschen Satzes.
114 Neunte Vorlesung.
welche sich von der Kongruenz (1) in der That nur dadurch unter-
scheidet, dafs an der Stelle von m und m1 beziehlich die dem abso-
luten Betrage nach kleineren Zahlen m1 und Wj getreten sind.
In derselben Weise kann man fortfahren und gelangt so, indem
genau wie vorher
mx = 52tWg — ws, xx = s^xa — x^
gesetzt wird, zu der weiter vereinfachten Kongruenz
Ws a^ = r (mod m%)
u. s. f. Da die so definierten ganzen Zahlen m, m1} m^, - - - ihrem ab-
soluten Werte nach immer abnehmen, so mufs schließlich einer der
erhaltenen Reste mv+i gleich 0 werden, und es ergiebt sich für die
Zahlen mt das Gleichungssystem:
m = $!#&! — m^
7Wr— 2 ==s Sy__iWr_ 1 — M>r
wy_i = svfny .
Aus diesen Gleichungen folgt, dafs m,_i, wv_2, • • • Wi, m der Reihe
nach sämtlich durch mv teilbar sind; da aber die beiden letzten Zahlen
dieser Reihe, ml und m relativ prim sind, so mufs ihr gemeinsamer
Teiler mv notwendig gleich + 1 sein. Hiernach lautet die vte der aus
(1) abgeleiteten Kongruenzen einfach
w^r-i = + Xv—i = r (mod m,_i)
und die entsprechende Gleichung
(5) + xp-i = r + m^-xXy.
Beide sind unmittelbar aufzulösen, da der Koeffizient der Unbekannten
auf + 1 reduziert ist; man nimmt für #y_i irgend eine Zahl, die
kongruent -f- r bezw. — r ist, und bestimmt dazu aus der rechten
Seite von (5) den zugehörigen Wert von xv. Sind so xv und #r_i,
sowie die Zahlen St bekannt, so werden die übrigen Gröfsen #*_*,
#r_ 3, • • • xl9 x durch die Auflösung der Gleichungen
(6)
Xv— i = Sr_i
Xf
-1 — x*
Xy — 3 ^= Sy — S
Xy
— a — a?»-i
#1 =s= Si%2
*3
X *— - S< X\
Xa
§ 3. Theorie der Kettenbrüche. 115
geliefert; die mit den Gleichungen (4) völlig analog gebildet sind.
Damit haben wir auch auf diesem Wege die Gewifsheit erlangt, dafs
für unsere Kongruenz (1) eine Wurzel sicher existiert, und haben zu-
gleich eine leichte Methode zu ihrer Ermittelung in der successiven
Auflösung des Gleichungssystemes (6) dargelegt.
Sehr viel kürzer aber ist das Verfahren, das uns die folgenden
Betrachtungen liefern werden: Die vorhin benutzten, durch fortgesetzte
Division entstandenen Gleichungen (4)
(7) m,_j = s.m. — w.+1 P-i.1,-'),
die zur Berechnung der Zahlen m, n^, mi} • • • und sX} s^9 * • • dienten,
sind genau dieselben, welche zur Umwandlung des Bruches — in
einen Kettenbruch führen; die Zahlen sl9 Sj, • • • sind nichts anderes,
als die bei jener Operation auftretenden Nenner des Kettenbruches.
Dividiert man nämlich jede der obigen Gleichungen (7) allgemein
durch m.y so können sie in der folgenden Form geschrieben werden:
m.
>
= s. —
*
i
m. '
t
mi+i
und hieraus bekommt man ohne weiteres für — die Darstellung:
ml 1
m
*i —
h —
h —
s,
Bezeichnet man jetzt die einzelnen Näherungswerte dieses Ketten-
bruches mit
setzt man also
Ms
M
1 Ma 1
s»
V Nt ~
1
hS, — 1
iVj 1 5j S2 S3 5j $3
Sl —
s.
2 *s
8*
116 Nennte Vorlesung.
u. b. f., so geht jedesmal v "*" dadurch aus dem Bruche -^- hervor,
dafs man in letzterem s. durch s, ersetzt und dann Zähler
und Nenner mit s..1 multipliziert. Andrerseits ist nach den eben
angefahrten Darstellungen der ersten Näherungsbrüche
M9 = M^ — Mu Nz = N%sz — Nl}
und im Anschlufs daran ist durch den Schlufs von n auf n + 1 leicht
zu zeigen, dafs überhaupt für jedes Je ^ 3 die Gleichungen bestehen
(8) Jf.-Jf^-Jf^,, Nk = Nk^sk-Nk_t.
Denn nimmt man an, dieselben seien für den Index Je erfüllt, so erhält
man. wenn man s, durch s, ersetzt und beide Seiten mit St+i
8k+i
multipliziert,
i
i
und das Entsprechende für Nk.x\ q. e. d.
Mk Mk j
Sind ferner -v.- und -^ irgend zwei aufeinander folgende Nähe-
rungswerte des Kettenbruches, so gilt für sie stets die Gleichung
(9) Jf.y^-jr.jf^-i,
wie ebenfalls durch Schlufs von h auf h -\- 1 direkt zu ersehen ist,
wenn man in
für Jf4 . j und Nk.t die vorher gefundenen Ausdrücke substituiert und
beachtet, dafs jene Gleichung für k = 2 in der That richtig ist Gleich-
zeitig folgt hieraus, dafs Zähler und Nenner eines Näherungsbruches
v relativ prim, dafs also alle jene Brüche reduziert sind, denn jeder
gemeinsame Teiler von Mk und Nk müfste ja nach (9) auch in Eins
enthalten sein.
Nun ist der letzte Näherungsbruch -^ gleich — ^ selbst, und da
beide Brüche reduziert sind, so mufs Jfr — + mi7 ^, = + *» se^
wo das Vorzeichen beide Male das gleiche ist; die letztbewiesene
Gleichung geht daher für k = v in
i
i
i
l
i
§8. Theorie der Kettenbrüche. 117
über, oder als Kongruenz betrachtet in
mi(i^_i) — 1 (»od»).
„Ist also Nv_x der Nenner des vorletzten Näherungsbruches, der
. sich bei der Entwicklung von — - in einen Kettenbruch heraus-
stellt, so ist \ = + -^»—1 ^e Wurzel der Kongruenz
«^£=1 (modw)."
Hieraus folgt weiter, dafe
x= + r- Nv_t (mod m)
die Lösung unserer ursprünglichen Kongruenz
04 a: = r (mod m)
ist. Das Resultat unserer Untersuchung wollen wir in dem folgenden
Satze aussprechen:
Um die Kongruenz:
mtx = r (mod m)
aufzulösen, verwandle man den Quotienten — in einen Ketten-
bruch und bestimme seine Näherungsbrüche. Ist dann N'9_1 der
Nenner des vorletzten Näherungsbruches, so ist
as^ + riV^j (mod m)
die gesuchte Lösung.
§4.
Zum Abschlüsse dieser kurzen Bemerkungen über die Verwendung
der Theorie der Kettenbrüche für die Auflösung der linearen Kon-
gruenzen bemerken wir noch, dafs durch die Reihe der zu dieser Auflösung
benutzten Gleichungen
m = w^ — Mg
•
sehr verschiedene Reduktionen der vorgelegten Kongruenz erhalten
werden können, je nachdem man die Zahlen iWj, m^ • • • immer als die
kleinsten positiven oder als die kleinsten negativen Reste bestimmt,
die sich bei der successiven Division von m durch ntl) von mx durch
tu, u. s. f. ergeben, oder endlich ob man sie nach Belieben bald positiv
bald negativ wählt. Im ersten Falle sind s1} s%} • • • die jedesmal um 1
118 Neunte Vorlesung.
vermehrten gröfsten ganzen Zahlen, die in den positiven Brüchen
— ,—•••• enthalten sind : sie sind also selbst alle positiv und wir
gewinnen für — den Kettenbruch
m
m
«i —
52 —
«3 —
5 '
r
in welchem alle Nenner Si, %, - - - sr positive ganze Zahlen sind.
Nimmt man dagegen stets die negativen kleinsten Beste für
iMa, w8, • • • und bezeichnet die absoluten Beträge der Zahlen m, n^, • • •
bezw. mit (i} y^} fig, fa, • • • so hat man die neue Kette von Gleichungen
wo nun die positiven Zahlen 6U 62} • • • selbst die gröfsten ganzen
Zahlen sind, welche in den Brüchen —,—,-•• enthalten sind und zu-
gleich die Teilnenner des Kettenbruches
mx (it l
m u 1
-H
bedeuten.
Will man eine gegebene Kongruenz möglichst schnell auflösen, so
mufs für die Zahlen m2, Wj, mAy • • ■ allemal der absolut kleinste der
beiden Beste gewählt werden; denn dann nehmen die Glieder der
Reihe m, m1} m^, • • • am raschesten ab und die Kette der zur Bestim-
mung von x führenden Gleichungen ist die kürzeste.
Als konkretes Beispiel für unsere Darlegungen behandeln wir statt
der vorhin untersuchten Kongruenz
221*^111 (mod360)
die einfachere
221see1 (mod360),
aus deren Lösung ja die der vorigen unmittelbar gefunden werden
§ 4. Vereinfachung der zweiten Auflösungsmethode. H9
kann. Wählt man für die Zahlen Wj, Wj, ••• jedesmal die absolut
kleinsten Reste, so wird hier das Gleichungssystem das folgende:
360 = 2 . 221 — 82
221 = 3 • 82 — 25
82 = 3-25 — (—7)
25 = (— 4)(— 7) — 3
_7 = (— 2)3 — 1
3 = 3 1,
221
und für --^r lautet danach der Kettenbruch
221 1
360 _ 1
3-1
-4-1
_2-l.
3
Mit Hilfe der zuvor bewiesenen Gleichungen
Mk+i — Mk*k+i — Mk-i
Nk+i = Nkst+i- Nk-i
werden dann ohne Mühe die nachstehenden Näherungsbrüche berechnet:
.L iL iL ~~86 62 221
2 > ~b> 13> — 67* 101» 36Ö>
und 101 ist als Nenner des vorletzten derselben die Wurzel unserer
Kongruenz; es ist in der That
221'101;=1 (mod 360).
Als Lösung der ursprünglichen Kongruenz
221s=lll (mod360)
erhalten wir dann weiter
x = 101 - 111 i£E 51 (mod 360).
Weit langer wird jener Kettenbruch und weit umständlicher die
Berechnung der Kongruenzwurzeln , wenn man für m,, Mg,-*- ent-
weder die kleinsten positiven oder die kleinsten negativen Reste fest-
hält, wie das Beispiel
29 s=l (mod 37)
120 Nennte Vorlesung.
lehren wird. Wählen wir für m2, m^9 • • • immer die negativen Reste,
so erhalten wir den Kettenbrach
29 1
37 2-1
2-1
8-1
3-1
6 2>
und dazu die Näherungsbrüche
L — JL -L — ??.
2 » 3 > 4 ' 9 ' 23 > 87 '
wählen wir dagegen, wie bei dem vorigen Beispiele für die Zahlen tn.
29
37
stets die absolut kleinsten Reste, so ergiebt sich die Darstellung von
29
37 _ 1
— 3'
bei der die Näherungswerte
L ni H —29
1 ; —6' 14> —87
sind.
Zehnte Vorlesung.
Anwendung der Theorie der linearen Kongruenzen. — Die Einheiten und die
Teiler der Null für einen zusammengesetzten Modul ro. — Die Anzahl' <p(m) der
Einheiten modulo m. — Die Verallgemeinerung des Fermatschen Satzes. — Be-
stimmung der Zahl 9(1»). Die Verallgemeinerung des Wilsonschen Satzes.
§i-
In der vorigen Vorlesung hatten wir alle ganzen Zahlen für eine
Primzahl p als Modul in zwei Klassen eingeteilt, nämlich in die, welche
zu p relativ prim und die, welche durch p teilbar sind. Jede Zahl r
der ersten Klasse, hatten wir weiter gesehen, konnte modulo p als ein
Teuer der 1 oder als Einheit angesehen werden, weil sich stets eine
komplementäre Zahl r' so bestimmen liefs, dais die Kongruenz
rr = 1 (mod p)
erfüllt war. Diese Einteilung wollen wir jetzt auf die Ordnung der
Zahlen für einen zusammengesetzten Modul m ausdehnen. Betrachten
wir irgend ein vollständiges Restsystem modulo m, also etwa die
Zahlen 0, 1, • • • m — 1, so zerfallen dieselben, offenbar ganz analog
wie vorher für die Primzahl j>, in solche, die zu m teilerfremd sind,
und solche, die mit m irgend einen Divisor gemeinsam haben. Be-
zeichnet man die ersteren in irgend einer Reihenfolge durch
die letzteren durch
ri> r%> '" V
si> s*> ••• sv>
so sind die Zahlen r wiederum dadurch charakterisiert, dafs sie
modulo m Teiler der 1 oder Einheiten genannt werden dürfen; denn
ist r zu m relativ prim, so giebt es, wie im vorigen Abschnitte dar-
gelegt wurde, stets eine einzige Zahl r'y die der Kongruenz
rr = 1 (mod m)
genügt, und da r zu m teilerfremd ist, so gilt dasselbe von r', d. h. der
komplementäre Divisor r gehört ebenfalls der Reihe rl9 r2, • • • r an.
122 Zehnte Vorlesung.
Dem gegenüber kann man die Zahlen s in gewissem Sinne als
Teiler der Null bezeichnen. Denn zu jeder Zahl $ existiert immer
eine andere von der Beschaffenheit, dass
ss' zi 0 (mod w)
ist; man braucht ja nur, wenn s einen Teiler §i von m enthält, für s'
irgend eine Zahl der zweiten Reihe zu wählen, welche durch den
komplementären Teiler p' teilbar ist.
Für eine Primzahl p sind von den Zahlen 0, 1, • • • p — 1 die
p — 1 letzten 1, • • ■ p — 1 Divisoren der 1, während nur die Zahl 0
selbst in die zweite Klasse zu rechnen ist. Hier ist demnach
ft = p — 1; v = 1.
Ist weiter m eine beliebige Primzahlpotenz pfi, so sind von den pt Zahlen
der Reihe 0, 1, • • • pfi — 1 genau der p* Teil, nämlich die jp*— * Zahlen
0, p, 2p,-. Cl»*-1 - l)l>,
die Teiler der Null, nämlich diejenigen, welche mit j>* einen gemein-
samen Teiler besitzen; alle anderen sind zu pk relativ prim, d. L sie
können als Einheiten modulo p* charakterisiert werden. In diesem
Falle ist also
p « p* - p*-i «. p>-i (p _ i)
die Anzahl der inkongruenten Einheiten modulo p.
Ist r irgend eine zu m teilerfremde Zahl, und multipliziert man
die Elemente eines vollständigen Restsystemes modulo m, etwa die
Zahlen
0, 1, • • • m — 1 ,
mit r, so bilden, wie auf S. 104 dargelegt wurde, diese Produkte wieder
ein vollständiges Restsystem modulo m; ist daher S(aQ9 • - • «m—1) irgend
eine ganze, ganzzahlige, symmetrische Function ihrer Argumente, so ist
5(0, 1, 2, • • • m — 1) = S(0, r, 2r, • • (m — l)r) (mod w).
Diese Eigenschaft der Reihe 0, 1, • • • m — 1, sich durch Multiplikation
mit einer zu m relativ primen Zahl modulo m zu reproduzieren, kommt
nun genau ebenso dem Systeme der p modulo m inkongruenten Ein-
heiten
(1) ri>T2> "r,
zu. Denn ist (r, m) = 1, so gilt dasselbe auch für jedes der p Pro-
dukte
(2) rrl9 -.-rr^
§ 1. Die Einheiten modulo m. 123
and je zwei der letzteren sind modulo m inkongruent, weil eine
Kongruenz
rri = rrk (mod m)
nur bestellen kann, wenn r. == rk (mod m)9 also r. = rk ist. Damit
gut ferner auch die Kongruenz
s(ri> ' ' • %) ze 8(rrl9 • • • rr^) (mod w),
wo S, wie oben, irgend eine symmetrische Funktion ihrer Argumente
bedeutet.
Wählen wir für S speziell die symmetrische Function
YJ(x — rk) = (x — rx) • • • (* — r ),
so ergiebt sich für jeden Wert von x die Kongruenz
folglich für x — 0
Da m mit / / ^ keinen gemeinsamen Teiler besitzt, so kann dies
Ergebnis als Verallgemeinerung des Fermatschen Satzes für zusammen-
gesetzte Moduln folgendermafsen ausgesprochen werden:
„Ist m eine beliebige ganze Zahl, so genügt jede zu m teuer*
fremde Zahl r der Kongruenz
r^^l (modm),
wo fi die Anzahl aller inkongruenten, zu m teilerfremden Zahlen
bedeutet."
Nach dem Vorgänge von Gaufs wollen wir p, die Anzahl aller
modulo m inkongruenten Einheiten, mit <p(w) bezeichnen. Für eine
Primzahlpotenz jp ist, wie schon oben dargethan wurde,
9,(y) = _p»-i(l,_1).
jede durch p nicht teilbare Zahl genügt demnach der Kongruenz:
r**-1**-*) == 1 (mod^);
für Ä = 1 kommen wir speziell auf den Fermatschen Satz und die
Kongruenz
(3) rp_1 = l (modp)
zurück.
124 Zehnte Vorlesung.
Aus dem Umstände, dafe die p — 1 Einheiten modulo p sämtlich.
Wurzeln der Kongruenz des (p — l)*811 Grades
xvip)—l^xp"l — l=0 (modp)
sind, hatten wir, da der Modul eine Primzahl ist, den Schlufs gezogen,
dafs für ein variables x die Kongruenz:
«
x*-1 — l=Yl(x — h) (modp)
besteht, und hatten hieraus z. B. die Folgerung
— 1 ez 1 • 2 • • • (p — 1) (mod p)
abgeleitet. In gleicher Weise hat sich jetzt für einen beliebigen zu-
sammengesetzten Modul m ergeben, dafs auch die Kongruenz:
Ä»w— 1 = 0 (modm)
ebenfalls genau ebenso viele Wurzeln besitzt, als ihr Grad angiebt, da
dieselbe alle q>(fn) Einheiten rl9 r%} ••• r (m) und offenbar keine andere
Zahl zu Wurzeln hat; es läge daher die Vermutung nahe, dafs auch
in diesem allgemeineren Fall eine entsprechende Kongruenz:
(4) **(ro) — l=JJ(s — rt) (modm)
*=i
besteht, aus der sich dann für x — 0 als eine Verallgemeinerung des
Wilsonschen Satzes die Kongruenz:
(5) — 1 = rt r2 • • • ry(m) (mod m)
ergeben würde. Dafs sich aber eine solche Zerlegung (4) für einen
zusammengesetzten Modul nicht zu ergeben braucht, ist bereits früher
allgemein nachgewiesen worden; dafs im Besondern die Kongruenz (4)
keine notwendige Giltigkeit hat, lehrt das einfachste Beispiel: Bildet
man für den Modul m = 9, für den q>(tri) = 6 ist und r19 • • • r (m)
bezw. die Werte 1, 2, 4, 5, 7, 8 haben, das Produkt
Y[(x — rä — (* — 1) (* — 2) (x — 4) (x — 5) (x — 7) (* — 8),
k
so ist dasselbe modulo 9 betrachtet kongruent (x* — l)8, also durchaus
nicht kongruent xB — 1. Damit ist ferner auch das Bestehen der
Kongruenz (5) fraglich geworden, da sie durch Nullsetzen von x aus
(4) gefolgert wurde. Wir werden jedoch im § 3 den wahren Wert
jenes Produktes modulo m auf anderem Wege bestimmen.
§ 2. Die Anzahl der Einheiten modulo m. 125
§2.
Zunächst wollen wir für ein beliebiges m q>(tn), d. h. die Anzahl
aller inkongruenten Einheiten modulo m
ermitteln. Ist
ri> ••• rV(m)
T • • • ¥ S ■••.<?
ein vollständiges Bestsystem modulo m in der Art, dafs s19 • • • sv wie
im vorigen Paragraphen alle diejenigen Zahlen bedeuten, die mit m
irgend einen gemeinsamen Teiler haben, so bilden die p Brüche
— — — • • • —
J» 111 * M
die Gesamtheit aller und nur der Brüche mit dem Nenner m, die in
reduzierter Form den Kenner m haben. Betrachten wir also alle
Brüche mit dem Nenner m, rechnen aber diejenigen von ihnen als
äquivalent, deren Zähler modulo m kongruent sind, die sich also nur
um eine ganze Zahl unterscheiden, so ist <p(m) gleich der Anzahl der
nicht äquivalenten reduzierten Brüche mit dem Nenner m; denn es
stimmen die letzteren mit
r
1 r<p{m)
• •
m9 m
überein.
Es seien nun m und m" irgend zwei teilerfremde, komplementäre
Divisoren von m} sodafs
m'w" = w, (m'} m") = 1
ist; dann kann man jedes reduzierte — auf eine und nur eine Weise
als Summe von zwei Partialbrüchen von der gleichen Eigenschaft, aber
mit den Nennern m und m" darsteUen. Soll nämlich
r_ r , r
tn in' in"
sein, so ist dazu hinreichend und notwendig, dafs
r = r'w" + r"m'
ist, oder dafs die Kongruenzen bestehen:
r'm" = r (mod m'), r"m ^ r (mod m").
In der That wird, da sowohl m" wie r zu m' relativ prim sind, durch
die erste Kongruenz eine und nur eine zu m teilerfremde Zahl r',
durch die zweite analog eine Zahl r" bestimmt. Sind aber
126 Zehnte Vorlesung.
»t
aß aß ^^
umgekehrt —7- und —rr reduzierte Brüche, so ist auch, wie leicht zu
sehen,
t*
r , r r
ein reduzierter Bruch mit dem Nenner m. Denn hätten r und m = mm"
auch nur einen gemeinsamen Primteiler p, so wäre derselbe entweder
in m oder in m" enthalten; ist also z. B. m' durch p teilbar, so
müfste wegen r = r'm" -\- r" m' = 0 (mod p) auch
r'm" — 0 (mod p)
d. h. r' durch j) teilbar sein. Es wäre dann p ein gemeinsamer Divisor
von r und m', und das widerspricht der Voraussetzung. Der Bruch —
hat deshalb wirklich die reduzierte Form. Somit entspricht jedem der
w(m) reduzierten Brüche — eine und nur eine Summe
t \ / ffi
ii + ii
m m '
wo m = m'm' und (w', m") = 1 ist; wir erhalten genau ebenso viele
Brüche — , wie es verschiedene solcher Summen (riebt. Die Anzahl
der ersteren ist nun <p(m), die der letzteren q>(tn')q>(m"), weil es
9>(wi') reduzierte Brüche — , g>(m") Brüche — - giebt. Es ist dem-
nach allgemein
Zerfällt die Zahl m in das Produkt von drei oder mehreren Faktoren
m'y m'\ • • • mW, von denen jeder zu jedem andern relativ prim ist, so
ist natürlich auch
q>(rri) = (p(m')q)(m") • • • y(n0).
Nach diesem Satze läfst sich nun, für jedes m = p\lp*2* • • • pk*7 9>(*»)
durch
tp(m) = yQ??1) ?>(>**) " * • 9>0**)
darstellen, und dies ergiebt, da, wie oben bewiesen,
ist, für jeden Wert von m
«•=»1 «=1 ^*
Es ist danach <p(w) stets eine gerade Zahl mit einziger Ausnahme
§ 3. Die Verallgemeinerung des Wihonschen Satzes. 127
des Falles m = 2f wo qp(m) den Wert 1 hat; denn enthält tn auch
nur einen ungeraden Primfaktor p., so ist p. — 1 gerade; ist aber
tn = 2* und h > 1, so ist 2*""1 immer ein Vielfaches von 2.
§3.
Die hier gefundenen Resultate wollen wir jetzt dazu verwenden,
die am Schlüsse des § 1 gestellte Aufgabe zu lösen, nämlich den Wert
des Produktes
für eine beliebige ganze Zahl tn als Modul zu bestimmen. Wir ver-
fahren hierbei zunächst analog wie beim Beweise des einfachen Wilson-
sehen Satzes. Da jeder Einheit r modulo tn eine und nur eine kom-
plementäre Einheit r entspricht, die der Kongruenz
rr = 1 (mod tri)
genügt und weil daher, falls r und r von einander verschieden sind, das
Produkt rr aus P einfach fortgelassen werden kann, so reduziert sich
unser Produkt P modulo tn auf das folgende:
(1) p = rxr% • . . r9(ro) = Qiq2 . - - ga (mod m),
wo Qlf p2, • • • ga alle diejenigen unter jenen Einheiten r sein sollen,
welche zu sich selbst komplementär sind. Eine Einheit q ist aber dann
und nur dann zu sich selbst komplementär, wenn p' = q} wenn also
(2) q* ee: 1 (mod tri)
ist. Mithin ist P dem Produkte aller a modulo tn inkongruenten
Wurzeln der Kongruenz (2) kongruent.
Daraus geht aber sofort hervor, dafs unser Produkt P modulo m
entweder den Wert + 1 oder den Wert — 1 haben mufs. Denn ist q
irgend eine Wurzel der Kongruenz (2), so ist m — q eine andere und
zwar von q verschiedene, falls m gröfser ist als 2; wäre nämlich
q == tn — q, so wäre m = 2q, also q nicht teilerfremd zu m. Daher
ordnen sich die Zahlen qu p2 • • • ebenfalls zu Paaren an, und es ist
immer
q (m — q) e^ — «- p2 £5^ — 1 (mod m).
Also folgt aus der Kongruenz (1) die weitere:
a
P=(—lf (modm),
wo a wie vorher die Anzahl der modulo m inkongruenten Wurzeln
der Kongruenz
p* e^ 1 (mod tri)
128 Zehnte Vorlegung.
bedeutet. Diese Anzahl, welche somit allein noch zu finden ist, kann
aber in den einfachsten Fallen, wenn m die Potenz einer Primzahl
oder das Doppelte einer solchen ist, leicht direkt bestimmt werden.
In der That besitzt für den Fall m —p, wo p eine beliebige ungerade
Primzahl ist, die Kongruenz:
p8 = 1 (mod p)
nur die beiden inkongruenten Wurzeln p = + 1, und dasselbe ist der
Fall, wie man leicht auf induktivem Wege beweist, wenn m «=jp* eine
beliebige Potenz von p ist. Nimmt man nämlich bereits als bewiesen
an, dafs die Kongruenz
P*eee1 (modp*-1)
nur die beiden Wurzeln q = + 1 (mod^p*— 1) besitzt, so kann dieselbe
Kongruenz für den Modul jfi nur die Wurzeln
haben, wo t eine noch zu bestimmende ganze Zahl bedeutet, denn
modulo pfi—1 mufs sich ja n. d. V. jede Lösung auf + 1 reduzieren.
Aus der Gleichung
Q*-~l + 2tpt-l + t*p?k-* = l (modp*)
folgt aber sofort, dafs t durch p teilbar sein mufs, dafs also auch
modulo ph die Anzahl a der Wurzeln jener Kongruenz gleich 2 ist.
Genau dasselbe gilt aber auch für den Fall m = 2ph, wo jf wieder
eine Potenz einer ungeraden Primzahl bedeutet; nach dem soeben ge-
führten Beweise kann nämlich die Kongruenz
p* = l (mod2^)
nur die Wurzeln
g ee + 1 (mod 2p*)
und
e = + 1 +p* (mod2i/)
haben, da sich ja alle Lösungen modulo pfi auf + 1 reduzieren müssen;
von diesen vier Lösungen fallen aber die beiden letzten fort, da sie
offenbar durch 2 teilbar sind. Auch hier ist also a = 2.
Etwas anders gestaltet sich das Resultat, wenn m = 2h ist In
den drei einfachsten Fällen, wenn m gleich 2, 4 oder 8 ist, hat a
bezw. die Werte 1, 2, 4, denn die drei Kongruenzen
p2 = 1 (mod 2), q* = 1 (mod 4), <f n= 1 (mod 8)
haben bezw. die inkongruenten Wurzeln (1), (1, 3), (1, 3, 5, 7).
Die vier letzten Kongruenzwurzeln kann man auch in der Form
schreiben :
e = +l + «.22 (mod 2*),
§ 3. Die Verallgemeinerung des Wilsonschen Satzes. 129
wo £ den Wert Null oder Eins haben kann, und wir beweisen jetzt
wieder auf induktivem Wege, dafs die sämtlichen Wurzeln der Kon-
gruenz:
(1) <>*=1 (mod2*)
in der Form
<>ee4:1 + «.2*~1 (.=o,i)
enthalten sind, unter der Voraussetzung, dafs schon gezeigt ist, dafs
die Kongruenz:
p*=l (mod^-1)
nur die vier Wurzeln p = + l*-f"*i'2*~"2 besitzt. Da nämlich wieder
die obige Kongruenz (1) a fortiori für den Modul 2 ~~ besteht, so
muTs q notwendig die Form haben:
p = ±l + £1.2A"2+£.2*-1 (mod2*).
Substituiert man aber diesen Wert von p in (1) und läfst die Viel-
fachen von 2* fort, so ergiebt sich, dafs ?t durch 2 teilbar, also
gleich Null sein mufs, dafs also für diesen Modul die Kongruenz (1)
in der That stets genau vier Werte hat. Es ergiebt sich also zunächst
das Resultat:
Das Produkt P ist kongruent ( — 1), wenn m = 4 oder m = jfi
oder m = 2p* ist, und p eine ungerade Primzahl bedeutet; da-
gegen ist jenes Produkt kongruent + 1, wenn m = 2* ist, und
h irgend ein ganzzahliger Exponent aufser 2 ist.
Der allgemeine Fall eines beliebigen zusammengesetzten m kann
nun durch die folgenden Überlegungen leicht entschieden werden.
Es sei wieder w = m'm" und m' zu m" relativ prim, dann kann
man, wie oben gezeigt wurde, jede der ft Zahlen r19 • • • r^m) in
der Form
r = rhm +rkm ^i^l\Jj
darstellen, wo r'h und r'k die <p(ni') bezw. q>(tn") inkongruenten Ein-
heiten für die Moduln m und m" sind. Das ergiebt für P die
Kongruenz :
tp(m') <p{m")
(2) P = rv.. r ~ JJ [J(rh m" + *>') (mod m).
A = l * = 1
Da nun P, wie oben bereits bewiesen wurde, modulo m nur einen
der Werte + 1 und — 1 haben kann, so brauchen wir, um zu ent-
scheiden, welche der beiden Möglichkeiten im gegebenen Falle eintritt,
nur den Kongruenzwert jenes Produktes für einen der Moduln m oder
m" zu kennen, vorausgesetzt, dafs diese Zahlen gröfser als 2 sind,
Kronecker, Zahlentheorie. I. 9
130 Zehnte Vorlesung.
denn modulo 2 sind ja + 1 und — 1 einander kongruent. Ist aber ro
nicht von der Form ph oder 2 p* oder 2*, welche Falle wir bereits
vorher direkt erledigt hatten, so kann m stets so zerlegt werden, dafe
m und m" > 2 ist. Wir können daher jetzt m und m" gröfser als 2
annehmen. Für den Modul m lautet dann die Kongruenz (2)
A=»l *=al XA=1 '
d. h. weiter
y(m')
weil ja m"9 modulo w' kongruent 1 ist. / / r* k81111 aber, wie
A=:l
oben dargelegt worden ist, modulo m' betrachtet nur einen der beiden
Werte + 1 haben, und da der Exponent q>(rn") stets eine gerade Zahl
ist, weil m" > 2 angenommen werden konnte, so ist unter den ge-
machten Annahmen
P Li£ 1 (mod m'),
also auch
P = 1 (mod w),
d. h. das Produkt
hat, modulo m betrachtet, stets den Wert 1.
Wir können das Resultat dieser ganzen Untersuchung oder also
die Verallgemeinerung des Wilsonschen Satzes in dem folgenden Theo-
reme zusammenfassen:
Das Produkt aller inkongruenten und zu tn teilerfremden ganzen
Zahlen ist modulo m betrachtet kongruent — 1, wenn m die
Potenz einer ungeraden Primzahl oder das Doppelte einer
solchen, oder endlich die Zahl 4 ist; in allen übrigen Fällen
ist jenes Produkt kongruent + 1-
Elfte Vorlesung.
Die Invarianten der Kongruenz. — Charakteristische Invarianten. — Arithmetische
und analytische Invarianten. — Jede Invariante der Kongruenz ist eine symme-
trische Funktion aller kongruenten Zahlen. — Arithmetische Untersuchung der
Fundamentalinvariante der Kongruenz.
§1.
In der vorigen Vorlesung gelangten wir dadurch zu dem Kon-
gruenzbegriffe, dafs wir in der nach beiden Seiten ins Unendliche fort-
gesetzten Reihe der natürlichen Zahlen immer je m Glieder über-
sprangen und die so erhaltenen Zahlen in Partialreihen von der
folgenden Form zusammenfaßten :
(Bk) •••, — 3m + i, — 2m + ^> — m -{- k, k, m + k, 2m + £,-••
oder, wie wir jetzt einfacher schreiben wollen:
. . ., *<-$), jfc<-'\ *(-i), k, kw, km, . ■ ■
wenn allgemein:
fc(r) = k -f- rm (r=o,+i,±v •)
gesetzt wird.
Wir bezeichnen dann zwei Zahlen a und b als kongruent für den
Modul my wenn sie in derselben Reihe Rk enthalten sind. Dividieren
wir nunmehr alle Elemente der natürlichen Zahlenfolge durch m, so
bekommen wir die Reihe aller positiven und negativen Brüche mit
dem Nenner m und statt der früheren m Partialreihen Rk die neuen:
(Rt) •■"! -=-1 ~^T> n> *n-> V, 9 '•"! (*=0,1, -m-l)
jede von diesen umfafst die Gesamtheit aller und nur der Brüche mit
dem Nenner m, die sich von einander um ganze Zahlen unter-
k k*
scheiden. Betrachten wir daher zwei Brüche — und - als äquivalent,
wenn sie derselben Reihe R'k angehören, so folgt aus der Äquivalenz
k k'
m vi
9
132 Elfte Vorlesung.
die Kongruenz
k e^ k$ (mod m)
und umgekehrt.
Wir hatten ferner gesehen, dafs eine ganze ganzzahlige Funktion
f(k) modulo m ungeändert bleibt, wenn man für k irgend eine der
Zahlen ••-, fc("~"2), *(""1), k, k{1), k{'\ •-. einsetzt. Wir wollen uns nun
mit Funktionen beschäftigen, die bei jener Substitution nicht nur ihren
Kongruenzwert für den Modul m beibehalten, sondern überhaupt ihren
Wert nicht ändern, die also konstant bleiben, wenn k alle Zahlen k
der Reihe Rk durchläuft. Solche Functionen f(x) nennt man Invarianten
der Kongruenz
(1) k = k' (mod m);
das Bestehen der letzteren zieht dann allemal die Gleichung
nach sich. Folgt auch umgekehrt aus der Gleichung (1*) die Kongruenz (1),
so heilst f(x) eine eigentliche oder charakteristische, im anderen
Falle eine uneigentliche Invariante. Wie von vornherein einleuchtet, sind
die uneigentlichen Invarianten für unsere Untersuchungen von keiner
wesentlichen Bedeutung, da sie schon ihrer Definition nach mit dem
Kongruenzbegriffe, speziell mit unserer Kongruenz im allgemeinen
keinen innern Zusammenhang haben; so ist ja z. B. jede Funktion f(x),
die die Variable garnicht enthält, also jede Konstante, als eine uneigent-
liche Invariante der Kongruenz aufzufassen. Wir beschränken uns des-
halb auf die charakteristischen Invarianten. In arithmetischer Gestalt
haben wir eine solche bereits kennen gelernt, nämlich in dem kleinsten
positiven Reste, den eine Zahl k durch m geteilt läfst; denn dieser ist
für alle modulo m kongruenten Zahlen fc(/) stets derselbe und nimmt
andrerseits, wie es das Kriterium einer eigentlichen Invariante verlangt,
für zwei inkongruente Zahlen k und k' verschiedene Werte an.
Gehen wir jetzt wieder zur Betrachtung von Brüchen über, so
gelangen wir zu einer anderen wichtigen arithmetischen Invariante, die
freilich im Grunde mit der vorigen übereinstimmt. Zieht man von
einer beliebigen Gröfse a die ihr zunächst benachbarte kleinere oder
gröfsere ganze Zahl ab, so ergiebt sich eine Zahl R(a), die der
absolut kleinste Rest von a genannt wird und durch die Un-
gleichung
-Y^-ß(«)<Y
vollkommen bestimmt ist; damit auch dann, wenn a genau in der
Mitte zwischen zwei aufeinander folgenden' ganzen Zahlen liegt, der
§ 1. Die Invarianten der Kongruenz. 133
Begriff unzweideutig festgestellt sei, ist durch jene Ungleichung be-
stimmt worden, dafs in dem genannten Falle R(a) stets gleich
— \ sein soll.
Bei dieser Definition ist R(a) in der That eine eigentliche In-
Variante für die Äquivalenz
a ~ a -f- 1
oder für die Kongruenz von Brüchen modulo 1; denn zwei solche a
und a unterscheiden sich dann und nur dann um eine ganze Zahl,
sind also in einem erweiterten Sinne modulo 1 kongruent, wenn
R{a) = R(ar) ist. Für die gebrochenen Zahlen mit dem Nenner m
ist der absolut kleinste Rest R f — ] ebenso eine charakteristische In-
variante der Kongruenz nach dem Modul 1, wie vorher der kleinste
Rest der ganzen Zahlen k für die Kongruenz nach dem Modul m.
Dafs sich R i—\ — den Fall R ( — j = — y allein ausgenom-
men — durch die unendliche Reihe
v . 2hkn
*L am
ersetzen läfst, hat keine besondere Bedeutung für die Natur der In-
variante. Einmal tritt in der analytischen Darstellung das arithmetische
Element, der Kongruenzbegriff, keineswegs gänzlich zurück, und aufser-
dem kann man zahlentheoretische Funktionen immer auf mancherlei
verschiedene Weisen durch Grenzwerte ausdrücken.
Diese beiläufige Bemerkung führt uns jedoch zu den analytischen
Invarianten überhaupt, auf die wir näher eingehen wollen, da sie neben
den arithmetischen in der höheren Zahlenlehre eine hervorragende
Rolle spielen.
Es sei f(v) eine Funktion, für die allemal
k\ ~/k*>
'(=) - '©
ist, sobald zwischen den ganzen Zahlen Je und k' die Kongruenz
Je -~2 h' (mod m)
k k'
besteht, und zwar wie auch die Brüche — und — gewählt sein mögen.
Offenbar ist diese Bedingung immer erfüllt, wenn für jeden reellen
Wert des Argumentes
d. h. wenn f(v) eine periodische Funktion mit der Periode 1 ist. In
134 Elfte Vorlesung.
der unendlichen Sinus-Reihe, deren limes gleich R (—) war, haben die
einzelnen Glieder sin alle die obige Eigenschaft; es ist demnach
nicht nur die Summe selbst, sondern auch jedes Glied derselben, also
die einfache Funktion sin 2 Vit eine analytische Invariante unserer
Kongruenz, allerdings, wie unmittelbar zu ersehen ist, im allgemeinen
keine charakteristische; denn es folgt nicht notwendig aus der Glei-
chung
sin 2vit = sin 2v'x
die andere
v = h + v'
oder die Äquivalenz
v ~ v'y
sondern es kann v mit v auch durch die Gleichung v = A + -J- — v\
d. h. durch die Äquivalenz
l
v ~ v
verbunden sein. Beschränken wir dagegen die Werte von v auf die
k
gebrochenen Zahlen — mit ungeradem Nenner w, so ist die Funktion
sin 2v % auch eine charakteristische Invariante; in diesem Falle kommt
ja der Wert
unter den Brüchen mit dem Nenner m gar nicht vor.
Ein ganz ähnliches Verhalten, wie sin 2vn, zeigt die Funktion
cos 2 vor; auch für sie ergiebt die Gleichung
cos 2vit = cos 2v'it
zwei Möglichkeiten, nämlich
v ~v' und v ~ — v'y
und sie ist demnach nur als eine uneigentliche Invariante zu betrachten.
Erst wenn wir ' beide Funktionen zusammennehmen, zieht das Glei-
chungssystem
sin 2vjt = sin 2v'it
cos 2v% = cos 2v%
■•
die Äquivalenz
v ~ v
notwendig nach sich, sodafs wir z. B. in der bekannten Verbindung
von Sinus und Cosinus zur Exponentialfunktion
§ 1. Analytische Invarianten. X3Ö
cos 2vic + i sin 2vit = e2"*'
eine wirkliche charakteristische Invariante der Äquivalenz
v ~ v -f- 1
besitzen.
Eine solche bietet sich vor allem auch in der Funktion tang vx
dar, da, wie man sich leicht überzeugt, aus
tang V7t = tang v'n
stets nur
folgen kann. Es ist also die Gleichung
. Kit . fC 71
tang — = tang —
der Kongruenz
k = k' (mod w»)
äquivalent. Diese Invariante verdient deshalb vorzügliche Beachtung,
weil alle anderen durch sie ausgedrückt werden können. Zunächst
gelten z. B. für die beiden uneigentlichen Invarianten, die wir kennen
gelernt haben, die Relationen
. c 2 tanir vn
sin 2vn = t . . i—
1 + tang* vit
0 1 — tang1 vn
cos 2t;» = — i—7 — -. — :
übrigens beweisen auch sie wiederum, dafs sin 2vx und cos 2vit keine
charakteristischen Invarianten sind, denn die rechten Seiten bleiben
vermöge der Eigenschaften der Tangente nicht nur für v ~ t>', sondern
ebenfalls für v ~ -- v bezw. t; ~ — v' ungeändert.
Im Anschlüsse hieran ist leicht zu zeigen, dafs sich überhaupt
jede Invariante für unsere Äquivalenz auf die Fundamentalinvariante
tang vn zurückführen läfst. Ist nämlich cp(v) von der Beschaffenheit,
dafs <p(k) = <p(h') ist, falls & ee£ &' (mod m), und setzen wir
f(i)-*V>
so ist f(v) eine reelle Funktion mit der Periode 1; eine solche kann
aber bekanntermafsen innerhalb der Grenzen 0 und 1 stets in eine
Fouriersche Reihe entwickelt werden, d. h. es ist
f(v) = lim
X, <*„ cos 2nvic + 2j bn sin 2nv%
— N -N
(0 < v £ 1).
136 Elfte Vorlesung.
Hieraus ergiebt sich dann für qp(&) der Wert
( +N +N
<p(k) = lim J2, «. cos — +2, K*™ ~jT
-r% . i • 1 1 il 1 2 Tl fC 1t •■ . 2tlklt i
Da sich nun, wie oben dargethan wurde, cos und sin als
rationale Funktionen von tang schreiben lassen und tang (n — j
selbst wieder rational durch tang — ausdrückbar ist, so ist in der
That unsere obige Behauptung bewiesen ; jede Invariante der Kongruenz
wird durch eine konvergente unendliche Reihe rationaler Functionen
von tang v% dargestellt.
Dieses Ergebnis wollen wir jetzt dazu benutzen, eine im theo-
retischen Sinne naturgemäfse Darstellung aller Invarianten unserer
Kongruenz anzugeben, und zwar auf Grund des nachstehenden Funda-
mentalsatzes:
„Jede Invariante der Kongruenz
k = h' (mod m)
läfst sich als eine symmetrische Function aller kongruenten
Zahlen . . -, Ä(~2), ^"1}, h, h{l\ Jc{2\ . • . darstellen .«
Um das zu zeigen, dürfen wir uns nach dem soeben gewonnenen Re-
sultate darauf beschränken, die Invariante tang vjc in der verlangten
Weise auszudrücken. Damit ist aber auch sofort der Beweis des
Theoremes geführt; denn es besteht bekanntlich die Gleichung
tang vn ~ Nsssao ^ v + n>
bei der auf der rechten Seite die geforderte symmetrische Funktion
aller zu v äquivalenten Zahlen v -f- n auftritt.
So ist auch umgekehrt ohne weiteres einzusehen, dafs jede sym-
metrische Funktion sämtlicher zu h kongruenten Zahlen eine Invariante
der Kongruenz
k = k' (mod m)
sein mufs. In der That, ist i>(x) eine beliebige eindeutige Funktion
von Xj und bilden wir die unendliche Summe
J(k) = lim y]l>(k{n)) = lim 5} 1>(k + nm) ,
so ist dieselbe, falls sie nur konvergiert, offenbar eine Invariante; denn
ersetzt man auf beiden Seiten der Gleichung k durch 7*(r), so hat
§ 2. Die Fundamentalinvariante der Kongruenz. 137
J$r)) denselben Wert, wie J(k), weil sich nur die Glieder der Stimme
nm r Stellen verschoben haben.
So einfach aber auch diese Überlegungen sind, so hat es doch im
allgemeinen seine grofsen Schwierigkeiten, eine gegebene Invariante
wirklich auf die Form einer symmetrischen Funktion zu bringen, wie
es auch andererseits keineswegs leicht ist, direkt immer eine geeignete
symmetrische Funktion der Gröfsen Ärr) aufzustellen. Denn hier ist
einmal dafür zu sorgen, dafs die Reihe ^j ^(*(n)) konvergiert, zweitens
n
aber noch dafür, dafs die erhaltene Invariante eine eigentliche ist. So
konvergiert beispielsweise
V i»
^
kK
nicht, während das für die andere Summe
y i
stets der Fall ist, sobald nur q gröfser als 0 ist.
§2.
Es ist interessant, durch die unmittelbare Untersuchung der In-
variante
f(y) = lim y. — j — ,
ohne Zuhilfenahme der Kenntnis davon, dafs ihre Summe den Wert
r— hat, ihre wesentlichen Eigenschaften zu ergründen. Dafs wir
es hier thatsächlich mit einer Invariante der Äquivalenz v ~ v + 1 zu
thun haben, lehren die folgenden Umformungen: Es ist
f(v)—f(v + l) = lim V -*- lim y * ^T
#w /v "r j N=i<x^ v + n N=*^ v + n + 1
N ^ \v + n v~+n+l)
= 1™(dy-«,+^+i) = a
Demnach ist für jedes ganzzahlige n
f{v) = f(v + »),
138 Elfte Vorlegung.
und es genügt, die Funktion nur für solche reelle oder komplexe Werte
von v zu betrachten, deren reeller Theil zwischen — -- und + v >
die untere Grenze mit eingeschlossen , liegt, d. h. für die komplexen
Zahlen
v = Vl + v*?
für welche
ist.
Um zunächst nachzuweisen, dafs unsere Reihe überall in diesem
Bereiche mit Ausnahme der Stelle v = 0 konvergiert, setzen wir
/•(t,) = i- + lim ?>(* - + -L-) -± -2. lim 5? t1-.
und brauchen, da v als endlich und von Null verschieden vorausgesetzt
N
wurde, jetzt nur noch die Summe S, i_ » °^eT l>esser gleich die
Reihe der absoluten Beträge derselben
N
C1) £ In1-*"
1 '
zu betrachten, die wir bezüglich ihrer Konvergenz auf eine weit ein-
fachere Iteihe zurückführen können. Es ist nämlich
2 2 2/i*\2 2 2i2fk *
n — v = n — (tfj + v^t) = n — vt + v2 — 2v1vf%}
also
2 2
n — v
1 l/7 8 2, 2\2 • j 2 2 ^ I 2 2| 2
Weil hier n mindestens gleich 1, v\ höchstens gleich — ist, n — ^ + #2
daher nicht negativ sein kann, so ist auch sicher
<^---„
und aus demselben Grunde ist
n2 — v\ + v\ > n2 — 1 > (n — l)2
für jedes n. Lassen wir schlief slich in der Reihe (1) das dem Werte
n = 1 entsprechende, jedenfalls endliche Glied _ , fort, so ist nun-
<x
mehr die übrig bleibende Summe unbedingt kleiner als ^^ r"~\\* °&eT>
wie wir anders schreiben wollen, kleiner als:
OD
'-2h-
» = 2
§ 2. Die Fundamentalinvariante der Kongruenz. 139
Ist für diese Summe S die Konvergenz dargethan, so ist das a fortiori
auch für unsere ursprüngliche Reihe (1) geschehen.
Statt für die Reihe S direkt, führen wir den Konvergenzbeweis
gleich für die allgemeinere
da wir von dieser noch später ausgedehnten Gebrauch machen werden;
die Reihe S erledigt sich ja dann als Spezialfall für den Wert q — 1
von selbst. Wir nehmen zu dem Zwecke eine beliebige positive ganze
Zahl g an und teilen alle Zahlen n nach derselben in Klassen ein, von
denen die erste diejenigen von 1 bis g — 1, die zweite die von g bis
g% — 1 u. s. f., die rte alle Zahlen von gr—1 bis gr — 1 enthält. Fassen
wir nun in Sß alle Elemente -j+- m Partialsummen zusammen, für die
die entsprechenden Werte von n derselben Klasse angehören, so ver-
gröfsern wir die ganze Reihe, wenn wir in jeder der Partialsummen
ihre sämtlichen Glieder durch das erste, das den gröfsten Wert hat,
ersetzen. So bekommen wir eine Summe
9-1 i 9* -9 i 9* -9* i 94-99 •
1 »" gl + Q "T 0*<l+*> ' fH + 1) "1
-C-«(» + ^ + ?! + ?!+-)
welche sicherlich gröfser ist als SD und für alle Werte von q > 0
einen wohlbestimmten endlichen Wert hat. Daher konvergiert auch
SQ selber und mit ihr die spezielle Reihe S. Endlich wollen wir
noch den Nachweis führen, dafs f(y) auch dann endlich bleibt, wenn
in v = v1 + v2i i>2 unendlich grofs wird, während vl9 wie oben, inner-
halb der Grenzen + * angenommen wird. Schreiben wir wieder jene
Reihe in der Form:
/•(*) = ! -2 lim j?^,
1
so ist, wie oben bewiesen wurde, und wegen \vt\ ^ -5-
* V3+3 N
s s
1 " ~vl
+ y
+•5 t «'-•!+•!'
.2'
140 Elfte Vorlesung.
hier können wir von der zweiten Summe auf der rechten Seite einfach
absehen, da ihre Konvergenz schon oben bewiesen wurde. Setzen wir
ferner in der ersten Summe | vt | = w und sehen von ihrem ersten,
ftir w = oo verschwindenden Gliede = s ab, so ist wiederum
l-vl+w* '
wegen \vt\ £ —
N N N'
^J I* „* _j_ ,.„* ^J TL 1 \* _i_ *„* ^J *,* _i_ -J
i2 ** — v^-\- w 'Tg {n — 1) -f- W ^L ""• w
wo N' = (N — 1) ist. Die Konvergenz dieser letzten Summe beweist
man, indem man jene Reihe als ein sehr einfaches bestimmtes Integral
darstellt. Ist nämlich w sehr grofs angenommen, so kann man w = -p
setzen, wo dx eine sehr kleine positive Gröfse bedeutet. Dann ist aber:
it N'
^7 va ^7 dx dx . dx . , dx
jLJ n* + w* — jLj l + (n • da)* — 1 + da* "» l + (2da)* "* •" (JT d*)1'
aber für N'dx = t kann jene Summe gleich dem folgenden bestimmten
Integrale gesetzt werden:
t
* dx
. , = arctg t — arctg 0 = arctg t
o "■
was, wie grofs auch N, also auch t, angenommen werden mag, stets
einen endlichen Wert besitzt, und für N = oo gegen ~ konvergirt.
Nachdem wir uns so von der Konvergenz der Reihe für f(v) über-
zeugt haben, ist es weiter unsere Aufgabe festzustellen, ob die Funk-
tion auch eine charakteristische Invariante der Aequivalenz v ~ v -{- 1
ist, d. h. ob für reelle Werte von v und v aus der Gleichung
f(v) - /•(„')
die Aequivalenz
v ~ v
unbedingt gefolgert werden mufs. Weil es nun sowohl für v als auch
für v immer eine zwischen 0 und 1 liegende äquivalente Zahl giebt,
für die f denselben Wert annimmt, so können wir uns die Unter-
suchung bedeutend vereinfachen, indem wir von vorn herein v und v
auf jenes Intervall von 0 bis 1 beschränken und dann nur beweisen,
dafs f(v) = f(v') notwendig die Gleichung v = v' nach sich zieht.
Das aber geht ohne weiteres aus der Umformung
f(v\ - f(v') = lim S(-r AA = («'- «0 lim S , ■ l .* , = 0
/:
§ 2. Die Fundamentalinvariante der Kongruenz. 141
hervor. Da v und v beide zwischen 0 und 1 liegen, so haben v-\-n und
t?'+ n unveränderlich dasselbe Vorzeichen, das Produkt (v + n) (v'-\- n)
ist also stets positiv. In der obigen Relation ist daher v' — v mit der
sicherlich positiven und endlichen Gröfse lim /, -t — ; — x , , , — r multi-
pliziert und die rechte Seite kann nur verschwinden, wenn wirklich
v = v ist. Wie aus der Form der Reihe unmittelbar ersichtlich ist,
gilt endlich fiir jeden Wert von 0
N
f(- v) = _ 1 + lim V j — L- h L_ ) = _ /-(t,) .
Um über weitere Eigenschaften der Funktion f(v) Aufschlufs zu
erhalten, legen wir nunmehr dem Argumente v spezielle Werte bei.
Da ergiebt sich zunächst für v = 0, ein Fall, den wir ja bei unserer
Konvergenzbetrachtung ausschlössen ,
N
f(0) = Um f(v) = lim
f=0 c=0
1 + lim Vf» +_»._)
v ' N=CK)^J \v + n ■ v — n/
N
= lim f- lim /, ( ) = lim — =
00;
d. h. für v = 0 wird das erste Glied — unserer Reihe für sich un-
v
endlich, während die übrige Reihe für sich identisch Null wird. Denkt
man sich also die Variable v = v1-\- v^i auf den unendlichen Streifen
2J0 begrenzt, welcher durch die beiden Parallelen zur imaginären Achse
vx = — -—■ und vx = -f" ir begrenzt wird, so besitzt f(v) nur die eine
Unendlichkeitsstelle v = 0, und ist sonst allenthalben endlich. Denkt
man sich ferner die ganze komplexe Zahlenebene durch die entspre-
chenden Parallelen
vt = r — y und vt = r + y (r—0,+1,+2, )
in die Streifen Zr geteilt, so folgt aus der Gleichung f(r-\-v) =f(y),
dafs jene Funktion in jedem Streifen in entsprechenden Punkten immer
dieselben Werte annimmt. Ferner bekommt man für v = — die
Gleichung
li»2,Ti ü»V '
-4(l-| + -J-J- + . ••)-*,
142 Elfte Vorlesung.
da die in der Klammer stehende Reihe die Leibnitzsche Reihe für
- ist: endlich erhalten wir noch für v = -■-
f® - Km 2 T1- - *» -t— " - °>
2 ^ 2 ^
weil sich hier je zwei Glieder und gegenseitig zer-
s-+(r-D -2~r
stören. Das Resultat der letzten Betrachtungen lautet demnach:
„Die Reihe f(v) wird dann und nur dann unendlich, wenn
v~0 wird, sie nimmt für v ~ — den Wert tc an und ver-
schwindet für i; ~ — •"
Zwölfte Vorlesung.
Die Kongruenz nach einem Modulsystem. — Teiler eines Modulsystems. — Aequi-
valente Modulsysteme. — Reduktion der Modulsysteme. — Theorie der ganz-
zahligen Formen. — Aequivalente Formen. — Einheitsformen.
§1.
Wir kehren jetzt zur Betrachtung des Kongruenzbegriffes selbst
zurück, wie wir ihn in der fünften Vorlesung nach dem Vorgange
von Gaufs aufgestellt haben. Zwei Zahlen a und a wurden als kon-
gruent nach dem Modul m bezeichnet, wenn sich die eine von der
anderen um ein beliebiges Vielfaches von m unterscheidet, sodafs die
Gleichung
a = a + gm
mit der Kongruenz
a = a (mod m)
gleichbedeutend ist.
Es war dort schon hervorgehoben worden, dafs gerade durch diese
unscheinbare Abstraktion der Zahlentheorie erst ein fester Boden ge-
geben wurde. Hier soll nun ausgeführt werden, dafs die Gaufsische
Idee in Wirklichkeit noch viel weiter greift; man kann nämlich das
ihr zu Grunde liegende Prinzip derart ausdehnen, dafs es nicht nur
die Lehre von den ganzen Zahlen, sondern auch das Gebiet aller ganzen
rationalen Funktionen von einer oder mehreren Veränderlichen be-
herrscht, und man kann zeigen, dafs auch in diesem höheren Gebiete
dieselben einfachen Grundgesetze bestehen, wie in der gewöhnlichen
Zahlentheorie. Zunächst wollen wir die Erweiterung des Kongruenz-
begriffes für den uns geläufigen Bereich der natürlichen Zahlen vor-
nehmen, um hier erst deutlich werden zu lassen, dafs sie in der That
naturgemäfs und gedanklich naheliegend ist. Haben wir dann die so
gewonnenen Definitionen auf die Gesamtheit der ganzen Funktionen
beliebig vieler Unbestimmten übertragen, so wird sich die Rechtferti-
gung, die Zweckmäßigkeit der Verallgemeinerung alsbald ergeben; wir
werden sehen, dafs wir erst mit ihrer Hilfe im Stande sind, jenen
weiteren Bereich vollständig zu beherrschen.
144 Zwölfte Vorlesung.
Kann man eine ganze Zahl a in der Form cm schreiben, wo c
und m ebenfalls ganzzahlig sind, so heilst a ein Vielfaches von m,
d. h. a enthalt den Modul oder Divisor m; hierbei betrachtet man also
alle diejenigen Oröfsen a unter einem gemeinsamen Gesichtspunkte,
welche in der Form cm dargestellt werden können. Eine Erweiterung
dieses Begriffes ergiebt sich unmittelbar, wenn man die sämtlichen
Zahlen ins Auge fafst, die sich als Summe von Vielfachen zweier
Zahlen m1 und m2, also in der Form c1ml-\- c^m^ darstellen lassen u. s. f.,
wenn man schließlich alle diejenigen in eine Klasse rechnet, welche
sich als Summe von Vielfachen von p beliebig gegebenen ganzen
Zahlen m1} m%} • • • mft darstellen lassen, die also in der Form ge-
geben sind:
(1) a = c1m1^cim%-\ \-cfimt*>
wo cl} c^y • • • fy völlig beliebige positive oder negative ganze Zahlen
bedeuten. Man erhalt somit alle und nur die Zahlen a, die jener
Klasse angehören, wenn man in der homogenen linearen Function
oder in der Form q»^ + c^m% + • • • -f- c^m^ den Gröfsen c alle mög-
lichen ganzzahligen Werte beilegt. Ebenso wie von einer Zahl a ge-
sagt wurde, sie enthielte den Divisor m, sobald sie gleich cm gesetzt
werden konnte, so soll es hier heifsen, die Zahl a enthalt das Divisoren-
system oder Modulsystem (m1} ••• mM) oder sie ist durch jenes Divisoren-
system teilbar, wenn sie in der Form (1) darstellbar ist. So ist z. B.
3 durch das Divisorensystem (7, 16, 25) teilbar, weil
3 = 3-7 + 2- 16 — 2 - 25
ist, und aus
6 = 1- 3 + 5- 15 — 4- 18
geht dasselbe in Bezug auf die Zahl 6 und das Modulsystem (3, 15, 18)
hervor. Speziell ist die Null ein Vielfaches von jedem Divisoren-
systeme (mlf ••• mM)f weil stets die Gleichung
0 = 0 • mx + 0 • m% -f- • • • + 0 • mM
besteht, und aus ähnlichem Grunde ist jedes Element m. eines belie-
bigen Modulsystems (mv • • • m.9 • • • m t) durch dasselbe teilbar.
Enthalt die Differenz zweier Zahlen a — a das Divisorensystem
(m1,---wA4), so nennt man a und a' kongruent für jenes System; die
Bezeichnungsweise ist dabei ganz dieselbe, wie bei den einfachen Kon-
gruenzen:
(2) a =a (modd ml9 • • • m^),
(in Worten: a ist kongruent a modulis ml} • • • w^). Der eigentüm-
liche Gedanke, der, wie gleich im Anfange bemerkt wurde, der Ein-
§ 1. Kongruenz nach einem Modulsystem. 145
fÜhrung des Kongruenzbegriffes ihren grofsen Wert verleiht, ist dem-
nach auch hier durchaus festgehalten worden. Die obige Kongruenz
vertritt die allgemeinere Gleichung
und die Koefficienten c, die für die Untersuchung bedeutungslos sind, sie
im Gegenteil nur hemmen und erschweren könnten, treten vollkommen
in den Hintergrund.
Ist a selbst ein Vielfaches des Systemes (n^, • • • m^), so kann
auf der rechten Seite von (2) a gleich 0 gewählt und, analog wie
früher, in diesem Falle
a ? : 0 (modd mu • • • m^)
gesetzt werden.
Ferner genügt unsere erweiterte Definition den Anforderungen,
die man, wie wir im § 2 der siebenten Vorlesung ausführten, an jede
Aequivalenz stellen mufs; es bestehen nämlich die beiden Funda-
mentalsätze:
1) „Jede Gröfse a ist sich selbst kongruent",
denn die Differenz a — a = 0 enthält ja, wie oben erwähnt, alle
Divisorensysteme (mlf m^7 • • • mM), und
2) „Sind zwei Zahlen a und b einer dritten c kongruent, so
sind sie untereinander kongruent",
denn ist sowohl a — c wie b — c durch (m1; *w2,- • m^) teilbar, so
gilt dasselbe auch von der Differenz
a — b = a — c — (b — c).
Im Folgenden soll, der Bequemlichkeit halber, mitunter von der
abgekürzten Bezeichung (in.) für ein Modulsystem (ml} • • • m^) Gebrauch
gemacht werden, sobald dadurch kein Mifsverständnis hervorgerufen
werden kann.
Ein Modulsystem (m.) hat eine ganze Zahl d zum Teiler, wenn
alle seine Glieder Vielfache von d sind, wenn somit d ein gemein-
samer Divisor aller Elemente mly • • • m^ ist. Zugleich ist eine solche
Zahl d Teiler einer jeden ganzen Zahl a, welche das Modulsystem
(ml y • • • trip) enthält; ist nämlich
ml = dml7 wijj = dni%, • • • m^ = dmM
und enthält a unser System, so ist
a = c1mi + c,Wj -| |-cA1w^ = d(c1m1+c2m2H hfy**)>
also in der That ein Multiplum von d. Im Anschlüsse hieran kann
der Begriff der Teilbarkeit unter Beibehaltung seiner Grundeigenschaften
Kronecker, Zahlentheorie. I. 10
146 Zwölfte Vorlesung.
unmittelbar auf den Fall ausgedehnt werden, dafs an die Stelle des
Divisors d ebenfalls ein Divisorensystem (dx , d% , • • • d#) tritt. Zu dem
Zwecke stellen wir die Definition auf:
„Ein Modulsystem (m^ • • • m^) enthält ein anderes (d17 • • • dd)
als Teiler, wenn jedes Element m. des ersten durch das
zweite System teilbar ist, d. h. wenn die /x Gleichungen bestehen :
™1 = <f<*l + <?** + ' ' • + *Td6
(3)
%-^^^ + -" + #V
Z. B. ist (15, 25, 10) ein Teiler von (20, 35), weil zufolge der Rela-
tionen
20 = 0 • 15 + 0 • 25 + 2 • 10
35 = 1 . 15 + 0 . 25 + 2 - 10
die beiden Zahlen 20 und 35 durch das erste System teilbar sind,
und aus
6 = 5 . 18 — 4 . 21
9 = 4 • 18 — 3 • 21
39 = 1 • 18 + 1 - 21
ergiebt sich ebenso, dafs (6, 9, 39) ein Vielfaches von (18, 21) ist. Nach
diesen Festsetzungen erhellt sofort die Richtigkeit des weiteren Satzes:
„Gilt eine Kongruenz für irgend ein Modulsystem (m^), so gilt
sie auch für einen beliebigen Teiler (dk) desselben."
In der That: ist a = 0 (modd m1} -- fn^)} so läfst sich a in der Form
a = ^Wj + c2w2 H f- c^tn^
schreiben; ist aber zugleich (d^) ein Divisor von (*».), so hängen die
Elemente des zweiten Systems mit denen des ersten durch die
Gleichungen (3) zusammen. Ersetzt man nun in der Relation für a
ml7 • • • mM durch ihre homogenen linearen Ausdrücke in dx) - • • dd und
ordnet dann nach den Gröfsen d, so wird
a = 0idi + 9*d2 H h 9***9
wo die Koefficienten g offenbar wiederum ganzzahlig sind; damit ist
unsere Behauptung bewiesen. Dafs auch die Umkehrung des Satzes:
„Ist ein Modulsystem (rfj in allen durch ein anderes (m^) teil-
baren Zahlen gleichfalls enthalten, so ist es ein Divisor des
letzteren"
Giltigkeit hat, bedarf kaum eines Beweises; zu allen durch (mt.) teil-
baren Zahlen gehören ja in erster Linie die Glieder ml9 • • • m^ selbst,
und sind diese Vielfache von (dj, so gilt dasselbe für das System (w.).
§ 1. Äquivalente Modulsysteme. 147
Diese Betrachtungen führen uns direkt zu einer wichtigen Be-
ziehung zwischen Modulsystemen, die ihr Analogon bei den einfachen
Moduln zunächst nicht zu finden scheint. Es können nämlich zwei
Systeme (m,) und (nk) einander gegenseitig enthalten , wozu ja nur
nötig ist, dafs alle Elemente m. durch das System (nk) und umgekehrt
alle Elemente nk durch das System (m.) teilbar sind. So stehen z. B.
die beiden oben angeführten Systeme (6, 9, 39) und (18, 21) in einem
solchen Verhältnis wechselseitiger Teilbarkeit, wie aus den Gleichungs-
gruppen
6 = 5- 18 — 4- 21 18 = 3-6 + 0. 9 + 0- 39
9 = 4-18 — 3- 21 21 = 26 + 19 + 0- 39
39 = 1- 18 + 1-21
unmittelbar hervorgeht.
Zwei derartige Systeme (wt.) und (nk) wollen wir äquivalent
nennen und diese Beziehung folgendermafsen darstellen:
In Anlehnung an die Resultate über die Teilbarkeit von Divisoren-
systemen bekommen wir daher den Lehrsatz:
„Zwei Systeme (mt.) und (nk) sind einander dann und nur dann
äquivalent, wenn jedes von ihnen durch das andere teilbar ist.
Besteht ferner eine Kongruenz für das Modulsystem (*».), so
bleibt sie richtig, wenn wir an Stelle desselben irgend ein ihm
äquivalentes (nk) treten lassen."
D. h.: in allen Fragen der Kongruenz kann ein System (w.) durch ein
anderes ihm äquivalentes ersetzt werden. So ist z. B.
33 = 15 (modd6,9,39) und (modd 18, 21),
wie aus den Gleichungen
3 = 1- 21 — 1-18, 3 = — 1-6 + 1- 9 + 0- 39
ohne weiteres hervorgeht. Sind zwei einfache positive ganze Zahlen
m und n gegenseitig durch einander teilbar, so ist notwendig m = n\
für positive ganze Zahlen fällt also die Definition der Äquivalenz mit
der der Gleichheit zusammen. Aber schon wenn zwei Zahlen positiv
oder negativ genommen werden dürfen, folgt aus der Äquivalenz von
n und m nur, dafs m = + n sein mufs ; hier unterscheiden sich dem-
nach äquivalente Zahlen höchstens um den Faktor + 1. Die Äqui-
valenz von Modulsystemen bildet dann die konsequente Erweiterung
jener elementarsten Verwandtschaft.
10*
148 Zwölfte Vorlesung.
§2.
Den oben aufgestellten Lehrsatz wollen wir nunmehr dazu be-
nutzen, ein System (n\, • • • mM) auf ein äquivalentes von möglichst
einfacher Form zu reduzieren. Das geschieht an der Hand der nach-
stehenden Fundamentaleigenschaften der Divisorensysteme:
„Ein System (m.) geht in ein äquivalentes über, ändert sich
also im Sinne der Äquivalenz garnicht, wenn man seinen Ele-
menten ein weiteres m hinzufügt, welches das System (w.) selbst
enthalt."
Ist nämlich
(4) m = c1m1 + cimi-\ (- c^ m^,
so ist wirklich
denn einmal ist das erste System ein Teiler des zweiten, weil dessen
Elemente sämtlich in ihm vorkommen, andrerseits aber ist es auch ein
Vielfaches desselben, weil das einzige neu hinzutretende Glied m nach
Gleichung (4) durch das zweite System teilbar ist. Geht man umge-
kehrt von (m} m19 • • • mp) aus und macht über m wiederum dieselbe
Voraussetzung wie vorher, so erhält man auf Grund der obigen Äqui-
valenz (4) den entsprechenden Satz:
„In einem Systeme (m, ml7 • • • tn^) kann man jedes Element m
fortlassen, welches durch das aus den übrigen gebildete Modul-
system (*»!, • • • wM) teilbar ist."
So ist
(7, 15, 37) ~ (15, 37),
weil 7 = — 2 • 15 -(- 1 ■ 37, also das erste Element 7 ein Vielfaches
von (15, 37) ist. Im Besondern kann jedes Glied eines Divisoren-
systems schlechtweg vernachlässigt werden, sobald es ein Multiplum
irgend eines anderen Elementes ist; z. B. besteht die Äquivalenz
(6, 12, 9, 18) ~ (6, 9),
weil die beiden Elemente 12 und 18 Multipla von 6 sind. Ein sehr
naheliegendes Korollar der soeben gewonnenen Ergebnisse lautet:
„Ein Modulsystem (w.) bleibt im Sinne der Äquivalenz unge-
ändert, wenn man eine der Zahlen m. um ein beliebiges Viel-
faches einer anderen vermehrt oder vermindert;"
denn man darf ja, ohne das System (ml9 • • • mu) im Sinne der Äqui-
valenz zu verändern, seinen Gliedern ein (ft + l)te8 mx -f- tm2 hinzu-
§ 2. Reduktion der Modalsysteme. 149
fügen, wo t eine beliebige ganze Zahl ist, und alsdann aus dem neuen
Systeme (ro, + tm2, mu Wg, • • • m^) mt fortlassen wegen der Gleichung
(wx -f- tmi7 w8, • • • ni/u) und (m^ w2, • • • m^) sind also in der That
äquivalent. Betrachten wir wieder das Beispiel (6, 9, 39), so ist z. B.
(6, 9, 39) ~ (6, 9, 39 — 4 . 9) ~ (6, 9, 3),
und da schliesslich noch die beiden ersten Elemente als Vielfache des
letzten unterdrückt werden können, so reduziert sich das System
(6, 9, 39) auf den einfachen Divisor 3.
Allgemein lehrt uns der letzte Satz, dafs jedes Modulsystem
(m17 • • • ntft) von beliebig vielen Gliedern stets auf ein anderes äqui-
valentes zurückgeführt werden kann, das nur aus einer einzigen Zahl d
besteht, weil wir es eben in der Hand haben, die Elemente durch
wechselseitige Subtraktion beliebig zu verkleinern. Denkt man sich
nämlich die positiven Zahlen ml , • • • m^ im Systeme (ro.) ihrer Gröfse
nach geordnet, sodafs
mx < Wa < • • • < mM
ist, so kann man zuerst etwa m% durch Abziehen eines geeigneten Viel-
fachen von mt kleiner als ml machen; in dem so geänderten äqui-
valenten Systeme (m1, mi — tm%y m8, • • • mh) kann man nun wieder
die Elemente nach der Gröfse ordnen, d. h. n^ — tm% an die erste,
m1 an die zweite Stelle setzen und das neue äquivalente System nun wieder
in gleicher Weise umformen; in derselben Weise gehen wir fort, und
tragen dabei Sorge, falls einmal bei einer solchen Subtraktion die Null
sich ergiebt, dieselbe jedesmal fortzulassen. Wird der Prozefs wieder-
holt, so lange noch wenigstens zwei verschiedene Zahlen m. vorhanden
sind, um sie nach ihrer Gröfse zu ordnen, so mufs man offenbar zuletzt
nach einer endlichen Anzahl von Operationen zu einem Systeme mit
nur einem Gliede d kommen, sodafs wirklich
(m17 m2, • - • mh) ~ (d) ~ d
wird; es ergiebt sich also das merkwürdige Resultat, dafs jedes
Modulsystem (mly m2, • • • m^) einer ganzen Zahl d äquivalent ist.
Die Beziehung des so gefundenen einfachen Zahlenmoduls d zu
den Elementen (tnl7 w2, • • m^) des ihm äquivalenten Systems ist
leicht anzugeben und ergiebt ein weiteres bedeutsames Resultat. Da
nämlich sämtliche Gröfsen m£ durch d teilbar sein müssen, so ist d ein
gemeinsamer Divisor aller Elemente m., da aber auch umgekehrt d das
System (mi7 • • • m^) enthalten soll, so mufs auch die Gleichung
d = c1mi-\ 1- c^m^
150 Zwölfte Vorlesung.
bestehen, und aus ihr ergiebt sich d als der gröfste gemeinsame Teiler
aller jener Zahlen. Man erhalt also den Fundamentalsatz:
„Jedes Modulsystem (ml7 ••• m^) ist dem gröfsten gemeinsamen
Teiler seiner Glieder als Modul äquivalent."
Es verdient hervorgehoben zu werden, dafs die hier durchgeführte
Methode der Reduktion eines Modulsystems mit dem bekannten Eukli-
dischen Verfahren zur Aufsuchung des gröfsten gemeinsamen Divisors
zweier oder mehrerer Zahlen vollständig identisch ist. Es genügt,
dieses für zwei Zahlen tn1 und m^ auseinanderzusetzen. Ist mx > m^
und bestimmt man nach dem Muster Euklids eine dritte Gröfse mz
durch die Relation
mt — gimi + ^ = 0,
so ist
»13 = 0 (moddw^Wg), mlz^0 (modd m,, %),
und daraus folgt die Äquivalenz
(mu m2) ~ (wl7 *%, m8) ~ (w2, w8),
wo nunmehr m2 und w3 kleiner sind als die Elemente des ursprüng-
lichen Systems. Fährt man in der gleichen Weise fort, so gelangt
man schliefslich mit Notwendigkeit zu einem äquivalenten Systeme
(rf, 0) po d,
d. h. d ist der gröfste gemeinsame Teiler von m1 und mt.
Zum Abschlüsse dieser auf die Zahlen bezüglichen Untersuchungen
seien noch zwei Folgerungen erwähnt, die besonders deutlich erkennen
lassen, wie eng die neu eingeführten Definitionen der Teilbarkeit und
Äquivalenz von Modulsystemen mit dem einfachsten Begriffe der Kon-
gruenz verbunden sind:
1) „Von zwei Modulsystemen {phj'" mh) }m^ ((h>"'dt) *s* das
eine dann und nur dann ein Divisor des anderen, wenn der
gröfste gemeinsame Teiler M der Elemente m. ein Vielfaches
des gröfsten gemeinsamen Teilers D der Elemente dk ist"
Denn es ist ja
Oi, • • • i*a) ~ (M), (dl7 • • - dd) ~ (D),
und nur, wenn die Zahl M ein Multiplum von D ist, enthält das
System (M) das zweite (D).
2) „Zwei Systeme (*».) und (nk) sind dann und nur dann äqui-
valent, wenn ihre Theiler M und N einander gleich sind."
Somit kann z. B. die vorher direkt bewiesene Äquivalenz der Systeme
(6, 9, 39) und (18, 21) schon daraus geschlossen werden, dafs ihre
Elemente denselben gröfsten gemeinsamen Divisor 3 besitzen.
§ 3. Theorie der ganzzahligen Formen. 151
Aus den zuletzt gegebenen Ausführungen folgt * nun, dafs die
Theorie der Modulsysteme mit ganzzahligen Elementen praktisch über-
flüssig ist, da sie vollkommen durch die Betrachtung der ihnen äqui-
valenten gewöhnlichen Divisoren ersetzt werden kann. Ganz anders
aber gestaltet sich diese Frage, sobald wir später an Stelle der
natürlichen Zahlen den Bereich der ganzzahligen Funktionen einer oder
mehrerer Unbestimmten zu Grunde legen.
§3.
Ehe wir an jene allgemeineren Aufgaben herantreten, wollen wir
die Systeme ganzzahliger Moduln noch in einem neuen interessanten
Zusammenhange betrachten, den wir bis zu einem gewissen Grade auch
als eine praktische Verwertung derselben ansehen können. Es sei
(mlf mi7 • • • m^) ein beliebiges Divisorensystem, dann betrachten wir
die aus seinen Elementen gebildete Linearform:
M = m^ -f- m% x% + • • • + m^ Xp ,
in der xlf x2, • • • xh unbestimmte Variable bedeuten. Legt man dann
Zi, ' ' ■ Z/u unabhängig von einander alle positiven und negativen ganz-
zahligen Werte bei, so durchläuft M alle und nur diejenigen ganzen
Zahlen, welche das zugehörige Modulsystem (w^, m^, • • • m^) enthalten.
Aus diesem Grunde können und wollen wir jene Linearform für
variable Werte von x19 • • • x^ als Repräsentanten jenes Divisoren-
systemes (m^) ansehen, und nun weiter darlegen, in welcher Weise
sich die im vorigen Paragraphen für die Modulsysteme gefundenen
Resultate nun auf die zugehörigen Linearformen übertragen lassen.
So sagen wir zunächst von zwei Formen
.Bf = m1x1 -f- m%x% -f- • • • + **»%?
es ist die zweite in der ersten enthalten, wenn (dv • • • ds) ein Teiler von
(«i, ••• mp) ist oder also, wenn die p Gleichungen
ml = cfdl + c(?di + --. + cfds
m* - <f <*i + 4X + • • • + <t?*t
mu - <f ^ + W, + • ' • + #'4
mit ganzzahligen Koefficienten cf bestehen. Dieser Definition kann
man jetzt aber eine andere und viel naturgemäfsere Fassung geben.
152 Zwölfte Vorlesung.
Multipliciert man nämlich die Ausdrücke rechts und links der Reihe
nach mit xl9 o^7 • • • x^ and addiert, so ergiebt sich
M=mlx1-] \-m/txfi = (c^)xl'\ h<£SM
+ - + {cfxl + ^-+c{f)x)d6J
d. L: es läfst sich die Form D dadurch in M überführen, dafs man
ihre Unbestimmten yv • • • y6 vermittelst der Relationen
durch homogene lineare Funktionen von x^-^x^ ersetzt. Umgekehrt
ist leicht zu erkennen, dafs das zur Form M gehörige Divisoren-
system (m.) ein Vielfaches desjenigen von (dj ist, sobald durch eine
solche Substitution für yv • • • y6 D in M übergeht. Hiermit haben
wir nun eine tiefere Einsicht in die Beziehungen der Linearformen
unter einander gewonnen, als ursprünglich durch den rein äufserlichen
Zusammenhang derselben mit den entsprechenden Divisorensystemen
erzielt wurde, und haben gleichzeitig für die Begriffe der Teilbarkeit
und Äquivalenz von Formen eine immanente Definition gefanden:
„Eine Form M ist dann und nur dann ein Vielfaches einer
anderen D, wenn sie aus der letzteren durch eine ganzzahlige
homogene lineare Substitution erhalten werden kann. Zwei
Formen M und N sind einander äquivalent, wenn sich jede von
ihnen durch eine derartige Substitution in die andere trans-
formieren läfst."
Unter einer primitiven oder Einheits-Form verstehen wir eine Form
E = m^ + m^x% H \- m^Xp,
deren Eoefficienten relativ prim sind, für die das System (m1,--mfJ)
also der 1 äquivalent ist. Eine solche ist eben vermöge dieser ihrer
Eigentümlichkeit in allen anderen Formen enthalten und nimmt daher
in ihrem Gebiete dieselbe Stellung ein, wie +1 im Reiche der natür-
liche Zahlen. Sie ist auch dadurch charakterisiert, dafs sich für ihre
Variablen xly • • • x^ ganze Zahlen c^, • • • a^ angeben lassen, die
ihr den Wert 1 geben; denn das schon mehrfach benutzte Eukli-
dische Verfahren lehrt ja für jedes teilerfremde System mlf • • • m^ stets
li Zahlen fl^Oj,--- «^ so bestimmen, dafs die Gleichung
a1m1 + OfcW2 H f- a^nif, = 1
§ 3. Äquivalente Formen und Einheiteformen. 153
erfüllt ist. Ziehen wir daraus die Konsequenz für eine beliebige
Linearform M> so dürfen wir derselben, wie der Einheitsform die
Zahl 1, den gröfsten gemeinschaftlichen Teiler d ihrer Koefficienten
zuordnen und sie diesem in gewissem Sinne äquivalent setzen. Schreibt
man nämlich
M = m1xl + h Mfi%ii = d(mlxl + \- mhx^)
und beachtet, dafs mlf-fhfi jetzt keinen Divisor mehr gemeinsam
haben, so besteht die Gleichung
M = d E,
und nehmen wir E ~ 1 an, so ist
M ~ d\
dabei sehen wir eine Form als äquivalent einer Zahl an, wenn sie sich
von dieser nur um eine Einheitsform unterscheidet.
Ferner kann, weil
d <^> (mu m%} • • • »fy), m{ = dm.
ist, jede Form
M = m1x1 + • • • + m^Xft,
auf die äquivalente Form d • y von nur einer Unbestimmten reduciert
werden. In der That existieren immer (i ganze Zahlen a17 • • • ahJ für
die M den Wert
wld1 -f- M^a^ -f- • ■ • -f" ^ßat* ss=s d
annimmt, und aufserdem geht die Form d • y durch die ganzzahlige
Substitution
in die Form M, die letztere durch die entsprechende Substitution
in
über.
Dreizehnte Vorlesung.
Die Rationalitätsbereiche. — Allgemeine Theorie der Modulsysteme. — Allgemeine
Theorie der Formen. — Der gröfste gemeinsame Teiler zweier Divisorensysteme.
— Die Komposition der Modulsysteme. — Anwendungen. — Die Verallgemeinerung
des Fermatschen Theoremes.
§ i.
Wir wenden uns jetzt jener Erweiterung unseres Forschungs-
gebietes zu, auf die wir am Schlüsse des § 2 der vorigen Vorlesung
hindeuteten.
Es sei 9t eine vorgelegte unbestimmte Gröfse. Verbinden wir
diese dann mit sich selbst auf alle möglichen Arten durch die elemen-
taren Rechnungsoperationen der Addition, Subtraktion, Multiplikation
und Division, so gelangen wir zu einem Bereiche von Gröfsen, der
insofern vollkommen in sich abgeschlossen ist, als seine Individuen
sich stets durch die genannten Operationen reproducieren. Sind
nämlich <&(9t) und W($l) irgend welche Elemente jenes Bereiches, so
gehören ja auch
demselben Bereiche an, das letzte mit der ein- für allemal festzuhalten-
den Maßgabe, dafs Wffi) nicht gleich 0 sein darf.
Die Gesamtheit aller so entstehenden Gröfsen soll der durch 9t
konstituierte Rationalitätsbereich heifsen und mit (9t) bezeichnet werden.
Offenbar gehören ihm zunächst alle Potenzen
1, «, 9t*, -9t»,
an, die erste derselben, weil 1 = ~ ist, und da jede von diesen mit
sich selbst oder mit einer anderen durch beliebig oft wiederholte Ad-
dition und Subtraktion zusammengesetzt werden kann, so folgt dasselbe
auch für sämtliche ganze Funktionen von 91
/"(») = «o + «i* + ' * ' + "mW1,
§ 1. Die Rationalitätsbereiche. 155
deren Koefficienten beliebige positive oder negative ganze Zahlen sind.
An sie schliefsen sich endlich noch alle rationalen gebrochenen Funk-
tionen
in denen a09- - - Om und 60, • • • bH wiederum, wie stets im folgenden,
ganze positive oder negative Zahlen bedeuten.
Auf der anderen Seite ist ohne weiteres klar, dafs (9t) aufser den
angegebenen keine neuen Gröfsen mehr enthalten kann; denn wenden
wir auf irgend zwei rationale Funktionen unseres Bereiches
*■<*>-*$» *iw-£8|
nochmals die vier der Voraussetzung nach gestatteten Rechenoperationen
an, so läfst sich das Resultat immer wieder auf die Form einer ratio-
nalen gebrochenen Funktion mit ganzzahligen Koefficienten bringen.
Damit ist der Satz bewiesen:
„Der Rationalitätsbereich (9t) umfafst alle rationalen Funktionen
von 9t mit ganzzahligen Koefficienten und nur diese/'
Allerdings könnten, wie beiläufig bemerkt werden mag, auch die ratio-
nalen Funktionen
F(m _ «o + «!« + • •■• + «»*"
•
mit gebrochenen Koefficienten hinzugenommen werden; doch würde
man dann sofort imstande sein, sie durch Multiplikation mit dem
Generalnenner von a0, • • • a™, /30, • • • ßn in Funktionen der vorher be-
trachteten Art umzuwandeln.
Da sich somit alle Gröfsen des Rationalitätsbereiches (91) als
Quotienten ganzer ganzzahliger Funktionen beliebigen Grades von
91 darstellen, so dürfen wir uns bei der Untersuchung auf die letzteren
allein beschränken, analog, wie die Theorie der rationalen Brüche in
jener der ganzen Zahlen mit inbegriffen ist.
Auch die ganzen ganzzahligen Funktionen
/•(9t) = a0 + ^9* H f- o» ab-
bilden einen in sich abgegrenzten Bereich, dessen Elemente sich durch
Addition, Subtraktion und Multiplikation, nicht aber durch die Division,
wieder erzeugen. Wir haben hier ein Teilgebiet von (9t) und wollen
dasselbe zur Unterscheidung von jenem den zu 9t gehörigen Intepritäts-
bereich nennen und durch [9t] bezeichnen. Wird speziell die unbe-
stimmte Gröfse 9t gleich 1 gewählt, so fallt der Rationalitätsbereich (9t)
156 Dreizehnte Vorlesung.
mit dem der gewöhnlichen rationalen Brüche, der Integritätsbereich [9t]
mit dem der ganzen Zahlen durchaus zusammen , und man erkennt
daraus, wie die neuen Definitionen sich in konsequenter, naturgemäfser
Weise auf die ersten arithmetischen Grundbegriffe aufbauen.
Es seien nun allgemein
9T, 9T, . • . W-)
n beliebige unbestimmte Gröfsen, so soll jetzt der Gesamtkomplex aller
durch die erwähnten elementaren Rechenoperationen aus ihnen hervor-
gehenden Ausdrücke ebenfalls unter dem Namen des Rationalitäts-
bereiches
(SR', ar,. . . rm)
zusammengefaßt werden. Genau wie vorher gehört dann demselben
jede ganze ganzzahlige Funktion der Elemente 9t,
m
/■(»', - . . w»>) =2* ckl *2 ...*. ®'ki «"** • • • w*)kn
*i,*it •■•v-*
an, so wie weiter auch jede gebrochene rationale Funktion
F(9t', SR", ■ • • ««) = **'' ' ' • ^ ,
in der Zähler und Nenner ihrerseits Funktionen der ersteren Art sind.
Auch hier ist damit der Umfang des Bereiches erschöpft, und es
gilt der Satz:
„Der durch die Unbestimmten SR', • • • SR(w) konstituierte Ratio-
nalitätsbereich umfafst alle und nur die rationalen Funktionen
von SR', • • • SRW mit ganzzahligen Koefficienten."
Es ist endlich ebenso leicht einzusehen, wie im Falle eines einzigen
91, dafs man sich auf die Behandlung der ganzen ganzzahligen Funk-
tionen von 9t', • • ■ 9t(n) beschränken darf und dafs die letzteren abermals
einen Teilbereich für sich bilden, dessen Individuen sich nur durch
Addition, Subtraktion und Multiplikation aus einander ergeben. Wir
nennen diesen Bereich den zu 91", 91", ■ • • 9tW angehörigen Integritäts-
bereich und bezeichnen ihn durch [91', 91", • ■ • 9t(n)].
§ 2. .
Ist M irgend eine Gröfse des Bereiches [91', • • • Stw], so heifst ein
anderes Element A desselben Integritätsbereiches teilbar durch M oder
ein Vielfaches dieser Gröfse, wenn der Quotient ^ selbst ganz ist, also
ebenfalls in [«',-•• 9t<">] vorkommt. Es ist in dem Falle A = CMf
§ 2. Allgemeine Theorie der Modulsysteme. 157
und wir drücken auch hier diese Beziehung unter Abstraktion von dem
▼ollig belanglosen Multiplikator C durch die Kongruenz
A ~ 0 (mod M)
aus. Wie früher im Gebiete der natürlichen Zahlen, gelten jetzt für
den höheren Bereich der ganzen Funktionen beliebig vieler Variablen
alle über die Kongruenz ausgesprochenen Sätze und Beweise.
Wir wollen jetzt aber die vorher für Zahlen gefundene Erweiterung
des Kongruenzbegriffes auch auf die hier betrachteten Bereiche
[SR', SR", • • • SR(,,)] übertragen, wir werden dann sehen, dafs dieselben hier
nicht überflüssig, sondern für die Erkenntnis der hier geltenden Ge-
setze unbedingt notwendig sind. Es seien also Ml7 M2J • • • M^ (i
ganze Gröfsen des Bationalitatsbereiches (SR', • • • SR<*>). Dann werden
wir entsprechend alle diejenigen seiner Elemente A in einer Gruppe
vereinigen, welche in der Form:
A — ClMl + '-- + CILUt
mit ganzen Koefficienten Cif • • • C^ darstellbar sind. Jede solche Gröfse
A heilst dann durch das Modulsystem
teilbar oder es genügt der Kongruenz
A = 0 (modd M1} Mi7 . - - MM).
Offenbar erzeugen sich auch die Gröfsen A7 die unser System ent-
halt, samtlich durch die Operationen der Addition, Subtraktion und
Multiplikation und bilden insofern wiederum einen in sich abge-
schlossenen Bereich von Individuen, zu denen auch stets die 0, sowie
insbesondere jedes der Elemente Mly • • • M^ selber gehört.
A und Ä heifsen kongruent für das Divisorensystem (Mu • • ■ Jf^),
wenn ihre Differenz A — A' ein Multiplum desselben ist; es vertritt
daher hier, wie früher, die Kongruenz
A' ~ A (modd Ml} • . - MJ
eine Gleichung von der Form:
A' = A+ C.M, + • • • + CßMJi
ist A' selbst durch (Mlf • • • MM) teilbar, so ist wie oben
A* t= 0 (modd Mx • ■ • MJ
zu setzen.
Dafs auch bei der soeben angegebenen Verallgemeinerung des
Kongruenzbegriffes die Axiome „Jede Gröfse ist sich selbst kongruent"
158 Dreizehnte Vorlesung.
und „Wenn zwei Gröfsen einer dritten kongruent sind, so sind sie es
unter einander" fortbestehen, dafs also die Grundbedingungen aller
Äquivalenz erfüllt geblieben sind; bedarf keiner näheren Auseinander-
setzung.
Ebenso wie man in den Elementen der Zahlentheorie den ge-
wöhnlichen ganzen Zahlen die Modulsysteme (m17 • • • mM) hinzufügte
und mit ihnen wie mit ganzen Zahlen rechnete, können wir es auch
in dem umfassenderen Integritätsbereiche [91', • • • Sft(n)] thun, aber mit
dem wichtigen Unterschiede, dafs jenes Gebiet hier eine bedeutsame
und unbedingt notwendige Erweiterung und Ergänzung durch jene
Adjunktion erfährt, während dieselbe, wie wir gesehen hatten, für das
Zahlenreich keine Ausdehnung ergab.
Es handelt sich zunächst wieder darum, die alten Festsetzungen
und Ergebnisse über ganzzahlige Modulsysteme auf diejenigen unseres
jetzigen Bereiches zu übertragen. Sind bei zwei Modulsystemen
(M1} ■ ■ ■ M„), (A,----D,)
alle Glieder M. des ersten durch das zweite (DJ teilbar, bestehen also
die (i Kongruenzen
(1) Mi e=e 0 (modd Dt, • - - DJ « = i, v ,),
so heilst (M, .) ein Vielfaches von (Dk) oder das letztere ein Teiler des
anderen. Hieran knüpft sich, wie früher, unmittelbar der Lehrsatz:
„Jede Kongruenz
(2) Ä r_ 0 (modd Mir • MJ
bleibt bestehen, wenn das System (Jfcf.) durch einen beliebigen
seiner Teiler (DJ ersetzt wird, d. h. es ist
A~0 (moddD^.-DJ
eine notwendige Folge der ursprünglichen Kongruenz. Besteht
umgekehrt jede Kongruenz für das System (JQ auch für ein
anderes (DJ, so ist letzteres ein Divisor von (-8Q."
In der That vertritt ja die Kongruenz (2) eine Gleichung
A = Ü.M, + - - • + C„2f„,
deren rechte Seite durch (DJ teilbar ist, weil alle Gröfsen Mt , • • • Mft
nach Voraussetzung jenes Divisorensystem enthalten. Ist andererseits
jede Kongruenz modulis (Mt) auch für das System (Dk) erfüllt, so
geht die Teilbarkeit von (üf.) durch (Dk) direkt aus den fi Kongruenzen
(1) hervor. — Speziell ist ein beliebiges Divisorensystem (M{) immer
ein Vielfaches des Einheitssystemes, dessen einziges Glied die 1
§ 2. Allgemeine Theorie der Modalsysteme. 159
ist. Fügt man den Gröfsen Mlf • • • M^ eines Systemes (2kf.) irgend
eine Gröfse M0 hinzu, so ist das entstehende System (Jf0, Ml7 ••• JfM)
allemal ein Teiler von (Jf.), wie die Gleichungen
M x — 0 - M0 + 1 • Mx + 0 • Mt \- 0 . M.
/*
Jf „ = 0 • Jlf0 + 0 • Jf^ + + 1 . JfM
lehren.
„Zwei Systeme (Jf.) und (Nk) heifsen äquivalent, wenn jedes
im anderen enthalten ist; jede Kongruenz modulis (M.) bleibt
für ein äquivalentes Modulsystem (Nk) bestehen. Umgekehrt
sind zwei Systeme immer dann äquivalent, wenn jede Kongruenz
für das eine auch für das andere giltig ist."
Z. B. ist
. (219t* + 149t* + 491, 79t2 + 391) - (39t2 + 591, 291* — SR)
wegen der beiden Gruppen von Gleichungen:
219t8 + 149t2 + 49t = (39t2 + 59t) (391 + 1) + (29t* — 9t) (691 + 1)
79t2 + 39t = 1 (39t2 + 59t) + 2 (29t2 — 9t)
und
39t2 + 59t = 2 (21 9t8 + 149t2 + 49t) — (79t2 + 39t) (69t + 1)
29t2- 9t = (219t8+149t2 + 49t)(— l) + (79t2 + 39t)(3gt+l).
„Jede ein Modulsystem (Mly • • • Mh) enthaltende Gröfse M0
kann seinen Elementen hinzugefügt werden, ohne es im Sinne
der Äquivalenz zu ändern, und andererseits darf ein Element M0
aus einem Systeme (üf0, Ml} • • • Mh) ohne weiteres weggelassen
werden, falls es durch das aus den übrigen Gliedern gebildete
Modulsystem (Mt, • • • Mh) teilbar ist."
Denn ist
(3) M0 = C, M, + C% M> + • • • + Cß M„
so ist offenbar
weil die einzige auf der linken Seite hinzugekommene Zahl M0 nach
Voraussetzung ein Multiplum von (M) ist und somit die Glieder eines
jeden der* beiden Systeme das andere enthalten. Dieselbe Äquivalenz
giebt uns bei Annahme der Gleichung (3) die Berechtigung, in
(Jtf0, Ml," Mp) das Element M0 einfach zu unterdrücken. Aus diesem
Grunde sind sämtliche Systeme, in welchem die 1 vorkommt, der
160 Dreizehnte Vorlesung.
Zahl 1 äquivalent, weil alle Gröfsen Vielfache derselben sind, d. h. es
ist stets:
(i, jf1,...j^,)~(i)~i.
§3.
Auch für einen beliebigen Rationalitätsbereich kann man nun an
Stelle eines Divisorensystems (M19 • • • M^ die zugehörige homogene
Linearform
m = xxMx -f- • • • + XpMp
betrachten, deren Koefncienten M{ die Elemente des Modulsystemes
sind, und auf diese alle Eigenschaften der Modulsysteme übertragen.
So erhalten wir die nachstehenden Sätze:
„Eine Gröfse M ist durch die Linearform m teilbar, wenn sie
das aus den Koefncienten derselben gebildete Modulsystem
(M1 • • • Mp) enthalt, wenn also eine Gleichung
besteht, in der C19 • • • Ch irgendwelche ganze Gröfsen des Be-
reiches bedeuten,"
oder anders ausgesprochen:
„Eine Gröfse M ist durch eine Linearform teilbar, wenn sie aus
letzterer dadurch hervorgeht, dafs man den Variablen x19 • • • x^,
geeignete ganze Werte des Bereiches beilegt."
Von zwei Formen
m=x1M1 H \-XfiMp
ist die erste ein Vielfaches der zweiten, wenn ihr Koefficientensystem
(M19 - • • MM) dasjenige der andern (iV^, ■ • • Nv) zum Teiler hat. Ist
dies aber der Fall, bestehen somit allgemein die Gleichungen
*=»
so überzeugt man sich genau ebenso, wie vorher bei Formen des natür-
lichen Zahlenbereiches, dafs die enthaltene Form n durch eine lineare
Substitution mit ganzen Koefncienten
in m übergeführt werden kann und dafs umgekehrt auch die zweite
Beziehung die erste nach sich zieht. D. h.:
§ 4. Der größte gemeinsame Teiler zweier Divisorensysteme. 161
„Eine Linearform ist in einer anderen dann and nur dann ent-
halten, wenn sie durch eine lineare Transformation ihrer Un-
bestimmten mit ganzen Koefficienten in jene übergeht."
Zwei Formen sind äquivalent, wenn die zugehörigen Modulsysteme es
sind, oder, was -dasselbe ist, wenn jede von ihnen ein Multiplum der
anderen ist. Das Kriterium für die Äquivalenz von Formen lautet
demnach:
„Zwei Linearformen sind einander dann und nur dann äqui-
valent, wenn jede in die andere durch eine homogene, lineare
Substitution mit ganzen Koefficienten transformiert werden kann."
§4.
Unter einem gemeinsamen Teiler zweier ganzen Zahlen m und n
verstanden wir jede Zahl d, die zugleich in m und n enthalten ist,
und zeigten dann, dafs diese alle mit den sämtlichen Teilern einer be-
stimmten ganzen Zahl d identisch sind. Die letztere aber gehört selbst
zu den Zahlen d und wurde deshalb der gröfste gemeinsame Divisor
von m und n genannt. Wörtlich dasselbe Resultat bekommt man,
wenn man nach den gemeinsamen Teilern zweier Modulsysteme
fragt; jedoch kann hier die Antwort in einer viel einfacheren Form
durch den folgenden Satz gegeben werden:
„Jedes in (M) und (N) zugleich enthaltene Divisorensystem
(Dj , • • • Dd) ist ein Teiler des aus den Elementen von beiden
Systemen (M) und (2V) gebildeten Systemes
welches daher auch hier der gröfste gemeinsame Teiler von (M )
und (2V) genannt wird."
In der That ist zunächst sowohl (M), wie (JV) ein Vielfaches unseres
Systemes (Jf, N), weil ja sämtliche Glieder M. und Nk unter denen
von (M, N) vorkommen, also durch dasselbe teilbar sind. Anderer-
seits enthalten unter der* gemachten Voraussetzung alle Gröfsen M.
und NkJ d. h. auch alle Elemente von (M9 N), das System (Dly • • • Da),
und letzteres ist somit wirklich stets ein Divisor von (M, JV). So
wird z. B. der gröfste gemeinsame Teiler von (28, 42) und (21, 63)
durch
(28,42,21,63)
Kronecker, Zahlentheorie. I. 11
162 Dreizehnte Vorlesung.
dargestellt, ist demnach äquivalent 7, wie denn auch in der That
(28, 42) ~ 7, (21, 63) ~ 21,
und der gröTste gemeinsame Teiler von 7 und 21 gleich 7 ist. Ent-
sprechend läfst sich unsere Behauptung für die drei Systeme
(*» + x* — bx + 3, x* + 2«» — Ix + 4), (x*—x, lx* + x*—lx—l)
und
(x* + x* — bx + 3, xt + 2x* — 7x + 4,xs — x, lxt + x, — lx — l)
verificieren. Bei Zerlegung der Elemente in ihre Linearfaktoren er-
giebt sich
((x — 1)* (x + 3), {x — 1)* (x + 4)) ~ (x — 1)J (x + 3, x + 4) ~ (x — 1)»
((** — l)x, (x* — 1) (7a; + 1)) ~ (x* — 1) (x, Ix + 1) ~ (x* — 1),
wahrend man sich durch direkte Reduktion leicht davon überzeugt,
dafs das dritte Modulsystem äquivalent:
((x — l)1, (x> — 1)) ~ (x — 1) (* — 1, x + 1) ~ (x — 1) (2, rr — 1),
d. h. wirklich dem gröfsten gemeinsamen Teiler von (x — l)2 und
x? — 1 äquivalent ist.
§5.
Wir wenden uns nunmehr zu der sogenannten Komposition der
Modulsysteme, die wir als eine Verallgemeinerung der einfachen
Multiplikation auffassen müssen. Hierbei setzen wir zwei Systeme
(Jf) - (Mu ■ • • M„), (N) = (NU...N,)
zu einem dritten (M) (N) zusammen, dessen Elemente aus den sämt-
lichen Produkten
bestehen, und nennen das so gebildete System aus (M) und (JV) kom-
poniert und diese die Komponenten von (M) (JV). Dafs die so de-
finierte Komposition thatsächlich eine richtige Verallgemeinerung der
Multiplikation ist, beweist sofort der Spezialfall, in welchem die Kom-
ponenten nur je ein Element M0 und N0 besitzen, in welchem also der
neue Begriff mit dem der Multiplikation zusammenfällt. Selbstver-
ständlich ist auch hier das Kommutationsgesetz erfüllt, d. h. das Kom-
positionsergebnis ist unabhängig von der Reihenfolge der Komponenten
(M) (N) ~ (N) (M).
Zunächst gilt nun der wichtige Satz:
§ 6. Die Komposition der Modulsysteme. 163
„Komponiert man zwei äquivalente Systeme mit einem und
demselben dritten, so erhalt man wiederum äquivalente Systeme."
Denn ist
so bestehen die zwei Gruppen von Gleichungen
in denen die Koefficienten C.k und C'kl ganze Zahlen sind. Multipli-
zieren wir alle jene Relationen nach einander mit samtlichen Gliedern
eines beliebigen Modulsystemes (N) ■=» (JV1; • • • Nv), so ergiebt die erste
Reihe von Gleichungen die Teilbarkeit von (M') (N) durch (M) (N),
die zweite die Teilbarkeit von {M) (N) durch (Jf' ) (N), beide zu-
sammengenommen ergeben daher die Äquivalenz
(Ä) (A) = (• • • MkNt . . .) ~ (JT) (JV) — (■ • - M!Nt ....).
Als unmittelbare Folge aus dem vorigen erhalten wir dann das
andere Theorem:
„Ist
(Jf)~ (IT) und (N)~(N*)9
so ist
(Ä) (JV) ~ (JT) (20,"
denn eine zweimalige Anwendung des ersten Satzes giebt uns die Aqui-
valenz *
(M) (N) ~ (JfcT ') (N) ~ ( JT) (#').
Aus den letzten Resultaten, die zugleich eine Erweiterung des
Fundamentaltheorems „Gleiches mit Gleichem multipliziert giebt Gleiches"
bieten, erhellt nochmals recht deutlich, dafs es sich in der Komposition
von Systemen um eine notwendige und naturgemäße Verallgemeinerung
der Zahlenmultiplikation handelt. Denn bei zwei ganzzahligen Modul-
systemen (mlf • • • mh) und (nv • • • nr), die gewöhnlichen ganzen Zahlen,
nämlich den gröfsten gemeinsamen" Teilern ihrer Elemente m und n
äquivalent sind, ist ja stets
(mly • • • m^) (*i, • • • »J ~ (• • • w. nk> •••)^ ron;
hier läuft demnach die Komposition direkt auf die Multiplikation
hinaus, und genau ebenso verhält es sich bei zwei Systemen (Ml7 • • • Mh)
und (Nl} - • • Nr), falls jedes von ihnen speziell einem solchen mit nur
je einem Elemente M0 und N0 äquivalent ist.
Zum Abschlufs dieser Untersuchungen wollen wir noch zwei in
der gewöhnlichen Zahlentheorie hergeleitete Ergebnisse auf unser jetziges
11*
164 Dreizehnte Vorlesung.
allgemeineres Gebiet tibertragen, wo ihre Richtigkeit in viel einfacherer
Weise nachgewiesen werden kann.
Sind nämlich m und n beliebige ganze Zahlen, so ist ihr kleinstes
gemeinsames Vielfaches gleich -( — - — , wenn (m, n) wieder, wie früher,
den gröfsten gemeinsamen Divisor von m und n bedeutet, und der
Satz, dafs jede Zahl, die sowohl m, wie n enthält, auch durch deren
kleinstes gemeinsames Multiplum , * . teilbar ist, läfst sich kurz so
aussprechen:
„Ist l durch m sowohl wie durch n teilbar, so gilt die Kon-
gruenz
(m, n) l = 0 (mod m • n)"
Derselbe Satz würde für Modulsysteme folgendermafsen lauten:
^Ist ein System (L1} • • • L^) durch zwei andere (Mly • • • Mp)
und (Nu • • • Nv) gleichzeitig teilbar, so ist
(Mu ■ • • MM, N19 • . • N9) (Lu • • . Lx) = 0 (modd(Jf) (N))a
Die Richtigkeit desselben ist hier aber ohne weiteres klar; denn jene
Kongruenz kann auch so geschrieben werden:
(• • ■ MkLi} • • • NkL., • • •) := 0 (modd (••• MhNv -•-)),
und in dem links stehenden Modulsysteme enthält allerdings jedes
Element MhL. und NkLt das komponierte System (J£) (N), weil nach
Voraussetzung jedes L. sowohl durch (M) als auch durch (N)
teilbar ist.
Ist ferner ein Produkt In Multiplum einer Zahl w, so ist, wie
früher dargethan wurde, n ein solches für den Quotienten -j — , oder
es ist
(7, m) n ee 0 (mod m).
Wiederum auf Modulsysteme übertragen, kann dieser Satz folgender-
mafsen ausgesprochen werden:
„Besteht die Kongruenz
(L1} • • . Lx) (N19 .-NJeeO (modd Mu • - • 2f„),
ist also das Produkt der Systeme (iV) und (L) durch (Jf) teilbar,
so ist auch schon das Produkt aus (N) und dem gröfsten ge-
meinsamen Teiler von (L) und (M) durch (üf) teilbar, das
heifst aus der obigen Kongruenz folgt die weitere:
(Lu ^Lv M1} ■ ... Mß) (Nl9 • • • N9) = 0 (modd Ml7 • • - Jf„).<<
§ 6. Anwendungen. 165
Der Beweis ist sofort erbracht: In dem ausgeführten Produkte links
ist ja jedes Glied L. Nk nach Voraussetzung durch ( Jf) teilbar, während
dieselbe Eigenschaft bei allen übrigen Gliedern MhNh selbstverständ-
lich ist.
.§ 6.
Die Sätze über Modulsysteme, die wir im vorigen Abschnitte ge-
wonnen haben, können nun in mannigfacher und interessanter Weise
benutzt werden. Da wir uns dabei in späteren Untersuchungen haupt-
sächlich auf solche Systeme beschränken werden, deren Elemente ganze
Zahlen oder Funktionen einer einzigen Variablen sind, so wollen wir
hier zunächst noch eine ganz umfassende Anwendung unserer Theorie
vorführen. Und zwar betrifft sie eine Erweiterung des schon in der Ein-
leitung bewiesenen kleinen Fermatschen Theorems, nach welchem für
jede ganze Zahl a und für eine beliebige Primzahl p die Kongruenz
besteht:
op — a--zQ (modp).
Erhebt man die für alle Primzahlen p und beliebige Variablen
xi 7 ' ' * x* geltende Kongruenz
(*i H H **)' = < H h < (mod p)f
deren Richtigkeit bereits in der zweiten Vorlesung S. 16 dargethan
wurde, nochmals zur p*n Potenz, so ist, wie leicht zu ersehen,
(*, + ••• + zf =«+••• + <)p - xf + • • • + xf (modp),
und man gelangt, indem man dieses Verfahren r-mal wiederholt, zu
der allgemeinen Relation
(xi H h xy i xf-\ f- xf (mod p).
Schreiben wir diese in der Form
und betrachten sie nunmehr für das (v *f- l)-gliedrige Modulsystem
(p, *f— *„-' xf— x) >
so kann die erste Summe auf der rechten Seite fortgelassen werden,
und die Kongruenz geht in die einfachere über:
166 Dreizehnte Vorlesung.
Pr
Es sei jetzt
irgend eine ganze ganzzahlige Funktion der Variablen *n • • • gQ} d. h.
eine gange Grofse des Rationalitatsbereiches (gl9 • • • ^). Ersetzen wir
dann in unserer Kongruenz jede der Gröfsen xh durch einen der Tenne
von f, setzen wir also in beliebiger Reihenfolge
jt* Jt,
so wird
und wir werden nun zeigen , dafs dieses Modulsystem durch das ein-
fachere
teilbar, die Kongruenz daher für letzteres a fortiori erfüllt ist. Da die
Koefficienten Ck k als ganze Zahlen angenommen waren, so ist nach
dem Fermatschen Satze
V
und somit zunächst
Pr
~ (p. • • • v-^tK1 • • • %) - §i • • • *?] • • •)■
Das letztere System ist aber ein Multiplum von (p, • • #j — gp • • ■) ;
denn es sind ohne Ausnahme die Differenzen gh** — #*' durch die
andern z\ — z( teilbar, es bestehen folglich die Kongruenzen:
*/ = g* (modd p} • • ' »t — gt , • • •) ,
und hieraus ergiebt sich weiter, dafs auch die Differenzen
§ 6. Verallgemeinerung des Fermatschen Satzes. 167
jenes System enthalten. Damit ist die oben aufgestellte Behauptung
bewiesen und gleichzeitig der Fermatsche Satz in seinem allgemeinsten
Umfange ausgesprochen:
„Jede ganze Gröfse f(z19 • • • z^) eines beliebigen Rationalitäts-
bereiches (*!, • •'• zQ) genügt der Kongruenz
f =f (modd p} • • • zf — 0l • • -J ,
wo p irgend eine Primzahl sein kann."
Haben wir es speziell mit einem Rationalitätsbereiche von nur
einer Variablen z zu thun, so reduziert sich jene Kongruenz auf die
folgende:
(1) (f(')f= f(ß) (modd p, /- ,) ,
die wir als Gleichung in der Form schreiben:
wo <p(e) und i>{z) ebenfalls ganze, ganzzahlige Funktionen von z be-
deuten, und zwar ist dieses eine Identität, die für jeden Wert von m
giltig ist.
Wir wollen nunmehr z so wählen, dafs ar — z verschwindet, also
als eine der pT Wurzeln der Gleichung
z*— e — 0.
Dabei würde uns die Wurzel z = 0 offenbar wieder zu dem ursprüng-
lichen Fermatschen Satze für ganze Zahlen zurückführen. Ersetzen
wir z aber durch irgend eine der pr — 1 Wurzeln der reduzierten
Gleichung
^r-1-i = o
oder mit andern Worten durch eine der {jf — l)toa Einheitswurzeln,
so geht die Kongruenz (1) in eine gewöhnliche für den Modul p über,
nämlich in die folgende
(1*) (f (*))'= f(*)(modp),
welche aussagt, dafs die Differenz y — f durch p geteilt eine ganze,
ganzzahlige Funktion jener Einheitswurzel ergiebt. Um über diese
noch immer sehr allgemeine Kongruenz näheren Aufschlufs zu erhalten,
führen wir jetzt für z spezielle Einheits wurzeln ein, indem wir dabei
bis zu einem gewissen Grade auch über p verfügen. Es sei zuerst p
irgend eine Primzahl von der Form 6n + 17 d. h. aus der Reihe
168 Dreizehnte Vorlesung.
7, 13, 19, 31, 37, • • • beliebig ausgewählt und * = p eine der 'beiden
primitiven dritten Wurzeln der Einheit, etwa
Srti _
Q=*e = cos— + *sin-^ = g— - —
Da alsdann p — 1 = 6n durch 3 teilbar ist und daher die Gleichungen
qp—1 — 1=0 und qp — q = 0 erfüllt sind, so besteht unseren Re-
sultaten gemäfs für jede ganze, ganzzahlige Funktion von q die Kon-
gruenz
(f(Q)y = f(9)(modp).
Ist dagegen p = 6n — 1, gehört p also der Reihe 5, 11, 17, 23, • • •
an, so ist nicht p — 1=0 (mod 3), sondern erst p* — 1 = 0 (mod 3),
somit auch nicht (P — q9 sondern erst q^ — q = 0. Folglich er-
halten wir, wenn wir in (la) z = q und r = 2 substituieren, in diesem
Falle
(f(Q)Y = f(9) (mod p).
Lassen wir ferner p eine Primzahl von der Form 4n + 1> also
eine Zahl der Reihe 5, 13, 17, 29, • • • bedeuten und wählen wir ent-
sprechend für z eine vierte Wurzel der Einheit, etwa i = }/— 1, so
ist f — i = 0 und für jede ganze, ganzzahlige Funktion von i oder
für jede ganze Gröfse des Rationalitätsbereiches (i)
(f(i)Y = f(i) (mod!)).
Dem gegenüber ist für eine Primzahl p = An — 1 erst wieder ip — i
= 0 und
(f(i)Y = f(i) (mod p).
2ni
Analog erhält man schließlich noch, wenn co = e eine fünfte Ein-
heitswurzel ist, die Kongruenzen:
(f((o)Y =f(a) (mod p) (n-ioii+i)
(f(<o)Y = /'(©) (modp) o,=io*-i)
und
(f((o)y = f((o) (mod|>) d>« 5j. + s).
Es sei endlich allgemein
Ä n
co = e
eine w16 Wurzel der Einheit, so dafs on = &ni — 1 ist, dann haben
offenbar alle und nur die Potenzen
§ 6. Verallgemeinerung des Fermatachen Satzes. 169
Um
or = en = cos — 2x + i sin — 2#
den Wert 1, für die der Bruch — eine ganze Zahl, für welche also
v ein Vielfaches von n ist. Bilden wir nun die Reihe der Potenzen
W, CO , ttt , • • • G3 • - • >
wo p eine beliebige in n nicht enthaltene Primzahl bedeutet, so stellen
sie uns wegen der (Jleichung
v) = (.-/-, i . •■■■•■■ •
samtlich nte Wurzeln der Einheit dar; diese müssen sich jedoch, da die
Gleichung ©" = 1 nicht mehr als n Wurzeln haben fy&nn, immer in
bestimmter Folge wiederholen. Angenommen es sei m. diejenige
Potenz, die zuerst in der Reihe wiederkehrt, es sei also etwa
so folgt hieraus
ar = 1;
nach dem oben Gesagten mufs daher der Exponent ^(jf — 1), mithin,
weil p zu n relativ prim ist, auch pr — 1 selbst durch n teilbar sein«
Ist aber umgekehrt. r der kleinste Exponent, für den pr=l (mpdn)
ist oder gehört, wie wir später sagen werden, die Primzahl p modulo n
zu dem Exponenten r, so ist schon o = © , und es sind demnach
die Potenzen co} af} • • • cor alle von einander verschieden. Es gilt
dann für irgend eine ganze, ganzzahlige Funktion von a> auf Grund
unserer allgemeinen Kongruenz die besondere:
(f(m)Y = /■(») (mod p).
Der entsprechende Satz, der gleichzeitig eines der wichtigsten Theoreme
aus der Lehre von den Kreisteilungsgleichungen in sich schliefst, lautet:
„Ist <d = e eine nte Einheitswurzel und p eine beliebige in n
nicht enthaltene Primzahl, so besteht für jede ganze, ganz*
zahlige Funktion /*(&) die Kongruenz
wo p modulo n zum Exponenten r gehört, d. h. r den kleinsten
Exponenten bedeutet, für den ff = 1 (mod n) ist."
Vierzehnte Vorlesung.
Der Rationalitätsbereich von einer Veränderlichen. — Das Euklidische Verfahren
zur Bestimmung des gröfsten gemeinsamen Teilers für diesen Bereich. — Die
Modulsysteme erster und zweiter Stufe. — Beispiele. — Beine und gemischte
Modulsysteme zweiter Stufe.
§ i.
Wie bereits in der letzten Vorlesung angedeutet wurde, wollen
wir die Betrachtung im folgenden fast ausschliesslich auf die ganzen
Zahlen und ganzen, ganzzahligen Funktionen einer einzigen Variablen
beschränken und nur dann, wenn die Darstellung sich wesentlich dadurch
vereinfacht, solche von mehreren Veränderlichen heranziehen. Wir
werden uns demgemäfs auch von jetzt an nur mit den jenem Bereiche
angehörenden Modulsystemen beschäftigen und stehen nun, da die Unter-
suchung der ganzzahligen Systeme (m1? • • • mM) schon früher erledigt
worden ist, vor der Aufgabe, auf die Divisorensysteme
näher einzugehen, deren Elemente beliebige ganze, ganzzahlige Funk-
tionen einer Variablen x sind.
Schon hier werden wir deutlich erkennen, dafs die HinzufBgung
der Modulsysteme wirklich eine zweckmäfsige und notwendige Er-
weiterung unseres Gebietes bedeutet, und zugleich wird uns die Be-
deutung dieser besonderen Systeme geeignete Beispiele für die Ver-
wertung der allgemeinen Divisorensysteme von beliebig vielen Variablen
bieten.
Zunächst handelt es sich auch hier wieder darum, den gröfsten
gemeinsamen Teiler zweier Individuen unseres Bereiches, also von
irgend zwei ganzen, ganzzahligen Funktionen /)(#) und f%(x) zu be-
stimmen, und zwar handelt es sich dabei nur um die Reduktion des
Modulsystemes
das ja jenen Divisor repräsentiert, auf ein äquivalentes von möglichst
einfacher Form. Dieses geschieht durch eine Methode, die dem Eukli-
dischen Verfahren zur Aufsuchung des gröfsten gemeinsamen Teilers
§ 1. Der Rationalitatsbereich von einer Variablen. 171
zweier Zahlen Wj und tn^ sehr nahe verwandt ist, nur dafs es im all-
gemeinen nicht, wie im Falle der Zahlen, gelingt, das System auf ein
solches von nur einem Gliede zurückzufahren.
Ganz analog, wie das Modulsystem (m1} m,) zuerst durch ein
anderes (mlf iw^, ro3) ersetzt werden konnte, in welchem m^ < m^ ist,
kann man dem Systeme (fu f2) ein neues Element fs hinzufügen, dessen
Grad niedriger ist, als der der Funktion ft. Hat man nämlich die Be-
zeichnung so gewählt, dafs ft(x) von höherem Grade als f%(x) ist, so
ergiebt die Division von ft(x) durch f%(x) eine Gleichung
(1) fi(x) = q(x)f>(x) + r(x),
in der q(x) und r(x) ganze Funktionen sind, und der Grad von r(x)
• kleiner ist, als der von f2(x). Es ist aber wohl zu beachten, dafs q(x)
und r(x) für gewöhnlich gebrochene Koefficienten besitzen und daher
nicht, wie im früheren Falle die entsprechenden Zahlen, ganze Gröfsen
des Bereiches sein werden, wie das in der That sofort eintritt, wenn
der Koefficient der höchsten Potenz von f*{x) in dem von ft(x)
nicht enthalten ist. Wir setzen deshalb q(x) und r(x) in die Form
f(«)-*®, r(*)-— £«
wo jetzt g^{x) und f5(x) ganze, ganzzahlige Funktionen von x sind
und nx eine geeignete Zahl bedeutet. Wir wählen dieselbe von vorn-
herein als die kleinste positive Zahl, die zu unserer Darstellung aus-
reicht, d. i. offenbar gleich dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen aller
in q(x) auftretenden Koefficientennenner. Die Gleichung (1) verwandelt
sich dann in die andere
und diese sagt aus, dafs die ganze, ganzzahlige Funktion fs(x), deren
Grad niedriger ist als der von />(#), durch das Modulsystem (fl} ft)
teilbar ist und somit, ohne es im Sinne der Äquivalenz zu ändern, zu
demselben hinzutreten kann; wir erhalten also die Äquivalenz:
(fu ft) ~ (fu ft» ft)-
Wenden wir nunmehr weiter das gleiche Verfahren auf f%(x)
und fi(x) an, so ergiebt sich eine neue Äquivalenz
(fu ft, f») ~ (fu ft, ft, f<),
in welcher der Grad von fA wiederum kleiner ist als der von f%} und
schreiten wir in derselben Weise fort, so müssen wir schliefslich, da
der Grad der Funktionen f\, f\, f3y • • • beständig abnimmt, zu einer
Funktion fy gelangen, die in der nächst vorhergehenden /V-i multipli-
172 Vierzehnte Vorlesung.
ziert mit der entsprechend wie oben gewählten Zahl w„_i ohne Rest
aufgeht. - D. h. wir erhalten das folgende System von Gleichungen :
.«i/i ~ 9*f% + U = °
n%f% — ft/i+Ä — °
Hr-ifv-l g9f9 = 0,
bei dem fl9 fSj • • • fy ganze, ganzzahlige Funktionen sind, deren jede
von höherem Grade ist als die unmittelbar folgende, und wo nt} • • • nr_i
ganze Zahlen von der oben angegebenen Beschaffenheit bedeuten. Die
Relationen sprechen zugleich aus, dafs jede Funktion der Reihe dem
Divisorensysteme (flf f2) unbeschadet der Äquivalenz hinzugefügt werden
kann, dafs also
<fi,tö~(fufn, &,-••/*)
ist. Wir können die Gleichungen endlich noch als Kongruenzen
schreiben und erhalten auf diese Art zwei Gruppen von solchen:
/j = 0(modd f1}ft)
fA ~ 0 (modd f%, ft)
(«J
1.3)
f,-i = Q (modd/;_s, /*,_2)
fy = 0 (mOdd fy- ,, fy-i)
«,/; = () (modd/,, fs)
fitf, = 0 (modd /"„ ft)
th-tfy-i = 0 (modd /',_!, /',)
tty-lfy-l = 0 (mod fy).
Die erste Gruppe lehrt, dafs jedes der Elemente f1} f%} /i, •.••/» d*s
aus den beiden vorhergehenden gebildete Modulsystem enthält, die
zweite, dafs das Produkt aus einem Elemente und einer bestimmten
ganzen Zahl stets durch das aus den beiden folgenden bestehende
System teilbar ist. Aus den Kongruenzen (2) geht ferner hervor, dafs
ein Divisorensystem (fi} /i+ 1) immer ein Vielfaches des nächst vorher-
gehenden (fi-i, fi) ist, sowie dafs überhaupt ein System (fif £_i)
jedes andere (fh, /a_i) enthält, falls nur h < i ist. Mithin ist auch
unter derselben Bedingung eine Funktion /} selbst Multiplum von
(fh, /a— i), und hieraus folgt speziell die Kongruenz
/; = o (modd/;, /;).
§ 1. IJie Erweiterung des Euklidischen Verfahrens. 173
Multipliziert man die vorletzte Kongruenz von (3) mit »„_i und
beachtet dabei, dafs nr_i/i,_i = 0 (mod/*,) ist, so vereinfacht sie sich zu
(4) rt,_i n„_2/;_2 = 0 (mod /*„).
Ebenso erhält man, wenn man die drittletzte Kongruenz,, mit n,— i4i,jl'i
erweitert, unter Benutzung des eben gewonnenen Resultates das neue:
wr_inv_2»»_s/V-s = 0 (mod/V),
und durch analoges Weiterschliefsen ergiebt sich zuletzt die nach-
stehende Reihe von Kongruenzen;
n^ttj • . . nv^%n^ifx = 0 (mod fw)
n^ • - • n*-.tnv-if% = 0 (mod fv)
(5) na • • • w,_2w,_i/b = 0 (mod /;)
nr-inr-ifr-t = 0 (mod /;)
»„_!/;_! = 0 (mod /;).
Man erkennt so, dafs hier gewöhnlich nicht, wie in der Lehre von den
ganzen Zahlen, die Äquivalenz (/j, /"2)~/V besteht, denn obwohl die
eine dazu nötige Bedingung
/•/=0(modd fx,f%)
erfüllt ist, müfste doch andererseits auch notwendig ft sowohl in fly wie
in /j enthalten sein, während diese Funktionen nach (5) erst durch
Multiplikation mit den Zahlen nt > • nv^i, bezw. n^ • • • nr_i durch
/V teilbar werden. Jene Koefficienten nt • •• • nv— i und n8 • • • nr^x
werden nun im allgemeinen nicht die kleinsten Multiplikatoren sein,
welche die Teilbarkeit von f'x und f% durch f9 bewirken. Wir denken
uns daher eine entsprechende Reduktion vorgenommen, und es seien sx
und s$ die kleinsten dazu ausreichenden Zahlen; dann können wir das Ge-
samtergebnis der bisherigen Untersuchungen folgendermafsen aussprechen:
„Sind fx und f% zwei beliebige ganze, ganzzahlige Funktionen
von x, so kann man stets durch successive Division eine dritte
Funktion fv(x) derselben Art und weiter zwei ganze Zahlen sx
und £2 so bestimmen, dafs
6) U = 0 (modd /i, Q, 7) Slfx = s%fi ^l 0 (mod /;)
ist."
Die Funktion fy ist dann und nur dann der gröfste gemeinsame Divisor
von /i und fif wenn sowohl si9 als auch $3 gleich 1 ist. Andernfalls
174 Vierzehnte Vorlesung.
kann fr in dem von uns definierten Sinne nicht mehr als solcher gelten.
Ist nämlich
*tfi = f*<P\> hf* = /»9>s>
wo qpt und <pt ganze Gröfsen unseres Bereiches sind, so ist
und st kann sich nicht gegen die Koefficienten von <pt oder % gegen
die von <p% fortheben, da sie ja als die kleinsten Zahlen angenommen
wurden, für die die betreffende Kongruenz erfüllt ist.
Betrachtet man, wie es auch Gaufs gethan hat, jede ganze Funk-
tion von x, auch wenn sie gebrochene Zahlenkoefficienten besitzen
sollte, als ganze Gröfse des Bereiches, so sind die Quotienten — und —
ebenfalls als solche anzusehen, und dann ist allerdings f, der gröfste
gemeinsame Teiler von fx und /,; d. h. es stimmen alsdann die für
ganze Funktionen abzuleitenden Resultate wortlich mit denen für ganze
Zahlen überein. und ein beliebiges Modulsystem unseres Gebietes lädst
sich stets anf ein äquivalentes L nnr einem Elemente zurückfahren.
Die Entwicklung der höheren Zahlentheorie in unserer Zeit hat jedoch
gezeigt, dafs die obige Auffassung nicht die zweckmafsige , ist, dafs
vielmehr die Koefficienten einer Funktion sehr wohl berücksichtigt
werden müssen; wir werden deshalb auch an dem bereits ausge-
sprochenen Ergebnisse festhalten.
Im Anschlüsse an dasselbe nehmen wir jetzt eine wichtige Ein-
teilung der allgemeinen Modulsysteme in zwei Klassen vor und zwar
unter dem folgenden Gesichtspunkte:
„Diejenigen Divisorensysteme (fi(x), • • • /**(#)) von beliebig
vielen Elementen, die einem Systeme (/*(#)) von nur einem
Element äquivalent sind, sollen Modulsysteme erster Stufe oder
ersten Banges, alle diejenigen, bei denen solches nicht stattfindet,
Modulsysteme zweiter Stufe oder zweiten Ranges genannt werden."
Ein Modulsystem (/i, • • ■ /V) ist demnach dann und nur dann von der
ersten Stufe, wenn sich eine ganze Gröfse f(x) so angeben läfst, dafs
die Kongruenzen
fx=ft = ..- = f9—.0(mo&f)
/-EEE0(modd/i,.../;)
gleichzeitig erfüllt sind; denn nur in dem Falle ist
<fl, - ■ ' fr) ~ tn-
§ 1. Die Modulsysteme enter und zweiter Stufe. 175
So ist z. B. (3a: — 3, a;* — 1, 3? -+- x — 2) ein, Modalsystem erster
Stufe, nämlich äquivalent x — 1, denn es ist einmal
3x— 3 — 3(* — 1), .r*-l— (*+!)(*— 1), x*+x— 2=(x+2)(x— 1)
und dann auch
x — 1 — (x* + x — 2) — (x* — 1).
Dagegen ist jedes System von der Form
(m, x — n),
wo m > 1 ist, sicher sin solches zweiten Ranges, denn es existiert
keine von 1 verschiedene ganze Zahl oder ganze Funktion, die in
beiden Elementen zugleich enthalten sein könnte, und andererseits ist
leicht einzusehen, dafe ein derartige«, Dmsorensystem auch niemals
der 1 äquivalent sein wird. In der That, wäre
(m, x — n) ~ 1,
so liefsen sich stets zwei ganze Gröfsen <p(x) und i>(x) des Bereiches
so bestimmen, dafs die Relation
1 = nfty(x) -f- (x — ri)1>(x)
identisch erfüllt ist. Dieses würde aber für x = « zu der unmöglichen
Gleichung fahren
.1 = wy(n),
wo ?(*) eine ganze Zahl ist.
Wir wollen das in diesem Paragraphen enthaltene Verfahren zu
einer eventuellen Reduktion eines Modulsystemes (f\ , f%) nun auch noch
durch einige Beispiele erläutern. Für
£(*) — a6 + 5*» + 6* + l, fi(x) = 2ot* + 2x+ 1
bekommen wir:
2(a* + 5s» + 5a;+l) — (2x> + 2x+l)(x* + 4) + a? — 2x + 2 — 0
2x^ + 2x + l —(a* — 2x + 2)(2x + 4) — (6x—l) = 0
36(s* — 2x + 2) — (6x — 7)(6* — 5) — 37 =0,
und somit ist
fr = 37;
die allgemeinen Gleichungen 6) und 7) lauten hier:
37(^ + 5^ + 5*+ l)EHO(mod37), 37 (2a8 + 2x + 1) = 0 (mod 37)
und
37 = 0 (modd x* + 5ar> + bx + 1, 2rr> + 2x + 1),
von denen aber nur die letzte Gleichung etwas neues besagt. Es be-
steht danach die Äquivalenz:
176 Vierzehnte Vorlesung.
(*» + bx* + bx + 1, 2ar» + 2x + 1)
~ (a* -f- öar" + 6a; + 1, 2ar» + 2a; + 1,37).
Für das einfachere System (x* -f- a; + 1 , 2a; + 1) ergiebt sich
3(a? + a; + 1) = 0 (mod 3), 3(2a; -f 1) = 0 (mod 3)
3 = 0 (modd x» + x -f 1, 2a; + 1)
und endlich
(a? + x + 1, 2a- + 1) ~ (x* + a; + 1, 2a; + 1, 3).
Die letztere Äquivalenz ermöglicht in diesem Falle in der That eine
weitere Reduktion. Da nämlich
2x + 1 = — (x — 1) + Sx= — (#— 1) (mod 3)
ist, kann x — 1 dem Systeme hinzugefügt und das Element 2x + 1
dafür gestrichen werden; aufserdem kann man auf Grund der Relation
#* + x + . 1— (x — l)(x + 2) + 3 = 0 (modd 3, x — 1)
auch das erste Glied x* -f~ # -f- 1 fortlassen, sodafs
(** + # + i; 2a; + 1)
schlief slich in (3, x — 1) übergeht.
Die Modulsysteme zweiter Stufe, die sich hier zum ersten male
der Untersuchung darbieten, unterscheiden wir zunächst folgender-
mafsen in reine und gemischte Systeme:
„Ein reines Modulsystem zweiter Stufe
(fi,. V„ •••/;)
ist ein solches, dessen Glieder nicht sämtlich einen und den-
selben Divisor erster Stufe enthalten, also nicht alle durch
dieselbe ganze Gröfse f{x) teilbar sind. Besitzen dagegen die
Elemente einen gemeinsamen Teiler f(x)} so haben wir ein ge-
mischtes Modulsystem zweiter Stufe; freilich darf dann f(x)
nicht auch seinerseits ein Vielfaches des Systemes (/i,-*-/r)
sein, weil letzteres sonst äquivalent f(x) wäre und nicht von
der zweiten Stufe sein würde."
In (3, x — 1) haben wir z. B. ein reines, in
. (3(s» + 1), (* - 1) (*» + 1))
ein gemischtes Modulsystem zweiter Stufe.
Fünfzehnte Vorlesung.
Die reinen Divisorenaysteme erster Stufe oder die ganzen ganzzahligen Funktionen. —
Ihre Zerlegung in irreduktible Faktoren. — Beweis der Eindeutigkeit dieser Zer-
legung. — Hilfssätze.
§1..
In den nächsten Vorlesungen wollen wir die Modulsysteme
(Ft(x), • • • Fpix)) in genau derselben Art in ihre einfachsten Bestand-
teile zerlegen, wie wir dies im Anfange dieser Vorlesungen für die
ganzzahligen Modulsysteme (m19 «w2, • • • mh) oder, was dasselbe ist, für
die ihnen äquivalenten ganzen Zahlen d gethan haben. Den einfachsten
Fall erhalten wir hier, wenn wir annehmen, dafs das zu untersuchende
Modulsystem von der ersten Stufe, dass also
(F1(x)>Fi(x),---Ffl(x))^F(x)
ist, wo F(x) eine beliebige ganze, ganzzahlige Funktion von x be-
deutet, und mit dieser Frage wollen wir uns zunächst beschäftigen.
Wir stellen uns jetzt also ebenso, wie in der elementaren Zahlen-
theorie, die Aufgabe, eine vorgelegte ganze Gröfse des Bereiches, d. h.
eine ganze, ganzzahlige Funktion
F(x) = c0 + cxx H f- cHxn
in ihre irreduktiblen Faktoren zu zerfallen, und zwar ist diese Auf-
gabe auch hier eine doppelte: Wir haben erstens zu zeigen, dafs jene
Zerlegung durch eine endliche Anzahl von Versuchen geleistet werden
kann und dann zweitens nachzuweisen, dafs sie nur auf eine einzige
Art möglich ist. Zunächst hat man den gröfsten Zahlenfaktor m, der
etwa in F(x) enthalten ist, aufzusuchen. Derselbe ist offenbar als
grofster gemeinsamer Divisor der Koefficienten c durch die Gleichung
w = (c0, c1,.--cn)
gegeben und danach auf bekannte Weise leicht zu bestimmen. Ist
sodann m in der Form
m=pl p; •• -pk
dargestellt, so erhalten wir als erstes Resultat
Kroneoker, Zahlentheorie. I. 12
178 Fünfzehnte Vorlesung.
F{x) = ptl p* - • -pkk-f(x),
wo die Koefficienten der ganzen, ganzzahligen Funktion
f(x) = a0 + a1x-\ 1- anxn
relativ prim zu einander sind, f(x) selbst daher durch keine ganze
Zahl mehr teilbar ist; wir können uns mithin von vorn herein auf die
Betrachtung solcher Funktionen fix) beschranken.
Angenommen nun, es sei f(x) das Produkt zweier ganzer, ganz-
zahliger Funktionen,
(1) f(x) - 9(x)i,(x),
und diese von den Graden (i und v7 so müssen die letzteren Zahlen
sicher beide von Null verschieden sein, weil fix) keinen Zahlenteiler
besitzt, und da ferner ft -\- v = n ist, mufs eine derselben, etwa p,
notwendig kleiner oder gleich — sein. Ist also f(x) überhaupt zer-
legbar, so hat es unbedingt einen Teiler (p(x), dessen Grad höchstens
gleich — oder — - — ist, je nachdem n gerade oder ungerade ist. Den
Komplementärteiler ty{x) von tp{x) findet man weiter durch einfache Divi-
sion, und die Untersuchung braucht sich demnach nur auf alle diejenigen
Faktoren <p(x) von f(x) zu erstrecken, deren Grad die oben genannte
Grenze nicht übersteigt.
Wir haben so nachgewiesen, dafs der Grad der unbekannten Teiler
<p(x) nur eine endliche Reihe von Werten durchlaufen kann; die
Koefficienten jener Funktionen bleiben aber dabei zunächst vollkommen
unbestimmt, und die Lösung unseres Problemes ist noch keineswegs
auf eine begrenzte Anzahl von Versuchen zurückgeführt. Hierzu ge-
langen wir erst vermöge der folgenden naheliegenden Überlegung: Er-
setzt man in (1) die Variable x durch eine beliebige ganze Zahl r, so
ist wegen der Gleichung
f(r) = <p(r)il>(r)
die ganze Zahl <p(r) stets einer der Teiler von f(r) und als solcher
auf eine bestimmte, endliche Anzahl von Werten beschrankt. Hierauf
beruht nun ein theoretisch sehr einfaches Verfahren, um zu entscheiden,
ob eine Funktion f(x) einen Teiler von gegebenem Grade /t enthält,
und um diese Divisoren, falls sie existieren, sämtlich anzugeben.
Sind nämlich
irgend welche p -f- 1 von einander verschiedene Zahlen und
§ 1. Die Zerlegung der Funktionen einer Variablen. 179
die zugehörigen Werte von f(x)} sind aufserdein:
d, d",---^
die einzelnen Divisoren bezw. von f(rQ), • • • f(r^7 so mufs, soll f(x)
ein Vielfaches von <p(z) sein, allgemein <p(rk) gleich einer der kh Zahlen
^k> ' ' ' "* se*n- Kennt man aber die Werte <p(r^)7 die eine ganze
Funktion /tt<m Grades <p(x) für irgend welche ft + 1 Werte ihres Argu-
mentes annimmt, so kann man aus ihnen <p(x) selbst berechnen; jene
Funktion ist nämlich nach der Lagrangeschen Interpolationsformel un-
mittelbar durch die Gleichung gegeben:
/n^I n (*- *o) - -- (* — **- Q (* -*k+ 1) • - - (^ — r«
^W-^V^(r,-r0)...(r,--r,_1)(r,-r,+ 1)...(r,-r
Man bekommt also den Komplex aller Funktionen <p(x), die möglicher-
weise in f{x) enthalten sein können, dadurch, dafs man in der obigen
Darstellung die Gröfsen <p(rk) unabhängig von einander die ft + 1
Reihen von ganzen Zahlen ^, • • • r/^ durchlaufen läfst, und zugleich
den Grad u gleich — bezw. — - — annimmt. Durch wirkliche Aus-
fuhrung der Division überzeugt man sich dann, welche unter den
k0 Ai • • • Xft resultierenden Funktionen <p die gesuchten Teiler von f(x)
sind, und damit ist erwiesen, dafs die Bestimmung der sämtlichen
ganzzahligen Divisoren von f(x) in 9er That nur eine endliche Anzahl
von Operationen erfordert.
Nachdem jene Frage theoretisch durch die soeben dargelegte
Methode vollständig erledigt worden ist, würde es sich nun noch für
die Anwendung darum handeln, unter der wenn auch endlichen, so
doch sehr grofsen Anzahl der Funktionen (p(x) die wirklichen Teiler
von f(x) herauszusuchen. In erster Linie wird diese Aufgabe durch die
Bemerkung wesentlich erleichtert, dafs sich die möglichen Teiler <p(jc)
zwar immer als ganze Funktionen von x darstellen, jedoch im all-
gemeinen gebrochene Zahlenkoefficienten besitzen werden, wie das
schon aus den entsprechenden Ausdrücken
— (*-Ollf...*-iI* + lf. u)
0
12*
180 Fünfzehnte Vorlesung.
hervorgeht, bei denen dk irgend einen Teiler von f(rk) bedeutet. Da
aber die Divisoren von fix) sämtlich ganzzahlig sein müssen, so sind
von vorn herein alle diejenigen <p(x), die jene Eigenschaft nicht haben,
zu verwerfen; das ist bei geeigneter Wahl von r0, rl} ; • • r,, jedenfalls der
bei weitem gröfste Teil aller Xq ■ • • A^ Funktionen, und es werden
daher verhältnismäfsig nur sehr wenige ganzzahlige übrig bleiben, für
welche dann die Division in f(x) vorzunehmen wäre; dann und nur
fix)
dann, wenn der Quotient •L-jJz e^ne ganze, ganzzahlige Funktion von
x ist, ist <p(x) ein Teiler von f(x)} alle Funktionen <p(x), für welche
sich jener Quotient nicht als ganz ergiebt, sind also einfach fortzu-
lassen. Ferner bietet sich die Möglichkeit dar, den Grad ft der ge-
AS AI I
suchten Divisoren auch beliebig grofs, also gröfser als — oder ~T
£ TS
anzunehmen, dafür aber die Bedingung einzuführen, dafs die Potenzen
von (p(x), welche höher als — sind, allemal ausfallen müssen; dadurch
ergeben sich eine Anzahl von Gleichungen, welche wiederum die
Anzahl der in Betracht kommenden Teiler wesentlich verkleinern.
Schliesslich mag noch die einfache Überlegung hervorgehoben werden,
dafs schon der Koefficient der höchsten Potenzen in <p(x), nämlich die
Summe
2iT(^-rA) <a~o,i,..*-i,*+i,-„,
stets eine ganze Zahl sein mufs. Wir verweisen im übrigen auf die
ausführlicheren Entwicklungen im Anhange; hier liegt uns nur daran
zu zeigen, dafs ein endliches wohlbestimmtes Verfahren existiert, um
alle Teiler einer ganzen Funktion von x zu bestimmen, genau ebenso,
wie dieses für alle Teiler einer beliebigen ganzen Zahl möglich war.
Nachdem so ein endliches Verfahren angegeben worden ist, um
alle Teiler von f(x) zu bestimmen, lassen sich nun weiter wörtlich
dieselben Schlüsse ziehen, wie früher bei der Zerlegung der ganzen
Zahlen in ihre Bestandteile: Ist q>t(x) einer der Divisoren von f{x)
von niedrigstem Grade, so ist die Funktion <px{x) selbst eine unzerleg-
bare oder Primfunktion in dem Sinne, dafs sie keine von 1 bezw. von
<pt(x) verschiedene ganze Zahl oder ganze, ganzzahlige Funktion von
x mehr enthalten kann; denn wäre das der Fall, so müfste auch f(x)
jenen Teiler besitzen, was mit der Voraussetzung," dafs f(x) durch keine
ganze Zahl teilbar ist, und mit der anderen, dafs der Grad von q>x{pc)
möglichst klein sein soll, in Widerspruch steht.
Unter einer Primfunktion verstehen wir demnach hier jede ganze,
ganzzahlige Funktion
§ 1. Die Zerlegung der Funktionen einer Variablen. 181
P(x) = a^x" + a^-!^-1 -| 1- a0,
die durch keine ganze Gröfse unseres Bereiches teilbar ist, mag dieselbe
eine Zahl oder eine Funktion sein. Eine solche Funktion ist durch diese
Eigenschaft bis auf ihr Vorzeichen unzweideutig definiert; das letztere
fixieren wir willkürlich, aber fest dadurch, dafs wir den Eoefficienten
der höchsten Potenz a^ stets als positiv annehmen.
Ist also (pt(x) von der angegebenen Beschaffenheit und
f(x) = <p1(x)f1(x),
so wird man nunmehr in derselben Weise den Divisor niedrigsten
Grades von fx(x) bestimmen, der zugleich in f(x) enthalten ist und
folglich von gleichem oder höherem Grade als q>x(x) sein muss. Ist
dann
fi(x) = <pt(x)f2(x),
so kann unsere Methode auf f% (x) angewendet werden, und dieses Verfahren
läfst sich so lange fortsetzen, bis die übrigbleibende Funktion fv(x)
selbst unzerlegbar ist; dieser Fall mufs zuletzt eintreten, weil der
Grad der ganzen Funktionen f(x), fx(x) * - - beständig abnimmt und
offenbar nicht kleiner werden kann, als der des ersten Faktors <px(x).
Fafst man endlich auch hier die gleichen Elemente zu Potenzen
zusammen, so gelangt man auf diesem Wege zu einer Darstellung der
ursprünglichen Funktion F(x) durch das Produkt
in welchem p1} • • - pt Primzahlen, q>l} • • • <pm Primfunktionen bedeuten.
§2.
Wir kommen jetzt zu dem zweiten Teile unserer Aufgabe, nämlich
zu zeigen, dafs die im vorigen Paragraphen gegebene Zerlegung einer
Funktion F(x) in ihre Primfaktoren eindeutig ist. Der Beweis des
entsprechenden Theoremes bei ganzen Zahlen gründete sich auf den
Satz, dafs das Produkt zweier Zahlen nur dann eine Primzahl enthalten
kann, wenn mindestens einer seiner Faktoren Multiplum derselben ist.
In dem weiteren Gebiete, das wir hier betrachten, lautet dieser Satz
folgendermafsen :
„Ist das Produkt zweier ganzen Gröfsen durch eine Primgröfse,
(Primzahl oder Primfunktion), teilbar, so enthält notwendig
mindestens einer der Faktoren jene Gröfse ebenfalls."
182 Fünfzehnte Vorlesung.
Wir führen den Nachweis zunächst für eine Primzahl p. Ist für die
ganzen, ganzzahligen Funktionen •(#) und *P(x) die Kongruenz erfüllt:
<P(.z;) *P(x) i : 0 (mod p),
so ist darzuthun, dafs sie schon für • oder W allein besteht, d. h.
dafs alle Koefficienten eines der beiden Faktoren Vielfache von p sind.
Offenbar kann man alle diejenigen Koefficienten, die durch p teil-
bar sind, sowohl in •(#), wie in *P(x) von vorn herein vernach-
lässigen, da letztere hierbei nur durch modulo p kongruente Funktionen
ersetzt werden. Reduziert sich dadurch einer der Faktoren auf 0, so
ist p ein Divisor desselben und unsere Frage bereits erledigt. Ist das
aber nicht der Fall, so ergeben sich nach Weglassung der betreffenden
Summanden zwei Funktionen, deren Koefficienten ausnahmslos zu p
relativ prim sind; wir dürfen somit &(x) und *P(x) von Anfang an
in jener reduzierten Form zu Grunde legen. Dann ist
•0) = ßm^" + a*-,**-1 -f •••, V(x) = bHx* -f fc.-ix"-1 + •-.,
wo sicher am und bn von Null verschieden und durch p nicht teilbar
sind. Die Entwicklung von •(>) *P(x), deren Koefficienten sämtlich
durch p teilbar sein sollen, beginnt aber mit dem höchsten Gliede
»/«?>» tf"1"*"", und da schon dessen Koefficient/) sicherlich nicht enthält, so
kann auch das Produkt unmöglich durch p teilbar sein; unsere zweite
Annahme führt daher auf einen Widerspruch mit der Voraussetzung,
und die aufgestellte Behauptung ist bewiesen.
Ehe wir die Richtigkeit des Satzes weiter auch für eine Prim-
funktion P(x) darthun, ziehen wir aus dem soeben gewonnenen Resul-
tate noch eine Folgerung:
„Ist &(x) eine Funktion unseres Bereiches ohne Zahlenfaktor,
so ist ein Produkt mF(x) nur dann durch &(x) teilbar, wenn
F(x) allein jene Funktion enthält."
Ist nämlich mF(x) durch •<;*•;) teilbar, so besteht eine Gleichung:
(1) mF(z)=*Q(x)V(x),
und es ist nur zu zeigen, dafs der zweite Faktor QF(x) durch m
teilbar ist; denn ist W(x) = mW(x)} wo W ebenfalls ganz ist, so geht
die obige Relation über in
F(x) = 0(x)W(x),
d. h. F(x) ist durch &(x) teilbar. Angenommen nun, tn sei nicht
vollständig in *P(x) enthalten, dann denke ich mir den in *P(x) auf-
gehenden Teiler auf beiden Seiten von (1) durch Division entfernt und
erhalte so eine neue Gleichung,
§ 2. Die Primfaktoren und ihre Eigenschaften. 183
(2) mlF{x)^9{x)Wl{x),
in der jetzt kein Primfaktor p von mu falls ein solcher existiert, in
*Pi(x) enthalten ist. Da aber &(x) n. d. V. p gleichfalls nicht enthält,
so kann nach dem obigen Satze die rechte und mithin auch die linke
Seite der Gleichung (2) durch p nicht mehr teilbar sein, d. h. mt hat
keinen Primfaktor und reduziert sich auf 1; unsere Folgerung ist dem-
nach richtig.
Wir wenden uns nunmehr dem zweiten Teile unseres Ausgangs-
theoremes zu:
„Ist JP(x) eine Primfunktion und
* (x) V(x) = 0 (mod P(x)) ,
so mufs wenigstens eine der beiden Grössen 0(x) und *P(x)
für sich Multiplum von P{x) sein."
Es ist hiernach zu zeigen, dafs, wenn einer der beiden Faktoren,
etwa 0(x) durch P(x) nicht teilbar ist, dieses dann notwendig für den
anderen Faktor *P(x) der Fall sein mufs. Zum Beweise wenden wir
auf P(x) und 0(x) das früher beschriebene Euklidische Verfahren an.
Dasselbe fährt zuletzt zu einer Grösse Fv unseres Bereiches, die den
Kongruenzen
(SS K ==■- 0 (modd P(x), 0(x))
mP(x) = 0 (mod Ft), p &(x) = 0 (mod F9)
genügt, wo m und p bestimmte ganze Zahlen bedeuten. Aus
ihnen folgt in diesem Falle, dafs Fv von x unabhängig, also eine
ganze Zahl sein mufs; denn wäre F9 = r-q(x)f wo q(x) eine ganze
Funktion ohne Zahlenfaktor ist, so wäre nach (1) q(x) wegen der
beiden letzten Kongruenzen einmal in P(x) enthalten, also mit P(x)
identisch, zweitens aber auch Divisor von &(x), und damit würde P(x)
selbst entgegen der Voraussetzung Teiler von <&(x) sein. Multiplicieren
wir jetzt die erste Kongruenz in (3) mit lP(x), so ist
Fv W(x) _T: 0 (modd P(x) ¥(x), 0(x) W(x))
und, da beide Elemente dieses Modulsystemes durch P(x) teilbar sind,
ergiebt sich weiter
Fv V(x) = 0 (mod P(x)) ;
hieraus folgt aber schliefslich, weil P(x) die ganze Zahl Fv sicherlich
nicht enthält,
V{x) ~ 0 (mod P{x))
w. z. b. w.
Nachdem wir so den an die Spitze der Betrachtung gestellten
Fundamentalsatz über die Primgröfsen in allen seinen Teilen hergeleitet
184 Fünfzehnte Vorlesung.
haben, ist es nunmehr sehr leicht, auch die Eindeutigkeit der Zerlegung
einer ganzen Gröfse in ihre irreduktiblen Faktoren zu beweisen.
Bestanden nämlich zwei solche Darstellungen für dieselbe Gröfse,
so wären sie einander gleich zu setzen und würden gleich bleiben,
wenn man die in beiden zugleich auftretenden Primfaktoren durch Di*
vision fortschaffte. Würden nach Ausführung dieser Operation auf
beiden Seiten noch Primfaktoren übrig geblieben sein, so erhielten wir
eine Gleichung:
(4) P^f-Q^,-;
in der Pv P9 ••• und Q 9 Q2-- gleiche oder verschiedene Primgrössen
(Primzahlen oder Primfunktionen) sind, ohne dafs z. B. Px in der Reihe
Ql7 Q%} • • • vorkommt und umgekehrt. Das ist aber gar nicht mög-
lich; denn die linke Seite der Gleichung ist z. B. durch P1 teilbar,
folglich mufs es auch die rechte Seite sein; nach dem oben bewiesenen
Hauptsatze mufs also einer der Faktoren auf der rechten Seite, etwa
Qx die Primgrösse Px enthalten; da er aber unzerlegbar ist, so mufs
Qx — P1 sein, entgegen unserer Annahme, dafs in der Gleichung (4)
die Faktoren auf der linken Seite von denen auf der rechten sämtlich
verschieden sind. Die Annahme, dafs die beiden vorausgesetzten Zer-
legungen einer Grösse von einander verschieden seien, ist also unhalt-
bar; jede ganze Grösse läfst sich auf eine und nur eine Art in ihre
irreduktiblen Bestandteile zerfallen.
Sechzehnte Vorlesung.
Die reinen Divisorensysteme zweiter Stufe. — Ihre charakteristischen Eigen-
schaften. — Die Anzahl der inkongruenten GröTsen ist stets endlich. — Die Ein-
heiten. — Verallgemeinerung des Fermatschen Satzes. — Komplementäre Einheiten.
§ i.
Nachdem wir die Divisorensysteme erster Stufe in ihre irreduk-
tiblen Faktoren zerlegt haben, gehen wir jetzt zu der Betrachtung der
Modulsysteme zweiter Stufe über und versuchen, ein solches System
(FxW,FMtor--F9fr))
ebenfalls in möglichst einfache Elemente aufzulösen und ihre Eigen-
schaften kennen zu lernen.
Haben wir es zunächst mit einem gemischten Divisorensystem
zu thun, besitzen also alle Elemente F. einen gemeinsamen Teiler, so
können wir diesen direkt bestimmen, indem wir durch Zerlegung von
Fl9 • . - Fv in ihre Primfaktoren ihren gröfsten gemeinsamen Teiler F
aufsuchen. Ist dann:
F. = Ff., tf-i.V"').
so bekommen wir die Äquivalenz:
(Fl,Ft,...FJ~F.(fl,f„---fX
wo jetzt das neue System (f1} f2> • • • /" ) ein reines Modulsystem zweiter
Stufe ist, dessen Glieder teilerfremd sind. Es ist (/i, • • • ft) auch nicht
etwa äquivalent 1, weil sonst (Flf • • • Fv) ~ F wäre und der ersten
Stufe angehörte. Wir brauchen also nur die reinen Systeme zweiter
Stufe weiter zu untersuchen.
Diese Systeme sind besonders dadurch ausgezeichnet und von den
Systemen erster Stufe unterschieden, dafs für sie stets ein vollständiges
Restsystem aufgestellt werden kann, d. h. es läfst sich stets eine be-
stimmte Anzahl ganzer Gröfsen
186 Sechzehnte Vorlesung.
so angeben, dafs jedes Element *p(x) unseres Bereiches einer und nur
einer dieser q Funktionen kongruent ist, oder anders ausgesprochen:
I) „Die Anzahl der für ein reines Modulsystem zweiter Stufe in-
kongruenten ganzen Gröfsen ist immer eine endliche."
Dieser Satz besteht nicht für Modulsysteme erster Stufe, denn für
eine beliebige Zahl m oder eine ganze Funktion F(x) als Modul isir
die Anzahl der inkongruenten Gröfsen im Bereiche der ganzen, ganz-
zahligen Funktionen von x offenbar unendlich grofs; dagegen ist er im
Bereiche der ganzen Zahlen für einen beliebigen Zahlenmodul m er-
füllt, und schon hieraus kann man auf eine nahe Verwandtschaft
zwischen den Systemen zweiter Stufe in diesem Gebiete und den gewöhn-
lichen ganzzahligen Divisoren im Bereiche der ganzen Zahlen schliefsen.
Um diesen Satz abzuleiten, beweisen wir zunächst zwei Funda-
mentaltheoreme, welche folgendermafsen lauten:
II) „Jedem reinen Modulsysteme zweiter Stufe (fl9 • • • ft) kann man,
ohne es im Sinne der Äquivalenz zu ändern, ein geeignet ge-
/ wähltes ganzzahliges Element m hinzufügen.
III) „Jedem reinen Modulsysteme kann man, ohne es im Sinne der
Äquivalenz zu ändern, ein geeignet gewähltes Element/'(#) = x"
-j-&1#,,~~1 -| \-bn hinzufügen, in welchem der Koefficient der
höchsten Potenz von x gleich Eins ist."
Um zunächst den ersten Satz für ein System (fly f%y • • • ft) zu be-
weisen, wende ich das auf S. 170 erwähnte Euklidische Verfahren auf
die beiden ersten Funktionen f\ und f% an; dadurch ergiebt sich eine
Funktion <p%(x\ für welche:
<ps(x) = 0 (modd/i,/i)
mjx = m^f% = 0 (mod qp8)
ist, wo mx und tn% ganzzahlige Faktoren bezeichnen. Nehmen wir nun
(p2 in das Modulsystem auf, wodurch dasselbe im Sinne der Äquivalenz
nicht geändert wird, und wenden wir das gleiche Verfahren in dem
neuen System (/j, /j, qp2, f59 • • • fv) auf <p%{x) und f$(x) an, so ergiebt
sich eine Funktion 9>8(#), für die analog
f lBv 9>s = ° (modd <p%> fz)
mfa = m3f3 = 0 (mod9s)
ist. Verbindet man diese Kongruenzen mit den in (1) angeführten, so
folgt aus ihnen:
(ps— 0 (modd f1}f2,fz)]
§ 1. Die reinen Di visorensy steine zweiter Stufe. 187
multipliziert man andererseits die beiden letzten Kongruenzen in (1)
mit m'% und beachtet, dafs dann der Modul m^ip% durch <p3 teilbar ist,
so erhält man aus (1) und (1*) die Kongruenzen:
wo §il9 ftg, ff 3 wiederum bestimmte ganze Zahlen bedeuten. Fügt man
jetzt auch <ps dem Systeme hinzu, behandelt dann <p9 und fA ebenso
wie vorher und wiederholt nun diesen Prozefs so lange, bis man zu
dem letzten Gliede fv gekommen ist, so erhält man schließlich eine
ganze Gröfse <pvJ für welche offenbar die folgendeu Kongruenzen be-
stehen:
(2) <pv—o (modd /;,/;, .../;)
*i/i ^ *»/i = • ■ • ef= */r = 0 (mod 9,),
in denen sl9 s29 • • - sv ganze Zahlen sind. Danach mufs aber (pr not-
wendig selbst eine ganze Zahl m sein, denn enthielte es auch nur
eine Primfunktion P(x)9 so wäre diese ein gemeinsamer Teiler von
fit''fv und das System kein reines Modulsystem zweiter Stufe. Da
ferner nach der ersten Kongruenz in (2) <pv = m das System (fl9 • • • f)
enthält, so haben wir die Äquivalenz gewonnen:
(/i» • " • O ~ (m5 fi>'-0
und damit den ersten Hauptsatz bewiesen.
§2.
Um nun den zweiten Hauptsatz in Nr. III für ein beliebiges System
(m, fx(x)9 • • - fv(x)) zu beweisen, gebe ich ein Verfahren an, um in
jedem Falle eine jenes System enthaltende Funktion
(1) f(x) = x- + bxx*-i + • • • + bn
zu finden, in welcher der Koefficient der höchsten Potenz gleich
Eins ist.
Es seien fi(x)9 • • • fv(x) bezw. von den Graden nl9 n^, • • • fl/
Bilden wir dann die ganze Funktion
F(z) = /■(*) + x^+1f,{x) + *■* + "»+ "/•(*) + ■ • ■
+ Ä"i+,t+',-+,l»-i+,r-l^(*),
so kann diese selbstverständlich dem Modulsysteme hinzugefügt werden.
Ferner stimmen ihre Koefficienten der Reihe nach mit denen von
fum 'fy überein, weil die Multiplikatoren #*1+1, x*1**** 2, • • • so ge-
wählt sind, dafs sich nie zwei der genannten Koefficienten in F(.r)
188 Sechzehnte Vorlesung.
vermischen. Hieraus folgt, dafs F(x) durch keine Primzahl teilbar
ist, da fl}- • • fv als relativ prim vorausgesetzt wurden.
Es sei nun:
m = phi p* ...p r
die Zerlegung des im vorigen Abschnitte gefundenen ganzzahligen
Elementes m in seine Primfaktoren; reduziert man dann F(x) für eine
der Primzahlen pk auf ihren kleinsten Rest, so ist derselbe notwendig
von Null verschieden, weil sonst F(x) durch pk teilbar wäre. Die so
sich ergebende Gleichung
F(z) — Ok(x) — pkVk(z)
lautet, wenn man sie als Kongruenz für unser Divisorensystem auf-
fafst und beachtet, dafs ihre linke Seite durch dasselbe teilbar ist,
f olgendermaf sen :
9t(x) - pk Vt(x) (modd fv.-- Q ;
erhebt man rechts und links zur Potenz hk) so folgt weiter:
(*,(*))** - # (vk(xyf" (modd /;,... Q
oder nach Multiplikation mit
^.{9k{x)f = m{Wk{x))k" (modd /;,.-. 0
*k
Da m aber das Modulsystem enthalt, so bekommen wir schliefslich für
jeden Primteiler pk von m eine Kongruenz von der Form:
(2) ^(*)-J!L (•,(*)/*==(> (modd/i,-../;), (t=l,,,.r)
in welcher die Koefficienten von &k kleiner als pk und sicherlich nicht
alle gleich Null sind. Es ist also, da auch -j- zu pk teilerfremd ist> der
*k
Koefficient Ck der höchsten Potenz von x in der Entwicklung der
ganzen, ganzzahligen Funktion Xk(x) zu pk relativ prim, dagegen ent-
hält er jeden anderen Primfaktor p. von m ebenso oft als m selbst.
Es sei nun Bk die komplementäre Einheit zu Ck für den Modul pkk ,
dann besteht die Kongruenz:
BkCk=l (mod#),
während zugleich für jeden anderen Teiler von m:
BkCk^O (modp.') («=o,i, • •.*— i,*+i, r)
ist.
§ 2. Die reinen Divisorensysteme zweiter Stufe. 1 89
Denkt man sich jetzt die Reihe der r Funktionen:
X^ix), *,(*), • • • Xr(x)
aufgestellt und dieselben mit solchen Potenzen x l, • • • x r von x mul-
tipliziert, dafs die Produkte alle vom gleichen Grade n sind, so ist es
nunmehr leicht, die gesuchte Funktion f(x) in (1) aus ihnen zusammen-
zusetzen. Bildet man nämlich die Summe:
T(x) = Bt xh Xx(x) + B2xl* Xs(x) H h Brxx*Xr(x),
wo B17 B27 ' • • die vorher bestimmten zu den Cl7 Ci7 • • • komplemen-
tären Einheiten sind, so wird der Koefficient der höchsten Potenz in
F(x) durch die Gleichung:
C= ^ + B%C% H VBrCr
gegeben. Nun verschwinden hier für jedes phk die sämtlichen Produkte
auf der rechten Seite mit Ausnahme des i*** das kongruent 1 ist; es ist
mithin C für jeden Bestandteil von m, also auch für w seihst als
Modul kongruent 1, C kann also in der Form geschrieben werden:
C=l +mC.
Daraus folgt, dafs in der Differenz:
f(x) = F(x) — mCxn
der Koefficient des höchsten Gliedes gleich 1 ist.
Die so bestimmte Funktion f(x) ist in der That die gesuchte.
Denn die Darstellung von F(x) durch die Funktionen Xx(x)7 X2(#), •••,
die alle das Modulsystem (f17 • • •/*) enthalten, lehrt unmittelbar, dafs
auch F(x) selbst durch dasselbe teilbar ist, und daraus geht wiederum
hervor, dafs für f(x) das Gleiche gilt, weil die ganze Zahl m ein Viel-
faches des Modulsy sternes ist; f(x) darf deshalb in das letztere, ohne
dessen Wert zu ändern, eingereiht werden, und damit ist in Verbin-
dung mit dem vorangehenden Satze auch das zweite Fundamental-
theorem in der Theorie unserer Divisorensysteme bewiesen.
An dieses Ergebnis läfst sich der bereits angekündigte Beweis dafür,
dafs es für ein reines Modulsystem zweiter Stufe (Jtf) = (m7 f7 fl7 • • • fy)
nur eine endliche Anzahl von Resten giebt, unmittelbar anknüpfen.
Zunächst ist nämlich klar, dafs jede Funktion <p(x) unseres Integritäts-
bereiches modulo (M) auf eine andere zurückgeführt werden kann, deren
Grad kleiner ist, als der Grad n von f(x). Denn ist das höchste Glied«
von qp (x) cxn+r7 so dafs
<p(x) = cx*+v -{-.••
ist, so ist die Differenz
190 Sechzehnte Vorlesung.
Vi{x) = y(x) — cxf(x)
eine zu <p(x) kongruente Funktion, deren Grad mindestens um eine
Einheit niedriger ist. Durch Wiederholung jenes einfachen Verfahrens
kommt man aber zuletzt zu einer zu <p(x) kongruenten Funktion
y(x) — c0 + ctx -\ 1- cn_xxn~l>
welche höchstens vom (n — l)*6" Grade ist; diese Funktion kann man
endlich auf eine kongruente <p0(x) reduzieren , deren Koefficienten
zwischen 0 und m — 1 liegen; ist nämlich allgemein y. der kleinste
positive Rest von c. modulo m, und
%(x) — n + yi*H 1- jv-i*"""1,
so ist fp(x) = <Po(%) (m°d *w), also, da m ein Element von (Jf) ist,
auch <p(x) -ri q>0(x) (mod M). Jede ganze Gröfse unseres Gebietes
ist demnach einer anderen von der Form <p0(x) modulis (w, f, flf •••/*,)
kongruent, und da die Anzahl der verschiedenen Funktionen <p0(x)
offenbar endlich, nämlich m* ist, so haben wir damit die in (I) an-
gegebene Haupteigenschaft der Modulsysteme zweiter Stufe dargethan.
Es mufs jedoch hervorgehoben werden, dafs zwar jede Funktion
<p(x) für das Modulsystem auf einen der oben bestimmten Reste g>Q(x)
reduzierbar ist, dafs aber diese Reste selbst im allgemeinen nicht alle unter-
einander inkongruent sein werden. Die wirkliche Angabe der für ein
Divisorensystem zweiter Stufe inkongruenten Gröfsen ist vielmehr in
dem hier behandelten umfassenden Falle eine sehr schwierige Aufgabe.
§3.
Es sei
(*)-</■,••■/;)
irgend ein reines Modulsystem zweiter Stufe, dann heifst analog, wie
bei den gewöhnlichen Zahlen, eine ganze Gröfse R relativ prim oder
teilerfremd zu (M\ wenn das aus B und (M) gebildete System
äquivalent 1 ist. So ist z. B. eine beliebige ganze Zahl p zu (M) re-
lativ prim, wenn sie mit der Zahl m, die dem Divisorensystem zweiter
Stufe hinzugefügt werden kann, keinen gemeinsamen Teiler besitzt, denn
in dem Falle ist ja
(ft fif'" O ~ (ft m> fif" O ~ C1* flf'" O ~ L
Hier besteht nun der wichtige Satz:
§ 3. Verallgemeinerung des Fermat sehen Satzes. 191
„Sind Rf R' zwei ganze Gröfsen, die zu (M) relativ prim sind,
so gilt dasselbe auch von ihrem Produkte RR'.li
Aus den beiden Äquivalenzen (R} fXJ • • • fv) ~ 1 und (R'} f17 • • • fv)~ 1
folgt nämlich durch Komposition:
(.r, fu-- o (r; fr,- o ~ i
oder, wenn man links die Komposition ausführt:
(RR j • • * Rf. m ' •; • * * R fk • • '5 *••/*• fu " " *) °^ !•
Offenbar ist aber dieses System ein Vielfaches des anderen
(RR 5 ••■/.•••)
und das letztere daher notwendig auch äquivalent 1; d. h. es ist in
der That RR' zu (M) teilerfremd.
Wir wählen jetzt aus der endlichen Anzahl der modulo (M) in-
kongruenten Beste alle diejenigen aus, die mit unserem Systeme keinen .
gemeinsamen Teiler haben und wir bezeichnen diese auch hier als Ein-
heiten modulo M. Es sei ji die Anzahl aller inkongruenten Einheiten
modulo M, und es mögen diese in beliebiger Reihenfolge durch:
bezeichnet werden. Ist dann R irgend eine Einheit modulo M und
bildet man die (i Produkte
RRly RR%9 m ' ' RRfl}
so sind alle diese, wie oben bewiesen wurde, ebenfalls Einheiten
modulo M] aufserdem erkennt man leicht, dafs sie auch modulo M
sämtlich inkongruent sind. Wäre das nämlich für irgend zwei jener
Produkte RR. und RR. nicht der Fall, so erhielte man eine Kon-
gruenz:
Ä(Ä, -*,) = <> (modd /•„•••/;);
andererseits folgt aber aus:
durch Multiplikation mit R. — Rk die Äquivalenz:
(BCB, - BJ, h <«, - ty, • ' • /;<«, - fy) ~ H{ - Kk-
Enthielte also R(R. — Rk) das Modulsystem {M), so wäre jedes Ele-
ment auf der linken Seite, also das ganze Divisorensystem durch (M)
teilbar, also würde dasselbe für R. — Rk auf der rechten Seite dieser
Äquivalenz gelten, es wäre also:
B. = Bk (modd/i, /;,.../■,),
192 Sechzehnte Vorlesung.
wahrend wir doch R{ und Rk als modulo {M) verschieden voraus-
gesetzt haben.
Da somit die p Produkte
RRi, RR%} m ' m RR?
ebenfalls ein System modulo (üf) inkongruenter Einheiten modulo M
bilden, so müssen sie für das Divisorensystem, abgesehen von ihrer
Reihenfolge, mit Rl9 • • • R^ übereinstimmen. Ist daher wieder S{R1? • • • R^)
eine beliebige ganze symmetrische Funktion jener Gröfsen, so besteht
auch hier die Kongruenz
8(Rlf • • - B„) = SiRR,, • • • RRp) (modd /;,-.. Q
und insbesondere für eine Variabele X die weitere
[J(X-Bk) = Y](X-RRh) (modd/;,.--/;) (»=1./-.
* h
Hieraus ergiebt sich durch Vergleichung der beiden von X freien
Glieder:
JJ Bt^xr]]Rh (modd/;,.../;),
wo / lRh zu (M) relativ prim ist und daher auf beiden Seiten fort-
gehoben werden kann; so erhalten wir endlich die wichtige Kongruenz:
jr==i (modd/;,.../;),
eine Kongruenz, die eine unmittelbare Verallgemeinerung des Fermat-
schen Satzes bedeutet. Derselbe lautet hier folgendermafsen:
„Die fite Potenz jeder zu (M ) teilerfremden ganzen Gröfse ist
stets kongruent 1, wenn p die Anzahl der modulo (M) inkon-
gruenten Einheiten bezeichnet."
Als Beispiel betrachten wir das Modulsystem (Jf) ~ (2, x*). Für
dieses giebt es offenbar die vier inkongruenten Gröfsen:
0; 1, xy 1 -f" #;
von diesen sind 1 und 1 -f- x zu {M) relativ prim, also Einheiten
modulo (M), dagegen 0 und x besitzen einen gemeinsamen Teiler mit
(M), denn es ist:
(1 + x, 2, x2) ~ (1 + x, 1 + 2x + x\ 2, x2) ~ (1 + x, 1, 2, z2) ~ 1,
dagegen:
(*, 2, a*) ~ (2, x),
also nicht äquivalent Eins. Es ist demnach (i = 2. Also ist für jede
Gröfse R = f{x) des Bereiches [x] R2 = 1 (mod M ). Dies erkennt
man hier auch leicht direkt, denn es ist:
§ 3. Komplementäre Einheiten.
193
R = a + ßx + yo? + ■ •
B* = (a + /Ja;)2 = a2 = 1
= cc + /te (mod o;2),
(modd 2, a;2),
falls « ^ 0 (mod 2) angenommen wird
Eine direkte Folgerung aus diesem Ergebnisse ist noch das andere:
„Ist (M) ein beliebiges reines Modulsystem zweiter Stufe und
ü eine beliebige Einheit mod (M), so kann man immer eine
zweite Einheit R' so bestimmen, dafs
RR' = l (mod(if))
ist; je zwei solche Funktionen werden komplementäre Einheiten
genannt«
In der That wird ja dieser Bedingung nach dem vorigen Satze sofort
genügt, wenn man R' = RF~~1 setzt. Demnach zerfallen genau wie
bei den Zahlen alle ganzen Gröfsen des Bereiches modulo (M) betrachtet
in zwei Klassen, die wiederum bezw. Teiler der Null und Teiler der
Eins genannt werden können; denn ist Rq eine Gröfse, die mit (M)
einen Divisor gemeinsam hat, so lafst sich allemal eine zugehörige
R^ so angeben, dafs
B0R'0 = 0 (mod(JQ)
wird, ohne dafs Ri durch (M) teilbar ist. Der Beweis dieses letzten
Satzes, von dem im folgenden kein Gebrauch gemacht wird, soll an
dieser Stelle nicht gegeben, sondern dem Leser überlassen werden.
Kronecker, Zablentheoric. I
13
Siebzehnte Vorlesung.
Die Dekomposition der reinen Modulsy steine zweiter Stufe (m, /\). — Zerlegung derselben
in die Systeme (ph, f{{x)). — Reduktion der einfachsten Systeme (p, f.(x)). — Re-
duktion der Systeme (j>\ ft(x)) und (p8, f£(x)). — Die reduzierte Form der Systeme
zweiter Stufe.
§1.
Wir wenden uns jetzt zur Beantwortung der Hauptfrage nach der
Zerlegung oder Dekomposition eines beliebigen Modulsystemes in mög-
liebst einfache Elemente und zwar können wir uns hier auf die reinen
Modulsysteme zweiter Stufe beschränken, da die Systeme erster Stufe
bereits in der fünfzehnten Vorlesung vollständig zerlegt worden sind.
Es sei (M) = (fi(x)9 fz(x\ • • • fv(x)) das vorgelegte System, m die
niedrigste ganze Zahl, welche durch (M) teilbar ist und
irgend eine Zerlegung von m in zwei teilerfremde Faktoren. Dann
besteht die folgende Äquivalenz:
(i) («•> fx, • • • O ~ Oh /;, • • • O (v, /;,••• Q
und sie liefert uns die erste und wichtigste Zerlegung unseres Modul-
systemes.
Der soeben ausgesprochene Satz ist ein ganz spezieller Fall des
folgenden für beliebige Modulsysteme geltenden wichtigen Theoremes,
von dem wir auch später Gebrauch zu machen haben. Es sei (f,fi,'—fr)
irgend ein Divisorensystem von beliebig vielen Variablen und es
möge ein Element f für das aus den übrigen gebildete Modulsystem
(fi> ' ' ' /"*) m ^ Produkt f0f^ zweier teilerfremden Faktoren zerfallen;
dann zerfällt auch das ganze Modulsystem in zwei Faktoren vermöge
der Äquivalenz:
Nach der Voraussetzung ist nämlich:
(2) f=fj; (modd/i, •••/;),
§ 1. Die Zerlegung der Modalsysteme zweiter Stufe. 195
und da die beiden Faktoren teilerfremd sind, so ist:
(3) cr.,/i',/i,---o~i-
Multipliziert man aber das Produkt auf der rechten Seite von (la) aus,
so ergiebt sich:
(4) (fofO(fQjfk)~(fQf» m"fofi'"f ''fofk'"' '"fifk") C*«i.V--»>-
Andererseits folgt, wenn man die Äquivalenz (3) auf beiden Seiten
mit (fif--f9) multipliziert,
("fofi'"> ' "fofk' "t " ' fifk ' ' ') ~ (f\fm ' ' O >
und hieraus geht hervor, dafs die rechte, also auch die linke Seite von (4)
in der That äquivalent (f0f0\ fv • • • fv) oder wegen (2) äquivalent
(fjfu-O ist> w- *- b. w.
Setzt man in der Äquivalenz (la) /*= m = pv, so erhält man die
Äquivalenz (1).
Es zerfällt also unser System (Jf) in zwei andere, welche sich von
diesem nur dadurch unterscheiden, dafs das Zahlenelement m durch
je einen der teilerfremden Faktoren fi und v von m ersetzt i3t. In
derselben Weise kann nun jedes dieser Systeme weiter zerlegt und
diese Dekomposition so lange fortgesetzt werden, bis die Zahlenele-
mente sämtlich Primzahlpotenzen geworden sind. Man erhält also den
folgenden Satz:
„Jedes reine Modulsystem zweiter Stufe ist äquivalent einem
Produkte von Systemen
(jtfÄ)~(p*,/;(^--:/vw),
deren Zahlenelemente Primzahlpotenzen sind/'
Im Folgenden brauchen wir uns also nur mit diesen Modulsystemen
(Mh) zu beschäftigen.
Wir betrachten zuerst den einfachsten Fall, dafs der Exponent
h = 1 ist, d. h. wir untersuchen ein System:
(Jf1)~(p,/iW,/,l(aJ), ■••/;»))
und versuchen dieses weiter auf eine eindeutig bestimmte reduzierte
Form zu bringen.
Hierzu führen die beiden folgenden für beliebige reine Divisoren-
systeme zweiter Stufe geltenden Sätze:
1) „Ein System (w, /i(#), • • • fv(xj) bleibt im Sinne der Äquivalenz
ungeändert, wenn man die Koefficienten der Funktionen f.(x)
um beliebige Multipla des Zahlenelementes vermehrt."
13*
193 Siebzehnte Vorlesung.
2) „Ein System (m, fx {x\ • • • fw (x)) bleibt im Sinne der Äquivalenz
ungeändert, wenn man irgend eines seiner Funktionenelemente
mit einer beliebigen Einheit modulo m multipliziert."
In der That, sei etwa:
fx{x) = a0 H f- a*s* -\ 1- aHl x*
die erste Funktion unseres Systemes; ersetzt man in ihr ak durch
ak = at + Am, so erhält man eine neue Funktion:
A0*0 = /i(a0 + Am** = /!(*) (modm),
es ist also in der That:
(m, fx(x), • • • f9(p)) ~ (m, fx{x), • • • £(«)),
weil die beiden Elemente fx und fx für unser Modulsystem kon-
gruent sind.
Es sei zweitens e eine Einheit modulo m, und e die komplemen-
täre Einheit, so dafs ee = 1 (mod m) oder ee = 1 + Am ist. Dann
ist offenbar
(m, efXf • • • fv) teilbar durch (m, fX7 • • • fy)
(w, e Vi, ..-/;) „ „ (w, e/;, • • • /;),
endlich ist aber auch:
(m, eefxy -•■/;) ~ (m, (1 + Am)/;, - - • f9) ~ (m, £, . . . /;).
Daher sind die beiden Systeme (m, /i, • • • /V) und (m, efx • • fv) einander
wirklich äquivalent, da jedes von ihnen durch das andere teilbar ist.
Diese beiden Sätze benutzen wir jetzt zur Reduktion eines be-
liebigen Systemes (p, fx(x)f • • • f9(x)). Zunächst können wir von vorn-
herein voraussetzen, dafs in jeder der Funktionen f.(x) der Koefficient
der höchsten Potenz Eins und alle anderen Koefficienten modulo p auf
ihren kleinsten nicht negativen Rest reduziert sind. Wäre nämlich
etwa in fx{x) jener höchste Koefficient gleich e, so mute e eine Ein-
heit modulo p sein, da anderenfalls jenes durch p teilbare Glied ein-
fach weggelassen werden könnte. Dann kann man aber fx{x) durch
e'fx(x) ersetzen, wo e die zu e komplementäre Einheit ist, und das
dann sich ergebende Anfangsglied ee'x** durch x*1 ersetzen. Ebenso
kann man nach dem ersten Satze alle anderen Koefficienten modulo p
auf ihre kleinsten nicht negativen Reste reduzieren.
Das so umgeformte Modulsystem denken wir uns jetzt nach dem
Grade seiner Elemente geordnet, so dafs allgemein f.(x) von höherem
oder wenigstens von gleichem Grade ist, als das folgende f. , x(x).
Dividiert man jetzt fx(x) durch fs(x)f so erhält man, da der Koefficient
§ 1. Die Zerlegung der Modulsysteme zweiter Stufe. 197
des höchsten Gliedes von f%(x) gleich 1 ist, eine ganzzahlige
Gleichung:
in welcher der Grad von /i(#) niedriger ist, als der von fx(x). Aus
dieser Gleichung folgt aber ohne weiteres:
wir haben somit das gegebene Modulsystem in ein äquivalentes über-
geführt, dessen eines Element fx von niedrigerem Grade ist, als das ent-
sprechende des ersten Systemes, während alle übrigen Elemente un-
geändert sind. In derselben Weise können wir fortfahren: Wir formen
fi(x) so um, dafs der Koefficient des Anfangsgliedes Eins und alle
anderen . reduziert sind, ordnen dann diese Funktionen wieder nach
ihrem Grade, und verkleinern den Grad der dann zuerst stehenden
Funktion u. s. w., wobei wir Sorge tragen, dafs, wenn eine Division
aufgeht, der bezügliche Rest fx(x) = 0 einfach fortgelassen wird; dies
Verfahren können wir so oft wiederholen, als noch wenigstens zwei
Funktionen fx(x) und f%(x) in dem Systeme vorhanden sind; da aber
bei jeder Reduktion einer der Grade mindestens um eine Einheit ver-
mindert wird, so mufs man zuletzt zu einem äquivalenten Systeme
(pf f(x)) gelangen, welches nur noch ein einziges Funktionselement ent-
hält. So ergiebt sich also der folgende wichtige Satz:
„Jedes reine Divisorensystem zweiter Stufe, dessen Zahlenelement
eine Primzahl ist, ist äquivalent einem reduzierten Systeme
(P> f(x)) von nur zwe* Elementen. Das Funktionenelement
f{x) = xn -f- ax a:*""1 H (- aH
besitzt lauter modulo p reduzierte Koefficienten und der Koef-
ficient der höchsten Potenz ist Eins."
Ist speziell f(x) vom nullten Grade, so mufs es notwendig gleich Eins
sein, und das Modulsystem ist dann selbst äquivalent Eins.
§2.
Wir wollen noch kurz den nächsten Fall untersuchen, dafs das
Zahlenelement das Quadrat einer Primzahl ist. Ist also das System:
(i) w~(p», /;,/»• ••/;)
gegeben, so betrachten wir neben ihm das System:
0» fi> ftr" /»)
198 Siebzehnte Vorlesung.
und bringen dieses nach der soeben angegebenen Methode auf die re-
duzierte Form (p, f). Aus der Äquivalenz:
(1*) (ft fv • • • f.) ~ Oft f)
folgt aber, dafs f(x) durch das Modulsystem links teilbar sein mufs,
es besteht daher eine Gleichung:
K*)-2ft-9k+pF>
f(x)-pF(x)-2fk9ki
führen wir also statt f(x) die neue Funktion:
(2) f{x) = f(x) -pF(x) = ^fkgk
k
ein, und beachten, dafs (p, f) = (p, f — pF) ~ (p, /') ist, so folgt
aus (1*):
(3) {p, f» • ■ ■ ft ~ {p, m\
Die so bestimmte Funktion f(x) enthält wegen (2) das System
(fif fii "•' /*)? s*e tann also den Elementen von (-3f8) hinzugefügt
werden, d. h. es ist:
(4) &,fi,-~f*)~(p%,fu---fcn
In dieser neuen Form des gegebenen Modulsystemes formen wir nun
die einzelnen Elemente f{ um. Aus der Äquivalenz (3) folgt näm-
lich, dafs jedes fk(x) in der Form darstellbar ist:
fk = f<Pk + P*k = P*k(x) (mod f&>):
Daher dürfen wir in dem Systeme (p2, f1}- • • fV} f) jedes Element f.
durch pif>k ersetzen, und erhalten die Äquivalenz:
(5) (p2, fw" f^ ~ (p\ p*19 • • • P**, n
Das Modulsystem (p, i/>l9 • • • #„) kann endlich wieder nach der im
vorigen Abschnitte angegebenen Methode auf die äquivalente Form
(p, g(x)) gebracht werden. Multipliziert man dann die Äquivalenz:
mit p, und fügt hierauf auf beiden Seiten das Element f(x) hinzu,
so ergiebt sich:
(p*, pfl9 . • • p^„ f) ~ (p2, p<j, /*)
oder wegen (5)
(p2, /i,- -f*)~föpg,f)>
r
§ 2. Die Zerlegung der Systeme (p\ ft(x)). 199
„Jedes Modulsystem, dessen Zahlenelement das Quadrat einer
Primzahl ist; kann also in ein äquivalentes transformiert werden,
welches aufser dieser Zahl nur noch zwei Elemente enthält;
von denen das erste jene Primzahl als Teiler hat."
Ganz analog verfahren wir in dem nächsten Falle: Ist uns ein
Modulsystem (p8, fu • • • fv) gegeben, so betrachten wir neben diesem
das System (p*7 fl} • • • /*,), welches wir bereits zu reduzieren im Stande
sind; es sei:
(6) (p*, fu--- fr) ~ (f s, WfD, m),
dann folgen ans dieser Äquivalenz die Gleichungen:
P9=^fkrk+P%F,
bestimmt man also wieder die neuen Funktionen f und g durch die
Gleichungen:
0)
P9=P9—PiF = ^fkrt,
f-f -P'G-^f*8»
* = 1
so ist einmal:
(P*,P9, f)~(tf,P9>f)>
da sich die entsprechenden Funktionen nur um ein Multiplum von p*
unterscheiden; weil aber pg und f beide nach (7) das Modulsystem
(fif ' ' f») enthalten, so ist auch:
(8) (J>8, fi, ■ - ■ fr) ~ (P*, fx , • • • fr, P9, f).
Man kann nun auf der rechten Seite dieser Äquivalenz jedes Element fk durch
ein anderes p*%h ersetzen, denn aus der Äquivalenz (p8, fk) ~ (p2, pg, f)
ergeben sich ja v Gleichungen von der Form:
fk s==P*Xk + f9k +P9 ' $k <*-i, «,.■.!.)
und hieraus folgt in der That die Äquivalenz:
00 (P*> fwm fyy P9? f) ~ (f> P*li, ' ' ' P*X*, P9> f),
weil sich jedes Element p*%k von dem entsprechenden fh nur um Mul-
tipla von pg und von f unterscheidet. Transformieren wir endlich
das System (jp, Xu"'X) *n ^as äquivalente (p,h(x))9 also (p*)p*%lf- ' P*%^)
200 Siebzehnte Vorlesung,
in (ps, p*h), so folgt aus (9) das Schlufsresultat:
In derselben Weise kann man fortfahren und durch den Schlufs
von n auf n -f- 1 die Richtigkeit des folgenden allgemeinen Satzes
beweisen:
„Jedes Modulsystem (Mh) «v* (p*; fx(x)} • • • f9(x))f dessen Zahlen-
element die Ate Potenz einer Primzahl ist, kann stets auf die
Form gebracht werden:
(jPif-iFiWiit-tFtfr), ■ • -pF^ix), Fk(x)),
wo die ganzen Funktionen F{(x) so gewählt werden können,
dafs der KoefBcient der höchsten Potenz jedesmal gleich
Eins ist."
Wir überlassen die Ausführung dieses Beweises dem Leser um so
lieber, da wir in der nächsten Vorlesung von ganz anderen Gesichts-
punkten aus auf diesen Satz zurückkommen.
»
§3.
Die nächste hier sich darbietende Aufgabe würde nun darin be-
stehen, dafs man für jedes Modulsystem (p*, fly • • • fv) eine „reduzierte
Form" angiebt, in welche dasselbe stets und nur auf eine Weise
übergeführt werden kann; erst dann hat man ein Mittel, um zu
entscheiden, ob zwei Systeme (p*, fl} • • • /),) und (p*, glf • • • gv) äqui-
valent sind oder nicht; es gilt dann nämlich der Satz: Zwei Systeme
sind dann und nur dann äquivalent, wenn die zugehörigen reduzierten
Systeme identisch sind.
Für die einfachsten Modulsysteme (p, /i(a?), • ■ • fv(x)) besitzt das
vorher gefundene äquivalente (p, f(x)) bereits die Eigenschaften eines
reduzierten Systemes. Um dies nachzuweisen, brauchen wir nur zu
zeigen, dafs aus der Äquivalenz:
(i) (p,f<ä)~(p>fi<*>)
zweier reduzierter Systeme notwendig die Gleichung f(x) = ft(x) folgt.
Aus der Äquivalenz (1) ergeben sich aber die beiden Kongruenzen:
fix) = k (x) ft (x) (mod p),
fi (*) = 9> (*) f(?) (mod p),
wo (pl(x) und <p(x) als moduloj) reduzierte Funktionen von x ange-
nommen werden können; hieraus folgt:
fix) ft (x) ?■•= <p (x) Vl (z) fix) /i (x) (mod p).
§ 3. Die reduzierte Form der Modulsysfceme. 201
Da aber f und fx durch p nicht teilbar sind, so ergiebt sich:
9>(*)9>i(*) = l (modp);
daher müssen <p(x) und <pt(x) von x unabhängig sein, denn beginnen
q>(z) mit cxf} <Pi(x) mit ^a^1», so beginnt 9>(#)g>i(#) mit cc^^***
und der Koefficient ccx ist durch p nicht teilbar, da n. d. V. c und cx
p nicht enthalten. Mithin ist <p(x) = c, <pt(x) = cx, und es ist also:
f(x) = clf1{x) (modp),
wo Cj eine noch zu bestimmende Zahl bedeutet; da aber in f und fx
der Koefficient der höchsten Potenz Eins ist, so ist cx = 1 und
f(#) = /i(#) (mod|>), und da in beiden Funktionen die Koefficienten
modulo jj reduziert sind, so können sie nur kongruent modulo p sein,
wenn sie identisch sind, und hiermit ist der Beweis vollständig erbracht.
Dagegen überzeugt man sich leicht, dafs die vorher gefundene
Form (p*7 pfy g) im allgemeinen nicht die reduzierte für ein Modul-
system (M%) ist, und dasselbe ist für alle Systeme (p*, f1} • • • /^) für
ä > 1 der Fall. Es bietet keine grofsen Schwierigkeiten dar, für die
einfachsten Fälle h = 2, 3 eine reduzierte Form für die zugehörigen
Modulsysteme zu finden, jedoch ist es einfacher, jene Aufgabe gleich
ganz allgemein zu lösen, und das so gefundene sehr einfache und über-
sichtliche Resultat dann für jene Fälle zu spezialisieren. Wir gehen also
in der nächsten Vorlesung zu diesem allgemeinen Probleme über.
Achtzehnte Vorlesung.
Erste Reduktion eines beliebigen Modulsystemes (p*, /j , • • • fy). — Weitere Re-
duktion desselben Systemes. — Beweis, dafs das so gefundene System ein redu-
ziertes ist.
Wir gehen jetzt dazu über, ein beliebiges Divisorensystem
(M) ~ o% fax), /;<#, ■ - • £(*))
in ein äquivalentes reduziertes System überzuführen. Zu diesem Zwecke
betrachten wir die Gesamtheit (fix)) aller durch (Jf) teilbaren Punk-
tionen
f(x) = <p0(z)j? + ^(a?) ft(x) H f- <pv(x)fv(x),
wo die Koefficienten q>.(x) beliebige ganzzahlige Funktionen von x be-
deuten. Da {M) ein reines Modulsystem zweiter Stufe ist, so enthalt
der Bereich (f(x)) auch primitive, d. h. solche Funktionen, deren Koef-
ficienten keinen allen gemeinsamen Zahlenteiler besitzen*). Es sei
&0(x) eine solche primitive Funktion von möglichst niedrigem Grade
in x und es sei dieser Grad gleich n0. Dann besitzen also alle durch
(M) teilbaren Funktionen von niedrigerem als dem w0tea Grade einen
Zahlenteiler und es sei für den Augenblick d der kleinste Teiler, der
bei allen diesen Funktionen auftritt. Dann mufs d notwendig eine
Potenz von jp, also etwa gleich p** sein; denn wäre d = cp**, wo c
eine Einheit modulo p ist, und ist F(x) = cpd* f(x) die zugehörige
Funktion, ist dann c' die modulo p?*—** komplementäre Einheit zu c,
*) Der Einfachheit wegen ist sowohl hier als auch später in dieser Vor-
lesung nur die Existenz der in Frage kommenden Funktionen bewiesen, da-
gegen wird kein Verfahren angegeben, um dieselben in jedem einzelnen Falle
wirklich zu berechnen. Es existiert aber ein einfaches rationales und endliches
Verfahren, um jene Funktionen zu bestimmen (vgl. K. Hensel, Über die Zurück-
führung der Divisorensysteme auf ihre reduzierte Form, Crelle's Journal Bd. 119
S. 114 — 130), so dafs der so oft betonten Forderung Kronecker s auch hier voll-
ständig genügt wird. d. H.
§ 1. Die Reduktion der Systeme (p*, f.(x)). 203
so dafs cc = 1 -f- Ap*~~d* ist, so gehört die Funktion:
p+f(z) — c'J» — A*V(*)
ebenfalls dem Bereiche (f(x)) an, und besitzt nur den Zahlen teuer prf«.
Diese niedrigste Potenz von p ist also offenbar der gröfste ge-
meinsame Teiler aller Elemente F(x) von niedrigerem als dem w0ten
Grade, und es existieren in jenem Bereiche Funktionen, welche genau
durch p** teilbar sind. Es sei nun &x (x) eine Funktion dieser Art, deren
Grad t^ wieder möglichst klein ist. Dann ist nx < n und ^ > 0, denn
wäre dj = 0, also pfa = 1, so wäre ja Ofr) entgegen unserer Voraus-
setzung ebenfalls primitiv.
Alle Elemente des Bereiches (f(x)) von niedrigerem als dem n^11
Grade besitzen einen Zahlentheiler, welcher durch eine höhere als die
d^ Potenz von p teilbar ist und man zeigt genau wie vorher, dafs
ihr gröfster gemeinsamer Teiler notwendig eine Potenz p** von p ist,
und dafs es Funktionen dieses Bereiches giebt, welche genau p^ als
Zahlenteiler besitzen. Es sei 0fr) eine solche Funktion, deren Grad
«2 möglichst niedrig ist. In derselben Weise kann man fortfahren,
und da die Grade »0, n1} n,, • • • eine abnehmende Reihe bilden, so
gelangt man zuletzt zu einer Funktion 0fr) vom nullten Grade,
deren Zahlenteiler pdf* ist, d. h. jene letzte Funktion ist selbst gleich
pd", und zwar ist pdv = ph falls ph die kleinste durch (Jüf) teilbare
Zahl war, anderenfalls ist A > d^ und dann kann ph als Multiplum
von pdP aus (M) fortgelassen werden. Man erhält auf diese Weise
eine Reihe von (^ + 1) Funktionen:
®oO)> *i(*)i * • • ®fr)
des Bereiches (f(x))} deren Grade:
eine abnehmende Reihe bilden, während n^ = 0 ist, und von deren
Zahlenteilern:
A A • • • A
der erste gleich 1 und jeder ein Teiler des folgenden ist. Offenbar
ist das aus diesen (fi -f- 1) Elementen gebildete Modulsystem
(0o(x), 0x(x)} • • • 0/l(x)) durch (M) teilbar, weil seine Elemente alle
dem Bereiche (f(x)) angehören, aber man zeigt weiter, dafs es äqui-
valent (M) ist, und dafs man nun leicht aus ihm eine reduzierte Form
für (M) herleiten kann. Hierzu führt der folgende wichtige Satz:
„Jede der Funktionen 0>(x) ist von der Form:
*,(*) = l>di<pfr) =/•>*< + a, x*'-1 + ■ - ■ + <g,
204 Achtzehnte Vorlesung.
d. h. in ihrem primitiven Faktor kann der Koefficient der
höchsten Potenz von x gleich Eins angenommen werden."
Wäre nämlich jener Koefficient nicht Eins, sondern etwa gleich
cp?, wo c den durch p nicht teilbaren Bestandteil bezeichnet, 30 kann
zunächst c dadurch beseitigt werden, dafs man $•(#) durch c'&i(x)
ersetzt, wo c die zu c komplementäre Einheit modulo pt bedeutet, und
dann den Koefficienten von xnimc'<&{(x) modulo p auf seinen kleinsten
Rest reduziert. Man kann also gleich annehmen, dafs <p.(x) mit
pexn* anfängt, und es ist zu zeigen, dafs dann notwendig p = 0 sein mufs.
Für die letzte Funktion 0v(x)=pd* ist dies offenbar der Fall. Um
nun den Beweis allgemein zu fuhren nehme ich an, es sei in Über-
einstimmung mit unserer Behauptung für irgend einen Wert von i:
(1) ®,+1(o;)=i)d*+1^+i + ...,
aber es sei für die nächstvorhergehende Funktion Oi(x) g J> 0, also:
(la) &i(x) = pdi+«xnij
und ich beweise dann, dafs g notwendig gleich Null sein mufs, da man
anderenfalls aus $,(#) und <&i+1(x) eine andere Funktion des Be-
reiches (/(#)) von niedrigerem als dem n.too Grade herleiten könnte,
deren Zahlenteiler kleiner als p '+1 wäre, was mit der Definition von
9i+t(z) im Widerspruch steht. Setzt man nämlich:
*
oder:
gr^) = /. + i-<* + e> Qfä _ x^-'t+ity+^x),
je nachdem di + g ^ d,_|_i oder di i-\- g < dt+i ist, so ist *P(x) eine Funk-
tion des Bereiches {fix)) von niedrigerem ab dem wf.ten Grade, denn bei
Substitution der in (1) und (la) angegebenen Werte von &i(x) und
Oi+ifa) erkennt man sofort, dafs sich der Koefficient von x** in beiden
Fällen auf Null reduziert; ferner sieht man leicht, dafs der Zahlen-
teiler von *P(x) im ersten Falle genau gleich pd{, im zweiten genau
pi+i—Q jg^ da beide Male der Minuendus genau die angegebene, der
Subtrahendus aber eine höhere Potenz von p} nämlich bezw. pd*^~*
oderp, + 1 enthält; damit ist der in Aussicht gestellte Beweis voll-
ständig erbracht.
Hieraus ergiebt sich ohne weiteres der Beweis des Satzes:
„Jedes Element des Bereiches (f(x)) enthält auch das Modul-
system (&0(x), Ox(x)9'" 9p(x)), d. h. dieses ist dem gegebenen
Systeme (p\ /i (#),•• • /V(#)) äquivalent."
§ 1. Die Reduktion der Systeme (p*, f.(x)). 205
Ißt nämlich F(x) irgend eine durch (M) teilbare Funktion, so sei
&.(x) die erste Funktion der Reihe 90(x\ &i(x), ••■, deren Grad n.
kleiner oder gleich dem Grade von F(x) ist. Dann besitzt F(x) not-
wendig mindestens den Zahlentheiler pdi, wie aus der Grundeigenschaft
von &i(x) direkt folgt, und da £>,(a?) =p *(x »*-}-...) ist, so ergiebt
sich durch einfache Division von F{x) durch #,(#) eine Gleichung:
F{x) = *(*) 0<(x) + Fx(*),
in der ki(x) und Fx(x) ganze, ganzzahlige Funktionen bedeuten, und
die letzte von niedrigerem als dem n.ten Grade ist. Da diese aber
wegen der Gleichung:
ebenfalls durch (M) teilbar ist, so ist ihr Zahlenteiler mindestens gleich
pdi+x> und man erhalt durch Division von Fx{x) durch &i+x(x) eine
neue Gleichung derselben Art:
Ft(x) - i,+1(*)*+i(«) + Ft(x),
wo Fa(x) wieder ganz und von niedrigerem Grade als 0t -+i(x) ist
und durch analoges Fortschreiten erhält man eine Kette ähnlicher
Gleichungen, aus denen sich die folgende Darstellung von F(x) durch
unser System (&0(x), 9x(x)f • • •) und damit der Beweis unserer Be-
hauptung ergiebt:
F(x) = k(x) 9i(x) + *+i(*) **+i(«) H M*(«) */.(*)•
Hierdurch ist auch der am Ende des § 2 der vorigen Vorlesung auf-
gestellte weniger allgemeine Satz bewiesen.
Mit Rücksicht auf diese Darstellung von F(x) durch das System
(<2>0, 0ly • • • 0h) kann man endlich noch den folgenden Satz aus-
sprechen, welcher im nächsten Abschnitte benutzt werden wird:
„Eine Funktion F(x) enthält dann und nur dann das Modul-
system (M)9 wenn sie auch durch das Divisorensystem
(&i(x)9 #, + i(#), • • • &fi(x)) teilbar ist, in dem 4>,-(z) die erste
Funktion der Reihe <&0(x), Ot(x)7 • • • bedeutet, deren Grad
gleich oder kleiner als der von F{x) ist. Enthält F(x) jenes
System, so besteht eine Gleichung:
F(x) = kix) *,(*) + A,+i(*) 9t+i(z) + ■ ■ • + kh(x) 9M (x),
in welcher der Grad eines jeden Produktes kk(x) &k(x) kleiner
ist als derjenige der nächst vorhergehenden Funktion &k—i(x)
und der Grad des ersten Produktes A,-(#) &i(x) genau gleich
demjenigen von F(x) ist."
206 Achtzehnte Vorlesung.
§2.
So einfach die im vorigen Abschnitt gefundene Form (#0, #!,-•• &?)
für das Modulsystem (ilf) auch ist, so sind doch die Bestimmungen
über die Elemente <&i(x) noch nicht so eng gefafst, dafs jenes System
ein eindeutig bestimmtes reduziertes ist; in der That behält jenes
Modulsystem alle seine charakteristischen Eigenschaften, wenn man
ein beliebiges Element <ft(#) durch ein anderes &f(x) ersetzt, welches
mit jenem durch eine Gleichung:
&i(x) = 0i(x) + ki+i(x) &i+i(x) -\ 1- k^ix) 0M(x)
zusammenhängt; nur sind hier die Koefficienten JLk(x) so zu wählen,
dafs jedes Produkt kkQ>k(x) von niedrigerem Grade ist als <P.; ist dies
aber geschehen, so ist ®i(x) ebenfalls eine Funktion des Bereiches
(f(X)), deren Zahlenteiler genau gleich p ' und deren Grad gleich ».,
also möglichst klein ist. Aber diese einfache Bemerkung giebt anderer-
seits ein Mittel, um das System ($,(#;) in ein äquivalentes reduziertes
überzuführen.
Ist nämlich &i—i(x) irgend ein Element unseres Systemes, so ist
dasselbe sicher nicht durch das aus den folgenden gebildete Divisoren-
system (<&,, ä>i + i, • • • &?) teilbar, denn alle diese Elemente enthalten
mindestens den Zahlenteiler p ', während £>,__ x nur durch die niedrigere
Potenz pim~l teilbar ist. Man kann jedoch Oi—i(x) mit einer solchen
Potenz p* von p multiplizieren, dafs das Produkt jp*<&,_i(#) jenes
Modulsystem enthält, und man erkennt leicht, dafs p6 mindestens gleich
pd»— *»• — 1 sein mufs; denn da £>,_i(a;) nur den Teiler p** — 1 hat, so
mufs pfi mindestens so grofs gewählt werden, damit das Produkt den
Teiler pd{ besitze. Diese Potenz von p genügt aber auch, denn da das
Produkt pdi~d,'—l&i—i(x) ein Element des Bereiches (f(xj) vom Zahlen-
teiler p * und vom Grade n._l > n. ist, so kann man diese Funktion
durch <&i(x) dividieren und auf die im vorigen Abschnitte beschriebene
Weise so lange fortfahren, bis man eine Gleichung von der folgenden
Form erhält:
(1) p*i~~di-1Qi-1(x) = buOi(x) + bi9i+i0i+i(x) H (- bi^%{x)9
womit die Behauptung bewiesen ist. In dieser Gleichung sind nach
dem am Schlüsse des vorigen Abschnittes angeführten Satze die Koef-
ficienten solche ganze, ganzzahlige Funktionen von z, dafs allgemein
der Grad eines jeden Produktes &,-*9* kleiner ist, als der Grad der vor-
hergehenden Funktion #*_i, während der Grad von buQi genau gleich
dem von <ft_i ist; endlich ergiebt sich durch Vergleichung der Koef-
§ 2. Die Eigenschafben der reduzierten Systeme. 207
ficienten der höchsten Potenz von x auf beiden Seiten von (1), dafs
in ba der Koefficient der höchsten Potenz gleich Eins ist.
Zur Vereinfachung mögen im Folgenden die positiven Zahlen:
d. — d. *=e.y n. , — n. = /". (i=i,2,./<)
gesetzt werden, so dafs die Zahlen e19 eif • • • eM angeben , um wieviel
die Exponenten von p in den Teilern von 40(#), *i0*0; ' " * ®p(x) zu~
nehmen, und die Zahlen flf f2, • • • fM um wieviel der Grad in derselben
Funktionenreihe abnimmt. Dann ist allgemein für den Zahlenteiler
und den Grad des Elementes &,(#)
Pdi =2>'1+'s+ -+\ n,-ft+l + fi+s + • • • + fh,
und die (i Gleichungen (1) können folgendermafsen geschrieben werden:
p'i 0O = in &t + &u<pg + 6130>3 -\ \- b1/t <J>n
p** 0t = b„&t + bi3$a -\ \- h„ tf„
(2) p'*q>t = »te». + ■•• + *»*.**.
Hier bilden die Koefficienten ein Dreieckssystem:
(3) (bn) =
*u
61* •
• • &1M
0
6M •
•62^
0
0 •
•• &/<*
von ganzen, ganzzahligen Funktionen von x} in welchem alle Elemente
6, ., 6... ■ • • 6. , . der i*60 Vertikalreihe mit Ausnahme des letzten in der
Diagonale stehenden Gliedes ba sämtlich von niedrigerem als dem
fi*** Grade sind, während ba genau vom /itoI1 Grade ist, und als
Koefficienten von xfi die Eins hat. In der That folgt dies ja daraus,
dafs allgemein der Grad von &,*#* kleiner als der von &h — i sein mufs.
Man kann nun aber weiter a priori voraussetzen, dafs auch die
Horizontalreihen dieses Dreieckssystemes (pik) in der Weise reduziert
sind, dafs in allen Elementen biif &i,« + i, •■• bift der iien Horizontal-
reihe die Zahlenkoefficienten sämtlich kleiner sind als pe', oder also,
dafs sie von vorn herein auf ihre kleinsten Reste modulo pl reduziert
sind. Angenommen nämlich, diese Voraussetzung sei schon für das
eine Element b^ der letzten Zeile, für die beiden Elemente der vor-
letzten Zeile, u. s. w.; bis zu den Elementen der (i -j- l)ten Zeile erfüllt,
208 Achtzehnte Vorlesung.
aber noch nicht für alle Elemente der #*n Zeile, so setze man für alle
diese Elemente &,,-, i,-,,-^.!, • • •
wo jetzt die Funktionen b®l die kleinsten Reste der h.k modulo p* be-
deuten, also alle für diesen Modul reduziert sind. Setzt man dann
diese Werte in die *te Gleichung des Systemes (2)
ein, und vereinigt dann alle mit pe* multiplizierten Elemente mit
p€i0i^i auf der linken Seite, so ergiebt sich:
(4) ph (*._, - &,>, - *m+i*,+i K ®„)
= 6(.0)<P. + &™ *..; + ... + &<"> tf„
Setzt man also:
(4Ä) *. , = £>. , — &..£>. • • — 6. 0 ,
\ / f — 1 I — 1 lt « • fl fA'
so ist das System:
weil die beiden einzigen von einander verschiedenen Elemente durch
die Gleichung (4*) mit einander verbunden sind; aus derselben
Gleichung folgt aber weiter, dafs auch das neue Element <P,_i eben-
falls eine ganze Funktion des Grades n,_ i ist, welche den Zahlenteiler
pi~1 besitzt, denn jedes der Produkte bik&h ist von niedrigerem Grade
als das vorhergehende ®k—i, also a fortiori als 3>,_i und alle Funk-
tionen $,-, &i f+i • • • in (4a) besitzen einen höheren Zahlenteiler als den
von ®,_ i, der gleich p**—1 ist. Führt man also ®,_i an Stelle von
<P,_i in unser System ein, und stellen wir für das äquivalente System
(®0, • • • <fy_i, • • • O/u) die Gleichungen (2) auf, so werden die letzten
Gleichungen gar nicht geändert, da in ihnen #, — i überhaupt nicht
vorkommt, dagegen geht die f* Gleichung wegen (4) und (4a) über in:
P«*t_l-b«>9t + ... + b%*lli
hier besitzen die Koefficienten in Bezug auf ihre Grade dieselben
Eigenschaften wie vorher, sind aber aufserdem noch modulo pf* redu-
ziert; endlich ändern sich die (i — 1) ersten Gleichungen dadurch,
dafs in jeder von ihnen auf der rechten Seite <fy_i durch ©*— i zu
ersetzen und sie dann wieder aufs neue zu ordnen ist. Darch diese Re-
duktion ist also erreicht, dafs jetzt auch die Zahlenkoefficienten des
§ 3. Die reduzierte Form der Divisorensysteme. 209
Elementes bik der i**n Horizontalreihe modulo pH reduziert sind, wahrend
dies vorher nur für alle späteren Reihen der Fall war. Reduziert
man jetzt die (i — 1)* Zeile des neuen Systemes in derselben Weise
modulo j/'—1, und fährt so fort, so erhält man zuletzt ein den An-
forderungen unseres Satzes entsprechendes System, und wir können
daher gleich das System (&0(x), Q>x(x)7 • • • O^x)) in dieser Weise ge-
geben voraussetzen.
§3.
Es soll jetzt endlich nachgewiesen, werden, dafs die im vorigen Ab-
schnitte gefundene reduzierte Form, auf die jedes Divisorensystem
(M) ~ (p*, fx(x), • • • f9(x)) gebracht werden kann, eine eindeutig be-
stimmte ist, d. h. dafs zwei Systeme dieser Art nur dann äquivalent
sein können, wenn sie identisch sind. Zu diesem Zwecke nehme ich
an, die beiden reduzierten Systeme
(O0(x), &x (x), • - • *„(*)) und (V0(x), V^x), • - • y,(*))
seien demselben Systeme (-M), also auch einander äquivalent, d. h. der
Bereich (f(x)) aller durch sie teilbaren Funktionen sei für beide
Systeme der gleiche. Dann mufs erstens die Anzahl der Elemente
Oi(x) und Vk(x) dieselbe, es mufs also ft = g sein, und zweitens mufs
sowohl der Grad als auch der Zahlenteiler von je zwei entsprechen-
den Funktionen <&,(#) und Vt(x) identisch sein, denn alle diese Zahlen
sind ja allein durch den Bereich (/*(#)) bestimmt, welcher für die
beiden äquivalenten Systeme der gleiche ist. So sind z. B. sowohl
O0(x) als auch ^(x) zwei Funktionen des Bereiches (f(x)) von mög-
lichst niedrigem Grade n0 ohne Zahlenteiler, 9t(x) und ^(z) zwei
Funktionen desselben Bereiches von niedrigerem Grade ab n0, deren
Zahlenteiler möglichst klein und deren Grad möglichst niedrig ist u. s. f.
In den beiden als äquivalent vorausgesetzten Systemen ($,(#)) und
(Vi(x)) sind ferner die letzten Elemente O^x) und *PM(x) identisch,
denn es ist ^ = ¥^ = pd* die kleinste ganze Zahl des zugehörigen
Bereiches.
Um nun den angekündigten Beweis, dafs beide Systeme notwendig
identisch sind, vollständig zu führen, nehme ich an, man wisse bereits,
dafs die (ji — * — 1) letzten Elemente &i(x), Qi+i(x),'"Qfi(x) in
beiden Systemen übereinstimmen, und ich zeige dann, dafs aus der
Äquivalenz der beiden reduzierten Systeme:
(<&0> * • ' ®<-i> •«> ' • • */<) uad (^o> ' * * Vi-ii <fc> • • • **)
mit Notwendigkeit die Identität der beiden nächstvorhergehenden Ele-
mente Qi-\ und Vi—i folgt.
Kroneoker, Zahlentheorie. I. 14
• »
210 Achtzehnte Vorlesung.
Nach der Definition der reduzierten Systeme bestehen nun für
diese beiden Elemente die Gleichungen:
p*'(p. , = b. .0. + b. ... <B. , , + \-b. O ,
p'<W. . = 6: . 0. + b' ... 9. . . -4 \-V. 0 ,
in welchen die Koefficienten bik und b'.k modulo pl reduziert sind, und
der Grad eines jeden Produktes b.k &kJ b'ik <Pk mit Ausnahme der beiden
ersten kleiner ist, als der des vorhergehenden Elementes Q>k_L- Durch
Subtraktion beider Gleichungen erhält man eine neue:
(i) *>*(*._,- ^_i) = y,*+n+i**+i+-+^*^
in welcher jetzt der Grad aller Koefficienten yk = b.k — 6 '4 mit Ein-
schlufs des ersten y. = b.. — b'{i in der eben angegebenen Weise re-
duziert ist, denn da b.. und K. beide mit a/* beginnen, so hebt sich
dieses Glied in y. fort; ferner sind die Zahlenkoefficienten aller Funk-
tionen yk ihrem absoluten Werte nach kleiner als p\ da dieselben in
bik und b'ik positiv und kleiner als pl waren ; eine solche Funktion
kann daher nur dann durch pl teilbar sein, wenn sie gleich Null ist.
Da nun die Differenz (<P,-_i — Vi— i) auf der linken Seite der
Gleichung (1) dem Bereiche (f{xj) angehört und von niedrigerem als
dem w|._1ten Grade ist, weil sich die höchsten Glieder von &i_l und
Wi—i ebenfalls fortheben, so kann die linke Seite der Gleichung (1)
nach dem am Schlüsse des § 1 bewiesenen Satze folgendermafsen ge-
schrieben werden:
wo ebenfalls jedes Produkt ßk&k von niedrigerem Grade als &k_x ist.
So geht die Gleichung (1) über in:
— Y{ *< + 7,+,*,+, H H Yh *„ ,
^tder wenn man zur Abkürzung
(2) yk(x) - p«ßt(x) = ek(x)
setzt, in:
(3) c.<D,. + ci+lOi+l + ... + cit0ii-O.
Diese Gleichung, in welcher der Grad eines jeden Produktes ck&k eben-
falls kleiner ist als der des vorhergehenden &k_v kann aber nur dann
erfüllt sein, wenn alle Koefficienten einzeln gleich Null sind. Wäre
§ 3. Die reduzierte Form der Divisorensysteme. 211
nämlich etwa ck(x) der erste nicht verschwindende Koefficient, so wäre
die linke Seite der Gleichung (3) genau von dem Grade von ck9kf da
alle vorhergehenden Glieder Null, alle folgenden aber von niedrigerem
Grade sind. Da demnach in den Gleichungen (2) alle rechten Seiten
Null sind, so müssen alle Elemente yk(x) durch p* teilbar sein, was
nach der oben gemachten Bemerkung nur möglich ist, wenn sie alle
gleich Null sind. Demnach folgt aus der Gleichung (1), dafs
&i—i(x)= iPi—iiz) ist, was zu beweisen war.
Damit ist der vollständige Beweis erbracht, dafs jedes Divisoren-
system (p*, fx{x)} • • - ff*(xj) auf eine und auch nur auf eine Weise in
ein äquivalentes System (&0(x), 4>x(a;), • • • $M(#)) transformiert werden
kann, dafs also die hier angegebene Form in der That eine kanonische
oder reduzierte Form ist.
. Mit Hülfe dieses Satzes kann man die reduzierte Form für die
einfachsten Modulsysteme dieser Art unmittelbar hinschreiben. So ist
z. B. jedes System (p2, fx{x)} • • *fv{x)) äquivalent einem reduzierten
(4>0(rr), Ox(x)} 4>2(#)), zwischen dessen Elementen die Gleichungen be-
stehen:
jp®o(a;) = 61101 + 612*a,
und wo $2 = p* ist. Setzt man die hieraus sich ergebenden Werte
jener drei Funktionen in das Modulsystem ein, so ergiebt sich die
Äquivalenz:
(P2; f\&\ ' * • /*„(*)) ~ (6n ÖO &**(*) + Pbn(x\ p6«(«), P*)>
in der alle drei Funktionen b modulop reduziert und der Grad von
612 kleiner ist als der von bn.
U*
Neunzehnte Vorlesung.
Die Teiler modulo p der ganzen Funktionen von x. — Der gröfste gemeinsame Teiler
modulo p. — Die Primfunktionen modulo p. — Die Primmodulsysteme (p, Pix)). —
Ihre Analogie mit den Primzahlen. — Eindeutigkeit der Zerlegung der ganzen
Funktionen in Primfaktoren modulo p. — Zerlegung des Systems (p, fix)). — Prim-
modulsysteme und unzerlegbare Modulsysteme. — Untersuchung des Bereiches [x]
für ein Primmodulsystem. — Der Fermatsche Satz und der Wilsonsche Satz für
ein Primmodul System. — Zerlegung der Funktion xp — x modulo p. — Die ein-
fachen Modulsysteme. — Ihre Fundamentaleigenschaften. — Dekomposition eines
beliebigen Divisorensystems in einfache Systeme.
§ i.
Nachdem im vorigen Abschnitte die Zurückführung der allgemei-
nen Modulsysteme (pft^f^x), ...fr(x)) auf die reduzierte Form ange-
geben wurde, wenden wir uns jetzt einer genaueren Untersuchung der
einfachsten Systeme (p, fx(x), ... fv(x)) zu, in denen das Zahlenelement
eine Primzahl ist. Wir stellen dazu folgende Definition auf:
„Eine Funktion f(x) heilst ein Teiler modulo p von einer ande-
ren Funktion F(x), wenn eine Kongruenz
F(x) = f(x)g{x) (mod p)
besteht, in der g(x) ebenfalls eine ganze ganzzahlige Funktion
bedeutet."
Da diese Kongruenz nur eine Gleichung
F{x)=f(x)g(x)+ph(x)
vertritt, so erkennt man, dass f(x) dann und nur dann ein Teiler von
F(x) ist, wenn die Äquivalenz (p, F(x)) ~ (p} f(x)g(x)) besteht.
Bei dieser Untersuchung werden sowohl F(x) als auch f{x) nur
modulo p betrachtet, also können ihre Koeffizienten modulo p auf ihren
kleinsten Rest reduziert und kongruente Funktionen als äquivalent an-
gesehen werden. Der Grad eines Teilers von F(x) ist dann offenbar
höchstens gleich dem Grade n von F(x). Ein jeder solcher Teiler
mufs also die Form haben:
§ 1. Die Teiler modulo p der ganzen Funktionen. 213
f(x) = a0 + atx -(-••• + anx*>
wo die Koeffizienten a. Zahlen der Reihe 0, 1, ... p — 1 bedeuten. Da
aber im Ganzen nur pn+l solche Funktionen existieren, so ergiebt sich
der Satz:
„Eine Funktion F(x) besitzt nur eine endliche Anzahl von Tei-
lern modulo p."
Unter diesen Divisoren sind stets auch die Einheiten modulo jp, d. h.
alle durch p nicht teilbaren Zahlen enthalten. Ist nämlich Oq eine
solche und a0' die komplementäre Einheit, so ist in der That:
F(x) = a0a0'F(x) = a0FQ(x) (modp),
wenn F0(x) = a0'F(x) gesetzt ist. Aus diesem Grande sind die Ein-
heiten modulo p auch in dieser Theorie als Einheiten anzusehen, weil
sie in einer jeden Gröfee des Bereiches enthalten sind, und es kann
und soll daher im folgenden stets von ihnen bei der Aufzählung der
Teiler abgesehen werden.
Eine Funktion f(x) heifst ein gemeinsamer Teiler modulo p von
mehreren anderen Funktionen f\(x), ft(x)7 ... fv(x), wenn sie modulo p
betrachtet in jeder einzelnen von ihnen enthalten ist; dann gilt der
folgende Satz: Alle gemeinsamen Teiler f(x) sind die sämtlichen Teiler
modulo p von einem unter ihnen, welcher daher der gröfste gemeinsame
Teiler von fx{x), • • • fv(x) genannt wird. Ist f(x) der gröfste gemeinsame
Teiler von fx{x), --fv(x), so besteht die Äquivalenz:
d. h. f(x) ist das zweite Element des zu {p,fx{x)y --fy{x)) äqui-
valenten reduzierten Systemes.
In der That, ist f(x) so gewählt, dafs die Äquivalenz (1) besteht,
so folgen aus ihr die Gleichungen:
oder
/*(*) = f(x) »*(*) (mod P)
d. h. f(x) ist wirklich ein gemeinsamer Teiler der v Funktionen fk(x)]
aber umgekehrt folgt aus der Äquivalenz (1):
(2) ftx) = Mz)^) + ■ • • + f,(z)1>,(x) (modp),
weil auch* die rechte Seite von (1) die linke enthält. Ist nun f(x)
ein anderer gemeinsamer Teiler mod p jener v Funktionen, ist also
auch:
fk(x) = J{x) yk(x) (mod p),
214 Neunzehnte Vorlesung.
so mufs f(x) notwendig ein Teiler von f(x) sein; denn setzt man jene
Werte der Funktionen fk(x) in (2) ein, so folgt:
fix) = f{x) faW^ix) H h vv(x)1>v(x))
= f(x)g(x) (modp),
und hierdurch ist jener Satz vollständig bewiesen.
Die v Funktionen fx{x)7 • • • fv(x) heifsen relativ prim oder teuer-
fremd modulo p, wenn das zugehörige System
ist. Dann existieren also stets v solche Multiplikatoren <px(x), ••• <pt(x),
dass die Kongruenz:
/i^i + f%<P% H h />„ = 1 (mod p)
erfüllt ist, und unter Benutzung der Gleichungen, mit deren Hülfe im
§ 1 der siebzehnten Vorlesung ein Modulsystem Q>, /",, — /^) auf seine
reduzierte Form gebracht wird, können jene Multiplikatoren auch immer
wirklich berechnet werden.
Eine Funktion F(x) vom nten Grade besitzt modulo p stets eine
endliche Anzahl von Teilern und sie können als ganze Funktionen:
(8) <p (x) = *» + a^x-1 + • • • + a0
angenommen werden, deren Grad v <in ist, deren Koeffizienten mo-
dulo p reduziert sind, und in welchen der Koeffizient der höchsten Potenz
gleich Eins angenommen werden kann; denn wäre jener Koeffizient
gleich av> so kann ja <p(x) durch av'<p(x) ersetzt werden, wo av' die
komplementäre Einheit zu av bezeichnet. Man kann alle jene Teiler
durch ein endliches Verfahren bestimmen. Zu diesem Zwecke denke
man sich alle jene Funktionen von der Form (3) aufgeschrieben, nach
ihrem Grade geordnet, und bezeichne sie in dieser Reihenfolge durch:
»o(*)> *i(*), ' ' '
so dafs also für ihre Grade v0, vx, • • • v0 < vt < • • • ist. Reduzieren
wir dann der Reihe nach die Modulsysteme
(p, F(x), <p0(x)), (p, Fix), q>t (x)), - • ■
so sei etwa (p, F(x), <ph(x)) das erste, welches nicht äquivalent Eins
ist. Dann ist notwendig:
(p, F(x), <phix)) ~ O, <phix))
und (ph(x) ist der oder ein Teiler niedrigsten Grades von F(x). Wäre
nämlich etwa:
(p, F(x), cphix)) ~ ip, <pix)),
§. 1. Der gröfste gemeinsame Teiler modulo p. 215
wo <p(x) ^ <ph(x) ist, so wäre ja <p(x) ein gemeinsamer Teiler von F(x)
und <ph(x), sein Grad müfste also kleiner oder gleich vh sein; das er-
stere ist aber nicht möglich, da sonst <p(x) schon unter den früheren
Funktionen hätte vorkommen müssen, also müfste (p(x) und <ph(x) von
gleichem Grade sein; aber aus der Kongruenz:
q>h = etp (mod p)
folgt dann, dafs e vom nullten Grade, also eine Einheit sein muss, und
da beide Funktionen mit xh beginnen, so mufs e= 1 sein, w. z. b. w.
Wir wollen diesen Teiler niedrigsten Grades von F(x) im Folgenden
mit P(x) bezeichnen. Dann ist also:
(4) F(x) = P(x)Fi(x) (mod*),
wo Ft(x) von niedrigerem Grade ist, als F(x). Ein solcher Teiler P{x)
kann nun selbst nicht noch weiter modulo p zerfallen, er ist also mo-
dulo p irreduktibel. Wäre nämlich
P(x) = Q(x) R(x) (mod p\
wo die Grade beider Faktoren kleiner sind als der Grad von P(x\ so
folgte aus (4)
F(x) = Q(x)R(x)F1(x) (mod p)
d. h. F(x) besäfse gegen unsere Voraussetzung bereits einen Teiler
niedrigeren Grades.
In derselben Weise können wir jetzt von dem komplementären
Faktor Fx(x) in der Kongruenz (4) einen Faktor Px(x) von möglichst
niedrigem Grade bestimmen, so dafs Ft(x) je P1(x)Fi(x) (modjp) und
Px{x) wieder modulo p irreduktibel ist. Dann folgt aus (4)
F(x) = P(x)Pt(x)F9(x) (modjp),-
und man erkennt, dass Px (x) auch ein Teiler von F(x) modulo p, also
von gleichem oder höherem Grade als P(x) ist. Fährt man in der-
selben Weise fort, so erhält man zuletzt eine Zerlegung:
F{x) ~ P(x)Pt(x) . - • P^x) (mod p)
in lauter gleiche oder verschiedene modulo p irreduktible Faktoren.
Es fragt sich, ob diese Zerlegung in Primfaktoren ebenso wie bei den
Zahlen eine eindeutige ist; wir werden diese Frage im nächsten Ab-
schnitte, und zwar bejahend, beantworten.
§2.
9
Wir sind im vorigen Abschnitte auf die modulo p irreduktiblen
Gröfsen des Bereiches [x] in völlig gleicher Art geführt worden, wie
wir in der fünften Vorlesung zum Beweise der Existenz der Primzahlen
216 Neunzehnte Vorlesung.
gelangten; auch hier sehen wir, dafs jeder Teiler niedrigsten Grades
einer beliebigen Gröfse F(x) modulo p irreduktibel ist.
Ein Modulsystem (77) = (p, P(x)), dessen zweites Element mo-
dulo p unzerlegbar ist, soll ein Primmodtdsystem genannt werden, weil
ein solches allein alle Eigenschaften der Primzahlen in dem erweiter-
ten Bereiche [x] besitzt. Es besteht nämlich zunächst der wichtige Satz:
„Eine Gröfse F(x) ist entweder durch ein Primmodulsystem (77)
teilbar, oder sie ist eine Einheit modulo (77)."
Es kann nämlich das Modulsystem (p, P(x), F(x)) nur äquivalent
(p, P(x)) oder äquivalent 1 sein, denn anderenfalls liefse es sich auf
(p, P(x)) reduzieren, wo P{x) ein Teiler von P(x) modulo p wäre,
was mit der über P(x) gemachten Voraussetzung im Widerspruch
steht.
Hieraus folgt sofort der zweite Hauptsatz:
„Ein Produkt F(x) G(x) ist dann und nur dann durch ein
Primmodulsystem (p} P(x)) teilbar, wenn mindestens einer der
beiden Faktoren jenes System enthält."
Ist nämlich das Produkt F(x) G(x) durch (77) teilbar, besteht
also die Äquivalenz:
(p, P(x), F(x)G{x)) ~ (p, P(s)),
0
und nehmen wir an, weder F(x) noch G(x) enthalte jenes System,
so bestehen notwendig die Äquivalenzen:
(p, P(x), F(x)) - 1 , (p, P(x), G(x)) ~ 1;
aus ihnen folgt aber durch Komposition die weitere:
(p*, pP} J», pF} p G, PF} PG, FG)~1;
dieses System ist nun offenbar durch (p, P, FG) teilbar, weil jedes
seiner Elemente ein Multiplum von p oder P oder FG ist; also mufs
auch (p, P, FG) äquivalent Eins sein, also FG auch P(x) nicht ent-
halten. Derselbe Satz gilt natürlich für ein Produkt von beliebig
vielen Factoren.
Endlich ergiebt sich der Satz:
„Ist eine Gröfse F(x) durch zwei nicht äquivalente Primmodul-
systeme (p, P(x)) und (p, Q(x)) teilbar, so enthält sie auch ihr
Produkt (p, P(x)) • (p, Q(x)).«
Da nämlich P(x) und Q(x) modulo p teilerfremd sind, so ist nach
dem im § 1 der siebzehnten Vorlesung bewiesenen Satze:
(p, P(x)) (p, Q(x)) ~ (p, PQ).
Enthält nun F(x) das System (p, P), so heilst das nichts anderes,
§ 2. Die PrimmodulByeteme (p, P(x)). 217
als dafs F(x) modulo p den Teiler P(x) besitzt, und das Entsprechende
gilt für den zweiten Teiler Q (x). Enthält aber die Funktion F {x\ modulo p
betrachtet, sowohl den Divisor P(x) als auch Q(x)9 so ist sie in der
That modulo p durch PQ teilbar, enthält also das System (p, PQ)
und unser Satz ist bewiesen.
Wir wollen diese Sätze zunächst benutzen, um die Eindeutigkeit
der Zerlegung einer Funktion F(x) in ihre modulo p irreduktiblen
Faktoren zu beweisen. Gäbe es nämlich zwei solche Zerlegungen, so
wären diese einander kongruent, man hätte also eine Kongruenz:
(1) F(z) = P(x) Px(x) • . - Ph(x) = Q(x) Qx(x) • • • Qv{x) (modp). •
Es sei nun S(x) das Produkt aller Faktoren, welche in beiden Zer-
legungen identisch sind, so kann diese Kongruenz auch so geschrieben
werden:
S(x) (P(x) - - . P^x) — Q(x) • • • <),,(*)) = 0 (mod p),
und da S(x) p nicht enthält, so ist sie nur dann erfüllt, wenn:
P(x) ■ . . P„(*) = Q(x) ■ • • Qri(x) (modp)
ist, wo jetzt kein einziger Primfaktor auf beiden Seiten zugleich vorkommt.
Da nun das Produkt Q(x) • • • QVl (x) das Modulsystem (p, P(x)) ent-
halt, so mufs mindestens einer seiner Faktoren, etwa Q(x), durch das-
selbe teilbar sein, es mufs also die irreduktible Funktion Q(x)
modulo p durch P(x) teilbar, d. h. entgegen der soeben gemachten
Voraussetzung gleich P(x) sein, und damit ist jener Satz vollständig
bewiesen.
Es kann vorkommen, dafs die Funktion F(x) mehrere gleiche irre-
duktible Faktoren enthält. Wir fassen dieselben zusammen und
schreiben die Zerlegung folgendermafsen:
F(x) ~ P(x)h P,(xp . • • P9(xf* (mod p),
wo P(x)9 Px(x)} • • • Pt(x) sämtlich modulo p inkongruent sind.
§3.
Wir untersuchen jetzt die allgemeineren reduzierten Systeme
(p, f(x)) und stellen die Bedingung dafür . auf, dafs sie sich noch
weiter dekomponieren lassen. Ein reines Modulsystem zweiter Stufe
(j>> f&)) kann offenbar nur in ebensolche Faktoren zerfallen, und ist
dies der Fall, so kann das Zahlenelement in allen diesen Komponenten
ebenfalls nur gleich p sein. Jedes solches System können wir uns
bereits auf die reduzierte Form gebracht denken; wir haben demnach
nur die Frage zu lösen, unter welcher Bedingung die Zerlegung:
218 Neunzehnte Vorlesung.
(1) (p, f{x)) ~ (p, ft(x)) (p, ft (x)) ~ (p*, p/l/p/i, /i/i)
möglich ist. Da p durch das rechts stehende System teilbar ist, so
mufs eine Gleichung von der Form bestehen:
(1») p ~p*F(x) + p(fr(x) Gx(x) + fax) <?,(*)) + £(*)/;(*)#(*),
und da hier alle Glieder mit Ausnahme des letzten auf der rechten
Seite p enthalten, so mufs auch H(x) — pH'(x) durch p teilbar sein.
Setzt man diesen Wert in (la) ein und hebt dann mit p, so kann diese
Gleichung so geschrieben werden:
1 = pF(x) + £(*) (ßt {x) + ftW H\x)) + f%{x) (}%(x)}
und aus ihr ergiebt sich die notwendige Bedingung:
d. h. die beiden Funktionen fx(x) und f%(x) müssen modulo p be-
trachtet relativ prim sein.
Ist aber umgekehrt (p, f1} fs) ~ 1, also (p*, pf19 pf%) ~p, so wird
die rechte Seite in (1) einfach äquivalent (p, f[f%) und dieses System
ist demnach dem ursprünglichen (p, f(x)) dann und nur dann äqui-
valent, wenn:
(2) /•(*) = £(*)/;(*) (moip), (j>, /iW, /iW) ~ 1,
wenn also ft(x) und f^(x) zwei komplementäre, aber modulo p relativ
prime Faktoren von f(x) sind.
Damit ist aber sofort die vollständige Zerlegung eines Divisoren-
systemes (p, f(xj) in seine irreduktiblen Faktoren gegeben. Ist nämlich:
f{x) = P(x)h Pt (x)hl • • - Pv(x)h* (mod p)
die Zerlegung von f(x) in seine modulo p irreduktiblen Faktoren,
so ist:
(ft /"«*>) ~ (ft PVft (ft JPiÖO*1) • • ■ (ä aw1*)
die vollständige Dekomposition des Divisorensystemes (p, /*(#)) in un-
zerlegbare Systeme.
Schon hier werden wir zu einem fundamentalen Unterschiede ge-
führt, welcher zwischen der Zerlegung der Zahlen und der ihr so nahe
verwandten Dekomposition der Divisorensysteme besteht. Während
nämlich die Teilbarkeit einer Zahl m durch eine andere d stets
ihre Zerlegbarkeit in ein Produkt dd' nach sich zieht, ist dies
bei den Modulsystemen zweiter Stufe im allgemeinen nicht mehr der
Fall. In der That besitzt z. B. jedes der hier gefundenen Divisoren-
systeme (p, P(x)h) offenbar den Divisor (p, P(x)) und allgemeiner jeden
Divisor (p, P(x)k), wenn k < h ist, aber es ist nicht möglich, jenes
§ 4. Untersuchung des Bereiches [x] für ein Primmodulsystem. 219
System auf irgend eine Weise in zwei Faktoren zu zerlegen. Wir
müssen daher unterscheiden zwischen der Zerlegbarkeit eines Systemes
und seiner Eigenschaft einen Teiler zu besitzen. - Die Unzerlegbarkeit
schliefst, wie wir sehen, das Vorhandensein von Divisoren keines-
wegs aus, während allerdings umgekehrt ein System, welches keinen
Teiler mehr besitzt, selbstverständlich auch nicht weiter zerlegt
werden kann.
Die Eigenschaft, dafs ein Modulsystem zweiter Stufe keinen Teiler
mehr besitzt, wollen wir als die charakteristische Eigenschaft für ein
Primmodulsystem ansehen, während wir die nicht weiter zerlegbaren
irreduktible Modulsysteme nennen wollen.
§4.
Wir wenden uns jetzt zu einer genaueren Untersuchung der Prim-
modulsysteme und bestimmen zunächst, welchen Systemen diese Eigen-
schaft zukommt. Hier gilt nun der folgende Satz:
„Ein Divisorensystem zweiter Stufe (f17 f%, • • •/",) ist dann und
nur dann ein Primmodulsystem, wenn es einem Systeme (p, P(x))
äquivalent ist, wo p eine Primzahl und P(x) modulo p irre-
duktibel ist."
Ist nämlich zunächst (Jf) ~ fQ(x) (ft{x)} • • • fv(x)) ein gemischtes
Modulsystem zweiter Stufe, so kann es kein Primmodulsystem sein,
es sei denn, dafs entweder f0(x) oder (J\(x), • • • fv(x)) äquivalent Eins
ist, da es ja sonst mehr als einen Teiler hätte. Bei der zweiten An-
nahme wäre es aber äquivalent f0(x), also nicht von der zweiten Stufe,
also mufs zunächst f0(x) = 1, also (M) ~ (fl9 • • • fv) ein reines Modul-
system sein. Ist aber (JM) ein reines Modulsystem zweiter Stufe, und
m sein Zahlenelement, ist ferner m keine Primzahl und p einer ihrer
Primfaktoren, so besitzt das gegebene Modulsystem (M) ~ (w, fl9*» ■/*,)
das System (p, f1} • • • fv) als eigentlichen Teiler, ist also kein Prim-
modulsystem. Ist das gegebene System (M) aber äquivalent (p, f1} • • •/*,)
und ist (p,f(x)) seine reduzierte Form, wäre ferner f(x) modulo p
nicht reduziert, und wäre P(x) ein Teiler von f(x) modulo p, so be-
säße das System (p, fix)) das andere (p, P(x)) als eigentlichen Teiler,
wäre also wieder kein Primmodulsystem, und da andererseits die
Systeme (p, P(x)) in der That Primmodulsysteme sind, so ist die auf-
gestellte Behauptung bewiesen.
Ein Primmodulsystem (p, P<xS) ist stets ein eigentliches Modul-
system, also niemals äquivalent Eins, aufser in dem selbstverständ-
220 Neunzehnte Vorlesung.
liehen Falle, wenn P(x) vom nullten Grade ist, sich also auf Eins
reduziert. Ist nämlich (p, P(x)) ~ l, ist also die Zahl 1 durch jenes
System darstellbar, so giebt es einen solchen Faktor Q(x), dafs
P(x)Q(x) = l (modp)
ist, und dies ist, wie früher gezeigt wurde, nur möglich, wenn P(x)
und Q(x) vom nullten Grade, also gleich Eins sind.
Es sei nun (77) = (p, P(x)) ein beliebiges Primmodulsystem, also
P(x) = xn + an-i«*-1 -| \- a0
eine modulo p irreduktible Funktion n*611 Grades. Jede Gröfse des
Bereiches [x] ist dann offenbar modulo (77) einer Funktion:
kongruent, wo die Koefficienten a. Zahlen der Reihe 0, 1, • • • p — 1
sind. Die so sich ergebenden pn Funktionen sind aber modulo (j>, P(x))
inkongruent. Ferner sind alle diese Funktionen zu dem Primmodul-
system (py P(x)) teilerfremd, da eine solche Funktion mit diesem nur
dann einen Teiler gemeinsam haben kann, wenn es dasselbe enthält.
Also ergiebt sich der Satz:
„Die Anzahl 9) (77) aller inkongruenten Einheiten für ein Prim-
modulsystem (77) = (p, P(x)) ist gleich pn — 1, wenn n den
Grad der zugehörigen Primfunktion bedeutet."
Aus dem am Ende der sechzehnten Vorlesung für beliebige Modul-
systeme bewiesenen Satze folgt hier, dafs für jede durch (77) nicht
teilbare Gröfse X von [x] die Kongruenz besteht:
X^^l (mod (p,P(x))
oder, wenn man die eine Gröfse X0 = 0 mit hinzuzieht, so ergiebt sich
der Satz:
„Jede Gröfse X des Bereiches [x] genügt der Kongruenz:
XpW— X = 0 (mod(p, P(x)),
wenn n der Grad der Primfunktion P(x) ist."
Zu jeder Einheit g gehört auch hier stets eine komplementäre g\ für
welche gg = 1 (modd p, P(xj) ist, denn nach dem soeben bewiesenen
Satze braucht man nur g ' =* <f zu setzen.
Da für ein Primmodulsystem (77) der Satz besteht, dafs ein Pro-
dukt dasselbe nur dann enthalten kann, wenn dies schon für einen
seiner Faktoren der Fall ist, so folgt schon hieraus, dafs jedem Satze
über Primzahlen p in dem Bereiche [1] der natürlichen Zahlen ein Satz
§ 4. Der Fermatsche Satz für ein Primroodulsy stein. 221
über Primmodulsysteme (77) im Gebiete [x] vollständig entspricht.
Insbesondere gilt auch hier der folgende Satz:
„Eine Kongruenz für ein Primmodulsystem:
0(Z) = grZ* + g^Z*"1 + • . • + g0 = 0 (modd p, P{x)\
deren Koefficienten dem Bereiche [x] angehören, kann innerhalb
desselben nicht mehr inkongruente Wurzeln haben, als ihr Grad
angiebt."
Zunächst können wir alle Eoef&cienten von G{Z), ohne die Kongruenz zu
ändern, auf ihre kleinsten Reste modulo (77) reduzieren; dann kann man den
Koefficienten gv der höchsten Potenz von Z gleich Eins voraussetzen,
denn anderenfalls könnten wir ja die Funktion G{Z) mit der zu gv
modulo (77) komplementären Einheit g'y multiplizieren; auch dann
stimmen die Wurzeln der Kongruenz g'vG(Z) ~ 0 mit denen von
G(Z) = 0 überein. Haben wir so eine Kongruenz erhalten:
G(Z) = Z* + g9_x 2TX+ • • • + g0 = 0 (modd p, P(x)),
und ist Xj eine Wurzel derselben, so ist eben G(Xl) durch (77) teil-
bar; es ist demnach für ein variables Z:
G(Z) = G(Z)-G(Xl) = (Zv-Xl) + .^ + g1(Z-Xl)
= {Z—X^GX{Z) (moddj>,P(x)),
wo GX(Z) eine Funktion derselben Art, aber vom (v — 1)** Grade in Z
ist; ist also Xt irgend eine Wurzel der Kongruenz G(Z) = 0
(modd p, P(x)), so ist ihre linke Seite modulo (77) durch den zuge-
hörigen Linearfaktor (Z — Xx) teilbar. Ist nun X% eine zweite von
Xt verschiedene Wurzel der ursprünglichen Kongruenz, so folgt aus
der soeben abgeleiteten Kongruenz für Z = X,
6Ä) = (Xi — Xt) ff^JJ =i= 0 (modd p, P(x))
und da X^ — Xx zu (77) relativ prim ist, so mufs X^ eine Wurzel von
GX(Z) = 0 sein. Hätte also die Kongruenz v"» Grades G(Z) = 0
mehr als v Wurzeln, so müfste die Kongruenz des (v — 1)*** Grades
GX(Z) = 0 mehr als (v — 1) Wurzeln, nämlich alle vorigen mit Aus-
nahme von Xt besitzen. Nehmen wir daher an, es sei unser Satz
schon für die Kongruenzen des (v — l)*011 Grades bewiesen, so gilt er
auch für die Kongruenzen des i/toQ Grades, und da er für die Kon-
gruenzen des ersten Grades Z -+- g0 = 0 (modd p, fix)) offenbar be-
steht, so ist seine allgemeine Gültigkeit erwiesen und es ergeben sich
genau dieselben Folgerungen, wie wir sie für Primzahlmoduln in der
222 Nennzehnte Vorlesung.
achten Vorlesung abgeleitet haben. Sind insbesondere X1JXi,*-- Xh
p inkongruente Wurzeln unserer Kongruenz, so ist für ein variables Z:
G(Z) = (Z — Xx) • . • (Z — X,,) G{Z) (modd p, P(x)),
wo G (Z) eine ganze Funktion des (y — /i)tea Grades bedeutet.
Die Kongruenz Z? — ZT-~ 0 (mod^, P{x)) besitzt nun genau so
viele inkongruente Wurzeln, als ihr Grad angiebt, nämlich alle pn
modulo (77) inkongruenten Beste:
J^ = 0, J^, iig, • • • Rpn_x
des Bereiches [#]; also besteht für ein variables Z die Kongruenz:
Zpn—Z=z[J(Z—Rk) (moddj>,P(s)),
und durch Vergleichung der Koefficienten von Z auf beiden Seiten
ergiebt sich die folgende Verallgemeinerung des Wilsonschen Satzes
auf Primmodulsysteme:
— l=[jRk = JjK+ «i*H hfl-i^1) (moddp,P(x)),
m
wo die Koefficienten a. unabhängig von einander alle Werte von 0
bis p — 1 annehmen und nur nicht alle zugleich Null sein dürfen.
§5.
Setzt man für Z irgend eine Gröfse a0 -f- axx + • • • + a»—!^—1
des Bereiches [x] mit modulo p reduzierten Koefficienten, so ist nach
den Ergebnissen des vorigen Abschnittes Z* — Z durch jedes Prim-
modulsystem (p,Pn(xj) teilbar, in welchem die irreduktible Funktion
PH(x) vom nton Grade ist. Wir wählen speziell Z = x, und stellen
uns nun die Aufgabe, alle Primmodulsysteme (p, P{x)) zu finden, welche
in der ganzen Funktion:
ar — x
aufser den Systemen (p, Pn(%)) enthalten sind. Da ergiebt sich nun
obne Schwierigkeit der Satz, dafs jene Funktion auch durch alle die
Primmodulsysteme (p, Pt(x)) teilbar ist, für welche der Grad v von
P*(x) ein Teiler von n ist.
§ 6. Zerlegung der Funktion aP — x (modulo p). 223
Ist nämlich Pv{x) vom i/toa Grade, so ist zunächst nach dem oben
bewiesenen Satze:
o? = x (modd p, Pv(x)).
Erheben wir nun beide Seiten zur p*,en Potenz, so ergiebt sich:
of =qF ' = x (modd p, Pv(x)).
Behandeln wir die Kongruenz ar = x in gleicher Weise, so folgt
3 v
weiter: a? = x, und allgemein ist für jedes ganzzahlige h:
ar = x (modd p, Pv(x)).
Ist also n = hv oder v ein beliebiger Teiler von n, so enthält in der
That 3^ — x den Divisor (p, P*(x))} w. z. b. w.
Wir zeigen aber jetzt weiter, dafs ar — x auch nur durch solche
Primmodulsysteme (p, Pv(x)) teilbar ist, für welche v ein Teiler von n
ist. Angenommen nämlich, irgend ein System (p, Pv(x)) sei ein Divisor
von x — x9 dann bestehen die beiden Kongruenzen:
a? = x, 3? = x (modd p} P,);
ans ihnen ergeben sich, wie vorher, die allgemeineren Kongruenzen:
und wenn man beide Seiten der ersten Kongruenz zur py*ton Potenz
erhebt, und dann die zweite benutzt:
W 3?n+r"=x (moddp,P,).
Sind also g und 7/ beliebige, aber nicht negative Zahlen, so ist
ar — a: durch (p, P,) teilbar. Es sei nun t der gröfste gemein-
same Teiler von n und v, dann kann man zwei positive oder negative
Zahlen g und y so bestimmen, dafs g'n -\- y'v = £ wird, und hieraus
folgt für jedes ganzzahlige r:
(?' + rv)n + (/ + rn)v °" ' + 2rnv.
Denken, wir uns jetzt r so bestimmt, dafs die beiden Zahlen g' -\- rv
und y' -f- rn positiv werden, und substituieren wir diese Werte für g
und y in (1), so folgt ar =x} oder, da xr ^ex ist:
(x*rnvy~ g/= x (modd p, >,(*));
224 Neunzehnte Vorlesung
es ist also ar — x, und damit auch das Divisorensystem [p, ar — x)
durch (p, Pv(x)) teilbar.
Nun hatten wir bereits im § 6 der dreizehnten Vorlesung bewiesen,
dafs für jede ganze ganzzahlige Funktion von x stets die Kongruenz
gilt:
(F(0i/=F(x) (modd p,a?—x),
und diese Kongruenz gilt a fortiori für das Primmodulsystem (p, Pv(x)),
das ja ein Teiler des soeben betrachteten ist. Da es aber für dieses
letzte Modulsystem genau py inkongruente Reste oder Funktionen F(x)
giebt, so würde sich aus dieser Deduktion ergeben, dafs die Kon-
gruenz:
(F(x)Y'— F{x) = 0 (moddp, Pv(x))
genau p" inkongruente Wurzeln besitzt. Weil nun eine Kongruenz
für ein Primmodulsystem nicht mehr Wurzeln haben kann, ab ihr
Grad angiebt, so ist notwendig pv ^p* oder v <j t} und da t ein Divisor
von v ist, so muls v = t = (n, v), d. h. es mufs v ein Teiler von n
sein. Es ergiebt sich also der Satz:
„Die Funktion ar — x besitzt alle und nur die Primmodulsysteme
(p, P4(x)) als Teiler, für welche der Grad d der Funktion Pd{x)
ein Teiler von n ist."
Wir bezeichnen jetzt durch d alle Teiler der Zahl n und mit
Pd(x), Pd(x)7 • • • alle modulo p irreduktiblen Funktionen von x.
Da die Funktion o? — xalle Primmodulsysteme (p, Pd{%))9 (j?, PAz)),m ••
enthält, so enthält sie auch ihr Produkt, und da allgemein:
(ft P4<&) (ft ?*,(*)) ~ 0, PdW P+W)
ist, so folgt aus unseren bisherigen Betrachtungen, dafs x — x durch
das Divisorensystem
(p> Uw)
teilbar ist, und kein anderes System (p, Pd(x)) enthält, wo S nicht in
n enthalten ist. Es besitzt also af — x modulo p alle und nur die
Primfaktoren Pd{x)} d. h. es besteht eine Kongruenz:
A(*)
d/n k
§ 5. Zerlegung der Funktion gp — x (modulo p). 225
wo sich die Multiplikation auf alle Teiler d von n und auf alle mo-
dulo p irreduktiblen Funktionen *?*" Grades bezieht und wo die Ex-
ponenten h{*} noch unbekannte positive ganze Zahlen bedeuten.
Wir zeigen endlich, dafs unsere Funktion jedes Modulsystem
(p, Pd(%)) nur einmal enthält, dafs also in der Kongruenz (2) alle Ex-
ponenten h{j gleich Eins sind. Enthielte nämlich jene Funktion einen
Primfaktor P(x) auch nur in der zweiten Potenz, wäre also:
a*%- x — P(x)* Q(x) + pB(x) ,
wo in Q(x) alle übrigen Faktoren modulo p zusammengefafst sind, so
ergäbe sich durch Differentiation:
p' ■ s""-1— 1 - 2P(z) P'{x) Q(x) + P(xfQ'(z) + pSr(x\
oder wenn man beide Seiten modulo (p, P(x)) betrachtet, und alle
Multipla von p und P(x) fortläfst, so würde sich ergeben:
— 1 -jli 0 (mod p, P(x)),
d. h. das System (jp, P(x)) mülste äquivalent Eins oder P(x) selbst gleich
Eins sein.
Hieraus folgt, dafs die Zerlegung (2) so geschrieben werden kann:
(2*) xp" — x = ]~JPd(x) (modj)),
wo sich die Multiplikation auf alle und nur die modulo p irreduktiblen
Funktionen bezieht, deren Grad ein Teiler von n ist; und aus dieser
Kongruenz resultiert die folgende Zerlegung des Modulsystemes (pf x* — x)
(p,xp*-x)~[J(p,Pd(x)),
welche als eins der schönsten und wichtigsten Resultate dieser ganzen
Theorie angesehen werden kann.
.§6.
Den bis jetzt behandelten Primmodulsystemen (77) stehen die-
jenigen Divisorensysteme am nächsten, welche zwar eigentliche Teiler
besitzen, aber nur durch ein einziges Primmodulsystem teilbar sind.
Ein solches System (77) soll ein einfaches System genannt werden
Ein solches System ist z. B. (jf, P(x) ), wenn a und b beliebige ganze
Zahlen sind, denn es enthält das Primmodulsystem (77) = (p, P(x))}
Kronecker, Zahlentheorie. I. 15
226 Neunzehnte Vorlegung.
aber kein anderes (77t) = (pl7 P^x)), in welchem beide Elemente
pl9 Px(x) oder auch nur ein einziges bezw. von p, P(x) in (77) ver-
schieden sind, denn dann ist ja entweder p oder P(x) sicher nicht
durch (77J teilbar; aber auch allgemeiner ist jedes System:
(i) (n)~(pa,ft(x),...fr(x)tP(z)b)t
dessen Zahlenelement eine beliebige Primzahlpotenz ist, und welches aufser-
dem eine Potenz einer irreduktiblen Funktion P(x) enthält, ein einfaches
Modulsystem. Da dieses nämlich ein Teiler des einfachen Systemes (pa, P*{xj)
ist, welches seinerseits kein anderes Primmodulsystem als (77) = (p, P{x))
enthält, so gilt dasselbe auch von dem Systeme (77). Ist das System (1)
nicht äquivalent Eins, so soll es ein zu (77) gehöriges einfaches
Modulsystem genannt werden.
Man kann leicht die notwendige und hinreichende Bedingung
dafür 'angeben, dafs ein solches System äquivalent Eins ist; wir be-
weisen zunächst den folgenden Satz:
„Ein dreigliedriges Modulsystem (77) = (pa, /"(#), P(xf) ist dann
und nur dann äquivalent Eins, wenn das Element f(x) durch
das zugehörige Primmodulsystem (77) = (j), P(x)) nicht teil-
bar ist."
Ist nämlich f(x) durch (77) teilbar, so gilt dasselbe auch von dem
ganzen Systeme (77), da dann seine drei Elemente den Divisor (77)
enthalten; dann kann also (77) nicht äquivalent Eins sein. Ist dagegen
f(x) nicht durch (77) teilbar, ist also:
(p,/te),P(#))~l,
so gilt dasselbe auch von jeder Potenz dieses Systemes, insbesondere
ist also:
(p,/;p)0+*~(--.,.pYpV--)~i,
wo A, ft, v alle ganzzahligen Werte annehmen, deren Summe a -(- b ist.
Diese Potenz ist aber durch (77) = (pa, ff P*) teilbar, denn jedes seiner
Elemente px f*1 Pv ist, falls \l > 0 ist, ein Vielfaches von f, dagegen für f* = 0,
also k -\- v = a -\- b, entweder durch p oder P6 teilbar, je nachdem
A ^ a oder A < a, v > b ist. Also ist in der That auch (77) ~ 1,
w. z. b. w. Hieraus folgt aber sofort der allgemeine Satz:
„Ein beliebig gegebenes System:
{n) = y, /i(*0, •••/■», p* (*))
ist dann und nur dann nicht äquivalent Eins, also ein einfaches
Modulsystem, wenn alle seine Elemente f)(x) den zugehörigen
§ 6. Die einfachen Modulsysteme. 227
Primdivisor (77) = (j>} P(x)) enthalten, wenn also (77) durch (77)
teilbar ist."
Wir beweisen endlich den wichtigen Satz:
„Jedes reine Modalsystem zweiter Stufe (fly f2} • • -/"J kann auf
rationalem Wege in ein Produkt von teilerfremden einfachen
Divisorensystemen zerlegt werden."
Es sei nämlich
ab e
m = p q • • • r
das auf rationalem Wege bestimmbare Zahlenelement des gegebenen
Systemes, so ist zunächst:
<*h fi, ••• O ~ (P"> fi ,- ftti, fu -O--- (r% /i, ••• /•,).
Es ist daher nur noch das Modulsystem:
weiter in einfache Systeme zu zerlegen. Hierzu führt die folgende
Betrachtung: Von den Elementen ft{x)} • • • fv(x) mufs mindestens
eins, etwa fx($) durch p nicht teilbar sein, da sonst alle v Elemente
des ursprünglichen Systemes den Teiler p besäfsen, dieses also kein
reines Divisorensystem wäre. Denkt man sich nun fx{x) modulo p
in seine irreduktiblen Faktoren zerlegt, so ergiebt sich eine Gleichung
von der Form:
fl(x) = P'^ pUx),
aus welcher hervorgeht, dafs die Differenz auf der rechten Seite gleich
fx(x), also durch das Divisorensystem (Ma) teilbar ist. Erhebt man
nun beide Seiten der aus dieser Identität folgenden Kongruenz:
P"!?... =pft(x) (modjfj
zur a** Potenz, so wird auch ihre rechte Seite pf\ durch (JfJ teil-
bar; setzt man also links zur Abkürzung aa = bf aa1 = 61,-*, so
erhält man:
1*2* ■-. = <> (modJf),
d. h. es kann das Produkt P* Pj1 • • • den Elementen von (M^ hinzu-
gefügt werden, ohne dieses System im Sinne der Äquivalenz zu ändern.
Da aber die Funktionen i3*, P^, • • • modulo p* teilerfremd sind, so er-
halt man hieraus die folgende Zerlegung von (Ma) in einfache Systeme:
(IQ ~Oa, f»-f„ ** *?•••) ~ (Pa. fvfr, ^(P", fi,~f„ **) •• •,
15
*
228 Neunzehnte Vorlesung.
in welcher sich die einzelnen Faktoren anf der rechten Seite nur dadurch
von dem ursprünglichen Systeme (fl9 • • • fv) unterscheiden, dafs seinen
Elementen als Zahlenelement eine Primzahlpotenz p1 und als primi-
tives Element die Potenz einer modulo p irreduktiblen Funktion P(x)
hinzugefügt sind, welche beide allein durch Anwendung des Eukli-
dischen Verfahrens bestimmt werden können.
Aus diesen Produkten sind nun alle diejenigen Systeme einfach
fortzulassen, in welchen nicht jedes Element f{(x) das zugehörige Prim-
modulsystem (p, P.(z)) enthält, denn diese aber auch nur sie sind äqui-
valent Eins. Alle übrigen sind „einfache Modulsysteme" und können
nun auf die in der vorletzten Vorlesung gefundene reduzierte Form
zurückgeführt werden.
Zwanzigste Vorlesung.
Die Modulsysteme im Bereiche von mehreren Veränderlichen. — Die Zerlegung
der ganzen GröTsen in ihre Primfaktoren. — Die Rationalitätebereiche { a?, y, • • • z } .
— Der Rang oder die Stufe der Divisorensysteme. — Geometrische Anwendungen.
— Die unzerlegbaren und die Primmodulsysteme. — Der Bereich {x, y, z) und
die zugehörigen Primmodulsysteme. — Modulsysteme und Linearformen.
Zum Abschlufs dieser Untersuchungen wollen wir zeigen, ohne ganz
ausführlich auf die Beweise einzugehen, wie sich die Gesetze für die
Modulsysteme erweitern, wenn man die Bereiche von mehreren Variablen
in Betracht zieht, und zwar beschranken wir uns zunächst auf den
Bereich [x, y] von zwei Veränderlichen.
Jede ganze Gröfse F(x} y) kann auf eine und nur eine Weise
in irreduktible oder Primfunktionen zerlegt werden, um dies nach-
zuweisen, ordnen wir F(x, y) nach Potenzen von y; ist dann:
F(x, y) = F0(x) + Ft(x)y + Ft(x)y> + ■■■ + Fn(x)y»,
so können wir zunächst den gröfsten gemeinsamen Teiler F(x) aller
Koefficienten F.(x) bestimmen und diesen für sich nach den Vor-
schriften des § 1 der fünfzehnten Vorlesung in seine irreduktiblen
Faktoren zerlegen. Ist dann:
F(x, y) = F(x)f(x, y) = F(x)(f0(x) + ft{x)y + • • • + />>»")>
wo jetzt die f.(x) keinen gemeinsamen Teiler mehr haben, so ist nun
zu untersuchen, ob der zweite Faktor f(x} y) noch weitere Teiler be-
sitzt, und zwar braucht man auch hier offenbar nur nach denjenigen
Teilern zu fragen, welche in y höchstens bzw. vom Grade -y oder — £—
sind, je nachdem n gerade oder ungerade ist.
Es sei nun / (x} y) ein noch unbekannter Teiler v*n Grades von
f(x, y\ so dafs also eine Zerlegung existiert:
ffa y) = f9(*> y)fn-M y)-
Ersetzt man dann y durch eine beliebige ganze Zahl r, so ergiebt sich:
230 Zwanzigste Vorlesung.
f(x,r)=f*{x>r)fn-Ax>r)>
d. h. die nur von x allein abhäiigige Funktion fv(x, r) mufs notwendig
einer der Teiler der Funktion f(x, r) sein; da aber die Anzahl der
Teiler der gegebenen Funktion f(x7 r) endlich ist und diese rational
bestimmbar sind, so kann fv($, r) nur eine endliche Anzahl von
Werten annehmen, die man für jedes r direkt finden kann. Wir dürfen
also genau wie bei den Funktionen von einer Variablen folgendermafsen
verfahren: wählen wir für y (v -f- 1) verschiedene ganze Zahlen
roy rlf • • • r„, so besteht wieder nach der Lagrangeschen Interpolations-
formel für den gesuchten Teiler ft(x, y) die Gleichung:
fix irt-'ivfc r\ (» - f«) •• • (» - f*-0 (y - f*+*) •••(»- 1).
U*, V) -£ /,(*, rJ {rt - r0) . • . (r, - r4_l} (rt - rt+1) . . . <rt - rt)
Ersetzt man in dieser Formel jedes fv(x, rk) unabhängig von den
anderen der Reihe nach durch alle Teiler der betreffenden Funktion f(x, rj,
so erhält man für fv(x, y) eine endliche Anzahl von Funktionen von x
und y, unter denen die gesuchten Teiler notwendig enthalten sind,
und jetzt in der früher angegebenen Weise direkt durch Division ermittelt
werden können. Jede ganze Gröfse des Bereiches [x, y] kann also
folgendermafsen zerlegt werden:
*X*, y) - i>!' fi ■ ■ ■ /i (*f U (*? ■•■9i(*,yt---,
hier bedeuten pi9 • • • f1(x)9 • • • gx(x, y) • • • sämtlich nicht weiter zer-
legbare oder Primgröfsen.
um weiter die Eindeutigkeit dieser Zerlegung nachzuweisen, kann
man genau wie im § 2 der fünfzehnten Vorlesung zeigen, dafs ein
Produkt q>(xy)il>(xy) zweier ganzen Gröfsen nur dann durch eine
Primgröfse teilbar ist, wenn mindestens einer der Faktoren dieselbe
enthält; und auch hier zerfällt der Beweis in zwei Teile, je nachdem
die Primgröfse von y unabhängig ist, oder y enthält. In derselben
Weise fortgehend zeigt man auf induktivem Wege für einen Bereich
[Xj y} - • • z] von beliebig vielen Variablen, dafs jede Gröfse desselben
eindeutig in ein Produkt von Primgröfsen zerlegt werden kann, dafs
also die elementaren Gesetze der Arithmetik in allen diesen Bereichen
vollständig erhalten bleiben.
Ich möchte aber gleich hier auf eine andere Art von Rationalitäts-
bereichen aufmerksam machen, welche besonders in den geometrischen
Anwendungen benutzt werden, und die in dieser Vorlesung wesentlich
den Betrachtungen zu Grunde gelegt werden sollen. Betrachten wir die
Gesamtheit «aller rationalen Funktionen von x und y} jetzt aber nicht
§ 1. Die Rationalitätsbereiche für mehrere Variable. 231
mit ganzzahligen, sondern mit ganz beliebigen konstanten Koefficienten,
bo bilden diese ebenfalls einen vollständig in sich abgeschlossenen Ratio-
nalitätsbereich, dessen Individuen sich durch die elementaren Rechen-
operationen wiedererzeugen. Eine Gröfse F(x, y) dieses Bereiches
nennen wir jetzt ganz oder gebrochen, je nachdem sie als Funktion
von x und y betrachtet ganz oder gebrochen ist, während ihre Koef-
ficienten ganz beliebige Eonstanten sein können. Diese ganzen Gröfsen
bilden einen „Integritätsbereich", welcher jetzt durch [x, y) bezeichnet
werden mag; jede ganze Gröfse kann auch hier, wie man nachweisen
kann, eindeutig in ihre Primfaktoren zerlegt, und jede gebrochene
Funktion als Quotient zweier ganzen Funktionen dargestellt werden.
Jeder ganzen Gröfse F(x, y) entspricht eine algebraische Gleichung
F(x} y) = 0, also auch eine ganz bestimmte durch sie dargestellte
Kurve 5? 80 dal* a^80 &Uen Individuen des Bereiches [x, y\ alle
algebraischen Kurven entsprechen. Ebenso ist dem in gleicher Weise
gebildeten Integritätsbereiche { x} y, z } von drei Variablen die Gesamt-
heit aller algebraischen Flächen zugeordnet u. s. w. .
Ich gehe jetzt zu einer kurzen Betrachtung der Modulsysteme
innerhalb dieses neuen Bereiches [x, y) von zwei Variablen über,
wobei ich gleich bemerke, dafs sich für die früheren Bereiche \xy y\ im
wesentlichen dieselben Resultate ergeben; und zwar möchte ich kurz
über die verschiedenen Klassen oder Stufen Rechenschaft geben,
welche bei jenen Systemen auftreten können; auch hier benutze ich
der gröfseren Anschaulichkeit wegen die elementaren Vorstellungen
der Geometrie.
Bei der soeben eingeführten Definition der ganzen Gröfsen des
Bereiches {x, y) ist die Definition der Teilbarkeit einer Gröfse durch
ein Modulsystem folgendermafsen zu fassen:
„Eine Gröfse f0(x, y) ist dann und nur dann durch ein Modul-
system:
( Jf ) ~ (ft {x, y\ f% (x, y), • • • fv (x, y))
teilbar, wenn eine Gleichung von der Form besteht:
(!) /o(*, y) = fc(*, y)/i(*> y) H V sXx> y)f*(x> y)>
in welcher alle Koefficienten g1 (x, y), • • • gy (x, y) Grölsen des
Integritätsbereiches {xyy\, also ganze Funktionen von x und y
mit beliebigen Koefficienten bedeuten."
Zu jedem Modulsystem (M) ~ (fx(x} y), f%{x, y)), - - . fv(x, y)) gehört
ein Gleichungssystem:
(2) u (*, y) = o, u (*, v) = °> ---fte y) = °»
232 Zwanzigste Vorlesung.
welches man erhält, indem man seine einzelnen Elemente gleich Null
setzt; dieselben repräsentieren, geometrisch gesprochen, ein System von
v ebenen Kurven f„ f„ • • ■ fT. Die aUen jenen v Kurven gemeinsamen
Schnittpunkte (£, r\) mögen für den Augenblick die Fundamentalpunkte
oder Grundpunkte von (Jf) genannt werden. Alle durch (M) teilbaren
Gröfeenf0(x,y) in (1) stellen, gleich Null gesetzt, Kurven f0 dar, sie ge-
hören einer durch (M) charakterisierten Kurvenschar an, deren Kurven
ebenfalls sämtlich durch die Fundamentalpunkte (£, rj) hindurchgehen, da
für (#= £, y = rj) die rechte, also auch die linke Seite von (2) ver-
schwindet. Setzt man also alle durch (M) teilbaren Funktionen gleich
Null, so erhält man eine Kurvenschar, welche als Fundamentalpunkte
alle und nur die aus der Auflösung von (2) sich ergebenden Punkte
(g, rj) besitzt. Jene Wertsysteme (£, rj) oder was dasselbe ist, die zuge-
hörigen Grundpunkte sind also alles, was den Kurven f0 gemeinsam
ist. Äquivalente Modulsysteme, d. h. solche, denen dieselbe Kurven-
schar entspricht, besitzen daher notwendig dieselben Fundamentalpunkte;
andererseits brauchen aber zwei Modulsysteme mit gleichen Funda-
mentalpunkten nicht notwendig äquivalent zu sein. So sind z. B. die
beiden Systeme (#*, y) und (#, y%) offenbar nicht äquivalent, obwohl
die zugehörigen Gleichungen (#* = 0, y = 0), (x = 0, y* = 0)
beide Male denselben Punkt, nämlich den Koordinatenanfangspunkt
definieren.
Jedoch können wir nun das zugehörige Gleichungssystem (2) zur
Definition der Stufe eines Divisorensystemes benutzen. Ein System
von v algebraischen Kurven f{(x, y) = 0 kann nämlich entweder eine
ganze Kurve gemeinsam haben, oder sie können sich in einer offenbar
endlichen Anzahl von diskreten Punkten schneiden, oder endlich sie
haben gar keinen Punkt gemeinsam. In den unterschiedenen Fällen
sagen wir, das zugehörige Modulsystem (M) ist von der ersten oder
von der zweiten Stufe; haben sie gar keine Punkte gemeinsam, so ist
das zugehörige Modulsystem äquivalent Eins. Ein Modulsystem erster
Stufe besitzt also eine Kurve oder eine einfache Mannigfaltigkeit, ein
System zweiter Stufe nur eine endliche Anzahl, oder eine nullfache
Mannigfaltigkeit von Fundamentalpunkten.
So ist z. B. jede einzelne Funktion F(x, y) als Modulsystem aufgefaßt
von der ersten Stufe, da die eine Gleichung F(x}y) =0 stets eine einfache
Mannigfaltigkeit von Lösungen besitzt oder eine Kurve darstellt. Sind
ferner F{x7 y) und G(x, y) teilerfremde ganze Funktionen von x und y,
so ist das Modulsystem (F(x7y), G(xy yj) von der zweiten Stufe, denn
die beiden Kurven (F == 0, G = 0) besitzen unter der gemachten Vor-
aussetzung stets eine endliche Anzahl von Schnittpunkten.
§ 1. Die Modulsysteme verschiedener Stufe. 233
In derselben Weise zeigt sich, dals bei einem Bereiche \x,y,*\
von drei Variablen ein Divisorensystem:
«/!<& y> *>, f%&i y> *), ■ • • £<& y, *))
von der ersten, zweiten oder dritten Stufe sein kann, je nachdem die
v Oberflächen:
eine ganze Fläche, oder eine Raumkurve, oder nur getrennte Punkte,
gemeinsam haben, und entsprechende Unterschiede bestehen für Modul-
systeme innerhalb eines Bereiches { x, y, z} • • • u } von beliebig vielen
Variablen. Ist n die Anzahl derselben, so können nur Modulsysteme
bis zur n** Stufe auftreten.
Ein Modulsystem erster Stufe (/i(#, y\ • • • fv(x7 y)) kann sehr wohl
noch Systeme zweiter Stufe enthalten, wenn die dazu gehörigen Kurven
f.(x, y) = 0 aufser der gemeinsamen Kurve f0(x, y) = 0 noch andere
einzelne Schnittpunkte besitzen. Alsdann heifst das Modulsystem (üf)
ein gemischtes, im anderen Falle ein reines Modulsystem erster Stufe.
Es sei (Jtf) = (f19 • • •£) ein Modulsystem erster Stufe; dann müssen
alle Elemente f.(x} y) einen grössten gemeinsamen Teiler f0(x, y) haben,
der gleich Null gesetzt eben die gemeinsame Schnittkurve repräsen-
tiert. Ist also:
fi(x>y) = fo(x>y)fi(x>y)>
so .ist:
(/i(*i!Ä--YAy))~/o^»)(A^i»)r''/i(«iy))i
dann ist (M) dann und nur dann ein reines Modulsystem erster Stufe,
wenn (f19 • • • fv) ~ 1 ist, anderenfalls ein gemischtes System, welches
in das Produkt aus einem reinen Modulsystem erster Stufe f0(x, y) und
einem anderen (flf • • • fv) zerlegt werden kann, das selbst von der
zweiten Stufe ist. Die reinen Modulsysteme erster Stufe sind also
äquivalent den ganzen Functionen f0(xf y) unseres Bereiches, welche
wir zu behandeln und eindeutig zu zerlegen im Stande sind. In gleicher
Weise kann man zeigen, dafs sich überhaupt jedes gemischte Divisoren-
system einer beliebigen Stufe stets als ein Produkt von reinen Divi-
sorensystemen von derselben und den folgenden Stufen darstellen läfst;
es sind daher nur die reinen Divisorensysteme einer beliebigen Stufe
weiter zu untersuchen, in ihre einfachsten Faktoren zu dekomponieren
und alsdann auf ihre reduzierte Form zurückzuführen. Doch soll auf
jene höhere Untersuchung an dieser Stelle nur hingewiesen werden.
Etwas anders gestaltet sich die Definition der Stufe eines Modul-
234 Zwanzigste Vorlesung.
Systems (M) ~ (f1} f%> •••/*,,), wenn seine Elemente ganze ganzzahlige
Funktionen von mehreren Variablen x, y, . • • u sind, wenn wir uns also
nicht innerhalb des Bereiches { x, y} • • • u } , sondern in dem vorher
betrachteten Bereiche [x, y} • • - u] bewegen. Alsdann kann man zu-
nächst alle Modulsysteme in zwei Arten scheiden, je nachdem der Bereich
(f0) aller durch (M) teilbaren Gröfsen:
fo — 9ifi + 9*f* -\ h 9vfv
kein einziges Zahlenelement enthält oder in ihm auch Zahlen vor-
handen sind. Kommen in dem Bereiche (fQ) keine Zahlenelemente vor,
ist also (/i, -••/;) von der ersten Art, so bestimmt sich die Stufe
des Modulsystems wieder einfach aus der Mannigfaltigkeit der durch
das Gleichungssystem:
(i) /i = o, £-0, •••/•, = (>
definierten Lösungen. Ist also ft die Anzahl der Variablen und wird
die p- fache Mannigfaltigkeit aller möglichen Wertsysteme (x, y} • • • t«)
durch die Gleichungen (1) auf eine Qu — p) -fache beschränkt, so ist
jenes Modulsystem vom Bange q. So ist z. B. ein Modulsystem
(fi(x> V> zh ' " f (&f Vi z)) auc^ m dem Bereiche [x, y, z] von der
ersten, zweiten oder dritten Stufe, wenn die v ganzen ganzzahligen
Funktionen f.(x, y, z\ gleich Null gesetzt, Oberflächen darstellen, welche
eine ganze Mäche, oder eine Raumkurve oder endlich nur eine Anzahl
von Punkten im Räume gemeinsam haben.
Ist aber (fl} • • • f^) ein Modulsystem zweiter Art, enthält also der
zugehörige Bereich (f0) auch Zahlen, so giebt es ganze Zahlen m,
welche in der Form:
(2) ™ = 9ifi-\ \-9vfv
darstellbar sind; dann besitzt das Gleichungssystem (1) offenbar gar
keine Lösung (x0, y0, • • • w0), weil ja für diese wegen (2) auch m ver-
schwinden müfste. Innerhalb des Bereiches [x, y, • • • u) würde also
jedes solches Modulsystem äquivalent Eins sein; hier ist dies aber
keineswegs der Fall. Wir wollen hier nur die folgende für einen grofsen
Teil solcher Modulsysteme zweiter Art unmittelbar anwendbare De-
finition der Stufenzahl aufstellen. Ist m0 die kleinste durch (M) teil-
bare Zahl, so kann jenes System so beschaffen sein, dafs es in ein
äquivalentes
(m0, F„ F„ • • • Fa)
transformierbar ist, in welchem das nach Fortlassung von m0 übrig-
bleibende System (M0) ~ (F1} F2, • • • Fa) kein Zahlenelement mehr
besitzt, also von der ersten Art ist. Ein solches Modulsystem zweiter
§ 2. Die unzerlegbaren und die Primmodulsysteme. 235
Art kann also als der gröfste gemeinsame Teiler einer gewöhnlichen
ganzen Zahl m0 und eines Modulsystems erster Art (M0) = (F1}F%y»'Fa)
angesehen werden.
Ist dann (M) ~ (w0, üf0) ein solches Modalsystem zweiter Art
und q0 der Rang des zugehörigen Modulsystemes erster Art (M0),
so soll (M) als ein Modulsystem von der (q0 -|- l)*011 Stufe be-
zeichnet werden.
So konnte z. B. jedes Modulsystem (ft(x), ff(x), • • • fv(x)) im Be-
reiche [x], dessen Zahlenelement eine Primzahl ist, in das äquivalente
System (jp, f0(xj) transformiert werden, d. h. es ist also
(fu /i; ' " ' O ~ (™o> Mo)>
wenn
m0=p, (M0)~f0(x)
gesetzt wird, und da hier (M0) ein Modulsystem erster Art von der
ersten Stufe ist, so ist auch nach der hier gegebenen Definition ebenso
wie vorher die Stufenzahl von {f1(x)} • ■ • fv(x)) gleich zwei.
Es bleibe hier dahingestellt, wie die Definition der Stufenzahl in
diesem Bereiche [x, y, - • • ü] allgemein zu fassen ist, falls die obige Trans-
formation nicht möglich sein sollte. Es wäre interessant und wichtig,
wenn diese Frage in umfassender und einfacher Weise gelöst würde.
Wir wollen jedoch ihrer Lösung hier nicht näher treten und solche
speziellen Divisorensysteme von den folgenden Betrachtungen aus-
schüefsen.
§2.
Ein Divisorensystem (gl? g%} • • • gx) in einem beliebigen Rationa-
litätsbereiche [x, y, • ■ • z) oder [#, y, • • • z] heilst auch in diesem
allgemeinsten Falle unzerlegbar, wenn es nicht als Produkt zweier
anderen Systeme dargestellt werden kann, ohne dafs einer von seinen
beiden Faktoren äquivalent Eins ist. Aber unter den unzerlegbaren
Modulsystemen giebt es stets solche, welche einen anderen Divisor
(d1? rf,, • • • d ) enthalten, ohne dafs ein solcher komplementärer Divisor
(el7 Cj, • • • 6^) existiert, dafs:
(9u 9t>- 9z) ~ fäi dt, • • • tfj (eu e%} . . - ev)
ist. So war z. B. jedes einfache System (p, P(x) ) durch (p, P(x))
teilbar, obwohl es überhaupt nicht weiter dekomponiert werden konnte.
Auch in diesem allgemeinsten Falle werden wir also, wie dies für den
Bereich [x] schon geschah, die unzerlegbaren und die Primmodul-
systeme genau von einander zu unterscheiden haben.
236 Zwanzigste Vorlesung.
Hier können wir aber die Primmodulsysteme nicht als solche un-
zerlegbaren Systeme definieren, welche überhaupt gar keinen Teiler
mehr besitzen. In der That ist z. B. eine Primzahl p im Gebiete [x]
der ganzzahligen Funktionen von x ein Primdivisor erster Stufe, weil
sie durch keinen einzigen Divisor erster Stufe, nämlich durch keine
Zahl und durch keine Funktion von x teilbar ist. Trotzdem enthält p
aber unendlich viele Teiler zweiter Stufe, nämlich jedes Divisorensystem
(P> fi(&> ft(x\ " • fv(x))> dessen Zahlenelement gleich p ist. Ebenso ist
der Teiler (p, P(xj) auch im Gebiete [x, y\ der ganzzahligen Funk-
tionen von x und y ein Primdivisor zweiter Stufe, wenn P(x) modulo p
irreduktibel ist, denn man erkennt leicht, dafs er auch in diesem Gebiete
keinen Teiler zweiter Stufe hat; wohl" aber enthält er unendlich viele
Divisorensysteme dritter Stufe, z. B. alle Systeme (p, P(x), Q(xy))} wenn
Q(x, y) eine beliebige ganze Funktion von x und y bedeutet.
Entsprechend soll in einem beliebigen Rationalitätsbereiche ein un-
zerlegbarer Divisor p*r Stufe (Fl7 Ft7 • • • Fv) dann und nur dann ein
Primdivisor genannt werden, wenn er keinen einzigen Teiler derselben
Stufe besitzt; wohl aber kann und wird er im Allgemeinen unendlich
viele Teiler von höherer als der pten Stufe haben«
Als Beispiel betrachten wir die Modulsysteme in dem Bereiche
\x, y, z\ der ganzen Funktionen von drei Variablen mit beliebigen
Koeffizienten. Eine Gröfse f(x, y, z) ist dann und nur dann ein Prim-
divisor erster Stufe, wenn sie irreduktibel ist, wenn also die zugehörige
Gleichung f(x} y, z) = 0 eine unzerlegbare algebraische Fläche F im
dreidimensionalen Räume darstellt. Ist dann g(x, y} z) eine andere
ganze Gröfse desselben Bereiches, G die zugehörige Fläche, so ist g
entweder durch f teilbar, oder das System (f(x, y, z), g(x, y9 z)) ist
ein Modulsystem von der zweiten Stufe. Im ersten Falle ist die Fläche F
ein Teil der anderen Fläche 6r; im zweiten entspricht dem Modulsysteme
(f) ff) oder dem Gleichungssysteme (f == 0, g = 0) geometrisch der voll-
ständige Schnitt jener beiden Oberflächen F und G, also eine bestimmte
Raumkurve C. — Tritt dieser letzte Fall ein, und ist aufserdem das
System (/*, g) ein Primmodulsystem, so nennen wir auch die zugehörige
Kurve C eine irreduktible Raumkurve.
Es sei endlich h(xy y, z) eine dritte Gröfse von {x, y, z)} H die
zugehörige Fläche, so mufs h entweder durch das Primmodulsystem
(ff ff) teilbar sein, oder das Modulsystem (f(x, y} z)} g\x} y, z\ h(x, y, z))
ist von der dritten Stufe, d. h. die drei Flächen F, G und H, oder,
was dasselbe ist, die Raumkurve C und die Oberfläche H haben nur
eine endliche Anzahl von Schnittpunkten gemeinsam; es ergiebt sich
also der Satz:
§ 2. Geometrische Anwendungen. 237
Eine irreduktible Raumkurve und eine algebraische Fläche haben
stets nur eine endliche Anzahl von Schnittpunkten, es sei denn,
dafs die Kurve vollständig auf der Fläche liegt.
Die Primmodulsysteme dritter Stufe in diesem Bereiche können
leicht angegeben werden. In der That erkennt man unmittelbar, dafs
jedes Modulsystem
p = (x — a, y — ß, z — y)
ein Primmodulsystem dritter Stufe ist, denn jede Gröfse k(x, yf z)
ist entweder durch p teilbar oder das System (Je (x, y, z\ x — a, y — ß, z — y)
ist äquivalent Eins; da man nämlich Je stets in der Form darstellen kann:
Kx> y> *) = *(«, ß, y) + (* — «) h fo y, *)
+ (jf — ß) *%{*> % *) + iß — y) *sfo & *),
wo Jc1) i|, t8 ganze Funktionen von x, y, z7 bedeuten, so ist:
(k{x, y,z), x — a, y — ß, z — y)~ (*(«, ß,y), x — a, y — ß, z — y),
und das rechts stehende Modulsystem ist in der That äquivalent Eins
oder äquivalent p, je nachdem Je(a} ß, y) von Null verschieden, oder
gleich Null ist.
Jedem solchen Primdivisor dritter Stufe (x — a, y — ß, z — y)
entspricht eindeutig ein Punkt P im Räume, welcher durch die Gleichungen
(x — a = 0, y — ß = 0, z — y = 0) definiert ist, also die Koordinaten
(a, ß, y) besitzt. Die Gröfse Je(x, y, z) enthält also dann und nur
dann das Primmodulsystem p, wenn die ihr entsprechende Oberfläche K
Jetzt erkennt man aber leicht, dafs die soeben betrachteten Systeme p
auch die einzigen Primmodulsysteme dritter Stufe sind. Soll nämlich
ein System (f(xyz), g(xyz), • • • h(xyz)) von der dritten Stufe sein, so
können die zugehörigen Oberflächen F, G7 • • • H nur eine endliche
Anzahl diskreter Punkte gemeinsam haben. Haben sie aber mehr als
einen Schnittpunkt und ist P einer von ihnen, so besitzt das System
(/> 9 } ' ' ' *) sicher das zu P gehörige System p = (x — a, y — ß, z — y)
als eigentlichen Teiler, kann also nicht prim sein. Ist endlich P=(a,ß, y)
der einzige Schnittpunkt der Oberflächen (F, 6r, • • • H), so sind alle
Groben fy </, • • • h durch den zugehörigen Primteiler p teilbar, also
enthält (f} g, • • • h) ebenfalls p, und zwar als eigentlichen Teiler, wenn
nicht (ff g, - - - h) ~ (x — a, y — ß} z — y) ist, und- hiermit ist die
aufgestellte Behauptung bewiesen.
Wir erhalten so den folgenden Satz, welcher uns einen vollstän-
digen Einblick in die geometrische Bedeutung des rein arithmetrischen
Begriffes der Primdivisoren gewährt:
238 Zwanzigste Vorlesung.
In dem Bereiche {x, y, z) entsprechen den Divisoren der ersten,
zweiten und dritten Stufe die algebraischen Flächen, die alge-
braischen Karren und die Punkte im Baume. Jedem Primteiler
der ersten Stufe entspricht eine unzerlegbare Oberfläche, jedem
Primteiler zweiter Stufe eine irreduktible Baumkurve, jedem
Primteiler dritter Stufe ein einzelner Punkt im Baume.
§3.
Für die hier betrachteten Primmodulsysteme eines beliebigen Be-
reiches \x, y} • • • z), aber auch nur für diese, bleiben alle Sätze be-
stehen, welche wir in den früheren Vorlesungen für die gewöhnlichen
Primzahlen aufgestellt und bewiesen hatten; der Grund dieser That-
sache liegt darin, dafe für diese Systeme der Fundamentalsatz der
elementaren Zahlentheorie in Kraft bleibt,
dafs ein Produkt von zwei ganzen Gfröfsen dann und nur dann
durch ein Primmodulsystem teilbar ist, wenn dieses in einem
seiner Faktoren enthalten ist.
Sei nämlich
p9 = (fu /»>••• O
ein Primmodulsystem ptor Stufe des Bereiches { xy y, • • ■ z \ , und g und h
zwei andere Gröfsen desselben, deren Produkt durch p teilbar ist,
so dafs:
(1) (9-*\fuf„ -~0~(ft, f„--0
ist. Wäre nun weder g noch h durch das Primmodulsystem p teilbar,
so müfsten die beiden Modulsysteme
(1*) (9, fx,'" O ™* (*> fu'" O
mindestens von der (q -f- l)tou Stufe sein. Alsdann wäre aber auch ihr
Produkt :
(2) (g, -fr") (h> ••/*•■ 0 ~ 0*> -9fi-,-hfr>-- UU • •)
ebenfalls von höherer als der Q**n Stufe, denn die (v + l)8 Gleichungen :
(2») 9h = 0, gff = 0, hft=*0, f.ft = 0 (.,*-!,»,••►),
durch welche die Stufenzahl des Systems (2) bestimmt wird, sind ja
für alle und nur die Wertsysteme (g, rj} • • • £) der Variablen (x, y, • • • z)
erfüllt, für welche entweder:
g = fx = ...=/; = 0 oder Ä =/; = ...=/; = 0
ist; die Stufenzahl des Produktes (2) ist also gleich der kleineren unter
§ 8. Der Fundamentalsatz für die Primmoduhysteme. 239
den Stufenzahlen der beiden Faktoren (jj, ft- • - /"„) oder (A, f19 • • • f)f
also ebenfalls mindestens gleich () + 1.
Nun ist aber das System (gh, gfv hfk, f{fk) offenbar durch das
andere (gh, fu- • • £) teilbar, und daher ist auch dieses mindestens vom
Range (<? + 1), nnd da dies mit der in (1) gemachten Voraussetzung,
dafs gh durch p teilbar sein soll, im Widerspruch steht, so folgt, dafs
wirklich mindestens eins der Systeme (1*) äquivalent p , dafs also
einer der Faktoren g und h durch p teilbar sein mufs.
Sprechen wir dieses Resultat z. B. für die Modulsysteme zweiter
Stufe im Bereiche {x, y, 0) aus, so lautet der entsprechende geome-
trische Satz folgendermafsen:
Liegt eine irreduktible Raumkurve auf einer reduktiblen oder
zerfallenden Oberfläche, so mufe sie vollständig auf einem ein-
zigen ihrer unzerlegbaren Teüe verlaufen.
Die in dieser letzten Vorlesung durchgeführten Untersuchungen über
die Funktionen von mehreren Variablen sollen die Fülle der in diesem
Gebiete sich darbietenden Probleme keineswegs erschöpfen; es lag mir
nur daran zu zeigen, dafs und in welcher Weise die hier auseinander-
gesetzten arithmetischen Methoden weit über das ursprüngliche Gebiet
der reinen Zahlenlehre ausgedehnt werden können, ohne ihre Einfach-
heit und Anwendbarkeit einzubüfsen. Insbesondere eröffnen sie den
Weg, um die wichtigsten Fragen der höheren Geometrie in durchaus
einheitlicher und überraschend einfacher Weise zu beantworten.
§4.
Unsere Untersuchungen gingen in der siebenten Vorlesung im
Anschlufs an die Disquisitiones arithmeticae von der Einteilung der
Zahlen in Klassen nach einem Modul m aus; diese Betrachtungen führten
uns weiter zu dem Begriffe der Kongruenz nach einem Modul und zu
seiner Ausdehnung, der Kongruenz nach einem Modulsystem. Nur
kurz hatte ich im § 3 der zwölften Vorlesung darauf hingewiesen, dafs
jedes Modulsystem (mly • • • m^) im Sinne der Äquivalenz auch durch
eine homogene Linearform m1x1 -f- • • • + m^x^ ersetzt werden kann.
Zum Abschlufs der auf die Divisorensysteme bezüglichen Ausführungen
will ich jetzt noch zeigen, dafs man die hier auseinandergesetzte Theorie,
nnd zwar sowohl die Lehre von den Kongruenzen nach einem Modul
als auch die Theorie der Divisorensysteme und ihrer Äquivalenz voll-
ständig auf die Theorie der nicht homogenen Linearformen und ihre
240 Zwanzigste Vorlesung.
Transformationen in einander gründen und so eine zweite vollständig
einheitliche Behandlung der höheren Arithmetik gewinnen kann. Doch
will ich mich der Einfachheit wegen und im Hinblick auf die weiter-
hin zu machenden Anwendungen schon jetzt auf die ganezahligen, d. h.
auf die dem Bereiche [1] angehorigen Linearformen beschranken.
Wir nennen zunächst zwei ganzzahlige nicht homogene Formen
von einer Variablen
M = k + tnx, Jf '— *'+ m'x'
äquivalent, wenn jede durch eine ganzzahlige lineare Transformation:
x = ax'-\- ß, x'= a'x + ß'
in die andere übergeführt werden kann. Soll aber durch die erste
Transformation M in M ' übergehen, so mufs:
k + m{ax' + ß) = k'+ rn'x'
also:
m'= mcc, k' = k + inß
sein; umgekehrt müssen a und ß' so gewählt werden können, data
m = m'ay . k = fc'-f- m'ß'
ist. Aus diesen Gleichungen folgt zunächst, dafs m = maa, also
aa'= 1 sein muss, und da a und a ganze Zahlen sein sollen, so mufs
a = «' — + 1, also w'= + m sein, und die anderen Gleichungen
ergeben i'= k (mod m).
Zwei Linearformen ma; -f- k und m'x' -\-k' sind also dann und
nur dann äquivalent, wenn m'= + m und k'~k (mod w) ist.
Nimmt man nun an Stelle der Linearformen mit einer Un-
bestimmten solche mit beliebig vielen Unbestimmten:
M = A: -f w^ H J- fn^a;^, Jbf' = k'+ m^x^-\ f- w>/
und definiert zwei solche Formen als einander äquivalent, wenn sie
durch ganzzahlige Substitutionen:
(i) «i-A+w'+-+v;, <=/v+<x*i+-"+«*>, CS::::)
in einander übergehen, so ergiebt sich der allgemeine Satz:
Zwei Linearformen:
sind einander dann und nur dann äquivalent, wenn die beiden
§ 4. Modulsysteme und Linearformen. 241
Modulsysteme (0^, • • • m) und (m/, • • • mj) äquivalent sind,
und wenn außerdem:
k'= k modd (m19 • • • m )
ist.
Soll nämlich durch die erste Transformation M in M' übergehen,
so mufs:
. y > A ' A
also
*'— * +2 mA > < =2 «#» m,
g g
sein, und soll auch umgekehrt M ' in M transformierbar sein, so müssen
die ganzen Zahlen ßh' und a'hl so gewählt werden können, dafs
A I
ist; sind umgekehrt diese Bedingungsgleichungen erfüllt, so sind in der
That M und M' äquivalent. Aber die zweite und vierte von ihnen
sprechen aus, dafs die Modulsysteme (m ) und (wA') äquivalent, die
erste und dritte, dafs k und k' modulis (mL • • • m ) oder modulis
(m^y • • • mt') kongruent sein müssen, und damit ist der aufgestellte Satz
vollständig bewiesen.
Kronecker, Zahlentheorie. I. 16
Einundzwanzigste Vorlesung.
Zahlensysteme. — Neue Begründung der Fundamentaleigenschaften der Funktion
<p(n). — Beweis einer arithmetischen Identität. — Die Zahlen sm. — Die summa-
torischen Funktionen. — Anwendungen: Die Fundamentaleigenschaft der Zahlen et
— Berechnung der Potenzsummen aller inkongruenten Einheiten modulo n.
m
§ 1.
Im folgenden bezeichnen wir mit dem Symbole (i, k) den gröfsten
gemeinsamen Teiler der beiden ganzen Zahlen i und k} also diejenige
Zahl d7 der das Divisorensystem {i, k) oder, was dasselbe ist, die
Linearform ix -f- ky äquivalent ist.
In den nächsten Vorlesungen wollen wir nun das nach zwei Seiten
hin ins Unendliche ausgedehnte System von ganzen Zahlen:
(1,1), (1,2), (1,3),...
(1) ((•, *)) = (2, 1), (2, 2), (2, 8), • ■ •
(3, 1), (3, 2), (3, 3), • • •
genauer untersuchen. Ersetzen wir in demselben alle Elemente (i, Ar)
durch die ihnen äquivalenten gröfsten gemeinsamen Teiler, so lauten
die zehn ersten Zeilen und Kolonnen dieses merkwürdigen Systemes
f olgendermaf sen :
(i*)
1
, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1,
1, ..
1
\
, 2, 1, 2, 1, 2, 1, 2, 1,
2, • •
1,
\
, 1, 3, 1, 1, 3, 1, 1, 3,
1, ■ .-
1
\
, 2, 1, 4, 1, 2, 1, 4, 1,
,2,
«», *)) =
= 1,
1,
\
1, 1, 1, 6, 1, 1, 1, 1,
\
2, 3, 2, 1, 6, 1, 2, 3,
6, ...
2, ■ • •
1,
1,
\
, 1, 1, 1, 1, 1, 7, 1, 1,
\
, 2, 1, 4, 1, 2, 1, 8, 1,
1, . ■ •
2, ..
1,
\
1, 3, 1, 1, 37 1, 1, 9,
1,
1.
, 2, 1, 2, 5, 2, 1, 2, 1,
\
10, • ■ •
§ 1. Zahlensysteme. 243
Dieses System ist symmetrisch, da (t, h) = (Je, %) ist, es bleibt also
ungeändert, wenn man seine Zeilen oder Horizontalreihen mit seinen
Kolonnen oder Vertikalreihen vertauscht. Da ferner allgemein (Je, Je)~Je
ist, so bilden diejenigen Elemente, welche in der oben durch einen
Strich bezeichneten Hauptdiagonale stehen, die Reihe der natürlichen
Zahlen; alle anderen Zahlen der &**"1 Zeile
(*,l),(M),...(*,*),(*,* + i),..:
sind Teiler von Je.
Ordnen wir einer jeden Zahl (i, Je) denjenigen Oitterpunkt im ersten
Quadranten der Zahlenebene (vgl. § 5 der zweiten Vorlesung) zu, welcher
die Koordinaten (x = i, y = Jc) besitzt, so erhalten wir die Zahlen des
ganzen Systemes (1*) in genau derselben Reihenfolge auf jene Gitter-
punkte verteilt, mit dem einzigen unwesentlichen Unterschiede, dafs
sich die Horizontalreihen nicht nach unten, sondern nach oben ins
Unendliche fortsetzen. Wir wollen nun zwei Punkte P = (i, Je) und
Pf=(i'} Je') in eine und dieselbe Klasse K rechnen, wenn (i, Je) ~ (i',Jc') ~ t
ist, wenn also die beiden Zahlenpaare (i, Je) und (i', Je') denselben grössten
gemeinsamen Teiler t besitzen. Dann kann eine der Aufgaben, mit
deren Lösung wir uns in den nächsten Vorlesungen beschäftigen wollen,
folgendermafsen ausgesprochen werden: Wir denken uns im ersten
Quadranten der Zahlenebene eine beliebige geschlossene Kurve gegeben,
welche einen Teil F jener Ebene vollständig begrenzt, also eine be-
stimmte Anzahl der ganzzahligen Gitterpunkte P, P', • • • enthält. Es
soll untersucht werden, wie viele von diesen Punkten zu einer gegebenen
Klasse Kt gehören, oder, was dasselbe ist, es soll angegeben werden,
wie viele Zahlenpaare (i,k) in einem beliebig begrenzten Bereiche den
gröfsten gemeinsamen Teiler t besitzen.
In dieser Allgemeinheit läfst sich die vorliegende Aufgabe schwer
behandeln; dagegen erhält man einfache Resultate, wenn man die Be-
grenzungskurve geeignet wählt.
Wir untersuchen zunächst den Fall, dafs das Gebiet ein Rechteck
ist, welcher nur eine einzige Punktreihe und zwar die ersten n Zahlen:
(*, 1), (w, 2), • - - (n, n)
einer beliebigen »*" Zeile einschliefst. Soll eine der Zahlen (n, Je) über-
haupt zu einer Klasse Kt gehören, so mufs t = d notwendig ein Teiler
von n, also:
n — d-d'
sein. Für alle zur Klasse Kd gehörigen Zahlen (n, Je) mufs dann Je ein
Vielfaches von d sein, die gesuchten Zahlensysteme sind daher unter
den d' Systemen:
16*
244 Einundzwanzigste Vorlesung.
(n, d), (», 2d), • • • (», d'd)
enthalten. Damit aber
(n, k'd) = (dd\ k'd) ~ d
ist, ist notwendig und hinreichend, dafs
(d't V) ~ 1,
dafs also V teilerfremd zu dem zu d komplementären Divisor von n
ist, und da unter den d' Zahlen 1, 2, • • • d' genau q>(dr) dieser Be-
dingung genügen, so ergiebt sich der Satz:
Unter den Systemen (n, 1), (n, 2), • • • (n, n) gehören genau <p (rf*)
zu der Klasse Kd, wenn d ein beliebiger Teiler von n und
<W' = n ist.
Wählt man jetzt für d der Reihe nach alle Teiler von n, n selbst
und 1 mit eingeschlossen, und beachtet man, dafs dann jedes der
n Systeme (n, k) ~ d in eine und nur eine dieser Klassen Kd gehört,
so ergiebt sich für die Anzahl n aller Systeme (n, k) auch der Aus-
druck ^9>(<0' Ersetzt man also d' durch <?, und berücksichtigt
dd'=n
dann, dafs offenbar auch d' ebenso wie d alle Teiler von n durch-
läuft, so ergiebt sich die wichtige Beziehung:
(i) 2?»w-»-
Wir wollen zunächst diese Formel, durch welche die arithme-
tische Funktion <p(n) vollständig bestimmt ist, auf einem anderen
und sehr eleganten Wege ableiten: Es sei
n = aV • • • <?
die Zerlegung der Zahl n in ihre Primfaktoren. Bildet man dann das
Produkt:
A-B--.C=(l+<p(a) + <p(a*)-\ \-(p(a")) ••• (l + 9(c)H \-<p(<?)) ,
so ist dasselbe wegen der bekannten Eigenschafben der Funktion q> (m)
gleich :
«'T^V 0^.../ V=0,1, -y/
d. h. jenes Produkt AB • • • C ist gleich ^Vp (fl), wenn die Summe
rf/n
auf alle Teiler d = aa Ü* • • • cy von w erstreckt wird. Andererseits
ist aber (vgl. S. 123)
§ 1. Die Eigenschaften der Funktion cp(n). 245
4 — 9>(1) + <p(a) H 1- <p(a")
= 1 + (a — 1) + (a*—a) -\ \- (a° — a"-1) — a",
und das Entsprechende gilt für B ■ • • C. Also ist in der That:
w. z. b. w.
Man kann aber auch umgekehrt die Formel (1) benutzen, um alle
Eigenschaften der Funktion q>(n) und ihren Wert für ein beliebiges n
zu finden.
Ist zunächst n=p eine Primzahl, so folgt aus ihr:
(2) <p(p) + <pO)=p, <p(p)=p — i.
Für n = p* ergiebt sich unter Benutzung yon (2)
<p(p*)=p2—p.
Ebenso ist, falls n =ph eine beliebige Primzahlpotenz bedeutet,
9&) + ^O**"1) H h 9(j>) + 9(1) =1>\
oder, da nach derselben Gleichung die Summe der h letzten Glieder
gleich ii*—1 ist,
y^^pt—pt-1-
Zweitens wollen wir mit Hülfe dieser Formel auf induktivem Wege
zeigen, dafs, falls w = rs irgend eine Zerlegung yon n in zwei teiler-
fremde Faktoren ist, stets:
9>(n) = y(r - s) = <p(r) • <p(s)
ist. Hierzu nehmen wir an, dafs derselbe Satz für alle unter n liegen-
den Zahlen bereits bewiesen ist. Dann folgt aus (1)
n = r . s = (2^W) (2v(s))>
wo sich die Summation rechts auf alle Teiler q yon r und 6 yon 5
bezieht; es ist also:
n = <p(r) <p(s) +2?>(f) 9>(*)>
wo in der Summe rechts nur das Produkt <p(r) <p(s) fortzulassen ist.
Da dann aber für alle Glieder dieser Summe nach unserer Voraus-
setzung q>(o) fp(ö) = <p(qö) ist, und da ferner jeder eigentliche Teiler
d yon n auf eine und nur eine Weise als ein Produkt q • 6 dargestellt
246 Einundzwanzigsie Vorlesung.
werden kann, dessen Faktoren bezw. in r und s enthalten sind, so kann
die letzte Gleichung auch so geschrieben werden:
n = <p(r) <p(s) +^£ <p(d),
d/n
die Summe erstreckt über alle eigentlichen Teiler d von n. Anderer-
seits folgt aber wiederum aus (1)
d/n
und durch Vergleichung ergiebt sich in der That
<p(n) = <p(r)<p(s),
d. h. die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung.
Ist also n = 2)*1 • • • p*k die Zerlegung von n in seine Primzahl-
potenzen," so ergiebt sich genau wie auf S. 126:
*(«) = «]J(i-i-).
§2.
Die im vorigen Abschnitte gefundene wichtige Definitionsgleichung
(1) für y(n) ist nur ein ganz spezieller Fall einer sehr allgemeinen Be-
ziehung, welche zwischen zahlentheoretischen Funktionen besteht und
zu deren Ableitung wir jetzt übergehen wollen.
Zu diesem Zwecke führen wir eine neue Funktion p(», k) von
(n, k) *v* d ein; wir setzen nämlich fest, es soll:
Q(n, k) = 1
sein, sobald (w, k) <v 1 ist, wenn also n und k teilerfremd sind, da-
gegen sei
p(n, k) = 0,
wenn (n, k) = d > 1 ist. Das nach beiden Seiten ins Unendliche fort-
gesetzte System:
(p(n, k)) (*, *=x, s, *)
ist also auch symmetrisch, es enthält aber nur die Elemente 1 und O
und geht aus dem auf S. 242 angegebenen Schema dadurch hervor,
dafs dort alle Zahlen mit Ausnahme von 1 durch 0 ersetzt werden.
Denken wir uns n und k durch ihre Exponentensysteme (vgl.
S. 73) dargestellt und ist:
n = (nx, »a,«^'--)
k = (ku 1%, ks,---),
§ 2. Beweis einer arithmetischen Identität. 247
so kann die Definition von p(w, Je) sehr einfach auch so ausgesprochen
werden, dafs g(n, Je) den Wert 1 oder 0 hat, je nachdem alle Produkte
nhkk = 0 sind, oder mindestens eins derselben yon Null verschieden
ist; es mufs also stets:
nh • Jch • p(w, Je) = 0 (*=i, »,•••)
sein.
Es ist leicht, für diese arithmetische Funktion g(n, Je) einen ana-
lytischen Ausdruck anzugeben. Er ist nämlich stets:
hkn\*
9(», *> =17i
In der That: haben n und Je keinen gemeinsamen Teiler, so sind die
(t* — 1) Produkte Je} 2Je} • • • (n — 1)4, abgesehen von ihrer Reihen-
folge, den Zahlen 1, 2, • • ■ n — 1 modulo n kongruent; das Produkt
im Zahler ist also, da der Sinus, abgesehen vom Vorzeichen, um % pe-
riodisch ist, gleich dem im Nenner stehenden Produkte, in diesem Falle
ist also wirklich q(h} Je) = 1. Haben dagegen n und Je einen gemein-
samen Teiler d, so existiert unter den (n — 1) Produkten hie min-
destens eins, für welches hJe = 0 (mod n) und demnach sin = 0
ist, und da auch in diesem Falle kein Faktor des Nenners verschwindet,
so ist hier p(n, Je) =* 0, w. z. b. w.
Es sei jetzt f(ny Je) eine beliebige Funktion der Zahl d = (n, Je)]
ich bemerke zur Vermeidung von Mifsverständnissen, dafs die Funktion f
nur von einem Argumente, nämlich von der Zahl (», Je) ~ d, nicht aber
von den beiden Zahlen n und Je abhängt, dafs sie also eigentlich in der
Form f((n, Je)) geschrieben werden müfste. Wir wollen aber im fol-
genden die einfachere Schreibweise f(n, Je) beibehalten. Wir betrachten
dann die Funktion:
2lQ(»9 *)'/>; *)
2
welche also von den n Elementen:
f(n, 1), f(n,2),...f(n,n)
alle und nur diejenigen als Summanden enthält, für welche (n, Je) ~ 1,
also Je zu n relativ prim ist. Es ist leicht, für jene Summe eine direkte
Darstellung zu finden, welche als Grundlage für unsere ferneren Unter-
suchungen dienen soll. Es sei:
v. r, r-
n=Pl Pi ••Pr
die Zerlegung von » in seine Primfaktoren, und diese seien so geordnet,
248 Einundzwanzigste Vorlesung.
dafs l>i < ft < • • • <pr ist. Dann besteht stets, wie auch die Funk-
tion f(n7 k) beschaffen sein mag, die folgende wichtige Identität:
]>j9(n, k) f(n, k) =^f(n, k) -^f(n, kpa) +^f(n, kpj)
(1)
*, a *,o,/9
*,or,/*,y k
Hier ist allgemein in der (h -f- l)ten Partialsumme auf der rechten Seite
2ftn> kPaPfi'"Pi)
in Bezug auf jedes Produkt papfi- • • p6 von je h verschiedenen Prim-
teilern von n zu summieren, und zwar jedesmal für
PaPfi " P6
Von der Richtigkeit dieser wichtigen Formel überzeugt man sich
n
so: Die Summe J£f(n, k) unterscheidet sich von der zu berechnenden
JS Q(n> *) f(n> k) nur dadurch, dafs die erstere auch alle Elemente
f(n, k) enthält, für welche k mit n mindestens einen Primfaktor pa
gemeinsam hat. Um also die gesuchte Summe zu erhalten, müssen
wir von ^f{n} k) die folgende:
n
erstreckt über alle Primteiler pa von n, oder kürzer geschrieben
^ f(n9 kpa) abziehen. Dann ist aber jedes Element f(n9 k) zwei
Mal abgezogen, für welches k = kaßpap^ ein Multiplum von irgend
zwei verschiedenen Primfaktoren pa und p . von n ist, da dieses Element
in (1*) sowohl in der zu pa als in der zu p. gehörigen Summe vor-
kommt. Um diesen Fehler auszugleichen, fugen wir also wiederum
die Summe:
n
PaPß
2 2f(n> KfiPaPfl)*
oder kürzer Jg f(n, kpaps) hinzu, müssen aber alsdann die Summe
er,/*,* P
aller derjenigen Elemente f(n, k) abziehen, in welcher k und n drei
§ 2. Beweis einer arithmetischen Identität. 249
verschiedene Primteiler pap*p gemeinsam haben u. s. w.; und durch
Fortsetzung dieses Verfahrens erhalten wir zuletzt in der That die
Identität (1).
Ich will aber die Richtigkeit dieser wichtigen Gleichung noch ein-
mal ganz direkt durch den Nachweis verifizieren, dafs jedes Element
f(nf h) auf der rechten und auf der linken Seite von (1) gleich oft
vorkommt. Es möge nämlich h mit n genau X verschiedene Primfak-
toren pay pb7 pe7 --pd, pe gemeinsam haben; dann enthält die Summe
links das Element f(ny h) einmal oder keinmal, je nachdem X = 0
oder X > 0 ist. Auf der rechten Seite von (1) dagegen kommt f(n, h)
in der ersten Summe ^Sf(nr k) genau einmal vor, in der zweiten
^f(n. kpa) genau X Male, nämlich in jeder der X auf pa, ph7 • - - pe
bezüglichen Partialsummen einmal; in der nächsten SummeJ^Y(w, kpapS)
tritt /"(«, h) genau ~ Male auf, nämlich je einmal in jeder der
auf die ^— Primzahlprodukte papb, papc> pbpc, • • pdpe bezüglichen
Partialreihe je einmal, u. s. w. So erkennt man, dafs dieses Element
auf der rechten Seite von (1) mit dem Faktor:
1 _ 2 J_ *(*-*) _ *(*-!) (1-2)
"■ 1 . « 123 ■ *
multipliziert ist. Dieser ist aber gleich:
(1-1)' = 0,
sobald X > 0 ist, sobald also Ä mit n einen gemeinsamen Teiler besitzt;
ist dagegen X = 0, also h zu n teilerfremd, so ist er gleich 1, und
damit ist die Richtigkeit der Gleichung (1) bewiesen.
§3.
So einfach die im vorigen Abschnitte gefundene Formel (1) auch
gedanklich ist, so läfst sie sich doch nur etwas umständlich schreiben,
weil in ihr auf der rechten Seite nicht über aUe Elemente f(n} kd)
summiert wird, für welche d ein beliebiger Teiler von n ist, sondern
nur über diejenigen, für welche d = 1, pa, pap^y PaP*Py> * • * ist, also
nur eine Anzahl von einander verschiedener Primfaktoren von n
enthalt.
Wir fuhren daher jetzt ein Zeichen ein, welches uns ermöglicht,
in jener Summe über alle Teiler von n zu summieren, und welches in
unseren weiteren Untersuchungen eine wichtige Rolle spielen wird. Es
sei nämlich *m eine Zahl, welche für jeden ganzzahligen Wert von m
durch die folgenden Eigenschaften definiert ist:
- /
{*)
250 Einundzwanzigste Vorlesung.
s = 0 falls m auch nur einen Primfaktor mehr als einmal
m
enthält;
Bm = -f- 1 falls m eine gerade Anzahl von einander verschie-
dener Primfaktoren enthalt;
«m = — 1 falls m eine ungerade Anzahl verschiedener Prim-
faktoren besitzt;
«, - + 1.
Ist also m = (fi1? ft2, fiS; ■ • •) durch sein Exponentensystem definiert,
so ist sm dann und nur dann ^ 0 , wenn bei jener Darstellung kein
einziger Exponent p gröfser als Eins ist; ist dies aber der Fall und
63» (m) die Anzahl der Primfaktoren von m} so ist em = ( — 1) .
Die ersten 12 Zahlen .
£1? £t) £37 *At £b7 £67 Bt} £S> *97 *10) £11> fll
haben also der Reihe nach die folgenden Werte:
1, - 1, - 1, 0, - 1, + 1, - 1, 0, 0, + 1, - 1, 0.
Mit Benutzung dieser Koefficienten kann dann die Gleichung (1)
des vorigen Paragraphen in der bemerkenswert einfachen und ele-
ganten Form geschrieben werden:
n <r
(i) 2 9 (», *) n», *) =2 2 *ä • f(*> *rf) <**'=*> >
1 d/n *=1
wo sich die Summation rechts auf aUe Teiler d von n bezieht und
jedesmal in Bezug auf Je von 1, 2, • • • bis zu dem komplementären
Teiler d' von d zu summieren ist; in der That fallen ja nach der
Definition von sd alle Summanden fort, in denen d nicht aus lauter
ungleichen Primfaktoren von n besteht, während die übrig bleibenden
den Faktor + 1 erhalten.
An Stelle der Funktion f(nf Je) führen wir jetzt die beiden fol-
genden summatorischen Funktionen ein:
d'
F{n, d) = ]>jf(n, kd)=f(n,d) + f(n, 2d)+-- + f(n,d'd)
* (», d) = ^ 9 (d'> *) /("» Äd)5
dann enthält die Funktion 0(n, et) alle und nur die Summanden
f(n, Jcd) von F(n, d), in welchen Je zu dem komplementären Divisor d'
teilerfremd ist, oder es besteht O (n, d) aus allen den q> (df) Summan-
den f(n, Je), in welchen (n, Je) ~ d ist. Es ist also speziell für d = 1
§ 3. Die summatorischen Funktionen. 251
. n
0> (n, 1) = 2 9 (n> *) f(n> &) i substituiert man. diesen Wert in (1),
und führt auf der rechten Seite die summatorischen Funktionen F{n, d)
ein, so erhält man die erste Formel:
(3) 9(n,l)=y;*d-F(n,d).
d/n
Bildet man aber andererseits die über alle Teiler von n erstreckte
Summe
2*(*>d)=22Kn>v
d/n d {n?W-d
und beachtet, dafs jedes der n Systeme (n, k) einem einzigen Divisor
von n äquivalent ist, so wird die rechte Seite gleich der Summe aller
n Elemente f{ny &), oder nach (2) gleich F(n} 1). So erhält man als
Auflösung von (3) die zweite Formel:
(3") F(n, l)-JJ0(n,d).
d/n
Die Reciprocität zwischen den beiden Gleichungssystemen (3) und
(3m) wird noch auffallender, wenn man statt F(nf d) die Funktion
W(n, d) = sd F(n, d) einführt; dann gehen nämlich jene Gleichungs-
systeme einfach über in:
(3b) d/"
d/n
§4.
Aus den Reciprocitätsgleichungen (3b) können wir jetzt dadurch
eine grofse Anzahl von interessanten rein arithmetischen Resultaten
ableiten, dafs wir der bisher willkürlich angenommenen Funktion f(n, k)
spezielle Werte beilegen.
Es sei erstens für jedes k < n
n», *)-o,
dagegen sei für k = n
f(n, n) = 1 .
Dann wird:
d'
tr(„, d) =edF(n,d)= ed2f(n, *<*) = *«
'd
*=1
252 Einundzwanzigste Vorlesung.
sobald d ein eigentlicher Teiler von n ist; dagegen ist
&(n, ») — 1,
da nur in diesem Falle unter den Elementen f(n7 Je) von 0(n, d) das
von Null verschiedene f(n, n) enthalten ist. Ist also n> 1, so liefert
die erste der beiden Gleichungen (3b) die wichtige Relation:
2*-o
(«>D
d/n
Die Summe aller Koefficienten sdf erstreckt über alle Teiler
einer beliebigen Zahl n > 1, ist also stets gleich NulL
Auf die Bedeutung dieser Eigenschaft der Gröfsen ed für die ganze
Arithmetik soll in der nächsten Vorlesung ausführlich eingegangen
werden.
Es sei zweitens
f(n, ft) - V,
wo z ein vorlaufig ganz beliebiger konstanter Exponent sein soll;
dann ist
(r,ii)-l
wenn r alle inkongruenten Einheiten modulo n durchläuft, und:
VI
V(n, «9 - v F(n, d) = sä £ (kd) '
d'
i
also liefert die Gleichung &(n, 1) =^ ^(w, d) die Relation:
d'
2' -2;* -2*
d/n 1
Diese Gleichung kann benutzt werden, um die Potenzsummen der Ein-
heiten modulo n zu berechnen. Setzen wir zunächst z = 0, so wird
die linke Seite gleich der Anzahl qp(n) aller inkongruenten Einheiten,
und man erhält:
9> (») = 2 ** ' d ' = n 2 T
~~n ~^J d '
d/n
die Summe auf der rechten Seite giebt uns also das Verhältnis an, in
dem die Anzahl der inkongruenten Einheiten modulo n zu n steht.
§ 4. Anwendungen. 253
Für jgr = 1 ergiebt sich die Gleichung:
1
und da J|J5,$| = 0, t2sdd'= <p(n) ist, so folgt:
2,r = {»9)(n),
Da <p (n) für w > 2 stets eine gerade Zahl ist, so ist das Verhältnis
^— = yf(n) der Summe aller Einheiten modulo n zu n immer eine
ganze Zahl; eine Ausnahme bildet nur der Fall n = 2.
Zweiundzwanzigste Vorlesung.
m
Analytischer Beweis der eindeutigen Zerlegbarkeit der Zahlen in ihre Primfaktoren.
— Die Dirichletschen Reihen. — Ihre Konvergenz. — Eine Funktion kann nur
auf eine Art durch eine Dirichletsche Reihe dargestellt werden. — Anwendungen :
Analytische Begründung arithmetischer Sätze. — Bestimmung der Anzahl und der
Summe aller Teiler einer Zahl. — Untersuchung der Funktion qp(n). — Analyti-
scher Beweis des Satzes, dafs die Anzahl aller Primzahlen unendlich grofs ist. —
Analytischer Beweis arithmetischer Reciprocitätsgleichungen. — Anwendungen.
Für die in der vorigen Vorlesung eingeführten Gröfsen" tlt £t) ea, • • •
hatten wir im § 4 die Fundamentalgleichung gefunden
«
(i) 2'*-°>
d/n
wenn diese Summe über alle Teiler einer beliebigen Zahl n > 1 er-
streckt wird. Es ist nun höchst bemerkenswert, dafs diese Fundamental-
eigenschaft der Gröfsen em vollständig äquivalent mit dem Hauptsatze
ist, dafs jede Zahl auf eine einzige Art in ein Produkt von Primzahlen
zerlegt werden kann. Den strengen Beweis dieser Thatsache werden
wir dadurch erbringen, dafs wir die Zahlen £m in anderer Weise, näm-
lich als die Koefficienten einer unendlichen Reihe definieren, und dann
diese Reihe weiter untersuchen; durch diese veränderte Auffassung wer-
den wir von selbst auf den eigentlichen Inhalt dieses ganzen Abschnittes,
nämlich zu den Anwendungen der Analysis auf arithmetische Probleme
hingeführt, durch deren Einführung Dirichlet die Gauss'sche Arithmetik
in so umfassender Weise erweitert hat.
Denken wir uns das auf alle Primzahlen p ausgedehnte Produkt
11(1 -J ausmultipliziert, so ergiebt sich die folgende Gleichung:
in welcher die Summen rechts bezw. auf alle Primzahlen p, auf alle
Produkte von je zwei, drei, • • • verschiedenen Primzahlen auszudehnen
sind. Nach der in der vorigen Vorlesung gegebenen Definition der
Gröfsen sn kann aber die rechte Seite dieser Gleichung in der Form
§ 1. Die Dirichletachen Reihen. 255
OD
^ — " geschrieben werden; man gelangt also zu der Gleichung:
S «
»=i
welche gilt, mag die Anzahl aller Primzahlen endlich, oder mag sie,
wie dies thatsächlich der Fall ist, unendlich grofs sein. Bei dieser
letzteren Annahme gilt diese Gleichung aber nur für solche Werthe
von z, für welche sowohl das unendliche Produkt links, als auch
die unendliche Reihe rechts unbedingt konvergiert. Wir nehmen
vorläufig als bewiesen an, dafs man z stets so wählen kann, dafs nicht
nur die beiden Seiten dieser Gleichung, sondern überhaupt alle hier
auftretenden Reihen und Produkte unbedingt convergieren; wir werden
die Richtigkeit dieser Behauptung im nächsten Paragraphen in einem
viel allgemeineren Umfange darthun, indem wir in eine genauere Unter-
suchung der s. g. Dirichletschen Reihen, nämlich der Reihen von der
OD
Form ^j ~ eintreten, und zeigen, für welche Werte von e sie un-
1 n
bedingt konvergieren. Hierbei wird sich femer das wichtige Resultat
ergeben, dafs zwei solche Reihen /. — und ^ — nur dann für alle
Werte von z einander gleich sein können, wenn sie identisch sind, wenn
also allgemein c. = c! ist; wir verweisen an dieser Stelle vorläufig
auf jene Beweise, um hier den Gedankengang nicht zu unterbrechen.
Nehmen wir also auch diesen Satz bereits als bewiesen an, so
liefert uns die Gleichung (2*) jetzt eine neue analytische Definition
der Gröfsen £m; denn multipliziert man das Produkt links aus, und
vergleicht dann die beiden Reihen Glied für Glied mit einander, so
erhält man ja genau die auf S. 250 angegebenen Werte für die Zahlen
el9 *8, £8, •••- Wir wollen jetzt von dieser Definition der Zahlen em
ausgehen und zeigen, wie sich allein aus dem Bestehen der Glei-
chungen (1) die eindeutige Zerlegbarkeit jeder Zahl in Primfaktoren
erschließen läfst.
Zu diesem Zwecke formen wir die unendliche Reihe:
OD OD
1=1 m
Ä (« • *0*
auf zwei verschiedene Arten um, aus deren Vergleichung sich jener
Satz unmittelbar ergiebt. Einmal folgt aus (2a) die Gleichung:
256 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
DI P * M
Setzt man aber andererseits Im = n, summiert dann in 8 zuerst über
alle Werte von n«l, 2, ■ • • und dann für jedes n über alle Teiler l
von n7 so ergiebt sich für 8 der einfache Wert:
iA W n «=1 n
da wegen der Fundamentaleigenschaft (1) alle im Zahler stehenden
Summen ^ s. mit einziger Ausnahme derjenigen für n = 1 Null sind.
,/n
Es ergiebt sich so die merkwürdige Gleichung:
m-$-2±-*.
und aus ihr folgt die weitere:
m m p 1 — —
Da nun ferner für jeden einzelnen Faktor des rechts stehenden Pro-
duktes:
OD
1_±~1+P'+P"+"" 4f
ist, vorausgesetzt, dafs e so gewählt ist, dafs — < 1 ist, so ergiebt
sich die Gleichung:
2
m
m' \2 p*>) (2 #') \2 £>) '"
wenn p, pl7 p39 • • • die Primzahlen in ihrer natürlichen Reihenfolge
bedeuten, d. h. es ist:
m ptk
wo die Summe links auf alle Zahlen m, die rechts auf alle Primzahlen
P> Piy " ' un<^ B^e Exponenten Je, kl} • • • zu beziehen ist. Nach dem
oben erwähnten Hülfssatze kann nun diese Gleichung nur dann be-
stehen, wenn jedes Glied — auf beiden Seiten denselben Koefficienten
§ 2. Die Konvergenz der Dirichletschen Reihen. 257
besitzt; dieser Koefficient ist aber links gleich Eins, rechts gleich der
Anzahl der Darstellungen von m in der Form p p^ • • •, und damit ist
bewiesen, dafs jene Anzahl stets gleich Eins ist und zwar allein unter
Benutzung der Gleichungen ^ Bd = 0.
d/n
Diese wichtige Thatsache ist schon von Euler klar erkannt, aber
in wenig geschickter Weise bewiesen worden. Die hier gegebene Her-
leitung verdanken wir Dirichlet.
§2.
Wir wollen jetzt nachtraglich zeigen, dafs eine Reihe ^ — für
geeignet gewählte Werte von z stets unbedingt konvergent ist, sobald
nur ihre Koefficienten c sämtlich unterhalb einer endlichen Grenze
liegen; es gilt nämlich der wichtige Satz:
Eine Reihe ^ — konvergiert unbedingt für alle Werte von z,
welche grofser als Eins sind.
In der That, liegen alle Koefficienten cn absolut genommen unterhalb
einer endlichen Gröfse C, ist also allgemein:
kl<c,
so ist:
1
00
ä2^<°-27-
und da die Reihe ^ ~ nach dem auf S. 139 gegebenen Beweise fiir
i
jeden Wert von z > 1 konvergiert, so konvergiert auch die vorgelegte
Reihe unbedingt, also unabhängig von der Reihenfolge ihrer Glieder
in demselben Bereiche für z.
Wir wollen hier noch einen zweiten Beweis für die Konvergenz
00
1
der Reihe^ ~ für z > 1 geben, welcher nicht wie der früher ge-
i
gebene rein arithmetisch ist, sondern sich auf die Elemente der Inte-
gralrechnung stützt, und der aufserdem unsere Reihe von vorn herein
zwischen zwei Grenzen einschliefst.
Wir gelangen zu diesem für das Weitere besonders wichtigen Re-
sultate durch die folgenden einfachen Überlegungen: Es sei f(x) eine
Funktion von x} welche in einem Intervalle J=(A- • • B) stetig ist.
Sind dann m und m + 1 zwei auf einander folgende ganze Zahlen,
Kronecker, Zahlentheorie. L 17
258 Zweiundzwanzig8te Vorlesung.
welche in jenem Intervalle liegen, so ist bekanntlich nach dem ersten
Mittelwertsatze :
m-fl
if{x) dx = /XU) (m<£<m+l) ,
m
wo | einen Mittelwert zwischen m und m -f- 1 bedeutet. Wir machen
jetzt über die Funktion f(x) die weitere Voraussetzung, dafs sie in
dem ganzen Intervalle J mit wachsendem Argumente abnimmt. Dann
ist stets f{rri) > f(fc) > f{wi -\- 1), und die obige Gleichung liefert die
Ungleichung:
ro+l
f(m) >ff(x) dx > f(m + 1).
m
Es seien jetzt a und b zwei ganze Zahlen des Intervalles J und a<6.
Summieren wir dann diese Ungleichung von a bis & — 1, so ergiebt
sich:
6—1 6 — 1 !? + 1 6 — 1
v /•(»») >2 //"(*)«»* ^/o» + 1),
a a
m
und hieraus folgt nach einer leichten Umformung:
6 b 6
a
oder es ist:
* 6 *
(1) f(a) +ff(x) dx >2Jf(m) > f(b) +ff(x) dx .
a a a
Diese wichtige und sehr allgemeine Gleichung kann auch in der fol-
genden einfacheren Form geschrieben werden:
(1*) 2lf(m)= /"(!) + / m dx *<«<•»,
a a
wo wiederum £ einen nicht näher bestimmten Mittelwert zwischen
a und b bedeutet; da nämlich f(x) in jenem Intervalle stetig ist, also
alle Werte zwischen f(a) und f(b) durchläuft, so giebt es sicher einen
Wert von g, für welchen /*(£) -f- / f{%) dx gleich ^ f(m) wird. Wählen
a a
wir speziell f(x) = — , so wird / f(x) dx = / -% = ^^ ;
§ 2. Die Konvergenz der Dirichletschen Reihen. 259
b
für z > 1 ist also I — = ( JZT ) 5 e8 ergiebt s*ch dem-
nach aus (1*) a
Ist nun z>l, so lehrt diese Gleichung, dafs für einen genügend
grofsen Wert von a die rechte, also auch die linke Seite dieser Glei-
chung beliebig klein gemacht werden kann, da die drei Glieder derselben
mit wachsendem a und b unter jede Grenze herabsinken. Also kon-
00
vergiert unsere Reihe ^>* — unbedingt, da man o stets so grofs wählen
1
kann, dafs die Summe ^^— von beliebig vielen Gliedern
^J
m
a
a' ' (a + 1)9 r ^ b*
beliebig klein gemacht werden kann.
Setzt man ferner in der Ungleichung (1) ebenfalls f(x) = — ,
x*
aber o = 1 , b = co und beachtet, dafs f(po) = 0 ist, so ergiebt sich
für unsere ganze Reihe die Ungleichung:
<2> l+.4r>2^>jrT-
1
durch welche ihr Wert für jedes z bis auf eine Einheit genau be-
stimmt wird.
Endlich werde noch bemerkt, dafs die Summe unserer Reihe unter
Benutzung der Elemente der Analysis leicht gefunden werden kann,
sobald z irgend eine gerade Zahl ist*). So ist z. B.:
± + ± + ± + ... = ^L
— - .^_ ■ - I ■ I • • • = —
l6 26 36 946 '
*) Vgl. z. 6. Schlömilch, Compendinm der höheren Analysis. Y. Auflage.
Bd. L S. 243.
17*
260 Zweiondzwanzig8te Vorlesung.
Wir zeigen jetzt, dafs auch das unendliche Produkt / /( 1 ;)
für z > 1 unbedingt konvergiert; wir brauchen dazu nur nachzuweisen,
dafs der Logarithmus desselben innerhalb dieses Bereiches eine konver-
gente Reihe ist. Nun ist
-•i7(i-3--^-ä-2e+£+£+-->
Bedeutet aber x irgend einen positiven echten Bruch, so ist:
(3) ? + ? + ••• <T<1 + * + *,+"-)-irrbi
wählt man ferner x < — , so ist offenbar:
(3Ä) — — i — < — -
^ ' 3 1 — x^ 2
1 3
Da nun für jede Primzahl p = 2, 3, • • • — < — ist, sobald z > 1 an-
p* ö
genommen wird, so können in jeder der Klammern rechts die Umfor-
mungen (3) und (3Ä) vorgenommen werden, und es ist also
->n(1-?)-2ü+6--+-)<27+27--
P
CD
und da offenbar yT"^<2?"^<2^ ist; Und 2 ~* ftr * > *
P p P p i i
konvergiert, so gilt dasselbe auch von dem unendlichen Produkte
jTZ(1_7'); wzb- w-
§3.
Die hier betrachteten Reihen
^.4-^.4.-^.-1
l* ^ 2* ^ 3* ^
konvergieren innerhalb des ganzen Bereiches z > 1 unbedingt; sie
haben aber aufserdem die Eigenschaft, dafs nicht nur die einzelnen
Multiplikatoren — mit wachsendem z unbegrenzt abnehmen, sondern
n*
dafs auch der Quotient:
zweier auf einander folgenden Multiplikatoren durch Vergröfserung von
z beliebig klein gemacht werden kann.
§ 3. Die Dirichletschen Reihen. 261
Diese Thatsache wollen wir jetzt zu dem Nachweise benutzen,
c c
dafs eine jede Reihe -r -( ^-^ — |- • • • für ein genügend grofses z
r' (r + 1)*
das Vorzeichen ihres Anfangsgliedes besitzt, weil dann die Summe
aller folgenden Glieder absolut genommen kleiner als jenes erste nicht
Cr
verschwindende Glied — wird. Hieraus folgt dann ohne weiteres der
r*
schon vorher angekündigte Beweis des Satzes, dafs eine Funktion f(z)y
wenn überhaupt, nur auf eine einzige Art in eine Reihe ^\-~
entwickelt werden kann; denn wären
zwei verschiedene derartige Entwickelungen einer und derselben Funktion,
so wäre ja ihre Differenz:
m V C" ~ C" — Cr~Cr' 4- e'+i~c'+i _l
(1) 2j-^--— ?-+ (r+1). +•••
identisch Null, ohne dafs alle ihre Koefficienten cn — cn' verschwinden,
und dies ist unmöglich, da für ein genügend grofses z jene Reihe (1)
das Vorzeichen ihres ersten von Null verschiedenen Koefficienten cr — cr'
erhalten müfste.
Wir wollen den angegebenen Satz gleich für eine viel allgemeinere
Klasse von Reihen beweisen, unter denen z. B. auch die gewöhn-
lichen Potenzreihen enthalten sind. Es sei:
*•(*) = «Wo« + *xfM + «i/i(«) + • • •
eine Reihe, in welcher die Koefficienten c0, c17 ... reelle Konstanten,
die Multiplikatoren f0(z), ft{z)9 ■ • • reelle Funktionen von z sind, und
welche die folgenden Eigenschaften besitzen soll:
1) Sie konvergiert unbedingt innerhalb eines Bereiches z > a der
Variabein z.
2) Alle Multiplikatoren f0(z), f1(z)) f%(z), ••• besitzen innerhalb
dieses Bereiches positive Werte.
3) Der Quotient f n . > zweier auf einander folgenden Multipli-
katoren wird mit wachsendem z unendlich klein.
4) Der Anfangskoefficient c0 ist von Null verschieden; er werde
als positiv angenommen.
Besitzt die Reihe F(z) diese vier Eigenschaften, so beweisen wir,
dafs sie niemals identisch Null sein kann, dals sie vielmehr für ein
262 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
genügend grofses z das Vorzeichen des Anfangsgliedes c0f0(z) erhält,
also positiv ist. Da der Reihe ^ -y diese vier Eigenschaften zu-
kommen, so gilt der folgende Beweis also auch für diese.
Zum Beweise schreiben wir unsere Reihe in der Form:
(2) F(m) = c0f0(z) + FM
WO
OD
(2*) FlW-S'.M
1
ist, und zeigen, dafs für ein genügend grofses z \ Fx (z) | < — c0 f0(z)
gemacht werden kann, dafs also Fx(z) = — c0f0(z)€0 wird, wo e0 einen
positiven oder negativen echten Bruch bedeutet; dann ist aber unsere
Behauptung bewiesen, denn für einen solchen Wert von & wird
d. h. F(z) ist sicher positiv, weil alle drei Faktoren nach der Vor-
aussetzung gröfser als Null sind.
Dafs aber z stets der eben aufgestellten Bedingung gemäfs gewählt
werden kann, zeigen wir so: Ist £ ein beliebiger Wert von z inner-
halb des Konvergenzbereiches unserer Reihe, so ist:
(3) |*i(*)|-
2V.('>
OD
y
T
Nun kann man zunächst z stets so grofs wählen, dafs:
/".W
£2wM-2w-m'f-®-
oder, was dasselbe ist, dafs:
fnW fn®
flto ^ /i(f)
wird; da nämlich:
lim -rrr = lim l ■> — /~n * -* t\ tj-t ) = U
/i+iW
ist, weil auf der rechten Seite jeder der n — 1 Faktoren T, . für
sich n. d. V. diesen Grenzwert besitzt, so kann z stets so grofs ge-
wählt werden, dafs für jedes n die Ungleichung (4) erfüllt ist. Für
einen solchen Wert, von z geht aber die Ungleichung (3) über in:
§ 3. Die Dirichletschen Reihen. 263
(5) W')\<fi$-$\\\r.&-$*,
OD
wo st die Summe der n. d. V. konvergenten Reihe ^ \cn\f* (Ö ^e"
i
deutet. Jetzt kann man endlich z noch so grofs annehmen, dafs wirk-
lich | F1(z) | < y cofo(ßÖ wird, denn wegen (5) ist ja diese Bedingung
sicher erfüllt, wenn:
(6) 7JäSl< 2-co/ö(*)>
oder, was dasselbe ist, wenn:
f0(z) < 2 C<> 8±
ist, und da n. d. V. lim -^yr = 0 wird, so kann in der That z so
grofs gewählt werden, dafs die Ungleichung (6) erfüllt, dafs also F(z)
in der Form c0f0(z) (1 + -5- £0J darstellbar ist, und damit ist dieser
wichtige Satz in seinem vollen Umfange bewiesen.
Die Bedingungen (1) — (4) sind nicht nur für unsere Reihen
2«, sondern auch allgemeiner für alle Reihen:
Cn
2j ,voo
erfüllt, wenn #(n) eine mit n zugleich wachsende Gröfse ist und
ebenso auch für alle Reihen von der Form:
2cne
_ — HS
Setzt man in dieser letzten Reihe er* = x, so geht sie über in
OD
St cnx%] unser Beweis lehrt also auch, dafs eine Funktion von xf
0
wenn überhaupt, nur auf eine Weise als Potenzreihe ^cnxn dargestellt
werden kann.
§4.
Wir wollen den soeben bewiesenen Satz zunächst zur analytischen
Begründung einiger arithmetischer Resultate benutzen, welche wir früher
auf ganz anderem Wege bewiesen hatten.
264 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
Es sei G(n) irgend eine zahlentheoretische Punktion von n von
der Beschaffenheit, dafs für alle ganzen Zahlen
G(m.n) = G(m)G(n)
ist; dann mufs zunächst G(l) = 1 sein, da ja für jedes ganzzahlige r
G(l) = 6?(lr) = (ö(D)r
ist, und dies dann und nur dann der Fall sein kann, wenn G(l)
gleich 1 oder gleich 0 ist; bei der zweiten Annahme wäre aber jedes
G(n) = G(n) • G(l) = 0; sehen wir also von diesem trivialen Falle
ab, so ist stets G(l) = 1.
Ist G(n) irgend eine solche Funktion und bedeuten pl} p2,
alle Primzahlen in ihrer natürlichen Reihenfolge, so ist:
OD
2 öc») = 2°^^ ■••)=2 G^kl ■ 2 G(p*f • •
i i
— 1 - G(Pl) * 1-G(pt)
Es ist also stets:
OD
G(P)
ei) 2g^-Ut^i
i p
falls G(n) so gewählt ist, dafs die hier auftretenden Reihen und Pro-
dukte unbedingt konvergieren; da aber andererseits:
J7(! - G <p» = 2 « - G o)
p m
ist, so folgt aus (1) die zweite Fundamentalgleichung
qo oo
(i*) 2j«ffw-26w-1
i i
Aus der ersten Gleichung ergiebt sich speziell für G(n) = — die schon
früher gefundene für z > 1 gültige Gleichung:
1 f> 1 —
1
P
die zweite sagt nur aus, dafs ^^ ed = 0 ist.
d/n
Erheben wir die Gleichung (lb) zum Quadrat, so wird ihre linke
Seite:
§ 4. Anwendungen: Die Anzahl der Divisoren. 265
wenn man unter 4>(k) die Anzahl der Fälle verstellt, wo zwei Zahlen
r und s existieren, für welche rs = k ist, wenn man also mit anderen
Worten unter if>(k) die Anzahl der Divisoren von k versteht. Setzen
wir rechts für den Augenblick — = x und beachten, dafs für | x | < 1
ist, so kann das Quadrat der rechten Seite von (1°) so geschrieben werden :
und aus der Koefficientenvergleichung auf beiden Seiten der Gleichung:
yi?W_ yt(fti + i)fo + i)---
ergiebt sich der schon früher (S. 80) bewiesene Satz:
Die Anzahl der Divisoren einer Zahl k = pilpi • • • ist
Ganz ähnlich können wir die Summe aller Divisoren einer Zahl
berechnen: Setzen wir in der Grundgleichung (1) 6r(n) einmal gleich
»a_1, das anderemal gleich n* und multiplizieren die beiden so sich
ergebenden Gleichungen mit einander, so folgt:
Für die linke Seite kann man aber schreiben:
• yd
(2.} yj^^ytr
wo mn = & imd d an die Stelle von m gesetzt ist, und wo ^ d über
alle Teiler von k zu erstrecken ist. */*
Setzt man ferner in der für | x | < 1 gültigen Gleichung:
OD
1 L_ (-P L_\ L_ y(«v+l - 1U'
(1_ x)(l — px) p-i\i—px 1-x) p-l^jW v>x
x= ,_!;' so erhält man für die rechte Seite von (2) den Ausdruck;
266 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
M ^2
(2b) JI
_ *v Pl — 1 ft — *
0-f0(-7) <'■'■ •)'
und durch Koefficientenvergleichung der beiden Reihen (2*) und (2b)
erhält man den ebenfalls bereits früher (S. 81) gefundenen Ausdruck
7 et = • ' • • •
4i Pi"1 p»-1
für die Summe aller Divisoren einer Zahl n = pfpf
Natürlich könnten wir ebenso einen Ausdruck für die r160 Po-
tenzsummen aller Divisoren einer Zahl k herleiten, wenn r eine be-
liebige ganze Zahl ist. Es ist dies die reine Maschinenarbeit, auf der
einen Seite thun wir das Material hinein, auf der anderen kommt das
fertige Resultat heraus.
Als dritte Anwendung wollen wir für die durch das Produkt
(3) <p(n) = nfJ(l-±)
p/n
für jeden Wert von n definierte arithmetische Funktion qp(n) noch
einmal die Fundamentalgleichung:
(4) 2V<o=*
d/k
direkt herleiten, ohne die Thatsache zu benutzen, dafs sie die Anzahl
der inkongruenten Einheiten modulo n angiebt.
Aus der Definitionsgleichung (3) ergeben sich' ohne weiteres die
für ein positives z gültigen Umformungen:
p/n \ Pf
=n\i+(i-j)(?+p--+-)}
p "
P'
wenn man in der zweiten Summe n* in seine Primfaktoren zerlegt.
Multipliziert man also diese Gleichung mit
so ergiebt sich die einfache Gleichung:
§ 4. Anwendungen: Die Funktion y{n). 267
~ä k
P
Diese Gleichung kann aber nach einer leichten Umformung folgender-
mafsen geschrieben werden :
x ' k l
und aus ihr ergiebt sich durch Koefficientenvergleichung unmittelbar
die Richtigkeit der Relation (4).
Wir wollen endlich unsere allgemeine Formel anwenden, um den
folgenden weniger bekannten Lehrsatz zu beweisen:
Die Anzahl il>(k) der Divisoren einer beliebigen Zahl Je ist durch
die Formel gegeben:
n
wo allgemein ^(m) die Anzahl der in m enthaltenen ver-
schiedenen Primfaktoren bedeutet und die Summation sich auf
alle Zahlen n erstreckt, deren Quadrat in k enthalten ist.
Nach der vorher gefundenen Gleichung (lc) ist:
-nrLrJT(1+2i?^)'
P
diese letzte Umformung folgt sofort aus der bekannten Gleichung:
i±^f = 1 + 2x + 2s8 + 2 a* H
1 — X l . I l I
für x = — - Nun ist aber / 1 — = ^5*-r-
p' Vi - ^ n
P
und
wenn, wie oben, xs(m) die Anzahl der verschiedenen Primfaktoren
von m bedeutet. Setzt man diese Werte ein, so folgt:
268 Zweiundzwanzigate Vorlesung.
*T k *? n *-* m ~ (mn2)
d. h. es ist:
wo zu summieren ist über alle Zahlen tn7 für die
k
fnn = & , m = — •
' n1
ist, d. h. es ist:
*<k)-22* ,
wo sich die Summe auf alle n erstreckt, deren Quadrat in k enthalten
ist, w. z. b. w.
Enthält z. B. k nur ungleiche Primfaktoren, so ist für n nur der
Wert 1 zu wählen, d. h. es ist:
*(*) = 2Ö<*>,
wenn cf(k) = r die Anzahl der Primfaktoren von k bedeutet, und
diftser Wert stimmt mit dem aus der früheren Formel:
*(*) = (h + i) (h + i) • • • (*r + 1)
für kx = k% = • • • = kr = 1 sich ergebenden ip(k) = 2r offenbar überein.
Es sei zweitens k^p^qpr*, also nach der früheren Formel:
$(k) = 3 • 4 • 5 = 60.
In diesem Falle sind also die folgenden Quadrate w2 in k enthalten:
na = 1, p*} q27 r2, f4, p*q*9p*r*} p*r*, g2r2, q*r*7 p*q*r*9 p2g2r*
und er ist daher resp.
*(£)-», 2, 3, 3,2, 2, 2, 1, 3, 2, 2, 1;
mithin kommt unter den Werten von, TB i—A zweimal 1, sechsmal 2,
viermal 3 vor, also ist:
1>(k) = 2 • 21 + 6 • 2» + 4 • 2S = 60.
§5.
Als eine weitere Anwendung unserer Untersuchungen wollen wir
einen rein analytischen Beweis dafür geben, dafs die Anzahl der
Primzahlen unendlich grofs ist. Bei der Ableitung der Gleichung:
§ 5. Die Anzahl der Primzahlen ist unendlich grofs. 269
<•> 2h-nrr
ist garnicht von der Thatsache Gebrauch gemacht worden, dafs un-
endlich viele Primzahlen existieren, dafs also das rechts stehende Pro-
dukt unendlich viele Faktoren enthält; wir wollen jetzt diese Gleichung
gerade zu jenem Nachweise benutzen. Wäre die Faktorenanzahl in
jenem Produkte endlich, so könnten wir bewirken, dafs nach Abson-
derung einer endlichen Anzahl von Faktoren das übrig bleibende Pro-
dukt genau gleich Eins wird. Demnach spitzt sich der Beweis für
die Unendlichkeit der Primzahlenanzahl auf den Nachweis zu, dafs
nach Absonderung einer beliebigen Anzahl von Faktoren unseres
Produktes das Produkt der übrigen Faktoren stets noch gröfser als
Eins ist.
Es sei nun m eine beliebig angenommene Zahl; wir zerlegen dann
unser Produkt für ein beliebiges z> 1 folgendermafsen in zwei Theile:
nrr-IJr^ n^-2^
P x p£™ m P>m x - II
p p p
und da die rechte Seite nach § 2 Nr. 2 gröfser ist als __ , so erhalten
wir folgende Ungleichung:
n-±r> — 1—r-> — r->
p p£m i P^™\ _
P* ?
denn das in der Mitte stehende endliche Produkt wird sicher ver-
gröfsert, wenn alle Exponenten z durch den kleineren Exponenten 1
ersetzt werden. Wählen wir nun den bis jetzt noch ganz beliebigen
Exponenten z so, dafs
ist, so geht unsere Ungleichung in die einfachere über:
J7rLT>1-
p>m *■ .
bei der m ganz beliebig gewählt werden konnte. Wie grofs wir also
m auch annehmen mögen, immer wird das Produkt aller Faktoren -,
l
P
für die p > m ist, gröfser sein als Eins; läge aber oberhalb m keine
270 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
Primzahl mehr, so könnte jenes Produkt sicher nicht gröfser als Eins,
sondern es müfste notwendig gleich Eins sein, und damit ist unsere
Behauptung bewiesen.
Dieser Beweis ist von Euler in der Introductio und zwar im
15. Kapitel des ersten Bandes gegeben worden, aber in der mehr
naiven Weise Eiders ohne eine strenge Konvergenzbetrachtung; er "geht
in der Gleichung (1) direkt zu der Grenze für z = 1 über, und folgert
aus dem Unstande, dafs dann die linke Seite unendlich wird, dafs
dasselbe auch für die rechte der Fall sein mufs, was nicht der Fall
sein könnte, wenn jenes Produkt nur eine endliche Anzahl von Faktoren
besäfse. Jene Gleichung gilt aber nur für z > 1 , für z = 1 hat sie
gar keinen Sinn. Es war eben auch hier die Hand eines Schleifers
notwendig, um den Glanz der Edelsteine Eulers voll herauszuarbeiten.
Auch diesem Beweise kann man ebenso wie dem Euklidischen
eine solche Form geben, dafs sich aus ihm ein Intervall (m - - • ri) er-
giebt, innerhalb dessen sicher eine neue Primzahl p> m sich befindet,
wie grofs m auch angenommen worden ist; erst dann ist ja auch der
letzten und höchsten Anforderung genügt, die man an einen strengen
mathematischen Beweis zu stellen hat.
Es sei also m wieder beliebig gegeben; ist dann n zunächst irgend
eine oberhalb m liegende Zahl, so können wir jetzt unser unendliches
Produkt \ \ l r-\ in drei Teile teilen, von denen sich das erste
?w
P
auf alle Primzahlen 5C w, das letzte auf alle oberhalb n und das mit-
telste auf alle diejenigen Primzahlen bezieht, welche gröfser als m aber
00
^n sind. Da nun das ganze Produkt gleich ^?—s> also für z > 1
1
sicher gröfser als _ ist, so erhält man die Ungleichung:
^JI-VII-VJT-V
p±m 1 p>m 1 p>n 1
P* P* P*
Diese Ungleichung wird verstärkt, wenn wir das erste endliche Pro-
dukt durch den gröfseren Wert:
w p-n~L
«<•» l
PS*» p
ersetzen, den es für z = 1 annimmt; und dasselbe ist der Fall, wenn
wir auch das dritte Produkt vergröfsern. Nun ist aber:
§ 6. Die Anzahl der Primzahlen ist unendlich grofs. 271
n(7h)=n(i+?+P+-)<i+^
p>* V «•/ p>n
■ . » «Ji^ • • •
I ^ \ p p / v* -r ^
OD
denn das ausmultiplizierte Produkt enthält alle und nur diejenigen
Glieder — , für welche alle Primfaktoren von r einzeln gröfser als n
00
sind, während ^ — überhaupt alle Glieder enthält, für welche r selbst
gröfser als n ist. Andererseits folgt aus der allgemeinen Formel (la)
a. S. 258
-OD
n + 1
OD
also ist unser drittes Produkt kleiner als
1 + * = 1 + («-!) ff"1 .
Ersetzt man also das erste und das dritte Produkt in unserer Un-
gleichung durch die hier gefundenen grofseren Zahlen, so ergiebt sich
die einfachere Beziehung:
._, »s.
i <p. '+»-_?*- -n-v
n p>m 1
P'
Setzt man also zur Abkürzung:
p>m *
so ergiebt sich für dieses Produkt die Ungleichung:
(3) • x<(Ä_l + _L_).p.
Jenes Produkt X ist aber dann und nur dann ein echter Bruch, wenn
in dem Intervalle zwischen m und n mindestens eine Primzahl vor-
handen ist, dagegen sicher gleich Eins, wenn dies nicht der Fall ist.
Kann man also n so grols und z — 1 so klein wählen, dafs das rechts
stehende Produkt uz — 1) -j — j^~\ P ein echter Bruch ist, so gilt
da gleiche a fortiori von dem Produkte X, d. h. dann enthält das In-
tervall (m - - - n) sicher mindestens eine Primzahl.
272 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
Dieser Bedingung kann man aber, welches auch der Wert von
m oder also der von P sein möge, stets genügen. Zu diesem Zwecke
ersetzen wir z durch die neue Variable u vermittelst der Gleichung:
z — 1 = —
u 7
dann können wir für ein beliebig gegebenes u n so grofs wählen, dafs
lu
nz"1 = nu > u ist; dazu mufs — - — > lu, also In > u sein; also er-
giebt sich einfach
(4) n > e".
Wählt man also n dieser Bedingung gemäfs, so wird < — und
die rechte Seite von (3) wird kleiner als
Wählt man also u nur so grofs, dafs dieser Ausdruck ein echter
Bruch ist, dafs also:
(5) (l + lu)P<u
ist, so ist für den zugehörigen Wert von n sicher X < 1, also zwischen
m und n sicher eine Primzahl vorhanden. Wir setzen nun:
u = CPlP
und suchen die Eonstante C so zu bestimmen, dafs der Bedingung (5)
genügt wird; dann geht diese aber über in:
\ + lC+lP + UP<ClP
1 +ic<(C— Y)IP — IIP.
Ist der Wert von m oder also der von P nur einigermafsen beträcht-
lich, so kann C nur wenig gröfser als 1 angenommen werden; wählt
man z. B. C = 2, so mufs:
1 + 12<IP — IIP
oder es mufs 1(2 e) < l jp, also einfacher:
2e<£
sein; wählt man also von vornherein m so grofs, dafs P > 6 • IP ist,
so ist der obigen Bedingung sicher genügt. Man kann aber leicht eine
untere Grenze für m angeben, von der ab das zugehörige Produkt P stets
dieser Bedingung genügt, denn der Quotient yp wächst ja mit zunehmen-
dem P fast ebenso rasch, wie P selbst über jedes Mais hinaus. Dann ist
§ 6. Analytischer. Beweis arithmetischer Reciprocitätsformeln. 273
in dem Intervalle zwischen m und
n > e = e = Fe
sicher mindestens eine Primzahl enthalten. Auch dieses Intervall ist
im allgemeinen sehr viel zu grofs, jedoch ist dasselbe auch für das
bei dem Euklidischen Beweise sich ergebende Intervall zwischen px und
(ptp2 - - *1>X) — 1 der Fall; bei einer genaueren Untersuchung ergiebt
sich sogar, dafs dieses letztere Intervall mindestens ebenso grofs als
das soeben gefundene ist. Wir werden aber im folgenden sehen , dafs
die Prinzipien des Euklidischen Beweises nicht zur Lösung der höheren
Aufgabe benutzt werden können, ob in jeder arithmetischen Reihe
ax -\- b unendlich viele Primzahlen enthalten sind, wenn (a, b) ~ 1 ist.
Dagegen werden wir jenes Problem durch eine Verallgemeinerung der
hier benutzten Methode wirklich zu lösen im Stande sein.
. § 6.
Mit Hülfe der in dieser Vorlesung gewonnenen analytischen Re-
sultate kann man sehr leicht die früher rein arithmetisch bewiesenen
Reciprocitätsformeln :
0 (», 1) =2 V(n, d) , V(n,l)-2! *(">*)>
d/n d/n
durch sehr viel allgemeinere ersetzen und dann ganz direkt verifizieren.
Es seien: *
111
drei Funktionen von z, welche durch die Gleichung
(2) H(z) = F{z)G{z)
mit einander verbunden sein sollen, und es werde ferner vorausgesetzt,
dafs die Koefficienten g(n) die Eigenschaft haben, dafs allgemein:
(3) 9{p)'9{y)=9{V"v)9 also $r(l) — 1
ist. Dann ergiebt sich aus (2)
w .*■(•> -£-§•
Ersetzt man aber in (2) und (4) die drei Funktionen durch die
Reihen (1) und beachtet dabei, dafs unter der Voraussetzung (3)
nach (la) des § 4
Krooecker, Zahlentheorie. L 18
274 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
G(z) 2j n*
ist, so können jene beiden Gleichungen bei geeigneter Bezeichnung der
Summationsbuchstaben folgendermafsen geschrieben werden:
00 OD
Zj nx JLJ <Zj (ddj '
i d=i <p=i v '
(5)
2j n* 2j 2j (ddj
i d=i d=i v '
Setzt man also rechts dd'= n und summiert für jedes n über alle
komplementären Produkte dd'= n, so erhalt man durch KoefBcienten-
vergleichung den folgenden wichtigen Satz:
Sind f(n), g(n)7 h(n) zahlentheoretische Punktionen, und ist
speciell für g(n) stets g(jiv) = g((i) g(v)} so ist von den beiden
Gleichungssystemen:
dd=*n
jedes eine Folge des anderen; das eine System kann also als die
Auflösung des anderen angesehen werden.
Setzen wir noch, um die Reciprocität bei jenen Systemen deutlicher
hervortreten zu lassen:
also speziell:
A(») = ClA(n)=7X«),
so erhält man zwischen den Funktionen f(d) und f{d) die völlig sym-
metrischen Gleichungen:
f(*)-2fwtw>
(6») ^ _
m-2fww)i
die im Anfange dieses Abschnittes erwähnten Gleichungen ergeben
sich aus diesen durch die Spezialisierung:
(6b) *(»)-!, m = *{»> «0, f{d)=W(n,d').
Die in (6*) mit Hülfe der Analysis gewonnenen Gleichungs-
systeme können auch leicht rein arithmetisch aus einander her-
§ 7. Anwendungen. 275
geleitet werden. Zu diesem Zwecke nehmen wir an, es bestehen
für jeden Wert von m zwischen den Funktionen f und /' die Glei-
chungen:
und zeigen, dafs dann für jedes n die Summe
*(») =,2 'f(fO 9(d')
dd'=*n
notwendig gleich f(n) ist. Schreiben wir aber in F(n) für jedes f(d)
die ihm gleiche Summe:
so wird wegen der Multiplikationseigenschaft der Funktionen g(ji)
F(n) =2/rO^(*')fl'(d')=2,/r(»)^(*'rf'),
dS'd'=n
wobei die Summation auf alle Zerlegungen n = dd'd' zu erstrecken
ist. Setzt man also jetzt d = t, d'd'= -r- = £', so ergiebt sich:
und diese Summe ist nach (7) in der That gleich f(n), w. z. b. w.
*»=,£/•(<) *KO,
§7.
Wir wollen jetzt von den Reciprocitätegleichungen:
(1) h(n)=2K*>9(d">> f(n)-2Eä^)Hd')
eine Anzahl von Anwendungen machen. Es sei:
g(n) = 1, h(n) = In,
dann ergiebt sich für f(n) der Ausdruck:
d7=n d/n d/n d/n
weil ^ sä = 0 ist. Sind also pk , pi} • • • pa alle von einander ver-
dfn
schiedenen Primzahlen, welche in n enthalten sind, so ergiebt sich
18»
276 Zweiundzwanziggte Vorlesung.
wagen der Definition der Zahlen sd für f(n) der folgende Ausdruck:
Pa Pa P{i
Pa PaPß PaPpPy
Diese Summe hat aber einen sehr einfachen Wert; sie enthält näm-
lich zunächst jeden der dS Logarithmen Ip } • • • lpa offenbar gleich
oft, wir brauchen daher nur zu untersuchen, wie oft einer derselben,
etwa lpx in ihr auftritt; man sieht nun ohne weiteres, dafs lpt in der
ersten Summe einmal, in der zweiten genau ®> — 1 male, nämlich in
l(PiPi)j ^(jPiPn)} ' ' ' l(PiPo) vorkommt, in der dritten offenbar
12 male u. s. w., und man erkennt so, dafs lpl9 also auch
jeder andere Logarithmus, in f(n) den Koefficienten:
i
besitzt, also den Koefficienten Null, sobald die Anzahl tff der von
einander verschiedenen Primfaktoren von n gröfser ist als Eins, da-
gegen den Koefficienten 1, sobald SJ = 1 ist; es ergiebt sich also das
Resultat:
Für die durch die Gleichungen:
d/n
definierte zahlentheoretische Funktion f(n) ist
/X») = o,
falls n keine Primzahlpotenz, dagegen
f(n) = lp,
sobald n =* p* eine Primzahlpotenz ist.
Oder, was nach (2) dasselbe ist:
Die Summe:
d/n
besitzt den Wert Ip oder 0, je nachdem n eine Primzahlpotenz
ist oder nicht.
Bilden wir endlich die Funktion
§ 7. Anwendungen. 277
(3) •« - e^d,Lf[(e'r^nd^
d/n d/n
so ergiebt sich ihr Wert gleich 1 oder gleich p, je nachdem n mehrere
von einander verschiedene Primfaktoren besitzt oder die Potenz einer
Primzahl ist.
Es ist interessant, dieses Resultat direkt analytisch herzuleiten,
doch mag dies nur kurz erwähnt werden. Wir stellen zu diesem
Zwecke die Doppelsumme:
auf eine andere Art in der Form ^V — dar und leiten unser Resultat
dann durch Koefficientenvergleichung her. Es ist nämlich:
•«--2 2^ - (-2 '£) (2i) - j^l
m ' J/\ p')
ferner ist:
2> m> Zi P'a Jj (PaPliy i~"*'
lp0
oder wenn man alle mit einem bestimmten — multiplizierten Tenne
Po
zusammenfaßt und alsdann über alle Primzahlen p0 summiert:
wo in dem Produkt rechts über alle Primzahlen zu summieren ist,
welche von p0 verschieden sind; man kann daher diese Gleichung ein-
facher so schreiben:
Zj m' 2i p% ' , _ J_
Po
(w-M&-^y
278 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
wo jetzt in den Ausdrücken rechts beide male die Multiplikation
bzw. die Summierung auf alle Primzahlen p zu erstrecken ist. Setzt
man diesen Wert von — ^ — r~ in den Ausdruck von 0(z) ein, so
ergiebt sich:
•w-25?-r*-,-2(if+?.+?.+-)-^
P l ~~ , P F.*
P
da aber 9(z) auch gleich y^~~~ — war, so ergiebt sich durch
n
Koefficientenvergleichung in der That, dafs J£ e ld dann und nur
d/n
dann gleich Ip ist, wenn n = p* ist, sonst aber immer den Wert
Null hat.
Endlich wollen wir von der in diesem Paragraphen gefundenen
Hauptgleichung :
(4) -2Vd = (°'Z*)
d/n
noch die folgende arithmetische Anwendung machen: Wir lassen n
der Reihe nach alle Zahlen 1, 2,---N durchlaufen, wo N beliebig
gegeben sei, und summieren alle so entstehenden N Gleichungen (4).
Denken wir uns dann die linker Hand stehende Doppelsumme
»»1 d/n
entwickelt, so erkennen wir, dafs in ihr jedes Glied — s ld genau so
oft vorkommt, als dd'<.N ist.
Wir bezeichnen nach dem Vorgange von Gauss die gröfste ganze
Zahl, welche in einem Bruche A enthalten ist, stets durch [Ä], so
dafs also diese ganze Zahl durch die Ungleichung:
*
vollständig bestimmt ist. Dieses Zeichen kommt schon bei Euler und
Legendre vor; letzterer bezeichnet es durch E(Ä), wo E als Anfangs-
buchstabe von „entier" steht. Da Diricfdet das Gauss'sche Zeichen
adoptiert hat, so wollen wir es auch beibehalten. Dann ergiebt sich,
— male in der obigen Doppelsumme
auftritt; diese kann daher folgendermafsen geschrieben werden:
-im..'«.
X=*l
§ 7. Anwendungen. 279
oder noch einfacher:
denn wenn man in Bezug auf x über N hinaus summiert, so fallen alle
folgenden Glieder von selbst fort, da die gröfsten Ganzen N , ,
N
Rechter Hand ergiebt sich die Summe ^ (0, Ip), d. h. man er-
i
hält für jede Primzahl p die Zahl Ip so oft, als in der Reihe 1, 2, • • • N
Potenzen dieser Primzahl vorkommen; ist also p die letzte jener
Potenzen, also diejenige Potenz von p, welche gerade noch < N ist,
so tritt in jener Summe genau hlp auf. Da aber h der Exponent ist,
für welchen:
hip<:iN<(h + i)ip,
ist, so ergiebt sich für h einfach der Wert:
und diese Definition gilt auch, wenn p> N sein sollte, da ja dann
von selbst f j— 1 = 0 wird. Also erhält man durch jene Summation
aus (4) die folgende merkwürdige Formel:
oder, wenn man die linke Seite ausgeschrieben denkt:
2£>. -2t-y <<«,>+•■•
Untersuchen wir nun wieder, welches der Koefficient von irgend einem
Ip auf der linken Seite ist; in der ersten Summe besitzt Ip den
Koefficienten |— 1 , in der zweiten den Koefficienten — ^ | 1 , wenn
Ct ■■
pa alle Primzahlen aufser p durchläuft; in der dritten Summe besitzt
Ip die Koefficienten +^. | ], wenn pa) p. alle unter einander
und von p verschiedenen Primzahlen bedeuten u. s. w. Ordnet man
280 Zweiundzwanzigste Vorlesung.
also die linke Seite in dieser Weise und vertauscht dann beide Seiten,
so nimmt unsere Gleichung die folgende Gestalt an:
2\gl» -2*ffl -2[£ ] +2[i-& - ■ ■
* P
oder einfacher:
2
P
([$-["] +2 [-£]->-<»•
Diese Gleichung kann aber nur dann erfüllt sein, wenn alle Koefficienten
der Ip einzeln verschwinden; in der That, beachtet man, dafs alle Jene
Koefficienten offenbar ganze Zahlen sind, und bezeichnet man diese durch
w, tn'f -", so heilst jene Gleichung einfach mlp -f- mlp' + • • • = 0,
oder jfnp'm' • •• = 1, und sie kann nur bestehen, wenn alle Exponenten
m, m\ • - • für sich verschwinden. Man erhalt also das folgende merk-
würdige Resultat:
Ist N eine beliebige Zahl, p eine beliebige Primzahl, und be-
deuten p'yp'y ■ • • alle von p verschiedenen Primzahlen, so ist
fif] - [f] -2\^i\ +*2,[jjhr] — •
p p *p
Die Summe auf der rechten Seite besteht nur scheinbar aus unendlich
[N i
pr von selbst verschwin-
PP'\—P{a)J
den, sobald der Nenner gröfser ist als der Zähler.
Dreiundzwanzigste Vorlesung.
Die Kreisteilungsfunktionen xn — 1. — Die primitiven Funktionen FH(x) und ihre
Eigenschaften. — Die Berechnung der primitiven Funktionen. — Die Kreisteil ungs-
gleichungen und die Wurzeln der Einheit — Die primitiven nten Einbeitswnrzeln. —
Anwendungen: Die Anzahl der Primzahlen unterhalb einer gegebenen Grenze.
Wir gehen jetzt zur Untersuchung der einfachsten, aber auch der
wichtigsten Gröfsen des Bereiches [x] der Funktionen einer Variablen
über, durch deren Hinzuziehung Gauss zum erstenmale die arithme-
tischen Methoden auf die Algebra ausgedehnt und damit die Grund-
lage für die moderne allgemeine Arithmetik geschaffen hat. Wir werden
hier Gelegenheit haben, sowohl von der Theorie der Modulsysteme als
von den in den letzten Vorlesungen gefundenen allgemeinen Recipro-
citätsformeln wichtige Anwendungen zu machen.
Den Gegenstand unserer Untersuchungen bilden die einfachsten
ganzen Funktionen
x*—l
für alle ganzzahligen Werte von n. Jede von ihnen liefert gleich Null
gesetzt eine Gleichung n*611 Grades
x« — 1 = 0,
deren n Wurzeln x = >/i als die nteu Wurzeln der Einheit bezeichnet
werden können. Auf die Untersuchung dieser Zahlen hat eben Gauss
zuerst seine Methoden angewendet. Wir wollen erst später auf die
hier sich darbietenden Fragen näher eingehen, und zuerst mit Hülfe
der Theorie der Modulsysteme die Zerlegung dieser Gröfsen in ihre
Faktoren durchführen.
Eine jede Funktion xn — 1 kann, wie wir in der fünfzehnten Vor-
lesung gezeigt hatten, auf eine einzige Art in ein Produkt von Primfunk-
tionen zerlegt werden. Ferner erkennt man leicht, dafs x* — 1 keinen
dieser Primfaktoren p (x) mehr als einmal enthalten kann; wäre nämlich
282 Dreiondzwanzigute Vorlesung.
wo Pi(x)9 Pi(x)y ••■ Primfunktionen bedeuten, and wäre auch nur
einer der Exponenten, etwa kx > 1, so enthielte die Ableitung nxm~1
dieser Funktion jenen Primfaktor pt(x) ebenfalls, sie besafae also
mit xn — 1 einen gemeinsamen Teiler erster Stufe, was offenbar un-
möglich ist. Es ist also:
(1) *■ — 1— ft(*)ft(«) •••?»,
wo die Funktionen p.(x) von einander verschiedene unzerlegbare
Faktoren bedeuten.
Ist d irgend ein Teiler von n = dd'} so ist xn — 1 durch x* — 1
teilbar; alle Primfaktoren von x* — 1 sind also in dem Produkte
px (x) • • • p9 (x) ebenfalls enthalten. Wir betrachten allgemein das Pro-
dukt aller derjenigen unter den v Primfaktoren von x* — 1, welche in
keiner der Funktionen x* — 1 enthalten sind, wenn d alle eigentlichen
Divisoren von n bedeutet. Wir bezeichnen dieses Produkt durch Fn (x) und
nennen es den primitiven Teiler von x* — 1 . Zu jeder Funktion af* — 1
gehört dann ein primitiver Divisor, der aus einem oder mehreren von
einander verschiedenen Primfaktoren p (x) bestehen kann. Erst später
wollen wir beweisen, dafs jeder solche Divisor Fm(x) nur aus einem
einzigen Primfaktor besteht, also selbst irreduktibel ist. Vorläufig
wollen wir ein einfaches Mittel angeben, um diese primitiven Teiler
Fn (x) zu bilden, und hierzu wollen wir zuerst ihre elementaren Eigen-
schaften entwickeln.
Zwei primitive Faktoren Fm (x) und Fn (x) können niemals einen
gemeinsamen Teiler (erster Stufe) enthalten, wenn sie nicht
identisch sind, oder das Modulsystem
M~(Fm(x), Fn(x))
besitzt keinen einzigen Teiler erster Stufe.
Zum Beweise dieses wichtigen Satzes können wir m> n annehmen;
dann ist
M~(Fmfr), Fn(x), x"—l, x*—l)}
da die beiden hinzugefügten Elemente bzw. durch Fm{x) und Fn(x)
teilbar sind. Demselben Modulsysteme können wir aber, ohne es im
Sinne der Äquivalenz zu ändern, ein Element
hinzufügen, wenn a und b beliebige positive Zahlen bedeuten, denn
dieses enthält stets das System (#"■ — 1, xn — 1); da nämlich x*m — 1
durch af* — 1 teilbar ist, so ist sicher
x*m = 1 (modd x™ — 1 , xn — 1),
§ 1. Die primitiven Funktionen Fn(x). 283
denn diese Kongruenz besteht schon für af — 1 allein. Ebenso ist
a?n = 1 (modd a"* — 1, x* — 1) ,
also ergiebt sich durch die Multiplikation beider Kongruenzen:
a-im+ft« _ i rrr, q (modd af» — 1, xn — 1).
Es sei nun (m, n) ~ £ der grofste gemeinsame Teiler von m und n;
dann kann man die beiden positiven Zahlen a und b stets so be-
stimmen, dals:
am + 6n = t + * ■ wn
wird. Sind nämlich a und ß zwei solche positive oder negative Zahlen,
dals
am + ßn = ^
und sind pn und <Jw beliebige Multipla von n und m, so ist:
(a -f- pn) m + ifi + <*w) n = t + (p + 6) mn
und man kann q und <f stets so wählen, dafs a = a + pn und
6 = /J + o*w positiv ausfallen. Dann ist aber:
(M)~(Fm(x), Fn(x), 3*+™* — 1, ar — 1, *» — 1);
nun ist:
£<+rmii _l=^.a-»irB_l ^_J (modd tf» — l , X% — 1),
denn es ist a?" ' r* = 1 (mod a?" — 1), weil xm rn — 1 durch a?" — 1
teilbar ist; somit ergiebt sich endlich die für jedes Zahlenpaar (m, n)
geltende wichtige Äquivalenz:
(2) (Fm (x), Fn (x)) ~ (Fm (x), Fn (x)} x* — 1) ,
wenn t der grofste gemeinsame Teiler von m und n, also sowohl in m
als in n enthalten ist. Hätten also Fm(x) und Fn(x) einen gemein-
samen Teiler F(x)} so müfste F(x) auch in a^ — 1 enthalten sein,
also Fm(x) und x? — 1 hätten einen Teiler F(x) gemeinsam, was mit
der Definition des primitiven Faktors Fm (x) von x?* — 1 im Wider-
spruch stehen würde.
Dieser Satz liefert uns nun sofort eine Zerlegung der Funktion
xn — 1; dieselbe ist nämlich durch alle Funktionen X* — 1, also a for-
tiori durch ihre primitiven Faktoren Fd(x) teilbar, wenn d alle Teiler
von n bedeutet, und da alle diese Funktionen Fd(x) zu einander teiler-
fremd sind, so enthält xn — 1 auch ihr Produkt, d. h. es ist:
*-l-Q(x)IjF4(z),
dt/n
*o Q (x) das Aggregat aller übrigen Primfaktoren von x* — 1 be-
284 Dreiundzwanzigste Vorlesung.
deutet. £8 handelt sich nun noch darum, den Wert des Faktors Q(x)
festzustellen. Q(x) kann mit keinem der Fd(x) einen gemeinsamen
Teiler haben, denn wäre dies der Fall, so hätte ja x* — 1 einen mehr-
fachen Teiler, was unmöglich ist. Es sei nun q(x) irgend ein irre-
duktibler Faktor von Q(x), so ist q(x) ein Teiler von xn — 1; an-
dererseits kann aber q(x) nicht zu den Teilern gehören, welche nur
in xn — 1, aber nicht zugleich in einem xi* — 1 enthalten sind, deren
Grad d ein Teiler von n ist, denn das Produkt aller dieser Faktoren
hatten wir ja mit Fn(x) bezeichnet. Es mufs also q(x) in mindestens
einem & — 1 aufgehen, für welches d ein Teiler von n ist. Es sei
nun x*° — 1 die Funktion niedrigsten Grades, welche q (x) enthält;
dann kann q (x) sicher nicht zu den Teilern der Funktion a^ — 1
gehören, welche nur in ihr, aber nicht in einem x?° — 1 enthalten ist,
deren Exponent d0 ein Teiler von d0 ist, denn das Produkt aller dieser
Faktoren war ja F. (x), welches q(x) nicht enthält; also maus q(x)
mindestens in einem xfi* — 1 aufgehen, für welches d0 ein Teiler von dÜJ
also a fortiori von n ist, und dies steht im Wiederspruche mit der
soeben über x*> — 1 gemachten Voraussetzung. Also besitzt Q (x)
überhaupt gar keinen Teiler q(x), mufs also gleich +1 sein, und
kann also stets gleich + 1 angenommen werden, wenn über das Vor-
zeichen der Fd(x) geeignet verfügt wird. Wir erhalten so die für
jeden Wert von n gültige wichtige Zerlegung:
(3) *»-l=J7*».
d/n
§2.
Die am Schlüsse des vorigen Abschnittes gefundenen Gleichungen
geben uns nun ein Mittel, um die primitiven Faktoren Fn(x) von
xn — 1 direkt zu bestimmen; setzen wir nämlich wieder in unserer
allgemeinen Reciprocitätsgleichung (6) a. S. 274:
g(n) = l, f(n) = lFn(x),
so ergiebt sich nach der ersten jener' Gleichungen und nach (3)
dj n d/n d/n
und hieraus folgt vermöge der zweiten Reciprocitätsgleichung:
dd'=n dd'=n \di'=n )
and wir erhalten ao die für jedes n gültige Darstellung unserer primi-
§ 2. Bestimmung der Funktionen Fn(x). 285
tiven Faktoren:
n
(1) Fn(x) -f] (x7 - l)u,
d/n
welche uns gestattet, alle primitiven Faktoren Fd(x) zu finden und
damit jedes xn — 1 = JJ F. (x) in Faktoren zu zerlegen.
d/n
Aus der Formel (1) ergiebt sich sofort auch der Grad der primi-
tiven Functionen Fn(x). Da nämlich der Grad eines jeden Faktors
n
\xd — l) d gleich sd • -t ist, so ist der Grad von Fn(x) gleich
d/n
d. h. gleich der Anzahl der inkongruenten Einheiten modulo n.
Nach der oben gegebenen Definition der primitiven Faktoren sind
sie alle ganze ganzzahlige Funktionen von x, und durch die obige
Darstellung ist somit eine Zerlegung von xn — 1 gefunden; jedoch ist
hierdurch noch keineswegs bewiesen, dafs diese Funktionen Fd(x) nun
ihrerseits nicht mehr weiter zerlegt werden können. Auf den Beweis
dieses wichtigen Satzes werden wir erst später in anderem Zusammen-
hange eingehen.
Wir wollen die primitiven Faktoren Fn(x) nach der soeben ge-
fundenen Formel für einige einfache Werte von n bestimmen.
Es sei zuerst n=p* eine beliebige Primzahlpotenz; dann sind
alle Teiler d = p*>, wo Xq <C x, und alle e d = 0 aufser für d = 1, p
und zwar ist st = 1, sp = — 1, und da in diesen beiden Fällen
Fix) = ^T1
(2) r xr -1
= Äy-1 <*-»> + ^-' <*-•> + . . . + ^~l + 1;
speciell ist für x = 1
(2*) Fp(x) = ?^- = x'-1+X>-t + --- + x+l.
Es sei zweitens
n = pq
gleich dem Produkte zweier von einander verschiedenen Primzahlen,
dann ist nach unserer allgemeinen Formel:
286 Draundzwanzigste Vorlesung.
(2b) Fpq (x) = (xpq — l)'1 . (xp — ip • (x9 — 1)'* . (x — 1)'p «
^(ggg — l)(s-l)
_ (** — 1) (a* - 1) "
So ist speziell ftr 1> = 3, g = 2
pn_ (S*— 1)(3P— 1) _ g'+l _ i _ , t
aus (2*) ergiebt sich ferner:
and man erhält in diesem speziellen Falle die folgende Zerlegung von
x*-l
*—l-F,(x)Ft(x) Ft(x) F1(x)=-(xi-x+l)(xi+x+ 1X*+ IX*-!)-
Wir schreiben jetzt die vorher gefundene Gleichung för Fn(x) in
etwas anderer Form. Ist nämlich n > 1, so ist identisch:
(8) w-nf-ir-nfer?.
d/n d/n
denn das zweite Produkt unterscheidet sich von dem ersten nur durch
die Potenz (x — 1) d/n 9 deren Exponent für n > 1 immer Null ist.
Also ist auch:
(3') Fu{x)-JJ{z4'~l+x"* + ... + x + iyd. .
d/n
Setzen wir in dieser Gleichung speziell x = 1 und beachten dabei, daß
in (3*) jeder Faktor des Produktes -r Glieder enthält, so folgt:
d/n d/n
und da ^ed = 0 und JJd d nach (4) a. S. 278 gleich 1 oder p ist,
d d/n
je nachdem n mehrere verschiedene Primteiler enthält oder eine Prim-
zahlpotenz ist, so erhält man in diesen beiden Fällen:
(4) *;(!)«= i, *>(i)-i»;'
die zweite von diesen Gleichungen folgt auch sofort aus (2) för x = l.
Wir hatten schon vorher gesehen, dafs zwei von einander ver-
schiedene primitive Faktoren Fm(x) und Fn(x) keinen gemeinsamen
§ 2. Eigenschaften der Funktion Fn(x). 287
Teiler q(x) von der ersten Stufe enthalten können, dafs also das Mo-
dulsystem (Fm(x), Fn(x)) stets ein reines Modulsystem zweiter Stufe
sein mufs; wir zogen diese Folgerung aus der Äquivalenz:
(5) (Fm<&, Fn(x)) ~ (Fm(x), Fn{x)} a? — l),
in der t = (m, n) der gröfste gemeinsame Teiler von m und n ist.
Wir benutzen jetzt dieselbe Äquivalenz, um den folgenden wichtigen
Satz zu beweisen:
Sind m und n relativ prim, so besitzen die beiden Faktoren
Fm (x) und Fn (x) auch keinen gemeinsamen Teiler zweiter
Stufe, d. h. es ist:
(Fm(x), Fn(x)) ~ 1.
Da nämlich in diesem Falle t ~ (ro, n) = 1 ist, so geht hier die Äqui-
valenz (5) über in:
(Fm(x), Fn(x)) ~ (Fm(x), Fn(x), x — 1);
diesem letzten und daher auch dem ursprünglichen Systeme kann man
nun, ohne es im Sinne der Äquivalenz zu ändern, die beiden Zahlen
Fm(l) und Fn(l) hinzufügen, da sie Multipla jenes Systemes sind. Da
nämlich für jede ganzzahlige Funktion F(x) die Differenz F(x) — F(l)
durch x — 1 teilbar ist, so ist speziell:
Fm(z) = Fm(l) mod(*— 1),
d. h. Fm(l) enthält das System (Fm(x), x — 1), also a fortiori unser
System (Fm(x), Fn(x), x — 1). Also ist in diesem Falle:
(Fm(x), Fn(x)) ~ {Fm(x)y Fn(x), Fm(l), ^.(D)-
Enthalt nun m oder n mehr als eine Primzahl, so ist die eine der
beiden Zahlen Fm(l) und Fn(l) gleich 1, also das ganze Modulsystem
äquivalent Eins. Sind dagegen m und n beide Primzahlpotenzen, ist
also m = j/, n = q*} so mufs wegen (w, n) ~ 1 p von q verschieden
sein, und da in diesem Falle Fm(l) = p, Fn(l) = q ist, so folgt:
(RW, Fn(x)) ~ (Fm(x), Fn(x), p, q) ~ 1,
und damit ist unser Satz vollständig bewiesen«
Sind dagegen m und n nicht teilerfremd, so braucht das Modul-
system zweiter Stufe (Fm(x), Fn(x)) keineswegs äquivalent Eins zu
sein. So war z. B.:
(F6(x), Fs{x)) = (x* + x+l, a* — z+l)
und dieses ist äquivalent (x* -f- x 4" 1> x* — #+1*2) da die Zahl
2 wegen der Identität:
288 Dreiund zwanzigste Vorlesung.
2 = (1 — x) (x* + x + 1) + (1 + x) (x* — x -f 1 )
das System enthält, also seinen Elementen zugefügt werden kann. Aus
dem so veränderten Systeme kann aber das Element #* — x + 1 fort-
gelassen werden, da es wegen der Gleichung:
x2 — x + 1 = Os + x + 1) — 2x
das aus den beiden anderen Elementen gebildete Modulsystem (x*-\- x + 1, 2)
enthält; es ist also:
(F6(x), Fz (x)) ~ (2, x* + x + 1)
und dieses System, welches nach der auf S. 208 gegebenen Definition
reduziert ist, ist also sicher nicht äquivalent Eins.
§3.
Wir wollen endlich noch die bisher gefundenen Sätze benutzen,
um eine höchst merkwürdige und wichtige Eigenschaft der primitiven
Funktionen Fn(x) herzuleiten. Sind m und n teilerfremd, so war, wie
wir gesehen hatten, das Modulsystem (Fm(x), Fn(x)) ~ 1? besafs also
keinen einzigen Divisor erster oder zweiter Stufe. Wir betrachten
jetzt an seiner Stelle das Divisorensystem:
(M) ~ (Fm(x*), Fn(af»)),
und wir wollen zeigen, dafs diese beiden Funktionen stets einen Teiler
erster Stufe haben, und zwar ist dieser die zu af" — 1 gehörige pri-
mitive Funktion Fmn(x). Wir beweisen also den Satz:
Der gröfste gemeinsame Teiler von Fm{p^) und Fnfx?*) ist stets
gleich Fmn(x), falls m und n teilerfremd sind.
Da Fm(x) ein Teiler von af" — 1 ist, so ist Fm(&) ein Divisor von
(xn)m -1-af" — 1, und dasselbe gilt offenbar von Fn(tf"\ also ist
zunächst:
(M) ~ (Fm(x"), Fn(x"), x'»« - 1).
Ist also &{x) irgend eine irreduktible Funktion, welche zunächst nur
in Fm(xn) enthalten ist, so mufs sie auch in #"** — 1 aufgehen,
und da:
(1) af"* — 1 = VI F6(x)
T/mn
ist, wo S alle Teiler von mn durchläuft, so mufs ®(x) in einer und
auch nur einer der primitiven Funktionen F#(x) enthalten sein. Da
aber m und n n. d. V. teilerfremd sind, so kann der Divisor d von
mn so in ein Produkt \iv zerlegt werden, dafs ft ein Teiler von m,
§ 3. Eigenschaften der Funktion Fn (x). 289
v ein Teiler von n ist; &(x) ist also ein Teiler von Fp^x), also a
fortiori von 3?r — 1, wo fi(i = m, vv = n ist. Ist nun die Funktion
8(x) ein Teiler von x?v — 1, so geht sie auch in af* * — 1 = xun — 1
auf, da /* — 1 selbst durch xuv — 1 teilbar ist; also haben die bei-
den Funktionen
x?n - 1 und Fn{xn)
sicher den gemeinsamen Teiler 0(x). Ersetzt man aber in diesen
beiden Funktionen für den Augenblick x* durch y, und beachtet, dafs
die beiden Funktionen Fm(y) und yf* — 1 nach der Fundamentaleigen-
schaft von Fm(y) keinen Divisor gemeinsam haben, so lange ft ein
eigentlicher Teiler von m9 also kleiner als m ist, so erkennt man, dafs
notwendig p = m sein mufs, wenn nicht jener Teiler ®(x) = 1 sein
soll. Es ergiebt sich also zunächst der Satz:
Jeder irreductible Teiler von Fm{x*) ist ein Teiler eines primi-
(3) tiven Faktors Fmv(x)9 für welchen v einen Teiler von n be-
deutet.
Ist nun @(x) auch in FM(a^4) enthalten, so beweist man genau ebenso,
dafe diese Funktion ein Teiler eines Faktors .^„(a?) sein mufs, wo /tt
einen Teiler von m bedeutet, in diesem Falle haben also die so sich
ergebenden primitiven Faktoren Fmv(x) und Ffin(x) den Divisor &(x)
gemeinsam, sie müssen also notwendig identisch sein, d. h. jeder ge-
meinsame Teiler von Fm(xn) und Fniaf1) ist auch in F„,n (x) enthalten.
Wir beweisen jetzt, dafs auch umgekehrt jeder Primteiler von
FmH(x) ein gemeinsamer Teiler von Fm(xn) und F^sf1) ist. Da diese
drei Funktionen sämtlich in afnn — 1 enthalten sind, also lauter ver-
schiedene Primteiler besitzen, so ist durch diesen Beweis unser Theorem
in seinem ganzen Umfange erwiesen. Ersetzt man nun in der Identität:
-l-ljFß(x)
fi/m
die Variable x durch xn, so geht sie über in:
xmn _l= jy F^X»);
p/m
jeder Primteiler Q(x) von Fmn(x) ist aber zugleich ein Divisor
von xmn — 1, und daher in einer der Funktionen Fh{xn) enthalten.
Nun war soeben in dem Satze (3) bewiesen worden, dafs jeder irre-
ductible Teiler Q(x) von Fft(xn) notwendig in einer der primitiven
Funktionen F^^x) enthalten sein mufs, wenn v einen der Divisoren
von n bedeutet. Also ist jeder irreductible Teiler von Fm n {x) zugleich
Kronecker, Zahlentbeorte. I. 19
290 Dreiundzwanzigste Vorlesung.
in einem FM(ot*) und in einem F^x) enthalten, wo ft bei diesen
beiden Funktionen denselben Teiler von m bedeutet. Da aber Fmn(x)
und Fprfa) nur dann einen gemeinsamen Teiler besitzen, wenn sie
identisch sind, so mufs p = m7 v — n sein; jeder Primteiler von
Fmn(x) ist also auch in Fm(£*) enthalten, und wörtlich ebenso zeigt
man, dafs er auch in Fn{afn>) auftritt, d. h. dafs in der That Fmn{x)
der gröfste gemeinsame Teiler erster Stufe von Fm(xn) und Fnfaf") ist.
So ist z. B.
F€(x) ~ (Ft(a*>, W));
setzt man also die vorher gefundenen Werte dieser primitiven Funk-
tionen ein, so mufs sein:
& — x + 1 ~ (x4 + x* + 1, ar» + 1),
und in der That ist #* + x% + 1 = (#* — x + 1) (x* + x + 1) und
a? -\- \ = (x -f- 1) (a? + x 4~ 1)> uud diö beiden Funktionen x* — x + 1
und x + 1 besitzen keinen Teiler erster Stufe mehr.
Offenbar erhalt man durch mehrmalige Anwendung des soeben
bewiesenen Hauptsatzes unmittelbar den Beweis des folgenden all-
gemeineren Theorems:
Ist n=p*p* • • pkrr = phlP1=p^Pi = ph/Pr die Zer-
legung einer beliebigen Zahl in ihre Primzahlpotenzen, so besteht
für die zugehörige primitive Funktion Fn(x) die Äquivalenz:
§4.
In einer späteren Vorlesung werden wir, ohne das Gebiet der
ganzen Zahlen zu verlassen, die Kreistheilungsgleichungen x* — 1=0
mit Hülfe der Theorie der Modulsysteme eingehend behandeln; es er-
scheint jedoch nicht überflüssig, hier noch die Wurzeln jener Gleichungen
direkt zu bestimmen und die Zerlegung der Funktionen x* — 1 in
ihre n algebraischen Linearfaktoren anzugeben. Wir wollen diese
Resultate dann benutzen, um die Bedeutung der in den letzten Ab-
schnitten gefundenen Sätze einfach darzulegen, und hierauf eine Reihe
von Anwendungen dieser Sätze zu geben.
Es ist leicht, alle Wurzeln der Gleichung:
(1) x» — 1
durch trigonometrische oder Exponentialfunktionen direkt darzustellen.
Soll nämlich eine komplexe Zahl
§ 4. Die Kreisteilungsgleichungen. 291
£ = p(cos <p -[- * sin <p)
eine Wurzel jener Gleichung sein, so ergiebt sich bei Substitution
von | in (1) und bei Benutzung der Moivreschen Formel die Gleichung:
g» = p»(cos (nqp) + * sin (*9)) = 1 f
und ihr wird bekanntlich dann und nur dann genügt, wenn
p = l, cos (nq>) = 1, sin (wqp) = 0
ist. Es mufs also der Bogen ntp irgend ein Vielfaches der ganzen
Kreisperipherie, also gleich 2kx sein, wo k irgend eine ganze Zahl
bedeuten kann. Alle Wurzeln der Gleichung (1) besitzen also die
Form*):
v 6 K 1t . 2 Kit
£ = cos + * sin (*=ot±i,±2, ■)•
Denkt man sich in der komplexen Zahlenebene um den Nullpunkt
mit dem Radius 1 einen Kreis beschrieben, und seine Peripherie von
Fig. 1.
*) Betrachtet man für ein beliebiges reelles a die allgemeinere Gleichung:
<c* = 4°* = cos a + i sin <*,
so zeigt man genau ebenso, dafs für eine Wurzel £ = pe9" p = 1 sein mufs, und
ans der Gleichung:
en<pi ä eai
folgt dann ganz ebenso nq> = et + 2lcn, q> = 1 ; die n Wurzeln dieser
Gleichung gehen also aus der einen:
Ol
e — cos k * sin —
« ' n
ikni
durch Multiplikation mit den n Kinheits wurzeln e n für k = lf , ■• n hervor.
19*
292 Dreiundzwanzigste Vorlesung.
dem Punkte A^, dem Schnittpunkte jenes Kreises mit der positiven
Horizontalaxe, ausgehend, in n gleiche Teile geteilt, so entspricht all-
gemein der &te Teilpunkt Ak einer komplexen Zahl p(cos<p -j- ^sinqp),
deren absoluter Betrag p = 1, und deren Argument g> = ist , d. h.
die Teilpunkte A^, A17 A^} ••• repräsentieren der Reihe nach die
Wurzeln:
€0 = 1,
£ = cos \- 1 sin —
L = cos 2 (- i sin 2 —
Aus dieser Darstellung folgt ohne weiteres, dafs die n Wurzeln
%o> %i> 62; • • • 5n— 1, welche jenen n Teilpunkten A^, Aly • • • -4*_i ent-
sprechen, sämtlich von einander verschieden sind, dafs aber für die
folgenden gn = £<>, Sn+ 1 = Si, • • • und allgemein £w+„ = g, ist. Statt
des Teilpunktes Aq können wir auch den mit ihm zusammenfallenden
An wählen, so dafs also die n von einander verschiedenen Wurzeln
jetzt gt, £2, • • • g* sind, und dies soll im folgenden immer geschehen.
Beachtet man weiter, dafs bekanntlich:
tkni ini k
ist, und dafs eine Gleichung nten Grades nicht mehr als n von ein-
ander verschiedene Wurzeln besitzen kann, so erhalten wir den Satz:
Die n Wurzeln der Gleichung
x* — 1 = 0
sind sämtlich von einander verschieden, und man findet sie,
wenn man in der Formel:
2krti
k gleich 1, 2, 3, . . . n annimmt. Diese n Wurzeln können auch
in der Form:
£ E2 £8 • • • in
geschrieben werden, wenn £x = e n ist ; man erhält aber genau
dieselben Wurzeln, nur in anderer Anordnung in der Reihe:
£*1 £*2 ... t*n
§ 4. Die Kreisteilungsgleichungen. 293
wenn kif fej, • • • kn irgend ein vollständiges Restsystem modulo
n bedeutet.
Hiernach erhalt man bekanntlich für jeden Wert von n die folgende
Zerlegung der Funktion rc* — 1 in ihre Linearfaktoren
n n ikfti
(2) *--i-j|(*-w-j7(*-« " )•
Wir betrachten nun zunächst den primitiven Teiler von z* — 1
ddt=*n
und untersuchen, aus welchen Linearfaktoren er besteht. Ersetzt man
in (2) n durch d'y so folgt:
d' ihni d' ihdni
s-i-n(*—4')-n{— ■ )•
i i
Setzt man aber diesen Wert in Fn(x) ein, so wird
d* ihdni §d
(3) *•-(*) -JJJK*-«-7-) >
d A=.l
wo erstens d alle Divisoren von n, zweitens hd alle Vielfache von
d, also tf, 2tf, • • • d' d durchläuft.
Um nun zu entscheiden, aus welchen Linearfaktoren Fn(x) besteht,
greifen wir irgend einen etwa \x — e * ) heraus, und sehen zu, mit
welchen Exponenten ad behaftet er in (3) vorkommt. Offenbar kommt
er überhaupt so oft vor, als sich k in der Form hd darstellen läfst,
wo d einen Teiler von n bedeutet, und jedesmal besitzt der Linear-
faktor den zugehörigen Exponenten ed. Ist also t = (n, k) der gröfste
gemeinsame Teiler von n und k, und durchläuft d alle Teiler von t,
so gehört zu jedem solchen Teiler ein Linearfaktor \x — e n ) d. h.
Fn(x) enthält genau die Potenz:
ikxi,
(* - rn
d/t
Nach der oft benutzten Fundamentaleigenschaft der Zahlen c ist aber
jener Exponent Se. dann und nur dann von Null verschieden, wenn
*=*(», ft) = l, wenn also k zu n teilerfremd oder eine Einheit mo-
dulo n ist und dann ist jener Exponent gleich Eins. Also ergiebt sich
für den primitiven Divisor Fn(x) der Ausdruck:
294 Dreiundzwanzigste Vorlesung.
Uni
Fn(x)=[](x-C* ),
wo sich das Produkt über die <p(n) modulo n inkongruenten Ein-
heiten sly s2} • • • S(p(n) erstreckt, und hier sieht man direkt, dafs der
Grad von Fn(x) gleich <p(n) ist. Ebenso ist für ein beliebiges m
irni
F*(x) - JJ (x - e ~~) ,
(r)
erstreckt über alle inkongruenten reduzierten Brüche mit dem Nenner
m. Hier erkennt man ohne weiteres, dafs zwei solche Funktionen
Fm(x) und Fn(x) keinen Teiler besitzen können, denn hätten sie auch
nur einen Linearfaktor gemeinsam, so müfste ja für ein Zahlenpaar
(V, s) e = e f d. b. es müfsten die reduzierten Brüche —
und — gleich sein, oder sich um eine ganze Zahl unterscheiden, was
offenbar unmöglich ist.
1 2 n
Denkt man sich die n Brüche — — ...— auf ihre reduzierte
n 7 n 7 n
Form gebracht, und alsdann nach ihrem Nenner geordnet, so besitzen
genau <p(n) von ihnen den Nenner n, und allgemeiner gehören zu
jedem Divisor d von n genau <jp(d) reduzierte Brüche . , -, , • • • -~-
mit dem Nenner d. Nach dem soeben bewiesenen Satze sind dann die
q>(d) zugehörigen Potenzen e d die sämtlichen Wurzeln der Gleichung
Fd(x) = 0, d.h. für den primitiven Faktor Fd(x) besteht die Zerlegung:
Fd(x) = U\*-e '-")»
und da jeder der n Brüche -'- in seiner reduzierten Form zu einem
einzigen Nenner d gehört, so ergiebt sich hier sofort die bereits
a. S. 284 bewiesene Zerlegung:
x" - l = 17 *»•
d/n
Ehe wir zu den Anwendungen übergehen, wollen wir noch einen
auf die Zerlegung in die Linearfaktoren gegründeten Beweis dafür an-
geben, dafs der gröfste gemeinsame Teiler der Funktionen Fm(xH) und
Fnix"1) gleich dem primitiven Faktor Fmn(x) ist, falls m und n teiler-
fremd sind. Ersetzt man in der Gleichung:
$ 4. Die Krei8teilung8gleichnngen. 295
irni
Fm(x)=f[(x-em)
(r,m)=*l
x durch xn und zerlegt dann nach dem in der Anmerkung a. S. 291 be-
wiesenen Satze jeden einzelnen Faktor wiederum in seine Linearfaktoren,
so ergiebt sich die folgende Gleichung:
Imi n %riti 2k ni
Fm(x<>) = ri{x"-em) = IJY](x-em* ')
*=1 r
-nn('-°'"{-+ii)). fÄr)
k r
und genau ebenso erhält man durch Vertauschung von m und n:
*.(*■) - nn (* - "(" +=y ) • es?-.-;-)
h $
Betrachtet man aber die nqp(m) Brüche
_*_ , r __km + r __ q A=i,2, n\
n ' wn mn mn} \ (*•,»») -1 /
so erkennt man, dafs ihre Zähler g = Arm + r einfach alle zu m teiler-
fremden Zahlen sind, welche <£ mn sind. Da man nun durch Ver-
tauschung von m und n den ganz analogen Ausdruck für Fn{xm) er-
hält, so ergeben sich für jene beiden Funktionen einfach die folgenden
Darstellungen:
Fm(x») = ]~J(x ~~ e mn ) (<e.»o-i. ei*»)
%ani
Fn(af») = J~J (x— emn) («vo-i, a<w»)),
a
Aus ihnen folgt aber ohne weiteres, dafs jene beiden Funktionen als
gröfsten gemeinsamen Teiler das Produkt aller derjenigen Linearfaktoren
2tHi
x — emn enthalten, in welchen r sowohl zu m, als auch zu n, d. h.
also zu mn teilerfremd ist, und r ^ mn ist; jener gröfste gemeinsame
Teiler ist also:
2t ni
2 J \X e mn ) ((*,m»)-l, t<mn))
x
d. h. gleich Fmn(x)y w. z. b. w.
296 Dreiundzwanzigete Vorlesung.
§5-
Zum vorläufigen Abschlufs dieser auf die Kreisteilungsgleichungen
bezüglichen Untersuchungen wollen wir eine wichtige Folgerung aus
dem im § 2 hergeleiteten Resultate ziehen, dafs
(i) ^«(i)-i>,i
ist, je nachdem m eine Primzahlpotenz tf ist, oder nicht. Es war:
Irtti
Fm(*) = JJ(*-era),
r
das Produkt erstreckt über irgend ein System inkongruenter Einheiten
rur%j ' ' ' r<f(rn) für den Modul m; da aber dann die <p(ro) Zahlen
( — rÄ) ebenfalls ein vollständiges System inkongruenter Einheiten
bilden, so ist auch:
trni
Fm(x) = f](x-e «),
und durch Multiplikation dieser beiden Darstellungen erhält man:
2rni\ / %mi
Fm(x) = Jj{(c - e m)(x-
i
m
r i \x — e / \x — e
««-«(;-"+« m)+i
(r)
(r) V
*
Setzt man in dieser Gleichung x= 1, so erhält man, da
— = 4 sm ( —
2 — 2 cos — - = 4 sin ( — J ist,
^m(l) = Jj2 Sin ^ Cr,»)-!,
r
und dieses Produkt ist also gleich 1 oder gleich p, je nachdem m
mehr als eine Primzahl enthält, oder eine Primzahlpotenz |>* ist.
Diese Formel benutzen wir nun dazu, die Anzahl der in einem
gewissen Intervalle vorhandenen Primzahlen zu bestimmen. Die 9(1»)
Zahlen r, welche < m und zu m teilerfremd sind, teilen wir in zwei
Gruppen, je nachdem sie kleiner oder gröfser als — sind, und wir be-
zeichnen die der ersten Gruppe durch r, die der letzten durch r\ wobei
wir bemerken, dafs für m > 2 offenbar keine der Zahlen r = y sein
§ 5. Anwendungen. 297
kann. Dann besteht immer für je zwei entsprechend« Einheiten r und
r dieser beiden Gruppen eine Gleichung
r = m — r, also sin == sin
Man erhalt also für Fm(l) die folgende einfache Darstellung
'-w - II » * 5 ■ /T * * t? - /!(* * 5)1
(";:',')•
Bezeichnen) wir also der Einfachheit wegen mit Qm alle echten Brüche
— , welche <-s- sind und in der reduzierten Form den Nenner m
haben, so ergiebt sich die Gleichung
(2) [7 (2 sin ^«)»-Al
Qm
je nach den beiden oben unterschiedenen Möglichkeiten für m.
Wir bilden nun das allgemeinere Produkt / I (2 sin p*r)2, jetzt aber
erstreckt über alle reduzierten echten Brüche < — , deren Nenner
gleich oder kleiner als eine beliebig gegebene Zahl N ist. Dieses
Produkt kann offenbar so geschrieben werden:
N
(3) fl (2 sin ,«)■ = YI TI (2 8in 9»*?'
Nach (2) sind aber alle die einzelnen inneren Produkte gleich Eins,
für welche m keine Primzahlpotenz ist, und diese können also fort-
gelassen werden, während sie im letzteren Falle gleich p sind. Eine
beliebige Primzahl ph kommt also rechts genau so oft vor, als es Po-
tenzen ph<^N giebt; ist also phh die Potenz von ph) für welche
(4) ft<N<plk+1,
ist, so ergiebt sich aus (3) die Gleichung:
(5) J7(2sinp*)* = J][>
wo das Produkt rechts auf alle Primzahlen erstreckt werden kann, da
für alle ph> N die Exponenten hk von selbst Null werden. Da aus
der Ungleichung (4) offenbar:
298 Dreiundzwanzigste Vorlesung.
INI
also hk =
werden:
L'^J
folgt, so kann unsere Gleichung auch so geschrieben
(5») JJ (2 sin <,*)» = JJpL«i>J ;
! '. i
wo sich das Produkt links über alle reduzierten Brüche < -^- erstreckt,
deren Nenner <C JT ist, während es rechts auf alle Primzahlen p aus-
zudehnen ist. Nehmen wir in dieser Gleichung auf beiden Seiten die
Logarithmen und dividieren wir durch IN, so folgt:
Q P
oder da nach der Definition des Symboles [A]
ist, wo dp für jedes p einen echten Bruch bezeichnet, so ergiebt sich
endlich die Formel:
^I(»-inf«)-2(l-*,.ä),
<> (P)
welche besonders dadurch merkwürdig erscheint, dafs auf ihrer linken
Seite die Primzahlen garnicht explicite auftreten, während rechts nur
diese vorhanden sind. Diese Gleichung gewährt uns eine ungefähre
Schätzung für die Anzahl AN der Primzahlen unterhalb der beliebig
angenommenen Zahl N] läfst man nämlich auf der rechten Seite die
echten Brüche öp • ^ fort, welche für einen grofsen Wert von N für
die meisten Primzahlen p sehr klein werden, so ergiebt sich für jene
Anzahl AN der zu kleine aber angenäherte Wert
Wir können endlich die Gleichung (5) dadurch vereinfachen, dafs
wir auf ihrer rechten Seite alle diejenigen Primzahlen zusammenfassen,
welche denselben Exponenten kh besitzen. Sind nämlich:
P» Pk> Pk" ' ' '
alle und nur die Primzahlen, für welche
pk<N<pk+\ also Nk+x<p^Nh
1
oder, was dasselbe ist, sind pk9 pv • • • alle in dem Intervalle N**1 --N
vorhandenen Primzahlen, so geht unsere Gleichung über in:
(5») 7J (2 sin Q*y = ]~[ (ft j»; •••)*•
*=1,2
Vierundzwanzigste Vorlesung.
Die arithmetische Funktion ^w(3f, JV). — Ihre genaue Berechnung. — Anwendung:
Bestimmung der Anzahl aller Primzahlen unterhalb einer gegebenen Grenze. —
Näherungsweise Berechnung der Funktion %n(M, N). — Die arithmetische Funk-
tion %t{A,D). — Ihr genauer Wert. — Naherungsweise Berechnung dieser Funk-
tion. — Anwendung: Die Wahrscheinlichkeit dafür, dafs zwei beliebige Zahlen
teilerfremd sind. — Der Mittelwert arithmetischer Funktionen. — Berechnung des
Mittelwertes mit Hülfe der Eulerschen Summenformel. — Anwendungen. — Be-
rechnung des Mittelwertes mit Hülfe der Dirichletschen Reihen.
8 1-
Wir waren im Anfange dieses Kapitels von dem Zahlensystem
(1, 1), (1, 2), (1, 3), • • •
(2,1), (2,2), (2,3),-..
(1) ((*, *)) - (3, 1), (3, 2), (3, 3), • ■ •
ausgegangen, in welchem jedes Element (i, Je) ~ t, nämlich äquivalent
dem gröfsten gemeinsamen Teiler von i und Je war; wir hatten dann
die Elemente (i, Je), (/', &'), • • • welche denselben gemeinsamen Teiler t
besitzen, als äquivalent angesehen und in eine und dieselbe Klasse Kt
geordnet, und wir hatten uns schon damals die Aufgabe gestellt, die
Anzahl aller derjenigen Elemente (i, Je) in einem gegebenen begrenzten
Bereiche zu finden, welche einer gegebenen Klasse Kt angehören.
Wir nehmen dies Problem jetzt wieder auf und fragen zunächst
nach den Systemen (i, Je) in einem beliebigen Abschnitte einer einzigen
Horizontalreihe Hn, welche die Invariante Eins besitzen, d. h. wir
stellen uns die folgende Aufgabe:
Es seien M und N zwei beliebige ganze Zahlen und M < N;
es soll die Anzahl zH(Mf N) aller Systeme
(n,M+l), (n,M+2), •••(«, N)
gefunden werden, welche äquivalent Eins sind, oder es soll die
Anzahl aller Zahlen r in dem Intervalle
M<r<N
300 Vierundzwanziggte Vorlesung.
gefunden werden, welche zu einer beliebig gegebenen Zahl w
teilerfremd sind.
Diese Aufgabe wurde in dem speziellen Falle M = 0, N = n a. a. 0.
bereits gelöst, und es ergab sich hier ^(0, n) = ?>(»). Offenbar erhalt
man die hier gesuchte Anzahl, wenn man erst die Anzahl z„(0, N) der
Zahlen r <^N aufsucht, welche zu n teilerfremd sind und von ihr die
entsprechende Anzahl %n(0, M) der Zahlen r<^M abzieht, d. h. es ist
(1) Zn(M, N) - Zn(0, N) - z,(0, M) .
Es seien
Pu ft> • " Pg
alle von einander verschiedenen Primfaktoren von n, ihrer Grösse nach
geordnet. Dann erhält man die Anzahl ^(0, N) aller zu n teiler-
fremden Zahlen r <i N, indem man von der Anzahl aller Zahlen <. N,
d. h. von N die Anzahl aller derjenigen Zahlen abzieht, welche mit n
einen der Primfaktoren pa gemeinsam haben. Für eine einzige Prim-
zahl pa ist aber jene letztere Anzahl offenbar gleich — I • Zieht man
9
aber von N die über alle g Primfaktoren erstreckte Summe ^. —
ab, so ist die Differenz: Ä=1
*-2&
[ZI
offenbar kleiner als die gesuchte Anzahl, denn wir haben ja alle und
nur diejenigen Zahlen r mehr als einmal gerechnet und abgezogen,
welche zwei von einander verschiedene Primzahlen pa und p* mit n
gemeinsam haben, und da ihre Anzahl für irgend zwei solche Zahlen
gleich ist, so müssen wir zu der obigen Differenz noch, die
über alle ^^ — - Produkte pap^ erstreckte Summe ^ hinzu-
a,{j \-PaPflJ
fügen. Die so sich ergebende Summe:
'-?E]+2fcSd
ist aber wieder zu grofs, weil jetzt wieder alle diejenigen Zahlen r
mehr als einmal gerechnet und hinzugefügt worden sind, welche drei
von einander verschiedene Primfaktoren paf pfi, p von n enthalten, u. s. w.
Fährt man in derselben Weise fort, so erhält man zuletzt für die ge-
suchte Anzahl den Ausdruck:
in
§ 1. Die arithmetische Funktion %n(MyN). 301
und man überzeugt sich nachträglich leicht, dafs hier in der That jede
zu n teilerfremde Zahl r einmal gezählt ist, während alle übrigen Zahlen
nicht mit gerechnet sind. Ist nämlich (r, n) = t und besitzt t genau y von
einander verschiedene Primfaktoren, so ist r unter den N ersten Zahlen
einmal mitgezählt, in der zweiten Summe ^ — genau y Male, i
der dritten Summe genau 7 Male u. s. w., d. h. man erkennt
genau wie a. S. 249, dafs die Zahl r in jenem Ausdruck z»(0, N) genau
1-y+^----±1 = (1-1)y
Male, d. h. einmal oder garnicht gezählt wird, je nachdem y = \ oder
y > 1, d. h. je nachdem (r, n) ~ 1 ist oder nicht.
Dieselbe Überlegung bleibt auch in dem allgemeineren Falle richtig,
wenn die obere Grenze N des Intervalles keine ganze Zahl, sondern
ein beliebiger Bruch ist, nur ist dann die Anzahl aller Zahlen r ^N
nicht gleich N, sondern gleich [N], während alle übrigen Betrach-
tungen unverändert richtig bleiben. Es ist also für ein beliebiges N:
oder einfacher bei Einführung der Zahlen sm:
wo jetzt die Summation über alle Teiler d von n zu erstrecken ist.
Nach der oben bewiesenen Gleichung (1) erhält man also für die
Anzahl %n{M9 N) der zwischen r = M und r = N liegenden Systeme
(n, r) ~ 1 den einfachen Ausdruck:
«.«*)-.z*fi]-[a>.
d/n
wo wieder über alle Teiler d von n zu summieren ist, und wo sowohl
M als N ganze oder gebrochene Zahlen bedeuten können.
Wir wollen nach dieser Formel die Anzahl:
fc,(100, 120)
302 Vierundzwanzigste Vorlesung.
aller Zahlen zwischen 100 und 120 berechnen, welche zu 15 teuer-
fremd sind. Hier sind die Teiler d von 15
1, 3, 5, 15,
die zugehörigen Werte von sd
i, -i, -i, i,
und da für diese Teiler der Reihe nach:
pj] = 120, 40, 24, 8; [^] = 100, 33, 20, 6
ist, so erhalt man die folgende Darstellung:
Zl6(100, 120) = (120 — 100) — (40 — 33) — (24 — 20) + (8 — 6) = 11,
und in der That sind die innerhalb dieser Grenzen liegenden zu 15
teilerfremden Zahlen die 11 folgenden:
101, 103, 104, 106, 107, 109, 112, 113, 116, 118, 119.
Wir wollen diese Formel benutzen, um die Anzahl aller Prim-
zahlen unterhalb einer beliebig gegebenen Grenze N zu berechnen.
Es seien
(4) JPi, A, • • • A
alle diejenigen Primzahlen, welche <^YN sind. Wählen wir dann
speziell
so müssen die in dem Intervalle (YN • • • N) liegenden zu n relativen
Primzahlen notwendig absolute Primzahlen sein, denn wäre eine solche
Zahl r das Produkt auch nur von zwei Primfaktoren, so müfste jeder
von ihnen notwendig <^ YN sein, also in der Reihe (4) vorkommen,
d. h. r und n hätten einen gemeinsamen Teiler. Also ist:
d/n d/n d/n
die Anzahl aller Primzahlen in dem Intervalle fyN • • • N). Nach der
allgemeinen Formel ist nun die Anzahl %n(0, Y^J der zu n teiler-
fremden Zahlen in dem Intervalle (0 • • • Y^)
d/n
also genau gleich jener zweiten Summe; aber diese Anzahl ist gleich
§ 1. Anzahl aller Primzahlen unter einer gegebenen Grenze. 303
Eins, da jede Zahl r <,YW mit Ausnahme der Zahl 1 mindestens eine der v
Primzahlen p < Y^N enthalten mufs. Also ist :
Nimmt man also zu ihnen noch die v Primzahlen plr pt, ■ ■ ■ pr unter
yW hinzu und rechnet aufserdem die Zahl 1 als Primzahl mit, so
ergiebt sich der Satz:
Die Anzahl aller Primzahlen, welche in der Reihe 1, 2, 3, • • • N
vorkommen, ist:
d/n
wenn die Summation auf die Divisoren d des Produktes
n =PiPz - • • pv aller zwischen 1 und "J/jV liegenden Primzahlen
erstreckt wird.
Diese elegante und sehr brauchbare Formel ist eine der wenigen
genauen, die wir über die Primzahlen kennen.
Wir wollen als Beispiel die Anzahl aller Primzahlen aufsuchen,
welche kleiner als 50 sind. Hier ist:
2V=50, [}/F] = 7, also n — 2 . 3 . 5 - 7 = 210,
es sind also die Teiler d von n der Reihe nach:
d - 1; 2, 3, 5, 7; 6, 10, 14, 15, 21, 35; 30, 42, 70,105;210,
[N~\
■j sind:
ad - 1; — 1, —1, —1, —1; +1, +1, +1, +1, +1, +1 j —1, —1, —1, —1 ; +1
[5]-60; 25, 16, 10, 7; 8, 5, 3, 3, 2, 1; 1, 1, 0, 0; 0,
es ergiebt sich also die gesuchte Anzahl gleich:
4 + 50 — (25+16 + 10 + 7) + (8+5+3+3 + 2 + l) — (1 + 1) = 17,
und in der That lehrt ein Blick auf die Tabelle a. S. 67, dafs die
16 Primzahlen
1, 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31, 37, 41, 43, 47
kleiner sind als 50.
Es sei zweitens N = 120, also [j/F] = 10, n = 2 . 3 • f> • 7.
Hier sind die Werte von d und €d offenbar dieselben wie vorher, man
erhalt daher aus den obigen Reihen für die gesuchte Anzahl:
4 + ^b* ■ \}f] - 4 + 120 - (60 + 40 + 24 + 17)
+ (20 + 12 + 8 + 8 + 5 + 3) (4 + 2 + 1 + 1) = 31,
304 Vierundzwanzigste Vorlesung.
und in der That kommen, wie die soeben erwähnte Tabelle lehrt, zu
den 16 vorher betrachteten Primzahlen noch die 15 folgenden:
53, 59, 61, 67, 71, 73, 79, 83, 89, 97, 101, 103, 107, 109, 113
zwischen 50 und 120 hinzu.
-r durch die
iV
Brüche -,-, welche sich ja von jenen nur um einen positiven echten
Bruch unterscheiden, so erhält man den folgenden angenäherten Wert
für die Anzahl aller unter N liegenden Primzahlen:
wo sich das Produkt rechts auf die v unter YW liegenden Primzahlen
P\ > * " * Pv erstreckt.
Diese Annäherung ist schon für kleine Werte von N eine sehr
gute. So ergiebt sich z. B. für die beiden vorher behandelten Fälle
N= 50 und N= 120 statt der genauen Anzahlen 16 und 31 bezw.
4 + 50 4^4t? = 15>6 bzw- 4+120 ^l=31>4>
beide Male ist also der Fehler noch kleiner als — Man kann auch
leicht ein, wenn auch verhältnismäfsig sehr grofses Intervall angeben,
innerhalb dessen der bei dieser Annäherung gemachte Fehler liegen
mufs. Ersetzt man nämlich in der Summe:
m-2[$+2\ä]~~
die gröfsten Ganzen alle durch die entsprechenden Brüche selbst, so
wird bei jedem einzelnen Gliede ein Fehler begangen, der positiv oder
negativ, aber absolut genommen stets kleiner als Eins ist. Also liegt
der Gesamtfehler zwischen -f~ A und — A, wenn A die Anzahl aller
jener Glieder ist; da aber für diese Anzahl offenbar:
ist, so ergiebt sich für die Anzahl aller Primzahlen unter N die
Näherungsformel :
wo € ein unbekannter positiver oder negativer echter Bruch ist; die
Grenze des Intervalles der Unbestimmtheit ist also gleich 21"*"1, wenn
v die Anzahl aller Primzahlen unterhalb }/N bedeutet.
§ 2. Die arithmetische Funktion 91,04, D). 305
§2.
Wir wollen jetzt die im § 1 dieser Vorlesung a. S. 299 gestellte
Aufgabe in dem Falle lösen, dafs der Bereich der zu untersuchenden
Elemente (i,k) durch ein beliebiges Rechteck ABCD begrenzt wird,
dessen Seiten der Horizontalaxe und der Vertikalaxe in dem Schema
((*, Ä*)) parallel laufen; wir bezeichnen also durch
%{A, D)
die Anzahl aller Elemente (i, Je) innerhalb des Rechteckes ABCD,
welche äquivalent t sind, für welche also i und k den gröfsten gemein-
samen Teiler t haben, und suchen diese Anzahl für ein beliebiges
Rechteck ABCD und für einen beliebigen Wert von t zu bestimmen.
Ich bemerke gleich, dafs wir diejenigen Systeme (», k\ welche eventuell
auf den äufseren Begrenzungsseiten BD und CD liegen, dem Recht-
eck zuzählen wollen, dagegen wollen wir diejenigen Elemente nicht
mitrechnen, welche, sich auf den inneren Seiten AB und AC befinden.
Zunächst erkennt man, dafs wir uns bei dieser Frage auf den Fall
beschranken können, dafs die* erste Ecke A des Begrenzungsrechteckes
mit dem ersten Elemente (1, 1) zusammenfällt, welches mit 0 be-
zeichnet werden mag. Kennt man nämlich für einen beliebigen
Punkt P jene Anzahl Ä,(0, P), so wird, wie die nebenstehende Figur
ohne weiteres ergiebt, die Anzahl %(Af D) durch die Gleichung:
( 1) %{A, D) = %{0, D) - %(0, C) - «,(0, £) + %(0, Ä)
gegeben, denn jedes System (i, k) mit der Invariante t wird in dem
Aggregate rechts dann und nur dann, und zwar einmal gezählt, wenn
es in dem Rechteck ABCD liegt;
dagegen hebt es sich in den An-
zahlen rechts fort, wenn es in einem
der drei anderen Partialrechtecke
vorkommt. Ferner erkennt man
leicht, dafs jene Formel (1), falls
ABCD ein inneres Rechteck ist,
auch dann noch richtig bleibt, wenn
man üj jenen Rechtecken (0, P)
alle vier Seiten dem Inneren des Rechteckes zuzählt. Will man dies nicht,
so braucht man das ganze System (dk)) nur noch mit einer nullten Hori-
zontalreihe (0, 0), (0, 1), (0, 2) • • • und entsprechend mit einer nullten
Vertikalreihe (0, 0), (1, 0), (2, 0) • • • zu rändern, und den Anfangs-
Krooecker, Zahlentheorie. I. 20
Fig. 2.
306 Vierundzwanzigste Vorlesung.
punkt jetzt nach dem Elemente (0, 0) zu verlegen. Wir wollen im
Folgenden diese letztere Annahme machen.
Es habe jetzt der Punkt P die Koordinaten (x = m, y = n), wobei
m und n wieder beliebige ganze oder gebrochene Zahlen sein können.
Da das System ((t, k)) symmetrisch ist, so können wir m <^ n annehmen,
weil sich die Anzahl Ä<(0, P) bei einer Vertauschung der Zeilen und
Kolonnen nicht ändert. Wir können die zu lösende Fundamentalauf-
gabe jetzt also folgendermafsen aussprechen:
Wie grofs ist die Anzahl %(0, (m, n)) aller Zahlensysteme (i, k),
für welche
l^i<^m; 1^Ä<C»; m^n
ist, und die den gröfsten gemeinsamen Teiler t besitzen?
Man findet diese Zahl durch eine Betrachtung, welche der a. S. 300
durchgeführten durchaus anlog ist, hier also nur angedeutet zu werden
braucht.
Sollen die beiden Zahlen i und k den gröfsten gemeinsamen Teiler
t haben, so müssen sie sicher Multipla von t sein, und da in der Reihe
1, 2, • • • m genau \-t\9 in der Reihe 1, 2, • • • n genau |y j Vielfache
von t enthalten sind, so ist die Anzdhl aller Zahlensysteme (i, k)}
welche innerhalb (0, (m, n)) überhaupt den Teiler t haben, genau gleich
I r y 5 un<J zwar kann hier t ganz beliebig gewählt sein, denn jenes
Produkt wird ja von selbst Null, wenn t gröfser als m oder n ist, da
dann - oder - echte Brüche, die in ihnen enthaltenen gröfsten
ganzen Zahlen also Null sind. Um aber diejenigen Systeme zu finden,
deren gröfster gemeinsamer Teiler t ist, mufs man von jenen zunächst
alle diejenigen Systeme (i, k) abziehen, für welche i und k beide durch
pt teilbar sind, wenn p irgend eine bestimmte Primzahl bedeutet; nach
dem soeben benutzten Satze ist aber die Anzahl dieser Systeme gleich
So ergiebt sich die Differenz:
Lpt1 Lpt]
R][t]- 2 K][,U
in welcher die Summation auf alle Primzahlen erstreckt werden kann,
da alle Produkte von selbst Null werden, für welche pt > m ist. In
diesem Ausdrucke sind aber wieder alle diejenigen Systeme (i, fy zwei-
mal abgerechnet worden, in denen i und k einen gemeinsamen Teiler
pp't besitzen, wo p und p irgend zwei von einander verschiedene
Primzahlen sind. Fügt man daher die Anzahl aller dieser Systeme
hinzu, ergiebt sich genau ebenso:
§ 2. Die arithmetische Punktion Xt(A, D). 307
Ltj LtJ ~ £ lytl [pii + 2j L^T'ü iWtv
durch analoges Weiterschliefsen erhält man zuletzt für die gesuchte An-
zahl den Ausdruck:
(2, »,(0,(»,„,)-[f][i]_2[S]K]+^b?i][??l]--.
P PiP
und man überzeugt sich wiederum leicht a posteriori von der Richtig*
keit dieser Gleichung; ist nämlich ein Element (iy Je) ^ Xt und enthält A
genau v von einander verschiedene Primfaktoren, so erkennt man
genau, wie a. S. 301, dafs jenes Element bei dieser Zählung
1 — v -f- ~ — • • • = (1 — 1)* Male gerechnet wurde. Unter Be-
nutzung der Zahlen ek kann dieser Ausdruck kürzer so geschrieben
werden:
OD
2
(2») «w<*«>)-2'»[£H-5]'
und zwar kann diese Summe unbedenklich über alle unendlich vielen
Zahlen Je = 1, 2, • • • ausgedehnt werden, da alle Glieder verschwinden,
für welche ,-- < 1 oder Je > | — | ist. Man kann daher jene Summe
in endlicher Form auch folgendermalsen schreiben:
in
(2>) a,(o, <»,„))_ 2 «,[»] Kl-
Es sei z. B. m = 50, n = 60, t = l. Dann ist:
«,(0, (60, 60,) -[?]•[?]- [£] ■ [£] - [£] [£]
r 50 i r 60 -| r 60 n r 601 , r so i r 60 i
= 56 — (12 + 4 + 1 + 1) + 1 = 39;
es giebt also in jenem Rechtecke genau 39 Zahlensysteme (i, k), deren
gröfater gemeinsamer Teiler gleich 7 ist.
§3.
Die im vorigen Abschnitt gefundene Anzahl %(0, (m, n)) wollen
wir jetzt abschätzen, um dann zu untersuchen, welcher Grenze sie sich
nähert, wenn die Seiten des begrenzenden Rechteckes unendlich grofs
werden. Zu diesem Zwecke ersetzen wir in dem Ausdrucke (2b) die
20*
308
Vierundxwanzigste Vorlesung.
in ihm auftretenden gröfsten ganzen Zahlen j-t unc| ,- 1 durch die
zugehörigen Brüche. Setzt man nämlich allgemein:
p»n m * rnn _n *.
\JctJ~ kt °*' Lkt]~kt °*>
so sind dt und «; der Erklärung des Gaussischen Zeichens gemäfe
nicht negative echte Brüche, und man erhält dann für jene Anzahl den
Ausdruck:
m
7
«,(o, (m, »)) - 2^g - «») (£ - «;)
(i)
_mn ^7^_ m ^ W _ « V !i!* i V.Ar
~ t* j£J £* t ;LJ k t J^J k ^ jLJ * * *
Die erste Summe schreiben wir anders: Da nämlich identisch:
m
T
(2)
*=a
k% ~ <4J k*
*=i
jt=
ist, und da nach der Bemerkung a. S. 264 Nr. (lb) für jedes * > 1
1 -H z.7
ist, so ergiebt sich für diese erste Summe in (2)
^1 ic* ~ ~
1;
weil nach der a. S. 259 gemachten Bemerkung ^^ &• = IT ^s^* ^er
1
nach kann unsere Gleichung (1) einfacher so geschrieben werden:
(3)
wo das Restglied R den folgenden Wert hat:
8,(0, 0», »,) _ !i . 1, - B
mn
m
~t
r**\ n _ mn >• * 4. m V * * 4.
r=T+i i * *
Wir wollen diesen Rest nicht genau berechnen, sondern nur zwei
Grenzen angeben, zwischen denen R notwendig liegt; wir werden dann
sehen, dafs das Verhältnis mit wachsendem m unendlich klein wird,
7 mn
§ 8. Näherungsweise Berechnung der Funktion %t(A, D).
309
and mit Hilfe dieser einen Thatsache kann der Grenzwert von
8/(0, (tn, n)) für m = oo leicht gefunden werden. Ich zeige nun durch
eine Abschätzung der einzelnen Summen, aus denen R besteht, dafs
jenes Restglied zwischen den beiden Grenzen:
(3b)
±\™i^- + ?lt^(1 + 1t) + t\
t
— 1
J
liegen mufs. Es ist nämlich zunächst
Nun folgt aus der Gleichung (1) a. S. 258
6 »
(4)
falls f(x) eine Funktion ist, welche mit wachsendem Argumente ab-
nimmt. Aber aus dieser Formel ergiebt sich für f(x) = — und für
6 = oo ^ oo
i v J x9 }
* *
X
und för z = 2, a = | - 1 erhält man endlich, da / -t = — ist,
(5)
Mit Hilfe derselben Fundamentalformel (4) kann man auch die
zweite und dritte Summe in R abschätzen. Offenbar ist nämlich:
m
t
#<2i->+
1
wie man leicht erkennt, wenn man in (4) a «= 1, b =*» I - , f(x) «= — -
setzt. Ersetzt man also noch rechts |y 1 durch den gröfseren Bruch -r- ,
und beachtet man, dafs die dritte Summe in dem Ausdrucke (3*) von
R ganz gleich gebildet ist, so folgt:
(.W
2-
t9k I
.- und
k
m
T
<i + Kf)
310
Vierundzwanzigste Vorlesung.
Endlich besteht für die vierte Summe offenbar die Ungleichung:
(&b)
€kdkdk
Setzt man die so gefundenen Grenzen (5), (5a), (5b) für die vier Sum-
men in R ein, so findet man, dafs jR in der That innerhalb der beiden
in (3b) angegebenen Grenzen liegt.
Wir wollen nun das Verhältnis:
Mt
mn
der Anzahl der zur Klasse Kt gehörigen Elemente in dem Recht-
eck (0, (m, n)) zu der Anzahl mn aller in ihm enthaltenen Elemente
oder, was dasselbe ist, die mittlere Anzahl der Elemente (if k) ~t in
unserem Rechteck (0, (w, n)) bestimmen.
Ersetzt man den Rest R durch seinen Ausdruck (3b), so erhält
man für jenes Verhältnis den Wert:
Mt
6 1 , 1 j 1
w» ' i1 — t i
m
T
wo das in gewundenen Klammern stehende zweite Glied hier wie im
folgenden immer eine zwischen den beiden Grenzen liegende Zahl be-
deutet, welche dem positiven und dem negativen Vorzeichen entsprechen.
Ersetzt man noch, was offenbar erlaubt ist, — durch die gröfsere oder
ihr gleiche Zahl — , so erhält man schliefslich :
*-iv±Tl,rr, + =(» + »(T))l-.
Schon dieser Ausdruck würde für die zunächst zu ziehende Folgerung
genügen. Um ihn aber noch weiter zu vereinfachen bemerke ich, dafs
für m>2t
in — t
ist, wie eine leichte Rechnung zeigt. Dann ist also a fortiori:
Ersetzt man endlich noch — ( =- durch — m-t), was ebenfalls sicher
erlaubt ist, sobald m die Grenze ebt überschreitet, da dann:
§ 3. Näherungsweise Berechnung der Funktion Wt(A, B).
311
wird, so erhalt man für Mt den folgenden eleganten Ausdruck:
*,(<>, <m*))_
(6)
Jf,=
mn
wo f einen positiven oder negativen echten Bruch bedeutet.
Lassen wir nun die Seiten m und n über jedes Mafs hinaus
wachsen, so nähert sich — , also auch das ganze zweite Glied sehr
rasch unbegrenzt der Null, und es ergiebt sich der Satz:
Das Verhältnis der Anzahl der Elemente (i, k) ~t innerhalb
des Rechteckes (0, (m, n)) zu der Anzahl aller Elemente nähert
sich mit wachsendem
0
m und n unbegrenzt
dem Werte -vtt, un^
zwar sind die bei die-
sem Grenzübergange
vernachlässigten Glie-
der höchstens von der
Ordnung
7t
tn
m,
B
a
D
Fig. 3.
Wir wollen endlich jenen
asymptotischen Wert für ein ganz beliebiges Rechteck AB CD be-
rechnen, dessen Gegenecken A und D bezw. die Koordinaten (m, n)
und (m', n') besitzen. Nun ergiebt sich aus (6) für die Anzahl
8,(0, (m, n)) für ein beliebiges Rechteck (0, A), falls n^>m ist,
CO
«,(0, (ro,n)) = ^ • mn + -^ l^y
u*t
t
wo noch, was offenbar zulässig ist, — durch - - ersetzt wurde. Be-
rechnet man nun der Reihe nach die Anzahlen
«,(0,(m>')), «,(0,(//i,w')), *,(0,»»), «,(0,(m,w))
für die vier Rechtecke (0,2)), (0, C), (0,5), (0, J.), so ergiebt sich
aus (7) für die gesuchte Anzahl 21/ (A, D) der Wert
%{A} D) = — , , (mn — mn — mn + mn) + R
wo ü aus den soeben angegebenen Restgliedern für alle jene vier
Rechtecke gebildet ist. Ersetzt man aber in jenem Aggregate für R
alle echten Brüche £ durch + 1, bezw. — 1 und alle Produkte -rl r
durch das gröfste unter ihnen, also durch -rl-r, so erhält man für
At(A, D) den Ausdruck:
312 ' Vierundzwanxlgste Vorlesung.
wenn /t = m — m und v = ri — n die Seitenlangen des Rechteckes
AB CD bezeichnen, und hieraus folgt, wenn man diese Gleichung durch
pv dividiert und dann zur Grenze m = n = <x> übergeht, während
m und n gegebene endliche Werte behalten:
da bei diesem Grenzübergange das zweite Glied gegen Null konvergiert,
und zwar ist der hierbei begangene Fehler von der Ordnung
Wir können aber auch von der Bedingung absehen, dafs der Anfangs-
punkt A = (m, n) im Endlichen bleiben soll; auch er kann vielmehr
ins Unendliche rücken, nur müssen die Seitenlängen (t und v des be-
trachteten Rechteckes so grofs angenommen werden, dafs der Quotient
sich der Grenze Null nähert.
fiV
Wählt man speziell t = 1, so lehrt unsere Formel, dafs die mitt-
lere Anzahl aller teilerfremden Systeme (i, k) innerhalb des Rechtecks
6 3
AB CD gegen die Grenze — j, also näherungsweise gegen -- konvergiert,
wenn der Punkt D auf irgend einem Wege ins Unendliche rückt; oder
die Wahrscheinlichkeit, dafs zwei beliebig herausgegriffene Zahlen i
und k relativ prim sind, ist s •
Hätten wir, wie dies Dirichlet in seinen Vorlesungen öfter gethan
hat, unsere Aufgabe von vornherein als ein Problem der Wahrschein-
lichkeitsrechnung gefafst, so hätten wir das vorher gefundene Resultat
sehr viel einfacher finden können, doch mufs gleich hinzugefugt werden,
dafs diese Dirichletsche Herleitung nicht als ein strenger Beweis an-
gesehen werden kann.
Nehmen wir nämlich an, die Wahrscheinlichkeit, dafs zwei belie-
bige Zahlen i und k relativ prim sind, dafs also (i, k) ~ 1 ist, .sei
gleich wy so lehrt eine einfache Überlegung, dafs die Wahrscheinlich-
keit wt dafür, dafs zwei Zahlen i und k den gröfsten gemeinsamen Teiler t
haben, gleich -t- sein mufs, denn in diesem Falle mufs ja i = i^
k = kxt und (ij, kt) ~ 1 sein, d. h. die Anzahl dieser Systeme ist der
t* te Teil von der Anzahl aller teilerfremden Systeme (i, k). Die
Summe
PC 00
1 1
aller dieser Wahrscheinlichkeiten mufs aber offenbar gleich der Gewifs-
w =
§ 4. Die Mittelwerte arithmetischer Funktionen. 313
heit, also gleich Eins sein, denn diese Summe giebt ja die Wahrschein-
lichkeit dafür, dafs jene beiden Zahlen überhaupt einen gemeinsamen
Teiler besitzen, und hieraus folgt also für w die Gleichung:
l ^
In dieser Deduktion liegt aber von vornherein die des Beweises
bedürftige Voraussetzung, dafs die Wahrscheinlichkeit dafür, dafs zwei
beliebig grofse Zahlen i und Je relativ prim sind, überhaupt existiert,
d. h. dafs das Verhältnis der Anzahl der primitiven Systeme (i, k) zu
der Anzahl aller Systeme sich einer bestimmten Grenze nähert, wenn
die Anzahl der betrachteten Systeme unendlich grofs wird, und dafs
diese Grenze analytisch darstellbar ist, dafs also mit ihr gerechnet
werden kann. Streng genommen lehrt also die Dirichletsche Deduktion
nur, dafs jene Wahrscheinlichkeit, falls sie überhaupt existiert, notwendig
gleich -, sein mufs. Dafs die von uns gegebene Deduktion keine
solche prinzipielle Voraussetzung macht, ist ein sehr wesentlicher Vor-
zug derselben.
§4.
Die elementaren arithmetischen Funktionen, wie die Anzahl <p(ri)
der Einheiten modulo w, oder die Anzahl Ad(n) aller Teiler von n,
oder die Anzahl aller Primzahlen unterhalb n u. a. m., unter-
scheiden sich dadurch sehr wesentlich von den einfachsten Funktionen
der Analysis, dafs sie mit wachsendem n zwar im allgemeinen ebenfalls
ständig zu- oder ständig abnehmen, dafs sie aber in der Umgebung
einzelner Stellen grofse Wertschwankungen, ein plötzliches Herabsinken
und ein ebenso rasches Wiederansteigen der Funktionswerte zeigen.
So fällt z. B. die Funktion Ad(ri)} die Anzahl aller Teiler von w,
obwohl sie im allgemeinen mit wachsendem n, und zwar ziemlich rasch,
zunimmt, dennoch stets auf den kleinsten überhaupt möglichen Wert
Ad(ri) = 2 zurück, sobald n eine Primzahl wird; ebenso erhält q>(ri)
immer den relativ sehr grofsen Wert n — 1, wenn das. Argument n
bei seinem Zunehmen gleich einer Primzahl wird. Wie unregelmäfsig
z. B. diese Funktion sich ändert, zeigt die folgende Tabelle, welche
die den Argumenten zwischen 100 und 125 entsprechenden Werte von
<jp(n) angiebt:
n = 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112
<p(n) = 40,100, 32,102, 48, 48, 52,106, 36,108, 40, 72, 48,
n = 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125
9,(w)=112, 36, 88, 56, 72, 58, 96, 32,110, 60, 80, 60,100.
314 Vierundzwanzigste Vorlesung.
Bei dieser grofsen Regellosigkeit der Funktionswerte läfst es sich
voraussehen, dafs es gewöhnlich sehr schwer und umständlich sein wird,
eine solche arithmetische Funktion genau analytisch darzustellen, falls
diese Darstellung überhaupt gegeben werden kann.
Diese merkwürdige Thatsache führte nun naturgemäfs zu der Frage,
ob sich diese Unregelmäfsigkeiten in den Wertefolgen einer arithme-
tischen Funktion nicht ausgleichen, wenn man den Durchschnitt einer
längeren Reihe auf einander folgender Funktionswerte betrachtet, und
ob nicht bei dieser Art der Betrachtimg das wahre Gesetz für die Wert-
änderungen jener zahlentheoretischen Funktionen frei von diesen mehr
zufälligen sprungweisen Änderungen deutlich hervortreten wird, da jene
extremen Schwankungen, eben weil sie nur Ausnahmefälle bilden, den
durchschnittlichen Wert nicht wesentlich beeinflussen.
Diese Fragestellung führt nun von selbst zu der Untersuchung
der Mittelwerte arithmetischer Funktionen, und zwar ergiebt sich, um
dies gleich vorweg zu nehmen, das schöne Resultat, dafs man auf diese
Weise eine wunderbar einfache und deutliche Einsicht in die Natur
einer solchen scheinbar ganz regellosen Funktion und in das Gesetz
ihres Wachsens und Abnehmens erhält.
Für eine und dieselbe Funktion kann man nun für einen belie-
bigen sehr grofsen Wert von n zwei verschiedene Mittelwerte finden,
von denen der erste den Verlauf der Funktion in dem ganzen Inter-
valle von 1 bis w, der zweite ihren Charakter in der Umgebung von n
allein charakterisiert. Der Einfachheit wegen wollen wir im folgenden
annehmen, dafs die Funktion f(n) nicht blofs für alle ganzzahligen,
sondern auch für alle dazwischen liegenden reellen Werte von x de-
finiert, und dafs f(x) für alle endlichen Werte von x stetig und diffe-
renzierbar ist; eine Annahme, welche offenbar immer erfüllbar ist.
Ist nun n eine beliebige ganze Zahl, so stellt der Ausdruck:
f(i) + f(2) + '-- + f(n)
n
das arithmetische Mittel aller Funktionswerte in dem Intervalle (1 • • • w),
und der Grenzwert:
(i) !/(/•(«)) = um f^tm±—+m
n = oo
den mittleren Wert der Funktion f'(n) überhaupt dar, falls ein solcher
Grenzwert existiert, was jedesmal erst nachzuweisen ist. Ist
F(n) = /Xl) + f{2) + ... + /•(»)
die zu f(n) gehörige sogenannte summatorische Funktion, so wird
§ 4. Die Mittelwerte arithmetischer Funktionen. 315
M(f(ri)) = — ^ , es wird also dieser erste Mittelwert durch den ein-
fachen Ausdruck:
(1») M(f) - lim ^ = lim ^
dargestellt.
Neben dieser Zahl iüf (f) kann man nach Gaw^s (Disq.' arithm.
art. 301 — 303) einen anderen Mittelwert angeben, welcher uns den mitt-
leren Wert einer Funktion f(n) in der Umgebung einer einzelnen Stelle
n = v für unbegrenzt wachsendes v darstellt, und dieser soll der
Gaussische Mittelwert genannt und durch 2R(/*) bezeichnet werden.
Betrachtet man nämlich das arithmetische Mittel
/on m + /> +*) + •••+/>+*)
von irgendwelchen (v -f- 1) aufeinander folgenden Funktionswerten, so
stellt dieser Quotient den mittleren Funktionswert von f in dem Inter-
valle (fi, • • • (i + v) dar; setzen wir also für ein gerades v:
so erhält man in dem dann sich ergebenden Ausdruck:
fü\ f(n-k) + f(n-k + 1) + • • • + f(n) + • • . + f(n + k)
w - 2jfc-+i - ■
den mittleren Wert von f(iriy in der Umgebung (n — k, • • • , n + Je) der
Stelle n.
Lassen wir jetzt die die Umgebung von n bestimmende Zahl Je
wachsen, so werden die in den 2 Je + 1 Funktionswerten f(l) in
(3) auftretenden Unregelmäfsigkeiten mehr und mehr kompensiert;
jedoch kann man Je nicht beliebig zunehmen lassen; wird nämlich
Je gegen n zu grofs, so kann jenes Intervall (n + Je) nicht mehr
als die Umgebung der Stelle n angesehen werden. Wir lassen
daher sowohl Je als auch n selbst unbegrenzt wachsen, aber so,
dafs Je gegen n unendlich klein wird, dafs also die Verhältnisse
— = 1 + - - der beiden äufsersten Intervallgrenzen zu n sich nur un-
endlich wenig von der Einheit unterscheiden. Nähert sich dann dieser
Quotient einem bestimmten nur von n abhängigen Grenzwerte, so
nennen wir den Ausdruck:
1R(f<n)) = lim ]imf^-k)+--+i^+—±^+^ (u-i-o)
den Gaussischen Mittelwert der arithmetischen Funktion f(n) für den
sehr grofsen Wert n. Bei dieser Definition bleibt es aber unbestimmt,
316 Vierundzwanzigste Vorlesung.
in welchem Verhältnis k gegen n unendlich klein wird; wir werden
sehen , dals die Bestimmung hierüber jedesmal durch die Natur der
gegebenen Funktion von selbst gegeben wird.
Wendet man dieselbe Überlegung auf den Ausdruck (2) an, so
hat man hier zu den Grenzen (i = oo und v = oo überzugehen, mit
der Marsgabe, dals die Gröfse v des Intervaües gegen p unendlich klein
werden muis. Ersetzen wir noch p durch p + 1 a^° v + 1 durch v,
wodurch der Grenzwert nicht geändert wird, so erhalten wir für den
Gaussischen Grenzwert den Ausdruck:
m(f((i)) - lim Um • ft»+D + --- + /f0» + »
/fast» f=3s00
wo F(n) wieder die summatorische Funktion zu f(n) bedeutet und
wo auf der linken Seite n = (i -f- — durch p, ersetzt ist.
Ist die zugehörige analytische Funktion F(x) für grofse Werte
von x differenzierbar, so ergiebt sich nach dem Mittelwertsatze der
einfachere Ausdruck: •
m{f(tL)) = \\mF{* + v)-F-^= lim F'fa + dv),
wo d einen unbekannten positiven echten Bruch bedeutet. Führt man
dagegen an Stelle der summatorischen Funktion F(n) den ersten
Mittelwert M(n) aus (1) ein, so folgt:
W(/Xiö) = » + »>*(»+*)-**« _ Mfr + v) + p mt±±=JM9
und falls auch diese Funktion in jenem Intervalle differenzierbar ist,
so folgt:
2R(» = M(fl + V) + tlM'((l + iv) <0«J<1);
ist -Jf(fi) speziell eine solche Funktion, dafs für unbegrenzt wachsendes
ft, v und abnehmendes - pM'di -{- Sv) gegen das erste Glied ver-
fr
schwindet, so ergiebt sich mit beliebiger Annäherung:
§5.
Die Bestimmung der zu f(x) gehörigen summatorischen Funktion
F(x) kann in vielen Fällen mit Hülfe der Integralrechnung durch die
Eulersche Summenformel ausgeführt werden. Ich möchte an dieser
§ 5. Die Eulereche Summenformel.
317
Stelle nur an die Herleitung jener berühmten Formel erinnern, ohne
sie aber zu beweisen, da dies Sache der Integralrechnung ist*).
Setzen wir der Ein-
fachheit wegen die be-
trachtete Funktion f(x)
in dem Intervalle 0, • • • n -A
als nicht negativ voraus,
so stellt das Integral
ff(x)dx
Fig. 4.
geometrisch den Inhalt des durch die Kurve y = f(x) begrenzten
Flachenstückes OABC dar; dagegen giebt die summatorische Funktion:
F(n) = f(l) + f(2) + ... + /•(„) = 2" «»' + 1) - 0 /■(»' + 1)
= i^ + -Rg 4- • * • 4" Rn
die Summe der n Rechtecke i?*, welche aus den Ordinaten f(k)
und den dazwischen liegenden Teilen der Abscissenaxe gebildet sind.
Jene Summe F(n) wird also näherungsweise durch das Integral dar-
gestellt. Untersucht man nun unter Anwendung des Mittelwertsatzes,
welcher Fehler. bei dieser Darstellung gemacht wird, so erhält man
eben die Eulersche Gleichung:
/•(l) + f{2) + ... + /•(„)
= c +ff(x)dx + 1 /•(«) + ^ r in) - ^ r (») ;
i
hier bedeutet C eine von f(x) abhängige Konstante, welche jedesmal
berechnet werden mufs, und £ einen unbekannten positiven echten
Bruch, und es ist vorausgesetzt, dafs die Funktion f{x) nebst ihren
vier ersten Ableitungen in dem Intervalle (1, • • • n) endlich und stetig
ist, und dafs ferner f""{x) in jenem Intervalle keine Zeichenänderung
erfährt.
Wir wollen diese Gleichung nur auf die Bestimmung der Reihe
1 4~ 2 4~ T 4~ ' ' " 4~ fur ein beliebig grofses n anwenden, da wir
das hier erlangte Resultat im folgenden notwendig brauchen werden.
In diesem Falle ist also:
*) Vgl. z. B. Schlömilch, Compendium der höheren Analysis. V. Aufl. Bd. I,
S. 439.
318 Vierundzwanzigste Vorlesung.
24
6 7
die Bedingungen für die Anwendbarkeit der Eulerschen Summenformel
sind also alle erfüllt, und man erhält aus ihr die folgende Gleichung:
1 4- -1- _i_ A _i l JL = c 4- In 4- - -1- 4- — - •
1 ^ 2 ^ 3 ^ ^ n U ' tW ' 2n 12n» ' 64n4
Um die von n unabhängige Konstante C zu finden, schaffen wir In
auf die linke Seite und gehen dann zur Grenze für n = oo über.
Dann ergiebt sich für C die einfache Gleichung:
C-ä(1 + T + - + ¥-4
n=ao
d. h. C ist der Wert, um den sich die Summe der reciproken Zahlen
von 1 bis n von In unterscheidet, wenn n unbegrenzt wächst. Ersetzt
i
man hier -r- durch / z ~xdz7 so kann der in Klammern stehende
o
Ausdruck rechts so geschrieben werden:
In 1
und durch die Substitution:
* = l-i-, l-* = i-, dz *
n ' n ' n
geht er über in:
/-? • t c- c- in ■-/? -sh (»-('-in -/?■■
n 10. 1
Geht man hier zur Grenze n = oo über und beachtet dabei einmal,
dafs unser Integral für unbegrenzt wachsendes n konvergiert, und
zweitens, dafs:
limfl — -i) = <T*
ist, so ergiebt sich für die Konstante C der Ausdruck:
1 00
0 10 1
wenn wir nun den ersten Integranden in eine Potenzreihe entwickeln
und dann gliedweise integrieren, und den zweiten durch die Sub-
stitution :
§ 5. Die Eulersche Summenformel. 319
& = — n, t = <rl («-1, c={; *«. c-o)
transformieren, so folgt:
i
€
^ X 221^83! 44! ' Jlt'
o
Das hier an zweiter Stelle stehende bestimmte Integral:
J n
0
für eine beliebige obere Grenze c wird bekanntlich der Integrallogarith-
mus genannt und durch li(c) bezeichnet; derselbe spielt gerade in der
Zahlentheorie eine wichtige Rolle. Man erhält also für die Zahl C7
welche die Eulersche Konstante heilst, die für die numerische Berech-
nung äu&erst bequeme Formel:
OD
\k — 1
und aus ihr ergiebt sich
C = 0,5772156649
§6.
Die Bestimmung des mittleren Wertes einer arithmetischen Funk-
tion f(k), d. h. des Grenzwertes:
M(f(n)) = lim m + f® + -2+m = lim *®
« = ac n = oo
kann in vielen Fällen auf wunderbar einfache Weise ausgeführt werden,
aber nur unter der notwendigen Voraussetzung, dafs man bereits ander-
weitig wisse, dafs für f(k) ein Grenzwert existiert, d. h. dafs der Quo-
tient — - mit wachsendem n einer von n unabhängigen Grenze zu-
strebt.
Zu diesem Zwecke betrachten wir die endliche Dirichletsche Reihe:
i
deren Koefficienten die Werte f(k) der zu untersuchenden arithme-
tischen Funktion sind, und die wir uns bis zu einem beliebigen
(n + 1)*" Gliede ausgedehnt denken. Da für jeden positiven Wert
von z:
320 Vierund zwanzigste Vorlesung,
ist, so ist jene Reihe
OD
(2)
1 1 t
Auf diese Reihe wenden wir nun eine Transformation an, welche
wohl zuerst von Abel und zwar mit sehr grofsem Erfolge benutzt
worden ist. Sind nämlich:
4>t A> --> 4»; Bo> Bu - • -, B*
2n + 2 beliebige Gröfsen, so folgt aus der Identität:
die Richtigkeit der folgenden Gleichung
(3) A0B0 +2 A-x(^ - ^-i) - 2^*-' _ ^) + ^S"
1 1
in welcher die Abelsche Umformung enthalten ist.
Setzen wir nun in dieser Gleichung
od i+1
Bk =F{k) =j?f(h) „ Bk -Bk_t -/•(*),
1
und setzen wir das erste Element B0 = 0, so ergiebt sich aus der
rechten Seite von (2) unter Benutzung von (1*) die folgende Darstel-
lung unserer Reihe:
w $'■?-' $*vj% + £&-
Die erste Summe rechts können wir nun als ein einziges Integral
schreiben, wenn wir an Stelle der Zahlenreihe F(Jc) eine Funktion i$(x)
einführen, welche in jedem der Intervalle (Je • • • Je -f- 1) durch die
Gleichungen:
(5) x%(x) = FQc) CÜv-'J
definiert sein soll. Für alle ganzzahligen Werte von x ist also
§ 6. Erste Bestimmung des Mittelwertes. 321
(5*) 3(*) = nr
gleich dem Mittelwerte M(f(kj)) für alle dazwischen liegenden Werte
ist dagegen %(x) = — — ; in jedem einzelnen Intervalle (k^x<lc-\-l)
ändert sich also die Funktion $(%) stetig, aber unmittelbar vor dem
ganzzahligen Argumentwerte macht sie einen Sprang, dessen Grö&e gk
offenbar gleich
also im allgemeinen von endlicher Qröfse ist; jedoch nehmen, falls die
Grölsen f(k) endlich bleiben, diese Zahlen gk mit wachsendem Je un-
begrenzt ab.
Setzen wir die Funktion FQc) auf der rechten Seite von (4)
unter das Integralzeichen, und führen wir dann die Funktion %(%) ein,
so geht diese Gleichung über in:
yr r%&y
JL* ** jLi J x* ' (n+1)'
(6) * X *
J x* ^(n+l)'
l
Da der Integrand ^-^ für ein positives * nur an einer endlichen An-
x'
zahl von Punkten Unstetigkeiten von endlicher Gröfse besitzt; so folgt,
dafs das rechts stehende Integral endlich und differenzierbar ist, und
dasselbe gilt für den Grenzwert jenes Integrales für n = oo , sobald
nur der absolute Wert von F(k) unterhalb einer endlichen Grenze
bleibt, denn alsdann ist ja: | x%(x) \<g, \ 5(#) I < — , also für ein
sc
positives z\
CO 00
I r5(*)dx\ C dx __ g
\J af \<9J^+'-g'
w. z. b. w.
Wir wollen nun annehmen, man wisse, dafs M(f(n)) = — — mit
wachsendem n gegen einen endlichen Grenzwert C konvergiert, so
dafs also
(6') Eg> = C + 8n
ist, wo iH mit wachsendem n unendlich klein wird. Dann besteht
also wegen (5a) für unsere neue Funktion 3(#) eine Gleichung:
Kronecker, Zahlentheorie. L 21
322 Vierandzwanzigste Vorlesung.
(6b) 5(*)-c + *(«),
wo wir von der Funktion d(x) nur wissen, daß) sie für endliche x
endlich und dafs
lim g(x) = 0
ist. Setzen wir diesen Wert von %(x) in die Gleichung (6) ein, und
multiplizieren sie mit e — 1, so ergiebt sich weiter:
(7) 1 »
^V V ** ^V ' (♦» + !)'
1
Das erste Integral besitzt den einfachen Wert
(7») Cg(l - (n + l)1-*) ;
um das zweite näherungsweise zu berechnen, teilen wir das Inte-
grationsintervall in zwei Teile (1 • • • A) und (A • • • n -f- 1); dann können
und wollen wir A von vorn herein so grofs annehmen, dafs d(x) in
dem ganzen Intervalle (A • • • oo), also a fortiori auch innerhalb
(A • • • n -f- 1) seinem absoluten Werte nach unterhalb einer beliebig
kleinen Gröfse r bleibt. Ist dann a eine solche positive Zahl, dafs
| S(x) | in dem ersten Intervalle (1 • • • A) kleiner ist als cc, so ergiebt
sich für das zweite Integral:
n+l 2 *-fl * »4-1
/sw?*V'-",p+"/
*«
(8)
Hieraus folgt, dafs das ganze zweite Integral zu Null wird, wenn man
zuerst n unendlich grofs werden, und dann z gegen Eins konvergieren
läfst. In der That ist ja wegen (8)
*+1 l-s
(8*) (*»-*) fy&dz~6a.1 '"^y- g) + jt.,(-±- 1—\.
11— * — 1
da nun der erste Bruch — — j — für e = 1 gegen den wahren Wert
— lg A konvergiert, wahrend das letzte Glied bei jenen Grenzüber-
gängen in d% übergeht, so wird die rechte Seite von (8*) in der That
§ 6. Ente Bestimmung des Mittelwertes. 323
unendlich klein. Dasselbe gilt aber auch von dem letzten Gliede in (7),
denn es ist wegen (6*)
(* — !) 7—r^r. — (« — 1)
(* + »* «'-^i)'
und die rechte Seite geht für w = oo in Null über, solange noch z> 1
bleibt. Da nun dasselbe auch von dem zweiten Gliede in (7a) gilt, so
ergiebt sich schließlich aus (7), wenn man zuerst zur Grenze n = oo
und dann zur Grenze z — 1 übergeht:
denn nach (6*) ist ja C = lim — — • Man erhalt also den folgenden
interessanten Satz:
Besitzt die arithmetische Funktion f(k) überhaupt einen Mittel-
wert, so konvergiert die zugehörige Dirichletsche Reihe ^~
für z > 1, und das Produkt
konvergiert für z = 1 gegen einen bestimmten Grenzwert,
welcher gleich dem Mittelwerte von f{h) ist.
Ich bemerke noch, dafs dieser Satz auch dann noch richtig bleibt,
wenn jener Mittelwert C unendlich grofs sein sollte, da in diesem Falle
die zugehörige Dirichletsche Reihe ebenfalls über jedes Mals hinaus
wächst, denn dann folgt ja aus (5a), dafs %(%) für grofse x unendlich
wird. Nimmt man also an, dafs von einem genügend grofsen Werte £
an %{x) bestandig gröfser ist als %(£), so ist:
OD
setzt man also in (6) n = oo und unterdrückt den zweiten Summanden '
rechts, so ergiebt sich die Ungleichung:
(,_1)V^>(.«-.)/^>Ä
1
/"
also ist der Grenzwert der linken Seite für z = 1 gröfser als 2K£), er
ist also, da £ beliebig grofs gewählt werden kann, in der That unend-
lich grofs.
Da man nun in vielen Fällen den Grenzwert von
21*
324 Vierundzwanzigste Vorlesung.
00
1
für z = 1 leicht bestimmen kann, so würde dieser Satz ein sehr
brauchbares Mittel zur Bestimmung der Mittelwerte liefern, wenn seine
Anwendbarkeit nicht die Voraussetzung der Existenz dieser Mittel-
werte involvierte. Da wir diesen Existenzbeweis aber nur sehr selten
auf einfachere Weise geben können, so werden wir uns dieses Satzes
nur zur Verifikation der gewonnenen Resultate bedienen, und in
der nächsten Vorlesung andere Methoden zur Bestimmung der mittleren
Werte auseinandersetzen, welche von jeder unbewiesenen Voraus-
setzung frei sind.
Für die einfachste Dirichletsche Reihe
i
ergiebt sich unmittelbar, dafs sie für z = 1 wie __ unendlich
wird, was wir früher auf anderem Wege bewiesen hatten, denn für
diese Reihe ist f(Jc) = lf also der Mittelwert der Koefficienten
1
also ist in der That
W ««(«-Dj'i-i,
w. z. b. w.
Als eine zweite einfache Anwendung dieses Satzes suchen wir den
Mittelwert der arithmetischen Funktion
p/k *
zu bestimmen, welche das Verhältnis aller Einheiten niodulo Je zu allen
modulo k inkongruenten Zahlen angiebt.
Wir hatten für die Funktion <p(Jc) auf S. 267 die folgende Glei-
chung gefunden:
00 OD ,_» OD
(io) Sjf^ '20' "2^'
ii i
Geht man hier auf beiden Seiten zur Grenze z = 1 über, nachdem
man diese Gleichung mit z — 1 multipliziert hat und beachtet man
dabei, dafs:
§6. Beispiele. 325
OD 00
lim V* -Vi-t"
und
ist, so ergiebt sich aus (9) und (10) eine Gleichung; die man offen-
bar so schreiben kann:
jpg)
Mit Benutzung unseres allgemeinen Theoremes ergiebt sich also der
merkwürdige Satz:
Besitzt die arithmetische Funktion ^~ überhaupt einen Mittel-
wert, konvergiert also die Summe
J_ M£) i jp(2) , , y(n)\
für unbegrenzt wachsendes n gegen einen von n unabhängigen
Grenzwert, so ist derselbe gleich -^
Wir wollen auf die Folgerungen aus diesem Resultate erst dann
eingehen, wenn wir es direkt, d. h. ohne jene unbewiesene «Annahme
hergeleitet haben. Wir wollten nur zeigen, wie einfach jene Fragen
zu beantworten sind, wenn man darauf verzichtet, sie ganz streng zu
lösen.
Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Die arithmetischen Funktionen von Zahlensystemen und ihre Mittelwerte. — An-
co fori
Wendungen: Die mittleren Werte der Funktionen g>(n) und ^-^. — Über die
arithmetischen Funktionen, welche von den Divisoren einer Zahl abhängen und
über die Mittelwerte derselben. — Die gröTseren und kleineren Divisoren
einer Zahl.
§1.
Wir wollen die in der vorigen Vorlesung begründete Theorie jetzt
auf die wirkliche Bestimmung der mittleren Werte einiger arithmeti-
schen Funktionen anwenden. Wir stützen uns dabei zunächst auf die
in § 1 und § 2 jener Vorlesung abgeleiteten Resultate über die Zahlen-
systeme {{i, Je)) und geben diesen eine solche Form, dafs sie selbst
als einfache Beispiele zu der Theorie der Mittelwerte erscheinen. Zu
diesem Zwecke dehnen wir unsere Theorie auf die Betrachtung der
arithmetischen Funktionen von Zahlensystemen aus.
Es sei f(i, Je) eine arithmetische Funktion der beiden ganzen
Zahlen i und ky sie sei also eindeutig bestimmt, wenn i und Je beliebig
gegeben sind. Wie wir nun in der vorigen Vorlesung die Funktion
f(i) entweder in einem Intervalle (1, • • • n) oder in einem anderen
(f1; • ' " f* ~f~ v) betrachteten und beide Male das arithmetische Mittel:
n // + »
2f® 2f®
*=1 und *---*—
n v
aller Funktionswerte in jenem Intervalle aufsuchten, ebenso betrachten
wir jetzt das arithmetische Mittel aller Funktionswerte f(i} Je) in einem
zweidimensionalen Gebiete (i, Je)] und /war erhalten wir die einfachste
Verallgemeinerung jener beiden Mittelwerte, wenn wir für jenes Gebiet
beide Male ein Rechteck wählen, dessen Seiten der horizontalen und
der vertikalen Axe parallel sind.
Betrachten wir zunächst f(i, Je) für alle Wertsysteme:
(1,1), (1,2), (l,n)
(ii) = (2>l)> (2>2)> (%«)
(w, 1), (*», 2), (m, n)
§ 1. Die Mittelwerte der Funktionen von Zahlensystemen. 327
für ein beliebiges m und n, so erhalten wir in dem Ausdrucke:
2 2fw
den gesuchten Mittelwert für /*(*, i) in jenem Rechtecke (R). Legen
wir dagegen das allgemeine Rechteck:
ü* + i,p'+i), (p + lt j + ^
CD - : :
0» + v, p + 1), 0* + v, n' + v0
zu Grunde, so erhalten wir in dem Quotienten:
SR (/-OD) = M+1 "+1
den Gauss'schen Mittelwert von f(i9 k) in der Umgebung (SR) von irgend
einem in 91 liegenden System (i, k) unter der notwendigen Voraus-
setzung, dafs jenes ganze Gebiet (SR) als klein gegenüber der Gröfse
von [i und p' angesehen werden kann.
Lassen wir nun in beiden Fällen das betrachtete Rechteck in
seinen beiden Dimensionen unbegrenzt wachsen und konvergieren jene
beiden Mittelwerte dann gegen bestimmte Grenzwerte , so sind diese
Verallgemeinerungen des allgemeinen und des Gaussischen Mittel-
wertes für Punktionen von zwei Argumenten f(i, k). Im zweiten Falle
rnufe man aber die Seiten v und v' in der Weise wachsen lassen, dafs
sie bezw. gegen fi und p' klein bleiben. So ergeben sich also die
beiden Mittelwerte:
* W = k* i\s-
2w> *>
Mf) = lim lim m . lim- = lim^ = 0,
Wahlen wir speziell f(i, k) gleich 1 oder gleich 0, jenachdem
i und k den gröfsten gemeinsamen Teiler t haben oder nicht, so geben
die über die beiden Rechtecke R bezw. 9i erstreckten Summen
(«)
328 Fünfundzwanzigste Vorlesung.
offenbar die Anzahlen der in R bezw. 9t befindlichen Systeme (t, Je) ~ t
an, nnd nach den im § 3 der letzten Vorlesung bewiesenen Sätzen
nähern sich also die beiden Mittelwerte M(f) und 9K(/*) mit un-
begrenzt wachsendem B und 91 derselben Grenze, nämlich — ^ • Nach
der am Schlüsse des § 3 gemachten Bemerkung war der im zweiten
Falle bei dem Grenzübergänge gemachte Fehler nach der früheren Be-
n' In'
Zeichnung von der Ordnung , nach der hier benutzten also von
der Ordnung ^ , , wenn wir unter ft die grofsere der beiden
Zahlen ft und \i verstehen. Dieser Quotient kann aber durch den
einfacheren £-£ ersetzt werden, weil sich das Verhältnis jener beiden
Zahlen:
**$?"- (H- 7) 0 + ^)
mit wachsendem a dem Grenzwerte Eins nähert, da lim — = 0 wird.
Ist endlich v^v', so folgt, dafsder hier begangene Fehler kleiner, als
f**f»
ist; es müssen daher v und v so im Verhältnis zu (i und p gewählt
werden, dafs die drei Quotienten:
fL 9 p' 9 V1
unendlich klein werden. Diesen Bedingungen wird z. B. durch die
Annahmen:
_^
genügt, da diese Brüche dann der Reihe nach gleich:
l l Zp
werden.
t>*' t^' ^
§2.
Wir benutzen nun das im vorigen Abschnitte gefundene allge-
meine Resultat, um die mittleren Werte der beiden arithmetischen
Funktionen <p(n) und ^-+ aufzusuchen, und zwar werden wir uns hier
und im Folgenden ausschliefslich mit dem Gauss'schen Mittelwerte be-
schäftigen, da der andere nur als Mittel zum Zwecke anzusehen ist.
§ 2. Der Mittelwert von <p(n). 329
Zu diesem Zwecke betrachten wir in dem Systeme ((i, Je)) ein
Dreieck:
(1,1)
(2, 1), (2, 2)
(3, 1), (3, 2), (3, 3)
(»,1), (n,2), (w,3), •• •(«>*),
welches einem beliebigen ganzzahligen n entspricht, und suchen die
Anzahl aller teilerfremden Systeme (i, k)~l innerhalb desselben, d. h.
wir bestimmen die Anzahl der teilerfremden Systeme (i, Je), für welche
n ^ i ]> Je
ist. Da aber allgemein in der i*"1 Zeile jenes Dreieckes, also unter
den Elementen (i, 1), (i, 2), • • • (i, i) genau tp(i) primitive Systeme
vorhanden sind, so ist die gesuchte Anzahl
*=*1
Ergänzen wir nun jenes Dreieck zu einem Quadrate von w8 Ele-
menten, indem wir allgemein in der i**1 Zeile die Elemente (i, i + 1),
(i,i-{-2)9 • • ■ (i, n) hinzufugen, und suchen wir jetzt die Anzahl aller
teilerfremden Systeme (if Je) in diesem Quadrate, so war diese'
-j n2 + 3snln,
wie sich aus der Formel (7) S. 311 für t = 1 und für m = n ergiebt.
Diese Anzahl ist nun genau das Doppelte der vorher gesuchten Zahl
A(n)> denn da das quadratische System ((i, Je)) symmetrisch ist, so
entspricht jedem Elemente (i, Je) ^1 unterhalb der Diagonale ein eben-
solches oberhalb derselben, während von den Diagonalelementen (t, i)
mit einziger Ausnahme des ersten kein einziges primitiv ist. Wir
erhalten also für A(n) die Gleichung:
n
(1) Ä(n) = 2 9 (») — ^ »8 + y «»*»,
i
d. h. es ergiebt sich für den Mittelwert von tp(n) in dem Bereiche
(1, • • • n) die einfache Gleichung:
M(tp{n)) = -^— — n- ^ + y ein.
330 Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Wir berechnen jetzt weiter den Gaussischen Mittelwert von q>(n)
in der Umgebung (n — k, • • • n + k) der Stelle n; nach der Formel
(3) a. S. 315 ist derselbe:
n+k *+* n— *— 1
2<p® 2*®- 2 v® ä A. t
m(w(n)) = 2=* 1 1 = A(n + k)-A(n-k-l)m
IKWW)— 2h+l — u + 1 U + l '
und nach (1) ergiebt sich also:
Nfr«) " ÜTT Ö ((n + Ä)* - (w ~ * - W) + *
-£<»,,_ 1) + B- 5 + IT,
wo das Bestglied j?' durch die Gleichung:
v, v S^ 3 (e'(n + k)l(n + k) — e"(n — k — l)l(n — jfc — 1)) j^
gegeben ist, und e und e" positive oder negative echte Brüche be-
deuten.
Wir wollen nur die Gröfsenordnung des Restgliedes R' fest-
stellen; dazu können wir das Glied 5 fortlassen, e' und e" durch.
+ 1 bezw. — 1 ersetzen, aufserdem im Nenner 2k + 1 durch 2 k,
im Subtrahendus n — k — 1 durch n — k ersetzen, und endlich den
dann auftretenden Zahlenfaktor -- fortlassen, weil durch alle diese
Veränderungen der absolute Betrag des Bestes vergröfsert oder nur um
Gröfsen höherer Ordnung verkleinert x wird. Dann ergiebt sich für B'
der einfachere Ausdruck:
(n + k) l (n + k) + (n — k) l (n — k) = n^ ^ , a _ ^ , ^ n + k
K K Ä ~ ™" K
-25r + T'(1-S + i— i
1
n
Entwickelt man endlich die beiden Logarithmen nach Potenzen von
— , so erkennt man, dafs die beiden letzten Glieder mit der ersten
k
Potenz von — beginnen; das Bestglied R' kann also in der Form ge-
schrieben werden:
■nt *
* ' "f n
wo e1 und b% positive oder negative echte Brüche und u und ß geeignet
•nt nln . a k
§ 2. Der Mittelwert von <p(n). 331
zu wählende endliche Eonstanten bedeuten; man erhält also für den
gesuchten Mittelwert den einfachen Ausdruck:
(2) Kfo«) -5 + *«.=£ + **!■•
Geht man jetzt zur Grenze (n = oo, — = 0 j über, so sieht man,
dafs h im Verhältnis zu n nicht ganz beliebig klein gewählt werden
kann, wenn die beiden hier auftretenden Restglieder gegen das erste
unendlich klein werden sollen. Am besten wäre es, wenn Je so be-
stimmt werden konnte, dafs jene beiden Restglieder
nln , k
-r ** n
etwa von gleicher Ordnung würden. Dann müfste aber Je* von der
Ordnung n*ln, also Je von höherer Ordnung als n selbst sein, es würde
also durch 9K(qp(w)) nicht der Mittelwert von g>(n) in der Umgebung
der Stelle n dargestellt.
Um ein möglichst gutes Resultat zu erzielen, setzen wir:
* ln>
wir wählen also die Umgebung von n zwar verhältnismäßig grofs
gegen n, aber doch noch gemäfs den oben gestellten Anforderungen,
so, dafs lim — = lim y- = 0 wird. Dann werden die beiden Rest-
ftcaao
glieder in (2) bezw. von der Ordnung (In)* und j-] dieses letztere
Restglied kann dann also gegen das erste vernachlässigt werden, und
man erhält:
(3) a»(»«)-S + S5 (*»)■;
für sehr grofse Werte von n hat also <p(n) die durchschnittliche
Grofse — y, d. h. ziemlich angenähert die Grofse -z-n.
Es ist interessant zu sehen, dafs dieser mittlere Wert schon bei
verhältnismäfsig kleinen Zahlen n eine recht gute Annäherung giebt.
Wählt man z. B.
n = 112, Je = 12,
so wird, wie eine kleine Rechnung unter Benutzung der a. S. 313 ge-
gebenen Tabelle lehrt:
«=124
m(»ai*>) - <=i — HF = 67,68,
332 Fünfundzwanzigste Vorlesung.
3
während — • 112 = 67,2 ist; der begangene Fehler ist also schon hier
kleiner als — •
§3.
Wir wollen jetzt den Mittelwert der Funktion:
p/*
in gleicher Weise berechnen, jetzt aber unabhängig von der im § 6
der vorigen Vorlesung gemachten Voraussetzung, dafs ein solcher
Mittelwert wirklich existiert. Zu diesem Zwecke bestimmen wir die
Anzahl $^(0, (#», n)) aller in einem beliebigen Rechtecke
((1, 1), (1, n), (m, 1), (ro, n))
befindlichen Systeme (i, k) ~ 1 auf zwei verschiedene Arten, und finden
dann den gesuchten Mittelwert durch Gleichsetzung jener beiden Resul-
tate. Nach der Formel (6) a. S. 311 ist jene Anzahl:
(1) %i (0, (m, n)) = £itnn + Senlm .
Betrachten wir nun zweitens die n in einer beliebigen ftton Zeile stehen-
den Systeme:
(2) &1),...(M);(M+1X-..(M*)5(*»2*+1X (*,»),
so sind unter den k ersten (Je, 1), • • • (Je, k) genau <p(k) teilerfremde
Systeme enthalten, ebenso unter den Je folgenden (Je, Je + 1), • • • (Je, 2k),
da diese ja den Je ersten äquivalent sind, u. s. w. Also zerfällt die
Reihe (2) in K-l Partialreihen von je Je Elementen, von denen jede
<p(n) Einheitssysteme enthält, und zu ihnen tritt dann noch eine kleine
Anzahl (k, |!V] Je -\- 1), > - • Qc,ri), welche die letzte unvollständige
Partialreihe büden, und in welcher die Anzahl der Einheitssysteme
<^ tp(k) ist. Mithin ist die gesuchte Anzahl für eine der m Horizontal-
reihen unseres Rechteckes gleich:
*<*)[t] + '*»(*)»
wo Sh nicht negativ und höchstens gleich Eins ist. Ersetzt man noch
yc\ durch ~ — dk, wo 0 ^ dft'< 1 ist, und setzt man dann dk — dk = ek ,
so wird jene Anzahl:
§ 3. Der Mittelwert von ^ . 333
n
wo jetzt sk zwischen — 1 und -f- 1, die letzte Grenze eingeschlossen,
liegen kann. Bilden wir nun die Summe dieser Anzahlen für alle
m Horizontalreihen und setzen diese der in (1) gefundenen Gesamtzahl
gleich, so ergiebt sich schliefslich:
m m
4=1 *=1
oder durch Division mit mn:
(3) m(*%>)=± + B,
wo das Restglied R den folgenden Wert hat:
m
Da aber in diesem Ausdrucke für die zweite Summe nach der im
vorigen Abschnitte gefundenen Formel (1):
m
m
a=i i
ist, so ist das zweite Glied von R absolut genommen nicht gröfser als:
(V\ 3 m , 3 lgw
und da n sonst in (3) und (3a) nicht vorkommt, so kann man n von
vornherein so grols annehmen, dafs das ganze zweite Glied in (3a) von
niedrigerer Ordnung wird als -^— , so dafs es in R einfach fortgelassen
werden kann. Dann ergiebt sich also für den Mittelwert von ^—^ in
dem Intervalle (1; • • • m) der einfachere Ausdruck:
(4) jf(^)«^ + 8.tof
oder wenn man mit dem Nenner m herauf multipliziert:
m
(4») yjf^.==±t.m + ^£\gm (-k.<+d.
1
Aus dieser Gleichung können wir nun leicht den Gaussischen
Mittelwert der Funktion ^— - in der Umgebung (m — l, • • • m + T)
einer beliebigen Stelle m berechnen; es ist nämlich wieder:
334 Fünfundswanzigste Vorlesung.
M\ k ) 2J+1 ä»^-"'
wo jetzt iJ aus den beiden Bestgliedern gebildet ist, welche man in
dem Ausdrucke (4*) erhalt, wenn dort w bezw. durch m + l und
m — l — 1 ersetzt wird; es ist also:
p q gtlg(w + l) — gtlg(m — Z—l)
Auch hier kann man wie a. S. 330 st und es durch 1 und — 1, m — l — 1
durch m — l} ferner 21 + 1 im Nenner durch 21 und endlich den Mul-
O
tiplikator -5- durch 2 ersetzen. Es kann also R auch folgendermafsen
bestimmt werden:
1 — — J = — -^ — ■ — — -| für einen genügend
kleinen Wert von — beliebig wenig von dem Anfangsgliede unter-
scheidet, so kann man B auch die Form geben:
wo z.B. die Klammer |— ?J hier wie stets im Folgenden einen Ausdruck
von der Größenordnung — y bedeuten soll, d. h. eine Gröfse von der
Form ß —j, in der ß eine nicht näher bestimmte aber endliche Gröfse
ist. Dann erhält unser Mittelwert den einfachen Ausdruck:
Auch hier kann man die Intervallgrenze l nicht in einem solchen
Verhältnis zu m annehmen, dafs beide Restglieder von gleicher Ord-
nung unendlich klein werden, denn dazu müfste Z* = m*lgm, also
l gröfser als m angenommen werden. Wir wollen
l = Ym - lg m
wählen; dann verschwindet — =■ = -^ gegen -^ = -— und man erhält
die Formel: m Y
«pft-i+isi
Ym
Für einigermafsen gröfse Werte von m ist also der mittlere
Wert der echten Brüche -^— ; gleich i} oder nahezu gleich
§ 3. Der Mittelwert von ^ • 335
Y > doch mufs man auch hier das Intervall (m — l, • • • m -f- 0
yerhältnismäfsig grofs gegen m annehmen.
Dieser Satz stimmt mit dem a. S. 325 gefundenen überein; hier
ist er aber vollkommen streng bewiesen, und wir erhalten auch die
Ordnung des begangenen Fehlers.
§4.
Wir wollen uns im Folgenden genauer mit den Mittelwerten der-
jenigen zahlentheoretischen Funktionen beschäftigen, welche von den
Teilern der ganzen Zahlen abhängen; wir werden z. B. die mittleren
Werte für die Anzahl der Divisoren, für ihre Summe, für die Summe
ihrer Logarithmen berechnen u. a. m. Die genauen Ausdrücke aller
dieser mittleren Werte können aus einer einzigen sehr allgemeinen
Formel abgeleitet werden, zu deren Begründung ich zunächst übergehe.
Es seien wieder, wie a. S. 274 •
zahlentheoretische Funktionen, von denen speziell g(h) die Eigenschaft
hat, dafs
ist. Dann war gezeigt worden, dafs von den beiden Gleichungssystemen:
(1) H*) = 51fW9W
.t
jedes eine Folge des anderen ist.
Es sei jetzt N eine beliebige ganze oder gebrochene positive Zahl,
und es mögen
F(N), G(N), B{N)
die zu f(k), g(k), h(k) gehörigen summatorischen Funktionen bedeuten,
so dafs also z. B.
F(N) - f(l) + f(2) + • • • + f([NJ)
ist, und die entsprechenden Gleichungen für G(N) und H(N) be-
stehen; dann sind jene summatorischen Funktionen nicht blofs für alle
ganzzahligen, sondern auch für alle dazwischen liegenden gebrochenen
Werte von N definiert, sie behalten in dem ganzen Intervalle zwischen
je zwei aufeinander folgenden ganzen Zahlen k und Je -f- 1 ihren Wert
und andern sich nur sprungweise, sobald das Argument N einen
336 Fünfnndzwanzig8te Vorlesung.
ganzzahligen Wert überschreitet. Ist dann N eine beliebige ganze
Zahl, so ist z. B. der Quotient:
N
F(N) i
N N
der Mittelwert der arithmetischen Funktion f(k) für das Intervall
(1, 2, • • • N) und das Entsprechende gilt für G(N) und H(N).
Ich zeige nun, dafs für diese drei summatorischen Funk-
tionen die beiden mit (1) und (lft) völlig analogen Gleichungssysteme
bestehen:
(2) e(n) -ym <?(*')
d~N (<r=i,»,-.[ivi).
(2*) F(N) =yeig(*)B(S')
Summieren wir njunlich die beiden Gleichungen (1) und (la) für
alle Werte von n = 1, z, • • • [2T], bo ergeben sich die Gleichungen:
INI
h(n)=2 2fW9W -2rtf0*w
n=l dd'=* f^v^N
im
w=l dd'=n f*£N
Summiert man also auf der rechten Seite zuerst in Bezug auf fi von
— I'
d. h. in Bezug auf alle, ganzen Zahlen v, für welche \tv < N ist, so
gehen jene Gleichungen über in:
(T * //»— it«p- "in \
oder bei Einführung der summatorischen Funktionen G( — j und H( — j
für die inneren Summen ergeben sich in der That die Gleichungen:
*w =2 fv> G (f)
N
welche in (2) und (2a) übergehen, wenn /i und — durch d und <J'
IT
ersetzt werden.
§ 4. Grundformeln für die Theorie der Mittelwerte. 337
Wir werden jene beiden Formeln (2) und (2ft) nur in dem
speziellen Falle anwenden, dafs für jedes Je
ist; da dann die zugehörige summatorische Funktion
i
wird, so erhalten wir aus (1), (1*) und (2), (2a) den sehr allgemeinen Satz:
Ist f(k) eine beliebige arithmetische Funktion, und ist für jedes
ganzzahlige h
(3) Hn)=2fW>
d/n
so bestehen zwischen den summatorischen Funktionen F(N)
und B(N) die Gleichungen:
(3-) ' H(N)= ß[f]f(d) '
im
(3b) ^W=^#(t)-
Ist also z. B. f(Jc) = 1, so ist h(n) = 2f(ß) gleich der Anzahl
d/n
aller Teiler von w, und der Quotient L ' liefert für ein beliebiges
gannzzahliges N den Mittelwert jener Anzahl für das Intervall (1, • • • iV);
ist ferner f(k) =^Jcf so ist h(n) gleich der Summe aller Divisoren von
w, und j^ gleich dem Mittelwerte jener Divisorensumme in dem-
selben Intervalle, und die allgemeine Formel
(3«) JVCbÖ»» — ^Q — y ^S
welche aus (3*) für ein beliebiges ganzzahliges N hervorgeht, giebt ein
einfaches Mittel, um jenen Mittelwert in jedem einzelnen Falle genau
zu berechnen.
Wir werden im Folgenden für f(h) stets eine positive Funktion
von k wählen; dann finden wir aus (3C) leicht einen angenäherten
Wert, nämlich eine obere Grenze für den gesuchten Mittelwert M(h(ri)).
Schreiben wir nämlich in ihr statt der gröfsten Ganzen \-f\ jedesmal
den Bruch -j- selbst, so vergröfsern wir die rechte Seite, es ist also
sicher:
Kronecker, Zahlentheorie. I. 22
338 Fünfondzwanzigste Vorlesung.
(4) M(h(n))<2fJT-
Wollten wir aber M(h(rij) gleich der rechts stehenden Summe setzen,
so würde der begangene Fehler im allgemeinen noch sehr grols, näm-
lich von der Größenordnung der iV-gliedrigen Summe
1
sein; in vielen Fällen ist aber jener Fehler von derselben Ordnung,
wie die zu berechnende Gröfse selbst, und dann ist die Formel (4) für
die näherungsweise Berechnung jenes Mittelwertes völlig unbrauchbar.
Wir müssen also jenen Fehler zu verkleinern suchen.
§5.
Man kann diesen Zweck auf eine geradezu wunderbar einfache
Weise erreichen, aber es gehörte ein Gedanke dazu, der, so einfach er
ist, doch eine der wichtigsten arithmetischen Methoden enthalt. Gauss
war wohl der erste, der diesen Gedanken ausgesprochen hat, zwar
nicht in seinen veröffentlichten Schriften, wohl aber findet er sich,
wenn auch in etwas dunkler Form, in seinem Nachlafs. Man muls
nämlich die Teiler d einer beliebigen Zahl n in zwei Gruppen (dj)
und (di) scheiden; in die erste Gruppe rechnen wir die kleineren Divi-
soren von w, Ah. die Teiler d1 < ]/n, in die zweite die größeren
d% > )/n; sollte speziell n = p* eine Quadratzahl sein, so müssen wir,
wie dies gleich näher ausgeführt werden wird, diesen einen Teiler
li = yü mit seinem halben Gewichte zur ersten, mit seiner anderen
Hälfte zur zweiten Gruppe rechnen.
Ist nun wieder f(k) eine beliebige arithmetische Funktion von kt
so setzen wir ganz entsprechend den Gleichungen (3) a. S. 337:
m») - 2f(&' *• w -2f(®>
wo die Summationen jetzt nur über alle gröfseren bezw. alle kleineren
Divisoren zu erstrecken sind, und wo, falls n = a2 eine Quadratzahl
sein sollte, in jeder von beiden Summen der Summand y/Xft) auftritt.
Ist dann zunächst für ein beliebiges ganzzahliges N Ht(N) die sum-
matorische Funktion von \(n) für das Intervall (1, • • • N), so ist also:
N N
min = 2 '*i(«o - 2 2f<&>-29Wfw> ■
1 . »=1 dj/n (*)
§ 6. Grundformeln für die Theorie der Mittelwerte. 339
wo ftLr ein beliebiges k f(k) so oft auftritt, als
»
ist; setzt man also l = k -\- r, so giebt der Koefficient p(fr) auf der
rechten Seite* die Anzahl der Auf Losungen der Ungleichung:
k(k + r)<^N
an. Dieselbe besitzt aber offenbar die Lösungen:
r = 0,l,. .•[*]-*,
und da die erste, r = 0, nur halb zu rechnen ist, so ist ihre Anzahl
•<»)'-[f|-* + T'
<L h. es ist:
V
(1) 1^=^ ([*]_* + -L)f(fc), (_[K^
wo die Summation nur bis v = [YW] zu erstrecken ist, da für alle
gröfseren Werte von k kl> N sein würde.
Wir können diesen Ausdruck in sehr eleganter Weise umformen,
wenn wir an Stelle von f(k) die summatorische Funktion F(k) ein-
führen. Setzen wir nämlich
f(k) = F(k)-F(k-l),
wobei F(0) = 0 anzunehmen ist, und außerdem
so geht der Ausdruck (1) för HX(N) über in:
^(jo-2(t-*)(jf'<*)--p*-1» + 2t-^)'
oder wenn man beachtet, dafs die letzte Summe zwischen den beiden
Grenzen + y (^ fify) liegt, also gleich y F(y) gesetzt werden kann,
i
V
Ersetzt man aber in der zweiten Summe k — 1 durch k} und lafst dann
ihr mit jF(O) = 0 multipliziertes Anfangsglied fort, so ergiebt sich:
um -2Fw (f - *) -2F(k)(*r-i - <* + D) + TFW>
22*
340 Fünfundzwanzigste Vorlesung.
oder wenn man in der zweiten Summe auch bis v summiert, dieses
letzte Glied aber wieder abzieht und dann beide Summen mit einander
vereinigt:
^W-^^ferrj+^ + ^W^-^ + ^ + T)-
Der Koefficient von F{y)
«-jfl-.(» + l) + T
ist ein ^wischen + -5- "und — y liegender Brach; da nämlich
zwischen YN und YN-\- 1 Hegt, so erhalt man eine untere und eine
obere Grenze für a, wenn man v + 1 einmal durch ]/^+ 1, das andere
Mal durch YN und außerdem s durch — 1 bezw. -f- 1 ersetzt. Also
ist:
N _ '(VW 4- l) — !<«<-*- — VW 4- - = -•
die untere Grenze wird noch verkleinert, wenn man in ihrem ersten
Gliede N durch N — 1 ersetzt, wodurch sich einfach die Grenze — y
ergiebt.
Man erhält also für S±(N) die folgende elegante Gleichung:
fr V
Es sei jetzt zweitens B^fN) die summatörische Funktion für
^(n); dann ist:
• N N
1 w=l 4%Jn
wo in die letzte Summe jeder Summand f(l) so oft aufzunehmen ist,
als
ist; Hur für ein k 71er Reihe 1, 2, • • • [V^] giebt es Bolche komple-
mentäre Faktoren l, und für ein bestimmtes k dieser Reihe sind für /
der Reihe nach die Zahlen:
'*, *+l, ft + 2, ••• [-£]
fcu wählen, init der Mafsgabe^ dafs für Z = k nur y/X*) aufzunehmen
§ 6. Grundformehi ffir die Theorie der Mittelwerte. 341
ist. Summieren- wir also aber alle zulässigen k, so ergiebt sich:
[4 ] '
Führen wir wieder in die innere Summe die summatorische Funktion
F(r) ein, bo wird:
f© -*(-?) —*•<*); j?m = F(v),
also ergiebt sich für S%(N) die einfache Formel:
(1") H(N) =2HF(t) ~ *(*)} + YF(V)-
Addiert man die beiden Formeln (1*) und (lb), so ergiebt sich für
die in § 1 betrachtete summatorische Funktion H(N)=H1(N) + H%(N)
der folgende einfache Ausdruck:
V V
(2) *(J0-^iJfij +,£*(-?) + W»), <-•«'«
wo die Summation jedesmal von 1 bis v = [V^] zu erstrecken ist.
Die so sich ergebenden Formeln
(3) b, (jo - 2 KD - * w) + t *«
1
aus denen sich durch Division mit N die Mittelwerte der arithme-
tischen Funktionen:
*/•
(3»)
*•(»)- Jg/W
<**/*
in dem Intervalle (1, • • • N) ergeben, unterscheiden sich nun von der
342 Fünfundzwanzigste Vorlesung.
im vorigen Abschnitte gefundenen Gleichung (3°) ganz wesentlich da-
durch, dafs hier die Summationen nicht yon 1 bis N, sondern nur von
1 bis [YN] zu erstrecken sind, und wir werden im Folgenden sehen,
dafs allein aus diesem Grunde jene Summen mit sehr viel grofserer
Genauigkeit angenähert berechnet werden können.
Wir wollen diese Fundamentalformeln (1), (1*) und (lb) nun-
mehr auf eine ganze Reihe von Spezialfällen anwenden, und so eine
grofse Anzahl von sehr eleganten Resultaten in Bezug auf die Hittel-
werte arithmetischer Funktionen erachliefseiL
Sechsundzwanzigste Vorlesung.
Der Mittelwert für die Anzahl der Divisoren. — Folgerungen aus diesem Resul-
tate. — Die Summe der Divisoren. — Die Summe der reziproken Teiler. — Die
Summe der Logarithmen aller Teiler. — Der Überschuß der Teiler von der Form
4n -f * über die von der Form 4n — 1 und der Mittelwert dieser Anzahl.
§1.
Wir setzen in den am Ende der vorigen Vorlesung abgeleiteten
Formeln (1), (la) und (lb) zunächst
/•(*) = 1; %
dann werden die Funktionen \{n) und Aj(n) in (3*) gleich der An-
zahl der kleineren bezw. gleich der der gröfseren Divisoren, und die
beiden ersten Formeln in (3) liefern die Mittelwerte jener beiden An-
zahlen in dem Intervalle (1, • • • N). Da aber bei jeder Zerlegung
» = d, • d, einer der Paktoren ein kleinerer, der andere ein größerer
ist, so ist hier Äj(n) = Aj(n), also auch Ht(N) = li^(-N); wir brauchen
in diesem Falle also nur eine jener beiden Summen zu berechnen.
Wir benutzen zur Berechnung von HX(N) die Formel (1) des
vorigen Abschnittes; aus ihr ergiebt sich:
w *w-.£cfl-*+i)
oder wenn man
setzt, wo dk einen nicht negativen echten Bruch bedeutet, so wird:
1 1
Um nun die Gröfse von H^N) abzuschätzen, schreiben wir diese Glei-
chung in der folgenden Form;
344 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
1
dann ist das Restglied
und da offenbar N 2> [YN]% ist, so folgt, dafe | JB |< VW ist Also wird:
(2) H^N) = N 2t - t - « ^ <-»*•««
Nach der a. S. 318 bewiesenen Enlerschen Formel ist nun:
wo C die Eulersche Eonstante und <J' ein unbekannter positiver echter
Bruch ist. Ersetzt man also [Y^] durch YW — S, so folgt:
■^flfj + rf'^ + ö
Setzt man also diesen Wert in (2) ein, so ergiebt sich:
Ordnet man die rechte Seite nach Potenzen yon YN und berück-
sichtigt nur die Glieder von der Ordnung -y^=, indem man beachtet,
dafs in der Taylorschen Reihe für genügend grofse Werte von N die
Summe aller folgenden Glieder kleiner wird als das nächstvorhergehende
Glied, so erhält man:
fli (20 - -f IN+ % (20- 1) + YN(i' -d-0)
wo, wie bereits a. S. 334 erwähnt wurde, j ■ i ein Glied yon der
§ 1. Der Mittelwert für die Anzahl der Divisoren. 345
Ordnung von — ==, d. h. von der Form -— = bedeutet, wenn p eine
unbekannte, aber unterhalb einer endlichen Grenze liegende Zahl ist.
Da. nun endlich:
'-<J-tf|<2, SS'-y ^l"'l +
"<2
2
ist, so kann SX(N) folgendermaßen geschrieben werden:
(3) H1(N)~%lN+%(2C-l}+2(«VN+ß)+[^=},
wo cc und ß unbekannte positive oder negative echte Brüche bedeuten.
Verdoppelt man diese Anzahl und berücksichtigt man nur das
Bestglied höchster Ordnung, so erhalt man für die Summe der An-
zahlen aller Teiler in dem Intervalle (1, • • • N) den Ausdruck:
(4) H(N) — H±(N) + Hi(N) = NIN+ N(2G— 1) + ?/*?,
wo y eine Gröfee bedeutet , welche für jedes noch so grofse N end-
lich bleibt, und durch Division mit N erhält man für die mittlere An-
zahl aller Divisoren in dem Intervalle (1, • • • N):
(4-) 5^2.^+2(7-1+ {^j.
Wir wollen jetzt mit Hülfe der Gleichung (4) den Gaussschen
Mittelwert der Anzahl aller Teiler in der Umgebung der Stelle N be-
rechnen. Nach der a. S. 316 bewiesenen Formel ist derselbe gleich
dem Grenzwerte des Quotienten:
ffir
N
N=oo, ]c = oo, -^=0.
Bildet man aber jenen Quotienten mit Hülfe von (4), so ergiebt sich
zunächst:
(5) ±[(N+k)l(N+k)-mN+k(2C-l)+{VW+le} -[VF)].
Nun ist zunächst wegen
y^+*-yF(i+ 4. -£ + ...)
die Differenz jener beiden Bestglieder wieder von der Ordnung YN,
und da ferner:
346 Sechsundzwanziggte Vorlesung.
(N+ k) l(N+ k) — Nl JV= (iV+ k) l N—NIN+ (N+ *) *(l + ^)
ist, so ergiebt sich nach Division mit Je für den gesuchten Mittelwert
der Anzahl aller Divisoren (5) der einfache Ausdruck:
Der mittlere Wert für die Anzahl aller Teiler einer Zahl ist also
gleich (IN -{- 2C), vorausgesetzt, dafs wir die Grobe Je des Intervalles
(N9 • • • N + Je) gegen N so annehmen, dafis die beiden Quotienten
und J-^—
N k
möglichst klein werden. Am besten wählen wir Je so, dafs beide Quo-
tienten gleiche Gröfsenordnung erhalten, d. h. wir nehmen:
Je von der Ordnung N*
an; dann erhalten -^- und -^r— beide die Ordnung N ; es ergiebt sich
also das Resultat:
Die mittlere Anzahl aller Teiler einer Zahl N ist
IN + 2(7= IN + 1,154431 . . .,
sie wächst also wie lg -ZV, und dieser Mittelwert ist genau bis
auf einen Fehler von der Ordnung -i — . wenn die betrachtete
VN a m
Umgebung von N von der Gröfsenordnung 2V ist
Wählen wir z. B.
N= 100000000 = 10«, * = 1000000 = 108,
so ist die mittlere Anzahl der Divisoren aller Zahlen in dem Inter-
valle von 100 Billionen bis 101 Billionen gleich
MO8 + 2C = 8 . 110 + 2G = 19,5752 . . .,
und der hier begangene Fehler ist höchstens gleich t = — , d. h.
er betragt höchstens eine Einheit der zweiten Dezimalstelle.
Ist speziell 2V= 3A gleich einer Potenz von 3, so ist die Anzahl
• ihrer Divisoren offenbar gleich (A + 1); da aber
A = ^= (0,9102...)^
§ 2. Anwendungen. 347
ist, so ist h + 1 jenem Mittelwerthe IN -f- 2 G annähernd gleich. In
diesem Falle ist also die wirkliche Anzahl der Divisoren von N nahezu
gleich dem Mittelwerte dieser Anzahl.
§2.
Ehe ich zur Bestimmung des Mittelwertes für die Summe der
Divisoren übergehe, möchte ich an das soeben gefundene Resultat
einige Bemerkungen anknüpfen.
Die Betrachtungen des vorigen Paragraphen haben ergeben, dafs
in den beiden Dirichletschen Reihen:
(1) jgm „nd J^,
i i
in denen ty(k) die Anzahl aller Divisoren von h und C die Eulersche
Konstante bedeutet, die Koefficienten Mittelwerte besitzen, und dafs
diese einander gleich sind. In der That folgt ja aus (4a) des § 1:
i
und für die zweite Reihe ergiebt sich leicht:
N X
(1*) ^2(fc* + 2^-^^k* + 2C = lgiH-2C'-l + *^
., <o<<r<i),
weil:
VI /
(lb) <2te*=J lgxdz + ]g£ = [xlgx — x]*+lg| &<*<*)
= N]gN-N+l+]g$
ist. Hieraus folgt, dafs in der Differenz der beiden Reihen (1):
die Koefficienten f(h) ebenfalls einen Mittelwert und zwar den Mittel-
wert Null haben. Aus dem im § 6 der vierundzwanzigsten Vorlesung
bewiesenen Satze folgt also, dafs der Grenzwert
existiert und den Wert Null hat. Falls also jene Reihe (2), welche
für e > 1 konvergiert, für z = 1 unendlich grofs werden sollte, so
wird sie jedenfalls von niedrigerer als der ersten Ordnung unendlich
348 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
grofs. Wir wollen jetzt aber direkt zeigen, dafs diese Reihe für 0 — 1
gar nicht unendlich grofs wird, sondern gegen einen endlichen Grenz-
wert konvergiert, oder, was dasselbe ist, wir zeigen, dafe die beiden
Dirichletschen Reihen (1) für die Umgebung der Stelle (z = 1) in
gleicher Weise unendlich grofs werden.
Für die erste Reihe hatten wir im § 4 (lc) der zweiundzwanzigsten
Vorlesung die folgende Gleichung gefunden:
OB / OD \ 8
Ferner hatten wir den Wert der rechts stehenden Dirichletschen Reihe
00
^— bis auf eine Einheit genau bestimmt, es war nämlich:
l
CD
1 1
(3a) 2?-rri+'*>
1
wo d einen unbekannten positiven echten Bruch bedeutet. Eine ge-
nauere Betrachtung dieser Reihe, auf die ich an dieser Stelle nicht
eingehen will, lehrt nun, dafs für jedes z > 1 jene Reihe eine stetige
differenzierbare Funktion von z ist und dals
00 1 l
(3b) ■^-rri + 0 + (#-l)(0' + -)
i •
ist, wo C wieder die Mascheronische Eonstante ist, und q>(z) = C -\
mit seinen Ableitungen für z = 1 endlich bleibt Also ist:
1
wo die fortgelassenen Glieder für z = 1 endlich bleiben.
Genau dieselbe Entwickelung gilt aber für die zweite Reihe in
(1). In der That ist:
1 1
Ferner folgt aus der allgemeinen Gleichung S. 258:
00
(4) 4 * * </ ** 2 U-i)V-*jt
_ 1 l + (*-l)lg2 . IgS
§ 2. Anwendungen. 349
weil das in eckigen Klammern stehende unbestimmte Integral für
x = oo versohwindet, wenn z um noch so wenig gröfser ist als Eins.
Beachtet man also, dafs:
i _,-*-«».» _1_(,_1)lg2.+ ...
und entwickelt jetzt die rechte Seite von (4) nach Potenzen von z — 1,
so folgt:
wo die fortgelassenen Glieder für js = 1 endlich bleiben*), d. h. es
ist, wie bewiesen werden sollte:
<sn]gk + 2C = l . 2C .
i
. • ■ • -,
Wüfste man also, dafe die arithmetische Funktion 1>(k), also auch
die Funktion f(k) in (2) einen Mittelwert besitzt, so würde aus dem
soeben erwähnten Satz jetzt direkt folgen, dafs dieser Mittelwert von
f(k) gleich Null ist, dafs also die Funktionen ^(&) und (lg& + 2C)
gleiche Mittelwerte haben, und aus der Gleichung (la) würde sich so
auch der mittlere Wert für die Anzahl der Divisoren ergeben. Dieser
Nachweis konnte aber bisher noch nicht gegeben werden, und daher
ist der im vorigen Abschnitte gegebene, von jeder Voraussetzung freie
Nachweis bei weitem vorzuziehen.
Wir zeigen endlich noch direkt,, dafs die soeben behandelte
Dirichletsche Reihe:
* f9) ^7^(Ä)-lg*^2C
auch über den Wert j@r = 1 hinaus, nämlich bis zu dem Werte e = y
hin konvergiert.
Zu diesem Zwecke transformieren wir die endliche Reihe (2)
Zj Je*
l
mit Hülfe der a. S. 320 angegebenen Abelschen Umformung, indem
wir dort in der Formel (3)
* Dasselbe Resultat kann auch durch Differentiation der Gleichung (3b) ab-
geleitet werden. H.
350 Sechsundawansigate Vorlesung.
1
setzen. Setzen wir endlich das noch nicht definierte B0 = 0, so wird
JB^ — ^_! = f(fy> un<l Jene allgemeine Gleichung geht über in:
VÖ9 - V^fi — ^ 4- F(jy)
oder da nach dem Mittelwertsatze:
(0 <»k<l)
k9 (k+i)' (k+8ky+l
ist, so ergiebt sich:
(&\ ^rfl*)^-^ **(*) . yw .
Nun ist für jeden Wert von n wegen (1*) des § 2 und (4) des § 1:
1 1
= H(n) - (nlgn + »(20— 1) + *.lg«)
= (nlgn+n(2C-l) + ywV^-(nlgn+n(2C-l) + l+*wlgn)
wo auch aM ebenso wie yn und *Ä mit unbegrenzt wachsendem n unter-
halb einer endlichen Grenze bleibt.
Substituiert man also diesen Wert für F(k) und F(N) in (5*)
und beachtet, dafs dann das Restglied:
F(N) = aNVN
(N+1)' = (N+1)'
mit wachsendem N unendlich klein wird, sobald nur g um beliebig
2
wenig gröfser ist als — , so ergiebt sich für den Grenzwert der Reihe
(5ft) für N=oo:
i
wo 0(k) für beliebig grofse Werte von k stets unterhalb einer end-
lichen Grenze bleibt. Nach dem allgemeinen Satze über die Dirichlet-
§ 3. Der Mittelwert für die Summe der Divisoren. 351
sehen Reihen konvergiert somit diese, also auch die ursprüngliche
Reihe gleichmäfsig, sobald e + y > 1; sobald also z gröfser als y ist.
Hätten wir diesen Satz direkt beweisen können, so konnten wir
auch aus ihm leicht den Mittelwert für die Anzahl der Divisoren er-
mitteln; jedoch ist bisher dieser direkte Beweis stets vergeblich ver-
sucht worden, es ist dies einer der Fälle, wo die Arithmetik mehr
vermag, als die Analysis, wo sie imstande ist, ihrerseits die Analysis
zu fordern.
§3.
Um jetzt die Mittelwerte für die Summe der greiseren and der
kleineren Divisoren zu berechnen, setze ich in den allgemeinen Formeln
(1») und (lb) a, S. 340 und 341:
(1) fW-k, also F(h) - *4±^ ;
dann erhält man zuerst aus (1*) für die Summe S^N) der kleineren
Divisoren aller Zahlen 1, 2, • • • N den Ausdruck:
1 1
oder da bekanntlich:
(S\ yt(i + i)^yHi)H2)
^ ' <t-J 1-2 123 >
1
ist*
Ersetzt man hier v durch YW — d und berücksichtigt nur die Glieder
höchster Ordnung in N, so erhalt man für S^N) die Darstellung:
(3) fli(20-T^ + «/Hr,
wo ß eine leicht angebbare endliche Eonstante bedeutet und s zwischen
— 1 und + 1 liegt. Also ist der mittlere Wert für die Summe aller
kleineren Divisoren in dem Intervalle (1, 2, ■ • • N):
(3*) ifli(tf) = 4yF+e0.
Entsprechend ergiebt sich aus (lb) a. S. 341 für die Summe aller
gröfseren Divisoren:
352 Sechaundzwanzigste Vorlesung.
oder bei Benutzung von (2):
-T?[f]fff] + 0-(T + ?.+ §)•
Wir wollen diese Summe berechnen unter Vernachlässigung von Gliedern,
deren Größenordnung NIN oder niedriger ist. Schreibt man wieder
yW — ö statt Vy so kann man die drei letzten Glieder durch
— -rN% ersetzen. Ferner ist:
„, ?[fl(tfl+>)-?(f-«)(f+*.1
11 1
wo dk und dk' = 1 — dk beide zwischen Null und Eins liegen. Daher
kann die Summe (4*) durch N* ^ ^ ersetzt werden, weil die beiden
i
fortgelassenen Summen ihrem absoluten Betrage nach unterhalb
Jf2IÄIOT^ — und y**
1
liegen. Nun ist aber fQr den ersten Teil von (4ft)
w
^^i-^i-$i)-«"T-^$i
und da nach einer oft benutzten Formel:
OD »
Zl^F+J & = V + ? = y^-* + (]/N~-d)* = yW + \n)
(£>*), (0<K1)
gesetzt werden kann, so geht (4b) über in:
s
(4°) ^^^-i-^ + W
1
Substituiert man diesen Wert in (4), so ergiebt sich endlich:
(5) Ht{N) = ^ -±NVN + ßNlN.
§ 8. Der Mittelwert für die Summe der Divisoren. 353
Der Mittelwert für die Summe aller gröfseren Divisoren in dem Inter-
valle 1, 2, • • • N wird also:
und durch Addition der Gleichungen (3) und (5) bezw. (3Ä) und (5a)
erhalt man für die Summe aller Divisoren die Gleichungen:
*"
H(N)-N*-^ + ßNlgN
12
jrH(N) = N^ + ß]gN.
Wir berechnen endlich die Gaussschen Mittelwerte 3K(S. (n)) und
ÜR(S. (n)) für die Summen der gröfseren und der kleineren Divisoren
in einem Intervalle (n — Je, • • • n + Je), dessen Gröfse 2fc unendlich
klein gegen n ist.
Ersetzt man zunächst in (3) N bezw. durch n-\-k und n — (Je -f- 1);
so ergiebt sich:
8
»(** W) — 2H1 — Y 2*+l
+
+ 1 8 2*-f
*ift(* + *)-«ift(*-*-i)
2* + l
3
Da die Funktion x% stetig ist, so ergiebt sich nach dem Mittelwert-
satze für das erste Glied auf der rechten Seite:
L iL i
2 (n + fe)*-(n-(fc + l))* _,_ r fcNT_^T/i . *\f
8
SrF^-c + ö'—MH-i)
— »» + --^ + --,
wo | eine zwischen — (ä + 1) und + k liegende Zahl bedeutet;
dieses erste Glied ist also gleich:
•* + {£)•
Das zweite Glied ist von der Gröfsenordnung -r-7 wie man unmittelbar
erkennt, wenn man es in der Form:
, .,ft(,+i)-,ft(-^)
Kronecker, Zahlentheorie. I. 23
354 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
k
schreibt, und beachtet, dafc lim — = 0 wird. Also ergiebt sich das
folgende Resultat:
(6) iK(Vn))=V^+{^} + {f}-
Für die größeren Divisoren ist analog:
STOfQ ^ g«(» + *)- -H« (»-*- *)_.«' (» + *)»- (»-*-!)'
s s
_ ^ (n + k)* — (n — k — l)* , ft (n+t)f(»4-ife)-f?,(n — k - 1) t(n — Jfc-1) .
8 2* + l "t" 2fc-|-l '
das Restglied ist von der Ordnung -r-, denn man kann es in der Form:
„,„ ,(^)0+ö)-,(.-^)(.+'^)
• + T
schreiben, wo der zweite Faktor bei dem Grenzübergange für n und Je
offenbar endlich bleibt. Da ferner das erste Glied auf der rechten
Seite der letzten Gleichung offenbar gleich T^(2n — 1) = »— — -^
12 v ' 6 12
i
und das zweite, wie oben bewiesen, gleich n* + {-7=-} ist, so er-
giebt sich für den Mittelwert der gröfseren Divisoren der Gleichung:
(6*) aR^c»)) - «£ - y^ + {^} + {^} •
Addiert man die beiden Formeln (6) und (6a) und beachtet dabei, dafo
alsdann die Glieder von der Ordnung { ■£ j gegen die von der Ordnung
-T- } fortgelassen werden können, so ergiebt sich für den Mittelwert
der Summe aller Divisoren:
(6>) n^)) - .± + [±] + ffl-
Um hier eine möglichst grofse Annäherung an die Mittelwerte zu er-
halten, wählen wir die Intervallgröfse k wieder so, dafs die vernach-
lässigten Glieder in (6), (6a) und (6b) nahezu von gleicher Gröfse
werden, d. h. wir wählen in (6) für die kleineren Divisoren:
- k n -
fc = n4, so dafs -— = — = n*.
' Vn k
in (6Ä) und (6b) für die gröfseren Divisoren und für alle Divisoren:
§ 3. Der Mittelwert für die Summe der Divisoren. 355
k = n4 Vht, so dafs —== = — = n4 Vlg n
ist. Dann ergeben sich die beiden Sätze:
Der Gaussische Mittelwert für die Summe der kleineren Divi-
soren ist:
(7) m(8di(n))=Yn + In4}
und diese Annäherung wird erreicht, wenn die Intervallgröfse
8
die Ordnung von n4 hat.
Der Gaussische Mittelwert für die Summe der gröfseren Divi-
soren ist:
(7») »(fl^GO) = \nn* — Y* + {n4 ]/to
und diese Annäherung wird erreicht, wenn die Intervallgröfse
8
die Ordnung n4 ]/7w hat. Der Mittelwert für die Summe aller
Divisoren ist mit der gleichen Genauigkeit und für dieselbe
Gröfse des Intervalles:
(7b) »(fl>)) = -J-n*2 + {n4 l/to} .
In beiden Fällen ist die absolute Gröfse des möglicherweise ge-
machten Fehlers sehr grofs, sie ist aber klein im Verhältnis zur Gröfse
des hier sich ergebenden mittleren Wertes.
§4.
Aus dem Resultate des letzten Abschnittes ziehen wir zunächst
noch eine interessante Folgerung. Ist
die Zerlegung einer beliebigen Zahl n in ihre Primfaktoren, so war:
weil ^-^ = / / (l — PÄ"1) *s*- ^s ^es^?ht also die Identität:
(1-) »> JJ (1 - P7('h+1)) = 9>(») 5» •
23
•j*
356 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
Berücksichtigt man aber jedesmal nur die Glieder höchster Ordnung,
so waren die Mittelwerte von <p(n) und von Sd(n) bezw. gleich -^nn%
und —^- Wäre also der Satz richtig, dafs der Gaussische Mittelwert
eines Produktes gleich dem Produkte der Mittelwerte seiner Faktoren
ist, so müfste in (1) der Mittelwert der rechten, also auch der der
linken Seite bis auf Glieder niedrigerer Ordnung gleich:
O'MS). .
d. h. gleich n* sein. Da nun auf der linken Seite der Mittelwert:
gR(n*) = n' + (n+l)' + ... + (n + y-l)'
der Funktion n* bis auf Glieder von niedrigerer Ordnung wiederum
gleich n2 ist, so würde sich aus der Identität (1*) der Schiulis ziehen
lassen, dafs der Gaussische Mittelwert der arithmetischen Funktion:
(2)
«M-I7(i-;£.)
wenn p* jedesmal alle in n enthaltenen Primzahlpotenzen durchläuft,
gleich Eins sein mufs.
Dieser Satz über den Mittelwert eines Produktes ist aber im all-
gemeinen nicht richtig, und thatsächlich ist 9R(x(n)) auch etwas kleiner
als Eins. Wir wollen diesen Wert jetzt direkt bestimmen. Zu diesem
Zwecke entwickeln wir in der summatorischen Funktion von %(n):
die einzelnen Produkte rechter Hand, dann folgt:
1 V W»A A%ä*A A '
N N
1 *V»A * rt^A A
wo die Summationen im Inneren über alle in n enthaltenen verschie-
denen Produkte von Primzahlpotenzen zu erstrecken und alsdann von
N
1 bis N zu summieren ist. In der ersten Summe ^V ^ . 1 tritt
dann eine bestimmte Primzahlpotenz — ^y so oft auf, als es Zahlen n
in der Reihe (1, 2, • • - N) giebt, welche durch p", aber nicht durch
§ 4. Anwendungen. 357
pv+1 teilbar sind; diese Anzahl ist aber offenbar gleich:
[?~]~b+I],
denn sie ist gleich der Anzahl aller Multipla von pv vermindert nm
die Anzahl aller Multipla von p"*1, jene erste Summe ist also gleich:
p*
([*•] L^w1*1'
^/rz
wo die Summation auf aUe Potenzen p* von allen Primfaktoren p
erstreckt werden kann, da ja, falls pv> N sein sollte, der betreffende
Koefficient von selbst verschwindet.
N
In der zweiten Summe /. /. ^ ^ tritt ein bestimmtes
1 . j>Aa**
Produkt — — n — tnr so °ft auf, als es Zahlen n in dem Intervalle
(1, • • • N) giebt, welche durch das Produkt <p*jpv teilbar sind, aber
keinen von diesen beiden Primteilern öfter als v bezw. v Male ent-
halten; man erkennt aber leicht, dafs diese Anzahl gleich:
(3) bV7] ~ t+V7] ~ LpV7^1] + Lpf+V+1J
ist, denn jede einzelne dieser vier Zahlen giebt die Anzahl aller Mul-
tipla bezw. von
(3*) *y% .p'+y, *y+i, /+y+l
in jenem Intervalle an, und man überzeugt sich sofort, dafs ein Mul-
tiplum von j*y in dem Aggregate (3) dann und nur dann, und zwar
einmal gezahlt wird, wenn es nicht zugleich auch durch eins der drei
anderen Produkte (3a) teilbar ist. Also wird jene zweite Summe gleich:
und sie kann ebenfalls auf alle Primzahlpotenzen ausgedehnt werden.
In derselben Weise kann man die dritte Summe umformen u. s. w.;
somit erhält man die Gleichung:
welche, beiläufig bemerkt, offenbar kürzer so geschrieben werden kann:
358 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
OD
*i*>-22[¥\$-
r=l dd'=v
Um einen angenäherten Wert für X(N) zu erhalten, ersetzen wir
die in den Brüchen -y-^, — enthaltenen gröfsten ganzen Zahlen durch
diese Brüche selbst und wir wollen den hierbei begangenen Fehler
durch G bezeichnen. Die so sich ergebende Summe kann dann folgender-
maßen geschrieben werden:
4-?('-H|,w)
+2(i-7)(^?^)-2(>-?)(2:P-^)— •}■
p
oder da
V p) U8 + ps "* ) = jp"(p + i)
ist, so erhält man für X(N) den folgenden Wert:
(4) x(20-irn'(l-p^T)) + O. <_,«,«+„
Um eine obere Grenze für den Fehler C zu finden beachten wir,
dafs wir bei jedem einzelnen Gliede ; — — x^ — rrr einen nicht
LPVPV •••_!.? P'
negativen echten Bruch vernachlässigt haben; wir vergröfsern also
diesen Fehler, wenn wir alle jene echten Brüche positiv und gleich Eins
wählen; also ist sicher:
d. h. es ist, da
1 4- * J- — *
p1 ' PM p% — p;
ist, a fortiori:
p
Das rechts stehende Produkt ist endlich und liegt unter einer leicht
angebbaren Gröfse. In der That, man kann stets eine positive Zahl y
so bestimmen, dafs für alle Primzahlen p mit Ausnahme einer end-
lichen Anzahl:
1-| - <£ - „ = 1-1 - I - I
^ P% — P t i_ i>1+ Y p8(l+^
pl+r
§ 4. Anwendungen. 359
ist; dieser Ungleichung wird nämlich sicher genügt, wenn:
also:
p — 2pY — 1 > 0
angenommen wird. Für alle Primzahlen > 5 kann also y = -- gewählt
werden, weil dann in der That
p-2Yp-l = {jp-Vpf—2
positiv ist. Also ist
m+ph)<n7±r<2Jv
also sicher eine endliche Gröfse; dasselbe gilt also auch von der Kon-
stante C in der Gleichung (4).
Auch der Koefficient von N in dieser Gleichung ist eine endliche
positive Konstante q, deren Wert etwas kleiner als % ist. Zum Be-
weise dieser Thatsache zeige ich, dafs man eine positive Zahl ß so
bestimmen kann, dafe für alle Primzahlen p
l_i<i__JL_<l_ *
p8" p'Cp+i)^ p*+t>
ist. Die linke Seite dieser Ungleichung ist offenbar für jede Prim-
zahl erfüllt. Damit auch die rechte bestehe, muls ß so gewählt werden,
dafs
also:
0> — Tj—
ist, und dieser Bedingung wird wegen l ( 1 -j ) < — sicher genügt,
wenn ß > -y für jedes p, d. h. wenn ß 7> —. .- gewählt wird. Thut
man aber dies, und multipliziert dann in der obigen Ungleichung über
alle Primzahlen p} so erkennt man, dafs das Produkt
zwischen
liegt; es ist also wirklich endlich, und etwas kleiner als %.
360 Secheundzwanzigste Vorlesung.
Aus der so sich ergebenden Gleichung
ergiebt sich aber der gesuchte Mittelwert 9Ä(x(n)) in dem Intervalle
(n — ky • • • n -\-k) offenbar gleich:
wenn q die in (5) definierte Eonstante ist, und Cx und C2 die beiden
zu (» -f- *) un^ (w — & — 1) gehörigen Fehler bedeuten; damit ist die
aufgestellte Behauptung vollständig bewiesen.
Dieselbe Methode kann man, wie zum Schlüsse noch bemerkt
werden mag, benutzen, um auf einem anderen Wege den schon vorher
bestimmten Mittelwert von
wo-*?-n(»-i)
p/.n
zu finden. In der That ergiebt sich hier ganz ebenso für die summa-
torische Funktion:
N
9to-2*?-2II(i-$)
1 1 p/n
N
-2(i-2}+2b—)
p fr?
und bei Fortlassung der Gaussischen eckigen Klammern ergiebt sich
als angenäherter Wert von Q(N)
*^-2^+2^—)-"2^iL-^
es ist also:
wo aber die Bestimmung des Korrektionsgliedes C hier erheblich
schwieriger ist, als vorher; wir brauchen hierauf nicht weiter ein-
zugehen.
§ 6. Der Mittelwert für die Summe der reciproken Teiler. 361
§5.
Als eine weitere Anwendung unserer allgemeinen Theorie unter-
suchen wir den Mittelwert für die Summe der reciproken Teiler;
hierzu müssen wir setzen:
dann werden:
und — J^— und *L werden gleich den gesuchten Mittelwerten für
die kleineren und für die gröberen Teiler von N.
Setzen wir zur Bestimmung von Hx (N) in der Formel (1) a. S. 339
f(Je) == — - und aufserdem wieder:
rJVn .1 N x . l N .h
so ergiebt sich:
1 X
i i
und da nach (4°) a. S. 352:
i
ist) während v = YN — d und
1 1
ist, so ergiebt sich für SX(N) der Ausdruck:
(1) Ht(N) = N.^-2VN+{\gN).
Für die gröberen Divisoren war nach Nr. (3) a. S. 341
Setzt man hier für die summatorische Funktion F(k) ihren Wert:
362 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
1
und beachtet, dafs sich dann in der Summe rechts jedesmal die Euler-
sche Eonstante forthebt, so erhält man nach einfachen Umformungen:
*W-^("f[fl-«i») + '?f!i
1
Wir berechnen den Wert von E^ (N) ebenfalls nur bis auf Glieder
von der Ordnung lg N, dann können wir lg \-y\ durch lg -v- = lg Jf — Igt
ersetzen und alle übrigen Glieder fortlassen , denn von den beiden
Summen:
2,y = lgvH
i
^J rNi ^ rN-\
1 Lt] [t]
hat die erste offenbar die Ordnung lg N, während die zweite wegen
der Ungleichung:
ra>[#]>*
unterhalb Eins liegt. Thun wir dies, so ergiebt sich für B^(N) der
einfache Wert:
Ht(N) = vlgN-2]>j]gh+{]gN),
1
oder da wegen (lb) a. S. 347:
V
2w = v\gv-v+ {\gN} = 1 „ lg tf- y^-f- {lgjvj
1
ist, so ergiebt sich endlich:
(2) 3,(10 - 2VW+ [lg N).
Durch Addition von (1) und (2) erhält man für die Summe aller
reciproken Teiler
(3) H0(N) = N.^+{]gN).
§ 6. Der Mittelwert für die Summe der reciproken Teiler. 363
Hierbei tragen, wie man sieht, die kleineren Divisoren weitaus den
gröfsten Teil zur Gesamtsumme bei.
Um nun die Gaussischen Mittelwerte SR^n), 9Äa(n) und 9R0(n) in
der Umgebung (n — k, • • • n -f- k) von n zu finden, bilden wir wieder
mit Hülfe von (1), (2) und (3) die Differenzen:
H. (n -f- k) — H. (n — k — 1 )
2Ä+1
(1=0,1,2)
und formen sie durch Anwendung des Mittelwertsatzes um. Dann er-
giebt sich aus (1):
m U\ — ** 9 Vn + k-yn-(k + l) , ^lgfo + Afl + tt.lgfo-fc-l)
= T~y^l+ \-r\> (-(*+D<*<*)
denn das Bestglied ist von der Ordnung (4r }> wie aus der Identität:
«ilg(* + *) + «t lg(n-(*+ 1))
2k +1
SS ■ ■ - '^ '■ m • - — ■■■ ii ■ ■■ ■■ ■■■ - — ■ ■■ ■ ■ — ^^— ^^— ^^— — ^
•+T
unmittelbar folgt. Da nun
ist, so erhalt man die Gleichung:
Führt man dieselbe Betrachtung bei der Gleichung (2) durch, so
erhalt man ohne jede weitere Rechnung:
<n ■«.,_£ + ßj + {!p}
und aus (3) ergiebt sich endlich:
(3-) aR0(«) = ^+(^}.
Wählt man die Gröfse k des Intervalles in (1*) und (2Ä) von der
3.
Ordnung n4 )/lgn; so sind die vernachlässigten Glieder beide von der
364 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
Ordnung " gn » In (3ft) braucht man k nur so zu wählen, dafs;
lim y lgn = 0
wird. Dies wird z. B. bekanntlich für k = n? erreicht, wenn q einen
noch so kleinen positiven Bruch bedeutet. Es ergeben sich also die
Sätze:
Die mittleren Werte für die Summen der reciproken kleineren
und gröfseren Divisoren sind bezw. gleich:
(4) *M - * - i + jte}
(4-) SK,(.) - i + l*?l .
Ig«)
(o<e<i)
und der Fehler wird von dieser Ordnung, wenn die Intervall-
gröfse k von der Ordnung I— §l5 genommen wird. Für alle
n
Teiler ist der entsprechende Mittelwert:
(4b) ^o(») = t+{^}
für die Intervallgrofse k = n9.
Vergleicht man die in (4), (4*), (4b) gefundenen Mittelwerte mit
den in (7), (7a) und (7b) a. S. 355 bestimmten für die Summen der
Divisoren selbst, so erkennt man, dafs die Gleichungen bestehen:
2K(jg|i(w)) = naRa(n)
2»(^(n)) = na»1(n)
2R(Sd(w)) = »aR0(n);
dafs diese Relationen erfüllt sein müssen, ist beinahe evident, denn für
jede Zahl n bestehen ja die Gleichungen:
djn djn ^
d/n d/n
jedoch sind die Genauigkeitsintervalle bei den beiden Resultaten nicht
dieselben.
§ 6. Der Mittelwert für die Summe der Logarithmen aller Teiler. 365
§6.
Wir berechnen jetzt den Mittelwert für die Summe der Loga-
rithmen der kleineren bezw. der gröfseren Divisoren von n, oder, was
dasselbe ist, wir suchen den mittleren Wert der Logarithmen von
dem Produkte jener Teiler. Hierzu müssen wir setzen:
/•(*) - ig *,
so dafs die zugehörige summatorische Funktion FQc) nach (lb) a. S. 347
den Wert erhält:
k
(1) F(k) = ^?lgh = k\gh — k+l + dk lgfc, (o«**«!)
i
dann wird von selbst:
cL h. Ai(n) und Ä,(n) sind die Summen der Logarithmen der kleineren
bezw. gröfseren Divisoren, und aus den beiden summatorischen Funk-
tionen :
1
v
(2) ~N2l*T-2k]*h + i2]«k <-1<-+1>
1
9
erhalt man unmittelbar die Mittelwerte der arithmetischen Funktionen
ht (n) und ht (w) für das Intervall (1, • • • JV).
Wir wollen jene beiden Mittelwerte nur genau bis auf Gröfsen von
der Ordnung N berechnen, obwohl wir die Rechnung ohne Schwierig-
keit mit wesentlich gröfserer Annäherung durchführen könnten.
Zur Bestimmung von H^N) haben wir nur die drei Summen:
V
2¥. 2^, 2*»
11 1
auszuwerten. Nun ist nach der oft benutzten Formel (1) a. S. 258:
¥ + /V*'>.Z¥>!F + Ar*'.
8 3 3
366 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
weil die Funktion -^— ihren Maximalwert -?-==— für x = e erreicht,
und von da bestandig abnimmt. Da nun:
/
'/ d, _ [i. (ig «)ij_ i (ig <yn _*))■_ i (ig »?
ist, weil lg(VN — 9) = lg V^äT + lg ( 1 j= ) is*> un^ der zweite Loga-
rita» die Orinung ^ W, » ergiebt *» flr di. «rte 8_
mit einem Fehler, der höchstens eine endliche Eonstante ist:
(3) 2t = 1W+(1).
1
Da zweitens die Funktion x lg x in dem ganzen Intervalle
(l, • • • VN) stetig ist und wachst, so ist:
S, £lg& = / #lg# -f- *v lgv = / x\%x — / x\gx + ev lgv
1 1 1 v
fjf (0«««1)
=J x]gX — d1>\gt + £vlgV,
1
wenn v = YN — S ist, und £ einen Mittelwert zwischen YN — i
und ]/^T bedeutet. Also ist:
^ftlgft-[y«,lg*--j-«,]^+{y^lg2r}
(4) =-^jvigjv— -j-iv+{yFigjv}
Da endlich die dritte Summe ^ lg & nach (lb) S. 347 von der
i
Gröfsenordnung vlgv oder, was dasselbe ist, j/^Tlg^ist, so kann sie
einfach vernachlässigt werden, und man erhält aus (3) und (4)
(5) Hl(N) = ±N(\gN)*-±NlsN+ \N}.
Wir berechnen jetzt B^^N) mit der gleichen Annäherung {N).
Substituiert man in (2) den Wert (1) von F(k), so ergiebt sich zunächst:
§ 6. Der Mittelwert für die Summe der Logarithmen aller Teiler. 367
*<*>-.2(tfMxl-[f]-»**+*)
1
+2<MZ]-2».w
1 1
+ yvlgv — v + l + dlgv.
In dieser Gleichung kann man zunächst alle Elemente mit Ausnahme
von den in der ersten Summe stehenden einfach fortlassen, da sie von
niedrigerer Ordnung als N sind; dies ist für die vier letzten Elemente
wegen v < YN selbstverständlich, für die beiden anderen Summen folgt
dasselbe Resultat aus den Ungleichungen:
2v%[f]-»2*[f]<2'«T<i"%»--2**
111 1
1
v
in Verbindung mit der Thatsache, dafs ^ lg h von der Ordnung
VN IgN ist. l
Ferner kann man in der ersten Summe die eckigen Klammern
einfach fortlassen. In der That ist:
2[fI-2T-2».-2f+w.
die zweite von diesen drei Summen ist, wie soeben gezeigt wurde,
von der Ordnung ]/iV lg N, kann also fortgelassen werden; beachtet
man weiter, dafs in der dritten Summe — < — = , also für ein ge-
JV VN
nügend grofses N Y
( **A I k
W— r)|<y
ist, so findet man für diese:
und damit ist die obige Behauptung vollständig bewiesen. Also ist:
368 Sech8undzwanzig8te Vorlesung.
9
1
1
Nun ist:
l
1
1
Substituiert man also diese Werte, so erhält man bis auf Gröfsen der
Ordnung N den folgenden Wert für ^(N):
(6) H,(ir)-±N<)gNr + (c-±)Nigifr+iiir).
Addiert man endlich die Gleichungen (5) und (6), so folgt:
H(N) = fli(J0 + St(N) - i- NQg N)> + tf lgff (C- 1) + {IT},
also es ergiebt sich der Satz:
Der Mittelwert für die Summe der Logarithmen aller Divisoren
von n in dem Intervalle (1, • • • N) ist gleich:
(?) 4(lgJV)« + (C-l)lg.W+{l}.
Wir bilden jetzt den Gaussischen Mittelwert derselben Funktion
für das Intervall (n — k, • • • n + k), d. h. den Quotienten:
mm) _ g(n + *)-g(n-*-l) .
Wir können diesen Quotienten wieder mit Hülfe des Mittelwertsatzes
einfach berechnen. Schreibt man nämlich S(n) in der Form:
(7») JET(n) = JF(n) + an,
wo also
W(n) - i- »0g»)* + n lg» (C - 1)
§ 7. Anwendungen. 869
zu setzen ist, und beachtet dann, dafs S{n) eine stetige Funktion
von n ist, so ergiebt sich:
2R(A(n)) = F'(n + x) +{£},
wo x einen in dem Intervalle ( — (k + 1), ■ ■ • + k) liegenden Mittel-
wert bedeutet; in der That ergiebt sich ja aus (7*) für das Restglied:
^(H + fc)-«^»-* — 1) n "» V1 + W "~ "» (* ~~ ~^n" ) '
dasselbe besitzt also die Ordnung { y} •
Also wird:
»(*<»» - |(lg(» + «))* + Clg(» + x) + (C- 1) + l-J-J
(S\
-yOg^ + Clgn+ly)-
Die Genauigkeit ist hier, wie gesagt, nicht grofs; wir hätten sie leicht
erhöhen können.
§ i.
Wir können das im letzten Abschnitt gefundene Resultat nach-
traglich in interessanter Weise verificieren. Zu diesem Zwecke be-
trachten wir die Dirichletsche Reihe:
(i) ytL_
1 *
in welcher die Koefficienten die zu untersuchenden Funktionen h(ri)
sind, und zeigen wieder, dafs sie der Reihe:
i
in der Weise äquivalent ist, dafs die Differenz beider Reihen für z = 1
endlich bleibt. Weifs man dann, dafs die Koefficienten h(n) der ersten
Reihe überhaupt einen Mittelwert besitzen, so folgt genau wie a. S. 347 flgde.,
dafs der Gaussische Mittelwert von h(n) gleich -« (lgw)8 + Clgn ist.
Nun ist für die erste Reihe offenbar:
• 5^1gd OD 00
(2) 2 -v- =2 2H-2 '; 2 ^ •
Ferner ergiebt sich aus der a. S. 348 aufgestellten Gleichung (3b):
Kroncckor, ZiWentheorie. I. 24
370 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
(*) 5?-r: — 1— + c+C(M-i) + ...
*mi n z — 1
1
durch ein- bezw. zweimalige Differentiation nach z:
m y ^-n x e
Setzt man die so gefundenen Werte für die beiden Reihen (3) und (3a)
in (2) ein, so ergiebt sich:
j£j n* (* — l)8 ' (z-1)* ' '
wo die fortgelassenen Glieder für z = 1 endlich bleiben, da der mit
— — multiplizierte Term den Koefficienten Null erhält.
Andererseits folgt aber aus (3*) und (3b), dafs auch für die zweite
Reihe:
l
TQg»)' + cig« _ _J_ _c
^J nx = (* — l)a (z — iy
ist, und damit ist unsere Behauptung vollständig erwiesen.
Wenn man die Reihen (3), (3a), (3b) noch weiter entwickelte, so
könnte man durch dieses Verfahren den Mittelwert für die arithme-
tische Funktion h(n) genauer bestimmen; doch soll hierauf nicht
näher eingegangen werden.
In ähnlicher Weise können und wollen wir den mittleren Wert
der arithmetischen Funktion:
/"(*)- -SVgtf
d/k
bestimmen, unter der Voraussetzung, dafs wir bereits wissen, dafs diese
Funktion einen Mittelwert hat. Nach dem a. S. 276 bewiesenen Satze
wissen wir, dafs diese Funktion fQc) dann und nur dann Ton Null
verschieden, und zwar gleich Igp ist, wenn k = #* eine Primzahlpotenz
ist; das hier sich ergebende Resultat wird uns also einen inter-
essanten Einblick in die Verteilung der Primzahlen geben. Nun ist
identisch:
S 7. Anwendungen. 571
_ Alff V- = — — = V^. V— = V^^
dz *£i n' = x? * JLJ rf JLJ m* Zj (mn)M
dd' = * ^^1 d/* d/t
-2*=i — 2
k*
1 1
j£l k* Zl V '
l
weil für k > 1 2ed ~ ® kt. Andererseits ist aber nach (3) und (3a)
_ ± iff vi = »' = (*-*)' L. j_
** n* z — 1
da aber die Reihe ^^7 dasselbe Anfangsglied besitzt, so folgt, dafs
die beiden Dirichletschen Reihen:
Vi und y^
^Lj k' jLj k'
für die Stelle 8=1 in gleicher Weise unendlich werden. Besitzt
also die Funktion f(k) überhaupt einen Mittelwert für das Intervall
(1, • • • n), so ist er notwendig gleich Eins, oder es ist:
wenn in diese Summe jede Primzahl p genau h Male aufgenommen
wird, sobald
ist. Also ergiebt sich einfacher:
(4) lim^lgj^-l.
Dieser Grenzwert bleibt aber ungeändert, wenn man alle Potenzen jj*
durch p ersetzt, d. h. es ist:
oder
was
dasselbe ist:
' K
p5*
(5)
limi-2(Ä-
- 1) lgi> =
= lim
12-
lg^-i _ 0.
24*
372 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
In der That ist für alle Primzahlen, für welche der Exponent h > 1
ist, p*<ip^ < n, also p < |/n; alle jene Primzahlen sind daher in der
Reihe 1, 2, • • • [)/n] enthalten. Ersetzt man aber in der Summe (5)
alle Potenzen ph~1 durch n und summiert dann über alle Zahlen der
Reihe 1, 2, • • • [Yn]} so wird dieselbe sicher vergröfsert, d. h. es ist:
l l
und da die rechte Seite mit wachsendem n gegen Null konvergiert,
so ist unsere Behauptung erwiesen. Es ergiebt sich also die wichtige
Gleichung:
und aus ihr folgt der Satz:
Der Mittelwert für die Logarithmen aller Primzahlen in dem
Intervalle (1, • • • n) ist gleich Eins.
Hieraus folgt ohne weiteres für den Gaussischen Mittelwert:
ft4-v
limj^ lgp = v,
oder der Satz:
Die Summe der Logarithmen aller Primzahlen in einem Inter-
valle (ji -f- 1, • • • fi -f- v) ist näherungsweise gleich der Grö&e
jenes Intervalles.
§8.
Als eine letzte Anwendung unserer allgemeinen Formeln be-
trachten wir die Funktion:
/W = - ^—
;
wo i = V— T ist. Hier ist offenbar zunächst:
f(4h + e)= f(s), f(- k) f(k) <.-t i,M),
und da f(0) = f(2) = 0, f{\) = + 1 ist, so ergiebt sich allgemein
für jedes gerade k
f(2h) = 0,
für jedes ungerade k
/"(*) = (-ip",
§ 8. Anzahl der Teiler von den Formen 4n+ * und 4n — 1. 373
d. h. gleich + 1, je nachdem k von der Form 4n + 1 oder 4w + 3
ist. Für die summatorische Funktion F(k) folgt leicht:
F(k) = 1 1 + 1 1=0 (*=**, 4A + 3)
^(Ä) = 1 1 + 1 ••+1 = 1 (*=*Ä + 1, 4A + 2).
In diesem Falle geben also die Zahlen:
den Überschufs der kleineren (gröfseren) Teiler von der Form 4n + 1
über die von der Form 4w + 3 an, und die Funktionen 'i. ■ und
H (N) .
— -%r^ den mittleren überschufs jener Divisoren in dem Intervalle
Wir ersetzen nun in den beiden Gleichungen:
-F(fc) durch seinen Wert 0 oder 1, und wollen St(N) und H^N) bis auf
Gröfsen der Ordnung |/jY berechnen und zwar so, dafs wir den Koef-
ficienten von YN abschätzen. Es wird nun:
+ aF(v)
-»(»-4 + i— -±i) + * + m.
wo u die letzte ungerade Zahl < v bedeutet; die zweite Summe unter-
scheidet sich nämlich von — v oder auch von -^VN nur um eine Kon-
stante, welche absolut genommen kleiner als Eins ist. Da nun die
erste Summe in der Form:
2(i-± + i — - + «-Tl-)-(+w-Ti±-)
4 ^C Vm+2 u + i~ )
geschrieben werden kann und da die zu — hinzutretende alternierende
Summe absolut genommen kleiner als ihr Anfangsglied -375, also
sicher kleiner als — - — ist, so ergiebt sich für H^N) der Ausdruck:
374 Sechsundzwanzigste Vorlesung.
Ersetzt man auch in dem Ausdrucke für Ht (JV) die Funktionen F (y)
und F(k) durch ihre Werte Null oder Eins, und beachtet dabei, dafs
bei der hier gewünschten Genauigkeit F(v) fortgelassen, J£F(k) aber
durch -^YN ersetzt werden kann, und dafs:
ist, wenn Qy angiebt, wie viele von den v Zahlen -r- von der Form
4A + 1 oder 4A + 2 sind, dafs also jene Summe gleich 6%VN ge-
setzt werden kann, wo d2 einen positiven echten Bruch bedeutet, so
erhält man die Gleichung:
Endlich ergiebt sich für alle Divisoren:
H(N) - H^N) + Ht(N) - JV(^- + fLt«* _*_)
-2T-J + «yjy. (-1-«+«»
Bildet man in der oft angegebenen Weise den Gaussischen mittleren
Wert der Funktionen \ (n), \ (n), h(n) in dem Intervalle (n — k7 • • • n -f- 1)
und wählt man von vorn herein & genügend klein gegen n, so erhält
man nach einer leichten Rechnung:
9H(V»)) = T + ^ir> »(*»w)-T*ir;
2R(A(n)) = | + 4^.
Der Uberschufs der Anzahl aller Teiler von der Form 4» + 1
über die von der Form 4w — 1 ist also im Mittel gleich — ,
d. h. etwa gleich — • Dasselbe ist auch für den entsprechenden
Uberschufs bei den kleineren Divisoren der Fall, während die
gröfseren Divisoren beider Kategorien nahezu gleich verteilt sind.
Siebenundzwanzigste Vorlesung.
Theorie der Potenzreste für einen zusammengesetzten und für einen Primzahl-
modul. — Einteilung der Einheiten modulo p nach dem Exponenten, zu welchem
sie gehören. — Die primitiven Wurzeln. — Theorie der Indices für einen Prim-
zahlmodul. — Jacobis „Canon arithmeticus". — Anwendungen: Die Auflösung
linearer Kongruenzen. — Beweis des Wilsonschen Satzes. — Auflösung der reinen
Kongruenzen für einen Primzahlmodul.
§i-
Ebenso, wie man bei der sog. Auflösung der Gleichungen eine
gegebene Gleichung n*** Grades auf eine Kette von lauter reinen Glei-
chungen zurückzuführen sucht, und daher zuvörderst diese reinen Glei-
chungen und ihre Wurzeln genau zu studieren hat, wollen wir uns
in der Theorie der Kongruenzen zuerst mit den „reinen" d. h. mit
den Kongruenzen von der Form:
(1) xn = a (mod m)
beschäftigen. Besitzt diese Kongruenz eine Wurzel, so ist a der wten
Potenz einer ganzen Zahl modulo m kongruent; wir sagen daher, die
Zahl a ist ein wtoT Potenzrest für m. Die Theorie der reinen Kon-
gruenzen und die Theorie der Potenzreste sind also nicht von einander
verschieden.
Wir können die hier zu lösende Aufgabe sofort als ein Problem
aus der Theorie der Modulsysteme fassen, denn offenbar besteht
der Satz:
Die Kongruenz (1) besitzt dann und nur dann eine Lösung,
wenn die Gröfse x so bestimmt werden kann, dafs die Äqui-
valenz:
(la) (xn — a, m) ~ m
besteht.
Die allgemeinste hier sich darbietende Aufgabe wäre die, dafs in
der reinen Kongruenz (1) a eine ganze Gröfse eines beliebigen Ratio-
nalitätsbereiches [£, yj, • • •] ist, während m irgend ein Modulsystem desselben
Bereiches bedeutet; z. B. könnten wir a und in als ganze ganzzahlige
Funktion einer Variablen £, annehmen, und fragen, ob man x als
376 Siebemmdz wanzigste Vorlesung.
eine ganze Funktion von £ so wählen kann, dafs die Kongruenz (1)
erfüllt wird. Hier sind indessen bis jetzt erst sehr wenig Resultate
gefunden worden.
Wir wollen uns daher im Folgenden immer auf den Bereich [1]
der ganzen Zahlen beschränken.
Ist der Modul m = p*qh • • r* eine beliebige zusammengesetzte
Zahl, so besteht, wie wir a. S. 194 gesehen haben, die Äquivalenz:
(2) (x* — a}m)~ (xn — a, p*) (xn — a, g*) • • • (xn — a, r*);
also ist die Äquivalenz (1*) oder, was dasselbe ist, die Kongruenz (1)
dann und nur nur dann erfüllt, wenn die Äquivalenzen:
(2*) (xn — a, p>) ~ p*, (xn — a, g*) ~ g*, • • • (xn — a,r*) ~r*
zugleich bestehen; es gilt also der Satz:
Eine Zahl a ist dann und nur dann n*6* Potenzrest für eine zu-
sammengesetzte Zahl w, wenn sie für jede in m enthaltene
Primzahlpotenz ntor Potenzrest ist.
Wir brauchen daher im Folgenden nur die Kongruenzen (1) für
den Fall zu untersuchen, dafs m = ph eine Primzahlpotenz ist, während
der Exponent h eine beliebige ganze Zahl bedeuten kann. Wir werden
später eingehend die drei ersten Fälle untersuchen, welche den
Werten n = 2, 3, 4 des Exponenten von x entsprechen, d. h. wir
werden die vollständige Theorie der sog. quadratischen, der kubischen
und der biquadratischen Reste entwickeln.
Zunächst wollen wir einige allgemeine Sätze aus der Theorie der
nton Potenzreste für den Fall beweisen, dafs der Modul eine Primzahl p
ist; aus ihnen lassen sich die entsprechenden Resultate für eine be-
liebige Primzahlpotenz pfi leicht ableiten.
Ebenso wie für die Untersuchung der allgemeinen reinen Glei-
chung xn — a = 0 die Kenntnis der n*80 Wurzeln der Einheit, d. h.
der Wurzeln der speziellen Gleichung xn — 1=0 nötig ist, mufs der
Betrachtung der Kongruenz (1) die Untersuchung der Kongruenz:
(3) z» — 1 = 0 (mod m)
vorangehen. Wir gehen also zunächst zur Lösung dieser Aufgabe über,
indem wir den Modul m als eine beliebige Primzahl p voraussetzen.
Wir hatten im § 1 der dreiundzwanzigsten Vorlesung die Funktion
x* — 1 folgendermafsen als ein Produkt ganzer ganzzahliger Faktoren dar-
gestellt:
(3») *"-!=* JJ-*» 5
d/n
hier war allgemein jeder „primitive Divisor" Im(x) das Produkt aller
§ 1. Theorie der Potenzreste. 377
Primteiler von x?' — 1 , welche nicht zugleich in einer derjenigen
Funktionen af — 1 enthalten sind, deren Exponent fi ein Teiler von m
ist Der primitive Divisor Fm(x) ist vom Grade qp(ro) und kann
folgendermaßen dargestellt werden:
m r^'_iv*
l(aJ)=J7(^'^iy
Es sei jetzt zunächst n =p — 1; die zu untersuchende Kongruenz:
(4) a*"1 = 1 (mod p)
besitzt dann die p — 1 inkongruenten Wurzeln x = 1, 2, • • • p — 1,
d. h. so viele als ihr Grad angiebt. Hieraus und aus der Gleichung
(3*) ergeben sich also die beiden folgenden Zerlegungen modulo p
von xp~"1 — 1:
(4») ^-1-i = f[Fi(x) = JJ(x-k) (mod*).
d/ip-l) *=1
Ersetzt man hier die Variable x durch irgend eine Einheit k modulo p,
so erkennt man, dafs jede der (p — 1) Zahlen k = 1, 2, • • • p — 1
einer und, wie man sieht, auch nur einer der <p(rf) Kongruenzen
Fd(x) = 0 (mod p)
genügt, da ja, wenn auch nur zwei von jenen primitiven Funktionen
*» und Fd,(X) moduloj, befrachtet, denselben Linearfaktor * - *
besäfsen, die Funktion xr — 1 modulo p den Faktor (x — i)* ent-
halten müfste, was mit der Kongruenz (4ft) in Widerspruch stehen
würde. Ebenso erkennt man, dafs keine jener Funktionen Fd(x) einen
Linearfaktor modulo p mehr als einmal enthalten kann. Jede der
<p(p — 1) Kongruenzen Fd(x) :_i 0 (mod p) besitzt also ebenfalls genau
so viele modulo p inkongruente Wurzeln, als ihr Grad q>(d) angiebt.
Wir können und wollen hiernach die p — 1 inkongruenten Einheiten
für den Modul p, d. h. die Zahlen 1, 2, • • • p — 1 in Gruppen (Gd)
ordnen, indem wir in eine Gruppe alle diejenigen Einheiten:
zusammenfassen, welche die Kongruenz:
Fd (x) = 0 (mod p)
befriedigen. Die Anzahl der Einheiten der zu Fd(x) gehörigen Gruppe
Gd ist dann genau gleich qp(d), und für ein variables x besteht die
Kongruenz:
<jp(d)
(5) *»=JJ (*-*<").
i = l
378 Siebenundzwanzigste Vorlesung.
Zwei primitive Funktionen Fd(x) und Fd(x) sind auch modulo p be-
trachtet teilerfremd, da sie keine einzige Kongruenzwurzel gemeinsam
haben, cL h. es besteht der Satz:
Zwei primitive Funktionen Fd(x) und Fd(x), deren Indices d
und d Teiler von p — 1 sind, haben dann und nur dann einen
gemeinsamen Teiler modulo p, wenn sie identisch sind, wenn
also d = 8 ist.
Wir wollen nun die Eigenschaften untersuchen; welche den <p(ct)
Einheiten tid einer und derselben Gruppe Gd gemeinsam sind. Da
Fd(x) ein Teiler von (x* — 1) ist, so genügt jede der tp{d) Zahlen
kd auch der Kongruenz:
kdd = \ (modp).
Wir zeigen aber jetzt weiter, dafs dies die niedrigste Potenz von kd
ist, welche durch p geteilt den Rest Eins läfst. Zu diesem Zwecke
leite ich gleich den allgemeineren Satz ab, welcher den hier zu beweisen-
den offenbar als speziellen Fall enthält:
Eine Zahl kd genügt dann und nur dann der Kongruenz:
k~-=l (modp),
wenn m ein Multiplum von d ist.
«
In der That, genügt kd den beiden Kongruenzen:
K~ *> K7^1 (modl>)>
so genügt dieselbe Zahl der anderen:
*;'+*" =1 (modp),
wo a und ß beliebige positive oder auch negative ganze Zahlen be-
deuten können. Wählt man nun a und ß so, dafs:
ad + ßm = t = (rf, m)
ist, so genügt kd auch der Kongruenz:
*
x* — 1 zr: 0 (mod pi).
Ersetzt man aber in der Identität:
x durch /•• , so erkennt man, dafs eine der <p(t) Zahlen -Fj(&J durch p
teilbar sein mufs, dafs also die beiden primitiven Funktionen Fd(x)
und Fd(x) modulo/) betrachtet einen gemeinsamen Teiler x — kd be-
sitzen. Da aber 8 ein Teiler von t = (rf, ni)7 also in d enthalten ist,
§ 1. Theorie der Potenzreste. 379
und da d ein Divisor von p — 1 ist, so ist d ebenfalls einer der
Teiler von p — 1. Es müssen also die beiden Funktionen Fd(x) und
Fö(x) eine gemeinsame Wurzel modulo p haben, und dies ist, da d
und 8 beide Teiler von (p — 1) sind, nach dem soeben bewiesenen
Satze nur dann möglich, wenn ö = d, d. h. wenn t = (d, m) = d} wenn
also m ein Multiplum von d ist, w. z. b. w.
Eine Zahl k, für welche W = 1 ist, während keine niedrigere
Potenz von k durch p geteilt den Rest Eins läfst, soll nach Gauss als
zum Exponenten d modulo p gehörig bezeichnet werden. Jede Einheit
modulo p gehört also zu einem und nur einem Exponenten modulo p.
Dann lehren unsere bis jetzt gefundenen Sätze, dafs die (p(d) Zahlen
(kj kd kd" • • •) sämtlich zum Exponenten d gehören, und da sich jede
Einheit modulo p in einer einzigen Gruppe Gd befindet, so ergiebt
sich jetzt der folgende wichtige Satz, der uns eine vollständige Ein-
teilung der Einheiten modulo p nach ihrem Exponenten liefert:
Jede nicht durch p teilbare Zahl k gehört modulo p zu einem
Exponenten d, welcher stets ein Teiler von (p — 1) ist. Zu
jedem Divisor d von p — 1 gehören genau q>(d) modulo p
inkongruente Einheiten (kd, kd"} • • •), und diese sind die sämt-
lichen Wurzeln der Kongruenz des vid)*3* Grades:
Fd(x) =YI(X~ *?) ^ ° (mod P)>
wenn Fd(x) der zum Divisor d von p — 1 gehörige primitive
Faktor ist.
Es sei z. B. p = 7, p — 1 = 6, dann ist
x* - 1 = F6(x) F^x) F,(x) Fx(xy,
nun war (vgl. S. 286):
F6(x) = x2 — x + 1 = ■(* — 3) (x — 5)
F9(x) = x2 + x + 1 = {x — 2) {x — 4)
F9(x)*= x+ liz_(a; — 6)
F1(x)= x — 1 s.(x—l)
(mod 7),
also gehören 3 und 5 zum Exponenten 6, 2 und 4 zum Exponenten
3, während 6 und 1 bezw. zu den Exponenten 2 und 1 gehören. In
der That gehört z. B. 3 wirklich zum Exponenten 0, denn die
Potenzen
3, 3*, 33, 34, 36, 36
sind modulo 7 betrachtet bezw. kongruent:
380 Siebenundzwanzigste Vorlesung.
3, 2, 6, 4, 5, 1,
d. h. 3* ist die niedrigste Potenz von 3, welche durch 7 geteilt den
Rest Eins läfst.
Ist d irgend ein Teiler von (p — 1), so folgt aus der Gleichung:
(6) **-i-n>,(*),
dafs die Kongruenz
x* — 1 = 0 (mod p)
so viele inkongruente Wurzeln besitzt, als die (p(d) Kongruenzen:
F6(x) = 0 (modjp)
zusammengenommen. Da aber jede der letzteren <p(d) Wurzeln be-
sitzt, und keine zwei von ihnen eine gemeinsame Lösung haben, so
hat die Kongruenz (6) ^Stp(d) = d Wurzeln. Wir haben also den Satz:
d/d
Die Kongruenz tf* — 1=0 (mod p) hat genau so viele in-
kongruente Wurzeln als ihr Grad angiebt, sobald d ein Teiler
von p — 1 ist.
Es sei jetzt kd irgend eine zum Exponenten d gehörige Zahl;
dann genügt sie der Kongruenz:
(7) tf*-l = 0 (modp).
Daraus folgt, dafs auch die d Zahlen
(8) i, k, *;,••• K~l
ebenfalls Wurzeln derselben Kongruenz sind, denn es ist ja:
(*£)'= $)r = 1 (modp).
Ferner sind die d Zahlen dieser Reihe sämtlich modulo p verschieden,
denn wäre z. B.:
K = K (mod P)f (r<'; °- « S'-1) >
so müfste ja:
Jcrd~~* = 1 (mod p)
sein, d. h. kd gehörte entgegen unserer Annahme nicht zum Ex-
ponenten df weil schon eine niedrigere als die rP®, nämlich die (r — s)te
Potenz dieser Einheit kongruent Eins wäre. Also sind die d Zahlen
der Reihe (8) die sämtlichen Wurzeln der Kongruenz (7), d. h. es be-
steht für ein variables x die Zerlegung:
** - 1 -- U(x- *i) (mod & >
S 1. Theorie der Potenzreate. 381
wenn hd irgend eine bestimmte unter den <p(d) zum Exponenten d ge-
hörigen Zahlen bedeutet.
Aus diesem Resultate ziehen wir gleich eine wichtige Folgerung:
Aus den beiden Zerlegungen der Funktion a? — 1 modulo p
rf— 1
*_l-n>,(aO=JJ (*--*£) (mod*)
folgt, dafs die <p(8) Eongruenzwurzeln einer bestimmten primitiven
Funktion Fd(x), deren Index 6 ein Teiler von d ist, gewisse unter den
d Potenzen der Reihe (8) sein müssen.
Es sei nun kkd irgend eine dieser Potenzen; dann kann man leicht
den Exponenten finden, zu welchem sie modulo p gehört. In der That
sei d0 der gröfste gemeinsame Teiler von h und d, so dafs:
* = *oÄ<» d = d0d0, (Ä0, d0) = 1
ist. Bildet man dann die Potenzen:
so ist eine Zahl (kdY dieser Reihe dann und nur dann kongruent Eins
modulo p, wenn der Exponent hr = hQd0r durch d = d0d0, wenn also
A0r durch d0 teilbar ist. Da aber (An, d^) = 1 ist, so mufs notwendig
r ein Multiplum von d0 sein, d. h. Ar gehört zum Exponenten
d
h
d
Speziell gehören die <p(d) Potenzen
k\ (A,rf)=i,
deren Exponenten h zu d teilerfremd sind, zum Exponenten d selbst,
d. h. es gilt der Satz:
Ist d irgend ein Teiler von p — 1, kd irgend eine zum Ex-
ponenten d gehörige ganqerZahl, so sind alle zu d gehörigen
Zahlen (kd kd" • • •) als Potenzen von irgend einer unter ihnen
darstellbar. Alle diese und nur sie sind nämlich in der Reihe
kkd (A, d) « 1
enthalten, wenn der Exponent h alle <p(d) zu d teilerfremden
Zahlen durchläuft; est ist also:
Fd{x) = ]~J (x — &*) (mod p) (a, d) = i .
382 Siebenundzwanzigste Vorlesung.
§2.
Unter den Gruppen Gd = (kj, kd", • • •) der zu demselben Ex-
ponenten gehörigen Einheiten modulo p ist diejenige besonders wichtig,
für welche der Teiler d von p — 1 seinen gröfsten Wert hat, also
gleich (jp — 1) selbst ist. Wenden wir die allgemeinen Resultate des letzten
Abschnittes auf diesen Fall an, so ergeben sich die folgenden Sätze:
Unter den Einheiten modulo p giebt es genau <p(jp — 1), welche
zu dem Exponenten p — 1 gehören, für welche also keine niedrigere
als die (p — l)te Potenz der Einheit kongruent ist. Diese Einheiten
werden nach Gauss primitive Wurzeln von p genannt. Ist g eine dieser
primitiven Wurzeln, so sind alle anderen in der Reihe der Potenzen
gh (a,j>-i)=i
enthalten.
Bilden wir die p — 1 ersten Potenzen von g
(i) i, g, g\ • • • sr~;
so sind diese sämtlich inkongruente Einheiten modulo p, während
gp~l, (f, • • • wieder kongruent 1, g, • • • sind, so dafs allgemein
(2) 0i+(F-i)=0* (mod/))
ist. Da es überhaupt nur p — 1 inkongruente durch p nicht teilbare
Zahlen giebt, so folgt, dafs die Zahlen (1), abgesehen von ihrer Reihen-
folge, den Zahlen 1, 2, • • • p — 1 modulo p kongruent sind. Es er-
giebt sich also der Satz:
Jede durch p nicht teilbare Zahl y ist modulo p einer Potenz
<f* der primitiven Wurzel kongruent. Dieser Exponent h von g
wird nach Gauss der Index von y genannt und durch Ind y
bezeichnet, so dafs also diese arithmetische Funktion durch die
Kongruenz:
g^d * =r- y (mod p)
definiert ist.
Wegen der Kongruenz (2) ist der Index von y nur modulo p — 1 be-
bestimmt, denn die Kongruenz:
(3) <r == f
ist dann und nur dann erfüllt, wenn
(3») a ~ a (mod p — 1)
ist.
Durch die Einführung dieser arithmetischen Funktionen erhalten
wir nun das Mittel, alle durch p nicht teilbaren Zahlen modulo p be-
trachtet als Potenzen einer und derselben Grundzahl g darzustellen,
§ 2. Die primitiven Wurzeln. 383
genau ebenso, wie man mit Hülfe der Logarithmen jede beliebige Zahl
als Potenz der Basis des betreffenden Logarithmensystemes darzustellen
imstande ist. Natürlich gelten daher für das Rechnen mit den arith-
metischen Funktionen Ind y wörtlich dieselben Regeln , wie für die
Logarithmen, nur dafs an die Stelle der Gleichheit die Kongruenz für
den Modul (p — 1) tritt.
Der Index eines Produktes ist der Summe der Indices seiner
Faktoren modulo p — 1 kongruent, d. h. es ist:
(4) Ind (ft y2) :-_: Ind yx -f- Ind y% (mod (p — 1)).
Sind nämlich yx und y% zwei beliebige Einheiten modulo p und ist:
so ergiebt sich durch Multiplikation:
yx y9 = g1*6 * +Ind * (mod p) ,
und da andererseits nach der Definition der Index
Yi Yi ^ !?** (yi y,) (mod P)
ist, so ergiebt sich:
flfInd(yiy») -- gIndyi+Ind>'*
und wegen (3) und (3a) folgt hieraus die zu beweisende Kongruenz (4).
Ganz ebenso wie in der Theorie der Logarithmen ergeben sich
aus diesem Satze die Folgerungen:
(4») Ind 7l m Ind yx — Ind y2 (mod (p — 1))
(4b) Ind (yn) __ n Ind y (mod (p — 1)).
Wählt man für jede Primzahl p eine primitive Wurzel g als
Basis eines Indexsystemes und stellt dann alle Zahlen 1, 2, • • • p — 1
modulo p als Potenzen von g dar, so erhält man Tafeln, welche bei
allen Untersuchungen modulo p die Rechnung in genau derselben
Weise vereinfachen, wie die Logarithmentafeln die gewöhnlichen Rech-
nungen. Von diesem Gedanken ausgehend hat Jacobi derartige Tafeln
für alle Primzahlen bis 1000 berechnen lassen, und sie in einem Werke
vereinigt, dem er den Titel „Canon arithmeticus" gegeben hat. Welche
unter den qp(p — 1) primitiven Wurzeln modulo p man jedesmal als
Grundzahl g des betreffenden Indexsystemes wählt, ist für die Rech-
nung offenbar ganz ebenso gleichgültig, wie es bei den Logarithmen-
tafeln die Basis des Logarithmensystemes ist. Im Canon arithmeticus
wurde jedesmal, wenn die Zahl 10 eine primitive Wurzel modulo p
war, diese für g genommen, da sich hierdurch die Berechnung der be-
treffenden Tabelle wesentlich vereinfachte.
384
Siebenundzwanzigste Vorlesung.
Um eine Übersicht über die Einrichtung dieser wichtigen Tabellen
zu geben , schreiben wir für den Modul p = 19 und die primitive
Wurzel g = 10 die Tafel auf:
Numeri
'
Indices
Ind
0 1
2 3 4 6
6 7 8 9
Num
0 12 3 4 6
6
7 8 9
1
10
9 14
6 12 6 8
7 18 16 8
11 16 17 18
4 2 1
1
18 17 6 16 2
1 6 3 13 11 7
4
14
12 16 10
8 9
Die erste Tabelle liefert zu einem gegebenen Index a die zugehörige
Zahl y, d. h. den Numerus Indicis a, die zweite umgekehrt zu einer
gegebenen Zahl y ihren Index a. Die zehn Stellen in einer Zeile ent-
sprechen den Einern der vorgelegten Zahl, die Horizontalreihen den
Zehnern derselben. So ergiebt sich z. B. aus der zweiten Tabelle:
Ind 11 = 6 und es ist wirklich 1011 ~ 6 (mod 19)
Ind 18 = 9 „ 109 = 18 (mod 19).
» V
Ferner folgt z. B. aus der ersten Tabelle:
Num. Ind 7 = 15, Num. Ind 9 = 18,
und es ist in der That:
107 = 15, 109 = 18 (mod 19).
Ich möchte noch hervorheben, dafs für jedes zu einer beliebigen un-
geraden Primzahl p gehörige Indexsystem
(5)
Ind(p-1)=^
ist. Da nämlich für jede primitive Wurzel:
/-1_1 = (/t-_1)(/i-+1)==o (modp)
ist, so mufs entweder der erste oder der zweite Faktor rechts p ent-
halten. Da aber g n. d. V. zum Exponenten p — 1 gehört, so kann
nicht g 2 = 1 (mod p) sein; also ist notwendig:
g 2 -~ — 1 ~ p — 1 (mod p) ,
(5")
und hieraus folgt die Richtigkeit der obigen Gleichung (5).
Mit Hülfe der Indextafeln kann man eine beliebige lineare Kon-
gruenz:
ax = b (mod p)
§ 2. Theorie der Indiced. 38o
für einen Primzahlmodul p leicht auflösen. Geht man nämlich auf
beiden Seiten zu den Indices über, so folgt aus (4) die Kongruenz:
Ind a -j- Ind x Ind b (mod (p — 1))
Ind x e^ Ind b — Ind a (mod (p — 1)),
und durch den Übergang zu den Numeris ergiebt sich der gesuchte
Wert von x.
Ist z. B. die Kongruenz:
Ix — 17 (mod 19)
gegeben, so folgt aus der zweiten Tabelle:
Ind x~ Ind 17 — Ind 7
— - 8 — 12 = 14 (mod 18),
also ist x = Num Ind 14 = 16, und in der That ist:
7- 16 1=17 (mod 19).
Die Darstellung der Zahlen durch die Potenzen einer primitiven
Wurzel wollen wir zu einem sehr einfachen Beweise des Wilsonschen
Satzes benutzen. Es ist nämlich offenbar:
p(p-i) / p-i\*
* G-)
1 23 ...p— 1— ^+2+ -+i»-« Ezijf * =ih\g * ; (modj)),
oder da nach (5a) g 2 : — 1 und p eine ungerade Zahl ist, so er-
giebt sich:
jJ*---(-ir---=-i ("od*),
wie schon früher (S. 102) auf anderem Wege bewiesen wurde.
Die modulo p inkongruenten Einheiten, oder, was dasselbe ist,
die p — 1 Potenzen:
1, 9, 9*, ■■ <P-2
hatten wir in Gruppen
g«. = (*;. *;> • • •)
eingeteilt nach dem Exponenten rf0, zu welchem sie modulo p gehören.
Auf Grund des oben S. 381 abgeleiteten allgemeinen Resultates
können wir jetzt leicht alle Einheiten y^tf* finden, welche zu einem
gegebenen Divisor d0 von p — 1 als Exponenten gehören. Ersetzen
wir nämlich den dort beliebig gewählten Divisor d von p — 1 durch
p — 1 selbst, so mufs:
0 (h,p-i)
Kronecker, Zahlentheorie. I. 25
386 Siebenundzwanzigate Vorlesung.
sein. Ist also p — 1 = ^0<V; a^s0 *V ^er zu ^o komplementäre Teiler
von p — 1, so mufs:
(*, p-i)- «/,',
oder also A = rd0' sein, wobei (r, d0) = 1 ist. So ergiebt sich also
der allgemeine Satz:
Von den p — 1 inkongruenten Einheiten y gehören alle und
nur die zu einem gegebenen Teiler d0 von p — 1 als Exponenten,
deren Index mit p — 1 den gröfsten gemeinsamen Teiler
d0' = j hat; sie sind also in der Form:
r'-T1
g *» (r,rf=l)
enthalten; ihre Anzahl ist daher gleich (p(d0), und für die zu-
gehörige primitive Funktion F. (x) besteht für ein variables x die
Zerlegung:
1^*)eee]7(*-/V).
So folgt z. B. aus der zweiten Tabelle a. S. 384, dafs die 6 = qp(9)
folgenden Zahlen:
4, 5, 6, 9, 16, 17
modulo 19 zum Exponenten 9 gehören, denn ihre Indices
16, 2, 4, 10, 14, 8
sind die einzigen, welche mit 18 den gröfsten gemeinsamen Teiler
2 = — - haben,
y
Wir benutzen endlich die Theorie der primitiven Wurzeln zur
Untersuchung der allgemeinen reinen Kongruenzen:
(6) #" = y (mod p)
für einen beliebigen Primzahlmodul. Gehen wir in dieser Kongruenz
zu den Indices über, so erhalten wir für | = Ind x die lineare Kon-
gruenz:
(6a) ng = Ind y (mod (p — 1)).
Nach dem a. S. 106 bewiesenen Hauptsatze besitzt aber eine lineare
Kongruenz dann und nur dann eine ganzzahlige Lösung, wenn die
rechte Seite, also Ind y, durch den gröfsten gemeinsamen Teiler
d = (n, p — 1)
des Koefficienten von g und des Moduls teilbar ist. Ist das der Fall,
und ist:
§ 2. Auflösung der allgemeinen reinen Kongruenzen. 387
n =* n0d, p - 1 = d0d,
so geht die Kongruenz (6*) über in:
(6b) «o^1-5^ (*odd0),
aus welcher sich 5, da (w0, d0) ~ 1 ist, modulo dQ eindeutig bestimmt;
ist dann So der so sich ergebende Wert, so erhält man für £ die d
folgenden modulo p — 1 inkongruenten Werte:
welche samtlich der Kongruenz (6a), also auch der Bedingung (6) ge-
nügen, und da zu jedem dieser Werte von £ = Ind x ein einziger
Wert von x gehört, so ergiebt sich der folgende Satz:
Eine Zahl y ist dann und nur dann nter Potenzrest zu p} wenn
ihr Index durch den gröfsten gemeinsamen Teiler d von n und
p — 1 teibar ist. Ist dies Fall, so besitzt die Kongruenz:
' xn — y = 0 (mod p)
genau d = (w, p — 1) inkongruente Wurzeln.
Ist speziell n = d selbst ein Divisor von p — 1 , so ergiebt sich als
Corollar:
Eine Zahl y ist dann und nur dann dfter Potenzrest zu pf wenn
ihr Index ein Multiplum von d ist; ist das der Fall, so besitzt
die Kongruenz:
a? — y i -~ 0 (mod p)
genau so viele inkongruente Wurzeln als ihr Grad angiebt.
Wir können dieses letzte Kriterium auch in einer von der Theorie
der Indices unabhängigen Form aussprechen. Ist nämlich:
Ind y = dg
durch d teilbar, also y ~ ^e, und ist d' der zu d komplementäre
Teiler von p — 1, so ist:
y1' = 0**9 ~ (gP~ iy = 1 (mod p)
und ist umgekehrt:
so ist Ind y durch d teilbar, also y rf*6' Potenzrest zu p. Es gilt also
der Satz:
Eine Zahl y ist dann und nur dann <Per Potenzrest zu p, wenn
p-i
y d m 1 (mod p)
ist.
26*
388 Siebenundzwanzigate Vorlesung.
Auch die allgemeinere Frage, ob eine Zahl ntor Potenzrest von p
ist, ist natürlich ganz unabhängig davon, welche primitive Wurzel g
von p bei dem Indexsystem zu Grunde gelegt wird; also mufs auch
das vorher gefundene allgemeine Kriterium ebenfalls von der Wahl von
g unabhängig sein. In der That, ersetzt man g durch die primitive
Wurzel g0, so wird g eh $J, wo (r, p — 1) = 1 ist, also wird:
d. h. der Index von y für gQ geht aus dem für g durch Multiplikation
mit der zu p — 1 teilerfremden Zahl r hervor, der gröfste gemein-
same Teiler von Ind y und p — 1 ist also unabhängig davon, welche
primitive Wurzel von p als Basis des Indexsystemes zu Grunde gelegt
wird. Man kann auch den folgenden allgemeineren Satz aussprechen,
dessen einfacher Beweis dem Leser überlassen bleibe:
Eine Zahl y ist dann und nur dann wtcr Potenzrest zu pf wenn
sie der Bedingung:
genügt, wo d = (n, p — 1) ist; ist dies der Fall, so besitzt die
Korgruenz xn — y = 0 (mod p) genau d inkongruente Wurzeln.
Achtundzwanzigste Vorlesung.
Die höheren Kongruenzen für einen Primzahlmodul. — Die Bedingung für die
Existenz einer Kongruenzwurzel. — Erste Herleitung der Bedingungen für die
Existenz von 8 inkongruenten Wurzeln einer Kongruenz. — Die Systeme oder
Matrizen. — Der Rang der Systeme. — Zweite Herleitung der Bedingungen für
die Existenz von * inkongruenten Wurzeln einer Kongruenz. — Die recurrierenden
Reihen. — Ihre Ordnung. — Die Ordnung von ganzzahligen recurrierenden Reihen
für einen Primzahlmodul. — Der Grad des gröTsten gemeinsamen Teilers zweier
ganzzahliger Funktionen für einen Primzahlmodul.
§ i.
Ehe wir die in der vorigen Vorlesung gefundenen Resultate auf
zusammengesetzte Moduln ausdehnen, wollen wir für Primzahlmoduln
die allgemeine Frage lösen, unter welchen Bedingungen eine nicht reine
Kongruenz:
(1) f(x) = c0 + c1x + ... + cn*» = 0 (modp)
ganzzahlige Lösungen besitzt und wie grofs die Anzahl ihrer in-
kongruenten Wurzeln ist.
Wie bereits früher erwähnt wurde, kann diese Frage stets durch
Probieren entschieden werden, da man ja nur die p Zahlen
f(P)> f(l)> * ' ' f(P — 1) au* ^nre Teilbarkeit durch p zu untersuchen
braucht. In neuerer Zeit hat aber Herr Rados*) unter Benutzung
einfacher Determinantensätze eine sehr elegante Bestimmung jener An-
zahl gegeben, welche wir an dieser Stelle auf einem anderen Wege
beweisen und dann verallgemeinern wollen.
Zunächst können wir von der Wurzel x = 0 (mod p) absehen,
weil sie dann und nur dann auftritt, wenn c0 durch p teilbar ist. . Wir
fragen also nur nach den Einheiten £ modulo p, welche die Kongruenz
(1) befriedigen. Da ferner für jede solche Einheit £p _1 ft 1 (modp)
ist, so können wir in (1) jeden Exponenten von x durch seinen kleinsten
Rest modulo p — 1 ersetzen und daher die Funktion f(x) von vorn^
herein höchstens vom (p — 2)tcn Grade voraussetzen; wir stellen uns
also zunächst die Frage:
•> Journal für Mathematik Bd. 99 S. 258—260,
390 Achtnnd zwanzigste Vorlesung.
Unter welcher Bedingung besitzt die Kongruenz:
(1») f{x) = r0 + cLx + ctx H f- cp_2x,,~2 = 0 (mod p)
eine ganzzahlige, durch /> nicht teilbare Wurzel?
Zur Vereinfachung der nachfolgenden Untersuchungen wollen wir fest-
setzen, dafs eine Zahl ci} deren Index gröfser als p — 2 oder negativ
ist, gleich demjenigen unter den Koefficienten c0} clf • • • cp__2 von f(x)
sein soll, dessen Index kongruent i modulo p — 1 ist, so dafs also für
die Koefficienten die allgemeine Gleichung:
(2) <7+(p-0 = c-
besteht, mag i positiv oder negativ sein.
Es sei nun j; eine Wurzel der Kongruenz (la), d. h. es sei:
P-%
(3) m~2e^=° (mod^-
Nach der Definitionsgleichung (2) und wegen der für jede Einheit £
bestehenden analogen Kongruenz:
•£+<P-i> = p (mod/))
kann aber die Kongruenz (2) auch folgendermaisen geschrieben werden:
und zwar für jeden ganzzahligen Wert von t; und da £' p nicht ent-
hält, so ergeben sich aus (3) die p — 1 folgenden Kongruenzen:
p-s
(4) ^j c. + k ik = 0 (.-o, i, P-«)
oder ausgeschrieben:
c0 + «,« + ftif + • • • + <,-*sp_J = o
(*)
(mod j>);
c,_, + c0| + cß + • • • + cp-d"-*^ 0
eine, Einheit £ genügt also dann und nur dann der Kongruenz (3),
wenn sie die p — 1 Kongruenzen (4) befriedigt.
Wir betrachten nun neben den Kongruenzen (4) vom (p — 2)**n
Grade das folgende System von p — 1 linearen homogenen Kongruenzen
mit den p — 1 neuen Unbekannten j^, gu • • • gJD-_2:
(5) 2ci+& — ° (modP)> e-M.- ■■*-«>
welches aus (4) dadurch hervorgeht, dafs die Potenzen £* durch die
§ 1. Die höheren Kongruenzen für einen Primzahlmodul.
391
Unbekannten %k ersetzt werden. Dann besitzen die (p — 1) Kon-
gruenzen (p — 2)ten Grades (4) dann und nur dann eine Lösung, wenn
die linearen Kongruenzen (5) eine solche Lösung haben, dafs:
(6)
2
» — 2
!o : h : 62 : ' ' • : £p-2 ^ 1 : £ : S : • • • : ? (mod p)
ist, dafs also allgemein:
ist. Nun folgt aber aus den Elementarsätzen der Determinanten-
theorie, dafs die linearen Kongruenzen (5) überhaupt nur dann eine
Lösung aufser der selbstverständlichen (|j0 ~ gx = • ■ ■ = {Sp_2 =2 0 (mod p))
besitzen, wenn ihre Determinante:
c.
• + *
'0>
u
• Cp-!
(«\*=0,1, -p-2)
fy — 2> Cp— 1, ' * * c2(p — 2)
durch p teilbar ist. Wir erhalten somit zunächst das folgende Resultat:
Die Kongruenz f(x) = 0 (mod p) wird nur dann durch eine
Einheit £ modulo p befriedigt, wenn die aus ihren Koefficienten
gebildete Determinante |c.,t| durch p teilbar ist.
Es ist nun interessant, dafs dieselbe Bedingung auch hinreichend ist,
dafs also, wenn die linearen Kongruenzen (5) überhaupt eine Lösung
besitzen, stets auch eine solche existiert, welche noch den weiteren
Bedingungen (6) genügt. In der That, es sei |crf,Ä| durch p teilbar
und es mögen w0, m1} • ■ • mp—2 p — 1 nicht sämtlich durch p teil-
bare Zahlen sein, welche den Kongruenzen (5) genügen, so dafs also:
^ ci+kmk
k
0 (mod p)
(i=0,l,- -p-l)
ist. Ist dann | irgend eine der p — 1 inkongruenten Einheiten mo-
dulo p, so ist auch:
p-i
ff /, ci+kmk = 0 (mod jp) («=o,i,. -j»-i),
*=o
und durch Addition dieser p — 1 Kongruenzen folgt:
= v
V
0 = Z ««+.?"•* =2i <i+J?+k ■ m>*-k
», k 1, k
p-%
QSt~,) (2 c.+ **+k) = (2XH (2c^ (mod*)>
,'4-* = 0
392 Achttuidz wanzigste Vorlesung.
d. h. es mufs für jeden Wert g = 1, 2, ■ • p — 1 das Produkt:
(7) (m0 + m^-i + • ' • + mp_ag-<*-2>)/X&)
durch p teilbar sein. Der erste Faktor kann aber nicht für jede der
p — 1 inkongruenten Zahlen durch p teilbar sein, da sonst die Kon-
gruenz des p — 2teu Grades:
mo -f" nhx "4" ' ' * "f" iHp—s* _" EEi 0 (mod p)
die p — 1 inkongruenten ganzzahligen Wurzeln
x =£: l"''1 (mod p) u-=if2,..p-i)
besäfse. Also mufs für mindestens einen Wert von § der zweite
Faktor p enthalten, d. h. £ ist dann in der That eine Wurzel der Kon-
gruenz f(g) ™ 0 (mod p\ w. z. b. w.
§2-*)
Wir wollen nun weiter die Frage entscheiden, wie viele inkon-
gruente Lösungen die Kongruenz:
(1) f(x) = c0 + cxx -\ f- cp-2i?~2 ^-~ 0 (mod p)
besitzt. Wir werden zeigen, dafs auch diese Aufgabe vollständig auf
die Betrachtung der Lösungen von den (p — 1) linearen homogenen
Kongruenzen
p-2
(2) £ c. + klk\ : = 0 (mod jp) («=o, i, . . - P- 2)
zurückgeführt werden kann. Wir wollen daher zuerst einige Bemer-
kungen über solche lineare Kongruenzen und ihre Lösungen voraus-
schicken.
Besitzt ein solches System (2) mehr als eine Lösung und sind etwa:
m0', w/, • • • <
Q
tt tt
m0 , mt , • • Wp_2
zwei solche Lösungen, so dafs also:
p — 2 p— 2
2jci + kmk' = 0, 2 ci+kmk' — ° (moiP) (i=o,i, .p-2)
i=0 * = 0
ist, und sind k' und k" zwei beliebige ganze Zahlen, so ist auch:
*) Für das volle Verständnis der §§ 2 und 3 ist einige Bekanntschaft dafs
mit den Elementen der Determinantentheorie erwünscht; wir bemerken jedoch,
die Resultate dieser Abschnitte später nicht benutzt werden.
§ 2. Die Anzahl der Wurzeln einer höheren Kongruenz. 393
2 *+&<+»■"' o=° (™dp)>
T
d. h. die p — 1 Zahlen:
lmQ -{- i. m0 , " • l mp-i + * wfy-2
ergeben ebenfalls eine Lösung, und das entsprechende ist der Fall;
wenn die Kongruenzen (2) drei oder mehr Lösungen haben.
So besitzt ein solches System linearer homogener Kongruenzen
im allgemeinen sehr viele inkongruente Lösungen, welche man aber
alle auf die soeben angedeutete Art aus einer kleinen Anzahl von
ihnen zusammensetzen kann. Ein System von s solchen Lösungen:
m0', »*/, Wp'_2
(*) (*) (*)
»i» m\> mp-2
der Kongruenzen (2) heifst lin&ar unabhängig, wenn keine unter ihnen
durch die s — 1 anderen in der eben angegebenen Weise linear und
homogen dargestellt werden kann, oder, was offenbar dasselbe ist,
wenn man nicht imstande ist, s nicht sämtlich durch p teilbare Zahlen
(i9 n", - • • pW so zu bestimmen, dafs die p — 1 Kongruenzen
(4) p'm/ + ii"mk" H h p^m® = 0 (mod p) c*=m.-p-»)
sämtlich erfüllt sind. Kann man nämlich die Zahlen p® so wählen,
und ist etwa fi(*> durch p nicht teilbar, so ergiebt sich ja aus (4):
< = - (Ä- < + S **"+••■ + ^ w*'_1)) (mod p) '
(* = 0,l,-p-S)
d. h. die ste Lösung unserer Kongruenzen ist linear und homogen durch
die (s — 1) ersten darstellbar.
Aus den Elementarsätzen der Determinantentheorie geht hervor,
dafs die s Lösungen (3) dann und nur dann linear unabhängig sind,
wenn nicht alle Determinanten ster Ordnung durch p teilbar sind,
welche man aus dem System (w^j in (3) bilden kann. Ist nämlich
auch nur eine unter diesen, etwa die erste:
nicht durch p teilbar, so können schon die s ersten Kongruenzen von
(4) nur bestehen, wenn alle s Zahlen ft(A) kongruent Null sind, d. h.
jene s Lösungen sind sicher linear unabhängig-, sind dagegen alle jene
Determinanten steTt Ordnung durch p teilbar, so kann man bekanntlich
394 Achtundzwanzigste Vorlesung.
(i9 (i", • • • fiw stets den Kongruenzen (4) gemäfs bestimmen, da sie
alle eine notwendige Folge von (s — 1) unter ihnen sind, welche ihrer-
seits durch die s Gröfsen fi(A) offenbar stets befriedigt werden können.
Hieraus folgt schon, dafs jedes System linearer homogener Kon-
gruenzen höchstens so viele linear unabhängige Lösungen besitzen
kann, als die Anzahl ihrer Unbekannten beträgt, und ferner, dafs die
Anzahl der linear unabhängigen Lösungen eines solchen Systemes ein
für alle Male bestimmt und unabhängig davon ist, wie diese unab-
hängigen Lösungen ausgewählt werden.
Es sei nun s die Anzahl aller linear unabhängigen Lösungen der
linearen Kongruenzen (2) und es sei (3) ein solches vollständiges System
unabhängiger Lösungen, so dafs dann aus diesen jede andere Lösung
(6o> £i> ' " ■ 5p— i) von (2) linear und homogen, d. h. in der Form:
dargestellt werden kann. Wir beweisen dann die Richtigkeit des fol-
genden allgemeinen Satzes:
Die Kongruenz:
(5) f(pc)~0 (modp)
besitzt genau 5 inkongruente durch p nicht teilbare Wurzeln,
wenn das zugehörige lineare Kongruenzensystem:
p — 2
(6) j£ c. + k lk --i 0 (mod p) («-o, i, • • p-s)
genau s linear unabhängige Lösungen hat.
Wir beweisen diesen wichtigen Satz folgen dermafsen: Es sei
irgend eine der s unabhängigen Lösungen (3) der Kongruenzen (2), so
dafs also:
P-*
ist, und | bedeute eine beliebige Einheit modulo p. Multipliziert man
dann wieder allgemein die i*e dieser Kongruenzen mit £' und addiert
dann alle, so erhält man genau wie in (7) des vorigen Paragraphen
m) «> + <> r1 + • • • + «•» , r*-*) = o (mod ji) 5
für jede Einheit j; mufs also entweder der eine oder der andere von
diesen beiden Faktoren durch p teilbar sein. Es seien nun:
(6a) Ix, £», •••!,
§ 2. Die unabhängigen Lösungen eines linearen Kongruenzensystemes. 395
diejenigen Einheiten modulo p} welche die Kongruenz (1) nicht be-
friedigen, dann müssen also für jede von ihnen die s Kongruenzen
(7) 2w^"^° (mod*)
für ä = 1, 2, • • • s bestehen. Es seien nun (i, fi", • • • ji^ zunächst
beliebige Zahlen; multipliziert man dann allgemein die Ato dieser Kon-
gruenzen (7) mit ft(A) und addiert alle, so ergiebt sich die eine Kon-
gruenz:
cn 2 SV-Pr *- 1» + *_,r * + • • • + ».^r"-'^ (mod,),
wo zur Abkürzung;
gesetzt ist. Man kann die s ganzen Zahlen fi(A) stets so bestimmen,
dafs auf der linken Seite von (7a) die s — 1 letzten Koefficienten modulo p
yersch winden, während die übrig bleibenden p — s ersten Koefficienten
ko, A—i, - - • A_(p__,_i) nicht alle durch p teilbar sind; in der That er-
giebt die erste Bedingung nur s — 1 lineare homogene Kongruenzen
für die s Unbekannten fi(A>, welchen stets durch nicht sämtlich yer-
sch windende Werte yj} \l"} • • • fi(,) genügt werden kann; wären aber für
diese auch die p — s ersten Koefficienten A0, A_i, • • • sämtlich gleich
Null, so wäre das System (3) der Lösungen w(A) entgegen der oben
gemachten Voraussetzung nicht linear unabhängig.
Denken wir uns also die Gröfsen fi so bestimmt, und multipli-
zieren wir dann, um die negativen Potenzen von £ fortzuschaffen, die
Kongruenz (5) noch mit If *, so folgt, dafs jede der t inkongruenten
Einheiten %x, • • • £, in (6Ä) notwendig der einen Kongruenz:
*.?"'" ' + L.i¥ ' + ■ • • + A-(P ,) i- 0 (mod p)
genügen mufs, deren Grad gleich oder kleiner als p — s — 1 ist, und
deren Koefficienten k. nicht sämtlich modulo p verschwinden. Also
kann die Anzahl t dieser Einheiten höchstens gleich p — 1 — s sein;
demnach ist die Anzahl der übrigen Einheiten, d. h. die Anzahl aller
Wurzeln der Kongruenz /"(g) =~ 0 (mod p), gleich oder gröfser als 5.
Endlich beweist man aber leicht, dafs jene Anzahl sicher auch
nicht gröfser als s sein kann. In der That, seien jetzt:
alle modulo p inkongruenten Einheiten, welche Wurzeln der vorgelegten
396
Achtundzwanzigste Vorlesung.
Kongruenz (1) sind , dann genügt, wie a. S. 390 (4a) bewiesen wurde,
jede von ihnen den p — 1 Kongruenzen:
2 *<+*** — ° (modP)
d. h. es sind die Potenzen:
** «l? »i> ' ' " §i
r«
p-2
*? »2> »3> «
p-2
2
(/=0,1, f-2),
6 spezielle Lösungen der (p — 1) linearen Kongruenzen:
(8) 2ei+t**-~° (modP>'
k
dieselben sind aber auch sicher linear unabhängig, denn schon ihre
erste Determinante tfter Ordnung:
o — \
a — 1
2
a — 1
ist durch p nicht teilbar, da sie, abgesehen vom Vorzeichen, dem
Differenzenprodukt :
n a, - u
(j7,A = lf2,--o)
g< h
der ö inkongruenten Zahlen |t, • • • i,a gleich ist. Da aber die Anzahl
aller linear unabhängigen Lösungen der Kongruenzen (8) n. d. V. gleich
s ist, so kann die Anzahl 6 der Kongruenzwurzeln von (1) sicher nicht
gröfser als s sein; sie ist daher genau gleich s, d. h. unser Theorem
ist vollständig bewiesen.
§3.
Aus den Betrachtungen des vorigen Abschnittes hat sich ergeben,
dafs die Anzahl der ganzzahligen Lösungen einer Kongruenz modulo p
identisch ist mit der Anzahl der linear unabhängigen Lösungen eines
speziellen Systemes linearer homogener Kongruenzen. Wir werden so
zu dem ganz allgemeinen und rein arithmetischen Probleme geführt,
§ 8. Der Hang der Systeme. 397
ein beliebiges System linearer homogener Kongruenzen aufzulösen,
d. h. seine linear unabhängigen Lösungen vollständig anzugeben , denn
aus ihnen kann ja jede andere Lösung auf einfache Weise zusammen-
gesetzt werden. Wörtlich dieselbe Frage tritt bei der vollständigen
Auflösung linearer homogener Gleichungen auf, und ihre allgemeine
Lösung ist eine der schönsten Anwendungen der Theorie der Modul-
systeme. Wir wollen die Untersuchung mit Hülfe dieser Theorie so
führen, dafs ihre Resultate sowohl für Gleichungen als für Kongruenzen
benutzt werden können.
Es seien:
Vi = auxi + ai*xi ~\ h auxt
m % = "21*1 + «22*2 H h <*itXt
y. = ö.i*i + a,2*2 H h a*txt
$ lineare homogene Funktionen der t Variablen xn xif • • • xr Wir
stellen uns zunächst die Aufgabe, alle Lösungen (xl} x2, • ■ • xt) der
s homogenen linearen Gleichungen:
(2) y, = 0, y, = 0, ••• y. = 0
anzugeben.
Wir bilden zu diesem Zwecke aus den st Koefficienten aik das
zugehörige rechteckige System oder die sog. Matrix:
aiu ai2> " ' a
(3) (O— I ; I (w-J'
und wir betrachten zuerst das System aller Determinanten erster Ord-
nung, dann das System aller Determinanten zweiter, dritter, . . . Ord-
nung, welche man aus der Matrix (a#jt) durch Weglassung gewisser
Zeilen und Kolonnen bilden kann. Ist z. B. /<,s, so sind die Deter-
minanten der /ten Ordnung die letzten, welche aus jener Matrix gebildet
werden können, indem man in ihr jedesmal irgend welche s — t
Zeilen fortläfst und die übrigbleibenden t Zeilen zu einer Determinante
tteT Ordnung vereinigt.
Es seien nun die Determinanten rter Ordnung nicht sämtlich gleich
Null, während alle Determinanten (r + l)ter Ordnung verschwinden,
welche man aus der Matrix (aljt) bilden kann. Dann sagen wir, das
System (aa) ist vom Bange r. Man erkennt leicht auf induktivem
Wege, dafs dann nicht blofs die Determinanten der (V + l)lei, sondern
398
Achtundzwanzigste Vorlesung.
auch alle diejenigen von höherer Ordnung verschwinden. Sind nämlich
etwa alle Determinanten der <ytol Ordnung von (aik) Null und ent-
wickelt man irgend eine Determinante der (ö -f- l)ten Ordnung, etwa
die erste: ,
ßll> Uli} ' ' ' 01,0-fl
!
«21, <*it> ' " ' #2,0-4-1
nach den Elementen der ersten Zeile, so ergiebt sich ja:
«ii Ai + fliaA* + • ■ • + «io-f iAa+i,
wo An A,, * • • Aff 4.1 Determinanten ö*6' Ordnung von (alt), also n. d. V.
sämtlich gleich Null sind, und hierdurch ist unsere Behauptung voll-
ständig bewiesen.
Ist ferner das System (aik) vom Range r und transformiert man
dasselbe in ein anderes, (a!*), indem man entweder die Elemente einer
Reihe (Zeile oder Kolonne) mit einer nicht verschwindenden Konstanten
multipliziert, oder zu einer Reihe ein beliebiges Multiplum einer
Parallelreihe hinzufügt, oder endlich mehrere von diesen Operationen
nach einander ausfährt, so ist das System (a'ik) von gleichem Range.
Der sehr einfache Beweis dieses wichtigen Determinantensatzes beruht
einmal darauf, dafs durch die gleichen Transformationen offenbar auch
umgekehrt das System (a',k) in (aik) übergeführt werden kann, zweitens
auf der Thatsache, dafs jede Determinante D/ einer beliebigen ste * Ord-
nung von (a'ik) als homogene lineare Funktion aller Determinanten
derselben Ordnung von (aik) dargestellt werden kann, dafs daher also
alle Determinanten DJ verschwinden, sobald alle Determinanten Dt
Null sind, und umgekehrt.
Es sei nun das System (aik) vom Range r; dann können und
wollen wir uns einmal die Variablen x19 • • • xt und zweitens die linearen
Funktionen yly • • • yt von vorn herein so bezeichnet denken, dafs
speziell die erste jener Determinanten rter Ordnung:
W
7)w =
a
11;
a
lr
a
rl>
a
rr
eine von denen ist, welche nicht Null ist. Dann wollen wir nach-
weisen, dafs die (s — r) letzten Gleichungen
(5) (*+i = 0, • • • y, = 0)
eine notwendige Folge der r ersten
(5») (y1 = 0, •••yr-0) '
§ 3. Lineare Gleichungen vom Range r. 399
sind, dafs also die vollständige Auflösung des ganzen Systemes (2)
durch die Untersuchung seiner r ersten Gleichungen vollständig er-
setzt wird.
Diese letzte Aufgabe kann aber leicht gelöst werden. In der
That sei
(6)
all? • ' • alr
M « . • • • CC /
das System der zu der Determinante (4) gehörigen Unterdeterminanten
(r — l)tor Ordnung, so dafs allgemein:
(6-) 2*n*it-*kkW u*-m**
ist. Schreibt man nun jene r ersten Gleichungen (yh = 0) in der Form:
r t
'2<>ikXk=—'2ailXl ('-LI,'"'),
* = 1 /=*+l
multipliziert dann allgemein die ite derselben mit ahi und addiert alle
jene Gleichungen, so folgt:
I, * i, l
Beachtet man also die Gleichungen (6*) und setzt aufserdem die De-
terminanten rtor Ordnung:
(ßb) 2 **•• *■■« = ~~ Ä»» C-*+ 1. • ■ • 3
so ergeben sich die r Gleichungen:
i
(7) D(r)Xh=2 ^hlXl> (A=l,2, r)
welche die vollständige Auflösung des ganzen Gleichungssystemes (5)
enthält; von den t Unbekannten xlf • • • xt bestimmen sich also r als
homogene lineare Funktionen der t — r übrigen (av+i, • • • %t), welche
ihrerseits ganz beliebig angenommen werden können.
Wir wollen jetzt unter Benutzung der Theorie der Divisoren-
systeme direkt nachweisen, dafs das Gleichungssystem (7) dem ur-
sprünglichen in Nr. (2) absolut äquivalent ist, falls die Determinante
D(r) ^ 0 ist, aber alle Determinanten (r + l)ter Ordnung verschwinden.
Zu diesem Zwecke entwickele ich irgend eine der s Determinanten
(r -f l)ter Ordnung:
400
Achtundzwanzigste Vorlesung.
(8)
A,=
Vi, <*
11? ö12>
a
lr
Ulf a*l> a%2> '— a2
yr> arl> <*r2> '" an
y» «a» au, • • • ai,
(i=l,2,- •)
auf zwei verschiedene Arten: Schreibt man zunächst für die yk die
linearen Funktionen in x und entwickelt dann, so wird diese Determi-
nante, da die xk nur in der ersten Kolonne und zwar homogen und
linear auftreten, selbst eine homogene lineare Funktion von xl9 ••• xn
d. h. es ist:
(8-) Al-Ci"*1 + C40«t + ... + C|',*J, .
deren Koefficienten &k offenbar gewisse Determinanten (#• -f- l)ter Ord-
nung des Systemes (aik) sind, denn setzt man in jener Determinante (8)
ein xk = 1 und alle anderen xh = 0, so ergiebt sich ja:
C? =
atk7 ailf
aik) ail7
'lr
a
rr
air
Jede solche Determinante A, verschwindet also wegen (8a) sicher für
ein Modulsystem (Z^ 1}, D^ , • • •), dessen Elemente die sämtlichen
Determinanten (r + l)teT Ordnung des Systemes (aik) sind.
Entwickeln wir jene Determinante zweitens nach ihrer ersten
Kolonne, so wird sie gleich:
(8») A, = yxDu + ytDt, + ■■■ + yrDri + j,,7)w ,
wo die Koefficienten 7)j ., D2/, • • • Dri gewisse Determinanten rtor Ordnung
der Matrix (aik) sind, und D(r) wieder jene erste Unterdeterminante der-
selben Ordnung in (4) bedeutet. Da aber diese lineare Funktion (8b)
das Modulsystem lD^ \ • • •) enthält, so folgt, dafs für ihr letztes
Glied D yi die Kongruenz besteht:
(8") D(r)& = 0 moddfo, yt, ■■■ y„ (D(r+,))) </=!.»,•■ •).
wo das eine Element (7) +1)) "das System aller jener Unterdetermi-
nanten (r + IVer Ordnung vertreten soll.
Bedeutet wieder (aA/) das System aller Unterdeterrainanten (r — 1 )1er
Ordnung von D{r\ so folgt aus den Gleichungen (tia):
(9)
V
_ V
>(<->
iW
A,r/=i
y
§ 3. Lineare Gleichungen vom Range r. 401
zweitens ist nach (6a):
r r / r * \
(9») f«l 9 = 1 A = l J=r+1
r
wo die j4aj wieder die in (6b) angegebene Bedeutung haben. Sub-
stituiert man also die in (9*) gefundenen Werte der ^akgyg in (9),
so ergiebt sich die zweite Fundamentalkongruenz:
(r)„ —
(10) ZTy. = 0 modd
/=r-fl
(*-l, r)
und aus (9a) folgt direkt:
(10*) D{r)xk — ^Äklxt = 0 modd (ylf y%, . . - yr).
Aus den Kongruenzen (8b), (10) und (10a) kann nun das gesuchte
Resultat leicht abgeleitet werden. Zu diesem Zwecke multiplizieren
wir erstens die Kongruenzen (8b) und ihren Modul mit L r* und ersetzen
dann den Modul
durch den anderen:
welcher wegen (10) ein Divisor des vorigen ist; zweitens fügen wir
zu dem Modulsysteme in (10*) die Elemente yr , v • • • ya? D^l\ • • •
hinzu. Dann erhalten wir die beiden Kongruenzen:
(11) (D(r)yyi~0 modd {Dir)xk — ^Aklxl} Bf+1), .-•), «=i, ■••-)
(11») lPxk-^Aitxt = 0 moddjjf,, Ä, • • • j,,; Z><r+1>, •••},
welche aussagen , dafs die Gröfsen auf der linken Seite der Kon-
gruenzen identisch gleich homogenen linearen Funktionen der Ele-
mente der Modulsysteme mit ganzen ganzzahligen Koefficienten dar-
stellbar sind.
Ist nun das System (aik) vom Range r, sind also alle Determi-
nanten D(r+1) gleich Null, und D(r) < 0, so folgt aus den Kongruenzen
(11), dafs die s Funktionen y, verschwinden, wenn die xk den Glei-
chungen
Krooecker, Zahlentheorie. I. 26
402 Achtundzwanzigste Vorlesung.
(12) D{r)xt*=2Ļx' (*=iA -0
l
genügen, aus den Kongruenzen (11*) dagegen ergiebt sich umgekehrt,
dafs aus dem Bestehen der Gleichungen yx = 0 notwendig die r Glei-
chungen (12) folgen; jene beiden Gleichungssysteme sind also in der
That äquivalent.
Schreibt man die Gleichungen (12) in der Form:
= A' , ,x .- + ••• + A'x.
r r, r-f-1 »"-f-1 ' ' rt t
X
X ■ , — — X i 4
jLs ~—" ' X*
oder einfacher geschrieben:
t
x{ = ^ An xx (» =»i, *,
r)
ei»
t
*t-2*U*, <*=H-i....0,
man
ls=r+l
wo zur Abkürzung allgemein -— == Äit gesetzt ist, so erkennt
leicht, dafs die Anzahl der linear unabhängigen Lösungen unseres
Gleichungssystemes genau gleich t — r ist. Setzt man nämlich auf
der rechten Seite jener Gleichungen alle willkürlich anzunehmenden
Gröfsen xr+\} %r+ 2, • • - %t gleich Null, mit Ausnahme einer einzigen
xx, welche gleich Eins angenommen wird, setzt man also allgemein:
so ergeben sich für A = r -|- 1, -- 1 t — r Lösungssysteme u£ , • • • £) j :
(14)
welche offenbar linear unabhängig sind, denn die aus den. (t — rf
Elementen {£ gebildete Determinante i£ ) = d kX j hat den Wert Eins.
Jede andere Lösung (13) ist aber durch diese t — r speziellen
Lösungen homogen und linear darstellbar; denn sind:
Xx = pW (X=r+l,---t)
§ 3. Lineare Kongruenzen vom Range r. 403
diejenigen Werte der Gröfsen {xr+i} • • • xt)9 welche irgend einer
Lösung entsprechen, so folgt ja aus (13) und (14) für diese Lösung
die Darstellung:
und hierdurch ist unsere Behauptung vollständig erwiesen. Es ergiebt
sich so der folgende wichtige Satz:
Ist das Koefficientensystem (a9k) eines Systems von linearen
homogenen Gleichungen mit t Unbekannten vom Range r, so
besitzt dasselbe genau t — r linear unabhängige Lösungen.
Aus den Fundamentalkongruenzen (11) und (lla) können wir aber
ohne weiteres ein sehr viel allgemeineres Resultat herleiten. Es mögen
die Elemente aik ganze Gröfsen eines beliebigen Rationalitätsbereiches
sein, und es sei
P = (M,M', •••)
ein beliebiges Primmodulsystem desselben Bereiches von irgend einer
Stufe. Dann bleiben die Kongruenzen (11) und (11*) bestehen, wenn
man den Elementen ihrer Moduln noch das Modulsystem P hinzufügt,
da die so entstehenden Divisorensysteme Teiler der vorigen sind. Wir
sagen nun, das System (aik) ist modulo P vom Range r, wenn alle
Determinanten (r -f- l)toT Ordnung -D(tr+1), • • • P enthalten, während
mindestens eine Determinante r*6* Ordnung, etwa D durch P nicht
teilbar ist. Sieht man dann von Teilern höherer Stufen ab, so folgt
aus jenen beiden Kongruenzsystemen, dafs die vollständige Lösung der
Kongruenzen:
y{ = 0 (mod P) 0= i, *,■••#>
durch die Kongruenzen:
D{r) xk = ^ Ahl xl (mod P) (*= i, *, • • r)
gegeben wird.
Sind die aik speziell ganze Zahlen und P = p eine Primzahl, so
kommen wir auf den oben behandelten Fall der ganzzahligen Kon-
gruenzen für einen Primzahlmodul zurück.
Für ein solches System linearer Kongruenzen modulo p gelten
also wörtlich die vorher für Gleichungen gefundenen Sätze. Ver-
binden wir nun den a. S. 394 abgeleiteten Satz mit dem oben gefun-
denen Theorem, so ergiebt sich das folgende wichtige Resultat, durch
26*
404
Achtundzwanzigste Vorlesung.
welches die Frage nach der Anzahl der Wurzeln einer gegebenen Kon-
gruenz höheren Grades vollständig gelöst wird.
Eine Kongruenz:
/*(*) — <b + *i<H b CP-**?
— 8
0 (mod p)
besitzt genau s modulo p inkongruente durch p nicht teilbare
Wurzeln, wenn die aus den Koefficienten gebildete Matrix der
0 — l)ton Ordnung:
(<«+*)-
°3> cli
Cp-i
ycp-2f C0, Clt • • • Cpsß
vom Range p — 1 — s ist.
Ein spezieller Fall dieses Theorems ist der im § 1 bewiesene Satz,
welcher sich für $ = 1 ergiebt.
§4.
Man kann die Frage nach der Anzahl der Wurzeln einer Kon-
gruenz
(1) /■(*) = <> (modp)
noch in einer anderen Weise behandeln: Sind nämlich wieder
I17 fe> '*' I* die modulo p inkongruenten Einheiten, welche (1) ge-
nügen, und ist:
(2) 6(x) = (* - fe) (* - |x) • • • (* - |.)
das Produkt der zugehörigen Linearfaktoren, so ist 0(x) offenbar der
gröfste gemeinsame Teiler, den die beiden Funktionen f(x) und
(3) g(x) = o?-1— 1 = 0 — 1) (x — 2) • • • (x — ip—1)) (modp)
modulo p mit einander haben, d. h. es ist:
(p, f(x), a*~l — l)~(jp, 0(x)).
Bringt man also nach der a. S. 195flgde. angegebenen Methode das
links stehende Modulsystem auf seine reduzierte Form (p, 0(x))f so
giebt der Grad dieser Funktion unmittelbar die gesuchte Anzahl s.
Man kann aber auch, und das ist hier das Wesentliche, diese That-
sache zu einer anderen Herleitung der Anzahl s benutzen. Zu diesem
Zwecke betrachten wir eine beliebige „echt gebrochene" Funktion von x:
(4) C(x) =
§ 4. Die rekurrierenden Reihen. 405
K + *!*+ + M
» '
d. h. eine solche, bei der der Grad des Nenners gröfser ist, als der des
Zählers. Eine solche Funktion kann bekanntlich in eine Reihe
OD
±=0
entwickelt werden, welche in der Umgebung der Stelle x = cx>, d. h.
für grofse Werte von x gleichmäfsig konvergiert. Die Werte der Ent-
wickelung8koefficienten c_k bestimmen sich leicht aus der Gleichung:
n — 1 n oo
2a**,={2h»*)(2c->-^k-1)
(5) • ° °
n oo
=22h»c-*-^-k~l>
welche sich aus (4) und (4a) durch Gleichsetzen ergiebt. Setzt man
hier:
h — k — 1 = — m,
so durchläuft m alle Werte von — (n — 1) bis + oo; setzt man
ferner für ein festes m:
so geht die Gleichung (5) über in:
H — 1 -f-00
(5*) S^^JE0-^'*'
1 -(n-l)
und durch Koefficientenvergleichung ergiebt sich, dafs für die n ersten
negativen Werte von m:
Cg = ag} (9 = *, i,- n-l)
für alle folgenden positiven Werte von tu (7_m = 0 sein mufs. Man
erhalt daher zur Bestimmung der n Anfangsglieder c_i, ••• c_„ die
Gleichungen:
<?„_,- ft.c, = «„_,
(6) :
406 Achtundzwanzigste Vorlesung.
während von den folgenden Gleichungen:
(6») C =bnc(.,4-b xc , ...H h*oc« = °
V / — m * — {H-f-m) ' n — 1 — (n — 1-f-m) ' ■ 0 — m
jede einen Koefficienten c_, . . durch die n vorhergehenden auszu-
drücken gestattet. Die successive Auflösung dieser Gleichungen er-
giebt der Reihe nach:
C-i— bn > C-*~ 6°
» ~n
und man erkennt leicht, dafs jeder der Entwickelungskoefficienten c_.
gleich einer ganzen ganzzahligen Funktion der agJ bh, dividiert durch
eine Potenz von bn, ist; ebenso leicht folgt auf induktivem Wege, dafs
jeder der Zähler eine homogene lineare Funktion der Koefficienten
ao> ai> ' ' ' an—\ des Zählers ist. Man erkennt so, dafs von den Glie-
dern der unendlichen Reihe (4a), welche den rationalen echten Bruch
(4) darstellt, immer je (n + 1) auf einander folgende Koefficienten
durch eine und dieselbe homogene lineare Relation (6a) verbunden sind.
Eine solche Potenzreihe nennt man daher eine „rekurrierende Reihe".
Schon Euler, der sich wohl zuerst mit ihnen beschäftigt hat,
bewies, in seiner „Introductio in analysin infinitorum", dafs jeder
rationale echte Bruch in eine solche rekurrierende Reihe entwickelt
werden kann, aber er zeigte auch umgekehrt, dafs jede rekurrierende
Reihe einen rationalen echten Bruch darstellt, dafs also diese Eigen-
schaft charakteristisch für die rationalen Brüche ist. In der That, ist
die Reihe
OD
C(x)=J>Jc-i3r-i
-2
* = 1
eine rekurrierende, ist ferner für jedes m:
n ■
(7) 2b'e-i*+»-°
eine rekurrierende Gleichung, welche zwischen je n -f- 1 aufeinander
folgenden Entwickelungskoefficienten c_i, e_2, • • • besteht, und mul-
tipliziert man jene Reihe mit der ganzen Funktion:
so folgt eben aus den Gleichungen (7), dafs jenes Produkt gar keine
negativen Potenzen mehr enthält, also eine ganze Funktion
ao + ai x H V «»-i ^n_1
ist, und hiermit ist unsere Behauptung vollständig bewiesen. Man er-
kennt aber weiter, dafs von jenen Koefficienten dann und nur dann
§ 4. Die Ordnung der rekurrierenden Reihen. 407
immer je (n -f- 1) und keine kleinere Anzahl durch eine und dieselbe
Gleichung mit einander verbünden sind, wenn diese Reihe einen redu-
zierten echten Bruch darstellt, dessen Nenner vom nten Grade ist, d. h.
einen solchen Bruch, dessen Zähler und Nenner keinen gemeinsamen
Teiler mehr besitzen; denn anderenfalls wäre ja jener Bruch identisch
gleich einem reduzierten echten Bruche mit einem Nenner von einem
niedrigeren Grade vf d. h. es müfste schon zwischen je (y -j- 1) Ent-
wickelungskoefficienten eine und dieselbe Relation bestehen entgegen
der oben gemachten Voraussetzung. Wir wollen sagen, eine rekur-
rierende Reihe besitzt die Ordnung n, wenn zwischen je (n + 1) auf
einander folgenden Eoefficienten dieselbe lineare homogene Relation
besteht und (n + 1) die kleinste Anzahl ist, für welche dies der Fall ist.
Aus dieser letzten Thatsache ziehen wir jetzt eine wichtige Folge-
rung: Es seien f(x) und g(x) zwei ganze Funktionen, und
(fix), g{x))~e(x)
ihr gröfster gemeinsamer Teiler; wir können und wollen im Folgenden
beide Funktionen von verschiedenem Grade voraussetzen und zwar
wollen wir annehmen, dafs g(x) von höherem Grade ist als f(x).
Besäfsen nämlich beide Funktionen denselben Grad, so können wir ja
von vorn herein f(x) durch f(x) — Xg(x) ersetzen und die Eonstante
X so wählen, dafs diese Differenz von niedrigerem Grade als g(x) wird.
Es sei nun:
f(x) = f0(x)d(x), g(x)=go(x)0(x),
also (f0(x), g0(xj) ~ 1, und es seien n und s die Grade von f(x) und
B(x). Ist dann:
9(P) 9o(x) *-*
f(x)
die Entwickelung des Quotienten L, - nach fallenden Potenzen, so mufs
nach dem soeben bewiesenen Satze die rekurrente Reihe auf der
rechten Seite von der Ordnung n — s sein; es gilt also der Satz:
Zwei Funktionen f(x) und g(x) besitzen einen gröfsten gemein-
samen Teiler vom Grade s, wenn die rekurrierende Reihe, in
welche sich der echte Bruch ~ -'- entwickeln läfst, von der Ord-
9(*)
nung n — s ist, während n den Grad des Nenners g(x) be-
deutet.
408 Achtiiodzwanzigste Vorlesung.
§5.
Wörtlich dieselben Sätze können wir nun auch für den gröfsten
gemeinsamen Teiler aussprechen, welchen zwei ganze ganzzahlige ,
Funktionen von x für einen Primzahlmodul haben. Es seien wieder
fix) = a0 + axx H f- a._i.r— f, g{x) = bQ + btx-\ \-buaf
zwei solche Funktionen, und es werde angenommen, dafs der Koef-
ficient bn der höchsten Potenz von x in g (x) nicht durch p teilbar ist.
Ist dann
OD
fix) %ri
i
fix)
die Entwickelung des echten Bruches ---, { nach fallenden Potenzen Ton
4 ° g(x)
x, so folgt aus den Bemerkungen a. S. 406, dafs die Koefficienten c_,
rationale Brüche sind; deren Nenner p nicht enthalten, da dieselben
nur Potenzen von bn sind. Alle jene Entwickelungskoefficienten sind
also modulo p betrachtet ganzen Zahlen kongruent. Da ferner die
Zähler der Koefficienten c_,- homogene lineare Funktionen der Koef-
ficienten des Zählers f(x) sind, so folgt, dafs alle Entwickelungskoef-
ficienten durch p teilbar sind, wenn f(x) = pf(x) ein Multiplura von
p ist. Umgekehrt ergiebt sich aus den Gleichungen (6) des § 4, dafs
alle Koefficienten ak von f(x) durch p teilbar sind, wenn dasselbe für
alle Entwickelungskoefficienten c_,- vorausgesetzt wird.
Es sei nun 0 (x) der gröfste gemeinsame Teiler, den f(x) und g(x)
modulo p besitzen, es sei also:
(1) f(x)=U(x)0{z)+pF{x)
g(x) = g0(x)6(x)+PG(x)
(/"o(*>, ftW^)^1-
Sind dann:
OD
g(x) ^J -» g0(x) *£J -•
fix) f (x)
die Entwickelungen der beiden Quotienten ^y-£ und ^-~~ in rekurrente
Reihen, so sind die Entwickelungskoefficienten c_ { und c^\ modulo p
ganzen Zahlen kongruent, und aus der Gleichung:
^ \^i <<~i)* g{x) gQ(x) goe+pG
fix) fo (*) _ fo 0 + P*' _ U _ P(F?o -GfJ
9o 9* 9 + P9o o
'o
§ 6. Die Ordnung rekurrierender Reihen für einen Primzahlmodul. 409
folgt, dafs alle Differenzen lc_m{ — c^A notwendig durch p teilbar sein
müssen. In der That ist ja in dem Bruche:
p(Fg0 - Gf0)
g\e + pg,G
auf der rechten Seite der Zähler durch p teilbar, während der Koef-
ficient der höchsten Potenz von x im Nenner p sicher nicht enthält,
da ja sonst entweder der Koefficient der höchsten Potenz von g0(x)
oder der von 0(x) ein Multiplum von p sein müfste; dies ist aber
wegen der dritten Gleichung von (1) unmöglich.
Sind also /, c_ . x~ * und ^ c{^. x~ ' die Entwicklungen eines
fix) f ix)
Bruches ~~ und desjenigen Bruches ^-i- , welcher als die modulo p
reduzierte Form des ersten anzusehen ist, so besteht die Kongruenz:
OD OD
2c~ix '—2c-ix ' (modi>)
i i
in dem Sinne, dafs je zwei entsprechende Koefficienten c_, und c^.
kongruent sind.
Es sei nun der Grad des gemeinsamen Teilers 0(x) wieder gleich
s, so dafs also g0(x) vom Grade n — s ist; dann ist die rekurrente
Reihe ^ c_tx~* von der Ordnung n — s, d. h. zwischen je (n — s + 1)
aufeinander folgenden Entwickelungskoefficienten besteht eine und
dieselbe Gleichung:
Betrachtet man aber diese Gleichungen als Kongruenzen modulo p, so
kann man die Koefficienten er* , m) durch die ihnen kongruenten
c—(k+m) ersetzen, d. h. von den Entwickelungskoefficienten des Bruches
fix)
—j-t sind immer je n — s + 1 aufeinander folgende durch eine und
dieselbe lineare homogene Kongruenz:
n — t
1
verbunden.
f ix)
Ist aber der Bruch ^y-( wirklich modulo p reduziert, d. h. ist
(fo(x)? 9^x)j P) ~ lj 80 können zwischen den Entwickelungskoefficienten
c_4- oder c_\ auch keine Kongruenzen niedrigerer Ordnung bestehen;
denn wäre dies der Fall, wären
410 Achtundzwanzigßte Vorlesung.
w— a
2 ** '-(*+■.> — ° (modJ>) ia>*
jene Kongruenzen, und definiert man dann die Zahlen c_ i, c—%,
durch die entsprechenden Gleichungen9.
n — g
0
so stellt die Reihe /, c .#~~ ' einen echten Bruch =-,-; dar, dessen
Nenner <7 (x) vom Grade n — <* ist, während sein höchster Koefficient
p nicht enthält, und aus den Kongruenzen:
c_. E^ c^. (mod »)
folgt nach dem oben bewiesenen Satze, dafs in der Differenz:
fo(rt _ fj&_ = fo (*) gfr) — f(*) 9o fr)
der Zähler des rechts stehenden Bruches durch p teilbar sein mufs,
da der Koefficient der höchsten Potenz von x im Nenner p nicht enthält.
Aus der Kongruenz:
/o(s) <7O0 = f(x) 9o(x) (mod P)
folgt aber weiter, da f0(x) und #0(#) modulo p teilerfremd sind, dafs
g(x) modulo p betrachtet durch g0(x) teilbar sein mufs, was unmög-
lich ist, da der Grad von g(x) niedriger ist als der von g0(x).
Wir wollen auch hier sagen, die rekurrente Beihe ^, c_.x~% ist
modtdo p von der Ordnung n — s, wenn stets (n — 5+1) aber keine
niedrigere Anzahl aufeinander folgender Entwickelungskoefficienten
durch eine und dieselbe lineare homogene Kongruenz modulo p mit
einander verbunden sind. Dann können wir jetzt den folgenden Satz
aussprechen, welcher dem am Schlüsse des vorigen Paragraphen ge-
fundenen ganz analog ist:
Zwei ganzzahlige Funktionen f(x) und g{x) besitzen modulo p
betrachtet einen gröfsten gemeinsamen Teiler vom Grade s,
wenn die rekurrierende Reihe, in welche sich der echte Bruch
f(x)
^r entwickeln läfst, modulo p von der Ordnung n — s ist,
während n den Grad des Nenners g(x) modulo p bedeutet.
§ 6. Der Grad des Teilers zweier Funktionen modulo p. 411
§6.
Es sei jetzt wie am Anfang des § 4:
/"(*) — co + W H f- Cp-jx'--, g(x) = x"_1 — 1 ,
wo wir nur des Folgenden wegen die Koefficienten von f(x) durch
co> cu ' ' ' s^a^ durch aQ9 a1} • • • bezeichnen, so dafs also der Grad s
des gemeinsamen Teilers jener beiden Funktionen modulo p die An-
zahl der inkongruenten Einheiten angiebt, welche die Kongruenz
f(x) = 0 (mod p) als Wurzeln besitzt. Entwickeln wir den Quotienten :
fix) ^ JSV*
g(x) x?-1-!
nach fallenden Potenzen von x und setzen wiederum allgemein
ci+Z( t) = ckf so ergiebt sich durch Division von Zähler und Nenner
mit xp~~l und Entwickelung des Nenners:
P 1 00 OD
In diesem Falle sind also die Entwickelungskoefficienten einfach die
Koefficienten c_i, c_2> • • • C— (P_i), oder was dasselbe ist, cp—2y fy— »> • • • c0
der zu untersuchenden Funktion, in dieser Reihenfolge geschrieben, welche
sich periodisch wiederholen. Kehrt man noch die Reihenfolge der Ent-
wickelungskoefficienten um, was für das folgende Resultat unwesent-
lich ist, so ergiebt sich durch Anwendung des am Schlüsse des vorigen
Abschnittes bewiesenen Satzes das Theorem:
Die Kongruenz
f(x) = <o + c\x H h Cp_2fl^""2 = 0 (mod p)
besitzt genau s modulo p inkongruente Einheiten als Wurzeln,
wenn zwischen je p — s aufeinander folgenden Zahlen der
periodischen Reihe:
<\i> clf c2, • • • cp_2, c0, q,
eine und dieselbe lineare homogene Kongruenz besteht, und
dies die kleinste Anzahl ist, für welche eine solche Beziehung
stattfindet.
Wir ziehen aus diesem Satze eine interessante Folgerung, welche
412
Achtundzwanzigste Vorlesung.
wir auch an das allgemeine Theorem am Schlüsse des vorigen Ab-
schnittes hätten anknüpfen können.
Es sei:
r = p — s — 1
und
(1) 60c, -f blci+1 H f- 6r-1c,+r_1 + c.+r = 0 (mod p)
jene lineare Relation zwischen je r -f- 1 aufeinander folgenden Koef-
ficienten, in welcher wir, was offenbar stets erreicht werden kann,
br gleich Eins angenommen haben.
Multipliziert man nun in den schon oben behandelten Systemen:
('<+*) =
C0> C11 '" eP-r + l, ' " " cp-*> fy_a v
Cl> C%J ' ' ' Cp—r+2y " ' * Cp— g, Cp— i
die vorletzte Kolonne mit 6r— i, die vorvorletzte mit hr—%y u. s. w. und
addiert sie dann alle zur letzten Kolonne, so werden alle Elemente
dieser letzten Kolonne wegen der bestehenden Rekursionsformel (1)
kongruent Null modulo p. Addiert man nun in derselben Weise zur
vorletzten Kolonne die bezw. mit 6r— i, K— 2, • • • i0 multiplizierten
nächst vorhergehenden Kolonnen, so treten auch an Stelle dieser Ele-
mente lauter Nullen. Fährt man in derselben Weise fort, so erhält
man ein tWonniertes System, dessen r erste Kolonnen ungeändert
sind, während alle folgenden nur Nullen enthalten. Formt man end-
lich auch die Horizontalreihen dieses System es in gleicher Weise um,
so geht unser System zuletzt über in das folgende:
(«*) -
c,
0)
i)
11
o,
0,
0\
0
Cr-1, Cr> • • • C2(r_2), 0, • • • 0
0, 0, . • 0, 0, ■ . . 0
10,
0, ..
. 0, 0, . • oJ
Dasselbe ist modulo p betrachtet evident höchstens vom Range r, da
alle Determinanten (r + l)ter Ordnung offenbar durch p teilbar sind;
dieses transformierte System ist dann und nur dann von niedrigerem
als dem rte:i Range, wenn die einzige in ihm vorhandene Determinante
r** Ordnung:
§ 6. Der Grad des Teilers zweier Funktionen modulo p.
413
Ö
r)
H-a
(ft*=0.1,..T-l)
ebenfalls noch durch p teilbar wäre.
Nach der a. S. 398 gemachten Bemerkung, welche ebenso auch
für die Kongruenz für einen Primzahlmodul gilt, besitzen aber die
beiden Systeme (cg , k) und (c'ik) denselben Rang, da das zweite aus
dem ersten nur durch mehrfache Anwendung der beiden dort er-
wähnten Elementartransformationen hervorgeht. Also ist auch das
System (c. , k) höchstens vom Range r und dann und nur dann wirk-
lich von diesem Range, wenn seine erste Hauptsubdeterminante
Ör) = | c , h | nicht durch p teilbar ist. Nun hatten wir aber a. S. 404
direkt bewiesen, dafs das System (c..k) genau vom Range r und nieht
von niedrigerem Range ist, wenn die Kongruenz f(x) = 0 (mod p)
genau s inkongruente Wurzeln besitzen soll. Also ist jene Haupt-
unterdeterminante ö sicher nicht durch s teilbar, und es ergiebt sich
der weitere Satz:
Die Kongruenz f(x) = 0 (mod p) besitzt genau p — 1 — r in-
kongruente Lösungen, wenn die Hauptunterdeterminante rtor Ord-
nung:
'0>
l?
i>
2>
Cr- 1
Cr-1, C
ry
C2r-2
des zugeordneten Systems (c.,t) durch p nicht teilbar ist, wäh-
rend alle Determinanten (r + l)ter Ordnung modulo p ver-
schwinden.
Die Anzahl der Determinanten (r -f- l)ter Ordnung, welche hier auf
ihr Verschwinden modulo p zu untersuchen sind, ist ganz aufser-
ordentlich grofs. Wir wollen jetzt noch zum Abschlüsse dieser Be-
trachtungen zeigen, dafs man, falls die Hauptunterdeterminante rtor Ord-
nung p nicht enthält, nur p — (r + 1) Determinanten (r + l)*6'
Ordnung auf ihre Teilbarkeit durch p zu untersuchen braucht, nämlich
die Determinanten:
(2)
7)(r+D =
t
CQ) Cl>
clf C2,
• • • Cr — i, Cr + t
" ' Cr> «V+t + l
cr_i, cr, • • • cSr_2, rJr+r_!
(f = 0,l, • p — 2 — r),
v;
Cr+l, ' ' • C%r— 1; Ctr+t
welche aus der Hauptunterdeterminante \c9+h\ durch Ränderung mit
414 AchtundzwajiEigflte Vorlesung
der nächstfolgenden Zeile und jeder der p — (r + 1) letzten Kolonnen
hervorgeht.
In der That zeigt man auf dem folgenden Wege leicht, dafs, falls
alle jene Determinanten /)r p enthalten, zwischen je (r -f- 1) auf-
einander folgenden Koefficienten eine lineare Relation besteht, dafs
also die Kongruenz f(x) = 0 (mod p) wirklich p — 1 — r Wurzeln
besitzt. Da nämlich die Hauptunterdeterminante rter Ordnung | cg+h ]
p nicht enthalt, so kann man stets r Zahlen 60, blf • • • br so bestimmen,
dafs die r Kongruenzen:
Vo H h&r-i<V_i +cr =0
\c\ H \-br-\Cr + <V+i eeO
(3)
(mod jp)
samtlich erfüllt sind. Ich behaupte, dafs dann auch für jedes
r = 0, 1, - • - p — 2 — r ebenfalls:
ist. Addiert man nämlich in der Determinante D* in (2) die erste,
zweite, . . . Horizontalreihe zur letzten, nachdem man sie bezw. mit
60, bl9 ••• fcr— i multipliziert hat, so verschwinden wegen (3) die r
ersten Elemente jener Zeile modulo p, während das letzte Element
gleich 2?r-f* in (3) wird. Entwickelt man nun die nach der gemachten
Annahme durch p teilbare Determinante Ir*~*~ nach ihrer letzten
Kolonne, so reduziert sie sich auf das eine Glied:
Wr + l) = + B | c I
d. h. es mufs notwendig Br+t p enthalten, oder die Koefficienten
hängen wirklich durch die lineare Rekursionsformel:
Vi+MHH h^Vi + Vr-0 (modp) (*=0,l,...p-*)
zusammen; das System (c..k) ist demnach wirklich vom Range r, w.z.b.w.
Als Beispiel betrachten wir die Kongruenz:
(4) 2x2 + 3 ee 0 (mod 5),
zu welcher das System:
2 0 3 0
(, ).(0 3 0 2
Kt+kJ »3020
s0 2 0 3
gehört. Von den Hauptunterdeterminanten dieses Systemes ist die
Determinante zweiter Ordnung
§ 6. Der Grad des Teilers zweier Funktionen modulo p.
415
2 0
0 3
= 6
nicht durch 5 teilbar, während die beiden Determinanten dritter Ord-
nung:
2
0
3
0
3
0
3
0
2
= -15,
2
0
0
0
3
2
3
0
0
o,
welche aus ihr durch Ränderung entstehen , den Divisor 5 enthalten.
Also besitzt die Kongruenz (4) zwei modulo 5 inkongruente Wurzeln,
und in der That ist ja:
2s* + 3 = 2(x — 1) (x + 1) (mod 5).
Neunundzwanzigste Vorlesung.
Einteilung der Einheiten für einen zusammengesetzten Modul nach dem Ex-
ponenten, zu welchem sie gehören. — Existenzbeweis für die primitiven Wurzeln
in Bezug auf eine Primzahlpotenz und das Doppelte einer solchen. — Die Ein-
heiten modulo 2". — Die Indexsysteme der Einheiten für zusammengesetzte Mo-
duln. — Anwendungen: Die Darstellung aller nicht äquivalenten reduzierten
Brüche mit gegebenem Nenner. Die Entwickelung rationaler Brüche nach
fallenden Potenzen einer Grundzahl. Die Anzahl der periodischen und nicht-
periodischen Glieder dieser Entwickelung. — Anwendung auf die Theorie der
Dezimalbrüche.
§ i.
Im vorigen Abschnitte haben wir die reinen Kongruenzen für
einen Primzahlmodul p vollständig untersucht und zwar mit Hülfe
der primitiven Wurzeln modulo p. Wir wollen jetzt den Begriff der
primitiven Wurzeln auf den Fall eines zusammengesetzten Moduls aus-
dehnen.
Ist m eine beliebige ganze Zahl, a eine Einheit modulo in, so
genügt a nach dem allgemeinen Fermatschen Satze der Kongruenz:
(1) av(m)EEEl (modm).
Indessen braucht die op(m)te Potenz von a nicht die niedrigste zu sein,
welche kongruent Eins ist. Es sei a* die kleinste Potenz von a,
welche diese Eigenschaft hat; dann möge wieder t der Exponent ge-
nannt werden, zu welchem a modulo m gehört. Ist dann s irgend
eine Zahl, für welche ebenfalls a* ez 1 (mod m) ist, so mufs s not-
wendig ein Vielfaches von t sein. Wäre nämlich:
s = %t -f- tt Ci<0
und wäre tx nicht Null, so wäre ja:
a* = atr a** = a'» = 1 (mod m)f
d. h. es wäre entgegen unserer Annahme t nicht der Exponent, zu dem
a modulo m gehört.
§ 1. Die primitiven Wurzeln für eine Primzahlpotenz. 417
Da nun für jede Einheit a die Kongruenz (1) besteht, so mufs*
<p(m) ein Multiplum von t sein, <L h. es besteht der Satz:
Jede Einheit modulo m gehört zu einem Exponenten, welcher
einer der Teiler Ton g>(m) ist, also höchstens gleich (p(tn) selbst
sein kann.
Giebt es üun unter den Einheiten modulo m auch eine solche g, welche
zu dem gröfsten möglichen Exponenten, nämlich zu <p(m) selbst ge-
hört, so würden wir sie wieder eine primitive Wurzel modulo m nennen,
und wir könnten dann auf diese Thatsache eine vollständige Theorie
und Einteilung der Einheiten auch für einen zusammengesetzten Modul
m gründen. Wir werden zeigen, dafs solche primitiven Wurzeln immer
existieren, wenn m = pk eine beliebig hohe Potenz irgend einer un-
geraden Primzahl ist, oder wenn m = 2p*, oder endlich wenn m = 4
ist, dafs dies dagegen sonst nicht mehr der Fall ist, dafs wir aber
in jedem anderen Falle jene Theorie leicht auf die speziellen Moduln
m = pt reduzieren können.
Ehe wir auf jenen Existenzbeweis der primitiven Wurzeln mo-
dulo p* eingehen, kommen wir noch einmal kurz auf den Fall eines
Primzahlmoduls zurück. Ist g eine primitive Wurzel modulo p, so ist
(<p— * — 1) durch p teilbar. Ich behaupte nun, dafs man die primi-
tive Wurzel g stets so annehmen kann, dafs jene Differenz zwar durch
jp, aber sicher nicht durch p* teilbar ist. Wäre nämlich:
(la) fx = \ (modp2),
und ersetzt man g durch die kongruente Zahl g = g -(- pe, wo e eine
beliebige Einheit modulo p ist, so ist g offenbar ebenfalls primitive
Wurzel modulo p und es ist:
gp-i = (g -f- epY~l = g*>-1 + (p — 1) g*-*pe (mod p2),
weil alle folgenden Glieder mindestens durch p% teilbar sind. Also ist
wegen (1'):
g*-1 — 1 = — g*-*pe^O (modp*),
q. e. d. Genügt also g der Kongruenz (1), so ist man sicher, dafs
z. B. für g n=r g -{- p7 gP—1 — 1 nicht durch p* teilbar ist.
Wir zeigen nun auf induktivem Wege, dafs für jede Potenz einer
ungeraden Primzahl eine primitive Wurzel existiert, indem wir als be-
wiesen annehmen, dafs für eine Potenz pk eine solche Wurzel g vor-
handen ist, und dann ein Mittel angeben, um aus g eine primitive
Wurzel modulo p*"*"1 herzuleiten. Da wir oben für den Modul p selbst
primitive Wurzeln gefunden haben, so ist ja damit der Beweis Voll-
ständig erbracht.
Kronecker, Zahlentheorie. I. 27
418 Neunuiidzwanzigste Vorlesung.
Es möge also g eine primitive Wurzel modulo p* sein, so dafs:
gvirh = ^p*-1^-!) = 1 (mod p*)
die niedrigste Potenz von g ist, welche durch j>* geteilt den Rest Eins
läfst. Es sei ferner t der Exponent, zu dem g für die nächst höhere
Potenz p*+x von p gehört, so dafs:
(2) ^ = 1 (mod p**1)
ist. Dann ist, wie oben bewiesen, t ein Teiler von y^"*-1) =sspk(p — 1),
aber andererseits ein Multiplum von gp(p*) ==p*—1(p — 1), denn die
letzte Kongruenz (2) bleibt ja auch modulo pk bestehen, also mufs t
ein Vielfaches von dem Exponenten sein, zu dem g modulo jj* gehört.
Da sich aber die beiden Zahlen g>(p*) und ^(p*^1) nur um den Faktor
p unterscheiden, so sind nur die beiden Fälle möglich, dass f = y(p*+1),
d. h. dafs g auch bereits primitive Wurzel für p*+* ist, oder dafs
t = <p(jt) ist. Wir zeigen jetzt, dass bei geeigneter Wahl von g die
zweite Möglichkeit nicht eintreten kann, dafs dann also notwendig
t*= q)(pk+r)} d. h. dafs diese primitive Wurzel modulo p* von selbst
eine solche modulo pk^~1 ist.
Hierzu bedienen wir uns des folgenden einfachen Hülfssatzes:
Sind x und y zwei beliebige ganze Zahlen, so besteht für jede
Primzahlpotenz die Kongruenz:
(3) (a; + py)^"1 = a/-1+^^""1-1y (modp*+i),
d. h. modulo jp*+* kann die Potenz links durch die beiden Anfangs-
glieder ihrer Entwickelung nach dem binomischen Satze ersetzt werden.
Da dieser Satz offenbar für k = 1 richtig ist, so brauchen wir nur zu
zeigen, dafs er auch für p*+2 erfüllt ist, falls er ffir den Modul p*+l
als richtig angenommen wird. Nehmen wir aber die Kongruenz (3)
modulo p**1 als bewiesen an, schreiben wir sie in der Form:
(x + pyy-1 = s**-1 +1>*sp*-1-i y + p*+V(*, y),
wo f(x, y) eine ganze ganzzahlige Funktion von x und y bedeutet,
und erheben dann beide Seiten zur pUn Potenz, so folgt, wenn wir
ihre rechte Seite modulo pk+3 betrachten:
(* +PVy*= (a^^ + ptaf-1-^ +pk+1f(z, y))p
= af + p*+1a^~1y (mod *>*+*),
weiP alle folgenden Glieder mindestens durch jp*+* teilbar sind; damit
ist aber unser Hülfssatz vollständig bewiesen.
§ 1. Die primitiven Wurzeln für eine Primzahlpotenz. 419
Nun sei g eine primitive Wurzel modulo j)*, welche für die nächst
höhere Potenz p**1 keine primitive Wurzel ist, also für sie nur zum
Exponenten p^^x(p — 1) gehört. Dann folgt aus unserem Hülfssatze
zunächst, dafs g auch modulo p selbst eine primitive Wurzel sein
mufs; gehörte nämlich g modulo p zu einem Divisor d von p — 1, wäre
also:
g* = 1 + hp,
so ergäbe sich aus unserem Lemma für x = 1, y = ä:
g^-^ = (l+hpy^l=l +p*h (mody*1)
= 1 (mod p*) ,
d. h. g wäre entgegen unserer Voraussetzung keine primitive Wurzel
modulo p*.
Ist nun
so ergiebt sich durch nochmalige Anwendung unseres Hülfssatzes:
P9(p*)=^-1(p-i) = (l + /p/-1 ee 1 + tf*f (mody+1),
und die rechte Seite ist also dann und nur dann kongruent Eins
modulo |>*+1; wenn f ein Vielfaches von p, d. h. wenn {cp"1 — 1)
durch p* teilbar ist; ist also die primitive Wurzel modulo p* speziell
so beschaffen, dals zugleich (jp— * — 1) nur durch p9 aber nicht durch
p% teilbar ist, so ist g von selbst primitive Wurzel für j?*"*"1, also nach
demselben Beweise auch für l>*+2, • • •, d. h. für jede höhere Potenz
von p.
Denken wir uns also, was nach dem im Anfange flieses Para-
graphen bewiesenen Satze stets möglich ist, g als primitive Wurzel
für p so gewählt, dafs (jf1 — 1) nicht durch p* teilbar ist, so ist
nach dem soeben geführten Beweise dieselbe Zahl g primitive Wurzel
modulo jp2, ps, • ••, d. h. für jede Potenz von p als Modul, und damit
ist der allgemeine Satz vollständig bewiesen.
So ist z. B. die Zahl 2 primitive Wurzel modulo 5, da sie zum Ex-
ponenten 4 modulo 5 gehört, und da 2* — 1 = 15 nicht durch 5*
teilbar ist, so ist 2 auch primitive Wurzel für jede Potenz von 5. In
der That gehört z. B. 2 modulo 25 zum Exponenten 9? (25) = 20,
wie eine leichte Rechnung zeigt.
Ist der Modul m = 2pk} so existieren für ihn ebenfalls primitive
Wurzeln, welche zum Exponenten q>(2pf) = qp(2) g>(p*) = qp(p*) gehören;
ist nämlich g eine solche für den Modul pk und ist g ungerade, so ist
g auch eine Einheit modulo 2pk) welche zum Exponenten (p(2pk) ge-
27*
420 Neunundzwanzigste Vorlesung.
hört, also auch für 2jp* eine primitive Wurzel. Ist dagegen g gerade,
also modulo 2jP keine Einheit, so brauchen wir nur g durch g = g + P*
zu ersetzen, denn dann ist g ungerade • und offenbar ebenfalls primitive
Wurzel für jp* und somit auch für 2jf.
§2.
Unser Beweis, dafs für jede Primzahlpotenz pt primitive Wurzeln
existieren, galt nur in dem Falle, dafs p ungerade ist; und in der That
existieren für eine Potenz 2V von 2 niemals primitive Wurzeln, sobald
der Exponent v ^ 3 ist. Für einen Modul 2* sind nämlich alle und
nur die ungeraden Zahlen u Einheiten; und da g>(2*) = 2*~ ist, so
müfste, falls auch in diesem Falle primitive Wurzeln vorhanden sein
sollten, eine ungerade Zahl existieren, welche modulo 2" zum Exponenten
2V—1 gehört. Man zeigt aber leicht, dafs für jede ungerade Zahl u
die Kongruenz besteht:
(1) w2'-2 = l (mod2*),
sobald v ^ 3 ist. Für v = 3, also 2* =' 8, folgt dies, da u stets in
der Form 4v + 1 geschrieben werden kann, einfach aus der Kon-
gruenz:
(1*) M* = (4v + 1)* = 16t/2 + 8v + 1 = 1 (mod 8).
Dasselbe kann man aber auf induktivem Wege für jede höhere Potenz
2V beweisen. Nehmen wir nämlich an, dafs für eine solche Potenz 2r
von 2 und irgend eine Zahl u
w*v~2 = l (mod2v),
d. h. dafs die Differenz w2*-2 — 1 durch 2V teilbar ist, so folgt aus der
Identität:
(2) u*—1 - 1 = (t*2'-* - 1) (w2'-2 + 1) ,
dafs auch
w2r-1 = l (mod2v+1)
ist, denn in dem rechts stehenden Produkte in (2) ist der erste Faktor
n. d. V. durch 2V, der zweite aber mindestens durch 2 teilbar, da er
offenbar gerade ist, und damit ist die obige Behauptung vollständig
bewiesen.
Dagegen kann man aber für jeden solchen Modul 2" stets eine
Zahl finden, welche wirklich genau zu diesem höchsten überhaupt
möglichen Exponenten 2V~"2 gehört. Für den Modul 28 = 8 besitzt
§ 2. Die Einheiten modnlo 2*. 421
die Zahl 5 offenbar diese Eigenschaft, aber man kann wieder leicht
induktiv zeigen, dafs dieselbe Zahl auch für jede höhere Potenz 2"
zum Exponenten 2r~~ gehört.
Angenommen nämlich die Zahl 5 gehörte modulo 2V nicht zum
Exponenten 2*~*} so müfste sie zu einem Teiler von dieser Zahl, d. h.
zu einer Potenz 2* gehören, deren Exponent k ^ v — 3 ist, d. h. es
müfste
5** = 1 (mod 2*)
sein. Erhebt man aber diese Kongruenz zur 2V n Potenz, so er-
gäbe sich aus ihr:
(3) 5**-8 = l (mod 2').
Kann man also umgekehrt nachweisen, dafs die Zahl 5 dieser letzten
Kongruenz nicht genügt, so ist damit bewiesen, dafs 5 modulo 2" zum
Exponenten 2 gehört.
Es möge nun 5 für eine Potenz 2* von 2 zum Exponenten v — 2
gehören, d. h. es sei die Differenz (52V~~S — 1) durch 2" nicht teilbar.
Dann ist auch die Differenz:
5"-2 — 1 = (52*-8 - 1) (52*-8 + 1)
sicher nicht durch 2*+1 teilbar, denn der erste Faktor rechts enthält
n. d. V. höchstens die Potenz 2"""1, während der zweite, da er offenbar
von der Form 4n + 2 ist, genau durch 2 teilbar ist. Ist also die
Kongruenz (3) nicht erfüllt, gehört, also 5 für 2V zum Exponenten
2*~*, so besteht auch die Kongruenz:
52*-*=l (mod 2*+')
ebenfalls nicht, d. h. 5 gehört auch modulo 2V+1 zum Exponenten
2*—1; und da 5 modulo 28 wirklich zum Exponenten 21 gehört, so
ist unsere Behauptung bewiesen.
Die beiden bisher ausgeschlossenen Fälle m = 2 und m = 22 er-
ledigen sich einfach durch die Bemerkung, dafs für den Modul 2 die
Zahl 1, für den Modul 4 offenbar die Zahl 3 oder, was dasselbe ist,
( — 1) eine primitive Wurzel ist. Für den Modul 2V giebt es dagegen,
falls v > 2 ist, keine primitive Wurzel, aber man erkennt leicht, dafs
alle 2*~~ modulo 2V inkongruenten Einheiten und nur sie in der all-
gemeineren Form
+ 1, + 5, + 52, • • . + 52'-'-1
dargestellt sind; denn wären zwei solche Potenzen + 5* und + ö1"
kongruent, so müfste ja eine Potenz
422 Neunundzwanzigsfce Vorlesung.
5e=*5*-" = +l (mod2y)
sein, deren Exponent q < 2V~ wäre. Aber eine solche Potenz kann
nicht kongruent -f- 1 M^h we^ ^ zum Exponenten 2r~~* gehört; eben-
sowenig kann sie kongruent — 1 sein, weil 5, also auch jede Potenz
von 5, schon modulo 2' kongruent + 1 ist. Man sieht sofort, dafs
die Einheiten + &e° alle und nur diejenigen inkongruenten Zahlen von
der Form 4n + 1, diejenigen — 5*° alle die von der Form An — 1 sind.
Wir können jene 2*~~1 modulo 2* inkongruenten Einheiten e offenbar
folgen dermalsen vollständig darstellen:
e-i-lfV (mod 2') Uo.^0;)-*-,);
in diesem Falle ist also eine solche Einheit modulo 2" nicht durch
einen Index, sondern durch ein Indexsystem (p, q0) von zwei Zahlen
vollständig charakterisiert, welche unabhängig von einander vollständige
Restsysteme bezw. modulo 2 und modulo 2 durchlaufen; auch hier
können wir jenes Exponentensystem (p, q0) = Indd (e) setzen, und als
die Indices von e bezeichnen; man erkennt auch sofort, dafs, wenn:
« = (— l)*ö* J=(—rfb*' (mod 2*)
zwei beliebige Einheiten modulo 2" sind,
ee' = (— Vf+* 5*+* (mod 2")
ist, dafs also auch hier die Beziehung besteht:
Indd (ee) = Indd e -f- Indd e
mit der Mafsgabe, dafs jedesmal die Summe q -f- Q modulo 2, die Summe
Po "f" Qo niodulo 2*~ auf ihren kleinsten Rest reduziert anzunehmen
ist. Die Indexsysteme ersetzen hier also die Indices für einen Prim-
zahlmodul vollständig.
Wir hatten bis jetzt bewiesen, dafs für die Moduln:
(4) 2, 4, ?, 2?
primitive Wurzeln existieren. Wir zeigen nunmehr, dafs dies über-
haupt die einzigen Fälle sind, für welche primitive Wurzeln vorhanden
sind. In der That sei:
fft SBS jp*l *>*» • • •
irgend eine zusammengesetzte Zahl; ist dann e irgend eine Einheit
modulo m} so genügt sie für jede in m enthaltene Primzahlpotenz der
Kongruenz:
(5) e ' *•" ' = 1 (mod ph/) ;
§ 3. Die Indexsysteme für zusammengesetzte Moduln. 423
ist daher t das kleinste gemeinsame Multiplnm der Zahlen
so genügt jede Einheit modnlo m der Kongruenz:
(6) e? = 1 (mod m) ,
weil dieselbe Kongruenz wegen (5) für jede in m enthaltene Primzahl-
potenz p.' erfüllt ist. Ist also diese Zahl t kleiner als:
9 (m) — 9(^)9(1*) ••-,
ist also das kleinste Multiplnm von (qpQ**1), <p(j?*), • • •) kleiner als
das Produkt derselben Zahlen, so giebt es keine primitive Wurzel
modulo m, da alle Einheiten modulo m der Kongruenz (6) genügen,
deren Exponent t < <p(m) ist. Nun ist aber das kleinste gemeinsame
Vielfache beliebig vieler Zahlen nach dem a. S. 77 bewiesenen Satze
dann und nur dann gleich ihrem Produkte, wenn je zwei von ihnen
zu einander teilerfremd sind. Also existiert sicher keine primitive
Wurzel für den Modul m =phpfc • . ., wenn von den Zahlen:
auch nur zwei einen gemeinsamen Teiler haben. Also kann m zu-
nächst nicht mehr als eine ungerade Primzahlpotenz enthalten, da
anderenfalls
die beiden Faktoren (px — 1) und (p8 — 1) den gemeinsamen Faktor 2
enthalten würden; also mufs
m = 2h^
sein. Ist aber k > 0, so kann der Exponent A von 2 nur gleich Null
oder Eins sein, da anderenfalls qp(2A) und <p(jf) wieder den Teiler
2 hätten. Es bleiben also nur die Moduln 2*, p* und 2p* übrig, für
welche primitive Wurzeln existieren können, d. h. diejenigen, welche
oben bereits genau untersucht wurden. So ergiebt sich, dafs wirklich
nur in den vier oben hervorgehobenen Fällen (4) primitive Wurzeln
existieren.
§3.
Mit Hülfe der primitiven Wurzeln konnten wir alle Einheiten
modulo p auf überraschend einfache Weise als Potenzen einer Grund-
zahl g darstellen, und sie vollständig in Klassen einteilen. Für zu-
sammengesetzte Moduln ist eine solche Darstellung im allgemeinen
nicht möglich, es scheint also, dafs das wichtige Hülfsmittel der In*
424 Neunundzwanxigste Vorlesung.
dices in diesem Falle verloren geht, aber gerade hier iöt es für eine
Anzahl wichtiger Anwendungen, besonders für die Dirichletsche Unter-
suchung der arithmetischen Reihe, unbedingt notig, eine ähnliche voll-
ständige Darstellung der Einheiten modulo tn zu besitzen, wie es die
der Einheiten modulo p durch die zugehörigen Indices war. Die vor-
angegangenen Betrachtungen geben uns nun in der That die Möglich-
keit, jede Einheit r modulo m zwar nicht durch einen Index q, wohl
aber ganz ebenso wie vorher für den Modul 2* durch ein Indexsystem
(q> Co; Qd ' ' 0 vollständig zu charakterisieren, welches genau dieselben
wesentlichen Eigenschaften besitzt, wie die Indices für einen Primzahl-
modul. Hierzu führen die folgenden Betrachtungen.
Es sei
(1) m = 4 • 2*° g*1 q**
der zu untersuchende Modul, qu q%7 • • • seien die in m auftretenden
ungeraden Primzahlen, und 4 • 2*° = 2*°+* die in jenem Modul ent-
haltene Potenz von 2, wir nehmen auch h0^>l an, setzen also voraus,
dafs m mindestens durch 23 = 8 teilbar ist. Hierin liegt keine Be-
schränkung; wäre nämlich z. B. m durch 2 ganlicht teilbar, so können
wir ja m = 8w an Stelle von m als Modul wählen, denn jede Kon-
gruenz modulo 8 m gilt dann ja sicher auch modulo tn.
Für jede Primzahlpotenz qkf denken wir uns nun eine primitive
Wurzel g{ aufgesucht; dieselbe behält diese Eigenschaft, wenn wir zu
ihr ein beliebiges Multiplum a{q.1 des Moduls addieren. Wir wollen
dies thun, und jenen Koefficienten a{ so bestimmen, dafs die neue
primitive Wurzel:
(2) Yi = 9i + a^=\ (mod^\
wird. Dieser Bedingung kann man stets genügen, da der Koefficient
von ai und der Modul, d. h. die beiden Zahlen q* und ~- teilerfiremd
sind. Die so sich ergebenden Zahlen (y1} y2, • • •) sind dann so be-
stimmt, dafs allgemein y{ eine primitive Wurzel modulo qh.{ ist, während
sie für jede andere in tn enthaltene Primzahlpotenz kongruent Eins ist.
In derselben Weise setzen wir:
y0 = 5 -f- 4 • 2*o«
und bestimmen a so, dafs:
(2«) y0 = 5 + 4.2*.a=l (mod^-),
d. h. dafs 4 • 2*°a = — 4, oder also:
§ 3. Die Indexsysteme für zusammengesetzte Moduln. 425
2*°a = — 1 (mod r)
\ 4 • 2*°/
ist, was ebenfalls stets möglich ist; endlich setzen wir:
y = — 1 +4.2*o/3
und verfügen über ß in der Weise, dafs:
(2") y = - 1+4-2^ = 1 (mod^)
oder, was dasselbe ist, dafs: <
0.2*0+1 = 1 (mod -^\
ist. Die so bestimmten beiden Zahlen y und y0 sind dann modulo
4 • 2*« bezw. kongruent ( — 1) und 5, während sie für jede andere in
m enthaltene Primzahlpotenz ebenfalls kongruent Eins sind.
Ich zeige nun, dafs und wie man jede Einheit r modulo m auf
eine einzige Weise in der Form:
e0=o,i, .2*0-1
?1=0,1, -9(7*1) -1
e»=-o,i,. -9&J0-1
darstellen kann. Betrachten wir nämlich jene Kongruenz (3) zuerst
modulo 4 • 2** und beachten wir dabei, dafs yl9 y%} ••• für diesen
Modul alle kongruent Eins sind, während y und y0 bezw. kongruent
' — 1 und 5 werden, so ergiebt sich aus ihr die Kongruenz:
r = (— tf bQo (mod 4 • 2*o) ,
aus der sich q und q0 eindeutig als Zahlen der beiden Reihen (0, 1)
bezw. (0, 1, • • • 2*° — 1) bestimmen. Betrachten wir zweitens die-
selbe Kongruenz modulo q.% so sind alle Zahlen y aufser yi kongruent
Eins, yi aber kongruent gi und man erhält für Qi die Kongruenz:
r = gf (mod gj') ,
welche Qt eindeutig innerhalb der Reihe 0, 2, • • • 9(g£'j — 1 bestimmt.
Sind auf diese Weise alle Exponenten 9, q0) q1} • • • bestimmt, so
ist in der That:
r = y* y^° y^1 • • • (mod m) ,
da diese Kongruenz für die sämtlichen in m enthaltenen Primzahlpotenzen
4 • 2\ q\\ q\\ ■■■
erfüllt ist. Umgekehrt sind auch die auf diese Weise sich ergebenden
426 Neunundzwanzigste Vorlesung.
2 • 2*'"1 • y («*•) <pt (<£) • • • - <p (4 • 2*°^' <£ • • •) = 9(m)
Zahlen (y* y*° • • •) offenbar Einheiten modulo m, welche samtlich mo-
dulo m inkongruent sind, da zwei solche Einheiten:
r = y9 yj° yf • • • , r'=yQ y9° yf • • • (mod w),
für welche auch nur zwei entsprechende Exponenten q{ und p/ ver-
schieden sind, ja schon für die entsprechende Primzahlpotenz q/, also
a fortiori modulo m inkongruent sein müssen.
Da somit; abgesehen von den ein für alle Male fest gewählten
Grundzahlen y7 y0f yl7 • • • jede Einheit r modulo m durch das Ex-
ponentensystem (p, q0, Qlf • • •) eindeutig bestimmt ist, so können
und wollen wir dieses ähnlich wie das am Ende des § 2 für den Modul 2*
betrachtete Exponentensystem (p, q0) als das zu r gehörige Indexsystem
bezeichnen, und diese Zugehörigkeit durch die Gleichung:
charakterisieren. Auch hier könnten wir. die einzelnen Exponenten
Qi^<P (qfj annehmen, haben aber dann jene Exponenten Qi nur mo-
dulo (p (q**) zu betrachten; wir wollen daher jene Exponenten p, immer
bereits auf ihren kleinsten Best reduziert voraussetzen. Zwei Zahlen r
und r sind dann und nur dann kongruent modulo my wenn ihre In-
dexsysteme (p, q0, q1} • • •) und (p', q0'9 Qt'7 • • •) identisch sind. Aus
der Darstellung zweier Einheiten r und r durch die Produkte (y9 y$ • • )
und (y9 y{J° • • •) geht endlich ohne weiteres hervor, dafs auch in diesem
allgemeinsten Falle die Fundamentalgleichung:
Indd (rr) = Indd (r) + Indd (r )
erfüllt ist.
§4.
Wir wenden die hier entwickelte Theorie der Indices auf die
Zerlegung der Brüche in Partialbrüche au, indem wir zunächst die
a. S. 125 gegebenen Ausführungen verallgemeinern. Es sei
die Zerlegung einer beliebigen ganzen Zahl in ihre Primzahlpotenzen.
Definieren wir dann die Zahlen Qly Q2) • • • durch die Gleichungen:
(i) ™ = <£ Qt = i?Q* =
• • •
so ist das Divisorensystem (Qx, Q%y — Q) offenbar äquivalent Eins; ist
§ 4. Die Zerlegung rationaler Brüche in Partialbrüche. 427
also n eine beliebige ganze Zahl, so kann man stets solche Multipli-
katoren nXJ na, • • • finden, daGs
(2) » — "ifc + "bft + -" + »fflf
ist, oder wenn man mit m dividiert, so folgt:
d. h. jeder rationale Bruch kann in Partialbrüche zerlegt werden, deren
Nenner die einzelnen in dem Nenner enthaltenen Primzahlpotenzen sind.
Da allgemein Q. durch jede Primzahlpotenz qhh aufser q* teilbar,
aber zu dieser letzteren teilerfremd ist, so folgt, dafs n dann und nur
dann durch m teilbar ist, wenn alle Koefficienten w, die entsprechende
Primzahlpotenz q* enthalten, denn aus (2) folgt:
(3) n = n{ Q{ (mod $) ,
d. h. n ist nur dann durch q.{ teilbar, wenn dasselbe für n, der Fall
ist. Zwei Zahlen:
sind also stets und nur dann kongruent modulo m9 wenn allgemein:
nt. = n/ (mod qty (*=i,v ■•*)
ist. Endlich folgt aus den Kongruenzen (3) ohne weiteres, dafs n
dann und nur dann zu m teilerfremd ist, wenn allgemein n{ nicht
durch qi teilbar ist.
Wir betrachten nun alle Brüche — mit dem Nenner m und denken
m
sie uns nach (2*) in Partialbrüche zerlegt. Ein solcher Bruch ist
nach der soeben gemachten Bemerkung dann und nur dann reduziert,
d. h. Zähler und Nenner sind teilerfremd, wenn dasselbe für die ein-
zelnen Partialbrüche der Fall ist. Nennen wir wieder wie im § 1 der
elften Vorlesung zwei reduzierte Brüche — und — äquivalent, wenn
sie sich nur um eine ganze Zahl unterscheiden, wenn also ihre Zähler
modulo m kongruent sind, so folgt aus den oben gemachten Bemer-
kungen, dafs jene beiden Brüche:
— = /. -T- und — = > —
i i
dann und nur dann äquivalent sind, wenn je zwei entsprechende Par-
tialbrüche äquivalent sind. Man erhält also ein vollständiges System
nicht äquivalenter reduzierter Brüche mit dem Nenner m, wenn man
42* N
in der Darstellung "** die Zähler n uiiabharjR? v« einander ein
vollständiges System irJc«»ngraeLter Einheiten fir öä entsprechenden
Xenner q* durchlaufen läl>t.
Es sei nun speziell:
-»» *. *«■
wobei v > 3 angenommen werde und j>2. j*.. - - - jetzt ungerade Prim-
zahlen bedeuten. Sind dann gl7 git - - - primitive Wurzeln rar die
Primzahlpotenzen /y, />*% - - -? so kann man also die f-ii nicht äqui-
valenten reduzierten Bräche folgendermaisen darstellen:
j-_ + 5<+^ + * + ... /■■-" *-;-')•
Diese Darstellung der rationalen Bruche ist für alle arithmetischen
Untersuchungen derselben sehr wichtig. Die kleinsten Beste aller re-
duzierten Brüche mit dem Nenner m sind, bei festen Grundzahlen
9\i 9t f — durch die Exponenten (A0, hly Aj, — ) und das zugehörige
Vorzeichen des ersten Partialbruches eindeutig bestimmt Ist speziell
v = 1 oder 2, so tritt an die Stelle des ersten Partialbruches offenbar
2 oder + ~ * Wir werden diese Darstellung gleich bei der elemen-
taren Frage nach den Perioden der Dezimalbruche anwenden.
§5.
Wir wollen die Theorie der Potenzreste zweitens auf die Ent-
Wickelung der rationalen Brüche nach fallenden Potenzen einer be-
liebigen Grundzahl anwenden«
Wir hatten a. S. 405 gesehen, dafs man jeden rationalen Bruch
OD f X )
' des Rationalitätsbereiches (x) in eine nach fallenden Potenzen
von x fortschreitende konvergente Reihe entwickeln kann, und wir
hatten umgekehrt eine gemeinsame charakteristische Eigenschaft aller
derjenigen Reihen dieser Art gefunden, welche rationale Brüche dar-
stellen. Genau dasselbe gilt nun auch für die rationalen Brüche —
im Bereiche fl| der rationalen Zahlen.
Ist zunächst y irgend eine rationale oder irrationale reelle Zahl,
und g eine beliebige positive ganze Zahl, welche gröfser als Eins ist,
so kann y stets folgendermafsen nach fallenden Potenzen von g ent-
wickelt werden:
(1) y-5+^+! + ...,
/ ' 9
§ 6. Verallgemeinerung der Dezimalbrüche für die Grundzahl g. 429
w.o die Koefficienten crr cr+if • • • Zahlen der Reihe 0, 1, • • g — 1
bedeuten. Ist nämlich — diejenige Potenz von g9 für welche:
9*
7 = y<7=i> oder 1^y?<9
ist, so ist identisch:
wo cr eine der Zahlen 1, 2, • • • g — 1 und dr ein nicht negativer
echter Bruch ist, so dafs also
0^yr+i<g
ist. Man kann also in (2) wieder yr+i = <V+i + #r+i setzen, wo
cr+i = [?V+i] der Reihe 0, 1, • • • g — 1 angehört und dr+\ ein echter
Bruch ist, und durch Fortsetzung dieses Verfahrens ergeben sich in der
That so viele auf einander folgende Glieder der Reihe (1), als man nur
immer will. Eine jede solche Reihe konvergiert unbedingt, da sie
lauter nicht negative Glieder enthält und:
00 00 00
C.
ist; sie stellt -auch die Zahl y mit jeder vorgegebenen Genauigkeit dar,
da ja die Differenz
ist, also mit wachsendem q beliebig klein gemacht werden kann.
Diese Darstellung der Zahlen y ist aber auch stets eindeutig, es
c
sei denn, dais von einem Gliede — an alle folgenden Koefficienten
f*+i, c#+2, ••• ihren gröfsten Wert g — 1 erhalten. Alsdann ist
nämlich:
cjl + . . . + cl + Lzl + fLr x
(3) y«i + ... + i + L-+f-! +
'+J + — iWd1 + i + 9m)mmi
und da die Summe aller Glieder:
g9*1 g' ■ - * y ' r
ist, so ist in diesem Falle y in der That auch in der geschlossenen
Form:
(3») y-i + ari\+--' + A-
9 9^ 9
430 Neunundzwanzigste Vorlesung.
darstellbar, welche man erhalt, wenn man alle jene Glieder ^~ fort-
läfst, und dafür den nächst vorhergehenden Koefficienten nm eine Ein-
heit vergrößert. Dieser Ausnahmefall kann also nnr bei gewissen ra-
tionalen Brüchen vorkommen, nnd wir wollen übereinkommen, in einem
solchen Falle statt der unendlichen Reihe (3) stets die endliche Dar-
stellung (3*) f&r y zu wählen. Bei dieser Festsetzimg kann man aber
niemals zwei verschiedene Darstellungen für eine und dieselbe Zahl y
haben. Wären nämlich:
y-^ + --- + ^ + ^+i + ^+i + ---
r m m I 1 *"m 1 8
= 7 + "- + 7 + ^m + ^ + ---
zwei verschiedene Darstellungen derselben Zahl y, so wollen wir die
allgemeinste Annahme machen, dafs die ersten Koefficienten cr7 Cr+\7 • • • c$
in beiden Reihen gleich sind, dagegen cr'+i > cr+i ist, während wir
über die relative Gröfse der folgenden Koefficienten nichts voraussetzen
wollen. Dann müfste aber:
sein, und dies ist unmöglich, da das erste Glied sicher positiv und
mindestens gleich — r^ ist, während die Summe aller folgenden sicher
gröfser als die Reihe:
ist, denn diesen Wert würde man dann und nur dann erhalten, wenn
man in den Differenzen (cr'+* — cr+ h) oüe cr'+Ä ==* 0 und alle
cr+h — ff — 1 annähme, eine Voraussetzung, die durch die soeben ge-
troffene Festsetzung verboten ist. Also kann die Differenz (4) niemals
gleich Null sein, die Darstellung aller Zahlen y ist somit eindeutig.
Wir können das soeben gefundene Resultat auch in der folgenden
positiven Form aussprechen:
Von zwei Reihen ^ -f und ^ -f ist die zweite gröfser als
die erste, wenn in der Differenz y^ -*—. — ! der erste nicht ver-
schwindende Koefficient positiv ist.
Wählt man speziell g = 10, so erhält man die bekannten Theo-
reme über die Darstellung der Zahlen y durch Dezimalbrüche, speziell
§ 5. Verallgemeinerung der Dezimalbrüche für die Grundzahl g. 431
den Satz, dafs eine Zahl y durch den zugehörigen Dezimalbruch ein-
deutig dargestellt wird, wenn man festsetzt, dafs eine Neunerperiode,
falls sie auftreten sollte, durch denjenigen Bruch ersetzt wird, in
welchem die letzte vor der Periode stehende Ziffer um Eins ver-
gröfsert wird.
Wir wollen der kürzeren Schreibweise wegen auch für eine be-
c c
liebige Grundzahl g eine Reihe c0 + — + -\ + • • • abgekürzt in der
Form:
CQ> Cl C% °Z ' ' '
schreiben. Dann bestehen für das Rechnen mit den Brüchen mit der
Grundzahl g wörtlich dieselben Regeln wie für die Dezimalbrüche,
speziell gilt der Satz, dafs jeder solche Bruch stets kleiner ist als eine
Einheit der nächsten links befindlichen Stelle.
Es sei nun — ein beliebiger echter Bruch in seiner reduzierten
Form und
(5) £ = °> ci c* * ' " • = 7" + % A —
seine Entwickelung nach fallenden Potenzen der ein für alle Male ge-
gebenen Grundzahl g. Multiplizieren wir dann die Gleichung (5) mit
einer beliebigen Potenz gh9 so haben wir rechts offenbar nur das Komma
um h Stellen nach links zu rücken, und wir erhalten so die Glei-
chungen:
g* • — = <\ C* • ' • ChJ C*+i CA + 2 • • • (4—0,1,1,...).
ferner ergiebt sich für die gröfste in diesem Bruche enthaltene ganze
Zahl:
[ff* ■-£"] — ci c* •••^00'
weil der fortgelassene Bruch 0, £*+!> * * - offenbar < 1 ist. Also folgt
durch Subtraktion:
^•-Ä--[>-ijr]-0>*+i <*+•••••
Auch dieser echte Bruch ist offenbar ein solcher mit dem Nenner my
da er sich von gh* — nur um eine ganze Zahl unterscheidet; jedoch
braucht er nicht reduziert zu sein. Wir wollen ihn gleich — - setzen.
Auf diese Weise erhält man unendlich viele reduzierte echte Brüche
mit dem Nenner m:
_A = 0, ch+1 ch+% • • •; (a=o,i,2,...)
in
432 Nenamubwaimgrte Yortesang.
da aber im ganzen nur m solcher Brache existieren, so müssen sie
sich notwendig wiederholen. Es seien nun:
(6) J and ^±-r
die beiden ersten echten Brache dieser Reihe, welche identisch sind,
so dafe also:
0, Cq + i Cq + i • • • =0, C^+r+X <V+r+ *
ist. Wegen der Eindeutigkeit der Darstellung durch solche Reihen
kann aber diese Gleichung .nur dann stattfinden, wenn die Koef-
Seien ten Glied ffir Glied identisch sind, wenn also:
wenn also von dem Koefficienten cQ+% an allgemein ist:
zugleich sind offenbar p und r die kleinsten derartigen Zahlen, für
welche diese Gleichungen erfüllt sind, denn bestanden entsprechende
Relationen auch schon für qq < q, r0 < r, so wäre offenbar schon
__£• _ _&+!•. algo die Brüche (6) nicht die ersten, welche in der
mm' v ' '
n.
Reihe — einander gleich sind.
Dasselbe ist natürlich auch für einen unechten rationalen Bruch
der Fall, da hier ja nur noch eine endliche Anzahl von Stellen links
vom' Komma hinzutreten, wir brauchen daher im folgenden nur die
echten Brüche zu berücksichtigen.
* Jeder rationale echte Bruch — ist also bei einer Entwickeluni?
m °
nach fallenden Potenzen von g gleich einem gemischt perio-
dischen Bruche:
w A
— = U, Cx • • * Cq fy+i fy+2 • • • fy+r fy+l Cq+2 • . • Cq+r
Umgekehrt stellt jede solche periodische Reihe einen rationalen echten
Bruch dar. In der That, sei etwa:
multiplizieren wir diese Gleichung einmal mit g?} das andere Mal mit
g?+r, so werden die hinter dem Komma stehenden Bestandteile beide
Male identisch, nämlich 0, fy+i • . • cQ+r c^+i . . . fy+r . . • . Die
beiden Produkte gQy und gQ+ry unterscheiden sich demnach nur um
eine ganze Zahl, oder ihre Differenz:
9*+ry — 9*Y = gft(sr — l)y = w
§ 6. Entwickelung einer Gröfse nach fallenden Potenzen von g. 433
ist sicher eine ganze Zahl. Also ist in der That:
und hiermit ist unsere Behauptung vollständig erwiesen. Ausserdem
zeigt sich aber, dafs der Nenner m des so dargestellten Bruches not-
wendig ein Divisor des Produktes g*(<jF — 1) sein mufs, wenn q die
Anzahl der nicht periodischen Glieder, r die Gröfse der Periode be-
deutet.
Ist aber umgekehrt der reduzierte echte Bruch — gegeben, so
kann man die Anzahl q der unperiodischen Elemente und die Gröfse
r seiner Periode bei der Entwickelung nach Potenzen von g allein aus
seinem Nenner und der Grundzahl g bestimmen. Ist nämlich wieder:
n A
— = u, cx "- c9 cQ+x - . . ce+r • • •,
so sind die beiden Produkte
g* — und fltf+r—
9 m * m
die ersten in der Reihe gh — , welche äquivalent sind, für welche
also die Differenz:
eine ganze Zahl ist. Da nun n relativ prim zu m ist, so folgt, dafs
q und r die kleinsten Zahlen sind, für welche
(7) g*(f-l) = 0 (modm)
ist, und durch diese eine Bedingung sind p und r eindeutig bestimmt.
Ist erstens der Nenner m zur Grundzahl g teilerfremd, so besteht
die Kongruenz (7) dann und nur dann, wenn der zweite Faktor (f — 1
für sich durch m teilbar ist; in diesem Falle ist also q = 0 und r ist
der kleinste Exponent, für den (f — 1 durch m teilbar ist, d. h. der
Exponent, zu dem g modulo m gehört.
Alle Brüche — , deren Nenner zur Grundzahl q teilerfremd
sind, ergeben also bei ihrer Entwickelung nach fallenden
Potenzen von g rein periodische Reihen, und die Länge der
Periode ist gleich dem Exponenten, zu dem g modulo m ge-
hört.
Besitzt zweitens m genau dieselben Primfaktoren, wie die Grund-
zahl g9 so ist für jedes r > 1 (<f — 1) zum teilerfremd; also ist
hier r = 1 zu nehmen, und q ist der niedrigste Exponent, für welchen
Kronecker, Zahlentheorie. I. 28
434 Xennundzwanrigste Vorlesung.
(7*) ge = 0 (mod m)
ist. In diesem Falle ist also:
n A
— = U? cl ' ' c9 ^+iCe+iCe+1 • • •
Multipliziert man aber diese Gleichung mit g* und beachtet dabei, dafs
dann
-^ge = qcj •• • ^,r{i+1ce+i • - •
wegen (7*) eine ganze Zahl ist, so folgt, dafs c^+i = 0 sein muls; in
diesem Falle bricht also der Bruch 0, Cj • • • nach q Gliedern ab, und
die Anzahl seiner Glieder ist durch die Kongruenz (7*) bestimmt Ist
wo alle Ä mindestens gleich Eins sind, so ist q die kleinste ganze
Zahl, für welche p\hl • • • p^ r durch p * • • • prr teilbar ist, welche also
gleich oder gröfser ist als die r Brüche:
V V " K
Wir wollen diese Zahl kurz durch
bezeichnen. Besitzt die Grundzahl g nur einfache Primfaktoren, sind
also alle h{ = 1, so ist einfach q = [klf • • • kr) der gröfste unter
den Exponenten k{ von m. Es ergiebt sich also als zweiter Satz:
Besteht der Nenner des Bruches — nur aus Primfaktoren der
m
Grundzahl g7 so bricht die Entwickelung nach fallenden Potenzen
von g nach q Gliedern ab, wenn gQ die kleinste Potenz der
Grundzahl ist, welche durch m teilbar ist.
Sind endlich m und g ganz beliebig gegeben, so kann man m
stets in zwei Faktoren ym^ so zerlegen, dafs y alle Primfaktoren
von m enthält, welche auch in g vorkommen, dafs also mx zu g teiler-
fremd ist. Dann folgt aus der Kongruenz (7), dafs jetzt q und r die
kleinsten Zahlen sind, für welche die beiden Kongruenzen:
(7b) gd = 0 (mod y), ^= 1 (mod m,)
erfüllt sind. In diesem Falle ist also der Bruch stets gemischt perio-
disch, und die Anzahl von nichtperiodischen und periodischen Gliedern
wird durch die beiden Kongruenzen (7b) bestimmt.
§ 5. Die periodischen und nicht periodischen Glieder der Dezimalbrüche. 435
Wenden wir diese Resultate auf die Entwickelung rationaler
Brüche in Dezimalbrüche, also auf den Fall g = 2 • 5 an, so ergeben
sich die Sätze:
1) Jeder reduzierte rationale Bruch, dessen Nenner von der Form
m = 2* • 5/* ist, ergiebt einen endlichen Dezimalbruch, und die Anzahl
seiner Ziffern rechts vom Komma ist dem gröfseren der beiden Ex-
ponenten a und ß gleich. So ist z. B.:
4Ö ^ 2*^3 = °>291 "
2) Ein reduzierter Bruch ist dann und nur dann rein periodisch,
wenn sein Nenner weder durch 2 noch durch 5 teilbar ist, und die
Länge der Periode ist gleich dem Exponenten, zu welchem 10 für den
Nenner als Modul gehört. So haben z. B. alle Brüche mit den Nennern
3 und 9 eine eingliedrige Periode, alle Brüche mit dem Nenner 11
eine zweigliedrige, alle Brüche mit dem Nenner 37 eine dreigliedrige
Periode, weil 10 modulo 37 zum Exponenten 3 gehört; ebenso haben
alle Brüche mit dem Nenner 7 eine sechsgliedrige Periode, weil
10 = 3 (mod 7) eine primitive Wurzel modulo 7 ist. Z. B. ist:
1 = 0,027027..., y =0,571428 ...
3) Jeder Bruch — -3 — ist einem gemischt periodischen Dezimal-
2ab"m1
brache gleich, welcher soviel unperiodische Ziffern enthält, als der
größere der beiden Exponenten (a, ß) angiebt, und dessen Periode
gleich dem Exponenten ist, zu dem 10 modulo mx gehört.
So besitzt z. B. — = — -— drei unperiodische und sechs periodische
Ziffern, ebenso besitzt der Bruch:
247 247
92400 24- 5*- 3 • 7 11
vier unperiodische und sechs periodische Ziffern, weil 10 für die Prim-
zahlen 3, 7, 11 bezw. zu den Exponenten 1, 6, 2, für ihr Produkt
also zum Exponenten 6 gehört, und in der That ist:
^ö = 0,089285Tl4....
Es sei jetzt (g, m) ~ 1 und g gehöre zum Exponenten r modulo w.
Dann ergiebt jeder der q>(rri) nicht äquivalenten reduzierten echten
Brüche mit dem Nenner m bei seiner Entwickelung nach fallenden
Potenzen von g eine rein periodische Reihe von r Gliedern. Es sei
nun:
28*
436 Nennnndzwanzigste Vorlesung.
— = 0, Kc9 • •• c 7c~ (Tel • • •
eine dieser Reihen, dann gehören zu ihr noch genau r andere Reihen:
^ = 0?ctct...crcl c^ • - •
m
»r-1
m
= 0fcrc1...cr_icr_lcrcl
von denen jede ans der vorhergehenden dadurch entsteht, dafs man
die Glieder seiner Periode um eine Stelle cyklisch verschiebt. Alle
diese Reihen stellen offenbar rationale echte Brüche dar, aber auch
solche mit dem Nenner m, denn es sind diejenigen positiven echten
Brüche, denen die r Produkte:
-, 9-y 9%n\ ■•• iT-1-0
äquivalent sind, und diese besitzen in ihrer reduzierten Form wirk-
lieh alle den Nenner m. Das nächstfolgende Produkt if * — ist wieder
äquivalent — , weil (f = 1 (mod m) ist. Greift man nun aus den
<p (m) — r übrigen reduzierten echten Brüchen — einen — heraus,
welcher in der Reihe _i noch nicht enthalten ist, so gehört zu ihm
wieder ein neuer Gvklus ( — , — , • ■ • ) von r verschiedenen re-
J \m 7 m 7 fii /
duzierten echten Brüchen — , welche aus — durch cykliche Vertau-
schung der Elemente seiner Periode hervorgehen; von ihnen ist offen-
bar wieder keiner in der ersten Reihe enthalten, da ja entgegen-
gesetzten Falles die ganzen Cyklen identisch sein müfsten. Geht man
in derselben Weise fort, so erkennt man, dafs sich die <p(m) redu-
zierten echten Brüche in ^-^ Klassen von je r reduzierten Brüchen
sondern, welche immer aus einem von ihnen durch cyklische Vertau-
schung der Elemente seiner Periode hervorgehen.
Betrachtet man z. B. die Entwickelung der 12 reduzierten echten
Brüche — für (n = 1, 2, • • • 12), so zerfallen diese, da 10 modulo 13
zum Exponenten 6 gehört, in zwei Klassen von je sechs Brüchen,
welche man leicht hinschreiben kann. Greifen wir irgend einen dieser
Brüche, etwa: — = 0,384 615 • • • heraus, multiplizieren beide Seiten
§ 6. Die periodischen und nicht periodischen Glieder der Dezimalbrüche. 437
mit 10, and reduzieren sie dann auf den kleinsten äquivalenten echten
Bruch, und fahren in derselben Weise fort, so ergiebt sich ein erster
Cyklus:
^ = 0,384 615 • • • , ^ = 0,615384 • • • ,
jg = 0,846 153 • • - , 1 = 0,153 846 • • ,
jg = 0,46T538 • ■ • , ~ = 0,538461
dessen Zähler offenbar die Divisionsreste sind, welche sich bei der Ver-
Wandlung von ± in ein«» Dezimalbruch ergeben. Wählen wir dann
als Anfangsglied des zweiten Cyklus etwa
1 = 0,076928 • • - ,
so ergiebt sich dieser genau ebenso, und zwar entspricht er den Ent-
wickelungen der echten Brüche:
i *2 JL 1? iL i_
13' 13 > 18' 13 ' W 13*
Ist speziell g primitive Wurzel zu m, so gehören alle reduzierten
echten Brüche — zu einer einzigen Klasse, gehen also aus einem von
ihnen durch cyklische Vertauschung der Periodenglieder hervor. Nach
den Resultaten des § 2 dieser Vorlesung kann dieser Fall überhaupt
nur für reduzierte Brüche 4 eintreten, deren Nenner eine Primzahl-
P
potenz ist. Innerhalb des ersten Hunderts ist die Zahl 10 primitive
Wurzel zu den folgenden neun Primzahlen:
7, 17, 19, 23, 29, 47, 59, 61, 97;
nur die Brüche mit diesen Primzahlnennern geben also bei Verwandlung
in Dezimalbrüche einen einzigen Cyklus, so ist z. B. für p = 7:
y = 0,142857 . . • , y = 0,571 428 . - . ,
5
y = 0,285 714 ... , y = 0,714285 • ■ • ,
6
- = 0,428571 • • ., ~ = 0,857 142 ... .
Ebenso gehört 10 modulo 49 nach dem a. S. 419 bewiesenen Satze
zum Exponenten 9 (49) = 42, weil 106— 1 = (100)8— 1 = 7 (mod 7*)
ist. Alle 42 reduzierten Brüche -^ besitzen also dieselbe Periode von
42 Stellen.
Dreifsigste Vorlesung.
Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form tnh + r, sobald (», r) = 1
ist. — Beweis dieses Satzes für einige spezielle Fälle. — Schärfere Formulierung
der Aufgabe. — Die Charaktere einer Zahl r modulo m. — Grundeigenschaften
der Charaktere. — Der Hauptcharakter, die reciproken und die ambigen
Charaktere.
§1.
Zum Abschlufs der ersten Hälfte dieser Vorlesungen wenden wir
uns einem Probleme zu, dessen Lösung fast alle Resultate voraussetzt,
die wir bisher abgeleitet haben, nämlich zum Beweise des folgenden
Satzes:
Jede unbegrenzte arithmetische Reihe, deren erstes Glied und
Differenz ganze Zahlen ohne gemeinschaftlichen Faktor sind,
enthält unendlich viele Primzahlen.
Während der allgemeine Beweis dieses Satzes mit den Mitteln
der elementaren Arithmetik nicht geführt werden konnte, gelingt der-
selbe für einige spezielle arithmetische Reihen leicht mit Hülfe der
Methode, welche Euklid für den Beweis der unendlichen Anzahl aller
Primzahlen benutzt hat. Wir geben zunächst einige von diesen
speziellen Sätzen an:
I. Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form 6n — 1.
Zum Beweise dieses Satzes bemerke ich zuerst, dafs jede Zahl m von
der Form 6n — 1 notwendig mindestens einen Primfaktor derselben
Form haben mufs. Da nämlich jede oberhalb 3 liegende Primzahl
eine der beiden Formen 6n + 1 oder 6n — 1 hat, so liegt die Richtig-
keit dieser Behauptung auf der Hand, denn besäfsen alle Primfaktoren
von m die Form 6w -f- 1, so würde ja dasselbe von ihrem Produkte
tn gelten.
Angenommen nun, es gäbe nur eine endliche Anzahl Primzahlen
von der Form 6n — 1, und p sei die gröfste unter ihnen; setzen
wir dann;
m — (2-3-5-7 • 11 •- •/>) — 1,
§ 1. Der Dirichletsche Satz über die arithmetische Reihe. 439
so besitzt m die Form 6n — 1 und ist offenbar durch keine von den
Primzahlen 5, 11, 17, ••• p derselben Form teilbar. Also mufs unter
den Primfaktoren von m mindestens einer vorbanden sein, welcher
die Form 6n — 1 hat, und gröfser ist als p, und damit ist die obige
Behauptung bewiesen.
II. Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form 4w — 1.
Jede Zahl m von der Form 4w — 1 besitzt notwendig mindestens
einen Primfaktor derselben Form, denn das Produkt beliebig vieler
Primfaktoren 4n -f- 1 besitzt offenbar wieder dieselbe Form. Wäre
also wieder p die letzte Primzahl der Form 4n — 1, so ist die Zahl:
m = 4 • (3 • 5 • • ■ p) — 1
wieder eine Zahl von der Form 4n — 1 , welche also notwendig min-
destens einen Primfaktor derselben Form haben mufs, welcher gröfser
als p ist, weil m durch keinen der Primfaktoren teilbar ist, die
^p sind.
III. Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form 4n -f- 1.
Wir werden später den Satz beweisen, dafs eine Zahl m = a* -f- b2,
in welcher a und b teilerfremd sind, nur ungerade Primteiler' von der
Form 4n + 1 besitzt; wir nehmen diesen Hülfssatz schon hier als be-
wiesen an. Angenommen nun, die Anzahl aller Primzahlen der Form
4n -f- 1 sei endlich, und p sei die letzte unter ihnen, dann folgt genau
wie vorher, dafs die Zahl:
m = 4 • 3* • 52 - . p% + 1
notwendig entgegen unserer Annahme mindestens einen oberhalb p
liegenden Primfaktor von der Form 4n + 1 haben mufs.
IV. Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form 8n + 5-
Angenommen, dieser Satz sei nicht richtig und p sei die gröfste von
allen Primzahlen dieser Form: dann besitzt nach dem soeben erwähnten
Hülfssatz die Zahl:
m = &'b*-p* + 22
nur Primfaktoren von der Form 4n -f- 1, oder was dasselbe ist, von
der Form 8n + 1; oder 8« -f- 5, welche sämtlich gröfser sind als p.
Aber m selbst ist von der Form 8n + 5, weil jede der Quadratzahlen
3*, 5*, • • • p* kongruent Eins modulo 8 ist. Also mufs m mindestens
einen Primteiler derselben Form haben, da das Produkt beliebig vieler
Primfaktoren der Form Sn + 1 wieder dieselbe Form hätte.
440 Dreifsigste Vorlesung.
Endlich beweisen wir noch mit elementaren Hülfsmitteln den
folgenden schon sehr allgemeinen Fall unseres Hauptsatzes:
V. Es giebt unendlich viele Primzahlen von der Form mh + 1>
wenn m eine beliebige ganze Zahl bedeutet.
Es sei m beliebig gegeben und
(i) Fm(z) = TJ(x6'-iy*
der zu m gehörige primitive Divisor. Dann gilt für eine beliebige
Primzahl p der folgende Satz:
Die Kongruenz:
(2) *•«(*) = 0 (modp)
besitzt, falls p kein Teiler von m ist, dann und nur dann eine
Lösung, wenn m ein Teiler von p — 1, wenn also p von der
Form mJx -|~ 1 ist; ist dies der Fall, so hat sie (nach S. 377)
genau <p(m) inkongruente Wurzeln.
Ist nämlich Je eine Wurzel von (2), so folgt aus der Identität:
(3) sr - 1 - [J F4(z)
d/m
m
für x = Je, dafia auch die Differenz (Je — 1) durch p teilbar ist, und
zweitens sieht man, dafs p nicht in Je enthalten sein kann. Ferner wollen
und können wir von vorn herein Je so gewählt annehmen, dafs (Jem — 1)
zwar durch p9 aber nicht durch p2 teilbar ist. Wäre dies nämlich
der Fall, und setzt man in der offenbar richtigen Kongruenz:
(x + p)m — 1 =: (xm — 1) + fnxm~xp (mod p2),
x = Je9 so folgt aus der dann sich ergebenden Kongruenz:
(Je -f- p)m — l^mT ~xp (mod p%)7
d. h. (#m — 1) ist entweder für x = Je oder für x = Je -f- p sicher
nicht durch p2 teilbar. Setzt man also in (3) x = Jc} so enthält nach
der soeben gemachten Voraussetzung die linke, also auch die rechte
Seite nur die erste Potenz von p7 und hieraus folgt, dafs x = Je
eine Wurzel von (2) ist, aber keine einzige der Kongruenzen:
Fd(x) = 0 (modp),
befriedigt, deren Index d ein eigentlicher Teiler von m ist. Hieraus
folgt weiter, dafs x = Je auch keiner Kongruenz:
tf1 — 1 = 0 (mod p)
§ 1. Spezielle Fälle des Dirichletschen Satzes. 441
genügt, deren Exponent ein eigentlicher Divisor von m ist, da sonst
wegen der Identität:
af-l = TjFi(x)
1/d
mindestens eine der Zahlen F^(k) p enthalten müfste, deren Index
d ein eigentlicher Teiler von m ist.
Da aber k die beiden Kongruenzen:
**==-- 1, 1f-l~l (modp)
befriedigt, so zeigt man genau wie a. S. 378, dafs auch:
^^eI (mod p)
sein mufs, wenn d = (w, p — 1) den gröfsten gemeinsamen Teiler von m
und p — 1 bedeutet, und da dies nach dem soeben bewiesenen Satze
nur möglich ist, wenn d = m ist, so folgt in der That, dafs die
Kongruenz (2) nur dann eine Lösung hat, wenn m ein Teiler von
p — 1 ist.
Legt man also in Fm (x) x irgend einen ganzzahligen Wert k bei,
so enthält die Zahl Fm (k) nur solche Primteiler, welche von der Form
mh -f- 1, oder solche, welche Teiler von m sind. Denkt man sich das
Produkt (1) ausmultipliziert, so besitzt es die Form:
(4) Fm (x) - x* {m) + A*M~l + -■■ + *9im)-i* + l,
denn das konstante Glied ist 1, wie sich aus (1) für x = 0 ergiebt.
Angenommen nun, es gebe nur eine endliche Anzahl Primzahlen
von der Form hm + 1 und p sei die letzte unter ihnen. Setzt man
dann in (4)
x = P = m - (1 • 2 • • • p) ,
so ist Fm(P) eine ganze Zahl, welche keinen Divisor von m und
keinen Primteiler von der Form mh + 1 enthält, welcher ^p ist, denn
offenbar läfst ja Fm(P) durch jeden von diesen Faktoren geteilt den
Rest Eins. Da aber Fm(P) nur Teiler von der Form mh + 1 be-
sitzt, so müssen diese alle gröfser als p sein; es giebt also wirklich un-
endlich viele Primzahlen von dieser Form, und in dem endlichen Inter-
valle (p, • • • Fm ( P)) mufs mindestens eine neue Primzahl von der
Form (hm -f- 1) liegen.
Sind wir imstande, wie in den hier betrachteten Fällen eine
Zahlform zu finden, welche stets mindestens einen Primteiler der vor-
gelegten arithmetischen Reihe enthält, so können wir die Euklidische
Beweismethode immer anwenden. Dann löst diese Methode aber die
442 Dreifsigste Vorlesung.
Aufgabe in der strengeren Fassung, dafs wir für jede vorgelegte Zahl
ti eine gröfsere Zahl v so angeben können, dafe in dem endlichen
Intervalle ((i • • • v) mindestens eine Primzahl der betrachteten Form
enthalten ist.
Leider können wir aber solche Zahlformen nur in seltenen Fallen
finden, und so war Dirichlet genötigt, fftr die Untersuchung der
allgemeinen arithmetischen Reihe andere Methoden zu benutzen, mit
deren Hülfe er der Zahlentheorie ganz neue Wege eröffnete*). Es
ist aber Dirichlet nicht gelungen, die allgemeinere Aufgabe in dem
eben angegebenen strengeren Sinne zu lösen. Im Folgenden wollen
wir den Dirichletschen Beweisgang so vervollständigen, dafs er auch
dieser letzten und höchsten Anforderung genügt. Wir stellen uns
daher gleich die folgende allgemeine Aufgabe, in welcher der Dirichlet-
sche Satz offenbar enthalten ist:
Ist fi eine beliebig gegebene Zahl, so soll eine andere endliche
Gröfse v > fi so bestimmt werden, dafs in dem Intervalle {p, • • • v)
mindestens eine Primzahl von der Form hm -\- r enthalten ist,
wenn m und r zwei beliebige teilerfremde Zahlen bedeuten.
Die hier darzulegende Theorie habe ich bereits in einer im
Wintersemester 1875/76 gehaltenen Vorlesung über die Anwendung
der Analysis auf Probleme der Zahlentheorie für den Fall vorgetragen,
dafs die Differenz m eine Primzahl ist. Für einen zusammengesetzten
Modul wurde diese Untersuchung vollständig in der im Wintersemester
1886 — 1887 gehaltenen Vorlesung gegeben.
§2.
Es sei
r -f- mh (*=o,i1a, .)
die gegebene arithmetische Reihe, und (r, m) ~ 1, so handelt es sich
also um die Anzahl aller Primzahlen q, welche der Bedingung:
q = r (mod m)
genügen. Wir nehmen m vollständig beliebig an, nur können und
wollen wir, ohne die Allgemeinheit der Untersuchung zu beeinträch-
tigen, voraussetzen, dafs m mindestens durch die dritte Potenz von 2
teilbar ist; es sei also:
*) Bericht über die Verhandlungen der Kgl. Preufs. Akademie der Wiagen-
schaften, Jahrgang 1837, S. 108—110. Gesammelte Werke Bd. I S. 307—312. —
Abhandlungen der Kgl. Preufs. Akademie der Wissenschaften v.J. 1837, S. 45— 81.
Gesammelte Werke Bd. I S. 313—342.
§ 2. Die Charaktere der Einheiten modulo tn. 443
(1) m = 4.2N£<£...g^
die Zerlegung von m in seine Primiaktoren. Offenbar liegt in dieser
Voraussetzung keine Beschränkung, denn ist für irgend ein m bewiesen,
dafs die AnwJil aller Primzahlen von der Form mh 4- r unendlich
9
grofs ist, wenn (r, tri) = 1 ist, so zeigt man leicht, dafs dasselbe auch
von der Anzahl aller Primzahlen der Form tn0h0 -f- r0 gilt, wenn m0
irgend einen Teiler von tn bedeutet und (r0, tn0) = 1 ist.
Ist nämlich zunächst tn0 ein Teiler von tn, welcher nur eine Prim-
zahl p weniger oft enthält als tn, ist also tn = tnQp; ist ferner
(r0, w0) = 1, so ist sicher entweder
(la) (r0, tri) = 1, oder (r0 + m0, tn) = 1.
Ist nämlich r0 durch p nicht teilbar, so ist es auch zu pm0 teiler-
fremd, also (r0, tri) ~ 1. Enthält dagegen r0 die Primzahl p, so ist
sicher tn0 durch p nicht teilbar, weil n. d. V. (r0, w0) ~ 1 ist. Dann
ist also (r0 + w0, i>w0) ~ 1, weil rQ-\- tn0 p nicht enthält, und zu
m0 relativ prim ist.
Beachtet man aber, dafs von der arithmetischen Reihe (r0 + tn0h0)
mit der Differenz m0 die beiden Reihen mit der Differenz m
und
*o + w0, r0 + m0 + m, r0 + m0 + 2m, - • •
Partialreihen sind, und dafs n. d. V. und wegen der Äquivalenz (la)
mindestens eine von ihnen unendlich viele Primzahlen enthält, so gilt
dasselbe von der Reihe (r0 + m0A); so ergiebt sich durch successives
Weiterschliefsen die Richtigkeit der obigen Behauptung für den Fall,
dais m0 ein beliebiger Teiler von tn ist.
Es sei tn in der Form (1) gegeben; und es mögen wie im § 3 der
vorigen Vorlesung:
(2) r> r<» vi, • • • r0
primitive Wurzeln für die Moduln:
(2*) 4, 2% £ . . . gjr
sein, so dafs also:
y* =1 (mod 4)
'/2*) V* ° = 1 (m°d 2A°+2)
yf(v)=l (mod q*<)
ist und keine niedrigeren Potenzen jener Zahlen kongruent Eins sind;
dann ist jede Einheit r in Bezug auf tn durch die Kongruenz
(/ = 1,2,- -9)
444 Dreifsigste Vorlesung.
(3) r = yQ yQQ° y*1 • • • yQJ> (mod m)
für m eindeutig bestimmt; halten wir, was im Folgenden immer ge-
schehen soll, die primitiven Wurzeln yi ein für alle Male fest, so ist
r durch das zugehörige Indexsystem:
(3") (Q, Qo, Qu- Q9) — hdd r
ebenfalls bestimmt, und man erhält ein vollständiges Indexsystem, für
alle <p(tn) inkongruenten Einheiten modulo m, wenn man die Ex-
ponenten q unabhängig von einander die Zahlen:
(3b) p = 0, 1; <,0 = 0, 1, ... 2*"— 1; Qi = 0,l,.--<p(qy-l
durchlaufen lafet.
Wir ordnen nun den ganzen Zahlen y der Reihe nach die folgen-
den primitiven Einheitswurzeln
(4)
zu, und zwar sei:
= 1
(4«) ca0 = e'"°, „ „ 0,^ =1
tni
«,, = e» ('?') „ „ »f W') = 1 (-i, 2, • ,)
die niedrigsten Potenzen jener Zahlen sind, welche gleich Eins werden.
Es sei nun r eine Einheit modulo w, und Inddr=(p,(>0,(>1,--(^);
ordnen wir r jetzt die Einheitswurzel:
(5) Q(r)-(-i)jo>r- ••«.;»
zu, so gehört zu jeder Einheit r eine und nur eine Einheitswurzel
Q(r), welche wir einen Charakter von r nennen wollen, denn durch r
ist ja das Indexsystem (p, p0, • • •), also Q(r) eindeutig bestimmt.
Wir wollen aber den Begriff des Charakters von r gleich in der
Weise verallgemeinern, dafs wir an Stelle der speziellen in (4a) zu
Grunde gelegten Einheitswurzeln co, o0, • • • <off jedesmal irgend eine von
jenen Wurzeln betrachten. Ist aber z. B. ©< die vorher eingeführte
spezielle primitive Wurzel der Gleichung:
so sind alle und nur die übrigen <p (<?*') von einander verschiedenen
Wurzeln derselben Gleichung in der Reihe
03, ÖJ0, 031, ü2, • • •
•
a,
ei:
tni
(o = — 1 = e 2 , so dafs
<D*
tni
(ö = e 2*°
tni
f
§ 2. Die Charaktere der Einheiten modulo tn. 445
enthalten, wenn k{ die Zahlen 0, 1, 2, • • • (plqy) durchläuft. Legen
wir also statt der Zahlen a>, o0, • • • mg in (4*) die Zahlen
(6) ©*, CöJ°, (o\\ - ■ • CD*'
zu Grunde, so gehört zu der Einheit r modulo m die Einheitswurzel:
welche für diese Wahl der Einheits wurzeln (6B) der Charakter von r heifsen
soll. . Wenn kein Mifsverstandnis zu befürchten ist, wollen wir im
folgenden das zu Grunde gelegte Exponentensystem (k, k0) ki} • • •)
kurz durch (k) und den zugehörigen Charakter einfacher durch
»*)(r)
bezeichnen. Auch hier entspricht für ein festes Wertsystem (Je, k0, • • •)
jeder Einheit r offenbar ein Charakter QW(r).
Halten wir das Exponentensystem (k) fest, so gehört also zu jeder
positiven oder negativen ganzen Zahl r ein vollständig bestimmter
Charakter QW(r), sobald nur r zu m teilerfremd ist. Wir wollen aber
Q(*)(r) auch für den Fall definieren, dafs r und m einen gemeinsamen
Teiler besitzen; wir setzen fest, dafs in diesem Falle stets:
Q(*)(r) = 0
sein soll.
Die so für alle ganzen Zahlen definierten Charaktere Qw(r) haben
dann die beiden Fundamentaleigenschaften, dafs erstens
(7) »*>(r) = »*)(/)
ist, sobald
r == / (mod tn)
ist. Sind nämlich die kongruenten Zahlen r und r beide Einheiten,
so gehört ja zu ihnen dasselbe Indexsystem (q, q0, • • •), also auch der-
selbe Charakter Q(*)(r); hat dagegen r einen gemeinsamen Teiler mit tn,
so gilt dasselbe von r, ihre Charaktere sind also beide gleich Null.
Zweitens besitzen aber die Charaktere stets die Multiplikationseigen-
schaft, d. h. für zwei beliebige Zahlen r und r ist:
(7*) Q(*)(r) Q<*>(/) = QW(rr) .
Dies ist klar, sobald auch nur einer der beiden Faktoren r und r mit
m einen gemeinsamen Teiler hat, denn dann gilt ja dasselbe für ihr
Produkt; beide Seiten unserer Gleichung sind dann also Null. Sind
dagegen r und / beide Einheiten modulo tn und ist:
446 Dreifrigste Vorlesung.
Indd r = (q, 9o, ft, - • •), Indd r = (q, q0', fcf, - . •) ,
also
Indd (r#0 -(* + ¥',* + *',-• •),
so ist ja in der That:
»*>(r) QW(r') = (— lyCe+^ajJ.^+^mJiCet+ft') . . . = QW(rr').
Sind dagegen
o . gdä , o. , • • • : & . cd" . od/ . • • •
irgend zwei Systeme von Einheitswurzeln und sind Q(*»*«>» )(r) und
Q(*'»*b', ••)(*•) ZWei zu einer und derselben Zahl r gehörigen Charaktere,
so folgt offenbar aus der Darstellung (6a) die für jedes r gültige Gleichung:
Q(*,*o, •■)(*.) . Q(*'» *<>',•••) (r) = Q(*+*',*o+*o',- -)(r)
mit der Maßgabe, dafs hier wie im Folgenden die Indices kyboiKy'"
nur bezw. modulo 2, 2*°, y>(Q{)> • • • betrachtet werden; zwei verschie-
dene Charaktere QW(r) und Q<*'>(r) für eine Zahl r setzen sich also
stets zu dem eindeutig bestimmten Charakter Q<*+*')(r) für dieselbe Zahl
zusammen; speziell ergiebt sich so, dafs für jeden positiven oder nega-
tiven ganzzahligen Exponenten:
(Q(*>(r))' = Q<'*>(r)
ist. Die Charaktere (QW(r), Q(* }W, •••)!!& ein und dasselbe r bilden
also in der Weise eine Gruppe , dafs das Produkt und der Quotient
von beliebig vielen unter ihnen wiederum in dem Systeme enthalten ist
Endlich geht aus der Darstellung (6a) hervor, dafs alle Charaktere
Q<*)(r) für beliebige Einheiten reelle oder komplexe Zahlen sind, deren
absoluter Betrag gleich Eins ist
Wir wollen den Charakter:
Qlo,o,o,...)(r)===Q(0)(r)?
der den Exponenten ht = 0, also den Einheitswurzeln ©*• — 1 ent-
spricht, den Hauptcharakter nennen; für jede Einheit r ist in diesem
Falle QW>(r) = + 1.
Zwei Charaktere:
Q(*,*o, ••■)(r) und Q(-*.-*bt ">(r),
welche sich durch Multiplikation zum Hauptcharakter Q<°>°, -)(r) zu-
sammensetzen, sollen konjugierte oder reciproke Charaktere heifsen. In
diesem Falle sind einfach:
Q(*)(r) = a + ßi, Q(-*)(r) = a — ßi
konjugierte Zahlen, da ihr Produkt gleich Eins ist.
§ 2. Die Fundamentalsätee für die Theorie der Charaktere. 447
Ein Charakter QW(r) heifst ambig , wenn er sich selbst reciprok,
wenn also für jedes r
Q(*)(r) = Q(-*)(r);
oder für jedes Indexsystem (p, q0, • • •)
(Q<*>(r))» = Q(»*)(r) = ©»*? o**«^ - • • = 1
ist. Wählt man in diesen Gleichungen immer einen Exponenten Q = l,
alle anderen gleich Null, so ergiebt sich, dafs ein Charakter Q<*> dann
und nur dann ambig ist, wenn seine Exponenten (k, kQ, • • •) den Be-
dingungen:
C32* = 1, wj*° = 1, cjJ*» = 1, • • •
genügen, d. h. wenn:
»* — ±lf "o=±1> »J — ±1, ••• »J» — ±1
ist. Da die sämtlichen Gleichungen (4*) für o, o0f • • • von geradem
Grade sind, so hat jede von ihnen die beiden Wurzeln + 1; also ist
die Anzahl aller ambigen Charaktere, einschließlich des Hauptcharakters
gleich 2*+2. Für diese und nur für sie ist der Charakter QW(r) jeder
beliebigen Einheit r reell und besitzt den Wert + 1.
Für alle übrigen Charaktere dagegen ist also mindestens eine der
Einheitswurzeln &k, o^, o*1, ••• imaginär, und daher sollen auch diese
Charaktere QW(r) imaginäre Charaktere genannt werden. Für min-
destens eine Einheit r ist dann QW(r) ebenfalls imaginär.
Wir beweisen endlich noch drei wichtige Sätze über die Charaktere,
welche im folgenden gebraucht werden.
Durchläuft r ein vollständiges Restsystem modulo m, so ist für
den Hauptcharakter:
(r)
für jeden anderen Charakter aber:
QW(r)— 0.
?
In der That kann für einen beliebig gegebenen Charakter QW jene
Summe folgendermafsen als Produkt dargestellt werden:
(ß) 2 ®{k)(r) = 2 *** ***** a*i9% ' ' m = i2 ö*(j) i2 <°k°Qo) '"'
Ist nun auch nur eine der Zahlen k, k0f • • • etwa t. von Null ver-
schieden, so ist der bezügliche Faktor:
448 Dreifsigste Vorlesung
(8') 2 •?* - 1 + ro** + «"' + ••• + •? W*H = ^ ?' " ' - 0;
dasselbe gilt also auch für das ganze Produkt; sind dagegen alle it = 0,
so ist jene Summe wirklich gleich <p(rn), da dann alle <p (tri) Einheits-
charaktere QW(r) = 1, alle anderen aber gleich Null sind.
Ist ferner r0 eine Zahl, deren Indices (p, p0, q1} • • •) sämtlich
gleich Null sind, welche also selbst kongruent Eins modulo m
ist, so ist die auf alle Charaktere QW(r0), Q(*'>(r0), • • • von r0 be-
. zogene Summe:
<*)
für jede andere Zahl r ist dagegen:
Q(*)(r) = 0.
£
Dieser Satz folgt unmittelbar aus den Gleichungen (8) und (8a), wenn
man in ihnen allgemein k{ und pf. vertauscht.
Es sei endlich r eine beliebige Einheit modulo m, dann bilden
ihre <p(m) verschiedenen Charaktere:
2*,-]±£ + ^ + -A£
2 ' * " -(£) J
Q(*)(r) = e ^ »'
eine Gruppe von lauter Wurzeln der Einheit e * , deren Nenner dk
in ihrer reduzierten Form jedesmal Teiler von <p(m) sind. Es sei
speziell
(Äo) 2ni
L
(9) Q^ = e *
einer der Charaktere, für welchen der reduzierte Bruch -± möglichst
0
klein aber nicht Null ist. Dann ist notwendig £0=1, denn sonst
könnte man t0' so bestimmen, dafs t0t0' = 1 (mod d0) ist, und man er-
hielte aus der Gleichung (9):
■
also entgegen der vorher über Q^\r) gemachten Voraussetzung d«i
kleineren Bruch -,-• Ist dann also:
2rt»
0^(^ — 6* =Ö
§ 2. Die Fundamentalsätze für die Theorie der Charaktere. 449
dieser Charakter, für welchen -r- möglichst klein, also d0 möglichst
grofs ist, so sind die d0 Potenzen:
(Q(*°)(r))* = Q<A*°>(r) = ah
ebenfalls d0te Wurzel der Einheit, und man zeigt leicht, dafs in diesem
Falle alle q>(m) Charaktere Q^(r) dj* Einheitswurzeln sind. In der
That, ist für irgend einen Charakter:
QW(r) — €»*'•",
wo ft ein rationaler echter Bruch ist, und ist s so gewählt, dafs:
dann ist der Quotient:
j££l =Q(*-^(r)== -••("-£).
wäre also p>3-, so entspräche dem Charakter Q**""**-* wieder enfc-
gegen unserer Voraussetzung der unterhalb -=- liegende echte Bruch
0» - 5 ' *° mufB Jener a™* ™twendig Ntdl, also , = ± sein,
w. z. b. w.
Man zeigt^ nun endlich leicht, dafs jede der d0 Potenzen
(1, a>, o>2, ... oi*-1) genau gleich oft durch diese q>(m) Charaktere
dargestellt wird. In der That, bezeichnen wir durch:
(10) QW Q<*), • . . QW
alle diejenigen unter den <p(m) Charakteren Q(i)(r), welche gleich Eins
sind und durch Q einen von denen, welche den Wert g> haben, so sind
(10^) QQ*1), QQW, • • • QQW
q von einander verschiedene Charaktere, welche alle gleich <ä sind.
Ferner giebt es auch keinen anderen unter den qp(m) Charakteren,
welcher den gleichen Wert hat; denn ist
so ist der Quotient -^ ein Charakter, welcher gleich Eins ist, also der
Reihe (10) angehört. In genau derselben Weise zeigt man, dafs in der
Reihe
alle und nur die Charaktere enthalten sind, welche gleich g>x sind.
Also sind in dem Systeme von pd0 Elementen:
Kronecker, Zahlantheorie. L 29
450 Dreifsigste Vorlesung.
Q*Q(D, ... Ql&if) (1=1,1;. ..^-i)
alle und nur die q>(m) Charaktere QW(r) enthalten; es ist also
(>d0 = qp(m), d. h. es ist:
0
jede der d0 Einheitswurzeln <5a wird also durch jene Charaktere gleich
oft, nämlich ^> Male darstellt
Die Zahl d0, welche nur von der zu Grunde gelegten Einheit r
abhängt, hat für diese eine einfache Bedeutung; es ist d^ offenbar der
niedrigste Exponent, für welchen für jeden der <p(m) Charaktere:
(Q(*)(/-))rfo = Q(<*o*)(r) = ci^*? ©*»*•*> e>f»*^ . . . = 1
ist, wie auch die Exponenten Je, k0f kl7 • • • angenommen werden. Wählt
man aber speziell alle k, = 0 mit Ausnahme yon je einem derselben,
welches gleich Eins angenommen wird, so ergiebt sich d0 als die
kleinste Zahl, für welche die Gleichungen:
et**? = l} oj*»?« = lf cdJ»^ = 1,
sämtlich erfüllt sind, oder d0 ist die kleinste Zahl, welche die Kon-
gruenzen:
d0Q = 0 (mod 2)
d0g0 = 0 (mod 2*o)
doQi = 0 (mod 9 (qh/)\ ('-*. *■■•#>
befriedigt. Nun ist aber:
W>0, doQo, *oQx> ' ' 0 = hdd H»,
also ist r* die kleinste Potenz von r, deren Indexsystem gleich
(0, 0, • • •), welche selbst also kongruent Eins modulo m ist, oder d^
ist der Exponent, zu dem r modulo m gehört. Also folgt der Satz:
Ist r eine Einheit modulo m und d0 der Exponent, zu dem r
gehört, so sind die <p(m) Charaktere QW(r) samtlich df Wurzeln
der Einheit, und jede von ihnen wird gleich oft, nämlich ^—
Male dargestellt.
§3.
Da die Charaktere QW(r) die Multiplikationseigenschaft:
Q<*)(r)QW(/) = Q<*>(r/)
haben, so gilt nach (1) für die mit ihnen als Entwickelungskoef-
ficienten gebildeten Dirichletschen Reihen die folgende Gleichung:
§ 3. Die Dirichletschen Reihen Lw(z). 451
(1) zw-s^-n
— i n' — i _ qW(p)
Auf der linken Seite fehlen alle und nur die Zahlen n, welche mit m
einen gemeinsamen Teiler haben, auf der rechten alle Primzahlen
2, Qi, qif • ' ' Qgf die in m enthalten sind. Die Gleichung (1) gilt für
jeden Wert von z, vorausgesetzt nur, dafs sowohl die Summe links
als auch das Produkt rechts unbedingt konvergiert. Da die Charak-
tere QW(n) Einheitswurzeln sind, deren absoluter Betrag also gleich
Eins ist, so ist diese Bedingung sicher für z > 1 erfüllt. Für gewisse
unter den Reihen #*>(*) konvergiert jene Reihe aber auch, wie wir
später zeigen werden, für ar<^l;%wir werden von dieser Thatsache
noch Gebrauch zu machen haben.
Unter Benutzung des letzten Satzes im § 2 beweisen wir gleich
eine Fundamentalgleichung für diese Reiben. Multiplizieren wir alle
<p(fn) Gleichungen (1), welche den verschiedenen Charakteren Qft *»»•••)
entsprechen, so ergiebt sich:
(Mo,—) n " (*,*o, ■) P 1 —
P
Ist aber p irgend eine der rechts stehenden Primzahlen und d der Ex-
im
ponent, zu dem sie modulo m gehört und ist <o = e d , so ist nach
dem soeben erwähnten Satze:
^(»-^-((»-fK'-^-O-^F
,y0»)
d ~ .
-o-?)
Also ergiebt sich die folgende wichtige Gleichung:
Ö(*}(n)
Q2*?-IJ
(2) V "" "' V U - i-Y*?'
('-#
wo das Produkt rechts auf alle Primzahlen aufser 2, qly • • • q zu er-
« <f
strecken ist; da alle jene (p(fri) Reihen für #> 1 unbedingt konvergent
sind, so gilt dasselbe auch für das Produkt rechts, da aber ferner alle
seine Faktoren unechte Brüche sind, so ist der Wert der rechten Seite
sicher gröfser als Eins. Wir werden diese Formel, welche sich bei
DiricMet noch nicht findet, am Ende unserer Betrachtungen wesentlich
benutzen.
29*
Einunddreifsigste Vorlesung.
Beispiel: Der Fall »1 = 4. Die Anzahl der Primzahlen von der Form 4n + 1
und in — 1 ist unendlich grofs. — Aufstellung der Grundgleichung. — Ab-
schätzung ihrer einzelnen Bestandteile. — Spezialisierung der Grundgleichung für
die beiden möglichen Fälle und Beweis des Satzes.
Wir wollen den Gang unserer Untersuchung zuerst an dem Falle
m = 4
erläutern, d. h. wir wollen als Beispiel für die allgemeine Betrachtung
den Satz beweisen:
Die Anzahl der Primzahlen von der Form 4n + 1 und die An-
zahl derjenigen von der Form 4n + 3 ist unendlich grofs.
Nur als Beispiel ist der hier zu führende Beweis anzusehen, da wir
gerade diese beiden Sätze am Anfang der vorigen Vorlesung auf sehr
viel einfachere Art bewiesen haben.
Da ( — 1) eine primitive Wurzel modulo 4 ist, so haben wir in
diesem Falle für eine beliebige ungerade Zahl n
% q = Ind n = y (n — *)>
in der That ist ja für ein ungerades n stets:
(— 1)t("~1} = » (mod4),
wie man leicht in den beiden Fällen n = 4v + 1 verificiert. Hier ist
also:
QW(„) = (- 1) • » = 4,1 + 1 (i=M)(
QW(n) = 0 n = 2v
und unsere Grundgleichung wird daher:
§ 1. Die Primzahlen der Form 4n + 1 und 4n — 1. 453
v(-i)2 rr__jL—
^A' •— 1,8,-.. n p jvT**"1'
1 ?
wo die Sumjnation links über alle ungeraden Zahlen, das Produkt
rechts über alle ungeraden Primzahlen zu erstrecken ist.
In dieser Gleichung werden wir nicht, wie es Dirichlet that, von
der linken, sondern von der rechten Seite ausgehen, diese aber zuerst
durch ein endliches Produkt ersetzen; so werden wir imstande sein,
für ein beliebiges ft ein Intervall (/*, ■ • • ft) anzugeben, innerhalb dessen
sich sicher eine Primzahl von der Form 4n -\~ 1 und eine von der
Form 4n — 1 befindet. Es seien v und X beliebige ganze Zahlen und
Pu Ar" Pr
die v ersten ungeraden Primzahlen 3, 5, • • • . Dann betrachten wir
das endliche Produkt:
(2) II(y, l)-JJ
P**
i .. >
"8 t*(p-i)
welches offenbar für k = v = 00 in die rechte Seite von (1) übergeht.
Nun ist jeder einzelne von diesen v Faktoren entwickelt gleich
der Summe:
(3)
4*(p-d {»(p-i) is*(i»-i)
A(a-i)*(p_i)
■ (-*)*
Multiplizieren wir diese v endlichen geometrischen Reihen für
P = Px, pi} - - - p* mit einander, so ergiebt sich eine endliche Summe,
welche, wie wir sofort beweisen werden, folgendermafsen geschrieben
werden kann:
(4) Vt^>
p 4-**»-1)
2
wo P eine gleich anzugebende Zahl ist, n die Reihe aller ungeraden
Zahlen durchläuft und cn entweder Null oder Eins bedeutet.
454 EinunddreiTsigste Vorlesung.
In dem Produkte der v Faktoren (3) tritt nämlich ein bestimmter
Nenner n* nur dann und zwar ein einziges Mal auf, wenn n nur die
v ersten ungeraden Primzahlen, und keine öfter als (X — 1) Male ent-
hält, wenn also:
(5) n = pfpf - - • pav* (o<«,<i)
ist; alsdann besitzt — den Koefficienten:
n
„^ , l ,\ («i(Pi-i)+«.(A-i)+- •• + *V(PV-D)
Aber diese Potenz von ( — 1) kann durch ( — 1)* ersetzt werden,
denn eine sehr einfache Betrachtung lehrt, dafs für eine jede ungerade
Zahl n
(5b) n_l = a101-,l) + ... + aI(pr — 1) (mod 4)
ist, wenn die Gleichung (5) ihre Zerlegung in Primfaktoren angiebt.
Ist nämlich n = PQ irgend eine Zerlegung der ungeraden Zahl n in
zwei ebenfalls ungerade Faktoren, so ist:
n-l = (P— 1) + (G-1) (mod 4),
weil aus dieser Kongruenz für n = PQ die offenbar richtige Kon-
gruenz:
(P_1)(G_1) = 0 (mod 4)
folgt. Zerlegt man aber P und Q wiederum und fährt so fort, so er-
giebt sich endlich die Richtigkeit der Kongruenz (5b).
Die Grenze P, bis zu der die Summation zu erstrecken ist, ißt
einfach:
(5C) P = (lhPt ■ ■ ■ P.)1-1 ,
denn dann ist P die gröfste unter den Zahlen (5).
Wir teilen jetzt das Summationsintervall (1, • • • P) von (4) in
zwei Teile so ein, dafs in der ersten Teilsumme dUe cn = 1 sind, oder
alle ungeraden Zahlen — vorkommen, in der zweiten dagegen nicht
ti
mehr alle ungeraden Zahlen auftreten. Aus der Darstellung (5) aller
in (4) vorkommenden Zahlen n folgt nämlich, dafs für eine solche
Zahl sicher cn = 1 ist, wenn n den beiden Bedingungen:
(5d) n<Sx und n <p,+i
zugleich genügt, denn dann kann n ja sicher überhaupt keinen Primteiler
Pv+i, i>*+2, • ■ • und auch keinen der früheren öfter als (A — 1) Male
enthalten. Für alle diesen beiden Bedingungen genügenden Zahlen ist
Cn>
§ 2. Aufstellung der Grundgleichung. 455
also immer cn = 1. Wir ziehen dieselben dadurch in eine Bedingung
zusammen, dafs wir die bisher noch ganz willkürlich anzunehmende
letzte Primzahl pf jetzt so bestimmen, dafs sie die letzte unterhalb 3*
liegende Primzahl, dafs also:
Pv<& <pv+i
ist; dann ist nämlich für alle Zahlen n unterhalb 3* a fortiori n<p,+i.
Alsdann ist durch die willkürlich anzunehmende Potenz 3* die Prim-
zahl py eindeutig bestimmt und man erhält jetzt die Gleichung:
wobei
P = OiA • • • P'Y"1
anzunehmen ist.
§ 2.
Die am Schlüsse des § 1 gefundene Grundgleichung:
i kX{p-i)
Pv 1 — ^""^ 3*-* V*(*-D P \ *{*-*)
(i) n £ 25=^+27ta!^-
! _ (-*)
formen wir jetzt dadurch um, dafs wir auf beiden Seiten die Loga-
rithmen nehmen, und dann nach z differenzieren. Kehren wir noch
auf beiden Seiten die Vorzeichen um, so ergiebt sich nach einer ein-
fachen Rechnung die Gleichung:
<>n
(2)
Pv Lk{p-l) Pv lu(p-l)
V (-*> *p _ V (zi1) }*£
vt-i)2 igt* | v*-1) te» c
1 8*
1 8*
Wir betrachten zunächst die rechte Seite dieser Hauptgleichung und
zeigen, dafs wir die von 3* bis P zu erstreckenden Summen im Zähler
und Nenner durch Vergröfserung von X beliebig klein machen können,
456
Einunddreifaigate Vorlegung.
und zwar kann dies stets erreicht werden, wenn nur z > 1 ist, wie
nahe auch z an Eins liegen mag.
In der That ist erstens:
?fca
_ lg»
wo in der Summe rechts über die ungeraden und geraden n summiert
wird, wodurch ja die Ungleichung nur verstärkt wird. Da aber die Funk-
LfiT X
tion -~- für z > 1 mit zunehmendem x beständig abnimmt, so ist
x
weiter:
p p
&<$<r)
/
= r_ ig* 1—T 4- !**.
i«^
also ist, wenn wir das zweite Glied durch den grösseren Wert -^
ersetzen:
(3)
r T*(«-i)
^»(-1)» lgn
»
lg 3* 1 , IgJ^
wo rechts bereits der auf die obere Grenze P bezügliche negative Teil
jenes bestimmten Integrales fortgelassen worden ist.
Ganz ebenso erhält man für die zweite Summe im Nenner auf
des rechten Seite von (2):
i
8*
n
<
p
9*
($*<S<Fi
/dx , 2__ 1
1 - + -
-i + r'
9*
also ergiebt sich, wenn man das zweite Glied fortläfst und das dritte
wieder vergröfsert:
(3*)
P -r-*(»-l)
n
< l +1.
Mit Hülfe dieser beiden Gleichungen zeigen wir jetzt, dafs man, wie
klein auch die positive Gröfse z — 1 sei, durch Vergröfserung von k
§ e. Aufstellung der Grundgleichung. 457
jene beiden Summen so klein machen kann, als man nur immer will.
Dazu braucht man nur für ein gegebenes z — 1 X so grofs zu wählen,
data jede der fünf Zahlen:
U\ lg»2 l * lg 3* 1
W (*-l)3*<— »' (f-i)V»-«' («-lJS1«— »>' 3* ' 8*
beliebig klein ausfällt. Allen diesen Bedingungen wird nun zugleich
genügt, wenn man X so grofs wählt, dafs:
(5) (Z-X?. 8i(-«<T
wird, wenn % eine beliebige kleine Gröfse bedeutet. Diese Bedingung
kann man stets befriedigen, da bekanntlich -5— -x mit wachsendem x
unendlich klein wird, wie klein auch der positive Bruch (z — 1) ge-
geben sei. Ist aber X nach (5) bestimmt, so liegen jene fünf Brüche
(4) a fortiori unterhalb r, denn sie gehen aus dem Quotienten (5)
bezw. durch Multiplikation mit den echten Brüchen:
1 g - 1 (z — !)• (« — 1)*
*-l,
ig3" ig3a' «*(«—)' iga*.«?-*)*
hervor. Dann liegen also die beiden Summen in (3) und (3*) absolut
genommen bezw. unterhalb
3r und 2r,
können also für ein genügend grofses X wirklich kleiner als jede noch
so kleine Gröfse gemacht werden.
Endlich weisen wir noch nach, dafs die zweite links stehende
Summe in (2) für ein genügend grofses X ihrem absoluten Werte nach
kleiner als — gemacht werden kann. Es ist nämlich:
Pv 4-**(p— i) , *» *»
yy(-i)2 W ^ v ugp ^ v ngJ)
^ p*-l 1
p * — 1=1
p
und da, falls nur X > 2 angenommen wird, für jedes p:
]gJ> ^ JgP _ IgP 1 ^ * Igp
l — l ^ .
*-33i ^"T 1
(6a) „ *_-%_A * i_i<3 P~<1
p1-1 P P P*
458 Einunddreifsigete Vorlesung. ••
ist, so wird der absolute Wert unserer Summe kleiner als:
Py od •
8 8 o
und da dieser Bruch ffir X ^> 6 unterhalb ~ liegt, so gilt dasselbe a
fortiori von unserer Summe; diese kann also gleich — gesetzt werden,
wo 6 ein positiver oder negativer echter Bruch ist.
Setzen wir also für die drei soeben untersuchten Summen ihre
abgeschätzten Werte in (2) ein, so ergiebt sich die folgende Glei-
chung:
V(-l)2 lgn
8 , T*(P~1) •*-• y*^-x>
n
wo <7, tf*, tf" positive oder negative echte Brüche und t eine Zahl be-
deutet, welche a priori beliebig klein gewählt werden kann.
§3. .
Die am Schlüsse des vorigen Abschnittes gefundene Hauptglei-
chung repräsentiert zwei verschiedene Gleichungen, die den beiden
möglichen Werten k = 0 und Je = 1 von k entsprechen. Wir be-
trachten diese jetzt gesondert und leiten aus ihrer Verbindung den ge-
suchten Beweis des Satzes über die Anzahl der Primzahlen von der
Form 4n + 1 vmd 4n -f- 3 ab.
Setzen wir zuerst k= 1, so geht unsere Gleichung (7) über in:
V(-i)* lg»
p
v
>-»,„ 2,' n* +8^
(i) y s-lr. **. = ~ - +
1 «•
Von den beiden rechts im Zähler und Nenner stehenden alternierenden
Summen:
§ 3. Spezialisierung der Grundgleichung. 459
9
3 —2 (h— 1)
V(-l)2 lgn = _lg3 Ig5_lg7 , , lg (3* -2)
^ nz 3* "1" 6* 7* "1 — (81 - 2)*
8*_j y(n-l)
2*—? =1_i+i-^ +'•• +
3* 6* 7J — (3* — 2)*
zeigt man nun leicht, dafs die erste zwischen Null und — — , die
2
zweite zwischen y und 1 liegt. Da nämlich die beiden Funktionen
-5— und — ■ mit wachsendem x abnehmen, weil ihre Ableitungen:
x x
* — *** Und - *
x.+i — ^+i
beide für x ^ 3 negativ sind, so ist in beiden Reihen jedes folgende
Glied, abgesehen vom Zeichen, kleiner als das vorhergehende; daher
ist die erste Reihe sicher absolut genommen kleiner als ihr Anfangs-
glied ^j- und da:
lg3 lg3 1,098 ••• l
3* 3 ~ 3 2
ist, so kann diese in der Form — y geschrieben werden, wo d einen
positiven echten Bruch bedeutet. Ebenso leicht erkennt man, dafs die
zweite Reihe zwischen 1 und (l -), also a fortiori zwischen 1 und
(1 \ 8 ü'
1 — -j liegt, d. h. man kann sie gleich y + y setzen, wo d' die
gleiche Bedeutung wie 8 hat. Also ergiebt sich für die rechte Seite
in (1) der Ausdruck:
2 ' , 6
L ± /-i < <M) <+i\
i + T + 2*"*
wo r eine Gröfse bedeutet, welche wir durch Vergröfserung von k
a priori beliebig klein machen können, und zwar ganz unabhängig
von dem Werte von z. Wählt man also (<J, <J', 6, <?, tf") so, dafs der
Wert dieses Bruches, abgesehen von Vorzeichen, möglichst grofs aus-
fallt, so ergiebt sich für den absoluten Wert der linken Seite von (1)
die Ungleichung:
W ! Z
Y + 3r i
<1> +
1 * , ^T('_1) -„• — 2r
460 Einunddreifsigste Vorlesung.
Wählen wir jetzt k so grofs, dafs:
l
ist, so wird die rechte Seite von (3) kleiner als Eins, und es ergiebt
sich der erste Satz:
Ist z>\ beliebig gegeben, so kann man X stets so groß
wählen, dafs
(3»)
J*— 1 8*— S
yjgA__ y igft
<i
n? (- iy igp
wird, wenn px alle Primzahlen von der Form 4n + 1? A aüe
diejenigen von der Form 4n -f- 3 in dem Intervalle (1, • • • 31 — 2)
durchläuft; jene Reihe bleibt also zwischen endlichen Grenzen,
wie weit auch die Summation fortgesetzt wird.
Wir setzen jetzt zweitens in der Grundformel (7) des § 2 k=0. Dann
haben alle Potenzen von ( — 1) den Exponenten Null, alle bisher
betrachteten Reihen (3), (3*) und (6) des § 2 erhalten also lauter posi-
tive Glieder. Daher ergiebt sich in diesem Falle die Grundgleichung:
wo die positiven oder negativen echten Brüche 6, ff9 ff' durch die
positiven echten Brüche d, 8', d" ersetzt worden sind, weil die zuge-
hörigen Reihen nur positive Glieder enthalten.
Wir wollen nur eine untere Grenze für den Wert der links
stehenden Reihe finden. Zu diesem Zwecke verkleinern wir die rechte
Seite, indem wir 3d'r im Zähler und — fortlassen, und wir vergrößern
den Nenner, indem wir dort die Summation bis ins Unendliche er-
strecken, wofür wir dann das Glied 2ö"x ebenfalls fortlassen können,
p
weil dieses ja die Summe s, ~i vertritt, also sicher kleiner ist als
der hinzugefügte Teil unserer Summe. Beachten wir noch, dafe im
Zähler nach (4) a. S. 457:
l l
§ 8. Spezialisierung der Gmndgleichung. 461
ist, so ergiebt sich die folgende einfachere Gleichung:
wo die Summationen rechts beide Male nur über die ungeraden Zahlen
auszudehnen sind. Nun ist einmal ähnlich wie a. S. 456:
3 1 i
3*-:
2 b-l)(2x + l)'"1 "*" (*-l)* (205+1)— 'Ji
> lg3 I * x
2(0— 1)3* -1 ^ 2(^— l)^*-1 '
weil die beiden Summanden, welche der oberen Grenze entsprechen,
nach (4) a. S. 457 unterhalb — x liegen.
Zweitens ist:
OD
4*' 4^(2^+1)' ,/ (2a:+l)' ' 2(*-l) 2(«-l)
11 0
Substituiert man also diese Werte in (5), so ergiebt sich nach ein-
fachen Redaktionen:
1k 3
^Jp*-l 2* — 1 (* — l)(2s — 1)3
3
Nun ist für jedes 0 < — und r < ^=
££-4*-i)>ü=i,
also ergiebt sich:
(6) y^7>^ +
«— 1
^Jp*— 1 2 (2s— 1)(S— 1)3
3
§4.
Diese beiden Formeln (3*) und (6) benutzen wir jetzt zu dem
Nachweise des Satzes:
462 Einunddreifsigste Vorlesung.
Ist Pp eine beliebige Primzahl, so kann man stets ein mit p„
beginnendes endliches Intervall finden, innerhalb dessen min-
destens eine Primzahl von der Form 4» + 1 un(^ eme von der
Form 4n -f- 3 sieh befindet.
Zu diesem Zwecke wählen wir die noch nicht determinierte Zahl
z < — so nahe an Eins, dafs
\' l — 4ml P— 1
(2* - 1) (* - 1) 3— l = 4Jp
p=»
ist, wenn p^ die beliebig gegebene Primzahl bedeutet; dann ergiebt
sich aus (6):
yj8P_>L + 2j?lSP_.
jLj p'—l 2 ^LJ 0 — 1
8 * 8 *
Addieren wir nun zu dieser Ungleichung die linke Seite von (3*), oder
subtrahieren wir sie, und beachten wir dabei, dafs ihr Wert sicher ein
positiver oder negativer echter Bruch ist, so besteht in beiden Fallen
die folgende Ungleichung:
Py Py ^-(P— 1) _*£_
Wir bezeichnen jetzt wieder durch pt und |>8 die Primzahlen von
der Form 4n + 1 und 4n + 3. Dann geht unsere Ungleichung
über in:
— 2'"
(#ft +#£«)> f
Es sei zuerst
Vereinigen wir die entsprechenden Summen und heben dann mit 2, so
ergiebt sich:
Zft'-I ^ft"-l ^rfft-l ^A-l^*
6 8 5 8
Diese Ungleichung wird verstärkt, wenn man in der ersten Summe
überall z durch 1 ersetzt, und in der zweiten die Exponenten 2z in dem
§ 4. Beweis des Diricfaletschen 8atzes. 463
Intervalle zwischen (1, • • -p^) ebenfalls durch die niedrigeren Exponenten
Eins ersetzt; dann heben sich aber die negativen Glieder fort. Bringt
man also den Rest der zweiten Summe auf die rechte Seite, so er-
giebt sich:
P\>pfl P%>PI
da aber offenbar:
_}g_P_ < JgP_ < IgP < lg (P — 1)' = 2 tefr — *)
jp2*— i j>*-i (p-i)2 d>-i)8 (P-i? '
ist, so ergiebt sich für die rechts stehende Summe:
Pf-rp n^rfi
= 2-
1 + 'g*V .
der rechts stehende Ausdruck ist aber schon für p^ = 41 kleiner als
- und dies bleibt bestehen, wenn pM gröfser als 41 angenommen wird.
Also ergiebt sich in der That aus (3); wenn noch die obere
Grenze py durch 31 ersetzt wird:
Pi<pp
d. h. in dem Intervalle (pH) • • • 3a) mufs mindestens eine neue Prim-
zahl pi von der Form 4n + 1 liegen, da ja sonst jene Summe Null
wäre.
Es sei zweitens
* — i,
dann geht die Ungleichung (2) über in:
^T lgj> _ / ^5 lg?L _1_ ^7 J?^„\ > * '
<4*p1-p7' ^Pi-1 <4*P*-1' 4'
und diese Ungleichung wird noch verstärkt, wenn die zweite von
jenen drei Summen fortgelassen wird; da aufserdem
1 <^-< l
P2—P2 * rf — J Pi -l
ist, so gilt diese Ungleichung a fortiori, wenn p\ — pj* durch p2 — 1
464 Einunddreifsigste Vorlesung.
ersetzt wird. Da sich aber dann ^^J&A_ forthebt, so ergiebt sich
schließlich: »
-^ Pt — l * '
d. h. in dem vorher bestimmten Intervalle (p^, • • • 3*) befindet sich
auch sicher eine Primzahl ps von der Form 4n -f- 3.
Wir fassen das Resultat unserer Untersuchungen in der folgenden
Kette von Gleichungen zusammen:
Sei Pp ^ 41 eine beliebige Primzahl. Bestimmen wir dann
erstens z durch die Ungleichung
(g - 1) (2, - i)ar-1 ^ 1— ,
"" IgF
wählen wir zweitens o so, dafs:
1 + »^^
s *
• 67 1 1
igm-^ (z — l)8 (* — 1)»*> 57'
und definieren wir endlich A durch die Gleichung:
A_ k" oder S*(— « — «,
(* — 1) lg 3 »
so ist in dem Intervalle
(fr, •••3*)
mindestens je eine Primzahl von der Form An -f- 1 und von
der Form 4n -f- 3 enthalten.
Es gilt dann nämlich die Ungleichung:
lg 3* _ *lg3 = lg» 1 t
welche nach (5) a. S. 457 hinreichend dafür war, dafs zwischen pH und
3 eine derartige Primzahl auftritt. Wir bemerken endlich noch, dafs
bei dieser Bestimmung auch X > 6 ausfällt, was wir oben voraussetzten,
wenn nur von vorn herein ph so grofs angenommen wird, dafs
^ £?- > — wird. Wir wollen diese einfache Rechnung nicht be-
sonders ausführen.
Zweiunddreifsigste Vorlesung.
Der allgemeine Satz über die Primzahlen in einer arithmetischen Reihe. — Ver-
einfachung der Aufgabe. — Aufstellung der Grundgleichung. — Abschätzung
ihrer Glieder. — Spezialisierung der Grundgleichung: Die dem Hauptcharakter
entsprechende Gleichung. — Die den übrigen Charakteren entsprechende Glei-
chung. — Beweis des Dirichletschen Satzes. — Folgerung: Die Primzahlen ver-
teilen sich nahezu gleichmäßig auf die qp(ro) Reihen mx-\~r.
§1.
Wir gehen jetzt zum Beweise des allgemeinen Satzes über, dafs
in einer beliebig gegebenen arithmetischen Reihe
W0* + r (Ä=0,l,2, )
unendlich viele Primzahlen enthalten sind. Wir vereinfachen aber die
nachfolgenden Überlegungen gleich dadurch, dafs wir an Stelle der
Differenz m0 ein geeignet gewähltes Multiplum derselben einführen,
wodurch ja, wie bereits oben S. 443 bemerkt wurde, die Allgemein-
gültigkeit des Beweises nicht beeinträchtigt wird. Es sei nämlich pu
eine beliebige Primzahl, welche nur gröfser sein soll als alle Prim-
teiler von m0; dann wählen wir als Differenz der zu untersuchenden
arithmetischen Reihe statt m^ die Zahl:
(1) w = (2.3.5.7... Pfl)\
wo h J> 3 und aufserdem so grofs sein soll, dafs m ein Multiplum von
m0 ist. Bei dieser Wahl von m sind die auf p^ folgenden Primzahlen
(2) Pp+u 2V+2, " ' "i P*> iM-i; ' ' '
alle und nur diejenigen, welche nicht in m enthalten sind.
Es sei nun k ein vorläufig ganz beliebig gegebener ganz-
zahliger Exponent, und es bedeute pv die eindeutig bestimmte Prim-
zahl der Reihe (2), für welche
(2*) Pr<p\+1<Pr+1
ist. Wir wollen uns dann die Aufgabe stellen, zu untersuchen, wie
grofs X gewählt werden mufs, damit unter den Primzahlen:
Kronecker, Zahlentheorie. I. 30
466 Zweinnddreifsigste Vorlesung.
des Intervalles (p , l9 • • • pl , x) sicher eine Primzahl einer bestimmten
Form h m -f- r, enthalten ist, wenn r4 eine beliebige Einheit modulo »*
bedeutet. Ist diese Aufgabe gelöst, so ist auch der allgemeine Satz
über die arithmetische Reihe in seiner präzisesten Fassung bewiesen.
Denn ist irgend eine Reihe (mQh -f- r) gegeben und es soll von
einer beliebig grofsen Primzahl p^+i ab ein Intervall abgegrenzt
werden, innerhalb dessen sicher eine neue Primzahl dieser Reihe
enthalten ist, so bilden wir mit Hülfe der vorhergehenden Primzahl
Pp und m0 die neue Differenz m in (1), grenzen für sie das Inter-
vall (p i j, • • • i^+1) ah, und sind dann sicher, dafs in eben diesem
Bereiche auch eine neue Primzahl der Form (tn0h -f- r) enthalten ist.
§2.
Wir betrachten nun die v — jt Primzahlen:
(1) Pp + lf Pf+*> '•> P*
unseres Intervalles (p , x, • • • pl ■ 4), bilden aus ihnen die Zahlen:
(i*) p^p^-p; (*.=«•>. ■•*->.
welche nur die Primteiler jenes Interralles und jeden in niedrigerer
als der A**" Potenz enthalten, und beweisen dann wörtlich ebenso wie
in dem speziellen Falle w = 4 die Richtigkeit der folgenden Gleichung:
in ihr bedeutet Q wieder einen der y(w) Charaktere Q(*»*of )} und cn
ist gleich Null oder Eins zu setzen, je nachdem n unter den Zahlen
(la) enthalten ist, oder nicht. In der That zerfallt ja auch hier die
Reihe rechts in einen Hauptteil für »<p24+1, in welchem alle — ~
wirklich auftreten, und in einen zweiten für p1 , j<n<(p , x -• pj1"1,
in welchem jene Glieder nur sporadisch vorkommen, während jenseits
der letzten Grenze kein einziges Glied mehr vorhanden ist.
Andererseits kann aber die linke Seite von (2) wegen der Mul-
tiplikationseigenschaft von Q(n) folgendermaßen summiert und ab ein
Produkt von (v — f*) endlichen Summen dargestellt werden:
§ 2. Aufstellung der Grundgleichuug. 467
Pr 2 — 1 . Pp 1 rf-^
tj ^ß^_ rr pix
So ergiebt sich die Fandamen talformel:
wenn rechts zur Abkürzung:
(3«) ^-fj+1-l, r-Cp^j,^,...^-«
gesetzt wird.
Wir differenzieren jetzt die so gewonnene Gleichung logarithmisch
nach 2j und erhalten:
*ß(n)lgn * Q(»)lgn
Pr p* , , > , r > cn i —
yj ß_(i>) Igj> _ V 0(1*) lg f* = i * * + 1 *
i w* jr+i " n*
oder, da identisch:
Q(p) lgi> _ Q (p) IgP . Q(P)8 Igp
p'-Q(p) p' p'(p'-ö(p))
ist, so ergiebt sich schliefslich die wichtige Gleichung:
yi fl(j,) igp = *sri Q(p^) igJ>* _ yi Q(P*) igP
(4) j,Q(*»)lgn + * c ß(n) lgn
+ -1
1 n N+l n
welche das Fundament für alle unsere weiteren Untersuchungen bildet.
§3.
Von den sechs Summen, welche auf der rechten Seite der Funda-
mentalgleichung (4) des letzten Abschnittes stehen, brauchen wir nur
die beiden:
(1) £*& und j^«**,
SO
468 Zweiunddreifsigste Vorlesung.
von denen die zweite die logarithmische Ableitung der ersteren ist,
eingehender zu betrachten; die vier anderen Reihen:
T T
/ia\ V1 Ö(n)lgn , <7 ö(n)
(1 ) /* cn \ und > c. — ^
und
(lb) • |y^) ^ v yti
brauchen wir nur in Grenzen einzuschliefsen. Wir beweisen jetzt ganz
ähnlich, wie in dem speziellen Falle m = 4, dafe die beiden ersten
Reihen (la) durch Vergröfserung des Exponenten l ihrem absoluten
Betrage nach kleiner als — , die beiden in (lb) aber beliebig klein ge-
macht werden können. Und zwar gilt dies, welcher der q>(tri) Charak-
tere QW auch unter Q verstanden wird, und unabhängig davon, wie
klein der Wert von z — 1 angenommen wird, falls nur überhaupt z> 1 ist.
Da nämlich der absolute Betrag der komplexen Zahlen Q(n) stets
gleich Eins oder Null ist, so sind die Beträge der beiden Reihen (1*)
bezw. kleiner als:
T T
N+l n N+ln |
wo die Summation wieder auf alle und nicht blofs auf die zu m
teilerfremden Zahlen zu erstrecken ist; und man beweist wörtlich ebenso |
wie a. S. 456 und 457, dafs diese beiden Reihen bezw. kleiner sind als:
3r und 2r,
wenn nur das Intervall (p ,l7 • • • p1 . j — 1) genügend vergröfsert
wird, wenn nämlich JV = p* , x — 1 so grofs angenommen wird, dafs:
(2) lgN x<r
ist. Ist nämlich A dieser Bedingung entsprechend gewählt, so liegen
auch hier die fünf Quotienten:
/2a\ lg* * * lg* JL
k ' (z-\)n>-17 (z-i^n*-1' (^-l)n*-1, n ' n
sämtlich unterhalb r, sobald nur n >i>* , x > N ist, und hieraus kann
der Beweis unserer Behauptung genau ebenso, wie a. a. 0. erschlossen
werden.
Ebenso ist der absolute Betrag der beiden anderen Reihen (lb)
bezw. kleiner oder gleich:
§ 3. Abschätzung der Glieder der Grundgleichuug. 469
yl*tfL Und y_I*iL .
Aber von der ersten dieser beiden positiven Reihen wurde schon
a. S. 457 bewiesen, dafs sie kleiner ist als , — ^ : sie liegt also
sicher unterhalb — , sobald nur A ^ 6 angenommen wird. Um das-
selbe auch für die zweite Reihe nachzuweisen, brauchen wir nur zu
beachten, dafs, ähnlich wie a. S. 463:
IgP < IgP < lg ff < lg(P — l)*
ist, weil hier jedesmal der Zähler vergröfsert oder der Nenner verkleinert
wird. Also ist:
Ist aber jP/i+i, d. h. der Anfang des zu untersuchenden Intervalles
fp ,lf •*• • jp^ , j) auch nur gleich 11, so ist jene Reihe bereits kleiner
2 1
als g7(l + 21g3)<— und diese obere Grenze wird um so kleiner,
je gröfser pp+\ ist.
Wir bezeichnen jetzt und im Folgenden stets durch 6 eine Zahl
von der Form
6 = de*£,
wo ä einen positiven echten Bruch und e$l irgend eine komplexe Zahl
bedeutet, deren absoluter Betrag gleich Eins ist; eine solche Zahl 6
können und wollen wir einen komplexen echten Bruch nennen. Dann
folgt aus den Resultaten dieses Paragraphen, dafs wir die Fundamental-
formel (4) des § 2 folgendermafsen schreiben können:
,o\ V Q(p)lgJ? = 5L _ ÜL _L_ l "'
W Zj jf io 10 "^ *ß(«) '
i n
und zwar gilt diese Gleichung für jeden der (p(tri) Charaktere Q. Aus
den so sich ergebenden <p(ni) Gleichungen werden wir jetzt das ge-
suchte Resultat über die arithmetische Reihe ableiten.
470 Zweiunddreifsigste Vorlesung.
§4.
Wir untersuchen die Gleichung (3) zuerst für den Fall, daGs Q = QJ°*
der Hauptcharakter ist; dann sind alle Q<0)(n) gleich Null oder Eins,
und alle vier im vorigen Abschnitte betrachteten Reihen haben lauter
reelle positive Koefficienten, sind also selbst positiv; also reduzieren sich
alle komplexen echten Brüche a = deß* auf 6 = 6*, d. h. in diesem Falle
geht die Gleichung (3) über in die einfachere:
<« 2?-->-«+-fT— .
Pu+i > — + 2<Jr
1 W
wo die Gröfsen ä unbekannte positive echte Brüche sind, und wo dur h
den Accent an den beiden Summenzeichen angedeutet ist, dafs nur
über diejenigen Zahlen n zu summieren ist, welche zu m relativ prim
sind, welche also keine einzige unter den (i ersten Primzahlen ent-
«
halten.
Um die angenäherte Berechnung der rechten Seite einfacher
durchfuhren zu können, summieren wir im Zähler und Nenner bis
(N-\- m\ so dafs wir g>(tn) Summanden - bezw. — zugefügt haben,
für welche n > N ist, so dafs die Summe jener g>(m) Summanden
unterhalb qp(iw)r liegt. Suchen wir nun den gröfsten und den kleinsten
Wert auf^ welchen die rechte Seite von (1) erhalten kann, so erkennen
wir, dafs die linke Seite notwendig zwischen den beiden folgenden
Grenzen liegt:
(2) + i0 + *+Vr und ~ io + -*+=!
** n i w
2t
Um nun jene Summen zu berechnen beachten wir, dafs die in ihnen
auftretenden Zahlen n in die q>(tn) arithmetischen Reihen
-*, + '. (U;t:::D
angeordnet werden können, in welchen r( die modulo m inkongruenten
zu m relativen Primzahlen durchläuft, welche kleiner als m sind, und
hk von Null bis zu der ersten Zahl H( geht, für welche mH.-\- r{> X
ist. Bei dieser Anordnung ergiebt sich leicht nach S. 461 :
§ 4. Die dem Hauptcharakter entsprechende Grundgleichung. 471
^"lg n _ ^i j^g (»'*< + ^ = „ / /»'lg(ma; + r.) lgj,
Ä V Zi JL (mh.+ r)' J ' ' ■ ^ "f" " "
«tt = V y lg Kmni T V _ VY / tj da; 4- — '^
nä ^ ^ (mh + rV ^ VJ (»»* + rY "*" £? /
wo £,. einen Mittelwert zwischen ri und *»jHj + r{ bedeutet; und da:
/» lg(mx+r) r lg(w* + r.), 1 -i*,
,/ (»x + r/ * _ _ lm(z--l)~(mx + ry-~l + »"(7- if(inx~+ r)2-1J0
o * * *
ist7 und der Wert des Integrales für die obere Grenze H{ wegen (2*)
a. S. 468 unterhalb 2 t bleibt, so ergiebt sich für jene Summe der an-
genäherte Wert:
ylgn <^/ 1 11 lgr. lgr. \
(3) (o<^,«,*i)
(0<cF, i«l)
lg 4. lgr. lgr.
da ^3<i-«<Aj ist.
*/ r'( r(
Genau ebenso findet man für die im Nenner stehende Summe:
A'+m *t Hi
2j nz =2d 2j (mh + r )T = 2j \J (mx + r )' + {//
(3*) =2(^=TK- + d;-t~£:'T)
Setzt man also die Werte jener beiden Reihen (3) und (3*) in (2)
ein, so ergiebt sich für die linke Seite von (1) die folgende Darstellung:
1 1 1 , 1r r-.
wo C und Cx von # unabhängige Eonstanten bedeuten, welche aus (3)
und (3a) leicht berechnet werden können. Also erhält man durch
Division die Schlufsgleichung:
^+1
472 Zwei und ilr eifrigste Vorlesung.
wo d[V] ein von z abhängiger positiver echter Bruch und ct0 eine end-
liche von z unabhängige Konstante bedeutet, auf deren Berechnung es
nicht ankommt. Hat man also das Intervall (j> ,,,-■■ l^ + l) ge-
nügend grofs angenommen, so kann der Wert der Reihe (4) dadurch
beliebig grofs gemacht werden, dafs man z nahe genug an Eins wühlt.
Wir betrachten die Hauptgleichung (3) des § 3 jetzt zweitens für
den Fall, dafs Q nicht der Hauptcharakter ist, und weisen nach, dafs
dann die beiden rechts stehenden Reihen:
(D 2***
und
für z = 1 endlich bleiben, wie grofs auch das Intervall (j>l+l, ■ ■ ■ 1^, + 1)
angenommen werde.
Wir zeigen dies gleich für die allgemeinere Reihe:
wenn $(x) irgend eine positive Funktion von x ist, welche mit
wachsendem Argumente abnimmt und für x = c© verschwindet.
Wenden wir auf diese Reihe die Abelsche Umformung an, indem
wir in der Formel (3) a. S. 320
Ät = *(*), A — 0(*)
setzen, so geht sie Über in:
(2) ^(«w - *(» + i))^a(») + «.(» + lj^noo.
Nun war aber nach dem a. S. 447 unten bewiesenen Theoreme die Summe
2?Q(S) erstreckt Ober irgend ein vollständiges Restsystem modulo m
Null, wenn Q, wie dies ja hier angenommen wurde, nicht
Charakter ist. Teilen wir also ein beliebiges Intervall
in die Teile
•■■«*; m+ 1, ■ •■ 2m; ■ ■ -; m[-£] +l,-.-n),
jeder, mit Ausnahme des letzten, ein vollständiges Rest-
iulo m bildet, so ist nach diesem Satze:
§ 5. Die den übrigen Charakteren entsprechenden Hauptgleichungen. 473
I»
+ 1
n
m
Also kann unsere Summe (2) folgendermafsen geschrieben werden:
(♦(1) — 1>(2j) Q(l) + ty(2) — *(3)) (Q(l) + Q(2))
+ ty(3) — tf(4)) (Q(l) + Q(2) + Q(3)) -\
+ 0(ro + 1) — i>(m)) Q{m + 1)
+ (*(»» + 2) — 1>{m + 1)) (Q(ro + 1) + Q(m + 2)) -\
+
+ H& + 1)^«^),
wenn m\ — \-^-l=N0 gesetzt wird; wenn man also die mit Q (1), Q(2), • • •
multiplizierten Glieder zusammenfaßt, die sich aufhebenden Tenne
fortläfst, und endlich beachtet, dafs allgemein:
Q(0 = QO + 0 = Q(2w + i) = • • -
ist, so wird unsere Reihe gleich:
m
2 Q W (* (*) — *(*» + 1) + * (m + s) — il>(2rn + 1) H )
(3)
= 3? ß^JbXtffr»* + s) — *(WÄ + *» + 1))
. = i *
N
+ *(# + !) 2^0,
wo in der inneren Summe die Summation auf alle Zahlen h zu er-
strecken ist, für welche mh -{- m -{- l < N ist, und wo für s nur in
Bezug auf die q>(in) zu m teilerfremden Zahlen unterhalb m summiert
zu werden braucht.
Für unsere beiden Reihen (1) ergiebt sich so:
(4) ' " *
i « v ' y0
wo zur Abkürzung für jedes s:
474
Zweiunddreiisigste Vorlesung.
(5)
gesetzt ist, und
(5')
*(«) - 3 - 777-^ +
«' (»»+!)* (»»+«) (2w + l)
+
B'(s) = — ^ 4- lg (■» + 1) lg (» + ») ,
•
die Ableitung der ersten alternierenden Reihe nach z bedeutet. Beide
Male sind die Summationen so weit auszudehnen, als die Zahlen im
Nenner kleiner als N sind.
Hieraus ergiebt sich leicht, dafs der absolute Betrag beider Reihen
endlich ist. In der That folgt aus (4):
y?(M)l< y\R.(S)\ + ^'^-
(6)
j?££L*«j< 2TI«»I + f»(»)
1g(Ar+l)
Ferner ist in den alternierenden Reihen Rt{s) und -R/(s) jedes folgende
Glied kleiner als dos vorhergehende, also ist der absolute Betrag einer
jeden solchen Reihe kleiner als der ihres Anfangsgliedes, d. h. es ist:
t<ttt 1 Bl — 1
m 2\>.m<2$<2i-i+'2i<i+2i.
denn in dem Intervalle zwischen 2 und 2V-H existiert keine einzige
Zahl s, welche zu m = (2 • 3 • • • p^)h teilerfremd wäre, und offenbar
wird also die Ungleichung verstärkt, wenn man rechts über aüe Zahlen
zwischen l^+i und m — 1 statt nur über die Einheiten modulo m
summiert. Ferner ist:
ro — 1
ro — 1
2
fy + 1
f> + l
also erhält man, wenn nur l grofs genug angenommen wird:
(7»)
N
l
n
< ]g(» - 1) + (l - lgiV+1 + -J-) + 4^
<lg(m-l)+4
qp(wi)
JV+l
sobald nur /V+i ^ 5 ist, denn man erkennt leicht, dafs dann der zweite
Teil (1 — lglV-f i H ) bereits negativ ist. Ganz ebenso zeigt
man, dafs:
§ 5. Die den übrigen Charakteren entsprechenden Hauptgleichungen. 475
m 2i»;»i<2V<2V</V*-+!!£j1
< |OgC« - 1))* + V^ < (18W*)S'
weil hier das Anfangsglied wegen lg 1 = 0 fortfallt. Die Richtigkeit
der letzten Ungleichung erkennt man leicht, wenn man sie verstärkt,
indem man links (lg(w — l))2 durch --Qgmf und — -^t* durch
1 ersetzt, denn dann ergiebt sich 1 < — (lg m)2. Beachtet man end-
lich noch, dafs die Zusatzglieder in (6) nach (2ft) a. S. 468 unterhalb
<p(m)x liegen, also mit wachsendem X unendlich klein werden, so
folgt in der That, dafs jene beiden Reihen unter einer bestimmten
endlichen Grenze bleiben, wie weit sie auch verlängert werden mögen,
und auch dann, wenn z = 1 wird. Beide Reihen sind also für
z = 1 endlich bei beliebig wachsendem N. Da dieselben ferner in
dem Intervalle (1, • • • z) differenzierbare Funktionen von z sind, so be-
steht für sie die Darstellung:
(8) .v * "
^£^_ä, + (,_i)ÄWf
1
wo die Konstanten
(8-) i-2-P ™d ä-2^>
i i
die Werte jener Reihen für 8=1, beide endlich sind, und wo auch
ßi(e)f ßi(z) *n dem ganzen Intervalle (1; ■•• z) ebenfalls endlich
bleiben. Setzen wir also diese Werte in (3) des § 3 ein, und nehmen
wir an, dafs die im Nenner stehende Zahl ß0 einen von Null ver-
schiedenen Wert hat, so folgt für jeden vom Hauptcharakter verschie-
denen Charakter Q^:
(9) 2 —pT' ' = To (*° - ^ + <A+»«^ + (*-i)ft>) ~ ö **'
wo ak eine positive Zahl und ö = ä c * einen von z unabhängigen
komplexen echten Bruch bedeutet. Es sei a eine positive Konstante,
welche gröfser ist als alle diese <p(ro) — 1 Zahlen ak und die in (4)
476 Zweiunddreifsigste Vorlesung.
des § 4 auftretende Konstante a0. Dann können und wollen wir
in allen diesen <p(jn) Gleichungen die <p(m) Zahlen «, durch a
ersetzen. y
Die Gleichung (9) gilt nur dann, wenn die Konstante ß0 =^
i
im Nenner mit wachsendem N gegen einen von Null' verschiedenen
Grenzwert konvergiert. Würde nämlich ß0 mit wachsendem N un-
endlich klein, so konvergierte der Nenner in (9) gegen (z — l)/?^),
die linke Seite hätte also den Wert:
d. h. auch diese Reihe könnte, ebenso wie die dem Hauptcharakter
entsprechende, für z = 1 unendlich grofs werden. Wir werden nach-
weisen, und dies ist ein Hauptpunkt unserer ganzen Untersuchung, dafs
dieser zweite Fall niemals eintreten kann, d. h. dafs für jeden von Q<0)
verschiedenen Charakter QW wirklich die Gleichung (9) besteht. Vor-
läufig setzen wir diese Thatsache als bewiesen voraus, um den Gang
der Untersuchung nicht aufzuhalten, und wir wollen jetzt aus ihr den
Beweis des Satzes über die arithmetische Reihe herleiten.
§6.
Unter Benutzung der qp(m) aus § 4 Nr. (4) und aus § 5 Nr. (9j
sich ergebenden Fundamentalgleichungen:
(i) 'T
J^/SJU 0. >=1,,,...9(m)_1,
Pfi+l
beweisen wir jetzt, dafs die Anzahl aller Primzahlen von der Form
mh + r
unendlich grofs ist, wenn r irgend eine der <p(m) inkongruenten Ein-
heiten modulo m ist. Zu diesem Zwecke multiplizieren wir jede der
9?(w) Gleichungen (1) mit dem zugehörigen Charakter Q^rr) der zu
r modulo m reciproken Einheit — und addieren hierauf alle diese Glei-
chungen. Dann ergiebt sich:
§ 6. Beweis des Dirichletschen Satzes. 477
Py . (p(f) — 1 + (p(m) — l
(2) 2 v • ( 2 *» ( 9) - ^i + « 2 «" QW(^) ' (*(°wu,)
*V+i
A=0 A=Ü
da ja Q<0) ( - j = 1 ist. Oder da die Summe
2'0<"(v)
h
nach dem Satze a. S. 448 nur dann von Null verschieden und zwar gleich
9>(jm) ist, wenn — = 1 (mod w*), also _pr.fr ist, so ergiebt sich aus
(2) die einfachere Gleichung:
(3) 9(P)2~ ^ ^7 + *r9>(»0«>
wenn pr auf der linken Seite die Reihe der Primzahlen von der Form
(mh + r) in dem Intervalle (p , v • • • p* . t) durchlauft und wenn 6r
wieder einen komplexen echten Bruch dre r bedeutet.
Die Gleichung (3) gilt für jeden noch so nahe an Eins liegenden
Wert von z, und a und ist unabhängig von z. Wählt man also z — 1
so klein, dafs
(4) j^ > a<p(tn)
ist, und bestimmt dann die obere Grenze JVdes Intervalles (p^+i,*- • • N)
aus der Bedingung:
(4.) *N <t
K ' (z-lfN'-1^'
wenn x einen genügend kleinen Bruch bedeutet, so ist sicher
pr* N Pr-*N
Pr>P(i Fr Pr*Pfi *r
d. h. in dem so bestimmten Intervalle (j>M • • • N) befindet sich min-
destens eine neue Primzahl der Form mh -j- r. Damit ist der Beweis
des Dirichletschen Fundamentalsatzes in voller arithmetischer Strenge
erbracht, falls man als erwiesen annimmt, dafs für keine einzige der
9(111) — 1 Summen ß0:
N
Ö(*}(n)
limVö^=0
A=»ao x
(k = l,9t-.<p(n,)-l)
478 Zweiiinddreifsigste Vorlesung.
i>t. Wäre dies nämlich auch nur für eine einzige von jenen Summen
der Fall, so würde für den zugehörigen Charakter 0**«* die betreffende
Gleichung (1) die in (9*j des § 5 angegebene Form haben:
und es konnten sich bei der nachfolgenden Summation die mit
multiplizierten Glieder einfach fortheben, wodurch unsere Beweis-
methode unanwendbar würde.
Ehe wir aber zu diesem fundamentalen Beweis schreiten, ziehen
wir aus der Gleichung (3), welche wir jetzt in der Form:
schreiben, eine höchst interessante Folgerung. Dieselbe gilt nämlich
für jedes noch so grofse N und für einen beliebig nahe an Eins
liegenden Wert von z. Gehen wir also zuerst zur Grenze N = oo
und dann zur Grenze z =\ über, und nehmen, was auf das
Resultat offenbar keinen Einflufs hat, als Anfang des Intervalles die
erste Primzahl 2, d. h. betrachten wir alle überhaupt existierenden
Primzahlen pr von der Form mh -f- r, so geht die Gleichung (3*) über in:
(3") limOr-l)^1"'-. TV
Mit Hülfe dieser Gleichung kann man nun wenigstens fast voll-
ständig den sehr viel tiefer liegenden Satz beweisen, dafs nicht nur
jede der <p(ni) arithmetischen Reihen mit der Differenz m:
mh+ri (.•=°J,,.,,,(„,) >
welche überhaupt Primzahlen enthalten kann, deren unendlich viele
besitzt, sondern dafs sich alle unendlich vielen Primzahlen auf jene
<p(in) arithmetischen Reihen nahezu gleichmäfsig verteilen.
Betrachten wir nämlich die Dirichletsche Reihe:
1
in welcher f(Jc) dann und nur dann von Null verschieden und zwar
gleich lg pr ist, wenn Je gleich einer Primzahl pr von der Form mh -f- r
00
ist, so geht F(z) in die soeben betrachtete Reihe >^ zr über. Nun
1 Pr
§ 6. Die Dichtigkeit der Primzahlen in einer arithmetischen Reihe. 479
hatten wir aber im § 6 der vierundzwaiftigten Vorlesung den Satz be-
wiesen, falls die arithmetische Funktion f(k) in (4) überhaupt einen
Mittelwert hat, so konvergiert die zugehörige Dirichletsche Reihe für
OD
z > 1, der Grenzwert lim (z — 1) ^ , ä existiert und ist jenem
Mittelwerte gleich. Hier wissen wir umgekehrt aus (3b), dafs jener
Grenzwert für unsere Dirichletsche Reihe existiert, und gleich -.
7 ° 9 (tn)
ist. Könnten wir also nachweisen, dafs die Logarithmen der Prim-
zahlen pr einen Mittelwert haben, so wäre damit auch sein Wert be-
stimmt, denn es wäre der Nachweis geführt, dafs:
i- AI) + fW + - • • + A») 1 / /<Pr)=*Pr \
1Un n ~ <p(m) \/(*)=o {k$Pr))
ist. Diese Existenz eines Mittelwertes hat man bisher noch nicht
zu beweisen vermocht, durch weitgehende Prüfungen hat sich aber
unser Satz als richtig bewährt. Nehmen wir also die Existenz eines
Mittelwertes als feststehend an, und beachten wir, dafs das, was
hier von der Differenz m = (2 • 3 • • • prf bewiesen ist, auch offenbar
für jeden Teiler von my also für jede beliebige Differenz gilt, so er-
halten wir den Satz:
Die Dichtigkeit der Primzahllogarithmen in jeder der arithme-
tischen Reihen mh -\- r. ist gleich und zwar ist sie gleich —,-i*
Wählt man speziell m = 1 , also für pr alle Primzahlen p, so wird
hier der Mittelwert einfach gleich Eins; wir erhalten so einen neuen
Beweis des schon a. S. 372 bewiesenen Satzes, dafs für grofse Werte
von n näherungsweise
l
ist.
Dreiunddreilsigste Vorlesung.
Beweis, dafs die (<p (m) — 1) Reihen ^^ — Ton Nnll ▼erechieden sind. — Die
den ambigen Charakteren entsprechenden Reihen. — Angabe einer unteren Grenze
für ihren Zahlwert. — Die den komplexen Charakteren entsprechenden Reihen. —
Bestimmung einer unteren Grenze für den absoluten Betrag derselben. — über
die Anwendung der Dirichletschen Methoden auf höhere Probleme der Arith-
metik. — Die linearen, die quadratischen und die allgemeinen zerlegbaren Formen.
— Die Theorie der Einheiten.
§1.
Ich wende mich jetzt zum Beweise des Satzes, dafs alle op(fw) — 1
endlichen Reihen:
CD 2-P-ir
1
für ein unbegrenzt wachsendes N gegen einen Ton Null verschiedenen
Grenzwert konvergieren. Dieser Nachweis hat Dirichlet die aller-
gröfsten Schwierigkeiten bereitet, ihm aber gerade die Gelegenheit ge-
geben, seine analytischen Methoden so auszubilden, dafe sie zugleich
eine grofse Anzahl der tiefstliegenden Probleme der Arithmetik zu
lösen geeignet waren.
Die Untersuchung ist eine ganz verschiedene, je nachdem QW ein
ambiger oder ein komplexer Charakter ist.* Im ersten Falle sind alle
Zahlen QW(w) gleich Null oder + 1, jene Reihen sind also sämtlich
reell. Ist Ind n = (p, Q0f q1} • • •), so handelt es sich hier um den
Grenzwert der Reihen:
OD
lim V(+i)g(±i)go(±i)g1-^
wo gewisse unter den Basiszahlen gleich + 1, gewisse andere gleich
' — 1 sind, je nach dem zu Grunde gelegten Charakter QW.
Gerade die Untersuchung der ambigen Reihen bot Dirichlet zuerst
besondere Schwierigkeiten, die zu überwinden ihm nur „durch indirekte
§ 1. Beweis, dafs die Reihen (f® nicht verschwinden. 481
und ziemlich kompilierte Betrachtungen gelang". Erst später über-
zeugte sich Dirichlet davon, dafs man denselben Zweck auf einem
anderen Wege weit kürzer erreicht. In der That lassen sich die ana-
lytischen Methoden Dirichlets auf andere Probleme anwenden, zwischen
denen und der hier behandelten Aufgabe man zunächst keinen Zu-
sammenhang vermuten sollte. Es zeigt sich nun, dafs bei einem von
jenen Problemen gerade diese Reihen ebenfalls auftreten, und zwar
ergeben sie sich da direkt als gleich einem Produkte:
5D-C,
dessen erster Faktor eine explicite durch einen Logarithmus und eine
Quadratwurzel darstellbare Zahl und dessen zweiter Faktor eine be-
stimmte Anzahl ist, welche ihrer Bedeutung nach not wendig eine
positive ganze Zahl sein mufs. Wir werden später in der Theorie der
quadratischen Formen diesen Nachweis ausführlich geben; für jetzt
verweisen wir auf denselben und nehmen jenes Resultat hier als be-
wiesen an. Aus ihm ergiebt sich ohne weiteres nicht nur, dafs alle
jene ambigen Reihen einen von Null verschiedenen Wert besitzen,
sondern auch der weitere, dafs dieser Wert oberhalb der a priori be-
stimmbaren Zahl 2) liegt, weil ja jene Anzahl C mindestens gleich
Eins sein mufs.
Will man aber den Beweis für die Existenz unendlich vieler Prim-
zahlen von der Form mh -j- r in der strengen Weise führen, dafs man
für jede Stelle p^+i ein Intervall abzugrenzen imstande ist, innerhalb
dessen sich mindestens eine neue Primzahl dieser Art befindet, so
braucht man mit Notwendigkeit eine solche untere Grenze für jene
Reihen, denn von der Gröfse von ß0 hängt ja in (1) a. S. 476 die
Gröfse von a in der Weise ab, dafs sie mit abnehmendem ß0 un-
begrenzt wächst. Da aber, wie aus (4) und (4a) a. S. 477 folgt, mit
wachsendem a auch das Intervall (p^+i, • • • JV) gröfser und gröfser
wird, so erkennt man, dafs jener Beweis dann und nur dann erbracht
ist, wenn man für den absoluten Betrag von ß0 eine untere Grenze
anzugeben vermag. Für die ambigen Charaktere erfüllt der Beweis von
Dirichlet auch diese Forderung, * dagegen reichen seine Methoden nicht
aus, um dasselbe auch für die Reihen zu leisten, welche den kom-
plexen Charakteren entsprechen.
Überhaupt ist das hier in einem speziellen Falle sich darbietende
Problem, für eine von Null verschiedene wohldefinierte Zahlgröfse eine
Grenze zu finden, über der sie notwendig liegen mufs, nicht so einfach,
als es auf den ersten Blick erscheint, vielmehr kann diese Aufgabe
unter Umständen eine der heikelsten Fragen sein, die die Wissenschaft
Kronecker, Zahlentheorie. I. 31
482 Dreiunddreifsigßte Vorlesung.
kennt. Von der Art ist z. B. die folgende sich häufig darbietende
Aufgabe: Es sei eine Determinante mit irrationalen Elementen aik ge-
geben; wir wissen, dafs sie einen von Null verschiedenen Wert besitzt.
Es soll eine untere Grenze für ihren Wert bestimmt werden. So ein-
fach die Lösung jener Aufgabe für die obere Grenze ist, so schwierig
gestaltet sie sich für die untere, weil man nicht weifs, wie genau man
jene irrationalen Gröfsen berechnen mufs, um sicher zu sein, dafs die
vernachlässigten Teile das Produkt nicht mehr störend beeinflussen
können.
Ich bemerke dabei, dafs schon Dirichlet selbst, welcher in der
schon öfter erwähnten Abhandlung vom 27. Juli 1837 die Grundlage
für alle Anwendungen der Änalysis auf die Arithmetik geschaffen hat,
diese Schwierigkeit klar hervorhebt. „Es fehlt," sagt er dort, „noch
an gehörigen Prinzipien zur Feststellung der Bedingungen, unter
denen transcendente Verbindungen, welche unbestimmte ganze Zahlen
enthalten, verschwinden können." Damit spricht aber Dirichlet nur
mit anderen Worten aus, dafs die Art, Gröfsen allein durch unendliche
Reihen zu definieren, unzulänglich ist, da sie eben im allgemeinen nicht
ausreicht, um von einer Gröfse zu unterscheiden, ob sie gröfser als
eine gegebene Zahl ist oder nicht. Sind aber z. B. q und q zwei
Primzahlen, und bildet man die beiden speziellen ambigen Reihen:
(*,q) = l (»',9') = 1
wenn jedesmal v = Ind w modulo q, v = Ind n modulo q ist, so
läfst sich eine Untersuchung, welche von diesen beiden Reihen gröfser
ist als die andere, garnicht anstellen, ehe man die Frage nach einer
unteren Grenze für jede von ihnen vorher beantwortet hat.
§2-
Um nun den angekündigten Beweis auch für komplexe Charaktere
zu führen, gehe ich auf die Fundamentalgleichung (3) a. S. 467 zurück
und betrachte hier die Funktion:
fy + lX l '
welche dort den einen Faktor der linken Seite bildet. Bei der Summe
rechts ist durch den Accent angedeutet, dafs in ihr alle und nur die
Zahlen n auftreten, welche keine anderen Primfaktoren enthalten als
§ 2. Die den komplexen Charakteren entsprechenden Reihen ß^K 483
diejenigen des Intervalles (p/i+i, • • • pl). Läfst man die obere Grenze
des Intervalles gröfser und gröfser werden, und dannt# sich der
Grenze 1 nähern, so ergiebt sich schließlich:
*=1 1
wir brauchen daher nur nachzuweisen, dafs diese Funktionen für z=\
gegen eine von Null verschiedene Grenze konvergieren.
Aus der soeben erwähnten Gleichung a. S. 467 ergiebt sich für
PW(tf) die Gleichung:
p
und mit ihrer Hülfe werden wir zunächst sehr einfach zeigen, dafs
alle jene q>(m) Funktionen P^\z) ihrem absoluten Betrage nach unter-
halb einer angebbaren Grenze liegen. Es gilt nämlich der Satz:
Für einen genügend grofsen Wert von v, d. h. von N ist für
jedes z > 1
(3)
J*»|<21gm(l+^-,),
(3»)
wenn Qw nicht der Hauptcharakter ist; für diesen ist dagegen:
|pWW|<?fW._!_.
Beide Beweise folgen leicht aus den Betrachtungen des § 4 der vorigen
Vorlesung. Gehen wir nämlich in (2) zunächst zu den absoluten Be-
trägen über, so ergiebt sich leicht:
(4) I Ä') I £
N
<^Q(t)(n)
n
+
iV+1
n
Pv
n
1 —
A*
Ich beweise nun die Richtigkeit der Ungleichung (3), wenn Q<*> nicht
der Hauptcharakter ist, und zeige zuerst, dafs man den Wert des
letzten Produktes auf der rechten Seite von (4) durch Vergröfserung
des Intervalles kleiner als 1 -A — -, -r* machen kann. Entwickeln wir
aber jenes Produkt in eine Reihe, so wird:
pv
(5)
ZT
f„+i 1 - y,
die Summe erstreckt auf alle Zahlen n, deren Primfaktoren nur dem
31*
484
***•"*«*** rwlew^
Intervalle </V+i» - - - X) aaJR.il5_B„
(1, •••JV+i — U l^xxie einzige solche ZiM * t™ ** fcleTlI!<
vorkommt, so ist jenes Produkt sicher H- ^«1*^ Toa j^
*+i
wenn die Summation jetzt auf alle Zahlen .
ist; ferner ist aber: ron A+i aa ausgedehnt
(») '• + • ££ «'* ,».^,..'..
Da aber der letzte Ausdruck in (5) mjt , '"^ r—1
wird, so können and wollen wir zunächsTT dem * nnendÜch klein
ist; dann ist a fortiori:
w. z. b. w. *^
Ich beweise zweitens daß man K •
Internes (,ß+l, . ., ^ ^ j£ |^ender Ver^fce^ des
von (4) kleiner machen kann als 21«,«, t , ^ der rechten Seite
a. S.474: als^Igm. In der That war nach (7.)
^ -^-- j < lg(w — l) _f_ »(«)
Wählt man also A zweitens so grofs, dafs:
W £<£>*—. also ^®<%— .%(.^1}
i«t, so ergiebt sich:
(7*) ITS^I^,
iHnlich ergiebt sich ft, den zweiten Teil:
§ 2. Die den komplexen Charakteren entsprechenden Reihen ß^k\ 485
v" ) f*dx 111
e/ * J^ + i <* ^fy + l *V + 1
wenn man drittens A so grofs wählt, dais:
(6b) fr—^^> + 7~ < lg m
wird, was für jeden noch so kleinen Wert von z — 1 offenbar zu erreichen
ist. Also ergiebt sich aus (7), (7a), (7b) und (4), wie behauptet
wurde:
P<:>W|<21gm(l+-(y
Um nun das entsprechende Resultat für den Fall des Haupt-
charakters abzuleiten, ersetze ich in (1) Qw durch ß(0). Dann folgt:
^ n («,t)lln
wenn die Summation in der zweiten Summe auf alle zu m teilerfremden
Zahlen n erstreckt wird. Nun ist aber genau wie in (3a) a. S. 471:
2j n*~£i J^J hnh. + r)*
OD
2j \J (mx + rf + (m«.+ r.)V 2j \m(z - l)^"1 + r'J
U * ri
Beachten wir nun, dafs die letzte Ungleichung noch verstärkt wird,
wenn wir die Exponenten z und z — 1 bezw. durch 1 und 0 ersetzen,
und dafs dann ^ ~T^1 ^ V(m) übergeht, während:
m — 1
m — 1
2l<l+2l<l+fi: + .±.
Pf+1' fy + 1
= lg(m - 1) + (l + / - - lg/V+1) < lg
m
486 Dreiunddreifsigste Vorlesung.
ist, wie man ebenso wie in (V) a. S. 474 nachweist, so ergiebt sich:
P(0)(^)<lgm + -iT?^.
Wir haben bis jetzt noch z ganz beliebig, nur gröfser als Eins
angenommen, wir wollen nun die Differenz:
wählen, so dafs:
lgm< 1 -.*<m)
° * — 1 m
wird; dann ergiebt sich aus der letzten Gleichung in der That:
* v } ^ m z — l
§3.
Ich zeige jetzt, wie man mit Hülfe der im vorigen Paragraphen
bestimmten oberen Grenzen für die Produkte | i*0)(£) | und | P^(*) \
verhältnismäfsig leicht eine untere Grenze für alle Reihen:
y g(*>(n)
l
finden kann, vorausgesetzt, dafs QW ein komplexer Charakter ist, also
nicht zu den ambigen gehört.
Zu diesem Zwecke bilde ich das Produkt aller <p(jn) Funktionen
P^\z)f welche den verschiedenen Charakteren QW entsprechen. Dann
ist nach dem a. S. 451 bewiesenen Satze:
Pv P*
nxto-n^T-h^-n
ü-tfr-ZX) ftt (.-^
<p (m) 9
d~
und dieses endliche Produkt ist, wie bereits erwähnt wurde, sicher
gröfser als Eins. Geht man also links zu den absoluten Betragen über,
so ergiebt sich zunächst:
(i) JJ|j»>(#)|>i.
k
Es sei nun Q<*> der zu untersuchende komplexe Charakter; dann ist
Q<~"*> der konjugierte Charakter, und* die beiden zugehörigen kon-
jugierten Funktionen T^\z) und 2*~*>(jer) besitzen denselben absoluten
Betrag, also ergiebt sich aus (2) des § 2:
§ 3. Bestimmung einer unteren Grenze für die Reihen ß^\
487
|*?0||*i-*(')| -|*?w i
N
(2)
_ i Vö(i)(«)
QW(n)
Pv
#+1
JV - 2
P
x*
wenn man die Ungleichung (7) des § 2 berücksichtigt. Ebenso ist
für den Hauptcharakter nach (3a) des vorigen Paragraphen
(2') l!*» <-i--.^,
und für die (<p(m) — 3) noch übrigen Charaktere wegen (3) desselben
Abschnittes
(2b)
2*>)|<21g*»(l+^)
Setzt man also die oberen Grenzen (2), (2Ä) und (2b) für die Faktoren
| !**)(*) | in (1) ein, so wird diese Ungleichung noch verstärkt, und es
folgt:
N
x< 2*^+2
ß(i)(n)
A + l
2<jp(m)
m(z — 1)
n
(2 lg »)*-»- (l + ^)
1 \y(»n)-l
oder da ?^ < 1, und
(i + i)'- - 1 + S--J- +
qp-1 , (y-l)(qp-2) , ^ 1 . £
2<p< "T" "' ^ ' y
1 —
I<2
1 \V— 1
ist, so ergiebt sich endlich, wenn man ?— durch Eins, (1 -j — sj
durch 2 ersetzt, eine Ungleichung, welche folgendermaßen geschrieben
werden kann:
(3)
(«-i)(]g»«)'
* im T im >*
Q<*»(n) . "V „ Q( '(«) '
2™ +21«.
^^ tl vi«
>
JV+l
(2lgm)«'
(»)-i
(3*)
Nun war nach (6) a. S. 474
ßW(n)
n
und durch Anwendung des Mittelwertsatzes auf die rechte Seite ergiebt
488 Dreiunddreifsigste Vorlesung,
sich weiter für ein genügend grofses A:
(3b) ^ BÄs)= ^ S^ + iz-l)^ Bas)<lgni+(z-l)Qgmy
» « «
bei Beachtung der Gleichungen (7a) a. S. 485, sowie von (7*) und (7b)
a. S. 474 und 475. Ebenso folgt aus (7b) a. S. 485:
(8-) \±K*&
<_* i_ + _L.
-1 v^-V
Pfi + l Pfi + 1
Setzt man nun zur Abkürznng:
so ist # eine von * abhängige positive Gröfse, welche für ein ge-
gebenes z > 1 mit wachsendem A abnimmt, und durch Vergröfserung von
k beliebig klein gemacht werden kann. Also kann man jetzt die iu
(3) stehende Summe folgendermafsen darstellen:
N T -
i n tf+i n
wo <J und <$' unbekannte positive echte Brüche bedeuten, von denen d
von z und von 2V nicht abhängt und # eine positive Gröfse ist, die durch
Vergröfserung des Intervalles beliebig klein gemacht werden kann. Läfst
man in dieser Gleichung zuerst N unendlich grofs werden und dann z
näher und näher an Eins heranrücken, so ergiebt sich zuletzt:
i
d. h. die Gröfse ß^ besitzt dann und nur dann einen von Null ver-
schiedenen Wert, wenn dasselbe für d der Fall ist. Wir wollen also
jetzt unter Benutzung der Ungleichung (3) für S eine untere Grenze
suchen.
Aus (4) folgt durch den Übergang zu den absoluten Beträgen:
N - T
(4a) 2l9^+2en~in) <6k>» + (*-l)(S' + &)(lgm)\
1 n N+l n
Substituieren wir diesen Wert in (3), ziehen die Wurzel auf beiden
Seiten aus, und dividieren dann mit j/s — 1 lg m durch, so ergiebt
sich für d die Ungleichung:
(5) —L- > (2 lg «•)* U ~ "" - V* - 1 (*'+») lg m .
y z — l
§ 3. Bestimmung einer unteren Grenze für die Reihen fft\ 489
Wählen wir also das Intervall (p , t • • • p1 . t) nur so grofs, dafs
auch & ebenso wie d' unter Eins liegt, so ist sicher:
Das zweite Glied rechts können wir jetzt durch Verkleinerung von z
beliebig klein machen; wählen wir z so nahe an Eins, dafs:
0— l<(21gm)-(*+1)
ist, so wird dasselbe kleiner als das erste Glied 27 , also liegt dann
, mithin auch d selbst oberhalb einer endlichen positiven Zahl,
Y~z — l
d. h. die Reihe
l
liegt; falls Q<*> ein beliebiger komplexer Charakter ist, absolut genommen
stets oberhalb einer angebbaren positiven Grenze, w. z. b. w.
Ich bemerke, dafs diese Beweismethode nicht auf den Fall an-
wendbar ist, dafs Q(*) ein ambiger Charakter ist, denn in diesem Falle
existiert zu PW(z) keine konjugierte Reihe, und an die Stelle der Un-
gleichung (3) tritt eine andere von genau derselben Art, in welcher
aber links nicht das Quadrat, sondern nur die erste Potenz von
I yaW(n) ^ g{i)(w).|
steht. Ersetzt man aber diesen Betrag durch seine in (4R) bestimmte
obere Grenze, so ergiebt sich:
-±-i + (fi'+»)lgm>e,
wo s wieder eine sehr kleine aber positive Gröfse bedeutet. Bei Ver-
grölserung des Intervalles und beim Übergange zu z = 1 wird aber nur
fr unendlich klein, während dies für d' keines weges der Fall zu sein
braucht; es könnte somit sehr gut d = 0 sein, wenn nur d' gegen
einen von Null verschiedenen Wert konvergiert.
§ 4.
Zum Abschlufs dieser Untersuchungen wollen wir wirklich eine
untere Grenze für den absoluten Betrag aller jener Reihen angeben.
Wir beweisen nämlich den Satz:
490 Dreiunddreifsigste Vorlesung.
Der absolute Betrag aller Reihen:
yg(t)(n)
jLJ n >
welche irgend einem komplexen Charakter entsprechen, ist
sicher gröfser als:
(2»)m
Zum Beweise dieses Satzes zeigen wir zunächst, dafs die sämtlichen
Bedingungen (6), (6*), (6b), (6C) des § 2, denen e und die Gröfse des
Intervalles (jp . x ••• p* +1) genügen mufsten, erfüllt sind, wenn wir
v ' \m/ ßlgro)1**
annehmen, und dann k der Bedingung
gemäfs annehmen. Da aber offenbar
. * |__ÜL_^
ist, so folgt aus der Bedingung (1*) die einfachere:
^ ' *>+! ^({z — Digiti)"
Nun waren die oben erwähnten vier Bedingungen für z und A die
folgenden :
0) „ ^-»+jr-< '
(»-i)^+i j>J+i »(»)•'
(2*) -t-<~% "
j£+i »<«> *-*'
(2°) * - 1< *(m)
mlgtn
Von ihnen ist die Bedingung (2C) offenbar durch (1) erfüllt, denn
aus beiden folgt die Ungleichung:
welche richtig ist, da die linke Seite ein echter, die rechte ein un-
echter Bruch ist. Ferner ist in (2)
(3)
§ 4. Bestimmung einer unteren Grenze für die Reihen (fik\ 491
! + _!_<_!_/_ 1_ + _L_\<_L_
weil X ^ 3, ^+i > 2 ist. Nun folgt aus (lb) und aus (1):
\%l+9 Qgmp)'
Nun folgt weiter aus (1):
g — 1 = f y ^ (*- 1 N < -JE—
\m lg m) \m 21 + V (lg »)*/ m lg in 7
also ist der Exponent __ > m gw • Verkleinert man also den Ex-
ponenten _ des echten Bruches in (3ft), indem man ihn durch
— ersetzt, so wird die rechte Seite vergrößert, also ist a fortiori:
j_< » <
^ 2 V 0gm)fmlgm
und da endlich 21gm = lgw2>e ist, so ergiebt sich:
V ' p^1! c2mlgm m2m (<p{m))*m <p(m)* '
und in Verbindung mit (3) ergiebt sich das Bestehen der Unglei-
chung (2).
Sehr einfach beweisen wir die Richtigkeit der Formel (2b). Die
beiden Summanden links sind nämlich echte Brüche < — ; dies ist für
den zweiten selbstverständlich, für den ersten folgt es mit Hülfe von
(lb) aus der Ungleichung:
Da aber die rechte Seite der Ungleichung (2b) sicher grölser als Eins
ist, so ist ihre Richtigkeit vollständig bewiesen.
Endlich folgt das Bestehen der Ungleichung (2a) fast direkt aus
(3b), denn es ist einmal für ihre linke Seite:
ti+t 4+1 »,"'
andererseits ist aber für die rechte Seite:
_1_.iÄ_»_>±iÄ?+J>i./'i_ M
q>(m) Bw-r «I ö m ^ m \m 2my
492 Dreiunddreifsigste Vorlesung,
und da offenbar:
w2 \ 2m/ m2m'
ist, so folgt hieraus die Richtigkeit von (2a).
Wir können also die aus (1) und (1*) sich ergebenden Werte
von z und k in die Formel (5) des vorigen Paragraphen substituieren.
In dieser Relation:
8 + (z — i) (<r + ») lgm > — L_y^— r
(2lgm) *
war 8' < 1 und die Gröfse & war durch die Gleichung (3d) a. S. 488
definiert Substituiert man aber hier die Werte von z — 1 und A, so
erkennt man leicht, dafs auch # < 1 wird. In der That folgt ja aus
der Ungleichung (1*):
V* ^.fy + i ^-fi \* —VPp + i Pp+i
Ersetzt man also oben d' + & durch 2, und (a — 1) durch
V w / (algm)**1''
so ergiebt sich für d
« + 2 • (?£.>)'. (2 lgmr^+^lgm > *® (2 lg«)"',
also
und da für das hier gewählte m = (2 • 3 • • • p^) offenbar die Unglei-
chungen
bestehen, so ergiebt sich endlich:
d>i_.! 1 L_
m ' 2 ' (2m)m~1 (2w)m '
w. z. b. w.
§5.
Wir haben so die Aufgabe völlig gelöst, für jede arithmetische
Reihe (m0x -\- r) und für jede noch so grofte Zahl p ein endliches
Intervall (/k, • • • v) so abzugrenzen, dafs in demselben sicher eine
dieser Reihe angehörige Primzahl enthalten ist.
§ 5. Anwendung der Dirichletschen Methoden auf höhere Probleme. 493
Die fundamentale Dirichletsche Arbeit, welche die Grundlage für
unsere Untersuchungen bildete, führt aber in Wahrheit sehr viel weiter
in die tiefsten Probleme der Arithmetik, als dies zunächst den An-
schein hat. Dies hat Dirichlet selbst schon klar erkannt und in der
Vorrede zu seiner Abhandlung: „Sur l'usage des se*ries infinies dans la
theorie des nombres"*) hervorgehoben.
Betrachten wir zunächst irgend eine homogene primitive ganz-
zahlige Linearform:
in welcher also das aus den Koefficienten gebildete Modulsystem
(m19 m29 • • • mH) ~ 1 ist, und legen wir dann xl9 x%9 • • • xh alle mög-
lichen ganzzahligen Werte bei, so stellt sie alle ganzen Zahlen der
Reihe 1, 2, 3, • • •, also wegen des Euklidischen Fundamentalsatzes un-
endlich viele Primzahlen dar. Von diesem Gesichtspunkte aus kann
jener Satz von der Existenz unendlich vieler Primzahlen in der folgen-
den Form ausgesprochen werden:
Jede homogene primitive Form mit ganzzahligen Koefficienten
stellt unendlich viele Primzahlen dar.
Betrachten wir nun eine beliebige nicht homogene primitive Form:.
(1) m^x^ + max2 -J (- m^x^ + r, (fa,«»l'--i*p,r)-i)
so ist dieselbe nach den a. S. 240 und 241 bewiesenen Sätzen äqui-
valent der primitiven Form:
C1*) mX + r, ((m,r)-l)
wenn m ~ (m19 m%9 • • • mM)9 der gröfste gemeinsame Teiler der Koef-
ficienten mi ist, d. h. die eine kann in die andere durch eine ganz-
zahlige lineare Transformation übergeführt werden; die Gesamtheit der
durch beide Formen darstellbaren Zahlen ist also identisch, und der
soeben für die arithmetische Reihe bewiesene Satz kann somit auch
folgendermafsen allgemeiner ausgesprochen werden:
Jede nicht homogene primitive ganzzahlige Form stellt unend-
lich viele Primzahlen dar.
Der so ausgesprochene Satz giebt uns die tiefste Einsicht in die Theorie
der linearen Formen.
Es liegt nun nahe, die hier gefundenen allgemeinen Resultate auch
auf Formen höheren Grades auszudehnen. Wir werden im Folgenden
*) Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathematik Bd. 18 S. 250
bh 274. Gesammelte Werke Bd. 1 S. 857—374.
494 Dreiunddreifsigste Vorlesung.
speziell die einfachste Theorie der homogenen quadratischen Formen
mit zwei Variablen eingehend betrachten, und werden mit ganz den-
selben Mitteln zeigen, dafs jede primitive Form
ebenfalls unendlich viele Primzahlen darstellt, wenn man x und y alle
möglichen ganzzahligen Werte beilegt. Ja man kann weiter gehen
und zeigen, dafs man die Dirichletschen Methoden benutzen kann,
um fast die ganze Theorie dieser Formen mit einem Schlage zu ent-
wickeln. Von diesen Anwendungen handelt Dirichlet ausführlich in
seiner berühmten Abhandlung: „Recherches sur diverses applications
de l'analyse infinitesimale ä la theorie des nombres"*).
Jedoch bilden die binaren quadratischen Formen nur einen ersten
Schritt für eine grofse und wichtige Verallgemeinerung des Dirichlet-
schen Satzes.
Es sei nämlich:
F(p) = a>n + p1on"~1 + Pi<on~~* + • • • + pn = 0
eine Gleichung von beliebigem Grade mit ganzzahligen Koefficienten
Pd Pd ' * ' Pn} die deinen rationalen Faktor hat, und deren n reelle
oder komplexe Wurzeln mit a, ß9 • • • q bezeichnet werden sollen.
Bildet man nun mit den n unbestimmten Gröfsen x, y7 z7 • • • u die
n „konjugierten linearen homogenen Formen":
<p(a) = # + ay + «#-!-••• + a*~ u
<p(ß) = x + ßy + ß*z H 1- ßn~xu
<p(q) = x + Qy + qz -\ f- p"""1«,
so wird das Produkt
(2) 0(x, y, *, . . . m) — 9(u) tp(ß) • • - <p(q)
eine homogene Funktion n*®11 Grades von x7 y, z7 - • • w, deren Koef-
ficienten als symmetrische Funktionen der n Wurzeln (a, ß, •••()) be-
kanntlich reelle ganze Zahlen sind, welche offenbar keinen gemeinsamen
Teiler haben, da der Koefficient von af1 gleich Eins ist. Man zeigt
ferner leicht, dafs <$(x, y, - - - u) ebenfalls nicht in ganzzahlige Fak-
toren niederen Grades zerfallen kann.
Giebt man nun den Unbestimmten (x, y, • • • u) alle möglichen
ganzzahligen Werte, so erhält man wieder einen Bereich von unendlich
*) Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathematik, Bd. 19 S. 324
bis 369, Bd. 21 S. 1-12 und S. 134—156. Gesammelte Werke Bd. 1 S. 411-496,
§ 5. Die quadratischen and die allgemeinen zerlegbaren Formen. 495
vielen durch O darstellbaren ganzen Zahlen, und unter Anwendung
derselben Dirichletschen Methoden kann man jetzt den Fundamental-
satz beweisen, dafs durch jede solche homogene Form ebenfalls unend-
lich viele Primzahlen dargestellt werden. Es hat zuerst sogar den An-
schein, als ob man für diese tiefste Frage gar keine gröfsere Mühe
aufzuwenden hätte, als für den speziellen Fall der quadratischen Formen;
doch bedarf dieser Beweis in der That viel gröfserer Vorbereitungen,
so dafs wir uns später auf die quadratischen Formen beschränken
werden. Jedoch giebt gerade dieses allgemeine Problem eben wegen
seiner Schwierigkeit zu höchst interessanten Fragen Veranlassung.
Namentlich bei der auch hier notwendigen Bestimmung der unteren
Grenze für die in diesem Falle auftretenden Reihen spielen immer die
Einheitswurzeln eine wichtige Rolle.
Die vorher betrachteten quadratischen Formen können als ganz
spezieller Fall dieser allgemeinen sog. zerlegbaren Formen &(x, y} •• • u)
aufgefafst werden, denn aus der Identität:
Aa (ax* + bxy + cy2) = (2ax + (b + VD)y) (2ax + (b — )/2))y) ,
wo
D = b> — 4ac
gesetzt ist, folgt ja, dafs jene Form, abgesehen von einem Zahlenfaktor,
in ein Produkt von zwei Linearfaktoren
2ax + (b+YD)y und 2ax + (b— YÖ)y
zerfällt, deren entsprechende Eoefficienten konjugierte algebraische
Zahlen sind, und für solche Formen gilt der allgemeine Satz von
Dirichlet ebenfalls.
Aber jene Prinzipien reichen noch sehr viel weiter, und geben zu
einer Fülle von naturgemäfsen Problemen Veranlassung. Wir sahen,
dafs sich alle Primzahlen auf die q>(m) arithmetischen Reihen
mx-\-r1} w# + r2, ••• w# + r9(m)
verteilen, und zwar so, dafs diese gleiche mittlere Dichtigkeit besitzen;
wir können uns nun die allgemeineren Probleme stellen:
1) Es sollen alle Zahlen so in Klassen geordnet werden, dafs jede
Klasse unendlich viele Primzahlen enthält.
2) Es soll diese Einteilung so gemacht werden, dafs die mittlere
Dichtigkeit der Primzahlen in allen Klassen dieselbe ist.
Endlich erwähnen wir noch die weitere Fundamentalfrage, welche
uns in der Folge wenigstens für den Fall der quadratischen Formen
noch eingehend beschäftigen wird: Ist & (x, y} • • • z) wieder eine
zerlegbare Form, so besitzt die Gleichung:
4,96 Drei und drei fß igst« Vorlesung.
f3) *(*, y, ... *) — l
im allgemeinen unendlich viele Lösungen (-r, yy • ■ • s), und man be-
weist, dafs sich aus zwei solchen Lösungen immer eine dritte durch
ein leicht angehbares Verfahren herleiten lafst. Für den Fall der
quadratischen Formen wird jene Gleichung speziell:
wenn D irgend eine nicht quadratische ganze Zahl von der Form
4n oder 4n -\- 1 bedeutet. Unter Benutzung der Dirichletschen Me-
thoden kann man zeigen, dafs diese Gleichung für ein positives D
notwendig unendlich viele Lösungen hat, welche sich aus einer einzigen
Fundamentallösung leicht ableiten lassen, während sie für ein negatives
D offenbar nur eine endliche Anzahl von Lösungen besitzen kann.
Dieses Resultat lafst sich für die Lösungen der allgemeinen Gleichung
(3) verallgemeinern und bildet dann die Grundlage für die Theorie
der sog. algebraischen EinJieiten.
Zum Schlüsse mag noch folgende historische Bemerkung hier
Platz finden. Als Dirichlet seine Beweismethoden Gauss mitteilte, war
dieser bereits selbst im Besitze der Dirichletschen Resultate; nur eine
einzige Schwierigkeit vermochte er nicht zu überwinden. Daher ist
die betreffende Abhandlung bei seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht
worden, obwohl Gauss, wie aus seinem Nachlasse hervorgeht, zwei
Male angefangen hat, dieselbe druckfertig zu machen; beide Male bricht
aber das Manuskript im Wesentlichen an derselben Stelle ab. Diese
Schwierigkeit kann man verhältnismäfsig einfach überwinden, wenn
man die Dirichletsche Arbeit kennt; sie rührt nur daher, dafs Gauss
nicht wie Dirichlet die Untersuchung der arithmetischen Reihe an die
Spitze seiner Betrachtungen gestellt hat.
*•—
Anmerkungen zum ersten Bande.
Einleitung.
Erste Torlesung.
§ 2. S. 4, Z. 6 v. u.
Für die Herleitung dieser Formel vgl. z. B. M. A. Stern, Lehrbuch der
algebraischen Analysis (Leipzig 1860). Note 14, S. 461 flgde., speziell S. 480, Nr. 28.
§ 3. S. 10, Z. 9 flgde. v. o.
Ein Intervall von nahe gleicher Größenordnung liefert der folgende Beweis
von E. E. Kummer (Berliner Berichte 1878, S. 771): Angenommen, die Anzahl
aller Primzahlen wäre endlich und p die letzte unter ihnen. Ist dann
m = 2 • 8 • 6 • • • p
das Produkt aller Primzahlen, so besitzt jede Zahl aufser Eins mit m notwendig
einen gemeinsamen Teiler, also müfste die Anzahl
<p(m) — (2 - 1) (3 - 1) ... (p — 1)
aller inkongruenten Einheiten modulo m gleich Eins sein, was offenbar nicht der
Fall Ut; also mufs oberhalb p und zwar zwischen p und m notwendig noch eine
weitere Primzahl liegen. Dieser Beweis rührt eigentlich schon von Euler her.
Vgl. Comment. arithmeticae collectae T. II p. 518, Nr. 135 flgde.
§3. S. 11, Z. lv.o.
A. Piltz hat im Anhange seiner Habilitationsschrift: Über die Häufigkeit der
Primzahlen in arithmetischen Progressionen und verwandte Gesetze, Jena 1884,
bewiesen, dafs der Induktionssatz, auf den Legendre seinen Beweis stützt, falsch
ist. Schon vor ihm ist diese Thatsache von C. Moreau festgestellt worden.
Zweite Vorlesung.
§ 2. S. 17, Z. 15 v. u. flgde.
Die Vermutung, dafs Fermat zur Begründung seiner bisher nicht vollständig
bewiesenen Sätze ganz andere auf der additiven Zusammensetzung der Zahlen be-
ruhende Methoden angewandt habe, hat Kronecker in einem Gespräche mit mir,
aber wohl nicht in seinen Vorlesungen ausgesprochen.
§ 2. S. 19, Z. 18 v. o.
Der Beweis des Satzes über die Polygonalzahlen, welchen Cauchy am
13. November 1815 der Pariser Akademie vorlegte, ist vollständig einwandsfrei.
Canchy spricht ihn in der folgenden präziseren Fassung aus:
Kronecker, Zahlentheorie. I. 32
498 Anmerkungen zum ersten Bande.
Jede positive ganze Zahl kann als Summe von m -\- 2 (m -f- 2)-EckB-
zahlen dargestellt werden, von welchen aber mindestens m — 2 gleich
Null oder Eins angenommen werden können.
Da aber jede (m + 2) -Eckszahl in der Form
rs — r ,
1?» \- r (r=0, 1, 2, )
darstellbar ist, so behauptet der Cauchysche Satz, dafs jede Zahl n in der Form :
(1) * = | ((»? + ^ + '5 + *J)-(ri + rt + ri + '*)) + ('i+'.+ *,+ rJ+ 9
darstellbar ist, wo rlf rf, rs, rA nicht negative ganze Zahlen bedeuten, und q
eine der Zahlen 0, 1, • • m— 2 ist. Setzt man also:
« - »i + '2 + 'l + <l
* = ri + r* + fS + r4'
so lautet der präziser gefafste Fermatsche Satz folgenderniafsen :
Jede Zahl n kann stets in der Form:
n = — (* — ff) + * + e (?<» — i)
dargestellt werden, wenn x und a nicht negative Zahlen bedeuten, die
ihrerseits simultan in den Formen (1*) darstellbar sind.
Dieser Satz kann verhältnismäfsig einfach bewiesen werden, wenn man den
Fermatschen Satz für die Dreieckszahlen als bewiesen annimmt. Für die Durch-
führung dieses Beweises vgl. die ausgezeichnete Darstellung desselben von
P. Bachmann, „Die Arithmetik der quadratischen Formen41, Teil I S. 154—162.
Aus diesem Satze hat Legendre (Theorie des nombres 3. e*d. sixieme partie)
noch eine Anzahl von Folgerungen gezogen, durch welche der allgemeine Fermat-
sche Satz in noch einfacherer Form erscheint, so besteht z. B. der Satz:
Jede oberhalb 28 m8 liegende Zahl kann stets durch nur vier Polygonal-
zahlen der (m -f 2)ton Ordnung dargestellt werden, falls m eine beliebige
ungerade Zahl ist.
Ist w eine gerade Zahl, so folgt aus den Legendreschen Sätzen, dafB jede ober-
halb 7 ro8 liegende Zahl höchstens durch fünf Polygonalzahlen (m + 2)ter Ordnung
darstellbar ist, von denen mindestens eine gleich Null oder Eins angenommen
werden kann.
§ 7. S. 34, Z. 1—9 v. o. und Z. 2 v. u. — S. 35, Z. 7 v. o.
Die Anwendung der Eroneckerschen Betrachtungen auf die Bestimmung der
Pythagoreischen Zahlen ist ein Zusatz des Herausgebers.
Dritte Vorlesung.
§ 1. S. 41, Z. 18 v. u. — S. 42, Z. 4 v. o. und Z. 11 bis Z. 1 v. u.
Die Bemerkungen über die Frage der Teilung des Kreises mit Zirkel und
Lineal sind Zusatz des Herausgebers. Vgl. ausserdem C. Fi Gauss, Disquisitiones
arithmeticae §§ 866, 366. Gauss führt a. a. 0. nur den Beweis, dafs die Teilung
des Kreises in p gleiche Teile mit Zirkel und Lineal für die Primzahlen
Anmerkungen zum ersten Bande. 499
p==2*w+l möglich ist, fügt aber ausdrücklich hinzu, dafs er auch in* aller
Strenge nachweisen könne, dafs jene Primzahlen die einzigen sind, für welche
eine solche Teilung ausgeführt werden kann.
Der Beweis dieser weiteren Thatsache beruht auf dem folgenden Theorem
über diejenigen auflösbaren Gleichungen, deren Wurzeln nur Quadratwurzeln ent-
halten, also mit Zirkel und Lineal konstruiert werden können:
Der Grad einer irreduktiblen Gleichung, welche durch successive Aus-
ziehung von Quadratwurzeln aufgelöst werden kann, mufs notwendig
eine Potenz von zwei sein.
Dasselbe folgt aus der Galoischen Theorie als spezieller Fall, und ist wohl zuerst
von Petersen hervorgehoben worden. (Vgl. z. B. Petersen, Theorie der algebrai-
schen Gleichungen, Kopenhagen 1878, S. 159flgde.) Obwohl diese Bedingung
natürlich nur eine notwendige ist, entscheidet sie die vorliegende Frage voll-
ständig. Damit nämlich der Kreis in ro gleiche Teile mit Zirkel und Lineal
geteilt werden kann, mufs der Grad cp(m) der irreduktiblen Gleichung
eine Potenz von 2 sein, wenn Fm (x) den zw xm — 1 gehörigen primitiven Divisor
bedeutet. Da dies aber dann und nur dann der Fall ist, wenn:
m = 2" • pt pt • • • pv
ist, wo jede Primzahl pi von der Form 2* ' + * ^> un<^ da für diese Zahlen
nach den Gaussischen Sätzen jene Teilung wirklich ausführbar ist, so ist unser
Satz vollständig bewiesen.
Genau ebenso zeigt man, dafs z. B. die Trisection des Winkels und die Ver-
doppelung des Würfels mit Zirkel und Lineal nicht möglich ist, da beide Fragen
auf irreduktible Gleichungen dritten Grades führen.
§3. S.45— 48.
Auf die folgende Art beweist man rein arithmetisch, dafs jeder Binominal-
koefficient:
stets eine ganze Zahl ist.
Ist tn eine beliebige Zahl, p irgend eine Primzahl, so ist der Exponent p
der höchsten in
(2) ro! = 1 • 2 • • - ro
enthaltenen Potenz von p gleich:
« >-[£]+[,"]+•••
wo die Reihe von selbst abbricht, sobald p% > ro ist.
Unter den m Faktoren von (2) sind nämlich nur die — Zahlen jp, 2p, • • • I — \p
überhaupt durch p teilbar, also ist p auch der Exponent der in dem Produkte:
88*
500 Anmerkungen zum ersten ßande.
enthaltenen Potenz von p, d. h. es ist:
"-[jfj + ft.
wenn pPl die in / I ! ) enthaltene Potenz von p bedeutet. Ersetzt man aber in
(2) m durch — L so findet sich ganz ebenso unter Benutzung der Anmerkung
zu § 7 S. 278, a. S. 506 :
wenn ps den Exponenten der in I — ^ I ! enthaltenen Potenz von p bezeichnet.
Schliefst man analog weiter, so ergiebt sich die Gleichung (2*).
Denkt man sich m im j>-adischen Zahlensysteme geschrieben:
(3) m = a0 + alp + a^p* H \- avp* ,
so ist allgemein:
ri] = "< '+*i+lP+m~ + avP
m
also ergiebt eine leichte Rechnung für p den Wert
** — <*«
wenn am die Ziffersumme der im p-adischen Zahlensysteme geschriebenen Zahl m
bedeutet.
L. Stickelberger (Über eine Verallgemeinerung der Kreisteilung, Math. Ann.
Bd. 37, S. 321—367, § 4) bestimmt mit Hülfe der Darstellung (3) von m noch den
91t!
Rest modulo p von — "■ Es ist:
= % ! 04 ! at ! • • • (mod p) ,
»»— •
(-pf
m
wenn a0, 0|, • ■ die Ziffern von m im jp-adischen Zahlensysteme sind.
Nun ergiebt sich mit Hülfe von (2*), dafs eine beliebige Primzahl p in dem
Polynomialkoefficienten (1) genau:
Male enthalten ist. Diese Zahl kann aber niemals negativ sein, denn aus der
Gleichung:
n = »i -J- Ä j -\- ' • • -\- fc
folgt durch Division mit p% und Übergang zu den gröfsten Ganzen leicht:
und damit ist der obige Satz vollständig bewiesen.
Eine Verallgemeinerung dieser Frage bildet der folgende von E. Landau be-
Anmerkungen zum ersten Bande.
501
bewiesene Satz (Nouv. Ann. III. se*r. t. 19
produit de factorielles par un autre):
Sur les conditions de divisibilit£ cVun
Es seien
tt
1»
u
m»
Vl>"Vn
m + n homogene lineare Funktionen der Variablen xx, xt,
ganzzahligen Koefficienten, so dafs:
ist. Dann ist der Faktoriellenquotient:
•.-2^**
*=i
x mit positiven
r=l, • • n)
vx\ v%\ • • • vn\
für alle ganzzahligen nicht negativen Wertsysteme (#!,#,,-•
dann eine ganze Zahl, wenn die Ungleichung:
für alle Systeme (0 < x. < 1) erfüllt ist.
Aus diesem Satze folgt z. B. leicht, dafs die Quotienten:
xr) dann und nur
(2*0! (2*,)!
(4«,)! (4a^!
xxl xt\ (xx + #,)!' xl\ x%\ (2x1~\-xi)\ (xx + 2xt)l '
(ra5,)! • • • (rxr) !
«,!«,! • • • xr\ (xt + x, -\ 1- xr)!
fi5r alle x{ > 0 ganzzahlige Werte haben, weil in dem Intervalle (0 • • • 1)
[2a;,] + [ix,] ^ [*,] + fo] + [*, + *,]
[iXl] + [4a;,] > [*,] + [*,] + [2*, + a^] + [x, + 2*,]
2
• =1
r r
ist.
Unter Benutzung desTschebyscheffschen Satzes (Anm. zu S. 67, a. S. 502) beweist
man leicht, dafs n! niemals die Potenz einer ganzen Zahl Bein kann, denn nach jenem
Satze existiert ja in dem Intervalle (— - -\- 1 • - • n\ stets eine Primzahl jp, und
diese ist in n! nur einmal enthalten, weil schon 2p > n ist.
§ 6. S. 66 Ende.
In neuerer Zeit ist Herr K. Th. Vahlen diesen Fragen in der Abhandlung:
„Beiträge zu einer additiven Zahlentheorie", Crelles Journal Bd. 112 S. 1 — 36
näher getreten.
502 Anmerkungen zum ersten Bande.
Erster Teil.
Tierte Vorlesung,
Für diese Vorlesung wurde die Abhandlung Kroneckers „Über den Zahl-
begrifft, Crelles Journal Bd. 101 S. 337—353. — Gesammelte Werke Bd. 31 S. 24V
bis 274 vielfach benutzt.
Fünfte Vorlesung.
§ 2. S. 67 und S. 68-bis Z. 4 v. u.
Die einleitenden Bemerkungen über die Primzahlen sind Zusatz des Heraus-
gebers. — In einer im Jahre 1860 der Petersburger Akademie vorgelegten Ab-
handlung hat TschebyschefF den schönen Satz bewiesen:
7
Ist a eine beliebige Zahl > — - , so befindet sich in dem Intervalle
(a • • • 2 a — 2) mindestens eine Primzahl.
Sechste Vorlesung.
§1.
Läfst man in der Gleichung
n = :rj» n£ *Ja • •
a. S. 73 die Exponenten n. unabhängig von einander die ganze Reihe der positiven
und negativen Zahlen durchlaufen, so erhält man in der Gleichung
n = (*i, , n, , n, , • • •)
eine eindeutige Darstellung aller rationalen (ganzen und gebrochenen) Zahlen. Da
alle in dieser Vorlesung gegebenen Definitionen und Sätze von der Annahme
ni > 0) unabhängig sind, so erhält man bei dieser Erweiterung eine einheitliche
arütellung der elementaren arithmetischen Eigenschaften aller rationalen Zahlen.
s
§2.
Die Bezeichnungen m(Ä, &, • • • T) und M (A, £, • • • I) sind vom Herausgeber
zugefügt worden, ebenso der a. S. 75 und 76 angegebene Satz 4 und sein Beweis.
Siebente Vorlesung«
§ 3. S. 93, Z. 12 v. u. — S. 94, Z. 20 v. u.
Die hier behandelten Beispiele (Neuner- und Elferprobc) sind Zusatz des
Herausgebers.
Achte Vorlesung.
§ 1. S. 97 bis S. 98, Z. 14 v. o. Zusatz des Herausgebers.
§ 3. S. 102. Zum Wilsonschen Satze.
Mit Hülfe der im § 5 der achtundzwanzigsten Vorlesung gefundenen Resultate
kann man leicht eine auch historisch interessante Verallgemeinerung des Wilson-
Bchen Satzes beweisen. Es sei p eine beliebige Primzahl und
irgend welche ji inkongruente Einheiten modulo p. Dann gilt für grofse Wert«
von x die Gleichung:
Anmerkungen zum ersten Bande. 503
(i)
ä-#i^-tf(.+5+S+-)
X X*
wo allgemein:
A(ait °«' "•■ a/i)
die Summe der Kombinationen mit Wiederholung zu je i von den Einheiten
ai » * * • aü bedeutet.
Es seien ferner:
die y = p — 1 — p übrigen modulo p inkongruenten Einheiten und
tt> (x) = (x — bt ) (* — &,) • • • (o; — &,)
die zu qp(x) komplementäre Funktion, so dafs:
<p(x) ip(x) == x*"1 — 1 (mod p)
ist. Multipliziert man nun die Gleichung (1) mit xp'~1 — 1 und betrachtet dann
alle Koefficienten nur modulo jp, so folgt:
xP *(*) = *"-» + At *-* + ... + Ar3f + Är+13f~l +■■■ + (Äp_1 - 1)
Ersetzt man also ip(x) durch seinen Wert in (2), so ergeben sich durch Koef-
ficientenvergleichung erstens die folgenden Kongruenzen:
(3) Ai+{p_l)'=Ai (modp), («=0,1,«,.. a,-i)
d. h. die Summen A^, Ax, • • • A x, • • • reproduzieren sich modulo p betrachtet
periodisch. Zweitens folgt:
(3*) 4,+ 1EE^+2^-.-EE4,_2EE0 (modj)),
d. h. es besteht der Satz:
Sind Oj , a, , • • • o irgend welche p inkongruente Einheiten modulo p,
so sind die Summen ihrer Kombinationen Ah mit Wiederholungen durch
p teilbar, deren Index modulo p — 1 einer der Zahlen (v-\rl), (v -f 2)>
• • • (p — 2) kongruent ist.
Endlich ergeben sich aber die Kongruenzen:
wenn -B^j, • • • 0,.) die elementaren symmetrischen Funktionen der 6lf • • • 6„,
d. h. die Summen aller Kombinationen derselben zu je & ohne Wiederholung be-
504 Anmerkungen zum ersten Bande.
deutet. Beachtet man, dafs für k ]> v jene Summen von selbst Null sind, so kann
man das Resultat unserer Untersuchung in die eine Kongruenz zusammenziehen:
(4) Ak(at, at, • . • aj ~ (- 1)^(6,, • ■ • br) (mod />),
wenn kt den kleinsten Rest von k modulo (p — 1) bedeutet Oder es gilt der
Satz:
Die Summe aller Kombinationen der inkongruenten Einheiten <H, • • a„
zu je k mit Wiederholung ist der Summe der Kombinationen der übrigen
(5) Einheiten bx , • • • b9 zu je k0 ohne Wiederholung mit alternierenden Vor-
zeichen kongruent, wenn it0 den kleinsten Rest von k modulo p — 1 be-
zeichnet.
Das Bestehen der Kongruenzen (3») ist zuerst von Steiner (Crelles Journal Bd. 13
p. 356; — Werke Bd. 2 p. 7) und später von Jacobi (Crelles Journal Bd. 14 p. 64;
— Werke Bd. 6 p. 252) bewiesen worden; der allgemeine Satz (5) ist bisher
noch nicht ausgesprochen worden.
Setzt man in der allgemeinen Formel (4) k = p — 2 und wählt für 5X , 6, , • • -hT
die Zahlen 2, 3, • • • p — 1, so dafs o, = 1 wird, so erhält man den WiWu-
sehen Satz.
§ 3. S. 103. Zum Fermatschen Satze.
In Beantwortung einer in Crelles Journal gestellten Aufgabe gab Jacobi
(Crelles Journal Bd. 3 S. 301— 302; — Werke Bd. 6 S. 238— 239) Fälle an, in
welchen a'""1 — 1 für a < jp nicht blofs durch p, sondern auch durch p* teilbar
ist. Der einfachste von diesen Fällen ist in der folgenden Gleichung enthalten:
310 — 1 *= (36)* — 1 — 243* — 1 = (2 . 11» + 1)* — 1 = 0 (mod 11").
ap— 1
Der Rest des Quotienten modulo p wurde von Eisenstein (Ber. der
Berl. Akad. 1850, S. 41); Sylvester (Comptes rendus t. 52 p. 161); Stern (Crelles
Journal Bd. 100) und Mirimanoff (Crelles Journal Bd. 115 S. 295) untersucht.
§3. S. 103, Z. 8— 20 v.o. Zusatz des Herausgebers.
§ 3. S. 104, Z. 14 v. u. bis S. 105 Ende.
Der Satz über die homogenen symmetrischen Funktionen der Einheiten mo-
dulo p ist ein Zusatz des Herausgebers.,
Neunte Yorlesung.
§ 2. S. 112, Z. 11 v. o. bis S. 113, Z. 7 v. o. Zusatz des Herausgebers.
§4. S. 118, Z. 11 v.u.
Die Richtigkeit der Behauptung Kroneckers, dafs derjenige Kettenbruch der
kürzeste ist, bei welchem immer nach dem kleinsten Reste dividiert wird, hat
Herr Vahlen (Crelles Journal Bd. 116 S. 221 flgde.) nachgewiesen. Ebenso ergiebt
die Division nach dem gröfsten Reste die (beiden) längsten Kettenbrüche. Läfst
man bei den successiven Divisionen nach Belieben positive oder negative Reste zu,
so erhält man verschiedene Kettenbruchentwickelungen für einen und denselben
Anmerkungen zum ersten Bande. 505
i
echten Bruch — und ihre Anzahl ist stets dem Nenner n jenes Bruches gleich
ti
(a. a. 0. S. 227).
Elfte Vorlesung,
§ 2. 8. 138, Z. 14 v. u. bis S. 139, Z. 2 v. o. und 8. 139, Z. 9 v. u. bis S. 140, Z. 16 v. u.
sind Zusätze des Herausgebers.
Zweiter Teil.
Für die Darstellung diwes Teiles wurden neben den Vorlesungsmanuskripten
und Nachschriften auch die folgenden Abhandlungen Kroneckers wesentlich mit-
benutzt:
1) „Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Gröfsen",
Crelles Journal Bd. 92 S. 1—122; Gesammelte Werke Bd. 2 S. 237—388.
2) „Die Zerlegung der ganzen Gröfsen eines natürlichen Kationalitäts-
bereiches in ihre irreduktiblen Faktoren", Crelles Journal Bd. 94 S. 344
bis 348; Werke Bd. 2 S. 409—416
3) „Über einige Anwendungen der Modulsysteme auf elementare algebrai-
sche Fragen44, Crelles Journal Bd. 99 S. 329—371 ; Werke Bd. 31 S. 146—209.
Dreizehnte Vorlesung.
II.
<
Die Darstellung dieses Abschnittes ist ein Zusatz des Herausgebers unter
Benutzung der obigen Abh. Nr. 1.
§ 5. S. 163, Z. 15 v. u. bis Z. 2 v. u. Zusatz des Herausgebers.
Fünfzehnte Vorlesung.
§ 2. S. 182, Z. 10 v. u. bis S. 183, Z. 7 v. o. Zusatz des Herausgebers. S. 184, Z. 3 v. o.
bis Ende der Vorlesung Zusatz des Herausgebers.
Sechzehnte Vorlesung.
§ 3. S. 192, Z. 12 v. u. bis S. 193 Ende Zusatz des Herausgebers.
Siebzehnte Vorlesung.
§1. S. 194 bis S. 196, Z. 16 v. u. Die allgemeinen Sätze über die Dekomposition
der Modulsysteme zweiter Stufe sind ein Zusatz des Herausgebers.
§ 3. Ende.
Bis zu diesem Punkte etwa hatte Kronecker die Frage der Dekomposition
der Modulsysteme in seiner letzten Vorlesung, Wintersemester 1890/91, geführt,
war dann aber zu den Anwendungen der Analysis auf die Arithmetik über-
gegangen.
Achtzehnte Vorlesung.
Diese ganze Vorlesung ist vom Herausgeber hinzugefügt worden. Vgl. hierzu
die Abhandlungen von K. Hensel, „Über die Zurückführung der Divisorensysteme
506 Anmerkungen zum ersten Bande.
auf eine reduzierte Form11, Crelles Journal Bd. 118 S. 234—250, Bd. 119 S. 114
bis 130 und „Über die elementaren arithmetischen Eigenschaften der reinen Mo-
dulsysteme zweiter Stufe", Crelles Journal Bd. 119 S. 176—185.
Neunzehnte Vorlesung.
§1-3.
Diese Vorlesung ist unter Benutzung kurzer Bemerkungen Kroneckers vom
Herausgeber hinzugefügt worden.
§6.
Die Zerlegung der Divisorensysteme in einfach Systeme ist ein Zusatz des
Herausgebers.
Zwanzigste Vorlesung«
Diese ganze Vorlesung mit Ausnahme des § 4 ist vom Herausgeber unter
Benutzung kurzer Bemerkungen in den Vorlesungen 1889 und 1890 und der oben
erwähnten Abhandlungen Kroneckers hinzugefügt worden.
Dritter Teil.
In diesen Teil wurden gewisse Abschnitte aus der im Wintersemester
1875/76 von Kronecker gehaltenen Vorlesung „Anwendung der Analysis auf Pro-
bleme der Zahlentheorie11 aufgenommen. Dieselbe soll im Folgenden mit „A. d. A.u
zitiert werden.
Einundzwanzigste Vorlesung«
§ 1. S. 244, Z. 13 v. u. bis S 246, Z. 5 v. o. und S. 245, Z. 14 v. u. bis S. 246 Ende des
Abschnittes. Die neue Begründung der Fundamentaleigenschaften der Funk-
tion qp(n) ist ein Zusatz des Herausgebers.
Zweiundzwanzigste Vorlesung.
§ 2. S. 257, Z. 9 v. u. bis S. 259, Z. 7 v. u. ist aus der Vorlesung A. d. A. aufgenommen
worden.
§ 4. S. 267, Z. 7 v. o. bis zum Ende des § 4 gehörte der Vorlesung A. d. A. an.
§ 5. Dieser ganze Abschnitt ist ebenfalls aus jener Vorlesung entnommen.
§7. S. 278, Z. 11 v.u.flgde.
Sind »i, a, b beliebige ganze Zahlen, so gilt stets die Gleichung:
[vLaJJ lab]
Ist nämlich tn = am + a\ m = bm" -f- b\ wo d < a — 1, b' < b — 1, so folgt
m = abm" -f- (ab* -f- d ), wo ab* + d < a(6 — 1) + a — 1 = ab — 1. Also
ist in der That:
-•'=[«]=[?]=[>£]]-"'""•
Dreiundzwanzigste Vorlesung.
§ 4. S. 290, Z. 13 v. u. bis S. 293, Z. 5 v. o.
Die kurze Darstellung der Elementarsätze über die Wurzeln der Kreis-
teilungsgleichungen ist ein Zusatz des Herausgebers.
Anmerkungen 'zum ersten Bande. 507
Vierundzwanzigste Vorlesung.
§ 1. Zu S. 305 flgde.
Um vermittelst der Formel (1) die für ein aufseres Rechteck gefundenen
Resultate ohne störende Nebenbetrachtungen auf innere Rechtecke anwenden zu
können, wurde vom Herausgeber dem Systeme ((*', k)) die nullte Horizontal- und
Vertikalreihe hinzugefügt, und die Eroneckerschen Bezeichnungen entsprechend
geändert.
§ 4. S. 313—316.
Die Betrachtungen dieses Abschnittes sind vom Herausgeber hinzugefügt
worden. Für den letzten Teil desselben (S. 316) wurde die Vorlesung A. d. A.
benutzt.
§ 6. S. 316, Z. 3 y. u, bis S. 317, Z. 4 v. u.
Zusatz des Herausgebers. Der übrige Teil dieses Abschnittes wurde aus
A. d. A. entnommen.
§ 6. S. 319, Z. 14 v. u. bis S. 325 Ende.
Dieser ganze Abschnitt wurde der Vorlesung A. d. A. entnommen.
Fünfundzwanzigste Vorlesung.
§ 1. S. 326, Z. 1 v. o. bis S. 327, Z. 6 v. u. Zusatz des Herausgebers. S. 331, Z. 7 v. u.
bis S. 332, Z. 2 v. o. Zusatz des Herausgebers.
§ 5. S. 340, Z. 5 bis Z. 16 v. o.
Diese Grenzbestimmung für den Fehler a ist ein Zusatz des Herausgebers.
Sechsundzwanzigste Vorlesung.
§ 3. S. 353, Z. 12 y. o. bis S. 354, Z. 10 v. o.
Die hier durchgeführte Grenzbestimmung mit Hülfe des Mittelwertsatzes ist
ein Zusatz des Herausgebers.
§ 4. S. 358, Z. 5 v. u. bis S. 359, Z. 11 v. o.
Die hier gegebene Grenzbestimmung ist ein Zusatz des Herausgebers.
§ 5. S. 363, Z. 3 y. o. bis Z. 3 v. u.
Diese Bestimmungen des Gaussischen Mittelwertes sind ein Zusatz des Her-
ausgebers.
§ 6. S. 368, Z. 8 v. u. bis S. 369, Z. 7 v. o.
Diese Mittel Wertsbestimmung ist ein Zusatz des Herausgebers.
§ 7. S. 371, Z. 5 y. u. bis S. 372, Z. 6 v. o. ist ein Zusatz des Herausgebers.
Vierter Teil.
Siebenundzwanzigste Vorlesung.
§ 1. S. 376, Z. 13 y. u. bis S. 376, Z 15 v. o.
Die Anwendung der Theorie der Modulsysteme auf die Potenzreste ist
Zusatz des Herausgebers.
508 Anmerkungen zum' ersten Bande.
Achtundzwanzigste Vorlesung.
§ 2. S. 392, Z. 6 v. u. bis S. 894, Z. 9 v. o.
Die Ausführungen über die unabhängigen Lösungen linearer Kongruenzen
sind Z U8 atz des Herausgebers.
§ 3. S. 397, Z. 2 v. u. bis S. 399, Z. 6 v. u. Zusatz des Herausgebers. S. 402, Z. 6 v. o.
bis S. 403, Z. 10 v. o. Zusatz des Herausgebers.
§ 5. S. 408, Z. 13 bis Z. 19 v. o. Zusatz des Herausgebers.
Neunundzwanzigste Vorlesung.
§ 4. S. 426, Z. 6 v. u. bis S. 427, Z. 13 v. u. Zusatz des Herausgebers.
Dreißigste Yorlesung.
Die in den letzten Vorlesungen dargestellte Untersuchung der arithmetischen
Reihe hat Eronecker nur einmal im Jahre 1886 durchgeführt, in den späteren
Vorlesungen wegen Zeitmangel nur auf sie hingewiesen. Die Darstellung mufste
hier sehr wesentlich geändert werden, da es Eronecker im Verlaufe der Vor-
lesungen gelang, die Untersuchungen bedeutend zu vereinfachen; dadurch aber
mufsten bereits behandelte Teile verändert werden, ohne dafs der Vortragende
selbst dies ausführlich angegeben hat. Ich hoffe, dafs es mir nach längerer Be-
schäftigung mit dem Gegenstande gelungen sein möchte, diese schöne Unter-
suchung etwa so darzustellen, wie es Eronecker bei einem zweiten Vortrage ge-
than hätte.
§ 1. S. 438 und 439 sind ein Zusatz des Herausgebers.
S. 440 und 441.
Der Beweis des Dirichletschen Satzes für die arithmetische Reihe tnh -f- 1
ist eine einfache Verallgemeinerung eines von Eronecker in der Vorlesung A. d. A.
für den Fall gegebenen, dafs m eine Primzahl ist. Einen anderen Beweis für
diesen Fall gab Herr Wendt im Jahre 1895 in Crelles Journal Bd. 115. Vgl. auch
die Arbeiten von Lebesgue (Liouvilles Journal Ser. I Bd. 8) und Serret (a. a. 0.
Bd. 17).
§ 1. Ende S. 442 Anmerkung.
Dirichlet hat denselben Satz auch für die arithmetischen Reihen r -\- mx
bewiesen, in denen V und m gegebene teilerfremde komplexe Zahlen sind, und x
die Reihe aller komplexen ganzen Zahlen durchläuft (Berichte der Berl. Akad.-
v. J. 1841, S. 141—161; Werke Bd. 2 S. 509—532). — Auch Herr Mertens hat im
Jahre 1895 Grenzen angegeben, innerhalb deren notwendig eine neue Primzahl
der Form r + tnh liegen mufs, und das Nichtversch winden der in der letzten
Vorlesung betrachteten Reihen durch elementare Sätze über die Multiplikation
von Reihen nachgewiesen. — Vgl. die Aufsätze ,,Über Dirichletsche Reihen",
„Über das Nichtverschwinden Dirichletscher Reihen mit reellen Gliedern". —
Wiener Berichte Bd. 104 (1895) und „Über Multiplikation und Nichtverschwinden
Dirichletscher Reihen". — Crelles Journal Bd. 117 (1897).
§ 2. S. 343, Z. 2—25 v. o. Zusatz des Herausgebers.
Anmerkungen zum ersten Bande. 509
§ 2. S. 444, Z. 16 v. u. bis S. 460, Z. 6 v. u.
Die ganze hier auseinandergesetzte Theorie der Charaktere wurde vom Her-
ausgeber hinzugefügt.
§ 3. S. 461, Z. 19 v. u. bis Ende des Abschnittes.
Der Beweis dieser Fundamentalgleichung auf Grund der Theorie der Charak-
tere wurde vom Herausgeber hinzugefügt. Eronecker gab diesen Beweis durch
ein successives Verfahren, aus welchem das Endresultat nicht einfach erkannt
werden konnte.
Einunddreifslgste Vorlesung.
§ 1. S. 464, Z. 8 — 20 v. o. Zusatz des Heransgebers.
Druckfehler.
S. 157, Z. 19 v. o. statt „es" lies „sie*4. ■
S. 188, Z. 4 v. o. „ j?J l „ jj}1.
S. 258, Z. 2 y. u. ist zuzufügen:
Selbstverständlich gilt die Gleichung (1*) auch dann, wenn die Funktion j
f(x) in dem Intervalle J mit wachsendem Argumente zunimmt
S. 327, Z. 6 v. u. statt , lies .
S. 377, Z. 15 y. o. ist qp(cf) fortzulassen.
S. 377, Z. 12 v. u. „ <p(p — 1) „
S. 378, Z. 4 v. u. „ <p(f) „.
S. 380, Z. 8 v. u. „ <p{d) „
p. p.
Meinen umfangreichen Verlag auf dem Gebiete der Mathematischen,
der Technischen und Naturwissenschaften nach allen Richtungen hin
weiter auszuhauen, ist mein stets durch das Vertrauen und Wohlwollen
zahlreicher hervorragender Vertreter obiger Gebiete von Erfolg begleitetes
Bemühen, wie mein Verlagskatalog zeigt, und ich hoffe, dafs bei gleicher
Unterstützung seitens der Gelehrten und Schulmänner des In- und Auslandes
auch meine weiteren Unternehmungen Lehrenden und Lernenden in Wissen-
schaft und Schule jederzeit förderlich sein werden. Verlagsanerbieten ge-
diegener Arbeiten auf einschlägigem Gebiete werden mir deshalb, wenn
auch schon gleiche oder ähnliche Werke über denselben Gegenstand in
meinem Verlage erschienen sind, stets sehr willkommen sein.
Unter meinen zahlreichen Unternehmungen mache ich ganz besonders
auf die von den Akademien der Wissenschaften zu München und Wien und
der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen herausgegebene Enoyklo-
pädie der Mathematischen Wissenschaften aufmerksam, die in 7 Bänden
die Arithmetik und Algebra, die Analysis, die Geometrie, die Mechanik,
die Physik, die Geodäsie und Geophysik und die Astronomie behandelt und
in einem Schlufsband historische, philosophische und didaktische Fragen
besprechen, sowie ein Generalregister zu obigen Bänden bringen wird.
Weitester Verbreitung erfreuen sich die mathematischen und natur-
wissenschaftlichen Zeitschriften meines Verlags, als da sind: Die Mathe-
matischen Annalen, die Biblio(heoa Mathematica, das Arohiv der
Mathematik und Physik, die Jahresberichte der Deutschen Mathe-
matiker-Vereinigung, die Zeitschrift für Mathematik und Physik
und die Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen
Unterricht.
Seit 1868 veröffentliche ich in kurzen Zwischenräumen: „Mitteilungen
der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner". Diese „Mitteilungen", welche
unentgeltlich in 20 000 Exemplaren sowohl im In- als auch im Auslande
yon mir verbreitet werden, sollen das Publikum, welches meinem Verlage
Aufmerksamkeit schenkt, von den erschienenen, unter der Presse befindlichen
und von den vorbereiteten Unternehmungen des Teubnerschen Verlags in
Kenntnis setzen und sind ebenso wie das bis auf die Jüngstzeit fortgeführte
jährlich zwei- bis dreimal neu gedruckte Verzeichnis des Verlags von
B. G. Teubner auf dem Gebiete der Mathematik, der technischen
und Naturwissenschaften nebst Grenzgebieten, 95. Ausgabe [XXXVHI
u. 140 S. gr. 8], in allen Buchhandlungen unentgeltlich zu haben, werden
auf Wunsch aber auch unter Kreuzband von mir unmittelbar an die Be-
steller übersandt.
Leipzig, Poststrafse 3. B q Teubner.
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