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Full text of "Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts; ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung .."

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EX  LIBRIS 
The  Cooper  Union 

THE  GIFT  OF 

Dr.  Alexander  Sved 


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WIEN 


AM  ANFANG  DES  XX.  JAHRHUNDERTS. 


I.  BAND:  CHARAKTERISTIK  DER  STADT.  INGENIEURBAUTEN. 
II.  BAND:  HOCHBAUTEN,  ARCHITEKTUR  UND  PLASTIK. 


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WIEN 


AM  ANFANG  DES  XX.  JAHRHUNDERTS, 


EIN  FÜHRER 
IN  TECHNISCHER  UND  KÜNSTLERISCHER  RICHTUNG. 


HERAUSGEGEBEN  VOM  ÖSTERREICHISCHEN 
INGENIEUR-   UND  ARCHITEKTEN -VEREIN. 


REDIGIERT  VON 

INGENIEUR  PAUL  KORTZ 

STADTBAURAT. 


ZWEITER  BAND. 


WIEN  1906. 
VERLAG  VON  GERLACH  fr  WIEDL1NG. 


DRUCK  VON  FRIEDRICH  JASPER  IN  WIEN. 


3  3  S9  0Z. 


VORWORT. 


Indem  der  österreichische  Ingenieur-  und  Architekten-Verein  den  zweiten  Band  des  Werkes: 
„Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts"  der  Öffentlichkeit  übergibt,  muß  vor  allem 
des  schweren  Verlustes  gedacht  werden,  den  das  Unternehmen  durch  das  Ableben  des  Bau- 
rates Paul  Kortz  erlitten  hat.  Durch  eine  Reihe  von  Jahren  widmete  dieser  ausgezeichnete 
Mann  in  völlig  uneigennütziger  Weise,  mit  begeisterter  Hingebung,  Gewissenhaftigkeit  und 
Umsicht  seine  ganze  Kraft  der  schönen  Aufgabe;  —  auch  dann  noch,  als  ein  schweres  Leiden 
ihn  beugte.  Ein  herbes  Geschick  versagte  ihm  die  Genugtuung,  sich  des  vollendeten  Werkes 
zu  erfreuen.  Der  Österreichische  Ingenieur-  und  Architekten-Verein  wird  stets  der  hervor- 
ragenden Leistung  seines  Mitgliedes  Kortz  und  ihm  selbst  eine  dankerfüllte  Erinnerung  weihen. 

Das  lange  Siechtum  unseres  Redakteurs  würde  allein  schon  die  Verzögerung,  die  in  der 
Herausgabe  des  zweiten  Bandes  eintrat,  erklären.  Diese  Verzögerung  hat  aber  auch  noch 
andere  Ursachen.  Der  Umstand,  daß  die  Mitarbeiter  Fachmänner  sind,  die  durch  Berufs- 
pflichten sehr  in  Anspruch  genommen  werden,  die  Notwendigkeit,  für  die  meisten  Bilder 
neue  photographische  Aufnahmen  nach  der  Natur  herzustellen,  das  fortwährende  Anwachsen 
des  Stoffes  während  der  Arbeit:  diese  und  manch  andere  Momente  behinderten  den  Abschluß 
unseres  Unternehmens. 

Der  Ausschuß  ist  sich  wohl  bewußt,  mit  diesem  Werke  weder  ein  einheitliches  noch 
ein  lückenloses  Bild  der  reichen  künstlerischen  und  technischen  Schätze  der  Stadt  Wien  zu 
bieten.  Wenn  man  aber  die  Fülle  von  geistiger  Arbeit  überblickt,  die  hier  vorgeführt  wurde, 
und  bedenkt,  daß  eine  Reihe  zusammenfassender  Darstellungen  erstmalige  Versuche  sind  — 
es  seien  nur  die  Abschnitte  über  die  Bauten  für  soziale  Fürsorge,  über  die  Denkmale,  sowie 
über  die  Kunstsammlungen  und  Bibliotheken  hervorgehoben  —  so  wird  man  trotzdem  an- 
erkennen müssen,  daß  der  Österreichische  Ingenieur-  und  Architekten-Verein  ein  wertvolles 
Nachschlagewerk  geschaffen  hat,  das  wohl  eine  Grundlage  für  alle  weitere  Arbeit  auf  diesem 
Gebiete  bilden  dürfte. 

Den  zahlreichen  opferwilligen  Förderern  und  Mitarbeitern  des  Werkes  wurde  schon 
in  den  den  ersten  Band  einbegleitenden  Worten  der  Dank  abgestattet.  Zu  besonderem  Danke 
fühlt  sich  heute  aber  der  Ausschuß  seinem  Mitgliede  Architekt  Anton  Weber  verpflichtet, 
der  nach  dem  Ableben  des  Baurates  Kortz  in  der  entgegenkommendsten  Weise  die  redak- 
tionellen Schlußarbeiten  übernahm. 

Wien,  im  November  1906. 


W.  Exner, 

C.  Th.  Bach,         J.  Gsottbauer,         H.  Koestler,  F.  Pfeuffer, 

F.  Berger  I.,             H.  Helmer,               E.  Lauda,  L.  Spängier, 

E.  v.  Förster,       C.  Hochenegg,        K.  Mayreder,  A.  v.  Wielemans, 

F.  v.  Gruber,              J.  Koch,                A.  Oelwein,  A.  Weber, 

P.  Zwiauer. 


Abkürzungen. 


mm  Millimeter. 

cm  Zentimeter. 

m  Meter. 

km  Kilometer. 

m-  Quadratmeter. 

ar  Ar  =  100  m-. 

ha  Hektar  =  10.000  m-. 

km-  Quadratkilometer. 

m3  Kubikmeter. 

kg  Kilogramm. 

q  Meterzentner  =   100  kg. 


t    Tonne  ==  1000  kg. 

1     Liter. 

hl  Hektoliter. 

sl   Sekundenliter. 

kg/m  Kilogramm-Meter. 

PS.      Pferdestärke. 

Atm.  Atmosphäre. 

Kai.     Kalorien. 

h  Heller. 

K        Krone. 


INHALT  DES  II.  BANDES. 


III.  Hochbau  und  Architektur. 

Seite 

Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren.  Von  Professor  Dr.  Josef 

Bayer 3 

A.  Gebäude  für  Kultuszwecke. 

I.  Katholische  Kirchen  des  Mittelalters.  Mit  Zugrundelegung  von  Aufzeichnungen  von 
Dr.  W.  A.  Neumann,  Professor  a.  d.  Universität  in  Wien,  bearbeitet  von  Dr.  Karl  R.  Holey, 
Architekt 25 

II.  Katholische  Kirchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts.  Von  k.  Rat  Dr.  Josef  Dernjac, 
Skriptor  a.  d.  k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien 47 

III.  Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts.  Von  Architekt  Max  Freiherrn  von 
Ferstel,  Professor  a.  d.  k.  k.  technischen  Hochschule  in  Wien 73 

IV.  Evangelische  Kirchen.    Von  Architekt  Ludwig  Schöne 86 

V.  Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen.  Von  f  Max  Fleischer,  k.  k.  Baurat, 
Architekt 87 

B.  Gebäude    für  den   kaiserlichen  Hof.    Von    f  Heinrich  Lisseck,  k.  k.  Regierungsrat,  Architekt; 

Emil  Ritter  von  Förster,  k.  k.  Ministerialrat,  Architekt;  f  Baurat  Paul  Kort z;  k.  Rat  Dr.  J.  Dernjac    97 

C.  Verwaltungsgebäude. 

I.  Gebäude  der  Reichsverwaltung.  Von  Heinrich  Holzeland,  k.  k.  Oberingenieur;  Josef 
Meixner,  k.  k.  Ingenieur;  Karl  Wopelka,  k.  k.  Oberingenieur;  k.  Rat  Dr.  J.  Dernjac;  August 
Fieger,  k.  k.  Oberingenieur;  Eduard  Irmisch,  k.  k.  Oberingenieur;  M.  von  Decastello,  k.  k. 
Oberingenieur;  k.  Rat  Karl  Erhart;  Rud.  Koppensteiner,  k.  k.  Ingenieur;  Anton  Hillebrand, 
k.  k.  Ingenieur;  Andreas  von  Züllich,  k.  k.  Ingenieur;  Fried.  Leonhard,  k.  k.  Baurat;  O.  von 
Czadek,  k.  k.  Ingenieur;  H.  Koechlin,  k.  k.  Baurat;  Alois  Koch,  k.  k.  Baurat;  S.  Tomßa, 
k.  k.  Oberbaurat;  A.  Lorenz,  k.  k.  Ingenieur;  K.  A.  Fieber,  Konstrukteur  a.  d.  technischen 
Hochschule;  k.  k.  Generaldirektion  der  Tabakregie 121 

II.  Gebäude  der  Landesregierung  und  -Verwaltung.  Von  K.  Wopelka,  k.  k.  Ober- 
ingenieur; f  C.  von  Boog,  k.  k.  Oberbaurat 155 

III.  Städtische  Verwaltungsgebäude.  Von  Josef  Pürzl,  städtischer  Baurat 158 

D.  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

I.  Musealgebäude.  Von  W.  Freiherrn  von  Weckbecker,  k.  u.  k.  Hofrat;  Jos.  Folnesics,  Kustos 
am  k.  k.  Museum  für  Kunst  und  Industrie 169 

II.  Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute.  Von  August  Fieger,  k.  k.  Oberingenieur; 
M.  F.  von  Ferstel,  k.  k.  Professor;  Alois  Koch,  k.  k.  Baurat 174 

III.  Akademien,  Lehrer-Bildungsanstalten  etc.  Von  Dr.  von  Wiener,  k.  k.  Ministerialrat    .  190 

IV.  Mittelschulen.  Von  Karl  Donda,  k.  k.  Oberingenieur 197 

V.  Gewerbliche  Lehranstalten.  Von  Dr.  Wilh.  Exner,  k.  k.  Sektionschef      204 

VI.  Bürger-  und  Volksschulen.  Von  Karl  Haubfleisch,  städtischer  Baurat 212 

E.  Humanitätsanstalten. 

I.  Krankenhäuser.  Von  Franz  Berger,  n.-ö.  Landes-Oberbaurat;  Franz  Ritter  von  Gruber, 
k.  k.  Hofrat 225 

II.  Irrenanstalten,  Gebär-  und  Findelhäuser.  Von  Franz  Berger,' n.-ö.  Landes-Oberbaurat; 
Franz  Ritter  von  Grub  er,  k.  k.  Hofrat 255 


— 


VIII  Inhalt  des  II.  Bandes. 

Seite 

III.  Anstalten  für  Blinde  und  Taubstumme.  Von  Franz  Ritter  von  Gruber,  k.  k.  Hofrat     .  259 

IV.  Waisenhäuser  und  Kinderasyle.  Von  Franz  Kitter  von  Grub  er,  k.  k.  Hof  rat;  Jos.  Pürzl, 
städtischer  Baurat 262 

V.  Armen-  und  Versorgungshäuser.  Von  Dr.  Jakob  Dont,  Magistratsrat;  Rud.  Helmreich, 

Bau-Vizedirektor 264 

VI.  Asyle  für  Obdachlose,  Wärmestuben  und  Volksküchen.  Von  Josef  Pürzl,  städtischer 

Baurat 270 

VII.  Badeanstalten.  Von  H.  Beraneck,  städtischer  Bauinspektor 272 

VIII.  Rettungs-  und   Sanitätswesen.    Von  W.  Chitil,   Feuerwehr-Oberinspektor;    Franz  Ritter 

von  Gruber,  k.  k.  Hofrat;  Josef  Pürzl,  städtischer  Baurat 282 

F.  Militärgebäude. 

I.  Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer.  Von  Jos.  von  Ceipek,  k.  u.  k.  Feldmarschalleutnant; 

Rudolf  Gall,  k.  u.  k.  Oberst 289 

II.  Gebäude  der  k.  k.  Landwehr.  Von  Eduard  Otschenaschek,  k.  k.  Oberst 313 

G.  Vereinshäuser.  Von  Julius  Koch,  k.  k.  Baurat s* 317 

H.  Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 

I.  Theatergebäude.    Nach  Mitteilungen  des  k.  k.  Oberbaurates  Hermann  Helmer,  des  Archi- 
tekten Franz  Freiherrn  von  Krauß  u,  a 325 

II.  Spezialitäten-Theater-  und  Zirkusgebäude.  Von  Dr.  K.  R.  Holey,  Architekt    ....  338 

III.  Saalbauten.  Von  Dr.  K.  R.  Holey,  Architekt 343 

IV.  Bauten  für  Sportzwecke.  Von  Dr.  K.  R.  Holey,  Architekt 346 

I.  Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 

I.  Börsengebäude.  Von  A.  Foltz,  k.  k.  Baurat 351 

II.  Bankgebäude.  Von  Emil  Ritter  von  Förster,  k.  k.  Ministerialrat 355 

III.  Warenhäuser.  Von  F.  Leonhard,  Architekt,  k.  k.  Baurat 361 

K.  Wohngebäude. 

I.  Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude.    Von  Theodor  Bach,    k.  k.  Baurat,  Chef- 
Architekt  der  Wiener  Ballgesellschaft 371 

II.  Städtische  Miethäuser.  Von  F.  Leonhard,  Architekt,  k.  k.  Baurat 403 

III.  Familienhäuser  und  Villen.  Von  Anton  Weber,  Architekt 427 

IV.  Hotelbauten  und  Restaurants.  Von  Leopold  Simony,  Architekt 443 

V.  Arbeiterhäuser  und  Volkswohnungen.  Von  Leopold  Simony,  Architekt 451 

L.  Ausstellungsgebäude. 

I.  Rotunde.  Von  Dr.  Martin  Paul,  städtischer  Bauinspektor 459 

II.  Hagenbund.  Von  A.  Weber,  Architekt     463 

IV.  Plastik  und  Kunstsammlungen. 

A.  Denkmale  und  Brunnen.  Von  Anton  Weber,  Architekt. 

I.   öffentliche  Denkmale 467 

II.  Monumentalbrunnen 482 

a)  Auf  öffentlichen  Plätzen 482 

b)  An  Gebäuden  und  in  Höfen 492 

III.  Private  Denkmale,  Votivtafeln  und  Grabmonumente 495 

B.  Sammlungen  und  Bibliotheken.  Von  W.  Freiherrn  von  Weckbecker,  k.  u.  k.  Hofrat. 

I.  öffentliche  Sammlungen 503 

II.  Privatgalerien 511 

III.  Bibliotheken 514 

Alphabetisches  Sachverzeichnis 517 

Alphabetisches  Namenregister 523 

Verzeichnis  der  Textabbildungen 528 

Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen      537 

Berichtigungen 542 


III.  TEIL 


HOCHBAU  UND  ARCHITEKTUR. 


Bd.  II. 


Abb.  1.     Das  Burgtor  (Architekt  Peter  von  Nobile)  vom  Hcldcnplatz  gesehen. 


Kunst  —  war  jenseits 
Entwicklung  einsetzte. 
Man  wollte  nicht  bloß 


DIE  ENTWICKLUNG  DER  ARCHITEKTUR  WIENS  IN 
DEN  LETZTEN  FÜNFZIG  JAHREN. 

i. 

Der  neue  Aufschwung  der  Architektur  in  Österreich,  zunächst  an  der  Zentralstelle  in 
Wien,  fällt  so  ziemlich  mit  den  politischen  Weckrufen  des  Jahres  1848,  wenn  auch  bei  anderen 
Tendenzen,  zusammen.  Die  neue  Kunstbewegung  —  die   „Monumentalperiode"   der  deutschen 

unserer  Grenzen  bereits  in  vollem  Gange,  als  bei  uns  die  verwandte 
Hier  wurde  es  allerdings  ein  Prozeß  mit  beschleunigten  Pulsen, 
nachkommen  und  einholen,  sondern  in  kürzester  Zeit  selbständig  kon- 
kurrieren und  auf  eigenen  Wegen  fortschreiten,  was  denn  bald  genug  auf  überraschende 
Weise  gelang. 

Der  vorangegangene  Zustand,  auf  den  wir  nur  der  Einleitung  wegen  zurückblicken,  war 
wohl  nahezu  trostlos.  Unter  allen  Künsten  läßt  sich  die  Baukunst  am  ehesten  staatlich  ein- 
schränken und  disziplinieren,  und  dies  geschah  in  der  „vormärzlichen"  Zeit  nach  allen  Graden. 
Es  gab  damals  bei  uns  eine  bauliche  Zensur,  ebenso  drückend  gehandhabt  wie  die  literarische. 
„Vor  dem  Jahre  1848  erschöpfte  sich"  —  wie  einmal  Rudolf  von  Eitelberger  sagte  —  „die 
Architektur  Österreichs  einerseits  in  dem  Geschäftsleben  des  Bauhandwerkes,  anderseits  in 
dem  Bureauleben  der  Baubeamten.  Die  Architektur  als  Kunst  ging  leer  aus."  Paul  Sprenger 
(geb.  1798,  gest.  1854),  zuletzt  Hofbaurat,  dozierte  an  der  Akademie  der  bildenden  Künste 
seit  1828  „geometrie  descriptive"  als  neuen  Lehrgegenstand,  dann  auch  die  „schöne  Baukunst" 
—  doch  diese  ganz  nach  den  Regierungsmaximen,  gleichsam  als  bauliche  Rezeptierkunde.  Ihm 
gegenüber  vertrat  wohl  schon  früher  Peter  von  Nobile  (aus  Campestre  im  Kanton  Tessin,  geb. 
1774,  gest.  1854)  die  offiziell  zugestandene  künstlerische  Auffassung  —  zunächst  mit  seinem 
dorischen  Burgtor  (siehe  Abb.  1)  und  seinem  Theseustempel  im  Volksgarten  (1822 — 1824).  Er  war 
Dogmatiker  in  Sachen  der  Kunst;  er  sah  in  der  Antike  nur  die  Regel  und  schätzte  neben  Vitruv 
wohl  auch  Vignola  und  Palladio,  insofern  sie  gleichfalls  Regeln  aufstellten.  Nobile  war  um  sieben 
Jahre  älter  als  sein  großer  Zeitgenosse,  der  Wiedererwecker  der  Baukunst  in  Deutschland, 
Karl  Friedrich  Schinkel  (1781  — 1841),  und  überlebte  diesen  um  dreizehn  Jahre,  um  aber 
während  dieser  langen  Lebensdauer  lediglich  über  den  akademischen  Stillstand  der  Architektur 
in  Österreich  zu  wachen.  Er  kehrte  zur  Antike  zurück  und  blieb  bei  ihr  stehen,  indes  Schinkel 
mit  genialem  Blick  von  ihr  ausging,  um  dieselbe  einer  lebensvollen  Erneuerung  entgegen- 
zuführen. Bei  den  wenigen  Bauten,  die  in  jener  Zeit  einen  gewissen  Anspruch  auf  Bedeutung 
machten,  mußte  eine  lokalisierte  Abart  des  Empirestils  neben  Nobiles  Schulantike  herhalten.  Ein 
für  die  damaligen  Verhältnisse  noch  immer  beachtenswerter  Bau  war  das  Polytechnische  Institut 
auf  der  Wieden,  vom  Hofbaurat  Direktor  Schemerl  von  Leytenbach  im  Jahre  1816  erbaut, 
von  Prof.  Stummer  1839  wesentlich  erweitert.  In  der  Herrengasse,  wohin  sich  besonders  die 
staatliche  Bautätigkeit  hinzog,  nahm  man  sich  eigens  zusammen.  So  tat  es  der  sonst  nüch- 
terne Sprenger,  der  im  Statthaltereigebäude  (1845)  sogar  dekorativ  wurde,  und  früher  schon 
Moreau    mit    der  Fassade    der   Nationalbank    und    ihrem    schulgerecht    antikisierenden  Portal, 

i* 


4  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

dann  E.  Ludwig  Pichl  in  dem  Umbau  des  Ständehauses  (1838),  welcher  mit  der  stark  aus- 
ladenden korinthischen  Säulenstellung'  des  Mittelbaues  an  klassizistischer  Anstrengung-  schon 
in  sehr  beachtenswertem  Maße  ein  Übriges  tat.  Weiter  durfte  man  aber  nicht  gehen.  „Monu- 
mentalität" war  für  die  franziszeische  Epoche  und  die  nächste  Folgezeit  ein  fremder  Begriff. 

Neben  jener  vorschriftsmäßigen  Normalarchitcktur,  die  bei  uns  keinem  aufstrebenden  Talent 
genügen  konnte,  gab  es  wohl  allerlei  fromme  Wünsche  —  auch  im  Wortverstande  fromm,  da 
sie  sich  zumeist  auf  die  Kirchenbaukunst  bezogen.  Die  den  mittelalterlichen  Stilen  zugewandte 
Bauromantik  wagte  sich  nur  schüchtern  hervor;  in  ihrer  Gefühlsrichtung  ging  dieselbe  parallel 
einher  mit  dem  Nazarcnertum  in  der  Malerei.  Karl  Rösner  (geb.  1804,  gest.  1869)  war 
damals  der  einzige,  nicht  allzuviel  wagende  Romantiker  an  der  Architekturschule  der  Wiener 
Akademie.  Seine  St.  Johannes-Kirche  in  der  Praterstraße  (1842 — 1846)  weist  einen  sehr  will- 
kürlich erfaßten  Rundbogenstil  auf,  gefällig  im  verzierenden  Detail,  aber  im  ganzen  von  unent- 
schiedener Haltung;  das  hatte  aber  der  Architekt  nicht  allein  zu  verantworten,  da  er  bauamt- 
lich genötigt  war,  drei  von  ihm  zur  Wahl  vorgelegte  Projekte,  ein  romanisches,  ein  gotisches 
und  eines  im  Renaissancestil,  miteinander  zu  verschmelzen.  —  Durch  die  verdienstvollen  Restau- 
rationsarbeiten des  Dombaumeisters  Leopold  Ernst  (geb.  1808,  gest.  1862)  am  Stephansdom 
wurde  übrigens  in  dieser  Zwischenzeit  für  die  Fortwirkung  der  gotischen  Tradition  in  dankens- 
werter Weise  Sorge  getragen,  was  nicht  vergessen  werden  darf. 

II. 

Jene  jüngeren  Architekten  von  neuen,  bald  volltönigen  Namen,  welche  kurze  Zeit  nachher 
an  dem  Aufschwung  der  Wiener  Bautätigkeit  in  erster  Stelle  beteiligt  sind,  finden  wir  vor- 
läufig noch  in  einer  bescheideneren,  gleichsam  vorbereitenden  Wirksamkeit;  so  insbesondere 
die  beiden,  fortan  untrennbaren  Genossen:  Eduard  van  der  Null  (geb.  1812,  gest.  1868) 
und  August  von  Siccardsburg  (1813 — 1868).  Sie  erbauen  zusammen  in  der  Nähe  der  kurz 
vorher  vollendeten  Kirche  Rösners  vorerst  im  Jahre  1847  das  Carl-Theater  in  der  Praterstraße. 
Es  kann  hier  nicht  unsere  Aufgabe  sein,  dasselbe  nach  der  Seite  der  praktischen  Lösung  hin 
zu  würdigen  —  künstlerisch  ist  es  uns  aber  interessant,  daß  der  figurale  Schmuck  gut  in  das 
Fassadenbild  eingefügt  erscheint,  während  man  bis  dahin  bei  einem  Bauwerk  auf  Skulptur 
entweder  ganz  verzichtete  oder  mit  derselben  in  der  architektonischen  Einordnung  nichts 
Rechtes  anzufangen  wußte.  Im  Jahre  1848  bauten  van  der  Null  und  Siccardsburg  das  Sophien- 
bad mit  dem  allgemein  bekannten  Bade-  und  Tanzsaal,  einem  wohlangeordneten  großen 
Interieur  von  gutem  dekorativem  Geschmack.  Wichtigere  Bauaufträge  stellten  sich  damals  nur 
spärlich  ein;  doch  die  dringendste  künstlerische  Zeitfrage  für  Bauten  von  höherem  monumen- 
talen Anspruch  war  schließlich  die  Befreiung  des  architektonischen  Schaffens  von  dem  Druck 
der  Baubureaukratie  —  das  Ziel  der  Sehnsucht  für  die  wirklich  Begabten  und  redlich  Wollenden. 

Epochemachend  wurde  dann  in  dieser  Richtung  bekanntlich  die  Erbauung  der  Alt- 
Lerchenfelder  Kirche.  Es  handelte  sich  da  zunächst  um  eine  neue  Pfarrkirche,  also  keine 
ungewöhnliche  Bedarfsfrage  —  und  so  nahm  die  Sache  auch  der  Hofbaurat  Sprenger,  nach 
dessen  Plänen  die  Grundlegung  bereits  1847  erfolgte.  Nun  drang  da  zuerst  über  Initiative 
der  Architektenvereinigung  die  künstlerische  Konkurrenz  mit  Erfolg  durch,  und  der  talentvolle 
Schweizer  Johann  Georg  Müller  kam  mit  seinem  eigenartigen  Projekt  im  italienisch-romani- 
schen Stil  zum  Bau,  um  leider  der  Vollführung  seiner  Aufgabe  durch  frühen  Tod  —  erst 
27  Jahre  alt  —  schon  im  Jahre  1849  entrissen  zu  werden.  Architekt  Franz  Sitte,  der  Vater  des 
kürzlich  verstorbenen  Kamillo  Sitte,  gesellte  sich  glücklicherweise  als  Bauleiter  zu  Müller  und 
vollendete  nun  den  Bau  im  Sinne  der  ursprünglichen  Intention  des  Meisters.  In  der  Ausge- 
staltung des  Innenraumes  zeigte  van  der  Null  zuerst  seinen  erfindungsreichen  ornamentalen 
Sinn  auch  für  eine  monumentale  Aufgabe,  und  derselbe  wurde  in  der  neuen  Ära  zugleich  der 
erste  Sammelort  der   höheren  Leistungen  der  kirchlichen  Malerei,   mit  jenen  Führichs  obenan. 

Eine  sehr  beachtenswerte  überleitende  Stellung  zwischen  der  älteren  und  der  neueren 
Epoche  nimmt  Ludwig  Förster  ein  (geb.  zu  Bayreuth  1797,  gest.  zu  Wien  1863).  Er  verfügte 
über  eine  ruhig  erwägende  Einsicht  in  künstlerische  Aufgaben,  ohne  sich  in  volle  Originalität 
herauszuwagen;  ein  Zustand,  wie  er  in  einer  an  Anregungen  armen  Übergangszeit  auch  bei  den 
Berufeneren  nicht  anders  vorzukommen  pflegt.  Bei  durchaus  reinlicher  Behandlung  der  Ver- 
hältnisse und  des  Details  treten  darum  die  Försterschen  Bauten  nicht  immer  entschieden  genug 
hervor.  In  seinem  Atelier  treffen  wir  nun  zuerst  Theophil  Hansen  an  (geb.  zu  Kopenhagen  1813, 
gest.  zu  Wien    1891),    der,    eben    33  Jahre    alt,    auf   den    Vorschlag   Staufferts,    des    Stadtbau- 


Abb.  2.    Mittelpartie  vom  Waft'enmuseum  des  Arsenals.    Architekt  Theophil  von  Hansen. 


Ö  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

mcisters  zu  Athen,  von  dort  im  Jahre   1846  nach  Wien  zog,  um  anfangs  zu  Förster  als  dessen 
Kompagnon  sich  zu  gesellen,  ohne  auf  die  Dauer  in  diesem  Arbeitsbündnis  zu  verharren. 

Theophil  Hansen  hat  sich  eine  eigene  Perspektive  in  die  Architektur  geschaffen.  Heimat- 
liche Einflüsse,  seit  Thorwaldsen  nachwirkend,  bestimmten  von  vornher  seine  so  ausgesprochen 
hellenische  Kunstgesinnung.  Griechenland  wurde  für  Theophil  Hansen  während  eines  achtjährigen 
Aufenthaltes  eine  erworbene  Kunstheimat,  nicht  bloß  Ziel  einer  Studienreise.  Dabei  ließ  er  aber 
die  örtlichen  Kunsteindrücke  Griechenlands  als  ein  ungeschiedenes  Ganzes  auf  sich  wirken. 
in  welches  er  neben  dem  klassischen  Tempelstil  auch  den  späteren  christlich-griechischen  Stil 
mit  einbezog.  Er  hielt  die  byzantinische  Kunstweise  wegen  ihrer  wenn  auch  entfernteren  Ab- 
stammung von  der  altgriechischen  gleichfalls  in  Ehren,  und  nach  den  Anregungen,  welche  ihm 
das  Studium  kleinerer  Kirchenbauten  dieses  Stils  in  Griechenland  dargeboten,  bildete  er  sich 
seinen  eigenen,  ganz  persönlich  aufgefaßten  Byzantinismus  durch,  um  gerade  mit  Stilproben 
dieser  Richtung  -  -  ehe  er  zum  klassischen  Hellenismus  zurückging  —  seine  Bautätigkeit  in 
Wien  zu  beginnen.  Entscheidend  hierfür  war  sein  so  bedeutsamer  Anteil  an  dem  Arsenalbau. 
Der  ungeheuere  Komplex  gelangte  in  der  allgemeinen  Anlage  nach  Plänen  von  van  der  Null 
und  Siccardsburg  von  1849 — 1856  zur  Ausführung.  Die  Baulichkeiten,  die  für  technische 
Arbeitszwecke  bestimmt  waren,  erhoben  sich  kaum  merklich  über  den  Kasernencharakter;  doch  in 
den  repräsentativen  Hauptbauten  finden  wir  den  letzteren  höchst  überraschend  aus  dem  Ziegel- 
rohbau heraus  stilistisch  veredelt.  Für  die  Mittelkaserne  mit  der  spätromanischen  Kapelle  trat 
noch  Rösner  ein,  die  Gewehrfabrik  mit  der  Schießstättc  baute  Förster  mit  Hansen.  Architek- 
tonisch sehr  ausdrucksvoll  kommt  zunächst  das  Kommandanturgebäude  von  van  der  Null 
und  Siccardsburg  zur  Geltung,  mit  seinem  malerischen  Burghof  in  frei  behandeltem  roma- 
nischem Stil  —  aber  in  noch  höherer  Steigerung  das  Waffenmuseum  Hansens,  dieses  Pracht- 
stück seines  höchst  eigentümlich  behandelten  Byzantinismus  mit  Beiziehung  gotisierender  und 
moresker  Zierformen  (siehe  Abb.  2).  Dann  folgte  der  überkuppelte  Vorbau  zur  griechischen  Kirche 
auf  dem  Fleischmarkt  und  der  reizvolle  kleine  Zentralbau  auf  dem  Matzleinsdorfer  evangelischen 
Friedhofe.  Hansen  zeigte  sich  in  diesen  seinen  neubyzantinischen  Bauten  sogar  erfindungs- 
reicher als  in  den  nun  folgenden,  die  sich  an  das  klassisch-hellenische  Vorbild  anschlössen, 
weil  er  sich  dort  einem  festen  Kanon  nicht  so  für  verpflichtet  erachtete. 

In  eben  dem  Jahre,  da  der  Arsenalbau  beendigt  wurde  —  im  April  1856  —  erfolgte 
die  Grundsteinlegung  der  Votivkirche.  Damit  tritt  wieder  ein  Hauptarchitckt  der  neuen  Bauära, 
Heinrich  von  Ferstel  (geb.  zu  Wien  1828,  gest.  daselbst  1883),  gleich  anfangs  mit  dem 
entschiedensten  Erfolg  auf  den  Schauplatz  der  architektonischen  Tätigkeit.  Erst  25  Jahre  alt, 
beteiligte  er  sich  kurzweg  an  der  Konkurrenz  für  den  von  Erzherzog  Maximilian  angeregten 
Kirchenbau,  und  auf  einer  Studienreise  durch  Italien  traf  ihn  (1855)  die  freudige  Nachricht, 
daß  er  im  Wettkampf  mit  etwa  75,  zum  Teil  sehr  hervorragenden  Mitwerbern  —  auch  Friedrich 
Schmidt  war  mit  einem  dritten  Preis  darunter  ■ —  den  Sieg  errungen  habe.  Die  Ausführung 
des  Baues  bereitete  Ferstel  allerdings  noch  der  Sorgen  genug  und  vollzog  sich,  zähe  fort- 
schreitend, unter  manchen,  meist  einschränkenden  Veränderungen.  Mit  der  am  24.  April  1879 
eingeweihten  Kirche  erhielt  das  moderne  Wien  als  Seitenstück  zu  der  ehrwürdigen  Hallen- 
kirche von  St.  Stephan  eine  zweite  gotische  Kirche  nach  völlig  durchgebildetem  Kathedralen- 
system mit  erhöhtem  Hauptschiff  und  vollem  Kapellenkranz  um  die  Choranlage.  Die  rein- 
sten Formen  des  auf  seinem  Höhepunkte  angelangten  gotischen  Stils  deutscher  wie  fran- 
zösischer Herkunft  sind  hier  mit  wählerischem  Schönheitssinn  zu  einem  wohlgestimmten  Ge- 
samteindruck vereinigt  —  und  Ferstel  hat  es  hierbei  auch  verstanden,  der  Gotik,  ohne  ihr  an 
Würde  Abbruch  zu  tun,  zugleich  eine  anmutige  Wirkung  abzugewinnen.  Die  Votivkirche  ist 
denn  auch  gegenüber  seinen  späteren  großen  Leistungen,  in  denen  er  zur  Renaissance  über- 
ging, immer  sein  populärster  Bau  geblieben  (siehe  Abb.  3). 

Vorerst  verweilte  aber  der  Künstler  noch  auf  einer  Haltestelle  des  Mittelalters,  jedoch 
bei  voller  künstlerischer  Freiheit.  Ihm  fiel  neuerdings  im  Jahre  1858  der  Bau  des  Bank-  und 
Börsengebäudes,  Ecke  der  Herrengasse  und  Strauchgassc,  zu,  mit  einer  eingeschobenen  kleinen 
Fassade  nach  der  Freiung  hinaus  —  der  erdenklichst  ungünstige  Bauplatz,  dessen  Schwierig- 
keiten aber  Ferstel  meisterlich  bewältigte.  Der  Rückgriff  zum  romanischen  Stil  mag  wohl  bei 
einem  Haus,  das  so  durchaus  modernen,  praktisch-nüchternen  Zwecken  dienen  sollte,  zunächst 
befremdlich  erscheinen.  Freilich  ist  es  ein  Romanismus  ohne  archaistische  Absichtlichkeit  und 
mit  ganz  originell  geführten  Stilvermittlungen :  der  aus  sich  heraus  in  der  schönräumigen 
Halle  des  Erdgeschosses  eine  originelle  rundbogige  Gotik  entwickelt,  gegen  die  Frciung  sogar 
den  eleganten,  etwa  spätromanischen  Aufbau  mit  einem  korinthischen  Hauptgesims  abschließt 


0  . 


Abb.  3.     Hauptportal  der  Votivkirche.    Nach  einer  Handzeichnung  von  Heinrich  von  Ferstel. 


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8  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

und  durch  sinnreiche  Kombination  der  Motive  im  Stiegenhause,  im  Brunnenhof  und  der 
Passage  uns  vielfach  überrascht.  Ferstel  hat  hier,  noch  im  Jugenddrang  des  Schaffens,  ein 
eigenartig  ausgesonnenes  Bauproblem  lösen  wollen,  sei  es  auch  nur  für  den  einzelnen  Fall. 
Es  ist  ein  Versuch,  auf  Stilentdeckung  auszugehen,  den  er  sich  später  nicht  mehr  gestattete. 
So  finden  wir  denn  bis  gegen  Ablauf  des  Jahres  1860  die  neuerwachten  architekto- 
nischen Kunstbestrebungen  von  verschiedenen  Ausgangspunkten  her  bereits  in  vollem  Zuge. 
Es  ist  von  Anbeginn  nichts  Uniformes  in  denselben;  und  gerade  dies  ist  das  Merkmal  lebendig 
vordringender  produktiver  Kräfte. 

III. 

Bekanntlich  datiert  man  in  der  Regel  den  großen  baulichen  Aufschwung  Wiens  von  der 
mit  kaiserlicher  Entschließung  vom  20.  Dezember  1857  angeordneten  Niederlegung  der  Festungs- 
mauern, welche  bis  dahin  die  „Innere  Stadt"  umgürtet  hatten.  Als  hierauf  nach  einer  voran- 
gegangenen Konkurrenz  für  die  Stadterweiterungspläne,  über  welche  an  anderer  Stelle  ge- 
sprochen wurde,  die  Anlage  des  breiten  Ringstraßengürtcls  und  der  parallel  nebenher- 
laufenden  Straßen  festgestellt  war,  wurde  damit  Wien  wie  durch  einen  heilsamen  architek- 
tonischen Staatsstreich  auf  einen  Schlag  in  die  ganz  großen  Verhältnisse  einer  modernen  Metro- 
pole hinübergeführt.  Wir  haben  wohl  den  Beginn  der  neuen  baukünstlerischen  Entwicklung 
Wiens  früher  angesetzt,  und  mit  vollem  Recht:  von  jetzt  an  gehen  aber  die  berufenen  Talente 
nicht  mehr  einzeln,  sondern  in  Gemeinschaft  ans  Werk. 

Der  erste  Monumentalbau,  welcher  an  die  eben  angelegte  Ringstraße  herantrat,  war  das 
Opernhaus  von  van  der  Null  und  Siccardsburg  (1861  — 1869),  nach  dem  Tode  beider 
Meister  vollendet  von  Gugitz  und  J.  Storck.  Die  Gesamtanordnung  und  bauliche  Konstruktion 
gehört  wesentlich  Siccardsburg  an;  van  der  Null  zeigt  sich  zunächst  in  diesem  Bau  —  der 
eine  ganze  architektonische  Leidensgeschichte  mit  tragischem  Ausgang  in  sich  faßt  und  dem 
man  trotz  mancher  Einwendungen  seine  hohe  Bedeutung  keineswegs  absprechen  kann  —  sowohl 
bezüglich  der  allgemeinen  formalen  Haltung  wie  der  Details  so  recht  als  Stilsucher,  der  aus- 
drücklich dem  Traditionellen  aus  dem  Wege  geht.  Wie  er  insbesondere  die  Verbindung  des 
Ornaments  mit  der  Bauform  sich  dachte,  hat  er  da  deutlich  gezeigt.  Die  ornamentalen  Motive 
hatten  für  ihn  einen  ganz  selbständigen  Schönheitswert,  unabhängig  von  ihrem  ursprünglichen 
stilistischen  Nexus;  ihre  Neuverwendung  im  gegebenen  Fall  galt  ihm  als  Sache  der  freien  Kom- 
position nach  subjektiver  Empfindung.  Das  Opernhaus  hat  —  freilich  nur  beiläufig  —  den 
Charakter  eines  Renaissancebaues,  aber  die  Zierformen:  die  in  die  Ecken  eingestellten  Schmuck- 
säulen, die  gewundenen  Wülste  in  den  Arkaturen,  die  Radformen  in  dem  Oberbau  und 
in  den  Fenstern  der  Flügeltrakte  —  sind  meistens  unverkennbar  aus  dem  dekorativen  Vorrat 
der  florentinischen  Spätgotik  herübergenommen.  Immerhin  ist  das  an  sich  Fremdartige  doch  in 
eine  glücklich  wirkende  neue  Zusammenstimmung  gebracht.  Die  Durchbildung  des  Innenbaues 
aber  (mit  der  bewunderungswerten  Anlage  des  Treppenhauses  und  dem  Prachtraum  des  Saales) 
ist  nicht  nur  eine  der  glänzendsten  architektonischen  Leistungen  Wiens,  sondern  überhaupt 
der  ganzen  modernen  Theaterbaukunst. 

Um  nur  kurz  noch  der  weiteren  baulichen  Verdienste  van  der  Nulls  und  Siccardsburgs  zu 
gedenken,  müßte  man  auf  ihre  unermüdliche  projektierende  Bemühung  eingehen,  mit  der  sie 
in  die  Neugestaltung  Wiens  einzugreifen  bemüht  waren.  Doch  da  es  sich  hier  nur  um  das 
Ausgeführte  handelt,  erwähnen  wir  zunächst  das  Warenhaus  der  Firma  Haas,  welches  so 
wirksam  den  Umbug  vom  Graben  gegen  den  Stephansplatz  hin  markiert;  einer  der  reinsten 
Baugedanken  von  durchaus  klarem  Eindruck,  dem  wir  auf  den  Straßen  Wiens  begegnen, 
in  schlanker,  feingliederiger  Renaissance  (siehe  Abb.  4).  Dann  wäre  noch  das  Palais  Larisch  zu 
nennen:  wieder  ein  eigen  gefaßtes  Problem  für  ornamentale  Lösung,  nicht  ohne  feine  Klügelei, 
aber  von  richtigem  Sinn  für  zartes  und  reiches  Detail. 

Wir  müssen  uns  nun  wieder  zu  Hansen  zurückwenden,  dessen  „Heinrichshof"  sich 
gleichzeitig  dem  Opernhaus  gegenüberstellte,  um  auf  einen  guten  Teil  der  ferneren  Ringstraßen- 
architektur vorbildlich  zu  wirken.  Wir  stehen  da  vor  einer  überraschenden  Tatsache.  Der  Archi- 
tekt, dessen  Horizont  sich  anfangs  von  Alt-Athen  bis  zu  Byzanz  hin  künstlerisch  zu  begrenzen 
schien,  findet  mit  einem  Male  für  sein  hellenistisches  Programm  eine  praktische  Anwendung,  mit 
welcher  er  sofort  in  die  Straßenzeilen  des  entstehenden  modernen  Wien  hereinzuwirken  vermag. 
Er  bildet  sich  einen  neuen  Haus-  und  Palasttypus,  der  sogar  zum  mächtigen  Zinshäusergruppenbau 
sich  herauszuwachsen  vermag.  Und  das  konstituierende  Prinzip  der  Formenhaltung  ist  hierbei 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  tüntzig  Jahren.  9 

die  beabsichtigte  Reinigung  der  Renaissance  durch  die  Substituierung  des  ursprünglichen  und 
feineren  griechischen  Details  statt  des  abgeleiteten  römischen  in  den  Zierformen  und  Profilie- 
rungen. Mit  dem  Palais  des  Freiherrn  von  Sina  am  Hohen  Markt  und  dem  evangelischen  Schul- 
hause an  der  Wicdener  Hauptstraße  (1859 — 18öl)  beginnt  so  ziemlich  diese  zweite,  frucht- 
barste Epoche  der  Bautätigkeit  Hansens.  Nebenher  gefiel  er  sich  noch  in  rein  antikisierenden 
Lieblingsideen  (siehe  seinen  Rekonstruktionsentwurf  für  das  Burgtor,  Abb.  5);  doch  jene  eben 
bezeichnete,  gleichsam  vermittelnde  Tendenz  klärte  sich  zum  edelsten  Geschmack  im  Palast  des 
Deutschmeister-Ordens  am  Parkring  (1864)  und  fand  weiter  einen  charakteristischen  Ausdruck 
in  dem  Giebelbau  wie  in  den  goldgleißenden  Sälen  des  Musikvereinsgebäudes  (1867 — 1869). 
Sonst  erwies  sich  der  formenstrenge  Hellenist  in  seinen  weiteren  Zinshausbauten  und 
Palästen  (ehemaliges  Palais  Epstein,  Haus  von  Ephrussi  u.  s.  f.)  durchaus  als  Praktiker  und 
echt  moderner  Baukünstler:  er  disponierte  auch  seine  Bauten  in  dem  großen  Rhythmus  der 
Verhältnisse  entschieden  nach  den  Prinzipien  der  Renaissance,  wenn  er  auch  statt  der  Säulen- 
ordnungen Vignolas  stets  seine  griechischen  Originalsäulcn  —  mit  Vorliebe  die  attisch-ionische 
und  die  korinthische  vom  Lysikratesdenkmal  (siehe  Abb.  6)  —  setzte  und  von  weiblichen 
Gewandfiguren  als  Gebälkträgerinnen  (nach  dem  Vorbild  der  herrlichen  Karyatidenhalle  des 
Erechtheion)  einen  ausgiebigen  Gebrauch  machte.  Den  römischen  Umbildungen  der  griechi- 
schen Säulentypen  ging  Hansen  grundsätzlich  aus  dem  Wege  und  bediente  sich  aushilfsweise 
nur  der  römisch-dorischen  Säule  wegen  der  ihm  in  gewissen  Fällen  unentbehrlichen  Basis; 
so  am  Portalbau  der  Akademie  der  bildenden  Künste  und  in  der  Aula  daselbst,  ferner  in 
der   unteren  Säulenstellung  des  Saales  der  mit  Karl  Tietz  erbauten  Börse. 

Bereits  in  dieser  Epoche  hatte  Hansen  das  stärkste  Verlangen  nach  Goldglanz  und 
Farbe  zur  Vervollständigung  der  architektonischen  Wirkung.  Am  obersten  Geschoß  des  Heinrichs- 
hofes —  in  welchem  Bau  er  übrigens  vermöge  der  Bewältigung  und  Verteilung  der  Massen 
ein  echtes,  volles  Renaissanceproblem  löste  —  durfte  er  sich  farbige  Fruchtgehänge,  kolorierte 
Wandstreifenornamente  auf  goldigem  Grund  gestatten,  zuletzt  als  höchsten  Festschmuck  die 
mitten  im  Golde  schwebenden,  leider  stark  nachdunkelnden  Frauengestalten  Rahls.  Mit  diesem 
Künstler  verbündete  sich  Hansen  seit  jeher  gern;  so  schon  im  Waffenmuseum  des  Arsenals, 
dann  in  der  glänzenden  Ausstattung  der  Wohnungsräume  des  noch  mit  Ludwig  Förster  ge- 
meinsam erbauten  Palais  Todesco  (1861  — 1864).  —  Es  ist  bemerkenswert,  wie  künstlerisch 
ideale  und  rein  praktische  Absichten  zuweilen  ineinanderlaufen.  Mit  dem  Heinrichshof  gelangte 
der  „zweite  Stil"  Hansens  sogar  zur  autoritativen  Geltung  für  die  Bauspekulation;  er  wurde  bald 
der  Normalstil  für  die  Baugesellschaften.  Kalkül  und  Geschmack  verständigten  sich  da  sehr  rasch. 

In  die  unmittelbare  Nähe  Hansens  trat  damals  Karl  Tietz  (geb.  zu  Jastrow  in  Preußen,  gest. 
in  Döbling  1874),  mit  einer  gewissen  freieren  Formenbeweglichkeit  der  antikisierenden  Richtung 
Hansens  sich  anschließend.  Von  ihm  stammen  das  Palais  Schlick  in  der  Rossau,  das  Grand 
Hotel  am  Kärntnerring  (1866),  das  Kleinsche  Haus  an  der  verlängerten  Wollzeile,  mehrere 
Häuser  in  der  Maximilianstraße.  Neben  Tietz,  mehrfach  wieder  dem  durchschnittlichen  moder- 
nen Renaissancetypus  sich  nähernd,  traten  Heinrich  Claus  und  Josef  Groß  hinzu:  mit  dem 
Römischen  Bad,  der  Polizeidirektion  am  Schottenring  (vorerst  als  Hotel  gebaut),  dem  Hotel 
Britannia  (jetzt  Justizministerium)  am  Schillerplatz  u.  s.  f. 

Bei  diesen  Architekten  und  einer  derselben  verwandten  Gruppe  gibt  sich  die  Anlehnung 
an  bestimmte  künstlerische  Impulse  in  verschiedenen  Abstufungen  zu  erkennen,  während  zu 
gleicher  Zeit  eine  andere  Linie  der  Entwicklung  beginnt:  die  der  selbständig  gepflegten 
Baupraxis,  welche  aus  sich  heraus  einen  eigenen  kunstgemäßen  Ausdruck  zu  gewinnen  sucht. 
Ohne  tiefergehende  Stilabsichten,  war  es  damit  zuvörderst  auf  Geschmack  im  Arrangement, 
auf  gefällige,  womöglich  effektvolle  Erscheinung  abgesehen.  Aus  einer  derartigen  Auffassung 
resultierte  denn  für  das  baulustige  Wien  dieser  Epoche  eine  eigene,  fröhliche  Richtung  der 
Renaissance,  teils  von  italienischer,  teils  von  französischer  Herkunft  der  Motive,  mit  dem  aus- 
gesprochenen Zug  nach  Opulenz,  mit  einem  glücklichen  Geschick  für  wechselreiche,  deko- 
rative Inszenierung.    Man  kann  dies    als  Merkmale    der  „Wiener   Renaissance"   bezeichnen. 

Johann  von  Romano  (geb.  zu  Konstanz  1818,  gest.  1882)  und  August  von  Schwenden- 
wein (geb.  zu  Wien  1817,  gest.  1885)  sind  die  Führer  dieser  Richtung,  die  bald  Nachfolge 
fand.  Zu  ihren  charakteristischen  Bauten  gehören  in  erster  Reihe  die  Palais  des  Freiherrn 
von  Schey  (1866),  des  Fürsten  Colloredo-Mannsfeld,  die  Häuser  von  N.  von  Dumba, 
V.  von  Ofenheim,  das  adelige  Kasino  am  Kolowratring  (1867),  das  von  Wienersche  Haus 
am  Schwarzenbergplatz,  das  Palais  des  Grafen  von  Henckel-Donnersmarck  (1871)  u.  a.  m. 
Romano  und  Schwendenwein  waren  so  recht  die  Architekten  für  reiche  Leute  und  verstanden 


10  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

sich  auf  ein  repräsentatives  Bauen.  Vorher  stellte  sich  schon  A.  Hefft  ein  mit  dem  in  seiner 
Vornehmheit  doch  etwas  nüchternen,  nur  durch  seine  Pavillondächer  sich  hervorhebenden 
neuen  Palais  des  Erzherzogs  Albrecht  (1861);  dann  Zenetti  und  Heinrich  Adam  mit  dem 
distinguierten  Bau  des  Palastes  des  Herzogs  Philipp  von  Württemberg  am  Kärntnerring,  jetzt 
Hotel  Imperial  (1866).  Jener  früheren  Epoche  gehört  auch  das  in  der  ursprünglichen  Anlage 
edelwirkende,  an  Sansovino  leichthin  erinnernde  Künstlerhaus  von  August  Weber  an  (eröffnet 
am  1.  September  1868),  später  mehrfach  erweitert;  dann  vorher  noch  der  Kursalon  im  Stadt- 
park von  J.  Garben  (1867),  ein  Stück  üppiger  französischer  Gartenarchitektur. 

IV. 

Ehe  wir  dieser  im  modernen  Wien  vorherrschenden  Baurichtung  weiter  nachgehen, 
müssen  wir  vorerst  an  einen  unserer  großen  Architekten  herantreten,  der  durch  seine  starke 
Persönlichkeit  und  Willenskraft  einen  entscheidenden  Einfluß  sich  fast  zu  erzwingen  verstand:  dies 
war  Friedrich  von  Schmidt  (geb.  zu  Frickenhofen  in  Württemberg  1825,  gest.  zu  Wien  1891). 
Wie  Hansen  von  Athen  herüberkam,  so  stieg  Schmidt,  der  „deutsche  Steinmetz",  von  den 
Gerüsten  des  Kölner  Domausbaues  (unter  Zwirner)  herab,  um  dann  über  Berlin,  Quedlinburg 
und  über  Crefeld  im  Jahre  1857  seinen  Weg  nach  Österreich  zu  finden,  wo  er  —  merkwürdig 
genug  —  zuerst  als  Lehrer  an  die  Kunstakademie  in  Mailand  berufen  wurde.  Sein  ganzes  Be- 
streben war  darauf  gerichtet,  die  Gotik  als  aktuelle  Baumacht  ebenso  in  der  Gegenwart  zur  Geltung 
zu  bringen,  wie  Hansen  in  gleichem  Sinn  seine  Antike  durchzusetzen  bemüht  war.  Was  sonst 
bis  dahin  in  Wiener  Neugotik  von  Rösner  bis  auf  Bergmann  (von  letzterem  die  Elisabethkirche 
auf  der  Wieden)  getan  wurde,  ging  über  eine  gewisse  solide  Tüchtigkeit  nicht  hinaus.  Schmidts 
stilistisches  Programm,  obgleich  er  wohl  auch  nicht  mit  hochgestellten  Aufgaben  begann,  gab 
sich  jedoch  in  seiner  Bedeutsamkeit  von  einem  Bau  zum  anderen  immer  deutlicher  zu  er- 
kennen. Er  führte  zunächst  eine  stattliche  Reihe  von  Kirchenbauten  aus,  und  nur  ein  nicht- 
kirchlicher  Bau  —  die  ziemlich  hart  und  trocken  geratene  Schulburg  des  akademischen  Gym- 
nasiums -  -  trat  inzwischen  herein.  Schmidts  Kirchen  entstanden  je  nach  Bedarf  in  den  Vor- 
städten und  damaligen  Vororten:  die  Lazaristenkirche  an  der  Mariahilfer  Linie  (1862),  die 
St.  Otmar-Kirche  unter  den  Weißgerbern  (1872),  die  Pfarrkirche  in  der  Brigittenau  (1874), 
die  geistreich-originelle  Kuppelkirche  in  Fünfhaus  (1875)  und  eine  zweite  Kirche  der  Laza- 
risten  in  Währing  (1878).  In  jeder  derselben  löste  der  Meister  ein  selbständig  erfaßtes  kon- 
struktives Problem  bei  größter  Sparsamkeit  in  den  Baumitteln  (Ziegelrohbau  mit  Haustein  an 
den  Ecken  und  Gliederungen).  Eine  um  die  andere  dieser  Kirchen  ist  —  je  nach  ihrer  Art  — 
ein  sehr  charakteristisches  Lehrexempel  einer  neuerstandenen,  wieder  produktiv  gewordenen 
Gotik.  Das  Verhältnis,  in  welches  sich  Schmidt  zu  seiner  Aufgabe  gestellt  hat,  ist  ein  völlig 
eigentümliches  und  muß  als  solches  scharf  genommen  werden.  Er  hat  nicht  in  den  fertigen 
Formenschatz  des  gotischen  Stils  mit  bequemer  Hand  hineingegriffen;  er  faßte  seine  Gotik  an 
der  Wurzel,  nicht  an  den  Ranken  und  an  der  Blüte;  er  wollte  sie  aus  ihrem  Fundament 
heraus  wieder  aufwachsen  lassen  und  aus  ihren  konstruktiven  Prinzipien  neu  beleben.  Hierin 
unterscheidet  sich  Schmidt  sehr  bestimmt  von  Ferstel,  welcher  in  seiner  Votivkirche  eine  Antho- 
logie jener  gotischen  Motive,  die  ihm  als  die  schönsten  galten,  eklektisch  zusammenstellte. 
Schmidt  weicht  mit  Absicht  den  verfeinerten  und  geschmeidigeren  Formen  aus,  welche  dem 
Höhepunkt  des  Stils  oder  gar  der  Spätgotik  angehören;  er  hält  sich  an  den  Stil  dort,  wo  der- 
selbe am  derbsten  und  herbsten  ist,  damit  er  ja  von  seinem  Charakter  nichts  einbüße.  Daher 
sein  häufiges  Zurückgreifen  auf  die  Frühgotik  bis  zu  jenem  Punkt,  wo  sie  sich  kaum  erst  vom 
romanischen  Stil  losgelöst  hat.  Daher  denn  auch  seine  Vorliebe  für  massige  Rundpfeiler  mit 
Kleeblättern  an  den  Basisecken  in  der  Hallenanlage  (schon  im  akademischen  Gymnasium,  auf 
höherer  Stufe  in  den  Arkaden  des  Rathauses  nach  der  Straße  und  im  Hof);  daher  ferner  die 
einfachste  und  strengste  Anordnung  der  Dienste  an  den  Bündelpfeilern  seiner  Kirchenschiffe, 
sowie  die  möglichste  Vereinfachung  des  Maßwerkes;  dagegen  wieder  die  Umbildung  des  Stab- 
werkes in  kräftige  Klcinsäulen  mit  Blätterkapitälchen  u.  s.  f.  Deutlichkeit  und  entschiedener 
Ausdruck  der  Konstruktion  war  für  Schmidt  die  Hauptsache,  doch  oben  in  der  Höhe  des 
Baues,  in  der  luftigen  Abschlußarchitcktur  wird  der  strenge  Konstruktor  zum  Baupoeten,  zum 
Romantiker.  Wir  brauchen  nur  auf  die  phantasievollen  Turmbildungen  des  Rathauses  hinzu- 
weisen, das  uns  an  späterer  Stelle  noch  beschäftigen  soll. 

Die  Würdigung  der  restauratorischen  Tätigkeit  Schmidts  als  Dombaumeister  gehört  eigent- 
lich nicht  in  diesen  Zusammenhang,  doch  können  wir  seine  rettende  Tat  am  Stephansturm 
nicht  unberührt  lassen,  dessen  Helm  er  durch  ein  Meisterstück  der  Rekonstruktion  wieder  aufrichtete. 


'    " 


. 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 


11 


Abb 


4.   Mittelrisalit  vom  Haasschen  Warenhaus. 
Architekt  Eduard  van  der  Null. 


Indes  Fr.  Schmidt  von  einem  Bau  zum  nächsten 
sein  gotisches  Problem  tiefer  ergründete,  vollzog  sich 
der    Übertritt  Ferstels    zur  Renaissance.    Nach    der 
Romantik    seines   jugendlichen  Schaffens    wurde    sie 
der  Stil  seiner   männlichen  Reife.  Jene  Prozesse  des 
Stilübergangcs,  die  im  Verlaufe  der  früheren  Kunst- 
perioden   historisch    bedingt  waren,    vollziehen  sich 
heutzutage  bei  bestimmtem  Anlaß,    man   darf  sagen, 
psychologisch  in  dem  persönlichen  Bewußtsein  des- 
selben Künstlers.  So  bei  Ferstel.   Er  wollte  eben  im 
Dienste  der  Zeit  und  in  dem  ihr  zunächst  gemäßen 
Stil  bauen.    An    seinen    ersten    neuen  Stilproben  im 
Palastbau  der  Renaissance,  dem  fürstlich  vornehmen 
Palast  des  Erzherzogs  Ludwig  Viktor  am  Schwarzen- 
bergplatz    (1866)    und    dem    bürgerlich    einfacheren 
des  Wertheimschen  Hauses  vorbei   gelangen   wir  zu 
seinem  Gebäude  des  Österreichischen  Museums   für 
Kunst    und    Industrie    am    Stubenring    (1871),    der 
nächsten  Meisterleistung  in  dem  neu  errungenen  Stil. 
Die    äußere    Architektur    ist    prunklos,     doch     von 
schlichter,  edler  Gediegenheit;  Ziegelrohbau    mit  ge- 
mäßigter,   aber   kräftig   wirkender  Verwendung    von 
Quadersteinen.  Die  einfach-edle  Dekoration  mit  Majo- 
likamedaillons und  Sgraffitos  ist  bezeichnend  für  die 
Bestimmung  des  Gebäudes.  Den  Eindruck  des  Innen- 
baues konzentrierte  Ferstel  in  der  herrlichen  Anlage 
des  Arkadenhofes    (oder   eigentlich    eines   hofartigen 
Oberlichtsaales    von    zwei     Säulengeschossen),     um 
welchen  sich    ringsum  alle    anderen  Räume    trefflich 
gruppieren.  Die  Disposition  dieses  Innenraumes  hatte 
für  Ferstel  geradezu  die  Bedeutung  eines  Programmes 
für  sein  Verhältnis  zur  Renaissance.  Er  bekennt  sich 
da  deutlichst  zu  Bramante,  indem  er  dessen   Cancel- 
leriahof  (nur  mit  Anwendung  einer  anderen  Säulen- 
ordnung) wie  im  Auszug  frei  nachbildet.  In  dem  fast 
gleichzeitigen    Bau    des    Chemischen    Laboratoriums 
(Währingerstraße)    übertrug   er   auch  mit    sichtlicher 
Pietät  das  glatte  Lisenensystem  von    der  Fassade  der 
Cancelleria  oder  des  Palazzo  Giraud  aus  dem  römi- 
schen Travertin  in  unseren  Ziegelrohbau  und  repro- 
duzierte   daselbst    im  Erdgeschoß    getreu    die    echte 
bramanteske  Fensterbildung. 

Während  Ferstel  moderner  Cinquecentist  wird, 
sehen  wir  einen  anderen  hochbegabten  Architekten, 
der  bald  auch  in  die  erste  Reihe  treten  soll,  gleichfalls 
entschlossen,  aber  wieder  in  anderem  Sinne,  den 
Kunstweg  der  Renaissance  betreten.  Wir  meinen  Karl 
von  Hasenauer  (geb.  zu  Wien  1833,  gest.  daselbst 
1894).  Aus  der  Schule  van  der  Nulls  hervorgegangen, 
machte  er  sich  auf  seinen  umfassenden  Studienreisen 
mit  den  italienischen  Stilformen  früherer  und  späterer 
Epochen  und  gleicherweise  mit  der  neufranzösischen 
Architektur  vertraut.  Den  Stil  in  seiner  Fülle  und 
seinem  Glänze  zunächst  zur  vollen  Geltung  zu  brin- 
gen, war  nun  sein  ausgesprochenes  Bestreben.  Schon 
ein  früher  Bau  von  ihm,  der  Aziendahof  am  Graben 


12 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 


(1867),  ist  in  der  bezeichneten  Richtung  charakteristisch;  übrigens  das  erste  Beispiel  für  die 
Fassade  eines  Privathauses  mit  Marmorbekleidung  und  für  die  Abdeckung  des  Hofes  mit  einer 
Glaskuppel.  Zu  bedeutendem  Ausdruck  kommt  dann  die  individuelle  Stilauffassung  Hasenauers 
in  dem  Palast  des  Grafen  von  Lützow.  Fürstlich  vornehm  zeigt  sich  ferner  sein  dekorativer 
Geschmack  im  kaiserlichen  Schloß  nächst  Lainz  und  nebenher,  verschieden  abgestuft,  in 
mehreren  Villen.  Seine  rasche  Konzeption  für  leicht  faßliche,  repräsentative  Baueffektc  ließ 
ihn  als  den  berufenen  Architekten  für  die  Weltausstellungsbauten  im  Jahre  1873  an  die 
richtige  Stelle  treten. 

Inzwischen  wurde  in  Wien  für  den  Hauptbcdarf  in  allen  Spielarten  der  Renaissance 
fortgebaut.  Es  ist  jedenfalls  erfreulich,  auf  diesem  Wege  älteren  wie  jüngeren  Architekten  zu 
begegnen,  welche  die  Renaissance,  die  sich  bei  bloß  äußerlicher  Handhabung  leicht  zum  Aller- 
weltsstil  verflacht,    mit    persönlichem  Zug    zu    fassen  bemüht    waren.    So    hat     Andreas  Streit 


Abb.  5.    Rekonstruktionscntwurf  für  das  Burgtor  von  Th.  von  Hansen  (1S64). 

die  vornehme  Hausanlage  mit  Vorplatz  und  Flügelbauten  (Palais  Miller  von  Aichholz  in  der 
Heugasse)  glücklich  durchzubilden  verstanden.  Friedrich  Schachner  zeigt  an  den  Palais 
Nakö,  Erlanger,  Pranter  (jetzt  Philipp  Haas),  Prantsch  (jetzt  Wittgenstein)  in  der  Allee  - 
gasse  u.  a.  einen  entschiedenen  Sinn  für  ruhig  haltungsvolle  Anordnung  des  Außenbaues; 
daneben  können  ebenso  das  Hugo  Ernstsche  Haus  in  der  Gußhausstraße  wie  jenes  des  Herrn 
Bratmann  in  der  Richardgasse  als  treffliche  Beispiele  einer  intimen  Indivualisierung  der  Wohn- 
räume gelten.  Otto  Hieser,  Schüler  der  Academie  des  beaux  arts  in  Paris,  leider  jung  ge- 
storben, wußte  seiner  Renaissance  manche  feine  Wirkung  abzugewinnen:  so  in  dem  pikanten 
halbrunden  Ausbau  mit  Karyatiden  an  einem  Haus  der  Gußhausstraße,  dann  in  dem  Schlöß- 
chen des  Grafen  Harnoncourt  im  Prater.  Ein  sehr  stattlicher  Repräsentationsbau  ist  der  Palast 
der  deutschen  Botschaft  in  der  Metternichgasse  von  Rumpclmeyer,  wie  überhaupt  dieser 
Architekt  den  vornehm  aristokratischen  Bautypus  bis  in  die  Spätrenaissance  hinein  mit  Ver- 
ständnis zu  erfassen  wußte.  Das  Amtsgebäude  als  Palast  zu  charakterisieren,  wurde  ebenfalls 
versucht.  So  sorgte  Wilhelm  D oderer  mit  Erfolg  dafür,  den  Palast  des  Landes-Generalkom- 
mandos  von  der  sonst  herkömmlichen  Nüchternheit  militärischer  Staatsbauten  zu  befreien.  Als 
ein  Vereinspalast  in  stattlichem  Palladiostil  präsentiert  sich. das  Doppclhaus  des  Österreichi- 
schen Ingenieur-  und  Architekten-Vereines  und  des  Gewerbe-Vereines  in  der  Eschenbachgasse 
von   Otto  Thienemann  (1872). 

Erfreulich  ist  übrigens  auch  die  Wahrnehmung,  daß  inmitten  des  Andranges  materieller 
Tendenzen  gerade  die  Häuser  für  Geldinstitute  einen  künstlerischen  Charakter  zeigen,  sich 
gleichsam  als  Paläste  der  Assoziation  architektonisch  vornehm  präsentieren:  so  die  Verkehrs- 
bank von  Schachner,  die  vortrefflich  disponierte  Länderbank  von  Otto  Wagner.  In  der 
Bodenkreditanstalt  (Tcinfaltstraße)  hat  Emil  von  Förster  den  Typus  des  Rustikapalastcs  der 
florentinischen  Frührenaissance  mit  bestem  Erfolg  auch  in  die  Reihe  unserer  historischen 
Stilreminiszenzen  eingeführt.  -  -  Die  verbreiterte  Kärntnerstraße,  fast  Haus  um  Haus  gänzlich 
modernisiert,  gehört  jetzt  ausschließlich  dem  Geschäftsverkehr  in  seiner  Hauptströmung  an. 
Sie  ist  so  recht  die  Straße  der  Warenhäuser  geworden,  von  denen  jenes  der  Firma  Wahliss 
-  das  sogenannte  Porzcllanhaus  --  vom  Architekten  Korompay,  bei  einer  gewissen  klugen 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünf/.ig  Jahren. 


13 


Absicht,  diese  Bauspczics  zu  stilisieren,  mit  guter  Materialwirkimg  behandelt  erscheint.  Nun 
folgt  eines  dieser  Verkaufshäuscr  dem  anderen  nach.  Das  Schaufenster  ist  da  zum  konstitu- 
ierenden Motiv  des  ganzen  Baues  geworden;  die  Architektonik  bildet  nur  die  Einrahmung  für 
den  geschäftlichen  Zweck.  Immerhin  wäre  es  interessant,  es  weiter  zu  verfolgen,  wie  findig 
und  zum   Teil  erfindungsreich  sich  der  Bausinn    hier   mit  dem  Industrialismus  verständigt  hat. 


Auf  die  Stilform  der  deutschen  Renaissance,  die  denn  auch  mit  verschiedenen 
Anläufen  sich  gelegentlich  einstellte,  führt  uns  nun  der  Gang  unserer  Betrachtung.  Es  war 
der  Stil  des  vrohlgcstcllten  Bürgertums  von  ehedem,  der  in  Wien  durch  den  Hof-  und 
Adelsstil  des  Barocks  im  17.  und  18.  Jahrhundert  wie  hinweggefegt  wurde;  der  letzte  Gedenk- 
bau jener  Herkunft,  das  Pachnerschc  Haus  am  Graben  mit  seinem  dreigeschossigen  Arkadenhof 
und  dem  spätgotischen  Stiegenturm  in  der  Ecke  —  fiel  der  modernen  Bauspekulation  zum 
Opfer  und  wurde  dem  Neubau  des  Grabenhofes  (von  Thienemann)  zulieb  demoliert.  Seit  1873 
meldete  sich  die  deutsche  Renaissance  nur  episodisch  an,  gleichsam  als  Amateurstil,  zuerst  in 
dem  neuen,  eleganten  Quartier  des  vierten  Bezirkes,  nächst  der  Alleegasse,  um  dann  im  Jahre 
1880  am  Maximilianplatz,  in  einem  Fall  auch  am  Stephansplatz  vorläufig  innezuhalten.  Wohl 
die  erste  Stilprobe  dieser  Gattung  war  das  reizend  intime  Wohnhaus  Plösslgasse  Nr.  2 
(von  H.  Ernst  und  L.  Wächtler);  dann  folgten  nach:  das  Haus  Karolinengasse  Nr.  16a 
(Alois  Wurm);  ein  sehr  gefälliges  Zinshaus,  Strohgasse  Nr.  11  (Franz  Roth);  das  behag- 
liche Familienhaus  in  der  Veithgasse  von  Josef  von  Wieser.  Anläßlich  der  Vollendung 
der  Votivkirche  nahm  Ferstel  vorübergehend  auch  Stellung  zur  deutschen  Renaissance. 
Es  kam  ihm  in  diesem  Fall  darauf  an,  daß  die  Ausgestaltung  des  Maximilianplatzes,  der 
das  Chorhaupt  und  die  Seiten  der  Kirche  umfaßt,  einen  passenden  Rahmen  für  die  Archi- 
tektur derselben  bilde;  und  dafür  schien  ihm  denn  mit  Recht  diese  Stilart  am  geeignetsten 
zu  sein.  Zwei  Giebelhäuser,  konsequent  durchgebildete  Lehrbeispiele  dieses  Stils,  sind  von 
Ferstel  selbst:  die  Pfarre  und  das  Haus  Nr.  10,  in  welchem  er  zuletzt  wohnte.  Die  Häuser,  welche 
am  Rande  den  Platz  gegen  die  Universitätsstraße  einerseits  und  gegen  die  Währingerstraße  ander- 
seits abschließen,  haben  Arkaden;  jenes,  in  einfach  edlen  Verhältnissen  angeordnet,  ist  wieder 
von  Ferstel,  das  letztere  von  Emil  von 
Förster,  der  hier  den  Eindruck  durch 
Diamantquadern  im  Erdgeschoß  und  Säu- 
len darüber  ins  Palastartige  zu  steigern 
suchte.  Später  griff  man  wieder  zu  dieser 
Stilgattung  zurück  —  zunächst  wegen  des 
Bedarfes  der  Formenabwechslung  bei  der 
anwachsenden  Bautätigkeit.  Motive  dieses 
Stils  vereinigte  J.  Deininger  zu  neuem, 
eigenartigem  Gesamteindruck  im  van 
Swieten-Hof  (Rotenturmstraße).  Hie  und 
da  gotisiert  die  deutsche  Renaissance  in 
einer  weiteren  Spielart  (wie  in  dem  Anna- 
hof mit  seinen  Erkern  und  altdeutsch 
verschnörkelten  Wandbildern  oder  voll- 
ends in  den  abenteuerlich  pittoresken 
Formen  des  Hotels  Meißl  &  Schadn  von 
Hofmeier).  Nicht  ohne  einen  gewissen 
Effekt  verbindet  sie  sich  ein  andermal 
mit  barocker  Dekoration,  wie  an  dem 
Rothbergerschen  Geschäftshaus  am  Ste- 
phansplatz (von  Fellner  &  Helmer).  Am 
meisten  befremdend  wirkt  die  Anwendung 
der  deutschen  Renaissance  auf  die  Theater- 
anlage beim  Kaiser-Jubiläums-Stadttheater 

mit  Giebel,  Ecktürmen  und  bauchiger  Ausrundung  des  Baues,  obgleich  man  den  Mut  der  seltsamen 
Originalität  dabei  immerhin  gelten  lassen  mag  (Architekten:  Baron  Krauß   und  A.  Graf). 

Wir  kommen  immer  mehr  in  den  vollen,  breiten  Zug  der  Vielbauerei.  Für  die  verschie- 
densten   Bedürfnisse    mit    einer    überraschend    prompten    Verfügung    über    bequem    adaptierte 


Abb.   6. 


Kapital    vom    Parlamentsgebäude.    Nach    einer    naturgroßen 
Handzeichnung  von  Theophil  von  Hansen. 


14  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

Stilformen  standen  Ferdinand  Fellner  und  sein  Kompagnon  Hermann  Helmer  mit  ihrem  wohl- 
bcstelltcn  Atelier  jederzeit  in  Bereitschaft;  neben  ihrer  bewährten  Spezialität  im  Theaterbau- 
fach, von  welcher  sie  hierorts  im  Stadttheater  von  früher  her  und  im  Volksthcater  allbekannte 
Proben  graben,  entwickelten  beide  Architekten  noch  sonst  an  Ort  und  Stelle  eine  erstaunlich 
vielseitige  Bautätigkeit.  Die  Sternwarte  in  Währing,  das  sogenannte  „Eiserne  Haus"  in  der 
Kärntnerstraße,  das  Thonetsche  Haus  am  Stephansplatz,  das  mit  Marmor  verkleidete  Palais 
der  Herzogin  de  Castrics  in  der  Rotenturmstraße,  das  Wohnhaus  von  Josef  Sturany  mit  den 
Portalfiguren  von  Kundmann  am  Schottenring  wären  hier  zuvörderst  anzuführen.  In  diesen  und 
so  manchen  anderen  Bauten  verstanden  es  Fcllner  und  Helmer,  bei  großer  Beweglichkeit  der 
Formenwahl  einen  an  Abwechslung  reichen  und  auf  die  gute  Gesamtwirkung  wohlberechneten 
Eindruck  zu  erzielen;  in  einzelnen  Fällen  faßten  sie  auch  die  Aufgabe  feiner  und  strenger, 
so  z.  B.  in  dem  Palais  des  Grafen  Lanckoronski  (Jacquingassc).  Für  den  Privatbau  stellt 
durch  außergewöhnliche  Leistungsfähigkeit  ganz  besonders  Ludwig  Tischler  seinen  Mann. 
Er  war  von  1869 — 1874  als  Chefarchitekt  der  Wiener  Baugesellschaft  tätig  und  kann  die  Ziffer 
von  mehr  als  150  Bauten  nachweisen.  Ein  rasches  Eingehen  auf  verschiedene  Bedürfnisse,  ein 
praktisch  durchgeübter  Baugeschmack,  soweit  auf  denselben  reflektiert  wird,  stehen  diesem 
Architekten  jederzeit  zu  Gebote. 

VI. 

Wir  müssen  in  unserer  Darstellung  nunmehr  zu  jenen  vorläufig  abschließenden  Bauschöpfun- 
gen übergehen,  in  welchen  sich,  von  verschiedenen  Seiten  ausgehend,  das  architektonische 
Können  der  ganzen  Epoche  zum  vollsten  Ausdruck  bringt.  Dies  konnte  nur  in  Monumental- 
bauten geschehen.  Durch  ein  glückliches  Zusammentreffen  der  Bauaufträge  reihen  sich  dieselben 
vom  Burgring  bis  ans  Ende  des  Franzensringes  in  unmittelbarer  Folge  aneinander.  Um  den 
Rathauspark  stellen  sich  zunächst  jene  machtvollen  Bauwerke,  in  welchen  die  bauschöpferische 
Kraft  der  Haupt-Architekten  Wiens:  Hansen,  Schmidt,  Ferstel,  denen  wir  bis  jetzt  auf  den 
einzelnen  Stationen  ihres  Kunstganges  folgten,    sich    imponierend    zusammenfaßt. 

Hansens  Reichsratsgebäude  (eröffnet  4.  Dezember  1883)  ist  in  vollem  Sinne  ein 
Bekenntnisbau  seiner  künstlerischen  Gesinnung.  Seine  nächste  Vorstufe  dafür  war  die  von 
ihm  in  reinem  antikem  Tempelstil  erbaute  Akademie  der  Wissenschaften  in  Athen,  welche 
schon  viel  früher  entworfen  und  begonnen,  aber  unter  verschiedenen  Hemmungen  erst 
nach  unserem  Reichsratsbau  vollendet  wurde.  Wohl  hätte  man  glauben  sollen,  daß  ein  Ge- 
bäude von  so  modern  aktueller  Bestimmung,  wie  das  Parlamentshaus,  nicht  auch  eine  ähnliche, 
fast  eigensinnig  klassische  Ausgestaltung  finden  könne:  und  dennoch  führte  hier  Hansen  ebenso 
seine  gesäultc  und  gegiebelte  Tcmpelarchitektur  durch,  nur  für  die  beiden  Saalbauten  den  zwei- 
geschossigen Palasttypus  (obenan  mit  plastisch  geschmückten  Attiken)  sich  vorbehaltend.  Doch 
eben  diese  Art  der  Gruppierung  ist  überraschend  eigentümlich  und  genial.  Modern  ist  übrigens 
trotz  allem  Purismus  der  hellenischen  Formcnhaltung  die  ganze  Bauanlage  in  bezug  auf  das 
architektonisch  Wesentliche  der  Planbeherrschung,  der  Großartigkeit  und  doch  auch  Über- 
sichtlichkeit der  räumlichen  Disposition,  die  weit  über  das  einfache  antike  Schema  hinausgeht. 
Für  diesen  seinen  Hauptbau  in  Wien  regte  sich  denn  bei  Hansen  wieder  im  höchsten  Maße 
seine  alte  Sehnsucht  nach  Farbe  und  Vergoldung,  die  ihm  hier  zur  Komplettierung  der  exakt 
griechischen  Formengebung,  wie  an  seiner  Akademie  zu  Athen,  geradezu  unentbehrlich  schien. 
In  der  äußerst  fein  gestimmten  Polychromic  im  Inneren  und  dem  Goldglanz  der  Kapitale 
der  mittleren  Prachthalle  konnte  der  Meister  wohl  dieses  Bedürfnis  stillen,  aber"  im  Außenbau 
mußte  er  zu  seinem  Schmerz  darauf  verzichten.  Wir  haben  es  eben  nicht  zu  bedauern.  Wenn 
Phöbus  im  Süden  Formen  und  Farben  hervorruft,  so  löscht  Jupiter  Pluvius  letztere  in  unserem 
Norden  wieder  aus. 

Wir  wenden  uns  nun  dem  Rathaus  zu,  dessen  Schlußsteinlegung  am  12.  September  1883 
erfolgte.  Auch  Friedrich  von  Schmidt  hatte  hier  mit  seiner  Gotik  nicht  minder  zu  einer 
durchaus  modernen  Aufgabe  Stellung  zu  nehmen  wie  Hansen  im  Reichsratsgebäude  mit  seinem 
klassischen  Hellenismus:  Der  Kommunalpalast  in  unseren  Tagen,  die  Behausung  für  die  Re- 
präsentanz und  das  vielfach  ausgebreitete  Verwaltungswesen  einer  Großstadt  stellt  etwas  wesent- 
lich anderes  vor  als  das  mittelalterliche  Rathaus  der  deutschen  Reichsstädte  oder  das  zwischen 
dem  14.  und  16.  Jahrhundert  so  glänzend  entwickelte  Stadthaus  der  Spätgotik  in  den  Nieder- 
landen. Auf  die  intimeren  Reize  dieser  von  Stadt  zu  Stadt  sorgsam  gepflegten  Lokalstilc  kann 
man    heutigen  Tages    überhaupt    nicht   weiter    reflektieren.    Schon    die  Masse  des  Wiener  Rat- 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 


15 


hauses  ist  für  jenen  Bautypus,  der  in  knapper  Geschlossenheit  gefaßt  werden  muß,  wenn  er 
in  seinem  eigensten  Sinn  wirken  soll,  ganz  unverhältnismäßig  groß.  Die  Behandlung  der  Formen 
ist  wohl  gotisch,  aber  in  der  allgemeinen  Disposition,  in  der  Anordnung  der  Stockwerke, 
auch  in  den  konstruktiven  Lösungen  des  Innenbaucs,  dem  großen  Stiegenhaus,  dem  Fest- 
saal u.  s.  f.  gibt  sich  der  im  höchsten  Maße  modern  geschulte  Architekt  durchaus  zu  erkennen. 
der  sehr  wohl  wußte,  was  sich 
hier  für  das  ohnehin  stark 
modifizierte  System  seiner 
Gotik  bei  der  Renaissance 
noch  erfragen  ließ.  Eigentlich 
repräsentiert  nur  der  impo- 
sant durchgebildete  Mittelbau, 
der  durch  den  Hauptturm 
und  die  vier  in  richtigem  Ab- 
stand gestellten  Nebentürmc 
(mit  den  in  wechselreichcr 
Bildung  sich  verjüngenden 
Aufsätzen)  ausgezeichnet  er- 
scheint, symbolisch  den  histo- 
rischen Baugedanken  des 
Rathauses  nach  der  überlie- 
ferten Bedeutung,  indes  die 
übrigen  Teile  der  weitge- 
dehnten Anlage  mit  ihren 
sieben  Höfen  uns  über  ihren 
praktischen  Dienst  und  Zweck 
nicht  im  Zweifel  lassen. 

Wir  können  hier  im 
Anschlüsse  gleich  des  kaiser- 
lichen Stiftungshauses  am 
Schottenring,  des  sogenann- 
ten „Sühnhauses"  gedenken. 
Es  ist  ein  Nachklang  zur 
Baustimmung  des  Rathauses. 
Mit  geistreichem  Eklektizis- 
mus sind  da  gotische  Motive 
von  verschiedener  Herkunft 
überraschend  vereinigt.  In 
den  Stockwerken  die  Säulen- 
loggien mit  dem  sich  über- 
schlagenden Bogenwerk  der 
venezianischen  Palastgotik,  in 
die  Mitte  gestellt  der  ge- 
giebelte  Kapelleneinbau  mit 
großer  Fensterrose  (dem  ein- 
zigen Beispiel  reicheren  Maß- 
werkes bei  Schmidt)  in  ech- 
tester deutscher  Gotik,  und 
die  Ecken  wieder  flankiert 
von  deutschgotischen  Tür- 
men (siehe  Abb.  7). 

Bei  diesem  Anlasse  sei 
noch  des  Schuleinflusses  von 
Schmidt  gedacht.  Eigentlich 
machte  er  für  seine  Gotik 
nicht  direkt  Schule,  außer  in 
einzelnen  Fällen;  man  lernte 
von    ihm  immer  mit  großem 


16  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

Nutzen,  aber  trug  das  Erlernte  häufig  in  eine  andere  Art  des  Bauens  hinüber.  Am  nächsten 
stand  dem  Meister  wohl  Viktor  Luntz  (geb.  zu  Ybbs  1840,  gest.  zu  Wien  1903),  Bauführer 
an  der  St.  Otmar-Kirche,  auch  meisterlicher  Restaurator  der  Kirche  Maria  am  Gestade.  Er 
erfaßte  das  architektonische  Wesen  des  Mittelalters  mit  voller  Überzeugung  und  Gründlich- 
keit. Leider  starb  er  über  dem  kaum  begonnenen  Bau  der  Kaiser-Jubiläumskirche  in  der 
Donaustadt,  für  deren  Projekt  in  reich  durchgebildetem  romanischem  Stil  ihm  in  der  Kon- 
kurrenz (von  1899)  der  erste  Preis  zuerkannt  worden  war  (siehe  Abb.  8).  So  manche  andere 
Schmidt-Schüler  —  unter  den  strenger  Schulgetreuen  verstand  es  nebenher  Max  Fleischer, 
die  Gotik  mit  gutem  Erfolg  auch  dem  Synagogenbau  anzupassen  —  blieben  nicht  im  Bereich 
der  gotischen  Bauhütte,  namentlich  soweit  sie  sich  der  Profanarchitektur  zuwandten.  Als 
nächster  Schritt  von  dort  heraus  bot  sich  die  deutsche  Renaissance  am  bequemsten  dar, 
wie  denn  auch  Schmidt  in  dem  Administrationsgebäude  der  Österreichisch-ungarischen  Bank 
sich  selbst  eine  Diversion  zu  diesem  Nebenstil  gestattete.  Alexander  von  Wielemans,  der 
aus  der  Schule  von  van  der  Null  in  jene  Schmidts  übergetreten  war,  tat  sich  besonders  er- 
folgreich in  dieser  Richtung  hervor,  wie  dies  sein  monumentaler  Hauptbau,  der  Justizpalast 
(1876 — 1881),  zeigt.  In  dem  Haus  „Zum  goldenen  Becher"  am  Stock-im-Eisen-Platz  (1883) 
nahm  er  den  Stil  von  seiner  rein  zierlichen  Seite  und  vergönnte  ihm  den  Bilderschmuck, 
mit  welchem  sich  derselbe  zur  Zeit  seiner  Blüte  in  Deutschland  und  der  Schweiz  auszu- 
staffieren liebte.  Der  hochbegabte  und  vielseitige  Franz  von  Neumann,  sonst  einer  der 
treuesten  Schmidt-Schüler,  ohne  darum  Gotiker  geblieben  zu  sein  —  erst  kürzlich  uns  durch 
einen  jähen  Tod  entrissen  —  war  ganz  besonders  geneigt,  deutsche  Renaissancemotive  in 
verschiedenen  Übergängen  bis  in  ein  gemäßigtes  Barock  hinüberzuführen,  wie  wir  dies  an 
seinen  schmucken  Arkadenhäusern  zu  den  Seiten  des  Rathauses,  so  auch  an  dem  von  ihm 
neuerbauten  Regensburgerhof  am  Lugeck  deutlich  ersehen  können.  In  den  Arkadenhäusern  ist 
es  ihm  zugleich  überraschend  gelungen,  die  in  der  Schmidtschen  Gotik  latente  Renaissance  hervor- 
zuholen und  in  der  Zierlichkeit  leicht  umgebildeter  Formen  gleichsam  spielend  ausklingen  zu 
lassen  (siehe  Abb.  9).  Dominik  Avanzo  ging  mit  der  Staatsgewerbeschule  (Hegelgasse)  und 
dem  k.  k.  Anatomischen  Institut  (Währingerstraße)  gleichfalls  zum  Renaissancestil  über, 
doch  nicht  ohne  ein  Merkzeichen  gotischer  Schulherkunft  an  der  Eckturmbildung  des  erst- 
genannten Baues.  Zu  der  engeren  Gemeinde  Schmidts  gehören  hingegen  von  den  Jüngeren 
August  Kirstein,  der  Nachfolger  von  Luntz  am  Bau  der  Kaiser-Jubiläumskirche,  sowie 
Anton  Weber  u.  a. 

Nächst  dem  Rathaus  Schmidts  erhebt  sich  der  Universitätsbau  Heinrich  von  Ferstels, 
in  welchem  seine  eigenste  Interpretation  der  stilistischen  Resultate  der  völlig  ausgereiften  Re- 
naissance zum  Ausdruck  gelangt,  und  zwar  in  abschließender  Weise.  Der  Bau  wurde  erst 
1884  —  ein  Jahr  nach  Ferstels  Tode  —  vollendet.  So  wie  bei  Hansens  Parlamentspalast 
beherrscht  das  Gruppierungssystem  die  ganze  Anlage.  Das  Festsaalgebäude  der  Aula  stellt  sich 
dominierend  in  die  Mitte  der  Hauptfront;  die  „Lehrgebäude"  mit  ihren  Hörsälen  bilden  die 
erhöhten  Seitenfassaden;  nach  innen  öffnet  sich  der  imposante,  echt  römische  Hallenhof,  mit 
dem  schönräumigen  Vestibül  davor,  so  recht  das  Forum  der  Studentenschaft.  Zu  beiden  Seiten 
des  letzteren  sind  die  imposanten  Treppenhäuser  angeordnet  und  ganz  nach  rückwärts  erhebt 
sich  wieder  als  selbständig  charakterisierter  Sonderbau  der  Trakt  der  Universitätsbibliothek. 
Obgleich  nun  das  ganze  umfassende  Gebäude  zuvörderst  den  Nützlichkeitszwecken  der  Wissen- 
schaftspflege zu  dienen  hat,  so  fand  hier  Ferstel  —  wie  gesagt  —  doch  zugleich  die  künst- 
lerische Genugtuung,  den  Gewinn  der  bedeutendsten  Bauprobleme  der  späteren  Cinquecento- 
epoche: die  monumentale  Treppenanlage,  den  Saaltypus  und  vor  allem  den  Pfeilerarkadenhof 
mit  Halbsäulen  —  nach  seinem  eigenen  Wort  „eines  der  schönsten,  vielleicht  das  vollkommenste 
Motiv,  das  die  Renaissance  geschaffen  hat"  —  in  vollem  Maße  und  mit  reinster  Nachempfin- 
dung für  seine  letzte  große  Bauschöpfung  verwertet  zu  haben.  Wir  können  nicht,  ohne  tiefer 
ergriffen  zu  sein,  bei  der  Betrachtung  derselben  verweilen,  weil  da  in  der  Tat  die  Summe 
eines  ungemein  reichen  künstlerischen  Lebensinhaltes  nach  ernstesten  Mühen  sich  zusammen- 
faßt. Ferstel,  der  begeisterte  Gotiker  in  jungen  Jahren,  hat  auf  der  Höhe  des  Manncsalters  den 
ganzen  Kunstbegriff  der  Renaissance  —  wie  auch  annähernd  kein  zweiter  Wiener  Architekt  — 
in  seiner  vollen  zentralen  Bedeutung,  freilich  auch  wieder  als  geistvoller  Eklektiker,  zu  ergründen 
verstanden  und  dies  Ergebnis  hier  in  reinster  Vollständigkeit  dargelegt. 

Nun  kämen  die  beiden  Hofmuseen,  der  Erweiterungsbau  der  Hofburg  und  das 
neue  Hofburgtheater  in  Betracht.  Bei  diesen  Bauwerken  haben  wir  einen  Augenblick 
länger  zu  verweilen  (siehe  Abb.   10). 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 


17 


Abb.  8. T. Angenommener  Entwurf  für  die  Kaiser-Jubiläumskirche.    Nach  einer  Zeichnung  von  V.  Luntz. 


Jener  große  Architekt,  der  den  klaren  Kunstbegriff  der  Renaissance  für  Deutschland  so 
eigentlich  festgestellt  hat,  Gottfried  Semper  (geb.  zu  Altona  1803,  gest.  zu  Rom  1879),  hatte 
während  der  nur  kurzen  Ateliergemeinschaft  mit  Karl  von  Hasenauer  (von  vier  Jahren  und 
zwei  Monaten  bis  zum  Herbst  1875)  mit  seinen  Entwurfsarbeiten  einen  sehr  bestimmenden  Ein- 
fluß auf  die  genannten  Bauaufgaben,  die  dann  allerdings  von  dem  letzteren  nach  Sempers 
Rücktritt  allein  weitergeführt  und  vollendet  wurden.  Es  war  dies  ein  eigenartiges  Bündnis, 
welches  wohl  zum  Bruche  führen  mußte.  Semper  wie  Hasenauer  waren  Renaissancearchitekten, 
doch  von  sehr  verschiedener  Kunstgesinnung.  Jener  vertrat  die  Prinzipen  des  Stils  mit  aller 
Konsequenz,  Hasenauer,  flott  und  glänzend  in  Erfindung  und  Ausdruck,  redete  den  weichen 
Wiener  Dialekt  der  Renaissance  mit  größter  Geläufigkeit  weiter  und  brachte  diese  unsere  lokale 
Auffassung  des  Stils  so  eigentlich  auf  den  Höhepunkt,  nicht  ohne  französische  Anklänge  und  mit 
ausgesprochener  Tendenz  auf  reichste  dekorative  Prachtwirkung.  Die  Impulse  Sempers  hin- 
sichtlich der  Komposition  wurden  wohl  von  Hasenauer  akzeptiert,  aber  in  seiner  Behandlungs- 
weise  bekamen  sie  eine  wesentlich  veränderte  Haltung;  daher  die  eigentümlich  schillernde, 
nicht  in  reine  Gleichartigkeit  aufgelöste  Wirkung  der  in  Rede  stehenden  Bauwerke. 

Bei  den  Hofmuseen  kam  es  vor  allem  darauf  an,  eine  ganz  ungewöhnliche  Frontlänge 
durch  angemessene  rhythmische  Gruppierung  der  Masse  gliedernd  zu  beleben  und  doch  dabei 
die  Einheitlichkeit  des  Gesamteindruckes  nicht  außer  acht  zu  lassen.  Die  Aufgabe  war  schwierig 
genug  (siehe  Abb.  1 1).  Für  die  Zentralisierung  glaubte  Hasenauer  durch  die  prächtigen  Kuppeln  über 
den  beiden,  dem  Maria  Theresia-Monument  zugewendeten  Hauptfassaden  gesorgt  zu  haben,  die 
mit  reich  durchgebildetem  Tambour  hier  zuerst  bei  einem  Profanbau  zur  Anwendung  kommen 
sollten;  dagegen  erwies  sich  in  seinem  ersten,  immerhin  interessanten  Projekt  von  1869  die 
mehrfache  Teilung  der  Frontlinie  durch  Pavillons  für  die  einheitliche  Wirkung  kaum  förderlich. 
Die  ingeniöse  Korrektur  Sempers  (nach  der  Originalzeichnung  vom  April  1871)  bestimmte 
dann  weiter  die  zur  Ausführung  gekommene  Gestaltung  des  Außenbaues  in  der  einfach  wir- 
kenden Mächtigkeit  seiner  Gliederung.  Über  die  Innenräumc  —  namentlich  des  Kunsthistori- 
schen Museums  - —  hat  Hasenauer  hierauf  bei  mannigfach  variierter  Architektonik  eine  bewun- 

Bd.  II.  2 


1  8  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

dcrungswerte  Fülle  von  Dekoration  hingebreitet  und  zudem  die  Raumeseinteilung    der  beiden 
Museen  dem  verschiedenen  Bedürfnis   der  Sammlungen  daselbst  sinnreich  angepaßt. 

Ein  Projekt  für  den  Ausbau  der  Hofburg  hatte  Semper  schon  von  Zürich  her,  noch 
vor  seiner  Übersiedlung  nach  Wien,  eingesandt.  In  geistvoll  origineller  Weise  wurde  da  die 
Anlage  der  neu  projektierten  Hofburgtrakte  mit  den  auch  noch  zukünftigen  Hofmuseen  jen- 
seits der  Ringstraße  in  eine  korrespondierende  Beziehung  gebracht;  das  Ganze  war  als  ein 
großartiges,  modernes  Kaiserforum  konzipiert,  mit  weitgezogenen  Säulenhemizykcln  zu  beiden 
Seiten.  Nur  der  eine  Trakt,  gegenüber  der  Schmalseite  des  Kunsthistorischen  Museums, 
wurde  von  Hasenauer  in  Angriff  genommen;  er  führte  denselben  bis  zu  seinem  Tode 
lediglich  in  der  Außenarchitektur  durch,  mit  den  glänzendsten  Palastmotiven,  diese  vielleicht 
doch  zu  reich  für  die  Rückseite  gegen  den  Hofgarten  hin.  Für  die  Ausgestaltung  des  Innen- 
baues  waren  unter  Leitung  Emil  von  Försters  durch  längere  Zeit  die  Architekten  Julian 
Niedzielsky  und  Otto  Hof  er  entwerfernd  beschäftigt,  die  seither  starben;  jetzt  ist  die  Auf- 
gabe des  völligen  Ausbaues  an  Friedrich  Ohmann   übergegangen. 

Dem  Hofburgtheater  lag  wieder  ein  Sempersches  Projekt  zugrunde,  im  nächsten  An- 
schluß an  das  für  München  unter  König  Ludwig  II.  geplante,  aber  damals  nicht  zum  Bau  ge- 
langte „Bühnenfestspielhaus".  Von  dorther  stammt  die  Hauptanlage  unseres  Burgtheaters  mit 
den  das  Fassadenbild  verbreiternden  Treppenflügeln.  Für  Wien  substituierte  aber  Semper  statt 
der  Arkaden  des  Vorderbaues  große  Bogenfenster  in  reich  übergiebelten  Säulentabernakeln 
und  ließ  diese  in  der  geraden  Mittelfront  zu  einer  prächtigen  Loggia  sich  öffnen.  Als  Gliede- 
rungssystem der  jetzt  dreiteiligen  Fassade  ordnete  er  eine  mächtige  Pilasterstellung  an, 
beiläufig  nach  dem  Vorbild  des  Konservatorenpalastes  und  Museums  auf  dem  Kapitol. 
Hasenauer  ließ  nun  bei  der  weiteren  Ausführung  jene  konstituierenden  Motive  im  Außenbau 
bestehen,  doch  wurde  die  Haltung  der  Formen  von  ihm  sichtlich  zu  reicherer  Fülle  um- 
gestimmt. Eine  entscheidende  Umwandlung  führte  er  jedoch  nach  oben  hinan  durch,  indem 
er  den  Zuschauerraum,  statt  der  von  Semper  angegebenen  niedrigeren  Bedachung,  mit  einer 
höher  gestellten,  der  Pariser  Oper  nachgebildeten  Flachkuppel  bedeckte,  welche  er  in  den 
Bühnengiebel  einschneiden  ließ.  In  dem  mit  verschwenderischem  Reichtum  an  Dekoration, 
Plastik  und  Bilderschmuck  ausgestatteten  Innenbau  —  insbesondere  in  den  Stiegenhäusern, 
dem  Theatersaal  und  dem  Foyer  —  zeigt  sich  Hasenauer  wohl  auf  höchster  Stufe  als  Meister 
festlicher  Architektur  von  Interieurs,  mit  einer  erstaunlichen  Erfindungskraft  von  effektvollen 
Schmuckmotiven. 


Das  monumentale  Wien  scheint  vorerst  —  für  dieses  Geschlecht  —  in  den  imposanten 
Baugruppen  zwischen  Burgtor  und  Universitätsstraße  ausgebaut  zu  sein.  In  der  jüngsten  Zeit 
macht  sich  wohl  wieder  eine  Zunahme  der  Kirchenbauten  bemerkbar  —  doch  nur  zum 
Teil  mit  wirklich  monumentalen  Ansprüchen.  Es  handelt  sich  da  weniger  um  selbständige 
Lösung  von  Stilaufgaben,  als  um  ein  Bedürfnis,  das  in  den  immer  mehr  bevölkerten  äußeren 
Bezirken  sich  geltend  macht. 

In  dieser  letzten  Epoche  tritt  uns  auch  Alexander  von  Wielemans  als  Kirchenbaumeister 
entgegen.  Zunächst  in  der  Kirche  von  Breitenfeld,  einem  soliden  Ziegelrohbau,  an  die  Ziegel- 
kirchen der  italienischen  Frührenaissance  im  Stilcharakter  sich  glücklich  anschließend;  dann  in 
der  Pfarrkirche  in  Ottakring  (mit  Theodor  Reuter),  abermals  einem  Ziegelrohbau  mit  zwei- 
türmiger  Fassade,  in  schlichter,  etwas  zum  romanischen  Stil  zurückgreifender  Gotik.  Für  beide 
Kirchen  bezeichnend  ist  eine  sehr  gute  Raumwirkung  des  Mittelschiffes.  Mit  stilistisch  sehr  be- 
achtenswerten Leistungen  stellten  sich  zwei  unter  Schmidt  wohlgeschulte  Gotiker,  Karl  Schaden 
und  Richard  Jordan,  in  den  Kirchen  von  Rudolfsheim  und  Hernais  ein.  In  jüngster  Zeit  hat 
Franz  von  Neumann,  weit  über  das  Durchschnittsbedürfnis  hinaus,  in  der  St.  Antonius-Kirche 
in  Favoriten  die  neue  Wiener  Kirchenarchitektur  um  einen  bedeutsamen  Typus  bereichert,  den  der 
mittelalterlich-italienischen  Kuppelkirche,  den  er  auch  in  der  Ausstattung  des  Inneren  mit  rich- 
tigem Sinn  für  feierlich-kirchliche  Dekoration  zu  großer  Wirkung  zu  bringen  wußte.  —  Als 
einer  recht  interessanten  Besonderheit  mag  auch  der  russischen  Kirche  (rechte  Bahngasse, 
III.  Bezirk)  gedacht  werden,  nach  dem  Entwurf  eines  russischen  Architekten  unter  Leitung 
von  Giacomellis  erbaut. 

Den  nächsten  Stadtbercich  überschreitend,  müssen  wir  wohl  auch  der  Cottageanlagc 
gedenken,    die  vorerst  von  Ferstel  beantragt,    dann  im   weiteren  Verlauf   durch   den  Direktor 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 


19 


Abb.  9.  Eckrisalit  eines  Arkadenhauses.  Architekt  F.  von  Neumann. 


Karl  von  Borkowsky  von  Block  zu  Block  um- 
fassend ausgebaut  wurde.  Andere  Architekten 
gesellten  sich  weiterhin  dazu.  Diese  Anlage  weist 
einen  anmutenden  Wechsel  halbländlicher  Bau- 
gedanken auf,  vom  vornehmeren,  villenartigen  Bau 
bis  zu  dem  hier  vorherrschenden  Normaltypus  des 
bescheidenen  Familienhauses;  in  den  verschiede- 
neren, mehr  spielenden  Stilanklängcn  —  zumeist 
an  deutsche  Renaissance,  mit  einiger  Phantasie- 
gotik dazu  —  heben  sich  die  zierlichen,  manch- 
mal auch  getürmten  Häuser  recht  malerisch  von 
dem  Gartengrün  ab.  In  der  Einteilung  der  Innen- 
räume ist  für  wohnliches  Behagen  entsprechend 
Sorge  getragen. 

VII. 

Wenn  wir  uns  nun  wieder  dem  durchschnitt- 
lichen Baubetrieb  der  letzten  Epochen  zuwenden, 
überrascht  uns  eine  Krise  um  die  andere,  auf  die 
man  doch  immerhin  hätte  gefaßt  sein  sollen. 
Das  Baugeschäft,  das  immer  mehr  zu  tun  bekam, 
war  allerdings  für  jeden  Bedarf  stilistisch  einge- 
schult, auch  mit  fertig  hergestellten  Stilschablonen 
versorgt,  aber  darüber  erhielt  die  sogenannte  Stili- 
sierung selbst  auch  etwas  rein  Geschäftliches.  Es 
kam  nun  weit  weniger  auf  Reinheit,  als  auf  augen- 
fällige Wirkung  der  Formen  an:  früher  oder  später 
mußte  dann  die  Häufung  und  Steigerung  der 
Motive  zur  Abnützung,  zum  Verbrauch  derselben 
führen.   Die  großen  Gruppenbauten  oder  „Höfe" 

—  für  Wien  charakteristisch  —  nötigten  z.  B.  die 
Architekten,  um  der  Masse  willen  im  Effekt  der 
Gliederungen  das  Äußerste  aufzubieten;  zudem 
mußte  der  Bau  als  Ganzes  energisch  gepackt  und 
womöglich  durch  das  Zentralmotiv  einer  Kuppel 

—  die  freilich  nur  blind  gezimmert  und  ver- 
kleidet war  —  nach  oben  zusammengefaßt  wer- 
den (so  im  Maria  Theresien-Hof  von  Tischler 
und  in  einer  bereits  ganz  barocken  Umbildung 
in  dem  benachbarten  Maximilianhof  von  Emil 
von  Förster).  Die  architektonischen  Illusions- 
effekte  —  die  Schauformen  ohne  Inhalt  und 
innere  Bedeutung  —  nahmen  in  bedenklicher 
Weise  überhand.  Ein  bezeichnendes  Wiener  Motiv 
bei  Eckhäusern  waren,  wie  bekannt,  von  Anfang 
an  die  ausgerundeten  Erkerbauten  an  der  Straßen- 
wendung, oft  von  Baikonen  umfaßt,  mit  Klein- 
kuppeln obenauf,  um  etwas  über  der  Dachhöhe 
des  Hauses.  Daraus  sind  schon  lange  förmliche 
Türme  geworden  mit  phantastischen  Dach- 
bildungen, die  sich  von  Straße  zu  Straße  an 
Abenteuerlichkeit  überbieten.  Derartige  Beispiele 
für  Überwucherung  der  Motive  ließen  sich  noch 
weiter  anführen.  Da  trat  denn  —  eigentlich 
schon  früher  in  einzelnen,  rasch  nachrückenden 
Versuchen  sich  ankündigend  —  eine  neue  Stil- 
wendung ein,    für  die  man  sich  mehrseitig,    und 

2* 


20  Di«  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

zwar  ziemlich  schnell  entschied:    es    war    der   Übergang    zur    letzten    Phase    der   Renaissance, 
dem  Barockstil. 

Dieser  Übergang  hatte  einen  doppelten  Grund.  Einmal  die  vermeintliche  Erschöpfung 
der  Renaissanceformen,  die  man  bis  jetzt  so  vielfach  schon  In  Gebrauch  genommen  hatte. 
Für  die  fortgesetzte  Verstärkung  der  Motive,  welche  vorerst  auf  eigene  Hand  versucht  wurde, 
hatte  man  im  Barockstil  das  Vorbild  eines  bereits  vollzogenen  Prozesses  vor  sich,  und  daran 
ließ  sich  weit  bequemer  anknüpfen.  Aber  noch  ein  zweiter  Antrieb  kam  hinzu,  von  jeden- 
falls tieferer  Berechtigung.  Man  erinnerte  sich  zuletzt  doch  daran,  daß  wir  in  Wien  selbst 
historisch  keine  irgendwie  nennenswerte  Hochrenaissance,  wohl  aber  eine  Spätrenaissance  und 
ein  eigenwüchsiges  Barock  besitzen,  welches  namentlich  in  den  Bauwerken  von  Johann  Bernhard 
Fischer  von  Erlach  und  Lukas  Hildebrand  in  imponierender  Vollkraft  auftritt.  Die  Hochrenais- 
sance nach  den  auswärtigen  Mustern  ihrer  Blütezeit  ist  erst  durch  moderne  Studien  nach  Wien 
verpflanzt  worden;  es  lag  doch  etwas  künstlich  Absichtliches  in  dieser  sonst  sehr  gerecht- 
fertigten, ja  unerläßlichen  Anknüpfung.  In  der  Wiederaufnahme  des  Barocks  gab  sich  aber 
ganz  entschieden  das  architektonische  Ortsgefühl  kund;  das  Wiener  Naturell  ging  sofort  mit, 
es  war  vom  ersten  Anlauf  an  eine  populäre  Bautendenz.  Dies  zeigte  sich  sehr  deutlich  in  der 
zustimmenden  Haltung  des  Publikums,  als  sich  die  Torflügel  des  großen  Portals  der  Fassade 
der  Hofburg  am  Michaclerplatze  (8.  September  1893)  dem  allgemeinen  Verkehr  eröffneten. 
Nach  der  Demolierung  des  alten  Burgtheaters  war  im  April  1890  die  Bewilligung  des  Kaisers 
zur  Wiederaufnahme  jenes  Baues  nach  etwa  157  Jahren  erfolgt.  Fischer  von  Erlach,  der  Sohn, 
mußte  ihn  damals  nach  1737  als  einen  Torso  zurücklassen,  von  dem  nur  der  eine,  reich 
ausgestaltete  Risalit  als  Abschluß  der  Winterreitschule  mit  der  schön  tapezierten  Zierkuppel 
obenauf  und  das  unbedeckte  Bruchstück  der  Einfahrtsrotunde  halb  ruinenhaft  bis  in  unsere 
Tage  dastand.  Burghauptmann  Ferdinand  Kirsch ner,  sonst  als  Architekt  kaum  bekannt, 
ging  vom  Juni  1890  an  das  Werk  des  Ausbaues,  um  ihn  in  drei  Jahren  fertig  zu  bringen. 
Es  geschah  dies  im  Anschluß  an  den  bekannten  Kupferstich  von  Salomon  Kleiner  in 
bester  Absicht,  doch  in  der  Ausführung  durchaus  nicht  einwandfrei;  besonders  die  Kuppel 
über  dem  Mittelbau  mit  der  willkürlichen  Zutat  der  Lukarnen  ringsum  steigt  allzu  steil  empor 
im  Gegensatz  zu  der  weichgeschwungenen  Umrißbildung   der  Kuppeln  über  den  Eckrisaliten. 

Die  ersten  Versuche  der  Erneuerung  des  Barockstils  datieren  aber  schon  um  mehr  als 
ein  Jahrzehnt  früher.  In  dem  Viertel  zwischen  Alleegasse  und  Heugasse,  wo  nacheinander  ver- 
schiedene Stilformen  probiert  wurden,  meldete  sich  auch  dieser  Stil  an.  Gustav  Korompay  faßte 
in  dem  Palais  Zierer  (1880)  daselbst  sein  fein  anempfundenes  Barock  zunächst  von  der  zierlich 
dekorativen  Seite.  Früh  genug  zog  nun  das  Neubarock  durch  die  Innere  Stadt,  bald  gemäßigter, 
bald  wieder  übermütiger,  nicht  selten  auch  für  den  gewöhnlichen  Bedarf  konventionell  sich 
verflachend.  Die  bedeutenderen  Architekten  sahen  wohl  beizeiten  ein,  daß  es  dringend  geraten 
sei,  von  dem  Barock  in  neuer  Auflage  einen  besonnenen  Gebrauch  zu  machen  und  dasselbe 
ja  nicht  aus  dem  Zusammenhang  mit  der  normalen  Renaissance,  selbst  mit  der  Antike  völlig 
loszulösen,  weil  ein  Spätstil  bei  unbedingter  Wiederaufnahme  sich  um  so  rascher  ausleben 
müßte. 

Karl  König  hat  die  Aufgabe  in  diesem  Sinne  verstanden  und  echt  künstlerisch  gelöst. 
In  seinem  Philipphof  (1883)  faßte  er  den  barocken  Palast  nach  seiner  repräsentativen 
Vornehmheit,  ohne  neben  dem  entschiedenen  Ausdruck  der  Formen  dem  Gelüste  spielender 
Verschnörkclung  nachzugeben.  Die  Gesamtwirkung  ist  sehr  wohl  abgewogen;  die  ausgerundetc 
Kopfseite  des  Baues  mit  der  sie  umfassenden,  klassisch-korinthischen  Säulenstellung,  obenauf 
mit  der  Kuppel,  die  gleichsam  das  Motiv  der  Burgfassade  ankündigt,  und  davor  mit  dem 
Heliosgespann  des  so  begabten,  frühverstorbenen  Barockbildners  Theodor  Friede]  —  diese 
ganze  bauliche  Komposition  beherrscht  als  Vedute  geradezu  den  Albrechtsplatz  und  die  Opern- 
gasse bis  über  die  Ringstraße  hinaus.  In  dem  gräflich  Herbersteinschen  Palais  (Ecke  der 
Schauflergasse)  schließt  König  die  ältere  Palastarchitektur  der  Herrengasse  mit  einem  wohl- 
disponierten modernen  Barockbau  glücklich  ab.  Seine  Frucht-  und  Mehlbörse  (in  der  Tabor- 
straße)  zeigt  wieder  die  Formenfülle  reichster  Hochrenaissance,  bei  allem  Aufgebot  ihrer  glänzend 
gesteigerten  Mittel.  —  Über  die  barocken  Formen  verfügten  überdies  mit  großer  Gewandtheit 
Adam  Breßler,  Rumpelmeycr  (letzterer  z.  B.  in  dem  Palais  von  Baumgarten  in  der  Schwind- 
gasse) und  fanden  bald  noch  weitere  Nachfolger,  so  L.  Baumann  mit  der  Konsularakadcmie 
in  der  Waisenhausgasse  u.a.  Nach  der  Regelung  der  Gußhausstraße  (1897)  stellten  sich  Karl 
und  Julius  Mayredcr  im  Kreuzherrenhof  mit  einem  trefflichen  Barock  ein,  von  einer  gewissen 
geistlichen  Gravität,  die  hier  ganz  am  Platze  ist. 


Die  Entwicklung  aet  Architektur  Wiens  in  Jen  letzten  fünfzig  Jahren. 


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22  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig  Jahren. 

VIII. 

Was  sollte  nun  auf  den  bald  auch  bereits  aufgebrauchten  Barockstil  folgen?  Louis  seize- 
Stil  ?  Empirestil?  Man  probierte  noch  eines  um  das  andere.  Aber  schließlich  waren  dies  nur 
Durchgangsstationen  ohne  längeren  Aufenthalt.  Wohin  dann  weiter?  Wir  stehen  schon  seit 
mehr  als  einem  Dezennium  vor  einem  neuen  Anfang:  es  ist  dies  die  sezessionistische  Be- 
wegung in  der  Kunst  überhaupt  und  so  auch  in  der  Architektur.  Diese  Tendenz  bezeichnet 
sich  selbst  gern  als   „die  Moderne". 

Dieselbe  hat  allerdings,  ehe  sie  sich  entschieden  einstellte,  eine  eigenartige  Vorstufe, 
welche  aber  —  wie  man  es  eben  nimmt  —  ebenso  als  Nachspiel  des  bisherigen  Entwicklungs- 
ganges aufgefaßt  werden  kann.  Die  zuletzt  in  Gebrauch  gestandenen  Stiltypen  der  Renaissance 
und  des  Barocks  werden  in  verschieden  gesteigerter  Weise  noch  einmal  gebracht,  ehe  sie 
ihrer  Zersetzung  in  der  „Moderne"  anheimfallen;  mit  einem  gewissen  wagenden  Talent  sucht 
man  den  oft  verwendeten  Stilformen  neue  pittoreske  Wirkungen  abzugewinnen,  um  von  den- 
selben bald  darauf  Abschied  zu  nehmen.  Diesem  letzten  Übergangsstadium,  das  nicht  ganz 
von  Ausschreitungen  und  raffinierten  Besonderheiten  frei  ist,  gehören  mehrere  beachtenswerte 
Bauten  der  jüngsten  Epoche  an,  von  denen  nur  einige  beispielsweise  genannt  sein  mögen: 
die  „Casa  piecola"  in  der  Mariahilferstraße  und  die  Häusergruppe  Ecke  Fleischmarkt-Postgasse 
von  Karl  Theodor  Bach;  das  „Bognerhaus"  in  der  Bognergasse  und  der  „Konkordiahof" 
am  Konkordiaplatz  von  Franz  von  Krauß;  das  Haus  der  Kaufmannschaft  am  Schwarzenberg- 
platz  von  Gotthilf;  die  Palais  von  Scanavi  und  Erwin  Müller  am  Brahmsplatz  von  Rudolf 
Dick;  das  „Herrenhuterhaus"  am  Neuen  Markt  von  Julius  Mayreder;  das  städtische  Bürger- 
ladcfondshaus  (Riemergasse-Wollzeile)  von  Alb.  Pecha,  das  Haus  der  Wechselseitigen  Brand- 
schaden-Versicherungs-Gesellschaft in    der  verlängerten  Wollzeile    von    Leopold    Simon y   etc. 

Nur  um  einen  halben  Schritt  weiter  stehen  wir  völlig  auf  sezessionistischem  Boden.  Es 
erscheint  wohl  einigermaßen  befremdlich,  wenn  auch  die  Baukunst  „sezediert",  d.  h.  mit 
tastenden  Versuchen  seitab  geht,  statt  mitten  hindurch  in  gerader  Linie  den  neuen  Weg  zu 
suchen.  Mit  dem  Ernst  ihrer  Aufgabe,  Pfadfinderin  des  Stils  zu  sein,  verträgt  sich  nicht  die 
unstete  Willkür  des  Experimentierens;  und  daß  durch  die  unbedingte  Freigebung  des  Versuches 
die  Architektur  selbst  wie  alle  übrige  Kunst  erst  jetzt  „modern"  geworden  sein  soll,  überrascht 
uns  um  so  mehr,  da  wir  uns  immer  für  berechtigt  hielten,  die  ganze  Kunstentwicklung  des 
19.  Jahrhunderts  bis  zu  diesem  Zeitpunkt  ihrem  Hauptzug  nach  bereits  für  modern  zu  halten. 
Es  scheint  uns  auch  bedenklich  für  die  jungen  Talente,  daß  diese  so  viel  lebendig  Gegen- 
wärtiges bereits  zur  überwundenen  Vergangenheit  zählen  und  für  sie  dem  Proszenium  der 
Kunst  die  Tiefe,  der  Hintergrund  fehlt.  Ein  älterer  Architekt,  Otto  Wagner,  war  es  wohl, 
der  bei  uns  führend  dieser  Bewegung  voranschntt,  welche  ja  vorher  schon  von  Land  zu  Land 
ging.  Er  selbst  kam  von  der  normalen  Renaissance  her,  und  bis  über  das  Jahr  1890  hinaus 
entwarf  und  baute  er  mit  vornehmem  Geschmack  in  dieser  geläufigen  Richtung;  und  wenn  er 
sich  auch  zu  einer  „gewissen  freien"  Auffassung  des  Stils  bekannte,  so  ist  damit  nichts  Besonderes 
gesagt.  Denn  die  Renaissance  trägt  ja  von  vornan  das  Prinzip  der  Freiheit  in  sich,  besteht 
nur  durch  dasselbe  und  ist  eben  darum  der  Fortsetzung  fähig.  Seine  Bahnhöfe  der  Stadtbahn 
und  die  Bauten  zur  Donaukanalsperre  sind  denn  noch  immer  nicht  die  richtigen  Musterbeispiele 
der  „Moderne",  als  welche  man  dieselben  gelegentlich  angesehen  wissen  wollte;  es  ist  noch 
immer  die  „gewisse  freie"  Renaissance  —  hier  von  vorwiegend  dorischer  Formenhaltung, 
wie  sich  diese  für  den  künstlerisch  zurechtgestellten  Nützlichkeitsbau  vermöge  ihrer  strengeren 
Einfachheit  und  konstruktiven  Klarheit  durchaus  eignet.  Wenn  nun  Wagner  in  seiner  Lehrschrift 
„Über  moderne  Architektur"  ausdrücklich  darauf  dringt,  daß  die  Kunstform  nichts  der  Kon- 
struktion Fremdartiges  ausdrücken  soll,  so  geben  wir  ihm  hierin  recht,  obgleich  man  dies 
schon  vor  ihm  einsah;  nur  folgt  daraus  nicht  zugleich,  daß  es  die  nächste  Aufgabe  des  modernen 
Architekten  sei,  „Neuformen  zu  schaffen",  da  diese,  wenn  sie  den  Wert  wirklicher  Stilformen 
haben  sollen,  sich  nur  allmählich  herausbilden  und  nicht  von  einzelnen  ersonnen  werden  können. 
Darum  weist  die  „Moderne"  bis  jetzt  keine  Entwicklungsreihe,  sondern  nur  eine  Versuchsfolge 
ohne  eigentlichen  inneren  Zusammenhang  auf;  und  es  ist  bei  dem  raschen  Wechsel  des  je- 
weiligen Zustandes  gegenwärtig  noch  kaum  möglich,  die  ganze  Richtung  als  solche  oder  viel- 
mehr diesen  Inbegriff  verschiedener  Richtungen  nach  bestimmten  deutlichen  Merkmalen  zu 
charakterisieren.  Das  Heraustreten  aus  dem  Formenbereich  der  Renaissance  erfolgte  wohl  rasch 
genug  und  vollzog  sich  beiläufig  in  folgenden  Stadien:  absichtlich  rudimentäre  Vereinfachung 
der  Motive;  Fortlassung  der  vermittelnden  Profilgliederungen;  soviel  wie  möglich  Abschaffung 


Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünf/ig  Jahren. 


23 


Abb.  11.    Detail  vom  Naturhistorischen  Hofmuseum. 
Architekten  G.  Seinper  und  K.  von  Hasenauer. 


der  Säule;  das  Hinstrcbcn  zum 
reinen  Flächenstil.  Bei  diesem  ist 
man  bereits  vielfach  angelangt 
und  hat  damit  ein  gewisses  pri- 
mitives Ideal  erreicht:  ganz  platte 
Fassade  in  leichtem  Verputz  mit 
scharf  eingeschnittenen  Fenster- 
öffnungen  ohne  Chambranlc;  dar- 
über hinaus,  um  für  einigen 
Schmuck  zu  sorgen,  Belegung  der 
Fassade  mit  Fliesen  oder  Kacheln 
und  auf  diesen  farbig  eingebrannte 
Blumengehänge  oder  auch  nur  in 
einer  Farbe,  abgetönte  Schach- 
brettmuster; obenauf  das  Gesims 
bald  sparrenartig,  doch  ohne  Kon- 
solen, weit  hinausgeschoben,  bald 
wieder  ganz  fortgelassen.  Nach 
diesen  vorläufig  wahrgenommenen 
Phasen  werden  in  kürzester  Zeit 
wohl  weitere  folgen,  denn  wir 
stehen  inmitten  des  Prozesses.  Hier 
mag  es  denn  genügen,  einige  der 
Architekten  zu  nennen,  welche  in 
besonders  bemerkenswerter  Weise 
diesen  Weg  eingeschlagen  haben: 
neben  Otto  Wagner  (Häusergruppe 
Magdalenenstraße)  zunächst  Ol- 
brich,  der  Erbauer  des  Gebäudes 
der  Sezession,  und  Josef  Hoff- 
mann (Villen  auf  der  Hohen 
Warte),  ferner  Josef  Urban,  Max 
Fabiani  (Haus  Portois  &  Fix  in 
der  Ungargasse  und  Artaria  am 
Kohlmarkt),  Leopold  Bauer,  ge- 
legentlich auch  Friedrich  Ohmann 
mit  J.  Hackhofer  (Villa  Schopp 
in  Hietzing),  dann  Albert  Pecha, 
Max  Hegele  (Bauten  am  Zcntral- 
friedhof),  Plecnik  (Haus  Zacherl 
am  Bauernmarkt,  ein  Beispiel,  wo- 
hin die  „Moderne"  führen  kann) 
u.  a.  m.  Wir  finden  also  auch 
den  vielbegabten  Ohmann  in  dieser 
Reihe;  und  dies  beirrt  einiger- 
maßen uns  Leute  von  der  älteren 
Gewohnheit    des  Kunsturteils,    die 


wir  immer  genau  wissen  wollten,  an  welcher  Stelle  ein  Künstler  zuverlässig  zu  erfragen  sei.  Von 
gründlichen  Barockstudien  ist  Ohmann  ausgegangen  und  schien  sich  weiter  nach  allen  Seiten 
umzublicken,  immer  von  Fall  zu  Fall  rasch  orientiert;  nun  stellt  er  sich  auch  bei  der  Se- 
zession „zu  Besuch  und  Versuch"  ein.  Durch  den  schließlich  ihm  gewordenen  Auftrag,  für 
die  innere  Durchbildung  des  Semper-Hasenauerschen  Hofburgbaues  Sorge  zu  tragen,  wird  er 
wohl  jetzt  vor  den  einheitlichen  Punkt  gestellt,  in  welchen  die  auseinanderfahrenden  Radien 
seiner  Bestrebungen  wieder  zurücklaufen. 

Doch  um  zu  unserer  allgemeinen  Betrachtung  zurückzukehren,  mögen  noch  folgende 
Schlußbemerkungen  folgen.  Die  durch  ihre  entschlossene  Neuheit  teils  interessanten,  teils  proble- 
matischen Bauproben  dieser  ganzen  Gruppe  lebendig  sich  regender  künstlerischer  Kräfte 
bieten  wohl  Veranlassung  genug  zur  Besprechung  im  einzelnen,  aber  nicht  genügenden  Anhalt 


24  Die  Entwicklung  der  Architektur  Wiens  in  den  letzten  fünfzig;  Jahren. 

zu  einer  zusammenfassenden  Charakteristik;  gegenüber  dem  Werdenden,  das  vorerst  nach  neuer 
Ausgestaltung  strebt,  muß  selbstverständlich  die  geschichtliche  Darstellung  innehalten.  Wir 
stehen  da  vor  einer  Anweisung  an  die  Zukunft.  Es  muß  sich  eben  im  ferneren  Verlaufe  noch 
zeigen,  ob  diese  radikale  Bewegung,  die  aus  jeder  Stilüberlieferung  herausgeht  und  die 
Architektur  auf  ihre  Elemente  zurückzuführen  scheint,  auf  dem  so  betretenen  Wege  wirklich 
zu  dem  erhofften,  aber  noch  unbekannten  Ziel  eines  neuen,  der  Zeit  völlig  gemäßen  Stils 
hinübcrleiten  mag  —  oder  ob  sich  doch  nicht  später  bei  einiger  Ernüchterung  die  Notwendig- 
keit einer  Korrektur  des  ohnehin   nicht  präzis  gefaßten   Programmes  ergeben  werde. 


Indem  wir  nun  diese  Überschau  schließen,  glauben  wir  noch  zur  Verständigung  bemerken 
zu  müssen,  daß  wir  nicht  darauf  eingehen  konnten,  eine  vollständige  Namensliste  unserer 
begabteren  Architekten  sowie  eine  erschöpfende  Aufzählung  ihrer  verdienstlichen  Bauschöpfun- 
gen zu  bringen.  Die  Auswahl  derselben,  soweit  wir  sie  besprachen  oder  auch  nur  anführten, 
geschah  lediglich  mit  Rücksicht  auf  die  Stilwendungen  und  eingreifenden  Entwicklungsmomente 
oder  mehr  nur  exemplifizierend  für  ganze  Richtungen.  Was  man  sonst  an  dieser  Darstellung  im 
einzelnen  vermissen  mag,  wird  ohne  Zweifel  in  der  nachfolgenden  Detaillierung  der  besonderen 
Gebäudegruppen  die  erwünschte  Ergänzung  finden. 

Mai   1905.  Prof.  Dr.  Josef  Bayer. 


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Abb.  12.     Stephansdom,  Relief  (aus  der  Leidensgeschichte  Christi)  an  der  Südseite  des  Chores. 


A.  GEBÄUDE  FÜR  KULTUSZWECKE. 


I.   KATHOLISCHE   KIRCHEN   DES  MITTELALTERS. 


Gering  ist  die  Zahl  der  Kirchen  Wiens  aus  romanischer  Zeit  und  wenig  bedeutsam  sind 
sie  ihrer  baugeschichtlichen  Stellung  nach.  Nicht  nur  äußere  Gründe,  wie  Verheerungen  späterer 
Zeiten,  auch  innere  Gründe  erklären  diese  Erscheinung.  Wiens  Bedeutung  in  den  ersten  Jahr- 
hunderten des  Mittelalters  war  weder  in  weltlicher  noch  geistlicher  Hinsicht  eine  solche,  daß 
es  in  baulicher  Beziehung  in  den  Vordergrund  treten  konnte. 

Nachdem  Wien  durch  fünf  Jahrhunderte,  vom  5.  Jahrhundert  bis  zum  Jahre  1030,  in  der 
awarischen  und  magyarischen  Wüstenei  für  die  Geschichte  spurlos  verschwunden  war,  mag  es 
gegen  Ende  des  1 1.  Jahrhunderts  an  den  ersten  Versuchen  des  Bischofs  Altmann  von  Passau 
zur  Einführung  einer  geistlichen  Kultur  teilgenommen  haben.  Selbst  während  der  Zeit  eines 
beginnenden  regeren  Kulturlebens  unter  dem  Babenberger  Markgrafen  Leopold  III.  blieb  immer 
noch  Melk  der  geistige  Mittelpunkt  und  Mautern,  Krems  und  Tulln  behielten  ihre  Bedeutung 
als  Zentren  des  Handels  und  Verkehres.  Spät  erst,  um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts,  tritt 
Wien  in  den  Kreis  der  Kulturbestrebungen  ein  und  wird  1156  die  Residenz  Heinrich  Jasomirgotts, 
der  1158  das  erste  Kloster,  das  Schottenkloster,  gründet,  und  gegen  Ende  des  12.  Jahrhunderts 
erhalten  wir  auch  die  erste  Kunde  von  einem  allmählich  erstarkenden  Handel  und  bürgerlichen 
Wohlstand.  Man  muß  sich  vor  Augen  halten,  daß  zur  selben  Zeit,  als  Wien  noch  nahezu 
geschichtslos  war,  gegen  Ende  des  11.  und  mit  beginnendem  12.  Jahrhundert,  in  den  Rhein- 
landen, in  Speicr,  Worms,  Mainz,  Laach  und  Köln  die  mächtigsten  Zeugen  deutsch-romani- 
schen Stiles  erwuchsen. 

Eine  Tatsache  von  großer  Bedeutung  für  jene  Zeit,  in  der  die  Pflege  der  Kunst  fast  aus- 
schließlich in  den  Händen  der  Geistlichkeit  lag,  muß  hier  Erwähnung  finden:  Wien  wurde  erst 
im  Jahre  1469  Sitz  eines  Bischofs;  Prag  war  beispielsweise  schon  seit  dem  letzten  Viertel  des 
10.  Jahrhunderts  ein  selbständiges  Bistum.  So  verging  die  Zeit  des  eigentlichen  romanischen 
Stiles,  ohne  in  Wien  bemerkenswerte  Spuren  hinterlassen  zu  haben.  Das  ursprüngliche  Schotten- 
kloster war  wohl  nur  ein  provisorischer  Holzbau  und  über  den  1147  von  Reginbert  von 
Passau  geweihten  ältesten  Bau  von  St.  Stephan  fehlen  alle  Anhaltspunkte.  Von  der  in  einem 
Tauschvertrage  zu  Mautern  1137  als  Pfarre  bezeichneten  Peterskirche  ebenso  wie  von  dem  in  den 
Schottenstiftsbriefen  von  1 158  und  1161  (neben  St.  Pankraz,  St.  Maria  am  Gestade  und  St.  Johann 
an  der  Siechenais)  genannten  Kirchlein  St.  Ruprecht  behauptet  die  Überlieferung,  daß  beide 
von  Salzburg  aus  gegründet  seien.  Die  Namen  der  Salzburger  Patrone  St.  Peter  und  St.  Ruprecht 
als  Schutzheilige  dieser  Kirchen  geben  der  Sage  einige  Wahrscheinlichkeit.  Die  Peterskirchc 
stand  an  der  Stelle  der  jetzigen  gleichbenannten  Kirche  und  war,  wie  aus  Wohlmuets  Plan  von 
1547,  aus  dem  Hufnageischen  von  1609  und  aus  einem  Schriftstück  von  1676  zu  erkennen 
ist,  von  bescheidener  räumlicher  Ausdehnung,  ein  Mittelschiff  und  zwei  schmale  Seitenschiffe. 
Von  St.  Pankraz  ist  uns  kaum  mehr  als  der  Name  erhalten  und  über  Maria  am  Gestade  erzählt 
die  Sage,  Fischer  hätten  das  kleine  hölzerne  Betkirchlein  am  steilen  Donauufer  errichtet.  St.  Johann 
an  der  Siechenais  war  ein  kleines  Dorfkirchlein  und  mußte  in  der  Mitte  des  19.  Jahrhunderts 
dem  Neubau  des  Bürgerversorgungshauses  weichen.  Erwähnt  muß  ferner  der  zweite,  um   1200 


26 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


geweihte  Bau  der  Schottenkirche  werden,  von  dem  einzelne  Reste  vorhanden  sind.  Die  Grund- 
mauern der  dreischiffigen,  mit  zwei  Fassadentürmen  und  Vierungsdachreiter  bedachten  Basilika 
stecken  noch  heute  in  dem  im  H.Jahrhundert  umgebauten  Kirchengebäude.  Einzelne  gefundene 
romanische  Fragmente,  am  bemerkenswertesten  ein  romanischer  Portallöwe,  gehören  dieser 
zweiten  Bauperiode  an. 

Während  der  Übergangszeit  vom  romanischen  Stil  zur  Gotik  entstehen  unter  Leopold  II. 
und  unter  der  ottokarischen  Herrschaft  eine  größere  Zahl  von  Kirchen  und  Kapellen,  so  daß 
Wien,  nach  dem  heutigen  Stadtumfang  gerechnet, 
im  Jahre  1282  insgesamt  deren  nicht  weniger  als 
32  aufweist.  Die  meisten  unter  ihnen  waren,  wie 
aus  Gcschichisqellen  hervorgeht,  kleine,  bedeu- 
tungslose Kapellen,  die  spurlos  verschwanden, 
die  wichtigeren  konnten  ihrer  wachsenden  Be- 
deutung nicht  mehr  gerecht  werden  und  mußten 
Neubauten  weichen,  so  daß  heute  von  all  diesen 
kirchlichen  Bauten  nicht  mehr  als  drei  bestehen: 
St.  Ruprecht,  St.  Stephan  und  St.  Michael. 

Gegenüber  der  verschwindend  kleinen  Zahl 
von  Baudenkmalen  aus  romanischer  Zeit  ge- 
staltet sich  die  Bautätigkeit  im  14.  und  15.  Jahr- 
hundert großartiger  und  abwechslungsreicher. 
Günstigere  politische  Verhältnisse,  reiche  Stif- 
tungen des  Habsburgischen  Fürstenhauses  und 
der  wiedergewonnene  Wohlstand  der  Bürger 
förderten  ein  Emporblühen  Wiens  in  dieser  Zeit. 
Eng  verknüpft  war  dieser  Aufschwung  mit  dem 
Ansehen  der  Bauhütte  von  St.  Stephan,  die  sich 
auf  dem  Regensburger  Steinmetzentag  1459  als 
Vorort  für  die  österreichischen  Lande  von  Lam- 
bach  bis  Steyr,  nach  Ungarn  hinein  und  die 
Donau  abwärts  eine  Stellung  errang,  wie  sie  nur 
wenigen  Bauhütten  eingeräumt  wurde.  Ein  wei- 
teres Zeichen  für  die  Bedeutung  der  Wiener 
Bauhütte  ist  nicht  nur  die  Tatsache,  daß  Gesellen 
und  Meister  aus  allen  Teilen  Österreichs  und 
Ungarns,  aus  den  berühmten  Kunststätten  des 
Deutschen  Reiches  und  selbst  aus  Frankreich 
kamen,  auch  umgekehrt  können  wir  bei  vielen 
hervorragenden  kirchlichen  Bauten  des  großen 
Hüttengebietes,  selbst  bis  Agram,  Wiener  Einfluß 

verfolgen  und  muß  auch  Benedikt  Ricth,  der  berühmte  Baumeister  Wladislaws  II.,  der  Wiener 
Bauhütte  zugerechnet  werden.  Unter  den  kirchlichen  Bauten  der  Gotik  in  Wien  steht  obenan 
St.  Stephans  Bau,  ihm  reiht  sich  eine  Zahl  höchst  reizvoller  und  interessanter  Schöpfungen  an, 
die  zum  großen  Teil  selbst  den  Neuerungsgelüsten  der  glanzvollsten  Zeit  der  baulichen  Ent- 
wicklung Wiens,  der  Barocke,  standhielten.  Alle  diese  Bauten  aus  dem  Mittelalter  liegen  im 
I.   Bezirke. 


Abb.  13.     Metropolitankirche  zu  St.  Stephan.     1  :  10U0. 


St.  Stephan   (Abb.  12,  13,  23—31   und  Tafel  I)  ') 


Der  romanische  Bau.-)  Nach  dem  Brande  von   1193,  der  die  ältere  Anlage    zerstörte, 
entstand  ein  Neubau,  als  dreischiffige,  querhauslosc  Basilika,  mit  sieben  Arkaden  im  Langhausc 


')  Ogesser,  Beschreibung  der  Metropolitankirche  zu  St.  Stephan.  1779;  Primisse  r  in  Wiener  Jahrbüchern  der  Literatur.  1S20. 
und  in  Ho  rmay  rs  Ocschichtc  Wiens,  1824;  Tsc  h  isehka.  Metropolitankirche  St.  Stephan,  1S32;  v.  Perge  r,  Dom  zu  St.  Stephan. 
1854;  von  Zeitschriften  :  die  Allgemeine  Bauzcitung.  1843,  1853;  die  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines, 
1860,  1893,  und  vor  allem  das  Wiener  Oombauvereinsblatt,  das  in  den  zahlreichen  Studien  Prof.  W.  A.  Ncunianns  eine  reiche 
Ausbeute  für  die  Kenntnis  der  Baugeschichtc  St.  Stephans  bietet.  Aus  der  neuesten  Literatur  sind  von  besonderer  Bedeutung:  V  h  I  i  r  z. 
Die  Rechnungen  des  Kirchmeisteramtes  von  St.  Stephan,  1901  19U2;  Lcixncr,  St.  Stephan  zu  Wien,  und  zwei,  vielfach  ganz  neue 
Aufschlüsse  gebende  Arbeiten  von  Prof.  Neuwirth,  Aus  der  Baugeschichte  von  St.  Stephan,  19U2  (Monatsblättcr  des  Altcrtums- 
vercines),  und  Die  Stellung  Wiens  in  der  baugcschichtlichen  Entwicklung  Mitteleuropas,   19Ü3. 

"■)  Fr.  Schmidt,  Ober  die  zwei  alteren  Bauepochen  der  Dumkirchc  zu  St.  Stephan.  Dombauvcreinsblatt.  I. 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


27 


Abb.  15.    St.  Michael,  f.,  Michaelerplatz. 


Abb.  16.     Burgpfarrkapelle  im  I.  Bezirke. 


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Abb.  17.    Minoritenkirche  im  I.  Bezirke. 


Abb.  20.    St.  Elisabeth 

(Deutscher  Orden), 

I.,  Singerstraße. 


Abb.  19. 
Maria  am  Gestade  im  I.  Bezirke. 


Abb.  14.     St.  Ruprecht 
im  I.  Bezirke. 


Abb.  18.     Hofpfarrkirche    zu    St.   Augustin,  Abb.  22.     St.  Johann  (Malteser),  Abb.  21.    Kirche   zu   den   neun  Chören  der 

I.,  Augustinerstraße.  I.,  Kärntnerstraße.  Engel,    I.,  Am  Hof. 


Abb.  14— 22.     Grundrisse   m  ittc  laltcrlicher  Kirchen.     Maßstab  1  :  1000. 


28 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


und  drei  halbrunden  Apsiden,  ähnlich  St.  Jakob 
in  Regensburg.  Eine  große,  durch  Pfeiler  ge- 
gliederte Westempore,  die  ihr  Licht  durch  Rad- 
fenster im  Westen,  Norden  und  Süden  erhielt, 
war  als  Oberkirche  mit  drei  Altären  ausge- 
stattet. Zwei  Türme  schlössen  die  Westfront  ab. 
Diesem  Bau  gehört  das  unter  Regensburger 
Einfluß  in  dem  dritten  Jahrzehnt  des  13.  Jahr- 
hunderts entstandene  Riesentor  an.  Die  trichter- 
förmig sich  verengenden  Portalwandungen  sind 
in  den  Abtreppungen  und  Einsprüngen  durch 
je  fünf  reich  geschmückte  Säulen  und  zwischen- 
liegendes Stabwerk  geg 

In  einer  dritten 
Bauperiode,  der  otto- 
karischen,     die     auf 

den  furchtbaren 
Brand  von  1258 
folgte,  wurde  die 
Kirche  bedeutend  er- 
weitert durch  den 
Zubau  des  Quer- 
hauses, einem  mäch- 
tigen Mittelchor  und 
zwei  Seitenapsiden, 
alle  drei  polygonal 
geschlossen.  Eine 
gleichzeitige  Erhöh- 
ung des  Mittelschif- 
fes hatte  die  Er- 
höhung der  Westfas- 
sade und  insbeson- 
dere der  Turmarchi- 
tektur der  beiden 
Heidentürme  zur 
Folge.  Aufgedeckte 
Reste  lassen  auf  eine 
reiche  Bemalung  der 
Empore  und  der 
Vorhalle  aus  dieser 
Zeit  schließen. 

Der  gotische 
Bau.  Ältere  Pe- 
riode.') Um  die 
Wende  des  13.  Jahr- 
hunderts beginnt  die 
Bürgerschaft  östlich 
von  dem  Querschiff 
in  gleicher  Breite  mit 
diesem  den  Neubau 
eines    großen    drei- 

schiffigen  Chors. 
Nach    Regensburgcr 
Muster,  vielleicht  von 


')  J.  H  erm  a  n  n.  Über 
die  zwei  gotischen  Bauperio- 
den des  St.  Stephans-Domes. 
Wiener  Dombauvereinsblatt, 
XIV,  XV. 


Abb.  24.     Stephansdom,  Ostseite  des  unausgebauten  Turmes  mit  der  Kanzel  des  Capistranus. 


' 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


31 


Abb 


Schnitt   des  Stephansturmes  in  der  Höhe  des 
Helmes.    1:200. 


Regensburger     Meistern,     gelangt     der     „deutsche" 
Chorgrundriß     mit     gesonderter     Apsidenendigung 

für  jedes  Schiff  zur  Durchführung.  Nach  36jähriger 
Bauführung,  die  manchen  Geschmackswcchscl  be- 
dingte (vgl.  die  Pfeilervorlagcn  der  freien  und 
der  Wandpfeiler),  erfolgte  am  23.  April  1340  die 
Einweihung  durch  den  Bischof  von  Passau,  Albert 
Prinz  von  Sachsen,  ehemaligen  Pfarrer  von 
St.  Stephan.  Die  drei  Schiffe  des  Chors  haben 
nahezu  gleich  hohe  Gewölbe  und  sind  mit  Achtecks- 
apsiden geschlossen.  Die  Seitenchöre,  links  der 
Frauenchor,  rechts  der  Zwölfbotenchor  (Apostel- 
chor), sind  der  frühgotischen  Bauweise  entspre- 
chend mit  Kreuzgewölben  überspannt,  der  Mittel- 
chor ist  um  ein  Gewölbsjoch  länger.  Der  Mittelchor 
ist  von  den  Pfeilermitten  aus  gerechnet  13  m  breit, 
die  Seitenchöre  messen  von  Pfeilermitte  zur  Wand 
105  m  in  der  Breite.  Der  Abstand  der  Pfeiler- 
mitten in  der  Längsachse  beträgt  8'5  m,  die  Höhe 
des  Mittelchors  22'5  m,  die  der  Seitenchöre  nicht 
ganz  20  m.  Die  Schäfte  der  freistehenden  Pfeiler  sind  mit  einfachen,  sehr  frühgotischen  Diensten 
und  Kehlen  gegliedert,  die  Wandpfeiler  reicher  mit  freien  Birnstäben  und  tiefen  Kehlen.  Feine 
Laubkapitäle  trennen  Dienste  und  Gewölberippen.  In  den  Apsiden  tragen  zart  gearbeitete 
Figuren  die  Wanddienste,  und  die  Pfeilerschäfte  werden  durch  je  einen  Baldachin  auf  der 
Mittel-  und  Seitenschiffseite  geschmückt.  Unter  den  Fenstern  der  Apsiden  ziehen  einfache 
Triforien  hin.  Elf  dreiteilige  Fenster  in  den  Chorendigungen  und  sechs  vierteilige  Fenster  an 
jeder  der  Langseiten  beleuchten  den  Raum. 
Am  Äußeren  sind  die  einfachen 
Strebepfeiler  unten  durch  ein  Kaffgesimse 
und  durch  zwei  Abdachungen  gegliedert, 
die  Schlußfiale  der  reichen  Wimperge 
durchsetzt  das  Maßwerk  der  Dachgalerie. 
Im  Hauptgesimse  phantastische  Wasser- 
speier auf  Tragsteinen,  welche  Menschen 
und  Tiergestalten  aufweisen.  Die  Votiv- 
bildwerke  zwischen  den  Strebepfeiler- 
nischen stammen  zumeist  aus  dem 
16.  Jahrhundert. 

Jüngere  Periode.  Bald  nach  der 
Weihe  des  Chors  ging  man  in  weiterer 
Verfolgung  des  alten  Erweiterungsplanes 
an  den  Bau  des  Langhauses  und  verbrei- 
terte zunächst  die  beizubehaltende  West- 
fassade durch  den  Zubau  der  Herzogen- 
und  Tirna-  oder  Moranduskapelle.  Um 
die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  dürfte  man 
auch  den  neuen  gotischen  Lettner  fertig- 
gestellt haben.  Im  übrigen  scheint  der 
Bau  nicht  sehr  schnell  vorwärts  gegangen 
zu  sein.  Da  greift  in  die  bisher  aus- 
schließlich von  Bürgern  betriebene  Bau- 
führung Rudolf  IV.  energisch  ein,  der  in 
so  vielen  Dingen  seinem  Schwiegervater, 
dem  römisch-deutschen  Kaiser  Karl  IV., 
nacheiferte.     Er    wollte    ein    dem   Prager 

St.  Veits-Dom  ähnliches  Denkmal  für  Wien  schaffen  und  veranlaßte  die  Abänderung  des  Grund- 
planes durch  die  Stellung  der  Türme  über  den  vortretenden  Querhausarmen;  diese  Eigentüm- 
lichkeit   weist   direkt    auf    den    St.  Veits-Dom    hin,    wo    Peter   Parier    mit    Beziehung   auf   die 


Abb.  26.    Ansicht  des  Stephansdomes  vom  Stock-im-Eisen-Platz. 


32 


Gebäude  iür  Kultuszwecke. 


Abb.  27.    Mittelschiff  des  Stcphansdomcs. 


von  seinem  Vater  in  Schwäbisch-Gmünd  errichtete  Heiligkreuzkirche  die  gleiche  Anordnung 
ausführte.  Die  Höhenentwicklung  des  Langhauses  wurde  gesteigert  und  ein  überreicher 
Schmuck,  welchen  das  Langhaus  im  Gegensatz  zum  Chorbau  innen  wie  außen  aufweist,  sollte 
von  dem  glänzenden  Wollen  Rudolfs  IV.  künden.  Wohl  nennt  sich  Rudolf  IV.  selber  öfter 
Fundator,  doch  ist  es  viel  wahrscheinlicher,  daß  er  am  7.  April  1359  doch  nur  zu  dem  Turm 
den  Grundstein  hat  legen  können,  da  die  sonstige  Erweiterung  schon  begonnen  hatte.  Es 
scheint,  als  hätten  er  und  seine  Nachfolger  vor  allem  den  Turm  vollenden  wollen,  die  Lang- 
hausmauern, die  Schiffspfeiler  und  Gewölbe  wurden  etwas  langsamer  fertig.  Nach  75jähriger 
Bauzeit  krönte  Hans  von  Prachatitz  am  30.  Oktober  1438  den  Helm  des  Südturms  mit  der 
Kreuzrose  und   1454  wird  die  Einwölbung  des  Langhauses  geschlossen. 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  I. 


Kanzel  bei  St.  Stephan. 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


33 


Der  Südturm  wächst  ganz  eigenartig,  fast  ohne  alle  erkennbare  Unterbrechung  im  all- 
mählichen Aufstreben  als  eine  spitze  Pyramide  aufwärts  zur  Höhe  von  1 36'7  m.  Die  Stock- 
werkteilung  ist  vorhanden,  aber  die  Giebel  und  die  Eckfialenbündel  decken  dieselbe.  Der 
Turm  ruht  auf  vier  mächtigen  Pfeilern  mit  je  zwei  im  rechten  Winkel  gestellten  Streben  an 
den  Ecken.  Der  Raum  zwischen  den  beiden  vordersten  ist  als  sehr  reiche  Vorhalle  ausgebildet, 
mit  Netzgewölben,  Säulchen,  Wandpaneelen  und  Mittelpfeilcrn  an  dem  inneren  Tor.  Die  qua- 
dratische Halle,  zu  welcher  dieser  Eingang  führt,  ist  das  unterste  Gemach  des  Turmes.  Fenster 
des  Turmes  erleuchten  den  hohen  Raum.  Die  Galerie  des  Chores  setzt  sich  am  Äußeren 
zwischen  den  Eckpfeilern  fort,  darüber  erheben  sich  die  großen  Giebel,  die,  von  Süden 
und  Norden  betrachtet,  wie  der  Bauabschluß  des  Querhauses  angesehen  werden  können  und 
sollen.  Erst  von  da  an  scheint  sich  der  Turm  als  solcher  aufzubauen.  Aus  dem  Viereck  des 
Querschnittes  ist  ein  Achteck  geworden  und  vier  hohe  Fenster  mit  je  zwei  verschränkten 
Giebeln  darüber  erleichtern  den  Aufbau.  Es  folgt  noch  ein  Geschoß  mit  vier  schmäleren, 
gleichfalls    giebelgekrönten    Fenstern,     und    die    von   einem    Kranze    von    Pfeilern    dargestellte 


Abb.  28.     Grabmal  Kaiser  Friedrich  III.  (gest.  1493)  im  Stephansdom. 


Plattform  ist  erreicht.    Hier  sitzt  der  Helm  auf,  der  in  die  Riesenkreuzrose    und    den  Doppel- 
adler endet. 

Der  Turm  mußte  manche  Renovierungen  über  sich  ergehen  lassen,  so  bereits  zu  Beginn 
des  16.  Jahrhunderts  nach  einem  schweren  Brandunglück  und  nach  der  Türkenbclagerung 
abermals.  Die  tiefgreifendsten  Umänderungen  erfolgten  jedoch  im  19.  Jahrhundert,  1839  ver- 
steifte Hofbaurat  Sprenger  die  ganze  Turmspitze  durch  ein  Eisengerüst,  das  jedoch  bald 
—  unter  Dombaumeister  Ernst,  der  die  Turmspitze  abzutragen  und  durch  einen  Neubau  zu 
ersetzen  beschloß  (1859)  —  wieder  entfernt  wurde.  1862  starb  Ernst  und  mußte  die  Fort- 
setzung dieser  Arbeit  seinem  Nachfolger,  Dombaumeister  Friedrich  Schmidt,  überlassen,  der  den 
Neubau  des  Turmhelmes  1864  zu  Ende  führte  (siehe  Abb.  25).  An  Stelle  der  früheren  mangelhaften 

Bd.  II.  3 


34 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Konstruktion  mit  sehr 
kleinen,   unregelmäßig 

aneinandergefügten 
Quaderstücken  wurde 
ein    regelrechter    Ver- 
band   eingeführt    und 
die     einzelnen    Steine 
untereinander      durch 
Klammern  und  Dübel 
aus  hämmerbarem  Me- 
tall    verbunden.     Die 
Helmstange     ist    rund 
und  in  den  durch  das 
Gestein  gehenden  Tei- 
len mit  einer  eng  an- 
schließenden Hülse  aus 
Kupferblech  umgeben, 
so    daß    die    Längen- 
änderungen der  Stange 
bei     Temperaturunter- 
schieden keine  schäd- 
liche Wirkung  auf  den 
Stein  ausüben  können. 
Am    Fuß    der    Helm- 
stange ist  ein  Gewicht 
von    etwa     100  q    an- 
gebracht. Der  Südturm 
ist  es  vornehmlich,  der 
den  Ruhm  von  St.  Ste- 
phan begründet  hat.  In 
seiner   frei    und    selb- 
ständig    hervortreten- 
den Gestalt,    die  trotz 
des  riesenhaften,   alles' 
überragenden  Wuchses 
infolge    der  vielen   pi-y 
kanten  Züge  und  fein 
abgewogenen      Über- 
gänge    nichts     Unge- 
schlachtes an  sich  hat, 
verkörpert  er  so  recht 
die      glückliche      Mi- 
schung eines  weichen 
heiteren      Grundtones 
mit     machtvoll     deut- 
schem Bürgerstolz,  wie 
sie     das     Wesen     des 
Wicnertums  ausmacht. 
Im  Gegensatz  zu 
dem    einfachen    Chor- 
bau    wiederholt     sich 
das  große  Giebelmotiv 
des     Turmes     viermal 
auf     jeder    Seite     des 
Langhauses.  Bis  zum 
Jahre  1852  war  nur  der 

westlichste  Giebel  der  Südseite  mit  Maßwerkzier  versehen,  die  übrigen  drei,  dem  Südturm  nä 
und  die  vier  nördlichen  sind  von  Dombaumeistcr  Ernst  ausgeführt  und  schon  von  seinen 


Abb.  29.     Deckel  des  Grabmales  Kaiser  Friedrich  III.  im  Stephansdom. 


chsten 
Nach- 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters.  35 

folgern,  Dombaumeister  Schmidt  und  Dombaumeister  Jul.  Hermann,  restauriert  worden.  Zwischen 
diesen  Giebeln  wachsen  je  drei  Strebepfeiler  empor,  viel  reicher  an  Zier  als  die  des  Chores. 
Blendmaßwerk  schmückt  die  Flächen,  am  höchsten  Absatz  steht  ein  Baldachin,  für  Statuen 
bestimmt,  darüber  eine  kleine  krabbenbesetzte  Fiale;  der  Körper  des  Strebepfeilers  aber  setzt 
sich  wesentlich  schwächer  weiter  aufwärts  fort  und  endet  über  der  Galerie,  die  sich  an  den 
Langscitcn  bis  zu  den  Heidentürmen  hinzieht,  wieder  in  eine  Fiale.  Zwischen  den  Streben  ist 
die  Wand  von  je  zwei  reich  gegliederten  Fenstern  durchbrochen.  Paneelwerk  überzieht  die  Zwickel 
zwischen  denselben.  Der  vierte  Strebepfeiler  vom  Turm  ab  bildet  die  Ostwand  der  westlichen, 
die  Fassade  verbreiternden  Kapellen.  Er  hat  noch  Gliederung  und  Baldachin  der  anderen  drei. 
Das  Untergeschoß  der  beiden  zweijochigen  Kapellen  stammt  aus  der  Mitte  des  H.Jahrhunderts 
und  ist  reicher  durchgebildet  als  das  obere,  das  erst  im  15.  Jahrhundert  aufgesetzt  wurde,  um 
die  Heidentürme,  die  durch  den  Abbruch  der  alten  Gewölbe  während  des  Langhausneubaues 
gelitten  hatten,  seitlich  zu  stützen.  Der  inneren  Jochteilung  entspricht  außen  ein  Strebepfeiler 
mit  tiefer  sitzendem  Baldachin.  Die  Lösung  des  Eckpfeilerproblems  ist  derart,  daß  weder  dem 
Anblick  von  der  Langseitc  noch  der  Wirkung  der  in  den  unteren  Partien  zum  größten  Teil 
romanischen  Fassade  Eintrag  geschieht.  Eben  deshalb  hat  der  Meister  an  der  Westseite  der 
zwei  unteren  Kapellen  Rundfenster  angebracht. 

An  der  Westfassade,  deren  Erhaltung  ein  Hauptprogrammpunkt  für  den  Neubau  war, 
hat  die  gotische  Zeit  manche  ästhetisch  weniger  befriedigende  Änderungen  vorgenommen.  Die 
beiden  früher  selbständigen  Heidentürme  mußten  zugunsten  der  gotischen  Gesamterscheinung 
in  der  riesigen  Dachfläche  ihren  Untergang  finden.  Die  Höhe  der  Westfassade  bis  zur  Galerie 
beträgt  30  m,  ihre  gesamte  Breite  44  m.  Der  Vorraum  unter  der  Orgelbühne,  den  man  durch 
das  Riesentor  zunächst  betritt,  ist  selbst  nach  der  in  gotischer  Zeit  (15.  Jahrhundert)  voll- 
zogenen Erhöhung  der  Empore  gegenüber  der  Breite  zu  nieder.  Die  spätgotische  Architekturzier 
der  Vorderseite  der  Empore  gibt  in  ihrer  Ausdehnung  ungefähr  die  Breite  des  romanischen 
Baues  an.  Die  nach  ihren  Stiftern  genannte  nördliche  Tirnakapelle  hatte  ihren  Eingang 
ehemals  in  der  Halle  unter  der.  Empore,  ebenso  die  südliche,  nach  Rudolf  IV.  und  seinen 
Brüdern  benannte  Herzogenkapelle.  Die  ostwestliche  Länge  beträgt  lim.  die  nordsüdliche 
Breite  6  m,  die  Höhe  13-30m.  Die  Wanddienste  der  beiden  Kapellen  haben  in  der  Höhe  des 
Kaffgesimses  eine  Auskröpfung,  die  als  Sockel  einer  Statue  mit  Baldachin  bestimmt  ist,  ähnlich 
wie  in  der  um   1400  entstandenen  Freisingerkapelle  in  Klosterneuburg. 

Das  Mittelschiff  der  Kirche  ist  bis  zum  Querhaus  50m  lang  und  13m  breit,  die 
Seitenschiffe  haben  je  lim  Breite.  Das  Mittelschiff  hat  28m  Höhe,  um  6m  mehr  als  die 
Seitenschiffe.  Diese  bedeutende  Überhöhung  läßt  die  Wölbung  des  Mittelschiffes  ganz  in  der 
Dämmerung  verschwinden,  gehört  jedoch  zu  den  Eigentümlichkeiten  der  Wiener  Bauschule 
und  führt  in  der  Badener  Pfarrkirche  zu  einer  Art  Basilika  ohne  Oberlichtgaden.  Vier  schlanke 
Pfeilerpaare  tragen  das  reiche,  aus  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  stammende  Netzgewölbe.  Die 
reichen  Laubwerkkapitäle  fehlen  den  bis  zum  Sockel  herabreichenden  Gliederungen  der  Scheid- 
bögen. In  halber  Höhe  schmückt  die  Pfeiler  ein  sonst  unerreichter  Reichtum  von  je  sechs  hoch- 
aufgebauten Baldachinen  mit  Statuen.  Die  Wände  unter  den  Fenstern  beleben  Wandtriforien 
in  reicher  Zier.  Das  Maßwerk  der  Fenster  ist  edel  durchgebildet. 

So  ist  das  Langhaus  von  St.  Stephan  der  weiträumigste  und  prächtigste  Hallenbau  in 
deutschen  Landen,  und  wenn  er  infolge  der  erwähnten  mannigfachen  Unregelmäßigkeiten  auch 
nicht  zu  den  schönsten  gezählt  werden  kann,  so  verleihen  ihm  gerade  diese,  im  Vereine  mit 
anderen  später  hinzugekommenen  Zufälligkeiten,  jenen  eigentümlichen,  mehr  auf  das  Gemüt 
des  Beschauers  wirkenden  Zauber,  der  den  Innenraum  des  Stephansdomes  zu  einem  der 
malerisch  reizvollsten  Raumbilder  überhaupt  macht. 

Am  zweiten  Pfeiler  links  steht  die  in  den  verwickelten  Formen  der  spätesten  Gotik  der  ersten 
Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  ausgeführte  Kanzel  (Tafel  I).  Als  Meister  wurde  Anton  Pilgram  ver- 
mutet. Im  Unterbau  sind  die  vier  lateinischen  Kirchenväter  und  eine  Menge  von  kleinen  Statuen 
eingefügt,  im  Schalldeckel  die  sieben  Sakramente  und  am  Deckgesimse  der  Wendeltreppe 
kriechen  Frösche  und  allerlei  anderes  Getier  hinan.  Drei  gotische  Baldachine  erinnern  auch 
hier  an  den  Regensburger  Einfluß.  Statt  des  am  Nordturm  von  Meister  Oechsel  begonnenen  vierten 
Baldachins  setzte  Meister  Anton  Pilgram  von  Brunn  nach  einem  sagenhaften  Künstlerstreit  mit 
Oechsel  eine  kleine  Orgelbühne  hoch  oben  an  die  Wand;  darunter  sein  Bildnis.  Ein  Meister- 
werk ist  der  Tauf  st  ein1),  der  nach  einem  aus  Nürnberg  bezogenen  Entwurf  1481  durch  Meister 


')  Neuwirth,  Aus  der  Baugeschichte  von  St.  Stephan.  Monatsblätter  des  Wiener  Altertumsvereines.  1902. 


36 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Ulrich  Aucr  von  Salzburg  vollendet  wurde.  Zu  den  reichsten  Grabdenkmalen  des  ausgehenden 
Mittelalters  gehört  das  im  südlichen  Scitenchorc  befindliche  Hochgrab  des  Kaisers  Fried- 
rich III.  (siehe  Abb.  28, 29).  Der  von  Niklas  von  Leyen  1467  in  Wiener-Neustadt  begonnene  Grab- 
deckel wurde  im  Auftrage  des  Kaisers  Max  1493  nach  Wien  gebracht  und  mit  dem  von  Meister 

Michael  Dichter  1513  voll- 


flülf«jl 


endeten  Unterbau  verei- 
nigt. Der  Kaiser  ruht  in 
vorzüglicher  Bildnistreue, 
mit  dem  vollen  Kaiser- 
ornate aufs  prunkreichste 
geschmückt,  auf  einem 
hohen  Unterbau,  dem  acht 
frei  ausgearbeitete,  reiche 
Reliefs  mit  Darstellungen 
aus  der  Geschichte  der 
Wiener-Neustadt  und  die 
mit  besonderer  Meister- 
schaft ausgeführten  Statuen 
der  Kurfürsten  eine  herr- 
liche Zier  verleihen.  Rings 
umschließt  den  Sarkophag 
ein  mächtiges,  mit  den 
Standbildern  der  Apostel 
geschmücktes  Geländer 
aus  rotem  Marmor.  Zu 
beiden  Seiten  des  Mittel- 
chores steht  in  doppelter 
Reihe  das  spätgotische 
Chorgestühl,  in  mannig- 
faltiger Abwechslung  ge- 
schmückt mit  wunderlicher 
Tier-  und  Pflanzenorna- 
mentik, die  Bilder  aus 
der  Leidensgeschichte  des 
Herrn  umschlingt;  ein  treffliches  Werk  von  W.  Rollinger.  Am  Äußeren  des  Domes  besitzen 
die  beiden  kleineren  Portale  neben  den  Kapellen  der  Westseite  reizvolle  Skulpturen;  das 
südliche  Singertor  zeigt  unter  anderen  Rudolf  IV.  als  Stifter  und  seine  Gemahlin,  das  nördliche 
Adlertor  Albrecht  III.  als  Bauherrn  der  Neustädter  Kirche.  Während  die  Technik  dieser  Portale 
auf  die  reichste  Zeit  österreichischer  Gotik  hinweist  (Wende  des  14.  zum  15.  Jahrhundert), 
sind  die  polygonen  Vorhallen  erst  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  entstanden.  Zwischen 
der  südlichen  Vorhalle  und  der  Herzogenkapelle  ruht  unter  einem  zierlichen  Baldachin  der 
Bauernspötter  Neidhart  Fuchs. 

Von  dem  nur  durch  die  hohen  Fenster  der  Turmhalle  beleuchteten  dämmerigen  Quer- 
schiff öffnet  sich  unter  dem  Südturm  der  Zugang  zur  St.  Katharinen-Kapelle  und  ähnlich  unter 
dem  Nordturm  der  Eingang  zur  etwas  größeren  St.  Barbara-Kapelle.  Die  St.  Katharinen- 
Kapelle  mit  ihrem  Sterngewölbe  und  dem  weit  herabhängenden  Schlußstein  ist  zugleich  mit 
dem  Südturm  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  (1395)  entstanden,  die  St.  Barbara-Kapelle  weist 
die  späten   Formen  vom  Ende  des   15.  Jahrhunderts  auf. 

Der  Bau  des  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  begonnenen  Nordturmes 
schritt  äußerst  langsam  vorwärts,  die  ermattete  Gotik  führte  ihn  nicht  viel  höher  als  den  großen 
Giebel,  der  die  Höhe  des  Querschiffes  bezeichnen  soll.  Meister  Anton  schloß  den  Bau  mit 
einer  geraden  Fläche  ab.  1579  setzte  Hans  Saphoy  auf  den  Nordturm  einen  abschließenden 
Renaissanceaufbau,  in  den  eine  große  Glocke  (die   „Pummerin")  gehängt  wurde. 

Mit  dem  spanischen  Habsburger  Ferdinand  I.  zog  die  Renaissance  triumphierend  ein. 
Manch  gotisches  Kleinod  mag  damals  zerstört  worden  sein,  doch  was  der  siegende  Stil  neues 
dafür  schuf,  fügt  sich  so  wohl  in  das  Raumbild,  daß  der  jetzige,  ungemein  stimmungsvolle  Ein- 
druck des  Inneren  nicht  zum  wenigsten  den  zahlreichen  Barockaltären  und  Einrichtungs- 
gegenständen dieser  Zeit  mit  zu  verdanken    ist.    Besonders  prächtig  durchgebildet  ist  der  von 


Abb.  30. 


Stephansdom,  Annenseelcnnische  an  der  Ostscite  des  Chores  mit  dem  Fresko 
(Das  Fegefeuer)  von  Danhauser. 


K atholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


37 


Jon.  Jos.  Bock  um  1640  in  schwarzem  polnischen  Marmor  ausgeführte  Hochaltar  mit  einem 
Altarblatt  seines  Bruders  Tobias  Bock.  Auch  das  Altarblatt  in  der  Barbarakapcllc  von  Alto- 
montc.  von  dem  auch  die  Deckenbildcr  In  der  Sakristei  herrühren,  verdient  besondere  Beachtung. 

Das  im  Jahre  1S94  enthüllte  Starhcmberg-Denkmal  (siehe  Abschnitt:  Denkmale)  wurde  zum 
Gedächtnis  an  die  200jäh- 
rigcFeicrderRettung  Wiens 
aus  der  Türkennot  (1683) 
von  Wiener  Bürgern  errich- 
tet und  ist  ein  Werk  Pro- 
fessor Edmund  Hellmers, 
der  bei  einer  1881  vom 
Kultusministerium  ausge- 
schriebenen Konkurrenz 
den    ersten    Preis    erhielt. 

Die  romantische  Be- 
wegung des  19.  Jahrhun- 
derts hat  auch  den  St.  Ste- 
phans-Dom in  Mitleiden- 
schaft gezogen.  Glück- 
licherweise behütete  die 
reservierte  Haltung  der 
Finanzverwaltung  den  Dom 
vormanchem  Unheil.  Nach 
der  in  den  Jahren  1842 
bis  1844  erfolgten  Wieder- 
herstellung der  Turmspitze 
wollte  der  um  die  Aus- 
führung dieser  Arbeit  ver- 
diente Wasserbauinspektor 
J.  Baumgartner  den  voll- 
ständigen    Ausbau       ganz 

energisch  durchführen;  zunächst  den  Ausbau  der  sieben  Giebel,  den  Umbau  der  Hauptfassade 
in  gotischem  Stil  mit  einem  Aufwand  von  80.000  Gulden  und  den  Ausbau  des  Nordturmes  mit 
einer  Bausumme  von  1  Million  Gulden.  Der  damalige  Fürsterzbischof  Milde  hielt  für  noch  drin- 
gender die  Entfernung  sämtlicher  Barockaltäre  und  Einbauten,  den  Hochaltar  nicht  ausgenommen, 
und  Ersatz  derselben  durch  neue,  stilgerechte  Kunstwerke  nach  den  Plänen  der  Architekten 
Rösner  und  Riwnatz.  Die  zur  Deckung  der  erforderlichen  2 1 5.000  Gulden  verlangte  Staatshilfe  blieb 
aus.  So  wie  Milde  war  auch  sein  Nachfolger,  Kardinal  Rauscher,  erfüllt  von  edler  Begeisterung 
für  die  Pläne  der  Wiederherstellung  der  ursprünglichen  Gestalt  und  der  Vollendung 
St.  Stephans,  und  brachte  sie  durch  Gründung  des  Dombaukomitees  1858  ihrer  Verwirk- 
lichung näher.  Der  im  selben  Jahre  zum  Dombaumeister  bestellte  Architekt  Leop.  Ernst  hielt 
für  seine  nächste  Aufgabe  eine  würdige  Ausstattung  der  Westfassade,  „die  in  ihren  plumpen, 
unansehnlichen  Massen  mit  dem  Reichtum  des  ganzen  Kirchenbaues  nur  unangenehm  kon- 
trastiert", und  wies  vor  allem  darauf  hin,  daß  „die  Einheit  des  ganzen  Inneren  auf  das  wider- 
lichste gestört  werde  durch  die  römisch-zopfigen  Altäre  und  andere  Einbauten"  und  daß  diese 
ästhetischen  Schäden  nicht  minder  dringend  nach  Abhilfe  verlangen  als  die  allseits  anerkannten 
Baugebrechen.  Alle  Vorarbeiten  zur  Entfernung  der  Barockaltäre  waren  getroffen  (auch  die 
Mittel  waren  gesichert),  als  die  zur  äußersten  Notwendigkeit  gewordene  Abtragung  des  Turm- 
helmes alle  verfügbaren  Mittel  in  Anspruch  nahm.  Während  der  Arbeiten  am  Südturm  starb 
Ernst  1862  und  der  schon  seit  1860  dem  Komitee  angehörige  Architekt  Fr.  Schmidt  wurde 
sein  Nachfolger,  würdig  seiner  größten  Vorgänger  aus  dem  Mittelalter.  Der  Südturm  wird  1872 
vollständig  beendet,  und  auf  Wunsch  des  Kardinals  Rauscher,  der  es  „für  eine  Ehrensache 
Österreichs"  hielt,  den  Nordturm  auszubauen,  verfaßte  Schmidt  ein  Projekt  hierfür  mit  einem 
Kostenerfordernis  von  650.000  Gulden.  An  der  Höhe  der  Kosten  scheiterte  der  Plan.  Durch  die 
Gründung  des  Dombauvereines  1880  werden  die  Restaurationsarbeiten  in  einen  ruhigen  Fluß 
planmäßigen  Fortschreitens  gebracht.  In  den  Jahren  1881  — 1889  wird  die  Restauration  des 
Inneren  mit  sorgsamer  Wahrung  des  Bestehenden  durchgeführt.  In  das  Jahr  1882  fällt  ein 
Projekt  für   die  Wiederherstellung  des  romanischen  Westportals,  für  das  bis  in  die  jüngste  Zeit 


Abb.  31.    Stephansdom,  Reliefbild  (Christus  am  ölberg)  an  der  Südseite  des  Chores. 


38 


Gebäude  für  Kultusz.wecke. 


noch  gekämpft  wurde.  1891  stirbt  Schmidt  und  sein  Nachfolger  wird  der  Architekt  Jul.  Hermann, 
der  schon  seit  1873  unter  Schmidts  Leitung  am  Dombau  tätig  war.  Sein  Werk  ist  vor  allem 
die  Wiederherstellung  der  Herzogenkapelle,  des  Singer-  und  Bischofstores,  die  neuerliche  Voll- 
endung der  Ziergiebel  und  umfassende  Arbeiten  an  der  Westfassade.  Den  beiden  letztgenannten 
Meistern  sind  neben  ihrer  künstlerischen  Tätigkeit  auch  wichtige  Forscherarbeiten  zu  danken, 
so  Schmidt  die  Untersuchungen  über  die  älteren  Bauepochen  und  Hermann  die  Klarstellungen 
der  gotischen  Bauperioden  des  St.  Stephans-Domes.1) 

Während  bei  allen  ähnlichen  großangelegten  deutschen  Domen,  in  Xanten,  Köln  und 
Prag,  in  Straßburg  und  Freiburg  im  Breisgau,  die  Geistlichkeit  entweder  allein  oder  doch  vor- 
wiegend die  Leitung  und  Verwaltung  des  Baues  inne  hatte,  finden  wir  bei  St.  Stephan  durch 
das  ganze  Mittelalter  bis  in  das  18.  Jahrhundert  Laien,  Mitglieder  des  Rates  der  Stadt,  als 
„Kirchmeister",  magister  ecclesiac,  als  oberste  Leiter  des  Baues.  Gleichwie  der  Prager  Veits- 
dom  in  seiner  überaus  kühnen  Bauart  eine  durchaus  aristokratische  Verkörperung  stolzer 
Fürstenherrlichkeit  ist,  so  ist  St.  Stephans  Bau  das  glanzvollste  Zeugnis  deutschwiener  Bürger- 
wollens  und  Bürgerkönnens. 


St.  Ruprecht  (Abb.  14,  32  und  33) 2) 

ist  der  einzige  kirchliche  Bau,    von  dem  einzelne  Teile  mit  Wahrscheinlichkeit  der  eigentlichen 
romanischen  Stilepoche  zugewiesen  werden  können.  Die  ältesten  erhaltenen  Reste  können  aus 

dem  Ende  des   12.  oder  Beginn  des   13.  Jahrhunderts 
herrühren. 

Am  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  wurde  der  bis 
dahin  wahrscheinlich  einschiffige,  flachgedeckte,  mit 
halbrunder  Apsis  geschlossene  Bau  durch  ein  süd- 
liches Seitenschiff  erweitert  und  gleichfalls  in  goti- 
scher Zeit  mannigfach  verändert.  Im  18.  Jahrhundert 
erfolgte  die  Einwölbung  des  Hauptschiffes  und  in 
der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  wurden  an 
der  Westfassade,  am  Unterbau  des  Turmes  und  durch 
die  Herstellung  des  jetzigen  Haupteingangstores  (1840) 
eine  Reihe  gotisch  sein  sollender  Umänderungen  vor- 
genommen. Als  älteste  Teile  sind  in  dem  der  West- 
fassade vorgelegten  Vierecksturm  im  dritten  und 
vierten  Geschoß  nach  außen  vermauerte,  gekuppelte 
romanische  Fenster  zu  erkennen,  deren  Tcilungs- 
säulchen  Würfclkapitäle  und  Basen  mit  Eckblättern 
besitzen. 

In  der  Kirche  selbst  tragen  romanischen  Stil- 
charakter der  rundbogige  Triumphbogen,  ein  spät- 
romanisches Fenster  im  Presbyterium  und  die  Um- 
fassungsmauern des  Hauptschiffes,  deren  südliche  in 
den  Dachboden  hineinragt  und  hier  ein  gut  erhaltenes 
romanisches  Rundbogenfenster  birgt.  Die  Fragmente 
von  Glasmalereien  über  der  Sakristeitür  (Maria  mit 
dem  Kinde)  und  über  dem  letzten  Seitenschiffenster 
in  das  13.  Jahrhundert  zurück.  Aus  der  Übergangszeit 
runden  Presbyteriumschlusses  in  ein  Polygon  mit  auf 
Konsolensäulchen  ruhender  Rippenwölbung.  Der  gotischen  Zeit  gehören  an  das  Seiten- 
schiff mit  seiner  jetzt  als  Sakristei  dienenden  Apsis,  die  Kreuzgewölbe  und  die  Fenster 
dieses  Zubaucs,  zwei  Fenster  der  Nordwand  und  der  Abschluß  des  Turmes.  Eine  mar- 
morne Gruftplattc  von  1521  im  Seitenschiff  und  Reste  des  alten  Fliesenbelages  sind  be- 
achtenswert. 


Abb.  32.    St.  Ruprecht  im  I.  Bezirke. 

(Christus     am     Kreuz)     reichen 
stammt     die    Umwandlung     des 


')  Ober  die  Baugeschichte  des  St.  Stephans-Domes  im  19.  Jahrhundert  geben  Aufschluß  F.  X.  Kleindienst,  Die  Restauration 
des  St.  Stepha'ns-Domes  in  den  Jahren  1853—1880,  im  Wiener  Dombauvereinsblatt,  II  bis  VI,  und  über  die  Arbeiten  seit  1880  im  Wiener 
Dombauvcrcinsblatt,  Iff.  „,.  , 

■)  Lind.  Mittelalterliche  Baudenkmäler  Wiens  aus  der  Zeit  vor  den  Habsburgcrn,  in  Geschichte  der  Stadt  Wien,  herausgegeben 
vom  Altertunisverein,  1897,  sowie  Weber  in  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission,  1S99,  S.  26. 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  II. 


Hochaltar  bei  St.  Michael. 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


39 


St.  Michael  (Abb.  15,  34  und  35). ') 


Aus 


Gegründet 
dem  Jahre 


als 
1221 


Pfarrkirche 
datiert  die 


für    das    Hofgesinde, 
erste  Kunde  ihres  Be- 


Abb.  33.     Inneres  der  Ruprechtskirche. 


Standes.  Durch  Brand  1276  zerstört,  wurde  sie  1288 
wieder  hergestellt.  Das  Langhaus  ist  basilikal  mit  sehr 
hohem  Mittelschiff  und  zählt  fünf,  im  Seitenschiff  qua- 
dratische, im  Mittelschiff  oblonge  Gewölbsjoche;  drei 
quadratische  Wölbfelder  bilden  das  Querschiff.  Der 
Turm  erhebt  sich  an  der  Westfront  über  dem  ersten 
Joche  des  südlichen  Seitenschiffes.  Über  den  Pfeilern 
mit  spätromanischem,  kreuzförmigem  Querschnitt  und 
reich  mit  phantastischer  Pflanzen-  und  Tierornamentik 
gezierten  Kapitalen  entwickelt  sich  das  den  Charakter 
des  Übergangsstiles  tragende,  aus  spitzbogigen  Kreuz- 
gewölben bestehende  Gewölbe.  Am  Äußeren  erscheinen 
neben  spätromanischen  Rundbogenfriesen  mit  Ballen 
schon  der  frühen  Gotik  angehörige,  jedoch  wenig  her- 
vortretende Strebepfeiler.  Nach  einem  Brand  im  Jahre 
1327  wurde  östlich  an  das  Vierungsquadrat  anschließend 
eine  1340  (gleichzeitig  mit  dem  Chore  von  St.  Stephan) 
fertiggestellte  Erweiterung  vorgenommen,  die  bis  zu 
dem  jetzigen  Gitter  reichte;  bei  einem  weiteren  Ausbau  kam  1416  der  übrige  Teil  des  Chor- 
schlusses hinzu.  Die  Gesamtlänge  der  Kirche  beträgt  63-84  m,  davon  entfallen  auf  das  Langhaus 
2812  m,  das  Querhaus  8-21  m  und  den  Chor  27-50  m.  Vor  dem  Chore  stand  ein  gotischer  Lett- 
ner. An  der  südlichen  Langhausaußenwand  ist  der  Ölberg  von  Meister  Hueber,  ein  interessantes 
Holzschnitzwerk  aus  dem  Jahre  1498,  zu  sehen  (siehe  Abb.  34).  Die  Folgezeit  (die  Barocke  und 
spätere  Jahrhunderte)  hat  manches 
Alte  zerstört,  aber  auch  manches 
vollwertig  künstlerisches  Neues  ge- 
schaffen, wie  den  1780  nach  einem 
Entwürfe  von  d'Avrange  in  Alabaster 
ausgeführten  Hauptaltar  (Tafel  II). 
Aus  dem  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
stammt  auch  die  Fassade,  die  1792 
nach  einer  Zeichnung  des  Ferdinand 
von  Hohenberg  nach  der  alten 
niederländischen  Type  ausgestaltet 
wurde;  Lorenzo  Mattielli  ist  der 
Meister  der  Portalgruppe  (1725). 
Der  Turm  erhielt  seine  jetzige  Be- 
krönung  im  Jahre   1594. 

Hofburgkapelle  (Abb.  16).2) 

Der  heute  bestehende  einschif- 
fige Bau  wurde  1449  geweiht;  aber 
schon  1265  bestand  hier  eine  ein- 
fache romanische  Kapelle.  Die  Ge- 
wölbe werden  von  reichen,  fein 
gegliederten  Wanddiensten  getragen, 
die  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  der 
Herzogen-    und    Sankt    Katharinen- 


Abb.  34.    Relicfbild  am  Äußeren  der  Michaeierkirche. 


')  Lind,  Die  St.  Michaels-Kirche,  in  Be- 
richten und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines, 
III,  V,  XVI,  XXII,  und  Mitteilungen  der  k.  k. 
Zentralkommission,  XIX,  alte  Folge  und  1879. 

2)  Montoyer  und  Karaja  n,  Die  Wiener 
Hofburg.  Hormayr,  Geschichte  Wiens,  Bd.  II. 
Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsver- 
eines, VI  und  XXVII. 


m 


1 


40 


Gebäude   für  Kultuszwecke. 


Kapelle  bei  St.  Stephan  Auskröpfungen  für  Statuen  und  Baldachine  besitzen.  Licht  erhält 
die  infolge  eines  späteren  Einbaues  ganz  eingeschlossene  Kapelle  nur  durch  die  Fenster  der 
vor  die  Gebäudeflucht  vorspringenden  Apside.  Die  Leibungen  der  Apsidenfenster  sind  außen 
reich  mit  Skulpturen  geschmückt.  Einzelne  sonderbare  Formen  an  den  Trägern  der  Wand- 
dienste neben  dem  Hochaltar  und  an  der  nördlichen  Seitenwand  dürften  durch  eine  Restau- 
ration hereingekommen  sein.  Von  den  beiden  Emporen  stammt  die  obere  von  der  Kaiserin 
jMaria  Theresia.  An  Stelle  des  gegenwärtigen  Altars  hat  im  Mittelalter  wahrscheinlich  jener 
gotische  Flügelaltar  gestanden,  der  von  Regierungsrat  Lissek  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
in  einem  Magazine  aufgefunden  wurde  und  derzeit  restauriert  wird.  Das  Kruzifix  hinter  dem 
Hochaltar  ist  von  Raphael  Donner,  die  Bilder  über  den  Seitcnaltären:  die  hl.  Katharina  von 
Hub.  Maurer,  Johannes  der  Täufer  von  Füger. 


Rathauskapelle  (Salvatorkapelle)  (Abb.  36  und  37). ') 

Als  eine    der  vielen  in  der  Stadt  bestehenden  Privatkapellen   wurde  sie   1316  samt  dem 
Hause,  in  dessen  erstem  Stock  sie  sich  befand,  von  der  Stadt  der  Familie  Haymo  abgekauft  und 

zur  Rathauskapelle  umgewandelt.  1360  und  1361  fand  unter  dem 
Bürgermeister  Heinrich  der  Schuechler  eine  Tieferlegung  des  Fuß- 
bodens und  1540  der  Zubau  einer  zweiten  gegen  die  Salvatorgasse 
gelegenen  Kapelle  statt;  beide  Räume  wurden  miteinander  verbun- 
den. Das  köstliche  Portal  (siehe  Abb.  37)  wurde  in  der  zweiten  Hälfte 
des   16.  Jahrhunderts  erbaut. 

Minoritenkirche  (Abb.  17,  38  und  39)."-) 

Zwei  unmittelbare  Schüler  des  heiligen  Franz  von  Assissi 
führten  den  Minoritenorden  in  Wien  ein,  und  Leopold  VI.  erbaute 
ihm  im  freien  Felde  vor  der  Stadt  Kloster  und  Kapelle.  Das  1234 
urkundlich  zum  ersten  Male 
erwähnte  Kloster  ist  bereits 
1235  Mittelpunkt  der  öster- 
reichischen Ordensprovinz. 
Durch  Feuersbrünste,  die 
in  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  Jahrhunderts  so  häufig 
waren,  zerstört,  wurden 
Kapelle  und  Kloster  von 
König  Ottokar  vor  den 
Mauern  der  Burg  wieder 
aufgebaut.  Das  Kloster  führte 
den  Namen  zum  heiligen 
Kreuz.  Heute  besteht  weder 
von  den  Klosterbauten  noch 
von  dem  1251  gleichzeitig 
mit  der  Katharinenkapelle 
geweihten  Chore  irgendein 
Überrest. 

Mit  den  Habsburgern 
beginnen  die  mannigfaltigen 
gotischen  Umänderungen 
und  Neubauten.  Die  er- 
wähnte Katharinenkapelle 
wird  1298  durch  Dietrich 
von  Klichsdorf  neu  gebaut 
widmet  die  Königin  Blanka   1000  Pfund  zum  Baue  eines  neuen  Chores.  Ihr  Wunsch 


Abb.  36.     Inneres  der  Salvatorkapelle. 


')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvercines,  II  (Lind,  Die  Salvatorkapelle)  und  XV.  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentral- 
kommission,  XVIII,  alte  Folge.  Ferner  Weiß,  Geschichte  und  Beschreibung  der  Rathauskapcllc.  1S6U. 

•)  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines,  V  (Lind),  IX,  XII,  XVI,  XXII,  XXV,  XXVI,  und  Mitteilungen  der  k.  k. 
Zentralkommission,  1902,  1903. 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


41 


wird  nicht  erfüllt,  der  Provinzial  ließ  nur  eine  kleine, 
1317  geweihte  Kapelle  an  der  Nordwestseitc  des 
heutigen  Kirchenbaues  errichten  (1903  ausgegraben). 
Erst  die  Gemahlin  Friedrichs  des  Schönen,  Elisabeth, 
bringt  den  Plan  ihrer  Schwägerin  zur  Ausführung  und 
erbaut  1324  den  St.  Ludwigs-Chor  samt  dem  neben- 
stehenden Turm.  (Der  St.  Ludwigs-Chor,  längst  zu 
einem  Wohnhaus  umgestaltet,  wurde  1902  und  1903 
abgebrochen.)  In  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhun- 
derts scheint  man  den  Bau  der  großen  Kirche  be- 
gonnen zu  haben,  der  1404  zum  Abschluß  kam. 
Während  der  Reformation  von  1569 — 1620  als  prote- 
stantisches Gotteshaus  in  Verwendung,  mußte  sie 
manche  Umänderungen  über  sich  ergehen  lassen.  Bei 
der  Türkenbelagerung  1683  lag  die  Kirche  mitten  in 
der  Angriffslinie  und  verlor  ihren  Turmhelm.  1630 
wurde  die  Puchheimsche  Kapelle  zugebaut  und  etwa 
um  1784  unterzog  Hohenberg  von  Hetzendorf  das 
Innere  einer  gründlichen  Umgestaltung. 

Die  hohe  Halle  der  Kirche  wird  durch  zwei 
Reihen  von  je  vier  Pfeilern  in  drei  Schiffe  geteilt, 
von  denen  das  mittlere  breiter  ist  als  die  seitlichen. 
Die  Länge  der  Kirche  beträgt  38'86  m,  die  Gesamt- 
breite 20-85  m  und  die  Höhe  2275  m.  Die  Rippen 
der  Kreuzgewölbe  gehen  ohne  Unterbrechung  in  die 
Pfeiler  über  und  werden  erst  in  einer  Höhe  von 
ungefähr    5"50  m    über    dem  Fußboden  durch  Dienste 

Abb.  38.    Portal  der  Minoritenkirche. 


Abb.  37.     Portal  der  Salvatorkapelle. 

aufgenommen.  Die  Lage  der  Ludwigs- 
kapelle machte  die  Entwicklung  eines 
Mittelchores  unmöglich,  so  daß  der  Chor 
der  Kirche  gegen  die  Nordseite  verscho- 
ben ist. 

Aus  der  Zeit  der  Hohenbergschen 
Restauration  stammen  die  östlichen  Eck- 
gewölbe, die  schrägen  Abschlußwände, 
die  Verwendung  der  Zwickel  als  Ora- 
torien und  die  gotisierenden  Friese  im 
Inneren.  Die  Portale  der  in  ihrem  oberen 
Teile  unvollendeten  Westfassade  besitzen 
interessante  Skulpturen  und  dürften  etwa 
1395  entstanden  sein. 

Augustinerkirche    (Abb.    18,    40— 42. ') 

Im  Jahre  1327  wies  Friedrich  der 
Schöne  den  bereits  1255  urkundlich  vor 
dem    Werdertor    ansässigen     Augustiner- 

')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines, 
V  (Lind),  XVI,  XXI.  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentral- 
kommission,   XIX,  alte  Folge. 


U 


42 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Abb.  39.    Minoritenkirche  (in  Restauration  begriffen). 


cremiten  Grund  zum  Baue  einer  Kirche 
neben  der  Burg  an.  1349  wurde  das  Lang- 
haus geweiht,  der  Chor  war  jedoch  1399 
noch  immer  nicht  vollendet.  Die  Kirche 
erhielt  1525  eine  Verbindung  mit  der  Hof- 
burg und  1784  wurde  eine  neue  Loretto- 
kapelle  neben  der  Kirche  erbaut,  nachdem 
die  1627  im  Mittelschiffe  errichtete  nieder- 
gerissen worden  war.  Der  Aufbau  des 
Turmes,  der  schon  im  Jahre  1652  eine 
Erhöhung  erhalten  hatte,  stammt  von 
1849/50. 

Das  Langhaus  ist  der  Wiener  Schule 
entsprechend  ein  Hallenbau,  jedoch  mit 
drei  gleich  hohen  Schiffen  (18-64m  Höhe), 
zählt  sechs  Joche  der  Länge  nach  und  er- 
reicht bei  einer  Breite  von  9"86m  (Mittel- 
schiff doppelt  so  breit  wie  die  Seiten- 
schiffe) eine  Länge  von  45T8m.  Der 
Chor  erstreckt  sich  mit  fünf  Jochen  auf 
eine  Länge  von  2953  m,  ist  lOTlm  breit 
und  2275  m  hoch.  Der  Schluß  erfolgt  mit 
sieben  Seiten  des  Zehnecks.  Achteckige 
Pfeilerschäfte  mit  runden  Eckvorlagen 
tragen  die  Kreuzgewölbe  im  Langhause; 
der  Übergang  der  Rippen  wird  durch 
zierliche  Blumenkapitäle  der  Eckdienste 
vermittelt.  Auch  der  Chor  ist  mit  Ausnahme  des  Chorschlusses,  der  ein  Netzgewölbe  aufweist, 
mit  Kreuzgewölben  überdeckt.  Die  Schlußsteine  des  Langhauses  sind  teils  mit  Pflanzenorna- 
ment, teils  mit  dem  Agnus  dei,  dem  Augustinusbild  und  Evangelistensymbolen  geschmückt. 
Nur  die  Nordlangseite  der  Kirche  steht  frei.  Ungemein  hohe  spitzbogige  Fenster  ohne  Maß- 
werk beleben  die  Fläche,  die  außerdem  durch  Strebepfeiler  mit  spitzen  Giebeln  gegliedert  wird. 
Berühmter  als  die  Kirche  ist  das  im  Inneren  derselben  gegenüber  dem  Haupteingangstor  im 
Auftrage  des  Herzogs  Albert  von  Sachsen-Teschen  von  Antonio  Canova  1805  errichtete 
Grabmal  der  Erzherzogin  Maria  Christine,  Tochter  der  Kaiserin  Maria  Theresia.  In  äußerst 
wirkungsvollem  Gegensatz  zu  den  starren  Linien  der  Grabpyramide  schreiten  in  weich  fließender 

Bewegung  die  Tugend  und  die  Wohltätig- 
keit dem  finstergähnenden  Grabinneren 
entgegen  (siehe  Abschnitt:  Denkmale). 

Rechts  vom  Chor,  von  diesem 
durch  einen  Kreuzgangflügel  getrennt, 
liegt  die  St.  Ge  orgs-Kapelle,  die  als 
Vertreterin  einer  höchst  eigenartigen 
Baugruppe,  der  zweischiffigen  Kirchen- 
bauten, baugeschichtlich  weit  bedeut- 
samer ist  als  die  Kirche  selbst.  Als 
Kapelle  der  von  Otto  dem  Fröhlichen 
gestifteten  Gesellschaft  der  Tcmpeloise 
1337  zum  ersten  Male  erwähnt,  wurde 
sie  erst  nach  dem  Tode  Ottos  1341 
geweiht.  Drei  schlanke  Pfeiler  auf  zylin- 
drischen Sockeln  teilen  den  Raum  in 
zwei  vollkommen  gleiche  Schiffe,  deren 
jedes  mit  einer  Apsis  aus  fünf  Seiten 
des  Achtecks  schließt.  Den  birnförmigen 
Rippen  entsprechen  halbrunde  Pfeilervorlagen,  kleine,  einfache  Kapitale  kennzeichnen  die  Kämpfer- 
punkte. Das  rechte  Seitenschiff  wird  durch  vier  große,  maßwerklose  Fenster  erleuchtet,  wäh- 
rend die  drei    schmalen    Fenster    des    rechten  Chores  einfaches  Maßwerk  aufweisen.     An  den 


Abb.  40.    St.  Gcorgs-Kapcllc.  Grabmal  Kaiser  Leopold  II. 


Katholische  Kirchen  des  Mittelalters. 


43 


Kapellenwänden,  mit  Ausnahme  der  Nordseite,  ziehen  nischenförmige  Sedilicu  hin,  die  mit 
reichen  maßwerkgezierten  Spitzbogen  nach  oben  abgeschlossen  sind.  Die  Schlußsteine  der 
Gewölbe  sind  ähnlich  geschmückt  wie  die  in  der  anstoßenden  Kirche.  Auch  die  Georgs- 
kapclle  birgt  mehrere  interessante  Grabmale,  das  des  Feldmarschalls  Daun,  des  Leibarztes 
iMaria  Theresias,  van  Swieten,  und  als  bedeutendstes  das  Denkmal  Kaiser  Leopold  II.  von  Franz 
Zauner.  einem  späteren,  ernsteren  Vertreter  des  Klassizismus. 

Maria  am  Gestade  (Abb.  19,  43  und  44). ') 

An  Stelle  des  früher  erwähnten  Holzkirchleins  mag  schon  1369  ein  Steinbau  bestanden 
haben.  1302  wurde  von  der  Familie  Griffo,  in  deren  Besitz  die  Kapelle  stand,  der  Zubau 
eines  Chores  an  den,  „alte  Kirchen"  genannten,  bestehenden  Bau  beschlossen.  Der  1318  in 
Ausführung  befindliche  Bau  war  im  Jahre  1369  fertig,  er  dient  noch  heute  als  Chor.  Der 
mächtige  Johann  von  Liechtenstein  legte  1394  zu  einem  Neubau  des  Schiffes  den  Grund.  Nach 
seinem  Sturze  nahmen  sich  die  Herzoge  Wilhelm  und  Albrecht  IV.  des  vom  Meister  Michael 
Weinwurm  geleiteten  Baues  an,  doch  ist  derselbe  kaum  vor   1427  fertig  geworden. 

Die  Achse  des  Langhauses  schließt  mit  der  des  Chores  einen  Winkel  ein.  Das  hoch- 
gotische Presbyterium  besitzt  eine  Länge  von  27-8  m,  eine  Breite  von  ll-43m  und  ist  2275  m 
hoch.  Drei  Kreuzrippenge- 
wölbe mit  Birnstabprofilen  und 
Schlußsteinen  mit  Evangelisten- 
symbolen werden  von  runden 
Wanddiensten  getragen.  Breite, 
ungleiche  .  Fenster  mit  alten 
Glasgemälden  (darunter  ein 
Bildnis  Rudolfs  IV.)  erhellen 
den  Raum. 

Das  Langhaus  ist  in  der 
Breite  nicht  überall  gleich, 
ungefähr  7  m  und  hat  eine 
Länge  von  3540m.  Die  Rip- 
pen der  fünf  Sterngewölbe 
laufen  an  den  dadurch  unge- 
mein reich  gegliederten  Wand- 
pfeilern bis  zu  den  Baldachi- 
nen herab.  An  der  Nordseite 
sind  zwei,  an  der  Südseite 
ein  kapellenartiger  Anbau. 
Ebenso  wie  im  Chore  sind 
auch  hier  im  Langhause  die 
unteren  Wandflächen  durch 
Blendarkaden  mit  Sitzen  ge- 
schmückt. Ähnlich  wie  in 
St.  Stephan  ist  die  Empore 
mit  einem  Altarunterbau  ver- 
sehen, an  sich  ein  architek- 
tonisches Meisterwerk.  An  der 
äußeren  Nordseite  treten  die 
Strebepfeiler  nur  ganz  wenig 
hervor.  Ein  kaum  seines- 
gleichen findendes  Zeugnis 
spätgotischer  Kunst  ist  der 
Turm,    der   im   Siebeneck,    an 

den     Ecken     mit      Pilastem     be-  Abb.  41.    Inneres  der  Augustinerkirche. 

setzt,     zwischen      Chor     und 

Schiff    emporwächst    und   mit  einer   reich   durchbrochenen  spätgotischen   Stcinkuppel    gekrönt 


')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertunisvereines, 
1856  und  1857  (Feil    und   Weiß),  1872,  1873,  1895. 


X,   XXI,    XXII,   XXIV,  XXVI.    Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission, 


44 


Gebäude  für  Kultuszwecks. 


ist.  An  dem  Bau  des  Turmes, 
der  in  die  Zeit  von  1534 
bis  1536  fällt,  dürfte  Meister 
Benedikt  Kölbl  beteiligt  ge- 
wesen sein.  Nicht  minder 
reizvoll  sind  die  mit  weit 
ausladenden  Baldachinen  ge- 
schützten Portale.  Im  letzten 
Jahrzehnt  des  19.  Jahrhun- 
derts nahm  Prof.  Luntz  eine 
gründliche  Wiederherstellung 
der  Kirche  vor;  der  Aufbau 
des  Turmes  oberhalb  der 
Galerie  mußte  abgetragen 
und  so  gut  wie  neu  hergestellt 
werden,  auch  die  Schäden  der 
Westfassade  wurden  mit  kun- 
diger Hand  gebessert.1) 

St.    Elisabeth     des    Deut- 
schen   Ritterordens 

(Abb.  20).  2) 

Die  erste,  wahrschein- 
lich spätromanische  Anlage 
wird  1251  erwähnt.  Der 
jetzige  Bau,  der  eine  ähn- 
liche abwechslungsreiche  Ge- 
schichte hat  wie  die  Mino- 
ritenkirche,  wurde  1326  ge- 
weiht und  1747  durchgrei- 
fend restauriert.  An  der 
einschiffigen,  mit  Kreuzge- 
wölben überdeckten  Kirche 
können  nur  die  zwei  mittle- 
ren Joche  Anspruch  auf  Alter 
erheben.  Die  ohne  Absatz 
bis  an  das  Dach  reichenden 
Strebepfeiler  sind  nach  innen 
gezogen,  dazwischen  liegen 
nicht  wie  sonst  kapellen- 
artige Nischen,  sondern  eine  dicke  Wand  füllt  den  Raum  aus.  Aus  der  Scitcnwand  der 
Pfeiler,  die  zugleich  die  Fcnsterlcibung  bildet,  wächst  ein  Dienst,  der  oben  in  freitragende, 
einem  Spitzenvorhang  vergleichbare,  reiche  Hängebogen  übergeht.  An  der  Nordscite  fehlen 
die  Fenster,  doch  ist  das  Kaffgesimse  und  die  darunterliegende  Wand  nach  außen  hin  aus- 
gebaucht. Diese  Abnormalität  gehört  in  die  Barockzeit.  Ursprünglich  war  sicher  ein  gerader 
Chorschluß  ohne  Apside  vorhanden. 


Abb.  42.     St.  Georgs-Kapelle  (Augustinerkirche). 


Karmeiiterkirche  am   Hof  (Abb.  21).') 

Trotz  der  in  virtuoser  Weise  durchgeführten  Barockverkleidung  dringt  der  gotische 
Charakter  überall  durch.  Die  Karmeliten  wurden  von  Rudolf  IV.  nach  Wien  berufen,  bezogen 
zuerst  das  von  den  Augustinereremiten  aufgegebene  Spital  vor  dem  Werdertor,  dann  das  Merten- 
spital  vor  dem  Widmertor  und  gelangten  durch  Ankauf  1386  in  den  Besitz  der  Kapelle  im  Münzhof 
samt  dem  Münzhof  selbst.  Der  Bau  der  Kirche  wird  die  zwei  ersten  Dezennien  des   15.  Jahr- 


')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S93  und  1SQ6. 

:)  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines,    XIII,    XIV,    XXVII,    XXIX,    und    Tschischka,    Kunst  und  Altertum  im 
österreichischen  Kaiserstaate.  Wien  1830. 

■')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altcrtumsvercines,  V  (Lind),  XVI,  und  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission,  1S73. 


KlthcIlG'.ht  Kuchen  des  Mittelalters 


45 


hunderts  ausgefüllt  haben.  Wie  dieser  Bau  ausge- 
sehen hat,  läßt  sich  an  der  jetzigen  Kirche  noch 
ganz  gut  erkennen.  So  wie  alle  größeren  Wiener 
Kirchen  war  er  ein  Hallenbau,  im  Mittelschiff  9  in, 
in  den  Seitenschiffen  je  521  m  breit,  mit  vier  kreuz- 
gcwölbten  Feldern  im  Langhaus  und  einem  ebenfalls 
vier  Joche  langen,  polygonal  geschlossenen  Chor. 
Die  gotischen  Bündelpfeiler  wurden  in  der  Barock- 
zeit in  sechsseitige  Pilaster  umgewandelt.  Die  Ge- 
wölbe des  Chores  sind  hinter  dem  barocken  hölzer- 
nen Tonnengewölbe  nicht  erkenntlich.  Die  Fassade 
wurde  1662  gänzlich  umgebaut  und  verrät  nur  noch 
in  den  schlanken  Verhältnissen  des  Mittelteiles  ihre 
Abstammung  aus  der  Gotik,  wohl  aber  zeigen  die 
Außenseiten  des  Chores  und  des  anschließenden 
Langhausteilcs  vollkommen  gotischen  Charakter. 

St.  Johann  in  der  Kärntnerstraße. 

(Kirche  des  Johanniterordens  [Abb.  22].) 

Von  der  zu  Beginn  des  13.  Jahrhunderts  er- 
richteten Kapelle  ist  nichts  mehr  vorhanden  und 
von  dem  späteren  gotischen  Bau  nur  noch  die  Apsis 
gut  erhalten,  das  Innere  aber  in  kalter,  gotischer 
Regelmäßigkeit  und  die  Fassade  im  Empirestil  erneuert. 

An  der  Franziskanerkirche  und  an  der 
St.  Anna-Kirche  erinnern  nur  die  Streben  und  an 
ersterer  noch  die  aus  fünf  Achtecksseiten  geschlossene 
Apsis  an  frühere  gotische  Bauten.  Diese,  sowie  die 
vorerwähnte  Karmeliterkirche  werden  daher  im 
nächsten  Abschnitte  näher  besprochen  werden. 

♦  * 

Außer  diesen  im  Bereiche  der  mittelalterlichen 
Stadt  gelegenen  Kirchen  gehören  dem  Gemeinde- 
gebiete Wiens  auch  noch  jene  an,  die  vor  den  Toren 
der  Stadt,  in  den  ehemaligen  Vorstädten  und  Vor- 
orten, entstanden.  Von  diesen  sind  allerdings  nur 
mehr  wenige  erhalten. 

Aus  romanischer  Zeit  stammt  bei  St.  Jakob 
in  Heiligenstadt1)  das  ehemals  wahrscheinlich 
flach  gedeckte,  einschiffige  Langhaus,  der  östlich 
daranschließende,  quadratische  Chorraum  mit  einem 
einfachen  Rundfenster  in  der  Ostwand,  einem  inter- 
essanten, mit  Zahnschnitt  besetzten  Fenster  in  der 
Nordwand  und  einem  Rest  des  Hauptgesimses  mit 
einem  maskengezierten  Kragstein  an  der  südlichen 
Langhausaußenseite.  In  den  Jahren  1893 — 1894  wurde 
die  Kirche  in  maßvoller  Weise  restauriert  und  hierbei 
auch  die  romanischen  Fenster  im  Chor  aufgedeckt. 
Die  kleine  Jakobskirche  mochte  der  reichen  Pfarre 
Heiligenstadt,  zu  der  bis  1330  auch  Ober-  und  Unter- 
Sievering,  Neustift  und  Salmannsdorf  gehörten,  bald 
nicht  mehr  genügen,  und  so  entstand  um  die  Wende 
des  Mittelalters  unweit  von  der  Pfarrkirche  der 
stattliche    Bau    der    St.    Michaels-Kirche.2)    1484 

J)  Topographie  von  Niederösterreich  und  Mitteilungen  der  k.  k. 
Zentralkommission,  18%. 

')  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission,  1896. 


Abb.  43.     Turmhelm  der  Kirche  Maria  am  Gestade. 


46 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


durch  die  Scharen  Corvins,  1529  und 
1683  durch  die  Türken  zerstört,  erfuhr 
sie  schon  im  16.  und  17.  Jahrhundert 
verschiedene  Restaurationen  und  eine 
durchgreifende  Erneuerung  1894  bis 
1898.  Die  Achse  der  Kirche  zeigt, 
wie  Maria  am  Gestade,  einen  Bruch 
zwischen  Chor  und  Langhaus.  Nur  die 
Sargmauern  der  Kirche  entstammen 
dem  Mittelalter,  alles  übrige,  der  Turm 
von  Grund  auf  und  der  ganze  innere 
Ausbau  ist,  mit  möglichster  Annähe- 
rung an  den  mittelalterlichen  Bestand, 
ein  Werk  der  letzten  Restauration. 

In  Sievering1)  wurde  bereits 
1330  für  die  oberwähnten  Gemeinden 
eine  Kapelle  errichtet.  Heute  erscheint 
die  Pfarrkirche  als  ein  durchaus  unregel- 
mäßiger Bau  aus  den  verschiedensten 
Zeiten,  der  bis  in  die  jüngsten  Jahr- 
zehnte vielerlei  Veränderungen  erfahren 
hat.  Drei  ungleich  breite  Schiffe 
—  in  das  nördliche  wächst  der  Turm 
hinein,  das  südliche  schließt  poly- 
gonal —  und  ein  rechteckiger  Chor- 
raum bilden  den  von  den  folgenden 
Zeiten  wenig  veränderten  Grundriß. 

Die  Grinzinger2)  Pfarrkirche 
wurde  1426  von  dem  Klosterneu- 
burger  Probst  Georg  Müstinger  als 
Kapelle  zu  Ehren  des  heiligen  Kreuzes 
erbaut.  Sie  hat  ihre  strengen,  ein- 
fachen Formen  beinahe  unverändert 
bewahrt  und  ist,  bis  auf  den  Turm- 
aufsatz, frei  von  späteren  Zutaten. 

Dornbach3)  soll  schon  1138 
an  Stelle  einer  früheren  Kapelle  von 
Abt  Balderich    vom   Stift  St.  Peter  zu 

Salzburg  eine  neue  Kapelle  erhalten  haben,  aber  erst  1415  erscheint  urkundlich  der  erste 
Pfarrer.  Bis  zu  dem  Einfalle  der  Türken  1529  mag  ein  bescheidenes  Kirchlein  bestanden 
haben,  an  dessen  Stelle  Abt  Ägydius  1536  einen  Neubau  errichten  ließ.  Der  ganze  Charakter 
des  Baues  läßt  jedoch  vermuten,  daß  dieser  Neubau  nicht  von  Grund  auf  geschah. 

St.  Jakob  in  Penzing4)  ist  ein  gut  erhaltener,  wohlräumiger  Bau  aus  dem  Anfang  des 
16.  Jahrhunderts. 

Literaturnachweis. 

Ogesser,  Beschreibung-  der  Metropolitankirche  zu  St.  Stephan.  1779. 

Primisser  im  Wiener  Jahrbuch  der  Literatur,  1820,  und  in  Hormayrs  Geschichte  Wiens,  1S24. 

Tschischka,  Metropolitankirche  zu  St.  Stephan.  1S32. 

v.  Perger,  Dom  zu  St.  Stephan.  1854. 

Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien  in  seinen  Bauwerken.  1865. 

Weiß,  Geschichte  Wiens.  1S72. 

Geschichte  der  Stadt  Wien,  herausgegeben  vom  Wiener  Altertumsverein.  1S97,  1900. 

Uhlirz,  Die  Rechnungen  des  Kirchmeisteramtes  von  St.  Stephan.  1901,  1902. 

Leixner,  St.  Stephan  zu  Wien. 

Ncuwirth,  Die  Stellung  Wiens  in  der  baugeschichtlichcn  Entwicklung  Mitteleuropas. 

Von  Zeitschriften:  Berichte  und  Mitteilungen  des  Wiener  Altertumsvereines,  die  Mitteilungen  der  k.  k.  Zcntralkommission  und 
das  Wiener  Dombauvcreinsblatt  mit  zahlreichen  Aufsätzen.  Allgemeine  Bauzeitung.  1843,  1S53.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingcnieur- 
und  Architekten-Vereines.  1893,  1896. 


Abb.  44.    Maria  am  Gestade,  Portal  mit  Baldachin. 


')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines,  IX. 

-)  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines,  Bd.  IX,  und  Mitteilungen  der  k.  k.  Zcntralkommission,  1S96. 

-)  Alt-  und  Neu-Wien. 

')  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altcrtumsvercincs,  IX.  und  Mitteilungen  der  k.  k.  Zcntralkommission,  VII. 

Mit  Zugrundelegung'  von  Aufzeichnungen  des  Prof.  Dr.  W.  A.  Neumann  bearbeitet  von  Dr.  Karl  R.  Holcy. 


IL  KATHOLISCHE  KIRCHEN  DES  17.  UND  18.  JAHRHUNDERTS. 

Die  Kuppeln  von  St.  Karl  und  von  St.  Peter,  der  Salesianerinnen-  und  der  Marla-Treu-Kirche 
sind  für  das  Wiener  Städtebild  ebenso  charakteristisch  wie  der  Stephansturm.  Sie  gehören  mit 
noch  einigen  anderen  ihnen  ähnlichen  zu  der  jüngeren  Generation  der  Barockkirchen  unserer 
Stadt.  Die  älteren  sind  im  Typus  von  letzteren  wesentlich  verschieden.  Ihre  Entstehungszeit  ist 
die  Epoche  der  beginnenden  Gegenreformation,  die  Regierungszeit  Kaiser  Ferdinands  II. 
(1619 — 1637).  Unter  diesem  Monarchen  sehen  wir  Wien  auf  dem  besten  Wege,  den  Städten 
Spaniens  unter  Philipp  III.  in  bezug  auf  Klostergründungen  es  gleichzutun.  Die  Verpflanzung  der 
Barnabiten  nach  St.  Michael  mitgerechnet  (1626),  entsteht  1622 — 1627  fast  in  jedem  Jahre  ein 
neues  Kloster;  im  Jahre  1624  und  1627  wurden  deren  sogar  je  zwei  gegründet  (Kapuziner 
mit  der  kaiserlichen  Gruft,  Karmeliter-Barfüßer  in  der  Sperlgasse,  Barmherzige  Brüder  in 
der  Taborstraße,  Jesuiten  an  der  Universität,  Paulaner  auf  der  Wieden).  Früher  als  alle  diese 
Klöster,  noch  unter  Kaiser  Matthias  (1612 — 1619),  entstand  die  jetzige  Franziskanerkirche.  Sie 
ward  mit  Benützung  der  Reste,  die  nach   dem  Brande  von  1525  übrig  geblieben,  neu  gebaut. 

In  der  Regierungszeit  Ferdinands  III.  (1637 — 1657)  erhebt  sich,  ebenfalls  aus  den  Resten 
eines  älteren  Denkmals,  die  zweite  Jesuitenkirche  Wiens,  St.*Anna  mitsamt  ihrem  Kloster,  das 
schon  Kaiser  Rudolf  II.  dem  Orden  überlassen.  Derselben  Epoche  gehören  hinsichtlich  ihrer 
Entstehungszeit  der  Neubau  der  Dominikanerkirche  und  das  Augustinerkloster  zu  St.  Rochus 
und  Sebastian  auf  der  Landstraße  an.  Dasselbe  gilt  von  dem  Neubau  der  Schottenkirche, 
welcher  nicht  der  Initiative  des  Landesherrn,  sondern  dem  Kloster  selbst  zu  verdanken  ist, 
und  von  dem  Hernalser  Kreuzweg,  geschaffen  durch  das  Zusammenwirken  des  Kaisers,  des 
Magistrates  der  Stadt  Wien  und  der  Corpus  Christi-Brüderschaft.  Fast  alle  die  bisher  genannten 
Klöster  gehören  spanischen  oder  in  den  Provinzen  der  spanischen  Weltmonarchie  entstandenen 
Orden  an.  Wie  man  sieht,  erfreuten  sich  die  Jesuiten  in  erster  Linie  der  Gunst  der  Mächtigen, 
nächst  ihnen  dann  die  zu  jener  Zeit  in  Spanien  selbst  bekanntlich  sehr  einflußreichen  Domini- 
kaner. Die  Gegenreformation  hatte  in  den  Ländern  von  Innerösterreich  bereits  ihr  Werk  getan, 
war  in  der  Schlacht  am  Weißen  Berge  über  die  böhmischen  Ketzer  Sieger  geblieben  und 
bemühte  sich  eifrigst,  in  der  Hauptstadt  der  Donaulande  ihre  Erfolge  sicherzustellen. 

Es  kam  die  Zeit  des  Dreißigjährigen  Krieges,  und  drei  Denkmale  gibt  es  im  Weichbilde 
der  Stadt  Wien,  welche  heute  noch  an  seine  Drangsale  und  seine  Helden  gemahnen.  Das 
eine  ist  die  Kapelle  der  in  Schweden  geborenen  heiligen  Brigitta,  erbaut  an  der  Stelle  in 
den  Donauauen,  wo  Erzherzog  Leopold  Wilhelm  der  Gefahr,  von  einer  Schwedenkugel  ge- 
troffen zu  werden,  glücklich  entgangen  war;  das  zweite  die  Kirche  der  in  der  Roßau  ange- 
siedelten Serviten,  zu  deren  Erbauung  Graf  Oktavio  Piccolomini  die  Mittel  zur  Verfügung  gestellt; 
das  dritte  die  Kirche  der  Benediktiner  von  Monserrato,  welche  Ferdinand  III.  in  der  schlimmsten 
Zeit  des  Glaubenskrieges  angelobt  und  nach  der  Schlacht  bei  Lützen  (1623)  zu  bauen  be- 
gonnen hatte.  Die  heutige  „Schwarzspanierkirche"  ersetzte  in  der  Zeit  Kaiser  Leopolds  I.  diesen 
Bau,  den  die  zweite  Türkenbelagerung  zerstört  hatte. 

Von  den  Kirchen,  die  nach  dem  Westfälischen  Frieden  entstanden,  der  den  österreichi- 
schen Landen  die  Glaubenseinheit  gesichert  hatte,  sind  jene  von  St.  Ulrich  und  die  Maria- 
hilfer  Kirche  Ableger  respektive  Gründungen  der  Schotten  und  der  Barnabiten.  Erstere  bezeichnet 
den  Beginn,  letztere  steht  schon  so  ziemlich  nahe  dem  Ende  der  kirchlichen  Baubewegung 
in  der  ereignisreichen  Epoche  Kaiser  Leopolds  I.  (1657 — 1705),  deren  endgültigen  Abschluß 
die  Petrus-    und  Pauluskirche    in    der   Apostelgasse   (III.  Bezirk)   markiert,    während    die  Pfarr- 


48 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Abb.  46.    Kapuzinerkirchc, 
I.,  Neuer  Markt. 


Abb.  45.    Franziskanerkirche, 
I.,  Franziskanerplatz. 


Abb.  48.   Barmherzigenkirche, 
II.,  Taborstraße. 


Abb.  47.    Karmeliterkirche 
(St.  Theresa)  im  II.  Bezirke. 


Abb.  49.    Jesuitenkirche 

(alte  Universitätskirche), 

I.,  Universitätsplatz. 


Abb.   50.     Paulanerkirche 

(zu  den  Schutzengeln), 

IV.,  Paulanerplatz. 


Abb.  51.     St.  Anna, 
I.,  Annagasse. 


Abb.  52.     Schottenkirche 

(zu  unserer  lieben  Frau), 

I.,  Freiung. 


Abb.    53.     St.    Rochus    und   Abb.  54.   Servitenkirche  (Maria- 
St.  Sebastian  im  III.  Bezirke.    Verkündigung)  im    IX.  Bezirke. 


Abb.  56.    St.  Ursula, 
I.,  Johannesgasse. 


Grundrisse  von  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts.     Maßstab  1  :  1000. 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


49 


Abb.  57.    St.  Leopold 
im  II.  Bezirke. 


Abb.  59.     St.  Josef  auf  der  Laimgrube 
im  VI.  Bezirke. 


Abb.  60.     Kirche  zur  hl.  Drei- 
einigkeit, IX.,  Alserstraße. 


Abb.  65.  Kirche  der 

Salesianerinnen, 

III.,  Rennweg. 


Abb.  61.     Piaristenkirche  (Maria-Treu)  im  VIII.  Bezirke 


Abb.  63.     Kirche  zu  den 

vierzehn  Nothelfern  in 

Lichtental. 


Abb.  66.   Waisenhaus-        Abb.  67.   St.  Florian 
kirche  im  IX.  Bezirke.  in  Matzleinsdorf. 


Abb.  6S.     Stiftskirche  auf  ...  c*  ,. 

der  Laimgrube  Abb.  64.     St.  Karl  Borromeus  im  IV.  Bezirke. 

Grundrisse  von  Kirchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts.    Maßstab  1  :  1000 

Bd.  II. 


Abb.  69. 

St.  Thekla  auf 

der  Wieden. 


50 


Gebäude  für  Kultuszweckc. 


kirche  des  hl.  Leopold  in  der  Vorstadt,  die  nach  ihr  benannt  ist,  unter  seiner  Regierung  nach 
der  Judenverfolgung  an  Stelle  der  ehemaligen  Synagoge  erbaut  wurde.  In  der  Errichtung  des 
Karmeliterklosters  zu  St.  Josef  auf  der  Laimgrube  offenbaren  sich  unter  Leopold  1.  noch  einmal  die 
kirchcnpolitischcn  Bestrebungen  der  früheren  Generation,  desgleichen  an  der  Kirche  zu  den  neun 
Chören  der  Engel  am  Hof,  der  dritten  Wiener  Jesuitenkirche,  der  Kirche  des  „Profeßhauses" 
(heute  Kriegsministerium).  Die  pompöse  Fassade,  die  man  der  innerlich  modernisierten,  alten 
gotischen  Kirche  vorgebaut,  ist  geradezu  als   der  monumentale  Abschluß  der  Gegenreformation 


Abb.  70.  Hciligcnkreuzkirchc,  III.,  Rennweg. 
I :10U0. 


Abb.  72.     St.  Josef 
m  V.  Bezirke.  1:1000. 


Abb.  71.     St.   Ägidius 
in  Gumpendorf.     1:1000. 


Abb.  73.    St.  Laurenzius  am 
Schottenfeld  im  VII.  Bezirke. 

1  :  1000. 


und  als  der  wuchtige  Ausdruck  des  Hochgefühles,  hervorgerufen    durch 
den  auf  allen  Linien  über  die  Ketzer  erfochtenen  Sieg,  zu  betrachten. 

Die  Gründung  des  Ursulinerinnenklosters  durch  die  Kaiserin 
Eleonore,  Witwe  Ferdinands  111.,  noch  unter  Leopold  I.  und  die  Grün- 
dung des  Salesianerinnenklosters  durch  die  Kaiserin  Wilhelmine  Amalie, 
Witwe  Kaiser  Josefs  I.,  unter  Karl  VI.  lassen  deutlicher  als  alle  bisheri- 
gen Klostergründungen  die  politischen  Gesichtspunkte  zutage  treten,  die 
bei  denselben  immerdar  mehr  oder  weniger  eine  Rolle  gespielt.  Jene 
hatte  man  aus  Lüttich  berufen  zu  einer  Zeit,  da  man  sich  noch  mit  der 
Hoffnung  auf  das  gesamte  spanische  Erbe  trug,  diese  aus  Brüssel  in 
einem  Momente,  da  man  die  spanisch-niederländischen  Provinzen  bereits 
besaß.  Noch  deutlicher  offenbart  sie  unter  Leopold  I.  die  kaiserliche  Muni- 
fizenz,  welche  den  „Schwarzspaniern"  den  schon  oben  erwähnten  Neubau 
ihres  durch  die  Türken  zerstörten  Gotteshauses,  den  „Weißspaniern" 
oder  Trinitaricrn  in  der  Alserstraße  trotz  vielfachen  Widerspruches  die 
Niederlassung  und  den  Bau  ihres  Klosters  und  Gotteshauses  ermöglichte 
und  Haus  und  Kirche  der  Piaristen  (VIII.  Bezirk),  der  Brüder  des  von 
dem  spanischen  Edelmann  Josef  von  Calasanza  1607  gegründeten  Ordens, 
in  Gnaden  stiftete.  Es  war  die  Zeit  der  langwierigen  Verhandlungen  über 
die  spanische  Erbfolge.  Und  alle  diese  Klostcrgründungen  reflektieren  deutlich  genug  die  an  die 
verschiedenen  Teilungsverträge  geknüpften  Hoffnungen  und  das  Bestreben,  in  dem  Lande,  das 
man  an  sich  zu  bringen  für  möglich  hielt,  sich  im  vorhinein  einen  mächtigen  Anhang  zu 
sichern.  Seine  Koinzidenz  mit  dem  Ausbruche  des  spanischen  Erbfolgekrieges  lehrt  uns,  daß  der 
Neubau  der  alten  Peterskirche,  in  kolossalen  Dimensionen  unternommen,  nicht  mehr  dem 
himmlischen  Torwart  an  der  porta  decumana  der  alten  römischen  Vindobona  und  der  mittel- 
alterlichen Vienna  Austriae  galt,  sondern  dem  Landesheiligen,  verehrt  in  Apulicn,  Kalabrien 
und  Sizilien,  in  Mailand  und  Mantua,  in  Brabant  und  Burgund,  kurz  fast  in  allen  Provinzen 
der  spanischen  Weltmonarchie,  um  welche  der  heiße  Kampf  begann.  Die  Siege  von  Ramilies 
und  Turin  waren  schon  erfochten,  als  deren  Kuppel  vollendet  ward,  die  Schlachten  von 
Oudcnarde  und  Malplaquet  waren  schon  geschlagen,  als  das  einzige  religiöse  Baudenkmal 
entstand,  das  die  kurze  Regierungszeit  Josefs  I.  (1705 — 1711)  zu  verzeichnen  hat,  das  Kloster 
der  Elisabcthinerinnen  auf  der  Landstraße,  eine  Gründung  der  Kaiserinwitwe  Eleonore  Magdalena 
und    ihrer  Tochter,    der  Erzherzogin  Maria  Elisabeth.     Als  die  Mauern    der  Lichtcntaler  Pfarr- 


Abb.  74.     Kirche  zu  Maria 

Geburt.  III..  Rennweg. 

1 :1000. 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  III. 


Piaristenkirche  (zu  Maria  Treu). 


Kaiholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


51 


kirchc  zu  den  vierzehn  Nothclfern  aus  der  Erde  zu  steigen  begannen,  da  hatte  Kaiser  Josef  I. 
seinem  Bruder  Karl  VI.  bereits  den  Platz  geräumt.  Die  beiden  stolzen  Dome,  welche  im  Verein 
mit  der  Peterskirche  mit  zu  den  mächtigsten  architektonischen  Wahrzeichen  Wiens  gehören, 
die  Karlskirche  und  die  oben  bereits  erwähnte  Salesianerinnenkirche,  verewigen  die  Glanz- 
periode der  Regierung  dieses  Monarchen.  Sie  sind  das  gewaltige  Monument  der  Epoche  der 
pragmatischen  Sanktion,  der  Friedensschlüsse  von  Utrecht  und  Rastatt  und  von  Passarowitz, 
der  niemals  vorher   und   nachher   erreichten  Ausdehnung  des  Reiches,    des  in  der  „Neo-aucta 

Vienna"  erwachten  stolzen  Bewußtseins, 
die  Reichshaupt-  und  Residenzstadt  eines 
großen  Völkerreiches  zu  sein.  In  der 
Kirche  des  „spanischen  Spitales"  in  der 
Alservorstadt,  welche  der  Kaiser  für  seine 
italienischen,  spanischen  und  belgischen 
Untertanen  hatte  erbauen  lassen  (seit 
Josef  II.  Waisenhauskirche),  erzählen  die 
vier  Altäre  der  Schutzpatrone  von  Mailand 
(St.  Bartholomäus),  Belgien  (St.  Petrus), 
Neapel  (St.  Januarius)  und  Sizilien  (St.  Ro- 
salia),  jeder  mit  dem  Wappen  des  betref- 
fenden Landes  geschmückt,  noch  heute 
von  der  großen  Zeit,  da  mit  der  Lom- 
bardei und  mit  den  Niederlanden  auch 
Neapel  und  Sizilien  zum  Hause  Öster- 
reich gehörte.  Die  beiden  Kreuzkirchen, 
deren  Bau  Kaiser  Karl  VI.  noch  ange- 
ordnet, jene  in  der  Stiftskaserne  und  jene 
des  Dreifaltigkeitsspitales,  des  jetzigen 
Hauses  der  deutschen  Garde  am  Renn- 
weg (vollendet  erst  gleichzeitig  mit  dem 
Abschluß  des  Hubertsburger  Friedens), 
erscheinen  der  retrospektiven  historischen 
Betrachtung  schier  wie  das  Kreuz,  auf- 
gepflanzt auf  dem  Grabe  aller  bezüglich 
des  spanischen  Erbes  so  lange  genährten 
überschwenglichen  Hoffnungen. 

Im  übrigen  zeigen  schon  die  beiden, 
zu  Beginn  der  Epoche  Karl  VI.  entstan- 
denen Baudenkmale  in  bezug  auf  die  Er- 
bauung von  Gotteshäusern  eine  Verän- 
derung der  maßgebenden  Gesichtspunkte 
an.  Die  letzten  Regierungsjahre  des  Kaisers 
sahen  außer  den  beiden  soeben  erwähn- 
ten Spitalskirchen  nur  mehr  Pfarrkirchen 
sich  erheben,  desgleichen  die  Zeiten  Maria 
Theresias,  zum  deutlichen  Zeichen  für 
die  Tatsache,  daß  „die  spanischen  Ideen, 
mit  denen  man",  nach  den  Worten  der 
großen  Kaiserin,  früher  „allzeit  hervorgekommen",  und  damit  auch  die  spanischen  Orden 
beträchtlich  an  Interesse  verloren  hatten,  daß  fortan  nur  mehr  die  Rücksicht  auf  die  Linde- 
rung der  allgemeinen  Not  und  auf  die  „Ordnung  der  kirchlichen  Verhältnisse"  die  kirchen- 
politische Tätigkeit  der  Regierenden  nach  dieser  Richtung  hin  beherrschte.  Noch  unter  Karl  VI. 
ersteht  in  Matzleinsdorf  an  Stelle  einer  der  Vermählung  Maria  geweihten  Kapelle  die  Pfarr- 
kirche zum  hl.  Florian  und  wenige  Jahre  später  die  Pfarrkirche  in  Neulerchenfeld;  unter  Maria 
Theresia  die  Kirche  des  hl.  Laurenz  in  Simmering,  die  Kirche  der  hl.  Thekla  auf  der  Wieden, 
die  Kirche  der  hl.  Gertrud  in  Währing,  die  Pfarrkirche  zum  hl.  Ägidius  in  Gumpendorf,  die 
Pfarrkirche  zum  hl.  Josef  in  Margareten,  die  Waisenhauskirche  Maria  Geburt  am  Rennweg. 
In  die  Regierungsjahre  des  letzten  Sprößlings  aus  dem  Hause  Habsburg  und  seiner  großen 
Tochter   fallen    auch    jene   Gründungen    glaubenseifrigen    Bürgertums,    wie    die    Kapelle    des 

4* 


Abb.  75.    Jesuitenkirche,  I.,  Universitätsplatz. 


52 


Gebäude  für  Kultuszwcckc. 


hl.  Johannes  von  Nepomuk  am  Donaukanal  und  wie  die  demselben  Heiligen  gewidmeten 
„Linienkapellen",  von  denen  uns  nur  mehr  wenige  erhalten  sind.  Erstere,  von  Liebhabern 
kunstvollen  Schmiedewerkes  immerdar  hochgeschätzt,  ist  in  jüngster  Zeit  durch  ihre  unfrei- 
willige   Standortsveränderung    auch    in    weiteren    Kreisen    einigermaßen     populär    geworden. 

Es  folgen  die  Zeiten  Josefs  II. 
(1780—1790),  Leopolds  II. 
(1790—1792),  Franz  II.  (1792 
bis  1835),  zunächst  des  Tole- 
ranzpatentes (1781),  der  Auf- 
hebung der  Klöster  (1782), 
der  Diözesenarrondierung 
(1783).  Viele  altehrwürdige 
Stiftungen  erscheinen  seit  1782 
von  der  Erdoberfläche  ver- 
schwunden, so  das  Königs- 
kloster (1582),  das  Laurenze- 
rinnenstift  (der  Neubau  be- 
gonnen 1630),  das  Minoriten- 
kloster  (Umbau  1625—1836), 
das  Jakoberkloster  (umgebaut 
nach  1627),  das  Siebenbüch- 
nerinnenkloster  ( 1 633  —  1 642), 
das  Dorotheerstift  (1699  bis 
1705),  das  Theatinerstift  und 
die  Kapelle  des  hl.  Johann 
von  Nepomuk  auf  der  Hohen 
Brücke  (1703,  1725),  die 
Nikolauskirche  und  deren 
Friedhof  auf  der  Landstraße 
(1698—1708).  Die  beiden 
Kirchen  der  Protestanten, 
denen,  gleich  den  unierten 
Griechen,  „ein  ihrer  Religion 
gemäßes  Privatexerzitium"  ge- 
währt wird,  die  eine  entstan- 
den durch  entsprechende  De- 
formierung der  alten  Königs- 
klosterkirche 1782,  die  andere 
erbaut  vom  Architekten  Nigelli 
1784,  sind  kein  vollwertiger 
Ersatz  dafür.  Gleichzeitig  mit 
dem  Erlaß  des  Toleranzedik- 
zu  einer  dekorativen  Pracht- 
die   schon    ein 


Abb.  7ö.     Inneres  der  Jesuitenkirche. 


tes  rafft  sich  der  katholische  Kirchenbau  in  Wien  noch  einma 
leistung  auf,  der  Ausschmückung  des  Chores  der  Michaeierkirche  (1781), 
Halbjahrhundert  zuvor  (1725)  ein  neues,  durch  Lorenzo  Mattielli  statuarisch  verziertes  Portal 
erhalten  hatte.  Allerdings  weiß  man  bei  näherem  Zusehen  nicht,  „ob  das  Ding  heilig  ist  oder 
profan"  und  nicht  vielleicht  ein  Kind  desselben  Geistes  wie  die  beiden  soeben  erwähnten 
protestantischen  Kirchen,  die  St.  Laurenz-Kirche  am  Schottenfeld  (1784 — 1786),  der  Chor  der 
Kirche  am  Hof  und  die  Pilasterordnung,  mit  welcher  Hetzendorf  von  Hohenberg  die  Fassade 
der  genannten  „Hofkirche"  ausgestattet.  Die  jüngste  unter  allen  hierhergehörigen  Schöpfungen 
in  der  Bannmeile  Wiens  ist  die  Nikolauskirche  in  Inzersdorf  (1818,  1846  erweitert),  in  Wien 
selbst  die  Johanniterkirche  in  der  Kärntnerstraße.  Mit  dem  Umbau  einer  gotischen  Anlage 
hatte  die  Baubewegung,  die  den  Gegenstand  dieses  Abschnittes  bildet,  in  unserer  Stadt  be- 
gonnen, mit  dem  Umbau  einer  gotischen  Anlage  schließt  sie  ab,  gleichzeitig  mit  dem  Er- 
wachen des  Interesses  für  die  Baustile  des  Mittelalters,  mit  dem  Auftreten  der  Vorläufer  der 
wenige  Dezennien  später  mit  Macht  einsetzenden   „Stilarchitektur". 

Außer    diesen    Gotteshäusern    gibt    es    im  Wcichbildc    der  Stadt    noch    eine    große    An- 
zahl  von    Haus-    beziehungsweise    Palastkapellen    als    kärglichen    Rest    der    zahlreichen    Privat- 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


53 


heiligtümer  dieser  Art,  welche  das  Wien  vor  der  Zeit  Josefs  II.  zu  verzeichnen  hatte.  Wir 
führen  hier,  als  weiteren  Kreisen  bekannt  und  zugänglich,  nur  die  Achatiuskapclle  im  erz- 
bischöflichen Palais  am  Stcphansplatz  (1643),  die  Kapelle  des  hl.  Rochus  im  jetzigen  Garnisons- 
spital  (1647),  die  Michaelskapellc  im  Theresianum  (1657),  die  Kapelle  der  unbefleckten  Emp- 
fängnis im  gräflich  Harrachschen  Stadtpalais  (1703),  die  St.  Januarius-Kapelle  im  ehemaligen 
Sommcrpalais  dieses  Hauses,  der  heutigen  Equitation  in  der  Ungargasse  (1734 — 1735),  und 
die  Salvatorkapellc  im  Belvcdcre  an.  Für  die  kunstgeschichtliche  Würdigung  dieser  Kapellen 
werden  demjenigen,  der  eine  solche  unternehmen  will,  die  weiter  unten  folgenden  Bemer- 
kungen über  die  gleichzeitigen  Kirchen  einige  Anhaltspunkte  geben.  Die  Namen  einiger  Schutz- 
patrone, z.  B.  St.  Rosalia  (ehemals  im  Starhembergschen  Freihause),  Maria  Empfängnis  („Con- 
eepeion"),  St.  Januarius  (Sto.  Genuaro).  reihen  auch  sie  unter  die  Denkmale  der  österreichi- 
schen Geschichte  ein.  Dasselbe  gilt  von  der  Kapelle  des  hl.  Stanislaus  Kostka  in  der  Steindl- 
gasse  (Innere  Stadt).  Ihrem  Gründungsjahre  nach  gehört  sie  an  die  Spitze  dieser  ganzen  Serie 
(1582),  ihrer  heutigen  Gestalt  nach  erst  der  zweiten  Hälfte  des  1 8.  Jahrhunderts  an  (1757). 
Wir  führen  die  einzelnen  Kirchen  nachstehend  in  chronologischer  Reihenfolge  an: 


Franziskanerkirche,  I.  Bezirk  (Abb.  45). 

Als  »Haus  der  Büßerinnen  zum  hl.  Hieronymus«  zum  Zwecke,  als  eine  Art  Frauenasyl  zu  dienen, 
1387  von  einigen  Wiener  Bürgern  erbaut.  Durch  die  Feuersbrunst  von  1525  teilweise  zerstört.  10.  Mai  1589 
nach  dem  Aussterben  der  Büßerinnen  von  den  Franziskanern  von  St.  Niklas  bezogen.  Beginn  des  Neubaues 
1603.  Einweihung  11.  Dezember  1611.  Im  17.  Jahrhundert  von  P.  Daum  im  Inneren  umgestaltet.  1893—1895 
restauriert,  Kuppelgemälde  hinter  dem  Hochaltar  von  P.  Andrea  Pozzo;  Altarbilder:  Christus  am  Kreuz  vom 
Comasken  Carlo  Carlone  (1686  —  1776),  hl.  Franziskus  von  Schmidt  d.  Ä.,  der  hl.  Johann  Kapistran  von 
Franz  Wagenschön,  unbefleckte  Empfängnis  von  J.  M.  Rothmayer  u.  a. 

Das  Äußere  im  Charakter  der  niederländischen  Renaissance;  die  Gestaltung  des  Chores 
mit   seinen    Kapellen    erinnernd   an    einen    der   drei    Kreuzarme    von    Sta.  Maria    del  Fiore    in 

Florenz.    Ein   neuer  Portalbau  verdeckt  die  Reste  des 
Abb.  77.   Dominikanerkirche  im  i.  Bezirke.  ehemaligen,    noch    von    Kleiner    und    Pfeffel   im   Bilde 

überlieferten  schönen  Portales.    Ein  altes  Portal  noch 
an  der  rechten  Langhauswand. 


Kapuzinerkirche  zum  hl.  Franciscus  Seraphicus, 
I.  Bezirk  (Abb.  46). 

Samt  der  kaiserlichen  Gruft  und  zugehörigen  Kapelle 
von  Kaiser  Ferdinand  II.  gestiftet.  Grundsteinlegung  1622. 
Einweihung  8.  September  1632.  Die  »kaiserliche  Kapelle«  links, 
der  Himmelfahrt  Maria  geweiht,  eine  Stiftung  der  Kaiserin 
Anna.  In  ihrer  jetzigen  Form  mit  der  Pilasterarchitektur  und 
den  Stuckverzierungen  der  Decke  wahrscheinlich  erst  nach 
dem  Brande  von  1691  ausgestaltet.  Marmoraltar  aus  dem 
18.  Jahrhundert,  berühmt  durch  eine  Messe,  gelesen  von  Papst 
Pius  VI.  (1782).  In  den  Ecknischen  lebensgroße  vergoldete 
Statuen  (Altarseite:  links  Kaiser  Matthias,  rechts  Kaiser  Fer- 
dinand II.,  Langhausseite:  links  Kaiser  Ferdinand  III.,  rechts 
Ferdinand  IV.),  wahrscheinlich  erst  aus  der  Zeit  Kaiser 
Leopolds  I.  An  den  Seitenwänden  in  Genua  1658  gemalte 
Panneaux:  Maria  Verkündigung  und  Maria  Geburt.  Gnaden- 
bild: Maria  consolatrix  afflictorum  von  G.  Matthaei  (?),  Altar- 
bild von  1727.  —  Im  Chor:  Altar  von  rotem  Marmor  mit 
einer  Kopie  des  G.  Matthaeischen  Bildes  in  Aquila.  Außer- 
dem Altarbilder:  eines  von  Seb.  Stief,  drei  von  Kapuziner 
P.  Norbert  Grund,  zwei  Andachtsbilder  von  L.  Schnorr  von 
Carolsfeld.  —  In  der  Kapelle  der  Fürstengruft:  Deckenfresken 
von  Mühldorfer  (1754),  ein  Altarblatt  von  G.  Matthaei,  drei 
Statuen  von  Pet.  Freiherrn  von  Strudel.  Beachtenswert:  die 
Sarkophage  der  letzten  Habsburger,  vor  allem  das  berühmte 
Mausoleum  der  Kaiserin  Maria  Theresia  von  Balthasar  Moll 
(1753).  Die  kaiserliche  Kapelle  restauriert  1885.  (Siehe  Mittei- 
lungen der  k.  k.  Zentralkommission.  Neue  Folge  XII,  1886, 
S.  CLXXXII  ff.)  Fassade  das  Werk  einer  früheren  „stilgerechten 
Restauration". 


54 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Einschiffiges,  rechteckiges  Langhaus  mit  einem  oblongen  Choranbau  und  je  einer  Kapelle 
rechts  und  links.    Die  quadratische  Kapelle  links  die  berühmte   „kaiserliche  Kapelle". 

Karmeliter-Barfüßerkirche  zur  hl.  Theresia,  II.,  Sperlgasse  (Abb.  47). 

In  Anerkennung-  der  Verdienste  des  Generals  der  Karmeliter-Barfüßer  in  Prag  bei  den  Ereignissen 
nach  der  Schlacht  am  Weißen  Berge  von  Kaiser  Ferdinand  II.  am  7.  August  1623  gestiftet.  Provisorischer 
Abschluß  des  Kirchenbaues  1624.  Vollendung  der  Fassade  und  feierliche  Einweihung  am  Feste  der  hl. 
Theresia  (15.  Oktober)  1639.  Aufhebung  des  Klosters,  Demolierung  der  Statuen  vor  der  Kirche  und  Einbau 
derselben  in  die  neue  Klosterumfriedungsmauer  1786.  1670  anläßlich  der  Judenaustreibung  Schauplatz  einer 
vor  Ausschreitungen  warnenden  Predigt  des  Bischofs  Kollonitsch.  (Siehe  Lind,  Die  Karmeliterkirche  in  der 
Leopoldstadt.  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission.  Neue  Folge  XVI,  1890,  S.  237  ff.) 

Langhaus  mit  je  zwei  mit  Durchgängen  verbundenen  Kapellen  rechts  und  links,  Tonnen- 
gewölben mit  Verstärkungsgurten,  kaum  merklich  ausladendem  Querhaus,  einer  Flachkuppel 
über  der  Vierung  und  geradlinig  abschließendem  Chor.  Muster  wahrscheinlich  die  gleichzeitigen 
Bologneser  Bauten  (S.  Salvatore)  des  Giov.  Ambrogio  Magenta  (1605—1623).  Dreigeschossige 
niederländische  Fassade,  Nachklang  der  Bauten  eines  Cornelis  de  Vriendt  (1561  — 1565). 


Kirche  des  Konvents  der  Barmherzigen  Brüder  zum  hl.  Johannes  der  Täufer,  II.  Bezirk 

(Abb.  48). 

Unter  Ferdinand  II.    1624   für  die  von  Rudolf  IL    1614  aus  Feldsberg  berufenen  und  an  dieser  Stelle 
angesiedelten  Brüder  des  hl.  Johannes  von   Gott  (Juan  de  Dio)    gestiftet,    durch    den  Brand  von   1655  teil- 
weise zerstört,  1676  wieder  hergestellt,    1683    neuerdings    be- 
schädigt,   1692    neu    eingeweiht.     Hochaltarbild    von    Daniel 
Gran.  Restauriert  1733—1736. 

Langhausanlage  ähnlich  jener  der  Theresienkirche. 
Auch  die  dreigeschossige  niederländische  Fassade  mit 
einem  Turm  jener  der  genannten  Kirche  in  den  De- 
tails verwandt. 


Kirche  des  Kollegiums  der  Jesuiten  zum  hl.  Igna- 

tius  und  Franciscus  Xaverius  (Universitätskirche), 

I.  Bezirk  (Abb.  49,  75,  76). 

An  Stelle  der  alten  Kapelle  des  hl.  Benedikt  unter 
Kaiser  Ferdinand  IL  1628  begonnen,  1631  vollendet.  Die 
jetzige  Innendekoration  mit  Stuckmarmor  und  Fresken  von 
Andrea  Pozzo  1705.  (Vgl.  Ilg,  Andrea  Pozzo.  Berichte  und 
Mitteilungen  des  Altertumsvereines.  1886,  XXIII,  S.  221  ff.) 
Restauration  der  Fresken  1827  und  1899.  Hochaltarbild: 
Maria  Himmelfahrt  von  Leop.  Kupelwieser. 

Langhaus  mit  Seitenkapellen,  Emporen  und 
flachen  Kuppelgewölben,  wahrscheinlich  abhängig 
von  Paolo  Maggis  Kirche  des  Ospedale  della  Trinitä 
in  Rom  (1614).  In  den  Details  des  Inneren  An- 
lehnung an  die  kapitolinischen  Bauten  Michelangelos. 
Dreigeschossige  niederländische  Fassade,  flankiert  von 
zwei  Türmen    mit  niederländischen  Helmen. 


Inneres  der  Dominikanerkirchc. 


Paulanerkirche  zu  den  hl.  Schutzengeln,  IV.  Bezirk  (Abb.  50). 

Unter  Ferdinand  IL  für  die  aus  den  Niederlanden  berufenen  Brüder  vom  Orden  des  hl.  Franciscus 
de  Paula  1627 — 1651  erbaut.  In  der  Türkenbelagerung  schwer  beschädigt,  dann  wieder  hergestellt.  Im 
Chor  Fresken  von  Carlo  Carlone  (?);  Altarbilder:  Kreuzigung  von  J.  Rothmayer  v.  Rosenbrunn,  hl.  Fran- 
ziskus von  J.  Benx,  ein  anderes  angeblich  von  Jac.  Tintoretto  (??).  Restauriert  1897. 

Langhaus  mit  Seitenkapellen,  welche  mit  Durchgängen  verbunden  sind.  Mittlere  Seiten- 
kapelle rechts  und  das  Detail  der  Ausstattung  (Hochaltar)  erinnert  an  Sta.  Maria  del  Popolo 
in  Rom.  Römische  Fassade  verwandt  mit  der  Fassade  dieser  Kirche  und  der  von  S.  Giacomo 
degli  Spagnuoli  (zweite  Hälfte  des   15.  Jahrhunderts). 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


55 


Abb.  79.     Schottenkirche,  [.,  Freiung. 

Kirche  des  Novizenhauses  der  Jesuiten  von  St.  Anna,  I.  Bezirk  (Abb.  51). 

Ursprünglich  gotische  Kirche  des  1320  für  Pilger  gegründeten  Spitales,  1455  erbaut,  von  welcher  nur 
noch  die  Anna-selbdritt-Gruppe  über  dem  Portale  sich  erhalten.  Seit  1530  Klosterkirche  der  Klarissinnen, 
1552  Ordenskirche  der  St.  Stephans-Ritter,  1582  den  Jesuiten  übergeben,  1627  von  Kaiser  Ferdinand  II.  zu 
deren  Novizen-(Probations-)Haus  erklärt,  im  folgenden  Jahre  vom  Kardinal  Khlesl  und  dem  päpstlichen 
Nuntius  J.  B.  Pallota  neu  eingeweiht,  1632  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  hergestellt,  1696  durch  den  Bau  der 
Franciscus  Xaverius-Kapelle  vergrößert,  1716  neu  ausgestattet  (Fresken  von  Andrea  Pozzo  durch  den  Brand 
am  23.  Juni  1747  zerstört).  Nach  der  Wiederherstellung  durch  Daniel  Gran  mit  Deckenfresken  und  mit  dem 
Hauptaltarbilde  ausgeschmückt.  Andere  Altarbilder:  Hl.  Josef,  Ignaz  und  Sebastian  von  Schmidt  d.  Ä. 
Unter  der  Kirche  ausgedehnte  Gruft.  (Siehe  Hauser,  Die  Gruft  von  St.  Anna.  Berichte  und  Mitteilungen 
des  Altertumsvereines.  XXIV,  S.  44  ff.)  1887  restauriert.  —  Nach  der  Aufhebung  des  Jesuitenordens  das  an 
die  Kirche  angebaute  Kloster  („St.  Anna-Gebäude")  Sitz  der  Normal-  und  Hauptschule  und  (1786—1877)  der 
k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste. 

Schmales,  einschiffiges  Langhaus  mit  Kapelleneinbauten,  einem  schmäleren,  geradlinig  ab- 
schließenden Chor  und  einer  größeren  Kapelle  (siehe  oben)  an  der  Südseite. 


Dominikanerkirche  zu  Sta.  Maria  Rotunda,  I.  Bezirk  (Abb.  77,  78). 

Von  Ferdinand  III.  1631  neu  erbaut  an  Stelle  der  Kirche  des  unter  Leopold  dem  Glorreichen  1225 
nach  Wien  verpflanzten  Dominikanerordens  (1258  Kirche  zerstört,  1302  wieder  neu  eingeweiht).  Enthält 
das  Grabmal  der  Erzherzogin  Claudia  Felicitas  (neu  aufgefunden  anläßlich  der  Restauration  1895  — 1896).  Decken- 
gemälde von  Andrea  Pozzo  und  Carpoforo  Tencala  (?).  Altarbilder:  Hl.  Dominikus,  hl.  Martin  und  hl.  Maria 
von  J.  Bock,  Anbetung  der  Hirten  und  Marter  der  hl.  Katharina  von  Spielberger,  hl.  Katharina  von  Siena 
und  hl.  Vinzenz  Ferrer  von  Roettiers,  hl.  Thomas  von  Aquino  von  G.  Bachmann. 

Langhausanlage  mit  Kapellen  wie  die  der  Schottenkirche,  verwandt  mit  den  Bauten  eines 
Vincenzo  della  Greca,  S.  Domenico  e  Sisto  (1636),  Sta.  Caterina  di  Siena  (1630),  und  Giovanni 
Battista  Sorias  S.   Niccolo  de  Tolentino  (1630)    sowie   mit    den  Vorbildern   der  Jesuitenkirche 


56 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


(siehe  oben).  Römische  Fassade  nach  Art  der 
Fassaden  von  Francesco  da  Volterras  Sta.  Maria 
di  Monserrato  und  Martino  Lunghis  S.  Giro- 
lamo    de    Schiavoni    (1587). 

Schottenkirche    zu    unserer    lieben    Frau, 
I.  Bezirk  (Abb.  52,  79). 

An  Stelle  der  alten  romanischen,  wiederholt 
durch  Feuersbrünste  zerstörten  Kirche  des  von 
Heinrich  Jasomirgott  gegründeten  Klosters  der  Schot- 
tenmönche und  zum  Teil  (im  Chor)  mit  Benützung 
ihrer  alten  Grundmauern  erbaut  1638  (Chor  und 
Fassadentürme)  und  1643  (Lang-  und  Querhaus).  Als 
Baumeister  bei  dem  Chor  beschäftigt  Markus  Spitz, 
kaiserlicher  Baumeister  aus  Linz,  und  Anton  Carlon, 
Baumeister  in  Wien,  bei  dem  Lang-  und  Querhaus 
Anton  Spindler  von  Hofegg  und  Andreas  Allio  d.  Ä. 
(Siehe  Hauser,  Zur  Baugeschichte  der  Schotten- 
kirche. Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertums- 
vereines. 1894,  XXX,  S.  11  ff.)  Bau  des  Kampanile 
hinter     der     Kirche     wahrscheinlich     erst     nach     der 


Abb.  80.    Brigittakapelle  im  XX.  Bezirke. 

Türkenbelagerung  von  1683,  1692  —  1694.  Bau  des  Prälatur- 
gebäudes  (,, Schottenhof")  1824  —  1827.  Restaurationen:  1816, 
1822,  „durchgreifend"  1886  und  1892—1893.  Bei  dieser  Ge- 
legenheit Verpflanzung  zweier  „minder  wertvoller"  alter 
Altarbilder  von  Tobias  Bock  und  G.  Bachmann  nach  St.  Ulrich, 
Abgabe  eines  Altarbildes  von  Joachim  von  Sandrart  (1649 
bis  1662)  an  das  k.  k.  Kunsthistorische  Hofmuseum  und 
Ersatz  derselben  durch  „künstlerisch  bedeutendere"  damals 
moderner  Richtung.  Zwei  Altarbilder  von  Joachim  von  Sandrart 
und  zwei  von  Tobias  Bock  in  der  Kirche  noch  vorhanden. 
Die  ausgedehnten,  noch  von  der  romanischen  Kirche  herrüh- 
renden Grufträume  Begräbnisstätten  der  Familien  Windisch- 
grätz  und  Khevenhüller.  In  der  Kirche:  Grabmale  des  Feld- 
marschalls Ludwig  Andreas  Grafen  Khevenhüller  (1751),  der 
Gräfin  Josefa  Windischgrätz  (1780)  und  des  Verteidigers  von 
Wien  (1683),  Grafen  Rüdiger  von  Starhemberg. 

Langhausanlage  mit  Kapellen,  nicht  hervortre- 
tendem Querschiff  und  geradlinig  abschließendem 
Chor.  Vorbilder  dieselben  gleichzeitigen  römischen 
Bauten  wie  bei  der  Dominikanerkirche  (siehe  oben). 
Doppeltürmige  römische  Fassade,  mit  hervortretendem 
zweigeschossigem  Mittelteil.  Schon  die  Stellung  des 
Kampanile  hinter  dem  Chor  weist  auf  S.  Domenico 
e  Sisto   als  das  wichtigste  Muster  (siehe  oben). 

Kalvarienberg  in   Hernais. 

Erbaut  mit  Genehmigung  Kaiser  Ferdinands  111.  und  mit 
Unterstützung  des  Wiener  Magistrates  (1639)  vom  Wiener 
Domkapitel  und  der  Corpus  Christi-Brüderschaft  in  Ausfüh- 
rung einer  Idee  (oder  des  Planes?)  des  Jesuiten  Peter  Karl  Muffart  zu  dem  Zwecke,  die  Protestanten  von  Hernais 
für  die  katholische  Kirche  wiederzugewinnen.  Ausgangspunkt  der  ganzen  Anlage:  der  Gottesleichnamsaltar  in 
der  Stephanskirche,  von  dem  aus  bis  zu  dem  Kalvarienberge  der  Weg  in  bezug  auf  seine  Länge  dem  von 
Christus  mit  dem  Kreuze  zurückgelegten  gleich  sein  soll.  Die  erste  der  sieben  Leidensstationen  stand  in 
der  Nähe  des  Schottentores.  Eine  davon   noch   bis  in  die   neuere  Zeit  in  der  Alserstraße  („Dreilauferhaus") 


Abb.  81.     St.  Rochus-Kirclie  im  III.  Bezirke. 


Katholische  Kirchen  des  17.  und   IS.  Jahrhunderts. 


57 


zu  sehen.  Nach  der  Vernichtung;  der  Ortschaft  1683  Grundsteinlegung;  zum  neuen  Kalvarienberge  19.  Sep- 
tember 1709.  Baukosten  aufgebracht  durch  zwei  reiche  Wiener  Bürger  und  die  Brüderschaft  der  72  Jünger 
Jesu,  80.000  fl.  1724  Übergabe  des  Gottesdienstes  seitens  dieser  Brüderschaft  an  die  Pauliner-Eremiten. 
Erbauung;  des  Klosters  derselben  an  Stelle  des  einem  jener  beiden  Bürger  gehörigen  Hauses  1747  (heute 
k.  und  k.  Offizierstöchter-Institut).  Grundsteinlegung  zur  neuen  Wallfahrtskirche  13.  August  1766.  Auf- 
hebung des  Klosters  1784.  Restauration  der  ganzen  Anlage  1889 — 1894. 

Vorbild  der  ganzen  Anlage  vorge  blich  „die  auf  Bergen  gelegenen  Wallfahrtskirchen  Oberitaliens 
und  Toskanas"  (Monatsbl.  des  Altertumsver.,  1887,  S.  46).  In  Wirklichkeit  zeigt  die  Kirchen- 
fassade der  noch  bei  Kleiner  und  Pfeffel  im  Bilde  erhaltenen  ursprünglichen  Anlage  eine  nieder- 
ländische  Type.   Der  heutige  restaurierte  Kalvarienberg  mit  seiner  ..stilgemäß"  vom  Presbyterium 

an  beträchtlich  vergrößerten 
Kirche  sieht  jener  ursprüngli- 
chen Anlage  nicht  mehr  ähnlich. 

Kapelle  der  hl.  Brigitta  in 
der    Brigittenau    (Abb.  80). 

Unter  Kaiser  Ferdinand  III. 
an  jener  Stelle  in  den  Donauauen 
zu  Ehren  der  aus  Schweden  gebür- 
tigen und  1373  in  Rom  gestor- 
benen hl.  Jungfrau  Brigitta  1640 
erbaut,  wo  das  Zelt  des  Erzher- 
zogs Leopold  Wilhelm  gestanden, 
in  das  eine  Schwedenkugel  hinein- 
flog, ohne  ihn  zu  treffen.  Altarbild 
mit  dem  knienden  Kaiser  gegen- 
wärtig in  der  Kanzlei  der  Burg- 
pfarre. Restauriert  1902. 

Die  achteckige  kuppel- 
überdeckte Anlage  mit  dori- 
■chen  Säulen  und  Gebälk 
soll  an  die  Form  des  Zeltes 
erinnern  und  ist  vermutlich  in 
formeller  Beziehung  eine  Re- 
miniszenz an  das  Choroktogon 
von  Sta.  Maria  della  Pace 
(ursprüngliche  Anlage  1482, 
neu  hergestellt  um  die  gleiche 
Zeit  von  Pietro  da  Cortona, 
1596—1669). 


Abb.  82.     Servitenkirche  im  IX.  Bezirke. 


Kirche  des  hl.  Rochus  und  Sebastian,  ehemals  Klosterkirche  der  Augustiner-Barfüßer, 

III.  Bezirk  (Abb.  53,  81). 

Erbaut  unter  Kaiser  Ferdinand  III.  1642,    1656  durch  Brand  teilweise  verwüstet,   hergestellt  1681,    die 
Schäden    der  Türkenbelagerung  von  1683   repariert  nach  1690.    Oberstes  Geschoß  der  Fassade  und  Türme 


58 


Gebäude  für  Kultuszweckc. 


aus  den  Jahren  1711  —  1722,  der  Überlieferung  nach  ein  Werk  des  Ingenieur-Oberstleutnants  Franz  Tobias 
Kollmann.  Gipsrelief  des  Tympanons,  Moses  und  die  Eherne  Schlange,  ein  Werk  des  Bildhauers  Anton 
Eberl,  zum  Zwecke  der  Einsetzung  des  jetzigen  Zifferblattes  zerstört  1816.  (Vgl.  Ilg,  Zur  Geschichte  der 
Augustinerkirche  auf  der  Landstraße.  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines.  1890,  XXVI,  S.  57  f.) 
Unter  der  Kirche  eine  ausgedehnte  Gruft.  Aufhebung  des  Klosters  unter  Josef  II.  Hochaltarblatt  mit  den 
Titelheiligen  von  P.  von  Strudel,  ein  Altarbild,  Christus  am  Kreuze,  angeblich  von  Lukas  Kranach.  Restau- 
rationen 1761,  1812,  1816,  1835,  1856,  zuletzt  1888-1890. 

Langhausanlagc  ähnlich  der  Type  der  Jesuiten-  und  Dominikanerkirche.  Dreigeschossige 
niederländische  Fassade,  bis  auf  das  oberste  Geschoß,  welches  (an  Stelle  des  entweder  1656 
oder  1683  zerstörten  gesetzt)  jenem  der  Universitätskirche  ähnlich  gewesen  sein  mochte, 
römischen  Charakters  (Einschachtelung  eines  runden  in  einen  eckigen  Giebel,  nach  dem 
Vorbilde  am  Portal  von  II  Gesü).  Muster  der  Türme:  Urturm  an  der  Ecke  von  Giacomo 
della  Portas  Palazzo  della  Sapienza. 

Serviten-Ordenskirche  zu  Maria  Verkündigung,  IX.  Bezirk  (Abb.  54,  82). 

Erbaut  unter  Ferdinand  III.  dank  der  Munifizenz  des  Generals  Grafen  Oktavio  Piccolomini  1651 
bis  1670  an  Stelle  der  1639  geweihten  Kapelle  des  drei  Jahre  zuvor  in  Wien  seßhaft  gewordenen  Serviten- 
ordens.  Architekt  (oder  nur  Baumeister)  Carl-Antonio  Carlone-Carnevale.  Vollendung  der  Türme  durch 
den  Architekten  Seb.  Rosenstingl  1754  —  1756. 


Abb.  83.     Kirche  zu  de 


jn  Chören  der  Engel,  I.,  Am  Hof. 


Elliptischer  Hauptraum  mit  oblonger  Vorhalle,  zwei  größeren,  länglichen  Kapellen  in  der 
Querachse,  vier  halbrunden  in  den  Diagonalen  und  geradlinig  abschließendem  Chor  und 
Mönchschor.  Das  Ganze  umgeben  von  länglichen  Nebenräumen.  Bemerkenswert  vor  allem  die 
aus   zwei    unregelmäßigen  Achtecken  und    länglicher,   halbkreisförmig    geschlossener  Apsis  be- 


Katholische  Kirchen  des   17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


59 


stehenden  Kapellen  rechts  vom  Chor.  Die  gesamte 
Anlage  wahrscheinlich  im  Zusammenhange  mit  dem 
Chor  und  den  ihn  flankierenden  Kapellenbauten  von 
Martino  Lunghis  Sta.  Maria  della  Vallicella  in  Rom. 
Römische  Fassade,  Deszendent  von  dem  Mittelstück 
der  Fassade  Am  Hof  beziehungsweise  von  Madonna 
della  Vittoria  in  Rom.  Mit  ihrem  gewaltigen  Dach  er- 
scheint die  ganze  Kirche  fast  wie  eine  Reminiszenz  an 
die  nordischen  Karner. 


St.  Ulrichs-Kirche,  VII.  Bezirk  (Abb.  55). 

1651  an  der  Stelle  einer  älteren,  1590  restaurierten  An- 
lage begonnen,  vollendet  nach  1672.  Beim  Bau  beschäftigt  als 
Bauführer  (oder  Architekt?)  Franz  Raimund.  Besaß  Altarbilder 
von  Paul  Troger,  die  1863—1871  durch  solche  von  Neuge- 
bauer,  Fr.  Ruß,  Herrn.  Eichler  und  F.  Dobyaschofsky  ersetzt 
wurden.  Über  zwei  Altarbilder,  die  von  den  Schotten  hierher 
versetzt  wurden,  siehe  oben  Artikel:  Schottenkirche. 

Einschiffiges  Langhaus  mit  Strebepfeilern  und 
einem  im  Korbbogen  abschließenden  Chor,  den  beider- 
seits Gänge  mit  je  vier  runden  Kapellenbauten  umgeben, 
welche  hinter  der  Chorwand  noch  ein  oblonger,  etwas 
ausladender,  mit  drei  elliptischen  Flachkuppeln  gedeck- 
ter Raum  verbindet.  Der 
Chor mitseinemKorbbogen-  Abb.  85. 
abschluß  gleicht  einem  der 
vier  Querarme  nach  P.  da 
Cortonas  S.  Luca  e  Martina. 
Das  Langhaus  mit  der  Vor- 
halle und  dem  ihr  entspre- 
chenden ersten  Gewölbe- 
joch   des  Chores   verwandt 

mit  den  gleichzeitigen  Bauten  Guarino  Guarinis  (1624 — 1685),  wie 

S.  Filippo  Neri   in   Turin.    Doppeltürmige,    dreigeschossige    nieder- 


Kirche  zur  Dreieinigkeit 
im  IX.  Bezirke. 


Abb.  84.     Kirche  zu  Mariahilf  im  VI.  Bezirke. 


ländische  Fassade. 


Kirche   des    Professenhauses   der  Jesuiten,  jetzt   Pfarrkirche 
zu  den  neun  Chören  der  Engel  Am  Hof,  I.  Bezirk  (Abb.  21,  83). 

Im  15.  Jahrhundert  erbaute  gotische  Hallenkirche  des  Karmeliterordens, 
1553  samt  dem  zugehörigen  Kloster  (jetzt  Reichskriegsministerium)  den 
Jesuiten  übergeben.  Die  ursprüngliche  Anlage  des  Chores  noch  außen  sicht- 
bar. Umgestaltung  des  Langhauses  im  Inneren,  Anbau  von  je  vier  Kapellen 
beiderseits  und  Neubau  der  Fassade  unter  Kaiser  Leopold  I.  1662 — 1663. 
Beim  Baue  beschäftigt  Carl-Antonio  Carlone-Carnevale  (?).  Umgestaltung 
des  Chores  mit  Stuckmarmorwänden  und  einem  hölzernen,  unter  das  alte 
eingespannten  Tonnengewölbe  1798.  In  einer  Kapelle  Fresken  von  Anton 
Maulbertsch.  Drei  Altarbilder  (Opferung  Isaaks,  Vermählung  Marias  und 
Flucht  nach  Ägypten)  von  Joachim  von  Sandrart.  Hochaltarbild  nach  einer 
Skizze  Hubert  Maurers  von  Däringer  (1798).  Ein  Altarbild  (Madonna  mit 
dem  Kinde  und  dem  hl.  Liborius)  angeblich  von  Lodovico  Carracci.  Unter 
dem  Chore  ein  großer  Gruftraum.    Restauriert  1821,  1823,  1891  —  1893. 

Großartigste  aller  barocken  Kirchenfassaden  der  Stadt.  Kom- 
bination des  römischen  Villenmotivs  zweier  vorspringender,  durch 
eine  Terrasse  verbundener  Flügelbauten  (Villa  Borghese  u.  a.)  mit 
der  zweigeschossigen  römischen  Fassade  Giovanni  Battista  Sorias 
(Sta.  Maria  della  Vittoria  1630);  der  Chor  ein  charakteristisches 
Denkmal  des  anglo-italienischen  Klassizismus. 


60 


Gebäude  für  Kultuszwcckc. 


Ursulinerinnenkirche  zur  hl.  Ursula,  I.  Bezirk  (Abb.  56). 

Unter  Kaiser  Leopold  I.  1660  von  der  Kaiserin  Eleonore.  Witwe  Kaiser  Ferdinands  III..  für  die  aus 
Lüttich  berufenen  Nonnen  des  Ursulinerinnenordens  gestiftet,  erbaut  1665.  Altarbilder  von  F.  Spielberger 
(Maria  Empfängnis)  und  F.  Wagenschön  (Erscheinung  der  hl.  Jungfrau  vor  dem  hl.  Ignatius  und  die 
hl.  Angela).  Restauriert  1887. 

Langhausanlage  ähnlich  der  Type  der  Theresienkirche  im  II.  Bezirke  (siehe  oben).  Je  zwei 

Kapellen  rechts  und  links 
und  geradlinig  abschließender 
Chor.  Römische  Fassade  mit 
niederländischen  Anklängen 
im  zweiten  Geschoß,  nach- 
gebildet jener  von  S.  Gia- 
como  Scossacavallo  in  Rom. 

Leopoldskirche,  II.  Bezirk 

(Abb.  57). 

Erbaut  nach  der  Judenver- 
treibung unter  Kaiser  Leopold  1. 
an  Stelle  der  alten  Synagoge  1670, 
„erweitert"  (?)  nach  der  Türken- 
belagerung von  1683  durch  den 
„berühmten  Baumeister"  Anton 
Ospel  1723.  bei  dieser  Gelegenheit 
durch  Carlo  Carlone  (siehe  oben 
Artikel:  Franziskanerkirche)  in  der 
Kuppel  mit  einem  Fresko  ge- 
schmückt. (Siehe  Ilg,  Anton 
Ospel.  Berichte  und  Mitteilungen 
des  Altertums  vereines.  1880,  XXIV. 
S.  96  ff.)  Hauptaltarbild  mit  den 
Titelheiligen  von  Martin  Alto- 
monte;  Seitenaltäre:  Christus  am 
Kreuze  von  Andreas  Altomonte. 
Maria  Himmelfahrt  von  Hauzin- 
ger,  hl.  Antonius  von  Padua  und 
hl.  Florian  von  M.  M.  Melkh. 
hl.  Johannes  der  Täufer  und 
hl.  Johannes  von  Nepomuk  von 
Joh.  Georg  von  Schmidt.  Restau- 
riert in  den  Siebzigerjahren. 
Außen  zu  beiden  Seiten  des 
Turmes  die  Kolossalstatuen  zweier 
Babenbergerherzoge. 

Im  Grundriß  verwandt 
mit  der  kurz  vor  ihrer  Er- 
bauung entstandenen  Kirche 
Sta.  Maria  in  Campo  Marzo 
in  Rom  (erbaut  von  Antonio 
de  Rossi,  1616 — 1695),  was 
die  beiden  halbrunden  Seiten- 
kapcllen  und  die  Verbindung 
des  Turmes  beziehungsweise 
der  Vorhalle  mit  dem  Haupt- 
bau betrifft,  mit  Carlo  Rainaldis  Sta.  Agnese  auf  Piazza  Navona,  sowie  mit  dessen  beiden 
Kirchen  auf  der  Piazza  dcl  Popolo  (siehe  unten  Peterskirchc).  Römischer  Turmhclm  (wenig- 
stens bei  Sal.  Kleiner).  Am  Turm  im  untersten  Geschosse  die  dorischen  Pilaster,  im  zweiten 
die  ineinandergeschachtelten  Giebel  der  Rochus-  und  Sebastiankirche,  im  dritten  das  Motiv 
der   Waisenhauskh'che  mit  dem  einwärts  gebogenen  Gebälk  (siehe  dort). 

Mariahilfer  Kirche,  VI.  Bezirk  (Abb.  58.  84). 

An  Stelle  der  1660  von  den  Barnabiten  inmitten  ihres  neu  angelegten  Friedhofes  errichteten.  1683 
zerstörten    Kapelle    erbaut    vom    Fürsten  Paul  Esterhäzy  1686.    Übertragung  des  Gnadenbildes    (einer  Kopie 


Abb.  Sb.     Kirche  zu  St.  Peter  im   I.  Bezirke. 


Katholische  Kirchen  des  17.  und   IS.  Jahrhunderts. 


61 


nach  Lukas   Kranach)  1689.    Vollendung  des   Baues   1713.     Fresken  von   Paul  Troger,    Jos.   Hauzinger  und 
Strattmann.    Altarbilder  der  hl.  Anna  und  des  hl.  Alexander  Sauli  von  Felix  Leicher.  Restauriert  1890  — 1893. 

Chor    und    kräftig    ausladende    Querschiffarme 
polygonal     abgeschlossen.     Zurückgreifen     auf     das 
Schema  der  alten  romanischen  Anlagen  wie  bei  der 
30  Jahre  jüngeren  Abteikirche  von  Vierzehnheiligen. 
Auch  in  der  doppeltürmigen 
Fassade  Ähnlichkeit  mit  deut- 
schen, vor  allem  mit  schwä- 
bischen Anlagen. 

Pfarrkirche,  ehemals  Kar- 
meliter-Ordenskirche zum 
hl.  Josef,  VI.  Bezirk 

(Abb.  59). 

Erbaut  durch  den  Karme- 
literorden auf  den  Gründen  des 
ehemaligen,  von  Kaiser  Fried- 
rich III.  gegründeten  Klosters 
von  St.  Theobald.  Grundstein- 
legung durch  den  Erzherzog 
Josef,  nachmaligen  Kaiser  Josef  I., 
22.  August  1687.  Aufhebung  des 
Klosters  unter  Kaiser  Josef  II. 

Orundrißschema  bis  auf 
das  fehlende  Querschiff  das 
der  Schottenkirche.  In  der 
doppeltürmigen  Fassade  eben- 
falls das  Muster  der  Schotten- 
kirche, schmucklos  und  ver- 
flacht. 

Schwarzspanierkirche, 
auch     Ordenskirche     der 
Benediktiner     von     Mon- 
serrato,  jetzt  evangelische 
Garnisonskirche,  IX.  Bez. 

Erbaut  unter  Kaiser  Leo- 
pold I.  an  Stelle  der  von  Kaiser 
Ferdinand  III.  in  der  Schweden- 
not gelobten  und  1632  errichte- 
ten, 1683  zerstörten  Kirche  zu 
Ehren  der  hl.  Maria  von  Mon- 
serrato.  Grundsteinlegung  11.  Juli 
1690.  Einweihung  unter  Karl  VI. 
1727.  Seit  der  Übersiedelung  der 
Benediktiner  zu  den  Jesuiten 
1779  im  Besitze  des  Militärärars, 
seit  1783  ärarisches  Bettenmaga- 
zin,    seit     1861     protestantische 

Garnisonskirche.     Drei    Glocken  „ 

_  _  ..  ,.     .     j      e   ,      .,      t  ,j  Abb.  87.     Portal  der  St.  Peters-Kirche. 

gegenwartigln  der  Schottenfelder 

Kirche,    zwei    Altarbilder,    eines 

von  Erasmus  Quellinus,    das    andere    von  Peter  Cosmus  da  Castrofranco,    in    der   Gumpendorfer   Kirche. 

(Siehe  Trost,  Monatsblätter  des  Altertumsvereines.    1893,    S.  30,  31  und  84;  1894,  S.  91.)     Das  gleichzeitig 

mit  der  Kirche  erbaute   Kloster  („Schwarzspanierhaus")    in  unseren  Tagen  durch  einen  Neubau  ersetzt. 

Römische,  zweigeschossige  Fassade,  Tochter  der  an  der  gleichnamigen,  von  Francesco 
da  Volterra  (16.  Jahrhundert)  erbauten  römischen  Kirche,  mit  einem  großen  Mittelfenster,  das 
eine  Weiterentwicklung  der  in  Belgien  heimischen   „spanischen  deurkens". 


62 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Trinitarier-    oder    Weißspanierkirche    (jetzt    Minoritenkirche)    zur    hl.    Dreifaltigkeit, 

IX.  Bezirk  (Abb.  60,  85). 

Erbaut  unter  Kaiser  Leopold  I.  für  die  1688  in  Wien  angesiedelten  spanischen  Trinitarier.  Beginn  des 
Klosterbaues  1690,  Grundsteinlegung  der  Kirche  18.  April  1695,  Einweihung  18.  Dezember  1698.  Seit  der 
Aufhebung  des  Klosters  unter  Josef  II.  im  Besitze  der  aus  der  Stadt  hierher  verpflanzten  Minoriten.  Statue 
des  „blauen  Herrgott"  gegenwärtig  in  der  Pfarrkirche  zu  Kirchschlag.  Hochaltarbild  der  hl.  Dreifaltigkeit  von 
Joh.  K.  von  Hempel  (1825),  Madonna  von  Joh.  Kastner.  Restauriert  anfangs  der  Neunzigerjahre. 

Grundrißschema  ähnlich  dem  der  Schottenkirche.  Dreigeschossige,  doppeltürmige  nieder- 
ländische Fassade,  aber  bereits  nach  dem  Beispiele  der  Bauten  Fr.  Borrominis  einwärts  ge- 
bogen und  als  solche  ältestes  Muster  der  Konkavfassaden  in  Wien.  Auch  in  Details  Einfluß  der 
römischen  Architektur  (Triglyphenfries  in  der  Art  des  Domenico  Fontana,  so  z.  B.  an  der  Fassade  des 
Querschiffes  der  Laterankirche,  Scala  santa.  1586 — 1636)  sichtbar.  Verwandt  mit  der  Fassade  der 
Trinitaricrkirche  war  die  der  ehemaligen  St.  Nikolaus-Kirche  auf  der  Landstraße,  begonnen  1698. 


Piaristen-Ordenskirche    zu  Maria-Treu,  VIII.  Bezirk  (Abb.  61   und  Tafel  III). 

Erbaut  unter  Kaiser  Leopold  I.  Niederlassung  des  Ordens  in  Wien  1697.  Grundsteinlegung  2.  Sep- 
tember 1698.  Vollendung  des  Klosters  1700.  Einweihung  der  Kirche  unter  Karl  VI.  1719.  Der  angebliche 
„totale  Umbau"  um  zirka  1752  ist  eine  Fabel.  Kuppelfresko  von  Anton  Maulbertsch  1745.  Altarbilder  von 
Felix  Leicher,  Brand  und  Karl  Rahl.  Restauration  um  1890. 

In  der  Gesamtdisposition  Anlehnung  an  Carlo  Rainaldis  (1611  — 1699)  Sta.  Maria  in 
Porticu.  Chorabschluß  ein  Korbbogen  nach  Muster  von  S.  Luca  e  Martina  (siehe  oben  Ulrichs- 
kirche). Gestaltung  des  Zentralraumes  nach 
dem  Muster  von  Fr.  Borrominis  (1599  bis 
1669)  S.  Carlino  alle  quattro  Fontane.  Die 
Fassade  inklusive  der  Türme  borromineske 
Serpentine  nach  dem  Muster  dieser  Kirche. 
An  und  für  sich  betrachtet,  das  einzige 
Wiener  Beispiel  einer  Konvexfassade  nach 
Art  der  Bauten  P.  Berrettini  da  Corto- 
nas  (1596 — 1669)  S.  Luca  e  Martina  und 
Sta.  Maria  della  Pace  (oberes  Geschoß). 

Pfarrkirche  zu  St.  Peter  und  Paul, 
II  I.Bezirk. 

Erbaut  1700  von  den  Bewohnern  von  Erd- 
berg. Eingeweiht  28.  August  1726.  Hochaltarbild 
von  Georg  Schelling  (1810).  Madonna  von  M.  Benko. 

Sogenannter  Vorarlberger  Grundriß  mit 
zwei  die  Querschiffarme  markierenden  Ni- 
schen. Um  den  Chor  spätere  Zubauten.  Das 
klassizistische  Äußere  des  Langhauses  mit 
der  tcmpelartigcn  Fassade,  „über  welcher  der 
Turm  sich  aufbaut",  wahrscheinlich  aus  der 
Zeit  des  Hochaltarbildes  (1810). 

Peterskirche,  I.  Bezirk  (Abb.  62,  86,  87). 

Erbaut  1702  unter  Kaiser  Leopold  I.  an  Stelle 
der  alten  Peterskirche.  Aufsetzung  des  Kreuzes  auf 
die  Kuppel  1707.  Architekt,  trotz  der  im  Knaufe 
der  letzteren  aufgefundenen  Inschriften,  welche 
Francesco  Martinelli,  Francesco  Janckl  und  Christian 
Oettel  als  Erbauer  angeben  (siehe  Haus  er,  Die 
Restaurierung  der  Peterskirche,    in    den    Berichten 

und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines,  1890,  XXVI.  S.  10  ff.)  wahrscheinlich  Joh.  Bernh.  Fischer  von 
Erlach.  „Vorstudie  zur  Karlskirche."  Portalbau  aus  dem  Jahre  1756.  Fresken  von  Joh.  Mich.  Rothmayer 
von  Rosenbrunn,  Altarblätter  zumeist  von  Martin  Altomonte.  Plastik  auf  dem  Portalbau  von  Franz  Kohl. 
Restauration  1888—1890. 


Abb.  SS.     Klosterkirche    der   Elisabethincrinnen   im   III.  Bezirke- 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 


63 


Im  Grundriß  Anlehnung  an  Daniele  da  Volterras  (zirka  1550 — 1600)  S.  Giacamo 
de' Incurabili  und  Carlo  Rainaldis  (1611  — 1694)  Sta.  Maria  di  Monte  Santo  auf  der  Piazza 
del  Popolo.  Chor  ein  Korbbogen  wie  bei  Michelangelos  S.  Giovanni  de'  Fiorentini,  beziehungs- 
weise des  Deszendenten:  P.  da  Cortonas  S.  Luca  e  Martina  (siehe  Maria-Treu-Kirche).  Auch 
lag,  wie  die  gesamte  Choranlage  mit  den  Nebenräumen  beweist,  dem  Architekten  bereits  der 
Grundriß  der  Abteikirche  von  Averbode  vor  (erschienen  bei  Le  Roy,  1696).  (Siehe  unter 
Karlskirchc.)  Die  Fassade  ebenfalls  unter  dem  Einfluß  von  S.  Luca  c  Martina  und,  inklusive  der 
Türme,  Serpentine  in  der  Art  von  Borrominis  S.  Carlino  alle  quattro  Fontane.  Der  Portalbau 
hat  in  den  Türmchen  dieser  Kirche  sein  Vorbild.  Wohl  ein  „Votivbau"  Kaiser  Leopolds  I. 
Markiert  den  Beginn  des  spanischen  Erbfolgekrieges  (siehe  Einleitung). 


Kirche    des    Elisabethinerinnenklosters   zur 
hl.  Elisabeth,  III.  Bezirk  (Abb.  88). 

Erbaut  1709  —  1711  von  der  Kaiserin  Eleonore 
Magdalena,  Witwe  Kaiser  Leopolds  I.,  und  ihrer  Toch- 
ter, der  Erzherzogin  Elisabeth,  für  die  von  der  Gräfin 
Maria  Theresia  von  Leslie  aus  dem  Kloster  in  Graz 
igegründet  1690)  berufenen  Nonnen  vom  Orden  der 
hl.  Elisabeth.  Baumeister  Matthias  Gerl.  (Siehe  Ilg, 
Monatsblätter  des  Altertumsvereines.  1885,  S.  29  ff.) 
Erweiterung  der  Kirche  1734  durch  den  Landschafts- 
baumeister Franz  Anton  Pilgram.  1741  Reparatur  der 
Beschädigungen,  verursacht  durch  den  Austritt  der 
Wien.  Vollendung  des  Turmes  1748.  Hochaltarblatt 
der  hl.  Elisabeth  von  Cimbal  (?)  1711,  Christus  am 
Kreuze  und  der  hl.  Lucinus  von  J.  B.  Baumgartner. 
Restauration  1900.  Bei  dieser  Gelegenheit  durch  Franz 
Schönbrunner  mit  „stilgemäßer  ßemalung",  durch 
Rud.  Geyling  mit  Glasgemälden  versehen. 

Grundrißanlage  beeinflußt  von  den  Bauten 
Guarino  Guarinis  und  Fr.  Borrominis.  Drei- 
geschossige niederländische  Fassade  mit  einem 
Turm,  in  den  Details  (z.  B.  Giebelabschluß)  mit 
Anlehnung  an  die  Werke  des  zuletzt  genannten 
römischen  Meisters. 


Pfarrkirche    zu    den    vierzehn    Nothelfern, 
IX.  Bezirk  (Abb.  63,  89). 

Erbaut  als  eintürmige  Kirche  an  Stelle  einer 
Kapelle  der  hl.  Anna.  Grundsteinlegung  20.  November 
1712.  Einweihung  21.  Dezember  1730  in  Anwesenheit 
Kaiser  Karl  VI.  Erweiterung  des  Schiffes  und  Neubau 
des  Chores  1770.  Grundsteinlegung  in  Anwesenheit 
Maria  Theresias  und  Josef  II.  16.  Dezember  d.  J.  Archi- 
tekt: Hofbauinspektor  Thaddäus  Körner,  Baumeister 
Josef  Ritter.  Stukkateur:  Karl  Kölber.  Kuppelfresko  von 
Franz  Zoller,  Fresko  über  der  Orgeltribüne  von  Frz. 
Singer.  Altarblätter:  hl.  Johann  von  Nepomuk  von 
F.  Zoller,  Christus  am  Kreuze  von  Ant.  Maulbertsch, 
hl.  Franz  Xaver  von  Knoll.  Restauriert  1890—1898. 

Im  Grundriß  verwandt  mit  der  St.  Ulrichs- 
Kirche.  Fassade  später  Deszendent  der  Kirche 
Am  Hof  beziehungsweise  der  Madonna  della 
Vittoria  in  Rom. 


Abb.  89.     Kirche  zu  den  vierzehn  Nothelfern  im  IX.  Bezirke. 


Karlskirche,  IV.  Bezirk  (Abb.  64,  90,  91   und  Tafel  IV). 


Angelobt   von  Karl  VI.  zu  Ehren  des  hl.  Karl  Borromeus   im   Stillen  wahrscheinlich   schon   während 
der  Pest  in  Wien    im  Sommer  1713,    nach   dem  Aufhören    derselben    in  feierlicher  Weise    zur  Abwehr  der 


64 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Abb.  90.  Pest  in  den  österreichischen  Staa- 
vonShKarl  ten  am  22-  Oktober  desselben  Jahres. 
Borrumeus.  Grundsteinlegung;  4.  Jänner  1715.  Ar- 
chitekt: Hofbau-Oberinspektor  Johann 
Bernhard  Fischer  von  Erlach.  Bau- 
meister: Ant.  Erh.  Martinelli.  Eindachung  1723. 
Vollendung  der  Kuppel  1725,  der  Kolossalsäulen 
1730.  Glockenweihe  18.  Juli  1737.  18.  Oktober  des- 
selben Jahres  Konsekration  der  (innerlich  noch 
unfertigen)  Kirche  durch  den  Kardinal-Erzbischof 
Grafen  Kollonitsch.  Tod  Fischers  von  Erlach  1723. 
Fortführung  des  Baues  durch  dessen  Sohn  Josef 
Emanuel.  Übertragung  des  Gottesdienstes  an  den 
Prager  Kreuzherrenorden  vom  roten  Stern  29.  August 
1738.  Tympanonrelief :  Wien  und  die  Pest  von  Gio- 
vanni Stanetti,  Kolossalstatue  des  Titelheiligen  über 
dem  Giebel  und  Einzelstatuen  auf  den  Treppen- 
wangen von  Lor.  Mattielli.  Reliefs  der  Säulen,  welche 
die  „Säulen  des  Herkules",  um  welche  der  Kaiser 
gestritten,  bedeuten  und  in  der  Constantia  und  For- 
titudo  des  Heiligen  den  Wahlspruch  des  Kaisers 
„Constantia  et  Fortitudine':  zum  Ausdruck  bringen 
sollen,  von  Christoph  Mader  und  Jakob  Schletter. 
Kuppelfresken  von  Joh.  Michael  Rothmayer  von 
Rosenbrunn,  Dekoratives  von  Gaetano  Fanti.  Altar- 
bilder: Heilung  des  Gichtbrüchigen  von  Ant.  Pelle- 
grini,  Maria  Himmelfahrt  von  Ricci:  zwei:  der  rö- 
mische Hauptmann  und  die  hl.  Elisabeth  von  Dan. 
Gran,  hl.  Lukas  von  Jak.  von  Schuppen,  Auf- 
erweckung  des  Jünglings  von  Naim  von  Mart. 
Altomonte.  Grabmal  des  Dichters  J.  Collin  (1713). 
Restaurationen.  1771,  1817,  1837,  1857  und  gegen- 
wärtig. 

Grundidee:  Lucas  Faid'herbes  Anläge 
von  Averbode  lez  Diest  (erschienen  in  dem 
Werke  von  Le  Roy,  Castella  et  caenobia 
Brabantiae,  1696).  Mittelraum:  Oval  nach  dem 
Muster  von  Berninis  S.  Andrea  am  Quirinal, 
Durchbildung  der  Kapellen  in  den  Diagonalen 
und  der  Korridore  nach  dem  Vorbilde  der 
Pariser  Kirchen  (Val  de  Gräce,  Assomption, 
Invalidendom  etc.). 

Fassade:  Anlehnung  an  Carlo  Rainaldis 
Sta.  Agnese  auf  Piazza  Navona.  Unter  den 
Türmen  Durchgänge  wie  bei  St.  Peter  in  Rom. 
Durchbildung  der  Attika  zu  einem  besonderen 
Geschoß  nach  dem  Vorbilde  der  Pariser  Eglise 
des  Minimes  Niederländische  Turmabschlüsse 
und  Giebelfenster  nach  Art  der  „spanischen 
deurkens".  Als  Zeugen  des  Interesses  für  die 
„Weltwunder"  die  beiden  Kolossalsäulen,  Nach- 
ahmungen der  „Colonna  Trajana  und  Antoni- 
niana". Als  Beweis  für  den  beginnenden  Ein- 
fluß des  holländischen  Klassizismus  das  Tym- 
panonrelief und  des  englischen  Palladianis- 
mus der  Porticus  der  Villa  Rotonda  (wie 
gleichzeitig  bei  der  Superga  in  Turin  und  bei 
S.  Simone  piecolo  in  Venedig).  Länge  der 
Kirche:  zirka  68-5  m,  Breite  55  m,  Höhe  bis 
zur  Kreuzesspitze  der  Kuppel  zirka  72  m. 
Höhe  der  Säulen,  die  inwendig  durch  Wen- 
deltreppen zu  ersteigen:  3318  m  (etwas  nie- 
driger wie  die  Trajans-  und  etwas  höher 
wie  die  Marc  Aurel-Säule).  Votivkirche  Kaiser 


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Katholische  Kirchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 


65 


Abb.  91.    Inneres  der  Karlskirche. 


Karls  VI.  Denkmal  des  Friedensschlusses  von  Utrecht  und  Rastatt,  der  Erwerbung    der  italieni- 
schen  und  niederländischen  Provinzen   und   des  Erlasses   der   pragmatischen  Sanktion. 


Salesianerinnenkirche  zu  Maria  Heimsuchung,  III.  Bezirk  (Abb.  65,  92). 

Erbaut  von  der  Kaiserin  Amalia  Wilhelmine,  Witwe  Kaiser  Josefs  I.,  in  Erfüllung  eines  Gelübdes  für  die 
aus  Brüssel  berufenen  Klosterfrauen  des  hl.  Franziskus  von  Sales.  Grundsteinlegung;  13.  Mai  1717,  Voll- 
endung des  Klosters  13.  März  1719,  der  ganzen  Anlage  1730.  Architekt  wahrscheinlich  Joh.  Bernhard  Fischer 
von  Erlach.  Donato  d'Allio,  den  11g  zum  Architekten  macht,  war  vermutlich  nur  der  Baumeister.  Kuppel- 
fresken von  Antonio  Pellegrini,  Hauptaltarblatt  von  Jak.  von  Schuppen,  Kreuzabnahme  von  Janson  (?), 
hl.  Petrus  und  hl.  Magdalena  von  Ant.  Pellegrini. 

Variante  der  Anlage  von  St.  Peter.  Versetzung  der  Choranlage  dieser  Kirche  an  die 
Eingangsseite  und  nach  Weglassung  der  beiden  großen  Kapellen  in  der  Querachse  Vergröße- 
rung der  Diagonalkapellen.  Einige  Ähnlichkeit  der  Fassade  mit  jener  der  Münchener  Theatiner- 
kirche  und  wie  diese  wahrscheinlich  im  Zusammenhange  mit  einschlägigen  Bauten  in  den 
Niederlanden. 

Waisenhauskirche,  IX.  Bezirk  (Abb.  66,  93). 

Gegründet  2.  August  1722  von  Karl  VI.  als  Gotteshaus  des  für  seine  neu  erworbenen  italienischen, 
spanischen  und  belgischen  Untertanen  errichteten  sogenannten  „spanischen  Spitals"  (seit  14.  Oktober  1785 
Waisenhaus).  Geweiht  24.  September  1723.  (Über  die  Altäre  der  Landespatrone  von  Mailand,  den  Nieder- 
landen, Neapel  und  Sizilien  siehe  Einleitung.  Die  Altarbilder  von  Roettiers,  Rothmayer  und  Martin  Alto- 
monte.  Restauriert  1890. 

Im  Grundriß  unter  dem  Einfluß  der  Bauten  Guarino  Guarinis.  Eingeschossige  römische 
Fassade.  Im  Giebel  das  Gebälke  (ursprünglich)  einwärtsgekrümmt  wie  im  Obergeschoß  von 
Pietro  da  Cortonas  Sta.  Maria  in  Via  lata  (1680).  Dasselbe  Motiv  im  Inneren  in  dekorativer 
Weise  verwendet.  Römische  Turmhelme  (ursprünglich  bei  Sal.  Kleiner)  ähnlich  den  gleichzeitig 
entstandenen  von  St.  Rochus  und  Sebastian  (III.  Bezirk). 

Bd.  II.  5 


66 


Gebäude  für  Kultuszvrecke. 


Pfarrkirche  zu  St.  Florian,  IV.  Bezirk  (Abb.  67). 

An  Stelle  der  seit  1709  bestandenen  Kapelle  der  Vermählung:  Josefs  und  Maria  1725  erbaut.  Re- 
stauriert 1900. 

In  ihrer  Grundrißanlage  sich  anlehnend  an  die  Servitenkirche.  IX.  Bezirk  (siehe  oben). 
Dreigeschossige  niederländische  Fassade  mit  einem  Turm. 

Kapelle  des  hl.  Johannes  von  Nepomuk,  II.,  Obere  Donaustraße  (Abb.  94). 

Gestiftet  durch  den  Wiener  Bürger  Kirchlehner  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Stand  am  ..Schanzl" 
seit  zirka  1738.  Nach  einer  großen  Überschwemmung  1744  durch  das  k.  k.  Mautamt  restauriert,  bei  dieser 
Gelegenheit  auch  durch  die  Stromregulierung  samt  den  Statuen  die  Freitreppe,  die  vom  Flusse  aus  zum 
Eingange  führte,  beseitigt.  Anläßlich  der  Baues  der  Stephaniebrücke  als  Verkehrshindernis  abgetragen  und 
in  der  Parkanlage  der  Oberen  Donaustraße  neu  aufgestellt,    1884—1886. 

Im  Grundriß  Quadrat  mit  abgestumpften  Ecken.  Kuppel  mit  Laterne.  Das  Gebälkc  an 
der  Eingangsseite  aufwärts  gebogen  nach  dem  Muster  von  Sta.  Maria  in  Via  lata  (siehe  Waisen- 
hauskirche, Leopoldskirche).  Drei  Seiten  haben  große  Fenster,  welche  mit  Eisengittern  ge- 
schlossen sind,  in  denen  nebst  Bandvcrschlingungen  ä  la  Bcrain  beziehungsweise  Hilde- 
brandt so  etwas  wie  die  gotische   „Nase"   das  Grundmotiv. 

Kirche  zum  hl.  Johann  von  Nepomuk  im   Invalidenhause,  III.  Bezirk. 

Erbaut  1727  vom  Erzbischof  Kollonitsch  nach  Übertragung  des  Johannesspitales  aus  dem  Münzwardein- 
hause  in  Gumpendorf  in  den  Sommerpalast  des  Prinzen  von  Hannover,  das  jetzige  Invalidenhaus. 
Oblonger  Saal  mit  rundbogig  abgeschlossenen  Fenstern  und  flacher  Decke. 

Kirche  zum  hl.  Kreuz,  VII.,  Stiftskaserne  (Abb.  68,  95). 

Erbaut  1736,  vergrößert  1749.  Altarbilder  von  Michael  Heß,  Hubert  Maurer,  Vinzenz  Fischer.  Re- 
staurierung des  Turmes  1882.  Jetzt  wieder  in  Restauration. 


Abb.  92.     Kirche  der  Salcsiancrinncn,  III.,  Rciinwc 


Im  Grundriß    verwandt    mit    den    Anlagen  Fr.  Borrominis    und    Guarino  Guarinis.    Drei- 
geschossige niederländische  Fassade  mit  einem  Turm. 


Katholische  Kirchen  des  1/.  und  IS.  Jahrhunderts. 


67 


Linienkapellen,  dem   hl.  Johannes  von   Nepomuk  geweiht  (um   1740 — 1760). 

Entstanden  samt  und  sonders  nach  der  1720  geschehenen  Kanonisation  des  Heiligen  an  sämtlichen 
„Linien"  (Toren  des  die  „Vorstädte"  umgebenden  Linienwalles).  Durch  die  Auflassung  der  Linien  und  die 
damit  verbundene  Baubewegung  neuerer  Zeit  bis  auf  einige  wenige  beseitigt.  Als  wertvollere  Objekte  von 
der  Demolierung  verschont  blieben  die  Kapellen:  1.  Nuüdorfer  Linie,  gestiftet  1740  von  Leopold  Haber,  bei 
der  Pulverturmexplosion  von  1779  zerstört,  dann  wieder  neu  aufgebaut,  mit  auf  jene  Explosion  bezüglichen 
Gemälden  und  Reliquien,  1853  renoviert;  2.  die  Kapelle  an  der  Matzleinsdorfer  Linie,  erbaut  1748,  im  Jahre 
1816  vorübergehend  Aufbahrungsort  der  aus  Verona  gebrachten  Leiche  der  Kaiserin  Maria  Ludovika;  3.  die 
Kapelle  bei  der  Hundsturmer  Linie,  architektonisch  die  bedeutendste,  bis  in  die  neuste  Zeit  umgeben  von 
einer  Steinbalustrade  mit  Figuren,  erbaut  1759. 

Im  allgemeinen  ist  die  Anlage  ähnlich  jener  der  oben  besprochenen  Johanneskapclle. 
nur  in  der  Ausstattung  ist  dieselbe  etwas  bescheidener.  Als  Muster  dürfte  vielleicht  die 
Kapelle  der  päpstlichen  Schweizergarde  S.  Martino  beim  Vatikan  gedient  haben. 

Pfarrkirche  zum 

hl.    Laurenz    in    Sim- 

mering. 

1746  mit  Benützung 
von  Teilen  der  alten  goti- 
schenKirche  (Chorabschluß, 
Fassaden,  Strebepfeiler)  neu 
gebaut,  in  den  Siebziger- 
jahren durch  den  Maler 
Heinrich  Bauer  ausge- 
schmückt. Restauriert  1897. 

Zeigt  bereits  den 
Einfluß  der  protestanti- 
schen Predigtkirchen. 
Bemerkenswert  die  un- 
symmetrische Fassade. 

Kirche  zu  St.  Thekla, 
IV.  Bezirk   (Abb.  69). 

Gestiftet  durch  milde 
Beiträge  1745.  Kirche  des 
Novizenhauses  der  Pia- 
risten. Baubeginn  1.  De- 
zember 1752.  Einweihung 
27.  August  1756.  Baumeister 
Josef  Gerl.  Restauriert  1900. 

Im  Grundriß  ver- 
wandt mit  St.  Ulrich 
(VII.  Bezirk),  dreige- 
schossige niederländi- 
sche Fassade.  . 

Pfarrkirche  der 

hl.  Gertrud   in  Wäh- 

ring,  XVIII.  Bezirk. 

Grundsteinlegung  am 
11.  September  1753.  Jetzi- 
ger Turm  erst  aus  dem 
Jahre  1858. 

Kirche  zum  hl.  Kreuz, 
III.,  Rennweg 

(Abb.  70,  96). 

Eingeweiht      1      No-  Abb.  93.    Inneres  der  Waisenhauskirche  im  IX.  Bezirke, 

vember  1763  als  Gotteshaus 

des  sogenannten  Dreifaltigkeitsspitales.  Hochaltarbild  von  Peter  von  Strudel.  Durch  Aufsetzung  eines  Stock- 
werkes auf  den  rückwärtigen  Zubau  und  Erhöhung  des  Turmes  in  der  Restauration  von  1890—1891  „stil- 
gerecht" deformiert. 


68 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Grundriß  nach  dem  Muster  von  Borrominis  S.  Ivo  della  Sapienza  (1599 — 1669).  Äußeres: 
Ein  Oblongum  mit  Dachgeschossen  in  griechischem  Kreuz,  dessen  Vierung  eine  Kuppel 
markiert,  nach  dem  Vorbilde  umbrischcr  Kirchen,  z.  B.  Sta.  Maria  nuova  in  Cortona. 


Pfarrkirche  des  hl.  Ägidius  in    Gumpendorf, 
VI.  Bezirk  (Abb.  71). 

Erbaut  von  der  Grundherrschaft,  dem  Schotten- 
stift. Baubeginn  1765.  Einweihung-  19.  März  1770.  Bau- 
meister Josef  Raimund.  An  Stelle  des  Hauptaltarblattes 
von  Josef  Abel  ursprünglich  ein  Fresko  von  Anton 
Maulbertsch,  das  als  zu  weltlich  befunden  wurde.  Andere 
Altarbilder:  hl.  Josef,  hl.  Anna,  die  unbefleckte  Emp- 
fängnis, Taufe  Christi  und  hl.  Cäcilia  von  Joh.  Mart. 
Schmidt  („Kremser  Schmidt"),  Christus  am  Kreuze  von 
Josef  Redl  (über  zwei  Bilder  aus  der  Schwarzspanier- 
kirche siehe  diese).  Statue  des  Apostelfürsten  von  Jos. 
Klieber.  Restauriert  1890. 

Im  Grundriß  Anlehnung  an  die  Anlage 
von  St.  Peter.  Dreigeschossige  niederländische 
Fassade. 

Pfarrkirche  zum  hl.  Josef,  V.  Bezirk  (Abb.  72). 

Erbautl765— 1769.  BaumeisterDuschinger.  Haupt- 
altarbild von  Martin  Altomonte,  Seitenaltäre:  hl.  The- 
resia, hl.  Anna  von  J.  Auerbach,  hl.  Leonhard  von  Ant. 
Maulbertsch,  hl.  Margareta  von  F.  Buchner. 

Im  Grundriß  Anlehnung  an  das  Schema  der 
gleichzeitigen  protestantischen  Predigtkirchen 
Norddeutschlands.  Nüchterne,  glatte  Fassade  mit 
einem  Turm  und  einem  „stilgerecht"  gestalteten 
Portalvorbau  neuesten  Datums. 


Abb.  94.    Johanneskapclle  im  II.  Bezirke. 


Pfarrkirche  des  hl.  Laurenz,  VII.  Bezirk  (Abb.  73). 

Erbaut  1784—1786.  Baumeister  Andreas  Zach.  Auf  dem  von  Henrici  erbauten  Hochaltar  das  Bild  des 
Titelheiligen  von  P.  von  Strudel.  Andere  Bilder:  hl.  Josef  und  unbefleckte  Empfängnis  von  Paul  Troger. 
Bleigruppe  der  Grablegung  Christi  von  J.  Prokop. 

Im  Grundriß  (wie  die  Margaretener  Kirche)  verwandt  mit  den  protestantischen  Predigt- 
kirchen, bis  auf  den  Chor,  der  an  jenen  von  St.  Ulrich  erinnert.  Dreigeschossige  niederlän- 
dische Fassade  mit  römischen  Anklängen,  ein  Turm. 

Waisenhauskirche   zu  Maria  Geburt,  III.  Bezirk  (Abb.  74,  97,  98). 

Erbaut  unter  der  Kaiserin  Maria  Theresia  in  dem  von  ihr  gegründeten  Waisenhause  1768.  Architekt: 
Leopold  Großmann.  Restauriert  1869  und  1892.  Hochaltarbild  von  Anton  Maulbertsch:  andere  Altarbilder: 
Tod  der  Maria  und  hl.  Theresia  von  Martin  Altomonte,  Maria  Heimsuchung  von  J.  Auerbach. 

Sogenanntes  Vorarlberger  Grundrißschema.  Im  Inneren  flachbogige  Pfeilerarkaden  und  Em- 
poren, Statuen  und  Konsolen.  Rückwirkung  der  Gotik.  Zweigeschossige  niederländische  Fassade 

Pfarrkirche  zu   Inzersdorf. 

•    An  Stelle  der  1817  gänzlich  zerstörten  alten  Kirche  1818—1819  neu  gebaut.  1846  erweitert. 
Rotunde  mit  Altarapsis  und  vorgesetztem  reliefgeschmücktem  Portikus  sowie  freistehendem 
Kampanilc.  Klassizismus  Oberitaliens. 


Was  das  Innere  der  Wiener  Barockkirchen  betrifft,  so  wäre  zu  bemerken,  daß  die 
paar  römischen  Kirchen,  welche  Emporen  besitzen,  später  als  die  ältesten  mit  Emporen  aus- 
gestatteten Wiener  Barockkirchen  entstanden  sind.  Etwas  älteren  Datums  wie  letztere  sind  hin- 
gegen die  mit  Oratorien  ausgestatteten  Bauten  des  oben  schon  erwähnten  Barnabitenpaters 
Giovanni  Ambrogio  Magenta   in  Bologna.  Ein  Studium  der  später  als  die  Kirchen  selbst  entstan- 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


69 


denen  ornamentierten  Pilaster,  wie  sie  vor  allem  sttftskirche  ' 
die  Do m i n i k a n er-,  P a u  1  a n c r-  und  S e r v i t e n-  im  Vit.  Bc- 
kirche  besitzen,  wird  von  den  ähnlichen  De- 
korationen von  S.  Satiro  in  Mailand  und  von 
der  Ccrtosa  von  Pavia  den  Ausgang  nehmen  und  bei  den 
Serviten  wohl  auch  nach  der  Ursache  des  Vorhanden- 
seins kriegerischer  Embleme  fragen  müssen.  Der  franzö- 
sischen Richtung,  Berain  vor  allem,  gehören  schon  die 
einschlägigen  Ornamente  der  Peterskirche  an.  Bei  der 
Würdigung  der  Stuckmarmorverzierungen  wird  außer  italie- 
nischen Beispielen  auch  ein  Jean  Lcpautre  mit  seinen  Er- 
findungen zu  Rate  zu  ziehen  sein.  Frappierend  wirkt  beim 
ersten  Anblick  die  plastische  Dekoration  des  Chores  der 
M ichaclcrkirche.  Sie  ist  gediegenes  Louis  XVI.  und  im 
Grunde  nichts  anderes  als  ein  Nachklang  der  von  jenem 
französischen  Meister  angeschlagenen  Akkorde. 


Möglich,  daß  bei  den  wenigen  Kirchen,  deren  Ver- 
wandtschaftsverhältnis zu  bereits  vorhandenen  wir  aufge- 
zeigt, ein  den  „Wiener  Künstlerfamilien"  meist  wälschen 
Ursprunges  angehöriger  simpler  Maurermeister  als  Urheber 
anzunehmen  ist.  Bei  der  überwiegenden  Mehrzahl,  und 
zwar  gerade  bei  den  bedeutendsten  war  es  wohl  auch 
jeweilig  ein  Ausländer,  aber  einer,  der  den  in  der  ewigen 
Stadt  zu  führenden  Geistern  emporgewachsenen  lombar- 
dischen Meistern,  der  den  großen  Architekten  der  nieder- 
ländischen Städte  in  seinem  künstlerischen  Glaubensbe- 
kenntnisse und  vielleicht  direkt  als  Schüler  nahe  stand. 
Wie  das  Beispiel  der  Kirche  von  Monserrato  beweist, 
schufen  sich  die  Wiener  Ordensniederlassungen  ihre  Gottes- 
häuser, sei  es  durch  einen  „kunstsinnigen  Klosterbruder", 
sei  es  durch  den  Hofarchitekten  des  Herrschers,  der  sie 
gestiftet,  nach  dem  Ebenbilde  einer  ihrer  „Mutterkirchen". 
Welche  Beziehungen  hatte  der  große  Praktiker  und  Theo- 
retiker Joachim  von  Sandrart  mit  den  Schotten  und  mit 
den  Jesuiten  Am  Hof,  für  welche  er  Altarblätter  ausführte? 

Anfänglich  dominierte  in  Wien  die  deutsch-nieder- 
ländische Spätrenaissance,  ausgehend  von  den  Dietterlin, 
de  Vriendt  u.  a.  Denn  wiewohl  die  Grundrisse  der  frühe- 
sten Kirchen  des  17.  Jahrhunderts  auf  italienische  Muster 
weisen,  so  belehren  uns  doch  die  Fassaden,  daß  zwi- 
schen diesen  Mustern  und  unseren  Wiener  Bauten  noch 
niederländische  Mittelglieder  anzunehmen  sind.  Aber  schon 
mit  der  Paulaner-,  mit  der  Rochuskirche  setzt  die  römische 
Schule  ein  und  von  nun  an  folgt  der  Wiener  Kirchenbau 
Schritt  für  Schritt  und  in,  wie  man  sich  überzeugen  kann, 
verhältnismäßig  kurzen  Zeitdifferenzen  der  lombardisch- 
römischen  Spätrenaissance,  den  Werken  der  Domenico 
Fontana,  Martino  Lunghi,  Carlo  Maderna  und  ihrer  Tra- 
banten und  Satelliten.  Die  niederländische  Richtung  wird 
jedoch  durch  dieselbe  niemals  ganz  und  gar  verdrängt. 
Sie  bleibt  maßgebend  in  der  schlanken  dreigeschossigen 
Bildung  der  glatten  Fassaden;  sie  drückt  den  Anläufen, 
welche  das  oberste  Geschoß  mit  dem  mittleren  verbinden, 
ihr  charakteristisches  Merkmal  auf;  sie  hat  uns  in  den 
Doppeltürmen,  in  den  Ausklängen  der  Fassade  in  einen 
Turm    und    in    den  Formen    der  überwiegenden  Mehrzahl 


X 


70 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Abb.  96.     Kirche  zum  hl.  Kreuz,  III.,  Rennweg. 


der  Turmhelme  sprechende 
Zeugen  ihrer  direkten  Einwir- 
kung hinterlassen.  Sie  verleiht 
selbst  streng  römischen  Fassa- 
den (wie  die  der  Schwarz- 
spanierkirche) durch  ein  Mit- 
telfenster ihrer  Erfindung  und 
malerischer  behandelten  (wie 
die  der  Dorothcerkirche), 
durch  wuchtige  Konsolen,  die 
Heiligenstatuen  als  Basis  dien- 
ten, einen  höheren  Reiz;  sie 
tritt  noch  unter  Karl  VI.  an  der 
Fassade  der  Salesianerinnen- 
kirche  und  im  Grundriß  und 
in  einzelnen  Details  der  Karls- 
kirchc  deutlich  zutage.  Auf  die 
Bauten,  an  denen  römischer 
Grundcharakter,  vermischt  mit 
niederländischem  Detail  sich 
zeigt,  wird  wohl  zu  achten 
sein.  Sie  setzen  entweder 
Wien  als  Entstehungsort  der 
Pläne  oder  ein  niederlän- 
disches Mittelglied  zwischen  der  Wiener  Type  und  dem  römischen  Original  voraus. 

Der  Einfluß  Giovanni  Lorenzo  Berninis  läßt  sich  nur  in  der  Ausgestaltung  des  Mittel- 
raumes der  Karlskirche  konstatieren.  Desto  prägnanter  tritt  in  den  Zeiten  Kaiser  Leopolds  jener 
des  größten  Meisters  der  römischen  Barockarchitektur,  des  Lombarden  Francesco  Borromini, 
hervor.  Gleichzeitig  mit  der  Richtung  dieses  Künstlers  gelangt  auch  die  seiner  bedeutendsten 
Zeitgenossen  Carlo  Rainaldi  und  Pietro  Berrettini  da  Cortona  in  den  Serpentinen-,  Konkav- 
und  Konvexfassaden  zum  Wort.  Bei  der  Peterskirche  bestimmen 
den  Grundriß,  wie  wir  gesehen  haben,  neben  der  Kirche  von 
Averbode  lez  Diest,  neben  dem  älteren  Francesco  da  Volterra, 
Carlo  Rainaldi  und  P.  da  Cortona,  die  Fassade  P.  da  Cortona 
und  Fr.  Borromini;  bei  der  Maria-Treu-Kirche  den  Grundriß 
C.  Rainaldi,  P.  da  Cortona  und  Francesco  Borromini,  die  Fassade 
die  beiden  letzteren  wie  bei  der  Peterskirche. 

An  der  Kreuzkirche  am  Rennweg,  welche  mit  den  vier 
Kuppclkirchcn  (Peters-,  Salcsianerinhen-,  Karls-  und  Maria-Treu- 
Kirche)  mit  zu  den  interessantesten  Wiener  Kirchen  gehört,  mischen 
sich  mit  der  Richtung  Borrominis  bereits  andere  Ober-  und  Mittel- 
italiens, vor  allem  jene  Guarino  Guarinis,  dessen  Einfluß  wir  auch 
schon  unter  Kaiser  Leopold  wahrnehmen  können.  Von  Guarinis 
Ideen  befruchtet,  emanzipiert  sich  endlich  das  eigenartige  nor- 
dische Barock,  jene  Richtung,  welche  Gurlitt  unter  „Katholisches 
Barock"  subsumiert,  als  dessen  Typen  wir  außerhalb  Wiens  die 
Kirchen  unserer  kolossalen  Klosteranlagen,  in  Wien  selbst  die 
Waisenhauskirche,  die  Mariahilfer  Kirche  und  die  Kirche  Maria 
Geburt  betrachten  können.  Die  Kunst  des  deutschen  Nordens 
erhält  zuletzt  unter  Maria  Theresia  und  Josef  II.  die  Führung.  Wie 
wir  gesehen  haben,  weisen  einzelne  Kirchen  direkt  auf  die  vom 
Protestantismus  seinen  Gotteshäusern  gegebenen  einfachen  Formen 
zurück. 

Bei  der  Rochus-  und  Sebastiankirche  führte  uns  die  Be- 
trachtung der  Fassade  und  der  Türme  auf  denselben  Meister  der 
römischen  Spätrenaissance,  Giacomo  della  Porta.  Diese  ältere  Rich- 
tung übt  in  der  Behandlung  des  Details  neben  der  niederländi- 
schen und   borrominesken  noch  lange  ihren  Einfluß  aus.    An  der 


Abb.  97.    Kirche  zu  Maria  Geburt, 
III.,  Rennweg. 


Katholische  Kirchen  des  17.  und  IS.  Jahrhunderts. 


71 


Pctcrskirchc  gewahren  wir  in  den  dekorativen  Mustern  bereits  die  Einwirkung  Frankreichs, 
in  dem  Aufbau  der  Karlskirchenfassadc  jene  Frankreichs,  Hollands  und  Englands.  Die  englische 
Strömung  bringt,  wie  die  deutsche,  Vereinfachung  des  ürundrißschemas  und  der  Ziermotive 
der  Fassaden  (z.  B.  vierzehn  Nothclfer-Kirchc),  die  französische  eine  gewisse,  von  jener  älteren 
italienischen  verschiedene  Art  der  Stuckdekoration.  Die  sogenannte  „borromineske"  Richtung 
ist  längst  vom  Schauplätze  abgetreten,  als  im  Chor  der  Kirche  Am  Hof  die  anglo-italisch- 
palladianschc  und  an  der  Johannitcrkirchcnfassade  in  der  Kärntnerstraße  die  niederländische, 
die  ältere  römische  und  die  französisch-klassizistische  allmählich  verklingen. 


Die  großen,  an  das  Auftreten  und  die  Entwicklung  der  „Stilarchitektur"  geknüpften  Hoff- 
nungen machten  im  verflossenen  Jahrhundert  mehrere  Generationen  blind  für  den  hohen  künst- 
lerischen Wert  der  im  vorstehenden  besprochenen  Denkmäler.  Mit  dem  Wachsen  des  religiösen 
Indifferentismus  verliert  sich  das  Interesse  für  die  Titelheiligen,  für  die  von  ihnen  beschützten 
Bruderschaften  und  Orden  und  damit  für  die  historische  Bedeutung,  welche  die  Mehrzahl  der- 
selben besitzt.  In  dem  Wechsel  der  „Vorbilder",  darin  die  Stilarchitektur  sich  auslebt,  kommt 
allmählich  auch  „die  Barocke"  an  die  Reihe  und  damit  wieder  zu  einiger  Anerkennung.  Längst 
hat  auch  den  religiösen  Dingen  gegenüber  in  der  Mitwelt  ein  erfreulicher  Wechsel  sich  voll- 
zogen. Es  wäre  zu  wünschen,  daß  die  geschichtlichen  Erinnerungen,  welche  sich  an  die  ein- 
zelnen Barockkirchen  knüpfen,  den  Zeitgenossen  und  kommenden  Geschlechtern  nicht  wieder 
verloren  gehen.  Der  Kampf  der  Lichtgeister  und  derjenigen,  die  stets  verneinen,  dauert  ewig 
und  wird  ewig  währen.  Die  Siege  jener  treten  in  Kriegen,  welche  Reiche  gewinnen,  in  Domen, 
deren  Inneres  die  Seelen  der  Menschen  durch  Jahrhunderte  hindurch  zu  den  höchsten  Höhen 
emportragen,    in    Institutionen,    welche  Tausenden    und    Abertausenden  Trost   und    Linderung 


Abb.  98.     Inneres  der  Kirche  zu  Maria  Geburt. 


72 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


ihrer  Leiden  bieten,  deren  Niederlagen  in  Länderverlusten  sowie  in  der  blindwütigen  Zer- 
störung aller  dieser  zum  Heile  der  Menschheit  ins  Leben  gerufenen  Anstalten  in  die  Erscheinung. 
Mag  auch  ein  oder  das  andere  kirchliche  Denkmal  des  Barockstiles  der  Vernichtung  zum  Opfer 
gefallen  sein,  die  Mehrzahl  derselben  ist  uns  glücklicherweise  erhalten  geblieben.  Und  die 
hervorragendsten  darunter  markieren  Momente  jenes  Kampfes,  auf  welche  nicht  bloß  Wien, 
sondern  ganz  Österreich  stolz  zu  sein  alle   Ursache  hat! 


Literaturnachweis. 

Karl  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien  in  seinen  Bauwerken.  Wien,  C.  Gerolds  Sohn.  1S65.  —  Derselbe  in  der  Topographie  von 
Niedcrüsterreich.  Bd.  II. —  Berichte  und  Mitteilungen  des  Altertumsvereines  und  Mitteilungen  der  k.  k.  Zentralkommission  (siehe  oben).  — 
Gurlitt,  Geschichte  des  Barockstiles  (siehe  oben).  —  Dr.  Lind,  Die  Karlskirche.  Allgemeine  Bauzeitung.  1880.  —  Dernjac,  Die 
Wiener  Barockkirchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  Jahrgang  1905. 

Dr.  Josef  Dernjac. 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  V. 


Votiv-(Heilands-)Kirche. 


III.  KATHOLISCHE  KIRCHEN  DES  19.  UND  20.  JAHRHUNDERTS. 


Die    reiche  Bautätigkeit  der  Barockmeister    auch   auf  kirchlichem  Gebiete  hatte  Wien  auf 
lange  Zeit  so  völlig  mit  Kultusbautcn  versehen,    daß    hier  weder  das  Zeitalter  Josefs  II.  noch 


Abb.  101.     Lazaristenkirche  im  VII.  Bezirke. 


Abb.  99.  Kirche  zu  Altlerchenfeld, 
VII.  Bezirk. 


Abb.  100.    Votiv-(Heilands-)Kirche, 
IX.,  Maximilianplatz. 


Abb.  104.     Pfarrkirche  in  Fünfhaus, 
XV.  Bezirk. 


Ch.d.N.  Chor 
der  Nonnen. 

Ch.d.K.  Chor 
der   Kinder. 

R.f.A.  Raum  für 
Auswärtige. 


Abb.  102.    St.  Othmar  (unter  den 
Weißgerbern)  im  III.  Bezirke. 


Abb.  105.    Klosterkapelle  der  Domini- 
kanerinnen in  Hacking. 


Abb.  103.    Pfarrkirche  in  der 
Brigittenau,  XX.  Bezirk. 


Grundrisse  von  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts.     Maßstab  1:1000. 


74 


Gebäude  für  Kultuszwccke. 


Abb.  106.    Klosterkirche  der  P.  P. 
Karmeliter!  im  XIX.  Bezirke. 


Abb.  107.  Klosterkirche  der  P.  P. 
Redemptoristen  im  XVII.  Bezirke. 


Abb.  110.  Kaiser  Franz  Josef-Jubiläumskirche  im  II.  Bezirke 

A  Kaiserin  Elisabeth-Gedächtniskirche. 
B  Sakristei. 
C  Pfarrhaus. 


Abb.  108.     Pfarrkirche  zu 
St.  Leopold    in    Gersthof. 


Abb.  109.     Pfarrkirche  in  Rudolfsheim, 
XIV.  Bezirk. 


Abb.  112.    Pfarrkirche  am  Breitcnfeld, 
VIII.  Bezirk. 


Abb.  111. 
Pfarrkirche  (zur 
hl.  Familie)  in 
J  Ottakring. 


Abb.  113. 
Kirche    in   Breiten- 
sec,  XIII.  Bezirk. 


Grundrisse  von  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts.     Maßstab  1:1000. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


75 


Abb.  114.    Antoniuskirche  im  X.Bezirke. 
1 : 1000. 


Franz  I.  anders  als  durch  geringfügige  Um-  und  Zubauten 
sowie  kleinere  Ausbesserungen  zum  Ausdrucke  kam.  Der 
Periode  Kaiser  Ferdinands  entstammt  ein  nicht  uninter- 
essanter Bau,  die 

Pfarrkirche  zu  St.  Johann  von  Nepomuk1) 

in  der  Praterstraße  (Abb.  116).  Sie  wurde  1842 — 1845  von 
Prof.  Rösner  in  einem  eigentümlichen  Kompromißstil  erbaut. 
Es  ist  dies  eine  dreischiffige  Hallenkirche  mit  Emporen  über 
den  Seitenschiffen,  in  der  Flucht  der  Seitenschiffe  abschließen- 
den Kreuzarmen,  die  nach  außen  nicht  zur  Geltung  kom- 
men, plattem  Chorschluß  und  einem  mehrfach  abgestuften, 
sich  stark  verjüngenden  Turm  mit  spitzem  Helm  über  der 
Vorhalle;  das  Innere  ist  durchaus  gewölbt  und  mit  Fresko- 
gemälden geschmückt.  Die  Kirche  hat  eine  größte  Länge 
von  5P3m,  eine  Breite  von  26-6  m  und  das  Mittelschiff 
eine  Höhe  von   19  m. 

Erst  das  Zeitalter  der  Revolution  gab  auch  der  kirch- 
lichen Baukunst  neue  Impulse  und  fand  prägnanten  Aus- 
druck   in    einem  kunsthistorisch   bedeutenden  Werke,    der 

Pfarrkirche  zu  den  sieben  Zufluchten  ') 


Abb.  116.  St.  Johann  von  Nepomuk 
im  II.  Bezirke. 


in.  Altlerchenfeld  (Abb.  99,   117—119).    Der   ursprünglich 
von    Hofbaurat    Sprenger    im  Jesuitenstil    entworfene    und 
bereits   bis    zur  Sockelhöhe   ge- 
diehene Bau    erregte    derart    das 
Mißfallen  der  ohnedies 
durch  die  Ereignisse  des 
Jahres  1848  stark  erreg- 
ten   Bevölkerung,     daß 
von  einer  Weiterführung 
desselben  nach  den  amt- 
lichen Bauplänen  abgesehen  und 
eilig  ein  Wettbewerb  ausgeschrie- 
ben wurde,  aus  welchem  der  junge 
Schweizer  Architekt  Johann  Georg 
Müller     als    Sieger     hervorging. 
Nach  dessen   Plänen    und   unter 
dessen   Leitung  wurde   nunmehr 
der  Bau  weitergeführt  und  nach 
dem    frühzeitig    erfolgten    Tode 
des  jungen  Künstlers  vom  Archi- 
Sitte    und    Ingenieur  Fiedler,    der    innere  Ausbau  vom  Ober- 
van   der  Null    vollendet.    Die  Weihe'  erfolgte  am  29.  Septem- 


Abb.  115.    Canisiuskirche  im  IX.  Bezirke. 

Sk  Sakristei.  K  Küche.      HB  Hausbesorger. 

R  Refektorium.  Pf  Pförtner.      Z  Zimmer. 

Sp  Z  Sprechzimmer. 

1  :  1000. 


tekten 
baurat 
ber   1861. 

Der  Grundriß  zeigt  die  Form  einer  dreischiffigen,  kreuzförmigen 
Gewölbbasilika  mit  platt  geschlossenen  Kreuzarmen  und  halbkreis- 
förmigem Chorhaupt  ohne  Umgang;  mit  den  zwei  Fronttürmen  an 
der  Westseite  und  dem  achteckigen  Vierungsturm  über  dem  Kreuz- 
mittel schließt  sie  sich  in  der  Formgebung  des  Äußeren  an  mittel- 
alterliche Backsteinbauten  der  Lombardie  an.  Das  Innere  ist  von 
Führich,  Blaas,  Engerth  u.  a.  reich  bemalt.  Die  größte  Länge  beträgt 
6922  m,  die  Breite  26-55  m,  die  Mittelschiffhöhe  2402  m,  die  Höhe 
in  der  Vierung  38  m,  die  Baukosten  beliefen  sich  auf   1,460.000  K. 

')  E.  Winkler,   Technischer  Führer  durch  Wien.    K.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien. 


76 


Gebäude  iür  Kultuszwecke. 


Dieser  Kirche  in  der  Entstchungszeit  am   nächsten  steht  die 


Votiv-(Heilands-)Kirche  (Abb.   100.   120  und  Tafel  V)1), 

die  zum  Gedächtnis  an  die  glückliche  Rettung  des  Kaisers  Franz  Josef  aus  drohender  Lebens- 
gefahr gegründet  und  in  den  Jahren  1856 — 1879  durch  Heinrich  von  Ferstel  erbaut  wurde. 
Aus  dem  zur  Erlangung  von  Plänen  für  diesen  Bau  im  Jahre  1854  ausgeschriebenen  inter- 
nationalen Wettbewerb  ging  der  25jährige  Ferstel  als  Sieger  über  74  Mitbewerber  hervor, 
errang  nicht  nur  den  ersten  Preis  von  1000  Dukaten,  sondern  auch  die  Ausführung,  bei  der 
ihm  bis  1871  der  Bau- und  Steinmetzmeister  Kranner,  ein  tüchtiger  Praktiker,  zur  Seite  stand. 
Die  Einweihung  des  Domes  fand  am  24.  April  1879  zur  Feier  der  silbernen  Hochzeit  des 
Kaiserpaarcs  statt. 

Die  Kirche  ist  eine  dreischiffige,  kreuzförmige  Gewölbbasilika,  mit  7/i2"Chorschluß,  Chor- 
umgang  und  Kapellenkranz,  im  Langhaus  einbezogenes  Strebesystem,  wodurch  beiderseits  je 
vier  platt  geschlossene  Kapellen  entstehen.  Das  Querhaus  einschiffig,  die  Arme  platt  geschlossen 
mit  je  zwei  flankierenden  Kapellen  und  Treppentürmchen  sowie  offener  Vorhalle;  an  der 
Südseite  liegt  die  Sakristei,  an  der  Nordseite  eine  geschlossene  Vorhalle  mit  Treppenaufgang 
zu  einem  über  dem  Chorumgang  triforiumartig  angelegten  Oratorium.  An  der  Ostseite  (das 
Bauwerk  ist  infolge  der  Lage  des  Bauplatzes  zur  Stadt  umgekehrt  orientiert)  ist  eine  geschlossene 
Vorhalle  angeordnet,  darüber  die  Orgelempore  zwischen  zwei  je  96  m  hohen  Türmen  mit 
durchbrochenen  Steinhelmcn.  Drei  mit  figuralem  und  ornamentalem  Schmuck  reich  gezierte 
Portale  führen  von  der  Hauptfront  in  das  Kircheninnere.  Dieses  ist  mit  Kreuzgewölben  zwischen 
Steinrippen  überspannt,  die  Gewölbekappen,  Rippen  und  Kapitale  sowie  auch  zahlreiche 
vertikale  Wandteile,  namentlich  im  Chor  und  Umgang,  ornamental  und  figural  reich  bemalt  und 
vergoldet,  die  Fenster  mit  Glasgemälden  ausgestattet.  (Führich,  Laufberger,  Trenkwald  u.  a.  haben 
bei  der  farbigen  Ausstattung  mitgewirkt.) 

Das  durchwegs  aus  Stein  (Wöllers- 
dorfer,  Brunner  und  Mühlendorfer  Stein) 
ausgeführte  Äußere  zeigt  das  reduzierte 
französische  Kathedralensystcm  in  der  ge- 
reiften Form  des  14.  Jahrhunderts.  Die 
steilen  Dächer  des  Hochschiffes  und  der 
Kapellen  sind  mit  Schiefer,  die  der  Seiten- 
schiffe und  des  Chorumganges  mit  Blei 
eingedeckt.  Mit  demselben  Materiale  ist 
auch  das  Sanktustürmchen  über  der  Vie- 
rung verkleidet.  Die  lichte  Länge  der 
Kreuzflügel  beträgt  48  m,  die  lichte  Breite 
des  Langhauses  28-8m,  die  Höhe  des 
Mittelschiffes  und  der  Kreuzflügel  28-5  m, 
der  Vierung  32  m.  Die  Baukosten  beliefen 
sich  auf  6,233.000  K,  die  Gesamtkosten 
einschließlich  der  inneren  Ausstattung  auf 
8,07  1.000  K. 

Eine  Gruppe  von  vier  Kirchen, 
in  den  Jahren  1860 — 1875  erbaut,  kann 
am  besten  im  Zusammenhang  bespro- 
chen werden,  da  sie  vom  gleichen 
Meister  entworfen,  auch  hinsichtlich  des 
Baumateriales  —  es  sind  durchwegs 
Backsteinbauten  mit  mehr  oder  min- 
der sparsamen  Werkstcingliederungen  —  Abb- U7'  ««rkirche  zu  AUierchenfeid. 
einander  nahe  verwandt  erscheinen  und 
für    eine    Reihe  späterer,    von    Schülern    des   Meisters    erbauten    Kirchen    vorbildlich    wurden. 


')  Klasen.  Grundrißvorbilder,  S.  1394.  Die  Votivkirche  in  Wien.  Denkschrift  des  Baukomitecs  von  Dr.  M.  Thausing. 
Verlag  von  R.  v.  Waldheim,  Wien.  Wiener  Monumentalbauten.  Allgemeine  Bauzeitung.  1S79,  1SS6.  K.  Weiß,  Alt-  und  Ncu-Wicn. 
E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.     Harte!,  Modern:  Kirchenbautcn.  Verlag  von  E.  Wasniuth,  Berlin. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


77 


Die  älteste  der  Reihe,  die 

Lazaristenkirche  (Abb.   101,   121,   127)1) 

in  der  Kaiserstraße,  VII.  Bezirk,  wurde  von  dem  damals  erst  kürzlich  nach  Wien  übersiedelten 
Meister  Friedrich  von  Schmidt 
in  den  Jahren  1860—1862 
als  dreischiffige  Hallenkirche 
mit  Rundpfcilcrn  und  vor- 
gelegten Diensten  erbaut. 
Der  68  m  hohe  Turm  er- 
hebt sich  über  der  Vierung 
und  geht  in  der  Firsthöhe 
aus  dem  Viereck  in  ein  Acht- 
eck über.  Die  Detailbildung 
des  Inneren  wie  des  Äuße- 
ren, namentlich  das  beschie- 
ferte Sanktustürmchen  stehen 
noch  ganz  unter  dem  Ein- 
flüsse der  rheinischen  Schule. 
Bemerkenswert  sind  der  ganz 
aus  Stein  hergestellte  Hoch- 
altar, die  Kanzel  sowie  die 
14  Leidensstationen  an  den 
Wänden.  Die  Kirche  hat  eine 
äußere  Länge  von  59  m,  eine 
Breite  von  36  m  und  eine 
Mittelschiffhöhe  von  19  m. 
Die  Baukosten  betrugen  rund 
500.000  K. 

Dieser  in  der  Erbauungs- 
zeit zunächst  steht  die 

Pfarrkirche  zu  St.  Othmar 

(Abb.   102,   128)2), 


III.  Bezirk,  von  Schmidt  in 
den  Jahren  1866—1873  er- 
richtet, eine  kreuzförmige, 
dreischiffige  Basilikaanlage 
mit  Querschiff,  die  Kreuzarme 
und  das  Chorhaupt  mit 
5/s-Schluß,  an  der  Vorder- 
front ein  secheckiger,  759  m 
hoher  Turm  über  einer  offe- 
nen   Vorhalle.    Der    reichen 

Grundrißgliederung  ent- 
spricht ein  stark  silhouettier- 
ter  wirkungsvoller  Aufbau. 
Die  größte  Länge  beträgt 
75  m,  die  größte  Breite  39  m. 
Die  Baukosten  dieser  in 
^Ziegelrohbau       ausgeführten 

Kirche         einschließlich         der  Abb.  118.    Portal  der  Pfarrkirche  zu  Altlerchenfeld. 

inneren  Ausstattung  betrugen 

1,200.000  K.  Die  Wandmalereien  sind  von  F.  und  C.  Jobst,  die  Statuen  von  Melnitzky  ausgeführt. 


')  K.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien,  1864.  E.W  in  kler.  Technischer  Führer  durch  Wien.  1873.  Kl  äsen,  Grund  riß  Vorbild  er.  S.  1357. 
'-)  Klasen,  Grundrißvorbilder.  S.  1359  bis  1361.  Förstersche  Bauzeitung.   1881.    K.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien.    E.  Winkler, 
Technischer  Führer  durch  Wien. 


78 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Die  volle  Meisterschaft  des  Künstlers  zeigt  sich  in  der 

Pfarrkirche  in  der  Brigittenau  (Abb.   103,   129)1), 

welche  Schmidt  in  den  Jahren  1867 — 1873  mit  knapp  bemessenen  Geldmitteln  erbaute.  Sie 
zeigt  eine  qucrschifflose,  dreischiffige  Basilikaform  mit  *  1(J-Chorschluß  und  Umgang;  die 
Hauptfront  ist  zweitürmig,  das  Langhaus  durch  Schwibbogen  in  sechs  Joche  geteilt;  zwischen 
den  Bogen  befindet  sich  die  bemalte  Holzdecke  in  der  Form  eines  Satteldaches.  Die  Seitenschiffe 
sind  mit  pultdachartigen  Holzdecken  ausgestattet,  das  Innere  der  Kirche  durchwegs  bemalt. 
Die  Fresken  und  Polychromierung  sind  von  den  Brüdern  Jobst,  der  figurale  Schmuck  von 
F.  Erler  ausgeführt.  Von  ganz  besonderem  Reiz  ist  die  Chorpartie  dieses  hauptsächlich  auf 
malerische  Wirkung  abzielenden  Bauwerkes.  Die  Schiffhöhe  beträgt  19  m,  die  Mittelschiffbreite 
9'5  m,    die  größte  Länge  60  m,  die  größte  Breite  31  m.  Die  Baukosten  beliefen  sich  auf  600.000  K. 

Grundrißlich  die 
interessanteste  der  vier 
Kirchen  ist  wohl  die 

Pfarrkirche  in   Fünf- 
haus   (Abb.    104    und 
Tafel  VI)'2), 

erbaut  1867— 1875  von 
Schmidt,  ein  Ziegelroh- 
bau in  gotischen  For- 
men, dessen  ungewöhn- 
liche zentrale  Grundriß- 
gestalt durch  den  tra- 
pezförmigen Bauplatz 
bedingt  war. 

Der  Hauptsache 
nach  besteht  der  Bau 
aus  einem  achteckigen, 
mit  Klostergewölben 
überdeckten  Mittelraum 
von  175  m  Durchmes- 
ser, einem  5  m  breiten 
Umgang  von  verdop- 
pelter Seitenzahl,  zwi- 
schen dessen  Strebe- 
pfeilern abwechselnd 
platt  und  polygonal 
geschlossene  Kapellen 
angelegt  sind,  einem 
nach  sechs  Seiten  des 
Achteckes  geschlosse- 
nen, von  einem  Kapel- 
lenkranz umzogenen 
Chorund  einervonzwei 
diagonal  gestellten  Tür- 
men flankierten  Vor- 
halle. Nach  außen  mar- 
kiert sich  der  Zentral- 
raum durch  einen  aus  dem  Vierundzwanzigeck  konstruierten  Kuppelbau  mit  Dachreiter,  dessen 
Silhouette  durch  die  zwei  niedriger  gehaltenen  Frontaltürme  und  die  reich  gegliederten  Auf- 
bauten  des  Umganges,  des   Strebesystems  und  des  Chorschlusses  wirkungsvoll  begleitet  wird. 

')  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1882.  Zeitschrift  des  Osterreichischen  Ingenieur- und  Architekten-Vereines.  1S69.  Klasen, 
GrundriUvorbilder.  S.  1358.  Baukundc  des  Architekten.  Bd.  II.  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  Harte),  Moderne 
Kirchenbauten.  Verlag  von  E.  Wasmuth,  Berlin. 

-)  Klasen,  GrundriUvorbilder,  S.  1401  f.,  Abb.  1791  ff.  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1875.  Zeitschrift  des  österreichischen 
Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1871.  Bauindustrie-Zeitung.  1S92.  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien. 


Abb.  119.    Inneres  der  Pfarrkirche  zu  Altlerchenfeld. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


79 


Auch  bei  dieser  Kirche 
ist  Zicgelfugenbau  für  die  glat- 
ten Flächen  verwendet;  für 
Gliederungen  und  Architektur- 
teile kam  jedoch  auch  Hau- 
stein in  größerem  Ausmaße 
zur  Verwendung.  Die  größte 
Höhe  beträgt  67  m,  die  größte 
Länge  56  m,  die  größte  Breite 
38  m.  Die  Baukosten  beliefen 
sich  auf  1,170.000  K. 

Im  Sinne  und  unter  sicht- 
barer Beeinflussung  des  Mei- 
sters Schmidt  wirkt  eine  An- 
zahl Schüler  und  schafft  für 
die  stets  anwachsende  Stadt 
eine  Reihe  von  Kirchen,  unter 
denen  jene  des  Baurates  Ri- 
chard Jordan,  als  die  Schmidt- 
sche  Schule  am  deutlichsten 
verratend,  zunächst  genannt 
werden  sollen. 

Nächst  der  1881  —  1882 
erbauten  kleinen 


Pfarrkirche  von  Hütteldorf 

(Baukosten  184.000  K),  der  in- 
teressanten dreiteiligen  Ka- 
pelle im  Kloster  der  Do- 
minikanerinnen in  Hak- 
king(erbaut  1885— 1886,  Bau- 
kosten 64.000  K)  (Abb.  105), 
der  Klosterkapelle  der 
Frauen  der  göttlichen 
Liebe,  III.,  Jacquingasse  (er- 
baut 1890—1891,  Baukosten 
1 20.000  K)  und  einer  statt- 
lichen Reihe  anderer  größerer 
und  kleinerer  kirchlicher  Ob- 
jekte baute  Jordan  1898  bis 
1901   auch  die 


Klosterkirche    der    Karme- 
liter!  (Abb.  106  und  125), 


Abb.  120.     Votiv-(Heilands-)Kirche,  südliches  Querschiff. 


XIX.,  Silbergasse,    eine  große, 
dreischiffige,   zweitürmige  An- 
lage   in    Ziegelrohbau      (Bau- 
kosten 690.000  K).   Von  demselben  Architekten  wurde  1887—1889  die 


Redemptoristenkirche  in   Hernais  (Abb.   107  und  126) !) 

erbaut.  Dreischiffige,  querschifflose  Gewölbbasilika  mit  einbezogenen,  platt  geschlossenen  Kapellen 
bildendem  Strebesystem,  5/$-Chorschluß,  die  sechs  Joche  des  Haupt-  und  der  Seitenschiffe  mit 

')  Zeitschrit  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1889.  Bauindustrie-Zeitung.  1889. 


80 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


gratigen  Kreuzgewölben  überdeckt.  An  der 
Hauptfront  eine  geschlossene  Vorhalle  mit  Trcp- 
penanlagen  zu  beiden  Seiten,  die  zu  der  großen 
Orgelbühne  emporführen.  An  der  Nordseite  ein 
unten  quadratischer,  oben  achteckiger  Glocken- 
turm. Ziegelfugenbau  mit  Hausteingliederung. 
Größte  Länge  48  m,  größte  Breite  35  m.  Höhe 
des  Mittelschiffes  20"6  m.  Baukosten  500.000  K. 
Auch  die 

St.  Leopolds-Pfarrkirche  in  Gersthof 

(Abb.   108) 


wurde  1888 — 1891  von  Richard  Jordan  errichtet; 
eine  dreischiffige,  querschifflose  Hallenkirche  mit 
stark  überhöhtem  Mittelschiff,  5/|h-Chorschluß 
und  quadratischem  Frontalturm,  Ziegelfugenbau 
mit  Hausteingliederung.  Größte  Länge  49  m, 
größte    Breite    35-5  m.    Baukosten  290.000  K. 

Den  Bahnen  Schmidts  folgt  auch  der  Archi- 
tekt Oberbaurat  Karl  Schadn  mit  seiner 

Pfarrkirche  in  Rudolfsheim  (Abb.  109)'), 

XIV.,  Kardinal  Rauscher-Platz.  Eine  querschiff- 
lose,   dreischiffige  Gewölbbasilika    mit   5/s-Chor- 

schluß      und      quadratischem 

Abb.  122.    Kirche  zur  hl.  Familie 
im  XVI.  Bezirke. 


75  m 


Abb.  121.    Lazaristenkirche  im 
hohem  VII.  Bezirke. 

Turm 

an  der  Seite.  Die  mit  dem 
Pfarrhaus  zu  einer  hübschen 
Gruppe  vereinte  Kirche  ist  als 
Ziegelfugenbau  mit  sparsamer 
Werksteingliederung  auf  mas- 
sivem Steinsockel  ausgeführt. 
Größte  Länge  5065  m,  größte 
Breite  26  m,  Mittelschiffhöhe 
215m.  Baukosten  der  Kirche 
mit  der  inneren  Ausstattung 
760.000  K. 

Kaiser      Franz     Josef -Jubi- 
läumskirche in  Wien 

(Abb.  110  und  130)'2), 

II.,  Erzherzog  Karl-Platz,  zum 
Andenken  an  das  Regierungs- 
jubiläum des  Kaisers  Franz 
Josef  und  an  die  verewigte 
Kaiserin  Elisabeth  im  Jahre 
1900  gegründet  und  nach  den 
im  Wettbewerb  mit  dem  ersten 
Preis  ausgezeichneten  Plänen 
des  inzwischen  verstorbenen 
Prof.  Viktor  Luntz,  eines  Schü- 
lers und  langjährigen  Mitarbei- 
ters Fr.  Schmidts  (jetziger  Bau- 
leiter Baurat  August  Kirstein), 
im  Baue  begriffen. 


')  Allgemeine  Bauzeitung.  1901. 
-)  Siehe   auch  Abb.  S   in   der  Ein- 
leitung d.  B. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


81 


Abb.  123.    Inneres  der  St.  Antonius-Kirche  im  X.  Bezirke. 

Dreischiffige,  romanische  Gewölbbasilika  mit  Querschiff,  rundem  Chorschluß  und  Chor- 
umgang, nördlich  vom  Chor  die  Kaiserin  Elisabeth-Kapelle,  südlich  die  Sakristei.  Das  drei- 
jochige  Langhaus  sowie  das  Querschiff  ist  mit  Kreuzgewölben  überspannt,  der  Chor  mit  einem 
kuppelartigen  Rippengewölbe,  die  Kaiserin  Elisabeth-Kapelle  mit  einer  Pendentifkuppel  über- 
deckt. Die  Westfront  wird  von  zwei  Türmen  flankiert,  während  sich  über  der  Kreuzung  von 
Langhaus  und  Querschiff  ein  Vierungsturm  erhebt.  Das  Äußere  ist  ganz  mit  Sandstein  ver- 
kleidet, die  Dächer  mit  Ziegeln  gedeckt.  Größte  innere  Länge  68  m,  größte  innere  Breite 
41m,  lichte  Höhe  des  Hauptschiffes  21m.  Die  Baukosten  sind  mit  rund  2,000.000  K  ver- 
anschlagt. 

Auch  die 

Kirche  zum  heiligsten   Herzen  Jesu 

(Kaisermühlen,  Schüttauplatz)    wurde    von  Viktor  Luntz  erbaut.   Es  ist  dies  eine  querschifflose 
dreischiffige  Basilikaanlage  mit  halbrunder  Apsis   in    den  Formen   italienischer  Frührenaissance. 


Die  Pfarrkirche  zur  hl.  Familie  in  Ottakring  (Abb.   111,   122) l), 

XVI.,  Wattgasse.  Eine  gotische,  dreischiffige  Hallenkirche  mit  15  m  breitem  Mittel-  und  4  m 
breiten  Seitenschiffen,  1894 — 1898  von  dem  Architekten  Oberbaurat  Alexander  von  Wielemans 
und  Baurat  Theodor  Reuter  (ebenfalls  Schüler  Schmidts)  erbaut;  Ziegelfugenbau  mit  zwei 
68  m  hohen  Frontaltürmen.  Zu  beiden  Seiten  des  Presbyteriums  befinden  sich  Sakristei  und 
Taufkapelle,  durch  einen  chorumgangartigen  Korridor  miteinander  verbunden.  Größte  Breite 
23-5  m,  größte  Länge  6L5  m,  lichte  Mittelschiffhöhe  21m.  Baukosten  800.000  K. 


')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  18 
Bd.  II. 


82 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Pfarrkirche  zum  hl.  Franziskus  (Abb.  112,  131) l), 

in  Breitenfeld,  Gürtelstraße.  Eine  dreischiffige,  kreuzförmige,  basilikale  Anlage  mit  13  m  breitem 
Mittel-  und  320  m  breiten  Seitenschiffen,  halbrunder  Apsis  und  einer  offenen  Vorhalle  zwischen 
zwei  56  m  hohen  Frontaltürmen,  als  Ziegelfugenbau  1894 — 1898  von  Alexander  von  Wielemans 
in  den  Formen  lombardischer  Frührenaissance  erbaut;  zu  Seiten  der  Kreuzflügel  sind  Sakristei, 
Tauf-  und  Traukapelle  angeordnet.  Die  größte  Länge  beträgt  60  m,  die  größte  Breite  2L6m, 
lichte  Mittelschiffhöhe  20  m.  Baukosten  712.000  K. 

Kirche  in   Breitensee,  Wien  XIII.  (Abb.  113), 

vom  Stadtbaumeister  L.  Zatzka  und  Architekten  E.  Zotter  1895 — 1898  erbaut.  Dreischiffiges 
Langhaus  mit  Querschiff,  Chor  und  Kreuzarme  nach  fünf  Seiten  des  Achteckes  geschlossen, 
Frontalturm  von  63  m  Höhe  und  zwei  Sakristeien  am  Chorumgang.  Ziegelfugenbau  mit  sparsamer 
Verwendung  von  Sandstein  für  die  Architekturteile.  Größte  Länge  575  m,  lichte  Höhe  20  m, 
Fassungsraum   1600 — 2000  Personen,  Baukosten  ohne  innere  Einrichtung  zirka  400.000  K.'2) 

St.  Antonius-Kirche  in   Favoriten  (Abb.  114,   123,  124)3), 


1896—1900    von 
Schmidts,    erbaut. 


Baurat    Franz    v.    Neumann,    einem    Schüler    und    langjährigen    Mitarbeiter 
Eine    kreuzförmige  Anlage    mit    halbkreisförmig    geschlossenen   Kreuzarmen 


Abb.  124.    Pfarrkirche  zum  hl.  Antonius  im  X.  Bezirke. 


und  Chorhaupt,  Vierungskuppel  von  295  m  lichter  Höhe  über  dem  Kreuzmittel,  in 
gebung  an  die  lombardisch-venezianischen  Kirchen  des  Mittelalters,    namentlich  an 

')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S96  und  1901. 

!)  Verwaltungsbericht  des  Bürgermeisters  1896— 1S9S.     Wiener  Bauindustriezeitung.  1899  1900. 

■'')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1900. 


der  Form- 
st. Markus 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  VI. 


J      ~  ' 


Pfarrkirche  zu  Fünfhaus. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


83 


Abb.  127.    Lazaristenkirche,  VII.,  Kaiserstraße. 


Abb.  128.    St.  Othmar  (unter  den  Weißgerbern)  im  III.  Bezirke. 

6* 


84 


Gebäude  für  Kultuszuecke. 


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Abb.  129.    Pfarrkirche  in  der  Brigittcnau. 


Abb.  130.    Kaiser  Franz  Josef-Jubiläumskirche  im  II.  Bezirke. 


Abb.  131.    Brcitcnfeldcr  Kirche 


Abb.  132.     Canisiuskirche  im  IX.  Bezirke. 


Katholische  Kirchen  des  19.  und  20.  Jahrhunderts. 


85 


in  Venedig  und  St.  Antonius  in  Padua  anknüpfend.  Die  Hauptfront  zeigt 
eine  große,  zweigeschossige,  offene  Vorhalle  und  zwei  kampanileartige 
Flankierungstürme.  Neben  dem  Presbyterium  liegt  einerseits  die  Trau-  und 
Taufkapclle,  anderseits  die  Sakristei.  Ziegelfugenbau  mit  sparsamer  Werk- 
steinglicderung;  die  außen  525  m  hohe  Vicrungskuppel  und  die  Türme  sind 
mit  Kupfer  eingedeckt.  Der  Innenraum  ist  stark  farbig  gehalten.  Wände 
und  Pfeiler  mit  Stucco  lustro  überzogen,  die  Gewölbeflächen  mit  Malereien 
auf  Goldgrund  geschmückt.  Größte  Länge  64-9  m,  größte  Breite  423  m. 
Auch  die  im  Bau   begriffene 

Pfarrkirche  in   Floridsdorf 

wird  nach  den  Entwürfen  des  kürzlich  verstorbenen  Baurates  Franz 
von  Neumann  ausgeführt.  Eine  dreischiffige,  querschifflosc  Hallenkirche  mit 
sehr  tiefem,  ä/io  geschlossenem  Chor,  Sakristei  und  Taufkapelle  zu  beiden 
Seiten  desselben  und  mächtigem  Frontalturm  über  einer  offenen  Vorhalle 
der  Hauptfassade. 

Von  dem  jüngeren  Bruder  des  Vorgenannten,  dem  Architekten  Gustav 
von  Neumann,  gleichfalls  einem  Schüler  Schmidts,  wurde  die 

Canisiuskirche  (Abb.   115,    132) 

(IX.,  Lustkandlgasse)  1899 — 1903  erbaut.  Einschiffige  Gewölbkirche  mit 
schmäleren,  halbrund  geschlossenen,  kurzen  Kreuzarmen,  tiefem,  ins  Kirchen- 
innere einbezogenem,  beiderseits  je  drei  Kapellen  bildendem  Strebesystem, 
halbkreisförmiger  Apsis  und  Chorumgang;  dreitürige  Vorhalle  zwischen 
zwei  85  m  hohen  Frontaltürmen.  Unter  dem  Chor  und  Kreuzschiff  eine  sehr 
große  Unterkirche.  Das  Kreuzmittel  wird  durch  einen  dachreiterartigen 
Vierungsturm    markiert.     Das   Äußere  ist    reich  silhouettiert   und  gruppiert, 

Steinbau    mit   bunten  Ziegeldächern    in  den  Formen  des  rheinischen  Übergangsstiles.     Größte 

Länge  60  m,  größte  Breite  22  m.  Baukosten  800.000  K. 

Von  demselben  Künstler  rührt  auch  der  Entwurf  zur  Allerseelenkapelle  in  Währing 

(Hauskapelle    der  Soeurs  Auxiliatrices  der  armen  Seelen,    XVIII.,  Martinstraße  81)  und  zu  der 

noch  im  Bau  befindlichen  Herz  Jesu-Kirche  mit  Nonnenkloster  im  III.  Bezirke  her. 

Außerhalb    dieser    von    Schmidt    und    seinen    Schülern    erbauten    Gruppe     von    Kirchen 

steht  die 

Elisabethkirche  (Abb.   133)'), 

am  Karolinenplatz  im  IV.  Bezirke,  1860 — 1866  vom  Oberbaurate  im  Ministerium  des  Innern 
J.  Bergmann  erbaut,  eine  dreischiffige,  kreuzförmige  Hallenkirche  mit  überhöhtem  Mittel-  und 
Querschiff,  polygonal  geschlossenem  Chor  und  einem  massigen,  66'3  m  hohen  Frontalturm 
auf  quadratischer  Basis.  Ziegelfugenbau  mit  teilweiser  Verwendung  von  Haustein.  Größte 
Länge  64-5  m,  größte  Breite  28"9m,  Mittelschiffhöhe  19  m.  Baukosten  800.000  K. 
Von  demselben  Architekten  wurde  auch  die  ältere 

Pfarrkirche  in   Favoriten, 

Keplerplatz,  erbaut.  Dreischiffige,  kreuzförmige  Basilika  mit  gewölbten  Kreuzflügeln  und 
Seitenschiffen,  gerader  Decke  im  Mittelschiff  und  zwei  Türmen  zu  beiden  Seiten  des  Presby- 
teriums.  Putzbau  in  einfachen,  etwas  trockenen  Renaissanceformen,  mit  allen  Merkmalen  einer 
allzuweit  getriebenen  Bäuökonomie. 


Abb.  133.  Elisabethkirche. 


')  K.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien.  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien. 


Max  von  Ferstel. 


86 


Gebäude  für  Kultuszwccke. 


IV.  EVANGELISCHE  KIRCHEN. 


Abb.   134.     Evangelische   Kirche 
A.  C,  I.,  Dorotheergasse. 


Abb.   137.    Evange- 
lische     Kirche     im 
XVIII.  Bezirke. 


Abb.  136. 

Evangelische  Kirche, 

VI.,  Gumpendorfcrstraße. 


Abb.  138. 

Abb.  135.     Evangelische  Kirche  Evangelische    Kapelle    am 

H.  C,  [.,  Dorotheergasse.  Matzleinsdorfer    Friedhof. 

Grundrisse  von  evangelischen  Kirchen.    Maßstab  1:1000. 


Abb.  140. 
Turm  der   evangeli- 
schen Kirche  im 
XVIII.  Bezirke. 


Jahre  1876  durch  Architekt  Thienemann 
vorgenommen.  Als  Kunstwerk  bemerkens- 
wert   ist    das   alte  Altarbild  von  Lindner. 

Anstoßend  an  die  Evangelische  Stadt- 
kirche A.  C.  befindet  sich  die  Helve- 
tische Kirche  (Abb.  135,  139),  welche 
im  Jahre  1784  nach  dem  Entwürfe  des 
Hofarchitekten  Nigelli  im  Stil  spätitalieni- 
scher Renaissance  (mit  flach  eingedeckten 
Kuppeln)  erbaut  wurde.  Ein  großer  Um- 
bau im  Inneren  und  Äußeren  dieser  Kirche 
wurde  im  Jahre  1893  durch  den  Archi- 
tekten Sowinski  durchgeführt,  welcher 
insbesondere  die  Fassade  der  Kirche  ganz 
umwandelte  und  dieselbe  in  vornehmem 
Barockstil  mit  einem  graziösen,  formvoll- 
endeten Turmaufbau  adaptierte. 

Die  zweite  größere  Evangelische 
Kirche  A.  C.  (VI.,  Gumpendorfcrstraße) 
(Abb.  136)  wurde  in  den  Jahren  1846 
bis  1849  von  den  Architekten  L.  Förster 
und  Th.  Hansen  erbaut.  Sie  besteht  aus 
einem  mit  einem  halbkreisförmigen  Tonnen- 
gewölbe überdeckten  Langhaus  und  aus 
zwei  schmalen  Seitenschiffen,  welche  durch 
acht  nach  innen  gelegte  Strebepfeiler,  die 
das  große  Mittelgewölbe  stützen,  unter- 
brochen sind.  In  diesen  Seitenschiffen 
sind  je  zwei  übercinandergelegene  Em- 
poren (welche  im  Parterre  auf  eisernen 
Säulen  ruhen)  eingebaut.  Gegen  Süden 
ist  eine  hohe,  halbkreisförmige  Altarnische 
und  an  der  Nordscitc  eine  geräumige  Orgcl- 


Die  Evangelische  Stadt- 
kirche A.  C.  in  der  Dorotheer- 
gasse (Abb.  134)  war  früher  eine 
katholische  Klosterkirche,  „St. Maria 
Königin  der  Engel",  welche  im 
Jahre  1582  von  der  Königin  Elisa- 
beth, Tochter  Kaiser  Maximilians  II., 
erbaut  wurde.  Nach  Aufhebung 
des  Klosters  im  Jahre  1782  ging 
die  Klosterkirche  samt  Nebenge- 
bäuden in  den  Besitz  der  Evan- 
gelischen Gemeinde  A.  C.  über, 
welche  dieselbe  zweckentspre- 
chend umgestaltete.  Eine  größere 
und  vollständigere  Restaurierung 
der  Kirche    wurde   dann    erst    im 


Abb.  139.    Evangelische  Kirche  H.  C. 
theergasse. 


I.,  Doro- 


Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen. 


87 


galcrie  angelegt.  Die  Kirche  hat 
keinen  Turm  und  ist  im  Inneren  und 
Äußeren  in  romanischem  Stil  mit  by- 
zantinischen Anklängen  (wie  dies 
Hansen  gern  getan  hat)  durchgeführt. 

Eine  dritte  Evangelische 
Kirche  befindet  sich  im  XVIII.  Bezirke, 
Martinstraße  (Abb.  137  und  140). 
Diese  Kirche  wurde  in  den  Jahren 
1896—1898  gleichzeitig  mit  den  die 
Kirche  umschließenden  zwei  Wohn- 
häusern und  dem  Pfarrhaus  nach 
den  Plänen  und  unter  der  Leitung 
der  Architekten  Theodor  Bach  und 
Ludwig  Schöne  erbaut.  Die  Kirche  ist 
im  Inneren  und  Äußeren  im  gotischen 
Stil  durchgebildet  und  enthält  ein- 
schließlich der  Galerien  680  Sitz- 
plätze. Der  Turmhclm  ist  massiv 
gemauert  und  mit  glasierten  Form- 
ziegeln gedeckt. 

Als  vierte  Evangelische  Kirche 
ist  seit  dem  Jahre  1899  die  bisherige 
Kapelle  am  Matzleinsdorfer  Friedhof 
in  Verwendung  (Abb.  138  und  141). 
Diese  reizende  kleine  Kirche  wurde 
im  Jahre  1858  nach  den  Plänen 
Th.  Hansens  für  die  Evangelische 
Gemeinde  erbaut  und  im  Jahre  1898 
im  Inneren  adaptiert  und  mit  Galerien 
versehen,  wodurch  Raum  für  275 
Sitzplätze  und  225  Stehplätze  ent- 
stand. Der  Grundriß  dieser  Kirche, 
welche  in  byzantinischer  Stilrichtung 
durchgeführt  ist,  bildet  eine  latei- 
nische Kreuzform  mit  anschließender  Apsis.  Der  Bau  ist  in  wirkungsvoller  Weise  in  Ziegel- 
rohbau durchgeführt,  mit  einem  stattlichen,  runden  Kuppelaufbau  über  dem  mittleren  Quadrat. 
Das  Innere  der  Kapelle  ist  in  stilgerechter,  vornehmer  Weise  ausgemalt. 


Abb.  141.    Evangelische  Kapelle  auf  dem  Friedhof  in  Matzleinsdorf. 


Literatur. 


Die  evangelische  Kirche  von  Förster  und   Hansen. 
Kirche  Dorotheergasse.  Allgemeine  Bauzeitung.  1893. 


Allgemeine  Bauzeilung.    1S49.    Sowinski,   Umbau  der  evangelischen 


L.   Schöne. 


V.  SYNAGOGEN,  GRIECHISCHE  UND  RUSSISCHE  KIRCHEN. 


Es  ist  eine  bekannte  Tatsache,  daß  schon  zu  Zeiten  der  Römer  in  Wien  jüdische  An- 
siedler waren;  doch  ist  über  Ort  und  Lage  der  Quartiere  nichts  bekannt,  auch  nichts  über 
ihre  damaligen  Kultusstätten.  Über  die  Juden  im  Mittelalter  weiß  man  schon  mehr  und  Näheres, 
insbesondere  kennt  man  auch  die  ungefähre  Lage  ihrer  Synagoge,  von  der  allerdings  keinerlei 
Rest  geblieben  ist.  Ende  des  14.  Jahrhunderts  befand  sich  am  Judenplatz  eine  Synagoge,  welche 
nach  der  Vertreibung  der  Juden  1421  abgetragen  wurde.  Am  Kienmarkt,  nächst  dem  Hohen- 
markt,  stand  jene  Synagoge,  welche  1615  durch  Kaiserin  Eleonore  zum  Kloster  der  Karmeliten 
einbezogen  wurde.  Im  Jahre  1670  wurde  an  der  Stelle  der  Synagoge  in  der  Leopoldstadt, 
damals  „Am  Werd"  genannt,  die  Leopoldskirche  erbaut.  Erst  vom  Anfang  des  19.  Jahrhunderts 
kann  auf  eine  noch  bestehende  Synagoge  hingewiesen  werden.     Es  ist  dies 


88 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Die  Synagoge  I.,  Seitenstettengasse  4  (Abb.   142.   158). 

Sie    wurde   1824  nach  den  Plänen  des  Architekten  Josef  Kornhäusel    erbaut   und    1826  einge- 
weiht und  befindet  sich  im  Hofe  des  Kultusgemeindehauses,  durch  welches  der  Zugang;  stattfindet. 


Abb.  142.    Synagoge  I.,  Seiten- 
stettengasse. 


Abb.  143.     Synagoge  II.,  Tempelgasse. 


Abb.  144.     Synagoge 
XV.,  Turnergasse. 


Abb.  145.     Synagoge 
XVI.,  Hubergasse. 


ijy|j 

r-, 

Abb.  146.  Synagoge 
XVIII.,     Schopen- 
hauerstraße. 


Abb.  147.     Synagoge 
VI.,  Schmalzhofgasse. 


Abb.  149.    Synagoge 
VIII.,  Neudeggergasse. 


Abb.  150.     Synagoge 
X.,  Humboldtgasse. 


Abb.  148.    Synagoge 
IX.,  Müllncrgasse. 


u_z°: 


Abb.  151. 

Synagoge  II., 

Leopoldsgasse. 


Abb.  152.     Synagoge 
II.,  Zirkusgassc. 


Abb.  153.  Serbische  Kirche,   Abb.   154.     Kirche   der 
III.,  Veithgasse.  nichtunierten  Griechen, 

I.,  Fleischmarkt. 

Maßstab  1:1000. 


Abb.   155. 

Kaiserlich  russische  Kirche 

im  III.  Bezirke. 


Abb.    156. 

Kirchederunier- 

ten  Griechen, 

I.,  Postgasse. 


Entsprechend  der  zur  Verfügung  gestandenen  Bauarea  wurde  zur 
Grundform  eine  Ellipse  gewählt.  Am  westlichen  Ende  der  großen 
Achse  ist  die  Vorhalle,  am  östlichen  Ende  die  Bundcslade  ange- 
ordnet. Eine  große  Kuppel,  mit  einer  Laterne  für  die  Beleuchtung, 
überdeckt  den  ganzen  Raum.  Die  zwei  übereinanderbefindlichen 
Galerien  für  die  Frauen  werden  von  ionischen  Säulen  getragen. 
Das  Ganze  ist  im  Empirestil  gehalten  und  macht  einen  feierlich 
ie  der  nichtunierten  würdigen  Eindruck.  Das  Innere  wurde  im  Jahre  1895  unter  Leitung 


Griechen, 
I.,  Hafnersteig. 


des  Architekten  Stiaßny  renoviert. 


Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen. 


89 


Die  Synagoge  IL,  Tempelgasse  5  (Abb.   143,   159,   160) 

wurde  von  Ludwig- von  Förster  in  den  Jahren  1S53 — 1858  erbaut.  Der  Orientierung;  nach  Osten 
wegen  wurde  sie  in  die  Mitte  zwischen  zwei  Höfen  gebaut;  rechts  und  links  von  denselben 
befindet  sich  je  ein  der  israelitischen  Kultusgemeinde  gehöriges  Wohnhaus. 

Die  Synagoge  zeigt  von  außen  einen  Ziegelrohbau  in  den  arabischen  Architekturformen. 
Sie  ist  im  Grundriß  dreischiffig  und  hat  einen  Fassungsraum  von  über  2000  Sitzplätzen,  wo- 
von etwa  die  Hälfte  im  Parterre  (für  Männer)  und  die  anderen  auf  zwei  Galerien  (für  Frauen) 
untergebracht  sind.  Als  Träger  für  die  Galerien  dienen  gußeiserne  Pfeilerbündel.  Die  Decken- 
konstruktionen für  die  Galerien  sind  aus  Holz.  Im  Jahre  1898  wurde  der  ganze  Innenraum 
neu  ausgeschmückt,  die  Gasbeleuchtung  durch  elektrisches  Licht  ersetzt  und  die  Ausschmückung 
unter  Leitung  des  Architekten  W.  Stiaßny  stilgemäß  unter  reichlicher  Anwendung  von  Gold 
und   Farben  bewerkstelligt. ') 

Die  nun  folgenden  drei  Synagogen  fielen  der  Gemeinde  anläßlich  der  Einverleibung'  der 
Vororte  mit  Wien  zu,  es  sind  dies: 

Die  Synagoge  XV.,  Turnergasse  22  (Abb.  144), 

1871  — 1872  von  Professor  Karl  König  erbaut,  ein  Putzbau  im  Renaissancestil.  Die  Hauptfront 
mit  den  Eingängen  tritt  hinter  einem  Vorgarten  zurück.  Während  die  Südseite  sich  in  der 
Flucht  der  Dingelstedtgasse  befindet,  begrenzt  die  Nordseite  den  Hof  des  zugehörigen 
Gemeindehauses.  Die  Ostseite  grenzt  an  ein  Nachbargebäude.  Die  Synagoge  ist  von  drei  Seiten 
frei.  Der  Grundriß  der  Synagoge  zeigt  wohl  im  Parterre  eine  dreischiffige  Anlage,  wobei  die 
Breite  des  Mittelschiffes  weit  überwiegend  ist  gegen  jene  der  Seitenschiffe,  doch  ist  die  Anlage 
nicht  im  Sinne  der  Basiliken  ausgebildet,    denn  die  schlanken  Eisensäulen,  welche  die  Bestim- 


')  Nähere  Details  siehe:    Allgemeine  Bauzeitung.    1859.     Kisch,    Die    alten  Straßen    und  Plätze    von  Wiens  Vorstädten, 
vorbeschriebenen  Synagogen  sind  aus  Mitteln  der  Wiener  israelitischen  Kultusgemeinde  erbaut. 


Beide 


Abb.  158.    Inneres  der  Syr.agogc  I.,  Seitenstettengasse. 


90 


Gebäude  für  Kultuszveecke. 


tnung  haben,  die  Frauenemporen  zu  tragen,  haben  keine  weitere  Fortsetzung  nach  oben,  die 
Decke  schwebt  vielmehr  über  der  ganzen  Weite  des  Raumes.  Dieselbe  ist  reich  gegliedert 
und    stilgemäß    bemalt.    Die    Bundeslade    von    Holz    hat    die    Form    eines    reich    entwickelten 


Abb.  159.    Portal  der  Synagoge  II.,  Tempelgasse. 


Abb.  160.    Synagoge    II.,  Tcmpelgasse. 


Portikus.  Der  ganze  mit  vielem  Geschick  und  Geschmack  hergestellte  Innenraum  wurde  leider 
durch  später  von  fremder  Seite  angeordnete  und  eingesetzte  bunte  Glasfenster  verunziert.  Der 
Fassungsraum  weist  496  Sitze  für  Männer  im  Parterre  und  333  Sitze  für  Frauen  in  den  Galerien  auf. 

Die  Synagoge  XVI.,  Hubergasse  8  (Abb.  145) 

wurde  in  den  Jahren  1885 — 1886  nach  den  Plänen  des  Architekten  Ludwig  Tischler  erbaut.  Von 
drei  Nachbargebäuden  umschlossen,  wurde  sie  durch  Höfe  von  jenen  losgelöst.  Durch  drei  Ein- 
gänge von  der  Straße  gelangt  man  in  die  Vorhalle  und  von  dieser  in  den  Betraum  mit  406  Männer- 
sitzen. Die  Anlage  ist  dreischiffig;  als  Träger  der  Galerien  und  der  Mittelschiffwände  dienen  ge- 
mauerte Pfeiler,  die  sich  in  zwei  Etagen  übereinander  aufbauen.  Die  Decken  sind  in  Holzkonstruk- 
tion und  flach.  Die  Galerien  enthalten  266  Frauensitzc.  Das  Innere  ist  polychrom  behandelt. 
Die  Gassenfassade  ist  teils  in  Putz,  teils  mit  Verklcidungsziegeln  ausgeführt.  Das  Mittelschiff  ist 
in  derselben    durch    einen  Risalit  zum  Ausdruck  gebracht,  der  mit  einem  Giebel  abgegrenzt  ist. 


Die  Synagoge  XVIII.,  Schopenhauerstraße  39  (Abb.   146), 

erbaut  nach  den  Plänen  des  Architekten  Jakob  Modern  in  den  Jahren  1888 — 1889,  befindet 
sich  im  Hofe  des  obcnbezcichncten  Hauses.  In  ihrer  Anlage  ist  sie  eine  Basilika  mit  flachen 
Decken.  Die  Tra»säulen  in  zwei  Etagen  übereinander  sind  von  Gußeisen.  Man  o-eianol  durch  drei 


Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen. 


91 


92 


Gebäude  für  Kultusz.uecke. 


Eingangstüren  in  eine 
geräumige  Vorhalle 
und  von  dieser  in  den 
Bctraum,  der  328  Män- 
nersitze enthält.  Rechts 
und  links  von  der 
Vorhalle  sind  die 
Treppen  angelegt,  die 
zu  den  Frauengalerien 
führen,  welche  176 
Sitze  enthalten.  Das 
Allerheiligstc  ist  teil- 
weise in  rechteckiger 
Grundform  ausge- 
baut. Die  Chorbühne 
befindet  sich  oberhalb 
der  Bundcslade.  Der 
ganze  Raum  ist  in  ara- 
bischem Stile  bemalt. 
Die  sichtbare  Fassade 
ist  mit  gewöhnlichen 
Mauerziegeln  in  Roh- 
bau ausgeführt. ') 

Die  nun  folgen- 
den Synagogen  sind 
nicht  Eigentum  der 
Wiener  israelitischen 
Kultusgemeinde,  son- 
dern durch  Vereine 
errichtet  worden. 

Synagoge  VI., 
Schmalzhofgasse  3 

(Abb.   147,   162). 

Dieselbe  wurde 
vom  Architekten  Max 
Fleischer  1883—1884 
erbaut  und  befindet 
sich  im  großen    Hofe 

des  ehemaligen 
Schmalzhofcs:  sie  ist 
auf  drei  Seiten  frei- 
stehend, mit  der  Nordseite  an  den  Nachbar  grenzend.  Im  gotischen  Stile  durchgeführt,  zeigt 
dieselbe  in  der  Grundform  eine  dreischiffige  Anlage  mit  nach  Osten  ausgebautem  Sanktuarium 
in  halbem  Achteck.  Der  Parterrebetraum  faßt  322  Männersitze,  die  Galerien  236  Frauensitze. 
Der  Querschnitt  zeigt  eine  Basilika  mit  Emporen.  Die  feuersicheren  Decken  sind  kassettiert. 

Die  Fassaden  sind  ohne  jede  Verwendung  von  Bildhauerarbeit  im  Ziegelrohbau  durch- 
geführt. Der  Innenraum,  der  auch  auf  jeden  bildnerischen  Schmuck  verzichten  mußte,  ist  in 
Ölfarben  bemalt,  die  Fenster  sind  in  bunter  Bleivcrglasung  durchgeführt.  Alle  Räume  werden 
abends  durch  Aucrlicht  beleuchtet,  eine  Luftheizung  dient  für  die  kalte  Jahreszeit.  Die  Syna- 
goge besitzt  eine  Orgelbühne.2) 


Abb.  lo3.     Türkisch-israelitische  Synagoge,  II..  Zirkusgasse;  Yorhof. 


Die  Synagoge  der  türkisch-israelitischen  Gemeinde,  II.,  Zirkusgasse  22  (Abb.  152,  163), 

wurde  nach  Plänen  des  Architekten  Hugo  von  Wicdcnfcld  in   den  Jahren  1885 — 1S87  im  mau- 
rischen Stile  erbaut.    Man    gelangt    von    der  Straße    durch   einen  architektonisch  ausgestatteten 


')  Försters  Bauzeitung.  Jahrgang  1S9J. 
:)  Bautechniker.  Jahrgang  IV,  Nr.  40. 


Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen. 


93 


Vorhof  zu  den  Eingängen  der 
Synagoge.  Das  Gebäude  ist 
zwischen  Nachbarhäusern  ein- 
gebaut und  zeigt  nach  der 
Gasse  eine  in  Stein  mit  rei- 
chem Schmuck  und  Vergol- 
dung ausgeführte  Fassade. 
Durch  ein  Vestibül  gelangt 
man  zur  Vorhalle  und  in  den 
Betraum.  Dieser  ist  im  Grund- 
riß ein  Quadrat  und  enthält 
314  Sitze.  Außerhalb  und 
entlang  der  Seitenwände  des- 
selben, die  durch  Bogen- 
stellungcn  unterbrochen  sind, 
ziehen  sich  zwei  Arkaden, 
die  eine  Verbindung  mit  dem 
Hinterhof  herstellen.  Die  Ga- 
lerien umziehen  auf  drei  Seiten 
den  Betraum  und  bieten  Platz 
für  100  Sitz-  und  250  Steh- 
plätze. Gegenüber  dem  Aller- 
heiligsten  ist  die  Orgelempore. 
Auf  den  17  m  hohen  Um- 
fassungsmauern ruht  die  12  m 
hohe  achteckige  Kuppel,  wel- 
che mit  einer  Laterne  und 
großen  Oberlichtfenstern  ver- 
sehen ist.  Die  Bundeslade 
sowie  ein  großer  Teil  des 
ganzen  Raumes  ist  mit  Marmor 
verkleidet,  mit  Stuck  plastisch 
verziert  und  mit  Gold  und 
Farben  ausgestattet.  Die 
Abendbeleuchtung  ist  elek- 
trisch. Die  Erwärmung  im 
Winter  geschieht  durch  eine 
Luftheizung.  Im  ersten  Stock 
straßenseitig  befindet  sich  ein 
Winterbetsaal  mit   105  Sitzen. 


Abb.  164.     Griechische  Kirche,  I.,  Fleischmarkt. 


Die  Synagoge  IX.,  Müllnergasse  21  (Abb.   148), 


erbaut  vom  Architekten  Max  Fleischer  1888 — 1889,  ist  auf  drei  Seiten  eingebaut.  Die  Ostseite 
befindet  sich  in  der  Müllnergasse.  Der  Haupteingang  mußte  mit  Rücksicht  auf  diesen  Umstand 
in  das  Haus  Grüne-Torgasse  Nr.  13  gelegt  werden.  Der  Grundriß  zeigt  eine  dreischiffige  Anlage 
in  Form  einer  Basilika,  jedoch  ohne  Emporen,  da  die  Frauensitze  nicht  wie  üblich  in  Galerien, 
sondern  in  einem  um  sechs  Stufen  erhöhten  Niveau  untergebracht  wurden.  Der  Männerraum 
faßt  322  Sitze;  für  die  Frauen  sind  248  Sitze  vorhanden.  Die  aufragenden  Mittelschiffwände, 
in  welchen  die  großen  Maßwerksfenster  für  das  einfallende  Licht  angebracht  sind,  werden 
von  je  sechs  Spitzbogengurten  getragen,  die  auf  gußeisernen  Pfeilern  ruhen.  Die  Decke 
des  Mittelschiffes  zeigt  eine  reichgegliederte  Zierverkleidung  aus  getriebenem  Zinkblech  mit 
reicher  Bemalung  und  Vergoldung.  Die  Fassade  in  der  Müllnergasse  ist  ein  gotischer  Ziegel- 
rohbau mit  einer  gegiebelten  Mittelpartie,  die  von  zwei  je  35  m  hohen  Türmen  flankiert  wird. 


94 


Gebäude  für  Kultuszwecke. 


Abb.  165.    Synagoge 

in  ein  Vestibül 


VIII.,  Ncudeggcrgasse. 

und  von  diesem 


Die    Synagoge  II.,    Leopoldsgasse    29  (Abb.   151.   161), 

vom  Architekten  Wilhelm  Stiaßny  im  Jahre  1893  in  mauri- 
schem Stile  erbaut,  ist  für  den  polnisch-jüdischen  Ritus  be- 
stimmt. Das  Gebäude  ist  an  drei  Seiten  eingeschlossen. 
Gassenseitig  gelangt  man  zwischen  zwei  Flügclbautcn  über 
einen  kleinen  Vorplatz  zur  Vorhalle  und  von  dieser  in  den 
dreischiffig  angelegten  Männerraum,  in  welchem  dem  Ritus 
entsprechend  der  Al-Memar  in  der  Mitte  sich  befindet.  Der 
Betraum  faßt  420  Sitze.  Rechts  und  links  von  der  Vorhalle 
führen  die  Treppen  zu  den  Frauengalcrien,  welche  zusammen 
217  Sitze  enthalten.  Auf  den  eisernen  Parterresäulen  erhebt 
sich  eine  gleiche  Anzahl  solcher  Säulen,  welche,  durch  Huf- 
eisenbogen verbunden,  die  Decken  und  Mittelschiffmauern 
tragen.  Für  die  Bundeslade  ist  in  der  östlichen  Apsidenwand 
ein  gemauerter  Ausbau  in  halbem  Achteck.  Das  ganze  Innere 
ist  sehr  reich  dem  Stil  entsprechend  bemalt.  Die  Fassade 
ist  in  Putz  durchgeführt  und  mit  plastischem  Schmuck  ver- 
schen. Über  der  Mittelpartie  erhebt  sich  eine  Kuppel  mit 
turmartiger  Endigung. ') 

Die  Synagoge  X.,  Humboldtgasse  27  (Abb.    150) 

wurde  nach  Plänen  des  Architekten  J.  Gärtner  im  Jahre  1896 
auf  einer  unregelmäßigen  Eckparzelle  erbaut.  Der  Betraum 
bildet  im  Grundriß  ein  Quadrat  und  enthält  428  Sitze  für 
Männer.  Vier  Kuppelständer  von  Quadranteisen,  mit  Stuck 
verkleidet,  dienen  als  Träger  für  die  Galerien,  welche 
einen  Fassungsraum  von  277  Sitzen  für  Frauen  haben. 
Die  vier  Ständer  tragen  in  Dachhöhe  die  in  Holz  kon- 
struierte Vierungskuppel  von  oktogonaler  Grundform. 
Durch  drei  Portale  gelangt  man  von  der  Humboldtgasse 
in  den  Betraum.  Das  gesamte  Innere  ist  mit  Stuck  verkleidet. 


Die  Synagoge  XX.,  Kluckygasse  11, 

erbaut  vom  Architekten  J.  Gärtner,  ist  von  drei  Seiten  von  Nachbargebäuden  umschlossen 
und  konnte  nur  mit  ihrer  Seitenfront  zur  Ansicht  gebracht  werden,  welche  sohin  als  Haupt- 
front entwickelt  erscheint.  Wegen  der  Orientierung  nach  Osten  mußte  der  Haupteingang 
künstlich  durch  Vorlage  eines  Vestibüls  in  die  Seitenfront  verlegt  werden.  Im  Parterre  finden 
372  Sitze  für  Männer  ihren  Platz.  Vier  gemauerte  Pfeiler  tragen  die  Galerien,  welche  225  Sitze 
für  Frauen  enthalten. 

Die  Synagoge  XI.,  Braunhubergasse  7, 

nach  Plänen  des  Architekten  J.  Gärtner  im  Jahre  1898  erbaut,  befindet  sich  an  der  Kreuzung 
der  Braunhuber-  und  Hugogasse  und  ist  von  drei  Seiten  freigestellt.  Der  eigentliche  Betraum 
bildet  im  Grundriß  ein  Quadrat  und  faßt  im  Parterre  249  Sitze  für  Männer  und  in  den 
Galerien,  welche  durch  vier  Säulen  von  Eisen  mit  Korkdielenvcrkleidung  getragen  werden, 
133  Sitze  für  Frauen.  Hinter  den  drei  Haupteingängen  in  der  Braunhubergasse  ist  ein  Vor- 
raum, durch  welchen  man  direkt  in  eine  Vorhalle  zum  Männerraum  und  rechts  und  links  zu 
den  Galcriestiegen  gelangt.  Diese  haben  Balkendecken;  die  flache  Decke  über  dem  Hauptraum 
ist  am  Dachstuhl  befestigt.  Für  das  Heiligtum  ist  ein  rechteckiger  Ausbau  in  der  Breite  des 
Mittelraumes  angeordnet.  Die  Fassaden  sind  in  Putz,  das  Innere  in  Stuck  durchgeführt. 

Synagoge  VIII.,  Neudeggergasse  12  (Abb.   149,   165). 

Erbaut  vom  Architekten  Max  Fleischer   1903.  Die  in  gotischem  Stile  gehaltene  Architektur 
lehnt  sich  an  die  mittelalterlichen  Backsteinbauten  Norddeutschlands  an,  die  zumeist  auch  ohne 


')  Försters  Bauzeitung.  1S94. 


Synagogen,  griechische  und  russische  Kirchen. 


95 


Anwendung  von  Stein-  und  Bildhauer- 
arbeit durchgebildet  worden  sind.  Von 
der  Vorhalle  gelangt  mau  in  den  Be träum, 

welcher  durch  Säulenreihen  in  drei  Schiffe 
abgeteilt  ist  und  338  Männersitze  faßt. 
Entsprechend  der  Breite  des  Mittelschiffes 
ist  das  Heiligtum  ausgebaut,  bestimmt  zur 
Aufnahme  der  Bundesladc,  welche  die 
ganze  Apsis  ausfüllt.  Oberhalb  der  Bundes- 
ladc befindet  sich  eine  Votivtafel  zur  Er- 
innerung an  Kaiserin  Elisabeth.  Der  Quer- 
schnitt zeigt  eine  Basilika  mit  Emporen  für 
die  Frauengalerien,  die  zusammen  236  Sitze 
fassen.  Zum  Tragen  der  Galerien  und  der 
Mittelschiffwand  dienen  gußeiserne  Säulen. 
Die  Decken  sind  als  Platzelgewölbe  zwi- 
schcnTraversen  konstruiert;  diegroßeMittel- 
schiffdecke  ist  durch  große  Moniergurten 
in  Felder  abgeteilt.  Bemerkenswert  ist  auch 
die  ausgezeichnete  Akustik   des  Raumes.1) 


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Die    serbische    (griechisch-orthodoxe) 
Kirche     St.    Sava,     III.,    Veithgasse    3 

(Abb.   153), 

wurde  1893  erbaut.  Dem  Umfange  dieser 
Gemeinde  entsprechend  enthält  der  Bet- 
raum  an  der  linken  Längswand  22  Männer- 
sitze und  rechts  22  Frauensitze;  der  ganze  übrige  Mittelraum  ist  frei.  Abgegrenzt  ist  der  Bet- 
raum  nach  Osten  durch  eine  reich  in  Holz  und  Gold  ausgeführte  und  mit  Bildern  ge- 
schmückte Ikonostase,  hinter  welcher  sich  der  Altar  in  einem  apsidenartigen  Ausbau  befindet, 
Rechts  an  der  Ikonostase  befindet  sich  der  thronartig  aufgebaute  Bischofsitz. 


Abb.  166.    Russische  Kirche,  III.,  Richardgasse. 


Die  Kirche  zur  heil.  Dreifaltigkeit  der  n.  u.  Griechen,  I.,  Am  Fleischmarkt  (Abb.  154,  164). 

Im  Jahre  1858  wurde  im  Auftrage  und  auf  Kosten  des  Freiherrn  Simon  von  Sina  der  alte 
Bau2)  nach  den  Plänen  Theophil  von  Hansens  umgestaltet  und  ihm  insbesondere  die  neue 
Fassade  gegeben.  Der  byzantinische  Stil  wurde  gewählt,  weil  er  sich  für  Gebäude  des 
griechischen  Ritus  am  besten  eignet,  auch  die  Fresken,  von  Professor  Thiersch  aus  München, 
sind  im  veredelten  byzantinischen  Stile  ausgeführt.  Die  Fassade  ist  im  Rohbau.  Die  Bilder  im 
mittleren  Teil  der  Fassade  sind  von  Rahl,  im  Vestibül  von  Bitterlich  und  Eisenmenger.3) 


Die  kaiserlich  russische  Kirche,  III.,  Richardgasse  2  (Abb.  155,   166), 

erbaut  auf  Grund  des  Projektes  des  Petersburger  Architekten  Professor  Gregoire  Kotow  durch 
den  Wiener  Architekten  Luigi  von  Giacomelli,  enthält  eine  Ober-  und  eine  Unterkirche.  Letztere 
ist  direkt  von  der  Richardgasse  zugänglich;  zur  Oberkirche  gelangt  man  über  eine  monumental 
angelegte  Treppe.  Die  Oberkirche  hat  einen  Fassungsraum  für  400  Personen  und  ist  2L20m 
hoch.  Die  mittlere  Kuppel  wird  von  vier  Monolithsäulen  aus  rotschwedischem  Granit  getragen. 
Die  Fassaden  sind  in  Haustein,  mit  teilweiser  Verwendung  von  Ziegelrohbau  und  Majoliken 
hergestellt.  Von  den  fünf  Kuppeln  sind  die  mittlere  51  8  m,  die  anderen  vier  je  33  m  hoch, 
in  Eisen  konstruiert.  Über  der  mittleren  Kuppel  ist  das  Hauptkreuz  angebracht.  Dasselbe  ist 
mit  Kupferüberzug  und  Vergoldung  versehen  und  mit  brillantartig  geschliffenen  Bergkristallen 
geschmückt.  Über  dem  Haupteingang  befindet  sich  ein  Mosaikbild  venetianischen  Ursprunges. 

')  Bautechniker.  Jahrgang  XXIII,  Nr.  38. 

2)  Aus  dem  Jahre  1787  von  Peter  Mollner,  k.  k.  Fortifikations-  und  bürgerlicher  Baumeister. 

3)  Allgemeine  Bauzeitung  von  Förster.  Jahrgang  1861. 


96  Gebäude  für  Kultuszwecke. 

Im  Inneren  ist  die  aus  orientalischem  Zypressenholz  ausgeführte,  reich  gezierte  und  mit  Bildern 
geschmückte  Ikonostasis  hervorzuheben. 

Die  Oberkirche  ist  mit  200  elektrischen  Glühlampen  beleuchtet,  die  Nebenräume  und 
die  Unterkirche,  welch  letztere  zum  täglichen  Gottesdienst  dient,  während  die  Oberkirche  nur 
an  hohen  Feiertagen  geöffnet  wird,  sind  mit  Gas  beleuchtet.  Die  Heizung  der  Kirche  geschieht 
mittels  einer  außerhalb  der  Kirche  angebrachten  Niederdruckdampfheizung.  Der  Bau  wurde  im 
Jahre  1893  begonnen  und  1899  vollendet.  Die  Kosten,  welche  durch  eine  Spende  des  Kaisers 
Alexander  III.  von  Rußland  gedeckt  wurden,  betrugen  920.000  K. 

Die  Kirche  St.  Barbara  der  linierten  Griechen,  I.,  Postgasse  8  (Abb.   156), 

wurde  1572  erbaut  und  gehörte  den  Jesuiten.  1772  nach  Aufhebung  der  Jesuiten  wurde  sie 
zur  griechischen  Kirche  eingerichtet,  wie  einem  alten  Plane  zu  entnehmen,  der  im  Archiv  des 
Wiener  Stadtbauamtes  aufbewahrt  ist  und  nach  welchem  der  Grundriß  hergestellt  wurde.  Ab- 
gesehen von  der  aus  letzterer  Zeit  stammenden  Fassade  und  des  Zubaues  einer  kleinen  Kapelle 
hinter  der  Sakristei,  ist  der  alte  Bestand  noch  erhalten.  Das  Kirchlein  besitzt  einige  Geschenke 
der  Kaiserin  Maria  Theresia  und  hübsche  Altarbilder,  von  denen  die  Darstellungen  des  heiligen 
Spiridion   von  Palamino  und  des  heiligen  Nikolaus  von  Kastner  hervorzuheben  sind. 

Die  Kirche  zum  hl.  Georg  der  nichtunierten  Griechen   (türkische  Untertanen), 

I.,  Hafnersteig  2  (Abb.   157), 

wurde  1803  durch  den  Baumeister  Franz  Wipplinger  erbaut  und  1898  an  den  Fassaden  und 
auch  im  Inneren  umgestaltet.  Sie  ist  von  zwei  Seiten  freistehend,  sonst  in  Verbindung  mit  dem 
der  griechischen  Gemeinde  gehörigen  Wohnhause  Hafnersteig  Nr.  2,  durch  welches  auch  ein 
Zugang  besteht.  Der  Eingang  findet  von  der  Griechengasse  statt.  Der  Raum  ist  einschiffig,  mit 
Chorempore;  eine  in  Mauerwerk  und  mit  reichem  Bilderschmuck  ausgeführte  Ikonostasis  trennt 
den  Altar  vom  Betraum,  der  auch  mit  reichem  Bilderschmuck  versehen  ist.  Die  Fassade  am 
Hafnersteig  wurde  anläßlich  der  Renovierung  mit  einem  hübschen  Giebel  verschen,  der  in 
plastischer  Darstellung   den  heiligen  Georg  zeigt.  An  der  Ecke  erhebt  sich  ein  nettes  Türmchen. 

Max  Fleischer. 


B.  GEBÄUDE  FÜR  DEN  KAISERLICHEN  HOF. 

Hofburg,  alter  Teil. 

Der  ausgedehnte  Gebäudekomplex  der  ehrwürdigen  Kaiserburg  stammt  aus  mehreren 
Bauperioden,  deren  erste  in  den  Beginn  des  13.  Jahrhunderts  fällt.  Aus  dem  Umstände,  daß 
die  in  verschiedenen  Jahrhunderten  entstandenen  Zubauten  in  der  jeweilig  herrschenden  Stil- 
art ausgeführt  wurden,  erklärt  es  sich,  daß  der  äußere  Gesamteindruck  jener  architektonischen 
Harmonie  entbehrt,  welche  in  der  Regel  bei  einem  Monumentalbaue  von  der  Bedeutung  einer 
kaiserlichen  Residenz  vorausgesetzt  wird.  Die  einzelnen  Trakte  der  Hofburg  (siehe  Abb.  167) 
sind  in  nachstehender  chronologischer  Reihenfolge  entstanden.1) 


Äusserer    Burgplatz 


Abb.  167.     Hofburg-,  alter  Teil. 
Lageplan  1 :250U. 


1.  Der  Schweizerhof  (die  alte  Babenbergerburg)  zwischen  1200  und  1221.  2.  Der 
Kaiserspitaltrakt  auf  dem  Ballhausplatz,  erbaut  1543  (wurde  1903  demoliert).  3.  Die  Stall- 
burg 1556.  4.  Der  Amalienhof  in  jetziger  Gestalt  Anfang  des  17.  Jahrhunderts.  5.  Der 
Leopoldinische  Trakt  1668—1670.  6.  Die  Hofbibliothek  1726.  7.  Der  Reichskanzleitrakt 
1728.  8.  Die  Winter-Reitschule  1729—1735.  9.  Die  Redoutensäle  nach  1744.  10.  Die 
Familien-Fideikommißbibliothek  und  der  Augustinergang  1759  (wurden  1903  demoliert,  die 
Bibliothek  in  die  neue  Hofburg  verlegt).     11.  Der  Ritter-  oder  Zeremoniensaal   1805.      12.  Das 


')  Die  historischen  Daten  sind  den  Werken  von  P.  Leop.  Fischer,  P.  Matth.  Fuhrmann,    Hormayr,    Karajan  und  Realis 
entnommen. 

B3.  II.  7 


98 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Glashaus  im  Kaisergarten,  1818  begonnen  (1903  demoliert).  13.  Das  alte  Burgtor  1821  bis 
1824.  14.  Der  Michaeiertrakt  1893.  15.  Der  neue  Saal  und  die  Galerie  nächst  des  Zere- 
moniensaales  1898. 


1.  Der  Schweizerhof  (die  alte  Babcnbergerburg). 

Wie  Dr.  Theodor  Georg  von  Karajan  in  seiner  Abhandlung:  Die  alte  Kaiserburg  zu  Wien  aus  dem 
Jahre  1863,  berichtet,  heißt  es  in  J.  Cuspinians  Austria  (Basileae  1553)  von  Leopold  dem  Glorreichen  aus 
dem  Hause  Babenberg:  ,, Dieser  Fürst  wohnte  zu  Wien  und  bauete  jene  Burg,  die  dermahl  mit  königlichen 
Gebäuden  geziert  ist,  dann  Heinrichs  des  ersten  Herzogs  von  Österreich  (Jasomirgott)  Wohnhaus  (Am 
Hof)    war  an  die  Carmeliter  abgetreten  worden." 

Den  Beweis  für  die  Annahme  Leopolds  des  Glorreichen  (1198—1230)  als  Erbauer  der  alten  Burg 
erbrachte  P.  Leopold  Fischer  in  seinem  Werke:  Brevis  Notitia  urbis  Vindobonae  (1767 — 1775)  durch  Mit- 
teilung einer  ungedruckten  Urkunde  Leopolds  des  Glorreichen  über  die  Erbauung  und  Bestiftung  der  Kirche 
Sankt  Michael  vom  18.  November  1221,  welche  auch  Hormayr  in  seiner  Geschichte  Wiens  erwähnt.  Die 
auf  die  Burg  bezügliche  Stelle  lautet:  „Wir  Leupoldt  .  .  .  Ann  chunt  .  .  .  mit  diesem  Brief,  daz  wir  in 
eren  Got,  unser  Vraun  Marie  und  Sand  Michel  Angeli  baut  ein  chirchen  datz  Wienne  zet  nächst  unser 
Neu  bürg  und  Schaffern  u.  s.  w."  Es  ist  daher  nicht  daran  zu  zweifeln,  daß  die  Burg  im  Jahre  1221  bereits 
erbaut  war.  Im  Jahre  1275  brannte  die  Burg  beinahe  vollständig  ab,  worauf  Ottokar  von  Böhmen,  der 
damals  in  Österreich  herrschte,  deren  Wiederaufbau  begann  und  nach  dessen  1278  erfolgtem  Tode  wahr- 
scheinlich Albrecht  I.  den  Bau  vollendete. 

Diese  alte  Burg  hatte  einen  nahezu  quadratischen  Grundriß  mit  dem  noch  heute  bestehenden  Hof- 
raume  und  war  mit  vier  Ecktürmen  umgeben,  an  welche  sich  noch  ein  fünfter  (an  Stelle  des  heutigen 
Rittersaales  gelegener),  der  sogenannte  Widmerturm,  anschloß.  Unter  Kaiser  Ferdinand  I.  wurden  in  dem 
Zeiträume  von  1536 — 1552  an  der  alten  Burg  sehr  bedeutende  Vergrößerungsbauten  vorgenommen,  wovon 
die  beiden  Inschriften,  eine  zunächst   dem  Durchgange  gegen  den  Michaelerplatz  aus  dem  Jahre  1536    und 

die  zweite  oberhalb   des  aus   jener  Zeit 


Hofburg,  Schweizertor. 


stammenden  »Schweizertores«,    aus  dem 
Jahre  1552,  Zeugnis  geben. 

Der  Schweizerhof,  welcher 
vom  Franzensplatze  aus  durch  das 
in  edlen  Verhältnissen  sich  darstel- 
lende Schweizertor  (siehe  Abb.  168) 
betreten  wird,  hat  mit  dem  Sou- 
terrain und  Mezzanin  5  Geschosse, 
in  welchen  sich  nachfolgende  Räume 
befinden.  Im  nordwestlichen  Teile 
(gegen  den  Franzensplatz):  Im  Sou- 
terrain die  Wachlokalitäten  der  Leib- 
garde-Infanterie-Kompagnie u.  a.  Im 
Mezzanin:  Die  k.  u.  k.  Schatzkammer 
und  die  Burghauptmanns -Wohnung. 
Im  ersten  Stockwerke:  Das  „Ra- 
detzky- Appartement",  mit  in  Weiß 
und  Gold  gehaltener  Boiserie  und 
Rokokomöbeln  ausgestattet,  die 
Wände  mit  Gobelins  behangen.  Im 
zweiten  Stockwerke:  Suitenwohnun- 
gen und  das  Bureau  des  Direktors 
der  k.  u.  k.  Kabinettskanzlci  Sr.  Ma- 
jestät. Im  dritten  Stockwerke:  Dienst- 
wohnungen. Im  südwestlichen  Teile 
befindet  sich  die  Botschafterstiege, 
welche  als  Aufgang  zu  den  Apparte- 
ments sowohl  im  Schweizerhoftrakte 
wie  im  Leopoldinischcn  Trakte  dient; 
den  ersten  Ruheplatz  dieser  Stiege 
schmückt  die  Marmorgruppe  „Jason 
und  Medea"  von  Käßmann.  Von 
dieser  Stiege  aus  betritt  man  die  Hof- 
burgkapclle.dieeigentlichcBurgpfarr- 
kirche (siehe:  Mittelalterliche  Kirchen). 


Hofburg,  alter  Teil. 


99 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  VII. 


Großer  Saal  der  k.  k.  Hofbibliothek. 


Hofburg,  alter  Teil.  101 

Im  ersten  Stockwerke  dieses  Traktes  sind  die  I.  Antckammcr,  die  Ritterstube  und  die  Tra- 
bantenstube, im  zweiten  Stocke  Suitenwohnungen  und  im  dritten  Geschosse  Dienstwohnungen 
untergebracht.  Im  südöstlichen  Teile  liegt  im  Parterre  die  Zuckerbäckcrci,  im  Mezzanin  eine 
Abteilung  der  Gencraldirektion  der  Allerhöchsten  Privat-  und  Familienfonds,  im  ersten  Stockwerke 
das  technische  Appartement,  so  genannt,  weil  hier  seinerzeit  die  für  Lehrzwecke  der  kaiser- 
lichen Prinzen  erforderlichen  technischen  und  physikalischen  Instrumente  und  Apparate  ihre 
Aufstellung  hatten,  im  zweiten  Stockwerke  ein  Teil  der  Kabinettskanzlei,  im  dritten  Geschosse 
Dienstwohnungen.  Im  nordöstlichen  Teile  liegen  im  Parterre  das  Feuerwehrwachzimmer  und 
die  Tapeziererci,  im  Mezzanin  ein  Teil  der  kaiserlichen  Familicnfondsgüter-Direktion,  im  ersten 

Stocke  Suitenwohnungen,  im  zweiten 
Geschosse  die  Kabinettskanzlci  und  im 
dritten  Stockwerke  Dienstwohnungen. 

2.  Der  Kaiscrspitaltrakt 

auf  dem  Ballhausplatze,  aus  dem  Jahre 
1543  stammend,  wurde  1903  demoliert. 


I 


3.  Die  Stallburg. 

Im  Jahre  1458  stand  an  der  Stelle  dieses 
Abb.  no.    Hofbibliothek.   I.Stock.    1:1000.  Gebäudes  das  Haus   des  Landmarschalls  von 

Ebersdorf.  Sodann  in  kaiserlichen  Besitz  über- 
gegangen, wurde  das  Gebäude  »Spanischer 
Stall«  oder  »Zaumburg«  genannt,  weil  in  den  Stallungen  derselben  die  Pferde  spanischer  Rasse  unter- 
gebracht waren.  Kaiser  Ferdinand  I.  berief  nach  seiner  Thronbesteigung  als  deutscher  Kaiser  im  Jahre  1556 
seinen  Sohn  Maximilian  (nachmals  Maximilian  II.)  aus  Spanien  nach  Wien  und  ließ  für  ihn  dieses  Haus  als 
Wohnsitz  entsprechend  umbauen.  Später  befand  sich  die  k.  k.  Gemäldesammlung  bis  zu  ihrer  Unterbrin- 
gung  im  k.  k.  ßelvedere  in  den  Räumen  dieses  Gebäudes. 

Die  Stallburg  ist  von  der  Habsburgergasse,  der  Stallburggasse,  der  Bräunerstraße  und 
dem  Josefsplatze  begrenzt  und  in  der  Höhe  ihrer  zweiten  Etage  durch  eine  Bogenüberbrückung 
mit  dem  Trakte  der  Redoutensäle  verbunden.  Sie  stellt  im  Grundrisse  ein  reguläres  Viereck 
dar  und  ist  in  einfachem  Renaissancestile  aufgeführt.  Der  Hofraum  war  ehemals  auf  allen 
Seiten  und  in  allen  Geschossen  von  Kreuzgängen  umschlossen,  welche  in  späterer  Zeit  ver- 
mauert wurden,  noch  heute  aber  deutlich  wahrgenommen  werden  können.  In  dem  Hofe  be- 
findet sich  ein  Brunnen  mit  Eisengitter,  auf  dessen  Steingrand  die  Jahreszahl  1675  gemeißelt 
ist.  Im  Jahre  1900  wurde  in  diesen  Hof  der  Kassenpavillon  für  die  k.  k.  Hoftheater  eingebaut 
und  sind  weiters  im  Parterre  die  k.  k.  Hofapotheke  und  die  Stallungen  für  die  spanischen  Reit- 
pferde gelegen.  Das  erste  Stockwerk  nehmen  die  Bureaux  des  Oberstkämmereramtes  und  der 
Generalintendanz  der  Hoftheater,  den  zweiten  Stock  die  Kanzleien  des  Ordens  der  eisernen 
Krone  und  des  Franz  Josef-Ordens,  sowie  Wohnungen  für  Hofbedienstete  ein. 

4.  Der  Amalienhof. 

An  der  Stelle  dieses  Gebäudes  stand  im  15.  Jahrhundert  der  Cillyerhof,  von  dem  dort  wohnhaft  ge- 
wesenen Grafen  Friedrich  von  Cilly,  Statthalter  von  Österreich  und  Erzieher  des  Prinzen  Ladislaus  Post- 
humus, des  Sohnes  Kaisers  Albrecht  II.,  so  genannt.  Im  16.  Jahrhundert  als  Hof-Zeughaus  verwendet,  wurde 
es  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  von  Kaiser  Rudolf  II.  vollständig  umgebaut.  Nach  dem  Tode 
Kaiser  Josef  I.,  also  anfangs  des  18.  Jahrhunderts,  erhielt  dieser  Burgtrakt  die  Bestimmung  als  Witwensitz 
für  dessen  Gemahlin  Kaiserin  Wilhelmine  Amalia  und  ward  seither  Amalienhof  benannt. 

Dieser  Gebäudetrakt  ist  vom  Franzensplatze,  von  der  Schauflergasse  und  dem  Ballhaus- 
platze begrenzt;  an  der  vierten  Seite  gegen  die  Löwelstraße  ist  er  durch  einen  Schwibbogen 
mit  dem  Leopoldinischen  Trakte  verbunden.  Im  Erdgeschosse  befinden  sich  das  Oberststall- 
meisteramt und  mehrere  Hof-Offizen,  im  Mezzanin  das  Gisela-Appartement,  Suitenwohnungen 
und  Bureaux.  Das  erste  Stockwerk  gegen  den  Franzensplatz  bewohnte  weiland  Ihre  Majestät  die 
Kaiserin  Elisabeth;  diese  Gemächer  sind  noch  heute  in  ihrer  Einrichtung  vollständig  unver- 
ändert geblieben.  Gegen  den  Ballhausplatz  und  die  Bellaria  gerichtet,  befindet  sich  im  ersten 
Stocke  das  Alexander-Appartement,  so  genannt,  weil  dortselbst  während  des  Wiener  Kongresses 
Kaiser  Alexander  I.  von  Rußland  wohnte.  In  diesem  Appartement  sind  namentlich  die  gut  er- 
haltenen Rokokoplafonds,  mit  zahlreichen  Waffenemblemen  geziert,  erwähnenswert.  Das  zweite 
Stockwerk  enthält  Suiten-  und  Dienstwohnungen. 


02 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


5.  Der  Lcopoldinische  Trakt. 

Im  Jahre  1660  wurde  voii  Kaiser  Leopold  I.  dieser,  den  Inneren  von  dem  Äußeren  Burgplatze  tren- 
nende Burgflügel  als  Verbindung  des  Schweizerhofes  mit  dem  Cillyer-(Ama!ien-)Hofe  und  als  kaiserlicher 
Wohn-  und  Haupttrakt  zu  bauen  begonnen  und  im  Jahre  1665  vollendet.  Schon  zwei  Jahre  darauf  (1668; 
brannte  das  Gebäude  ab,  wurde  sodann  wieder  aufgeführt  und  war  in  weiteren  zwei  Jahren  (1670)  voll- 
endet. Auch  dieser  Trakt  erfuhr  unter  Kaiserin  Maria  Theresia  namhafte  Adaptierungen,  unter  anderen 
den  Umbau  der  „Adlerstiege'. 


Hofburg,  Detail  vom  Reichskanzleitrakt. 


Im  Parterre  dieses  Traktes  ist  die  Militär-Hauptwache  und  die  Offize  des  Hof-Weinkellers 
untergebracht.  Die  Weinkeller  selbst  bestehen  aus  drei  Etagen  unterhalb  des  Gebäudes. 
Das  Mezzaningeschoß  ist  gegen  den  Franzcnsplatz  von  der  Militärkanzlei  Sr.  Majestät 
okkupiert;  die  ganze  Länge  des  Traktes  gegen  den  Äußeren  Burgplatz  durchläuft  der  soge- 
nannte Kontrollorgang.  Das  erste  Stockwerk  enthält  das  Zeremoniell-Appartement  (gegen  den 
Franzensplatz)  und  das  große  Fremden-Appartement  (gegen  den  Äußeren  Burgplatz).  In  dem 
ersteren    befinden    sich    als  Wandschmuck    prachtvolle  Gobelins    nach  Entwürfen    von  Charles 


Hofburg,  alter  Teil. 


103 


Herbei  (f  1703)  aus  der  Fabrik  La  Malgrange  bei  Nancy,  die  Siege  Herzogs  Karl  V.  von  Loth- 
ringen über  die  Türken  darstellend.  Dieses  Appartement  besteht  aus  nachfolgenden  Repräsen- 
tationsgemächern: Trabantenstube,  Ritterstube,  I.  Antekammcr  (diese  drei  Räume  noch  im 
Schweizerhoftrakte  gelegen),  II.  Antekammcr  oder  Marmorsaal,  Geheime  Ratstube,  Audienz- 
saal (mit  den  zwei  lebensgroßen  Porträts  Ihrer  Majestäten  von  Winterhaider),  Miniaturen- 
kabinett, Spiegelsaal,  Pietradurazimmer  (mit  den  berühmten  Florentiner  Mosaikbildcrn)  und 
zwei  Antekammern  gegen  die  Adlerstiegc. 

Das  große  Fremden-Appartement,  welches  parallel  zu  dem  Zeremoniell-Appartement  liegt, 
wird  als  Wohnraum  für  Allerhöchste  Gäste  Sr.  Majestät  benutzt;  sowohl  dieses  wie  die  Re- 
präsentationsräume  sind  sämtlich  in  weißer  Boiserie  mit  Goldornamenten  im  Rokokostile  aus- 
gestattet. Von  dem  Vorräume  des  großen  Fremden-Appartements  betritt  man  das  Oratorium 
der  Josefs-  oder  Kammcrkapelle,  welche  gegen  die  Bellaria  gelegen  ist.  Oberhalb  des  Altares 
dieser  Kapelle  befindet  sich  ein  in  Nachbildung  des  Rubensschen  Ildefonso-AItares  von  Hans 
Canon  gemaltes  Triptychon.  Im  Mittelfelde  ist  die  heilige  Elisabeth,  in  den  beiden  Seitenfeldern 
sind  in  betender  Stellung  Kronprinz 

Rudolf  mit  Erzherzogin  Marie  Va-  Tv.  ^KM— EE^  '"^a^T^gy.tn'gaikiSF^i  i  j^SI 
lerie  und  Prinz  Leopold  in  Bayern 
mit  seiner  Gemahlin,  Erzherzogin 
Gisela,  dargestellt.  Das  zweite  Stock- 
werk enthält  gegen  den  Franzens- 
platz das  Franz  Karl-Appartement, 
gegen  den  Äußeren  Burgplatz  das 
Sophien-Appartement  und  sonstige 
Gemächer.  Im  dritten  Stockwerke, 
das  in  seiner  ganzen  Länge  durch 
den  sogenannten  Fräuleingang  in 
zwei  Abteilungen  getrennt  wird, 
liegen  Suiten-  und  Dienstwohnungen. 

6.  Die  Hofbibliothek  (Abb.  169, 
170  und  Tafel  VII). 

Nach  P.  Matthias  Fuhrmann  hatte 
schon  Kaiser  Leopold  I.  die  Absicht,  das 
ehemals  an  der  Stelle  der  heutigen  Hof- 
bibliothek gestandene  Theater  demolieren 
und  ein  Bibliotheksgebäude  dortselbst 
aufführen  zu  lassen.  Die  damaligen  krie- 
gerischen Zeitverhältnisse  ließen  aber  die 
Verwirklichung  dieses  Vorhabens  nicht 
zu,  welches  erst  Kaiser  Karl  VI.  zur  Tat 
machte,  indem  er  Joh.  Bernhard  Fischer 
von  Erlach  mit  der  architektonischen 
Durchführung  dieser  Aufgabe  betraute. 
Fischer  entwarf  die  Pläne  samt  allen 
Details  und  leitete  bis  zu  seinem  1723 
erfolgten  Tode  selbst  den  Bau,  welcher 
im  Jahre  1726  vollendet  war.  Im  Jahre 
1769  wurden  unter  Maria  Theresia  und 
Josef  II.,  da  sich  nicht  unbedenkliche 
Ausweichungen  der  die  Kuppel  tragenden 
Mauerteile  bemerkbar  machten  (wie  aus 
der  Inschrift  an  der  Hauptfassade  hervor- 
geht), Subkonstruktionen  vorgenommen, 
im  selben  Jahre  auch  die  bis  dahin  be- 
standene Mauer,  welche  zwischen  der 
Ecke  an  der  Augustinerstraße  und  dem  Redoutensaaltrakte  gezogen  war,  demoliert  und  hierdurch  der 
offene  heutige  Josefsplatz  geschaffen. 

Die  Fassade  des  Bibliotheksgebäudes  besteht  aus  drei  Gruppen,  dem  mächtigen, 
kuppelgekrönten  Mittelbau  und  den  zwei  Seitentrakten.  Auf  dem  in  markiger  Rustik  ausge- 
führten Parterreunterbau  erheben  sich  das  erste  und  zweite  Stockwerk  in  äußerst  edlen  Massen- 
verhältnissen, und  sind  sowohl  der  Hauptrisalit  wie  die  mäßigen  Vorsprünge  der  beiden 
Seitentrakte    durch    ionische,    beide  Stockwerke  zusammenfassende  Pilaster    besonders    hervor- 


Abb. 


Reichskanzleitrakt,  Durchfahrt. 


104 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


gehoben.  Auf  der  Attika  des  Mittelbaues  ist  Minerva  auf  einer  Quadriga  dargestellt,  während 
auf  den  seitlichen,  niedrigeren  Attikcn  in  sitzender  Stellung:  Atlas,  den  Globus  tragend,  und 
Gäa,  den  Erdball  haltend,  die  Hauptgruppen  bilden.  Flankierende  Figuren  und  Vasen  ergänzen 
den  Schmuck  der  Fassadenbekrönung. 

Der  Innenraum  des  Bibliotheksgebäudes  kann  mit  vollem  Rechte  als  der  schönste  Bücher- 
saal der  Welt  bezeichnet  werden.  Hier  gelangte  die  geniale  Kunst  Fischers  von  Erlach  zu 
glänzendem  Ausdrucke,  denn  kaum  wird  wohl  ein  ähnliches  Bauwerk  zu  finden  sein,  bei 
welchem  die  Rücksichtnahme  auf  praktische,  utilitäre  Zwecke  mit  der  idealsten  künstlerischen 
Ausgestaltung  sich  zu  solch  harmonischer  und  grandioser  Gesamtwirkung  verbände.  Voll- 
kommen der  äußeren  Fassade  entsprechend,  gliedert  sich  der  imposante  Saal  in  drei  Haupt- 
gruppen, den  eigentlichen  Kuppelraum  und,  durch  je  eine  kleine  Zwischenteilung  vermittelt, 
die  beiden  Scitcnräume.  Architektonisch  sind  diese  drei  Gruppen  nur  durch  gekuppelte  Säulen- 
stellungcn  korinthischer  Ordnung  getrennt,  so  daß  das  ganze  Interieur  als  ein  offener  Hallen- 
bau sich  darstellt.  Der  Kuppelraum  wird  durch  eine  mit  ihrer  Längenachse  von  Nordost 
nach  Südwest  liegende  Ellipse  gebildet  und  erhält  seine  Beleuchtung  außer  von  den  Fenstern 
durch  acht  mächtige,  in  das  Kuppelgewölbe  geschnittene,  gleichfalls  elliptische  Lukarnen.  Das 
prachtvolle  Frcskogcmälde  in  der  inneren  Kuppelfläche,  sowie  die  Plafondfresken  der  Annex- 
räume und  die  übrigen  Bilder  sind  von  Daniel  Gran  gemalt,  in  welchem  Meister  Fischer  von 
Erlach  einen  kongenialen  Mitarbeiter  gefunden  hatte.  Das  Mittelbild  ist  eine  allegorische  Glori- 
fizierung  der  Begründer  und  Förderer  der  Bibliothek,  während  die  anderen  bildlichen 
Darstellungen  die  verschiedenen  Wissenschaften  und  Künste  symbolisieren.  In  der  Mitte  des 
Kuppelraumcs  befindet  sich  die  lebensgroße  Marmorstatue  Karls  VI.  in  Imperatorengewan- 
dung, in  einiger  Entfernung  umgeben  von  weiteren  Herrscherstatuen,  deren  Ausführung 
von    P.  Matthias    Fuhrmann    dem    Bildhauer    Peter  Strudel    zugeschrieben  wird.    Die   um   den 


Abb.  173.     Hofburg,  Michaeiertrakt. 


ganzen  Innenraum  laufende  Galerie  ist  gleichwie  die  Bücherschränke  aus  Nußbaumholz 
mit  reicher  Vergoldung  der  Barockornamentik  hergestellt.  Die  Verbindung  mit  dem  Saal- 
fußboden, welcher  mit  Marmorfliesen  belegt  ist,  wird  durch  vier  steinerne  Wendeltreppen 
vermittelt. 


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105 


In  neuester  Zeit  wird  dieser  Büchersaal  bei  Gelegenheit  von  Besuchen  auswärtiger  Sou- 
veräne von  Sr.  Majestät  dein  Kaiser  als  Cercle-Appartement  nach  Hof-Konzerten  oder  Hof- 
Diners  benützt.  Derselbe  gewährt  in  elektrischer  Beleuchtung-,  mit  Blattpflanzen  und  kostbaren 
Teppichen  geschmückt,  einen  prächtigen  Anblick. 


7.  Der  Rcichskanzleitrakt  (Abb.   171,   172). 

Unter  der  Regierung  Kaiser  Karl  VI.  wurde  nach  Demolierung  eines  unansehnlichen, 
zu  Kanzleien  verwendet  gewesenen  niederen  Traktes  zwischen  dem  Michaelerplatze  und  der 
Schauflergasse  als  architektonischer  Abschluß  des  Inneren  Burgplatzes,  welcher  bis  dahin  nur  auf 


Abb.  174.     Hofburg,  neuer  Teil. 
Grundriß  des  im  Bau  befindlichen  Flügels  nach  dem  ursprünglichen  Entwürfe  Hasenauers. 

1 :  2000. 


drei  Seiten  von  Gebäuden  umgeben  war,  der  imposante  Kolossalbau  des  heutigen  „Reichskanzleitraktes" 
im  Jahre  1728  nach  den  Plänen  Fischers  von  Erlach  aufgeführt.  Der  Name  Reichskanzleitrakt  rührt  daher, 
weil  in  diesem  Gebäude  zu  jener  Zeit  Sr.  Römischen  kaiserlichen  Majestät  Reichs-Hof-Rat  zu  tagen  pflegte, 
welcher  nach  dem  kaiserlichen  geheimen  Rats-Kollegium  das  höchste  Gericht  des  heiligen  römischen 
Reiches  war,  vor  welchem  nicht  nur  Prozeßsachen  der  Reichsstände,  sondern  auch  andere  im  Reiche 
vorgefallene  Angelegenheiten  behandelt  wurden.1)  Vom  Jahre  1712 — 1728  stand  beiläufig  an  der  Stelle 
des  heutigen  Kuppelbaues  gegen  den  Michaelerplatz  die  „Karolinische  Triumphpforte",  nach  einer  Idee 
des  seinerzeitigen  Medailleninspektors  Gustav  Adolph  Heraus  von  dem  Baumeister  Johann  Lucas  von 
Hildebrand  mit  reichem  ornamentalem  und  figuralem  Schmucke  zur  Verherrlichung  der  Siege  in  Spanien 
aufgeführt.  Sie  wurde  anläßlich  des  Baues  des  Reichskanzleitraktes  1728  abgetragen. 

Das  Reichskanzleigebäude  ist  vier  Stockwerke  hoch,  die  Fassade  durch  korinthische 
Pilaster  gegliedert,  im  ersten  Stockwerke  mit  drei  Baikonen  versehen  und  mit  einer  Attika  be- 
krönt, auf  welcher  in  der  mittleren  Höhenachse  das  Wappen  Karls  VI.  mit  der  Kaiserkrone, 
flankiert  von  tubablasenden  Famen  und  vier  Frauengestalten,  angebracht  ist.  Das  Mitteltor 
führt  zur  Hauptstiege  des  Traktes,  rechts  und  links  liegen  Durchfahrten  und  Durchgänge  gegen 
den  Michaelerplatz  und  die  Schauflergasse.  Zu  beiden  Seiten  der  zwei  Torbogen  dieser  Durch- 
fahrten sind  Kolossalgruppen,  Taten  des  Herakles  darstellend,  angebracht,  und  zwar  bei  der 
Durchfahrt  gegen  den  Michaelerplatz  die  Besiegung  des  Antäus  und  des  Busiris,  bei  jener 
gegen  die  Schauflergasse  die  Besiegung  des  nemäischen  Löwen  und  des  kretensischen  Stieres. 
Diese  Gruppen  wurden  von  dem  Bildhauer  Lorenzo  Mattielli  ausgeführt. 

Im  ersten  Stockwerke  liegen  die  Wohngemächer  Sr.  Majestät  mit  den  Audienzräumen  und 
daranstoßend  das  Stephan-Appartement,  in  welchem  kleinere  Diners  stattfinden.  Von  den 
Interieurs  verdient  besonders  die  bildliche  Ausschmückung  des  großen  Audienzvorsaales  her- 
vorgehoben zu  werden,  in  welchem  drei  große,  auf  Wachsgrund  von  Peter  Krafft  ausgeführte 
Wandgemälde  mit  lebensgroßen  Figuren  sich  befinden.  Zwei  dieser  Gemälde  haben  die  Rück- 
kehr Kaisers  Franzi,  in  den  Jahren  1809  und  1814  von  den  Schlachtfeldern  und  eines  die 
erste  Ausfahrt    des  Monarchen    nach    dessen  schwerer  Krankheit    im  Jahre   1826    zum  Gegen- 


')  P.  Fuh  rma  nn. 


106 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Abb.  175.     Neubau  der  Hofburg;,  Ansicht  vom  Heldenplatz. 

stände.  Im  Stephan-Appartement  bilden  besonders  prächtige  Gobelins  den  Wandschmuck 
welche  nach  Kartons,  die  Anton  Coypel  mit  Benützung  Raffaelscher  Zeichnungen  entwarf,  in 
der  Pariser  Gobelinfabrik  angefertigt  wurden;  darunter  „Das  Urteil  des  Paris"  und  „Der  Raub 
der  Helena".  Im  Mezzanin  befinden  sich  die  Bureaux  der  beiden  Obersthofmeister,  das  Oberst- 
hofmeisteramt und  das  Zeremoniell-Departement.  Das  zweite  Stockwerk  umfaßt  Absteigquartiere 
für  höchste  Gäste,  das  dritte  Geschoß  Suiten-  und  Dienstwohnungen.  Im  Parterre  sind  die 
Hof-Wäschekammer  und  die  Uniformierungsabteilung  untergebracht. 

8.  Die  Winter-Reitschule. 

Das  Areale,  welches  heute  das  Reitschulgebäude  und  die  zwischen  diesem  und  dem  Schweizerhof- 
trakte liegende  Sommer-Reitschule  einnimmt,  bildete  bis  in  die  erste  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  den  soge- 
nannten Lustgarten,  welcher  unter  dem  deutschen  Kaiser  Ferdinand  I.  angelegt  wurde.  Kaiser  Karl  VI.  ließ 
den  Bau  der  Reitschule  nach  den  Plänen  Johann  Bernhard  Fischers  von  Erlach  im  Jahre  1729  beginnen, 
und  wurde  derselbe  unter  der  Leitung  seines  Sohnes  Josef  Emanuel  Fischer  1735  fertiggestellt.  Da  schon 
früher  der  ältere  Fischer  die  Idee  hatte,  die  Burg  gegen  den  Michaelerplatz  mit  einer  monumentalen 
Fassade  auszugestalten,  vereinigte  er  diese  Absicht  mit  seinem  Entwürfe  der  Winter-Reitschule  und  ließ  den 
pavillonartigen,  kuppelgekrönten  Eckbau  der  Reitschule  als  den  östlichen  Anfang  der  künftig  herzustellen- 
den ßurgfassade  gelten. 

Die  spanische  oder  Winter-Reitschule  wird  vom  Josefsplatze  aus  betreten;  sie  bildet  ein 
Rechteck  von  57  m  Länge  und  19  m  Breite  und  hat  zwei  Galerien,  wovon  die  obere  durch 
steinerne  korinthische  Säulen  getragen  wird.  Beide  Galerien  sind  gegen  den  Innenraum  von 
Steinballustraden  begrenzt.  An  der  Stirnseite,  unterhalb  der  Eckkuppel,  befindet  sich  die  Hof- 
loge, mit  einem  lebensgroßen  Reiterbilde  Karl  VI.  geziert.  Gleichwie  die  Innenarchitektur  trägt 
auch  die  Fassade  des  Gebäudes  das  Gepräge  der  durch  ihre  harmonischen  Massenverhält- 
nisse so  erhaben  wirkenden  Kunst  Fischers  von  Erlach. 

9.  Die  Redoutensäle. 


In  dem  Trakte  der  heutigen  Redoutensäle  bestanden  schon  in  der  Zeit  vor  Maria  Theresia  zwei 
Theatersäle,  von  denen  der  kleinere  bei  großen  Festlichkeiten  der  Abhaltung  von  Banketten  sowie  der  Auf- 
führung italienischer  Komödien  gewidmet  war,  während  im  großen  Saale  das  damalige  Hofoperntheater 
sich  befand,  in  welchem  die  italienische  Opera  seria  gepflegt  wurde.  Im  Jahre  1741  wurde  ein  deutsches 
Komödieuhaus  nach  einem  Projekte  des  Schauspielers  Weißkern  an  der  Stelle  des  alten  Ballspielhauses  er- 
baut, nachdem  letzteres  auf  den  Ballhausplatz  verlegt  worden  war.  Dieses  Komödienhaus,  aus  welchem 
später  das  seither  demolierte  eigentliche  Hof- Burgtheater  wurde,  erweiterte  1743  der  Impressario  Sellier  und 
führte  darin  auch  italienische  Singspiele  auf.  Aus  diesen  Anfängen  entwickelte  es  sich  zum  italienischen 
Operntheater.  Nun  wurden  das  alte  Theater  und  der  kleine  Saal  einem  gänzlichen  Umbaue  unterzogen  und 


Hofburg,  alter  Teil. 


107 


unter  Leitung  des  Impressario  Freiherrn  von  Lopresti  diese  Räume  in  Redoutensäle  umgestaltet.  Diese 
beiden  Scale  erhielten  1752  eine  neue  Innenarchitektur  und  im  Jahre  1767  wurde  die  Fassade  des  Traktes 
in  der  heute  noch  bestehenden  Weise  hergestellt.  Weitere  Restaurierungen  erfuhren  die  Säle  in  den  Jahren 
178S.  1816  und  1840  und  die  letzte  im  Jahre  1S91  unter  Mitwirkung'  des  Verfassers,  bei  welchem  Anlasse 
die  den  großen  Saal  umsäumende,  sehr  niedrige  Galerie  entfernt,  die  Wände  des  großen  Saales  mit  Gobe- 
lins ausgestattet  und  ein  neuer  Zugang  für  den  Allerhöchsten  Hof  in  der  Mitte  der  den  Fenstern  gegen- 
über befindlichen  Wand  des  kleinen  Saales  geschaffen  wurde. 

Von  den  beiden  Rcdoutcnsälcn  macht  der  kleinere  Saal,  225  m  lang,  11 -20  m  breit, 
1218  m  hoch,  in  seinen  schönen  Verhältnissen  mit  der  Ausschmückung  durch  korinthische 
Säulen  und  Pilaster  den  künstlerisch  angenehmeren  Eindruck,  während  der  große,  mit  Empire- 
motiven ausgestattete  Saal,  397  tu  lang,  169  m  breit,  15-4m  hoch,  da  er  wenig  Ausladungen 
besitzt,  sich  etwas  nüchtern  präsentiert,  jedoch  durch  die  Dekoration  mit  den  Gobelins  und 
die  erfolgte  Entfernung  der  beängstigend  drückend  angebracht  gewesenen  Galerie  gleichwohl 
ein  vornehm  freundliches  Ansehen  gewonnen  hat.  Bei  Gelegenheit  von  Ballfesten  gewähren 
übrigens  beide  Säle  in  reicher  elektrischer  Beleuchtung  und  üppigem  Pflanzenschmucke  einen 
imposanten  Anblick. 

10.  Der  Augustinergang 

und  die  daran  grenzenden  Räume  der  Familien-Fideikommißbibliothek,  erbaut  im  Jahre  1759, 
wurden  1903  demoliert  und  die  Allerhöchste  Privatbibliothek  in  einen  Trakt  der  neuen  Hof- 
burg verlegt. 

11.  Der  Ritter-  oder  Zeremoniensaal. 

Dieser  Gebäudeteil  der  Hofburg,  welcher  an  der  südwestlichen  Fassade  des  Leopoldinischen  Traktes 
einen  Vorsprung  gegen  den  Äußeren  ßurgplatz  bildete  und  deshalb  im  Volksmunde  „die  Nase"  hieß,  welche 


Abb.  176.    Neubau  der  Hofburg-,  Ansicht  vom  Kaisergarten. 


108 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Bezeichnung  jetzt  wegen  des  in  neuester  Zeit  daran  angebauten  zweiten  Festsaales  und  einer  Loggia  nicht 
mehr  berechtigt  ist,  steht  auf  dem  Platze,  wo  bis  zum  Jahre  1756  auf  den  damaligen  Basteigründen  —  genannt 
die  „spanische  Bastei"  oder  kurzweg  „der  Spanier"  —  der  „Widmerturm  mit  dem  Widmertore"  sich  be- 
fand. Weiland  Kaiser  Franz  I.  ließ  durch  den  Hofarchitekten  Montoyer,  den  Vater  des  späteren  Burghaupt- 
mannes  gleichen  Namens,  den  Saalbau  aufführen,  welcher  1805  beendet  war. 

Das  Interi- 
eur ist  in  rö- 
misch-korinthi- 
scher Ordnung 
architektonisch 

ausgestaltet, 
mit  freistehen- 
den Säulen- 
stellungen ge- 
schmückt und 
mit  reicher  pla- 
stischer Kasset- 
tierungdesPla- 
fondsversehen. 
Von  besonde- 
rer Zierlichkeit 
sind  die  in  ihrer  übrigens  ganz  einfachen  Empireform  äußerst  angenehm  wirkenden,  ver- 
silberten Luster.  Die  Länge  des  Saales  beträgt  304  m,  die  Breite  1960  m,  die  Höhe  13  m. 
Der  Zeremoniensaal  dient  bei  den  Eröffnungen  des  Reichsrates  als  Thronsaal,  und  werden  in 
demselben  die  „Bälle  bei  Hofe"  abgehalten,  während  die  „Hofbälle",  bei  welchen  die  Ein- 
ladungen in  erweitertem  Umfange  ergchen,  im  großen  Redoutensaale  stattfinden.  Auch  die 
Zeremonie  der  Fußwaschung  am  Gründonnerstage  wird  alljährlich  in  diesem  Saale  vollzogen. 


Oberes  Belvedcre. 


Grundriß  I.  Stock,  1  :1000. 


12.  Der  Kaisergarten. 

Dieser  dem  Volksgarten  gegen- 
überliegende kaiserliche  Privatgarten, 
dem  der  neuerbaute  Hofburgflügel 
vorgelegt  ist,  wurde  im  Jahre  1818 
angelegt,  nachdem  im  Jahre  1809  die 
daselbst  befindlich  gewesenen  Stadt- 
mauern entfernt  worden  waren. 

Eine  Sehenswürdigkeit  des 
in  englischer  Art  gehaltenen  Gar- 
tens   bildete    das    Gewächshaus. 


Abb.  17S.     Belvedcre. 

Gesamtanlage    nach    dem  Stiche 

von  S.  Kleiner. 


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Hofbure:,   alter  Teil. 


109 


welches  ein  sehr  ansehnlicher  Bau  war;  es  wurde  im  Jahre  1903  demoliert,  um  für  das  neue, 
gegen  wärt  ig-  im  Bau  begriffene  Pflanzenhaus  Platz  zu  schaffen.  In  einem  Seitenteil  des  Gartens 
steht  eine  von  Balthasar  Moll  aus  Blei  geschaffene  Reiterstatue  Kaiser  Franz  I.,  Gemahls  der 
Kaiserin  Maria  Theresia;  das  Standbild  wurde  im  Jahre  1819  vom  Paradicsgärtchen  hierher 
versetzt.  (Die  sonstigen  im  Bereich  der  Hofburg  errichteten  Monumente  werden  in  dem 
Abschnitte:   „Denkmale  und  Brunnen"   besprochen.) 

13.  Das  Burgtor. 

Für  diesen  Torbau  ließ  weiland  Kaiser  Franz  I.  eine  allgemeine  Konkurrenz  ausschreiben,  aus  welcher 
das  Projekt  des  Architekten  von  Nobile  als  das  zur  Ausführung;  geeignetste  hervorging.  Sowohl  sämtliche 
Steinmetz-  und  Maurerarbeiten  wie  die  Fuhrwerksleistung  wurden  seitens  des  k.k.  Militärs  besorgt;  im 
Jahre  1824  erfolgte  die  Eröffnung  des  Tores  »siehe  Abb.  1). 

Die  eigentliche  Torhalle  besteht  aus  5  Bogenkörpern,  welche  von  12  dorischen,  kanne- 
lierten Säulen,  4  Pfeilern  und  den  Seitenmauern  der  Wachstuben  getragen  werden.  Die  Aus- 
dehnung der  gegen  den  Äußeren  Burgplatz  gerichteten  Fassade  beträgt  722  m,  die  Torhöhe 
samt  der  Attika  1385m.  Auf  der  inneren  Attika  gegen  den  Burgplatz  prangt  der  Wahlspruch 
weiland  des  Kaisers  Franzi.:  „Iustitia  regnorum  fundamentum",  auf  der  äußeren  Seite  nach 
der  Ringstraße  die  Inschrift:   „Franciscus  I.  Imperator  Austriae". 

14.  Der  Michaeiertrakt  (Abb.  173). 

Wie  schon  bei  Besprechung  des  Gebäudes  der  Winter-Reitschule  erwähnt  wurde,  gedachte  Fischer 
von  Erlach  die  Hofburg  gegen  den  Michaelerplatz  mit  einer  grandiosen  Fassade  abzuschließen.  Doch  kam 
man  damals  kaum  über  die  Anfänge  zur  Ausführung  dieses  Monumentalwerkes  hinaus;  die  Fortsetzung 
unterblieb  und  die  Rudimente  waren  beiläufig  170  Jahre  hindurch  am  Michaelerplatze  sichtbar.  Im  Jahre 
1889  ließ  Kaiser  Franz  Josef  I.  nach  dem  Fassadenentwurf  von  Fischers  den  Ausbau  durch  den  damaligen 
Burghauptmann,  Architekten  Ferdinand  Kirschner,  durchführen  und  im  Jahre  1893  war  der  Bau  in  seiner 
heutigen  Gestalt  beendet.1) 

')  Siehe  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1894. 


Abb.  179.    Schloß  Belved;re,  Unterfahrt. 


110  Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 

Die  Fassade  gliedert  sich  einschließlich  des  Parterres  in  vier  Geschosse,  von  welchen 
das  erste  und  zweite  Stockwerk  durch  korinthische  Säulenstellungen  architektonisch  besonders 
hervorgehoben  sind.  Von  beiden  Eckpavillons  am  Michaelcrplatze  schwingt  sich  in  sanft  kon- 
kaver Kurve  die  Fassade  zurück  und  findet  an  einem  mächtigen  Mittelrisalit  ihren  monumen- 
talen Abschluß.  Reicher  figuraler  Schmuck  vervollständigt  den  imposanten  Gesamteindruck. 
Die  beiden  aus  Laascr  Marmor  verfertigten  Brunnengruppen  an  den  Seitenpavillons  symboli- 
sieren gegen  die  Reitschulgasse  „Die  Herrschermacht  zur  See"  (von  Rud.  Weyr),  gegen  die 
Schauflergasse   „Die  Herrschcrmacht  zu  Lande"   (von  Edmund  Hellmer). 

Da  auf  dem  Inneren  Burgplatzc  nächst  den  Durchfahrten  des  Reichskanzlcitraktes  Figuren- 
gruppen mit  Darstellungen  von  Taten  des  Herakles  aufgestellt  sind,  so  wurde  für  die  Gruppen 
nächst  des  Portikus  der  Fassade  gegen  den  Michaelcrplatz  gleichfalls  dieser  Sagenkreis  zum 
Vorwurfe  genommen.  Diese  vier  Gruppen  stellen  dar:  „Die  Besiegung  der  Hydra"  (von  E.  v. 
Hofmann),  „Die  Befreiung  der  trojanischen  Königstochter  Hesione"  (von  Scherpe),  „Die  Be- 
freiung des  gefesselten  Prometheus"  (von  Lax),  „Die  Bändigung  des  Kerberos"  (von  Wag- 
ner). Die  zwei  das  Kaiserwappen  tragenden  Famafiguren  sind  von  Silbernagel,  die  Fasces- 
träger  auf  der  Attika  von  Schmidgrubcr  und  die  Trophäen  von  Pendl  ausgeführt,  während 
die  die  Hauptfassade  bekrönende  Mittelgruppe:  „Weisheit,  Gerechtigkeit  und  Stärke"  von 
Johannes  Benk  gestaltet  wurde.  Innerhalb  der  Eingangshalle  befinden  sich  zwei  schöne  Haut- 
reliefs, und  zwar  links:  Adventus  Augusti  (von  Stephan  Schwartz),  rechts:  Pcrfectio  Augusti 
(von  Otto  König).  Der  große  Kuppelraum  der  Durchfahrt,  durch  acht  Lukarnen  beleuchtet 
und  von  geradezu  imponierenden  Dimensionen,  ist  mit  dem  Inneren  Burgplatze  durch  eine 
oktogonale  Halle  verbunden,  welche  figurale  Doppclgruppen,  die  Wahlsprüche  österreichischer 
Herrscher  darstellend,  schmücken.  In  diesem  Trakte  sind  im  Parterre  das  Obersthofmarschallamt 
und  die  Silberkammer  untergebracht.  Im  Mezzanin  befinden  sich  Suitenwohnungen  und  Ämter, 
im  ersten  Stocke  Suitenwohnungen  und  in  der  zweiten  Etage  Wachlokale  von  Garden  und  Bureaux. 

15.  Der  neue  Festsaal  und  die  Galerie  nächst  des  Zeremoniensaales. 

Es  war  bei  Festlichkeiten,  welche  im  Zeremonien-  oder  Rittersaale  abgehalten  wurden,  stets  der  Ge- 
danke beängstigend,  daß  aus  dem  dichtgefüllten  Saale  nur  drei  in  den  Marmorsaal  mündende  Türen  führten 
und  jeder  seitliche  Ausgang  mangelte.  Diesem  Übelstande  wurde  im  Jahre  1898  über  Anregung  des  zweiten 
Obersthofmeisters  Fürsten  von  Montenuovo  durch  die  Erbauung  eines  neuen  Saales  mit  einer  dem  Ritter- 
saale vorgelagerten  Loggia  und  einer  beide  Säle  in  Verbindung  bringenden  Galerie  abgeholfen;  dieser  Saal- 
bau, welcher  durch  den  Architekten  Ministerialrat  Emil  von  Förster  in  kaum  sechs  Monaten  hergestellt 
wurde,  wird  für  so  lange  Zeit  als  Provisorium  bestehen  bleiben,  als  der  für  die  Zukunft  geplante  Haupt- 
trakt der  neuen  Hofburg  gegen  den  Äußeren  Burgplatz  nicht  zur  Ausführung  gelangt. 

Der  neue  Saal  ist  im  Empirestile  gehalten,  39  m  lang,  1264  m  breit  und  12'83m  hoch, 
mit  Gemälden  von  Julius  Schmid  geziert  und  mit  elektrischen  Lustern  ausgestattet  und  bietet 
mit  dem  nebenliegendcn  Galeriesaale  angemessenen  Raum  für  die  Bewegung  der  Gesellschaft 
bei  Festlichkeiten,  welche  im  Rittersaaltrakte  abgehalten  werden. 

Literatur. 

Karajan,  Die  alte  Kaiserburg  zu  Wien;  Hormayr.  Geschichte  Wiens,  Bd.  II;  Österreich-Ungarn  in  Wort  und  Bild,  Band 
Wien;  F.  Ki  rsch  ncr,  Ausbau  der  k.  k.  Hofburg  gegen  den  Michaelerplatz.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
Vereines,  1894;  Die  Hofbibliothek  in  Wien.  Kunst-  und  Verlagsanstalt  J.  Lövry,  Wien  1897;  Gurlitt,  Geschichte  des  Barockstiles 
und  des  Rokoko;  Beschreibung  der  Hofbibliothek  von  Salom.  Kleiner.  Wien  1737. 


Heinrich  Lisseclt. 


Hofburg,  neuer  Teil  (Abb.   174  bis   176  und  Tafel  VIII). 


Der  Bau  der  k.  k.  Hofburg  gegen  den  Kaisergarten  in  der  gegenwärtigen  Ausdehnung 
ist  ein  Teil  der  von  Karl  von  Hasenauer  für  diesen  Platz  in  großen  Zügen  entworfenen  ein- 
heitlichen Prachtbauten.  Die  den  Platz  einschließenden  Gebäudeteile  sind  einerseits  das  Ge- 
bäude der  k.  k.  Hofstallungen,  anderseits  die  beiden  Museumsgebäude  und  der  eigentliche  Bau 
der  k.  k.  Hofburg,  ein  großes  Hufeisen  bildend,  welches  von  dem  Flügel  der  alten  Hofburg 
abgeschlossen  wird.  Der  Bau  der  k.  k.  Hofmuscen,  welcher  zuerst  in  Angriff  genommen  wurde, 
war  also  schon  ein  Teil  zur  Verwirklichung  des  Hascnauerschen  Projektes.  Hasenauer  dachte 
sich  das  alte  Burgtor  entfernt  und  die  Ringstraße  durch  mächtige  Triumphpforten,  welche 
von  den  Museen  zu  den  beiden  Flügeln  der  neuen  Hofburg  reichen  sollten,  überbrückt. 

Um  zur  Geschichte  des  Baues  der  k.  k.  Hofburg  zu  gelangen,  erscheint  es  notwendig, 
zuerst    des  Baues    der  k.  k.  Hofmuscen    kurz    zu   gedenken.  Zum  Zwecke  der  Erlangung  von 


Hofburg,  neuer  Teil. 


111 


Abb.  ISO.     Schloß  Belvedere,  Treppenhalle. 


Plänen  für  die  Museen  wurde  eine  beschränkte  Konkurrenz  unter  den  Architekten  Hansen, 
Löhr  und  Hasenauer  eingeleitet.  Das  Ergebnis  dieser  Konkurrenz  war  die  Annahme  des  Pro- 
jektes Hasenauers,  wobei  demselben  nahegelegt  wurde,  im  Einvernehmen  mit  Gottfried  Semper, 
welcher  als  Juror  fungierte,  Änderungen  der  äußeren  Erscheinung  des  Gebäudes  vorzunehmen. 
Dieses  nun  vorgelegte  Projekt  wurde  zur  Ausführung  angenommen.  Bald  darauf  wurde  Hasen- 
auer beauftragt,  seine  Ideen  für  den  Bau  der  k.  k.  Hofburg  zu  entwickeln,  welche  er  durch 
ein  aus  dem  Jahre  1871  stammendes  Gesamtprojekt  zur  Anschauung  brachte  (siehe  Abb.  10). 
Aus  diesem  Entwürfe  geht  hervor,  daß  an  Seite  des  Kaisergartens  ein  Gebäudeflügel  gebaut 
werden  sollte  für  die  eigentlichen  Wohnappartements  der  Majestäten,  mit  Räumen  für  kleinere 
intime  Festlichkeiten,  während  der  Gegenflügel  längs  des  Volksgartens  für  die  Aufnahme  von 
hohen  Gästen  bestimmt  war.  Der  dazwischen  gelegte  Mittelbau,  welcher  vor  den  Leopoldini- 
schen  Trakt  der  alten  Hofburg  vorgelegt  werden  sollte,  war  für  die  Aufnahme  der  großen 
Festräume  mit  dem  herrlichen  Ausblick  über  den  Heldenplatz  bestimmt. 

Über  einen  Vortrag  des  Hofbaukomitees,  welches  für  die  Errichtung  der  k.  k.  Hof- 
bauten eingesetzt  war,  bewilligte  Se.  Majestät  der  Kaiser  am  2.  September  1879,  daß  zunächst 
der  Flügel  gegen  den  Kaisergarten  mit  den  projektierten  Anschlußteilen  an  die  alte  Hofburg 
in  Angriff  genommen  werde,  wozu  die  Mittel  des  Stadterweiterungsfonds  heranzuziehen  waren. 
Hasenauer  wurde  mit  der  Anfertigung  der  definitiven  Pläne  für  diesen  Teil  des  Burgbaues 
beauftragt  und  das  Projekt  durch  Se.  Majestät  am  9.  August  1881  genehmigt,  so  daß  dieser 
Bau  im  Herbste  desselben  Jahres  in  Angriff  genommen  werden  konnte.  Sowohl  die  Fun- 
dierungsarbeiten  als  die  Beschaffung  der  großen  Menge  von  Bausteinen  bereiteten  große 
Schwierigkeiten.  Alte  Festungswerke  durchzogen  den  Bauplatz,  wodurch  eine  tiefe  Fundierung 


112 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


notwendig  wurde.  Dies  ausnützend,  wurden  doppelte  Kelleranlagen  ausgeführt  und  der  zweite 
Keller  insbesondere  für  die  ausgedehnte  Heizungs-  und  Ventilationsanlage  in  Anspruch  ge- 
nommen, während  der  erste  Keller  durch  seine  günstigen  Beleuchtungsverhältnisse  zu  Nutz- 
räumen verschiedener  Art  bestimmt  wurde. 

Der  beigegebene  Plan  des  ersten  Stockwerkes  zeigt  die  Anordnung  der  Räumlichkeiten,  wie 
sie  bei  Beginn  des  Baues  vorgesehen  war.  Der  an  die  alte  Burg  anschließende  Teil  sollte  den 

Speisesaal  mit  ausgedehnten  Neben- 
räumlichkeiten sowie  die  Audienzsäle 
Sr.  Majestät  enthalten.  —  Daran  an- 
schließend, reihen  sich,  dem  Kaiser- 
garten zugewendet,  die  Wohn-  und 
Schlafräume  Sr.  Majestät  des  Kaisers 
und  vermitteln  einige  gemeinsame 
Salons  die  Verbindung  mit  den  Wohn- 
und  Schlafräumen  Ihrer  Majestät  der 
Kaiserin.  In  den  durch  den  Korridor 
getrennten  rückwärtigen  Räumen  die- 
ses Traktes  befinden  sich  die  erfor- 
derlichen Diensträume.  Daran  fügt 
sich  der  quadratische  Anbau  gegen 
die  Ringstraße  (Corps  de  logis  ge- 
nannt), in  welchem  sich  kleinere  und  größere  Festsäle  für  Zwecke  von  Empfängen  und 
intimen  Festen  respektive  Bällen  befinden.  Der  mit  Glas  überdeckte  Arkadenhof  mit  einer 
offenen  Stiegenanlage,  um  den  sich  die  vorbeschriebenen  Räume  gruppieren,  und  der  durch 
alle  Stockwerke  reicht,  wird  ein  mannigfaches  und  reiches  Architekturbild   bieten. 

Gegen  den  Kaisergarten  projektierte  Hasenauer  in  Mitte  des  Gebäudes  die  Anlage  einer 
großen  Freitreppe,  welche  vom  ersten  Stockwerke  in  den  Garten  führen  sollte;  von  dieser  wurde 
jedoch  später  wegerl  der  großen  Niveaudifferenzen  abgesehen.  Als  Hasenauer  am  4.  Jänner 
1894  starb,  war  der  Bau  so  weit  gediehen,  daß  er  bis  auf  den  Mittelbau  unter  Dach  gebracht 
war,  auch  die  figurale  Ausstattung  der  Fassaden  war  bestimmt  und  konnte  sonach  fertig- 
gestellt werden.  Durch  den  Hingang  des  leitenden  Architekten  trat  in  der  Fortführung  der 
Arbeiten  keine  Stockung  ein.  Es  wurde  im  Sinne  Hasenaucrs  weitergearbeitet,  jedoch  konnten 
über  die  innere  Einteilung  des  im  Rohen  fertiggestellten  Baues  keine  definitiven  Beschlüsse 
gefaßt  werden,  da  neue  Bedürfnisse  sich  geltend  machten.  Das  Hauptaugenmerk  wurde 
der    völligen  Herstellung    der   Außenerscheinun°:   zugewendet.    Der    figuralen    Ausschmückung- 


Abb.  181.    Belvedere,  südliches  Tor. 


Abb.  1S2.     Zierbassin  im  Belvedere  garten. 


der  Fassaden  lag  ein  reiches  Programm  zugrunde,  nach  welchem  teils  die  Herrscher-  und 
Bürgertugenden  versinnbildlicht,  teils  die  Entwicklungsgeschichte  der  Monarchie,  sowie  die 
Hauptstämme  ihrer  Bewohner  zur  Darstellung  gebracht  werden. 

An  der  Herstellung  der  zahlreichen  Standbilder  waren  die  folgenden  Bildhauer  tätig: 
Bcnk,  Tilgner,  Weyr,  Scherpe,  Hellmer,  Lax,  Kundmann,  A.  Wagner,  von  Hofmann,  Bitterlich, 
Swoboda,    Schimkowitz,    Heyda,   Härdtl,  Schmicdgruber,  Silbernagel,  Kalmstcincr,  Düll,  Sterrer, 


Abb.  183.    Schloß  Belvedere,  Mittelsaal. 


Bd.  II. 


114 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Scib,  Brenck,  Schwarz,  W.  David,  Koch,  Kauffungen  u.  a.  Die  Vielfältigkeit  und  Verschieden- 
artigkeit der  einzelnen  Statuen  bot  den  Künstlern  dankbare  Aufgaben,  die  Gefahr  der  Monotonie 
und  Trivialität  wurde  vermieden  und  dem  Bau  wurde  ohne  irgend  hervortretende  Aufdring- 
lichkeit das  von  dem  Architekten  geplante  Ornament  zugeführt. 

Vom  1.  Februar  1894  führten  die  im  Atelier  Hasenauers  beschäftigt  gewesenen  Archi- 
tekten Baurat  Bruno  Gruber  und  Otto  Hofer,  vom  1.  Jänner  1897  an  Baurat  Julian  Nied- 
zielski  den  Bau  interimistisch,  bis  im  Jahre  1899  dem  Oberbaurat  Friedrich  Ohmann  die 
Leitung  des  Baues  übertragen  wurde.  Es  wird  einer  späteren  Zeit  vorbehalten  sein,  dem 
weiteren  Fortgange  des  Baues  ihr  Augenmerk  zuzuwenden,  einem  Baue,  der  nach  seiner  Be- 
deutung als  der  hervorragendste  Repräsentant  seiner  Zeit  zu  betrachten  ist  und  in  welchem 
noch  so  vieles  geschaffen  werden  wird,  das  in  alle  Zeiten  hinaus  den  Sinn  für  die  erhabene 
Kunst  fortpflanzt. 


Das  Belvedere  (Abb.   177  bis  183  und  Tafel  IX). 

Der  schönste,  in  herrlicher  Lage  errichtete,  architektonisch  auf  das  einheitlichste  gebaute 
kaiserliche  Palast  ist  das  Belvedere,  auf  einem  ansteigenden  Terrain  thronend,  von  einem  ter- 
rassierten,  architektonisch  gegliederten  Garten  umgeben,  von  dessen  Höhe  ein  herrlicher  Aus- 
blick über  die  Stadt  Wien  gewonnen  wird.  Diesen  Palast  ließ  Prinz  Eugen  von  Savoyen  durch 
den  kaiserlichen  Architekten  Johann  Lukas  von  Hildebrand  errichten.  Der  Ankauf  der  Gründe, 
auf  welchen  diese  großartige  Anlage  erfolgen  sollte,  wurde  bereits  1693  erwirkt,  der  Bau  selbst 
dürfte  erst  1713  begonnen  haben  und  ist  derart  sukzessive  fortgeschritten,  daß  der  untere 
Teil  der  Anlage,  d.  i.  das  am  Rennweg  gelegene  kleine  Palais  mit  der  Stall-  und  Wagenburg 
sowie  den    nötigen  Vorhöfen,  zirka   1716  fertiggestellt  gewesen  sein  dürfte,  welche  Jahreszahl 


Abb.  1S4.    Schönbrunn  aus  der  Vogelperspektive.   (Nach  dem  Aquarell  von  Raschka.) 


die  Frcskengemälde  im  Mittclsaal  des  Gebäudes  aufweisen.  Dieser  Teil  wurde  auch  vom  Prinzen 
Eugen  bewohnt.  Das  obere  Belvedere  wurde  als  Sommerschloß  geplant  und  wurde  zu  großen 
Empfängen  und  Festen,  an  welchen  Tausende  von  Menschen  teilnahmen,  vom  Prinzen  benützt. 
Die  Bauweise  dieses  Schlosses  war  eine  vollständig  offene,  mit  offenen  Hallen  gegen  die 
Gartenseite  und  prachtvollen  Durchsichten.  Die  Dekoration  der  Innenräume  wurde  nach  An- 
gaben von  Claudius  Le  Fort  du  Plessy  ausgeführt. 


Das  Belvedere. 


115 


Abb.  1S5.    Vorderansicht  des  kaiserlichen  Lustschlosses   Schönbrunn. 


Abb.  1S6.     Schloß  Schönbrunn  von  der  Gartenseite. 


Die  Abb.  178  gibt  ein  Bild  der  Gesamtanlage  und  stammt  aus  einem  Werke,  welches 
S.  Kleiner,  ein  Zeitgenosse  Hildebrands,  im  Jahre  1731  herausgab.  Kleiner  nennt  das  Schloß 
ein  wunderwürdiges  Kriegs-  und  Siegeslager  des  unvergleichlichen  Helden  unserer  Zeit. 
Nach  dem  Tode  des  Prinzen  Eugen  1736  fiel  dieser  Besitz  an  dessen  Nichte,  eine  Prinzessin 
von  Savoyen,  welche  denselben  zu  verkaufen  wünschte,  und  so  verschwanden  die  meisten 
interessanten    Einrichtungsstücke.    Später    erwarb    der    kaiserliche  Hof   den  ganzen  Besitz,  und 


116 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Kaiser  Franz  erteilte  den  Auftrag-,  in  dein  unteren  Teil  des  Belvederes  die  Waffensammlung, 
welche  aus  dem  Schlosse  Ambras  stammte,  unterzubringen,  während  das  obere  Schloß  für 
die  Aufnahme  der  kaiserlichen  Gemäldesammlung  bestimmt  wurde.  Die  Adaptierungen,  welche 
infolge  des  besagten  Zweckes  an  dem  oberen  Schlosse  durchgeführt  werden  mußten,  haben  so 
manches  von  der  ehemaligen  Pracht  verdorben.  So  z.  B.  hatte  man  die  offenen  Hallen  im 
Parterregeschoß  zu  Nutzräumen  umgewandelt  und  eine  höchst  mangelhafte  Luftheizung  ein- 
gerichtet. 

Nach  Fertigstellung  der  k.  k.  Hofmuseen  am  Burgring  im  Jahre  1884  wurden  die  bisher 
im  Belvedcrc  untergebrachten  Sammlungen  dahin  übertragen.  Nun  stand  das  Belvedere 
einige  Zeit  verwaist,  bis  im  Jahre  1894  das  obere  Schloß  als  Residenz  des  Erzherzogs  Franz 
Ferdinand  bestimmt  wurde.  Die  hierzu  nötigen  Arbeiten  führte  Ministerialrat  E.  von  Förster 
durch.  Um,  dem  Zwecke  entsprechend,  nicht  allein  Repräsentationsräume,  sondern  auch  Wohn- 


Abb.  1SS.    Kaiserliches  Jagdschloß  im  Tiergarten  bei  Lainz. 

räume    zu  schaffen,    mußten    in    der  Einteilung    einschneidende  Veränderungen    vorgenommen 

werden.  Dabei  kam  zugute,  daß  die  gegen  Westen  gelegenen  Räume  ihrer  alten  Dekorationen 

entkleidet  waren.    Vollständig    erhalten    blieb    nur    der    große  Empfangssaal    in    der  Mitte  des 

Gebäudes  (siehe  Abb.  183).  Alle  Räume  wurden  wieder  mit  Öfen  versehen  und  außerdem  eine 

Niederdruckdampfheizung  eingerichtet.  Bei  dieser  Renovierung  herrschte  das  Bestreben,  die  äußere 

Erscheinung  des  Schlosses  intakt  zu  belassen.  Das  untere  Belvedere,  welches  für  Wohnzwecke 

nicht  benötigt  wird,  dient  derzeit  zur  Unterbringung  der  modernen  Galerie,  welche  an  anderer 

Stelle  beschrieben  wird. 

Literatur. 

Kleiner,  Residenccs  mcmorables  du  Duc  de  Savoye    et  de  Piemont.  Augsburg  1731.    Dr.  Lind.    Das  Lustschloß  Belvedere. 
Allgemeine  Bauzeitung.  1S80.  —  Robert  Dohme,  Barock-  und  Rokoko-Architektur.  Berlin  (Ernst  Wasmuth)  1892. 

Emil  von  Förster. 


Das  kaiserliche  Lustschloß  Schönbrunn   (Abb.   184  bis   187). 

An  der  Stelle  der  heutigen  ausgedehnten  Anlagen  in  Schönbrunn  bestand  zu  Zeiten  Kaiser  Maxi- 
milians II.  ein  Tiergarten  mit  einem  im  Jahre  1570  errichteten  kleinen  Jagdschlösse.  Matthias,  der  jüngste 
Sohn  Maximilians  II.,  entdeckte  bei  einer  Jagd  im  Jahre  1619  im  Garten  eine  Quelle,  nach  welcher  die 
Anlage  seither  Schönbrunn  genannt  wird.  Er  ließ  auch  eine  Erweiterung  des  Schlosses  vornehmen  und 
hielt  sich  oft  daselbst  auf.  Auch  Kaiser  Leopold  I.  nahm  1661  einige  Zubauten  vor,  doch  wurde  das  Schloß 
und    die  Anlagen    im    Jahre    1683  von   den  Türken  gänzlich  zerstört.  Im  Jahre  1696  beauftragte  Leopold  I. 


Das  kaiserliche  Lustschloß  Schönbrunn. 


117 


Abb.  189.    Das  Augartcnpalais. 

den  Architekten  Fischer  von  Erlach,  hier  einen  Sommerpalast  für  seinen  Sohn  König  Josef  I.  zu  erbauen  und 
ließ  gleichzeitig  den  großen  Garten  anlegen.  Nach  Fischers  Plan  war  die  Herstellung  einer  großartigen  Schloß- 
anlage im  reichsten  Barockstile  beabsichtigt,  von  welcher  jedoch  nur  ein  Teil  zur  Ausführung  gelangte1), 
der  Bau  wurde  unter  Leopold  I.  begonnen  und  unter  Kaiser  Josef  I.  im  Jahre  1700  im  wesentlichen 
vollendet;  der  frühzeitige  Tod  Josef  I.  hinderte  jedoch  die  gänzliche  Vollendung.  Erst  Kaiserin  Maria 
Theresia,  die  sich  mit  Vorliebe  in  Schönbrunn  aufhielt,  und  ihr  Sohn  Josef  II.  setzten  den  Bau  fort  und 
ihnen  verdankt  das  Schloß  und  der  Garten  von  Schönbrunn  seine  jetzige  herrliche  Gestalt. 

Kaiserin  Maria  Theresia  ließ  im  Jahre  1744  das  Schloß  nach  dem  Plane  des  Architekten 
Pacassi  durch  den  Baumeister  Valmagini  vergrößern,  um  ein  Stockwerk  erhöhen  und  die 
Menagerie    und  den  botanischen  Garten  anlegen. 

Durch  drei  Tore,  von  denen  jedes  mit  zwei  Obelisken  geschmückt  ist,  gelangt  man  in 
den  Vorhof  von  150  m  im  Quadrat,  welcher  auf  drei  Seiten  durch  niedere  Wohngebäude, 
auf  der  vierten  durch  das  Schloß  begrenzt  wird  und  zwei  Bassins  mit  Springbrunnen  enthält, 
welch  letztere  mit  Gruppen  von  Zauner  (die  Flüsse  Donau,  Inn  und  Enns)  und  Hagenauer 
(die  Provinzen  Galizien,  Lodomerien  und  Siebenbürgen)  geschmückt  sind.  Das  Schloß  enthält 
mit  seinen  Nebengebäuden  1441  Gemächer  und  139  Küchen.  Zu  nennen  sind  der  Spiegelsaal 
mit  Bildern  von  Guglielmi,  der  Hamiltonsaal  mit  Ölgemälden  der  Gebrüder  P.  und  J.  Hamilton, 
der  Zeremoniensaal  mit  historischen  Bildern  und  eine  Schloßkapelle.  Im  Jahre  1763  wurde  nach 
dem  Entwürfe  Hohenbergs  ein  Theater  (im  Hofgebäude,  rechts  vom  Eingange)  erbaut. 


])  S.  Fischer,  Entwurf  einer  historischen  Architektur.  Wien  1721. 


Abb.  190.     Kaiserliches  Lustschloß  in  Hetzendorf. 


118 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


Die  ersten  Entwürfe  zum  Garten  lieferte  Adr.  Steckhofen,  die  späteren  F.  von  Hohenberg. 
Das  Gartenparterrc  hat  32  Statuen  aus  Tiroler  Marmor  vom  Bildhauer  J.  W.  Beyer;  besonders 
bemerkenswert  ist  die  Gruppe  des  Äneas,  der  seinen  Vater  Anchises  aus  dem  brennenden  Troja 
trägt  und  den  kleinen  Ascanasius  zur  Seite  hat.  Gegen  den  Berg  wird  das  Parterre  durch  das 
Neptunbassin  abgeschlossen;  die  Bildhauerarbeiten  an  demselben  sind  nach  den  Modellen 
J.  W.  Beyers  von  den  Bildhauern  Hagenauer  und  Zächerl  ausgeführt.  Auf  dem  Plateau  des  Berges, 
welches  sich  hinter  dem  Bassin  erhebt,  steht  das  im  Jahre  1775  von  Hohenberg  in  italienischem 
Stile  erbaute  Glorictt  mit  Bildhauerarbeiten  von  L.  Henrich  Dasselbe  hat  in  der  Mitte  einen 
schönen  Saal,  an  den  sich  zu  beiden  Seiten  breite  Arkaden  anschließen;  von  der  Terrasse  über 
dem  Mittelsaal  bietet  sich  eine  sehr  lohnende  Aussicht.  Das  Wasserreservoir  vor  dem  Gloriett 
speist  die  Bassins  und  Wasserkünste.  Auf  der  linken  Seite  des  Schlosses  befindet  sich  ein  für 
den  Hof  reservierter  Teil  mit  dem  Denkmale  der  Königin  Maria  Karolina  von  Neapel;  hinter 
diesem  liegt  die  von  Hohenberg  entworfene  und  von  den  Bildhauern  Hcnrici,  Zächerl  und  Beyer 
ausgeführte  römische  Ruine;  sie  bildet  einen  großen  Bogen,  welcher  von  zwei  Flügelmauern 
begrenzt  wird ;  zwischen  diesen  und  dem  Bogen  liegt  ein  Bassin  und  neben  diesem  viele  bauliche 
und  statuarische  Trümmer  in  malerischer  Gruppierung.  Nahe  bei  der  Ruine  befindet  sich  der 
schöne  Brunnen;  ein  Grottengebäude  birgt  eine  schöne  Najade,  Egeria,  die  eine  Urne  hält,  aus 
welcher  die  Quelle  in  ein  Marmorbecken  fließt.  In  der  Nähe  liegt  ein  zweiter  Brunnen,  bei  dem 
das  Wasser  aus  einem  Delphinkopfe  fließt,  mit  den  Statuen  der  Euridice  und  des  Cincinnatus. 
Sämtliche  Statuen  sind  von  Beyer.  Links  steht  der  große,  1777  errichtete  Obelisk  über  einem 
Grottengebäude  auf  vier  Schildkröten.  Die  Hieroglyphenschrift,  welche  den  Obelisk  bedeckt, 
enthält    die  Geschichte   des  Hauses   Habsburg.  Die  Skulpturen  stammen  von  Beyer  und  Henrici. 

Literatur. 
Oehler,  Beschreibung  des  Lustschlosses  Schönbrunn.  Wien  1805. 

Das  kaiserliche  Jagdschloß  im   Lainzer  Tiergarten   (Abb.  188). 

Der  Wunsch  der  verewigten  Kaiserin  Elisabeth,  zeitweilig  abseits  des  großen  Hoflebens 
in  stiller  Einsamkeit  der  Ruhe  genießen  zu  können,  ließ  das  kleine  Jagdschloß  im  kaiserlichen 


- 

Abb.  191.     Palais  der  königlich  ungarischen  Garde  (Trautson-Palais). 


Das  Augartenpalais.  —  Das  Hctzcndorfcr  Schloß.  —  Das  Gebäude  der  ungarischen  Garde. 


119 


Tiergarten  erstehen,  welches,  nach  Plänen  des  Architekten  Karl  von  Hasenaucr  erbaut,  mit  einer 
Giebclgruppe  von  Rud.  Wcyr  und  Bildern  von  Fr.  Matsch  und  G.  Klimt  geschmückt  ist.  Das 
Schlößchen,  welches  zeitweilig  von  der  kaiserlichen  Familie  benützt  wird,  ist  Besuchern  nicht 
zugänglich. 

Das  Augartenpalais  (Abb.  189), 

im  II.  Bezirke,  wurde  1655  von  Kaiser  Ferdinand  III.  erbaut  und  „Neue  Favorita"  benannt. 
Gelegentlich  der  Türkenbclagerung  1683  ging  auch  dieses  Bauwerk  zugrunde.  Kaiser  Leopold  I. 
und  nach  ihm  Kaiser  Josef  I.  ließen  den  Palast  wieder  aufführen  (1704 — 1706).  Er  diente 
dann  der  Kaiserin  Leonora  als  Witwensitz  und  blieb  nach  deren  Tode  verödet,  bis  Kaiserin 
Maria  Theresia  und  Josef  II.  den  Palast  in  seiner  gegenwärtigen  Form  herstellen  ließen.  Im 
Jahre  1775  übergab  Kaiser  Josef  II.  den  Garten  der  öffentlichen  Benützung.  Gegenwärtig  dient 
der  Palast  als  Residenz  des  Erzherzogs  Otto.  Das  Gebäude  selbst  bietet  kein  besonderes 
bauliches  Interesse.  Die  großen  ebenerdigen  Säle,  welche  mit  Deckengemälden  von  Pozzo 
geschmückt  waren,  boten  einst  den  Schauplatz  zahlreicher  Feste. 

Das  Hetzendorfer  Schloß  (Abb.  190), 

im  XIII.  Bezirke,  ließ  Kaiserin  Maria  Theresia  im  Jahre  1744  durch  den  Architekten  Nie. 
Pacassi  (der  auch  Schönbrunn  plante)  erbauen.  Das  derzeit  wenig  benützte,  im  Rokokostil 
gehaltene  Schloß  enthält  Deckenbilder  von  Dan.  Gran.  k. 


Das  Gebäude  der  ungarischen  Garde,  VII.,  Hofstallstraße  (Abb.  191,  192), 

war  ursprünglich  ein  Palast  des  kaiserlichen  Obersthofmeisters  Fürsten  Johann  Leopold 
Trautson  und  wurde  durch  Fischer  von  Erlach  in  den  Jahren  1720 — 1730  erbaut.  Nach  dem 
Ableben  des  Fürsten  kaufte  Kaiserin  Maria  Theresia  im  Jahre  1760  den  Palast  und  verlegte 
dahin  die  ungarische  Nobelgarde.  In  den  Jahren  1848 — 1867  war  hier  das  Landes-Armee-Kom- 
mando  untergebracht.  Seither  wird  das  Gebäude  wieder  von  der  ungarischen  Garde  benützt.  Der 
Palast  hat  zwei  reich  ausgestattete  Fassaden,  von  denen  nur  die  schmälere,  der  Museumstraße 
zugekehrte,  sichtbar  ist.  In  einer  Epoche  ent- 
standen, in  welcher  Wien  kosmopolitisch  und 
ein  Zentrum  der  Weltpolitik  wurde,  trägt  das 
Gebäude  in  einem  vielleicht  noch  höheren 
Grade  wie  andere  Werke  seiner  Gattung  einen 
weltbürgerlichen  Zug.  Dem  epochemachenden 
Bau  des  Stadthauses  von  Amsterdam  (1661), 
das,  bahnbrechend  für  den  Palladionismus, 
seine  Giebelabschlüsse  der  Risalite  und  deren 
Stuckverzierung  an  die  nordische  Architektur 
vererbte,  verdankt  es  die  Gliederung  der 
gegen  den  nicht  mehr  vorhandenen  Garten 
gerichteten  Fassade,  welche  noch  hundert 
Jahre  später  in  der  Seitenfassade  des  Land- 
hauses eine  Wiederholung  fand,  vor  allem 
aber  den  wuchtig  ausladenden  Risalit  der 
Hauptfassade  mit  seinem  Stuckreliefschmuck. 
Für  die  Gliederung  dieses  Risalites  mit 
Pilasterpaaren  in  der  Mitte  und  je  einem 
Pilaster  an  den  Ecken  ist  das  Vorbild  allem 
Anscheine  nach  in  Andreas  Schlüters  Portal 
Nr.  V  in  der  Hoffassade  des  Berliner  Schlosses 
(vollendet  1706)  zu  suchen,  wie  denn  wohl 
auch  die  Masken  und  Helme  in  den  Schluß- 
steinen der  großen  Mittelfenster  und  Portale 
auf  Schlüters  Kriegermasken  und  Helme  am 
Berliner  Zeughause  (1695)  zurückzuführen 
sind.   Wie  an  diesem  Gebäude,   so  unterteilt  Abb.  192.  stiegenhaus  im  Trautson-Paiais. 


120 


Gebäude  für  den  kaiserlichen  Hof. 


auch  hier  eine  mächtige  Platte  die  Rustika  des  Erdgeschosses,  welche  wohl  jener  an  Palladios 
Casa  Caldogno  nachgebildet  ist.  Die  Postamente  der  Pilaster  mit  dem  Konsolenquerschnitt, 
das  6r-Motiv  als  Zierelement  in  den  herrlichen  Eisengittern  und  in  den  Verdachungen  der 
Mittelfenster,  die  Gesamterscheinung  dieser  Verdachungen  selbst  (Repliken  von  Portalbauten 
in  Messina,  Syracus  etc.),  dies  alles  ist  berninisches  beziehungsweise  neapolitanisch-sizilisches 
Barock.  Der  Atlantenschmuck  der  Treppe  ist,  wie  jener  des  Prinz  Eugenschen  Winterpalais, 
eine  Stein  gewordene  Galli-Bibilenasche  Theaterdekoration,  die  Anlage  des  Vestibüles  und  der 
Treppe  nach  dem  Vorbilde  ähnlicher  Schöpfungen  des  Palladio  und  Scamozzi. 

Literatur. 

Realis,  Kuriositäten-  und  Memorabilien-Lexikon.  Bd.  II.  —  Weiß.  Alt-  und  Neti-Wien  in  seinen  Bauwerken.  S.  97.  — 
Derselbe  in  der  Topographie  von  Niederösterreich.  Bd.  II,  S.  189.  —  Gurlitt,  Geschichte  des  Barockstils.  II,  2,  S.  226.  —  Ilg, 
Fischer  von  Erlach.  S.  449.  Dazu  siehe  Fischers  „Entwurff  einer  historischen  Architektur"  und  die  Kupferstiche  von  Delsenb  ach 
und  Kleiner  und  Pfeffel. 

Das  Hofstallgebäude,  VII.,  Hofstallstraße  (Abb.  193), 

wurde  1725  von  Fischer  von  Erlach  erbaut  und  bildet  ein  Bruchstück  eines  großartig  gedachten 
Planes,  bei  welchem,  nach  der  Exedra  im  rückwärtigen  Trakte  und  nach  der  wohlüberlegten 
Gliederung  der  Fassade  zu  urteilen,  der  Architekt  die  kolossalen  antiken  Anlagen  wie  das 
„goldene  Haus"  des  Nero  und  die  Diokletiansthermen  sich  zum  Muster  nahm.  (Vgl.  die  ein- 
schlägigen Tafeln  im  „Entwurff  einer  historischen  Architektur".)  Das  Gebäude  wurde  durch 
Hofbaumeister  Meyer  in  den  Jahren  1850 — 1854  einer  durchgreifenden  Umgestaltung  und  Er- 
weiterung unterzogen.  (Aus  dieser  Zeit  stammt  der  der  Mariahilferstraßc  zugewendete  Trakt.) 
Es  enthält  die  bekannten  Sammlungen  prachtvoller  Krönungs-  und  Staats-Karossen  und  Sättel 
und  nebst  anderem  Schmucke  auch  Gemälde  von  Hamilton.  Dr.  J.  Dcnijac. 


Abb.  193.     Hofstallgcbäude. 


-$£/ 


Abb.  194.    Giebelverzierung  des  Laurenzergebäudes,  I.,  Flcischmarkt. 


C.  VERWALTUNGSGEBÄUDE. 

I.  GEBÄUDE    DER    REICHSVERWALTUNG. 


K.  u.  k.  Ministerium  des  Äußern,  I.,  Ballplatz. 

Das  Gebäude  des  heutigen  auswärtigen  Amtes  wurde  für  die  bis  dahin  in  einem  Hof- 
burgtrakte untergebrachte  „Geheimbe  Hofkanzlei"  im  Jahre  1716  angefangen  und  im  Jahre 
1721  zur  Vollendung  gebracht.  Der  Bau  dürfte  jedoch  seinem  Zwecke  nicht  entsprochen 
haben,  da  man  schon  in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit,  um  das  Jahr  1766,  wieder  daran  ging, 
unter  der  Leitung  des  Hofarchitekten  Paccassi  bedeutende  Erweiterungen  vorzunehmen,  wie 
die  über  dem  Haupttor  angebrachte  Inschrift  nachweist. 

Als  im  Jahre  1749  die  Kaiserin  Maria  Theresia  die  bisherige  österreichische  und  böhmische 
Hofkanzlei  aufhob  und  zu  einem  Direktorium  als  oberster  Verwaltungsbehörde  für  die  beiden 
Ländergruppen  vereinigte,  wurde  dieses  Direktorium  in  dem  Gebäude  der  bisherigen  böhmischen 
Hofkanzlei  am  Judenplatze  (dem  heutigen  Ministerium  des  Innern)  untergebracht,  während  das 
Haus  auf  dem  Ballplatze  der  Staatskanzlei  (nachher  Auswärtiges  Amt)  zu  alleiniger  Benützung 
verblieb.  Das  Gebäude  erwies  sich  für  die  Bedürfnisse  des  Auswärtigen  Amtes  immer  mehr  und 
mehr  ungeeignet;  es  wurde  deshalb  in  den  Jahren  1881/82  an  Stelle  des  angrenzenden 
Landesgerichtsgebäudes  ein  Zubau  an  der  Ecke  der  Löwelstraße  und  Metastasiogasse  aufgeführt. 

Durch  den  Neubau  des  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchives,  welches  dem  Gebäude 
des  Auswärtigen  Amtes  angegliedert  wurde,  und  durch  umfangreiche  Adaptierungen  in  seinen 
alten  Teilen  hat  das  Gebäude  nunmehr  seinen  einheitlichen  Charakter  gewonnen  und  bildet 
heute  einen  mächtigen  geschlossenen  Komplex,  welcher  vom  Ballplatze,  der  Löwelstraße,  der 
Metastasiogasse  und  dem  Minoritenplatze  begrenzt  wird. 

Das  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv,  I.,  Minoritenplatz  (Abb.  195  bis  197), 
welches  dem  Ministerium  des  Äußern  untersteht  und  auch  räumlich  mit  demselben  in  Zu- 
sammenhang steht,  ist  in  dem  in  den  Jahren  1900 — 1902  errichteten  Neubau  untergebracht. 
Die  Anfertigung  des  Detailprojektes  —  auf  Grund  des  vom  Baurate  Pokorny  ausge- 
arbeiteten Programmes  —  und  die  Bauleitung  war  ursprünglich  dem  Architekten  und  k.  k.  Bau- 
rate Otto  Hofer  anvertraut  und  nach  dem  frühzeitigen  Tode  desselben  wurde  Oberingenieur 
Holzeland  mit  der  Vollendung  des  Baues  betraut.  Das  Archivgebäude  erhebt  sich  auf  einem 
trapezförmigen  Grundstück  von  61  m  verglichener  Länge  und  bildet  mit  dem  Ministerium  des 
Äußern  ein  geschlossenes  Ganzes.  Die  Gebäudehöhe  beträgt  verglichen  2L50m  bis  zur  Haupt- 
gesimskante und  28-80  m  bis  zum  First.  An  der  Hauptfront  gegenüber  der  Minoritenkirche  besitzt 


122 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  195.    K.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  und  Ministerium  des  Äußern,  I.,  Ballhausplatz. 


das  Gebäude  einen  3  m  vorspringenden  Risalit.  Gegen  den  Erweiterungsbau  des  Ministeriums 
zu  blieb  Raum  für  einen  39"42  m  langen  und  670  m  breiten  Hof,  gegen  die  Minoritenkirche 
zu  für  eine  Straße  von  15  m  Breite,  so  daß  dem  Inneren  des  Hauses  von  beiden  Seiten  genug 
Licht  zugeführt  wird.  Als  Erweiterungbau  des  Ministerialpalais  war  die  Fassade  nach  der  des 
Palais  durchzuführen. 

Das  Gebäude  ist  in  zwei  ungleich  große  Teile  gegliedert,  das  Verwaltungshaus  und  das 
Lagerhaus.  Der  größere  Teil  ist  dem  Lagerhause  zugewiesen,  welches, 
vom  Vcrwaltungshause  durch  eine  Brandmauer  geschieden,  mit  ihm 
jedoch  in  fünf  Geschossen  durch  Doppeltüren  und  zwar  je  eine  eiserne 
zweiflügelige  Volltür  mit  einer  Vortür  aus  Holz  und  Glas  verbunden 
ist.  Das  Verwaltungshaus  enthält  außer  der  Eintrittshalle  und  der  Treppe 
die  Beamtenzimmer,  zwei  Benützersäle,  einen  Teil  der  Bibliothek,  Vor- 
und  Dienerräume  in  fünf  Stockwerken  verteilt.  Der  Archivbibliothek 
wurden  die  Hofseite  des  ersten  Stockwerkes  und  die  ganze  Unter- 
teilung eingeräumt.  Auch  sie  ist  nach  dem  Magazinsystem  eingerichtet 
und  mit  eisernen  Büchergerüsten    und  Lagerböden,    nach    dem  System 


Abb.  197.  K.  u.k.  Haus-,  Hof- 
und  Staatsarchiv. 


Abb.  196.    K.  u.  k.  Ministerium  des  Äußern. 


K.  u.  k.  Haus-.  Hof-  und  Staatsarchiv.    Erdgeschoß.     1:650. 


Gebäude  der  Rcichsvcrwaltung. 


123 


Lippmann  verstellbar,  versehen.  Der  Bibliotheksraum  zerfällt  in  drei  Geschosse  von  240  m 
nutzbarer  Höhe,  die  durch  eiserne  Roste  getrennt  und  durch  eine  eiserne  Wendeltreppe 
verbunden  sind.  Durch  eine  Niederdruckdampfheizung-  werden  das  Lagerhaus  bis  auf  12", 
die  Arbeitszimmer  und  die  Bibliothek  bis  auf  20°  C  erwärmt.  In  den  Arbeitszimmern  und 
Werkstätten  wurden  auch  noch  Gasöfen  aufgestellt. 

Das  Lagerhaus  enthält  elf  Geschosse;  davon  sind  das  fünfte  und  das  achte  massiv  und 
feuerwiderständig  mit  15  cm  starken  Ziegelgewölben  eingedeckt  und  diese  mit  Xylolith  belegt. 
Die  übrigen  Geschosse  haben  Rostböden  aus  hochkantigen  Flachschiencn,  in  Rahmen  gefaßt, 
auf  Untcrlagsträgcrn  befestigt  und  sind  durchschnittlich  260  m  hoch.  Durch  eine  die  ganze 
Höhe  durchziehende  Zwischenmauer  zerfällt  das  Lagerhaus  in  zwei  ungleich  große  Säle  von 
313  beziehungsweise  135  m2  Fläche,  letzterer  mit  nur  zehn  Geschossen.  Zwei  eiserne  Treppen 
mit  geraden  Läufen  von  1  m  Breite  verbinden  die  Geschosse  untereinander.  Für  die  Archivalien- 
förderung sind  Aufzüge  vorgesehen.  Ein  elektrischer  Ventilator  sorgt  für  ausgiebigen  Luftwechsel 
in  allen  Lagergeschossen,  wodurch  auch  der  Feuchtigkeitsgrad  der  Luft  im  Lagerhause  regulierbar 
wird.  Eine  Sehenswürdigkeit  ist  die  innere  Einrichtung  des  Lagerhauses  mit  den  aufgestellten 
Kasten,  in  welchen  teils  geschlossen,  teils  offen  die  Archivarien  gelagert  und  zwischen  denen 
Gänge  von  L20  bis  L40m  Breite  angeordnet  sind.  Für  eine  ständige  Ausstellung  von  Urkunden 
wurden  die  der  Eingangstür  zunächst  gelegenen  zehn  Gerüste  des  sechsten  Lagergeschosses 
bestimmt,  das  vom  ersten  Stockwerk  des  Verwaltungshauses  direkt  zugänglich  ist.  Außer  den 
Verwaltungsräumen  und  dem  Magazin  enthält  das  neue  Haus  in  den  Dachräumen  des  Ver- 
waltungshauses Werkstätten  für  -galvanoplastische  Siegelabformung,  die  Gipsgießerei  und  die 
photographischen  Werkstätten. 

Das  ganze  Gebäude  ist  elektrisch  beleuchtet.  Die  Haupt-,  Schalt-  und  Verteilungstafel  ge- 
stattet unter  anderem,  das  ganze  Lagerhaus  mit  einem  einzigen  Handgriff  in  Licht  zu  setzen, 
auch  dann,  wenn  sämtliche  Gruppenschaltungen  der  einzelnen  Lagergeschosse  offen  sind,  eine 
Vorkehrung,  die  für  den  Fall  nächtlicher  Gefahr  getroffen  ist.  Die  Gesamtzahl  der  Glühlampen 
in  beiden  Teilen  des  Gebäudes  beträgt  rund  900.  Bemerkenswert  ist  die  Einrichtung  der  trans- 
portablen Handlampen  mit  automatischer  Schaltung  in  den  Lagersälen  und  der  Bibliothek;  sie 
leuchten,  sobald  sie  von  ihren  federnden  Aufhängehaken  abgehoben,  und  erlöschen,  sobald 
sie  wieder  dahin  zurückgebracht  sind.  Für  Kraft- 
übertragungszwecke stehen  vier  Motoren  in  Ver- 
wendung; einer  für  den  Aufzug  im  Verwaltungs- 
hause und  drei  für  Ventilatoren.  Schließlich  sei 
noch  erwähnt,  daß  das  Verwaltungs-  und  Lager- 
haus in  allen  Geschossen  reichlich  mit  Feuer- 
hydranten versehen  ist. 

Literatur. 

„Das   neue   Gebäude   des  k.  u.  k.  Haus-,    Hof-  und   Staats- 
archivs zu  Wien"  von  Gustav  Winter. 

H..  Holzeland. 

K.  u.  k.  Reichsfinanz-Ministerium,  I.,  Johan- 
nesgasse 5  (Abb.   198,   199). 

Dieses   Palais,    welches    nach    Ausspruch 

des  heimischen 
Kunstforschers 
Dr.  II  g1)  „eine 
der  interessante- 
sten Barock- 
architekturen 
unserer  Stadt" 
darstellt,  wurde 
in  seiner  heuti- 
gen prächtigen 
Gestalt  von  dem 
Grafen       Adam 


Abb.  19S.   K.  u.  k.  Reichsfinanz-Ministerium 
Erdgeschoß.  1  :  800. 


])  Portale  von  Pro- 
fanbauten des  17.  und 
18.  Jahrhunderts. 


Abb.  199.     K.  u.  k.  Reichsfinanz-Ministerium,  I.,  Johannesgasse. 


124 


Verwaltungsgebäude. 


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Abb.  200.    Genie 


mer  Oberster  Rechnungshof. 
Hcrrcngasse  23. 


Hof, 


von  Questenberg  an  Stelle  dreier  älterer  Häuser, 
von  denen  zwei  schon  im  Jahre  1684  dessen 
Vorfahre  Johann  Anton  Freiherr  von  Questen- 
berg besessen  hatte,  nach  1690  erbaut.1)  Im 
Jahre  1775  kaufte  es  Dominik  Graf  von  Kaunitz, 
worauf  es  im  Jahre  1810  in  den  Besitz  des 
Staates  überging-.  Ursprünglich  Amtsgebäude 
der  k.  k.  allgemeinen  Hofkammer  ist  es  heute 
hauptsächlich  Sitz  des  k.  u.  k.  Reichsfinanz-Mini- 
steriums (zugleich  Zentralstelle  der  Verwaltung 
von  Bosnien  und  Herzegowina)  und  einiger 
Abteilungen  der  Zentralleitung  des  k.  k.  Finanz- 
Ministeriums. 

Der  Erbauer  des  Palastes  ist  nicht  bekannt, 
doch  weisen  einzelne  Eigentümlichkeiten  in  der 
Durchbildung  der  Fassade  auf  Verwandtschaft  mit 
den   Prinzipien    Fischers    von    Erlach     hin.     Die 
Einfahrtshallen   sind  durch  geschmackvolle  Bild- 
hauerarbeiten geziert.  Die  Hauptstiege  ist  künstlerisch  ausgestaltet  und  ruht  auf  Steinsäulen  mit 
Schwanenhalsbögen,  die    Stiegenarmc    besitzen   reich  verzierte,  steinerne  Geländer  und  Unter- 
wölbungen, welche  in  der  Untersicht  mit  Bildhauerarbeit  bedeckt  sind.'2) 

Im  Inneren  des  Palastes  sind  die  im  zweiten 
Stocke  gelegenen,  vornehm  ausgestatteten  Reprä- 
sentationsräume hervorzuheben,  welche  mit  vor- 
züglichen Gemälden  (im  Gcschmacke  der  italieni- 
schen Schule  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts)  ge- 
schmückte Stukkodecken  besitzen.  Die  reichste 
Ausstattung  unter  diesen  Räumen  weist  der  ehe- 
malige Bibliotheks-  und  gegenwärtige  Speisesaal 
auf,  dessen  al  fresco  (vermutlich  von  Chiarini) 
gemalte  Decke  mit  allegorischen  Figuren  geziert 
ist.  Die  Wände  dieses  Saales  besitzen  Felder 
mit  freskoartig  gemalter  Marmorimitation,  außer- 
dem fünf  mit  Spiegelglastüren  versehene  Nischen, 
wodurch  beim  Beschauer  die  optische  Täuschung 
einer  Verbreiterung  des  nicht  sehr  breiten  Saales 
hervorgerufen  wird.  Die  Decke  eines  Zimmers 
ist  mit  wertvollen  Kartons  von  Kuppelwieser 
geschmückt.  Im  Jahre  1891  wurde  die  schad- 
hafte Decke  des  zweiten  Stockes  in  den  gassen- 
seitig  gelegenen  Räumen  durch  Einfügung  einer 
Eisenkonstruktion  mit  Wellblechen  entlastet,  so 
daß  die  Auswechslung  der  Dippelbäumc,  durch 
welche  Arbeit  die  kostbaren  Deckengemälde 
sehr  gefährdet  worden  wären,  vermieden  werden 
konnte.  Meixner  u.  Änderte. 

Gemeinsamer  Oberster  Rechnungshof, 
I.,  Herrengasse  23  (Abb.  200,201). 

Das  Gebäude  wurde  im  Jahre  1750  seitens 
der  Regierung  von  den  Erben  der  Fürsten  von 
Portia  angekauft,  sodann  umgebaut  und  diente 
seither  zu  verschiedenen  amtlichen  Zwecken.  Im 


Abb.   20!. 


Gemeinsamer  Oberster  Rechnungshof. 
I.,  Herrengasse  23. 


Portal, 


')  Siehe:  Schimmers  Häuserchronik,  Nr.  971. 

')  Eine  Abbildung  des  Palastes  von  dem  berühmten  Zeichner 
der  Denkmäler  des  Wiener  Barockstiles  J.  Kleiner,  gestochen  von 
A.  Co  rv  in  us,  wurde  in  dem  Werke  Pfeffels  und  eine  weitere 
Aufnahme  in  den  Prospekten  des  J.  B.  Fischer  von  Erlach,  ge- 
zeichnet von  dessen  Sohn,  veröffentlicht. 


Gebäude  der  Reichsverwaltune 


125 


Jahre  1883  wurde  es  neuerlich  erheblichen 
Adapticrungen  unterzogen,  welche  sich  auf  sämt- 
liche Teile  des  Hauses  erstreckten,  ohne  jedoch 
das  Äußere  namhaft  zu  ändern.  Nach  der  Über- 
siedlung des  Verwaltungsgerichtshofes  in  sein 
neues  Heim,  [.,  Burgring  9  (Oktober  1902),  neuer- 
dings in  manchen  Teilen  adaptiert,  ist  es  seither 
der  Amtssitz  des  im  Jahre  1903  vom  Mariazeller- 
hofe  hierher  übersiedelten  k.  u.  k.  gemeinsamen 
Obersten  Rechnungshofes,  des  aus  dem  Statt- 
haltcreigebäude  hierher  verlegten  k.  k.  nieder- 
österreichischen Landesschulrates  sowie  einer 
Abteilung  der  k.  k.  Postökonomieverwaltung. 

Das  Haus    ist    zwei  Stockwerke   hoch,  be- 
sitzt zwei  Höfe,   eine  Front    in  der  Herrengasse 
sowie    eine    kurze  Front    mit    einem  Einfahrtstor 
"\*T*1Jä;       U1  dcr  Schenkenstraße   (Nr.  4a).   Es   bedeckt  eine 
Fläche    von    etwa    2255  m2.    Die    wenigen    vor- 
handenen architektonischen  Schmuckformen,  wie 
die  Portalbildung  mit  dem  alten  theresianischen 
Doppeladler   und    den    beiden    auf   die    Rechts- 
pflege hinweisenden  Figuren  und  Einzelheiten  bei 
den  zwei  größeren  Stiegen  deuten  auf  Barockstil. 
Die  Lage  der  Höfe,    der   nur  teilweise  be- 
hobene   Mangel    an  Verbindungsgängen,    ferner 
der  Wechsel  der  Mauerstärken  lassen   die   mehr- 
fachen Umbauten,    sowie  den  Umstand  erkennen,    daß   das   Gebäude  ursprünglich   ein  Privat- 
haus war.  Karl  Wopelka. 


Abb.  202.    K.  ungarische  Hofkanzlei,  I.,  Bankgasse. 


Wipplingerstraße. 


Die  k.  ungarische  Hofkanzlei,  I.,  Bankgasse  (Abb.  202), 

wurde  an  Stelle  des  alten  fürstlich  Windischgrätzschen  Hofes  unter  der  Kaiserin  Maria  Theresia 
1767  erbaut.  Der  Architekt  ist  nicht  bekannt.  Die  Fassade  gliedert  sich  in  französischer  Weise 
in  drei  Vor-  und  zwei  Rücklagen.  Von  den  achtzehn  Achsen  entfallen  je  zwei  an  die  Eck- 
vorlagen, vier  in  die  Mittelvorlage  und  je  fünf  in  die  Rücklagen.  Eine  einfache  Horizontal- 
fugenrustika  belebt  das  Erdgeschoß,  dessen  Fenster  in  Korbbogen  abschließen.  Eine  korin- 
thische Pilasterordnung  mit  verkröpftem  Gesimse  verbindet  das  Hauptgeschoß  mit  dem  Mezzanin. 
Die  Fenster  in  den  Eckvorlagen  zeigen  eckige,  die  in  den  Rücklagen  runde  Giebel.  In  jene 
ist  noch  ein  kleines  Giebelchen,  in  diese,  deren  Gebälke  sich  einwärts  rundet,  noch  ein 
Plättchen  als  Ornament  eingeschachtelt.  Zwischen  den  Verkröpfungen  des  Gesimses  erscheinen 

als  dessen  Träger  noch 
kleine  Konsolen,  gleich  den- 
jenigen an  den  Fensterver- 
dachungen.  Zwischen  den 
Konsolen  sehen  wir  noch 
allenthalben  ein  für  die  Ent- 
stehungszeit charakteristi- 
sches Festonornament.  Das- 
selbe Ornament  begegnet 
uns  an  den  Postamenten 
der  Balkons  und  an  den 
Konsolen,  welche  als  Aus- 
läufer mächtiger,  um  das 
Portal  und  die  beiden  näch- 
sten Fenster  des  Unter- 
geschosses paarweise  ange- 
ordneter Hermen  unter  den 

Abb.  203.     Ministerium  des  Innern.     Erster  Stock.     1:800.  drei  Mittelfenstern  der  Rück- 


126 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  204.     Ministerium  des  Innern,  I.,  Judenplatz. 


lagen  den  Balkons  zur  Stütze  dienen.  Die  Eisengitter  der  Balkons  erweisen  sich  wie  jene  an 
der  Haupttreppe  als  Ausklänge  der  Muster  des  Rokoko.  Über  der  Attika  links  sehen  wir  das 
ungarische  Wappen.  Bei  der  Anordnung  der  Treppe  scheint  der  Architekt  unter  dem  Eindrucke 
jener  des  Kinskypalais  gestanden  zu  sein.  Der  Hof  mit  seiner  einfachen  Lisenengliederung  ist 
belanglos,  sehenswert  hingegen  der  Beratungssaal  mit  seinem  Deckengemälde  von  Maulbertsch. 
Das  Ganze  zeigt  den  Charakter  des  Stiles  Louis  XVI.  Das  Gebäude  dient  derzeit  als  Wohnung 
und  Kanzlei  des  ungarischen  Ministers  am  königlichen  Hoflager. 


Liter atu  r. 

Realis,  Kuriositäten-  und  Memorabilien-Lcxikon.  Bd.  II. 


Dr.  J.  Dernjac. 


Ministerratspräsidium   (Modeneser-Palais),   I.,  Herrengasse  7. 

Das  Palais  gelangte  in  seiner  dermaligen  Gestalt  um  das  Jahr  1810  an  die  Erzherzogin 
Beatrix  von  Modena,  von  der  das  Palais  noch  heute  seinen  Namen  führt.  Nach  deren  Tode 
im  Jahre  1829,  kurze  Zeit  im  Besitze  des  Prinzen  von  Wasa,  wurde  es  1839  von  der  Staats- 
verwaltung angekauft  und  ist  gegenwärtig  Palais  des  k.  k.  Ministerratspräsidiums. 

Das  zweistöckige  Gebäude  bildet  einen  Komplex  von  unregelmäßiger  Grundform  mit 
zwei  fast  rechteckigen  Haupthöfen.  Die  Fassade  der  Hauptfront  ist  schlicht  und  ohne  Gliederung 
im  Renaissancestil  ausgeführt  und  erscheint  infolge  des  zu  niedrigen  Parterregeschosses 
gedrückt.  Von  den  zwei  Einfahrten  ist  die  näher  gegen  den  Michaelcrplatz  gelegene  architektonisch 
reicher  ausgestattet.  Von  der  Haupttreppe  betritt  man  durch  ein  Vorzimmer  die  wegen  ihrer 
reicheren  architektonischen  Ausschmückung  beachtenswerten,  im  Stile  Louis  XVI.  ausgeführten 
Repräsentationsräume  des  k.  k.  Ministerratspräsidiums,  von  welchen  einige  mit  älteren  Gemälden 
geschmückt  sind.    Hervorzuheben  wären  das  Arbeitszimmer    des  Ministerpräsidenten,    welches 


Gebäude  der  Reichsvcrwaltung. 


127 


das  Achteck  zur  Grundform  hat,  von  einer  kuppcl- 
förmigen  Oberlichte  erhellt  und  durch  diagonal 
gestellte,  mit  Reliefplastikcn  aus  der  klassischen 
Mythologie  geschmückte  Nischen  lebendig-  ge- 
gliedert ist;  ferner  der  Festsaal,  dessen  Wände  mit 
Drcivicrtelsäulen  in  Stuckmarmor  geschmückt  sind. 

Fitger. 

Ministerium  des  Innern,  I.,  Wipplingerstraße 

(Abb.  203  bis  205). 

Der  sowohl  architektonisch  als  auch  histo- 
risch interessante  Palast  des  Ministeriums  des 
Innern  besteht  aus  zwei  beinahe  gleich  großen 
Gebäudeteilen,  welche  jedoch  aus  verschiedenen 
Bauperioden  stammen.  Der  ältere,  dem  Hohen 
Markte  zugewendete  Gebäudetrakt  (den  Mittel- 
risalit und  drei  Fenster  rechts  und  links  von 
demselben  umfassend)  wurde  als  Palast  der  böh- 
mischen Hofkanzlei,  von  welcher  die  Länder  der 
böhmischen  Krone  verwaltet  wurden,  im  Jahre 
1711  unter  der  Regierung  Karl  VI.  begonnen 
und  im  Jahre  1714  vollendet.  Der  Antrag  zur 
Erbauung  des  Palastes  ging  vom  damaligen 
Obersten  Kanzler  des  Königreiches  Böhmen  Jo- 
hann Wenzel  Reichsgrafen  von  Wratislaw  aus, 
der  jedoch  die  Vollendung  des  Baues  nicht  er- 
lebte; sein  Nachfolger  Oberster  Kanzler  Reichs- 
graf von  Schlick  führte  den  Bau  zu  Ende.  Archi- 
tekt des  Baues  war  Bernhard  Fischer  von  Erlach. 

Im  Jahre  1749  wurde  die  böhmische  Hof- 
kanzlei aufgelöst;  das  Gebäude  diente  von  nun 
an  den  Zwecken  des  neuerrichteten  „Directorium 
in  publicis  et  cameralibus",  welche  Behörde  die 
politischen  und  die  finanziellen  Geschäfte  so- 
wohl der  böhmischen  als  auch  der  österreichi- 
schen Länder  zu  besorgen  hatte.  Da  das  Palais  sich  zur  Unterbringung  der  zahlreichen  Ämter 
bald  als  zu  klein  erwies,  wurde  unter  der  Regierung  der  Kaiserin  MariaTheresia  in  den  Jahren  1 752  bis 
1754  anstoßend  an  das  Hofkanzleigebäude  ein  Neubau,  das  sogenannte  „Directorialgebäude" 
errichtet,  dessen  Fassade  dem  alten  Palais  genau  nachgebildet  wurde.  Es  ist  dies  der  gegen  die 
Futterergasse  zu  ge- 
legene Gebäude- 
trakt. Gleichzeitig 
wurden  die  an  das 
Hofkanzleigebäude 
gegen  die  Schulter- 
gasse und  Jordan- 
gasse angrenzenden 
Privathäuser  ange- 
kauft und  auch  an 
ihrer  Stelle  ein,  al- 
lerdings nur  schma- 
ler Zubau  ausge- 
führt. In  der  Wipp- 
lingerstraße beträgt 
dieser  Zubau  nur 
die  äußerste,  gegen 
den  Hohen  Markt  zu 
gelegene      Fenster- 


Abb.  205.    Ministerium    des   Innern.     Portal    in  der    Wipp- 
lingerstraße. 


A  Palais     des    Prinzen 
Eugen. 

B  Kleines  Münzge- 
bäude. 

C  Zubau  zum  P.alais. 


Abb.  206. 

Finanz-Ministerium 

(Prinz  Eugen-Palais). 

Erster  Stock. 

1 :  800. 


128 


Verwaltungsgebäude. 


achse.  Im  Jahre  1761  wurde  im  Gebäude 
auch  die  Oberste  Justizstelle  (Justizministerium) 
untergebracht,  welche  bis  in  die  Vierzigerjahre 
des  vorigen  Jahrhunderts  hier  verblieb.  Unter 
dem  in  der  Nacht  vom  11.  Mai  1809  von 
den  Franzosen  durchgeführten  Bombardement 
Wiens  hatte  das  Ministerialgebäude  stark  ge- 
litten. Gelegentlich  der  darauffolgenden  Re- 
staurierung desselben  dürften  alle  jene  Ver- 
änderungen an  den  Fassaden  vorgenommen 
■worden  sein,  die  uns  bei  einem  Vergleiche  der 
Zeichnungen  aus  dem  18.  Jahrhundert  (Kleiner 
und  Pfeffel,  Delsenbach  etc.)  mit  der  heutigen 
Hauptfassade  auffallen.  Diese  in  der  Wipp- 
lingerstraße  befindliche  Hauptfassade  mit  ihren 
schönen  Mittelrisaliten,  den  prächtigen  Portal- 
gruppen und  den  fein  komponierten  Wappen, 
Kartuschen  und  Emblemen  ist  besonders  be- 
merkenswert; die  kraftstrotzenden  Atlanten 
sowie  die  sonstigen  Figuren  und  Bildhauer- 
arbeiten des  Gebäudes  werden  Mattielli  zuge- 
schrieben. 

Interessant  ist  auch  die  Fassade  am  Juden- 
platz, hauptsächlich  infolge  ihrer  originellen 
Fensterverdachungen.  Sehr  vornehme  Formen 
zeigen  weiters  das  gegen  die  Wipplingerstraße 
zu  gelegene  Hauptvestibül  und  der  sogenannte 
Ministerhof;  imposante  Maße  weist  das  gegen 
den  Judenplatz  gelegene  Stiegenhaus  auf.  Das 
Ministerialgebäude  wurde  in  den  letzten  Jahren 
sowohl  von  innen  als  auch  von  außen  sehr 
durchgreifenden  Restaurierungen  unterzogen; 
die  Repräsentationssäle  wurden  unter  der 
Leitung  des  Ministerialrates  Emil  Ritter  von 
Förster  im  Sinne  Fischers  von  Erlach  neu 
hergestellt.  Irmisch. 

Justiz-Ministerium,  L,  Schillerplatz  4. 

Das  Gebäude  wurde  im  Jahre  1872  von 
den  Architekten  Claus  und  Groß  im  Auftrage 
des  „Aktien-Vereines  für  Hotels  und  Bade- 
anstalten in  Wien"  als  „Hotel  Britannia"  erbaut, 
ging  jedoch  schon  am  1.  September  1874 
um  den  Kaufpreis  von  2,400.000  K  in  den 
Besitz  des  Staates  über.  Das  im  Renaissancestil  gehaltene,  vier  Stock  hohe  Gebäude  besitzt 
drei  Gassenfronten,  die  Hauptfassade  gegen  den  Schillcrplatz  besitzt  ein  Säulenportal  mit 
Balkon;  die  Seitenfassaden  gegen  die  Elisabethstraße  und  Nibelungengasse  sind  einfacher  ge- 
halten. Die  beiden  Ecken  der  Hauptfassade  werden  von  pavillonartigcn  Aufbauten  gekrönt. 
Nebst  dem  Justiz-Ministerium  sind  in  dem  Gebäude  noch  einige  andere  Ämter  untergebracht. 
Im  ersten  Stocke  des  in  der  Nibelungengasse  liegenden  Traktes  befindet  sich  der  im  Jahre 
1902  hergestellte  Verhandlungssaal  des  k.  k.  Reichsgerichtes;  weiters  gegen  den  Schillerplatz 
und  die  Elisabethstraße  das  k.  k.  Landwehr- Oberkommando  mit  den  Empfangsräumen 
Sr.  k.  u.  k.  Hoheit  des  Herrn  Erzherzogs  Rainer;  im  Parterre,  zweiten,  dritten  und  einem 
Teil  des  vierten  Stockes  das  k.  k.  Justiz-Ministerium.  Die  Präsidial-  und  Empfangsräume  sowie 
die  Wohnung  des  Ministers  liegen  im  zweiten  Stocke.  Ein  Teil  des  vierten  Stockwerkes  sowie 
der  größte  Teil  der  Souterrainräumlichkeiten  dienen  zu  Bureau-  und  Archivzwecken  für  mehrere 
Rechnungsdepartements  des  k.  k.  Finanz-Ministeriums.  Im  Parterre  des  Traktes  in  der  Nibc- 
lungcngasse  befindet  sich  ein  Postamt.  M-  von  Decqsiello. 


Abb.  207.    Finanz-Ministerium,  I.,  Himmelpfortgasse. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


129 


Finanz-Ministerium,    I.,    Himmelpfort- 
gasse 8   (Abb.  206  bis  209). 

Eines  der  wertvollsten  Denkmäler 
des  Wiener  Barockstils  ist  das  in  der  Zeit 
von  1703 — 1711  von  Johann  Bernhard 
Fischer  von  Erlach1)  und  Lukas  Hilde- 
brand '-)  über  Auftrag  des  Prinzen  Engen 
von  Savoyen  erbaute  Palais,  in  welchem 
derzeit  das  österreichische  Finanz-Ministe- 
rium untergebracht  ist. 

Über  die  künstlerische  Urheberschaft 
dieses  Prachtbaues  gehen  die  Ansichten 
stark  auseinander;  die  meisten  älteren 
Schriftsteller  nennen  Fischer  als  den  allei- 
nigen Erbauer,  während  der  Chronist 
Schimmer3)  und  Alfred  Ritter  von  Arneth 
Fischer  und  Hildebrand  als  Erbauer  be- 
zeichnen. Zweifellos  dürfte  Fischer  als  der 
Erbauer  der  Prachtstiege  und  des  Haupt- 
gebäudes zu  betrachten  sein,  da  derselbe 
den  Entwurf  des  Palastes  in  sein  berühm- 
tes Architekturwerk  „Entwurf  einer  histori- 
schen Architektur,  Wien  1721"  aufgenom- 
men hat.  Das  betreffende  Blatt  zeigt  aber 
erst  12  Fensterachsen  und  2  Portale, 
während  das  Palais  heute  17  Achsen  und 

3  Portale  besitzt.4)  Im  Jahre  1711  empfing  Prinz  Eugen  in  seinem  neuen  Heim  bereits  eine 
türkische  Gesandtschaft  in  feierlichster  Weise;  daselbst  beschloß  er  auch  am  21.  April  1736 
seine  Heldenlaufbahn.  Nach  dem  Tode  des  Prinzen  fiel  das  Gebäude  mit  Zustimmung  Kaiser 
Karl  VI.  mit  den  auserlesensten  Kunstschätzen  und  Einrichtungsstücken  an  dessen  Nichte 
Viktoria  von  Savoyen,  vermählte  Prinzessin  von  Sachsen-Hildburghausen,  die  jedoch  alles  nicht 
Niet-  und  Nagelfeste  zu  Geld  machte.  Im  Jahre  1754  wurde  das  Gebäude  vom  Staate  ange- 
kauft und  durch  Er- 
werbung angrenzender 
Häuser  noch  vergrößert. 
In  den  folgenden  Zeiten 
hatten  verschiedene  Be- 
hörden hier  ihren  Sitz, 
schließlich  seit  1848 
das  k.  k.  Finanz-Mini- 
sterium. 

Behufs  praktischer 
Verwendung  der  ein- 
zelnen Teile  des  Palais 
zu  Bureauzwecken  hat 
man  in  früherer  Zeit 
an  dem  Gebäude  zahl- 
reiche, hinsichtlich  der 

Erhaltung      des      Kunst- 


Treppenhaus  im  Finanz-Ministerium. 


Abb.  209.    Vestibül  im  Finanz-Ministerium,  I.,  Himmelpfortgasse  8. 


')  Geboren  zu  Prag  1656, 
gestorben  in  Wien  5.  April  1723. 

2)  Geboren  1668  zu  Genua, 
gestorben  17.  November  1745. 

3)  Der  Historiker  des  Eu- 
genschen  und  Theresianischen 
Zeitalters. 

4)  Ein  Bild  der  Fassaden 
findet  sich  in  Kisch,  „Alte 
Straßen  und  Plätze  der  Innern 
Stadt",  S.  481,  nach  einem  Stiche 
vonCorvinus  gezeichnet,  vor. 


Bd.  II. 


130 


Verwaltungsgebäude. 


Untcrrichts-Ministcrium,  [.,  Minoritenplatz 


wertes  nicht  immer  glückliche  bauliche  Veränderungen  vorgenommen;  so  wurden  beispiels- 
weise bei  der  im  Jahre  1841  vorgenommenen  Renovierung  einzelne  Fresken  in  nicht  besonders 
geschickter  Weise  vom  Historienmaler  Schilchcr  übermalt,  bis  endlich  in  den  Jahren  1888 — 1890 
unter  Leitung  des  derzeitigen  Oberbaurates  Theodor  Hödl  und  unter  Mitwirkung  der  Zentral- 
kommission zur  Erhaltung  der  Kunßt-  und 
^  historischen  Denkmale  das  Gebäude  einer 

gründlichen  und  sachgemäßen  Renovierung 
im  Sinne  Fischers  von  Erlach  durch  Be- 
seitigung späterer  Zutaten,  insbesondere 
der  mißglückten  Übermalungen,  Restau- 
rierung wertvoller  Baubestandteile  und 
Einfügung  stilgemäßer  Ergänzungen  unter- 
zogen wurde. 

Im  Totaleindrucke  der  Fassade  über- 
wiegen besonders  das  die  Prunkräume 
enthaltende  erste  Stockwerk  sowie  die  das 
Dach  maskierende  figurenreiche  Attika, 
deren  Gesamteindruck  durch  die  enge 
Gasse  leider  nicht  zur  Geltung  kommt. 
Diese  Attika  wurde  im  Jahre  1890  voll- 
ständig erneuert  und  deren  allegorische 
Figuren  durch  die  Bildhauer  Beyer,  Düll, 
Gloß,  Kalmsteiner,  Kauffungen,  Koch,  Lax, 
Rummel  und  Schwerzeck  hergestellt. 
Die  Innenausschmückung  ist  allegorisch,  bezugnehmend  auf  die  Ruhmestaten  des  edlen 
Prinzen;  als  Grundmotiv  erscheint  die  Herkulessage  sinnreich  verwendet.  Das  prächtige,  6m 
breite  und  30  m  lange  Vestibül  und  das  von  demselben  rechts  abzweigende  Treppenhaus 
sind  die  künstlerisch  bedeutendsten  Leistungen  an  dem  Palaste,  und  kommt  das  Treppenhaus 
(nach  Gurlitt,  Geschichte  des  Barockstiles)  an  malerischer  Wirkung  und  üppiger  Pracht  weit 
überlegenen  italienischen  Bauten  gleich.  Das  Vestibül  enthält  beiderseits  Wandfüllungen  mit 
Stukkoarbeiten,  militärische  Gerätschaften  darstellend,  und  in  einer  Nische  eine  Kolossalbrunnen- 
figur. Die  Stiege,  deren  Podest  von  vier  von  Mattielli  gemeißelten  Atlanten  getragen  wird,  besitzt 
im  ersten  Absätze  eine  prächtige  Herkulesstatue;  die  mythologischen  Deckengemälde  des  Stiegen- 
hauses sind  von  Louis  Dorigny,  einem  Schüler  Lebruns,  und  stellen  Apollo  als  Lichtgott,  den 
Sturz  des  Ikarus  und  die  Fama  dar.  Die  Rückwand  des  Treppenhauses  zeigt  das  Relicfporträt 
des  Prinzen  Eugen,  rechts  und  links  befinden  sich  Reliefs  mit  den  Kämpfen  Herkules'  von 
Santino  Bussi. 

Von  den  Innenräumen  sind  einige  durch  die  Pracht  ihrer  Ausstattung  hervorragend.  Der 
blaue  Saal  mit  115m  Länge  und  9  m  Breite  enthält  ein  Deckengemälde  des  Italieners  Marc- 
antonio Chiarini,  Herkules'  Vermählung  mit  Hebe  im  Olymp  darstellend.  Die  einst  mit  kost- 
baren Gobelins  geschmückten  Wände  tragen  nach  deren  Verschleuderung  durch  die  habsüchtige 
Erbin  Eugens  nun  hübsche  Brokattapeten  und  Gemälde  österreichischer  Herrscher  (Maria 
Theresia,  Josef  II.,  Karl  VI.  und  Leopold  IL).  Das  Goldkabinett  enthält  einen  Plafond  mit  reich 
vergoldeten  Schnitzereien,  Putten,  Vögel,  Blumen,  Fruchtstücke  darstellend,  in  den  Eckmedail- 
lons prachtvoll  gemalte  mythische  Szenen.  Der  100  m-  große  Tanzsaal  ist  im  Stile  Ludwig  XVI. 
gehalten.  Auch  in  den  weiteren  Sälen  befinden  sich  zum  Teil  noch  prächtige  Deckengemälde  aus 
der  Zeit  Eugens.  In  allen  Prachträumen  und  den  meisten  Bureaux  dieses  Palais  wurde  anfangs 
der  Neunzigerjahre  die  elektrische  Beleuchtung  eingeführt.  Die  Beheizung  dieser  Prunksäle  ge- 
schieht mittels  Caloriferes. 

Das  mit  diesem  Gebäude  in  Verbindung  stehende  kleine  Münzgebäude,  Johannesgasse  9, 
ist  ohne  architektonische  oder  historische  Bedeutung;  es  wurde  im  Jahre  1775  vom  Staate 
(nach  Schimmer,  Häuserchronik)  zu  Zwecken  des  k.  k.  Münz-  und  Kupferamtes  angekauft  und 
dient  gegenwärtig  ebenfalls  zu  Bureauzwecken  der  Zcntralleitung  des  k.  k.  Finanz-Ministeriums. 
Das  an  das  Finanz-Ministcrial-Palais  anstoßende  Gebäude  Himmelpfortgasse  6  wurde  im  Jahre 
1899  vom  Staate  angekauft  und  nach  entsprechender  Adaptierung  ebenfalls  für  Abteilungen 
des  Finanz-Ministeriums  verwendet.  Jose;  Meixmr. 


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Gebäude  der  Reichsverwaltung.  131 

Das  Ministerium  für  Kultus  und   Unterricht,  I.,  Minoriten platz  7  (Abb.  210), 

ist  in  dem  ehemals  Fürst  Starhembergschen  Palais  untergebracht,  welches   1683  im  Barockstil 
erbaut  wurde. 

Handels-Ministerium  (Barbarastift),  I.,  Postgasse  8. 

Dieses  Gebäude  war  ursprünglich  ein  Konvikt  des  Jesuitenordens  und  wurde  bereits 
im  Jahre  1554  dem  Orden  zu  Studienzwecken  übergeben.  1580  war  das  Konvikt  auch  Sitz 
der  Bruderschaft  zur  heiligen  Barbara.  Im  Jahre  1572  wurde  die  noch  heute  bestehende 
hübsche  Kirche  St.  Barbara  erbaut;  das  Konvikt  wurde  im  Jahre  1773  aufgehoben  und  die 
nun  verwaiste  Kirche  im  Jahre  1775  den  linierten  (katholischen)  Griechen,  denen  schon 
Leopold  I.    seinen  Schutz    angedeihen    ließ,    zum  Gottesdienste   überlassen.  ') 

In  den  Jahren  1784 — 1797  war  das  ehemalige  Konvikt  Sitz  der  Theresianischen 
Akademie,  worauf  dieselbe  in  das  von  ihr  noch  heute  benützte  Gebäude  auf  der  Wieden 
übersiedelte.  In  späterer  Zeit  Sitz  der  obersten  Hofpostverwaltung  wurde  das  Gebäude  im 
Jahre  1852  nach  den  Plänen  des  Hofbaurates  Sprenger  umgebaut;  gegenwärtig  wird  dasselbe 
vom  k.  k.  Handels-Ministerium  als  Amtsgebäude  benützt.  Die  Fassaden  und  Innenräume  bieten 
nichts  Bemerkenswertes.  Josef  Meixner. 

Ackerbau-Ministerium,  I.,  Liebiggasse  5. 

Dieses  in  den  Jahren  1 882- — 1883  nach  den  Plänen  des  k.  k.  Oberbaurates  Emanuel 
von  Trojan  in  Bauformen  der  Renaissance,  ohne  dekorative  Überladung  errichtete  Ge- 
bäude ist  bisher  das  einzige  für  ein  k.  k.  Ministerium  eigens  erbaute  neuere  Amtsgebäude 
in  Wien.2)  Das  Haus,  aus  Souterrain,  Hochparterre  und  drei  Stockwerken  bestehend,  mit 
drei  Gassenfronten,  bedeckt  eine  Fläche  von  etwa  1758  m2.  Das  benachbarte  Gebäude 
I.,  Ebendorferstraße  Nr.  7  wurde  in  denselben  Jahren  wie  das  vorige  von  den  Architekten 
Ferstel  und  Köchlin  für  einen  Privaten  als  Zinshaus  im  Renaissancestil  gebaut  und  im  Jahre 
1894  seitens  des  Ärars  vorwiegend  für  Zwecke  des  Ackerbau-Ministeriums  angekauft;  es 
befindet  sich  darin  neben  Bureauräumen  dieses  Ministeriums  die  Amtswohnung  des  Ackerbau- 
Ministers.  Das  Haus  besitzt  eine  Fläche  von  etwa  994  m2.  Mit  dem  Hause  I.,  Liebiggasse  5 
wurde  es  seither   in  jedem  Geschosse  in  Verbindung  gebracht.  Karl  Wopelha. 

Das  Parlamentsgebäude  (Abb.  211  bis  213  und  Tafel  X). 

Nachdem  Theophil  von  Hansen  als  Sieger  aus  dem  Wettbewerb  für  die  Erbauung  eines 
neuen  Parlamentsgebäudes  hervorgegangen  war,  wurde  demselben  von  dem  Ministerium  des 
Innern  die  Bauausführung  übertragen  und  der  Bau  im  Juni  1874  begonnen.  Das  Gebäude  bedeckt 
eine  Fläche  von  162  m  Länge  und  140  m  Tiefe,  dessen  längere  Front  gegen  die  Ringstraße  gerichtet 
ist.  Der  im  Geiste  und  in  den  Formen  der  griechischen  Antike  erbaute  Palast  ist  außen  in 
harmonischer  Weise  mit  Plastiken  und  Malereien  geschmückt  und  zeigt  insbesondere  gegen 
die  Ringstraße  eine  reichhaltige  Gliederung.  Der  in  der  Mitte  hoch  aufstrebende  gewaltige 
Portikus  ist  rechts  und  links  von  Flügelbauten  von  klassischer  Einfachheit  flankiert,  welche 
mit  vorspringenden  Eckpavillons  abschließen. 

Vor  der  Rampe  inmitten  einer  Blumenanlage  befindet  sich  der  herrliche  Monumental- 
brunnen mit  der  Pallas  Athene  als  Hauptfigur.  Links  und  rechts  von  dem  Brunnen  erheben 
sich  aus  reichen  Bronzesockeln,  welche  mit  den  Wappen  der  Kronländer  geschmückt  sind, 
zwei  mit  Doppeladler  gekrönte  Flaggenmaste  aus  Stahlblech  von  22  m  Höhe.  Die  Rampen- 
flügel gegen  die  Ringstraße  sind  mit  vier  auf  hohen  Granitpostamenten  stehenden  Pferde- 
bändigern aus  Bronzeguß  geziert,  während  die  Rampenmauer  mit  acht  Statuen  von  Geschicht- 
schreibern geschmückt  ist,  und  zwar:  rechts  vorne  Titus  Livius  und  Sallustius,  dann  Julius 
Cäsar  und  Tacitus,  links  vorne  Thukydides  und  Polybius,  dann  Xenophon  und  Herodot. 
In  der  Gruppe  des  Giebels  des  Mittelbaues,  ebenfalls  aus  Laaser  Marmor  ausgeführt,  ist 
dargestellt,  wie  Seine  Majestät  der  Kaiser  auf  Grund  der  von  ihm  verliehenen  Verfassung  die 
17  Kronländer  zur  Gesetzgebung  und  Beratung  um  sich  versammelt.  Der  kleine  Giebel  links 
enthält   die   Gruppe    „Justiz"    und    der   rechts    „Innere  Verwaltung".     An  den  vier  Ecken   der 

')  Siehe  Kirchenbauten. 

!)  Allgemeine  Bauzeitung.  1886. 


132 


Vera  altungsgebäude. 


Abb.  211.    Parlamcntsgcbäude.    Gesamtansicht  von  der  Ringstraße 


A  Peristyl.  B  Sitzungssaal  des  Herrenhauses.  C  Sitzungssaal  des  Abgeordnetenhauses. 

Abb.  212.    Parlamcntsgcbäude.     Grundriß  des  Hauptgeschosses.     1:1000. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


133 


beiden  Saal  bauten  erheben  sich  mächtige  Sockelauf  bauten,  auf  welchen  die  acht  aus  Bronze  ge- 
gossenen Quadrigen,  von  einer  geflügelten  Nike  geführt,  thronen;  an  den  Sockeln  selbst  sind 
je  zwei  Reliefs  angebracht,  von  welchen  jedes  von  zwei  Statuen  flankiert  ist.  Die  Statuen  und 
Reliefs  stellen  berühmte  Männer  des  Altertums  und  deren  hervorragende  historische  Tätigkeit 
dar.  Im  ganzen  befinden  sich  auf  der  Attika  des  Gebäudes  76  Marmorstatuen  und  66  Reliefs. 
An  den  Fassaden  des  Gebäudes  sind  die  verschiedensten  Steinarten  in  einer  Mannigfaltig- 
keit wie  bei  keinem  der  anderen  Monumentalbauten  verwendet.  Das  ganze  Untergeschoß  bis 
unter  den  Stylobat  der  Säulen  ist  mit  Granit  aus  den  Brüchen  von  Neuhaus  bei  Linz  ver- 
kleidet; für  die  Sockel  im  Inneren  der  Höfe  ist  Leithakalkstein  (aus  Mannersdorf)  verwendet. 
Im  Obergeschoß  finden  wir  die  Säulen,  Halbsäulen  und  Pilaster  aus  den  Karstbrüchen;  die 
Fenstereinfassungen  aus  Bresciancr  Marmor;  die  Mauerflächen  sind  mit  Platten  von  Unters- 
berger  Marmor  bekleidet;  die  Gesimse  der  Flügel  und  des  Mittelbaues  sind  von  Trientiner 
Marmor,  während  diejenigen  der  Saalbauten  von  Karststein  hergestellt  sind;  die  Kapitale  sind 
aus  einem  weicheren  Stein  von  Pola,  ebenso  die  Basen  der  Säulen  und  Pilaster. 

Die  Haupteingänge  in  das  Gebäude  befinden  sich  im  Mittelbau,  und  zwar  der  eine 
unter  der  Durchfahrt,  welche  im  Niveau  der  Straße  unter  dem  Portikus  liegt,  während  sich 
der  zweite  im  Portikus  im  ersten  Stocke  befindet.  Von  dem  erstgenannten  Eingange  aus  ge- 
langt man  in  das  Vestibül  im  Parterre,  von  wo  links  und  rechts  Prachtstiegen  in  das  Vestibül 
des  ersten  Stockes  führen.  Außerdem  vermitteln  noch  vier  Tore  den  Eingang  zu  den  Minister-, 
Kanzlei-  und  Abgeordnetenstiegen;  zwei  Eingänge  unter  den  Karyatiden  sind  für  den  Aller- 
höchsten Hof  und  die  vier  Tore  an  den  beiden  Seitenfronten  für  den  Zugang  des  Publi- 
kums bestimmt. 

Sämtliche  Souterrainlokale  sind  von  der  Heizungs-  und  Ventilationsanlage  in  Anspruch 
genommen.  Das  Erdgeschoß,  welches  durch  25  Treppen  mit  dem  ersten  Stock  bequem  ver- 
bunden ist,  enthält  zum  großen  Teil  Klubzimmer,  Bibliothek  und  Bureauräume  sowie  Beamten- 

und  Dienerwoh- 
nungen, ebenso 
die    Maschinen- 
räume   für    die 
elektrische     Be- 
leuchtungs- 
anlage  und   die 
sonst  notwendi- 
gen Utilitätsräu- 
me.     Von     der 
Ringstraße     ge- 
langt   man     auf 
der    Rampe    zu 
dem    gedeckten 
großen  Portikus, 
der    vorne    von 
acht  Säulen  aus 
Karstmarmor 
von   1  "2 1  m 
Durchmesser 
und   11  "50  fn 
Höhe      gebildet 
ist.     Über    dem 
Eingangsportal 
zieht      sich     im 
Fries    ein    Glas- 
mosaikgemälde 
(Tiroler   Arbeit) 
durch  den  ganzen  Portikus  entlang.   Dieses  nach  dem  Entwürfe  Lebiedzkis  in  den  letzten  Jahren 
hergestellte  Gemälde  stellt  Austria,   umgeben  von  den  im  Reichsrate  vertretenen   17  Provinzen, 
dar.     Die  von   Hansen  seinerzeit    projektierte  Polychromie  der   Fassade,    welche   jedoch    nicht 
zur   Ausführung  kam,  wurde  hier  neuerlich  dank  der  Initiative  der  Herren  Exzellenz  Ritter  von 
Roza  und  Hofrat  Ritter  von  Förster  versuchsweise  durchgeführt. 


Abb.  213.    Parlamentsgebäude,  Zentralhal 


134 


Verwaltungsgebäude. 


Der  beigegebene  Grundriß  zeigt  die  Anordnung  der  Räume  im  ersten  Stock,  dem  Haupt- 
geschosse. An  den  großen  Mittelbau,  welcher  das  Herrenhaus  von  dem  Abgeordnetenhause 
scheidet,  reihen  sich  hintereinander  Vestibül,  Atrium,  Peristyl  und  zwei  große  Beratungssäle 
an.  Die  innere  Raumgliederung  spiegelt  sich  im  Äußeren  wieder,  indem  der  Mittelbau  und 
die  beiden  Sitzungssäle  hoch  aufsteigen  und  die  niedrigen  Flügel-  und  Zwischentrakte  über- 
ragen, wodurch  eben  jene  dem  inneren  Organismus  genau  entsprechende  äußere  Gruppierung 

hervorgerufen  wird.  Die  unmittelbare  An- 
einanderreihung derjenigen  Räume  im  ersten 
Stocke,  welche  infolge  ihrer  Benützung 
direkt  aufeinander  folgen  müssen,  wie 
Vestibül,  Atrium,  Kommissions-,  Versamm- 
lungs-  und  Sitzungssäle,  machte  die  Anwen- 
dung von  Oberlichtbcleuchtung  zur  Bedin- 
gung. Außer  dieser  Beleuchtung  vermitteln 
noch  im  Inneren  des  Gebäudes  acht  große 
und  18  kleine  Lichthöfc  die  Erhellung  der 
Räume. 

Im  Inneren  erscheinen  außer  den 
bereits  früher  genannten  Marmorsorten 
noch  die  braunroten  Adneter  sowie  die 
verschiedenen  Tropf-  und  Scheckmarmore 
in  allen  möglichen  Nuancen,  dann  Unters- 
berger  und  Botticino,  sowie  der  dem 
Carrara  ähnliche  weiße  Laaser  Marmor  in 
reichlicher  Verwendung,  und  an  ausländi- 
schen Marmoren  für  die  Wandverkleidungen 
der  Rouge  royal,  der  schwarze  belgische 
Marmor,  dann  Pavonazzo.  Porto  Venere 
und  Levante.  Auch  die  Marmorimitationen 
und  gemalten  Stukko  haben  ausgedehnteste 
Anwendung  gefunden. 

Das  Vestibül  des  ersten  Stockes  ist 
von  sechs  Säulen  ionischer  Ordnung  um- 
geben, welche  die  Kassettendecke  tragen. 
Hinter  diesen  Säulen,  deren  kannelierte 
Schäfte  aus  Monolithen  von  Trientiner  Mar- 
mor bestehen,  steigen  rechts  und  links  die 
beiden  dreiarmigen  Haupttreppen  auf.  In 
den  Wänden  befinden  sich  Nischen,  in 
welchen  aus  Laaser  Marmor  Statuen  von 
Ares,  Apollo,  Hephästos,  Minerva,  Diana, 
Demeter,  Hermes,  Hera,  Poseidon  und  Zeus  aufgestellt  sind.  Die  Wandverkleidungen  bei 
den  Treppen  sind  von  belgischem  Marmor,  Rouge  royal,  darüber  von  geädertem  Pavonazzo, 
die  Stufen  der  Treppen  sowie  das  reich  durchbrochene  Gitter  aus  Untersberger  Marmor. 
Von  diesem  Vestibül  gelangt  man  in  eine  innere  Vorhalle  (Atrium)  und  von  diesem  in  die 
Säulenhalle  (Peristyl).  Diese  ist  40m  lang  und  23m  breit,  besteht  aus  einem  inneren,  923m 
breiten  und  30'35m  langen  Raum  und  einem  äußeren,  diesen  rings  umschließenden,  6  m  breiten 
Umgang,  voneinander  durch  24  Säulen  getrennt.  Diese  Säulen  tragen  über  dem  inneren  Saale 
eine  giebelförmig  ansteigende  Glasdecke,  über  dem  Umgang  eine  reich  bemalte  und  vergoldete 
Kassettendecke.  Die  braunroten  Säulenschäftc  sind  Monolithe  von  8  m  Länge  und  0-97  m  Durch- 
messer aus  den  Adneter  Brüchen  bei  Salzburg;  der  Preis  einer  Säule  belief  sich  auf  8000  K. 
An  beiden  Langsciten  dieses  Raumes  befinden  sich  je  fünf  Türen,  welche  rechts  in  die  Räume 
des  Abgeordnetenhauses,  links  in  das  Herrenhaus  führen. 

Als  Versammlungssaal  des  Abgeordnetenhauses  dient  ein  mit  Oberlicht  beleuchteter 
Raum  von  950  auf  1900m  Länge.  Der  Sitzungssaal  ist  im  Grundplane  ein  überhöhter  Halb- 
kreis von  34  m  Durchmesser  und  255  m  Tiefe  und  enthält  425  im  Halbkreis  angeordnete  Sitze 
auf  ansteigendem  Fußboden.  Rings  um  die  halbkreisförmige  Umfangswand  zieht  sich  ein  Couloir, 
über  diesem,  in  Ansicht  des  Präsidenten,  den  Saal  im  Halbkreis  umschließend,  sind  die  Galerien 


Abb.  214.    Bankogebäude,  I.,  Singerstraße. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


135 


Abb.  215.     Stiegenhaus  im  Bankogebäude,  [.,  Singerstraße  17. 


in  zwei  Etagen  angebracht.  Die  Decke,  welche  einen  Durchmesser  von  40  m  und  eine  Tiefe 
von  25  m  hat.  ist  radial  gegliedert;  den  mittleren  Teil  mit  23  m  Durchmesser  und  12m  Tiefe 
nimmt  das  Oberlicht  ein,  welches  ebenfalls  zeltförmig  konstruiert  ist.  Die  Höhe  des  Saales 
vom  tiefsten  Niveau  bis  zur  Glasdecke  beträgt  15  m.  Zur  künstlichen  Beleuchtung  des  Saales 
wird  elektrisches  Licht  verwendet.  Der  Sitzungssaal  des  Herrenhauses  ist  etwas  kleiner  im 
Durchmesser  als  der  crstbcschricbene  und  faßt  nur  243  Sitze;  während  er  im  architektoni- 
schen Aufbau  mit  dem 
anderen  völlig  überein- 
stimmt, hat  er  eine  an- 
dere farbige  Behand- 
lung erfahren. 

Im  zweiten  Stock- 
werke der  beiden  nörd- 
lich und  südlich  gelege- 
nen Seitentrakte  sind 
Wohnungen  für  die 
Kanzleidirektoren  der 
beiden  Häuser,  im  zwei- 
ten Stockwerke  der  bei- 
den Saalbauten  Bureaux 
respektive  das  Archiv 
untergebracht.  Die  Dach- 
bodenräume sind  größ- 
tenteils durch  die  Be- 
heizung, Ventilation,  Be- 
leuchtung und  Ober- 
lichtschächte in  An- 
spruch genommen. 

In  sämtlichen  Räu- 
men des  Gebäudes  ist 
die  Zentraldampfheizung  in  Verbindung  mit  einer  natürlichen  und  mechanischen  Ventilation 
eingeführt.  Die  Anlage  besteht  aus  14  Ten  Brink-Systemen  mit  zusammen  114  Dampfkesseln 
und  einer  Heizfläche  von  600  m2;  die  Länge  der  Heizrohre  beträgt  47  km.  Zur  Ventilation 
sind  für  die  Sitzungssäle,  Kommissions-,  Ausschuß-  und  Klubzimmer  zwei  Dampfmaschinen 
mit  6  respektive  4  PS.  aufgestellt.  Die  Ventilation  beruht  auf  dem  System  der  Pulsion  und 
Aspiration;  die  Lufterneuerung  findet  in  der  Stunde  fünfmal  statt,  so  z.  B.  werden  in  den 
Sitzungssaal  des  Abgeordnetenhauses  88.000  m3  frische  Luft  in  der  Stunde  eingeführt;  zur  Luft- 
befeuchtung sind  Wasserzerstäuber  und  Verdunstapparate  in  reichlicher  Menge  angebracht.  Im 
ganzen  sind  107.000  m3  Räume  zu  heizen  und  zu  ventilieren.  Das  Gebäude  ist  durchaus  elektrisch 
beleuchtet  und  ist  nach  dem  Zweileitersystem  installiert;  der  Strom  wird  aus  den  städtischen 
Werken  bezogen.  Der  Gesamtbetrieb  des  ganzen  Gebäudes  beansprucht  2100  Amperesstunden; 
der  Effekt  ist  .  gleich  75.000  Normalkerzenstärke.  Für  den  Betrieb  der  60  Uhren  besteht  eine 
pneumatische  Zentralanlage. 

Die  erste  Sitzung  in  diesem  Hause  fand  am  4.  Dezember  1883  statt.  Die  Kosten  des 
Gebäudes  bis  zu  seiner  heutigen  Ausgestaltung  betragen   18,200.000  K.  Karl  Erhart. 

Literatu  r. 

Hansen,  Das  Parlamentsgebäude.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1873.  Derselbe, 
Das  k.  k.  Reichsratsgebäude  in  Wien.  Folio.  Wien  1S80. 

Staats-Zentralkassa  (Bankogebäude),  I.,  Singerstraße  17  und  19  (Abb.  214,  215). 

Dieses  Gebäude  besteht  eigentlich  aus  zwei  Objekten,  von  welchen  das  Haus  ander  Ecke  der 
Grünangergasse  und  Singerstraße  sich  schon  auf  dem  Salomon  Kleinerschen  Stich  aus  dem 
Jahre  1724  als  einstöckiger,  mit  einem  Erker  an  der  Ecke  und  einem  mächtigen  Torportale  im 
Stile  Carlones  gezierter  Bau  repräsentiert.  Es  wird  auf  diesem  Stiche  als  gräflich  Rothalsches 
Haus  bezeichnet.  Das  anstoßende  Haus  Nr.  19  war  ein  Stiftungshaus  für  arme  Kranke;  die 
Stiftung  wurde  durch  Dr.  Pilliot,  den  Leibarzt  Kaiser  Leopolds  I.,  ins  Leben  gerufen. 

Es  ist  wahrscheinlich,  daß  letzteres  Haus  zuerst  für  Zwecke  des  Wiener  Stadtbanko  um  1750 
erworben    und  eingerichtet,   hingegen    das    ersterwähnte,     1752    umgebaute    gräflich  Rothalsche 


136 


Verwaltungsgebäude. 


Palais  mit  dem  noch  ersichtlichen,  ehemals  durch  zwei  Geschosse  reichenden  Festsaal,  der 
Kapelle  im  ersten  Stocke  und  der  Prachttreppe  zunächst  als  herrschaftlicher  Wohnpalast  größer 
und  prächtiger  neu  aufgebaut  und  erst  später  ebenfalls  zu  „Bankozwecken"  angekauft  wurde. 
Im  Jahre  1845  wurde  auf  dieses  Haus  ein  Stockwerk  aufgesetzt  und  die  neue  Attika,  wie  aus 
ziemlich  sicherer  Quelle  entnommen  wurde,  mit  Figuren  vom  Eugcnschcn  Winterpalaste  in  der 
Himmelpfortgasse  (jetziges  Finanz-Ministerial-Palais)  besetzt.  Die  Fassade  des  Gebäudes  Singer- 
straße 17  ist  in  edlem  Barockstil  gehalten.  Im  Inneren  des  Palais  gehören  die  Einfahrtshalle  und 
die  herrliche  Treppe  zu  den  besten  Werken  der  Wiener  Barockkunst.  Das  4  m  breite  Vestibül  er- 
weitert sich  gegen  den  Hof  zu  in  eine  zirka  8  m  lange  und  12  m  breite  Halle,  deren  flachgewölbte 
Decke  durch  zwei  Bündel  von  je  vier  Säulenmonolithen  in  toskanischcr  Ordnung  getragen  wird. 
Besonders  bemerkenswert  sind  noch  der  neben  der  Prachtstiege  befindliche  große,  ehemals 
auch  durch  zwei  Stockwerke  reichende  Saal  und  hofseits  im  ersten  Stocke  eine  kleine  Kapelle,  beide 

in  Stuckmarmor  mit  Vergoldungen.  Ein- 
zelne sonstige  Räume  enthalten  noch  Mar- 
morschmuck mit  Vergoldung  an  den  Wän- 
den und  Stukkodecken.  Bei  den  seit  einigen 
Jahren  im  Zuge  befindlichen  umfassende- 
ren Bauveränderungen  (auch  Einrichtung 
der  Zentralheizung)  wurde  nach  Tunlich- 
keit  auf  die  Erhaltung  beziehungsweise 
Wiederherstellung  solch  künstlerischer 
Ausschmückungen  Rücksicht  genommen. 
Das  mit  dem  vorgeschilderten  Palast- 
bau um  zirka   1845  organisch  in  Verbin- 


Lageplan   mit  Stadt- 
bahntrace  im  Unter- 
geschoß.    1 : 2000. 


Abb.  216.     Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraßc  3.    Ebencrd.     1:1000. 


Abb.  217.     Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraße  5  und  7. 


Abb.  218.     Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraßc  5.    Ebencrd.     1:1000. 


Abb.  219.     Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraßc  7. 
Ebencrd.     1:1000. 


dung  gebrachte  anstoßende  Gebäude  Or.-Nr.  19  ist  bedeutend  einfacher  gehalten,  besitzt  jedoch 
ein  bemerkenswertes  Torportal  mit  einer  oben  angebrachten  Nischenfigur.  Dasselbe  hat  in  den 
Vierzigerjahren  des  vorigen  Jahrhunderts  weitgehende  Bauveränderungen  erfahren.  Seit  dem 
19.  Jahrhunderte  ist  das  Bankogebäude    der   Sitz  der  staatlichen    Zentralkassen,    der  Direktion 


Gcb  aide  der  Rsichsvsrwultuns 


137 


der  Staatsschuld  und 
einiger  Rechnungsabtei- 
lungen. 

Die  teilweise  zwei- 
geschossigen Keller  bei- 
der Gebäude  sind  amt- 
lichen Zwecken  dienst- 
bar gemacht.  Gegen- 
wärtig wird  teils  zur 
Raumgewinnung,  teils 
zur  Schaffung  der  not- 
wendigen Sicherheit  ein 
Ausbau  für  beide  Ge- 
bäude und  zugleich 
deren  Freilcgung  gegen 
die  Nachbarrealitäten 
ausgeführt,  zu  welchem 
Zwecke  zwei  der  letz- 
teren (Kumpfgasse  6 
und  8)  vom  Ärar  er- 
worben wurden. 
/.  Meixner  u.  Änderte. 


Finanzgebäude,  III 


Finanz-Landesdirektionsgebäude,  III.,  Vordere  Zollamtsstraße  3. 

Dieses  Gebäude  wurde  in  den  Jahren  1846 — 1848  nach  den  Plänen  des  Hofbaurates 
Paul  Sprenger  ausgeführt.  Die  Architektur  ist  in  dem  Sprenger  eigentümlichen  einfachen  Renais- 
sancestil gehalten,  derauf  französischen  Vorbildern  fußte.  Das  Gebäude  besitzt  über  dem  imposanten 
Toreingange  Statuenschmuck  von  Klieber.  Heute  dient  das  Gebäude  zur  Unterbringung  der 
k.  k.  Finanz-Landesdirektion,  des  Zentral-Mappenarchivesund  des  Filial-Punzierungsamtes.  Größere 
Umgestaltungen  wurden  an  dem  Gebäude  seit  dessen  Erbauung  nicht  vorgenommen. 

R.  Koppensteiner. 

Finanzgebäude,  III.,  Vordere  Zollamtsstraße  5  und  7  (Abb.  216  bis  220). 

Diese  wurden  als  Ersatzobjekte  für  den  zu  demolierenden  „Jakoberhof"  ausgeführt.  Die  im 
Zusammenhange  mit  der  Stadtbahn  festgestellten  neuen  Straßenregulierungen  haben  zur  Aus- 
führung zweier  getrennter  Amtsgebäude  geführt.  Der  Bau  wurde  im  April  1898  begonnen  und 
im  April  1901  beendet.  Die  Fundierung  wurde  gleichzeitig  mit  der  Herstellung  des  gedeckten 
Einschnittes  der  Wiener  Stadtbahn,  deren  Trace  tunnelartig  durch  die  Souterrains  der  beiden 
Gebäude  läuft,  durchgeführt  (Abb.  217).  Die  Fundierung  der  Haupt- und  Mittelmauern  an  jenen 
Stellen,  wo  dieselben  über  den  gedeckten  Einschnitt  der  Stadtbahn  führen,  erfolgte  teilweise 
durch  mit  Beton  umhüllte  Gitterträger. 

Die  Hauptfassade  des  Gebäudes  Nr.  5  wurde  anklingend  an  jene  des  Postpaketgebäudes 
behandelt.  Das  Gebäude  Nr.  7  wurde  selbständig  und  mit  Berücksichtigung  der  freien  Lage 
gegen  die  Ringstraße  in  kräftigerer  Gliederung  gehalten.  Die  Einteilung  der  Gebäude  ist  aus 
den  Grundrissen  zu  ersehen. 

Die  Beheizung  beider  Gebäude  erfolgt  durch  Niederdruckdampfheizung,  deren  Kessel- 
anlagen sich  in  den  Souterrains  befinden.  Beide  Gebäude  sind  elektrisch  beleuchtet  und  mit 
elektrischen  sowie  mit,  Handaufzügen  versehen. 

In  den  Gebäuden  sind  derzeit  untergebracht:  Im  Gebäude  Nr.  5  einige  Fach-Rechnungs- 
departements des  k.  k.  Finanz-Ministeriums,  das  k.  k.  Zentral-Tax-  und  Gebührenbemessungs- 
amt, die  k.  k.  Taxamtskassa,  das  k.  k.  Zentral-Stempelamt,  die  k.  k.  Technische  Finanz-Kontrolle 
und  die  Finanzwach-Kontrolle;  im  Gebäude  Nr.  7  die  Fach-Rechnungsdepartements  II  und  V 
des  k.  k.  Finanz-Ministeriums,  die  Lotto-Gefällsdirektion,  die  Finanz-Bezirksdirektion,  das  Litho- 
graphische Institut  des  Grundsteuerkatasters  und  das  Zentral-Mappenarchiv. 

Hittebrand. 


1  38  Verwaltungsgebäude. 

Laurenzergebäude,  I.,  Fleischmarkt  19.') 

An  Stelle  des  heutigen,  ein  großes  Viereck  bildenden  Staatsgebäudes  befand  sich  ur- 
sprünglich ein  von  den  österreichischen  Herzogen  Friedrich  dem  Schönen  und  Otto  dem 
Fröhlichen  im  Jahre  1327  gestiftetes,  den  Dominikanerinnen  gewidmetes  Kloster.  Im  Jahre  1348 
übernahmen  die  Augustinerinnen  dieses  Kloster  und  gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  wurde 
es  von  dem  um  die  Entwicklung  Wiens  hochverdienten  Herzog  Rudolf  IV.  dem  Stifter  besser 
ausgestattet  und  vergrößert.  Im  Jahre  1529  bei  der  ersten  Belagerung  Wiens  durch  die  Türken 
flüchteten  sich  die  Chorfrauen  des  heiligen  Augustin  hierher.  Das  bald  zu  eng  gewordene 
alte  Kloster  wurde  von  1630 — 1660  unter  der  Oberin  Gräfin  Augustine  Abensberg-Traun 
umgebaut  und  erweitert,  so  daß  schon  damals  dessen  äußerer  Umfang  jenen  des  heute  be- 
stehenden Gebäudekomplcxcs  erreichte.  Das  Gebäude  umfaßte  große  Gärten  und  hübsch  ge- 
zierte Innenräume.  Nach  der  Aufhebung  des  Stiftes  als  solches  im  Jahre  1783  wurde  es  vorerst 
wie  so  viele  andere  an  geschichtlichen  Erinnerungen  und  Kunstschätzen  reiche  kirchliche 
Gebäude  damaliger  Zeit  einem  sehr  profanen  Zwecke,  nämlich  der  Unterbringung  von  Kauf- 
mannsgütern gewidmet,  die  Kirche  aber  im  Jahre  1816  demoliert.  Vom  Jahre  1816 — 1819 
wurde  der  Bau  des  gegenwärtigen  Ararialgebäudes,  unter  teilweiser  Verwendung  des  alten 
Bestandes,    aufgeführt.-) 

Das  Gebäude  ist  in  den  stark  abfallenden  Steilrand  des  ehemaligen  Donaubettes  eingebaut 
und  bildet  ein  zirka  5400  m2  Fläche  einnehmendes  Viereck,  dessen  zwei  nördliche  Ecken  ab- 
gestumpft sind.  Die  Fassade  am  Fleischmarkt  besitzt  eine  in  Sandstein  hergestellte  Attika,  ge- 
ziert mit  zwei  schwebenden  Genien,  die  das  von  Lorbeer-  und  Eichenblättern  umgebene  kaiser- 
liche Wappen  in  den  Händen  halten  (Abb.  194).  Im  übrigen  sind  die  Fassaden  völlig  bedeu- 
tungslos. Das  Gebäude  wird  gegenwärtig  von  Abteilungen  des  Reichs-Kriegsministeriums,  der 
Postverwaltung  und  Finanzverwaltung  benützt.  /.  Meixner. 

Ärarialgebäude,  XV.,  Tannen-  und   Beingasse. 

Auf  einem  rund  3700  m2  messenden  Grundkomplexe  zwischen  der  Tannen-  und  Bein- 
gasse wurden  nach  dem  Entwürfe  der  Dikasterial-Gebäudedircktion  in  den  Jahren  1902 — 1903 
vier  Gebäude  errichtet,  und  zwar: 

Ein  Wohngebäude  in  der  Beingasse  für  Unterbringung  der  Finanzbeamten  und  der 
verheirateten  Finanzwachorgane  des  k.  k.  Verzehrungssteuer-Linienamtes  Westbahnhof  und  der 
Kontrollbezirksleitungen  Rudolfsheim  und  Westbahn,  ein  Amtsgebäude  in  der  Tannengasse 
für  Zwecke  des  k.  k.  Polizei-Kommissariates  Schmelz  sowie  für  die  k.  k.  Forst-  und  Domänen- 
Direktion  Wien,  ein  Kaserngebäude  im  Hofe  für  Sicherheits-  und  Finanzwachmannschaftsorgane 
und  schließlich  ein  für  20  Pferde  passendes  Stallgebäude  für  die  berittene  Sicherheitswache. 
Das  Wohn-  und  das  Kaserngebäude,  sowie  der  Gassentrakt  des  Amtsgebäudes  sind  dreistöckig, 
der  hofscitig  gelegene  Teil  des  Amtsgebäudes,  behufs  Schaffung  von  genügenden  geräumigen 
Zeichenräumen  für  die  k.  k.  Forst-  und  Domänen-Direktion,  vierstöckig  aufgebaut.  Die  Souterrain- 
räume dieser  Objekte  wurden  gleichfalls  ausgenützt,  indem  außer  den  Parteienkellern  im 
Wohngebäude  Dienerwohnungen,  Fouragedepoträume,  im  Amtsgebäude  größtenteils  Archiv- 
und  Reserveräume  und  in  der  Kaserne  Menageküchen  und  Menagezimmer,  endlich  auch  Bäder 
mit  versenkten  Betonwannen  und  Duschen  für  die  Mannschaften  etc.  geschaffen  wurden.  Die 
Korridore  und  Stiegendecken,  die  Decken  der  obersten  Geschosse  der  hofscitigen  Ausbauten 
der  Gassentrakte  und  des  Kaserngebäudes,  sowie  die  Decke  des  Stallgebäudes  samt  den 
Zwischenpfeilern  sind  in  armiertem  Beton  ausgeführt  und  alle  Dachteile  in  Holzzement  ein- 
gedeckt. Die  Fassaden  dieser  Gebäude  sind  als  Putzbau  in  einfachen  modernen  Formen  ausgeführt. 
Die  verbaute  Fläche  mißt  2550  m2;  die  Baukosten   betrugen  (ohne  Grunderwerb)  965.000  K. 

Andreas  von  Ziillich. 

Hauptzollamt,  III.,  Hintere  Zollamtsstraße. 

Der  wegen  seiner  Lage  im  Überschwemmungsgebiete  der  Wien  und  des  Donaukanales 
viele  Schwierigkeiten  bietende  Bau  wurde  in  den  Jahren  1840 — 1844  nach  den  Plänen  und 
unter  der  Leitung  des  Hofbaurates  Sprenger  ausgeführt.  Das  für  die  damalige  Zeit  eine  hervor- 


')  Kisch.  Alte  Straßen  und  Plätze  Wiens,  und  Schimmer,  Häuserchronik. 

-)  Eine  Abbildung  des  früheren  Bestandes  nebst  Kirche  nach  Sal.  Kleiner  befindet  sich  in  Kisch.  a.  a.  0.  S.  425. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


139 


lote 


fron 


.533öoira,wnr- 


Abb.  222. 

Das  Postsparkassen 

Amtsgebäude. 

Hochparterre. 

1:1000. 


ragende  technische  Leistung  darstellende  Bauwerk  ist  in 
einfachen,  aber  würdigen  Verhältnissen  gehalten.  Das  Ge- 
bäude dient  heute  noch  zur  Unterbringung  des  Hauptzoll- 
amtes.  Mit  Errichtung  der  gegenwärtigen  Wiener  Stadtbahn 
ist  die  bestandene  direkte  Verbindung  mit  den  Gleisen  der 
Wiener  Verbindungsbahn  durch  einen  elektrischen  Waggon- 
aufzug ersetzt  worden.  Seit  1902  werden  durch  die  k.  k. 
Dikasterial-Gebäudedirektion  umfassende  Rekonstruktionen 
vorgenommen,  um  den  modernen  Bedürfnissen  Rechnung 
zu  tragen.  Elektrische  Aufzüge,  ein  elektrischer  Laufkran, 
eine  ausgedehnte  Halle  mit  Oberlichten  in  Eisenkonstruk- 
tion zur  Abfertigung  ausländischer  Postsendungen  etc. 
wurden  für  diese  Zwecke  bereits  geschaffen. 

A\  Koppensteiner. 

Das    neue    Gebäude    des    k.  k.   Postsparkassen-Amtes 

(Abb.  221,  222). 

Der  Bau  des  neuen  Amtshauses  für  die  k.  k.  Post- 
sparkasse wurde  auf  Grund  einer  im  Jahre  1903  ausge- 
schriebenen Konkurrenz  dem  Oberbaurate  Otto  Wagner 
übertragen  und  die  Bauausführung  im  Jahre  1904  in  Angriff 
genommen.  Das  Gebäude  liegt  auf  einem  durch  die  Demo- 
lierung der  Franz  Josefs-Kaserne  gewonnenen  Gelände  von 
5546  m2  Größe,  wovon  4125  m2  zur  Bebauung  gelangten. 
Für  die  Grundrißeinteilung  wurden  mit  Rücksicht  auf  die 
große  Zahl  der  täglich  verkehrenden  Parteien  und  die  Be- 
dürfnisse des  Dienstes  der  zirka  2000  Beamten  große  zu- 
sammenhängende Trakte,  welche  beliebige  innere  Umstellun- 
gen gestatten,  als  günstigste  Lösung  gewählt.  Im  Äußeren 
ist  nur  der  Mittelbau,  welcher  die  Direktionsbureaux  enthält, 
durch  reicheren  Dekor  hervorgehoben.  Für  die  Verkleidung 
der  Fassaden  werden  im  Unterbau  6  bis  9  cm  starke  Granit- 
platten, für  den  Aufbau  2  cm  starke  Sterzinger  Marmor- 
platten verwendet,  die  mittels  Steinzeugzapfen  an  das  Mauer- 
werk befestigt  werden.  Die  äußeren  Fenster  und  Türen  sind 
durchwegs  aus  Eisen  angefertigt,  das  mit  einer  Aluminiumhülle 
versehen  wird.  Die  sämtlichen  Decken  sind  in  Betoneisen- 
konstruktion hergestellt,   auf  die 

Abb.  221.    Fassadendetail   des   k.  k.  i  a       ,      ..     '  •        \       u    n 

Postsparkassen-Amtsgebäudes.         in  den  Amtsraumen  in  Asphalt 


40 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  223.    Justizpalast. 

Größe  von  118X183  cm  meisterhaft  aus 
des  Mariazellerhofes 
an  die  Gottesmutter 
durch  den  Donator 
Stephan  von  Hohen- 
berg  dar.1)  Heute 
dient  das  Gebäude 
zur  Unterbringung 
des  k.  k.  österreichi- 
schen obersten  Rech- 
nungshofes, des  k.  u. 
k.  Rcichsfinanz-Mini- 
sterialarchivs  und  der 
k.  k.  Finanz- Mini- 
sterialbibliothek. 

Ji.  Koppensteiner. 

Der  Justizpalast, 
I.,  Schmerlingplatz 

(Abb.  223  bis  225), 

wurde  in  den  Jahren 
1874—1881       nach 


gelegte  Riemenböden  verlegt  vrerden.  Der  große 
Zentralraum  wird  durch  ein  Glasdach  überdeckt. 
Die  Gesamtkosten  des  Baues  samt  Grunderwerb 
werden  sich  auf  rund  5  Millionen  Kronen  belaufen. 

K. 

Der    Mariazellerhof,    I.,   Annagasse    5    und 
Johannesgasse  6. 

Der  Mariazellerhof  dürfte  mit  seiner  Ge- 
schichte bis  ins  14.  Jahrhundert  zurückreichen. 
1482  schenkte  der  damalige  Besitzer  Stephan 
von  Hohenbcrg  den  Hof  dem  Kloster  Klein- 
Mariazell  in  Niederösterreich,  in  dessen  Besitz 
er  bis  zu  der  unter  Kaiser  Josef  II.  erfolgten 
Auflösung  des  Stiftes  verblieb.  Im  Jahre  1798 
wurde  der  Mariazellerhof  von  der  k.  k.  Staats- 
güter-Administration für  den  Religionsfonds  über- 
nommen. 1768  wurde  das  Gebäude  auf  Ver- 
anlassung des  Stiftes  Klein-Mariazell  durch  den 
bekannten  Wiener  Meister  Daniel  Dietrich  und 
1830  der  in  der  Annagasse  gelegene  Teil  durch 
die  k.  k.  niederösterreichische  Zivilbaudirektion 
umgebaut  und  in  dem  Neubau  auch  die  Archi- 
tckturschule  der  Akademie  der  bildenden  Künste 
untergebracht.  1843/44  wurde  unter  Leitung  des 
k.  k.  Hofbaurates  Sprenger  auch  der  in  der  Jo- 
hannesgasse 6  gelegene  Teil  des  Mariazellerhofes 
für  Zwecke   des   k.  k.   Hofkammerarchivs   umge- 

1  staltet.  In  diesem  Trakte  ist  auch  ein  aus  dem 
15.  Jahrhundert  stammendes  Steinrelief  von  künst- 
lerischem Werte  eingemauert.  Es  enthält  bei  einer 

eführte  Figuren    und  stellt   die   weihevolle   Übergabe 


')  Ausführlich  be- 
schrieben ist  dieses  1902  re- 
staurierte Relief  in  der  „Öster- 
reichischen Wochenschrift 
für  den  öffentlichen  Bau- 
dienst". 1903.  —  Siehe  auch 
unter  „Denkmale". 


Abb.    224.      Justizpalast. 
Ebcnerd.     1:1000. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


141 


den  Plänen  des  Architekten  Alex,  von  Wielemans  erbaut.  Das  Gebäude  dient  derzeit  zur 
Unterbringung  des  Landesgerichtes  in  Zivilrechtssachen  mit  dem  ihm  unterstehenden  gericht- 
lichen Depositenamt  und  dem  Grundbuchs-  und  Landtafelamte,  dem  Handelsgerichte  und  dem 
Obersten  Gerichtshofe  mit  der  Generalprokuratur  nebst  den  erforderlichen  Verhandlungssälen. 
Ein  durch  das  ansteigende  Terrain  sich  ergebendes  Untergeschoß  dient  zur  Aufnahme  der 
Archive,  der  Wachmannschaft,  der  Dienerwohnungen  und  der  Räume  für  die  Zentralheizung. 
Das  Gebäude  ist  in  einer  freien  Auffassung  der  deutschen  Renaissance  mit  Anlehnung  an  den 
italienischen  Palastbau  gebildet.  Die  Hauptfront  ist  gegen  die  Ringstraße  gerichtet  und  durch 
einen  kräftig  vorspringenden  Risalit  mit  hohem  Giebel  markiert,  in  dessen  Nische  sich  eine 
Austriastatue  vom  Bildhauer  Prof.  Helmer  befindet.  Der  kräftig  rustizierte  Unterbau  ist  aus  Osloper 
Stein  (Lcithagebirge),  die  Untergeschosse,  das  Ebenerd-  und  Mezzaningeschoß  sind  mit  Quadern 
aus  Margarethener  Stein  verkleidet,  der  Aufbau,  erster  und  zweiter  Stock,  ist  in  Putzbau  hergestellt. 

Das  Gebäude  bedeckt  eine  Fläche  von  9000  m2,  wovon  7700  m2  verbaut  sind.  Der  mittlere 
Hof,  die  glasgedeckte  Zentralhalle  hat  mit  den  Arkaden  eine  Breite  von  23  m  und  eine  Länge 
von  36  m;  die  den  Hof  umgebenden  Arkaden  zeigen  im  Erdgeschoß  quadratische  Steinpfeiler, 
im  ersten  Stock  Säulen  von  Bavenogranit.  Durch  das  Hauptvestibül  gelangt  man  in  die  Zen- 
tralhalle, an  deren  Stirnseite  im  ersten  Stock  das  Marmorstandbild  der  Justizia  von  L.  Pendl 
sich  befindet.  Über  dem  Hauptvestibül  befindet  sich  der  Repräsentations-  und  Festsaal  für 
sämtliche  Gerichtsbehörden  in  Wien,  geschmückt  mit  Büsten  Sr.  Majestät  des  Kaisers  und 
der  Kaiserin  von  V.  Tilgner  und  Wandmalereien  von  Lenz  und  Peyfuß. 

Die  Erwärmung  erfolgt  mittels  Zentralheizung,  und  zwar  Warmwasserheizung  für  die 
großen  Amtslokale,  Luftheizung  für  die  Verhandlungssäle,  Calorifereheizung  für  die  Zentral- 
halle, Vestibül,  Korridore  und  Stiegenhäuser,  während  für  die  Bureauräume  Ofenheizung  einge- 
richtet wurde.  Das  Gebäude  ist  mit  einem  einheitlichen  pneumatischen  Zentraluhrensystem 
versehen.  Die  Gesamtkosten  betragen  rund  5,600.000  K. 

Literatur. 
Wiener  Monumentalbauten.  II.  Abteilung.  Ad.  Lehmann,  1885.  —  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-   und  Architekten- 
Vereines.  1880,  1884.  Wiener  Bauindustrie-Zeitung,  Beilage  „Wiener  Bautenalbum". 

Oberlandesgericht  (Schönborn-Palais)1),   VIII.,  Laudongasse  17  (Abb.  226). 

Dieses  Gebäude  stammt  in  seiner  heutigen  Form  aus  dem  Beginne  des  18.  Jahrhunderts 
und  wurde  durch  den  Reichs-Vizehofkanzler  und  Fürstbischof  von  Bamberg  und  Würzburg 
Friedrich  Karl  Grafen 
von  Schönborn  im  Ge- 
schmacke  der  damali- 
gen Zeit  als  Sommer- 
palast in  prächtiger 
Weise  erbaut. 2)  Die 
daselbst  befindlichen 
Schätze  an  Meisterwer- 
ken besonders  der  nie- 
derländischen Malerei 
wurden  später  größten- 
teils in  das  Schönborn- 
Palais  in  der  Renngasse 
übertragen.  Einzelne  an 
Decken  angebrachte, 
dann  in  Wandverklei- 
dungen und  Türaufsätze 
eingefügte  Bilder  befin- 
den sich  noch  heute 
an  Ort  und  Stelle. 

a)  Eine  Ansicht  des  Ge- 
bäudes nach  Kleiner  befindet  sich 
in  Kisch,  „Alte  Straßen  und 
Plätze  von  Wiens  Vorstädten". 
Bd.  II,  S.  531. 

2)  Als  Architekt  des  Pa- 
lastes gilt  Balthasar  Neumann, 
der  Erbauer  des  Würzburger 
Schlosses.  Abb.  225.     Hof  des  Justizpalastes,  I.,  Schmerlingplatz. 


1  42  Verwaltungsgebäude. 

In  späterer  Zeit  kamen  über  das  Palais  in  der  Laudongasse  merkwürdige  Schicksale.  Es 
wurde  in  den  Fünfzigerjahren  des  19.  Jahrhunderts  an  Baronin  Pasqualati  zum  Zwecke  der 
Errichtung-  eines  Liebhabertheaters  verpachtet.  Im  Jahre  1862  erwarb  die  Kommune  Wien 
die  gesamte  Realität;  sie  ließ  nach  Durchführung  der  „Langen  Gasse"  den  Rest  des  Parkes 
restaurieren  und  machte  ihn  dem  öffentlichen  Besuche  zugänglich.  Endlich  wurde  das  Palais  für 
die  im  Jahre  1870  neugegründete  Hochschule  für  Bodenkultur  gemietet,  welche  Hochschule  bis 
zu  deren  im  Jahre  1894  erfolgter  Übersiedlung  in  den  auf  der  Türkenschanze  errichteten  Neubau 
auch  daselbst  verblieb.  Im  Jahre  1897  wurde  das  Palais  für  Zwecke  des  k.  k.  Oberlandes- 
gerichtes  und  der  Oberstaatsanwaltschaft  gemietet  und  adaptiert.  /.  Meixner. 

Landesgericht,  VIII.,  Landesgerichtsstraße  21   (Abb.  227). 

Als  sich  im  19.  Jahrhundert  die  Unzulänglichkeit  des  bisherigen  Kriminalgcbäudes  der 
„Schrannc"  herausstellte,  wurde  beschlossen,  die  Schießstätte  und  den  Friedhof,  welche  sich 
seit  dem  17.  Jahrhundert  an  der  Stelle  des  jetzigen  Landesgerichtsgebäudes  befanden,  zu  be- 
seitigen und  dort  ein  neues  Kriminalgebäude  zu  errichten.  Der  Bau  des  umfangreichen,  an- 
fänglich gegen  die  Hauptfront  in  der  Landesgerichtsstraße  genau  symmetrisch  angelegten  Ge- 
bäudes begann  nach  den  Plänen  des  Architekten  Johann  Fischer  (geboren  1772,  gestorben 
1849)  im  Jahre  1832  und  wurde  1839  vollendet.  Der  Stilcharakter  der  schmucklosen,  aber 
eindrücklich  wirkenden  Fassaden,  des  Vestibülcs  und  der  Bibliothek  läßt  sich  als  ein  Ausklang 
des  Klassizismus  beziehungsweise  des  Empires  bezeichnen. 

Besonders  bemerkenswert  sind  die  Abortanlagen  im  Inquisitentrakte.  In  jeder  Zelle  be- 
findet sich  ein  Abort  mit  Kupferdeckel,  welcher  in  einen  mit  Wasser  gefüllten  Bleikranz  taucht.  Zu 
jedem  Abort  führt  ein  besonderer  Schlauch,  deren  mehrere  in  Wasserbecken  tauchen,  welche 
durch  Zugschützen  mit  den  Kanälen  in  Verbindung  stehen,  die  heute  noch  als  den  Anforderungen 
entsprechend  erhalten  werden.   In  allen  Gefangenen-Trakten  ist  Luftheizung  eingerichtet. 

Die  Realität  wurde  mit  dem  anstoßenden  „Schützenhause"  am  6.  Dezember  1851  durch 
das  Ärar  von  der  Gemeinde  Wien  um  den  Betrag  von  zirka  2  Millionen  Kronen  käuflich 
erworben.  Die  erste  Erweiterung  des  Gebäudes  fand  im  Jahre  1874  statt.  Weitere  bauliche 
Ausgestaltungen  bezogen  sich  auf  die  Errichtung  des  Backhauses  im  Jahre  1895  und  der  neuen 
Wirtschaftsgebäude  im  Jahre  1900.  Letztere  enthalten  ein  Kochhaus  für  die  Ausspeisung  der 
Häftlinge,  ein  Waschhaus  für  die  Reinigung  der  Hauswäsche,  ein  Arbeitshaus  mit  Arbeits- 
sälen und  Werkstätten  für  die  Sträflinge.  Eine  Hochdruckdampfanlage  in  einem  eigenen 
Kesselhausc  liefert    den    erforderlichen  Betriebsdampf. 

Das  Gebäude  hat  die  Hauptfront  gegen  die  Landesgerichtsstraße  mit  einer  Länge  von 
2231m;  die  gesamte  Area  beträgt  etwa  21.872m2.  Im  Hause  amtieren  das  Landesgericht  in 
Strafsachen  mit  dem  Schwurgerichte,  die  Staatsanwaltschaft  und  das  Bezirksgericht  Josefstadt 
in  Strafsachen.  Zum  eigentlichen  Gefangenhause  gehören  die  großen,  drei  Stock  hohen  Hoftrakte, 
nämlich  der  mittlere  (Inquisiten-)Trakt  mit  der  Kapelle,  die  gegen  die  Alserstraße  gelegenen 
Straftrakte  und  der  gegen  die  Florianigasse  gelegene  Spitaltrakt.  Letzterer  schließt  mit  der 
Nachbargrenze  den  kleinen  dreiseitigen  Richthof  ein.  Da  das  Gebäude  für  seine  Bestimmung 
nicht  mehr  ausreichte,  wird  dasselbe  derzeit  durch  Aufbau  eines  Stockwerkes  vergrößert. 

Karl   Wopelka. 

Polizeidirektion,  I.,  Schottenring  11  (Abb.  228). 

Dieses  Gebäude  wurde  im  Jahre  1872  vom  Architekten  Fränkel  als  Hotel  erbaut.  Infolge 
der  finanziellen  Krise  vom  Mai  1873  gelangte  es  im  Jahre  1874  um  den  Preis  von  1,950.000  K 
in  den  Besitz  des  Staates,  und  wurde  darin  die  ehemals  Am  Peter  befindlich  gewesene 
Wiener  Polizeidirektion  mit  allen  ihren  Neben-  und  Hilfsämtern  untergebracht.  Das  allseits 
von  Straßen  umgebene  Gebäude  bildet  ein  Rechteck  von  41m  Länge  und  46  m  Tiefe  und 
besitzt  ein  Souterrain,  Parterre  und  vier  Stockwerke,  im  Inneren  einen  mit  einer  Glaskuppel  in 
Hauptgesimshöhe  überdeckten  Hof  von  123m  Länge  und  lL4m  Breite.  Das  Gebäude  be- 
sitzt an  150  Gemächer,  welche  von  einem  in  jedem  Geschosse  ununterbrochen  durchlaufenden, 
von  vier  Lichthöfen  beleuchteten  Korridor  zugänglich  sind,  so  daß  dadurch  die  Eignung  des 
Gebäudes  zu  Bureauzweckcn  gegeben  erscheint. 

Das  hübsche  Vestibül  an  der  Ringstraße,  in  welches  man  durch  eine  Einfahrt  für  Fuhr- 
werke und  zwei  Eingänge  für  Fußgeher  gelangt,  führt  zu  zwei  Haupttreppen,  welche  sich 
im  ersten  Stocke    zu    einer   einzigen,    in  die  oberen    Geschosse  führenden   Treppe  vereinigen. 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


143 


Rückwärts  befindet  sich  eine  Nebentreppe.  Das  Parterregeschoß  enthält  in  der  gegen  die 
Maria  Thcresienstraße  gelegenen  Front  einen  großen,  gegenwärtig  von  der  Polizeiregistratur 
benützten  Saal,  der  einst  mit  einem  die  Allegorie  der  Austria  darstellenden  Deckengemälde 
von  Schilchcr  geschmückt  war  und  ehemals  der  prunkvolle  Speisesaal  des  Hotels  gewesen  ist. 

Die  Fassade  des  Gebäudes  ist  im  Renaissancestil  gehalten.  Gegen  die  Ringstraße  besitzt 
sie  zwei  mächtige  Eckrisalitc  mit  pavillonartigen  Aufsätzen  und  Mansardeüberdachungen;  im 
zweiten  Stocke  zwischen  den  Risaliten  ist  eine  Loggia  angelegt,  welche  im  dritten  Stocke  in  einen 
offenen  Balkon  endigt.  Die  Nebenfassaden  in  der  Hohenstaufengasse,  Wipplinger-  und  Maria 
Thcresienstraße  sind  einfacher  gehalten. 

Der  innere  Ausbau  des  Gebäudes  hat  schon  in  den  ersteren  Jahren  seiner  Benützung  durch 
das  Arar  und  seither  fortlaufend  erhebliche  Wiederherstellungsarbciten  erfordert.  Im  Jahre  1904 
wurden  einigeAbteilungen  der  Polizeidirektion,  insbesondere  des  Zentralmcldungsamtes,  und  die 
Kriminalpolizei  in  das  an  der  Elisabethpromenade  neu  erbaute  ärarische  Polizeigefangenhaus 
verlegt,  um  dem  in  dem 

Polizci-Dircktionsge- 
bäude     bereits     höchst 
unangenehm  fühlbar  ge- 
wordenen   Platzmangel 
abzuhelfen. 

/.  Meixner. 

Das    neue    Polizeige- 
bäude  an    der  Elisa- 
bethpromenade 

(Abb.  229,  230) 

wurde  in  den  Jahren 
1902—1904  unter  der 
Leitung  des  Vorstandes 
des  Hochbaudeparte- 
ments im  Ministerium 
des  Innern,  Ministerial- 
rat von  Förster,  durch 
die  k.  k.  Dikasterial- 
Gebäudedirektion  auf 
einem  an  der  Ecke  der 
Berggasse  und  derElisa- 


Abb.  226.    Palais  Schönborn  (Oberlandesgericht),  VIII.,  Laudongasse  17. 


Abb.  227.    K.  k.   Landesgericht  und  Gefangenhaus, 
VIII.,  Landesgerichtsstraße  21.  Erster  Stock.    1  :  1500. 


144 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  228. 


Polizei  direktion,  Ebenerdgeschoß. 
1 :S00. 


bethpromenade  im  IX.  Bezirke  gelegenen  Areale  von  7513  m'2 
erbaut.  In  den  beiden  außer  dem  Parterre  noch  vier  Stock- 
werke enthaltenden  Straßentrakten  (zusammen  2775  m-  ver- 
baut) sind  die  Amtsräume  in  der  Weise  untergebracht,  daß 
der  10080  m  lange  Flügel  gegen  die  Promenade  den  ver- 
schiedenen Ressorts  des  Sicherheitsdienstes  und  dem  Fund- 
amte (diesem  ein  Teil  des  Hochparterres)  zugewiesen  ist. 
Im  obersten  Stockwerke  befinden  sich  das  Erkennungsamt 
mit  den  Räumen  für  Anthropometrie  und  Daktyloskopie 
sowie  das  Polizeimuseum;  im  Dachgeschosse  das  sehr  ge- 
räumige photographische  Atelier  samt  Nebenräumen.  Der 
Trakt  Berggasse  (70-54  m  lang)  enthält  das  Meldungsamt 
sowie  die  Dienstwohnungen  derjenigen  Beamten,  deren 
ständige  Anwesenheit  im  Hause  geboten  ist.  In  der  Mitte 
dieses  Traktes  schließt  sich  ein  570  m2  großer,  dreigeschossi- 
ger Hofeinbau  an  für  den  Parteiensaal  und  die  Manipu- 
lationsräume des  Meldungsamtes.  Den  Verkehr  zwischen  den 


Abb.  229. 
Neues  Polizei- 
gebaude 
(Elisabeth- 
promenade). 
Hochparterre. 
1 :  800. 


Geschossen  vermitteln  zwei  bequeme  Treppen  und  ein  Paternosteraufzug  (der  erste  in  Öster- 
reich), außerdem  noch  eine  separate  Wohnungsstiege. 

Die  sechs  Stockwerke  (einschließlich  Parterre)  der  drei  Hoftrakte  (zusammen  1402  m2 
verbaut)  enthalten  die  Arreste,  getrennt  für  Männer  und  Weiber,  sowie  nach  Art  der  In- 
haftierung (106  Einzelzellen,  36  Kumulativzellen);  dieselben  bieten  Raum  für  400  Häftlinge  und 
die  nötige  Zahl  der  Aufseher.  Außerdem  sind  in  diesen  Trakten  untergebracht:  Im  Souterrain 
die  Heizanlage,  Vorratskammern  und  Depots  sowie  der  Eiskeller;  im  Parterre  die  Küchen, 
Bäder,  ein  180  m2  großes  Sammellokale  für  die  eingelieferten  Personen,  welches  in  Verbindung 
mit  dem  an  das  Polizeigebäude  angrenzenden  Schubhause  der  Gemeinde  steht,  endlich  ein 
Stall  für  Zellenwagenpferde.  In  den  oberen  Stockwerken  sind  Kranken-  und  Ärztezimmer,  im 
Dachgeschosse  die  Wäscherei  samt  Depots.  Zwischen  Wohn-  und  Arresttrakt,  im  Anschlüsse 
an  diesen  liegt  die  ebenfalls  sechsgeschossige  Sichcrhcitswachkascrnc  (316  m2)  mit  der  Mann- 
schaftsschule  und  einem  Menagesaal  im  Parterre. 

Der  Gebäudekomplex  umschließt  drei  große  Höfe,  welche  als  Kasernen-  (1255  m2), 
Wirtschafts-  (415  m2)  und  Bewegungshof  für  die  Häftlinge  (443  m2)  Verwendung  finden.  Zwischen 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


145 


Abb.  230.    Neues  Polizeigebäude,  IX.,  Elisabethpromena 


dem  Gefangenhause  und  den  Nachbarwohngebäuden  liegt  der  650  m2  große  Zellenwagenhof,  der 
durch  eine  hohe  Mauer  sowie  durch  teilweise  Überdeckung  dem  Einblick  Unberufener  entzogen 
ist;  derselbe  kommuniziert  mit  dem  Hofe  des  städtischen  Schubhauses.  Sämtliche  Amts-  und 
Arresträume  sind  mit  Niederdruckdampfheizung  versehen,  während  in  den  Wohnungen  Öfen 
angeordnet  sind.  Das  ganze  Haus  ist  mit  elektrischer  Beleuchtung  ausgestattet.  Die  Fassaden 
sind  in  Weißkalkverputz  mit  sparsamer  Verwendung  von  Stein  ausgeführt.  Die  Gesamtbaukosten 
betragen  rund  2,400.000  k.1)  Leonhard. 

Das  Polizeigebäude  Prater,  Ausstellungsstraße  171 2), 

wurde  1899 — 1900  durch  die  k.  k.  Dikasterial-Gebäudedirektion  erbaut;  esbestehtaus  einem  Amts-, 
einem  Käsern-  und  einem  Stallgebäude,  welche  auf  einem  Baugrunde  von  4100  m2  Größe  eine 
verbaute  Fläche  von  zusammen  1655  m2  einnehmen.  Die  ersteren  zwei  Gebäude  haben  über 
dem  Erdgeschoß  zwei  Stockwerke,  das  Stallgebäude  ein  Obergeschoß.  Die  Baukosten  betrugen 
für  alle  drei  Gebäude  zusammen  322.000  K,  und  zwar  stellt  sich  ein  Raummeter  bei  dem 
Amtsgebäude  auf  13"4K,  für  das  Kaserngebäude  auf  13"6K  und  für  das  Stallgebäude  auf 
182  K.  Bei  Erbauung  und  Einrichtung  dieser  Gebäude  war  man  bestrebt,  den  modernen 
Anforderungen  möglichst  Rechnung  zu  tragen.  Der  Stil  ist  der  Umgebung  angepaßt  und  durch 
Anlage  breiter  Vorgärten  villenartig   gestaltet.  r.  Koppensteiner. 


Die  k.  k.  landwirtschaftlich -bakteriologische  und  Pflanzenschutzstation,  II.,  Trunner- 

straße  1. 

Die  Vorgeschichte  der  Anstalt  reicht  bis  zum  Jahre  1892  zurück,  in  welchem  das  k.  k.  Ackerbau- 
ministerium an  der  landwirtschaftlich-chemischen  Versuchsstation  die  Durchführung;  von  landwirtschaftlich- 
bakteriologischen Arbeiten  ermöglichte.  Im  Jahre  1897  wurde  dann  eine  eigene  bakteriologische  Abteilung 
an  der  landwirtschaftlich-chemischen  Versuchsstation  errichtet  und  diese  erscheint  als  der  eigentliche  Vor- 
läufer des  jetzigen  Institutes,  dessen  Bau  im  September  1900  unter  der  technischen  Leitung  des  Baurates 
Berger  und  des  Ingenieurs  Knoll  begonnen,  im  September  1901  fertiggestellt  wurde  und  das  mit  1.  Jänner  1902 
seine  Tätigkeit  aufgenommen  hat. 

In  fachlicher  Beziehung  ist  die  Anstalt  selbständig,  administrativ  aber  mit  der  landwirtschaftlich-chemi- 
schen Versuchsstation  vereinigt.  Die  Aufgaben  des  Institutes  erstrecken  sich  auf  das  Studium  der  der 
Landwirtschaft  im  allgemeinen  nützlichen  und  schädlichen  Mikroorganismen,  insbesondere  der  Bakteriologie 
des  Bodens,  des  Düngers  und  der  Pflanzen  in  ihrem  Gesamtumfange,  sowie  der  für  die  Kulturpflanzen 
pathogenen    Mikroorganismen.    Die    Erforschung    der  Lebensbedingungen    der   tierischen    und    pflanzlichen 


1)  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  Jahrgang  1904,  Nr.  1.   Allgemeine  Bauzeitung.  1904. 

2)  österreichische  Wochenschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1904,  Heft  40. 

Bd.  II.  10 


146 


Verwaltungsgebäude. 


Schädlinge  der  Kulturpflanzen  und  die  Gewinnung  von  Grundlagen  für  eine  planmäßige  Bekämpfung  der- 
selben, sowie  das  Studium  der  Nützlinge  aus  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche,  insbesondere  der  tierischen 
und  pflanzlichen  Feinde  der  Schädlinge  u.  s.  \v.  Im  Jahre  1903  wurde  der  Anstalt  durch  die  Errichtung 
einer  Untersuchungsstelle  für  Abwässer  und  Fischkrankheiten  die  Möglichkeit  geboten,  auch  diesen  Fragen 
näherzutreten.  Das  Personal  des  Institutes  bestellt  aus  dem  Vorsteher,  einem  Adjunkten,  zwei  Assistenten 
und  drei  Laboranten,  überdies  ist  Volontären  stets  Gelegenheit  zur  Bearbeitung  bestimmter  Aufgaben  gegeben. 

Das  Gebäude,  in  welchem  die  Anstalt  untergebracht  ist,  ist  ein  Eckhaus,  dessen  Haupt- 
front in  der  Trunnerstraße  liegt  und  unmittelbar  an  die  landwirtschaftlich-chemische  Versuchs- 
station angrenzt;  die  zweite  Front  ist  in  der  Taborstraße  gelegen.  Das  Ausmaß  des  Bauplatzes 
beträgt  980  m'2,  wovon  510  m'2  verbaut  sind.  Das  Gebäude  besitzt  drei  Geschosse.  Das 
Kellergeschoß  liegt  ungefähr  15  m  unter  dem  Straßenniveau.  Sämtliche  Räume  haben  direktes 
Licht.  In  den  meisten  Räumen  erfolgt  die  Heizung  durch  Kachelöfen;  es  wurde  jedoch  schon 
beim  Baue  auf  Einführung  einer  Zentralheizung  Rücksicht  genommen.  Von  jedem  Räume  führen 
Ventilationskanäle  in  den  Mauern  bis  über  das  Dach  und  überdies  sind  die  Zimmer  mit  ein  oder 
zwei  Fcnsterventilationen  versehen.  Die  Wände  der  bakteriologischen  Laboratorien  sind  behufs 
Ermöglichung  einer  gründlichen  Reinigung  und  Desinfektion  mit  Porzcllahemailfarbe  gestrichen. 
Das  Brutkastenzimmer,  die  Stallungen  und  das  Badezimmer  sind  mit  glasierten  Fliesen  verkleidet. 

Im  Hochparterre  befindet  sich  das  Zimmer  des  Vorstehers,  an  das  sich  ein  großer  Raum 
anschließt,  welcher  die  Handbibliothek  enthält  und  in  dem  auch  die  photographischen  Apparate 
für  die  Mikrophotographie  sowie  für  Vergrößerungen  untergebracht  sind,  das  bakteriologische 
Laboratorium,  ferner  ein  Waschraum.  Auf  der  anderen  Seite  des  Ganges  befindet  sich  das 
zweite  bakteriologische  Laboratorium  mit  den  Aquarien  für  Untersuchung  der  Fischkrank- 
heiten, das  botanische  Laboratorium,  das  chemische  Laboratorium  und  der  Präparierraum,  der 
als  Arbeitszimmer  für  den  Zoologen  dient. 

Das  Souterrain  enthält  unter  anderem  einen  Sterilisierraum  mit  einem  großen  Kochschen 
Dampftopf,  Dampfstcrilisatoren  und  Heißluftsterilisatoren,  ferner  einen  Waschraum,  einen  Sezierraum, 
einen  Brutkastenraum  und  Stallungen  für  die  Versuchstiere.  Die  Einteilung  des  ersten  Stockes 
entspricht  der  des  Hochparterres.  Derselbe  enthält  nebst  einer  Dienerwohnung  die  Räumlich- 
keiten der  landwirtschaftlich-chemischen  Versuchsstation.  Der  Dachboden  enthält  auch  ein 
Glashaus  und  vor  demselben  auf  dem  Holzzementdach  ein  Pflanzenversuchsfeld.  Außerdem 
steht  für  solche  Zwecke  ein  Teil  des  Institutsgartens  zur  Verfügung.  Die  Gesamtkosten  des 
Baues  und  der  inneren  Einrichtung  beliefen  sich  auf  rund   1 55.000  K. 


Die  k.  k.  landwirtschaftlich-chemische  Versuchsstation,   II.,  Trunnerstraße  3. 

Das  Institut  wurde  im  Jahre  1870  vom  k.  k.  Ackerbauministerium  gegründet  und  im  Gebäude  des 
k.  k.  Tierarznei-Institutes  untergebracht.  Im  Jahre  1893  wurde  mit  einem  Neubaue  für  die  Station  begonnen, 
der  unter  der  technischen  Leitung  des  Statthalterei-Ingenieurs  Franz  Berger  im  folgenden  Jahre  fertiggestellt 
und  der  Benützung  übergeben  werden  konnte. 

Die  Aufgabe  der  Versuchsstation  ist  in  erster  Linie  die  Förderung  der  Interessen  der  gesamten  Land- 
wirtschaft und  der  mit  ihr  zusammenhängenden  Industrien.  Die  wissenschaftlichen  Arbeiten  erstrecken  sich 
in  dieser  Richtung  hauptsächlich  auf  das  Gebiet  des  Pflanzenbaues  mit  besonderer  Berücksichtigung  des 
Düngewesens  und  auf  das  Gebiet  der  Tierernährung.  Neben  den  wissenschaftlichen  Arbeiten  befaßt  sich 
die  Anstalt  auch  mit  der  analytischen  Kontrolle.  Überdies  ist  die  Anstalt  auch  zur  Untersuchung  von 
Nahrungs-  und  Genußmitteln  ermächtigt. 

Bei  der  Vielseitigkeit  der  Beanspruchung  des  Institutes  erschien  im  Interesse  der  Sache  eine  Speziali-, 
sierung  in  einzelne  Arbeitsgebiete  wünschenswert  und  notwendig.  Der  Anfang  hierzu  ist  bereits  mit  den 
vier  an  der  Anstalt  bestehenden  Abteilungen  gemacht,  und  zwar  sind  dies  die  Weinabteilung,  die  Pflanzen- 
bauabteilung, die  Abteilung  für  Moorkultur  und  Torfverwertung  und  die  chemisch-technische  Abteilung  für 
Untersuchungen  zu  amtlichen  Zwecken. 

Das  Gebäude  ist  mit  seiner  Hauptfront  nach  Süden  gelegen,  östlich  grenzt  die  Anstalt 
an  das  k.  k.  Normal-Eichamt,  westlich  steht  es  im  Bauverbande  mit  der  k.  k.  landwirtschaftlich- 
bakteriologischen  und  Pflanzcnschutzstation. 

Gleichwie  das  Nebenhaus  besitzt  dieses  Gebäude  ein  Souterrain  mit  Stallungen,  Labora- 
torien und  Maschinenräumen,  ein  Erdgeschoß  mit  Laboratorien  und  dazu  gehörigen  Räumen 
und  einen  ersten  Stock  mit  der  Wohnung  des  Direktors,  Kanzleien  und  ebenfalls  Laboratorien. 
Die  Baukosten  des  Institutes  ohne  die  innere  Einrichtung  haben  beiläufig  140.000  K  betragen. 

Czadek. 

Die  hydrometrische  Prüfungsanstalt  (Abb.  231). 

Diese  vom  k.  k.  hydrographischen  Zcntralbureau  im  Jahre  1895  errichtete  Anstalt  be- 
findet   sich    auf    dem  Territorium  des  Lagerhauses  der  Stadt  Wien  im  k.  k.  Prater.     Sie  dient 


Gebäude  der  Reichsverwaltung. 


147 


Abb.  231.     Hydrometrische  Prüfungsanstalt. 
Schnitt.     1:300. 


imiiiimimu 


zur  Taricrung-  der  für  Geschwindigkeitsmessungen  in  offenen  Gerinnen  verwendeten  hydro- 
metrischen  Flügel  beziehungsweise  zur  Bestimmung-  des  Verhältnisses  der  mit  einem  derartigen 
Meßinstrumente  erhobenen  Angaben  zu  den  zu  suchenden  wahren  Werten  der  Wasser- 
geschwindigkeit. Die  Anstalt  besteht  im  wesentlichen  (siehe  Abb.  231)  aus  dem  Versuchs- 
häuschen, dem  Prüfungskanale,  der  maschinellen  Einrichtung  und  dem  sogenannten  Prüfungs- 
wagen, endlich  aus  der  zum  Betriebe  desselben  dienenden  elektromotorischen  Anlage. 

Das  lichte  Profil  des  Prüfungskanales  ist  trapezförmig,  mit  muldenförmiger  Sohle;  die 
obere  Breite  desselben  beträgt  l-5m,  die  untere  Im,  die  lichte  Höhe  18m,  endlich  die  für 
die  Versuchsfahrten  nötige  Wassertiefc  über  der  Sohle  im  Mittel  12  m.  Die  Seitenmauern  des 
Kanales  dienen  gleichzeitig  als  Unterbau  für  das  Fahrgleise  des  Prüfungswagens,  welches  eine 
Gesamtlänge  von   120  m  hat. 

Die  im  Inneren  der  Hütte  untergebrachte  Motoranlage  besteht  aus  einer  Wechselstrom- 
maschine, welche  durch  einen  von  der  „Internationalen  Elektrizitätsgesellschaft"  gelieferten  elek- 
trischen Strom  von  2100  Watt  elektrischer  Energie  bei   105  Volt  Spannung  gespeist  wird.  Die 

Bewegung  des  zweipferdigen 
Wechselstromelektromotors 
wird  durch  Kuppelung  auf 
eine  Gleichstrommaschine 
(von  P5  Pferdestärken,  816 
Watt,  110  Volt  und  1250  Tou- 
ren) übertragen,  welch  letz- 
tere durch  zwei  längs  dem 
Fahrgleise  gezogene  Drähte 
einen  Gleichstrom  nach  dem 
am  Prüfungswagen  aufgestellten  Elektromotor  (von  zirka  800  Watt,  08  Pferdestärken,  1200  Tou- 
ren) entsendet  und  bei  Stromschluß  die  Bewegung  des  Wagens  hervorruft.  Zur  Schließung 
des  Stromes,  zur  Dirigierung  des  Wagens  nach  vor-  und  rückwärts,  sowie  zur  Regulierung 
der  Fahrgeschwindigkeit  dient  der  am  Wagen  angebrachte  Umschalter  und  Rheostat.  Die 
Einrichtung  ist  so  getroffen,  daß  eine  Fahrgeschwindigkeit  bis  zu  5  m  pro  Sekunde  erzielt 
werden  kann,  während  die  mittels  elektrischen  Betriebes  erreichbare  Minimalfahrgeschwindigkeit 
0-4  m  beträgt.  Kleinere  Geschwindigkeiten  als  die  letztere  können  nur  durch  den  Handbetrieb 
(Schieben  des  Wagens)  erreicht  werden.  Der  Prüfungswagen  gleicht  einer  einfachen  Draisine, 
welche  mit  dem  bereits  erwähnten  Gleichstromelektromotor,  ferner  mit  einem  Chronographen 
und  mit  einer  Batterie,  endlich  mit  einem  Traggestell  für  den  zu  prüfenden  hydrometrischen 
Apparat  ausgerüstet  ist.  Der  Chronograph  erfüllt  eine  dreifache  Aufgabe,  und  zwar  registriert 
derselbe  erstens  die  vom  Wagen  zurückgelegte  Fahrstrecke  durch  Markierung  der  Passage  der 
sogenannten  10  m-Kontakte,  welche  am  Gleise  angebracht  sind,  zweitens  die  Zeit  durch  halb- 
sekundliche Kontakte,  endlich  drittens  die  Umdrehungszahl  des  am  Wagen  befestigten,  in  das 
Wasser  getauchten  hydrometrischen  Flügels.  Der  Chronograph  liefert  sohin  auf  einem  ab- 
gewickelten Papierstreifen  ein  dreifaches  Diagramm,  aus  welchem  sich  mit  voller  Verläßlichkeit 
die  Beziehung  zwischen  der  sekundlichen  Umdrehungszahl  des  Flügels  und  der  Geschwindig- 
keit der  Fortbewegung  des  Flügels  im  Wasser  ableiten  läßt.  l. 


Die  Amtsgebäude  der  Normal-Eichungskommission 

wurden  auf  einem  in  der  Nähe  des  Nordwestbahnhofes  gelegenen  Areale  in  den  Jahren 
1893 — 1895  errichtet,  welches  in  jeder  anderen  Beziehung  sehr  geeignet  war,  nur  den  Nachteil 
hat,  daß  sich  der  30  m  breite  Schutzgürtel  nicht  herstellen  ließ,  welcher  zur  Sicherung  der 
Präzisionsinstrumente  vor  Erschütterung  gefordert  worden  war. 

Die  k.  k.  Normal-Eichungskommission  ist  in  drei  Gebäuden  untergebracht.  Das  an  der  Prager 
Reichsstraße  gelegene,  ein  Souterrain,  ein  Erdgeschoß  und  zwei  Stockwerke  enthaltende  Admini- 
strationsgebäude ist  zur  Aufnahme  der  Direktionsräume,  der  Verwaltungsräume  und  derjenigen 
technischen  Bureaux  bestimmt,  welche  nahe  der  maschinellen  Anlage  gelegen  sein  sollen  und 
denen  die  von  letzterer  wie  vom  Straßenverkehre  verursachten  Erschütterungen  nicht  von  Nach- 
teil sind.  Unmittelbar  an  das  Administrationsgebäude  anstoßend  und  in  einem  Niveau  mit  dem 
Souterrain  desselben,  ebenfalls  an  der  Prager  Reichsstraße  gelegen,  befindet  sich  das  Gebäude 
für  die  maschinelle  Anlage,  bestehend  aus  dem  Kesselhause,  dem  Maschinenräume,  dem 
Schaltraume  und    dem  Akkumulatorenraume    nebst    einigen    zugehörigen  Nebenlokalitäten.    Im 

10* 


148 


Verwaltungsgebäude. 


Maschinenräume  waren  ursprünglich  eine  40pferdige  Dampfmaschine  und  zwei  Dynamo- 
maschinen aufgestellt;  derzeit  befinden  sich  in  demselben  noch  eine  Dampf-Doppeldynamo- 
maschine und  ein  Oleichstrom-Drchstromumformer.  Von  dem  in  der  Mittelachse  des  Administrations- 
gebäudes gelegenen  Stiegenhause  führt  ein  geschlossener,  heizbarer  Verbindungsgang  zu  dem 
nur  teilweise  unterkellerten,  mit  einem  Erdgeschosse  und  zwei  Stockwerken  versehenen  Ge- 
bäude für  den  technischen  Dienst,  welches  die  Räume  für  die  Präzisionsinstrumente  sowie 
überhaupt  alle  jene  Arbeitsräume  enthält,  welche  eine  ruhige,  vor  Erschütterungen  geschützte 
Lage  erfordern.  Außerdem  befinden  sich  in  diesem  Gebäude  die  Wohnungen  des  Oberinspektors 
und  eines  Dieners. 

Von  großer  Wichtigkeit  war  die  Sicherung  des  aufgehenden  Mauerwerkes  gegen  das 
Aufsteigen  der  Bodenfeuchtigkeit,  weil  bei  hohem  Wasserstande  der  Donau  die  Fundamente 
vom  Grundwasser  erreicht  werden.  Als  Isoliermittel  wurden  hier  Bleiplatten  von  1  mm  Stärke 
in  Anwendung  gebracht.  In  den  Räumen,  wo  die  separat  fundierten  Präzisionsinstrumente  auf- 
gestellt werden  sollten,  mußte  der  Fußboden  von  diesen  Fundierungen  vollständig  isoliert  sein, 
damit  die  durch  die  Bewegungen  der  in  den  Räumen  befindlichen  Personen  hervorgerufenen 
Vibrationen  nicht  auf  die  Instrumente  übertragen  würden.  Zur  Beheizung  sämtlicher  Räume 
wurde  eine  Niederdruckdampfheizung  hergestellt.  Das  Gebäude  für  den  technischen  Dienst 
erhielt  einen  auf  Steinsäulen  ruhenden  Balkon,  damit  die  Untersuchung  von  besonders  großen 
und  schweren  Objekten  im  Freien  vorgenommen  werden  kann.  Die  Gesamtkosten  der  Anlage 
betrugen  rund  461.000  K,  wovon  auf  die  Gebäude  zirka  347.600  K,  auf  die  maschinelle  und 
elektrische  Anlage  zirka  85.700  K  entfallen.  H.  Koechlin. 


K.  k.  Generaldirektion  der  Tabakregie,  IX.,  Porzellangasse  51  (Abb.  232,  233). 

Vom  Jahre   1869  bis  zum  Jahre   1905  war  die  k.  k.  Generaldirektion    der  Tabakregie  in 
den  Gebäuden  des  ehemaligen  Wiener  Versorgungshauses,  IX.,  Waisenhausgasse  1,  untergebracht. 

Das  neue  Amtsge- 
bäude, welches  im 
Jahre  1905  seiner 
Vollendung  zuge- 
führt wurde,  steht 
an  Stelle  der  ehe- 
maligen Wiener  k.  k. 
Porzellanfabrik,  wel- 
che im  Jahre  1867 
gänzlich  aufgelöst 
wurde.  Bereits  seit 
dem  Jahre  1846 
wurde  ein  Teil  die- 
ser Baulichkeit  für 
Zwecke  einer  Zi- 
garrenfabrik verwen- 
det und  später  die 
ganze  ehemalige  Por- 
zellanfabrik hierfür 
in  Benützung  ge- 
nommen. Im  Jahre 
1898  übersiedelte 
die  Tabakfabrik  in 
das  neue  Heim  in 
Ottakring. 

Das  neue  Amts- 
gebäude wurde  nach 
dem  Detailprojekte 
des  Departements  für  Hochbau  im  k.  k.  Ministerium  des  Innern  in  der  Zeit  von  1903 — 1905 
zur  Ausführung  gebracht;  mit  der  Durchbildung  der  architektonischen  Details  war  der  Baurat 
dieses  Ministeriums,  Alois  Koch,  betraut.  Das  Gebäude  besteht  aus  einem  Parterre  und  drei 
Stockwerken.  Zur  Grundrißanlagc  (siehe  Abb.  232)  ist  zu  bemerken,  daß  von  den  vier  Gebäudc- 


Abb.  232.    Amtshaus  der  k.  k.  Tabakregic.     Ebcncrd.     1 :  S00. 


Gebäude  der  Rcichsvcrwaltung. 


149 


trakten  der  Magazinshof  und  der 
mittlere  große  Hof  umschlossen 
werden,  zwischen  welchen  der  Ma- 
gazinstrakt liegt,  der  zur  Aufnahme 
von  Tabakspczialitäten  dient.  Dieser 
Magazinstrakt  besitzt  um  ein  Geschoß 
mehr  als  die  übrigen  Trakte,  doch 
ist  die  Anordnung  so  getroffen,  daß 
im  dritten  Stocke  die  Fußböden 
mit  den  übrigen  Trakten  wieder  in 
gleicher  Höhe  liegen.  Durch  einen 
elektrischen  Lastenaufzug  gelangen 
die  Kolli  in  die  Stockwerke  dieses 
Traktes. 

In  konstruktiver  Beziehung  sei 
erwähnt,  daß  sämtliche  Decken  aus 
Ludwigschen  Patent-Ziegelgewölben 
hergestellt  wurden.  Für  die  Behei- 
zung aller  Räume,  mit  Ausnahme 
der  Wohnungen,  dient  eine  Nieder- 
druckdampfheizung; die  Wärme- 
abgabe erfolgt  mittels  Radiatoren. 
Die  Außenfassaden,  das  Vestibül, 
die  Hauptstiege  sowie  die  Stiege 
zur  Beamtenwohnung  sind  im  Ba- 
rockstil ausgeführt.  Der  Hauptrisalit, 
welcher  von  einem  Mansardendach 
und  einem  mächtigen  Reichsadler 
bekrönt  ist,  wurde  architektonisch  reicher  ausgebildet.  Die  Gesamtkosten  dieses  Baues  betrugen 
rund  15  Millionen  Kronen,  in  welchem  Betrage  jedoch  die  Kosten  des  Baugrundes  und  der 
inneren  Einrichtung  nicht  enthalten  sind.  Alois  Koch. 


Abb.  233.     Amtshaus  der  k.  k.  Tabakregie,  IX.,  Porzellangasse  51. 


K.  k.  Versatz-,  Verwahrungs-   und   Versteigerungsamt  („Dorotheum")  (Abb.  234,  235). 

Das  alte  Versatzamtsgebäude,  I.,  Dorotheergasse  17  und  Spiegelgasse  16,  entsprach  in 
seiner  ganzen  Anlage  und  Einrichtung  längst  nicht  mehr  den  Anforderungen  des  modernen 
Verkehrslebens.  Es  ergab  sich  demnach  die  Notwendigkeit  zu  einer  Reorganisation  und 
Erweiterung  des  Betriebes  des  Versatzamtes  sowie  zum  Umbaue  des  Gebäudes,  und  zwar  in 
der  Weise,  daß  in  demselben  nicht  nur  das  Versatz-  und  Verwahrungsamt,  sondern  auch  ein 
alle  öffentlichen  Versteigerungen  zentralisierendes  Versteigerungsamt  genügenden  Raum  habe. 
Die  Pläne  zu  diesem  Neubau  wurden  von  dem  Ministerialrat  Emil  R.  von  Förster  verfaßt,  die 
Bauausführung  dem  Oberbaurate  der  niederösterr.  Statthalterei  Tomßa  übertragen.  Der  Umbau 
des  Gebäudes,  welcher  im  August  1898  begann  und  am  12.  November  1901  seinen  Abschluß 
fand,  mußte  in  zwei  Bauperioden  erfolgen,  um  Störungen  im  Geschäftsbetriebe  zu  vermeiden. 
Der  im  Wiener  Barockstile  gehaltene  Monumentalbau  hat  die  Form  eines  an  den  beiden 
Schmalseiten  angebauten  Rechteckes  im  Ausmaße  von  3173-61  m2,  wovon  auf  die  in  zwei 
Geschossen  unterkellerten  beiden  Höfe  und  die  Licht-  und  Luftschächte  579"92  m2  entfallen. 
Eine  große  und  eine  kleine  Durchfahrt  vermitteln  den  Verkehr  zwischen  den  vorgenannten 
beiden  Gassen.  Das  Gebäude  besitzt  zwei  übereinanderliegende  Kellergeschosse,  Erdgeschoß, 
Mezzanin  und  darüber  noch  zwei  Stockwerke.  Die  drei  Ämter,  nämlich  das  Versatzamt,  das 
Vejwahrungsamt    und    das  Versteigerungsamt,    sind  voneinander  räumlich  vollständig  getrennt. 

In  den  beiden  Kellergeschossen  befinden  sich  die  ausgedehnten,  feuersicher  konstruierten 
Magazine  sowie  die  sehenswerten  maschinellen  Anlagen,  welche  dem  Betriebe  der  Niederdruck- 
dampfheizung, der  Ventilation  und  der  neun  hydraulischen  Aufzüge  für  Personen  und  Waren 
dienen.  Einer  dieser  Aufzüge  ist  so  eingerichtet,  daß  ein  beladener  Wagen  vom  Hofniveau  in  das 
erste  Stockwerk  befördert  werden  kann.  Ferner  befinden  sich  in  den  Souterraingeschossen  zwei 
Dienerwohnungen,  die  Wohnung  des  Maschinisten,  die  Wachstube  für  die  k.  k.  Sicherheitswache, 
das  ganz  in  Emailkacheln    verkleidete  Lokal   für  die  Lebensmittelversteigerung.  Im   ebenerdigen 


150 


Verwaltungsgebäude. 


Geschoß,  dessen  Fußboden  176  m  über  dem  Straßenniveau  liegt,  sind  untergebracht  die  Räume 
für  die  Einschätzung  und  Auslösung  von  Gebrauchsgegenständen  und  Schmuck-  und  Edel- 
metallgegenständen, für  die  Verwahrungsabteilung  und  Wertpapierbelehnung  mit  dem  diesen 
beiden  Abteilungen    gemeinsamen    16  m    langen  Panzertresor,    ferner  für  die  Buchhaltung  und 

Hauptkassa,  für  die  Fahrradremise, 
die  Portierloge,  den  Feuerwächter 
und  die  Bedürfnisanstalten.  In  dem 
mit  Glas  überdachten  großen  Hof- 
raume  werden  schwere  und  volu- 
minöse Gegenstände  (Automobile, 
Wagen,  Fässer  u.  dgl.),  deren  Auf- 
stellung in  den  Sälen  der  oberen 
Stockwerke  untunlich  ist,  versteigert. 
Aus  der  mittleren  Durchfahrtshalle, 
welche  46  m  lang,  im  mittleren  Teile 
12  m  breit  und  6"50  m  hoch  ist,  ge- 
langt man  über  die  monumental  an- 
gelegte, nur  bis  zum  ersten  Stock- 
werke führende  Haupttreppe  aus 
Karstmarmor  vorerst  in  das  Mezza- 
nin. Daselbst  befinden  sich  die  Räu- 
me für  die  Auslösung  von  Schmuck- 
und  Edelmetallgegcnständen,  die 
unterteilten  großen  Magazine  für 
Fahrräder,  Klaviere  und  Nähmaschi- 
nen, die  Kanzleiräume  der  Zentral- 
und  Buchhaltung  und  eine  Beamtcn- 


A,  B  Abteilungen  des  Versatzamtes. 
C,  D  Verwahrungsamt. 


E,  F  Manipulationshöfe. 
G  Buchhaltung  und  Kassa. 


Abb.  234.     K.  k.  Versatz-  und  Versteigerungsamt.    Ebenerd.     1:800. 


direktion 
wohnung. 

Das  erste  und  zweite  Stockwerk  dienen 
ausschließlich  den  Zwecken  des  Versteigerungs- 
amtes. Den  Mittel-  und  Glanzpunkt  desselben 
bildet  der  den  Versteigerungen  und  Schau- 
stellungen im  großen  Stile  gewidmete,  durch 
beide  Stockwerke  gehende,  mit  einer  die  ganze 
Decke  einnehmenden  Oberlichte  versehene  Kaiser 
Franz  Josef-Saal  mit  seinen  an  den  beiden 
Schmalseiten  angeordneten,  von  je  vier  mono- 
lithen Säulen  aus  lichtem  Salzburger  Marmor 
getragenen  und  mit  reichen  Schmiedeeisenge- 
ländern abgeschlossenen  Galerien.  Er  ist  28  m 
lang,  14  m  breit  und  bietet  für  600  bis  700  Per- 
sonen bequem  Raum.  Um  diesen  Saal  gruppieren 
sich  noch  dreizehn  sehr  geräumige  Ausstellungs- 
und Versteigerungssäle  mit  ihren  Nebenräumen. 
Alle  diese  Lokalitäten  sind  mit  Hängevorrichtun- 
gen für  Bilder,  Gobelins,  Teppiche  u.  dgl.  ver- 
sehen und  mit  hohen  Holzlambcrien  verkleidet, 
welche  mit  einem  Aufsatze  bekrönt  sind  und 
breite  Klapptische  in  sich  schließen.  Nebstdem 
sind  für  auszustellende  Bücher,  Münzen  und 
kleinere  Objekte  besondere  Stellagen  und  Vor- 
richtungen vorhanden.  In  unmittelbarer  Nähe 
des  Kaiser  Franz  Josef-Saales  sind  noch  ange- 
ordnet ein  Herrensalon  mit  mehreren  Schreib- 
tischen und  ein  Damensalon  nebst  Büffet,  Garde- 
robe und  Teeküche. 

Außer  der  erwähnten  Haupttreppe  sind  noch  vier  bequeme  Stiegen,  ebenfalls  aus  Karst- 
marmqr,  vorhanden.    Die   Feuersicherheit   im  Gebäude    selbst    ist    durch    angemessen    verteilte 


Abb.  235.     Dorotheum,  I.,  Dorotheergasse  17. 


Gebäude  der  Rciclisvcrwaltung. 


15: 


Hydranten  und  ausgedehnte  Alarmsignalleitungen  erhöht.  Auch  besitzt  dasselbe  für  den  internen 
Verkehr  im  Hause  eine  Tclephonanlagc.  Eine  besondere  Sorgfalt  erforderten  die  zur  Erzielung 
einer  vollständigen  Trockcncrhaltung  der  Magazins-  und  sonstigen  Räume  in  den  Kellergeschossen 
ausgeführten  Isolicrungsarbeiten.  Das  ganze  Gebäude  ruht  auf  einem  2  m  starken  Betonroste. 
Die  Decken  sind  durchwegs  zwischen  eisernen  Trägern  gewölbt,  der  Dachstuhl  aus  Eisen 
konstruiert.  Die  Fassaden  —  Putz  in  Naturfarbe  —  sind  ziemlich  einfach  gehalten.  Den  vor- 
nehmsten Schmuck  bilden  die  die  beiden  Mittelrisalite  bekrönenden,  in  Kupfer  getriebenen 
Reichsadler  mit  einer  Flügclweite  von  6  m  und  einer  Höhe  von  3'50  m. 

Bemerkenswert  sind  die  in  einem  verglasten  Räume  im  Mezzanin  aufbewahrten  römischen 
Funde,  welche  bei  den  Erdaushebungen  zutage  gefördert  wurden.  Die  Fundstätte  liegt  nämlich 
an  der  aus  dem  römischen  Lager  Vindobona  nach  Carnuntum  führenden  Römerstraße,  in 
deren  Nähe  die  Lcgionssoldaten  ihre  Toten  begruben.  Im  ganzen  stieß  man  auf  sechs  römische 
Grabstätten.  Eine  hiervon,  aus  Legionsziegeln  hergestellt,  enthielt,  dem  tadellosen  Gebisse  nach 
zu  schließen,  das  Skelett  einer  jungen  Frau.  Die  Leiche  war  mit  vollem  Schmucke  beigesetzt. 
Außerdem  wurden  noch  viele  Gefäße  aus  Terra  sigillata,  dann  Vasen,  Lampen,  Becher,  Glas- 
gefäße und  andere  Gebrauchsgegenstände  vorgefunden.  Die  bei  der  Demolierung  des  alten 
Versatzamtsgebäudes  gewonnenen  Bruchstücke  von  Grabsteinen  und  architektonischen  Kon- 
struktionsteilen sind  in  der  das  neue  Gebäude  von  dem  angrenzenden  sogenannten  Kloster- 
neuburgerhofe  trennenden  Abschlußmauer  —  nach  dem  Statthalter  Erich  Grafen  Kielmansegg 
„Kielmanseggmauer"   benannt  —  versetzt  worden. 

Der  Umbau  erforderte  im  ganzen  einen  Kostenaufwand  von  2,675.000  K,  wovon  auf 
den  eigentlichen  Bau  2,355.000  K  und  auf  die  innere  Einrichtung  320.000  K  entfallen.1) 

Tomßa. 

Das  k.  k.   Hauptmünzamt  (Abb.  236  bis  238). 

Bis  zum  Jahre  1838  war  die  Münzbehörde  des  Reiches  zum  Teil  im  Palais  des  Prinzen 
Eugen  in  der  Himmelpfortgasse,  zum  Teil  im  alten  Stadtgraben  untergebracht.  Die  zerstreute 
Lage  der  Werkstätten,  welche  die  Manipulation  und  Kontrolle  erschwerte,  sowie  die  Unzu- 
länglichkeit der  Räume  zwangen  zur  Errichtung  eines  Neubaues. 

Das    im  Jahre   1835  nach  den  Plänen  des  k.  k.  Hofbaurates  Paul  Sprenger  erbaute  Ge- 


Abb.  236.     Das  Hauptmünzamtsgebäude  am  Heumarkt. 


bäude  am  Heumarkt  bedeckt   mit    dem    abseits    gelegenen    Maschinenhause    eine    Fläche    von 
5433  m2;  die  Figuren  an  der  Attika  über  dem  Mittelrisalite,    darstellend:    Gold,  Silber,  Kupfer 

')  Eine  übersichtliche  Darstellung  der  Geschichte  und   der  wirtschaftlichen  Entwicklung  des  Wiener  k.  k.  Versatzamtes  enthält 
das  Werk:  „Das  k.  k.  Versatzamt  in  Wien  von  1707—1900."  Wien  1901,  im  Selbstverlage  des  k.  k.  Versatzamtes. 


152 


Verwaltungsgebäude. 


und  Eisen,  sowie  die  Gruppe  auf  derselben  sind  von  Klieber  modelliert;  die  Kosten  des  Baues 
betrugen  rund  900.000  K. 

Das  Gebäude  wurde  im  Jahre  1838  bezogen  und  beherbergte  folgende  Ap-.ter:  Haupt- 
münzamt, Punzicrungs-  und  Einlösungsamt,  General-  und  Landmünzprobieramt,  die  minera- 
logiseh-geognostischen  Sammlungen  der  Hofkammer  für  Münz-  und  Bergwesen,  sowie  die 
Lehrzimmer  für  höhere  Kurse  der  bergmännischen  Wissenschaften  (bergmännische  Geographie, 
Dozinesie  und  analytische  Chemie).  In  den  Jahren  1892/93  wurde  anläßlich  der  Einführung  der 
Kronenwährung  das  Kessel-  und  Maschinenhaus  zum  Teil  umgebaut  und  mit  einer  größeren, 
modernen  Dampfkessel-  und  Dampfmaschinenanlagc  ausgestattet.  Nebstdem  steht  vom  Anbeginne 
eine  kleine  Wasserkraft  aus  dem  Wiener-Neustädtcr  Kanäle  zur  Verfügung.  Das  Gebäude  entspricht 
in  mancher  Beziehung  heute  nicht  mehr  den  Anforderungen  des  technischen  Dienstes.         Lorenz. 

K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  (Abb.  239,  240). 


Die  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  war  seit  1804  im  Gebäude  des  Franziskanerkonventes  untergebracht 
und  erhielt,  als  die  baulichen  Übelstände  ihre  Tätigkeit  zu  ersticken  drohten,  durch  Gesetz  vom  21.  Dezem- 
ber 1888  ein  neues  Heim.  Als  Bauplatz  wurde  trotz  Widerstandes  der  Anrainer,  welche  die  Rauchentwick- 
lung einer  so  großen  Anlage  fürchteten,  ein  ärarischer  Grund,  Rennweg  Nr.  16,  gewählt.  Die  Pläne  zu  dem 
neuen  Gebäude  wurden  im  Hochbaudepartement  des  Ministeriums  des  Innern  von  Hofrat  C.  Köchlin  verfaßt, 
die  Maschineneinrichtung  schuf  Prof.  von  Radinger. 

Das  an  allen  Seiten  freistehende  Bauwerk  (siehe  Abb.  239)  bedeckt,  in  sieben  Geschossen 
von  der  Kellersohlc  aufgebaut,  eine  Grundfläche  von  5200  m'2,  bietet  15.400  m-  Benützungs- 
fläche und  ist  ohne  Prunk,  bloß  nach  den  Forderungen  seines  Zweckes  ausgestaltet.  Der 
allgemeinen  Einteilung  nach  ist  der  Nordtrakt  für  die  Verwaltung,  der  westliche  für  den  Wert- 
papierdruck,  der  südliche  und  östliche  für  alle  anderen  Druckarbeiten  bestimmt.  Maschinen- 
betrieb findet  sich  im  Ost-  und  West-  und  den  Verbindungstrakten.  Vier  Stiegen  und  vier 
Aufzüge  verbinden  die  Geschosse,  vier  Höfe,  gegen  Norden  zwei  kleinere,  ein  großer  in  der 
Mitte  mit  850  m2  und  der  Maschinenhof  im  Süden  sondern  die  Trakte  des  Hauses. 

Der  Maschinenbetrieb  wurde    bis  jetzt  durch  zwei  Dampfmaschinen    für  Licht  und  Kraft 
mit  zentraler  Verteilung  der  Antriebe  durch  Seilstränge  vom  Maschinenhof  aus 
im  großen  Hof  versenkt    angeordnete  Wasserrohrkesselanlage  unterhalten.    In 
jedoch  ein  Umbau  der  Kraftanlage  in  elektrischen  Gruppen-  und  Einzelantrieb 
an  das  städtische  Licht-  und  Kraftwerk  statt,  wodurch  auch  die  Transmissionsanlage  von  rund 

1000  m  Wellenlänge  sich  fast  auf  die  Hälfte 
verkleinert.  Für  den  Betrieb  der  Dampf- 
heizung in  allen  Arbeitsräumen  und  in  der 
großen  Trockenhalle  dient  auch  fernerhin 
ein  Teil  der  Kesselanlage. 


und  durch  eine 
letzter  Zeit  fand 
durch  Anschluß 


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E  Streckwerk. 
ü  Schneidwerk. 
H  Maschinenhaus. 
J  Neues  Streckwerk. 

Abb.  238.     Grundriß   des  Maschinenhauses   des  Münzamtes. 
1  :lü()0. 


A  Kcsselnaus. 
B  Krätzniühle. 
C  Glühofen. 
D  Garderobe. 


Abb.  237.     Hauptniünzamtsgebäude.     Ebcnerd.     1 :  1000. 


Das  Kellergeschoß  enthält  Papier-  und 
Letternaufbewahrungsräume.  Eine  Küche  für 
300  Personen  und  eine  Reparaturwerkstätte, 
die  Feuerwache  und  der  Pferdestall  befinden  sich  im  Tiefparterre.  Im  Hochparterre  arbeiten 
Rotationsmaschinen  in  ein  und  zwei  Farben,  deren  Platten  in  den  anliegenden  Räumen  für 
Rundstercotypic  und  Galvanoplastik  hergestellt  werden.  Im  ersten  Stocke  sind  fast  ausschließlich 
Buchdruckschncllprcsscn    aufgestellt.     Den  Rest    des    Stockwerkes    erfüllen    die   Wohnung    des 


Gebäude  der  Reichsverwaltuns 


53 


Direktors  und  Manipulationsräume. 
Im  zweiten  Stocke  sind  die  Steindruck- 
pressen  für  Maschinen-  und  Hand- 
betrieb aufgestellt,  welche  alle  Arbei- 
ten von  der  Autographic  bis  zum 
feinsten  Farbendruck  liefern.  Hier 
wird  in  sämtlichen  Reproduktions- 
verfahren für  die  verschiedensten 
Zwecke  gearbeitet.  Im  dritten  Stock- 
werke sind  die  Setzerabteilungen  ver- 
einigt. An  diese  Räume  schließt  sich 
das  Lcttcrnhandmagazin.  Das  vierte 
Geschoß  enthält  noch  eine  Setzer- 
abteilung und  die  Räume  für  Xylo- 
graphie und  Lichtdruck. 

Die  im  Westen  im  freien  Licht 
liegenden  Kreditabteilungen  sind  nur 
von  der  Kreditstiege  erreichbar.  Im 
Hochparterre  werden  auf  Rotations- 
maschinen Korrespondenzkarten, 
Frachtbriefe  und  Postanweisungen 
gedruckt.  Im  ersten  Stocke  befinden 
sich  Manipulationsräume  für  Kredit- 
effekten; Magazine  für  fertige  und 
halbfertige  Kreditpapiere  sowie  Pres- 
sen für  Stempelmarken  sind  im  zwei- 
ten Stocke  untergebracht.  Im  näch- 
sten Geschoß  werden  Postwertzeichen 
erzeugt.  Im  vierten  Stocke  endlich 
befindet  sich  die  unter  strengster  Auf- 
sicht stehende  Galvanoplastik,  welche 
die  Platten  für  den  Kreditdruck  her- 
stellt, und  eine  domartig  gebaute,  7'5  m 
hohe  Trockenhalle.  Hier  werden  stünd- 
lich gegen  12.000  Bogen  mit  Wertzeichen  aller  Art  getrocknet.  Eine  ständige  Militärwache 
schützt  Tag   und   Nacht  das  Gebäude,    welches  so  viele  unschätzbare  öffentliche  Werte  birgt. 

Literatur. 

G.  Fritz,  Das  neue  Ge- 
bäude der  k.k.  Hof-  und  Staats- 
druckerei. —  F.  Kovarik,  Ma- 
schinelle Einrichtung  der  k.  k. 
Hof-  und  Staatsdruckerei.  Zeit- 
schrift des  österreichischen  In- 
genieur- und  Architekten-Ver- 
eines. 1892,  S.  529. 

K.  A.  Fieber. 


A  Direktorwohnung. 

B  Manipulationsräume. 

C  Verbindungsgang. 

D  Zurichträume. 

E  Schnellpressenzimmer. 

F  Faktorzimmer. 

G,  H,  K  Stiegen. 

J  Rauchfang. 

L,  M,  N  Höfe. 

O,  P  Aufzüge. 


Abb.  239.    K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei,  III.,  Rennweg. 


üesllraü 

Abb.  240.     K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei.    Erster  Stock.     1:1000. 


K.  k.  Tabak- Hauptfabriken  (Abb.  241  bis  243). 

Von    den    der  k.  k.  Generaldirektion    der   Tabakregie    unterstehenden    30    Tabakfabriken 
mit  einem  Gasamtarbeiterstande  von    40.000  Arbeitern    sind    zwei  Fabriken  in  Wien    gelegen, 


154 


Verwaltungsgebäude. 


| 


I 


Thalia/  -  Straße 


Wim]    T   1   T   T  T   T 


und  zwar  die  eine  im  XVI.  Bezirke  (Ottakring)  an  der  Thaliastraße,  die  andere  im  III.  Bezirke 
am  Rennweg. 

Die  Fabrik  in  Ottakring1)  ist  der  Arbeiterzahl  und  der  Jahreserzeugung  und  dement- 
sprechend auch  der  baulichen  Anlage  nach  bedeutender  als  jene  am  Rennweg.  Sie  wurde  in 
den  Jahren    1893 — 1898  auf  einem  Grundstücke  von  20.000  m2  Fläche  erbaut. 

Die  Fabriksanlage  (siehe 
Abb.  241  und  242)  besteht  aus 
einem  Fabrikationsgebäude,  einem 
Verwaltungsgebäude,  einem  Fabri- 
katen- und  einem  Rohstoffmagazine 
und  einigen  kleineren,  hauptsäch- 
lich Wohlfahrtseinrichtungen  ent- 
haltenden Baulichkeiten.  Für  die 
An-  beziehungsweise  Abfuhr  der 
Rohstoffe  und  Erzeugnisse  dient 
eine  zum  Frachtenbahnhofe  Ottak- 
ring der  Stadtbahn  führende 
Schleppbahn;  für  den  Verkehr 
innerhalb  der  Fabrik  ist  eine  Roll- 
bahn vorgesehen. 

Sämtliche     Arbeitsmaschinen 
werden  mittels  Elektromotoren  an- 
getrieben. Der  erforderliche  Strom 
wird  für  gewöhnlich  von  der  eigenen 
Kraftanlage    von    40  PS.  Leistung, 
während  der  Beleuchtungszeit  aber 
aus  dem  städtischen  Netze  bezogen. 
Drei  Kessel  von  je  90  m2  Heizfläche 
liefern  den  Dampf  für  den  Maschi- 
nenbetrieb und  die  Be- 
heizung    des    Fabrika- 
tionsgebäudes. Für  die 
künstliche   Beleuchtung 
ist  hauptsächlich  Auer- 
Gasglühlicht  installiert; 
nur  in  jenen  Räumen,  in 
denen    die    Halb-    und 
Ganzfabrikate  nach  ihrer 
Farbe  gesichtet  werden, 
kommen         elektrische 
Glühlampen     zur    An- 
wendung. 

Besondere  Aufmerk- 
samkeit wurde  beim 
Bauentwurfe  und  bei 
der  inneren  Einrichtung 
darauf  gerichtet,  die  Anlage  allen  an  einen  Fabriksbetrieb  hinsichtlich  der  Arbeiterwohlfahrt  und 
des  Arbeiterschutzes  zu  stellenden  Anforderungen  entsprechend  zu  gestalten.  Demzufolge  haben 
alle  Arbeitsräume  eine  Höhe  von  4-ö  m  erhalten.  Die  Entfernung  der  Fenstermittcl  voneinander 
beträgt  36  m;  in  gleichen  Abständen  sind  die  Arbeitstafeln  angeordnet.  Dadurch  ist  auch  in  den 
am  meisten  besetzten  Abteilungen  für  jeden  Arbeiter  ein  Luftraum  von  mindestens  10  m3 
gesichert.  Vor  den  Eingängen  in  die  Arbeitssäle  befinden  sich  Vorräume  mit  Kleiderkästen  und 
Wascheinrichtungen.  Eine  Verschlechterung  der  Luft  durch  den  Betrieb  der  Arbeitsmaschinen 
wird  dadurch  wirksam  verhütet,  daß  der  sich  bildende  Tabakstaub  an  der  Entstehungsstelle 
abgesaugt    und  in  einer  geschlossenen  Blcchkammer  mit  Wasser  niedergeschlagen  wird. 

Die  Fabrik  in  Ottakring  befaßt  sich  vorwiegend  mit  der  Erzeugung  von  feinen  Zigarren, 
einigen  Zigarettensorten  und  feinen  Rauchtabaken.  Die  Vorbercitungsarbeiten  für  die  Zigarren- 


Abb.  241.     Lagcplan  der  k.  k.  Tabak-Hauptfabrik  im  XVI.  Bezirke.     1 :  2500. 


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Abb.  242.    Fabrikationsgebäude.  Grundriß  des  zweiten  Stockes.     1:1000. 


')  Siehe  auch:  österreichische  Wochenschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1904,  Nr.  29. 


Oebäude  der  Landesverwaltung. 


155 


und  Zigarettenerzeugung  werden  in  den  Souterrain-  und  Parterreräumen  durchgeführt.  Es 
befinden  sich  daselbst  die  Sprenglokalc  für  das  Anfeuchten  der  Zigarrcndcckstoffe  und  des 
Einlagcmateriales,  Lager  für  die  feuchten  Tabakstoffe,  eine  mit  Dampf  geheizte  und  mit  künst- 
licher Luftbewegung  ausgestattete  Trockenstube  und  ein  Lager  für  getrocknete  Einlagen. 

Die  Arbeitssäle  (siehe  Abb.  243)  für  die  eigentliche  Zigarrenerzeugung  sind  im  ersten  und 
zweiten  Stocke  gelegen.  In  dic- 
scnSälen  sind  insgesamt  51  Ar- 
beitstafeln für  je  zwölf  Arbeite- 
rinnen untergebracht.  Zwei 
einander  gegenübersitzende 
Arbeiterinnen  (eine  Wicklerin 
und  eine  Spinnerin)  bilden 
eine  Arbeitsgruppe.  Neben 
den  Zigarrensälen  befinden 
sich  kleine  Lagerräume  für  die 
fertigen  Zigarren  und  Aus- 
folgeräume (Auswagen),  in 
denen  die  einzelnen  Arbeits- 
gruppen die  Halbfabrikate 
zugewogen  erhalten.  Die  im 
zweiten  Stockwerke  gelegene 
Zigarrenverpackung  besteht 
aus  drei  Sortiersälen,  zwei 
eigentlichen  Verpackungsräu- 
men   und    vier    Warmlagern. 

Für  die  Zigarettenerzeu- 
gung werden   die   Fülltabake 

in  einem  im  Parterre  gelegenen  Schneidemaschinenlokale  geschnitten.  Die  Zigarettenerzeu- 
gung umfaßt  je  zwei  Arbeitssäle  im  ersten  und  zweiten  Stocke.  In  einem  dieser  Säle  werden 
die  Hülsen  maschinell  erzeugt,  in  den  drei  anderen  Sälen  werden  die  Hülsen  gefüllt.  An  die 
Zigarettensäle  schließen  sich  einige  Nebenräume,  wie  die  Handlager  für  Fülltabak,  Aus- 
wagen, Trockenräume  und  die  Verpackung,  an.  Außer  der  eigentlichen  Zigarren-  und  Ziga- 
rettenerzeugung obliegt  der  Tabakfabrik  in  Ottakring  auch  die  Herstellung  der  für  den  eigenen 
Bedarf  erforderlichen  Kisten,  Kistchen,  Kassetten  und  Kartons. 

An  Wohlfahrtseinrichtungen  verfügt  die  Tabakfabrik  in  Ottakring  über  eine  Badeanstalt, 
in'  der  unentgeltlich  Dampf-,  Dusch-  und  Wannenbäder  an  die  Arbeiter  verabfolgt  werden, 
eine  Arbeiterküche  und  einen  Speisesaal.  In  der  Arbeiterküche  werden  Mittagskost  und  Jausen- 
kaffee zu  den  Selbstkosten  an  die  Arbeiter  verabreicht.  Die  Tabakfabrik  in  Ottakring  beschäftigt 
zurzeit   18  Beamte,  22  Aufsichtsorgane  und  rund   1300,  vorwiegend  weibliche  Arbeiter. 

Die  Tabak-Hauptfabrik  am  Rennweg,  die  sich  ausschließlich  mit  der  Zigarrenerzeugung 
befaßt,  ist  ähnlich  wie  die  Fabrik  in  Ottakring  eingerichtet.  Sie  ist  älterer  Bauart  (errichtet  im 
Jahre  1857)  und  viel  kleiner  als  die  Ottakringer  Fabrik.  Zurzeit  sind  in  dieser  Tabakfabrik 
7  Beamte,  6  Aufsichtsorgane  und  360  Arbeiter  beschäftigt.  Der  Fabrik  am  Rennweg  ist  das 
k.  k.  Tabak-Hauptmagazin  angegliedert.  k.  k.  Gmeraldirektion  der  Tabakregie. 


Abb.  243.    Zig-arrenvorrichtsaal. 


II.  GEBÄUDE  DER  LANDESREGIERUNG  UND  -VERWALTUNG. 

K.  k.  Niederösterreichische  Statthalterei,  I.,  Herrengasse  11   (Abb.  244). 


Anstelle  des  Statthaltereigebäudes  stand  einst  (vom  Jahre  1532 — 1620)  ein  im  Besitze  der 
Roggendorfer,  deren  Ahnherr  sich  bei  der  ersten  Belagerung  Wiens  durch  die  Türken  hervortat, 
gewesenes  Haus.  Nach  dem  Erlöschen  dieses  Geschlechtes  kam  das  Gebäude  1774  in  den 
Besitz  des  Ärars  und  wurde  vorerst  für  die  niederländische  Kanzlei  bestimmt.  Nach  der 
Losreißung  der  Niederlande  war  es  der  Sitz  der  Kanzlei  der  neuen  venetianischen  und  polni- 
schen Länderteile,  1806  der  italienischen  Hofkanzlei,  später  der  Polizei-  und  Zensurhofstelle. 
Hierauf  wurde   geplant,    der  k.  k.  niederösterreichischen  Landesregierung,    die   seit    dem  Jahre 


156 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  244.    Nicderösterreichische  Statthaltern,  I.,  Minoritenplatz. 


1784    in    dem    aufgehobenen  und  vor  wenigen  Jahren  demolierten  Minoritenkloster  amtierte,  an 
der  Stelle  der  abzubrechenden   „Niederländischen  Kanzlei"   ein  eigenes  Amtsgebäude  zu  schaffen. 
Das  neue  Gebäude  wurde  in  den  Jahren  1845 — 1847  von  dem  k.  k.  Hofbaurat  und  Pro- 
fessor   Paul    Sprenger    erbaut    und  zeigt  eine  dreistöckige  Fassade  von   monotonem  Charakter 

im  Renaissancestile,  die 
aber  einige  anmutende 
Einzelheiten  aufweist. 
Es  hat  in  der  Herren- 
gasse eine  Länge  von 
45"8  m,  in  der  Regie- 
rungsgasse, wo  seiner- 
zeit gleichfalls  ein  Ein- 
gang bestand,  eine  sol- 
che von  82-6  m,  auf 
dem  Minoritenplatze 
eine  Länge  von  42-3  m 
und  umfaßt  eine  Fläche 
von  etwa  3638  m-. 
Künstlerisch  bemer- 
kenswert ist  der  im 
ersten  Stocke  des  Hof- 
quertraktes gelegene 
Festsaal  (1248m  lang, 
8-85  m  breit  und  5'61  m 
hoch).  Der  Plafond, 
als  Spiegelgewölbe  mit 
Stichkappen  geformt, 
von  verzahnten  Holz- 
balken getragen,  wurde 
in  den  Jahren  1848  bis 
1850  von  Leopold  Kup- 
pelwieser  mit  Fresken 
geschmückt,  die  Szenen 
aus  der  vaterländischen 
Geschichte  darstellen; 
sie  sind  die  ersten  Male- 
reien in  Wien,  welche 
in  einer  Reihenfolge  die 
Geschichte  Österreichs 
darstellen.  Die  Wände 
sind  mit  prächtigem 
Kunstmarmor  geziert. 
In  den  letzten  Jahren 
kamen  die  Standbilder 
der  zwei  hervorragend- 
sten Landeschefs  der 
Vergangenheit,  Wolf- 
gang  Freiherr  von  Pol- 
heim (1501— 1512)  und 
Johann  Anton  Reichs- 
graf von  Pergen  (1782 
bis  1790),  beide  von 
Josef  Kassin  ausgeführt,  beim  Portale  auf  dem  Minoritenplatze  und  in  der  Einfahrt  die  ver- 
kleinerten Nachbildungen  der  Löwen  des  Nußdorfcr  Schleusenbaucs  von  Rudolf  Weyr  zur 
Aufstellung.  Größere  Bauveränderungen  sind  an  dem  Gebäude  seit  dessen  Bestand  nicht  vor- 
genommen worden.  Das  Haus  enthält  die  Amtsräumc  der  k.  k.  niedcröstcrreichischcn  Statt- 
halterei,  die  Amtswohnung  des  Statthalters  im  zweiten  Stocke  und  die  k.  k.  nicderösterreichische 
Landeshauptkassa.  Karl  Wopelka. 


Abb.  245.    Niedcrösterrcichisches  Landhaus,  I.,  Minoritenplatz. 


Gebäude  der  Landesverwaltung. 


157 


Abb.  246.    Vestibül  des  Landhauses. 


halten,  und  zu  beiden 
Seiten  allegorische  Fi- 
guren des  Ister  und  der 
Fruchtbarkeit. 

Wie  erwähnt,  sind 
die  Prachträume  des 
alten  Landhauses  in  den 
Neubau  miteinbezogen 
worden,  was  in  bau- 
technischer Beziehung 
mit  ziemlichen  Schwie- 
rigkeiten verbunden 
war.  Diese  Prachträume 
sind  der  Sitzungssaal 
des  Landtages,  einst 
der  Saal  der  Ständever- 
sammlungen, der  Bib- 
liothekssaal, früher  der 
Rats-  oder  Sitzungssaal 
der  Verordneten,  der 
Prälaten-,  Herren-  und 
Rittersaal,  die  spätgoti- 
schen Vorzimmer  und 
die  Kapelle   zu  ebener 


Das  niederösterreichische  Landhaus,  1.,  Herren- 
gasse 13  (Abb.  245  bis  247). 

Das  Gebäude  in  seiner  ersten  Gestalt,  das 
die  Stände  im  Jahre  1513  von  den  Herren  von 
Liechtenstein  gekauft  hatten,  wurde  in  den  Jahren 
1513—1518,  1533—1539,  dann  von  1560  bis  zum 
Schlüsse  des  16.  Jahrhunderts  durch  Um-  und  Zu- 
bauten zum  Landhaus  umgestaltet.  Dasselbe  erhielt 
sich  bis  in  das  19.  Jahrhundert  in  seiner  Form, 
wie  es  am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  aussah:  ein 
langgezogenes  Viereck  mit  der  Hauptfront  und  dem 
großen  Saale  auf  den  Minoritenplatz  hinaus.  Es  war 
eines  der  ansehnlichsten  Gebäude  der  Innern 
Stadt  sowohl  seiner  geschichtlichen  als  auch  bau- 
technischen Bedeutung  nach.  In  seiner  gegenwärti- 
gen Gestalt  ist  es  in  den  Jahren  1837 — 1844  von 
dem  bekannten  Architekten  Ludwig  Pichl  ausge- 
führt worden.  Pichls  Plan  wurde  gegenüber  dem 
des  Architekten  Josef  Kornhäusel  von  den  Ständen 
deshalb  bevorzugt,  weil  er,  ihren  Wünschen  ent- 
sprechend, die  historisch  wie  künstlerisch  merk- 
würdigen Räume  im  ersten  Stocke  und  zu  ebener 
Erde  beibehielt.  Den  Giebel  zieren  die  vom  Bild- 
hauer Johann  Klieber,  Direktor  der  Akademie  der 
bildenden  Künste,  meisterhaft  ausgeführte  figurale 
Gruppe,  darstellend  zwei  Genien,  welche  das  nieder- 
österreichische Wappenschild  mit  dem  Herzogshute 


Abb.  247.     Hof  des  Landhauses. 


Erde,  einst  der  Durchgang  auf  den  Minoritenplatz  hinaus,  ebenfalls  mit  spätgotischem  Gewölbe. 
Der  große  Sitzungssaal  hatte  früher  (1573)  einen  Holzplafond.  Im  Jahre  1710  kam  an 
dessen  Stelle  ein  Freskogemälde  vom  kaiserlichen  Hofmaler  Antonio  Beduzzi,  das  nach  den 
Angaben  des  Historiographen  Conte  Comazzi  eine  allegorische  Darstellung  der  der  Vorsehung 
huldigenden  Austria  ist.  Nach  einer  sorgfältigen  Restaurierung  im  Jahre  1845  durch  den  Male'r 
Schilcher  ist  dieses  Gemälde  heute  gut  erhalten  und  wird  viel  beachtet.  Der  zweite  Saal    der 


158 


Verwaltungsgebäude. 


in  seiner  ursprünglichen  Reinheit  erhalten  ist,  ist  der  einstige  Verordnetenratssaal,  heute 
Bibliothekssaal.  Sein  herrlicher  Holzplafond  wurde  1572  vom  Hoftischler  Georg  Haas  voll- 
endet. Derselbe  enthält  in  der  Mitte  das  große  kaiserliche,  an  den  beiden  Seitenflächen  die 
zwei  österreichischen,  dann  das  ungarische  und  böhmische  Wappen.  Diese  sowie  das  von 
Karyatiden  getragene,  mit  dem  kaiserlichen  Wappen  und  den  Reichsinsignien  gezierte  Portal  sind 
reich  vergoldet.  Bemerkenswert  ist  noch  die  kunstreiche,  von  beiden  Seiten  zu  öffnende  Tür. 
In  ihrer  ebenfalls  noch  ursprünglichen  Gestalt  sind  uns  erhalten:  Die  an  die  Bibliothek 
anstoßende  Vorhalle  (mit  der  bemalten  gotischen  Decke  und  den  beiden  schönen  Marmor- 
portalen), welche  heute  als  Manuskriptenzimmer  benützt  wird,  das  sogenannte  gotische  Zimmer 
(heute  Sitzungszimmer)  und  die  Kapelle,  deren  Altarbild  ein  Glasgemälde  von  Karl  Geyling 
in  Wien  ist  und  Maria  Opferung  im  Tempel  nach  einem  Karton  vom  Kustos  Schnorr 
von  Carolsfeld  zeigt.  Der  Prälaten-,  Herren-  und  Rittersaal  gehörten  wohl  auch  dem  alten 
Landhausc  an,  ihre  Holzplafonds  und  die  mit  englischen  Ledertapeten  gezierten  Wände 
stammen  jedoch  aus  den  Jahren  1846  und  1847.  Von  historischem  Interesse  ist  auch  das 
Marmorportal  beim  Eingange  zur  Kapelle  und  in  das  große  Stiegenhaus.  Dasselbe  stammt 
aus  dem  Jahre  1571  und  zierte  den  Aufgang  zum  Verordnetenratssaal.  Daneben  stand  auch 
jener  schöne  Gitterbrunnen,  der  gegenwärtig  im  ehemaligen  Graf  Breunerschen,  jetzt  Rati- 
borschen    Schlosse    zu    Grafenegg    (Niederösterreichj    sich    befindet.  ')  c.  v.  Boog. 


III.  STÄDTISCHE  VERWALTUNGSGEBÄUDE. 

Das  alte  Rathaus  (Abb.  248  bis  250). 

Die  Geschichte  des  alten  Rathauses  reicht  bis  in  das  Jahr  1316  zurück.  Herzog  Friedrich 
der  Schöne  schenkte  seinen  getreuen  Bürgern,    dem  Rate  und  der  Gemeinde  Wien   das  Haus 


])  Aus  der  Geschichte  des  niederösterreichischen  Landhauses.  Vom  Landesarchivar  Dr.  Anton  Mayer. 


Abb.  24S.     Altes  Rathaus,  I.,  Wipplingerstraße. 


Städtische  Verwaltungsgebäude. 


159 


Abb.  249.    Altes  Rathaus,  I.,  Wipplingerstraße.    Ebenerd.     1:1000. 


des  wegen  Aufstandes  verbannten  Ottos,  Heimos  Bruder,  mit  der  Kapelle,  den  Stiftungen  und 
allem,  was  dazu  gehörte,  zu  ihrer  freien,  unbeschränkten  Benützung.  Dasselbe  hatte  seine  Haupt- 
front in  der  Salvatorgasse  und  stand  in  der  ehemaligen  Judenstadt,  welche  durch  Tore  und 
Mauern  vom  bürgerlichen  Teile 
der  Stadt  strenge  abgegrenzt 
war.  Diese  Lage  änderte  sich 
erst  im  Jahre  1422  durch  die 
unter  Herzog  Albrecht  V.  er- 
folgte Ausweisung  der  Juden, 
worauf  das  Ghetto  dem  allge- 
meinen Verkehr  eröffnet  wurde. 
Die  Häuser  der  nächsten  Um- 
gebung wurden  von  der  Ge- 
meinde nach  Bedarf  erworben, 
aber  erst  im  Jahre  1842  gelangte 
die  ganze  Fläche  des  gegen- 
wärtigen alten  Rathauses  in  den 
Besitz  der  Gemeinde.  Wie  aus 
einem  Kupferstich  aus  dem 
Jahre  1671   zu  ersehen  ist,  war 

das  ursprüngliche  Aussehen  des  Rathauses  ein  sehr  einfaches.  Erst  als  nach  Ablauf  der  Türken- 
kriege die  Baukunst  sich  wieder  zu  entwickeln  begann,  hielt  es  auch  der  Stadtrat  für  seine 
Pflicht,  für  die  Verschönerung  des  Rathauses  etwas  zu  tun,  und  unter  der  Leitung  des  Unter- 
kämmerers Georg  Altschaffer  wurde  im  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  die  gegenwärtige  barocke 
Fassade  gegen  die  Wipplingerstraße  hergestellt.  Zu  derselben  Zeit  wurden  auch  größere 
Adaptierungen  vorgenommen.  Die  gegenwärtig  noch  bestehende  eiserne  Balkonbrüstung  im 
ersten  Stocke  mit  den  reichen  Ornamenten,  für  welche  der  Stadtrat  460  Gulden  bezahlte, 
ist  das  Werk  des  Schlossermeisters  Simon  Vogl  aus  dem  Jahre  1725.  Im  Jahre  1741  wurde 
am  Quertrakte  ein  Auslaufbrunnen  errichtet  und  durch 
den  kaiserlichen  Kammerbildhauer  Raphael  Donner  mit 
dem  in  Blei  gegossenen  und  in  einen  vergoldeten  Rahmen 
gestellten  Basrelief:  Perseus  befreit  die  an  einen  Felsen 
gefesselte  Andromeda  (2634m  hoch  und  P580m  breit), 
geschmückt  (siehe:  Brunnen). 

Um  dem  herrschenden  Platzmangel  abzuhelfen,  wurde 
im  Jahre  1820  das  anstoßende  Haus  „zur  goldenen 
Muschel"  und  im  Jahre  1842  das  Haus  „zum  roten  Stiefel" 
umgebaut  und  in  die  Area  des  Rathauses  einbezogen, 
wodurch  der  Grundriß  seine  heutige  Gestalt  erhielt.  Zur 
letzteren  Zeit  wurde  auf  den  rückwärtigen  Trakten  ein 
drittes  Stockwerk  aufgesetzt.  In  demselben  Jahre  wurde 
die  von  dem  damals  abgebrochenen  Taschnerhause  Nr.  526 
am  Lichtensteg  herrührende  mittelalterliche  Steinskulptur, 
bestehend  aus  einem  Engel,  der  an  Ketten  zwei  Wappen- 
schilder mit  dem  österreichischen  Bindenschild  und  dem 
Kreuz  des  Wiener  Stadtwappens  hält,  an  der  Ecke  des 
Rathauses,  zwischen  der  Wipplingerstraße  und  dem  Stoß- 
im-Himmel,  angebracht. 

Mit  der  Vereinigung  der  Vorstädte  und  Schaffung 
des  neuen  Gemeindestatutes  im  Jahre  1848  wurden  im 
Inneren  größere  Umgestaltungen  veranlaßt.  Nach  den  Skiz- 
zen des  Architekten  Ferdinand  Fellner  wurde  der  Ratssaal 
des  früheren  Zivilgerichtes  und  die  daranstoßenden  Räume 
im  zweiten  Stockwerke  in  den  Sitzungssaal  umgestaltet. 
Dieser  Saal,  welcher  im  Jahre  1853  vollendet  wurde,  hat 
eine  Länge  von  23"5  m,  eine  Breite  von  1 1  m  und  eine 
Höhe  von  77m  und  ist  im  Barockstile  ausgeführt.  Die 
Wände  sind  mit  Stukkomarmor  verkleidet.    Den  Plafond  Abb.  250.   Altes  Rati      ,  Portal 


160 


Verwaltungsgebäude. 


schmücken  die  nach  Modellen  des  Bildhauers  Hans  Gasser  in  Stukko  ausgeführten  Embleme 
der  hervorragendsten  Gewerbe  mit  symbolischen  Figuren  in  den  Ecken.  An  dem  mittleren 
Teil  der  gegen  die  Straße  gelegenen  Längswand  erhebt  sich  ein  architektonischer  Aufbau. 
In  der  Mitte  des  Aufbaues  steht  in  einer  Nische  die  lebensgroße  Büste  des  Kaisers  Franz 
Josef  I.,  von  Prof.  F.  Bauer  aus  Carraramarmor  gemeißelt.  Weiters  befinden  sich  im  Saale 
die  Standbilder  der  Vindobona  und  der  Austria,  von  Rammclmayer  modelliert  und  von  Gott- 
schalk Lammasch  aus  Zink  gegossen.  Außer  diesem  Saale  befinden  sich  hier  noch  zwei  andere, 
kleinere  Säle,    die    ebenfalls  reicher  ausgestattet  sind. 

Die  im  alten  Rathause  befindliche  St.  Salvator-Kirche  wurde  an  anderer  Stelle  besprochen. 

Literatur. 

Festschrift   aus  Anlaß  der  Vollendung   des  neuen  Rathauses.  Im  Auftrage    des  Gemeinderates   der  Reichshaupt-  und  Residenz- 
stadt Wien  verfaßt  von  Karl  Weiß,  Archivdirektor.  Wien  1883,  Selbstverlag  des  Gemeinderates. 


A  Festsaal.  B  Buffetzimmcr.  C  Rauch- 
salon. D  Anrichträume.  E.  F  Arbeits- und 
F.mpfangszimmcr  des  Bürgermeisters. 
G,H,J,K.L  Präsidialbureau  und  Bürger- 
meister-Stellvertreter. M  Sektionszim- 
mer.  N  Sprechzimmer.  O  Gcmeindcrats- 


3oMtr 


Sitzungssaal.  P  Stadtratssitzungssaal. 
Q,  R  Bureau  des  Magistratsdirektors  und 
eines  Obermagistratsrates.  S  Waffen- 
museum. T  Bibliothek.  U  Magistrats- 
kanzleien.   W  Gänge.    Z  Höfe. 


Abb.  251.  Das  neue  Rathaus.  Erster  Stock.  1:1000. 


Das  neue  Rathaus  (Abb.  251  bis  254  und  Tafel  XI.), 

erbaut  in  den  Jahren  1872— 1883  nach  den  Plänen  Friedrich  von  Schmidts,  welcher  als  Sieger 
bei  dem  hierfür  ausgeschriebenen  internationalen  Wettbewerb  hervorging,  bildet  in  dem  Stadt- 
viertel   des  ehemaligen  Josefstädter  Glacis    das  hervortretendste  Gebäude;    es  beherrscht  nicht 


Städtische  Verwaltungsgebäude. 


161 


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Abb.  252.     Neues  Rathaus.    Fassade  gegen  die  Ringstraße. 


nur  seine  nächste  Umgebung,  sondern  übt  auch  im  Stadtbilde  -  -  nächst  dem  St.  Stephans- 
dome —  die  größte  Massenwirkung  aus.  Wie  bei  anderen  Rathäusern,  welche  mit  dem  Auf- 
blühen deutschen  Bürgertumes  zusammenfallen,  hat  Schmidt  in  der  Gesamtanlage  an  dem  goti- 
schen Stile  festgehalten.  Um  jedoch  den  modernen  Anforderungen  zu  entsprechen,  wurden 
auch  konstruktive  und  dekorative  Motive  der  Renaissance  in  Anwendung  gebracht.  Wir  be- 
gegnen dem  Einflüsse  der  Kunstformen  der  Renaissance  zunächst  bei  der  Ausbildung  der 
Fassaden  durch  den  stark  betonten  Abschluß  der  Geschosse,  welcher  bis  zum  Hauptgesimse 
durchgeführt  ist.  Erst  über  dem  letzteren  überwiegt  das  Prinzip  des  gotischen  Stiles  durch 
die  vertikale  Gliederung  der  einzelnen  Baukörper  und  in  dem  Aufstreben  der  Massen,  wodurch 
das  Gebäude  seine  scharfe  Silhouettierung  erhielt.  Im  Geiste  der  Renaissance  ist  die  Anordnung 
der  freien  Säule  und  die  Verwendung  des  Pilasters,  welche  dort  angewendet  wurde,  wo  die 
Wirkung  der  vornehmen  Profanarchitektur  erzielt  werden  sollte. 

Das  Gebäude  enthält  ein  ebenerdiges  Geschoß,  ein  Hochparterre,  ein  Mezzanin  und 
zwei  Obergeschosse.  Die  unteren  Etagen  wurden  zu  einem  architektonischen  Ganzen  zusammen- 
gefaßt, der  erste  Stock  als  Hauptgeschoß  durchgebildet  und  der  zweite  Stock  friesartig 
behandelt.  Die  Höhe  des  Gebäudes  bis  zur  Gesimsoberkante  beträgt  27"3  m  und  bis  zum 
durchlaufenden  First  36-3  m.  Der  große  Turm  hat  eine  Höhe  von  rund  100  m.  Der  Grundriß 
bildet  ein  regelmäßiges  Viereck  von  152-5m  Länge  und  127  m  Breite.  Von  der  Baufläche 
von  19.430  m2  sind  13.670  m2  bebaut,  während  5760  m2  auf  die  sieben  Höfe  entfallen.  Der 
große  Hof,  welcher  von  Arkaden  mit  runden  Säulen  und  Spitzbogengewölben  umgeben  ist, 
hat  eine  Länge  von  8083  m  und  eine  Breite  von  34-72  m,  somit  ein  Flächenmaß  von  2806-42  m2. 
Auf  der  Westseite  enthält  derselbe  einen  kapellenartigen  Ausbau,  welcher  für  eine  Rathaus- 
kapelle gedacht  war,  die  jedoch  nicht  zur  Ausführung  gelangte. 

Im  wesentlichen  sind  die  Räume  wie  folgt  angeordnet:  An  der  Hauptfront  gegen  den 
Rathauspark  liegen  im  ersten  Stocke    die  Festräume,    im  Mezzanin  die  Bürgermeisterwohnung, 

Bd.  II.  n 


162 


Verwaltungsgebäude. 


das  städtische  Museum,  im  Parterre  die  Volkshalle  und  im  Souterrain  der  Rathauskeller.  An 
der  rückwärtigen  Front  gegen  die  Rathausstraße  liegt  im  ersten  Stocke  der  Gcmeindcratssitzungs- 
saal  samt  Nebenräumen.  Die  beiden  Seitentrakte  in  der  Felder-  beziehungsweise  Magistrats- 
straße enthalten  Amtsräume,  die  städtische  Bibliothek  und  das  Archiv.  Von  den  Innenräumen 
sind  in  architektonischer  Beziehung  hervorzuheben:  die  Volkshalle,  der  Festsaal,  der  Ge- 
meinderatssitzungssaal, der  Stadtratssitzungssaal,  der  Waffensaal  des  städtischen  Museums  und 
der  Rathauskeller. 

Den  zwei  Festtreppen,  welche  sowohl  von  der  Mitteldurchfahrt  als  von  dem  Turmportale 
zugänglich  sind,  wurden  geräumige  Vestibüle  vorgelegt,  die  mit  der  Volkshalle  in  Verbindung 
stehen.  Die  Volkshalle  ist  durch  hohe,  spitzbogige  Fenster  erhellt  und  mit  einer  Spitzbogen- 
decke geschlossen.  Sie  dient  für  Versammlungen  der  Genossenschaften  und  zu  sonstigen 
großen  Verhandlungen,  z.  B.  zur  Vergebung  von  Arbeiten  und  Lieferungen  für  städtische 
Zwecke  etc.  Die  Schlußsteine  der  Decken  bilden  Porträtbüsten  der  Mitglieder  der  Rathausbau- 
kommission. Nebst  den  Festtreppen  bestehen  noch  sechs  große  Stiegen,  von  welchen  zwei  an  der 
rückwärtigen  Durchfahrt  in  den  großen  Hof  und  je  zwei  in  den  Quertrakten  an  den  Durch- 
fahrten der  kleinen  Höfe  liegen.  Diese  sowie  einige  Nebentreppen  und  zwei  Personenaufzüge 
vermitteln  den  gewöhnlichen  Verkehr  aller  Stockwerke.  Der  Festsaal  von  70-7  m  Länge,  einer 
Breite  von  147  m  (innerhalb  der  Arkaden)  und  einer  Höhe  von  1 7- 1  m  reicht  bis  zum  mittleren 
Aufbau  hinauf  und  steht  mit  mehreren  kleineren  Sälen  und  einem  Salon  für  den  Allerhöchsten 
Hof  in  Verbindung.  Der  Längsseite  des  großen  Saales,  gegen  die  Fassade  zu,  ist  eine  offene 
Loggia  und  der  Turmerker  vorgelagert,  an  der  gegenüberliegenden  Seite  ein  Arkadengang  mit 
Galerie  angelegt.  Von  der  mittleren  Loggiatüre  angefangen  nach  rechts  befinden  sich  die  Stand- 
bilder: Rüdiger  Graf  Starhemberg,  Bürgermeister  A.  Liebenberg,  Johann  Freiherr  v.  Chaos,  Josef 
Frank,  Bürgermeister  Josef  Hörl,  Albert  Herzog  von  Sachsen-Teschen,  Bürgermeister  Stephan 
von  Wohlleben,  Bürgermeister  Vorlauf,  Bürgermeister  Wolfgang  Treu  und  Niklas  Graf  Salm.  Ober 
den  Orchestern  rechts  die  Medaillonbildcr  von  Mozart  und  Schubert,  links  von  Gluck  und  Haydn. 
Der  Gemeinderatssitzungssaal,  an  der  Rückseite  gelegen,  reicht  durch  zwei  Stockwerke 
und  ist  mit  einer  kassettierten  Decke   abgeschlossen.    An  den  Seiten  sind  Arkaden  eingebaut, 

über    welchen     die 
—p^^^^^^^^^^^^^^^^^^^—      Tribüne  für  die  Jour- 
I  I  nalisten,   Gäste  und 

1  5^ll  Bv>*'v!  c'as    Publikum    sich 

M  %t-'^*f&  befinden.    Der  Saal 

ist  mit  Fresken  von 
Ludwig  Mayer  ge- 
schmückt. Der  große 
Fries      links      vom 

Präsidentenstuhl 
stellt    dar:   die    Zeit 
Herzog    Rudolf   IV. 
und  Albrecht  III.  mit 
Motiven,  welche  auf 

die  Grundstein- 
legung des  Turmes 
von  St.  Stephan, 
die  Gründung  der 
Universität  und  die 
bürgerlichen  und  so- 
zialen Reformen  Be- 
zug haben.  Daran 
anschließend  links: 
Rudolf  von  Habs- 
burg und  AI  brecht  I., 
rechts  Kaiser  Fried- 
rich III.  und  Max  I. 
Auf  der  gegenüberliegenden  Seite:  die  Zeit  Maria  Theresias  und  Josef  II.  Die  sieben  Bogen- 
felder  der  rückwärtigen  Loggia  schmücken  Allegorien,  darstellend:  Unterricht  und  Erziehung, 
Wissenschaft,    Künste,    Industrie,    Handel  und  Verkehr,  Gesundheit,  Wohltätigkeit.     Der  Stadt- 


Abb.  253.     Neues  Rathaus.  Arkadenhof. 


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Städtische  Verwaltungsgebäude. 


163 


Abb.  254.     Neues  Rathaus.  Gemeinderatssitzungssaal. 


ratssitzungssaal  ist  mit  Deckengemälden  und  Porträts  geschmückt,  die  aus  dem  alten  Rathause 
hierher  verlegt  wurden.  Diese  Säle  sowie  die  Räume  des  Waffenmuseums  sind  mit  reich  kasset- 
tierten  Decken  versehen.  Der  Rathauskeller  wurde  vom  Erbauer  des  Rathauses  nur  im  Rohbau 
vollendet.  Die  künstlerische  Ausgestaltung  wurde  vom  Maler  Heinrich  Lefler  im  Vereine  mit 
dem  Architekten  Josef  Urban  und  anderen  Künstlern  in  den  Jahren  1898 — 1900  durchgeführt.1) 

Das  Mauerwerk  der  Fassaden  ist  mit  Quadern  verkleidetes  Ziegelmauerwerk,  wozu  die 
Steine  aus  den  Brüchen  von  Wöllersdorf,  Margarethen  und  Mannersdorf  entnommen  wurden. 
Die  Säulenschäfte  der  Arkaden  an  der  Hauptfassade  sind  aus  Oßlopper  Stein,  die  der  Arkaden 
des  großen  Hofes  aus  Hundsheimer  (Deutsch-Altenburger)  Stein;  die  Schäfte  für  die  Säulen 
in  den  Durchfahrten  und  den  Vestibüls  sowie  für  die  Säulen  der  Stiege  zu  den  Gemeinderats- 
lokalitäten aus  Karststein  und  die  Fenstersäulchen  des  Hochparterregeschosses,  ersten  und 
zweiten  Stockes  aus  Trientiner  Stein;  die  Schäfte  für  die  Säulen  im  Gemeinderatssitzungssaal, 
in  den  großen  Räumen  des  Mezzanins  und  den  vier  Bureaux-  und  zwei  Feststiegen  aus 
St.  Girolamo-Stein  von  den  Brionischen  Inseln,  die  Schäfte  der  Säulen  der  Loggia  im  ersten 
Stocke  der  Hauptfassade  aus  Grisignanogranit.  Sämtliche  Räume  sind  zwischen  eisernen  Trägern 
eingewölbt.  Der  Dachstuhl  ist  aus  Eisenkonstruktion  und  mit  Schiefer  eingedeckt. 

Die  Heizung  erfolgt  durch  460  Dampfwasseröfen,  welche  von  elf  Ten  Brink-Kesseln  mit 
zus.  990  m2  und  drei  Röhrenkesseln  mit  zus.  490  m-  Heizfläche  Dampf  erhalten.  Die  Ventilation  wird 
durch  Maschinen  von  50  PS.  besorgt.  Die  Beleuchtung  erfolgt  mit  elektrischem  Lichte,  welches 
in  der  im  Rathause  befindlichen  Lichtanlage  erzeugt  wird.  Außerdem  wird  Wechselstrom  aus 
dem  Kabelnetze  des  städtischen  Elektrizitätswerkes  zugeleitet,  welcher  durch  die  im  Maschinen- 
räume befindlichen  Transformatoren  in  Gleichstrom  umgewandelt  wird.  Für  den  inneren  Ver- 
kehr wurde  eine  Telegraphenleitung  von  47  km  Länge  und    eine  Telephonleitung   von    26  km 


')  Näheres:  Der  Wiener  Rathauskeller.  Wien  1899,  Verlag  der  Gemeinde  Wien. 


164 


Verwaltungsgebäude. 


Abb.  255.     Amtshaus  für  den  X.  Bezirk  mit  Schule  und  Pfarrhaus. 


Länge  und  120  Haustelephonstationen  hergestellt.  Die  Gesamtkosten  des  Rathausbaues  samt 
innerer  Einrichtung  betrugen  bisher  27,310.000  K.  Das  Gebäude,  welches  seinerzeit  nur  für 
die  zehn  Bezirke  gebaut  wurde,  aus  denen  Wien  bis  zum  Jahre  1891  bestand,  reicht  für 
seinen  Zweck  derzeit  nicht  mehr  aus;  es  wird  deshalb  noch  ein  Teil  des  alten  Rathauses  in 
der  Wipplingerstraße  für  städtische  Amtszwecke  benützt. 

Literatur. 

Festschrift  aus  Anlaß  der  Vollendung  des  neuen  Rathauses.  Im  Auftrage  des  Gemeinderates  der  Reichshaupt-  und  Residcnz- 
Wicn  verfaßt  von  Karl  Weiß,  Archivdirektor  und  Vorstand  der  Bibliothek  der  Stadt  Wien.  Wien  1883.  Selbstverlag  des 
inderates.  Notizen  über  das  neue  Rathaus  in  Wien.  Verlag  des  Magistrates.  Rathaus  (Abbildungen  von  Bambach  und 
nerl.  Wien   1881. 


Stadt 

Gemein 

Gröbncr).  Wien  1881 


Bezirksamtsgebäude. 


Diese  Gebäude  sind  bestimmt,  die  Amts-  und  Versammlungsräume  der  Bezirksvertretung, 
des  Ortsschulrates,  des  Bezirksschulrates,  des  Armeninstitutes  und  des  magistratischen  Bezirks- 
amtes aufzunehmen.  In  den  alten  zehn  Bezirken  (mit  Ausnahme  des  I.  Bezirkes)  werden  für 
diesen  Zweck  die  ehemaligen  Gemeindehäuser  verwendet,  in  welchen  für  die  magistratischen 
Bezirksämter,  welche  erst  zur  Zeit  der  Vereinigung  der  Vororte  mit  Wien  geschaffen  wurden, 
nicht  vorgesehen  war.  Deshalb  mußten  für  diese 
Bezirksämter  die  erforderlichen  Räume  durch 
Zubauten  und  Adapticrungcn  erst  geschaffen 
werden.  Häufig  befindet  sich  in  den  ehemaligen 
Gemeindehäusern  auch  eine  Filiale  der  städti- 
schen Berufsfeuerwehr.  Das  Bezirksamt  für  den 
I.  Bezirk  befindet  sich  derzeit  noch  im  neuen 
Rathause.  Die  in  den  Jahren  1840 — 1860  erbauten 
Gebäude  sind  zumeist  einfach  und  entbehren 
des  architektonischen  Schmuckes.  Die  später  er- 
richteten Gebäude  sind   reicher  gestaltet. 

In  bezug  auf  seine  äußere  Erscheinung  ist 
das  in  den  Jahren  1881  — 1882  erbaute  Amis- 
haus  im  X.  Bezirke,  Gudrunstraße  130  (Abb. 255), 
hervorzuheben.  Dasselbe  ist  in  Ziegelrohbau  mit 
Anwendung  gotischer  Formen  erbaut  und  bildet 
mit    dem  anstoßenden  städtischen  Waisenhause, 


A  Hauptkassa. 
B  Exekutionsamt. 


C  Ortsschulrat. 
D  Bezirksschulrat. 


Abb.  256.  Amtshaus  für  den  XVI.  Bezirk.  Richard  Wagner-Platz. 
Erster  Stock.     1:800. 


Städtische  Verwaltungsgebäude. 


165 


dem  städtischen  Schulhausc  und  dem  Pfarrhofe  eine  vollständig  geschlossene,  ziemlich  ein- 
heitlich durchgeführte  Gebäudegruppe  mit  aneinandergrenzenden  Hofräumen  und  Gärten. 
Die  Hauptfassade  ist  gegen  die  Gudrunstraße  gerichtet.  Der  Mittelteil,  welcher  den  Fest- 
saal enthält,  dominiert 
durch  seine  Maße.  Sehr 
schön  an  dem  Gebäude 
ist  die  Terrakottaarbeit 
von  Viktor  Brausewetter 
in  Wagram.  Das  Ge- 
bäude ist  nach  dem 
Projekte  der  Hochbau- 
abteilung des  Stadtbau- 
amtes unter  der  Leitung 
des  Baurates  Friedrich 
Paul  und  des  Ingenieurs 
Josef  Pürzi  ausgeführt 
worden.  Die  Baukosten 
betrugen  336.000  K. 

In  den  ehemaligen 
Vororten  werden  für 
die  Bezirksamtsgebäude 
die  bestandenen  Rat- 
häuser benützt.  Außer 
den  Räumen  für  die 
städtische     Verwaltung 

sind  in  denselben  häufig  auch  eine  städtische  Bezirkssparkasse,  die  k.  k.  Steueradministration, 
das  k.  k.  Bezirksgericht  und  das  k.  k.  Postamt  untergebracht.  Dort,  wo  keine  derartigen  Ge- 
bäude bestanden,  wurden  nach  der  Vereinigung  der  Vororte  neue  Amtshäuser  erbaut,  so 
im  XI.,  XVI.,  XIX.  und  XX.  Bezirke.  Von  diesen  Gebäuden  wären  folgende  hervorzuheben: 

Das  Amtshaus  für  den  XVI.  Bezirk,  Richard  Wagner-Platz  14  (Abb.  256,  257). 

Dasselbe  wurde  nach  dem  Projekte  des  Stadtbauamtes  in  den  Jahren  1899 — 1900 
unter  der  Leitung  des  Vizebaudirektors  Rudolf  Helmreich  und  des  Ingenieurs  Max  Moßböck 
erbaut.  Es  nimmt  die  rückwärtige  Schmalseite  des  Platzes  ein  und  stellt  den  Typus  dar,  nach 
welchem  die  neueren  Amtsgebäude  erbaut  werden.  Die  Einteilung  ist  aus  Abb.  256  zu  ersehen. 
Die  Fassaden  sind  in  Putz  hergestellt.  Die  verbaute  Fläche  beträgt  1592  m'2.  Die  Baukosten 
belaufen  sich  auf  492.500  K. 


Abb.  257.     Amtshaus  für  den  XVI.  Bezirk. 


K/ir:.   8/!i>aTicS(R     /t^emretvr 


Abb.  258.    Gesamtansicht  des  Amtshauses  für  den  XX.  Bezirk  mit  angebauten  Zinshäusern. 


166 


Verwaltungsgebäude. 


Das  Amishaus  für  den  XVIII.  Bezirk,  Martinsstraße  100. 

Die  Pläne  für  dieses  Amtshaus  wurden  im  Wege  eines  öffentlichen  Wettbewerbes 
gewonnen,  und  wurde  der  mit  dem  zweiten  Preise  ausgezeichnete  Entwurf  der  Architekten 
M  &  C.  Hinträger  zur  Ausführung  angenommen.  Der 
Bau  wurde  in  den  Jahren  1890 — 1891  errichtet.  Die 
Architektur  zeigt  die  Formen  der  deutschen  Renaissance. 
An  der  Ecke  der  Währingcr-  und  Martinsstraße  erhebt 
sich  ein  Turm  von  54  m  Höhe.  Das  Gebäude  enthält 
ein  Parterre,  ein  Mezzanin  und  zwei  Stockwerke.  Die 
Hauptfassade  mit  dem  Portalbau  und  dem  großen 
Sitzungssaale  liegt  an  der  Martinsstraße  und  ist  durch 
einen  kräftigen  Mittelrisalit  gegliedert.  Die  Zimmertiefen 
betragen  6  m,  die  lichte  Geschoßhöhe  durchschnittlich 
4  m.  Alle  Geschosse  sind  mit  in  Traversen  einge- 
spannten Platzein  gewölbt.  Die  Baukosten  samt  innerer 
Einrichtung    betrugen    400.000  K,     bei    einer    verbauten 

n..    i  .   ,        \  ,  zr\       ■>    i\  Abb.  259      Amtshaus  für  den  XX.  Bezirk, 

ache  von  zirka   1150  m-.1)  Erster  stock.    i:soo. 


Das  Amtshaus  für  den  XX.  Bezirk,  Brigittaplatz  (Abb.  258,  259). 

Für  den  Bau  dieses  Gebäudes  wurde  ein  öffentlicher  Wettbewerb  unter  Wiener 
Architekten  veranlaßt.  Zur  Ausführung  gelangte  das  mit  einem  Preise  ausgezeichnete 
Projekt    des     Architekten     Karl    Badstieber.      Der     Bau     wurde     in    den    Jahren     1904 — 1905 

unter  der  Leitung  des 
Stadtbauamtes  (Baurat 
Josef  Pürzl  und  Inge- 
nieur Limbach)  ausge- 
führt. Die  Architektur 
ist  in  freien,  modernen 
Formen  mit  gotischen 
Anklängen  durchge- 
führt. Vorläufig  wurde 
nur  der  Mittelteil  der 
vorliegenden  Fassade, 
welcher  dem  Amtsge- 
bäude entspricht,  fertig- 
gestellt; die  beiden  Eck- 
häuser mit  den  Pilonen 
sollen  als  Zinshäuser, 
mit  der  Fassade  des 
Amtshauses  überein- 
stimmend, ausgeführt 
werden.  Deren  innere 
Einteilung  ist  derart 
projektiert,  daß  sie  im 
Bedarfsfälle  zur  Erwei- 
terung des  Amtshauses 
benützt  werden  können. 
Die  verbaute  Fläche 
des  Amtshauses  beträgt 
1290  m2;  für  den  Bau 
samt  Einrichtung  sind 
51 6.000  K  (400  K  pro 
Quadratmeter)  veran- 
schlagt. 

Josef  Pürzl. 


Abb.  260.     Rathaus  in  Floridsdorf  (XXI.  Bezirk). 


')  Allgemeine  ßauzeitunu 
Wien   1S92. 


Städtische  Verwaltungsgebäude. 


167 


Das  Rathaus  in  Floridsdorf  (XXI.  Bezirk)  (Abb  260,  261). 

Für  den  Rathaiisbau  wurde  eine  engere  Konkurrenz  ausgeschrieben,  auf  Grund  deren 
das  Projekt  der  Architekten  Brüder  Drcxler  zur  Ausführung  angenommen  wurde.  Mit  dem 
Bau  wurde  im  Mai  1901  begonnen,  doch 
konnte  derselbe  infolge  der  Verhandlungen 
betreffend  die  Vereinigung  mit  Wien,  welche 
eine  Verzögerung  verursachten,  erst  im 
November  1903  der  Benützung  zugeführt 
werden. 

Die  Bauarea  beträgt  2214-06  m2,  wo- 
von 1862-23m-  verbaut  sind.  Die  Bau- 
kosten beliefen  sich  auf  929.019  K;  somit 
per  Quadratmeter  Verbauung  auf  44516K. 
Die  Gesamtkosten  inklusive  Einrichtung 
der  Bureaux  und  des  Rathauskellers  be- 
tragen 979.023  K.  Gegen  den  Spitzplatz, 
die  Brünncr-  und  Pragerstraße  befinden 
sich  Amtslokale,  von  der  Haupttreppe  zu- 
gänglich, gegen  den  Marktplatz  12  vermiet- 
bare Wohnungen  an  zwei  Stiegen  gelegen, 
so  daß  dieselben  im  Bedarfsfalle  zu  den 
Amtslokalen  mit  Rundführung  der  Korri- 
dore einbezogen  werden  können.  Die  Gänge  sind  mit  Stichkappen,  die  Amtsräume  mit  Ludwig- 
platzeln  gewölbt.  Die  Hauptstiege  ist  von  20  Marmorsäulen  und  eingespannten  Gewölben  ge- 
tragen, die  Arme  mit  Steinbalustrade  versehen.  Das  Stiegenhaus  hat  eine  barocke,  gewölbte 
Decke  mit  Schildern.  Auch  der  große  und  der  kleine  Sitzungssaal  sowie  der  Rathaushof  üben 
eine  gute  architektonische  Wirkung  aus.  An  den  Rundbauten  der  Fassade  befinden  sich  Allegorien  in 
Stein  ausgeführt,  darstellend:  „Handel  und  Gewerbe",  „Ackerbau",  „Wissenschaft",  „Kunst" 
von  Alexander  Illitsch,  „Humanität",  „Unterricht",  „Verkehr",  „Industrie"  von  Georg  Leisek, 
während  der  Giebel  bekrönt  ist  von  den  allegorischen  Figuren  „Friede",  „Arbeit"  von  Franz 
Vogel,  „Vaterlandsliebe",    „Gerechtigkeit"   von  Franz  Seifert. 

Das  Rathaus,  welches  noch  von  der  früheren  Gemeinde  Floridsdorf  (unter  Bürgermeister 
A.  Anderer  und  Vizebürgermeister  F.  Hoß)  erbaut  wurde,  dient  nun  als  Sitz  des  Bezirks- 
amtes für  den  XXI.  Bezirk.  k. 


Abb.  261.     Rathaus  in  Floridsdorf.    Erster  Stock.     1:800. 


D.  GEBÄUDE    FÜR   BILDUNO    UND   UNTERRICHT. 

I.  MUSEALGEBÄUDE. 

Die  k.  k.  Hofmuseen  (Abb.  262  bis  265  und  Tafel  XII). 

Der  Bau  der  beiden  auf  dem  Maria  Theresien-Platze  einander  gegenüberliegenden  Hofmuseen 
wurde  unter  der  Leitung  des  Architekten  Prof.  Karl  Freiherrn  von  Hasenauer  mit  Benützung  der 
Projekte  Sempers  im  Jahre  1872  begonnen  und  1881  äußerlich  vollendet.  Dem  Betriebe  übergeben 
wurde  der  Bau  des  Naturhistorischen  Museums  im  Jahre  1889,  jener  des  Kunsthistorischen  in 
den  Jahren  1889  und  1891.  Beide  Museen  stimmen  in  der  äußeren  Erscheinung  und  Dimen- 
sion sowie  in  der  architektonischen  Durchbildung  der  Fassaden  fast  völlig  überein.  Sie  er- 
heben sich  auf  einem  länglichen  Rechteck  von  169  m  Länge  und  74  m  (beziehungsweise  beim 
Naturhistorischen  Museum  70  m)  größter  Breite.  Die  Gebäude  bedecken  eine  Fläche  von 
10.778  m2,  wovon  nach  Abzug  der  in  jedem  der  Museen  vorhandenen  zwei  großen  Höfe 
8720  m2  als  verbaute  Fläche  bleiben.  Ihre  Hauptfassade  ist  dem  Maria  Theresien-Monument 
zugewendet  und  wird  durch  einen  mächtigen,  von  einer  Attika  überhöhten  Mittelbau,  welcher 
die  lange  Horizontallinie  unterbricht,  und  durch  zwei  Eckrisalite  gegliedert.  Den  Mittelbau 
überwölbt  eine  große  Kuppel  mit  Laterne,  die  vier  Eckrisalite  je  eine  kleinere  Kuppel.  Von 
der  Ringstraße  gegen  die  Lastenstraße  zu  steigt  das  Terrain  um  mehr  als  2  m,  weshalb  die 
Gebäude  an  der  Ringstraße  höher  sind  als  im  rückwärtigen  Teile.  Bis  zur  Attika  des  Mittel- 
baues beträgt  diese  Höhe  3L60m,  bis  zur  Kuppel  einschließlich  der  bekrönenden  Figur  — 
beim  Kunsthistorischen  Museum  Pallas  Athene,  beim  Naturhistorischen    Helios,  beide  nach  Mo- 


Abb.  262.    Naturhistorisches  Hofmuseum.  Langseite  gegen  den  Maria  Theresien-Platz. 

dellen  von  Johannes  Benk  —  64-32  m.  Beide  Museen  weisen  an  den  Balustraden  und  Giebel- 
feldern des  oberen  Randes  reichen  Schmuck  an  Statuen  auf,  welche  beim  Kunsthistorischen 
Museum  hervorragende  Künstler  aller  Epochen,  beim  Naturhistorischen  teils  allegorische  Figuren, 
teils  berühmte  Naturforscher  darstellen. 


170 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


So  groß  jedoch  die  Übereinstimmung  der  zwei  Gebäude  am  Äußeren  ist,  so  verschieden 
ist  mit  Rücksicht  auf  ihre  Bestimmung  die  Anordnung  der  Innenräume.  Letztere  erforderte  beim 
Kunsthistorischen  Hofmuseum  für  die  im  Hochparterre  befindlichen  Sammlungen  von  Antiken, 
kunstgewerblichen  Gegenständen  und  Waffen  möglichst  reflexfreies,  reichliches  Seitenlicht,  was 
den  Architekten  veranlaßte,  die  größeren  Ausstellungsräume  an  die  Fassaden  zu  verlegen. 
Die  Gemäldesammlung  wieder  bedingte  für  eine  Reihe  von  Sälen  Oberlicht,  für  andere,  kleinere 
Säle  Seitenlicht,  wodurch  die  Verlegung  der  großen  Oberlichträume  an  die  Hofseiten  erforder- 
lich wurde.  Im  Naturhistorischen  Museum  gestatteten  die  Umstände  eine  gleichartige  Grund- 
rißlösung in  allen  Stockwerken. 

Die  Ausstattung  der  Innenräume  ist  in  beiden  Hofmuseen,  ihrem  Charakter  und  der  zur 
Zeit  ihrer  Erbauung  herrschenden  Auffassung  entsprechend,  eine  überaus  prächtige.  Besonders 


Abb.  263.     Naturhistorisches  Hofmuseum.    Erster  Stock.     1:1200. 
II,  III,  VIII,  IX,  XII,  XIII,  XVIII,  XIX,  XXI,  XXIV,  XXVII,  XXVIII,  XXXI,  XXXII  Oberlichtsäle. 


Abb.  264.     Kunsthistorisches  Hofmuseum.    Erster  Stock.     1  :  1200. 


gilt  dies  vom  Kunsthistorischen  Museum,  wo  Monolithsäulen  aus  verschiedenfarbigen,  kost- 
baren Graniten,  deren  Basen,  Kapitale  und  Gebälk  aus  Marmor  mit  reichen  Verkleidungen 
aus  Goldbronze  ausgeführt  sind  und  die  Säle  des  Hochparterres,  des  großen  Eingangsvestibüles  und 
die  mächtige,  von  Galerien  umgebene  Treppe  sowie  den  hohen  Kuppelraum  im  ersten  Stock- 
werke zieren.  Von  den  vier  Geschossen  dieses  Gebäudes  ist  das  Tiefparterre  teilweise  für 
Dienstwohnungen,  Depots  und  Arbeitsräume,  teilweise  für  die  Bibliothek  und  das  Lapidarium 
bestimmt.  Im  Hochparterre  sind  für  die  kunsthistorischen  Sammlungen  des  Allerhöchsten  Kaiser- 
hauses 23  große  und    14  kleine  Ausstellungsräume  mit  einer  Gcsamtbodcnflächc  von  4154*35  m- 


u  u'ü  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  XII. 


Mittelbau  am  naturhistorischen  Museum. 


Musealgebäude. 


171 


gewidmet.  Dort  haben 
die  Antikensammlung 
mit  der  ägyptischen 
Sammlung,  die  Samm- 
lung von  Münzen  und 
Medaillen,  dann  jene 
von  kunstindustricllcn 
Gegenständen  des  Mit- 
telalters und  der  Re- 
naissance sowie  die 
Waffensammlung  Auf- 
stellung gefunden.  Das 
erste  Stockwerk,  aus- 
schließlich für  die  Ge- 
mäldegalerie bestimmt, 
enthält  14  Oberlichtsäle 
und  15  Seitenkabinette 
mit  zus.  4875-07  m- 
Fußbodcnfläche  und 
7330-90m2behängbarer 
Wandfläche.  Im  zweiten 
Stockwerke  endlich  sind 
Ausstellungsräume  für 
die  Sammlung  von 
Aquarellen  und  Hand- 
zeichnungen, die  Se- 
kundärgalerie und  Kanz- 
leien untergebracht.  Ei- 
nige Räume  des  zwei- 
ten Stockwerkes  sind 
in  neuester  Zeit  zur 
Gewinnung  von  Wand- 
flächen mit  Oberlichten 
versehen  worden.  Die 
Lokalitäten  des  Hoch- 
parterres und  des  ersten 
Stockes  weisen  reichen 
plastischen  und  male- 
rischen   Schmuck    auf. 

So  sind  im  großen  Stiegenhause  als  Deckenbild  eine  Apotheose  der  bildenden  Kunst  von 
Michael  Munkäcsy,  mit  12  Lünettengemälden  (Allegorien)  von  Hans  Makart  und  Zwickelbildern 
von  Klimt  und  Matsch,  dann  auf  dem  Treppenpodest  Canovas  bekannte  Theseusgruppe  ange- 
bracht; im  sogenannten  Goldsaale  Julius  Bergers  großes  Deckengemälde  „Die  Mäzene  des 
Hauses  Habsburg",  in  der  Antikensammlung  76  Bilder  von  August  Eisenmenger,  in  anderen 
Räumen  Deckenbilder  von  Simon,  Karger,  Rob.  Ruß,  L.  H.  Fischer  und  Laufberger;  in  den 
Galeriesälen  figurale  Plastik  von  Lax,  Düll,  Silbernagl,  Costenoblc,  O.  König,  AI.  Swoboda, 
A.  P.  Wagner,  Artur  Straßer  u.  a. 

Im  Naturhistorischen  Museum  sind  die  Tiefparterrelokalitäten  ähnlich  wie  beim 
Kunsthistorischen  Museum  für  Dienstwohnungen,  dann  für  Depot-  und  Präparationsräume  ver- 
wendet. Das  Hochparterre  bietet  5024  m2,  das  erste  und  zweite  Stockwerk  je  5139  m'2  Belag- 
fläche. Die  Ausstattung  der  Innenräume  ist  weniger  prunkvoll  wie  im  Kunsthistorischen  Museum, 
immerhin  aber  von  gediegener  Pracht  in  den  zur  Bekleidung  der  Wände  verwendeten  kost- 
baren Materialien,  den  großen  Dimensionen  und  dem  reichen  malerischen  und  plastischen 
Schmuck  der  Schausäle.  Eingangsvestibül  und  Treppe  sind  ähnlich  disponiert  wie  im  Kunst- 
historischen Museum.  Das  Stiegenhaus  ziert  Hans  Canons  großes  Deckengemälde  „Der  Kreis- 
lauf des  Lebens",  die  zwölf  zugehörigen  Lünettenbilder  enthalten  allegorische  Darstellungen, 
gleichfalls  von  Canons  Hand.  Eine  Reihe  von  Statuen  an  den  Wänden  gibt  Porträtdarstcllungen 
hervorragender  Naturforscher.    Mit   reichem  Statuenschmuck  ist    auch  das  Vestibül    des  ersten 


Abb.  265.     Kunsthistorisches  Hofmuseum.  Stiegenhaus. 


172 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Stockwerkes  bedacht  (unter  anderen  Arbeiten  von  Tilgner,  Benk  und  Weyr).  In  den  Schausälen  des 
ersten  Stockes  sind  die  Wände  durch  eine  bedeutende  Zahl  großer  Gemälde  geziert,  welche 
in  Beziehung  zu  den  ausgestellten  Objekten  stehen.  Es  befinden  sich  darunter  Werke  von 
H.  Charlemont,  Brioschi,  Bernatzik,  Lichtenfels,  R.  Ruß.  Alois  Schönn,  Hansch,  Hasch,  Obcr- 
müllner,  Ameseder.  Alb.  Zimmermann,  Jul.  von  Payer,  J.  E.  Schindler,  Hlawaczek,  A.  Schärfer, 
L.  H.  Fischer.  Jos.  Hoffmann,  Heinr.  Otto,  Hugo  Darnaut.  Gottfried  Seelos,  Jul.  von  Blaas  u.  a. 
Vielfach  ist  in  den  Schausälen  auch  plastischer  Schmuck  verwendet. 

Über  die  in  den  Hofmuseen  aufgestellten  Sammlungen  siehe  an  anderer   Stelle. 

Literatur. 

Übersicht  der  kunsthistorischen  Sammlungen  des  Allerhöchsten  Kaiserhauses.  Wien  1899.  Allgemeiner  Führer  durch  das 
k.  k.  Naturhistorischc  Hofmuseum.  Wien  1898.  Ausschmückung  des  Interieurs  im  k.  k.  Kunsthistorischen  Hofmuseum.  Lichtdrucke 
von  J.  Löwy.  Verlag  von  Anton  Schroll  in  Wien.  Karl  Hasenauer,  Denkschrift  über  sein  Projekt  für  die  neu  zu  erbauenden 
k.  k.  Museen.  Wien  1S67.     Die  Bauten,  Entwürfe  und  Skizzen  von  Gottfried  Sem  per.  Karlsruhe  1881. 

Frh.  von   Weckbecker. 

K.  k.  Österreichisches  Museum  für  Kunst  und  Industrie  und   die  Kunstgewerbeschule, 

I.,  Stubenring  (Abb.  266  bis  268). 

Das  Museum. 

Die  Aufgabe  dieses  Institutes  besteht  statutenmäßig  in  der  Darbietung  der  Hilfsmittel,  welche  Kunst 
und  Wissenschaft  den  Kunstgewerben  bieten.  Demgemäß  umfaßt  das  Museum  Sammlungen  von  Objekten 
aus  allen  Gebieten  der  Kunst  und  des  Kunstgewerbes  in  Originalen  wie  in  Kopien,  eine  Fachbibliothek 
und  eine  Sammlung  von  Zeichnungen,  Ornamentstichen,  Photographien  etc.  Außerdem  können  Künstler 
und  Kunstindustrielle  ihre  neuen  Arbeiten  unentgeltlich  im  Museum  ausstellen.  Den  unmittelbaren  Anstoß 
zur  Gründung  des  österreichischen  Museums  gab  die  Weltausstellung  in  London  im  Jahre  1862.  Der 
österreichische  Kunstreferent  Universitätsprofessor  Rudolf  von  Eitelberger  erhielt  nach  den  daselbst  ge- 
machten Erfahrungen  von  dem  damaligen  Ministerpräsidenten  Sr.  k.  u.  k.  Hoheit  Erzherzog  Rainer  den 
Auftrag,  Vorschläge  zur  Hebung  des  Geschmackes  zu  erstatten,  deren  Erfolg  in  einem  kaiserlichen  Hand- 
billett vom  7.  März  1863  an  den  Erzherzog  gipfelte,  in  welchem  die  Gründung  eines  „österreichischen 
Museums  für  Kunst  und  Industrie"  angeordnet  wurde.  Als  vorläufiges  Lokal  erhielt  das  Museum  das 
kaiserliche  Ballhaus  zugewiesen,   in    welchem  die  Anstalt  am  31.  Mai  1864  eröffnet  wurde.   Bereits  am 


Abb.  266.     österreichisches  Museum  für  Kunst  und  Industrie,  I.,  Stubenring. 


30.  Juli  1867  erhielt  das  Staatsministerium  die  Weisung,  einen  Neubau  für  das  Museum  in  Angriff  zu  nehmen 
und  am  19.  März  1868  erhielten  die  Pläne  des  Architekten  Heinrich  von  Ferstel  die  Genehmigung.  Die  Grund- 
steinlegung erfolgte  im  Herbste  1868,  die  feierliche  Schlußsteinlegung  durch  Se.  Majestät  den  Kaiser  am 
4.  November  1871. 


Musealgebäude. 


173 


A  Vestibül. 

Arkadenhof 
D  Oberlichtsäle 


Ausstellungsräume. 
Kanzlei. 


Abb.  267.     österreichisches  Museum  für  Kunst  und  Industrie.     Ebenerd.     1:1000. 


Das  Gebäude  bedeckt  an  der  Kreuzung  des  Stubenringes  und  der  Wollzeile  einen 
Flächenraum  von  3350  m-.  Die  Baukosten  betrugen  1,300.000  K,  die  Kosten  der  inneren  Aus- 
stattung- 240.000  K.  Die  Gesamtanlage  ist  die  eines  zweigeschossigen  Baues,  der  sich  auf  einem 
1*9  m  über  dem  Straßenniveau  erhöhten  Souterrain  erhebt  und  im  Mittelbau  noch  ein  drittes  Ge- 
schoß, an  den  vorspringenden  Eckbauten  diesem  entsprechende  Halbgeschosse  trägt.  Derselbe 
ist  mit  reichlicher  Verwendung 
von  Motiven  der  italienischen 
Renaissance  in  Ziegelrohbau 
durchgeführt.  Der  Sockel  und 
das  Portal  sind  aus  Wöllers- 
dorfer-,  die  Fenstcrumrahmun- 
gen  aus  Margarethencr  Sandstein. 
In  Anlehnung  an  die  der  italieni- 
schen Frührenaissance  entstam- 
menden Ziertechniken  wurden 
zur  Dekorierung  der  Außen- 
seiten Sgraffitomalereien  zuerst 
nach  Entwürfen  von  Prof.  Ferdi- 
nand Laufberger  ausgeführt, 
welche  im  Jahre  1888  durch 
solche  nach  Entwürfen  des  Prof. 
Karl  Karger  ersetzt  wurden.  Die 
Majolikaplatten  stellen  teils  Porträtmedail- 
lons von  Künstlern  früherer  Perioden  dar, 
die  sich  um  die  ornamentale  Kunst  be- 
sonders verdient  gemacht  haben,  teils 
Inschrifttafeln  mit  Namen  solcher  Künstler. 
Es  sind  ihrer  im  ganzen  56,  und  sowohl 
diese,  in  der  Art  der  Della  Robbia  aus- 
geführten Majoliken  sowie  die  Sgraffiten 
bedeuteten  für  die  in  Wien  übliche  Fas- 
sadendekorierung   etwas   durchaus  Neues. 

Die  innere  Einteilung  ist  aus  dem 
Grundrisse  Abb.  267  zu  ersehen.  Säulen- 
hof und  Stiege  bilden  den  Kern  der  inne- 
ren   architektonischen   Entwicklung.     Der 

quadratische  Hof  geht  durch  alle  drei  Stockwerke  des  Mittelbaues  und  ist  im  Erdgeschoß  wie 
im  ersten  Stocke  von  Arkaden  umgeben  (8  Pfeiler  aus  Wöllersdorfer  Sandstein  und  32  Säulen, 
Granitmonolithe).  Die  Belichtung  dieses  Raumes  erfolgt  durch  ein  Glasdach,  der  Fußboden 
ist  in  Asphaltsiliko  ausgeführt,  die  Wände  sind  mit  Stukkomarmor  bekleidet.  An  den  Hof  reihen 
sich  zu  beiden  Seiten  in  ganz  gleicher  Weise  die  Ausstellungssäle,  in  der  Mitte  je  ein  Ober- 
lichtsaal,   um  den  sich  je  drei  Seitenlichtsäle  gruppieren. 

Die  Hauptstiege,  von  ihrer  Wendung  an  doppelarmig,  mündet  in  der  Galerie  des  ersten 
Stockwerkes.  Ihre  Decke  bildet  ein  Spiegelgewölbe  mit  Fresken  von  Prof.  Ferd.  Laufberger: 
in  der  Mitte  Aphrodite  dem  Meere  entsteigend,  in  den  Ecken:  Architektur,  Malerei,  Skulptur 
und  Kunsthandwerk.  Die  Lokalitäten  des  ersten  Stockwerkes  haben  ihre  Zugänge  von  der  Galerie. 
Es  befinden  sich  hier  nebst  einer  Reihe  von  größeren  und  kleineren  Ausstellungssälen  die 
Bibliothek,  der  Vorlesesaal  und  der  Sitzungssaal,  über  dessen  Tür  das  Reichswappen  in  gla- 
sierter Terrakotta  von  Ginori  in  Doccia  angebracht  ist.  Inschrifttafeln  und  Denkmale  haben 
im  Laufe  der  Jahre  Platz  gefunden.  So  im  Sitzungssaale  das  lebensgroße  Porträtbildnis  Sr. 
kaiserlichen  Hoheit  des  Erzherzogs  Rainer  von  L'Allemand,  auf  der  Galerie  das  Bronzedenkmal 
Eitelbergers  von  Prof.  Hermann  Klotz,  im  Stiegenhause  die  Porträtbüste  Ferstels  u.  s.  w. 

Die  Kunstgewerbeschule  des  k.  k.  Österreichischen  Museums 

war  ursprünglich  in  den  Räumen  des  Museums  untergebracht.  Der  provisorische  Charakter 
dieser  Vereinigung  drängte  jedoch  noch  früher,  als  man  es  vorausgesehen  hatte,  zur  Errichtung 
eines  eigenen  Schulgebäudes.  Demnach  wurde,  da  die  Regierung  bereits  im  Jahre  1874  den 
entsprechenden  Kredit  gewährt  hatte,  im  Jahre  1875  der  Bau  nach  den  Plänen  des  Architekten 


Abb.  26 


Kunsts;ewerbeschule.    Erster  Stock.     1:800. 


174 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Hcinr.  von  Fcrstel  begonnen  und  im   Oktober    1877  der  Benützung   übergeben.    Der   gesamte 
Kostenaufwand  belief  sich  auf  927.000  K. 

Das  Gebäude  steht  mit  seiner  Fassade  in  der  Flucht  des  Museums  und  wird  mit  dem- 
selben durch  einen  23  m  langen  Gang  verbunden.  Diesen  schmückt  gegen  die  Ringstraße  zu 
ein  Zierbrunnen  mit  darüber  befindlichem  Mosaikgemälde  von  Salviatti  in  Venedig  nach  einem 
Karton  von  F.  Laufberger,  das  ursprünglich  für  die  Wiener  Weltausstellung  1873  hergestellt 
worden  war.  Die  Tiefe  des  Schulgebäudes  beträgt  40  m,  die  Länge  65  m.  Hierdurch  war  die 
Anlage  zweier  Höfe  bedingt,  zwischen  welchen  die  Treppe  liegt.  An  der  Nordseite  befinden 
sich  nach  der  ursprünglichen  Anordnung  die  Malschulen,  dem  Modcllsaal  wurde  ein  Obcr- 
Iichtraum  angewiesen,  die  Bildhauerschulen  und  Verwandtes  sowie  der  Vortragssaal  im  Par- 
terre untergebracht.  Die  Ateliers  der  Professoren  und  Lehrer  sind  stets  mit  den  betreffenden 
Schulen  verbunden.  So  wie  das  Museum  ist  auch  die  Kunstgewerbeschule  mit  Zugrundelegung 
der  architektonischen  und  ornamentalen  Motive  der  italienischen  Renaissance  durchgeführt.  Der 
Bau  ist  durchwegs  dreigeschossig  mit  schwach  hervortretendem  Mittelrisalit.  Die  Höhe  des 
Hauptgesimses  korrespondiert  mit  der  des  Museums.  Die  Profilierungen  sind  jedoch  durch- 
wegs zarter  und  schwächer.  Mit  Ausnahme  des  Steinsockels  ist  das  Äußere  ganz  in  Ziegelrohbau 
unter  Mitverwendung  von  Reliefverzierungcn  und  Majolikaplatten  im  Friese  und  bei  den  Fenster- 
umrahmungen aus  der  Wienerberger  Tonwarenfabrik  ausgeführt.  Überdies  kamen  im  Haupt- 
geschosse des  Mittelbaues  vier  Fayencemedaillons  mit  weiblichen  Idealköpfen  von  F.  Laufberger 
in  kartuschenartiger  Umrahmung  zur  Verwendung. 

Literatu  r. 

Förster,  Allgemeine  Bauzeitung-.  Jahrgänge  1S71  und  1881.  Das  k.  k.  österreichische  Museum  und  die  Kunstgewerbeschule. 
Festschrift  bei  Gelegenheit  der  Weltausstellung  in  Wien  im  Mai  1873.  Wien  1S73,  Verlag  des  österreichischen  Museums.  Prof.  Dr.  E. 
Winklcr,  Technischer  Führer  durch  Wien.  Eitelberger  Ritter  von  Edelberg,  Gesammelte  kunsthistorische  Schriften.  Wien. 
Wilh.  ßraumüller,  1879,  II.  Zcntralblatt  für  das  gewerbliche  Unterrichtswesen  in  Österreich.  Wien,  A.  Holder,  1S85,  Bd.  IV. 
Das  österreichische  Museum  für  Kunst  und  Industrie.  Ein  Rückblick  auf  seine  Geschichte.  Zur  Erinnerung  an  den  25.  Jahrestag 
seiner  Gründung.  Herausgegeben  von  der  Direktion.  Wien,  Verlag  des  k.  k.  österreichischen  Museums,  1889. 

Jos.   Fohicsics. 


II.  HOCHSCHULEN  UND  WISSENSCHAFTLICHE  INSTITUTE. 


Akademie  der  Wissenschaften  (Alte  Aula),  I.,  Universitätsplatz  (Abb.  269,  270). 

Das  heutige  Gebäude  der  Akademie  der  Wissenschaften  war  seiner  ursprünglichen  Bestimmung  nach 
Universitätsgebäude  und  diente  bis  zum  Jahre  1857  als  Aula  der  von  Herzog  Rudolf  IV.  dem  Stifter  1348 
gegründeten'  Wiener  Universität.  Eine  kurze  Zeit, 
in  der  Mitte  des  19.  Jahrhunderts,  war  hier  auch 
die  Akademie  der  bildenden  Künste  untergebracht. 
Die  Zeit  ihrer  höchsten  Blüte  erreichte  die  Wiener 
Universität  1502,  in  welchem  Jahre  sie  8000  Studie- 
rende zählte.  Infolge  der  religiösen  und  politischen 
Wirren,  welche  bald  darauf  ausbrachen,  sank  sie 
von  ihrer  bisherigen  Höhe  herab,  erholte  sich  jedoch 
allmählich  wieder  und  wurde  im  Jahre  1623  den 
Jesuiten  übergeben;  1772  nach  Aufhebung  des 
Ordens  laisiert,  gelangte  sie  neuerlich  zu  höchstem 
Ansehen.  Bis  zum  Jahre  1857  blieb  dann  die  Univer- 
sität im  Alleinbesitze  dieses  Gebäudes.  Seit  diesem 
Jahre  ist  jedoch  die  kaiserliche  Akademie  der 
Wissenschaften  eigentlich  die  ausschließliche  Be- 
nutzerin dieses  Palastes,  welche  jeweilig  einigen 
wissenschaftlichen  Vereinen  Unterkunft  gewährt. 

.  Der  Bau  der  Aula  wurde  im  Jahre  1753 
begonnen  und  im  Jahre  1755  unter  der  Re- 
gierung der  Kaiserin  Maria  Theresia  vollendet. 
Dietrich  und  Enzcnhofer  sind  die  Erbauer  der- 
selben. Das  nach  allen  Seiten  freistehende 
Gebäude  bildet  ein  oblonges  Viereck  und 
enthält  ein  Parterre,  ersten  und  zweiten  Stock 
und  einen  Aufbau,  welcher  bis  zur  Erbauung 
der  neuen  Sternwarte  auf  der  Türkenschanze 
zu     astronomischen     Beobachtungen     diente.  Ebenerd.  Erster  stock. 

Die    gegen    den    Universitätsplatz    ZU    gelegene  Abb.  269.    Akademie  der  Wissenschaften '(Alte  Aula).    1:800. 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


175 


Hauptfassade  ist  durch  ihre  architektonische  Schönheit  außerordentlich  wirksam.  Ebenerdig  sind 
die  zwei  Eckfenster  als  halbrunde  Nischen  ausgebildet  und  mit  je  einem  Brunnen  geziert.1) 
Im  ersten  Stocke  tritt  die  Mauerfront  zurück  und  bildet  eine  Loggia,  deren  Überdachung 
auf  sechs  Säulen,  von  denen  vier  paarweise  gestellt  sind,  ruht.  Weitaus  imposanter  sind  noch 


Abb.  270.     Akademie  der  Wissenschaften  (Alte  Aula),  I.,  Universitätsplatz. 


die  beiden  Seitenfassaden  des  Gebäudes,  welche  insbesondere  im  ersten  Stocke  palastartig 
durchgebildet  sind.  Im  Inneren  fesseln  die  geräumige  Halle  sowie  die  großen  Stiegen- 
anlagen die  Aufmerksamkeit.  Im  ersten  Stockwerke  ist  über  der  Halle  und  ihr  an  Aus- 
dehnung gleich  der  381  m'2  messende  Universitätssaal  gelegen,  die  „Alte  Aula",  jetzt  der 
Festsaal  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften.  Auf  die  Ausstattung  des  Saales  wurde 
vom  Architekten  das  Schwergewicht  gelegt.  Stukkomarmor-Wandverkleidungen  und  Pilaster  mit 
einer  hohen  Attika  zieren  den  Saal,  der  durch  beide  Stockwerke  reicht  und  gut  beleuchtet 
ist.     Einen  Hauptschmuck  des  Saales  bildet  das   herrliche,    gut    erhaltene  Deckengemälde    von 


')  Siehe  Allgemeine  Bauzeitung.  IS 


176 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Abb.  271.    Antiqua  domus,  I.,  Sonnenfelsgasse. 


Gregor  Guglielmi,  die  vier  Fakultäten  darstellend. 
Gegenwärtig  wird  das  ganze  Gebäude  einer 
gründlichen  Restaurierung  unterzogen,  die  vor- 
aussichtlich   im  Jahre   1906  beendet   sein  dürfte. 

August  Fieger. 

Antiqua  domus,  I.,  Sonnenfelsgasse  23 

(Abb.  271). 


Dieses  historisch  nicht  uninteressante  Ge- 
bäude wurde  im  Jahre  1629  von  der  Gesellschaft 
Jesu  im  Sinne  des  mit  der  österreichischen  Re- 
gierung im  Jahre  1623  in  betreff  der  Übernahme 
der  Wiener  Universität  in  die  Obhut  des  Ordens 
abgeschlossenen  und  vom  Kaiser  Ferdinand  II. 
am  9.  August  1623  bestätigten  Vertrages  zu 
Zwecken  der  Unterbringung  des  Konsistoriums, 
der  Kanzlei  und  des  Archives  der  Universität 
angekauft  und  stand  bis  zur  Eröffnung  der  neuen 
Universität  am  Franzensringe  in  Benützung  der 
Hochschule.  Dasselbe  enthielt  auch  den  höchst 
primitiv  eingerichteten  Universitätskarzer. 

In  architektonischer  Hinsicht  ist  an  diesem 
Gebäude  nur  die  Fassade  in  der  Sonnenfels- 
gasse mit  den  beiden  Portalen  bemerkenswert. 
Im  Jahre  1895  wurde  das  Gebäude  durch  einige 

Adaptierungen,  insbesondere  durch  Einbau  eines  Lichthofes,  zu  Bureauzwecken  geeignet  gemacht. 

M. 

Die  k.  k.  Universität  und  ihre  wissenschaftlichen   Institute. 

Die  Wiener  Universität,  die  Zweitälteste  auf  deutschem  Boden,  1348  von  Herzog  Rudolf  dem  Stifter 
gegründet,  hatte  gleich  von  Anbeginn  mit  empfindlichem  Raummangel  zu  kämpfen,  da  der  großangelegte 
Plan  seines  erlauchten  Gründers,  den  Stadtteil  zwischen  Burg-  und  Schottentor  Studienzwecken  und  der 
Studentenschaft  zuzuweisen,  von  Karl  IV.,  dem  die  seiner  Prager  Hochschule  gemachte  Konkurrenz  unbequem 
zu  werden  anfing,  durchquert  wurde.  Fünf  Jahrhunderte  lang  quälten  sich  Lehrer  und  Schüler  in  den  völlig 
unzulänglichen  Räumen  an  der  Dominikanerbastei  ab,  bis  zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  ernstlich  an 
einen  Neubau  gedacht  wurde.  Aber  erst  nach  vielen  Dezennien  konnte  an  die  Ausführung  geschritten  und 
1883  das  von  H.  von  Ferstel  erbaute  Hauptgebäude  seiner  Bestimmung  übergeben  werden. 

Wenn  auch  das  Pavillonsystem,  welches  späteren  deutschen  Universitätsbauten  —  so  z.  B.  den  Straß- 
burger —  zugrunde  lag,  für  die  projektierten  Neubauten  der  Wiener  Hochschule  nicht  in  vollem  Umfange 
angewendet  wurde,  so  bestand  doch  gleich  zu  Anbeginn  der  Programmverfassung  die  Absicht,  in  der  Nähe 
des  Hauptgebäudes  für  einzelne  Disziplinen  getrennte  Gebäude  anzulegen,  von  denen  auch  eines,  das 
Chemische  Institut,  1869—1871  auf  einer  an  der  Währingerstraße  gelegenen  Parzelle  nach  H.  von  Ferstels 
Entwurf  erbaut  wurde,  während  die  angrenzenden,  für  andere,  namentlich  für  das  Physikalische  und 
Anatomische  Institut  bestimmten  Bauplätze  später  bedauerlicherweise  der  Privatbautätigkeit  überlassen 
wurden.  An  Stelle  der  alten  »Gewehrfabrik«,  die  schon  seit  langem  zu  Studienzwecken  notdürftig  verwendet 
wurde,  entstand  zu  Ende  der  Achtzigerjahre  des  vorigen  Jahrhunderts  der  Neubau  des  Anatomischen 
Institutes  und  im  Jahre  1904  jener  für  das  Physiologische  Institut,  während  der  Bau  jener  für  Histologie, 
Hygienie  und  Embryologie  auf  den  restlichen  Teilen  der  Baufläche  noch  aussteht.  Sechsthalb  Jahrhunderte 
nach  Gründung  der  Hochschule  dürfte  der  Hauptstock  der  Studienräume  fast  an  derselben  Stelle  vollendet 
sein,  die  ihr  der  erlauchte  Gründer  von  Anbeginn  zugedacht  hatte. 

Das  Hauptgebäude  der  Universität  (Abb.  272  bis  274),  das  die  Hörsäle  der  vier  Fakultäten 
—  soweit  sie  nicht  in  den  einzelnen  wissenschaftlichen  Instituten  untergebracht  sind  —  die  Säle 
für  Staatsprüfungen  und  Rigorosen,  die  Kanzleien  der  Dekanate  und  des  Rektorates  mit  den  dazu- 
gehörigen Sitzungssälen,  die  Aula  mit  ihren  Nebensälen,  einzelne  Museen,  kleinere  Institute, 
die  Bibliothek  mit  den  Bücherspeichern  und  Lesesälen  und  die  nötigsten  Dienerwohnungen 
enthält,  wurde  von  H.  von  Ferstel  in  den  Jahren  1871  — 1872  entworfen.  1873  begannen  die  Bau- 
arbeiten, im  September  1883,  kurz  nach  Ferstels  Tod,  wurde  der  linksseitige  Trakt  seiner 
Bestimmung  übergeben,  während  der  gegen  die  Universitätsstraße  gewendete  Flügel  erst  im 
folgenden  Spätherbst  bezogen  werden  konnte.  Der  statuarische  Schmuck  wurde  in  den  nach- 
folgenden Jahren  nach  und  nach  ergänzt,  während  die  Vollendung  des  malerischen  im  großen 
Festsaal  teilweise  noch  aussteht.  Der  gewaltige,  161:133  m  messende,  an  vier  Straßen  gelegene 


I 


Bd.  II. 


12 


178 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Baublock  mit  einer  Bodenfläche  von  21.412  m'2.  von  denen  14.530  m-  verbaut  sind,  gliedert  sich 
der  Hauptsache  nach  in  zwei,  an  der  Grillparzerstraße  respektive  Universitätsstraße  gelegene, 
vornehmlich  Lehrsäle  enthaltende  Längsflügel,  die,  an  der  rückwärtigen  Front  durch  den 
Bibliotheksbau,  an  der  Ringstraße  durch  den  reich  gegliederten  Flügel  des  Festsaalbaues  ver- 
bunden, einen  großen,  von  Arkaden  umgebenen  Hof  einschließen,  der  nach  jeder  Richtung 
hin  als  Kristallisationspunkt    der    ganzen  Anlage  zu  betrachten  ist;    er    ersetzt    der  Studenten- 


fffS   {l^ilLI 


A  Loggia. 
B  Festsaal. 
C  Vorsäle. 
D  Atrium. 
E  Festtreppe. 


F  Haupttreppe. 

G  Treppen  für  Studierende. 

H  Nebentreppen. 

J    Bibliothekstreppe. 

K  Kleiner  Festsaal. 


L  Sitzungssaal. 
M,  N  Rcktorskanzlei. 
O  Bibliothek. 
P  Juristisches  Dekanat. 
Q  Philosophisches   Dekanat. 


R  Historisches  Seminar. 
S  Prüfungssäle. 
T  österreichischeGeschichts- 
forschung. 


schaff  den  mangelnden  Universitätsplatz,  er  erleichtert  die  Orientierung  in  dem  weitläufigen 
Gebäude,  da  von  hier  aus  sämtliche  Hauptkommunikationen  zugänglich  sind;  von  hier  aus 
entwickeln  sich  die  architektonischen  Hauptmotive  des  vornehmlich  als  Innenbau  geplanten 
Hauses  auch  nach  außen. 

Wie  sehr  Ferstel  bemüht  war,  den  praktischen  Anforderungen  dieses  von  5000  bis 
6000  Hörern  frequentierten  Gebäudes  gerecht  zu  werden,  zeigt  sich  in  der  klaren  Anordnung 
sämtlicher  Kommunikationen,  in  erster  Linie  in  der  Disposition  und  dem  Aufbau  der  Treppen: 
auf  diesen,  namentlich  den  beiden  großen,  dem  Hauptverkehr  dienenden  Treppenhäusern  liegt 
der  stärkste  Akzent,  während  der  äußere  Aufbau,  den  relativ  knapp  bemessenen  Mitteln  Rech- 
nung tragend,  bescheidener  gehalten  werden  und  sich  im  Wesen  auf  das  künstlerische  Durch- 
arbeiten der  Silhouette  der  einzelnen  sehr  heterogenen  Baugruppen  beschränken  mußte.  Die  Bau- 
kosten bcliefen  sich,  einschließlich  der  inneren  Ausstattung  und  der  Bauregie,  auf  15,400.000  K. 

Literatur. 
Handbuch  der  Architektur.  6.  Halbband.    2.  Heft,   S.  47  ff.     Wiener  Monumentalbauten.    Lehmann   &   Wcntzcl.  Wien.    Bd.   IL 
L.  Winklcr,  Technischer  Führer  durch  Wien.  2.  Auflage.  1S74.  S.  212.   Allgemeine  Bauzcitung.  1S94.    Wochenschrift  des  österreichi- 
schen Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S7S. 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


179 


Das  älteste  aus  der  Reihe  der  wissenschaftlichen  Institute,  welche  in  den  letzten  Dezennien 
für  die  Lehrzwecke  der  Universität  errichtet  wurden,  ist  das 

Chemische  Institut  an  der  Währingerstraße  (Abb.  275,  276),  das  1869 — 1872  nach  Angaben 
des  berühmten  Chemikers  Redtenbacher  von  H.  von  Ferstel  erbaut  wurde.  Die  ungemein  klare  und 
übersichtliche  Raumgruppierung  des  ursprünglichen  Entwurfes  wurde  noch  während  des  Baues 
durch  Redtcnbachers  jähen  Tod  (1870)  und  die  hierauf  erfolgte  Teilung  der  Lehrkanzel  stark 
alteriert.  da  in  dem 
halbfertigen,  nur  für 
einen  Dozenten  be- 
stimmten Bau  nunmehr 
für  das  Bedürfnis  zweier 
Lehrkanzeln  gesorgt, 
namentlich  eines  der 
großen  Laboratorien  zu 
einem  zweiten  Hörsaal 
umgestaltet  und  die 
Teilung  des  verfügbaren 
Raumes  zwischen  bei- 
den Lehrkanzeln  ge- 
schoßweise durchge- 
führt werden  mußte 

Das  Gebäude  er- 
hebt sich  auf  einem 
gegen     die    Wasagasse 

stark  abfallenden 
Grundstücke  und  be- 
steht aus  zwei  Teilen: 
dem  eigentlichen  Lehr- 
gebäude und  dem 
Wohngebäude  für  die 
Institutsleiter.  Das  Lehr- 
gebäude besitzt  über 
einem  Sockelgeschoß 
zwei  Stockwerke  und 
gruppiert  sich  um  zwei 
Binnenhöfe,  zwischen 
denen  der  8'5  m  hohe, 
vom  ersten  Treppen- 
podest zugängliche,  für 
zirka  400  Hörer  berech- 
nete große  Hörsaal  ge- 
legen ist.  Die  beiden 
Längsflügel  und  das 
erste  Stockwerk  des 
Querflügels  gegen  die 
Währingerstraße  enthal- 
ten der  Hauptsache  nach  (zum  Teil  mit  Hofmannschen  Abdampfnischen  versehene)  Schüler- 
laboratorien mit  allen  erforderlichen  Nebenräumen,  der  an  das  Wohngebäude  anschließende 
Flügel  die  Privatlaboratorien  der  Professoren.  Die  Außenfassaden  sind  in  einfach  gegliederter 
Backsteinarchitektur  ausgeführt.  Die  bebaute  Grundfläche  beträgt  2460  m2,  die  Baukosten,  welche 
durch  die  während  des  Baues  getroffenen  Programmänderungen  wesentlich  erhöht  wurden,  beliefen 
sich  auf  rund  1,100.000  K. 

Literatur. 

Allgemeine  Bauzeitung.  1874,  S.  44,  und  BI.  52,  53.  Klasen,  Grundrißvorbilder.  III.  Abschnitt,  III.  Kapitel,  S.  266. 
E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  S.  2171.  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines. 
1878,  S.  148.     Handbuch  der  Architektur.  6.  Halbband,  2.  Heft. 


Abb.  274.    Universität,  Stiegenhaus. 


Das  Anatomische  Institut  an   der  Währingerstraße  (Abb.  277  bis  279),  von  Avanzo  und 
Lange  erbaut  und   1886  vollendet,  ist  nur  ein  Teil  jener  großen  Gruppe  von   Institutsbauten. 


180 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Abb.  275.     Chemisches  Institut  der  Universität. 


die  sich  —  wie  eingangs  erwähnt  —  im  Laufe  der  nächsten  Jahre  an  Stelle  der  alten  Gewehr- 
fabrik erheben  sollen.  Es  ist  für  zwei  Lehrkanzeln  eingerichtet  und  besitzt  somit  auch  alle  erforder- 
lichen Räume,  wie  Präpariersäle,  Arbeitszimmer  für  Anfänger  und  Vorgeschrittene,  für  Dozenten  etc. 
doppelt,  und  zwar  in  vollkommen  symmetrischer  Anordnung;  auch  zwei  große,  amphitheatralisch 
aufgebaute,  für  je  300  Hörer  bestimmte  Vortragssäle,  unter  deren  ansteigenden  Sitzreihen  Räume 
für  Trockenpräparate  und  für  mikroskopische  Untersuchungen  gewonnen  wurden.    Der  gegen 

die  Währingerstraße  gewendete  Flügel  enthält 
im  zweiten  Stockwerke  ein  anatomisches  Museum 
von  rund  500  m2  Grundfläche.  Große  Sorgfalt 
wurde  naturgemäß  der  Heizung  und  Ventilation 
des  Hauses  zugewendet.  Gleichwie  beim  Che- 
mischen Institut  ergab  sich  auch  hier  nur  in  der 
Flurhalle  und  der  dem  Hauptverkehr  sowie  den 
Zugängen  zu  den  großen  Hörsälen  dienenden 
Treppe  Gelegenheit  zu  reicherer  architektoni- 
scher Entfaltung.  Die  Baukosten  beliefen  sich 
auf  rund  872.000  K,  ohne  innerer  Einrichtung. 

'Literatur. 

Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Archi- 
tekten-Vereines. 1SS6,  S.  332.  Handbuch  der  Architektur.  6.  Halb- 
band, 2.  Heft.  S.  360  ff.     Allgemeine  Bauzeitung.  1S89. 

Im  Hofraume  hinter  dem  vorgenannten  er- 
hebt sich  der  jüngste,  eben  vollendete  Instituts- 
bau: das  Physiologische  Institut  (Abb.  280 
bis  282),  das  vom  Hochbaudepartement  des  k.  k. 
Ministeriums  des  Innern  unter  der  Leitung  des 
Oberbaurates  von  Rezori  erbaut  wurde.  Das 
Gebäude  gliedert  sich  der  Höhe  nach  in  ein 
Tiefparterre,  das  außer  Dienerwohnungen, 
Werkstätten,  Garderoben  etc.  hauptsächlich 
Räume  für  vivisektorische  Zwecke,  in  ein  Hoch- 
chemisches  Institut.   Ebenerdgeschoß.  parterre,  das  Schüler-  und  Dozentenlaboratorien 


Abb.  276. 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


181 


mm 


Abb. 


Anatomisches  Institut  der  Universität. 


auf,  dergestalt,  daß  sich  über  den 
unteren,  ansteigenden  Sitzreihen 
eine  bis  zur  zweiten  unteren  Reihe 
vorgebaute  steile  Galerie  mit  meh- 
reren Sitzreihen  erhebt.  Es  ist  da- 
durch dem  bei  anderen  größeren 
Demonstrationssälen  stark  fühl- 
baren Mangel  der  allzugroßen  Ent- 
fernung der  letzten  Bankreihen 
vom  Vortragstische  in  glücklichster 
Weise  abgeholfen  und  eine  außer- 
ordentlich gute  Akustik  erzielt 
worden.  Bemerkenswert  ist  auch 
die  ungemein  einfach  gehaltene, 
größtenteils  in  Ziegelrohbau  aus- 
geführte Außenarchitektur  des  Ge- 
bäudes. Die  Baukosten  dürften  sich 
auf  rund  540.000  K  belaufen. 

Literatur. 

Zentralblatt  für  Physiologie. 
Wien.  Handbuch  der  Architektur.  6.  Halb- 
band, 2.  Heft,  S.  363  ff. 

Weitab  von  den  übri- 
gen Lehrgebäuden  der  Uni- 
versität liegt  auf  einem  der 
höchsten  Punkte  des  Stadt- 
gebietes im  XVIII.  Bezirke, 
der  fast  völlige  Horizontfrei- 
heit gewährt,  die 

Sternwarte  (siehe  Abb. 
283,  284),  1874—1878  von 
den  Architekten  Fellner  und 
Helmer  erbaut  und  mit  den 
größten  Instrumenten  ausge- 
rüstet. Die  originelle  Anlage 
zeigt  die  Form  des  lateini- 
schen Kreuzes  mit  einer  mäch- 
tigen Mittelkuppel  für  das 
große  r  Teleskop     und    drei 


und  einen  Rigorosensaal,  in  ein  erstes  Stock- 
werk, das  die  physiologisch-chemische  Abtei- 
lung, die  physikalische  Abteilung,  einen  Raum 
für  Gasanalysen,  ein  Röntgenzimmer  und  die 
Bibliothek  enthält,  in  ein  zweites  Stockwerk, 
das  vornehmlich  der  mikroskopischen  Abteilung 
und  Assistentenwohnungen  zugewiesen  ist,  wäh- 
rend sich  Sammlungen  nach  Bedarf  der  Lehr- 
zwecke in  verschiedenen  Stockwerken  vorfinden. 
Ein  Teil  des  Dachraumes  wurde  für  photogra- 
phische Zwecke  benützt. 

Von  großem  Interesse  ist  die  nach  An- 
gabe Prof.  S.  Exners  erfolgte  Anlage  des  für 
280  Hörer  berechneten  Vortragssaales,  der  in 
mancher  Hinsicht  von  älteren  Vorbildern  ab- 
weicht. Er  liegt  im  Niveau  des  Hochparterres, 
besitzt  eine  eigene  Treppenanlage,  hängt  mit 
dem  Gebäude  nur  durch  das  Vorbereitungs- 
zimmer zusammen  und  baut  sich  zweigeschossig 


Abb.  278.     Anatomisches  Institut.    Ebenerdgeschoß.     1:800. 


Abb.  279.     Anatomisches  Institut.    Schnitt.    1:500. 


182 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


D  Schülerübungen.  G  Vorbereitungsraum. 

E  Rigorosensaal.  H  Großer  Hörsaal. 

F  Demonstrationssaal.  J    Sammlungen. 

L,  M,  N,  O,  P  Laboratorien  und  Arbcitsräume. 

Abb.  280.     Physiologisches  Institut.     Hochparterre.     1:800. 


J2Ef-~ 


kleinen  Kuppeln  an  den  kurzen  Kreuzarmen. 
Der  längere  Kreuzarm  enthält  im  ersten 
Stockwerke,  das  im  gleichen  Niveau  mit 
den  wichtigsten  Observationsräumen  liegt, 
die  um  eine  Monumentaltreppe  gruppierte 
Wohnung  des  Direktors,  Kanzleien  und 
Lehrzimmer,  im  Erdgeschoß  Gästezimmer, 
Wohnräume  für  Adjunkten,  Assistenten 
und  Amtsdiener,  im  Souterrain  ein  Uhren- 
gemach, Repositorien,  Wirtschaftsräume  etc. 
und  Wohnräume  für  Eleven  und  Amts- 
diencr. 

Das  enge  Zusammendrängen  der 
exakten  Messungen  gewidmeten  Räume, 
namentlich  aber  das  direkte  Anschließen  des 
Wohnflügels  an  jene  erscheint  insoferne 
auffällig,  als  man  anderen  Ortes  bei  Neu- 
anlagen gerne  bemüht  war,  durch  mög- 
lichstes Auseinanderziehen  der  einzelnen 
notwendigen  Bauglieder  einer  Störung  wis- 
senschaftlicher Beobachtung  durch  Strah- 
lung größerer  Mauermassen  und  Dach- 
flächen tunlichst  vorzubeugen.  Der  Pro- 
grammverfasser dieses  Institutsbaues,  der 
gelehrte  Forscher  C.  von  Littrow,  hat  die 
gedrängte  Grundrißanlage  nicht  nur  ver- 
anlaßt, sondern  war  auch  in  seiner  Schrift: 
„Die  neue  Sternwarte  der  Wiener  Uni- 
versität" bemüht,  jedes  Bedenken  gegen 
dieselbe  zu  zerstreuen.  Die  Baukosten  des 
Hauptgebäudes  beliefen  sich  auf  rund 
947.000  K. 

Literatur. 

Klasen.  Grundrißvorbilder.  X.  Abschnitt.  Engi- 
neering. Vol.  XXIX.  Allgemeine  Bauzeitung.  1881.  Hand- 
buch der  Architektur.  6.  Halbband,  2.  Heft.  The  Builder. 
Vol.  XL.  A.  Grubb,  Description  of  the  great  27-inch  re- 
fracting  telescop  and  revolving  dorne  for  The  imperial  and 
royal  observatory  of  Vienna.  London  1881,  pag.  29.  C.  von 
Littrow,  Die  npue  Sternwarte  der  Wiener  Universität. 
Wien  1874. 

K.  k.    Zentralanstalt  für  Meteorologie 
und  Erdmagnetismus,  XIX.,  Hohe  Warte 

(Abb.  285). 

Das  Institut  dient  gleichwie  das  Obser- 
vatorium in  Sydney,  die  deutsche  Seewarte 
zu  Hamburg  u.  a.  vornehmlich  der  Luft- 
beobachtung  in  bezug  auf  Druck  und 
Feuchtigkeit,  den  Messungen  der  Nieder- 
schläge und  der  Winde  hinsichtlich  ihrer 
Stärke,  Geschwindigkeit  und  Richtung  so- 
wie einer  Reihe  von  anderen,  hiermit  enge 
verknüpften  wissenschaftlichen  Beobachtungen.  Das  Gebäude,  erbaut  von  H.  von  Fcrstel 
1870 — 1872,  umgeben  von  einer  Anzahl  kleinerer  Objekte,  wie  jene  für  absolute  magnetische 
Bestimmungen,  für  astronomische  Zeitbestimmungen,  Thermometerhütten,  Verdunstungsmesscr 
etc.,  liegt  inmitten  einer  zirka  35  ha  großen  Parkanlage  auf  einem  der  höchsten  Punkte  des 
Stadtgebietes.  Im  Hauptgebäude  befinden  sich  die  Geschäftsräume,  Dienstwohnungen,  die 
Bibliothek  sowie  einzelne,  wissenschaftlichen  Forschungen  gewidmete  Räume:  ein  Barometer- 
zimmer, ein  Magnetographenraum    im    Kellergeschoß    des  Turmes,    ein  Raum  für  magnetische 


Abb.  2S1.    Physiologisches  Institut.     Schnitt.     1:500. 


Abb.  282.     Physiologisches  Institut  der  Universität. 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


183 


Variationsbeobachtungen,  während 
für  absolute  magnetische  Messun- 
gen im  Park  ein  cisenfreics,  acht- 
eckiges Gebäude  errichtet  wurde. 
Das  Äußere  des  Gebäudes  ist  sehr 
einfach  in  Putztechnik  gehalten, 
zeichnet  sich  aber  durch  eine 
hübsche  Gliederung  der  Baumassen 
aus;  ein  zirka  24-5  m  hoher,  flach 
gedeckter  und  zur  Windbeobach- 
tung eingerichteter  Turm  gibt  der 
Baugruppe  ein  charakteristisches, 
die  Bestimmung  des  Gebäudes 
kennzeichnendes  Gepräge. 

Li  teratu  r. 
E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch 
Wien.    2.  Auflage.    1874.     Handbuch    der  Archi- 
tektur. IV.  Teil,  6.  Band. 

K.  k.  Geologische  Reichsanstalt, 
III.,  Rasumofskygasse  23 

(Abb.  286,  287). 

Im  gartenreichen  Vororte 
Landstraße  besaßen  zu  Beginn  des 
vorigen  Jahrhunderts  zahlreiche 
österreichische  Adelsgeschlechter 
Sommerpaläste;  so  Metternich, 
Salm,  unter  anderen  auch  Fürst 
Andreas  Rasumofsky,  der  in  den 
Jahren  1805—1812  an  der  jetzt 
nach  ihm  benannten  Gasse,  an- 
schließend an  eine  ausgedehnte 
Parkanlage,  ein  Sommerpalais  er- 
bauen ließ,  das  1814  abbrannte, 
nach  kurzer  Zeit  aber  und  —  wie 


Abb.  283. 

Sternwarte 

auf  der 

Türkenschanze. 

Ebenerdgeschoß . 

1:800. 


Abb.  284.     Sternwarte  auf  der  Türkenschanze. 


184 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Abb.  285.    Zentralanstalt  für  Meteorologie  und 
Erdmagnetismus.     Ebenerdgeschoß.     1:600. 


cs  scheint  —  ganz  im  Sinne  seiner  ursprünglichen  Anlage  wieder  errichtet  wurde.  Später 
ging  der  Besitz  an  den  regierenden  Fürsten  von  und  zu  Liechtenstein  über,  von  dem  es  die 
Staatsverwaltung,  nachdem  sie  es  vorher  zur  Unterbringung  der  Geologischen  Reichsanstalt 
durch  mehr  als  zwei  Dezennien  gemietet  hatte  und  nachdem  im  Jahre  1867  ein  für  dieses 
Institut  in  der  Nähe  des  alten  Stubentores  geplanter  Neubau  sich  nicht  realisieren  ließ,  im  Jahre 
1873  samt  dem  großen  herrlichen  Gartenkomplex  käuflich  erwarb.  Leider  wurde  von  diesem 

bald  ein  Stück  nach  dem  anderen  veräußert  und  verbaut 
und  zum  Schlüsse  in  der  heutigen  Sophienbrückengasse 
ein  großer  Teil  der  ohnedies  schon  stark  reduzierten 
Gartenfläche  zum  Bau  einer  Lehrerbildungsanstalt  und 
eines  Staatsgymnasiums  (siehe  dort)  verwendet,  so  daß 
heute  nur  mehr  ein  spärlicher  Rest  des  einst  berühmten 
Parkes  übrig  blieb  und  eine  dringend  notwendige  Er- 
weiterung der  Anstalt  an  dieser  Stelle  ausgeschlossen  ist. 
Der  Grund  zu  dieser  Anstalt  wurde  im  Jahre  1835 
gelegt,  als  Fürst  August  Lobkowitz  die  „Sammlung  der 
Hofkammer"  schuf);  die  Geologische  Reichsanstalt  als 
solche  wurde  durch  die  Allerhöchste  Entschließung  vom 
15.  November  1849  ins  Leben  gerufen.  Im  Jahre  1851 
bezog  das  junge  Institut  die  Räume  des  vormaligen  Rasu- 
mofskyschen  Sommerpalais,  in  denen  es  sich  so  gut,  als 
das  eben  gehen  mochte,  einrichtete.  Die  Verteilung  in 
den  beiden  Hauptstockwerken  des  Gebäudes  geschah  nach  der  letzten  Neuordnung  der- 
maßen, daß  das  Erdgeschoß  der  stratigraphischen  Hauptsammlung,  der  technischen  Sammlung 
und  der  Sammlung  von  Schaustücken  zugewiesen  wurde  und  außerdem  noch  Arbeitsräume 
für  den  Vizedirektor,  für  Geologen  und  andere  Beamte  der  Anstalt  sowie  den  Sitzungssaal 
enthält.  Im  ersten  Stocke  befinden  sich  die  Räume  der  systematischen  Sammlung,  das  chemische 
Laboratorium,  die  Direktion  und  die  Bibliothek.  Das  Äußere  zeigt  die  Formen  palladianischer 
Palastarchitektur  in  der  Auffassung  des  beginnenden 
19.  Jahrhunderts. 

Literatur. 

E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  A.m.  O.  C.  Weiß, 
Alt-  und  Neuwien  in  seinen  Bauwerken.  S.  15  f.  Jahrbücher  der  Geologi- 
schen Reichsanstalt.  Festschrift  derGeologischen  Reichsanstalt  vom  9.  Junil900. 


Die  k.  k.  Technische  Hochschule,  IV.,  Techniker- 
straße (Abb.  288,  289). 

Im  Jahre  1815  wurde  das  Polytechnische  Institut  zu 
Wien  ins  Leben  gerufen,  das  somit  —  eine  Parallele  zu  den 
Universitätsgründlingen  —  als  Zweitälteste  Pflegestätte  tech- 
nischer Wissenschaften  auf  deutschem  Boden  anzusehen  und 
ohne  Zweifel  von  größtem  Einflüsse  auf  die  Gestaltung  des 
technischen  Unterrichtes  in  Deutschland  geworden  ist. 

Der   erste  Anstoß   zur  Gründung   der   Schule    erfolgte 
schon  1803  durch  die  Hofkammer,   1810  wurde   von   dem   an    j? 
der   Realakademie    wirkenden  Prechtl    der  Plan    zu  derselben   | 
ausgearbeitet,    am    3.  November    1815    erfolgte    die    feierliche   = 
Eröffnung  der  Schule  bei  St.  Anna,  am  14.  Oktober  1816  die   8 
Grundsteinlegung  zum  Neubau  des  Institutes  neben  der  Karls-  m 
kirche,  der  1816—1818  vom   Hofbaurat  Schemerl  von  Teyten- 
bach  ausgeführt  wurde,  im  November  1818  die  Eröffnung  der 
Vorlesungen  im  neuen  Gebäude,  das  1838—1839  von  Stummer 
wesentlich    erweitert   wurde.    1852  —  1858    stand    das    Institut 
unter   militärischer   Leitung,    1861    gewinnt   das  Professoren- 
kollegium  einen  nicht  unwesentlichen  Einfluß  auf  die  Leitung 
der  Schule,  am  17.  Oktober  1865  erhebt  Kaiser  Franz  Josef  I. 
das    Institut    zum  Range   einer  technischen  Hochschule.     Am 

1.  Oktober  1870  endlich  erfolgte  die  Gliederung  der  Hochschule  in  vier  Fakultäten  und  eine  allgemeine 
teilung   sowie    die  Festsetzung  der  Lehr-  und  Lernfreiheit,  1878  die  Einführung  der  Staatsprüfungen  un 


Abb.  286. 


Geologische  Reichsanstalt. 
1  : 1000. 


EbcnerdgeschoU. 


Ab- 
d  in 


])  Siehe   Vortrag  F.  von  Hauers: 
Wissenschaften  am  31.  Mai  1861. 


„Die  Geologie  und  ihre  Pflege  in  Osterreich'-,  gehalten  in  der  Sitzung  der  Akademie  der 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


185 


Abb.  287.     Geologische  Reichsanstalt  (Rasumofsky-Palais). 


jüngster  Vergangenheit  die  völlige  Gleichstellung  mit  der  Universität  durch  die  Verleihung  des  Rechtes  zur 
Promovierung  von  Doktoren  und  zur  Führung  des  Titels  Magnifizenz  für  den  jeweiligen  Rektor. 

Der  für  die  damaligen  Verhältnisse  ungemein  stattliche  Bau  der  technischen  Hochschule 
hat  des  öfteren  größere  und  geringere  bauliche  Veränderungen  erfahren;  so  durch  die  nach 
Herrs  Angabe  1866  von  Wappler  ausgeführte  Anlage  eines  astronomischen  Observatoriums1) 
und  durch  die  zu  verschiedenen  Zeiten  durchgeführten  Stockwerksaufbauten,  deren  letzte,  zu 
Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  unter  der  Leitung  des  Oberbaurates  Prof.  Chr.  Ulrich  erfolgt, 
auch  der  Hauptfassade  ein  einigermaßen  geändertes  Gepräge  verlieh.  Dem  Hauptübel  dieses 
fast  ein  Jahrhundert  alten  Baues,  dem  von  Jahr  zu  Jahr  empfindlicher  werdenden  Raummangel, 
konnte  durch  diese  Zu-  und  Aufbauten  kaum  abgeholfen  werden.  Der  in  Bälde  zu  erwartende 
Ausbau  des  Hauses  nach  der  Karlsgasse,  die  Entlastung  desselben  durch  Errichtung  einer 
Reihe  von  Instituten  für  einzelne  Disziplinen,  von  denen  das  elektrotechnische  Institut  bereits 
vollendet  und  seiner  Bestimmung  übergeben  ist,  dürfte  dem  Hauptgebäude  wesentlich  zu  statten 
kommen  und  die  Schule  hinsichtlich  der  räumlichen  Ausgestaltung  modernen  Anforderungen 
näher  bringen. 

Der  alte  Bau  Schemerls  und  Stummers  zeigt  eine  lange,  nach  Norden  gewendete  Front 
gegen  den  mit  Parkanlagen  ausgestatteten  Karlsplatz,  zwei  schmälere  gegen  die  Paniglgasse 
respektive  die  protestantische  Schule  und  gruppiert  sich  um  zwei  große  Gartenhöfe,  die  den 
Lehrsälen  reichlich  Licht  und  Luft  zuführen.  Ganz  dem  Geiste  der  Entstehungszeit  ent- 
sprechend wurden  die  drei,  zur  Hauptfront  parallel  laufenden  Flügel  als  Doppeltrakte  ohne 
jedwede  Korridoranlage  ausgeführt;  nur  der  Haupttrakt  besitzt  eine  solche,  die  aber  infolge 
des  Raummangels  vielfach  abgebaut  und  für  Lehrzwecke  herangezogen  werden  mußte.  Eine 
endgültige  Raumgruppierung  wird  wohl  erst  nach  Ausführung  des  Traktes  gegen  die  Karlsgasse 
und  des  chemischen  Institutes  durchgeführt  werden  können,  weshalb  vorläufig  auf  eine  Be- 
sprechung des  gegenwärtigen  Provisoriums,  das  überdies  durch  notwendige  Raumverschiebungen 
fast  alljährlich  verändert  wird,  verzichtet  werden  soll.  Von  architektonischem  Interesse  ist  — 
soweit  der  Innenbau  in  Betracht  kommt  —  nur  der  durch  zwei  Stockwerke  reichende,  im 
Mittelbau  der  Hauptfront  gelegene  Festsaal,  der,  aus  der  Gründungszeit  stammend,  mit  ein- 
facher, ungemein  charakteristischer  Reliefmalerei  ausgestattet  ist.  Auch  die  langgestreckte 
Hauptfront  mit  ihrer  einfachen  und  vornehmen  Gliederung  und  der  wirkungsvollen  Silhouette 
der  grün  patinierten  Kupferdächer  gehört  dem  ursprünglichen  Bau  Schemerls  an.  J 

Literatur. 

W.  F.  Exner,  Das  k.  k.  Polytechnische  Institut  in  Wien.  1861.  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  2.  Auflage. 
Wien  1874,  S.  219.  Allgemeine  Bauzeitung.  1839.  Joh.  Georg  Schoen,  Die  Technischen  Hochschulen  und  deren  Organisation 
in  Österreich.  Leipzig  1883,  bei  E.  L.  Morgenstern.  Handbuch  der  Architektur.  6.  Halbband,  2.  Heft,  S.  54  und  S.  531  f. 
Festschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines  vom  4.  November  1903.  J.  Wist,  Studien  über  ausgeführte 
Wiener  Baukonstruktionen.  Wien  1872. 


')  Siehe  Handbuch  der  Architektur,    6.  Halbband,    2.  Heft,  S.  531  f.,  und  J.  Wist,    Studien  über  ausgeführte  Wiener  Baukon- 
struktionen. Wien  1872. 


186 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Abb.  2 


Technische  Hochschule. 


Das  Elektrotechnische  Institut  der  k.  k.  Technischen  Hochschule,  IV.,  Gußhausstraße  (Abb   290 

bis  292). 

Das  Elektrotechnische  Institut  ist  nach  Angaben  des  Institutsvorstandes  Oberbaurates 
Prof.  C.  Hochenegg  und  den  Plänen  des  Oberbaurates  Prof.  Chr.  Ulrich  vom  Baubureau  der 
k.  k.  niederösterreichischen  Statthaltcrei  (Bauleiter  Baurat  Wagner)  auf  einem  Teil  des  Grund- 
stückes der  k.  k.  Erzgießerei  er- 
baut worden.  Das  Gebäude1) 
gliedert  sich  der  Höhe  nach  in 
ein  Kellergeschoß,  das  die  Ma- 
schinenräume, Werkstätten,  die 
Räume  für  die  Heizanlagen  etc. 
und  die  Wohnung  des  Portiers 
umfaßt,  in  ein  Hochparterre,  das 
Verwaltungsräume,  in  ein  Zwi- 
schengeschoß, das  vornehmlich 
Arbeitsräume,  in  ein  erstes  Stock- 
werk, das  hauptsächlich  Hörsäle 
mit  den  erforderlichen  Vorberei- 
tungszimmern und  Sammlungen, 
und    in    ein    zweites    Stockwerk, 


')  Nach   gef.    Mitteilungen    des    Herrn 
Oberbaurates  Prof.  Chr.  Ulrich. 


,       I       I  I J 

1—1       I       II  fl 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


187 


Abb.  290.     Elektrotechnisches  Institut.     Erster  Stock. 


S   Sammlungen. 
H  Hörsäle. 


das  die  Zeichnungssäle  enthält.  Im  Dachgeschoß  wurde  für  Institutszwecke  ein  photographisches 
Atelier  eingebaut.  Das  große,  rund  400  Hörer  fassende,  mit  einer  getrennten  Trcppenanlage 
versehene  Auditorium  liegt  in  dem  Flügel  zwischen  dem  Hof  und  einer  neu  zu  eröffnenden 
Straße  und  reicht  durch  zwei  Stockwerke.  Ein  zweiter  Hörsaal  für  rund  140  Hörer  befindet  sich 
im  Mittelbau  der  Hauptfront,  ein  dritter,  kleinerer,  für  rund  60  bis  70  Hörer  berechneter,  gegen 
den  Hof  zu.  Die  Konstruktionssäle  liegen  durchwegs  gegen  Norden  und  erhalten  für  die 
Abendstunden  diffuses  Bogcnlicht. 

Sehr  bemerkenswert  ist  der  20-30  m  lange,  13-70  m  breite  und  8-45  m  hohe  Maschinen- 
raum, insbesondere  durch  die  sorgfältige  Isolierung  seines  Fußbodens  und  der  Maschinen- 
fundamentc,  infolge  welcher  jede  Erschütterung  beim  Betriebe  vom  übrigen  Gebäude  fern- 
gehalten wird.  Die  Räume  für  empfindliche  Messungen  sind  mit  Ausschluß  aller  Eisenbestand- 
Tcile  an  Decken,  Beschlägen  etc.  hergestellt.  Das  Haus  wird  zentral  beheizt;  die  größeren 
Räume  durch  Niederdruckdampfluftheizung,  alle  übrigen  durch  Radiatoren.  In  den  auch  während 

der  Ferien  benützten  Räumen 
sind  außerdem  Gasöfen  aufge- 
stellt. Die  Fassaden  sind  über 
einem  steinverkleideten  Sockel 
durchwegs  in  Putz  ausgeführt 
und  dem  Zwecke  des  Gebäu- 
des entsprechend  einfach  ge- 
gliedert. Gelegenheit  zu  rei- 
cherer architektonischer  Durch- 
bildung bot  nur  das  Vestibül 
und  die  Haupttreppe,  wo  zum 
Teil  auch  Marmor  verwendet 
wurde.  Die  verbaute  Fläche 
beträgt  rund  2240  m'-;  die 
Baukosten  beliefen  sich  auf 
rund  1,070.000  K,  jene  der 
inneren  Einrichtung  auf  rund 
900.000  K.  Die  Bauarbeiten 
nahmen  im  Frühjahr  1902  ihren 
Anfang  und  wurden  so  be- 
schleunigt, daß  das  Institut 
bereits  im  Oktober  1903  seiner 
Bestimmung  übergeben  werden 
konnte. 

Mit  den  modernsten  Ein- 
richtungen versehen  und  nach 
den  Erfahrungen  der  letzten 
Zeit  errichtet,  ist  das  Elektro- 
technische Institut  der  Wiener 
Hochschule  zweifellos  derzeit 
das  größte  und  eines  der  best- 
eingerichteten des  Kontinents. 

Literatur. 

C.  Hochenegg,  Das  Elektro- 
technische Institut  der  k.  k.  Technischen 
Hochschule  in  Wien.  Wien  1904. 

M.  von  Ferstel. 


Abb.  291. 
Elektro- 
technisches 

Institut. 

Schnitt  A— B. 

1:500. 


Die  k.  k.  Hochschule  für  Bodenkultur,  XIX.,  Hochschulstraße  17  (Abb.  293,  294). 

Von  dem  im  Jahre  1868  in  Wien  stattgehabten  agrarischen  Kongresse  war  die  Anregung  aus- 
gegangen, als  Ersatz  für  die  bis  dahin  beiden  Reichshälften  gemeinsame,  im  genannten  Jahre  aber  an  Un- 
garn übergegangene  landwirtschaftliche  Lehranstalt  in  Ungarisch-Altenburg  eine  landwirtschaftliche  Hoch- 
schule in  Wien  zu  errichten.  Für  die  Unterbringung  derselben  wurde  das  ehemals  Graf  Schönbornsche 
Palais  im  VIII.  Bezirke,  Laudongasse  von  der  Stadt  Wien  in  Miete  genommen  und  entsprechend  adaptiert. 
Nach  Auflassung  der  in  Mariabrunn  seit  1813  bestandenen  Forstlehranstalt,  welche  im  Jahre  1867  als 
,, Forst-Akademie"    zu    einer    Hochschule    erhoben    worden    war,    erfolgte    die    Einbeziehung   derselben    als 


188 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


in    die  Hochschule    für  Bodenkultur,    deren  Errichtung   vom  Reichsrate    im  Jahre  1872    be- 
war.  Die  Unterbringung  der  forstlichen  Lehrkanzeln  erfolgte  im  Jahre  1875  nach  notdürftiger 


Bezirke.  Den  Bemühungen  der  Rektoren  der  Hoch- 
damals  Reichsratsabgeordneter  war,  ist  es  gelungen, 


zweite  Sektion 
willigt  worden 

Adaptierung  im  Hause  Nr.   17  der  Skodagasse  im  VIII 
schule,    insbesondere    des  Hofrates  Dr.  W.  Exner,  der 
in  der  Session  1894  des  Reichsrates  ein  Gesetz 
zu  erwirken,    demzufolge    für  den  Neubau  der 
Hochschule  samt  Grundankauf  ein  Betrag  von 
1,260.000  K  bewilligt  wurde. 

Als  Bauplatz  für  diese  Hochschule 
wurde  ein  bis  dahin  dem  k.  k.  Militärärar 
gehöriger  Grund  auf  der  Türkenschanze 
im  XIX.  Bezirke  gewählt,  für  welche  Wahl 
sowohl  der  geringe  Preis  als  auch  der 
Vorteil  einer  schönen  und  gesunden  Lage, 
endlich  auch  der  Umstand  maßgebend 
erschien,  daß  sich  Großstädte  erfahrungs- 
gemäß gegen  Westen  hin  entwickeln.  Das 
Bauprojekt  wurde  im  Hochbaudeparte- 
ment des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern, 
und  zwar  vom  damaligen  Oberingenieur 
Alois  Koch  ausgearbeitet,  welcher  auch 
mit  der  Durchführung  des  Baues  betraut 
war.  Wie  die  Abb.  294  zeigt,  besteht  die 
neue  Hochschule  aus  zwei  Gebäuden; 
aus  dem  Haupt-  und  dem  Chemiegebäude, 
welche  beide  durch  hölzerne  Gänge  mit- 
einander verbunden  sind.  Das  Haupt- 
gebäude, dessen  Hauptfront  nach  Osten 
gerichtet  ist,  hat  eine  Länge  von  84  m  bei 

66  m  Tiefe  und  besteht  aus  einem  teilweise  unterkellerten  Tiefparterre,  einem  Hochparterre,  einem 
ersten  und  zweiten  Stocke.  Über  dem  Mittelrisalite  und  den  vier  Ecken  sind  turmartige  Aufbauten 
ausgeführt.  Das  Chemiegebäude  im  Hofe  hat  eine  Länge  von  354  m  und  eine  Breite  von  329  m. 

Die  Hochschule  enthält   außer    den  Räumen  für  22  Lehrkanzeln  mit    ihren   Laboratorien 
und  Sammlungen,  dann  den  Räumen  des  Rektorates  und  der  Bibliothek  noch  9  Hörsäle,  wo- 


Abb.  292.    Elektrotechnisches  Institut. 


Abb.  293.     Hochschule  für  Bodenkultur. 


Hochschulen  und  wissenschaftliche  Institute. 


189 


Abb.  295. 


1  bis  20 
Wohnzimmer 


Studentenheim  der  Hochschule  für 
Bodenkultur.     1:600. 


Hochschule  für  Bodenkultur. 


von  2  für  je  100  und  7  für  je  56  Hörer  Platz  bieten, 
6  Zeichensäle  mit  je  20  bis  60  Plätzen,  einen  Prüfungs-  und 
einen  Sitzungssaal,  ferner  3  große  Säle  im  Tiefparterre  für 
das  Museum  und  Wohnungen.  Der  große  Hörsaal  des 
Chemiegebäudes,  welcher  durch  zwei  Stockwerke  geht, 
bietet  in  aufsteigender  Anordnung  100  bis  120  Sitzplätze. 
Das  Bücherdepot  der  Bibliothek,  am  Ende  des  südlichen 
Flügels  untergebracht,  ist  ganz  aus  Eisen  konstruiert  und 
reicht  durch  drei  Stockwerke,  welche  in  fünf  Geschosse 
geteilt  sind.  Der  Festsaal  (die  Aula)  ist  der  einzige  Raum 
der   Hochschule,    welcher    dekorativ   ausgestattet  wurde. 

Der  Hochschule  war  anfänglich  eine  Grundfläche 
von  14.300  m2  zugewiesen,  welche  im  Jahre  1903  behufs  Vergrößerung  des  Versuchsgartens  auf 
17.220m'2  erhöht  wurde;  hier- 
von entfallen  auf  das  Haupt- 
gebäude 2390  m2,  auf  das  Che- 
miegebäude 980  m2,  auf  Vor- 
gärten und  Höfe  3734  m2,  der 
Rest  auf  den  Versuchsgarten. 
Nach  einer  Bauzeit  von  bloß 
17  Monaten  wurde  der  Bau  Ende 
Oktober  1896  der  Benützung 
übergeben.  Die  Gesamtbau- 
kosten samt  innerer  Einrichtung 
beliefen  sich  auf  1,405.000  K. 

Studentenheim  (Abb.  295, 
296).  Der  Verein  zur  Schaffung 
und  Erhaltung  eines  Studenten- 
heims an  der  k.  k.  Hochschule 
für  Bodenkultur  hat  an  der  nord- 
westlichen Ecke  des  Versuchs- 
gartens im  Jahre  1904  einen 
zweckmäßigen  und  der  Um- 
gebung sich   anpassenden    Bau 

ausgeführt,  welcher  65  Würdigen  Abb.  296.    Studentenheim  der  Hochschule  für  Bodenkultur. 


190 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Studenten  ein  angenehmes  und  sehr  billiges  Heim  bietet.  Das  nach  den  Plänen  des  Chef- 
architekten Th.  Bach  errichtete  Gebäude  erhebt  sich  auf  einem  Eckbauplatze  von  1927  m-  Fläche, 
wovon  derzeit  im  Erdgeschoß  rund  600  m'-.  in  den  zwei  Obergeschossen  559  m2  bebaut 
sind.  Im  Untergeschoß  sind  die  Wirtschaftsräume  der  Mensa  academica,  im  Ebenerdgeschoß  ein 
Speisesaal  für  75  Personen,  Lesesaal,  Professorenzimmer,  Personalwohnungen  und  Kanzleien, 
in  den  zwei  Obergeschossen  je  20  ein-  und  zweibettige  Zimmer  untergebracht.  Die  Gesamt- 
baukosten   samt  Grunderwerb   und  Einrichtung   betrugen  rund  290.000  K. ') 

Alois  Koch. 

III.  AKADEMIEN,  LEHRER-BILDUNGSANSTALTEN  ETC. 

K.  k.  Akademie  der  bildenden   Künste,  I.,  Schillerplatz  3  (Abb.  297,  298). 

Die  Akademie  der  bildenden  Künste,  welche  von  Leopold  1.  1692  gegründet  wurde  und 
zuletzt  in  dem  alten  St.  Anna-Gebäude  in  der  Annagasse  untergebracht  war,  erhielt  im  Jahre 
1872  ihre  jetzige  Verfassung  als  Hochschule.  Gleichzeitig  wurde  mit  dem  Bau  eines  neuen 
Gebäudes  begonnen,  mit  dessen  Entwurf  Theophil  von  Hansen  betraut  worden  war.  Das  Ge- 
bäude, welches  im  Jahre  1876  seiner  Bestimmung  übergeben  wurde,  bildet  ein  Rechteck  von 
88m  Länge  gegen  den  Schillerplatz  und  61m  Tiefe;  es  ist  im  italienischen  Renaissancestil 
ausgeführt  mit  Anwendung  von  griechischen  Formen  und  Motiven. 

Durch  den  gegen  den  Schillerplatz  gelegenen  Haupteingang,  welchem  eine  Freitreppe 
mit  zwei  bronzenen  Kentauren  (von  E.  von  Hofmann)  vorgelagert  ist,  gelangt  man  in  das 
Vestibül  (A),  dessen  Decke  von  vier  Säulen  getragen  wird.  Von  hier  betritt  man  den  32  m 
breiten  Gang,  an  dessen  Enden  die  Haupttreppen  gelegen  sind.  Geradeaus  vom  Vestibül  tritt 
man  durch  drei  Türen  in  das  Gipsmuseum  (B),  welches  zwischen  den  beiden  Längstrakten 
eingebaut  ist  und  eine  Länge  von  30  m  besitzt.  Dieser  Einbau  reicht  nur  bis  zum  Mezzanin, 
beziehungsweise  in  der  Mitte  bis  zum  ersten  Stock  und  wird  an  den  Längsseiten  durch  hohes 
Seitenlicht  beleuchtet.  Der  rückwärtige  Längstrakt  ist  im  Erdgeschoß  gleichfalls  für  das  Gips- 
museum bestimmt.  Rechts  und  links  vom  Vestibül  befinden  sich  die  allgemeinen  Malerschulen 
mit  Professorenateliers.  Im  Mezzanin  sind  die  Bibliothek,  Lehr-  und  Sitzungssäle,  die  Archi- 
tekturschulc  und  Räume    für  Kupferstecher   und   Kleinplastik  untergebracht.    Im    ersten    Stocke 

sind  die  reichhaltige  Bildergalerie 
sowie  Spezialschulen  für  Maler 
und  Architekten  gelegen,  während 
im  zweiten  Stocke  Ateliers  und 
Spezialschulen  für  Maler  angeord- 
net sind.  Im  Untergeschoß  befin- 
den sich  die  Gipsgießerei  und 
Dienerwohnungen.  Die  lichte  Höhe 
der  Räume  beträgt  im  Unterge- 
schoß 5-5  m.  im  Erdgeschoß  5-8  m. 
im  Mezzanin  4  m,  im  ersten  Stocke 
5"8  m  und  im  zweiten  Stocke  76  m; 
die  Tiefe  in  den  Längstrakten  76  m, 
in  den  Quertrakten  6"6  m. 

Der    Unterbau    besteht    aus 
Wöllersdorfer    Stein,     die    Säulen 
aus    Tricntiner    Marmor;    für    die 
oberen     Stockwerke     wurde,     mit 
Ausnahme  der  Gesimse  und  Fen- 
stereinfassungen, die  ebenfalls  aus 
Stein  hergestellt  sind,  Ziegelmauer- 
werk   verwendet,  das   im  Ebenerd 
und  Mezzanin  mit  Mörtel  verputzt  ist.  Der  plastische  Schmuck  wurde  zum  Teil  von  den  Bildhauern 
Dill,  Melnitzky  und  Pilz  aus  Mogritzer  Stein  ausgeführt,  die  Statuen  in  den  Nischen  von  Schülern 
der  Akademie    nach    antiken  Vorbildern    modelliert    und    in  Terrakotta    ausgeführt.     Auch  der 


A  Vestibül.  C  Malerschulen. 

B  Gipsmuseuni.  D  Professorenateliers. 

Abb.  297.     Akademie  der  bildenden  Künste.    Ebenerd.     1:1000. 


')  Näheres  siehe  Denkschrift  anläßlich   der   Eröffnung  des  Kaiser  Franz  Josef-Studentenheims   an  der  Hochschule  für  Boden- 
kultur. Wien  1905. 


Akademien,  Lehrerbildungsanstalten  etc. 


191 


Abb.  298.    Akademie  der  bildenden  Künste.  Front  gegen  den  Schillerplatz. 

sonstige  figurale  Schmuck  ist  von  Terrakotta.  Die  Freskenbilder  an  den  Fensternischen  der 
rückwärtigen  Front  sind  von  Schülern  Eiscnmengers  gemalt.  Die  Gesamtkosten  des  Baues  und 
der  inneren  Einrichtung  belaufen  sich  auf  3,700.000  K.1)  K. 

K.  k.  Theresianum,  IV.,  Favoritenstraße  (Abb.  299). 

Unter  dem  kunstsinnigen  Kaiser  Matthias,  der  Wien  zu  einer  glanzvollen  Metropole  des  deutschen 
Reiches  zu  erheben  beabsichtigte,  entwickelte  sich  in  der  Zeit  von  1616 — 1620  eine  staunenswerte  Bau- 
tätigkeit, der  auch  die  Favorita  auf  der  Wieden  ihre  Entstehung  verdankt.  Er  kaufte  nämlich  von  Wolf 
Sinnich  in  Ungarisch-Altenburg  den  ehemaligen  Schaumburgerhof  auf  der  Wieden  und  ließ  nun  im  Zentrum 
der  dazugehörigen  Rieden  in  der  Zeit  von  1616—1620  eine  Villegiatur  erbauen,  die  den  Namen  »Favorita« 
erhielt.2)  Als  im  Juli  1683  das  Türkenheer  unter  Kara  Mustapha  gegen  Wien  heranrückte  und  der  Komman- 
dant Graf  Rüdiger  von  Starhemberg  die  Vororte  niederbrennen  ließ,  ging  die  »Favorita«  wie  auch  die  in 
der  Wolfsau  (Augarten)  von  Kaiser  Ferdinand  III.  erbaute  sogenannte  »Neue  Favorita«  zugrunde.3)  Nach 
den  in  Ungarn  erfochtenen  glorreichen  Siegen  dachte  Kaiser  Leopold  I.  daran,  die  Favorita  wieder  auf- 
zubauen. Die  Durchführung  der  Aufgabe  übertrug  er  dem  Theatralingenieur  Ludovico  Burnacini,  der  aber 
für  die  Aufführung  eines  Monumentalbaues,  wie  ihn  Leopold  I.  plante,  nicht  die  notwendigen  Kenntnisse 
besaß.  Die  Aufführung  des  Palastes  fällt  in  die  Zeit  von  1687 — 1690,  mit  Einschluß  des  Gartens  und  der 
Nebenbauten  bis  1693.  Burnacini  suchte  durch  Längen-  und  Höhenausdehnung  sowie  durch  reichere 
Fassadendekoration  zu  wirken.  Der  Höhe  nach  erhob  sich  über  dem  für  untergeordnete  Zwecke  bestimmten 
Erdgeschosse  die  Nobleetage  und  das  Obergeschoß.  Die  der  Straße  zugekehrte  Fassade  enthielt  drei  Portale 
ein  jedes  von  zwei  Trommelsäulen  flankiert.  Der  steinerne,  mit  der  Initiale  L  versehene  kaiserliche  Adler 
weist  auf  den  Wiedererbauer  der  Favorita,  Kaiser  Leopold  I.,  hin.4)  Das  Altargemälde  der  Kirche  sowie  die 
Deckenmedaillons  stammen  von  dem  berühmten  Hof-  und  Kammermaler  Leopolds  I.,  Peter  Strudel  Frei- 
herrn  von  Strudendorf,  dem  Besitzer  des  nach  ihm  benannten  »Strudelhofes«  in  der  Alservorstadt,  her. 

Der  Garten  wurde  nach  französischem  Stile  von  dem  aus  Frankreich  vertriebenen  Garteningenieur 
Jean  Trehet  im  Jahre  1690  angelegt.  Im  Garten  stand  das  Theater,  in  dem  die  großen  Opern  aufgeführt 
wurden,  unterhalb  desselben  lag  der  Turnierplatz,  auf  dem  später  unter  Karl  VI.  die  Schießstätte  erbaut 
wurde.  Auf  der  Ostseite  war  das  perspektivisch  konstruierte  Eisentor,  ein  jetzt  noch  erhaltenes  Kunstwerk, 
angebracht.  Die  wieder  hergestellte  Favorita  hieß  von  nun  an  die  »neue«''),  im  Gegensatze  zu  der  im  Au* 
garten  befindlichen  »alten  Favorita«.  Die  neue  Favorita  auf  der  Wieden  war  seit  dem  Wiederaufbau  die 
Sommerresidenz  der  Kaiser  Leopold  I.,  Josef  I.,  Karl  VI.  und  der  Schauplatz  vieler  und  glänzender  Feste,  wie 

")  Allgemeine  Bauzeitung.  1876,  1879. 

2)  Johann  Schwarz,  Die  kaiserliche  Sommerresidenz  Favorita  auf  der  Wieden  in  Wien.  1898,  Tempsky. 

3)  Ansicht  in  :  Wien,  aufgenommen  zwischen  den  Jahren  1680 — 1682  durch  den  kaiserlichen  Kammermaler  Folbert  von  Alten-Allen. 
*)  Die  alte  Portalform  ist  heute  noch  bei  dem  oberen  und  unteren  Tore  der  Theresianischen  Akademie  erhalten. 

5)  Ansicht  bei  Salomon  Kleiner:  Wahrhafte  und  genaue  Abbildung*  aller  Kirchen  und  Klöster  in  Wien  und  Vorstädten. 
Augsburg  1724 — 1734.  II.  Teil.  Ebenso  die  „Favorita''.  Alter  französischer  Stich,  koloriert.  Theresianische  Bibliothek. 


192 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


auch  eine  hervorragende  Pflegestätte  der  Musik  durch  Aufführung  großartiger  Opern,  wobei  die  Theatral- 
architektur  wahre  Triumphe  feierte.1) 

Kaiser  Karl  VI.,  dessen  Lieblingsaufenthalt  die  Favorita  war,  starb  daselbst  am  20.  Ok- 
tober 1740.  Seitdem  war  die  Favorita  verwaist;  Maria  Theresia,  die  dort  ihre  Jugendzeit  ver- 
bracht hatte,  verließ  bereits  am  26.  Oktober  desselben  Jahres  die  Favorita  und  wählte  von  nun 
an  das  Lustschloß  Schönbrunn  zu  ihrem  Sommcraufenthalte.  1746  überließ  die  Kaiserin  diesen 
Sommerpalast  dem  Jesuitenorden  zur  Errichtung  einer  Erziehungs-  und  Unterrichtsanstalt  für 
den  heranwachsenden 
Adel  der  österreichisch- 
ungarischen  Erbländer.-) 
Als  die  Kaiserin  im 
Jahre  1753  eine  voll- 
ständige Absonderung 
der  Zöglinge  des  niede- 
ren Studiums  und  der 
Philosophen  von  den 
Juristen  anordnete  und 
man  infolgedessen  Raum 
schaffen  mußte,  wurde 
im  oberen  und  unteren 
Drittel  der  Fassade  nach 
Vergrößerung  der  Fen- 
ster des  zweiten  Stock- 
werkes unter  der  Lei- 
tung des  Hofarchitekten 
Nikolaus  Pacassi  noch 
je  ein  Halbstock  auf- 
gesetzt und  am  unteren 
Ende  der  Theater-  und 
Festsaal  erbaut.  Das 
mittlere  Tor  erhielt  im 
Sinne  des  Jesuitenstiles 
eine  reichere  Ausgestal- 
tung und  eine  dekora- 
tive, bis  zum  entspre- 
chenden Fenster  des 
zweiten  Stockes  rei- 
chende Bekrönung.  In 
dieser  Gestalt  blieb  das 
Gebäude,  zu  dem  der 
(1773—1774)  am  obe- 
ren Ende  aufgeführte, 
für  das  naturhistorische 

und  physikalische  Kabinett  bestimmte  Zubau  trat,  bis  zum  Jahre  1797,  in  welchem  Jahre  die 
Theresianische  Akademie,  die  Kaiser  Josef  II.  1784  aufgehoben  hatte,  nach  ihrer  gesamten  ein- 
heitlichen Organisation  durch  Kaiser  Franz  II.  wieder  hergestellt  und  hier  untergebracht 
wurde.  Um  Raum  für  die  vielen  eintretenden  Zöglinge  zu  schaffen,  wurde  durch  den  Bau- 
meister Koch  über  dem  mittleren  Teil  des  Gebäudes  das  dritte  Stockwerk  abgeschlossen  und 
in  der  Mitte  der  Fassade  ein  mit  mächtigen  ionischen  Flachpilastcrn  versehener  Risalit  erbaut. 

In  ihrem  jetzigen  Umfange  umfaßt  die  Theresianische  Akademie  einen  Flächenraum  von 
866  ha,  wovon  P91  ha  auf  das  Gebäude  und  6-75  ha  auf  den  Park  der  Anstalt  entfallen.  Das 
Gebäude  gliedert  sich  in  einen  gegen  die  Favoritenstraße  gelegenen  Längstrakt  von  320-8  m 
Länge,  in  vier  Hofquertrakte,  einen  Gartenquertrakt  und  zwei  Gartcnlängstrakte.  durch  welche 
fünf  große,  lichte  Hofräume  eingeschlossen  werden;  von  diesen  sind  zwei  mit  Gartcnanlagen 
versehen.  Der  nördliche  Quertrakt  wurde  in  den  Jahren  1883 — 1884  zur  Unterbringung  der 
k.  u.  k.   Konsularakadcmie    erbaut.    Am  südlichen  Ende  des  Parkes    befindet  sich  eine    große. 


Abb.  299.     Thcrcsianischc  Akademie,  IV.,  Favoritenstraße. 


')  Proszenium  des  Theaters  im  Favoritagartcn.  Johann  Schwarz,  Favorita.  S.  70. 
-)  Johann  Schwarz,  Geschichte  der  Thcrcsianischcn  Akademie  in  Wien.  Wien  1S90. 


Akademien,    Lehrerbildungsanstalten  etc. 


193 


wohleingcrichtete  Schwimmschule.  Im  Jahre  1875  wurde  behufs  Unterbringung  von  Zöglingen 
auf  einem  Gartenlängstraktc  und  einem  Hofquertrakte,  ferner  im  Jahre  1876  zum  Zwecke  der 
Vergrößerung  der  Krankenabteilung  auf  dem  südlichen  Gartenquertrakte  ein  drittes  Stockwerk 
aufgeführt.  Die  Fassade  des  dreistöckigen  Haupt-(Gassen- »Traktes,  gegen  die  Favoritenstraße 
gelegen,  ist  in  der  von  Ludovico  Burnacini  im  Charakter  der  Barocke  geschaffenen  Ausführung 
erhalten  geblieben.  Dagegen  weisen  das  von  dorischen  Säulen  flankierte  Hauptportal  und  der 
am    südlichen  Ende  angebaute  einstöckige  Musealtrakt,    deren  Ausführung  in  eine  spätere  Zeit 

fällt,  die  Formen  des  Em- 
pirestiles auf.  Die  drei 
Fassadeflächen  des  Haupt- 
hofes sind  in  ausgespro- 
chen italienischer  Renais- 
sance gehalten,  während 
zu  den  Fassaden  des 
sogenannten  Direktions- 
hofes und  des  südlichen 
Hofes,  woselbst  sich  ehe- 
malige Arkadenöffnungen 
der  Korridore  deutlich 
erkennen  lassen,  einfache 
Motive  teils  aus  der  italie- 
nischen Renaissance,  teils 
aus  der  Barocke  in  flacher 
Putzarchitektur  zur  An- 
wendung gelangten. 

Von  den  Interieurs 
ist  sowohl  in  historischer 
als  auch  in  dekorativer 
Hinsicht  das  in  reinem 
Barockstile  ausgeführte 
Schreibzimmer,  ferner 
das  Sterbezimmer  Kaiser 
Karls  VI.  von  besonderem 
Interesse.  Beachtenswert 
sind  ferner  die  Plafond- 
dekorationen, die  Schnitz- 
arbeiten derSchränke  und 
Supraporte  in  der  Biblio- 
thek und  die  Plafond- 
dekorationen im  Tanz- 
saale sowie  in  den  Speise- 
sälen, bei  denen  allseits 
der  Barockstil  vorwaltet. 
Dr.  von   Wiener. 

K.  u.  k.  Konsular-Akademie,  IX.,  Waisenhausgasse  (Abb.  300,  301). 

Das  am  30.  September  1904  eröffnete  neue  Gebäude  befindet  sich  auf  einem  zirka 
5511m2  großen  Gelände.  Der  terrassenartige  Garten  von  3500  m2  Fläche  an  der  Rückfront  des 
Baues  ist  in  die  Gartenanlagen  der  Liechtensteinstraße  eingeschoben  und  bietet  mit  diesen 
ein  prächtiges  Luftreservoir.  Die  Hauptfront  des  Baues  hat  eine  Länge  von  87  m  und  gliedert 
sich  in  das  von  der  Straßenflucht  um  8  m  zurückgerückte  Hauptgebäude  und  in  zwei  das- 
selbe flankierende,  ein  Stock  hohe  Flügelpavillons,  welche,  die  Feuermauern  der  Nachbar- 
häuser maskierend,  in  die  Straßenflucht  vorgeschoben  sind.  Diese  Pavillons  sind  mit  Säulen- 
portiken in  Verbindung  zum  Hauptgebäude  gebracht.  Das  Hauptgebäude  besitzt  zwei  in  den 
Garten  eingeschobene  Flügel,  um  die  wertvolle  Ostfront  ausnützen  zu  können. 

Das  Tiefparterre  des  Hauptgebäudes  enthält  die  Küchenanlagen  mit  den  Nebenräumen 
mit  eigenem  Eingang  von  der  Straße,  die  Wohnräume  samt  Bad  für  das  Dienstpersonal  und 
Depots.  Eine  eigene  Treppe  vermittelt  den  direkten  Zugang  zu  der  im  Hochparterre  gelegenen 

Bd.  IL  13 


Abb.  300.     Konsular-Akademie,  IX.,  Waisenhausgasse. 


194 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Direktorswohnung.  Das  Hochparterre,  220  in  über  dem  Straßenniveau  gelegen,  enthält  im  linken 
Flügel  des  Hauptgebäudes  die  Erholungsräume,  den  großen  Speisesaal  mit  Office  und  Speisen- 
aufzug, den  Billardsaal  und  das  Spiel-  und  Lesezimmer,  Waschräume,  ein  Dienerzimmer  und 
eine  Wohnung  für  einen  unverheirateten  Präfekten;  im  rechten  Flügel  ein  Sprechzimmer,  das 
Okonomat  und  die  aus  zwölf  Räumen  bestehende  Direktorswohnung.  Die  erste  Etage  ist  den 
Räumen  des  Unterrichtes  gewidmet  und  enthält  sieben  Hörsäle,  einen  Demonstrationssaal, 
Bibliotheksräume,  den  Festsaal,  Kanzleien  u.  s.  w.  Die  zweite  und  dritte  Etage  sind  in  ganz 
gleicher  Weise  durchgebildet  und  enthalten  nebst  einer  Wohnung  für  einen  ledigen  Präfekten 
und  einem  Inspek- 
tionszimmer Wohn- 
räume für  40  Zöglinge 
mit  je  zwei  Badezim- 
mern in  jeder  Etage 
und  den  erforderli- 
chen Diensträumen. 

Die  Wohnräume 
eines  jeden  Zöglings 
bestehen  aus  einem 
kleinen,  vom  Korridor 
zugänglichen  Vor- 
raum, einem  geräumi- 
gen zweifensterigen 
Zimmer  und  einem 
großen  Alkoven,  wel- 
cher durch  eine  breite, 
seitlich  mit  Glasfen- 
stern versehene  Öff- 
nung mit  dem  Zimmer 
in  Verbindung  steht. 
Die  beiden  Eckpavil- 
lons enthalten  ein 
Wartezimmer,  ein  Or- 
dinationszimmer für 
den  Arzt,  eine  Kran- 
kenabteilung sowie 
Diener-  und  Beamten- 
wohnungen. 

Im  Niveau  des 
Gartens  ist  entlang 
der  rückwärtigen  Front 
des  Hauptgebäudes 
ein  Parterrebau  einge- 
fügt, welcher  einen 
geräumigen  Turn-  und 
Fechtsaal  und  eine 
Badeanlage  mit  sechs 
Duschkabinen  enthält. 
Sämtliche  Räume  des 
ganzen  Baues  werden 

durch  eine  Niederdruckdampfheizung  erwärmt  und  elektrisch  beleuchtet.  Die  ganze  Anlage 
ist  mit  Bezug  auf  die  Gründerin  der  Anstalt  im  Barockstil  der  Maria  Theresianischen  Zeit  ge- 
halten. Die  Kosten  des  Baues,  welcher  nach  den  Plänen  des  Architekten  Ludwig  Baumann 
ausgeführt  wurde,  beliefen  sich,  ohne  Einrichtung  und  Grunderwerbung,  auf  850.000  K,  die  der 
inneren  Einrichtung  auf  1 50.000  K.  k. 

Das  k.  k.  Zivil-Mädchenpensionat,  VIII.,  Josef  Städterstraße, 

wurde  von  Kaiser  Josef  II.  1786  zu  dem  Zwecke  gegründet,  um  „Gouvernanten  und  Lehrerinnen 
der  Jugend"    heranzubilden.     Die  Anstalt  wurde  zunächst  im  Kloster  St.   Ursula  untergebracht 


Z  Zimmer  der  Zöglinge. 
SR  Schlafraum. 
VR  Vorraum. 


D  Diener. 
OB  Offener  Balkon. 
PR  Putzraum. 


WR  Waschraum. 
K  Korridor. 


Akademien,  Lehrerbildungsanstalten  etc. 


195 


und  daselbst  am  1 .  März  1787  eröffnet.  Im  Jahre  1803  übersiedelte  das  Pensionat  nach  Hcrnals 
und  1806  in  den  kleinen  Trakt  des  Minoritenklosters  in  der  Alserstraße.  Da  die  Unterkunft 
sowohl  in  Hernais  als  auch  in  der  Alserstraße  mit  vielen  Unzukömmlichkeiten  verbunden  war, 
wurde  im  Jahre  1840  das  Gartenpalais  des  Grafen  Chotek  in  der  Josefstädterstraße  angekauft 
und  adaptiert,  worauf  1841  die  Übersiedelung- des  Pensionates  stattfand.  An  dieser  Stätte  be- 
findet sich  die  Anstalt  noch  heute.  1853  wurde  der  erste  Erweiterungsbau  notwendig,  und  als 
im  Jahre  1869  das  k.  k.  Zivil-Mädchenpensionat  auf  Grund  des  Reichsvolksschulgesctzes  reor- 
ganisiert wurde,  kam  1877 — 1878  ein  Zu-  und  Erweiterungsbau  zur  Ausführung,  um  die  für 
eine  öffentliche  Lehrcrinncnbildungsanstalt  notwendigen  Räumlichkeiten  zu  schaffen. 

Das  k.  u.  k.  Offizierstöchter- Erzieh ungsinstitut  in  Hernais  (Abb.  302). 

Das  Institut  wurde  im  Jahre  1775  durch  die  Kaiserin  Maria  Theresia  gegründet  und  befand 
sich  damals  in  St.  Polten.  Kaiser  Josef  II.  beschloß  am  13.  Oktober  1785,  das  Offizierstöchter- 
institut von  St.  Polten  nach  Hernais  in  das  vormalige  Paulinergebäude  zu  übersetzen.  Dieses 
Gebäude  bestand  seit  1743.  Es  umfaßte  den  Mittelteil  des  jetzigen  Kalvarienbergtraktes  und 
behielt  bis  auf  den  heutigen  Tag  seine  ursprüngliche  Gestalt.  Der  an  das  Paulinerkloster  an- 
stoßende Acker  wurde  zur  Herstellung  eines  Gartens  für  das  Institut  verwendet.  1786  über- 
siedelte das  Institut  mit  40  Zöglingen  in  das  neu  hergerichtete  Institutsgebäude.  Nach  einer 
neuerlichen  Erweiterung  im  Jahre  1857  fanden  70  Stiftlinge  Unterkunft.  In  den  Jahren  1873 
bis  1876  flössen  dem  Institute  so  reichliche  Spenden  zu,  daß  eine  neuerliche  Erweiterung  des 
Institutes  ermöglicht  wurde.  Dieser  Neubau,  nach  der  Kaiserin  Elisabeth,  „Elisabethtrakt"  ge- 
nannt, welcher  für  90  Zöglinge  Raum  bietet,  wurde  am  4.  Oktober  1877  bezogen.  Mit  der 
Vergrößerung  des  Institutes  nach  außen  vollzog  sich  im  Inneren  eine  höchst  bedeutungsvolle 
Reorganisation  auf  dem  Gebiete  des  Erziehungs-  und  Unterrichtswesens.  1877  wurde  unter 
anderem  die  Lehrerinnenbildungsanstalt  am  Hernalser  Institute,  die  mit  dem  Öffentlichkeitsrechte 
ausgestattet  ist,  ins  Leben  gerufen.  Im  Jahre  1883  wurde  ein  neuer  Gartentrakt  vollendet,  der 
zur  Aufnahme  der  vom  Kaiserhause  gestifteten  Freiplätze  dient.  Seit  1889  erhebt  sich  neben 
dem  Gartentrakt  die  stattliche  Institutskapelle.  Gleichzeitig  wurde  an  Stelle  der  im  Jahre  1881 

gekauften,  an  das  Institut  grenzenden  Häuser 
der  Hernalser  Hauptstraße  mit  dem  Bau 
eines  isolierten  Krankenhauses,  das  schon 
längst  ein  dringendes  Bedürfnis  geworden 
war,  begonnen.  Vom  Jahre  1877  bis  zum 
Jahre  1892  stieg  zufolge  reicher  Stiftungen 
die  Anzahl  der  Stiftlinge  in  beiden  Offiziers- 
töchter-Erziehungsinstituten !)  auf  234,  und 
das  Institut  zu  Hernais  erhielt  1893  einen 
weiteren  einstöckigen  Hofanbau. 

Um  eine  intensive  Pflege  der  Jugend- 
spiele und  im  Winter  auch  Eislaufen  zu  er- 
möglichen, wurden  1896 — 1897  entbehrliche 
Gartenanlagen  zu  einem  Spiel-  beziehungs- 
weise Eislaufplatze  umgebaut.  Die  im  Jahre 
1898  angekauften  Häuser  Nr.  61  und  63  der 
Hernalser  Hauptstraße  ermöglichten  1899 
die  Erweiterung  des  Gartens,  1900  die  Er- 
richtung eines  Gewächshauses  und  1902, 
als  der  Zöglingsstand  in  Hernais  von  174 
auf  196  gestiegen  war,  die  Schaffung  geeigneter  Zöglingsräumlichkeiten  im  Hauptgebäude. 
Im  Institute  sind  seit  1901  — 1902  untergebracht:  a)  das  Internat,  zusammengesetzt  aus 
einer  dreiklassigen  Bürgerschule,  einer  aus  vier  Jahrgängen  und  einer  Vorbereitungsklasse 
bestehenden  Lehrerinnenbildungsanstalt  und  einer  zweijährigen  Handelsschule,  und  b)  das 
Externat,  bestehend  aus  einer  fünfklassigen  Übungsschule  und  einem  Kindergarten.  Der 
Stand  der  internen  Zöglinge  betrug  von  1903—1904  170  bis  200.  Die  Übungsschule  und 
der  Kindergarten  wird  von  200  Schülerinnen   und  Kindern  besucht. 


a  Hauptgebäude, 
b  Wohn-  und  Kranken- 
gebäude. 


Sp  Spielplatz. 
Pr.  H.  Privathäuser. 
G  Garten. 


Abb.  302. 


Offizierstöchter-Erziehungsinstitut  in  Hernais.     Lageplan 
1:3000. 


])  Das  zweite  Institut  befindet  sich  in  üdenburg. 


196 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Die  k.  k.  Lehrerinnenbildungsanstalt,  I.,  Hegelgasse  14  (Abb.  303,  304). 

Bald  nach  dem  Inkrafttreten  des  Reichsvolksschulgesetzes  vom  14.  Mai  1869  erfoh 
Errichtung  einer  staatlichen  Lehrerinnenbildungsanstalt  in  den  Räumen  der  1789  von 
Josef  II.  gegründeten  k.  k.  Stadtmädchenschule 
(Obere  Bäckerstraße  Nr.  755),  welche  gleich- 
zeitig zur  Übungsschulc  der  neuen  Bildungs- 
stätte bestimmt  wurde.  Von  allem  Anbeginne  er- 
wiesen sich  die  Räume  der  Anstalt  als  nach  jeder 
Richtung  ungenügend  und  auch  die  im  Jahre 
1870  erfolgte  Übersiedelung  in  das  St.  Anna- 
Gebäude  (Johannesgasse  Or.-Nr.  4)  war  nur  ein 
Notbehelf,  um  so  mehr,  als  durch  Anglicdcrung 
mehrerer  Bildungskurse  sowie  insbesondere  durch 
Eröffnung  von  Parallelklassen  die  verfügbaren 
Räume  zu  eng  wurden  und  das  Gebäude  auch 
baufällig  war.  Aber  erst  im  Jahre  1883  wurde 
die  Herstellung  eines  Gebäudes  zur  Unterbrin- 
gung der  k.  k.  Lehrerinnenbildungsanstalt,  der 
Staatsgewerbeschule,  der  Vorbereitungsschule  zur 
Kunstgewerbeschule,  des  k.  k.  Schulbücherverlages 
und  der  k.  k.  statistischen  Zentralkommission  auf 
dem  sogenannten  „Hegelplatze"  genehmigt. 

Der  Neubau,  welcher  nach  den  Plänen 
der  Architekten  Avanzo  und  Lange  ausgeführt 
wurde,  konnte  im  August  1885  bezogen  werden. 
Der  mächtige  Schulpalast  ist  ein  freistehendes 
Gebäude  in  italienischer  Renaissance  mit  Sou- 
terrain, Hochparterre,  Mezzanin  und  drei  Stock- 
werken. Von  den  beiden  Höfen  ist  der  größere 
mit  einer  Gartenanlage  versehen   und   dient   der  Abb.  303.   Lehrerinnenbildungsanstalt. 


;te  die 
Kaiser 


I.  Staatsgewerbeschule. 

II.  Lehrcrinnenbildungs- 
anstalt. 

Vorbereitungsschule 
zur  Kunstgewerbe- 
schule. 

Schulbücherver 
lagsdirektion. 

V.  Statist.  Zentral- 
kommission. 


III 


IV 


Abb.  304.     Lehrcrinncnbildungsanstalt,  I.,  Hcgclgassc.     Erster  Stock.     1:800. 


k.  k.  Lehrerinnenbildungsanstalt  als  Turn-  und  Spielplatz.  Die  Südostfront  (Hegclgasse  14) 
von  105  m  Länge  gehört  fast  ausschließlich  der  k.  k.  Lehrcrinncnbildungsanstalt  zu.  Die  der 
Anstalt  zur  Verfügung  stehenden  Lchrräume  befinden  sich  zumeist  im  ersten  und  zweiten 
Stocke,  der  Festsaal,  Zeichen-  und  Arbeitssäle  und  einige  Sammlungen  im  dritten  Stocke,  die 
Direktionsräumc  und  Wohnung  im  Mezzanin. 

Sämtliche  Räume  einschließlich    der  Gänge    und    des  Stiegenhauses    sind  hell  und   luftig. 
Die  Volksschulklasscn  sind  am  geräumigsten  und  haben  einen  durchschnittlichen  Flächeninhalt 


Mittelschulen . 


197 


von  87'53m2;  auf  eine  Bürgerschulklassc  kommen  im  Durchschnitte  6268  m-  und  auf  einen 
Jahrgang;  75'84m-  Bodenflächc.  Der  auf  eine  Schülerin  entfallende  Luftraum  schwankt  zwischen 
625  m:i  und  etwa  13m:i.  Für  die  erforderliche  Lufterneuerung  sorgen  Ventilatoren  in  aus- 
reichendem Maße.  Die  Baukosten  bcliefen  sich  auf  1,443.988  K.  Von  dem  Bauplatze  per  5400  m2 
sind  3243  m-   verbaut;    demnach  entfallen  auf   Im-  verbauter  Fläche  445  K  Baukosten. 

Der  Kindergarten  zählt  30  Zöglinge,  die  Übungsschule  (5  Klassen  Volksschule  und 
3  Klassen  Bürgerschule)  224  Schülerinnen;  in  den  vier  Jahrgängen  der  Lchrcrinnenbildungs- 
anstalt  befinden  sich  zusammen  160  Zöglinge,  im  Handarbeitslehrerinnen-Kurse  40  und  im 
Kindergärtnerinnen-Kurse  35  Zöglinge.  Dr.  von  Wiener. 

Die  k.  k.  Lehrerbildungsanstalt,  III.,  Sophienbrückengasse  20, 

wurde  im  Jahre  1876  auf  einem  Teil  des  fürstlich  Rasumofskyschen  Gartens  (siehe:  Geologische 
Reichsanstalt)  errichtet.  Das  Gebäude,  in  dem  auch  das  k.  k.  Staatsgymnasium  untergebracht 
ist,  besitzt  einen  Garten  von  zirka  2500  m2  Fläche,  welcher  gleichzeitig  dem  naturwissenschaft- 
lichen Unterrichte  dient.  Der  Bau,  welcher  nach  den  Plänen  der  Architekten  Machitka  und 
Schmoranz  ausgeführt  wurde,  ist  im  Stile  des  erhaltenen,  derzeit  von  der  k.  k.  Geologischen 
Reichsanstalt  benützten  ehemaligen  fürstlich  Rasumofskyschen  Palais  durchgeführt  und  bedeckt 
eine  Fläche  von  1946  m2.  Die  Baukosten  beliefen  sich  auf  zirka  860.000  K.  Der  Anstalt  stehen 
in  diesem  Gebäude  elf  Lehrzimmer  von  ungefähr  10  m  Länge,  6  m  Breite  und  5  m  Höhe,  sowie 
ein  Festsaal,  ein  Hörsaal  für  Chemie  und  Physik  und  die  nötigen  Räume  für  Sammlungen, 
Bibliothek,  Kanzleien  u.  s.  w.,  im  ganzen  33  Räume  zur  Verfügung. 

Die  Handelsakademie,   I.,  Akademiestraße  12'), 

wurde  am  13.  Jänner  1858  in  einem  ärarischen  Gebäude  in  der  Renngasse  eröffnet  als  eine 
Schöpfung  des  Vereines  der  Wiener  Handelsakademie.  Das  im  Jahre  1862  errichtete,  zwei 
Stockwerke  hohe  Anstaltsgebäude,  I.,  Akademiestraße  12,  wurde  nach  den  Plänen  Theophil 
Hansens  auf  einer  Area  von  1953  m2  erbaut.  Es  enthält  16  Lehrsäle,  das  Warenmuseum  (in 
zwei  großen  Sälen),  das  chemische  Laboratorium,  das  Warenlaboratorium,  das  physikalische, 
das  geographische  und  das  naturhistorische  Kabinett,  zwei  Bibliotheken  und  zahlreiche  andere 
Räume,  die  teils  für  Unterrichtszwecke,  teils  für  die  Verwaltung  der  Anstalt,  teils  für  Woh- 
nungen (des  Direktors,  der  Diener)  bestimmt  sind.  Die  Anstalt  hat  einen  Fassungsraum  für 
800  Studierende.  K. 


IV.  MITTELSCHULEN. 

Wien  zählte  im  Jahre  1848  vier  Gymnasien,  von  denen  drei  von  den  Piaristen  und  das 
vierte  von  den  Benediktinern  des  Schottenstiftes  geleitet  wurden.  Im  Jahre  1849  erhielten  die 
Mittelschulen  eine  provisorische  neue  Organisation  durch  die  vom  Ministerialräte  F.  Exner  und 
Prof.  H.  Bonitz  (aus  Stettin  berufen)  stammende  Reform,  welche  mit  dem  Allerhöchsten  Hand- 
schreiben vom  9.  Dezember  1854  genehmigt  wurde.  Im  Jahre  1864  besaß  Wien  außer  dem 
Theresianischen  Gymnasium  4  öffentliche  Obergymnasien  und  5  Realschulen,  im  Jahre  1875 
10  Gymnasien,  7  Realschulen;  im  Jahre  1889  15  Gymnasien  und  10  Realschulen.  Gegen- 
wärtig (1903/04)  bestehen  16  k.  k.  Staatsgymnasien,  1  Privat-Untergymnasium  mit  zusammen 
6722  Schülern,  13  k.  k.  Staatsrealschulen,  4  Privat-Unterrealschulen  mit  zusammen  6759  Schülern 
und  außerdem  6  Mittelschulen  für  die  weibliche  Jugend  (Mädchenlyzeen).2)  Einige  dieser  An- 
stalten werden  nachstehend  beschrieben. 


A.  Gymnasien. 

K.  k.  akademisches  Gymnasium,  I.,  Christinengasse  6. 

Dieses    Gymnasium    wurde    im    Jahre    1552    von    den    Jesuiten     im    Dominikanerkloster 
eröffnet,  im  Jahre   1555  in  das  ehemalige  Karmeliterkloster  Am  Hof  und  im  Jahre   1622  in  die 

')  Denkschrift  über  die  Entwicklung;  des  österreichischen  Handelsschulwesens.  Alfred  Holder,  Wien  1899. 

2)  Nähere  Daten  über    die  Entwicklung   der  Mittelschulen    siehe  „Wien  1848 — 1888",    herausgegeben    vom  Gemeinderate    der 
Stadt  Wien,  Absatz  I:  „Die  Schule"  von  Dr.  Emanuel  Hannak. 


198  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

Universität  verlegt.  Seit  1773  ist  es  eine  Staatsanstalt;  im  Jahre  1816  wurde  das  Gymnasium 
den  Piaristen  übergeben,  im  Jahre  1850  zum  Obergymnasium  erweitert  und  mit  weltlichen 
Lehrern  besetzt.  Im  Jahre  1 866  erhielt  das  Gymnasium  ein  neues  Gebäude,  welches  nach 
dem  Projekte  Friedrich  von  Schmidts  in  den  Jahren   1863 — 1866  gebaut  wurde. 

Das  von  allen  vier  Seiten  freistehende  Gebäude  ist  in  gotischem  Stile,  in  Ziegelrohbau, 
der  Sockel  und  sämtliche  Gesimse  und  sonstige  Konstruktionsteile  sind  aus  Sandstein  aus- 
geführt. Die  Hauptfassade  ist  reicher  als  die  drei  Seitenfassaden  ausgestattet.  Dagegen  ist 
die  Innenarchitektur  wesentlich  reicher  durchgeführt;  den  Glanzpunkt  der  architektonischen 
Ausstattung  bildet  die  große,  25  m  lange  und  15  m  breite,  im  zweiten  Stocke  liegende  Aula. ]) 
Die  Baukosten  betrugen  1,074.000  K,  wovon  auf  die  innere  Einrichtung  50.000  K  entfallen. 
Im  Jahre   1903 '04  betrug  die  Zahl   der  Schüler  478. 

K.  k.  Gymnasium  der  Benediktiner  zu  den  Schotten,  I.,  Freiung  6. 

Als  infolge  Vereinigung  des  Jesuiten-Gymnasiums  mit  der  Universität  (1622)  das  Profeß- 
haus  der  Jesuiten  Am  Hof  eines  Gymnasiums  entbehrte,  stiftete  Feldmarschall  Graf  Rudolf 
von  Teuffcnbach  1650  daselbst  ein  neues  Gymnasium,  hauptsächlich  wegen  Überfüllung  des 
akademischen  Gymnasiums.  Bei  Aufhebung  des  Jesuitenordens  1773  wurde  es  mit  dem  aka- 
demischen Gymnasium  vereinigt,  aber  1775  als  kaiserliches  Gymnasium  zu  St.  Anna  wieder 
eröffnet,  1807  von  den  Benediktinern  des  Schottenstiftes  übernommen,  1849  als  Ober- 
gymnasium organisiert.  Die  bauliche  Anlage  bietet  nichts  Bemerkenswertes;  im  Jahre  1904 
betrug  die  Zahl  der  Schüler  352. 2) 

K.  k.  Sophien-Staatsgymnasium,  II.,  Zirkusgasse  48. 

Das  Gebäude  wurde  in  den  Jahren  1897/98  nach  dem  Entwürfe  des  Baurates  Gustav 
Sachs  vom  Hochbaudepartement  des  Ministeriums  des  Innern  ausgeführt.  Im  Schuljahre  1899/1900 
begann  der  Unterricht  daselbst.  Das  auf  einer  Mittelparzelle  aufgeführte  Gebäude,  dessen 
Gassenfront  38-50  m  lang  ist,  besitzt  einen  Gassentrakt  und  einen  Gartentrakt,  welche  durch 
zwei  kürzere  Quertrakte  verbunden  sind.  An  den  Gartentrakt  schließt  sich  ein  einseitiger  Flügel- 
bau mit  der  Turnhalle  und  dem  darüberliegenden  Festsaale  an. 

Das  Schulgebäude  ist  im  Renaissancestile  architektonisch  und  dekorativ  einfach  aus- 
geführt. Für  die  Beleuchtung  ist  ausschließlich  Gas  (für  die  Unterrichtsräume  Gas-Auer-Licht 
mit  Reflexschirmen)  und  nur  im  Physiksaale  zu  experimentellen  Zwecken  ein  elektrischer 
Strom  eingeführt.  Die  Beheizung  sämtlicher  Schulräume  und  Gänge  wird  durch  eiserne  Regulier- 
füllöfen  bewirkt.  Die  Kosten  des  neuen  Schulgebäudes  inklusive  der  Inneneinrichtung  be- 
trugen rund  540.000  K.  Im  Jahre  1903/04  belief  sich  die  Zahl  der  Schüler  auf  480,  welche 
in  acht  Stamm-  und  vier  Parallelklassen  untergebracht  sind.;i) 

K.  k.  Staatsgymnasium,  III.,  Sophienbrückengasse  22. 

Dieses  wurde  1869  als  Real-Obcrgymnasium  errichtet;  seit  dem  Jahre  1877/78  ist  das- 
selbe ein  normales  Gymnasium.  Das  zweistöckige  Anstaltsgebäude,  in  welchem  auch  die 
Lehrerbildungsanstalt  untergebracht  ist,  steht  im  Garten  des  Rasumofsky-Palais.  Im  Jahre 
1903/04  hatte  die  Schule  acht  Stamm-  und  vier  Parallelklassen    mit    zusammen  544  Schülern. 

Das  k.  k.  Elisabeth-Staatsgymnasium,  V.,  Rainergasse  33  und  Kriehubergasse  28  (Abb.  305 1. 

wurde  im  Jahre  1878  mit  den  ersten  zwei  Klassen  in  dem  Gebäude  des  Piaristcnkollegiums 
zu  St.  Thckla  eröffnet.  Im  Jahre  1885  war  das  Gymnasium  auf  acht  Klassen  vervollständigt. 
Da  jedoch  die  bisherigen  Schulräume  für  die  Bedürfnisse  der  Anstalt  zu  klein  waren,  genehmigte 
das  k.  k.  Ministerium  für  Kultus  und  Unterricht  im  Jahre  1893  die  Durchführung  des  Gymnasial- 
baues im  V.  Bezirke  nach  den  vom  damaligen  k.  k.  Baurat  Theodor  Hödl  entworfenen  Skizzen. 
Das  Detailprojekt  wurde  vom  technischen  Departement  der  k.  k.  niederösterrcichischen  Statt- 
halterei  ausgearbeitet.  Die  Baukosten  betrugen  352.000  K,  diejenigen  für  die  innere  Einrichtung 
38.000  K.    Die  Schule    hatte    1903/04    acht    Stamm-    und    vier    Parallelklassen    mit    zusammen 

')  Eine  detaillierte  Beschreibung  ist  im  „Technischen  Führer  durch  Wien",  herausgegeben  von  Prof.  Dr.  E.  Wink  ler,  1S74. 
sowie  in  Klascns  „Grundrißvorbildcr  von  Schulgebäuden",  1S84,  veröffentlicht. 

2)  Jahrbuch  des  höheren  Unterrichtswesens  in  Österreich.  1903,  XVI.  Jahrgang. 

')  Eine  detaillierte  Beschreibung  wurde  vom  Regierungsrat  Dr.  Gustav  Waniek,  k.  k.  Direktor,  im  Jahresberichte  1901  dieser 
Schule  veröffentlicht.  Försters  Bauzeitung.  1904. 


Mittelschulen. 


199 


407    Schülern.  ')     Als   Bauleiter  fungierte 
A.  Ender  zugeteilt  war. 


k.  k.    Oberingenieur  J.  Bacher,   welchem    Ingenieur 


K.  k.  Staatsgymnasium,  VIII.,  Piaristengasse  45. 

Im  Jahre  1701  wurden  sowohl  die  Volksschule  als  auch  zwei  Grammatikalklassen  (Parva 
und  Principia),  welche  in  dem  südlichen  Trakte  des  im  Jahre  1698  in  Angriff  genommenen 
Piaristenklosters  untergebracht  wurden,  eröffnet.  Seit  dem  Jahre  1849  ist  diese  Schule  als 
Obergymnasium  organisiert  und  im  Jahre  1870  wurde  sie  verstaatlicht.  Für  die  Räume  ent- 
richtet der  Staat  einen  mäßigen  Mietzins  an  das  Piaristenkollegium. 2)  Die  Schule  hatte  1903/04 
acht  Stamm-  und  vier  Parallelklassen  mit  zusammen  561   Schülern. 


Das  k.  k.  Maximilians-Gymnasium,  IX.,  Hörigasse, 

wurde  im  Jahre  1869  auf  Rechnung  des  Wiener  Stadtkonviktfonds  nach  Plänen  des  Architekten 
von  Ferstel  erbaut  und  am  16.  Oktober  1871  als  Real-Obergymnasium  eröffnet.  Seit  1877/78 
ist  diese  Anstalt  ein  normales  Gymnasium  mit  obligatorischem  Zeichenunterricht  im  Unter- 
gymnasium. Das  Gebäude  enthält  auch  Mietwohnungen,  doch  sind  die  vermieteten  Ubikationen 
vollständig  von  den  Schulräumen  getrennt.  Im  Parterre  befindet  sich  der  1970  m  lange,  8-77  m 
breite,  4-82  m  hohe  Turnsaal  und  darüber  ein  ebenso  großer,  jedoch  6-90  m  hoher  Festsaal 
(Aula).  Das  Parterre  enthält  sieben  Klassenzimmer,  die  Direktionskanzlei,  Konferenzzimmer,  ein 
Zimmer  für  die  Schulbibliothek,  eine  Schuldienerwohnung  und  einen  Turnsaal.  Im  ersten 
Stockwerke  befinden  sich  fünf  Klassen,  das  chemische  Laboratorium,  die  Lehrerbibliothek,  der 
naturhistorische  Lehrsaal,  ferner  ein  Zeichensaal  und  der  physikalische  Lehrsaal.  Im  Souterrain  ist 
die  Wohnung  des  Aushilfsdieners  und  im  zweiten  Stocke  die  Wohnung  des  Anstaltsdirektors, 
mit  separaten  Wendeltreppen.  Die  Höhe  der  Unterrichtsräume  beträgt  im  Lichten  4'74m.  Die 
Lehrräume  sind  mit  Öfen  beheizt,  wogegen  der  Turnsaal  und  die  Aula  eine  gesonderte,  im 
Souterrain  untergebrachte  Heizvorrichtung  haben.  Die  Schule  hatte  1903/04  acht  Stamm-  und 
vier  Parallelklassen  mit  446  Schülern.3) 

K.  k.  Karl  Ludwig-Staatsgymnasium,  XII.,  Rosasgasse  1. 

Am  17.  September  1883  wurde  das  von  der  Gemeinde  neu- 
errichtete „Kommunal-Gymnasium  in  Unter-Meidling"  eröffnet  und 
am  1.  Jänner  1889  wurde  es  in  die  Staatsverwaltung  übernommen, 
wobei  sich  die  Ge- 
meinde verpflichtete,  |— r 
für  den  Neubau  des 
Gymnasiums  20.000  K 
und  den  Bauplatz  zu 
geben.  Am  1.  Septem- 
ber 1892  übersiedelte 
die  Anstalt  aus  dem 
bisherigen  Schulhause 
in  das  neue  Gebäude, 
welches  auf  Grund  des 
im  Departement  für 
Hochbau  vom  Ober- 
baurate Edlen  von 
Rezori  verfaßten  Pro- 
jektes im  Jahre  1892 
aus  Staatsmitteln  er- 
richtet wurde.  Den 
Bau  leitete  der  dama- 
lige Oberingenieur  der 
niederösterreichischen     Statthalterei    Hermann    Wehrenfennig.     Die   Baukosten     betrugen    rund 


L  Lehrzimmer.     O  Garderobe.     B  Bibliothek.     T  Turnsaal. 
Abb.  305.  Staatsgym  i  isium  im  V.  B;zi  rk  e  .  Ebenerd.  1 :  800. 


Abb.  306.     Staatsgymnasium  in 
Hietzing.     Erster  Stock.     1:800. 


1)  Näheres  siehe  „österreichische  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst".  1895,  Heft  1. 

2)  Eine  ausführliche  Beschreibung  über  die  Gründung  des  Kollegiums  und  des  Gymnasiums  der  Piaristen  in  Wien  ist  vom 
jetzigen  Direktor,  Regierungsrat  Pius  Knöll,  in  der  „Festschrift  zur  Feier  des  zweihundertjährigen  Bestandes  des  k.  k.  Staatsgymnasiums 
im  VIII.  Bezirke  Wien"  erschienen. 

')  Näheres  ist  im  Jahresberichte  1895,96  enthalten. 


200 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


381.000  K,    wovon    auf    die    innere  Einrichtung  40.000  K  entfallen.    Die  Schule   hatte   1903  04 
acht  Stamm-  und  drei  Parallelklassen  mit  zusammen  401   Schülern.  ') 

K.  k.  Staatsgymnasium,  XIII.,  Fichtnergasse  (Abb.  306». 

Das  Anstaltsgebäude  wurde  auf  Grund  des  im  Departement  für  Hochbau  im  Ministerium 
des  Innern  vom  Baurat  Alois  Koch  verfaßten  Projektes  in  den  Jahren  1899/1900  unter  Bau- 
leitung des  damaligen  k.  k.  Ingenieurs  Emil  Artmann  aus  Staatsmitteln  aufgeführt.  Das  Ge- 
bäude enthält  zwölf  Lehrzimmer,  zwei  Reservezimmer,  einen  Zeichensaal  nebst  Modellier- 
zimmer, Physiksaal  nebst  anschließenden  Räumen  für  die  physikalischen  und  naturhistorischen 
Sammlungen,  die  Wohnung  des  Direktors,  die  Direktionskanzlei  mit  Vor-  und  Wartezimmer, 
das  Konferenzzimmer,  die  Bibliothek,  Dienerwohnungen,  ferner  Exhortensaal  und  Turnhalle. 
Die  Beheizung  der  Räume  geschieht  durch  die  Zentral-Niederdruckdampfluftheizung,  für  die 
Beleuchtung  ist  das  diffuse  Gas-Auer-Licht  mit  Reflexschirmen  (diffuse  Beleuchtung)  in  Ver- 
wendung. Die  Kosten  des  Gebäudes  einschließlich  der  inneren  Einrichtung  beliefen  sich  auf 
rund  438.000  K,  jedoch  ohne  Baugrund,  der  unentgeltlich  in  das  Eigentum  des  Ärars  von 
Privaten  abgetreten  wurde.  Anzahl  der  Schüler  346.  -) 

K.  k.  Staatsgymnasium,  XIX.,  Gymnasiumstraße  83  (Abb.  307). 

Dieses  Gymnasium  wurde  1835  als  Kommunal-Untergymnasium  errichtet  und  im 
Jahre   1899  zum   Obergymnasium  erweitert.  Vom   1.  September   1895  an  wurde  die  Anstalt    in 

die  Staatsverwaltung  übernommen.  Das  zwei  Stock  hohe  Gebäude, 
welches  im  Jahre  1887  nach  dem  Projekte  des  Architekten  Karl 
Hinträger  erbaut  wurde,  ist  freistehend,  besitzt  einen  Vor-  und 
Schulgarten,  und  enthält  außer  den  Schullokalitäten  und  der  Turn- 
halle die  Direktorswohnung,  welche  einen  separaten  Eingang  von 
dem  Schulgarten  aus  besitzt,  und  die  Schuldiencrswohnung.  Das 
Gebäude,  welches  Eigentum  der  Gemeinde  ist,  steht  dem  Staate 
unentgeltlich  zur  Verfügung.  Die  Gesamtkosten  des  Baues  betru- 
gen  150.000  K.     Die  Anzahl  der  Schüler  war  342. :J) 


L  Lehrzimmer,    DW  Direktions- 
wohnung. T  Turnsaal. 

Abb.  307.Obergymnasium  in  Döbling. 
Ebenerd.  1:800. 


B.  Realschulen. 
K.  k.  Staatsrealschule,  I.,  Schottenbasteigasse  7. 


Eine  der  ersten  Realschulen  Wiens  wurde  im  Jahre  1861  als 
Kommunal-Unterrealschule  im  IX.  Bezirke,  Grüne  Torgasse,  im 
Gemeindehause  errichtet.  In  den  Jahren  1876  und  1877  wurde,  da  das  alte  Gebäude  bald 
nicht  mehr  ausreichte,  das  jetzige  Schulgebäude,  Schottenbasteigasse  7,  nach  den  Entwürfen 
des  städtischen  Baurates  Paul  aufgeführt.  Die  Gesamtbaukosten  des  Hauses  betrugen  500.000  K, 
in  welcher  Summe  die  Kosten  für  die  Inneneinrichtung  und  für  die  Zentralheizanlage  mit  er- 
wärmter Luft  inbegriffen  sind.  Das  Gebäude,  welches  Eigentum  der  Gemeinde  ist,  steht  dem 
Staate  unentgeltlich  zur  Verfügung.  Im  Jahre  1903/04  war  die  Schule  von  581  Schülern 
besucht.4) 

K.  k.  Staatsrealschule,  II.,  Vereinsgasse  21. 

Diese  Realschule  ist  durch  Erweiterung  der  früher  bestandenen  Unterrealschule  1871  ent- 
standen und  wurde  1872  zur  Oberrealschule  erweitert.  Das  gegenwärtig  in  der  Vereinsgasse 
stehende  Schulgebäude  wurde  auf  Grund  des  im  Hochbaudepartement  des  k.  k.  Ministeriums 
des  Innern  vom  k.  k.  Oberingenieur  Josef  Schiedt  verfaßten  Projektes  in  den  Jahren  1874 
bis  1875  neu  erbaut  und  im  September  1875  bezogen.  Nebst  den  Unterrichtsräumen,  der 
Wohnung  für  den  Direktor  und  den  drei  Schuldienerwohnungen  enthält  das  Gebäude  eine 
geräumige  Turnhalle  und  eine  darüber  befindliche,  500  Schüler  fassende  Aula.  Besondere  Be- 
achtung verdienen  die  Dimensionen  der  Räume;  sämtliche  Unterrichtslokalitätcn  sind  4'80  m 
im  Lichten  hoch,    die  Lehrzimmer  sind  6'32  m,    die  Zeichensäle    6-64  m  tief,    die  Gänge    sind 


')  Ausführliche  Beschreibung  des  Gymnasialgebäudes  ist  im  Jahresberichte  1893  enthalten. 

J)  Näheres  ist  im  Jahresberichte  1901  veröffentlicht. 

')  Näheres  „Allgemeine  Bauzeitung".  Jahrgang  188S,  Heft  12. 

')  Näheres  in  den  Jahresberichten  1S7S  und  1886. 


Mittelschulen. 


201 


im  Haupttrakte  316  m  und  in  den  Seitentrakten  2-92  m  breit.  Die  Schule  hatte  im  Jahre  1903/04 
sieben  Stamm-  und  sieben  Parallelklassen  mit  zusammen  597   Schülern. ') 

K.  k.  Staatsrealschule,  IV.,  Waltergasse  7. 

Mit  dieser  Realschule  ist  gegenwärtig  eine  gewerbliche  Fortbildungsschule  für  Lehrlinge 
und  Gehilfen  verbunden.  Am  19.  November  1855  wurde  sie  als  Kommunal-Realschule  eröffnet 
und  vom   1.  September   1894  an  von  der  Staatsverwaltung  übernommen. 

Das  zweistöckige  Gebäude  wurde  im  Jahre  1855  nach  dem  Entwürfe  des  Architekten 
Ferdinand  Fellner  von  der  Kommune  Wien  erbaut  und  im  Jahre  1871  durch  einen  nach  dem 
Projekte  des  Oberingenieurs  G.  Hausmann  ausgeführten  Zubau  auf  seine  jetzige  Ausgestaltung 
gebracht.  Das  Gebäude,  welches  Eigentum  der  Gemeinde  ist,  steht  dem  Staate  unentgeltlich 
zur  Verfügung.  Im  Jahre  1903  04  hatte  die  Schule 
sieben  Stamm-  und  sechs  Parallelklassen  mit  zu- 
sammen 592  Schülern.2) 

Die  k.  k.  Staatsrealschule,  V.,  Ramperstorffergasse  52, 

wurde  im  Jahre  1875  als  Unterrealschule  errichtet 
und  vom  Jahre  1902  an  zur  Oberrealschule  erweitert. 
Im  Anfang  war  die  Staatsrealschule  in  einem  ge- 
mieteten Zinshause  untergebracht.  Im  Jahre  1902 
wurde  nach  dem  vom  Statthalterei-Hochbaudeparte- 
ment  ausgearbeiteten  Projekte  ein  neues  Schulgebäude 
aus  Staatsmitteln  erbaut.  Als  Bauleiter  war  der  k.  k. 
Statthalterei-Ingenieur  Mayer  bestellt.  Für  den  Bau  sind 
477.500  K,  für  die  innere  Einrichtung  60.000  K  be- 
willigt worden.  Die  Schule  hatte  1903/04  sechs  Stamm- 
und  vier  Parallelklassen  mit  zusammen  433  Schülern. 


K.  k.  Staatsrealschule,  VI.,  Marchettigasse  3  (Abb.  308). 

Diese  Realschule  war  im  Jahre  1854  als  Kom- 
munal-Unterrealschule  errichtet  und  1880  zur  Ober- 
realschule erweitert  worden.  In  den  Jahren  1879  bis 
1881  wurde  ein  neues  Gebäude  für  die  Realschule 
nach  den  Plänen  des  Architekten  Siebreich  von  der 
Gemeinde    Wien     erbaut    und    1881     eröffnet.     Am 

1.  September  1896  wurde  diese  Kommunal-Oberrealschule  in  die  Staatsverwaltung  über- 
nommen. Das  Schulhaus  bildet  mit  der  Webeschule  ein  geschlossenes  Viereck,  wovon  drei 
Seiten  der  Oberrealschule  zugewiesen  sind.  Die  vier  Gebäudetrakte  schließen  einen  34  m 
langen  und  26  m  breiten  Hof  ein.  Der  gegen  die  Marchettigasse  gelegene  Haupttrakt  ist  drei- 
stöckig, der  gegen  Süden  gelegene  Trakt  einstöckig  und  der  nördliche  Seitentrakt  zweistöckig. 
Die  Schule  hatte   1903/04  sieben  Stamm-  und  vier  Parallelklassen  mit  zusammen  494  Schülern.  a) 


ZS  Zeichensaal. 
MC  Modellkabinett. 
Nh  M  Naturhistorisches 
Museum. 


CfZ  Konferenzzimmer. 
KZ  Direktionskanzlei. 
D  rW  Direktorswohnung. 
LZ  Lehrzimmer. 


Abb.  308.    Oberrealschule  im  VI.  Bezirke. 
Erster  Stock.    1 :  800. 


Die  k.  k.  Staatsrealschule,  VII.,  Neustiftgasse, 

ist  mit  einer  gewerblichen  Fortbildungsschule  verbunden.  Diese  Anstalt  wurde  im  Jahre  1851 
aus  der  seit  1815  mit  dem  k.  k.  Polytechnischen  Institute  vereinigt  gewesenen  „Realschule  des 
k.  k.  Polytechnischen  Institutes  in  Wien"  J)  errichtet.  Das  Schulgebäude  befand  sich  früher 
im  Hause  Westbahnstraße  25.'"')  Im  Jahre  1874  wurde  der  Unterricht  in  diesem  Gebäude  ge- 
schlossen und  am  15.  Mai  1874  begann  derselbe  im  neuen  zweistöckigen  Schulgebäude  Neu- 
stiftgasse. Das  Projekt  und  die  Ausführung  des  Gebäudes  stammt  vom  Architekten  Stattler. 


')  Eine  nähere  Beschreibung  mit  Grundrißplänen  des  Gebäudes  ist  im  Jahresberichte  1876  veröffentlicht. 

*)  Eine  nähere  Beschreibung  mit  Abbildung  des  Parterregrundrisses  findet  sich  im  „Technischen  Führer  durch  Wien",  1874, 
vom  Prof.  Dr.  E.  Winkler. 

3)  Näheres  findet  man  im  Jahresberichte  1882,  erstattet  vom  Direktor  Dr.  Anton  Kau  er. 

4)  Siehe  Aufsatz  von  Prof.  Johann  Engel,  „Zur  Geschichte  der  Realschule  Wien"  im  Jahresberichte  1851  52,  und  den  Aufsatz 
vom  jetzigen  Direktor  Regierungsrat  Karl  Klekler,  „Zur  Geschichte  der  österreichischen  Realschule  unter  der  Regierung  Franz 
Josef  I."  in  der  Zeitschrift  für  das  Realschulwesen,  18y8. 

5)  Näheres  über  das  Gebäude  im  Aufsatz  vom  Prof.  Moritz  Kuhn,  „Vorgeschichte,  Gründung  und  Geschichte  der  Schotten- 
felder Oberrealschule"  in  der  Festschrift  zum  50.  Jahresberichte  der  Schottenfelder  k.  k.  Staatsrealschule. 


202 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Diese  k.  k.  Staatsrealschule  besitzt 
zwölf  Lehrzimmer,  vier  Zeichensäle  mit 
zehn,  ein  Modellierzimmer  mit  drei  Neben- 
räumen, einen  großen  Turnsaal,  je  ein 
eigenes  Lehrzimmer  für  Physik  und  Chemie, 
drei  Räume  für  physikalische,  zwei  für  die 
naturgcschichtlichcn  Sammlungen,  ein 
Handlaboratorium  mit  Wagzimmer  und 
Destillicrkammcr,  ein  Schülerlaboratorium, 
Direktionskanzlci  und  Konferenzzimmer  mit 
je  einem  Vorzimmer,  eine  Direktors-  und 
eine  Dienerswohnung.  Alle  Räume  werden 
von  der  Zentral -Warmwasserheizung  be- 
heizt. Im  Jahre  1903/04  hatte  die  Schule 
sieben  Stamm-  und  sieben  Parallelklassen 
mit  640  Schülern. 

K.  k.  Staatsrealschule,  X.,  Jagdgasse  40. 

Für  den  Neubau  der  Realschule 
wurde  auf  Grund  der  im  Departement  für 
Hochbau  im  k.  k.  Ministerium  des  Innern 
vom  k.  k.  Baurat  Gruber  verfaßten  Projekt- 
skizzen das  Detailprojekt  bei  der  k.  k.  n.-ö. 
Statthalterci  vom  Baurat  F.  Wagner  verfaßt 
und  der  Bau  am  1.  September  1902  fertig- 
gestellt. Die  Baukosten  beliefen  sich  auf 
460.000  K,  die  der  Inneneinrichtung  auf  % 
50.000  K.  1903/04  hatte  die  Schule  zwei 
Stammklassen  mit  zus.  241   Schülern.1) 

K.  k.  Staatsrealschule,  XV.,  Henrietten- 
platz (Abb.  309,  310). 

Im  Jahre  1872  wurde  diese  Anstalt 
eröffnet  und  seit  1878/79  zur  Oberreal- 
schule erweitert.  Der  Fassungsraum  ist  auf 
600  Schüler  berechnet.  Das  aus  Gemeinde- 
mitteln erbaute  Gebäude  wurde  nach  dem 
Entwürfe  des  Architekten  k.  k.  Professor 
V.  Luntz  in  den  Jahren  1876 — 1877  unter 

der  Leitung  des  k.  k.  Oberingenieurs  E.  Schönbichler  durchgeführt.  Die  Baukosten  betrugen 
480.060  K  und  diejenigen  für  innere  Einrichtung  57.000  K.  Die  Schule  hatte  1903/04  sieben 
Stamm-  und  sechs  Parallelklassen  mit  zusammen  603  Schülern.-) 

Die  k.  k.  Staatsrealschule,  XVIII.,  Schopenhauerstraße  49, 

wurde  am  15.  Oktober  1879  als  Unterrealschule  und  im  Jahre  1884  als  Oberrealschule 
errichtet.  Die  Schule  hatte  1903/04  sieben  Stamm-  und  fünf  Parallelklassen  mit  zusammen 
578  Schülern.  Das  Gebäude,  welches  Eigentum  der  Gemeinde  ist,  steht  dem  Staate  unentgelt- 
lich  zur  Verfügung. 


Abb.  309.    Oberrealschule,  XV.,  Henricttenplatz. 


V  Vestibül. 
SL  Schülerlaboratorium. 
HL  Handlaboratorium. 

C  Chemischer  Hörsaal. 
MS  Modellsammlung. 

L  Lehrzimmer. 

T  Turnsaal. 


Jfenrietten  Dia  fz 
Abb.  310.     Oberrealschule.  XV.,  Henriettenplatz.    Ebenerd.     1:800. 


Die  k.  k.  Franz  Josef-Staatsrealschule,  XX.,  Unterbergergasse  1  (Abb.  311), 

wurde  als  Unterrealschule  1875  errichtet  und  1895  zur  Obcrrealschule  erweitert.  Bis  zum 
Ausgange  des  Schuljahres  1899/1900  war  sie  in  einem  Privathause  des  II.  Bezirkes,  Glockcn- 
gasse  2,  untergebracht.  Vor  Beginn  der  Sommerferien  1899/1900  übersiedelte  die  Anstalt 
in    das    neue  Schukrebäude  Unterber^erg-assc   1.     Das    neue,    zwei  Stock    hohe   Gebäude    liegt 


')  Die  Beschreibung  des  Schulgcbäudes  ist  im  Jahresberichte  1903  vom  Direktor  Dr.  Alois  Würzner  veröffentlicht. 
'-)  Austührliche    Beschreibung    findet  sich  in  der  Allgemeinen  Bauzeitimg,  Jahrgang  1SS0.    sowie    auch   im  Jahresberichte  1SS0 
veröffentlicht. 


Mittelschulen. 


203 


A  Kustoszimmer. 
Ph  S  Pysikalische  Sammlung. 
Ng  Naturhistorische  Sammlung. 
Ph  Lchrzimmer  für  Physik. 


N  Lehrzimmer  für  Natur- 
geschichte. 
Ch  Lehrzimmer  für  Chemie. 
T  Turnsaal. 


Abb.  311.    K.  k.  Franz  Josef-Staatsrealschule.     Ebenerd.     1:800. 


in  der  Wasner-,  Unterberger-  und  Karajan- 
gasse,  also  von  drei  Seiten  frei,  an  der 
vierten  (Nachbarscitc)  ist  die  Turnhalle  auf- 
geführt. Der  Festsaal  ist  im  zweiten  Stocke. 
Auf  Grund  des  im  Hochbaudeparte- 
ment im  k.  k.  Ministerium  des  Innern  vom 
damaligen  Oberingenieur  Karl  Donda  aus- 
gearbeiteten Skizzenprojektes  wurde  vom 
k.  k.  Baurat  Alois  Koch  das  Detailprojekt 
für  die  neue  Realschule  verfaßt.  Der  Bau 
wurde  unter  Oberleitung  des  Hofrates 
Emil  Ritter  von  Förster  aus  Staatsmitteln 
ausgeführt.  Die  Baukosten  betrugen  rund 
481.700  K,  diejenigen  für  innere  Einrich- 
tung rund  65.800 K.    Schülerzahl  56 1.1) 

C.  Mittelschulen  für  die  weibliche 
Jugend. 

Das  Mädchen-Lyzeum  des  „Wiener  Frauen- 
erwerbsvereines, VI.,  Rahlgasse  4, 


wurde  im  Jahre  1861  gegründet,  1901/02 
organisiert  und  hat  1891  das  Öffentlichkeitsrecht  erhalten.  Heute  besitzt  selbes  sechs  Klassen 
mit  250  Schülerinnen. 

Das  Mädchen-Lyzeum  Dr.  Eugenie  Schwarzwald,  I.,  Kohlmarkt  5, 

wurde  1873  als  Volks-  und  Bürgerschule  gegründet,  im  Jahre  1888  in  ein  Lyzeum  umgewandelt, 
1891  mit  Mädchengymnasium  verbunden.  Daneben  bestehen  noch  Fortbildungskurse.  Besucht 
wird  das  Lyzeum  von  130,  das  Gymnasium  von  30  und  die  Fortbildungskurse  von  40  Schülerinnen. 

Das  Mädchen-Lyzeum  Luithlen,  I.,  Tuchlauben  18, 

wurde  1861  gegründet;  seit  1883  ist  es  eine  Volks-  und  Bürgerschule  mit  Fortbildungskursen, 
seit  1890  Mädchen-Lyzeum  mit  einer  vierklassigen  Vorbereitungsschule  mit  Öffentlichkeitsrecht. 
Es  zählt   163  Schülerinnen  am  Lyzeum  und  57  in  den  Volksschulklassen. 


Seit   1890  ist  es 


Das  Mädchen-Lyzeum,  V.,  Nikolsdorfergasse  8, 

wurde   1869  als  Volks-  und  Bürgerschule  mit  Fortbildungskursen    gegründet. 
ein  sechsklassiges  Lyzeum  mit  vier  Vorbereitungsklassen.  49  Schülerinnen. 

Die  Private  gymnasiale  Mädchenschule,  I.,  Hegelgasse  12, 

wurde  1892  von  dem  „Verein  für  erweiterte  Frauenbildung"  gegründet.  Die  Anstalt  umfaßt 
seit  1902/03  sieben  Klassen,  von  denen  drei  das  Unter-  und  vier  das  Obergymnasium  bilden. 
161    Schülerinnen. 


Das  Mädchen-Lyzeum  des  Schulvereines  für  Beamtentöchter,  VIII.,  Langegasse  47, 

wurde  1890  als  höhere  Töchterschule  gegründet,  seit  1901/02  besitzt  es  Öffentlichkeitsrecht. 
356  Schülerinnen.  Das  Gebäude,  in  welchem  nebst  der  höheren  Töchterschule  noch  die 
Handelsschule  untergebracht  ist,  gehört  dem  „Schulverein  für  Beamtentöchter"  und  wurde  in 
den  Jahren  1892  und  1893  nach  den  Plänen  des  Architekten  Karl  Bringmann  und  des  da- 
maligen k.  k.  niederösterreichischen  Statthalterei-Oberingenieurs  Silvester  Tomßa  ausgeführt; 
die  Bausumme  betrug  rund  306.000  K.  Im  Jahre  1903  wurde  auf  das  Gebäude  das  dritte  Stock- 
werk aufgesetzt.  Baukosten  40.000  K.  Karl  Donda. 


')  Nähere  Beschreibung  mit  sieben   Abbildungen  vom  k.  k.  Direktor  und  Regierungsrat  Richard  Trampler  im  Jahresberichte 
von   1901  veröffentlicht. 


204  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

V.  GEWERBLICHE  LEHRANSTALTEN. 

Das  gewerbliche  Bildungswesen  in  Österreich  zerfällt  in  drei  Gruppen  von  Anstalten, 
welche  sich  mit  der  Vorbildung,  der  Ausbildung  und  Fortbildung  von  Angehörigen  des  Ge- 
werbestandes  befassen.  Bei  einzelnen  Instituten  und  Schulcinrichtungen  treten  die  hier  auf- 
gezählten Zwecke  als  Ziel  der  Organisation  untereinander  verbunden  oder  mannigfaltig  mit- 
einander verflochten  auf.  Die  gewerblichen  Abend-  und  Sonntagsschulen,  Fortbildungsschulen, 
welche  Lehrlingen  der  Meisterlchre  eine  theoretische  Ergänzung  ihrer  Befähigung  bieten  sollen, 
unterliegen  in  Niederösterreich,  daher  auch  in  Wien,  der  Landesgesetzgebung.  Für  ihre  räum- 
liche Unterkunft  ist  ausnahmslos  durch  bestehende  Volks-  und  Bürgerschulgebäude  vorgesorgt. 
Manche  dieser  Fortbildungsschulen    sind    auch    in  Realschulen   und  Gymnasien    untergebracht. 

Selbständige  Gebäude  für  gewerbliche  Fortbildungsschulen  existieren  nicht,  daher  treten 
dieselben  auch  äußerlich  nicht  in  die  Erscheinung  und  können  daher  auch  nicht  Gegenstand 
der  weiteren  Erörterung  in  diesem  Buche  bilden.  Die  Spezialschulen,  Fachschulen  mit  Tages- 
unterricht zum  Zwecke  der  Ausbildung  von  gewerbetreibenden  jungen  Leuten  sind  durch 
eine  Anzahl  von  Beispielen  in  Wien  vertreten.  Schulgebäudc,  für  diese  Anstalten  speziell  er- 
richtet, bestehen  nicht,  daher  entzieht  sich  auch  diese  Gruppe  der  Schulen  der  Erörterung 
an  diesem  Platze.  Der  Hoftrakt  eines  Gebäudes  in  der  Marchettigasse,  in  welchem  die  Fach- 
schule für  Textilindustrie  untergebracht  ist,  bildet  eine  bedeutungslose  Ausnahme  von  dem 
eben  Gesagten.  Für  Staatsgewerbeschulen,  das  sind  Bündel  von  Fachschulen  mit  vorwiegend 
theoretischem  Unterrichte  für  die  Ausbildung  von  künftigen  Angehörigen  der  mechanisch- 
technischen,  bautechnischen  oder  kunstgewerblichen  Produktionsrichtung  bestehen  zwei  Bei- 
spiele in  Wien,  und  zwar  die  höhere  Staatsgewerbeschule  mechanisch  und  bautechnischer 
Richtung  im  I.  Bezirke  und  die  Staatsgewerbeschule  (niedere  Staatsgewerbeschule)  oder  Werk- 
mcisterschule  mechanisch-technischer  Richtung  im  X.  Bezirke.  Das  Gebäude  der  ersteren  ist  nach 
den  Plänen  der  Architekten  Avanzo  und  Lange  erbaut,  die  Baulichkeiten  für  das  letztere 
Institut  rühren  vom  Stadtbauamte  her.  Eine  Anstalt,  welche  einen  Rang  zwischen  der  Mittel- 
schule und  der  Hochschule  einnimmt,  ist  das  k.  k.  Technologische  Gewerbe-Museum  in  Wien, 
welches  in  einem  Gebäudekomplex  untergebracht  ist,  der  von  vier  Straßen  umgeben  wird, 
Währingerstraße,  Prechtlgasse,  Severin-  und  Eisengasse,  und  aus  einer  Anzahl  von  Gebäuden 
besteht,  die  in  verschiedenen  Perioden  entstanden  sind.  Bevor  auf  die  Details  dieses  Baues 
eingegangen  wird,  soll  hier  eine  Darstellung  der  Vorgeschichte  des  Institutes  gegeben  werden, 
welche  einen  Ausfluß  aus  der  Entwicklungsgeschichte  des  gewerblichen  Bildungswesens  bildet. 

Bei  der  gewerblichen  Produktion,  welche  bis  zu  Ende  des  18.  Jahrhunderts  Handwerk 
oder  Manufaktur  war,  trat  bekanntlich  durch  die  Einführung  der  Dampfmaschine  eine  neue 
Produktionsform  auf  den  Plan,  gekennzeichnet  durch  die  Kraftmaschine,  die  Werkzeug-  und 
Arbeitsmaschine  und  das  Prinzip  der  Teilung  der  Arbeit,  mit  einem  Worte:  die  Fabrik.  Der 
Fabriksarbeiter  wurde  aber  ausschließlich  durch  (natürliche  Verjüngung)  Inzucht  gewonnen. 
Niemand  verfiel  auf  den  Gedanken  einer  wissenschaftlichen  Vorbereitung,  einer  planmäßigen 
Erziehung  des  Arbeiternachwuchses.  Dabei  trat  die  Fabrik  gegenüber  der  Werkstätte  des 
Handwerkers  so  in  den  Vordergrund,  daß  die  letztere  fast  ganz  in  Vergessenheit  geriet.  Viele 
Produkte  des  Gewerbefleißes  übernahm  völlig  die  Fabrikation  und  eine  Gruppe  von  Gewerbe- 
betrieben nach  der  anderen  verschwand.  Die  auf  den  neu  erfundenen  Maschinen  und  chemi- 
schen Prozessen  beruhende  Produktion  des  19.  Jahrhunderts  ist  in  unaufhaltsamer,  außer- 
ordentlich rascher  Zunahme  begriffen,  stand  auffallend  im  Vordergrund  des  Interesses,  gestaltete 
so  sehr  von  Grund  aus  alle  Verkehrsformen,  das  öffentliche  Leben  und  die  Anschauungen 
um,  daß  die  oberflächlich  Beobachtenden  zu  der  Ansicht  gelangten,  man  könne  alles  Weitere 
dem  freien  Spiel  der  Kräfte  überlassen.  Stellte  sich  irgendwo  ein  Mangel  ein,  so  trachtete 
man,  ihm  unmittelbar  abzuhelfen.  Und  so  waren  es  zunächst  die  Bedürfnisse,  die  sich  in  der 
Großindustrie  fühlbar  machten,  denen  man  Rechnung  zu  tragen  suchte.  Bei  dem  Ingenieur- 
wesen, wie  es  der  Hoch-,  Straßen-,  Wasser-,  Brücken-  und  Eisenbahnbau  zeitigte  und  wie  es 
das  Maschinenwesen  bedurfte,  ging  es  mit  der  natürlichen  Verjüngung  des  Nachwuchses  gar 
nicht.  Die  polytechnischen  Institute,  die  Akademien  für  einzelne  technische  Zweige,  später  die 
technischen  Hochschulen  lieferten  den  zukünftigen  Ingenieur,  während  dem  Arbeiterstandc 
nur  der  bloß  empirisch  Ausgebildete  eingereiht  werden  konnte.  Die  Fälle,  daß  der  Praktiker, 
sich  selbständige  theoretische  Kenntnisse  erwerbend,  zum  Range  eines  Ingenieurs  aufstieg, 
gehörten    zu    den  Seltenheiten  und  werden  dann    oft  nur  in  der  Geschichte    der  Erfindungen 


Gewerbliche  Lehranstalten. 


205 


Abb.  312.     Technologisches  Gewerbemuseum. 


aufgezählt.  Es  sind  Ausnahmen,  bei  denen  eine  gottbegnadete  Begabung  den  Schulsack  überbot. 
Während  das  Fabriks-  und  Verkehrswesen  durch  die  ihm  direkt  dienenden  Lehranstalten  über 
wissenschaftlich  ausreichend  vorgebildete  Kräfte  verfügte,  blieben  die  Gewerbebetriebe  und 
die  Handwerksstätten,  ohnehin  hart  bedrängt  durch  die  Fabrikskonkurrenz,  ganz  ohne  jede 
Hufe  von  außen. 

Um  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  erkannte  man  ziemlich  allgemein  im  mittleren  und 
westlichen  Europa  die  dringende  Notwendigkeit,  dem,  was  vom  Gewerbe  und  Handwerk 
übrig  geblieben  war,  zu  Hilfe  zu  eilen.  Zuerst  waren  es  die  gewerblichen  Fortbildungsschulen, 
allgemeine  und  fachliche,  die  den  für  das  Gewerbe  bereits  gewonnenen  Knaben  oder  Mädchen 
eine  Ergänzung  der  Volksschullehrfrüchte  im  Hinblicke  auf  allgemeine  Bildung  und  eine  Er- 
gänzung der  in  der  Meisterlehre  mühselig  und  oft  in  unzureichendem  Maße  erlangten  Routine 
in  fachlicher  Richtung  zu  bieten  geeignet  waren.  Dem  Zeichnen  wurde  das  Hauptaugenmerk 
zugewendet,  mit  Recht,  denn  die  Meisterlehre  befaßte  sich  nicht  damit.  Dann  bemerkte  man 
auch  andere  Mängel.  So  war  die  Aufstellung  von  Voranschlägen,  die  sogenannte  Kalkulation, 
eine  der  Hauptgrundlagen  der  Geschäftsabschlüsse  in  einer  Fabrik,  im  Werkstättenbetriebe  des 
kleinen  Unternehmers,  des  Handwerkers,  fast  gänzlich  unbekannt.  Sie  wurde  nie  erlernt,  oder 
ging  verloren.  Ähnliches  kann  man  von  der  Buchhaltung  sagen,  ohne  die  ein  größerer  Betrieb 
schon  wegen  der  bestehenden  gesetzlichen  Forderungen  undenkbar  ist.  Das  waren  die  auffälligsten, 
die  empfindlichsten  Mängel,  die  dem  rückständigen  Gewerbe  anhafteten.  Man  hatte  sie,  wie  gesagt, 
im  Anfang  der  zweiten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  erkannt  und  suchte  ihnen  durch  die  gewerb- 
lichen Fortbildungsschulen  abzuhelfen.  Aber  diese  Maßregeln  reichten  nicht  aus.  Jene  Gewerbe- 
richtungen, welche  auf  mechanisch-technischer  oder  chemisch-technischer  Grundlage  beruhen 
oder  durch  die  Ergebnisse  der  Naturwissenschaften  beeinflußt  werden  konnten,  oder  den 
großindustriellen  Betrieben  als  Hilfswerkstätten  dienstbar  waren,  bedurften  der  ausgiebigen 
Zufuhr  wenn  auch  elementarer  technischer  Kenntnisse,  die  im  Wege  der  Fortbildungsschule 
nicht  geleistet  werden  konnte.  So  entstand  mit  einer  gesteigerten  Einbeziehung  aller  graphischen 
Fächer  die  Tagesschule  für  den  gewerblichen  Nachwuchs  unter  der  Bezeichnung  Gewerbe- 
schule, Gewerkenschule,  oder  Handwerkerschule,  oder  gewerbliche  Fachschule.  Unter  diesen 
trat  der  Zahl  und  Bedeutung  nach,  vielleicht  mit  einer  Überschätzung  des  natürlichen  Bedarfes, 
die  kunstgewerbliche  Fachschule,  welche  zur  besonderen  Pflege  eines  einzelnen  oder  einer 
Gruppe  von  Kunstgewerben  bestimmt  ist,  in  den  Vordergrund  der  öffentlichen  Aufmerksamkeit 
und  der  Fürsorge  der  Gesellschaft    und  der  Regierung.   Nach  dezennienlangem  und  belobtem 


206 


Gebäude  für  Bildimg  und  Unterricht. 


Abb.  313.     Technologisches  Gewerbemuseum.     Galeriesaal. 


Bestände  mancher  Arten  von  gewerblichen  Bildungsanstalten  zeigte  sich,  daß  diese  doch  nicht 
alles  boten,  was  man  vom  Nachwuchs  fordern  mußte,  und  insbesondere  fehlte  den  absol- 
vierten Gewerbeschülern,  die  aus  den  theoretischen  Tagesfachschulen  hervorgingen,  noch 
mehr  als  den  ausgelernten  Lehrlingen  die  Präzision  in  der  Handarbeit,  das  Verständnis  in 
der  Anwendung  der  Werkzeuge,  die  Routine  in  der  Bedienung  der  Maschine,  die  Zuverlässig- 
keit in  der  Überwachung  der  chemischen  Apparate  und  die  Vorliebe  für  die  praktischen 
Seiten  des  Betriebes.  Das  auf  der  individuellen  Leistungsfähigkeit  des  praktischen  Gewerbe- 
mannes beruhende  Selbstgefühl  und  Standesbewußtsein  war  längst  aus  den  Werkstätten  ent- 
schwunden, das  politische  Banausentum  konnte  hierfür  keinen  Ersatz  bieten.  Der  einsichtsvolle 
Konsument  aber,  der  durch  die  Leistungen  der  Großbetriebe  geschulte  Konsument,  erkannte 
die  Mängel  der  Gewerbebetriebe,  welche  sich  dadurch  schmerzlich  erklären  ließen,  daß  es 
dem  Gewerbestande  an  dem  den  heutigen  Anforderungen  entsprechenden  Arbeiternachwuchse 
fehle.  Man  erinnerte  sich  an  die  alten  Meisterschulen,  die  selbst  zur  Zeit  der  Blüte  der  Zünfte 
selten  genug  waren,  dann  aber  und  dort,  wo  der  Meister  ein  Künstler  war  in  seinem  Fache, 
Berühmtheit  erlangten.  Man  erinnerte  sich  auch  an  die  von  Gemeinden,  Regierungen  oder 
Regenten  begründeten  oder  durch  Privilegien  und  Subventionen  mächtig  geförderten  Ateliers 
und  Bauhütten  im  weiteren  Sinne  des  Wortes.  Das  subventionierte  Atelier  trat  wieder  in  die 
Erscheinung,  diesmal  von  dem  Ministerium  für  Kultus  und  Unterricht  oder  für  Handel  und 
Volkswirtschaft  ins  Leben  gerufen,  organisiert,  unterstützt  und  überwacht.  Ohne  Zusammen- 
hang mit  dem  theoretischen  Unterricht  konnten  sie  sich  aber  nicht  erhalten  und  hatten  nur 
eine  Existenzberechtigung  für  relativ  niedrig  stehende  Techniken,  wie  die  Korbflechterei,  die 
Spitzenerzeugung,  Strickerei  und  Stickerei  und  andere  sogenannte  Hausindustrien.  Wenngleich 
die  Lehrwerkstätten  oder  subventionierte  Ateliers  als  ausschließlich  der  praktischen  Unter- 
weisung dienende  Institute  sich  nicht  mehr  bewährten,    so    hat  doch  anderseits  die  Angliede- 


Gewerbliche  Lehranstalten. 


207 


Abb.  314.     Technologisches  Gewerbemuseum.    Lehrwerkstätte  für  Schlosserei. 


rung  der  Lehrwerkstätte  an  die  bisher  ausschließlich  ohne  solche  betriebene  Gewerbeschule, 
Zeichenschule  oder  Fachschule  einen  durchschlagenden  Erfolg  gehabt.  Alle  diese  Organisationen 
und  Veranstaltungen  betrafen  die  künstliche  Erziehung  des  Nachwuchses. 

Die  Erfolge  dieses  Verfahrens  abzuwarten,  selbst  dann,  wenn  es  sich  bereits  das  allge- 
meine Vertrauen  errungen  hatte,  ist  immer  eine  mißliche  Sache  in  unserer  schnellebigen  Zeit. 
Es  bedarf  eben  fast  eines  Menschenalters,  bis  der  der  gewerblichen  Bildungsanstalt  entwachsene 
Jüngling  zum  führenden  Gewerbetreibenden  wird,  der  nicht  nur  den  Ruf  seines  eigenen  Be- 
triebes begründet,  seinen  Namen  ehrenvoll  bekanntgemacht  hat,  sondern  etwa  gar  gemein- 
schaftlich mit  Genossen  den  Ruf  einer  gewerblichen  Richtung  in  einer  Stadt  oder  in  einem  Lande, 
die  Beherrschung  des  Lokalabsatzes,  die  Begründung  eines  Exportes  und  die  Wohlhabenheit  und 
wirtschaftliche  Kraft  der  betreffenden  Mittelstandsgruppe  erzielt  hat.  Darüber  geht  ein  Vierteljahr- 
hundert vorbei,  ein  Vierteljahrhundert,  in  dem  weltumstürzende  technische  Neuerungen  auftreten, 
die  die  gesamte  Produktion  und  das  Verkehrswesen  revolutionieren.  Also,  um  präzise  zu  sein,  wäh- 
rend wir  im  letzten  Viertel  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  mit  Ungeduld  auf  die  Wirkungen  der 
Gewerbeschulen  und  Fachschulen  und  der  durch  die  Fortbildungsschule  ergänzten  Meister- 
lehre warteten,  um  die  Schlosserei,  die  Kunstschmiederei,  die  Bau-  und  Möbeltischlerei,  die 
Baugewerbe  u.  s.  w.  wieder  auf  einer  befriedigenden  Stufe  zu  sehen,  haben  —  wenigstens  in 
den  Produktionsmittelpunkten  —  die  Erfindungen  auf  dem  Gebiete  der  organischen  chemischen 
Technologie,  die  Photographie  und  die  auf  ihr  beruhenden  Reproduktionsverfahren,  die  Tele- 
graphie  durch  ihre  Tochtererscheinung,  die  Telephonie,  die  auf  dem  elektrischen  Starkstrom 
beruhende  Umgestaltung  des  Straßenbahnwesens,  die  vielfache  Ausnützung  des  Petroleums, 
des  Leuchtgases,  des  elektrischen  Stromes,  des  Alkohols  als  Licht-,  Wärme-  und  Kraftquellen, 
unsere  ganzen  bürgerlichen  Einrichtungen  so  verändert,  daß  wir  uns  kaum  mehr  in  die  Zeit 
des  vorletzten  Viertels  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  hineindenken  konnten.  Die  sogenannten 


208  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

technischen  Errungenschaften,  von  denen  eben  einige  Beispiele  aufgezählt  wurden,  haben  aber 
nicht  nur  zahlreiche  große  Fabriksetablissements  mit  Tausenden  von  Arbeitern  und  Hunderten 
von    hochschulmäßig    ausgebildeten    leitenden  Kräften    mit    fabelhafter  Schnelligkeit   ins  Leben 
gerufen,  sondern  weitere  Tausende  von  gewerblichen  Betrieben  sind  durch  ihre  Inhaber  oder 
Vorsteher,    wenn    sie    ihre  Zeit   verstanden    haben,    umgestaltet,    ausgebildet    und    ökonomisch 
wirksamer    gemacht  worden.    Diese    neuen,    in  allen  Produktionsformen    auftretenden  gewerb- 
lichen und  Verkehrsbetriebe    stellten  gebieterisch  ihre  Forderungen   an  alle  Faktoren,    die    mit 
dem  öffentlichen   Unterrichtswesen    zusammenhängen:    Staat,    Land,    Gemeinde,    Korporationen, 
bestehende  Institute  etc     Man    braucht    sofort    und    täglich    mehr    Arbeiter   aller  Grade,    vom 
Fabriksarbeiter    angefangen    bis  zum  leitenden  Ingenieur,    und  in  der  Tat  wird  diesen  Forde- 
rungen in  allen  Stufen   der  Unterrichtsorganisation    von    der   gewerblichen  Fortbildungsschule 
bis    zur  technischen  Hochschule    hinauf,    und  zwar    in    allen    zentral    und    westlich  gelegenen 
europäischen  Staaten    und  Nord-Amerika    entsprochen.    Unter    diesen  Verhältnissen  ist  es  be- 
greiflich, daß  wir  weder  die  Geduld  noch  faktische  Zeit  dazu  haben,  um  die  technische  Neu- 
belebung und   wirtschaftliche  Kraft  des  gesamten  Gewerbestandes  ausschließlich  im  Wege  der 
Erziehung  des  Nachwuchses  abzuwarten.  Wir  müssen  dem  Mittelstande,  so  fordert  es  die  Zeit, 
unmittelbar  zu  Hilfe  eilen,    ihn  technisch  tüchtiger,    wirtschaftlich  kräftiger   und  bürgerlich  zu- 
verlässiger zu  machen 

Diese  Aufgabe  stellte  man  der  Regierung  und  den  für  das  öffentliche  Wohl  verpflichteten 
Körperschaften.  Die  Unterrichtspolitik  blieb  nicht  bei  ihren  bisherigen  Auffassungen  stehen, 
sondern  trachtete  auch  ihre  Organisationen  in  diesem  Sinne  auszunützen  und,  wenn  es  nötig, 
umzugestalten.  So  entstand  ein  neues  Verfahren,  „Gewerbeförderung"  genannt.  Es  gibt  aber 
auch  andere  Mittel  der  Einwirkung  als  jene,  die  sich  im  Lehramte  verkörpern.  Einiges  von 
diesen  Mitteln  besteht  in  der  Errichtung  und  Zugänglichmachung  von  mit  bestimmtem  Ziele 
geschaffenen  Sammlungen,  Museen. 

Die  Geschichte  der  Museen  ist  oft  genug  erzählt  worden,  man  braucht  hier  nicht  darauf 
zurückzukommen.  Die  ältesten  und  wohl  auch  die  wichtigsten  sind  die  Kunstmuseen;  ihnen 
folgte  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  unter  dem  Eindrucke  der  Londoner  Ausstellung 
1851  zuerst  die  Begründung  der  sogenannten  Kunstgewerbemuseen  in  London  (South-Kensington 
Museum),  dann  in  allen  Städten  von  Bedeutung  und  schließlich  in  vielen  Städtchen  ohne  Be- 
deutung. Ein  einziges  technisches  Museum  datiert  weit  voraus.  Schon  Descartes,  der  berühmte 
Gelehrte,  projektierte  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  ein  Museum  von  Maschinen 
und  Apparaten,  worin  in  je  einem  Kabinett  die  für  ein  bestimmtes  Gewerbe  dienlichen  modernen 
Hilfsmittel  vereinigt,  durch  einen  geeigneten  Mann  den  betreffenden  Gewerbetreibenden  erklärt 
und  ihnen  sonstige  Ratschläge  erteilt  werden  sollten.  Realisiert  wurde  diese  Idee  etwa  ein  Jahr- 
hundert später  (1775)  durch  Vaucanson.  Sein  Privatunternehmen,  das  er  in  einem  gemieteten 
Hause  in  der  Vorstadt  Saint-Antoine  ins  Leben  rief,  vermachte  er  dem  Staate.  Die  Regierung 
trat  1783  nach  dem  Tode  Vaucansons  die  Erbschaft  an,  und  nach  der  Revolution  während 
der  ersten  Republik  wurde  im  Jahre  1794  unter  der  Mitwirkung  der  hervorragendsten  Tech- 
niker jener  Zeit  das   „Conservatoire  des  Arts  et  Metiers"   begründet. 

Eine  völlig  verschiedene  Entstehungsgeschichte  hat  das  technische  Museum  Londons, 
welches  gegenwärtig  die  Bezeichnung  „Machincry  and  lnventions  Division  of  the  South- 
Kensington  Museum"  führt.  England  besitzt  ein  überaus  altes  Patentgesetz  und  schon  zur 
Zeit  der  klassischen  Periode  englischer  Erfindungen,  der  Dampfmaschinen,  Lokomotive, 
Spinnmaschinen,  Werkzeugmaschinen  für  Holz-  und  Metallbearbeitung,  war  es  Übung,  ein 
Modell  oder  das  erfundene  Objekt  im  Original  in  dem  sogenannten  Patentmuseum  zu 
hinterlegen.  So  entstand  die  kostbarste,  historisch  bedeutungsvollste  technische  Sammlung, 
begünstigt  in  den  letzten  Stadien  ihrer  Verwaltung  durch  die  großen  englischen  Erfinder-  und 
Ingenieurgenerationen.  Das  Patentmuseum  war  noch  im  Jahre  1851  in  einem  elenden  schuppen- 
artigen Bau  in  Kensington  untergebracht.  Bei  der  Regulierung  und  Verbauung  der  für  die  Welt- 
ausstellung im  Jahre  1862  erworbenen  Grundstücke  wurde  auch  ein  Prachtbau  errichtet,  der. 
durch  das  einstige  Patentmuseum  seither  wesentlich  vervollständigt  und  erweitert,  das  jetzige 
„Machinery  and  lnventions  Division  of  the  South-Kensington  Museum"   aufgenommen  hat. 

Dieses  technische  Museum  ist  das  einzige,  welches  nach  dem  Pariser  Conservatoire  ge- 
nannt zu  werden  verdient.  Dabei  sehen  wir  von  den  technologischen  Sammlungen  ab.  die  als  Lehr- 
behelfc  an  den  polytechnischen  Instituten  existieren,  unter  denen  die  älteste  jene  des  k.  k.  Wiener 
Polytechnischen  Institutes  ist.  Bei  dieser  Sammlung  soll  einen  Augenblick  verweilt  werden.  Kaiser 
Ferdinand  erhielt,  als  er  noch  Kronprinz  war,  einen  technologischen  Unterricht.  Um  diese  Zeit. 


Gewerbliche  Lehranstalten.  209 

schon  etwas  vorher,  entstand  auch  ein  Fabriksproduktcnkabinett,  das  an  das  k.  k.  Polytechnische 
Institut  in  Wien  überging  und  von  dem  Professor  der  Technologie  Altmütter  aufgestellt  wurde. 
Das  Hauptverdienst  dieses  Technologen  war  die  Schaffung  einer  systematischen  Sammlung  von 
Werkzeugen,  die  durch  den  Nachfolger  Altmütters  noch  vervollständigt  wurde.  Das  sogenannte 
technologische  Kabinett  der  k.  k.  Technischen  Hochschule  in  seinem  heutigen  Bestände  ist  zwar 
dem  großen  Publikum  zugänglich,  hat  einen  nicht  zu  unterschätzenden  Wert  als  Lehrmittel- 
sammlung, macht  aber  selbstverständlich  keinen  Anspruch  darauf,  unmittelhar  für  die  Hebung 
der  technischen  Tüchtigkeit  des  Gewerbestandes  benützt,  d.  h.  als  Gewcrbeförderungsmittel 
aufgefaßt  zu  werden.  Außer  dieser  technologischen  Sammlung  entstanden  ja  noch  eine  Reihe 
anderer  an  den  deutschen  technischen  Instituten,  so  namentlich  in  Hannover  durch  Karmarsch, 
in  München  durch  Hoyer,  in  Dresden  durch  Hart  ig  u.  s.  w.  Alle  diese  an  technischen  Hoch- 
schulen bestehenden  Lehrbehelfe  kommen  für  die  unmittelbare  Erziehung  des  Nachwuchses  der 
produktiven  Klassen  nicht  besonders  in  Betracht.  Die  Aufstellung  und  Benützung  ist  von  ganz 
anderen  Gesichtspunkten  aus  geregelt,  als  es  jene  sind,  welche  bei  der  Begründung  und  Ver- 
wertung technischer  Gewerbemuseen  in  Betracht  kommen.  Die  unbelebte  Sammlung  von  Ob- 
jekten an  sich  kann  trotz  räsonierender  Kataloge  und  erläuternder  Legenden  keinen  nachhaltigen 
Einfluß  ausüben.  Das  Conservatoire  in  Paris  hat  erst  dadurch  lebendige  Wirksamkeit  und  nach- 
haltige Erfolge  erzielt,  daß  technische  Fachmänner  zur  Abhaltung  von  Kursen  berufen  wurden, 
in  denen  einzelne  Zweige  der  angewandten  Wissenschaften  unter  Benützung  der  Sammlungen 
und  unter  gleichzeitiger  Belehrung  der  Frequentanten  in  den  Laboratorien  abgehandelt  werden. 
Fachmänner  ersten  Ranges  aus  allen  Gebieten  der  technischen  Disziplinen,  die  für  die  Industrie 
eine  Bedeutung  haben,  vertraten  die  Lehrkanzeln,  welche  verhältnismäßig  rasch  Ruf  und  Einfluß 
gewannen.  Diese  Kurse  sind  zumeist  Winterabendkurse  und  für  solche  Personen  bestimmt,  die 
bereits  einem  Berufe  angehören.  Sie  sind  jedermann  zugänglich  und  es  wird  keinerlei  Art  von 
Schuldisziplin  ausgeübt.  Sie  haben  in  ihrer  Gesamtheit  den  Charakter  einer  Fortbildungsschule 
für  gebildete  Erwachsene,  für  Männer,  die  eine  theoretisch-wissenschaftliche  Ergänzung  ihres 
fachlichen  Wissens  und  Könnens  anstreben. 

Der  wiederholt  unternommene  Versuch,  an  den  Kunstgewerbemuseen,  die  ja  ausnahmslos 
von  einem  Künstler,  Kunstgelehrten  oder  Kunstfreund  geleitet  werden  und  mit  Kunstgewerbe- 
schulen in  Verbindung  stehen,  technologische  Abteilungen  in  der  Art  zu  errichten,  daß  sie 
ihrerseits  der  Technik  der  gewerblichen  Betriebsamkeit  Impulse  zu  geben  in  der  Lage  sind, 
hat  sich  fast  nirgends  bewährt.  Das  älteste  europäische  Kunstgewerbemuseum,  jenes  zu  South- 
Kensington  in  London,  hat  auch  diesen  Versuch  unternommen,  aber  bald  wieder  aufgegeben. 
Noch  schwächlicher  war  der  Versuch  in  Wien,  welcher  nur  noch  im  Titel  des  Institutes  „Museum 
für  Kunst  und  Industrie"  eine  Spur  zurückgelassen  hat.  Die  einzigen  Anstalten,  in  denen 
dauernd  und  mit  Glück  die  Vereinigung  der  Kunstgewerbepflege  mit  der  technologischen  Ge- 
werbeförderung durchgeführt  wurde  und  erhalten  blieb,  sind  das  Bayrische  Gewerbemuseum  in 
Nürnberg  und  das  Königliche  Württembergische  Landes-Gewerbemuseum  in  Stuttgart,  doch 
dominiert  auch  dort  das  Kunstgewerbe.  Ähnliche  Verhältnisse  sind  in  Winterthur,  Kaiserslautern, 
Brunn  u.s.w.  Ich  habe,  um  diesen  Gegenstand  halbwegs  erschöpfend  abzuschließen,  nur  noch  zu  be- 
merken, daß  sowohl  das  Pariser  als  auch  das  Londoner  technische  Museum  durch  ihr  eigenes 
Alter  zu  historisch  bedeutsamen  Kollektionen  emporgewachsen  sind  und  alles  aufbieten  müssen, 
damit  die  modernen  Arbeitsbehelfe  nicht  durch  den  Vorrat  an  alten  und  veralteten  erdrückt 
werden.  Sollen  diese  technologischen  Sammlungen  die  ihnen  innewohnenden  Kräfte  in  der 
Beeinflussung  der  interessierten  Kreise  frei  machen,  so  muß  an  solchen  Sammlungen  ein  Kon- 
sultationsdienst organisiert  sein.  Jeder  Angehörige  der  verschiedenen  Zweige  der  Industrie 
und  Gewerbe  muß  dort  Auskünfte  erhalten  und  Führer  finden  bei  seinen  technischen  Be- 
strebungen. 

Ein  anderes  Mittel  zur  Führung  der  fortschrittlichen  Bewegung  auf  dem  gesamten  Gebiete 
der  gewerblichen  und  industriellen  Produktion  sind  die  technischen  Probier-,  Untersuchungs- 
oder Versuchsanstalten.  Nur  einige  Institutionen  dieser  Art  besitzen  ein  höheres  Alter,  so  z.  B. 
die  Eichämter,  von  den  Staatsverwaltungen  errichtet  zur  Feststellung  von  Maß  und  Gewicht, 
die  Probier-  und  Punzierungsämter  für  die  Münzstätten  und  die  Edelmetalle  verarbeitenden 
Gewerbe,  die  Probieranstalten  für  die  Feuerwaffen  etc.  Jüngeren  Datums  hingegen  sind  die 
bei  Eisenbahnen,  Hüttenwerken  und  an  polytechnischen  Instituten  errichteten  Prüfungsanstalten 
für  die  Festigkeit  von  Bau-  und  Maschinenmaterialien.  Der  Privatunternehmungsgeist,  in  England 
besonders  empfänglich,  hat  dort  eine  derartige,  dem  Publikum  gegen  einen  bestimmten  Tarif 
zugängliche  Anstalt  ins  Leben  gerufen  (Kirkaldy,  London).     Auch   die    von    industriellen  Ver- 

Bd.  II.  14 


2  1  0  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

bänden  und  Fachkorporationen  errichteten  Versuchslaboratorien  sind  zunächst  den  Interessen 
der  Mitglieder  der  betreffenden  Körperschaft  dienstbar. 

Die  an  Hochschulen  errichteten  Laboratorien  haben  eine  Doppelaufgabe;  es  müssen  dort 
zu  Zwecken  der  wissenschaftlichen  Forschungen  Versuchsreihen,  insbesondere  komparative 
Versuchsreihen  angestellt  werden,  während  anderseits  für  die  industrielle  und  gewerbliche 
Praxis  die  Beschaffenheit  der  zu  verwendenden  Roh-  und  Hilfsstoffe  nach  den  verschiedensten 
Richtungen  festzustellen  und  zu  bescheinigen  ist.  Großartige  Entwicklungen  sind  zu  verzeichnen 
bei  d<m  führenden  Materialprüfungsanstalten  in  München,  Zürich  und  Berlin.  Schon  vor  Dezennien 
war  deren  Einfluß  auf  das  Ingenieurwesen,  auf  Industrie  und  Verkehr  ein  beträchtlicher. 

Das  Prinzip  der  Teilung  der  Arbeit  hat  insbesondere  bei  den  chemisch-technischen  Ver- 
suchslaboratorien und  Prüfungsanstalten  Platz  gegriffen.  So  kennen  wir  heute  Versuchsstationen 
für  landwirtschaftliche  Zwecke,  so  viele  für  Düngeranalysen,  für  die  Zuckerindustrie,  für  Mälzerei 
und  Brauerei,  für  Ledergerberei,  für  die  keramische  Industrie,  für  die  Zement-  und  Betonindustrie, 
für  Färberei  u.  s.  w.  Auf  dem  Gebiete  der  Textil-  und  Papierindustrie  erschienen  schon  in  der 
ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  die  Titrieranstalten  für  Seide  und  Wolle,  während  die 
Papierprüfung  erst  im  dritten  Viertel  des  Jahrhunderts  anfing,  sich  Bahn  zu  brechen.  In  aller- 
neuester  Zeit  sind  Laboratorien  für  die  Erprobung  von  Motoren  und  die  Untersuchung  der 
dynamischen  Verhältnisse  an  denselben  entstanden,  und  zwar  entweder  an  Lehranstalten  oder 
an  Gewerbemuseen.  Die  Erprobung  von  Dampfkesseln  und  die  Bremsprobe  an  Maschinen  wird 
entweder  von  staatlichen  Organen  oder  von  privilegierten  Vereinen  betrieben. 

Sogar  die  Erscheinung  ist  nicht  mehr  selten,  daß  Versuchsanstalten  für  einen  ganz 
speziellen  Zweck,  sagen  wir  für  einen  einzelnen  Artikel,  ins  Leben  gerufen  werden,  z  B.  für 
Schiffsketten  und  Taue  oder  für  Gummiwaren.  Die  Prüfung  der  Handfeuerwaffen  ist  durch 
besondere  Gesetze  in  Österreich  und  in  Belgien  geregelt  worden,  zuerst  in  dem  letztgenannten 
Staate.  Ein  neues  großes  Feld  für  das  wissenschaftliche  und  öffentlich  betriebene  Versuchs- 
wesen eröffnete  sich  mit  dem  Eindringen  der  Elektrotechnik  in  alle  Zweige  der  Industrie  und 
des  Verkehrs.  Die  Grenzen  zwischen  den  Aufgaben  des  Ingenieurwesens  und  jenen  der  eigent- 
lichen Industrie  sind  oft  kaum  zu  ziehen.  Auch  gibt  es  große,  mittlere  und  kleine,  leicht  und 
schwer  zugängliche,  mehr  oder  minder  wirksame  Anstalten  aus  der  Gruppe  der  Institute  für 
technische  Erprobung,  aber  allenthalben  besteht  das  Streben  nach  Vereinheitlichung  der  Prüfungs- 
methoden, der  Ausdrucksweise  für  die  Prüfungsergebnisse  u.  s.  w.  Wir  stehen  da  unmittelbar 
vor  der  Realisierung  eines  internationalen  Einverständnisses.  Das  technische  Versuchswesen  hat 
einen  Siegeslauf  zurückgelegt  und  muß  überall  dort  angewendet  werden,  wo  sich  die  gewerb- 
liche Produktion  hierfür  zugänglich  zeigt.  Auf  vielen  Gebieten  bedeutet  heute  schon  die  Nicht- 
beachtung des  Versuchswesens  den  Keim  des  Verfalles  oder  den  Verlust  der  Konkurrenzfähigkeit. 

Wenn  man  das  bisher  Gesagte  überblickt,  so  gewahrt  man  vor  allem,  daß  drei  hervor- 
ragende Gruppen  von  Bildungs-  und  Förderungsmitteln  technischer  Art  bestehen:  das  Unter- 
richts-, das  Museal-  und  das  Versuchswesen.  Für  ihre  Propagierung,  d.  h.  die  Ausbildung  an 
sich  und  Einführung  in  das  industrielle  Fortschrittsbestreben,  dient  das  gesprochene,  geschriebene 
und  gedruckte  Wort,  der  populäre  agitorische  Vortrag,  das  Zeitschriftenwesen  und  die  Bibliothek 
mit  ihrem  Lesesaale.  Die  Entstehungsgeschichte  aller  dieser  Arten  von  Institutionen  ist  ebenso 
mannigfaltig  wie  ihre  Organisation,  ihre  rechtliche  Grundlage,  ihr  Abhängigkeitsverhältnis,  ihr 
Einfluß  auf  die  ihnen  zugehörigen  Arbeitsgebiete,  ebenso  mannigfaltig  wie  der  Wert,  Ruf  und 
Erfolg  ihrer  Schöpfer  und  leitenden  Arbeitskräfte.  In  einer  großen  Zahl  von  Fällen  entsprang 
die  Idee  zur  Gründung  irgendeiner  derartigen  Institution  der  Gewerbepflege  dem  Kopfe  eines 
einzelnen,  veranlaßt  durch  eine  momentane  technische  oder  wirtschaftliche  Erscheinung,  er 
warb  Genossen  für  Verwirklichung  seiner  Absichten,  man  begründete  einen  Verein  oder  wandte 
sich  an  eine  bestehende  Korporation,  oder  man  appellierte  an  die  Staatshilfe  und  zwang  schließlich 
durch  das  Parlament  oder  die  öffentliche  Meinung  die  Regierung  zum  werktätigen  Eingreifen 
oder  zur  Übernahme  des  bereits  anerkannten  Institutes  in  die  Staatsverwaltung.  Viel  seltener 
sind  jene  Fälle,  in  denen  die  Staatsregierung  selbst  die  Initiative  ergriff,  mit  ihrem  Projekt 
vor  die  Öffentlichkeit  trat  und  dann  selbst  zur  Durchführung  schritt,  wenn  die  berufenen  Kreise 
ihre  Zustimmung  gaben,  die  sich  dann  auch  zur  Kooporation  steigerte.  Wilhelm  Exner. 

Das  Technologische  Gewerbemuseum,  IX.,  Währingerstraße  50  (Abb.  312  bis  315). 

Die  Hauptfassade  des  Gebäudes  des  k.  k.  Technologischen  Gewerbemuseums  (Architekt 
Tietz)  liegt  an  der  Währingerstraße.  Ihr  Stil  ist  griechisierende  Renaissance  und  ihre  Ausführung 


Gewerbliche  Lehranstalten. 


211 


Abb.  315. 

Technologisches 

Gcwerbcmuscum. 

Erdgeschoß. 

1 : 1000. 


Abb.  316. 

Staatsgcwer  beschule 

im  X.  Bezirke. 

Erdgeschoß. 

1  :  800. 


1  Laboratorium. 

2  Physikalisches 
nett. 

3  Lehrzimmer. 

4  Zeichensaal. 

5  Modellsammlung. 

6  Schülerarbeiten. 

11  Schlosserei. 

12  Schmiede. 

13  Motor. 

14  Formerei. 


1  Hörsäle. 

2  Zeichensaal.  \    t 

3  Amtszimmer.   V^ 

4  Kustoszimmer.  % 

5  Schülerarbeits- 

VT 

ticrwohnung.7Vor-  ~     - 

räum.      8     Treppe. 
9  Einfahrten.  10  Por- 
tierloge.    11  Elektro-    i^~ 
technisches    Laborato-    «= 
rium.  12Versuchsstation 
für  ölprüfung.   13  Ver- 
suchsstation    für    Bau-    und     Maschinenmaterial.     14  Vorbereitungsräume. 
15  Elektrische  Lichtzentrale.    17  Lehrwerkstätte.  21  Physikalisches  Kabinett. 
22  Akkumulatorenraum.    23  Photometerräume.  24,25  Elektrotechnische  Ver- 
suchsanstalt. 26—28  Amtszimmer.  30  Kesselhaus. 


Währingerstraße. 


Ziegelrohbau.  Von  wirkungsvollen  Pa- 
villons mit  Silhouetten  flankiert,  zeigt 
die  Mittelpartie  das  mächtige  Portal,  über 
dem  sich  ein  Balkon  mit  den  Steinfiguren 
„Technische  Wissenschaft  und  Maschinen- 
bau" vorlegt.  Der  vergoldete  Reichsadler 
in  der  Attika  über  dem  Hauptgesimse 
bildet  eine  günstige  obere  Be'crönung. 
Während  der  linke  Seitentrakt  den  ein- 
fachen Fabrikscharakter  bringt,  ist  der 
rechte,  nach  den  Plänen  des  Architekten  Krones  ausgeführt,  mehr  architektonisch  gegliedert. 
Wirkungsvoll  erscheint  die  rückwärtige  Fassade  vom  Architekten  Berehinak,  die  durch  ihre 
großen  und  gut  proportionierten  Öffnungen  auf  günstige  lichtvolle  Innenräume  schließen 
läßt.  Die  Hauptstiege,  die  Museal-  und  Arbeitssäle  in  demselben  Trakt  sind  beachtenswert. 
Das  inmitten  des  großen  Hofes  stehende  Ebenerdgebäude  enthält  die  Versuchsanstalt  für 
Elektrotechnik  und  ist  nach  den  Plänen  der  Bauräte  Fellner  und  Helmer  gleichfalls  in  Ziegel- 
architektur erbaut.  Die  Entstehungsgeschichte  dieser  Anstalt  und  deren  Zweck  sind  aus  dem 
vorstehenden  Aufsatze  zu  entnehmen,  deren  Einteilung  aus  dem  Grundrisse  zu  ersehen. 

Literatur. 
Das  k.  k.  Technologische  Gewerbemuseum  in  Wien  1879—1904.  Denkschrift  von  Dr.  W.  F.  Exner. 

K.  k.  Staatsgewerbeschule,  I.,  Schellinggasse. 

Die  k.  k.  Staatsgewerbeschule  okkupiert  den  gegen  die  Hegelgasse  gelegenen  Teil  des 
1883 — 1885  errichteten  Gebäudes  für  staatliche  Unterrichtsanstalten  am  ehemaligen  Hegelplatz. 
Neben  ihr  sind  dort  noch  untergebracht:  die  Lehrerinnenbildungsanstalt  (siehe  dort),  die  Vor- 
bereitungsschule der  k.  k.  Kunstgewerbeschule,  die  k.  k.  Statistische  Zentralkommission  und 
der  k.  k.  Schulbücherverlag.  Der  Bau  liegt  von  allen  Seiten  frei,  hat  Vorgärten  und  zwei  große 
Höfe,  wovon  einer  zu  Zwecken  des  Kindergartens  benützt  wird.  Über  dem  Erdgeschoß  besitzt 
er  noch  vier  Etagen,  wovon  der  Halbstock  vornehmlich  Wohnungen,  die  anderen  Stockwerke 
Lehr-  und  Amtsräume  enthalten.  Das  Souterrain  enthält  Dienerwohnungen,  Turnsaal,  Depots  etc. 
und  wurde  gegen  Feuchtigkeit  versichert.  Jede  Schule  und  jedes  Amt  hat  seinen  beson- 
deren Eingang,  Vestibül  und  Stiege,  die  sehr  geräumig  angelegt  sind.  Der  Bau  selbst  ist  bereits 
vorstehend  (S.   196)  beschrieben  worden. 


Die  Staatsgewerbeschule,  X.,  Eugengasse  (Abb.  316), 


wurde    von   der  Gemeinde  Wien   im   Jahre    1888  erbaut    und   umfaßt   eine  Werkmeisterschule 
mit  Lehrwerkstätte   und   eine  Fortbildungsschule.     Das    zweigeschossige  Schulgebäude   enthält 


212 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


nach  der  im  Jahre  1893  erfolgten  Erweiterung,  welche  einen  Aufwand  von  rund  103.000  K  er- 
forderte, 5  Zeichensäle,  2  Lehr-  und  9  Lchrmitttelzimmer,  1  Bibliothekssaal,  1  chemisches  Labo- 
ratorium, Formerei  mit  Tiegelofen,  Schmiede,  Schlosserei,  Tischlerei,  Werkstätte  und  Labo- 
ratorium für  Elektrotechnik,  diverse  Nebenräume  und  Wohnungen  für  Angestellte.  Zu  der  Er- 
haltung der  Anstalt,  welche  der  Staatsverwaltung  untersteht,  leistet  die  Gemeinde  einen  Beitrag. 


Die  graphische  Lehr-  und  Versuchsanstalt,  VII.,  Westbahnstraße  25  (Abb.  317), 

wurde  als  Staatsanstalt  im  Jahre   1887   errichtet 
hat  diese  Gründung  dadurch  gefördert,  daß  sie 


Abb.  317.  Graphische  Lehr-  und  Versuchsanstalt.  Dritter  Stock.  1  :800. 


und  am  1.  März  1888  eröffnet.  Die  Gemeinde 
das  zweite  Stockwerk  des  städtischen  Gebäudes 
dem  gedachten  Zwecke  überließ  und  mit  einem 
Kostenaufwande  von  70.000  K  ein  drittes  und 
teilweise  viertes  Stockwerk  daselbst  errichtete 
und  für  Zwecke  der  Anstalt  überließ.  Die 
Pläne  hierfür  sind  nach  Angaben  des  Leiters 
der  Anstalt  Hofrat  Dr.  Eder  vom  Stadtbau- 
amte verfaßt  worden.  Die  Anstalt,  welche  über 
vier  große  Ateliers  und  48  Säle  und  Lehr- 
zimmer mit  den  nötigen  Neben-  und  Wohn- 
räumen verfügt,  beschäftigt  sich  mit  der  Photo- 
graphie und  deren  vielfältigen  Reproduktions- 
verfahren. 


VI.  BÜRGER-  UND  VOLKSSCHULEN. 


Geschichtliches. 

Die  allgemeine  Volksschule  wurde  bereits  von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  als  eine  Regierungs- 
angelegenheit betrachtet.  Sie  berief  den  Pädagogen  Abt  Johann  Ignaz  von  Felbinger  aus  Sagon  als  General- 
direktor des  Schulwesens  und  erließ  am  6.  Dezember  1774  die  von  ihm  verfaßte  »Allgemeine  Schulordnung 
für  die  deutschen  Normal-Haupt-  und  Trivialschulen  in  sämtlichen  Erbländern',  von  welchem  Zeitpunkte 
sonach  die  öffentliche  österreichische  Volksschule  ihren  Anfang  nimmt.  Als  Ratgeber  in  wichtigen  Schulfragen 
standen  der  Kaiserin  außerdem  die  Staatsmänner  Josef  von  Sonnenfels,  G.  van  Swieten  und  Reichsgraf  von 
Pergen  zur  Seite.  Kaiser  Josef  II.  vermehrte  die  Volksschulen,  führte  1781  den  Schulzwang  gesetzlich  ein 
und  schuf  1787  das  Schulpatronat.  Kaiser  Franz  I.  erließ  1805  die  politische  Schulverfassung. 

Nach  längerem  Stillstande  auf  dem  Gebiete  der  Schule  wurde  unter  Kaiser  Franz  Josef  I.  durch  das 
am  23.  März  1848  geschaffene  Unterrichtsministerium  das  Volksschulwesen  reformiert.  Nach  dem  vom  Frei- 
herrn von  Feuchtersieben  verfaßten  Entwurf  der  ,, Grundzüge  des  öffentlichen  Unterrichtswesens  in  Öster- 
reich" sollte  die  Volksschule  das  erste  und  wichtigste  Glied  im  Rahmen  des  öffentlichen  Unterrichtes  bilden. 
Die  Entwicklung  des  Volksschulwesens  seit  dem  Jahre  1848  erforderte  auch  in  der  Reichshauptstadt 
Wien  die  Ausgestaltung  und  Vermehrung  der  für  den  Unterricht  der  schulpflichtigen  Jugend  gewidmeten 
Schulgebäude,  denn  zu  Anfang  des  Jahres  1848  bestanden  in  Wien  nur  7  Hauptschulen  mit  vier 
bis  fünf  Klassen.  9  Pfarrschulen  für  Knaben  mit  drei  Klassen  und  57  Trivialschulen  mit  zwei  Klassen  für 
Knaben  und  Mädchen.  Im  Jahre  1849  erfolgte  die  Reorganisation  der  Wiener  Volksschulen:  dieselben  wurden 
nun  der  Obsorge  der  Gemeinde  übergeben,  welche  von  da  an  für  die  Beistellung  der  Schullokalitäten  zu 
sorgen  hatte.  In  der  zweiten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  hat  das  Volksschulwesen  in  Wien  einen  beträchtlichen 
Aufschwung  genommen.  Von  1851—1867  gelangten  sechzehn  neue  Schulhäuser  zur  Erbauung  und  mußten 
außerdem  noch  Gebäude  für  Schulzwecke  adaptiert  und  bestehende  Schulen  vergrößert  werden.  Die  seitens 
der  Gemeinde  übernommenen  und  eingemieteten  Schulen,  wie  auch  die  von  1851  — 1867  erbauten  Schulhäuser 
können  selbstverständlich  den  schulhygienischen  Forderungen  der  Jetztzeit  nur  wenig  entsprechen.  Von 
diesen  wurden  deshalb  seitdem  einzelne  ganz  aufgelassen,  in  den  anderen  die  sanitären  Verhältnisse  durch 
Legung  harter  Fußböden,  Herstellung  von  Zentralheizanlagen  oder  Lüftungsöfen,  Einrichtung  der  Abort- 
bespülung,  Gasglühlichtbeleuchtung  und  Beistellung  neuer  Schulbänke  beträchtlich  verbessert. 

Infolge  der  durch  das  Reichsvolksschulgesetz  vom  14.  Mai  1869  angeordneten  Verlängerung  der 
Schulpflicht  bis  zum  vollendeten  vierzehnten  Jahre  trat  abermals  die  Notwendigkeit  der  Vermehrung  der 
Schullokalitäten  ein.  Der  Gemeinderat  hat  seither  sein  Hauptaugenmerk  der  Reorganisation  des  Volksschul- 
unterrichtes und  der  Erbauung  neuer,  zweckmäßiger  Schulhäuser  gewidmet,  und  bilden  die  Auslagen  der 
Gemeinde  für  das  Schulwesen  und  die  Schulbauten  einen  beträchtlichen  Teil  des  Gemeindehaushaltes. 

Die  von  1868—1873  seitens  des  Stadtbauamtes  nach  den  Projekten  des  städtischen  Oberingenieurs 
G.  Haußmann  erbauten  Schulhäuser  weisen  schon  mannigfache  Verbesserungen  bezüglich  der  baulichen  An- 
lage auf.  Weitere  Neuerungen,  insbesondere  bezüglich  der  Größe  und  natürlichen  Belichtung,  der  Heizung 
und  Ventilation  der  Lehrräume,  wie  der  Einrichtung  und  der  Schulbänke  führte  Oberingenieur  Fr.  Paul  bei 
den  seit  1874  erbauten  Schulhäusern  ein  und  seine  Nachfolger.    Clauser  und  Lichtblau,    wandten  von   1882 


Bürger-  und  Volksschulen.  213 

an  auch  neuere  Konstruktionen  und  moderne  Grundrißeinteilungen  an.  Auch  wurden  aus  hygienischen 
Rücksichten  für  die  Wohnungen  der  Schulleiter  eigene  Eingänge  von  der  Gasse  aus  angeordnet,  damit  die- 
selben von  den  Schullokalitäten  ganz  isoliert  werden  können.  Mit  der  Verbesserung  der  Heiz-  und  Lüftungs- 
anlagen wurde  bei  Schulneubauten  auch  für  die  Heizung  der  Aborte,  Gänge  und  Stiegen  Vorsorge  getroffen. 
Die  Ringtheaterkatastrophe  im  Jahre  1881  gab  auch  bezüglich  der  Schulen  den  Anstoß  zu  verschiedenen 
Sicherheitsvorkehrungen,  insbesondere  der  Herstellung  von  nach  außen  aufgehenden  Lehrzimmertüren,  Ver- 
breiterung der  Gänge,  Vermehrung  der  Treppen  u.  dgl.  Im  Jahre  1890  begann  man  die  in  Deutschland 
bereits  bewährte  Niederdruckdampfluftheizung  einzuführen  und  für  die  künstliche  Beleuchtung  der  Lehr- 
räume Siemens-Regenerativgasbrenner,  im  Jahre  1897  sodann  Auer-Gasglühlicht  anzuwenden.  Auch  die 
Schulbankfrage  wurde  im  Jahre  1892  einer  gedeihlichen  Lösung  zugeführt. 

Grundsätzliche  Bestimmungen  für  die  Ausführung  von   Schulbauten. 

Bezüglich  der  Organisation  der  Schulen  sind  zu  unterscheiden: 

1.  Fünfklassige  allgemeine  Volksschulen,  für  beide  Geschlechter  getrennt,  mit  höchstens 
je  fünfzehn  Klassen  (allgemeine  Volksschulen  für  Knaben  und  für  Mädchen); 

2.  fünfklassige  allgemeine  Volksschulen  und  dreiklassige  Bürgerschulen,  für  jedes  Ge- 
schlecht, mit  höchstens  je  zwölf  Klassen  (allgemeine  Volks-  und  Bürgerschulen  für  Knaben 
und  für  Mädchen)  und 

3.  dreiklassige  Bürgerschulen,  für  beide  Geschlechter  getrennt,  gleichfalls  je  zwölf  Klassen 
(Bürgerschulen  für  Knaben  und  für  Mädchen). 

Da  das  Verhältnis  an  allgemeinen  Volks-  und  Bürgerschulen  im  allgemeinen  für  beide 
Geschlechter  fast  gleich  ist,  werden  die  neuen  Schulhäuser  zumeist  als  Doppelschulen  bezüglich 
jeder  der  bezeichneten  Schulgattungen  errichtet,  zuweilen  aber  auch  drei  oder  vier  Schulen 
(Volks-  und  Bürgerschulen  für  Knaben  und  für  Mädchen)  in  einer  Gebäudegruppe  unter- 
gebracht. Nur  in  den  entlegeneren  Gebietsteilen  der  äußeren  Bezirke  müssen  kleinere,  ge- 
mischte Volksschulen  errichtet  werden,  in  welchen  jedoch  von  der  vierten  Klasse  an  die  Ge- 
schlechter getrennt  untergebracht  sind.  Die  größeren  Schulhäuser  für  zwei  oder  mehrere  Schulen 
werden  derart  angelegt,  daß  für  jede  Schule  beziehungsweise  für  jedes  Geschlecht  vollständig 
getrennte  Schuleingänge,  Korridore,  Stiegen,  Abortanlagen,  Kanzleien,  Konferenz-,  Lehrmittel- 
zimmer, Zeichensäle  und  Turnlokalitäten  vorhanden  sind.  Jede  Schule  erhält  zumeist  auch 
einen  eigenen  Schuldiener  mit  einer  aus  Zimmer,  Kabinett  und  Küche  bestehenden  Natural- 
vvohnung  neben  dem  Schuleingange.  Seit  1899  ist  die  Herstellung  von  Naturalwohnungen  für 
die  Schulleiter  in  den  Schulgebäuden  dem  Ermessen  der  Gemeinde  überlassen,  weshalb  solche 
nur  mehr  in  einzelnen  entlegenen  Gebietsteilen  geschaffen  werden. 

Bei  dem  Bedürfnisse  nach  möglichst  großen  Schulen  und  mit  Rücksicht  auf  die  oft  be- 
trächtlichen Baugrundwerte  werden  die  Schulhäuser,  nach  Zulässigkeit  der  Verbauungsweise, 
mit  zwei,  zumeist  drei  Stockwerken  erbaut.  Bei  der  Wahl  von  Schulbauplätzen  kommt  die  Lage, 
die  Umgebung,  die  Nähe  von  unangenehmen,  störenden  Betrieben,  Fabriken,  wie  die  herrschende 
Windrichtung  in  Betracht,  und  wird  insbesondere  die  Möglichkeit  einer  entsprechenden  natür- 
lichen Belichtung  berücksichtigt.  Es  wird  getrachtet,  Schulen  nicht  in  verkehrsreichen  Straßen, 
sondern  in  ruhigen  Seitengassen  anzulegen,  welche  jedoch  so  breit  sein  müssen,  daß  die  Ent- 
fernung der  Fensterhauptmauer  des  Schulhauses  von  den  gegenüberliegenden  Häusern  der 
Höhe  derselben  gleichkommt.  In  Gassen  unter  18  m  Breite  können  sonach  im  Erdgeschoß 
keine  Lehrzimmer,  sondern  nur  Wohnungen,  Turnsäle  und  Nebenräume  angeordnet  werden, 
wenn  nicht  die  Bauflucht  durch  die  Herstellung  eines  Vorgartens  von  3  bis  5  m  Breite  zurück- 
gesetzt werden  kann.  Die  Größe  und  insbesondere  die  Tiefe  von  Eck-  oder  Mittelbauplätzen 
muß  eine  solche  sein,  daß  bei  vollständiger  Bebauung  der  Nachbargrenzen  noch  eine  genügende 
Belichtung  der  Hofräume  ermöglicht  ist,  weshalb  bei  Anordnung  von  Hoflehrzimmern  diese 
von  den  Nachbargrenzen  noch  wenigstens  18  m  entfernt  sein  müssen.  Zur  Verhütung  der 
Unterrichtsstörung  durch  Wagengerassel  werden  Straßen  vor  Schulhäusern  mit  einem  Asphalt- 
oder Holzstöckelpflaster  versehen. 

Die  Dacheindeckung  der  Hauptgebäudetrakte  erfolgt  zumeist  mit  imprägnierten  Dach- 
falzziegeln, zuweilen  werden  dieselben  auch,  insbesondere  die  Abort-  und  Stiegenausbauten, 
die  einfachen  Hoftrakte  für  die  Turnlokalitäten  und  deren  Aufbauten  durchaus  mit  Holzzement- 
dächern versehen.  Als  Deckenkonstruktion  werden  seit  1899  in  den  Lehrräumen  und  sonstigen 
Zimmern  stukkatorte  Traversendecken  hergestellt,  während  die  Aborte,  Gänge  und  Stiegen 
Gewölbe-  oder  armierte  Betondecken  erhalten.  Die  Schultreppen  erhalten  derzeit  eine  Breite 
von   170  m   und  schmiedeeiserne,  an  den  Stufenköpfen  befestigte  Geländer  von    110  m  Höhe. 


214  Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 

Im  Ebenerdgeschoß  werden  aus  Schulbetriebsrücksichten  und  wegen  der  geringeren 
natürlichen  Belichtung  einerseits  die  Kanzleien  samt  Konferenzzimmer,  eventuell  Warteräume, 
anderseits  die  Schuldiencrwohnungen,  ferner  die  Turnsäle  samt  Garderoben,  gegen  breitere 
Gassen  auch  einzelne  Lehrzimmer  angeordnet,  letztere  jedoch  größtenteils,  wie  die  Lehrmittel- 
zimmer, in  den  Stockwerken,  die  Handarbeits-  und  Zeichensäle  und  dazu  gehörige  Modell- 
zimmer in  den  obersten  Geschossen  untergebracht. 

Die  Schulzimmcr  haben  in  der  Regel  8-5  bis  10  m  Länge  und  6"5  m  (ausnahmsweise  7  bis 
7-5m)  Tiefe,  ferner  eine  lichte  Höhe  von  36  bis  4-2  m,  zumeist  von  4  m,  und  besitzen  sonach 
einen  Fassungsraum  von  55  bis  65  Schülern  und  einen  Luftraum  von  200  bis  273  m:!,  im  Mittel 
von  236  ms,  wobei  auf  ein  Kind  durchschnittlich  4  m3  Luftraum  entfällt.  Für  die  natürliche  Belich- 
tung dienen  dreiteilige  Fenster  von  15  bis  17  m  Breite  oder  gekuppelte  zweiteilige  von  1  bis  13  m 
Breite  und  2"5  bis  28m  Höhe.  Für  die  13  bis  16m  langen  Handarbeits-  und  Zeichensäle  geben 
vier  bis  fünf  derartige  Fenster  eine  ausreichende  natürliche  Belichtung.  Die  8  bis  9  m  tiefen, 
18  bis  25  m  langen,  4-5  bis  5  m  im  Lichten  hohen  Turnsäle  befinden  sich  zumeist  in  ebenerdigen 
oder  einstöckigen  Hoftrakten  und  sind  von  dem  Haupttrakte  durch  die  Garderobe    zugänglich. 

Die  Fußböden  aus  Eichenbretteln  (fischgrätenartig  gelegt)  werden  mit  hölzernen  Mauer- 
sockeln oder,  seit  1903,  auch  mit  hohlkehlenartigen  Sockeln  aus  Holz  oder  Xylolith  beziehungs- 
weise Asbestit  gegen  die  Wände  abgeschlossen.  Versuchsweise  werden  auch  fugenlose  Fuß- 
böden aus  Xylolithflötz  oder  Asbestit  auf  Holzböden  oder  Betonunterlagen  bei  gewölbter 
Zwischendecke,  weiters  auch  Linoleumbelag  auf  weichen  Fußböden  oder  Korksteinplatten 
hergestellt,  welche  bezüglich  der  leichteren  Reinigung  wohl  einen  idealen  Fußboden  für  Schulen 
bilden.  Für  Turnsäle,  die  einen  elastischen  Boden  verlangen,  werden  vielfach  Schiffböden  aus 
5  cm  starken  Lärchenpfosten  in  Feder  und  Nut  angewendet.  Die  Fußböden  der  Gänge  werden 
zumeist  mit  Terrazzopflaster  belegt. 

Je  ein  oder  zwei  Schulzimmerfenster  werden  mit  einer  Ventilationsvorrichtung  zum  gleich- 
zeitigen Öffnen  je  eines  oberen  Flügels  nach  innen  und  nach  außen  versehen.  Die  Aborträume 
sind  in  eigenen,  durch  alle  Geschosse  gehenden  Ausbauten  gegen  den  Hof  neben  den  Stiegen 
oder  am  Ende  der  Gänge  (in  Doppelschulen  selbstverständlich  für  die  Geschlechter  getrennt) 
unter  doppeltem  Verschluß  angeordnet.  Die  Pissoire  erhalten  seit  1898  einen  Ablaufsiphon  mit 
Ölverschluß  nach  Beetz;  die  freistehenden  Sturzklosette  werden  mit  direkter  Wasserbespülung 
eingerichtet.  Von  besonderer  Wichtigkeit  für  Schulhäuser  ist  die  Art  der  Beheizungs-  und 
Lüftungseinrichtungen.  Anstatt  der  ursprünglichen  eisernen  oder  Blechöfen  für  Kreislauf- 
heizung aus  den  Fünfzigerjahren  wurden  teils  die  Meißnersche  Luftheizung  oder  Meidin- 
gersche  Regulierfüllöfen  verschiedener  Systeme,  ohne  Frischluftzufuhr,  ferner  von  1867  an 
Sammelheizungen  eingeführt.  Von  1873 — 1875  wurden  einige  Schulneubauten  mit  Warm- 
und Heißwasserheizungen  und  Ventilation  mittels  Aspiration  eingerichtet.  Im  Jahre  1887  gelangte 
das  in  deutschen  Städten  bewährte  System  der  Niederdruckdampfluftheizung  mit  Heizkammern 
im  Keller  sowohl  in  neuen  Schulen  wie  auch  später  bei  Erneuerung  oder  Herstellung  von 
Heizanlagen  in  bestehenden  Schulen  zur  Einführung.  Dasselbe  hat  sich  wegen  der  Erzielung 
einer  gleichmäßigen  Temperatur,  Vermeidung  von  trockener  Luft  im  Schulzimmer  und  leichterer 
Bedienung  als  sehr  zweckmäßig  erwiesen.  Die  in  den  Heizkammern  erwärmte  Luft  wird  durch 
Warmluftschläuche  in  den  Mittelmauern  aufwärts  in  die  Lehrräume  geführt,  wo  sie  in  der 
Höhe  von  2  bis  22  m  über  dem  Fußboden  mit  18  bis  22°  C  ausströmt.  Durch  elektrische 
Fernthermometer  erhält  der  Heizer  Kenntnis  von  der  Temperatur  jedes  Raumes  und  kann  hier- 
nach den  Warmluftzufluß  regeln.  Das  Zuströmen  von  Frischluft  zu  den  Heizkammern  beziehungs- 
weise zu  den  Heizkörpern  während  des  Heizbetriebes  bedingt  bei  der  Feuerluftheizung  wie  bei 
der  Niederdruckdampfheizung  und  den  Lüftungsöfen  eine  zwangsweise  Ventilation  im  Winter. 
Die  Warmluft-  wie  die  Abluftschläuche  für  die  verdorbene  Luft  werden  so  dimensioniert,  daß 
bei  höherer  Außentemperatur  eine  zweineinhalbmaligc  Lufterneuerung  pro  Stunde  möglich  ist. 
In  den  Jahren  1902  und  1903  wurden  mehrere  Schulen  mit  Gasöfenheizung  verschiedener 
Konstruktion  eingerichtet,  die  wohl  einen  einfachen,  reinen  Betrieb  ermöglicht,  jedoch  größere 
Betriebskosten  erfordert  als  andere  Heizungsarten  mit  Kohlenfeuerung.  Derzeit  werden  auch 
wieder  Niederdruckdampfheizungen,  jedoch  mit  örtlichen  Heizkörpern,  zuweilen  Lüftungsöfen 
für  Kohlen-  und  Koksfeuerung  hergestellt  und  die  bestehenden  Öfen  für  Koksfeuerung  um- 
geändert. Zurzeit  sind  über  100  Schulen  mit  Niederdruckdampfheizung,  hiervon  16  mit  ört- 
lichen Heizkörpern,  45  mit  Feuerluftheizung,  10  mit  Wasserheizungen,  100  mit  Lüftungsöfen 
für  Kohlen-  und  Koksfeuerungen,  19  mit  Gasöfen  eingerichtet  und  die  übrigen  älteren  mit 
gewöhnlichen  Füllöfen  für  Kreislaufheizung  versehen. 


Bürger-  und  Volksschulen. 


215 


Für  die  künstliche  Beleuchtung  bestanden  bis  anfangs  der  Achtzigerjahre  offene  Schnitt- 
brenner. 1882  gelangten  in  den  Zeichensälen  und  Lehrzimmern  die  Siemens-Regenerativgas- 
brenner mit  zwei  bis  vier  Lampen  in  zwei  Größen  zur  Einführung,  die  jedoch  verschiedene 
Übelstände  aufwiesen  und  beträchtliche  Gaskosten  verursachten,  weshalb  1892  die  Spezial- 
rundbrenner  von  Jäckle  (vier  bis  sechs  und  eine  Tafelflamme)  von  220  bis  235  1  Gaskonsum 
Eingang  fanden.  Die  Verbreitung  des  Aucrschcn  Gasglühlichtes  und  die  Entwicklung  der  elek- 
trischen Beleuchtung,  wie  die  Nachteile  und  großen  Kosten  der  bisherigen  Beleuchtung  in 
Schulen  führten  zu  vergleichenden  Versuchen  über  die  verschiedenen  Beleuchtungsarten,  auch 
bezüglich  der  direkten  und  indirekten  Beleuchtung.  Auf  Grund  derselben  wurde  seit  1897  das 
Aucr-Gasglühlicht  mit  matten  Augenschützern,  und  zwar  von  Brennern  zu  1101  Gasverbrauch 
pro  Stunde,  bei  Schulneubauten  eingeführt,  wobei  in  den  Lehrzimmern  direktes,  in  den  Zeichen- 
und  Arbeitssälen  diffuses  Licht  angewendet  wird.  Seit  dem  Jahre  1902  wurde  in  den  neuen 
Schulen  wie  in  mehreren  bestehenden  Schulen  elektrische  Beleuchtung  eingeführt,  und  werden 
Bogenlampen  mit  diffuser  Beleuchtung  nicht  nur  in  Handarbeits-  und  Zeichensälen,  sondern 
auch  in  Lehrzimmern  (nebst  einzelnen  Glühlampen  für  die  Reinigung)  eingerichtet.  Auch  mit 
Osmiumlampen  wurden  Versuche  angestellt,  und  werden  dieselben  dermalen  für  Lehrzimmer 
verwendet.  Zum  Schutze  gegen  das  Sonnenlicht  werden  in  neuester  Zeit  Rollplachen  angewendet, 
welche  in  jeder  Lage  leicht  festgestellt  werden  können  und  in  aufgerolltem  Zustande  dem 
oberen  Teile  des  Fensters  möglichst  wenig  Licht  entziehen. 

Bei  den  Schulbauten  der  letzten  Jahre  wurden  auch  Maßnahmen  behufs  leichterer  Rein- 
haltung und  Vorkehrungen  zur  Hintanhaltung  der  Staubansammlung  und  Staubentwicklung 
getroffen,  indem  nebst  den  schon  erwähnten  Ölanstrichen  und  fugenlosen  Fußböden  auf  die 
Abrundung  aller  Ecken,  Winkel,  Herstellung  von  Hohlkehlensockeln,  einfachere  Profilierung  der 
Türen  und  Verkleidungen  u.  s.  w.  Wert  gelegt  wird.  Die  Fußböden  werden  nun  durchwegs 
mit  staubbindenden  Ölen  gestrichen.  Eigene  Garderoberäume  für  Kleiderablagen  wurden  bis- 
her nur  für  die  Turnlokalitäten  geschaffen,  und  in  einzelnen  alten  oder  eingemieteten  Schulen 
Vorzimmer  hierzu  verwendet.  Von  1893  an  wurden  in  einigen  neuen  Schulen  an  der  rück- 
wärtigen Wand  der  Lehrzimmer  hölzerne,  unten  vergitterte,  mit  Holzjalousien  verschließbare 
Garderobeschränke  mit  Ständern  und  Tassen  für  Regenschirme  angebracht  und  selbe  mit 
eigenen  Abzugschläuchen  versehen.  In  neuerer  Zeit  werden  auch  Warteräume  für  Schulkinder 
geschaffen,  die  zum  Teil  als  Garderoben,  hauptsächlich  für  nasse  Überkleider  und  Schirme, 
eingerichtet  werden  können.  Schulbäder  werden  in  Wiener  Schulen  nicht  hergestellt,  weil  die 
Schulkinder  für  die  fast  in  jedem  Bezirke  befindlichen  Volksbrausebäder  Karten  zur  unentgelt- 
lichen Benützung  erhalten. 

Statistische  Daten  und  Baukosten. 

Das  Anwachsen  der  städtischen  Bürger-  und  Volksschulen  seit  1870,  in  welchem  Jahre 
sich  die  Wirkung  des  Reichsvolksschulgesetzes  geltend  machte,  ist  aus  nachstehender  Tabelle 
zu  ersehen.1) 


Ende  des 
Jahres 


1870\) 

1880 

1890 

189P) 

1900 

1903 

1904;') 


Einwohner 
(Zivilbevölke- 
rung) 


Anzahl    der 


Schul- 
gebäude 


Schulen 


Klassen 


Schüler 


Anmerkun 


631.846 
736.450 
817.299 
1,341.877 
1,648.335 
1,753.247 
1,789.681 


75 
89 
102 
183 
210 
219 
221 


83 
129 
177 
300 
411 
436 
442 


576 
1076 
1669 
2700 
3597 
3896 
3965 


37.327 
66.856 
86.803 
150.742 
185.072 
198.936 
204.514 


1)  Ohne  die  Schulabteilungen  für 
nicht  vollsinnige  Kinder. 

3)  Nach  Einbeziehung  der  Vororte. 

3)  6  Schulen  eingemietet,  3  in  an- 
deren Häusern,  1  aufgelassen. 


In  den  städtischen  Schulen  bestehen  derzeit  310  Turnsäle,  114  Sommerturn-  und  Spiel- 
plätze und  85  Schulgärten.  Zu  der  vorstehenden  Tabelle  wird  bemerkt,  daß  in  derselben  auch 
die  eingemieteten  Volksschulen  enthalten  sind,  welche,  wie  auch  die  älteren  kleinen  unzweck- 
mäßigen städtischen  Schulgebäude,  nach  und  nach  aufgelassen  und  durch  neue  ersetzt  werden. 


')  Zum  Vergleiche  sei  angeführt,  daß  in  Berlin  1904  271  Oemeindeschulen  mit  4720  Klassen  und  einer  Schülerzahl  von  219.673 
bestanden. 


216 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


Die  Kosten  der  Neubauten  und  Erweiterungsbauten  von  Schulen  in  den  letzten  Jahrzehnten 
sind  in  nachstehender  Tabelle  zusammengestellt,  aus  welcher  zu  entnehmen  ist,  daß  die  Neu- 
bauten zumeist  auf  städtischen  Gründen  errichtet  wurden,  für  welche  der  Grundpreis  nicht 
berechnet  erscheint.  Auch  die  für  Verbesserungen  der  hygienischen  Verhältnisse  in  den  alten 
Schulgebäuden  aufgewendeten,  ziemlich  bedeutenden  Beträge  sind  hier  nicht  ausgewiesen. 


In     de 

r    Z  e  i  t 

Neubauten 

Zubauten 

Stockwerks- 
aufsetzungen 

Grund- 
erwerbungen 

Kosten  in 

von 

bis 

Kronen 

1861 

Ende  1868 

10 

2 

1 

4 

2,134.066 

1869 

Mitte  1878 

12 

2 

1 

2 

3,615.763 

Mitte  1878 

anfangs  1882 

28 

1 

6 

— 

8,158.893 

anfangs  1882 

Ende  1889 

19 

5 

3 

2 

8,052.713 

1890 

anfangs  1894 

18 

5 

2 

1 

5.880.747 

1894 

1897 

14 

11 

5 

1 

6.412.300 

1897 

Ende  1899 

17 

1 

3 

2 

5,545.364 

1900 

Oktober  1903 

27 

3 

2 

3 

7,777.800 

Oktober  1904 

1905 

10 

2 

1 

4 

4.416.990 

Zusammen 


51,994.636 


Bei    den    in    den  letzten  Jahrzehnten    ausgeführten  Schulhausbauten  der  Gemeinde  Wien 
ergaben  sich  die  Kosten  für  Bau  und  Einrichtung: 
für  ein  Lehrzimmer,  wobei  Arbeits-  und  Zeichensäle  als  ein,  Turn- 
säle als  zwei  Lchrzimmer  gerechnet  werden zwischen  K  12.000 

„     1  m-  Geschoßfläche,   wobei  nur   Ebenerd    und    die  Stockwerke 

gerechnet  werden „  „          80 

.,     1  m:f  verbauten  Raum,  wobei  die  Höhe  vom   Ebenerdfußboden 

bis  zum  Dachbodenpflaster  gerechnet  wird „  „          18 —        24 

„     1  m'2  drei  Stock  hoch  verbaute  Fläche „  „       320 —      420 

„     1  m'2  zwei  Stock  hoch  verbaute  Fläche „  „       240 —      320 


6.000 


05 


Garten 


E    j     E  TWT '    |  D  -     D    -  D 


Ebenerd. 


Stockwerk. 
A  Lehrzimmer.  D  Schuldiencrwohnung. 

13  Kanzlei.  E  Direktorwohnung. 

L  Lehrmittclzimmer.  G  Garderobe. 

T  Turnsaal. 

Abb.  318.    Volksschule  XIII.,  Linzerstraße.    1 :  S00. 


Beschreibung  einzelner  Schulbauten. 

Im  nachfolgenden  werden  einige  seit  Einbeziehung 
der  Vorortegemeinden  erbaute  städtische  Schulhäuser  für 
kleinere  und  größere  Volks-  und  Bürgerschulen  mit  ver- 
schiedener Bauplatzform,  verschiedenen  Heizanlagen  und 
Beleuchtungsarten  näher  beschrieben.  Die  Entwürfe  und 
Detailprojekte  für  alle  Schulbauten  der  Gemeinde  Wien 
werden  im  Stadtbauamte  verfaßt,  welches  auch  die  Bau- 
leitung besorgt. 

Die  allgemeine  Volksschule  für  Knaben  und 
Mädchen  XIII.,  Linzerstraße  419  (Abb.  318)  wurde 
1894  auf  einem  zirka  4800  m'2  großen  Grundstücke 
als  freistehender,  zwei  Stock  hoher  Gassendoppel- 
trakt  mit  530  m'2  überbauter  Fläche  und  einem  an- 
schließenden ebenerdigen  Scitentrakte  von  205  m'2  Fläche 
errichtet.  Mit  Rücksicht  auf  die  Lage  wurde  ein  zirka 
2890  m'2  großer  Garten  mit  vorhandenen  Nadelholz- 
beständen belassen,  auf  welchem  im  Bedarfsfälle  behufs 
Trennung  der  Geschlechter  ein  gleicher  zweistöckiger 
Schultrakt  im  Anschlüsse  an  den  Turnsaal  errichtet 
werden  kann. 

Der  Haupttrakt  enthält  im  zweiten  Stocke  fünf 
Lehrzimmer  für  Knaben,  im  ersten  Stocke  fünf  Lehr- 
zimmer für  Mädchen  von  je  90  X  6*5  m  =  58-5  m'2  Fläche 
und  4  m  lichter  Höhe,  im  Parterre  je  ein  Kanzlei-, 
Konferenz-  und  Lehrmittelzimmcr,  die  Turngarderobe, 
eine  Schuldienerwohnung  und  eine  isolierte,  vom  Garten 


Bürger-  und  Volksschulen. 


217 


ud 


März  -Sfraße. 


# 


Abb.  319.    Lageplan  der  Schule  XIII. 
Reinigasse.    1 :  3000. 


aus  zugängliche  Schulleiterwohnung-;  der  ebenerdige  Trakt  den  18X9m=  162  m-  großen,  5  m 
hohen  Turnsaal,  dessen  untere  Wandflächen  mit  Holzverkleidung  versehen  sind.  Alle  Räume 
sind  mit  harten  Brcttelfußbüden  belegt.  Die  Heizung  der  Lehrräume  erfolgt  durch  in  Nischen 
stehende  Regulierfüllöfen  mit  Lüftungsbetrieb,  in  den  Nebenräumen  durch  solche  für  Kreislauf- 
heizung. Das  Stiegenhaus  samt  Gängen  werden  durch  einen  Zentralofen  (im  Keller)  erwärmt. 
Die  Kosten  des  Baues  und  der  Einrichtung  betrugen    194.600  K. 

Die  Doppclbürgcrschule  XIII.,  Goldschlagstraße,  Reinigasse  19— Gurkgasse  32  (Abb.  319, 
320)  wurde  1895—1896  auf  einem  64-5  X  310  m  =  2000  m2  großen  Doppeleckplatz  er- 
erbaut. Das  Schulgcbäude  besteht  aus  zwei  dreistöckigen  Eck- 
trakten mit  den  Eingängen  in  der  Reinigasse  (für  die  Knaben) 
und  in  der  Gurkgasse  (für  die  Mädchen)  und  einem  zwei- 
stöckigen, gegen  die  Goldschlagstraße  zurücktretenden  Mittel- 
trakte, welche  einen  gegen  letztere  Gasse  offenen  Vorhof  von 
283  m  Länge  und  2 18m  Tiefe  umschließen,  der  als  Spielplatz 
ausgestaltet  ist.  In  den  beiden  ersteren  Trakten  sind  zu  ebener 
Erde  die  von  den  Schulräumen  isolierten,  mit  eigenen  Gassen- 
eingängen versehenen  Direktors-  und  Schuldienerwohnungen, 
wie  die  Aufnahmszimmer  für  jede  der  Schulen  untergebracht. 
In  den  drei  Stockwerken  mit  je  4  m  lichter  Höhe  befinden 
sich  in  gleicher  Zahl  für  beide  Geschlechter  zusammen: 
20  Lehrzimmer  von  9-75  X  6*5  m  =  6338  m2  Bodenfläche, 
2  Zeichensäle  von  14"9  X  6'5  m  =  9685  m-  Bodenfläche, 
2  Kanzleien,  2  Konferenzzimmer,  8  Lehrmittelgelasse.  Im  Mittel- 
trakte bestehen  zu  ebener  Erde  und  im  ersten  Stocke  die  Turn- 
säle für  die  Knaben  und  Mädchen  von  18  X  7"8  m=  1404  m2 
Bodenfläche  mit  geräumigen  Garderoben  und  Turnlehrerkam- 
mern, im  zweiten  Stocke  noch  2  Zeichensäle  für  Knaben  von 
15  2  X  7'8m=  11 8-56  m2  Fläche,  für  Mädchen  von  1275  X  7'8m 
=  99'45m2  Fläche.  Sämtliche  Schulräume,  Gänge  und  Treppen 
werden  durch  eine  Niederdruckdampfluftheizung,  erstere  mit 
örtlichen  Ergänzungsheizkörpern,  die  Ne- 

-ggg 


benräume  mit  Regulierfüllöfen  beheizt.  Die 
Kosten  des  Baues  und  der  inneren  Einrich- 
tung belaufen  sich  auf  458.000  K. 

Das  Schulgebäude  XVIII.,  Schopen- 
hauerstraße 79  (Abb.  321,  322)  wurde 
auf  einem  gegen  die  Staudgasse  gelege- 
nen, 3150  m2  großen  Baublocke  in  den 
Jahren  1896 — 1897  erbaut.  Dieses  frei- 
stehende, große  Schulhaus  mit  Fassaden 
im  mittelalterlichen  Baustile  umfaßt  einen 
dreiteiligen,  drei  Stock  hohen,  Hochpar- 
terre und  Souterrain  enthaltenden  Doppel- 
trakt mit  66T  m  Längsfront  in  der  Scho- 
penhauerstraße gegen  Norden,  gegenüber 
einer  öffentlichen  Gartenanlage,  und  zwei 
Stirnfronten  von  19-58m  Länge  gegen  die 
Vinzenz-  und  Klostergasse,  längs  welchen 
sich  beiderseits  einen  Stock  hohe,  mit 
Holzzementdach  versehene,  einfache  Flü- 
geltrakte von  1875  m  beziehungsweise 
16  m  Länge  und  9-2  m  Tiefe  derart  an- 
schließen, daß  selbe  mit  dem  Haupttrakte 
eine  bis  zur  Staudgasse  reichende  Garten- 
anlage mit  einem  großen  mittleren  Som- 
merturnplatz und  zwei  kleineren  seitlichen 
Spielplätzen  umgrenzen.  Die  verbaute 
Fläche    des    dreistöckigen  Hauptgebäudes 


A  Lehrzimmer. 

B  Kanzleien. 

D  Schuldienerwohnung. 


Direktorwohnung. 

Garderobe. 

Turnsaal. 


Abb.  320.    Doppelbürgerschule  XIII.,  Reinigasse.     1: 


800. 


218 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


zusammen  320  m2,  während  für  die  Garten- 


beträgt  1195  m2,  jene  der  einstöckigen  Flü^eltraktc 

anlagen  und  Spielplätze   1635  m2  verbleiben. 

In    diesem    umfangreichen  Schulgcbäude    sind    untergebracht:  a)  Links    eine  Volks-   und 

Bürgerschule  für  Knaben,  rechts  eine  ebensolche  für  Mädchen;  deren  jede  enthält  14  Lchrzimmer 

von  8'9  bis  96  m  Länge  und  65  m  Tiefe,  2  Zeichensäle 
von  125  X  65  m  =  8L25  m2  Fläche,  1  Turnsaal  für  Kna- 
ben von  18-25  X  8  m  =  146  m2  Fläche  samt  Garderobe, 
1  Turnsaal  für  Mädchen  von  1 55  X  8  m  =  124  m2  Fläche, 
beide  im  ersten  Stocke  der  Flügeltrakte;  ferner  je  1  Kanzlei. 
1  Konferenz-  und  2  Lehrmittelzimmer,  b)  Zwei  von  den 
Schulräumen  isolierte,  von  der  Staudgasse  durch  den  Garten 
zugängliche,  mit  eigenen  Eingängen  versehene  Schulleiter- 
wohnungen, aus  zwei  Zimmern,  Kabinett,  Vorzimmer  und 
Küche  bestehend,  ferner  zwei  Schuldicnerwohnungen  im 
Souterraingeschoß,  c)  Ein  Knabenhort  im  Erdgeschoß  des 
linken,  d)  ein  Kindergarten  im  Erdgeschoß  des  rechten 
Flügeltraktes,  welche  beide  von  der  Staudgasse  eigene 
Zugänge  durch  die  zugehörigen  Gartenteile  besitzen.  Die 
Verbindung  der  4-4  m  hohen,  durch  Falzziegelgewölbe 
unterteilten 
(4  m    lichte 


Abb.  321.  Lagcplan  der  Schule  XVIII 
hauerstraße.     1  :  3000. 


Schopen- 


Geschosse 
Höhe)    wird 


KS  Knabenschule. 
MS  Mädchenschule. 

A  Lehrzimmer. 

B  Kanzleien. 

C  Konferenzzimmer. 

G  Garderoben. 

T  Turnsäle. 


^ 


A  Lehr- 
zimmer. 

B  Kanzleien. 

C  Konferenz- 
zimmer. 

D  Schul- 
diener. 

G  Garde- 
roben. 

TK  Turnsaal  für 
Knaben. 

TM  Turnsaal  für 
Mädchen. 


Abb.  322.    Doppel-Volks- 


Erster  Stock. 


und  Bürgerschule  XVIII., 
1  :  800. 


Schopcnhauerstraße. 


Ebenerd. 

Abb.  323.     Doppelvolksschule  XIV.,   Kauer- 
gasse.    1:800. 


auf  der  Knaben-  und  Mädchenseite  durch  je  eine  zweiarmige  Traversenstiege  von  L6m  Breite 
vermittelt.  Die  mit  Eichenbrettelböden  belegten  Schulräume  sind  durch  L4  bis  18m  breite, 
2-8  m  hohe,  dreiteilige  Fenster  vorzüglich  belichtet.  Die  Gesamtkosten  des  Baues  einschließlich 
Heizanlage  und  Einrichtung-  stellen  sich  auf  552.560  K. 

Die  Doppelvolksschule  XIV.,  Kauergasse  3/5  (Abb.  323)  mit  20  Klassenzimmern  wurde  von 
1902—1903  auf  einer  39  X  44  m  —  1716  m2  großen  Mittelbaustelle  erbaut.  Mit  Rücksicht  auf 
die  nur  11 -38  m  breite  Gasse  wurde  behufs  Erzielung  einer  entsprechenden  Belichtung  der 
Lchrräume  in  den  gassenseitigen  Gebäudeteilen  der  mittlere  Doppeltrakt  von  2365  m  Länge 
um  9"45  m  gegen  die  Baulinie  zurückgesetzt,  während  die  Seitentrakte,  welche  das  Licht  von 
dem  Vorgarten  erhalten,  bis  an  die  Baulinie  heranrücken.  Der  entstandene  Vorplatz  von 
223-5  m2  Fläche  wurde  als  Vorgarten  angelegt  und  eingefriedet. 

Die  Knaben-  und  Mädchenschule  sind  vollständig  symmetrisch  ausgestaltet  und  besitzen 
jede  eine  zweiarmige  Traversenstiege  von  L7m  Laufbreite  aus  Mrakotiner  Granit.  Die  in  den 
Stockwerken  an  die  Stiegenhäuser  anschließenden  95  m  langen,  4-88  m  breiten,  sehr  gut  be- 
lichteten Flurgänge  ermöglichen  die  leichte  Zugänglichkeit  und  Überwachung  der  Lehrzimmer 
und  Eingänge.  Der  drei  Stock  hohe  Gassentrakt  enthält  sowohl  für  die  Knaben-  als  auch  für 
die  Mädchen-Volksschule  in  jedem  der  drei  Stockwerke  beiderseits  je  3  Lehrzimmer  von 
585m2  Fläche,  1  Lchrmittelzimmer  von  14*1  m2,  1  Abortgruppe  mit  Vorraum,  5  Einzelaborten 
und  geräumigem  Pissoirraum,    im  Parterre  je   1   Lehrzimmer  von  585  m2  Fläche,   1   Aufnahrns- 


Bürger-  und  Volksschulen. 


219 


Abb.  325. 

Lageplan  der  Schule 

II.,  Schüttaustraße. 

1 : 3000. 


Abb.  324.    Volks-  und  Bürgerschule  II.,  Schüttaustraße. 


und  1  Konferenzzimmer  und  die  aus  Zimmer,  Kabinett  und  Küche  bestehende  Schuldiener- 
wohnung. In  beiden  Schulen  wird  durch  je  eine  vom  Parterreflur  zugängliche  Garderobe  der 
Zugang  in  die  rückwärts  erbauten  Turnsäle  vermittelt,  die  durch  eine  aus  zusammenklappbaren 
Teilen   bestehende  Wand  derart  getrennt  sind,  daß  selbe  leicht  zu  einem  großen,  38  m  langen, 

9  m  tiefen  und  5  m  hohen  Saal 
für  Festlichkeiten  und  Versamm- 
lungen vereinigt  werden  können. 
Nebst  den  Seiten-  und  Licht- 
höfen besteht  ein  vom  Haupt- 
trakte, dem  Turnsaalgebäude  und 
den  Garderoben  eingeschlosse- 
ner, 172  m'2  großer  Hofraum,  der 
als  Sommerturnplatz  dient.  Die 
Kosten  des  Baues  samt  der  inne- 
ren Einrichtung  betragen  zirka 
330.000  K. 

Die  Volks-  und  Bürgerschule  für  Knaben  in 
Kaisermühlen,  IL,  Schüttaustraße  42  (Abb.  324 
bis  326),  wurde  auf  einem  Baugrunde  von  4703  m2 
Fläche  von  1903 — 1904  derart  erbaut,  daß  das 
inmitten  einer  Gartenanlage  gegen  vier  Straßen  freistehende,  zwei  Stock  hohe,  mit  Falz- 
ziegeldach eingedeckte  Hauptgebäude  einen  parallel  zur  Schüttaustraße  gerichteten  Haupttrakt 
und  zwei  darauf  senkrechte  Flügeltrakte  nebst  einem  damit  verbundenen  ebenerdigen,  mit 
Holzzementdach  überdeckten  Turnsaalausbau  samt  Annexen  gegen  die  Schiffmühlenstraße  mit 
1975  m'2  verbauter  Fläche  umfaßt  und  vor  dem  Schulgebäude  gegen  die  Schüttaustraße  ein  großer, 
mit  schattigen  Bäumen  und  Gesträuchen  umgebener  Sommerturn-  und  Spielplatz  verbleibt, 
während  die  seitlich   und  hinter  dem  Gebäude  liegenden  Teile   als  Schul-  und  Pflanzengarten 

angelegt    sind.    Diese  Anlagen    und  Spielplätze    nehmen 
zirka  3728  m2  Fläche  ein. 

Das  Schulhaus  enthält  12  Lehrzimmer,  1  Zeichen- 
saal, 1  Turnsaal  samt  Ankleideraum,  Turnlehrer-  und 
Gerätekammer,  1  Kanzlei,  1  Konferenz-,  4  Lehrmittel- 
zimmer, eine  Schuldienerwohnung  samt  Waschküche.  Im 
linken  Flügeltrakte  sind  die  mit  einem  eigenen  Eingange 
versehenen  und  von  der  Schule  vollständig  getrennten 
Lokalitäten,  und  zwar  ein  Saal  und  ein  Zimmer  zu  ebener 
Erde,  ein  kleines  Duschbad  neben  den  Aborten,  samt 
zwei  Souterrainräumen  dem  Vereine  „Knabenhort  in 
Kaisermühlen"  überlassen.  Eine  dreiarmige  Pfeilerstiege 
mit  Granitstufen  von  L65m  Breite  vermittelt  die  Verbin- 
dung der  4-4  m  hohen  Geschosse.  Die  Kosten  des  Schul- 
baues samt  innerer  Einrichtung,  der  Gartenanlagen  und 
Spielplätze  betragen  zirka  300.000  K. 

Das  Volksschulgebäude  XVI.,  Wilhelminenstraße  96, 
Roterdstraße  1  (Abb.  327  bis  331)  wurde  1904  auf  einem 
besonders  günstig  gelegenen,  5050  m2  messenden  Baugrunde  derart  erbaut,  daß  unter  Ein- 
haltung der  offenen  Verbauungsweise  mit  6  m  tiefen  Vorgärten  längs  beider  erstgenannten 
Straßen  und  einem  Seitenabstande  von  zirka  12  m  von  der  Nachbarrealität  je  ein  40'6  m  langer 
Gassentrakt  parallel  zur  Wilhelminen-  und  Roterdstraße,  ein  denselben  verbindender,  224m 
langer,  die  beiden  Eingänge  und  Stiegenhäuser  enthaltender  Doppeltrakt  gegen  die  Sand- 
leithengasse,  durchaus  unterkellert,  drei  Stock  hoch,  mit  Dachfalzziegeln  eingedeckt,  einen 
trapezförmigen  Hof  umgrenzen,  der  durch  einen  ein  Stock  hohen,  mit  Holzzementdach  ver- 
sehenen Verbindungstrakt  für  die  Turnlokalitäten  abgeschlossen  ist.  In  der  Mitte  des  Hofes 
zwischen  den  ersteren  Trakten  ragt  das  im  Souterrain  vertiefte  Kesselhaus  mit  seinem  Holz- 
zementdache  zirka  16  m  über  das  Hofniveau  empor.  Dasselbe  ist  mit  den  Brennmaterialkellern 
mittels  Gleiseanlagen  verbunden,  welche  durch  einen  gedeckten  Gang  quer  .durch  den 
Vorgarten  bis  zur  Roterdstraße  führen.  Die  Ausstattung  des  Schulgebäudes  ist  unter  Anwen- 
dung mannigfacher  Neuerungen  in  hygienischer  Beziehung  durchgeführt.    Die  Außenseiten  er- 


a  Lehrzimmer. 

b  Kanzlei. 

c  Konferenzzimmer. 

d  Schuldienerwohnung. 


g  Garderobe. 

I  Lehrmittelzimmer. 

t  Turnsaal, 
z  Zeichensaal. 


Abb.  326.     Volks-  und  Bürgerschule  II.,  Schüttau 
Straße.    Ebenerd.     1:800. 


220 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht. 


scheinen  in  einfacher,  moderner  Architektur  mit  kräftigen  Gesimsen  und  Risaliten  durchgebildet. 


Neben  den  Schuleingängen  sind  auf  Postamenten  drei 
Alex.  Swoboda,  darstellend   „Vindobona,  Religion  und 
gestatteten    gemeinsamen  Vestibüle    führen,    durch    ein 
geteilt,  zunächst  Abgänge  in  je  einen  im  Souterrain 
gelegenen  Warteraum,  hierauf  in  die  darüberlie- 
genden  Schuldienerwohnungen.  Gegenüber  sind 
die    beiden    zweiarmigen    Traversenstiegen    aus 
Kaiserstein     mit     17m    Armbreite     angeordnet, 
welche  ins  Souterrain  und  in  die  drei  4-4  m  hohen 
Obergeschosse  bis  auf   den  Dachboden    führen. 


allegorische  Portalfiguren  von  Emerich 
Fleiß",  aufgestellt.  Von  dem  reich  aus- 
Ziergitter   für  die   beiden  Geschlechter 


A  Lehrzimmer. 

B  Kanzlei. 

C  Konferenzzimmer 

D  Schuldiener. 

L  Lehrmittel. 

G  Garderobe. 

T  Turnsaal. 


OEP 


Abb.  327. 


Lageplan  der  Schule  XVI.,  Wilhelminenstraße. 
1  :  3000. 


Abb.  328.     Volksschule  XVI.,  Wilhelminenstraße. 
Ebenerd.    1:800. 


Das  Schulgebäude  enthält  an  vollständig  eingerichteten  Lokalitäten  für  die  Knaben-  und 
Mädchenvolksschule  zusammen  30  Lehrzimmer  von  8  bis  10  m  Länge,  65  bis  6'8  m  Tiefe,  2  Turn- 
säle von  20  X  9  m  = 
180  m-  Bodenfläche, 
längs  derselben  zwei 
Garderoben  von  60  m- 
Fläche  und  angrenzend 
2  Turnlehrer-  und  2 
Geräteräume,  ferner  2 
Kanzleien,  2  Konferenz-, 

6  Lehrmittelzimmer. 
Vom  ebenerdigen  Turn- 
saal gelangt  man  rück- 
wärts auf  den  Sommer- 
turn und  Spielplatz.  Im 
dritten  Stocke  ist  auch 
für  die  spätere  Unter- 
bringung einer  dritten 
Volksschule  durch  ein 
großes     Kanzlei-     und 

Konferenzzimmer, 
6  noch  nicht  eingerich- 
tete Lehrzimmer  und 
2  Lehrmittelzimmer  vor- 
gesorgt. Die  Warte- 
räume und  einige  eben- 
erdige Lehrzimmer  wur- 
den mit  Xylolithboden- 

belag    und    alle  Lehrräume  mit  hohlkehlenförmigem  Wandaufputz  von  Xylolith  versehen.     Die 
Kosten  dieses  Schulbaues  samt  Heizanlage  und  innerer  Einrichtung  betragen  640.000  K. 

Außer  den  vorstehend  näher  beschriebenen  städtischen  Schulhausbauten  erscheinen  noch 
folgende  städtische  Schulgebäude   bemerkenswert: 


Volksschule  XVI. ,  Wilhelminenstraße. 


Bürger-  und  Volksschulen. 


221 


Im  II.  Bezirke  die  im  k.  k.  Prater,  nächst  der  Sophienbrücke,  1897 — 1898  im  Villenstil 
erbaute,  von  Gartenanlagen  umgebene  Doppel-Volks-  und  Bürgerschule  Witteisbachstraße  6,  Ecke 
der  Valeriestraße  und  Pratcr-Gürtelstraße  (Abb.  332),  bestehend  aus  zwei  zweistöckigen,  durch 
einen  einstöckigen  Mittelbau  verbundenen  Trakten  mit  einem  in  der  Valeriestraße  anschließenden, 

einstöckigen  Direkto- 
renwohngebäude.  Im 
V.  Bezirke  die  von 
Vorgärten  eingesäumte. 


1882—1883 
dreistöckige 
bürgerschule 
gasse  14    und 
gasse  21    mit 


erbaute 
Doppel- 

Bacher- 
Castelli- 

zwei  iso- 


wmm 


Abb.  330.    Lehrsaal  der  Volksschule  XVI.,  Wilhelminenstraße. 


Herten  Direktoren-  und 
zwei  Schuldienerwoh- 
nungen, einem  großen 
Schulgarten  und  Som- 
merturnplatz neben  der 
Gartenanlage  am  Ba- 
cherplatze. Die  Schul- 
hausgruppe in  Neu- 
Margareten,  V.,  Focky- 
gasse  20— Malfattigasse 
1  —  Herthergasse  28  und 
Steinbauergasse  27,  ge- 
genüber der  Garten- 
anlage längs  der  Mal- 
fattigasse, 1881  —  1882, 
1890  und  1894—1895 
erbaut,  bildet  einen  von 
breiten  Vorgärten  um- 
schlossenen rechtecki- 
gen Baublock  mit  ein- 
heitlichen Fassaden  und 
enthält  Volks-  und  Bür- 
gerschulen für  Knaben 
und  Mädchen.  Die 
1895—1896  erbaute, 
zwei  dreistöckige  Eck- 
schultrakte mit  einem 
verbindenden  einstöcki- 
gen Turnsaaltrakte  um- 
fassende Doppelvolks- 
schule V.,  Einsiedler- 
gasse 1  — Diehlgasse  2 
mit  einem  als  Garten 
und  Spielplatz  ausge- 
statteten offenen  Vor- 
hofe gegen  die  Fendi- 
gasse.  Im  X.  Bezirke  die 
freistehende,  von  Vor- 
gärten umgebene,  1899 
erbaute,  zwei  Stock 
hohe  Doppelbürger- 
schule am  Antonsplatz  11/12,  östlich  von  der  Kirche  St.  Antonius  von  Padua,  symmetrisch 
zum  westlich  gelegenen  Pfarrhofe,  mit  Fassaden  (von  K.  Troll  und  August  Rehak)  in  ober- 
italienischer Frührenaissance,  unter  Anwendung  von  Formsteinen  und  Verblendziegeln  in  zwei 
Farbentönen.  Das  Doppelvolksschulgebäude  X.,  Laimäckergasse  17,  erbaut  1901,  und  Schranken- 


Turnsaal  der  Volksschule  XVI.,  Wilhelminenstraße. 


222 


Gebäude  für  Bildung  und  Unterricht- 


Abb.  332.    Volksschule  II.,  Witteisbachstraße. 


berggasse  32,  erbaut 
1902  —  1903,  bestehend 
aus  zwei  dreistöckigen 
Ecktrakten  und  einem 
verbindenden  einstöcki- 
gen Turnsaaltrakte  ge- 
gen die  Feuchtcrsleben- 
gasse  66,  mit  Vorgärten 
gegen  alle  drei  Gassen 
und  einem  gemein- 
samen Turnhofe.  Im 
XI.  Bezirke  (Kaiser- 
Ebersdorf)  die  1893  bis 
1894  in  Ziegelrohbau 
erbaute,  zwei  Stock  hohe 
Volksschule  Münnich- 
platz  6,  mit  stirnseitig 
anschließendem,  eben- 
erdigem Turnsaal ;  rings- 
um von  Gärten  um- 
geben. Im  XII.  Bezirke 
die  beiden  freistehen- 
den, drei  Stock  hohen  Volksschulgebäude  samt  verbindendem  einstöckigem  Turnsaaltrakt,  Rucker- 
gasse 42,  erbaut  1900,  und  Ruckergasse  44,  erbaut  1902,  mit  Vorgärten  gegen  die  Straße. 
Im  XIV.  Bezirke  das  große,  freistehende,  drei  Stock  hohe  Gebäude  der  Doppel-Volks-  und 
Bürgerschule  Lortzinggasse  2— Meiselstraße  47,  im  Jahre  1903  erbaut,  mit  Vorgärten  in  der 
Lortzing-,  Beckmann-  und  Hustergasse.1)  Im  XVI.  Bezirke  die  1898 — 1899  erbaute  Doppel- 
Volks-  und  Bürgerschule  Speckbachergasse  48— Wurlitzergasse  59,  aus  zwei  dreistöckigen 
Trakten  mit  eingebauten  Turnsälen  bestehend,  mit  einem  dazwischenliegenden  Sommerturn- 
platz, großem  Vorgarten  gegen  die  Seeböckgasse.  Im  XVII.  Bezirke  die  Doppel-Volks-  und 
Bürgerschulen  Lienfeldergasse  96— Redtenbachgasse  79,  im  Jahre  1902 — 1903  in  zwei  Gassen- 
und  zwei  Hofseitentrakten  drei  Stock  hoch  erbaut,  so  daß  ein  großer,  gemeinsamer,  als 
Sommerturnplatz  verwendeter  Hof  entstand.  Im  XIX.  Bezirke  die  kleine  Volksschule  im 
Kahlenbergerdorf,  Wigandgasse  29,  1891  im  Villenstil  ein  Stock  hoch  freistehend  erbaut,  mit 
isolierter  Schulleiterwohnung,  Garten  und  Spielplatz.  Im  XX.  Bezirke  die  beiden  in  der  Grund- 
rißeinteilung und  Fassadendurchbildung  gleichen,  von  der  Pappenheimstraße  aus  symmetrisch 
gelegenen  Gebäude  der  Doppelbürgerschule  Jägerstraße  54,  im  Jahre  1899  erbaut,  und  der 
1901  erbauten  Doppelvolksschule  Rafaelgasse  11/13,  beide  mit  großem  Turn-  und  Spielplatz, 
angrenzend  an  das  neuerbaute  Amtshaus  am  Brigittaplatze. 

Von  den  übernommenen  Schulhäusern  der  zu  Wien  einbezogenen  ehemaligen  Vororte- 
gemeinden sind  mehrere  bezüglich  ihrer  günstigen  freien  Lage  und  zweckmäßigen  Grundriß- 
einteilung wie  in  baulicher  Beziehung  beachtenswert.  Der  geringere  Grundwert  dortselbst, 
sowie  die  geringe  Anzahl  der  Schulkinder  ermöglichten  die  Schaffung  von  freistehenden,  zwei- 
stöckigen, von  Gärten  umschlossenen  Schulhäusern,  die  allerdings  bezüglich  der  inneren  Aus- 
stattung und  Einrichtung  noch  nicht  auf  der  Höhe  der  schulhygienischen  Anforderungen  stehen 
konnten.  Im  Laufe  der  Jahre  1894 — 1905  wurden  die  sanitären  Verhältnisse  derselben  durch 
mannigfache  Herstellungen  und  Verbesserungen  auf  die  Stufe  der  meisten  neueren  Schulen  in 
den  Stammbezirken  eebracht. 


Gesamtstand  der  Volks-  und   Bürgerschulen. 

Im  Schuljahre  1904/5  bestanden  in  Wien  (I.  bis  XX.  Bezirk)  in  212  städtischen  Schul- 
gebäuden und  9  sonstigen  Gebäuden  442  einzelne  Schulen,  darunter  116  Bürgerschulen 
und  326  allgemeine  Volksschulen.  Die  Standorte,  Anzahl  der  Bürger-  und  Volksschulen  in 
den  einzelnen  Bezirken,  Klassenanzahl  und  Leiter  derselben  sind  in  dem  vom  k.  k.  Wiener 
Bezirksschulrate  herausgegebenen  „Verzeichnisse  I  der  allgemeinen  Volks-  und  Bürgerschulen 
der  Stadt  Wien"   zusammengestellt.  In  demselben  sind  auch  die  4  Staats-,   1  Gemeinde-  (derzeit 


')  Beschrieben  in  der  Wiener  Bauindustrie-Zeitung  vom  Februar  1904. 


Bürger-  und  Volksschulen. 


223 


Landes-)  und  5  Privat-Lchrcr-  und  Lehrerinnenbildungsanstaltcn  enthalten,  mit  welchen  fiinf- 
klassige  Volksschulen,  teilweise  auch  dreiklassige  Bürgerschulen  als  Übungsschulen  verbunden 
sind.  Ferner  sind  darin  die  in  Wien  bestehenden  Privat-Volks-  und  Bürgerschulen  mit  Öffentlich- 
keitsrecht, deren  Anzahl,  Gattung,  Standort  und  Leiter  aufgenommen.  Diese  Schulen  werden  von 
der  k.  k.  Statthaltcrei,  vom  k.  u.  k.  Rcichs-Kriegsministerium  (1  im  k.  u.  k.  Artillerie-Arsenale), 
vom  Katholischen  Schulverein  für  Österreich  (4),  von  der  Kongregation  der  christlichen  Schul- 
brüder (2)  und  der  Marienbrüder  (1),  vom  Konvent  der  Ursulinerinnen  (2),  von  Kongregationen 
mehrerer  Frauenorden  (12),  von  der  evangelischen  Kirchengemeinde  (3),  von  der  griechischen 
und  israelitischen  Gemeinde  (2)  und  anderen  Vereinen  (2)  und  Privat-Institutsinhabern  (8)  er- 
halten und  geleitet.  In  baulicher  und  architektonischer  Beziehung  bemerkenswert  ist  hiervon 
das  Gebäude  der  evangelischen  Schulen,  IV.,  Karlsplatz  14,  im  Jahre  1869  von  Theophil  von 
Hansen    in  italienischer  Renaissance  erbaut. 

Infolge  der  Einbeziehung  der  am  linken  Donauufer  liegenden  Gemeinden  zur  Stadt  unter 
Vereinigung  derselben  zum  XXI.  Bezirke  unterstehen  seit  1.  Jänner  1906  auch  die  daselbst 
befindlichen  Schulen  der  städtischen  Verwaltung.  Der  Zuwachs  umfaßt  12  Schulgebäude  mit 
22  Volks-  und  Bürgerschulen  und   184  Klassen. 

Durch  eigene  Unterrichtsanstalten  des  Staates,  des  Landes  Niederösterreich  und  von  Ver- 
einen, wie  durch  Spezialschulabteilungen  wird  in  Wien  für  den  Volksschulunterricht  nicht  voll- 
sinniger und  verwahrloster  schulpflichtiger  Kinder  vorgesorgt.  Letztere  sind  in  nachbezeichneten 
städtischen  Schulen  untergebracht:  IX.,  Canisiusgasse  2  und  XV.,  Zinckgasse  12/14  für  taub- 
stumme Kinder,  XVI.,  Kirchstetterngasse  38  für  blinde  Kinder,  II.,  Leopoldsgasse  3  und 
XVIII.,  Anastasius  Grün-Gasse   10  für  schwachsinnige  Kinder. 

Karl  Haubfleisch. 


E.  HUMANITÄTSANSTALTEN. 

I.  KRANKENHÄUSER. 

a)  Staatliche  Krankenanstalten  und  Institute. 


5 


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Abb.  333.     Tor  des  Allgemeinen  Krankenhauses,  IX.,  Alserstraße. 


Gegenwärtig  bestehen  in  Wien  neun 
k.  k.  Krankenanstalten  mit  Öffentlichkeits- 
recht. Diese  Anstalten  unterstehen  dem 
Wiener  k.  k.  Krankenanstaltenfonds,  welcher 
von  der  niederösterreichischen  Statthalterei 
verwaltet  wird,  mit  dem  k.  k.  Ministerium 
des  Innern  als  Oberbehörde.  Die  Organi- 
sation des  Krankenanstaltenfonds1)  beginnt 
mit  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  als  Kaiser 
Josef  II.  in  den  Wirrwarr  der  Humanitäts- 
pflege insofern  Ordnung  brachte,  daß  er 
eine  Trennung  in  verschiedene  Gruppen 
durchführte,  für  die  Krankenbehandlung  einen 
eigenen  Fonds  schuf  und  das  k.  k.  Allge- 
meine Krankenhaus  aus  seinen  Privatmitteln 
errichtete.  Die  Mittel  des  Fonds  bestanden 
dazumal  aus  verschiedenen  Kapitalien  von 
Krankenstiftungen,  Beiträgen  des  Bürger- 
spitalfonds etc.  Anfangs  des  19.  Jahrhun- 
derts wurde  zugunsten  des  Fonds  ein 
Steuerzuschlag  auf  Brennholz  und  die  Ein- 
hebung von  Gebühren  bei  Verlassenschaften 
innerhalb  Wiens  eingeführt.  Der  Steuerzu- 
schlag wurde  später  auch  auf  Kohle  aus- 
gedehnt. 1830  wurden  dem  Krankenhaus- 
fonds 6-739"/0  des  kommunalen  Verzehrungs- 
steuerzuschlages  als  Einnahme  zuerkannt. 
Endlich  gehörte  zu  den  Einnahmen  des  Fonds 
noch  die  Einhebung  der  verschieden  hoch 
den    zur  Zahlung    der  Kosten    verpflichteten 


bemessenen    Taxe    per  Krankenverpflegstag    von 
Kranken,  Angehörigen  oder  öffentlichen  Fonds. 

Mit  der  Vergrößerung  Wiens  im  Jahre  1890  durch  Einverleibung  der  Vororte  wurden 
die  Einnahmsverhältnisse  des  Fonds  bedeutend  geändert.  Seit  Anfang  des  20.  Jahrhunderts 
fließen  die  Einnahmen  aus  einem  steigenden  prozentuellen  Betrage  nach  Verlassenschaften2),  aus 
Verpflegskosteneingängen  (I.  Klasse  10  K,  II.  Klasse  5  K,  III.  Klasse  2  K  pro  Tag),  aus 
Beiträgen  verschiedener  Behörden  u.  dgl.  m.  Die  reinen  laufenden  Ausgaben  für  den  Spital- 
betrieb, mit  Ausschluß  der  Ambulatorien  und  Investitionen,  betrugen  im  Jahre  1901  für  die 
neun  öffentlichen  Spitäler  K5,405.616-77.  Hierbei  wurden  zirka  67.000  Patienten  in  1,670.000 
Verpflegstagen  behandelt.  In  den  öffentlichen  Anstalten  bestehen  43  Abteilungen  und  15  Kliniken 

')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  I.  Jahrgang  1892,  „Einleitung". 
2)  L.  O.  ßl.  Nr.   12  ex  1895. 

Bd.  II.  15 


226 


Humanitätsanstalten. 


Abb.  334. 

Allgemeines   Krankenhaus, 
IX.,  Alserstraße. 

Lageplan.     1 :  5000. 


I— XIII  Höfe. 


A/s  er  -Strasse 


mit  5294  Betten.  Das  Personal  bestand  1902  aus 
246  Ärzten  und  Pharmazeuten,  137  Beamten, 
12  Geistlichen,  136  Dienern,  230  weltlichen, 
524    geistlichen  Pflegerinnen    und   18  Wärtern. 

Das  k.  k.  Allgemeine  Krankenhaus,  IX., 
Alserstraße  4  (Abb.  333  bis  336). ^  1686  widmete 
Dr.  Jakob  Frank,  Rat  des  Regimentes  der  nieder- 
österreichischen  Stände,  testamentarisch  sein  beim 
Schottentor  gelegenes  Haus  für  abgedankte  und  in- 
valide Soldaten.  Doch  wurde  die  Stiftung  erst  unter 
Kaiser  Leopold  I.  16y3  im  sogenannten  Kontumaz- 
hofe, wo  heute  das  k.  u.  k.  Garnisonsspital  Nr.  1  steht, 
provisorisch  untergebracht.  In  demselben  Jahre  wurde 
noch  mit  dem  Baue  in  der  Alserstraße  begonnen  und 
mit  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  war  der  erste  große 
Hof  vollendet.  Diese  Anstalt  mit  der  Bezeichnung  ^ 
Großarmenhaus  wurde  1725  durch  die  Freiherrn  von 
Thavonatsche  Stiftung  (600.000  Gulden)  vergrößert. 

DiesesGroßarmenhaus,  ursprünglich  für  Invalide  ^5 
bestimmt,  beherbergte  alle  möglichen  Hilfsbedürftigen,  '$_ 
Kranke,  Wöchnerinnen,  Arme,  Sieche,  Irrsinnige,  "° 
Waisenkinder,  Studenten,  Witwen,  später  Bettler, 
Müßiggänger,  für  welche  verschiedenen  Kategorien 
von  Hilfsbedürftigen  hier  auch  die  speziellen  Stiftungs- 
gelder Verwendung  fanden.  Diese  ungesunden  Ver- 
hältnisse der  schwierigsten  Art  bewogen  Kaiser  Josef  II., 
eine  Kommission  zur  Regelung  einzusetzen,  welche 
nach  von  ihm  gegebenen  Direktiven  vorzugehen  hatte. 
So  schuf  nun  Josef  II.  drei  große  Gruppen:  1.  die 
Gebär-  und  Findelhäuser,  2.  die  Krankenhäuser  und 
3.  die  Versorgungshäuser.  Nun  wurde  das  Großarmen- 
haus als  Krankenhaus  bestimmt,  von  den  übrigen  Pfleglingen  befreit  und  entsprechend  adaptiert.  Auch  für 
den  Umbau  gab  Kaiser  Josef  II.  ganz  bestimmte  Weisungen.  Gleichzeitig  ließ  Josef  II.  den  Narrenturm 
(»bestimmt  für  die  unglücklichen  Opfer  des  Wahnwitzes«)  erbauen.  Vor  Eröffnung  der  Anstalt  wurde  der 
Dienst  bis  in  das  kleinste  Detail  geregelt,  Vorsorge  für  die  verschiedenen  Kategorien  der  Kranken  und  Ge- 
schlechter getroffen,  die  ambulatorische  Behandlung  von  Dienstboten  etc  gesichert,  in  religiöser  Richtung 
für  die  einzelnen  Konfessionen  und  für  die  ärztliche  Behandlung  und  Pflege  u.  dgl.  wurden  Vorschriften 
gegeben,  endlich  zwölf  Betten  für  die  praktische  Lehrschule  gewidmet.  Am  16.  August  1784  erfolgte  die 
Eröffnung  des  Gebäudes  mit  der  Bezeichnung  als  Allgemeines  Krankenspital,  über  dessen  Eingang  Josef  II. 
die    goldenen  Worte  »Saluti  et  Solatio  aegrorum«  setzen  ließ. 

Diese  von  Kaiser  Josef  II.  geschaffene  Humanitätsanstalt  erlitt  im  Laufe  der  nächsten  120  Jahre  be- 
deutende Änderungen,  auch  wurden  die  Verhältnisse  aus  dem  Grunde  immer  ungünstiger,  weil  sich  die 
Unterrichtsbedürfnisse  stets  mehrten,  viele  Räume  okkupierten  und  sonach  die  den  Kranken  zugewiesenen 
Räume  beengten.  Der  Andrang  zum  Spitale  war  so  groß,  daß  1829  die  Verfügung  getroffen  werden  mußte, 
vom  Lande  kommende  Kranke  auszuschließen.  Der  Überfüllung  wurde  dadurch  nicht  gesteuert,  und  so  kam 
es  im  Jahre  1834  zum  Baue  der  Trakte  des  VIII.  und  IX.  Hofes.  Während  die  alten  Trakte  größtenteils  zwei 
Geschosse  für  Kranke  enthielten,  wurden  die  neuen,  kleinere  Höfe  umschließenden  mit  drei  Krankengeschossen 
ausgeführt. 

Mit  der  Wissenschaft  entwickelte  sich  die  pathologische  Anatomie,  und  da  war  es  ein  ganz  kleines 
Stallgebäude,  welches  im  X.  Hofe  für  Zwecke  der  Pathologie  adaptiert  wurde.  Abb.  335  zeigt  die  Stätte,  wo 
Rokitansky  die  Studien  für  sein  epochemachendes  Werk  machte.  Im  Jahre  1859  wurde  zum  Neubau  des 
pathologisch-anatomischen  Institutes  geschritten,  welches  im  Jahre  1882  noch  ein  zweites  Obergeschoß  erhielt. 

Das  heutige  k.  k.  Allgemeine  Krankenhaus  besitzt  eine  Fläche  von  99.447  m2,  wovon 
27.355  m2  verbaut  sind.  Der  erste  Hof  enthält  schöne  alte  Gartenanlagen.  In  den  alten  ein- 
fachen Trakten  besitzen  die  Krankensäle  beiderseitig  Fenster.  Das  ursprünglich  für  Geistes- 
kranke bestimmte  Gebäude  mit  140  Zellen  dient  seit  1869  als  Magazin  und  enthält  auch 
Wohnungen  für  Diener.  Die  Gebär-  und  die  Irrenanstalt  gingen  im  Jahre  1865  in  die  Ver- 
waltung des  Landes  Niederösterreich  über. 

Das  Allgemeine  Krankenhaus,  das  vor  120  Jahren  in  unverbauter  freier  Lage  errichtet 
wurde,  liegt  heute  inmitten  eines  dichtbewohnten  großen  Bezirkes  und  entspricht  auch  in 
sonstiger  Hinsicht  nicht  den  Bedürfnissen,  die  an  eine  moderne  Krankenanstalt  gestellt  werden 
müssen.  Insbesondere  aber  sind  es  die  Bedürfnisse  des  Unterrichtes,  die  hier  ganz  unzulänglich 
befriedigt  werden,  und  ist  es  kaum  möglich,  den  ganz  gewaltigen  Forderungen  des  medizini- 
schen Unterrichtes  gerecht  zu  werden.  Seit  mehr  als  15  Jahren  wird  die  Frage  des  Neubaues 
dieser  Anstalt  durch  die  einschlägigen  Behörden  ventiliert. 


')  Jahrbuch  der  Wiener   k.   k.   Krankenanstalten  1892.  Geschichte 
Archivar.  Wien  1867. 


der  öffentlichen  Anstalten  etc.  Von  Karl  Weiß,  städtischer 


Krankenhäuser. 


227 


Abb.  335.    Erste  Stätte  für  die  pathologische  Anatomie  in  Wien. 


Nun  ist  es  gelungen,  die  Frage  der  Neuschaffung  von  Kliniken  in  der  Art  zu  lösen,  daß 
eine  neue  Anstalt  auf  den  Gründen  des  früheren  Versorgungshauses  und  der  Irrenanstalt  in 
unmittelbarer  Nähe  des  heutigen  Allgemeinen  Krankenhauses  entstehen  wird  und  daß  die 
Flächen  der  alten  Anstalt  zur  Parzellierung  und  zum  Verkaufe  gelangen.  Es  kann  daher  eine 
detaillierte  Beschreibung  der  alten  Anstalt  entfallen  und  soll  nur  in  Kürze  aufgezählt  werden, 
was  im  heutigen  Allgemeinen  Krankenhausc  untergebracht  ist. 

Außer  den  2000  Krankenbetten  sind  noch  600  Gebärbetten  vorhanden.  Es  bestehen 
4  medizinische  und  3  chirurgische  Abteilungen,  ferner  1  Augenabteilung,  3  Abteilungen  für 
Syphilis  und  Dermatologie,  1  psychiatrische  und  1  Zahlabteilung,  ferner  3  medizinische, 
2  chirurgische,  2  Augen-,  2  gynäkologische  Kliniken,  dann  je  1  Klinik  für  Syphilis,  Dermato- 
logie,   Laryngologie,    Ohren-,    Geistes-    und    Nervenkrankheiten.    Die     Gebärabteilung     enthält 

2  Kliniken  für  Geburtshilfe  und  eine  dritte  Abteilung  mit  Hcbammenschule. 

An  medizinisch-wissenschaftlichen  In- 
stituten    sind     untergebracht:     Die     Lehr- 
kanzeln   für    pathologische    Anatomie,   für 
experimentelle   Anatomie,    für   Pathologie, 
für  medizinische  Chemie   und  für  gericht- 
liche Medizin.  Auch  die  Medikamentenregie 
für    alle    neun   k.  k.  Krankenanstalten    be- 
findet sich  hier.  Die  ganze  Verwaltung  des 
Hauses   mit  Küchen-Eigenregie,    die  Woh- 
nungen   der  Ärzte,    einer    großen    Anzahl 
von    Dienern    und    Beamten,    eine    große 
Apotheke  mit  einer   neuestens  eingerichte- 
ten Zentralsterilisationsanstalt  für  Verband- 
stoffe, eine  Desinfektionsanstalt,  eine  Reihe 
von  Werkstätten  u.  s.  w.,   wie  endlich  die 
Räume    für    die  Leicheneinsegnung  sind    in  verschiedenen  Trakten  des  Hauses    untergebracht. 
Im  Jahre   1898  wurde  zur  Unterbringung  von  geistlichen  Wärterinnen   in  nächster  Nähe 
des  Spitales  ein  Wohnhaus  erbaut.  Dasselbe  enthält  außer  den  Schlafsälen  für  zirka  100  Pflege- 
rinnen   noch    ein    großes    Refektorium,     einen    großen    Betraum,    Isolierzimmer,    Garderoben, 

3  Bäder  und  eine  Waschküche  im  Dachgeschoß.  Unter  der  Spitalgasse  führt  vom  Keller  dieses 
Hauses  ein  l'36m  breiter,  2T0m  hoher  Verbindungsgang  in  den  I.Hof  des  k.  k.  Allgemeinen 
Krankenhauses. 

Das  Neue  k.  k.  Allgemeine  Krankenhaus  (Abb.  337)  wird,  wie  erwähnt,   auf  den  Gründen 
des   Versorgungshauses    in    der   Spitalgasse    und    der   zu    verlegenden   Landes-Irrenanstalt    im 
IX.  Bezirke  errichtet,  die  einerseits  von  der  Spitalgasse  und  der  Lazarethgasse,    anderseits    von 
der  Gürtellinie  begrenzt  werden.    Die  Gesamtfläche  beträgt  zirka  248.000  m-,    wovon  ein  Teil 
zur  Straßenerweiterung  abgetreten  werden    muß,    so    daß    für  die  neuen  Kliniken  eine  Fläche 
von  zirka  240.000  m'2  verbleibt.   Das  Allgemeine  Krankenhaus,  welches  heute  samt  der  Gebär- 
anstalt rund  2600  Betten    umfaßt,    kann    in  diesem 
Umfange,  mit  Rücksicht  auf  die  modernen  hygieni- 
schen Anforderungen,  auf  diesem  Platze  nicht  voll 
untergebracht  werden;  es  wurde  daher  eine  Teilung 
in  der  Weise  projektiert,    daß    auf  den  vorbezeich- 
neten Gründen  des  IX.  Bezirkes  nur  die  Universitäts- 
kliniken mit  dem  Kinderspitale  und  zwei  geburtshilf- 
liche Kliniken  mit  2330  Betten  errichtet  werden,  wo- 
bei allerdings    eine  Bettenvermehrung  der  Kliniken 
Platz  gegriffen  hat  und  auch  ein  Zuwachs  dadurch 
entstanden  ist,    daß  das  St.  Annen-Kinderspital  mit 
seiner  Klinik  in  diese  Area  einbezogen  wurde.  Für 
die    im  Krankenhause  untergebrachten  Abteilungen 
mit  zirka  800  Betten  wird  der  Ersatz  in  der  Richtung 
gefunden,  daß  das  Wilhelminen-Spital  im  XVI.  Be- 
zirke um  diese  Bettenanzahl  erweitert  wird. 

Errichtet  werden   19  Kliniken  und  eine  medizinische  Abteilung,  und  zwar:  2  chirurgische, 
2Augenkliniken,  3  medizinische,  2  geburtshilfliche,  2  gynäkologische,  2  psychiatrische,  2  dermato- 

15* 


Abb.  336.     Allgemeines  Krankenhaus,  Hof  I. 


228 


Humanitätsanstalten. 


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Krankenhäuser. 


229 


logische  Kliniken,  1  orthopädische,  1  laryngologische,  1  Ohrenklinik  und  1  Kinderklinik.  Die 
geburtshilflichen  und  gynäkologischen  Kliniken  sind  in  zwei  großen  Objekten  und  einem 
gemeinschaftlichen  Isoliergebäude  untergebracht.  Die  Kinderklinik  umfaßt  ein  Hauptgebäude 
und  sechs  Isolierpavillons  für  infektiöse  Krankheiten.  Die  übrigen  Kliniken  erhalten  jede  einen 
eigenen  Pavillon,  und  ist  den  medizinischen  Kliniken  für  Demonstrierung  von  Infektions- 
krankheiten je  ein  kleines  Gebäude  zugewiesen.  An  weiteren  Objekten  werden  errichtet:  ein 
Institut  für  Zahnheilkunde,  Photographie  und  Röntgen,  ein  Schwesternhaus  mit  eigener  Kapelle, 
ein  großes  Objekt  für  drei  pathologische  Institute  und  für  die  medizinische  Chemie  sowie  für 
die  gesamte  Leichengebarung,  unmittelbar  an  der  Gürtelstraße  liegend.  Ferner  verbleibt  noch 
ein  Objekt  an  der  Spitalgasse,  der  ehemalige  Mitteltrakt  des  Versorgungshauses,  welcher  für 
Wohnungen  und  Kanzleien  in  Verwendung  genommen  wird.  In  der  Richtung  von  der  Spital- 
gasse bis  gegen  den  Währinger  Gürtel  ist  eine  Hauptstraße  projektiert,  welche  auch  dem  öffent- 
lichen Fußgeherverkehr  geöffnet  bleiben  muß.  An  dieser  Straße  liegt  ein  großes  Administrations- 
gebäude und  ein  separates  Aufnahmsgebäude.  Ein  besonderes  Küchengebäude  ist  so  gelegen, 
daß  der  Speisentransport  sich  nach  abwärts  vollzieht.  In  diesem  Gebäude  ist  auch  ein  Kasino 
für  Ärzte  geplant.  Am  Ende  dieser  Straße,  gegen  den  Währinger  Gürtel  zu,  ist  ein  großes 
Ökonomiegebäude  projektiert,  welches  die  Materialienkanzleien  mit  den  Magazinen,  Werkstätten, 
Desinfektionsanstalten,  eine  Wäscherei  und  eine  Badeanlage  für  besondere  Zwecke  enthalten 
wird;    endlich  sind  noch  ein  Wohnhaus    für    den  Direktor  und  zwei  Portierhäuser  projektiert. 

Bei  der  Einteilung  der  Pavillons  wurde  nicht  nur  auf  alle  hygienischen  Prinzipien,  sondern 
wesentlich  auch  darauf  Rücksicht  genommen,  daß  sowohl  die  umfangreiche  ambulatorische 
Behandlung  als  auch  der  Unterricht  auf  die  Krankenpflege  nicht  störend  einwirkt,  daß  dabei 
aber  doch  die  verschiedenen  Räume  in  einer  gewissen  organischen  Verbindung  stehen.  Auch 
dort,  wo  es  sich  um  die  Anlage  von  Operationsräumen  handelt,  wurden  dieselben  so  situiert, 
daß  sie  die  Krankenpflege  nicht  beeinflussen. 

Von  den  bestehenden  schönen  Gartenanlagen  wird  so  viel  als  möglich  erhalten;  die 
Niveauregulierungen  sind  so  gedacht,  daß  ein  leichter  Verkehr  zwischen  den  einzelnen  Pavillons 
untereinander  möglich  ist,  da  aber  die  Niveaudifferenzen  zwischen  Gürtel  und  Spitalgasse  ganz 
bedeutende  sind,  müßten  wohl  Straßen  mit  größeren  Steigungen  eingelegt  werden,  die  aber 
das  Maximum  von  5%  an  einzelnen  Stellen  nicht  überschreiten  werden.  Mit  dem  Baue  wurde 
nach  Freiwerden  der  Realität  des  Wiener  Versorgungshauses,  im  Sommer  1904,  begonnen  und 
werden  zunächst  die  zwei  geburtshilflichen  und  die  zwei  gynäkologischen  Kliniken  samt  dem 
Isoliergebäude  errichtet.  Das  Bauprojekt  hat  der  frühere  k.  k.  Statthaltereibaurat  Franz  Berger 
verfaßt. 

Das  k.  k.  Krankenhaus  Wieden,  IV.,  Favoritenstraße  30  (Abb.  338).1)  Am  17.  Dezember  1841 
wurde  das  »Bezirkskrankenhaus  Wieden«  mit  einer  chirurgischen  und  einer  medizinischen  Abteilung  mit  zu- 
sammen 150  Betten  eröffnet.  Später  vergrößert  durch  Zukauf  von  anstoßenden  Häusern  und  Grund- 
flächen, wurde  1850  zum  Neubau 
su~tu~^.s„,~ von  Krankensälen  etc.  für  500  Bet- 
ten geschritten.  1857  erhielt  es  den 
Namen  »K.  k.  Krankenhaus  Wie- 
den«; 1859  wurde  ein  besonderes 
Leichenhaus  errichtet.  Da  es  dem 
Spitale  an  Administrationsräumen 
mangelte,  wurde  1870  ein  anstoßen- 
des Haus  in  der  Favoritenstraße 
angekauft  und  für  administrative 
Zwecke  ein  Zubau  aufgeführt,  der 
1885  ein  oberes  Stockwerk  erhielt. 
1877—1883  kamen  umfangreiche 
Ventilationseinrichtungen  zur  Aus- 
führung. 1883  wurde  im  Garten, 
anstoßend  an  die  Nachbarhäuser, 
eine  gemauerte  Baracke  für  27  Bet- 
ten erbaut,  1893  eine  neue  Augen- 
abteilung mit  40  Betten  errichtet 
und  1898  eine  den  modernen  An- 
forderungen entsprechende  Pro- 
sektur  an  Stelle  des  alten  Leichen- 
hauses an  der  Ecke  der  Starhem- 
berg-  und  Waltergasse  mit  einem 


338.     Krankenhaus  Wieden. 
Lageplan.     1:2000. 


')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Kran- 
kenanstalten. I.  Jahrgang  1892. 


230 


Humanitätsanstalten. 


Kostenaufwande  von  126.000  K  neu  erbaut.    Endlich  wurde   noch,    um  den  Mangel    an  Wohnungen  etc.  zu 
beheben,    im  Jahre   1898  das  an  die  Realität  anstoßende  Haus  Rainergasse  8  erworben. 

Das  Krankenhaus  Wieden 
umfaßt  eine  Area  von  1 9.957  m2, 
wovon  5899  m2  verbaut  sind. 
Die  Abteilungen,  auf  die  sich 
die  vorhandenen  589  Kranken- 
betten verteilen,  sind:  1  chi- 
rurgische, 2  medizinische,  1  sy- 
philitisch-dermatologische, 
1  gynäkologische  und  1  Au- 
genabteilung. Das  hufeisen- 
förmige Hauptgebäude  enthält 
in  drei  Geschossen  in  den 
Flügeln  18  Säle,  im  verbin- 
denden Mitteltrakt  kleinere 
Krankenräume,  im  Parterre  die 
Küche  mit  den  erforderlichen 
Nebenräumen.  Im  Garten,  an 
nachbarliche  Zinshäuser  ange- 
baut, befindet  sich  noch  ein 
ebenerdiger  Krankenpavillon 
für  27  Betten.  Die  Verwaltung, 
Apotheke,  Krankenaufnahme, 
das  Augenambulatorium  und 
die  Wohnungen  der  Ärzte  sind 
in  dem  einfachen  Trakte  der 
Favoritenstraße  untergebracht. 
Im  Hofe  des  Krankenpavillons 
befindet  sich  die  durch  zwei 
Geschosse  gehende  Anstalts- 
kapelle nebst  den  Wohnungen 
für  die  Anstaltsgeistlichen  u.  s.  w. 

In  Verbindung    mit    dem    Favoritenstraßentrakte    ist    noch    ein    viergeschossiges    Gebäude    mit 

sieben    Fenstern    Gassenfront    angegliedert,    das 
die    Direktionskanzlei    und  Wohnungen    enthält. 

K.  k.  Krankenanstalt  Rudolf-Stiftung,  III., 
Boerhavegasse  (Abb.  339,  340). l)  Mit  kaiserlichem 
Handschreiben  vom  26.  August  1858  widmete  Kaiser 
Franz  Josef  I.  aus  Anlaß  der  Geburt  eines  Kronprinzen 
8800  Quadratklafter  Grund  von  seinem  Besitztum 
» Kaisergarten  <  im  III.  Bezirke  mit  der  Bestimmung  zur 
Errichtung  eines  Spitales.  Nach  dem  vom  Architekten 
Jos.  Horky  und  Baurat  Zettl  ausgearbeiteten  Entwürfe 
wurde  im  Februar  1860  mit  dem  Bau  begonnen  und 
konnte  die  mit  einem  Kostenaufwande  von  5,000.000  K 
für  860  Betten  ausgeführte,  von  Prof.  Dr.  Karl  Böhm 
mit  Ventilationseinrichtungen  ausgestattete  Anstalt  am 
28.  Jänner  1865  in  Benützung  genommen  werden. 

Das  im  ursprünglichen  Programm  vorgesehene 
Schwesternhaus  für  200  Pflegerinnen  mußte  der  be- 
schränkten Baufläche  wegen  entfallen.  Auch  Wohn- 
gebäude für  Angestellte  des  Hauses  und  die  Prosektur 
konnten  nur  in  beschränktem  Maße  geschaffen  werden, 
wodurch  sich  Übelstände  ergaben,  an  welchen  die  auf 
verhältnismäßig  zu  kleiner  Area  errichtete  Anstalt  heute 
noch  leidet.  1894  wurde  mit  einem  Kostenaufwand  von 
78.000  K  auf  das  Leichenhaus  ein  Stock  aufgesetzt. 
Durch  Herstellung  von  Licht-  und  Luftgräben  wurden 
im  Laufe  der  Jahre  eine  Reihe  von  Souterrainlokalen 
für  Magazine  und  Werkstätten  adaptiert. 


Abb.  339.     Krankenanstalt  Kronprinz  Rudolf-Stiftung.     Lageplan.     1:2000. 


Abb.  340.     Krankenanstalt  Kronprinz  Rudolf-Stiftung. 


')  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.    Jahrgang  1S66.    Jahr- 
buch der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  1.  Jahrgang  1S92. 


Krankenhäuser. 


231 


Die    860  Krankenbetten  aufnehmende    Rudolf-Stiftung  hat   heute    ein  Flächenausmaß  von 
33.229  m-  mit  2  medizinischen,  2    chirurgischen    Abteilungen,    ferner   1    Abteilung    für  Augen- 

und    1   für  Hautkranke.  Die 


Kardinal  Rauschergasse 


n.m.P.  wrdimedic.  Pavillon. 

s.m.P  siidl,  med ic.  Pavillon. 

Ch.P.  Chirurg.  Pavillon. 

J.P.  Jsolier  Pavillon. 

A.  idministr  Gebäuder 

L.  Leichenhaus. 

W.  Waschhaus. 


P.d. 


B.5t.  Bellina  ShTlunp  Pavillon. 


Errichtung  einer  selbständi- 
gen gynäkologischen  Ab- 
teilung ist  im  Zuge.  Der 
Haupttrakt  an  der  Boerhave- 
gasse  des  in  einer  wenig 
glücklichen  Kombination 
des  Korridor-  und  Pavillon- 
systems erbauten  Spitales 
besitzt  ein  überschwenglich 
weites  Vestibül,  das  bis  zu 
den  beiden  Quertrakten  ein- 
geschossig hergestellt  ist. 
Der  diesem  gegenüberlie- 
gende Ökonomietrakt  hat 
vier,  alle  übrigen  Trakte  um- 
fassen drei  Geschosse.  Die 
mit  22  bis  26  Betten  be- 
legten Krankensäle  haben 
nur  einseitige  Belichtung. 
Gegen  die  Rudolfsgasse  liegt 
ein  viergeschossiges  Ad- 
ministrations-  und  Wohn- 
gebäude, das  in  zwei  Ge- 
schossen durch  einen  ge- 
schlossenen Korridor  mit 
der  Anstalt  in  Verbindung 
steht.  Das  Prosekturgebäude 
mit  der  Leichenkapelle  ist 
zweigeschossig  an  das  Nach- 
bargelände angebaut.  An 
derselben  Nachbargrenze 
liegen  noch  drei  Stallge- 
bäude für  die  Prosektur 
und  das  Lyssa-  und  Diph- 
therie-Heilseruminstitut. An 
der  westlichen  Grenze  lie- 
gen ein  Glashaus  und  ein 
Magazinsgebäude,  ferner  ein 
dreigeschossiges  Wohnhaus.  Leider  ist  es  trotz  vielfacher  Bemühungen  bisher  nicht  gelungen, 
Flächen  zu  erwerben,  um  die  so  notwendige  Verbesserung  dieser  Anlage  durchführen  zu  können. 

K.  k.  Kaiserin  Elisabeth-Spital,  XIV.,  Huglgasse  3  (Abb.  341  bis  343). ')  Das  im  Jahre  1857  im 
bestandenen  Bezirke  Sechshaus  von  einer  Anzahl  umliegender  Gemeinden  mit  einem  Belagraume  für  80  Betten 
errichtete  öffentliche  Krankenhaus  wurde  in  den  Jahren  1867  und  1872  erweitert,  litt  aber  an  so  vielen  Übel- 
ständen, daß  1878  über  behördliche  Anordnung  umfassende  Reformen  durchgeführt  werden  mußten  und 
im  Jahre  1883  der  Neubau  des  Spitales  erfolgte. 

Zu  diesem  Zwecke  wurde  ein  an  der  südlichen  Abdachung  der  Schmelz  gelegenes  Gelände  von 
13.085  m-  um  den  Betrag  von  150.000  K  erworben,  wo  das  mit  einem  Kostenaufwande  von  1,360.000  K 
erbaute  neue  Spital  unter  dem  Namen  »Kaiser  Franz  Josef-Bezirkskrankenhaus  in  Rudolfsheim<  mit  einem 
Belagraum  für  456  Betten  1890  zur  Eröffnung  gelangte.  1892  erhielt  es  die  Bezeichnung  »K.  k.  Kaiserin 
Elisabeth-Spital«.  Als  im  Jahre  1891  sämtliche  Vorortespitäler  vom  Wiener  k.  k.  Krankenanstaltenfonds  über- 
nommen wurden,  ging  auch  die  ehemalige  Sechshauser  Spitalsrealität  in  den  Besitz  dieses  Fonds  über,  und 
nachdem  sich  schon  bei  der  Übernahme  des  Elisabeth-Spitals  zeigte,  daß  diese  Anstalt  namentlich  in 
administrativer  Beziehung  bedeutende  Mängel  aufweise  und  baldigst  Erweiterungsbauten  notwendig  sein 
werden,  wurde  über  Anregung  des  Statthalters  Erich  Graf  Kielmansegg  die  ersterwähnte  alte  Realität  gegen 
ein  an  das  Elisabeth-Spital  anstoßendes  Grundstück  umgetauscht  und  hier  1894  —  1896  der  Bettina-Pavillon 
für  60  kranke  Frauen  mit  einem  Kostenaufwande  von  530.000  K  errichtet-)  und  gleichzeitig  in  diesen  Jahren 

')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  I.  Jahrgang  1892. 

*)  1894  widmete  Albert  Freiherr  von  Rothschild  für  diesen  Zweck  zur  Erinnerung  an  seine  verstorbene  Gemahlin  den  Betrag 
von  1,100.000  K.  Siehe  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  III.  Jahrgang  1894. 


Felbersfrasse 

Abb.  341.    Elisabeth-Spital. 


Lageplan.     1 :  2000. 


232 


Humanitätsanstalten. 


eine  unterirdische  Verbindung  von  26m  Breite  und  28m  Höhe  zwischen  den  durch  die  Goldschlagstraße 
getrennten  Teilen  dieser  Anlage  hergestellt.  1897  kam  ein  Wohngebäude  für  die  Pflegeschwestern  und  1900 
ein  Wohnhaus  für  den  Direktor,  die  Beamten  und  Diener  und  für  Magazine,  endlich  ein  Glashaus  hinzu, 
während  auf  das  Leichenhaus  noch  ein  Stockwerk  aufgesetzt  worden  ist.  Die  Kosten  aller  Erweiterungs- 
bauten, Ergänzungen  etc.  exklusive  Bettina-Pavillon  und  Grundankauf,  betrugen  in  den  Jahren  1892  —  1900 
638.000  K. 


Abb.  342. 
Elisabeth-Spital.    Bettina-Pavillon. 


Erster  Stock.     1  :  600. 


Die  durch  die  Goldschlagstraße  getrennten  Flächen  des  k.  k.  Elisabeth-Spitales  haben 
ein  Ausmaß  von  zusammen  27.230m-.  Gegenwärtig  vermag  das  Spital  530  Kranke  aufzunehmen. 
Die  Pläne  des  ersten,  in  den  Jahren   1889   und   1890  ausgeführten  Baues  verfaßte  der  den  Bau 

leitende  Architekt  Sehnal,  während  die  Erweiterungsbauten  und 
der  Bettina-Stiftungs-Pavillon  nach  Plänen  des  Architekten  Sehnal 
und  des  k.  k.  Oberingenieurs  Franz  Berger  unter  der  Leitung 
des  letzteren  ausgeführt  wurden.  Im  Souterrain  des  dreigeschos- 
sigen Administrationsgebäudes  befindet  sich  die  Anstaltsküche, 
im  Waschhaus  ist  eine  Reservoiranlage  mit  Pumpstation  ange- 
legt, weil  wegen  der  Nähe  des  Schmelzer  Hochquellenreservoirs 
das  Hochquellenwasser  nur  im  Parterregeschoß  mit  natürlichem 
Drucke  ausfloß.  Auf  dem  zweiten  Komplexe  südlich  der  Gold- 
schlagstraße liegt  nahezu  in  der  Mitte  der  Bettina-Stiftungs- 
Pavillon  '),  der  eine  gynäkologische  Abteilung  mit  60  Betten 
enthält.  Im  Parterre  und  ersten  Stocke  sind  die  Kranken  in 
vorherrschend  kleinen  Zimmern  untergebracht;  im  Mittelbau, 
sind  zu  ebener  Erde  ein  Ambulatorium  und  Wohnungen  für 
Ärzte,  im  darüberliegenden  ersten  Stocke  die  geräumigen  Ope- 
rationsräume untergebracht.  Der  Mitteltrakt  setzt  sich  als  zweites 
Obergeschoß  noch  fort  und  enthält  Laboratorien  für  wissen- 
schaftliche Arbeiten.  Im  Vestibül  dieses  Pavillons  ist  eine  vom 
Bildhauer  Josef  Kassin  ausgeführte  Gruppe  „Die  Pflege"  mit 
der  Büste  der  Baronin  Bettina  von  Rothschild  aufgestellt.  Dieser 
Pavillon  hat  Niederdruckdampfheizung  und  ist  elektrisch  be- 
leuchtet. 
K.  k.  St.  Rochus-Spital,  XIII.,  Cumberlandstraße  53.  Unter  Verwendung  einer  Stiftung  kam 
es  im  Jahre  1866  zur  Errichtung  des  Spitalcs  mit  einem  Belagraume  für  80  Betten.  Schon  1887 
durch  Adaptierungen  und  einen  kleinen  Zubau  erweitert,  wurden  nach  Übernahme  durch  den 
k.  k.  Krankenanstaltenfonds  1891  weitere  Adaptierungen  durchgeführt  und  im  Jahre  1899 
ein  Zubau  mit  einem  Kostenaufwande  von  82.000  K  beigefügt,  so  daß  das  Krankenhaus  nun 
90  Krankenbetten  enthält.  Die  Anlage  selbst  bietet  nichts  Bemerkenswertes. 

K.  k.  Kronprinzessin  Stephanie-Spital,  XVI.,  Thaliastraße  52  54  (Abb.  344).  Das  Spital  wurde 
im  Jahre  1885  mit  einem  Belagraum  für  108  Betten  eröffnet,  wozu  noch  20  Betten  des  Epidemie- 
traktes kamen.  Die  Gesamtkosten  betrugen  335.000  K.  Auf  einer  Gesamtfläche  von  2370  m- 
liegt  der  dreigeschossige  Krankenpavillon  an  der  Thaliastraßc,  welcher  eine  chirurgische  Ab- 
teilung nebst  Operationslokalitätcn  und  eine  Kapelle  enthält,  im  zweigeschossigen  Trakte  an 
der  Liebhartgassc  sind  die  Administrationsräume  und  die  Pflcgeschwcstern,  in  den  übrigen 
teils  ein-,  teils  zweigeschossigen  Trakten  die  Proscktur  und  anderes  untergebracht. 


Abb.  3-13.     Plastik  im  Bettina-Pavillon. 


')  Österreichische  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1898,  Heft  6. 


Krankenhäuser. 


233 


Abb.  344. 
Stephanie-Spital. 
Ebencrd.    1 :  SUO. 


K.  k.  Krankenhaus  Erzherzogin  Sophien-Spitalstiftung,  VII.,  Kaiserstraße  7  (Abb.  345).1) 
Im  Jahre  1872  bildete  sich  unter  dem  Protektorate  des  Erzherzogs  Karl  Ludwig  ein  Verein,  welcher  sich 
die  Aufgabe  der  Errichtung  eines  Spitales  für  die  Bezirke  Mariahilf,  Neubau  und  die  angrenzenden  Vororte 
stellte.  Dieses  Spital,  welches  nach  der  Erzherzogin  Sophie  benannt  wurde,  dankt  sein  Entstehen  zahlreichen 
freiwilligen  Spenden,  insbesondere  der  Frau  Luise  Kenyon,  welche  ihr  Haus  in  der  Kaiserstraße  und  ihr 
gesamtes  Vermögen  dieser  Stiftung  zuwendete.  Am  1.  Juni  1880  wurde  die  Anstalt  mit  einem  vorläufigen 
Belag  von  20  Betten  eröffnet.  Im  Jahre  1900 
übernahm  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten- 
fonds das  Spital  und  führte  auf  zwei  eben- 
erdigen Seitentrakten  Stockaufsetzungen  durch, 
so  daß  Ende  1900  bereits  84  Betten  zur  Ver- 
fügung standen;  die  Vorarbeiten  für  den  Bau 
eines  chirurgischen  Pavillons  sind  abge- 
schlossen. 


Die  Anstalt  besteht  heute  aus  dem 
Kenyon-Pavillon,  einem  Administrations- 
gebäude und  einem  Leichen-  und  Gar- 
tenhaus. Parallel  zum  Kenyon-Pavillon 
gegen  die  Lazaristenkirche  kommt  der 
neue  chirurgische  Pavillon  zu  stehen, 
während  in  der  nordwestlichen  Ecke 
ein  Leichenhaus  zur  Herstellung  gelangt. 
Die  Gesamtgrundfläche  beträgt  12.420  m2. 
Der  Krankenpavillon  enthält  im  Parterre 
und  ersten  Stocke  eine  medizinische 
Krankenabteilung  und  die  Küche.  Im 
Souterrain  dieses  Hauses  sind  Bäder, 
Apotheke,  Räume  für  die  Pflegeschwe- 
stern, Isolierzimmer,  Röntgenzimmer, 
Desinfektion,  Ärztewohnungen,  Kleider- 
magazine u.  s.  w.  ganz  unzureichend 
untergebracht,  doch  werden  diese  Ver- 
hältnisse durch  den  Neubau  des  chirurgi- 
schen Pavillons  eine  wesentliche  Besse- 
rung erfahren.  Mit  Rücksicht  auf  die  an- 
stoßende breite  Gürtelstraße  und  den 
Vorpark  beim  Westbahnhofe  ist  die  Lage 
des  Spitales  eine  günstige. 

K.  k.  Kaiser  Franz  Josef-Spital, 
X.,  Triesterstraße  (Abb.  346  bis  349).-)  Der 
in  den  Siebzigerjahren  des  vorigen  Jahrhun- 
derts herrschende  Bettenmangel  überhaupt 
und  die  Schwierigkeit  der  Unterbringung 
von  Blattern-  und  Flecktyphuskranken  gaben  Anlaß,  den  Bau  eines  Infektionsspitales  ins  Auge  zu  fassen. 
Der  in  der  Regel  geringe  Stand  dieser  Krankheiten  ließ  aber  einen  unverhältnismäßig  kostspieligen 
Betrieb  gewärtigen,  weshalb  es  zum  Baue  eines  für  alle  Krankheitsformen  bestimmten  Spitales  kam.  Im 
Jahre  1884  wurde  durch  das  k.  k.  Ministerium  des  Innern  ein  Programm  für  die  neue  Anstalt  aufgestellt  und 
hiernach  durch  den  k.  k.  Statthalterei-Oberingenieur  Michael  Fellner  und  den  Direktor  der  k.  k.  Rudolf- 
Stiftung  Dr.  K.  Böhm  ein  Projekt  ausgearbeitet,  das  nach  Vornahme  bedeutender  Reduktionen  dem  im 
Jahre  1887  begonnenen  und  1892  beendeten  Baue  zugrunde  lag.  Zunächst  handelte  es  sich  um  Unter- 
bringung der  Blatternkranken,  weshalb  die  Pavillons  A,  B,  C  bereits  1888  unter  Herstellung  von  proviso- 
rischen Nebengebäuden  (Pförtner,  Küche  und  Leichenhaus)  in  Benützung  genommen  wurden.  Die  mit 
610  Betten  eröffnete  Anstalt  kostete  4,566  000  K,  wovon  auf  Grunderwerb  zirka  400.000  K,  auf  innere  Ein- 
richtung 360.000  K  und  der  Rest  auf  den  Bau  inklusive  Gartenherstellung  entfielen.  Für  künftige  Erweite- 
rungen wurden  1894  südlich  an  den  Ökonomiehof  anstoßend  noch  24.744  m-  Gründe  erworben,  auf 
welchen  dermalen  das  Institut  zur  Gewinnung  von  Diphtherieheilserum  untergebracht  ist.  Im  Jahre  1896 
fanden  in  der  Infektionsabteilung  mit  Rücksicht  auf  die  gewonnenen  Erfahrungen  umfangreiche  bauliche 
Änderungen  statt,  welche  die  Verhütung  von  Hausinfektionen  durch  eine  größere  Dezentralisierung  der 
Kranken  anstrebten.  Anschließend  daran  folgte  aus  gleichem  Grunde  1890  der  Bau  einer  Beobachtungs- 
baracke mit  vier  Betten,  wovon  jedes  Bett  für  sich  mit  Nebenräumen  isoliert  ist,  1900  der  eines  eigenen 
Aufnahmsgebäudes  für  die  Infektionskranken,  um  bei  der  Aufnahme  jede  Ansteckung  zu  vermeiden, 
und  endlich  1902  jener  von  zwei  weiteren  Beobachtungsbaracken  mit  je  zwei  getrennten  Abteilungen  zu 
je  einem  Bette. 


Abb.  345. 
Sophien-Spital. 


Ebenerd.     1:600. 


')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  IX.  Jahrgang  1900. 

2)  Eine  ausführliche  Beschreibung  ist  im  Jahrbuche  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten,  I.  Jahrgang  1892,  enthalten. 


234 


Humanitätsanstalten. 


1  Pförtner. 

2  Administrationsgebäude. 
3 — 5  Wohngebäude. 

6  Küchengehäude. 

7  Kapelle. 
8—12  Wirtschaftsgebäude. 

13  —  16  Krankenpavillons. 

17  Badhaus. 

lc)  Aufnahme  Infektionskranker. 

20  Arztewohnhaus. 

21  —  23  Pavillons    für   Infektions 

kranke. 

24—28  Baracken    für   Infektions 
kranke. 

29  Badhaus     für     Infektions- 
kranke. 

3U  Leichenhaus. 

i2  Institut  zur  Gewinnung 
von  Diphtherieheil 
serum. 


Abb.  346.     Kaiser  Franz  Josef-Spital,  X.,  Triesterstraße.     Lageplan.     1:3000. 


Abb.  347.     Kaiser  Franz  Joscf-Spital,  X., 


Perspektivische  Ansicht. 


Krankenhäuser. 


235 


Das  k.  k.  Kaiser  Franz 
Joscf-Spital,  das  ohne  den  neu- 
erworbenen  Grundkomplcx  über 
eine  Fläche  von  84.914  m-  ver- 
fügt, hat  derzeit  einen  Belag 
von  622  Betten  und  besteht  aus 
drei  medizinischen,  einer  chirur- 
gischen und  einer  Infektions- 
abteilung. Das  Spital  ist  durch- 
wegs im  Pavillonsystem  ausge- 
führt. Die  vollkommen  isolierte 
Infektionsabteilung  besteht  aus 
zwölf  Objekten.  Eine  weitere 
Gruppe  umfaßt  die  übrigen  Kran- 
kenabteilungen mit  vier  Pavillons, 
dem  Küchengebäude,  Badhaus 
und  Nonnenhaus.  Nordwestlich 
ist  der  Eingang  mit  Pförtnerhaus 
und  drei  Objekten,  enthaltend 
Administration  und  Wohnungen. 
Getrennt  mit  besonderem  Zu- 
gange liegt  südwestlich  der  Öko- 
nomiehof. In  der  westlichen  Ecke 
mit  getrenntem  Vorplatze  ist  die 
Prosektur  mit  der  Leichenein- 
segnung situiert. 

K.   k.   Wilhelminen  -  Spital, 


Ebencrd  und  Frster  Stock. 


Abb.  348.     Kaiser  Franz  Josef-Spital.    Pavillon  für  Internkranke. 


Abb.  349.     Kaiser  Franz  Josef-Spital.    Pavillon  für  Internkranke.     Schnitt.     1:600. 


XVI.,  Montleartstraße  1  (Abb.  350 
bis  353).  Aus  Anlaß  des  40jährigen  Regierungsjubiläums  des  Kaisers  Franz  Josef  I.  widmete  die  Prinzessin 
Wilhelmine  Montleart-Sachsen-Curland  der  Gemeinde  Ottakring  einen  Betrag  von  300.000  K  zur  Errichtung 
eines  Spitales.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  an  der  Ecke  des  Flötzersteiges  (Hütteldorferstraße)  ein  Areale 
von  15.000  m-  erworben  und  der  Bau  in  Angriff  genommen.  Am  1.  April  1891  wurde  die  Anstalt  mit 
einem  Belagraume  für  142  Betten  (eine  chirurgische,  eine  medizinische  und  eine  Infektionsabteilung)  eröffnet. 
Nach  der  im  selben  Jahre  erfolgten  Übernahme  der  Anstalt  durch  den  Wiener  k.  k.  Krankenanstaltenfonds 
wurde  der  sogenannte  Isolierpavillon  für  Unterkunft  der  Pflegeschwestern,  für  Wohnungen  des  Verwalters 
und  der  Diener  und  für  Magazine  in  Benützung  genommen.  Da  dieses  Spital  wegen  seiner  freien,  gesunden 
Lage  am  Abhänge  des  Wienerwaldes  für  eine  spätere  Vergrößerung  sehr  geeignet  war,  wurden  über  Antrag 
des  Statthalters  Erich  Graf  Kielmansegg  im  Jahre  1894  die  anstoßenden  Grundflächen  im  Ausmaße  von 
199.549  m;  um  den  Betrag  von  rund  446.000  K  erworben.  Im  Jahre  1900  kam  es  zu  einer  bedeutenden  Er- 
weiterung des  Wilhelminen-Spitales1;,  indem  der  Gemeinderat  der  Stadt  Wien  im  Jahre  1898  beschloß,  zum 
Andenken  an  das  50jährige  Regierungsjubiläum  des  Kaisers  2  Millionen  Kronen  zur  Errichtung  eines  Kinder- 
spitales  für  Infektionskranke  auf  den  Gründen  des  Wilhelminen-Spitales  zu  widmen.  Gleichzeitig  gelang 
es  den  Bemühungen  des  Statthalters,  eine  Stiftung  des  1895  verstorbenen  Wiener  Bürgers  Georg  Kellermann 
für  ein  Kinderspital  im  Betrage  von  600.000  K  dem  Wiener  Krankenanstaltenfonds  einzuverleiben.  Mit  diesen 
Mitteln  wurde  nach  den  Plänen  des  derzeitigen  Landes-Oberbaurates  Franz  Berger  ein  dem  Wilhelminen- 
Spitale  angegliedertes  Kinderspital  errichtet  und  im  Jahre  1902  der  Benützung  übergeben,  das  den  weitest- 
gehenden modernen  Anforderungen  entspricht. 

Die  nun  unter  dem  Namen  Wilhelminen-Spital  vereinigten  Anstalten  umfassen  ein  Flächen- 
ausmaß von  79.290  m'2,  wovon  12.912  m2  verbaut  sind.  Sie  bestehen  aus  einer  Abteilung  für 
internkranke  Erwachsene  mit  117  Betten,  einer  Kinderabteilung  für  43  Internkranke,  einer  Kinder- 
abteilung für  43  chirurgisch  Kranke  und  einer  Kinderabteilung  für  188  Infektionskranke.  Die  aus 
37  Objekten  bestehende  Anstalt  zerfällt  in  drei  Gruppen,  welche  durch  Drahtgeflechtzäune  von- 
einander getrennt  sind. 

Im  Pavillon  B  (Abb.  350)  befinden  sich  im  Parterre  erwachsene  Kranke,  in  den  übrigen  Ge- 
schossen Pflegerinnen.  Das  Objekt  C  enthält  Dienerwohnungen,  das  Torgebäude  D  die  Wohnung 
des  Pförtners  und  Räume  für  die  k.  k.  Sicherheitswache.  Wohnhaus  E  nimmt  die  Wohnung  des 
Direktors  samt  Kanzlei,  ferner  noch  Beamten-  und  Dienerwohnungen  auf.  Das  Küchengebäude 
F  umfaßt  eine  durch  zwei  Geschosse  reichende  Dampfkochküche  10X12  m  samt  den  erforder- 
lichen Nebenräumen,  im  ersten  Stocke  Speisezimmer  für  Arzte  und  Wohnungen  des  Küchen- 
personales.    Im  Kessel-   und  Maschinenhause  G  sind  im  Tiefparterre  fünf  Cornwallkessel,    die 


')  Die  Neubauten  beim  k.  k.  Wilhelminen-Spital.  Von  Franz  Berger,  k.  k.  Baurat.  Allgemeine  Bauzeitung.  1902,  Heft  3. 


236 


Humanitätsanstalten. 


den  Dampf  für  sämtliche  Objekte  mit  Ausnahme  von  B,  C,  D,  E,  J  und  S  liefern.  Der 
Dampf  wird  in  unterirdischen  Gängen  zu  den  verschiedenen  Objekten  als  Hochdruckdampf 
geführt  und  dann  reduziert.  In  diesen  Gängen  laufen  auch  die  elektrischen  Leitungen.  Im 
Kesselhause  liegt  auch  die  Druckzentrale  für  die  Aufzüge.  Dieses  Gebäude  enthält 
noch  im  Souterrain  Werkstätten  und  eine  Kohlensäuremaschine  zur  Erzeugung  von 
Kälte  und  Eis.    Im  Parterre    befinden    sich  zwei  Räume  mit  Bad  für  Desinfektion 


Abb.  350.    Wilhelminen-Spital  und  Kinderspital  der  Gemeinde  Wien.    Lageplan.     1:3000. 


Wilhelminen-Spital : 

A  Hauptgebäude. 
B  Schwesternhaus. 
C  Dienerhaus. 
E  Direktionsgebäude. 
F  Küchengebäude. 
G  Kesselhaus. 
H  Leichenhaus. 

N,   O,   P,   Q,   R,   S   Kellermannsche 
Stiftung. 

Kinderspital : 

K  Aufnahmsgebäude. 

L   Bad. 

1 — 19  Krankenpavillons. 


Abb.  351.    Wilhelminen-Spital.    Gebäude  A.     Zweiter  Stock.     1 :  SO0. 


Schnitt.     1  :  600. 

jn na. 


Abb.  352.    Pavillon  für  11  Betten.    Ebcncrd.     1:600. 

Wilhelminen-Spital. 


Abb.  353.     Operationshaus.  Erdgeschoß.  1:600. 


(zwei  Apparate),  die  Waschanstalt  und  ein  großes  Magazin;  das  Obergeschoß  enthält  Diener- 
wohnungen. Das  Leichenhaus  H  enthält  im  Souterrain  Beisetzräume  mit  Lcichenkühlzellcn,  Sarg- 
magazin u.  s.  w.,  im  Parterre  Wartehalle  und  Einsegnungskapelle  mit  zwei  geschlossenen  Aufbahr- 
zcllen.  Durch   Aufzüge  kommen  die  Leichen  vom  Souterrain  direkt  in  diesen  Raum.    Nördlich 


Krankenhäuser. 


237 


liegen  in  diesem  Geschosse  die  Räume  für  die  Prosektur,  zu  welcher  auch  die  im  ersten  Stocke 
befindlichen  Laboratorien  gehören.  Die  Pavillons  N  und  O  sind  zweigeschossig  mit  einem 
weiteren  Aufbau  im  westlichen  Teil  für  Ärzte  und  Wartepersonalc,  enthalten  in  jedem  Geschosse 
einen  Krankensaal  für  18  Betten  und  entsprechende  Nebenräume.  Das  Operationshaus  ist  mit  dem 
chirurgischen  Pavillon,  welcher  im  Stiegenhause  einen  Aufzug  enthält,  durch  einen  geschlossenen 
Gang  verbunden.  Im  Gebäude  R  befinden  sich  ein  Turnsaal  und  Nebenräumc  für  Massage 
und  Röntgenbehandlung.  Das  Ambulatoriumsgebäude  S  mit  zwei  Abteilungen  enthält  Warte- 
und  Ordinationsräume  mit  Bädern,  das  Aufnahmsgebäude  K  im  Parterre  Kanzleien,  sechs  Um- 
kleidezellen, im  ersten  Stocke  Speisezimmer  für  Ärzte  und  Pflegerinnen,  das  Gebäude  L  endlich 
das  sogenannte  Entlassungsbad  mit  einem  Auskleideraum,  Duschebad  und  Ankleideraum  und 
nach  rückwärts  zwei  Kanzleien.  Die  Infektionsabteilung  umfaßt  7  Pavillons  für  17  Betten, 
4  für  11  Betten,  3  für  5  Betten  und  5  für  2  Betten,  um  eine  größtmögliche  Isolierung  der 
verschiedenen  Krankheitsformen  zu  ermöglichen.  Die  Pavillons  sind  eingeschossig,  die  sieben 
größten  haben  im  westlichen  Flügel  einen  Stockaufbau  für  Ärzte  und  Wärterinnen.  Die  Gebäude 
sind  durchwegs  massiv;  auf  ihre  leichte  Desinfektion  ist  besonders  Rücksicht  genommen. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  wurde  der  Steinzeug-Rohrkanalisation  gewidmet,  die  bei 
dem  herrschenden  günstigen  Gefälle  und  reichlicher  Spülung  eine  rasche  Abfuhr  gewährleistet. 
Die  gesamten  Abwässer  der  Infektionsabteilung,  des  Leichenhauses,  des  chirurgischen  Pavillons 
und  des  Operationsgebäudes  sind  in  ein  System  so  zusammengefaßt,  daß  sie  das  Desinfektions- 
haus I  passieren,  woselbst  ihnen  automatisch  Kalkmilch  in  entsprechender  Menge  beigemischt 
wird.  Pförtnerhaus,  Wohnhaus,  Pavillon  B  und  Dienergebäude  C  haben  Ofenheizung,  das 
Ambulatorium  S  Gasheizung.  Für  die  übrigen  Objekte  ist  Niederdruckdampf-,  für  das  Haupt- 
gebäude A  Recksche  Schnellumlaufheizung  eingeführt. 

An  der  Einfriedung  ist  eine  monumentale  Gruppe  „Opferwilligkeit",  vom  Bildhauer 
L.  Schadler  ausgeführt,  zur  Aufstellung  gelangt. 

INSTITUTE  ZUR  BEKÄMPFUNG  VON  INFEKTIONSKRANKHEITEN. 


K.  k.  Impfstoffgewinnungsanstalt,  VIII.,  Laudongasse  12  (Abb.  354).1)  Diese  Anstalt  wurde 
im  Jahre  1892  auf  dem  Gartengrunde  der  niederösterreichischen  Landes-Gebär-  und  Findel- 
anstalt erbaut.  Seit  dem  18.  April  1898  ist  mit  derselben  eine 
öffentliche  Impfstation  verbunden,  die  in  der  Nähe  der  Anstalt 
in  einem  Privatgebäude  (VIII.,  Laudongasse  52)  untergebracht  ist. 
Das  freistehende  Gebäude  besteht  aus  zwei  einstöckigen  Seiten- 
flügeln, die  durch  einen  ebenerdigen  Mittelbau  verbunden  sind.  Im 
Mittelbaue  befindet  sich  der  mit  allen  modernen  Einrichtungen  für 
aseptische  Verreibung  und  Füllung  des  Impfstoffes  ausgestattete 
Operationssaal  und  der  Abfertigungsraum,  beide  Räume  mit  Seiten- 
und  Oberlicht,  daran  schließen  sich  die  Ställe  mit  darüberliegenden 
Futterböden.  Der  übrige  Teil  des  Erdgeschosses  und  das  erste 
Stockwerk  enthalten  Parteienzimmer,  Kanzleien  und  Laboratorien. 
Institut  zur  Gewinnung  von  Diphtherieheilserum  (Abb.  355). 2) 
Für  die  Bereitung  des  Serums  stehen  im  k.  k.  Kaiser  Franz  Josef-Spitale 
eine  Reihe  von  Gebäuden  in  Verwendung,  welche  auf  den  beim  Kaiser 
Franz  Josef-Spitale  nachträglich  erworbenen  Gründen  errichtet  wurden.  Das 
eigentliche  Institut  enthält  im  Erdgeschosse  die  Operations-  und  sonstigen 
Arbeitsräume,  im  ersten  Stocke  weitere  Arbeitsräume  und  Wohnungen.  Im 
Souterrain  befindet  sich  die  Maschinenanlage  für  Kälteerzeugung  mittels 
Ammoniak.  Ferner  gehören  zur  Anstalt  Stallungen  für  zirka  50  Pferde, 
Magazine  u.  s.  w. 

Lyssa-Institut.  Gleichzeitig  mit  der  Gründung  eines  Forschungsinsti- 
tutes für  Diphtherieheilserum  wurde  1894  in  der  k.  k.  Krankenanstalt  Rudolf- 
Stiftung  in  der  durch  Stockaufsetzung  vergrößerten  Prosektur  dieses  Spitales 
ein  Institut  errichtet  mit  der  Aufgabe  der  Anwendung  der  Präventivimpfungen 
zur  Verhütung  des  Ausbruches  der  Wutkrankheit  bei  von  wütenden  Tieren 


Abb.  354.    Lymphanstalt.   Ebenerd. 
1 :  600. 


')  österreichisches  Sanitätswesen.  1892,  Beilage  zu  Nr.  51.  Jahresberichte  1895—1900,  erschienen  in 
den  Jahren  1896—1900  in  „österreichisches  Sanitätswesen".  Dr.  G.  Paul,  Entwicklung  der  Schutzpocken- 
impfung in  Österreich.    Erschienen  im  Jubiläumswerk    „österreichische  Wohlfahrtseinrichtungen  1848—1898. 

-)  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  1895  und  1898. 


Abb.  355.    Diphtherie- 
heilseruminstitut. 
Ebenerd.     1:600. 


238 


Humanitätsanstalten. 


gebissenen  Personen.    Außer    den    erforderlichen    Laboratorien    und    gesonderten   Impfräumen 
kamen  auch  Tierställe  zur  Errichtung.  F.  Beiger. 

b)  Kommunal-Epidemiespitäler. ') 

Die  Gemeinde  Wien  besitzt  die  im  folgenden  besprochenen  vier  Spitäler,  welche  nach 
einem  Übereinkommen  zwischen  dem  Wiener  k.  k.  Krankenanstaltenfonds  und  der  Gemeinde, 
für  Epidemiefälle  bestimmt,  als  Reserve  dienen  und  gegebenen  Falles  vom  Krankenanstalten- 
fonds übernommen  werden. 

Kommunal-Epidemiespital  X.,  Triesterstraße  (Abb.  356).  Infolge  epidemischen  Auftretens  der 
Blattern  Ende  1872  binnen  eines  halben  Jahres  um  den  Kostenbetrag  von  815.000  K  erbaut,  wurde 
dieses  Spital  am  1.  Mai  1873  eröffnet.  Nach  dem  Erlöschen  der  Blatternepidemie  wurde  es 
wiederholt  dem  k.  k.  Krankenanstaltenfonds   zur  Beherbergung  infektiös  Erkrankter  überlassen. 


a  3b 

Abb.  356.    Epidemiespital  der  Gemeinde  im  X.Bezirke.     Lageplan.     1:1000. 


Die  Anstalt  ist  auf  einer  Area  von  14.700  m2  errichtet  und  kann  200  Krankenbetten  aufnehmen. 
Das  Hauptgebäude  besteht  aus  einem  zweigeschossigen  Mittelbau,  an  den  sich  vier  erd- 
geschossige Flügel  mit  den  Krankensälen  anschließen.  Dazu  kommt  noch  ein  kleines  Leichen- 
haus, ein  Werkstätten-  und  ein  Magazinsgebäude.  Die  Anlage  entspricht  derzeit  nicht  mehr 
den  modernen  Anforderungen,  auch  ist  der  Belag  viel  zu  hoch  angenommen. 

Kommunal-Epidemiespital  XVII.,  Gilmgasse  18.  1882  von  der  Gemeinde  Hernais  für 
die  Aufnahme  von  50  Betten  mit  einem  Kostenaufwande  von  58.000  K  erbaut.  Es  ist  auf  einer 
Grundfläche  von  1362  m'2  errichtet,  umfaßt  ein  zweigeschossiges  Objekt  mit  angeschlossener 
ebenerdiger  Baracke  und  bietet  baulich  nichts  Bemerkenswertes. 

Kommunal-Epidemiespital  im  XII.  Bezirke.  Dasselbe  wurde  von  der  Vorortegemeinde 
Meidling  1887  in  der  Nähe  des  Meidlinger  Bahnhofes  erbaut  und  besteht  aus  einer  eben- 
erdigen massiven  Baracke  für  73  Betten  und  zwei  Nebengebäuden.  Die  Gesamtfläche  beträgt 
5940  m2. 

Kommunal-Epidemiespital  IL,  Engerthstraße.  Als  im  Jahre  1892  die  Gefahr  einer  Cholera- 
epidemie bestand,  sah  sich  die  Gemeinde  Wien  genötigt,  für  die  Unterbringung  der  Kranken 
Vorsorge  zu  treffen.  Unter  anderem  wurde  die  ehemalige  Schule  (Zwischenbrücken)  II.,  Engerth- 
straße als  Epidemiespital  bestimmt.  Anschließend  an  diese  Schule  wurden  fünf  Baracken 
errichtet,  von  welchen  drei  für  den  Krankenbelag  bestimmt  sind.  Die  Kosten  der  Adaptierung 
und  der  Neubauten  betrugen  360.000  K.  Die  Gesamtarea  mißt  5860  m2.  Das  Schulgebäude  soll 
75,  jede  Baracke  40  Kranke  aufnehmen.  F.  Berger. 


')  Siehe  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  1S93. 


Krankenhäuser. 


239 


c)   Privat-Krankenanstalten. 

1.    VON    KORPORATIONEN    ODER    AUS    STIFTUNGEN    UND    SPENDEN    ERHALTENE 

ÖFFENTLICHE    KRANKENANSTALTEN. 

Die  älteste    der   heute    noch  bestehenden   derartigen    Anstalten    ist  das  Krankenhaus  der 
barmherzigen  Brüder,  IL,  Große  Mohrengasse  9 — 13  (Abb.  357,  358). 

Zu  seiner  Gründung  gab  Kaiser  Matthias  durch 
Berufung  der  barmherzigen  Brüder  nach  Wien  1614  den 
ersten  Anstoß,  während  Kaiser  Ferdinand  II.  1624  den 
Stiftsbrief  ausfertigte,  nach  welchem  er  die  Grundschen- 
kungen  seines  Vorgängers  erweiterte  und  das  Konvent- 
haus am  Tabor  zur  Aufnahme  von  männlichen  Kranken 
ohne  Unterschied  des  Standes,  der  Religion  und  Natio- 
nalität ermächtigte.  Das  daraufhin  im  17.  Jahrhundert  er- 
baute Konvents-  und  Spitalsgebäude  wurde  allmählich 
derart  vergrößert,  daß  die  Krankenzahl  bis  zum  Jahre 
1850  von  ursprünglich  57  auf  215  und  das  zwischen 
Taborstraße  und  Mohrengasse  gelegene  Areale  auf 
11.110m-  anwuchs,  wovon  401746m-  überbaut  waren. 
Die  Kranken  waren  ursprünglich  in  einem  76968  m- 
messenden,  von  der  Taborstraße  zugänglichen  Saale  und 
in  7  Zimmern  mit  Absonderung  der  chirurgischen,  syphi- 
litischen, Haut-  und  Blatternkranken  untergebracht. 

Das  stete  Anwachsen  der  Hilfe  suchenden 
Kranken  und  die  gesteigerten  Anforderungen  der 
Spitalshygiene  drängten  endlich  zu  einem  Neu- 
baue, dessen  Durchführung  der  tatkräftigen  In- 
itiative des  Priors  P.  Wunibaldus  Trümmer  gelang, 
wurf  von  den  Architekten  Freiherrn  von  Hasenauer, 


A  Konventsgebäude.    B  Spitalhauptgebäude.     C  Spitalzubau. 

Abb.  357.    Spital  der  barmherzigen  Brüder,  II.,  Taborstraße. 
Lageplan.     1:3000. 


Nach  dessen  Programm  wurde  der  Ent- 
Hofer  und  Schönmann  verfaßt  und  der 
Neubau  in  der  Großen  Mohrengassc  im  Jahre  1884  vollendet.  Er  umfaßt  drei  Geschosse  über 
dem  hohen  Keller,  ist  nach  dem  Korridorsysteme  mit  einem  einzigen  92  m  langen  Trakte  derart 
angelegt,  daß  sich  gegen  die  Straße  kleinere,  78  bis  9  m  tiefe,  bei  den  großen  Fensterachsen- 
distanzen nur  mäßig  erhellte  Krankenzimmer  aneinanderreihen,  zwischen  welchen  nach  älterer 
Spitalstype  Badekabinette  und  an  kleinen  Lichthöfen  gelegene  Aborte  eingeschaltet  sind,  während 
gegen  den  Hof  zwei  Stiegenhäuser  und  zwei  Pavillons  mit  einigen  Nebenräumen  direkt  an 
den  Gang  angeschlossen  sind,  von  denen  jeder  in  allen  Geschossen  einen  gut  erhellten  Kranken- 
saal   für   16  Betten    enthält.     An    der  südlichen  Grundgrenze    wurde   1890    ein    Operationssaal 


u 

1      S.K  S.K     I     S.K.     H        «.£.       H       C. 


CK  Chirurgische  Kranke.        KS  Neue  Krankensäle. 
SK  Syphilitische  Kranke.  T  Terrasse. 

AK  Augenkranke.  K  Kapelle. 


Abb.  358.     Spital  der  barmherzigen  Brüder,  II.,  Große  Mohrengasse.    Erster  Stock.     1:1000. 


zugebaut  und  1903  am  Nordende  des  Traktes  ein  von  dem  Architekten  F.  Ritter  von  Neu- 
mann nach  dem  vom  Provinzial  P.  Heribertus  Kalny  und  Prior  P.  Eduardus  Stur  aufgestellten 
Programm  entworfener  Zubau  begonnen  und  1905  fertiggestellt,  welcher  die  Spitalskapelle  auf- 
nimmt und  im  ersten  und  zweiten  Stocke  außer  einigen  Nebenräumen  je  drei  Krankenzimmer 
enthält,  die  mit  einer  Tiefe  von  10'3m  ein  Maß  erreichen,  das  man  in  modernen  Kranken- 
häusern bei  einseitiger  Belichtung  der  Zimmer  sonst  kaum  mehr  antrifft.  Unter  diesen  Ge- 
schossen ist  außer  dem  Erdgeschosse  ein  Mezzanin  eingeschaltet;  diese  beiden  Geschosse 
nehmen  Ärztewohnungen,  Dienst-  und  Ordinationsräume  auf.   Im  Dachgeschosse  sind  Diener- 


240  Humanitätsanstalten. 

wohnungcn  und  Magazine  untergebracht.  Gegen  den  Hof  hin  schließen  sich  an  das  Erdgeschoß 
die  Leichenhalle,  der  Sezierraum  und  das  Kesselhaus  unmittelbar  an,  unter  den  ersteren 
Räumen  liegen  die  Waschküche  und  die  Desinfektionsräume.  Nunmehr  vermag  die  Anstalt 
300  Kranke  aufzunehmen.  Bei  vollständig  feuersicherer  Konstruktion  sind  die  älteren  Teile 
mit  Warmwasserheizung,  jene  des  Zubaues  mit  Niederdruckdampfheizung  System  Reck  aus- 
gestattet und  werden  mittels  eines  elektrisch  angetriebenen  Pulsators  ventiliert.  Die  Kosten 
des  Neubaues  vom  Jahre  1884  samt  Einrichtung  belaufen  sich  auf  1,200.000,  jene  des  Zubaues 
auf  600.000  K.  Die  Zahl  der  jährlich  im  Spitale  verpflegten  Kranken  schwankt  zwischen  5000 
und  Ö000,  jene  der  Ambulanten  zwischen  10.000  und  12.000,  worin  die  vielen  Personen, 
welche  sich  zur  Entfernung  kranker  Zähne  einfinden,  nicht  mitgezählt  sind. 

Unabhängig  von  dem  Spitale  der  barmherzigen  Brüder  besteht  das  Rekonvaleszentenhaus 
dieser  Bruderschaft,  das  im  Jahre  1750  auf  Anregung  der  Kaiserin  Maria  Theresia  von  Prin- 
zessin Maria  Theresia,  Herzogin  von  Savoyen,  geborene  Prinzessin  von  Liechtenstein,  deren 
Andenken  als  edle  Förderin  von  Humanitätsanstalten  in  Wien  unauslöschlich  bleiben  wird, 
mit  der  Bestimmung  zur  Aufnahme  von  20  männlichen  Rekonvaleszenten  des  Leopoldstädter 
Spitales  gestiftet  wurde.  Im  Jahre  1755  wurde  die  Anstalt  auf  den  Kubickschen  Gründen  auf 
der  Landstraße  eröffnet,  wo  sie  bis  1874  verblieb.  Als  jene  Gründe  durch  die  Straßenregu- 
lierung in  Anspruch  genommen  wurden,  übersiedelte  die  Anstalt  nach  Hütteldorf  (XIII.,  Linzer- 
straße  466),  nachdem  die  auf  dem  dortigen  Grundstücke  vorhandenen  Baulichkeiten  für  den 
neuen  Zweck  adaptiert  worden  waren.  Schon  im  Jahre  1896  wurden  aber  Um-  und  Zu- 
bauten vorgenommen,  so  daß  sich  die  Zahl  der  unentgeltlich  aufzunehmenden  Rekonvaleszenten 
von  24  auf  50  erhöhte  und  zugleich  einige  Zimmer  für  Zahlende  geschaffen  werden  konnten. 
Im  Besitze  einer  58.535  m-  messenden  Area,  von  der  230937  m-  verbaut  sind,  erfreut  sich  die 
Anstalt  herrlicher  Parkanlagen;  es  wurden  aber  die  vorhandenen  Baulichkeiten  auch  derart 
umgestaltet  und  erweitert,  daß  den  modernen  Anforderungen  der  Spitalshygiene,  soweit  dies 
bei  alten  Gebäuden  überhaupt  möglich  wird,  im  vollsten  Maße  Rechnung  getragen  ist.  Der 
Ankauf  der  Realität  und  die  Erweiterungsbauten  haben  bisher  rund  400.000  K  gekostet.  Ein 
modern  eingerichteter  Omnibus  vermittelt  den  Verkehr  zwischen  dem  Leopoldstädter  Spitale 
und  der  Hütteldorfer  Anstalt,  in  welcher  die  Rekonvaleszenten  einen  Htägigen  bis  mehr- 
wöchentlichen Aufenthalt  finden. 

Das  St.  Elisabeth-Spital  für  unentgeltliche  Behandlung  armer  kranker  Frauen  wurde  im  Jahre 
1709  durch  Kaiserin  Eleonora,  Fürstin  Maria  Montecuculi  und  Maria  Gräfin  Kiesling  mit  Her- 
anziehung des  Ordens  der  Elisabethinerinnen  gestiftet  und  im  darauffolgenden  Jahre  in  dem 
notdürftig  adaptierten  Gebäude  untergebracht,  das  sich  auf  der  Realität  befand,  die  das 
Krankenhaus  heute  noch  (III.,  Hauptstraße  4)  inne  hat.  Bald  darauf  ausgeführte  Spital-  und 
Klosterbauten  wurden  schon  1743  umgebaut  und  dabei  das  Spital  auf  einen  Belagraum  für 
50  Betten  erweitert;  endlich  erfolgte  1835  der  Bau  der  jetzt  bestehenden  Spitalsanlage.  Die 
im  ersten  und  zweiten  Stocke  verteilten  Krankenzimmer  bieten  gegenwärtig  einen  Belagraum 
für  91  Kranke,  wobei  pro  Kranken  44  bis  47  m3  an  Luftraum  entfallen.  79  Betten  sind  der 
medizinischen  Abteilung,  12  Betten  der  seit  vier  Jahren  bestehenden  gynäkologischen  Abteilung 
zugewiesen.  Zur  Heizung  dienen  teils  Kachel-,  teils  Gasöfen.  Der  Konvent  verfügt  über  eine  Area 
von  12.543  m'2,  wovon  mit  Kirche,  Kloster,  Spital  und  Nebengebäuden  4713  m2  überbaut 
sind.  Im  Jahre  1903  wurden  1024  Kranke  im  Spitale  verpflegt  und  1095  ambulatorisch  behandelt. 

Krankenhaus  der  barmherzigen  Schwestern.  Zur  Errichtung  eines  Krankenhauses  für 
beide  Geschlechter  ohne  Unterschied  der  Konfession  berief  Erzherzog  Maximilian  von  Öster- 
reich-Este die  ersten  barmherzigen  Schwestern  vom  Orden  des  heil.  Vinzenz  von  Paul  im  Jahre 
1832  aus  Zams  in  Tirol  nach  Wien,  schenkte  ihnen  zu  diesem  Zwecke  das  Grundstück  samt 
Haus  VI.,  Gumpendorferstraße  108  und  erbaute  1839  im  Garten  einen  neuen  Spitalstrakt  für 
50  Kranke.  Durch  Heranziehung  eines  von  der  Kongregation  im  Jahre  1886  erbauten  Traktes 
wurde  das  Spital  im  Jahre  1898  auf  den  Belag  mit  100  Kranken  erweitert.  In  diesem  Spitale 
ist  homöopathische  Behandlung  eingeführt  und  wurden  im  Jahre  1903  1214  Kranke  unentgelt- 
lich verpflegt  und  2168  Kranke  ambulatorisch  behandelt.  Auf  demselben  Grundstücke  an  der 
Liniengasse  wurde  das  Lebenswarthsche  Kinderspital  erbaut,  das  die  Kongregation  in  ihre  Ver- 
waltung übernahm.  Vom  k.  Rat  Oberstabsarzt  i.  P.  Dr.  Joh.  R.  Taubes  von  Lcbcnswarth  gestiftet 
und  seit  4.  November  1878  eröffnet,  besteht  es  aus  einer  medizinischen  Abteilung  mit  dem 
Belagraum  für  30  Kinder  armer  Arbeiter  und  wenig  bemittelter  Gevverbsleutc.  welche  hier 
unentgeltlich  streng  homöopathisch  behandelt  und  verpflegt  werden.  Jährlich  werden  zirka  300 
Kinder  in  das  Spital  aufgenommen  und  zirka  3000  ambulatorisch  behandelt. 


Krankenhäuser. 


241 


Spital  der  israelitischen  Kultusgemeinde,  XVIII.,  Gürtel  97  (Abb.  359,  360).  Das  zur 
Aufnahme  von  100  Kranken  bestimmte  Hauptgebäude  ')  dieses  Krankenhauses  lie(3  Anselm 
Freiherr  von  Rothschild  zum  Ersätze  des  an  ungünstiger  Stelle  gelegenen,  für  40  Betten  be- 
stimmten, im  Jahre  1793  erbauten  Spitales  der  Kultusgemeinde  aus  eigenen  Mitteln  erbauen, 
um  es  der  Gemeinde  in  das 
uneingeschränkte  Eigentum  zu 
überlassen.  Der  Entwurf  wurde 
nach  dem  von  den  Ärzten  Dr. 
A.  Matzal  und  Dr.  B.  Wölfler  auf- 
gestellten Programme  von  dem 
Architekten  Wilhelm  Stiaßny 
verfaßt  und  gelangte  mit  den 
von    Professor   Dr.    Karl    Böhm 

angegebenen  Einrichtungen 
für    Ventilation     und     Heizung 
zur  Ausführung.  Auf  einer  Area 
von    8492"5  m-  freistehend    an- 
gelegt, war  das  Gebäude,  dessen 

Bau  und  Einrichtung  über  800.000  K  kostete,  zur  Zeit  seiner  Schaffung  als  mustergültig  zu 
bezeichnen.  Für  jeden  Kranken  entfielen  von  der  Gesamtarea  des  Spitales  samt  Garten 
84-92  m-;  überbaut  waren  2272*5  m-  durch  das  Hauptgebäude  und  84  m2  durch  das  Leichen- 
haus, also  etwas  weniger  als  ein  Dritteil  der  Area.  Diese  Verhältnisse  wurden  durch  die  in 
den  Jahren  1900 — 1902  als  Stiftung  des  Freiherrn  Albert  von  Rothschild  durchgeführte  Ver- 
größerung des  Krankenhauses  ungünstig  verschoben;  da  der  im  Anschlüsse  an  den  Mittelrisalit 
neu  erbaute  chirurgisch-gynäkologische  Pavillon  50  Kranke  aufnimmt,  entfallen  pro  Kranken 
nur  mehr  56-6  m-  der  Area,  wozu  noch  kommt,  daß  dieser  Pavillon  über  dem  Souterrain  vier 
Geschosse  umfaßt,  deren  Räume  sich  um  eine  mit  Glasdach  gedeckte  Zentralhalle  gruppieren. 
Die   überbaute  Fläche   wurde   dabei  um    rund    740  m2   vergrößert    und    die   freie    Gartenfläche 


A,  B,  C,  D  Krankenpavillons.     E  Administrationsgebäude.    F  Leichenhaus. 
Abb.  359.    Spital  der  israelitischen  Kultusgemeinde.     Lageplan.     1  :  1750. 


KS  Krankensäle. 
WZ  Wartezimmer. 
O  Ordinationszimmer. 


SA  Sekundarärzte. 
EZ  Extrazimmer. 
L  Laboratorium. 


Abb.  360.     Spital  der  israelitischen  Kultusgemeinde.     Ebenerd.     1:800. 


somit  empfindlich  verkleinert,  dem  gegenüber  das  Geschick  anerkannt  werden  muß,  mit  dem 
der  Architekt  die  ihm  gestellte  Aufgabe  löste.  Die  Kosten  des  Baues  und  der  mustergültigen 
Ausstattung  des  neuen  Pavillons  betrugen  rund  300.000  K.  Im  Jahre  1903  wurden  in  dem  ver- 
größerten Krankenhause  881  Männer  und  751  Frauen,  zusammen  1632  Kranke,  verpflegt,  das 
Ambulatorium  war  von  6310  Männern  und  5132  Frauen,  zusammen  11.442  Personen  aller 
Konfessionen,  besucht. 


')  Das  alte  und  neue  Wiener  Israeliten-Spital,  nach  authentischen  Quellen  dargestellt  vonM.undCh.  Dr.  Bernhard  Wölfler. 
Wien,  C.  Gerold,  1873.  F.  Gruber,  Neuere  Krankenhäuser.  Wien,  C.  Gerold,  1879. 

Bd.  II.  16 


242 


Humanitätsan  stalten. 


A  Ambulatorium. 

B   Spitalstrakt. 

C  Kinderspital. 

D  Chirurgische 
Klinik. 

E  Bakteriologisch- 
chemisches  In- 
stitut. 


Das  Klosterspital  zum  heiligen  Franz  von 
Assisi,  V.,  Hartmanngasse  7,  wurde  im  Jahre  1864 
von  der  Kongregation  der  Schwestern  vom  dritten 
Orden  des  genannten  Heiligen  zur  unentgeltlichen 
Aufnahme  von  armen  Kranken  beiderlei  Geschlech- 
tes gegründet  und  im  Jahre  1890  nach  dem  vom 
Hofbauinspektor  Seitschek  auf  Grund  des  von  der 
Oberin  M.  Gonzaga  Zimpel  aufgestellten  Program- 
mes  verfaßten  Entwürfe  auf  dem  allerdings  sehr 
beengten  Grundstücke  neu  gebaut.  Das  einzige 
Gebäude,  aus  welchem  das  Krankenhaus  besteht, 
umfaßt  über  dem  Sockelgeschosse  drei  Stockwerke 
und  enthält  außer  den  Zimmern  für  80  bis  90  unent- 
geltlich verpflegte  Kranke  auch  sechs  Zimmer  für 
Zahlende  und  die  Wohnräume  der  Schwestern.  Die 
Baukosten  des  Spitales  betrugen  zirka  1,080.000  K. 
Erhalten  wird  es  durch  Sammlungen  und  Spenden. 
Im  Jahre  1902  wurden  im  Spitale  320  Männer  und 
4ö8  Frauen  behandelt  und  verpflegt. 

Eine  der  segensreichsten  Schöpfungen  ist  die 
unter  dem  Protektorate  des  Erzherzogs  Rainer 
stehende,  im  Jahre  1872  durch  hervorragende  Ärzte 
gegründete  und  seit  ihrem  Bestehen  durch  hoch- 
herzige Gönner  sowie  seit  1886  durch  einen  Verein 
in  ihrem  Bestände  gesicherte  Allgemeine  Poliklinik 
(Abb.  361)'),  die  mit  dem  Zwecke  der  unentgeltlichen 
ärztlichen  Behandlung  unbemittelter  Kranken  die 
Pflege  und  den  Unterricht  der  praktischen  Heil- 
kunde verbindet.  Zunächst  als  Ambulatorium  er- 
richtet und  in  Mietwohnungen  untergebracht,  zu- 
letzt, von  1880  an,  in  einem  für  ihre  Zwecke  adap- 
tierten Hause,  wo  bereits  auch  12  Betten  für  lie- 
gende Kranke  Platz  fanden,  gelang  es  der  Poliklinik 
durch  die  Spende  von  300.000  K  der  Gebrüder 
Gutmann,  im  Jahre  1890  mit  dem  Baue  einerneuen 
Anstalt  zu  beginnen,  deren  zunächst  vollendete 
Teile  1892  bezogen  wurden  und  auch  spitalmäßig 
angelegte  Krankenunterkünfte  enthalten.  Anknüpfend 
an  das  vom  Baukomitee,  bestehend  aus  den  Pro- 
fessoren Dr.  Schnitzler,  Monti,  von  Hebra,  von 
Reuß,  Winternitz,  \V.  Ritter  von  Gutmann  und 
Architekt  Andreas  Streit,  aufgestellte  Programm 
verfaßte  der  genannte  Architekt  die  Pläne  für  den 
Bau  der  ganzen  Anstalt,  welcher  nun  unter  seiner 
Leitung  je  nach  Zulänglichkeit  der  Mittel  abschnitt- 
weise derart  zur  Ausführung  gelangt,  daß  den  drin- 
gendsten Raumbedürfnissen  jeweilig  durch  Provi- 
sorien Rechnung  getragen  wird,  die  bei  völligem  Ausbaue  verschwinden  werden.  Der  Entwurf  ist 
den  äußerst  beengenden  Verhältnissen  der  7191m-  messenden  Bauarea  angepaßt,  von  welcher 
nach  Vollendung  der  Anstalt  3018  m-  überbaut  sein  werden.  Das  an  der  Mariannengasse  gelegene 
Hauptgebäude  umfaßt  über  dem  hohen  Souterrain  vier  Geschosse  und  enthält  außer  den  Räumen 
der  Verwaltung  und  für  allgemeine  Spitalsdienste  zehn  Abteilungssäle  mit  den  erforderlichen 
Nebenräumen.  Im  Souterrain  sind  ein  großer  Turnsaal  und  Inhalatorien  untergebracht.  Der  an  die 
Stiege  des  Ambulatoriums  angeschlossene  Krankenpavillon  enthält  über  dem  Souterrain  drei 
Geschosse  und  einen  mittleren  Aufbau,  in  welchem  die  Pflegerinnen  (Klosterfrauen)  wohnen; 
er  nimmt  gegenwärtig  66  Kranke  auf,  wird  aber  nach  Vollendung  der  Anstalt  für  130  Kranke 
bestimmt  sein.  Im  Tiefparterre  ist  eine  hydrotherapeutische  Anstalt  untergebracht.  Im  Jahre   1893 


Abb.  361.     Allgemeine  Poliklinik.     Hochparterre.     1:800. 


')  XXXI.  Jahresbericht  der  Allgemeinen  Poliklinik   in  Wien,  IX.,  Mariannengassc  10. 


Krankenhäuser.  243 

wurde  das  von  den  Gebrüdern  Gutmann  gestiftete  Kinderspital  in  dem  hierzu  adaptierten,  ehe- 
mals Hcbraschcn  Palais  als  Teil  der  Poliklinik  eröffnet;  es  umfaßt  über  dem  Keller  zwei  Ge- 
schosse und  bietet  Raum  für  60  Betten.  Das  Ambulatorium  ist  mit  Heißwasserheizung-,  der 
Krankcnpavillon  und  das  Kinderspital  sind  mit  Niederdruckdampfheizung  in  Verbindung  mit 
Einrichtungen  für  die  natürliche  Ventilation  versehen.  Zur  künstlichen  Beleuchtung  dienen  Gas 
und  Elektrizität.  An  Baukosten  wurden  bisher  aufgewendet  690.000  K.  Durch  die  Spende  von 
1,000.000  K.  welche  Nathaniel  Freiherr  von  Rothschild  im  Jahre  1902  der  Poliklinik  für  Betriebs- 
zwecke zuwendete,  ist  wohl  der  Ausbau  noch  nicht,  dafür  aber  der  Bestand  der  Anstalt  gesichert. 
Durch  die  Opferwilligkeit  der  Ärzte  bestehen  gegenwärtig  im  Ambulatorium  19  Abteilungen, 
eine  hydrotherapeutische  Klinik  und  ein  Röntgeninstitut;  im  Jahre  1902  wurde  das  Ambulatorium 
von  36.112  männlichen  und  33.339  weiblichen  Kranken  aufgesucht,  im  Krankenhause  waren 
764  Männer,  643  Frauen  und  651   Kinder  verpflegt. 

Im  Jahre  1872  gründete  Viktor  Freiherr  von  Erlanger  mit  einer  größeren  Zahl  von 
gleichgesinnten  Herren  und  Frauen  einen  Verein  zur  Errichtung  und  Erhaltung  eines  operativen 
Frauen-Hospitales,  das  mit  dem  Belagraume  für  9  Betten  in  dem  Hause  VIII.,  Laudongasse  26 
am  15.  Dezember  eröffnet  wurde  und  nach  der  Protektorin  Herzogin  Maria  Theresia  von 
Württemberg,  geborene  Erzherzogin  von  Österreich,  den  Namen  Maria  Theresia-Frauen -Hospital 
erhielt.  Das  Gebäude  entsprach  den  Bedürfnissen  so  wenig,  daß  der  Verkauf  desselben  be- 
schlossen und  ein  Neubau  auf  dem  Grundstücke  VIII.,  Feldgasse  9  ausgeführt  wurde.  Das 
Programm  für  denselben  stellte  Dr.  Anton  Low  mit  dem  damaligen  Direktor  Dr.  Karl  Frei- 
herrn von  Rokitansky  auf,  die  Pläne  verfaßten  die  Architekten  Fellner  und  Helmer,  welche  auch 
den  Bau  leiteten,  derl25.000K  kostete.  Von  der  Gesamtarea  von881-18m-  mußten  457-96  m  ■ 
mit  drei  Geschossen  über  einem  hohen  Sockelgeschosse  überbaut  werden,  um  den  Anforde- 
rungen des  Programmes  zu  entsprechen.  Im  Hochparterre  wurde  gegen  die  Straße  hin  das 
Ambulatorium  gelegt,  während  der  dem  Hofe  zugewendete  Flügel  dieses  Geschosses  und 
der  ganze  erste  Stock  die  Krankenunterkünfte  (zusammen  für  den  Belag  mit  27  Betten)  auf- 
nehmen und  im  zweiten  Stocke  die  Operationsräume  (Saal  mit  Ober-  und  Seitenlicht),  die 
Küche  und  Wohnzimmer  untergebracht  sind.  Im  Sockelgeschosse  befinden  sich,  außer  der 
Portiers-  und  Dienerwohnung  und  Vorratskammern,  die  Zimmer  der  Pflegerinnen  und  eine 
gleichzeitig  als  Leichenkammer  dienende,  abgesondert  zugängliche  Kapelle.  Im  Dachraume  ist 
ein  Wäschemagazin  eingerichtet.  Im  Jahre  1899  wurde  das  Ambulatorium  vergrößert  und  damit 
auch  im  ersten  Stocke  eine  Terrasse  für  die  Rekonvaleszenten  gewonnen.  Zur  Heizung  dienen 
mit  Luftzuführung  versehene  Dauerbrandöfen,  im  Operationszimmer  ist  ein  Gasofen  verwendet; 
die  Beleuchtung  erfolgt  mit  elektrischem  Lichte.  Im  Jahre  1902  wurden  in  der  Anstalt  612  Kranke 
verpflegt  und  3341   ambulatorisch  behandelt. 

Im  Jahre  1874  wurde  das  Kaiser  Franz  Josef-Ambulatorium  )  durch  einen  Verein  ge- 
gründet, den  eine  größere  Zahl  opferwilliger  Ärzte  in  das  Leben  gerufen  hatte.  Der  Zweck 
des  Vereines  ist  die  unentgeltliche  Behandlung  unbemittelter  Kranken,  die  seinerzeitige  Er- 
richtung einer  Krankenanstalt  zu  deren  Aufnahme  und  die  Abhaltung  von  medizinischen  Vor- 
trägen. Bis  zum  Jahre  1899  in  Privathäusern  eingemietet  und  wegen  Beschränktheit  der  Mittel 
im  Bestände  bedroht,  ermöglichte  erst  im  genannten  Jahre  Josef  von  Baechle  durch  die  Spende 
von  20.000  K  dem  Ambulatorium,  den  Erwerb  des  Hauses  VI.,  Sandwirtgasse  3  einzuleiten 
und  nach  dem  Zuflüsse  von  einer  größeren  Zahl  von  diesem  Zwecke  gewidmeten  Spenden 
mit  88.000  K  durchzuführen,  welche  Summe  noch  um  40.000  K  für  Adaptierungen  und  Inventar 
erhöht  werden  mußte.  Das  Grundstück  mißt  403  m'2,  wovon  das  Ambulatoriumsgebäude  349  m2 
einnimmt.  Dasselbe  umfaßt  über  dem  Keller  drei  Geschosse  und  enthält  im  Erdgeschosse  die 
Diensträume  und  Wohnungen  des  Personales,  während  in  den  beiden  oberen  Geschossen 
ein  Hörsaal  mit  Garderobe  und  in  dessen  Nachbarschaft  ein  Zimmer  mit  Notbetten  und  eine 
Teeküche,  dann  drei  Wartesäle  mit  je  drei  Ordinationszimmern  und  bei  je  einem  Zimmer 
jeder  Gruppe  ein  Laboratorium,  beziehungsweise  ein  Operationszimmer  untergebracht  sind. 
In  der  Anstalt  bestehen  20  Abteilungen  für  besondere  Krankheitsformen;  im  Jahre  1902  wurden 
sie  von  36.481  Parteien  besucht,  während  300  Hörer  den  Vorträgen  anwohnten,  welche  zehn 
als  Abteilungsvorstände  fungierende  Professoren  und  Dozenten  hielten. 

Das  Haus  der  Barmherzigkeit-)  zur  unentgeltlichen  Pflege  armer  Unheilbaren  aller  Kon- 
fessionen und  Nationen,  XVIII.,  Antonigasse  17,  verdankt  sein  Entstehen  der  im  Jahre  1864 
gegründeten    Bruderschaft    der    Allerheiligsten  Dreifaltigkeit.    Mit  dem  Baue    der  Anstalt  wurde 


')  Jahresberichte  des  Kaiser  Franz  Josef-Ambulatoriums. 

'-)  Jahresberichte  des  Kuratoriums  der  Stiftung  „Haus  der  Barmherzigkeit".  Der  Bericht  vom  Jahre  18^5  enthält  Grundrißskizzen. 

16* 


244 


Humanitätsanstalten. 


Rudolf mer-(früner  Lange  )  Gasse  ■ 


im  Jahre  1874  begonnen,  dieselbe  im  folgenden  Jahre  mit  23  Krankenbetten  eröffnet  und 
bis  1895  derart  vergrößert,  daß  sie  gegenwärtig  über  470  Krankenbetten  verfügt.  Das  von 
der  Antoni-,  Vincenz-,  Kreuz-  und  Mittcrberggasse  begrenzte  trapezförmige  Grundstück  mißt 
rund  5960  m-,  wovon  dermalen  178  m-  von  erdgeschossigen,  1976  m'2  von  einstöckigen  und 
627  m-  von  zweistöckigen  Gebäudeteilen  eingenommen  werden.  Die  für  die  Krankenunterkünfte 
bestimmten  Trakte  sind  nach  dem  alten  Korridorsystem  angelegt  und  mit  Zentralheizung  ver- 
schen; sie  enthalten  22  kleine  Abteilungen  für  Männer,  Frauen  und  Knaben,  darunter  eine 
von  allen  übrigen  gesonderte  Abteilung  für  Krebskranke.  Eine  wesentliche  Förderung  erfuhr 
die  segensreiche  Wirksamkeit  der  Anstalt  durch  das  vom  Domdechant  Prälat  L.  Stöger  im 
Jahre  1892  ins  Leben  gerufene  Landasyl  zu  Weidlingau,  das  sowohl  Pfleglingen  der  Anstalt  als 
auch  den  durch  ihren  Beruf  in  ihrer  Gesundheit  erschöpften  Pflegerinnen  während  der  warmen 
Jahreszeit  den  Aufenthalt  in  frischer  Luft  und  schöner  Gegend  gewährt.  Im  Jahre  1902  endlich 
widmete  der  regierende  Fürst  Johann  II.  von  und  zu  Liechtenstein  einen  bei  Kirchstctten  ge- 
legenen Hof  samt  70  Joch  Grundstücken  dem  Hause  der  Barmherzigkeit  unter  dem  Namen 
„Clementinum"  als  Pflegcstätte  für  30  unheilbare  Krebskranke.  Das  Clementinum  wurde  nach 
Durchführung  einiger  Adaptierungen  im  Jahre  1903  eröffnet.  Durch  Ankauf  von  zwei  an  das 
Clementinum  anrainenden  Gebäuden  mit  34  Joch  Grundstücken  wurde  es  im  Jahre  1904 
möglich,  auch  ein  Asyl  für  Epileptische  mit  dem  Belagraume  für  30  Betten  zu  eröffnen,  das 
„St.  Josef"  genannt  wurde.  Seit  dem  Jahre  1874  betrugen  die  Kosten  der  Baulichkeiten  der 
Anstalt  1,512.163  K.  Die  Gesamtzahl  der  seit  dem  Bestände  des  Hauses  der  Barmherzigkeit 
bis  Ende  1903  verpflegten  armen,  schwerkranken  Unheilbaren  beträgt  5674  Personen.  Im  Jahre 
1903  wurden  534  Personen  weiblichen  und  198  Personen  männlichen  Geschlechtes,  also  in 
Summa  732   Personen,  verpflegt. 

Das  Rudolfiner-Haus  (Abb.  362  bis  364).  Seit  dem  Jahre  1875  verfolgte  Dr.  Theodor  Billroth 

den    Gedanken,    zur    Hebung    des    Krankenpflegerinnenstandes    ein  kleines    Krankenhaus    mit 

.  Pflegerinnen-Schule  und  -Asyl  zu 

schaffen.  Seinen  zielbewußten 
Bemühungen  gelang  im  Jahre 
1879  die  Konstituierung  eines 
diesen  Zweck  verfolgenden  Ver- 
eines, der  sich  nach  seinem  Pro- 
tektor, Kronprinz  Erzherzog  Ru- 
dolf, Rudolfiner-Verein  nannte, 
an  dessen  Spitze  Geheimer  Rat 
Graf  Hans  Wilczek  trat  und  der 
den  Bau  des  Rudolf  ine  r- Hau- 
ses1), XIX.,  Billrothstraße  78.  in 
den  Jahren  1882—1894  durch- 
führte. Der  Bau  begann  mit  der 
Anlage  einer  für  20  bis  24  aus 
dem  Kriege  in  der  Krivoscie  und 
Herzegowina  stammende  Ver- 
wundete bestimmten  Baracke, 
welche  aus  Eisen  und  Holz  nach 
dem  Entwürfe  konstruiert  wurde, 
den  Architekt  F.  von  Gruber  und 
Ingenieur  Karl  Völckner  gemein- 
sam verfaßt  hatten  und  der  auf 
Erhellung  der  Krankensäle  mittels 
Shcdlicht  basierte.  Gleichzeitig 
wurden  die  auf  dem  Grundstücke 
vorhandenen  alten  Gebäude  für 
Administrations-  und  Wirtschafts- 
zwecke adaptiert.  Nach  allmäh- 
licher Vergrößerung  der  Area  auf  das  Maß  von  14.196  m-  konnte  endlich  1884  mit  dem  Baue 
der  für  die  Dauer  bestimmten  Anlagen  begonnen  werden,  doch  kamen  diese  wegen 
Mangels  der  nötigen  Geldmittel    nur  schrittweise  zur  Durchführun«'.    Demgemäß    hat  das  von 


KR  Kronprinz-Pavillon. 
BP  Billroth-Pavillon. 


WG  Wirtschaftsgebäude. 
VB  Verwuiidetcnbarackc. 


Abb.  362.     Rudolfiner-Haus.     Lageplan.     1:1750. 


')  Jahresberichte  des  Rudolf  iner-Vereines.  F.  von  Gruber,  Das  Rudolfiner-Haus  in  Wien.  Verlag  A.  Dorn.  Wien  1S05. 


Krankenhäuser. 


245 


Dr.  Billroth  aufgestellte 
Programm  und  damit 
auch  der  vom  Architekten 
von  Gruber  entworfene 
Plan  im  Laufe  der  Jahre 
gar  manche  Änderungen 
erfahren.  Zu  dem  Lage- 
plane   sei    bemerkt,    daß 

die  Bauanlagen    an    die  Ostseite  des  Grundstückes 
gerückt  wurden,  um  den  wertvolleren  Baumbestand 
im  westlichen  Teile  zu  schonen,  und  daß  bei  der 
Gebäudcgruppicrung  das  größte  Augenmerk  darauf 
gelegt  wurde,    alle   Krankenzimmer,    also  auch   die 
mit      hochliegenden      Fenstergalerien      versehenen 
großen  Säle  des  Billroth-Pavillons,  mit  einer  Lang- 
seite in   bester  Weise,  also  nach  Süden,    zu  orien- 
tieren.   Die    durch    einen    Gang    verbundenen   vier 
Hauptgebäude,  der  Kronprinz-Pavillon  für  24  Kranke 
erster  oder  zweiter  Klasse,  der  Billroth-Pavillon  für 
38  Stiftungsbetten  oder  Kranke   dritter  Klasse,    der 
Reserve-Pavillon  für  sechs  Kranke  erster  Klasse  oder 
für    Pflegerinnen   und   das  Wirtschaftsgebäude  sind 
großenteils  unterkellert  und  umfassen   zwei  Wohn- 
geschosse,   die   in    den  drei  zuerst  genannten  Ge- 
bäuden nahezu  übereinstimmen,  während  im  ersten 
Stocke  des  Wirtschaftsgebäudes  sich  das  Schulzimmer 
und  die  Wohnungen  der  Pflegerinnen  und  der  Ärzte 
in  voneinander  getrennten  Raumgruppen  befinden. 
Östlich  von  der  dem   Gedächtnisse  des  Protektors 
gewidmeten  Kapelle  befindet  sich  das  erdgeschossige 
pathologische  Institut  mit  Laboratorium  und  Sezier- 
zimmer.   Auf    die    Einzelheiten    der    Anlage   einzu- 
gehen ist  hier  nicht  der  Ort,    es  sei  nur  noch  er- 
wähnt, daß  die  Anstalt  zwei  Werke  des  Bildhauers 
Ritter  von  Zumbusch  besitzt,    die  Büste  des  Kron- 
prinzen Rudolf   und    jene    Billroths.     Die    Gesamt- 
kosten der  Anlage  be- 
trugen mit  Rücksicht  auf       waBS~t 
die    bedeutenden   Aus- 
lagen  für   Bacheinwöl- 
bung, Fundament-  und 
Futtermauerherstellun- 
gen 821.000  K.  Im  Jahre 
1902  wurden  im  Rudol- 
finer-Hause  917  Kranke 
beiderlei    Geschlechtes 
verpflegt  und  im  Ambu- 
latorium   3156   Kranke 
behandelt.     Seit   Grün- 
dung   des    Rudolfiner- 
Hauses  bis  Ende   1902 
wurden  201  Schülerin- 
nen aufgenommen  und 
100  zu  geprüften  Pfle- 
gerinnen     ausgebildet. 
Seit    1903    ist  eine  Er- 
weiterung   der    Anstalt 
im  Zuge.  Abt 


Abb.  363.     Rudolfi 


finer-Haus.     Billroth-Pavillon  und  Kapel 


24Ö  Humanitätsanstalten. 

Die  Sommerheilstation  in  Kierling,  „Diakonissenheim",  Hauptstraße  129  Dem  durch  den 
kaiserlich  russischen  Geheimen  Staatsrat  Michael  von  Cramer,  dessen  Gattin  Olga  von  Cramer 
und  den  Pfarrer  D.  Dr.  Paul  von  Zimmermann  im  Jahre  1880  in  das  Leben  gerufenen  Verein 
für  die  evangelische  Diakonissensache  dankt  zunächst  die  Sommerheilstation  in  Kierling  „Dia- 
konissenheim" ihr  Entstehen.  Sie  wurde  1886  in  einem  gemieteten  und  1892  im  neuerbauten 
eigenen  Hause  eröffnet  und  seither  auch  erweitert.  Es  finden  hier  jährlich  zirka  200  arme 
Kranke  aller  Konfessionen  gute  Herberge,  kräftige  Nahrung  und  leibliche  und  seelische  Ruhe. 
Erst  im  Jahre  1899  waren  die  Mittel  des  Vereines  so  weit  angewachsen,  um  das  Evangelische 
Diakonissenkrankenhaus,  XVIII.,  Hans  Sachs-Gasse  12,  im  Anschlüsse  an  das  bereits  1895  für 
ein  „Diakonissenheim"  erworbene  Grundstück  Canongasse  11  bauen  und  im  Jahre  1901  für 
Kranke  aller  Konfessionen  eröffnen  zu  können.  Das  zwischen  Nachbarhäusern  eingebaute 
Krankenhaus  umfaßt  zwei  bis  drei  Geschosse  über  dem  Keller  und  bietet  Raum  für  16  männ- 
liche und  16  weibliche  Kranke.  Die  Pflegeschwestern  (14  Diakonissen)  wohnen  im  jenseits  des 
Gartens  gelegenen  Diakonissenheim,  wo  auch  einige  altersschwache  Personen  und  Kinder  Auf- 
nahme und  Verpflegung  finden.  Im  Jahre  1902  wurden  in  das  Krankenhaus  266  Kranke  aufge- 
nommen, von  denen  133  (dritter  Klasse)  unentgeltliche  Pflege  fanden.  Ambulatorisch  wurden 
zirka  400  Kranke  behandelt. 

Charite,  IX.,  Schwarzspanierstraße  18.  Seit  1890  besteht  das  vom  Verein  Charite  ge- 
gründete Ambulatorium  für  Frauenkrankheiten,  das  außer  einem  Wartezimmer  drei  Ordinations- 
räume  und  ein  Laboratorium  umfaßt  und  im  Jahre  1902  von  648  kranken  Frauen  besucht  wurde. 

Den  bemerkenswerten  Stiftungen  der  neuesten  Zeit  reiht  sich  das  Kaiser  Franz  Josef- 
Rekonvaleszentenheim  für  arme  Frauen  an.  Durch  den  humanitären  Geselligkeitsverein  „Freund- 
schaft" im  Jahre  1889  gegründet,  war  die  Anstalt  zunächst  als  Heim  für  arme  Wöchnerinnen 
in  einem  Miethausc  in  Gersthof  untergebracht,  übersiedelte  aber  im  Jahre  1897  nach  ihrer 
Umgestaltung  in  das  für  dieselbe  erworbene  Gebäude  XIII.,  Rosentalgasse  11,  wo  sie  gegen- 
wärtig in  jeder  Beziehung  befriedigende  Belagräume  für  32  Frauen  und  15  Kinder  bietet.  In 
einem  19.100m'2  umfassenden  Park  gelegen,  nehmen  die  Baulichkeiten  zirka  600m-  Boden- 
fläche ein  und  bestehen  aus  dem  Hauptgebäude  mit  Tagesräumen  im  Erdgeschosse  und  Schlaf- 
räumen im  ersten  Stocke,  einem  einstöckigen  Hause  für  Bedienstete,  drei  erdgeschossigen  Ge- 
bäuden für  Administrationszwecke,  Küche  und  Wäscherei  mit  Desinfektionsanstalt,  endlich  aus 
einer  transportablen  Baracke  für  zu  isolierende  Pfleglinge.  Der  Ankauf,  die  Adaptierung  und 
innere  Einrichtung  der  Anstalt  haben  1 35.000  K  gekostet.  Seit  Errichtung  der  Anstalt  wurden 
bis  zum  Jahre   1902  4500  Frauen,  im  Jahre   1904  404  aufgenommen. 

Eine  wichtige  Ergänzung  erhielten  die  Krankenanstalten  Wiens  durch  die  Heilanstalt 
Allane!  bei  Baden '),  zu  deren  Schöpfung  Prof.  Dr.  Leopold  von  Schrötter  die  erste  Anregung 
gab  und  zu  deren  Gründung  sich  über  von  Schrötters  Bemühungen  im  Jahre  1890  der  Verein 
„Heilanstalt  Alland"  bildete.  Die  Anstalt  sollte  nicht  nur  armen  Brustkranken  ohne  Unterschied 
der  Nationalität  und  Konfession  Hilfe  leisten,  sondern  auch  auf  die  Tuberkulose  bezügliche 
wissenschaftliche  Arbeiten  fördern.  Gegenwärtig  finden  darin  149  Kranke  Unterkunft,  doch  ging 
man  von  vorneherein  darauf  aus,  den  Krankenstand  seinerzeit  durch  Erweiterungsbauten  auf 
300  zu  erhöhen.  Die  Baukosten  der  jetzt  bestehenden  Anstalt,  auf  deren  Beschreibung  hier 
nicht  einzugehen  ist,  belaufen  sich  (ohne  Grundankauf  und  Einrichtung)  auf  1 ,163.373  K.  Die 
Aufnahme  der  Kranken  erfolgt  im  k.  k.  Allgemeinen  Krankenhausc  in  Wien.  Im  Jahre  1902 
standen   in  der  Heilanstalt  Alland  482  Kranke  in  Behandlung. 

2.  KRANKENANSTALTEN  FÜR  KINDER.') 

Als  Kaiser  Josef  II.  die  Wohltätigkeitsanstalten  Wiens  organisierte,  wurde  bestimmt,  daß 
Kinder,  welche  das  vierte  Lebensjahr  erreicht  haben,  in  das  Allgemeine  Krankenhaus  auf- 
zunehmen sind,  jüngere  aber  nur  für  den  Fall,  als  sie  mit  einer  ansteckenden  Krankheit  be- 
haftet wären.  Besondere  Kinderabteilungen  kamen  in  den  allgemeinen  Krankenhäusern  nicht 
zur  Errichtung.  War  schon  hierdurch  das  Studium  der  Kinderkrankheiten  empfindlich  gehemmt 
und  die  Pflege  der  Kinder  sehr  erschwert,  so  gebrach  es  den  unter  dem  angegebenen  Alter 
stehenden  erkrankten  Kindern  der  armen  Bevölkerung  an  jeder  Möglichkeit,  geregelte  ärztliche 

')  Die  Heilanstalt  Alland  bei  Baden,  besprochen  vom  k.  k.  Baurat  Franz  B  e  rge  r.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenicur- 
und  Architekten-Vereines.  Jahrgang  1898. 

-)  Außer  den  hier  besprochenen  Anstalten  bestehen  noch  Pavillons  für  Kinder  in  den  folgenden,  schon  früher  erwähnten 
Krankenhäusern:  Das  Lebenswarthschc  Kinderspital  im  Krankenhause  der  barmherzigen  Schwestern,  ein  Pavillon  für  Kinder  in  der 
Poliklinik  und  das  von  der  Stadt  Wien  gestiftete  Kinderspital  sowie  die  Kellermann-Sliftung  in  Verbindung  mit  dem  k.  k.  Wilhel- 
niincn-Spitale. 


Krankenhäuser. 


247 


Behandlung  und  Pflege  zu  finden.  Hochherzige  Ärzte  waren  die  ersten,  welche  diesen  Übel- 
ständen abzuhelfen  trachteten.  Zunächst  schuf  (1787)  Dr.  Mastalier,  dem  Vorbilde  des  Arm- 
strongschen  Institutes  in  London  folgend,  das  Erste  öffentliche  Kinderkrankeninstitut,  ein 
Ambulatorium,  das  bereits  Kaiser  Josef  unterstützte,  und  das  noch  heute  fortbesteht.  In 
einem  Privathausc  (I.,  Steindelgasse  2)  eingemietet  und  bisher  der  Hauptsache  nach  durch  die 
Opferwilligkcit  der  in  zehn  Abteilungen  für  die  wichtigsten  Krankheitsformen  wirkenden  Ärzte 
getragen,  erfreut  es  sich  seit  1Q01  der  Unterstützung  eines  zu  seiner  Erhaltung  und  Förderung 
gegründeten  Vereines,  unter  dessen  Mithilfe  die  Ambulatoriumslokalitäten  eine  den  heutigen 
Anforderungen  entsprechende  Umgestaltung  erfahren.  Für  das  segensreiche  Wirken  der  Anstalt 
gibt  den  sprechendsten  Beleg,  daß  in  den  letzten  Jahren  daselbst  rund  je  21.000  Kinder  zur 
Behandlung  gelangten. 

1837    gründete    Dr.    L.  W.  Ritter     von    Mauthner    das    heutige    St.  Annen -Kinderspital 
(Abb.  365)  l),    die    älteste    derartige  Anstalt    Deutschlands    und   der  Österreichisch-ungarischen 


Mariannen  -  Gasse 


C. 

■^ 

13 


ftinderspital-  Gasse 
Abb.  365.    St.  Annen-Kinderspital.    Ebenerd.    1:800. 


Monarchie  und  die  drittälteste  in  Europa.  Das  zunächst  im  Hause  Mauthners  zur  Aufnahme  von 
12  Betten  errichtete  und  von  Mauthner  erhaltene  Spital  erwies  sich  bald  als  zu  klein,  so  daß 
dieser  schon  1840  am  Schottenfeld,  an  sein  Haus  anschließend,  ein  neues  schuf,  in  welchem 
außer  seiner  Wohnung  40  Kranke  Platz  fanden.  Nun  wendete  Kaiserin  Maria  Anna,  als  oberste 
Schutzfrau,  ihre  Fürsorge  der  neuen  Schöpfung  zu,  deren  Erhaltung  und  Vergrößerung  ein 
von  Mauthner  im  Jahre  1842  ins  Leben  gerufener  Verein  sich  zur  Aufgabe  machte.  Bald 
darauf  trat  das  von  Mauthner  geleitete  Spital  als  Klinik  für  Kinderkrankheiten  zu  den  Universitäts- 
instituten in  Beziehung,  und  im  Jahre  1847  erwarb  der  Verein  den  damals  ganz  frei  gelegenen 
Platz  (IX.,  Kinderspitalgasse  6),  auf  welchem  das  noch  gegenwärtig  bestehende  zweigeschossige 
Hauptgebäude  des  Spitales  nach  den  Plänen  des  Architekten  F.  Schaden  für  die  Aufnahme 
von  120  Kranken  erbaut  und  1848  eröffnet  wurde.  Im  Jahre  1856  erweiterte  Kaiserin  Maria 
Anna  die  Area  des  St.  Annen-Kinderspitales  behufs  Vergrößerung  des  Gartens  durch  Ankauf 
des  bis  zur  Mariannengasse  reichenden  Grundstückes.  Nach  Übernahme  des  Protektorates 
durch  Erzherzogin  Gisela  im  Jahre  1877  wurde  mit  dem  Aufwände  von  zirka  26.000  K  auf 
den    zwei    ebenerdigen  Flügeltrakten    je    ein    Stockwerk    aufgesetzt    und    an    den    linksseitigen 

')  Jahresberichte  des  St.  Annen-Kinderspitales.  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  III.  Jahrgang  1894,  S.  33. 


248 


Humanitätsanstalten. 


Flügel  ein  ebenerdiger  Anbau  für  zwei  Sezierkammern  angefügt.  Die  innere  Einteilung  des 
Gebäudes  zeigt  den  zur  Zeit  seiner  Errichtung  üblichen,  durch  große  Zimmertiefe  verschlech- 
terten Korridortypus  und  bietet  nichts  Bemerkenswertes.  Als  im  Jahre  1890  Erzherzogin  Maria 
Valerie  und  ihr  Gemahl  Erzherzog  Franz  Salvator  das  ihnen  vom  Gemeinderate  der  Stadt 
Wien  gewidmete  Hochzeitsgeschenk  von  100.000  K  zur  Erbauung  eines  Pavillons  für  an 
Diphtheritis  erkrankte  Kinder  widmeten,  beschloß  das  Verwaltungskomitee,  auf  dem  von  der 
Kaiserin  Maria  Anna  gespendeten  Grundstücke  den  Diphthericpavillon  derart  anlegen  zu  lassen, 
daß  im  Anschluß  an  denselben  später  auch  eine  davon  vollständig  unabhängige  Abteilung 
für  Scharlachkranke  erbaut  werden  könne.  Das  Programm  zu  dem  am  30.  Juni  1893  eröffneten 
Diphtheriepavillon  wurde  von  dem  damaligen  Direktor  Dr.  Freiherrn  von  Widerhofer  mit  dem 
Architekten  F.  von  Gruber  beraten,  der  Entwurf  des  Pavillons  von  dem  letzteren  ausgearbeitet 
und  unter  dessen  Leitung  ausgeführt.  In  den  Jahren  1894 — 1895  folgte  dann  der  Bau  des 
Scharlachpavillons  unter  Intervention  derselben  Personen.  Mit  Rücksicht  auf  die  Beengtheit  der 
Area  mußte  von  der  bei  Pavillons  für  Infektionskrankheiten  besten,  ausschließlich  erdgeschossigen 
Anlage  abgesehen  und  bei  dem  westlichen  Flügel  des  Pavillons  für  Scharlach  sogar  auf  eine 
dreigeschossige  Anlage  gegriffen  werden,  damit  der  angesprochene  Raumbedarf  gedeckt  werden 
konnte,  ohne  den  kleinen  Garten  noch  mehr  zu  zerstören.  Von  dem  5310  m'2  messenden 
Grundstücke  sind  gegenwärtig  1662  m2  überbaut.  Die  Diphtherieabteilung,  welche  auch  drei 
Zimmer  für  Kinder  vermögender  Familien  enthält,  bietet  Raum  für  23,  die  Scharlachabteilung 
für  22  Betten.  In  den  großen  Zimmern  entfallen  38  m:!,  in  den  Isolierzimmern  55  bis  61  m:!  an 
Luftraum  pro  Kranken.  Jede  Abteilung  hat  im  Keller  gesonderte  Desinfektionsräume.  Bei  der 
Konstruktion  ist  das  Holz  auf  die  Herstellung  der  Tür-  und  Fensterverschlüsse  beschränkt  und 
in  jeder  Beziehung  auf  die  leichte  Reinigung  und  Desinfektion  aller  Teile  geachtet.  Die 
Niederdruckdampfheizung  ist  mit  Einrichtungen  der  sogenannten  natürlichen  Ventilation  kom- 
biniert. In  der  Diphtherieabteilung  wird  den  Krankenzimmern  zur  Luftbefeuchtung  auf  80  bis 
90%  von  einem  im  Keller  aufgestellten  besonderen  Kessel  Dampf  derart  zugeführt,  daß  bei 
der  Dampfausströmung  zunächst  des  Kopfendes  der  Betten  auch  eine  Zerstäubung  von  In- 
halationsmitteln erfolgen  kann.  Zur  Erwärmung  des  Wassers  dienen  Gaswasseröfen.  Der  Pavillon 
für  Infektionskrankheiten  kostete  einschließlich  der  gesamten  Einrichtung  243.000  K.  Der 
Krankenstand  betrug  im  Jahre   1902  2254,  die  Zahl  der  ambulatorisch  Behandelten  34.314. 

Das  St.  Josef-Kinderspital  (Abb.  366)  *)   wurde  mit  Hilfe  eines  zu  diesem  Zwecke  durch 
Dr.   V.  Alexovits  in  das  Leben  gerufenen  Vereines  errichtet  und  im  März   1842  für   12  Betten 

in  dem  Hause  Nr.  9  der  Kolschitzky- 
— ^^—  gasse  eröffnet.  Mit  Hilfe  einer  im  Jahre 
1869  demselben  zugewendeten  Wid- 
mung der  Ersten  österreichischen  Spar- 
kasse von  60.000  K  wurde  wohl  eine 
Erweiterung  durchgeführt,  aber  die 
Anstalt  entspricht  nur  wenig  den  mo- 
dernen Anforderungen.  Obwohl  im 
Jahre  1888  Baron  Nathaniel  Rothschild 
dem  Spitale  100.000  K  zum  Zwecke 
des  Baues  eines  Infektionspavillons 
widmete,  wird  man  an  den  Neubau  des- 
selben erst  dann  schreiten,  bis  es  mög- 
lich sein  wird,  das  hinter  dem  Spitale 
gelegene  Grundstück  zu  erwerben,  in 
welchem  Falle  dann  ein  systematischer 
Neubau  des  ganzen  Krankenhauses 
eingeleitet  werden  kann.  Einstweilen 
wird  das  im  Jahre  1896  neu  erworbene 
Gebäude  Kolschitzkygasse  1 1  als  Wohn- 
haus der  barmherzigen  Schwestern  und 
für  Kanzlcizwccke  verwendet,  was  es 
00  Kranke  Raum  bieten,  manche  Vcr- 
Kranke    verpflegt,    das    Ambulatorium 


-JUöli"" 


TT 


M 


i 


Ko/schitzky  -  Gasse 


7,  15,  17  Vorzimmer. 

2  Mikroskop.  Zimmer. 
3,  4  Sckundarärzte. 


5,  8,  12,  13,  14  Krankenzimmer. 

6,  11  Operationszimmer. 
9,  16,  18  Wärtcrinzimmcr. 


Abb.  366.    St.  Josef-Kindcrspital.     Lageplan.     1:800. 

ermöglichte,  in  den  alten  Gebäudeteilen,  die  nur  für  '. 
besserung  einzuführen.  Im  Jahre  1903  wurden  1087 
besuchten  im  selben  Jahre   19.106  Kinder. 


')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  111.  Jahrgang  1894,  S.  95. 


Krankenhäuser. 


249 


Das  Leopoldstädter  Kinderspital  (Abb.  367,  368) ')  wurde  durch  die  Bemühungen  des 
Bezirksvorstandes  K.  Ley  mit  Hilfe  einer  von  der  Ersten  österreichischen  Sparkasse  im  Jahre 
1869  diesem  Zwecke  gewidmeten  Summe  von  200.000  K  ins  Leben  gerufen.  Hierzu  wurde  das 
Grundstück  Obere  Augartcnstraße  26  angekauft  und  der  Entwurf  für  das  Krankenhaus  vom 
Architekten  Karl  von  Hasenauer  auf  Grund  des  mit  den  Doktoren  M.  Schneller,  B.  Unterholzer  und 
H.  von  \\  iderhofer  aufgestellten  Programmes  verfaßt.  Von  der  2042*9  m-  messenden  Area  wurden 
751*7  m2  dreigeschossig  überbaut,  während  279*9  m2  auf  den  Vorgarten  fielen  und  1014*03  m2  als 
Garten  verblieben.  Der  Bau  samt  Einrichtung  kostete  zirka  250.000  K  und  wurde  am  16.  Jänner 
1873  seiner  Bestimmung  als  Heilstätte  für  Kinder  vom  vollendeten  ersten  bis  einschließlich  zwölf- 
ten Lebensjahre  übergeben.  Um  eine  Absonderung  der  Abteilungen  für  Infektionskrankheiten 
durchführen  und  geräumigere  Ambulatoriumsräume  gewinnen  zu  können,  stellte  sich  bald  die 
Notwendigkeit  einer  Erweiterung  des  Spitales  heraus;  an  dieselbe  konnte  aber  erst  geschritten 
werden,  nachdem  Frau  Barbara  Schwarzinger  hierzu  ein  Legat  von  200.000  K  testiert  hatte. 
Es  wurde  nun  für  das  Nachbargrundstück  Nr.  28  vom  Architekten  Ludwig  Tischler  der  Zubau 
entworfen,  wonach  31 1*42  m2  von  der  Gesamtarea  von  40552  m2  dreigeschossig  überbaut 
wurden,  so  daß  sich  ein  Verhältnis  ergibt,  das  namentlich  für  Unterkünfte  von  Infektions- 
kranken recht  ungünstig  ist  und  nur  durch  den  Umstand  etwas  ausgeglichen  wird,  daß  dem 
Gebäude  der  Augarten  gegenüberliegt  und  daß  der  Hof  des  Nachbargrundstückes  voraus- 
sichtlich für  die  Zukunft  unverbaut  bleibt.  Derart  erweitert,  bietet  das  Spital  Raum  für  112 
bis  117  Kranke.  Der  aus  dem  Grundrisse  ersichtlichen  Einteilung  des  Erdgeschosses  sei  bei- 
gefügt, daß  der  erste  Stock  im  Haupttrakte  die  chirurgische,  im  westlichen  Flügel,  davon  ge- 
trennt, die  Abteilung  für  Diphtheritis,  und  der  zweite  Stock  im  östlichen  Teile  die  interne 
Abteilung,  über  dem  Rest  der  chirurgischen  Abteilung,  mit  dem  die  ganze  Trakttiefe  einnehmen- 
den Mittelzimmer,  die  Abteilung  für  Scharlach,  und  endlich  über  der  Diphtherieabteilung  jene 
für  Masern  enthält.  Durch  das  Vorhandensein  dreier  Stiegen  ist  die  Absonderung  der  einzelnen 
Abteilungen  einigermaßen  erreicht.  Die  Heizung  erfolgt  mittels  Ventilationsöfen.  Alle  Teile 
des  Gebäudes  sind  unterkellert  und  im  Keller  des  östlichen  Flügels  ein  Desinfektionsapparat 
aufgestellt.  Der  Krankenstand  erreichte  im  Jahre  1902  die  Zahl  von  1162,  ambulatorisch 
wurden  im  selben  Jahre   11.909  Kinder  behandelt. 

Das     Kronprinz     Ru- 
dolf-Kinderspital (Abb.  369, 
370). 2)  Diese  im  III.  Bezirke, 
Kleingasse  7    gelegene  An- 
stalt verdankt  ihr  Entstehen 
dem  Brauhausbesitzer  A.  I. 
Mautner   von  Markhof  und 
seiner  Gattin,  die  im  Jahre 
1872    für    den    Bau    dieses 
Krankenhauses      300.000  K 
und    den    hierzu    erforder- 
lichen    Grund     widmeten. 
Der  Entwurf  für   das   über 
dem  Keller   drei  Geschosse 
umfassende     und    ganz    freistehende 
nunmehrige   Hauptgebäude    der    An- 
stalt wurde  vom  Architekten  Kuschee 
verfaßt    und    der   für    die    Aufnahme 
von     48     Kindern     bestimmte     Bau, 
welcher  zirka  260.000  K  kostete,    im 
Jahre  1875  der  Benützung  übergeben. 
Auf    beengter  Area  errichtet,    konnte 
an  eine   entsprechende  Absonderung 
der  infektiösen  Kranken  nicht  gedacht 
werden.    Seit    dem    Jahre     1879,    in 
welchem  ein  Verein  zur  Erhaltung  und  Vergrößerung    des  Spitales  entstand,    wurden  manche 


Abb.  367.    Leopoldstädter  Kinderspital.     Ebenerd.     1:800. 


Abb.  368.    Leopoldstädter  Kinderspital.    Zweiter  Stock.    1 :  S00. 


')  Das  Leopoldstädter  Kinderspital  1873—1898.  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  3.  Jahrgang  1894,  S.  135. 
:)  F.  Gruber,   Neuere  Krankenhäuser.    Wien  1879,  BraumüMer.     Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  III.   Jahrgong 
1894.  S.  164. 


250 


Humanitätsanstalten. 


kleine  bauliche  Erweiterungen  durchgeführt;  die  erste  wesentliche  Verbesserung  der  Anstalt 
trat  aber  ein  durch  die  den  Bau  eines  Pavillons  für  Scharlach  und  einer  Kapelle  mit  Leichen- 
haus bezweckende  Widmung  des  Karl  F.  Mautner  von  Markhof  und  dessen  Gattin  im  Jahre 
1889.     Für    jenen  Pavillon    hatte  Architekt  F.  von  Gruber  den  Entwurf  verfaßt,    während  die 

Kapelle        nach 

Kronprinz  Rudolf-Kinderspital. 
Lageplan.     1  :  1500. 


Abb.  369 


A  Hauptgebäude. 
B  Scharlachpavillon. 
C  Kapelle. 
D  Diphtheriepavillon 


Abb.  370.    Kronprinz  Rudolf-Kinderspital. 
Diphtheriepavillon.    Ebenerd.     1:600. 


den  Plänen  des 
Architekten  Frei- 
herrn von  Wieser 
erbaut  wurde. 
Samt  Einrich- 
tung kostete  der 
nur  erdgeschos- 
sige Scharlach- 
pavillon 72.000 
Kronen.  Im  Jahre 
1901  endlich 
widmete  die 
Familie  Mautner  von  Markhof  das  westlich  vom  Hauptgebäude  zwischen  der  Schlachthaus-  und 
Kleingasse    sich    erstreckende  Grundstück    im  Werte    von  61.200  K  und    ermöglichte    dadurch 

den  Bau  eines  Diphtheriepavillons,  für  welchen  die  Mittel 
durch  Subventionen  des  Staates,  des  LarfÜes  und  der  Stadt 
sowie  durch  das  Erträgnis  einer  Effektenlotterie  und  neuer- 
liche Beiträge  der  Familie  Mautner  aufgebracht  wurden.  Das 
Programm  für  den  Entwurf  des  Pavillons  wurde,  wie  im 
früheren  Falle,  vom  Direktor  kaiserlichen  Rat  Dr.  H.  Gnändiger 
mit  dem  Architekten  F.  von  Gruber  aufgestellt  und  das  Projekt 
von  dem  letzteren  verfaßt.  Um  den  mittels  Dachreiter  erhellten 
Mittelgang  reihen  sich  im  Erdgeschosse  alle  für  die  Kranken- 
pflege bestimmten  Räume  mit  der  für  das  Personal  bestimmten 
Kleiderwechsel-  und  Reinigungsschleuse  neben  dem  Vestibül, 
während  in  dem  über  dem  östlichen  Flügel  angelegten  Obergeschosse  sich  ein  ärztliches 
Arbeitszimmer,  dann  die  Wohnung  eines  Sekundararztes  und  eines  Dieners  befinden.  Der 
absolut  feuersicher,  mit  Ausschluß  allen  Holzes  konstruierte,  zum  größten  Teil  unterkellerte,  mit 
Ventilationsofenheizung  versehene  Pavillon  kostete  92.500  K.  Das  Krankenhaus  bietet  nun  Raum 
für  70  Kinder  und  verfügt,  bei  freier,  hoher  Lage  über  der  Schlachthausgasse,  über  eine  Area 
von  5930  m-,  von  der  nur  zirka  1290  m-  mit 
Neubauten  besetzt  sind.  Der  Krankenstand  betrug 
im  Jahre  1903  854  und  die  Zahl  der  Ambu- 
lanten im  selben  Jahre   17.621. 

Das  Karolinen -Kinderspital  (Abb.  371)j) 
führt  seinen  Namen  nach  der  im  Jahre  1874 
verstorbenen  Bürgerswitwe  Karoline  Riedl,  welche 
ein  Kapital  von  200.000  K  testamentarisch  für 
die  Errichtung  eines  im  Sprengel  der  Pfarre 
Liechtental  gelegenen  Kinderspitales  widmete.  Im 
Jahre  1878  wurde  die  Realität  (IX.,  Schubert- 
gasse 23)  erworben,  zur  Aufnahme  von  Infektions- 
fällen adaptiert  und  von  der  Firma  Dehm  & 
Olbrich  für  den  Pauschalbetrag  von  54.000  K  das 
23-5  m  lange  und  11 -5  m  tiefe,  unterkellerte, 
zweigeschossige  Krankenhaus  mit  dem  Belag- 
raume  für  24  Betten  und  im  Garten  freistehend 
eine  kleine  Sezierkammer  ausgeführt.  Die  gerin- 
gen Kosten  machen  es  erklärlich,  daß  das  Ge- 
bäude in  Einteilung  und  Konstruktion  hinter  den 

an    moderne  Krankenhäuser   gestellten   Anforderungen   nicht   unbedeutend   zurücksteht.     Durch 
weitere   Stiftungen    wurde    es    möglich,    im     Jahre    1896    an    einen  Neubau    auf  der    nunmehr 


A  Hauptgebäude. 
B  Ambulatorium. 


C  Pavillon  für  Infektionskranke. 
D  Leichenhaus. 


Abb.  371.     Karolincn-Kinderspital.     Lageplan.     1:700. 


')  Jahrbuch  der  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten.  III.  Jahrgang  1S94,  S.  193. 


Krankenhäuser. 


251 


1978  m2  messenden  Grundfläche  zu  schreiten,  welcher  nach  den  Plänen  des  Architekten 
F.  von  Grnbcr  in  den  Jahren  1896  und  1897  mit  dem  Kostenaufwande  von  230.000  K  für 
Bau  und  Einrichtung-  ausgeführt  wurde;  die  Bauten  bestanden  aus  einem  unterkellerten  zwei- 
geschossigen Zubau  an  das  bestehende  Gebäude,  der  nur  Ambulatoriums-  und  Operations- 
räume  aufnimmt,  aus  einem  Pavillon  für  Infek- 
tionskrankheiten und  aus  einem  kleinen  Leichen- 
hause. Der  außerordentlich  beengte  Platz  machte 
eine  vollständige  Absonderung  der  den  einzelnen 
Infektionskrankheiten  zu  widmenden  Räume  in 
besonderen  Gebäuden  unmöglich,  doch  ist  jede 
Abteilung  direkt  vom  Freien  zugänglich.  Alle 
Neubauten  entsprechen  in  ihrer  Detaildurch- 
führung  den  modernen  Anforderungen.  Die  über- 
baute Fläche  mißt  87178  m2,  an  Krankenbetten 
stehen  nun  50  zur  Verfügung.  Gegenwärtig 
werden  jährlich  zirka  1000  kranke  Kinder  im 
Spitale  verpflegt  und  zirka  19.000  ambulatorisch 
behandelt. 

Mädchen-Rekonvaleszentenheim  Faniteum, 
XIII.,  Ober-St.  Veit,  Gemeindeberg  (Abb.  372, 373). 
Eine  der  jüngsten  und  sehenswertesten  Humani- 
tätsanstalten Wiens  ist  das  vom  Geheimen  Rate 
Karl  Grafen  Lanckorofiski  zum  Andenken  an 
seine  1893  verstorbene  Gemahlin  errichtete 
„Faniteum",  ein  mit  schöner  Kapellenanlage  ver- 
bundenes Mädchen-Rekonvaleszentenheim.  In  den  Jahren  1894 — 1896  nach  den  Angaben  des 
Eigentümers  und  nach  den  Plänen  des  Baseler  Architekten  E.  La  Roche  mit  Anlehnung  an  den 
toskanischen  Stil  des  15.  Jahrhunderts  erbaut  und  später  unter  Mitwirkung  des  französischen  Archi- 
tekten A.  Bauque  im  Äußeren  teilweise  verändert  und  im  Inneren  ausgestaltet,  wurde  es  ur- 
sprünglich zur  Aufnahme  von  12  aus  Wiener  Spitälern  entlassenen,  der  ärmsten  Bevölkerung  ange- 
hörenden rekonvaleszenten  Mädchen  im  Alter  unter  14  Jahren  bestimmt  und  seit  zwei  Jahren  für 
den  Belag  mit  16  solcher  Mädchen  erweitert,  deren  Pflege  barmherzigen  Schwestern  übertragen 
ist.  Die  Anstalt,  welche  jährlich  vom  April  bis  Dezember  in  Benützung  steht,  verpflegte  im 
Jahre   1903  bereits   102  Mädchen.    Die  Lage    des  Faniteum  wurde  mit  besonderer  Sorgfalt  ge- 


Abb.  372.     Faniteum.     Obergeschoß.     1:600. 


Abb.  373.    Faniteum  im  XIII.  Bezirke. 


252  Humanitätsanstalten. 

wählt,  so  daß  man  von  dem  Arkadenportikus  der  Kapelle  einen  herrlichen  Blick  über  Wien 
und  seine  Umgebung  genießt,  während  von  den  Veranden,  welche  den  nach  Südosten  ge- 
wendeten Wohn-  und  Schlafräumen  der  Pfleglinge  vorliegen,  die  waldigen  Höhen  des  kaiser- 
lichen Tiergartens  weit  hinaus  zu  überblicken  sind.  Das  Untergeschoß,  welches  im  Flügeltrakte 
das  angrenzende  Terrain  durchgehends  überragt,  enthält  die  Tages-  und  Wirtschaftsräume  der 
Anstalt,  während  der  nach  Nordosten  gewendete  Haupttrakt  an  höheres  Terrain  anschließt, 
deshalb  in  diesem  Geschosse  nur  Kellerräume  und  unter  der  Kapelle,  um  ein  weiteres  Ge- 
schoß tiefer,  eine  Gruft  aufnimmt.  Der  Obergeschoßgrundriß  und  die  Ansicht  der  Anstalt 
lassen  den  Charakter  des  Hauptgebäudes  erkennen.  Die  Ausstattung  des  Rekonvaleszentenheims 
ist  eine  in  jeder  Beziehung  musterhafte.  Von  den  zur  Anstalt  gehörigen  Gartenanb.gen  und 
Wiesen  im  Ausmaße  von  45.226  m-  sind  17.702  m-  umfriedet  und  1398  m-  überbaut.  Weicht 
schon  die  äußere  Erscheinung  der  Anstalt  in  der  malerischen  Gruppierung  und  vornehm 
einfachen  Gestaltung  der  Architektur  von  der  unserer  gewöhnlichen  Nutzbauten  in  erfreulicher 
Weise  ab,  so  erinnert  auch  ihr  Inneres  an  die  besten  Zeiten  italienischer  Renaissance,  in 
welchen  Schöpfer  solcher  Anstalten  sich  selbst  Denkmale  bleibenden  Wertes  errichteten.  Be- 
sonders bemerkenswert  ist  das  in  der  Kapelle  angebrachte,  auf  Leinwand  übertragene  Fresko- 
gemälde des  umbrischen  Malers  la  Spagna  (15.  Jahrhundert);  zahlreiche  Malereien  und  Bild- 
werke in  Marmor  und  Holz  aus  Italien,  Frankreich  und  Spanien  schmücken  die  Sakristeien 
und  Gänge,  während  an  der  den  hochliegenden  Fenstern  gegenübergelegenen  Wand  des 
längs  der  Sakristeien  gezogenen  Ganges  die  sieben  (ausgeführt  sechs)  Werke  der  Barmherzigkeit 
und  an  der  Stirnwand  des  Ganges  Christus  als  guter  Hirte  von  Wilhelm  Steinhauser,  derzeit 
in  Karlsruhe,  in  Freskomalerei  ausgeführt  wurden.  Von  demselben  Künstler  stammen  die  in 
der  Wand  der  Sakristei  eingelassenen  Temperagemälde,  die  Ruhe  auf  der  Flucht  nach  Ägypten 
und   St.  Christophorus. 

Es  seien  nun  noch  einige  Anstalten  erwähnt,  die  allerdings  außerhalb  Wiens  liegen,  aber 
hauptsächlich  dem  Wohle  der  armen  Kinderbevölkerung  unserer  Stadt  zu  dienen  haben. 

Das  Kaiserin  Elisabeth-Kinderspital  in  Bad  Hall1),  welches  über  einen  Garten  von 
15.633  m-  verfügt,  in  welchem  sechs  teils  adaptierte,  teils  neuerbaute  Objekte  angemessen 
gruppiert  sind  und  136  skrofulösen,  zum  größeren  Teil  aus  Wien  stammenden  Kindern  Raum 
bieten,  um  sie  mit  Hilfe  der  an  Jod  und  Brom  so  reichen  Haller  Solquelle  Heilung  oder 
wenigstens  Besserung  finden  zu  lassen. 

Das  Rekonvaleszentenheim  in  Weidlingau-),  im  Jahre  1888  für  arme,  aus  den  Spitälern 
Wiens  entlassene  Kinder  im  Alter  von  4  bis  14  Jahren  gegründet,  liegt  an  der  Westbahn  in- 
mitten hübscher  Gartenanlagen  auf  einem  Areale  von  28.884  m-.  Auf  einer  Anhöhe  steht  das 
mit  seiner  Hauptfront  nach  Süden  gewendete  Hauptgebäude,  welches  40  Kindern  Raum  bietet, 
die  im  Hochparterre  die  Tagesräume  und  in  den  beiden  Obergeschossen  ihre  Schlafsäle  etc. 
finden.  Vom  1 .  Mai  bis  letzten  September  werden  jährlich  200  bis  230  Kinder  aufgenommen 
mit  einer  Verpflegsdauer  von  zirka  25  Tagen. 

Seehospize  und  Asyle.  In  Wien  hat  auch  seinen  Sitz  der  Verein  zur  Errichtung  und 
Förderung  von  Seehospizen  und  Asylen3)  für  kranke,  insbesondere  skrofulöse  und  rachitische 
Kinder,  dessen  nächstes  Ziel  es  ist,  armen  Kindern  aus  Wien  unentgeltlich  Unterkunft,  Ver- 
pflegung und  ärztliche  Behandlung  zu  bieten.  Im  Jahre  1888  eröffnete  der  Verein  das  Erz- 
herzogin Maria  Theresia-Seehospiz  in  San  Pelagio  bei  Rovigno  mit  jetzt  190  Betten 
und  im  Jahre  1893  das  Kaiser  Franz  Josef-Kinderhospiz  zu  Sulzbach  bei  Ischl  mit 
gegenwärtig  60  Betten.  Im  Jahre  1903  wurden  in  San  Pelagio  479  Kinder  behandelt,  von 
welchen  77-3%  aus  Wien  stammten,  im  Asyl  in  Sulzbach  217  Kinder,  von  denen  82%  aus 
Wien   dahin  gebracht  wurden. 

3.  AUF  DEM  PRINZIPE  GEGENSEITIGER  HILFE  BERUHENDE  KRANKENANSTALTEN. 

Das  älteste  Institut  Wiens  zur  Pflege  kranker  Berufsgenossen  ist  das  . 

Privatkrankeninstitut  für  Handlungskommis  (Konfraternität)J)  Dasselbe  wurde  im  Jahre 
1765  durch  Miete  einiger  Zimmer  in  damals  bestandenen  Spitälern  errichtet  und  bezog  im 
Jahre   1835    sein  heutiges    Heim  VIII.,    Skodagasse    1.    Im   Jahre    1861    vergrößerte    das   Institut 

')  Bericht  über  die  ersten  40  Jahre  seines  Bestandes.  Wien  1898.  Mit  Skizzen  der  Anstalt. 
'-)  Jahresberichte  des  ersten  Rekonvaleszentcnhauses  in  Weidlingau.  Wien  1896.  Mit  Grundriüskizzcn. 
')  Jahresberichte  des  genannten  Vereines.  Wien,  IX.,  Schwarzspanierstraße  11. 

*)  Dr.  Konstantin  J.  Vidinar,  Geschichte  und  Festschrift  des  unter  dem  Namen  „Konfraternität"  bekannten  Privat-Krankcn- 
und  Pensionsinstitutes  in  Wien.  Wien  1895. 


Krankenhäuser. 


253 


durch  Ankauf  des  angrenzenden  Gartens  seine  Area  auf  2512  m-,  so  daß  es  im  Jahre  1892 
an  den  Neubau  eines  dem  Garten  zugewendeten  Krankenpavillons  und  einer  Leichenkammer 
schreiten  konnte,  für  welche  Architekt  Heinrich  Klaus  den  Entwurf  verfaßte.  Das  Institut  ver- 
fügt gegenwärtig  über  20  Krankenbetten,  von  denen  nie  mehr  als   12   besetzt  sind. 

Dem  Alter  nach  reiht  sich  an  das  vorgenannte  Institut  das  seit  1870  bestehende  Priester- 
Kranken-  und  Defizienteninstitut,  III.,  Ungargasse  38  '),  in  welchem  derzeit  28  Einzelzimmer 
für  Kranke  zur  Verfügung  stehen. 

Das  Krankenhaus  der  Wiener  Kaufmannschaft  besteht  seit  dem  Jahre  1843.  Im  Jahre 
1874  wurde  die  Realität  V.,  Siebenbrunnengasse  21,  welche  bei  einer  Area  von  7914  m'2  einen 
schönen  Garten  besitzt,  angekauft  und  das  dreigeschossige,  im  Garten  freistehende  Gebäude 
für  einen  Belagraum  mit  60  männlichen  Kranken  adaptiert.  Jährlich  finden  400  bis  450  Mit- 
glieder spitalsmäßige  Behandlung  und  Verpflegung. 

Spital  des  Vereines  zur  Pflege  kranker  Studierenden.  Der  im  Jahre  1861  gegründete 
Verein  ist  eben  daran,  im  Anschlüsse  an  das  Wilhelminen-Spital  einen  besonderen,  für  Vereins- 
zwecke bestimmten  Krankenpavillon  zu  erbauen. 

Die  Rekonvaleszentenheime  in  Königsterfen  und  in  Zeilern  bei  Amstetten,  die  vom  Ver- 
bände der  Genossenschaftskrankenkassen  Wiens  (VI.,  Hirschengasse  18)  für  die  Aufnahme 
von  rekonvaleszenten  Mitgliedern  nach  überstandenen  schweren  Krankheiten  errichtet  wurden, 
sind  dieser  Gruppe  von  Privatkrankenanstalten  zuzuzählen. 

4.  PRIVATSANATORIEN  FÜR  ZAHLENDE  KRANKE. 

Das  Sanatorium  des  Dr.  Anton  Loew  (Abb.  374)  ist  die  älteste  und  nunmehr  größte  dieser 
Anstalten.  Im  Jahre  1859  von  Dr.  Heinrich  Loew  gegründet  und  im  II.  Bezirke  eröffnet,  ging  es 
im  Jahre  1874  auf  seinen  jetzigen  Eigentümer  über,  welcher  es  im  Jahre  1882  in  das  nach 
seinem  Programme  vom  Architekten  Leopold  Schöne  erbaute  Haus  IX.,  Mariannengasse  20 
übertrug  und  vom  Jahre  1894  an  auf  seinen  heutigen  Umfang  durch  den  Architekten  Ludwig 
Richter  vergrößern  ließ.  Das  Institut  umfaßt  derzeit  ein  Areale  von  rund  13.000  m-,  wovon 
zirka  4000  m2  überbaut  sind.    Außer  dem  freistehend  angelegten  Wohnhause  des  Eigentümers 


A  Arzt. 

KZ  Krankenzimmer. 

B  Bäder. 

D  Diener. 

DW  Direktorwohnung-. 

HW  Hausinspektor- 
wohnung. 


Abb.  374.     Sanatorium  Dr.  Loew,  IX.,  Mariannen 
?asse.     Ebenerd.     1  :  S00. 


besteht  die  Anstalt  größtenteils  aus  Doppeltrakten,  welche  fünf  größere  und  mehrere  kleinere 
Höfe  umschließen,    über  dem  größtenteils  für  Betriebszwecke  dienenden  Keller  teilweise  zwei, 


')  Geschichte  und  Statuten  des  Priester-Kranken-  und  Defizientem'nstitutes  in  Wien.  Wien  1866. 


254 


Humanitätsan  stalten. 


drei  oder  auch  vier  Geschosse  umfassen  und  fünf  Stiegen  sowie  mehrere  Aufzüge  enthalten. 
Für  die  Aufnahme  von  Kranken  stehen  1 1 5  Einzelzimmer  zur  Verfügung,  welche  zum  größten 
Teil  gegen  die  Mariannengasse  nach  Süden  oder  gegen  den  Garten  nach  Norden  gewendet 
sind;  einigen  der  letzteren  liegen  Veranden  oder  Balkone  vor.  Außer  den  für  die  Kranken- 
pflege erforderlichen  Nebenräumen  ist  auch  durch  Damensalon,  Bibliothek  und  vier  Rauchfoyers 
für  den  Komfort  der  Kranken  gesorgt.  Die  Anstalt  wird  mittels  Niederdruckdampf  geheizt  und 
ist  mit  allen  für  die  moderne  Krankenbehandlung  erforderlichen  Einrichtungen,  als  Röntgeninstitut, 
elektrisches  Bad,  Wasserbett,  Kaltwasserkuranstalt  u.  s.  w.,  ausgestattet;  im  obersten  Geschosse 
des  dreistöckigen  Teiles  befinden  sich  vier  voneinander  unabhängige  Operationsraumgruppen, 
von  denen  drei  aus  je  einem  durch  Ober-  und  Seitenlicht  erhellten  Operationssaale  mit  Narkotisier- 
zimmer, aseptischer  Toilette  und  ärztlichem  Badezimmer  bestehen.  In  diesem  Geschosse  wurden 
auch  ein  Erwachzimmer,  die  Laboratorien,  Sterilisierungsräume  und  die  Anstaltsküche  mit  ihren 
Nebenräumen  untergebracht.  Für  die  Stcrilwäsche  ist  eine  Waschküche  im  Erdgeschosse  des 
alten  Hauses  vorgesehen,  wo  sich  auch  die  Desinfektionsräume  befinden,  die  Hauswäsche  wird 
außer  dem  Hause  gereinigt.  Die  Betriebsanlagen  sind  im  modernen  Sinne  musterhaft  ausgeführt. 
Sowohl  das  gesamte  ärztliche  (zwei  Direktoren  und  zehn  Ärzte)  als  auch  das  Dienstpersonal 
wohnen  im  Hause,  während  als  Pflegerinnenheim  das  Haus  Mariannengasse  26  gepachtet  wurde. 
Das  Sanatorium  des  Dr.  Julius  Fürth  (Abb.  375)  wurde  im  Jahre  1865  von  Dr.  Eder  mit 
einem  Bestände  von  26  Krankenzimmern  gegründet  und   in  einem  Miethause  untergebracht.  Im 

Jahre    1887    übersiedelte    diese   Anstalt    in   das 
für   ihre  Zwecke   vom    Architekten    Hans  Auer 
(derzeit   in  Bern)    erbaute   Haus   VIII.,  Schmid- 
gasse   14,   das  ursprünglich  40  Krankenzimmer 
enthielt,  welche  Zahl  durch  den  im  Jahre  1892 
eröffneten    Erweiterungsbau    an    der    Buchfeld- 
gasse   auf    54  erhöht  wurde.    Die  Area    dieses 
Sanatoriums  mißt  rund  2850  m-,  wovon  1 142  m- 
überbaut  sind,    während    der  Rest  auf  Vorhof, 
Höfe  und  den  Garten  fällt.  Das  Gebäude  enthält 
über    geräumigen    Kellerräumen    ein    Halbsou- 
terrain-   und    vier  Obergeschosse,    zu  welchen 
über    den    beiderseitigen    Flügeln    des    älteren 
Teiles  sogar    noch  ein  fünftes  Geschoß  hinzu- 
kommt.   Wie    aus    dem  Grundrisse    ersichtlich, 
sind  die  Räume  des  älteren    Gebäudeteiles  um 
eine    vom  Vestibül    aus    zugängliche    und    den 
Zugang   zum  Garten    vermittelnde    Zentralhalle 
gruppiert,    die    durch    Oberlicht    erhellt    wird. 
Die  Anstalt  verfügt  über  zwei    Operationssäle, 
ein    Röntgeninstitut    sowie    über   die    erforder- 
lichen   Laboratorien    und    Sterilisierungsräume 
und  ist   mit   einer  selbständigen  Betriebsanlage 
ausgestattet,   welche    die  Aufzüge,    die    Dampf- 
kochküche, die  Wäscherei,  die  Wasser- 
beschaffung und  Warmwasserbereitung 
sowie  die  Anlagen  der  elektrischen  Be- 
leuchtung  mit    Kraft    und  Wärme  ver- 
sorgt und  die  Niederdruckdampfheizung 
versieht.    In    dem   Hause   wohnen   der 
Eigentümer     und    Chefarzt     und     vier 
Hilfsärzte.  Zur  Aufnahme  gelangen  vor- 
wiegend   chirurgische    Kranke,    ausge- 
schlossen   bleiben    hier    wie    in    allen 
Sanatorien    Wiens    Geisteskranke    und 
Kranke,  welche  mit  infektiösen  Leiden 
behaftet  sind.  Im  Jahre   1903  wurden    1080  Patienten  in  der  Anstalt  verpflegt. 

Kleiner    als    die    beiden    vorgenannten     ist    das    Sanatorium    des    Dr.   Th.    Robert   Offer, 
XIII..   Wcntzgasse   19,  welches  im  Jahre    1897   von  Dozent  Dr.  L.  Müller  für  Augenkranke   mit 


Abb.  375. 


Privatheilanstalt  Dr.  Fürth  im  VIII.  Bezirke. 
Ebenerd.     1:600. 


1  —  9  Krankenzimmer.  VZ  Verbandzimmer.         L  Loggia, 

OZ  Operationszimmer.        T  Terrasse.  PfS  Pflcgescl-.uestern 


Abb.   376.     Sanatorium  Vordcrbrül 


Erster  Stock.     1 :  600. 


Irrenanstalten,  Gebar-  und  Findclhäuscr. 


255 


dem  Bclegraumc  für  zehn  Kranke  gegründet  und  vom  Baumeister  Heindl  erbaut  wurde.  Von 
der  Gcsamtarea  von  1564m2  sind  960  m-  überbaut,  während  der  Rest  als  Garten  dient.  Die 
Anstalt  befaßt  sich  derzeit  hauptsächlich  mit  der  Behandlung  von  Stoffwechselkrankheiten 
(Magen-  und  Darmleiden,  Diabetes,  Gicht  und  Nierenkrankheiten).  In  den  letzten  zwei  Jahren 
verpflegte  die  Anstalt  80  bis   100  Patienten. 

Im  Jahre  1898  eröffnete  Dr.  A.  Höhender  das  Sanatorium  für  Nervenkranke,  XIII.,  Seutter- 
gassc  6.  Es  bietet  Raum  für  20  Kranke  beiderlei  Geschlechtes  bei  Ausschluß  von  Geisteskranken 
und  Epileptischen.  Die  Anstalt  besteht  aus  einem  Hauptgebäude  mit  Unterkünften  für  18  Kranke 
und  einer  Villa  für  2  Kranke  und  liegt  nahe  der  West-  und  Stadtbahn  in  einem  Parke,  der 
eine  Fläche  von  23.019  m-  bedeckt.  Jährlich  werden  50  bis  60  Kranke  in  der  Anstalt  verpflegt. 

Außer  den  genannten  Sanatorien  bestehen  noch  eine  größere  Zahl  von  Privatheil- 
anstalten für  ambulatorische  Behandlung  der  Kranken,  deren  Aufführung  hier  zu  weit 
führen  würde. 

Auch  in  der  Umgebung  Wiens  befinden  sich  einige  Anstalten,  die  hauptsächlich  mit 
Rücksicht  auf  die  Bedürfnisse  dieser  Stadt  gegründet  wurden.  Die  älteste  derselben  ist  die  Kur- 
und  Wasserheilanstalt  „Prießnitztal"  in  Mödling,  welche  im  Jahre  1850  von  Josef  Erb 
gegründet  und  nach  den  Plänen  des  Architekten  Rückeshäuser  in  der  Hinterbrühl  erbaut  wurde. 

Im  Jahre  1865  schuf  Hofrat  Prof.  Dr.  Wilhelm  Winternitz  die  Wasserheilanstalt  in 
Kaltenleutgeben1),  welche  sich  aus  kleinen  Anfängen  (ursprüngliche  Jahresfrequenz  180) 
in  raschem  Fortschritte  zur  heutigen  Größe  mit  einer  Jahresfrequenz  von  zirka  2000  Personen 
entwickelt  hat. 

Ferner  sind  anzuführen:  die  im  Jahre  1890  gegründete  Wasserheilanstalt  in  Sulz- 
Stangau,  das  Sanatorium  und  die  Wasserheilanstalt  in  Purkersdorf,  die  im  Jahre 
1890  von  Professor  von  Krafft-Ebing  und  Dr.  Anton  Loew  gegründet  wurden,  und  das 
Sanatorium  Vo  rderbrühl-Mödling,  das  Dr.  Scheimpflug  im  Jahre  1893  nach  den  Plänen 
des  Architekten  Franz  Schachner  erbauen  ließ.  f.  von  Gruber. 


II.  IRRENANSTALTEN,  GEBÄR-  UND  FINDELHÄUSER. 


a)  Landes-Irrenanstalten. 

Alte  niederösterreichische  Landes-Irrenanstalt  (IX.,  Lazarethgasse  14)  (Abb.  377).  Für  diese 
Anstalt,  die  früher  unter  staatlicher  Verwaltung  stand,  wurde  bereits  im  Jahre  1820  das  213.000  m2 
messende  Grundstück  erworben,  ihr  Bau  aber  erst  1848  in  Angriff  genommen  und  1853  voll- 
endet. Der  Bau  der  Anstalt  kostete  2,400.000  K.  1877  wurde  das  seitlich  vom  Hauptkomplexe 
gelegene,  zwei  Stock  hohe,  sogenannte  „detachierte  Gebäude"  für  Unreine  und  1888  das 
gegen  den  Gürtel  zu  gelegene  ebenerdige  Gebäude  für  30  Infektionskranke  errichtet.  Die  An- 
stalt bietet  derzeit  Platz  für  900  Kranke.  Der  Mittelbau,  einen  großen  Hof  umschließend, 
enthält  die  Direktion,  die  Verwaltung,  Wohnungen  für  Ärzte  und  Beamte,  die  Kranken- 
abteilungen und  eine  Hauskapelle.  Dieser  Bau  mit  den  beiderseitigen  Verlängerungen  des 
rückwärtigen  Traktes  ist  zweistöckig,  die  nach  rückwärts  abgebogenen  Flügel  haben  ein  Ober- 
geschoß, während  die  äußersten  Flügelbauten  in  der  Verlängerung  des  rückwärtigen  Traktes 
des  Hauptgebäudes  nur  ebenerdig  gehalten  und  zur  Aufnahme  der  ganz  Unruhigen  bestimmt 
sind.  In  den  beiden  vorne  seitwärts  angebauten  Flügelbauten  sind  Dienerwohnungen,  Remisen, 
Werkstätten  und  Requisitenräume  untergebracht,  der  rechte  Flügel  enthält  auch  die  Anstalts- 
küche. Außer  den  beschriebenen  Objekten  sind  noch  vorhanden:  zwei  Pförtnerhäuser,  ein  Glas- 
haus, Schweinestall  und  ein  kleines  Dienerwohnhaus.  In  der  Wiener  Irrenanstalt  ist  auch  die 
zweite  psychiatrische  Klinik  der  Universität  eingemietet. 

Diese  Anstalt  wird  demnächst  aufgelassen  und  durch  die  nachfolgend  erwähnte  neue 
Heil-  und  Pflegeanstalt  ersetzt. 

Neue  Landes- Heil-  und  Pflegeanstalten  in  Wien  (Abb.  378).  Als  Ersatz  für  die  oben  be- 
sprochene Anstalt  wird  im  XIII.  und  XVI.  Bezirke  auf  dem  Süd-  und  Ostabhange  des  Galizin- 
berges    eine    neue    Anstalt    errichtet.    Für    diese    Zwecke    wurden    Flächen    im    Ausmaße    von 


')  Wasserheilanstalt  Kaltenleutgeben.    Erfahrungen,  gesammelt  von  1865 — 1869   (Braumüller,  Wien),    und  Die  Wasserheilanstalt 
in  Kaltenleutgeben  nebst  einer  Statistik  der  25jährigen  Krankenaufnahme  (Braumüller,  Wien  1890). 


256 


Humanitätsanstalten. 


1,430.000  m-  erworben,  wovon  für  die  zunächst  projektierte  Anstalt  974.000  m2  in  Anspruch 
genommen  werden.  Es  ist  das  große  Verdienst  des  damaligen  Referenten  im  Landesausschusse. 
Herrn  Leopold  Steiner,  diese  Frage  in  einer  weitblickenden  Weise  gelöst  und  die  Schwierig- 
keiten, welche  sich  der  Erwerbung  einer  so  umfangreichen,  günstig  gelegenen  Grundfläche 
im    Weichbilde    der    Stadt    entgegenstellten,    so    glücklich    und    rasch    überwunden    zu    haben. 


Abb.  377. 

Nieder-österreichische  Landcs-Irrcnanstalt 
im  IX.  Bezirke. 

Lageplan.     1 :  5000. 


Die  Anstalt  gliedert  sich  in  drei  Teile,  und  zwar  in  die  Heilanstalt  mit  13  Pavillons  und 
zusammen  870  Betten,  in  die  Pflegeanstalt  (für  abgelaufene  Fälle)  mit  1 1  Pavillons  und 
900  Betten  und  endlich  in  das  Pensionat  mit  10  Pavillons  und  316  Betten,  letzteres  für  die 
Verpflegung  von  Patienten  I.  und  II.  Zahlklassc  bestimmt.  An  einer  Hauptachse,  die  nahezu 
von  Nord  nach  Süd  gelegt  ist,  führt  vom  Flötzersteig  eine  40  m  breite  Straße  bis  zum  Anstalts- 
eingang. Zu  beiden  Seiten  des  Einganges  stehen  zwei  eingeschossige  Pförtnerhäuschen  und 
weiters,  noch  in  der  Baulinie  liegend,  in  Entfernung  von  zirka  70  m,  zwei  Wohngebäude. 
Hinter  dem  Haupteingange  liegen  in  der  Hauptachse  der  Reihe  nach  ein  Administrations-  und 
Wohngebäude,  ein  Gesellschaftshaus  mit  Theater,  ein  Küchengebäude  für  die  Heil-  und  Pflcge- 
anstalt  und  endlich  die  Anstaltskirche.  Links  von  der  Hauptachse  liegt  die  Frauenabteilung,  rechts 
die  Männerabteilung;  die  Pavillons  sind  entsprechend  den  verschiedenen  Krankheitsformen 
verschieden  ausgestaltet,  so  daß  es  neben  Aufnahmspavillons  Pavillons  für  ruhige,  für  halb- 
i\ihige  und  unruhige  Kranke  gibt.  Infektiöse,  insbesondere  Tuberkulöse  werden  in  zwei  ge- 
sonderten Pavillons  untergebracht.  Westlich  von  der  eben  besprochenen  Heil-  und  Pflegeanstalt 
liegt  das  Pensionat  (Sanatorium),    welches  für    sich  eine  Gruppe  bildet;    es   besteht   aus   zehn 


Irrenanstalten,  Gebär-  und  Findelhäuser. 


257 


Bd.  II. 


258 


Humanitätsanstalten. 


Krankenpavillons  verschiedener  Type,  entsprechend  den  Krankheitsformen,  aus  einem  Küchen- 
Gebäude,  einem  Kurhaus  und  einem  Administrationsgebäude,  das  von  der  Straße  direkten  Zu- 
gang erhält.  Im  Osten  ist  an  einer  neu  eröffneten  Straße  ein  Leichenhaus  angeordnet;  in 
diesem  Gebiete  liegen  auch  die  verschiedenen  Ökonomiegebäude,  und  zwar  ein  Wohnhaus 
für  Bedienstete,  ein  Beschäftigungshaus  mit  Werkstätten,  ein  Wirtschaftswohnhaus,  eine  Bade- 
und  Desinfektionsanstalt,  eine  Wäscherei  samt  Kesselhaus,  dann  ein  Pferde-  und  ein  Schweine- 
stall, endlich  ein  Glashaus  mit  einem  Gärtnerwohnhaus.  Der  Plan  zur  Kirche  rührt  von 
Professor  Otto  Wagner  her,  der  für  dieses  Objekt  auch  den  Bau  leitet.  Die  Pläne  der  übrigen 
Anstalt  hat  Landes-Oberbaurat  F.  Berger  auf  Grund  der  umfangreichen  einleitenden  Vorarbeiten 
des  kürzlich  verstorbenen  Landes-Oberbaurates  Carlo  von  Boog  verfaßt.  Mit  dem  Bau  wurde 
im  Frühjahre  1905  begonnen,  und  besteht  die  Absicht,  die  Anstalt  im  Jahre  1907  zu  eröffnen. 
Außer  dieser  Anstalt  bestehen  noch  Landes-Heil-  und  Pflegeanstalten  in  Ybbs,  Kierling, 
Klosterneuburg,  Langenlois  und  Mauer-Öhling,  wohin  auch  Kranke  aus  Wien  bei  dem 
Eintreten  der  Überfüllung  der  hiesigen  Anstalt  abgegeben  werden.  F.  Berger. 

b)   Privat-Irrenanstalten. 


Die  größte  und  älteste  derselben  ist  die  von  Dr.  Görgen  gegründete  Privat-Heil- 
anstalt  in  Ober-Döbling,  XIX.,  Billrothstraße  65  (Abb.  379). ')  Sie  besteht  daselbst  seit  dem 
Jahre  1820  und  steht  derzeit  unter  der  Leitung  des  Eigentümers  Prof.  Dr.  Heinrich  Obersteiner. 
Die  Anstalt  verfügt  über  eine  Area  von  70.712  m-,  wovon  4683  m2  überbaut  sind,  während 
der  größte  Teil  des  nordwestlich  von  den  Hauptgebäuden  gegen  den  nun  eingewölbten 
Krottenbach  abfallenden  Terrains  mit  hochstämmigem  Walde  und  der  östliche  Teil  mit  Park- 
anlagen bedeckt  ist.  Die  Anstalt  beherbergt  vorwiegend  Geisteskranke,  die  sowohl  nach 
Geschlecht  als  nach  dem  Grade  ihrer  Erkrankung  in  streng  voneinander  geschiedenen  Ab- 
teilungen untergebracht  sind.  Im  September  1903  belief  sich  der  Stand  auf  28  männliche  und 
27  weibliche  Kranke.  Außerdem  bewohnen  3  Ärzte,  29  Pfleger,  28  Pflegerinnen  und  26  sonstige 
Personen  die  Anstalt.  Das  Hauptgebäude  ist  für  Techniker  besonders  dadurch  bemerkenswert, 
daß  dessen  Luftheizung  von  Prof.  Meißner  persönlich  geschaffen  wurde.  An  das  genannte 
Gebäude  schließt  sich  der   1903  erbaute  ebenerdige,    mit  Holzzement  gedeckte  Pavillon.    Eine 

Neuheit  für  ähnliche 

1   Hauptgebäude. 
2,  3  Nehcuhäuscr. 
4,  5  Isolicrabteilungen. 

6  Bäder. 

7  Pflegehaus. 


8—12  Wirtschaftsgebäude. 
13,  14  Glashäuser  und  Zwin 
ger. 

17  Kegelbahn. 

IS  Spielplatz. 

19  Pavillons. 


Anstalten  ist  die  im 
Jahre  1902  durch 
einen  Umbau  her- 
gestellte Pfleger- 
garderobe. Für  das 
männliche  Personal 
ist  im  Erdgeschosse 
ein  Saal  von  48  m- 
gewidmet  worden, 
in  welchem  für  jeden 
der  26  Pfleger  ein 
Schrank  und  für  alle 
gemeinsam  an  den 
Wänden  Wasch- 
tische angebracht 
wurden.  Im  ersten 
Stocke  dient  ein 
88  m-  messender  Saal 
als  Garderobe  für 
26  Pflegerinnen,  de- 
ren Schränke  derart  aufgestellt  sind,  daß  jede  Pflegerin  ihrer  Schranktür  gegenüber  eine  kleine 
Waschkabinc  findet,  die  von  der  Nachbarkabine  durch  Holzwände  und  nach  außen  durch 
einen  Vorhang  abgeschlossen  wird. 

Die  Heilanstalt  des  Dr.  W.  Svetlin,  III.,  Leonhardgasse  3,  wurde  nach  dem  Programme 
des  Eigentümers   vom  Architekten  Eduard  Hauser  erbaut  und  später  vom    Architekten  Eduard 


Abb.  379.    Privat-Hcilanstalt  in  Ober-Döbling.     Lagcplan.     1:4000. 


')  Die  l'rivat-Heilanstalf  für  Gemüts-  und  Nervenkranke  zu  Ober-Döbling  bei  Wien.  I.  und  II.  Bericht  über  die  Leistungen  der 
Anstalt  von  1819— 1S91.  Der  zweite  Teil  mit  12  Tafeln.  Leipzig  und  Wien,  F.  Deuticke,  1891. 


Anstalten  für  Blinde  und  Taubstumme. 


259 


Fraucnfcld  erweitert.  Zu  der  für  70  Kranke  (30  männliche  und  40  weibliche)  Raum  bietenden 
Anstalt  gehört  cmc  Area  von  11.790m-,  von  der  1100m'2  überbaut  sind.  Das  Anstaltsgebäude 
bildet  ein  gegen  Nordost  offenes  Viereck.  Alle  Trakte  umfassen  über  dem  Souterrain  drei 
Geschosse;  bemerkenswert  ist  nur  der  Südosttrakt,  der  in  jedem  Geschosse  fünf  Isolierzellen 
mit  Spczialeinrichtungen  für  unruhige  Kranke  enthält,  die  um  einen  großen  Tagraum  grup- 
piert sind. 

In  Wien  besteht  noch  eine  Heilanstalt  für  Gemüts-  und  Nervenkranke  im 
XIII.  Bezirke,  Lainz,  Jagdschloßgasse  25. 

Außerhalb  des  Stadtgebietes  gelegen,  aber  fast  ausschließlich  der  Bevölkerung  Wiens 
dienend,  sind  noch  die  Pri vat-Heilanstalten  zu  Inzersdorf  und  Tulln  zu  erwähnen. 

F.   von  Gruber, 


c)  Niederösterreichische  Landes-Gebär-  und   Findelanstalt,  IX.,  Alserstraße  21  und  23 

(Abb.  380).1) 

Die  Gebär-  und  Findelanstalt  wurde  im  Jahre  1784  von  Kaiser  Josef  II.  als  Reichsanstalt 
gegründet.  Sie  ist  heute  zugleich  öffentliches  Impf-  und  Ammeninstitut.  Ursprünglich  war  die 
Gebär-  und  Findelanstalt  mit  dem  Allgemeinen  Krankenhaus  vereinigt, 
später  erhielt  sie  eine  eigene  Direktion.  Im  Jahre  1864  ging  die  Gebär- 
anstalt und  1868  die  Findelanstalt  in  die  Verwaltung  des  Landes 
Niederösterreich  über.  Der  Zweck  der  Gebäranstalt  ist:  den  daselbst 
Aufnahme  suchenden  Schwangeren  und  Gebärenden,  sie  mögen  ledig, 
verheiratet  oder  verwitwet  sein,  ohne  Unterschied  der  Nationalität  und 
Konfession,  als  Zufluchtsort  zu  dienen,  denselben  und  deren  Kindern 
die  entsprechende  Hilfe  zu  gewähren,  das  Findelhaus  mit  der  nötigen 
Zahl  Ammen  zu  versehen,  sowie  anderseits  in  der  innigsten  Verbin- 
dung mit  der  Wiener  Universität  die  Ausbildung  von  Ärzten  und 
Hebammen  möglich  zumachen.  Der  Zweck  der  Findelanstalt  ist:  den 
daselbst  aufgenommenen  unehelichen  Kindern  möglichst  die  elterliche 
Pflege  zu  ersetzen.  Das  Gebär-  und  Findelhaus  liegt  zwischen  der 
Alserstraße  und  der  Laudongasse  auf  einem  Areale  von  9800  m2.  In 
diesen  Baulichkeiten  sind  untergebracht  die  Räume  für  die  zahlenden 
Gebärenden  und  das  Findelhaus.  Die  nichtzahlenden  Gebärenden  be- 
finden sich  heute  noch  in  Trakten  des  Allgemeinen  Krankenhauses, 
und  zwar  auf  zwei  Universitätskliniken  zur  Ausbildung  der  Ärzte  und 
auf  einer  dritten,  der  Hebammenschule,  zur  Heranbildung  von  Heb- 
ammen. Das  Gebäude,  ursprünglich  ein  Kloster,  enthält:  139  Betten 
für  Wöchnerinnen  und  Ammen,  246  Betten  für  Säuglinge,  13  Betten 
für  größere  Kinder.  Für  gesunde,  nicht  infektiös  erkrankte  Kinder  be- 
stehen drei  Abteilungen,  außerdem  Räume  für  Infektionsverdächtige,  für  Infektionskranke  und 
für  Augenkranke.  In  der  Anstalt  befinden  sich  ständig  200  bis  300  Kinder  (Säuglinge  und 
größere);  täglich  wachsen  20  bis  25,  jährlich  durchschnittlich  7000  bis  8000  Kinder  zu. 


A  Findel-  und  Gebäranstalt. 
B  Impfstoffgewinnungsanstalt. 
C  Wohngebäude. 

Abb. 380.  Niederösterreichische 

Landes-Findelanstalt. 

Lageplan.    1:3000. 


III.  ANSTALTEN  FÜR  BLINDE  UND  TAUBSTUMME. 

K.  k.  Taubstummeninstitut,  IV.,  Favoritenstraße  13.2)  Auf  Befehl  der  Kaiserin  Maria 
Theresia  wurde  1779  in  der  Stadt  im  Bürgerspitale  eine  Wohnung  gemietet  und  der  Taub- 
stummenunterricht an  sechs  Knaben  und  sechs  Mädchen  begonnen.  Nach  mehrfachen  Wande- 
rungen kam  das  Institut  im  Jahre  1822  in  die  auf  der  Wieden  neuerbaute  Anstalt  für 
70  Zöglinge.  An  dieser  Stätte  ist  das  Institut  bis  heute  verblieben.  Eine  weitere  Vergrößerung 
wurde  durch  Aufsetzen  eines  Stockwerkes  auf  die  ganze  Realität  im  Jahre  1864  durchgeführt 
und    die  Anstalt    im  Laufe   der   letzten    Jahre   durch    Adaptierungen    verbessert.     Die    gesamte 


')  Dr.  K.  Friedinger,  Denkschrift  über  die  Wiener  Gebär-  und  Findelanstalt ,  aus  Anlaß  des  hygienischen  Kongresses  in 
Wien  1887.  österreichische  Wohlfahrtseinrichtungen  1848—1898.  Bd.  II. 

■)  M.  Venus,  Über  den  Wert  milder  Gaben  und  frommer  Stiftungen  für  Taubstumme.  Wien  1815,  bei  Anton  Strauß.  Alexander 
Venus,  Das  k.  k.  Taubstummeninstitut  in  Wien.  Wien  1854,  W.  Braumüller.  Ministerium  für  Kultus  und  Unterricht  vom 
5.  September  1872,  Z.  8962,  V.  Bl.  Nr.  273,  Statut  des  Taubstummeninstitutes. 

17* 


260 


Humanitätsanstalten. 


Grundfläche  des  heutigen  Institutes  beträgt  5090  m-.  Derzeit  zählt  die  Anstalt  79  interne  und 
23  externe  Zöglinge.  In  dieselbe  werden  nur  geistig  entwickelte  Taubstumme  zwischen  dem 
siebenten   und  zwölften  Jahre  aufgenommen.  F.  Berger. 

Das  k.  k.  Blinden-Erziehungsinstitut,  II..  Witteisbachstraße  5  (Abb.  381,  382)1),  wurde  im  Jahre 
1804  als  Privatanstalt  und  als  ältestes  deutsches  Blinden-Erziehungsinstitut  vom  kaiserlichen  Rat  Johann 
Wilhelm  Klein  im  Bezirke  Landstraße  gegründet.  Im  Jahre  1816  zur  Staatsanstalt  erhoben,  wurde  ihm  1828 
in  der  Josefstadt  ein  für  seine  speziellen  Zwecke  adaptiertes  Haus  zugewiesen,  das  wohl  mit  schönem 
großem  Garten  (5000  m'-')  ausgestattet  war,  aber  sehr  bald  so  zahlreiche  Mißstände  aufwies,  daß  ein  Neu- 
bau zum  dringenden  Bedürfnis  wurde.  Dank  der  Initiative  des  Statthalters  Erich  Grafen  Kielmansegg  widmete 
der  Großindustrielle  A.  Dreher  dem  Institute  ein  nahe  der  Sophienbrücke  im  Prater  gelegenes,  für  offene 
Bauweise  bestimmtes  Grundstück  von  zirka  7000  m-,  und  der  Erlös  bei  Verkauf  der  alten  Realität  reichte 
aus,  die  Kosten  des  Neubaues  zu  decken. 

Für  den  Neubau,  in  welchem  100  Zöglinge  (65  Knaben  und  35  Mädchen)  Platz  finden, 
hatte  der  Institutsdirektor  Regierungsrat  Alexander  Meli  ein  Programm  aufgestellt,  nach  welchem 
Architekt  Ministerialrat  Emil  Ritter  von  Förster  die  Skizzen  verfaßte;  die  Ausarbeitung  der  Bau- 
pläne und  die  Leitung  der  Ausführung  lagen  in  den  Händen  des  Statthalterei-Oberingenicurs 
Franz  Berger.  Die  neue  Anstalt,  welche  im  Jahre  1898  eröffnet  wurde,  hat  einen  Gesamt- 
kostenaufwand von  723.717  K  erfordert,  wovon  auf  Ergänzung  der  inneren  Einrichtung  1 1.964  K 
entfallen.  Die  Anstalt  besteht  aus  je  einem  Trakte  für  Knaben  und  für  Mädchen,  einer  iso- 
lierten Krankenabteilung,  einer  separierten  Wohnung  des  Direktors  und  einer  Kapelle.  Den 
Bedürfnissen  des  getrennten  Unterrichtes  sowie  der  verschiedenen  praktischen  Ausbildung  der 
Knaben  und  Mädchen  ist  gleichfalls  Rechnung  getragen.  Das  Gebäude,  welches  an  den  beiden 
Straßenfronten  mit  5  m  breiten  Vorgärten  ausgestattet  ist,  besteht  aus  einem  teilweise  bis  über 
2  m  aus  dem  Terrain  vorstehenden  Untergeschoß,  dem  45  m  hohen  Erdgeschosse,  einem  38  m 
hohen  Mezzanin  und  dem  54  m  hohen  ersten  Stocke.  Das  zweite  Stockwerk  ist  nur  im  Mittel- 
trakte vollständig  ausgebildet,  an  den  übrigen  Trakten  ist  es  in  das  4  m  hohe  Dachgeschoß 
in  Eisenkonstruktion  eingelegt.  Das  Souterrain  enthält  Keller-  und  Magazinsräume,  ein  Knaben- 
bad   mit  zwölf  Wannen,    ein  Mädchenbad  mit  sieben  Wannen  und  die  Anstaltsküche  mit  den 

erforderlichen  Nebenräumen.    Die  Einteilung    des 
Erdgeschosses  ist  aus  dem  Plane  ersichtlich.  Das 
Mezzanin  enthält    im  Mittelbau  die  Wohnung  des 
Direktors,  im  Mädchentrakte  die  Arbeitsräume  für 
die  Mädchen  und  die  Schlafräumc  des  weiblichen 
Dienstpersonales,  im  Knabentraktc  ein  Lehrmittcl- 
zimmer  und  Arbeitsräume  für  Knaben.  Den  Mittel- 
trakt des  ersten  Stockes    nimmt    der  Festsaal  von 
153  m  Länge  und  82  m  Breite  ein.  Daran  schließen 
sich    auf    der  Mädchenseite    die  Direktionskanzlei, 
das  Museum    und  das  Konferenzzimmer  u.  s.  w., 
im    Knabentrakte    der   Raum    für 
Chorgesang  und  sechs  Schulklas- 
sen   an.    Das    zweite   Stockwerk 
enthält    die   Schlaf-    und   Wasch- 
räume für  die  Zöglinge.  Die  durch 
zwei  Geschosse  reichende  Kapelle 
ist    dem    Knabentrakte    angeglie- 
dert.   Gegen  den  Hof   zu    liegen 
in     beiden     Trakten     im    Erdge- 
schosse 4  m  breite,  gedeckte  Ter- 
rassen, um  den  Kindern  auch  bei 
Regenwetter    das  Ergehen  in  fri- 
scher Luft  zu  ermöglichen. 

Die  Anstalt    zur    Beschäfti- 
gung und  Versorgung  erwachse- 
ner   Blinder,    VIII.,    Joscfstädtcr- 
k.  k.  Blinden-Erziehungsinstitutcs 
lebenslängliches  Asyl  zu  bieten. 


straße    80, 
J.  W.  Klein 


wurde    im 
ins  Leben 


Jahre    1825 
gerufen,  um 


von    dem    Gründer    des 
erwachsenen  Blinden  ein 


')  J.  W.  Klein,  Geschichte  des  Blindenuntcrrichtcs.  Wien  1S37.  J.W.  Klein,  Die  Anstalten  für  Blinde  in  Wien.  1841. 
IM.  Pablasek.  Das  k.  k.  Blinden-Erziehungsinstitut.  Wien  1864.  M.  Pablasek,  Die  Blindcn-ßildungsanstalten.  deren  Bau,  Ein- 
richtung und  Tätigkeit.  Wien  1876.  Österreichische  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1899,  Jahrgang  Y.  Heft  5. 


Anstalten  für  Blinde  und  Taubstumme. 


261 


wurde  im  Jahre   1863 


Abb.  382.    Blinden-Erziehungsinstitut. 

Sie  steht  gegenwärtig  unter  dem  Protektorate  des  Erzherzogs  Otto  und  beherbergt  mit  Ende 
Dezember  1905  45  männliche  und  51  weibliche  Pfleglinge.  Letztere  werden  mit  weiblichen 
Handarbeiten,  erstere  mit  Korbflechten,  Bürstenbinden  und  Strohmattenerzeugung  beschäftigt; 
beiderlei  Pfleglinge  betreiben  fleißig  Musik. 

Allgemeines  österreichisches  israelitisches  Taubstummeninstitut,  III.,  Rudolfsgasse  22. 
Diese  Anstalt  wurde  im  Jahre  1844  durch  Hirsch  Kollisch  in  Nikolsburg  gegründet,  über- 
siedelte 1852  nach  Meidling  und  nach  Errichtung  des  gegenwärtig  dem  Institute  gewidmeten 
Gebäudes  im  Jahre  1858  nach  Wien.  Dieses  nimmt  100  Taubstumme  auf  und  liegt  in  einem 
geräumigen  Garten.  Mit  der  Eröffnung  zweier  neuer  Klassen  erscheint  gegenwärtig  die  Bildungs- 
zeit auf  acht  Jahre  berechnet. 

Das  israelitische  Blindeninstitut,  XIX.,  Hohe  Warte  (Abb.  383)1), 
durch  Dr.  L.  A.  Frankl  ins  Leben  gerufen  und  das  für  50  Blinde 
bestimmte  Gebäude  von  J.  Freiherrn  von  Königswarter  gestiftet,  vom 
Architekten  W.  Stiaßny  erbaut  und  1872  eröffnet.  Die  Anstalt  verfügt 
über  eine  Area  von  6060  m2,  wovon  767  m2  mit  drei  über  dem 
Souterrain  gelegenen  Geschossen  überbaut  sind.  Außer  den  für  20 
bis  22  Mädchen  und  30  bis  32  Knaben  bestimmten  Schlafsälen,  4  Lehr- 
sälen für  15  bis  18  Schüler,  1  Betsaal,  1  Prüfungssaal,  1  Turnsaal, 
Bädern  und  Wäscherei  sind  auch  eine  Korbflechterei,  Seilerbahn  und 
Druckerei  vorhanden.  Alle  genannten  Räume  erhielten  Heißwasser- 
heizung, während  die  Wohnung  des  Direktors,  des  Portiers  und  der 
Diener,  sowie  die  Krankenzimmer  mittels  Öfen  geheizt  werden. 

Endlich  besteht  noch  die    Landes-BIindenanstalt    in    Purkers- 
dorf,    die    zum   größten  Teil  Angehörigen  der  Wiener  Bevölkerung 

,       „    i  _  Abb.    383.     Israelitisches    Blinden- 

ZUnutzen    kommt.  F.   von   Grilber.  Institut.     Ebenerd.    1:800. 


')  Das  Blindeninstitut   auf   der  Hohen  Warte  bei  Wien. 
Blindeninstitutes.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien. 


Monographie.   Wien  1873,    Verlag  vom  Kuratorium  des  israelitischen 


262 


Humanitätsanstalten. 


IV.  WAISENHÄUSER  UND  KINDERASYLE. 


a)  Waisenhäuser  (Abb.  384  bis  387). 

Die  älteste  derartige  Anstalt  Wiens  ist  das  k.  k.  Waisenhaus  IX.,  Waisenhausgasse  5. 
Dasselbe  wurde  vom  Wiener  Kaufmanne  Michael  Kirchmayer  1742  am  Rennweg  ge- 
gründet, von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  vergrößert  und  unter  Kaiser  Josef  II.  1785  an  die  gegen- 
wärtige Stelle  verlegt.  Es  bietet  Raum  für  400  Knaben,  worunter  sich  auch  Privatzöglinge  be- 
finden. Die  Anstalt  besitzt  eine  achtklassige  Volks-  und  Bürgerschule,  ein  Kinderspital  und 
ein  Bad.  Seit  der  Gründung  dieses  Waisenhauses  wurden  daselbst  bereits  über  zehntausend 
Zöglinge  aufgenommen.') 

Außer    dem    k.    k.    Waisenhause    bestehen    acht    städtische    Waisenhäuser,     die   zu- 
sammen für  750  Kinder  Unterkunft  bieten.-) 

Die  Aufnahme    in    diese  Anstalten    setzt    das  Heimatsrecht    in  Wien,    das    schulpflichtige 
Alter  sowie  die  doppelte  Verwaisung  oder  wenigstens  jene  seitens  des  Vaters,  bei  unehelichen 

Kindern  jene  seitens  der  Mutter  voraus.  Die  Kinder  er- 
halten in  den  Waisenhäusern  die  vollständige  Pflege  und 
Erziehung  bis  zum  Ende  ihres  vierzehnten  Lebensjahres. 
Im  allgemeinen  sind  in  den  Waisenhäusern  außer  den 
Unterkünften  nur  Lehrräume  für  den  Wiederholungsunter- 
richt vorhanden.  In  der  Regel  besuchen  die  Kinder  die 
nächstgelegene  öffentliche  Schule.  Nur  in  dem  fünften  städti- 
schen Waisenhause  befindet  sich  eine  interne  dreiklassige 
Volksschule.  Das  dritte,  vierte,  sechste  und  siebente 
städtische  Waisenhaus  sind  neuere  Gebäude,  für  deren 
Einteilung  die  beigegebene  Abb.  384  des  im  X.  Bezirke 
gelegenen  Waisenhauses,  das  nach  den  Plänen  des  Stadt- 
bauamtes unter  Leitung  des  Baurates  Anton  Clauser  aus- 
geführt wurde,  als  charakteristisches  Beispie!  dienen  möge. 
Die  Baukosten  dieses  Waisenhauses  betragen  rund  1 78.000  K.^) 
Nebst  den  vorerwähnten  bestehen  noch  Anstalten  für  Angehörige  verschiedener 
Kulte,  und  zwar: 

a)  Das  Gräfin  Franziska  Andrässysche  Waisenhaus   für   christliche  Mädchen,    XIX.,  Hohe 
Warte  5.    Gräfin  Andrässy  widmete  eine  vom  Architekten  Theophil  von  Hansen  erbaute  zwei- 


Abb.  384.    Waisenhaus  im  X.  Bezirke. 
Zweiter  Stock.  1  :  800. 


zimmer 
Abb.  385.  Evangelisches  Waisenhaus.  Erster  Stock.  1 :  600. 


V  Vorraum. 

A  Aufsicht. 

Seh  Schlafsäle 


- 

•  3rä» 


Abb.  386.  Waisenhaus  für  israelitische  Mädchen,  XIX.,  Fcldgasse. 
Zweiter  Stock.     1:600. 


stöckige  Villa  mit  einem  ebenerdigen  Nebengebäude  inmitten  eines  großen  Gartens  (die 
ganze  Realität  mißt  17.974  m'-)  für  ein  Waisenhaus.  Die  Adaptierung  und  Instandsetzung 
der  Gartcnanlage  wurde  von  der  Gemeinde  Wien  im  Jahre  1904  mit  einem  Kostenaufwande 
von  rund  61.000  K  durchgeführt.  Das  Gebäude  enthält  Raum  für  45  Pfleglinge. 


')  Näheres   in:    Der  Alscrgrund  einst  und  jetzt.    Von  Leopold  Donatin,   städtischer  Lehrer.    Wien    1904.    Selbstverlag   des 

Verfassers.  ,.,„,.,  ,,      r~  ,    ,z- 

2)  1  Städtisches  Waisenhaus  VII..  Kaiserstraße  92  (für  100  Mädchen);  2.  städtisches  Waisenhaus  V.,  Gasscrgassc  1  (für 
100  Knaben)-  3.  städtisches  Waisenhaus  IX.,  Galilcigassc  S  (für  100  Knaben);  4.  städtisches  Waisenhaus  X..  Laxcnburgcrstraßc  43 
und  45  (für  100  Knaben);  5.  städtisches  Waisenhaus  Klostcrncuburg.  Jakobshof  (für  50  Knaben  und  50  Mädchen);  6.  und  ;.  städtisches 
Waisenhaus  VIII.,  Josefstädterstraße  93  und  95  (für  100  Knaben  und  100  Mädchen);  8.  städtisches  Waisenhaus  XII..  \  icrtalcrgasse  15 
(für  50  Mädchen). 

')  Näheres  siehe  Vcrwaltungsbcricht  des  Bürgermeisters  für  die  Jahre  1S77— 18/9. 


Waisenhäuser  und  Kinderasyle. 


263 


b)  Das  Waisenhaus  des  evangelischen  Waisenversorgungsvereines,  V.,  Wienstraße  44 
(Abb.  385)  für  44  Knaben. 

c)  Das  Freiherr  Max  Springersche  Waisenhaus  für  israelitische  Knaben,  XIV.,  Goldschlag- 
straße 84,   für  53  Zöglinge,  ausgeführt  nach  den  Plänen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer. 

d)  Als  in  seiner  Anlage  am  interessantesten  erscheint  das  von  David  von  Gutmann  ge- 
gründete Waisenhaus  für  60  bis  65  israelitische  Mädchen,  XIX.,  Feldgasse  21  (Abb.  386). 
Es  wurde  nach  den  Plänen  des  Architekten  Max  Fleischer  in  den  Jahren  1889- —  1 891  ausgeführt 
und  enthält  drei  Stockwerke  über  einem  hohen  Souterrain.  Die  Baukosten  einschließlich  des 
Baugrundes  betrugen  rund  284.000  K,  die  Kosten  der  inneren  Einrichtung  rund  21.000  K.') 

e)  Das  Waisenhaus  für  israelitische  Mädchen,  XIX.,  Bauernfeldgasse  (Abb.  387).  Die 
im  Jahre  1896  gestorbene  Frau  Charlotte  Merores  -  Itzeles  widmete  nahezu  ihr  ganzes 
Vermögen  von  zirka  zwei  Millionen  Kronen  zur  Errichtung  und  Erhaltung  eines  Waisen- 
hauses für  50  Mädchen.  Zur  Kapitalsanlage  wurde  1899 — 1900  das  Stiftungshaus  in  der 
Währingcrstraße  24  und  dann  1902 — 1904  das  Waisenhaus  errichtet,  das  von  einem  7600  m2 
messenden  Gartengrunde,  bei  Aussparung  eines  8  m  tiefen  Vorgartens,  856  m-  verbaute  Fläche 
einnimmt  und  Tiefparterre  und  drei  Geschosse  umfaßt.  Die  Gebäudeanlage  wird  von  einem 
mit  Glas  gedeckten,  in   allen  Geschossen  mit 

Galerien  umgebenen  Hof  beherrscht,  von  dem 
aus  alle  Räume  zugänglich  sind  und  dessen 
Glasboden  dem  Zentralraum  des  Tiefparterres 
Licht  zuführt.  Über  den  im  Hochparterre  ge- 
legenen Sälen  (Fest-,  zugleich  Lehr-  und 
Übungssaal,  Speisesaal,  Turnsaal)  sowie  über 
der  das  Isolierzimmer  enthaltenden  Raum- 
gruppe befinden  sich  im  ersten  Stocke  die 
Schlafsäle  mit  daran  anschließenden  Wasch- 
räumen; außerdem  enthalten  diese  Geschosse 
die  Wohnungen  der  Anstaltsleiterin  und  der 
Lehrerin,  die  Kanzlei,  die  Magazine  und  Ge- 
räteräume. Dem  Turnsaale  und  dem  darüber- 
liegenden  Schlafsaale  schließt  sich  eine  Ter- 
rasse an.  Das  zweite  Stockwerk  nimmt  ein 
Lehrzimmer,  das  Ordinations-,  das  Maroden- 
zimmer,    dann    Räume    der  Wärterinnen    und 

der  sonstigen  Dienerschaft,  das  Wäschemagazin,  sowie  die  Roll-  und  Bügelkammer  auf,  wäh- 
rend sich  im  Tiefparterre  die  Küchenräume,  das  mit  Glas  gedeckte  Kesselhaus  der  Nieder- 
druckdampfheizung, zwei  Badezimmer,  die  Waschküche,  eine  Desinfektionskammer  und  die 
erforderlichen  Vorratskammern  befinden.  Alle  Einrichtungen  des  Hauses  entsprechen  den 
modernsten  Anforderungen.  Entwurf  und  Ausführung  der  Anstalt,  deren  Bau  74.800  K  kostete, 
sowie  des  Stiftungshauses  lagen  in  den  Händen  des  Architekten  Wilhelm  Stiaßny. 

f)  Das  Gisela-Armen-  und  Waisenstiftungshaus,  XII.,  Viertalergasse   15  und   17. 

g)  Das  Waisenhaus  „Mater  misericordia"  für  arme  Mädchen,  XV.,  Klementinen- 
gasse  25,  und 

h)  das  „Norbertinum",  Asyl  des  Katholischen  Waisenvereines  (für  Knaben),  in  Tullner- 
bach.  Dieses  letztere  liegt  zwar  außerhalb  der  Gemeindegrenze  von  Wien,  dient  aber,  wie  die 
vorerwähnten,  für  Kinder  der  Stadt. 


Abb.  387. 

Waisenhaus  für  israe- 
litische Mädchen, 
XIX.,    Bauernfeld- 
gasse. 

Hochparterre. 

1 :  800. 

E  Vestibül. 
F  Festsaal. 

S  Speisesaal. 
K  Kanzlei. 
G  Garderobe. 
T  Turnsaal. 
B  Bad. 

1  Isolierzimmer. 
C  Korridor. 
V,  L  Wohnung  des 
Leiters. 


b)   Kinderasyle. 

Von  diesen  Anstalten  ist  zuerst  zu  nennen  das  städtische  Asyl  für  verlassene  Kinder 
mit  einem  Belagraume  für  50  Kinder.  Dasselbe  wurde  im  Jahre  1889  erbaut  und  steht  mit 
dem  zweiten  städtischen  Waisenhause  V.,  Gassergasse  1  in  Verbindung.  Im  Souterrain  befinden 
sich  die  Bäder  und  Desinfektionsräume,  im  Erdgeschoß  der  Speise-,  zugleich  Tagesraum, 
Quarantänezimmer  für  Knaben  und  Mädchen,  Garderobe  und  Kanzlei,  im  zweiten  Stocke  ein 
Lehrzimmer  und  ein  Schlafsaal  für  Knaben.  Die  Baukosten  betrugen  rund   104.000  K.2) 


')  Das  israelitische  Mädchenwaisenhaus  in  Wien.  Von  Max  Fleischer.  Wien  1893. 
'-)  Näheres  siehe  Verwaltungsbericht  des  Bürgermeisters  vom  Jahre  1888. 


264  Humanitätsanstaltcn. 

Nebst  diesem  gibt  es  zahlreiche  Kinderasylc,  Rettungshäuser  und  Schutzstationen,  die  von 
Vereinen  gegründet  wurden  und  meistens  auch  von  denselben  erhalten  werden.  Von  diesen 
wären  vorerst  zu  nennen:  Das  Kinderasyl  St.  Josef  (XIII.,  Breitenseerstraße  104)  mit  einem 
Kindergarten  und  einer  Mädchen-Volksschule;  das  Erziehungshaus  des  Wiener  Schutzvereines 
zur  Rettung  verwahrloster  Kinder  (XIII.,  St.  Veitgasse  25)  für  60  Knaben. 

Weiters  gehören  in  diese  Kategorie:  Das  Kinderasyl  der  k.  k.  priv.  Südbahn-Gesellschaft 
(XII.,  Eichenstraße  27);  das  Asyl  für  mißhandelte  Kinder  der  Kinderschutz-  und  Rettungsgesell- 
schaft (IX.,  Glasergasse  3);  die  Knaben-Beschäftigungsanstalt  der  Braun -Radislowitschschen 
Stiftung  (IL,  Taborstraße  24);  das  Marianeum,  Erziehungs-  und  Beschäftigungsanstalt  für  arme 
Mädchen  (XII.,  Hetzendorferstraße  117);  die  Knaben-Beschäftigungsanstalt  von  Gerstle  (IX.,  Wäh- 
ringerstraße  48):  die  fünf  Anstalten  des  Vereines  für  Knabenhandarbeiten  (im  VI.,  VII.,  VIII., 
IX.  und  XIII.  Bezirke);  das  Asyl  für  verwahrloste  Mädchen  in  Ernstbrunn;  die  Stephanie-Stif- 
tung für  Erziehung  und  Pflege  schwachsinniger  Kinder  in  Biedermannsdorf;  das  Franz  Josef- 
Jugendasyl  in  Weinzicrl;  das  Asyl  für  verkrüppelte  Kinder  in  Maria-Lanzendorf  und  viele  andere 
kleine  ähnliche  Anstalten.  f.  von  Gruber,  J.  PUrzl. 


V.  ARMEN-  UND  VERSORGUNGSHÄUSER. 

Das  älteste  Armenhaus  Wiens,  von  dem  wir  Kunde  haben,  war  das  Spital  zum  heiligen  Geist,  als 
dessen  Erbauer,  Gründer  und  Mitstifter  der  Arzt  Gebhard  genannt  wird.  Es  stand  hart  am  Wienflusse  auf 
dem  Platze  des  Obstmarktes  und  wurde  bei  der  ersten  Türkenbelagerung  zerstört.  In  der  zweiten  Hälfte  des 
14.  Jahrhunderts  taucht  urkundlich  das  Spital  zu  St.  Johann  in  der  Siechenais  auf,  das  ungefähr  dort  stand, 
wo  sich  heute  das  Bürgerversorgungshaus  befindet,  bei  der  ersten  Türkenbelagerung  zerstört,  aber  im  Jahre 
1540  als  Lazarett  für  Arme  wieder  aufgebaut  wurde.  Im  Jahre  1715  gab  die  Regierung  den  Auftrag,  Grund- 
spitäler zur  Aufnahme  von  Armen  zu  errichten,  deren  im  Jahre  1741  bereits  elf  bestanden.  Anläßlich  der 
Auflassung  des  Lohnwagenamtes  im  Jahre  1750  wurden  die  Stallungen  am  Alserbach  zu  einem  Armen- 
versorgungshause umgestaltet.  Im  Jahre  1783  nahm  Kaiser  Josef  die  Reform  der  Wohltätigkeitsanstalten  in 
Angriff.  Ein  Teil  der  bestehenden  Spitäler,  und  zwar  das  Versorgungshaus  am  Alserbach,  der  Langenkeller 
am  Neubau,  die  Grundspitäler,  die  Kaserne  in  Ybbs,  die  aufgelassenen  Kartäuserklöster  in  Mauerbach  und 
Imbach  sowie  das  ßürgerspital  zu  St.  Marx  wurden  nun  ausschließlich  zur  Armenversorgung,  die  übrigen 
zur  Krankenpflege  und  zur  Erziehung  der  Waisen-  und  Findelkinder  bestimmt,  aber  erst  im  Jahre  1842 
wurden  die  Armenanstalten  dem  Magistrate  übergeben.  In  den  Jahren  1848—1852  erstand  in  den  rückwärtigen 
Höfen  des  Versorgungshauses  am  Alserbache  (zum  blauen  Herrgott)  ein  Armenhaus  mit  einem  Fassungs- 
raume  für  700  Betten,  das  rund  994.500  K  kostete.  In  den  Jahren  1858—1860  wurde  an  der  Stelle  des  alten 
Lazarettes  das  Bürgerversorgungshaus  erbaut. 

Nach  einem  jahrelangen  Kampfe  mit  der  Regierung  mußte  die  Gemeinde  die  Kaserne  in  Ybbs  ab- 
treten, behielt  jedoch  davon  das  ehemalige  Franziskanerkloster  und  erhielt  als  Entschädigung  auch  das  ehe- 
malige Kloster  in  St.  Andrä  an  der  Traisen  (Dezember  1858).  Beide  wurden  als  Versorgungshäuser  verwendet, 
jedoch   das  erstere  vergrößert  und  später  umgebaut. 

In  den  Jahren  1865—1867  erstand  an  Stelle  der  alten  ungesunden  Hütten  am  Alserbach  der  vordere, 
nach  den  Plänen  des  Stadtbauamtes  erbaute  Trakt  des  Versorgungshauses  im  IX.  Bezirke  mit  dem  Raum 
für  800  Betten  und  im  März  1877  wurde  das  Versorgungshaus  in  Liesing  eröffnet.  Trotzdem  genügten  die 
vorhandenen  Versorgungshäuser  den  stets  wachsenden  Bedürfnissen  schon  lange  nicht  mehr:  der  im  Mai 
1901  beschlossene  Verkauf  des  Versorgungshauses  im  IX.  Bezirke  an  den  Wiener  k.  k.  Krankenanstalten- 
fonds nötigte  also  um  so  mehr  zum  Neubau  einer  Anstalt,  die  als  Wiener  Versorgungsheim  im  XIII.  Bezirke 
im  Juli  1904  eröffnet  wurde.1) 

Die  Gemeinde  verfügt  gegenwärtig  über  folgende  Anstalten: 

Das  Bürgerversorgungshaus  im  IX.  Bezirke  mit  540  Betten; 

das  Wiener  Versorgungsheim  im  XIII.  Bezirke,  derzeit  2000  Betten,  erweiterungsfähig  auf 
mehr  als  4000  Betten; 

vier  auswärtige  Versorgungshäuser,  und  zwar  Mauerbach  (617),  St.  Andrä  an  der  Traisen 
(303),  Ybbs  an  der  Donau  (795)  und  Liesing  (835),  mit  zusammen  2550  Betten: 

dann   16  Stiftungs-  und  Armenhäuser  und    ein  Grundspital  mit    zusammen  541   Betten.2) 


')  Karl  Weiß,  Geschichte  der  öffentlichen  Anstalten,  Fonds  und  Stiftungen  für  die  Armenversorgung  in  Wien.  Dr.  Jakob 
Dont,  Das  Wiener  Versorgungsheim.  Eine  Oedenkschrift  zur  Eröffnung. 

:)  Es  sind  dies  die  sogenannten  Grundannenhäuser :  Laurenz  Hicßsches  Stiftungshaus  III.,  Rochusgassc  S  (75  Betten),  Armen- 
haus III.,  Gstettengasse  2  (24  Betten),  Susanne  Bachmannsches  Stiftungshaus  V.,  Pilgramgasse  3  (6  Betten).  Armenhaus  XI.,  Kobel- 
gassc  24  (36  Betten),  XI.,  Simmeringer  Hauptstraße  159  (9  Betten),  XIII.,  Trauttmansdorffgasse  24  (14  Betten),  XIII.,  Stockhammer- 
gasse 31)  (12  Betten),  XV.,  Zwölfergasse  27  (20  Betten).  XVI.,  Arnethgassc  S4  (4S  Betten),  XVI-,  Liebhartsgasse  17  (S6  Betten).  XVIII., 
Martinstraße  92  (40  Betten),  XVIII.,  Pötzleinsdorfcrstraße  100  (3  Betten),  Josef  Köhlersches  Stiftungshaus  XVIII.,  Gentzgasse  126 
(2  Betten),  Fr.  Ludwig  Müllcrsches  Stiftungshaus  XIX.,  Chimanistraße  7  (18  Betten),  XIX.,  Eiscnbahnstraüc  26  (24  Betten)  und  Ignaz 
Widlisches  Stiftungshaus  XIX.,  Ruthgassc  7(11  Betten),  das  Grundspital  IL,  Im  Werd  19  (103  Betten).  Alle  diese  Anstalten  sind  in 
älteren,  ehemaligen  Wohnhäusern  untergebracht,  deren  Adapticrungen  keine  Erörterung  verdienen. 


Annen-  und  Versorgungshäuser. 


2ö5 


Eine  Ergänzung-  finden  die  städtischen  Versorgungsanstalten  durch  solche,  welche  von 
privaten  Stiftungen  erhalten  werden;  diese  Anstalten  bieten  aber  weder  ihrer  Größe  noch  ihrer 
Anlage  nach  Bemerkenswertes.1) 

Nach  diesem  Überblicke  sollen  im  folgenden  die  bemerkenswertesten  Anstalten  näher 
besprochen  werden. 


a)   Innerhalb  des  Weichbildes  der  Stadt  gelegene  Armenversorgungshäuser  der 

Gemeinde  Wien. 

Das  Bürgerversorgungshaus  (Abb.  388)  im   IX.  Bezirke,  Währingerstraße   und  Spitalgasse, 
wurde  in  den  Jahren   1858—1860  nach  den  Plänen  des  Architekten  Ferdinand  Fellner  erbaut 
und  verfügt  über  ein  Areale  von  13.382  m'2,  wovon  3909  m2  verbaut  sind.  Die  Baulichkeiten  be- 
stehen aus  einem 

Hauptgebäude 
und  einigen  Wirt- 
schaftsgebäuden. 
Das  Hauptgebäu- 
de gliedert  sich  in 
einen  dreistöcki- 
gen Mitteltrakt 
und  zwei  zwei- 
stöckige Flügel. 
Im  Mitteltrakte  be- 
findet sich  die 
Hauptstiege,  die 
Kanzleien,  das 
Materialdepot,  die 
Beamtenwohnun- 
gen, die  Pensions- 
zimmer und  der 
Lesesaal.  Im  öst- 
lichen Flügel  sind 
die  weiblichen 
Pfleglinge  und  die 
Bäder,  im  west- 
lichen Flügel  die 
männlichen  Pfleg- 
linge und  die 
Zentralküchen- 
anlage untergebracht.  Jeder  der  beiden  Flügel  besitzt  eine  breite  Steintreppe;  von  den  Korri- 
doren sind  die  Pfleglingsräume  durch  zwischengelegte  Vorzimmer  zugänglich.  Die  Heizung 
geschieht  mittels  eiserner,  von  außen  zu  bedienender  Zirkulationsöfen  mit  gemauerten  Mänteln. 
Alle  Geschosse  sind  mit  Hochquellenwasser  und  Gas  versorgt.  Die  Wirtschaftsgebäude  liegen 
im  rückwärtigen  Teile  der  Gartenanlagen,  sind  ebenerdig  und  enthalten  die  Waschanstalt 
(mit  Handbetrieb),  eine  Remise,  zwei  Dienerwohnungen,  die  Leichenkammer  und  die  Ein- 
segnungskapelle. 

Das  Wiener  Versorgungsheim  im  XIII.  Bezirke  (Abb.  389  bis  395)-)  liegt  anschließend  an 
den  k.  k.  Tiergarten  in  den  Gebieten  der  ehemaligen  Gemeinden  Lainz  und  Ober-St.  Veit  voll- 
kommen frei,  wurde  in  den  Jahren  1902 — 1904  nach  den  Plänen  des  Stadtbauamtes  erbaut 
und  besitzt    ein  Gesamtareale  von  353.000  m2,    wovon    32.000  m2  verbaut  sind,    wogegen   der 


K  Kapelle. 

P  Pensionszimmer. 
PS  Pfründnersäle. 
KS  Krankensäle. 

G  Gänge. 


Abb.  388.    Bürgerversorgungshaus.    Erster  Stock.     1:1000. 


')  Zu  diesen  gehören:  Als  Anstalten  zur  zeitweisen  Versorgung:  Das  Franziska  Jeitelessche  Stiftungshaus  III.,  Steingasse  18, 
das  „Norbertusheim",  Studentenasyl,  III.,  Erdbergstraße  43,  das  „Rudolfinum"  für  arme  Studierende  der  technischen  Hochschule 
IV.,  Mayerhofgasse  3,  das  „Studentenheim"  des  Asylvereines  der  Wiener  Universität  IX.,  Porzellangasse  30,  der  Kaiserin  Elisabeth- 
Mädchenhort  II.,  Rembrandtstraße  6,  das  „Lehrlingsheim"  VI.,  Hirschengasse  9,  das  „Lehrlingshospiz"  VI.,  Stiegengasse  12,  das 
„Israelitische  Lehrlingsheim"  IX.,  Grüne  Torgasse  26,  das  „Calasantinum",  Lehrlingsasyl,  XV.,  Tellgasse  7,  die  Asyle  für  arme 
Dienstmädchen  III.,  Fasangasse  4  und  XVIIL,  Lacknergasse  8,  das  Arbeiterinnenhaus  IX.,  Pramergasse  9.  —  Anstalten  zur  dauernden 
Versorgung  sind :  Die  Versorgungs-  und  Beschäftigungsanstalt  für  erwachsene  Blinde  VIII.,  Josefstädterstraße  62,  das  Altersversorgungs- 
haus der  israelitischen  Kultusgemeinde  IX.,  Seegasse  9,  das  Greisenasyl  zum  heil.  Josef  XIII.,  St.  Veitgasse  43,  das  Asyl  für  arbeits- 
unfähige weibliche  Dienstboten  und  Handarbeiterinnen  XV.,  Pouthongasse  18  und  20,  das  Greisenasyl  für  Personen  beiderlei  Ge- 
schlechtes XVIIL.  Gentzgasse  106,  die  „Rarität",  Versorgungsanstalt  für  katholische,  arme,  erwerbsunfähige  Dienstboten  XVIIL,  Antoni- 
gasse  30,  das  Zufluchtshaus  für  alte,  dienstuntaugliche  Frauenspersonen  zum  heil.  Josef  in  Breitenfurt  bei  Wien. 

')  Siehe  Dr.  J.  Dont,  Das  Wiener  Versorgungsheim.  S.  71. 


266 


Humanitätsanstalten. 


Rest  auf  Straßen,  Wege  und  Gartenanlagen  entfällt.  Das  von  Ost  gegen  West  um  17m  an- 
steigende Anstaltsterrain  liegt  im  Mittel  795  m  über  dem  Nullpunkte  des  Pegels  an  der 
Ferdinandsbrücke. 

Die  nach  dem  Pavillonsysteme  erbaute  Anstalt  umfaßt,  wie  aus  dem  Lageplan  ersichtlich, 
29  Gebäude,    die  auf  vier  einander  um  je  2-8  m  überhöhenden  Terrassen  liegen    und  so  ein- 


A,  B  Verwaltungsgebäude 

und  Kirche. 
C  Schwesiernheim. 
D  Aufnahms-    und 

nergebäude. 
E  Küchengebäude. 
III,  V,  VII,  IX,  XI  Frauen- 


Die- 


III,  X,  XII  Män- 
eime. 

Ehepaarheime. 

Krankenheime. 

erhaus. 

bachtungshaus. 

enhaus. 


Abb.  389.    Versorgungsheim  im  XIII.  Bezirke.    Lageplan.     1:6000. 


A,B  Kirche. 

C  Sakristei. 

D  Kapelle. 

E  Durchfahrten. 
F — I  Kanzleien. 

M  Apotheke. 

O  Kanzleien. 


Abb.  390.    Verwaltungsgebäude  und  Kirche.    Ebcnerd.     1:1000. 


geteilt  sind,  daß  die 
Mehrzahl  der  Wohn- 
räume gegen  Osten 
sieht.  Die  Gebäude  zer- 
fallen in  drei  Haupt- 
gruppen und  eine  Ne- 
bengruppe, und  zwar 
bilden  die  an  der  Süd- 
seite gelegenen  fünf 
Gebäude  das  Frauen- 
heim, die  gleichgestal- 
teten fünf  Gebäude  der 
Nordseite  das  Männer- 
heim, zwischen  wel- 
chen Gruppen  als  Mit- 
telgruppe das  Pförtner- 


haus, die  Kirche  mit  den  Verwaltungsgebäuden,  die  Koch-  und  die  Waschanstalt,  das  Eishaus, 
das  Schwesternheim,  das  Dienergebäude  und  je  zwei  Ehepaarheime  und  Krankenheime  einge- 
schaltet sind.  Am  Nordostende  des  Anstaltsterrains  befinden  sich  die  Gebäude  für  infektiöse 
Kranke,  die  Einsegnungskapelle  mit  dem  Leichenhause,  der  Stall  für  acht  Pferde,  das  Re- 
misengebäude und  endlich  unmittelbar  bei  dem  Nebeneingange  das  Wildsche  Stiftungshaus 
zur  Aufnahme  von  Rekonvaleszenten  oder  anderen  hilfsbedürftigen  Personen,  welches  die 
Gemeindeverwaltung  in  Verbindung  mit  dem  Wiener  Versorgungsheim  erbauen  ließ. 

Die  Mitte  der  beiläufig  600  m  langen  östlichen  Hauptfront  der  Gebäude  wird  durch  die 
mit  hohem  Giebel  und  zwei  Türmen  ausgestattete  Kirche  gekennzeichnet,  zu  der  eine  breite 
Treppe  in  drei  Absätzen  emporführt,  vor  der  eine  wohlgetroffene,  vom  Bildhauer  Leisek  model- 
lierte, in  Erz  gegossene  überlebensgroße  Büste  des  Kaisers  errichtet  wurde. 

Die  dreischiffige  Kirche  bietet  Raum  für  800  bis  1000  Personen,  ist  in  individueller  Auf- 
fassung romanischen  Stiles  ausgeführt,    im  Chor  gewölbt,  im  Hauptschiffe  mit  polychromierter 


Armen-  und  Vcrsorgungshäuscr. 


267 


Abb.  391.     Kr; 
Erster  Stock. 


Abb.  392. 

Männer-und  Frauen 

heim. 

Erster  Stock. 

1:1000. 

A  Schlafzimmer. 
B   Tagraum. 
C  Wandelbahn. 
D  Offene  Loggia. 
O  Bäder. 
J  Terrasse. 


Holzkonstruktion  gedeckt.  Zur  Ausstattung  des  Inneren  und  zum  Schmucke  der  Fenster  mit 
Glasgcmäldcn  haben  zahlreiche  Stifter  beigetragen;  einen  sehenswerten  Schmuck  bilden  die 
Wappen  der  Stadtbezirke  und  der  Genossenschaften,  ersterc  am  Äußeren,  letztere  im  Inneren 
der  Kirche  angebracht.  Dreischiffige  Arkadenhallen  verbinden  die  Kirche  beiderseits  mit  drei- 
geschossigen Verwaltungsgebäuden,    welche  die  Kanzleien    der  Anstalt,    die  Apotheke   und  in 

den  beiden  oberen  Stockwerken  die  Woh- 
nkenheim.  .u .  i ■  i ■        nungen  der  Beamten,  Ärzte  und  Seelsorger 

enthalten. 

Das  dreigeschossige  Schwesternheim 
ist  zur  Aufnahme  von  50  Pflegerinnen 
(Nonnen)  bestimmt,  die  in  den  beiden 
Stockwerken  wohnen  und  speisen,  wäh- 
rend sich  im  Erdgeschosse,  außer  Räumen 
dieser  Zwecke,  auch  eine  Kapelle,  Sprech- 
zimmer und  Baderäume  befinden.  Das 
Dienergebäude  enthält,  bei  ähnlicher  äuße- 
rer Gestalt,  im  Erdgeschosse  die  Aufnahms- 
räume für  Männer 
und  Frauen  mit  den 
dabei  erforderlichen 
Bade-  und  Desinfek- 
tionslokalitäten und 
die  Bibliothek  für 
Pfleglinge;  die  oberen 
Geschosse  nehmen 
Dienerwohnungen  auf. 
Die  Männer- 
und  Frauenheime 
dienen  zur  Aufnahme  der  armen 
erwerbsunfähigen  Pfleglinge  und 
bieten  jedes  in  ihren  drei  Ge- 
schossen Raum  zur  Unterbrin- 
gung von  280  Personen.  In  den 
Schlafräumen  entfällt  für  jedes 
Bett  ein  Luftraum  von  30  bis  35  mA  In  jedem  Stockwerke  dieser  Pavillons  besteht  in  der 
Mitte  ein  großer  Saal  als  Tagesraum  und  Speisesaal  mit  gegen  Osten  vorgelegter  Veranda; 
die  beiderseits  davon  gelegenen  Teile  besitzen  besondere  Stiegen,  die  in  den  Stockwerken  in 
3  m  breite  Wandelbahnen  münden,  von  denen  einerseits  die  über  8  m  tiefen  Pfleglingszimmer, 
anderseits  die  offenen  Terrassen,  die  Wasch-  und  Putzräume  sowie  die  Bäder,  Klosetts  etc. 
zugänglich  sind.  Unmittelbar  neben  den  Speisesälen  führt  ein  Lastenaufzug  durch  alle  Stock- 
werke, welcher  sowohl  die  Speisen  als  auch  das  Brennmaterial  zu  befördern  hat.  In  den 
Souterrains  befinden  sich  Werkstätten  und  Magazine. 

Eine  Neuheit  dieser  Anlage  bilden  die  zwei  Ehepaarheime.  Je  für  55  Ehepaare  be- 
stimmt, enthalten  sie  in  drei  Geschossen  durchwegs  für  nur  zwei  Betten  bestimmte  Zimmer 
von  zirka  19'25m'2  Grundfläche,  ferner  in  jedem  Geschosse  einen  Speisesaal,  zwei  Veranden 
und  die  sonstigen  erforderlichen,  gut  belichteten  Nebenräume. 

Auch  die  beiden  für  je  178  Schwerkranke  bestimmten  Krankenheime  besitzen  drei  Ge- 
schosse und  im  Mittelrisalite  einen  weiteren  Aufbau  für  die  aufs  modernste  ausgestatteten  Operations- 
räume. Jedes  Geschoß  enthält  zwei  große,  zweiseitig  belichtete  Krankensäle  und  eine  größere 
Zahl  von  kleineren  Zimmern  mit  allen  erforderlichen  Nebenräumen.  Für  jedes  Bett  ist  ein 
Luftraum  von  35  bis  45m:i  vorgesehen.  Loggien  und  Veranden  sind  in  genügender  Ausdehnung 
vorhanden.  Ein  elektrisch  betriebener  Aufzug  vermittelt  den  Krankentransport.  Im  Souterrain 
befinden  sich  Wannen-,  Dusche-,  Voll-,  Heißluft-  und  Dampfbäder.  Zur  Aufnahme  von 
Pfleglingen,  deren  Krankheitsbild  noch  keine  sichere  Diagnose  zuläßt,  ist  das  ausschließlich 
erdgeschossige  Beobachtungshaus  bestimmt,  welches  vier  voneinander  unabhängige  Abteilungen 
für  je  einen  Kranken  enthält. 

Für  Pfleglinge,  welche  infektiös  erkranken  und  nicht  in  öffentliche  Krankenanstalten  ab- 
gegeben werden  müssen  oder  können,    dient  das  Isolierhaus,  welches  in  jedem  seiner  beiden 


Abb.  393. 

Ehepaarheim. 

Ebenerd. 

1  : 1000. 


268 


Humanitätsanstalten. 


Geschosse  zwei  voneinander  vollständig  getrennte  Krankenabteilungen  enthält.  Jede  derselben 
entspricht  den  räumlichen  Anforderungen  für  neun  bis  zehn  Kranke  und  beherbergt  eine  Arzt- 
wohnung. Im  Souterrain  sind  Magazine  für  infizierte  und  reine  Gegenstände  sowie  für  Des- 
infektionsmittel untergebracht,  dann  Bäder  und  Verbrennöfen. 

Das  Wildsche  Stiftungshaus,  welches  sich  auf  dem  Territorium  des  Versorgungs- 
heims befindet,  bietet  Unterkunft  für  45  Personen,  die  in  drei  mit  Tagräumen,  Veranden  und 
Schlafzimmern  ausgestatteten  Geschossen  untergebracht  sind;  das  Erdgeschoß  nimmt  auch  eine 
Hausaufseherwohnung  und  ein  Marodenzimmcr  auf. 

Der  Größe  der  Anstalt  entsprechen  die  Größe  und  Ausstattung  der  Wirtschafts- 
gebäude. Im  Küchengebäude  sind  um  den  mittels  hohen  Seitenlichtes  erhellten,  240  m2 
messenden,  zur  Aufnahme  der  Dampfkessel  und  der  Brat-  und  Backherde  bestimmten  Zentralraum 
gruppiert:  Eine  111m-  messende  Kaffeeküche,  der  Speisenausgaberaum  mit  anschließender 
Remise  für  Speisewagen,  die  mit  zwei  Vorwärmern  der  Thcrmophor-Speisen-Transportgcschirre 
in  Verbindung  steht,  dann  die  sonstigen  für  den  Küchendienst  erforderlichen  Nebenräume 
sowie  die  Treppen,  die  zum  oberen  Geschosse  der  Flügel  führen,  wo  sich  die  Unterkünfte 
des  weiblichen  Dicnstpersonales  befinden.  An  das  Küchengebäude  ist  ein  140  m2  messendes 
Schanklokal  angeschlossen.  Im  Souterrain  sind  die  für  den  Küchenbetrieb  erforderlichen  Kessel- 
anlagen und  Vorratsräume  untergebracht.  Bei  der  Ausstattung  des  Küchengebäudes  mit  Koch- 
apparaten sowie  mit  Maschinen  zur  Teigbereitung  aller  Art  und  zur  Erleichterung  des  sonstigen 
Küchenbetriebes  fanden  die  Fortschritte  bis  zur  neuesten  Zeit  die  vollste  Beachtung:  und  wurde 


Abb.  394.     Männer-  und  Fraucnheim.    Mittelbau  (Vorderansicht). 


Annen-  und  Versorgungshäuscr. 


26« 


vom  elektrischen  Betriebe  reichlich  Anwenduno-  gemacht.  Die  zubereiteten  Speisen  werden  in 
Thermophorgefäßen  und  Speisewagen  auf  Rollbahnen  zu  den  Speiseaufzügen  der  einzelnen 
Gebäude  geführt.  Die  Dampfwäscherei  ist  in  einem  zweigeschossigen  Gebäude  derart  untergebracht, 
daß  das  Erdgeschoß  dem  Wäschereibetriebe,  das  erste  Stockwerk  den  Wäschemagazinen,  den 
Ruheräumen  und  den  Wohnzimmern  des  weiblichen  Personales  gewidmet  ist,  während  sich 
im  Souterrain  das  Kesselhaus,  das  Maschinenhaus  und  Magazin  befinden.  Auch  zum  Wäscherei- 
betriebe wurden  die  neuesten  Apparate  und  Maschinen  herangezogen,  die  als  bewährt  anerkannt 
sind.  Das  Eishaus,  eine  erdgeschossige,  nach  System  Biber  gestaltete  Anlage,  bietet  Raum 
für  200  m:1  Eis. 

Mit  der  Hauptfront  gegen  Westen  gewendet  steht  die  Einsegnungskap  eile,  mit 
welcher  das  Prosckturgebäude  derart  verbunden  ist,  daß  dieses  aus  vollständigem  Erd- 
geschoße  und  erstem  Stocke  besteht,  welcher  letztere  mit  dem  Erdgeschosse  des  Kapellen-  und 
Leichenhauses  zusammenhängt;  in  diesem  erscheint  die  durch  zwei  Geschosse  reichende  Kapelle 
als  Zentralraum,  um  den  sich  die  Warte-,  Aufbahrungs-,  Sakristeiräume  etc.  gruppieren,  während 
sich  im  Prosekturgebäudc  die  Sezierzimmer  und  Laboratorien  befinden.  Unter  diesen  Raum- 
gruppen sind  die  Aufbahrungs-  und  Einsegnungsräume  für  Nichtkatholiken,  Lcichenkcller,  Räume 
für  Infektionsleichen  etc.  untergebracht. 

Die  Fassaden  aller  Gebäude  wurden  in  einer  Kombination  von  Ziegelrohbau  und  Verputz 
ausgeführt.  Der  größere  Teil  der  Gebäude  ist  mit  Holzzement  gedeckt,  Ziegeldächer  wurden 
nur  bei  der  Kirche  und  bei  jenen  Gebäuden  angewendet,  die  größerer  Dachräume  bedurften. 
Die  Fußböden  der  Pfleglings-,  Ehepaar-  und  Krankenheime  und  der  Isoliergebäude  sind  teils 
aus  Xylolith,  teils  aus  Asbestitbelag  hergestellt.  In  sämtlichen  Objekten  ist  Hochquellwasser 
und  elektrische  Beleuchtung  eingeführt.  Der  elektrische  Strom  wird  vom  städtischen  Elektrizi- 
tätswerke zugeführt.  Die  Verwaltungsgebäude,  das  Schwesternheim  und  das  Dienergebäude 
werden  mittels  Kachelöfen  geheizt;  die  Männer-  und  Frauenheime,  das  Isolierhaus,  das  Be- 
obachtungshaus, die  Leichenhalle  und  Prosektur  sind  mit  Meidinger-Regulierfüllöfen  mit  Ven- 
tilationsbetrieb ausgestattet. 
Die  drei  Obergeschosse  bei- 
der Krankenheime  wurden  mit 

Niederdruckdampfheizung, 
ihre  Souterrainräume  mit 
Schnellumlaufheizung  (System 
Reck)  ausgestattet.  Zur  Be- 
leuchtung der  Straßen  und 
Plätze  dient  Leuchtgas,  das 
in  den  Operationsräumen, 
Laboratorien,  Teeküchen,  in 
der  Prosektur,  Wäscherei 
u.  s.  w.  auch  als  Heizgas  man- 
nigfache Verwendung  findet. 
In  den  zur  Aufnahme  von 
Pfleglingen  dienenden  Ge- 
bäuden stehen  14  Lastenauf- 
züge mit  Handbetrieb  und 
zwei  Krankenaufzüge  mit 
elektrischem  Antrieb  in  Ver- 
wendung. Die  Anstalt  ist 
mit  Schwemmkanalisation,  be- 
stehend aus  Steinzeugrohr- 
leitungen  und   Betonkanälen, 

versehen,  welche  in  den  Kanal  der  Hauptzufahrtsstraße  mündet.  Die  Abwässer  des  Isolier- 
und  Beobachtungshauses  und  der  Prosektur  werden  in  Zisternen  gesammelt  und  fließen  erst 
nach  Desinfizierung  in  den  Hauskanal  ab. 

Die  Baukosten  betrugen  einschließlich  des  Grunderwerbes  und  der  Kosten  der  Garten- 
anlagen rund  10  Millionen  Kronen.  Der  Entwurf  und  die  Ausführung  der  Baulichkeiten  wurden 
unter  Leitung  des  Vizebaudirektors  Rudolf  Helmreich  und  des  städtischen  Architekten  Johann 
Scheiringer  vom  Stadtbauamte  durchgeführt. 


Abb.  395.    Ehepaarheim  (Vorderansicht). 


270  Humanitätsanstalten. 

b)  Außerhalb    der    Stadt   gelegene  Armenversorgungsanstalten    der   Gemeinde   Wien. 

Die  Versorgungsanstalt  in  Mauerbach  gehört  nicht  der  Gemeinde  Wien,  sondern 
dem  Religionsfonds,  die  erstere  hat  aber  das  Recht,  dieselbe  insolange  unbeschränkt  zu  benützen, 
als  dies  zu  Armenzwecken  geschieht.  Der  ganze  Gebäudekomplex  war  seinerzeit  ein  Kartäuser- 
kloster und  wurde  im  Laufe  der  Zeit  durch  Rekonstruktionen  in  eine  Versorgungsanstalt  um- 
gewandelt. Den  Mittelpunkt  der  letzteren  bildet  die  alte  große  Kirche,  um  die  sich  die 
mehrere  Höfe  einschließenden  Gebäudetrakte  gruppieren.  Die  Einrichtungen  dieser  Anstalt 
sind,  als  veraltet,  wenig  entsprechend.  Die  Belagräume  enthalten  610  Betten.  Das  Areale  mißt 
42.930  m2,  wovon   10.678  m2  teils  einstöckig,  teils  ebenerdig  verbaut  sind. 

Die  Versorgungsanstalt  in  St.  Andrä  an  der  Traisen  war  ehedem  ein  zum  Stifte 
Herzogenburg  gehöriges  Klostergebäude,  das  der  Gemeinde  Wien  für  Armenversorgungszwecke 
überlassen  und  von  dieser,  so  gut  es  ging,  adaptiert  wurde.  Der  Fassungsraum  beläuft  sich 
auf  303  Betten.  Das  Flächenausmaß  des  Komplexes  beträgt  29.430  m2,  wovon  2430  m2  zwei- 
stöckig verbaut  sind.  Bei  dieser  Anstalt  wurde  in  neuester  Zeit  ein  Isolierpavillon  erbaut. 

Das  an  der  Donau  prächtig  gelegene  Versorgungshaus  in  Ybbs  besteht  aus  zwei 
Seitenflügeln,  die  in  den  Jahren  1859 — 1861  an  das  ursprünglich  bestandene  Franziskaner- 
kloster angebaut  wurden,  und  aus  einem  an  Stelle  des  letzteren  in  den  Jahren  1861  — 1863 
nach  den  Plänen  des  Gemeinderates  Fellner  um  den  Betrag  von  1,171.600  K  erbauten  Mittel- 
trakt, welcher  die  Kanzlei,  die  Kapelle,  die  Wohnungen  der  Beamten,  dann  die  Pfleglings-  und 
Küchenräumc  enthält.  Dazu  gehören  noch  die  im  Garten  stehenden  Wirtschaftsgebäude  und 
ein  Isolicrpavillon.  Das  Areale  mißt  29.830  m2,  wovon  zirka  5000  m2  zweistöckig  und  1470  m2 
ebenerdig  verbaut  sind.  Die  Einteilung  und  Ausstattung  der  Gebäude  ist  wohl  keine  ganz 
entsprechende,  es  sind  aber  in  neuerer  Zeit  durch  Rekonstruktion  der  Badeanlagen  und 
Aborte,  durch  die  Einführung  von  Quellwasser  und  die  elektrische  Beleuchtung  wesentliche 
Verbesserungen  eingeführt  worden.  In  Verbindung  mit  dieser  Anstalt  und  in  deren  unmittel- 
baren Nähe  besteht  ein  älteres  adaptiertes  Gebäude,  die  sogenannte  „Weinmauth",  in  welchem 
30  bis  40  sieche,  geistesschwache  oder  unheilbar  kranke  Kinder  untergebracht  sind. 

Die  Versorgungsanstalt  in  Liesing  bei  Wien  besteht  aus  einem  alten  adaptierten 
Schloßgebäude  und  einem  in  den  Jahren  1877 — 1879  erbauten  zweistöckigen  Gebäude  und 
bietet  Belagräume  für  800  Betten.  Die  neueren  Teile  sind  nach  altem  System  mit  tiefen 
Zimmern  angelegt  und  auf  das  einfachste  ausgestattet.  Ein  alter  großer  Park  umgibt  das 
Gebäude.  Das  Areale  mißt  41.980m2,  wovon  4600m2  verbaut  sind.  Die  Realität  wurde  im 
Jahre  1876  um  148.000  K  angekauft  und  mit  einem  Aufwände  von  635.000  K  zum  Versorgungs- 
hause umgestaltet. 

Endlich  sei  an  dieser  Stelle  noch  des  Bestandes  folgender  Institute  gedacht:  des  Israe- 
litischen Altersversorgungshauses  (seit  1888)  und  Siechenhauses  (1898),  des  Asyls  für  greise 
Personen  im  XVIII.  Bezirke,  des  Landesasyls  in  Weidlingau,  des  Greisenasyls  zum  heil.  Josef, 
des  Wilhelminenheims  für  Pfründner  und  der  Landes-Siechenanstalten  in  St.  Andrä,  Mistel- 
bach, Altensteig  und  Ober-Hollabrunn.  Dr.  Dout,  Rud.  Helmreich. 


VI.  ASYLE  FÜR  OBDACHLOSE,  WÄRMESTUBEN  U.  VOLKSKÜCHEN. 

Asyl-  und  Werkhaus  der  Stadt  Wien,  X.,  Gudrunstraße  2  (Abb.  396).')  Dasselbe  war 
ursprünglich  eine  Fabrik  und  wurde  für  den  gegenwärtigen  Zweck  im  Jahre  1887  umgestaltet. 
Die  Fläche  des  Asyl-  und  Werkhauses  umfaßt  40.677  m2,  wovon  23.754  m2  innerhalb  und 
16.923  m2  als  Ackergründe  außerhalb  der  Einfriedungsmauer  liegen.  Von  dem  innerhalb  der 
letzteren  gelegenen  Teile  der  Realität  sind  14.122  m2  verbaut,  mit  einer  benutzbaren  Etagen- 
fläche von  19  409  m2.  Das  Hauptgebäude  bildet  ein  Rechteck,  dessen  Vordertrakt  ebenerdig  ist, 
während  die  beiden  Seitentrakte  und  der  Hintertrakt  einstöckig  sind.  Am  Zusammenstoß 
dieser  vier  Trakte  befinden  sich  zweistöckige  Pavillons.  Der  von  den  vier  Trakten  umschlossene 
Hofraum  ist  durch  eine  Mauer  in  zwei  Hälften  geteilt  und  mit  Shcddachungen  gedeckt. 

Die  Verwendung  der  einzelnen  Gebäudetrakte  ist  folgende:  Der  ebenerdige  Vordertrakt 
des  Hauptgebäudes  enthält  in  der  Mitte  das  Maschinenhaus,  links  die  Bade-  und  Desinfektions- 
räume, rechts  die  Hausküche  samt  Nebenräumen.  Der  linksseitige  einstöckige  Trakt  enthält  in 

')  Näheres  in  den  Verwaltungsberichten  der  Stadt  Wien. 


\s\lc  für  Obdachlose,  WSrmestuben  und  Volksküchen. 


271 


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AS  fM  Arbeitssaal  f.  Männer. 

Mo;  Magazin. 

MA  Männerasyl. 
AS  fF  ArbeitssaalfürFrauen. 
D  Depots. 

Abb.  396 


Asyl-  und  Werkhaus  im  X.  Bezirke. 
Eben2rd.     1:1650. 


einem  Teile  des  Parterres  die  Aufnahmskaiizleien,  in 
dem  anderen  das  Werkhaus  für  Frauen  mit  dem  Ar- 
beitssaale und  einem  Schlafsaale.  Im  ersten  Stocke 
sind  zwei  weitere  Schlafsäle  samt  Aufscherzimmer  und 
ein  Lehrzimmer  für  schulpflichtige  Kinder  untergebracht. 
Der  rechtsseitige  einstöckige  Trakt  enthält  in  beiden 
Stockwerken  die  Schlafsäle  und  Aufseherzimmer  so- 
wie auch  Isolierzimmer  des  Männerwerkhauses.  Die 
zwei  großen  Arbeitssäle  des  Werkhauses  befinden 
sich  in  der  rechten  Hälfte  des  Shcdhofes.  Die  linke 
Hälfte  desselben  enthält  einen  großen  Saal  für  Mani- 
pulationszwecke, einen  dritten  Arbeitssaal  für  Männer 
und  sieben  Depoträume  für  diverse  Zwecke. 

Der    einstöckige  Hintertrakt    umfaßt    die    beiden 
Asyle  für  Frauen  und  Männer.  Jedes  von  ihnen  besteht 
aus    einem    großen    Warteraum,    einem    Isolierzimmer 
und  zwei  Schlafsälen,  von  welchen  der  eine  mit  Betten 
für  jene  Personen  ausgestattet  ist,  die  sich  bis  8  Uhr 
abends  gemeldet  haben  und  noch  untersucht  werden 
konnten,  während  der  zweite  Schlafsaal  mit  Pritschen 
versehen    und    für  solche  Personen  bestimmt  ist,    die 
sich  erst  nach  8  Uhr  abends  melden.  Für  beide  Asyle 
zusammen  ist  ein  ärztliches  Visitierzimmer  vorhanden. 
Die    15  erforderlichen  Wohnungen  sind  in  den  zwei- 
stöckigen Eckpavillons  untergebracht.    Im  Souterrain  des  rechts- 
seitigen Traktes  befindet  sich  die  Wäscherei.  Die  Erwärmung  des 
Badewassers,  die  Desinfektion  sowie  die  Heizung  sämtlicher  Räume 
erfolgt    mit  Dampf,    zu    welchem  Zwecke    drei  Kessel    mit  einer 
Heizfläche    von    195  m2    vorhanden    sind.     Zum    Schöpfen    des 
Nutzwassers    aus    dem    großen    Hausbrunnen    dient    ein   Pulso- 
meter,    während   das    Trinkwasser    der    Hochquellenleitüng    ent- 
nommen wird. 

In  das  städtische  Asyl  fanden  im  Laufe  des  Jahres  1901 
1648  männliche,  122  weibliche,  im  ganzen  daher  1770  Personen 
Aufnahme.  In  das  städtische  Werkhaus  wurden  während  des 
Jahres  1901  1434  männliche  und  153  weibliche,  im  ganzen  also 
1587  Personen  aufgenommen.  Der  Stand  zu  Ende  des  Jahres  1901 
war  399  männliche,  33  weibliche,  zusammen  432  Individuen. 
Gesamtsumme  der  Einnahmen  belief  sich  auf  79.609  K  88  h, 

der  Ausgaben  auf   11 3.542  K  95  h. 

Das  Asyl  für  Obdachlose,  III.,  Blattgasse  4  und  6  (Abb.  397). ') 

Anstalt  wurde  im  Jahre  1870  von  dem  Asylvereine  für 
Obdachlose  gegründet,  wozu  die  Erste  österreichische  Sparkasse 
einen  Beitrag  von  24.000  K  spendete  und  noch  weitere  Unter- 
stützungen leistete,  die  im  Laufe  der  Jahre  auf  200.000  K  ange- 
wachsen sind.  Auch  von  anderen  Seiten  flössen  Liebesgaben  ein, 
die  sich  in  den  ersten  Jahren  auf  1 40.000  K  beliefen.  Das  im 
Jahre  1870  eröffnete  Asyl  war  nur  für  100  Betten  berechnet 
und  für  obdachlose  Frauen  und  Kinder  bestimmt.  Im  folgenden 
Jahre  wurde  auf  der  zweiten  Hälfte  des  924  m2  messenden  Grund- 
stückes ein  Asylhaus  für  Männer  erbaut  und  damit  die  Betten- 
zahl auf  254  vermehrt.  Während  der  kalten  Jahreszeit  wurde 
diese  Bettenzahl  durch  Einbeziehung  einer  gemieteten  Filiale  auf 
300  bis  400  erhöht.  Das  Legat  des  Musikers  Karl  Millöcker  von 
60.000  K  gab  endlich  die  Anregung,  das  Asylhaus  derart  auszugestalten,  daß  es  für 
nähme    von    600  Obdachlosen    geeignet    wäre.     Das    hierfür    vom   Architekten    Max 


Mg. 


Mg. 


SchfF  Schlafsaal  für 
Frauen. 
AW  Aufseherwohnungen. 
KH  Kesselhaus. 
MH  Maschinenhaus. 


Die 
jene 

Die 


WdH  Wohnung  des  Hausvaters. 

MZ  Marodenzimmer. 
Sp  fM  Speiseraum  für  Männer. 
Sp fF  „  „     Frauen. 

WR  Waschräume.  H  Höfe. 

Abb.  397.     Asyl    für    Obdachlose 
im  III.  Bezirke.    Ebenerd.     1:800. 


die  Auf- 
Fleischer 


')  Der  Bautechniker,    Nr.  44  des   Jahrganges  XXIII.   Der  Asylverein    für   Obdachlose    1870—1903.    Wien,    im   Selbstverlage  des 
Vereines. 


272 


Humanitätsanstalten. 


aufgestellte  Projekt  konnte  aber  wegen  unzureichender  Mittel  erst  soweit  durchgeführt  werden, 
daß  das  Asyl  bei  wesentlicher  Verbesserung  seiner  Anlage  und  Einrichtung  nunmehr  450  Ob- 
dachlose aufzunehmen  vermag,  für  deren  körperliche  und  Kleiderreinigung  entsprechend  vor- 
gesorgt ist.  Der  in  den  Jahren  1902  und  1903  durchgeführte  Neubau  des  im  Hofe  gelegenen 
Gebäudes  stützt  sich  auf  Studien  des  Berliner  Männerasylcs  und  umfaßt  vier  Geschosse,  während 
die  an  der  Blattgasse  gelegenen  älteren  Asylhäuser  über  dem  Keller  nur  drei  Geschosse  er- 
hielten. Die  Ausstattung  der  Anlage  genügt  auch  strengen  Anforderungen;  beigefügt  sei,  daß 
die  ganze  Anstalt  mit  Niederdruckdampfheizung  versehen  ist,  deren  Kessel  auch  die  Kochküche, 
die  Wäscherei,  die  Desinfektionsapparate  und  die  Bäder  mit  dem  erforderlichen  Dampfe,  be- 
ziehungsweise warmem  Wasser  versorgen.  Auch  die  alten  Häuser  wurden  in  die  Zentral- 
heizung einbezogen,  während  entsprechende  Vcntilationscinrichtungen  nur  im  Neubau  durch- 
führbar waren.  Die  Kosten   der  Ncuherstcllungen  belaufen  sich  auf  350.000  K. 

Heim  für  obdachlose  Familien,   XX.,  Universumstraße  62.  Dieses  Heim  wurde  von  dem 
Verein  für  obdachlose  Familien  zum  Andenken  an  das  Regierungsjubiläum  Sr.  Majestät  des  Kaisers 
gegründet.  Der  Bau  des  Hauses  wurde  nach  den  Plänen  des  Architekten  E.  von  Gotthilf  im  Jahre 
1905  durchgeführt.  Das  Haus  umfaßt  über  dem  Parterre  vier  Stockwerke  und  ein  Dachgeschoß. 
Das  Parterre    enthält    einen  Vorraum,    die  Wohnung  des   Hausverwalters, 
die   Verwaltungskanzlei,    einen  Kinderwarteraum  und    die  Küche;    in  den 
Stockwerken   befinden  sich  28  Zimmer  von  verschiedener  Größe  mit  Stell- 
raum   für    126  Betten,    sämtliche    eingerichtet   und   mittels   Zentralheizung 
zu  erwärmen.    Jedes    Stockwerk   enthält    drei    Klosetts    und    einen    Raum 
zum  Reinigen   der  Kleider,    das   oberste  Geschoß   eine  Waschküche    und 
einen  Magazinsraum.    Im  Souterrain    befindet    sich    der  Dampfheizapparat 
und  ein  Desinfektionsofen. 

Wärmestuben  und  Volksküchen  (Abb.  398).  Die  Wärmestuben 
Wiens  wurden  durch  die  Privatwohltätigkeit  gegründet  und  dienen  dazu, 
den  Armen  während  der  rauhen  Winterzeit  tagsüber  Aufenthalt  zu  ge- 
währen. Daselbst  werden  auch  Suppe  und  Tee  verabreicht.  In  dem  an- 
geschlossenen Plane  ist  die  Wärmestube  X.,  Puchsbaumgasse  13  zu  er- 
sehen, welche  Freiherr  Moriz  von  Königswarter  stiftete.  Außerdem  be- 
stehen Wärmestuben:  III.,  Erdbergstraße  85,  V.,  Schallergasse  24,  IX., 
Rossauer  Lände  15,  XIV.,  Nobilegasse  35,  XVI.,  Seeböckgasse  18,  XX., 
Burghardtgasse  3. 

Es  gibt  in  Wien  eine  Anzahl  von  Vereinen,  die  sich  der  Errichtung 

und  Erhaltung  von  Volks-  und  Schulküchen  widmen,    in  erster  Linie  der 

im  Jahre   1872  gegründete  Erste  Wiener  Volksküchenverein,    welcher  schon   nahezu   in  jedem 

Bezirke  eine  Küche  errichtet  hat.  Auch  eine  Volksküche  für  Krankenkost,  XVI.,  Thaliastraße  138, 

wurde  durch  einen  besonderen  Verein  (1901)  geschaffen.  Josef  Pürzl. 


1  Durchfahrt.  3  Depot. 

2  Wärmestube  4  Küche, 
für  Männer  5  Zimmer, 
und  Frauen.  6  Küche. 

Abb.  39S.    Wärmestube  im 

X.  Bezirke. 

Ebencrd  1:500. 


VII.  BADEANSTALTEN. 


Das  Bestehen  öffentlicher  Bäder  ist  in  Wien  —  von  römischer  Zeit  völlig  abgesehen  —  nach  glaub- 
würdigen Berichten  ein  bis  tief  in  das  Mittelalter  reichendes.  Die  Freude  an  warmen  und  kalten  Bädern 
scheint  hier  auch  im  18.  Jahrhundert,  das  anderswo  so  wenig  Verständnis  für  Baden  zeigte,  nie  verloren 
gegangen  zu  sein.  So  wurde  z.  B.  im  Jahre  1755  die  Entdeckung  des  Abbe  Pohl,  daß  das  Brunnenwasser 
des  jetzigen  Theresienbades  schwefelhaltig  ist  und  sich  als  Trink-  und  Badewasser  zu  Heilzwecken  eigne, 
als  eine  wertvolle  verzeichnet.  Seitens  privater  Unternehmer  wurde  1804  eine  öffentliche  ..privilegierte  Bade- 
anstalt" an  Stelle  des  heutigen  Dianabades  nach  französischem  Muster  durch  Architekt  Moreau  und  Maler 
Hummel  errichtet  und  1842  diese  Anstalt  vergrößert.  1845  gelangte  das  von  den  Architekten  van  der  Null 
und  Siccardsburg  erbaute  Sophienbad  (nunmehr  zumeist  Tanz-  und  Vergnügungszwecken  dienend)  zur 
Eröffnung.   Daneben  entstand  eine  große  Anzahl  anderer,  meist  kleinerer  Badeanstalten. 

Die  Stadtgemeinde  begann  ihre  Tätigkeit  auf  dem  Gebiete  des  öffentlichen  Badewesens  1876  durch 
die  Eröffnung  des  großen  städtischen  Bades  an  der  Donau  und  des  gegenüberliegenden  Freibades.  Das 
Bedürfnis  nach  billigen  Bädern  führte  von  1887  an  zur  Errichtung  der  städtischen  Volksbäder  und  im  An- 
fange dieses  Jahrhunderts  zu  jener  von  Strombädern  im  Donaukanale.  Derzeit  bestehen  in  Wien  64  Bade- 
anstalten, wovon  27  in  städtischem  Besitze   und  37  Eigentum  von  Privaten  sind.   Hiervon  entfallen  auf  den 


Badeanstalten. 


273 


I..  VIII.  und  XIV.  Bezirk  je  eine  Badeanstalt.  In  acht  Bezirken  sind  je  zwei  Badeanstalten,  in  zwei  Bezirken 
(XV.  und  XVII.  Bezirkt  sind  deren  je  drei.  Der  VI.,  IX.  und  der  XIX.  Bezirk  haben  je  vier,  der  XVIII.  Bezirk 
fünf,  der  111.  Bezirk  sechs,  der  XIII.  Bezirk  sieben  und  der  II.  Bezirk  neun  Bäder.  Von  städtischen  Bädern 
haben  der  XIII.,  XVII.  und  XX.  Bezirk  je  zwei,  der  II.  und  III.  Bezirk  je  drei,  die  übrigen  fünfzehn  Bezirke 
je  eines,  der  I.  Bezirk  keines.  Geht  man  auf  die  Art  der  Bäder  ein,  so  ergibt  sich  wegen  des  Vorhanden- 
seins von  Bädern  verschiedener  Art  in  einer  und  derselben  Anstalt  eine  höhere  Gesamtziffer.  Schwimm-  und 
Vollbadanstalten  mit  ganzjährigem  Betriebe  bestehen  fünf,  wovon  zwei  im  II.,  je  eine  im  V.,  IX.  und 
XV.  Bezirke,  nur  mit  Sommerbetrieb  30.  Wannenbäder  findet  man  in  26,  Dampfbäder  in  13  Anstalten.  Rus- 
sische Schwitzbäder  gibt  es  zwei.  Nebst  diesen  Anstalten  bestehen  17  städtische  Volksbäder  (Brausenbäder) 
mit  ganzjährigem  Betriebe. 

a)  Städtische  Bäder. 

Das  städtische  Bad  an  der  Donau  (Abb.  399  bis  402),  knapp  am  rechten  Ufer,  IL, 
Erzherzog  Karl-Platz  41),  ist  ein  Schwimm-  und  Vollbad  mit  fünf  Abteilungen,  die  in  einem 
aus  Quadern  gemauerten  Becken  von  175-4X487m  Fläche  untergebracht  sind,  dessen  strom- 
seitige  Mauer  die  Kaimauer  des  Donauufers  bildet  und  bis  zu  379  m  über  Nullwasser  reicht. 
Das  Becken  ist  32  bis  3-8  m  unter  Null  ausgebaggert,  für  den  Wasserzulauf  aus  dem  Strom 
dient  ein  475m  breiter  Kanal  von  425m  größter  Höhe,  dessen  Sohle  etwa  l'6m  über  der 
Stromsohle  liegt.  Ähnliche  Ausmaße  hat  die  Ableitung,  deren  Sohle  aber  gleich  hoch  wie 
die  Sohle  des  Behälters  liegt.  Durch  diese  Kanäle  kann  eine  täglich  30malige  Wassererneuerung 
bewirkt  werden.  Durch  hölzerne  Einbauten,  die  auf  Lärchenpiloten  ruhen,  werden  die  fünf 
Abteilungen  gebildet,  von  denen  das  stromabwärts  gelegene  Schwimmbad  eine  Wasserfläche 
von  3300  m'2  (7475  X  4477  m)  und  eine  Wassertiefe  von  4  bis  5  m,  die  beiden  Herrenbäder 
(I.  Klasse  mit  Zellen,  IL  Klasse  mit  Kleiderschränken)  eine  Fläche  von  je  498  m2  besitzen;  die 
beiden  Frauenbäder,  am  stromaufwärtigen  Ende  der  Anstalt  gelegen,  haben  je  383  m2  Wasser- 
fläche. Die  Wassertiefe  dieser  vier  Vollbäder  beträgt  1  bis  L6m.  Außerdem  sind  noch  15  Sonder- 
bäder mit  zusammen  250  m2  Wasserspiegel  vorhanden.  In  die  Vollbäder  ist  ein  Pfostenfußboden 
eingebaut,  der  auf  einer  korbartigen  Eisenkonstruktion  ruht  und  mittels  Schrauben  entsprechend 
dem  Wasserstande  gehoben  und  gesenkt  werden  kann.  Mittels  eiserner  Schwimmkörper  wird 
das  Gewicht  des  Eisengerippes  getragen,  so  daß  die  auf  die  Aufhängepunkte  wirkende  Last 
eine  nur  geringe  ist.  Im  Winter  werden  die  Eisenkörper  der  Eisbildung  wegen  über  Wasser 
gehoben.  Die  Abteilungen  sind  von  205  bis  22m  breiten,  schwimmenden  Gängen  umgeben, 
von  welchen  aus  Holztreppen  zu  den  festen  Gängen  der  das  Schwimmbad  und  jedes  der  Voll- 
bäder umrahmenden,  zumeist  ebenerdigen  Holzbauten  mit  den  Auskleideräumen,  Anstands- 
orten u.  s.  w.  führen.  Die  Gesamtzahl  der  Badezellen  beträgt  337,  jene  der  Kleiderschränke 
859,  die  Anstalt  ermöglicht  sonach  das  gleichzeitige  Baden  von  1200  Menschen,  wobei  auf 
jeden  einzelnen  mehr  als  4  m2  Wasserfläche  entfallen.  An  der  Donauseite  befindet  sich  ein 
offener,  prächtige  Aussicht  bietender  Weg   mit  Ruhebänken;    an  den  anderen    drei   Seiten   der 


Abb.  399.     Städtisches  Donaustrombad  an  der  Kronprinz  Rudolf-Brücke. 


Badeanstalt  vermitteln  gedeckte  Galerien  den  Zugang  zu  den  einzelnen  Bädern.  Das  einstöckige 
Verwaltungsgebäude  ist  dem  Erzherzog  Karl-Platz  zugewendet.  Ein  Betriebsgebäude  enthält  die 


')  Das  städtische  Bad  an  der  Donau.  II.  Auflage.  Wien  1876,  Verlag-  von  Eduard  Hügel. 
Bd.  II. 


18 


274 


Humanitätsanstaltcn. 


Dampfwäschcrci,  zwei  Dampfkessel  und  eine  Dampfmaschine  mit  16  Pferdestärken,  die  auch 
zwei  das  Heben  des  Wassers  für  die  32  Duschen  besorgende  Pumpen  zu  treiben  hat.  Für 
Trinkwasser  ist  aus  der  Hochquellenwasserleitung  gesorgt.  Zu  Feuerlöschzwecken  stehen 
23  Feuerwechsel    zur   Verfügung.     Der  von    dem   jetzigen  Stadtbaudirektor    Franz  Berger   ent- 


Abb.  400.     Städtisches  Donaustrombad  an  der  Kronprinz  Rudolf-Brücke.     Querschnitt.     1:500. 


worfene  und  geleitete  Bau  der  Anstalt  wurde  1871  begonnen  und  beanspruchte  1,540.000  K, 
wovon  650.000  K  auf  den  Unterbau  entfallen.  Der  Betrieb  wurde  am  15.  Mai  1876  eröffnet. 
Die  jährliche  Badezeit  hat  eine  Dauer  von  rund  100  Tagen.  Die  Jahresbesucherzahl  stellt  sich 
auf  47.500  bis  67.800.  Die  anfänglich  verpachtete  Anstalt  befindet  sich  gegenwärtig  .im  städti- 
schen Betriebe. 

Dem  vorbeschriebenen  Bade  gegenüber  liegt  am  linken  Ufer  des  Donaustromes  das 
städtische  Freibad  in  einer  160  m  langen  und  32  m  breiten  Einbuchtung  des  Überschwem- 
mungsgebietes. Auf  letzterem  bieten  zwei7-0m  breite 
Hütten  von  28-5  m,  beziehungsweise  18'5m  Länge  den 
männlichen,  beziehungsweise  weiblichen  Badegästen 
Raum  zum  Auskleiden  und  zum  Hinterlegen  der 
Kleidung  in  sperrbaren  Kleidcrkästchen.  Das  Männer- 
bad hat  eine  Wasserfläche  von  60  m  Länge  und 
6  bis  7  m  Breite;  weiter  gegen  den  Strom  hin  liegt 
das  Schwimmbad  von  56m  Länge  und  10  m  Breite. 
Das  Frauenbad  mißt  30  X  6  m.  Diese  drei  Abteilun- 
gen sind  gegen  den  Strom  hin  durch  an  Piloten  be- 
festigte Flöße  abgegrenzt,  an  welchen  nach  unten 
hin  Schutzgitter  hängen.  Der  Betrieb  des  Bades  ist 
einem  Pächter  überlassen,  welcher  von  der  Gemeinde 
eine  Jahresvergütung  gegen  die  Verpflichtung  erhält, 
das  Baden,  beziehungsweise  Schwimmen  jedermann, 
der  die  erforderliche  Wäsche  mitbringt,  unentgeltlich 
zu  gewähren.  Für  das  Ausleihen  von  Badewäsche 
ist  eine  mäßige  Gebühr  (2  bis  10  h  für  ein  Stück) 
festgesetzt.  Außerdem  darf  der  Pächter  für  die  Be- 
nützung gesonderter,  von  ihm  hergestellter  Kleidcr- 
kästchen oder  Zellen  eine  Gebühr  einheben.  Die  Be- 
sucheranzahl des  Freibades  beträgt  im  Jahre  rund  60.000. 

Die  Strombäder  im  Donaukanale  (Abb.  403  bis 
406).  Durch  die  Regulierung  des  Donaukanales,  dessen 
Reinhaltung    durch    die  Anlage  der  beiderseits  herge-  .,      ^    J        y.  , 

,    ...         ~  ,,         ...  ...     ,    .    ,    ,     .    .  ,        ....  Abb.  401.    Veranda  des  städtischen  Donaustrombades 

stellten  Sammelkanale  gewahrleistet  ist,  ergab  sich  die  an  der  Kronprinz  Rudoif-Brücke. 


Badeanstalten. 


275 


Möglichkeit  der  Anlage  von  Bädern  in  diesem  Stromarme.  Zurzeit  bestehen  zwei  derartige  Strom- 
bader, während  drei  weitere  im  Bau  begriffen  sind.  Ihre  Anordnung  ist  im  ganzen  eine  gleichartige. 
Jedes  besteht  aus  zwei  Abteilungen,  von  welchen  das  Frauenbad  flußaufwärts  liegt.  Sein 
Becken  mißt  88  m'2,  jenes  des  Männerbades  132  m-,  die  Wassertiefe  beträgt  10m  bis  l'6m.  Diese 


Abb.  402.     Städtisches  Donaustrombad  an  der  Kronprinz  Rudolf-Brücke.     Ebenerd.     Grundriß.     1:1800. 

|  ^ISTADT[SCHESj-r*_STROMSADI^ 


Abb.  403.     Städtisches  Strombad  im  Donaukanale.     Ansicht  und  Grundriß.     1:500. 


Becken  sind  aus  vergit- 
terten eisernen  Körben 
gebildet,  die  einen  Boh- 
lenboden tragen  und 
die  Wasserströmung  nicht 
beeinträchtigen.  Um  die 
beiden  Wasserspiegel 
führen  1'40  bis  221m 
breite  Gänge.  An  den 
Stirnseiten  derselben  be- 
finden sich  Auskleide- 
zellen von  l'Om  Breite 
und  l-48m  Länge,  und 
zwar  im  Männerbad  13, 
im  Frauenbad  12.  An 
den  beiden  Längsseiten 
sind  im  Männerbad  200, 
im  Frauenbad  140  Klei- 
derschränke angebracht. 
Das  Bad  ist  gleich- 
zeitig von  212  Männern  und  153  Frauen  benutzbar.  Jede  Abteilung  besitzt  eine  Brausen- 
zelle (Kopf-,  Boden-  und  bewegliche  Seitendusche  mittels  Hochquellwasser).  In  den  Aborten 
sind  Kübel  mit  Torfmullstreuung  angebracht,  deren  Inhalt  zur  Nachtzeit  in  einen  Straßenkanal 
entleert  wird.    Der  gesamte  Aufbau  ist  aus  Holz  hergestellt. 

IS* 


Abb.  404.     Städtisches  Strombad  im  Donaukanale.     Querschnitt.     1:150. 


276 


Humanitätsanstalten. 


Abb.  405.     Städtisches  Donaustrombad  an  der  SophienbrücUc. 


Um  eine  bequemere  Verschiffung  behufs  allfälligcr  Instandsetzung  zu  ermöglichen,  haben 
das  Männer-  und  das  Frauenbad  unabhängige,  nur  durch  Ketten  miteinander  verbundene  Trag- 
rohre;   die  Rohre  bestehen  aus  4  mm  Eisenblech   mit   l"60m  Durchmesser,    haben  eine  Länge 

von  3555  m  für 
das  Frauenbad 
und  2931  m  für 
das  Männerbad 
und    sind    durch 

wasserdichte 
Querwände  in 
Kammern  von 
etwa  55  m  Län- 
ge unterteilt;  ihr 
Achsenabstand 
beträgt  77  m.  An 
der  flußaufwärti- 
gen  Seite  ist  ein 
1 00  m       langer 

Kahnabweiser 
und  Schmutzfän- 
ger   angebracht. 
Um    durch     das 

Strombad  die  Schiffahrt  nicht  zu  stören,  ist  dasselbe  auf  2  m  Breite  in  die  Uferböschung 
eingebaut.  Das  Bad  nimmt  bei  Nullwasser  von  dem  Normalprofile  des  Flusses  nur  90  m 
Breite  in  Anspruch. 

Das  kleine  städtische  Strombad  oberhalb  dem  Kahlenbergerdorf  (XIX.  Bezirk)  im 
abgebauten  Teile  des  Donaustromes  hat  ein  Männer-  und  ein  Frauen-Vollbad  sowie  eine 
Schwimmabteilung.  Das  Bad  wird  jährlich  von  rund   1900  bis  4800  Personen  besucht. 

Das  Theresienbad,  XII.,  Hufelandgasse  3  (Abb.  407),  nächst  der  Stadtbahnstation  Meidlinger 
Hauptstraße  enthält  in  einem  ebenerdigen  Gebäude  Wannenbäder  in  45  Zellen  und  ein  Dampf- 
bad mit  Schwitz-  und  Frottierkammer.  Das  Wasser,  dem  man  von  Römerzeiten  her  wegen 
seines  Schwefelgehaltes  Heilwirkung  zuschreibt,  wird  aus  einem  9  m  tiefen  Brunnen  mittels 
Hoffmeisterscher  Dampfmotoren  mit  6  Atmosphären  Spannung  geschöpft.  Die  Baulichkeiten 
stammen  vornehmlich  aus  dem  Jahre  1822. ')  Schon  Kaiser  Josef  I.  (1705 — 1711)  errichtete 
hier  ein  Jagdschlößchen  in  einem  weiten  Parke,  der  noch  zum  Teil  vorhanden  ist.  Kaiserin 
Maria  Theresia  schuf  1773 
eine  Trink-  und  Kuranstalt,  die 
in  Privatbesitz  überging.  1881 
kaufte  die  Gemeinde  Unter- 
Mcidling  die  Anstalt,  welche 
1891  gelegentlich  der  Vereini- 
gung der  Vororte  Eigentum 
der  Gemeinde  Wien  wurde 
und  seither  Verbesserungen 
und  Zubauten  erhielt.  1902 
wurde  ein  Sommer-Voll-  und 
Schwimmbad  mit  einer 
Wasserfläche  von  525  m2 
(38m  X  14  m)  und  einer  Tiefe 
von  06  bis  3'8  m  in  Beton 
unter  der  Leitung  des  Bau- 
inspektors Berancck  und  In- 
genieurs Rakuschan  erbaut.  Ein 
einstöckiger  Holzbau,  welcher 
das  Becken  von  drei  Seiten 
umgibt,    enthält   102   Anklcidezellen   und    im   ersten  Stocke   200  sperrbare  Kleiderschränke   für 


Inneres  eines  städtischen  Donaustrombades. 


')    Geschichte    des    Thcrcsicnbades    in    Wien    XII.    Von    Karl    Hilschcr.    Wien  1902,     im   Verlage    des    Bürgervereines    im 
XII.  Bezirke. 


Badeanstalten. 


277 


die  nach  II.  Klasse  Badenden  sowie  einen  Trockenboden.  Das  Bad  wird  mit  Wasser  aus  der 
Wientalwasserleitung  mittels  eines  150  mm  weiten  Rohrstranges  binnen  55  Minuten  gefüllt.  Ein 
75  mm  weites  Rohr   derselben  Leitung,    aushilfsweise  auch    ein    75  mm-Rohr  der  Hochquellen- 


Abb.  407.     Schwimmbassin  des  städtischen  Thcresienbades  im  XII.  Bezirke. 


leitung  besorgen  die  ständige  Nachspeisung.  Die  Temperierung  des  Wassers  geschieht  durch 
Einströmen  von  Dampf  an  der  Sohle.  Der  Bau  wurde  im  Jahre  1902  binnen  2l/2  Monaten 
durchgeführt  und  erforderte  einschließlich  der  Einrichtung  rund  96.000  K.  Die  Anstalt  wurde 
im  Eröffnungsjahre  von  11.203  Personen  besucht.  Der  Betrieb  des  Theresienbades  wird  von 
der  Gemeinde  geführt. 

Das  städtische  Voll-  und  Schwimmbad,  XVII.,  Jörgerstraße  52,  hat  ein  zweiteiliges 
Wasserbecken  aus  Beton  von  10  m  Breite  und  25  -j-  6-4  m  Länge  mit  einer  Tiefe  von  1T5 
bis  2'3m.  Der  kleinere  der  beiden  Teile  dient  als  Kinderbad.  Ein  einstöckiger  Holzbau  mit 
137  Ankleidezellen  und  100  Kleidertruhen  umrahmt  den  Behälter.  Die  Speisung  erfolgt  aus 
der  Wientalwasserleitung.  Die  Anstalt  ist  nur  während  des  Sommers  (etwa  vier  Monate)  ge- 
öffnet Dieselbe  wurde  1879  von  einem  Privaten  erbaut,  1900  von  der  Gemeinde  Wien 
gekauft,  in  deren  Betrieb  sie  sich  seither  befindet.  Im  Jahre  1903  fanden  sich  13.900  Besucher 
ein,  wobei  der  größte  Tagesbesuch  642  betrug. 

Die  städtischen  Volksbäder 
(Abb.  408,  409) ')  wurden  von  der 
Gemeinde  in  dem  Bestreben  ge- 
schaffen, dem  Bade-  und  Reinigungs- 
bedürfnisse breiter  Volksschichten  in 
hygienisch  einwandfreier  Art  und  zu 
möglichst  niedrigem  Preise  Rechnung 
zu  tragen.  Das  Baden  erfolgt  in  den- 
selben unter  Brausen,  welche  ent- 
weder laues  Wasser  von  32  bis37uC 
oder  kaltes  Wasser  von  12  bis  16°C 
liefern.  Die  Volksbäder  sind  als 
Massenbäder  gedacht,  deren  Be- 
nützungspreis 10  h  beträgt,  worin  die 
Benützung  von  zwei  Wäschestücken 
eingeschlossen  ist.    Die  älteste  dieser 

Anstalten  wurde  am  22.  Dezember  1887  eröffnet;  dieselbe  ist  in  einem 
sehr  alten  Gebäude  untergebracht  und  stellt  zum  mindesten  in  Europa 
den  allerersten  Versuch  im  großen  bezüglich  eines  öffentlichen  Brause- 
bades dar.  Der  gute  Besuch  zeigte  die  Beliebtheit  der  neuen  Badeeinrichtung  und  führte  zum 


Abb.  408.    Volksbad  im  VI.  Bezirke. 
Erster  Stock.     1:  500. 


A  Vorraum. 

B  Auskleideraum  für  Knaben. 

C  Baderaum  für  Knaben. 

D  Auskleideraum  für  Männer. 

E  Baderaum  für  Männer. 

Abb.  409.  Volksbad  im  XVI.  Be- 
zirke. Erster  Stock.  1:500. 


')  Die  städtischen  Volksbäder  in  Wien.  Von  Ingenieur  Be  ran  eck.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
Vereines.  1898,  Nr.  12  und   13. 


278 


Humanitätsanstaltcn. 


Baue    einer   Reihe    von  Volksbadeanstalten.    Die  Lage    und    Ausdehnung  derselben  ist  aus  der 
folgenden  Zusammenstellung-  zu  entnehmen. 


Bezirk 


Ortsbezeichnung,  Straße,  Nummer 


Eröffnungstag 


Zahl  dcrBrausen 


mit  mit 

lauem      kaltem 


Wasser 


o  — 

-o  .£ 
—  ja 

~.  3 
N2 


II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

XI. 

XIII. 

XIV. 

XV. 

XVI. 

XVII. 

XVIII. 

XX. 


Vereinsgasse  31     .    .  . 

Apostelgasse  18    .    .  . 

Klagbaumgasse  4  .    .  . 

Einsiedlerplatz  68      .  . 

Eßterhazygasse  2      .  . 

Mondscheingasse  9  .  . 

Florianigasse  30        .  . 

Wiesengasse  17         .  . 

Gudrunstraße  163  a  .  . 
Geiselbergstraße  54 

Hütteldorferstraße     .  . 

Heinickegasse  3     .    .  . 

Reithofferplatz  4    .    .  . 

Friedrich  Kaisergasse  11 
Gschwandnergasse  62 
Klostergasse  27     .    . 
Treustraße  60     .... 


4.  August  1891 

19.  Juni  1893 
4.  August  1890 

7.  September  1892 

22.  Dezember  1887 

31.  August  1892 

31.  August  1892 

4.  August  1890 

7.  August  1900 

1.  Dezember  1894 
30.  Juli  1900 
6.  März  1897 
9.  Juli  1901 

20.  Mai  1899 
31.  August  1892 


5 

81 

43 

124 

3 

43 

7 

50 

5 

60 

13 

73 

4 

76 

15 

91 

5 

92 

17 

109 

2 

60 

10 

70 

4 

50 

13 

63 

4 

61 

8 

69 

4 

79 

14 

93 

5 

63 

12 

75 

5 

75 

14 

89 

10 

55 

19 

74 

5 

58 

14 

72 

5 

67 

15 

82 

5 

57 

10 

67 

5 

65 

13 

78 

5 

84 

11 

95 

221 
168 
227 
238 
291 
110 
226 
176 
252 
183 
225 
230 
210 
234 
206 
189 
189 


Die  beiden  1890  erbauten,  seither  aber  vergrößerten  Volksbäder  im  V.  und  X.  Bezirke 
stehen  frei  am  Rande  öffentlicher  Gartenanlagen  und  enthalten  ein  Obergeschoß.  Die  sämt- 
lichen übrigen  Volksbäder  haben  zwei  Obergeschosse  und  befinden  sich  auf  Mittelbaustellen. 
Bei  allen  Volksbädern  ist  an  dem  Grundgedanken  des  gemeinsamen  Ankleide-,  beziehungs- 
weise Baderaumes  in  jeder  Abteilung  des  Bades  festgehalten.  Der  Ankleideraum  enthält  Klcider- 
kästchen  von  39  cm  Breite,  42  cm  Tiefe  und  153  m  Höhe  (durchaus  Lichtmaße),  die  auf 
einer  vorn  30  cm  vorstehenden  Bank  aufstehen.  Die  Anzahl  der  Kleiderkästchen  ist  drei-  bis 
viermal  so  groß  als  jene  der  Brausen,  um  letztere  bei  lebhaftem  Besuche  vollkommen  aus- 
nützen zu  können. 

Der  Brauseraum  enthält  oben  und  an  der  Vorderseite  offene  Zellen  von  90cm  Breite 
und  90  cm  Tiefe.  Diese  Zellen  sind  in  den  neueren  Volksbädern  aus  6  bis  7  cm  starken 
Wänden  in  Betoneisenkonstruktion  gebildet,  die  mit  geschliffenem  Verputze  aus  Portland- 
zement und  Maimorsand,  in  anderen  Fällen  mit  Terrazzo  überzogen  sind.  Ober  der  Zellen- 
mitte befindet  sich  in  2'2m  Höhe  eine  nach  abwärts  gerichtete  Brause  aus  Bronze  von  10  cm 
Durchmesser. 

Für  den  Fußboden  der  Ankleideräume  haben  sich  Xylolith  und  Asphalt  als  praktisch 
erwiesen.  Jede  der  in  den  neueren  Volksbädern  vorhandenen  fünf  Badeabteilungen  besteht  aus 
je  einem  Brausenraumc,  einem  Ankleideraume  und  Aborten.  Vier  Abteilungen  wurden  durch 
die  Trennung  der  Badegäste  nach  Geschlecht  und  Alter  (Erwachsene  und  Kinder)  erforderlich. 
Die  fünfte  Abteilung  dient  als  Reserve  für  eintretenden  übergroßen  Besuch  und  ist  bei  Aus- 
besseiungsarbeiten  ein  nützlicher  Ersatz.  Das  Erdgeschoß  enthält  in  den  meisten  Fällen  die 
beiden  weiblichen  Abteilungen,  die  Badekasse  und  einen  Raum  zur  Aufbewahrung  der  reinen 
Wäsche.  Das  erste  Stockwerk  nimmt  das  Männer-  und  das  Knabenbad  auf;  das  zweite  Stock- 
werk das  Reservebad  und  die  Wohnung  des  den  Dienst  an  der  Kasse  versehenden  und  den 
gesamten  Betrieb  führenden  Bademeisters.  Im  Souterrain  liegt  die  Waschküche,  zu  der  die  nasse 
Wäsche  durch  mit  Zinkblech  verkleidete  Abwurfschläuche  aus  den  Stockwerken  gelangt,  das 
Kesselhaus  und  der  Brennstoffvorrat.  Im  Dachbodenraume  sind  die  zwei  Behälter  für  Warm- 
wasser mit  zusammen  18m3  Inhalt,  ein  3  m:t  fassender  Kaltwasserbehältcr,  der  künstlich  er- 
wärmte Wäschetrockenraum  und  die  Wäschehängstätte  für  den  Sommerbetrieb  untergebracht. 

Die  Heizung  der  neueren  Volksbäder  erfolgt  mittels  Niederdruckdampfes,  der  auch 
zur  Bereitung  warmen  Wassers  verwendet  wird.  Für  die  Brausenräume  wurde  Dampfluft- 
heizung gewählt,  weil  hier  die  Aufstellung  örtlicher  Heizkörper  Mißstände  und  Gefahren  böte. 
Zur  Erhaltung  gleichmäßiger  Temperatur  des  Warmwassers  dienen  Fernthermometer.  Die  Venti- 
lation der  Brausenräume  erfolgt  im  Winter  unter  Zugrundelegung  eines  mindestens  zweimaligen, 
meist  aber  höheren  stündlichen  Luftwechsels. 


Badeanstalten. 


279 


Der  Besuch  aller  städtischen  15  Volksbäder  betrug  im  Jahre  1903  zusammen  1,705.614 
Badegäste,  darunter  390.353  weiblichen  Geschlechtes.  Das  stärkstbesuchte  Volksbad  war  jenes 
im  X.  Bezirke,  wo  in  jenem  Jahre  163.973  Badegäste  sich  einfanden.  Von  den  übrigen  Bädern 
hatten  je  eines  zwischen  150.000  und  160.000,  beziehungsweise  zwischen  140.000  und  150.000. 
zwei  Bäder  zwischen  130.000  und  140.000,  fünf  Anstalten  mehr  als  100.000  und  weniger  als 
130.000,  vier  Anstalten  endlich  zwischen  80.000  und  100.000  Besucher.  Ein  ungünstiger  ge- 
legenes Bad  hatte  bloß  einen  Jahresbesuch  von  rund  39.000. 


b)  Öffentliche  Bäder  im   Privatbesitze. 

Von  denselben  können  nur  die  bemerkenswertesten  kurz  beschrieben  werden,  wobei  be- 
zirksweise vorgegangen  wird. 

Das  Zentralbad,  I.,  Weihburggasse  20  (Abb.  410),  ist  auf  wertvollem  Baugrunde  im 
Herzen  der  Stadt  von  dem  Architekten  Adolf  Endl  (Endl  und  Honus)  im  Jahre  1889  erbaut 
und  im  Jahre  1894  teilweise  umgebaut  worden.')  Das  Gebäude  enthält  in  den  vier  oberen 
Geschossen  Wohnungen  und  zu 
ebener  Erde  gegen  die  Gasse  teil- 
weise Geschäftsräume,  während  die 
luxuriös  eingerichtete  Badeanstalt  in 
einen  Teil  des  Erdgeschosses  sowie 
in  das  Mezzanin  und  Souterrain  ver- 
legt ist.  Für  dieselbe  besteht  ein  be- 
sonderer Eingang.  Im  Mezzanin  be- 
finden sich  die  Wannenbäder,  die 
Dampfbäder  für  den  Gebrauch  ein- 
zelner, die  Kaltwasserheilanstalt  und 
der  Auskleideraum  für  das  Herren- 
dampfbad. Das  vornehm  ausgestattete 
Dampfbad  selbst  befindet  sich  im 
Souterrain.  Mittels  Aufzuges  kommt 
der  Badegast  aus  dem  Dampfbade 
wieder  zu  den  im  maurischen  Stile 
gehaltenen  Auskleidezellen  zurück, 
deren  67  vorhanden  sind.  Sämtliche 
Wannen  der  Badeanstalt  sind  durch 
Einlassen  in  den  Boden  tief  gestellt, 
bestehen  aus  Beton  und  sind  mit  Ma- 
jolikaplatten verkleidet.  Die  Fußböden 
sind  mit  Beton  oder  Asphalt  gedichtet 
und  mit  gerieften  Mettlacher  Platten 
belegt.  Die  Wände  sämtlicher  Bade- 
räume sind  bis  zu  2-2  m  Höhe  mit 
Majolikaplatten  verkleidet.  Die  Bade- 
anstalt bezieht  das  erforderliche  Wasser 
zumeist  aus  einem  14  m  tiefen  Brun- 
nen    mittels     zweier    Pumpen.     Drei 

Kessel  von  je  83  m2  Heizfläche  liefern  den  Dampf  hierfür   und   für  den  Betrieb    der  sonstigen 
maschinellen  Einrichtungen  und  der  Heizung. 

Das  Dianabad,  IL,  Obere  Donaustraße  93  (Abb.  41 1)2),  wurde  im  Jahre  1842  durch  die 
Architekten  Förster  und  Etzel  völlig  umgestaltet,  1889  durch  Architekt  Otto  Thienemann  weiter 
ausgebildet  und  1899  mit  einem  Zubau  versehen.  Die  gedeckte  Schwimmhalle  mit  Winterbetrieb 
hat  eine  Länge  von  36T4m  und  eine  Breite  von  16'80m  und  enthält  ein  Becken  von  450m2 
Wasserfläche.  Dasselbe  ist  mit  Steinplatten  verkleidet  und  hat  eine  Wassertiefe  von  0-95  bis 
22  m.  Das  Sommerschwimmbad  hat  eine  ähnlich  große  Fläche  von  36X13  m.  Die  Anstalt 
enthält  auch  Dampf-  und  Wannenbäder,  eine  Wasserheilanstalt  u.  dgl. 


WB  Wannenbäder. 
S  Salonbäder. 


AK  Ankleidekabinen. 
KK  Kaltwasserkur. 


WR  Warteraum.        OZ  Ordinations- 
DZ  Dienerzimmer.  zimmer. 


Abb.  410.     Zentralbad  im  I.  Bezirke.     Mezzar.in.     1  :  500. 


')  Anton  Honus,  Das  Wiener  Zentralbad.  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1890,  Nr.  1. 
2)  Allgemeine  Bauzeitung.  1843,  S.  113.  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.   1890,  S.  212. 


280 


Humanitätsanstalten. 


Das  Römische  Bad,  II.,  Kleine  Stadtgutgasse  9  (Abb.  412,  413) '),  enthält  Dampf-,  Dusche-, 


Voll-    und  Wannenbäder   und    wurde   1872 


ABFG  Wannenbäder.    DEFH  Schwimmhalle. 
Abb.  411.     Dianabad  im  II.  Bezirke.    Ebenerd. 


V  Vestibül. 
S-Du.WB  Separat- Dampf-     und   Wan- 
nenbäder. 
WHB  Warmes  Herrenbad. 
Lu.KBfH  Laues   und  kaltes  Bassin  für 
Herren. 
DSfH  Duschsaal  für  Herren. 

C  Kabinen. 
AC  fD  Auskleidekabinen  fürDamen. 
W  Wäscherei. 
K  Kesselhaus. 
FS  Frisiersalon. 


C 
1  : 1000. 


durch  eine  Aktiengesellschaft  mit  dem  Aufwände 
von  rund  3  Millionen  Kronen  auf  einer  Eckbau- 
stelle von  fast  5000  m2  Fläche  und  114  m  Front- 
länge erbaut.  Durch  das  an  den  Haupteingang  an- 
schließende Vestibül  gelangt  man  in  das  Foyer, 
welches  mit  Gemälden  von  Canon  und  Otto  ge- 
schmückt ist.  Im  Herrenbade  sind  die  wichtigsten 
Räume:  das  warme  Becken  in  einem  achteckigen 
Kuppelraume  mit  Laternenaufbau;  die  Heißluft- 
bäder; die  drei  Dampfkammern;  die  Frottierstube; 
die  Halle  mit  lauem  und  mit  kaltem  Becken  und 
zahlreichen  Brausen.  An  diesen  durch  Oberlicht 
gut  erhellten  Raum  schließen  sich  die  Nebenräume 
an.  Die  400  Auskleidezellen  des  Herrenbades  sind 
gegen  die  Gasse  in  großen,  gut  belichteten  Sälen 
untergebracht.  Die  Anzahl  der  Auskleidezellen  des 
Damenbades  ist  halb  so  groß.  Der  stattliche  Bau 
ist  von  den  Architekten  Clauß  und  Groß  projek- 
tiert und  ausgeführt  worden. 

Wegen  der  lebhaften  Strömung  sehr  beliebt 
ist  das  seit  Vollendung  der  Regulierung  des  Haupt- 
stromes der  Donau  im  Jahre  1874  eröffnete 
sogenannte  Holzersche  Strombad,  welches  am 
linken  Ufer  der  Donau  an  der  Grenze  des  Über- 
schwemmungsgebietes unterhalb  der  Kronprinz 
Rudolf-Brücke  liegt. 

Das  Beatrixbad,  III.,  Linke  Bahngasse  9,  wurde 
1891  vom  Architekten  Josef  Freiherrn  von  Wieser 
im  Souterrain,    Parterre  und  Mezzanin    eines  ihm 


Abb.  412.     Römisches  Bad  im  II.  Bezirke.     Parterre.     1:800. 


gehörigen  Fabriksgebäudes  errichtet.  Das  Souterrain  enthält  das  Herrendampfbad  mit  19  Einzel- 
vorwärmwannen,   8  Dampfkastenbädern    und    einem    Schwimmbecken   von   28'8  m   Länge  und 

')  Clautt  und  Groß,  Allgemeine  Bauzeitung.  1874.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien. 


Badeanstalten. 


281 


4-9  in  Breite.  Im  Erdgeschosse  befinden  sich  die  Räume  für  die  Kaltwasserkur  für  Herren  und 
für  Damen,  das  Mezzanin  enthält  das  Damendampfbad  und  Wannenbäder.  Auch  elektrische 
Bäder  (mit  Wechselstrom)  und  Kohlcnsäurcbäder  sind  vorhanden.  Das  Kesselhaus  im  Souterrain 
enthält  drei  Kessel  von  221  m3  Heizfläche  und  10,  beziehungsweise  12  Atmosphären  Dampf- 
spannung. Die  Beschaffung  des  Wassers  erfolgt  aus  einem  Brunnen.  Zum  Zwecke  der  Heizung 
wird  der  Dampfdruck  auf  2  Atmosphären  verringert.  Die  Badeanstalt  erstreckt  sich  zum  Teil 
unter  der  Straße  und  ist  dort  durch  Glaslichten  erhellt.  Technisch  bemerkenswert  ist  die 
reiche  Verwendung  von  Wellblechdecken.  Eine  Erweiterung  dieses  mit  modernem  Komfort  aus- 
gestatteten   Bades  ist  im  Zuge. 

Im  III.  Bezirke  befindet  sich  auch  das  Russische  Bad,  Sophienbrückengasse  12,  mit 
Dampf-  und  Wannenbädern  und  das  Sophienbad,  das  unter  „Saalbauten"   besprochen  wird. 

Das  seit  einem  Jahrhunderte  seiner  eisenhaltigen  Quelle  wegen  bekannte  Brünnlbad, 
IX.,  Borschkegasse  4,  wurde  nach  völligem  Umbau  im  Jahre  1898  neuerdings  eröffnet.  Es  ent- 
hält zu  ebener  Erde  eine  Winterschwimmhalle  mit  einem  Wasserspiegel  von  15X10'"  unter 
einem  in  der  Höhe  der  Decke  des  ersten  Stockes  gespannten  zierlichen  Glasdache.  Die  Wände 
sowie  das  gesamte  Badebecken  sind  durchaus  mit  farbigen  Fliesen  verkleidet.  Der  Ankleide- 
raum mit  50  Zellen  reiht  sich  in  geschickter  Anordnung  an  das  Dampfbad,  das  mit  einem 
verkachelten  Warmwasserbecken  von  5  X  5  m  Spiegelfläche  und  vier  im  Fußboden  eingelassenen 
Sonderwannen  aus  Beton  mit  Fliesen  ausgestattet  ist.  Heißluft-,  Dampfkammer  und  der  Frottier- 
raum schließen  sich  zweckmäßig  an.  Ferner  sind  40  Wannenbäder  I.  und  II.  Klasse,  zum  Teil 
mit  versenkten  und  mit  Fliesen  verkleideten  Betonwannen  vorhanden.  Alle  Räume  werden 
durch  Tageslicht  gut  erhellt  und  sind  abends  elektrisch  mit  Glüh-,  beziehungsweise  Bogen- 
licht  beleuchtet.  Das  Maschinenhaus  enthält  drei  Tischbeinkessel  mit  4  Atmosphären  Dampf- 
spannung und  je  50  m-  Heizfläche.  Ein  Dampfmotor  von  12  Pferdestärken  fördert  aus 
einem   160  m  tiefen  Brunnen  Wasser  für  die  Wannenbäder  und  besorgt  die  Beheizung  der  Bade- 


Abb.  413.     Römisches  Bad.    Laues  und  kaltes  Bassin  für  Herren. 


räume,  und  zwar  jene  der  größeren  mittels  Luftvorwärmung.  Das  Schwimmbad  wird  mit 
Hochquellwasser  gespeist.  Der  Aufzug  und  die  Wäschereianlage  haben  elektrischen  Antrieb. 
Die  Anstalt  wurde  von  Stadtbaumeister  Klinenberg  erbaut. 


282  Humanitatsanstalten. 

Das  Georgsbad,  IX.,  Clusiusgassc  12,  enthält  in  den  unteren  Geschossen  eines  1900 
erbauten  Zinshauses  Wannenbäder  mit  30  Badekammern  und  ein  russisches  Dampfbad  mit 
einem  Behälter  von  15  m-  Spiegelfläche  und  15"  C  Wasserwärme,  Duschen  und  Schwitzkammer 
mit  45  bis  50°  C  Wärme.  Angegliedert  ist  eine  Kaltwasserheilanstalt  und  eine  Pistyaner  Kur 
(je  drei  Räume).  Alle  die  zweckmäßig  angeordneten  Räume  werden  mittels  Gasöfen  geheizt  und 
elektrisch  beleuchtet.  Das  Wasserschöpfen  erfolgt  mittels  elektrischen  Antriebes.  Eine  Vergröße- 
rung der  Anstalt  steht  in  Aussicht. 

Von  den  übrigen  öffentlichen  Badeanstalten  seien  noch  erwähnt: 

Die  Wannenbäder:  Florabad,  IV.,  Floragasse  7,  und  Karolinenbad,  VI.,  Dürer- 
gassc  14;  das  Russische  Schwitzbad,  VI.,  Liniengasse  5;  das  Margaretenbad,  V.,  Wilde- 
manngasse 5  (Wannen-,  Dampf-  und  Duschebäder,  Winterschwimmschule  und  Kneippbad); 
das  Eßterhazybad,  VI.,  Gumpendorfcrstraße  59  (Wannen-,  Dampf-  und  Duschebäder.  Sommcr- 
schwimmschulc,  Wasserheilanstalt);  das  Marienbad,  VII.,  Schottenfeldgasse  94  (Schwimm- 
anstalt und  Wannenbäder):  die  Kaltwasserheilanstalt  Stephaniebad,  XIII.,  Eduard  Kleingasse  3; 
das  Magdalenenbad,  XV.,  Mariahilferstraße  138  (Schwimm-,  Dampf-  und  Wannenbäder, 
verbunden  mit  Wasserheilanstalt);  das  Michaeierbad,  XVIII.,  Michaeierstraße  14  und  16 
(Wannen-  und  Dampfbäder  und  Schwimmschule);  die  Schwimmbäder  in  Döbling  und 
Heilieenstadt  und   die   Schwimmanstalten   im  X.  und  XIII.  Bezirke.  h.  BeranecJt. 


VIII.  RETTUNGS-  UND  SANITÄTSWESEN. 

Die    Feuerwehr  (Abb.  414,  415).') 

Die  großen  verheerenden  Feuersbrünste,  die  ganze  Stadtteile  Wiens  zerstörten,  veranlaßten  Herzog 
Leopold  VI.,  jenen  Hausbesitzern  Geldstrafen  aufzuerlegen,  in  deren  Häusern  Feuer  entstanden  war.  wenn 
-Flammen  aus  dem  Dache  ihres  Hauses  emporschlugen< .  Diese  Strafbestimmung  findet  sich  im  Stadtrechte 
für  Wien  vom  18.  Oktober  1221  und  auch  in  den  Urkunden  der  folgenden  Jahre,  zuletzt  in  der  Handfeste 
Herzog  Albrechts  II.  für  Wien  vom  24.  Juli  1340.  In  der  vom  Rate  der  Stadt  Wien  erlassenen  »Vierer- 
Ordnung-  vom  10.  Mai  1432  wird  die  jährlich  vorzunehmende  -Feuerbeschau*  angeordnet.  Mit  der  ersten 
uns  bekannten  Feuerordnung-  vom  Jahre  1454  sowie  in  den  folgenden  Verordnungen  aus  den  Jahren  1458, 
1534,  1617.  1639,  1666,  1688  wurde  auch  der  Bau-  und  Feuerpolizei  erhöhte  Beachtung  geschenkt  und  das 
Löschwesen  organisiert.  Hauseigentümer,  Klöster  und  Anstalten  sowie  auch  die  Gemeinde  Wien  wurden 
zur  Bereithaltung  von  Löschgeräten  und  Löschwasser  verpflichtet  und  fast  sämtliche  Handwerker  angewiesen, 
zum  Löschen  dienliche  Werkzeuge  bereit  zu  halten  und  mit  diesen  und  ihrem  ganzen  Gesinde,  ihren  Gehilfen 
und  Knechten  im  Falle  eines  Brandes  an  den  Ort  der  Gefahr  oder  an  vorher  bestimmte  Sammelorte  zu  eilen, 
um  zu  löschen  und  zu  retten.  Diese  Verpflichtung  erstreckte  sich  im  Jahre  1458  auch  auf  Bürger  und  andere 
Inwohner,  jedoch  schon  im  Jahre  1617  hatten  die  Bürger,  »die  nicht  zum  Feuer  gehörten*,  in  Wehr  und 
Waffen  zu  erscheinen  und  für  die  Aufrechthaltung  der  Ordnung  zu  sorgen.  Die  Feuerordnung  vom  Jahre  1617 
bestimmt  auch,  daß  die  zum  Löschen  Verpflichteten  »unweigerlich  zu  tun  haben,  was  ihnen  vom  Bürger- 
meister oder  Stadtkämmerer  befohlen  wird*.  Letzterer  hatte  nunmehr  bei  der  Leitung  der  Lösch-  und 
Rettungsaktion  mitzuwirken.  Für  die  Wasserzufuhr  hatte  der  Stadtkämmerer  schon  seit  dem  Jahre  1534,  für 
die  Herbeischaffung  der  Löschgeräte  seit  dem  Jahre  1639  und  für  die  Instandhaltung  der  städtischen  Lösch- 
geräte seit  dem  Jahre  1680  Sorge  zu  tragen. 

Die  Erfindung  der  Feuerspritze  und  deren  Einführung  in  Wien  (in  den  Jahren  1638—1686)  machte  die 
Beistellung  eines  geschulten  und  sachkundigen  Aufsichts-  und  Bedienungspersonales  nötig.  Die  Gemeinde 
Wien  bestellte  daher  (vermutlich  um  das  Jahr  1685)  für  diesen  Zweck  vier  -Feuerknechte»  und  legte 
damit  den  Grund  der  späteren  Berufsfeuerwehr.  Gleichzeitig  erfolgte  die  Einstellung  von  drei  Paar  Pferden 
als  ständige  Bespannung  in  dem  als  Gerätedepot  benutzten,  ehemals  Wasserstadl»  genannten  Unterkammer- 
amtsgebäude  »Am  Hof»  (heute  Nr.  9),  und  mit  der  Unterbringung  des  Unterkämmerers  und  der  vier  Feuer- 
kneclite  in  diesem  Gebäude  war  die  erste  ständige  Feuerwache  in  Wien  geschaffen.  Diese  von  der  Gemeinde 
freiwillig  durchgeführten  Maßregeln  wurden  durch  die  Feuerordnung  vom  Jahre  1759  zur  gesetzlichen 
Verpflichtung,  und  wurde  der  Gemeinde  überdies  aufgetragen,  13  Taglöhner  in  der  Handhabung  der 
Löschgeräte  auszubilden  und  für  Brandfälle  bereit  zu  halten.  An  Stelle  dieser  dem  Stadtsäuberungspersonale 
entnommenen  Leute  traten  im  Jahre  1805  26  Feuertaglöhner«,  deren  Stand  im  Jahre  1853  auf  36  erhöht 
wurde.  Die  Stelle  eines  Unterkämmerers,  die  ursprünglich  ein  Mitglied  des  Stadtrates  und  nach  Auf- 
lösung des  letzteren  und  Errichtung  des  Magistrates  (am  1.  November  1783)  ein  Magistratsrat  eingenommen 
hatte,  wurde  zufolge  Hofkanzleidetcretes  vom  3.  Jänner  1835  einem  Techniker  übertragen  und  bestimmt, 
daß  das  Unterkammeramt  lediglich  die  städtische  Baubehörde  zu  sein  habe. 

Der  Gemeinderat  organisierte  mit  Beschluß  vom  4.  November  1862  die  städtische  Feuerwehr.  Die 
Zahl  der  Mannschaft  wurde  von  63  auf  172  erhöht  und  in  jedem  der  damaligen  acht  Vorstadtbezirke  <II 
bis  IX)  eine  ständige  Feuerwache  errichtet.    Unter   technischer  Leitung  wurde  die  Ausrüstung  der  Wiener 


')  Huybcnsz,  Geschichte  des  Feuerlöschwesens  der  Stadt  Wien.  1S7Q.  Die  Feuerwehr  der  Stadt  Wien.  Eine  kurze  Geschichte 
ihrer  Entstehung  und  ihrer  Entwicklung.  Wien  1901.  Chitil,  Das  Feuerlöschwesen  der  k.  k.  Rcichshaupt-  und  Residenzstadt 
Wien.  1903. 


Rcttungs-  und  Sanitätswesen. 


283 


Feuerwehr  wesentlich   verbessert.    Die  Errichtung    des  Feuerwehrtelegraphen  im  Jahre  1855  erleichterte  und 
beschleunigte  die  Feuermeldung  und  gestattete  in  der  Folge  rasches  Verfügen  über  die  nun  dezentralisierten 
Hilfskräfte  der  Feuerwehr.  Die  Erbauung  der  Kaiser  Ferdinands-   und   der    Kaiser  Franz  Josefs-Hochquelleu 
Wasserleitung    und   die   Errichtung   zahlreicher   öffentlicher    Wasserentnahmestellen  (Hydranten)   ermöglichte 
der  Feuerwehr  ein   wesentlich  wirksameres  Eingreifen  bei  Bränden. 

Trotz  dieser  Fortschritte  in  der  Ausgestaltung  der  Löschvorkehrungen  und  der  weiteren  Erhöhung 
des  Mannschaftsstandes  auf  245  Mann  zeigten  die  Ereignisse  beim  Brande  des  Kingtheaters  am  8.  Dezem- 
ber 1S81  die  Unzulänglichkeit  der  vorhandenen  Einrichtungen.  Im  Jahre  1884  wurde  dann  die  Trennung 
der  Feuerwehr  vom  Stadtbauamte,  die  Ernennung  eigener  Offiziere  für  die  Feuerwehr  verfügt  und  derselben 
der  Charakter  einer  Berufsfeuerwehr  gegeben.  Der  Gesamtstand  an  Offizieren  und  Mannschaft  wurde  mit 
269  Mann  festgesetzt.  Die  fortschreitende  bauliche  und  räumliche  Entwicklung  der  Stadt  machten  in  der 
Folge  die  Errichtung  neuer  und  die  Verstärkung  bestehender  Feuerwachen  wie  auch  die  weitere  Erhöhung 
des  Mannschaftsstandes  nötig,  so  daß  der  letztere  im  Jahre  1897  bereits  448  Mann  betrug. 

Die  Zcntralfcucrwachc  befindet  sich  in  den  Gebäuden  Am  Hof  Nr.  9  und  10,  welche  im 
Jahre  1562  als  Zeughaus  erbaut  und  von  denen  später  das  Haus  Nr.  9  als  Unterkammeramt 
bezeichnet  wurde.  Im  Jahre  1732  erfolgte  ein  Umbau  beider  Häuser  nach  den  Plänen  des 
städtischen  Zeugwarts  und  Architekten  Antonio  Ospel  und  im  Jahre  1820  die  Schaffung  eines 
neuen  „Löschrequisitorium"  im  Zeughause.  Nach  Vollendung  des  neuen  Rathauses  (1884) 
wurden  die  Amtsräume  des  Stadtbauamtes  und  das  städtische  Waffenmuseum  dorthin  verlegt 
und  die  beiden  Gebäude  Am  Hof  fast  ausschließlich    den  Zwecken  der  Feuerwehr  gewidmet. 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  trotz  wiederholter  Adaptierungen  diese  fast  200  Jahre  alten 
Gebäude  den  Ansprüchen,  die  an  eine  moderne  Feuerwehrkaserne  gestellt  werden,  nicht  mehr 
entsprechen,  doch  ist  anderseits  die  zentrale  Lage  derselben  ein  nicht  zu  unterschätzender  Vorteil. 
Außer  dieser  Zentrale  bestehen  noch  eine  Hauptfeuerwache  im  V.  Bezirke,  dreizehn  Zugswachen 
in  den  Bezirken  II  bis  XI  und  XX  und  drei  Hausfeuerwachen.  In  den  übrigen  Bezirken  be- 
stehen freiwillige  Feuerwehren,  deren  Wachlokale  von  der  Berufsfeuerwehr  mit  Tclegraphisten 
und  Maschinisten  versehen  sind. 


Abb.  414.     Die  Zentralstation  der  städtischen  Feuerwehr,  I.,  Am  Hof. 


284 


Human  üatsanstalten. 


Altes  Zeughaus 


äußeren    Bezirken    verfügen    über    1168    ausübende   Mitglieder, 
beliefcn  sich  im  Jahre   1903  auf   1,408.000  K. 


Die  Berufsfeuerwehr  be- 
sitzt derzeit   10  Dienstwagen, 

8  Mannschaftswagen,  6  Dampf- 
spritzen, 5  Tenderwagen,  33 
Löschwagen,     5    Rüstwagen, 

9  fahrbare  (zum  Teil  pneu- 
matisch betriebene)  Schieb- 
lcitern  und  sonstiges  Neben- 
gerät. Als  Normallöschgerät 
dient  der  mit  flüssiger  Koh- 
lensäure betriebene  Lösch- 
wagen. Die  freiwilligen  Feuer- 
wehren verfügen  über  27 
Mannschaftswagen,  4  Dampf- 
spritzen, 3  Tenderwagen, 
2  Löschwagen,  7  Rüstwagen, 
21  Schiebleitern,  54  Hand- 
kraftspritzen  u.  s.  w.  Für  die 
Wasserbeschaffung  dienen 
1718  öffentliche  Hydranten 
und  1902  Hausfeuerhähne, 
welche  teils  aus  der  Hoch- 
quellenleitung, teils  aus  der 
Wientalwasserleitung  gespeist 
werden.  Zur  Bespannung  der 
Geräte  der  Berufsfeuerwehr 
stehen  112  Pferde  zur  Ver- 
fügung, während  für  die  frei- 
willigen Feuerwehren  zumeist 
Mietpferde  beigestellt  werden. 
Das  Netz  des  städtischen 
Feuerwehrtelegraphcn  hat  eine 
Länge  von  960  km.  Städti- 
sche Feuermeldestellen  stehen 
832  zur  Verfügung;  davon 
sind  47  Morsestationen,  477 
automatische,  249  Telephon- 
und  59  Alarmstationen.  Den 
Personalstand  der  Berufsfeuer- 
wehr bilden:  9  Offiziere, 
1  Tierarzt,  147  Unteroffiziere, 
240  Feuerwehrmänner  und 
85  Kutscher;  die  38  frei- 
willigen Feuerwehren  in  den 
Die  Kosten  des  Löschwesens 

W.  Chitil. 


Die  Wiener  Freiwillige  Rettungsgesellschaft  (Abb.  416  bis  418).  ^ 

Noch  rauchten  die  Trümmer  des  Ringtheaters,  dessen  Brand  am  Abende  vorher  nahezu  400  Menschen- 
leben vernichtet  hatte,  als  am  9.  Dezember  1881  einer  der  edelsten  Menschenfreunde,  Dr.  Jaromir  Freiherr 
von  Mundy,  der  seit  Beginn  der  Siebzigerjahre  des  vorigen  Jahrhunderts  als  echter  Johanniter  bei  keinem 
der  in  Europa  geführten  Kriege  fehlte,  um  den  Verwundeten  Hilfe  und  Trost  zu  bringen,  mit  dem  alles 
Gute  und  Schöne  fördernden  Ehrenbürger  von  Wien,  Grafen  Hans  Wilczek,  und  mit  dem  Grafen  Eduard 
Lamezan  zur  Gründung  einer  freiwilligen  Rettungsgesellschaft  für  Wien  zusammentrat.  Aufgabe  der  Gesell- 
schaft sollte  es  sein,  mit  Hilfe  eines   wohlorganisierten,   mit   den   besten  Apparaten   ausgestatteten  Rettungs- 

J)  Jahresberichte  der  Wiener  Freiwilligen  Rcttungsgesellschaft.  Wien  18S5 — 1904.  Die  Organisation  der  Wiener  Freiwilligen 
Rcttungsgesellschaft.  Wien  1900.  Das  neue  Heim  der  Wiener  Freiwilligen  Rettungsgesellschaft.  Vom  Chefarzt  Dr.  Heinrich  Oharas. 
Wien  1897.  Die  Samariterschulc  der  Wiener  Freiwilligen  Rettungsgescllschaft.  Vom  Chefarzt  k.  Rat  Dr.  H.  Charas.  Wien  1901.  Der 
Sanitäts-Ambulanzwagcn  der  Wiener  Freiwilligen  Reitungsgcsellschaft.  Von  Dr.  H.  Charas.  Wien  1901.  Die  Entwicklung  und  die 
Erfolge  des  Rettungswesens.  Von  Dr.  H.  Charas.  Wien  1901. 


RettungS-  und  Sanitatswesen. 


285 


korps  die  Mängel  des  öffentlichen  Rettungs wesens  zu  beheben  und  jederzeit  bereit  zu  sein,  bei  Unglücks- 
fällen, mögen  sie  einzelne  treffen  oder  als  öffentliche  Katastrophen  auftreten,  unentgeltlich,  hilfreich  rettend 
oder  beschützend  einzutreten.  Damit  war  eine  Schöpfung  in  das  Leben  gerufen,  die  als  erste  dieser  Art 
seither  der  Stadt  Wien  nicht  nur  zum  größten  Nutzen,  sondern  auch  zur  hohen  Ehre  gereichte  und  für 
viele  Städte  des  Erdkreises  vorbildlich  wurde,  wie  denn  auch  die  Wiener  Freiwillige  Rettungsgesellschaft  bei 
Gründung  solcher  Gesellschaften  in  Abbazia,  Brunn,  Budapest,  Czernowitz,  Innsbruck,  Krakau,  Lemberg, 
Prag,  Triest  und  Troppau  ratend  und  helfend  mitwirkte. 

Mit  großem  Organisationstalente  verstand  es  von  Mundy,  der  als  erster  Chefarzt  und  Schrift- 
führer der  Gesellschaft  wirkte,  unterstützt  durch  die  beiden  genannten  und  viele  andere  opferwillige 
Männer,  alle  dem  Unternehmen  entgegenstehenden  Schwierigkeiten  zu  überwinden  und  das  allgemeine 
Interesse  für  dasselbe  derart  zu  wecken,  daß  es  der  Gesellschaft  möglich  ward,  schon  im  Jahre  1883  die 
erste  Sanitätsstation  im  Privathause  I.,  Fleischmarkt  1  zu  eröffnen  und  den  gesamten  Sanitätsdienst  in  Tätig- 
keit zu  setzen,  der  aber  mit  der  Schwierigkeit  zu  kämpfen  hatte,  daß.  der  Wagenpark  nur  entfernt  von  der 
Station  untergebracht  werden  konnte.  Im  Jahre  1885  wurde  eine  zweite  Sanitätsstation  in  der  Giselastraße 
eingerichtet,  die  jedoch  nach  Erbauung  des  Hauses  am  Stubenringe  gleichzeitig  mit  der  Station  am  Fleisch- 
markte der  hohen  Kosten  wegen  aufgelassen  werden  mußte.  Im  Jahre  1889  wurde  dann  auf  einem  vom 
Stadterweiterungsfonds  zur  Verfügung  gestellten  Platze  am  Stubenring  nächst  der  Radetzkybrücke  für  die 
Sanitätsstation  der  Gesellschaft  nach  einem  von  Mundy  aufgestellten  Programme  durch  den  diplomierten 
Architekten  Ferdinand  Hrach  ein  eigenes  Heim  erbaut.')  Als  im  Jahre  18%  (bald  nach  Mundys  Tod,  1894) 
dieses  Gebäude  dem  Baue  der  Stadtbahn  und  der  Wienflußregulierung  weichen  mußte,  hatte  die  Tätigkeit 
der  Gesellschaft  schon  einen  derartigen  Umfang  gewonnen,  daß  die  Räume,  die  im  Jahre  1889  geschaffen 
worden  waren,  weder  an  Zahl  noch  an  Größe  genügten,  so  daß  die  Notwendigkeit  eines  Neubaues  um  so 
mehr  zu  begrüßen  war,  als  die  vom  Stadterweiterungsfonds  der  Gesellschaft  neuerdings  gewidmete  Baustelle 
(III..  Radetzkystraße  Nr.  1)  ebenso  günstig  zentral  gelegen  ist,  als  es  die  frühere  war,  dabei  aber  mit  einer 
Area  von  2200  m2  die  Bedürfnisse  der  Station  vollkommen  zu  erfüllen  gestattete.  Das  Programm  für  den 
Neubau  stellte  der  derzeitige  Chefarzt  und  Leiter,  k.  Rat 
Dr.  H.  Charas,  auf;  der  vom  vorgenannten  Architekten  verfaßte 
und  nach  dem  Gutachten  des  Aktionskomiteemitgliedes  Architekt 
F.  von  Gruber  erweiterte  Entwurf  wurde  vom  1.  August  1896  bis 
Juni  1897  zur  Ausführung  gebracht. 

Die  Anlage  der  Zentralstation  zerfällt  in  das  mit 
seiner  kurzen  Stirnseite  der  Radetzkybrücke  zugewendete, 
über  dem  Keller  dreigeschossige  Hauptgebäude,  das  durch 
eine  abschließbare,  ungedeckte  Durchfahrt  von  dem 
Nebengebäude  getrennt  wird,  dessen  vier  Trakte  den 
Stall-  und  Remisenhof  umgeben.  Das  Hauptgebäude 
enthält  im  Erdgeschoß  alle  für  den  sanitären  Rettungs- 
und Hilfsdienst  erforderlichen  Räume;  im  ersten  Stocke 
befinden  sich  die  Kanzleien  und  Magazine  der  Verwal- 
tung, die  Wohnungen  zweier  Hausärzte,  die  Bibliothek, 
zugleich  Sitzungssaal  des  Aktionskomitees  und  endlich 
der  Hörsaal  der  mit  Lehrmitteln  reich  ausgestatteten 
Samariterschule,  in  der  die  Ärzte  der  Gesellschaft  jährlich 
mehrwöchentliche  Kurse  für  verschiedene  Berufsklassen 
abhalten.2)  Der  zweite  Stock  nimmt  ausschließlich  Dienst- 
wohnungen auf,  zu  denen  man  auch  durch  den  Eingang 
an  der  Radetzkystraße  über  eine  besondere  Treppe  ge- 
langen kann. 

Dem  von  der  Radetzkybrücke  Heranschreitenden 
blickt  aus  der  Nische  des  Stiegenhausfensters  die  von 
der  Bildhauerin  Feodorowna  Ries  ausgeführte  Marmor- 
büste Mundys  entgegen.  In  der  durch  die  Hauptstiege  n  Parteienzim-  l\ 
und  durch  Oberlicht  reichlich  erhellten  Zentralhalle  des 
ersten  Stockes  ist  das  von  derselben  Künstlerin  model- 
lierte, in   Bronze   gegossene   Brustbild    des    Grafen   Hans 

WÜCZek     aufgestellt,     das     VOm    Aktionskomitee     ZU     Ehren     Abb.  416.     Zentralstation   der   Freiwilligen   Rettungs- 

des  Protektors    der    Gesellschaft    gelegentlich    der    Feier  geseiischaft.   Ebenerd.   usuo. 

ihres  zwanzigjährigen  Bestandes  gewidmet  wurde. 

Das  Nebengebäude  umfaßt  zum  größten  Teil  nur  ein  Geschoß,  bloß  die  mittleren  Teile 
der  seitlichen  Straßentrakte  erhielten  ein  Obergeschoß,  das  für  Kutscher-  und  Dienerwohnungen 


8  Dienerzim- 
mer. 

9,  10  Verband 
zimmer. 


mer. 

12  Loggia. 

13  Journal. 

14, 15  Inspektions 
zimmer. 


Stiege, 
nhalle. 


Journalbeamte. 
21  Vorzimmer. 
22  Werkstätte. 
23  Tragbahren- 
magazin. 
24  Magazin. 
25  Wagenremise. 
26  Futterkammer. 

27  Stall  für  19  Stände. 

28  Geschirrkammer. 
29  Kutscherzimmer. 


>)  Der  Bautechniker.  Wien  1S89,  Nr.  24. 

"-)  Seit  dem  Bestände  der  Samariterschule  (23.  November  1897)  bis  Ende  1905  wurden  132,  in  letzterem  Jahre  allein  18  Sama- 
riterkurse abgehalten,  die  sich  eines  stets  steigenden  Zuspruches  erfreuen.  In  der  angegebenen  Periode  haben  14.230  Personen  die 
Samariterkurse  besucht;  im  Jahre  1905  wurden  1607  Personen,  darunter  470  Frauen  in  der  ersten  Hilfeleistung  bei  Unfällen  aller  Art 
unterrichtet,  von  denen  sich  714  (darunter  44  Frauen)  einer  Prüfung  unterzogen. 


286 


Humanitatsanstalten. 


bestimmt  ist.  Im 
Erdgeschosse  be- 
finden sich  außer 
der  Remise  für  den 
Wagenpark  der 
Gesellschaft,  dem 

Hauptmagazine 
und  einer  Werk- 
stätte Unterkünfte 
für  Dienerund  ein 
Stall  für  19  Pferde. 
Der  bemerkens- 
werteste Raum 
dieses  Gebäudes 
ist  die  mittels  eiser- 
ner Rolläden  ver- 
schließbare Wa- 
genwartehalle, in 
der  vier  zur  Aus- 
fahrt stets  bereit- 
stehendebespann- 
te  Wagen,  vor  den 
Unbilden  der  Wit- 
terung geschützt, 
des  Signales  har- 
ren, den  Hilfs- 
dienst anzutreten. 
Das  Hauptgebäude  wird  in  allen  seinen  Räumen  mittels  Niederdruckdampfheizung  (System 
Käuffer)  erwärmt  und  nach  dem  System  der  sogenannten  natürlichen  Ventilation  gelüftet.  Die 
Böden  aller  Diensträume  sind  aus  Xylolith  hergestellt;  alle  Teile  der  Anstalt  werden  elektrisch 
beleuchtet,  wie  überhaupt  die  modernsten  Einrichtungen  in  derselben  stets  sofort  Eingang  finden. 
Die  Baukosten  betrugen  rund  338.700  K  und  wurden  vollständig  durch  Spenden  gedeckt. 

Filiale  Mariahilf.  Mit  Rücksicht  auf  die  große  räumliche  Ausdehnung  Wiens  und  in 
Anbetracht  der  sich  stets  steigernden  Inanspruchnahme  der  Gesellschaft  beschloß  das  Aktions- 
komitee im  September  1903,  an  die  Errichtung  von  Filialen  in  den  äußeren  Bezirken  Wiens  zu 
schreiten.  Die  erste  dieser  Filialsanitätsstationen  wurde  auf  einem  568  m-  messenden,  um 
69.300  K  erworbenen  Grundstücke  am  Mariahilfcr  Gürtel  als  zweigeschossiges  Gebäude  im  Jahre 
1904  erbaut  und  im  Februar  1905  in  Betrieb  gesetzt.  Das  Programm  für  dieselbe  verfaßte  der 
Chefarzt    der  Gesellschaft,    den  Plan    entwarf   und   den  Bau    leitete  Architekt  Bernhard  Pichler 

Im  Erdgeschosse  sind  alle  Diensträume,  dann  Diener-  und  Kutscher- 
Pferde  und  die  Remise  für  vier  Wagen  untergebracht.  Im  ersten 
Stocke  befinden  sich  die 
leiters,  zweier  Hausärzte, 
Dieners.  Die  Baukosten 
Während  des  bis  nun 
dieser    Hilfsstation,    die 


Abb.  417.     Wiener  Freiwillige  Rettungsgesellschaft.    Loggia  und  Durchfahrt. 


der  Union-Baugescllschaft. 
zimmer,    der  Stall  für  acht 


Wohnungen    des  Stations- 

eines  Beamten    und  eines 

betrugen    rund    150.000  K. 

clfmonatlichen     Bestandes 

den   Namen:     „Erste   Filial- 

sanitätsstation  Mariahilf  Graf  Wilczck"   erhielt,  wurde 

ihre  Hilfe  in   5451    Fällen  angesprochen. 

Seit  dem  Bestehen  der  Rettungsgesellschaft  bis  31.  De- 
zember 1905  kamen  152.886  Fälle  erster  Hilfe  und  105.949 
Krankentransporte  vor.  im  ganzen  hatte  also  die  Gesellschaft 
258.835mal  in  Tätigkeit  zu  treten.  Auf  das  Jahr  1905,  das 
die  höchste  Jahresleistung  aufzuweisen  hatte,  entfielen 
15.177  Fälle  erster  Hilfe  und  10.224  Krankentransporte.  Für 
die  Ausübung  ihres  Dienstes  steht  der  Rettungsgesellschaft 
gegenwärtig  das  folgende  besoldete  Personal  und  Sanitäts- 
material  zur  Verfügung:  20  Arzte,  6  Beamte,  18  Sanitäts- 
diener. 9  Kutscher,  25  Pferde,  1  Automobil-Ambulanzwagen 
(System  Jelinek-Mercedesi,  28  Krankentransportwagen  aller  Art  und  verschiedener  Konstruktion,  3  Küchen- 
wagen,   1  Labewagen   und  1  Fourgon,  150  Tragbahren,  lo  Tragsessel,  18  Sanitätskasten,  8  Gegengiftkasten. 


E  Einfahrt. 
PZ  Portierzim- 
mer. 
J  Journal. 
VZ  Verbandzim- 

mer. 
ÄZ  Ärztezinnner. 
OH    Offener  Hof. 
GW  Gedeckte 
Wartehalle. 
R  Remise. 
PS  Pferdestall. 


Abb.  41S.    Filiale  der  Rettungsgesell- 
schaftim  VI.  Bezirke.  Ebenerd.  1  :  6UU. 


RettungS-  und  Sanitätswesen. 


287 


10  Schicnensäckc.  25  Sanitäts-  und  Verbandtaschen;  3  mobile  Baracken,  22  auf  Plätzen  der  Stadt  zur 
Benützung  für  jedermann  verteilte  Tragbahren.  Für  Eisenbahnkatastrophen  stellt  ein  mit  Transport-  und 
Sanitätsmateriale  komplett  ausgestatteter  Sanitätsambulanzwaggon  in  der  Station  Hauptzollamt  der  Stadt- 
bahn und  sind  100  Tragbetten  bereit:  52  Gestelle  stehen  auf  den  Bahnhöfen  Wiens.  Ferner  sind  12  Garni- 
turen Rettungsgeräte  für  Ertrinkende  an  den  k.  k.  Sicherheitswachstuben  entlang  des  Donaukanales  und 
an  den  Brücken  entlang  des  Donaustromes  angebracht   u.  s.  w. 

Im  Bedarfsfalle  verfügt  die  Gesellschaft  über  327  Arzte  ^Ehrenmitglieder)  und  über  33  Studierende  der 
Medizin  als  Hospitanten.  Für  Feuersgefahren  haben  sich  zehn  freiwillige  Feuerwehren  mit  403  Mann,  die  in 
der  ersten  Hilfe  ausgebildet  wurden,  der  Gesellschaft  angeschlossen;  für  Wassernot  stehen  ihr  199  geübte 
Ruderer  als  Wasserwehr  zu  Gebote,  die  einigen  mit  der  Gesellschaft  in  Verbindung  getretenen  Ruderver- 
einen angehören. 

Die  Gesellschaft  verfügt  gegenwärtig  über  ein  Barkapital  von  rund  2.170.000  K  und,  abgesehen  von 
den  Baulichkeiten,  über  ein  Inventar  im  Werte  von  rund  300.000  K;  ihre  Einnahmen  ergänzen  sich  durch 
die  Subventionen,  Legate,  Stifter-,  Förderer-,  Gönner-  und  Mitgliederbeiträge  oder  Unterstützungen,  endlich 
durch  die  Erträgnisse  von  Festen  und  Lotterien.  Die  Betriebskosten  im  Jahre  1905  betrugen  rund  180.000  K. 

Österreichische  Gesellschaft  vom   Roten   Kreuze.1) 

Die  als  Bund  aller  „patriotischen  Hilfsvereine"  der  diesseitigen  Reichshälfte  unter  dem 
Protektorate  Seiner  Majestät  des  Kaisers  seit  dem  Jahre  1880  bestehende  Österreichische 
Gesellschaft  vom  Roten  Kreuze  erbaute  im  Jahre  1882  auf  dem  ihr  von  Seiner  Majestät 
überlassenen,  im  Prater  nächst  der  Rotunde  gelegenen,  12.550  m'2  messenden  Grundstücke 
fünf  Depots  für  die  in  Wien  unterzubringenden  neun  Blessiertentransportkolonnen.  Diese 
feuersicher  angelegten  Depots  von  je  46'47  m  Länge  und  15"  17  m  Breite  im  Lichten  haben 
während  des  Friedens  die  erwähnte  Bestimmung,  dienen  aber  im  Kriege  als  Zentralstelle  zur 
Aufnahme  und  Verteilung  der  für  die  Hilfeleistung  bestimmten  eingelieferten  Gegenstände.  Im 
Jahre  1883  wurde  behufs  Unterbringung  einer  aus  48  Wagen  bestehenden  Materialkolonne, 
dann  eines  aus  16  Wagen  bestehenden  Feldspitales  und  einer  aus  16  Wagen  bestehenden 
Blessiertentransportkolonne  ein  sechstes  Depot  erbaut.  Das  siebente,  zur  Hälfte  auf  dem  Grund- 
stücke der  Gesellschaft  stehende  Depot  ist  Eigentum  des  Deutschen  Ritterordens.  Ein  kleines 
gemauertes  Gebäude  nimmt  die  Wohnungen  des  Depotverwalters,  des  Magazineurs  und  eines 
Depotdieners  auf.  Im  Depot  Nr.  1  wurden  im  Jahre  1901  zwei  Dampfdesinfektionsapparate  auf- 
gestellt. Die  Baukosten  der  sechs  Depotgebäude  und  des  erweiterten  Wag-  und  Wächterhauses 
betrugen  rund   185.000  K 

Die  Österreichische  Gesellschaft  vom  Roten  Kreuze  vereinigt  gegenwärtig  22  Landes-Hilfsvereine  mit 
430  Zweigvereinen  und  79  Bezirksbureaux  mit  einer  Gesamtzahl  von  53.763  Mitgliedern;  sie  besitzt  ein  Ver- 
mögen von  mehr  als  14  Millionen  Kronen  und  verfügt  über  50  vollkommen  eingerichtete  Spitalsbaracken, 
617  Fuhrwerke,  102  Sanitätsfahrräder  (Bicycle)  und  sonstiges  Material  für  33  Blessiertentransportkolonnen 
und  zwei  Feldspitäler  mit  je  200  Betten  in  einem  Gesamtwerte,  der  2  Millionen  Kronen  bedeutend  über- 
steigt. Seit  dem  Jahre  1899  besitzt  die  Gesellschaft  das  von  ihr  erbaute  Gesellschaftshaus  in  Wien,  I.,  Milch- 
gasse 1,  in  dem  sich  ihre  Bureaux  befinden.  F.  von  Gruber. 


Die  städtischen   Sanitätsstationen   (Abb.  419). 

Diese  seit  1894  zur  Errichtung  gelangenden  Anstalten  haben  den  Transport  von  Kranken 
in  die  Spitäler,  von  Verstorbenen  in  die  Leichenkammern  über  Anordnung  der  Sanitätsorgane 
und  der  k.  k.  Polizei  zu  veranlassen,  infizierte  Gegenstände  zu  desinfizieren  und  auch  zu  ver- 
brennen. Gegenwärtig  bestehen  drei  vollständige  Stationen:  V.,  Bräuhausgasse  61,  XVII.,  Gilm- 
gasse  18,  XX.,  Gerhardusgasse  2 — 5,  und  vier  solche,  welche  hauptsächlich  für  den  Kranken- 
transport eingerichtet  sind:  XIV.,  Pillergasse  2,  XVI.,  Thaliastraße  113,  XVII.,  Rötzergasse  31, 
XVIII.,  Sommarugagasse  4. 

Die  Sanitätsstation  in  der  Gerhardusgasse  wurde  im  Jahre  1897,  jene  in  der  Gilmgasse 
im  Jahre  1903  erbaut,  während  alle  übrigen  in  älteren  Gebäuden  untergebracht  sind.  Die 
neueste  der  genannten  Anstalten,  jene  in  der  Gilmgasse,  besteht  im  wesentlichen  aus  einem 
einstöckigen  Administrationsgebäude  mit  Stallungen  im  Souterrain,  wozu  das  ehemalige  Not- 
spital der  Gemeinde  Hernais  adaptiert  wurde,  aus  zwei  einstöckigen  Trakten,  welche  die 
Wagenremisen,  Stallungen  und  eine  große  Waschküche  für  die  Wäsche  des  Personales  der 
Sanitätsstationen  enthalten,  endlich  aus  einem  ebenerdigen  Trakte  mit  zwei  Desinfektionsapparaten 
und  einem  Verbrennofen.  Zur  Vermeidung  von  Rauchbelästigungen  werden  die  Rauchgase  von 


')  Generalbcrichte    der    österreichischen  Gesellschaft    vom    Roten    Kreuze. 
Gesellschaft  vom  Roten  Kreuze.  XXI.  Jahrgang. 


„Das  Rote  Kreuz."    Organ  der  Osterreichischen 


288 


Mumanitätsanstalten. 


dem  Verbrennofen  und  den  Kesseln   der  Desinfektionsapparate  in    einen    25  m    hohen  Dampf- 
schornstein geleitet.     Bei    der  Anlage    ist  daran  festgehalten,    die  Wohnungen   vollständig  von 

der  Anstalt  zu  trennen;  außerdem  ist 
eine  Zweiteilung  der  Anstalt  in  der 
Richtung  durchgeführt,  daß  in  einer 
Hälfte  die  Wagen  für  die  nicht  infizier- 
ten Kranken,  in  der  anderen  jene  für 
infektiöse  Kranke  untergebracht  sind. 
Die  zu  desinfizierenden  oder  zu  ver- 
brennenden Gegenstände  werden  der 
letzteren  Seite  zugeführt.  Die  Desinfek- 
tion erfolgt  in  von  der  Firma  Kurz, 
Rietschel  &  Henneberg  gelieferten  Ap- 
paraten mittels  gespannten  Dampfes. 
Die  Größe  der  Apparate  gestattet  die 
Desinfektion  ganzer  Betten.  Der  Dampf 
wird  in  einem  besonderen  Kessel  ent- 
wickelt. Die  Aufstellung  der  Desinfek- 
tionsapparate und  ihre  Bedienung  ent- 
spricht den  gegenwärtig  allgemein  an- 
genommenen Prinzipien.  Der  Verbren- 
nungsofen wurde  ebenfalls  von  vorbe- 
zeichneter Firma  ausgeführt  und  dient 
hauptsächlich  zur  Verbrennung  von  Bett- 
stroh. Die  Mannschaftsräume  befinden 
sich  auf  der  Seite,  auf  der  nur  mit  ge- 
Abb.  419.   Sanitätsstation  xvn.,  Giimgasse.   Ebenerd.   1:600.  reinigten    Gegenständen    hantiert    wird. 

Die  Baukosten  betrugen  rund  1 80.000  K. 
Die  Ausführung  erfolgte  nach  dem  Projekte  des  Stadtbauamtes  unter  der  Leitung  von  Baurat 
Josef  Pürzl   und  Bauadjunkt  Cäsar  Poppovits.  /.  Pürzl. 


F.  MILITÄRGEBÄUDE. 


I.  GEBÄUDE  FÜR  DAS  GEMEINSAME  HEER. 

Die  Unterbringung  der  Truppen,  Kommanden,  militärischen  Behörden  und  verschiedenen 
Zwecken    dienenden  Heeresanstalten    in  Wien    war    in    früheren  Jahren   in  vielen  Beziehungen 

sehr  mangelhaft.  Von  den  für  mili- 
tärische Zwecke  benützten  Bau- 
objekten waren  nur  einige  von 
vorneherein  für  diese  Widmung  er- 
baut, die  anderen  waren  adaptierte 
Objekte,  und  zwar  ärarische  und 
nichtärarische,  teils  auch  aufgelas- 
sene Klöster,  endlich  gemietete  Ge- 
bäude. Die  Unterkunftsräume  waren 
aber  auch  bei  der  fortschreitenden 
Entwicklung  und  den  reorganisato- 
rischen Umformungen  des  Heeres 
und  seiner  Einrichtungen  bald  unzu- 
reichend, namentlich  nach  der  Ein- 
führung der  allgemeinen  Wehr- 
pflicht und  Organisierung  der  Land- 
wehr. Eine  durchgreifende  Umge- 
staltung und  Besserung  der  mili- 
tärischen Unterkunftsverhältnisse  be- 
gann gelegentlich  der  Wiener  Stadt- 
erweiterung; mit  der  Durchführung 
der  Wiener  Kaserntransaktion  ge- 
wann sie  einen  größeren  Umfang,  und  mit  deren  Beendigung  dürfte  die  Umgestaltungs- 
periode für  einige  Zeit  zum  Abschluß  gelangen.  Vollkommen  befriedigende  Zustände  werden 
aber  damit  noch  nicht  hergestellt  sein,  weil  immer  noch  eine  große  Zahl  höherer  Kommanden 
und  Anstalten  und  insbesondere,  nebst  der  kompletten  Marinesektion,  auch  eine  ganze  Reihe 
von  Abteilungen  des  Reichs-Kriegsministeriums  in  gemieteten  Räumen  von  Privatgebäuden 
untergebracht  sind,  ferner  auch  noch  eine  Anzahl  älterer  Kasernen  etc.,  die  den  modernen 
Anforderungen  nicht  mehr  entsprechen,  in  Benützung  bleiben. 

Im  nachfolgenden   sollen    nur   die  neueren  militärischen  Gebäude  eine  eingehendere  Be- 
sprechung finden. 


Abb.  420.     Reichs-Kriegsministerium,  I.,  Am  Hof. 


Verwaltungsgebäude  und  Bauobjekte  für  militärwissenschaftliche  Zwecke. 

Das  K.  u.  k.  Reichs-Kriegsministerium  (Abb.  420)  ist  gegenwärtig  vereint  mit  den  Bureaux 
des  Generalstabes  zum  großen  Teil  im  „Kriegsgebäude"  Am  Hof  14  und  in  dem  zu  dem- 
selben gehörigen  Gebäude  Nr.  4  in  der  Seitzergasse  untergebracht.  Beide  Gebäude  wurden 
1779  nach  Auflassung  des  Jesuitenordens,  als  dessen  Profeßhaus  das  erste  diente,  während  das 
zweite  eine  seiner  Schulen  aufnahm,  für  Zwecke  des  Hofkriegsrates  bestimmt. 

Bd.  II.  19 


290 


Milithrgcbäudc. 


Abb.  421.     Generalkommando,  [.,  Universitätsstraße. 


Im  Hauptgebäude  Am  Hof  befinden  sich  sieben  Abteilungen  und  die  Hilfsämter  des 
Reichs- Kriegsministeriums,  die  Generalstabs- 
bureaux  und  die  Wohnung  des  Kriegsministers. 
Im  Gebäude  in  der  Seitzergasse  sind  drei  Ab- 
teilungen des  Reichs-Kriegsministeriums  unterge- 
bracht. Sieben  Abteilungen  der  obersten  Heeres- 
verwaltung sind  in  Privatgebäuden  eingemietet,  da 
infolge  der  natürlichen  Entwicklung  aller  Dienstes- 
zweige und  der  fortgesetzten  weiteren  Ausgestal- 
tung aller  Heereseinrichtungen  die  alten  Räumlich- 
keiten in  den  ehemaligen  Jesuitengebäuden  schon 
lange  nicht  mehr  allen  Anforderungen  zu  ge- 
nügen vermögen.  Es  besteht  daher  die  Absicht, 
ein  den  modernen  Anforderungen  entsprechendes 
Gebäude,  in  welchem  alle  dermalen  zerstreut 
untergebrachten  Abteilungen  und  Hilfsämter  des 
Kriegsministeriums  und  des  Generalstabes  vereint 
Raum  finden,  an  anderer  Stelle  neu  zu  er- 
bauen. 

•  Das  Militär-Kanzleigebäude  am  Dcutsch- 
meistcrplatz  3,  ein  als  Zinshaus  im  Jahre  1870" 
erbautes  Objekt,  wurde  der  Heeresverwaltung 
zum  Ersatz  des  bei  Erweiterung  der  Teinfaltstraßc 
abgebrochenen,  für  militärische  Zwecke  dienenden 
Hauses  von  der  Finanzverwaltung  1884  übergeben. 
In  demselben  sind  der  oberste  Militär-Gerichtshof, 
das  apostolische  Fcldvikariat,  das  Sanitätstruppen- 
kommando   und    das    Gcneralstabs-Tclegraphen- 

bureail    untergebracht.  Abb.  422.     Generalkommando.     Erster  Stock.     1:800. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


291 


Das  Korpskommandogebäude  ')  (Abb.  42 1 ,  422),  I.,  Universitätsstraße  7,  wurde  auf  den  Stadt- 
erweitcrungsgründen  des  ehemaligen  Exerzierplatzes  in  den  Jahren  1871  — 1874  nach  den  Plänen 
des  Architekten  Wilhelm  von  Dodercr  unter  der  Leitung-  des  Hauptmannes  Karl  Feith  des  Genie- 
stabes von  der  Wiener  Baugcscllschaft  erbaut.  Mit  seiner  53  m  langen  Hauptfront  ist  es  der 
Universitätsstraße  zugewendet  und  nimmt  einen  ringsum  freistehenden  rechteckigen  Baublock 
von  73  m  Tiefe  ein.  Von  den  vier  Trakten,  welche  den  geräumigen,  24  m  breiten,  34  m  langen 
Hof  umgeben,  sind  die  zwei  kürzeren  als  Doppeltrakte  mit  Seitengang,  die  längeren  als 
solche  mit  Mittelgang  gestaltet.  Die  verbaute  Fläche  beträgt  3006-80  m2. 

Das  Gebäude  enthält  ein  durchgehends  gewölbtes,  3'50  m  hohes  Tiefparterre,  ein  3-90  m 
hohes,  auf  Traversen  gewölbtes  Hochparterre,  ein  3-68  in  hohes  Mezzanin,  ein  Hauptgeschoß 
von  4-60m  lichter  Höhe  und  zwei  obere  Stockwerke,  welche  44  6  m,  beziehungsweise  3-80  m 
Höhe  messen.  Im  Tiefparterre,  dessen  Decke  das  Trottoir  an  der  Universitätsstraße  um  2-20  m 
überragt,  befinden  sich  außer  den  vom  Hofe  aus  über  eine  Rampe  zugänglichen  Stallungen 
und  Remisen  die  Unterkünfte  der  Mannschaft,  Aktendepots,  die  lithographische  Anstalt,  Brenn- 
materialmagazine  und  die  Heizkammer  der  Heißwasserheizung,  womit  der  größte  Teil  des  Ge- 
bäudes ausgestattet  ist,  da  nur  die  Wohnung  des  kommandierenden  Generals  und  die  Kanz- 
leien der  Gcneralinspektoren  mit  einer  Warmwasserheizung  versehen  wurden.  Es  war  dieses 
Gebäude  das  erste  für  Kanzlei-  und  Wohnzwecke  bestimmte  Bauobjekt  Wiens,  bei  dem  die 
Wasserheizung  allgemein  zur  Anwendung  kam. 

Im  Hochparterre  liegen  das  Einreichungsprotokoll,  die  Räume  der  Militärkasse,  dann,  vom 
Hofe  aus  direkt  zugänglich,  das  Platzkommando.  Im  Hauptgeschoß  fand  die  Dienstwohnung 
des  kommandierenden  Generals  ihren  Platz,  mit  welcher  ein  reich  ausgestatteter,  fast  zwei  Ge- 
schosse durchgreifender  Empfangssaal  verbunden  ist.  Außerdem  enthält  dieses  Geschoß  die 
Bureaux  des  General-Artillerieinspektors  und  die  Wohnung  des  Generalstabschefs  des  Korps. 
Alle  übrigen  Räume  des  Gebäudes  dienen  als  Kanzleien,  und  zwar  zum  größten  Teil  als 
jene  des  Korpskommandos  mit  seinen  Geschäftsabteilungen,  sodann  als  solche  des  Landes- 
beschreibungsbureaus des  Generalstabes  und  des  Militär-Appellationsgerichtes,  zu  welchem  der 
große  Saal  des  obersten  Geschosses  gehört,  der  über  dem  Empfangssaal  eingeschaltet  wurde. 
Die  Baukosten  betrugen  2,854.500  K,  die  Kosten  der  Einrichtung  zirka  53.700  K. 

Das  Gebäude  des  Technischen  Militärkomitees  (Abb.  423,  424),  VI.,  Getreidemarkt  9,  wurde 
in  den  Jahren  1862 — 1864  auf  den  Gründen  des  ehemaligen  Jesuitcrhofes,  welcher  als  Fortifikations- 
bauhof  gedient  hat,  für  Zwecke  des  Geniewesens  nach  dem  in  der  Geniedirektion  verfaßten 
Entwürfe  von  dieser  erbaut  und  nahm  zunächst  das  Geniekomitee  und  die  Geniedirektion  auf. 
Bei  der  im  Jahre  1868  erfolgten  Vereinigung  des  Geniekomitees  mit  dem  Artilleriekomitee  zum 
technischen  und  administrativen  Militärkomitee  wurde  das  Gebäude  ausschließlich  diesem 
wissenschaftlichen  Hilfsorgane  des  Reichs-Kriegsministeriums  gewidmet  und  im  Laufe  der  Zeit 
mit    dem    wachsenden  Bedarfe    an  Laboratorien    u.  s.  w.    durch    Erweiterungs-    und    Zubauten 


')  Veröffentlicht  in  den  statistischen  Bauberichten  über  militärische  Hochbauten.  K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei.    Allgemeine 
Bauzeitung.  1880.   Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1872. 


Abb.  423.     Militärtechnisches  Komitee,  VI.,  Getreidemarkt. 


292 


Militärgebäude. 


wesentlich    vergrößert;     so    im    Jahre    1878    durch 
Anlage    einer    photographischen    Anstalt,    im    Jahre 
1899    durch    den    Bau    eines   Mannschaftswohnge- 
bäudes und  endlich  im  Jahre  1902  durch  den  Bau 
eines  Kanzleigebäudes.  Die  Gesamtarea  dieser  Ge- 
bäude beträgt  9320  m-;  davon  sind  3946  m2  verbaut. 
Das  Hauptgebäude    hat    über  dem  Keller  drei  Ge- 
*  schösse,    zu    welchem    im    Mittelrisalit    ein    viertes 
I  hinzukommt.    Die  durch  gedeckte  Gänge  mit  dem 
|  Hauptgebäude    verbundenen  Flügelpavillons    sowie 
3  die  photographische  Anstalt  haben  zwei  Geschosse, 
das  Mannschaftswohngebäude  drei,  der  neue  Kanzlei- 
trakt fünf  Geschosse.  Die  Baukosten  betrugen  bisher 
zusammen  rund   1,255.000  K. 

Das  Militär-geographische  Institut  (Abb.  425 
bis  427)  wurde  im  Jahre  1839  errichtet  mit  der 
Aufgabe  der  Ausführung  der  astronomischen  und 
geodätischen  Vermessungen  und  der  militärischen 
Landesaufnahme,  der  Reduktion  der  Aufnahmen  in 
die  Kartenmaße,  dann  der  Herstellung  und  Ver- 
vielfältigung der  Karten  bei  steter  Evidenthaltung  der  vorkommenden  Veränderungen.  Seine 
erste  Heimstätte  fand  dieses  zu  europäischem  Rufe  gelangte  Institut  in  dem  jetzigen  Haupt- 
gebäude A  (Landesgerichtsstraße  7),  das  in  den  Jahren  1840 — 1842  erbaut  und  durch  sein  einen 
Globus  als  Krönung  tragendes  Türmchen  ein  Wahrzeichen  Wiens  geworden  ist.  In  den  Jahren 
1870 — 1871  wurde  es  durch  Aufbau  eines  dritten  Stockes  erweitert  und  in  seiner  äußeren 
Architektur  verschönert. 

Da  mit  dem  fortwährenden  Anwachsen  der  dem  Institute  gestellten  Aufgaben  sowie  mit 
der  Vervollkommnung  und  ausgedehnten  Verwertung  der  neuen  Reproduktionsverfahren  auch 


Mu/eisen-Gas. 


a  Hauptgebäude,  b,  c  Stall-  und  Mannschaftsgebäude, 
d,  e  Reitschulen,  h  Gebäude  des  Technischen  Militär- 
komitees,    i  Mannschaftswohngebäude,   k  Kanzleigebäude. 

Abb.  424.    Lageplan  der  Kriegsschule  und  des  Technischen 
Militärkomitees.     1 :  3000. 


Abb.  425.     Militär-geographisches  Institut.     Hauptgebäude  A,  VIII.,  Landesgerichtsstraße  7. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


293 


II    TT  Fl 
ff  ff  II 

11  II  U 


II     I  I  I]  II 

II     iffif^H 


Abb.  426.    Neues  militär-geographisches  Institut.    Hauptgebäude  B,  VIII.,  Josefstädterstraße. 

die  Räume  des  erweiterten  Hauptgebäudes  A  nicht  mehr  genügten,  wurde  im  Jahre  1880  die 
ehemals  J.  T.  von  Trattnernsche  Realität  in  der  Josefstädterstraße  (Nr.  73)  für  die  Zwecke  des 
geographischen  Institutes  adaptiert  und  als  Institutsgebäude  B  bezeichnet. 

In  letzter  Zeit  hat  sich  teils  wegen  Raummangel,  dann  wegen  einer  beim  Institutsgebäude  B 
unaufschieblich  gewordenen  Straßenerweiterung  die  Notwendigkeit  ergeben,  das  Gebäude  B 
durch  einen  Neubau  zu  ersetzen,  welcher  auf  einem  Baublock  der  gegenübergestandenen 
alten  Kavalleriekaserne  1903 — 1905  aufgeführt  wurde.  Hiernach  sind  nunmehr  im  Hauptge- 
bäude A  nebst  dem  Institutskommando  die  geodätische,  Mappicrungs-  und  kartographische 
Gruppe  mit  ihren  verschiedenen  Unterabteilungen,  dagegen  im  Gebäude  B  die  ganze  technische 
Gruppe  mit  der  Photographie-,  Heliogravüre-,  Kupferstich-,  Lithographie-,  Photolithographie- 
und  Pressenabteilung  sowie  die  gesamte  Militärmannschaftsabteilung  untergebracht. 

Das  neue  Gebäude  hat  eine  95'60  m  lange  Hauptfront  gegen  den  öffentlichen  Platz  und 
zwei  24-27  m  lange  (hofseitige)  Flügel  mit  zwischenliegendem  Hofraum.  Der  Baugrund  hat  ein 
Ausmaß  von  5093  m-;  davon  sind  4039  m2  verbaut.  Die  beiden  Gebäudeflügel  sind  Doppel- 
trakte mit  Lichthöfen.  Der  Fronttrakt  hat  im  mittleren  Teil  bis  zum  ersten  Stocke  eine  Trakt- 
breite von  28- 17  m.  In  diesem  Stocke  befindet  sich  der  29'40  m  lange,  die  ganze  Traktbreite 
einnehmende  Saal  für  zwanzig  lithographische  Schnellpressen.    Dieser  Saal  erhielt  eine  Beton- 


SS  Schnellpressensaal.     HP  Handpressen.    K  Kanzleien.    KD  Kupferdruck.     AP  Autographieprcssen.     Z  Wohnzimmer. 
Abb.  427.    Neubau  B  des  Militär-geographischen  Institutes.     Erster  Stock.     1:800. 


294  Militärgebäude. 

eisendecke  auf  Pfeilern,  die  zugleich  eine  vom  zweiten  Stocke  betretbare  offene  Plattform  für 
Arbeiten  im  Freilicht  bildet.  Im  mittleren  Teile  der  Decke  ist  eine  große  Saaloberlichte  ein- 
gesetzt. Im  Erdgeschosse  ist  der  mittlere  Raum  unter  dem  Pressensaal  als  Remise  für  Feldpressen- 
wägen,  der  hofseitige  Teil  als  Schlosserei.  Maschinenwerkstätte,  worin  auch  der  dreißigpferdige 
Gasmotor  aufgestellt  wurde,  und  Tischlerei  gewidmet. 

Das  Gebäude  hat  ober  dem  Keller  fünf  Geschosse,  der  erste  Stock  mit  4T0m,  die  an- 
deren Geschosse  mit  380  m  lichter  Raumhöhe.  Im  vierten  Stocke  ist  die  gesamte  Instituts- 
mannschaft untergebracht,  die  in  ihre  Wohnräume  über  eine  eigene  Stiege  von  außen  gelangen 
kann.  Die  anderen  vier  Geschosse  enthalten  Arbeits-  und  Kanzlciräume,  eine  Marketenderei 
und  zwei  kleine  Wohnungen.  Im  Keller  sind  die  ausgedehnten  Steindepots  für  die  Lithographie, 
diverse  andere  Magazine  und  die  Zentralhcizanlage  untergebracht.  Zur  Beheizung  sämtlicher 
Räume  für  den  Arbeitsbetrieb  und  die  Mannschaftsunterkunft  dient  eine  Niederdruck-Dampf- 
heizungsanlage. Die  Beleuchtung  ist  für  Elektrizität  und  Leuchtgas  derart  eingerichtet,  daß  die 
eine  oder  die  andere  Beleuchtungsart  nach  Bedarf  angewendet  werden  kann.  Der  Betrieb  der 
Arbeitsmaschinen  erfolgt  mit  elektrischem  Strom,  der  bei  Versagen  der  städtischen  Stromquelle 
mit  Hilfe  des  Gasmotors  selbst  erzeugt  werden  kann.  Die  Gesamtbaukosten,  ohne  Baugrund 
und  ohne  innere  Einrichtung,  betrugen   1,878.000  K. 

Kasernen. 

Zu  den  ältesten  Kasernen  Wiens  gehörten  die  nun  nicht  mehr  bestehenden  Salzgries- 
kaserne  (1745)  und  Getreidemarktkaserne  (1748),  durch  deren  Bau  sich  die  Ge- 
meinde im  Sinne  des  von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  erlassenen  Einquartierungsgesetzes 
(1748)  von  der  Bequartierung  der  Soldaten  bei  den  Bürgern  befreite,  und  die  bis  in  die  zweite 
Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  bestanden  haben.  Unter  Kaiser  Josef  II.  wurde  1776 — 1779  die 
Alserkaserne,  IX.,  Alserstraße  2,  gebaut.  Von  dem  26.673  m-  betragenden  Gesamtareale  der- 
selben sind  13.952  m'2  derart  verbaut,  daß  fünf  verschieden  große,  geschlossene  Höfe  gebildet 
werden.  Die  unteren  drei  Geschosse  sind  gewölbt,  das  oberste  hat  Holzdecken.  Die  Kaserne 
bietet  Unterkunft  für  2  Infantericregimentsstäbe,  6  Infanteriebataillone,  das  Garnisonsgericht 
mit  der  Sektion  I  des  Garnisonsarrestes  und  enthält  weiters  21  Offizierswohnungen  verschiedener 
Größen  und  25  Wohnungen  für  verheiratete  Unteroffiziere.  Ungefähr  ebenso  alt  wie  die  Alser- 
kaserne ist  auch  dieRennweger  Artilleriekaserne,  III.,  Rennweg  89.  Diese  Kaserne  wurde 
nie  planmäßig  völlig  ausgebaut.  Von  ihrem  Gesamtareale  von  80.816  m2  sind  nur  18.574  m2 
teilweise  geschlossen  verbaut.  Sie  bietet  Raum  für  890  Mann  und  244  Pferde  sowie  für  elf 
Wohnungen  und  mehrere  Kanzleien. 

Aus  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  stammten  auch  die  Gebäude  der  Holz- 
hofkasernc  und  der  Poststallkaserne,  die,  wie  schon  ihre  Benennungen  andeuten,  ur- 
sprünglich für  andere  Zwecke  gebaut  waren  und  nun,  durch  Neubauten  ersetzt,  aufgelassen 
und  demoliert  worden  sind.  Ebenso  alt  wie  diese  Kasernen  waren  auch  die  älteren  Teile  der 
Kavalleriekaserne  in  der  Josefstadt,  welche  erst  1850  ausgebaut  wurde;  ferner  jene  in  der 
Leopoldstadt  und  die  Kavalleriekaserne  in  Meidling,  deren  älterer  Teil  1835/1836,  die 
jüngeren  1851  ausgeführt  wurden.  Von  diesen  drei  Objekten  besteht  nur  mehr  die  letzterwähnte 
Kaserne  für  zwei  Kavallerieeskadronen. 

In  den  Jahren  1844 — 1853  erfolgte  der  Bau  der  neueren  Trakte  der  Heumarktkaserne. 
III.,  Heumarkt  27,  als  Ergänzung  zu  den  älteren  Unterkunftsobjekten  in  den  rückwärtigen 
Partien  der  Kaserne.  Diese  Kaserne  bietet  gegenwärtig  Unterkunftsraum  für  den  Stab  und  drei 
Bataillone  eines  Infanterieregiments,  1  Jägerbataillon,  den  Stab  und  4  Batterien  eines  Divisions- 
Artillerieregiments  mit  seinen  Kadres,  für  das  Garnisonsgericht  und  den  Garnisonsarrest 
(Sektion  II)  und  endlich  für  das  Transporthaus  der  Garnison.  Ein  Fortschritt  war  beim  Bau 
dieser  Kaserne  darin  zu  bemerken,  daß  die  Stallungen  in  ebenerdige,  selbständige  Gebäude 
verlegt  wurden  und  die  Bildung  geschlossener  Höfe  vermieden  blieb.  Die  Gesamtarea  dieser 
Kaserne  beträgt  29.455  m2,  wovon   11.872  m2  verbaut  sind. 

Bemerkenswert  ist  die  Geschichte  der  Stiftkaserne  (Abb.  428,  429),  VII.,  Mariahilfcrstraße 
22- — 24  und  Stiftgasse  2.  Diese  Kaserne  stehtauf  den  Gründen  der  ehemaligen,  1666  errichteten 
Richthausen  von  Chaosschen  Waisenstiftung,  die  Schul-  und  Versorgungszwecken  diente.  Als 
die  Herzogin  Maria  Theresia  Felicita  von  Savoyen,  geborene  Fürstin  Liechtenstein,  den  Entschluß 
gefaßt  hatte,  ein  Erziehungsinstitut  für  adelige  Söhne  zur  Ausbildung  im  Militär-  und  Ver- 
waltungsdienst zu  stiften,  wurde   1746  ein  Teil  der  Chaosschen  Stiftungsgründe  hierfür  in  An- 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


295 


Abb.  428.     Tor  der  Stiftkaserne  im  VII.  Bezirke. 


spruch  genommen,  der  große,  damals  dreigeschossige 
Trakt  an  der  Stiftgasse  erbaut  und  darin  die  Savoysche 
Ritterakademie  eingerichtet,  an  deren  Stelle  später,  mit 
einigen  Unterbrechungen,  die  Ingenieurakademie  trat. 
Zu  dieser  gehörte  das  Akademiehauptgebäude  in  der 
Stiftgasse  mit  der  gegen  die  Sicbenstcrngassc  an- 
schließenden gedeckten  Reitschule  und  einigen  kleinen 
Nebenobjekten,  dann  der  zweistöckige  sogenannte 
Mosertrakt  an  der  Mariahilfcrstraßc,  in  welchem  sich 
früher  die  Chaos-Stiftung  befand,  ferner  der  den 
großen  Garten  östlich  begrenzende  Sappeurtrakt  mit 
anschließendem  Stalltrakte  und  endlich  die  als  Teil 
der  Savoyschen  Stiftung  vom  Architekten  Henrici  er- 
baute Stiftkirche,  die  mit  ihrem,  durch  besondere 
Eleganz  ausgezeichneten,  barocken  Turmhelme  zum 
Wahrzeichen  und  zur  besonderen  Zierde  der  Maria- 
hilferstraße  geworden  ist  (siehe  Kirchenbauten). 

Als  im  Jahre  1850  die  Ingenieurakademie  unter 
dem  Namen  „Genieakademie"  nach  Klosterbruck  bei 
Znaim  kam,  wurden  ihre  hiesigen  Gebäude  zu  Kasern- 
zwecken als  „Stiftkaserne"  verwendet  und  in  dem 
zum  Hofe  gewordenen  Garten  ein  viergeschossiger 
Kasernentrakt,  der  sogenannte  Mitteltrakt,  erbaut. 

Bei  der  Vereinigung  der  Genieakademie  mit  der 
in  Mährisch-Weißkirchen  bestandenen  Artillerieakade- 
mie zur  „Technischen  Militärakademie"  (1869)  wurde 
dieser  das  alte  Hauptgebäude  in  der  Stiftgasse  zuge- 
wiesen und  demselben  ein  viertes  Stockwerk  aufge- 
setzt. Bald  darauf  wurde  ein  Vorschlag  des  Baurates 
Karl  Freiherrn  von  Schwarz,  den  Mosertrakt  durch 
Umbau  rentabler  zu  machen,  von  der  Heeresverwal- 
tung angenommen  und  dieses  Projekt  in  den  Jahren 
1873 — 1875  ins  Werk  gesetzt.  Hiernach  blieben  die 
Mietzinse  der  Räume  im  Tiefparterre,  Erdgeschoß  und 
Mezzanin  (exklusive  der  Brennmaterialdepots  für  die 
Wohnungen  und  Kanzleien  der  oberen  Stockwerke) 
dem  Unternehmer  auf  30  Jahre  zur  Verzinsung  und 
Amortisation  des  Baukapitals  überlassen.  Der  Umbau 
wurde  nach  den  Plänen  des  Architekten  Eugen  Schweigel 
und  unter  seiner  Leitung  ausgeführt  und  kostete 
2,200.000  K.  An  der  kräftig  betonten  Hauptfassade  in 

der  Mariahilferstraße  war  das  Zusammenziehen  je  dreier  Fensterachsen  zu  einer,  Erdgeschoß 
und  Mezzanin  umfassenden  großen  Arkade  ein  glücklicher  Griff,  durch  den  im  Verein  mit 
wirksamen  Risalitanordnungen  sowie  Hervorhebung  der  beiden  großen  Toreinfahrten  mittels 
freistehender  Säulenpaare  jede  Monotonie  in  der  145-6m  langen  Fassade  vermieden  wurde. 

Der  Sappeurtrakt  und  der  Mitteltrakt  verblieben  als  Infanteriekaserne  bis  zur  Errichtung 
der  Infanterie-Kadettenschule,  die,  im  Jahre  1875  hierher  verlegt,  bis  zur  Vollendung  des  für 
sie  bestimmten  Neubaues  hier  verblieb.  Die  oberen  Geschosse  des  neuen  Mosertraktes  wurden 
für  Kanzleien  des  General-Bauingenieurs  und  von  Truppenstäben  sowie  für  Wohnungen  von 
Offizieren  und  Beamten  bestimmt. 

An    den    von    der    Technischen    Militärakademie    belegten    Räumlichkeiten    wurden 
Laufe     der   Jahre     fortwährend    Verbesserungen    vorgenommen,    um    sie    pädagogischen 
hygienischen  Anforderungen  entsprechender  zu  machen;    da   es    aber    nicht  möglich  war, 
diesem    Wege    einen    Zustand    zu    erreichen,    bei    dem    allen    modernen 
militärischen  Hochschule  genüge  geleistet  worden  wäre, 
für    die    Akademie    auf    einem    großen    Baugrunde    bei 
von  5,000.000  K   einen 
bezogen  wurde. 


a  Sappeurtrakt. 
b  Mitteltrakt. 


c  Mosertrakt, 
d  Stalls;ebäude. 


Abb.  429. 


Lageplan  der  Stiftkaserne  im  VII.  Bezirke. 
1 : 5000. 


im 

wie 
auf 
Erfordernissen    einer 
entschloß  sich  die  Heeresverwaltung, 
Mödling    mit    einem    Kostenaufwande 
weitläufigen  Neubau  aufzuführen,  der  im  Jahre  1904  fertiggestellt  und 


296 


Militärgebäude. 


Die  für  immerwährende  Zeiten  zur  Savoyschen  Rittcrakademie  bestimmten  Gebäude,  die 
über  dem  Portale  in  der  Stiftgasse  noch  jetzt  das  Savoysche  und  Liechtensteinsche  Wappen 
tragen,  mit  allem,  was  später  dazu  kam,  sind  nun  wieder  zur  Kaserne  geworden  und  be- 
herbergen außer  dem  Kriegsarchiv,  das  wegen  Raummangel  aus  dem  Kriegsministerialgebäude 
in  das  frühere  Hauptgebäude  der  Akademie  verlegt  wurde,  und  den  schon  erwähnten  Kanzleien 
und  Wohnungen  im  neuen  Mosertrakte  Räume  für  Truppen-  und  Spezialschulzwecke  und  die 
Unterkünfte  für  einen  Regimentsstab  und  3  Infanteriebataillonc.  Die  Gesamtarea  mißt  35.900  m'2, 
davon  sind   15.000  m2  verbaut. 

Einen  eigenartigen  Charakter  hatte  die  im  Jahre  1900  demolierte  Franz  Josef-Kaserne 
nächst  dem  Stubenring  und  Franz  Josefs-Kai  und  besitzt,  wenn  auch  etwas  modifiziert,  die 
noch  bestehende  Rossauer  Kaserne  nächst  dem  Schottenring  und  Kai.  Die  Franz  Josef- 
Kaserne  hatte  als  sogenannte  Defensionskaserne  einen  Bestandteil  der  ehemaligen  inneren 
Fcstungsumwallung  gebildet. 

Auch  die  Rossauer  Kaserne  (Abb.  430,  431)  (Donaukai — Schlickplatz)  sollte,  wenngleich 
deren  Erbauung  schon  in  die  Zeit  der  Auflassung  und  Demolierung  der  Festungswälle  fällt,  den 
allgemeinen  Charaker  eines  verteidigungsfähigen  Objektes  erhalten,  um  bei  militärischen  Aktionen 
als  Stützpunkt  dienen  zu  können.  Hiermit  waren  aber  auch  gewisse  Nachteile  in  der  inneren 
Verbauungsweise  verbunden,  wodurch  diese  Kaserne  im  Vergleiche  mit  modernen  Kasernen- 
bauten gegenwärtig  hygienisch  minderwertig  erscheint.  Diese  Nachteile  gipfelten  insbesondere 
in  der  gedrängten  Verbauung  mit  völlig  geschlossenen,  mäßig  großen  und  auch  kleinen  inneren 
Höfen,  in  der  Anwendung  des  alten  Systems  der  tiefen,  kasematteartigen,  nur  von  geschlossenen 
Korridoren  zugänglichen  Mannschaftswohnzimmer,  Übereinanderlegung  von  vier  und  in  den 
Eck-  und  Mittelrisaliten  fünf  Geschossen  und  Anordnung  von  Stallräumen  im  Parterre  der 
beiden  dreigeschossigen  Quertrakte.  Diese  in  den  Jahren  1865 — 1870  in  Ziegelrohbau  aus- 
geführte Kaserne  bietet  Raum  für  2400  Mann  und  390  Pferde.  Außerdem  enthält  sie  noch 
99  Offizierswohnungen  verschiedener  Größe  und  43  Wohnungen  für  verheiratete  Unteroffiziere. 
Ferner  befinden  sich  in  derselben  die  Kanzleien  des  Generalgenieinspektors,  eines  Truppen- 
divisions-  und  eines  Brigadekommandos,  endlich  jene  des  Militärpfarrers.  Die  Gesamtgrund- 
fläche mißt  43.293  m2,  wovon  17.936  m2  verbaut  sind.  Die  Baukosten  des  fast  durchgehends 
auf  Piloten  fundierten  Gebäudes  betrugen  5,948.400  K.  Die  beiden  vorgenannten  Kasernen 
wurden  vom  Geniestab  ausgeführt. 

Die  gesetzliche  Regelung  der  Unterkunftserfordernisse  für  die  Truppen  des  k.  u.  k.  Heeres 
und  der  Landwehren  und  die  Feststellung  der  Art  und  Weise  der  Beschaffung  dieser  Unter- 
künfte gab  die  unmittelbare  Veranlassung  zur  Aufstellung  grundsätzlicher  Bestimmungen  für 
den  Bau  von  Kasernen  und  Militärspitälern,  welche  einerseits  im  „Einquartierungsgesetze", 
anderseits  in  der  „Instruktion  zur  Ausmittlung  der  Raumbedürfnisse  für  das  k.  u.  k.  Heer" 
und  in  den  „Anleitungen  für  den  Neubau  von  Kasernen  und  Militärspitälern"  enthalten  sind. 
Hierzu  hat  der  damalige  Hauptmann  im  Geniestabe  und  Lehrer  am  höheren  Geniekurse  (jetzige 
Hofrat)  Franz  R.  von  Gruber  Beispiele  für  den  Entwurf  von  Kasernbauten  und  Truppen- 
spitälern ausgearbeitet,  die  mit  vielem  Nutzen  bis  heute  in  Verwendung  stehen.  Sie  charak- 
terisieren den  modernen  Kasernbau  in  Österreich-Ungarn. 

Die  erste,  wenigstens  in  der  Hauptsache  den  neueren  Vorschriften  entsprechend  gebaute 
Kaserne  in  Wien  ist  die  von  der  Gemeinde  in  den  Jahren  1880 — 1882  zum  Ersätze  der  Salz- 
grieskaserne  mit  einem  Kostenaufwande  von  680.000  K  der  Heeresverwaltung  auf  einem  ärari- 
schen  Grundstücke  beigestellte  Infanteriekaserne  am  Rennweg  (Nr.  89).  Dieselbe  besteht 
aus    zwei    über    dem  Keller    viergeschossigen    Mannschaftswohngebäuden,    einem    ebenerdigen 

Torgebäude  und  einem  Stallgebäude.  In  den  beiden 
ersteren  sind  alle  Mannschaftsunterkünfte  mit  sonstigen 
Nebenräumen,  Kanzleien  etc.  untergebracht,  wodurch 
sich  bei  der  inneren  Raumeinteilung  manche,  nicht 
durchwegs  glücklich  überwundene  Schwierigkeiten  er- 
gaben. In  der  Kaserne  sind  der  Stab  und  zwei  Batail- 
lone eines  Infanterieregimentes  untergebracht.  Die  Ge- 
samtarea mißt  15.030  m2,  wovon  2817  m2  verbaut  sind. 
Der  bedeutendste  Umschwung  im  Wiener  Kasernen- 
bau trat  nach  der  Sanktionierung  des  Gesetzes  vom 
a  Südtrakt,   b  Mitteltrakt,   c  Nordtrakt.  10.  Juni   1891    ein,    womit    die  sogenannte  Wiener  Ka- 

Abb.  430.   Rossauer  Kaserne.   Lageplan.    1:5000.        seriitraiisaktion    ins  Leben    gerufen  wurde.    Mit    diesem 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


297 


Abb.  431.    Rossaucr  Infanteriekaserne  im  IX.  Bezirke. 


Gesetze  wurde  der  Finanzminister  ermächtigt,  die  Franz  Josef-Kaserne  am  Stubenring,  die 
Kavalleriekaserne  in  der  Josefstadt,  die  Infanteriekaserne  in  der  Gumpendorferstraße,  die  Post- 
stallkaserne im  III.  Bezirke,  die  Holzhofkaserne  in  der  Favoritenstraße,  das  Militär-Verpflegs- 
depot  in  der  Florianigasse  und  eine  Anzahl  ärarischer  Gründe  zu  veräußern,  den  Erlös  aber 
der  Heeresverwaltung  zur  Beschaffung  von  Ersatzunterkunftsbauten  zur  Verfügung  zu  stellen. 
Zur  Durchführung  dieser  Transaktion  wurde  anfangs  die  Vermittlung  des  Stadterweiterungsfonds 
in  Anspruch  genommen,  welcher  die  für  die  ersten  Ersatzobjekte  erforderlichen  Geldsummen 
vorstreckte.  Durch  den  Verkauf  der  kostspieligsten  Gründe,  jener  der  Franz  Josef-Kaserne,  mit 
dem  die  Aktion  beginnen  sollte,  wollte  man  nicht  nur  die  Vorschüsse  des  Stadterweiterungs- 
fonds tilgen,  sondern  auch  einen  Fonds  zur  Fortsetzung  der  Aktion  ansammeln.  So  entstanden 
zuerst  als  Ersatz  für  die  genannte  Kaserne  die  Graf  Radetzky-Infanteriekaserne  auf  der  Schmelz, 
die  Erzherzog  Albrecht-Infanteriekaserne  und  die  Erzherzog  Wilhelm -Artilleriekaserne  im  Prater. 
Ferner  wurde  ein  Neubau  für  die  Infanterie-Kadettenschule  in  Breitensee  aufgeführt,  um  die 
bislang  von  derselben  in  einem  Teile  der  Stiftkaserne  innegehabten  Räume  als  Ersatz  für 
die  demolierte  Getreidemarktkaserne  verwenden  zu  können. 

Da  in  den  ersten  10  Jahren  der  Grundverkauf  nicht  rasch  genug  von  statten  ging,  wurde 
die  Weiterführung  der  Kaserntransaktion  auf  rein  geschäftlicher  Basis,  losgelöst  von  jeder 
bureaukratischen  Beengung,  versucht  und  damit  ein  Konsortium,  bestehend  aus  der  Gemeinde 
Wien  und  zwei  Wiener  Banken  (Union-Baugesellschaft  und  Allgemeine  Depositenbank),  betraut. 
Die  guten  Erfolge  dieses  Versuches  ermöglichten  nun,  auch  den  Ersatzbau  für  die  Kavallerie- 
kaserne  und  das  Gebäude  B  des  Militär-geographischen  Institutes  (Bettenmagazinsgebäude)  in 
der  Josefstadt  ins  Werk  zu  setzen,  sowie  die  Trainkaserne  in  Meidling  zum  Ersätze  der  Post- 
stall- und  Flolzhofkaserne  zu  erbauen.  Zum  Ersätze  für  die  Kaserne  in  der  Gumpendorfer- 
straße dienen  die  nach  Verlegung  der  technischen  Militärakademie  in  den  Neubau  bei  Mödling 
in  der  Stiftkaserne  frei  gewordenen  Räumlichkeiten.  Zur  Verfassung  der  Bauprojekte  und 
militärtechnischen  Leitung  der  Transaktionsbauten  wurde  vom  Reichs-Kriegsministerium  die 
„Abteilung  für  Transaktionsangelegenheiten"  aufgestellt,  mit  einem  Oberst  des  Bauingenieur- 
korps an  der  Spitze.  Zur  Durchführung  der  Bauten  wurde  für  jede  Kaserne  eine  Bauleitung 
eingesetzt,  welche  bei  der  Radetzky-Kaserne,  den  beiden  Kasernen  im  Prater  und  der  Infanterie- 
Kadettenschule  aus  Ingenieuren  des  Ministeriums  des  Innern  und  aus  Militär-Bauingenieuren 
bestand,  bei  der  Kavalleriekaserne  in  Breitensee  und  der  Trainkaserne  in  Meidling  jedoch  nur 


298 


Militärgebäude. 


Abb.  432. 

Graf  Radetzky- 

Infanterickaserne. 

Lageplan.     1  :  4000. 

a  Offiziers- 
Wohngebäude. 

b  Stabsgebäude. 

c,d,e  Mannschafts- 
Wohngebäude. 

f  Wach-  und 
Arrestgebäude. 

g  Stallgcbäude. 


J 


bietenden    bautechnischen    Errungenschaften 


durch  Offiziere  und  Ingenieure 
des  Militär-Bauingenieurkorps  ge- 
bildet war.  Dem  Generalbau- 
ingcnicur  oblag  die  Entschei- 
dung aller  Angelegenheiten  inner- 
halb des  genehmigten  Baupro- 
grammes. 

Die  vorbezeichneten  Trans- 
aktions-Kascrnbauten  entsprechen 
in  allen  Details  den  modernsten 
Anschauungen,  und  ist  bei  den- 
selben allen  an  Massenquartiere 
zu  stellenden  hygienischen  An- 
forderungen Rechnung  getragen 
und  von  allen  für  derlei  Unterkünfte  Vorteile 
Gebrauch  gemacht  worden. 

Die  Graf  Radetzky -Infanteriekaserne  (Abb.  432,  433)  auf  der  Schmelz  ist  in  den  Jahren 
1894 — 1896  erbaut  worden.  Sie  enthält  14  Offizierswohnungen  verschiedener  Größe,  15  Woh- 
nungen für  verheiratete  Unteroffiziere,  dann  Unterkünfte  für  1142  Mann  und  19  Pferde.  Das 
Gesamtareale  mißt   18.668m2,   wovon  5951m-  verbaut  sind. 

Die  Kaserne  besteht  aus  1  Stabsgebäude,  3  Mannschaftsgebäuden,  1  Stallgebäude  und 
1  Wach-  und  Arrestgebäude.  Für  die  Wohnungen  der  Offiziere  und  die  Raumbedürfnisse  der 
Offiziersmenage  wurde  ein  eigenes  Offiziers- Wohngebäude  auf  einem  angrenzenden  Bau- 
grunde errichtet.  Im  Tiefparterre  befindet  sich  außer  den  erforderlichen  Kellerräumen  auch 
eine  Waschküche  und  kleine  Offiziersbadeanstalt.  Das  Stabsgebäude  enthält  die  Kanzleien,  die 
Inspektionsräume,  die  Mannschaftsschulen,  die  Unterkünfte  für  die  Kadetten,  Einjährigfreiwilligen 
und  leichtkranke  Mannschaft,  dann  alle  Wohnungen  für  verheiratete  Unteroffiziere.  Das  Offiziers- 
Wohn-  sowie  das  Stabsgebäude  haben  vier  Geschosse  ober  dem  Tiefparterre;  das  Mann- 
schafts-Wohngebäude  I  hat  vier  Geschosse;  die  Mannschafts-Wohngebäude  II  und  III,  dann 
das  Arrest-  und  Wachgebäude  drei  Geschosse  ober  dem  Tiefparterre;  die  Tiefparterreräume 
der  Mannschaftsgebäude  sind  für  Küchen,  Turn-  und  Speisesäle  verwertet.  Die  übrigen  Räume 
der  Tiefparterre  wurden  für  jene  Anlagen  ausgenützt,  welche  der  gemeinsamen  Benützung 
aller  Kasernbewohner  dienlich  sind,  als:  Marketenderei,  Duschraum,  Waschküche  etc.  Zur  Er- 
zeugung des  Warmwassers  für  das  Duschbad  und  die  Waschküche  ist  ein  Niederdruckdampf- 
kessel installiert,  die  Räume  zur  Wäschereinigung  und  Trocknung  sind  mit  modernen  maschi- 
nellen Einrichtungen  ausgestattet.  Das  Trinkwasser  aus  der  städtischen  Hochquellenleitung 
ist  in  alle  Stockwerke  geleitet.  Das  Nutzwasser  wird  aus  einem  im  Tiefparterre  des  Stabs- 
gebäudes angelegten  Brunnen  mittels  eines  Benzinmotors  gepumpt.  Alle  Klosetts  und  Pissoirs 
haben  Wasserspülung,    die   Mannschaftsaborte    Trogklosetts    mit    gemeinschaftlichem    Trog  für 


Abb.  433.     Graf  Radctzky-Infanteriekasernc  auf  der  Schmelz. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


299 


Abb.  434.     Erzherzog  Albrecht-Infanteriekaserne  im  Prater. 

vier  bis  fünf  Sitze  und  automatischer  intermittierender  Wasserspülung.  Die  Beleuchtung  der 
Kaserne  erfolgt  mit  Steinkohlengas.  Die  Kosten  des  Kasernbaues  (ohne  Grundankauf)  be- 
tragen  1,762.000  K 

Erzherzog  Albrecht-Infanteriekaserne,  IL,  Santa  Lucia-Platz  (Abb.  434,  435).  Dieselbe 
wurde  in  den  Jahren  1894 — 1896  erbaut  und  bietet  Unterkunft  für  1168  Mann  und  27  Pferde. 
Die  Gesamtarea  beträgt  27.238  m'2,  wovon  8027  m2  verbaut  sind. 

Die  Kaserne  besteht  aus  1  Offiziers-Wohngebäude,  1  Offiziers-Schul-  und  Menagegebäude, 
1  Unteroffiziers-Wohngebäude,  1  Stabsgebäude,  2  Mannschafts-Wohngebäuden  1  und  II,  1  Wach- 
und  Arrestgebäude,  1  Augmentationsmagazinsgebäude  und  1  Stallgebäude.  Das  Offiziers-Wohn- 
gebäude enthält  13  Wohnungen  in  drei  Obergeschossen.  Das  Offiziers-Schul-  und  Menage- 
gebäude besteht  aus  Tief-  und  Hochparterre  und  enthält  die  Offiziers-Schul-  und  Speiseräume 
mit  ihren  Nebenerfordernissen  sowie  eine  kleine  Offiziersbadeanlage.  Das  Unteroffiziers-Wohn- 
gebäude besteht  aus  einem  Keller-  und  drei  Obergeschossen.  Es  enthält  18  Unteroffiziers- 
wohnungen. Das  Stabsgebäude  mit  einem  Keller-  und  drei  Obergeschossen  enthält  die  Kanzleien, 
die  Unterkunft  für  leichtkranke  Soldaten,  die  Mannschaft  des  Regimentsstabes,  die  Einjährig- 
freiwilligen- und  die  Mannschaftsschulräume.  In  den  Mannschafts-Wohngebäuden  I  und  II  sind 
je  sechs  Kompagnien,  und  zwar  je  zwei  in  einem  Geschoß,  untergebracht.  Im  Tiefparterre 
sind  die  Mannschaftsküchen,  die  Speisezimmer,  die  Turn-  und  Fechtsäle  angeordnet;  außer- 
dem im  Gebäude  I  die  Wasch-  und  Duschräume,  im  Gebäude  II  die  Marketendereilokalitäten. 
Das  Augmentationsmagazin  besteht  aus  Souterrain,  Hochparterre  und  erstem  Stocke.  Die  Wasser- 
versorgung, Kanalisation,  Einrichtung  der  Aborte,  des  Duschbades  und  der  Waschküche  etc. 
sind  wie  bei  der  Radetzky-Kaserne  gestaltet.  Die  Beleuchtung  der  Kaserne  wird  mit  elektrischen 
Glühlampen  bewirkt.  Die  Baukosten  der  Kaserne,  welche  durch  die  tiefe  Fundierung  sich 
wesentlich  erhöhten,  betragen  ohne  Grundankauf  2,1 00.000  K 

Erzherzog  Wilhelm-Artilleriekaserne,  IL,  Vorgartenstraße  (Abb.  436  bis  438).  Der  Bau 
dieser  nächst  der  vorbeschriebenen  gelegenen  Kaserne  wurde  in  den  Jahren  1895 — 1896  auf 
einem  Grundstücke  von  40.522  m2  Fläche  ausgeführt,  wovon  9152  m2  verbaut  sind. 

Die  Kaserne  enthält  die  Unterkünfte  für  ein  Divisions-Artillerieregiment  mit  Stab  und  vier 
Batterien,  einen  Munitionspark-  und  einen  Ersatzdepotkadre  (435  Mann  und  236  Pferde).  Das 

Offiziers-Wohngebäude, 
welches  nebst  sechs  Offi- 
zierswohnungen Schul-  und 
Speiseräume  und  Kanzleien 
enthält,  ist  auf  einem  von 
der  Kaserne  durch  eine 
Straße  getrennten  Grunde 
erbaut  und  hat  drei  Ge- 
schosse ober  dem  Tief- 
parterre. 

Die  Kasernanlage  be- 
steht aus:  2  Mannschafts- 
Wohngebäuden,  1  Mittel- 
gebäude,    7    Stalteebäuden 


Abb.  435. 
Erzherzog  Albrecht- 
Infanteriekaserne. 

Lageplan.     1:4000. 

a  Offiziers-Wohn- 
gebäude. 

b  Offiziers-Menage- 
gebäude. 

c  Stabsgebäude. 

d  Unteroffiziers- 
Wohngebäude. 

e  Wach-  und  Arrest- 
gebäude. 

f  Mannschafts- 
Wohngebäude. 

g  Stall-     und    Remi- 
sengebäude. 

h  Magazin. 


300 


Militärgebäude. 


Abb.  436.     Erzherzog  Wilhelm-Artilleriekaserne  im  Prater. 


und  den  nötigen  Remisen,  Depots,  Schmiede,  einer  kleinen  gedeckten  Reitschule  u.  s.  w.  Im 
Hofe  der  Kaserne  sind  noch  zwei  offene  Reitschulen,  eine  Pferdeschwemme  und  ein  Turn- 
platz angeordnet.  Die  beiden  Mannschafts-Wohngebäude  enthalten  im  ersten  und  zweiten  Stocke 
die  Unterkunft  je  einer  Batterie.  Das  Hochparterre  des  Mannschaftsgebäudes  I  dient  zur  Unter- 
bringung der  beiden  Kadres,  der  Einjährigfreiwilligen,  der  Untcroffiziersschule,  der  Menage- 
verwaltung und  Werkstätten,  jenes  des  Mannschaftsgebäudes  II  dient  für  die  Unterbringung 
des  Augmentationsmagazins,  der  Marketenderwohnung  und  der  leichtkranken  Mannschaft.  Im 
Tiefparterre  der  beiden  Mannschaftsgebäude  wurden  die  Küchen,  für  jede  Unterabteilung  ge- 
sondert, die  Speisesäle  und  Depots  angelegt.  Das  Gebäude  I  enthält  außerdem  die  Waschküche 
und  Badeeinrichtung,  dann  den  Raum  für  einen  Benzinmotor  für  die  Nutzwasserleitungsanlage. 
Der  Aufbau  in  den  Mittelrisaliten  der  beiden  Gebäude  enthält  Magazine.  Das  Mittelgebäude, 
zwischen  den  beiden  Mannschaftsgebäuden  gelegen,  enthält  im  Parterre  die  Räume  für  den 
Inspcktions-  und  Wachdienst  und  für  Strafzwecke.  Der  erste  Stock  in  jedem  der  Flügeltrakte 
ist  zu  Wohnungen  für  verheiratete  Unteroffiziere  verwertet. 

Die  Batteriestallungen  sind  als  Querstallungen  ausgebildet.  In  der  Mitte  jedes  Stallgebäudes 
sind  im  Erdgeschosse  die  Hafer-  und  Sattelkammern  und  im  Halbstocke  darüber  die  Heu- 
und  Strohdepots  untergebracht. 

Die  Wasserversorgung,  Kanalisierung,  Details  der  Abortanlagen,  des  Duschbades  und  der 
Waschküchen  etc.  und  Vorkehrungen  zur  Beleuchtung  sind  in  gleicher  Art  eingerichtet  wie 
bei  der  Erzherzog  Albrecht-Infanteriekascrne.  Die  Baukosten  der  Kaserne,  bei  welcher  sich 
ebenfalls  große  Fundierungsschwierigkeiten  ergaben,    betragen  ohne  Grundankauf  1,816.000  K. 

Die  Graf  Radetzky-Kascrne  sowie  die  beiden  vorbeschriebenen  „Praterkasernen"  sind 
durchwegs  in  Putzbau  hergestellt  und  in  einfachem  Renaissancestil  gehalten. 

Kaiser  Franz  Josef-Kavalleriekaserne,  XIII.,  Breitenseerstraße  (Abb.  439  bis  442).  Die 
Erbauung  dieses,  die  Josefstädter  Reiterkaserne  ersetzenden  großen  Kascrnenetablissements 
erfolgte  in  den  Jahren  1901  — 1903.  Es  besteht  aus  zwei  durch  die 
Breitenseerstraße  getrennten  Kaserngruppen,  und  zwar  der  südlich  dieser 
Straße  liegenden  Gruppe  für  vier  Eskadronen,  den  Regimentsstab  und 
den  Ergänzungskadre  und  der  nördlichen  Gruppe  für  zwei  Eskadronen 
und  den  Pionnierzug.  Demnach  bietet  die  Kaserne  Unterkunft  für  ein 
komplettes   Kavallerieregiment.  Von  der  nördlichen  Kaserngruppe  durch 


B  Offizicrs-Wolingebäude.    b  Mannschafts-Wohngebäude.    c  Mittelgebäude,    d  Stallungen. 
e  Geschützremisen,     f  Stall  für  den  Stab  etc.     i  Reitschule. 

Abb.  437.     Erzherzog  Wilhelm-Artilleriekaserne  im  Prater.     Lagcplan.     1:4000. 


Abb.  43S.    Erzherzog   Wil- 
helm-Artilleriekaserne. Offi- 
ziers-Wohngebäude. 

Erster  Stock.     1:800. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer.  30  I 

eine  fremde  Realität  getrennt,  mit  der  Front  gegen  die  Brcitenseerstraße  gestellt,  ist  das  Offiziers- 
Wohngebände  und  in  dem  dazugehörigen  Garten  das  Offiziers-Schul-  und  Menagegebäude 
aufgeführt. 

Östlich  der  nördlichen  Kaserngrnppe,  von  dieser  durch  die  Montleartstraße  getrennt, 
steht  die  Vcrpflcgsdcpotgriippe  (Ersatz  für  die  Brcitcnfelder  Depots),  welche  zur  Vorrathaltung 
von  Fourage  für  die  in  der  nächsten  Umgebung  liegenden  Truppen  angelegt  wurde.  Zur 
vollständig  abgesonderten  Unterbringung  verdächtigkranker  Pferde  wurde  außerhalb  des  Kasern- 
ctablissements  auf  einem  isolierten  Baublock  ein  Kontumazstall  erbaut. 

Die  südliche  Kaserngruppe  enthält  vier  dreigeschossige  (Tief-  und  Hochparterre, 
ersten  Stock)  Mannschafts-Wohngebäude,  wovon  jedes  im  Hochparterre  und  im  ersten  Stocke 
je  einer  Eskadron  Raum  bietet,  während  in  den  Tiefparterres  die  Mannschaftsküchen,  Fecht- 
und  Turnsäle,  die  Marketendern,  die  Duschbäder,  Werkstätten  für  Waffenmeister,  Tischler 
und  Schlosser,  dann  Magazine  für  Viktualicn  und  Brennmaterial  eingerichtet  sind.  In  den  er- 
höhten Mittelrisaliten  sind  die  Unterabteilungsmagazinc  für  Bekleidungs-  und  Ausrüstungs- 
vorräte der  Eskadronen  eingeteilt. 

Jede  der  symmetrisch  gegen  die  Hauptachse  der  Kaserne  gestellten  acht  Halbeskadrons- 
stallungen  bietet  Unterkunft  für  80  Mannschaftspferde,  dann  in  der  separierten  Abteilung  an 
den  Gebäudestirnseiten  Raum  für  6  Offizierspferde  mit  den  nötigen  Nebenräumen.  Die  Stallungen 
sind  als  sogenannnte  Querstallungen  ausgeführt.  Die  Pferdestände  haben  Lehmboden,  die 
Mittel-  und  Verbindungsgänge  der  Stallräume  Holzstöckelpflaster  in  Asphalt  auf  Betonunterlage, 
die  Putzräume  Keramit-(Kunstbasalt-)Pflaster  auf  Beton.  Die  Türen,  Fenster,  Streifbaumständer 
sind  Eisenkonstruktionen,  die  Stalldecken  Gewölbe  zwischen  Eisentraversen,  darüber  mit  zirka 
0-80m  Luftraum  Holzzementdächer.  Ganz  gleich  mit  den  vorbeschriebenen  Stallungen  ist  das  Stall- 
gebäude für  den  Kadre  und  jenes  für  die  Pferde  der  Einjährigfreiwilligen.  Ferner  besteht 
noch  ein  Stall  für  12  Offizierspferde  des  Stabes  und  ein  Stall  für  24  Remontpferde. 

In  der  Hauptlängenachse  dieser  Kaserngruppe  steht  an  der  Leyserstraße  das  Stabs- 
gebäude; es  enthält  im  Parterre  die  Regimentskanzleien  und  die  Abteilung  für  leichtkranke 
Mannschaft,  im  ersten  und  zweiten  Stocke  die  Einjährigfreiwilligenschule,  die  Unteroffiziers- 
bildungsschule, Küche  und  Wohnräume  der  Kadremannschaft  und  die  Kadrekanzlei.  Beiderseits 
des  Stabsgebäudes  stehen  noch  an  der  Leyserstraße  eine  kleine  gedeckte  Reitschule  (22  :  50  m 
Reitbahn)  und  zwei  Fuhrwerksremisen  mit  angefügtem  Feuerlöschrequisitendepot.  An  der 
Breitenseerstraße  liegt  zwischen  den  beiden  Mannschafts-Wohngebäuden  in  der  Hauptachse 
des  großen  Formierungsplatzes  der  Truppe  das  sogenannte  Eingangsgebäude,  durch  welches 
der  Haupteingang  in  das  Etablissement  führt.  Es  hat  zwei  Etagen  über  dem  Keller  und  enthält 
im  Erdgeschoß  das  geräumige  Haupteingangsvestibül,  Wach-  und  Arrestlokale,  ein  Kassenlokal 
und  die  Räume  der  Regimentsfleischregie;  im  Mittelrisalit  im  ersten  Stocke  eine  hübsche  Kapelle 
mit  Balkon  gegen  den  Formierungsraum,  dann  Kanzleien,  Unteroffizierszimmer,  das  Telephon- 
zimmer etc.  Im  Keller  ist  unter  den  Fleischregieräumen  eine  Kühlanlage  für  Fleisch  und  Vik- 
tualien  mit  Korkziegelisolierungen  nach  System  Kleiner  &  Bockmayer  eingerichtet.  Gegenüber 
dem  Eingangsgebäude  befindet  sich  an  der  Spallartgasse  das  Unteroffiziers-Wohngebäude  mit 
drei  Geschossen  ober  dem  Keller,  die  Wohnungen  für  zehn  verheiratete  Unteroffiziere,  den 
Marketender  und  einige  ledige  Unteroffiziere  bietend.  An  der  Spallartgasse  befindet  sich  ferner 
noch  der  Stall  für  schwerkranke  Pferde,  aus  zwei  Stallobjekten  mit  dazwischenliegendem  Hof- 
raum bestehend.  Zur  Aufnahme  der  Vorräte  an  Monturen  und  Rüstungen  für  den  Kriegsfall 
dient  das  Augmentationsmagazin  an  der  Breitenseerstraße. 

Im  rückwärtigen  Teil  der  Kaserne  stehen  zwei  große  gedeckte  Reitschulen  mit  22  :  60  m 
Reitbahnen  mit  eisernen  Dachstuhlkonstruktionen,  eine  große  Hufbeschlagschmiede  und  sechs 
offene  Reitschulen. 

Die  nördliche  Kaserngruppe  enthält  zwei  Mannschafts-Wohngebäude  mit  je  zwei 
Halbeskadronsstallungen,  dann  einen  Stall  für  die  Pferde  des  Pionnierzuges.  Zu  dieser  Gruppe 
gehören  noch  ein  Wachgebäude  mit  Tiefparterre  und  zwei  Obergeschossen,  worin  Wach- 
und  Arrestlokale,  die  Unterkünfte  für  die  Mannschaft  des  Pionnierzuges  und  Magazine  unter- 
gebracht sind;  dann  ein  kleines  Unteroffiziers-Wohngebäude  mit  Wohnungen  für  fünf  ver- 
heiratete Unteroffiziere  und  den  Marketender  sowie  einigen  Zimmern  für  leichtkranke  Mann- 
schaft; ferner  ein  Remontenstall  für  zwölf  Pferde,  ein  Krankenstall  mit  sieben  Ständen,  eine 
Hufbeschlagschmiede,  endlich  eine  große  gedeckte  und  zwei  offene  Reitschulen.  Das  Offiziers- 
Wohngebäude  hat  vier  Geschosse  ober  dem  Kellergeschoß  und  enthält  zehn  verschieden  große 
Wohnungen   für   Offiziere,    eine   Hausdienerwohnung   und    ein    Kadettenzimmer.     Das    an    der 


302 


Militärgebäude. 


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Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


303 


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Abb.  440.     Kavallerickasernc  im  XIII.  Bezirke.     Mannschafts-Wohngcbhude. 
Hochparterre.     1  :S00. 


Abb.  441.     Kavallerickaserne  im  XIII.  Bezirke. 
Offiziersmenage.     Hochparterre.     1:800. 


Abb.  442.     Kavallerie- 
kaserne   im    XIII.   Be- 
zirke.   Stallgebäude. 
1  :  800. 


Gartenseite  des  Offizicrs-Wohngebäudes 
befindliche  Offiziers-Schul-  und  Menage- 
gebäude besitzt  ein  Hoch-  und  Tiefparterre.  Ersteres  enthält  den  schön 
eingerichteten  Speisesaal,  den  Schul-  und  Fechtsaal,  ein  Bibliotheks-  und 
ein  Nebenzimmer,  Empfangsräume  mit  Garderobe  und  ein  Ordonnanzzimmer. 
Im  Tiefparterre  liegen  die  Wirtschaftslokalitäten. 

Die  Verpflegsdepotgruppe  besteht  aus  zwei  hohen,  ebenerdigen,  ge- 
mauerten, mit  eiserner  Dachkonstruktion  überdeckten  Heu-  und  Strohdepots, 
welche  baulich  möglichst  feuersicher  eingerichtet  wurden;  ferner  aus  dem 
viergeschossigen  Haferdepot,  einem  reinen  Betoneisenbau  mit  Holzzement- 
eindeckung  auf  der  obersten  Geschoßdecke. 

Die  Fassaden  sämtlicher  Objekte  sind  mit  Steinsand  geputzt  und  zeigen 
moderne  Architekturformen  in  bescheidener  Ausstattung.  Das  System  der 
Kanalisierung  und  Aborteinrichtungen  gleicht  jenem  bei  den  übrigen  neuen 
Kasernen.  Zum  Trinken,  Kochen  und  sonstige  Zwecke  ist  Hochquellwasser 
eingeleitet.  Die  Beleuchtung  erfolgt  mit  Leuchtgas.  Die  Gesamtfläche  der 
Kaserngründe  mißt  158.200  m2,  wovon  zirka  37.400  m2  bebaut  sind.  Die 
Gesamtkosten  beliefen  sich  auf  5,490.500  K. 

Trainkaserne  in  Meidling  (Abb.  443,  444).  Diese  Kaserne  bildet  das 
Ersatzobjekt  für  die  Trainkaserne  in  der  Ungargasse  und  die  Holzhofkaserne 
in  der  Favoritenstraße.  Mit  dem  Bau  wurde  im  Spätsommer  1903  begonnen 
und  die  Kaserne  im  Herbst  1904  mit  Ausnahme  der  sechs  großen  Fuhrwerks- 
depots für  die  Augmentationsvorräte  bezogen.  Die  eigentliche  Kaserngruppe 
liegt  im  östlichen,  die  Depotgruppe  im  westlichen  Teil  der  Area. 
Die  erstere  Gruppe  besteht  aus  dem  Stabsgebäude  an  der  kurzen  Ostfront,  den  beiden 
großen  Mannschafts-Wohngebäuden  an  den  Langfronten,  welche  mit  den  rückwärts  sich  an- 
gliedernden Stallungen  und  Remisen  den  großen  Formierungsplatz  umschließen.  Hinter  den 
Stallungen  liegen  die  beiden  offenen  und  die  gedeckte  Reitschule,  vor  letzterer  der  Remonten- 
und  Krankenstall  und  die  Hufbeschlagschmiede.  Die  Depotgruppe  umfaßt  sechs  große  zwei- 
geschossige Fuhrwerksremisen,  die,  zu  je  dreien  an  der  Nord-  und  Südseite  liegend,  ein  ge- 
räumiges Werkstättengebäude  mit  vorliegendem  Manipulationshof  zwischen  sich  einschließen. 
Längs  der  Westfront  der  Kaserne  stehen  in  der  Mitte  das  Magazin  für  Augmentationsvorräte 
an  Monturen,  Waffen  und  sonstigen  Rüstungsvorräten  und  beiderseits  desselben  die  Depots 
für  Pferderüstung  und  Beschirrung.  In  die  nordwestliche  Ecke  des  Bauplatzes  ist  der  Stall  für 
verdächtigkranke  Pferde  gesetzt. 

Die  Kaserne  bietet  Raum  für  den  Regiments-,  1  Divisionsstab,  10  Traineskadronen  und 
1  Trainersatzdepotkadre.  In  den  Mannschaftsunterkünften  sind  insgesamt  604  Mann  unter- 
zubringen, darunter  auch  30  Einjährigfreiwillige.  Im  Unteroffiziers-Wohngebäude  befinden  sich 
acht  Wohnungen  für  verheiratete  Unteroffiziere. 

Die  Stallungen  enthalten  6>4  Stände  für  Offizierspferde,  317  Stände  für  Mannschaftsreit- 
und  Zugpferde,  ferner  10  Stände  für  Remonten,  7  für  schwerkranke,  4  für  verdächtigkranke 
Pferde.  In  den  Remisen  der  Traineskadronen  können  54  Fuhrwerke,  darunter  auch  4  Leichen- 
wagen, in  den  sechs  großen  Fuhrwerksdepots  1 175  Fuhrwerke  der  Kriegsausrüstung  eingestellt 
werden.  Das  Stabsgebäude,  das  Unteroffiziers-Wohngebäude  und  die  beiden  Mannschafts-Wohn- 
gebäude  sind  dreigeschossig;  bei  den  zwei  letzteren  ist  statt  des  Kellergeschosses  ein  Tief- 
parterre eingebaut. 

Der  Baucharakter  und  die  innere  Einteilung  der  Unterkunftsobjekte,  Stallungen  und  Re- 
misen, ferner  die  Kanalisation,  Wasserversorgung  und  Beleuchtung  sind  nach  den  gleichen 
Grundsätzen  eingerichtet  wie  bei  der  Kavalleriekaserne  in  Breitensee.    Die  großen  Fuhrwerks- 


304 


Militärgebäude. 


Abb.  443.     Trainkaserne  im  XII.  Bezirke.     Lageplan.     1:4000. 


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Abb.  444. 


Trainkasernc  im  XII.  Bezirke.     Mannschafts-Wohngebäude. 
Ebenerd.     1:800. 


Legende  zu  Abb.  443. 
a  Stabsgebäude, 
b  Mannschafts-Wohngebäude. 
c  Unteroffiziers-Wohngebäude . 
d  Wach-  und  Arrestgebäude, 
g  Stallungen, 
i  Krankenstall, 
k  Schmiede. 
1  Gedeckte  Reitschule, 
m  Werkstätten, 
n  Fuhrwerksdepots.    ' 
o  Magazin  für  Monturen. 
p  Magazin  für  Rüstungen. 


remisen,  von  denen  vorläufig  nur  die  drei  südlichen  gebaut  sind,  und  die  beiden  Depots 
für  Pferderüstungen  und  Bcschirrung  sind  Betoneisenbauten,  das  Augmentationsmagazin  ein 
Mauerbau  mit  Betoneisenzwischendecken.  Bei  den  großen  Fuhrwcrksrcmisen  sind  die  Rampen 
zur  Entleerung  des  ersten  Stockes  nicht,  wie  sonst  üblich,  an  die  Stirnseiten  gelegt,  wo  es  an 
Raum  mangelte,  sondern  in  die  Zwischenräume  derselben.  Hier  sind  zwischen  je  zwei  Remisen- 
gebäuden in  der  Fußbodenhöhe  des  ersten  Stockes  breite  Plattformen  angelegt,  auf  welche 
aus  jeder  Remise  zwei  Tore  zum  Ausstoßen  der  Fuhrwerke  münden.  Von  den  Plattformen 
führen  dann  Rampen  (1:10)  beiderseits  hinab.  Plattformen  und  Rampen  wurden  auch  ganz  in 
Betoncisenkonstruktion  hergestellt.  Die  Gebäudefassaden  sind  in  Putz  nach  modernen  Motiven 
ausgeführt.  Für  die  ganze  Kascrnanlage  wurde  die  Herstellung  5  bis  7-5  m  breiter  Vorgärten 
vor  den  Bauobjekten  vorgeschrieben.  Die  Gesamtarea  des  Kasernetablisscments  beträgt  89.740  mJ. 
wovon  23.200  m'2  verbaut  sind  und  8400  m'2  auf  Vorgärten  entfallen.  Die  Baukosten  betragen 
ohne  Grundankauf  und  mit  Ausschluß  der  großen  Fuhrwerksremisen  2.650.000  K.  die  Kosten 
der  drei  bereits  gebauten  Fuhrwerksremisen  (für  600  Fuhrwerke)  350.000  K.1) 


')  Mit  Bezug  auf  die  Organisation  der  Bauleitung  bei  Militärbauten  ist  in  Ergänzung  des  im  Band  I,  S.  44  und  46.  Mitgeteilten 
nachstehendes  zu  sagen:  Im  k.  und  k.  Reichs-Kricgsministcrium  besteht  eine  besondere  Abteilung  für  fortifikatorische  und  eine  solche 
für  sonstige  Bauangelcgenheiten.  Als  Hilfsorgane  des  Rcichs-Kriegsministeriums  für  bautechnische  Angelegenheiten  sind  zu  nennen: 
der  General-Bauingenieur  und  die  II.  (Genie-)Scktion  des  Technischen  Militärkomitees.  Die  hiesigen  Baulichkeiten  für  Zwecke  des 
gemeinsamen  Heeres  fallen  in  den  Wirkungskreis  der  Militärbauabteilung  des  2.  Korpskommandos  in  Wien.  Der  Entwurf  und  die 
Ausführung  der  Militärhochbauten  oblagen  bis  zum  Jahre  1S95  mit  wenigen  Ausnahmen  (Arsenal,  Korpskommandogebäude,  älteres 
Militär-geographisches  Institut  etc.)  den  Ingenieur-  beziehungsweise  ( seit  1851)  Genie-Offizieren,  während  nun  der  Hochbaudienst  in 
den  Händen  der  Militär-Bauingenieure  liegt.  Für  die  bautechnischen  Angelegenheiten  der  Landwehr  ist  im  Ministerium  für  Landes- 
verteidigung ein  technischer  Referent  aufgestellt.  A.  d.  R. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer.  30  3 

Exerzier-,  Übungsplätze  u.  dgl. 

Die  Garnison  von  Wien  besitzt  mehrere  Exerzierpätze,  von  welchen  jener  auf  der  Schmelz 
und  jener  beim  Artilleriearsenale  ärarisches  Eigentum  sind,  während  die  übrigen  gemietet 
werden.  Der  1847  angekaufte  Exerzierplatz  auf  der  Schmelz  wurde  in  den  folgenden  Jahren 
durch  Zuerwerbungcn  allmählich  derart  vergrößert,  daß  er  gegenwärtig  ein  arrondiertes  Grund- 
stück von  9S3.964  in',  also  nahezu  100ha  umfaßt.  Zunächst  Breitensee  befindet  sich  auf  diesem 
Grunde  der  technische  Übungsplatz,  auf  welchem  die  Infantcriepionniere  ihre  Übungen  vor- 
nehmen. Gemietet  wurden  Exerzierplätze  auf  der  Simmeringer  Heide,  dann  ein  solcher  im 
Inundationsgebiet  der  Donau  zunächst  der  Reichsstraßenbrücke,  vornehmlich  für  die  Übungen 
der  Artülerietruppe.  Die  in  der  Erzherzog  Albrecht-Kaserne  im  Prater  untergebrachte  Infanterie 
benutzt  einen  ebenfalls  gepachteten  Exerzierplatz  im  Inundationsgebiete  der  Donau.  Außer 
diesen  Übungsplätzen,  von  welchen  jener  auf  der  Schmelz  auch  für  Paradezwecke  benützt 
wird,  steht  der  Garnison  Wien  ein  Teil  des  dem  Hofärar  gehörenden  Praters  zur  Vornahme 
taktischer  Übungen  zur  Verfügung. 

Der  Grund,  auf  welchem  1871  die  Militär-Schießstätte  erbaut  wurde,  ist  von  der  Stifts- 
herrschaft Klosterneuburg  gepachtet  und  liegt  zwischen  dem  Donaudurchstiche  und  dem  alten 
Donaubette.  Die  Einrichtung  des  Platzes  sowie  die  auf  demselben  befindlichen  Bauobjekte 
sind  von  der  Heeresverwaltung  hergestellt  worden.  Gelegentlich  des  ersten  österreichischen 
Bundesschießens  im  Jahre  1880  hat  die  Wiener  Schützengesellschaft  auf  ihre  Kosten  eine 
Verschönerung  und  Erweiterung  der  Schießhalle  vorgenommen,  welche  dann  in  das  Eigentum 
des  Arars  überging.  Der  Schießplatz  besitzt  51  Schußlinien  für  200 — 600  Schritte,  ferner  einen 
Einschießstand  und  sechs  Revolverschießstände.  Mit  Rücksicht  auf  das  Pachtverhältnis  sind  die 
auf  dem  Schießplatze  befindlichen  Objekte  meist  in  provisorischem  Stile  aufgeführt  und  der 
Holzbau  vorherrschend  angewendet. 

Die  Militär-Aeronautische  Anstalt,  in  der  Offiziere  aller  Waffengattungen  im  Ballondienste  aus- 
gebildet und  geübt  werden,  ist  auf  dem  nächst  dem  Artilleriearsenale  gelegenen  ärarischen  Exer- 
zierplätze errichtet.  Die  Objekte  derselben  sind  bis  auf  eine  in  Eisen  konstruierte  Ballonhalle  pro- 
visorisch hergestellt.  Die  Anstalt  besteht  aus  zwei  Ballonhallen,  dem  Kanzlei-  und  Schulgebäude, 
der  Wasserstoffgasanlage  und  aus  mehreren  Magazinen  und  Flugdächern,  welche  um  den  Ballon- 
füllplatz gruppiert  sind.  Die  Anstalt  wurde  1893  im  kleineren  Umfange  geschaffen  und  in  den 
folgenden  Jahren,  den  Fortschritten  der  Luftschiffahrt  entsprechend,  weiter  ausgestattet. 

Arsenal-  und  Depotgebäude. 

Das  Artilleriearsenal  (Abb.  445  bis  447),  X.  Bezirk.1)  Nach  Auflassung  des  im  Inneren  der 
Stadt  an  der  Renngasse  gelegenen,  im  Jahre  1585  erbauten,  1672  unter  Kaiser  Leopold  I.  er- 
weiterten oberen  Arsenals  und  kaiserlichen  Zeughauses  sowie  anderer  derartiger  Anlagen  wurde 
das  Artilleriearsenal  in  dem  Bestreben  geschaffen,  ein  Etablissement  zu  besitzen,  welches  imstande 
ist,  alles  dasjenige  zu  erzeugen,  was  an  Kriegsausrüstungsmaterial  für  das  Heer  erforderlich  ist. 
Der  Bauplatz  vor  der  ehemaligen  Belvederelinie  wurde  mit  Rücksicht  auf  die  Nähe  der 
Artilleriekaserne  am  Rennweg  und  des  Neugebäudes  gewählt.  Für  den  Bau  wurde  ein  Konkurs 
veranstaltet  und  mit  Benützung  der  von  den  Architekten  von  Siccardsburg,  van  der  Null,  von 
Förster,  Hansen  und  Rösner  vorgelegten  Konkurrenzarbeiten  ein  einheitlicher  Plan  geschaffen. 
Hierbei  wurde  auch  das  Arsenal  als  ein  großes,  verteidigungsfähiges  Objekt  gestaltet  und  ein- 
gerichtet, sowie  auch  mit  einem  entsprechenden  Bauverbotsrayon  umgeben. 

Der  Bau  wurde  im  April  1849  begonnen.  Die  feierliche  Schlußsteinlegung  fand  am 
8.  Mai  1856  statt.  Die  Gesamtbaukosten  betrugen  18,755.970  K.  Der  Baukomplex  bildet  ein 
Rechteck  von  689  m  Länge  und  480  m  Breite.  Die  zum  Arsenal  gehörige  Area  mißt  612.744  m-. 

Das  Arsenal  besteht  aus  dem  Kommandanten-  und  Offiziersgebäude,  2  Offiziers-Wohn- 
gebäuden,  6  Kaserngebäuden,  einem  früheren  Käsern-,  jetzt  Artillerie-Kadettenschulgebäude  mit 
Arsenalkirche,  dem  Museumgebäude,  dann  aus  Werkstätten-  und  Maschinengebäuden,  verschie- 
denen Depots  und  dazugehörigen  Nebengebäuden.  Im  ganzen  zählt  das  Artilleriearsenal 
72  Objekte.  In  den  Truppenunterkünften  des  Arsenals  sind  3  Artillerieregimenter  untergebracht. 

Für  die  Beleuchtung  des  Arsenals  wird  das  Gas  in  der  eigenen  Gasanstalt  (Steinkohlen- 
gas) erzeugt.  Die  Wasserversorgung  erfolgt  aus  der  städtischen  Hochquellenleitung. 


')  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1864,  1865,  1866:  „Das  k.  k.  Artilleriearsenal  zu  Wien." 
Bd.  II.  20 


306 


Militärijcbäude. 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


307 


Die  sämtlichen  Gebäude  sind  in  Ziegelrohbau  in  romanischem  Stile  ausgeführt.  Die  durch 
einen  Turm  und  mächtige  Portal-  und  Fenstcrarchitektur  ausgezeichnete  Hauptfassade  des 
Kommandantengebäudes  ist  mit  Plastiken  von  Hanns  Gasser  geschmückt.  Das  sowohl  außen 
als  auch  innen  architektonisch  am  reichsten  ausgestattete  Gebäude  der  ganzen  Anlage  ist  das 
Heeresmuseum,  dessen  Vestibül  mit  den  Bildwerken  hervorragender  Feldherren  reich  aus- 
gestattet ist,    während    im  Stiegenhausc  und  in   den  großen  Sälen    des    ersten  Stockes  Wände 


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A  Wohn-  und  Kanzleigebäude. 
B  Kasernengebäude. 


C  Geschützwerke.        E  Waffenmuseum.        H   Schießstätte.        K  Werkstätten. 

D  Depots.  G  Kapelle.  J  Gaswerk.  L  Fuhrwerksdepots. 

Abb.  446.     K.  und  k.  Arsenal.    Lageplan.     1:5000. 


und  Decken  mit  Gemälden  von  Karl  Rahl  und  Karl  Blaas  geschmückt  sind.  Den  Hauptraum 
des  Museums  bildet  die  mit  einer  Kuppel  überdeckte  Ruhmeshalle.  Die  Waffensammlungen  und 
Magazine  vermögen  zirka  800.000  Gewehre  aufzunehmen. 

Die  gesamten  Umfassungsgebäude  mit  Ausnahme  der  rückwärtigen  Mittelkaserne  und  Kapelle 
sowie  die  Werkstätten  sind  nach  den  Plänen  der  Professoren  van  der  Null  und  von  Siccards- 
burg  ausgeführt.  Das  Waffenmuseum  (jetzt  Heeresmuseum)  wurde  von  den  Architekten  von  Förster 
und  Hansen  begonnen  und  nach  Försters  Tode  von  Hansen  vollendet.  Gewehrfabrik  und  Schieß- 
stätte sind  gemeinschaftliche  Arbeiten  der  beiden  letztgenannten  Künstler.    Die  Geschütz-  und 

20* 


308 


Militärgebäude. 


Abb.  447.    Nordfront  des  Arsenals. 


Munitionsgießerei  und  die  Bohrwerke  sind  nach  Plänen  des  Architekten  von  Förster  ausgeführt. 
Nach  Plänen  des  Professors  Rösner  ist  die  Kapelle,  die  sie  umgebende  Mittelkaserne  und  das 
kleine  Gebäude  zum  Tormenticren  der  Gewehrläufe  errichtet  worden. 

Das  Neugebäude  im  XI.  Bezirke.  Das  ursprüngliche  Neugebäude  ist  von  Kaiser  Rudolf  II. 
1587  als  Schloß  auf  demselben  Platze  erbaut  worden,  auf  welchem  bei  der  ersten  Türkenbelage- 
rung 1529  das  Hauptzelt  des  Sultans  Soliman  und  die  Zelte  seiner  Großen  standen.  Mit  diesem 
Schlosse  war  lange  Zeit  hindurch  eine  große  Menagerie  verbunden.  Nach  Auflösung  derselben 
um  das  Jahr  1760  wurde  das  Neugebäude  zur  Aufbewahrung  von  Artilleriegütern,  namentlich 
Munition  und  Fuhrwerksmatcrial,  verwendet.  Zu  letzterem  Behufe  hat  es  gegen  Mitte  des  vorigen 
Jahrhunderts  beträchtliche  Erweiterungen  durch  Ankauf  angrenzender  Grundstücke  und  Bau 
von  Depotobjekten  erfahren.  Dermalen  ist  das  Neugebäude  zur  Auflassung  bestimmt,  da  dessen 
gesamter  Grundkomplex  von  der  Stadt  Wien  erworben  wurde. 

Das  Monturdepot  in  Kaiser-Ebersdorf,  XI.  Bezirk.  Das  Gebäude  des  gegenwärtigen  Montur- 
depots  bestand  bereits  1745  als  Schloßgebäude  der  Staatsherrschaft  Ebersdorf.  Diese  wurde 
mit  dem  zugehörigen  Grundbesitze  von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  der  Wiener  Almosen- 
kasse geschenkt  und  das  Schloßgebäude  selbst  zu  einem  Arbeitshause  für  Bettler  eingerichtet. 
Als  solches  verblieb  es  bis  zum  Jahre  1777.  Anfangs  1778  wurde  das  Schloßgebäude  von 
Kaiser  Josef  II.  zur  Artilleriekaserne  bestimmt  und  dafür  der  Almosenkasse  die  Kaserne  in  Ybbs 
abgetreten.  1868  erfolgte  die  Adaptierung  zu  einer  Infanteriekaserne;  1883  wurde  in  dieser 
das  Montursdepot  untergebracht.  Die  Gesamtarea  beträgt  31.323m'2,  hiervon  sind  5636m'2 
verbaut. 

Das  Militär-Verpflegsetablissement,  IL,  Obere  Donaustraße  17.  Auf  dem  Baugrunde 
des  gegenwärtigen  Verpflegsetablissements  in  der  Leopoldstadt  stand  bis  zum  Jahre 
1864  die  von  den  niederösterreichischen  Ständen  1721  erbaute  Leopoldstädter  Kavallerie- 
kaserne. In  den  Jahren  1864 — 1866  wurde  diese  Kaserne  samt  ihren  Nebengebäuden  demoliert 
und  so  der  Baugrund  für  das  vom  Hauptmann  Ferdinand  Artmann  des  Geniestabes  entworfene 
Verpflcgsctablissement  gewonnen.  Mit  dem  Bau  desselben  wurde  1864  begonnen.  1869  waren 
vollendet:  das  Administrationsgebäude,  das  Backhaus,  das  Silosgebäude  samt  Kesselhaus,  dann 
die  Einfriedung  und  Terrainregulierung.  Die  Dampfmühle  und  die  Zwiebackfabrik  wurden 
gleichzeitig  begonnen,  jedoch  nicht  vollendet  und  später  in  ein  Mühlengebäude  mit  Frucht- 
speicher umgewandelt.  Im  Jahre  1878  wurde  das  Silosgebäude,  welches  122.974  hl  Getreide 
faßte,  in  ein  gewöhnliches  Depotgebäude  umgewandelt,  zu  welchem  Behufe  die  Siloseinrichtung 
entfernt  und  Tramböden  in  vier  Geschossen,  auf  eisernen  Säulen  und  Trägern  ruhend,  ein- 
gezogen wurden. 

Zum  Militär-Verpflegsmagazinc  gehört  auch  noch  ein  Heu-  und  Strohdepot  zunächst 
des  nachfolgend  erwähnten  Bettenmagazines  mit  einem  Waghäuschen. 

Das  Militär-Verpflegs-Feldausrüstungsdcpot,  welches  eine  Ergänzung  des  Verpflegs- 
etablissements bildet,  wurde  nach  Plänen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  im  Jahre  1895 
erbaut.  Es  besitzt  1  Souterrain,  1  Erdgeschoß  und  2  Stockwerke.  Das  Souterrain  hat  eine  Ge- 
wölbdecke zwischen  Eisenträgern  auf  gemauerten   Pfeilern,  die  anderen   Geschosse  Tramdecken 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


309 


zwischen  Eisenträgern.  Die  Decke  des  zweiten  Stockwerkes  trägt  ein  Holzzementdach.  Die 
Kosten  des  Baues  betrugen  240.000  K;  die  verbaute  Fläche  mißt  1530"34m2.  Der  im  Jahre 
18S9  beabsichtigte  Neubau  einer  Kriegsbäckerei  am  Donaukai,  für  welchen  600.000  K  präliminiert 
waren,  kam  nicht  zur  Ausführung;  doch  wurde  das  hierfür  von  Prof.  F.  von  Gruber  verfaßte 
Bauprojekt  bei    einigen    seither    anderwärts  ausgeführten  Militärbäckereien  als  Vorbild  benützt. 

Das  Militär-Bettenmagazin,  II.,  Obere  Augartenstraße  20,  in  der  Nähe  des  vorbe- 
schricbcncn  Verpflcgsetablissements  gelegen,  besteht  aus  einem  Administrationsgebäude  mit 
den  Kanzleien  —  ein  altes  ein  Stock  hohes  Objekt  —  einem  Magazinsgebäude  —  eine  mehr- 
geschossige Anlage  mit  gemauerten  Umfassungswänden  und  Tramdecken  —  einem  ebenerdigen 
Werkstätten-  und  einem  ebenerdigen  Übernahmsgebäude.  Der  Bau  der  Magazinsobjekte  er- 
folgte  1880. 

Militär-Medikamentendirektion,  III.,  Rennweg  12.  Das  alte  Medikamentendirektions- 
gebäude,  ein  ehemaliges  Privatgebäude,  wurde  1794  für  das  Militärärar  angekauft  und  dient 
seither  zur  Bereitung  und  zur  Vorrathaltung  von  Medikamenten  für  die  Truppen-  und  Militär- 
heilanstalten. Die  Baulichkeiten  bieten  kein  technisches  Interesse.  Im  Jahre  1902  wurde  ein 
neues  Laboratoriums-  und  Magazinsgebäude  aufgeführt.  Dasselbe  ist  ein  ein  Stock  hoher  Ziegel- 
mauerbau  mit  Betoneisenzwischendecken;  die  Decke  des  ersten  Stockes  trägt  ein  Holzzement- 
dach. Die  Scheidemauern  dieses  Gebäudes  sind  teilweise  ebenfalls  als  Betoneisenkonstruktion 
ausgeführt.  Das  Erdgeschoß  enthält  Werkstätten,  Laboratorien  und  den  Maschinenraum,  im 
ersten  Stocke  sind  Magazine,  Packlokale  und  ebenfalls  Laboratorien  untergebracht.  Das  Kessel- 
haus befindet  sich  in  einem  ebenerdigen  Anbau,  desgleichen  der  Sterilisierraum.  Für  die 
Maschinen,  welche  dem  neuesten  Stande  der  Technik  entsprechen,  ist  der  elektrische  Antrieb 
sowie  auch  die  Dampfzuleitung  in  Anwendung  gebracht. 

Militär-Bildungsanstalten. 

Kriegsschule,  VI.,  Dreihufeisengasse  4  (Abb.  424).  Die  Gebäude  der  1851  errichteten,  früher 
in  der  Stiftkaserne  untergebrachten  Kriegsschule  wurden  1863 — 1865  von  Hauptmann  L.  Weeger 
des  Geniestabes  erbaut.  Sie  nehmen  außer  der  Kriegsschule  die  technischen  und  admini- 
strativen Fachkurse,  d.  i.  den  höheren  Geniekurs,  den  Militärbauingenieurkurs,  den  Intendanz- 
kurs und  den  Verpflegsverwalterkurs  auf.  Die  allmähliche  Erhöhung  des  Personalstandes  und 
der  Zahl  dieser  Schulen  nötigte  zu  wiederholten  Erweiterungsbauten,  die  in  den  Jahren  1875, 
1895  und  1900  durchgeführt  wurden.  Die  Anstalt  besteht  derzeit  aus  einem  drei  Stock  hohen 
Hauptgebäude,  in  welchem  sich  die  Vortragssäle  und  die  Kommandanten-  und  Administrations- 
kanzleien der  genannten  Schulen  befinden;  zu  demselben  gehören  zwei  ein  Stock  hohe  Mann- 
schafts- und  Stallgebäude  mit  den  zugehörigen  Nebenräumen,  eine  gedeckte  und  eine  offene 
Reitschule.  Die  Gesamtarea  der  Kriegsschule  beträgt  12.192  m2,  hiervon  sind  4370  m'2  verbaut. 
Die  Kosten  der  ersten  Anlage  betrugen  561.210  K,  jene  der  nachgefolgten  Erweiterungen 
162.180  K. 

Infanterie-Kadettenschule,  XIII ,  Hütteldorferstraße  (Abb.  448,  449).  Für  die  1875  errich- 
tete Infanterie-Kadettenschule,  welche  ursprünglich  in  einem  Trakte  der  Stiftkaserne  unter- 
gebracht war,  wurde  nach  dem  von  der  Abteilung  für  Transaktionsangelegenheiten  in  Wien 
ausgearbeiteten  Projekte  (Militär-Oberbauingenieur  Paul  Acham)  von  der  Kasernbauleitung  des 


Abb.  448.     Hauptgebäude  der  Infanterie-Kadettenschule  in  Breitensee,  XIII.  Bezirk.     Erster  Stock.     1:1000. 


310 


Militärgebäude. 


Abb.  449.    Infantcric-Kadettcnschule  in  Breitensee,  XIII.  Bezirk. 


Ma- 

sind 

dann 


Ministeriums  des  Innern  ein 
Neubau  für  360  Zöglinge  in 
Breitensec  ausgeführt  und  1 898 
vollendet.  Diese  Anstalt  be- 
steht aus  dem  Hauptgebäude, 
dem     Offiziers-Wohngebäude. 

Mannschafts-Wohngcbä'ude, 
Stallgebäude,  Nebengebäude, 
Marodenhaus,  Gärtnerhaus 
und  Wirtschaftsgebäude.  Das 
Hauptgebäude  umfaßt  nebst 
Tief-  und  Hochparterre  drei 
Stockwerke.  Im  Tiefparterre 
sind  die  Küchen-  und  die 
Baderäume  untergebracht,  im 
Hochparterre  die  Speiseräume 
der  Zöglinge,  die  Erholungs- 
räume, der  Turnsaal  und  der  Fechtsaal,  die  Kanzleien  der  Kadettenschule  und  das 
rodenzimmer  der  Zöglinge  mit  den  dazugehörigen  Nebenlokalitäten.  Im  ersten  Stocke 
Lehrsäle  und  die  Kanzlei  des  Kadettenschulkommandos,  im  zweiten  ebenfalls  Lehrsäle, 
die  Bibliothek,  die  Sammlungen,  die  Schlafsäle  des  ersten  Jahrganges  der  Kadettenschule 
angeordnet;  der  dritte  Stock  enthält  die  übrigen  Schlafsäle  mit  den  dazugehörigen  Neben- 
räumen. Das  dreigeschossige  Offiziers-Wohngebäude  enthält  9  Offizierswohnungen  und  die 
Offiziersmenagelokalitäten.  Das  Mannschaftsgebäude  beherbergt  im  Untergeschoß  die  Wache, 
den  Portier,  die  Mannschaftsarreste,  die  Marketenderwohnung,  im  ersten  und  zweiten  Stocke 
die  Mannschaft  der  Kadettenschule.  Das  Stallgebäude  enthält  8  Stände  für  Offizierspferde,  die 
Wagenremise  und  in  einem  Dachaufbaue  die  Heu-  und  Strohdepots.  In  einem  Nebengebäude 
sind  die  Wäscherei,  dann  die  Montursmagazine,  die  Werkstätten,  2  Unteroffizierswohnungen 
und  die  Zöglingsarreste  untergebracht.  Das  Zöglings-Marodenhaus  wurde  aus  einer  ehemaligen 
fürstlich  Arenbergschen  Villa  adaptiert  und  durch  Zubau  vergrößert.  Es  bietet  Raum  für 
23  kranke  Zöglinge,  2  Unteroffiziere  und  6  Wärter.  Die  Wirtschaftsgebäude  mit  daranschließender 
St.  Lorenz-Kapelle  sind  alte,  übernommene  Objekte,  welche  nichts  Bemerkenswertes  bieten. 
Die  Beheizung  der  Räume  erfolgt  mit  Öfen.  Die  Wasserversorgung  aus  der  städtischen 
Hochquellenleitung  und  einem  Nutzwasserbrunnen,  die  Kanalisation  und  Klosettspülung  sind 
nach  den  gleichen  Grundsätzen  wie  bei  den  neuen  Kasernen  eingerichtet.  Die  Beleuchtung 
erfolgt  mit  Gas  (Auerbrenner)  und  ist  in  den  Lehrsälen  nach  dem  System  der  diffusen  Decken- 
beleuchtung installiert.  Die  Regiemenageküche  der  Zöglinge  besitzt  einen  Dampfkochherd, 
System  Becker. 

Die  Gebäude  der  Kadettenschule  sind  in  einer  parkähnlichen  Anlage  verteilt,  das  Offiziers- 
Wohngebäude  und  das  Marodenhaus  sind  von  der  Hauptanlage  durch  je  eine  Gasse  getrennt. 
Alle  Gebäude  sind  mit  Putzfassaden  nach  italienischen  Renaissancemotiven  ausgeführt.  Die 
Fläche  des  gesamten  Areals  beträgt  86.200  m2,  wovon  rund  5860  m2  verbaut  sind.  Die  Gesamt- 
kosten des  Baues  ohne  Grundankauf  belicfen  sich  auf  2,314.460  K. 

Militär-Reitlehrerinstitut,  III.,  Ungargasse  61.  Das  Militär-Reitlehrerinstitut  ist  seit  1850 
in  dem  im  Jahre  1839  für  die  damals  neuerrichtete  königlich  lombardisch-vcnezianische  ade- 
lige Leibgarde  erbauten  Palais  untergebracht,  das  demgemäß  adaptiert  und  durch  die  jenseits 
der  Ungargasse  erbaute,  gedeckte  Reitschule  mit  ihr  benachbartem  Wohn-  und  Stallgebäude 
erweitert  wurde.  Die  vierreihigen  Stallungen  für  150  Pferde  sind  auf  Pfeilern  gewölbt  und 
über  denselben  die  Mannschaftswohnräume  untergebracht.  Gegenwärtig  umfaßt  das  Institut 
außer  den  erforderlichen  Schulräumen  3  gedeckte  Reitschulen,  58  Offizierswohnungen  und 
Belagräume  für  182  Mann  und  300  Pferde.  Mit  dieser  Realität  ist  auch  die  St.  Januarius-Kapelle 
verbunden,  die  vom  Grafen  Aloisius  Harrach  1735  gestiftet  wurde.  Das  Gesamtareale  des 
Reitlchrerinstitutes  beträgt  36.265  m2,  wovon   12.028  m2  verbaut  sind. 

Militär-Tierarzneiinstitut  und  tierärztliche  Hochschule,  III.,  Linke  Bahngasse  1 1  (siehe 
Abb.  450,  451).  Im  Jahre  1777  stiftete  Kaiser  Josef  II.  die  Tierarzneischule  auf  einem  ehemals 
den  Jesuiten  gehörigen  Grunde.  Die  Erweiterung  der  Anstalt  und  die  Errichtung  neuer  Gebäude 
wurde  schon  1804  geplant,  aber  erst  in  den  Jahren  1820 — 1823  kam  es  zur  Durchführung  der 
vom  Hofbaurate  entworfenen  Projekte.  Im  Jahre   1874  wurde  das  Anatomiegebäude  mit  einem 


Gebäude  für  das  gemeinsame  Heer. 


311 


I.  Hauptgebäude. 
II.  Schmiede. 

III.  Rinderstall  und  Hundeklinik 

IV.  Anatomiegebäude. 
V.  Pferdeklinik. 

VI.  Stall  und  Reitschule. 
X.  Rasenplätze. 


I  inke  -  Bahnijasse 
Abb.  450.    Militär-Tierarzneiinstitut  im  III.  Bezirke.    Lageplan.     1:4000. 


Ungar  -  Gasse 
^ 


Kostenaufwandc 
von  254.000  K 
und  1876  die  Be- 
schlagschmiede 
erbaut.  Im  Jahre 
1885  wurde  eine 
neue  Pferdeklinik 
errichtet  mit  den 
hierzu        nötigen 

Nebenräumen. 
1894  erfolgte  der 
Bau  eines  Stalles 
für  verdächtig- 
kranke Pferde  und 
die  Aufsetzung 
eines  zweiten 
Stockwerkes  auf  dem 
mittleren  Teile  des 
Stall-  und  Reitschul- 
gebäudes. 1900  bis 
1901  endlich  wurde 
an  Stelle  des  alten, 
den  Anforderungen 
nicht  mehr  entspre- 
chenden Kontumaz- 
stalles eine  interne 
Pferdeklinik  errichtet.  Dieser  Stall  enthält  im  Erdgeschosse  in  acht  Stallräumen  je  vier  Pferde- 
stände und  je  zwei  Boxes,  ferner  einen  mit  Glasoberlicht  versehenen,  durch  zwei  Geschosse 
reichenden  Demonstrationssaal,  im  ersten  Stockwerke,  ober  einem  Teile  der  Stallräume,  die 
Professorenzimmer  und  verschiedene  Laboratorien.  Die  Zwischendecken  und  die  Querscheide- 
mauern in  den  Räumen  des  ersten  Stockes  sind  in  Betoneisen  hergestellt,  ebenso  die  amphi- 
theatralisch  ansteigenden  Bänke  für  das  Auditorium  im  Demonstrationssaale.  Für  die  Beheizung 
dieses  Saales  und  der  Räume  des  ersten  Stockes  sind  Öfen  für  Kohlenfeuerung  aufgestellt, 
während  in  den  Stallräumen  Gasöfen  zur  Verwendung  gelangten.  Die  Beleuchtung  erfolgt  elek- 
trisch mit  einer  Reservegasbeleuchtung. 

1902  wurde  anschließend  an  das  Anatomiegebäude  ein  Versuchsstall  für  die  experimen- 
telle Pathologie  erbaut.  Durch  die  vorstehend  genannten  Erweiterungen  und  Zubauten  des 
Tierarzneiinstitutes  wurde  dasselbe  den  Anforderungen  einer  Hochschule  gemäß  ausgestattet. 
Der  Belagraum  des  Institutes  bietet  Unterkunft  für  282  Mann  und  123  Pferde.  Ferner  sind 
zwei  Hundestallungen,  ein  Rinderstall  und  ein  Schweinestall  vorhanden. 

Militär-Schwimmanstalt,  IL,  Handelskai  15.1)  Die  Militär-Schwimmanstalt  ist  auf  einem 
dem  Donauregulierungsfonds  gehörigen,  von  diesem  gepachteten  Grundstücke  auf  dem  rechten 
Ufer  des  Donaudurchstiches  errichtet.  Der  Bau  wurde  1873  begonnen  und  1875  beendet. 
Die  Gesamtkosten  beliefen  sich  auf  307.680  K.  Die  Area  der  Schwimmanstalt  mißt  15.975  m-, 
wovon  3028  m2  verbaut  sind.  Die  Anstalt  besteht  aus  dem  ein  Stock  hohen  Administrations- 
gebäude mit  den  Kanzleien  und  Unterkunftsräumen,  aus  dem  ein  Stock  hohen  Maschinenhause, 
in  welchem  sich  die  zum  Heben  des  Wassers  aus  einem  Brunnen  erforderliche  Dampfmaschine 
und  Pumpe  befindet,  aus  dem  Schwimmbassin  samt  Kabinen.  Ersteres,  aus  Beton  hergestellt, 
hat  eine  Wasserfläche  von   1295  m'2;  die  Kabinen  sind  aus  Riegelwänden  erbaut. 


Abb.  451.    Militär-Tierarzneiinstitut.     Pferdeklinik.    Erdgeschoß.  1 :  800. 


Militärspitäler. 

Garnisonsspital  Nr.  1,  IX.,  Van  Swietengasse  1 — Sensengasse  i,Abb.  452).  Dieses  Militär- 
spital wurde  von  Kaiser  Josef  II.  im  Jahre  1787  mit  einem  für  die  damalige  Zeit  bemerkens- 
werten Aufwände  erbaut.  Nur  zwei  Geschosse  mit  nahezu  5  m  Höhe  sind  übereinandergelagert, 
die  Krankenzimmer  längs  durchlaufender  Gänge  gelegt  und  so  orientiert,  daß  ihre  Langseiten 
nach  Süd    oder  Ost    gewendet   sind.     Den  Anschauungen    der    damaligen  Zeit    entspricht    die 

')  Veröffentlicht  in  den  statistischen  Bauberichten  über  militärische  Hochbauten.  K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei. 


312 


Militärgcbaude. 


Bildung  geschlossener  Höfe,  doch  haben  diese 
wenigstens  eine  bedeutende  Größe  erhalten.  An 
Nebenräumen  gebrach  es  wohl  in  jeder  Hinsicht, 
doch  trachtete  man  in  der  zweiten  Hälfte  des 
19.  Jahrhunderts  durch  Anlage  eines  Anatomie- 
gebäudes (1864),  eines  Küchengebäudes,  Bade- 
hauses, Waschküchen-,  Stall-  und  Remisengebäu- 
des und  von  Depots  und  Werkstätten  sowie  durch 
den  Umbau  der  Aborte  (1875—1879)  das  Kran- 
kenhaus den  modernen  Anforderungen  besser 
anzupassen.  Die  Kosten  des  von  Hauptmann 
L.  Weeger  des  Geniestabes  erbauten  Anatomie- 
gebäudes sind  mit  250.000  K,  jene  der  nach  den 
Plänen  des  Hauptmannes  im  Geniestabe  Franz 
Ritter  von  Gruber  in  den  Jahren  1875 — 1879  von 
Major  Kadarz  ausgeführten')  neueren  Zubauten 
mit  732.540  K  angegeben.  Die  Gesamtgrundfläche 
des  Spitales  beträgt  44.224  m'2;  hiervon  sind 
14.910  m2  verbaut. 

Zum  Bereiche  des  Garnisonsspitales  Nr.  1 
gehört  auch  das  Gebäude  der  ehemaligen  medi- 
zinisch-chirurgischen Josefs-Akademie  (das  Josefi- 
num)  (Abb.  453),  welche  im  Jahre  1785  von 
Kaiser  Josef  II.  gestiftet  wurde.  Die  Area  desselben 
beträgt  4353  m2,  wovon  2071m'2  verbaut  sind. 
Dieses  Gebäude  enthält  gegenwärtig  die  Garnisons- 
apotheke, das  chemische  Laboratorium,  Bibliothek, 
Präparatesammlungen,  die  Kanzleien  des  Militär- 
Sanitätskomitees  und  die  militärärztliche  Applikationsschule.  Überdies  sind  auch  noch  einige 
Wohnungen  darin  untergebracht. 

Auf  dem  Grunde  des  seinerzeit  zur  Josefs-Akademie  gehörigen  botanischen  Gartens  jen- 
seits der  Sensengasse  wurde  in  den  Jahren  1881  — 1882  ein  Offiziers-Spitalsgebäude  als  Er- 
gänzung   des  Garnisonsspitales  Nr.   1   erbaut.     Dasselbe  hat    in  drei  Geschossen    einen  Belag- 

')  Veröffentlicht  in  den  statistischen  Bauberichten  über  militärische  Hochbauten. 


Abb.  452.     Krankenpavillon  im  Garnisonsspital  Nr.  1. 
Ebensrd.     1:600. 


Abb.  453.    Joscfinum  (militärärztliches  Institut),  IX.,  Währingcrstraße 


Gebäude  der  k.  k.  Landwehr.  313 

räum  für  49  kranke  Offiziere  oder  Gleichgestellte  und  für  das  entsprechende  Wartepersonal. 
Die  Gesamtfläche  des  zum  Offiziersspitalc  gehörigen  Grundes  beträgt  17.436  m2;  hiervon  nimmt 
das  Spitalsobjekt  nur   1035  m-  ein,  der  übrige  Teil  ist  Garten. 

Der  Ausgestaltung  des  Garnisonsspitales  Nr.  1,  den  neueren  Anforderungen  der  Heil- 
kunde entsprechend,  ist  die  stete  Fürsorge  der  Heeresverwaltung  gewidmet.  Demgemäß  ist 
gegenwärtig  auf  dem  Grunde  eines  Nebengebäudes  des  Garnisonsspitales  ein  neuer  Kranken- 
pavillon, ferner  an  der  Senscngassc  ein  Mannschaftsgebäude  mit  Magazinen  für  Sanitätsmatcrial 
erbaut  worden.  Das  Garnisonsspital  Nr.  1  bietet  nun  Raum  für  102  Offiziere,  562  Kranke  und 
2S9  Gesunde  des  Mannschaftsstandes. 

Das  Garnisonsspital  Nr.  2,  III.,  Rennweg  89,  ist  in  einem  alten,  mit  der  Rennweger 
Artillerickascrne  im  Zusammenhange  stehenden  Gebäude  untergebracht,  das  einen  großen  Hof 
umschließt.  Dieses  Objekt  dürfte  zu  gleicher  Zeit  wie  die  Artilleriekascrne  entstanden  sein. 
Es  hat  einen  Belagraum  für  11  kranke  Offiziere  oder  Gleichgestellte,  ferner  für  451  Kranke 
und  204  Gesunde  des  Mannschaftsstandes.  Dieses  Spital  entspricht  im  ganzen  wie  nach  seinen 
inneren  Einrichtungen  den  modernen  Anschauungen  über  die  Anlage  großer  Spitäler  nicht  mehr. 

Invalidenhäuser. 

Das  Invalidenhaus  auf  der  Landstraße,  III.,  Invalidenstraße  1,  war  ursprünglich  ein 
Sommerpalast  des  Prinzen  Maximilian  von  Hannover.  Auf  Anregung  des  Kardinals  Kolonitz 
wurde  dieser  Palast  im  Jahre  1727  um  den  Betrag  von  82.300  K  zu  dem  Zwecke  angekauft, 
um  darin  jene  Armen  und  Kranken  unterzubringen,  für  welche  die  Lokalitäten  in  Gumpendorf 
nicht  mehr  genügten.  Nach  der  später  zugebauten  Johanneskirche  wurde  das  Gebäude  das 
Johannesspital  benannt.  Im  Jahre  1783  wurde  das  Johannesspital  aufgelassen  und  das  Gebäude 
zur  Unterbringung  der  Militärinvaliden  verwendet.  Die  Gesamtarea  beträgt  11.409  m2,  wovon 
5798  m-  verbaut  sind. 

Das  Invalidenhaus  enthält  Wohnungen  für  53  Offiziere  verschiedener  Chargengrade, 
darunter  46  Institutsoffiziere,  und  einen  Mannschaftsbelag  für  373  Gesunde  und  137  Kranke. 
Der  große  Hof  ist  in  eine  Gartenanlage  verwandelt.  Eine  Sehenswürdigkeit  des  Invalidenhauses 
sind  die  im  Ehrensaale  desselben  aufbewahrten  Schlachtengemälde  von  Krafft:  Erzherzog  Karl 
mit  seinem  Stabe  in  der  Schlacht  bei  Aspern   1809  und  der  Sieg  bei  Leipzig   1813. 

Filial-lnvalidenhaus,  XVI.,  Lerchenfelder  Gürtel  57.  Der  Ingenieur-Oberstleutnant  Simon 
Baron  van  Ypen  hatte  laut  testamentarischer  Verfügung  seinen  Grundbesitz  und  sein  son- 
stiges Vermögen  dem  k.  u.  k.  Militär-Invalideninstitute  zu  dem  Zwecke  vermacht,  daß  invalide 
Offiziere  in  seiner  Realität  in  Neulerchenfeld  untergebracht  werden.  Das  Invalideninstitut  hat 
hierauf  mittels  Erbserklärung  vom  März  1770  von  der  Realität  Besitz  ergriffen.  Die  zur  Realität 
gehörigen  anderweitigen  Grundstücke  wurden  später  veräußert  und  aus  dem  Erlöse  derselben 
sowie  aus  dem  ererbten  Barvermögen  ein  Fonds  mit  dem  Namen  des  Testators  gebildet.  1875 
bis  1877  wurde  das  gegenwärtig  bestehende  Filial-lnvalidenhaus  erbaut.  Die  Kosten  im  Betrage 
von  618.100  K  wurden  aus  dem  van  Ypen-Fonds  gedeckt.  Die  Gesamtarea  beträgt  8374  m2, 
wovon  1797  m2  verbaut  sind.  Die  Anstalt  besteht  aus  einem  zwei  Stock  hohen  Hauptgebäude 
und  einem  ebenerdigen  Nebengebäude.  Sie  enthält  27  Offizierswohnungen  und  im  Nebengebäude 
14   Verkaufsgewölbe.  Josrf  Ceipeh,  Generalmajor.     Rudolf  Gatt,  Oberst. 


II.  GEBÄUDE  DER  K.  K.  LANDWEHR. 

Ministerium  für  Landesverteidigung,  I.,  Babenbergerstraße  5  und  Nibelungen- 
gasse 10.  Dieses  Ministerialgebäude  wurde  durch  inneren  Umbau  zweier  ursprünglich  als  Zins- 
häuser geschaffenen,  vom  Staate  angekauften  Objekte  gewonnen.  Es  enthält  die  Wohnung  des 
Ministers    und    alle  Kanzleien  des  Ministeriums. 

Das  Landwehr-Oberkommando  ist  im  ersten  Stocke  des  schon  früher  beschriebenen 
Gebäudes  des  Justizministeriums,  I.,  Schillerplatz  4,  die  Landwehr-Truppenstäbe  und  Land- 
wehr-Platzkommando sind  in  Privathäusern  untergebracht. 

Die  Kaiser  Franz  Josef-Landwehrkaserne  (Abb.  454,  455),  XIII.,  Hütteldorferstraße  138,  dient 
für  das  Landwehr-Infanterieregiment  Wien  Nr.  1   mit  Stab  und  drei  Bataillonen,  das  Landwehr- 


314 


Militärgebäude. 


Jtfeinrich'    CoUlus   Straße. 


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Abb.  454. 


Kaiser  Franz  Josef-Landwehrkaserne  im  XIII.  Bezirke 
Lageplan.     1:2000. 


Ergänzungsbezirkskommando  Nr.  1  und  das 
Landsturm-Bezirkskommando  Nr.  1.  Das  Ge- 
bäude ist  Eigentum  der  Gemeinde  Wien  und 
wurde  im  Jahre  1901  erbaut.  Die  Kasernfläche 
mißt  24.250  m'2,  die  verbaute  Fläche  6973  m2. 
Im  Stabsgebäude  sind  die  Kanzleien,  Offiziers- 
Schul-  und  Speiseräume,  die  Arreste  und 
die  Marodenabteilung  (letztere  provisorisch) 
untergebracht.  In  den  beiden  Magazinsge- 
bäuden befinden  sich  auch  die  Remisen  für 
Fuhrwerke  und  ein  Stall  für  10  Pferde.  Das 
Mannschafts -Wohngebäude  für  drei  Batail- 
lone hat  ein  vollständig  freigelegtes  Tief- 
geschoß und  fünf  Obergeschosse.  Im  Tief- 
geschosse sind  die  Küchen,  Turnsäle,  Werk- 
stätten, Duschbäder  und  die  Marketenderei 
untergebracht.  Jeder  Flügel-  sowie  der  Mittel- 
trakt enthalten  die  Unterkünfte  für  ein  Ba- 
taillon, indem  sich  in  jedem  Geschosse  der- 
der  Bereich  einer  Kompagnie  be- 
Das  oberste  Geschoß  dient  für 
bei  Waffenübungen  etc.  Alle 
der    Gebäude    sind    gewölbt. 


selben 
findet. 
Belag 
schosse 


den 
Ge- 
Im 
Mannschafts-Wohngebäude     sind     in     allen 
Belagräumen  die  Fußböden  aus  Xylolith  her- 
gestellt. Die  Magazins-  und  das  Mannschafts- 
gebäude haben  Holzzementdächer.    Die  Be- 
leuchtung erfolgt  in  allen  Räumen  mittels  Gas. 
Die  Fassaden  sind  in  Ziegelrohbau  mit  reich- 
licher Anwendung  von  Putz  hergestellt.  Von 
den  Innenräumen  ist  der  Offiziers-Speisesaal 
Kosten  des  Baues,  welcher  nach  den  Plänen  und 
des     städtischen    Architekten    Johann 


im  Stabsgebäude  dekorativ  ausgestattet.  Die 

unter    Leitung     des    Stadtbauamtes    (unter    Mitwirkung 

Scheiringcr)  ausgeführt  wurde,  betrugen  2,300.000  K. 

Die  Kaserne  des  Landwehr-Infanterieregimentes  Wien  Nr.  24,  V.,  Siebenbrunnen- 
gasse 37,  ist  Eigentum  des  Herrn  Zamarski.  Das  an  der  Siebenbrunnengasse  befindliche  Ge- 
bäude mit  vier  Geschossen  wurde  im  Jahre  1886,  jenes  an  der  Stolberggasse  mit  fünf  Ge- 
schossen im  Jahre  1895  hergestellt.  Die  Kasernfläche  beträgt  10.500  m2.  Dieser  Kaserne  gegen- 
über befindet  sich  das 

Landwehr-Ausrüstungshauptdepot,  V.,  Spengergasse  20  (Abb.  456).  Dasselbe  ist  Eigentum 
des  Staates  und  wurde  im  Jahre  1889  erbaut.  Die  Anstalt  besteht  aus  vier  Gebäuden.  Das  an  der 
Siebenbrunnengasse  gelegene  Gebäude  wurde  als  Landwehr-Kadettenschule  erbaut  und  im  Jahre 


Abb.  455.     Kaiser  Franz  Josef-Landwchrkascrne  im  XIII.  Bezirke. 


Gebäude  der  k.  k.  Landwehr. 


315 


1896  für  Magazine  und  Kanzleien  adaptiert.  An  der  Spengcrgasse  liegt  das  eigentliche,  in 
Ziegelrohbau  ausgeführte  Magazinsgebäude  mit  Halbkellcr  und  sechs  oberen  Geschossen.  Im 
Halbkcllcr  sind   hauptsäch- 


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Abb.  456.    Landwchr-Ausrüstungshauptdepot.     Vierter  Stock.     1:1000. 


lieh  die  Versendungsräume, 

zu  ebener  Erde  die  Gc- 
wehrmagazine  und  Über- 
nahmsräume untergebracht. 
Die  oberen  Geschosse  die- 
nen zur  Aufbewahrung  der 
Monturs-  und  Ausrüstungs- 
gegenstände.  Das  Dachge- 
schoß ist  mit  16'2m  Breite 
mit    Monier-Gewölbcn    frei 

überspannt  und  mit  Holzzement  gedeckt;  das  Tiefgeschoß  hat  Ziegelgewölbe  für  eine  Nutzlast 
von  1200  kg  per  Im2.  Die  Zwischendecken  aller  anderen  Geschosse  sind  Monier-Gewölbe  mit 
Monier-Fußböden;  auch  die  eisernen  Tragsäulen  sind  nach  Monier  umhüllt.  Das  Monier- 
Gewölbesystem  wurde  bei  diesem  Gebäude  in  Wien  zum  ersten  Male  in  so  großem  Maß- 
stabe angewendet.  Zur  Einschränkung  eines  Brandes  ist  der  Magazinsraum  durch  drei  massive 
Querwände,  die  durch  alle  Geschosse  reichen,  unterteilt  und  sind  die  Stiegen  und  die  vier 
Aufzüge  (zwei  hydraulische,  ein  elektrischer  und   ein  Seilaufzug)   in  die  Flügel  verlegt. 


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Abb.  457.     Landwehr-Kadettenschule  im  III.  Bezirke.    Lageplan.     1:2000. 


316 


Militärgebäude. 


An  der  Stol- 
berggasse liegt 
das  dreistöckige 
Gebäude  für  die 
Kanzleien  und  die 
Wohnungen  der 
Offiziere  und  der 
Mannschaft.  Im 
Hofe  ist  ein  Werk- 

stättengebäude 
angelegt.  —  Die 
Skizze  der  Ge- 
samtanlage hat 
Prof.  Franz  Ritter 
von  Gruber  ver- 
faßt; die  Detail- 
pläne und  die 
Bauleitung  be- 
sorgte das  ßau- 
bureau  des  Mini- 
steriums. Die  Fas- 
saden des  Ge- 
bäudes an  der 
Siebenbrunnen- 
gasse sind  nach 
dem  Entwürfe 
des  Architekten 
Eugen  Schweigel 
ausgeführt  worden.  Die  Fläche  dieser  Anstalt  mißt  7340  m'2.  Das  Gebäude  B  kostete  (ohne 
eiserne  Stellagen)  71 7.000  K.  Der  Bau  der  anderen  Gebäude  erforderte  838.000  K. 

Die  Landwehr-Kadettenschule,  III.,  Boerhavegasse  23  und  25  (Abb.  457,  458) 1),  ist  vom 
Staate  auf  den  sogenannten  Kaisergartengründen  erbaut  worden  und  besteht  aus  zwei  durch  die 
Weißenbergergasse  getrennten  Schulgebäuden,  die  durch  eine  eiserne  Überbrückung  im  ersten 
und  zweiten  Stocke  verbunden  sind,  und  aus  der  Landwehr-Reitschule  in  der  Barmherzigengasse. 
Das  südliche  Hauptgebäude  wurde  im  Jahre  1895  erbaut,  das  zweite  Schulgebäude  im  Jahre 
1898.  Die  Baugründe  der  Anstalt  wurden  immer  erst  vor  der  jeweiligen  Bauausführung  der 
einzelnen  Objekte  erworben  und,  soweit  dies  möglich  war,  arrondiert,  wodurch  sich  die  Un- 
regelmäßigkeit der  Anlage  erklärt.  Die  Flächen  betragen  12.860  m"2,  9850  m'2  und  2920  m'2,  zu- 
sammen 25.630  m2. 

Beide  Schulgebäude  haben  größtenteils  fünf  Geschosse;  in  den  beiden  oberen  Geschossen 
befinden  sich  die  Schlafräume  der  Zöglinge.  Die  Reitbahn  der  gedeckten  Reitschule  ist  65  m 
lang  und  22'5  m  breit.  Den  Entwurf  der  Fassade  des  Hauptgebäudes  verfaßte  Architekt  Franz 
Freiherr  von  Krauß.  Das  zweite  Schulgebäude  hat  ähnliche  architektonische  Verhältnisse.  Den 
Entwurf  sämtlicher  Gebäude  und  die  Bauleitung  besorgte  das  Baubureau  des  Ministeriums. 
Die  Baukosten  betrugen:  für  das  Hauptgebäude  918.000  K,  für  das  zweite  Schulgebäude 
860.000  K,  für  die  gedeckte  Reitschule  11 1.000  K.  In  diesem  Gebäude  sind  vorübergehend  auch 
der  Landwehr-Stabsoffizierskurs  und  der  Landwchr-Subaltcrnoffizierskurs  untergebracht. 


Abb.  458.    Landwehr-Kadettenschule  im  III.  Bezirke. 


')  Die  k.  k.  Landwehr-Kadettcnschule  im  III.  Beziike, 
Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1898. 


Allgemein;  Eauzcitung.  1S95.    Die  k.  k.  Landwehrkaserne  im  V.  Bezirke. 
Eduard  Otschenaschcli,  Oberst. 


O.  VEREINSHÄUSER. 


Abgesehen  von  den  Gebäuden,  welche  von  Vereinen  erbaut  und  erhalten  sind,  aber 
Bildungs-  und  Unterrichtszwecken  dienen,  besitzt  Wien  eine  nicht  unerhebliche  Zahl  solcher 
Vereinshäuser,  die  von  wissenschaftlichen,  künstlerischen  oder  geschäftlichen  Vereinigungen 
errichtet  und  ganz  oder  teilweise  den  Zwecken  derselben  gewidmet  sind.  Eines  der  ältesten 
derselben  ist  das 


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Abb.  459.     Haus  der  Künstlergenossenschaft,  I.,  Karlsplatz. 


Künstlerhaus,  I.,  Karlsplatz  (Abb.  459,  460).  Künstlervereinigungen  bestanden  schon  in  der 
ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts,  aber  erst  durch  die  Stadterweiterung  im  Jahre  1859  ist  den 
bildenden  Künstlern  Wiens  Gelegenheit  geboten  worden,  ihr  eigenes  Heim  zu  gründen.  Dieses 
wurde  im  Jahre  1865  begründet  und  1868  eröffnet.  Die  eifrige  Förderung  durch  Architekt 
Friedrich  Stach  hat  es  möglich  gemacht,  die  Geldmittel  aufzubringen,  und  durch  einen  Wett- 
bewerb wurden  die  Pläne  für  den  Bau  geschaffen.  Die  Ausführung  erfolgte  nach  den  preis- 
gekrönten Plänen  des  jungen  Architekten  August  Weber.  Die  Baukosten  betrugen  564.000  K. 
Aber  alsbald  stellte  sich  die  Unzulänglichkeit  der  Räume  heraus  und  es  wurden  anfänglich 
Holzbauten  angefügt,  welche,  als  sie  ihren  Zweck  erfüllt  hatten,  entfernt  und  später  durch 
gemauerte  Zubauten  ersetzt  wurden.  Das  störte  allerdings  das  wohlabgewogene  Zusammen- 
klingen der  Baumassen,  aber,  dem  Bedürfnis  entsprechend,  mußte  die  Vergrößerung  durch- 
geführt werden.  1881  wurde  ein  Erweiterungsbau  durch  die  Architekten  Streit  und  Schachner 
hergestellt  und  so  der  Bau  bis  an  die  Straßenflucht  der  Giselastraße  vorgeschoben.  Im  Jahre 
1888  stellte  sich  das  Bedürfnis  heraus,  die  Innenräume  einheitlicher  zu  gestalten,  Höhen- 
unterschiede in  den  Fußböden  auszugleichen,  den  Stiegenraum  zu  vergrößern  und  eine 
Mittelhalle  zu  schaffen.  Diese  Arbeiten  wurden  nach  den  Plänen  und  unter  der  Leitung  des 
Architekten  Julius  Deininger  durchgeführt.  Der  beigegebene  Grundriß  zeigt  die  Anordnung 
der  Räume  im  Erdgeschosse,  wie  sie  aus  dieser  Umformung  hervorgegangen  ist.1) 

')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1888. 


318 


Vereinshäuser. 


Abb.  460.    Haus  der  Künstlergenossenschaft.     Ebenerd.     1 :  S00. 


Die  Gebäude  des  Österreichischen   Ingenieur-  und  Architekten-Vereines  und  des 
Niederösterreichischen  Gewerbevereines,  I.,  Eschenbachgasse  9  u.  11  (Abb.  461  bis  463). 

Die  Anregung  zur  Erbauung 
dieser  nach  außen  ein  Ganzes 
bildenden  Gebäude  wurde 
im  erstgenannten  Vereine  im 
Jahre  1869  gegeben.  Es  wurde 
der  Stadterweiterungsgrund 
Ecke  derNibelungen-„Eschen- 
bachgasse  und  Getreidemarkt 
gewählt  und  um  den  durch 
die  Gnade  des  Kaisers  außer- 
ordentlich ermäßigten  Preis 
von  400  K  für  die  Quadrat- 
klafter erworben. 

Im   April    1870    wurde 
ein    Wettbewerb    zur    Erlan- 
gung von  Entwürfen    ausge- 
schrieben, nach  welchem  der 
erste  Preis    dem  Architekten 
Friedrich      Schachner,      der 
zweite  Preis  dem  Architekten 
Otto    Thienemann    und    der 
dritte  Preis  dem  Architekten 
Karl  König  zufiel.   Der  Aus- 
führung     wurde 
der  Entwurf  Otto 
Thienemanns  zu- 
grunde       gelegt 
und  derselbe  mit 
der       Durchfüh- 
rung   des    Baues 
betraut.  Der  Bau 
wurde  im  Herbst 
1872         beendet 
und  am  26.  No- 
vember   feierlich 
durch  den  Kaiser 
eröffnet.     In  bei- 
den Häusern  die- 
nen    die    Unter- 
geschosse    Miet- 
zwecken, das  Zwi- 

y,£^W0q111IH1Ib@  schengeschoß  ist 

an         verwandte 
Vereine  vermietet 
und  enthält  grö- 
ßere,    für    diese 
Zwecke  geeigne- 
te Räume.  In  dem 
Hauptgeschosse 
beider        Häuser 
sind      die      Ver- 
sammlungsräu- 
me,     namentlich 
je    ein    reich    ausgestatteter,    durch   zwei    Stockwerke    reichender  Saal   untergebracht,    und  das 
Obergeschoß    jedes    der    beiden  Häuser    enthält    Kanzleien    für  Vereinszwecke.     Der  Saal    des 
Österreichischen  Ingenieur-    und  Architekten-Vereines    ist    in  Holztäfelung,    jener    des    Nieder- 


Abb.  461.     Sitzungssaal  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines. 


Ycrcinshäuscr. 


319 


Ingenieur-  und  Architekten-Verein  :  VS  Vortragssaal.  KZ  Kon- 
versationszimmer.    LZ  Lesezimmer.    B  Bibliothek.    VZ  Vor- 
zimmer. 

Abb.  462.    Haus  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Archi- 
tekten-Vereines   und    des    Niederösterreichischen    Gewerbe- 
vereines.    Erster  Stock.     1 :  SOU. 


österreichischen  Gew  erbevereines  in  Kunstmarmor  ausgestaltet.  Aufzüge  und  bequeme  Treppen 
vermitteln  den  Verkehr  mit  den  Stockwerken.  Die  Baukosten  jedes  der  beiden  Häuser  beliefen 
sich  auf  annähernd  700.000  K,  ohne  Einrechnung 
des  Platzwcrtes.1) 

Das  Haus  der  K.  k.  Gesellschaft  der  Ärzte 
zu  Wien,  IX.,  Frankgasse  (Abb.  464).  Das  Ge- 
bäude wurde  im  Jahre  1893  nach  den  Plänen  und 
unter  der  Leitung  des  Architekten  Ludwig  Richter 
erbaut.  Es  umfaßt  außer  dem  Untergeschosse,  das 
Wohnräume  enthält,  noch  ein  Erdgeschoß,  in  dem 
sich  der  Büchersaal  und  die  Lesezimmer  befinden, 
sowie  ein  Stockwerk  mit  einem  großen  und  einem 
kleinen  Saale  und  einem  Kanzleiraume.  Es  dient 
bloß  den  Erfordernissen  der  Gesellschaft.  Der 
große  Saal  enthält  eine  Galerie.  Die  Baukosten 
belaufen  sich  auf  zirka  230.000  K,  in  welcher  Summe 
auch  die  innere  Einrichtung  inbegriffen  ist.2) 

Der  Residenzhof,  1.,  Seilerstätte  (Abb.  465). 
Im  Jahre  1896  faßte  die  Direktion  des  Residenz- 
klubs den  Beschluß,  ein  neues  Klubheim  zu  errichten,  da  die  in  einem  Miethause  untergebrachten 
Klubräume  nicht  mehr  dem  Komfort  der  Neuzeit  entsprachen.  Man  einigte  sich  dahin,  auf 
der  Seilerstätte  Nr.  16,  gegenüber  dem  Etablissement  Ronacher,  zwei  Häuser  zu  kaufen  und 
nach  den  Plänen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  ein  Gebäude  zu  errichten,  welches  im 
Parterre  Geschäftslokale,  eine  Restauration,  in  den  Stockwerken  vorzugsweise  Klubräume  und 
Wohnungen  erhalten  solle.  Der  Residenzklub  hat  folgende  Räumlichkeiten:  Im  Parterre  gelangt 
man,  das  vornehm  dekorierte  Hauptvesti- 
bül passierend,  in  die  Treppenhalle  für 
den  Klub.  Im  Parterre  sind  die  geräumi- 
gen Garderoben,  Klosett-  und  Wasch- 
räume, zwei  Billardzimmer,  sowie  Vor- 
ratsräume für  den  Klub.  Über  die  reich 
ausgestattete  Marmortreppe,  welche  bis 
zum  ersten  Stockwerke  führt,  gelangt 
man  von  dem  Ruheplatz  in  der  Unter- 
teilung zum  Sekretariat.  Im  ersten  Stocke 
befinden  sich  die  eigentlichen  Klubzimmer; 
man  tritt  zunächst  in  eine  große  Wandel- 
halle, um  welche  sich  die  Spielzimmer, 
Speisesäle,  die  Lesezimmer,  Schreib-  und 
Ankleidezimmer  und  Sprechzimmer  grup- 
pieren. 

Im  zweiten  Stocke  ist  der  Klub  der 
Industriellen  und  im  Souterrain  der  Athletik- 
sportklub untergebracht.  '  Die  übrigen 
Stockwerke  sind  zu  herrschaftichen  Woh- 
nungen ausgenützt.  Die  Bauzeit  umfaßte 
eineinhalb  Jahre. 

Das  Gebäude  der  Sezession,  VI., 
Getreidemarkt  (Abb.  466,  467),  wurde 
nach  den  Plänen  des  Architekten  Olbrich 
für  die  Vereinigung  bildender  Künstler 
(Sezession)  erbaut  und  im  Jahre  1898  er- 
öffnet.   Es  hat  seine  Hauptfront  gegen  die 

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lenzeile      Und     hegt     in     der     dreieckigen  Vereines  und  des  Niederösterreichischen  Gewerbevereines. 

Gartenanlage,    welche    den   Getreidemarkt 

an  dieser  Stelle    abschließt.    Das    Gebäude  besitzt    ein    Souterrain   für  Depotzwecke    und    ein 


')  Denkschrift  anläßlich  des  25jährigen  Bestandes  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines. 
2)  Bautechniker.  1894. 


320 


Vereinshäuser. 


Abb.  464.  Haus  der  K.  k.  Gesellschaft 
der  Ärzte.   Erster  Stock.   1:600. 


TH  Treppcnhalle. 
SPS  Spielsälc. 
LZ  Lesezimmer. 

S  Speisesäle. 
CS  Konversationssaal. 
SchZ  Sprechzimmer. 
O  Office. 
HH  und  LH  Höfe. 


Abb.  465.     Residenzhof.     Erster  Stock.     1:600. 


hochgelegenes   Parterre,    das   für   Bureaux    und   zu   Ausstellungszwecken    für    die    obgenannte 
Künstlergesellschaft  dient. l) 

Das  Haus  des  Wiener  Kaufmännischen  Vereines,  I.,  Johannesgasse  4  (Abb.  468,  469), 
wurde  in  den  Jahren  1892/93  erbaut.  Zur  Erlangung  von  Plänen  war  ein  Wettbewerb  aus- 
geschrieben, bei  dem  der  Entwurf  der  Architekten  Christian  Ulrich  und  Rudolf  Dick  ange- 
nommen wurde.     Ersterer  wurde  auch  mit  der  Bauleitung  betraut. 

Das  Gebäude  ist  auf  einer  Grundfläche  errichtet,  auf  welcher  seinerzeit  das  beliebte  Alt- 
Wiener  Vergnügungslokal  „Elysium"  in  zweigeschossigen  Kellerräumen  untergebracht  war.  Zu- 
folge der  beträchtlichen  Höhe  dieser  Kellerräume  mußte  mit  der  Fundierung  des  Vereins- 
hauses sehr  tief  ge- 
gangen werden.  Aus 
diesem  Grunde  wur- 
den auch  in  dem 
neuerbauten  Hause 
zwei  Keller  über- 
einander angelegt. 
In  dem  oberen  Kel- 
ler, welcher  gegen 
den  Lichthof  als  hal- 
bes Untergeschoß 
ausgebildet  ist,  be- 
finden sich  geräu- 
mige Versammlungs- 
räume, eine  Kegel- 
bahn u.  s.  w.  sowie 
die  Gasthausküche 
samt  den  erforder- 
und    Lüftungsanlage,    der 


Abb.  466.     Gebäude  der  Sezession. 
1  :  800. 


Abb.  467.     Gebäude  der  Sezession. 


liehen  Nebenräumen.     In 
Raum    für    den    Motor    u 


dem    unteren    Keller    ist    die    Zentralheiz- 

dgl.  Im  Erdgeschosse  befindet  sich  ein  großer  Saal,  welcher  für 
die  Vereinsversammlungen  dient,  aber  auch  als  Ballsaal  und  zum  Zwecke  von  Theatervor- 
stellungen zur  Vermietung  gelangt.  In  der  Unterteilung  ist  eine  Galerie  für  das  Publikum  und 
eine  Orchestergalerie,  im  ersten  Stocke  die  Vereinskanzlei,  Bibliothek  und  verschiedene  Versamm- 
lungsräume untergebracht.  Die  übrigen  Geschosse  sind  für  Klubräume  und  Schulzwecke  aus- 
genützt. Die  Baukosten  betrugen  einschließlich  der  inneren  Einrichtung  rund  508.000  K,  die 
Kosten  des  827  m2  umfassenden  Baugrundes  rund  200.000  K. 

Das  Haus  der  Wiener  Kaufmannschaft,  IV.,  Schwarzenbergplatz7  (Abb.  470  bis  473). 
Das  Präsidium  des  Gremiums  der  Wiener  Kaufmannschaft  erwarb  im  Jahre  1902  den  Eckplatz 
des  durch  die  Wienregulicrung  gewonnenen  neuen  Teiles  des  Schwarzenbergplatzes  von  der 
Gemeinde  und  nahm  nach  einem  engen  Wettbewerb  den  Plan  des  Architekten  E.  von  Gotthilf 


')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S99. 


Ycrcinshüuscr. 


321 


V  Vestibül. 

F  Foyer. 

R  Restaurant. 


Gd  Garderobe. 

B  Bühne. 
NS  Nebensaal. 


Abb. 


46S.     Kaufmännischer  Verein. 
Ebenerd.     1 :  600. 


Z  Zimmer. 
S  Salon. 
Bf  Büffet. 
VZ  Vorzimmer  der  Klubräume. 

Abb.  469.     Kaufmännischer  Verein. 
Zweiter  Stock.     1  :  600. 


an,  dem  auch  die  Bauausfüh- 
rung übertragen  wurde.  Die 
auf  diesem  Bauplatze  lastenden 
Baubeschränkungen,  bezie- 

hungsweise Geschoß-  und  Ge- 
simshöhen, Verbot  von  Auf- 
bauten und  hohen  Dächern, 
ausdrückliche  Bedingung  einer 
durch  zwei  Geschosse  gehen- 
den Ordnung  einerseits  —  an- 
derseits der  Wunsch  der  Auf- 
traggeber, endlich  nicht  zum 
geringen  Teil  das  Empfinden 
des  Architekten  führten  zum 
bodenständigen  Barocke,  bei 
Vermeidung  ängstlicher  Stil- 
anpassung. Das  Haus,  welches 
sowohl  Amts-  und  Repräsen- 
tationszwecken dienen  mußte, 
aber  auch  Mieträume  enthalten 
sollte,  besteht  aus  Untergeschoß, 


Hochparterre,  Unterteilung,  erstem,  zweitem  und  drittem  Stocke.  Untergeschoß  und  Hochparterre 


Abb.  470.    Haus  der  Kaufmannschaft,  I.,  Schwarzenbergplatz. 


Bd.  II. 


21 


322 


Yereinshäuser. 


sind  für  die  Kanzleien,  der  erste  Stock  für  den  Festsaal,  Sektionszimmer,  Garderobe,  Halle  etc. 
bestimmt.  Ein  Teil  des  ersten  Stockes  wurde  vermietet.  Die  übrigen  zwei  Stockwerke  enthalten 
Mietwohnungen. 

Die  Fundierung,  erschwert  durch  schlechten  Untergrund,  wurde  als  armierter.  2  m  starker 
Portland-Betonflötz  ausgeführt.  Gegen  die  Lothringerstraße  ist  ein  Lichtgraben  angelegt,  der 
sowohl  zur  Belichtung  des  Untergeschosses  als  auch  zur  Aufnahme  der  durch  die  Stadtbahn 
hervorgerufenen  Erschütterungen  bestimmt  ist.  Die  Decken  sind  durchwegs  zwischen  Trägern 
eeleet,  und  zwar  als  Patcnlflach<rewölbc,  Tragnctzblcch-  und  Einschubbalkendecken  ausgebildet. 


Abb.  471.     Festsaal  im  Hause  der  Kaufmannschaft. 


Mit  reicherer  Ausstattung  sind  die  Vorräume  und  Stiege  —  roter  Kunstsandstein  —  und 
der  große  und  kleine  Saal  —  Marmor  und  Eichenholz  —  bedacht,  sonst  herrscht  eine  ein- 
fache, nur  auf  die  zweckmäßige  Benützung  bestimmte  Ausstattung  vor.  An  der  dekorativen 
Ausschmückung  waren  beteiligt,  Josef  Heu,  von  dem  die  Gruppen  auf  der  Attika  stammen, 
und  Professor  J.  Schmid,  der  das  große  Deckengemälde  des  Festsaales  komponierte.  Die 
verbaute  Fläche  mißt  849  m-,  die  Baukosten  des  in  den  Jahren  1902/03  ausgeführten  Gebäudes 
(ohne  Grunderwerb)  betrugen  einschließlich  der  inneren  Ausstattung  und  Einrichtung  577.500  K. 

Das  Wiener  Arbeiterheim,  X.,  Laxenburgerstraße  8  und  10  (Abb.  475),  wurde  vom 
Vereine  „Arbeiterheim  in  Favoriten"  nach  den  Plänen  und  unter  der  Leitung  des  Architekten 
Hubert  Geßner  im  Jahre  1902  erbaut.  Es  dient  den  geselligen  und  politischen  Zusammen- 
künften der  Arbeiter,  aber  auch  Wohnzwecken.  Im  Erdgeschosse  sind  Gasthausräumc,  eine 
Halle  für  Versammlungszwecke  und  Nebenräumc  untergebracht,  und  das  erste  Stockwerk  enthält 
außer  den  Amts-  und  anderen  Zimmern  einen  großen,  3000  Personen  fassenden  Saal.  In  den 
Obergeschossen  befinden  sich  gassenseits  18  Wohnungen.  Der  Baugrund  mißt  1913  m'2,  von 
welcher  Fläche  für  das  Wohnhaus  487  m-,  für  den  Saalbau  800  m2  und  auf  den  rückwärts 
anschließenden  Garten  427  m2  entfallen.  Die  Baukosten  betrugen  einschließlich  des  um  38.432  K 
erworbenen  Baugrundes  ohne   Einrichtung  523.184  K. 

Das  Volksheim,  XVI.,  Koflerpark  (Abb.  474)  wurde  am  5.  November  1905  eröffnet. 
Das  Gebäude  dient  dem  Zwecke  der  Fortbildung  und  Geselligkeit  für  jene  Bevölkerungs- 
schichten, welche  das  Fehlende  an  Schulbildung  nachtragen  wollen  und  geselligen  Anschluß 
an  andere  Personen  suchen,  aber  nicht  mit  Mitteln  ausgestattet  sind,  welche  sonst  dieses 
Ziel  leicht  erreichen  lassen.  Es  wurde  vom  Vereine  „Volksheim''  nach  den  Plänen  und  unter 
der    Leitung  des    verstorbenen    Architekten    Franz    Ritter    von    Neumann    mit    einem    Gesamt- 


Vereinshäuser. 


323 


Abb.  472.     Haus  der  Kaufmannschaft. 
Ebcnerd.     1:800. 


Abb.  473.     Haus  der  Kaufmannschaft. 
Erster  Stock.     1:800. 


kostenaufwandc       von 
rund  420.000  K  erbaut. 
Das    Gebäude     enthält 
einen  Vortragssaal   mit 
Galerie    mit    dem    Ge- 
samtfassungsraum    von 
360  Personen    und    im 
oberen  Stockwerke  ei- 
nen solchen  für  1 40  Per- 
sonen. An  diese  schlie- 
ßen sich  Laboratorien, 
Sammlungen,      Büche- 
reien   und    Leseräume. 
Im  Hause  ist  auch  eine 
Gastwirtschaft  für  abstinente  Frauen  untergebracht  und  im  Dach- 
raume    befindet    sich    ein  Zeichensaal.     Die  verbaute  Fläche   be- 
trägt zirka  780  m2,  wovon  zirka  270  m2  auf  den  Saaleinbau  ent- 
fallen, der  Rest  ist  gegen  die  Straße  zu  mit  drei  Obergeschossen 
versehen. 

Das  Verbandshaus  der  Genossenschafts-Krankenkas- 
sen Wiens,  VI.,  Königseggasse,  ist  auf  einem  Teil  der  ehe- 
maligen Gumpendorfer  Kaserne  in  den  Jahren  1903 — 1905  nach 
den  Plänen  und  unter  der  Leitung  des  Architekten  Wilhelm 
Stiaßny  errichtet  worden.  Es  hat  seine  Hauptfront  in  der  Königsegg- 
gasse, seine  Seitenfronten  gegen  die  Kasernengasse  und  den 
Loquaiplatz  und  bedeckt  eine  Fläche  von  1787-40m2.  Das  Ge- 
bäude besitzt  über  dem  Keller  ein  Tiefparterre,  Hochparterre, 
vier  Stockwerke  und  Dachgeschoß.  Das  Tiefparterre,  welches  im 
Niveau  des  Haupteinganges  der  Königseggasse  gelegen  ist,  enthält 
einen  248  m2  großen,  durch  drei  Stockwerke  reichenden  Saal 
nebst  Garderobe,  Service,  Buffeträumen  u.  s.  w.,  sowie  Kaffee- 
haus- und  Gasthauslokalitäten,  welche  hauptsächlich  für  die  Zwecke  der  Besucher  des  Hauses 
bestimmt  sind.  Den  Aufgang  zu  den  oberen  Stockwerken  vermitteln  drei  bis  zum  Dachgeschosse 
führende  Treppen,  während  die  vierte,  durch  das  Hauptvestibül  zu  erreichende  Stiege  bloß 
zu  den  Amtslokalitäten  im  Hochparterre  und  im  ersten  Stocke  führt.  Der  große  Saal  besitzt 
in  der  Höhe  des  Hochparterres  und  des  ersten  Stockwerkes  je  eine,  ihn  auf  allen  vier  Seiten 
umgebende  breite  Galerie.  Diese  Galerien  ermöglichen  einerseits  die  Kommunikation  sämtlicher 
in  den  genannten  Geschossen  liegenden  Amtsräume  des  Verbandes  sowohl  als  der  einzelnen 


Abb.  474.     Volksheim    im    XVI.  Be- 
zirke.    Hochparterre.  1 :  800. 


B  Bureaux  des  Verbandes. 

A,  C    Ärztliche    Kontrolle. 

G,  T,  K,  Z,  WZ,  HW  Ge- 
nossenschafts-Kranken- 
kassen. 


Abb. 475.  Arbeiterheim  im  X.  Bezirke.  ErsterStock.  1 :  800. 


Abb.  476.    Verbandshaus  der  Genossenschafts- 
Krankenkassen.    Hochparterre.    1:800. 

21* 


324 


Vereinshäuser. 


Krankenkassen  und  bieten  anderseits  einer  großen  Anzahl  von  Personen  Gelegenheit,  den  im 
Saale  abgehaltenen  Vorträgen,  Konzerten  u.  s.  w.  beiwohnen  zu  können.  Im  Hochparterre  be- 
findet sich  eine  vollständige  Sanitätsstation  behufs  Vornahme  der  Überprüfung  der  von  den 
einzelnen  Krankenkassenärzten  gemachten  Untersuchungen,  nebst  großen  Warteräumen  und  An- 
und  Ausklcideräumen,  für  die  einzelnen  Geschlechter  getrennt,  ärztliche  Kontrollräume  mit 
Laboratorium  und  Isolierzimmer  und  eine  Abteilung  für  den  Augenarzt.  Hieran  reihen  sich 
die  Bureaux  des  Verbandes  und  sodann  die  Amtsräume  für  mehrere  Krankenkassen.  Im  ersten 
Stocke  befinden  sich  ebenfalls  ausgedehnte  Bureaux  für  die  Krankenkassen.  Das  zweite,  dritte 
und  vierte  Stockwerk  besitzen  größere  und  kleinere  Wohnungen.  Im  Dachgeschosse  befindet 
sich  ein  großer  Sitzungssaal  für  den  Verband,  ferner  zwei  große  photographische  Ateliers 
und  die  Wirtschaftsräumlichkeiten  für  die  Hausparteien.  /.  Koch. 


H.  GEBÄUDE  FÜR  VERGNÜGUNGEN  UND  SPORT. 


I.  THEATERGEBÄUDE. 


Erst  nach  dem  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  begegnen  wir  deutschen  Theaterunternehmungen  in 
Wien,  welche  zeitweilig  mit  ihren  Truppen  in  hölzernen  Buden  oder  auch  in  den  Höfen  größerer  Häuser 
spielten.  Um  1650  wurden  bereits  die  Ballhäuser  benützt.  Um  das  Jahr  1712  räumte  der  Stadtrat  auch 
einigen  deutschen  Komödianten  das  Recht  ein,  gleich  den  bisher  begünstigten  italienischen  Komödianten  in 
dem  von  ihm  1708  erbauten  Theater  nächst  dem  Kärntnertor  spielen  zu  können.  Außer  dem  Kärntner- 
tortheater entstand  1741  das 
Schauspielhaus  in  der  Burg,  das 
1756  erweitert  wurde.  Im  Jahre 
1761  brannte  das  Kärntnertor- 
theater ab  und  seit  dieser  Zeit 
spielten  deutsche  und  französi- 
sche Schauspieler  abwechselnd 
im  Burgtheater  bis  zum  raschen 
Wiederaufbau  des  Kärntnertor- 
theaters. Im  Jahre  1776  bestimmte 
Kaiser  Josef  II.  das  Burgtheater 
zum  Hof-  und  Nationaltheater 
und  hob,  als  Chr.  R.  von  Gluck 
der  deutschen  Oper  die  Bahn 
gebrochen  hatte,  im  Jahre  1776 
die  italienische  Oper,  das  franzö- 
sische Schauspiel  und  das  Ballett 
auf.  Nach  manchen  Wechsel- 
verhältnissen wurden  1802  beide 
Theater  unter  einer  Direktion 
vereinigt  und  das  Kärntnertor- 
theater nur  der  Oper  und  dem 
Ballett  gewidmet. 

Die  Vorstadt  Leopoldstadt 
war  schon  zeitig  der  Schauplatz 
vieler  Spektakel.  Hier  nahmen 
auch  die  Tierhetzen  ihren  An- 
fang. Im  Jahre  1710  wurde  das 
älteste  Hetztheater  eröffnet  (auf 
der  Heide)  und  1755  ein  Amphi- 
theater für  Tierhetzen  unter  den 
Weißgerbern  erbaut.  Erst  als 
dasselbe  1796  niederbrannte, 
nahmen  die  Tierhetzen  ein  Ende. 
Die  ersten  förmlichen  Theater- 
vorstellungen in  der  Leopold- 
stadt fanden  von  1771  an  statt, 
und  C.  Marinelli  faßte  den  Mut, 
ein  eigenes  Theatergebäude  für 
Schauspiele  und  Pantomimen 
aufzuführen.  Es  wurde  1781  er- 
öffnet und  bestand  bis  1847  an 
derselben  Stelle,  wo  dann  das 
heutige  Carl-Theater  aufgeführt 
wurde.  Außer  mehreren  Schauspielhäusern,  welche  um  diese  Zeit  und  später  eröffnet  wurden  (Landstraße- 
Rochusgasse  im  Jahre  1787;  Roßau-Porzellangasse  im  Jahre  1792;  Josefstadt-Trautsohngasse;  Neustiftgasse 
im  Jahre  1776;  Laimgrube  etc.),  entstand  im  Jahre  1776  im  Starhembergschen  Freihause  auf  der  Wieden  ein 
Komödienhaus.    An    der  Stelle    desselben  wurde   im  Jahre  1787    von  Roßbach    ein  neues  Theater   eröffnet, 


Abb.  477. 

Hof-Operntheater. 

Grundriß 

in  Höhe  der 

Parterrelogen. 

1:1000. 


m   *  -*-nf 


326  Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 

dessen  Leitung  im  Jahre  1788  J.  Friedl  und  E.  Schikaneder  übernahmen.  In  diesem  Hause  brachte  Mozart 
von  1787—1798  eine  Reihe  seiner  bedeutendsten  Opern  zur  Aufführung.  Infolge  günstigen  Fortganges  ent- 
schlossen sich  dann  die  Direktoren,  das  Theater  an  der  Wien  zu  bauen,  welches  im  Jahre  1801  eröffnet 
wurde. 

Zwei  neuere  Theater,  das  von  E.  von  Förster  erbaute  Ringtheater  am  Schottenring  und  das  Stadt- 
theater (von  Fellner  und  Helmen  auf  der  Seilerstätte,  sind  durch  Brand,  und  zwar  ersteres  im  Jahre  1881, 
letzteres  im  Jahre  1884  vernichtet  worden.  An  Stelle  des  Ringtheaters  erhebt  sich  das  vom  Kaiser  errichtete 
Stiftungshaus,  an  Stelle  des  Stadttheaters  das  später  zu  besprechende  Etablissement  Ronacher.  Nach  dem 
ersteren  Brande,  bei  dem  eine  große  Zahl  von  Menschen  den  Tod  fanden,  wurden  neue  Verordnungen  für 
den  Bau  und  Betrieb  von  Theatern  herausgegeben1),  deren  bemerkenswerteste  Bestimmungen  waren:  Die 
Forderung,  daß  neue  Theater  von  allen  Seiten  freistehend  und  mindestens  15  m  von  benachbarten  Gebäu- 
den entfernt  sein  müssen,  daß  die  Bühne  vom  Zuschauerräume  vollständig  feuersicher  abgeschlossen  und 
die  Bühnenöffnung  durch  einen  feuerbeständigen  Vorhang  gesichert  werde,  sowie  daß  für  jeden  Rang 
mindestens  zwei  Treppen  vorgesehen  werden.  Die  neueren  Theater  sind  bereits  auf  Grund  dieser  Verord- 
nungen angelegt,  bei  den  älteren  wurden  durch  Adaptierungen  die  geforderten  Sicherungen  nach  Tunlichkeit 
bewerkstelligt. 

K.  k.  Hof-Operntheater  (Abb.  477,  478). 

Die  Ausführung  des  Theaters  wurde  als  Ergebnis  eines  im  Jahre  1860  ausgeschriebenen 
Wettbewerbes  den  Architekten  van  der  Null  und  Siccardsburg  übertragen  und  schon  Ende  1861 
in  Angriff  genommen.  Es  war  der  erste  der  aus  dem  Wiener  Stadterweiterungsfonds  be- 
strittenen Monumentalbauten.  Der  Grundriß  überrascht  durch  die  klare,  wenn  auch  völlig  ein- 
geschachtelte Treppenanlage.  In  der  Mittelachse  liegen  die  große  Prachttreppe,  zu  beiden 
Seiten  die  Galerietreppen  und  am  Proszenium  die  beiden  Treppen  für  die  Hoflogen.  Als 
Meister  ihrer  Kunst  zeigten  sich  die  Architekten  in  der  gewählten  Formensprache.  Die  äußere 
Architektur  mit  der  vor  das  Foyer  gelegten  Loggia  (mit  Fresken  von  Schwind)  übt  eine  ent- 
zückende Wirkung  auf  den  Beschauer  aus  und  die  Architektur  des  Zuschauerraumes  ist  von 
mustergültiger  Vornehmheit.  Am  15.  Mai  1869  wurde  das  Theater  mit  einer  Vorstellung  des 
„Don  Juan"  eröffnet;  doch  keiner  von  den  beiden  Architekten  erlebte  diesen  Ehrentag,  da 
beide  kurz  nacheinander  im  Jahre  1868  aus  dem  Leben  gegangen  waren.  Mit  der  Vollendung 
des  begonnenen  Werkes  betraute  man  ihre  Schüler  Gugitz  und  Storck,  die  schon  vom  Be- 
ginne an  bei  dem  Bau  beschäftigt  waren. 

Das  Theater  nimmt  eine  Fläche  von  zirka  11.000  m2  in  Anspruch,  wovon  etwa  8000  m'2 
überbaut  sind;  es  enthält  eine  Hoffestloge,  zwei  Hoflogen  im  Parterre  und  zwei  Hoflogen  im 
ersten  Stocke,  ferner  in  vier  Rängen  92  Logen  für  das  Publikum  und  zwei  Theaterlogen. 
Der  Fassungsraum  beträgt  (einschließlich  der  Publikumslogen  und  Stehplätze)  im  Parterre  und 
Parkett  786  Plätze,  im  ersten  Range  (Logen)  104  Plätze,  im  zweiten  Range  (Logen)  104,  im 
dritten  Range  545  Plätze,  im  vierten  Range  724,  im  ganzen  2263  Plätze. 

Der  Raum  der  Bühne  stellt  nahezu  einen  Würfel  dar,  dessen  Abmessungen  nach  der 
Tiefe  und  Höhe  25  m  und  nach  der  Breite  2950  m  betragen.  Die  mit  einem  direkten  Ausgange 
und  einer  Pferderampe  versehene  Hinterbühne  hat  1350  m  Breite,  24  m  Tiefe  und  1150  m 
Höhe.  Über  derselben  liegt  der  große  Malersaal.  Die  Unterbühne  hat  vier  Geschosse  mit  zu- 
sammen zirka  ll-60m  Höhe.  Die  Bühne  hat  noch  durchgehends  hölzernen  Einbau  und  eben- 
solche Ober-  und  Untermaschinerie  mit  Handbetrieb;  der  hier  zum  ersten  Male  ausgeführte 
Versuch,  die  Dampfkraft  für  die  Bewegung  der  Maschinerie  zu  benützen,  wurde  bald  wieder 
aufgegeben.  Gegenwärtig  ist  man  damit  beschäftigt,  die  hölzerne  Bühnenuntermaschinerie  zu 
entfernen  und  durch  eine  in  Eisen  konstruierte  zu  ersetzen. 

Für  den  leichten  Betrieb  der  Bühnendekorationen  sind  vier  sehr  geräumige  Dekorations- 
magazine, jedes  von  zirka  30  m  Länge,  12  m  Breite  und  12  m  Höhe  innerhalb  des  Gebäudes 
angelegt.  Sie  liegen  je  zwei  zu  jeder  Seite  der  Hinterbühne,  zwei  davon  auf  der  Kellersohle 
und  zwei  in  Bühnenhöhe,  die  beiden  ersteren  sowie  eines  der  letzteren  dienen  als  Depots  für 
Kulissen  und  Versatzstücke,  das  vierte  als  Prospektmagazin.  Das  letztere  bietet  auf  72  Konsolen- 
reihen Raum  zur  Aufbewahrung  von  zirka  450  Prospektrollen.  Um  den  Bühnenraum  ist  in  allen 
Stockwerken  ein  2  m  breiter  Gang  geführt,  welcher  sowohl  der  Feuerwehr  für  Löschzwecke, 
als  auch  dem  Bühnenpersonal  dient.  An  diesem  Gange  liegen  auf  jeder  Seite  zwei  mit  Tages- 
licht versehene,  durch  alle  Stockwerke  gehende  Treppen,  welche  ihrerseits  mit  einem  in  das 
Freie  führenden  Gange  und  durch  diesen  auch  mit  den  für  das  Bühnenpersonal  bestimmten 
seitlichen  Unterfahrten  in  Verbindung  stehen.  Bemerkenswert  ist  die  durch  Prof.  Böhm  angelegte 
Heizungs-  und  Lüftungsanlage,  die  für  die  späteren  Theaterbauten  vielfach  als  Vorbild  diente. 


')  Slatthaltereiverordnung  vom  1.  Juli  IS 


328 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Die  den  Zuschauerraum  umgebenden,  dem  Verkehre  des  Publikums  dienenden  Eingangs- 
und  Nebenräume  sind  groß  bemessen  und  von  besonderer  Vornehmheit.  An  den  Plastiken 
des  Äußeren  waren  beteiligt  die  Bildhauer:  Hähnel  (Pegasuse),  F.  Schönthaler  (Ornamentik). 
H.  Gasser  (Brunnenfiguren).  Im  Inneren  waren  tätig  die  Bildhauer:  Cesar,  Ferrari,  J.  Gasser, 
F.  Hampel,  A.  Kiesling,  Otto  König,  Lavigne,  J.  Pokorny,  Preleuthner,  Radnitzky  u.  a.;  ferner 
die  Maler:  Bitterlich,  Dobiaschofsky,  Rieser,  Engerth,  C.  Geiger,  Griepenkerl,  A.  Isella,  Laufberger, 
Madjera,  Rahl,  Schwind,  Sturm,  Swoboda,  Zimmermann  u.  a.  Die  Baukosten  betrugen  rund 
12,000.000  K.1) 

K.  k.  Hof- Burgtheater  (Abb.  479  bis  481). 

Ebenso  wie  das  Hof-Opernhaus  ist  auch  das  Hof-Burgtheater  aus  den  Mitteln  des  Stadt- 
erweiterungsfonds  erbaut  worden  und  ebenso  wie  jenem  haftet  auch  seiner  Geschichte  eine 
gewisse  Tragik  an.  Der  Bau  wurde  nach  den  Plänen  K.  von  Hasenauers  und  Sempers  in  den 
Jahren  1880 — 1886  ausgeführt.  Die  Grundrißlösung  ist  von  Semper  bemerkenswert  beein- 
flußt; sie  bildet  ein  Kompromiß  zwischen  dem  Dresdener  Hoftheater  und  dem  Entwurf  des 
Richard  Wagner-Festspielhauses  in  München,  wo  zum  ersten  Male  die  seitlichen  Flügelbauten 
auftreten.  Im  Hof-Burgtheater  sind  die  Galerietreppen  in  der  zwischen  Zuschauerhaus  und 
Vestibül  liegenden  Zone  eingebaut,  wählend  die  Logentreppen  von  gedeckten  Unterfahrten 
und  bis  zur  Höhe  des  Parketts  führend  in  den  seitlichen  Flügelbauten  angelegt  sind.  Die  fest- 
liche Architektur  der  Treppenaufgänge  und  Foyerräume,  die  Hasenauers  Hand  erkennen  läßt, 
zeigt  eine  solche  Fülle  gediegener  Pracht,  die  noch  in  keinem  Theater  erreicht  wurde.  Die 
Außenarchitektur  ist  in  italienischer  Hochrenaissance  durchgeführt.  Die  kräftige  Architektur  der 
segmentförmigen  Vorderfassade  wird  durch  gelungene  Skulpturen  von  Tilgner  und  Weyr,  welch 
letzterer  den  reizend  modellierten  Bacchantenfries  auf  der  Attika  ausführte,  wirkungsvoll  unter- 
stützt. Die  Aichitektur  im  Inneren  ist  ebenfalls  in  reichster  und,  unter  Anwendung  verschiedener 
edler    Marmorgattungen,    monumentaler  Weise    zum    Ausdruck    gebracht.    Während    die    archi- 


Abb.  479. 

Hof-Burgtheatcr. 

Grundriß  des  ersten  Ranges. 

1  : 1000. 


tektonische  Ausschmückung    des  Vestibüls    und    der  Galerietreppen    in    einfacher    Renaissance 
durchgeführt  ist,  steigert  sich  die  Pracht  und  der  Reichtum  bis  zum  Kern  der  Bauanlage,  dem 


')  Wiener  Monumentalbauten.  Verlag  von  Lehmann  &  Wcntzel.   W  i  nk  1  er,  Technischer  Führer  durch  Wien.  Sicca  rdsburg. 
Wiener  Bauhütte.   Allgemeine  Bauzeitung.  1S78. 


Theatergebäude. 


329 


■ 


Abb.  4S0.     Hof-Burgtheater. 


Zuschauerräume,  der  im  Louis  XVI.- Stil  in  vornehmster  Weise  durchgeführt  ist.  Sowohl  die 
großen  Foyers  als  auch  die  Logentreppenhäuser  sind  durch  Skulpturen  von  Benk,  Tilgner  u.  a. 
sowie  Plafondgemälde  von  Charlemont  und  Hynais,  Matsch  und  Klimt  geschmückt. 

Die  Erfüllung  des  gegebenen  Bauprogrammes  hatte  Verhältnisse  für  Bühne  und  Zu- 
schauerraum zur  Folge,  welche  von  berufener  Seite  wie  auch  von  Laien  vielfach  getadelt 
wurden.  Das  Haus  sollte  für  eine  relativ  große  Besucherzahl  bequem  Raum  bieten  und  sowohl 
für  das  sogenannte  intime  Genre,  also  für  Schauspiel,  Salon-  oder  Konversationsstück,  als 
auch  zugleich  für  das  große,  alle  Mittel  einer  vornehmen  Bühne  aufbietende  Drama  sich 
eignen;  Bedingungen,  die  nicht  gut  zu  vereinigen  sind. 

Der  Zuschauerraum  faßt:  im  Parkett  292  Plätze,  im  Parterre  (Sperrsitze  und  Stehplätze) 
224  Plätze,  in  den  Logen  des  Parterres,  des  ersten,  zweiten  und  dritten  Ranges  352  Plätze,  in 
dem  dritten  Range  in  der  Mitte  (Sperrsitze  und  Stehplätze)  150  Plätze,  in  dem  vierten  Range 
(Sperrsitze  und  Stehplätze)  514  Plätze,  im  ganzen  1532  Plätze.  Bei  besonderen  Anlässen  sollen 
bis  zu  1700  Personen  Platz  finden.  Diese  Zahl  beweist  noch  nicht,  daß  das  Theater  für  seine 
Zwecke  zu  groß  angelegt  sei,  denn  andere  Wiener  Theater,  welche  gleich  dem  Hof-Burg- 
theater ausschließlich  das  Schauspiel  pflegen,  haben  ungefähr  dasselbe  Fassungsvermögen; 
aber  ein  Nachteil  des  neuen  Hof-Burgtheaters  als  Schauspielhaus  liegt  vor  allem  in  der  zu 
großen  Höhe  seines:  Saales.  In  der  Tat  befindet  sich  der  höchstgelegene  Platz  des  vierten  Ranges 
16  m  über  dem  Podium  der  Bühne,  bei  einer  Entfernung  von  32  m  von  der  Vorhangs- 
linie. Die  mit  durchgehends  eisernem  Einbau  versehene  Bühne  ist  3080  m  breit,  2095  m  tief 
und  27-90  m  hoch.  Die  Hinterbühne  ist  12  m  breit,  10  50  m  tief  und  ll'50m  hoch;  die  Unter- 
bühne hat  vier  Geschosse  mit  einer  Gesamthöhe  von  11  60  m.  Der  hydraulich  bewegten 
Bühnenmaschinerie  liegt  das  „Asphalaia-System",  wenn  auch  in  wesentlich  modifizierter  und 
ausgebildeter  Form,  zugrunde;  in  ihren  Leistungen  ist  sie  allen  Anforderungen  gewachsen. 
Für  die  Dekorationen  ist  ein  eigenes  Magazin  außerhalb  des  Gebäudes  angelegt,  so  daß  im 
Theater  selbst  nur  das  Notwendigste  aufbewahrt  wird.  Im  Jahre  1898  wurde  durch  Emil 
R.  von  Förster  eine  Rekonstruktion  des  Zuschauerraumes  durchgeführt,  die  im  wesentlichen 
die  Beseitigung  seiner  Lyraform  bezweckte.1)  Im  allgemeinen  kann  diese  Rekonstruktion  wohl 
als  eine  Verbesserung  angesehen  werden,  indem  dadurch  ein  besseres  Sehen  in  den  vorderen 
Logen  und  eine  kleine  Vermehrung  der  Parkettsitze  erreicht  wurde;    eine  radikale  Abhilfe  der 


')  Der  beigegebene  Grundriß  zeigt  noch  die  ursprüngliche  Form. 


330 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


bestehenden  Mängel  ist  damit  aber  nicht  erreicht  worden, 
belaufen  sich  auf  zirka  9.000.000  K. ') 


Die  Kosten  des  Hof-Bur^theaterbaues 


Das  Theater  an  der  Wien,    VI.,    Magdalenenstraße  8    (Abb.  482  und  490), 

wurde  in  den  Jahren  1797  — 1801  erbaut.  Auf  Veranlassung  des  Direktors  Fr.  Pokorny  erfuhr 
dasselbe  1845  durch  C.  Latzel  eine  Umgestaltung,  indem  gleichzeitig  die  Versenkung  unter  der 
Bühne,  die  Meißner-Heizung  und  die  Gasbeleuchtung  eingerichtet  wurden.  Das  Papageno-Portal 
bei  dem  Eingang  zu  den 
Logen  in  der  Millöckcr- 
gassc  stammt  noch  aus 
der  Zeit  der  ersten 
Anlage  her.  Das  Audi- 
torium hat  außer  dem 
Parterre  noch  drei 
Ränge.  Der  Fassungs- 
raum beträgt  1336  Per- 
sonen, die  sich  auf 
26  Logen,  930  Sperr- 
sitze, 90  unnumerierte 
Sitzplätze  und  212  Steh- 
plätze verteilen.  Im 
Jahre  1883  wurde  das 
Theatergebäude  mit  ei- 
ner Warmluftheizung 
und  einer  Ventilations- 
einrichtung versehen. 
Die  ziemlich  geräumige 
Bühne  besitzt  eine  Pro- 
szeniumsöffnung von 
1 4-5  m  Breite.  Die  Bühne 
und  die  Künstlergarde- 
roben wurden  1904 
mit  einer  Niederdruck- 
dampfheizung versehen. 
Das  Theater  ist 
seither  wiederholt  re- 
konstruiert worden;  so 
wurde  im  Jahre  1900 
die  vierte  Galerie  ent- 
fernt und  im  Jahre  1902 
an  Stelle  des  Vorder- 
hauses ein  neues,  vier 
Stock  hohes  Zinshaus 
nach  der.  Plänen  der 
Architekten  Fellner  und 

Helmer    ausgeführt.  Abb.  4SI.     Hof-Burgtheater.     Große  Logentreppe. 


Das  Carl-Theater,  II.,  Praterstraße  31  (Abb.  483  und  491). 

Das  früher  an  dieser  Stelle  bestandene  Theatergebäude  wurde  im  Jahre  1847  abgetragen 
und  der  Neubau  nach  den  Plänen  der  Architekten  Siccardsburg  und  van  der  Null  binnen 
der  erstaunlich  kurzen  Zeit  von  sechs  Monaten  von  Direktor  Carl  (Karl  Bernbrunn)  ausgeführt 
und  am    10.  Dezember  desselben  Jahres  als   „Carl-Theater"   eröffnet. 

Der  Zuschauerraum  wurde  im  Jahre  1895  unter  Direktor  Jauner  nach  den  Plänen  des 
Architekten  Weymann  umgestaltet,  wobei  der  vierte  Rang  entfernt  und  eine  neue  Decke  her- 
gestellt   wurde.     Das   Theater    ist    seit    dem    Jahre    1883     mit    einer    Heißwasserheizung     und 

')  Sem  per,  Theater.   Handbuch  der  Architektur.  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S88. 


Tlicatcrgcbäude. 


331 


Abb.  482.    Theater  an  der  Wien. 
Parterre.    1 :  1000. 


Abb.  483.    Carl-Theater. 
Parterre.    1:1000. 


Abb.  485.    Lustspieltheater  im 
Prater.    Parterre.    1:1000. 


Abb.  487.    Raimund-Theater.    Parterre.    1:1000. 


Abb.  486.    Deutsches  Volkstheater. 
Parterre.    1:1000. 


Abb.  489.     Bürgertheater. 
Parterre.    1:1000. 


Abb.  488.    Jubiläumstheater.    Parterre.     1:1000. 


332 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Abb.  490.     Theater  an  der  Wien.     Vorderhaus. 


Pratcrstraße. 


Ventilationscinrichtung  verschen  und  seit 
1895  elektrisch  beleuchtet.  Aus  sicher- 
heits-  und  feuerpolizeilichen  Rücksichten 
wurden  im  Jahre  1904  sämtliche  Stiegen- 
häuser  des  Zuschauerraumes  umgebaut 
und  die  Ausgänge  abgeändert  und  ver- 
bessert. Der  Fassungsraum  beträgt  derzeit 
1107  Personen,  die  sich  auf  31  Logen 
und  967  Sperrsitze  verteilen.  Die  in  archi- 
tektonischer Beziehung  bescheidene  Fas- 
sade zeigt  in  der  Front  sieben  vorzüglich 
ausgeführte  Figuren  von  Hans  Gasser. 
welche  Allegorien  der  im  Hause  selbst 
dargestellten  Genres  darstellen.  Diese  Fi- 
guren gehören  zu  den  ersten  Arbeiten 
des  berühmten  Künstlers. 

Von  älteren  Theatern  sind  noch  zu 
erwähnen  das  aus  dem  Jahre  1788  stam- 
mende, von  dem  Schauspieler  Karl  Mayer 
erbaute 

Theater  in  der  Josef  stadt,  VIII.,  Josef- 
städterstraße 26  (Abb.  484), 

welches  in  einer  Häusergruppe  eingebaut 
und  dessen  Bühne  von  der  Piaristengasse 
zugänglich  ist.  Es  wurde  wiederholt  Um- 
gestaltungen unterzogen,  um  die  Feuer- 
sicherheit zu  erhöhen  und  dem  Publikum 
ein  rasches  Verlassen  des  Hauses  zu  er- 
möglichen. Gegenwärtig  besitzt  dasselbe 
einen  Fassungsraum  von  805  Personen, 
die  sich  auf  Parterre  und  zwei  Ränge 
verteilen. 

Das  Lustspieltheater  im   Prater 

(Abb.  485  und  492), 

von  Direktor  Fürst  als  Holzbau  aufgeführt, 
wurde  1898  einer  gründlichen  Umgestal- 
tung unterzogen,  wobei  die  hölzernen 
Umfassungswände  und  Treppen  durch 
feuersichere  ersetzt  wurden.  Das  Theater 
faßt  derzeit  783  Personen. 

Das  Deutsche  Volkstheater 

(Abb.  486  und  493). 

Da  der  Wiederaufbau  des  abge- 
brannten Stadttheaters  wegen  der  Bedin- 
gung des  neuen  Theatergesetzes,  daß  die 
Theater  von  allen  Seiten  freistehend  sein 
müssen,  ausgeschlossen  war,  tat  sich  eine 
Anzahl  von  Bürgern  zusammen,  um  unter 
der  Mitwirkung  weiterer  Kreise  der  Bürger- 
schaft ein  den  modernen  Anforderungen 
entsprechendes  Theater  zu  schaffen.  Die 
Durchführung    dieser  Idee  wurde    jedoch 


Theatergebäude. 


333 


Abb.  492.     Lustspieltheater  im  Prater. 


erst  ermöglicht,  als  der 
Kaiser  gestattete,  daß 
dem  Unternehmen  der 
dem  Stadterweiterungs- 
fonds gehörige,  Ecke 
Burggasse  und  Lasten- 
straße gelegene  Platz 
zu  einem  äußerst  billi- 
gen Preise  überlassen 
werde.  Mit  der  Ver- 
fassung der  Pläne  und 

der  Bauausführung 
wurden  die  Architekten 
Fellner  und  Helmer  be- 
traut; die  denselben  zur 
Verfügung  gestellten 
Mittel  (900.000  K)  wa- 
ren allerdings  mit  Rück- 
sicht auf  den  geforder- 
ten Fassungsraum  von 
zirka     2000     Personen 

klein,  aber  trotzdem  gelang  es  den  Architekten,  einen  Saal  zu  schaffen,  in  welchem  das 
Publikum  sich  behaglich  fühlt  und  aus  welchem  es  von  jedem  Platze  bequem  und  leicht  ins 
Freie  gelangen  kann.  Da  dieses  Theater  einen  neuen  Typus  schuf,  der  dann  zahlreiche  Nach- 
ahmungen fand,  wollen  wir  es  etwas  ausführlicher  besprechen. 

Mit  Rücksicht  darauf,  daß  dieses  Haus  für  das  große  Publikum  bestimmt  ist,  wurde  es 
hauptsächlich  mit  Sperrsitzen  und  teilweise  mit  Stehplätzen,  sehr  spärlich  aber  mit  Logen 
ausgestattet.  Das  Haus  bietet  Raum  für  32  Logen,   1223  Sitzplätze  und  645  Stehplätze. 

Von  einem  durch  fünf  Türen  zugänglichen  Hauptvestibüle  gelangt  man  durch  drei 
Türen  in  den  rund  um  den  Saal  geführten,  2-50  m  breiten  Parkettkorridor,  während  zwei 
geradarmige,  breite  Treppen  zur  ersten  Galerie  führen.  Das  Parkettpublikum  tritt  von  den 
Garderoben  durch  15  Türen  in  das  Parterre  des  Zuschauerraumes.  Das  Parterre  faßt  bei 
aufgelassenem  Orchester  847,  bei  normalem  Orchester  829  und  bei  verstärktem  Orchester 
781  Personen,  wobei  in  allen  drei  Fällen  10  Personen  auf  zwei  Logen  und  301  Personen  auf 
Stehplätze  entfallen.  Beim  Verlassen  des  Hauses  können  die  Besucher  des  Hauses  durch  neun 
Türen  direkt  ins  Freie  gelangen. 

Auf  der  ersten  Galerie  führen  Seitentüren  zu  den  317  in  elf  Reihen  angeordneten  Balkon- 
sitzen. Auch  das  Logenpublikum  kann  im  Gefahrsfalle  direkt  von  den  Treppen  durch  kleine 
Vestibüls  seitlich  ins  Freie  gelangen.  Durch  zwei  seitliche  kleine  Vestibüls  erreicht  man  über 
zwei  Treppen  den  zweiten  Rang,  welchem  ein  zirka  40  m  langes  und  7  m  breites  Foyer 
mit  Garderobe  und  zwei  Büffets  vorgelegt  sind.  Von  diesem  Foyer  führen  sieben  Türen  zu  den 
in  zehn  Reihen  angebrachten  348  Sperrsitzen  und  202  Stehplätzen;  dieses  Publikum  kann 
überdies  zu  beiden  Seiten  des  Hauses  durch  vier  Türen  zu  je  zwei  großen,  offenen  Terrassen 
gelangen,  welche  eine  Verbindung  mit  der  Galerietreppe  haben. 

Das  Auditorium  zeigt  statt  des  zylinderartigen,  hohen  Zuschauerraumes  einen  mehr 
saalartig  entwickelten  Raum,  von  welchem  aus  die  Besucher  in  flacherem  Sehwinkel  die  Szene 
und  den  Schauspieler  mehr  vor  als  unter  sich  sehen.  Die  Ausschmückung  des  Saales  ist  in 
leichtem  Barockstil  gehalten,  Weiß  in  Gold,  mit  hellroten  Draperien  und  Rückwänden.  Wände 
und  Saaldecke  sind  mit  figuralem  Schmuck  von  Friedl,  die  Saaldecke  mit  zwei  großen  Bildern 
von  Veith  geschmückt,  der  auch  das  Gemälde  des  Hauptvorhanges  vor  der  13-50  m  breiten 
Proszeniumsöffnung  ausführte.  Zum  feuersicheren  Abschlüsse  der  Bühne  ist  eine  doppelwandige, 
hydraulisch  von  der  Bühne  und  dem  äußeren  Bühnenkorridor  aus  zu  betätigende  Eisenkurtine 
vorgesehen.  Die  Bühne  hat  eine  Breite  von  20  m  und  samt  Hinterbühne  eine  Tiefe  von  157  m. 
Die  Bühneneinrichtung  ist  durchwegs  in  Eisen  ausgeführt.  Die  Beheizung  erfolgt  seit  1905 
durch  eine  Dampfniederdruckheizanlage,  während  die  Lüftung,  welche  dem  Hause  stündlich 
40.000  m3  Luft  zuführt,  durch  einen  Gasmotor  mit  Pulsator  im  Keller  und  Exhaustor  am 
Dachboden  betätigt  wird. 


334 


ücbäudc  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Abb.  493.    Deutsches  Volkstheater. 


Für  die  Fassadenarchitektur  wurde  die  italienische  Renaissance  gewählt.  Vor  dem  Theater 
erhebt  sich  das  von  Fr.  Vogl  ausgeführte  Raimund-Denkmal.1) 


Das  Raimund-Theater,  VI.,  Wallgasse  (Abb.  487,  494  und  495). 

Dieses  von  einem  Vereine  gegründete  und  nach  den  Plänen  des  Architekten  Franz  Roth 
erbaute  Theater  wurde  Ende  November  1893  nach  zirka  zehnmonatlicher  Bauzeit  eröffnet. 
Wie  der  Grundriß,  dem  das  System  Asphaleia  zugrunde  liegt,  zeigt,  ist  der  Korridor  des  Zu- 
schauerraumes in  zwei  Zonen  geteilt.  Die  eine  bildet  das  6  m  breite  Vestibül  und  die  Kleider- 
ablage, ist  taghell  und  hat  neben  dem  Hauptzugange  noch  zwei  auf  die  Straße  führende  Aus- 
gänge; neben  diesen  haben  die  beiden  zum  ersten  Range  führenden  Treppenarme  ihre  Zu- 
gangstüren. Die  andere  Zone  besteht  aus  den  beiden  schmalen  „Korridoren".  Durch  diese 
Verschmälerung  war  es  möglich,  die  aus  sich  kreuzenden  Armen  gebildeten  Doppeltreppen 
für  den  ersten  und  zweiten  Rang  anzugliedern. 

Der  Zuschauerraum  besteht  aus  Parkett,  erstem  und  zweitem  Range.  Nur  im  ersten  und 
zweiten  Range  sind  je  zwei  Proszeniumslogen  angeordnet;  als  sich  später  das  Bedürfnis  nach 
mehr  Logen  ergab,  wurden  im  ersten  Range  noch  einige  offene  Logen  eingebaut.  Der  erste 
Rang  ist  stark  über  das  Parkett  vorgebaut  und  die  Decke  des  Zuschauerraumes  muschelförmig 
gestaltet,  welche  Form  sich  als  gut  akustisch  erwiesen  hat. 

Das  Haus  faßt  1641  Personen.  Davon  entfallen  690  auf  das  Parkett,  453  auf  den  ersten 
und  498  auf  den  zweiten  Rang.  Die  große  Anzahl  Parkettsitze  wurde  dadurch  erzielt,  daß 
auch  das  Orchester  in  einer  Tiefe  von  viereinhalb  Reihen  überbaut  wurde.  Das  Bühnenhaus 
ist  wohl  zufolge  des  geringen  Ausmaßes  der  Baustelle  gleichfalls  aufs  äußerste  eingeschränkt 
und  entbehrt  infolge  der  Forderung,  daß  das  Theatergebäude  mindestens  15  m  von  dem  Nach- 
barobjekte entfernt  sein  muß,  einer  Hinterbühne.2) 

')  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1888. 

*)  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1893.  Sem  per.  Handbuch  der  Architektur. 


Theatergebäude. 


335 


Abb.  494.     Raimund-Theater.    Schnitt.     1:600. 


Das  Kaiser-Jubiläums-Stadttheater,  IX.,  Währinger  Gürtel  (Abb.  488  und  496). 

Das  gleichfalls  von  einer  Vereinigung  Wiener  Bürger  nach  den  Plänen  der  Architekten 
Franz  Freiherrn  von  Krauß  und  Alex.  Graf  ausgeführte  Theater  wurde  am  14.  Dezember 
1898  nach  zehnmonatlicher  Bauzeit  eröffnet.  Die  Form  des  Bauplatzes,  ein  unregelmäßiges 
Viereck,  dessen  längste  Seite 
74-37  m,  dessen  kürzeste  38-S5  m 
betrug,  war  keine  sehr  günstige 
zu  nennen;  die  Situicrung  mit  der 
Hauptfront  stadtwärts  ist  wohl  die 
einzig  richtige,  weil  die  Form  des 
Theatergrundrisses,  der  naturgemäß 
sich  nach  rückwärts  verbreitert,  nur 
so  auf  dem  Bauplatze  unterzu- 
bringen war.  Die  hierdurch  bedingte 
diagonale  Stellung  des  Gebäudes, 
die  fast  ganz  ohne  Rücksicht  auf 
die  Straßenfluchten  gewählt  wurde 
—  denn  nur  in  der  Fuchsthaller- 
gasse steht  die  Front  in  der  Bau- 
linie —  fällt  allerdings  unangenehm 
auf.  Eine  ziemliche  Schwierigkeit 
boten  auch  die  ungünstigen  Niveau- 
verhältnisse: Ein  Höhenunterschied 
von  2-68  m  in  der  zur  Achse  des 
Gebäudes  senkrechten  Richtung 
bedingte  eine  verschiedene  Lösung 
der  Ausgänge  und 
Stiegenanlage  rechts 
und  links. 

Die  Zweiteilung 
des  Gebäudes  in  Zu- 
schauerhaus und  Büh- 
nenhaus kommt  schon 
im  Äußeren  klar  zur 
Geltung.  Ersteres  nach 
vorne  in  runder  Grund- 
rißform und  von  ge- 
ringer Höhenentwick- 
lung, umgeben  von  den 
durch  weite  Fensterach- 
sen charakterisierten, 
wenig  geteilten  Räumen, 
die  Vestibüls,  Foyers, 
Zusehergarderoben  ent- 
haltend, steht  im  Ge- 
gensatze zum  mächtig 
auftretenden  rechtecki- 
gen Bühnenhause,  das 
von  mehrgeschossigen 
Bauteilen  mit  kleiner 
Fensterachsenstellung 
und  kleinen  Fensteröff- 
nungen umgeben  wird. 

Die  Bauherren  wünschten  einerseits  den  deutschen  Charakter  des  Volksschauspielhauses 
durch  Anwendung  der  deutschen  Renaissance  zum  Ausdruck  gebracht,  anderseits  eine  von 
dem  bisher  Üblichen  möglichst  abweichende  Erscheinung;  so  entstand  die  an  die  italienische 
Frührenaissance    sich    anlehnende  Fassade.    An    figuralem   Schmuck    weist    das  Gebäude    zwei 


Abb.  495.     Raimund-Theater. 


336 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Ritterfiguren  und  zwei  Puttigcstalten  von  Schimkowitz,  ein  Kaiserporträt  von  E.  von  Hoffmann, 
sowie  zwölf  Rcliefbilder  von   P.  Leiseck  auf. 

Die  innere  Raumeinteilung  des  Hauses  ist  im  wesentlichen  die  des  Deutschen  Volks- 
theaters, nur  sind  die  Dimensionen  fast  durchgehends  größer.  Das  Hauptvestibül,  1320  m  auf 
8'60  m  groß,  öffnet  sich  durch  fünf  Türen  nach  außen  und  fünf  Öffnungen  nach  innen,  von 
denen  zwei  zu  den  Stiegen  zum  ersten  Range,  drei  in  das  Parterre  führen.  Ein  260  m  breiter 
Kommunikationsgang  umgibt  den  Zuschauerraum  und  steht  rechts  und  links  durch  je  vier 
Öffnungen  mit  den  Garderoben  in  unmittelbarer  Verbindung.  Zu  beiden  Seiten  der  Garde- 
roben sind  wieder  Ausgänge  angeordnet,  von  denen  zwei  direkt  ins  Freie  führen,  während 
zwei  außerdem  durch  die  Logenstiegen  eine  zweite  Verbindung  mit  den  oberen  Rängen  her- 
stellen. Aus  dem  Zuschauerräume  führen  im  Parterre  acht  Türen  auf  den  Korridor  und  zwei 
(als  Notausgangstüren)  direkt  ins  Freie.  Die  Zahl  der  Ausgänge  vom  Zuschauerraum  auf  die 
Straße  beträgt  13.  Das  Auditorium  selbst  zerfällt  in  das  Logenproszenium  und  das  Amphi- 
theater. In  ersterem  sind  im  Parterre,  Balkon,  ersten  und  zweiten  Range  beiderseits  je  fünf 
Logen  ä  fünf  Personen,  also  zusammen  —  wenn  die  Hofloge  nicht  mitgerechnet  wird  — 
39  Logen    mit   195   Personen    untergebracht.     Parterre    und   Parkett   enthalten,    in    fünf   Blocks 


Abb.  496.     Kaiser-Jubiläums-Stadttheater. 


verteilt,  758  Sitze.  Die  erste  Galerie,  welche  drei  Ausgänge  besitzt,  überbaut  das  Parterre 
auf  zirka  7  m  Breite  und  enthält,  in  drei  Blocks  verteilt,  344  Plätze.  Die  zweite  Galerie, 
mit  sieben  Ausgängen,  besitzt,  in  vier  Blocks  eingeteilt,  540  Plätze.  Das  Haus  faßt  somit 
insgesamt  1837  Personen.  Alle  Sitze  sind  so  angelegt,  daß  man  —  auch  von  den  schlech- 
testen Plätzen  —  fast  die  ganze  Bühne  übersehen  kann;  um  dies  zu  erreichen,  wurden 
die  Brüstungen  der  Galerie  von  der  Mitte  weg  fallend  konstruiert,  die  Sitzreihen  hin- 
gegen steigend.  Die  Bühne  ist  22-6  m  breit  und  135  m  tief,  die  Hinterbühne  11  m  breit 
und  6  m  tief. ') 


')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S99.  Der  Architekt.  1S9S. 


Tlicatcrocbiiudc. 


337 


Das  Wiener  Bürgertheater,  III.,  Vordere  Zollamtsstraße  (Abb.  489  und  497). 

Das  jüngste  der  Wiener  Theater,  das  am  7.  Dezember  1905  eröffnete  Wiener  Bürger- 
theater wurde  nach  den  Plänen  der  Architekten  Franz  Freiherrn  von  Krauß  und  Jos.  Tölk  er- 
baut. Es  ist  samt  dem  nebenanstehenden  Zinshause  „Bürgerhof"  Eigentum  der  Bauunternehmer 
Lederer  &  Schweinburg.  Die  zwischen  beiden  Gebäuden  liegende,  im  Privatbesitze  verbliebene, 
15  m  breite  Straße  wurde  im  Untergrunde  teilweise  für  die  Anlage  eines  Dekorationsmagazines 
ausgenützt.  Das  Theatergebäude  bedeckt  eine  Fläche  von  1592  m'-;  die  größte  Länge  beträgt 
5P57m,  die  größte  Breite  33  m.  Die  gegen  den  Wienfluß  gerichtete  Hauptfassade  ist  segment- 
förmig  ausgebaucht.  Der  fünfachsige  Mittelrisalit  entspricht  der  Breite  des  Vestibüls.  Die  im 
Parterre  mäßig,  im  ersten  Stocke  bedeutend  zurücktretenden  Teile  zu  beiden  Seiten  dieses 
Risalits  enthalten  die  Treppen  zu  den  Rängen.  An  den  Seitenfassaden  sind  die  Nebenräume 
des  Zuschauerraumes,  die  Kleiderablagen  u.  s.  w.,  in  drei  Geschossen,  die  oberen  über  den 
unteren  zurücktretend,  also  Terrassen  bildend,  zu  erkennen.  Die  Hauptfassade  zeigt  drei  Reliefs 
von  Elena  Luksch-Makowsky  —  in  farbig  glasiertem  Steinzeug  ausgeführt  —  und  zwei  Kolossal- 
figuren in  Kunststeinmasse  von  Bildhauer  G.  Leiseck.  Die  innere  Einteilung  weicht  von  dem 
Typus  des  Deutschen  Volkstheaters  nicht  wesentlich  ab.  Fünf  Türen  führen  in  das  7-8  m  tiefe 
und  im  Mittel  15  m  breite  Vestibül,  von  wo  sich  die  Besucher  durch  sieben  Öffnungen  in 
das  Parterre  und  die  Ränge  verteilen.  Zu  jedem  Range  führen  je  zwei  voneinander  voll- 
ständig getrennte,  je  22  m  breite  Treppen.  Die  Treppen  des  zweiten  Ranges  haben  direkten  Aus- 
gang auf  die  Straße.  Auch  aus  dem  Parterre  gelangt  man  durch  vier  Ausgänge  direkt  ins 
Freie,  ohne  das  Vestibül  betreten 
zu  müssen.  Hierzu  kommt  noch 
ein  separierter  Zugang  zur  Hof- 
loge und  drei  Türen  aus  den 
Bühnentrakten,  so  daß  im  ganzen 
15  Ausgänge  vorhanden  sind. 
Die  Kleiderablagen  sind  im  Par- 
terre und  im  ersten  Range  beider- 
seits des  Zuschauerraumes,  im 
zweiten  Range  vor  demselben 
angeordnet.  Im  ersten  Range  be- 
findet sich  über  dem  Vestibül  das 
Foyer  und  Büffet,  von  dem  zwei 
Terrassen  —  bei  schönem  Wet- 
ter als  Erholungsort,  im  Falle 
der  Gefahr  als  Zufluchtsstätte  — 
erreichbar  sind.  Solche  Terras- 
sen sind  auch  von  dem  Logen- 
gange im  zweiten  Range  und  von 
der  großen  Kleiderablage  der 
zweiten  Galerie  zugänglich.  Der 
Zuschauerraum  selbst  hat  eine 
größte  Breite  von  18  m,  eine 
größte  Tiefe  von  24-5  m  und 
eine  größte  Höhe  von  15  m.  Er 

faßt    —    außer     der    Hofloge    —  Abb.  497.    Wiener  Bürgertheater. 

1238  Personen,  die  sich  folgen- 
dermaßen verteilen:  Im  Parterre  418  Sitzplätze  und  136  Stehplätze;  im  ersten  Range  246  Sitzplätze, 
im  zweiten  Range  372  Sitzplätze  und  66  Stehplätze.  Die  Sitze  haben  eine  durchschnittliche  Breite 
von  555  cm  und  sind  75  cm  bis  72'5  cm  tief.  Im  Parterre  führen  nebst  den  Logentüren  neun,  im 
ersten  Range  zwei,  im  zweiten  Range  fünf  Ausgänge  aus  dem  Zuschauerräume.  Die  Proszeniums- 
öffnung ist  10  m  breit  und  67  m  im  Lichten  hoch.  Die  Decke  des  Zuschauerraumes  steigt  nach 
rückwärts  derart  an,  daß  der  Scheitel  sich  bis  4-5  m  über  den  Proszeniumslogen  erhebt.  Der 
Zuschauerraum  ist  an  der  Proszeniumswand  durch  ein  Gemälde  von  E.  Veith  und  über  den 
Logen  durch  Lunettenbilder  von  G.  Bauer  geschmückt.  Sämtliche  Deckenkonstruktionen  im 
Zuschauertrakte  sind  aus  armiertem  Beton  ausgeführt.  Für  die  Stiegen  kamen  —  mit  Aus- 
nahme der  in  den  ersten  Rang  führenden,  die  aus  Karstmarmor  bestehen  —  durchwegs  eisen- 

Bd.  II.  22 


338 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


armierte  Betonstufen  zur  Verwendung,  welche  aber  auf  Anordnung  der  Behörde  unterwölbt 
werden  mußten.  Die  Bühne  ist  19'30m  breit,  15  m  tief  und,  von  der  Unterbühnensohle  bis 
zum  Rollenboden  gemessen,  26  m  hoch.  Eine  Hinterbühne  ist  nicht  vorhanden.  Die  gesamte 
Bühneneinrichtung  wurde  nach  den  Plänen  des  k.  u.  k.  Hofbühneninspektors  F.  B.  Bretschneider 
durchaus  in  Eisen,  und  zwar  für  Handbetrieb  konstruiert.  An  der  rückwärtigen  Bühnenmauer 
ist  am  Dache  eine  Abzugsesse  für  die  Rauchgase  angebracht,  die  7: 2*40  m  groß  ist  und  somit 
über  fünf  Prozent  der  Bühnengrundfläche  einnimmt.  Die  Beheizung  des  ganzen  Hauses  erfolgt 
durch  eine  Niederdruckdampfheizung  mit  zentraler  Kesselanlage.  Der  Bau  samt  innerer  Ein- 
richtung wurde  in  der  kurzen  Zeit  von  zirka  sieben  Monaten  durchgeführt;  die  Kosten  des- 
selben sind  bisher  nicht  bekannt  geworden.1) 

Xach  Mitteilungen  des  Oberbaurates  H.  Helmer,  des  Architekten  Franz  Freiherrn  von  Krauß  u.  a. 

bearbeitet  von  P.  Kortz. 


II.  SPEZIALITÄTEN-THEATER-  UND  ZIRKUSGEBÄUDE. 

Erst  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  19.  Jahrhunderts  entstanden  die  Spezialitäten-Theater, 
die  mit  ihren  rasch  wechselnden  verschiedenartigsten  Schaubietungen  der  leichten  Muse  dienen 
und  dem  Zuschauer  die  Möglichkeit  bieten,  sich  gleichzeitig  an  dem  Genüsse  der  heiteren 
Darstellungen,  sowie  an  Speise,  Trank  und  Zigarre  zu  erfreuen.  So  wenig  prätentiös  wie  ihre 
Muse  ist  mitunter  auch  die  Baukunst,  die  ihr  das  Heim  bereitet.  Nur  das  Apollotheater  ist  von 
vorneherein  als  Spezialitätenbühne  gebaut,  während  das  Orpheum  aus  dem  1864 — 1865  erbauten 
Harmonietheater,  das  Etablissement  Ronacher  aus  dem  1884  niedergebrannten  Stadttheater  und 
das  Colosseum  aus  einem  als  Vergnügungsetablissement  großen  Stiles  gedachten  Saalbau  durch 
spätere  Umbauten  ihrem  jetzigen  Zwecke  dienstbar  gemacht  wurden. 


Das  Orpheum,  IX.,  Wasagasse  (Abb.  499). 

Das  Orpheum  wurde  1864—1865  von  dem  Architekten  Otto  Wagner  als  Theater  er- 
baut und  führte  bis  1868  den  Namen  Harmonietheater;  von  da  an  heißt  es  Orpheum.  Viele 
Veränderungen  mußte  es  über  sich  ergehen  lassen,  bis  es  endlich  durch  die  letzten,  vom 
Architekten  H.  Dwofak  durchgeführten  umfassenden  Rekonstruktionen  den  modernen  Sicher- 
heitsforderungen ange- 
paßt wurde.  Von  der 
geräumigen  Vorhalle 
im  Erdgeschoß  führt 
eine  bequeme  Treppe 
in  den  stockhoch  lie- 
genden rechteckigen 
Zuschauerraum  von 
18-2  m  Breite  und 
207  m  Länge.  Eine 
Logengalerie  mit  da- 
hinterliegendem  Pro- 
menoir  umschließt,  auf 
schlanken  Stützen  ru- 
hend, auf  drei  Seiten 
den  Saal  und  darüber 
wurde  1900  durch  Hin- 
ausrücken der  rück- 
wärtigen Saalwand  eine 
zweite  Galeric  mit  stark 
ansteigenden  Sitzreihen 
geschaffen.     Das  Haus 


WMM 


Abb.  49S 


inent  Ronacher  im  I.  Bezirke. 


')  Zeitschrift  des  öster- 
reichischen Ingenieur-  und  Ar- 
chitekten-Vereines. 1906,   Nr.  1. 


Spc/.ialitätcn-Thcatcr-  und  Zirkusgebaudc. 


339 


Abb.  499.     Orpheum.    Parterre.     1:1000. 


V  Vestibül.   Z  Zuschauerraum.   B  Bühne.   R  Restaurant. 
Abb.  502."  Apollo-Variete.    Parterre.     1:1000. 


V  Vestibül.    Z  Zuschauerraum.    BS  Ballsal.    R  Restaurant. 
Abb.  500.    Etablissement  Ronacher.    Mezzanin.     1:1000. 


Abb.  501. 

Colosseum.    Ebenerd. 

1:1000. 

A  Zuschauerraum. 
B  Deutscher  Saal. 
G.  Geschäftslokale. 


Abb.  503.     Zirkus  Renz.    Parterre.     1:1000. 


Abb.  504.     Zirkus  Busch.    Parterre.     1:1000. 

22* 


340 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


bietet  einen  Fassungsraum  für 
1 120  Personen.  Die  ursprüng- 
liche Holzkonstruktion  der 
Logengalerie  wurde  1900 
durch  eine  Monier-Konstruk- 
tion  ersetzt  und  die  Saaldecke 
in  Rabitzputz  erneuert.  Als 
Foyer  und  Wintergarten  wer- 
den früher  zu  Wohnzwecken 
verwendete  Räumlichkeiten 
im  etsten  Stocke  des  Gassen- 
traktes benützt.  Durch  wieder- 
holte Adaptierungen  wurden 
Logen-  und  Galeriestiegen, 
Garderoben  und  erst  1904 
mittels  Tunnels  unter  dem 
Saal  ein  neuer  Ein-  und  Aus- 
gang und  eine  Stiege  zu  der 
Logengalerie  hergestellt.  Auch 
die  Bühne  erhielt  im  Laufe  der 
Zeit  eine  Hinterbühne,  einen 
Garderobetrakt,  Magazine  und 
über  dem  Stiegenhaus  einen 
kleinen  Probesaal.1) 

Etablissement  Ronacher,  I., 

Seilerstätte    (Abb.  498  und 
500). 

Auf  den  Grundmauern 
des  1884  abgebrannten,  von 
Ferd.  Fellner  1871  —  1872  er- 
bauten Stadttheaters  entstand 
in  den  Jahren  1887—1888 
das  Etablissement  Ronacher 
nach  den  Plänen  von  Fellner 
und  Helmer  als  das  erste 
deutsche  Variete.  Ein  Produk- 
x  tionssaal    samt   Podium,    ein 

zweiter  großer  Ballsaal,  in  den  Gassentiakten  des  auf  drei  Seiten  freistehenden  Hauses,  Hotel, 
Restauration  und  Kaffeehaus  sind  mit  raffiniertester  Raumausnützung  zu  einem  Ganzen  ver- 
einigt. Im  Erdgeschosse  liegt  das  Kassenvestibül  mit  einem  Zugang  von  der  Seilerstätte  und 
einer  Zufahrt  unter  dem  Rundbau  an  der  Ecke.  Der  Zuschauerraum  faßt  im  Parkett  719  Per- 
sonen, besitzt  eine  Logengalerie  mit  einer  Hofloge  und  30  offenen  Logen,  dahinter  Promenade- 
foyers und  einen  Wintergarten  und  über  der  ersten  eine  zweite  Galerie.  An  die  Bühne  schließt 
sich  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Parkett  des  Produktionssaales  ein  etwa  1200  Personen  Raum 
bietender  Saal  an,  der  für  Festlichkeiten,  Bälle,  Konzerte  und  ähnliche  Zwecke  Verwendung 
findet.  Die  Wirtschaftsräume,  Maschinenanlagen  und  Küchen  sind  im  Keller  angeordnet.  Dem- 
nächst soll  durch  einen  Umbau  des  Ballsaales  Raum  geschaffen  werden  für  eine  Vergrößerung  der 
Bühne  und  deren  Nebenräumlichkeiten.  Die  Direktion  und  Verwaltung  ist  in  dem  dreistöckigen 
Hoteltrakt  untergebracht.  Der  Zuschauerraum  ist  in  heiterem  Wiener  Barockstil  gehalten. 


Etablissement  „Apollo". 


Das  Colosseum,  IX.,  Nußdorferstraße  (Abb.  501). 

Die  Saalräumlichkeiten  samt  der  Bühnenanlage  des  1899  von  dem  Architekten  Karl 
Stephann  erbauten  Colosseums  liegen  zwischen  dem  Gassen-  und  Hoftrakt  einer  großen  Miet- 
hausanlage   und  erhielten  erst  durch  spätere  Umbauten    ihre  jetzige  Gestalt  und  Bestimmung. 


')  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  18S6.    (Hcizungsanlage.) 


Spczialitaten-Thcatcr-  und  Zirkusgebäude.  341 

Ursprünglich  war  der  Bau  weniger  als  Produktionssaal  denn  als  Vergnügungsctablissement 
großen  Stiles  für  Festlichkeiten,  Bälle  und  Konzerte  gedacht.  Vom  Eingangsflur  gelangt  man 
an  dem  Kassenschalter  vorüber  über  eine  zweiarmige  Stiege  nach  abwärts  in  einen  Vorraum, 
der  die  Garderoben  enthält.  Daran  schließt  sich  der  an  drei  Seiten  von  Nebensälen  umgebene 
60  cm  tiefer  liegende  Hauptsaal.  Ungefähr  600  Personen  finden  in  diesem  30  m  langen,  18  m 
breiten  und  16  m  hohen  Saal  Platz,  während  die  Nebensäle,  die  sich  in  großen  Bögen  gegen 
den  Hauptsaal  öffnen,  für  Frcmdcnlogcn,  Estradesitze  und  Entreeplätze  ausgenützt  sind.  Der 
Eingangswand  gegenüber  lag  früher  ein  Wintergarten,  der  jedoch  später  infolge  des  Bühnen- 
einbaues  aufgelassen  wurde.  Zwei  Stiegenanlagcn,  seitlich  von  der  Bühne,  führen  zu  dem  über 
dem  ehemaligen  Wintergarten  gelegenen  Galeriesaal,  von  dem  man  zu  einer  den  großen  Saal 
auf  drei  Seiten  umgebenden  Bogengalerie  gelangt.  Über  dem  schmäleren  der  beiden  Nebensäle 
liegt  in  gleicher  Höhe  mit  den  Logen  ein  weiterer  Saal.  Die  architektonische  Ausgestaltung  des 
Saales  entlehnt  ihre  Formen  dem  Barockstil,  während  die  Außenseite  der  ganzen  Häusergruppe 
im  Charakter  der  deutschen  Renaissance  gehalten  ist.1) 

Das  Apollo-Variete,  VI.,  Gumpendorferstraße  (Abb.  502  und  505). 

Im  Jahre  1904  von  dem  Architekten  Ed.  Prandl  erbaut,  vereinigt  die  Gebäudeanlage  des 
Apollotheaters  das  Vergnügungsetablissement,  ein  Hotel  und  drei  Zinshäuser  in  sich.  Im 
Inneren  der  eine  Eckparzelle  einnehmenden  Häusergruppe  liegt  das  Vergnügungsetablissement, 
das  an  den  Gassenseiten  von  Wohntrakten  umschlossen  wird,  die  in  den  oberen  Geschossen 
auch  teilweise  den  Raum  über  dem  Zuschauerraum  in  Anspruch  nehmen.  Etwas  tiefer  als  das 
Niveau  des  an  der  Ecke  befindlichen  Vestibüls  liegt  das  Parterre  des  Zuschauerraumes  mit 
720  Sitzplätzen  und  10  Ausgängen.  Vom  Kassenvestibül  gelangt  man  über  eine  4  m  breite 
Treppe,  unter  welcher  die  Garderoben  für  das  Parterre  Platz  finden,  zu  dem  ersten  Range,  der, 
zwischen  Parterre  und  erstem  Stocke  des  Gebäudes  liegend,  zwölf  Logen  und  315  Sitzplätze 
aufweist.  Den  fast  gleichen  Fassungsraum  bietet  auch  der  in  der  Höhe  des  ersten  Stockwerkes 
des  Gebäudes  befindliche  zweite  Rang,  den  man  über  zwei,  gleichfalls  von  der  Eingangshalle 
ausgehende  Stiegen  erreicht.  Die  Bühne  ist  bei  einer  Breite  von  14  m  15  m  tief  und  19  m 
hoch.  Nebenräume  für  das  Vergnügungsetablissement,  Magazine  und  Maschinenanlagen  finden 
im  Souterrain  Platz.  Die  Umrahmung  der  Bühnenöffnung  ist  in  Monier-Konstruktion  durch- 
geführt. Da  ein  Teil  des  Raumes  über  dem  Zuschauerräume  für  Wohnzwecke  ausgenützt  wurde, 
ruhen  die  Hofmauern  der  Wohntrakte  auf  2  m  hohen,  genieteten  Kastenträgern  von  21  m  Spann- 
weite. Für  die  architektonische  und  reiche  dekorative  Durchbildung  des  Inneren  fanden  Barock- 
motive in  freier  Auffassung  Verwendung,  während  sich  das  Äußere  von  historischer  Stiltradition 
noch  weiter  entfernt.'2) 

Zirkus  Renz,  II.,  Zirkusgasse  44  (Abb.  503). 

Als  erste  der  ständigen  Zirkusanlagen  überhaupt  wurde  der  Zirkus  im  Auftrage  E.  Renz' 
1853  von  dem  Architekten  K.  May  und  dem  Baumeister  F.  Schebek  errichtet.  Massive  Außen- 
mauern umschlossen  im  Zwölfeck  einen  Raum  von  ungefähr  40  m  Durchmesser;  der  Einbau 
der  Sitzreihen  und  die  Dachkonstruktion  war  durchwegs  von  Holz.  An  der  Straßenseite  eine 
Unterfahrt  und  an  der  Rückseite  ein  langgestrecktes  Stallgebäude  sowie  zwei  seitliche  Stiegen- 
anlagen mußten  den  Bedürfnissen  des  Betriebes  genügen.  Kurz  nach  dem  Ringtheaterbrande 
fanden  im  Jahre  1883  durchgreifende  bauliche  Umänderungen  unter  der  Leitung  des  Architekten 
O.  Laske  statt.  Das  Stallgebäude  allein  blieb  unberührt;  während  die  übrigen  Teile  nach  außen 
und  innen  völlig  verändert  wurden.  Die  ehemalige  Außenmauer  wurde  erhöht  und  zur  Innen- 
mauer eines  den  ganzen  Zirkus  umschließenden,  P90  m  breiten  Verbindungsganges,  der  nach  außen 
durch  eine  neue,  höhere  Umfassungsmauer  abgeschlossen  wurde.  Die  Nebenräume  für  das 
Publikum  erfuhren  durch  die  Anlage  eines  geräumigen  Kassenvestibüls,  einer  Konditorei,  von 
Aborten  und  Garderoben  eine  bedeutende  Vergrößerung.  Vier  neue  Stiegenanlagen  für  den 
ersten  und  zweiten  Rang,  ferner  an  der  Stelle  der  alten  Treppen  zwei  Notstiegen  wurden 
für  die  Erhöhung  der  Sicherheit  der  Besucher  errichtet.  Für  die  Ausgestaltung  des  Inneren 
mußte  in  ausgedehntem  Maße  von  Eisenkonstruktionen  Gebrauch  gemacht  werden,  auch  der 
Dachstuhl  ist  in  Eisen  ausgeführt.  Im  ersten  Stocke  liegt  über  der  Eingangshalle  ein  Ballett- 
saal   und  daran    anschließend  die  stattliche  Hofloge    mit    eigener    Treppe.     Die    Manege    mißt 


')  Wiener  Bauindustrie-Zeitung.  1899. 
2)  Der  Bautechniker.  1904. 


342 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Abb.  506.    Musikvereinsgebäude. 

13  m  im  Durchmesser.  Über  den  amphitheatralisch  ansteigenden  Sitzreihen  des  Parterres  ist 
in  der  Höhe  des  ersten  Stockes  ein  Kranz  von  40  Logen  angeordnet,  dahinter  ein  Gang 
und  der  erste  Rang  mit  7  Sitzreihen,  darüber  der  zweite  Rang  mit  5  Sitzreihen.  Der  Zirkus 
enthält  insgesamt  3559  Sitzplätze.  Die  Gesamthöhe  des  Innenraumes  bis  zur  Spitze  der 
Laterne  beträgt  rund  25  m.  Für  die  architektonische  Durchbildung  der  Vorderfront  verwendete 
O.  Laske  maßvolle  Renaissanceformen. 


Zirkus  Busch,  IL,  Ausstellungsstraße  (Abb.  504). 

Das  Gebäude  wurde  im  Jahre  1882  im  Auftrage  der  Österreichisch-Belgischen  Panorama- 
Gesellschaft  durch  den  Architekten  Franz  Ritter  von  Neumann  für  ein  Panorama  erbaut, 
welchem  Zwecke  es  bis  zu  dem  1892  nach  den  Plänen  der  Architekten  Brüder  Drexler 
erfolgten  Umbau  in  einen  Zirkus  diente.  Der  Bau  ist  als  Sechzehneck  von  39  m  Durchmesser 

und  15  m  Höhe  in  Eisenfachwerk  mit 
16  schmiedeeisernen  Stützen  und  da- 
zwischen ursprünglich  15  cm  starken,  bei 
dem  Umbau  auf  60  cm  verstärkten  Aus- 
mauerungen ausgeführt  und  mit  einer 
laternengekrönten  Schwedlerkuppel  über- 
deckt. Die  Vorbauten  für  Kanzlei  und  In- 
spektion sind  massiv,  die  Ställe  als  Riegel- 
bauprovisorien gebaut.  Die  Manege  mißt 
1 34  m  im  Durchmesser,  der  Zuschauer- 
raum vermag  in  der  üblichen  amphitheatra- 
lischen  Anordnung  mit  zwei  Galerien,  die 
von  Ziegelgewölben  zwischen  Trägern  auf 
Eisensäulen  getragen  werden,  ungefähr 
2600  Personen  zu  fassen.  Außen  sind  die 
Stiegenhäuser  derart  angeordnet,  daß  jede 
Treppe  durch  gegenläufiges  Führen  der 
Treppenarme  doppelt  benutzbar  ist.  Ein 
Stall  für  190  Pferde  sowie  eine  Probier- 
manege vervollständigen  die  Anlage.1) 


GC  Großer  Konzertsaal. 
KC  Kleiner  Konzertsaal. 
G,H  Musikcrzimmer. 


F  Kanzlei,  Bibliothek. 
A  Haupttreppen. 
C  Dienststiegen. 


Abb.  507 


D,  E  Nebentreppen. 
Musikvereinsgebäude.    Erster  Stock. 


')  Zeitschrift 
Architekten- Vereines. 


des    österreichischen 
1882. 


Ingenieur-    und 


1 :  800. 


Saalbautcn. 


343 


Abb.  508.    Der  Kursalon  im  Stadtpark. 


III.  SAALBAUTEN. 

Der  traditionellen  Bedeutung  Wiens  als  Musikstadt  entsprechen  drei  nahezu  ausschließ- 
lich der  Pflege  ernster  Tonkunst  gewidmete  Saalanlagen,  das  Musikvereinsgebäude,  der  Bösen- 
dorfersaal  und  der  Saal  Ehrbar;  ihre  geringe  Zahl  erklärt  sich  damit,  daß  Wien,  bald  nach- 
dem man  daran  ging,  für  größere  Musikaufführungen  eigene  Bauanlagen  zu  schaffen,  in  den 
beiden  Sälen  des  Musikvereinsgebäudes  für  die  Vorführung  der  gewaltigsten  Klangwirkungen 
symphonischer  Dichtungen  und  auch  der  intimeren  Reize  der  Kammermusik  in  gleicher 
klassisch  vollkommener  Weise  geeignete  Lösungen  erhielt.  Die  übrigen  Saalbauten,  der  Sophien- 
saal, der  Kursalon  und  das  Gebäude  der  Gartenbaugesellschaft,  werden  außer  für  Konzerte 
auch  anderen  Zwecken  dienstbar  gemacht.  Daneben  bestehen  noch  eine  ganze  Anzahl  den 
verschiedensten  Bedürfnissen  genügender  Saalbauten,  die  hier  keine  nähere  Besprechung  finden 
können. 


Das  Musikvereins- 
gebäude, I.,  Dumba- 
gasse  (Abb.  506,  507). 

Auf  Grund  eines 
von  der  Gesellschaft 
der  Musikfreunde  aus- 
geschriebenen Wettbe- 
werbes wurde  in  den 
Jahren  1868—1869 

durch  Theophil  von 
Hansen  auf  den  von 
Seiner  Majestät  dem 
Kaiser  geschenkten 

Stadterweiterungsgrün  - 
den    in    der   Nähe    der 

ehemaligen  Mond- 
scheinbrücke das  Ge- 
bäude errichtet,  das 
Konzerthaus,  Konser- 
vatorium, Vereinshaus 
und      Restauration      in 


A  Entree. 
V  Vestibül. 
G  Garderobe. 
RG  Rundgang. 
O  Orchester. 
T  Terrasse. 


GS  Großer  Saal. 
KS  Kaffeesalon. 
KK  Kaffeeküche. 
WB  Wandelbahn. 
TH  Trinkhalle. 
V  Veranda. 


Abb.  509. 

Der  Kursalon  im  Stadtpark 

Parterre.     1:800. 


344 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


•• 


trefflicher  Weise  vereinigt;  im  giebelgekrönten  Mittelbau  liegt  der  große,  1896  m  breite,  51  20  m 
lange  und  17-6m  hohe  Saal,  in  den  beiden  mit  flachen  Zinkdächern  überdeckten  Seitenteilen 
der  kleine  Saal  links  und  rechts  Geschäftsräume  des  Vereines  sowie  die  Räume  des  Konserva- 
toriums. Die  ganze  Frontbreite  der  beiden  Seitenteile  nehmen  zwei  geradläufige  Prachttreppen 

ein,  die  in  das  von  ionischen 
Säulen  umfriedete  Atrium  des 
großen  Saales  führen.  Das  mäch- 
tige Rechteck  des  Saales  besitzt 
an  beiden  Langseiten  zwei  um 
110  m  über  dem  Fußboden  er- 
höhte Logenreihen,  an  der  dem 
Orchester  gegenüberliegenden 
Wand  —  in  gleicher  Höhe  mit 
den  Logen  —  das  Stehparterre. 
In  einer  Höhe  von  6  m  über  dem 
Saalboden  läuft  rings  um  den 
Saal  eine  erste  Galerie  und  an 
der  Eingangsschmalseite  bis  an 
die  Hauptfront  hinausgebaut  be- 
findet sich  eine  zweite  Galerie, 
welche  mit  dem  Parterre  Raum 
für  2055  Zuhörer  bieten;  das 
Orchester,  dessen  Rückwand 
das  Orgelgehäuse  einnimmt,  ge- 
stattet die  Mitwirkung  von  500  Sängern  und  Musikern.  Das  gleißende  Gold  der  Karyatiden, 
von  denen  die  Galerie  an  den  Langseiten  gestützt  wird,  das  tiefe  Rot  der  unteren  Wandgründe, 
über  den  Galerien  die  heller,  in  Giallo  antico  ähnlichen  Tönen  gehaltenen,  mit  Musikerbüsten 
und  goldenen  Ornamenten  reich  geschmückten  Wände,  darüber  an  allen  vier  Seiten  ein  dem 
Tageslicht  ungehemmten  Eintritt  gestattender  Lichtgaden  von  48  Fenstern  und  als  Abschluß  nach 
oben  die  reich  kassettierte  gerade  Decke  im  Bronzeton  mit  den  würdevoll  posierten  Decken- 
gemälden Eisenmcngers  schaffen  ein  Bild  hehrster  Festesfreude.  Zahlreiche  elektrische  Beleuch- 
tungskörper erhöhen  den  Farbenreiz  bei  Abendbeleuchtung.  Parallel  zu  dem  großen  Saale,  im 
linken  Seitenteile  gelegen,  bietet  der  kleine  Saal  bei  einer  Spannweite  von  ll-43m  einen  fein 
gestimmten  Raum  für  Kammermusik  und  Solovorträge.     An    beiden  Schmalseiten   werden   die 


,           vm 

1                  VD 

Hauptsäle. 

Annexe. 

Komitee. 

Terrasse. 

Garderobe. 

Ti  M     H 

Abb. 

510. 

Gartenbausäle. 

Parterre. 

1 : 800. 

Abb.  511.    Städtisches  Restaurationsgebäude  im  Kinderpark  im  III.  Bezirke. 


Saalbauten.  345 

Galerien  von  ionischen  Säulen  «jetragen,  während  die  Balkone  der  Langseiten  auf  Konsolen 
ruhen.  Bei  Tage  erfolgt  die  Beleuchtung  durch  ein  Hypäthron  in  der  leicht  kassettierten  Decke. 
Nebenräume  für  das  Orchester  und  die  beiden  Säle,  Galerictrcppcn  und  Nebentreppen  liegen 
zwischen  dem  Hauptsaale  und  den  Scitcntrakten,  Garderoberäumlichkeiten  befinden  sich  im  Erd- 
geschosse zum  Teil  unter  dem  großen  Saale,  anschließend  an  die  Hauptcingangshalle,  und  in 
der  Querachse  führt  von  der  Seitenstraße  her  eine  Durchfahrt  durch  das  Gebäude.  Im  rechten 
Flügel  sind  die  Bibliothek  und  Geschäftsräume  des  Vereines,  sowie  die  Lehr-  und  Übungszimmer 
des  Konservatoriums  untergebracht.  An  der  rückwärtigen  Front  werden  Räume  vermietet  für 
eine  Restauration  und  Geschäfte.  Das  Äußere,  das  jene,  Hansen  eigentümlichen  maßvollen 
Renaissanceformen  zeigt,  die  man  als  griechische  Renaissance  bezeichnet  hat,  wird  in  seiner 
Wirkung  bedeutend  gesteigert  durch  den  farbigen  Reiz  des  roten  Zementputzes  und  der  gold- 
gründigen  Friese.  Mit  Ausnahme  der  kleinen  Genien  von  Nowack  ist  der  gesamte  Statuen- 
schmuck, dessen  Material  größtenteils  Terrakotta  ist,  von  Melnitzki.  Die  Baukosten  betrugen 
samt  den  Kosten  für  die  innere  Einrichtung   1,200.000  k.1) 

Der  Kursalon  im  Stadtpark  (Abb.  508,  509). 

Die  Gemeinde  Wien  erbaute  auf  dem  ihr  vom  Stadterweiterungsfonds  im  Jahre  1860 
mit  der  Widmung  zur  Anlage  eines  öffentlichen  Gartens  überlassenen  Grund  in  den  Jahren 
1865 — 1867  durch  den  Architekten  Johann  Garben  einen  Saalbau,  der  vorwiegend  Zwecken 
der  Geselligkeit  dient.  An  der  einen  Schmalseite  des  Stadtparkes  erhebt  sich  auf  einer  gegen 
den  Park  vorgeschobenen  Terrasse  in  reicher  italienischer  Renaissance  ein  Mittelbau  mit  zwei 
niedrigeren  Flügelbauten.  Der  Mitteltrakt  enthält  einen  Saal  von  ungefähr  360  m2  Grundfläche 
mit  einer  Orchesternische,  an  der  vom  Parke  abgewendeten  Seite  eine  Unterfahrt,  Vestibül 
und  Garderoben;  im  ersten  Stocke  gewährt  ein  über  der  Orchesternische  durch  zwei  Treppen 
zugänglicher,  halbrunder  Raum  einen  Überblick  über  den  großen  Saal.  In  dem  einen  Flügel 
des  Gebäudes  befindet  sich  ein  Kaffeesalon  mit  Vorhalle  und  Nebenräumen,  im  anderen  die 
Kurtrinkhalle  und  Wandelbahn.  Küchen,  Wirtschaftsräume  und  Dienerwohnungen  sind  im 
Souterrain  untergebracht.  Die  Baukosten  erreichten  die  Höhe  von  774.000  K.2) 

Gebäude  der  Gartenbaugesellschaft,  I.,  Parkring  (Abb.  510). 

Im  Auftrage  der  k.  k.  Gartenbaugesellschaft  erbaute  der  Architekt  August  Weber  in  den 
Jahren  1863 — 1864  das  Gebäude,  vorwiegend  für  Ausstellungszwecke,  doch  dienen  die  Säle 
auch  der  Veranstaltung  von  Bällen,  Konzerten  und  Festversammlungen.  Die  Mittelachse  des 
Gebäudes  wird  betont  durch  einen  14:26-60m  großen  Saal,  der  sich  mit  seinem  innen 
halbrunden,  außen  polygonalen  Schlüsse  in  den  Park  hineinschiebt  und  dem  gegen  die  Ring- 
straße zu  die  Eingangshalle  mit  Kassen  und  eine  Unterfahrt  vorgelegt  ist.  Von  dem  Haupt- 
saale durch  Galerien,  die  einen  schönen  Überblick  über  die  Gesamtanlage  gewähren,  getrennt 
sind  zwei  gleiche,  ll-40:20m  große  Seitensäle,  die  später  durch  Zubauten  gegen  den  Park 
erweitert  wurden.  Das  Souterrain  ist  für  Restaurationszwecke  bestimmt.  Gegen  die  Ring- 
straße zu  liegt,  von  zwei  Treppen  im  Mittelbau  erreichbar,  im  ersten  Stocke  ein  kleinerer 
Saal,  der  etwa  200  Personen  faßt.  Das  Äußere  zeigt  den  um  jene  Zeit  in  Wien  üblichen  Stil 
der  italienischen  Renaissance.3) 

Sophiensaal,  III.,  Marxergasse. 

Im  Jahre  1838  eröffnete  F.  Morawetz  in  der  Marxergasse  ein  nach  den  Plänen  des 
Architekten  P.  Gerl  erbautes  Dampfbad  unter  dem  Namen  Sophienbad.  Ausschließlich  Bade- 
zwecken diente  das  Gebäude  noch,  als  Siccardsburg  und  van  der  Null  im  Auftrage  der  1845 
von  Morawetz  gegründeten  Aktiengesellschaft  einen  großen  Mittelsaal  als  Winter-  und  Sommer- 
Schwimmhalle  zubauten.  Bald  jedoch,  noch  unter  Morawetz,  der,  obgleich  erblindet,  die  Aktien- 
gesellschaft als  Direktor  leitete,  erschien  es  zweckmäßiger,  das  große  Schwimmbassin  Winters 
über  in  ein  Tanzparkett  zu  verwandeln,  und  heute  dient  der  Sophiensaal  als  größter  Tanzsaal 
vorwiegend  geselligen  Zwecken.  Der  Mittelsaal  besitzt  bei  einer  Größe  von  18:46m  ein 
Tanzparkett    von   13"6m    Breite    und    38m  Länge;    er  war  der  erste  Raum,    bei  dessen  Über- 


')  Fö  rstersche   Allgemeine   Bauzeitung.    1870.    (Köstlin.)     Zeitschrift    für  bildende   Kunst.    1870.   (Doderer.)     Handbuch 
der  Architektur.  IV,  6,  3.    Baukunde  des  Architekten.  II,  3.    Niemann  und  Feldegg,  Th.  Hansen.  Wien  1893. 

2)  Forste  rsche  Allgemeine  Bauzeitung.  1872. 

3)  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  1873. 


346 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


deckung  von  eisernen  Trägern  Gebrauch  gemacht  wurde,  trotzdem  die  damalige  Baubehörde 
Einsprache  dagegen  erhob.  Unter  dem  Direktor  M.  Mayer  erhielt  der  Saal  1870  Galerien 
nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  Petschnik.  Im  Jahre  1886  wurde  der  kleine  Saal  erbaut 
mit  einem  Fassungsraum  von  375  Personen.  Der  Fassungsraum  des  großen  Saales  beträgt  bei 
Versammlungen  2700,  bei  Konzerten  rund  2000,  bei  Bällen  (samt  Nebenräumen)  2300  Personen.1) 

Die  Trinkhalle,  III.,  Kinderpark  (Abb.  511), 

welche  von  der  Gemeinde  Wien  nach  den  Plänen  der  Architekten  Ohmann  und  Hackhofer 
erbaut  wurde,  ist  am  1.  Mai  1903  der  Benützung  übergeben  worden.  Das  Haus  stellt  sich  als 
ein  in  modernem  Stile  gehaltener  Mansardenbau  mit  einem  Geschosse  von  der  Parkseite  und 
zwei  Geschossen  gegen  die  Flußseite  dar.  Gegen  die  Parkseite  befindet  sich  eine  kleine 
Terrasse;  eine  zweite  Terrasse,  zur  Aufnahme  der  Musikkapelle  bestimmt,  ist  flußseitig  ange- 
legt. Der  Innenraum  ist  ebenfalls  in  modernem  Stile  eingerichtet,  mit  Gasheizung  und  elek- 
trischer Beleuchtung  versehen.  Flußseitig  befinden  sich  angrenzend  an  den  Mittelraum  zwei 
Nebenräume  für  kleinere  Gesellschaften.  An  der  der  Karolinenbrücke  zugewendeten  Schmal- 
seite des  Baues  ist  eine  Balkonterrasse  angebracht.  Im  Souterrain  ist  der  Mittelraum  als  Garde- 
robe für  die  Schlittschuhläufer  eingerichtet,  da  beabsichtigt  ist,  einen  Teil  des  Wienflußbettes 
als  Eislaufplatz  zu  benützen.  Außerdem  befindet  sich  hier  auch  eine  Kühlanlage  für  Zwecke 
des  Pächters. 


IV.  BAUTEN  FÜR  SPORTZWECKE. 


a)  Pferdesport. 

Pferde-Wettrennplatz  in  der  Freudenau.  Die  Baugeschichte  der  Anlagen  auf  dem  Wett- 
rennplatze in  der  Freudenau  reicht  bis  in  das  Jahr  1862  zurück,  in  welchem  Jahre  der  Jockey- 
Klub  das  Pferde-Rennwesen  in  Österreich  einführte.  1872  erfolgte  ein  Neubau  der  Tribünen 
nach  den  Plänen  Hasenauers.  Die  umfassendsten  baulichen  Ausgestaltungen  geschahen  in  den 
Jahren  1885 — 1887  unter  der  Leitung  des  Architekten  Josef  Drexler.  Zunächst  wurde  1885 
bis  1886  eine  Tribüne  mit  Stehplätzen  und  Restaurationsräumen  erbaut.  Vorne  nach  drei 
Seiten  offen,  rückwärts  mit  einer  vollen  Mauer  in  Ziegelrohbau  mit  Putzarmierung  geschlossen, 
enthält  die  Tribüne  in  ihrem  mittleren  Teile  Restaurations-  und  Wirtschaftsräume,  von  rück- 
wärts zugänglich,  Toiletten,  Waschräume  und  Garderoben;  in  den  Flügeln  stufenförmig  an- 
steigend 1800  Stehplätze.  Das  Dach  ist  nach  dem  System  Polonceau  konstruiert  und  mit 
Zinkblech  eingedeckt.  Zur  selben  Zeit  erfolgte 
ein  Neubau  des  Totalisateur-Etablissemcnts, 
das  in  den  Seitenteilen  26  Einzahlungsstellen 
und  in  einem  halbkreisförmigen  Ausbau  die 
Liquidatur  mit  acht  Auszahlstellen  aufweist; 
das  Gebäude  ist  ein  Fachwerksbau  mit  einem 
Pappedach.  1887  begannen  die  Arbeiten  am 
Administrationsgebäude  und  an  den  Stallun- 
gen. Im  Erdgeschosse  des  stockhohen  Admini- 
strationsgebäudes  liegen  Kanzleien  und  Ver- 
waltungsräume, im  ersten  Stocke  Wohnräume 
des  Inspektors  und  Wirtschaftsdepots  und  im 
Dachboden  Hafervorratsräume.  In  den  An- 
bauten sind  im  Erdgeschosse  Stallungen  und 
im  Dachgeschosse  Wohnungen  der  Stall- 
bediensteten nebst  Sattel-  und  Futterkammern 
untergebracht.  Über  den  Stallräumen  der  Mitte 
liegen  vermietbare  Zimmerchen.  Das  Äußere 
stellt  sich  als  Ziegelrohbau  mit  Putzarmierung 
dar,  mit  Giebeln  in  Holzarchitcktur  und  einem 


')  W.  Kisch,    Die   alten  Straßen    und  Plätze  von  Wiens 
Vorstädten.  18S8,  Bd.  I. 


Abb.  512.    Wiener  Eislauf-Verein.    Lagcplan.     1:6000. 


Bauteil  für  Sportzwecke. 


347 


Abb.  513.    Gebäude  des  Wiener  Eislauf-Vereines.    Ansicht  von  der  Lothringerstraße. 


B  Büffet.  HG  Hofgarderobe. 

G  Garderoben.    D\V  Damenwartesalon. 


Abb.  514.     Gebäude  des  Wiener  Eislauf-Vereines.    Ebenerd.     1  :  10U0 


Schieferdachc.  Für  die  Stallungen,  deren  Fußboden  durchaus  im  gleichen  Niveau  liegen, 
kamen  fünf  verschiedene  Typen  in  Anwendung.  Über  den  Stallräumen  befinden  sich  Wohn- 
räume für  die  Stalljungen,  ein  Zimmer  für  den  Trainer,  ein  Zimmer  für  den  Jockey,  Heu- 
und  Haferdepots  und  eine  Sattelkammer.1) 

Rennplatz  des  Trabrenn-Vereines.  Der  Wiener  Trabrenn-Verein  erbaute  1882  in  der 
Nähe  der  Rotunde  nach  den  Plänen  des  Architekten  Rudolf  Frey  zwei  Tribünen;  die  größere 
49-20  m  lang,  920  m  tief,  die  kleinere  von  gleicher  Tiefe  und  einer  Länge  von  26  40  m  und 
zwischen  beiden  ein  Totalisateurgebäude.  Die  beiden  Tribünen  sind  durchwegs  in  Eisen- 
konstruktion mit  eisernen  Ständern  und  massiver  Rückwand  in  Ziegelrohbau  ausgeführt,  das 
Totalisateurgebäude  in  Holz.  Die  Mitte  der  Haupttribüne  nimmt  die  Hofloge  ein,  das  Souterrain 
ist,  ähnlich  wie  bei  der  kleineren,  Verwaltungs-  und  Restaurationszwecken  dienstbar  gemacht. 
1885  erfolgte  im  Inneren  der  Fahrbahn  der  Bau  einer  Richtertribüne  in  Eisenkonstruktion  und 
einer  weiteren  Tribüne,  entsprechend  der  kleineren,  1882  erbauten.  Ein  von  Johann  Reinhart 
erbauter  Restaurations-  und  Musikpavillon  in  Holz  mit  einem  die  Stiegen  enthaltenden  Turm- 
aufbau folgte  im  Jahre  1889.  1897  plante  man  einen  Neubau  des  Totalisateurgebäudes  in 
Riegelbau,  eines  Musikpavillons  und  einer  Stehtribüne  nach  den  Plänen  der  Architekten  Brüder 
Drexler.  Den  vorerwähnten  Gebäuden  gegenüber,  auf  der  anderen  Seite  der  Fahrbahn,  liegen  die 
Stallungen,  bestehend  aus  Trainierstall,  Schwitzstall,  Pferdeeinstellungsgebäuden  und  Boxständen. 

Von  Reitschulen,  deren  eine  größere  Anzahl  besteht,  bieten  nur  wenige  ein  bauliches 
Interesse.  Eine  der  ältesten  ist  die  Shawelsche'  Reitschule,  IL,  Kaiser  Josefstraße2),  die 
Ende  der  Achtzigerjahre  des  vorigen  Jahrhunderts  durch  den  Architekten  Otto  Hieser  im 
Stile  deutscher  Renaissance  umgebaut  wurde,  sie  enthält  eine  Reitbahn  von  13:35  m.  Im  Jahre 
1883  baute  Architekt  M.  Schweda  für  den  Reitstallbesitzer  W.  Schlesinger  im  II.  Bezirke  am 
Schüttel  den  Neuen  Wiener  Tattersaal,  ein  drei  Stock  hohes  Wohngebäude  mit  einem 
Stall-  und  Reitschulgebäude.  Die  Reitbahn  hat  38  m  Länge  bei  18  m  Breite.  Die  Gebäude  sind 
in  Backsteingotik  ausgeführt.  —  Die  sonstigen  Reitschulen  sind  zumeist  in  ehemaligen  herr- 
schaftlichen Gebäuden  gelegen  und  für  Klubzwecke  adaptiert. 

b)  Eislauf-,  Lawn-Tennis-  und  Radfahrsport. 

Der  Wiener  Eislauf-Verein,  III.,  Heumarkt  (Abb.  512  bis  514).  Eine  der  ältesten  Sport- 
vereinigungen Wiens  ist  der  Eislauf-Verein,  der,  im  Jahre  1867  gegründet,  seine  Tätigkeit   auf 


')  Allgemeine  Bauzeitung.  1891. 

:)  Architektonische  Rundschau,  1892,  und  Baukunde  des  Architekten.  II  1. 


348 


Gebäude  für  Vergnügungen  und  Sport. 


Abb.  515.     Gebäude  des  Wiener  Bicycle-Klub  im  Prater. 


Abb.  516.     Gebäude  des  Athletiksport-Klub  im  Prater. 


Abb.  517.     Lawn-Tennis-Häuschen  im  Prater. 


einem  der  Stadt  gehörigen  Grundstücke  an  der 
Vorderen  Zollamtsstraße  von  etwa  12.000  m2 
Fläche  begann.  Die  ersten  Baulichkeiten  daselbst 
wurden  nach  den  Plänen  des  Architekten  Karl 
Hasenauer  ausgeführt.  Auf  diesem  Platze  blieb 
der  Verein,  bis  der  Bau  der  Stadtbahn  und 
der  Wienflußregulierung  ihn  zwang,  sich  nach 
einem  anderen  Heim  umzusehen.  Als  ein  wegen 
seiner  zentralen  Lage  und  schönen  Umgebung 
sehr  geeigneter  Platz  wurde  der  des  städtischen 
Reservegartens  am  Heumarkt  erkannt,  der  eben- 
falls infolge  der  vorerwähnten  Verkehrsanlagen 
einer  Umgestaltung  unterzogen  werden  mußte 
und  von  der  Gemeinde  Wien  an  den  Stadt- 
erweiterungsfonds abgetreten  wurde.  Von  diesem 
pachtete  der  Verein  den  gegen  die  Johannesgasse 
gelegenen  Grundteil  im  beiläufigen  Ausmaße 
von  15.000  m2,  während  der  gegen  den  Schwar- 
zenbergplatz  gelegene  restliche  Grund  für  die 
Anlage  eines  Sängerhauses  reserviert  blieb.  Die 
ganze  Anlage,  welche  in  einen  gewissen  Zusammenhang  gebracht  werden  sollte,  erhielt  die 
Bezeichnung  Olympion. 

Im  Jahre  1899  übersiedelte  der  Verein  auf  den  vorerst  provisorisch  hergerichteten  Platz 
und  im  Jahre  1900  wurde  der  längs  des  Heumarktes  gelegene  Bau  des  Hauptgebäudes  durch- 
geführt und  der  Platz  selbst  sukzessive  definitiv  ausgestaltet.  Die  nach  den  Angaben  des  Vor- 
standsmitgliedes Baurates  P.  Kortz  und  den  Plänen  des  Architekten  Ludwig  Baumann  herge- 
stellten Anlagen  umfassen  das  zirka  9800  m2  messende  Eisbassin,  das  fast  zur  Hälfte  mit  einem 
Betonboden  versehen  ist,  das  132  m  lange  Hauptgebäude,  welches  die  Garderobe  und  Buffet- 
räumc,  im  Mittelaufbau  das  Orchester  mit  Musikerzimmern  und  im  Souterrain  ein  großes 
Depot  enthält,  und  das  1902  errichtete  Gebäude  an  der  Johannesgasse,  das  die  Kanzleiräume 
und  eine  Restauration  aufnimmt.  Der  Platz  ist  von  einer  Reihe  Masten  aus  Mannesmann- 
Rohren  umgeben,  welche  die  elektrische  Beleuchtung  tragen.  Im  Sommer  wird  der  Platz  für 
Lawn-Tennis-Spiel  benützt.  Das  Hauptgebäude  ist  ein  massiver  Putzbau,  in  modernen  Formen 
gehalten,  mit  diskreter  Verwendung  von  Gold  an  den  Fassaden;  der  Restaurationstrakt  ist  ein 
Riegelwandbau.  Die  Gesamtkosten  der  Gebäude  und  Platzanlagen  beliefen  sich  auf  rund 
300.000  K. 

Cottage-Eislaufverein  im  XIX.  Bezirke.  Der  Entwurf  zu  dem  an  der  Ecke  der  Gymnasium- 
und  Hasenauerstraßc  gelegenen  Gebäude  rührt  von  dem  Baudirektor  des  Wiener  Cottage- 
Vereines  C.  Ritter  von  Borkowski  und  dem  Architekten  Hans  Müller  her.  Im  Erdgeschosse 
des  einstöckigen  Gebäudes  liegen  Restaurationsräume  samt  Küche  und  im  ersten  Stocke  eine 
Kanzlei,  Verwaltungsräume  und  die  Wohnung  des  Wirtes.  An  das  Hauptgebäude  schließt 
sich  in  der  Gymnasiumstraße  eine  Kegelbahn  und  in  der  Hasenauerstraßc  ein  in  Holzkonstruktion 
durchgebildetes  Garderobengebäude,  das  im  Dachgeschosse  eine   Orchesternische  enthält.  Die 


Bauten  für  Sportzwecke.  349 

beiden  Eisplätzc.  der  größere  mit  2400  m-  und  der  kleinere  mit  580  m-  Grundfläche,  dienen  im 
Sommer  dem  Rad-  und  Tennissport.') 

Der  Wiener  Bicycle-Klub  (Abb.  515).  An  der  Prater  Gürtelstraße  liegt  das  vom  Architekten 
H.  Bayer  im  Jahre  1899  erbaute  Praterhcim  des  Bicycle-Klubs;  es  ist  ein  ebenerdiges  Gebäude 
mit  einem  Dachgeschosse,  im  Ebenerd  geputzt,  die  Giebclwände  in  Fachwerk  durchgebildet. 
In  weitem  Bogen  öffnet  sich  an  der  Stirnseite  ein  Vorraum,  der  in  ein  geräumiges  Vestibül 
führt,  von  dem  links  die  Wohnung  des  Klubwarts,  rechts  ein  größerer  Geselligkeitsraum  mit 
einem  Erkerausbau  und  ein  kleineres  Spielzimmer,  ebenfalls  mit  einem  Erker,  zugänglich  sind. 
An  das  Vestibül  schließt  sich  die  12  m  breite,  25'5  m  lange  Fahrhalle,  deren  Tagesbeleuchtung 
durch  hohes  Seitenlicht  erfolgt.  An  der  linken  Längswand  sowie  an  der  Stirnseite  liegen 
Garderoben  für  Herren  und  Damen  mit  Toiletten  und  Duscheräumen.  Im  ersten  Stocke  ist  über 
der  Wohnung  des  Klubwarts  eine  Fahrradremise  untergebracht,  zu  der  die  Räder  mittels  Auf- 
zuges hinaufgebracht  werden.  An  der  Stirnseite  befindet  sich  über  den  Garderoberäumen  eine 
Musikerestrade.  Von  der  Fahrhalle  führt  an  der  rechten  Längswand  ein  großes  Einfahrtstor  in 
eine  geräumige  Veranda  und  von  da  in  den  15.000  m'2  großen  Park,  der  einen  Schulfahrplatz, 
eine  440  m  lange  Promenadefahrbahn  und  mehrere  Tennisplätze  enthält.  1902  wurden  nach 
den  Plänen  des  Architekten  Jul.  Mayreder  einige  Adaptierungen  durchgeführt.2) 

Der  Radfahr-Klub  der  Hof-  und  Staatsbeamten  ließ  im  Jahre  1898  an  der  Gürtelstraße 
im  Prater  durch  den  Architekten  Jos.  Olbrich  ein  Klubhaus  erbauen.  Das  1880m  breite,  teils 
aus  vollem  Mauerwerk,  teils  aus  Holzriegelwänden  bestehende,  ebenerdige  Gebäude  enthält 
in  der  Mitte  eine  8  m  breite,  285  m  tiefe,  gedeckte  Vorhalle,  dahinter  in  gleicher  Breite  eine 
gedeckte  Fahrbahn  und  Remise  von  1355  m  Tiefe.  Seitlich  daran  liegen  einerseits  Herren- 
und  Damengarderoben  mit  Toiletteräumen  und  auf  der  anderen  Seite  eine  Dienerwohnung 
und   ein  Klubzimmer. 

Athletiksport-Klub  (Abb.  516).  In  der  Nähe  des  vorbezeichneten  Klubhäuschen  liegt  der 
1898  nach  den  Plänen  der  Architekten  Kupka  und  Orglmeister  aufgeführte  villenähnliche  Bau. 
Das  stockhohe  Gebäude  mit  ausgemauerten  Fachwerkswänden,  die  das  reichlich  verwendete 
Holz  nach  außen  sichtbar  lassen,  ist  19:10'33m  groß  und  enthält  im  Erdgeschosse  einen 
über  Stufen  zugänglichen  Vorplatz,  eine  Eintrittshalle,  von  der  man  rechts  in  zwei  Räume  für 
die  Herrengarderobe,  links  in  ein  Komiteezimmer,  rückwärts  davon  zu  den  Duschen,  Klosetts  und 
Waschräumen  gelangt.  Außen  an  dem  runden  Erker  des  Komiteezimmers  vorüber  führt  eine 
Holzstiege  in  den  ersten  Stock  zu  den  Damengarderoben  samt  zugehörigen  Nebenräumen. 
Vom  Klubhause  getrennt  steht  ein  in  Holz  mit  großen  verglasten  Öffnungen  ausgeführtes  Büffet 
von  9'70:4'67m  Größe. 

Häuschen  der  Lawn-Tennis-Gesellschaft  (Abb.  517).  Erbaut  von  Karl  Mayreder  1893  als 
Ständerbau,  der  durch  Verschalung  das  Aussehen  eines  Blockhauses  erhielt,  mit  Ziegeldach  und 
Steinsockel.  Es  enthält  im  Parterre  Ankleidezimmer  für  Herren  und  Damen  und  einen  Wasch- 
raum, im  Dachgeschosse  zwei  Räume  und  eine  Terrasse.  Baukosten  8000  K.3) 


')  Der  Bautechniker.  1S94. 

"■)  Der  Bicyclist.  1899. 

3)  Wiener  Bauindustrie-Zeitung.  1895. 

Dr.  K.  R.  Holey. 


I.  BÖRSENGEBÄUDE  UND  GESCHÄFTSHÄUSER. 

I.  BÖRSENGEBÄUDE. 

Die  Effekten-  und  Warenbörse,  I.,  Schottenring  (Abb.  518  bis  520). 

Die  Benennung  'Börse-  entstand  in  den  österreichischen  Niederlanden  im  Jahre  1531  in  der  durch  einen 
ausgebreiteten  Handel  berühmten  Stadt  Brügge,  in  welcher  sich  die  Kaufleute  vor  dem  Hause  der  reichen  Herren 
von  Boersen  versammelten.  Später  erbauten  Amsterdam  und  Rotterdam  für  die  Handelsleute  ein  prächtiges 
Versammlungshaus,  dem  man  nach  dem  Beispiele  von  Brügge  den  Namen  Börse  gab,  welcher  in  der  Folge 
allen  zu  diesem  Zwecke  erbauten  Häusern  beigelegt  wurde.  1570  wurde  die  englische  Börse  eröffnet  und  erst 
um  200  Jahre  später  die  Wiener  Börse  gegründet.  Das  Börsenlokal  war  eine  gemietete,  aus  einigen  kleinen 
Zimmern  bestehende  Wohnung  auf  dem  Minoritenplatze.  Von  dort  übersiedelte  die  Börse  auf  den  Kohlmarkt, 
1800  in  den  ehemaligen  Gundelhof,  1812  in  die  Weihburggasse,  dann  in  das  Postgebäude,  1855  in  die  Traunschen 
Häuser,  Herrengasse  14,  an  deren  Stelle  das  neue  Bankgebäude  aufgeführt  wurde.  Im  Jahre  1858  kam  sie 
in  das  Zeughaus,  Renngasse  5.  1860,  nach  Vollendung  des  Neubaues,  in  die  Herrengasse  zurück,  1869  in 
ein  provisorisches  Gebäude  am  Schottenring  und  am  19.  März  1877  bezog  sie  ihr  eigenes  Heim. 


Abb.  518.    Die  Effekten-  und  Warenbörse. 


Der  Neubau  der  Börse  wurde  auf  der  von  der  Ring-  und  Wipplingerstraße,  der  Börse- 
gasse und  dem  Börseplatz  begrenzten  Baustelle  nach  einem  im  Jahre  1868  von  dem  Architekten 
Theophil  von  Hansen  verfaßten  Projekte  ausgeführt.  Der  einfache  und  klare  Grundriß  zeigt 
folgende  Raumdisposition:  An  der  Hauptfront  des  Gebäudes  führt  eine  breite  Freitreppe  durch 


352 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


Abb.  519.     Effektenbörse.     Großer  Börsesaal. 


V  Vestibül. 
G  Garderobe. 
A  Arrangement. 
DS  Devisensensale. 


Bs  Börsesaal. 
ES  Effektcnsensale. 
J  Journalisten. 
St  Staatstelegraph. 


Abb.  520.     Effektenbörse.     Ebenerdgrundriß.     1:1000. 

Das  harmonisch  gruppierte,    ein    besonderes 
(siehe    Abb.  518)    weist    in    der    Gesamtcrschcinun; 


R  Restaurant. 

eine  offene,  zweigeschossige  Vor- 
halle in  das  Vestibül.  Direkt  von 
demselben  ist  der  dreischiffige, 
durch  beide  Geschosse  reichende 
Börsesaal  (2655  m  breit,  5879  m 
lang,  2371  m  hoch)  zugänglich,  an 
dessen  Langseiten  sich  die  569  m 
breiten,  niedrigeren  Seitenschiffe 
hinziehen.  Rückwärts  an  den  Saal 
schließt  sich  der  dem  vorderen 
Vestibüle  ähnlich  durchgebildete 
große  Saal  für  die  Warenbörse  an. 
In  den  niedrigeren  Seitentrakten, 
durch  vier  große  Höfe  von  dem 
Mitteltrakte  getrennt,  sind  im  Par- 
terre, Mezzanin  und  ersten  Stocke 
zumeist  Bureaux,  für  Börsezwecke 
dienend  oder  vermietet,  unterge- 
bracht, und  wird  der  Verkehr  zu 
denselben  durch  die  an  je  zwei 
entgegengesetzten  Enden  der  Sei- 
tenflügel gelegenen  breiten  Pracht- 
stiegen und  durch  zwei  Wendel- 
treppen vermittelt.  Die  Heizungs- 
und Ventilationsanlage  ist  im  Sou- 
terrain untergebracht, 
monumentales  Gepräge  zeigende  Gebäude 
l    vorherrschend    römische    Bauformen,    im 


Borscngcbäude. 


353 


den 
und 


Halbsäulen 
die  Fenster 


Detail  die  griechi- 
sche Linienführung 
Hansens  auf.  und 
laut  die  Gliederung 
und  architektonische 
Durchbildung  der 
einzelnen  Gebäude- 
teile schon  von  au- 
ßen die  Gruppierung 
der  Räumlichkeiten 
erkennen.  Eine  reiche 
Ausstattung  im  In- 
neren erhielten  die 
Vestibüls,  die  er- 
wähnten beiden 
Prachtstiegen  und 
insbesondere  der 
große  Börsesaal. 
Zwei  Halbsäulen- 
ordnungen,  unten 
dorisch,  oben  korin- 
thisch, entsprechend 
der  Außenseite  des 
Mittelbaues,  gliedern 
die  Wände.  Durch 
die  breiten  Bogen- 
öffnungen  zwischen 
des  Obergeschosses 
in  den  Außenwänden  der  Seiten- 
schiffe strömt  reichliches  Licht  in 
den  imposanten  Raum.  Über  dem 
reichen  Gebälk  der  korinthischen 
Ordnung  vermitteln  Stichkappen  mit 
Schildern  und  halbkreisförmigen  Lü- 
netten  den  Übergang  zu  der  von 
einem  kräftig  profilierten  Gesimse 
umrahmten  horizontalen  Kassetten- 
decke. Diese  sowie  die  Wandarchitek- 
tur bis  herab  zum  Galeriefußboden 
wurde  von  der  Börsekammer  suk- 
zessive im  Laufe  der  Jahre  poly- 
chromiert  und  dadurch  der  Saal  in 
prunkvoller  Weise  ausgestattet.  Als 
Baumaterial  für  die  Treppen  und 
Säulen  sowie  für  Wandverkleidungen 
kamen  verschiedene  farbige  Marmor- 
gattungen zur  Verwendung.  Die 
Kosten  des  Baues  beliefen  sich  auf 
rund  8,000.000  K.1) 

Die  Börse  für  landwirtschaftliche 
Produkte,  IL,  Taborstraße  10 

(Abb.  521   bis  523). 

In  den  Dreißigerjahren  des  vorigen 
Jahrhunderts  begannen  die  Interessenten 
des  Wiener  Getreidehandels    geschäftliche 


Abb.  521.     Großer  Saal  der  Börse  für  landwirtschaftliche  Produkte. 


A  GroßerBörse- 
saal. 

B   Kleiner  Börse- 
saal. 

C  Kündigungs- 
saal. 

D  Sitzungssaal 

E  Präsident. 

G  Sprechzim- 
mer. 

H  Büffet. 


Abb.  522.    Börse   für  landwirtschaftliche  Produkte.     Erster  Stock 


')  Moritz  Bermann,  Alt-  und  Neu-Wien.   Allgemeine  Bauzeitung.  Jahrgang  1879,1900.   G.  Niemann  und  F.  von  Feldegg, 
Theophilos  Hansen  und  seine  Werke. 


Bd.  II. 


23 


354 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


Zusammenkünfte  in  einem 
Kaffeehause  in  der  Innern 
Stadt  abzuhalten.  In  der  Re- 
volutionszeit schritt  der  Ma- 
gistrat an  die  Kommunali- 
sierung des  Börsenvereines: 
eine  städtische  Börse,  die 
Wiener  Frucht-  und  Mehl- 
börse, entstand.  Diese  über- 
siedelte in  das  -Bürgerspitals- 
gebäude* beim  Kärntnertor. 
Allmählich  machten  sich  je- 
doch Bestrebungen  geltend, 
sich  von  der  Kommune  los- 
zulösen. Als  dies  Ende  der 
Sechzigerjahre  gelungen  war, 
ging  man  daran,  ein  eigenes 
Heim  zu  schaffen,  doch  erst 
im  Jahre  1887  konnte  an  die 
Ausführung  des  Neubaues 
geschritten  werden,  der  dann 
im  August  1890  eröffnet 
wurde.1) 

Die  Frucht-  und 
Mchlbörse,  welche  später 
ihren  Namen  in  „Börse  für 
landwirtschaftliche  Pro- 
dukte" umänderte,  wurde 
nach  einem  zur  Ausfüh- 
rung angenommenen  Kon- 
kurrenzprojekte Prof.  Karl 
Königs  auf  einer  mittle- 
ren, ursprünglich  bis  an 
zwei  Häuser  in  der  Gro- 
ßen Mohrengasse  reichen- 
den,   jedoch  nachträglich 

bis  zu  dieser  Gasse  ausgedehnten  Baustelle  erbaut.  Trotz  der  unregelmäßigen  Konfiguration  des 
Bauplatzes  und  der  Herstellung  einer  mehr  als  10  m  breiten  Passage,  welche  von  der  Tabor- 
straße  zur  Großen  Mohrengasse  offen  zu  halten  war,  wußte  der  Architekt  eine  überaus  klare 
und  übersichtliche  Grundrißanordnung  zu  erzielen  und,  aus  dieser  organisch  herausgebildet, 
eine  harmonisch  wirkende,  rhythmisch  gruppierte,  palastartige  Außenarchitcktur  zu  schaffen. 
Durch  die  großartigen  Verhältnisse  und  die  feinempfundenen  Details  der  in  französischer 
Renaissance  durchgebildeten  Fassade  dieses  Monumentalbaues  ist  dieses  Bauwerk  zu  den 
hervorragendsten  neueren  Schöpfungen  auf  dem  Gebiete  der  Architektur  in  der  Kaiserstadt 
zu  zählen. 

Über  die  Raumgruppierung  ist  anzuführen,  daß  im  Parterre  zwei  Gassengewölbe,  die 
Vorhalle,  das  Börsenvestibül  und  Börsencafe,  die  Haupt-  und  Bureautreppe,  die  erwähnte 
Passage  und  unter  dem  großen  Saale  Kaufläden,  Magazine,  ein  Postbureau,  zwei  Neben- 
stiegen und  eine  Druckerei  untergebracht  sind,  während  in  dem  Zwischengeschosse  —  zwischen 
Saal  und  Parterre  —  ausgedehnte  Bureaulokalitäten  geschaffen  wurden.  In  dem  ausschließlich 
für  Börsezwecke  dienenden  ersten  Stockwerke  befinden  sich  in  dem  Trakte  gegen  die  Tabor- 
straße  der  Sitzungssaal  der  Börsekammer,  der  Kündigungssaal,  ein  geräumiges  Büffet,  die 
Büreaux  des  Präsidenten  und  der  Börsekommissäre,  ein  Sprechzimmer,  die  Haupttreppe  und 
das  Foyer,  an  welche  sich  nach  rückwärts  der  kleine  Börsesaal  und  an  diesen  der  große 
Saal  mit  dem  symmetrisch  eingefügten  Postburcau  und  Telephonzimmcr  anschließen.  Der 
kleine  Saal,  400  m2  groß,  ist  mit  einer  dorischen  Säulenordnung  geschmückt  und  wird  durch 
zwei  große  Rundbogenfenster  sowie  durch  hohes  Seitenlicht  beleuchtet.  Der  große  Börsesaal, 
als  Basilika  ausgebildet,  erhielt  vorzugsweise  reichen  plastischen  Schmuck,  da  infolge  der 
Forderung,  ruhiges  und  klares  Licht  für  die  Beurteilung  der  Getreidesorten  zu  erhalten,  eine 
polychrome  Ausschmückung  dieses  Saales  ausgeschlossen  war.  Durch  die  mächtigen  korinthi- 
schen Säulen,    auf  welchen    ein    reich    geo-liedcrtes  Gebälk    mit    dem  durch  zahlreiche  Fenster 


Börse  für  landwirtschaftliche  Produkte. 


')  Die  historischen  Daten  wurden  von  dem  Generalsekretär  der  Börse  zur  Verfügung  gestellt. 


Bankgebäude 


355 


durchbrochenen  Aufbau  und  die  Kassettendecke  ruhen,  sowie  durch  die  einfache  Farbcn- 
gebung  wurde  eine  vornehm  ruhige,  dabei  imposante  Raumwirkung  des  20  m  hohen  Mittel- 
schiffes erzielt.  Die  beiden,  10'  .,  m  hohen,  mit  reichen  Kassettendecken  versehenen  Seiten- 
schiffe werden  alternierend  durch  sehr  große  und  kleine  Rundbogenfenster  beleuchtet.  Der 
Trakt  gegen  die  Taborstraße  enthält  ein  zweites  Stockwerk  mit  vermietbaren  Bureaux. 
Infolge  der  notwendig  gewordenen  Schaffung  von  Verhandlungssälen  für  die  Schiedsgerichte 
(1895)  wurde  das  Gebäude  durch  einen  Anbau  gegen  die  Große  Mohrengasse  zu  erweitert. 
In  demselben  sind  außer  den  für  die  Schiedsgerichte  erforderlichen  Lokalitäten  und  einer 
besonderen  Treppe  untergebracht:  im  zweiten  Stocke  das  Börsesekretariat,  im  Mezzanin  Börse- 
bureaux.  im  Parterre  Kaufläden  und  Magazine.  Die  Kosten  dieses  Gebäudes  beliefen  sich  ein- 
schließlich des  Zubaucs  auf  nahezu  2,000.000  K.  A.  Foltz. 


II.  BANKGEBAUDE. 


Das  Bankwesen,  die  Verwertung  großer  Kapitalien  zu  Nutzen  des  Handels  und  des  Geldverkehres, 
ist  eine  Errungenschaft  des  verflossenen  Jahrhunderts.  Wir  sehen  in  rasch  aufeinanderfolgender  Weise  Bank- 
institute entstehen,  welche  sich  verschiedenen  Zweigen  der  Geschäftstätigkeit  zuwenden,  nachdem  Handel 
und  Industrie  einen  regen  Aufschwung  genommen  hatten.  Die  erste  Sorge  jeder  derartigen  Unternehmung 
bildete  die  Frage  der  Unterkunft,  und  so  entstand  mit  der  Zeit  das  Bedürfnis,  den  Banken  würdige  Heim- 
stätten zu  geben.  Wenn  auch  in  dieser  Beziehung  so  manches  ausständig  ist.  hat  man  doch  bei  einer  Anzahl 
der  neuerstandenen  Bankinstitute  dem  Bestreben  nach  eigenen  Palais  die  Schaffung  mehrerer  interessanter 
Bankbauten  zu  verdanken. 

Als  das  erste  Bankinstitut  wurde  im  Jahre  1816  die  Privilegierte  österreichische  Nationalbank 

(jetzt  Österreichisch-ungarische  Bank)  gegründet  mit  dem  einzigen  Recht  der  Ausgabe  von 
Banknoten.  Dieses  Institut  war  vom  Beginn  seiner  Tätigkeit  bis  Oktober  1823  in  den  ihm 
von  der  k.  k.  Finanzverwaltung  im  Bankohause  eingeräumten  20  Ubikationen  untergebracht.  Im 
Jahre  1819  erwarb  die  Bank  die  Häuser  Herrengasse  17  und  Bankgasse  1  und  ließ  nach  Demolierung 
derselben  nach  den  Plänen  des  fürstlich  Eszterhäzyschen  Architekten  Karl  Ritter  von  Moreau 
das  neue,  drei  Stock  hohe  Bankgebäude  aufführen,  welches  1823  vollendet  und  in  Benützung 
genommen  wurde.  Im  Oktober  1849  wurde 
das  an  das  Bankgebäude  anstoßende  Haus 
Bankgasse  3,  genannt  „zum  schwarzen 
Tor",  am  April  1857  das  Haus  Herren- 
gasse 31  und  im  Juli  1863  das  sogenannte 
„freie  kleine  Landhaus"  am  Minoriten- 
platz  26  von  der  Bank  angekauft.  In  den 
Jahren  1873 — 1875  erfolgte  der  Neubau 
des  Hauses  „zum  schwarzen  Tor"  durch 
den  Dombaumeister  Friedrich  Schmidt. 

Durch  das  stetige  Bedürfnis  nach 
Vergrößerung  der  Bankräume  wurde  man 
veranlaßt,  im  Jahre  1855  die  Gebäude- 
gruppe gegenüber  dem  alten  Bankgebäude, 
welche  an  das  gräflich  Harrachsche  Palais 
stößt,  zu  erwerben  und  beschlossen,  da- 
selbst ein  neues  Gebäude  aufzuführen, 
welches  einerseits  einen  Teil  der  Ge- 
schäftslokale, anderseits  einen  entspre- 
chenden Börsesaal  mit  Nebenräumlich- 
keiten aufnehmen  sollte.  Dieser  Bau  (Abb. 
524,  525)  wurde  dem  Architekten  Heinrich 
Ferstel  übertragen  und  von  demselben  im 
Jahre  1860  fertiggestellt.  Der  Bau  wurde 
in  vornehmster  Weise  und  mit  Verwendung 
echter  Materialien  durchgeführt.  Besonders 

erwähnenswert     Sind     die     in     Stein     aUSge-  Abb.  524.     Bank-  und  Börsegebäude,  I.,  Herrengasse. 

23» 


356 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


Abb.  525.    Bank-  und  Börsegebäude,  I.,  Herrengasse.     Ebcnerd.     1 :  SOO. 


führten  Fassaden,  das 
Stiegenhaus  des  Börse- 
saales sowie  dieser 
selbst,  welcher  eine 
Fläche  von  394  m-  ein- 
nimmt, aber  nach  1872 
anderen  Zwecken  zu- 
geführt wurde;  ebenso 
hat  der  Sitzungssaal, 
welcher  über  der  gegen 
die  Freiung  zu  gelege- 
nen Halle  im  zweiten 
Stocke  angeordnet  ist, 
eine  reiche  Ausschmük- 
kung  mit  Holzdecke 
und  Getäfel  erhalten.  Im 
Basar,  welcher  durch 
die  Halle  von  der  Frei- 
ung aus  zur  Herren- 
gasse  führt,    wurde    in 

einem  Oktogon  ein  reizender  Brunnen,  von  Fernkorn  modelliert,  aufgestellt  (siehe  Abschnitt: 
Brunnen).  Die  Geschäftsvergrößerung  der  Bank,  besonders  die  beträchtliche  Steigerung  des 
Depositenverkehres,  machte  noch  die  Erwerbung  des  Hauses  Freiung  1  notwendig,  in  welchem 
sich  gegenwärtig  die  Bureaux  des  Gouverneurs,  der  Direktion  etc.  befinden. 

Die  Niederösterreichische  Escompte-Gesellschaft,  gegründet  1853,  befindet  sich  seit 
ihrem  Bestände  in  einem  ehemaligen  Wohngebäude,  I.,  Freiung  8,  welches  für  die  Zwecke 
der  Bank  adaptiert  und  durch  Ankauf  anstoßender  Häuser  vergrößert  wurde.  Erst  im  Jahre  1882 
konnte  dem  Bedürfnis  dieses  Institutes  nach  einer  Wechselstube  an  einem  belebten  Punkte 
der  Stadt  Rechnung  getragen  werden,  zu  welchem  Zwecke  das  Haus  Nr.  7  in  der  Kärntnerstraße 
erworben  und  an  dessen  Stelle  nach  den  Plänen  der  Architekten  Groß  und  Jelinek  ein  neues 
Gebäude  errichtet  wurde,  das  im  Jahre  1884  fertiggestellt  war.  Bei  der  geringen  Dimensionierung 
der  Baustelle  (330  m2)  mußte  selbe  auf  das  äußerste  ausgenützt  werden,  um  den  Anforde- 
rungen zu  entsprechen.  Im  Parterre  wurde  das  Effektendepot  mit  einem  Tresor,  in  den  oberen 
Stockwerken  die  Bureaux  untergebracht.  Im  Souterrain  befinden  sich  das  Silberdepot,  Archiv 
und  die  Wohnung  des  Portiers,  im  Keller  die  Heizungsanlage.  In  den  Depots  und  Tresors 
wurden  alle  Seitenwände  sowie  die  gewölbte  Decke  und  Böden  mit  gehärteten  Panzerplatten 
auf  eisernen  Gerippen  ausgefüttert,  und  überdies  jene  Mauern,  durch  welche  ein  Einbruch 
von  außen  denkbar  wäre,  mit  einer  Vergitterung  aus  starken  Eisenstäben  versehen.  Wie  in 
allen  derartigen  Gebäuden  sind  auch  hier  alle  Decken  gewölbt.  Die  Fassade,  in  italienischer 
Renaissance  gehalten,  ist  in  Stein  ausgeführt  und  auch  die  Innenräume  in  würdiger  Weise  und 
mit  Verwendung  echten  Materiales  ausgestattet. 

Die  Österreichische  Kredit-Anstalt  für  Handel  und  Gewerbe,  gegründet  1855,  ließ  im 
Jahre  1858  durch  den  Architekten  Fröhlich  ein  Anstaltsgebäude  errichten,  welches  mit  der 
Hauptfront  gegen  den  Platz  „Am  Hof",  mit  den  anderen  Seiten  gegen  die  „Freiung"  und  den 
„Tiefen  Graben"  liegt.  An  der  Fassade  gegen  den  „Hof"  sind  sechs  allegorische  Figuren  von 
Hans  Gasser  angebracht.  Das  Gebäude  bietet  außer  der  hübschen  Haupttreppe  nichts  Bemer- 
kenswertes. Insbesondere  fehlt  demselben  ein  Zentralsaal  für  den  großen  Parteienverkehr,  wie 
derselbe  jetzt  allgemein  verlangt  wird.  Vor  einigen  Jahren  erwarb  die  Anstalt  das  anstoßende 
Gebäude  und  richtete  daselbst  nach  moderner  Bauweise  Depoträume  für  große  Werte  ein. 

Die  Anglo-österreichische  Bank,  gegründet  1863,  mietete  damals  einen  Teil  des  Palais 
Montenuovo  in  der  Strauchgasse  1  und  brachte  im  Jahre  1871  dieses  Palais  käuflich  an  sich. 
Dasselbe  ist  vier  Stock  hoch  und  zeigt  eine  kraftvolle  Pilastcrarchitcktur.  Bemerkenswert  ist 
der  im  Hofe  angebrachte  Brunnen  mit  einer  Georgs-Statue  von  Bildhauer  Fernkorn  (siehe 
Abschnitt:  Brunnen).  In  dem  Gebäude  sind  nunmehr  alle  Geschäftszweige  der  Bank  unter- 
gebracht. 

Die  Allgemeine  Verkehrsbank  (Abb.  526,  527),  gegründet  1S64,  befand  sich  ursprünglich  im 
Hause  Wipplingerstraße  28,  welches  sie  nebst  einigen  anstoßenden  Häusern  erwarb,  um  nach 
Demolierung  derselben  im  Jahre  1879  einen  Neubau  aufführen  zu  lassen.  Hierzu  wurde  eine  engere 


Bankgcbaudc. 


357 


EK   Einlagskasse.      WA  Wertpapierabteilung.      WSt   Wechselstube. 
PE  Prezioseneinschätzung.  PR  Publikumraum.  PM  Preziosenmagazin. 

Abb.  526.     Allgemeine  Verkehrsbank.    Ebencrd.     1:800. 


Konkurrenz  ausgeschrieben,  aus  welcher  Ar- 
chitekt Friedrich  Schachncr  als  Sieger  hervor- 
ging. Demselben  wurde  auch  die  Bauausfüh- 
rung übertragen. 

Das  Geschäft  der  Bank  selbst  zerfällt  in 
drei  Abteilungen,  für  welche  gesonderte  Ein- 
gänge verlangt  wurden,    nämlich    die    Pfand- 
leihanstalt    mit     drei     Unterabteilungen,    die 
Wechselstube    und    Wertpapierabteilung    und 
das  eigentliche  Bankgeschäft  mit  der  Einlags- 
Sparkasse.  Die  Absonderung  dieser  drei  Ab- 
teilungen wurde  strenge  durchgeführt.  Durch 
die  Einschiebung  eines  Magazinstraktes,  wel- 
cher viele  Etagen  haben  mußte,  um  möglichst 
viel  Belegraum  zu  finden,  und  die  Forderung, 
in  den  obersten  zwei  Stockwerken  Wohnun- 
gen   unterzubringen,     war    die    Lösung    des 
Grundrisses  eine  schwierige.  Der  Bau,  welcher 
allen  diesen  vielfältigen  Anforderungen  bestens 
entspricht,  wurde  in  den  Jahren   1880 — 1883 
ausgeführt.  Die  im  Barockstil  ausgeführte  Fassade 
mit  teilweisem  Rohziegelbau  kommt  infolge  der 
günstigen  Lage  des  Gebäudes  an  der  Ecke  der 
Wipplingerstraße  zu  guter  Geltung. 

Die  Allgemeine  österreichische  Boden- 
Kredit-Anstalt  (Abb.  528  bis  530),  gegründet  1864, 
war  ursprünglich  in  den  Räumen  des  Palais 
Liechtenstein,  Herrengasse,  untergebracht  und 
schritt  im  Frühjahre  1884  zur  Errichtung  eines 
eigenen  Amtsgebäudes  auf  dem  Areale  in  der 
Teinfaltstraße,  welches  unter  dem  Namen  „die 
Klepperstallungen"  in  Alt -Wien  bekannt  war. 
Die  Regulierung  der  Teinfaltstraße,  welche  eine 
Hauptverbindungsader  aus  der  Stadt  nach  dem 
neuen  Rathausplatze  werden  sollte,  vollzog  sich 
auf  das  rascheste.  Die  Direktion  der  Boden- 
Kredit-Anstalt  schrieb  zur  Erlangung  von  Plänen 
eine  engere  Konkurrenz  aus,  auf  Grund  welcher 
dem  Architekten  Emil  Ritter  von  Förster  der  Bau 
zur  Ausführung  übertragen  wurde.  Im  Jahre  1887 
wurde  der  Neubau  seiner  Bestimmung  zugeführt. 
Die  generelle  Einteilung  des  Gebäudes  ist 
aus  dem  Grundrisse  zu  ersehen.  Das  Hoch- 
parterre ist,  mit  Ausnahme  des  rechtsseitigen 
Gebäudeteiles,  welcher  für  die  Geschäftsräume 
der  neuen  Wiener  Sparkasse,  eines  Zweiginstitutes 
der  Anstalt,  dient,  zu  einem  großen  Kassesaal 
gestaltet.  Aus  diesem  Saale  vermitteln  Treppen 
und  Aufzüge  den  Verkehr  mit  den  Souterrain- 
lokalitäten,  in  welchen  die  Tresors  untergebracht 
sind.  Diese  Räume  sind  mit  gepanzerten  Mauern 
umgeben  und  mit  einbruchsicheren  Türen  ver- 
sehen. In  den  Kellerräumen  befinden  sich  die 
maschinellen  Anlagen  zur  Erzeugung  des  elek- 
trischen Lichtes  und  die  Anlage  für  Heizung 
und  Ventilation.  Im  ersten  und  zweiten  Stocke  sind  Bureaux  untergebracht,  die  durch  über- 
sichtliche Kommunikation  miteinander  in  Verbindung  stehen.  Der  dritte  Stock  des  Hauses 
wurde  für  Wohnungen  eingerichtet,  welche  über  eine  eigene  Treppe  zugänglich  sind. 


Allgemeine  Verkehrsbank. 


358 


Bürscngcbäudc  und  Geschäftshäuser. 


Die  großen  Stockwerkshöhen  und 
Fenstcrachscnentfernungen,  welche  das 
Bauprogramm  verlangte,  ermöglichten 
es  dem  Architekten,  dem  Gebäude 
einen  palastartigen  Charakter  zu  geben. 
Die  Grundfläche  des  Gebäudes  mißt 
2600  m-,  wovon  mit  Einrechnung  des 
glasgedeckten  Hofes  2520  m-  verbaut 
sind.  Die  Baukosten  belicfen  sich  ein- 
schließlich der  Kosten  der  inneren 
Einrichtung  auf  2,400.000  K.  Am  1.  Mai 
1887  wurde  das  Gebäude  der  Be- 
nützung übergeben. 

Der  Wiener  Bank -Verein,  ge- 
gründet 1869,  ist  in  dem  ehemaligen 
Palais  Liechtenstein  in  der  Herrengasse 
und  in  dem  dazu  erworbenen  anstoßen- 
den Hause  Nr.  10  sowie  in  gemieteten 
Räumen  der  angrenzenden  Häuser  in 
der  Wallnerstraße  untergebracht.    Von 


Abb.  52S.    Bodcn-Kredit-Anstalt.    Ebencrd.     1:800. 


architektonischer  Bedeutung  sind  die  drei  großen 
Säle  im  Ausmaße  von  100,  60  und  44  m-,  der 
Kassensaal  und  die  Prachtstiege,  welche  in  den 
ersten  Stock  zu  den  Direktionsräumen  führt;  des- 
gleichen ist  die  Fassade  gegen  die  Herrengasse 
mit  den  zwei  Portalen  von  schöner  Wirkung.  Der 
erste  Hof  des  Palais  mit  220  m2  Fläche  wurde  im 
Jahre  1889  eingedeckt  und  dient  dermalen  als 
Effektensaal,  an  welchen  die  Panzerkassenräume 
und  Depots  angereiht  sind.  Die  stete  Erweiterung 
der  Tätigkeit  der  Bank,  welche  gegenwärtig  über 
500  Beamte  zählt,  wird  in  Bälde  zur  Errichtung 
eines  Neubaues  nötigen. 

Die  Union-Bank,  gegründet  1870,  befindet 
sich  seit  ihrer  Gründung  in  der  Renngasse  1, 
welches  früher  das  Hotel  „zum  römischen  Kaiser" 
war.  Das  Gebäude  bietet  weder  technisch  noch 
künstlerisch  Bemerkenswertes. 

Die  Allgemeine  Depositen-Bank  (Abb.  531) 
wurde  1871  gegründet  und  war  ursprünglich  im 
Trattnernhofe  am  Graben  eingemietet,  bis  die 
Direktion  das  Geymüllersche  Haus  in  der  Schotten- 
gasse, Ecke  der  Teinfaltstraße,  erwarb,  um  da- 
selbst ein  neues  Gebäude  zu  erbauen.  Der  Grund- 
komplex dieses  Hauses  betrug  1362  m-.  Da  die 
Anforderungen  an  Bankräume  keine  großen  waren, 
beschloß  man,  einen  Teil  von  804  m2  für  das 
Bankhaus,  den  Rest  von  558  m'2  für  ein  Miethaus 
zu  bestimmen.  Der  Bau  wurde  im  Wege  einer 
Konkurrenz  dem  Architekten  Emil  Ritter  von 
Förster  übertragen.  Durch  die  Bedingung,  daß  die 
Bank  in  den  ersten  drei  Stockwerken  unterzubringen 
sei  und  die  oberen  Stockwerke  Wohnzwecken  dienen  sollten,  war  die  Grundrißentwicklung 
einigermaßen  gebunden.  Am  äußersten  Ende  des  Gebäudes  in  der  Schottengasse  befinden 
sich  Eingang,  Vestibül  und  Stiegenhaus  der  Bank.  Vom  Vestibüle  aus  betritt  man  den  Kassen- 
saal, um  den  sich  die  Abteilungen  des  Bankgeschäftes  gruppieren;  gegen  die  Teinfaltstraße 
ist  die  Wechselstube  gelegen,  die  ihren  Zugang  für  das  Publikum  an  der  abgestumpften  Ecke 


Abb.  529.    Bodcn-Kredit-Anstalt,  I.,  Teinfaltstraße. 


Bankgcbäudc. 


359 


Abb.  530.    Boden-Krcdit-Anstalt.     Treppenhalle. 


der  beiden  Straßen  durch  ein 
windfangartiges  Vestibül  erhielt. 
Im  Mezzanin  sind  Bureaux  unter- 
gebracht, im  ersten  Stocke  die 
Direktionsräume  und  der  Sitzungs- 
saal. Im  Souterrain  wurden  Tresore 
angelegt,  die  feuer-  und  einbruch- 
sicher konstruiert  sind.  Die  Woh- 
nungen im  zweiten  und  dritten 
Stocke  sind  von  der  Teinfaltstraße 
durch  eine  eigene  Stiege  und 
einen  Personenaufzug  zugänglich. 

Der  Bau  wurde  in  einfacher, 
aber  vornehmer  Weise  durchge- 
führt und  besitzt  in  der  Giebel- 
gruppe von  Prof.  Rud.  Weyr  einen 
künstlerischen  Schmuck.  Die  Bau- 
kosten beliefen  sich  bei  einer  ver- 
bauten Fläche  von  zirka  700  m2 
auf  440.000  K. 

Der  Wiener  Giro-  und  Kas- 
sen-Verein (Abb.  532,  533),  ge- 
gründet im  Jahre  1872,  benützte 
bis  zum  Jahre  1882  den  freige- 
wordenen Saal  der  Börse  im  Ge- 
bäude der  Nationalbank.  Im  Jahre 
1880  beschloß  die  Direktion,  ein 
eigenes  Haus  in  der  Nähe  der 
neuen  Börse  zu  errichten.  Der 
hierfür  erworbene  Bauplatz  an  der 


Abb.  531. 

Allgemeine   Depositen-Bank. 

Ebenerd.     1:600. 

a  Vestibül. 

b  Parteienraum. 

c  Hauptkasse. 

d  Effektenabteilung. 

e  Vorstand. 

f  Inspektion. 


einspringenden  Ecke  der  Rockhgasse  hatte  eine  Größe 
von  1620  m2.  Seine  eigentümliche  Form  mit  kurzer,  um 
die  Ecke  führender  Straßenfront  gestattete  zwar  keine 
Fassadenentwicklung,  ermöglichte  aber  die  Anlage 
eines  großen  Saales.  Der  Bau  dieses  Gebäudes  wurde 
dem  Architekten  Emil  Ritter  von  Förster  übertragen. 

In  das  Hauptvestibül  münden  drei  Türen,  von 
denen  die  rechts  in  das  Vorzimmer  der  Direktion,  die 
Türe  links  in  die  Vorhalle  des  Geschäftshauses,  die 
mittlere  zur  Treppe  für  die  im  ersten  und  zweiten 
Stocke  liegenden  Wohnungen  führt.  Die  Form  des 
Saales,  welcher  den  Mittelpunkt  der  Anlage  bildet, 
ergab  sich  aus  der  Gestalt    des  Platzes,    der   bis    auf 


Abb.  532.    Wiener  Giro-  und  Kassen-Verein. 


360 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


das  äußerste  ausgenützt  erscheint.  Unter 
dem  Saale  sind  ausgedehnte  Depoträume 
und  Tresors,  welche  {euer-  und  einbruch- 
sichcr  konstruiert  wurden,  angeordnet. 
Die  schmale  Fassade,  welche  in  einfacher 
und  würdiger  Weise  gegliedert  erscheint, 
konnte  in  Stein  durchgeführt  werden,  wo- 
durch es  möglich  war,  derselben  einen 
monumentaleren  Charakter  zu  geben.  Die 
Baukosten  des  im  Jahre  1881  fertig- 
gestellten Gebäudes  bcliefen  sich  auf 
820.000  K. 

Das  Amtsgcbäude  der  Österreichi- 
schen Länder-Bank,  [.,  Hohcnstaufengasse 
(Abb.  534  bis  536),  wurde  in  der  Zeit 
vom  Jänner  1883  bis  April  1884  nach 
den  Plänen  des  Architekten  Otto  Wagner 
ausgeführt,  welcher  aus  einem  engeren 
Wettbewerbe  als  Sieger  hervorging.  Das 
System  der  Grundrißlösung  besteht  darin, 
das  Publikum,  welches  die  Bank  fre- 
quentiert, in  der  Mitte  des  Kassenraumes 
zu  konzentrieren,  während  die  umgeben- 
den Kassenschalter  mit  der  Hauptkasse 
und  der  Tresoranlage  direkt  verbunden 
sind.  Dieses  System  wurde  bei  allen  in 
den  letzten  zwanzig  Jahren  ausgeführten 
in-  und  ausländischen  Geldinstituten  ange- 
wendet und  hat  sich  vielfach  bewährt.  Be- 
stimmend für  diese  Raumausteilung  waren 
die     Gestalt     des     Bauplatzes     und     die 


Abb.  534.     österreichische  Länder-Bank.     Kassensaal. 


Abb.  533.    Giro-  und  Kassen-Verein.    Ebcncrd.     1:600. 


Abb.  535.     österreichische  Länder-Bank.     Ebenerd.     1 :  S00. 


angrenzenden  Gärten.  Von  den  bei  diesem  Bau  zur  Ausführung  gelangten  Neuerungen 
wären  anzuführen:  Die  Höhcrlegung  des  Fußbodens  der  Kassenschalter  um  13  cm  über  das 
Niveau  des  Publikumraumes,  eine  freitragende,  275  m  breite  Stiege  bei  einer  Stufenhöhe  von 
1  1  cm  und  die  Sicherungsmethode  der  Tresors  durch  Stampfbetonwände,  in  welche  Granit- 
würfel und  Eisenbahnschienen  eingebettet  sind,  sowie  durch  einen  2  m  starken  Betonflötz, 
welcher  sowohl  unter  diesen  Räumen  als  unter  den  diese    umgebenden  Kontrollgängcn  ange- 


Warenhäuser. 


361 


bracht  ist.  Die  Kosten  des  Bauwerkes  stellten  sich 
bei  den  damals  hohen  Preisen  auf  32  K  pro 
Kubikmeter  umbauten  Raumes,  von  der  Kellcr- 
sohlc  bis  Dachoberfläche  gerechnet.  Der  Bau  wurde 
im  April  1884,  nach  15monatlichcr  Bauzeit,  seiner 
Bestimmung   zugeführt.  Emil  von  Förster. 


III.  WARENHÄUSER. 


Abb.  536.    österreichische  Länder-Bank. 


Die  von  Alters  her  überkommenen  Namen  von  Platz 
und  Straße  lassen  uns  oft  in  den  schlichten,  aber  bezeich- 
nenden Worten  die  einstige  Bestimmung  längst  entschwun- 
dener Örtlichkeiten  erkennen.  Auch  in  Wien  mußten  die 
Stätten,  an  welchen  einst  Gewerbe  und  Handel  blühten, 
den  Forderungen  der  Zeit  weichen  und  blieb  die  Erinne- 
rung an  den  Fleiß  und  den  Unternehmungsgeist  unserer 
Vorfahren  nur  in  Bild  und  Wort  erhalten.1)  Dies  ist  auch 
der  Fall  bei  einigen  größeren,  dem  Handel  gewidmeten 
Baulichkeiten.  Meist  mehreren  Handelsherren  gemeinsam 
gehörig,  hatten  diese  >Höfe«  mit  ihren  weiträumigen  Spei- 
chern, Verkaufsstellen  und  Schreibstuben  dem  Verkehre 
mit  dem  Auslande  zu  dienen.  So  waren  es  insbesondere 
die  deutschen  Kaufherren,  welche  derartige  Höfe  ihr  Eigen 
nannten  und  uns  in  den  Namen  des  Regensburgerhof< 
und  »Köllnerhof«  noch  Reminiszenzen  an  diese  einst- 
maligen Handelsemporien  hinterließen. 

Die  häufigen  Kriegswirren  und  Belagerungen  (1485 
durch  Matthias  Corvinus,  1529  und  1683  durch  die  Türken 
u.  s.  w.)  unterbrachen  die  Entwicklung  von  Handel  und  In- 
dustrie wiederholt  und  wirkten  ungünstig  auf  die  bauliche 
Ausgestaltung  der  Betriebsstätten.  Zudem  bot  die  enge 
Stadt  kaum  genügend  Raum  für  die  Wohnstätten  der 
mächtig  anwachsenden  Bevölkerung,   geschweige    denn   für 

größere  Kaufhäuser.  Erst  zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts,  als  mit  dem  Wiener  Kongreß  (1815)  sich  reges 
Leben  in  der  Stadt  entfaltete,  hatten  die  Kaufleute  ihr  Augenmerk  darauf  gerichtet,  die  Waren  den  Augen 
der  Passanten  leicht  und  vorteilhaft  bemerkbar  zu  machen.  Wo  die  Fenster  der  Verkaufslokale  zur  Aus- 
stellung nicht  hinreichten,  wurden  Schaukästen,  allerdings  in  sehr  bescheidenen  Dimensionen,  vor  das  Haus 
gestellt,  bis  schließlich  der  lebhafte  Verkehr  mit  dem  Westen  Europas  zu  Nachahmungen  der  Pariser  Einrich- 
tungen anregte.  Für  die  Schöpfung  großer  Unternehmungen  war  jedoch  die  Zeit  noch  nicht  gekommen.  Erst 
nach  der  inneren  politischen  Umwälzung  in  der  Mitte  des  letztvergangenen  Jahrhunderts  gestatteten  die 
wirtschaftlichen  Verhältnisse  die  Schaffung  bedeutender  industrieller  Etablissements.  Der  im  größeren  Maß- 
stabe betriebenen  Fabrikation  folgte  naturgemäß  die  Ausgestaltung  der  Verkaufsstellen,  und  so  entstand  in 
Wien  anno  1865  das  erste  Warenhaus. 

Zur  allgemeinen  Charakteristik  der  Warenhäuser  Wiens  sei  hier  bemerkt,  daß  fast  alle 
nur  je  einem  Geschäftszweige  dienen.  Von  Kaufhäusern,  welche,  den  mannigfachen  Bedürf- 
nissen und  Wünschen  des  Großstädters  Rechnung  tragend,  die  heterogensten  Erzeugnisse  des 
Gewerbefleißes  und  der  künstlerischen  Phantasie  an  einem  Orte  zum  Verkaufe  bieten,  besteht 
derzeit  in  Wien  nur  ein  einziges. 

In  der  baulichen  Anlage  eines  Warenhauses  ist  naturgemäß  zu  trachten,  einen  möglichst 
imponierenden  Ausstellungs-  und  Verkaufsraum  zu  schaffen,  welcher  die  übersichtliche  An- 
ordnung der  Waren  und  leichte  Orientierung  des  Publikums  gestattet.  Hieraus  resultiert  die 
Konzentration  aller  Stützkonstruktionen  in  wenige  Pfeiler,  welche  die  weitgespannten  Decken 
tragen.  Als  architektonisch  auszugestaltendes  Element  verbleibt  sonach  nur  noch  die  Treppe, 
deren  mehr  oder  weniger  reiche  Anlage  und  Ausstattung  dem  Architekten  Gelegenheit  zu 
interessanten  Lösungen  bietet.  Die  kühnen  Konstruktionen  erheischen  die  weitestgehende  Aus- 
nützung ihrer  einzelnen  Glieder  und  führen  somit  zur  Verwendung  von  Materialien  der  höchsten 
Tragfähigkeit,  von  Stein  und  Eisen.  In  diesen  die  statischen  Funktionen  architektonisch  zum 
Ausdrucke  zu  bringen,  ist  nur  selten  möglich,  weil  im  Hinblicke  auf  die  unumgänglich  not- 
wendige  Feuerbeständigkeit    der    Konstruktionen    schützende  Ummantelungen    aus    Mauerwerk 


')  Solche  Straßenbezeichnungen  sind  z.  B.:  Tuchlauben,  Wollzeile,  Seilerstätte,  Goldschmiedgasse  u.  a. 


362 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


Abb.  537.    Warenhaus  Ph.  Haas  &  Söhne. 
Ebcnerd.     1:600. 


Abb.  53S.   Warenhaus  Ernst  Wahliss.        Abb.  539.  Warenhaus  Ernst  Wahliss. 


Ebenerd.     1:600. 


Zweiter  Stock.     1  :  600. 


Abb.  543.     Warenhaus  Schein.     Schnitt.     1:500. 


Abb.  540.    Warenhaus  J.  Roth- 
berger.    Parterre.     1 :  600. 


Abb.  541.    Warenhaus  J.  Roth- 
berger.     Vierter  Stock.     1:600. 


VR  Verkaufsraum. 
Seh  K  Schaukasten. 


K  Komptoir.  A  f  Seh  Atelier  für 
Schneiderei.  V,Z  etc.  Wohnung. 


Abb.  544.  Warenhaus  Zwieback.     Abb.   545.     Warenhaus    Zwie- 
Parterre.  1  :  600.  back.     Vierter   Stock.     1:600. 


Abb.  542.    Warenhaus  Stephan  Esdcrs. 
Ebcnerd.     1 : S00. 


Warenhäuser. 


363 


oder  Beton  für  Eisen  und  spröden  Stein 
(z.  B.  Granit)  durch  das  Baugesetz  vor- 
geschrieben wird.  Diese,  die  sichtbare 
Verwendung  von  Eisen  und  kostbareren 
Steingattungen  auf  die  Dekoration  be- 
schränkende Vorschrift  war  im  letzten 
Viertel  des  vergangenen  Jahrhunderts  er- 
lassen worden,  so  daß  wir  nur  aus  der 
vorhergehenden  Periode  einige  Beispiele 
rein  durchgebildeter  Konstruktionen  be- 
sitzen. In  neuester  Zeit  hat  der  armierte 
Beton  ')  weite  Verbreitung  gefunden. 

Die  mannigfachen  Bedürfnisse  der 
Stadtbevölkerung  bringen  es  mit  sich, 
daß  die  weitaus  größte  Mehrzahl  der  Bau- 
objekte in  den  von  regem  Verkehr  durch- 
zogenen Stadtteilen  sowohl  dem  Geschäfts- 
betriebe als  auch  der  Unterkunft  der  Be- 
wohner zu  dienen  haben.  Derartige,  zwi- 
schen dem  Waren-  und  dem  Wohnhause 
stehende  Gebäude  können  den  ersteren 
füglich  dann  nicht  zugezählt  werden, 
wenn  der  Umfang  der  Wohnungen  relativ 
bedeutend  und  die  Geschäftslokalitäten 
dem  Wechsel  der  Miete  unterworfen  sind. 


')  Die  Baukonstruktionen  und  diesbezüglichen 
Vorschriften  sind  des  weiteren  ausgeführt  in  dem  Ab- 
schnitte: Städtische  Wohnhäuser. 


Abb.  546.     Warenhaus  Ph.  Haas  &  Söhne. 


Abb.  547.     Warenhausgruppe  J.  Rothberger-Kranner. 


364 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


In  der  nachstehenden  Betrachtung  der  hervorragend- 
sten Warenhäuser  Wiens  bringen  wir  daher,  und  zwar 
in  der  Reihenfolge  ihres  Entstehens,  nur  Objekte,  welche 
einem  oder  der  Vereinigung  mehrerer  Industriellen  oder 
Kaufherren  als  Stätte  ihrer  Wirksamkeit  dienen.  An  erster 
Stelle  nach  der  Zeitdauer  seines  Bestandes  und  her- 
vorragend durch  seine  wahrhaft  künstlerische  Ausge- 
staltung steht  das  von  den  Architekten  van  der  Null 
und  Siccardsburg  in  den  Jahren  1865 — 1867  erbaute 
Warenhaus  der  Teppichfirma  Ph.  Haas  &  Söhne 
(Abb.  537  und  546).  An  eminent  verkehrsreichem  Platze 
(Ecke  Graben — Stock-im-Eisen — Stephansplatz)  gelegen, 
umfaßt  dies  Gebäude  nur  eine  kleine  Fläche,  so  daß 
ein  Hof  nicht  zu  erübrigen  war.  Um  das  Tageslicht 
bis  in  die  rückwärtigen  Partien  der  Räume  dringen  zu 
lassen,  wurden  sehr  hohe  Geschosse  und  Fenster  an- 
geordnet. Das  Mittelfeld  der  Anlage  bildet  den  Emp- 
fangsraum, zugleich  den  Zugang  zu  der  die  sämt- 
lichen Stockwerke  verbindenden  Haupttreppe  (Eisen 
und  Marmor)  und  dem  Aufzuge.  In  den  Seitenfeldern 
sind,  um  die  Geschoßhöhen  räumlich  auszunützen, 
Galerien  untergebracht,  welche  über  gesonderte  Holz- 
treppen zugänglich  sind.  Die  Lagerräume  des  Sou- 
terrains stehen  überdies  mit  der  Straße  durch  einen 
großen  Aufzug  in  Verbindung.  Die  Fassaden  sind 
ganz  in  Haustein  ausgeführt,  das  Hauptportale  samt 
Einfassung;    sowie    die    Unterteilungssäulchen    in    den. 


Abb.  54S.    Warenhaus  Ernst  Wahliss. 

Öffnungen  des  Mittelbaues  sind  aus  Bronze. 
Die  Monolithsäulenschäfte  des  Parterres  sind 
aus  Granit,  die  Innenstützen  der  Stockwerke 
aus  Eisen. ') 

Ein  nach  Anlage  und  Durchbildung 
eigenartiges  Etablissement  ist  das  Warenhaus 
Ernst  Wahliss,  I.,  Kärntnerstraße  17  (Abb.  538, 
539  und  548),  welches  durch  den  Architekten 
Gustav  Korompay  für  die  Porzellanfabriks- 
Niederlage  dieser  Firma  in  den  Jahren  1878 
bis  1879  geschaffen  wurde.  Den  Mittelraum 
der  Anlage  bildet  der  glasgedeckte  Haupthof ; 
um  diesen  für  die  Verkaufstische  etc.  frei  zu 
halten,  ist  die  Haupttreppe  an  die  Rückseite 
des  Gebäudes  gelegt,  während  vier  in  die 
Ecken  eingebaute  Wendeltreppen  für  den 
Verkehr  des  Geschäftspersonales  dienen.  Die 
im  Hofe  und  in  den  vorderen  Teilen  des 
Verkaufslokales  stehenden  Schaukästen  um- 
schließen die  Lichteinfallsöffnungen  für  das 
Souterrian.     In  den  oberen  Geschossen  sind 


')  Wiener  Neubauten.  II. 


Abb.  549.    Warenhaus  Stephan  Esdc 


Warenhäuser. 


365 


Abb.  550.    Warenhaus  Zwieback. 


Wohnungen  untergebracht,  für  welche  ein  kleines 
Vestibül  und  Treppe  den  Zugang  bilden.  Um  die 
Bestimmung  des  Gebäudes  in  der  Fassadendekoration 
zum  Ausdrucke  zu  bringen,  wurden  die  Mauerflächen 
mit  Porzellanfliesen  verkleidet.  Die  Architekturteile  sind 
aus  Stein,  die  plastischen  Ornamente  aus  Terrakotta, 
die  Fliesenverkleidung  aus  weiß-  und  blauglasiertem 
Porzellan;  die  wenigen  übrigen  Mauerflächen  haben 
roten  Verputz.  Die  Eisenkonstruktionen  im  Inneren 
sind  unverkleidet. !) 

Eine  Gruppe  bilden  die  Warenhäuser  A.  Kranner 
(1880)  und  J.  Rothberger  (1885  und  1894),  Stephans- 
platz 9  bis  1 1  (Abb.  540,  541  und  547).  Von  den  Archi- 
tekten Fellner  und  Helmer  zu  verschiedenen  Zeiten 
erbaut,  ergeben  diese  drei  Häuser  eine  nahezu  sym- 
metrische Anlage.  Bei  der  Raumausteilung  mußte  auf 
die  in  den  Obergeschossen  unterzubringenden,  an 
diesem  Platze  sehr  einträglichen  Wohnungen  Rücksicht 
genommen  werden.  Die  Fassade  des  Kranner-Hauses  ist 
im  Parterre  und  Mezzanin  mit  Porphyr  verkleidet.  Bei 
den  Rothbergerschen  Häusern  sehen  wir  hier  das  erste 
Mal  das  Prinzip  zur  Anwendung  gebracht,  die  gesamte 
Straßenfront  für  Schaustellungszwecke  nutzbar  zu 
machen.  Es  geschah  dies  durch  eine  der  ganzen 
Frontlänge  nach  vorgestellte  Glaswand  (in  Wien 
„Portal"  genannt).  Die  Stützkonstruktionen  aller  drei 
Häuser  sind  teilweise  in  Stein,  zum  größten  Teil 
jedoch  in  Klinkerziegeln  ausgeführt. 2) 

Das  Geschäftshaus  Stephan  Esders,  VII.,  Maria- 
hilferstraße  18  (Abb.  542  und  549),  durch  den  Archi- 
tekten Friedrich  Schachner  in  den  Jahren  1894 — 1895 
erbaut,  gewährt  bei  bedeutendem  Umfange  in  seinen 
um  einen  glasgedeckten  Hof  gruppierten,  ziemlich 
schmucklosen  Räumen  eine  gute  Übersicht.  Bei  der 
architektonischen  Ausgestaltung  mußte  der  Architekt 
die  weitestgehende  Ökonomie  walten  lassen  und  sich  mit  der 
Raumwirkung  bescheiden.  Die  in  Eisen  konstruierte  Haupttreppe 
ist  im  ersten  Arm  unterstützt,  in  den  beiden  symmetrischen  Seiten- 
armen freitragend.  Der  Stufenbelag  sowie  die  den  Hof  umsäumen- 
den Balustraden  sind  aus  Eichenholz.  Die  Pfeiler  größeren  Quer- 
schnittes bestehen  aus  Klinkern,  die  Zwischenpfeiler  aus  um- 
mauerten Eisenständern;  Monier-Platten  zwischen  eisernen  Trägern 
bilden  die  Decken.  Zu  erwähnen  wäre  noch,  daß  über  Anordnung 
der  Baubehörde  Brandproben  veranstaltet  werden  mußten,  um  die 
Feuerbeständigkeit  der  Stützkonstruktionen  nachzuweisen.  Bei 
diesen  unter  der  Aufsicht  des  Stadtbauamtes  vorgenommenen 
Proben  wurde  konstatiert,  daß  ein  15  cm  stark  ummauerter 
Eisenständer  nach  zweieinhalbstündigem  intensivem  Feuer,  mit 
dem  starken  Strahl  der  Dampfspritze  abgekühlt,  vollkommen 
unversehrt  blieb.  Das  gleiche  Resultat  wurde  auch  bei  einem 
mit  Monier  umkleideten  Eisenständer  erzielt,  wogegen  ein  nicht 
umhüllter  Ständer  schon  nach  Verlauf  von  20  Minuten  unbrauch- 
bar wurde. :() 

Das  von  den  Architekten  Fellner  und  Helmer  im  Jahre  1895 
erbaute  Teppichhaus  Schein,    I.,  Bauernmarkt   12  (Abb.  543),    ist 


Abb. 


551.    Warenhaus  Zwieback. 
Schnitt.     1:500. 


')  Wiener  Neubauten.  II. 
2)  Wiener  Neubauten.  II. 
*)  Der  Architekt.  1895. 


366 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


in  seinen  gesamten  neun  Geschossen  (zwei  hiervon  unter  Terrain)  dein  Geschäftsbetriebe  ge- 
widmet. Von  den  sieben  über  der  Straße  liegenden  Geschossen  der  Hauptfront  (Bauernmarkt) 
sind  die  unteren  fünf  durch  eine  vorgestellte  Eisen-Glasarchitektur  vollständig  in  Schaufenster 
aufgelöst.  Die  sichtbaren  Mauern  des  sechsten  Geschosses  bilden  für  den  Beschauer  den  oberen 
Abschluß  des  Gebäudes,  da  das  oberste 
Stockwerk  zurückgesetzt  und  so  dem  An- 
blicke der  Passanten  entzogen  ist.  Bei  der 
geringen  Straßenbreite  mußte  das  Eisen- 
gerippe der  Schaufenster  in  die  Bauflucht 
gestellt  und  die  Stützkonstruktion  entspre- 
chend weit  hinter  dieser  angeordnet  werden. 
Hierdurch  sind  helle  Souterrainräume  und 
zugleich  der  Einblick  in  dieselben  von 
der  Straße  aus  erzielt.  Die  Lage  des  Ge- 
bäudes zwischen  zwei  Parallelstraßen  sowie 
ein  großer,  glasgedeckter  Mittelhof  ermög- 
lichen eine  gute  Belichtung  der  gesamten 
weiträumigen  Anlage,  die  schon  beim  Ein- 
tritt durch  das  Portal  (aus  Bronze)  bis  zur 
Glasdecke  überblickt  werden  kann.  Die 
Haupttreppe  (Eisen  mit  Marmorbelag  und 
in  Bronze  dekoriert)  nebst  einem  Aufzuge 
stellen  die  Verbindung  der  Stockwerke  für 
das  Publikum  her.  Das  erste  Souterrain, 
das  Parterre  und  vier  Stockwerke  dienen 
dem  Kundenverkehr,  das  zweite  Souterrain 
enthält  Depots,  während  in  den  obersten 
Stockwerken  sich  der  interne  Geschäfts- 
betrieb abwickelt,  für  welchen  gesonderte 
Aufzüge  und  Diensttreppen  vorhanden  sind. 
Das  Dachgeschoß  dient  zur  Reinigung  der 
Teppiche. :) 

Das  Geschäftshaus  Zwieback,  [.,  Kärnt- 
nerstraße 1 1  und  Weihburggasse  2  (Abb. 
544,  545  und  550, 
551),  wurde  im  Jahre 
1895  nach  den  Plä- 
nen des  Architekten  Friedrich  Schön  für  das  Damenkonfektionsgeschäft 
dieser  Firma  errichtet.  Von  dem  früher  an  dieser  Stelle  bestandenen  Hause, 
das  durch  viele  Jahre,  in  die  Straßen  hineinragend,  einen  Engpaß  bildete, 
verblieb  nur  ein  Areale  von  500  m2  für  die  Verbauung  übrig.  Es  war 
sonach  der  kostbare  Grund  bis  zum  äußersten  auszunützen.  Über  vier 
Geschosse  erstreckt  sich  der  Kundenverkehr,  in  den  obersten  Stockwerken 
sind  die  Bureaux.  Werkstätten  und  die  Wohnung  des  Maschinisten, 
im  Keller  unter  dem  Souterrain  die  Depots,  das  Maschinenhaus  etc. 
untergebracht.  Alle  Pfeiler  sind  in  Klinkern  ausgeführt,  auch  die,  welche 
die  16  m  spannende  Decke  der  Hauptfront  tragen.  Die  Fassaden  sind  aus 
Stein,  teilweise  mit  edleren  Materialien  verkleidet. 

Nebst  der  Innern  Stadt  sind  es  die  westlichen  Bezirke,  namentlich 
die  Mariahilferstraße,  in  denen  sich  ein  überaus  reger  Geschäftsverkehr 
abwickelt.  Eine  der  ältesten,  dort  ansässigen  Textilwaren-  und  Konfektions- 
firmen, A.  Herzmansky,  ließ,  anstoßend  an  ihr  altes  Heim,  VII.,  Stiftgasse  3, 
im  Jahre  1896  durch  den  Architekten  M.  Katscher  ein  neues  Warenhaus 
errichten  (Abb.  552,  553).  Dieses  steht  im  Zusammenhange  mit  dem 
Stammhause  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  dem  Kundenverkehr  zur 
Verfügung,  da  die  Bureaux  und  Arbeitsräume  im  alten  Hause  verblieben. 
Die   klare,    aus  dem  Grundplane  ersichtliche  Anlage  bedarf  wohl  keiner 

Abb.  553.  Warenhaus  A.  Herz- 
mansky. Ebcncrd.  1:600. 


Warenhaus  A.  Hcrzmans 


')  Der  Architekt.  1S96. 


Warenhäuser. 


367 


Erläuterung,  nur  sei  bemerkt,  daß  die  kleine  Treppe 
links  den  Verkehr  mit  dem  alten  Hause  vermittelt  (da- 
neben zwei  Aufzüge),  während  die  Treppe  in  der 
rückwärtigen  Ecke  nach  einem  großen  Hofe  respektive 
Garten  führt,  welcher  Ausgang  von  der  Baubehörde 
im  Hinblicke  auf  Feuersgefahr  verlangt  wurde.  Die 
eisernen  Stützen  im  Inneren  sind  mit  Monier-Umhüllung 
versehen,  während  deren  Architekturformen  in  Kunst- 
marmor ausgeführt  sind.  Die  Fassade  ist  aus  Stein, 
und  zwar  im  Parterre  aus  ungarischem  Kalkstein,  im 
ersten  und  zweiten  Stocke  aus  Istrianer  Marmor,  im 
dritten  Stocke  aus  Savonniere. ') 

Im  Jahre  1900  entstand  durch  Professor  Otto 
Wagner  das  Warenhaus  Neumann,  I.,  Kärntnerstraße  19 
(Abb.  554).  Bei  ungemein  klarer,  zweckmäßiger  Anlage 
besitzt  das  Gebäude  eine  fein  durchgebildete  Fassade. 
In  einer  nicht  breiten  Straße  stehend,  konnte  die  Front 
nur  durch  wenig  ausladende  Profile  gegliedert  werden. 
Die  Dekorationsglieder  in  vergoldetem  Porzellan  sind 
innig  mit  dem  weißen  Marmorputz  verbunden;  die  Ver- 
goldung ist  auch  an  den  stützenden  Eisenteilen  durch- 
geführt. -) 

Das  an  der  Stelle  eines  schon  im  15.  Jahrhundert 
berühmten  Kaufhauses,  des  Regensburgerhofes  (Abb. 
555,  556),  durch  Architekten  F.  von  Neumann  er- 
richtete neue  Gebäude  gleichen  Namens  dient  den 
Zwecken  der  Textilwarenfirma  Genersich  &  Orendi. 
Hier  erwuchs  dem  Architekten  die  Aufgabe,  einerseits 
das  charakteristische  alte  Bild  unter  Wiederverwendung 

Stadt- 


Abb.  554.    Warenhaus  Neumann. 


historischer  Details  nach  Tunlichkeit  wieder  auf- 
zurichten, anderseits  ein  den  modernen  An- 
forderungen entsprechendes  Etablissement  her- 
zustellen. Wie  der  Grundriß  zeigt,  sind  hier 
die  Verkaufsräume  den  in  den  Obergeschossen 
untergebrachten  Wohnungen  entsprechend,  unter 
Verzicht  auf  eine  bedeutendere  Raumwirkung, 
in  mehrere  Partien  geteilt.  An  der  Fassade 
weisen  figurale  Darstellungen  auf  den  einstigen 
und    gegenwärtigen  Zweck    des  Gebäudes  hin. 


')  Der  Architekt.  1898. 
2)  Der  Architekt.  1898. 


Abb.  555.     Regensburgerhof. 


Abb.  556.    Regensburgerhof,  I.,   Lugeck.    Parterre.    1:600. 


368 


Börsengebäude  und  Geschäftshäuser. 


'/.  Hof 


Abb.  557.    De 
Steinstraße 


r  Glashüttenhof,  IX.,  Liechten- 
22.    Zweiter  Stock.    1 :  800. 


Als  historische  Reminiszenzen  sind  an  dem  Gebäude  das 
Standbild  Kaiser  Friedrichs  III.  und  zwei  vom  alten  Hause 
übernommene  Kragsteine  an  den  Erkern  (männliche  und 
weibliche  Halbfigur)  angebracht.1) 

Der  Glashüttenhof,  IX.,  Liechtensteinstraße  22  (Abb.  557), 
ist  ein  von  den  Glashüttenwerken  vormals  J.  Schreiber  im 
Jahre  1903  errichtetes  Waren-  und  Wohnhaus.  Der  Bauplatz 
hat  bei  einer  Frontlänge  von  35  m  eine  Tiefe  von  85  m, 
so  daß  die  Anlage  von  zwei  Hoftrakten  möglich  wurde.  Von 
der  Gesamtfläche  von  2870  m2  sind  1190  m2  vierstöckig, 
346  m-  dreistöckig  als  Magazine  und  146  m2  zweistöckig  als 
Stalltrakte  verbaut.  Von  den  Höfen  sind  814  m2  mit  Glas 
überdeckt  und  als  Manipulationsräume  verwendet.  Die  Ab- 
sonderung der  Geschäftstrakte  von  den  Wohntrakten  erfor- 
derte die  Anlage  von  zwei  Hauseingängen.  Die  Kellerräume, 
welche  ebenfalls  zu  Lagerzwecken  verwendet  werden,  sind 
durch  Luxferprismenverglasung  erhellt.  Der  im  Stile  der  Alt- 
Wiener  Barocke  gehaltene  Bau  wurde  nach  den  Plänen  des 
Architekten  AI.  Graf  errichtet  und  kostete   1,200.000  K. 


Abb.  558. 

Warenhaus  Gerngroß 
(Neubau). 

Erster  Stock.     1  :  800. 


Abb.  559.    Warenhaus  Gerngroß. 


Als  letztes  in  der  historischen  Reihe  ist  das  Warenhaus  Gerngroß,  VII.,  Mariahilfer- 
straße  44/46  (Abb.  558  bis  560),  als  eine  in  technischer  und  architektonischer  Durchbildung 
moderne  Schöpfung  zu  nennen.  Dasselbe  schließt  sich  an  die  dazugehörigen  Häuser  Mariahilfer- 
straße  48  und  Kirchengasse  2/4,  sowie  rückwärts  an  das  Haus  Lindengasse   15  an  und  ist  mit 


')  Der  Architekt.  1898. 


Warenhäuser. 


369 


diesen  nach  Bedarf  verbunden.  Der 
im  Jahre  1904  fertig-gestellte  Neubau 
wurde  nach  den  Plänen  der  Archi- 
tekten FcHner  und  Helmer  ausgeführt. 
Um  eine  wirkungsvolle  Entwicklung 
des  Parterrelokales  nach  der  ganzen 
Tiefe  des  Grundstückes  zu  erreichen, 
sind  die  Anfangsarme  der  symmetri- 
schen Hauptstiege  weit  auseinander- 
gelegt und  gewähren  so  einen  unge- 
hemmten Durchblick.  Von  der  sieben- 
geschossigen  Anlage  ist  der  ganze, 
von  der  Mariahilferstraße  zugängliche 
Teil  dem  Kundenverkehr  bestimmt, 
während  in  dem  der  Lindengassc 
zugewendeten  Trakte  die  interne  ge- 
schäftliche Manipulation,  der  Verkehr 
mit  den  Lieferanten  etc.  sich  abspielt. 
Im  dritten  und  im  vierten  Stockwerke 
liegen  die  Bureaux,  Arbeits-  und  Sor- 
tierräume, ferner  Erholungsräume  für 
das  Publikum,  mit  Wintergarten,  Kon- 
ditorei, Schreib-  und  Lesezimmer  etc. 
Im  Kellergeschoß  sind  außer  den 
Depots  die  Heiz-  und  Ventilations- 
anlage, die  Akkumulatoren  für  die 
Notbeleuchtung,  die  Maschinen  für 
die  Aufzüge  und  den  Vacuum  Cleaner 
untergebracht,  ferner  die  Wasch-  und. 
Duscheräume  sowie  die  Speiselokale 
für  die  Bediensteten.  Den  Verkehr 
zwischen  den  Geschossen  vermitteln 
neben  der  schon  erwähnten  Haupttreppe  noch  drei  Nebentreppen,  fünf  Aufzüge  und  eine 
rollende  Rampe.  Die  Waren  werden  mittels  zweier  separater  Aufzüge  befördert.  Von  den 
einzelnen  Manipulationsräumen  sind  Abwurfschläuche  ins  Souterrain  geführt.  Für  Lösch- 
zwecke sind  29  Hydranten  und  die  Berieselung  sämtlicher  Parterreschaukästen  vorgesehen; 
ferner  stehen  37  Taster  zur  Alarmierung  der  Hausfeuerwehr  und  zwei  Automaten  zur  Benach- 
richtigung der  städtischen  Feuerwehr  zur  Verfügung.  Die  Beleuchtung  wird  mittels  350  Bogen-, 
2100  Glühlampen  und  84  Notlampen  bewirkt.  Zur  Verhinderung  von  Einbrüchen  sind  an  den 
Nachbargrenzen  elektrische  Alarmklingeln  angebracht. 

Die  Konstruktion  des    Neubaues    ist    in    armiertem  Beton    durchgeführt,    in    der  Fassade, 
soweit  dieselbe  nicht  durch  Eisen  und  Glas  verkleidet  wurde,  gelangte  Stein  zur  Verwendung. ') 


Abb.  560.    Warenhaus  Gerngfroß.     Innenansicht. 


!)  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vcreir.es.  1905,  Heft  1. 


F.  Lconhard. 


Bd.  II. 


24 


K.  WOHNGEBÄUDE. 

I.  PALÄSTE  UND  HERRSCHAFTLICHE  WOHNGEBÄUDE. 

a)  Paläste  von  Mitgliedern   des  kaiserlichen   Hauses. 

Palais  Erzherzog  Ludwig  Viktor,  I.,  Schwarzenbergplatz  (Abb.  561,  562). 1)  Als  die  Stadt- 
wälle fielen  und  aus  dem  Chaos  der  Demolierungsarbeiten  die  ersten  Anfänge  der  Ringstraße 
emporwuchsen,    war    der    heutige    Schwarzenbergplatz   für  Gartenanlagen   bestimmt,    in    deren 


Abb.  561.    Palais  des  Erzherzogs  Ludwig  Viktor. 


Mitte  sich  das  Standbild  des  Siegers  von  Leipzig  erheben  sollte;  erst  auf  ausdrücklichen 
Wunsch  des  Bildhauers  Hähnel,  des  Schöpfers  des  Denkmales,  der  einen  geschlossen  archi- 
tektonischen Hintergrund  für  sein  Werk  vorzog,  wurde  die  möglichst  einheitliche  Verbauung 
des  Platzes  beschlossen.  Das  erste  Bauwerk  an  demselben,  das  auch  den  Tenor  der  archi- 
tektonischen Durchbildung  der  Anlage  bestimmte,    war  das  Palais,    das    sich    der    damals  erst 

')  Klasen,  Grundrißvorbilder.  I.Abschnitt,  S.66.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1868, 
S.  136,  Blatt  15,  16,  19,  20.  Österreichisch-Ungarische  Monarchie  in  Wort  und  Bild.  Band  „Wien",  S.  Slf.  E.  Winkler,  Tech- 
nischer Fuhrer  durch  Wien.  S.  107 f.     C.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien  in  seinen  Bauwerken.  Wien  1865,  S.  139. 

24* 


372 


Wohngebäude. 


21jährige  Erzherzog  Ludwig  Viktor  an  der  Ecke  der  Ringstraße  und  des  Schwarzenbergplatzes 

durch  Heinrich  von  Fcrstel  errichten  ließ. 

Die  unregelmäßige  Figur  des  verhältnismäßig  nicht  großen  Bauplatzes  (1422  m2)  mit  drei 

Straßenfronten  und  die  vom  Bauherrn  selbst  ausgearbeiteten  Programmforderungen    bereiteten 

den  Entwurfarbeiten  nicht  geringe  Schwierigkeiten. 
Die  geforderten  Räumlichkeiten  wurden  auf  fünf 
Stockwerke  in  folgender  Weise  verteilt:  Das  Keller- 
geschoß enthält  außer  der  Küche  mit  ihren  Neben- 
räumen einen  geräumigen  Pferdestall,  der  durch 
eine  von  der  Durchfahrt  abzweigende  Rampe  zu- 
gänglich gemacht  ist;  das  Erdgeschoß  ein  großes 
Vestibül  mit  dem  Treppenaufgang  zu  den  Ober- 
geschossen, die  Loge  und  Wohnung  des  Portiers, 
die  Wagenremise  und  Wohnungen  für  das  Küchcn- 
und  das  Stallpersonale;  das  Mezzanin  die  Apparte- 
ments des  Erzherzogs;  das  als  Hauptgeschoß  durch- 
gebildete erste  Stockwerk  die  Repräsentations- 
räume; das  zweite  Stockwerk  wurde  dem  Hof- 
staate, den  Kanzleien  etc.  zugewiesen. 

Von  der  in  die  Pestalozzigasse  führenden 
Durchfahrt  geht  eine  Nebentreppe  in  alle  Stock- 
werke. Die  Haupttreppe  führt  von  dem  am  Schwar- 
zenbergplatz  belegenen  Vestibül  als  einarmige,  im 
rechten  Winkel  geknickte  Stiege  zum  Mezzanin  und 

Hauptgeschoß  und  gibt  in  ihrer  ebenso  monumentalen  wie  ungemein  originellen  Anlage  Zeugnis 


Abb.  562. 

Palais    des   Erz- 
herzogs Ludwig- 
Viktor 

Erster  Stock. 

1  : S00. 

A  Großer  Saal. 
B  Speisesaal. 
C  Galerie. 
D  Wintergarten. 
E   Haupttreppe. 
F   Wohnung  des 

Erzherzogs. 
G  Kapelle. 
H  Großer  Hof. 


Abb.  563.    Palais  des  Hoch-  und  Deutschmeisters. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


373 


deren  Einzelheiten 
1864  begonnen  und 
Umrahmungen    und 


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G  Wohnung'  des  Erzherzogs. 
H  Festräume. 


Abb.  564. 


Palais  des  Hoch- 
Erster  Stock. 


I  Dienerwohnungen. 
F  Wirtschaftsräume. 

und  Deutschmeisters. 
1:800. 


für  Fcrstels  besondere  Hinneigung  zu  interessanten  Treppcnbildungcn.  Im  Hanptgeschoß  schließt 
sich  an  das  Treppenhaus  gegen  den  Schwarzenbergplatz  zu  eine  Galerie  an  als  Vorsaal  für 
den  großen  Ballsaal,  den  Speisesaal  und  den  Wintergarten,  die  zusammen  eine  Gruppe  von 
Festräumen  bilden. 

Über  die  künstlerische  Seite  dieser  Bauaufgabe 
äußert  sich  Ferstel  in  der  Zeitschrift  des  Öster- 
reichischen Ingenieur-  und  Architekten-Vereines, 
XX.  Jahrg.,  folgendermaßen:  „Als  Stil  wurde  von 
Sr.  k.  Hoheit  jener  der  italienischen  Renaissance  be- 
zeichnet, und  ich  war  bemüht,  jenen  Charakter  zur 
Geltung  zu  bringen,  welcher  von  den  Meistern  in 
der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  zur  höchsten 
Vollkommenheit  entwickelt  wurde."  Aber  auch 
französischer  Einfluß  läßt  sich  nicht  nur  hinsichtlich 
der  Dachsilhouette,  sondern  auch  in  manchen  an- 
nachweisen.  Der  Bau  wurde 
1869  beendet.  Sockel,  Gesimse, 
Rustika  wurden  aus  Wöllers- 
dorfer,  Mühlendorfer  und  Mannersdorfer  Stein,  der 
Risalit  gegen  den  Schwarzenbergplatz  durchwegs  aus 
Istrianer  Stein  ausgeführt.  Auch  beim  Innenausbau 
kamen  echte,  zum  Teil  —  wie  im  Festsaal  —  kostbare 
Steinsorten  zur  Verwendung.  Max  Ferstel. 

Palais  des  verstorbenen  Herzogs  von  Modena 
(heute  Erzherzog  Franz  Ferdinand)»  III.,  Beatrix- 
gasse 29.  Im  Jahre  1779  stand  an  der  Stelle  dieses  Palastes  ein  kleines,  der  Freiin  von 
Harruckcr  gehöriges  Haus,  das,  nachdem  es  sich  mit  dem  zugehörigen  großen  Parke  vorüber- 
gehend im  Besitze  des  Grafen  Leopold  Kolowrat  befunden  hatte,  im  Jahre  1812  durch  Erz- 
herzogin Maria  Beatrix  erworben  wurde.  Auf  dem  durch  Ankauf  eines  im  Besitze  der  Fürstin 
Eleonora  Liechtenstein  befindlichen  Nachbargebäudes  erweiterten  Grundstücke  ließ  Erzherzogin 
Maria  Beatrix  den  heute  bestehenden  Palast  erbauen,  über  dessen  Haupttore  an  der  Brüstung 
des  Balkons  das  herzoglich  Modenasche  Wappen  angebracht  wurde.  Neben  dem  an  das  Palais 
anschließenden,  durch  einen  Ehrenhof  ausgezeichneten  Gebäude  (Bcatrixgasse  Nr.  27)  befindet 
sich  ein  drei  Stock  hohes,  ebenfalls  zum  Besitze  gehöriges  Haus  (Nr.  25),  in  welchem  die  reichen 
Sammlungen  des  Erzherzogs  Franz  Ferdinand  untergebracht  sind. 

Das  Palais  des  Hoch-  und  Deutschmeisters,  I.,  Parkring  8  (Abb.  563  bis  565) '),  wurde 
für  weiland  Erzherzog  Wilhelm,  Hoch-  und  Deutschmeister,  als  Privatpalais  von  Theophil  von 
Hansen  1864 — 1868  erbaut,  und  ist  jetzt  Eigentum  des  Deutschen  Ritterordens  und  Sitz  des  je- 
weiligen Großmeisters  (derzeit  Erzherzog  Eugen)  desselben,  der  seit  dem  Preßburger  Frieden 
(1805)  aus  den  Reihen  der  österreichischen  Erzherzoge  ernannt  wird.  Der  rund  55  m  breite 
und  50  m  tiefe,  zwischen  Ringstraße  und  Cobdengasse  belegene  Bauplatz  begünstigte  die  von 
Hansen  sehr  bevorzugte,  streng  symmetrische  Ausbildung  des  Grundrisses  mit  zentraler  Hof- 
anlage. Das  Raumerfordernis  war  im  gegebenen  Falle  weniger  kompliziert  als  bei  anderen  Palais- 
bauten, da  nach  den  Satzungen  des  Deutschen  Ritterordens  der  Großmeister  unvermählt  bleiben 
muß  und  somit  eine  ganze  Reihe  von  Anforderungen,  die  sonst  die  Grundrißkonzeption 
schwierig  machen,  hier  in  Wegfall  kamen.  Dagegen  erschwerte  die  geforderte  Anlage  eines 
außergewöhnlich  großen  Stalles  mit  all  seinen  Nebenräumen,  auf  dessen  sorgfältigste  Venti- 
lation mit  vollem  Rechte  das  größte  Gewicht  gelegt  wurde,  dem  Architekten  die  Aufgabe  in 
hohem  Maße.  Die  Verteilung  der  Räume  in  den  fünf  Stockwerken  erfolgte  in  der  Weise,  daß 
das  Erdgeschoß  der  Hauptsache  nach  der  Stallanlage,  das  darüberliegende  Mezzanin  dem 
Hofmarschall  und  dem  Dienstkämmerer  zugewiesen  wurde,  während  der  erste  Stock  die  Reprä- 
sentationsräume und  die  Wohnräume  des  Erzherzogs  enthält;  ein  darüberliegendes  niedriges 
Zwischengeschoß,  ein  über  dem  Mittelrisalit  errichteter  Attikenaufbau  und  verbleibende  Teile 
der  übrigen  Stockwerke  wurden  für  Dienerwohnungen,  Depots  u.dgl.  verwendet;  Küchen-  und 
sonstige  Nutzräume  sind  im  Kellergeschoß  untergebracht. 


])Klasen,  Grundrißvorbilder.  I.  Abschnitt.  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S6S. 
Österreichisch-Ungarische  Monarchie  in  Wort  und  Bild.  Band  „Wien".  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  C.Weiß. 
Alt-  und  Neu-Wien  in  seinen  Bauwerken.    Wien  1S65. 


374 


Wohngebäude. 


Abb.  565.    Palais  des  Hoch-  und  Deutschmeisters.    Großer  Speisesaal. 


Von  der  Ringstraße  aus  führt  eine  prächtige,  dreischiffige  Einfahrt  in  den  glasüberdeckten, 
19m  breiten  und  266m  langen  Zentralhof,  der  das  Wenden  einzelner  Wagen  wohl  gestattet 
und  auch  als  Winterreitschule  verwendet  werden  kann;  bei  größeren  Festlichkeiten  ermöglicht 
eine  weiträumige,  an  der  Hinterfront  gelegene  Remise  die  Durchfahrt  nach  der  Cobdengasse. 
Rechter  Hand  vom  Haupteingang  erstreckt  sich  durch  den  ganzen  Bau  eine  monumental  aus- 
gestattete Stallanlage,  linker  Hand  führt  eine  breite  zweiarmige  Prunktreppe  zu  den  Repräsen- 
tationsräumen und  den  Appartements  des  Erzherzogs,  während  drei  Nebentreppen  dem  in- 
ternen Verkehr  dienen;  ein  Lastenaufzug  berührt  sämtliche  Stockwerke. 

„Was  den  Stil  des  Gebäudes  anbelangt,  so  ist  dasselbe  in  griechischer  Renaissance  aus- 
geführt", schreibt  Hansen  selbst  im  Jahre  1868  über  diese  eigenartige  Arbeit,  die  den  besten 
des  Meisters  beizuzählen  ist.  Die  ganz  in  Karststein  ausgeführte  Fassade  gegen  die  Ringstraße 
charakterisiert  durch  die  schöne  Klimax  seiner  Stockwerksgliederung  den  Bau  als  Wohnung 
eines  kaiserlichen  Prinzen  aufs  trefflichste;  die  ruhige,  einfach  rustizierte  Wandfläche  des  Unter- 
baues (Keller,  Erdgeschoß  und  Mezzanin),  in  welche  die  schlank  einschneidenden  Einfahrtstore 
kräftige  Akzente  bringen,  bildet  ein  vortreffliches  Basament  für  die  Ordnung  des  Hauptgeschos- 
ses: Säulen  ionischer  Ordnung  im  Mittelrisalit,  die  sich  in  den  beiden  Seitenflügeln  zu  Wand- 
pilastern  verflachen.  Das  dreiteilige  Gebälke  dieser  Ordnung,  in  dessen  Fries  sich  die  Fenster 
eines  niedrig  gehaltenen  Dienerschaftsgeschosses  einschneiden,  ist  von  ganz  besonderem  Reiz. 
Über  der  Säulenstellung  des  Mittelrisalits  erhebt  sich  ein  Attikengeschoß,  dessen  Gebälk  von 
Karyatiden  —  Herolde  des  Ordens  —  getragen  wird;  Waffentrophäen  krönen  den  Mittelbau, 
während  die  Statuen  von  je  drei  Ordensmeistern  die  beiden  Seitenflügel  schmücken.  Die 
Rückfassade  gegen  die  Cobdengasse  ist  wesentlich  einfacher  gehalten.  Der  monumentale  Cha- 
rakter der  Hauptfassade  erstreckt  sich  auch  auf  den  inneren  Ausbau  und  tritt  namentlich  in 
dem  zweigeschossigen,  glasüberdeckten  Zentralhof,  der  zweiarmigen  Haupttreppe,  den  Fest- 
räumen und  der  großen  Stallanlage  zutage.  Max  Fersiel. 

Das  Palais  des  Erzherzogs  Rainer,  IV.  Bezirk,  ist  ein  von  schönen  Gartenanlagen  durch- 
zogener Gebäudekomplex  zwischen  der  Wicdener  Hauptstraße,  Schaumburgergasse,  Schönburg- 


Paläste  und  herrschaftliche  WohngcbUude. 


375 


straße  und  Rainergasse  aus  dem  18.  und  19.  Jahrhundert,  über  dessen  Entstehung;  und  allmähliche, 
durch  zwei  Jahrhunderte  sich  hinziehende  bauliche  Umgestaltung-  wenig  bekannt  ist.  Kaiser 
Karl  VI.  ließ  den  Mitteltrakt  des  Palais  für  Gräfin  Althan  erbauen.1)  In  den  Zwanzigerjahren 
des  19.  Jahrhunderts  gehörte  das  Anwesen  der  in  Wien  sehr  bekannten  Familie  Oeymüller,  die 
verschiedene  bauliche  Veränderungen  vornehmen  ließ,  späterhin  diente  es  als  Kaserne  der 
berittenen  Gendarmerie,  im  Jahre  1853  kaufte  es  Erzherzog  Rainer,  welcher  unter  anderem 
den  Bibliothekstrakt  und  das  Stallgebäudc  aufführte  und  dem  Palais  seine  heutige  Gestalt 
geben  ließ. 

Palais  des  Erzherzogs  Friedrich,  I.,  Augustinerbastei.2)  In  den  Jahren  1801  — 1804  von 
Montoyer  auf  der  Augustinerbastei  für  Erzherzog  Karl,  den  Sieger  von  Aspern,  erbaut,  er- 
scheint es  als  ein  langgestrecktes,  stattliches,  aber  etwas  akademisch  nüchternes  Gebäude,  das 
durch  einige  bauliche  Zutaten  späterer  Perioden  nicht  gewonnen  hat.  Erzherzog  Albrecht  ließ 
Mitte  der  Sechzigerjahrc  durch  Heft  an  der  Augustinerbastei  und  der  Albrechtsgasse  ein 
großes,  zinshausartiges  Gebäude,  das  hauptsächlich  Beamtenwohnungen  und  Administrations- 
kanzleien enthält,  aufführen  und  durch  einen,  die  Zufahrt  zur  Rampe  der  Augustinerbastei 
übersetzenden  gedeckten  Gang  mit  dem  Palais  verbinden.  Nach  dem  Ableben  des  Erzherzogs 
Albrecht  fiel  das  Palais   1895   an  Erzherzog  Friedrich. 

Palais  des  Erzherzogs  Leopold  Salvator,  IV.,  Alleegasse  29.  Das  Palais  entstand  im  Jahre 
1867  durch  Umbau  eines  alten,  durch  großen  Parkbesitz  ausgezeichneten  Gebäudes,  das  ehe- 
mals Eigentum  des  Malers  Heinrich  Füger,  dann  des  Dichters  Adolf  Bäuerle  gewesen  war.  Es 
besteht  aus  einem  ungefähr  60  m  langen,  dreistockhohen  Straßentrakte  mit  Aufbauten  über 
den  beiden  eingeschobenen  Risaliten  und  einem  dem  Garten  zugewendeten  Hoftrakte,  der  in 
Verbindung  mit  zwei  die  Nachbargrenzen  deckenden  Seitentrakten  den  zirka  800  m'2  großen 
Hof  umschließt.  Die  in  Putzbau  mit  Verwendung  von  Haustein  ausgeführte  Fassade  zeigt  die 
Formen  klassischer  Renaissance. 

Palais  der  Familie  des  verstorbenen  Erzherzogs  Karl  Ludwig»  IV.,  Favoritenstraße  7.  Das 
Palais  erhielt,  von  kleineren,  in  späterer  Zeit  vorgenommenen  Adaptierungsarbeiten  abgesehen, 
seine  heutige  Gestalt  am  Anfange  der  Siebzigerjahre  des  vergangenen  Jahrhunderts,  als  nach 
den    Plänen    des    verstorbenen    Architekten    Heinrich    Freiherrn    von    Ferstel    der    aus    einem 

')  Nach  einer  anderen  Version,  der  sich  Hg  in  seinem  Buche:  Leben  und  Werke  Joh.  Bernh.  Fischers  von  Erlach  des  Vaters, 
Wien  (C.  Konegen)  1S75,  auf  S.  490  anschließt,  wäre  das  von  Leopold  von  Engelskirchen  1710 — 1711  errichtete  Palais  am  14.  Oktober 
1724  in  das  Eigentum  des  berühmten  Gelehrten  Johann  G.  von  Garelli  übergegangen. 

2)  C.  Weiß,  Alt-  und  Neu-Wien. 


Rotenturmslraße. 


376 


Wohngebäude. 


Straßentrakt  und  aus  zwei 
beiderseits  in  den  Hof  ein- 
gebauten Flügeltrakten  be- 
stehende alte  Bau  ein  zweites 
Stockwerk  erhielt  und  ein 
die  beiden  Hoftrakte  verbin- 
dender Neubau  aufgeführt 
wurde,  der  den  zirka  1 200  m2 
umfassenden  Ehrenhof  von 
dem  sich  auf  eine  Tiefe  von 
mehr  als  100  m  erstrecken- 
den schönen  Park  trennt. 
Die  rund  44  m  lange  Haupt- 
fassade ist  in  den  beiden 
Obergeschossen  mit  einer 
zweifachen  korinthischen  Pi- 
lasterordnung  geziert.  Über 
dem  Hauptgesimsc  erhebt 
sich  eine  Attika,  die  im  Mittel- 
risalite von  vier  Figuren- 
gruppen, in  den  beiderseiti- 
gen Rücklagen  von  Vasen 
gekrönt  ist. 


b)  Herrschaftliche  Wohn- 
gebäude. 


Abb.  567.     Palais  Lobkowitz,  I.,  Lobkowitzplatz. 


Erzbischöfliches  Palais, 

I.,  Rotenturmstraße  2    (Abb. 

566).  Der  Pfarrhof  von  St.  Stephan,  in  welchem  seit  dem  jähre  1471  die  Bischöfe  von  Wien 
residierten,  wurde  im  Laufe  der  Zeiten  vielfachen  Umwandlungen  unterzogen,  deren  weitest- 
gehende unter  den  Bischöfen  Anton  Wolfrath  (1631  — 1639)  und  Friedrich  Graf  Breuner 
(1639 — 1669)  sowie  unter  dem  Erzbischofe  Siegmund  Graf  Kollonitz  (1716 — 1751)  stattfanden. 
Unter  Bischof  Wolfrath  begann  der  Umbau  der  zweifellos  einer  älteren  Bauperiode  entstam- 
menden Andreas-  und  Achatius-Kapelle  und  auch  die  Neuaufführung  des  von  Loggien  um- 
schlossenen Hofes.  Der  Kapellenumbau  wurde  unter  dem  Nachfolger  Wolfraths,  dem  Bischöfe 
Grafen  Breuner,  vollendet,  ebenso  auch  die  Fassade  des  Palastes,  welche  besonders  durch 
die  eigenartigen  Bekrönungen  der  Fenster  des  Hauptgeschosses  bemerkenswert  ist,  die,  an 
florentinische  Vorbilder  mahnend,  in  Wien  nur  noch  am  Bau  des  Ministeriums  des  Innern  in 
ähnlicher  Weise  wiederkehren.  A.  11g  vermutet  als  Architekten  dieser  Bauperiode  den  Floren- 
tiner Meister  Giovanni  Coccapani  (1582 — 1649),  einen  Nachfolger  Bcrnardos  Buontalcnti  delle 
Girandole  (1536 — 1608),  der,  1622  nach  Österreich  berufen,  als  Festungsarchitekt  in  Komorn 
und  bereits  1631  am  bischöflichen  Hofe  in  Wien  tätig  war.  Unter  Erzbischof  Kollonitz  erfuhr 
der  Palast  im  Stile  der  späteren  Barocke  noch  mancherlei  Ergänzungen,  von  welchen  der 
monumentale  Brunnen  im  Hofe  und  die  reichverzierten  Vasen,  die  über  den  Gesimskröpfun- 
gen des  in  strengen  Formen  gehaltenen  Säulenportales  stehen,  besonders  zu  erwähnen  sind. 
Palais  des  Fürsten  Lobkowitz,  I.,  Lobkowitzplatz  2  (Abb.  567,  568).  Die  künstlerische 
Urheberschaft  an  diesem  auf  Veranlassung  des  Grafen  Philipp  Sigismund  von  Dietrichstein 
(1651  — 1716)  in  den  Jahren  16S5 — 1690  erbauten  und  seit  dem  Jahre  1753  im  Besitze  der 
fürstlich  Lobkowitzschen  Familie  stehenden  Palastes  schreibt  11g  dem  in  Wien  zu  dieser  Zeit 
tätigen  Architekten  Carl  Antonio  Cannevale  zu,  eine  Anschauung,  welcher  auch  Gurlitt  ')  bei- 
pflichtet. Die  eigenartige  Fassadengestaltung,  welche  durch  die  mit  gekuppelten  Quadern  ab- 
geteilten Wandlisenen  und  die  in  vertikalem  Sinne  vollzogene  Zusammenziehung  der  Fenster- 
architcktur  gegeben  ist,  stellt  eine  Steigerung  jener  Profanarchitektur  des  17.  Jahrhunderts  dar, 
welche  in  Wien  durch  den  Leopoldinischen  Trakt  der  Hofburg  charakteristisch  vertreten  ist. 
Einer  späteren  Zeit  gehört  das  Hauptportal  an,  mit  seinen  über  Eck  gestellten  und  in  ein  Bündel 


')  Geschichte  des  Barockstiles,  ßd.  II,  S.  135. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


377 


von  Pilastern  eingebetteten  toskanischen 
Säulen,  die  schöngeformte  Vasen  mit 
Schlangenhenkeln  tragen.  Beachtenswert 
ist  besonders  der  diademartig  sich  aus- 
bauende, von  Konsolen  gestützte  Tor- 
bogen mit  feinen  ornamentalen  Füllungen, 
nicht  minder  der  prächtige  Reliefschmuck 
der  Torflügel.  Auch  die  mit  Statuen  ge- 
schmückte hohe  Attika  über  dem  Haupt- 
gesimse gehört  zweifellos  einer  späteren 
Zeit,  dem  Anfange  des  18.  Jahrhunderts, 
an.  Der  Palast  ist  Sitz  der  französischen 
Botschaft,  für  welche  auf  dem  Schwarzen- 
bergplatze  gegenwärtig  ein  eigenes  Palais 
nach  dem  Entwürfe  des  Pariser  Archi- 
tekten Chedanne  errichtet  wird. 

Palais  des  Fürsten  Schwarzenberg, 
III.  Bezirk  (Abb.  569  bis  571).')  Nach- 
dem Kaiser  Leopold  I.  mit  dem  Bau  des 
kaiserlichen  Lustschlosses  zu  Schönbrunn 
begonnen  hatte,  war  es  Heinrich  Franz 
Fürst  Fondi,  Graf  von  Mansfeld  (gest. 
8.  Juni  1715),  welcher  im  Jahre  1697  auf 
den  Gründen  des  heutigen  Heumarktes 
und  Rennweges  bedeutende  Grundankäufc 
machte,  um  auf  dem  durch  die  Türken 
verwüsteten  Boden  nach  dem  Vorbilde 
römischer  Villegiaturen  einen  groß  ge- 
dachten Sommerpalast  zu  erbauen  und 
hierdurch  dem  Adel  ein  hervorragendes  Beispiel  der  Förderung  der  nach  den  Greueln  des 
Krieges  arg  darniederliegenden  heimischen  Kunst  zu  geben.  Der  Bau  war  im  Jahre  1705  im 
Äußeren  vollendet,  scheint  aber  dann  ins  Stocken  geraten  zu  sein,  bis  nach  dem  Tode  Fondis 
im  Jahre  1716  der  Besitz  in  das  Eigentum  des  Fürsten  Adam  Franz  Karl  Schwarzenberg  über- 
ging. Unter  dem  neuen  Besitzer  wurde  die  herrliche  Parkanlage  ausgeführt,  die  Wasserleitun- 
gen vollendet  und  die  Kaskaden  durch  den  Eggenburger  Steinmetz  Andrea  Steinböckh  her- 
gestellt; Lorenzo  Mattielli  fertigte  die  mythologischen  Gruppen  im  Garten,  und  im  Jahre  1724 
begann  Daniel  Gran  mit  der  Ausmalung  des  großen  Kuppelsaales  und  anderer  Räume,  bis 
der  im  Jahre  1732  erfolgte  Tod  des  Fürsten  den  weiteren  Unternehmungen  ein  Ende  be- 
reitete. Über  den  künstlerischen  Schöpfer  des  Palastes  herrschten  bis  in  die  jüngste  Zeit  Meinungs- 
verschiedenheiten, bis  Ilg  auf  Grund  eingehender  Forschungen  nachwies,  daß,  wenn  auch  mehrere 
Baukünstler  in  den  Anfangsstadien  sich  mit  der  bedeutenden  Baufrage  beschäftigt  haben,  doch 
der  ältere  Fischer  von  Erlach  in  die  Planverfassung  und  Bauführung  zu  einem  Zeitpunkte 
eingegriffen  hat,  in  welchem  es  ihm  möglich  war,  dem  Baue  das  unverkennbare  Gepräge  seines 
genialen  Geistes  zu  verleihen.  Nach  seinem  Tode  (1723)  war  auch  sein  Sohn  Josef  Emanuel 
mit  der  Fortführung  des  Baues  beschäftigt. 

Das  Äußere  des  Palastes  ist  besonders  charakterisiert  durch  den  ovalen  Mittelbau,  der 
sich  zwischen  zwei  durch  ionische  Pilaster  wirkungsvoll  gegliederten  Seitenflügeln  erhebt. 
Dieser  Mittelbau  ist  gegen  die  Vorderfassade  zurückgeschoben,  um  einer  mit  Säulenarkaden 
geschmückten  gedeckten  Unterfahrt  Raum  zu  bieten,  zu  welcher  eine  Rampe  aufsteigt.  An 
der  dem  Parke  zugewendeten  Seite  tritt  der  Mittelbau,  mit  den  in  Doppelstellung  verwendeten 
ionischen  Pilastern  verziert,  halbkreisförmig  vor.  Wie  aus  dem  Pfeffelschen  Werke  ersichtlich, 
war  sowohl  für  den  Tambour  des  Mittelbaues  wie  auch  für  die  Attiken  der  Flügelbauten 
statuarischer  Schmuck  projektiert,  wie  denn,  nach  den  Entwürfen  zu  schließen,  überhaupt 
mehrfache  Abweichungen  von  der  ursprünglich  gefaßten  Konzeption  vorgenommen  wurden. 
Die  beiden  schmiedeeisernen  Gittertore,    welche    die  Zufahrten    vom  Rennwege    und  von  der 


Abb.  56S.     Portal  am  Palais  Lobkowitz. 


])  Albert  Ilg,  Das  Palais  Schwarzenberg  am  Heumarkt  in  Wien.  Wien  1SQ5,  J.  Löwy.  Albert  Ilg-,  Leben  und  Werke  Joh.  Bern- 
hard Fischers  von  Erlach  des  Vaters.  (S.  302—326.)  Wien  1895,  C.  Konegen.  G.  Niemann,  Palastbauten  der  Barockzeit.  Wien  1883. 
Adolf  Berger,  Das  fürstlich  Schwarzenbergsche  Oartenpalais  am  Rennweg  in  Wien.  Mitteilungen  des  Wiener  Altertumsvereines.  1886. 
Dr.  R.  Lind,  Der  fürstlich  Schwarzenbergsche  Sommerpalast  in  Wien.  Förstersche  Bauzeitung.  Jahrgang  1882. 


378 


Wohngebäude. 


Abb.  569.    Palais  Schwarzenbersf.     Straßenseite. 


Heugassc  zum  Vorhofe  abschließen,  wurden  erst  in  jüngster  Zeit  durch  Fürst  Adolf  Josef  von 
Schwarzenberg  nach  Entwürfen  des  verstorbenen  Architekten  Heinrich  Adam  hergestellt.  Die 
dem  ovalen  Mittelbau  vorgelegte  offene  (jetzt  durch  eine  Glaswand  unterteilte)  Vorhalle  zeigt  drei 
prächtige  Brüstungsgitter.  Die  schöne  Stukkodecke  der  Vorhalle  stellt  Helios  auf  seinem  Wagen 
dar.  Der  durch  die  ganze  Höhe  des  Hauses  reichende  große  Kuppelsaal  im  Mittelbau  gehört  zu  den 
bedeutendsten  Werken  des  Barockstiles.  Die  Wände  und  die  die  Pendentifs  aufnehmenden 
Gurtungen  sind  in  reichvergoldeter  Marmorarchitektur  ausgeführt,  die  Fresken  der  Kuppel- 
decke, darstellend  den  Kampf  des  Lichtes  gegen  die  Gewalten  der  Finsternis,  und  der  Lünetten 
(Urteil  des  Paris  und  die  Dioskurcn)  rühren  von  Daniel  Gran  her.  Der  linke  Flügel  des 
Palastes  nimmt  den  Speisesaal,  das  Arbeits-  und  Schlafzimmer  und  ein  kleines  quadratisches 
Kabinett  sowie  die  sogenannte  Galerie  auf,  während  im  rechten  Flügel  sich  die  Hauskapelle 
und  die  Salons  der  Fürstin  befinden.  Die  Galerie,  ein  oblonger  Saal,  welcher  die  Ostscitc 
des  Palastes  einnimmt,  ist  ausgezeichnet  durch  die  prächtige,  von  den  Brüdern  Hagenmüller 
in  Stuckmarmor  ausgeführte  Dekoration  der  Wände  und  das  von  prunkvoller  Architektur- 
malerei umrahmte  Freskodeckenbild  Daniel  Grans,  das  den  Sonnengott  —  umgeben  von 
allegorischen  Gestalten  —  auf  der  Höhe  seines  Laufes  darstellt.  Die  anderen  Räume  sind  zu- 
meist mit  herrlichen  barocken  Stukkodeckcn  und  vielfach  schon  dem  Empirestile  angehörendem 
Wandschmucke  ausgestattet.  Die  Wirkung  der  Innenräume  wird  ergänzt  durch  das  verschie- 
denen Stilperioden  angehörige  kostbare  Mobiliar,  das  zum  großen  Teil  aus  dem  ehemaligen 
Schwarzenbergschen  Palaste  auf 
dem  Neuen  Markte  stammt,  so- 
wie durch  zahlreiche  Gemälde, 
von  denen  besonders  zu  erwäh- 
nen sind:  die  Rubens  zuge- 
schriebenen Bilder  „Romulus 
und  Remus"  und  „Ganymed" 
sowie  das  als  Werk  Albanis  ge- 
nannte Ölgemälde  „Venus  und 
Amor". 

Majoratshaus  des  Fürsten 
Liechtenstein,  I.,  Bankgasse  9 
(Abb.  572  bis  575).')  Fürst  Hans 
Adam  Andreas  von  Liechten- 
stein erwarb  1694  ein  an  der 
Stelle  des  Majoratshauses  be- 
findliches Gebäude,  das  dem 
Grafen  Dominik  Kaunitz  ge- 
hörte. Auf  dem  von  drei  Straßen- 
fronten begrenzten  Bauplatze 
ließ  er  in    den  Jahren  1699  bis 


')  Kleiner   und    Pfcffcl, 
Tafel  Will. 


II.    Teil, 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


379 


1711  (?)  den  Palast  errichten,  als  dessen  Architekt  wohl  mit  größter  Wahrscheinlichkeit  Abbatc 
Domenico  Martinclli  aus  Lucca  ( 1 650 — 1718)  bezeichnet  werden  darf.  Infolge  eines  heftigen  Streites 
über  die  Anlage  der  großen  Hauptstiege,  der  zwischen  dem  Bauherrn  und  seinem  Architekten 
ausgebrochen  war,  zog  sich  Martinclli  noch  vor  Vollendung  des  Baues  zurück,  worauf  die  weitere 
Planverfassung  anderen  Künstlern  übertragen  wurde,  als  welche  Ilg  den  aus  Rovercdo  gebürtigen 
Gabriele  di  Gabriclli  (1Ö71  — 1741)  und  Alexander  Christiani  aus  Innsbruck  nennt.  Tatsächlich 
ist  sowohl  in  der  Anlage  und  der  Ausstattung  der  Prachtstiege  als  auch  in  der  Formen- 
gebung  der  beiden  Portale  in  der  Bankgasse  und  auf  dem  Minoritenplatze  im  Vergleiche  zur 
Hauptfassadcnbildung  eine  verschiedenartige  künstlerische  Auffassung  und  eine  Änderung  in 
der  Bauführung  deutlich  erkennbar.  Ganz  besonders  zeigt  das  Seitenportal  im  Gegensatze  zu 
der  feierlich-ernsten  Architektur  der  Hauptfassade  in  seiner  an  das  Portal  des  Kinskyschen 
Palastes  erinnernden  Konzeption  so  sehr  die  graziöse  Pracht  Hildebrandscher  Architektur,  daß 
manche  Forscher  sogar  versucht  waren,  seine  Erfindung  direkt  Hildebrand  zuzuschreiben.  Die 
drei  Straßentrakte  umschließen  mit  einem  rückwärtigen  Verbindungstrakte  einen  quadratischen 
Hof  von  23  m  Seitenlänge.  Die  fünf  Achsen  des  Mittelrisalites  in  der  Bankgasse  bestimmen 
ein  säulen-  und  pfeilergetragenes  Vestibül,  das  links  zu  einer  Nebentreppe,  rechts  zu  der 
Hauptstiege  führt,  welch  letztere,  mit  Statuen,  durchbrochenen  Geländern  und  herrlichen 
Stukkoarbeiten  geschmückt,  zu  den  bedeutendsten  Innenräumen  Wiens  gezählt  werden  muß. 
Der  Hauptsaal  des  mit  großer  Pracht  ausgestatteten  Palastes  liegt  im  zweiten  Stocke  über 
dem  gegen  die  Bankgasse  gerichteten  Vestibüle.  Sehr  bemerkenswert  sind  die  sinnreichen 
Vorrichtungen,  mittels  welcher  die  Fenster  einer  Gassenfront  mit  einem  einzigen  Federdruck 
geöffnet  und  geschlossen  werden  und  welche  Verschiebungen  von  Wänden,  ja  sogar  das 
Hinabsenken  des  Saalfußbodens  aus  dem  zweiten  Stocke  in  den  ersten  Stock  gestatten.  Die 
Fassaden  gliedern  sich  in  ein  Tiefparterre-  und  Hochparterregeschoß,  zwei  Stockwerke  und 
ein  niedriges  Obergeschoß.  Über  einem  das  Erdgeschoß  abschließenden  kräftigen  Gurtgesimse 
steigen  im  Mittelrisalit  sechs  korinthische  Pilaster  auf,  die  ein  konsolengeschmücktes  Haupt- 
gesimse und  über  diesem  eine  von  Statuen  gekrönte  Attika  tragen.  Das  Mittelfenster  des  ersten 
Stockwerkes  ist  mit  dem  fürstlichen  Wappen    geziert,    über  welchem    zwei  liegende  weibliche 


Abb.  571.    Schnitt  durch  das  Palais  Schwarzenberg.    (Nach  der  Aufnahme  von  Prof.  G.  Niemann.) 


380 


Wohngebäude. 


Figuren  den  Fürstenhut  halten.  Das  ein  breiteres  Mittel-  und  zwei  schmälere  Seitentore  um- 
rahmende Hauptportal  besteht  aus  zwei  Säulenpaaren  und  Pilastern  mit  weitausladenden  ioni- 
schen Kapitalen,  die  einen  Balkon  stützen,  dessen  Postamente  zwei  größere  und  zwei  kleinere 
Figurengruppen  tragen.  Bei  dem  originell  komponierten  Seitenportale  wird  die  halbkreisförmig 
geschlossene  Toröffnung  von  je  einer  Atlantcngestalt,  die  auf  runden  Sockeln  stehen,  flankiert. 
Die  Mitte  des  geschweiften  Gebälkes  und  des  Balusterbalkons  wird  durch  ein  mächtiges 
Wappen  betont,  über  dem  reizende,  sich  unter  einem  Mantel  halbversteckende  Putti  die 
Fürstenkrone  tragen.  Als  Meister  der  gesamten  figuralen  Zier  gilt  der  Vcnetianer  Giovanni 
Giuliani,  der  Lehrer  Raphael  Donners. 

Altes  Sommerpalais  des  Fürsten  Liechtenstein,  IX.,  Fürstengasse  2  (Abb.  576).  Nach  der 
zweiten  Türkenbelagerung  erwarb  der  kunstsinnige  Fürst  Hans  Adam  Andreas  von  Liechtenstein 
ausgedehnte  Liegenschaften  im  Bezirke  Aisergrund  und  ließ  auf  dem  zwischen  der  heutigen 
Liechtensteinstraße  und  der  Porzellangasse  gelegenen,  bis  zur  Alserbachstraße  reichenden 
Areale  durch  den  Architekten  Domenico  Martinelli  (1650 — 1718)  den  vornehmen  Palast 
erbauen,  der  gegenwärtig  die  auch  von  Fürst  Adam  Liechtenstein  angelegte  fürstliche  Gemälde- 
galerie enthält.  Dem  gegen  die  Fürstengassc  zu  um  beiläufig  60  m  zurückgeschobenen  Haupt- 
gebäude ist  ein  Ehrenhof  vorgelagert,  der  von  erdgeschossigen  Nebengebäuden  im  Halbkreise 
begrenzt  ist,  während  zwischen  dem  Palaste  und  der  Alserbachstraße  sich  ein  im  Stile  Le 
Notre  entworfener  Park  erstreckte,  der,  mit  Fontänen,  plastischen  Gruppen  und  Schmuck- 
anlagcn  versehen,  ein  in  der  Hauptachse  des  Palastes  gelegenes  Lustgebäude  aufnahm,  das 
später  Gloriette  oder  Belvedere  genannt  wurde.  Dieses  von  Joh.  Bernh.  Fischer  von  Erlach 
entworfene  reizvolle  Gebäude  mußte  infolge  der  Errichtung  eines  neuen  fürstlichen  Schlosses 
längs  der  Alserbachstraße  (nach  Ferstels  Plänen)  leider  demoliert  werden.  Der  Park  wurde 
später,  unter  dem  Enkel  des  Gründers,  dem  Feldmarschall  Fürsten  Johann  Liechtenstein,  im 
englischen  Stile  umgewandelt  und  mit  der  Widmung,  die  an  dem  in  der  Fürstengasse  errich- 
teten Portalbaue  angebracht  ist:  „Der  Natur 
und  ihren  Verehrern  —  der  Kunst  und  den 
Künstlern"  der  öffentlichen  Benützung  über- 
geben. Der  Palast  unterscheidet  sich  von  den 
in  anderen  Vorstädten  gleichzeitig  errichteten 
Adelspalästen  besonders  durch  die  bedeuten- 
den Abmessungen  und  die  bei  sparsamer  Ver- 
wendung bildnerischen  Schmuckes  ernste  Mo- 
numentalität seiner  Verhältnisse.  Der  Grundriß 
zeigt  die  Form  eines  75  m  langen  und  40  m  brei- 
ten Rechteckes.  Der  Mittelteil  des  Erdgeschosses 
nimmt  eine  sich  sowohl  nach  dem  Vorhofe  als 
auch  nach  dem  Garten  öffnende,  gewaltige  Halle 
auf,  die  Rottmayr  im  Jahre  1708  mit  herrlichen 
Fresken  und  Bussi  mit  prächtigen  Stukkoarbei- 
ten  zierte.  Zu  beiden  Seiten  der  Halle  ist  je  ein 
mit  großer  Pracht  ausgestattetes  Treppenhaus 
angeordnet  mit  Plafondmalercien  von  Rottmayr. 
Im  Hauptgeschosse  bildet  den  Glanzpunkt  der 
Anlage  der  25  m  lange,  21'5m  tiefe  und  16  m 
hohe  Saal  mit  einer  der  kunstvollsten  Decken- 
perspektiven in  Fresko  von  Andrea  Pozzo. 
Auch  die  übrigen  Gemächer  weisen  bedeu- 
tende Plafondgcmälde  von  Beluzzi,  Frances- 
chini u.  a.  auf.  Dem  Haupteingange  zum  Parke  gegenüber  liegt  in  der  Fürstengasse  ein  Komplex 
von  Nebengebäuden,  der  den  Namen  „Pomeranzenhaus"  führt  und  gegenwärtig  eine  Reihe  von 
Künstlerateliers  enthält.  Auch  in  einem  der  Nebengebäude  des  Vorhofes  wurde  in  jüngster  Zeit 
nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  Th.  Bach  ein  geräumiges  Bildhaueratelier  für  die  Kunst- 
bildhauerin  Feodorowna  Ries  eingebaut  (Abb.  578).  Es  besteht  aus  einer  Ausstellungshalle,  zu  der 
von  der  215  m  höher  gelegenen  Liechtensteinstraße  eine  hölzerne,  geschweifte  Stiege  hinabführt, 
aus  zwei  gegen  Norden  orientierten  Atelierräumen  von  je  45  und  98  m-  Grundfläche,  zwei 
Empfangszimmern  und  den  erforderlichen  Nebenräumen.  Die  Zufuhr  von  Steinblöcken  erfolgt 
durch  den  Park,  mit  dem  das  große  Atelier  durch  eine  32  m   breite  Tür  in  Verbindung  steht. 


Abb.  572.     Palais  Liechtenstein,  I..  Bankgasse.     Ebenerd.     1  :  S00. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


381 


Abb.  573.     Slicgenhaus  im  Palais  Liechtenstein,  I.,  Bankgasse  9.     (Nach  der  Aufnahme  von  Prof.  G.  Niemann.) 


Gartenpalais  des  Fürsten  Liechtenstein,  IX.,  Alserbachstraße  (Abb.  577).  An  der  Stelle,  an 
welcher  sich  im  Liechtensteinschen  Parke  ehemals  ein  reizendes  Lustgebäude  befand,  wurde  im 
Jahre  1876  nach  den  Plänen  des  Architekten  H.  von  Ferstel  der  Palast  erbaut.  An  der  Garten- 
seite befinden  sich  in  der  Mitte  der  beiden  Rücklagen  der  102  m  langen  Hauptfassade  zwei 
Eingänge,  von  welchen  einer  zu  der  einarmigen,  säulengetragenen  Hauptstiege,  der  andere  zur 
dreiarmigen  Prinzenstiege  führt.  Das  Erdgeschoß  nimmt  außer  einigen  Gastzimmern  Diener- 
und Wirtschaftsräume  auf,  während  das  Hauptgeschoß  die  Festsäle  und  Wohnräume  enthält. 
Gegen  die  Alserbachstraße  zu  ist  das  Hauptgeschoß  teilweise  unterteilt  behufs  Aufnahme  von 
Nebenräumen.  Die  Gartenseite  ist  ausgezeichnet  durch  eine  triumphbogenartig  gestaltete  Loggia 


382 


Wohngebäude. 


im  Mittelrisalit,    die    Straßenseite    durch    die    fünf    mächtigen  Rundbogenfenster   des  im  Mittel- 
risalite angelegten  Wintergartens. 

Palais  des  Fürsten  Liechtenstein,   I.,   Herrengasse  6  und  8.     Schon    im    15.    Jahrhundert 
werden  als  Eigentümer  des  aus  vier  Häusern   bestehenden  Besitzes  Christoph  und  später  Georg 

und  Franz  von  Liechtenstein  genannt. 
Im  Jahre  1497  wird  er  als  „das  Haus, 
so  auf  der  Hochstraße  nächst  der  Bad- 
stuben (daher  Neubadgasse)  gelegen, 
gegen  der  Wallnerstraße  als  ein  Frei- 
eigen mit  sambt  dem  Caplanhaus,  Ca- 
pelle  und  Garten"  bezeichnet.  Die  ge- 
genwärtige Gestalt  erhielt  der  Palast  im 
Jahre  1792  unter  dem  damaligen  Be- 
sitzer Fürsten  Alois  von  Liechtenstein. 
Der  Architekt  ist  nicht  bekannt. l) 

Majoratshaus  des  Fürsten  Eszter- 
häzy,  I.,  Wallnerstraße  4.  Der  Majorats- 
palast besteht  aus  mehreren  Häusern, 
welche  drei  mit  gemeinsamer  Durch- 
fahrt versehene  Höfe  umfassen.  Diesen 
Umfang  erhielt  der  Palast  durch  Zu- 
sammenlegung mehrerer  Gebäude  in 
den  Jahren  1668  und  1754.  Im  Jahre 
1690  wurde  der  gegen  die  Wallner- 
straße gelegene  Teil  nach  den  Plänen 
des  Architekten  Francesco  Martinelli 
umgestaltet.  Dieser  Palast  weist  ein 
Erdgeschoß,  ein  Hauptstockwerk  und 
einen  Oberstock  auf.  Die  Fenster  sind 
in  den  oberen  Geschossen  durch  ioni- 
sche Pilaster  getrennt,  welche  auf  glat- 
ten, mit  Füllungen  versehenen  Lisenen 
ruhen,  die  das  rustizierte  Erdgeschoß 
durchschneiden.  Die  Fenster  des  letz- 
teren wurden,  wie  deutlich  ersichtlich, 
nachträglich  erhöht.  Das  Mittclfenster 
des  ersten  Stockes  ist  mit  dem  fürst- 
lichen Wappen  geziert.  Die  drei  mittleren  Achsen  des  Parterres  nehmen  den  Portalbau  auf,  über 
welchem,  von  Konsolen  getragen,  ein  mit  schöngeschmiedetem  Gitter  versehener  Balkon  ruht. 
Gurlitt '-)  erblickt  in  der  Lösung  der  Fassade  eine  Steigerung  jener  Fassadenbehandlung, 
welche  durch  die  Paläste  Lobkowitz,  Starhemberg  (Unterrichtsministerium)  und  durch  den  Leo- 
poldinischen  Trakt  der  Hofburg  gekennzeichnet  ist.  Die  Grundrißanlage  bietet  nichts  Bemer- 
kenswertes. 

Ehemaliges  Sommerpalais  des  Fürsten  Eszterhäzy,  VI.,  Amerlingstraße.  Fürst  Wenzel 
Kaunitz  kaufte  im  Jahre  1759  die  an  der  Stelle  der  heutigen  Amerlingstraße  gelegenen  Gründe, 
um  daselbst  einen  Sommerpalast  mit  schönem  Parke  anlegen  zu  lassen.  Nach  seinem  im 
Jahre  1794  erfolgten  Tode  ging  der  Besitz  auf  seine  Erben,  im  Jahre  1812  an  den  Großhändler 
Löwenthal  und  im  Jahre  1815  an  die  fürstliche  Familie  Eszterhäzy  über,  die  in  dem  Palaste 
ihre  in  verschiedenen  Schlössern  verteilt  gewesenen  Gemälde  zu  einer  bedeutenden  Bilder- 
galerie vereinigte.  —  Im  Inneren  des  Gebäudes  ist  besonders  zu  erwähnen  das  im  Haupt- 
saale befindliche  Deckengemälde  von  Antonio  Marini,  das  die  Götter  im  Olymp  zum 
Vorwurfe  hat.  —  Im  Jahre  1874  erwarb  die  Gemeinde  Wien  die  Realität,  im  Sommerpalaste 
wurde  das  Mariahilfer  Gymnasium  untergebracht  und  der  Park  der  öffentlichen  Benützung 
übergeben. 

Palais  des  Fürsten  Auersperg  (ehemals  Marquis  Roffrano),  VIII.,  Auerspergstraße  (Abb.  579). 
Dieses    Palais    soll    Girolamo    Fürst    Copece,    Marchcsc    di    Roffrano,    Generalpostmeister    in 


Abb.  574.    Portal  des  Palais  Liechtenstein,  I.,  Bankgasse. 


')  Wilhelm  Kisch,  Die  alten  Straßen  und  Plätze  Wiens.  Wien  18S3  (M.  Oottlicb).  Kleiner  und  Pfeffel,  III.  Teil,  Tafel  XXII- 
'-)  üurlitt,  Geschichte  des  Barockstiles  und  des  Rokoko.  Bd.  II,  S.  136. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


383 


Italien,  im  Jahre  1721  oder  1722  durch  den  Baumeister  Giovanni  Christiano  Neupauer '),  und 
zwar  nach  dem  Plane  des  Johann  Bernhard  Fischer  von  Erlach  haben  errichten  lassen.  Fürst 
|ohann  Adam  Auerspcrg  kaufte  den  Besitz  im  Jahre  1778  um  den  Betrag  von  70.000  Gulden. 
Angesichts  der  äußerst  mangelhaften  Literatur,  welche  uns  über  die  Baugeschichtc  Wiens  aus 
dem  17.  und  IS.  Jahrhundert  zu  Gebote  steht,  ist  es 
auch  bei  diesem  Paläste  nicht  möglich,  den  Archi- 
tekten mit  Bestimmtheit  anzugeben.  Während  Gurlitt-) 
als  den  Schöpfer  der  Fassade  den  jüngeren  Fischer 
bezeichnet,  neigt  Albert  11g 3)  der  Anschauung  zu, 
daß  der  Entwurf  von  Fischer  von  Erlach  dem  Vater 
herrühre  und  von  dessen  Schüler  Neupauer  ausge- 
führt worden  sei.  Gegen  Schluß  des  abgelaufenen 
Jahrhunderts  erhielt  das  Gebäude  einen  mit  frei- 
stehenden Säulen  versehenen  Vorbau  vor  dem  poly- 
gonal ausgebauten  Mittelteile  der  Fassade  und  einen 
turmartigen  Erkerausbau  an  der  linken  Fassadeseite 
nach  den  Plänen  des  Architekten  Gangolph  Kayser. 
Das  Innere  des  Palastes  hat  in  der  späteren  Zeit  des 
18.  Jahrhunderts  und  in  der  Zeit  des  Empirestiles 
vielfache  Änderungen  erfahren.  Im  Hauptsaale  befindet 
sich  ein  Deckengemälde  von  Nicolo  Rossi,  dem  für 
den  architektonischen  Teil  Johann  David  zur  Seite 
stand.  Als  Verfertiger  der  Stukkaturarbeiten  wird 
Hcnrici  genannt.  Diese  Arbeiten  gehören  bereits  der 
Zeit  an,  in  welcher  Johann  Adam  und  später  dessen 
Neffe  Karl  Fürst  zu  Auersperg  Besitzer  waren. 

Palais  des  Fürsten  Batthyanyi-Strattmann,  I., 
Bankgasse  2  und  Herrengasse  19."1)  Aus  der  wenig 
aufgeklärten  Entstehungsgeschichte  des  Gebäudes  ist 
bekannt,  daß  im  Jahre  1720  drei  alte  Häuser,  welche 
an  der  Stelle  des  gegenwärtig  bestehenden  Palastes 
bestanden,  von  Gräfin  Eleonora  Batthyanyi-Strattmann, 
Witwe  nach  dem  1703  verstorbenen  Feldmarschall 
Adam  (II.)  Grafen  von  Batthyanyi  und  Tochter  des 
Hofkanzlers  Grafen  Theodor  von  Strattmann,  der  im 
Jahre  1693  den  Sohn  Fischers  von  Erlach  Josef 
Emanuel  aus  der  Taufe  gehoben  hatte,  angekauft 
wurden.    Diese    Beziehungen    der    gräflichen   Familie 

zu  Fischer  und  ihr  freundschaftliches  Verhältnis  zu  dem  Prinzen  Eugen  von  Savoyen,  den 
mächtigen  Förderer  Fischers,  lassen  es  wohl  als  unzweifelhaft  erscheinen,  daß  Gräfin  Eleonora 
den  Architekten  Johann  Bernhard  Fischer  von  Erlach  mit  der  Ausführung  ihres  Palastbaues 
beauftragte,  eine  Annahme,  die  auch  durch  einen  Stich  Georg  Nicolais  betätigt  wird. 

Der  Bau  besteht  aus  Erdgeschoß,  Halbstock,  einem  Hauptgeschosse  mit  Oberstock.  Aus 
dem  durch  Fugenschnitt  gezierten  Erdgeschoß  tritt  das  prächtige  Portal  vor,  dessen  Architektur 
das  mittlere  Fenster  des  Hauptstockwerkes  einbezieht  und  in  der  mit  dem  Allianzwappen  ge- 
schmückten Giebelverdachung  dieses  Fensters  in  wirkungsvoller  Weise  endigt.  Die  seitlichen, 
in  ihrer  nach  unten  sich  vollziehenden  Verjüngung  an  Hildebrand  erinnernden  Torpilaster 
tragen  mit  Trophäen  geschmückte  Schilder;  die  Zwickelfüllungen  über  dem  Torbogen  nehmen 
schöne  allegorische  Figuren,  der  Torbogen  selbst  ein  prächtiges  geschmiedetes  Gitter  auf.  Im 
Inneren  des  Gebäudes  sind  die  feinen  Stukkoornamente  an  der  Decke  und  den  Wänden  des 
Vestibüles  besonders  bemerkenswert.  Nach  dem  Ableben  des  älteren  Fischer  von  Erlach  er- 
warb die  Familie  Batthyanyi-Strattmann  auch  die  zu  beiden  Seiten  des  vorbeschriebenen 
Palastes  gelegenen  alten  Häuser,  von  welchen  das  an  der  Ecke  der  Herrengasse  und  der 
Bankgasse  gelegene,  heute  das  Hotel  Klomser   enthaltende  Gebäude,    das  im  Jahre   1730  zum 


jf 


Abb.  575. 


Portal  des  Palais  Liechtenstein 
am  Minoritenplatz. 


1)  Siehe  Palais  des  Grafen  Breuner. 

2)  Kornelius  Gurlitt,  Geschichte  des  Barockstiles  und  des  Rokoko  in  Deutschland.  S.  242. 

3)  Alb.  Ilg,  Leben  und  Werke  Joh.  Bernh.  Fischers  von  Erlach  des  Vaters.  S.  731. 

*)  Ilg,  Leben  und  Werke  Joh.  Bernh.  Fischers  von  Erlach.  Wien  1895,  C.  Konegen.  Ilg,  Portale  von  Wiener  Profanbauten  des 
17.  und  18.  Jahrhunderts.  Wien  1894,  Anton  Schroll  &  Co. 


384 


Wohngebäude. 


Abb.  576.    Altes  Gartenpalais  des  Fürsten  Liechtenstein  im  IX.  Bezirke. 

Umbau  gelangte,  besonders  zu  erwähnen  ist.  Es  zeigt  in  der  Front  der  Herrengasse  einen 
Portalbau,  dessen  Architektur  das  über  dem  Tore  befindliche  und  mit  dem  Batthyanyischen 
Wappen  gezierte  Fenster  einschließt.  Auffällig  wirkt  die  Durchschneidung  des  nach  einer  Kurve 
eingezogenen  Hauptgesimses  des  Portales  durch  das  erwähnte  Fenster  und  die  etwas  gezwun- 
gene Einschiebung  eines  flach  ausladenden,  mit  schmiedeeisernem  Brüstungsgitter  und  reich- 
verzierten Vasen  versehenen  Balkons  in  den  Torbogen.  Der  Architekt  dieser  merkwürdigen, 
aber  dennoch  sehr  wirkungsvollen  Lösung  ist  nicht  bekannt.  Ilg  vermutet  als  Urheber  einen 
italienischen  Baukünstler. 

Palais  des  Grafen  Schönborn  (ehemals  Batthyanyi),  I.,  Renngasse  4  (Abb.  580).  An 
der  Einmündung  der  Renngasse  in  die  Freiung  ließen  an  Stelle  eines  Teiles  des  „Schlegel- 
hofes" ungefähr  im  Jahre  1700  Graf  Adam  von  Strattmann  und  dessen  Gemahlin  Eleonora 
einen  Palast  erbauen,  der  im  Jahre  1770  in  den  Besitz  der  gräflichen  Familie  Schönborn 
überging.  Die  letztere  Tatsache  mag  zu  der  Annahme  geführt  haben,  daß  der  Erbauer 
des  Palastes  Johann    Balthasar  Neumann    gewesen    sei,    der    für    die  Familie  Schönborn  reich 


Abb.  57/.    Neues  Gartenpalais  des  Fürsten  Liechtenstein  im  IX.  Bezirke. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngcbäudc. 


385 


Abb.  578. 

Atelier   Feodorowna 
Ries     im      Sommer- 
palais    des    Fürsten 
Liechtenstein. 

1  :600. 

V  Vorraum. 

E  Empfangsraum. 

S  Salon. 
SA  Steinatelier. 
MA  Modellatelier. 


beschäftigt  war.  Da  aber  die  Schünborn  erst  beiläufig-  70  Jahre  nach  der  Erbauung  in  den 
Besitz  des  Hauses  Renngasse  gelangten  und  da  die  gräflich  Batthyanyi-Strattmannsche  Familie 
—  wie  schon  erwähnt  —  zu  Fischer  dem  Vater  in  nahen  freundschaftlichen  Beziehungen 
stand,  so  darf  kaum  gezweifelt  werden,  daß  als  Schöpfer  des  Palastes  Fischer  von  Erlach 
anzusehen  ist.  Das  Palais  besteht  aus  einem 
niedrigen  Erdgeschoß,  einem  Hochparterre, 
einem  Haupt-  und  einem  Obergeschosse. 
Über  dem  Hochparterre  liegt  ein  Kordon- 
gesimse; die  Fenster  des  Obergeschosses 
sind  sehr  hoch  über  jenen  des  Hauptge- 
schosses angeordnet.  Die  Fenster  des  Mittel- 
risalits sind  begleitet  von  hermenartigen 
Pilastern  mit  auffallend  reichen  Kapitalen. 
Das  Mittelfenster  des  Hauptgeschosses  zeigt 
eine  reiche,  mit  Wappen  und  Figuren  ge- 
schmückte  Verdachung,    während    zwischen 

den  übrigen  Fenstern  des  Hauptgeschosses  und  jenen  des  Obergeschosses  tafelartige  Kartu- 
schen mit  Reliefs  mythologischen  Inhaltes  angebracht  sind.  Das  rundbogige  Portal  ist  flankiert 
von  kannelierten  toskanischen  Säulen,  welche  ein  verkröpftes  Triglyphengebälke  und  über 
diesem  das  balustergeschmückte  Balkongeländer  in  flachsegmentförmiger  Ausladung  tragen.  Zu 
beiden  Seiten  des  Haupttores  befinden  sich  zwei  rechteckige  Nebentore,  über  welchen  sich  in 
je  einer  ovalen  Nische  eine  reichornierte  Vase  aufbaut.  Das  Vestibül  ist  durch  zwei  Reihen 
von  Säulenstellungen  und  ziemlich  kräftig  gehaltene  Ornamentik  ausgezeichnet.  Das  Stiegenhaus 
nimmt  eine  doppelarmige  Treppe  mit  schönem  Statuenschmuck  auf  und  zeigt  ebenso  wie 
die  Salons  im  Hauptgeschosse   vornehme  Komposition  und  Detailbehandlung. 

Palais  des  Fürsten  Kinsky,  I.,  Freiung  4  (Abb.  581,  582).')  Graf  Philipp  Laurenz  von 
und  zu  Daun  (1668 — 1741),  der  berühmte  Verteidiger  Turins  im  Jahre  1706,  erwarb  das 
zwischen  Freiung  und  Herrengasse  gelegene  Haus  des  Grafen  Waldstein,  um  in  den  Jahren 
1709 — 1713  jenen  Palast  erbauen  zu  lassen,  der,  nachdem  er  sich  vorübergehend  im  Besitze 
der    Grafen    Khevenhüller-Metsch,    Harrach    und    Lamberg    befunden    hatte,    seit    1790    Eigen- 


I-)  Dr.  Albert  Ilg,  Das  Palais  Kinsky  auf  der  Freiung  in  Wien.  Wien  1894,  J.  Löwy.  Niemann,  Die  Palastbauten  des  Barock- 
stiles in  Wien.  Wien  1883.  Dr.  Albert  Ilg,  Plafond-  und  Wanddekorationen.  Wien,  Ed.  Hölzl.  Kornelius  Gurlitt,  Geschichte  des 
Barockstiles.  Bd.  II.    Dr.  Albert  Ilg,  Portale  von  Wiener  Profanbauten.  Wien  1894,  Anton  Schroll  &  Co. 


Abb.  579.    Palais  Auersperg,  VIII.,  Auerspergstraße. 


Bd.  II. 


25 


386 


Wohngebäude. 


Abb.  580.    Palais  Schönborn,  I.,  Renngasse. 


tum  der  fürstlichen  Familie  Kinsky 
ist.  Wie  bei  arideren  hervorragen- 
den Schöpfungen  aus  dem  Zeitalter 
der  Barocke,  das  im  Drange  unge- 
stümen Schaffens  es  nur  zu  oft  unter- 
ließ, seine  glänzenden  Taten  durch 
schriftliche  Aufzeichnungen  zu  be- 
gleiten, herrschte  auch  über  die 
Autorschaft  des  Palastes  Daun- 
Kinsky  mancherlei  Zweifel.  Hg  nimmt 
mit  Bestimmtheit  an,  daß,  wie  be- 
sonders die  Stilverwandtschaft  mit 
dem  Belvedere  und  dem  Lustschlosse 
Mirabell  in  Salzburg  bezeugen,  die 
Urheberschaft  Johann  Lukas  von 
Hildebrand  (geb.  1668)  zugeschrie- 
ben werden  müsse,  während  Gurlitt 
mangels  vollkommen  einwandfreier 
urkundlicher  Belege  sich  darauf  be- 
schränkt, den  Bau  nur  als  in  den 
Schaffenskreis  des  Hildebrand  ge- 
hörig zu  bezeichnen.  Die  Front 
gegen  die  Freiung  besteht  aus  einem 
rustizierten  Erdgeschoß,  aus  welchem 
ein  mit  über  Eck  gestellten  Säulen 
und  zwei  prächtigen  Atlanten  ge- 
ziertes Portal  wirkungsvoll  hervor- 
tritt, einem  mit  geraden  Verdachun- 
gen versehenen  Mittelgeschoß  und 
einem  mit  reichgegliederten  Fenster- 


giebeln geschmückten  Hauptgeschoß.  Die  beiden 
oberen  Stockwerke  sind  durch  korinthische 
Pilaster  zusammengefaßt,  von  welchen  die  vier 
mittleren,  eine  eigentümliche  hermenartige  Aus- 
bildung aufweisend,  einen  Mittelrisalit  betonen, 
der  sowohl  im  Erdgeschosse  als  auch  in  dem 
kräftigen,  konsolengeschmückten  Hauptgesimse 
zum  Ausdrucke  kommt  und  in  einer  statuen- 
tragenden Attika  ausklingt.  Die  letztere,  über 
dem  Risalite  in  durchbrochene  Arbeit  aufgelöst, 
setzt  sich  über  die  beiderseitigen  Rücklagen  fort 
und  ist  an  den  Endigungen  der  Fassade  mit  je 
einer  Statue,  über  dem  mittleren  Pilaster  jeder 
Rücklage  mit  einer  Trophäengruppe  geziert.  Das 
Mittelfenster  des  Zwischengeschosses  ist  durch 
das  von  Putti  begleitete  Kinskysche  Wappen  (drei 
Eberzähne)  gekrönt  und  verbindet  sich  durch 
Voluten  mit  dem  Hauptportale  zu  einer  Gesamt- 
komposition von  bedeutender  Wirkung.  Durch 
das  Hauptportal  und  durch  ein  verhältnismäßig 
schmales,  mit  zwei  Figurengruppen  geziertes 
Foyer  gelangt  man  in  eine  ovale  Einfahrtshalle, 
welche  rechts  zu  einer  Neben-,  links  zur  Pracht- 
treppe führt.  Bei  einer  Höhe  von  beiläufig  10  m 
reicht  diese  Halle  mit  ihrer  gewölbten  Decke  in 
das  Mittelgeschoß.  Im  unteren  Teile  ist  sie  durch 
eine    toskanische    Ordnung    belebt,    über  deren 


Stiegenhaus  im  Palais  Kinsky. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


387 


Abb.  582.    Palais  des  Fürsten  Kinsky,  I.,  Freiung. 


Pilastcrn  sich  die  von 
Stichkappen  unterbro- 
chene und  mit  reicher 
Stuckarbeit  versehene 
Gewölbdecke  erhebt, 
deren  Dekor  an  das 
Treppenhaus  des  Bel- 
vederes  gemahnt.  Die 
einarmige  Hauptstiege 
gehört  trotz  der  Be- 
schränkung des  Rau- 
mes, welchen  sie  ein- 
nimmt, zu  den  bedeu- 
tendsten Anlagen  die- 
ser Art.  Durch  die 
gewaltige  Telamonen- 
figur,  welche  am  Fuße 
der  Treppe  das  Ge- 
wölbe trägt,  erinnert 
sie  nicht  nur  an  den 
Karyatidensaal  im  Erd- 
geschosse des  Belve- 
deres,  sondern  auch 
an  die  großartige  Stie- 
genhalle im  Palaste 
des  Prinzen  Eugen 
(jetziges  Finanzmini- 
sterium) in  der  Him- 
melpfortgasse, als  de- 
ren Autor  der  ältere 
Fischer     von     Erlach 

sichergestellt  ist,  während  die  reichen  durchbrochenen  Steinbrüstungen  mit  den  spielenden 
Puttifiguren  auf  den  Postamenten  die  Erinnerung  an  das  jüngere  Werk  Hildebrands,  das 
Schloß  Mirabell  in  Salzburg,  wachrufen.  Das  in  drei  Felder  geteilte  Freskogemälde  der  Decke 
des  Stiegenhauses,  von  Marcantonio  Chiarini  (1652 — 1730)  aus  Bologna,  stellt  den  Übergang 
des  Kriegshelden,  von  Genien  des  Ruhmes  geleitet,  in  die  Unsterblichkeit  dar.  Der  ovale 
Hauptsaal  des  Palastes  liegt,  durch  eine  Zimmerreihe  von  der  Hauptfassade  getrennt,  über 
dem  ovalen  Vestibüle.  Der  an  den  Wänden  mit  Marmor  geschmückte  Raum  trägt  an  der 
Decke  ein  Freskogemälde  Carlo  Carlones,  dessen  Vorwurf,  obgleich  es  mythologische  Gestalten 
auf  Wolken  thronend  darstellt,  nach  Ilg  einem  Teil  der  Lebensgeschichte  des  Bauherrn,  nämlich 
der  Erlangung  der  Würde  eines  Vizekönigs  von  Neapel,  entnommen  zu  sein  scheint.  Der  im 
Halbstock  gelegene  Speisesaal  ist  durch  die  Wandverkleidungen  bemerkenswert,  die  sich  ehe- 
mals hinter  dem  Chorgestühle  der  von  Raphael  Donner  im  Barockstile  umgestalteten  Martins- 
kirche in  Preßburg  befanden.  Auch  die  übrigen  Räume  des  Palastes  zeichnen  sich  durch  schöne, 
zum  Teil  auch  moderne,  von  Professor  Rudolf  Weyr  entworfene  Stukkodecken  aus.  Einer  der 
kleineren  Räume  des  ersten  Stockes  weist  die  in  unseren  Barockwerken  nicht  häufig  vorkom- 
mende Anordnung  von  vier,  um  ein  plastisches  Mittelstück  gruppierten  Ölgemälden  auf.  Unter 
den  kostbaren  Einrichtungs-  und  Dekorationsgegenständen  sind  die  verschiedenen  Zeiten  ent- 
stammenden Gobelins  im  Salon  der  Fürstin,  ein  wirkungsvoll  gestalteter  Maskeron  im  ersten 
Hofe  und  der  reiche  Statuenschmuck  in  der  Einfahrtshalle  und  im  Stiegenhause  besonders 
zu  erwähnen. 

Palais  des  Grafen  Breuner-Enkevoirth,  I.,  Singerstraße  1 6  (Abb.  583).  Der  Palast  gehört  zu  den 
glänzendsten  Schöpfungen  des  Wiener  Barockstiles  und  wird  in  der  monumentalen  Wucht  seiner 
Konzeption  kaum  von  einem  anderen  Werke  jener  Periode  übertroffen.  Über  seine  Geschichte 
wissen  wir,  daß  sich  an  seiner  Stelle  1684  eine  dem  Grafen  Karl  Ludwig  de  Souches  gehörige  Reali- 
tät befand,  die  von  dessen  Erben  1 725  oder  1 730  an  den  Stadthauptmann  Johann  Christian  Neupauer, 
später  (1775)  an  die  Grafen  Hallweyl,  und  endlich,  nach  noch  mehrmaligem  Wechsel,  in  den  letzten 
Dezennien  des  vergangenen  Jahrhunderts  an  die  gräfliche  Familie  Breuner-Enkevoirth  überging. 

25* 


388 


Wohngebäude. 


Neupauer  war  Architekt  und  wohl  einer  der 
bedeutendsten  Schüler  des  älteren  Fischer 
von  Erlach.  Nach  dem  Ableben  des  letzte- 
ren soll  er  nach  Fischerschen  Plänen  den 
Bau  des  Palastes  Roffrano,  heute  Auersperg. 
vollendet  haben,  und  es  ist  daher  nicht 
ausgeschlossen,  daß  Neupauer  selbst  die 
Pläne  für  das  in  seinem  Besitze  befind- 
liche Palais  in  der  Singerstraße  verfaßte. 
Das  Haus  weist  vier  Stockwerke  über 
einem  Tiefparterre  auf  und  zeigt  gegen 
die  Straße  1 1  Fensterachsen.  Auf  eine 
durch  die  drei  mittleren  Fenster  gegebene 
Breite  dehnt  sich  in  den  Untergeschossen 
die  prachtvolle  Portallösung  aus.  Das  halb- 
kreisförmig geschlossene  Haupttor  und  die 
mit  ovalen  Fenstern  gekrönten  Nebentore 
sind  durch  vier  Telamonenhermen  flankiert, 
welche  über  dem  Portalgesimse  reichen 
bildhauerischen  Schmuck  tragen.  Beson- 
ders bemerkenswert  sind  die  über  den 
beiden  mittleren  Atlantengestalten  befind- 
lichen figuralen  Kompositionen,  die  durch 
die  Wahl  ihres  Vorwurfes:  Herkules  mit 
Antäus  einerseits  —  Äneas  und  Anchises 
anderseits,  auffallend  an  die  Reliefs  ge- 
mahnen, welche  an  einem  der  Haupttore 
des  Palastes  des  Prinzen  Eugen  (Finanz- 
ministerium) angebracht  sind.  Zwischen 
diesen  beiden  statuarischen  Gruppen  ist 
ein  schmiedeeisernes  Balkongeländer  an- 
geordnet. Die  Portalanlage  wird  in  ihrer 
mächtigen  Wirkung  ergänzt  durch  die  in 
glänzender  Linienführung  komponierte 
Bekrönung  des  Mittelfensters  im  Haupt- 
geschosse, die  in  reichgegliederter  Ver- 
dachung das  von  zwei  Puttifiguren  ge- 
tragene Wappen  der  gräflichen  Familie 
Breuner  aufweist.  Die  übrigen  Fenster 
des  ersten  Stockes  zeigen  in  den  Ver- 
dachungen flache,  mit  zarten  figuralen 
Reliefs  gezierte  Schilder,  wie  sie  in  ähn- 
licher Weise  an  dem  Palaste  Trautson 
(gegenwärtig  Haus  der  ungarischen  Garde) 
ersichtlich  sind.  Im  Inneren  sind  die  mächtige  Einfahrtshalle  und  die  links  von  dieser  gelegene 
dreiarmige,  mit  figuralem  Schmuck  reichgeschmückte  Prachttreppe  sowie  die  plastischen  Pla- 
fonds des  Hauptgeschosses  beachtenswert. 

Palais  des  Fürsten  Clary,  I.,  Herrengasse  9.1)  Dasselbe  dürfte  in  den  Jahren  1690 — 1700 
durch  den  damaligen  Besitzer  des  Grundes,  Max  Grafen  Mollart,  erbaut  worden  sein.  Seit  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  ist  das  Palais  im  Besitze  des  fürstlichen  Geschlechtes  Clary. 
Die  einfache  Fassade  fällt  besonders  durch  die  originelle  Lösung  des  Portales  auf.  Die  Rund- 
bogenöffnung wird  beiderseits  begleitet  durch  Dreivicrtclsäulen,  deren  runder  Schaft  von  sechs 
viereckigen  und  fünf  achteckigen  über  Eck  gestellten  Quadersteinen  durchschnitten  wird,  ein 
Motiv,  dem  wir  in  einigermaßen  verwandter  Art  auch  am  Portalbaue  des  ehemals  Simon 
Prennerschen  Hauses,  I.,  Dorotheergasse  10,  begegnen.  Bemerkenswert  ist  die  über  dem  Portal- 
gesimsc  vorgeschobene,  von  einer  geschwungenen  Konsole  gestützte  Balkonplatte,  welche  eine 
Balustrade    aufnimmt,     deren    Postamente  mit  auffallend  fein  konzipierten    Füllungsornamentcn 


Abb.  5S3.    Portal  am  Palais  des  Grafen  Breuner-Enkcvoirth, 
I.,  Sinoerstraüe  16. 


')  Ilg,  Portale  von  Wiener  Profanbauten  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


389 


geschmückt  sind.  Auch  die  Komposition  der  beiden  unterhalb  der  Balkonplatte  befindlichen 
Zwickelfiguren  mit  besonders  schöner  Behandlung  des  Faltenwurfes  ist  eine  so  eigenartige,  daß 
es  nicht  möglich  ist,  den  Schöpfer  dieses  Bauwerkes  zu  erraten. 

Palais  des  Landgrafen  Fürstenberg,  L,  Himmelpfortgasse  13.  Über  dessen  Geschichte 
ist  wenig  bekannt.  Der  Grund,  auf  welchem  es  steht,  gehörte  einstens  zu  dem  Kloster  Maria 
porta  coeli,  das  der  Straße  den  Namen  verlieh,  gelangte  in  den  Besitz  der  fürstlichen  Familie 
Rakoczy,  später  der  Grafen  Erdödy  und  endlich  der  Landgrafen  Fürstenberg.  Der  Bau,  der  in 
die  Zeit  um  1700  fallen  dürfte,  besteht  aus  Tief-  und  Hochparterre  und  drei  Obergeschossen 
und  weist  bei  im  allgemeinen  einfacher  Fassadengestaltung  ein  reiches  Portal  auf,  das,  mit 
Atlantenhermen  und  durchbrochenem  Balkongeländer  geschmückt,  einen  bedeutenden  Eindruck 
macht.  Der  Architekt  des  Hauses  ist  unbekannt;  die  Lösung  des  Portales  und  der  Atlanten 
erinnert  an  Hildebrand  und  an  Mattielli. 

Palais  des  Fürsten  Paar,  I.,  Wollzeile  30.  Das  Haus,  das  im  Laufe  der  Zeiten  vielfachen 
Umwandlungen  unterzogen  worden  ist,  befindet  sich  seit  Ende  des  16.  Jahrhunderts  im  Besitze 
der  Reichsgrafen,  später  Fürsten  Paar,  welchen  Kaiser  Rudolf  II.  die  Würde  der  Erbland-Post- 
meister verliehen  hatte.  Im  rückwärtigen,  der  Zedlitzgasse  zugewendeten  Trakte  liegen  noch 
heute  die  ausgedehnten  Stallungen,  welche  den  Zwecken  der  hier  bestandenen  ältesten  Wiener 
Postanstalt  dienten.  Ihre  mächtigen  gewölbten  Decken  sind  mit  prachtvollen  Stuckdekorationen 
geschmückt.  Die  Fassade  weist  zwölf  Fenster  auf,  deren  unregelmäßige  Verteilung  das  höhere 
Alter  des  Hauses  erkennen  läßt;  sie  zerfällt  in  Tief-  und  Hochparterre,  ein  Hauptgeschoß  und 
ein  durch  niedrige  Fenster  beleuchtetes  Dienergeschoß.  Die  dem  Erdgeschosse  eingefügten 
beiden  Portale  zeigen  ein  rundbogig  geschlossenes  Einfahrtstor,  das  beiderseits  begleitet  wird 
von  über  Eck  gestellten  hermenartigen  Pilastern  in  der  Art  Hildebrands.  Der  Architrav  und  die 


Abb.  5S4.    Palais  des  Fürsten  Schönburg,  IV.,  Rainergasse. 


Zwickel  über  dem  Torbogen  sind  mit  Reliefornamenten  geschmückt.  Über  dem  Schlußstein 
des  Bogens  erhebt  sich  der  gekrönte  Doppeladler,  der  als  Brustschild  das  Paarsche  Wappen, 
mit  der  Kette  des  goldenen  Vlieses  und  der  Fürstenkrone  geschmückt,  trägt.  Das  rechtsseitige 
Portal  ist  ausgezeichnet  durch  ein  herrliches  hölzernes  Haustor.  Die  Oberlichte  über  dem 
Tore  ist  geziert  mit  einem  schöngezeichneten  schmiedeeisernen  Gitter,  in  dessen  Mitte  sich 
das  oben  erwähnte  Motiv  des  Doppeladlers  wiederholt.  Die  Portale  dürften  aus  der  Zeit  um 
1700  stammen.  Sehr  bedeutend  sind  im  Inneren  die  Prachttreppe  und  die  gegen  die  Woll- 
zeile gerichteten  Festräume,  deren  glänzende  Ausstattung  dem  Hofbaumeister  Carlo  Cannevale 
zugeschrieben  wird. 

Palais  des  Baron  Geymüller,  I.,  Wallnerstraße  8.1)  In  der  bestehenden  Gestalt  dürfte  der 
Palast  unter  dem  Feldherrn  Emerich  Grafen  von  Caprara  entstanden  sein.  Über  den  künstle- 
rischen Urheber  des  eigenartig  schönen  Bauwerkes  besitzen  wir  keine  Kenntnis.  Während  das 
mit  Atlanten  und  einem  geschweiften  Balusterbalkon  gezierte  Portal  sich  an  heimische  Portal- 


1    Dr.  Alb.  Ilg,  Portale  der  Wiener  Profanbauten  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 


390 


Wohngebäude. 


Abb.  585.    Palais  des  Markgrafen  Pallavicini,  I.,  Josefsplatz. 


formen  anschmiegt,  weist  die  Forti- 
fikationsarchitektur  der  Fassade  mit 
den  merkwürdigen  rustikalen  Ein- 
rahmungen der  Fenster  einen  im 
Vergleiche  mit  der  Formensprache 
der  Wiener  Barocke  fremdartigen 
Charakter  auf.  Das  Gebäude  fällt  aus 
dem  Gepräge  der  Wiener  Profan- 
architekturen des  17.  und  18.  Jahr- 
hunderts heraus  wie  das  ehemalige 
Palais  Questenberg  in  der  Johannes- 
gasse und  das  Palais  Fürst  Clary  in 
der  Herrengasse.  Der  Palast,  der 
nach  dem  Besitze  durch  Baron  Gey- 
müller  wenige  Jahre  lang  Eigentum 
der  freiherrlichen  Familie  Pouthon 
war,  wurde  im  Jahre  1905  durch 
das  Land  Niederösterreich  erworben, 
um  einige  Landesämter  aufzunehmen. 
Ilg  gibt  in  seinem  Werke  „Portale 
der  Wiener  Profanbauten  etc."  den 
Palast  irrtümlich  als  Eigentum  der 
Familie  Palffy  an. 

Palais  des  Fürsten  Schönburg, 
IV.,  Rainergasse  (Abb.  584).1)  Gegen- 
über der  Einmündung  der  Schaum- 
burgergasse in  die  Rainergasse  liegt, 
gegen  die  Straßenfront  zurückge- 
schoben in  schönem  Parke,  dessen 
Eingang  von  zwei  ruhenden  Sphin- 
xen bewacht  wird,  dieses  Palais.  Es 
bildet  einen  Teil  der  ehemals  be- 
deutenden Anlage,  welche  durch 
den  Bruder  des  berühmten  Vertei- 
digers von  Wien,  den  Grafen  Thomas 
Gundacker  von  Starhemberg  (1663 
bis  1745),  zwischen  1700  und  1716 
errichtet  worden  sein  dürfte.  Das 
prachtvolle  vordere  Hauptgebäude, 
das  ein  Blatt  bei  Delsenbach  wieder- 
gibt und  das  nach  einem  früheren 
Besitzer  den  Namen  „Schaumbur- 
gerhof" führte,  wurde  1813  nieder- 
gerissen. Der  kleinere,  rückwärtige, 
noch  heute  bestehende  Sommerpalast 
kam  im  Jahre  1811  in  den  Besitz 
des  Grafen  Johann  von  Keglevich 
und  1841  in  jenen  der  Fürsten 
Sehönburg-Hartenstein.  Der  reizende 
Bau  erinnert  mit  seinem  rund  vor- 
springenden  Mittelteile    und    seiner 

figurengeschmückten  Attika  lebhaft  an  den  Palast  Schwarzenberg  und  verrät,  wenn  auch  die 
Autorschaft  historisch  nicht  völlig  zweifellos  nachgewiesen  ist,  so  sehr  den  Typus  der  Archi- 
tektur Joh.  Bernh.  Fischers  von  Erlach,  daß  Rob.  Dohme  keinen  Anstand  nimmt,  ihn  diesem 
Künstler  zuzuschreiben.  Der  von  reichen  korinthischen  Pilastern  umgebene  Rundbau  wird 
beiderseits    von    Flügelbauten  begleitet,    welche    ein  Tiefparterre    und    ein   Hauptgeschoß    auf- 


Abb.  586.    Portal  am  Palais  Pallavicini. 


')  Dr.  Alb.  Ilg,  Leben  und  Werke  Fischers  von  Erlach  des  Vaters.  Wien  1S95,  C.  Konegen.  R.  Dohme,  Barock- und  Rokoko- 
Architektur.  Berlin  1888,  E.  Wasmuth. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


391 


nehmen.  Über  dem  großen  Gesimse  der  Hauptordnung  erhebt  sich  in  den  Flügelbauten  ein 
niedriges  Obergeschoß,  dessen  ganze  Höhe  über  dem  Mittelbau  von  einer  statuengezierten 
Attika  eingenommen  wird.  Über  der  letzteren,  etwas  zurückgeschoben,  erscheint  eine  mit 
durchbrochener    Balustrade    und  gleichfalls  mit  Figuren  versehene  zweite  Attika. 

Palais  der  Herzogin  von  Savoyen-Carignan  (heute  Savoysches  Damenstift),  I.,  Johannes- 
gasse 15.  Der  Architekt  dieses  durch  originelle  Komposition  hervorragenden  zweistöckigen 
Palais  ist  nicht  bekannt.  Das  Haus  besitzt  zwei  gleichgestaltete  Portale,  zwischen  welchen 
sich  in  der  Höhe  des  ersten  Stockes  eine  herrliche  Immakulata-Figur  in  Bleiguß  von 
Franz  X.  Messerschmidt  befindet.  Die  Erbauerin  des  Palais,  dessen  Errichtung  in  das  Jahr 
1770  fallen  dürfte,  Herzogin  Theresia  Anna  Felicitas  von  Savoyen-Carignan,  geborene  Fürstin 
Liechtenstein,  bestimmte  das  Haus  durch  testamentarische  Verfügung  zu  einem  Stifte  für  adelige 
Damen. ') 

Das  Harrachsche  Majoratspalais,  I.,  Freiung  32),  wurde  an  Stelle  dreier  Häuser,  welche 
nach  mehrmaligem  Besitzwechsel  Graf  Ferdinand  Bonaventura  Harrach  1677  wieder  erworben 
hatte,  von  letzterem  wahrscheinlich  durch  Johann  Lukas  von  Hildebrand  erbaut.  Eine  durch- 
greifende Restauration  1845 — 1859  gab  der  Fassade  ihr  heutiges  Aussehen.  Eine  frühere  Re- 
stauration hatte  bereits  die  Arkaden  des  Hofes,  über  welchen  in  einem  prächtig  dekorierten 
Holzbau  der  neapolitanische  Gesandte  1767  das  bekannte  Ballfest  gegeben,  zu  Remisen, 
Kanzleien  und  Wohnungen  verbaut  und  den  Stuckplafond  des  Stiegenhauses  im  Chambertstile 
dekoriert.  1903  ward  diese  Dekoration  durch  eine  neue,  mit  dem  Charakter  der  übrigen 
Stuckplafonds  harmonierende  ersetzt. 

In  seiner  heutigen  neuen  Fassade  zeigt  das  Palais  ein  Erdgeschoß,  Haupt-  und  Mezzanin- 
geschoß, verziert  von  einer  korinthischen  Kolossalpilasterordnung  und  einem  Abschluß  nach 
oben    mit    einem    mächtigen  Gebälke.    Aus    einem  kreisrunden,    an   den  Wänden  mit  Nischen 


Abb.  587.    Palais  Koburg.  Fassade  gegen  die  Ringstraße. 


verzierten  Vestibül  mit  stukkierter  Wölbung  gelangt  man  zur  Linken  in  die  der  Quere  nach 
durch  Pfeiler  in  zwei  Schiffe,  in  ein  vorderes  breites  und  in  ein  rückwärtiges  schmales,  um 
eine  Stufe  erhöhtes,  eingeteilte  Vorhalle,  aus  dieser  in  das  eigentliche,  in  französischer  Weise 
in  die  Ecke    verlegte,    mit  den  Kolossalbildern  Niccolo  Maria  Rossis  3)  und  dem  Reiterporträt 

')  Ilg,  Franz  X.  Messerschmidts  Leben  und  Werke.  1885.  Ilg,  Portale  von  Wiener  Profanbauten  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 
Anton  Schroll  &  Co.,  1895. 

2)  Nach  Mitteilung  von  Dr.  Josef  Dernjac. 

3)  Die  Funzioni  pubbliche  des  Grafen  Thomas  Alois  Harrach,  Vizekönigs  von  Neapel. 


392 


Wohngebäude. 


des  Generals  Grafen  Buquoy  dekorierte  Trep- 
penhaus. Der  gegen  die  Freiung  zu  gelegene 
Trakt  enthält  die  Festräume  mit  kostbaren 
Möbeln,  Gobelins  u.  s.  w.,  gegen  den  Hof  zu 
läuft  die  berühmte  Gemäldegalerie  mit  Fresko- 
plafonds und  der  Trakt  gegen  die  Herrengasse 
nimmt  die  große  Bibliothek  und  Wohnräume 
sowie  die  Hauskapelle  auf.1) 

Palais  der  Nuntiatur,  I.,  Am  Hof.  Inner- 
halb der  im  Zuge  der  heutigen  Naglergasse  ein- 
stens bestandenen  Stadtmauer  befand  sich  zu 
Beginn  des  12.  Jahrhunderts  eine  kleine,  dem 
heiligen  Pankraz  geweihte  Kapelle.  An  ihrer 
Stelle  erhob  sich,  wie  der  Wollmuthsche  Plan 
zeigt,  im  Jahre  1542  ein  größeres  Gebäude, 
das  nach  mehrfachem  Besitzwechsel  in  das 
Eigentum  des  Grafen  Michael  Adolf  Althann 
überging,  der  es  dem  päpstlichen  Stuhle  als  Sitz 
für  die  Nuntiatur  geschenkweise  überließ.  Das 
bereits  baufällige  Haus  ließ  Papst  Klemens  XII. 
niederreißen  und  an  seiner  Stelle  im  Jahre  1768 
den  heute  bestehenden  Nuntiaturpalast  auffüh- 
ren, wovon  uns  die  an  der  Fassade  des  Ge- 
bäudes befindliche  Gedenktafel  Kunde  gibt. 

Palais   des  Fürsten    Windisch-Graetz,    I., 
Renngasse  12.    Die  Geschichte    dieses    Hauses 
führt  zurück   bis   zum   Jahre   1398.     Doch  erst 
im  Jahre   1785  kamen   die    daselbst    stehenden 
Häuser   in    den  Besitz   der  Theresia  Gräfin  zu 
Windisch-Graetz.     Über     die    Geschichte     des 
gegenwärtig  bestehenden  Palastes    ist    nur    be- 
kannt,    daß    er     in     den    Jahren     1894-1895 
nach  den  Plänen  des  Architekten  Emil  Breßler  renoviert  wurde  und  besonders  die  Prunksäle  des 
ersten  Stockwerkes    zum  Teil    neuen    dekorativen    Schmuck    erhielten.     Er  enthält    im    Haupt- 
geschosse die  mit  schönen  Stuckplafonds  gezierten  Festräume  und  einen  Teil  der  Wohnräume, 

welch  letztere  durch  die 
Räume  des  zweiten  Stockes 
ergänzt  werden.  Die  Fassade 
zeigt  eine  vornehme  Anord- 
nung. Das  Einfahrtstor  ist 
begleitet  von  toskanischen 
Pilastern,  die  einen  mit  Balu- 
sterbrüstung versehenen  Bal- 
kon aufnehmen.  Im  Inneren 
ist  bemerkenswert  die  ein- 
armige, von  Pfeilern  gestützte 
Hauptstiege  mit  schönem 
Stukkodekor  der  Wölbungen. 
Palais  des  Markgrafen 
Pallavicini,  I.,  Josefsplatz  5 
(Abb.  585,  586).  Moritz  Graf 
Fries  ließ  den  Palast  in  den  Jahren  1783 — 1784  durch  den  Erbauer  der  Gloriette  in  Schönbrunn, 
Joh.  Ferdinand  Hohenberg  von  Hetzendorf,  errichten.  Die  in  strengen  und  vornehmen  Formen 
gehaltene  Fassade  ist  ausgezeichnet  durch  ein  mächtiges  Portal,  dessen  Verdachung  getragen 
wird  von  je  zwei  über  35  m  hohen  weiblichen  Figuren  von  großer  Schönheit  und  von 
besonders  fein  empfundener  Behandlung  des  Faltenwurfes.    Der  Schöpfer  dieses  bedeutsamen 


Abb.  588.    Palais  des  Grafen  Larisch-Münnich, 
I.,  Johannesgasse  26. 


Ebenerd : 

a  Vestibül, 
b  Haupttreppe, 
c  Nebentreppe, 
d  Portier, 
e  Koch, 
f  Dienerspeise- 
zimmer, 
g  Waschraum, 
i  Küche, 
m  Anrichte, 
o  Wagenremise. 


Abb.  589.  Palais  des  Grafen  Larisch- 
Mönnich.    Ebenerd.     1:800. 


Abb.  590.   Palais  des  Grafen  Larisch- 
Mönnich.     Erster  Stock.     1 :  S00. 


')  Dr.  Josef  Dem  jac,  Das  Harrachsche  Majoratshaus  (Kunst  und  Kunsthandwcrk.  III,  Heft  10).  Empfang  der  Gesellschaft  öster- 
reichischer Kunstfreunde  im  Palais  Harrach  am  9.  Mai  1903.  Wien  1903,  K.  Gruschek. 


Paliiste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


393 


Schmuckes  ist  Franz  Zauncr  Edler  von  Felpatan  (1746 — 1822),  der  gleich  Hohenberg  als 
Professor  an  der  Wiener  Akademie  tätig  war.  Der  Palast  besteht  aus  Erdgeschoß,  Mezzanin  und 
einem  Hauptstocke,  welch  letzterer  in  der  Seitenfront  in  zwei  niedrigere  Geschosse  aufgelöst 
ist.  Über  dem  Mittelteile  der  Hauptfassade  erhebt  sich  eine  Attika  mit  zwei  liegenden  alle- 
gorischen Figuren  und  dem  vergoldeten  Doppeladler,  der  im  Brustschilde  das  gekrönte 
Familienwappen  trägt.  Unterhalb  des  Adlers  steht  die  Jahreszahl  1783  in  römischen  Lettern.  Im 
Inneren  sind  die  prachtvoll  ausgestatteten  Festsäle  des  Hauptgeschosses  besonders  bemerkenswert. 

Palais  des  Grafen  Philipp  Sternberg,  III.,  Ungargasse  43.  In  den  Jahren  1821  — 1822  im  Auf- 
trage des  Med.  Dr.  Johann 

Christian    Schiffner    durch  y^^yfy.'' ■'  l 

den  fürstlich  Eszterhäzy- 
schen  Baumeister  Ehmann 
erbaut,  gelangte  das  Palais 
in  den  Siebzigerjahren  des 
vergangenen  Jahrhunderts 
durch  Kauf  in  den  Besitz 
der  gräflichen  Familie  Stern- 
berg. Im  Jahre  1900  ließ 
Graf  Philipp  Sternberg  nach 
den  Plänen  des  Architek- 
ten Ludwig  Richter  ein 
neues  Stiegenhaus  und 
Foyer  mit  einem  über  dem 
letzteren  liegenden  Saale 
zubauen  und  eine  Durch- 
fahrt zu  den  gleichzeitig 
neuerbauten  Stallungen  und 
zu  dem  Parke  herstellen. 
Von  den  Innenräumen  ist 
hervorzuheben  ein  im  links- 
seitigen Seitenflügel  gelege- 
ner Saal  im  Empirestil. 

Palais  des  Fürsten 
Metternich,  III.,  Rennweg  27. 
Im  Jahre  1815  ließ  Fürst 
Klemens  Metternich  inmit- 
ten eines  herrlichen  Parkes 
eine  Villa  erbauen,  die  eine 
große  Anzahl  von  Kunst- 
werken —  Bilder,  Sticke- 
reien, Waffen,  Bronzen, 
Plastiken  von  Canova, 
Rauch,  Thorwaldsen  — 
aufnahm.  Der  heute  be- 
stehende Palast,  der  seine 
Hauptfassade  dem  Renn- 
wege zuwendet,  wurde 
Ende  der  Vierzigerjahre 
des  vergangenen  Jahrhun- 
derts nach  dem  Entwürfe 
von  Romanos  errichtet. 

Palais  des  Grafen  Hardegg,  I.,  Freiung  1.  Zwei  kleinere,  an  der  Stelle  des  heutigen 
Palastes  bestehende  Häuser,  deren  eines  früher  Eigentum  des  Grafen  Palffy  gewesen,  befanden 
sich  in  der  Zeit  von  1694 — 1797  im  Besitze  der  Familie  Kaunitz,  von  welcher  sie  übergingen 
an  die  Gräfin  Metternich  und  später  an  Fürst  Rudolf  Colloredo,  der  beide  Häuser  durch 
einen  Neubau  ersetzen  ließ.  Nach  vorübergehender  Erwerbung  des  Hauses  durch  Franz  Munsch 
gelangte  es  in  den  Besitz  der  gräflichen  Familie  Hardegg,  die  im  Jahre  1847  den  heute  stehen- 
den Palast  aufführen  ließ. 


Abb.  591.    Palais  der  deutschen  Botschaft,  III.,  Metternichgasse  3. 


FS  Festsaal. 

S  Salons. 
SS  Speisesaal. 
FZ  Fremdenzimmer. 
DZ  Dienerzimmer. 


Abb.  592.    Palais  der  deutschen  Botschaft,  III.,  Metternichgasse  3.    Erster  Stock.    1:800. 


394 


Wohngebäude. 


Abb.  593.    Festsaal  im  Palais  der  deutschen  Botschaft. 


Palais  des  Herzogs 
von  Koburg,  I.,  Koburg- 
bastei  4  (Abb.  587).1)  Der 
ältere,  gegen  die  Seiler- 
stätte gelegene  Teil  des 
Palastes  bestand  ursprüng- 
lich aus  zwei  kleinen  Häu- 
sern, in  welchen  Feld- 
marschall Graf  Daun  und 
Feldmarschall  Graf  Lacy 
starben.  Beide  Häuser 
gingen  im  Jahre  1801  in 
den  Besitz  der  herzogli- 
chen Familie  Koburg  über, 
die  das  jetzt  bestehende 
Gebäude  in  der  Seiler- 
stätte errichten  ließ.  Der 
auf  der  Höhe  der  Bastei 
stehende  Teil  des  Palastes, 
dessen  säulengeschmückte 
Front  gegen  die  Ringstraße 
gerichtet  ist,  wurde  in  den 
Jahren  1843—1847  nach 
dem  Plane  des  fürstlich  Liechtensteinschen  Architekten    Schleps  neuerbaut. 

Palais  des  Grafen  Clam-Gallas,  IX.,  Währingerstraße  20.  Das  an  der  Ecke  der  Waisenhaus- 
gasse und  der  Währingerstraße  in  schönem  Parke  stehende  Palais,  das  sich  ehemals  im  Besitze 
der  fürstlichen  Familie  Dietrichstein  befand,  wurde  in  den  Dreißigerjahren  des  abgelaufenen 
Jahrhunderts  erbaut.  Die  Hauptfassade  ist  mit  einer  von  ionischen  Säulen  getragenen  Giebel- 
front geschmückt. 

Palais  des  Freiherrn  Simon  Sina  (gegenwärtig  des  Grafen  Wimpffen),  I.,  Hoher  Markt.2) 
Das  Gebäude  verdankt  seine  heutige  Gestalt  dem  im  Jahre  1860  über  Veranlassung  des 
Freiherrn  von  Sina  durch  den  Architekten  Theophil  von  Hansen  vollzogenen  Umbau  eines 
Hauses.  Die  Restaurierung  betraf  insbesondere  die  Fassaden  und  die  Einfahrt,  bei  welch  älteren 
letzterer  zum  ersten  Male  wieder  Freskomalereien  (nach  Entwürfen  von  Rahl)  zur  Anwendung 
gelangten.  Die  bereits  vor  1860  durchgeführte  Erneuerung  der  Innenräume  erfolgte  nach 
Plänen  des  Architekten  Kreuter. 

Palais  des  Grafen  Otto  Chotek,  IX.,  Währingerstraße  18.  Das  ursprünglich  nur  ein  Stock 
hohe  Gebäude,  dessen  palastartiges  Gepräge  bei  schlichter  Dekoration  durch  bedeutende  Ver- 
hältnisse gegeben  ist,  wurde  auf  ausgedehnter  Area  nach  den  Plänen  des  verstorbenen  Archi- 
tekten Lothar  Abel  in  den  Jahren  1871  — 1874  erbaut.  Wohn-  und  Empfangsräume  der  Herrschaft 
befinden  sich  im  ersten  und  zweiten  Stocke,  Diener-  und  Serviceräume  im  Erdgeschosse.  Der 
große  Speisesaal  wurde  von  Schönthaler  mit  einer  aus  Eichen-,  Ahorn-  und  Birnbaumholz 
bestehenden  Kassettendecke  geschmückt,  seine  Wände  nehmen  prächtige  alte  Gobelins  auf. 

Palais  des  Grafen  Larisch-Mönnich,  I.,  Johannesgasse  26  (Abb.  588  bis  590). 3)  Dieses 
vom  Architekten  van  der  Null  in  den  Jahren  1867 — 1868  erbaute  Palais  stellt  eines  der 
eigenartigsten  und  vornehmsten  Beispiele  herrschaftlicher  Wohnhäuser  dar.  Die  Fassaden, 
von  welchen  die  dem  Stadtparke  zugewendete  Seite  eine  bedeutend  komponierte  Mittelpartie 
zeigt,  und  der  originell  ausgebildete  Erkerturm  an  der  Ecke  sind  zum  großen  Teil  in  Stein 
ausgeführt.  Die  Festräume  liegen  im  Hauptgeschosse  über  dem  an  der  Parkseite  situierten 
Vestibüle,  die  Wohnräume  an  der  Seitenfassade.  Im  Inneren  ist  die  schöne  Haupttreppe  mit 
reichem   Geländer  aus  Gußeisen  besonders  zu  erwähnen. 

Palais  des  Herzogs  Philipp  von  Württemberg  (Strudelhof),  IX.  Bezirk.4)  Der  Hof-  und 
Kammermaler  Peter  Strudel  erwarb  im  Jahre  1690    von  dem  Hatschieren-Rittmeister  Romanus 


')  E.  Winkler,  Technischer  Führer  durch  Wien.  Wien,  Lehmann  &Wentzel,  1894.  W.  Kisch,  Die  alten  Straßen  und  Plätze 
Wiens.  Wien,  M.  Oottlieb,  1883. 

:)  Forste  rsche  Allgemeine  Bauzeitung.  Bd.  XLI,  Tafel  XLVIII  bis  L. 

3)  Wiener  Neubauten,  Bd.  I. 

*)  Ilg,  Leben  und  Werke  Fischers  von  Erlach  des  Vaters.  Wien,  C.  Konegen,  1895.  Donatin,  Der  Aisergrund  einst  und 
jetzt.  Wien  1904. 


Paliistc  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


395 


Bernhard  Tschagon  die  Realität,  welche  heute  noch  den  Namen  „Strudelhof"  führt,  und  erbaute 
einen  Palast,  den  ein  späterer  Besitzer,  namens  Mallmann,  im  Jahre  1873  demolierte,  um  an 
dessen  Stelle  ein  neues  Palais  aufzuführen,  das,  als  es  noch  im  Baue  begriffen  war,  samt  dem 
schönen  Parke  in  das  Eigentum   des  Herzogs  Philipp  von  Württemberg  überging. 

Palais  der  deutschen  Botschaft,  III.,  Metternichgassc  3  (Abb.  591  bis  593).  Dieses  vornehme 
Botschaftspalais  wurde  in  den  Jahren  1877 — 1879  nach  den  Plänen  des  verstorbenen  Architekten 
Viktor  Rumpelmeyer  auf  einem  von  der  Metternichgasse,  Richardgasse  und  der  Reisnerstraße 
begrenzten  Grundstücke  von  8P66m  Länge  und  64-46  m  Tiefe  erbaut.  Es  besteht  aus  drei- 
geschossigen Dienerschafts-  und  Kanzleitrakten,  welche  die  Feuermauern  und  Höfe  der  auf 
den  Nachbarparzellen  errichteten  Gebäude  decken,  und  dem  zweigeschossigen  Hauptgebäude,  das 
um  rund  18  m  gegen  jede  der  drei  Straßenfronten  zurückgesetzt  ist.  Die  in  die  Metternich- 
gasse verlegte  Haupteinfahrt  führt  durch  den  Kanzleihof  zu  einer  gedeckten  Unterfahrt,  von 
welcher  das  geräumige  Treppenhaus  zugänglich  ist,  im  weiteren  Zuge  seiner  Achse  zu  einem 
Ehrenhof  und  mittels  einer  zweiten  Durchfahrt  zu  dem  an  der  Reisnerstraße  gelegenen  Stall- 
hof Der  erste  Stock  des  Hauptgebäudes  nimmt  die  im  Stile  der  Wiener  Barocke  durch- 
gebildeten prächtigen  Repräsentationsräume,  unter  denen  der  große  Tanzsaal  besonders  zu 
erwähnen  ist,  auf,  das  Hochparterregeschoß  enthält  die  Wohnräume  des  Botschafters.  Für  die 
Ausgestaltung   der  Fassaden    wurde    italienische  Renaissance   mit  französischen  Anklängen  ge- 


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Abb.  594.    Palais  des  Grafen  Lanckororiski,  III.,  Jacquingasse. 


wählt.  Der  durch  das  Zurücktreten  der  Fronten 
des  Hauptgebäudes  gegen  die  Straßengrenzen 
gewonnene  Raum  wurde  mit  reichem  gärtne- 
rischen Schmucke  bedacht. 

Palais  der  großbritannischen  Botschaft, 
III.,  Metternichgasse  6.  Im  Jahre  1875  nach 
dem  Entwürfe  des  verstorbenen  Architekten 
Viktor  Rumpelmeyer  auf  einer  an  der  Ecke 
der  Metternichgasse  und  der  verlängerten 
Richardgasse  gelegenen  Baustelle  von  2844m 
Breite  und  49'65  m  Tiefe  erbaut,  besteht  der 
Botschaftsbesitz  aus  dem  an  der  Ecke  ge- 
legenen dreigeschossigen  Hauptgebäude  und 
einem    architektonisch    getrennt    behandelten 

viergeschossigen  Dienerschafts-  und  Stallgebäude.  Das  Palais  enthält  im  Hochparterre  die 
Amtsräume  der  Botschaft,  im  ersten  Stocke  die  Repräsentationsräume  und  im  zweiten  Stock- 
werke   die    Wohnung    des    Botschafters.    Dem    Dienerschaftsgebäude    gegenüber   liegt    in    der 


Abb.  595.    Palais  des  Grafen  Lanckororiski.    Ebenerd.     1:800. 


396 


Wohngebäude. 


Flucht  der  verlängerten  Richardgasse  die  Bot- 
schaftskapelle, in  englischer  Gotik  von  Rumpel- 
meyer erbaut,  die  durch  die  schöne  Holzdecke 
im  Inneren  bemerkenswert  ist. 

Das  Palais  der  russischen  Botschaft,  III., 
Rcisnerstraßc  37  '),  wurde  für  den  Herzog  von 
Nassau  in  den  Jahren  1872 — 1873  nach  den 
Plänen  des  Architekten  Alois  Wurm  erbaut.  Die 
Hauptfront  zeigt  ein  Souterrain,  Hochparterre 
und  ein  Stockwerk,  während  der  rückwärtige  Teil 
zwei  Obergeschosse  enthält.  Die  Fassaden  sind 
in  Putz  bei  reichlicher  Verwendung  von  Hau- 
stein ausgeführt.  Im  Inneren  sind  erwähnenswert 
das  imposante  Treppenhaus  mit  Marmorsäulen 
und  glasgedeckter  Kuppel  und  die  Empfangs- 
räume. Die  Bauarea  beträgt  2100  m2,  die  ver- 
baute Fläche  1100  m2.  Baukosten  610.000  K. 

Palais  K.  Wittgenstein  (ehemals  Pranter), 
IV.,  Allecgasse  16.  Um  ein  reich  ausgestatte- 
tes, mit  grauem  schlesischen  Marmor  bekleidetes 
Treppenhaus  gruppieren  sich  die  herrschaft- 
lichen Wohnräume  in  prachtvoller  Ausstattung. 
Das  Herrenzimmer  schmücken  Deckengemälde 
von  Fux,  der  Speisesaal  ist  von  Schönthaler, 
der  Gartensaal  im  Erdgeschosse  von  den  Ge- 
brüdern Jobst  ausgeschmückt.  Für  die  ganz  in 
Stein  ausgeführte  Straßenfassade  gelangten  zur 
Verwendung  Oszloper,  Margarethener  und  Brei- 
tenbrunner  Stein.  Die  Gartenseite  ist  in  Ziegel- 
rohbau mit  glasiertem  Terrakottaschmuck  ausgeführt. 
1871  —  1873. 

Palais  des  Freiherrn  Philipp  von  Haas  (ehemals  Pranter),  IV.,  Waaggasse  6.2)  Die 
vornehme  Wirkung  dieses  von  Architekt  Friedrich  Schachner  erbauten,  aus  Erdgeschoß 
und  zwei  Stockwerken  bestehenden  Herrschaftshauses  beruht  auf  den  schönen  Verhältnissen 
der  sieben  Fensterachsen  aufweisenden  Fassade,  welche  in  den  einfachsten  Formen  italieni- 
scher Renaissance  gehalten  ist.  Die  dem  Garten  zugewendete,  reicher  bewegte  Front  zeigt 
einen  durch  alle  Stockwerke  reichenden  Loggienvorbau  mit  Säulen  aus  Veroneser  Marmor  und 
Deckenmalerei  von  Jobst.  Bauzeit   1874 — 1875. 

Palais  Hugo  Ernst,  IV.,  Plösselgasse  2.  Die  im  Stile  der  deutschen  Renaissance  ent- 
worfene Fassade  ist  in  ihren  glatten  Wandflächen  in  Putz  hergestellt,  während  für  alle  Archi- 
tekturgiieder  Margarethener  und  Oszloper  Stein  verwendet  wurde.  Im  Inneren  sind  bemerkens- 
wert die  schönen  Holzdecken  mit  Malerei  von  den  Gebrüdern  Jobst  und  zahlreiche  alte  Eisen- 
arbeiten, die  bei  Füllungen,  Beschlägen  und  Bekrönungen  passende  Verwendung  fanden.  Archi- 
tekten: Hugo  Ernst  und  Ludwig  Wächtler.  Bauzeit   1873 — 1874. 

Palais  des  Grafen  Lanckoronski,  III.,  Jacquingasse  18  (Abb.  594,  595). 3)  Der  in  den 
Jahren  1894 — 1895  nach  den  Plänen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  erbaute  Palast 
erhebt  sich  auf  einem  an  der  Ecke  der  Jacquingasse  und  des  Landstraßer  Gürtels  gelegenen 
Grundstücke  von  4800  m2  Fläche.  Das  Hauptgebäude  ist  22  m  gegen  die  Flucht  der  Jacquin- 
gasse zurückgeschoben  und  von  letzterer  durch  zwei  mit  schmiedeeisernen  Gittern  versehene 
Einfahrtstore  und  eine  zu  einer  überbauten  Unterfahrt  führende  Rampe  zugänglich.  An 
der  in  der  Jacquingasse  gelegenen  Nachbargrenze  erhebt  sich  ein  Pförtnerhaus.  Die  verbaute 
Fläche  des  Palastes  und  des  Pförtnerhauses  beträgt  1060  m2,  der  verbleibende  Rest  des 
Besitztums  ist  als  Garten  angelegt.  —  Der  im  Barockstile  gehaltene  Palast  gliedert  sich 
in  Keller-  und  Erdgeschoß,  ein  Haupt-  und  ein  Dachgeschoß.  Im  Parterre  gelangt  der 
Besucher  vom  Vestibüle    in    eine   geräumige    Halle    mit    eingebauter    Prachttreppc    und    durch 

')  Wiener  Neubauten.  Bd.  I.  Tafel  XXV  bis  XXX. 
:)  Wiener  Neubauten.  Bd.  II,  Tafel  XII  bis  XV. 

')  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1S94,  S.  1.  Handbuch  der  Architektur.  IV.  Teil 
2.  Halbband,  Heft  1,  S.  3S9,  392. 


Abb.  596.    Palais  Dr.  Kranz,  IV.,  Alleegasse  27. 


Architekt:  Friedrich   Schachner.   Bauzeit 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


307 


seitliche  Durchgänge  zu  zwei  Stiegen,  die  dem  gewöhnlichen  Verkehre  dienen.  In  der  linken 
Gebäudehälfte  liegen  die  Empfangsräume,  in  der  rechtsseitigen  die  Gemächer  der  Frau  mit 
den  erforderlichen  Nebenräumen.    Im   Hauptgeschosse    befindet  sich    über  dem  Vestibüle  und 


Abb.  597.    Palais  des  Freiherrn  Albert  von  Rothschild,  IV.,  Heugasse  26. 


G  a  r  t  er, 


der  Unterfahrt  ein  mit  Fres- 
ken geschmückter  Saal,  der 
sich  mit  den  beiderseits  an- 
geordneten Sammlungssälen 
zu  einer  Raumwirkung  von 
bedeutender  Größe  vereinigt. 
Außerdem  nimmt  das  Haupt- 
geschoß die  Wohnräume  des 
Herrn  und  einen  Salon  der 
Frau  auf.  Das  Dachgeschoß 
enthält  Diener-  und  Garde- 
roberäume, das  Kellerge- 
schoß Küchen-  und  Wirt- 
schaftsräume. Die  mit  erlese- 
nem Geschmacke  ausgestat- 
teten Säle  des  Palastes  ent- 
halten eine  kostbare  Kunst- 
sammlung (siehe:  Samm- 
lungen). 

Palais  der  Gräfin  Marie 
Hoyos,  III.,  Rennweg  3.1) 
Das  nach  den  Plänen  des 
Architekten  Otto  Wagner 
sen.  erbaute  Palais  war  ursprünglich  auch  das  Heim  des  Erbauers.  Es  erhebt  sich  auf  einer 
Fläche  von  20  m  Länge  und  226  m  Tiefe  und  enthält  in  einem  Erdgeschosse,  zwei  Ober- 
und  einem  Dachgeschosse,  im  Parterre  außer  einigen  Wohnräumen  die  Stallungen  und  Diener- 
räume,   im    ersten    und    zweiten    Stockwerke    reich    ausgestattete   Fest-    und   Wohnräume.    Die 


Abb.  598.     Palais  Albert  von  Rothschild,  IV.,  Heugassc.     Erster  Stock.     1:800. 


')  Aus  Otto  Wagner,   Einige  Skizzen,  Projekte  und  ausgeführte  Bauten.  Wien  1905,  Verlag  Anton  Schroll  &  Co. 


398 


Wohngebäude. 


Abb.  599.    Palais  des  Freiherrn  Albert  von  Rothschild,  IV.,  Heugasse  26.  Gartenseite. 


ebenso  originell  als  reizvoll  komponierte  Fassade  ist  vornehmlich  in  Putz  mit  Verwendung  von 
aufgetragenem  bildhauerischem  Schmucke  ausgeführt. 

Palais  Josef  Bratmann,  III.,  Metternichgasse.1)  Auf  einer  285  m  breiten  und  52"5  m  tiefen 
rechteckigen  Baustelle  erbaute  in  den  Jahren  1897 — 1898  Architekt  Friedrich  Schachner 
dieses  Palais,  das  im  Erdgeschosse  und  im  ersten  Stocke  die  Wohnung  des  Besitzers  aufnimmt, 
während  der  zweite  und  dritte  Stock  Mietzwecken  zugeführt  sind.  Dem  Verkehre  zu  den  Miet- 
wohnungen dient  eine  zweiarmige  Parteientreppe,  zur  Herrschaftswohnung  führt  eine  schöne 
Marmorstiege,  die  sich  mit  der  im  ersten  Stocke  gelegenen  Halle  in  vornehmster  Weise  verbindet. 
Palais  Dr.  Kranz,  IV.,  Alleegasse  27  (Abb.  596).  Das  Palais  wurde  für  Herrn  W.  Zierer 
in  den  Jahren  1880 — 1881  nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  Gustav  Korompay  erbaut.  Im 
Hochparterre  und  im  ersten  Stocke  befinden  sich  Repräsentations-  und  Wohnräume,  in  präch- 
tiger Weise  ausgestattet  mit  Wand-  und  Plafondgemälden  von  Julius  Berger  und  Tina  Blau 
und  mit  figuralem  Schmucke  von  Franz  Koch.  Am  Ende  des  Gartens  sind  die  Stallungen  und 
Remisen,  sowie  Glas-  und  Treibhäuser  gelegen.  Verbaute  Fläche  860  m2,  Baukosten  rund 
500.000  K. 

Palais  Eugen  Miller  von  Aichholz,  IV.,  Heugasse  36. 2)  Der  Hauptteil  des  nach  dem 
Entwürfe  des  Architekten  Andreas  Streit  in  den  Jahren  1877 — 1880  errichteten  Hauses  ist 
zurückgeschoben  und  umschließt  samt  den  beiderseits  bis  zur  Flucht  der  Straße  vorgescho- 
benen Flügel- 
bauten •  einen 
straßenseitig 
geöffneten  Hof. 
Das  Hauptge- 
schoß des  Mit- 
telbaues ent- 
hält die  reich 
ausgestatteten 
Repräsenta- 
tionsräume, an 
welche      sich, 

')  Bautechniker. 
Jahrg.  1901,    Heft  1. 

-)  Wiener  Neu- 
bauten. Bd.  II,  Tafel 
LXXII    bis    LXXVII. 


Abb.  600.    Palais  des  Freiherrn  Alfons  von  Rothschild,  IV.,  Theresianumgasse. 
Ebenerd.     1:800. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngebäude. 


399 


durch  Galerien  verbunden,  die  in  den  Flügclpavillons  untergebrachten  Räume  für  Kunstsamm- 
lungen anschließen.  Im  Stiegenhause  befinden  sich  drei  Gemälde  Tiepolos  aus  dem  Palazzo 
Dolfini  in  Venedig. 

Palais  Adolf  Ritter  von  Schenk,  IV.,  Theresianumgasse  21.  Dasselbe  wurde  in  den  Jahren 
1888 — 1890  nach  den  Entwürfen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  erbaut.  Die  in  der 
Theresianumgasse  angelegte  Einfahrt  führt  zu  einem  oktogonalen  Vestibüle,  von  welchem 
man  zu  einer  großen,  von  Säulen  getragenen  Halle  und  zu  der  zum  ersten  Stocke  führenden 
Haupttreppe  gelangt.  Das  Hauptgeschoß  nimmt  die  um  ein  großes  Atrium  gruppierten  Salons 
und  Speisesäle,  sowie  die  Küchenräume  auf.  Im  zweiten  Stocke  und  im  Erdgeschosse  sind 
die  Wohnräume  untergebracht.    Die  Fassaden  sind  in  Stein  ausgeführt. 

Palais  des  Freiherrn  Albert  von  Rothschild,  IV.,  Heugasse  26  (Abb.  597  bis  599). ^ 
Die  von  dem  französischen  Architekten  M.  Destailleur  in  den  Jahren  1879 — 1884  ge- 
schaffene Anlage  besteht  aus  dem  an  der  Ecke  der  Plösselgasse  und  der  Heugasse  gelegenen 
und  hinter  die  Flucht  der  letzteren  Gasse  zurückgeschobenen  Palaste  und  einem  Dienst- 
gebäude, das  sich  in  der  Heugasse  an  einen  zirka  30  m  tiefen  und  45  m  langen,  dem  Haupt- 
gebäude vorgelagerten  Ehrenhof  anschließt.  Der  Ehrenhof  ist  gegen  die  beiden  Straßenfronten 
durch  schmiedeeiserne  Gitter  abgeschlossen  und  im  Zuge  der  Heugasse  durch  kleine  Pavillons 
lankiert,  welche  Wohnungen  für  den  Portier  und  Dienerschaft  aufnehmen.  Aus  der  gedeckten 
Unterfahrt  gelangt  man  in  ein  gewölbtes  Vestibül  und  von  diesem  zu  dem  in  edelstem 
Materiale  ausgeführten  und  mit  vier  großen  Gobelins,  Spiegeln  und  Wandgemälden 
geschmückten  Stiegenhause.  Im  Erdgeschosse  befinden  sich  Fremdenzimmer  und  einige  Salons, 
im  ersten  Stocke,  als  dem  Hauptgeschosse,  die  Wohn-  und  Empfangsräume.  Die  Innenräume 
sind  zumeist  im  Stile  Louis  XV.  ausgestattet  und  mit  Deckengemälden  von  Tiepolo  und 
Jean  de  Witt  geschmückt.  Das  Hauptgeschoß  ist  durch  eine  hölzerne  Treppe  mit  dem  zweiten 
Stocke  verbunden,  in  welchem  sich  die  Räume  für  die  Kinder  befinden.  Außerdem  vermitteln 
zwei  kleinere  steinerne  Stiegen  den  Verkehr  zwischen  allen  Geschossen. 


Abb.  601.    Palais  des  Freiherrn  Alfons  von  Rothschild,  IV.,  Theresianumgasse.    Gassenseite. 


Palais  des  Freiherrn  Alfons  von  Rothschild,  IV.,  Theresianumgasse  (Abb.  600  bis  602). 
Der  von  vier  Straßen  begrenzte  Besitz  umfaßt  einen  herrlichen  Park  und  in  der  Flucht 
der  Theresianumgasse  einen  im  wesentlichen  in  drei  Teile  gegliederten  Gebäudekomplex.  In 
den  Jahren  1871- — 1878  für  den  damaligen  Besitzer,  Freiherrn  Nathaniel  von  Rothschild,  durch 
den  Pariser  Architekten  Jean  Girette  erbaut,  bestehen  die  Gebäude  aus  einem  der  Alleegasse 
zunächstliegenden  Teile,  der  zur  Aufnahme  der  reichen  Kunstsammlungen  dient,  dem  zwei 
Stockwerke  hohen  Wohngebäude  und  dem  der  Ecke  der  Schmöllerlgasse   zugewendeten  Ver- 

')  Wiener  Neubauten.  Herausgegeben  von  Ludwig  Tischler.  Wien,  Ad.  Lehmann. 


400 


Wohngebäude. 


waltungsgebäude.  Das  Hauptgebäude  enthält  im  Erdgeschosse  die  Empfangsräume,  von  welchen 
der  direkte  Austritt  in  das  ihnen  vorgelagerte,  mit  Blumen  und  bildhauerischem  Schmucke 
reich  gezierte  Gartenparterre  möglich  ist.  Im  ersten  Stocke,  mit  dem  Parterre  durch  eine 
prunkvolle  Marmortreppe  verbunden,  befinden  sich  ebenfalls  Repräsentationsräume,  welche  im 
Gegensatze  zu  den  Parterreräumen  mehr  winterlichen  Empfängen  dienen,  und  im  zweiten 
Stocke,  der  gegen  die  Parkseite  zu  als  Mansardegeschoß  ausgebildet  ist,    die  Wohnräume  des 


Abb.  602.     Palais  des  Freiherrn  Alfons  von  Rothschild,  IV.,  Theresianumgasse.     Gartenseite. 


Hausherrn.  Unter  den  Räumen  des  ersten  Stockes  ist  der  Tanzsaal  bemerkenswert,  dessen 
Einrichtung  und  Dekoration  einem  im  Haag  bestehenden  Palaste  entnommen  worden  ist. 
Von  hervorragender  Wirkung  ist  die  dem  Parke  zugewendete  Hauptfront  des  Gebäudes, 
deren  malerische  Wirkung  ergänzt  wird  durch  die  im  Garten  aufgestellten  Bronzen  (Vasen, 
die  beiden  lebensgroßen  „Ballspieler"  u.  a.)  und  Marmorbildwerke  und  insbesondere  durch 
die  an  der  Front  des  Verwaltungsgebäudes  angeordnete  herrliche  Wandbrunnenarchitektur. 

Palais  R.  von  Wessely,  IV.,  Alleegasse  23. :)  Das  durch  die  Architekten  Fellner  und 
Helmer  in  den  Jahren  1891  — 1892  errichtete  Gebäude  zeichnet  sich  durch  künstlerische 
Durchbildung  im  Inneren  und  Äußeren  aus  und  besitzt  ein  Tief-  und  Hochparterre  mit  zwei 
Obergeschossen.  Die  Durchfahrt  führt  zu  einer  ganz  in  Eichenholz  ausgestatteten  prächtigen 
Halle,  welche  die  freicingebaute  Hauptstiege  aufnimmt.  Der  Stiegenraum  ist  durch  eine  reich- 
verzierte Oberlichte  erhellt.  Die  Herrschaftswohnung  ist  verteilt  auf  Hochparterre  und  die 
beiden  Obergeschosse.  Im  ersten  Stockwerke  befinden  sich  die  in  vornehmer  Pracht  ausge- 
statteten Empfangsräume,  die  mit  Deckengemälden  geziert  sind,  während  im  zweiten  Stocke  die 
Räume  für  eine  Gemäldegalerie  untergebracht  sind.  Die  in  Stein  ausgeführte,  in  italienischer 
Hochrenaissance  entworfene  Hauptfassade  weist  unter  dem  Hauptgesimse  einen  Fries  aus 
Glasmosaik  von  Salviati  in  Venedig  auf.  Sämtliche  Bildhauerarbeiten  stammen  aus  der  Hand 
V.  Tilgners. 

Palais  Gebrüder  Seybel,  III.,  Reisnerstraße  50.  Das  aus  Tiefparterre,  Hochparterre  und 
zwei  Stockwerken  bestehende  Haus  enthält  in  jedem  der  drei  Obergeschosse  eine  herrschaftlich 
ausgestattete  Wohnung,  die  durch  eine  dreiarmige  säulengetragene  Hauptstiege  und  eine  Neben- 
stiege verbunden  sind.  Rechts  von  der  Haupteinfahrt  befindet  sich  ein  erdgeschossiger  Bau, 
der  außer  einer  getrennten,  zu  den  im  Tiefparterre  des  Hauptgebäudes  angeordneten  Magazins- 
räumen führenden  Zufahrt  die  Kontors  der  Besitzer  des  Palais  aufnimmt.  Die  in  italienischer 
Renaissance  entworfene  Fassade  ist  in  Stein  ausgeführt.  Die  Planverfassung  erfolgte  im  Jahre 
1889  durch  die  Architekten  Fellner  und  Helmcr  in  Wien. 


>)  Architekt.  1896,  Tafel  I  und  II. 


Paläste  und  herrschaftliche  Wohngcbäudc. 


401 


Palais  Friedrich  Böhler,  IV.,  Theresianumgasse  27.  Das  nach  dem  Entwürfe  des  Archi- 
tekten Karl  König-  in  den  Jahren  1904 — 1905  erbaute  Haus  besitzt  —  von  der  Durchfahrt 
zugänglich  —  zwei  Stiegen,  von  welchen  die  linksseitig  gelegene  und  mit  Oberlicht  erhellte 
Prachttreppe  nur  bis  zum  ersten  Stocke  führt,  während  die  rechtsseitige  Stiege  den  Verkehr 
durch  alle  Stockwerke  vermittelt.  Das  Hochparterregeschoß  und  der  erste  Stock  enthalten  die 
Wohnung  der  Herrschaft;  in  dem  nur  straßenseitig  aufgeführten  zweiten  Stockwerke  befinden 
sich  ein  geräumiges  Billard-  und  Fremdenzimmer.  Die  mit  einem  Erker  gezierte,  durch  feine 
Formengebung  ausgezeichnete,  245  m  lange  Fassade  ist  in  Stein  ausgeführt.  Bei  einer  ver- 
bauten Fläche  von  beiläufig  570  m'2  beliefen  sich  die  Baukosten  auf  rund  320.000  K. 

Palais  Karl  Probst,  IV.,  Theresianumgasse  23.  Im  Hauptgeschosse  des  vom  Architekten 
Karl  König  1891  — 1892  erbauten  Hauses  sind  die  Empfangsräume  der  Straßenfront,  die  eigent- 
lichen Wohnräume  der  Gartenfront  zugewendet.  Zwischen  diesen  beiden  Trakten  befinden  sich 
die  Küche  mit  Nebenräumen  und  die  schöngeformte  Hauptstiege  samt  einer  Nebentreppe. 
Beide  Stiegen  sind  im  Erdgeschosse  von  einer  gewölbten  Durchfahrt  zugänglich.  Die  vierge- 
schossige Fassade  ist  durch  einen  im  Korbbogen  vorspringenden  Erker  und  durch  ein  großes, 
reich  geschmücktes  Atelierfenster  in  der  Mansarde  ausgezeichnet.  Der  figurale  Schmuck  wurde 
von  Theodor  Friedl  ausgeführt.  Die  Baukosten  beliefen  sich  bei  einer  verbauten  Fläche  von 
zirka  610  m2  auf  rund  340.000  K. 

Palais  Dr.  Max  Landau,  IV.,  Heugasse  60.  Das  auf  einer  zirka  22  m  breiten  und  zirka 
47  m  tiefen  Parzelle  von  Architekt  Karl  König  erbaute  Palais  nimmt  bei  einer  verbauten  Fläche 
von  542  m2  nur  ungefähr  52%  der  Grundfläche  in  Anspruch.  Es  enthält  außer  einem  Souterrain 
ein  Parterregeschoß  mit  breiter  Durchfahrt  und  Bureauräumlichkeiten,  ein  Hauptgeschoß  mit 
der  um  eine  zentral  angelegte  dreiarmige  Haupttreppe  gruppierten  Wohnung  der  Herrschaft 
und  ein  Obergeschoß,  das  die  Küche,  Dienerzimmer  und  mehrere  Fremdenzimmer  aufnimmt. 
Besonders  zu  bemerken  ist  die  opulente  Anlage  der  nur  bis  zum  ersten  Stocke  führenden 
Haupttreppe,  die  sowohl  durch  Seiten-  als  auch  durch  Oberlicht  eine  reichliche  Beleuchtung 
erhält.  Die  in  Mannersdorfer  und  Stotzinger  Stein  ausgeführte  Fassade  zeigt  vornehme  Einfach- 
heit und  wohlabgewogene  Verhältnisse.    Bauzeit:   1900 — 1901.    Baukosten  zirka  350.000  K. 

Palais  Ernst  Wahliss,  IV.,  Alleegasse  21.1)  Das  durch  den  Architekten  Heinrich  Adam 
in  den  Jahren  1882 — 1883  in  dem  Garten  des  demselben  Besitzer  gehörigen  Miethauses, 
IV.,  Alleegasse  21,  erbaute  Palais  ist  im  Stile  Louis  XV.  erbaut.  Die  Fassaden  sind  größten- 
teils aus  Stein  hergestellt,  die  Fensterumrahmungen  enthalten  Porzellanfriese.  Die  Innenräume 
sind  mit  Stukko-  und  Holzdekorationen  versehen. 

Palais  Rudolf  Freiherr  von  Isbary,  IV.,  Schmöllerlgasse  2.  Das  nach  dem  Entwürfe  des 
Architekten  Karl  Mayreder  in  den  Jahren  1901  — 1902  ausgeführte  Haus  besteht  aus  Parterre, 
zwei  Stockwerken  und  Mansarde.  Die  26'5  m  lange  Straßenfassade  ist  in  Stein,  die  Hoffassade 


Abb.   603.     Palais  Redlich, 

III.,    Richardgasse   3.    Erster 

Stock.     1:800. 


Abb.  604.    Palais  Othon  Baron  Bourgoing, 
III.,    Metternichgasse   8.    Ebenerd.     1:800. 


Abb.  605.     Palais  des  Grafen  Lützow, 
I.,  Giselastraße  13.  Erster  Stock.     1:800. 


mit  glasierten  Klinkersteinen  hergestellt.  Die  Innenräume  sind  reich  ausgestattet.  Besonders 
bemerkenswert  ist  die  bis  zum  ersten  Stocke  führende  Haupttreppe.  Die  verbaute  Fläche 
beträgt  478  m2. 

Palais  Theodor  Redlich,  III.,  Richardgasse  3  (Abb.  603).  Die  Fassade  des  von  dem  Archi- 
tekten Karl  König  in  den  Jahren  1900 — 1901  erbauten  Hauses  tritt  nur  mit  dem  an  der  linken 
Seite  angeordneten,    7'5m  breiten  Risalite  bis  zur  Baulinie  vor,    während   sie   in    der  verblei- 


')  Wiener  Neubauten.  Bd.  III. 
Bd.  II. 


26 


402 


Wohngebäude. 


sance  gehalten.  Bei 
25"50  m  und  einer 
30-60  m  nimmt  das 
Fläche   von    720  m'2 


benden  Länge  von  105m  gegen  die  letztere  zurückgeschoben  ist  und  dadurch  die  Anlage 
eines  Vorgartens  gestattet.  Das  Hochparterre  enthält  eine  zur  Hauptstiege  und  zu  einer  Diener- 
treppe führende  Durchfahrt  und  die  Küchen- 
und  Dienerräume  sowie  eine  Garage,  das 
erste  Stockwerk  die  aus  Tanzsaal,  Speise- 
saal, Boudoir,  Billard-  und  Herrenzimmer 
bestehenden  Repräsentationsräume  und 
das  zweite  Stockwerk  die  Wohn-  und 
Schlafzimmer  der  Familie.  Die  Fassade 
ist  in  den  Formen  französischer  Renais- 
einer Frontlänge  von 
Tiefe  von  26-30  bis 
Palais  eine  verbaute 
ein.  Die  Baukosten 
beliefen  sich  auf  rund  360.000  K. 

Palais  Othon  Baron  Bourgoing,  III., 
Metternichgasse  8  (Abb.  604).  Durch  die 
Architekten  Bauque  und  Pio  in  den  Jahren 
1892—1893  entworfen,  besteht  das  Ge- 
bäude aus  Parterre,  einem  Stockwerke 
und  Mansarde.  Die  Architektur  ist  sowohl 
außen  als  innen  im  Stile  Louis  XVI.  aus- 
geführt; nur  für  das  Bibliothekszimmer 
kam  unter  Benützung  alter  Malereien  der 
Empirestil  zur  Verwendung.  Bauarea 
1421  m2,  verbaut  561  m2. 

Palais  der  Fürstin  Pauline  Metter- 
nich-Sändor,  III.,  Jacquingasse  35.  Das 
durch    die   Architekten  Bauque    und    Pio 

in  den  Jahren  1895 — 1896  erbaute  Haus  besitzt  eine  Fassade  im  Barockstil  und  umfaßt 
Souterrain,  Parterre  und  zwei  Stockwerke.  In  dem  gegen  die  Fasangasse  gelegenen  Trakte 
befinden  sich  die  Stallungen,  Remisen  und  Dienerwohnungen.  Grundfläche  1385  m2,  Baufläche 
736  m2. 

Palais  Graf  Vrints  (gegenwärtig  von  Redlich),  IV.,  Alleegasse  14. 1)  Erbaut  in  den  Jahren 
1887 — 1889  nach  den  Plänen  des  Architekten  Ludwig  Richter.  Das  aus  Souterrain,  Parterre 
und  zwei  Obergeschossen  bestehende  Gebäude  enthält  ein  reichausgestattetes  Stiegenhaus, 
Empfangsräume  und  einen  Tanzsaal.  Die  aus  Kaiser-  und  Margarethener  Stein  hergestellte  Fas- 
sade ist  bekrönt  durch  eine  Figurengruppe  von  Bildhauer  E.  Pendl.  Von  der  zirka  1500  m2 
messenden  Baufläche  sind  990  m2  verbaut.    Die  Baukosten  betrugen  626.500  K. 

Palais  des  Grafen  Lützow,  I.,  Giselastraße  13  (Abb.  605,  606).  Dieses  nach  Plänen  des 
Architekten  Karl  Freiherrn  von  Hasenauer  erbaute  Haus  enthält  im  Parterre,  Mezzanin  und 
im  ersten  Stocke  die  Dienerschafts-,  Wohn-  und  Festräume  des  Besitzers,  während  das  oberste 
Stockwerk  eine  herrschaftlich  ausgestattete  Mietwohnung  enthält.  Die  bei  teilweiser  Verwendung 
von  Haustein  in  Putz  hergestellte  Fassade  zeigt  die  Formen  italienischer  Hochrenaissance. 
Im  Inneren  ist  besonders  die  prachtvolle  Ausstattung  des  großen  Speisesaales  hervorzuheben. 


Abb.  606.     Palais  des  Grafen  Lützow,  I.,  Giselastraße  13. 


')  Wiener  Neubauten.  1890—1891. 


Theodor  Bach. 


II.  STÄDTISCHE  MIETHÄUSER. 


-Der  Bürger  Häuser  sind  hoch,  geräumig,  wohlgeziert,  gut  und  fest  gebaut;  ein  angenehmer  Hofraum, 
mächtige  Zimmer,  die  sie  Stuben  nennen  und  heizen,  denn  der  Winter  ist  sehr  rauh.  Überall  sind  Fenster 
von  Glas  und  Türen,  Gitter  meist  von  Eisen,  die  Vögel  singen  in  den  Stuben  und  man  erblickt  zahlreiches 

und  köstliches  Gerät.  Den  Rossen  und  jeder  Gattung  Zugvieh 
öffnen  sie  weite  Ställe.  Die  Häuser  tragen  ihre  Giebel  hoch, 
sie  sind  mit  Geschmack  und  Pracht  verziert,  meist  von  innen 
und  außen  bemalt,  durchaus  von  Stein,  die  Dächer  aber  leider 
meist  mit  Schindeln,  wenigere  mit  Ziegeln  gedeckt.  Wo  du  zu 
einem  Bürger  gehest,  meinst  du  in  eines  Fürsten  Haus  zu 
treten.  —  Die  Keller  sind  so  tief  und  so  weit,  daß  das  allge- 
meine Sprichwort  gilt,  es  gebe  ein  oberirdisches  und  ein 
unterirdisches  Wien.« 

So  schrieb  Aeneas  Sylvius  Piccolomini,  Geheimschrei- 
ber Kaiser  Friedrich  III.,  anno  1442  über  die  Häuser  Wiens1) 
und  wenige  Jahrzehnte  später  hat  Anton  de  Bonfinis  (in  des 
Matthias  Corvinus  Diensten)  einer  ähnlichen  Beschreibung 
noch  beizufügen:  »Die  Gewölbe  über  der  Erde  sind  den 
Apotheken,  Niederlagen,  Kramläden  und  Mietwohnungen  für 
Einheimische  und  Fremde  gewidmet.-)  Beide  erwähnen  noch 
der  Bilder  am  Äußeren  der  Häuser,  von  welchen  viele  Gebäude 
ihre  Bezeichnung  erhielten. 

Mit  diesen  und  ähnlichen  späteren  Schilderungen,  sowie 
einigen  noch  erhaltenen  Stadtansichten  müssen  wir  uns  be- 
scheiden, wenn  wir,  um  ein  Bild  der  Häuser  des  alten  Wien 
zu  erhalten,  die  Geschichte  unserer  Stadt  durchblättern.  Kein 
Künstler  fand  sich  durch  die  intimen  Reize  eines  Bürgerhauses 
zu  dessen  Darstellung  angeregt.  Die  Deutschen  und  Hollän- 
der, die  Franzosen  und  Niederländer,  sie  alle  hatten  Meister, 
die  es  nicht  verschmähten,  das  Volksleben  in  ernster  und 
heiterer  Zeit  mit  ihrem  Pinsel  darzustellen  und  uns  so  auch 
ein  Bild  der  Räume  zu  überliefern,  welche  dem  Bürger  als 
Heimstätte  dienten.  Die  vielfachen  Belagerungen,  denen  unsere 
Stadt  ausgesetzt  war,  die  Kämpfe,  die  ihre  Straßen  durch- 
tobten, ließen  nur  wenige  Wohnhäuser  in  ihrer  ursprünglichen 
Gestalt  bestehen,  so  daß  die  ältesten  noch  heute  existieren- 
den (z.  B.  Bäckerstraße,  Fleischmarkt,  Griechengasse)  nicht  weiter  als  bis  ins  17.  Jahrhundert  zurückreichen, 
wenn  auch  vielfach  einzelne  Teile  derselben  aus  früherer  Zeit  stammen. 

Eine  durchgreifende  Baubewegung,  welcher  die  innerhalb  der  Festungsmauern  liegende  Stadt  und  ein 
Teil  der  Vorstädte  teilhaftig  wurden,  war  der  nach  glücklich  abgewendeter  Türkengefahr  (1683)  eingetretenen 
Kunstblüte  (Kirchen  und  Paläste)  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  gefolgt.  Die  kleinen,  alten 
Wohnhäuser  verschwanden,  um  größeren  Platz  zu  machen,  welche  der  gewaltig  anwachsenden  Bevölkerung 
Unterkunft  bieten  sollten.  Insbesondere  waren  es  die  für  Wien  charakteristischen  »Höfe»,  welche  von  Hoch- 
stiften, Abteien3)  oder  weltlichen  Körperschaften,  vorerst  für  den  eigenen  Bedarf  errichtet,  später  Miet- 
zwecken zugeführt  wurden,  als  die  rasche  Zunahme  der  Bevölkerung  in  der  Vermietung  höchst  einträgliche 
Einnahmsquellen  erschloß.  Eines  der  bekanntesten  Gebäude  dieser  Art,  der  heute  noch  den  Zisterziensern 
gehörende  »Heiligenkreuzerhof«,  ist  in  der  durch  den  Umbau  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  geschaf- 
fenen Gestalt  fast  unverändert  erhalten.  Inmitten  des  belebten  I.  Bezirkes  (Grashofgasse-Drachengasse- 
Schönlaterngasse)  gelegen,  umschließt  derauf  einem  Areale  von  5459m2  erbaute  Komplex  von  Baulichkeiten, 
worunter  die  anno  1660  und  1730  erneuerte  Kapelle,  einen  freundlichen  Hof,  dessen  weltabgeschlossene 
Ruhe  an  längstvergangene  Zeiten  gemahnt.  Ein  charakteristisches  Beispiel  der  für  die  Bürgerhäuser  beliebten 
Bauweise  mit  offenen  Gängen  besitzen  wir  noch  in  dem  Hofe  des  Hauses  I.,  Fleischmarkt  17  (die  Fassade 
wurde  im  Jahre  1819  im  Geschmacke  der  Zeit  umgeändert),  einer  Stätte,  welche  insbesondere  dem  Handels- 
verkehr mit  der  Levante  gewidmet  war  (Sitz  der  Griechen,  Serben  etc.).     Später  erbauten  begüterte  Private 


Abb.  607.    Hof  des  Hauses  I.,  Fleischmarkt  17 


')  Deutsch  in  der  österreichischen  Chronik  des  Albrecht  von  Bonstetten,  Dechant  zu  Einsiedeln,  siehe  Hormayr,  „Wiens  Ge- 
schichte und  seine  Denkwürdigkeiten",  IX,  130. 

2)  Hormayr,  X,  36. 

3)  Melk,  Göttweih,  Heiligenkreuz,  Schotten  (Klosterneuburg),  St.  Polten  etc. 

26* 


404 


Wohngebäude. 


Abb.  608.     Heiligenkreuzerhof,  I.,  Grashofgasse. 


umfangreiche  Gebäude  (z.  B.  den 
Trattnernhof  1773—1776),  die 
gleich  von  vorneherein  für  Miet- 
wohnungen und  Kaufläden  be- 
stimmt waren.  Die  weitaus  größte 
Mehrzahl  der  noch  erhaltenen 
Miethäuser  damaliger  Zeit  ent- 
spricht unseren  heutigen  Begrif- 
fen von  Wohnlichkeit  durchaus 
nicht.  Bestand  eine  Wohnung 
doch  meist  aus  einer  nur  zufäl- 
ligen Aneinanderreihung  von 
Gelassen  verschiedenster  Grund- 
formen, bei  deren  Konzeption 
weder  der  günstigen  Verbindung 
noch  der  Zufuhr  von  Licht  und 
Luft  besonderes  Augenmerk  zu- 
gewendet worden  war. 

Ein  klassisches  Beispiel 
hierfür  gibt  uns  die  Beschreibung 
Grillparzers  von  der  Mietwoh- 
nung, in  der  er  seine  Kindheit 
verbrachte:  »Finster  und  trüb 
waren     die    riesigen    Gemächer. 

Nur  in  den  längsten  Sommertagen  fielen  um  die  Mittagszeit  einzelne  Sonnenstrahlen  in  das  Arbeitszimmer 
unseres  Vaters,  und  wir  Kinder  standen  und  freuten  uns  an  den  einzelnen  Lichtstreifen  am  Fußboden.  Ja 
auch   die  Einteilung  der  Wohnung  hatte  etwas  Mirakuloses  — «  u.  s.  w. 

Der  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  eingetretene  wirtschaftliche  Aufschwung  hatte  eine 
rege  Bautätigkeit  zur  Folge.  Hierbei  war  wohl  der  räumlichen  Ausgestaltung  etwas  mehr 
Aufmerksamkeit  zugewendet  worden,  doch  hatte  in  der  äußeren  Erscheinung  der  damals 
herrschende  Klassizismus  eine  Nüchternheit  erstehen  lassen,  welche  bei  dem  bürgerlichen 
Wohnhause  zur  gänzlichen  Formlosigkeit  führte.  Erst  die  nach  der  politischen  Umwälzung  in 
der  Mitte  des  Jahrhunderts  endlich  durchgeführte  erste  Stadterweiterung  ließ  einen  Wandel 
in  der  Baukunst  Wiens  eintreten.  Wenn  auch  die  auf  den  freigegebenen  Gründen  des  Festungs- 
gürtels in  der  Hast  massenhaft  errichteten  Spekulationsbauten  vorerst  ein  ideales  Wohnen  nicht 
gewährten,  so  schien  doch  der  Anstoß  zu  freierer  sachgemäßer  Entwicklung  des  Wohnhaus- 
baues nunmehr  gegeben.  Des  zu  dieser  Zeit  eingetretenen  Umschwunges  in  dem  Kunstleben 
unserer  Stadt  wurde  bereits  an  anderer  Stelle  dieses  Werkes  gedacht,  und  sei  hier  nur  her- 
vorgehoben, daß  die  neue  Ära  durch  die  Architekten  van  der  Null  und  Siccardsburg  einge- 
leitet wurde. 

Um  diesen  Werdegang,  den  eine  Reihe  von  Beispielen  uns  zeigen  soll,  richtig  beurteilen 
zu  können,  scheint  es  geboten,  vorerst  die  Bedingungen  kennen  zu  lernen,  welche  auf  die 
Gestaltung  des  Wohnhauses  von  Einfluß  sind.  Von  gleich  wichtiger  Bedeutung  für  alle  einem 
und  demselben  Zwecke  gewidmeten  Baulichkeiten  eines  Ortes  sind  die  klimatischen  Verhält- 
nisse, die  zur  Verfügung  stehenden  technischen  Hilfsmittel,  sowie  die  durch  die  Gesetze  be- 
züglich der  Errichtung  eines  Hauses  auferlegten  Verpflichtungen  und  Beschränkungen.  Maß- 
gebend für  den  Charakter  des  einzelnen  Objektes  sind  die  sozialen  Verhältnisse  der  Inwohner 
und  die  in  der  Lage  und  Konfiguration  des  Bauplatzes  gegebenen  örtlichen  Bedingungen. 

Das  Klima  Wiens  ist  charakterisiert 
durch  oft  unvermittelt  erfolgenden  Tem- 
peraturwechsel, nahezu  stets  bewegte  Atmo- 
sphäre und  häufige,  zum  Teil  sehr  heftige 
Stürme.  Sein  Einfluß  äußert  sich  in  den 
später  zu  besprechenden  konstruktiven  Maß- 
nahmen. Die  Baumaterialien  erscheinen 
schon  im  I.  Teil  behandelt  und  wäre  nur 
beizufügen,  daß  nahezu  sämtliche  für  den 
Bau  eines  Wohnhauses  in  Betracht  kom- 
menden Konstruktionsmaterialien  inländi- 
scher Provenienz  sind,  und  daß  nur  edlere 
Steingattungen,     Fliesen,     Hölzer    etc.     für 

Abb.  609.    Fattonsches  Haus,  Abb.  610.  Palais  Ephrussi,  I.,  Fran-        dekorative    Zwecke    VOU     aUSW'ärtS    bezogen 

I.,     Hegelgasse     13.     Erster  zensring  24.   Zweiter  Stock.  1:800.  j„„ 

stock.   1:800.  werden. 


Städtische  Micthäuscr. 


405 


Die    bau  gesetzlichen    Bestimmungen,    welche    als    ein 


GL  Gcschäftslokalc. 


\Y  Wohnzimmer.    V  Vorzimmer.     K  Küchen. 
D  Diener.    B  Bad. 


Abb.  611.    Ebenerd.     1:600. 

Thonet-Haus,  I., 


Abb.  612.    Erster  Stock.     1:600. 
Kärntnerstraße  12. 


SO- 


Kompromiß  zwischen  den 
Forderungen  des  allgemei- 
nen Wohles  und  den  Privat- 
interessen betrachtet  wer- 
den können,  sind  natur- 
gemäß von  maßgebendem 
Einflüsse  auf  die  Bauweise, 
zu  deren  besserem  Verständ- 
nis wir  einige  Bemerkungen 
über  die  „Bauordnung  für 
Wien"  (1883)  und  die  hier 
gebräuchlichen  Konstruktio- 
nen einfügen  müssen. 

In  den  bestehenden 
Normen  ist  den  Baubehör- 
den die  Möglichkeit  gebo- 
ten, einerseits  im  Interesse 
der  Allgemeinheit  liegende 
Verbesserungen  zu  veran- 
lassen, wie  dies  speziell  in  hygienischer  Beziehung  des  öfteren  geschieht,  anderseits  in  außer 
gewöhnlichen  Fällen  das  allgemeine  Wohl  nicht  schädigende  Erleichterungen  zu  gewähren,  welche 
unter  Umständen  erforderlich  sind,  um  einen  Bau  überhaupt  durchführen  zu  können.  Die  An- 
forderungen der  Hygiene,  der  persönlichen  Sicherheit  und  des  allgemeinen  Verkehrs  sowie 
auch  die  im  Hinblick  auf  das  Straßenbild  gebotenen  ästhetischen  Rücksichten  sind  in  den 
Vorschriften  in  zweifacher  Beziehung  zur  Geltung  gebracht.  Dieselben  enthalten  nämlich 
wohl  die  Bestimmungen  für  die  Gesamt- 
anlage des  Hauses  (Anordnung  der  Höfe, 
Wohnräume,  Kommunikationen,  Fassaden 
u.  s.  w.)  als  auch  für  die  Details  der  tech- 
nischen Durchführung  in  den  einzelnen 
Konstruktionsgliedern.  Von  den  ersteren 
sind  hervorzuheben  die  der  Hauptsache 
nach  sanitären  Anordnungen  über  die 
zulässige  Verbaubarkeit  im  horizontalen 
und  im  vertikalen  Sinne.  Es  besteht  in 
dieser  Hinsicht  eine  Einteilung  der  Stadt 
in  verschiedene  Verbauungszonen  nach 
den  unterschiedlichen  Zweckbestimmun- 
gen der  einzelnen  Gebiete  (siehe  Bd.  I). 
Im  allgemeinen  ist  nach  der  horizontalen 
Ausdehnung  ein  Mindestmaß  von  15u/0 
der  Area  als  unverbaut  zu  bleibende 
Fläche  festgesetzt.  Im  vertikalen  Sinne  kann 
bei  der  Maximalzahl  von  vier  Geschossen 
über  dem  Parterre  der  Fußboden  des 
letzten  Geschosses  bis  zu  20  m,  die  Haupt- 
gesimsoberkante bis  zu  25  m  über  dem 
höchsten  Punkte  des  Trottoirs  angelegt 
werden.  In  den  äußeren  Bezirken  sind, 
je  nach  den  Verbauungsgebieten,  eine 
geringere  Geschoßanzahl  und  auch  ge- 
ringere Geschoßhöhen  zugelassen.  Bezüg- 
lich der  Anlage  von  Wohnungen  besteht 
die  Vorschrift,  daß  die  Wohnräume  min- 
destens 3  m  Höhe  (Lichtmaß)  besitzen, 
leicht  ventilierbar  und  gut  erhellt  sein 
sollen.    In    den    äußeren   Bezirken  ist  die 

Zimmerhöhe       mit       2'60  Cm     noch      ZUge-  Abb.  613.    Thonet-Haus,  I.,  Stephansplatz. 


'■■&: 


406 


Wohngebäude. 


lassen.  Souterrainwohnungen  können  (aber  müssen  nicht)  in  der  Mehrzahl  der  Bezirke  gestattet 
werden. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Feuersicherheit  sind  Dachbodenwohnungen  in  Häusern,  deren 
letztes  Geschoß  20  m  über  dem  Terrain  liegt,  ausnahmslos  untersagt,  dagegen  ist  bei  feuer- 
sicherem Abschluß  gegen  den  eigentlichen  Dachboden  die  Anordnung  solcher  Lokalitäten 
unmittelbar  unter  Dach  gestattet,  deren  Bestimmung  diese  Lage  erfordert,  z.  B.  photographische 
oder  andere  Ateliers,  allenfalls  auch  Waschküchen  und  Trockenkammern. 

Bezüglich  der  Stiegen  und  Gänge  ist  die  Bestimmung  getroffen,  daß  man  vom  Dach- 
boden und  von  allen  Wohnungen  aus  mittels  feuersicherer  Treppen  zum  Hauseingange,  be- 
ziehungsweise ins  Freie  und  in  den  Keller  soll  gelangen  können.  Die  Fassung  dieser  Vor- 
schrift dürfte  in  der  künftigen  Bauordnung  vermutlich  eine  Erweiterung  dahin  erfahren,  daß 
insbesondere  auch  Bestimmungen  über  die  Anzahl  der  Treppen,  respektive  über  die  zulässige 

Maximalentfernung 
eines  Punktes  des 
Hauses  von  einer 
ins  Freie  führenden 
Treppe  aufgenom- 
men werden.  Die 
Gesamtanlage  des 
Gebäudes  ist  ferner 

noch  beeinflußt 
durch  die  Anord- 
nungen bezüglich 
der  Ausgestaltung 
des  straßenseitigen 
Teiles  des  Wohnge- 
bäudes. In  denselben 
finden  sowohl  die 
ästhetischen  Forde- 
rungen als  auch  die 
Ansprüche  des  Ver- 
kehres eine  entspre- 
chende Berücksichti- 
gung. Den  Platz 
oder  die  Straße  of- 
fenbarverunzierende 
Fassaden  werden  zur 
Ausführung  nicht  zu- 
gelassen; über  die 
Bauflucht  vortreten- 
de Gebäudeteile,  als: 

Risalite,  Portale, 
Sockel,  Erker,  Bal- 
kons u.  s.  w.,  unter- 
liegen der  fallweisen 
behördlichen  Bewil- 
ligung, und  ihre  nach 
Zahl  oderDimension 
ausgedehnte  Anwen- 
dung ist  nur  in  brei- 
ten Straßen  und  in 
den    Stadtteilen    mit 

freier  Bebauung 
(Vorgärten)       zuge- 
lassen. Für  einzelne 
bevorzugte   Platzan- 
lagcn,    so    z.  B.   die 

Abb.  615.    Philipphof,  I.,   Augustinerstraße  8.     Erster  Stock.     1:600.  Umgebung    dCS    Rat- 


Abb.  614.    Philipphof,  I.,  Augustinerstraße  8.    Ebenere!.     1:600. 


Abb.  616.    Philipphof,  I.,  Augustinerstraße  8. 


408 


Wohngebäude. 


hauses  und  der  Votivkirchc.  waren  zur  Erhöhung  der  architektonischen  Gesamtwirkung  die 
Gebäudesilhouetten  und  die  Anordnung  von  Arkaden  für  einzelne  Gebäudegruppen  vor- 
gezeichnet worden. 

Auf  die  einzelnen  Baukonstruktionen  übergehend,  haben  wir  mit  den  wichtigen  Be- 
stimmungen über  die  Herstellung  der  Mauern  zu  beginnen.    Sie    enthalten    die   genauen  An- 


Vierter  Stock.     1  :600. 


Abb.  617.     „Zum   Fenstergucker",    I.,    Kärntner- 
straße 49. 


Abb.  618.     Kaiserliches  Stiftungshaus,  I.,  Schottenring  7. 
Erster  Stock.     1:600. 


gaben  bezüglich  der  in  Wien  zur  Verwendung  gelangenden  Ziegel,  welche  in  vorzüglicher 
Qualität  erhältlich  sind.  Über  die  Zulässigkeit  anderer  Materialien  für  Stützkonstruktionen  ent- 
scheidet die  Baubehörde  fallweise.  Säulen  oder  Pfeiler  aus  sprödem  Steine  müssen  in  Räumen, 
welche  eine  größere  Menge  brennbarer  Substanzen  enthalten  (Geschäftslokale  und  Depots), 
Eisenkonstruktionen  jedoch  unter  allen  Umständen  mit  einer  schützenden  Hülle  von  Mauer- 
werk oder  Beton  umgeben  werden.  Hierdurch  findet  die  in  den  Wohn-  und  Geschäftshäusern 
Wiens  spärliche  Anwendung  sichtbarer  Eisenkonstruktionen  (diese  aus  der  Zeit  vor  Erlassung 
der  Umhüllungsvorschrift)  sowie  edler  Steingattungen  ihre  Erklärung. 

Die  durch  die  Bauordnung  Wiens  vorgeschriebenen,  im  Vergleiche  zu  den  verwandten 
Bestimmungen  anderer  Großstädte  bedeutenden  Mauerstärken  sind  nicht  nur  durch  das  ange- 
strebte hohe  Maß  von  Sicherheit  (und  wohl  auch  durch  das  übliche  große  Ziegelformat), 
sondern  bezüglich  der  Außenmauern  auch  durch  die  klimatischen  Verhältnisse  geboten,  wrelche 
einen  wirksamen  Schutz  gegen  Wind  erfordern.  In  den  alten  Bauordnungen  war  wegen  der 
massiven  Holzdecken  (Dübelböden)  für  jedes  Auflager  ein  15  cm  breiter  Mauerabsatz  vorge- 
sehen, so  daß  in  den  unteren  Geschossen  enorme  Mauerbreiten  resultierten.  Überdies  hatten 
diese  Mauern  die  großen,  schliefbaren  Rauchschlote  aufzunehmen.  An  die  Stelle  dieser  Schlote 
traten  die  engen  (nur  25  cm'2  weiten),  sogenannten  russischen  Rauchfänge,  welche  je  für  höch- 
stens vier  Feuerungen  geringen  Umfanges  eines  und  desselben  Stockwerkes  zu  dienen  haben. 

Die  Zwischen-  oder  Scheidewände  eines  Miethauses  erfordern  wegen  des  oftmals  not- 
wendigen Wechsels  in  der  Raumeinteilung  separate  Tragkonstruktionen  für  nahezu  jede  Wand. 
Dieser  Umstand  ließ  schon  seit  langem  die  Herstellung  feuerbeständiger  Zwischenwände 
wünschenswert  erscheinen,  die  sich  selbst  tragen  oder  bei  geringem  Gewicht  nur  billige  Trag- 
konstruktionen erfordern.  In  früheren  Zeiten  suchte  man  ein  Auskunftsmittel  in  beiderseits  mit 
Mörtel  verputzten  Holzwänden.  Jetzt  finden  Gipswände  in  den  verschiedensten  Herstellungsarten, 
Lochziegelwände,  Monier-Konstruktionen  oder  Korkziegelwändc  häufig  Anwendung. 


Städtische  Mictliäuscr. 


409 


Die  Fassaden  werden  selten  in  Stein,  zumeist  in  Putz  mit  der  Beschränkung  des  Steines 
auf  die  Architekturgliederungcn  oder  auch  ganz  in  Putz  hergestellt.  Für  Gesimse,  Verdachungen 
u.  s.  w.  kommen  Stein  oder  große  Gesimszicgel  zur  Verwendung.  Bei  Bauten  mit  weitausladenden 
Gesimsen  werden  diese  oft  zwischen  auskragenden  eisernen  Trägern  betoniert.  Plastische  Ver- 
zierungen (Ornamente,  Reliefs)  werden  bei  Putzbauten  in  Weißkalkmörtel  aufgetragen.  Für 
diese  Technik,  die  erst  seit  einigen  Jahren  wieder  in  Aufnahme  begriffen  ist,  haben  wir  an 
zahlreichen  noch  bestehenden  Gebäuden  des  18.  Jahrhunderts  außerordentlich  gute  Vorbilder. 
Terrakotta  wird  zur  Herstellung  von  Architckturteilen  nur  in  geringem  Maße  verwendet,  ob- 
gleich vorzügliches  Materiale  zu  Gebote  steht.  Neuester  Zeit  ist  die  Inkrustierung  der  Fassaden 
mit  glasierten  Fliesen  beliebt.  Die  Erfahrungen  über  diese  Dekorationsweise  sind  zu  jung,  als 
daß  ein  Urteil  über  die  Haltbarkeit,  insbesondere  an  exponierten  Stellen,  abgegeben  werden 
könnte. 

Sgraffito  und  Malerei,  die  im  Süden  so  beliebten  Schmuckmittel,  sind  bei  dem  Klima 
Wiens  nur  an  besonders  geschützten  Orten  von  Dauer,  und  somit  nur  an  wenigen  Gebäuden 
zu  finden.    Als  einziges  Beispiel    von  Sgraffitodekoration    kann,   da   wir   hier   von    den    öffent- 


Abb.  619.    Kaiserliches  Stiftungshaus,  I.,  Schottenring 


liehen  Gebäuden  absehen  müssen,  nur  die  Fassade  des  Hauses  Helferstorferstraße-Hohen- 
staufengasse  1 1/13-Schottenbastei  genannt  werden,  an  welcher  Architekt  E.  R.  von  Förster 
(1873)  diese  Technik  in  größerer  Ausdehnung  mit  reizvoller  Wirkung  zur  Anwendung  ge- 
bracht hat.  Polychrome  Malerei  sehen  wir  an  den  Häusern  „zum  goldenen  Becher"  und  „zur 
Weltkugel"    (Stephansplatz-Stock-im-Eisen).     In    dem    edelsten   Materiale,    das    für    die   farbige 


410 


Wohngebäude. 


Abb.  620. 
I.,  Kärntnerstraße  14. 
Erster  Stock.    1:600. 

Seh  Z  Schlafzimmer. 
FZ  Familienzimmer. 
H  Z  Herrenzimmer. 
Bd  Boudoir. 

S  Salon. 
Sp  Z  Speisezimmer. 
S  Z  Spielzimmer. 

T  Terrasse. 

K  Küche. 
D  Z  Dienerzimmer. 


Flächendekoration  zur  Verfügung  steht, 
dem  Mosaik,  ist  der  große  Figurenfries 
an  dem  Hause  I.,  Kärntnerstraße  16 
(Architekt  Hofmeier  und  Maler  Veith) 
ausgeführt,  das  einzige  Beispiel  dieser 
monumentalen  Wandbekleidung  im 
Wohnhausbau  Wiens  (siehe:  Hotels). 

Die  horizontalen  Raumtrennungen 
oder  Abschlüsse  haben  in  den  mannig- 
fachen Deckenkonstruktionen,  wel- 
che während  der  letzten  fünfzig  Jahre 
mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  zur  An- 
wendung gelangten,  eine  hohe  Ausbil- 
dung erfahren,  und  die  Techniker  sind  fortwährend  am  Werke,  weitere  Verbesserungen  zu 
ersinnen.  Nach  der  Bauordnung  bleibt  die  Wahl  der  Art  der  Deckenkonstruktion  dem  Bau- 
werber überlassen,  mit  der  Beschränkung,  daß  Souterraindecken  nicht  aus  Holz  hergestellt 
werden  dürfen.  Die  Decke  des  obersten  Geschosses,  welche  mit  der  Dachkonstruktion  nicht  in 
Verbindung  stehen  darf,  muß  feuersicher  belegt  sein.  Alle  hölzernen  Deckenkonstruktionen 
müssen  durch  eine  8  cm  starke  Schuttlage  von  dem  darüberliegcnden  Holzfußboden  isoliert  sein. 
Vor  einem  halben  Säkulum  war  in  dem  städtischen  Wohnhause  Wiens  der  Dübelboden 
mit  seiner  horrenden  Verschwendung  an  Holz  und  Mauerwerk  weitaus  die  gebräuchlichste  Art 
der  Deckenkonstruktion  (nebeneinanderliegende  behauene  oder  geschnittene  Bäume  durch  Dübel 
verbunden).  Die  gelegentlich  der  ersten  Stadterweiterung  eingetretene  rege  Bautätigkeit  brachte 
die  Tramdecke  in  Aufnahme,  welche  durch  ihr  geringeres  Gewicht  und  ihre  kleineren  Auf- 
lagerflächen geringere  Mauerstärken  gestattet,  ein  Moment,  welches  bei  den  mehrere  Stock- 
werke umfassenden  städtischen  Wohngebäuden  von  großer  ökonomischer  Bedeutung  ist.  Die 
oft  als  spezieller  Vorteil  des  Dübelbodens  gerühmte  Schalldichtheit  ist  in  demselben  Maße 
auch  bei  der  Tramdecke  durch  die  vorgeschriebene  Beschüttung  zu  erreichen. 


Abb.  621. 

Herrenhuterhaus, 
I.,   Neuer  Markt. 

Parterre.    1 :  600. 


Abb.  622. 

Herrenhuterhaus, 

I.,   Neuer  Markt. 

Vierter  Stock. 

1 : 600. 


Abb.  623.     Herrenhuterhaus,  I.,  Neuer  Markt. 


Städtische  Miethäuscr. 


411 


Abb.  625.    Wohn-  und   Geschäftshaus   der  k.  k.  priv.  Wechselseitigen 
Brandschaden-Versicherungsanstalt,  I.,  Wollzeile  39. 


Abb.  624.    Wohn- und  Geschäftshaus  der  k.k.  priv.  Wech- 
selseitigen   Brandschaden-Versicherungsanstalt,     [.,    Woll- 
zeile 39.    Ebenerd.     1 :  800. 

Die  Tramdecke  hatte  allerdings  bei 
forcierter  oder  unvorsichtiger  Bauführung 
oftmals  das  Anfaulen  oder  Ersticken  der 
eingemauerten  Tramköpfe  zur  Folge.  Um 
diesem  Übelstande  zu  begegnen  und  um 
an  Konstruktionshöhe  zu  sparen,  werden 
die  Träme  zwischen    eiserne  Träger,    auf 

deren  Unterflanschen  liegend,  eingeschoben.  Das  fortgesetzte  Bestreben,  die  größtmögliche 
Sicherheit  bei  geringster  Konstruktionshöhe  zu  erreichen,  führte  zu  der  Verwendung  feuer- 
sicherer ebener  Decken,  sowohl  der  zahlreichen  Arten  flacher  Patentziegelgewölbe,  der 
Gips-  oder  Zementplatten  zwischen  eisernen  Trägern,  als  auch  der  Agraffendecken  aus  Eisen 
und  Gips.  Die  Anwendung  des  armierten  Zementbetons  ist  erst  jüngsten  Datums  und  ge- 
langte im  Wohnhausbau  nur  in  verhältnismäßig  geringem  Umfange  zur  Ausführung.  Die  Bau- 
weise Hennebique,  welche  die  einheitliche  Durchbildung  ganzer  Konstruktionssysteme  in  Ständern, 
Tragbalken  und  Deckenfeldern  gestattet,  hat  sich  in  den  zehn  Jahren  ihrer  praktischen  Anwen- 
dungin Wien  rasch  eingebürgert.  Als  Beispiele  dieser  Bauweise  führen  wir  die  Häuser:  Bognerhaus 
(I.,  Bognergasse),  die  Häuser  der  Firma  Stibitz  (in  derselben  Gasse),  der  Firma  Hutter  &  Schrantz, 
der  Firma  Zacherl  und  der  k.  k.  priv.  Wechselseitigen  Brandschaden-Versicherungsanstalt  an.1)  Die 
Kosten  der  Decken  aus  armiertem  Beton  stellen  sich  nur  unbedeutend  höher  als  die  gewölbter 
Decken  zwischen  eisernen  Trägern,  auch  wenn  die  zur  Erzielung  der  ebenen  Untersicht  anzu- 
hängende Rabitz- 
decke  (welche  zu- 
gleich schall- 
dämpfend   wirkt) 

mitgerechnet 
wird. 

Das  als  Wär- 
meschutz        und 

Schalldämpfer 
über  der  Trag- 
konstruktion aus- 
gebreitete Be- 
schüttungsmateri- 
ale  wird  in  Wien 
meistenteils  dem 
Bauschutt  ent- 
nommen. Zur  Be- 
seitigung von  in 
demselben     etwa 


Abb.  626.    „Casa  piecola",  VI.,  Mariahilferstraße  lb,  c,  d.    Erster  Stock.     1:600. 


])  Näheres    siehe 
„Beton  und  Eisen".  1905. 


412 


Wohngebäude. 


Abb.  627.     „Casa  piecola",  VI.,  Mariahilferstraße  lb,c. 


enthaltenen  organischen  Substanzen  wird  die 
Durchleitung  giftiger  und  desinfizierender  Gase, 
sowie  die  Röstung  unter  hohen  Hitzegraden 
angewendet.  Leichte,  einwandfreie  Beschüttungs- 
materialien,  z.  B.  Kieselgur,  verursachen  relativ 
hohe  Kosten. 

Bezüglich  der  Dächer  bestehen  nur  die 
Vorschriften  der  feuersicheren  Eindeckung,  so- 
wie der  schon  erwähnten  Isolierung  von  der 
Deckenkonstruktion  des  obersten  Geschosses. 
Bei  Dachlängen  von  mehr  als  30  m  ist  der  Dach- 
bodenraum nach  der  ganzen  Breite  durch  Brand- 
mauern abzuteilen;  etwaige  Kommunikations- 
öffnungen in  denselben  sind  mit  eisernen,  selbst 
zufallenden  Türen  zu  versehen.  Bei  den  in 
Wohnhäusern  meist  nicht  bedeutenden  Spann- 
weiten ist  die  Konstruktion  des  Dachstuhles 
verhältnismäßig  einfach  und  noch  immer  nach 
den  verschiedenen  alten  Systemen  des  Holz- 
dachstuhles üblich.  Eiserne  Dachgerippe  werden 
der  Kostspieligkeit  wegen  zumeist  nur  bei  Ober- 
lichten (Stiegen,  Ateliers)  oder  in  besonderen 
Fällen  komplizierter  Grund-  oder  Aufrißform 
gewählt. 

Die  Dachdeckung,  welche  in  Berücksich- 
tigung der  herrschenden  Winde  eine  äußerst 
solide  sein  muß,  besteht  aus  Schiefer  (rheini- 
scher, französischer  oder  englischer,  bei  Wohn- 
häusern minderer  Kategorie  mährischer  oder 
schlesischer  Schiefer)  oder  aus  Falzziegeln  (in 
sehr  guter  Qualität  in  loco  erzeugt),  bei  expo- 
nierten Objekten  mit  Dachpappeunterdeckung; 


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Abb.  629.     „Zur   Weltkugel",   I.,   Stephansplatz   2.     Dritter  Stock. 
1 :  603. 


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J-,1,.,1,  1 


Abb.  62S.     „Zur  Weltkugel",  I.,  Stephansplatz  2. 


Abb.  630.     Haus  I.,  Stubenring  12.    Erster  Stock.     1:600. 


Städtische  Micthauser. 


413 


gewöhnliche  Dachziegel  (Taschen,  Biberschwänze)  werden  nur  selten  verwendet.  Die  in  Wien 
relativ  spät  (vor  zirka  20  Jahren)  eingeführten  Holzzementdächer  gewinnen  an  Verbreitung, 
hingegen  sind  die  verschiedenen  Arten  der  Blechschuppen,  Zement-,  Asbest-  etc.  Platten  nur  in 
vereinzelten  Fällen  zu  finden.  Die  Ableitung  des  Dachwassers  hat  gedeckt  in  die  Kanäle  zu 
erfolgen.  In  zweckmäßiger  Weise  werden  hierzu  die  Abortschläuche  benützt,  welchen  das 
Wasser  durch  überdeckte  Blechrinnen  oder  Steinzeugrohrc  innerhalb  der  Dachböden  zugeführt 
wird.  Dachtraufen  sind  zu  vermeiden;  gegen  das  Abrutschen  des  Schnees  sind  Schutzvor- 
richtungen  (Schncerechen)  anzubringen. 

Bezüglich  der  Treppen  enthält  das  Gesetz  die  schon  oben  erwähnte  Vorschrift  der  Feuer- 
sicherheit, ferner  Angaben  über  die  Stufendimensionen  (Minimum  der  Treppen-  und  der  Stufen- 
breite, Maximum  der  Stufenhöhe),  Geländerhöhen  und  Anhaltestangen.  Nebentreppen  dürfen 
aus  Holz  hergestellt  werden,  wenn  die  durch  sie  verbundenen  Räume  auch  über  eine  feuer- 
sichere Treppe  zugänglich  sind. 

Die  in  Wien  erhältlichen  Steinmaterialien  gestatten  die  Ausführung  von  Steintreppen  auch 
in  den  bescheidensten  Wohnhäusern.  Besonderer  Beliebtheit  erfreuen  sich  die  freitragenden 
Stiegen,  welche,  bei  nahezu  jeder  Grundrißform  des  Stiegenraumes  verwendbar,  eine  überaus 


Abb.  631.     Wohnhaus  I.,  Schotten- 
ring 21.    Ebenerd.     1:800. 


Abb.  632.    Wohnhaus  I.,  Schotten- 
ring 21.    Erster  Stock.    1:800. 


Abb.  633.  Wohnhaus 
■  IV.,  Schwindgasse  4.   ^^^^™ 
1  Erster  Stock.  1:600.   | 

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Wohn-     und 
I.,   Kärntner- 

Erster   Stock. 

:  600. 


ökonomische  Ausnützung  des  Bauplatzes  zulassen  und  überdies  ein 
leichtes,  gefälliges  Ansehen  bieten,  sich  jedoch  schon  öfter  als  nicht 
feuersicher  herausgestellt  haben,  da  sie  bei  starken  Bränden  leicht  ein- 
stürzen. Die  Materialien  für  Treppenstufen  sind  Karstkalke,  für  einfachere 
Treppen  Leithakalk,  für  Kellerstiegen  Granit  und  Sandstein,  letzterer  aus 
dem  Wienerwald.  Salzburger  und  Tiroler  Marmor  wird  in  ganzen  Stufen 
selten  verwendet,  öfter  (sowie  auch  Carrara)  als  Plattenbelag  auf  Eisen 
oder  Beton. 

Die  erwähnten  ungünstigen  Erfahrungen,  welche  mit  freitragenden 
Steinstiegen  bei  größeren  Feuersbrünsten  gemacht  wurden,  ließen  die  Be- 
schaffung anderer  Materialien  wünschenswert  erscheinen,  welche  bei  ent- 
sprechender Widerstandsfähigkeit  gegen  Bruch  und  Abnützung  eine  höhere 
Sicherheit  gegen  die  Einwirkung  des  Feuers  gewähren.  Die  in  dieser 
Absicht  erzeugten  Kunststein-  und  Betonstufen  (mit  und  ohne  Eisenein- 
lagen) haben  jedoch  bis  jetzt  nur  wenig  Anwendung  gefunden.  Beton- 
eisenkonstruktionen, welche  die  ganze  Treppe  als  eine  in  der  Umfassungs- 
mauer eingespannte  Platte  betrachten  lassen,  gelangten  im  Wohnhausbau 
bisher  nicht  zur  Ausführung.  Treppen  aus  Eisengerippe  mit  Steinplatten- 
belag finden  in  Wohnhäusern  der  hohen  Kosten  wegen  nur  dort  Anwen- 
dung, wo  konstruktive  Schwierigkeiten  von  Steinstufen  absehen  lassen. 
Ein  Beispiel  hierfür  bietet  die  freitragende  Stiege  in  dem  Hause  I.,  Stephans- 
platz Nr.  2,  welche  bei  schwachen  Umfassungsmauern  nur  auf  einigen 
Pfeilern  ruht. 

Im  Anschlüsse  hieran  seien  die  ebenfalls  den  Verkehr  zwischen  den 
Geschossen  vermittelnden  Aufzüge  erwähnt.  Zur  Personenbeförderung 
standen  früher  hydraulische  Aufzüge  in  Verwendung,  welche  sowohl  in 
der  Anlage  als  im  Betriebe  große  Kosten  verursachten  und  nur  in  wenigen 
bevorzugten  Gebäuden  angeordnet  wurden.  (Charakteristisch  hierfür  ist, 
daß  in  dem   1874  erschienenen  Technischen  Führer  durch  Wien,  der  viel- 


414 


Wohngebäude. 


fach  konstruktive  Details  erläutert,  und  auch  in  der  Bau- 
ordnung vom  Jahre  1883  die  Aufzüge  überhaupt  keine  Er- 
wähnung finden.)  Erst  mit  der  Nutzbarmachung  der  Elek- 
trizität zum  maschinellen  Betrieb  war  die  Möglichkeit  einer 
ausgedehnteren  Anwendung  von  Aufzügen  gegeben.  Der 
stetige  Fortschritt  in  der  Technik,  welcher  bei  erhöhter 
Sicherheit  nunmehr  die  Inbetriebsetzung  der  Maschine  ver- 
einfacht, und  überdies  billige,  nur  geringen  Raum  bean- 
spruchende Anlagen  gestattet,  bringt  es  mit  sich,  daß  jetzt 
in  vielen  Wohnhäusern,  auch  der  Vorstädte,  Personenaufzüge 
zur  Verfügung  stehen. 

Die  Konstruktion  der  Fenster  ist  durch  die  klimati- 
schen Verhältnisse  Wiens  (heftige  Winde)  bedingt.  In  dieser 
Hinsicht  sind  die  von  alters  her  überkommenen  doppelten 
Fenster,  deren  äußere  Flügel  in  der  Mauerflucht  liegen  und 
nach  außen  aufschlagen,  sehr  zweckmäßig,  für  die  Fassaden- 
wirkung jedoch  unvorteilhaft.  So  ist  denn  jetzt  ein  doppelter 
Verschluß,  dessen  sämtliche  Flügel  nach  innen  zu  öffnen 
sind,  die  usuelle  Ausführung.  Hierbei  werden  die  beiden 
Glasflächen  in  einem  Abstände  von  16  bis  20  cm  angeordnet, 
da  erwiesenermaßen  eine  weniger  tiefe  Luftschichte  (wie 
z.  B.  bei  aneinanderliegenden  Flügeln)  keinen  entsprechen- 
den Schutz  gewährt.  Schubfenster  bedingen  einen,  wenn 
auch  geringen  Spielraum  in  der  Führung,  werden  daher  mit 
Vorteil  nur  an  windgeschützten  Stellen  verwendet.  Die  Per- 
siennes,  hier  Jalousien  genannt,  und  Vorhänge  (Piachen) 
werden  am  Sturze  des  Fensterstockes,  oft  in  einem  über- 
höhten Kasten,  zwischen  den  beiden  Verschlußflächen,  an- 
gebracht. Rollbalken  aus  Holz  oder  Eisen,  vor  der  äußeren 
Glasfläche  liegend,  werden  meist  nur  dort  angewendet,  wo 
es  sich  um  besonderen  Schutz  handelt. 

Von  den  den  inneren  Ausbau  des  Wohnhauses  be- 
treffenden Einrichtungen  mögen  noch  die  auf  die  Feuer- 
stellen, die  Beleuchtung  und  die  Versorgung  mit  Wasser 
bezughabenden  Vorkehrungen  Erwähnung  finden. 

Gegenüber  den  älteren  Herdkonstruktionen  ist  mit 
dem  kompendiösen,  in  der  Benützung  Zeit  und  Geld  spa- 
renden Gasherde  ein  gewaltiger  Schritt  nach  vorwärts  getan. 
Derselbe  konnte  allerdings  bisher  noch  nicht  allgemein 
Eingang  finden,  da  erst  die  jüngster  Zeit  erfolgte  Verbilli- 
gung  des  Heizgases  (14  h  pro  Kubikmeter)  dessen  öko- 
nomische Vorteile  zur  Geltung  bringt.  Ebenso  steht  zu 
hoffen,  daß  die  alten  Öfen  (meist  Tonöfen)  nunmehr  durch 
die  Gasheizkörper  verdrängt  werden  und  somit  die  Ver- 
pestung der  Luft,  wenigstens  in  den  Wohnbezirken,  eine 
Verminderung  erfahre.  Zentralheizungen  gelangten  nur  in 
wenigen  größeren  Gebäuden  und  Wohnhausgruppen  zur 
Ausführung.  Die  Einbürgerung  der  Gasheizung,  welche  den 
individuellen  Bedürfnissen  der  Bewohner  besser  Rechnung 
tragen  läßt,  dürfte  künftighin  einer  häufigeren  Anwendung 
von  Zentralheizungen  entgegenstehen. 
In  der  Beleuchtungsfrage  wogt  noch  immer  der  Kampf  zwischen  Gas-  und  elektrischem 
Lichte,  und  es  wird  noch  geraume  Zeit  verstreichen,  bis  zu  den  hygienischen  Vorteilen  der 
elektrischen  Beleuchtung  sich  auch  die  ökonomischen  gesellen  und  so  dieser  zum  Siege  ver- 
helfen. Dermalen  ist  das  Gasglühlicht  noch  wesentlich  billiger  (Im3  Leuchtgas  19h)  als  das 
elektrische  Glühlicht,  wie  es  für  den  normalen  Wohnungsbedarf  in  Frage  kommt  (1  Hekto- 
watt 7  h).  Nur  dort,  wo  mit  den  sanitären  Forderungen  das  Bedürfnis  nach  Komfort  Hand 
in   Hand  geht,  verhilft  dies  dem  elektrischen  Lichte  zu  weiterer  Verbreitung. 


Abb.  635.     Fassadendetail  vom  Mattonihof. 


Abb.  636.     Mattonihof.    Erster  Stock.     1:600. 


Stadtische  Miethauser. 


415 


Die  Versorgung  der  Stadt  mit  Wasser  (siehe 
Bd.  I)  geschieht  seit  Ende  des  Jahres  1873  durch 
die  Hochquellenleitung.  Der  in  dem  Rohrnetz  herr- 
schende Druck  gestattet  die  Zuführung  des  frischen, 
klaren  Gebirgsqucllwassers  bis  in  die  höchstgelegenen 
Wohnungen  der  Stadt.  In  den  besseren  Wohngebäuden 
finden  wir  die  Auslaufmuscheln  in  den  einzelnen 
Wohnungen,  in  den  einfachen  Häusern  der  Vororte 
für  die  Bewohner  je  eines  Stockwerkes  gemeinsam 
auf  dem  Korridor.  Für  die  vorgeschriebene  Wasser- 
spülung der  Aborte,  sowie  für  die  Bäder  besteht  seit 
einigen  Jahren  eine  von  der  Trinkwasserleitung  ge- 
sonderte Nutzwasserleitung,  welche  bei  billigeren 
Konsumtaxen  die  Wohltat  erfrischender  Bäder  für 
weitere  Kreise  ermöglicht.  Die  Wasserbezugspreise  sind 
bereits  in  Bd.  I  besprochen. 

Die  Ableitung  der  Bade-  und  Spülwässer  hat 
unter  Anwendung  von  Geruchverschlüssen  (Siphons) 
zu  erfolgen.  Die  Entwässerung  wird  zumeist  durch 
glasierte  Steinzeugrohre  bewirkt,  seltener  durch  ge- 
mauerte oder  betonierte  Kanäle.  Die  einzelnen  Stränge 
sind  an  geeigneten  Stellen  mit  Reinigungsschächten  zu 
versehen.  Die  Führung  von  Ableitungen  unmittelbar 
unter  Parterrewohnräumen  wird  nur  ausnahmsweise 
und  unter  Vorschreibung  besonderer  Sicherungen 
(weitere,  undurchlässige  Umhüllungen)  gestattet.  Für 
die  Ventilation  der  Kanäle  ist  durch  über  Dach  ge- 
führte, vom  Mauerwerk  möglichst  isolierte  Rohre  oder 
Schachte  Vorsorge  zu  treffen.  Zu  diesem  Zwecke 
werden  die  Abortschläuche  über  Dach  geführt. 

Von  den  weiteren  technischen  Einrichtungen  eines  Wohnhauses  wäre  noch  der  Kehricht- 
abwurf  zu  nennen.  Dieser  besteht  aus  einem  Blech- oder  Tonschlauch  (innen  glasiert),  dessen 


Abb.  637.    Miethaus  VI.,  Magdalenenstraße. 
Mezzanin.     1:600. 


Abb.  638.    Wohnhausgruppe  VI.,  Magdalenenstraße. 


416 


Wohngebäude. 


Abb.  639.  „Zum] 

I.,  Bognergasse  ! 

Stock.    1:1 


unteres  Ende  mit  dem  Deckel  des  eisernen,  leicht  auswechselbaren  Kehricht- 
behälters verbunden  ist,  während  der  obere  Teil  behufs  Abzug  der  Gase 
über  Dach  geführt  werden  muß.  Die  Einwurftrichtcr  in  den  einzelnen 
Geschossen  sind  mittels  Klappen  verschließbar  einzurichten. 

Schließlich  haben  wir  noch  die  für  Stallungen  und  Futterkammern 
vorgeschriebenen  Maßnahmen  zu  erwähnen.  Diese  Räume  sind  mittels 
feuersicherer  Decken  gegen  die  darüberliegenden  Räume  möglichst  dicht 
abzuschließen  und  mit  entsprechenden  Dunstabzügen  zu  versehen.  Die 
Fußböden,  Wandverkleidungen,  Abzugskanälc  etc.  sind  derart  herzustellen, 
daß  eine  Infiltration  des  Bodens  und  der  Wände  vermieden  werde.  Fenster 
gegen  die  Straße  sind  mit  bleibendem,  luftdichtem  Verschluß  zu  versehen, 
demnach  als  Ventilationen  nicht  zu  benützen. 


Nachdem  wir  nun  die  für  alle  Wohnhäuser 
unserer  Stadt  in  gleichem  Maße  wichtigen  Be- 
stimmungen in  den  Hauptpunkten  kennen  gelernt 
haben,  erübrigt  noch,  uns  über  die  Art  des  Ein- 
flusses der  sozialen  und  lokalen  Verhältnisse  auf 
die  Gestaltung  des  Hauses  Klarheit  zu  verschaffen. 
Die  sozialen  Verhält  nisse  der  Bewohner 
kommen  in  ihren  Wohnungsbedürfnissen  zum 
Ausdrucke,  sie  geben  die  Basis  für  die  Zahl, 
Größe,  Gruppierung  und  Ausstattung  der  Woh- 
nungsbestandteile. Unser  städtisches  Wohnhaus 
bildet  das  Mittelglied  zwischen  dem  nur  einer 
begüterten  Familie  Raum  bietenden  Palais  und 
dem  zur  Unterbringung  einer  möglichst  großen 
Zahl  von  Menschen  auf  kleinstem  Räume  be- 
stimmten Miethause  letzter  Kategorie.  Für  die  vor- 
liegende Betrachtung  sind  die  Lebensbedingungen 
des  Mittelstandes  maßgebend,  der  genötigt  ist, 
sein  Heim  in  fremdem  Hause  aufzuschlagen.  Als 
Minimum  der  Forderungen  können  wir  zwei  bis 
drei  Wohnräume  mit  Vorzimmer,  Küche,  Magd- 
kammer und  Klosett  annehmen.  Daß  durch  An- 
reihung von  weiteren  Wohnräumen,  sowie  von 
Bad,  Garderobe,  Vorratskammern  etc.  die  mannig- 
fachsten Bereicherungen  und  Kombinationen  ein- 
treten können,  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  und 
wir  nähern  uns  mit  der  Steigerung  dem  reichen 
Einfamilienhause,  dem  Palais.  Vielfach  sind,  den 
unterschiedlichen  Anforderungen  Rechnung  tra- 
gend, in  ein  und  demselben  Objekte  Wohnungen 
verschiedener  Größe  in  der  Weise  untergebracht, 
daß  in  den  unteren  Stockwerken  eine  oder  wenige 
große,  in  den  oberen  mehrere  kleine  Wohnungen 
Platz  finden. 

Der  Einfluß  der  lokalen  Verhältnisse  ist 
der  Hauptsache  nach  gegeben  in  der  Situation 
des  Objektes  bezüglich  der  dasselbe  begrenzenden  öffentlichen  Verkehrswege.  Je  nach  Zahl 
und  Stellung  der  den  Straßen  zugewendeten  Hausfronten  haben  wir  Eckhäuser  (zwei  oder 
mehr  zusammenhängende  Straßenfronten)  und  Mittelhäuser  (mit  nur  einer  oder  zwei  getrennten 
Straßenfronten)  zu  unterscheiden.  Einzelnstehende  Objekte  sind  bei  der  Straßenführung  einer 
großen  Stadt  höchst  selten,  doch  können  wir  als  solche  die  Gruppenbauten  auffassen,  welche 
ein  architektonisch  einheitlich  durchgebildetes  Objekt  darstellen. 

Wir  wollen  nun  einige  für    die  Entwicklung    des   Wohnhausbaucs 
vier  Jahrzehnte  charakteristische  Beispiele  anführen. 


Abb.  640.  Schnitt  des  Bognerhauses,  I.,  Bognergasse  3.  1:300. 


während    der    letzten 


Städtische  Micthäuscr. 


417 


Eckhäuser. 

Aus  der  Zeit  der  ersten  Stadterweiterung  stammt  der 
Grundriß  (Abb.  609)  des  im  Jahre  1863— 1864  von  Wehren- 
fennig  erbauten  Fattonschen  Hauses,  I.,  Hegelgassc  13,  der 
uns  bei  intensiver  Grundausnützuno;  noch  deutlich  die  Spuren 
der  früher  üblichen  „mirakulosen"  Raumanordnung  erkennen 
läßt.  Gleichwohl  wurden  in  einer  Beschreibung  des  Hauses  ') 
die  Ausmaße  und  Verteilung  der  Räume  als  „den  Mietern 
in  jeder  Richtung  vollkommen  genügend"  bezeichnet.  In 
der  gleichen  Periode  (1863 — 1866)  entstand  die  Gruppe 
der  Häuser  am  Opernring  4  bis  10  2),  in  welchen  schon  eine 
von  Zufälligkeiten  befreite,  auf  bessere  Verwertung  der  Hof- 
räume abzielende  Grundrißdisposition  gewählt  wurde. 

An  der  Grenze  zwischen  dem  bürgerlichen  Wohnhause 
und  dem  Palais  stehend,  zeigt  das  im  Jahre  1872  von  Meister 
Hansen  erbaute  Palais  Ephrussi,  I.,  Franzensring  24 3),  einen 
architektonisch  durchgebildeten  Grundriß  (Abb.  610);  in 
seiner  Fassade  gibt  es  ein  Beispiel  des  damals  herrschenden 
Eklektizismus,  welches  für  viele  weitere  Bauten  vorbildlich 
wurde.  Die  Raumdisposition  hatte  den  verschiedensten  An- 
forderungen Rechnung  zu  tragen.  Im  Parterre  waren  Ge- 
schäftslokale unterzubringen,  im  ersten  Stocke  die  Wohnung 
des  Hausherrn  (mit  separater  Stiege),  während  die  oberen 
Stockwerke  behufs  besserer  Verwertung  als  Mietwohnungen 
auszugestalten  waren.  Wir  sehen,  daß  in  diesem  nur  für  den 
begüterten  Mittelstand  bestimmten  Gebäude  der  Komfort  der 
Badezimmer  nur  in  den  unteren  Stockwerken  besteht. 

Ein  vollständig  anderes  Bild  gibt  uns  das  in  dem  be- 
lebtesten Geschäftsviertel  der  Stadt  in  den  Jahren  1875 — 1876 
von  Fellner  und  Helmer  erbaute  Thonetsche  Haus  I.,  Kärnt- 
nerstraße 12  (Abb.  611,  612). 4)  Die  unteren  Geschosse 
sind  in  eminent  praktischer  Weise  zu  Geschäftszwecken  aus- 
genützt, während  die  oberen  Stockwerke  die  Wohnungen 
in  klarer,  zweckmäßiger  Einteilung  enthalten.  In  diesem  Ob- 
jekte besitzen  wir  das  einzige  Beispiel  einer  in  der  äußeren 
Erscheinung  zum  Ausdrucke  gebrachten  Eisenkonstruktion 
der  Pfeiler.  (Wenige  Jahre  später,  wurde  für  Neubauten  die 
Umhüllung  der  konstruktiven  Eisenteile  vorgeschrieben, 
welche  eine  architektonische,  die  statische  Funktion  versinn- 
lichende  Durchbildung  unmöglich  macht.)  Die  Steinpfeiler 
des  Parterres  sind  mit  poliertem  Granit,  die  Mauerflächen 
der  Obergeschosse  mit  Marmor  verkleidet. 

Das  Thonetsche  Haus  an  der  Ecke  Stephansplatz- 
Rotenturmstraße -Brandstätte,  von  den  Architekten 
Fellner  und  Helmer  im  Jahre  1883  erbaut,  enthält  außer 
den  Geschäftsräumlichkeiten  des  Eigentümers  (Fabrik  von 
Möbeln  aus  gebogenem  Holze)  noch  andere  Verkaufsläden, 
ferner  in  den  oberen  Stockwerken  Bureaux  und  Wohnungen. 
Die  hierdurch  bedingte  Mittelstellung  des  Gebäudes  zwischen 
Wohn-  und  Geschäftshaus  kommt  in  der  Grundrißlösung 
sowie  auch  in  der  architektonischen  Durchbildung  (Abb.  613) 
zum  Ausdruck.  Das  Areale  umfaßt  512  m2,  von  welchen 
482  m'2  mit  zwei  Kellern,  dem  Parterre  und  fünf  Stock- 
werken verbaut  sind.  Das  letzte  Geschoß  ist  in  der  äußeren 


ULM  J 


Abb.  641.     „Zum  Bogner",  I.,  Bognergasse  3. 


')  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1868,  1869. 
:)  Allgemeine  Bauzeitung.  1865. 
3)  Allgemeine  Bauzeitung.  1874. 
*)  Allgemeine  Bauzeitung.  1877. 

Bd.  II. 


Abb.  642.     Wohn-  und  Geschäftshaus 
I.,  Wipplingerstraße  12. 

27 


418 


Wohngebäude. 


Abb.  643.     Ebenerd.  Abb.  644.     Erster  Stock. 

WZ  Wohnzimmer.    Sp  Z  Speisezimmer.  SZ  Schlafzimmer.  V  Vor- 
zimmer.   K  Küche.     B  Bad.    DZ  Dienerzimmer. 

Wohn-  und  Geschäftshaus  f.,  Wipplingcrstraße  12.    1:600. 


Erscheinung-  als  Mansarde  in  das  hohe  Dach 
einbezogen,  um  die  bedeutende  Gebäudehöhe 
und  Geschoßzahl  wenigstens  scheinbar  zu 
verringern.  Das  Parterre  und  erste  Stockwerk 
erhielten  eine  Blendarchitektur  aus  Eisen, 
grünem  schwedischen  Granit  und  poliertem 
Istrianer  Marmor.  Hervorzuheben  ist  die  Figu- 
rengruppe an  der  Ecke  unter  dem  Erker  von 
Bildhauer  Professor  Weyr.  Die  Fassaden  der 
übrigen  Stockwerke  sind  in  reichen  Formen 
aus  Sandstein  von  angenehmer  warmer  Farbe 
hergestellt.1) 

Durch  die  interessante  Grundrißlösung 
sowohl  als  auch  durch  die  architektonische 
Ausgestaltung  hervorragend,  nimmt  der  in 
den  Jahren  1883—1884  erbaute  Philipphof, 
I.,  Augustinerstraße  8-Tegetthoffstraße  10-Füh- 
richgasse  (Abb.  614  bis  616)  auch  als  ein 
Beispiel  eines  von  allen  Seiten  freistehenden 
Wohngebäudes  eine  exzeptionelle  Stellung 
ein.  Der  Architekt,  Professor  Karl  König,  hatte 
außer  der  Schwierigkeit,  welche  die  abnorme 
Grundkonfiguration  bot,  auch  noch  die  hetero- 
genen Zweckbestimmungen  der  einzelnen  Ge 
schosse  zu  überwinden.  Im  Hauptgeschosse 
(erster  Stock)  und  in  einem  Teile  des  Mezzanin  (Zwischengeschoß  zwischen  Parterre  und 
erstem  Stocke)  waren,  über  eine  gesonderte  Treppe  zugänglich,  die  Repräsentations-  und 
sonstigen  Räume  des  österreichischen  Jockey-Klub  unterzubringen,  wogegen  die  oberen  Stock- 
werke Mietwohnungen  aufzunehmen  hatten.  Das  Parterre  enthält  Geschäftslokale  und  eine 
Restauration.  Im  Souterrain  haben  die  Klub-  und  die  Restaurationsküchen  nebst  anderen  Office- 
und  Depotlokalitäten  Raum  gefunden.  Das  in  den  verschiedenen  Partien  reizvolle  Innere  des 
Hauses  zeigt  durchwegs  eine  gediegene,  auch  in  den  reich  dekorierten  Klubräumen  maßvolle 
Ausstattung. 

Als  Typus   des  den  Mietverhältnissen    in    den    belebten   Straßen    der    Innern   Stadt    ent- 
sprechenden Hauses  können  wir  das  Haus  „Zum  Fenstergucker",  I.,  Kärntnerstraße  49  (Abb.  617). 

bezeichnen.  Von  Architekt 
Ludwig  Tischler,  dem  unsere 
Stadt  viele  zweckmäßige 
Wohnhausanlagen  verdankt, 
im  Jahre  1 886  erbaut,  enthält 
das  Gebäude  im  Parterre 
und  Souterrain  ein  Kaffee- 
haus, in  den  Stockwerken 
durchwegs  Wohnungen.'-) 
Eines  der  hervorra- 
gendsten Gebäude  Wiens 
ist  noch  an  dieser  Stelle 
zu  nennen,  das,  wenn- 
gleich ein  Monumentalbau 
im  wahrsten  Sinne  des 
Wortes,  füglich  den  bürger- 
lichen Wohnhäusern  zuge- 
zählt werden  darf,  nämlich 
das  Stiftungshaus,  auch 
„Sühnhaus''  genannt,  I.. 
Schottenring  7  (Abb.  618. 


Abb.  645.    Wohnhausgruppe  I..  Börsc-Werdcrtor-Ncutor-Eßlinggasse.    Zweiter  Stock.    1  :  600. 


')  Baugcwcrk-Zeitung.  1SSS. 
=)  Allgemeine  Bauzeitung.  1SS9. 


Städtische  Mictlinuscr. 


419 


TT-T1 


!WrLir 


Abb.  646.     „Heinrichshof",  I.,  Opernring.     Erster  Stock.     1:800. 


öl 9).  welches  wir  der  Fürsorge 
unseres  Kaisers  verdanken.  An 
der  Stelle  des  am  8.  Dezember 
1881  abgebrannten  Ringthea- 
ters durch  Dombaumeister 
Friedrich  Schmidt  1885  erbaut, 
hatte  es  über  Wunsch  des  kai- 
serlichen Bauherrn  an  hervor- 
ragenderStellc  eineGedächtnis- 
kapelle  zu  enthalten.  Um  diese 
gruppieren  sich,  auch  in  der 
äußeren  Erscheinung  vollstän- 
dig gesondert,  die  Mietwohnun- 
gen, deren  Erträgnis  verschie- 
denen    wohltätigen    Zwecken 


gewidmet  ist.  Die  schwierige 
Aufgabe,  eine  würdige  Andachtstätte  in  Verbindung  mit  einem  nutzbringenden  Miethause  zu 
schaffen,  hat  durch  Meister  Schmidt  eine  eigenartige  Lösung  gefunden.  Das  Hauptmotiv  der 
geistvoll  gegliederten  Gesamtkomposition  bildet,  in  der  Mitte  der  Ringstraßenfront  liegend,  die 
Kapelle.  In  dieser  steht  an  der  Außenwand  unter  dem  großen  farbigen  Fenster  der  Altar, 
während  der  Rückwand  eine  von  Säulen  getragene  Empore  vorgelegt  ist.  Die  reich  bemalten 
Gewölbe,  der  ernste  Freskenschmuck  der  Wände  mit  dem  Goldmosaik  der  Altarwand,  harmo- 
nisch ergänzt  durch  den  farbigen  Marmorbelag  des  Fußbodens,  gewähren  einen  überaus 
stimmungsvollen  Gesamteindruck.  Daß  auch  in  den  Wohnungen  durchwegs  auf  gediegenste 
Ausführung  bei  Komfort  und  reicher  Ausstattung  (Holzplafonds  unter  gewölbten  Decken)  Be- 
dacht genommen  wurde,  erscheint  bei  dem  Charakter  des  Gebäudes  selbstverständlich. ') 


Abb.  647.     „Heinrichshof",  I.,  Opernring. 

Von  drei  Seiten  freistehend,  enthält  das  von  Professor  Karl  König  in  den  Jahren  1895 
bis  1896  erbaute  Haus  I.,  Neuer  Markt  1-Kupferschmiedgasse-Kärntnerstraße  14  (Abb.  620) 
bei  intensiver  Verbauung  durchwegs  gut  belichtete  Räume.  Obzwar  reicher  durchgebildet,  als 


')  Allgemeine  Bauzeitung.  1887. 


420 


Wohngebäude. 


allgemein  üblich,  gewähren  die  im  Parterre  und  Mezzanin  untergebrachten  Geschäftslokalitäten, 
sowie  die  Wohnungen  in  den  Stockwerken  ein  reichliches  Erträgnis. 

Das  Wohn-  und  Geschäftshaus  „Zum  Herrnhuter",  I.,  Neuer  Markt  (Abb.  621  bis  623), 
wurde  in  den  Jahren  1900 — 1901  vom  Architekten  Julius  Mayreder  erbaut.  Im  Souterrain, 
Parterre  und  Mezzanin  ist  das  Leinen-  und  Modewarengeschäft  „Zum  Herrnhuter"  untergebracht. 
Die  übrigen  Geschosse  enthalten  je  zwei  Mietwohnungen,  im  Dachgeschosse  sind  Arbeits- 
und Lagerräume  für  die  Firma  angeordnet.  Vom  Souterrain  bis  Mezzanin,  also  durch  drei  Ge- 
schosse, ruht  das  Gebäude  gassen-  und  hofseitig  auf  Granitpfeilern,  die  Mittelmauer  auf  mit 
Beton  umhüllten  Eisenständern.  Sämtliche  Decken  sind  Monier-Konstruktion  auf  Traversen.  Der 
Dachstuhl  ist  ebenfalls  aus  Eisen  hergestellt.  Die  den  Aufbau  am  Neuen  Markt  zierenden 
Figuren  wurden  von  Professor  Hans  Bitterlich  modelliert.  Da  der  Haupthof  des  Hauses  voll- 
ständig überbaut,  daher  für  Reparaturen  nur  schwer  zugänglich  ist,  wurden  seine  sämtlichen 
Wandflächen  mit  glasierten  Steinzeugplatten  belegt.  Das  Gebäude  ist  mit  Zentralheizung  aus- 
gestattet; auch  ist  eine  Nutzgasleitung  neben  dem  Beleuchtungsnetz  vorgesehen,  so  daß  jedes 
Zimmer  auch  mittels  Gas  beheizt  werden  kann. 

K.  k.  priv.  Wechselseitige  Brandschaden-Versicherungsanstalt,  I.,  Wollzeile  39  (Abb.  624, 
625).  Dieses  nach  den  Plänen  des  Architekten  L.  Simony  in  den  Jahren  1902 — 1903  für  die 
Zwecke  der  Anstalt  errichtete  Gebäude  bedeckt  eine  Grundfläche  von   l040T2m2.    Der  hohe 

Preis  des  Baugrundes 
zwang  den  Architek- 
ten zu  intensiver  Aus- 
nützung des  Gebäu- 
des, insbesondere  im 
Hinblick  auf  die  For- 
derung nach  getrenn- 
ten Eingängen  und 
Stiegenhäusern  für  die 
Wohnungen  und  die 
Bureaux  der  Anstalt. 
Bemerkenswert  ist, 
daß  die  im  Erdge- 
schosse, Mezzanin  und 
ersten  Stocke  mit  je 
1 5  m2  dimensionierten 
Lichthöfe  im  zweiten 
und  dritten  Stocke 
sich  auf  je  2L65m2,  im  Dachgeschosse  auf  27'63  m2  erweitern.  Dieser  Anordnung  in  Ver- 
bindung mit  seitlichen  Oberlichten  ist  auch  die  zufriedenstellende  Beleuchtung  des  Treppen- 
hauses (für  die  Anstalt)  zuzuschreiben,  in  welches  bis  in  das  Parterre  direktes  Himmelslicht 
gelangt.  Die  Bureaux  der  Anstalt  sind  in  das  Mezzanin,  den  ersten  Stock  und  einen  Teil 
des  Erdgeschosses  verlegt,  im  zweiten  und  dritten  Stocke  befinden  sich  Wohnungen,  in  dem 
anderen  Teil  des  Erdgeschosses  Verkaufsläden.  Dem  schlichten,  aber  durch  glückliche  Ver- 
teilung des  Ornamentes  und  des  Reliefs  würdigen  Äußeren  des  auf  drei  Seiten  freistehenden 
Gebäudes  entspricht  die  einfache  und  maßvolle  Ausschmückung  der  Innenräume.  Die  Bau- 
kosten betrugen  einschließlich  der  Personen-  und  Lastenaufzüge  und  der  Zentralheizung  für 
einen  Teil  der  Bureaux  630.000  K. 

Wohn-  und  Geschäftshausgruppe  „Casa  piecola",  VI.,  Mariahilferstraße  1  b,  1  c 
und  1  d  (Abb.  426,  427).  Diese  durch  die  Wiener  Baugesellschaft  nach  den  Plänen  der  k.  k.  Bau- 
räte Theodor  Bach  und  f  Karl  Schumann  errichtete  Baugruppe  ist  durch  die  Verbauung  des  alten 
Wohnhauses  „Casa  piecola"  und  eines  Teiles  des  ehemaligen  Metzenhauses  entstanden.  Sie 
besteht  aus  drei  getrennten  Wohn-  und  Geschäftshäusern,  welche  sich  trotz  der  angestrebten 
Gruppenwirkung  durch  verschiedenartige  Fassadengestaltung  auch  im  Äußeren  kennzeichnen. 
Die  Parterre-  und  Mezzaningeschosse  enthalten  Geschäftslokalitäten,  das  Eckhaus  im  Parterre 
ein  reich  ausgestattetes  Kaffeehaus.  In  den  Obergeschossen  sind  Wohnungen  angeordnet.  In- 
folge der  Tiefenlage  der  Rahlgasse  gegen  die  Mariahilferstraße  (Niveaudifferenz  7  m)  ergaben 
sich  in  den  rückwärtigen  Teilen  der  Häuser  unter  dem  Parterre  noch  zwei  Geschosse,  welche 
als  Magazine  und  Geschäftsräume  Verwendung  finden.  Die  exponierten  Teile  der  vornehm- 
lich in  Putz  ausgeführten  Fassaden,  insbesondere  die  Attikagalerien,  deren  Postamente  Vcntila- 


Abb.  64S.     .Kärntnerhof-,  I.,  Kärntnerstraße.     Ebenerd.     1  :  S00. 


Städtische  Miethäuscr. 


421 


tionsschläuchc  enthalten,  wurden  in  Haustein  ausgeführt.  Der  an  der  Ecke  der  Mariahilfcr- 
straße  und  der  Rahlgasse  postierte  turmartige  Aufbau  erreicht  eine  Höhe  von  50  m  über  dem 
Niveau  der  Mariahilferstraße.  Die  Bauarca  der  Häuser  1  b,  1  c  und  ld  beträgt  912,  902,  be- 
ziehungsweise 889  m-. 

Hier  möge  auch  eines  der  nach  der  Grundausdehnung  kleinsten  Häuser  der  Innern 
Stadt  Erwähnung  finden.  An  der  Ecke  Stephansplatz  2-Stock-im-Eisenplatz  1  im  Jahre  1897 
durch  von  Wielemans  und  Leonhard  erbaut,  bildet  das  Haus  „Zur  Weltkugel"  (Abb.  628,  629) 
ein  Monument  des  Wiener  Lokalpatriotismus.  Es  hatte  nämlich  eine  Zahl  opferwilliger  Bürger  mit 
Unterstützung  des  Stadterweiterungsfonds  die  Freigebung  eines  großen  Grundteiles  des  früher 
an  dieser  Stelle  bestandenen,  weit  vorragenden  Hauses  erkauft,  um  den  Anblick  des  Stephans- 
turmes vom  „Graben"  aus  für  alle  Zeiten  frei  zu  halten.  Bei  der  geringen  horizontalen  Ausdehnung 
und  exponierten  Lage  des  Objektes  wurde  dasselbe  in  der  äußeren  Erscheinung  dem  von 
Wielemans  im  Jahre  1881  erbauten  Hause  „zum  goldenen  Becher"  (Hotel  Royal)  angegliedert. 
Wegen    des    beschränkten  Raumes   mußte  die  Treppe  freitragend  in  Eisen  konstruiert  werden. 

Schließlich  sei  noch  der  Grund- 
riß des  vom  Architekten  Goldschlä- 
ger im  Jahre  1905  erbauten  Hauses 
I.,  Stubenring  12  wegen  seiner 
glücklichen  Lösung  hier  vorgeführt 
(Abb.  630). 


Abb.  649.     Wohnhausgruppe  IX.,  Maximilianplatz  14.    Ebenere).     1:800. 


Abb.  650.     Wohnhaus  Maximilianplatz  14. 
Erster  Stock.    1:800. 


Mittelhäuser. 

Der  Grundriß  des  von  Claus  und  Groß  im  Jahre  1883  erbauten  Wohn-  und  Geschäfts- 
hauses I.,  Kärntnerstraße  5  läßt  uns  die  Schwierigkeiten  erkennen,  welche  die  ungünstige, 
in  Wien  sehr  häufige  Parzellenform  dem  Architekten  bereitet.  Souterrain,  Parterre  und  Mezzanin 
enthalten  die  Lokalitäten  einer  Porzellanwaren-Niederlage,  darüber  türmen  sich  die  Miet- 
wohnungen auf.  Nachdem  der  Bauherr,  zugleich  Geschäftsinhaber,  keinen  Raum  des  Parterres 
für  den  Hausbesorger  opfern  wollte,  mußte  derselbe  unter  dem  Dache  untergebracht  werden; 
eine  Lösung,  welche  derzeit  durch  die  Bauordnung  nicht  mehr  zugelassen  wird')  (Abb.  634). 

Als  Beispiel  eines  eingebauten  Miethauses  mit  Herrschaftswohnungen  kann  das  Wohnhaus 
Sturany,  I.,  Schottenring  21  (Architekten  Fellner  und  Helmer,  Abb.  631,  632),  dienen.  Im 
ersten  Stocke  ist  nur  Eine  herrschaftliche  Wohnung  untergebracht,  während  der  zweite  und  dritte 
Stock  auf  je  zwei  Wohnungen  abgeteilt  sind,  von  denen  die  kleinere  durch  einen  über  den  Hof 
geführten  Verbindungsgang  zugänglich  ist.  Die  Fassade  dieses  Hauses,  in  Haustein  ausgeführt, 
ist  in   vornehmer  Barockarchitektur  gehalten  und    reich    mit    figuralem   Schmuck  ausgestattet.2) 

Auch  das  Haus  des  Herrn  Baumgarten,  IV.,  Schwindgasse  4,  im  Jahre  1881  durch 
Architekten  V.  Rumpelmayer  sen.  in  vornehmer  Barockarchitektur  erbaut,  ist  ein  gutes  Beispiel 
eines  herrschaftlichen  Miethauses  (Abb.  633). 

Eine  originell  durchgebildete  Fassade  schuf  Korompay  mit  dem  im  Jahre  1886  erbauten 
„Mattonihof",   I.,  Tuchlauben  12.  Auf  der  Stätte  des  ersten  in  Wien  der  Musikpflege  gewidmeten 


l)  Allgemeine  Bauzeitung.  1884. 

-)  Handbuch  der  Architektur.  Bd.  II,  Teil  IV. 


422 


Wohngebäude. 


Abb.  651.     Gebäudegruppe  am  Maximilianplatz. 


Gebäudes  (Haus  der  Gesellschaft  der  Musikfreunde,  1830)  erbaut,  erfuhr  es  durch  Architekt  Karl 
Haybäck  in  den  letzten  Jahren  eine  Umgestaltung  durch  einen  Zubau,  so  daß  das  Haus  nun- 
mehr eine  Straßenecke  bildet.  Die  ungünstigen  Grundverhältnisse  erforderten  13  m  tiefe  Funda- 
mente, bei  deren  Herstellung  man  Teile  einer  römischen  Stadtmauer  aufdeckte.  Die  bedeutende 
Tiefe  konnte  für  Zwecke  des  Hauseigentümers  (Mineralwasserversandt  H.  Mattoni)  als  drei- 
geschossiger Lagerkeller  ausgenützt  werden  (Abb.  635,  636). 

Interessant  und  architektonisch  durchgebildet  ist  der  Grundplan  eines  Wohnhauses  neueren 
Datums  und  modernster  Erscheinung.  Dieses  von  Professor  Otto  Wagner  1898  in  der 
Magdalenenstraße  40  (VI.  Bezirk)  erbaute  Objekt  bietet  sowohl  in  künstlerischer  als  auch  in 
technischer  Hinsicht  vielfach  interessante  Details,  auf  welche  einzugehen  hier  jedoch  zu  weit 
führen  würde1)  (Abb.  637,  638). 

Ein  Beispiel  guter  Ausnützung  eines  kleinen  Baugrundes  unter  Anwendung  moderner 
Baukonstruktionen  bildet  das  Haus  „Zum  Bogner",  I.,  Bognergasse  3  (Abb.  639  bis  641),  welches 
an  Stelle  eines  fast  100  Jahre  alten  Hauses  im  Jahre  1902  durch  die  Architekten  Franz  Freiherrn 
von  Krauß  und  Josef  Tölk  zur  Ausführung  gelangte.  Nach  Abtretung  der  zur  Straßenverbreiterung 
erforderlichen  Flächen  verblieb  eine  Baufläche  von  rund  229  m2,  wovon  212  m2  zur  Ver- 
bauung gelangten.  Die  Frontlänge  in  der  Bognergasse  beträgt  14'28m,  in  der  Naglergasse 
ll-86m.  Das  Haus  enthält  drei  Geschosse  für  Geschäftslokale  und  vier  Wohngeschosse  mit 
je  einer  Wohnung.  Das  Mittelzimmer  gegen  die  Bognergasse  wurde  durch  einen  090  m  aus- 
ladenden, die  ganze  Zimmerbreite  einnehmenden  Erker  entsprechend  vergrößert.  Sämtliche 
Deckenkonstruktionen  wurden  in  armiertem  Beton,  System  Hennebique,  ausgeführt.  Die  Bau- 
kosten beliefen  sich  auf   165.000  K,  somit  per   1  m2  verbaute  Fläche  auf  778  K. 

Bei  der  Planung  des  Wohn-  und  Geschäftshauses  (.,  Wipplingerstraße  12  (Abb.  642  bis  644), 
das  im  Jahre  1901  durch  die  Wiener  Baugesellschaft  nach  dem  Entwürfe  ihres  Chefarchitekten 
Theodor  Bach  errichtet  wurde,  mußte  auf  die  tunlichste  Ausnützung  jenes  Teiles  des  Bau- 
platzes Wert  gelegt  werden,  dem  der  Vorteil  der  18jährigen  Steuerfreiheit  zukommt.  Es  wurde 
demnach  der  Haupthof  des  Gebäudes  hinter  die  25  m  von  der  Straßenfront  entfernte  Grenz- 
linie, bis  zu  welcher  sich  die  erwähnte  Begünstigung  erstreckt,  verlegt.  Das  Haus  enthält  im 
Souterrain,  Erdgeschosse  und  Mezzanin  Geschäftslokalitäten,  in  den  vier  Obergeschossen  vier 
bis  fünf  Wohnungen,  welche  in  bezug  auf  ihr  Raumausmaß  verschiedenartige  Kombinationen 
zulassen.  Die  Fassade  ist  bei  reichlicher  Verwendung  von  Haustein  in  Putz  ausgeführt.  Bei 
einem  Gesamtausmaße  der  Baustelle  von  720  m2  sind  56275  m'-;  verbaut. 

Einzelne  sehr  große  Mittclhausparzellen  wurden  behufs  besserer  Verwertung  in  der  Weise 
verbaut,  daß  der  große  Haupthof  nur  an  drei  Seiten  von  den  Wohntrakten  umgeben,  auf  der 
vierten   Seite    gegen    die    Straße  zu  offen   blieb  und  so  einer   größeren   Zahl   von   Wohnungs- 


')  Allgemeine  Bauzeitung.  1900. 


Städtische  iMiethauscr. 


423 


Abb.  652.    Arkadenhäuser,  I.,  Reichsratsstraße.     Ebenerd.     1:800. 


bestandteilcn  den  Ausblick  auf  den  öffentlichen  Verkehrsweg  gestattet.  Diese  Gebäude,  ge- 
meiniglich „Straßenhöfe"  genannt,  dienen,  wenn  zwischen  zwei  Straßen  gelegen,  gewöhnlich  als 
Passagen  mit  Kaufläden,  wogegen  andernfalls  der  in  der  Regel  bepflanzte,  dem  Straßenlärm 
wenigstens  einigermaßen  entrückte  Hof  ein  angenehmeres  Wohnen  gewährt,  als  dies  bei  voll- 
ständig geschlossenem  Hausgevierte  möglich  wäre.  In  den  ehemaligen  Vorstädten  bestehen  etliche 
derartiger  Straßenhöfe,  von  welchen  als  größter  der  Brahmsplatz  (IV.,  Favoritenstraße  20) 
erwähnt  sei;  als  Geschäftspassage  dient  im  I.  Bezirke  der  „Kärntner-Durchgang"  (Kärntner- 
straße  S  und  Seilcrgasse  5). 
Ein  größerer  Grundkom- 
plex  des  V.  Bezirkes  ist 
von  Alleen  durchzogen, 
welche  gegen  die  öffent- 
lichen Straßen  durch  Git- 
tertore abgeschlossen  sind 
(„Margaretenhof"  am  Mar- 
garetenplatzc). 

Ist  in  diesen  letzten 
Fällen  ein  höheres  Erträg- 
nis des  großen  Grund- 
stückes durch  dessen  Auf- 
teilung in  mehrere  kleine 
Baustellen  angestrebt,  so 
wurde  derselbe  finanzielle 
Zweck  auch  durch  das 
entgegengesetzte  Verfah- 
ren, nämlich  die  wenig- 
stens scheinbare  Vereini- 
gung mehrerer  Parzellen 
zu  einer  Baugruppe  zu 
erreichen  gesucht.  Dieser 
Vorgang  ergibt  die 

Gruppenbauten. 

Hier  führte  das  Stre- 
ben, bei  möglichst  inten- 
siver Verbauung  auch  die 
hofseits  gelegenen  Räume 
möglichst  gut  zu  verwer- 
ten, zur  Anlage  der  meh- 
reren Häusern  gemein- 
samen Höfe.  Solcherweise 
entstanden  auf  den  Stadt- 
erweiterungsgründen, wo 
die  Verbauung  ganzer 
Blocks  innerhalb  weniger 
Jahre  erfolgte,  durch  das 
Einvernehmen  der  Grund- 
besitzer einige  Gruppen- 
bauten, welche  allerdings  der  Mehrzahl  nach  in  ihrer  äußeren  Erscheinung  kein  einheitliches 
Ganzes  bilden.  Ein  Beispiel  hierfür  bietet  die  in  den  Jahren  1871  — 1873  von  Dörfel  erbaute 
Häusergruppe  Börse-Werdertor-Neutor-Eßlinggasse ')   (Abb.  645). 

War  ein  ganzer  Baublock  in  Händen  eines  Eigentümers,  so  lagen  naturgemäß  die  Ver- 
hältnisse noch  günstiger  und  ermöglichten  eine  architektonische  Gesamtkomposition.  So  ent- 
stand eines  der  hervorragendsten  Wohngebäude  Wiens  in  dem  zu  Anfang  der  Sechzigerjahre 
des  verflossenen  Jahrhunderts  von  Hansen  erbauten  „Heinrichshof"  (gegenüber  der  Oper). 
Dem  Künstler  war    hier    die  Möglichkeit    geboten,    einen    drei  Häuser   umfassenden    Baublock 

')  Allgemeine  Bauzeitung.  1882. 


Abb.  653.    Arkadenhäuser,  I.,  Reichsratsstraße.    Erster  Stock.     1 :  S00. 


424 


Wohngebäude. 


einheitlich  zu  verbauen  und  so  ein  Werk  zu  schaffen,  welches  sowohl  durch  die  großzügige 
Gruppierung  (das  Mittelhaus  bildet  beiderseits  Risalite  und  ist  um  ein  Geschoß  höher  als  die 
Nebenhäuser)  als  auch  durch  die  überaus  fein  empfundenen  Details  für  die  ganze  noch  folgende 
Stadterweiterungsperiode  von  erkennbarem  Einflüsse  war.  Der  Grundriß  kann  heute  allerdings 
nicht  als  mustergültig  angesehen  werden.  Zur  Erläuterung  des  beigegebenen  Schaubildes  sei 
bemerkt,  daß  die  Mauerflächen  der  Fassaden  in  rotem  Putz  (Quaderimitation),  die  Architektur- 
teile teilweise  in  Stein,  teilweise  in  Terrakotta  und  Verputz  ausgeführt  sind;  die  Flachnischen 
und  die  Felder  zwischen  den  Pilastern  der  letzten  Stockwerke  erhielten  Freskenschmuck  auf 
Goldgrund  (von  Rahl) ')  (Abb.  646,  647). 

Im  „Kärntnerhof"  (Kärntnerstraße- Führichgasse -Tegetthoffstraße -Maysedergasse)  schuf 
Thicnemann  1875  einen  acht  Objekte  umfassenden  Gebäudekomplex,  der  in  seinem  von  den 
vier  Straßen  zugänglichen,  glasgedeckten  Haupthofe  einen  wertvollen,  über  500  m-  großen  Ge- 
schäftsraum enthält2)  (Abb.  648). 

Nicht  dem  Gutdünken  der  Erbauer  überlassen,  sondern  durch  den  Plan  der  Stadterwei- 
terung auch  bezüglich  der  architektonischen  Durchbildung  festgelegt  war  die  Gestaltung  der 
Häusergruppen,  welche  in  der  unmittelbaren  Umgebung  der  neuen  Monumentalbauten  (auf  dem 

ehemaligen  Festungs- 
glacis)  sich  dem  archi- 
tektonischen Gesamt- 
bilde einzufügen  hatten. 
So  sind  in  der  Umge- 
bung der  Votivkirche 
und  des  Rathauses  der- 
artige Gruppen,  und 
zwar  in  einzelnen  Par- 
tien als  Arkadenhäuser, 
entstanden.  Eine  der 
hervorragendsten  dieser 
Anlagen  wird  durch  das 
von  Emil  Ritter  von 
Förster  im  Jahre  1876 
bis  1877  erbaute  Wohn- 
haus Angerer,  IX.,  Ma- 
ximilianplatz 14,  ge- 
bildet, welchem  sich 
beiderseits  symmetrisch 
zwei  Miethäuscr  anglie- 
dern3) (Abb.  651).  Das 
dominierende  Mittel- 
gebäude, dessen  Par- 
terrefront bestimmungs- 
gemäß in  Arkaden  auf- 
gelöst ist,  enthält  in 
den  Hauptetagen  die 
über  eine  separierte 
Marmortreppe  zugäng- 
liche Wohnung  des  Be- 
sitzers, in  den  oberen 
Geschossen  Mietwoh- 
nungen. 

Die     Absicht,    in 
der  Umgebung  des  Rat- 
hauses   ein  neues    ele- 
gantes Wohnviertel  er- 
stehen zu  lassen,  brachte  es  mit  sich,  daß  die  daselbst  erbauten  Häuser  nicht  nur  mit  allen  zur 
Erhöhung  des  Komforts  dienenden  Mitteln  der  modernen  Technik  (Aufzüge,  Zentralheizung  u.  s.  w.), 


Abb.  654.    Gruppe  von  Arkadenhäusern,  I.,  Reichsratsstraße. 


')  Allgemeine  Bauzeitung.  1S86— 1S87. 
-)  Allgemeine  Bauzeitung.  1877. 
3)  Allgemeine  Bauzeitung.  1880. 


Städtische  Micthauscr.  425 

sondern  auch  mit  einer  bei  Miethäusern  ungewöhnlich  reichen  dekorativen  Ausstattung  be- 
dacht wurden.  Die  beigefügten  Abb.  652  bis  654 ')  zeigen  die  von  F.  von  Neumann  für  die 
Union-Baugesellschaft  in  den  Jahren  1882 — 1883  erbaute  Häusergruppe  I.,  Reichsratsstraße. 

Wohnhäuser  der  Vororte. 

Diese  bieten  weder  in  ihren  Grundrißlösungen,  noch  in  der  sonstigen  Ausgestaltung 
bemerkenswerte  Leistungen,  sie  sind  durch  das  Miethaus  letzter  Kategorie  charakterisiert,  welches 
den  minder  bemittelten  Bevölkerungsschichten,  meist  Arbeitern  und  kleinen  Geschäftsleuten, 
Unterkunft  gewähren  soll.  Im  Gefolge  der  letzten  Stadterweiterung  (1891)  und  der  hierdurch 
bedingten  Ausbildung  des  Verkehrsnetzes  (Stadtbahn,  elektrische  Straßenbahnen)  sind  einige 
Wohnviertel  an  der  Peripherie  der  Stadt  im  Entstehen  begriffen,  welche,  mit  Vorgärten  ver- 
schen, dem  Mittelstände  angenehme  Wohnbedingungen  gewähren  sollen.  Anschließend  an 
diese  Gebiete  dehnen  sich  die  Villenviertel  bis  zu  den  Dörfern  der  Umgebung  aus.  In  diesen 
Vorgartenstraßen  ist  die  Gebäudehöhe  je  nach  der  Bauzone  auf  zwei  oder  drei  Stockwerke 
beschränkt,  hingegen  eine  größere  Freiheit  in  der  Anbringung  von  Erkern,  Balkons  etc.  ge- 
währt, so  daß  diese  Bauten  den  Übergang  vom  innerstädtischen  Wohnhause  zur  Villa  bilden. 

Bei  dem  nunmehr  in  weiteren  Kreisen  erwachenden  Verlangen,  die  Wohnung  außerhalb 
des  Lärmes  und  der  schlechten  Luft  der  inneren  Bezirke  aufzuschlagen,  entwickelt  sich  in 
diesen  Bezirksteilen  eine  äußerst  rege  Bautätigkeit,  deren  bisherige  Resultate  jedoch  durchaus 
nicht  erfreulich  genannt  werden  können.  Meist  sind  es  ohne  jedes  Verständnis  durchgeführte 
Spekulationsbauten  von  gewöhnlichem  Vorstadttypus,  denen  durch  Verranden,  Erker  etc.  der 
Anschein  eines  komfortablen  Heims  gegeben  werden  soll. 


Bei  Betrachtung  der  wenigen  angeführten  Beispiele  müssen  wir  das  Streben  nach  mög- 
lichst klarer  und  ökonomischer  Anordnung  bei  relativ  reichlichen  Raumdimensionen  kon- 
statieren. Insbesondere  sind  die  früher  allgemein  gebräuchlichen,  langen,  den  hofseitigen  Ubika- 
tionen  vorgelegten  Gänge  verschwunden,  die  den  Hinterräumen  alles  andere  eher  als  frische 
Luft  zuführten. 

Wenn  wir  unsere  Bauweise  mit  der  anderer  Städte  vergleichen,  so  gewinnen  wir  den 
Eindruck,  daß  der  Wiener  alle  Ursache  hat,  mit  seinem  Miethause  im  großen  und  ganzen  zu- 
frieden zu  sein.  Die  Dimensionen  der  Wohnräume  sind  in  Wien  bedeutend  größer  als  die  in 
Paris  und  London;  auch  in  Berlin  enthalten  die  Wohnungen  relativ  mehr  kleine  Zimmer. 
Ebenso  werden  in  Wien  die  Vor-  und  Nebenräume  bequemer  angelegt  und  ist  für  deren  Be- 
lichtung und  Ventilation  besser  vorgesorgt.  Es  fehlen  bei  uns  die  engen  finsteren  Passagen, 
in  weiterer  Konsequenz  die  über  Eck  gestellten  Zimmereingänge  und  die  allerdings  Raum 
sparenden,  jedoch  manche  Unzukömmlichkeiten  mit  sich  bringenden  Schiebetüren. 

Die  Baukonstruktionen  sind  bei  gleicher  Güte  der  Materialien  in  Wien  sowohl  betreffs 
der  Mauern  als  auch  der  Deckenkonstruktionen  stärker  als  anderwärts.  Es  wurde  unserer  Bau- 
weise oft  der  Vorwurf  der  Materialverschwendung  gemacht,  diese  besteht  jedoch  tatsächlich 
nicht;  ist  es  doch  Tatsache,  daß  bei  der  Dimensionierung  der  Außenmauern  besserer  Wohn- 
häuser nur  selten  auf  die  von  der  Bauordnung  festgesetzte  Minimalstärke  von  45  cm  herab- 
gegangen wird.  Wir  sind  durch  unsere  Mauern  gegen  die  klimatischen  Einflüsse,  durch  die 
Deckenkonstruktionen  vor  den  störenden  Geräuschen  und  den  Temperaturverhältnissen  der 
anderen  Geschosse  besser  geschützt,  als  dies  in  anderen  Städten  der  Fall  ist.  Unsere  Treppen 
sind  im  allgemeinen  weiträumiger  angelegt  und  leichter  zu  steigen. 

Bezüglich  der  äußeren  Erscheinung  jedoch  ist  das  zuweilen  bestehende  Mißverhältnis 
zwischen  der  Schale  und  dem  Kern  nicht  in  Abrede  zu  stellen.  Der  Wiener  liebt  es  oder 
liebte  es  wenigstens,  sein  Haus  zu  schmücken,  und  zwar  oft  mehr,  als  dessen  Bestimmung  zu- 
kommt, wobei  er  denn  ohne  viel  Bedenken  zu  billigen  Auskunftsmitteln  greift.  Diese  cache  misere 
(wie  unsere  und  auch  die  Berliner  Zinshausfassaden  oft  genannt  werden)  besteht  in  dem  Maße 
in  Paris  allerdings  nicht,  das  durch  seinen  ausgezeichneten,  billigen  Stein  in  der  Lage  ist,  auch 
bei  bescheidenen  Bauten  Steinfassaden  herzustellen,  die  bei  einfachster  Formgebung  schon  durch 
das  Materiale  wirken.  Mit  London,  das  auf  das  Äußere  des  Miethauses  wenig  Wert  legt,  ist 
bei  der  Verschiedenheit  der  Ansprüche    ein  Vergleich    in    dieser  Beziehung   nicht   anzustellen. 

J)  Allgemeine  Bauzeitung.  1885. 


426  Wohngebäude. 

Wir  können  übrigens  in  Wien  mit  Freuden  einen  Wandel  in  dieser  Richtung  konstatieren,  der 
sich  in  dem  Bestreben  zeigt,  jedem  Materiale  die  seiner  Natur  zukommende  Form  zu  geben 
und  schmückendes  Beiwerk  nur  auf  wenige  bevorzugte  Bauteile  zu   beschränken. 

Wenn  der  Wiener  seine  Wohnung  relativ  teuer  bezahlen  muß,  so  ist  dies  weniger  in 
dem  kostspieligen  Bau  als  in  den  hohen  Grundpreisen  und  den  enormen  Staats-  und  sonstigen 
Abgaben  begründet.1)  In  erster  Beziehung  befindet  sich  Wien  derzeit  in  einem  Übergangs- 
stadium, indem  das  Bestreben,  die  Wohnungen  in  die  gesünderen  Gebiete  an  der  Peripherie 
der  Stadt  zu  verlegen,  die  Grundpreise  dortselbst  zu  exorbitanter  Höhe  schnellte,  während  in 
den  inneren  Bezirken  eine  bemerkbare  Herabmindcrung  bisher  nicht  zu  bemerken  ist;  es  dürfte 
noch  eine  Reihe  von  Jahren  verstreichen,  che  eine  Sanierung  dieser  Verhältnisse  eintritt. 

')  Vom  Nettomietzins  sind  insgesamt  etwa  38%  an  Steuern  und  Umlagen  an  Staat,  Land  und  Stadt  abzugeben. 

F.  Lconhard. 


III.  FAMILIENHÄUSER  UND  VILLEN. 


Trotz  der  günstigen  kli- 
matischen und  landschaftli- 
chen Vorbedingungen,  und 
obwohl  ehemals  die  Wein- 
gärten bis  an  die  Mauern  der 
Innern  Stadt  reichten,  der 
Wienerwald  zu  den  Fenstern 
der  Vorstadthäuser  hereinsah 
und  heute  noch  sich  die  Hänge 
des  Galizinberges,  des  Kah- 
len- und  Leopoldsberges  sanft 
der  Stadt  zukehren,  und  an 
den  Donauauen  und  Ufern 
das  wässerige  Element  nie 
fehlte,  besitzt  Wien  nicht  den 
Kranz  von  reizenden  Gärten 
und  blinkenden  Landhäusern, 
wie  ihn  manche,  von  der 
Natur  stiefmütterlicher  ausge- 
stattete Residenz  des  Nordens 
oder  Westens  von  Deutsch- 
land aufweist.  So  wie  sich 
das  Wohnen  im  vielstöckigen 
Zinshaus  in  Wien  ausgebildet 
hat,  so  ist  auch  der  Landhaus- 
bau zumeist  der  Spekulation 
ausgeliefert  worden,  die  ein- 
zelnen Stockwerke  der  „Villa" 
werden  vermietet  und  der 
ohnehin  spärlich  bemessene 
Garten  wird  unter  viele  Par- 
teien geteilt. 

Nur  wenig  Glückliche 
oder  vielleicht  auch  Verstän- 
dige gönnen  sich  ein  gemüt- 
lich eingerichtetes  Landhaus 
oder  erwerben,  wenn  mehr 
Mittel  zur  Verfügung  stehen, 
einen  größeren  Grundkom- 
plex, um  allein  zu  wohnen. 
Die  Zahl  dieser  ländlichen 
Wohnhäuser  oder  Villen  ist 
leider  eine  recht  geringe,  und 
der    Fall,    daß    die    Künstler: 


Abb.  655.     Haushof  in  Heiligenstadt. 


Abb.  656.     Villa  in  Penzing. 


428 


Wohneebäude. 


Abb.  657.    Haushof  in  Döbling. 

Maler,  Architekt  und  Bildhauer,  ein  entscheidendes  Wort  mitzureden  haben,  heute  ein  sehr 
seltener.  Nicht  immer  war  es  so,  und  als  im  18.  Jahrhundert  die  großen  Gartenpaläste,  die 
Favorita  (heute  Theresianum),  das  Belvedere  (Sommerresidenz  des  Prinzen  Eugen),  das  Schloß 
von  Schönbrunn  (Sommerresidenz  seit  der  großen  Kaiserin),  der  fürstlich  Liechtensteinsche 
Gartenpalast  in  der  Roßau  u.  a.,  entstanden,  gab  es  noch  viele  kleine  Schlößchen  und  schmucke 
Landhäuser  in  der  nächsten  Umgebung  Wiens,  die  sich  der  niedere  Adel  und  das  Bürgertum 
im  Geschmacke  jener  Zeit  errichten  ließen  (Abb.  655,  656).  Mancher  große  Meister  der 
Barocke   hat  im  Auftrage  oder    für  sich  Haus  und  Garten  draußen  vor  den  Toren  Wiens  ge- 


Abb.  65S.     Gartenhof  in  Pcnzing. 


Familicnhauscr  und  Villen. 


429 


Abb.  659.     Villa  in  Hietzing:. 


schaffen.  Nicht  viel  ist  mehr 
von  diesen  Bauten  erhalten; 
nur  merkwürdige  Garten- 
häuschen, Vasen  und  Figuren, 
Treppen  und  Brunnen  in  den 
ehemaligen  Vororten  Wiens 
deuten  auf  frühere  Land- 
häuser. 

Meidling  und  Hietzing. 

Es  war  natürlich,  daß 
sich  eine  solche  Ansiedlung 
von  Landhäusern  vor  allem 
um  die  Sommerresidenz  des 
Kaisers  gruppierte,  und  so 
finden  wir  heute  noch  in 
Meidling,  Hetzendorf,  Hiet- 
zing und  Penzing  Land- 
häuser, welche  in  das  1 8.  Jahr- 
hundert zurückreichen.  Unter 
diesen  ist  besonders  das 
schöne  Schlößchen  beim 
Meidlinger  Tor  von  Schön- 
brunn mit  der  griechischen 
Inschrift  „XAIPE"  (Chaire), 
in  welchem  der  Herzog  von 
Reichstadt  zeitweilig  gewohnt 
haben  soll,  hervorzuheben 
(Abb.  661). 

In  Hietzing  in  der  Au- 
hofstraße,  der  Lainzerstraße 
und  ihren  Nebenstraßen 
haben  sich  sehr  viele  kleine 
Landhäuser  mit  großen  Gär- 
ten aus  dem  Ende  des  18. 
und  dem  Beginne  des  19.  Jahr- 


Abb.  660.     Villa  Krug,  Hohe  Warte. 


Abb.  661.     Villa  Chaire  in  Meidling. 


430 


Wohngebäude. 


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mmmm 

Abb.  662.    Villa  Weidmann,  Hietzing. 


^ 


hunderts  in  den  schlichten 
Formen  jener  Zeit  erhalten. 
Gegen  Ende  des  19.  und  in 
den  ersten  Jahren  des  20.  Jahr- 
hunderts kamen  einige  präch- 
tige Neubauten  von  Villen 
hinzu  oder  einige  ältere  Villen 
wurden  sehr  glücklich  umge- 
baut. So  zu  Beginn  der 
Hietzinger  Hauptstraße  die 
Villa  Weidmann  durch  die 
Architekten  Plecnik  und  Krasny 
(Abb.  662),  so  in  der  Trautt- 
mansdorffgasse  die  Villa 
Schopp  durch  die  Architek- 
ten Friedrich  Ohmann  und 
J.  Hackhofer  (Abb.  663,  664). 
Letztere  kann  wohl  als  Neu- 
bau bezeichnet  werden,  da 
von  dem  alten  Bau  kaum 
etwas  übrig-  geblieben  ist.  Die 


Hietzing.     1:600. 


geschmackvolle  Gesamtanlage  und  originelle  Detailbildung  in  sorgfältigster  Ausführung  gehören 
zu  dem  Besten  dieser  Art.  Auch  das  Pförtnerhaus,  die  Einfriedung,  die  Straßenlaterne  sind  in 
die  Gesamtkomposition  einbezogen  und  mit  der  gleichen  Liebe  behandelt. 

Die  Villa  Taussig  am  sogenannten  Küniglberge  von  Architekt 
Karl  König  (Abb.  665  bis  667)  zeigt  eine  große  Anlage  in  domi- 
nierender Lage,  mit  Turm,  Balkons  und  Terrassen  in  den  eleganten 
Formen  der  französischen  Renaissance.  Zu  den  neueren  Bauten  gehört 
in  Hietzing  die  Villa  Roth,  Auhofstraße  4,  erbaut  vom  Architekten 
Franz  Roth  (Abb.  668),  bei  welcher  im  Souterrain  die  Wirt- 
schaftsräume und  in  dem  darüber  befindlichen  Hauptgeschoß  die 
Wohn-  und  Gesellschaftsräume  untergebracht  sind.  Ein  reicher  Putzbau 

Abb.  663.  viii      im  Stile   der  französischen   Spätrenaissance  mitten  in  einer  größeren 

Gartenanlage.  Außerdem  sei  hier  noch  einer  kleinen  Villa  des  Archi- 
tekten Krasny  gedacht  und 
einer  Anzahl  Familienhäuser, 
welche,  wie  z.  B.  die  Villen 
Wolter,  Hohenfels,  Johannes 
Benk,  der  Architekten  O.  Hof  er, 
Frankl,  Ehrenfeld,  Albrecht 
u.  a.,  eigentlich  in  die  Kate- 
gorie der  Einfamilienhäuser 
gehören,  da  sie  Sommer  und 
Winter  bewohnt  werden. 
Glücklicherweise  wurden  die 
der  Verbauung  anheimgege- 
benen großen  Bauterrains  der 
ehemaligen  „Neuen  Welt"  in 
Hietzing  durch  die  Bauord- 
nung für  die  offene  Bebauung 
bestimmt,  so  daß  freistehende 
Gebäude  mit  nur  zwei  Stock- 
werken entstehen  mußten. 
Hier  hat  die  Wiener  Bau- 
gesellschaft durch  ihren  Ar- 
chitekten Th.  Bach  mehrere 
Objekte  in  der  Reichgassc 
664.   vilia  schopp,  Hietzing.  und    in  der  Leopold  Müller- 


Familienhäuser  und  Villen. 


431 


Abb.  665.    Villa  Taussig, 
Hietzing.     1:600. 


gasse  ausgeführt.  An  der 
Ecke  dieser  Gasse  und  der 
Neuen  Weltgasse  wurde  be- 
reits das  Prinzip  des  Ein- 
familienhauses durchbrochen, 
indem  auch  größere  Bauten 
mit  Mietwohnungen  geschaf- 
fen wurden.  Zu  den  jüngsten 
Villen  in  dieser  Gegend  ge- 
hört der  vom  Bildhauer  Pro- 
fessor Otto  König  in  der 
Neuen  Weltgasse  1 1  erbaute 
Putzbau  mit  gutem  Grund- 
riß (Abb.  669,  671).  Auf 
einem  hohen  Erdgeschoß, 
in  welchem  sich  das  bei- 
nahe ein  Drittel  der  Grundfläche  einneh- 
mende Atelier  befindet,  erhebt  sich  das 
einzige  Wohnstockwerk  und  darüber  im 
Dachgeschosse  ordnen  sich  in  ungezwun- 
gener   Weise    noch    einige    Wohnräume   an. 


St  Veit  und  Hütteldorf. 

Im  benachbarten  Ober-  und  Unter-St. 
Veit  entstanden  neben  der  geschlossenen 
Bauweise  einige  hübsche  Villenbauten,  so 
unter  anderen  die  Villa  H.  Bahr  des  Archi- 
tekten Josef  Olbrich  in  reizender  Lage  und 
einfacher  Durchführung  (Abb.  670,  672). 

Im  benach- 
barten Hütteldorf 
hat  Otto  Wagner 

für     sich     selbst 
in     noch      ganz 

unverbautem 
Terrain  eine  ge- 
schmackvolle 
Villa  (Abb.  673) 
erbaut,  welche, 
im  italienischen 
Charakter  gehal- 
ten, im  wahren 
Sinne  des  Wor- 
tes den  Namen 
Villa       verdient. 

Ursprünglich 
nur  ein  bewohn- 
barer Mittelbau 
mit  wenig  Räu- 
men und  offenen 
Annexen,  wurde 
sie  später  aus- 
gebaut und  wird 
nun  Sommer  und 
Winter  bewohnt. 
Gegenüber    ste- 


Abb.  666.    Villa  Taussig,  Hietzing.     Lageplan.     1:3000. 


Abb.  667.     Villa  Taussig,  Hictzin 


432 


Wohngebäude. 


hen   die   Villen  Bujatti  in  prachtvollen  Gärten  und  nicht  weit  davon  die  Villa  Wilhelm  von 
van    der   Null  und  Siccardsburg  (Abb.  674),  ein  schlichter  einstöckiger  Bau  in  hübschen  Pro- 


Abb.  66S.     Villa  Roth,  Hietzing 


Abb.  669.     Villa  Otto  König, 
Hietzing.     1:600. 


Abb.  670.     Villa  Bahr, 
Ober-St.  Veit.    1:600. 


Portionen.  In  dem  durch  einen  großen 
Teich  sowie  durch  Brücken  und  Stege 
künstlerisch  belebten  Parke  erhebt  sich 
eine  für  jene  Zeit  sehr  charakteristische 
Einsiedelei,  ein  ruinenartiger,  gotisie- 
render Bau. 


Dornbach  und  Neuwaldegg. 

In  Dornbach  hat  sich  nur  wenig  vom  älteren  Villenbau  erhalten,  und  was  das  19.  Jahr- 
hundert schuf,  ist  von  geringer  architektonischer  Bedeutung.  Erst  gegen  Ende  desselben  ent- 
stand hier  eine  Anzahl  Villen,  welche  sich  von  ihrer  Umgebung  günstig  abheben;  so  die 
Villa  Wielemans  (Abb.  675),  welche  Sommer  und  Winter  bewohnt  wird.  Sie  wurde  von 
dem  Eigentümer  selbst  erbaut  und  zeigt  gute  Komposition  und  schöne  Details.1)  Die  Villa 
Kuffner  (Abb.  676,   Architekt  F.  R.  von  Neumann)  ist  ein  mit   großen  Mitteln  durchgeführter 

')  Siehe  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1884. 


Abb.  671.    Villa  Otto  König,  Hietzing. 


Abb.  672.    Villa  Bahr,  Ober-St.  Veit. 


Familienhäuser  und  Villen. 


433 


Abb.  673.    Villa  Otto  Wagner  in  Hütteldorf. 


malerischer  Bau   mit    reicher  Silhouette,  vielgliederig  mit  Türmen,  Toren,  Erkern,  Balkons  und 
Terrassen,  mit  Verwendung  von  Haustein.1)  Die  Villa  Schöller  ist  der  vorigen  verwandt  in  der 

architektonischen 
Durchbildung,  mit 
mächtigem  Dache, 
schöner  Detailbil- 
dung und  figuralem 
Schmuck  im  Äuße- 
ren, ebenfalls  mit 
reichlicher  Verwen- 
dung von  Haustein 
und  hübscher  Por- 
talarchitektur. Dieser 
Bau  wurde  nach  den 
Plänen  des  Archi- 
tekten M.  Freiherrn 
von  Ferstel  ausge- 
führt, der  auch  Ma- 
lerei und  Plastik 
glücklich  heranzog. 
Pietätvoll  sei  hier 
auch  der  kleinen 
Villa  Schmidt  ge- 
dacht, die  sich  der 
verstorbene  Dom- 
baumeister im  Grü- 
nen in  schlichter  Weise  nach  Südtiroler  Motiven  und  mit  Verwendung  alter  Korbgitter  erbaut  hat. 
In  den  letzten  Jahren  entstand  in  Dornbach  die  Villa  Marbach  nach  den  Plänen  der 
Architekten   J.  Hackhofer  und  F.  Rumpelmeyer.  In  ruhiger  Silhouette  weist  sie  schöne  Details 

auf,    welche    an    Hackhofers 
«1^  kJ35Ä''fc>  y  ■&'££l*|        Mitarbeiterschaft  bei  der  Villa 

Schopp  in  Hietzing  erinnern. 
Im   benachbarten  Neu- 
waldeggistdie  Villa  Gerold 
zu  erwähnen,  welche  im  letz- 
ten Viertel  des  19.  Jahrhun- 
derts   der  Architekt   K.  Frei- 
herr von  Hasenauer  erbaute. 
Im  französischen  Frührenais- 
sancecharakter gehalten,   mit 
Verwendung    von     Haustein 
und  Schieferdeckung,    bildet 
diese  Villa,  wie  sie  ins  Grüne 
gebettet    dasteht,    eines    der 
wenigen  guten  Beispiele  des 
kleineren  Wiener  Landhauses 
aus  jener  Zeit. 
Ähnliche  glückliche  Grundsätze  und  verwandte  Auffassung  im  Stil  zeigen  die  Villen  des 
verstorbenen  Architekten  Otto  Hieser  und  des  Architekten  Leopold  Theyer,  welche  auch   auf 
diesem  Gebiete  manches  Schöne  geschaffen  haben. 


Abb.  674.     Villa  Wilhelm  in  Hütteldorf. 


Grinzing  und  Kahlenberg. 

In  dem  benachbarten  Pötzleinsdorf,  in  Neustift  am  Walde  und  Salmannsdorf  hat  sich  in 
neuerer  Zeit,  in  Grinzing,  welches  an  der  Kahlenbergbahn  liegt,  schon  früher  der  Landhaus- 
bau lebhafter  entwickelt  und  sind  die  Villen  Ferstel  und  Hochenegg  (beide  in  Grinzing) 
zu  erwähnen.  An  den  Geländen  des  Kahlenberges  und  auf  diesem  selbst  hat  sich  nicht  in  so 


')  Siehe  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1895. 
Bd.  II. 


28 


434 


Wohngebäude. 


Itulcon 

Abb.  676.    Villa  Kuffner,  Dornbach.     1:600. 


Abb.  675.     Villa  Wielemans,  Dornbach. 


Abb.  677.     Villa  Carola,  Abb.  678.    Hotel-Villa 

Kahlenberg.     1:600.  Kahlenberg.     1:600. 


Abb.  679.     Villa  Rittershausen,  Hohe 
Warte.     1  :  600. 


c^ 


Abb.  680.    Villa  Schenker,  Hohe  Warte. 
1 :  600. 


Abb.  6S1.    Villa  Wielemans,  Dornbach. 
1  :  600. 


Abb.  6S2.     Villa    Schauta,    Hohe  Warte. 
1  :  600. 


Abb.  6S3.    Villa  Schenker,  Hohe  Warte. 


Faniilicnhäuser  und  Villen. 


435 


Abb.  6S4.    Villa  Moll,  Hohe  Warte.    1 :  600. 


Abb.  685.  Villa  Spitzer,  Hohe  Warte.  1:600. 


Abb.  686.    Moll-Moser-Haus,  Hohe  Warte.    Gartenseite. 


lebhafter  Weise  der  Landhausbau  entwickelt,  als  es  der  schönen  Lage  nach  zu  erwarten  gewesen 
wäre.  Die  vor  einigen  Jahren  durch  den  Umbau  des  Schlosses  Cobenzl  des  Baron  Sothen  ent- 
standene Hotelanlage  blieb  verwaist,  die  dort  geplante  Villenansiedlung  ist  noch  nicht  zustande 
gekommen.  Auf  dem  Kahlenberg  blieben  die  seit  der  Erbauung  des  Aktienhotels  (ein  Riegel- 
bau der  Architekten  Fellner  und  Helmer)  entstandenen  Landhäuser,  die  Villa  Felix,  die 
Villa  Carola  (vom  Architekten  H.  von  Wiedenfeld  erbaut)  und  einige  wenige  andere  (Abb. 
677,  678)   ohne  Nachfolge    in  neuerer  Zeit. 

Döbling,    Heiligenstadt    und    Hohe   Warte. 

Kahlenbergerdorf,  Nußdorf  und  Sievering, 
zu  Füßen  des  Kahlenberges  reizend  gelegene 
alte  Ortschaften,  welche  heute  dem  Gebiete  der 
Stadt  angehören,  zeigen  einige  interessante  alte 
Bürgerhäuser  oder  typische  Häuser  von  Wein- 
bauern; von  Villenbauten  ist  hier  nichts  Be- 
merkenswertes zu  sagen.    Hingegen  hat  man  in 


Abb.  687.    Villa  Spitzer,  Hohe  Warte. 


Abb  .  688.    Villa  Henneberg-, 

Hohe  Warte.    Lageplan.        Abb.  6S9.    Villa    Henneberg,    Hohe 
1:1500.  Warte.     1:600. 

28* 


436 


Wohngebäude. 


Döbling  und  Heiligenstadt  schon  seit  dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  gerne  Landhäuser  errichtet 
und  zu  Ende  des  18.  und  am  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  hat  sich  hier  eine  lebhafte  Bau- 
tätigkeit entwickelt.  So  wie  in  Hietzing  hat  sich  auch  hier  der  Adel  und  der  reiche  Kaufmanns- 
stand seine  Sommerhäuser  gebaut.  Die  säulengetragenen  Giebel,  akroteriengeschmückten  Fenster, 
antikisierenden  Gartenhäuschen,  Chinoiserien  und  Vasen,  vielfach  noch  aus  dem  18.  Jahrhundert, 
geben  diesen  meist  nur  einstöckigen  Döblinger  Landhäusern  ihr  eigenartiges  Gepräge. 

Auch  in  neuerer  Zeit  sind  in  Döbling  hübsche  Land-  und  Familienhäuser  erstanden.  So  hat 
sich  um  das  Restaurant  Hohe  Warte  seit  der  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  eine  vornehme  Villen- 
ansiedlung  gebildet.  Der  erste  Bau  war  die  Villa  Kratzer  (später  Andrassy,  jetzt  Waisenhaus), 
eine  charakteristische  Arbeit  des  Architekten  Teophil  Hansen.  Später  folgte  die  opulente  Villa 
Rittershausen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  (Abb.  679),  eine  vornehme  Anlage  in  den 
reichen  Formen  der  Spätrenaissance  mit  einem  der  Straße  zugekehrten  Gartensalon  und 
schöner  Treppe,  sowie  die  Adaptierung  der  Villa  Schauta  durch  dieselben  Architekten 
(Abb.  682).  Weiter  hinauf  liegen  mitten  in  großen  Gärten  eine  Anzahl  Villen  versteckt,  welche 
aus  dem  Ende  des  19.  Jahrhunderts  stammen;  so  die  Villa  Kattus  des  Architekten  Julius  Mayreder 
und  daneben  die  Villa  Matsch  des  Architekten  Otto  Hofer,  welche  am  Ende  eines  ansteigenden 
Gartens,  von  großen  Bäumen  eingefaßt,  mit  hübschen  Brunnen  geziert  und  mit  einem  Atelier- 
bau des  Künstlers  verbunden  ist.  In  der  Nähe  stehen:  die  stattliche  Villa  Schenker  der  Archi- 
tekten Karl  und  Julius  Mayreder  (Abb.  680,  683),  sowie  die  Villa  Kellner  des  Architekten 
M.  Fabiani  mit  interessanter  Dachlösung  und  schlichten,  weißgestrichenen  Holzveranden,  an  die 
Empirezeit  anklingend.  Auf  dem  höchsten  Punkte  der  Hohen  Warte  hat  Baron  Nathaniel  Roth- 
schild einen  großen  Komplex  mit  prächtigen  Gartenanlagen  versehen,  großartige  Glashäuser 
erbaut  und  sich  selbst  ein  Schlößchen  mit  hübschen  Wirtschaftsgebäuden  im  Stile  der  franzö- 
sischen Frührenaissance  errichtet.  Die  prächtigen  Gartenanlagen  mit  den  üppigen  Glashäusern 
sind  alljährlich  im  Frühjahre  das  Ziel  vieler  Gartenfreunde.  Hier  hat  sich  auch  in  neuester  Zeit 
(in  der  Steinfeldgasse)  eine  Villenkolonie  gebildet,  welche  der  Architekt  Josef  Hoffmann  für  einige 
Künstler  und  Kunstfreunde  erbaute.  So  die  Villa  Moll  (Abb.  684,  686),  ein  origineller  Bau,  in 
schlichtem  Verputz  und  mit  bunten  Hölzern  teilweise  in  Riegelbau  ausgeführt;  die  Villa  Moser. 
mit  hübscher  Silhouette  unter  starker  Betonung  des  Riegelbaues;  die  Villa  Spitzer  (Abb.  685, 
687),  ein  Putzbau  mit  charakteristischen  Fenstern  und  originellen  Fensterteilungen,  und  schließlich 
die  Villa  Henneberg  (Abb.  688  bis  690),  in  gleicher  Technik  wie  die  drei  genannten  Häuser, 
mit  großer  Pergola,  Rundbalkon  an  der  Ecke,    mit  Anklängen  an  die  Architektur  des  Südens. 


Abb.  690.     Villa  Henneberg.  Hohe  Warte. 


Cottage  Währing-Döbling. 

Um  die  Bevölkerung  Wiens  an  das  Familien- 
haus zu  gewöhnen  und  um  für  die  nach  und  nach 
verschwindenden  Gartengründe  der  alten  Bezirke 
an  der  Peripherie  der  Stadt  Ersatz  zu  schaffen, 
trat  der  Architekt  Heinrich  Freiherr  von  Ferstel  im 
Jahre  1872  mit  einer  Anzahl  gleichgesinnter  Män- 
ner mit  dem  Gedanken  hervor,  auf  den  noch  un- 
verbauten Terrains  nördlich  von  Währing  zwi- 
schen der  sogenannten  Türkenschanze  und  Döb- 
ling eine  Villenanlage  zu  schaffen  (Abb.  691).  Es 
sollten  hier  in  der  Art  des  englischen  Wohn- 
hauses, das  auf  einer  kleinen  verbauten  Fläche  die 
Wohnräume  übereinander  angeordnet  hat.  und 
in  schlichter  Architektur,  von  allen  Seiten  frei, 
von  einem  Garten  umgeben,  Einzelwohnhäuser 
geschaffen  werden,  deren  Bau  nur  ein  Sechstel 
der  Grundfläche  einnehmen  durfte.  Ferstcls  Idee 
drang  durch  und  es  bildete  sich  ein  Verein  mit 
dem  Architekten  von  Borkowsky  an  der  Spitze, 
der  binnen  einigen  Jahren  mehrere  Objekte  in 
ganz  schlichten  gotisierenden  Formen  in  Putzbau, 
ab  und  zu  mit  Giebeln  von  sichtbaren  Holzsparren 
gebildet,  aufführte  und  deren  Verkauf  vermittelte. 


Familienhäuser  und  Villen. 


437 


Abb.  691.    Die  Cottage-Anlage  Währing-Döbling  an  der  Türkenschanze  1873—1906. 


Abb.  692.    Villa  Blaschek,  Cottage. 


Der  Grundriß  ist  bei  den  meisten  Objekten 
dieser  Bauperiode  auf  das  knappste  bemessen, 
die  Stiegenanlage  meist  bescheiden,  und  je  nach 
der  Art  der  Ausbildung  der  Stiege  und  des 
Haupteinganges  mit  oder  ohne  Vortreppe,  wird 
die  Anlage  dieser  Gebäude  größer  oder  kleiner. 
Die  Kommunikation  der  einzelnen  Räume  in  den 
verchiedenen  Geschossen  ist  immer  eine  gute, 
wenn  auch  das  Übereinanderlegen  der  Räume 
einer  Wohnung  manche  Unzukömmlichkeit  mit 
sich  bringt.  Wir  bringen  aus  dieser  Zeit  drei 
Grundrisse,  von  denen  Abb.  693  einen  Grundriß 
zeigt  mit   direktem   Eingang   in   das   Stiegenhaus 


Abb.  694.     Type  II. 


Abb.  695.     Type  III. 


Abb.  693.    Type  I 


Abb.  693  bis  695.     Cottage-Typen  in  Währing-Döbling. 


von  der  Straße,  Abb.  694  einen  Grundriß,  bei  welchem  der  Eingang  zwischen  Stiege  und  Haus 
eingeschoben  ist,  und  Abb.  695  einen  Grundriß  mit  größerem  Stiegenhaus,  wobei  der  Eingang 
in  einen  breiten  Vorplatz  vor  die  Stiege  gelegt,  die  Abortanlage  daneben  eingebaut   ist.     Die 


438 


Wohngebäude. 


Parterre 


Abb.  696.     Villa  Oberwimmer,  Cottage. 

Außenarchitektur  ist  anspruchslos  und  schlicht 
(Abb.  692,  Architekt  H.  Müller).  Gleichzeitig 
war  es  den  Wiener  Privatarchitekten  möglich, 
in  diesem  Villenviertel  unabhängig  von  der  Cot- 
tage-Vereinstätigkeit  hübsche  Familienhäuser  zu 
bauen;  so  entstand  schon  damals  die  Villa 
Oberwimmer    in    der   Karl  Ludwigstraße    nach 


Abb.  697. 

Villa  Oberwimmer, 
Cottage. 

1 :  600. 

Va  Veranda. 

Dz  Damenzimmer. 

S  Salon. 

Spz  Speisezimmer. 

V  Vestibül. 

Hz  Herrenzimmer. 

U  Unterfahrt. 

GK  Geschirrkam- 
mer. 

\VR  Wagenremise. 

St  Stall. 

Kz  Kutscherzim- 


Abb.698.  Villa  Hoch 

stetter.  Cottage. 

1 : 600. 


Abb.  699.    Villa  Wolf,  Cottage.    1 :  600. 


Cottage. 


Familicnhauser  und  Villen. 


439 


Abb.  702.    Villa  Rumpel,  Cottage. 


Abb.  705. 

Villa  Gerlach, 

Cottage,    Hoch- 

schulstraße. 

1 :  600. 


Abb.  706. 

Villa   Himmel- 
bauer, Cottage. 

1  :  600. 


Abb.  704.     Villen  Scheid  und  Gerlach,  Cottage,  Hochschulstraßi 


den  Plänen  der  Architekten  Fellner  und  Helmer  (Abb.  696,  697),  ein  großangelegter  Bau 
im  Stile  der  Spätrenaissance  mit  mächtigem  figurengeschmücktem  Turm,  schöner  Einfahrt  und 
prächtigem  Gitter. 

Als  Architekt  H.  Müller  die  Baudirektion  des  Wiener  Cottage-Vereines  übernahm,  trat 
mehr  Abwechslung  in  der  äußeren  Gestalt  der  Villen  ein,  die  Grundpreise  waren  inzwischen 
gestiegen,  der  reiche  Mann,  der  da  baute,  wollte  sich  neben  den  alten  einfachen  Cottage- 
häuschen  sehen  lassen,  es  trat  bald  eine  reichere  Tendenz  in  Grundriß  und  Außenarchitektur 
hervor.  Anfangs  war  auch  Müller  bei  dem  ursprünglich. einfachen  Typus  geblieben,  dies  zeigen 
unter  anderen  die  Villen  Schwackhöfer  in  der  Karl  Ludwigstraße,  die  Villen  Römpler,  Kalbeck, 
Machanek,  das  Familienhaus  des  Dr.  Brichta  in  der  Hasenauerstraße,  später  die  Villen  Hochstetter 
(Architekten  H.  Müller  und  A.  Pecha,  Abb.  698),  sowie  die  hübsche  Villa  Wolf  in  der  Hasen- 
auerstraße 18  (Abb.  699,  700).  Dann  wurde  manches  alte  Haus  bereichert,  erweitert  oder 
umgebaut,    es   entstanden  kleine  Schlößchen  oder  Palais.  Dieser  Zeit  gehören  die  Villen  Rumpel 


440 


Wohngebäude. 


Abb.  709.  Villa  Futter,  Cottage. 
1 :  600. 


Abb.  707.     Villa  Himmelbauer.  Cottage. 


Abb.  710.    Villa  Kuffner,  Cottage. 


Abb.  711.    Villa  Futter,  Cottage. 


Abb.  70S.    Villa  Kuffner,  Cottage.     1:600. 

in  der  Colloredogasse  36  (Abb.  701, 
702),  Maschl  in  der  Hochschul- 
straße 32,  das  Familienhaus  Dr.  Po- 
litzers in   der  Sternwartestraße  und 

viele  andere  aus  den  allerletzten  Jahren  an.  Mit  dem  Archi- 
tekten Jos.  Hackhofer  baute  Müller  die 
Villa  Scheid  in  der  Hochschulstraße 
(Abb.  703,  704).  Auch  die  Architekten 
J.  Deininger  (Villa  Gerlach,  Abb.  705), 
Max  Freiherr  von  Ferstel,  Max  Fleischer 
u.  a.  schufen  hier  hübsche  Villen. 

Hierher  gehört  auch  die  Villa  Him- 
melbauer, erbaut  von  Architekt  M.  Kropf 
(Abb.  706,  707),  ein  Putzbau  mit  seitlich 
vorgelegter  Treppe,  welche  in  das  Hoch- 
parterre zu  einer  Art  Diele  führt,  in  der 
sich  eine  hölzerne  Wendeltreppe  befindet. 
Die  hübsche  und  schlichte  Außenarchi- 
tektur wird  in  der  zweiachsigen  Straßen- 
front durch  einen  weit  vorkragenden  Erker 
bereichert. 

Zu  den  ersten  Villen,  die  noch  zur 
Zeit,    als  Architekt  von  Borkowsky    Bau- 
direktor des  Cottage-Vereines  war,  durch 
Privatarchitekten    entstanden,    gehört    die 
Villa  Kuffner,   erbaut   von    Franz  R.  von 
Neumann  in  der  diesem  Baukünstler  eige- 
nen reichgegliederten  Grundrißform    und 
Außenarchitektur  (Abb.  708,  710).     Sehr 
schön  detaillierte  Erker,    Balkons,   Veran- 
den und    Holzgiebel,    sowie  lebhaft   bewegte  Dachlinien 
geben    diesem  Bau,    welcher   aus  einem  Untergeschosse, 
einem    hohen    Erdgeschosse,    einem    ersten    Stocke    und 
stark    betontem  Dachge- 
schosse besteht,  ein  statt- 
liches   Aussehen.      Ver- 
wandt   mit    der  genann- 
ten, nur  mit  weniger  rei- 
chen Mitteln  ausgestattet, 
ist  die  Villa  Futter,  erbaut 
von    Architekt    K.   Lich- 
mann    (Abb.    709,  711), 
ebenfalls  auf  reichbeweg- 
tem Grundriß  ein  mehr- 
geschossiger    Bau      mit 
einer     größeren    Anzahl 

~  ö  ,     ..  -,  Abb.  712.     Mietvilla,  XIX.,  Lanner- 

von  Dachraumen.     Zum  straße  i8.   i:6oo. 


Familienhäuser  und  Villen. 


441 


Teil  in  Putz,  das  hohe  Dach- 
geschoß in  Riegelbau  aus- 
geführt, das  ganze  eine  male- 
rische Anlage  in  guten  Pro- 
portionen. 

Als  Beispiel  einer  grö- 
ßeren Mietvilla  aus  der  jüng- 
sten Zeit  sei  des  großen  Baues 
im  XIX.  Bezirke,  Lanner- 
i,  von  Architekt 
Erwähnung  getan 
713).  Drei  voll- 
ganz regelmäßige 
durch  das 
der     zwei 


Straße      1 
R.    Örley 
(Abb.  712, 
ständige, 
Stockwerke    sind 
Zusammenfassen 


untersten  glücklich  geglie- 
dert; an  den  beiden  Ecken 
sind  zweigeschossige,  kräftige 
Rundbauten  mit  niedrigen 
Kuppeln  angeordnet  und  das 
ganze  durch  ein  gut  silhouet- 
tiertes  Dach  abgeschlossen. 
Ein  Wohnhausbau,  wie  wir 
ihn  uns  zu  Mietzwecken  ge- 
fallen lassen  können. 

Der  Cottage-Verein  blieb 
aber  bei  seinen  eigenen  Bau- 
ten dem  Prinzipe  des  ein- 
facheren Familienhauses,  wie 
es  in  der  ersten  Bauperiode 
entstand,  nicht  untreu,  und 
hat  sich  jetzt  zur  Aufgabe  ge- 
stellt, Musterhäuser  zu  bauen, 
um,  wie  er  sagt,  „dem  fra- 
genden Baubewerber  durch 
Besichtigung  von  auf  Grund 
langjähriger  Erfahrungen  in 
vollkommenster  Weise  und 
unabhängig  von  den  Sonder- 
wünschen einzelner  Bauher- 
ren ausgeführter  Familien- 
häuser am  nachdrücklichsten 
den  Wert  und  die  Vorteile 
eines   zweckmäßig  eingerich- 


Abb.  713.    Mietvilla,  XIX.,  Lannerstraße  IS. 


Abb.  714.    Villa  Liechtenstein,  Prater. 

teten  eigenen  Heims  vor  Augen  führen  zu  kön- 
nen". Der  Wiener  Cottage-Verein  ist  führend 
auf  diesem  Gebiete  geblieben,  doch  haben  sich 
nach  seinem  Vorbild  in  Hütteldorf,  Hetzendorf, 
St.  Veit  und  Meidling  ähnliche  Vereine  und 
Heimstättengesellschaften  gebildet.  Der  Wiener 
Cottage-Verein  zählt  heute  zirka  350  Familien- 
häuser auf  einem  verbauten  Flächenraum  von 
400.000  m2. 


Abb.  715.     Villa  Liechtenstein,  Prater.     1:600. 


442 


Wohngebäude. 


4 

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Abb.  717 


Villa  Harnoncourt 
Prater. 


Abb.  716.     Villa  Harnoncourt,  Prater. 


Prater. 

Auch  der  Prater  wurde  in  den  Achtzigerjahren  des  19.  Jahrhunderts  dem  Familien- 
hausbau eröffnet,  als  Graf  Harnoncourt  sich  sein  reizendes  Schlößchen  durch  den  Archi- 
tekten O.  Hieser  dort  erbauen  ließ.  Die  hübsche  Silhouette  des  ganzen  Gebäudes,  der  charak- 
teristische Turm  sind  gut  in  die  Praterlandschaft  hineingedacht,  die  schöne  Detaildurchbildung 
die  reiche  Ausgestaltung  des  Inneren  zeigen  von  dem  vornehmen  Geschmack  des  Bauherrn 
und  des  leider  so  früh  verstorbenen  Architekten  (Abb.  716,  717). 

Etwas  später  folgte  hier  das  Familienhaus  des  Fürsten  Alois  Liechtenstein,  welches 
Architekt  Franz  Ritter  von  Neumann  in  der  ihm  eigenen  eleganten  Frührenaissance  durchführte. 
Im  Prater  kamen  auf  den  Hasenauerschen  und  Rothschen  Gründen  noch  einige  villenartige  Ge- 
bäude zur  Ausführung,  aber  der  größte  Teil  der  zur  Verbauung  gekommenen  Gründe  in  der 
Ausstellungsstraße,  in  der  Engerthstraße  u.  a.  wurden  der  geschlossenen  Bauweise  ausgeliefert. 
Es  entstanden  da  vielstöckige  Zinshäuser  mit  armseligen  Vorgärten  und  der  Villenbau  blieb 
hauptsächlich  auf  die  westlichen  und  nordwestlichen  Gebiete  Wiens  beschränkt.  Viele  Wiener 
ziehen  es  eben  vor,  die  ferner  gelegenen  schönen  Ortschaften  an  der  Westbahn,  an  der 
Südbahn  bis  zum  Semmering  hinauf  und  in  die  Seitentäler  von  Payerbach  hinein  aufzu- 
suchen und  ihre  Landhäuser  dort  oder  an  den  Salzkammergutseen  oder  in  Tirol  zu   erbauen. 


Anton   Weber. 


IV.  HOTELBAUTEN  UND  RESTAURANTS. 


Im  Vergleiche  mit  anderen  europäischen  Großstädten  hat  Wien  einen  nur  geringen 
Fremdenverkehr;  von  diesem  entfällt  ein  kleiner  Teil  auf  das  internationale  Publikum,  der 
größere  Teil  des  Fremdenzuflusses  ergibt  sich  aus  dem  Verkehre  der  Kronländer  mit  der 
Reichshauptstadt.  Diese  Verhältnisse  waren  nicht  geeignet,  die  Hotelbauten  unserer  Stadt  auf  eine 
solche  Stufe  der  Entwicklung  zu  bringen,  wie  dies  in  anderen  Großstädten  gelang,  und  zwar 
weder  in  bezug  auf  ihre  Zahl  noch  in  Hinblick  auf  ihre  räumliche  oder  architektonische  Aus- 
gestaltung, wenn  auch  bei  den  meisten  der 
__  „   ._  .  älteren   Anlagen    durch    Ergänzungen    und 

Erweiterungen  danach  gestrebt  wurde,  den 
neuzeitlichen  Ansprüchen  gerecht  zu  werden. 
Bei  der  Anordnung  der  nachstehend 
g  beschriebenen  Hotels  ist  nicht  deren  Rang, 
§  sondern  die  bauliche  Anlage  und  Ausdeh- 
■3  nung  maßgebend  gewesen.  Nebst  diesen 
e  besteht  noch  eine  große  Zahl  kleinerer,  teils 
älterer,  teils  neuerer  Hotels,  die  jedoch  kein 
besonderes  bauliches  Interesse  bieten  und 
deshalb  hier  auch  nicht  beschrieben  werden. 
Das  Grand  Hotel1),  I.,  Kärntnerring  9 
(Abb.  718),  war  das  erste  größere,  mit 
allen  damals  beanspruchten  Bequemlich- 
keiten ausgestattete  Hotel;  der  nach  den 
Plänen  des  Architekten  Karl  Tietz  geführte 
Bau  wurde  1871  vollendet  und  erhebt  sich 
auf  einer  Fläche  von  3300  m-  (56  m  lang, 
59  m  breit).  Zur  Erweiterung  wurde  ein 
angrenzendes  Hotel  Garni  erworben,  mit 
welchem  zusammen  300  Passagierzimmer 
vorhanden  sind.  Der  große  Speisesaal  von 
über  200  m2  Fläche  ist  reich  ausgestattet  und  mit  Deckengemälden  von  V.  Eisenmenger  und 
Zwickelfüllungen  von  Bitterlich  geschmückt.  An  diesen  schließt  sich  der  „Weiße  Saal",  der  wie 
auch  die  übrigen  Gesellschaftsräume  und  der  glasgedeckte  Hof  mit  seinen  Bronzefontänen  archi- 
tektonisch ausgebildet  ist.  Dem  Restaurationsbetriebe  dienen  auch  noch  eine  größere  Zahl 
Souterrainräumlichkeiten.  Die  Fassade  zeigt  den  Charakter  von  Hansens  Renaissance. 

Das  Hotel  Metropole?),  I.,  Morzinplatz  (Abb.  719,  720).  1871  —  1873  nach  den  Plänen  der 
Architekten  C.  Schumann  und  L.  Tischler  durch  die  Wiener  Baugesellschaft  auf  einer  Area  von 
2970  m2  erbaut,  enthält  in  vier  oberen  Geschossen  360  Wohnräume,  die  einzeln  oder  zu 
Appartements  zusammengezogen  vermietet  werden  können.  Die  Dienerunterkünfte  befinden 
sich  in  einem  an  der  Hauptfassade  aufgebauten  fünften  Stockwerke,  die  Küchenräume  im 
Souterrain.  Das  Erdgeschoß  ist  gassenseitig  zu  vermietbaren  Geschäftsräumen  ausgenützt,  im 
Inneren  des  Hauses  den  Gesellschaftsräumen  vorbehalten,  die  sich  um  eine  architektonisch  aus- 
gebildete zentrale  Hofanlage  von  127  m  lichter  Höhe  anfügen;  eine  in  diesem  glasgedeckten  Hofe 
ringsum  laufende  erhöhte  Terrasse  ist  von  besonders  reizvoller  Wirkung.  Die  Terrassen  in 
einer  Höhe  mit  den  6-8  m    hohen  Speisesälen   dienen  gleichen  Zwecken,    während    der  tiefer- 


m  Passagierzimmer,    d  Vorzimmer,    h  Badezimmer. 
Abb.  718.     Grand  Hotel.     Erster  Stock.     1:800. 


')  Klasen,  Grundrißvorbilder.  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1871. 

2)  Försters  Allgemeine  Bauzeitung.  1879.  Wiener  Neubauten.  Bd.  II,  Heft  3.  Klasen,  Grundrißvorbilder. 


444 


Wohngebäude. 


liegende  Mittelteil  als  Lescraum  benützt  wird.  Die  Architektur,  auch  des  Äußeren,  ist  in  den 
Formen  der  italienischen  Renaissance,  teils  in  Putz,  teils  in  Sandstein,  mit  einfacher,  aber  schöner 
Gliederung  der  Baumassen  durchgeführt.  Die  Baukosten  belicfen  sich  auf  740  K  für  den  Quadrat- 
meter verbauter  Fläche. 

Hotel  Imperial,  I.,  Kärnterring  16  (Abb.  721).  In  den  Jahren  1863—1865  nach  dem  Ent- 
würfe des  Architekten  Zanetti  in  reicher  italienischer  Renaissance  als  Palais  für  den  Herzog  von 
Württemberg  erbaut,  wurde  es  1873  in  ein  Hotel  umgewandelt,  das  vermöge  seiner  vornehmen 
räumlichen  Anlage  hauptsächlich  von  einem  internationalen  Publikum  und  Fürstlichkeiten  auf- 
gesucht wird;  es  besitzt   150  Fremdenzimmer. 

Hotel  Bristol,  I.,  Kärntnerring  7,  gegründet  1892  in  einem  1861  als  Wohnhaus  erbauten 
Gebäude.  1898  erfolgte  eine  namhafte  Vergrößerung  durch  den  Erwerb  des  nachbarlichen 
Palais  des  Grafen  Hoyos.  Die  sehr  wesentlichen  Umbauten,  welche  in  diesen  beiden  Gebäuden 
notwendig  waren,  sind  von  den  Architekten  Breßlcr  und  Wittrisch  geleitet  worden;  dabei 
wurden  235  Fremdenzimmer  (mit  30  Appartements,  verteilt  im  Parterre  und  in  vier  Geschossen) 
gewonnen.  Die  Appartements  bestehen  aus  ein  bis  zwei  Zimmern  oder  Salon  mit  Vorraum, 
Bade-  und  Dienerzimmer  und  Klosett;  die  Ausschmückung  dieser  Räume  entspricht  den  Anforde- 
rungen, welche  die  dort  verkehrende  vornehme  internationale  Gesellschaft  zu  stellen  gewohnt 

ist.  Außer  einem  großen  Speisesaal  im  glas- 
gedeckten Hofe  für  150  und  dem  Frühstück- 
zimmer für  70  Gäste  stehen  noch  eine  Reihe 
kleinerer  Säle  zu  Gebote,  so  zwar,  daß  der 
gesamte  Fassungsraum  der  Speise-  und  Restau- 
rationsräume 400  Personen  beträgt.  Diese  sowie 
der  American  Bar,  die  Lesezimmer  und  Damen- 
salons sind  in  vornehmstem  Charakter  dekorativ 
durchgebildet,  wobei  an  interessanten  Licht- 
effekten nicht  gespart  wurde.  Die  Umgestaltung 
der  beiden  Gebäude  für  die  neuen  Zwecke  ist 
so  geschickt  ersonnen,  daß  die  aller  Orten 
noch  verbliebenen  Anklänge  an  die  ursprüng- 
liche Raumteilung  dem  Hause  einen  intimen, 
vertraulichen  Charakter  bewahrten,  der  von  den 
Fremden,  im  Gegensatze  zur  eintönigen  An- 
-*  Ordnung    der    großen    modernen    Hotelbauten 

anderer  Städte,  angenehm  empfunden  wird. 

Hotel  Krantz,  I.,  Neuer  Markt  6  (Abb.  722, 
723).  Dieser  im  Jahre  1898  nach  den  Plänen 
der  Architekten  Kupka  und  Orglmeister  er- 
richtete Hotelbau  ist  an  Stelle  des  in  früheren 
Jahrhunderten  bestandenen  Hauses  „Zur  alten 
Mehlgrube",  welches  in  seiner  letzten  Gestal- 
tung von  Fischer  von  Erlach  dem  Jüngeren 
herrührte,  getreten.  Der  793  m2  messende  Bau- 
grund wurde  im  Erdgeschosse  bis  auf  einen 
Lichthof  von  12  m2  gänzlich  verbaut,  während 
in  den  Stockwerken  sich  ein  zweiter  Hof  von 
zirka  50  m'2  bildet,  um  welchen  herum  im 
zweiten,  dritten  und  vierten  Stocke  die  Frem- 
denzimmer angeordnet  sind;  diese  besitzen 
Vorraum  und  Badezimmer;  ein  Teil  des  ersten 
Stockwerkes  wird  von  dem  Speisesaal,  der  mit 
einem  Deckengemälde  in  Temperafarben  und 
Gobelins  geziert  ist,  den  Rauch-,  Lese-  und  Damensalons,  der  Rest  von  Fremdenzimmern  ein- 
genommen. Das  Erdgeschoß  ist  mit  Ausnahme  der  Seite  gegen  die  Kärntnerstraße,  welche  jetzt 
durchwegs  vermietbare  Geschäftslokale  aufweist,  zu  eleganten  Restaurationsräumen  ausgenützt, 
zu  denen  der  in  diesem  Geschosse  mit  Glasdach  überdeckte  Hof  einbezogen  ist.  Eine  inter- 
essante Durchbildung  hat  ein  im  Souterrain  angelegter  Restaurationssaal  erhalten,  in  welchem 
die  Wände    und    die  auf  Marmorsäulen    ruhenden  Kreuzgewölbe    in  ihrer  Gänze  mit  farbigen 


U  Unterfahrt.   G  Sp  S  Großer  Speise- 
V  Vestibül.  saal. 

Gr  H  Großer  Hof.       RS  Restaurationssaal. 


DS  Damensalon. 
HS  Herrensalon. 
VG  Verkaufsgewölbe 


Abb.  719.     Hotel  iMetropole.    Ebenerd.     1:800. 


Hotclbautcn  und  Restaurants. 


445 


und  gemalten  Majolikaplatten  bekleidet  sind;  anschließend  ist  die  große  Küche  und  im  Keller 
eine  Kühlanlage  für  die  Vorratsräumc,  die  Dampfheizungs-  und  Aufzugszentrale,  von  welch 
letzterer  sieben  Personen-  und  Lastenaufzüge  betätigt  werden.  An  den  Fassaden  und  in  den 
Innenräumen  sind  die  Formen  italienischer  Renaissance  durchgeführt.  Die  Baukosten  werden 
mit  beiläufig  1,200.000  K  angegeben.1) 

Das  Hotel  Sacher,  I.,  Augustinerstraße  4,  ist  im  Jahre  1876  von  der  Union -Baugesell- 
schaft nach  den  von  ihr  verfaßten  Plänen  auf  einem  Areale  von  415  m2  für  den  bekannten 
Restaurateur  E.  Sacher  errichtet  und  der  Betrieb  in  den  folgenden  Jahren  durch  mietweise 
Einbeziehung  von  vier  benachbarten  Häusern  wesentlich  erweitert  worden,  so  zwar,  daß  nun- 
mehr 84  Zimmer  und  Appartements  zur  Verfügung  stehen.  Es  sind  drei  größere  Speisesäle  und 
mehrere  kleinere  Speisezimmer  vorhanden,  die  zusammen  beiläufig  250  Gästen  Raum  bieten;  der 
größte,  sogenannte  weiße  Saal,  der  auch  architektonisch  reich  geziert  ist,  faßt  etwa  50  Personen. 

Hotel  Meißl  &  Schadn,  I.,  Neuer  Markt  2  (Abb.  724,  725).  Das  an  Stelle  des  demolierten 
alten  Hotels  gleichen  Namens  anstoßend  an  dasselbe  im  Jahre  1896  vom  Architekten  Karl 
Hofmeier  erbaute  Hotel  bedeckt  eine  Fläche  von  600  m2,  wovon  538  m2  mit  Erdgeschoß  und 
fünf  Geschossen  bebaut  sind,  und  enthält  70  Zimmer.  Die  Speisesäle  für  das  Hotel  sowie  die 
Gesellschaftsräume  liegen  im  Mezzanin,  die  Restauration  im  Erdgeschosse.  Für  den  Hotelbetrieb 
wurde  der  Bau  erst  während  seiner  Ausführung  —  er  war  ursprünglich  als  Wohnhaus  geplant  — 
eingerichtet.2) 

Hotel  Matschakerhof,  I.,  Seilergasse.  Der  Bestand  des  Hauses  läßt  sich  urkundlich  bis 
zum  Jahre   1476  verfolgen,    in  der  zweiten  Hälfte    des   16.  Jahrhunderts  wird    es  als  Gasthaus 


Abb.  720.    Hotel  Metropole,  I.,  Morzinplatz. 


erwähnt.  Durch  wiederholte  Aufbauten  und  Erweiterungen,  deren  letzte   1873  stattfand,  hat  es 
seinen  heutigen  Umfang,  92  Zimmer  und  schöne  Restaurationsräume,  erhalten.3) 

Hotel  Österreichischer  Hof,  I.,  Fleischmarkt  2.  Dieses  1864  vom  Architekten  Baumgartner 
auf  einer  Fläche   von   1150  m2    mit   einem  Aufwand    von    beiläufig  1,000.000  K   erbaute  Hotel 


')  Der  Architekt.  1899. 

2)  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst.  1896,  Tafel  46  und  47.  Moderne  Neubauten.  Jahrg.  III,  Tafel  4  und  22. 

3)  Festschrift  aus  dem  Jahre  1901 :  „Der  Matschakerhof."  Im  Selbstverlage  der  Hotelbesitzer. 


446 


Wohngebäude. 


Abb.  721.    Hotel  Imperial,  I.,  Kärntnerring. 

wurde  in  den  Jahren  1900  und  1901  über  Anregung  des  jetzigen  Pächters  einem  vollständigen 
Umbau  unterworfen,  den  Architekt  Ludwig  Schmidl  leitete.  In  seiner  gegenwärtigen  Gestalt 
umfaßt  das  Haus  in  fünf  Geschossen  120  Fremdenzimmer,  deren  einer  Teil  so  angeordnet  ist, 
daß  durch  Zusammenlegungen  Familienappartements  gebildet  werden  können;  im  Erdgeschosse 
sind  die  Speiseräume  in  der  in  Wien  üblichen  Dreiteilung:  Schankzimmer,  Speisezimmer  für 
den  Betrieb  des  Restaurants  und  der  Speisesaal,  der  vornehmlich  von  den  Hotelgästen  auf- 
gesucht wird.  Ein  Teil  der  gassenseitig  gelegenen  Erdgeschoßräume  ist  als  Verkaufsläden  ver- 
mietet. Im  Mezzanin  ist  ein  größerer  Saal  für  besondere  Veranstaltungen:  Versammlungen, 
Bankette  etc. 

Hotel  Post,  1.,  Fleischmarkt  16,  ist  ein  Neubau  aus  dem  Jahre  1902,  nach  den  Plänen 
der  Architekten  Ferd.  Dehm  und  F.  Ulbricht  ausgeführt.  Von  der  Baufläche,  die  im  gesamten 
1118T4m-  mißt,  wurde  nur  ein  Teil  für  den  Hotelbetrieb  in  Anspruch  genommen,  der  Rest 
zu  einem  Wohnhause  verwendet.  Bemerkenswert  ist  die  Anlage  eines  Konzertsaales,  dessen 
Bodenfläche  im  Niveau  des  Souterrains  liegt  und  dessen  Galerien  in  der  Ebene  des  Erdge- 
schosses angeordnet  sind.  Die  Baukosten  einschließlich  des  Wohngebäudes  betragen  1,240.000  K. 

Hotel  und  Restauration  „Hietzinger  Hof",  XIII.,  Hauptstraße  22,  ist  in  den  Jahren  1883  bis 
1900  durch  mehrfache  Erweiterungen  aus  kleinen  Anfängen  zu  seinem  heutigen  Umfange 
emporgewachsen;  mit  dem  ausgedehnten  Restaurationsgarten  bedeckt  diese  Anlage  eine  Fläche 
von  rund  5800  m-.  Das  Hotel  verfügt  über  60  Fremdenzimmer.  Die  Restaurationsräume  fassen  in 
mehreren  großen  Sälen  zusammen  etwa  1500  Personen.  Der  große,  in  Verbindung  mit  dem 
Garten  stehende  Saal  hat  Raum  für  1000  Personen;  er  ist  ein  dreischiffiger  Bau,  dessen  Decken 
von  22  Marmorsäulen  getragen  werden.  Die  dazugehörigen  Gartenanlagen  bieten  3000  Gästen 
Platz,  so  daß  der  Gesamtfassungsraum  sich  auf  4500  Personen  beziffert. 

Das  Hotel  „Cobenzl"  im  XIX.  Bezirke,  am  Abhänge  des  Latisberges,  der  sich  im  Nordwesten 
der  Stadt  erhebt,  liegt  inmitten  ausgedehnter  Laub-  und  Nadelholzwaldungen  (83.700  m-  Wald 
und  197.000m-  Parkanlagen  gehören  der  Unternehmung);  von  seinen  Terrassen  bietet  sich  eine 
herrliche  Rundsicht  über  die  Stadt  und  weit  in  das  Land  gegen  Norden.  Ursprünglich  ein 
herrschaftliches  Schloß,  wurde  der  alte  Bestand  in  der  Zeit  von  1896  — 1899  von  der  Allge- 
meinen holländisch-österreichischen  Baugesellschaft  nach  den  Plänen  des  Architekten  R.  Miksch 


Hotelbautcn  und  Restaurants. 


447 


für  Hotclzwcckc  umgebaut  und  dabei  50  Fremdenzimmer  samt  den  nötigen  Nebenräumen, 
sowie  ein  kleiner  Speisesaal  und  andere  Gesellschaftsräume  gewonnen.  Ein  großer  Speisesaal 
für  200  Personen  und  ein  Kaffecsaal,  die  Hotelküche  samt  Nebenräumen  wurden  durch  An- 
bauten geschaffen;  im  Souterrain  ist  eine  geräumige 
Badeanlage  mit  zwei  Schwimmbassins  und  römischem 
Bad  eingerichtet.  Der  Architekt  hat  sich  im  Inneren  wie 
Äußeren  der  heiteren  Formen  des  Wiener  Barock  be- 
dient, mit  Ausnahme  des  Kaffeesaales,  dessen  Archi- 
tektur, und  zwar  im  Sinne  arabischer  Baukunst,  in 
Rosenburger  Fayencen  durchgebildet  worden  ist.  Die 
gesamten  Kosten  dieser  Umgestaltung  werden  mit 
837.000  K  angegeben.  Leider  konnte  der  Betrieb  infolge 
widriger  Verhältnisse  bisher  noch  nicht  eröffnet  werden. 
In  gleich  schöner  landschaftlicher  Lage  wie  das 
Hotel  „Cobenzl"  liegt  am  Südostabhange  des  Kahlen- 
berges  das  Hotel  und  Restaurant  Kahlenberg,  das  in 
den  Jahren  1871  — 1872  von  der  Union-Baugesell- 
schaft unter  Direktor  Architekt  M.  Hinträger  errichtet 
wurde.  Der  Hotelbetrieb  beschränkt  sich  auf  58  Frem- 
denzimmer. Dagegen  sind  die  Restaurationsräume  von 
ansehnlicher  Ausdehnung.  Das  gesamte  Areale  ein- 
schließlich der  Wirtschaftshöfe  beträgt  4021m2,  von 
welchen  1917  m2  von  den  Baulichkeiten  eingenommen 
werden. 

Restauration  und  Pension  Ottakringer  Bräu,  XIII., 
Hietzing,  Auhofstraße  1  (Abb.  726  bis  728).  Dem  Archi- 
tekten des  im  Jahre  1902  errichteten  Gebäudes,  F.  von 
Neumann,  gelang  es,  der  in  technischer  Beziehung  be- 
scheidenen Aufgabe  —  handelte  es  sich  doch  nur  um  die 
Schaffung  einer  kleinen  Anlage  für  etwa  250  Gäste  — 
eine  interessante  Seite  dadurch  abzugewinnen,  daß  er  die 
räumliche  Nähe  seines  Neubaues   und  des  kaiserlichen 
Lustschlosses  Schönbrunn    und    die    axiale  Beziehung 
beider  künstlerisch  auszuwerten  bestrebt  war,  indem  er 
durch  die  Komposition  des  Baues  in  Formen,  die  jenen  verwandt 
sind,  in  die  Fischer  von  Erlach  den  Schloßbau  kleidete,  diese  räum- 
lichen Verhältnisse  hervorhob;  mit  ähnlichen  Formen  ist  auch  die 
in  einfacher  Weise  gegliederte  innere  Ausschmückung  geziert.  Der 
Bau  erhebt  sich  auf  einer  Fläche  von  2131  m2,  von  denen  836  m2 
mit  Erdgeschoß  und  zwei  Stockwerken  verbaut  sind.    Das  erstere 
wird    zur    Gänze   von    den  Restaurationsräumen  in  Anspruch   ge- 
nommen. Der  anschließende  Garten    mit  einer  gedeckten  Veranda 
faßt   zirka  2000  Personen.  Die  zwei  Obergeschosse  enthalten  eine 
Pension    mit    Familienappartements,    aus    je    drei    bis   vier   Wohn- 
räumen  samt  Bade-   und    Dienerzimmer    nebst  Klosett    bestehend. 
Die  gesamten  Kosten  dieser  Anlage  betrugen  750.000  K. 

Restauration  St.  Annahof,  I.,  Annagasse  3  (Abb.  729,  730). 
In  einem  der  verkehrsreichsten  Teile  der  Innern  Stadt  ließ  Herr 
Viktor  Silberer  im  Jahre  1894  durch  die  Architekten  Fellner  und 
Helmer  auf  einer  Fläche  von  1629  m2  ein  Etablissement  errichten, 
welches  durch  seine  großzügige  Anlage  zu  den  bemerkenswertesten 
unserer  Stadt  zu  zählen  ist.  In  der  äußeren  Erscheinung  haben  die  Architekten  mit  Glück  den 
Versuch  unternommen,  den  in  München  und  anderen  deutschen  Städten  entwickelten  Typus 
der  Gastwirtschaften  auf  den  heimischen  Boden  zu  übertragen;  in  der  Höhe  der  unteren 
Stockwerke  ist  die  Fassade  mit  Fresken,  die  heitere  Szenen  aus  den  dem  Schankgeschäfte 
nahestehenden  Gewerbebetrieben  darstellen,  geschmückt.  Im  Inneren  ist  es  zumeist  die  Wiener 
Barocke,  welcher  die  fröhlichen  und  heiteren  Dekorationsmotive  entnommen  sind.  Der  Haupt- 
raum, dessen  Fußboden  in  dem  Souterrainniveau  liegt,  ist  ein  großer  Saal  von  590  m2  Boden- 


Abb.  723.     Hotel  Krantz.    Dritter  Stock. 


Abb. 


724.    Hotel  Meißl  &  Schadn. 
Zweiter  Stock.     1:600. 


448 


Wohngebäude. 


fläche,  in  dem  samt  der  Galerie,  welche  eine  Fläche 
von  beiläufig  230  m2  bedeckt,  etwa  1000  Personen 
Platz  finden.  Der  Saal  ist  in  den  Hof  eingebaut  und 
ist  in  der  Höhe  von  9  m  über  dem  Fußboden  mit 
einem  Glasdache  überspannt;  in  unmittelbare  oder 
mittelbare  Verbindung  mit  diesem  Saale  treten  Speise-, 
Extra-  und  Restaurationszimmer  und  eine  Anzahl  von 
Chambres  separees.  Die  Vestibüle,  Garderoben,  Kegel- 
bahnen und  Wirtschaftsräumc  nehmen  den  restlichen 
Teil  dieser  beiden  Geschosse  ein;  die  oberen  sind 
zu  Mietwohnungen  verwendet,  deren  Räume  sich  um 
einen  zentralen  Hof  von  22-20  m  Länge  und  12  m 
Breite  lagern,  um  dessen  Wandungen  offene  Gänge 
herumziehend  den  Zugang  von  den  Stiegen  zu  den 
Wohnungen  vermitteln  —  eine  der  Budapester  Zins- 
haustype verwandte  Lösung  —  für  Wien  eine  ganz 
vereinzelte  Anordnung,  die  sich  in  diesem  Falle  durch 
m  -  die  Anlage  des  großen  Saales  ergab. 

Brauhaus-Restauration  Simmering,  XI.,  Simme- 
ringer  Hauptstraße  99  (Abb.  731).  Für  den  mit  einer 
Länge  von  60  m  an  die  Hauptstraße  des  XI.  Bezirkes 
grenzenden,  sehr  tiefen  Bauplatz  hat  der  Architekt  des 
im  Jahre  1895  errichteten  Gebäudes,  Julius  Koch, 
durch  die  Errichtung  eines  Wohntraktes  entlang  der 
Straße  eine  sehr  vorteilhafte  wirtschaftliche  Aus- 
nützung erzielt.  An  der  Rückseite  des  Bauplatzes,  die 
unmittelbar  an  das  Brauhaus  anschließt,  sind  die  wich- 
tigsten Restaurationsräume  gelegen.  Dieselben  bestehen 
vornehmlich  aus  drei  größeren  Sälen,  deren  einer 
29  m  lang,  155  m  breit  bei  lLöOmHöhe,  der  andere 
15  m  lang  und  9"50  m  breit  ist.  Der  Fußboden  des 
ersteren  liegt  gegen  den  des  anderen,  sowie  der 
übrigen  Räumlichkeiten  um  220m  erhöht,  und  wurde 
dadurch  ein  interessantes  architektonisches  Motiv  ge- 
wonnen, das  ebenso  wie  die  in  der  Gebäudehaupt- 
achse disponierte  Aufeinanderfolge  der  drei  Säle  von 
besonderer  Wirkung  ist.  Die  beiden  erwähnten  Säle 
haben  Orchesternischen,  und  wurde  ihre  Höhe  in 
Rücksicht  auf  musikalische  Vorführungen  nicht  allzugroß  bemessen.  Dem  großen  Saale,  zu 
welchem    gemeinsam    mit    dem    kleineren    Saale    eine  Einfahrt    samt  Vorhalle    und    Garderobe 


Abb. 


Hotel  Meißl  &  Schadn,  I.,  Kärntnerstraße. 


E,  G,  S  Restaurationsräume. 
K  Küche.  V  Veranda. 


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Abb.  726.    Ebenerd.    1:800.       Abb.  727.    Erster  Stock.     1:S00.  Abb.  728. 

Abb.  726  bis  72S.     Restauration  und  Pension  Ottakringcr  Bräu,   XIII.,   Hietzing.  Auhofstraße  1. 


Hotclbautcn  und  Restaurants. 


449 


Abb.  729.     Restauration  St.  Annahof,  I.  Annagasse  3. 
Souterrain.     1:800. 


Abb.  731. 


Brauhaus-Restauration  Simmering,  XI.,  Simmeringer  Haupt- 
straße 99.    Erster  Stock.     1:800. 


V  Vestibül. 
GL  Geschäftslokale. 


G  Galerie  des  Saales. 
R  Restaurant. 


S  Kleiner  Saal. 
H  Hof. 


Abb.  730. 


Restauration  St.  Annahof,  I.,  Annagasse  3. 
Parterre.     1:800. 


führt,  sind  Nebenräume,  hauptsächlich  als  Speise- 
zimmer dienend,  angegliedert.  Die  Küchen-  und 
Schankwirtschaft,   zentral  gelegen,    gestattet  eine 
bequeme  Bedienung    in  allen  Räumen  wie  auch 
in  dem  etwa  2000  bis  3000  Personen  fassenden 
Garten.   Einschließlich  einer  Luftheizung  für  die 
beiden    größeren   Säle    und    deren  Nebenräume 
und     einer    Niederdruckdampfheizung     für    die 
Gassenlokale  betrugen  die  Baukosten  (samt  dem 
dreistöckigen  Wohnhaustrakte)  480.000  K. 
Restauration  „Am  Tivoli",  XII.,  Tivoligasse  79-    Die    Gartenanlagen    erstrecken    sich    über 
eine  Fläche  von  50.000  m-,    von    denen    etwa    der  dritte  Teil  von  der  Restauration    zur  Auf- 
stellung von  Tischen  in  Anspruch  genom- 
men  wird;    sie    ist  räumlich   die   bedeu- 
tendste   derartige    Anlage    in  Wien    und 
wird,  da  sie  an  die  östliche  Grenze  des 
Schönbrunner    Schloßparkes    unmittelbar 
anraint,  zumal  an  schönen  Sonntagen  viel 
besucht.  Auf  gleicher  Höhe  wie  das  große 
Gloriette  in   Schönbrunn   gelegen,    bietet 
sich  in  vielen  Teilen  der  Gartenanlage  ein 
schöner  Blick   über   die  westlichen  Teile 
der  Stadt  und  die  Ausläufer  des  Wiener- 
waldes.    Innerhalb      der     Gartenanlagen 
finden  sich  mehrere  Pavillons,  von  denen 
der  größte,  1888 — 1889  erbaute,  in  einem 
großen    und    vier    kleineren    Sälen    etwa 
5000  Personen  fassen  kann;   in  die  Ver- 
täfelung  der  Wände  sind  zahlreiche  große 
Gemälde   von   Hlavacek    und    Käsmayer, 
hauptsächlich    Ansichten   von    Tirol    (die 
Brentagruppe,    Geislergruppe,    Teile    aus 
dem  Zillertal    und    von  Gossensaß)    dar- 
stellend,   eingefügt.    Der   älteste    Pavillon 
stammt  aus  dem  Jahre   1831   und  enthält 
in  einem  großen  Saale  des  ersten  Stockes 

einen  alten  bemerkenswerten  Majolikaofen.  Abb.  732.    Gasthaus  „zur  güldenen  Waldschnepfe"  in  Dornbach. 

Bd.  II.  29 


450  Wohngebäude. 

Das  Gasthaus  „zur  güldenen  Waldschnepfe"  in  Dornbach  (Abb.  732),  nach  den  Plänen 
der  Architekten  Avanzo  und  Lange  erbaut,  ist  im  Charakter  der  patriarchalischen  Einkehrwirts- 
häuser des  17.  Jahrhunderts  gehalten;  es  enthält  im  Erdgeschosse  die  sogenannte  „Schwemme" 
(Schankzimmer)  mit  Küche,  Nebenräume  und  Keller;  ferner  ein  Cafe  mit  anreihenden  Spiel- 
zimmern; gegen  den  Platz  sind  Lauben  angeordnet,  über  denen  eine  Veranda  liegt.  Im  ersten 
Stocke  sind  der  große  Saal  mit  Orchester,  Speise-  und  Extrazimmer  untergebracht.  Der  Garten 
liegt  im  Niveau  des  ersten  Stockes. 

Leopold  Simony. 


V.  ARBEITERHÄUSER  UND  VOLKSWOHNUNGEN. 

Für  die  Erbauung  von  Arbeiterhäusern  wurden  mit  den  Gesetzen  vom  9.  Februar  1892 
und  8.  Juli  1902  gewisse  Begünstigungen  und  Erleichterungen  zugestanden.  Die  im  nach- 
stehenden besprochenen  Bauten  sind  entweder  von  Arbeitgebern  für  ihre  Arbeiter,  mit  oder 
ohne  Inanspruchnahme  der  Begünstigungen  vorerwähnter  Gesetze,  oder  aber  von  Korporationen 
im  Sinne  dieser  Gesetze  zu  dem  Zwecke  errichtet  worden,  Arbeitern  ein  entsprechendes  Heim 
zu  billigen  Preisen  bieten  zu  können. 


Abb.  733.     Volkswohnuneen  im  XIII.  Bezirke. 


a)  Familienhäuser. 

Die  Wienerberger  Ziegelfabriks-  und  Baugeselischaft  besitzt  bei  ihren  im  X.  Bezirke 
gelegenen  Werken  zahlreiche  (angeblich  mehr  als  100)  ältere  und  neuere  Arbeiterhäuser  ver- 
schiedener Größe  für  ihre  Arbeiter,  darunter  mehrere  mit  einem  Fassungsraume  für  50  bis 
66  Familien.  Die  Qualität  der  älteren  Häuser  ist  in  den  letzten  Jahren  vielfach  durch  beträcht- 
liche Aufwendungen  für  Umbauten  gehoben  worden. ') 

Südbahn-Gecellschaft.  Seit  1870  besitzt  der  „Pensionsfonds  für  Beamte  der  Südbahn"  Reihen- 
häuser, welche  auf  einem  ihm  von  der  Gesellschaft  kostenfrei  im  XII.  Bezirke,  Eichengasse  1 1 
bis  23,  zur  Verfügung  gestellten  Grunde  von  3032  m2  errichtet  wurden.  Diese  Gebäude  von 
153922  m2  verbauter  Fläche  enthalten  im  Parterre  und  drei  Stockwerken  84  Wohnungen, 
bestehend  aus  Küche,  Zimmer,  Kabinett  mit  zusammen  36m2  Bodenfläche;  10  aus  Küche  und 
Zimmer  mit  30-4  m2  und  16  aus  Zimmer  mit  Kochofen  bestehend  mit  14-80m2  Bodenfläche. 
Auf  eine  Person  der  Bewohnerschaft,  welche  zusammen  420  Köpfe,  einschließlich  beiläufig 
120  Kindern  beträgt,  entfällt  eine  Wohnfläche  von  7'50m2  und  ein  Luftraum  von  2P30ms.  Die 
Wohnungen  werden  nur  an  Bedienstete  der  Südbahn  vermietet,  aus  deren  Kreisen  allein  auch 
Aftermieter  und  Bettgeher  aufgenommen  werden  dürfen.  Der  Mietzins  beträgt  nach  Ablauf  der 
12jährigen  Steuerfreiheit  190  K  für  die  kleinste  bis  240  K  für  die  größte  Wohnung  einschließ- 
lich Reinigungsgeld.  Hofseitig  sind  Gärten,  welche  den  Kindern  als  Spielplätze  dienen,  angelegt. 


')  Nähere  Angaben  über  diese  Anlagen  wurden  von  der  Gesellschaft  leider  nicht  zur  Verfügung  gestellt. 


29* 


452 


Wohngebäude. 


Kaiser  Franz  Josef  I.-Jubiläums-Stiftung  für  Volkswohnungen  und  Wohlfahrtseinrich- 
tungen. l) 

1.  Besitz  im  XIII.  Bezirke,  Wernhardtstraße.  Aus  Anlaß  des  Regierungsjubiläums 
Sr.  Majestät  mit  einem  Kapitale  von  1,200.000  K  gegründet,  begann  die  Stiftung  nach  Durch- 
führung eines  Planwettbewerbes2)  im  August  des  Jahres  1898  ihre  Bautätigkeit  auf  Grund 
der  Pläne    der  Architekten  Theodor  Bach    und  Leopold  Simony    auf    einem  von  ihr    am  Ab- 


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Abb.  735.    Volkswohnungengruppe  im  XIII.  Bezirke. 
Erster  Stock.     1  :  600. 


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Puchsbaum  -  Gasse 


™   Projektiert. 
■■   Ausgeführt. 

Abb.  734.    Volkswohnungen  im  XIII.  Bezirke.    Lageplan.     1:8000. 


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Abb.  738. 


Arbeiterwohnhäuser  im  X.  Bezirke. 
Lageplan.     1:2000. 


Abb.  736.     Arbeiterwohnhausgruppe.    Ebenerd.     1:600. 


hange  des  Wilhelminenberges  im  XIII.  Be- 
zirke erworbenen  Gelände  von  zusammen 
49.000  m2  mit  Erbauung  von  neun  Familien- 
wohnhäusern und  zwei  Ledigenheimen  (letz- 
tere siehe  unter  „Ledigenheime")  (Abb.  733 
bis  735).  Im  Jahre  1900  und  1901  wurden 
weitere  17  Familienwohnhäuser  hinzugefügt, 
so  daß  die  Stiftung  an  dieser  Stelle  seither  über 
einen  Besitz  von  26  Wohnhäusern  für  Familien 
und  zwei  Ledigenheime  verfügt,  die  zusammen 
einen  Wert  von  1,700.000  K  darstellen.  Die 
Familienwohnhäuser  mit  zusammen  392  Woh- 
nungen fügen  sich  um  große  Höfe  von  je  mehr 
als  4000  m2  als  Reihenbauten  aneinander,  und 
zwar  je  mit  vier  Geschossen,  von  denen  jedes  vier  ganz  selbständige  Wohnungen,  d.  h.  mit 
eigenem  Klosett,  enthält;  bei  der  Hälfte  derselben  finden  sich  sämtliche  Bestandteile  innerhalb 
des  Wohnungsverschlusses,  bei  den  anderen  ist  das  Klosett  außerhalb  desselben.  Die  Woh- 
nungen bestehen  aus  Küche  und  Kabinett;  Küche  und  Zimmer;  Küche,  Zimmer  und  Kabinett 
und  Küche  und  zwei  Zimmern  mit  einer  durchschnittlichen  Bodenfläche  von  20"50  m2,  beziehungs- 
weise 32  m2,  42  m2,  51m2,  wovon  auf  die  Küche  beiläufig  je  9  m2  bis  12  m2,  auf  die  Zimmer 
18m2  bis  25m2  entfallen;  jede  Küche  besitzt  einen  lüftbaren  Speiseschrank  im  Fensterparapett. 
Die  zulässige  Bewohnerzahl  wird  unter  Annahme  einer  Bodenfläche  von  4  m'  für  jede  erwachsene 
Person  ermittelt,  woraus  sich  bei  3  m  bis  32  m  lichter  Höhe  ein  Luftraum  von  12  bis  1-3  m:!  ergibt. 
Die  zulässige  Bewohnerzahl  wird  —  wenige  Fälle  ausgenommen  —  nie  erreicht,  so  daß  in 
Wirklichkeit  sich  jene  Maße  noch  bedeutend  erhöhen.  Aftermieter  und  Bettgeher  sind  aus- 
geschlossen.   Die  derzeit   vorhandenen  Wohnungen  werden  von    beiläufig'   1700  Personen    be- 


Abb.  737.     Arbeiterwohnhausgruppe.    Erster  Stock.     1:600. 


')  Jahresbericht  der  Kaiser  Franz  Josef  I.-Jubiläums-Stiftung  1899  u.  ff. 
2)  Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  IS 


Heft  6  und  7. 


Arbeiterhäuser  und  Volkswohnungen. 


453 


wohnt.  Die  Mietpreise,  und  zwar  einschließlich  der  Benützung  der  später  erwähnten  Wohl- 
fahrtseinrichtungen  betragen  für  das  Monat:  für  Küche  und  Kabinett  14K,  für  Küche  und 
Zimmer  von  24  bis  30  K,  für  Küche,  Zimmer  und  Kabinett  zirka  36  K,  für  Küche  und  zwei 
Zimmer  42  K;  Reinigungsgclder  werden  nicht  eingehoben. 

An  Wohlfahrtseinrichtungen  besteht  eine  Dampfwäscherei,  in  welcher  jedem  Bewohner 
5  kg  Wäsche  monatlich  gereinigt  werden  (in  einzelnen  Häusern  sind  Waschküchen  am  Dach- 
boden angeordnet,    in    welchen    die  Parteien    die  Wäschereinigung    selbst  besorgen;    dagegen 


Abb.  739.     Arbeiterwohnhäuser  im  X.  Bezirke. 


wird  ihnen  ein  Nachlaß  von  10  bis  12°/n  von  obigen  Zinsen  zugestanden).  Ferner  stehen  den 
Bewohnern  warme  und  kalte  Duschebäder  und  eine  Volksbibliothek  zur  Verfügung;  auch 
können  die  Mieter  ärztliche  Hilfe  während  der  täglich  in  der  Ansiedlung  stattfindenden 
Ordinationsstunde  des  Hausarztes  unentgeltlich  in  Anspruch  nehmen. 

Die  Höfe  sind  teils  als  Ziergärten,  teils  zu  gegen  mäßiges  Entgelt  mietbaren  Nutzgärtchen 
und  zu  Kinderspielplätzen  ausgestaltet. 

Die  Baukosten  betragen  durchschnittlich  287  K  für  1  m2  verbauter  Fläche  (das  Ge- 
lände nicht  eingerechnet);  das  Verhältnis  der  verbauten  zur  unverbauten  Fläche  stellt  sich 
auf  44"90:55'10.  Um  die  nachträgliche  Zuerkennung  der  Steuerfreiheit  auf  Grund  des  Gesetzes 
vom  8.  Juli   1902  ist  angesucht  worden. 

2.  Besitz  im  X.Bezirke  (Abb.  736  bis  739). ')  Der  im  Jahre  1886  über  Anregung  des 
Dr.  Maximilian  Steiner  gegründete  „Verein  für  Arbeiterwohnhäuser"  löste  sich  1896  auf  und 
übertrug  sein  Vermögen  an  die  Stiftung.  Dasselbe  besteht  aus  18  Einfamilienhäusern  im  X.Be- 
zirke, welche  nach  den  Plänen  des  Architekten  Josef  Unger  hergestellt  wurden  und  mittels  in  den 
Mietzins  eingerechneter  Annuitäten  innerhalb  25  Jahren  in  das  Eigentum  des  Mieters  übergehen 
sollen.  Die  Häuschen,  welche  zum  Teil  nur  die  für  eine  Arbeiterfamilie  unbedingt  nötigen 
Wohnräume  umfassen,  zum  Teil  auch  noch  im  Erdgeschosse  eine  Werkstätte  oder  einen  an 
ledige  Arbeiter  zu  vermietenden  Raum  aufweisen,  haben  eine  gesamte  Wohnfläche  von 
67-30m'2    bis  97-50  m2   und    sind    um    eine   monatliche  Miete    von  35  bis  50  K  (einschließlich 

Annuität,  aber  ausschließlich  Steuern,  Feuerversicherungsprämie 
und  Wassergebühren,  welche  unmittelbar  vom  Mieter  zu  entrichten 
sind)  abgegeben  worden;  sie  hatten  alle  bis  zum  Jahre  1899  Käufer 
gefunden,  welche,  wenige  Ausnahmefälle  abgerechnet,  ihren  Zah- 
lungsverpflichtungen pünktlich  nachkommen.  Zu  jedem  dieser 
Häuschen  gehört  ein  Gärtchen,  dessen  Ausmaß  von  2879  m2  bis 
68'46  m2  schwankt.  Die  Baukosten  (ohne  Baugelände  und  Gebühren) 
beliefen  sich  bei  zweigeschossiger  Verbauung  auf  K  12F66  für 
1  m2  verbauter  Fläche,  wobei  bemerkt  wird,  daß  die  Häuschen 
zu  je  drei  oder  fünf  in  eine  Gruppe  zusammengelegt  sind. 
Die  k.  k.  Staatsbahnen  und  deren  Humanitätsfonds  verfügen  zur  Vermietung  an  die  eigenen 
Angestellten  über  folgenden  Besitz: 


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Abb.    740.      Arbeiterwohnhaus     im 
XIII.  Bezirke.    Dritter  Stock.    1:600. 


')  Wochenschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereir.es.  Jahrgang 


454 


Wohngebäude. 


a)  Zwei  Häuser  XIII.,  Hütteldorf,  Keißlergasse.  Die  beiden  aus  Erdgeschoß  und  zwei 
Obergeschossen  bestehenden  Gebäude  von  je  585  m2  verbauter  Fläche  enthalten  zwölf  Woh- 
nungen von  Küche  und  Zimmer  mit  44  m2  Bodenfläche  und  zehn  von  Küche,  Zimmer  und 
Kabinett  mit  53"50  m2  Bodenfläche;  die  Anlage  ist  von  78  Personen  (darunter  41  Kinder) 
besiedelt;  auf  den  Kopf  entfallen  12  m2  Bodenfläche  und  37  m:i  Luftraum  (Raumhöhe  3-15  m). 
Der  Baugrund  von  2000  m2  kostete  20.000  K,  die  Baukosten  betrugen  11 5.000  K.  die  Garten- 
pflanzungen 1000  K.  Die  Wohnungen 
kosten  bei  Ausschluß  von  Aftermietern 
und  Bettgehern  (bei  zwölfjähriger  Steuer- 
freiheit)    436  K     respektive    535  K    und 


Abb. 


741.     Arheiterfarnilienhaus    der   Brauerei 
Nußdorf.     Erster  Stock.     1:600. 


sind  den  ortsüblichen  gleich.  Die  Wasch- 
küchen sind  in  einem  gesonderten  Ge- 
bäude (Baukosten  8000  K)  untergebracht. 
Ärztliche  Ordination  ist  eingerichtet. 

b)  Sieben  Häuser  XIII.,  Hütteldorf, 


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Abb.  742.    Komitee  zur  Begründung  der  Ersten  gemeinnützigen  Baugesell- 
schaft für  Arbeiterwohnungen  in  Wien.  Grundriß  des  ersten  Stockes.  1  :  600. 


Hackingerstraße.  Die    auf 


einem  Areale  von  3800  m2 
in  den  Jahren  1901  — 1904  als  Reihenhäuser  mit  Erdgeschoß  und  drei  Stockwerken  erbauten 
Objekte  bedecken  eine  Fläche  von  1554  m2.  Die  Zusammensetzung  der  Wohnungen  ist  wie 
bei  a,  mit  Ausnahme  einiger,  welche  aus  Küche  und  zwei  Zimmern  bestehen;  die  Bodenfläche 
beträgt  34,  beziehungsweise  43-50  und  55  m2,  beziehungsweise  per  Kopf  10  m2  und  der  Luft- 
raum 30m:!  (Raumhöhe  3  m).  Von  dem  Gesamtbauaufwand  entfallen  auf  den  Grunderwerb 
48.000  K,  den  Bau  399.000  K  und  die  Anpflanzungen  1500  K.  Die  bei  zwölfjähriger  Steuerfreiheit 
mit  264  K,  beziehungsweise  348  Kund  440  K  erhobenen  jährlichen  Mietzinse  sind  um  beiläufig 
25"/0  billiger  als  die  ortsüblichen.  Den  Mietern  steht  an  Wohlfahrtseinrichtungen  ein  Lese- 
zimmer mit  Bibliothek  und  ein  Kindergarten  zur  Verfügung. 

c)  Zwei  Häuser  XIX.,  Heiligenstadt,  Halteraugasse,  erbaut  im  Jahre  1903  nach  den 
Plänen  des  Architekten  Baurat  Rudolf  Herrmann.  Die  Wohnungseinteilung,  Geschoßzahl,  Bewoh- 
nungsdichtigkeit,  Mietpreise  etc.  sind  wie  bei  b.  Der  Gesamtkostenaufwand  124.600  K,  wovon 
auf  Grunderwerb  von  835  m2  8000  K,  auf  Baukosten  von  445  m2  verbauter  Fläche  1 16.000  K 
und  Anpflanzungen  600  K  entfallen. 

Hofbrauhaus  in  Nußdorf  (Abb.  74 1).1)  Die  Besitzer  dieses  Brauhauses,  Bachofen  &  Medinger, 
ließen  im  Jahre  1893  durch  den  Architekten  Baurat  Julius  Koch  ein  Gebäude  für  die  verheirateten 
Bediensteten  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  9.  Februar  1892  im  XIX.  Bezirke  erbauen2);  es 
enthält  in  drei  Geschossen  eine  einräumige  Wohnung  mit  26  m2  Grundfläche,  neun  zweiräumige 
mit  beiläufig  42  m2,  acht  dreiräumige  mit  53  bis  61m2,  zusammen  18  Wohnungen,  welche  an 
zwei  Stiegen  angeschlossen  sind.  Der  Zugang  zu  den  Wohnungen  findet  über  einen  hofseitigen 
offenen  Gang  statt;  auf  je  drei  Wohnungen  entfallen  zwei  Klosetts.  Die  Waschküche  ist  in 
einem  eigenen  Gebäude  im  Hofe  untergebracht.  Die  Baukosten  betrugen  142  K  für  Im2 
verbauter  Fläche.  Die  Verzinsung  beträgt  in  Berücksichtigung  eines  billigen  Grundpreises 
nach  Abzug  der  Kosten  für  Beleuchtung,  Erhaltung  und  Steuer,  jedoch  exklusive  Amortisation, 
3'58"/„.  Jedem  Mieter  ist  ein  kleines  Nutzgärtchen  zugewiesen. 

Ziegelwerke  von  M.  Kreindls  Wwe.,  XIX.,  Heiligenstädterstraße  107.  Die  Firma  besitzt 
daselbst  mehrere  Wohnhäuser  für  ihre  verheirateten  Arbeiter.  Die  Häuser  sind  zweigeschossig 
und  enthalten  in  überwiegender  Zahl  Wohnungen,  bestehend  aus  Zimmer  mit  Koch- 
gelegenheit und  einem  kleinen  Vorräume;  die  Zimmer  mit  16  bis  17  m2  Bodenfläche 
beherbergen  im  Durchschnitte    zwei  Erwachsene    mit    zwei  bis  drei  Kindern,   so  daß  sich  bei 


')  Mitteilungen  des  Gewerbehygienischen  Museums  in  Wien.  Nr.  LIII. 

2)  Es  ist  das  einzige  Arbeiterwohnhaus,  das  in  Wien  nach  diesem  Gesetze  errichtet  wurde. 


Arbcitcrhäuser  und  Volkswohnungcn. 


455 


Abb.  743.    Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt.     Situation.     1:1500 


3-10m  Raumhöhe  beiläufig  10  bis  12m3  Luftraum  auf  den  Kopf  ergeben;  einige  etwas  größere 
Wohnungen  haben  in  zwei  Gelassen  eine  Bodenfläche  von  27  m2.  Die  Waschküche  sowie  eine 
Anzahl  von  Klosetts  sind  in  einem  Hofgebäude  untergebracht.  Baukosten  ohne  Grunderwerb 
48  K  für   1  m2  verbauter  Fläche.  Die  Wohnungen  werden  unentgeltlich  abgegeben. 

Komitee  zur  Begründung  der  Ersten  gemeinnützigen  Baugesellschaft  für  Arbeiterwohnungen 
in  Wien,  XX.,  Engerthstraße  41  und  43  (Abb.  742).  Dieses  aus  der  Vereinigung  von  Männern  der 
verschiedensten  Berufe  hervorgegangene  Unternehmen  hat  im  Jahre  1904—1905  zwei  drei  Stock 
hohe  Wohnhäuser,  für  welche  die  Begünstigungen  des  Gesetzes  vom  8.  Juli  1902  in  Anspruch 
genommen  worden  sind,  durch  den  Architekten  Leopold  Simony  erbauen  lassen.  Auf  Grund- 
lage dieses  Unternehmens  soll  eine  Baugesellschaft  gemeinnützigen  Charakters  gebildet  werden. 

I  I       Die  Häuser  enthalten   1 1   Wohnungen, 

'  —  bestehend  aus  Küche  und  Kabinett  mit 

zirka  22  m2,  28  aus  Küche  und  Zimmer 
-  mit  30  bis  33  m-,  fünf  aus  Küche, 
Zimmer  und  Kabinett  mit  41  bis  45  m2, 
zwei  aus  je  einem  Zimmer  mit  Koch- 
vorrichtung und  einem  Laden.  Die 
Mietzinse  konnten  infolge  der  Steuer- 
begünstigungen auch  bei  einer  Ver- 
zinsung des  Kapitales  innerhalb  der 
gesetzlich  zulässigen  Grenze  um  bei- 
läufig 15(l/0  niedriger  angesetzt  werden 
als  die  in  den  umliegenden  Miethäu- 
sern. Die  Anlage  wird  im  Jahre  1906 
_  durch  Hinzufügung  eines  Hoftraktes 
um  beiläufig  20  Wohnungen  erweitert 
_  werden. 

Die  Arbeiter-Unfallversicherungs- 
Anstalt  für  Niederösterreich  (Abb.  743, 
744)  ist  im  Begriffe,  im  XXI.  Bezirke,  Leopoldauer- 
straße 79,81'),  eine  größere  Gruppe  von  Arbeiter- 
häusern auf  einem  5900  m2  großen,  auf  drei  Seiten 
von  Straßen  umgebenen  Grundstücke  nach  den 
Plänen  der  Architekten  Theodor  Bach  und  Leopold 
Simony  zu  erbauen;  auf  dem  Gelände  sind  14  drei 
Stock  hohe  Objekte  (einschließlich  eines  Ledigen- 
heimes für  Männer)  projektiert  mit  einer  verbauten 
Fläche  von  zusammen  2550  m2,  so  daß  57"/0  der 
Area  unverbaut  bleiben.  Bisher  sind  zehn  Objekte 
ausgeführt,  von  denen  neun  Familienwohnungen 
(zusammen  125)  enthalten  (eines  ist  Ledigenheim, 
siehe  dort);  neun  Wohnungen  bestehen  aus  Küche 
und  Kabinett  mit  22  m2,  107  aus  Küche  und  Zimmer 
mit  26  bis  34  m2,  sechs  aus  Küche,  Zimmer  und  Kabi- 
nett mit  42  bis  45  m2.  Jede  derselben  hat  einen 
außer  Wohnungsverschluß  gelegenen  Abort.  Die 
jährlichen  Mietzinse  betragen  160K,  beziehungsweise 
192  K  bis  269  K,  beziehungsweise  324  K  bis  360  K. 
Bettgeher  und  Aftermieter  sind,  da  sämtliche  Objekte 
die  Steuerfreiheit  nach  dem  Gesetze  vom  8.  Juli  1902 
genießen,  ausgeschlossen.  Die  bisherigen  Baukosten 
beziffern  sich  mit  440.583  K,  die  Grundkosten  mit 
47.023  K.  Als  Wohlfahrtseinrichtungen  sind  eine 
Volksbibliothek  und  Nutzgärten  anzuführen.  Diese 
Anlage  soll  im  Jahre  1906  durch  Erbauung  weiterer 
vier  Familienhäuser  mit  zusammen  80  Wohnungen 


Abb.  744.     Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. 
Teil  des  ersten  Stockes.     1:600. 


2)  Der  Bautechniker.  XX.  Jahrgang,  Nr.  24. 


456  Wohngebäude. 

gleicher  Art  wie  die  vorbeschriebenen  ergänzt  und  eine  ärztliche  Ordination  eingerichtet 
werden. 

Die  Schrauben-  und  Schmiedewaren-Fabriks-Aktiengesellschaft  (Brevillier  &  Co.  und 
A.  Urban  &  Söhne),  XXI.,  Floridsdorf,  verfügt  daselbst  über  13  Wohnhäuser,  in  denen  nur 
Angestellte  Unterkommen  finden;  es  sind  meist  einstöckige,  freistehende  Häuser  mit  vier  bis 
fünf  Wohnungen  im  Geschosse,  zusammen  95  Wohnungen,  die  außer  Küche  ein  bis  drei 
Wohnräume  umfassen.  Die  Bodenfläche  einer  Wohnung  wechselt  von  26  bis  zu  79  m2,  wovon 
6  bis  15  m2  auf  den  Kopf  der  Inwohner  (zusammen  470)  entfallen.  Die  jährlichen  Mietzinse 
betragen  (nach  Ablauf  der  zwölfjährigen  Steuerfreiheit)  185K  für  Küche  und  Zimmer  bis  zu 
405  K  für  Küche  und  drei  Zimmer. 

Die  Wiener  Lokomotiv-Fabriks-Aktiengesellschaft,  XXI.,  Floridsdorf,  besitzt  seit  1871  und 
1873  in  unmittelbarer  Nähe  der  Fabrik,  Hauptstraße  109  bis  125,  eine  nach  den  Plänen  des 
Architekten  F.  Wilhelm  erbaute  Kolonie  von  sechs  freistehenden  Wohnhäusern,  zu  welcher 
ein  Restaurationsgebäude  und  ein  Badehaus  mit  Dusche-  und  Wannenbädern  gehören.  Die 
Wohngebäude  enthalten  im  Erdgeschosse  und  zwei  Geschossen  je  zehn  Wohnungen,  aus 
Küche,  Zimmer  und  Kabinett  bestehend,  mit  45  m2  Bodenfläche  und  14  aus  Küche  und  Zimmer 
mit  35  m2.  Auf  einen  Bewohner  entfallen  durchschnittlich  7"7  m2  Bodenfläche  und  219  m'  Luft- 
raum. Die  jährlichen  Mietpreise  der  Wohnung  kleinerer  Kategorie  betragen  198K,  der  größeren 
Kategorie  270  K.  Eine  ärztliche  Ordination  ist  kostenlos. 

Die  Kaiser  Ferdinands-Nordbahn  )  errichtete  nach  den  Plänen  des  Architekten  Albin 
Prokop  im  Jahre  1873  zunächst  ihrem  Bahnhofe  in  Floridsdorf  (Rieplgasse)  die  aus  14  Wohn- 
häusern, Restaurant  und  Badeanlage  bestehende  Kolonie.  In  den  je  Erdgeschoß  und  zwei  Ge- 
schosse umfassenden  Gebäuden  befinden  sich  zusammen  144  Wohnungen  mit  Küche,  Zimmer, 
Kabinett  und  Vorraum  mit  4085  bis  4302m2  Bodenfläche  und  ebensoviele  mit  Küche  und 
Zimmer  von  2614  bis  27-53  m2.  Die  Kolonie  beherbergt  1450  Personen,  worunter  600  Kinder, 
so  daß  auf  den  Kopf  durchschnittlich  688  m2  Bodenfläche  und  19*54  m:t  Luftraum  entfallen. 
Die  Mieter  sind  ausnahmslos  eigene  Angestellte.  Der  jährliche  Mietzins  —  nach  Ablauf  der 
15jährigen  Steuerfreiheit  —  beträgt  K 18564  bis  K  289*64,  wobei  die  Aufnahme  von  After- 
mietern und  Bettgehern  beschränkt  ist.  Jedes  Haus  hat  im  Keller  eine  Waschküche.  Zwischen 
den  Gebäuden  befinden  sich  Gartenanlagen.  Kostenlose  ärztliche  Ordination  und  Badebenützung 
ist  nur  für  die  Arbeiter,  nicht  aber  für  deren  Angehörige  vorhanden. 

Die  österreichische  Nordwestbahn  hat  im  Jahre  1873  im  XXI.  Bezirke  nächst  dem  Bahn- 
hofe Floridsdorf  nach  den  Plänen  des  Architekten  Rudolf  Frey  acht  einstöckige  Wohnhäuser, 
je  zu  zweien  aneinandergebaut,  für  je  acht  bis  zwölf  Familien  der  eigenen  Bediensteten 
errichtet;  sie  umsäumen  einen  geräumigen  Hof,  der  Nutzgärtchen  und  ein  eigenes  Waschküchen- 
gebäude enthält.  Jede  der  80  Wohnungen  besteht  aus  Küche  und  Zimmer  mit  zusammen 
32*25  m2  und  wird  um  200  K  vermietet.  Die  Raumhöhe  beträgt  3  m;  Baukosten  324.000  K. 

Die  Siemens  &  Halske-Kabelfabrik,  XXI.,  Floridsdorf,  hat  im  Jahre  1898  durch  Baumeister 
Alois  Frömmel  auf  einem  2630  m2  großen  Grunde  für  ihre  eigenen  Arbeiter  vier  Familien- 
wohnhäuser erbauen  lassen,  welche  im  Erdgeschosse  und  zwei  Stockwerken  zusammen 
24  Wohnungen  von  Küche  und  Zimmer  mit  3375  m2  und  ebensoviele  von  Küche,  Zimmer  und 
Kabinett  mit  47*25  m2  umfassen.  Durchschnittlich  wird  eine  Bodenfläche  von  6"5  m2  und  ein 
Luftraum  von  19*5  m;i  für  die  Person  geboten.  Die  Mietzinse  betragen  jährlich  228  K,  beziehungs- 
weise 300  K.  Die  gesamten  Kosten  betrugen  179.000  K,  wovon  12.000  K  auf  Grunderwerb 
entfielen.  Wohlfahrtseinrichtungen  sind  nicht  vorhanden. 

b)   Ledigenheime. 

Kaiser  Franz  Josef  I. -Jubiläums-Stiftung  für  Volkswohnungen  und  Wohlfahrtseinrichtungen. 

a)  Männer-  und  Frauenheim2)  im  XIII.  Bezirke.  Innerhalb  der  früher  beschriebenen 
Anlage  dieser  Stiftung  befinden  sich  zwei  Heime,  eines  für  ledige  Männer,  eines  für  ledige 
Frauen.  Die  Unterkünfte  bestehen  in  voneinander  völlig  getrennten,  eingerichteten  Wohnräumen 
für  ein,  zwei  und  drei  Betten  und  haben  eine  Bodenfläche  von  7,  beziehungsweise  14  m2,  einen 
Luftraum  per  Kopf  von  21  bis  27  m'\  Das  Männerheim  umfaßt  41  Kabinen  mit  zusammen  58  Betten, 
das  Frauenheim  25  Räume  mit  43  Betten  (13  zu  einem,  sechs  zu  zwei  und  sechs  zu  drei 
Betten);    beide  Objekte    haben    eine  Niederdruckdampfheizung  und    jedes  Heim    verfügt    über 


')  Allgemeine  Bauzeitung  (Fö  rs 'ersehe  Bauzeitung).  1890,  S.  31  ond  Blatt  26. 
"■)  Jahresbericht  der  Stiftung.  1899. 


Arbeitcrhäuscr  und  Volkswohnungcn. 


457 


eine  Anzahl  von  Räumen  zum  Reinigen  der  Kleider  und  Schuhe,  ein  Lesezimmer  und  eine  Früh- 
stücksküche; seinen  Bewohnern  stehen  auch  die  übrigen  in  der  Kolonie  vorhandenen  Wohlfahrts- 
cinrichtungen  (siehe  S.  453)  zur  Benützung  frei.  An  Miete  zahlt  man  wöchentlich  für  den  Raum 
mit  einem  Bette  K350,    für    den    mit  zwei  Betten  K550  und  für  den  mit   drei  Betten  K650. 


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a  Flur.  c  Kartenausgabe,      e  Umkleidezimmer.         h  Putzraum,     t  Speisesaal.  v  Küche, 

b  Warteraum,     d  Dienstwohnung,     f  Kastenraum.  o,  p  Lesesäle.      u  Speisenausgabe,    w  Vorräte. 

Abb.  745.    Männerheim  im  XX.  Bezirke.     Hochparterre.     1 :600. 


z  Arzt. 


a  Schlafsäle,    d  Waschgelegenheiten,     e  Wärter. 
Abb.  746.    Männerheim  im  XX.  Bezirke.     Stockwerke.     1:600. 


Die    Erwirkung    der  Steuerbegünstigungen    im  Sinne 
des  Gesetzes  vom  8.  Juli   1902  ist  im  Zuge. 

b)  Logierhaus  für  Männer,  XX.,  Melde- 
mannstraße 25,  27  und  29  (Abb.  745,  746). l)  Der 
vor  einiger  Zeit  der  Benützung  übergebene,  nach  den 
Plänen  der  Architekten  Leopold  Ramsauer  und  Otto 
Richter  errichtete  Bau  ist  auf  Grund  des  Gesetzes 
vom  8.  Juli  1902  nach  dem  Vorbilde  der  Londoner 
Rowton-Häuser  eingerichtet  und  enthält  in  24  Schlaf- 
sälen (je  sechs  in  einem  Geschosse)  544  vermiet- 
bare Schlafabteile,  je  zu  einem  Bette.  Die  Anordnung 
der  Schlafsäle  ist  eine  solche,  daß  einzelne  vom  Be- 
triebe ausgeschaltet  werden  können.  Alle  Schlafabteile 
haben  direkte  Licht-  und  Luftzufuhr,  schließen  an 
einen  l"35m  breiten  Mittelgang  an,  von  dem  sie, 
wie  auch  unter  sich  durch  bloß  2  m  hohe  Wände 
aus  Monier-Konstruktion  getrennt  sind,  während  die  lichte  Höhe  der  Säle  3  m  beträgt;  die  Boden- 
fläche jedes  Abteiles  mißt  2'18m  Länge  und  L4m  Breite,  d.  i.  4  m2,  und  entfallen  demnach  12  m3 
Luftraum  auf  jeden  Schlafgast.  Jedes  Abteil  ist  mit  einem  Eisenbett  samt  vollständiger  Einrichtung, 

')  Männerheim,  Wien,  XX.,    errichtet  von  der  Kaiser  Franz  Josef  I. -Jubiläums-Stiftung    für  Volkswohnungen    und  Wohlfahrts- 
einrichtungen. Wien  1905,   im  Selbstverlage  der  Stiftung. 


Abb.  747.    Arbeiterhaus  der  Brauerei  Nußdorf. 
Erster  Stock.    1:600. 


45S  Wohngebäude. 

Linoleumbettvorleger,  Stockerl  mit  Unterfach  und  Kleiderrechen  ausgestattet.  Zwischen  den  Schlaf- 
sälen eingebaut,  in  jedem  Geschosse  in  zwei  Gruppen  sind  Waschgelegenheiten  in  eigenen 
Waschräumen.  Die  Schlafabteile  sind  den  Gästen  nur  von  8  Uhr  abends  bis  9  Uhr  früh  geöffnet; 
tagsüber  stehen  denselben  der  Speisesaal  und  die  beiden  Lesezimmer  zur  Benützung  frei,  von 
denen  der  erstere  bei  16288  m2  Fläche  (2085  m  lang,  792  m  breit  und  3'8  m  hoch)  180  Per- 
sonen, das  Lesezimmer  für  Raucher  (57-63m')40,  das  für  Nichtraucher  (35"02  m2)  26  Personen 
faßt.  Den  Schlafgästen  ist  Gelegenheit  geboten,  auf  fünf  Gaskochern,  die  in  einem  Nebenraume 
des  Speisesaales  aufgestellt  sind,  sich  selbst  Speisen  zu  bereiten,  oder  solche  aus  der  Wirt- 
schaftsküche zu  festgesetzten  Preisen  zu  beziehen.  Die  Verabreichung  gebrannter  geistiger 
Getränke  ist  dem  Pächter  untersagt.  Zu  den  den  Rowton-Häusern  nachgebildeten  Einrichtungen 
ist  die  Anlage  von  Kleiderschränken  in  großen  Sälen  zu  rechnen,  in  welchen  der  Schlafgast 
seine  Kleider,  Wäsche  und  übrigen  Habseligkeiten,  da  im  Schafabteil  keine  verschließbare 
Aufbewahrungsvorrichtung  geschaffen  ist,  zu  hinterlegen  hat,  während  Gepäckstücke  in  eigenen 
Magazinen  eingelagert  werden.  Tagsüber  steht  ein  Umkleideraum  zum  Wechseln  der  Kleider, 
sowie  ein  Putzraum  zur  Reinigung  von  Kleidern  und  Schuhen  zur  Verfügung.  Von  den 
anderen  Einrichtungen  dieses  Hauses  sind  die  aus  Wannen-,  Brause-  und  Fußbädern  be- 
stehende und  zu  bestimmten  Stunden  geöffnete  Badeabteilung,  sowie  der  ärztliche  Dienst  zu  er- 
wähnen. Dieser  verfügt  über  ein  Warte-  und  Sprechzimmer  und  zwei  Krankenzimmer  zu  je 
zwei  Betten.  Der  ärztliche  Dienst  erstreckt  sich  auf  die  Durchführung  aller  hygienischen  Maß- 
nahmen im  Heime,  die  allabendlich  abzuhaltende  Ambulanz  und  die  Aufnahme  Erkrankter 
in  die  eigenen  Krankenzimmer  oder  deren  Übergabe  in  die  Pflege  eines  Spitales.  Vermietbare 
Arbeitsräume  für  einen  Friseur,  Schneider,  Schuster  und  Wäscher  sind  im  Hause,  deren 
Dienste  die  Schlafgäste  gegen  Entgelt  in  Anspruch  nehmen  können.  Alle  Räume  des  Hauses, 
dessen  Betrieb  einem  Verwalter  untergeordnet  ist,  sind  mit  einer  Dampfniederdruckheizung 
erwärmt.  Die  Bauarea  beträgt  2476'29  m2,  von  welchen  132550  m2  verbaut  sind  (davon 
92L43m2  mit  Tief-  und  Hochparterre  und  vier  Geschossen,  404-07m2  mit  Tief-  und  Hoch- 
parterre). Der  Rest  ist  Garten  und  Hofraum.  Die  Kosten  des  Grunderwerbes  beliefen  sich  auf 
50.000  K,  des  Baues  auf  450.000  K,  der  Einrichtung  und  der  Organisation  auf  60.000  K.  Der 
Mietzins  für  ein  Schlafabteil  beträgt  für  eine  Nacht  60  h,  für  zwei  aufeinanderfolgende  Nächte 
1  K,  für  sieben  aufeinanderfolgende  Nächte  K2-50. 

Das  Hofbrauhaus  in  Nußdorf  (Abb.  747)  besitzt  ein  Ledigenheim,  das  in  mehreren  Schlaf- 
sälen von  8  bis  20  Betten  Fassungsraum  zusammen  80  Arbeitern  Unterkunft  bietet.  Die  Höhe 
der  Säle  beträgt  4  m,  so  daß  durchschnittlich  26  m'  Luftraum  auf  die  Person  entfallen; 
außerdem  ist  für  eine  ausgiebige  Ventilation  Vorsorge  getroffen.  Bequem  von  den  Schlaf- 
räumen zugänglich  ist  das  Wasch-  und  Badezimmer,  in  welchem  blecherne  Waschbecken, 
eine  Wanne  und  drei  Duschen  vorhanden  sind.  Für  die  Trocknung  von  nassen  Kleidern 
wurde  neben  dem  Baderaume  eine  Trockenstube  angelegt,  in  welcher  die  Trocknung  mit 
heißer  Luft  vorgenommen  wird.  Im  Parterre  dieses  Hauses  ist  eine  Küchenwirtschaft  mit 
Speisesaal  für  80  Personen  zur  Verköstigung  der  Arbeiter  vorgesehen. 

Ledigenheime  befinden  sich  weiters  noch  bei  der  Bierbrauerei  der  Herren  Kuffner, 
XVI.,  Ottakringerstraße,  und  bei  der  Anlage  der  Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt  im 
XXI.  Bezirke  (siehe  Abb.  744). 

Private  Logierhäuser.  In  verschiedenen  Bezirken  der  Stadt,  zumeist  in  den  industrie-  und 
gewerbereichsten,  gibt  es  von  Privatleuten  unterhaltene  Unterkünfte  für  ledige  Männer;  es  sind 
meistens  große  Säle,  von  denen  einzelne  bis  zu  66  Betten  enthalten.  Das  größte  derartige 
Haus  ist  im  X.  Bezirke  (der  überhaupt  die  meisten  Logierhäuser  hat)  mit  320  Betten.  Die 
Preise  für  das  einmalige  Übernachten  weichen  voneinander  ziemlich  ab,  und  zwar  von  32  h  bis 
zu  1K;  sie  wechseln  in  ein  und  derselben  Unternehmung,  je  nach  der  Zahl  der  in  einem 
Räume  vorhandenen  Schlafstellen.  In  einzelnen  Bezirken  werden  höhere  Preise  als  in  den 
anderen  verlangt,  und  zwar  die  höchsten  im  XV.  und  II.  Bezirke. 

Leopold  Simony. 


L  AUSSTELLÜNOSOEBAUDE. 

I.  ROTUNDE. 

Wien  ist  nichts  weniger  als  reich  an  Ausstellungsgebäuden;  denn  streng  genommen,  kann 
es  an  solchen  Baulichkeiten  keine  anderen  als  die  Rotunde  (Abb.  748,  749)  aufweisen,  den 
einstigen  Zentralbau  der  Wiener  Weltausstellung  des  Jahres  1873;  sie  allein  hat  sich  im  Gegensatze 
zu  den  mit  ihr  gleichzeitig  aufgeführten  sowie  den  späteren  Ausstellungsbauten,  die  alle  mehr 


Rotunde  mit  Südportal. 


ephemeren  Charakter  aufwiesen,  bleibend  erhalten,  und  ihre  unschöne,  scheinbar  nahe  dem 
Boden  beginnende  lampenschirmartige  Dachform  bildet  nun  seit  Jahrzehnten  einen  charakte- 
ristischen, aber  schon  so  gewohnten  Zug  im  Stadtbilde,  daß  man  bereits  die  vielfachen  berech- 
tigten Klagen  unserer  damaligen  hervorragenden  Architekten  und  Ingenieure  über  dieses  Bau- 
werk vergessen  hat. 

Der  Entwurf  eines  großartigen  Zentralbaues  für  Weltausstellungen  rührt  von  dem  eng- 
lischen Schiffbauer  Scott-Russel  her,  welcher  den  Generaldirektor  der  Wiener  Ausstellung 
vom  Jahre  1873,  Baron  Schwarz-Senborn,  für  seine  Idee  gewann  und  auf  Grund  seiner 
angeblich  20jährigen  Studien  hierüber  Pläne  und  Kostenanschläge  zu  liefern  versprach;  im 
September  des  genannten  Jahres  erhielt  die  Ausstellungsdirektion  drei  Skizzen  nebst  einer 
kurzen  Baubeschreibung,  jedoch  keinerlei  theoretische  Berechnung,  welche  den  abzuschließenden 
Verträgen  als  Grundlage  hätte  dienen  sollen.  Mit  Hilfe  der  Daten  der  Baubeschreibung  und 
der  drei  Skizzen  hatten  die  Architekten  der  Ausstellung  —  als  Chef-Architekt  fungierte 
Hasenauer  —  ein  Bild  des  Zentralbaues  zu  entwerfen,  welches  die  Planskizzen  vervoll- 
ständigte, und  darauf  gestützt  wurden  am  22.  September  1871  mehrere  Firmen  zur  Einbringung 
von  Preisanboten  bis  zum  7.  Oktober  aufgefordert.  Obgleich  es  höchst  gewagt  erschien,  auf  diese 
Zeichnungen  hin,  die  gar  nichts  erraten  ließen,  ein  Offert  zu  basieren,  zumal  dem  Offerenten 


460  Ausstellungsgebäude. 

auch  noch  die  Verpflichtung  auferlegt  war,  binnen  zehn  Tagen  sämtliche  Details  in  Natur- 
größe auszufertigen,  langten  doch  Preisanbote  ein,  von  denen  das  von  J.  C.  Harkort  über- 
reichte sich  als  das  billigste  darstellte,  weshalb  ihm  die  Eisenkonstruktion  am  16.  Oktober 
übertragen  wurde.  Begreiflicherweise  war  der  Ersteher  der  Arbeiten  nicht  imstande,  in  der 
erwähnten  Frist  die  Detailzeichnungen  zu  liefern,  um  so  weniger,  als  Scott-Russel 
auch  in  diesem  Zeitpunkte  weder  Berechnungen  noch  Pläne  vorlegte.  Es  blieb  also  nichts 
anderes  übrig,  als  durch  das  am  30.  Oktober  errichtete  Ingenieurbureau  der  Weltausstellung, 
dessen  Chef  Hofrat  Ritter  von  Engerth  war,  unter  Leitung  des  Oberinspektors  Heinrich 
Schmidt  die  Berechnungen  und  Konstruktionen  durchführen  zu  lassen.  Dabei  zeigte  sich, 
daß  der  Scott-Russelsche  Entwurf  absolut  unbrauchbar  war,  daß  die  Pfeiler  weitaus  zu 
schwach  waren,  und  daß  das  Dach  so  ohne  alles  Verständnis  angegeben  war,  daß  dessen 
Ausführung  nach  Scott-Russels  Weisungen  geradezu  unmöglich  gewesen  wäre.  Inzwischen 
hatten  die  Architekten  auf  Grundlage  der  gegebenen  Hauptabmessungen  ihre  Entwürfe  voll- 
endet und  die  architektonischen  Verkleidungen  entworfen;  auch  der  Vertrag  zur  Ausführung 
des  Zentralbaues  war  bereits  abgeschlossen.  Sollte  nun  der  Beginn  der  Ausstellung  nicht  voll- 
kommen in  Frage  gestellt  werden,  so  war  nichts  mehr  zu  ändern,  und  es  wurde  sonach  die  nicht 
mehr  zu  ändernde  Form  der  Rotunde  von  Schmidt  konstruktiv  durchgebildet  und  ausgeführt, 
und  Scott-Russel  hatte  nicht  den  geringsten  Einfluß  hierauf,  weder  auf  die  Projektverfassung 
noch  auf  die  Durchführung.  Es  ergab  sich  ferner,  daß  die  in  der  Baubeschreibung  Scott-Russels 
summarisch  angegebenen  Gewichte  der  Eisenkonstruktion  nicht  richtig,  daß  die  in  den  Skizzen 
angedeuteten  Konstruktionen  meist  zu  schwach  und  unausführbar,  teilweise  unnötig  stark 
waren,  ja  sogar,  daß  der  ganze  Grundgedanke  des  schirmförmigen  Daches,  wie  er  Scott- 
Russel  vorgeschwebt  hatte,  ein  verfehlter  war.  Der  zu  überdachende  Raum  sollte  nach  seinen 
Skizzen  mit  einer  Blechhaut  von  der  Form  einer  abgestumpften  Kegelfläche  überdeckt  werden, 
welche  keinen  Horizontalschub,  sondern,  alle  Kräftespannungen  in  sich  aufnehmend,  nur  einen 
Vertikaldruck  auf  die  Unterstützungspunkte  ausüben  sollte;  da  eine  solche  Konstruktion  bei  einer 
entsprechenden  Blechstärke  wohl  imstande  wäre,  einer  gleichförmig  verteilten  ruhenden  Last  hin- 
länglich Widerstand  zu  bieten,  jedoch  den  durch  Winddruck,  hohen  Schnee  etc.  entstehenden 
ungleichförmigen  Belastungen  nicht  begegnen  könnte,  so  hatte  Scott-Russel  an  dem  Kegel- 
dach ein  fächerartiges  System  von  Radialsparren  angebracht  gedacht,  welch  letztere  unterein- 
ander durch  konzentrische  Ringe  verbunden  sein  sollten.  Diese  Radial-  und  Ringträger  betrach- 
tete er  also  nicht  als  den  eigentlich  tragenden  Teil  der  Dachkonstruktion,  dieselben  sollten 
ihm  aber  bei  der  Montierung  des  Daches  wesentliche  Dienste  leisten.  Das  Ingenieurbureau 
fand  jedoch,  daß  die  Dachhaut  unmöglich  den  tragenden  Konstruktionsteil  bilden  könne;  in 
der  Tat  zeigte  sich  dann  bei  der  Ausführung,  daß  schon  die  10  m'2  messenden  Blechfelder 
zwischen  den  Radialsparren  und  konzentrischen  Ringen  sich  7  bis  10  mm  durchgesenkt  haben. 
Es  mußte  unter  den  vorangegebenen  Verhältnissen  nun  das  Prinzip  dahin  geändert  werden, 
daß  das  fächerförmige  Gerippe  von  Radialsparren  mit  den  konzentrischen  Ringen  als  allein 
tragender  Konstruktionsteil  angesehen  werde,  die  nun  aber  viel  zu  schwere  Dachfläche  mußte 
als  tote  Last  in  den  Kauf  genommen  werden.  Die  hierdurch  notwendig  gewordenen  Änderungen 
bedingten  ein  Mehrgewicht  der  Sparren  und  Träger.  Während  das  Gesamtgewicht  der  Kon- 
struktion nach  Scott-Russels  Baubeschreibung  2200t  hätte  betragen  sollen,  berechnete  man 
dasselbe  nach  seinen  Skizzen  und  den  Dimensionen  seiner  Beschreibung  richtig  mit  3200  t, 
während  die  wirkliche  Ausführung  dasselbe  zu  3800 1  ergab.  Hierzu  kam  noch  das  Gewicht 
der  nachträglich  für  nötig  befundenen,  in  der  Rotunde  umlaufenden  Galerie  mit  160  t  und  die 
Stiegenanlagen  und  Fahnenstangen  mit  60 1,  so  daß  das  Gesamtgewicht  der  ausgeführten 
Rotundenkonstruktion  rund  4000  t  betrug.  In  Übereinstimmung  mit  Harkort  kam  das  Ingenieur- 
bureau auch  zur  Überzeugung,  daß  die  von  Scott-Russel  vorgeschlagene  Montierungsart 
unausführbar  sei,  worauf  Harkort  die  späterhin  auch  anstandslos  durchgeführte  Monticrungs- 
weise  in  Vorschlag  brachte.  Trotzdem  ferner  das  Ingenieurbureau  es  vom  konstruktiven  Stand- 
punkte aus  zweckmäßiger  erachtet  hatte,  das  eigentliche  Traggerippe  des  Daches  entgegen  dem 
Vorschlage  Scott-Russels  nach  innen  zu  legen,  weil  sonst  in  den  außerhalb  liegenden  Kas- 
setten sich  Schnee  und  Eis  anhäufen  würden,  wurde  von  der  Generaldirektion  für  die  Verlegung 
der  Dachrippen  nach  außen  entschieden.  Bloß  den  Anträgen  des  Ingenieurbureaus  auf  Legung 
des  Traggerippes  der  großen  Laterne  nach  innen  und  auf  Anbringung  der  ringförmigen  Rippen 
des  großen  Daches  in  gleichen  Entfernungen  voneinander  wurde  Folge  gegeben.  Im  Anfange  des 
Jahres  1872  waren  die  Pläne  soweit  ausgearbeitet,  daß  Harkort  einen  großen  Teil  der  Detail- 
zeichnungen   erhielt    und    die   wirklichen   Gewichte  angegeben  werden  konnten.    Nun  ergaben 


Rotunde. 


461 


sich  manche  Schwierigkeiten  in  der  Beschaffung  des  Eisenmaterialcs,  das  endlich  im  April  1872 
zum  größten  Teil  sichergestellt  war.  Am  1.  Mai  1872  wurde  mit  Harkort  ein  Nachtrags- 
vertrag abgeschlossen,  in  welchem  unter  Festsetzung  neuer  Lieferfristen  dem  Unternehmer  für 
das  2200 1  übersteigende  Mehrgewicht  eine  mäßige  Preiserhöhung  zugestanden  wurde. 

Die  Rotunde,  wie  sie  heute  besteht  —  sie  bildete  ursprünglich  den  Mittelteil  des  Industrie- 
palastes der  Weltausstellung  —  erscheint  als  ein  großer  quadratischer  Bau  mit  vier  umlaufenden 
Galerien,  die  in  den  Achsen  je  190  m  Länge  besitzen.  Der  Grundriß  des  Industriepalastes  be- 
stand   aus    einer    2526m    breiten  Hauptgalerie,    an    die    beiderseits   senkrecht    ausspringende, 


Abb.  749.    Schnitt  durch  die  Rotunde  von  Süd  nach  Nord.     1:1440. 


15*26  m  breite  Seitengalerien  anstießen.  In  der  Mitte  der  ganzen  Anlage  erhob  sich  der  schon 
erwähnte  große  eiserne  Zentralbau,  die  eigentliche  Rotunde.  Um  deren  äußere  Wand  legt 
sich  noch  die  Hauptgalerie  in  halber  Breite  herum,  während  ein  Transept  in  den  Maßen  der 
Hauptgalerie,  mit  der  Achse  auf  den  Mittelpunkt  der  Rotunde  gerichtet,  den  Haupteingang 
bildet.  Die  beiderseits  der  Rotunde  nächstgelegenen  Seitengalerien  sind  nach  vorne  und  rück- 
wärts durch  Querbauten  verbunden;  dieselben  erscheinen  durch  Eckpavillons  flankiert  und 
öffnen  sich  links  und  rechts  vom  Eingangsportal  als  Arkaden.  Die  an  der  Vorderseite  gegen 
die  Prater  Hauptallee  zu  liegende  Galerie  ist  zur  Unterbringung  von  Bureaus  eingerichtet,  die 
hinter  den  erwähnten  Arkaden  liegen.  Nach  dem  Ausstellungsende  blieb  bloß  der  durch 
die  vier  Eckpavillons  markierte  Mittelteil  erhalten. 

Der  Zentralbau  selbst  besteht  aus  32  in  einem  Kreise  aufgestellten  parallelopipedischen 
eisernen  Säulen,  auf  welchen  das  kegelförmige  Dach  ruht,  auf  dem  wiederum  zwei  Laternen 
übereinanderstehen,  von  welchen  die  letztere  eine  Krone  trägt,  die  den  Abschluß  bildet.  Der 
Durchmesser  des  Säulenkreises  beträgt,  von  Säulenmitte  zu  Säulenmitte  gemessen,  104784  m; 
jede  Säule  ist  L220m  breit  und  hat  eine  Tiefe  von  3-048  m,  so  daß  sich  ein  innerer  lichter 
Durchmesser  der  Rotunde  von  10L736m  und  ein  Außendurchmesser  von  107*832  m  ergibt. 
Die  Säulen  sind  oben  nach  der  Dachschrägung,  welche  31°  beträgt,  schief  abgeschnitten  und 
mit  kurzen  Bogen  versehen,  welche  sich  an  das  Dach  anschließen;  die  Höhe  derselben,  in 
der  Mittelachse  gemessen,  ist  24-4  m.  Das  auf  diesen  32  Säulen  ruhende  Dach  ist  in  jedem 
Horizontalschnitte  kreisrund  und  hat  im  Vertikalschnitt  die  Form  eines  abgestutzten  Kegels. 
Die  Säulen  sind  mit  einem  kastenförmigen  Ringe,  dessen  Breite  3'548  m  und  dessen  Höhe 
1  "5  m  beträgt,  überdeckt  und  zusammengehalten.  Dieser  Kastenring  bildet  den  das  Dach  tragen- 
den, unteren  Zugring,  von  welchem  aus  30  Stück  gerade  Radialsparren  abgehen,  die  in  einer 
Höhe  von48'185m  von  einem  zweiten  Ringe,  dem  Druckringe,  zusammengehalten  sind;  dieser 
besitzt  ein  Plateau  von  4-076  m  Breite,  auf  welchem  die  1524  m  breiten  Säulen  der  Laterne 
derart  aufgestellt  sind,  daß  nach  innen  eine  Galerie  von  l'126m  und  nach  außen  eine  solche 
von  P426m  Breite  bleibt.  An  der  Innenseite  der  Hauptpfeiler,  und  zwar  in  231  m  Höhe,  ist 
noch  eine  weitere,  P43m  breite  Galerie  angebracht,  zu  welcher  man  über  zwei  Stiegen  und 
mittels  zweier  Aufzüge  gelangen  kann,  die  zwischen  zwei  enger  gestellten  Säulen  eingebaut 
sind.  Von  den  30  radialen  Dachsparren  gehen  28  jeweils  von  einer  Säule  aus,  sind  mit  kurzen 
Anschlußbogen  gestützt  und  mit  den  Säulen  verbunden;  die  beiden  übrigen  Sparren  stützen 
sich  auf  den  Zugring  in  der  Mitte  zwischen  zwei  Säulen.    Die  Radialsparren   sind  Blechträger, 


462  Ausstellungsgebäude. 

welche  an  ihrem  unteren  Ende  beim  Zugring  eine  Höhe  von  15m  und  am  oberen  Ende 
beim  Druckring  eine  solche  von  061  m  haben.  Die  Obergurten  derselben  bestehen  aus  zwei 
10  mm  starken  Blechen,  welche  in  der  Breite  von  unten  nach  oben  von  600  mm  bis  400  mm 
abnehmen;  den  Untergurt  bildet  die  12  mm  starke  Dachhaut.  Die  ganze  Länge  eines  Radial- 
sparrens vom  Zug-  bis  zum  Druckringe  beträgt  41  "42  m.  Zwischen  dem  unteren  Zugringe  und 
dem  oberen  Druckringe  sind  noch  vier  horizontale  Spannringe  angeordnet,  welche  je  8  m 
voneinander  entfernt  liegen,  und  deren  Höhe  jeweils  derjenigen  des  Radialsparrens  am  Befesti- 
gungsorte entspricht.  Sie  sind  zwischen  je  zwei  Radialträger  durch  drei  nach  oben  laufende 
Dreiecke  gehalten  und  abgesteift,  so  daß  auch  die  unter  dem  tragenden  Dachgerippe  liegende 
schwere  Dachhaut,  deren  Blechdicke,  von  unten  nach  oben  abnehmend,  12,  11  und  10  mm 
beträgt,  von  diesen  Versteifungsdreiecken  noch  teilweise  getragen  wird.  Oberlichter  sind  im 
Dache  nicht  angebracht. 

Die  auf  den  Hauptbau  aufgesetzte  Laterne  hat  einen  Durchmesser  von  30"9  m  von  Mitte 
zu  Mitte  Säule,  sonach  einen  inneren  lichten  Durchmesser  von  29"38  m  und  einen  Außen- 
durchmesser von  32-43m;  sie  besteht  aus  30  Säulen,  welche,  in  der  Achse  gemessen,  je 
10-48m  hoch  sind;  das  Dach,  welches  ebenfalls  unter  einem  Winkel  von  31°  ansteigt,  hat 
eine  Höhe  von  813  m,  so  daß  die  Laterne  eine  Gesamthöhe  von  18-61  m  besitzt.  Auch  das 
Laternendach  ist  im  Horizontalschnitte  kreisrund,  aber  die  nur  56  mm  starke  Dachhaut  liegt 
über  der  tragenden  Dachkonstruktion,  welch  letztere  aus  30  Radialsparren,  einem  Zug-  und 
einem  Druckringe  sowie  drei  zwischenliegenden,  4*5  m  voneinander  abstehenden  Horizontal- 
ringen besteht.  Diese  Laterne  hat  ebenfalls  keine  Dachlichter,  sondern  nur  Seitenfenster,  durch 
welche  das  Licht  in  die  Rotunde  fällt.  Der  Druckring  endigt  wieder  in  einem  Plateau,  welches 
3'07  m  breit  ist,  und  auf  dem  die  zweite  Laterne  steht.  Die  30  Säulen  der  großen  Laterne 
stehen  jeweils  über  einem  der  30  Dachsparren  des  Hauptdaches;  10  Stück  von  ihnen  sind 
stärker  gehalten  als  die  übrigen  20,  wobei  die  stärkeren  bestimmt  sind,  vermittels  der  Dach- 
sparren den  Druck  der  zweiten,  kleinen  Laterne  aufzunehmen.  Die  schwächeren  Laternensäulen 
stehen  mit  ihren  geometrischen  Achsen  nicht  gleich  weit  voneinander  entfernt,  um  die  deko- 
rative Verkleidung  mit  Haupt-  und  Zwischensäulen  von  verschiedener  Stärke,  jedoch  mit  da- 
zwischenliegenden gleichbreiten  Fenstern  zu  ermöglichen;  ihre  Konstruktionsachsen  haben 
aber  gleiche  Entfernungen  voneinander. 

Die  zweite  Laterne  hat  einen  Durchmesser  von  7-44m  von  Mitte  zu  Mitte  Säule,  einen 
äußeren  Durchmesser  von  7'932  m  und  einen  inneren  von  6948  m,  eine  Höhe  von  9065  m 
bis  zum  Dachanfange  und  ein  überhöhtes  Kuppeldach  von  4"  15  m,  so  daß  die  ganze  Höhe 
derselben  13215m  beträgt.  Diese  Laterne  besitzt  nur  10  Säulen,  zwischen  welchen  hohe 
Fenster  angebracht  sind;  das  Dach  ist  im  Horizontalschnitt  polygonförmig,  mit  Holz  und  Zink 
eingedeckt  und  hat   10  runde  Dachluken. 

Die  ganze  Höhe  des  Zentralbaues  vom  Fußboden  bis  zur  obersten  Dachhöhe  der  zweiten 
Laterne  beträgt  8001m;  dieselbe  wird  von  einer  Krone  von  4  m  Durchmesser  und  529  m 
Höhe  überragt,  so  daß  der  höchste  Punkt  85-3  m  über  dem  Fußboden  liegt. 

Um  den  Zentralbau  zieht  sich  ein  Rundgang  von  lim  Lichtweite  und  1615m  Höhe 
bis  zum  Dachanfang.  Die  Seitenfenster  dieses  Rundganges  sind  ll-8m  hoch  und  6  m  breit, 
und  fällt  durch  diese  sowie  durch  die  Fenster  der  großen  Laterne  das  Licht  in  die  Rotunde 
ein;  leider  erweist  sich  diese  Beleuchtung  als  eine  mangelhafte  und  nichts  weniger  als  aus- 
reichende, so  daß  schon  wiederholt  Vorschläge  für  eine  bessere  natürliche  Beleuchtung  des 
Bauwerkes  zur  Diskussion  gestellt  worden  sind.  Für  das  Dach  dieses  Rundganges  wurden 
48  Halbbogen,  4  Querträger  zwischen  den  Rotundensäulen,  8  Diagonalbogen  für  die  Dach- 
kehlen mit  6  Zwischenstücken  erforderlich.  Diese  Dachbogen  sind  massive  Blechbogen  mit 
Winkelversteifungen  und  sehr  stark  konstruiert.  Auch  die  Galerien  sind  mit  Eisengerippen, 
und  zwar  als  Dachbogen  mit  Ständern  und  Fußplatten,  ausgeführt  worden. 

Die  oben  beschriebenen  Eisenkonstruktionen  bildeten  das  Gerippe  für  die  architektonische 
Ausgestaltung,  die  im  Stile  der  italienischen  Renaissance  gehalten  ist.  Der  figurale  Schmuck 
des  Hauptportales  wurde  nach  dem  Entwürfe  des  Professors  Laufberger  vom  Bildhauer 
V.  Pilz  ausgeführt. 

Zur  Besteigung  der  Rotunde  und  ihrer  Laternen  sind  Stiegen  und  Wendeltreppen  ange- 
bracht. Auf  die  innere  Galerie  führen  zwei  Stiegen,  auf  denen  man  auch  auf  das  Dach  des 
Rundganges  gelangt.  Von  diesem  aus  leiten  wieder  zwei  Wendeltreppen  auf  das  Dach  der 
Rotunde,  von  wo  aus  gerade,  auf  den  Radialsparren  liegende  Stiegen  bis  zum  Druckring  an- 
gelegt sind ;  die  letzteren  laufen  jedoch  nicht  auf  einem  Dachsparren  fort,  sondern  sind  derart 


Hagenbund. 


463 


abgebrochen,  daß  man  je  zwischen  zwei  Radialsparren  wieder  horizontal  geht.  Vom  unteren 
Teile  des  Druckringes  führen  von  den  Enden  der  geraden  Stiege  zwei  Wendeltreppen  auf  das 
Plateau  desselben.  Von  diesem  auf  das  Dach  der  Laterne  leitet  nur  noch  eine  Wendeltreppe, 
sodann  auf  einem  Sparren  dieses  Daches  eine  gerade  Stiege  bis  zum  Druckring  der  zweiten 
Laterne,  endlich  von  diesem  eine  Wendeltreppe  auf  das  zweite  Plateau;  von  diesem  Plateau 
der  zweiten  Laterne  kann  man  nur  noch  mittels  einer  eisernen  Steigleiter  wcitergelangen.  Die 
Treppen  sind  80  cm  breit,  mit  Brustgcländcrn  versehen.  Um  den  unteren  Saum  des  Haupt- 
daches führt  ein  Schutzgeländer,  aus  welchem  in  gleichen  Abständen  28  Fahnenstangen  empor- 
ragen; auch  auf  dem  Dache  der  ersten  Laterne  befindet  sich  ein  Schutzgeländer  mit  10  solchen 
Flaggenstangen.  Der  zu  der  Innengalerie  der  Rotunde  führenden  beiden  Aufzüge  wurde  schon 
oben  Erwähnung  getan. 

Die  Abfuhr  des  Dachwassers  geschieht  durch  Zinkrohre  innerhalb  der  eisernen  Säulen. 
Das  Wasser  von  den  beiden  Laternendächern  tropft  einfach  auf  die  äußeren  Galerien  ab  und 
fällt  durch  darin  angebrachte  Öffnungen  und  Röhren  auf  das  Hauptdach  in  die  oberste  Kas- 
settenreihe. Da  die  Bleche  der  Dachhaut  nicht  bündig,  sondern  der  Länge  nach  über-  und 
untereinander  liegen,  so  lassen  die  Horizontalringe  zwischen  jedem  zweiten  Dachbleche  einen 
Zwischenraum  von  der  Dicke  der  Bleche;  durch  diese  Zwischenräume  fließt  das  Wasser  ab 
bis  in  die  untersten  Kassetten,  deren  jede  in  den  beiden  Ecken  neben  den  Radialträgern 
Öffnungen  hat,  durch  welche  das  gesammelte  Wasser  in  die  Blechrohre  abfällt. 

Der  Berechnung  der  Dachkonstruktion  war  eine  größte  Last  von  300  kg/m2  zugrunde 
gelegt  worden;  das  Eigengewicht  beträgt  allein  100  kg/m2,  so  daß  für  die  zufällige  Last  (Schnee, 
Eis  und  Wind)  noch  200  kg/m2  entfallen. 

Für  jede  der  32  Säulen  ist  ein  Betonfundament  hergestellt  worden,  welches  an  seiner 
Oberfläche  5  m  lang  und  2  m  breit  ist,  sich  nach  allen  vier  Seiten  mit  etwa  ein  Drittel  Anzug 
abböscht  und  bis  auf  die  Schotterschichte  reicht,  die  in  Tiefen  von  3  bis  5  m  getroffen 
wurde.  Auf  ihnen  wurden  die  mit  Winkeleisen  eingerahmten  Fußplatten  der  Säulen  ver- 
setzt und  mit  in  den  Beton  eingelassenen  Steinschrauben  befestigt.  Die  Betonfundamente 
wurden  im  Oktober  1871  ausgeführt.  Die  sehr  interessante  Montierung  der  Eisenkonstruktion 
begann  am  11.  März  1872;  am  1.  Februar  1873  war  die  Arbeit  so  weit  vollendet,  daß  die 
ganze  Rotunde  freigestellt  und  sich  selbst  überlassen  werden  konnte;  die  Abtragung  der 
Mittelgerüste  erforderte  dann  noch  die  Zeit  bis  zum  8.  März   1873. 

Die  innere  Bodenfläche  der  Rotunde  mißt  8130m2;  ihr  Kubikinhalt  von  der  Fußboden- 
höhe bei  den  Pfeilern  bis  zum  Plateau  des  großen  Druckringes,  auf  dem  die  erste  Laterne 
steht,  beträgt  286.570  m3.  Die  erste  Laterne  hat  innerhalb  der  Säulen  678  m2  Bodenfläche  und 
umfaßt  bis  zum  Plateau  des  Druckringes  9623  m3.  Die  zweite  Laterne  weist  38  m2  Fläche  und 
430  m3  Inhalt  auf. 

Literatur. 


Zeitschrift  des  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten-Vereines.  1872 — 1874. 


Dr.  Martin  Paul. 


II.  HAGENBUND. 


Das  Ausstellungshaus  des  Künstlerbundes  „Hagen"  in  Wien  (Abb.  750,  751)  muß  hier 
genannt  werden.  Es  wurde  von  dem  Architekten  Josef  Urban  in  die  Markthalle  I.,  Zedlitzgasse 
Nr.  6    eingebaut  und    erhielt    eine    dekorative    Fassadenarchitektur.     Über    dem    Haupteingang 

(Abb.  750)  befindet  sich  ein 
großes  polychromes  Relief  aus 
Kunststein,  welches  vom  Bild- 
hauer Wilh.  Hejda  entworfen  und 
ausgeführt  wurde.  Der  Hagen- 
bund veranstaltet  jährlich  meh- 
rere Ausstellungen,  teils  von 
Werken  seiner  Mitglieder,  teils 
Kollektivausstellungen  hervor- 
ragender ausländischer  Künstler. 


Abb.  750.     Ausstellungshaus  des  Künstler- 
bundes „Hagen".     Hauptansicht. 


A.   Weber. 


äf 

'■■  faMjHKtljH     Jims! 

Abb. 751.  Ausstellungshaus  desKünst- 
lerbundes  „Hagen".    Vorraum. 


IV.  T  E I  L. 


PLASTIK  UND  KUNSTSAMMLUNGEN. 


Bd.  II.  30 


A.  DENKMALE  UND  BRUNNEN. 

I.  ÖFFENTLICHE  DENKMALE. 


Von  den  seit  frühester  Zeit  beliebten  Wegsäulen,  Licht-  und  Bildstöcken,  den  ältesten 
Formen  unserer  öffentlichen  Denkmale,  hat  sich  in  der  großen  Stadt  nicht  mehr  viel  erhalten. 
Die  ältesten  Werke  dieser  Art  dürften  die  gotische  Wegsäule  in  Gersthof,  Hauptstraße,  sein, 
welche,  arg  entstellt,  zur  Hälfte  in  das  Haus  Nr.  152  eingemauert,  aus  dem  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts stammen  dürfte,  und  die  sogenannte  Spinnerin  am  Kreuz,  an  der  Triesterstraße  gelegen, 
welche  der  Stadtrat  im  Jahre  1451  durch  Dombaumeister  Hanns  Puchsbaum  errichten  ließ. 
Einst  an  einsamer,  etwas  erhöhter  Stelle,  an  der  ehemaligen  Grenze  des  Wiener  Burgfriedens 
gelegen,  ist  die  Spinnerin  am  Kreuz  (Abb.  752)  heute  fast  in  dem  Häusermeer  des  X.  Bezirkes 
verschwunden.  Sagen  und  Legenden  knüpfen  sich  an  dieses  Denkmal,  hervorgerufen  durch  den 
Umstand,  daß  hier  bis  zur  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  die  Richtstätte  war.  Diese  gotische 
Denksäule  hat  eine  Höhe  von  etwas  über  16  m,  ist  achteckig,  mit  kreuzförmigem  Grundriß 
und  endigt  mit  einer  quadratischen  Phiale,  welche  von  acht  kleinen  Phialen  umgeben  ist. 

Aus  dem  16.  und  dem  Beginne  des  17.  Jahrhunderts  ist 
in  Wien  auf  öffentlichen  Plätzen  nichts  erhalten  geblieben,  da 
es  sowohl  an  dem  Verständnis  des 
Publikums  als  auch  an  der  plan- 
mäßigen Kunstpflege  fehlte.  Oftmals 
als  herrenloses  Gut  angesehen,  wur- 
den sie  nach  und  nach  von  den 
Menschen  vernichtet,  wenn  sie  durch 
die  Unbilden  der  Witterung  bereits 
stark  gelitten  hatten.  Aus  dem  Ende 
des  17.  Jahrhunderts  besitzen  wir 
noch  die  Mariensäule  am  Hof 
(Abb.  753),  der  Maria  Immaculata 
gewidmet,  welche  einem  Gelübde 
Kaiser  Ferdinands  III.  ihre  Entstehung 
verdanken  soll.  Als  die  befürchtete 
Belagerung  Wiens  durch  die  Schwe- 
den 1645  glücklich  abgewendet  war, 
wurde  1647  eine  Mariensäule  Am 
Hof  eingeweiht.  Ihre  heutige  Gestalt 
verdankt  sie  einem  Nürnberger  Erz- 
gießer, welcher  nach  einem  Ent- 
würfe Burnacinis  1668  die  figuralen 
und  ornamentalen  Teile  des  Denk- 
males goß,  und  ist  eine  Type  für 
Säulendenkmale  jener  Epoche. 

Burnacini  war  durch  Entwürfe 
an  manchem  öffentlichen  Denkmal 
jener  Zeit,  besonders  unter  Kaiser 
Leopold  I.  beteiligt  und  schuf  1693 
für  die  Dreifaltigkeits-  oder  Pest- 
säule  am   Graben  (Abb.  755,   756) 


Abb.  752.    Spinnerin  am  Kreuz 
(X.  Bezirk). 


Abb.  753.    Mariensäule  Am  Hof 
(I.  Bezirk). 

30* 


468 


Denkmale  und  Brunnen. 


den  Entwurf,  welcher  durch  Paul  von  StrudI,  Rauchmiller 
und  Frühwirth  zur  Ausführung  kam.  Das  Denkmal  zur  Er- 
innerung an  das  endliche  Erlöschen  der  Pest,  von  Kaiser 
Leopold  I.  errichtet,  zeigt  in  schwungvollster  Komposition 
auf  hohem  Sockel  einen  Obelisken,  welcher  von  Wolken 
umgeben  und  von  der  heiligen  Dreifaltigkeit  gekrönt  ist. 
Der  Kaiser  kniet  in  voller  Rüstung  lorbeerbekrönt  auf  dem 
Sockelbau,  der  mit  Reliefs,  kupfergetriebenen  Wappen  und 
Inschriften  geschmückt  ist,  die  auf  die  überstandene  Pest- 
gefahr hinweisen;  die  Vertreibung  der  Pest  kommt  dabei 
bildnerisch  zur  Darstellung  (Abb.  756).  Diese  Pestsäulen 
wurden  seitdem  eine  sehr  beliebte  Denkmalsform  und  finden 
sich  in  vielen  Bezirken  Wiens  häufig  vereinfacht  wieder. 

Zu  den  aus  dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  stam- 
menden Denksäulen  dürfte  die  im  III.  Bezirke  Ecke  der 
Hauptstraße  und  Baumgasse  stehende  Säule  mit  späterer 
Basis  und  viereckigem  Aufbau  gehören,  sowie  eine  Drei- 
faltigkeitssäule auf  dem  Wege  nach  Schönbrunn,  kurz  hinter 
der  ehemaligen  Mariahilfer  Linie  linker  Hand.  Im  III.  Bezirke 
ist  auch  eine  Dreifaltigkeitssäule  zur  Erinnerung  an  das 
Verlöschen  der  Pest  im  Jahre  1683  und  zum  Gedächtnis  an 
eine  von  den  Türken  zerstörte  Kirche  auf  dem  kleinen 
Platze  zwischen  Radetzky-  und  Zollamtsstraße  heute  noch 
erhalten.  Auf  einem  reliefgeschmückten  hohen  Sockel  steht 


Abb.  754.    Kaiser  Franz  I.  (Kaisergarten). 


Abb.  755. 

Dreifaltigkeits- 

oder  Pestsäule 

am  Graben. 


Abb.  756.  Darstellung  der  Vertreibung  der  Pest. 


öffentliche   Denkmale. 


469 


Abb.  757. 

Reiterstandbild 
Kaiser  Josefs  II. 
(I.,  Josefs- 
platz). 


Abb.  758. 

Schubert- 
Denkmal 
(Stadtpark). 


eine  Säule,  deren  Kapital  eine  Drei- 
faltigkeitsgruppe trägt.  Eine  Inschrift 
am  Sockel  berichtet  von  sechs  Restau- 
rierungen.    Im    VII.    Bezirke     befindet 

Abb.  760.  Bruckner-Denkmal  (Stadtpark). 


sich  vor  der  St.  Ulrichs-Kirche  in  der  Burggasse  eine  Marien- 
säule aus  dem  Jahre  1713  in  der  Art  der  Pestsäule  am  Graben, 
bekrönt  mit  einer  Marienstatue  und  flankiert  von  Statuen  der 
heiligen  Rosalia  und  der  heiligen  Barbara.  Im  VIII.  Bezirke  vor 
der  Maria  Treu-Kirche  in  der  Piaristengasse  steht  ebenfalls  eine 

Mariensäule     aus     dem 

Abb.  759.    Emil  Schindler-Denkmal  (Stadtpark).  Anfang  des  18.  Jahrhun- 

derts, welche,  mit  Figu- 
ren, Wappen  und  In- 
schriften geschmückt, 
eine  Madonna  im  Ster- 
nenkranz an  ihrer  Spitze 
trägt;  und  auch  im 
IX.  Bezirke  steht  vor 
der  Servitenkirche  eine 
solche  Pestsäule.  Hier 
ist  auch  der  Statue  des 
heiligen  Johannes  von 
Nepomuk  zu  gedenken, 
welche  an  der  Mündung 
der  Mariahilferstraße  in 
die  Lastenstraße  steht 
und  mit  einer  Mensa 
versehen  ist,  da  all- 
jährlich der  Namens- 
tag des  Heiligen  hier 
gefeiert  wird. 


470 


Denkmale  und  Brunnen. 


Die  Geschichte  der 
Denkmale  Wiens  im  19. 
Jahrhundert  ist  innig  ver- 
knüpft mit  der  Geschichte 
der  bildenden  Kunst  Öster- 
reichs überhaupt.  Die  künst- 
lerische Entwicklung-  Wiens 


Abb.  761.  Makart-Denkmal  (Stadtpark). 


Abb.  763.    Beethoven-Denkmal  (I.,  Beethoven-Platz) 


Abb.  762.     Kaiser  Franz  I.  (Innerer  Burghof). 

bekommt  im  Laufe  des  19.  Jahrhunderts  durch 
Errichtung  einer  großen  Anzahl  monumen- 
taler Plastiken  profanen  Charakters  auf  Straßen 
und  Plätzen  eine  ganz  neue  Richtung,  da  bis 
dahin  die  große  Plastik  außer  bei  den  bisher 
genannten  Werken  nur  bei  monumentalen 
Bauten  und  bei  Brunnenanlagen  zur  Geltung 
kam.  Auch  die  Neueinführung  des  Bronze- 
gusses und  die  Verwendung  des  Laaser 
Marmors  veranlaßte  in  Wien  das  Heraus- 
treten mit  der  Porträtplastik  aus  Kirchen 
und  Palästen  auf  die  öffentlichen  Straßen 
und  Plätze,  welche  hierdurch  besonders  im 
I.  Bezirke  ein  ganz  neues  Aussehen  bekamen. 

Das  erste  öffentliche  Porträtdenkmal 
Wiens  ist  das  Reiterstandbild  des  Kaisers 
Josef  II.  (Abb.  757)  auf  dem  gleichnamigen 
Platze  vor  der  k.  k.  Hofbibliothek,  welches 
im  Gußhause  der  k.  k.  Artillerie  gegossen 
und  1807  enthüllt  wurde.  Das  Modell  hier- 
für schuf  F.  Zauner,  welcher  die  Hauptfigur, 
dem  Stile  der  Zeit  entsprechend,  in  römi- 
scher Kaisertracht  darstellte.  Die  zwei  Reliefs 
auf  dem  granitenen  Unterbau,  die  Hebung 
des  Handels  und  des  Ackerbaues  darstellend, 
und  die  interessanten  Reliefmedaillons  in 
Form    großer  Denkmünzen   auf  den  runden 


öffentliche   Denkmale. 


47: 


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Abb.  764.     Schiller-Denkmal  (I.,  Schiller-Platz). 


Abb.  765.  Reiterdenkmal  des  Feldmarschalls  Radetzky 
(I.,  Am  Hof). 


Eckpfeilern  sind  sowohl  in  künstlerischer 
als  technischer  Beziehung  vorzügliche 
Arbeiten,  deren  schöner  Glanz  noch  heute 
nach  hundertjährigem  Bestand,  besonders 
bei  den  polierten  Bronzeteilen  des  Denk- 
males, bemerkenswert  ist.  Das  Denkmal 
hat  eine  Höhe  von  11 '38m,  ist  1464m 
lang       und 


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Abb.  766.     Anastasius  Grün 
(I.,  Schiller-Platz). 


1169  m  breit;  das  verwendete  Stein- 
material ist  Mauthausener  Granit. 

Im  Jahre  1846  ließ  Kaiser 
Ferdinand  seinem  Vorgänger,  dem 
Kaiser  Franz  I.,  im  Inneren  Burghof, 
jetzt  Franzensplatz  genannt,  ein 
Denkmal  durch  den  Mailänder  Bild- 
hauer Pompeo  Marchesi  errichten 
(Abb.  762),  welches  den  Kaiser,  in 
die  Toga  gehüllt,  stehend,  mit  dem 
Scepter  in  der  Linken,  darstellt,  um- 
geben von  vier  sitzenden  allegori- 
schen Figuren,  den  Haupttugenden 
des  Herrschers,  dem  Glauben,  der 
Stärke,  dem  Frieden  und  der  Ge- 
rechtigkeit. Im  achteckigen  Sockel 
sind  in  überlebensgroßen  Relieffigu- 
ren Wissenschaft,  Handel  und  Ge- 
werbe, Berg-  und  Hüttenbau,  Acker- 
bau und  Viehzucht,  sowie  Kunst  und 
Krieg  dargestellt.  Das  Denkmal  hat 
zirka  18  m  Höhe  und  ist  in  großen 
Dimensionen  gehalten,  wirkt  jedoch 


Abb.  767.     Nikolaus  Lenau 
(I.,  Schiller-Platz). 


472 


Denkmale  und  Brunnen. 


infolge  der  strengen  und  kühlen  akademischen  Formengebung  in  seiner  antiken  Behandlung 
wenig  günstig  zu  seiner  Umgebung.  Im  Kaisergarten  ist  Kaiser  Franz  I.  noch  ein  Reiterdenkmal 
errichtet  worden,  welches  nach  einem  Modelle  von  Moll  in  Bronze  gegossen  ist  (Abb.  754). 
Mit  dem  Namen  Fernkorn  ist  in  Wien  eine  Reihe  der  schönsten  und  populärsten  Denkmale 
verknüpft,    welche    auch    hier    gegossen    werden    konnten,    da    durch    Fernkorns    Einfluß    die 

k.  k.  Kunst-Erzgießerei  in  Wien  entstand, 
deren  erster  Leiter  er  war.  So  ließ  Kaiser 
Franz  Josef  I.  auf  dem  Äußeren  Burg- 
platze 1859  dem  heldenmütigen  Feldherrn 
Erzherzog  Karl  (Abb.  769),  1860  dem 
ruhmreichen  Sieger  Prinz  Eugen  von 
Savoyen  (Abb.  768)  Reiterstandbilder  er- 
richten, welche  sowohl  in  künstlerischer 
als  technischer  Beziehung  hervorragende 
Werke  des  Kunstgusses  bilden.  Die  Ar- 
chitektur zu  diesen  beiden  Denkmalen 
schuf  van  der  Null.  Die  Sockel  aus 
Untersberger  Marmor  sind  mit  Wappen- 
schildern, Trophäen  und  Inschrifttafeln 
reich  geziert.  Das  erste  Denkmal  ist  bis 
zur  Fahnenspitze  165m  hoch,  das  zweite 
etwa  um  einen  Meter  niedriger. 

Im  Jahre  1862  folgte,  gleichfalls  in 
Bronzeguß  von  Fernkorn,  vor  der  techni- 
schen Hochschule  das  Denkmal  für  Josef 
Ressel,  dem  Erfinder  der  Schiffsschraube, 
in  ganzer  Figur  auf  einem  Unterbau  von 
Karststein. 

Als  drittes  Reiterdenkmal  entstand 
1867,  durch  Bildhauer  Julius  Hähnel  aus- 
geführt, das  Denkmal  des  Feldmarschalls 
Fürsten  Schwarzenberg,  welches  Kaiser 
Franz  Josef  I.  „dem  siegreichen  Heer- 
führer der  Verbündeten  in  den  Kriegen 
1813—1814"  errichten  ließ.  Zwischen 
dem  Palais  des  Fürsten  und  der  Ring- 
straße auf  dem  gleichnamigen  Platze 
stehend,  zeigt  dieses  Denkmal  im  Gegen- 
satze zu  den  zwei  oben  genannten  größte 
Ruhe  und  Einfachheit,  ohne  künstlerisch 
besonders  anzusprechen.  Der  glatte  Sockel- 
unterbau und  die  umschließenden  Pfeiler 
sind  aus  Karstmarmor. 
Nicht  der  Mangel  an  geeigneten  Plätzen  für  die  Aufstellung  von  Denkmalen  in  der 
Innern  Stadt  und  den  Bezirken,  sondern  der  mehr  malerische  als  monumentale  Zug  in  der 
Plastik  gegen  Ende  des  19.  Jahrhunderts  führte  bald  zur  Wahl  des  Stadtparkes  als  beliebtesten 
Aufstellungsort  für  unsere  Denkmale,  in  welchem  1872  als  erstes  das  Schubert-Denkmal 
(Abb.  758)  vom  Wiener  Männergesangsvereine  errichtet  wurde.  C.  Kundmann  schuf  die 
sitzende  Figur  aus  Carraramarmor,  auf  mäßig  hohem  Karstmarmorsockel,  dessen  vier  Seiten 
noch  mit  Marmorreliefs  geschmückt  sind;  der  Stufenunterbau  ist  aus  sächsischem  Granit.  Ganz 
in  der  Nähe  folgte  1877  vom  Bildhauer  Franz  Pönninger  das  kleine  Denkmal,  dem  Andenken 
des  Bürgermeisters  Andreas  Zelinka  gewidmet,    eine  Büste  auf  Porphyrsockel. 

Gleichfalls  hier  errichtete  1896  eine  Anzahl  von  Künstlern  und  Verehrern  dem  hoch- 
geschätzten Landschaftsmaler  Emil  Schindler  (Abb.  759)  ein  Denkmal,  von  E.  Helmer  aus 
Carraramarmor  ausgeführt,  welches  den  Künstler  auf  einem  Fclsblock  ruhend,  mit  dem 
sinnenden  Blick  in  die  Ferne,  darstellt.  Zwei  Jahre  später  folgte  1898  das  Makart-Denkmal 
(Abb.  761)  von  Viktor  Tilgner,  den  großen  Meister  Hans  Makart  im  Kostüme  seines  berühmten 
Festzuges    vom  Jahre   1879,    gewissermaßen    als  Triumphator  seiner  populären  Schöpfung,    in 


Reiterstandbild  des  Prinzen  Eugen  von  Savoyen 
(Äußerer  Burgplatz). 


Öffentliche   Denkmale. 


473 


Laascr  Marmor  ausgeführt.  Bereits  1899  folgte  das  hübsche  Bruckner-Denkmal  (Abb.  760), 
die  monumentale  Bronzebüstc  von  Tilgner,  auf  hohem  Grundsockcl,  an  den  sich  eine  reizende 
Figur  aus  Laascr  Marmor  von  F.  Zerritsch  anschmiegt,  dem  Meister  der  Tonkunst  mit  der 
Rechten  ein  Lorbeerreis  reichend  und  mit  der  linken  Hand  die  Dornen  abwehrend.  1901 
wurde  dem  Maler  van  Fiaanen  eine  Büste  von  Tilgner  aus  Bronze  auf  hübschem  Unters- 
berger  Marmorsockel  in  einem  stillen 
Winkel  des  Stadtparkes  errichtet.  Im  Jahre  ^^ 
1902  kam  noch  schließlich  eine  Büste  des 
Malers  Amcrl  ing  von  Johannes  Benk  aus 
Laaser  Marmor  in  der  Nähe  des  Teiches 
im  Stadtpark  zur  Aufstellung. 

Im  I.  Bezirke  wurde  1876  die  An- 
lage vor  der  Akademie  der  bildenden 
Künste  mit  einem  Schiller-Denkmale 
(Abb.  764)  geschmückt.  Auf  einem  hohen 
Unterbau  aus  grauem  Mauthausener  und 
rotem  schwedischem  Granit  steht  das 
Bronzestandbild  des  Dichters,  umgeben 
von  den  sitzenden  Figuren  der  vier 
Lebensalter  und  dazwischen  im  Sockel 
Hochreliefs  mit  den  Darstellungen  von 
Genie,  Poesie,  Wissenschaft  und  Hei- 
matliebe. 

In  der  Nähe  des  Stadtparkes  in 
einer  kleinen  Gartenanlage  vor  dem  aka- 
demischen Gymnasium  wurde  1880  das 
Beethoven-Denkmal  (Abb.  763),  eine  Ar- 
beit von  Kaspar  Zumbusch,  errichtet.  Auf 
einem  Unterbau  aus  rotem  schwedischem 
Granit  und  ebensolchem  Sockel  ruht  die 
ernste,  sinnende  Gestalt  des  großen  Ton- 
dichters, rechts  und  links  flankiert  von 
den  Gestalten  des  gefesselten  Prometheus 
und  einer  Viktoria,  welche  durch  tan- 
zende und  musizierende  Puttis  verbunden 
werden.  Dieses  Denkmal,  ursprünglich 
mit  der  Rückseite  der  Wien  zugekehrt, 
wurde  nach  Überwölbung  derselben  im 
Jahre   1899  umgedreht. 

Auf  hervorragendem  Platze  zwi- 
schen den  beiden  Hofmuseen  wurde  1887 
aus  den  Mitteln  des  Stadterweiterungs- 
fonds   das  Denkmal    der  Kaiserin   Maria 

Theresia  (Tafel  XIII)  errichtet.  Auf  hohem,  von  4  Paar  Doppelsäulen  von  Sterzinger  Serpentin 
flankiertem  Sockel  aus  böhmischem  Granit  thront  die  Herrscherin,  begleitet  von  vier  sitzenden 
kleinen  Figuren,  den  Herrschertugenden,  Weisheit,  Kraft,  Gerechtigkeit  und  Milde.  Der  Sockel 
ist  mit  vier  großen  Reliefgruppenbildern  verdienstvoller  Männer  aus  der  Zeit  der  Kaiserin 
geschmückt,  von  welchen  vier  der  bedeutendsten,  in  freier  Figur  stehend,  fast  3*5  m  hoch  sind. 
So  tritt  vor  die  Gruppe  der  Staatsmänner  Wenzel  Graf  Kaunitz,  vor  den  Gesetzgebern  Graf 
Haugwitz,  vor  dem  Kriegswesen  Wenzel  Fürst  Liechtenstein,  vor  Kunst  und  Wissenschaft 
van  Swieten  hervor.  Am  diagonal  vorspringenden  Unterbau  befinden  sich  die  Reiterfiguren 
der  hervorragendsten  Feldherren  der  theresianischen  Zeit:  Laudon  und  Daun,  Khevenhüller 
und  Traun.  Das  Denkmal,  welches  eine  Höhe  von  19'40m  besitzt,  ist  eine  Arbeit  des  Bild- 
hauers C.  von  Zumbusch  und  des  Architekten  K.  von  Hasenauer.  Der  figurale  und  ornamentale 
Teil  stammt  aus  der  k.  k.  Erzgießerei. 

Im  Jahre  1889  wurde  im  Volksgarten  das  Grillparzer-Denkmal  (Abb.  770)  errichtet,  zu 
welchem  C.  Kundmann  die  sitzende  Figur  des  Dichters,  Rudolf  Weyr  sechs  prächtige  Reliefs 
schufen,  während  die  Architektur  von  Hasenauer  stammt.    In    einer  halbkreisförmigen   Nische, 


Abb.  769. 


Reiterstandbild  des  Erzherzogs  Karl 
(Äußerer  Burgplatz). 


474 


Denkmale  und  Brunnen. 


Abb.  770.     Grillparzer-Denkmal  (Volksgarten). 


Abb.  771. 

Mozart-Denkmal 

(I.,  Albrechts- 

Platz). 


von  Halbsäulen  flankiert,  sitzt 
der  sinnende  Dichter,  beiderseits 
in  einer  niedrigen  Wand  sind 
Szenen  aus  seinen  Hauptwerken 
eingefügt.  Links  die  Schlußszene 
aus  der  „Ahnfrau"  und  „Traum 
ein  Leben",  sowie  die  Belehnungs- 
szene  aus  „König  Ottokars  Glück 


Abb.  772. 

Friedrich  von 
Schmidt-Denk- 
mal (hinter  dem 
Rathause). 


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öffentliche   Denkmale. 


475 


j  und    Ende",    rechts     „Sapphos 

v^y  Abschied",     „Medea    wird    von 

**  ihren    Kindern    getrennt"     und 

„Hero  findet  Leanders  Leiche". 
Zur  Erinnerung  an  Lieben- 
berg, welcher  zur  Zeit  der  zwei- 
ten Türkenbclagerung  (1683) 
Bürgermeister  von  Wien  war, 
wurde  durch  die  Munifizenz  des 
Fabrikanten  Fr.  Freiherrn  von 
Leitenbcrger  im  jähre  1890  am 
Franzensring,  gegenüber  der 
Universität,  ein  9  m  hoher  Obe- 
lisk aus  schwedischem  Granit 
errichtet  (Abb.  773).  Derselbe 
ist  mit  dem  Bronzemedaillon 
Liebenbergs  und  einer  4-5  m 
hohen  Viktoria  geschmückt.  Auf 
dem  Sockel  liegt  ein  Löwe, 
welcher  türkische  Waffen  und 
Trophäen  zwischen  den  Pranken 
hält.  Das  Monument  ist  eine 
Arbeit  des  Bildhauers  Silber- 
nagel. 

Seit   1891   schmücken  die  Anlagen  beim  Schiller-Denkmal  Hermen  der  Dichter  Nikolaus 

Lenau  (Abb.  767)  und  Anastasius  Grün  (Anton  Graf  Auersperg)  (Abb.  766),  welche  Bildhauer 

R.  Schwerzek  aus  Laaser  Marmor  mit  hübschen  Putten  und  vergoldeten  Bronzegehängen  ausführte. 

Im  Jahre   1892  wurde  Am  Hof  das  bronzene  Reiterdenkmal  des  Feldmarschalls  Radetzky 

(Abb.  765)  von  K.  von  Zumbusch  errichtet.  Architekt  G.  Niemann  entwarf  den  architektonischen 


Abb.  773.  Liebenberg-Denk 
mal  (I.,  Franzensring). 


Abb.  774.     Goethe-Denkmal  (I.,  Opernring). 


Abb.  775.    Raimund-Denkmal  (vor  dem  Deutschen  Volkstheater). 


Abb.  776.  Tegetthoff-Denkmal  (Praterstern). 


476 


Denkmale  und  Brunnen. 


Abb.  777. 
Heinrich  Jasomirgott. 


Abb.  778. 
Rudolf  der  Stifter. 


Abb.  779. 
Graf  Rüdiger  von  Starhemberg. 


Abb.  7S0. 
Fischer  von  Erlach. 


Teil.  Auf  hohem  Granitsockel,  welcher  mit  zwei  Kolossalreliefs  aus  dem  Leben  des  Feldherrn 
geschmückt  ist,  erhebt  sich  das  Denkmal,  den  Feldherrn  in  ruhiger  Haltung  zu  Pferde  dar- 
stellend, mitten  im  Marktleben  dieses  Platzes,  ein  Bild  voll  Leben  und  Wahrheit. 

1896  erhielt  endlich  auch  Wolfgang  Amadeus  Mozart  ein  Denkmal  auf  dem  Albrechts-Platze 
(Abb.  771),  als  Ergebnis  einer  zweimaligen  Konkurrenz,  bei  der  Viktor  Tilgner  als  Sieger  hervor- 
gegangen ist.  Bei  einer  früheren  Konkurrenz  (1887)  war  das  Denkmal  vor  der  Oper  gedacht, 
und  erhielt  damals  der  Bildhauer  Ant.  Wagner  den  ersten  Preis,  ohne  jedoch  die  Ausführung 
seines  Entwurfes  verwirklicht  zu  sehen,  da  sich  berechtigte  Bedenken  gegen  die  Wahl  dieses 
Platzes  erhoben.  Mit  diesem  Denkmal  hat  nun  Tilgner,  obwohl  die  Hauptfigur  nicht  ungeteilten 
Beifall  findet,  eine  der  reizvollsten  Plastiken  Wiens  geschaffen  sowohl  in  bezug  auf  den  wohl  pro- 
portionierten Aufbau  als  die  schönen  Reliefs  und  die  entzückenden  musizierenden  Kindergruppen. 
Im  Jahre  1896  ehrte  man  das  Andenken  an  Friedrich  von  Schmidt  (Abb.  772),  den  Er- 
bauer des  neuen  Wiener  Rathauses,  indem  in  der  Garten- 
anlage, an  der  Rückseite  dieses  seines  größten  Baues,  von 
den  Schülern,  Freunden  und  Verehrern  unseres  Meisters 
der  Baukunst,  ein  Bronzestandbild  errichtet  wurde,  dessen 
Figur  Bildhauer  von  Hoffmann,  dessen  Architektur  Julius 
Deininger  schufen. 

Dem  siegreichen  Feldherrn  Erzherzog  Albrecht  er- 
richtete die  Armee  (1898)  ein  Reiterdenkmal,  das  vor  dem 
Palais  des  verewigten  Erzherzogs  zur  Aufstellung  kam  (siehe 
Abb.  818  [Albrechts-Brunnen]).  Das  Denkmal,  abermals  ein 
Werk  des  Meisters  C.  von  Zumbusch,  ist  in  der  k.  k.  Kunst- 
Erzgießerei  gegossen  und  steht  mit  seinem  hohen  Sockel 
von  Konopischter  Granit,  auf  einem  dominierenden  Platze. 
Der  populäre  Wiener  Dichter  und  Schauspieler 
Ferdinand  Raimund  erhielt  1898  vor  dem  Deutschen  Volks- 
theater ein  Denkmal  aus  Laaser  Marmor,  welches  den  sin- 
nenden Dichter,  auf  einer  Steinbank  sitzend,  darstellt,  wäh- 
rend eine  Waldnymphe  (die  Poesie),  sich  vorneigend,  dem 
Dichter  zuflüstert,  ein  Werk  des  Bildhauers  Franz  Vogl 
(Abb.  775). 

Im    Jahre    1900    entstand    am  Opernring,    auf    einem 
ungünstigen  Platze,  ohne  Zusammenhang  mit  der  Umgebung, 
das  Goethe-Denkmal  (Abb.  774),  dem  Edmund  Hclmer  die 
Abb.  78i.   stagdbM Kajserft-anz  Josef ..         schöne  Gestalt  gab    Dje  sjtzende  figur  mit  dem  herrlichen 


öffentliche   Denkmale. 


477 


Kopfe,  die  ausdrucksvollen  Hände  in  ruhc- 
samer  Haltung-,  ist  imponierend  und  voller 
Leben.  Der  schöne  Bronzeguß  stammt  aus 
der  k.  k.  Kunst-Erzgießerei,  der  Sockel  ist  von 
Mauthausener  Granit.  Im  selben  Jahre  wurde 
das  Gutenberg-Denkmal  (Abb.  789)  am  Lugeck 
von  Hans  Bitterlich  errichtet,  eine  Bronzefigur 
von  schöner  Bewegung  auf  einem  reliefge- 
schmückten Sockel  aus  Untersberger  Marmor, 
mit  Architektur  von  M.  Fabiani. 

Auch  die  übrigen  Bezirke  Wiens  be- 
kamen nach  und  nach  ihre  Denkmale,  so  im 
II.  Bezirke  der  Praterstern  das  weithin  sicht- 
bare Tegetthoff-Denkmal  (Abb.  776)  von 
Kundmann  und  Architektur  von  Hasenauer, 
eine  mächtige  Säule  aus  Bavenogranit  von 
19-50  m  Höhe,  mit  bronzenen  Rostren  ge- 
schmückt, an  der  Spitze  die  3-50  m  hohe 
Figur  des  Seehelden  trag-end,  am  Fuße  Grup- 
pen von  Seepferden  und  Viktorien.  Der  figu- 
rale  Teil  ist  aus  Bronze,  der  architektonische  aus 
Sterzinger  Marmor  auf  hohem  Granitunterbau. 
Im  selben  Bezirke  ist  noch  zu  erwäh- 
nen in  der  Großen  Pfarrgasse  eine  hübsche 
St.  Leopolds-Statue  aus  Stein  und  im 
k.  u.  k.  Augarten  das  im  Jahre  1890  dahin 
übertragene  sogenannte  Stiftungskreuz, 
eine  Renaissancegruppe  (Christus  am  Kreuz, 
am  Fuße  Maria),  die  bereits  einmal  im  Jahre 
1807  restauriert  wurde  und  aus  dem  17.  Jahr- 
hundert stammen  soll. 
Im  IV.  Bezirke  wurde  im  Jahre  1855  vom  Bildhauer  E.  Pendl  an  der  Ecke  der  Kolschitzky- 

gasse  und  Favoritenstraße    eine    kleine  Bronzestatuette    des    aus  dem  Türkenkriege    bekannten 

F.  G.  Kolschitzky  durch  den  Cafetier  Zwirina  errichtet. 

Im  VI.  Bezirke  wurde   1887    vor    der  Mariahilfer  Kirche    das  Denkmal    von  Josef  Haydn 

(Abb.  788)    errichtet,     das   Bildhauer    Natter     und     Architekt    Hieser    schufen;     die    Figur    ist 


Abb.  782.     Anzengruber-Denkmal  (I.,  Schmirling-Platz). 


Abb.  783. 
Leopold  der  Glorreiche. 


Abb.  784. 
Graf  Niklas  Salm. 


Abb.  785. 
Bischof  Kolonitz. 


Abb.  786. 
Josef  von  Sonnenfels. 


478 


Denkmale  und  Brunnen. 


Abb.  787.    Strauß-Lanner-Denkmal  (Rathhauspark). 


aus     Carraramarmor,     der     Sockel     aus     Untersberger 
Marmor  und  Granit. 

An  der  Peripherie  des  VII.  Bezirkes,  am  Ende  der 
Westbahnstraße,  wurde  1901  in  einer  kleinen  Garten- 
anlage für  P.  Urban 
Loritz,  dem  ver- 
dienstvollen Pfarrer 
dieses  Bezirkes,  vom 
Bildhauer  Fr.  Seifert 
eine  Bronzebüste  ge- 
schaffen, die  in  der 
Erzgießerei  von  Hans 
Frömml  gegossen 
wurde. 

Im  XIII.  Bezirke 
wurde  im  Jahre  1871 
vor  der  Hietzinger 
Kirche  ein  Denkmal 
für  den  verewigten 
Kaiser  Maximilian 
von  Mexiko,  ein 
Bronzestandbild   auf 

hohem  Marmor- 
sockel,    vom     Bild- 
hauer   Meixner,    er- 
richtet. 

Im  Jahre  1904 
stiftete  vor  der  Infan- 
terie -  Kadettenschule 
in      Breitensee      ein 
Herr  Bock  das  Stand- 
bild    Kaiser     Franz 
Josefs  I.   (Abb.  781),    das,    in    Carraramarmor   von    Joh.  Benk    ausgeführt,    den  Monarchen  in 
Feldadjustierung  mit  der  Mütze,    das  erste  Mal  auf  einem  öffentlichen  Platze  Wiens,    darstellt. 
Acht  Figuren,  welche  auf  der  Elisabeth-Brücke  im  Jahre  1869  vom  Vereine  zur  Beförderung 
der  bildenden  Künste  mit  Subvention  der  Gemeinde  errichtet  wurden,  erhielten  im  Jahre   1902 


Abb.  788.    Josef  Haydn-Dcnkmal  (VI.  Bezirk). 


Abb.  7S9.     Gutenberg-Denkmal  (1.,  Lugeck). 


Öffentliche   Denkmale. 


479 


Abb.  790.     Türkendenkmal  (St.  Stephans-Kirche). 


rechts  und  links  von 
der  Zufahrtsstraße  zum 
neuen  Rathause  eine 
überaus  glückliche  Auf- 
stellung; es  sind  links 
(Abb.  777  bis  780)  die 
Standbilder  von  Hein- 
rich Jasomirgott,  Rudolf 
dem  Stifter,  Graf  Rü- 
diger von  Starhemberg 
und  Fischer  von  Erlach, 
rechts  (Abb.  783  bis 
786)  von  Leopold  dem 
Glorreichen,  Graf  Niklas 
Salm,  Bischof  Kolonitz 
und  Josef  von  Sonnen- 
fels, welche  von  den 
Bildhauern  Melnitzky, 
Preleuthner,  J.  Gasser, 
J.  Feßler  und  von  V.  Pilz, 
Purkhartshofer,  H.  Gas- 
ser, J.  Cesar  in  Car- 
raramarmor  ausgeführt 
wurden. 

Im  Jahre  1894  er- 
richtete ein  Komitee  zur 
Erinnerung  an  die  rühm- 
liche Befreiung  Wiens 
von  den  Türken  anno 
1 683  ein  Denkmal  (Abb. 
790),welchesvondemin 
einer  Konkurrenz  preis- 
gekrönten Bildhauer  Ed- 
mund Helmer  in  der 
Stephanskirche  in  der 
Westmauer  der  großen 
Turmhalle  zur  Aufstel- 
lung kam.  Dieses  präch- 
tige Denkmal  im  Stile 
der  bekannten  groß- 
angelegten Feldherren- 
Grabdenkmäler  in  den 
VenezianerKirchen  zeigt 
als  Hauptgruppe  den 
Sieger  Rüdiger  von  Star- 
hemberg zu  Pferde,  von 
Kriegern  begleitet  und 
von  einer  schweben- 
den Viktoria  mit  dem 
Lorbeerkränze  bekrönt. 
Rechts  und  links  ste- 
hen die  Figuren  des 
Erzbischofs  von  Kolo- 
nitz und  des  Bürgermei- 
sters Liebenberg,  dar- 
über Karl  von  Lothrin- 
gen, J.  Sobieski,  König 
von  Polen,  u.  a.  in  kräf- 


480 


Denkmale  und  Brunnen. 


tigen  Gestalten,    das  Ganze  mit  einer  Madonna   im  Strahlenkranz    endigend,    welche    von  den 
knienden  Gestalten  des  Papstes  Innozenz  XI.  und  des  Kaisers  Leopold  I.  flankiert  wird. 

Im  XVI.  Bezirke  wurde  am  Hoffer-Platz  ein  Erinnerungsdenkmal  an  Kaiser  Josef  II. 
errichtet,  welcher  für  Ottakring  eine  Brunnenanlage  schaffen  ließ.  Auf  dem  von  einem  Kaiser- 
adler bekrönten  Obelisk  aus  Kalkstein  ist  das  Porträtmedaillon  Josefs  II.  angebracht. 

Im  XIX.  Bezirke  wurde  auf  dem  Wege  von  Nußdorf  nach  Grinzing  in  einer  von  Beethoven 
gerne  aufgesuchten  kleinen  Parkanlage  eine  mächtige  Bronzebüste  des  großen  Tonkünstlers, 
von  Fernkorn,  errichtet,  und  in  Hietzing,  im  sogenannten  Hügelpark,  eine  schöne  Büste  für 
Freiherrn  von  Hügel,  nach  einem  Modell  von  Joh.   Benk,   in   Marmor  ausgeführt. 

Der  stetig  zunehmenden  Denkmalsfreude  in  Wien  sind  noch  zu  verdanken:  1905  an  der 
Ecke  des  Stadtparkes,  der  Ringstraße  zugekehrt,  das  Bronzestandbild  des  Malers  Hans  Canon 
von  R.  Weyr,  in  der  kleinen  Parkanlage  vor  dem  Palais  Auersperg  das  Anzengruber-Denkmal 
(Abb.  782),  welches  der  Bildhauer  Joh.  Scherpe  als  Preisträger  in  einer  Konkurrenz  schuf,  die 
kräftige  Gestalt  des  Dichters  auf  einen  Felsen  heraustretend,  zu  seinen  Füßen  der  Steinklopfcrhans 
bei  der  Arbeit,  das  Ganze  gärtnerisch  glücklich  behandelt,  und  im  Rathauspark,  gegen  das  Parla- 
mentsgebäude gekehrt,  das  Strauß-Lanrter-Denkmal  (Abb.  787),  das  Bildhauer  Franz  Seifert 
und  Architekt  Örley  geschaffen  haben.  Vereint  stehen  die  beiden  Meister  der  schönsten  Wiener 
Tanzweisen  vor  einem  großen  Halbrund  aus  Marmor,  auf  dem  friesartig  tanzende  Paare  sich 
bewegen.  Die  freien  Figuren  beider  Denkmale  sind  in  der  Erzgießerei  von  Hans  Frömml 
gegossen.  Im  Volksgarten  ist  bereits  das  Kaiserin  Elisabeth-Denkmal  in  großangelegter  Archi- 
tektur von  Friedrich  Ohmann  und  von  Bildhauer  Bitterlich  in  Angriff  genommen  worden. 
Ein  langgestreckter  Vorgarten  mit  Sitzbänken,  ein  Wasserbassin  mit  zwei  Springbrunnen  und 
zwei    seitlichen  Wandbrunnen    bilden    die  Einleitung  zu  dem  eigentlichen  Denkmale,    welches 

die  geliebte  Kaiserin  sitzend  darstellt,  von  einer  halbkreis- 
förmigen Steinwand  rückwärts  abgeschlossen,  welche  die 
Inschrift  trägt:  „Ihrer  unvergeßlichen  Kaiserin  Elisabeth 
errichteten  dieses  Denkmal  in  unwandelbarer  Liebe  und 
Treue  Österreichs  Völker."  Die  reiche  Architektur,  zwei 
mächtige,  mit  Vasen  bekrönte  Säulen  aus  finnländischem 
Marmor  versprechen  heute  schon  eine  günstige  Wirkung 
der  Gesamtanlage  und  die  Hauptfigur  von  Professor 
Bitterlich  läßt  das  Beste  erwarten. 

Im  September   1906  kam   auf   dem   Platze  vor   der 
Rudolfs-Kaserne  ein  Deutschmeister-Denkmal  (Abb.  791, 
792)  zur  Aufstellung,  das  zur  Erinnerung  an  das  200jäh- 
rige  Jubiläum  des  Wiener  Hausregimentes  errichtet  wurde. 
Bildhauer    Johannes  Benk    machte   den  reichen  figuralen 
Teil,   während  der   architektonische  Teil   des   Denkmales 
und    die    Platzan- 
lage    dem    Archi- 
tekten   A.    Weber 
übertragen     ward. 
Der     architektoni- 
sche   Aufbau    aus 
geschliffenem  und 
poliertem     Kono- 
pischter  Granit  bil- 
det   den     ruhigen 
Rahmen   für   zwei 
Reliefe   im    Sockel 
(die  „Schlacht  bei 
Zenta"  [Abb.  792] 
und  die  „Schlacht 
bei    Kolin")     und 
für  zwei  freistehende  Gruppen,  den  Opfermut  und  die  Kameradschaft  darstellend  („Der  treue 
Kamerad"  und   „Der  Grenadier  von  Landshut").  Vorne  reicht  Vindobona  den  Lorbeerkranz  zu 
der  Widmungsinschrift:   „Die  Wiener  ihrem  Hausregimente",  welche  sich  mit  der  rückwärtigen 
Inschrift:   „Mit  Gott  für  Kaiser  und  Vaterland"   und  den  seitlichen  Namen  der  Hauptschlachten 


Abb.  791. 


Deutschmeister-Denkmal  (I.,  Deutsch- 
meisterplatz). 


Abb.  792. 


Reliefgruppe  am  Deutschmeister- 
Denkmal. 


Öffentliche  Denkmale. 


481 


Abb.  793. 


Rossebändiger  (I.,  Maria  Theresien- 
Platz). 


Abb.  794.    Rossebändiger  (I.,  Maria  Theresien- 
Platz). 


auf  dem  Mittelsockcl  be- 
finden, der  die  Haupt- 
figur, den  Deutschmei- 
ster-Fahnenträger in  leb- 
hafter Bewegung  als  Be- 
krönung  trägt.  Die  archi- 
tektonische Umrahmung 
des  Denkmales  aus  Neu- 
hauser  Findlingsgranit 
mit  Bronzestangen  und 
Bronzekugeln,  rückwärts 
mit  zwei  großen  Inschrift- 
tafeln, vorne  mit  zwei 
Steinbänken  gibt  der 
ganzen,  zirka  einen  Meter 
über  die  Ringstraße  ge- 
hobenen Anlage  einen 
geschlossenen  Charakter. 
Die  meisten  dieser 
neueren  Denkmale  sind 
durch  die  Unterstützung 
der  Gemeinde  gefördert 
worden,  welche  dieFun- 
dierungsarbeiten  sowie 
die  Gartenanlagen  jemalig  kostenlos  beistellte.  Von  kunstfreundlichen  Kreisen  Wiens  soll 
noch  ein  Schwind-,  ein  Hamerling  sowie  ein  Pfarrer  Kneipp-Denkmal  errichtet  werden,  weiters 
ein  Stifter-Denkmal  im  Türkenschanzpark,  und  vor  der  Karlskirche  im  IV.  Bezirke  ein  groß- 
gedachtes Denkmal  für  Kaiser  Karl  VI.  Am  30.  Oktober  1906  wurde  in  der  Nähe  des  Schwarzen- 
bergplatzes  dem  großen  Bildhauer  Raphael  Donner,  dessen  Werke  wir  in  gebührender  Weise 
genannt  haben,  ein  schönes  Standbild  errichtet,  welches  nach  dem  Modelle  des  Bildhauers 
Richard  Kauffungen  in  Erz  gegossen  wurde.  Wir  sehen  den  großen  Meister  auf  einem  Granit- 
sockel im  Arbeitskittel  am  Modelltisch,  darunter  die  Inschrift:  „G.  Rafael  Donner  1692 — 1741." 
Einen  prächtigen  Wandschmuck  erhält  jetzt  die  Peterskirche  an  der  Ostseite,  ein  Riesenrelief, 
die  Einführung  des  Christentums  durch  Karl  den  Großen  in  Österreich  darstellend,  das  R.  Weyr 
übertragen  ist.  Von  sonstiger  Plastik  auf  öffentlichen  Plätzen  wären  noch  zu  erwähnen:  die  zwei 
Rossebändiger  (Abb.  793,  794)  an  der  den  Hofstallungen  zugekehrten  Schmalseite  des 
Kaiserin  Maria  Theresien-Platzes,  rechts  und  links  von  dessen  mittlerem  Zugang,  welche  Bild- 
hauer Th.  Friedl  1892  in  Carraramarmor  ausführte.  Zwei  herkulisch  gebaute  Gestalten,  ein  Römer 

und  ein  Germane,  mit  hochaufbäumenden 
Rossen,  ganz  im  Stile  der  großen  Barockmeister. 
Im  Jahre  1899  schuf  Bildhauer  Anton 
Straßer  eine  Gruppe,  Marc  Anton  von  Löwen 
gezogen  (Abb.  795),  welche,  im  Staatsauftrag 
in  Erz  gegossen,  provisorisch  neben  dem  Aus- 
stellungsgebäude der  Sezession  zur  Aufstel- 
lung kam. 

Im  Herbste  1903  wurden  vor  der  Tech- 
nischen Hochschule  in  Wien  acht  Hermen 
hervorragender  Lehrer  dieser  Hochschule 
enthüllt,  deren  Aufstellung  der  Initiative  des 
Österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
Vereines  zu  danken  ist.  Es  sind  dies  die 
Büsten  von  Johann  von  Prechtl,  Simon 
Stampfer,  Adam  F.  von  Burg,  Anton  von 
Schrötter,  Georg  von  Rebhahn,  Heinrich  von 
Ferstel  und  Johann  von  Radinger. 


Abb.  795.     Marc  Anton-Gruppe  (neben  dem  Ausstellungsgebäude 
der  Sezession). 

Bd.  II. 


31 


482 


Denkmale  und  Brunnen. 


II.  MONUMENTALBRUNNEN, 
a)  Auf  öffentlichen   Plätzen. 

Die  Geschichte  der  künstlerischen  Ausgestaltung  der  Brunnen  Wiens  reicht  wohl  weit 
zurück,  doch  sind  aus  der  Zeit  vor  dem  18.  Jahrhundert  keine  künstlerisch  ausgeschmückten  oder 
monumentalen  Brunnen  auf  Plätzen  erhalten  geblieben.  Der  älteste  ist  der  in  der  Stallburg 
befindliche  runde,  steinerne  Brunnen,  welcher  die  Jahreszahl  1675  aufweist  und  mit  einem  hohen 


Abb.  796  und  797. 

Bassins  mit  Brunnen- 
gruppen in  den  Gar- 
tenanlagen zwischen 
den  beiden  Hof- 
museen. 


zylindrischen  Gitter  und  einem  Blechdach  versehen  ist.  Teile  eines  ähnlichen  Ziehbrunnens 
finden  sich  im  Hofe  eines  Hauses  in  der  Himmelpfortgasse.  Auf  alten  Stadtbildern  sehen  wir  an 
Stelle  manches  unserer  jetzigen  kleinere  Brunnen:  so  z.B.  am  Neuen  Markt  hochvergitterte  Röhren- 
brunnen im  Stile  des  17.,  Am  Hof  zwei  Brunnen  im  Stile  des  18.  Jahrhunderts,  welche  zu  Beginn 
des  19.  Jahrhunderts  im  Empirestil  erscheinen,  heute  sind  sie  verschwunden,  ebenso  ein  Brunnen 
vor  dem  Schönbrunner-Haus  unter  den  Tuchlauben,  den  noch  Stiche  vom  Jahre   1730  zeigen. 

Als  Kaiser  Leopold  1.  im  Jahre  1702  für  den  Fall  des  Sieges  seines  Sohnes  (späterem 
Kaiser  Josef  I.)  nach  dem  Falle  der  Festung  Landau  eine  Denksäule  zu  Ehren  des  hl.  Josef 
zu  errichten  gelobte,  entstand  diese  im  Jahre  1719  vorder  städtischen  Schranne  in  Form  eines 
tempelartigen  Brunnenbaues,  von  vier  Holzsäulen  getragen.  Seine  jetzige  Gestalt  erhielt  der 
Brunnen  auf  dem  Hohen  Markt  (Abb.  802)  unter  Karl  VI.  nach  den  Entwürfen  von  J.  B.  Fischer 
von  Erlach  und  mit  Figuren  von  Ant.  Corradini  und  wurde  1732  vollendet.  Unter  einem 
von  vier  schönen  korinthischen  Säulen  getragenen  Baldachin  von  sehr  bedeutenden  Dimen- 
sionen ist  die  Vermählung  Josefs  mit  Maria,  vom  Hohenpriester  eingesegnet,  in  überlebensgroßen 
Figuren  dargestellt;  die  Säulenbasen  werden  flankiert  von  vier  großen  Engelsgestalten,  unter 
denen  am  Sockel  Inschriften  und  Reliefdarstellungen  abwechseln.  Rechts  und  links  befinden 
sich  zwei  mächtige  Brunnenschalen  mit  vier  Bronzevasen  und  grüner  Glasfüllung. 

Den  herrlichen  Brunnen  auf  dem  Neuen  Markt  (früher  Mehlmarkt)  (Abb.  805),  den  die  Ge- 
meinde Wien  an  Stelle  eines  älteren  Brunnens  1739  errichten  ließ,  schuf  R.  Donner,  unser 
größter  Plastiker  des  18.  Jahrhunderts.  Der  Brunnen  ist  bekrönt  von  einer  sitzenden  weiblichen 
Figur,  mit  der  Schlange  und  dem  Medaillon  Äskulaps;  am  Fuße  des  Sockels  spielen  Putten 
mit  wasserspeienden  Fischen.  Am  Rande  des  großen  Beckens  ruhen  abwechselnd  zwei  männ- 
liche und  zwei  weibliche  Figuren,  die  Enns,  Ybbs,  Traun  und  March  darstellend.  Die  männ- 
lichen Figuren  sind  mit  Harpunen  bewaffnet;  eine  Figur  zielt  auf  einen  im  Beckengrunde 
angebrachten  Fisch,  die  weiblichen  Figuren  halten  große  Wassergefäße.  Im  Jahre  1801  wurden 
die  Donnerschen  Bleifiguren  bereits  ausgebessert,  das  weiche  Material  hielt  jedoch  nicht  Stand 
und  wurden  1873  sämtliche  Figuren  in  der  k.  k.  Erzgießerei  in  Bronze  gegossen  und  die 
Originale  von  der  Gemeinde  aufbewahrt.  In  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  fallen  die  Brunnen- 
skulpturen im  Schönbrunner  Park  von  Grassi  und  Joh.  Bayer  und  die  künstliche  Ruine  im 
Geschmacke  jener  Zeit,  Fragmente  eines  Nympheums  darstellend.  Als  Abschluß  des  Blickes, 
durch  den  Park  vom  Schloßeingange  gesehen,  am  Fuße  des  Gloriettehügels,  befindet  sich  der 
großartige  Neptuns-Brunnen  (Abb.  804)  in  einer  Bassinanlage  mit  Nymphen,    Seepferden    und 


Monumcntalbrunnen. 


483 


Abb.  798.    Der  „Schöne  Brunnen" 
(Schönbrunn). 

anderen  Seebewohnern, 
und,  in  einer  Laube  ver- 
steckt, der  sogenannte 
„Schöne  Brunnen",  eine 
ruhende  weibliche  Figur 
mit  einer  Urne,  verkörpert 
die  Quelle  in  der  edel- 
sten Art  des  R.  Donner 
(Abb.  798). 

Im  Anschlüsse  daran 
wäre  hier   außer  der  rei- 


Abb.  799.    Moses-Brunnen 
(I.,  Franziskanerplatz). 


Abb.  800.     Tilgner-Brunnen 
(Volksgarten). 


chen  Gartenplastik 
des  Schönbrunner 
Parkes  von  Grassi 
und  Joh.  Bayer  des 
Belvederes  und  des 
Schwarzenberg  -  Gar- 
tens zu  gedenken,  wo 
dekorative  Garten- 
figuren, die  verschie- 
denartig aufgefaßten 
Sphinxe    und    große 


Abb.  801.    Engelbrunnen 
(IV.,  Wiedener  Hauptstraße). 


Abb.  802.     Brunnen  auf  dem  Hohen.  Markt 
(I.  Bezirk). 


Abb.  803.  Brunnen  am  Graben 
(I.  Bezirk). 

31* 


484 


Denkmale  und  Brunnen. 


Abb.  804.    Neptuns-Brunnen  (am  Fuße  des  Gloriettes  in  Schönbrunn). 

Blumenvasen.  Terrassenbrüstungen,  Rampen  und  Bänke  die  Parkplätze  und  Wege  schmücken.  — 
J.  Martin   Fischer    (welcher    die    erste   Ausbesserung    der   Donnerschen    Figuren    vorzunehmen' 
hatte)    schuf   bereits  im  Jahre   1798    für    die  Gemeinde  Wien  vor    der    Franziskanerkirche     im 


Abb.  805.    Brunnen  auf  dem  Neuen  Markt  (I.  Bezirk). 


tf   . 


Monumcntalbrunncn. 


485 


Abb.  807.     Hygieia-Brunnen  im  Vor- 
garten des  Josefinums  (IX.,  Währin- 
gerstraße). 


I.  Bezirke  den  Moses- 
Brunnen  (Abb.  799),  des- 
sen schlichte  Architektur 
aus  Kaiserstein,  dessen  be- 
krönende, sehr  schön 
bewegte  Moses-Figur  aus 


Abb.  S06. 
Donauweibchen- 
Brunnen   (Stadt- 
park). 


Abb.  808. 
Brunnen  der 
hl.  Margarete 
(V.  Bezirk). 


einem  zinkartigen  Metall- 
guß (vermutlich  Zink, 
Spießglanz,  Antimon  und 
Blei)  hergestellt  ist.  An 
der  Vorderseite  ist  ein 
Metallrelief  eingelassen, 
die  Juden  in  der  Wüste 
ihren  Durst  stillend,  rück- 
wärts ein  mächtiger  Lö- 
wenkopf, wasserspeiend. 
Den  gleichen  Charakter 
zeigen  heute  die  Figuren 


Abb.  S09.     Gänsemädchen-Brunnen 
(VI.  Bezirk). 


Abb.  810.    Brunnen  in  der  Alser- 
straße  (IX.  Bezirk). 


Abb.  811.     Austria-Brunnen  auf  der  Freiung 
(I.  Bezirk). 


486 


Denkmale  und  Brunnen. 


der  beiden  Brunnen  am  Graben  (Abb.  803),  doch  entstanden  dort  schon  zwei  Brunnen  mit 
der  Pestsäule  und  sollen  1681  von  Frühwirth  entworfen  worden  sein,  dessen  Figuren  1730 
durch  Steinbilder  von  Mattielli  ersetzt  wurden,  welche  wiederum  1804  den  Bleifiguren 
J.  M.  Fischers,  die  wir  heute  sehen,  weichen  mußten.  Auf  Bildern  von  1719  sehen  wir  die 
älteste  Form  dieser  damals  mit  einem  Schmiedeeisengitter  umgebenen  Brunnenschalen  mit  der 
charakteristischen  Gestalt  des  heiligen  Leopold,  das  Kirchenmodell  haltend,  vor  dem  Trattnern- 
Hof.  Auch  Fischer  mußte  den  Brunnen  wieder  mit  einer  Leopold-Statue  zieren,  die  Kirche 
erscheint  jetzt  als  Zeichnung  auf  einem  Plane,  den  ein  Knabe  dem  Heiligen  hinhält.  Der  zweite 
Brunnen  ist  heute  mit  einem  heiligen  Josef  geziert,  welcher  ebenfalls  einen  Knaben  zur  Seite  hat. 
Auch  der  hübsche  Brunnen  in  der  Alserstraße  (Abb.  810),  an  der  Mündung  der  Skoda- 
gasse, verdankt  seinen 
figuralen  Schmuck  J.  M. 
Fischer,  welcher  hier  die 
Wachsamkeit  darstellt, 
eine  gut  bewegte  weib- 
liche Figur  mit  prächti- 
gem Kopfe,  mit  einer 
Ampel  in  der  Hand, 
einen  steinhaltenden  Kra- 
nich zur  Seite.  Der  Blei- 
guß stammt  aus  dem 
Jahre  1783,  ebenso  die 
wasserspeienden  Löwen- 
köpfe. Der  heutige  anti- 
kisierende hübsche  Stein- 
unterbau stammt  aus 
der  zweiten  Hälfte  des 
19.  Jahrhunderts  und 
dürfte  seine  Entstehung 
dem  Architekten  A.  Hau- 
ser zu  verdanken  haben. 
Verwandten  Charakter 
zeigt  der  Hygieia-Brun- 
nen  (Abb.  807)  im  Vor- 
garten des  Josefinums 
in  der  Währingerstraße 
mit  einer  überlebens- 
großen Hygieia  auf  ho- 
hem quadratischem  Stcin- 
sockel  in  einem  großen 
Bassin. 

Im  Jahre  1834 
wurde  im  VIII.  Bezirke 
auf  dem  Albert-Platz  ein 
Isis-Brunnen  errichtet, 
dessen  Mittelpunkt  in 
einem  großen  Steinbas- 
sin die  Figur  der  Isis 
bildet,  ein  Eisenguß  der 
ehemaligen  Werke  des 
Grafen  Salm  in  Blansko. 
1836  entstand  im  V.  Be- 
zirke auf  dem  Margare- 
ten-Platze ein  Brunnen 
der  hl.  Margarete  (Abb. 
808),  den  Drachen  zu 
den     Füßen      mit     dem 

Abb.  812.    Pallas  Athene-Brunnenanlage  vor  dem  Parlamentsgebäudc.  KrCUZC    besiegend,     nach 


Monumentalbrunnen. 


487 


Abb.  814. 

Mozart- 
Brunnen 
(IV.,  Mo- 
zartplatz). 

einem  Modell  von  Joh.  Schaller  in  Blei  gegossen,  1886  je- 
doch nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  A.  Hauser  neu  auf- 
gestellt mit  einem  neuen  Unterbau  aus  Hundsheimer  Stein. 
Im  IV.  Bezirke  errichtete  die  Gemeinde  Wien  1843  vor  der 
Paulaner-Kirche  den  Schutzengel-Brunnen  (Abb.  816)  nach 
den  Plänen  der  Architekten  van  der  Null  und  Siccardsburg, 
mit  einer  Gruppe  von  J.  Preleuthner,  der  Schutzengel  ein 
Kind  führend,  bei  dem  die  Figuren  und  ornamentalen  Teile, 
wie  die  vier  wasserspeienden  Drachen,  in  Eisenguß  hergestellt 
sind.  Im  Jahre  1846  errichtete  die  Gemeinde  den  Austria- 
Brunnen  auf  der  Freiung  (Abb.  81 1),  dessen  Ausführung  unse- 
rem damals  in  München  lebenden  Landsmann  Ludwig  Schwan- 
thaler  übertragen  wurde,  welcher  diese  Aufgabe  in  origineller  Weise  löste.  In  einem  großen 
Bassin,  aus  vier  Granitschalen  bestehend,  erhebt  sich  eine  stilisierte  Eiche  aus  Kaiserstein,  unter 
deren  Blätterbaldachinen  die  Personifikationen  von  Österreichs  Hauptflüssen  jener  Zeit,  die  Donau, 
der  Po,  die  Elbe  und  die  Weichsel,  stehen,  bekrönt  von  der  Austria,  mit  Schild  und  Schwert 
bewehrt.  Die  Inschriften  sagen,  dieser  Brunnen  wurde   „unter  der  Regierung  Kaiser  Ferdinands  I. 


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m 


Abb.  813.     Opernhaus-Brunnen. 


Abb. ,'815. 


„Die  Befreiung  der  Quelle" 
(Stadtpark). 


Abb.  816.    Schutzengel-Brunnen  vor  der 
Paulaner-Kirche  (IV.  Bezirk). 


Abb.  817.    Brunnen  vor  der  protestan- 
tischen Schule  (IV.  Bezirk). 


488 


Denkmale  und  Brunnen 


Abb.  SIS.     Albreehts-Brunnen  (I.,  Albrechtsrampe). 


Abb.  S19.     Hochstrahl-Brunncn  (IU.,  Schwarzenberg-platz). 


Morumentalbrunnen. 


489 


Abb. 


S20.    Hofbrunnen  im  alten  Land- 
hause (I.,  Herrengasse). 


Abb.  821.     Wandbrunnen 
(I.,  Bräunerstraße  5). 


Abb.    822.     Wandbrunnen    im    erzbischöf- 
lichen Palais  (I.,  Rotenturmstraße). 


von  Wiens  Bürgern  errichtet  MDCCCXLVI"   und   „gegossen  von  Ferd.  Miller  in  München  zur 
Zeit    des  Bürgerministeriums  Ritter  von  Csapka". 

Im  sogenannten  Kinderpark  beim  Stadtpark  errichtete  die  Gemeinde  Wien  1850  einen  kleinen 
Brunnen,  mit  drei  hübschen  Kindern  geziert,  ebenfalls  ein  Kunstguß  aus  Blansko,  und  im  Stadtpark 
selbst,  in  einem  lauschigen  Winkel,  umgeben  von  schattigen  Bäumen,  den  volkstümlich  gewordenen 
Donauweibchen-Brunnen  (Abb.  806),  mit  einer  Marmorfigur  von  Hans  Gasser.  Die  Figur  steht 
auf  einem  hohen  Karststeinsockel  mit  vier  Wasserausläufen  und  ebenso  vielen  Brunnenschalen. 


Abb.  823  und  824. 

Wandbrunnen 
an  den  beiden  Rund- 
bauten   des   Michae- 
lertraktes    der    Hof- 
burg". 


490 


Denkmale  und  Brunnen. 


Abb.  825. 

Wand- 
brunnen 
im  Hofe 
des 

Kriegs- 
Ministe- 
riums (I., 
Am  Hof). 


Im  Jahre  1866  errichtete  die  Gemeinde  auf  der  Brandstätte  im  I.  Bezirke  einen  Brunnen 
mit  dem  Gänsemädchen  (Abb.  809)  (Bildhauer  Anton  Wagner).  Im  Jahre  1880  wurde  der 
Brunnen  vor  die  Barnabitenkirche  in  der  Mariahilferstraße,  und  als  das  Haydn-Denkmal  im 
Jahre  1886  vor  diese  Kirche  kam,  auf  seinen  gegenwärtigen  Platz  vor  der  Rahlstiege  übertragen, 
wo  er  sich  mit  der  hübschen  Figur  in  Bronze  und  den  wasserspeienden  Gänsen  aus  dem 
gleichen  Materiale  in  seinen  Umrissen  gut  von  der  Umgebung  abhebt. 

Gleichzeitig  mit  dem  Opernhause  entstanden  im  Jahrel866  die  zwei  schönen  Opernhaus- 
Brunnen  (Abb.  813)  in  den  beiden  kleinen  Gartenanlagen  rechts  und  links  von  diesem  Monu- 
mentalbaue nach  den  Entwürfen  der  Architekten  van  der  Null  und  Siccardsburg  mit  hübschen 
Figuren  des  Bildhauers  Hans  Gasser.  Beide  Brunnen  sind  von  sitzenden  weiblichen  Figuren, 
Melusine  und  Lorelei  mit  Lyren,  bekrönt.  Unterhalb  befinden  sich  je  drei  weibliche  Gestalten  aus 
den  bekanntesten  Tonwerken,  wie  Gretchen,  Adelheit,  Rosina  etc.,  und  flache  Brunnenschalen 
auf  reichen  Sockeln,  in  der  geschmackvollen  Architektur  des  Opernhauses,  mit  welcher  diese 
beiden  Brunnen  überaus  glücklich  zusammenstimmen. 

Gleichfalls  im  Jahre  1866  wurde  in   einem  großen  Bassin  des  Volksgartens  ein  Brunnen  in 

Bronzeguß  aufgestellt,  dessen  Modell  noch  Meister  Fernkorn  schuf,    zwei  Schalen  in  reichster 

Ornamentik  mit  wasserspeienden  Delphinen  und  Löwenköpfen,  ohne  jeglichen  figuralen  Schmuck. 

Anläßlich  der  Eröffnung  der  Kaiser  Franz  Josef-Hochquellenleitung  entstand  im  Jahre  1873 

in  dem  kleinen  Parke  vor  dem 
fürstlich  Schwarzenbergschen 
Palais  der  sogenannte  Hoch- 
strahl-Brunnen (Abb.  819), 
dessen  Wassermengen  sich  mit 
einem  40  m  hohen  Haupt-  und 
einigen  Seitenstrahlen  in  ein 
großes  Bassin  ergossen.  Der 
Brunnen  war  bisher  ohne 
jeden  figuralen  oder  architek- 
tonischen Schmuck.  Gegen- 
wärtig wurde  er  umgebaut, 
mit  großen.  Kosten  in  eine 
Fontaine  lumineuse  (Leucht- 
brunnen) verwandelt,  und  ist 
eine  reiche  künstlerische  Aus- 
schmückung dieses  Brunnens 
nunmehr  ausgeschlossen. 

In  den  Achtzigerjahren 
entstand  im  Volksgarten  in 
der  Nähe  des  Einganges  vom 
Äußeren  Burgplatze  der 
schöne  Tilgner-Brunnen,  ein 
Bronzeguß  aus  der  k.  k.  Erz- 
gießerei, mit  einem  Faun, 
der  eine  lebhaft  bewegte 
Nymphe  hält  (Abb.  800).  Auf 
dem  Gertrudplatz  im  XVIII. 
Bezirke  vor  der  Pfarrkirche 
errichtete  die  Gemeinde  einen 
kleinen  Brunnen,  welcher, 
kandelaberartig,  aus  einer  La- 
ternen tragenden  Säule  besteht 
und  von  zwei  Knaben  mit 
einer  Laterne  bekrönt  wird, 
vermutlich  eine  Arbeit  nach 
dem  Entwürfe  Hausers. 

Im  Jahre  1888  entstand 
ebenfalls  durch  die  Gemeinde 
Wien    im    XVI.    Bezirke    auf 


Abb.  826. 

Wand- 
brunnen 
im  Hofe 
des  Palais 
Harrach 
(I.,  Frei- 
ung). 


Abb.  S27.    Siebenbrunnen  (V.  Bezirk). 


Monumentalbrunnen. 


491 


Abb.  828.    Andromeda-Brunnen  im  alten  Rathause. 


der  Neulerchenfelderstraße  nach  dem  Entwürfe  des 
Bildhauers  A.  Scherpe  ein  Austria-Brunnen.  Auf  einem 
hohen  achteckigen,  mit  Bronzewappen  und  Inschrift- 
tafeln gezierten  Steinsocke!  erhebt  sich  eine  sitzende 
Austria  mit  Scepter  und  Krone,  das  Porträtmedaillon 
des  Kaisers  haltend. 

In  den  Gartcnanlagcn  zwischen  den  beiden  Hof- 
muscen  wurden  im  Jahre  1894  vier  flache  Bassins  mit 
Brunnengruppen  (Abb.  796,  797)  errichtet,  von  denen 
die  zwei  dem  Ringe  zugekehrten  von  A.  Schmidgruber, 
jene  rückwärts  von  E.  von  Hoffmann  und  von  H.  Härdtle 
ausgeführt  wurden.  Sie  alle  stellen  Gruppen  von  Tri- 
tonen  und  Najaden  dar,  mit  den  Schätzen  des  Meeres, 
mit  Vögeln,  Fischen,  Krokodilen  und  allerhand  See- 
tieren, in  der  Art  der  schönen  Barockbrunnen,  wie 
wir  sie  aus  den  großen  Parks  von  Schönbrunn  und 
Hetz^ndorf,  vom  Belvedere  und  Schwarzenberggarten 
kennen. 

Der  sogenannte  Engel-Brunnen  (Abb.  801)  auf 
der  Wiedener  Hauptstraße  an  der  Mündung  der  Star- 
hemberggasse  wurde  im  Jahre  1893  aus  einer  Stiftung 
des  Herrn  Engel  nach  dem  Entwürfe  des  Bildhauers 
Anton  Wagner  errichtet.  Er  behandelt  die  Sage  von 
der  Teufelsmühle  am  Wienerberg.     Auf  einem   mäßig 

hohen  Sockel  steht  die  dem  Gänsemädchen  verwandte  Gestalt  der  hübschen  Müllerstochter, 
welche  sich  das  Haar  flicht,  unter  ihr  die  beiden  Unholde  gefesselt,  welche  das  Wasser  in 
zwei  Steinbecken  speien.  Die  Figuren  aus  Bronzeguß  wurden  in  der  kaiserlichen  Erzgießerei 
hergestellt. 

Eine    hervorragende  Zierde    erhielt  Wien    im  Jahre    1898    durch    die    noch    von    Meister 
Hansen     entworfene    und    aus    Mitteln    des    Stadterweiterungsfonds    errichtete    Pallas  Athene- 
Brunnenanlage  (Abb.  812)  vor  dem  Parlamentsgebäude.  Den  Mittelpunkt  bildet  eine  gedrungene 
antike    Säule,     bekrönt    von    einer   6  m    hohen    Pallas 
Athene,  die  Bildhauer  Kundmann  schuf;  darunter  stehen 
rechts    und   links    zwei    ebenfalls    mächtige   weibliche 
Figuren,  die  gesetzgebende  und  die  ausübende  Gewalt, 
von  Tautenheyn,    während  vorne    und    rückwärts   die 
Gruppen  Inn  und  Donau  von  Härdtle,  beziehungsweise 
Elbe  und  Moldau    von  Kundmann    lagern.     Zu   ihren 
Füßen  befinden   sich  Tritonen,    spielende    Putten    mit 
Delphinen,    wie    die    anderen    Figuren    ebenfalls    aus 
Laaser  Marmor,  während  die  Wasserbecken  aus  grauem 
Granit  sind. 

Zur  Erinnerung  an  die  goldene  Hochzeit  des 
Erzherzogs  Rainer  und  der  Erzherzogin  Marie  wurde 
im  Jahre  1904  an  der  Mündung,  der  Margaretenstraße 
in  die  Wiedener  Hauptstraße  ein  Marmorbrunnen  er- 
richtet mit  einem  Obelisken,  der  das  vergoldete  Bronze- 
relief des  hohen  Paares  zeigt  und  mit  einer  Krone 
abschließt;    eine  Arbeit  des  Bildhauers  Wilhelm  Seib. 

Eine  Brunnengruppe  »Die  Befreiung  der  Quelle« 
(Abb.  815)  vom  Bildhauer  Heu  stellte  die  Gemeinde 
im  Jahre  1903  an  der  Wienflußböschung  im  Stadtparke 
auf.  Zwei  muskulöse,  nackte  Männer  trachten  einen 
Stein  wegzuwälzen,  unter  welchem  eine  Quelle  hervor- 
bricht und  über  zwei  Felsstufen  in  ein  Becken  fließt. 

In  dem  Parke  vor  der  protestantischen  Schule 
auf  der  Wieden  errichteten  Freunde  und  Verehrer  des 

r,.,  ji  w.,  ,  t-.,  i         .  r...     ,  Abb.  829.  Wandbrunnen  im  Hofe  des  adeliffen  Damen- 

Bildhauers    Viktor    Tllgner    nach    einem    Unausgeführten  stiftes  in  der  Johannesgasse  15  (I.  Bezirk). 


492 


Denkmale  und  Brunnen. 


Modelle  dieses  Meisters  einen  kleinen  Brunnen  aus  rotem  Porphyr 
mit  reizender  Bronzeplastik,  Kinder  mit  Fisch  und  Gans  und  wasser- 
speienden Fröschen  (Abb.  817).  Um  das  Zustandekommen  dieses 
Brunnens  bemühten  sich  besonders  der  akademische  Maler  A.  Moll 
und  die  Architekten  Mayreder. 

Mit  der  Freude  an  öffentlichen  Denkmalen  nimmt  auch  die 
Errichtung  von  öffentlichen  Brunnen  unter  der  steten  Fürsorge  und 
Unterstützung  der  Gemeinde  zu.  So  ist  im  Sommer  1905  auf  der 
Wieden  am  Mozartplatz  ein  neuer  Mozart-Brunnen  (Abb.  814)  vom 
Bildhauer  Wollek  und  Architekt  A.  Schönthal  aufgestellt  worden, 
den  Manen  des  großen  Musikers  gewidmet,  mit  Tamino  und  Pamina 
als  Hauptgruppe  inmitten,  ein  Bronzeguß  von  Hans  Frömml,  zu  Füßen 
wasserspeiende  Ungeheuer  und  das  große  Bassin  vor  denselben  aus  . 
Badener  Stein.  —  Zur  Erinnerung  an  die  segensreiche  Tätigkeit  des 
Bürgermeisters  Dr.  Karl  Lueger  wurde  im  V.  Bezirke,  Siebenbrunnen- 
gasse, der  hübsche  Siebenbrunnen  (Abb.  827)  errichtet.  Derselbe 
ist  mit  dem  Bilde  des  Bürgermeisters  geschmückt,  von  der  ein  Lor- 
beerreis haltenden  Vindobona  bekrönt.  Darunter  sieben  mit  Wappen 
gezierte  Wasserausläufe,  welche  sich  in  ein  Bassin  ergießen. 

Der  Erinnerung  an  den  Maler  Moritz  Schwind  ist  ein  Brunnen 
gewidmet,  welchen  Bildhauer  Schimkowitz  im  Auftrage  eines 
Komitees  mit  Motiven  der  schönen  Melusine,  der  Quellennymphe, 
ausführen  soll. 

Ein  Brunnendenkmal  soll  auch  Vinzenz  Prießnitz,  der  Begründer  des  Wasserheilverfahrens, 
erhalten,  für  welches  ein  Porträtmodell  des  Hydropathen  von  Fernkorn  als  Grundlage  dienen 
und  das  nach  dem  Entwürfe  des  Architekten  A.  Weber  und  mit  einer  Bronzefigur  des  Bild- 
hauers C.  M.  Schwerdtner  im  Türkenschanzparke  zur  Aufstellung  kommen  soll;  weiters  wird 
ein  Brunnendenkmal  für  Pfarrer  Kneipp,  für  unseren  Franz  Schubert  und  für  Meister  Führich 
im  VIII.  Bezirke  geplant. 

b)  An  Gebäuden  und  in  Höfen. 


Abb.  830.     Wandbrunncn 
(I.,  Wollzeile  12). 


Als 


architektonischer  Schmuck  am  Äußeren  eines  Gebäudes  war  der  Brunnen  ehemals  gern 

gepflegt,  so  sehen  wir  z.  B.  an  der  Front  der  alten  Aula 
(Akademie  der  Wissenschaften)  rechts  und  links  vom  Haupt- 
eingange zwei  große  Wandbrunnen  mit  Muschelbassin  und 
Steinbecken,  bekrönt  von  Knaben,  welche  mit  wasserspeien- 
den Delphinen  spielen,  von  großer  Einfachheit  und  Schönheit. 
Hierher  gehört  auch  der  Albrcchts-Brunnen  (Abb.  818), 
eine  große  Brunnenanlage  vor  der  Albrechtsrampe  im  I.  Be- 
zirke, welche  Kaiser  Franz  Josef  I.  errichten  ließ  und  die 
im  Jahre  1869  durch  Schenkung  in  den  Besitz  der  Gemeinde 
überging.  Den  Mittelpunkt  dieses  Monumentalbrunnens  bildet 
die  Marmorgruppe  des  Danubius  und  der  Vindobona  mit 
dem  Donauschlüssel  in  einem  Granitbecken,  von  Atlanten 
getragen;  rechts  stehen  in  überlebensgroßen  Marmorfiguren 
und  in  Kindergcstalten  die  Theiß,  Raab,  Enns,  Traun  und 
der  Inn,  links  die  Save,  March,  Salzach,  Mur  und  Drau.  Die 
kräftigen  Figuren  schuf  Bildhauer  Johann  Meixner,  die  Archi- 
tektur M.  von  Löhr  in  schlichten  Formen  der  Renaissance. 
Nach  dem  Wiener  Ausstellungsjahre  1873  wurde  an 
der  Verbindungsmauer  zwischen  dem  Österreichischen 
Museum  für  Kunst  und  Industrie  und  der  Kunstgewcrbe- 
schule  ein  von  der  Ausstellung  herrührendes  großes  Mosaik- 
bild von  Salviati  in  Venedig,  die  gerüstete  Pallas  Athene, 
mit  einem  reizenden  kleinen  Brunnen  vereint;  der  zierliche 
Wandbrunnen  und  das  in  das  Trottoir  eingelassene  Brunnen- 
becken   wurden    von    dem    akademischen    Maler    Ferdinand 

Abb.  831.     RebeWca-Brunnen  (I.,  Spiegel-  Laufberger    und    Architekt    H.    VOn    Ferstl    entworfen. 


Monumcntalbrunnen. 


493 


Abb.  832.    Alt-Wiener  Hausbrunnen 
(VII.,  Westbahnstraße  8). 


Die  zwei  grandiosen  Wandbrunnen  an  den  beiden 
Rundbauten  des  Michaeiertraktes  der  Hofburg  (Abb.  823, 
824)  schließen  sich  in  ihrer  Großzügigkeit  den  Werken  aus 
der  Zeit  Fischers  von  Erlach  in  der  alten  Hofburg  würdig 
an.  Der  Brunnen  links  von  R.  Weyr  stellt  die  Herrschaft 
zur  See  dar;  die  Königin  des  Meeres,  eine  4  m  hohe,  gra- 
ziöse Figur  mit  einem  Krönlein  auf  dem  Haupte,  steuert  ihr 
Schiff  sicher  durch  die  Brandung,  aus  welcher  ein  mächti- 
ger Triton  und  ein  grausiges  Meerungeheuer  emportauchen, 
um  gegen  das  Schiff  anzustürmen,  während  auf  der  ande- 
ren Seite  Neptun  mit  dem  Dreizack  ruhig  auf  das  Getümmel 
herabsieht.  Am  Brunnen  rechts  von  E.  Helmer  wird  die 
Herrschaft  zu  Lande  durch  eine  edle  männliche  Figur  dar- 
gestellt, mit  einem  Schwerte  in  der  Linken,  mit  der  Rechten 
wild  anstürmende  Unholde  bannend.  Ein  prächtiger  Adler 
.greift  einen  abstürzenden  Titanen  an,  während  ein  großer 
Wurm  aus  dem  gesprengten  Erdreiche  hervorkommt.  Als 
Material  ist  an  beiden  Brunnen  für  Figuren,  Tiere  und  Blatt- 
werk Laaser  Marmor  verwendet,  für  die  Felsen,  welche  in 
den  Bassins  aufgetürmt  sind,  Lindabrunner  Stein,  die  Bassins 
selbst  sind  aus  rotem  schwedischem  Granit. 

Der  Brunnen  als  Wandbrunnen  in  den  Höfen  und  Stiegen 
unserer  Alt-Wiener  Häuser,  in  öffentlichen  Gebäuden  und 
Palästen  war  von  jeher  ein  beliebtes  Dekorationsmotiv.  Womöglich  dem  Haupteingange  gegen- 
über im  Hofe  aufgestellt  oder  in  einer  Mittelachse  der  Hoffassade,  in  einer  Wandnische  des  Stiegen- 
hauses, ob  mehr  oder  weniger  reich  ausgestaltet,  fehlte  er  ehemals  selten.  Zu  den  Brunnen  in 
Höfen  von  Gebäuden  gehört  der  bereits  in  der  Einleitung  erwähnte  Brunnen  der  Stallburg  aus 
dem  Jahre  1675.  Nicht  viel  später  dürfte  der  Wandbrunnen 
im  Schweizerhofe  der  Hofburg  datieren,  welcher   ein  großes 

Bassin  mit  erneuer- 
ter Schmiedeeisen- 
einfassung und  dar- 
unter ein  kleines 
Bassin  mit  dem  Dop- 
peladler zeigt.  Der 
Brunnen  steht  noch 
in  einer  alten  Bogen- 
nische,  wie  solche 
einstmals  den  gan- 
zen Schweizerhof 
umgaben.  In  das 
18.  Jahrhundert  ge- 
hört auch  noch  die 
schöne  Steinfigur  des 
hl.  Leopold  auf  dem 
großen  Brunnen  im 
ersten  Hofe  des 
Schottenhofes,  I.  Be- 
zirk. Die  Figur  ist 
heute  wie  ehemals 
zum  Teil  vergoldet 
und  hält  ein  neues 
Kirchenmodell  aus 
Blech  in  der  Hand. 
Dieser  Brunnen  soll 
ehemals  auf  einem 
öffentlichen  Platze 
gestanden  haben. 


Abb.  833.    St.  Georgs-Brunnen  (im  ehemaligen  Palais 
Montenuovo). 


Abb.  834.    Hofbrunnen  im  Bankgebäude 
(I.,  Herrengasse). 


494  Denkmale  und  Brunnen. 

Eine  Anzahl  schöner  Wandbrunnen  hat  uns  das  18.  Jahrhundert  hinterlassen,  und  da  ist 
es  auch  wieder  Raphael  Donner  in  erster  Linie,  welcher  mit  dem  prächtigen  Andromeda- 
Brunnen  (Abb.  828)  im  alten  Rathause  ein  typisches  Werk  geschaffen.  Wir  sehen  in  einem 
großen  Bleirclief  die  gefesselte  Andromeda  von  einem  wasserspeienden  Drachen  bewacht, 
während  der  Befreier  Perseus  hoch  zu  Roß  durch  die  Lüfte  naht.  Die  ganze  architektonische 
Einrahmung  dieses  Brunnens,  der  schöne  schmiedeeiserne  Brunnenrand  auf  dem  Steinbassin 
und   die  den  Balkon  tragenden  Putten  zeugen  für  Donners  hervorragende  Künstlerschaft. 

Gleichfalls  Donner  zugeschrieben  wird  der  schöne  Wandbrunnen  in  der  Johannesgasse  15 
im  Hofe  des  adeligen  Damenstiftes  (Abb.  829).  Einer  edlen  weiblichen  Figur,  die  aus  einer  Am- 
phora Wasser  spendet,  werden  von  zwei  Putten  Vasen  hingehalten;  zwei  Löwen  flankieren  den 
Brunnen.  Die  Nische  ist  mit  Metall  verkleidet,  darüber  eine  schöne  Architektur  mit  Inschriften 
und  Wappen,  bekrönt  von  einem  Metallrelief  St.  Hieronymus  in  der  Einöde.  Auch  dieser  Brunnen 
ist  ein  Metallguß  (die  Löwen  von  Bronze),  jedoch  nicht  so  geschmeidig  und  weich  im  Detail 
und  in  der  Komposition  wie  der  vorige  und  mehr  zu  strengeren,  beinahe  steifen  Formen  in 
der  Plastik  hinneigend. 

In  dieselbe  Zeit  fällt  auch  der  Brunnen  im  Lobkowitzschen  Palais  (I.,  Lobkowitzplatz), 
an  einer  dem  Tore  gegenüberliegenden  Wandnische  befindlich.  Unter  der  Brunnenfigur  des 
ruhenden  Herkules  auf  einem  höheren  Sockel,  von  einer  Viktoria  gekrönt,  befindet  sich  der 
nemeische  Löwe  und  der  gezähmte  Stier  von  Kreta,  aus  dem  Wasserbecken  trinkend. 

Dem  Ende  des  18.  Jahrhunderts  gehört  wohl  auch  der  kleine  barocke  Wandbrunnen 
im  Palais  Harrach  (Abb.  826)  auf  der  Freiung  an,  in  der  Ecke  des  Mittelhofes,  mit  gutem 
schmiedeeisernem  Gitter,  von  einer  hübschen  Vase  bekrönt. 

Eine  rein  architektonische  Lösung  zeigt  ein  Brunnen  aus  dieser  Zeit  im  Hause  I.,  Bräuner- 
straße 3,  wo  der  Brunnen  mit  einem  Maskeron  in  ein  vergittertes  Hoffenster  eingepaßt  ist,  und 
zwei  symmetrische  Wandbrunnen  aus  derselben  Zeit  im  Palais  Bräuner,  Singerstraße,  mit 
originellen  Maskerons.  Im  Hofe  des  Kriegs-Ministeriums  (Abb.  825)  befindet  sich  ebenfalls  ein 
schön  in  Stein  gearbeiteter,  heute  ganz  vernachlässigter  kleiner  Wandbrunnen  aus  dem  letzten 
Viertel  des  18.  Jahrhunderts  in  den  Formen  des  Louis  XVI.-Stiles,  mit  einem  schilfumrahmten, 
bärtigen  Kopf,  der  einst  Wasser  spendete,  und  davor  ein  kleines  Steinbassin. 

In  den  Stiegenhäusern  und  Höfen  aus  dem  18.  Jahrhundert  finden  wir  noch  manches 
schöne  Beispiel,  so  z.  B.  im  ehemaligen  Palais  des  Prinzen  Eugen,  jetzt  Finanz-Ministerium, 
in  der  Himmelpfortgasse,  im  erzbischöflichen  Palais  (Abb.  822)  (in  der  Mittelachse  des  Hofes 
eine  große  Wandnische  mit  einer  weiblichen  Figur  mit  Kanne  und  Becher,  darunter  ein 
großes  Bassin). 

Aus  dem  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  stammen  eine  große  Anzahl  schöner  Haus-  und 
Wandbrunnen  in  Wien,  so  der  schöne,  freistehende  Hofbrunnen  im  alten  Landhause,  I.,  Herren- 
gasse (Abb.  820),  ein  ruhender,  schilfbekränzter  Flußgott  mit  einer  Urne  und  einem  hübschen 
Putto,  eine  Arbeit  des  Bildhauers  J.  Klieber,  welcher  in  der  Empirezeit  manches  Gebäude 
Wiens  mit  seinen  Werken  in  Giebelfeldern  und  Friesen  schmückte. 

Aus  derselben  Zeit  stammen  unter  anderen  noch  ein  Wandbrunnen  im  Hofe  Bräuner' 
straße  Nr.  5  (Abb.  821)  mit  einer  für  die  Empirezeit  charakteristischen  weiblichen  Figur  und 
einem  Delphin.  Das  Wasserbecken  von  rötlichem  Marmor,  die  Figur  in  Metallguß  in  der  Art 
J.  M.  Fischers.  Der  Rebekka-Brunnen  (Abb.  831)  im  Hause  I.,  Spiegelgasse  15,  ein  Wandbrunnen 
mit  maurischer  Architektur,  zeigt  eine  ganz  vortreffliche  weibliche  Figur,  Rebekka  mit  einer 
vorgehaltenen  Urne,  in  hübscher  Bewegung  und  außerordentlich  schönem,  mit  dem  Turban 
bedeckten  Kopfe.  Die  Figur  ist  in  Metallguß  ausgeführt,  die  Architektur  von  Stein,  leider  aber 
mit  Ölfarbe  überstrichen.  Wiederholungen  dieser  schönen  Figur  finden  sich  Franziskanerplatz  1 
und  Weihburggasse  4,  jedoch  mit  kleinen  Veränderungen. 

Ähnliche  Brunnen  finden  sich  in  der  Dorotheergasse,  Spiegelgasse,  Wollzeile  12  (Abb.  830). 

Ein  außerordentlich  schönes  Beispiel  eines  Alt-Wiener  Hausbrunnens  sehen  wir  im  Hause 
Westbahnstraße  8  (Abb.  832);  eine  Frau  aus  dem  Volke  neben  der  landesüblichen  Wasserbutte 
sitzend,  aus  welcher  das  Wasser  fließt;  eine  überaus  originelle  Bildhauerarbeit  von  volkstüm- 
licher Kraft. 

Auch  um  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  war  noch  die  Freude  an  künstlerisch  aus- 
gestalteten Brunnen  in  monumentalen  Gebäuden  vorhanden  und  so  entstand  1853  im  Bank' 
gebäude,  I.,  Herrengasse  (Abb.  834),  ein  reizender  Brunnen,  nach  dem  Entwürfe  Ferstels  von 
A.  Fernkorn    ausgeführt.    In    einem    Marmorbecken    spielen    Nixen,    darüber   stehen    in    einem 


Private  Denkmale,  Votivtafeln  und  Grabmonumente. 


495 


zweiten  Bassin    drei    männliche  Gestalten,   der  Krieger,    der  Bürger  und  Bauersmann,    bekrönt 

von  einer  Donaunixe,  welche  Perlen  betrachtet. 

Aus  demselben  Jahre  und  auch  von  Fernkorn  stammt  der  im  ehemaligen  Palais  Montc- 

nuovo,  ganz  in  der  Nähe  des  vorigen  befindliche  St.  Georgs-Brunnen  (Abb.  833),  welcher  in  der 

Achse  des  Haupteinganges  an  der  rückwärtigen  Hofmauer  steht, 
bei  dem  das  Hauptgewicht  auf  die  lebendige  Bronzegruppe  des 
prächtigen  Reiters  und  des  kolossalen  Drachen  gelegt  ist,  während 
die  Brunnenschale  und  das  belebende  Element  des  Wassers 
untergeordnet  behandelt  sind.  Das  Brunnendenkmal  weist  die 
Inschrift  auf:  „Anton  Fernkorn  invenit,  fecit  annae  1853."  Eine 
Wiederholung  dieses  St.  Georg  kam  später  mit  einigen  kleinen 
Abänderungen  nach  Agram. 

Das  19.  Jahrhundert  hat  sich  bei  öffentlichen  und  privaten 
Gebäuden  immer  weniger  für  künstlerisch  ausgestattete  Haus- 
brunnen interessiert.  Meister  Schmidt  schuf  im  Jahre  1865  einen 
hübschen  Brunnen  in  einem  eigenen  Brunnenhaus  des  Akademi- 
schen Gymnasiums  mit  Granitbecken  und  hübschen  gotischen 
Säulen  aus  weißem  Kalkstein,  in  der  Art  der  Klosterbrunnen 
in  den  mittelalterlichen  Kreuzgängen.  Ein  hübscher  Haus- 
brunnen entstand  beim  Neubau  des  Anna-Hofes  in  der  Anna- 
gasse, auf  einer  Säule  ein  Hanswurst  mit  ausgebreiteten  Armen. 
Ein  herrlicher  Brunnen  ist  in  allernächster  Zeit  für  den  Universi- 
tätshof zu  erwarten,  ein  Werk  des  Bildhauers  E.  Helmer,  ge- 
schmückt mit  Kastalia,  der  träumenden  jungfräulichen  Hüterin 
der  reinen  Quelle,  den  Mittelpunkt  des  Brunnens  bildend. 


III. 


PRIVATE   DENKMALE,  VOTIVTAFELN   UND 
GRABMONUMENTE. 


Abb.  835.    „Stock  im  Eisen"  (I.  Bezirk). 


An    privaten    Denkmalen    ist  Wien,    wie    es   in  der  Natur 
der  Sache  liegt,  recht  arm. 

Zu  den  privaten  Denkmalen  könnte    die  Büste  van  Swietens  von  Messerschmidt  im  Allge- 
meinen Krankenhause  und  die  schöne  Figur  Zauners    im  Sammlungsraum  des  k.  k.  Münzamtes 
gerechnet  werden,  der  sogenannte  Genius  Bornii, 
eine  Jünglingsgestalt  mit  wissenschaftlichen  In- 
strumenten;    Bleiguß    aus    dem    Beginne    des 
19.  Jahrhunderts. 

Im  Jahre  1864  wurde  im  Garten  der 
Theresianischen  Akademie  ein  kleines  Büsten- 
denkmal für  Anton  R.  von  Schmerling  in  An- 
wesenheit des  durch  das  Denkmal  geehrten 
damaligen  Kurators  der  Akademie  enthüllt.  Auf 
einem  Marmorobelisken  ruht  die  Bronzebüste 
nach  einem  Modell  des  Bildhauers  Fernkorn. 
Im  Garten  des  Arztes  Frisch,  VIII.,  Josefstädter- 
straße 15,  steht  eine  hübsche  Billroth-Büste 
aus  Marmor.  Im  Hause  Währing,  Gentzgasse 
Nr.  117  wurde  im  Frühjahre  1905  ein.  Elisabeth- 
Denkmal  enthüllt  und  an  einem  Hause  in  der 
Nußdorferstraße  eine  Herme  zur  Erinnerung 
an  Theodor  Körner  nach  dem  Modelle  des 
Bildhauers  Leissek  errichtet. 

Künstlerisch  ausgestattete  Votivtafeln, 
welche    nicht    der    Grabplastik    als    Epitaphien 

u-  i      i  lir-  ■         j       i_    •   j  j.  Abb.  836.     Theseus  den  Minotaurus  bezwingend  (Kunst- 

angehoren,  hat  Wien  wenig,  doch  ist  an  dieser  historisches  Hofmuseum). 


496 


Denkmale  und  Brunnen. 


Stelle  auf  die  vielen  schönen  Hauszeichen  Wiens  aufmerksam  zu  machen,  welche  in  der  Innern 
Stadt  oft  epitaphartig  die  Fassaden,  meist  über  dem  Eingang,  schmückten  oder  rund  gearbeitet 
auf  Konsolen,  meist  an  einer  Ecke,  vorsprangen.  Zu  den  schönsten  der  ersten  Kategorie  gehört 
am  Judenplatz  das  große  Relief  „Die  Taufe  im  Jordan"  aus  dem  15.  Jahrhundert.  Aus  der- 
selben Zeit  stammt  ein  Wappenfries  im  Steyrerhof  mit  vier  Wappen,  den  Buchstaben  J.  M.  P. 
und  der  Jahreszahl  1476.  Aus  späterer  Zeit  sind  der  „Pelikan"  am  Hohen  Markt,  der 
„Goldene  Becher"  Ecke  der  Singerstraße  vom  Jahre  1592.  Hier  ist  auch  der  sogenannte 
„Stock  im  Eisen"  (Abb.  835)  zu  erwähnen,  das  sagenumwobene  Hauszeichen  an  der  Ecke  des 
Grabens  und  der  Kärntnerstraße. 

Zu  den  freistehenden  Hauszeichen  gehört  das  sogenannte  „Wintermännchen"  (jetzt  im 
Museum  der  Stadt  Wien),  der  „Heidenschuß",  bereits  erneuert,  u.  a. 

Die  in  der  Innern  Stadt  reichlich  angebrachten  historischen  Erinnerungstafeln  sind  in 
schöner  Schrift,  sonst  aber  schmucklos  ausgeführt  worden.  Doch  wäre  hier  das  prächtige, 
wenio-  bekannte  gotische  Epitaph  im  zweiten  Hofe  des  k.  k.  Hofkammer-Archives  und 
Obersten  Rechnungshofes,  I.,  Annagasse  5,  der  ehemalige  Mariazellerhof  (Abb.  838),  zwischen 
Annao-asse  und  Johannesgasse,  welcher  1834  umgebaut  wurde,  aus  dem  Jahre  1482  zu  erwähnen. 
Eine  thronende  Muttergottes  mit  dem  Jesuskind  unter  einem  sehr  hübschen  Baldachin,  vor  ihr 
der  Donator  Stephan  von  Hohcnberg,  mit  dem  Modell  eines  an  dieser  Stelle  gestandenen 
Hauses,    das    er    dem    Kloster    Klein-Mariazell    schenkte,     umgeben    von    einer    Schar    trefflich 


Abb.  837.     Sarkophag  Kaiserin  Maria  Theresias  und  Franz  von  Lothringen  in  der  Kapuzinergruft. 


Private  Denkmale,  Votivtafeln  und  Grabmonumentc. 


497 


Abb.  838.    Relief  im  Mariazellerhof  (I.,  Annagasse). 


gearbeiteter  Gestalten,  rechts  der  Abt  des  Stiftes,  im  Hintergrunde  Mönche  und  Klosterfrauen 
in  einer  Landschaft,  ein  Spruchband  mit  lateinischer  Widmung  und  der  Jahreszahl  1482.  Auch 
des  großen,  aus  dem  Ende  des  19.  Jahrhunderts  stammenden  Reliefbildes  an  der  Seitenfront 
der  Schottenkirche  sei  hier  gedacht.  Es  stellt  die  Gründung  des  Schottenklosters  durch 
Heinrich  Jasomirgott  dar.  Im  Hause  IX.,  Nußdorferstraße  Nr.  54  sehen  wir  eine  mit  der  Büste 
Schuberts  geschmückte  Tafel  an  seinem  Sterbehaus.  In  der  Währingerstraße  Nr.  81  eine  solche 
auf  den  Maler  Canon  bezügliche.  In  der  Gumpendorferstraße  schmückt  die  Ecke  des  Hauses 
Nr.  56  eine  Votivtafel  mit  dem  Reliefmedaillon  Anzengrubers  Sterbehaus. 

Hierher  gehören  auch  die  schönen  Epitaphien  in  Gängen  und  Arkaden  der  neuen 
Universität.  Im  Stiegenhause  der  Oper  wurden  den  Erbauern  van  der  Null  und  Siccardsburg 
zwei  Medaillons  gewidmet.  Im  Stiegenhause  des  neuen  Rathauses,  Feststiege  I,  wurden  dem 
Erbauer  des  Hauses,  Friedrich  Schmidt,  und  dem  Bürgermeister,  der  den  Grundstein  zu  dem- 
selben gelegt,  Kajetan  Felder,  zwei  Tafeln  mit  Porträtmedaillons  im  Jahre  1886  errichtet  und 
im  Vestibül  dieser  Stiege  zwei  große  bronzene  Erinnerungstafeln  mit  Bezug  auf  das  fünfzig- 
jährige Regierungsjubiläum  unseres  Monarchen  und  dem  von  der  Stadt  Wien  veranstalteten 
Kinderfestzug  im  Jahre  1898  angebracht.  Im  Österreichischen  Museum  für  Kunst  und  Industrie 
wurde  in  pietätvoller  Erinnerung  an  den  Gründer  des  Hauses  E.  von  Eitelberger  ein  hübsches 
Denkmal  mit  Büste  und  Putten,  vom  Bildhauer  St.  Schwarz  1889  entworfen,  sowie  dem  Archi- 
tekten des  Hauses  H.  von  Ferstl  ein  Porträtmedaillon  im  Stiegenhause  daselbst  gewidmet.  So 
auch  in  der  Aula  der  Akademie  der  bildenden  Künste  eine  Porträttafel,  dem  Meister  Hansen 
von  seinen  dankbaren  Schülern  gewidmet,  von  Architekt  Auer  und  Bildhauer  Kundmann. 

Zu  den  öffentlichen  Denkmalen  kann  auch  die  Kolossalgruppe  „Theseus  den  Minotaurus 
bezwingend"  (Abb.  836),  von  Canova  im  Jahre  1819  in  Carraramarmor  ausgeführt,  gerechnet 
werden,  welche  früher  in  dem  hierfür  von  Nobile  erbauten  Tempel  im  Volksgarten  unter- 
gebracht war.  Diese  einheitliche  künstlerische,  vom  Bildhauer  und  Architekten  so  gewollte  Auf- 
stellung wurde  1891  zerstört,  als  die  Theseusgruppe  in  das  Stiegenhaus  des  kunsthistorischen 
Museums    übertragen    wurde,    wo   sie  in  der  reichen  Architektur  dieses  Hauses  verschwindet. 

Bd.  II.  32 


498 


Denkmale  und  Brunnen. 


Die  alten  Wiener  Friedhöfe  boten, 
nachdem  sie  aus  der  .Umgebung  der 
Kirchen  an  die  Grenzen  der  äußeren 
Bezirke  verlegt  wurden,  dem  Bildhauer 
des  18.  Jahrhunderts  einen  weiteren 
Spielraum  für  die  Grabplastik,  welche 
sich  bis  dahin  hauptsächlich  mit  Epi- 
taphien an  dem  Äußeren  und  Inneren 
der  Kirchenmauern  bescheiden  mußte, 
bis  im  19.  Jahrhundert  durch  die  Anlage 
des  Zentral-Friedhofes  eine  überreiche 
und  glänzende  Tätigkeit  den  Bildhauern 
Wiens  gegeben  ward. 

Zu  den  hervorragendsten  Grab- 
denkmalen Wiens  gehört  der  mächtige 
Sarkophag  für  den  1493  gestorbenen 
Kaiser  Friedrich  III.  in  der  St.  Stephans- 
Kirche,  ein  Werk  von  M.  Lerch  (siehe 
„Kirchenbauten",  Abb.  28).  Aus  Unters- 
berger  Marmor  mit  prächtigem  figuralen 
und  ornamentalen  Schmuck  versehen, 
mit  reizenden  Tierbildern  in  der  Art 
des  späten  Mittelalters  am  Sockel  ge- 
schmückt, gehört  es  zu  den  bedeutend- 
sten Werken  der  Spätgotik  überhaupt. 
Die  Votivkirche  erhielt  in  dem  aus  Raitz 
in  Mähren  wieder  nach  Wien  übertrage- 
nen Marmorsarkophag  des  Grafen  Niko- 
laus Salm  eine  schöne  Arbeit  aus  dem 
Jahre  1529,  die  zuerst  in  der  Dorotheer- 
kirche  stand.  Auch  ein  interessantes  früh- 
gotisches Grabmal  hatte  die  Minoriten- 
kirche,  das  der  1305  verstorbenen  Königin  Bianca,  welches  aber  spurlos  verschwunden  ist. 
Zu  den  vornehmsten  Arbeiten  der  Grabplastik  des  18.  Jahrhunderts  gehört  der  Sarkophag 
der  Kaiserin  Maria  Theresia  und  des  Kaisers  Franz  I.  (Abb.  837)  in  der  Gruft  der  PP.  Kapu- 
ziner, ein  imposantes  Werk  des  Barockstiles  von  Balth.  Moll,  einem  Schüler  Donners,  welcher 

das  Herrscherpaar    auf    einem   mächtigen  Sarkophag 
halb    aufrecht  ruhend   mit  Scepter,    Reichsapfel    und 


Abb.  840. 

Christinen-Denkmal 
in  der  Augustiner- 
kirche. 


Abb.  839.    Detail  des  Christinen-Denkmales  in  der  Augustinerkirche. 


Abb.  841. 

Grabmonument  am 
Währinger  Fried- 
hofe. 


Private  Denkmale,  Votivtafcln  und  Grabmonumente. 


499 


Abb.  842. 

Grabmonument  am 

Döblinger  Fried- 
hofe. 


Abb.  843. 

Grabmonument  am 
Währinger  Fried- 
hofe. 


Schwert  darstellt.  Trauernde  Genien  an  den  Ecken,  Trophäen  und  Reliefdarstellungen,  die  Krö- 
nungen in  Frankfurt,  Preßburg  und  Prag,  an  den  Wänden  schmücken  das  Denkmal,  welches  in 
Zinnguß  ausgeführt  ist.  Das  Christinen-Denkmal  in  der  Augustinerkirche  (Abb.  839,  840)  von 
Canova  wurde  1803  vom  Herzog  Albrecht  von  Sachsen-Teschen  seiner  Gemahlin  Maria 
Christine,  einer  Tochter  der  Kaiserin  Maria  Theresia,  errichtet.  Das  Denkmal,  durchwegs  aus 
Carraramarmor  ausgeführt,  ist  sowohl  in  bezug  auf  Komposition  als  auch  Durchbildung  die 
originellste  und  bedeutendste  Arbeit  Canovas.  Zwei  Stufen  führen  zu  einer  Gruftpyramide, 
deren  Pforte  geöffnet  ist,  darüber  das  Medaillon  der  Fürstin  und  die  Überschrift:  „Uxori 
optimae  Albertus".  Trauernde  Gestalten  betreten  mit  Urne,  Fackeln  und  Blumengewinden  die 
Grabkammer.    Eine    edle    weibliche    Gestalt,    die  Nächstenliebe,    führt    einen  Greis    am  Arme 

die    Stufen    herauf    zur    Linken.    Zur    Rechten    ein    trauernder 
Genius    auf  einem  Löwen    ruhend,    alles  Ernst  und  Klage.    Mit 


Abb.  844. 


Abb.  845. 
Grabmonumente  am  Döblinger  Friedhofe. 


Abb.  846. 


32* 


500 


Denkmale  und  Brunnen. 


dem   Einsetzen  des  Empirestiles,   Ende  des   18.  und   Anfang  des   19.  Jahrhunderts,  beginnt  die 
Grabplastik  eine  mehr  architektonische  Richtung  zu  nehmen;  doch  auch  hier  sind  die  Bildhauer 


Bb^^ä^I 

Abb.  847. 


Abb.  S48.  Abb.  849. 

Grabmonumente  am  Zentral-Friedhofe. 


Abb.  850. 


J.  M.  Fischer,  Zauner  und  Canova  wieder  die  hervorragendsten.  Die  Friedhöfe  auf  der  Schmelz, 
St.  Veit,  Dornbach,  Hietzing,  Währing  (Abb.  841,  843),  in  dessen  Mittelpunkt  sich  eine 
große  Dreifaltigkeitssäule  aus  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  befindet,  und  Döbling  (Abb.  842, 
844  bis  846)  zeigen  aus  dieser  Zeit  manches  Schöne.  Besonders  der  Hietzinger  aus  der  Mitte  des 
19.  Jahrhunderts  bis  in  die  neueste  Zeit  eine  schöne  Grabplastik,  so  z.B.  das  Grab  der  Familie 
Notar  Wagner  vom  Architekten  Otto  Wagner,  das  Grab  der  Familie  Kapösy  vom  Bildhauer 
Kundmann,  Denkmale  von  J.  Benk  u.  a.  m. 

Den  größten  Reichtum  an  monumentaler  Grabplastik  weist  naturgemäß  der  Zentral- 
Friedhof  auf.  Sehen  wir  von  älteren  Arbeiten,  die  Grabmonumente  Mozarts  und  Beethovens, 
das  Grab  des  Grafen  Fries  von  Zauner,  hierher  übertragen,  ab,  so  gehört  dieser  Friedhof 
doch  ganz  der  neueren  Grabplastik  des  19.  und  20.  Jahrhunderts  an.  Es  seien  vor  allem  die 
Denkmale  am  Grabe   Hansens  (Abb.  851)  von  Kundmann,  Ghegas  (Abb.  850)  vom  Architekten 


Abb.  851. 


Abb.  852. 
Grabmonumente  am  Zentral-Friedhofe. 


Abb.  S53. 


Private  Denkmale,  Votivtafeln  und  Grabmonumente. 


501 


Avanzo,  Th.  von  Hoermanns  von  R.  Tautcnhcyn,  der  Familien  Liebig  und  Radetzky  von 
Tilgner,  des  Johannes  Brahms  von  Frl.  Konrad  und  das  reizende  Grabmal  des  Johann  Strauß 
(Abb.  853)  von  Joh.  Benk  gebührend  erwähnt.  Auch  das  Grab  Friedrich  Schmidts,  ent- 
worfen von  Architekt  Luntz,  Nikolaus  Dumbas  und  Hugo  Wolfs  (Abb.  852)  von  E.  Helmer 
und  eines  Sohnes  von  Dr.  Strauß  von  Fcodorowna  Rieß,  sowie  das  Grab  Betty  von  Passys 
(Abb.  847)  von  Architekt  A.  Weber  und  andere  (Abb.  848,  849)  mögen  wegen  ihrer  schlichten 
Auffassung  erwähnt  sein.  Hier  sei  noch  des  Grabmales  der  Familie 
Engelhardt  mit  der  schönen  Bronzefigur  eines  weinenden  Jünglings, 
von  Maler  Engelhardt,  gedacht  und  des  Grabmales  des  Hofrates 
von  Radinger,  von  Architekt  Jul.  Koch  entworfen,  mit  einem  Relief, 
Pallas  Athene  darstellend,  von  R.  Weyr  (Abb.  854). 

Überaus  groß  ist  noch  die  Liste  der  schönen  Grabmale  am 
Zentral-Friedhofc;  mit  den  reichsten  Mitteln  sind  jene  unter  den  Arkaden 
ausgeführt.  Immer  größer  wird  die  Zahl  der  Ehrengräber,  und  die 
Grabmale  bei  Grüften  und  Einzelgräbern  zeigen  vielfach  das  Be- 
streben nach  Eigenartigkeit.  Dennoch  herrscht  das  Motiv  des  Obelisken 
vor,  allerdings  oft  mit  Verwendung  des  schönsten  Materiales.  Granit 
und  Syenit  werden  hauptsächlich  verwendet,  dann  ist  es  der  Unters- 
berger  Marmor  in  seinen  verschiedenen  Varietäten  und  Carrara,  die 
häufig  zur  Verwendung  kommen,  ebenso  die  Karstmarmore,  neuer- 
dings auch  Leithakalk-  und  Badener  Stein  für  ganze  Figuren. 

Zum  Schluß  muß  noch  das  großangelegte  Grabmal  für  die  im 
Ringtheater  Verunglückten,  von  R.  Weyr,  erwähnt  werden.  Eine  große 
Schriftvvand,  von  bronzenen  Palmenzweigen  und  Kränzen  unterbrochen, 
wird  in  der  Mitte  durch  zwei  mächige  Karyatiden  geteilt,  welche  ein  Gebälk  tragen,  auf  dem 
eine  sitzende  weibliche  Figur  mit  dem  Wappen  der  Stadt  Wien  und  einem  Kranze  in  der 
Linken  den  Abschluß  bildet  (Abb.  855). 


Abb.  854.  Grabdenkmal  des  Hof- 
rates von  Radinger. 


Abb.  855.    Grabmal  der  1881  im  Ringtheater  Verunglückten. 


Literatur. 


Kirsch,  Die  alten  Plätze  und  Straßen  Wiens.  —  Weiß,  Geschichte  der  Stadt  Wien.  —  Die  österreichisch-ungarische  Monarchie 
in  Wort  und  Bild,  Band  Niederösterreich.  —  Kunst  und  Kunsthandwerk.  Artaria  &  Comp.  —  Schroll,  Der  Architekt.  1902,  Heft  11 
und  12.  —  Schroll,  Die  Denkmäler  am  Wiener  Zentral-Friedhofe  und  anderen  Wiener  Friedhöfen. 


Architekt  Anton   Weber. 


Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts. 


Tafel  XIV. 


Kunsthistorisches  Hofmuseum,  Ägyptischer  Saal. 


B.  SAMMLUNGEN  UND  BIBLIOTHEKEN. 

Wien  beherbergt  eine  Reihe  interessanter  und  wertvoller  Kunstsammlungen.  Hier,  als  am 
Sitze  eines  der  ältesten  und  mächtigsten  Herrscherhäuser,  flössen  schon  früh  die  Schätze  und 
Kostbarkeiten  des  Allerhöchsten  Erzhauses  zusammen.  Die  ersten  Geschlechter  wetteiferten  mit 
der  Dynastie  in  der  Betätigung  von  Kunstsinn  und  Kunstliebe,  so  daß  auch  in  den  Adels- 
palästen und  manchen  Patrizierhäusern  der  Hauptstadt  sich  ein  reicher  Stock  von  bemerkens- 
werten Kunstwerken  vorfindet.  Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  war  denn  auch  Wien,  was 
Kunstbesitz  anbelangt,  sicherlich  eine  der  ersten  Städte  der  Welt.  Die  Entwicklung  der  poli- 
tischen Verhältnisse  in  Europa  gestatteten  allerdings  nicht,  diesen  hohen  Rang  bis  ins  20.  Jahr- 
hundert voll  zu  behaupten.  Doch  berechtigen  die  in  mancher  Beziehung  als  einzig  zu  bezeich- 
nenden Sammlungen  des  Allerhöchsten  Hofes  im  Zusammenhalte  mit  der  eifrigen  Sammel- 
tätigkeit, die  von  öffentlichen  Faktoren  wie  von  Privaten  in  zunehmendem  Maße  entwickelt 
wird,  wohl  zu  dem  Ausspruche,  daß  Wien  in  bezug  auf  die  Quantität,  namentlich  aber  auf 
die  Qualität  seines  Kunstbesitzes  noch  immer  zu  den  hervorragendsten  Plätzen  gezählt 
werden  muß. 

Die  nachfolgenden  Darlegungen  sollen,  soweit  es  im  Rahmen  dieses  Werkes  möglich  ist, 
in  gedrängter  Kürze  eine  Charakteristik  dieses  Besitzes  zu  geben  suchen.  Es  werden  dabei 
zunächst  die  öffentlich  zugänglichen,  dann  die  bedeutenderen  Privatsammlungen  und  im 
Anschlüsse  hieran  die  bemerkenswerten  Bibliotheken  der  Stadt  angeführt. 

I.  ÖFFENTLICHE  SAMMLUNGEN. 

Kunsthistorisches  Hofmuseum.  In  diesem  Museum  (betreffs  des  Gebäudes  siehe  Abschnitt 
„Musealgebäude")  sind  die  kunsthistorischen  Sammlungen  des  Kaiserhauses  aufgestellt.  Diese 
umfassen  den  reichen  Komplex  von  Gegenständen  der  Kunst  und  des  Kunstgewerbes,  welche  im 
Laufe  der  Jahrhunderte  an  das  Allerhöchste  Erzhaus  gelangten.  Die  Sammlungen  bilden  ein 
Denkmal  des  durch  Generationen  fortgepflanzten  historischen  Sinnes  für  Kunst  und  Kunst- 
förderung bei  der  Allerhöchsten  Dynastie  und  erweisen  die  Blüte  des  Kunstlebens  und  Kunst- 
sinnes in  der  Geschichte  derselben.  Deshalb  tragen  sie,  zum  fideikommissarischen  Eigentume 
des  Herrscherhauses  gehörend,  mehr  den  Charakter  privater  Sammlungen,  ohne  sich  deshalb 
der  weitestgehenden  Verwertung  für  Zwecke  der  Wissenschaft,  der  Kunstpflege  und  der  Volks- 
bildung zu  entziehen. 

Historisch  lassen  sich  die  Bestände  der  einzelnen  Sammlungen  bis  in  das  Mittelalter 
zurückverfolgen;  allerdings  kann  erst  vom  16.  Jahrhunderte  angefangen  von  Kunstsammlungen 
im  eigentlichen  Sinne  die  Rede  sein,  denn  erst  mit  der  Epoche  des  Humanismus  beginnt  eine 
bewußte  Sammeltätigkeit.  Ferdinands  I.  großer  Kunstbesitz  teilte  sich  bei  seinem  Tode  1564 
in  die  drei  gesonderten  Besitzstände  des  Kaisers  Maximilian  IL,  des  Erzherzogs  Ferdinand  II. 
von  Tirol  und  des  Erzherzogs  Karl  von  Steiermark.  Auf  diese  Teilung  sind  im  wesentlichen 
die  drei  Kunstkammern  in  Wien,  Innsbruck  (später  Ambras)  und  Graz  zurückzuführen.  Die 
sogenannte  Ambraser  Sammlung  wurde  1806  nach  Wien  überführt;  einzelne  Teile  derselben 
waren  schon  früher  den  Wiener  Sammlungen  einverleibt  worden,  so  unter  Karl  VI.  die  numis- 
matischen Bestände,  unter  Josef  II.  die  wertvollsten  Gemälde.  1765  wurde  die  Kunstkammer 
in  Graz  aufgelöst  und  kamen  deren  Objekte  nach  Wien.  Hier  hatte  schon  Maximilian  II.  an- 
sehnliche Schätze  an  Kunstwerken  der  Antike,  Münzen  und  Medaillen,  Kleinodien  und  Ge- 
mälden erworben.  Dazu  kamen  späterhin  die  Reste  der  im  Dreißigjährigen  Kriege  geplünderten 


504 


Sammlungen  und  Bibliotheken. 


ehemals  so  reichhaltigen  Präger  Kunstkammer  Rudolfs  II.  Die  Hauptbestandteile  der  Wiener 
Gemäldegalerie  gelangten  durch  das  Legat  des  Erzherzogs  Ernst  (1595)  und  nach  dem  Tode 
des  Erzherzogs  Leopold  Wilhelm,  Statthalters  der  Niederlande  (1659),  hierher.  Eine  der  reichsten 
Quellen  für  den  heutigen  Bestand  der  Sammlungen  des  Kunsthistorischen  Hofmuseums  bildete 
die  kaiserliche  Schatzkammer,  deren  Besitz  an  Hoheitszeichen  und  Kleinodien  in  die  Zeiten 
der  Verbindung  der  Häuser  Habsburg  und  Burgund  zurückreicht.  ')  Das  Münzen-  und  Antiken- 
Kabinett  erfuhr  seine  Ausgestaltung  hauptsächlich  durch  Leopold  I.  und  Karl  VI.,  dann  später 
durch  Franz  I.  Was  den  kostbaren  Besitz  an  Waffen  anbelangt,  so  stammt  er  zum  Teil  aus 
der  Ambraser  Sammlung,  zum  Teil  geht  er  auf  das  von  Rudolf  II.  eingerichtete  Zeughaus 
zurück,  welches  dann  unter  Karl  VI.  und  Maria  Theresia  bedeutend  vermehrt  und  namentlich 
durch  Waffen  aus  der  Grazer  Kunstkammer  verstärkt  wurde  und  zuletzt  als  Hof-Waffenmuseum 
im  Arsenale  aufgestellt  war. 

Über  Allerhöchsten  Befehl  wurden  im  Jahre  1889  sämtliche  Kunstgegenstände  aus  dem 
fideikommissarischen  Besitze  des  Kaiserhauses  im  Kunsthistorischen  Hofmuseum  nach  kunst- 
wissenschaftlichen Gesichtspunkten  aufgestellt.  Ihre  früheren  Bezeichnungen  wurden  aufgehoben 
und  neue  Abteilungen  gebildet,  welche  sich  durch  Abgabe  alles  Zusammengehörigen  aus  den 
bisherigen  Sammlungen  gestalteten,  so  daß  lediglich  die  Hoheitszeichen,  Hauskleinodien,  Krö- 


Abb.  856.    Kunsthistorisches  Hofmuseum,  Kuppelraum. 


nungsinsignien  und  Reliquien  des  heiligen  römischen  Reiches,  das  kaiserliche  Taufzeug  und 
der  Privat-  und  Familienschmuck  als  Habsburg-Lothringischer  Hausschatz  von  der  Einverleibung 
in  das  Hofmuseum  ausgeschlossen  blieben.  Die  kunsthistorischen  Sammlungen  gruppieren  sich 
dermalen    in    folgender  Weise:    I.  Antiken-Sammlungen,  umfassend  die  ägyptischen  Altertümer 


')  Ober  den  dermaligen  Besitzstand  der  Schatzkammer  (Habsburg-Lothringischer  Hausschatz)  vgl.  im  folgenden  S.  50S. 


öffentliche  Sammlungen. 


505 


Abb.  857.     Kunsthistorisches  Hofmuseum,  Saal  XXII. 


und  die  griechischen  und  römischen  Antiken,  ferner  die  Sammlung  geschnittener  Steine  ein- 
schließlich der  späteren  Epochen  bis  zum  18.  Jahrhunderte  (Direktor  Professor  Dr.  Robert 
von  Schneider);  II.  die  Münzen-  und  Medaillen-Sammlung  (Kustoden  Dr.  K.  Domanig  und 
Prof.  Dr.  W.  Kubitschek);  III.  die  Sammlungen  von  kunstindustriellen  Gegenständen  des  Mittel- 
alters und  der  Renaissance  und  von  Waffen  (Direktor  Prof.  Dr.  Jul.  von  Schlosser)  und  IV. 
die  Gemäldegalerie  (alte  Gemälde  der  verschiedenen  Schulen  und  moderne  Gemälde)  nebst 
der  Sammlung  von  Aquarellen  und  Handzeichnungen  (Direktor  Hofrat  A.  Schäffer).  Diesen 
Sammlungen  gliedern  sich  als  Hilfsanstalten  an  eine  Bibliothek,  die  Restaurieranstalt  der 
Gemäldegalerie,  die  Adjustierungs-  und  Reproduktionswerkstätte  (Restaurieranstalt  für  plastische 
Objekte  und  Gipsgießerei),   endlich  eine  Administrationskanzlei. 

Die  Sammlung  ägyptischer  Altertümer  umfaßt  Monumente  aus  allen  Hauptperioden 
der  ägyptischen  Kunst,  die  ältesten  aus  der  zweiten  Hälfte  des  vierten  Jahrtausends  v.  Chr., 
die  jüngsten  aus  der  römischen  Kaiserzeit.  In  der  Antiken-Sammlung  sind  griechische, 
etruskische,  sabäische  und  römische  Altertümer  aufgestellt.  Bemerkenswert  ist  die  reichhaltige 
Vasensammlung;  an  diese  anschließend  eine  Terrakottensammlung  mit  besonders  schönen 
Stücken.  Die  Sammlung  von  Steinskulpturen  enthält  hervorragende  Werke,  so  die  Reliefs  vom 
Heroon  in  Trysa  (Lydien),  die  sogenannte  „sterbende  Amazone",  die  Artemis  von  Larnaka, 
das  Köpfchen  der  Artemis  aus  Tralles,  den  Fuggerschen  Amazonen-Sarkophag.  Nicht  minder 
erlesene  Stücke  hat  die  Sammlung  von  Bronzen  aufzuweisen,  so  die  Jünglingsstatue  vom 
Helenenberge  in  Kärnten,  den  Herakles  aus  Brigetio,  ein  Ares-Figürchen.  Hieran  reihen  sich 
Arbeiten  in  Gold  und  Silber,  unter  denen  der  Goldfund  von  Szent-Miklös  und  ein  silberner 
Votivteller  aus  Aquileja  hervorragen.  Einzig  in  ihrer  Art  ist  die  Sammlung  geschnittener 
Steine,  welche  eine  Reihe  berühmter  Stücke  enthält,  wie  den  Onyx  mit  den  Ptolemäerporträts, 
die  sogenannte  Gemma  Augustea,  dann  unter  den  Renaissancekameen  die  Leda  des  Ben- 
venuto  Cellini.  An  diese  Kollektion  reihen  sich  noch  Sammlungen  von  antiken  Gläsern,  Elfen- 
beinarbeiten, Gegenstände  aus  Halbedelstein  und  Bernstein. 


506  Sammlungen  und  Bibliotheken. 

Eine  Auswahl  der  bemerkenswertesten  Funde  aus  Ephesus  hat  teils  im  „Theseustempel" 
des  k.  k.  Volksgartens,  teils  in  Räumlichkeiten  des  unteren  Belvedereschlosses  Aufstellung 
gefunden.  Jene  des  Theseustempels  enthält  unter  anderem  ein  Hauptstück  dieser  Fundgruppe, 
die  überlebensgroße  Bronzestatue  eines  Epheben,  dann  einen  bronzenen  Lampenträger  von 
erlesener  Arbeit  und  die  reizvolle  Kleinplastik  „Herakles  im  Kampfe  mit  einem  Zentauren" 
(Bronze),  Bruchstücke  eines  Marmorfrieses  mit  jagenden  Eroten  u.  a.  m.  Im  unteren  Belvedere  sind 
es  wieder  nebst  einigen  hervorragenden  Statuen  die  zehn  kolossalen  Marmorreliefs  eines  Ehren- 
dcnkmals  auf  den  parthischen  Feldzug  Marc  Aureis,  die  besondere  Beachtung  verdienen. 

Von  der  Sammlung  von  Münzen  und  Medaillen,  welche  über  200.000  Nummern 
zählt,  sind  gegen  5500  Stücke  ausgelegt,  an  denen  die  Entwicklung  der  Münze  und  Medaille 
vom  klassischen  Altertume  bis  in  die  neueste  Zeit  zur  Anschauung  gebracht  wird.  In  einer 
besonderen  Suite  ist  die  Kunstgeschichte  der  deutschen  und  niederländischen  Medaille  darge- 
stellt; eine  eigene  Abteilung  bilden  auch  die  Münzen  und  Medaillen  des  Allerhöchsten  Kaiser- 
hauses. In  den  Räumen  dieser  Sammlung  ist  die  in  ihrer  Art  einzige  Porträtkollektion  des 
Erzherzogs  Ferdinand  von  Tirol  aufgestellt,  Bildnisse  europäischer  Fürsten  und  ihrer  Ahn- 
herren bis  zum  Jahre  1590  sowie  berühmter  Männer  des   15.  und   16.  Jahrhunderts  enthaltend. 

Die  Sammlung  kunstindustrieller  Objekte  umfaßt  zunächst  eine  Gruppe  mittel- 
alterlicher Kunstgegenstände:  Holzschnitzwerke  —  bemerkenswert  eine  figurale  Gruppe  aus 
St.  Florian,  vom  15.  Jahrhundert  —  Becher  (hervorzuheben  ein  Pokal  Friedrichs  III.),  den 
berühmten  burgundischen  Meßornat,  Reliquienschreine,  Elfenbeinschnitzereien  u.  s.  w.  Hieran 
reihen  sich  kunstvolle  Arbeiten  der  Mechanik,  sodann  die  einzigartige  Kollektion  von  Gold- 
schmiedearbeiten und  Gegenständen  aus  Bergkristall  und  Halbedelsteinen.  Um  hier  aus  der 
Fülle  von  Werken  ersten  Ranges  nur  einiges  hervorzuheben,  sei  auf  das  Salzfaß  von  Ben- 
venuto  Cellini,  Schüsseln  und  Kannen  von  Christoph  Jamnitzer,  das  „Nachtzeug"  der  Kaiserin 
Maria  Theresia  hingewiesen.  Es  folgen  nun  Werke  der  Poterie  und  Tonplastik,  Glas  und 
Email,  darunter  wertvolle  Urbino-  und  Gubbio-Schüsseln,  Limousiner  Arbeiten;  dann  Prunk- 
möbel der  italienischen  und  deutschen  Renaissance,  Pietradura-Arbeiten,  eine  reiche  Kollektion 
erlesener  Elfenbeinarbeiten  aus  der  Renaissance  und  Barocke,  eine  kleine  Sammlung  alter 
Musikinstrumente,  dann  zahlreiche  Steinskulpturcn,  endlich  die  Sammlung  von  Bronzen  der 
Renaissance  und  neuerer  Zeit  mit  Stücken  hervorragendster  Art,  so  Arbeiten  von  Donatello, 
Giovanni  da  Bologna,  Adriaen  de  Vries,  Leone  Leoni,  Raphael  Donner  bis  zu  modernen  Ar- 
beiten von  Charpentier,  Roty  u.  a.  Zu  erwähnen  ist  auch  noch  eine  Sammlung  von  Manu- 
skripten und  Kunstblättern  des  Mittelalters  und  der  Renaissance,  darunter  Kaiser  Maximilians 
Turnierbuch,  das  „Kunstbuch"  und  eine  Anzahl  anderer  kolorierter  Handzeichnungen  von 
Albrecht  Dürer  und  die  hochinteressante  Kupferstichsammlung  des  Erzherzogs  Ferdinand  von 
Tirol  in  ihren  alten  Klebebänden. 

Die  Waffen-Sammlung  ist  neben  der  Armeria  in  Madrid  und  der  in  Turin  wohl  als 
eine  der  ersten  der  Welt  zu  bezeichnen.  Besonders  reich  ist  sie  an  Stücken  aus  der  Zeit  des 
ausgehenden  Mittelalters  und  der  Renaissance.  Die  erste  Gruppe  umfaßt  Waffen  bis  zur  Zeit 
Maximilians  I.,  darunter  die  Turnierwaffen  dieses  Kaisers,  worauf  jene  aus  der  Epoche  Karls  V. 
folgen.  Besonders  sind  hier  zu  nennen  die  Rüstung  dieses  Kaisers  und  sein  Paradedegen, 
Arbeiten  in  der  Art  des  Wenzel  Jamnitzer,  der  Prunkharnisch  des  Erzherzogs  Ferdinand  von 
Giovanni  Serabaglio;  dann  Waffen  aus  der  Zeit  Maximilians  II.,  Rudolfs  II.  (Prunkharnisch  dieses 
Kaisers),  endlich  verschiedene  Stücke  einschließlich  kostbarer  Feuerwaffen  aus  späteren  Epochen 

Die  Gemäldegalerie  bietet,  wie  sich  aus  ihrer  oben  skizzierten  geschichtlichen  Ent- 
wicklung erklärt,  ein  glänzendes  Bild  der  niederländischen  Malerei  des  16.  und  17.  Jahr- 
hunderts, während  die  Italiener,  namentlich  die  Meister  des  Quatrocento,  zurückstehen  und 
nur  durch  die  Zahl  der  hier  vertretenen  reifen  Meister  des  16.  und  17.  Jahrhunderts,  besonders 
der  Vcnetianer,  den  Vergleich  mit  anderen  großen  Galerien  aushalten  können.  Immerhin  sind 
gerade  auch  unter  den  Italienern,  um  mit  diesen  zu  beginnen,  Bilder  ersten  Ranges  zu  nennen, 
wie  beispielsweise  Peruginos  Taufe  Christi,  Raffaels  Madonna  im  Grünen,  Andrea  dtl  Sartos 
Beweinung,  Correggios  Jo.  Weiters  wären  zu  erwähnen:  Giorgione,  die  drei  Weisen,  Tizian, 
der  neben  der  Kirschen-Madonna  und  der  Grablegung  mit  einer  ganzen  Reihe  seiner  besten 
Werke  vertreten  ist,  Palma  der  Ältere  und  der  Jüngere,  Tintoretto,  Morctto  (heilige  Justina), 
Tiepolo,  Paul  Veronese  und  zahlreiche  Werke  des  Bassano ;  dann  die  Carracci,  Guido  Reni, 
Salvator  Rosa  u.  s.  w.  An  diese  Bilder  schließen  sich  einige  Franzosen,  so  Clouet,  Rigaud,  Poussin, 
hierauf  die  großartige  Suite  Velazquezschcr  Porträts,  Murillo  (Johannes  der  Täufer  als  Kind). 
Bei  den  Niederländern  sind  die  Primitiven    mit    nicht    vielen,    aber  vorzüglichen  Stücken   ver- 


öffentliche  Sammlangen. 


507 


treten,  so  zwei  Porträts  von  Jan  van  Eyck,  Triptychon  von  Rotier  van  der  Weyden,  Arbeiten 
von  Gerard  David,  Memling,  vom  Meister  vom  Tode  Maria;  es  folgen  Meister,  wie  Patinir,  Bles, 
Lucas  von  Leydcn,  Qu.  Massys,  dann  die  stattliche  Folge  von  Bildern  des  älteren  Peter 
Brucghel,  hierauf  die  Romanisten  wie  Mabusc,  B.  von  Orley,  Floris,  Moro  mit  beachtenswerten 
Bildnissen.  Den  ersten  Rang  behaupten  P.  P.  Rubens  und  sein  Kreis,  der  Meister  selbst 
glänzend  vertreten  durch 
seinen  lldefonso-Altar,  das 
Venusfest,  das  Porträt  der 
Helene  Fourement,  eine 
große  Landschaft  und  eine 
ganze  Reihe  anderer  Bilder, 
dann  van  Dyck  (besonders 
die  „Vision  des  seligen  Her- 
mann Josef"  und  Christus 
am  Kreuze),  van  Thulden, 
Jordans,  beide  Teniers,  Sny- 
ders,  endlich  die  Tiermaler, 
wie  Fyt,  van  Kessel,  die  Ha- 
miltons. Von  den  vlämischen 
Malern  ist  Rembrandt  mit 
einer  Anzahl  vorzüglicher 
Bildnisse  vertreten,  ihm 
schließen  sich  an  F.  Hals, 
Ostade,  Steen,  Hobbema, 
Ruisdael(„dergroßeWald"), 
Mieris,  J.  M.  Molenaer  u.  a. 
In  der  altdeutschen  Schule 
sind  zu  nennen  Albr.  Dürer 
(Allerheiligenbild),  Holbein, 
die  beiden  Cranach,  Schon- 
gauer,  Burgkmair,  Baidung 
Grien,  Schäuffelein,  B.  Stri- 
gel,  B.  Spranger,  Heinz. 
Verschiedene  Meister  des 
18. Jahrhunderts  (unterihnen 
besonders  Canaletto  mit 
seinen  österreichischen  Ve- 
duten) und  die  Wiener  Aka- 
demiker des  späten  18.  und 
frühen  19.  Jahrhunderts  ver- 
mitteln sodann  den  Über- 
gang zur  modernen  Abteilung.  In  dieser  sind  die  Wiener  Meister  des  19.  Jahrhunderts,  wie 
Fendi,  Karl  und  Albert  Schindler,  Danhauser,  Waldmüller  zum  Teil  mit  ihren  besten  Werken 
vertreten.  An  sie  schließen  sich  die  Bildnismaler,  wie  Daffinger,  Amerling,  Kriehuber,  Eybl,  die 
Landschafter,  wie  Thomas  Ender,  Marko,  Raffalt,  Gauermann,  dann  die  religiösen  Maler,  wie 
Führich,  Scheffer  von  Leonhardshof,  Steinte,  die  Kuppelwieser,  endlich  die  neueren  Meister 
mit  Rahl,  Makart  (Triumph  der  Ariadne),  Canon,  Matejko,  Blaas,  Rudolf  und  Jakob  Alt,  Petten- 
kofen,  Kurzbauer,  Defregger  (letztes  Aufgebot),  Schönn,  Leopold  Karl  Müller,  Angeli,  Brozik, 
F.  von  Pausinger,  Moll.  Aus  der  im  zweiten  Stockwerke  befindlichen,  über  500  Stücke  um- 
fassenden Sammlung  von  Aquarellen  und  Handzeichnungen  seien  angeführt  Blätter  von 
Schwind  (Melusine),  Passini,  Jak.  und  Rud.  Alt,  Pettenkofen,  Führich,  Overbeck,  Mafäk, 
Schwaiger,  Myrbach,  Klimt  etc.  Die  gleichfalls  im  zweiten  Stocke  untergebrachte  Sekundär- 
galerie enthält  eine  Anzahl  Kunstgeschichtlich  interessanter  Werke  älterer  Meister,  welche 
wegen  Raummangels  im  ersten  Stockwerke  nicht  Aufstellung  finden  konnten. 

Die  Bibliothek  des  Kunsthistorischen  Hofmuseums  enthält  gegen  30.000  Bände;  neben 
Werken  und  Zeitschriften  allgemeingeschichtlichen  oder  kunsthistorischen  Inhaltes  sind  hier 
insbesondere  alle  jene  Fächer  berücksichtigt,  welche  zu  den  Disziplinen  der  einzelnen  Spezial- 
sammlungen    des    Museums    in    Beziehung   stehen,     so    Ägyptologie,    klassische    Archäologie, 


Abb.  858.     Kunsthistorisches  Hofmuscum,  Wal 


50S 


Sammlungen  und  Bibliotheken. 


Numismatik,  Geschichte  des  Kunstgewerbes,  Waffen-  und  Gemäldekunde.  Die  Bibliothek  ist 
jedoch  nicht  öffentlich  zugänglich. 

Habsburg- Lothringischer  Hausschatz  (Schatzkammer  in  der  k.  k.  Hofburg).  Den  Inhalt 
dieser  Sammlung  bilden  die  Insignien,  Hoheitszeichen  und  Krönungsgewänder  des  heiligen 
römischen  Reiches  deutscher  Nation,  die  österreichischen  Hoheitszeichen,  die  Heroldsgewänder 
und  Kleinodien  aus  dem  Schatze  des  Ordens  vom  Goldenen  Vließe,  dann  die  Juwelen  und 
Schmuckgegenstände    der    Allerhöchsten    Familie    und    einzelne    hervorragende    Memorabilien. 

Unter  den  Krönungsinsignien  ist  vor  allem  die  alte,  edelstein-  und  perlengeschmückte 
Kaiserkrone,  das  Evangeliar  Karls  des  Großen  und  die  unter  Rudolf  II.  hergestellte  öster- 
reichische Kaiserkrone  zu  nennen;  unter  den  Kleinodien  des  Goldenen  Vließes  die  Collane 
(Potence)  dieses  Ordens  und  ein  reichverziertes  Kruzifix  Philipps  des  Guten  von  Burgund. 
Der  Familienschmuck  des  Allerhöchsten  Hauses,  zumeist  aus  der  Zeit  Maria  Theresias  und 
Franz  I.  stammend,  doch  auch  einige  ältere  Stücke  enthaltend,  birgt  Objekte  von  unschätz- 
barem Werte,  so  den  in  einer  Agraffe  befestigten  „Florentiner",  den  viertgrößten  Diamanten 
der  Welt,  ehemals  im  Besitze  Karls  des  Kühnen  von  Burgund. 

Die  ethnographische  und  prähistorische  Abteilung  des  Naturhistorischen  Hofmuseums 
muß  in  diesem  Zusammenhange  ob  ihres  reichen  Besitzes  an  künstlerisch  oder  kunstgewerb- 
lich interessanten  Objekten  auch  genannt  werden.  In  der  ethnographischen  Sammlung  sind 
besonders  Brasilien,  das  Gebiet  des  Oberen  Nil,  Ostafrika,  der  Malaische  Archipel,  Japan,  die 
Stidsee,  Mexiko  und  die  alten  Kulturstaaten  Zentralamerikas  gut  vertreten.  Merkwürdig  sind 
altmexikanische  Gegenstände  aus  der  Zeit  der  Eroberung  Mexikos  durch  die  Spanier,  welche 
von  der  ehemaligen  Ambraser  Sammlung 
des  Erzherzogs  Ferdinand  von  Tirol  an 
diese  Kollektion  abgegeben  wurden.  In 
der  prähistorischen  Sammlung,  die  sich 
durch  große  Zahl  der  Gegenstände  aus- 
zeichnet, ist  namentlich  die  Hallstätter 
Periode  mit  den  zum  Teil  ganz  hervor- 
ragenden Funden  aus  Hallstatt  gut  ver- 
treten. Sonstige  glänzende  Partien  dieser 
Sammlung  sind  auch  die  Pfahlbaufunde 
der  jüngeren  Steinzeit  und  die  zahlreichen 
Gräberfunde  aus  den  Ostalpen. 

Die  zum  Hofmarstalle  gehörigen  drei 
Sammlungen:  Hofgewehr  kämme  r,  Hof- 
sattelkammer und  Hofwagenburg  ent- 
halten eine  Anzahl  künstlerisch  und  kunst- 
gewerblich bemerkenswerter  Gegenstände, 
so  die  Gewehrkammer  eine  Suite  schön 
eingelegter  und  tauschierter  Schußwaffen, 
die  Sattelkammer  prunkvolle  Pferdege- 
schirre aus  der  Zeit  Karls  VI.  und  Maria 
Theresias,  einige  Türkenzelte  von  1683, 
die  Wagenburg  eine  große  Zahl  reichst 
ausgestatteter  Karrossen  aus  der  Zeit 
Karls  VI.  bis  Franz  I.  von   Österreich. 

Betreffs  der  Kupferstiche  und 
Miniaturen  der  Hofbibliothek  ist  auf 
den  folgenden  Abschnitt  „Bibliotheken" 
zu  verweisen. 

Neben  der  Kupferstichsammlung  der 
Hofbibliothek   ist  die    unter   dem  Namen 

„Albertina"  bekannte  erzherzogliche  Sammlung  (Eigentümer  Erzherzog  Friedrich,  Direktor  Josef 
Meder)  als  die  bedeutendste,  öffentlich  zugängliche  Kollektion  dieser  Art  zu  bezeichnen. 
Sie  umfaßt  an  Kupferstichen  zirka  220.000  Blätter  aller  Schulen;  in  jeder  dieser  Abteilungen 
sind  die  Meister  älterer  und  neuerer  Zeit  fast  vollständig  vertreten.  Die  Sammlung  der  Hand- 
zeichnungen zählt  gegen  18.000  Nummern,  darunter  kostbare  Stücke  von  Raffael,  Michelangelo, 
Dürer,    Holbein,    van    Eyck,    Memling,    Velazquez    und    anderen    Meistern    ersten  Ranges,    die 


Abb.  859.     Akademie  der  bildenden  Künste,  Gipsmuscum. 


öffentliche  Sammlungen. 


509 


österreichischen    Meister    des    18.    und    19.  Jahrhunderts    in    seltener  Vollständigkeit.    Mit    der 
Sammlung-  steht  eine  reichhaltige  Bibliothek  in   Verbindung. 

Die  Sammlungen  der  Akademie  der  bildenden  Künste.  Die  Gemäldegalerie  (Kustos  kaiscrl. 
Rat  E.  Gerisch),  bis  auf  Karl  VI.  zurückgehend  und  später  durch  das  ansehnliche  Legat  der  gräflich 
Lambergschen  Gemäldesammlung  und  andere  Zuwendungen  vermehrt,  weist  gegen  1300  Bilder  auf, 
darunter  hervorragende  Stücke  der  niederländischen  und  spanischen  Schulen  (Rubens,  Rembrandt, 
Murillo),  dann  bedeutende  Italiener  (Tizian,  Botticelli,  Paul  Veronese),  die  Wiener  Akademiker 
des  18.  und  19.  Jahrhunderts,  endlich  eine  Reihe  hervorragender  moderner  Gemälde.  Das 
Museum  der  Gipsabgüsse  umfaßt  gegen  1700  Abgüsse  nach  Werken  der  Antike,  des 
Mittelalters,  der  Renaissance 
und  der  späteren  Epochen; 
auch  einige  griechische  Ori- 
ginalwerke sind  ihm  einverleibt. 
Was  die  Bibliothek  und  die 
mit  derselben  verbundenen 
Sammlungen  von  Handzeich- 
nungen, Kupferstichen  und 
Photographien  anbelangt,  siehe 
den  nachfolgenden  Abschnitt 
„Bibliotheken". 

Die  „Moderne  Galerie", 
vom  k.  k.  Ministerium  für 
Kultus  und  Unterricht  im  Jahre 
1903  ins  Leben  gerufen  und 
mit  einem  Teil  ihrer  Bestände 
provisorisch  in  den  Räumen 
des  unteren  Belvederes  aufge- 
stellt, strebt  einen  Überblick 
über  die  Kunstentwicklung  des 
19.  und  des  beginnenden  20. 
Jahrhunderts  an.  Wenn  auch 
dieses  Ziel  in  Anbetracht  des 
kurzen  Bestandes  der  Galerie 
noch  nicht  vollständig  erreicht 
ist,  läßt  sich  doch  selbst  an 
der  Auswahl  der  zurzeit  aus- 
gestellten Bilder  die  Entwick- 
lung der  österreichischen  Ma- 
lerei bis  in  die  romantische 
Epoche  zurück  gut  verfolgen. 
So  finden  sich  dort  vorzüg- 
liche Arbeiten  von  Führich, 
Schwind,  Eybl  und  Danhauser. 
Besonders  gut  ist  Waldmüller 
vertreten  (unter  anderen  die 
„Klostersuppe"  und  „Johannis- 
Andacht").  Es  folgen  einige 
bemerkenswerte  Gemälde  Pet- 
tenkofens  und  Leopold  Karl 
Müllers,  dann  Bilder  von  Jak. 
Em.  Schindler,  Th.  von  Hör- 
mann,    Eugen    Jettel.    Rudolf 

von  Alt  ist  mit  einer  ganzen  Reihe  ausgezeichneter  Werke  zu  sehen.  Hans  Makart  wurde  ein 
eigener  Saal  eingeräumt,  in  dem  sowohl  ein  Deckengemälde  als  die  „Fünf  Sinne"  zu  schöner 
Geltung  kommen.  Rahl,  Canon,  Schnorr  von  Carolsfeld  gelangen  mit  einigen  Studien  zu  Worte. 
Ihnen  reihen  sich  die  jüngeren  österreichischen  Künstler  in  ziemlicher  Vollständigkeit  an.  Von 
ausländischen  Meistern  ist  Max  Klinger  mit  zwei  seiner  Hauptwerke  („Christus  im  Olymp" 
und  „Urteil  des  Paris")  vertreten.  Zu  nennen  wären  noch  etwa  Böcklin  („Meeresidyll"),  Feuer- 


Abt».  860.    Arkadenhof  des  österreichischen  Museums  für  Kunst  und  Industrie. 


510 


Sammlungen  und  Bibliotheken. 


Abb.  861.     Historisches  Museum  der  Stadt  Wien. 


bach,  Stuck,  Kaikreuth,  Thoma, 
Uhde,  Kuehl,  Axel  Gallen, 
AlmaTadema(„Fredegunde") 
und  Segantini,  von  welchem 
unter  anderen  die  „Bösen 
Mütter"  und  die  Kreidezeich- 
nung zum  großen  Triptychon 
„Sein,  Werden  und  Vergehen" 
zu  sehen  sind. 

Das  Österreichische  Mu- 
seum für  Kunst  und  Industrie 
(Direktor  Hofrat  Artur  von 
Scala),  im  Jahre  1863  als  eine 
der  ersten  Anstalten  dieser 
Art  auf  dem  Kontinente  ge- 
gründet, ist  Staatsanstalt  und 
umfaßt  gegen  31.000  Gegen- 
stände der  Kunst  und  des 
Kunstgewerbes  in  folgenden 
24  Gruppen:  Geflecht,  Textil- 
kunst,  Lackarbeiten,  Email, 
Mosaik,  Glasmalerei,  Malerei,  Schrift,  Druck  und  graphische  Künste,  äußere  Buchausstattung, 
Glasgefäße,  Tongefäße  und  dekorative  Tonplastik,  Arbeiten  aus  Holz,  Arbeiten  aus  Hörn,  Bein, 
Elfenbein,  Wachs,  Arbeiten  aus  Alabaster,  Marmor  und  sonstigem  Stein,  dann  aus  Kupfer, 
Messing,  Zink  und  Zinn,  Eisenarbeiten,  Glocken  und  Uhren,  Bronzearbeiten,  Goldschmiede- 
kunst, Bijouterien,  Graveurkunst,  Ornamentenzeichnungen  für  Reliefs,  Skulptur  im  großen. 
Unter  diesen  Gruppen  finden  sich  zahlreiche  Objekte  von  ganz  hervorragender  Bedeutung 
und  Kostbarkeit.  Das  Museum  veranstaltet  wechselnde  Ausstellungen  sowie  öffentliche  Vor- 
träge.   Die    mit    dem    Institute    verbundene    und    stark    benützte    Bibliothek    besteht    aus   zwei 

Abteilungen,  der  Büchersammlung  von  zirka  29.000 
Bänden  und  der  Sammlung  von  Kunstblättern  mit 
ungefähr  58.000  Nummern.  Die  letztgenannte  Ab- 
teilung umfaßt  unter  anderen  eine  reichhaltige  Samm- 
lung von  Ornamentstichen  und  eine  eigene  Vor- 
bildersammlung. 

Im  Handelsmuseum,  welches  aus  dem  orien- 
talischen Museum  hervorging,  sind  rein  kommer- 
zielle Sammlungen  mit  solchen  kunstgewerblichen 
und  ethnographischen  Charakters  vereinigt,  welche 
wertvolle  Objekte  aus  Ostasien  und  aus  dem  moham- 
medanischen und  buddhistischen  Oriente  enthalten. 
Mit  dem  Institute  steht  eine  Exportakademie  in  Ver- 
bindung. 

Das  Technologische  Gewerbemuseum  (Präsident 
des  Kuratoriums  Sektionschef  Dr.  F.  W.  Exner),  vor- 
zugsweise zur  Förderung  der  technischen  Seite  der 
Gewerbe  bestimmt,  stellt  sich  mit  seinen  reichhalti- 
gen Kollektionen  an  die  Seite  der  größten  ähnlichen 
Institutionen  des  Auslandes.  Eine  spezielle  Abteilung 
dieses  Museums  bildet  das  „Museum  der  Ge- 
schichte der  österreichischen  Arbeit".  Das 
Institut,  welches  mit  seinen  Kursen  und  Werkstätten 
eine  der  bedeutendsten  gewerblichen  Lehranstalten  Wiens  bildet,  wird  unter  namhafter  Bei- 
steuer aus  Staatsmitteln  vom  Niederösterreichischen  Gewerbeverein  erhalten. 

Eine  kunstgeschichtlich  wichtige  Kollektion  ist  die  Archäologische  Sammlung  der  Wiener 
Universität,  welche  mit  der  archäologischen  Lehrkanzel  und  dem  archäologisch-epigraphischen 
Seminare  in  Verbindung  steht.  Sie  enthält  gegen  700  Gipsabgüsse  und  einen  reichen  Apparat 
von  Photographien  und  Wandtafeln. 


Abb.  S62.     Historisches  Museum  der  Stadt  Wien. 


Privatgalcrien. 


511 


Abb.  863.     Historisches  Museum  der  Stadt  Wien. 

Das  Historische  Museum  der  Stadt  Wien  im  neuen  Rathause  (Direktor  J.  E.  Probst), 
Eigentum  der  Stadtgemeinde  und  von  dieser  erhalten,  birgt  Denkmäler  vom  St.  Stephans-Dom, 
topographische  Objekte,  Darstellungen  bemerkenswerter  politischer  und  lokaler  Ereignisse, 
Gegenstände,  welche  sich  auf  die  städtische  Verwaltung  beziehen,  Münzen  und  Medaillen,  ein 
eigenes  Grillparzer-Zimmer,  eine  bedeutende  Waffensammlung  und  die  städtische  Gemälde- 
galerie, deren  seinerzeitige  räumliche  Vereinigung  mit  der  „Modernen  Galerie"  geplant  ist. 
Die  römischen  Funde  aus  Wien  haben  in  einem  eigenen  „Museum  Vindobonense"  gesonderte 
Aufstellung  gefunden. 

Im  Museum  für  österreichische  Volkskunde  (Direktor  Kustos  Dr.  Haberlandt)  sind  ungefähr 
13.000  Objekte  volkstümlichen  Charakters  in  folgenden  Gruppen  vereinigt:  Deutsche  in  den 
Alpenländern,  Deutsche  in  den  Sudetenländern,  Tschechoslawen,  Polen  undRuthenen,  Südslawen, 
Romanen.  Viele  der  Gegenstände  sind  durch  künstlerisches  oder  kunstgewerbliches  Interesse 
ausgezeichnet. 

Das  Heeresmuseum  im  k.  u.  k.  Arsenal  (Konservator  Dr.  John)  umfaßt  Siegestrophäen, 
Gedenkstücke  aller  Art,  dann  Waffen  und  Ausrüstungsgegenstände,  welche  die  Entwicklung 
der  k.  u.  k.  Armee  seit  Beginn  des  stehenden  Heeres  illustrieren,  darunter  viele  Gegenstände 
von  hohem  Kunst-  oder  Geschichtswerte. 

II.  PRIVATGALERIEN. 


Zu  den  Zierden  des  Wiener  Kunstbesitzes  zählen  vier  der  öffentlichen  Besichtigung  durch 
den  Gemeinsinn  ihrer  Eigentümer  zugänglich  gemachte  Privatgalerien,  jene  der  Grafen  Czernin, 
Harrach  und  Schönborn  und  die  des  regierenden  Fürsten  von  und  zu  Liechtenstein. 

Die  Czerninsche  Galerie,  über  350  Gemälde  umfassend,  birgt  eine  Anzahl  aus- 
gezeichneter Niederländer  (darunter  das  berühmte  „Atelier"  des  van  der  Neer  von  Delft), 
einige  vorzügliche  Italiener  der  älteren  Schulen,  sowie  gute  Arbeiten  neuerer  Meister.  Bei 
Harrach  —  über  400  Nummern  —  sind  am  zahlreichsten   und  auch  der  Qualität  nach  aus- 


512 


Sammlungen  und  Bibliotheken. 


gezeichnet  gleichfalls  die  niederländischen  Meister  vertreten;  daneben  behaupten  aber  auch  die 
Deutschen,  dann  die  Italiener,  Spanier  (mit  interessanten  Stücken)  und  Franzosen  einen  hohen 
Rang.  Auch  in  der  Schönbornschen  Galerie  mit  120  Nummern  sind  die  Niederländer  an 
erster  Stelle  zu  nennen  (Rubens'  „Blendung  des  Simson"),  ebenso  in  der  Liechtenstein- 
Galerie,  die  jedoch  an  Zahl  und  Bedeutung  der  Bilder  die  vorgenannten  noch  übertrifft.  Unter 
den  beiläufig   1000  Gemälden  dieser  Sammlung  finden   sich  eine  ganze  Reihe  von  Perlen  der 


Abb.  864.    Museum  für  österreichische  Volkskunde  im  Börsengebäude. 


älteren  Malerei.  Obenan  stehen  Rubens,  van  Dyck  und  Rembrandt  und  die  bedeutendsten 
übrigen  niederländischen  Meister.  Die  Italiener  sind  nicht  so  zahlreich,  aber  mit  Stücken  ersten 
Ranges  vertreten  (Tizian,  Palma  der  Ältere,  Caravaggio).  Auch  die  Altdeutschen  dieser  Gemälde- 
sammlung sind  vorzüglich. 

Unter  den  öffentlich  zugänglichen  Sammlungen  mögen  endlich  noch  das  Museum  der 
Gesellschaft  der  Musikfreunde  mit  über  100  älteren  Musikinstrumenten,  einer  Kollektion 
von  Musikermedaillen  und  einer  großen  Porträtsammlung,  dann  die  Sammlungen  der  Gesell- 
schaft für  Konservierung  derKunst-  und  historischen  Denkmale  des  Judentumes, 
schließlich  die  interessante  Sammlung  von  Münz-  und  Medaillenstempcln  des  k.  k.  Haupt- 
münzamtes Erwähnung  finden. 

Bemerkenswerte  Kirchenschätze  befinden  sich  im  St.  Stephans-Dome  und  im  Kapuziner- 
kloster (letzteres  nicht  öffentlich  zugänglich),  eine  interessante  kleine  Gemäldegalerie  im 
Schottenkloster.  In  diesem  Zusammenhange  ist  auch  des  Ordensschatzes  des  Deutschen  Ritter- 
ordens zu  gedenken,  welcher  eine  Anzahl  kostbarer  Gegenstände  birgt. 

Von  den  bedeutenderen,  öffentlich  nicht  zugänglichen  Kunstsammlungen  im  Privat- 
besitze seien  angeführt  '): 


')  Detailliertere  Angaben  über  die  Privatsammlungen  wie  auch  über  die  öffentlichen  Sammlungen  Wiens  finden  sich  in 
dem  „Handbuch  der  Kunstpflege  in  Österreich",  herausgegeben  vom  k.  k.  Ministerium  für  Kultus  und  Unterricht,  redigiert  von 
W.  Freiherrn  von  Weckbecker.  Wien  1902. 


Privatgalerien. 


513 


Brüder  Albert  und  Karl  Figdor  (Gegenstände  des  Mittelalters  und  der  Renaissance  mit 
besonderer  Betonung-  des  kulturgeschichtlichen  Momentes,  Gemälde,  Kunstblätter  und  Skulp- 
turen); Erzherzog  Franz  Ferdinand  von  Österreich-Este  (antike,  mittelalterliche  Skulp- 
turen und  Plastik  der  Renaissance,  hervorragende  Gemälde,  Miniaturhandschriften,  Stiche  und 
Handzeichnungen,  kunstgewerbliche  Gegenstände  und  eine  reiche  ethnographische  Sammlung); 
Karl  Graf  Lanckororiski  (reiche  Kollektion  von  Gemälden  alter  und  neuerer  Meister,  Skulp- 


Abb.  865.     Heeresmuseum  im  k.  u.  k.  Arsenal. 

turen,  Fächer  und  Miniaturen,  antike  Marmorwerke,  Terrakotten  und  Vasen,  ostasiatische 
Gegenstände);  Fürst  Johannes  von  und  zu  Liechtenstein  (Bronzen  und  Antiken,  Gemälde, 
namentlich  solche  von  Meistern  des  19.  Jahrhunderts);  Ludwig  Lobmeyr  (Gemälde  älterer 
Meister,  vorwiegend  jedoch  solche  des  19.  Jahrhunderts,  besonders  Alt  und  Pettenkofen); 
Alfons  Freiherr  von  Rothschild  (Gemälde,  Kunstgegenstände,  Handzeichnungen,  Minia- 
turen, Waffen,  Möbel,  vorwiegend  französische  Arbeiten  des  18.  Jahrhunderts).  Zu  erwähnen 
wären  weiters  noch  die  Viennensia-Sammlungen  von  Georg  Edel,  Dr.  August  Heymann, 
Jos.  Wünsch  (auch  eine  SpezialSammlung  von  Holzschnitten),  dann  die  Sammlungen  von 
Gustav  Benda  (Kunstgegenstände  und  Waffen),  Friedrich  Dobner  von  Dobenau  (Gemälde), 
Marie  Dumba  (Gemälde,  Plastik),  Gräfin  Hoyos-Amerling  (Gemälde,  Kunstgegenstände), 
Dr.  G.  von  Jurie  (Gemälde,  Kunstgegenstände),  Hermann  Freiherr  von  Königswarter 
(Gemälde),  Dr.  Adolf  von  Marenzeller  (alte  Gemälde),  Johann  von  Metaxa  (Wiener 
Porzellanminiaturen),  Fürst  Paul  Metternich  (Gemälde,  Kunstgegenstände),  Karl  Mayer 
(Porzellan),  Dr.  Adam  Pollitzer  (Gemälde,  Kunstblätter),  Albert  Freiherr  von  Roth- 
schild (Gemälde,  vorwiegend  Engländer,  Franzosen  und  Niederländer  des  17.  und  18.  Jahr- 
hunderts, Waffen,  Bronzen),  Gustav  Freiherr  von  Springer  (Gemälde),  Dr.  Max  Strauß 
(Gemälde,  Kunstgegenstände),  Baronin  Stummer  von  Tavarnok  (Gemälde),  Ernst  Prinz 
zu  Windischgrätz  (Münzen,  Waffen). 


Bd.  II. 


33 


514 


Sammlungen  und  Bibliotheken. 


III.  BIBLIOTHEKEN. 

Von  den  204  Bibliotheken  Wiens,  welche  das  „Adreßbuch  der  Bibliotheken"  der  Öster- 
reichisch-ungarischen Monarchie  von  Bohatta  und  Holzmann  1)  anführt,  können  hier  nur  jene 
in  Betracht  gezogen  werden,  welche  zur  Kunst-  oder  Kulturgeschichte  in  näherer  Beziehung 
stehen.  Da  ist  vor  allem  der  k.  k.  Hof bibliothek  (Direktor  Hofrat  Dr.  Karabacek)  mit  ihren 


')  Wien  1900. 


Abb.  806.    Palais  Lanckororiski,  Zentralhalle. 


Bibliotheken. 


515 


Abb.  867.     Sammlung  „Albertina" 


reichen  Schätzen  an  Miniaturhandschriften,  Inkunabcldrucken  und  Kunstblättern  aller  Art  zu 
gedenken.  Die  Miniaturhandschriften  umfassen  altchristliche  Manuskripte  (darunter  der  berühmte 
Dioskorides-Kodex),  byzantinische,  frühmittelalterliche  Handschriften,  dann  solche  der  späteren 
deutschen,  italienischen,  niederländischen  Schulen  wie  auch  orientalische  Manuskripte,  viele 
davon  mit  den  kostbarsten  Malereien  geziert;  in  der  Kupferstichsammlung,  die  zu  einem 
großen  Teil  auf  die  Kollektion  Eugens  von  Savoyen  zurückgeht,  sind  die  Italiener  des  15. 
und  16.  Jahrhunderts  besonders  gut  vertreten,  doch  auch  die  Deutschen  und  Niederländer 
sind  in  seltener  Reichhaltigkeit  vorhanden; 
die  neueren  Schulen  sind  bis  in  die  letzte 
Zeit  mit  Blättern  aller  Art  repräsentiert.  Die 
k.  u.k.  Familien-Fideikommißbiblio- 
thek  (Leiter  Kustos  Dr.  Franz  Schnürer) 
birgt  neben  einigen  kostbaren  Hand- 
schriften eine  Reihe  wertvoller  Kunstblätter 
und  zahlreiche  seltene  Illustrationswerke. 
Besondere  Erwähnung  verdient  hier  die 
reichhaltige  und  systematisch  geführte  Por- 
trätsammlung. Die  Bibliothek  der  k.  k. 
Akademie  der  bildenden  Künste 
(Direktor  S.  Laschitzer)  vereinigt  neben 
einer  sehr  bedeutenden  Bücherei  eine 
reichhaltige  Sammlung  von  graphischen 
Blättern,  eine  Handzeichnungensammlung 
mit  besonders  wertvollen  Stücken  und 
eine  Photographiensammlung.  Der  Büche- 
reien,   welche    mit    der    erzherzoglichen 

Sammlung  „Albertina"  und  mit  dem  Kunsthistorischen  Hofmuseum  verbunden  sind, 
wurde  bereits  oben  gedacht.  In  der  reichhaltigen  Bibliothek  der  Stadt  Wien  sind  vor- 
zugsweise Geschichte  und  Topographie  von  Wien,  Theater  und  Literaturgeschichte  —  rück- 
sichtlich dieser  besonders  wichtig  die  Nachlässe  von  Raimund,  Grillparzer,  Anzengruber> 
Bauernfeld  —  Städtegeschichte  und  Städteverwaltung  vertreten.  Die  Niederösterreichische 
Landesbibliothek  (Landesarchivar  Dr.  Anton  Mayer)  birgt  neben  einer  großen  Zahl  histo- 
rischer Werke  Kollektionen  von  topographischen  Ansichten  aus  Niederösterreich,  Ansichten 
von  Denksäulen  und  Marterln  und  Porträts.  Von  kunstgeschichtlicher  Wichtigkeit  ist  auch 
die  Bibliothek  der  k.  k.  Zentralkommission  für  Kunst-  und  historische  Denkmale. 
Das  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staats-Archiv  enthält  außer  den  historisch  hochbedeutsamen 
Stücken,  welche,  in  Vitrinen  zur  Besichtigung  aufgelegt,  die  Verfassungs-  und  Rechtsgeschichte 
von  der  Zeit  der  Babenberger  bis  in  die  neuere  Zeit  illustrieren,  eine  ganze  Reihe  sphra- 
gistisch  wie  sonst  kunsthistorisch  wertvoller  Stücke.  In  der  Bibliothek  der  technischen 
Hochschule  finden  sich  zahlreiche  Werke  über  Architektur,  Malerei  und  Skulptur,  ebenso 
in  der  reichhaltigen  Bibliothek  des  Österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
Vereines.  Rücksichtlich  der  Bibliothek  des  Österreichischen  Museums  für  Kunst  und 
Industrie  ist  auf  Abschnitt  „Musealgebäude"  (S.  173)  zu  verweisen.  Mit  der  Bibliothek  der 
k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  ist  eine  Kollektion  von  Pracht-  und 
Illustrationswerken  sowie  eine  reiche,  nach  Techniken  geordnete  Sammlung  von  graphischen 
und  photomechanischen  Reproduktionen  verbunden.  Die  Fideikommißbibliothek  des  regie- 
renden Fürsten  von  und  zu  Liechtenstein  ist  eine  der  umfangreichsten  Privatbüchereien 
in  Wien  und  enthält  nebst  zahlreichen  kunst-  und  kulturgeschichtlich  wichtigen  Stücken  (auch 
viele  Miniaturhandschriften  und  Inkunabeln)  die  große,  ehemals  Hauslabsche  Sammlung  von 
Kunstblättern.  Wertvolles  kunsthistorisches  Material  ist  endlich  auch'  in  der  Bibliothek  und 
dem  Apparate  des  archäologisch-epigraphischen  Seminars  der  Wiener  Universität  und 
in  jenem  der  Lehrkanzel  für  Kunstgeschichte  an  dieser  Universität  enthalten. 

Fr.  von  WeckbecJicr. 


33* 


ALPHABETISCHES  SACHVERZEICHNIS. 


Ackerbau-Ministerium  131. 

Ägydiuskirche,  IV.  Bezirk  68. 

Ärarialgebäude,XV.Bezirk(Tannen- 
und  Beingasse)  138. 

Äronautische  Anstalt,  Militär-  305. 

Akademie  der  bildenden  Künste 
190,  509. 

Akademie  der  Wissenschaften  174. 

Akademisches  Gymnasium  197. 

Albertina  508. 

Albfechts-Brunnen  492. 

Albrechts-Denkmal  476. 

Albrechts-Kaserne  299. 

Allgemeine  Depositenbank  358. 

Allgemeine  österreichische  Boden- 
kreditanstalt 357. 

Allgemeine  Poliklinik  242. 

Allgemeine  Verkehrsbank  356. 

Allgemeines  Krankenhaus  226. 

Allgemeines  Krankenhaus,  Neues 
227. 

Allgemeines  österreichisches  israe- 
litisches Taubstummeninstitut 
261. 

Alt- Wiener  Hausbrunnen,  VII.  Bez. 
(Westbahnstraße  8)  494. 

Ambulatorium,  Kaiser  Franz  Josef- 
243. 

Amtsgebäude  d.  Normal-Eichungs- 
kommission 147. 

Amtshaus  X.  Bezirk  164. 

—  XVI.  Bezirk  165. 

—  XVIII.  Bezirk  166. 

—  XX.  Bezirk  166. 
Anatomisches  Institut  179. 
Andromeda-Brunnen  494. 
Angerer-Haus  424. 
Anglo-österreichische  Bank  356. 
Annahof  447. 

Annakirche,  I.  Bezirk  55. 

Annen-Kinderspital  247. 

Anstalt  zur  Beschäftigung  und  Ver- 
sorgung erwachsener  Blinder 
260. 

Antiqua  domus,  I.  Bezirk  (Sonnen- 
felsgasse  23)  176. 

Antoniuskirche  82. 

Anzengruber-Denkmal  480. 

Apollo-Variete  341. 

Arbeiterheim  322. 

Arbeiter-Unfallversicherungs- 
anstalt, s.  Niederösterreich  455. 

Archäologische  Sammlung  der 
Wiener  Universität  510 

Arsenal  305. 


Arsenal,  Heeresmuseum  511. 
Artilleriearsenal  305. 
Artilleriekaserne  299. 
Asyl  für  Obdachlose  271. 
Asyl-    und    Werkhaus    der    Stadt 

Wien  270. 
Athletiksportklub  349. 
Auersperg-Palais  382. 
Augarten-Palais  119. 
Augustinerkirche  41. 
Austria-Brunnen   auf    der  Freiung 

487. 
XVI.  Bezirk  491. 

Bankverein,  Wiener  358. 

Bassins  mit  Brunnengruppen  zwi- 
schen den  beiden  Hofmuseen 
491. 

Beatrixbad  280. 

Beethoven-Denkmal  473. 

Befreiung  der  Quelle  491. 

Belvedere  114. 

Bibliotheken  514. 

Bicycle-Klub,  Wiener  349. 

Blindenanstalt  260. 

—  Purkersdorf  261. 
Blinden-Erziehungsinstitut  260. 
Bodenkreditanstalt,  Allgemeine 

österreichische  357. 
Börse  351. 

—  für  landwirtschaftliche  Produkte 
353. 

Bogner-Haus  422. 

Brandschaden-Versicherungs- 
anstalt 420. 

Brauhaus-Restauration  Simmering 
448. 

Breitenfelder  Kirche  82. 

Breuner-Enkevoirth-Palais  387. 

Brevillier  &  Co.  und  A.  Urban 
&  Söhne,    Arbeiterhäuser    456. 

Bristol-Hotel  444. 

Bruckner-Denkmal  473. 

Brunnen,  I.Bezirk  (Bräunerstraße  3) 
494. 

—  —  (Bräunerstraße  5)  495. 
(Wollzeile  12)  494. 

—  VII.  Bezirk  (Westbahnstraße  8) 
494. 

—  am  Graben  486. 

—  auf  dem  Hohen  Markt  482. 
Neuen  Markt  482. 

—  der  hl.  Margareta  486. 

—  im  akademischen  Gymnasium 
495. 


Brunne«  im  alten  Landhause  494. 

—  —  Annahof  495. 

—  —  Bankgebäude  494. 

—  — ehemaligen  Palais  des  Prinzen 
Eugen  494. 

—  —  erzbischöflichen  Palais  494. 

—  —  Lobkowitzschen   Palais  494. 

—  —  Universitätshof  495. 

—  in  der  Alserstraße  486. 

—  zwischen   den  Hofmuseen  491. 
Bürger-Theater  337. 
Bürgerversorgungshaus  265. 
Burgtheater  328. 
Busch-Zirkus  342. 

Canisiuskirche,  IX.  Bezirk  85. 
Carl-Theater  330. 
Casa  piccola  420. 
Charite,  IX.  Bezirk  246. 
Chemisches  Institut   an  der  Wäh- 

ringerstraße  179. 
Christinen-Denkmal  499. 
Cobenzl-Hotel  446. 
Colosseum  340. 
Cottage-Eislaufverein  348. 

Damenstift,  Savoyisches  391. 

Depositenbank,  Allgemeine  358. 

Deutsche  Botschaft,  Palais  395. 

Deutsche  Ritterordens-Kirche  44. 

Deutsches  Volkstheater  332. 

Deutschmeister-Denkmal  480. 

Dianabad,  II.  Bezirk  279. 

Diakonissen-Krankenhaus,  Evan- 
gelisches 246. 

»Die  Befreiung  der  Quelle«  491. 

Diphtherieheilserum,  Institut  zur 
Gewinnung  von  237. 

Dominikanerkirche  zu  Sta.  Maria 
Rotunda  55. 

Donaukanalbäder  274. 

Donaustrombad,  Städtisches  273. 

Donauweibchen-Brunnen  489. 

Dreifaltigkeits-  oder  Pestsäule  am 
Graben  467. 

Effekten-  und  Warenbörse  351. 
Eislauf-Verein  347. 

—  Cottage-  348. 

Elektrotechnisches  Institut  der  tech- 
nischen Hochschule  186. 

Elisabeth-Denkmal  480. 
Elisabeth-Kirche  44,  63,  85. 
Elisabeth-Spital  231,  240. 
Elisabeth-Staatsgymnasium  198. 


518 


Alphabetisches  Sachverzeichnis. 


Engel-Brunnen  491. 
Epidemiespital,  II.  Bezirk  (Engerth- 
straße)  238. 

—  X.  Bezirk  (Triesterstraße)  238. 

—  XII.  Bezirk  238. 

—  XVII.  Bezirk  238. 

Erste  gemeinnützige  Baugesellschaft 

für  Arbeiterwohnungen  455. 
Erzbischöfliches  Palais  376. 
Erzherzog  Albrecht-Denkmal    476. 

—  Albrecht-Infanteriekaserne   299. 

—  Franz  Ferdinand-Palais  373. 

—  Friedrich-Palais  375. 

—  Karl-Denkmal  472. 

—  Karl  Ludwig-Palais  375. 

—  Ludwig  Viktor-Palais  371. 

—  Leopold  Salvator-Palais  375. 

—  Rainer-Palais  374. 

—  Wilhelm-Artillerikaserne  299. 
Escomptegesellschaft,  Niederöster- 
reichische 356. 

Esders  Stephan,  Geschäfthaus  365. 
Eszterhazy,  Majoratshaus  382. 

—  Sommerpalais  382. 

Eugen  von  Savoyen-Denkmal  472. 
Evangelische  Kirche  A.  C.  VI.  Bezirk 
(Gumpendorferstraße)  86. 

—  —  am  Matzleinsdorfer  Fried- 
hof 87. 

XVIII.  Bezirk  (Martinstraße) 

87. 

—  Stadtkirche  A.  C.  (Dorotheer- 
gasse)  86. 

H.  C.  (Dorotheergasse)    86. 

Evangelisches  Diakonissenkranken- 
haus, XVIII.  Bezirk  246. 
Exerzierplatz  auf  der  Schmelz  305. 

Feuerwehr  282. 
Filial-Invalidenhaus  313. 
Finanzgebäude,  III.  Bezirk  (Vordere 

Zollamtsstraße  5  u.  7)  137. 
Finanz-Landesdirektionsgebäude 

137. 
Finanz-Ministerium  129. 
Findelhaus  259. 
Fleischmarkt  17. 
Florian-Kirche  66. 
Franziskanerkirche,  I.  Bezirk  53. 
Freibad  274. 

Gänsemädchen-Brunnen  490. 
Garnisonsspital  Nr.  1  311. 

—  Nr.  2  313. 

Gartenbau-Gesellschaft  345. 
Gasthaus     »Zur    güldenen    Wald- 
schnepfe« 450. 

Gebär-  und  Findelanstalt  259. 
Gebäude     der    Gartenbau-Gesell- 
schaft 345. 

—  der  Sezession  319 

—  der  ungarischen  Garde  119. 

—  des  Österreichischen  Ingenieur- 
und  Architekten-Vereines  und 
des  Niederösterreichischen  Ge- 
werbe-Vereines 318. 

—  des  Technischen  Militärkomitees 
291. 

—  für  Vergnügungen  und  Sport 
325. 

Gemeinsamer  Oberster  Rechnungs- 
hof 124. 


Generaldirektion     der    Tabakregie 

148. 
Genius  Bornii  495. 
Genossenschafts-Krankenkassen, 

Verbandshaus  323. 
Geographisches    Institut,     Militär- 

292. 
Geologische  Reichsanstalt  183. 
Georgsbad,  IX.  Bezirk  282. 
Georgs-Brunnen  495. 
Gerngroß,  Warenhaus  368. 
Gersthofer  Kirche  80. 
Geschäftshaus  Esders  Stephan  365. 

—  Herzmansky  A.  366. 

—  Zwieback  366. 
Gesellschaft    der  Ärzte,   Haus  der 

319. 

Gesellschaft  vom  Roten  Kreuze  287. 

Gewerbe-Museum,    Technologi- 
sches 510. 

Gewerbevereinsgebäude  318. 

Giro-undKassenverein,  Wiener359. 

Glashüttenhof  368. 

Goethe-Denkmal  476. 

Grabdenkmal  Nikolaus  Dumba  500. 

—  der  Familie  Engelhardt  500. 

—  Ghegas  500. 

—  Hansens  500. 

—  Th.  v.  Hoermanns  501. 

—  Betty  v.  Passys  501. 

—  Radingers  501. 

—  Friedrich  Schmidts  501. 

—  Johann  Strauß'  501. 

—  Dr.  Strauß'  501. 

—  Hugo  Wolfs  501. 
Grand-Hotel  443. 

Graphische  Lehr-  und  Versuchs- 
anstalt 212. 

Grillparzer-Denkmal  473. 

Großbritannische  Botschaft,  Palais 
395. 

Grün,  Anastasius,  Denkmal  475. 

Gumpendorfer  Kirche  68. 

Gutenberg-Denkmal  477. 

Gymnasium  der  Benediktiner  zu 
den  Schotten  198. 

Haas  &  Söhne,  Warenhaus  364. 

Habsburg-Lothringischer   Haus- 
schatz 508. 

Häuschen  der  Lawn-Tennis-Gesell- 
schaft  349. 

Häusergruppe  Reichsratsstraße  425. 

Hagenbund,  Ausstellungshaus  463. 

Handels-Akademie  197. 

Handels-Ministerium  131. 

Handels-Museum  510. 

Harrachsches  Majoratspalais  391. 

Hauptmünzamt  151. 

Hauptzollamt  138. 

Haus  der  Barmherzigkeit  243. 

—  —  k.  k.  Gesellschaft  der  Ärzte 
zu  Wien  319. 

—  —  Wiener  Kaufmannschaft  320. 

—  des  Wiener  Kaufmännischen 
Vereines  320. 

Haushof  Fleischmarkt  17  403. 
Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  121. 
Haus  zur  Weltkugel  421. 
Heeresmuseum  im  k.  u.  k.  Arsenal 

511. 
Heilanstalt  Alland  246. 


Heiligenkreuzer-Hof  403. 

Heim  für  obdachlose  Familien  272. 

Heinrichs-Hof  423. 

Herrenhutterhaus  420. 

Herz  Jesu-Kirche,  Kaisermühlen  81. 

Herzmansky,  Warenhaus  366. 

Hetzendorfer  Schloß  119. 

Hietzinger  Hof  446. 

Historisches  Museum  der  Stadt 
Wien  511. 

Hochschule  für  Bodenkultur    187. 

Hochstetter-Villa  439. 

Hochstrahl-Brunnen  490. 

Hoch-  und  Deutschmeisters,  Palais 
des  373. 

Hofbrauhaus  Nußdorf,  Bedienste- 
ten-Haus 454,  458. 

Hofburg,  alter  Teil  97.   — 

—  neuer  Teil  110. 
Hofburgkapelle  39. 
Hof-Burgtheater  328. 
Hofmuseen  169. 
Hofmuseum,  Kunsthistorisches  503. 

—  Naturhistorisches  508. 
Hof-Operntheater  326. 
Hofstall-Gebäude  120. 

Hof-     und    Staatsbeamten,     Rad- 
fahrklub der  349. 
Hof-  und  Staatsdruckerei  152. 
Holzersches  Strombad  280. 
Hotel  Bristol  444. 

—  Cobenzl  446. 

—  Hietzinger-Hof  446. 

—  Imperial  444. 

—  Kahlenberg  447. 

—  Kranz  444. 

—  österreichischer  Hof  445. 

—  Matschaker-Hof  445. 

—  Meißl  &  Schadn  445. 

—  Metropole  443. 

—  Post  446. 

—  Sacher  445. 
Hydrometrische   Prüfungsanstalt 

146. 
Hygieia-Brunnen  486. 

Impf  stoff  gewinnungsanstalt,  VIII. 
Bezirk  237. 

Infanterie-Kadettenschule,  XIII.  Be- 
zirk 309. 

Infanteriekaserne  am  Rennweg  296. 

Institut  zur  Gewinnung  von  Diph- 
therieheilserum 237. 

Invalidenhaus  auf  der  Landstraße 
313. 

Irrenanstalt,  Niederösterreichische 
Landes-  255. 

Irrenanstalten  258 

Israelitisches  Blindeninstitut  261. 

—  Taubstummeninstitut,    Allge- 
meines österreichisches  261. 

Jagdschloß   im  Lainzer  Tiergarten 

118. 
Johann  von  Nepomuk-Kapelle  66. 
Johann  vqnNepomuk-Kirche66,75. 
Josefs-Akädemie  312. 
Josefs-Kinderspital  248. 
Josefs-Kirche  61. 
Jubiläumstheater  335. 
Justiz-Ministerium  128. 
Justiz-Palast  140. 


Alphabetisches  Sachverzeichnis. 


519 


Kärntner-Durchgang  423. 
Kärntner-Hof  424. 
Kärntnerstraße  5    421. 
Kahlenberg-Hotel  447. 
Kaiser  Ferdinands-Nordbahn, 

Arbeiterhäuser  456. 
Kaiser  Franz  I. -Denkmal  471. 
Kaiser  Franz  Josef-Ambulatorium 

243. 
Kaiser  Franz  Josef  I.-Denkmal  478. 
Kaiser  Franz  Josef-Jubiläumskirche, 

II.  Bezirk  80. 
Kaiser   Franz    Josef    I.-Jubiläums- 

stiftung    für    Volkswohnungen 

und      VVohlfahrtseinrichtungen 

452,  456. 
Kaiser  Franzjosef-Kavalleriekaserne 

300. 
KaiserFranzJosef-Landwehrkaserne 

313. 
Kaiser   Franz   Josef-Rekonvale- 
szentenheim fürarmeFrauen  246. 
Kaiser  Franz  Josef-Spital  233. 
Kaiser  Friedrich  Ill.-Sarkophag  498. 
Kaiser  Josef-Reiterstandbild  470. 
Kaiser- Jubiläums-Stadttheater  335. 
Kaiserin  Elisabeth-Denkmal  480. 
Kaiserin    Elisabeth-Kinderspital   in 

Bad  Hall  252. 
Kaiserin  Elisabeth-Spital  231. 
Kaiserin   Maria  Theresia-Denkmal 

473. 
Kaiserin  Maria  Theresia  und  Kaiser 

Franz,  Sarkophag  der  498. 
Kalvarienberg  in  Hernais  56. 
Kapelle    der    hl.    Brigitta    in    der 

Brigittenau  57. 
Kapuzinerkirche,  I.  Bezirk  53. 
Karl  Ludwig-Staatsgymnasium  199. 
Karlskirche,  IV.  Bezirk  63. 
Karmeliterkirche   zur  hl.  Theresia, 

II.  Bezirk  (Sperlgasse)  54. 

—  XIX.  Bezirk  79. 
Karolinen-Kinderspital  250. 
Kaserne   des  Landwehr-Infanterie- 
regimentes Nr.  24   314. 

Kaufmännischen  Verein,  Haus  des 
Wiener  320. 

Kaufmannschaft,  Haus  der  Wiener 
320. 

Kavalleriekaserne  300. 

Kinderasyle  263. 

Kinderpark  III.  Bez.,  Trinkhalle  346. 

Kinderspital  Bad  Hall  252. 

Kirche  des  Konvents  der  Barm- 
herzigen Brüder,  II.  Bezirk   54. 

—  St.  Barbara  >der  unierten  Grie- 
chen, I.  Bezirk  96. 

—  St.  Georg  der  nichtunierten 
Griechen  (türkischeUntertanen), 
I.  Bezirk  96. 

—  in  Breitensee^82. 

—  zu  den  neun  Chören  der  Engel 
Am  Hof  44,  59. 

—  zum  hl.  Kreuz,  III.  Bezirk  (Renn- 
weg) 67. 

VII.  Bezirk  (Stifts- 
kaserne) 66. 

—  zur  hl.  Dreifaltigkeit  der  nicht- 
unierten Griechen,  I.  Bezirk  95. 

Klosterspital  zum  hl.  Franz  von 
Assisi,  V.  Bezirk  242. 


Komitee  zur  Begründung  derErsten 
gemeinnützigen  Baugesellschaft 
für  Arbeiterwohnungen  455. 

Kommunal-Epidemiespital,  II.  Be- 
zirk (Engerthstraße)  238. 

X.  Bezirk  (Triesterstraße)  238. 

im  XII.  Bezirk  238. 

XVII.  Bezirk  (Gilmgasse  18) 

238. 

Konsular-Akademie  193. 

Korpskommando-Gebäude  291. 

Krankenanstalt  Rudolf-Stiftung  230. 

Krankenhaus,  Allgemeines  226. 

(Neues)  227. 

—  der  Barmherzigen  Brüder,  II.  Be- 
zirk 239. 

—  —  —  Schwestern  240. 

—  —  Wiener  Kaufmannschaft  253. 

—  Erzherzogin  Sophien-Spital- 
stiftung 233. 

—  Wieden  229. 

Kranner  A.,  Warenhaus  365. 
Kreditanstalt,  österreichische   356. 
Kriegsschule  309. 

Kronprinz  Rudolf-Kinderspital  249. 
Kronprinzessin    Stephanie-Spital 

232. 
Künstlerhaus  317. 
Kunstgewerbeschule  172. 
Kunsthistorisches  Hofmuseum  503. 
Kursalon  im  Stadtpark  345. 

Länderbank,    österreichische   360. 

Lanckoronski-Palais  396. 

Landau-Palais  401. 

Landes-Blindenanstalt  in  Purkers- 
dorf  261. 

Landes-Gebär-  und  Findelanstalt, 
Niederösterreichische,  IX.  Bezirk 
259. 

Landesgericht  142. 

Landes-Heil-  und  Pflegeanstalten 
in  Wien,  Neue  255. 

Landes-Irrenanstalt,  Niederöster- 
reichische 255. 

Landesverteidigungs-Ministerium 
313. 

Landhaus  157. 

Landwehr-Ausrüstunghauptdepot 
314. 

Landwehr-Kadettenschule  316. 

Landwehrkaserne  des  Regimentes 
Nr.  24   314. 

Landwehrkaserne,  Kaiser  Franz 
Josef-  313. 

Landwehr-Oberkommando  313. 

Landwirtschaftlich-bakteriologische 
und  Pflanzenschutzstation  145. 

Landwirtschaftlich-chemische  Ver- 
suchsstation 146. 

Lanner-Strauß-Denkmal  480. 

Laurenzergebäude,  I.  Bezirk  138. 

Laurenzerkirche  67,  68. 

Lawn-Tennis-Gesellschaft,  Häus- 
chen der  349. 

Lazaristenkirche,  VII.  Bezirk  77. 

Lehrerbildungsanstalt  197. 

Lehrerinnenbildungsanstalt  196. 

Lenau-Denkmal  475. 

Leopolds-Kirche  60,  80. 

Leopoldstädter  Kinderspital  249. 

Liebenberg-Denkmal  475. 


Liechtenstein,  Majoratshaus  378. 
Liechtenstein-Palais  381,  382. 
Liechtenstein-Sommerpalais  380. 
Linienkapellen  67. 
Logierhäuser  458. 
Lustschloß  Schönbrunn  116. 
Lustspieltheater  im  Prater  332. 
Lyssa-Institut  237. 

Mädchengymnasium  203. 
Mädchen-Lyzeum  des  Schulvereines 
für  Beamtentöchter  203. 

—  —  »Wiener  Frauenerwerb- 
vereines«,  VI.  Bezirk  203. 

—  Luithlen,  I.  Bezirk  203. 

—  Dr.  Eugenie  Schwarzwald,  I.  Bez. 
203. 

—  V.  Bezirk  203. 
Mädchenpensionat  194. 
Mädchen-Rekonvaleszentenheim 

»Faniteum«  251. 

Magdalenenstraße  40   422. 

Majoratshaus  Fürst  Eszterhazy  382. 

Majoratspalais,    Harrachsches  391. 

Makart-Denkmal  472. 

Marc  Anton-Gruppe  481. 

Margareten-Kirche,    V.    Bezirk  68. 

Maria  am  Gestade  43. 

Mariahilfer  Kirche,    VI.  Bezirk  60. 

Maria  Theresia-Denkmal  473. 

Maria  Theresia- Frauen  -  Hospital 
243. 

Mariazeller-Hof,  I.  Bezirk  140,  496. 

Mariensäule  Am  Hof  467. 

Matschakerhof  445. 

Mattoni-Hof  421. 

Maximilians-Gymnasium  199. 

Medikamentendirektion, Militär-309. 

Meißl  &  Schadn,  Hotel  445. 

Meteorologie  undErdmagnetismus, 
Zentralanstalt  für  182. 

Michaeierkirche  39. 

Milchtrinkhalle,  III.  Bezirk,  Kinder- 
park 346. 

Militär-äronautische  Anstalt  305. 

Militär-geographisches  Institut  292. 

Militärkomitee,  Technisches  291. 

Militär-Medikamentendirektion  309. 

Militär-Reitlehrer-Institut  310. 

Militär-Schießstätte  305. 

Militär-Schwimmanstalt  311. 

Militär-Tierarznei-Institut  und  tier- 
ärztliche Hochschule  310. 

Militär-Verpflegsetablissement  308. 

Ministerium  des  Äußern  121. 

—  —  Innern  127. 

—  für  Kultus  und  Unterricht  131. 

—  —  Landesverteidigung  313. 
Ministerratspräsidium  126. 
Minoritenkirche,  I.  Bezirk  40. 
Moderne  Galerie  509. 
Monturdepot,  XI.  Bezirk  308. 
Moses-Brunnen  485. 
Mozart-Brunnen  492. 
Mozart-Denkmal  476. 

Museum  der  Stadt  Wien,  Histori- 
sches 511. 

—  für  Kunst  und  Industrie,  Öster- 
reichisches 510. 

—  —  österreichische  Volkskunde 
511. 

Musikvereinsgebäude  343. 


520 


Alphabetisches  Sachverzeichnis. 


Nationalbank,  Priv.  österreichische 

355. 
Naturhistorisches  Hofmuseum  508. 
Neptuns-Brunnen  482. 
Neuer  Markt  1    419. 
Neugebäude  im  XI.  Bezirk  308. 
Neumann,  Warenhaus  367. 
Niederösterreichische  Escompte- 

Gesellschaft  356. 

—  Statthaltern  155. 

—  Landhaus  157. 
Null,  van  der  497. 
Nuntiatur-Palais  392. 

Oberlandesgericht  141. 
Oberster  Rechnungshof  124. 
Österreichische    Gesellschaft    vom 

Roten  Kreuze  287. 
Österreichischer  Hof  445. 
österreichischer     Ingenieur-     und 

Architekten-Verein,  Vereinshaus 

318. 
Österreichische  Kreditanstalt  356. 
Österreichische  Länderbank  360. 
Österreichisches  Museum  für  Kunst 

und  Industrie  510. 
Österreichisches  Museum  für  Kunst 

und  Industrie  und  Kunstgevverbe- 

schule  172. 
Österreichische        Nordvvestbahn- 

häuser  für  Bedienstete  456. 
Offiziers-Spitalsgebäude  312. 
Offizierstöchter  -  Erziehungsinstitut 

in  Hernais  195. 
Opernhausbrunnen  490. 
Operntheater  326. 
Orpheum  338. 
Othmarkirche  77. 
Ottakringerbräu  447. 

Palais  Auersperg,  Fürst  382. 

—  Batthyanyi-Strattmann,     Fürst 
383. 

—  Böhler  Friedrich  401. 

—  Bourgoing,    Othon   Baron  402. 

—  Bratmann  Josef  398. 

—  Breuner-Enkevoirth,    Graf  387. 

—  Chotek,  Graf  Otto  394. 

—  Clam-Gallas,  Graf  394. 

—  Clary,  Fürst  388. 

—  Deutsche  Botschaft  395. 

—  Ernst  396. 

—  Erzbischöfliches  376. 

—  Erzherzog  Franz  Ferdinand  373. 

—  —  Friedrich  375. 
Karl  Ludwig  375. 

—  —  Leopold  Salvator  375. 

Ludwig  Viktor  371. 

Rainer  374. 

—  Fürstenberg,  Landgraf  389. 

—  Geymüller,  Baron  389. 

—  Großbritannische  Botschaft  395. 

—  Haas,     Philipp     Freiherr     von 
(ehemals  Pranter)  396. 

—  Hardegg,  Graf  393. 

—  des  Hoch-  und  Deutschmeisters 
373. 

—  Hoyos,  Gräfin  Marie  397. 

—  Isbary,  Rudolf  Freiherr  von  401. 

—  Kinsky,  Fürst  385. 

—  Koburg,  Herzog  von  394. 


Palais  Dr.  Kranz  398. 

—  Lanckoronski,  Graf  396. 

—  Landau,  Dr.  Max  401. 

—  Larisch-Mönnich,  Graf  394. 

—  Liechtenstein,  Fürst  381,  382. 

—  Lobkowitz,  Fürst  376. 

—  Lützow,  Graf  402. 

—  Metternich,  Fürst  393,  402. 

—  Miller  von  Aichholz,  Eugen  398- 

—  Modena,  Herzog  von  373. 

—  der  Nuntiatur  392. 

—  Paar,  Fürst  389. 

—  Pallavicini,  Markgraf  392. 

—  Probst  Karl  401. 

—  Redlich  Theodor  401,  402. 

—  Rothschild,  Albert  Freiherr  von 
399. 

Alfons  Freiherr  von  399. 

—  Russische  Botschaft  396. 

—  Savoyen-Carignan,  Herzogin 
391. 

—  Schenk,  Adolf  Ritter  von  399. 

—  Schönborn,  Graf  384. 

—  Schönburg,  Fürst  390. 

—  Schwarzenberg,  Fürst  377. 

—  Seybel  400. 

—  Sina,  Freiherr  Simon  394. 

—  Sternberg,  Philipp  Graf  393. 

—  Vrints,  Graf  402. 

—  Wahliss  Ernst  401. 

—  Wessely,  Ritter  von  400. 

—  Wimpffen,  Graf  394. 

—  Windischgrätz,  Fürst  392. 

—  Wittgenstein  K.  (ehem.  Pranter) 
396. 

—  Württemberg,  Herzog  Philipp 
von  394. 

Pallas  Athene-Brunnengruppe  491. 

Parlamentsgebäude  131. 

Passy,  Betty  von,  Grabdenkmal 501. 

Paulanerkirche  zu  den  hl.  Schutz- 
engeln, IV.  Bezirk  54. 

Pension  Ottakringerbräu  447. 

Pestsäule  am  Graben  467. 

Peterskirche,  I.  Bezirk  62. 

Peter-  und  Paulskirche,  III.  Bezirk 
62. 

Pfarrkirche  in  der  Brigittenau  78. 

—  —  Favoriten  85. 

—  —  Floridsdorf  85. 

Fünfhaus  78. 

Hütteldorf  79. 

—  —  Inzersdorf  68. 
Rudolfsheim  80. 

—  zu  den  sieben  Zufluchten,  Alt- 
lerchenfeld 75. 

—  —  —  vierzehn  Nothelfern,  IX. 
Bezirk  63. 

—  zur  hl.  Familie,  XVI.  Bezirk  81. 
Pferde-Wettrennplatz      Freudenau 

346. 

Physiologisches  Institut  180. 

Piaristen-Ordenskirche  zu  Maria 
Treu,  VIII.  Bezirk  62. 

Poliklinik,  Allgemeine  242. 

Polizeidirektion  142. 

Polizeigebäude  IX.  Bezirk  (Elisa- 
bethpromenade) 143. 

Polizeigebäude  Prater  145. 

Postsparkassenamt  (neues  Ge- 
bäude) 139. 

Pranter-Palais  396. 


Priester-Kranken-  und  Defizienten- 

institut  253. 
Prinz    Eugen    von   Savoyen-Denk- 

mal  472. 
Private  gymnasiale  Mädchenschule 

I.  Bezirk  203. 

—  Logierhäuser  458. 
Privatgalerien  511. 
Privatkrankeninstitut      für     Hand- 

lungskommis      (Konfraternität) 
252. 
Privilegierte  österreichische  Natio- 
nalbank 355. 

Radetzky-Denkmal  475. 
Radetzky-Infanteriekaserne  298. 
Radfahrklub  der  Hof-  und  Staats- 
beamten 349. 
Raimund-Denkmal  476. 
Raimund-Theater  334. 
Rathaus,  Altes  158. 

—  Neues  160. 

—  in  Floridsdorf  167. 
Rebekka-Brunnen  494. 
Redemptoristenkirchein  Hernais  79. 
Regensburgerhof  367. 
Reichs-Finanzministerium  123. 
Reichs-Kriegsministerium  289. 
Reichsratsstraße,  Häusergruppe  425. 
Reiterstandbild  Kaiser  Josef  II.  470. 
Reitschulen  347. 

Rekonvaleszentenhaus    der   Barm- 
herzigen Brüder  240. 

Rekonvaleszentenheini    für  Frauen 

246. 
Rekonvaleszentenheime    in  König- 

stetten  und  in  Zeilern  bei  Am- 

stetten  253. 
Rekonvaleszentenheini     in     Weid- 

lingau  252. 
Rennplatz     des     Trabrennvereines 

347. 

—  Freudenau  346. 
Renz-Zirkus  341. 
Residenzhof  319. 
Ressel-Denkmal  472. 
Rochusspital  232. 

Rochus-  und  Sebastian-Kirche  57. 
Römisches  Bad,  II.  Bezirk  280. 
Ronacher  340. 
Roßauer  Kaserne  296. 
Rothberger  J.,  Warenhaus  365. 
Rotunde  459. 
Rudolfiner-Haus  244. 
Ruprechtskirche  38. 
Russische  Botschaft,  Palais  396. 

—  Kirche,    III.     Bezirk    (Richard- 
gasse 2)  95. 

Sacher-Hotel  445. 
Salesianerinnenkirche,  III.  Bezirk65. 
Salm,    Nikolaus    Graf,    Sarkophag 

498. 
Salvatorkapelle  40. 
Sammlung  >Albertina«  508. 
Sanatorium    des   Dr.    Julius  Fürth 

254. 

—  —  —  Anton  Loew  253. 
Th.  Rob.  Offer  254. 

—  für  Nervenkranke  255. 

St.  Ägydius-Kirche  in  Gumpendorf. 
VI.  Bezirk  68. 


Alphabetisches  Sachverzeichnis. 


521 


St.  Anna-Kirche,  I.  Bezirk  55. 

St.  Annen-Kinderspital  247. 

St.  Anton-Kirche,  X.  Bezirk  82. 

St.  Elisabeth-Kirche  des  Deutschen 
Ritterordens  44. 

St.  Elisabeth-Kirche,  III.  Bezirk  63. 

St.  Elisabeth-Spital  240. 

St.  Florian-Kirche,  V.  Bezirk  66. 

St.  Franziskus-Kirche  in  Breiten- 
feld 82. 

St.  Gertrud-Kirche  in  Währing, 
XVIII.  Bezirk  67. 

St.  Johann-Kirche  in  der  Kärntner- 
straße 45. 

St.  Johann  von  Nepomuk-Kapelle, 

II.  Bezirk  66. 

—  —  —  Nepomuk-Kirche,  II.  Be- 
zirk 75. 

— —  im  Invalidenhaus,   III. 

Bezirk  66. 

St.  Josef-Kinderspital  248. 

St.  Josef-Kirche,  V.  Bezirk  68. 

VI.  Bezirk  61. 

St.  Laurenz-Kirche,  VII.  Bezirk  68. 

in  Simmering  67. 

St.  Leopold-Kirche,  II.  Bezirk  60. 

in  Gersthof  80. 

St.  Michael-Kirche  39. 

St.  Othmar-Kirche,    III.  Bezirk  77. 

St.  Peter  und  Paul-Kirche,  III.  Be- 
zirk 62. 

St.  Rochus-Spital,  XIII.  Bezirk  232. 

St.  Rochus   und  Sebastian-Kirche, 

III.  Bezirk  57. 

St.  Ruprecht-Kirche  38. 

St.  Stephan-Kirche  26. 

St.  Thekla-Kirche,  IV.  Bezirk  67. 

St.  Ulrich-Kirche,  VII.  Bezirk  59. 

St.  Ursula-Kirche,  I.  Bezirk  60. 

Sanitätsstationen  287. 

Sarkophag  der  Kaiserin  Maria 
Theresia  und  Franz  von  Loth- 
ringen 498. 

—  Kaiser  Friedrich  III.  498. 
Savoyisches  Damenstift  391. 
Schein,  Teppichhaus  365. 
Schenk-Palais  399. 
Schiller-Denkmal  473. 
Schindler-Denkmal  472. 
Schmidt-Denkmal  476. 
Schmidt  Friedr.  497. 
Schöne  Brunnen  483. 
Schottenkirche    zu    unserer  lieben 

Frau,  I.  Bezirk  56. 
Schrauben-    und    Schmiedewaren- 

fabriks-Aktiengesellsch.  Florids- 

dorf,  Arbeiterhäuser  456. 
Schubert-Denkmal  472. 
Schule  II.  Bezirk  (Schüttaustraße42) 

219. 

—  IL  Bezirk  (Witteisbachstraße  6) 
221. 

—  V.  Bezirk  (Bachergasse  14, 
Castelligasse  21)  221. 

—  V.  Bezirk  (Einsiedlergasse  1, 
Diehlgasse  2)  221. 

—  V.  Bezirk  (Fockygasse  20,  Mal- 
fattigasse  1,  Herthergasse  28, 
Steinbauergasse  27)  221. 

—  X.ßezirk(Antonsplatzll/12)221. 

—  X.  Bezirk  (Laimäckergasse  17, 
Schrankenberggasse  32)  222. 


Schule  XI.  Bezirk  (Münnichplatz  6) 
222. 

—  XIII.  Bezirk  (Goldschlagstraße, 
Reinigasse  19,  Gurkgasse  32) 
217. 

-  XIII.  Bezirk    (Linzerstraße    419) 
216. 

—  XIV.  Bezirk  (Kauergasse  35) 
218. 

—  XVI.  Bezirk  (Wilhelminenstr.  96, 
Roterdstraße  1)  219. 

—  XVIII.  Bezirk  (Schopenhauer- 
straße 79)  217. 

Schutzengel-Brunnen  488. 

Schwarzenberg-Denkmal  472. 

Schwarzspanierkirche,  IX.  Bezirk  61. 

Schwindgasse  4,  IV.  Bezirk  421. 

Seehospize  und  Asyle  252. 

Serbische  (griechisch-orthodoxe) 
Kirche  St.  Sava,  III.  Bezirk  95. 

Servitenkirche  zu  Maria  Verkündi- 
gung, IX.  Bezirk  58. 

Sezessionsgebäude  319. 

Siccardsburg  498. 

Siebenbrunnen  493. 

Siemens  &  Halske,  Kabelfabrik, 
Arbeiterhäuser  456. 

SimmeringerBrauhaus-Restauration 
448. 

Sommerheilstation  in  Kierling,  »Dia- 
konissenheim« 246. 

Sophiensaal  345. 

Sophien-Staatsgymnasium  198. 

Spinnerin  am  Kreuz  467. 

Spital  der  israelitischen  Kultus- 
gemeinde 241. 

—  des  Vereines  zur  Pflege  kranker 
Studierender  253. 

Staatsbahnen,    Häuser    für    Ange- 
stellte 453. 
Staatsgewerbeschule   I.  Bezirk  211. 

—  X.  Bezirk  211. 
Staatsgymnasium     III.  Bezirk  (So- 

phienbrückengasse  22)  198. 

—  VIII.  Bezirk  199. 

—  XIII.  Bezirk  200. 

—  XIX.  Bezirk  200. 
Staatsrealschule  I.  Bezirk  200. 

—  IL  Bezirk  200. 

—  IV.  Bezirk  201. 

—  V.  Bezirk  201. 

—  VI.  Bezirk  201. 

—  VII.  Bezirk  201. 

—  X.  Bezirk  202. 

—  XV.  Bezirk  202. 

—  XVIII.  Bezirk  202. 

-  XX.  Bezirk  202. 
Staats-Zentralkassa  135. 
Stadttheater,  Kaiser  Jubiläums-  335. 
Stadt.  Bad  an  der  Donau  273. 

—  Freibad  274. 

—  Sanitätsstationen  287. 

—  Voll-  und  Schwimmbad  XVII. 
Bezirk  277. 

—  Volksbäder  277. 
Statthaltereigebäude  155. 
Stephanie-Spital  232. 
Stephanskirche  26. 
Sternwarte  181. 
Stiftskaserne  294. 
Stock  im  Eisen  497. 
Straßenhöfe  423. 


Strauß  Johann-Grabdenkmal  502. 

Strauß-Lanner-Denkmal  ,481. 

Strombäder    im  Donaukanale   274. 

Stubenring  12,  I.  Bezirk  421. 

Südbahn-Gesellschaft,    Arbeiter- 
häuser 451. 

Synagoge  I.  Bezirk  (Seitenstetten- 
gasse  4)  88. 

—  IL  Bezirk  (Leopoldsgasse  29)  94. 

—  IL  Bezirk  (Tempelgasse  5)  89. 

—  VI.  Bezirk  (Schmalzhofgasse  3) 
92. 

—  VIII.  Bezirk  (Neudeggergassel2j 
94. 

—  IX.  Bezirk  (Müllnergasse  21)  93. 

—  X.Bezirk  (Humboldtgasse 27)  94. 

—  XL  Bezirk  (Braunhubergasse  7) 
94. 

—  XV.  Bezirk  (Turnergasse  22)  89. 

—  XVI.  Bezirk  (Hubergasse  8)  90. 

—  XVIII.  Bezirk  (Schopenhauer- 
straße 39)  90. 

—  XX.  Bezirk  (Kluckygasse  11)  94. 

—  der  türkisch-israel.  Gemeinde, 
II.  Bezirk    (Zirkusgasse   22)  92. 

Tabak-Hauptfabriken  153. 
Tabakregie  148. 

Taubstummen-Institut,  Allgemeines 
Österreichisch,  israelitisches 261. 

—  IV.  Bezirk  259. 
Technische  Hochschule  184. 
Technisches  Militärkomitee  291. 
Technologisches  Gewerbemuseum 

210,  510. 
Tegetthoff-Denkmal  477. 
Teppichhaus  Schein  365. 
Theater  an  der  Wien  330. 

—  in  der  Josefstadt  332. 
Theresianum  191. 
Theresienbad  276. 
Theseusgruppe  497. 
Thonet-Haus  417. 
Tierarznei-Institut  und  tierärztliche 

Hochschule  310. 
Tilgner-Brunnen  490. 
Tivoli,  Restauration  449. 
Trabrennplatz  347. 
Trainkaserne  in  Meidling  303. 
Trinkhalle,  III.  Bezirk  (Kinderpark) 

346. 

Ulrichskirche  56. 
Ungarische  Garde  119. 

—  Hofkanzlei  125. 
Unionbank  358. 
Universität  176. 
Universitätskirche,  I.  Bezirk  54. 

Verbandshaus  d.  Genossenschafts- 
Krankenkassen  Wiens  323. 

Verkehrsbank,  Allgemeine  356. 

Versatz-,  Verwahrungs-  und  Ver- 
steigerungsamt (»Dorotheum«) 
149. 

Versorgungsanstalt  in  Liesing  270. 

Mauerbach  270. 

—  —  St.  Andrä  an  der  Traisen 
270. 

Versorgungshaus  in  Ybbs  270. 
Versorgungsheim  265. 


522 


Alphabetisches  Sachverzeichnis. 


Villa  Bahr  H    431. 

—  Carola  435. 

—  Futter  440. 

—  Gerlach  440. 

—  Harnoncourt  442. 

—  Himmelbauer  440. 

—  Hochstetter  439. 

—  König  Otto  431. 

—  Kuffner  440. 

—  Liechtenstein  442. 

—  Moll  436. 

—  Oberwimmer  438. 

—  Roth  430. 

—  Rumpel  439. 

—  Schauta  436. 

—  Scheid  440. 

—  Sc  hopp  430. 

—  Taussig  430. 

—  Wagner  Otto  431. 

—  Weidmann  430. 

—  Wilhelm  432. 

—  Wolf  439. 

Voll-  und  Schwimmbad,  XVII.  Bez. 

277. 
Volksbäder,  Städtische  277. 
Volksgarten-Brunnen  490. 
Volksheim,  XVI.  Bezirk  322. 
Volksküchen  272. 
Volkstheater,  Deutsches  332. 
Votiv- (Heilands-) Kirche  76. 


Währinger  Kirche  67. 
Wärmestuben  undVolksküchen  272. 
Wahliss  Ernst,  Warenhaus  364. 
Waisenhäuser  262. 
Waisenhauskirche    Maria    Geburt, 
III.  Bezirk  68. 

—  IX.  Bezirk  65. 

Wandbrunnen,  I.  Bezirk  (Johannes- 
gasse 15)  494. 

—  an  der  Hofburg  493. 

—  im  Hofe  des  Kriegs-Ministeriums 
494. 

—  —  Palais  Breuner  494. 

— Harrach  494. 

Warenhaus  Esders  Stephan  365. 

—  Gerngroß  368. 

—  Haas  &  Söhne,  Ph.  364. 

—  Herzmansky  A.  366. 

—  Kranner  A.  365. 

—  Neumann  367. 

—  Rothberger  J.  365. 

—  Wahliss  Ernst  364. 
Wechselseitige  Brandschaden-Ver- 
sicherungsanstalt 420. 

Weltkugelhaus  421. 
Wiener  Arbeiterheim  322. 

—  Bankverein  358. 
Wienerberger    Ziegelfabriks-    und 

Baugesellschaft,  Arbeiterhäuser 
450. 


Wiener  Bicycle-Klub  349. 

—  Bürgertheater  337. 

—  Eislauf-Verein  347. 

—  freiwillige    Rettungsgesellschaft 
284. 

—  Giro-  und  Kassenverein  359. 

—  kaufmännischer   Verein,    Haus 
des  320. 

—  Kaufmannschaft,  Haus  der  320. 

—  Lokomotivfabriks-Aktien- 
gesellschaftFloridsdorf,  Arbeiter- 
häuser 456. 

—  Versorgungsheim,    XIII.   Bezirk 
265. 

Wilhelminen-Spital  235. 
Wilhelm-Kaserne  299. 
Wipplingerstraße  12    422. 
Wolf  Hugo,  Grabdenkmal  502. 


Zelinka-Denkmal  472. 
Zentralanstalt  für  Meteorologie  und 

Erdmagnetismus  182. 
Zentralbad,  I.  Bezirk  279. 
Ziegelwerke    M.    Kreindls    Wwe., 

Arbeiterhäuser  455. 
Zirkus  Busch  342. 
—  Renz  341. 

Zivil-Mädchenpensionat  194. 
Zwieback,  Geschäftshaus  366. 


ALPHABETISCHES  NAMENVERZEICHNIS. 


Abel  Josef  68. 

Abel  Lothar,  Architekt  394. 

Acham  Paul,  Militär-Ober- 
bauingenieur 309. 

Adam  Heinrich  10,  378,  401. 

Albani  378. 

Albrecht,  Architekt  430. 

Alexowits  V.,  Dr.  248. 

Allio  Andreas  d.  Ä.  56. 

Allio  d'Donato  65. 

Altmütter,  Prof.  209. 

Altomonte  Andreas  60. 

Altomonte  Martin  60,  62, 
64,  65,  68. 

Altschaffer  Georg,  Unter- 
kämmerer 159. 

Ameseder  172. 

Anderer  A.,  Bürgermeister 
167. 

Anderle  124,  137. 

Andrässy  262. 

Anton  36. 

Arneth,  Alfred   R.  v.   129. 

Artmann  Emil,  k.  k.  In- 
genieur 200. 

Artmann  Ferdinand,  k.  u.  k. 
Hauptmann  308. 

Auer  Hans,  Architekt  254, 
497. 

Auer  Ulrich  36. 

Auerbach  J.  68. 

Avanzo  Dominik,  Prof.  16, 
179,  196,  204,  450,  501. 

Avrang  d'  39. 

Bach  Karl  Theodor,  k.  k. 
Baurat  22,  87,  190,  380, 
402,  420,  422,  430,  452, 
455. 

Bacher  J.,  k.  k.  Oberin- 
genieur 199. 

Bachmann  G.  55,  56. 

Badstieber  Karl,  Architekt 
166. 

Baechle,  Josef  v.  243. 

Bauer  F.,  Professor  160. 

Bauer  G.  337. 

Bauer  Heinrich  67. 

Bauer  Leopold  23. 

Baumgarten  J.  37,  63,  445. 

Baumann  L.,    Architekt, 
k.  k.  Oberbaurat  20,  194, 
348. 

Bauque  A.,  Architekt  251, 
402. 


Bayer  H.,  Architekt  349. 

Bayer  Joh.  482,  483 

Bayer  Josef,  Dr.  24. 

Beduzzi  Antonio,  kais.  Hof- 
maler 157. 

Beluzzi  380. 

Benk  Johannes  54,  110,112, 
169,  172,  329,  473,  478, 
480,  500,  501. 

Benko  M.  62. 

Berain  66,  69. 

Beranek  Hermann,  Bau- 
inspektor 276,  277,  282. 

Berehinak  211. 

Berger  Adolf  377. 

Berger  Franz,  k.  k.  Ober- 
baurat, Stadtbaudirektor 
274. 

Berger  Franz,  k.  k.  Ober- 
baurat 145,  146,  229,  232, 
235,  238,  246,  258,  260, 
274. 

BErger  Julius  171,  398. 

Bergmann  J.,  k.  k.  Ober- 
baurat 85. 

Bergmann  10. 

Bermann  Moritz  353. 

Bernatzik  172. 

Bernbrunn  Karl  330. 

Bernini  Giovanni  Lorenzo 
64,  70. 

Beyer  J.  W.  118,  130. 

Billroth  Theoder,  Dr.  244. 

Bitterlich  95,  112,  328,  420, 
443,  477,  480. 

Blaas,  Jul.  v.  75,  172. 

Blaas  Karl  307. 

Blau  Tina  398. 

Bock  Joh.  Jos.  37,  55. 

Bock  Tobias  56. 

Bock  478. 

Böhm  Karl,  Professor,  Dr. 
230,  233,  241,  326. 

Boog  C.  v.  158,  258. 

Borkowsky  Karl  v.  19,  348, 
436,  440. 

Borromini  Fr.  62,  63,  66, 
68,  70. 

Brand  62. 

Bramanto  11. 

Brausewetter  Viktor  165. 

Brenek  114.    " 

Breßler  Emil,  Architekt, 
k.  k.  Baurat  20,  392. 

Bretschneider  F.  B.  338. 


Bringmann  Karl,  Architekt 

203. 
Brioschi  172. 
Buchner  F.  68. 
BuontalentidelleGirandole, 

Bernardo  376. 
Burnacini    Ludovico    191, 

193,  467. 
Bussi  Santino  130,  380 

Cannevale  Carlo  Antonio 
376,  389. 

Canon  Hans  103,  171,  280. 

Canova  Antonio  42,  171, 
499,  500. 

Carlon  Anton  56. 

Carlone  Carlo  53,  54,  58, 
59,  60,  387. 

Carracci  Lodovico  59. 

Cartona,  P.  da  59. 

Cassar  J.,  Bildhauer  479. 

Castrofranco,  Cosmus  da 
61. 

Ceipek  Josef,  k.  u.  k.  Ge- 
neralmajor 313. 

Cesar  328. 

Charas  H.,  Dr.,  Chefarzt 
derWr.  freiw.  Rettungs- 
gesellschaft 284,  285. 

Charlemont  H.  172,  329. 

Chedanne  377. 

Chiarini  124,  130,  387. 

Chitil  W.,  Oberinspektor 
282,  284. 

Christiani  Alexander   379. 

Cimbal  63. 

Claus  Heinrich  9,  128,421. 

Clauß,  Architekt  280. 

Clauser  Anton,  städt.  Bau- 
rat 212,  262. 

Coccapani   Giovanni   376. 

Comazzi  Conte  157. 

Corradini  Anton  482. 

Cortona,  Pietro  Berettini 
da  62,  63,  65,  70. 

Corvinus  A.  124,  129. 

Costenoble  171. 

Coypel  Anton  106. 

Cuspinian  J.  98. 

Czadek  146. 

Däringer  59. 
Darnaut  Hugo  172. 
Daum  P.  53. 
David  Johann  383. 


David  W.  114. 

Decastello,  M.  v.  128. 

Dehm  F.,  k.  k.  Baurat  250, 
446. 

Deininger  J.,  k.  k.  Baurat 
13,  317,  440,  476. 

Delsenbach  120,  128. 

Dernjac  Josef,  Dr.  72,  120, 
126,  391,  392. 

Descartes  208. 

Destailleur  M.,  Architekt 
399. 

Dichter  Michael  36. 

Dick  Rudolf  22,  320. 

Dietrich  Daniel  140,  174. 

Dietterlin  69. 

Dill  190. 

Dobyaschofsky  F.  59,  328. 

Doderer,  Wilhelm  v.,  Ar- 
chitekt 12,  291,  345. 

Dörfel  423. 

Dohme  Robert  116,  390. 

Domanig  K.,  Dr.,  Kustos 
des  Kunsthistor.  Muse- 
ums 505. 

Domenico  69. 

Donatin  Leopold  262,  394. 

Donda  Karl,  k.  k.  Ober- 
ingenieur 203. 

Donner  Raphael  40,  159, 
380,  387,  482,  483,  494, 
498. 

Dont  J,  Dr.  265,  270. 

Dorigny  Louis  130. 

Dreher  A.  260. 

Drexler  Josef,  Architekt 
346. 

Drexler,  Brüder,  Architek- 
ten 167,  342,  347. 

Düll  112,  130,  171. 

Duschinger,  Baumeister  68. 

Dwofak  H.,  Architekt  338. 

Eberl  Anton  58. 

Eder,  Dr.  254. 

Eder,  Dr.,  Hofrat  212. 

Ehmann  393. 

Ehrenfeld,  Architekt  430. 

Eichler  Herrn.  59. 

Eisenmenger    August    95, 

171,  191,  344,  443. 
Eitelberger,    Rudolf  v.     3, 

172,  174. 

Ender  A.,  Ingenieur  199. 
Endl  Adolf,  Architekt  279. 


524 


Alphabetisches  Namenverzeichnis. 


Engel  492. 

Engel  Joh.,  Professor  201. 

Engerth,  R.  v.,   Hofrat  75, 

328,  460. 
Enzenhofer  174. 
Erb  Josef  255. 
Erhart  Karl  135. 
Erler  F.  78. 
Ernst  H.  13,  396. 
Ernst  Leopold  4,  33,  34,  37. 
Etzel,  Architekt  279. 
Exner  S.,  Professor  181. 
Exner  W.,  Dr.,  Hofrat  185, 

188,  210,  211,  510. 

Fabiani  Max  23,  436,  477. 

Faid'herbes  Lucas  64. 

Fanti  Gaetano  64. 

Feil  43. 

Feith  Karl,  k.  u.  k.  Haupt- 
mann 291. 

Feldegg,  F.  v.  353. 

Fellner  Ferdinand,  Archi- 
tekt, k.  k.  Oberbaurat 
13,  14,  159,  181,201,211, 
243,  263,  265,  308,  319, 
326,  330,  333,  340,  365, 
369,  396,  399,  400,  417, 
421,  435,  436,  439,  447. 

Fellner  Michael,  k.  k.  Ober- 
baurat 233. 

Fellner,   Gemeinderat  270. 

Fernkorn  356,  472,  480, 
490,  492,  494,  495. 

Ferrari  328. 

Ferstel  Heinrich  Freiherr  v., 
Architekt  6,  7,  8,  10,  11, 
13,  14,  16,  18,  76,  172, 
173,  174,  176,  178,  179, 
182,  355,  372,  373,  375, 
380,  381,  436,  492,  494, 
497. 

Ferstel,  Max  Freiherr  v., 
Architekt  85,  131,  187, 
373,  374,  433,  440. 

Feßler  J.,  Bildhauer  479. 

Fiedler,  Ingenieur  75. 

Fieger  August  127,  176. 

Fischer  Johann  142. 

Fischer  v.  Erlach  Joh. 
Bernh.  20,  62,  64,  65, 
103,  104,  105,  106,  109, 
117,  119,  120,  124,  127, 
128,  129,  377,  380,  383, 
385,  387,  388,  390,  447, 
482,  493. 

Fischer  v.  Erlach  Josef 
Emanuel  64,  106,  377, 
383,  444. 

Fischer  J.  M.  484,  486, 
494,  500. 

Fischer  Leop.  97,  98. 

Fischer  L.  H.  171,  172. 

Fischer  S.   117. 

Fischer  Vinzenz  66. 

Fleischer  Max,  k.  k.  Baurat, 
Architekt  16,  92,  93,  94, 
96,  263,  271,  440. 

Förster, Emil  v., Ministerial- 
rat, Architekt  12,  13,  18, 
19,  86,  87,  92,  110,  116, 
128,  133,  143,   149,  203, 


305,  307,  308.  326,   329, 

357,  358,  359,   361,   409, 

424. 
Förster  Ludwig  4,  6,  9,  89, 

279. 
Folnesics  Jos.  174. 
Foltz  A.,  k.  k.  Baurat  355. 
Fontana  69. 
Fränkel,  Architekt  142. 
Franceschini  380. 
Frankl,  Architekt  430. 
Frankl  L.  A.,  Dr.  261. 
Frauenfeld  Eduard,  Archi- 
tekt 259. 
Frey  Rudolf,  Architekt  347, 

456. 
Friedel  Theodor   20,    401, 

481. 
Friedinger  K.,  Dr.  259. 
Friedl  J.  326,  333. 
Fröhlich,  Architekt  356. 
Frömml  Alois,  Baumeister 

456. 
Frömml    Hans    478,     480, 

492. 
Frühwirth  468,  486. 
Füger  40. 
Führich  75,  76. 
Fürst  332. 
Fürth  Jul.,  Dr.  254. 
Fuhrmann  Matth.  97,  103, 

104,  105. 
Fux  396. 


Gabrielli,  Gabriele  di  379. 
Gall  Rudolf,  k.  u.  k.  Oberst 

313. 
Garben  Johann,  Architekt 

345. 
Garden  J.  10. 
Gärtner  J.,  Architekt  94 
Gasser  Hans,  Bildhauer 

160,  307,  328,  332,  356, 

479,  489,  490. 
Gasser  J.,     Bildhauer  479. 
Gebhard  264. 
Geiger  C.  328. 
Gerisch  E.,  kais.  Rat, 

Kustos  509. 
Gerl  Josef,  Baumeister  67. 
Gerl  Matthias  63. 
Gerl  P.,  Architekt  345. 
Gerstle  264. 
Geßner  Hubert,    Architekt 

322. 
Geyling  Karl  158. 
Geyling  Rud.  63. 
Giacomelli,  Luigi  v.,  Archi- 
tekt 18,  95. 
Girette  Jean,  Architekt  399. 
Giuliani  Giovanni  380. 
Gloß  130. 
Gnändiger  H ,    Dr.,    kais. 

Rat  250. 
Görgen,  Dr.  258. 
Goldschläger,  Architekt 

421. 
Gotthilf,    E.   v.,    Architekt 

22,  272,  320. 
Graf'A.,  Architekt  13,  335, 

368. 


Gran  Daniel  54,  55,  64, 
104,  119,  377,  378. 

Grassi  482,  483. 

Greca,  Vincenzo  della  55. 

Griepenkerl  328. 

Groß  Josef,  Architekt  9, 
128,  280,  356,  421. 

Großmann  Leopold,  Archi- 
tekt 68. 

Grubb  A.  182. 

Gruber  Bruno,  k.  k.  Baurat 
114,  202. 

Gruber,  F.  v.,  k.  k.  Hofrat 
241,  244,  245,  248,  249, 
250,  251,  255,  259,  261, 
264,  285,  287,  296,  309, 
312,  316. 

Grund  Norbert  53. 

Guarini  Guarino  59,  63, 
65,  66,  70. 

Gugitz  8,  326. 

Guglielmi  117,  176. 

Gurlitt    70,    72,    110,    120, 

130,  376,  382,  383,  385, 
386. 

Haas  Georg,  Hoftischler 
158. 

Haberlandt,  Dr.,  Direktor, 
Kustos  511. 

Hackhofer  J.,  Architekt  23, 
346,  330,  433,  440. 

Hähnel  Julius,  Bildhauer 
328,  371,  472. 

Härdtl  112. 

Härdtle  H.  491. 

Hagenauer  117,  118. 

Hagenmüller  378. 

Hamilton  J.  117. 

Hampel  F.  328. 

Hamilton  P.  117. 

Hannak  E.,  Dr.  197. 

Hansch  172. 

Hansen,Theophil  v.,  Archi- 
tekt 4,  5,  6,  8,  9,  10,  12, 
14,    16,  86,  87,  95,    111, 

131,  133,  135,  190,  197, 
223,  305,  307,  343,  345, 
351,  353,  373,  374,  394, 
417,  423,   436,   443,  491. 

Harkort  J.  C.  460,  461. 

Harrach  Aloisius,  Graf  310. 

Hartel  76,  78. 

Hartig  209. 

Hasch  172. 

Hasenauer  Karl,  Freiherr  v., 
Architekt  11,  12,  17,  18, 
110,  111,  112,  114,  119, 
169,  172,  239,  249,  328, 
346,  348,  402,  433,  459, 
473,  477. 

Haubfleisch  Karl,  städt. 
Baurat  223. 

Hauer,  F.  v.  184. 

Hauser  A.,  Architekt  55, 
56,  62,  486,  487,  490. 

Hauser  Eduard  258. 

Hausmann  G.,  Oberinge- 
nieur 201,  212. 

Hauzinger  Jos.  60,  61. 

Haybäck  Karl,  Architekt 
422. 


Hefft  A.  10. 

Hegele  Max,  Architekt  23. 

Heindl,  Baumeister  255. 

H.ejda  Wilhelm,  Bildhauer 
463. 

Helmer   Edmund,   Bild- 
hauer 37,  110,  112,  141, 
471,  476,  479,   493,  495, 
500. 

Helmer  Hermann,  Archi- 
tekt, k.  k.  Oberbaurat 
13,  14.  181,  211,  243, 
263,  308,  319,  326,  330, 
333,  338,  340,  365,  369, 
396,  399,  400,  417,  421, 
435,  436,  439,  447. 

Helmreich  Rudolf,  Vize- 
baudirektor 165,  269,  270. 

Hempel,  Joh.  K.  v.  62. 

Henrici  L.  68,  118,  295, 
383. 

Heraus  Gustav  Adolf  105. 

Herbei  Charles  103. 

Hermann  J.,  Architekt, 
Dombaumeister  28,  35, 
38. 

Herr  185. 

Herrmann  Rudolf,  Archi- 
tekt, k.  k.  Baurat  454. 

Heß  Michael  66. 

Hetzendorf  v.  Hohenberg 
52. 

Heu  Josef  322,  491. 

Heyda  112. 

Hieser  Otto,  k.  k.  Baurat 
12,  347,  433,  442,  477. 

Hildebrand,  Lukas  v.  20, 
66,  105,  114,  115,  129, 
379,  383,  386,  387,  389, 
391. 

Hillebrand  137. 

Hirecher  Karl  276. 

Hinträger  C,  Architekt 
166,  200. 

Hinträger  M.,  Architekt 
166,  147. 

Hlawaczek  172,  449. 

Hochenegg  C,  Oberbau- 
rat, Professor  186,    187. 

Hödl  Theodor,  Architekt, 
Oberbaurat  130,  198. 

Hofer  Otto,  k.  k.  Baurat, 
Architekt  18,  114,  121, 
239,  430,  436. 

Hoffmann  Josef  23,  172, 
436. 

Hofmann.  E.  v.  110,  112, 
190,  336,  476,  491. 

Hofmeyer,  Architekt  13. 
410,  445. 

Hohenberg,  Ferdinand  v. 
39,41,117,118,  392,  393. 

HoleyKarlR., Dr.,  Architekt 
46,  349. 

HoIIender  A..  Dr.  255. 

Holzeland  H.,  Oberinge- 
nieur 121,  123. 

Honus  Anton,  Architekt 
279. 

Horky  Jos.,  Architekt  230. 

Hormayr  26,  39,  97,  98, 
110,  403. 


Alphabetisches  Namenverzeichnis. 


525 


Hoß  F.,  Vizebürgeroieisfer 
167. 

Hoyer  209. 

Hrach  Ferdinand,  dipl.  Ar- 
chitekt 285. 

Hueber  39. 

Hufnagel  25. 

Hummel  272. 

Huybensz  282. 

Hynais  329. 

Ilg  60,  65,  120,  123,  375, 
376,  37-7,  379,  383,  384, 
385,  386,  387,  388,  389, 
390,  391,  394. 

lllitsch  Alexander  167. 

Irmisch  128. 

Isella  A.  328. 

Janckl  Francesco  62. 
Janson  65. 
Jauner  330. 
Jelinek,  Architekt  356. 
Jobst  C.  77,  78,  396. 
Jobst  F.  77,  78,  396. 
John,  Dr.,  Konservator  511. 
Jordan  Richard,  Architekt. 
k.  k.  Baurat   18,  79,  80. 

Kadarz,  k.  u.  k.  Major  312. 

Käsmayer  449. 

Käuffer  286. 

Kalmsteiner  112,  130. 

Kalny  Heribertus  239. 

Karabaöek,  Dr.,  Hofrat, 
Direktor  514. 

Karajan,  Theodor  Georg  v., 
Dr.  39,  97,  98,  110. 

Karger  Karl,  Professor  171, 
173. 

Karmarsch  209. 

Kassin  Josef  152. 

Kastner  Joh.  62,  96. 

KatscherM.,  Architekt  366. 

Kauer  Anton,  Dr.,  Direktor 
201. 

Kauffungen  114,  130,  481. 

Kayser  Gangolph,  Archi- 
tekt 383. 

Kiesling  A.  328. 

Kirchlehner  66. 

Kirchmayer  Michael  262. 

Kirschner  Ferdinand  20, 
109,  110. 

Kirsch  501. 

Kirstein  August,  Architekt, 
k.  k.  Baurat  16,  80. 

Kisch  89,  129,  138,  141, 
346,  382,  394. 

Klasen  76,  77,  78,  179,  182, 
198,  371,  373,  443. 

Klein  Joh.  Wilh.,  kais.  Rat 
260. 

Kleindienst  F.  X.  38. 

Kleiner  Salomon  20,  53, 
57,  60,  65,  108,  110,  115, 
116,  120,  124,  128,  135, 
191,  378,  382. 

Klekler  Karl,  Reg.-Rat,  Di- 
rektor 201. 

Küchsdorf,   Dietrich  v   40. 


Klieber  Johann,  Direktor 
der  Akademie  der  bilden- 
den Künste  68,  137,  152, 
157,  494. 

Klimt  G.  119,  171,  329. 

Klinenberg,  Stadtbau- 
meister 281. 

Klotz  Hermann,  Professor 
173. 

Knöll  Pins,  Reg.-Rat,  Di- 
rektor 199. 

Knoll,    Ingenieur   63,    145. 

Koch  Alois,  k.  k.  ßaurat 
148,  149,  188,  190,  200, 
203. 

Koch  F.  398. 

Koch  Julius,  Architekt,  k.  k. 
Baurat  324,  448,  454. 

Koch,  Baumeister  192. 

Koch,  Bildhauer   114,  130. 

Köchlin  C,  Hofrat  152. 

Koechlin  H.,  k.  k.  Baurat 
148. 

KölberKarl,  Stukkateur  63. 

Kölbl  Benedikt  44. 

König  Karl,  Architekt,  k.  k. 
Professor  20,  89,  318, 
354,  401,   418,   419,  430. 

König  Otto,  Bildhauer  110, 
171,  328,  431. 

Königswarter,  J.  Freih.  v-, 
261,  272. 

Körner  Thaddäus,  Hof- 
baumeister 63. 

Kohl  Franz  62. 

Kollisch  Hirsch  261. 

Kollmann     Franz    Tobias, 
Ingenieur-Oberstleut- 
nant 58. 

Konrad  501. 

Koppensteiner  R.  137,  139, 
140,  145. 

Kornhäusel  Josef,  Archi- 
tekt 88,  157. 

Korompay  Gustav,  Archi- 
tekt 12,  20,  364,  398,421. 

Kortz  Paul,  städt.  Baurat 
338,  348. 

Kotow  Gregoire,  Professor 
95. 

Krafft  Peter  105,  313. 

Krafft-Ebing  v.,  k.  k.  Pro- 
fessor 255. 

Kranach  Lukas  58,  61. 

Kranner,  Bau-  und  Stein- 
metzmeister 76. 

Krasny,  Architekt  430. 

Krauß,  Baron,  Architekt 
13,  22,  316,  335,  337, 
338,  422. 

Kreuter,  Architekt  394. 

Krones  211. 

Kropf  M.,  Architekt  440. 

Kubitschek  W.,  Dr.,  Pro- 
fessor 505. 

Kuhn  Moritz,  Professor  201. 

Kundmann  C.  14,  112,472, 
473,  477,  491,   497,  500. 

Kupelwieser  Leopold,  Hi- 
storienmaler 54,  124,  156. 

Kupka,  Architekt  349,  444 

Kuschee,  Architekt  249. 


L'Allemand  173. 
Lamezan  Eduard,  Graf  284. 
Lammasch  Gottschalk  160. 
Lanckoronski    Karl,     Graf 

251. 
Lange    179,  196,  204,  450. 
La  Roche  E.,  Architekt  251. 
Laschitzer  S.,  Direktor  515. 
Laske  O.,  Architekt  341. 
Laszel  C.  330. 
Laufberger  Ferd.,  k.  k.  Pro- 
fessor 76,  171,  173,  174, 

328,  462,  492. 
Lavigne  328. 
Lax  110,  112,  130,  171. 
Lebiedzki  133. 
Lebrun  130. 

Lefler  Heinrich,  Maler  163. 
Le  Fort  du  Plessy  Claudius 

114. 
Lehmann  Ad.  141. 
Leicher  Felix  61,  62. 
Leiseck  P.  336,  495. 
Leisek  Georg  167,  266,  337. 
Leixner  26,  46. 
Lenz  141. 
Leonhard,  k.  k.  Baurat  145, 

369,  421,  426. 
Lepautre  Jean  69. 
Lerch  M.  498. 
Le  Roy  63,  64. 
Ley    K.,     Bezirksvorstand 

249. 
Leyen,  Niklas  v.  36. 
Lichmann  K.,  Architekt 

440. 
Lichtenfels  172. 
Lichtblau,  städt. Baurat212. 
Limbach     Karl,     Architekt 

166. 
Lind,    Dr.  38,   39,   40,  41, 

44,  54,  72,  116,  377. 
Lindner  86. 

Lissek  Heinrich  40,  110. 
Littrow,  C.  v.  182. 
Löhr  111,  492. 
Low  Anton,  Dr.  243,  253, 

255. 
Lopresti,  Freih.  v.  107. 
Lorenz  152. 
Luksch-Makowsky     Elena 

337. 
Lunghi  Martino  56,  59,  69. 
Luntz    Viktor,      Architekt, 

k.    k.   Professor  16,    80, 

81,  202,  501. 

Machitka,  Architekt  197. 
Mader  Christoph  64. 
Maderna  Carlo  69. 
Madjera  328. 
Magenta    Giov.  Ambrogio 

54,  68. 
Makart  Hans  171. 
Marchesi  Pompeo  470. 
Marinelli  C.  325. 
Marini  Antonio  382. 
Martinelli    Abbate   Dome- 
nico 379,  380. 
Martinelli  Ant.  Erh.  64. 
Martinelli    Francesco    62, 
382. 


Mastalier,  Dr.  247. 
Matsch  Fr.    119,  171,  329. 
Mattielli  Lorenzo  39,  52,64, 

105,    128,  130,  389,  486. 
Matzal  A.,  Dr.  241. 
Maulbertsch  Anton  59,  62, 

63,  68,  126. 
Maurer  Hub.  40,  59,  66. 
Mauthner,  L  W.  Ritter  v.. 

Dr.  247. 
Mautner  v.  Markhof  A.  I. 

249. 
Mautner  v.  Markhof  Karl  F. 

250. 
May  K.,  Architekt  341. 
Mayer  Anton,  Dr.,  Landes- 
archivar 158,  515. 
Mayer  Karl  332. 
Mayer  M.  346. 
Mayer,    Statthalterei-Inge- 

nieur  201. 
Mayreder  Julius,  Architekt 

20,  22,  349,  420,  436,  492. 
Mayreder  Karl,   Architekt, 

k.  k.  Professor  20,   349, 

401,  436,  492. 
Meder  Josef,  Direktor  508. 
Meißner,  Professor  258. 
Meixner,     Bildhauer     124, 

130,   131,  137,  138,  142, 

143,  478,  492. 
Melkh  M.  M.  60. 
Meli  Alexander,  Regie- 
rungsrat 260. 
Melnitzky  77,  190,  345,477. 
Meroses-Itzeles    Charlotte 

263. 
Messerschmidt     Franz    X. 

391,  496. 
Meyer,  Hofbaumeister  120. 
Michelangelo  63. 
Miksch  R„    Architekt  446. 
Miller  Ferd.  490. 
Millöcker  Karl  271. 
Modern    Jakob,    Architekt 

90. 
Moll  A.  492. 
Moll  Balthasar  53, 109,  472, 

498. 
Mollner  Peter,  k.  k.  Forti- 

fikations-    und    bürger- 
licher Baumeister  95. 
Monti  242. 

Montoyer  39,  108,  375. 
Morawetz  F.  345. 
Moreau,     Karl    Ritter    v., 

Architekt  3,  355. 
Moreau,  Architekt  272. 
Moßbäck,  Max,   Ingenieur 

165. 
Mühldorfer  53. 
Müller  Hans,  Architekt  348, 

438,  439,  440. 
Müller      Johann      Georg, 

Architekt  4,  75. 
Muffart  Peter  Karel  56. 
Mundy   Jaromir,    Dr.  284, 

285. 
Munkäcsy  Michael  171. 

Natter,  Bildhauer  477. 
Neugebauer  59. 


526 


Alphabetisches  Namen  Verzeichnis. 


Neumann  Balthasar  141, 
384. 

Neumann,  Franz  Ritter  v., 
Architekt,  k.  k.  Baurat 
16,  18,  82,  85,  239,  322, 
342,  367,  425,  432,  440, 
442,  447. 

Neumann,  Gustav  Ritter 
v.,   Architekt  85. 

Neumann,  Dr.  W.  A.,  Pro- 
fessor 26,  46. 

Neupauer  Giovanni  Chri- 
stiano  383,  387,  388. 

Neuwirth,  Dr.  Josef,  Hof- 
rat 26,  35,  46. 

Nicolai  Georg  383. 

Niedzielsky  Julian,  Archi- 
tekt 18,  114. 

Niemann  G.,  Architekt,  k.k. 
Professor  353,  377,  475. 

Nigelli,  Architekt  52,  86. 

Nobile,   Peter  v.  109,  497. 

Nowack  345. 

Null,  Eduard  van  der,  Ar- 
chitekt, k.  k.  Oberbaurat 
4,  6,  8,  11,  75,  272,  305, 
307,  326,  330,  345,  364, 
394,  404,  432,  472,  487, 
490. 

Obermüllner  172. 

Obersteiner  Heinrich,  Dr., 
Professor  258. 

Oechsel  35. 

Oehler  118. 

örley  R.,  Architekt  441, 
480. 

Oettel  Christian  62. 

Offer  Robert  Th„  Dr.    254. 

Ogesser  26,  46. 

Ohmann  Friedrich,  Archi- 
tekt, k.  k.  Oberbaurat, 
Professor  18,  23,  114, 
346,  430,  480. 

Olbrich  Jos,  Architekt  23, 
250,  319,  349,  431,  446. 

Orglmeister,  Architekt  349, 
444. 

Ospel  Anton,  Architekt  60, 
283. 

Otschenaschek    Eduard, 
k.  u.  k.  Oberst  316. 

Otto  Heinrich  172,  280. 

Pablasek  M.  260. 

PacassiNik.  117,  119,  121, 
192. 

Palamino  96. 

Palladio  120. 

Parier  Peter  31. 

Paul  Friedrich,  städt.  Bau- 
rat 165,  200,  212. 

Paul  G.,  Dr.  237. 

Paul  Martin,  Dr.  Bau- 
inspektor 463. 

Payer,  Jul.  v.  172. 

Pecha  Alb.,  Architekt  22, 
23,  439. 

Pellegrini  Ant.  64,  65. 

Pendl  110,  141,  402,  477. 

Perger  v.  26,  46. 


Peyfuß  141. 

Pfeffer    53,    57,    120,    124, 

128,  378,  382. 
Pichl  Ludwig,  Architekt  4, 

157. 
Pichler Bernhard,  Architekt 

286. 
Pilgram  Anton  35. 
Pilgram  Franz  Anton  63. 
Pilz  190,  462,  479. 
Pio,  Architekt  402. 
Plecnik,  Architekt  23,  346, 

430. 
PönningerFranz,  Bildhauer 

472. 
Pohl  272. 
Pokorny  F.  330. 
Pokorny  J.,  Bildhauer  328. 
Pokorny,  Baurat  121. 
Poppovits  Cesar,  Architekt 

288. 
Porta,  Giacomo  della  70. 
Pozzo  Andrea    53,  54,  55, 

119,  380. 
Prachatitz,  Hans  v.  32. 
Prandl  E.,  Architekt  341. 
Prechtl  184. 
Preleuthner,  Bildhauer  328, 

477,  487. 
Primisser  26,  46. 
Probst  J.  E.,  Direktor  511. 
Prokop    Albin,     Architekt 

456. 
Prokop  J.  68. 
Puchsbaum    Hans,    Dom- 
baumeister 467. 
Pürzl    Josef,    Baurat    165, 

166,  264,  272,  288. 
Purkartshofer,      Bildhauer 

479. 

Quellinus  Erasmus  61. 

Radinger  v.,  Professor  152. 

Radnitzky  328. 

Rahl  Karl  9,  62,  95,  307, 
328,  394. 

Raimund  Franz  59. 

Raimund  Josef,  Baumeister 
68. 

Rainaldi  Carlo  60,  62,  63, 
64,  70. 

Rakuschan  Ferdinand,  In- 
genieur 276. 

Rammelmayer  160. 

Ramsauer  Leopold,  Archi- 
tekt 457. 

Rauchmiller  468. 

Realis  97,  120,  126. 

Reck  269. 

Redl  Josef  68. 

Redtenbacher  179. 

Rehak  August,  Architekt 
221. 

Reinhart  Johann,  k.  k.  Bau- 
rat 347. 

Reuter  Theodor,  k.  k.  Bau- 
rat 18,  81. 

Rezori  v.,  Oberbaurat  180, 
199. 

Ricci  64. 


Richter  Ludwig,  Architekt, 

k.   k.   Baurat   253,    319, 

393,  402. 
RichterOtto,  Architekt  457. 
Riedl  Karoline  250. 
Rieser  328. 
Rieth  Benedikt  26. 
Ritter  Josef,  Baumeister  63. 
Riwnatz  37. 
Rösner  Karl,  Professor   4, 

6,  10,  37,  75,  305,  308. 
Roettiers  55,  65. 
Rokitansky,  Karl  Freih.  v., 

Dr.  243. 
Rollinger  W.  36. 
Romano,  Johann  v.  9,  393. 
Rosenstingl  Seb.,  Architekt 

58. 
Roßbach  325. 
Rossi  Antonio  de  60. 
Rossi  Nicolo  383,  391. 
Roth  Franz,  Architekt,  k.  k. 

Baurat  13,  334,  430. 
Rothmayer  v.  Rosenbrunn 

J.  M.  53,  54,  62,  64,  65. 
Rottmayr  380. 
Roza,  Ritter  v.  133. 
Rubens  378. 
Rückeshäuser,  Architekt 

255. 
Rummel  130. 
Rumpelmeyer,      Architekt 

12,    20,   395,    396,    421, 

433. 
Ruß  Fr.  59. 
Ruß  Rob.  171,  172. 


Sachs  Gustav,  k.  k.  Baurat 
198. 

Salviatti  174,  400,  492. 

Sandrart,  Joachim  v.,  56, 
59,  69. 

Saphoy  Hans  36. 

Scamozzi  120. 

Schachner  Franz,  Architekt 
255,  317. 

SchachnerFriedrich,  Archi- 
tekt, k.  k.  Baurat  12,317, 
318,  357,  365,  396,  398. 

Schaden  F.,  Architekt,  k.  k. 
Oberbaurat  247. 

Schaden  Karl,  Architekt, 
Oberbaurat  18,  80. 

Schadler  L.  237. 

Schaeffer  A.,  Hofrat  172, 
505. 

Schaller  Joh.  487. 

Schebek  F.,  Baumeister  341. 

Scheiringer  Johann,  Archi- 
tekt 269,  314. 

Schelling  Georg  62. 

Schemerl  v.  Teytenbach, 
Hofbaurat  3,  184,  185. 

ScherpellO,  112,  480.  491. 

Schiedt  Josef,  k.  k.  Ober- 
ingenieur 200. 

Schikaneder  E.  326. 

Schilcher  130,  143,  157. 

Schimkowitzll2,  336,  492. 

Schiinmerl24,129,130,138. 


Schindler  J.  E.  172. 

Schinkel  Karl  Friedr.  3. 

Schleps,  Architekt  394. 

Schletter  Jakob  64. 

Schlosser,  Dr.  Jul.  v.,  Di- 
rektor, Professor  505. 

Schlüter  Andreas  119. 

Schmid  J.,  Professor  110, 
322. 

Schmidgruber  110,112,491. 

Schmidl  Ludwig  446. 

Schmidt,  Friedrich  Freih.  v., 
Architekt,  k.  k.  Ober- 
baurat 6,  10,  11,  14,  15, 
16,  18,  26,  33,  35,  37,  38, 
77,  78,  79,  80,  81,  82,  85, 
160,  198,   355,  419,  495. 

Schmidt  d.  Ä.  53,  55. 

Schmidt  Heinrich,  Ober- 
inspektor 460. 

Schmidt,  Joh.  Georg  v.  60. 

Schmidt  Joh.  Marl,  »Krem- 
ser Schmidt«  68. 

Schnorr  v.  Carolsfeld  L. 
53,  158. 

Schnürer  Franz  Dr., Kustos 
515. 

Schön  Friedrich,  Architekt 
366. 

Schoen  Joh.  George,  Hof- 
rat, Professor  185. 

SchönbichlerE.,  k.k.  Ober- 
ingenieur 202. 

Schönbrunner  Franz  63. 

Schöne  Leopold,  Architekt 
253. 

Schöne  Ludwig,  Architekt 
87. 

Schönmann,  Architekt  239. 

Schönn  Alois  172. 

Schönthal  A„  Architekt  492. 

Schöntaler  F.  328,  394,  396. 

Schrötter,  Leop.  v.,  Dr., 
Professor  246. 

Schumann  Karl,  k.  k.  Bau- 
rat 420,  443. 

Schuppen,    Jak.  v.  64,  65. 

Schwanthaler  Ludwig  487. 

Schwartz  Stephan  1 10,  1 14. 

Schwarz  Johann,  191,  192. 

Schwarz,  Karl  Freih.  v., 
Baurat  295. 

Schwarz-Senborn,  Baron 
459. 

Schwarzinger  Barbara  349. 

SchwedaM.,  Architekt  347. 

Schweigel  Eugen,  Archi- 
tekt 295,  316. 

Schwendenwein,  Aug.  v.  9. 

Schwerdtner  C.  M.,  Bild- 
hauer 492. 

Schwerzek  R.,  Bildhauer 
130,  475. 

Schwind  326,  328. 

Scott-Russel  459,  460. 

Seelos  Gottfried  172. 

Sehnal.  Architekt,  k.k.  Bau- 
rat 232. 

Seib  114,   491. 

Seifert  Franz  167,  478,481. 

Seitschck.Hofbauinspektor 
242. 


Alphabetisches  Namenverzeichnis. 


527 


Sellier  106. 
SemperOottfricd,  Architekt 

17,    18,    111,    169,    172, 

328,  330,  334. 
Siccardsburg,    August    v., 

Architekt    4,    6,    8,   272, 

305,   307,   326,  328,  330, 

345,  404,   432,  487,  490. 
Siebreich,  Architekt  201. 
Silbernagel    110,    112,  171, 

475. 
Simon  171. 
Simony  Leopold,  Architekt 

22,    420,  450,   452,    455, 

458. 
Singer  Franz  63. 
Sitte  Franz  4. 
Sitte  Kamillo,  Architekt  4, 

75. 
Sorias    Giovanni    Battista 

55,  59. 
Sowinski,  Architekt  86,  87. 
Spielberger  55,  60. 
Spindler  v.  Hofegg  56. 
Spitz  Markus  56. 
Sprenger  Paul,    Hofbaurat 

3,    4,    33,    75,    131,  137, 

138,  140,  151,  156. 
Stach  Friedrich,   Architekt 

317. 
Stanetti  Giovanni  64. 
Stattler,  Architekt  201. 
Stauffert  4. 
Steckhofen  Adr.  118. 
Steinböckh  Andrea  377. 
Steiner  Leopold  256. 
Steinhauser  Wilhelm    252. 
Stephann    Karl,    Architekt 

340. 
Sterrer  112. 
Stiaßny,  Architekt    88,  89, 

94,  241,  261,  263,  323. 
Stief  Seb.  53. 
Stöger  L.  244. 
Storck  J.  8,  326. 
Straßer   Anton,    Bildhauer 

481. 
Straßer  Artur  171. 
Strattmann  61. 
Streit    Andreas,  Architekt, 

k.  k.  Oberbaurat  12,  242, 

317,  398. 


Strudl,  Paul  v.  468. 
Strudel  Peter,  Freih.  v.  53, 

58,  67,  68,  104,  191. 
Stummer,  Professor  3,  184, 

185. 
Stur  Eduardus  239. 
SwobodaAl.,  112,171,328. 
Swoboda    Emerich     Alex 

220. 

Taubes  Joh.  R  ,  Dr.,  kais. 

Rat,  Oberstabsarzt   240. 
Tautenheyn  491,  501. 
Tencala  Carpoforo  55. 
Thausing  M  ,  Dr.  76. 
Theyer  Leopold  433. 
Thienemann   Otto,   Archi- 
tekt 12,  13,  86,  279,  318, 

424. 
Thiersch,  Professor  95. 
Thorwaldsen  6. 
Tiepolo  399. 
TietzKarl,  Architekt  9,  210, 

443. 
Tilgner  112,  141,  172,  328, 

329,  400,   472,  473,  476, 

492,  501. 
Tintoretto  Jac.  54. 
Tischler  Ludwig,  Architekt 

14,  19,  90,  249,  399,  418, 

443. 
Tölk  Jos.,    Architekt   337, 

422. 
Tomssa,  k.  k.  Oberbaurat 

149,  151,  203. 
Tramplar    Richard,    k.    k. 

Direktor,    Regierungsrat 

203. 
Trehet  Jean  191. 
Trenkwald  76. 
Troger  Paul  59,  61,  68. 
Trojan  Emanuel  v.,    k.    k. 

Oberbaurat  131. 
Troll  K.,  Architekt  221. 
Trost  61. 
Trümmer  Wunibaldus  239. 

Uhlirz  26,  46. 
Ulrich    Chr.,    Oberbaurat, 
Professor  185,  186,  320. 
Unger  Josef,  Architekt  453. 
Unterholzer  B.,  Dr.  249. 


Urban  Josef,  Architekt  23, 
163,  463. 

Valmagini  117. 

Vaucanson  208. 

Veith  333,  337,  410. 

Venus  Alexander  259. 

Venus  M.  259. 

Vidmar  Konstantin  Z.,  Dr. 

252. 
Völckner    Karl,    Ingenieur 

244. 
Vogel  Franz  167,  334,  476. 
Volterra,  Daniele  da  63. 
Volterra,  Francesco  da  56, 

61,  70. 
Vriendt-Cornelis  de  54,69. 

Wächtler  L.,  Architekt  13, 
396. 

Wagenschön  Franz  53,  60. 

Wagner  A.  110,  112,  476, 
490,  491. 

Wagner  A.  P.  171. 

Wagner  Otto,  Architekt, 
k.  k.  Oberbaurat  12,  22, 
23,  139,  258,  338,  360, 
367,  397,   422,   431,  501. 

Wagner,    Baurat  186,  202. 

Waniek  Gustav,  Dr.,  k.  k. 
Direktor  198. 

Wappler,  Architekt,  k.  k. 
Professor  185. 

Weber  Anton,  Architekt 
16,  38,  442,  463,  480, 
492,  501. 

Weber  August  10,  317,  345. 

Weckbecker  W.,  Freih.  v 
172,  512,  515. 

Weeger  L.,  k.  u.  k.  Haupt- 
mann 309,  312. 

Wehrenpfennig  Hermann, 
k.  k.  Oberingenieur  199, 
417. 

Weinwurm  Michael  43. 

Weißkern  106. 

Weymann,    Architekt  330. 

Weyr  Rudolf  110,  112,  119, 
172,  328,  359,  387,  418, 
473,  480,  481,  493,  501. 

Wiedenfeld,  Hugo  v.,  Ar- 
chitekt 92,  435. 


Wielemans,  Alexander  v., 
Architekt,  k.  k.  Ober- 
baurat   16,    18,   81,    82, 

141,  421,  432. 

Wiener  v.,    Dr.    193,    197. 

Wieser,  Freih.  v.,  Architekt 
250,  280. 

Wilczek  Hans,  Graf  244, 
284,  285. 

Wilhelm  F.,  Architekt  456. 

Winkler  E.,  Dr.,  Professor 
75,  76,  77,  78,  85,  174, 
178,  179,  183,  184,  185, 
198,  201,  261,  280,  328, 
371,  373,  394. 

Winter  Gustav  123. 

Wipplinger  Franz,   Bau- 
meister 96. 

Wist  J.  185. 

Witt,  Jean  de  399. 

Wittrisch,  Architekt  444. 

Wölfler  Bernhard,  Dr.  241. 

Wohlmuet  25,  392. 

Wollek,  Bildhauer  492. 

Wopelka    Karl     125,    131, 

142,  156. 

Würzner  Alois,  Dr.,  Direk- 
tor 202. 
Wurm  Alois  13,  396. 

Ypen,    Simon    Baron  van, 
Ingenieur-Oberstleut- 
nant 313. 

Zach  Andreas,  Baumeister 

68. 
Zanetti,  Architekt  444. 
Zauner  Franz  43,  117,  393, 

470,  500. 
Zenetti  10. 
Zerritsch  F.  473. 
Zettl,  Baurat  230. 
Zimmermann  Alb.  212, 328. 
Zimpel  Gonzaga  242. 
Zoller  Franz  63. 
Zotter  E„  Architekt  82. 
Züllich,  Andreas  v.  138. 
Zumbusch,  Kaspar   P.    v., 

k.  k.  Professor  245,  473, 

475,  476. 
Zwirner  10. 


VERZEICHNIS  DER  TEXTABBILDUNGEN. 


Abb.  Seite 

1  Das  Burgtor  (Architekt  Peter   von  Nobile) 

vom  Heldenplatze  gesehen 3 

2  Mittelpartie  vom  Waffenmuseum  des  Arsenals. 

Architekt  Theophil  Hansen      5 

3  Hauptportal    der    Votivkirche.    Nach    einer 

Handzeichnung  von  Architekt  Heinrich 
von  Ferstel 7 

4  Mittelrisalit  vom  Haasschen  Warenhaus.  Ar- 

chitekt E.  van  der  Null 11 

5  Rekonstruktionsentwurf  für  das  Burgtor  von 

Architekt  Th.  von  Hansen  (1864)  ....    12 

6  Kapital  vom  Parlamentsgebäude.  Nach  einer 

naturgroßen  Handzeichnung  von  Architekt 
Theophil  von  Hansen 13 

7  Mittelteil  vom  Sühnhaus.  Architekt  Friedrich 

von  Schmidt  15 

8  Angenommener  Entwurf  für  die  Kaiser-Jubi- 

läumskirche. Nach  einer  Zeichnung  von 
Architekt  V.  Luntz 17 

9  Eckrisalit    eines   Arkadenhauses.     Architekt 

F.  von  Neumann 19 

10  Entwurf  für  den  Ausbau  der  Hofburg  und 

die  Hofmuseen.  Nach  einer  Zeichnung  von 
den  Architekten  G.  Semper  und  K.  von 
Hasenauer 21 

11  Detail    vom  Naturhistorischen  Hofmuseum. 

Architekten  G.  Semper  und  K.  von  Hasen- 
auer     23 

12  Stephansdom.     Relief     (aus     der    Leidens- 

geschichte  Christi)    an    der  Südseite  des 

Chores      ...           25 

13  Metropolitankirche  zu  St.  Stephan.  1  :  1000  .  26 

14  Kirche  St.  Ruprecht  im  I.  Bezirke      ....  27 

15  »       St.  Michael,  I.,  Michaelerplatz   ...    27 

16  Burgpfarrkapelle  im  1.  Bezirke 27 

17  Minoritenkirche  im  I.  Bezirke 27 

18  Hofpfarrkirche  zu  St.  Augustin,  I.,  Augustiner- 

straße       27 

19  Kirche  Maria  am  Gestade  im  I.  Bezirke  .    .    27 

20  »       St.     Elisabeth     (deutscher     Orden), 

I.,  Singerstraße .27 

21  Kirche    zu    den    neun    Chören    der   Engel, 

I.,  Am  Hof 27 

22  Kirche   St.  Johann   (Malteser),   1.,   Kärntner- 

straße      27 

23  Westseite  des  Stephansdomes  mit  den  Heiden- 

türmen-und  dem  großen  Turm 28 

24  Stephansdom,     Ostseite     des     umgebauten 

Turmes  mit  der  Kanzel  des  Capistranus  .    29 

25  Schnitt  des  Stephansturmes  in  der  Höhe  des 

Helmes 31 

26  Ansicht  des  Stephansdomes  von   Stock-im- 

Eisen-Platz 31 

27  Mittelschnitt  des  Stephansdomes 32 


Abb.  Seile 

28  Grabmal  Kaiser  Friedrich  III.  (gest.  1493)  im 

Stephansdom 33 

29  Deckel  des  Grabmales  Kaiser  Friedrich  III. 

im  Stephansdom 34 

30  Stephansdom,  Armenseelennische  anderOst- 

seite    des  Chores    mit   dem    Fresko    (das 

Fegefeuer)  von  Danhauser 36 

31  Stephansdom,    Reliefbild    (Christus   am   öl- 

berge)  an  der  Südseite  des  Chores   ...  37 

32  St.  Ruprecht  im  I.  Bezirke 38 

33  Inneres  der  Ruprechtskirche    ......  39 

34  Reliefbild  am  Äußeren  der  Michaeierkirche  39 

35  Michaeierkirche    ....        40 

36  Inneres  der  Salvatorkapelle 40 

37  Portal  der  Salvatorkapelle 41 

38  >         »     Minoritenkirche 41 

39  Minoritenkirche   (in   Restauration   begriffen)  42 

40  St. Georgs-Kapelle.  Grabmal KaiserLeopoldll.  42 

41  Inneres  der  Augustinerkirche 43 

42  St.  Georgs-Kapelle  (Augustinerkirche)  ...  44 

43  Turmhelm  der  Kirche  Maria  am  Gestade    .  45 

44  Maria  am  Gestade,  Portal  mit  Baldachin     .  46 

45  Franziskanerkirche 48 

46  Kapuzinerkirche 48 

47  Karmeliterkirche  (St.  Theresa)  im  II.  Bezirke  48 

48  Barmherzigenkirche,  II.,  Taborstraße     ...  48 

49  Jesuitenkirche  (Alte  Universitätskirche),  I.,  Uni- 

versitätsplatz       48 

50  Paulanerkirche  (zu  den  Schutzengeln),  IV., 

Paulanerplatz 48 

51  St.  Anna,  I.,  Annagasse 48 

52  Schottenkirche  (zu  unserer  lieben  Frau),  I., 

Freiung 48 

53  St.  Rochus  und  St.  Sebastian  im  III.  Bezirke  48 

54  Serviten-Kirche    (Maria    Verkündigung)    im 

IX.  Bezirke 48 

55  St.  Ulrichs-Kirche  (Maria  Trost)  im  VII.  Be- 

zirke    48 

56  St.  Ursula,  I.,  Johannesgasse 48 

57  St.  Leopold 49 

58  Kirche  zu  Mariahilf,  VI.  Bezirk 49 

59  St.  Josef  auf  der  Laimgrube  im   VI.  Bezirk  49 

60  Kirche  zur  hl.  Dreifaltigkeit,  IX.,  Alserstraße  49 

61  Piaristenkirche  (Maria  Treu)  im  VIII.  Bezirke  49 

62  St.  Peter  im  I.  Bezirke 49 

63  Kirche  zu  den  vierzehn  Nothelfern  in  Lichten- 

tal 49 

64  St.  Karl  Borromeus  im  IV.  Bezirke    ....  49 

65  Kirche  der  Salesianerinnen.  III.,  Rennweg    .  49 

66  Waisenhauskirche  im  IX.  Bezirke 49 

67  St.  Florian  in  Matzleinsdorf 49 

68  Stiftskirche  auf  der  Laimgrube 49 

69  Kirche  St.  Thekla  auf  der  Wieden     ....  49 

70  Heiligenkreuzkirche,  III.  Rennweg 50 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


529 


Abb.  Seite 

71  St.  Ägydius-Kirche  in  Gumpendorf    ....  50 

72  Kirche  St.  Josef  im  V.  Bezirke 50 

73  St.  Laurenzius-Kirche    am    Schottenfeld    im 

VII.  Bezirke      .       .    .               50 

74  Kirche  zu  Maria  Geburt,  III.,  Rennweg    .    .  50 

75  Jesuitenkirche,  I.,  Universitätsplatz     ....  51 

76  Inneres  der  Jesuitenkirche 52 

77  Dominikanerkirche  im  I.  Bezirke 53 

78  Inneres  der  Dominikanerkirche 54 

79  Schottenkirche,  I.,  Freiung 55 

80  Brigittakapelle  im  XX.  Bezirke 56 

81  St.  Rochus-Kirche  im  III.  Bezirke    .    .        .    .  56 

82  Servitenkirche  im  IX.  Bezirke 57 

83  Kirche    zu    den    neun    Chören    der   Engel, 

I.,  Am  Hof 58 

84  Kirche  zu  Mariahilf  im  VI.  Bezirke    .    .    .    .  59 

85  »       zur  Dreieinigkeit  im  IX.  Bezirke    .    .  59 

86  >       zu  St.  Peter  im  I.  Bezirke 60 

87  Portal  der  Peterskirche 61 

88  Klosterkirche     der     Elisabethinerinnen     im 

III.  Bezirke 62 

89  Kirche  zu  den  vierzehn  Nothelfern  im  IX.  Be- 

zirke          .63 

90  Glockensäule  der  Kirche  St.  Karl  Borromeus  64 

91  Inneres  der  Karlskirche 65 

92  Kirche  der  Salesianerinnen 66 

93  Inneres  der  Waisenhauskirche     .    .           .    .  67 

94  Johanneskapelle  im  II.  Bezirke 68 

95  Stiftskirche  im  VII.  Bezirke 69 

96  Kirche  zum  hl.  Kreuz,  III.,  Rennweg    ...  70 

97  »       zu  Maria  Geburt,  III.,  Rennweg    .    .  70 

98  Inneres  der  Kirche  zu  Maria  Geburt     ...  71 

99  Kirche  zu  Altlerchenfeld,  VII.  Bezirk     ...  73 

100  Votiv-(Heilands-)Kirche,     IX.,     Maximilian- 

platz    73 

101  Lazaristenkirche  im  VII.  Bezirke 73 

102  St.   Othmar    (unter    den    Weißgerbern)    im 

III.  Bezirke 73 

103  Pfarrkirche  in  der  Brigittenau,  XX.  Bezirk  73 

104  in  Fünfhaus,  XV.  Bezirk     ...  73 

105  Klosterkapelle      der    Dominikanerinnen     in 

Hacking 73 

106  Klosterkirche    der    P.     P.     Karmeliten     im 

XIX.  Bezirke 74 

107  Klosterkirche    der  P.  P.  Redemptoristen  im 

XVII.  Bezirke 74 

108  Pfarrkirche  zu  St.  Leopold  in  Gersthof    .    .  74 

109  »          in  Rudolfsheim,  XIV.  Bezirk  .    .  74 

110  Kaiser  Franz  Josef-Jubiläumskirche  im  II.  Be- 

zirke     74 

111  Pfarrkirche  (zur  hl.  Familie)  in  Ottakring    .  74 

112  am  Breitenfeld,  VIII.  Bezirk    .    .  74 

113  Kirche  in  Breitensee,  XIII.  Bezirk 74 

114  Antoniuskirche  im  X.  Bezirke 75 

115  Canisiuskirche  im  IX.  Bezirke      .....  75 

116  St.  Johann  von  Nepomuk 75 

117  Pfarrkirche  zu  Altlerchenfeld 76 

118  Portal  der  Pfarrkirche  zu  Altlerchenfeld  .    .  77 

119  Inneres  »            »            »                »             .    .  78 

120  Votiv-(Heilands-)Kirche,      südliches      Quer- 

schiff    79 

121  Lazaristenkirche  im  VII.  Bezirke 80 

122  Kirche  zur  hl.  Familie  im  XVI.  Bezirke       .  80 

123  Inneres  der  Antoniuskirche  im  X.  Bezirke    .  81 

124  Pfarrkirche  zum  hl.  Antonius  im  X.  Bezirke  82 

125  Klosterkirche  der  Karmeliten  im  XIX.  Bezirke  83 

126  Redemptoristenkirche  in  Hernais        ....  83 

127  Lazaristenkirche,  VII.,  Kaiserstraße    ....  83 

128  Kirche  St.  Othmar  (unter  den  Weißgerbern) 

im  III.  Bezirke 83 

129  Pfarrkirche  in  der  Brigittenau      84 

Bd.  II. 


Abb.  Seite 

130  Kaiser  Franz  Josef-Jubiläumskirche  im  II.  Be- 

zirke      84 

131  Breitenfelderkirche 84 

132  Canisius-Kirche  im  IX.  Bezirke 84 

133  Elisabeth-Kirche  im  IV.  Bezirke 85 

134  Evangelische  Kirche  A.  C,  I.,  Dorotheergasse  86 

135  »                »       H.  C,  I.,  Dorotheergasse  86 

136  »                >       VI.,Gumpendorferstraße  86 

137  »                »      im  XVIII.  Bezirke      .  86 

138  »           Kapelle  auf  dem  Matzleinsdorfer 
Friedhofe 86 

139  Evangelische  Kirche  H.C.,  I., Dorotheergasse  86 

140  Turm  der  evangelischen  Kirche  im  XVIII.  Be- 

zirke     86 

141  Evangelische  Kapelle  auf  dem  Friedhofe  in 

Matzleinsdorf 87 

142  Synagoge   I.,  Seitenstettengasse 88 

143  »          II.,  Tempelgasse 88 

144  »          XV.,  Turnergasse 88 

145  »          XVI.,  Hubergasse 88 

146  »          XVIII.,  Schopenhauerstraße  ...  88 

147  VI.,  Schmalzhofgasse 88 

148  »           IX.,  Müllnergasse 88 

149  VIII.,~Neudeggergasse 88 

150  X.,  Humboldtgasse 88 

151  >           IL,  Leopoldsgasse 88 

152  »            IL,  Zirkusgasse 88 

153  Serbische  Kirche,  III.,  Veithgasse 88 

154  Kirche  der  nicht  unierten  Griechen,  L,  Fleisch- 

markt       88 

155  Russische  Kirche,  III.,  Richardgasse   ....  88 

156  Kirche  der  unierten  Griechen,  L,  Postgasse  88 

157  »          »     nicht  unierten  Griechen,  I.,  Hafner- 
steig     88 

158  Inneres  der  Synagoge   L,  Seitenstettengasse  89 

159  Portal  der  Synagoge  IL,  Tempelgasse  ...  90 

160  Synagoge  IL,  Tempelgasse 90 

161  Inneres  der  Synagoge  IL,  Leopoldsgasse  91 

162  »            »          VI.,  Schmalzhofgasse  91 

163  Türkisch-israelitische  Synagoge,   IL,  Zirkus- 

gasse, Vorhof 92 

164  Griechische  Kirche,  L,  Fleischmarkt  ....  93 

165  Synagoge  VIII.,  Neudeggergasse        ....  94 

166  Russische  Kirche,  III.,  Richardgasse   ....  95 

167  Hofburg,  alter  Teil;  Lageplan.  1:2500.    .    .  97 

168  Hofburg,  Schweizertor 98 

169  Fassade  der  Hofbibliothek  gegen  den  Josefs- 

platz      99 

170  Hofbibliothek,  I.  Stock.  1  :  1000 101 

171  Hofburg,  Detail  vom  Reichskanzleitrakt   .    .  102 

172  Reichskanzleitrakt,  Durchfahrt 103 

173  Hofburg,  Michaeiertrakt 104 

174  Hofburg,  neuer  Teil  (Grundriß  des  im  Bau 

begriffenen  Flügels    nach    dem  ursprüng- 
lichen Entwürfe  Hasenauers).  1  ;  2000  .    .  105 

175  Neubau  der  Hofburg.  Ansicht  vom  Helden- 

platze        106 

176  Neubau  der  Hofburg.  Ansicht  vom  Kaiser- 

garten       .107 

177  Oberes  Belvedere.  Grundriß  I.  Stock.  1  :  1000  108 

178  Belvedere.    Gesamtanlage    nach  dem  Stiche 

von  S.  Kleiner 108 

179  Belvedere,  Unterfahrt         109 

180  »           Treppenhalle 111 

181  »           südliches  Tor 112 

182  Zierbassin  im  Belvederegarten 112 

183  Belvedere,  Mittelsaal 113 

184  Schönbrunn  aus  der  Vogelperspektive  (nach 

dem  Aquarell  von  Raschka) 114 

185  Vorderansicht  des  kaiserlichen  Lustschlosses 

Schönbrunn 115 

34 


530 


Verzeichnis  der  Textabbildungen 


Abb.  Seite  Abb. 

186  Gartenseite    des    kaiserlichen  Lustschlosses  231 

Schönbrunn 115 

187  Schönbrunn.  Gloriett 115  232 

188  Kaiserliches   Jagdschloß   im    Tiergarten    bei 

Lainz 116         233 

189  Das  Augartenpalais 117 

190  Kaiserliches  Lustschloß  in  Hetzendorf  .    .    .117         234 

191  Palais     der    königlich     ungarischen    Garde 

(Trautson-Palais) 118  235 

192  Stiegenhaus  im  Trautson-Palais      119 

193  Hofstallgebäude 120  236 

194  Giebelverzierung     des     Laurenzergebäudes,  237 

I.,  Fleischmarkt 121         238 

195  K.  u.  k.  Haus-,   Hof-  und  Staatsarchiv  und 

Ministerium  des  Äußern,  I„  Ballhausplatz  122         239 

196  K.  u.  k.  Ministerium  des  Äußern ;  k.  u.  k.  Haus-,  240 

Hof-  und  Staatsarchiv.  Erdgeschoß.  1  :  650  122 

197  K.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv.  Quer-  241 

schnitt  1  :  500 122 

198  K.  u.  k.  Reichs -Finanzministerium.     Erdge-  242 

schoß  1  :  800 123 

199  K.   u.   k.   Reichs-Finanzministerium.    1.,    Jo-  243 

hannesgasse 123         244 

200  Gemeinsamer  Oberster  Rechnungshof.  Hof, 

I.,  Herrengasse  23 124         245 

201  GemeinsamerObersterRechnungshof.  Portal, 

I.,  Herrengasse  23 .      124         246 

202  Königl.  ungarische  Hofkanzlei,  I.,  Bankgasse  125         247 

203  Ministerium  des  Innern.  Erster  Stock.  1  :  800  125  248 

204  »  »  I.,  Judenplatz  ...  126         249 

205  »            »          »        Portal  in  der  Wipp- 
lingerstraße 127  250 

206  Finanz-Ministerium      (Prinz     Eugen-Palais).  251 

Erster  Stock.  1  :  800 127  252 

207  Finanz-Ministerium,  I.,  Himmelpfortgasse     .  128 

208  Treppenhaus  im  Finanz-Ministerium      .    .    .  129  253 

209  Vestibül  im  Finanz-Ministerium 129  254 

210  Unterrichts-Ministerium,  I.,  Minoritenplatz   .  130  255 

211  Parlamentsgebäude.  Gesamtansicht  von  der 

Ringstraße 132  256 

212  Parlamentsgebäude.    Grundriß    des    Haupt- 

geschosses 1  :  1000 132  257 

213  Parlamentsgebäude.  Zentralhalle 132  258 

214  Bankogebäude,  I.,  Singerstraße  17      ....  134 

215  Stiegenhaus    im  Bankogebäude,    I.,   Singer-  259 

Straße  17 135 

216  Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraße  3.  Eben-  260 

erd.  1  :  1000 136         261 

217  Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraße  5  und  7  136         262 

218  Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraße  5.  Eben- 

erd.  1  :  1000 136  263 

219  Finanzgebäude,  III.,  Zollamtsstraße  7.  Eben- 

erd.  1  :  1000 136         264 

220  Finanzgebäude,  III.,   Vordere  Zollamtsstraße  137 

221  Fassadenteil    des  k.  k.  Postsparkassenamts-  265 

gebäudes 139         266 

222  Das      Postsparkassenamtsgebäude.      Hoch- 

parterre. 1  :  1000 139  267 

223  Justizpalast  140 

224  Justizpalast.  Ebenerd.  1  :  1000      140  268 

225. Hof  des  Justizpalastes,  I.,  Schmerlingplatz  .  141  269 

226  Palais       Schönborn       (Oberlandesgericht), 

VIII.,  Laudongasse  17 143         270 

227  K.    k.    Landesgericht     und     Gefangenhaus, 

VIII.,  Landesgerichtsstraße  21.  ErsterStock.  271 

1  :  1500 143  272 

228  Polizeidirektion.  Ebenerdgeschoß.  1  :  800  .    .  144 

229  Neues  Polizeigebäude  (Elisabethpromenade).  273 

Hochparterre.  1  :  800 144 

230  Neues  Polizeigebäude,   IX.,  Elisabethprome-  274 

nade 145         275 


Seite 

Hydrometrische     Prüfungsanstalt.      Schnitt. 
1  :  300 147 

Amtshaus    der   k.  k.   Tabakregie.    Ebenerd. 
1  :  800 148 

Amtshaus  der  k.  k.  Tabakregie,  IX.,  Porzellan- 
gasse 51 149 

K.  k.  Versatz-  und  Versteigerungsamt  (Doro- 
theum).  Ebenerd.  1:800 150 

K.  k.  Versatz-  und  Versteigerungsamt  (Doro- 
theum),  I.,  Dorotheergasse  17 150 

Das  Hauptmünzamtsgebäude,  Am  Heumarkt  151 

Hauptmünzamtsgebäude.  Ebenerd.  1  :  1000  .  152 

Grundriß  des  Maschinenhauses   des  Münz- 
amtes. 1  :  1000         152 

K.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei,  III.,  Rennweg  153 
»    »     »        »                »               Erster  Stock. 
1  :  1000 153 

Lageplan    der   k.  k.   Tabak-Hauptfabrik   im 
XVI.  Bezirke.  1  :  2500 154 

Fabrikationsgebäude.   Grundriß'des  zweiten 
Stockes.  1  :  1000 ".."...      154 

Zigarrenvorrichtsaal 155 

Niederösterreichische  Statthalterei,  I.,  Mino- 
ritenplatz    156 

Niederösterreichisches    Landhaus,    I.,  Mino- 
ritenplatz           .    .  156 

Vestibül  des  Landhauses 157 

Hof  des  Landhauses      157 

Altes  Rathaus,  I.,  Wipplingerstraße    ...      158 
»             »         »                  »              Ebenerd. 
1  :  1000 159 

Altes  Rathaus,   I.,  Wipplingerstraße.    Portal  159 

Das  neue  Rathaus.  Erster  Stock.  1  :  1000    .  160 

Neues  Rathaus.    Fassade    gegen    die    Ring- 
straße      161 

Neues  Rathaus,  Arkadenhof     ......  162 

»  »         Gemeinderats-Sitzungssaal  .  163 

Amtshaus  für  den  X.  Bezirk  mit  Schule  und 
Pfarrhaus      164 

Amtshaus    für    den    XVI.    Bezirk,    Richard 
Wagner-Platz.  Erster  Stock..  1  :  800    ...  164 

Amtshaus  für  den  XVI.  Bezirk 165 

Gesamtansicht  des  Amtshauses  für  den  XX.  Be- 
zirk mit  angebauten  Zinshäusern   ....  165 

Amtshaus  für  den  XX.  Bezirk.  Erster  Stock. 
1  :  800 166 

Rathaus  in  Floridsdorf  (XXI.  Bezirk)    ...  166 
Erster  Stock.  1  :  800  167 

Naturhistorisches     Hofmuseum.      Langseite 
gegen  den  Maria  Theresien-Platz  ....  169 

Naturhistorisches  Hofmuseum.  ErsterStock. 
1  :  1200 170 

Kunsthistorisches  Hofmuseum.  ErsterStock. 
1  :  1200 170 

Kunsthistorisches  Hofmuseum.  Stiegenhaus  .  171 

Österreichisches    Museum     für    Kunst    und 
Industrie,  I.,  Stubenring 172 

Österreichisches   Museum    für   Kunst    und 
Industrie.  Ebenerd.  1  :  1000 173 

Kunstgewerbeschule.  Erster  Stock.  1:800    .  173 

Akademie    der  Wissenschaften    (Alte  Aula). 
1  :800 174 

Akademie    der  Wissenschaften   (Alte   Aula), 
1.,  Universitätsplatz 175 

Antiqua  domus,  L,  Sonnenfelsgassc  .    .    .      176 

Hauptgebäude  der  Universität.  Front  gegen 
die  Ringstraße 177 

Universitäts-Hauptgebäude.      Erster      Stock. 
1  :  1200 178 

Universität,  Stiegenhaus 179 

Chemisches  Institut  der  Universität  ....  180 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


531 


Abb.  Seite 

276  Chemisches  Institut.  Ebenerdgeschoß.  1:1000  180 

277  Anatomisches  Institut  der  Universität.  1:800  181 

278  »  »        Ebenerdgeschoß. 

1  :  500 181 

279  Anatomisches  Institut.  Schnitt.  1  :  500   .    .    .  181 

280  Physiologisches  Institut.  Hochparterre.  1:800  182 

281  »  »        Schnitt.  1  :  500      .    .  182 

282  der  Universität  ...  182 

283  Sternwarte  auf  der  Türkenschanze.  Ebenerd- 

geschoß. 1  :  800 183 

284  Sternwarte  auf  der  Tiirkenschanze    ...       183 

285  Zentralstation    für   Meteorologie    und   Erd- 

magnetismus. Ebenerdgeschoß.  1:800.    .184 

286  Geologische  Reichsanstalt.   Ebenerdgeschoß  184 

287  »                     >               (Rasumofsky- 
Palais) 185 

288  Technische  Hochschule 186 

289  »  »  Ebenerd.  1  :  1000  .  186 

290  Elektrotechnisches    Institut.     Erster    Stock. 

1  :  800 187 

291  Elektrotechnisches  Institut.  Schnitt.  1  :  500  .  187 

292  »  »        188 

293  Hochschule  für  Bodenkultur 188 

294  »  »  »  Hochparterre 

1  :  1000 189 

295  Studentenheim   der  Hochschule   für  Boden- 

kultur.  Parterre  und  erster  Stock.  1:600  189 

296  Studentenheim  der  Hochschule   für  Boden- 

kultur 1  :600         189 

297  Akademie    der   bildenden  Künste.   Ebenerd. 

1  :  1000 .190 

298  Akademie  der  bildenden  Künste.  Front  gegen 

den  Schillerplatz 191 

299  Theresianische    Akademie,    IV.,    Favoriten- 

straße         192 

300  Konsularakademie,  IX.,  Waisenhausgasse        193 

301  »                 Ebenerd      und     zweiter 
Stock.  1  :  600 194 

302  Offizierstöchter-Erziehungsinstitutin Hernais. 

Lageplan.   1  :  3000 195 

303  Lehrerinnenbildungsanstalt 196 

304  »  I.,     Hegelgasse. 
Erster  Stock.  1  :  800  .    .        .    .  196 

305  Staatsgymnasium   im   V.   Bezirke.    Ebenerd. 

1  :  800 199 

306  Staatsgymnasium  in  Hietzing.  Erster  Stock. 

1  :  800 1 99 

307  Obergymnasium  in  Döbling.  Ebenerd.  1  :  800  200 

308  Oberrealschule  im  VI.  Bezirke.  Erster  Stock. 

1  :  800         ....  201 

309  Oberrealschule,  XV.,  Henriettenplatz     .       .  202 

310  »  »  »  Ebenerd. 

1  :  800 202 

311  K.  k.  Franz  Josef-Staatsrealschule.  Ebenerd. 

1  :  800 203 

312  Technologisches  Gewerbemuseum     ....  205 

313  Technologisches  Gewerbemuseum,  Galerie- 

saal  206 

314  Technologisches  Gewerbemuseum, Lehrwerk- 

stätte für  Schlosserei .    .  207 

315  Technologisches      Gewerbemuseum.      Erd- 

geschoß. 1  : 1000 211 

316  Staatsgewerbeschule    im    X.    Bezirke.    Erd- 

geschoß      211 

317  GraphischeLehr-  und  Versuchsanstalt.  Dritter 

Stock.  1  :800 212 

318  Volksschule,    XIII.,    Linzerstraße.     Ebenerd, 

Stockwerk.  1  :  800   .    .    .       216 

319  Lageplan  der  Schule,  XIII.,  Reinigasse.  1 :3000  217 

320  Doppelbürgerschule,   XIII.,   Reinigasse.   Par- 

terre und  erster  Stock.  1  :  800 217 


Abb.  Seite 

321  Lageplan  der  Schule  XVIII.,  Schopenhauer- 

straße. 1  :  3000 218 

322  Doppel-Volks-     und     Bürgerschule,    XVIII., 

Schopenhauerstraße.  1:800      ....  218 

323  Doppel-Volksschule,  XIV.,  Kauergasse.  1 :800  218 

324  Volks-  und  Bürgerschule,  II.,  Schüttaustraße  219 

325  Lageplan    der    Schule    II.,    Schüttaustraße. 

1  :  3000  219 

326  Volks-  und  Bürgerschule,  II..  Schüttaustraße. 

Ebenerd.  1  :  800       219 

327  Lageplan  derSchule  XVI.,  Wilhelminenstraße. 

1  : 3000 220 

328  Volksschule,  XVI ,  Wilhelminenstraße.  Eben- 

erd. 1  :  800 220 

329  Volksschule,  XVI ,  Wilhelminenstraße  .    .      220 

330  Lehrsaal  der  Volksschule,  XVI.,  Wilhelminen- 

straße      221 

331  Turnsaal  der  Volksschule  XVI.,  Wilhelminen- 

straße      221 

332  Volksschule,  IL,  Witteisbachstraße     ...      222 

333  Tor   des   Allgemeinen    Krankenhauses,   IX , 

Alserstraße 225 

334  Allgemeines    Krankenhaus,  IX.,  Alserstraße. 

Lageplan.  1  :  5000       .    .    .    . 226 

335  Erste  Stätte  für  die  pathologische  Anatomie 

in  Wien 227 

336  Allgemeines  Krankenhaus.  Hof  I        .    .        .  227 

337  Neue  k.  k    Krankenanstalt,  IX.,  Spitalgasse. 

Lageplan.  1  :  4000 228 

338  Krankenhaus  Wieden.  Lageplan.  1  :  2000      .  229 

339  Krankenanstalt    Kronprinz    Rudolf-Stiftung. 

Lageplan.  1  :  2000        230 

340  Krankenanstalt  Kronprinz  Rudolf-Stiftung      230 

341  Elisabeth-Spital.  Lageplan.  1:2000     ...      231 

342  »               Bettina-Pavillon.     Erster 
Stock.  1  :  600 232 

343  Plastik  im  Bettina-Pavillon 232 

344  Stephanie-Spital.  Ebenerd    1  :  800       ....  233 

345  Sophien-Spital    Ebenerd.  1  :  600 233 

346  Kaiser  Franz  Josef-Spital,  X.,  Triesterstraße. 

Lageplan.  1  :  3000  234 

347  Kaiser  Franz  Josef-Spital,  X.,  Triesterstraße. 

Perspektivische  Ansicht .    234 

348  Kaiser    Franz    Josef-Spital.     Pavillons     für 

Internkranke.  1  :  600       235 

349  Kaiser    Franz     Josef-Spital.     Pavillons     für 

Internkranke.  Schnitt.  1:600  .  .235 

350  Wilhelminen-Spital     und     Kinderspital    der 

Gemeinde  Wien.  Lageplan.  1:3000  .  236 

351  Wilhelminen-Spital.     Gebäude    A.     Zweiter 

Stock.  1  :  800        .  236 

352  Wilhelminen-Spital.   Pavillon  für  elf  Betten. 

1  :  600 236 

353  Wilhelminen-Spital.     Operationshaus.    Erd- 

geschoß. 1  :  600 236 

354  Lymphanstalt.  Ebenerd.  1  :  600 237 

355  Diphtherieheilseruminstitut.  Ebenerd    1  :  600  237 

356  Epidemiespital     der    Gemeinde     Wien     im 

X.  Bezirke.  Lageplan    1  :  1000 238 

357  Spital  der  Barmherzigen  Brüder,  IL,  Tabor- 

straße.  Lageplan.  1  :  3000      239 

358  Spital  der  Barmherzigen  Brüder,    IL,  Große 

Mohrengasse.  Erster  Stock    1  :  1000  .    .    .239 

359  Spital    der    israelitischen     Kultusgemeinde 

Lageplan.  1  :  1750 241 

360  Spital    der    israelitischen     Kultusgemeinde. 

Ebenerd.  1  :  800 241 

361  Allgemeine  Poliklinik.  Hochparterre.    1:800  242 

362  Rudolfiner-Haus.  1  :  1750 244 

363  »  Hauptgebäude.  Erdgeschoß. 

1  :  800 245 

34* 


532 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


Abb.  Seite 

364  Rudolfiner-Haus.   Billroth-Pavillon   und  Ka- 

pelle     245 

365  St.  Annen-Kinderspital.  Ebenerd.  1  :  800  .    .  247 

366  St.  Josef-Kinderspital.  Lageplan.  1  :  800    .      248 

367  Leopoldstädter  Kinderspital.  Ebenerd.  1  :  800  249 

368  »  >  Zweiter    Stock. 

1  :  800 249 

369  Kronprinz    Rudoli-Kinderspital.     Lageplan. 

1  :  1500 250 

370  Kronprinz   Rudolf-Kinderspital.    Diphtherie- 

Pavillon.  Ebenerd.  1  : 600 250 

371  Karolinen-Kinderspital.  Lageplan.  1:700.      250 

372  Faniteum.  Obergeschoß.  1  :  600 251 

373  »  im  XIII.  Bezirke 251 

374  Sanatorium  Dr.  Loew,  IX.,  Mariannengasse. 

Ebenerd.  1 : 800   253 

375  Privatheilanstalt  Dr.   Fürth  im  VIII.  Bezirke. 

Ebenerd.  1 : 600  254 

376  Sanatorium  Vorderbrühl.  Erster  Stock  .    .      254 

377  Niederösterreichische  Landes-Irrenanstalt  im 

IX.  Bezirke.  Lageplan.  1  :  500      256 

378  Landes-Heil-  und  Pflegeanstalten  im  XIII.  Be- 

zirke. Lageplan.  1  :  8000        257 

379  Privat-Heilanstalt   in    Ober-Döbling.     Lage- 

plan. 1  : 4000 258 

380  Niederösterreichische    Landes-Findelanstalt. 

Lageplan.  1  :  3000 259 

381  Blindenerziehungsinstitut.  Ebenerd.  1  :  600  .  260 

382  Blindenerziehungsinstitut 261 

383  Israelitisches  Blindeninstitut.  Ebenerd.  1  :  800  261 

384  Waisenhaus  im  X.  Bezirke.    Zweiter  Stock. 

1  :  800 262 

385  Evangelisches     Waisenhaus.     Erster    Stock. 

1  :  500 262 

386  Waisenhaus  für  israelitische  Mädchen,  XIX., 

Feldgasse.  Zweiter  Stock.  1  :  600    .    .    .      262 

387  Waisenhaus  für  israelitische  Mädchen,  XIX., 

Bauernfeldgasse,  Hochparterre.  1  :  800  .    .  263 

388  Bürgerversorgungshaus.  Erster  Stock.  1:1000  265 

389  Versorgungshaus  im  XIII.  Bezirke.  Lageplan. 

1  :  6000 266 

390  Versorgungshaus.  Verwaltungsgebäude  und 

Kirche.  Ebenerd.  1  :  1000 266 

391  Versorgungshaus.Krankenheim.  ErsterStock. 

1  :  1000 267 

392  Versorgungshaus.  Männer-  und  Frauenheim. 

Erster    Stock.  1  :  1000 267 

393  Versorgungshaus.     Ehepaarheim.     Ebenerd. 

1  :  1000 267 

394  Versorgungshaus.  Männer-  und  Frauenheim 

(Mittelbau,  Vorderansicht) 268 

395  Versorgungshaus.      Ehepaarheim     (Vorder- 

ansicht)   269 

396  Asyl  und  Werkhaus  im  X.  Bezirke.  Ebenerd. 

1 : 1650  271 

397  Asyl  für  Obdachlose  im  III.  Bezirke.   Eben- 

erd. 1  :  800 271 

398  Wärmestube  im  X.  Bezirke.  Ebenerd.  1  :  500  272 

399  Städtisches  Donaustrombad  an  derKronprinz 

Rudolf-Brücke 273 

400  Städtisches  Donaustrombad  an  derKronprinz 

Rudolf-Brücke.  Querschnitt.  1  :  500    .    .    .  274 

401  Veranda  des  städtischen  Donaustrombades 

an  der  Kronprinz  Rudolf-Brücke    ....  274 

402  Städtisches  Donaustrombad  an  derKronprinz 

Rudolf-Brücke.  Ebenerd-Grundriß.  1  :  1800  275 

403  Städtisches  Strombad  im  Donaukanal.    An- 

sicht und  Grundriß.  1  :  500 275 

404  Städtisches  Strombad  im  Donaukanal.  Quer- 

schnitt. 1  :  150 275 


Abb.  Seite 

405  Städtisches  Donaustrombad  an  der  Sophien- 

brücke     266 

406  Inneres  eines  städtischen  Donaustrombades  276 

407  Schwimmbassin   des  städtischen  Theresien- 

bades  im  XII.  Bezirke 277 

408  Volksbad  im  VI.  Bezirke.  Erster  Stock.  1  :  500  277 

409  »  XVI.      »  »  >       1  :  500  277 

410  Zentralbad  im  I.  Bezirke.  Mezzanin.    1  :  500  279 

411  Dianabad  im  II.  Bezirke.    Ebenerd.    1:1000  280 

412  Römisches  Bad  im  II.  Bezirke.  Parterre.  1:800  281 

413  »          »     laues  und  kaltes  Bassin  für 
Herren 281 

414  Die    Zentralstation    der   städtischen    Feuer- 

wehr, I.,  Am  Hof 283 

415  Altes  Zeughaus,  I.,  Am  Hof 284 

416  Zentralstation     der    Freiwilligen    Rettungs- 

gesellschaft. Ebenerd.  1  :  800   .       .    .       .285 

417  Wiener      Freiwillige      Rettungsgesellschaft. 

Loggia  und  Durchfahrt .  286 

418  Filiale    der  Rettungsgesellschaft   im  VI.  Be- 

zirke. Ebenerd.  1 : 600    286 

419  Sanitätsstation   XVII.,   Gilmgasse.    Ebenerd. 

1  :  600  288 

420  Reichs-Kriegsministerium,  I.,  Am  Hof  .    .    .  289 

421  Generalkommando,  I.,  Universitätsstraße      .  290 

422  Erster  Stock.  1  :  800  .    .  290 

423  Militärtechnisches  Komitee,    VI.,    Getreide- 

markt       291 

424  Lageplan  der  Kriegsschule  und  des  Techni- 

schen Militärkomitees.  1  :  3000 292 

425  Militär-geographisches       Institut.       Haupt- 

gebäude A,   VIII.,  Landesgerichtsstraße  7  292 

426  Neues  militär-geographisches  Institut.  Haupt- 

gebäude B,  VIII.,  Josefstädterstraße  73     .  293 

427  Neubau   B    des    Militär-geographischen  In- 

stitutes. Erster  Stock.  1  :  800 293 

428  Tor  der  Stiftskaserne  im  VII.  Bezirke  .    .    .  295 

429  Lageplan  der  Stiftskaserne    im  VII.  Bezirke. 

1  :  5000 295 

430  Roßauer  Kaserne.  Lageplan.  1  :  5000  ....  296 

431  Roßauer  Infanteriekaserne  im  IX   Bezirke    .  297 

432  Graf  Radetzky-Infanteriekaserne.  Lageplan  .  298 

433  Graf    Radetzky-Infanteriekaserne     auf     der 

Schmelz     .    .  < ...  298 

434  Erzherzog      Albrecht-Infanteriekaserne      im 

Prater 299 

435  Erzherzog  Albrecht-Infanteriekaserne.  Lage- 

plan     299 

436  Erzherzog  Wilhelm-Artilleriekaserne  im  Prater  300 

437  » 

Lageplan.  1  :  4000 300 

438  Erzherzog Wilhelm-Artilleriekaserneim Prater. 

Offiziers-Wohngebäude. ErsterStock.  1 :800  300 

439  Kavalleriekaserne    und    Kadettenschule    im 

XIII.  Bezirke.  1  :  5000 302 

440  Kavalleriekaserne   im    XIII.   Bezirke.   Mann- 

schafts -  Wohngebäude.        Hochparterre. 
1  :  800 303 

441  Kavalleriekaserne  im  XIII.  Bezirke.  Offiziers- 

menage. Hochparterre.  1  :  800  .    .      303 

442  Kavalleriekaserne    im    XIII.    Bezirke.    Stall- 

gebäude. 1  :  800 303 

443  Trainkaserne    im    XII.    Bezirke.    Lageplan. 

1  :  4000       304 

444  Trainkaserne  im  XII.  Bezirke.  Mannschafts- 

Wohngebäude.  Erster  Stock.  1  :  800  .    .      304 

445  Das  Arsenal   aus    der  Vogelperspektive   im 

Jahre  1864 306 

446  K.  und  k.  Arsenal.  Lageplan.  1  :  5000  ...  307 

447  Nordfront  des  Arsenals 308 


Verzeichnis  der  Textabbildungen 


533 


Abb.  Seile 

448  Hauptgebäude  der  Infanterie-Kadettenschule 

in  Breitensee,    XIII.  Bezirk.    Erster  Stock. 

1  :  1000 309 

449  Infanterie-Kadettenschule      in      Breitensee, 

XIII.  Bezirk 310 

450  Militärtierarzneiinstitut  im  III.  Bezirke.  Lage- 

plan.   1  :4000 311 

451  Militärtierarzneiinstitut  im  111.  Bezirke,  Pferde- 

klinik. Erdgeschoß.  1  :  S00 311 

452  Krankenpavillon    im  Garnisonsspital    Nr.  1. 

Ebenerd.   1  :  600 312 

453  Josefinum     (militärärztliches    Institut),    IX., 

Währingerstraße 312 

454  Kaiser     Franz     Josef-Landwehrkaserne     im 

XIII.  Bezirke.  Lageplan.  1:2000 314 

455  Kaiser    Franz    Josef -Laridwehrkaserne     im 

XIII    Bezirke 314 

456  Landwehr-Ausrüstungshauptdepot.      Vierter 

Stock.  1  :  1000 315 

457  Landwehr-Kadettenschnle    im    111.    Bezirke. 

Lageplan.  1  :  2000    . 315 

458  Landwehr-Kadettenschule  im  III.  Bezirke     .  316 

459  Hans  der  Künstlergenossenschaft,    I.,  Karls- 

platz          317 

460  Haus  der  Künstlergenossenschaft.   Ebenerd. 

1  :800 318 

461  Sitzungssaal  des  österreichischen  Ingenieur- 

und  Architektenvereines    .....        .    .  318 

462  Haus    des    Österreichischen  Ingenieur-   und 

Architekten-Vereines  und  des  Niederöster- 
reichischen Gewerbe-Vereines.  Erster 
Stock.  1  :800        319 

463  Haus    des    Österreichischen  Ingenieur-   und 

Architekten-Vereines  und  des  Niederöster- 
reichischen Gewerbe-Vereines  .    .    .  320 

464  Haus  der  k.  k.  Gesellschaft  der  Ärzte.  Erster 

Stock.  1  :  600 320 

465  Residenzhof.  Erster  Stock.  1  :  600 320 

466  Gebäude  der  Sezession.  1  :  800 320 

467  »  320 

468  Kaufmännischer  Verein.  Ebenerd.  1  :  600     .  321 

469  »         Zweiter  Stock. 

1  :  600 321 

470  Haus    der  Kaufmannschaft,    1.,    Schwarzen- 

bergplatz 321 

471  Festsaal  im  Hause  der  Kaufmannschaft    .    .  322 

472  Haus  der  Kaufmannschaft.  Ebenerd    1  :  800  323 

473  »  »  Erster        Stock. 

1  :  800 323 

474  Volksheim    im    XVI.  Bezirke.  Hochparterre. 

1  :  800 ...        .323 

475  Arbeiterheim imX.Bezirke.ErsterStock.  1:800  323 

476  Verbandshaus  derGenossenschafts-Kranken- 

kassen.  1  :  800 323 

477  Hof-Operntheater.    Grundriß    in    Höhe    der 

Parterrelogen.  1  :  1000 325 

478  Hof-Operntheater 327 

479  Hof-Burgtheater.  Grundriß  des  ersten  Ranges. 

1  : 1000 328 

480  Hof-Burgtheater 329 

481  »  Große  Logentreppe      .    .    .  330 

482  Theater  an  der  Wien.  Parterre.  1  :  1000  .    .  331 

483  Carl-Theater.  Parterre.  1:1000 331 

484  Theater  in  der  Josefstadt.  Parterre.    1  :  1000  331 

485  Lustspieltheater  im  Prater.  Parterre.  1  :  1000  331 

486  Deutsches  Volkstheater.  Parterre.  1  :  1000    .  331 

487  Raimund-Theater.  Parterre.  1  :  1000  ....  331 

488  Jubiläumstheater.  Parterre.  1  :  1000    ....  331 

489  Bürgertheater.  Parterre.  1  :  1000 331 

490  Theater  an  der  Wien.  Vorderhaus     ....  332 

491  Carl-Theater,  IL,  Praterstraße 332 


Abb.  Seite 

492  Lustspieltheater 333 

493  Deutsches  Volkstheater 334 

494  Raimund-Theater.  Schnitt.  1:600 335 

495  Raimund-Theater 335 

496  Kaiser-Jubiläums-Stadttheater  .......  336 

497  Wiener  Bürgertheater 337 

498  Etablissement  Ronacher  im  I.  Bezirke  .   .    .  338 

499  Orpheum.  Parterre.  1  :  1000      339 

500  Etablissement  Ronacher.  Mezzanin.    1  :  1000  339 

501  Kolosseum.  Ebenerd.  1  :  1000 339 

502  Apollo-Variete.  Parterre.  1  :  1000 339 

503  Zirkus  Renz.  Parterre    1  :  1000 339 

504  Zirkus  Busch    Parterre.  1  :  1000 1W 

505  »Apollo «-Variete 340 

506  Musikvereinsgebäude         342 

507  Erster  Stock  ....  342 

508  Der  Kursalon  im  Stadtpark 343 

509  »  Parterre.  1  :  800  343 

510  Gartenbausäle.  Parterre.  1  :  800  .        .    .  344 

511  Städtisches  Restaurationsgebäude  im  Kinder- 

park im  III.  Bezirke  344 

512  Wiener  Eislaufverein.  Lageplan.  1:6000  .      346 

513  Gebäude  des  Wiener  Eislaufvereines.  Ansicht 

von  der  Lothringerstraße      347 

514  Gebäude  des  Wiener  Eislaufvereines.  Eben- 

erd. 1  :  1000 347 

515  Gebäude  des  Wiener  Bicycle-Klub  im  Prater  348 

516  »     Athletiksport-Klub  348 

517  Lawn-Tennis-Häuschen  im  Prater     ....  348 

518  Die  Effekten-  und  Warenbörse 350 

519  Effektenbörse.  Großer  Börsesaal 352 

520  »  Ebenerdgrundriß.  1  :  1000  .    .  352 

521  Großer  Saal   der  Börse    für  landwirtschaft- 

liche Produkte  353 

522  Börse  für  landwirtschaftliche  Produkte.  Erster 

Stock.  1  :  800 ,353 

523  Börse  für  landwirtschaftliche  Produkte     .    .  354 

524  Bank-  und  Börsegebäude,  I.,  Herrengasse  .  355 

525  »          »                  <             »            » 
Ebenerd.  1  :  800       356 

526  Allgemeine  Verkehrsbank.   Ebenerd.    1  :  800  357 

527  »  „  357 

528  Bodenkreditanstalt.  Ebenerd.  1  :  800  .    .    .    .  358 

529  -  I.,  Teinfaltstraße  ....  358 

530  Treppenhalle    .    .        .    .  359 

531  Allgemeine  Depositenbank,  Ebenerd.  1:600  359 

532  Giro-  und  Kassenverein 359 

533  Giro-  und  Kassenverein.  Ebenerd.  1  :  600    .  360 

534  Österreichische  Länderbank.  Kassensaal   .    .  360 

535  »  »  Ebenerd.  1:800  360 

536  »  »  361 

537  Warenhaus  Ph.  Haas  &  Söhne.  Ebenerd.  1 :  600  362 

538  Warenhaus  Ernst  Wahliss.   Ebenerd.  1  :  600  362 

539  »  >  »  Zweiter    Stock. 

1  :  600 362 

540  Warenhaus  J.  Rothberger.    Parterre.    1  :  600  362 

541  »  Vierter       Stock. 

1  :  600 362 

542  Warenhaus   Stephan  Esders.  Ebenerd.  1  :  800  362 

543  »  Schein.  Schnitt.  1  :  500  .    .    .    .362 

544  Zwieback.  Parterre.  1  :  600    .    .  362 

545  »  »  Vierter  Stock.    1  :  600  362 

546  »  Ph.  Haas  &  Söhne 363 

547  Warenhausgruppe  J.  Rothberger-Kranner     .363 

548  Warenhaus  Ernst  Wahliss    .........  364 

549  »  Stephan  Esders 364 

550  Zwieback 365 

551  »  »  Schnitt.  1  :  500      .    .  365 

552  A.  Herzmansky        366 

553  »  >  »  Ebenerd. 

1  ;  600 366 


534 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


Abb.  Seite  Abb. 

554  Warenhaus  Neumann 367         604 

555  Regensburgerhof .  367 

556  I.,  Lugeck,  Parterre.  1 :600  367         605 

557  Der     Glashiittenhof.       IX.,      Liechtenstein- 

straße 22.  Zweiter  Stock.  1  :  800        ...  368         606 

558  Warenhaus  Gerngroß  (Neubau).  ErsterStock.  607 

1  :  800 368  608 

559  Warenhaus  Gerngroß 368  609 

560  Warenhaus  Gerngroß.  Innenansicht  ....  369 

561  Palais  Erzherzog  Ludwig  Viktor 371  610 

562  »        des  Erzherzog  Ludwig  Viktor.  Erster 

Stock.  1  :800 372  611 

563  Palais  des  Hoch-  und  Deutschmeisters     .    .  372         612 

564  »         »         »         »                 »             Erster  613 
Stock.   1  :  800 373         614 

565  PalaisdesHoch-undDeutschmeisters.  Großer 

Speisesaal      374         615 

566  Erzbischöfliches  Palais,  I.,   Rotenturmstraße  375 

567  Palais  Lobkowitz,  I.,  Lobkowitzplatz     .    .    .  376  616 

568  Portal  am  Palais  Lobkowitz 377  617 

569  Palais  Schwarzenberg.  Straßenseite    ....  378 

570  »  Erster  Stock.    1  :  800  379         618 

571  Schnitt    durch    das    Palais  Schwarzenberg. 

(Nach    der  Aufnahme   von   Prof.  G.  Nie-  619 

mann.) 379         620 

572  Palais  Liechtenstein,  I.,  Bankgasse.  Ebenerd.  621 

1  :  800 380 

573  Stiegenhaus  im  Palais  Liechtenstein,  I.,  Bank-  622 

gasse  9.  (Nach  einer  Aufnahme  von  Prof. 

G.  Niemann.)       381         623 

574  Portal  des  Palais  Liechtenstein,  I.,  Bankgasse  382         624 

575  »         »         »                   »          amMinoriten- 
platz 383 

576  Altes  Gartenpalais  des  Fürsten  Liechtenstein 

im  IX.  Bezirke  .    .   .    ■ 384 

577  Neues  Gartenpalais    des    Fürsten    Liechten- 

stein   im  IX.  Bezirke 384 

578  Atelier   Feodorowna   Ries    im   Gartenpalais  626 

des  Fürsten  Liechtenstein 385 

579  Palais  Auersperg,  VIII.,  Auerspergstraße  .    .  385  627 

580  »       Schönborn,  I.,  Renngasse 386         628 

581  Stiegenhaus  im  Palais  Kinsky 386         629 

582  Palais   Kinsky,  I.,  Freiung         387 

583  Portal     am     Palais    Breuner-Enkevoirth,    I.,  630 

Singerstraße  16 388         631 

584  Palais  Schönburg,  IV.,  Rainergasse    ....  389         632 

585  »      Pallavicini,  I.,  Josefsplatz 390 

586  Portal  am  Palais  Pallavicini 390         633 

587  Palais  Koburg.    Fassade    gegen     die    Ring- 

straße      391         634 

588  Palais  Larisch-Mönnich,  I.,  Johannesgasse  26  392 

589  »  Ebenerd.  1  :  800  .    .392  635 

590  »  »  Erster  Stock.  1  :  800  392  636 

591  »     derDeutschen  Botschaft,  III., Metternich-  637 
gasse  3 393 

592  Palais  der  Deutschen'Botschaft.  Erster  Stock.  638 

1:800 " 393  639 

593  Festsaal  im  Palais  der  Deutschen  Botschaft  394 

594  Palais  Lanckororiski,  III.,  Jacquingasse  .    .    .  395         640 

595  »  »  Ebenerd.  1  :  800    .    .    .  395 

596  »  Dr.  Kranz,  IV.,  Alleegasse    27  .    .    .    .396  641 

597  >»  Albert  von  Rothschild,  IV.,  Heugasse26  397  642 

598  »  »        »  »            Erster     Stock. 

1  :800        397  <=.., 

599  Palais  Albert  von  Rothschild.  Gartenseite    .  398 

600  >       Alfons  von  Rothschild,  IV.,  Theresia- 
numgasse.  Ebenerd.  1:800       398         644 

601  Palais  Alfons  von  Rothschild.  Gassenseite  .  399 

602  »  »  »  Gartenseite   .  400 

603  Palais    Redlich,    III.,  Richardgasse  3.    Erster 

Stock.  1  :  800 401 


Seite 
Palais  Othon  Baron  Bourgoing.  III.,  Metternich- 

gasse  8.  Ebenerd.  1  :  800 401 

Palais    Lützow,    I.,    Giselastraße    13.    Erster 

Stock.  1  :  800 401 

Palais  Lützow,  I..  Giselastraße  13 402 

Hof  des  Hauses  I.,  Fleischmarkt  17  .  .  .  403 
Heiligenkreuzerhof,  I.,  Grashofgasse  .  .  ..  404 
Fattonsches  Haus,  I.,  Hegelgasse  13.  Erster 

Stock.  1  :  800 404 

Palais  Eplmissi,  I.,  Franzensring  24.  Zweiter 

Stock.  1  :  800 404 

Thonethaus.  Ebenerd.  1  :  600       405 

Erster  Stock.  1  :  600 405 

»  I.,  Stephansplatz         ....      405 

Philipphof,  I.,  Augustinerstraße  8.  Ebenerd. 

1  :  600 406 

Philipphof.    I ..    Augustinerstraße   8.     Erster 

Stock.  1  :  600 406 

Philipphof,  I  ,  Augustinerstraße  8  .  .  ...  407 
»Zum  Fenstergucker«,  I.,  Kärntnerstraße  49. 

Ebenerd  und  IV.  Stock.  1  :  600 408 

Kaiserliches  Stiftungshaus,  I.,  Schottenring7. 

Erster  Stock.  1  :  600 408 

Kaiserliches  Stiftungshaus,  I.,  Schottenring  7  409 
I.,  Kärntnerstraße  14.  Erster  Stock.  1  :  600  .  410 
Herrenhuterhaus,  I..  Neuer  Markt.  Parterre. 

1  :  600 414 

Herrenhuterhaus,    I.,    Neuer  Markte  Vierter 

Stock.  1  :  600 ".    ...  410 

Herrenhuterhaus,  I.,  Neuer  Markt 410 

Wohn-    und    Geschäftshaus    der  k.  k.  priv. 

Wechselseitigen     Brandschaden- Versiche- 
rungsanstalt,   L,   Wollzeile    39.    Ebenerd. 

1  :600 411 

Wohn-    und  Geschäftshaus    der   k.  k.  priv. 

Wechselseitigen     Brandschaden- Versiche- 
rungsanstalt, I..  Wollzeile  39 411 

»Casa  piccola«,  VI.,  Mariahilferstraße  1  b.  c. 

Erster  Stock.  1  :  600 411 

»Casa  piecola«,  VI.,  Mariahilferstaße  .  .  .  412 
»Zur  Weltkugel«,  I.,  Stephansplatz  2  ...  412 
»Zur  Weltkugel«,  I  .  Stephansplatz  2.  Dritter 

Stock.  1  :  600 412 

Haus  I..  Stubenring  12.  Erster  Stock.  1  :  600  412 
Wohnhaus  I.,  Schottenring  21. Ebenerd.  1:800  413 
I.,  »  21.' Erster    Stock. 

1  :800 413 

Wohnhaus  IV.,  Schwindgasse  4.  Erster  Stock. 

1  :600 413 

Wohn-  und. Warenhaus.  I.,  Kärntnerstraße  5. 

Erster  Stock.  1  :  600 413 

Fassadenteil  vom  Mattonihof 414 

Mattonihof.  Erster  Stock.  1  :  600 414 

Miethaus,  VI.,  Magdalenenstraße.  Mezzanin. 

1  :600 415 

Wohnhausgruppe,  VI.,  Magdalenenstraße  .415 
»Zum    Bogner«,    I..   Bognergasse   3.    Erster 

Stock.  1  :600 416 

Schnitt  des  Bognerhauses,  I.,  Bognergasse  3. 

1  :  300 416 

»Zum  Bogner«,  I.,  Bognergasse  3  .  .  .  .  417 
Wohn-  und  Geschäftshaus,    I.,   Wipplinger- 

straße  12 417 

Wohn-  und  Geschäftshaus,    I.,   Wipplinger- 

straße  12.  Ebenerd.  l':600 418 

Wohn-  und  Geschäftshaus,    I.,   Wipplinger- 

straße  12.  Erster  Stock.  1  :  600 418 

Wohnhausgruppe,       I.,      Börse- Werdertor- 
Neutor  -  Eßlinggasse.       Zweiter       Stock. 

1  :  600 418 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


535 


Abb.  Seite 

646  »Heinrichshof«,  1.,  Opernring,  Erster  Stock. 

1  :  800 419 

647  »Heinrichshof«.  I.,  Opernring 419 

648  »Kärntnerhof«,   I..  Kärntnerstraße.    Ebenerd. 

1  :  800 420 

649  Wohnhausgruppe,    IX.,  Maximilianplatz    14. 

Ebenerd.  1  : 800  .        421 

650  Wohnhaus  Maximilianplatz  14.  Erster  Stock. 

1  :800 421 

651  Gebäudegruppe  am  Maximilianplatz  .    .  422 

652  Arkadenhäuser,  I.,  Reichsratsstraße.  Ebenerd. 

1  :  800 423 

653  Arkadenhäuser,    I.,    Reichsratsstraße.    Erster 

Stock.  1  :  800 423 

654  Gruppe  von  Arkadenhäusern,  I.,  Reichsrats- 

straße      424 

655  Haushof  in  Heiligenstadt •  427 

656  Villa  in  Penzing 427 

657  Haushof  in  Döbling 428 

658  Gartenhof  in  Penzing 428 

659  Villa  in  Hietzing 429 

660  Villa  Krug,  Hohe  Warte 429 

661  Villa  Chaire  in  Meidling      429 

662  Villa  Weidmann,  Hietzing 430 

663  Villa  Schopp,  Hietzing.  -1  :  600 430 

664  »  »  »■  430 

665  Villa  Taussig,  Hietzing.  1  :  600 431 

666  »  »  »  Lageplan.  1  :  3000  .  431 

667  »  »  »  431 

668  Villa  Roth,  Hietzing 432 

669  Villa  Otto  König,  Hietzing.  1  :  600     .    .    .    .432 

670  Villa  Bahr,   Ober-St.  Veit.  1  :  600 432 

671  Villa  Otto  König,  Hietzing 432 

672  Villa  Bahr,  Ober-St.  Veit 432 

673  Villa  Otto  Wagner  in  Hütteldori 433 

674  Villa  Wilhelm  in  Hütteldorf 433 

675  Villa  Wielemans,  Dornbach 434 

676  Villa  Kuffner,  Dornbach.  1  :  600 434 

677  Villa  Carola,  Kahlenberg.  1  :  600 434 

678  Hotel-Villa  Kahlenberg.  1  :  600 434 

679  Villa  Rittershausen,  Hohe  Warte.  1  :  600  .    .  434 

680  Villa  Schenker,  Hohe  Warte.  1  :  600     ...  434 

681  Villa  Wielemans,  Dornbach.  1  :  600   .    .    .    .  434 

682  Villa  Schauta,  Hohe  Warte.  1  :  600   .   .    .    .434 

683  Villa  Schenker,  Hohe  Warte       434 

684  Villa  Moll,  Hohe  Warte.  1  :  600 435 

685  Villa  Spitzer,  Hohe  Warte.  1  :  600 435 

686  Moll-Moser-Haus,  Hohe  Warte.  Gartenseite  435 

687  Villa  Spitzer,  Hohe  Warte 435 

688  Villa    Henneberg,    Hohe   Warte.    Lageplan. 

1  :  1500 435 

689  Villa  Henneberg,  Hohe  Warte.  1  :  600  .    .    .  435 

690  »  »  »  »  436 

691  Die  Cottageanlage  Währing-Döbling  an  der 

Türkenschanze  1873-1906   • 437 

692  Villa  Blaschek,  Cottage 437 

693  bis  695  Cottagetypen  in  Währing-Döbling  .  437 

696  Villa  Oberwimmer,  Cottage 438 

697  »  »  »  1  :  600  ....  438 

698  »      Hochstetter,  Cottage  1  :  600 438 

699  Villa  Wolf,  Cottage.  1  :  600 438 

700  »  »  »  438 

701  Villa  Rumpel,  Cottage.  1  :  600 439 

702  »  »      .         »         439 

703  VillaScheid,  Cottage,  Hochschulstraße.  1:600  439 

704  Villen  Scheid  und  Gerlach,  Cottage,  Hoch- 

schulstraße     439 

705  Villa  Gerlach,  Cottage.  1  :  600 439 

706  Villa  Himmelbauer,  Cottage.  1  :  600  .    .    .    .439 

707  »  >  »         340 

708  Villa  Kuffner.  Cottage.  1  :  600 440 


Abb.  Seite 

709  Villa  Futter,  Cottage.  1  :  600    .  • 440 

710  Villa  Kuffner,  Cottage 440 

711  Villa  Futter.  Cottage      440 

712  Mietvilla,  XIX.,  Lannerstraße  18.  1  :  600  .   .  440 

713  »  XIX.,  18 441 

714  Villa  Liechtenstein,  Prater 441 

715  »  »        1  :600 441 

716  Villa  Harnoncourt,  Prater        442 

717  »  1  :  600 442 

718  Grand  Hotel.  Erster  Stock.   1:800     .    .    .    .443 

719  Hotel  Metropole.  Ebenerd.  1  :800 444 

720  Hotel  Metropole,  I.,  Morzinplatz 445 

721  Hotel  Imperial.  L,  Kärntnerring 446 

722  Hotel  Krantz.  Parterre.  1  :  600 447 

723  »  »       Dritter  Stock.  1  :  600    .    .    .    .447 

724  Hotel  Meißl  &  Schadn.  Zweiter  Stock.  1  :  600  447 

725  »         »        1.,  Kärntnerstraße  .      448 

726  bis  728  Restauration undPensionOttakringer 

Bräu,  Xlll.,  Hietzing,  Auhofstraße  1      .    .  448 

729  Restauration  St.  Annahof,   I.,   Annagasse  3. 

Souterrain.  1  :  800 449 

730  Restauration  St    Annahof,   I.,   Annagasse  3. 

Parterre.  1  :  800 449 

731  Brauhausrestauration   Simmering,   XL,   Sim- 

meringer  Hauptstraße  99.  Erster  Stock. 
1  :  800 449 

732  Gasthaus    »zur  güldenen  Waldschnepfe«  in 

Dornbach -449 

733  Volkswohnungen  im  XIII.  Bezirke         .    .    .  451 

734  »  »    XIII.       »       Lageplan. 

1  :  800 452 

735  Volkswohnungen    im    XIII.    Bezirke.    Erster 

Stock.   1  :  600 452 

736  Arbeiterwohnhausgruppe.  Ebenerd.  1  :  600  .  452 

737  ErsterStock.  1:600  452 

738  Arbeiterwohnhäuser   im    X.   Bezirke.    Lage- 

plan.  1  : 2000 452 

739  Arbeiterwohnhäuser  im  X.  Bezirke    ....  453 

740  Arbeiterwohnhaus  im  XIII.  Bezirke.    Dritter 

Stock.  1  :  600 453 

741  Arbeiterfamilienhaus  der  Brauerei  Nußdorf. 

Erster  Stock.  1  :  600       454 

742  Komitee  zur  Begründung  der  Ersten  gemein- 

nützigen Baugesellschaft  für  Arbeiter- 
wohnungen in  Wien.  Grundriß  des  ersten 
Stockes.  1  :  600 454 

743  Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt.    Situa- 

tion. 1  :  1500 455 

744  Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt.       Teil 

des  ersten  Stockes  1  :  600 455 

745  Männerheim  im  XX.  Bezirke.  Hochparterre. 

1  :  600 457 

746  Männerheim    im    XX.  Bezirke.   Stockwerke. 

1  :  600 457 

747  Arbeiterhaus    der  Brauerei  Nußdorf.    Erster 

Stock.  1  :  600 457 

748  Rotunde  mit  Südportal  .- 459 

749  Schnitt  durch    die  Rotunde    von  Süd   nach 

Nord.  1  :  1000 461 

750  Ausstellungshaus  Hagenbund,  Hauptansicht  463 

751  »  Vorraum    .    •  463 

752  Spinnerin  am  Kreuz  (X.  Bezirk) 467 

753  Mariensäule  Am  Hof  (I.  Bezirk)      467 

754  Franz  von  Lothringen  (Kaisergarten)     .    .    .  468 

755  Dreifaltigkeits-  oder  Pestsäule  Am  Graben  .  468 

756  Darstellung  der  Vertreibung  der  Pest   .    .    .  468 

757  Reiterstandbild  Kaiser  Josefs  II.  (I.  Josefsplatz)  469 

758  Schubert-Denkmal  (Stadtpark) 469 

759  Emil  Schindler-Denkmal  (Stadtpark)  ....  469 

760  Bruckner-Denkmal  (Stadtpark) 469 

761  Makart-Denkmal  (Stadtpark) 470 


536 


Verzeichnis  der  Textabbildungen. 


Abb.  Seite 

762  Kaiser  Franz  I.  (Innerer  Burghof)       ....  470 

763  Beethoven-Denkmal  (I.,  Beethovenplatz)  .    .  470 

764  Schiller-Denkmal  (I.,  Schillerplatz)      ....  471 

765  Reiterdenkmal   des  Feldmarschalls  Radetzky 

(I.,  Am  Hof) 471 

766  Anastasius  Grün  (I.,  Schillerplatz)     .  .  471 

767  Nikolaus  Lenau  (I.,  Schillerplatz) 471 

768  Reiterstandbild   des  Prinzen  Eugen  von  Sa- 

voyen  (Äußerer  Burgplatz) 472 

769  Reiterstandbild  des  Erzherzogs  Karl  i  Äußerer 
Burgplatz  i         473 

770  Grillparzer-Denkmal  (Volksgarten)      ....  474 

771  Mozart-Denkmal  d..  Albrechtsplatz)       ...  474 

772  Friedrich   v.  Schmidt-Denkmal    (hinter  dem 

Rathause i ....  474 

773  Liebenberg-Denkmal  iL.  Franzensring)      .    .  475 

774  Goethe-Denkmal  (I.,  Opernring) 475 

775  Raimund-Denkmal  (vordem  Deutschen  Volks- 

theater i 475 

776  Tegetthoff-Denkmal  (Pratersternj   .    .       .    .  475 

777  Heinrich  Jasomirgott 476 

778  Rudolf  der  Stifter 476 

779  Graf  Rüdiger  von  Starhemberg 476 

780  Fischer  von  Erlach 476 

781  StandbildKaiserFranzJosefl  (XII.. Breitensee')  476 

782  Anzengruber-Denkmal    (L,   Schmerlingplatz)  477 

783  Leopold  der  Glorreiche 477 

784  Graf  Niklas  Salm        477 

785  Bischof  Kollonitz        477 

786  Josef  von  Sonnenfels 477 

787  Strauß-Lanner-Denkmal  iRathauspark)  .    .    .  478 

788  Josef  Haydn-Denkmal  (VI.  Bezirk)     ....  478 

789  Gutenberg-Denkmal  (I.,  Lugeck) 478 

790  Türkendenkmal  (St.  Stephans-Kirche)   ...  479 

791  Deutschmeister-Denkmal  (I.,  Deutschmeister- 

platz)       481 

792  Reliefgruppe  am  Deutschmeister-Denkmal     481 

793  Rossebändiger  (I.,  Maria  Theresien-Platz)    .  482 

794  »  482 

795  Marc  Anton-Gruppe  (neben  dem  Ausstellungs- 

gebäude  der  Sezession) 482 

796  und  797  Bassins  mit  Brunnengruppen  in  den 

Gartenanlagen  zwischen  den  beiden  Hof- 
museen   483 

798  Der   .Schöne  Brunnen-    (Schönbrunn) .    .    .  483 

799  Mosesbrunnen  (I.  Franziskanerplatz)      .    .    .  483 

800  Tilgner-Brunnen  (Volksgarten)        483 

801  Engelbrunnen   (IV.,    Wiedener   Hauptstraße)  483 

802  Brunnen  auf  dem  Hohen  Markt  (L,  Bezirk)  483 

803  Brunnen  am  Graben  (I.  Bezirk)  .        .        .    .  483 

804  Neptuns-Brunnen    (am  Fuße  des  Gloriettes 

in  Schönbrunn)    484 

805  Brunnen   auf   dem  Neuen  Markt  (I.  Bezirk)  484 

806  Donauweibchen-Brunnen  (Stadtpark)    .    .    .  4S5 

807  Hygieia-Brunnen  im  Vorgarten  des  Josefinums 

(IX.,  Währingerstraße) 485 

808  Brunnen  der  hl.  Margarete  (V.  Bezirk)    .    .  485 

809  Gänsemädchen-Brunnen  (VI.  Bezirk)     .    .    .  485 

810  Brunnen  in  der  Alserstraße  (IX.  Bezirk)  .    .  485 

811  Austriabrunnen   auf   der  Freiung  (I.  Bezirk)  485 
812. Pallas  Athcne-Brunnenanlage  vor  dem  Parla- 

mentsgebäude) 486 

S13  Opernhaus-Brunnen 487 

814  Mozart-Brunnen  (IV.,  Mozartplatz)    ....  487 


Abb.  Seite 

815  »Die  Befreiung  der  Quelle     iStadtpark)   .    .  487 

816  Schutzengel-Brunnen  vor  der  Paulanerkirche 

(IV.  Bezirk) 487 

817  Brunnen    vor   der   protestantischen    Schule 

(IV.  Bezirk) 487 

818  Albrechts-Brunnen  (I.,  Albrechtsrampe)    .    .  488 

819  Hochstrahlbrunnen  (Schwarzenbergplatz)     .  488 

820  Hofbrunnen  im  alten  Landhause  (1..  Herren- 

gasse)      489 

821  Wandbrunnen  (I.,  Bräunerstraße  5)    .    .    .      489 

822  »               im  erzbischöflichen  Palais  (I.. 
Rotenturmstraße) 489 

823  und  824  Wandbrunnen  an  den  beiden  Rund- 

bauten des  Michaeiertraktes  der  Hofburg  489 

825  Wandbrunnen  im  Hofe  des  Kriegsministeriums 

(I.,  Am  Hof) 491 

826  Wandbrunnen   im  Hofe   des  Palais  Harrach 

(I.,  Freiung)  .    .    .   ■ 490 

827  Siebenbrunnen  (V.  Bezirk) 490 

828  Andromeda-Brunnen  im  Alten  Rathause  .    .  491 

829  Wandbrunnen  im  Hofe  des  adeligen  Damen- 

stiftes in  der  Johannesgasse  15  (I.  Bezirk  i  491 

830  Wandbrunnen  (1..  Wollzeile  12)      492 

831  Rebekkabrunnen  (I.,  Spiegelgasse  15)    .    .    .  492 

832  Alt-Wiener  Hausbrunnen    (VII.,  Westbahn- 

straße 8) 493 

833  St.  Georgs-Brunnen    (im   ehemaligen  Palais 

Montenuovo) 498 

834  Hofbrunnen  im  Bankgebäude(I.,  Herrengasse  i  493 

835  »Stock  im  Eisen«  (I.  Bezirk)    .        .    .    .        .495 

836  Theseus,  den  Minotaurus  bezwingend  (Kunst- 

historisches Hofmuseum)      495 

837  Sarkophag    Kaiserin    Maria    Theresias    und 

Kaiser  Franz  I    in  der  Kapuzinergruft       .  496 

838  Relief  im  Mariazellcrhof  (I.,  Annagasse)   .      497 

839  Detail    des    Christinen -Denkmales    in    der 

Augustinerkirche 498 

840  Christinen-Denkmal  in  der  Augustinerkirche  498 

841  Grabmonument  am  Währinger  Friedhofe       498 

842  »  »     Döblinger  .  499 

843  »     Währinger  .  499 
844,  845,    846    Grabmonumente    am    Döblinger 

Friedhofe 499 

847,  848,  849.  850  Grabmonumente  am  Zentral- 

Friedhofe 500 

851,  852,  853  Grabmonumente  am  Zentral-Fried- 

hofe 500 

854  Grabdenkmal  des  Hofrates  Radinger        .    .  500 

855  Grabmal   der  1881    im    Ringtheater  Verun- 

glückten    501 

856  Kunsthistorisches  Museum,  Kuppelraum     .    504 

857  »  »  Saal  XXII     .    .    505 

858  »  Waffensaal   .    .    507 

859  Akademie  derbildenden  Künste.  Gipsmuseum  508 

860  Arkadenhof  des  Österreichischen  Museums 

für  Kunst  und  Industrie 509 

861  Historisches  Museum  der  Stadt  Wien  .    .    .  510 

862  »  ....  510 

863  »  »  *         «...  511 

864  Museum  für  österreichische  Volkskunde  im 

Börsengebäude 512 

865  Heeresmuseum  im  k.  u.  k.  Arsenal    ....  513 

866  Palais  Lanckoronski,  Zentralhalle 514 

867  Sammlung  »Albertina« ,  515 


ALPHABETISCHES  VERZEICHNIS  der  ABBILDUNGEN. 


Ägydiuskirche  50. 
Akademie    der    bildenden    Künste 
190,  191. 

—  —  —  —  Gipsmuseum  508. 

Wissenschaften  174,  175. 

»Albertina«  515. 

Albrechts-Brunnen,  I.  Bezirk  (Al- 
brechtsplatz) 488. 

Albrecht-Kaserne  299. 

Allgemeine  Depositenbank  359. 

Allgemeines  Krankenhaus  225,  226, 
227. 

Neues  228. 

Allgemeine  Poliklinik  242. 

Allgemeine  Verkehrsbank  357. 

Altes  Zeughaus  284. 

Alt-Lerchenf  eider  Kirche  (Grundriß) 
73,  76,  77,  78. 

Alt-Wiener  Hausbrunnen,  VII.  Be- 
zirk (Westbahnstraße  8)  493. 

Amtshaus  X.  Bezirk  164. 

—  XVI.  Bezirk  164,  165. 

—  XX.  Bezirk  165. 

—  Floridsdorf,  XXI.  Bezirk  166, 
167. 

—  der  Tabakregie  148,  149. 
Anatomie,    Erste    Stätte     für    die 

pathologische  227. 

Anatomisches  Institut  der  Univer- 
sität 181. 

Andromeda-Brunnen  im  alten  Rat- 
hause 491. 

Annahof  449. 

Annakirche  48. 

Annen-Kinderspital  247. 

Antiqua  domus  176. 

Antoniuskirche  (Grundriß),  X.  Be- 
zirk 75,  81,  82. 

Anzengruber-Denkmal,  I.  Bezirk 
(Schmerlingplatz)  477. 

Apollo-Variete  339,  340. 

Arbeiterfamilienhaus  der  Brauerei 
Nußdorf  454,  457. 

Arbeiterheim,  X.  Bezirk  323. 

Arbeiter-  Unfallversicherung^  -An- 
stalt 455. 

Arbeiterwohnhäuser,  X.  Bezirk  452, 
453. 

Arbeiterwohnhaus  im  XIII.  Bezirke 
453. 

Arbeiterwohnhausgruppe  452. 

Arbeiterwohnungen,  Komitee  zur 
Begründung  der  Ersten  gemein- 
nützigen ßaugesellschaft  für 
454. 


Arkadenhäuser  19,  423,  424. 
Arsenal  5,  306,  307,  308. 

—  Heeresmuseum  513. 
Artilleriekaserne  300. 

Asyl    für    Obdachlose,    III.    Bezirk 

271. 
Asyl-    und    Werkhaus,    V.    Bezirk 

271. 
Atelier  Feodorowna  Ries  385. 
Athletiksport-Klub  Prater  348. 
Auersperg-Palais  385. 
Augartenpalais  117. 
Augustinerkirche  27,  43,  44. 
Austria-Brunnen   auf  der  Freiung, 

I.  Bezirk  485. 

Bad  bei  der  Kronprinz  Rudolfs- 
Brücke  273,  274,  275. 

—  im  Donaukanal  275,  276. 

—  XII.  Bezirk  (Theresienbad)  277. 
Bahr-Villa,  Ober-St.  Veit  432. 
Bankogebäude  134,  135. 

Bank-  und  Börsegebäude  (Herren- 
gasse) 355,  356. 

Barmherzige  Brüder,  Spital  der  239. 

Barmherzigenkirche  48. 

Bassins  mit  Brunnengruppen  in  den 
Gartenanlagen  zwischen  den 
beiden  Hofmuseen  482. 

Baugesellschaft  für  Arbeiterwoh- 
nungen 454. 

Beethoven-Denkmal,  I.  Bezirk  (Beet- 
hovenplatz) 470. 

Belvedere  108,  109,  111,  112,  113. 

Bicycle-Klub  im  Prater  348. 

Blaschek-Villa  437. 

Blinden-Erziehungsinstitut260,261. 

Bodenkreditanstalt  358,  359. 

Bodenkultur,  Hochschule  für  188, 
189. 

Börse  für  landwirtschaftliche  Pro- 
dukte 353,  354. 

Börsegebäude  351,  352. 

Bognergasse  3  416. 

Bogner-Haus  416,  417. 

Bourgoing-Palais  401. 

Brandschaden  -  Versicherungsan- 
stalt 411. 

Brauhausrestauration  Simmering 
449. 

Breitenseer  Kirche  74. 

Breuner-Enkevoirth-Palais  388. 

Brigittakapelle  56. 

Bruckner-Denkmal  (Stadtpark)  469. 

Brunnen  am  Graben,  I.  Bezirk  483. 


Brunnen  auf  dem  Hohen  Markt, 
I.  Bezirk  483. 

—  —  —  Neuen  Markt,  I.  Bezirk 
484. 

—  der  hl.  Margarete,  V.  Bezirk 
485. 

—  im  alten  Landhause,  I.  Bezirk 
(Herrengasse)  489. 

—  in  der  Alserstraße,  IX.  Bezirk 
485. 

—  vor  der  protestantischen  Schule, 
IV.  Bezirk  487. 

—  zwischen    den  Hofmuseen  482. 
Bürgerschule,  Volks-  und,  II.  Bezirk 

(Schüttaustraße)  219. 

—  XIII.  Bezirk  (Reinigasse)  217. 

—  XVIII.  Bezirk  (Schopenhauer- 
straße) 218. 

Bürgertheater  331,  337. 
Bürgerversorgungshaus  265. 
Burgpfarrkirche  27. 
Burgtheater  328,  329,  330. 
Burgtor  3,  12. 

Canisiuskirche,    IX.  Bezirk  75,   84. 

Carola- Villa  434. 

Casa  piccola  411,  412. 

Chaire-Villa,  Meidling  429. 

Chemisches  Institut  der  Universi- 
tät 180. 

Christinen-Denkmal  in  der  Augu- 
stinerkirche 498. 

Colosseum  339. 

Cottage  -  Anlage  Türkenschanze 
437. 

Darstellung  der  Vertreibung  der 
Pest  468. 

Depositenbank,  Allgemeine  359. 

Der  »Schöne  Brunnen«  (Schön- 
brunn) 483. 

Deutsche  Botschaft  393,  394. 

Deutsches  Volkstheater  331,  334. 

Deutschmeister-Denkmal,  I.  Bezirk 
(Deutschmeisterplatz)  480. 

Dianabad,  II.  Bezirk  280. 

»Die  Befreiung  der  Quelle«  (Stadt- 
park) 487. 

Diphtherieheilseruminstitut  237. 

Döblinger  Friedhof,  Grabmonu- 
ment 499. 

Dominikanerinnen  -  Klosterkapelle 
73. 

Dominikanerkirche  53,  54. 

Donaukanal-Bad  275,  276. 


538 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen. 


Donaustrombad  an  der  Kronprinz 
Rudolfs-Brücke  273,  274,  275. 

Donau  weibchen-Brunnen  (Stadt- 
park) 485. 

Doppelbürgerschule  XIII.  Bezirk 
(Reinigasse)  217. 

Doppelvolksschule  XIV.  Bezirk 
(Kauergasse)  218. 

Doppel-Volks-  und  Bürgerschule 
XVIII.  Bezirk  (Schopenhauer- 
straße) 218. 

Dorotheum  150. 

Dreieinigkeitskirche,  IX.  Bezirk  49, 
59. 

Dreifaltigkeits-  oder  Pestsäule  am 
Graben  468. 

Effekten-  und  Warenbörse  351,  352. 
Eislaufverein  346,  347. 
Elektrotechnisches  Institut  187, 188. 
Elisabethinerinnenkirche  62. 
Elisabethkirche  27,  85. 
Elisabethspital  231,  232. 
Engelbrunnen,  IV.  Bezirk  (Wiede- 

ner  Hauptstraße)  483. 
Ephrussi-Palais  404. 
Epidemiespital  238. 
Erzbischöfliches  Palais  375. 
Erzherzog  Albrecht-Kaserne  299. 

—  Karl-Denkmal  (Äußerer  Burg- 
platz) 473. 

—  Ludwig  Viktor-Palais  371,  372. 

—  Wilhelm-Kaserne  300. 

Esders   Stephan,    Warenhaus    362, 

364. 
Eugen       von       Savoyen-Denkmal 

(Äußerer  Burgplatz)  472. 
Evangelische  Kapelle  am  Matzleins- 

dorfer  Friedhof  86,  87. 
Evangelische  Kirche  A.  C,  I.  Bezirk 

(Dorotheergasse)  86. 

—  —  H.  C,  I.  Bezirk  (Dorotheer- 
gasse) 86. 

—  —  VI.  Bezirk  (Gumpendorfer- 
straße)  86. 

XVIII.  Bezirk  86. 

Evangelisches  Waisenhaus  262. 

Faniteum  251. 

Fattonsches  Haus  404. 

Fenstergucker  408. 

Feuerwehr,  Zentralstation  der  städ- 
tischen 283. 

Finanzgebäude  136,  137. 

Finanz-Ministerium  127,   128,   129. 

Findelanstalt,  Niederösterreichische 
Landes-  259. 

Fischer  von  Erlach  476. 

Floriankirche  49. 

Franziskanerkirche  48. 

Franz  Josef-Landwehrkaserne  314. 

Franz  Josef-Spital,  Kaiser  234,  235. 

Franz    Josef-Staatsrealschule    203. 

Freiwillige  Rettungs- Gesellschaft 
285,  286. 

Friedrich  III. -Grabmal  33. 

Fürth,  Dr.,  Privatheilanstalt  254. 

Futter-Villa  440. 

Gänsemädch  en-Brunnen,  VI.  Bezirk 

485. 
Garnisonsspital  Nr.  1  312. 


Gartenbausäle  344. 

Gartenhof  in  Penzing  428. 

GartenpalaisLiechtenstein  384,  385. 

Gasthaus     »zur    güldenen    Wald- 
schnepfe! 449. 

Gebäude  der  Sezession  320. 

Gebäudegruppe  IX.  Bezirk  (Maxi- 
milianplatz) 421,  422. 

Gefangenhaus  143. 

Gemeinsamer  Oberster  Rechnungs- 
hof 124. 

Generalkommando  290. 

Genossenschafts  -  Krankenkassen, 
Verbandshaus  der  323. 

Geologische  Reichsanstalt  185. 

Georgs-Brunnen    (im    ehemaligen 
Palais  Montenuovo)  493. 

Georgskapelle  42,  44. 

Gerlach-Villa  439. 

Gerngroß,  Warenhaus  368,  369. 

Gersthofer  Kirche  74. 

Gesellschaft    der  Ärzte,    Haus  der 
320. 

Gewerbemuseum,  Technologisches 
205,  206,  207. 

Gewerbe-Vereinshaus  319. 

Giro-   und  Kassenverein  359,   360. 

Glashüttenhof  368. 

Gloriette,  Schönbrunn  115. 

Goethe-Denkmal,  I.  Bezirk  (Opern- 
ring) 475. 

Grabdenkmal  Radingers  501. 

Grabmal   der  1881    im  Ringtheater 
Verunglückten  501. 

Grabmal  Kaiser  Friedrich  III.  33,  34. 

Grabmonument       am      Döblinger 
Friedhof  499. 
Währinger  Friedhof  499.  500. 

Grabmonumente  am  Zentral-Fried- 
hof  500. 

Grand  Hotel  443. 

Graphische    Lehr-    und   Versuchs- 
anstalt 210. 

Griechische      Kirche,      I.      Bezirk 
(Fleischmarkt)  93. 

Grillparzer-Denkmal  i  Volksgarten) 
474. 

Grün  Anastasius,  I.  Bezirk  (Schiller- 
platz) 471. 

Gutenberg-Denkmal,  I.Bezirk  (Lug- 
eck) 478. 

Gymnasium  V.  Bezirk  199. 

—  Döbling  200. 

—  Hietzing  199. 

HaasschesWaarenhaus  11,362,  363, 
Hagenbund- Ausstellungshaus, 
Hauptansicht  463. 

—  —  Vorraum  463. 
Harnoncourt-Villa  442. 
Hauptmünzamtsgebäude  151,    152. 
Haus    der    Gesellschaft   der  Ärzte 

320. 

—  —  Kaufmannschaft    321,    322, 
323. 

—  —  Künstlergenossenschaft  317, 
318. 

Haus,  Hof-   und  Staatsarchiv  122. 
Haushof,  I.  Bezirk  (Fleischmarkt  17) 
403. 

—  in  Döbling  428. 
Heiligenstadt  427. 


Haus  »zum  Bogner«  416. 

—  »zur  Weltkugel«  412. 
Haydn-Denkmal,  VI.  Bezirk  478. 
Heeresmuseum  im  k.  u.  k.  Arsenal 

513. 

Heiligenkreuzer-Hof  404. 

Heiligenkreuzkirche  50,  70. 

Heinrich  Jasomirgott  476. 

Heinrichs-Hof  419. 

Henneberg-Villa  435,  436. 

Herrnhuterhaus  410. 

Herzmansky  A.,    Warenhaus    366. 

Hetzendorfer  Schloß  117. 

Himmelbauer-Villa  439,  440. 

Historisches  Museum  der  Stadt 
Wien  510,  511. 

Hochschule  für  Bodenkultur  188, 
189. 

Hochstetter-Villa  438. 

Hochstrahl-Brunnen  (Schwarzen- 
bergplatz)  488. 

Hoch-  und  Deutschmeister,  Palais 
des  372,  373,  374. 

Hofbibliothek  99,  101. 

Hofbrunnen  im  Bankgebäude,  I.Be- 
zirk (Herrengasse)  493. 

Hofburg  21,  97,  98.  102,  103,  104. 

—  Neubau  106,  107. 
Hofburgpfarrkirche  27. 
Hofburgtheater  328,  329,  330. 
Hofkanzlei,    königlich    ungarische 

125. 
Hofmuseen  21,   23,    169,   170,  171. 
Hofmuseum,        Kunsthistorisches, 

Kuppelraum  504. 

Saal  XXII  505. 

Waffensaal  507. 

Hofoperntheater  325,  327. 
Hofstallungen  120. 
Hof-  und  Staatsdruckerei  153. 
Hotel  Imperial  446. 

—  Krantz  447. 

—  Meißl  &  Schadn  447,  448. 

—  Metropole  444,  445. 
Hydrometrische       Prüfungsanstalt 

147. 
Hygieia-Brunnen  im  Vorgarten  des 
Josefinums,    IX.   Bezirk    (Wäh- 
ringerstraße)  485. 

Infanterie-Kadettenschule  302,  309, 

310. 
Irrenanstalt,    Niederösterreichische 

Landes-  256,  257. 

—  Ober-Döbling,  Privat-  258. 
Israelitisches  Blindeninstitut  261. 

—  Spital  241. 

—  Waisenhaus,  XIX.  Bezirk  (Feld- 
gasse) 262,  263. 

Jagdschloß  Lainz  116. 
Jasomirgott,  Heinrich  476. 
Jesuitenkirche  48,  51,  52. 
Johanneskirche  27. 
Johanneskapelle,  II.  Bezirk  68. 
Johann    von   Nepomuk-Kirche  75. 
Josefinum  312. 
Josefs-Kinderspital  248. 
Josefskirche,  V.   Bezirk  50. 

—  auf  der  Laimgrube  49. 
Josefstädter  Theater  331. 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen. 


539 


Jubiläumskirche  17,  74,  84. 
Jubiläumstheater  331,  336. 
Justizpalast  140,   141. 


Kadettenschule  302,  309,  310. 
Kärntnerhof  420. 
Kärntnerstraße  5  420. 
Kärntnerstraße  14  410. 
Kahlenberg-Villa  434. 
Kaiser   Franz  I.   (Innerer  Burghof) 
470. 

—  —  —  (Kaisergarten  >  468. 

—  —  —  und  Kaiserin  Maria  The- 
resia-Sarkophag in  der  Kapu- 
zinergruft 496. 

—  Franz  Josef  I.,  XIII.  Bezirk  (Brei- 
tensee) 476. 

—  Franz  Josef- Landwehrkaserne 
314. 

—  Franz  Josef-Spital  234,  235. 

—  Josef  II.-Reiterstandbild  469. 
Kaiserin  Maria  Theresia  und  Franz 

von  Lothringen-Sarkophag  in 
der  Kapuzinergruft  496. 

K  k.  Franz  Josef-Staatsrealschule 
203. 

Kaiser-Jubiläumskirche  17,    74,  84. 

—  Jubiläums-Stadttheater  331,  336. 
Kaiserliches  Stiftungshaus,  I.  Bezirk 

(Schottenring  7)  15,  408,  409. 

K.  und  k.  Haus-,  Hof-  und  Staats- 
archiv und  Ministerium  des 
Äußern  122. 

Kapuzinerkirche  48. 

Karlskirche  49,  64,  65. 

Karl-Theater  331,  332. 

Karmeliten-Klosterkirche  74,  83. 

Karmeliterkirche  48. 

Karolinen-Kinderspital  250. 

Kaufmännischer  Verein  321. 

Kaufmannschaft,  Haus  der  321,322, 
323. 

Kavallerie-Kaserne  302,  303. 

Kinderpark,  III.  Bezirk,  Restaura- 
tionsgebäude 344. 

Kinderspital  der  Gemeinde  Wien 
236. 

—  Karolinen-  250. 

—  Kronprinz  Rudolf-  250. 

—  Leopoldstädter  249. 

—  St.  Annen-  247. 

—  St.  Josef-  248. 
Kinsky-Palais  386,  387. 

Kirche  der  nichtunierten  Griechen 
I.  Bezirk  (Hafnersteig)  88. 

— I.  Bezirk  (Fleischmarkt) 

88. 

—  —  unierten  Griechen  I.  Bezirk 
(Postgasse)  88. 

—  zu  den  neun  Chören  der  Engel 
Am  Hof  27,  59. 

Klosterkapelle  der  Dominikane- 
rinnen Hacking  73. 

Klosterkirche  der  Elisabethine- 
rinnen  62. 

Karmeliten,  XIX.  Bezirk  74, 

83. 

Redemptoristen   74,  83. 

Koburg,  Palais  391. 

Königl.  ung.  Hofkanzlei  125. 

König-Villa,  Hietzing  432. 


Kollonitz,  Bischof  477. 

Komitee  zur  Begründung  der  Ersten 
gemeinnützigen  Baugesellschaft 
für  Arbeiterwohiningen  454. 

Konsular-Akndemie  193.  194, 

Krankenanstalt  Kronprinz  Rudolf- 
Stiftung  230. 

Krankenhaus,  Allgemeines  225, 
226,  227. 

Neubau  228. 

—  Wieden  229. 
Krankenkassen,  Verbandshaus  der 

Genossenschafts-  323. 
Kranner-Rothberger,      Warenhaus 

363. 
Krantz-Hotel  447. 
Kranz,  Dr.,  Palais  396. 
Kriegs-Ministerium  289. 
Kronprinz  Rudolf-Kinderspital  250. 

—  Rudolf- Stiftung,  Krankenanstalt 
230. 

Krug-Villa,  Hohe  Warte  429. 
Künstlergenossenschaft  317,  318. 
Kuffner-Villa  434,  440. 
Kunstgewerbeschule  173. 
Kunsthistorisches  Hofmuseum  170, 
171. 

—  —  Kuppelraum  504. 

Saal  XXII  505. 

Waffensaal  507. 

Kursalon  343. 


Länderbank  360,  361. 
Laimgrubenkirche  49. 
Lainzer  Jagdschloß  116. 
Lanckororiski-Palais  395. 

—  Zentralhalle  514. 

Landes- Findelanstalt,  Niederöster- 
reichische 259. 

Landesgericht  und  Gefangenhaus 
143. 

Landes-Irrenanstalt,  Niederöster- 
reichische 256,  257. 

Landhaus,  Niederösterreichisches 
156,  157. 

Landwehr-Ausrüstungsdepot  315. 

Landwehr-Kadettenschule  315,  316. 

Landwehr-Kaserne,  XIII.  Bezirk  314. 

Lanner-Strauß-Denkmal  (Rathaus- 
park) 478. 

Larisch-Mönnich,  Palais  Graf  392. 

Laurentiuskirche  am  Schottenfeld 
50. 

Lawn-Tennis-Häuschen  im  Prater 
348. 

Lazaristenkirche  73,  80,  83. 

Lehrerinnenbildungsanstalt  196. 

Lenau-Denkmal,  I.  Bezirk  (Schiller- 
platz) 471. 

Leopold  der  Glorreiche  477. 

Leopoldskirche,  II.  Bezirk  49. 

—  Gersthof  74. 

Leopoldstädter  Kinderspital  249. 
Lichtentaler  Kirche  49,  63. 
Liebenberg-Denkmal,      I.      Bezirk 

(Franzensring)  475. 
Liechtenstein-Palais   380.  381,  382, 

383,  384,  385. 
Liechtenstein-Villa  441. 
Lobkowitz-Palais  376,  377. 
Loew,  Dr.,  Sanatorium  253. 


Ludwig  Viktor-Palais  371,  372. 
Lützow-Palais,  Graf  401,  402. 
Lustschloß  Hetzendorf  117. 
Lustspiel-Theater  331,  333. 
j    Lymphanstalt  237. 

Männerheim,  XX.  Bezirk  457. 

Makart-Denkmal  (Stadtpark)  470. 

Malteserkirche  27. 

Marc  Anton-Gruppe  (neben  dem 
Ausstellungsgebäude  der  Sezes- 
sion) 481. 

Maria  am  Gestade  27,  45,  46. 

Maria  Geburt-Kirche  am  Rennweg 
50,  70,  71. 

Mariahilfer-Kirche  49,  59. 

Maria  Treu-Kirche  49. 

Maria  Trost-Kirche  48. 

Mariazeller-Hof,  Relief  im  497. 

Mariensäule  Am  Hof,  I.  Bezirk 
467. 

Mattoni-Hof  414. 

Matzleinsdorfer  Kirche  49. 

Meißl  &  Schadn,  Hotel  447,  448. 

Meteorologie  und  Erdmagnetismus. 
Zentralanstalt  für  184. 

Michaeierkirche  27,  39,  40. 

Michaeiertrakt  der  Hofburg  104. 

Miethaus  Magdalenenstraße  415. 

Mietvilla  440,  441. 

Militärärztliches  Institut  312. 

Militär-geographisches  Institut  292, 
293. 

Militärkomitee  291,  292. 

Militärtechnisches  Komitee291,  292. 

Militär-Tierarznei-Institut  311. 

Ministerium  des  Äußern  122. 

Innern  125,  126,  127. 

Minoritenkirche  27,  41,  42. 

Moll-Moserhaus  435. 

Moses-Brunnen,  I.  Bezirk  (Franzis- 
kanerplatz) 483. 

Mo'zart-Brunnen,  IV.  Bezirk  (Mo- 
zartplatz) 487. 

Mozart-Denkmal  474. 

Münzamtsgebäude  151,  152. 

Museum  der  Stadt  Wien,  Histo- 
risches 510,  511. 

—  für  Kunst  und  Industrie  172, 
173. 

Arkadenhof  509, 

—  —  österreichische  Volkskunde 
im  Börsegebäude  512. 

Musikvereinsgebäude  342. 

Naturhistorisches  Hofmuseum  23, 
169,  170. 

Neptuns-Brunnen  (am  Fuße  des 
Gloriettes  in  Schönbrunn)  484. 

Neumann,  Warenhaus  367. 

Neun  Chöre  der  Engel-Kirche  27, 
59. 

Niederösterreichisches  Gewerbe- 
Vereinshaus  319. 

Niederösterreich,  Landes-Findel- 
anstalt  259. 

—  Landes-Irrenanstalt  256,  257. 
Niederösterreichisches      Landhaus 

156,  157. 
Niederösterreichische    Statthalterei 
156. 


540 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen. 


Obergymnasium  Döbling  200. 
Oberrealschule  VI.  Bezirk  207. 

—  XV.  Bezirk  202. 
Oberster  Rechnungshof  124. 
Oberwimmer-Villa  438. 
Österreichisches     Ingenieur-     und 

Architekten-Vereinshaus  318, 
319. 

österreichische  Länderbank  360, 
361. 

osterreichisch.es  Museum  für  Kunst 
und  Industrie  172,  173. 

Arkadenhof  509. 

Offizierstöchter-Erziehungs-Institut 
195. 

Opernhaus-Brunnen  487. 

Operntheater  325,  327. 

Orpheum  339. 

Othmarkirche  unter  den  Weiß- 
gerbern 73,  83. 

Ottakringerbräu  448. 

Palais  Auersperg  385. 

—  Bourgoing,    Othon    Baron  401. 

—  Breuner-Enkevoirth,    Graf  388. 

—  Deutsche  Botschaft  393,  394. 

—  Ephrussi  404. 

—  Erzbischöfliches  375. 

—  Erzherzog  Ludwig  Viktor  371, 
372. 

—  des  Hoch- und  Deutschmeisters 
372,  373,  374. 

—  Kinsky  386,  387. 

—  Koburg  391. 

—  der  königl.  ung.  Garde  118, 
119. 

—  Dr.  Kranz  396. 

—  Lanckoronski,  Graf  395. 

—  —  Zentralhalle  514. 

—  Larisch-Mönnich,  Graf  392. 

-  Liechtenstein     380,     381,    382, 
383,  384,  385. 

Lobkowitz  376,  377. 

—  Lützow,  Graf  401,  402. 

—  Pallavicini,  Markgraf  390. 

—  Redlich  401. 

—  Rothschild,  Albert  Freiherr  von 
397,  398. 

-  —  Alfons    Freiherr    von    398, 
399,  400. 

—  Schönborn  143,  386. 

—  Schönburg  389. 

—  Schwarzenberg  378,  379. 
Pallas    Athene-Brunnen    vor    dem 

Parlamentsgebäude  486. 

Pallavicini-Palais  390. 

Parlamentsgebäude  13,  132,  133. 

Pathologische  Anatomie,  Erste 
Stätte  für  die  227. 

Paulanerkirche  48. 

Pension  Ottakringerbräu  448. 

Pestsäule  am  Graben  468. 

Pest,  Vertreibung  der  468. 

Peterskirche  49,  60,  61. 

Pfarrkirche  Breitenfeld,  VIII.  Be- 
zirk 74,  84. 

—  Brigittenau  73,  84. 

—  Fünfhaus  73. 

—  Rudolfsheim  74. 

—  zur  hl.  Familie  in  Ottakring 
74,  80. 

Philipp-Hof  406,  407. 


Physiologisches  Institut  der  Uni- 
versität 182. 

Piaristenkirche  49. 

Poliklinik  242. 

Polizeidirektion  144. 

Polizeigebäude,  Neues  144,  145. 

Postsparkassen- Amtsgebäude    139. 

Prinz  Eugen-Denkmal  (Äußerer 
Burgplatz)  472. 

Privatheilanstalt  Ober-Döbling  258. 

—  Dr.  Fürth  254. 
Prüfungsanstalt,      Hydrometrische 

147. 

Radetzky-Denkmal,  I.  Bezirk  (Am 
Hof)  471. 

Radetzky-Kaserne  298. 

Radinger,  Grabdenkmal  501. 

Raimund-Denkmal  (vor  dem  Deut- 
schen Volkstheater)  475. 

Raimund-Theater  331,  335. 

Rathaus,  Altes  158,  159. 

—  Neues  160,  161,  162,  163. 

—  Floridsdorf,  XXI.  Bezirk  166, 
167. 

Realschule  VI.  Bezirk  201. 

—  XV.  Bezirk  202. 
Rebekka-Brunnen,  I.  Bez.  (Spiegel- 
gasse 15)  492. 

Rechnungshof,  Oberster  124. 
Redemptoristenkloster-Kirche     74, 

83. 
Redlich-Palais  401. 
Regensburger-Hof  367. 
Reichsanstalt,  Geologische  185. 
Reichs-Finanzministerium  123. 
Reichskanzlertrakt,    Hofburg    102, 

103. 
Reichs-Kriegsministerium  289. 
Reiterdenkmal    des  Feldmarschalls 

Radetzky,    I.  Bezirk    (Am   Hof) 

471. 
Reiterstandbild     Kaiser    Josef    II., 

I.  Bezirk  (Josefsplatz)  469. 

—  des  Erzherzogs  Karl  (Äußerer 
Burgplatz)  473. 

—  des  Prinzen  Eugen  von  Savoyen 
(Äußerer  Burgplatz)  471. 

Reliefgruppe  am  Deutschmeister- 
Denkmal  480. 

Relief  im  Mariazeller-Hof,  I.  Bezirk 
(Annagasse)  498. 

Residenz-Hof  320. 

Restaurationsgebäude  Kinderpark, 
III.  Bezirk  344. 

Rettungs-Gesellschaft  285,  286. 

Ries  Feodorowna,  Atelier  385. 

Rittershausen-Villa  434. 

Rochuskirche  48,  56. 

Römisches  Bad,  II.  Bezirk  280,281. 

Ronacher  338,  339. 

Roßauer  Kaserne  296,  297. 

Rossebändiger,  I.  Bezirk  (Maria 
Theresien-Platz)  481. 

Rothberger  J.,  Warenhaus  362, 
363. 

Rothschild,  Albert  Freiherr  von, 
Palais  397,  398. 

—  Alfons  Freiherr  von,  Palais  398, 
399,  400. 

Roth-Villa,  Hietzing  432. 
Rotunde  459,  461. 


Rüdiger    von    Starhemberg,    Graf 

476. 
Rudolf  der  Stifter  476. 
Rudolfinerhaus  244,  245. 
Rumpel-Villa  439. 
Ruprechtskirche  27,  38,  39. 
Russische    Kirche    im    III.    Bezirke 

88,  95. 

Salesianerinnenkirche  49,  66. 
Salm,  Niklas  Graf  477. 
Salvatorkapelle  40,  41. 
Sammlung  »Albertina«  515. 
Sanatorium  Dr.  Loew  253. 

—  Vorderbrühl  254. 
Sanitätsstation,  XVII.  Bezirk  (Gilm- 

gasse)  288. 

St.  Ägydius-Kirche  50. 

St.  Anna-Kirche  48. 

St.  Annen-Kinderspital  247. 

St.  Elisabeth-Kirche  27,  85. 

St.  Florian-Kirche  49. 

St.  Johann-Kirche,  I.  Bezirk  (Kärnt- 
nerstraße) 27. 

St.  Johann  von  Nepomuk-Kirche. 
II.  Bezirk  75. 

St.  Josef-Kinderspital  248. 

St.  Josefs-Kirche  auf  der  Laim- 
grube  49. 

St.  Josefs-Kirche,  V.  Bezirk  50. 

St.  Karls-Kirche  49,  64,  65. 

St.  Laurenzius-Kirche  am  Schotten- 
felde 50. 

St.  Leopolds-Kirche,  II.  Bezirk  49. 

St.  Leopolds-Pfarrkirche,  Gersthof 
74. 

St.  Othmar-Kirche  (unter  den  Weiß- 
gerbern) 73,  83. 

St.  Peters-Kirche  49,  60,  61. 

St.  Rochus-  und  Sebastian-Kirche 
48,  56. 

St.  Stephans-Kirche  26,  28,  29,  31, 
32,  33,  34,  36,  37. 

St.  Thekla-Kirche  49. 

St.  Ulrichs-Kirche  48. 

St.  Ursula-Kirche  48. 

Sarkophag  Kaiserin  Maria  There- 
sias und  Franz  von  Lothringen 
in  der  Kapuzinergruft  496. 

Schauta- Villa  434. 

Scheid-Villa  439. 

Schein,  Warenhaus  362. 

Schenker-Villa  434. 

Schiller-Denkmal,  I.Bezirk  (Schiller- 
platz) 471. 

Schindler-Denkmal  (Stadtpark)  469. 

Schmidt,  Fried,  von,  Denkmal 
(hinter  dem  Rathause)  471. 

Schönborn-Palais  143,  386. 

Schönbrunn  114,  115. 

Schönburg-Palais  389. 

»Schöne  Brunnen«  Der  (Schön- 
brunn) 483. 

Schopp-Villa,  Hietzing  430. 

Schottenfelderkirche  50. 

Schottenkirche  48,  55. 

Schottenring  21  413. 

Schubert-Denkmal  (Stadtpark)  469. 

Schule  II.  Bezirk  (Schüttaustraße) 
219. 

—  II.  Bezirk  (Witteisbachstraße) 
222. 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen. 


541 


Schule  XIII.  Bezirk  (Reinigasse) 
217. 

—  XIV.  Bezirk  (Kauergasse)  218. 

—  XVI.  Bezirk  (Wilhelminenstr.) 
220,  221. 

—  XVIII.  Bezirk  (Schopenhauer- 
straße) 218. 

Schutzengel-Brunnen  vor  der  Pau- 
lanerkirche, IV.  Bezirk  487. 

Schwarzenberg-Palais  378,  379. 

Schwindgasse  4  421. 

Serbische  Kirche  88. 

Servitenkirche  48,  57. 

Sezessionsgebäude  320. 

Siebenbrunn,  V.  Bezirk  490. 

Simmeringer  Brauhaus-Restaura- 
tion 449. 

Sonnenfels,  Josef  von  477. 

Sophien-Spital  233. 

Spinnerin  am  Kreuz,  X.  Bezirk 
467. 

Spital  der  Barmherzigen  Brüder 
239. 

-  israelitischen  Kultusgemeinde 
241. 

Spitzer-Villa  435. 

Staatsgewerbeschule  X.Bezirk  211. 

Staatsgymnasium  V.  Bezirk  199. 

—  Hietzing  199. 
Stadttheater,  Kaiser- Jubiläums-  331, 

336. 
Städtisches    Amtshaus     X.    Bezirk 

164. 

XVI.  Bezirk  164,  165. 

XX.  Bezirk  165. 

-  Floridsdorf,  XXI.  Bezirk  166, 

167. 

—  Donaustrombad  an  der  Kron- 
prinz Rudolfs-Brücke  273,  274, 
275. 

—  Feuerwehr,  Zentralstation  der 
283. 

—  Restaurationsgebäude  im  Kin- 
derpark, III.  Bezirk  344. 

—  Strombad,  Donaukanal  275,  276. 
Statthalterei,  Niederösterreich.  156. 
Stsphanie-Spital  233. 
Stephanskirche  26,  28,  29,  31,  32, 

33,  34,  36,  37. 

Stephansplatz  2  412. 

Sternwarte  auf  der  Türkenschanze 
183. 

Stiftskaserne  295. 

Stiftskirche  49,  69. 

Stiftungshaus,  I.  Bezirk  (Schotten- 
ring 7)  15,  408,  409. 

»Stock  im  Eisen«,  I.  Bezirk  495. 

Strauß-Lanner-Denkmal  (Rathaus- 
park) 478. 

Strombad  an  der  Kronprinz  Ru- 
dolfs Brücke  273,  274,  275. 

—  im  Donaukanal  275,  276. 
Stubenring  12  412. 
Sühnhaus  15  408,  409. 
Synagoge  I.  Bezirk  (Seitenstetten- 

gasse)  89. 

—  II.  Bezirk  (Tempelgasse)  90. 

—  II.  Bezirk  (Leopoldsgasse)  91. 

—  II.  Bezirk  (Zirkusgasse)  92. 

—  VI.  Bezirk  (Schmalzhofgasse)  91. 


Synagoge  VIII.  Bezirk  (Neudegger- 

gasse)  4. 
Synagogen  (Grundrisse)  88. 

Tabak-Hauptfabrik  154,  155. 
Tabakregie  148,  149. 
Taussig-Villa,  Hietzing  431. 
Technische  Hochschule  186. 
Technisches     Militärkomitee     291, 

292, 
Technologisches  Gewerbemuseum 

205,  206,  207. 
Tegetthoff-Denkmal,       Praterstern 

475. 
Theater  an  der  Wien  331,  332. 

—  in  der  Josefstadt  331. 

Theklakirche  49. 

Theresianische  Akademie  192. 

Theresienbad,  XII.  Bezirk  277. 

Theseus  den  Minotaurus  bezwin- 
gend (Kunsthistorisches  Hof- 
museum) 495. 

Thonet-Haus  405. 

Tierarznei-Institut  311. 

Tilgner-Brunnen,  Volksgarten  483. 

Trainkaserne  304. 

Trautson-Palais  118,  119. 

Türken-Denkmal  (St.  Stephans- 
Kirche)  479 

Türkisch-israelitische  Kirche,  II. Be- 
zirk (Zirkusgasse)  92. 

Ulrichskirche  48. 
Ungarische  Garde  118,  119. 

—  Hofkanzlei  125. 
Universität  177,  178,  179,  180,  181, 

182. 

—  Anatomisches  Institut  181. 

—  Chemisches  Institut  180. 

—  Physiologisches  Institut  182. 
Universitätskirche  48,  51,  52. 
Unterrichts-Ministerium  130.     , 
Ursulakirche  48. 


Verbandshaus  d.  Genossenschafts- 
Krankenkassen  323. 

Verkehrsbank,  Allgemeine  357. 

Versatz-  und  Versteigerungsamt 
150. 

Versorgungsheim,  XIII.  Bezirk  266, 
267,  268,  269. 

Vertreibung  der  Pest  468. 

Vierzehn  Nothelfer-Kirche    49,  63. 

Villa  in  Hietzing  429. 

—  —  Penzing  427. 

—  Bahr.  Ober-St.  Veit  432. 

—  Blaschek  437. 

—  Carola  434. 

—  Chaire  in  Meidling  429. 

—  Futter  440. 

—  Gerlach  439. 

—  Harnoncourt  442. 

—  Henneberg  435,  436. 

—  Himmelbauer  439,  440. 

—  Hochstetter  438. 

—  Kahlenberg  434. 

—  König  Otto,  Hietzing  432. 

—  Krug,  Hohe  Warte  429. 

—  Kuffner  434,  440. 

—  Liechtenstein  441. 


Villa  Moll  435. 

—  Oberwimmcr  438. 

—  Rittershausen  434. 

—  Roth,  Hietzing  432. 

—  Rumpel  439. 

—  Schauta  434. 

—  Scheid  439. 

—  Schenker  434. 

—  Schopp,  Hietzing  430. 

—  Spitzer  435. 

—  Taussig,  Hietzing  431. 

—  Wagner  Otto  433. 

—  Weidmann,  Hietzing  430. 

—  Wielemans  434. 

—  Wilhelm  433. 

—  Wolf  438. 
Volksbad  VI.  Bezirk  277. 

—  XVI.  Bezirk  277. 
Volksheim,  XVI.  Bezirk  323. 
Volks-  und  Bürgerschule  II.  Bezirk 

(Schüttaustraße)  219. 
Volksschule    IL    Bezirk    (Wittels- 
bachstraße)  222. 

—  XIII.  Bezirk   (Linzerstraße)  216. 

—  XIV.  Bezirk    (Kauergasse)   218. 

—  XVI.  Bezirk(Wilhelminenstraße) 
220,  221. 

—  XVIII.    Bezirk    (Schopenhauer- 
straße) 218. 

Volkstheater  331,  334. 
Volkswohnungen  im  XIII.  Bezirke 

451,  452,  453. 
Votivkirche  7,  73,  79. 


Währinger    Friedhof,    Grabmonu- 
ment 498,  499. 
Wärmestube  X.  Bezirk  '272. 
Wagner- Villa  433. 
Wahliss  Ernst,  Warenhaus  362,  364. 
Waisenhaus,  X.  Bezirk  262. 

—  Evangelisches  262. 

—  für  israelitische  Mädchen  262, 
263. 

Waisenhauskirche  49,  67. 
Wandbrunnen,  I.  Bezirk  (Bräuner- 
straße) 489. 

-  I.  Bezirk  (Wollzeile  12)  492. 

—  an  den  beiden  Rundbauten  des 
Michaeiertraktes  der  Hofburg 
489. 

—  im  erzbischöflichen  Palais,  I.  Be- 
zirk (Rotenturmstraße)  489. 

—  im  Hofe  des  adeligen  Damen- 
stiftes in  der  Johannesgasse  15 
(I.  Bezirk)  491. 

—  im  Hofe  d.  Kriegs-Ministeriums, 
I    Bezirk  (Am  Hof)  490. 

—  ina  Hofe  des  Palais  Harrach, 
I.  Bezirk  (Freiung)  490. 

Warenhaus  Esders  Stephan  362, 
364. 

—  Gerngroß  368,  369. 

-  Haas  &  Söhne,   Ph.    362,    363. 

—  Herzmansky,  A.  366. 

—  Neumann  367. 

—  Rothberger,  J.  362,  363. 

—  Schein  362. 

—  Wahliss  Ernst  362,  364. 

—  Zwieback  362,  365. 
Wechselseitige  Brandschaden- Ver- 
sicherungsanstalt 411. 


542 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Abbildungen. 


Weidmann-Villa,  Hietzing  430. 

Weltkugel-Haus  412. 

Wiedener  Krankenhaus  229. 

Wielemans-Villa  434. 

Wiener  Bicyele-Klub  im  Prater348. 

—  Bürgertheater  331,  337. 
-  Eislauf-Verein  346,  347. 

—  freiwillige  Rettungs-Gesellschaft 
285,  286. 

—  Giro- undKassenveiein359,  360. 
Wilhelm-Kaserne  300. 
Wilhelm-Spital  236 
Wilhelm-Villa  433. 


Wipplingerstraße  12  417,  418. 
Wohnhaus    Kärntnerstraße  5  420. 

—  Magdalenenstraße  415. 

—  Schottenring  21  413. 

—  Schwind^asse  4  421. 
Wohnhausgruppe,  I.  Bezirk  (Börse- 

Werdertor-Neutor-Eßlinggasse  l 
418. 

—  IX.  Bezirk  (Maximilianplatz  14) 
421,  422. 

Wohn-  und  Geschäftshaus,  I.Bezirk 
(Wipplingerstraße  12)  417,  418. 
Wolf-Villa  438. 


Zentralanstalt  für  Meteorologie  und 

Erdmagnetismus  184. 
Zentralbad,  I.  Bezirk  279. 
Zentral-Friedhof,  Grabmonumente 

500. 
Zentralstation       der       städtischen 

Feuerwehr  283. 
Zeughaus  284. 
Zirkus  Busch  339. 
Zirkus  Renz  339. 
Zwieback,  Warenhaus  362,  365. 


Berichtigungen. 


I.  BAND. 

S.  356,  letzte  Zeile,  statt  „Le  Blond"  „von  Steckhoven  und  Hohenberg". 

„    356,      „  .,       statt  „Kaiser  Franz  I."   „Franz  von  Lothringen". 

„    357,  Abb.  357  soll  heißen:  „Partie  aus  dem  unteren  Belvedere". 

„    357.  2.  Zeile  bei:   „Der  k.  k.  Belvederegarten"  statt  „Fischers  von  Erlach"  „von  Girard" 


II.  BAND. 

S.  20,  5.  Zeile  von  unten,  statt  „Adam  Breßler"   „Adam,  Brcßler,  etc.". 
„    373  bei  „Das  Palais  des  Hoch-  und  Deutschmeisters',  4.  Zeile,  statt  „Großmeisters" 
statt  „Hofmarschall"  „Kammervorsteher". 

S.  392,  14.  Zeile  von  oben,  statt  „Wollmuth"  „Wolmuet". 

„    46S,  Abb.  754,  statt  „Kaiser  Franz  I."  soll  es  heißen  „Franz  von  Lothringen". 


„Hochmeisters"  und  5.  Zeile  von  unten 


VERZEICHNIS  DER  TAFELN. 

Tafel  I.  Kanzel  im  Stephansdom. 
II.  Hochaltar  bei  St.  Michael. 

„  III.  Piaristenkirche  (Marie  Treu). 

„  IV.  Kirche  St.  Karl  Borromeus. 

„  V.  Votiv-(Heilands-)Kirche. 

„  VI.  Pfarrkirche  zu  Fünfhaus. 

VII.  Großer  Saal  der  k.  k.  Hofbibliothek. 

„  VIII.  Entwurf  Sempers  für  den  Neubau  der  k.  k.  Hofburg  und  der  k.  k.  Hofmuseen. 

„  IX.  Belvedere,  Südfront. 

„  X.  Parlamentsgebäude,  Mittelbau. 

„  XI.  Festsaal  des  neuen  Rathauses. 

„  XII.  Mittelbau  am  k.  k.  naturhistorischen  Hofmuseum. 

„  XIII.  Kaiserin  Maria  Theresia-Denkmal. 

„  XIV.  K.  k.  kunsthistorisches  Hofmuseum,  ägyptischer  Saal. 


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3  9088  00628  9367