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Full text of "Wilhelm Busch"

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umſchlagbild: Wilh. in 2 


Gemälde von Franz 
(Herlag von F. Bruckmann, ; a 0. 


Von Carl W. Neumann 


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Mit 88 Abbildungen 


Zweite Auflage „„ ö 
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a 1921 
Bielefeld und Leipzig 
Verlag von Velhagen & Klaſing 


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Wilhelm Buſch 


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2 1 Gebildete kennt Wilhelm Buſch aus dem einen oder anderen ſeiner 
fröhlichen Werke, aber verhältnismäßig wenige haben ſich zu der Er- 
kenntnis ſchon durchgerungen, daß Meiſter Buſch ſehr viel mehr als ein bloßer 

kurzweiliger Spaßmacher, daß er als Dichter ein Philoſoph, als Zeichner 


ein genialer Künſtler und als Menſch allen Schrullen und Wunderlich 


keiten zum Trotz eine prachtvoll in ſich geſchloſſene Perſönlichkeit war. 
Der biedere deutſche Philiſter, den er ſo luſtig am Ohrläppchen zauſte, 
freut ſich mit ſeinen Kindern über die tollen Streiche von Max und 
Moritz oder Hans Huckebein, amüſiert ſich königlich bei der Lektüre 
der Knopp⸗Trilogie oder der Frommen Helene, ſchmunzelt vergnüglich, 


wenn immer von neuem die Bosheit über die Tugend den Sieg davon- 


trägt, und tröſtet ſich ſchließlich als braver Familienvater im Sinne des 
noch viel braveren Onkel Nolte: 

PR Ei ja! — da bin ich wirklich froh! 

Denn, Gottſeidank! Ich bin nicht ſo!! 

Gewiß, was der Wilhelm Buſch da in guter Laune zuſammengereimt 
hat, iſt ſpaßhaft und kurzweilig zu leſen, und was er an netten 
Bildern dem Texte hinzugefügt, iſt nicht minder ergötzlich. Aber Kunſt? 
Wirkliche, ernſthafte Kunſt? Dazu ſind doch die Bildergeſchichten ein 
bißchen zu harmlos, zu 5 nur auf Augenblickswirkung berechnet. 


Das Geburtshaus Wilhelm Buſchs in Wiedenſahl. Aufnahme von Hans Breuer in Hamburg 
1* 


Bis um die Mitte Ber 9 Jahre war das nich loß die Anfiı 
des deutſchen e ſondern 8110 die Dr id a kriti un 


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von Mund zu Mund als eie e i im G 
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1 9 ganz 
großen Künſtler⸗ 
ſchaft fehlte. Ein 
akademiſch geſchul⸗ 
ter Maler, der 
wirklich was kann, 
pflegt ſich ſonſt 
mit der Schöpfung 
ſo leichter Kontur⸗ 
weſen nicht auf 
die Dauer zufrie⸗ 
den zu geben. 


Auch noch von ten“ und dem ein 
anderer Seite ſuch⸗ für allemal al 
te man Buſch in die Humoriſten abge⸗ 
Schranken zu wei⸗ ſtempelten Dich⸗ 


ſen. Da er in ein⸗ 
zelnen ſeiner Bil⸗ 


terzeichner ſatiri⸗ 
ſche Seitenſprünge BR 


de 1 geſchichten ſati⸗ Schattenriß Buſchs in jungen Jahren. Von energiſch verwie⸗ = 
riſch geworden — Ed. Schulz⸗Brieſen (Zu S. 27) ſen. Das Köſt⸗ 
im „Heiligen An⸗ lichſte leiſtete ſich 


in dieſer Beziehung der ſonſt ſo vortreffliche „Auch⸗ ⸗Einer“-Viſcher, den 
den „ geſchickt-ungeſchickten“ Wilhelm Buſch im Jahre 1881 — man 
höre und ſtaune! — als Pornographen entlarvte. In den Verſuchungs 
bildern zum Heiligen Antonius ſollte die Formengebung nicht nur das 
Ziel des Pikanten, ſondern darüber hinaus auch den Wunſch noch er⸗ 
kennen laſſen, „Leuten, die dafür Sinn haben, ein meckerndes Bocks⸗ 
gelächter zu entlocken“. Höchſt wahrſcheinlich ſei dem alten Aſthetiker bei 
der Beſtellung des eigenen Ackers ein Stäubchen Guano ins Auge geflogen, 
meinte der Angegriffene fünf Jahre ſpäter in ſeiner geiſtreichen Plauderei 
„Was mich betrifft“ und ſchob damit lächelnd die unfreiwillig komiſche 
Brandmarkung beiſeite. „Wer mit ſeinen Kunſtkindern bei Sonnenſchein 
im Freien ſpazieren geht, muß eben erwarten, a ihm allerlei weck 
Zeug um die Ohren ſchwirrt.“ | | 


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+ 


. 


Die Erkenntnis, daß Wilhelm Buſch doch viel mehr als ein kurz 
weiliger Schalk oder Spaßmacher ſei, brach erſt durch mit dem Ende der acht⸗ 


ziger Jahre, als ten) Werke er⸗ 
chon mit Aus⸗ ſchienen wa⸗ 
nahme ſeiner ren. Ein Haupt⸗ | 
Proſadichtun⸗ verdienſt hatte 


gen „Eduards 
mm und 
„Der Schmet⸗ 
terling“, ſowie 
bes hübſchen 


daran unzwei⸗ 
felhaft Eduard 
Daelen, deſſenn 
luſtige Streit⸗ 
ſchrift über 


Gegenſtücks „Wilhelm 
zur „Kritik des Buſch und ſei⸗ 
Herzens“, des ne Bedeutung“ 
feinen Bilder⸗ Unzähligen i 
buchsohneBil⸗ mittelbar oder 
der „Zu guter unmittelbar die 
feine Augen geöffnet 
ſämtlichen (vor hat. Mag ſein, 
ſeinem Tode daß dem Ge⸗ 


e 5 Wilhelm Buſch. Zeichnung nach dem Leben von Ed. \ a 
veeröffentlich⸗ Schulz⸗Brieſen. Aus der Antwerpner Zeit (Zu S. 27) feierten vieles 


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Erich Bachmann, der Sohn des Müllers 
in Ebergötzen und langjährige Freund 

Wilhelm Buſchs. Bleiſtiftzeichnung von 
a Wilhelm Buſch 


| Hermann Nöldeke Später verficherte und 
hervorgeht, vor allem die unnötig ſcharfen 


die übertrieben begeiſterte Einſchätzung 


ec nicht gepaßt 777 wie 115 fei Neſſe 
wie aus den Briefen an Eduard Daelen 
perſönlichen Angriffe auf ſeine Gegner und = 


jeiner Lebensarbeit, jo daß ihm die Schrift 


„immer ärgerlich“ war; dem aber n | . 


er ſich doch wohl ſchwerlich verſchließen, 
daß dieſes Daelenſche Buch daran hoch⸗ 
gradig mithalf, wenn in der Folge von 
Jahr zu Jahr eine immer größere ren 
ſeine heitere Kunſt durchaus ernſt nahm. 

In ihre dritte und letzte Phaſe jedoch 
trat die Wertſchätzung Buſchs ‚exit: et 
jenem denkwürdigen 9. Januar 1908, da 


von dem ſtillen Pfarrhauſe zu Mechtshauſen im ſüdlichſten Zipfel des alten 
Amtes Bockenem (Regierungsbezirk Hildesheim) die Nachricht ausging, der 
ſechsundſiebzigjährige Meiſter des Stifts und des Worts ſei geſtorben. 


Wilhelm Buſch? Man mußte ſich erſt mal beſinnen. Richtig, ſechs 15 2 . 
Jahre früher war ja durch alle Zeitungsblätter ein mächtiges Rauſchen 


gegangen, und aus dieſem 
Rauſchen war damals die 
Meldung herausgeklun⸗ 
gen, daß ſich der Alte, 
den man ſchon lange für 
tot und begraben hielt, 
irgendwo in der Nähe der 
waldigen Harzberge in 
einem nicht mal im Kurs⸗ 
buch verzeichneten Dörf⸗ 
chen aufhalte und dort 
bei Verwandten im Onkel⸗ 
ſtübchen ein friedſam⸗ 
beſchauliches Stilleben 
führe. Ein paar Verehrer 
hatten den Alten in ſeiner 
ländlichen Einſamkeit auf- 
geſtöbert, wußten dieſes 
und jenes von ihm zu 
erzählen und meldeten ins⸗ 
beſondere das erfreuliche 
Faktum, daß Wilhelm & 


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Selbſtbildnis Wilhelm Buſchs 221 
Bleiſtiftzeichnung um 1850—55 (?) 


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den damaligen 


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München“ (Zu S. 27ff.) 


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Aus dem Karikaturenbuch der ehe 


- und Studiengenoſſen 


Vereins. 
Vereinigung „Jung 


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München 


Karikatur auf Theodor Pixis, Buſchs Alters 
maligen geſelligen Künſtler 


Präſidenten des „Jung 


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| Aus Bonn Karikaturenbuch der ehemaligen geſelligen Künſtler⸗Vereinigung RER 1 
n „Jung- München“ (Zu S. 27 ff.) f welt wieder 
ſchneiden. A 


e e Geburtstag herankam, floh er drache nach erh 


1 5 geſtorben. Nun konnte man demnach 100 aus dem Lebens 
des zur Ruhe gegangenen Zeichners und Dichters die Summe ziehen, o 
befürchten zu müſſen, daß der an ſich Unberechenbare die Welt noch durch 
ein neues Werk überraſchen könne. „Zu guter Letzt“ hatte der Titel jener 
ſpäten Ausleſe ſeiner Gedichte gelautet, in ſeinem „Dank und Gruß“ von 
April 1907 hatte er ſchon dem Fährmann von drüben ſtill reſigniert mit 
dem Hut in der Hand zugewinkt, und in einem Geleitgedicht zur Feſt⸗ 
ausgabe der Frommen Helene hieß es mit einem e Ausblick. 5 
Mir ſelbſt iſt jo, als müßt ich bald verreifen . 
Als müßt ich endlich mal den Ort verändern ei 
Und weiter ziehn nach unbekannten Ländern. 
Mein Bündel iſt geſchnürt. Ich geh zur See, 
Und ſomit, Lenchen, ſag ich dir Ade! 
So ſpricht man nicht, wenn man noch Manujfripte im Pult und 1 


Abſicht im Kopf hat, ſie herauszugeben. So konnte nur einer a 


agen betrachtete. 5 
Es lam aber dennoch ganz anders. Auf „Zu guter Letzt“ folgte 
noch ein „Hernach“, ein luſtig philoſophierendes Bilderbuch mit nicht 
minder luſtigen nachdenklichen Verſen, deſſen eingeſiegeltes druckfertiges 
Manuſkript der Meiſter feinem Neffen, dem Paſtor Otto Nöldeke, ſchon 
im Frühjahr 1905 mit dem Bemerken übergeben hatte, es könne nach 
e Tode veröffentlicht werden. Und auf „Hernach“ folgten noch ſo 
viele Veröffentlichungen von Bildern und Verſen, daß ſich ſogar die offi— 
zielle Kunſtgeſchichte genötigt ſah, ihr Urteil über das Lebenswerk Wilhelm 
Buſchs einmal gründlich zu überprüfen. 
Im Frühjahr 1908, bald nach dem Tode des „Oanſigl im Hinter⸗ 
wald“, wie er ſich ſelbſt einſt bezeichnete, faßten die Inhaber einer 
Münchner Kunſthandlung den löblichen Plan, eine Wilhelm-Buſch⸗ 
Ausſtellung zu veranſtalten, die F. A. Kaulbach, der Freund Wilhelm 
Bruſchs, ordnete. 8 
Man forſchte 
den Ver⸗ 
wandten und 
Freunden des 
Humoriſten eif⸗ 
rig nach Wer⸗ 
ken von ſeiner 
Hand, und ſiehe: 
es kam ein ſo um⸗ 
fangreicherzeich⸗ 
neriſcher und 
maaleriſcher 
Nachlaß zutage, 
daß ſich der er⸗ 
ſten Ausſtellung 
von mehreren 
hundert Num⸗ 
mern noch eine 
zweite, kaum 
weniger ſtatt⸗ 
liche anſchließen 
konnte. Später 
iſt dieſe Ge⸗ 
ſamtausſtellung 
dann auch auf 
Reiſen gegan⸗ 


Aus dem Karikaturenbuch der ehemaligen geſelligen Künſtler-Vereinigung 
gen, und aber⸗ „Jung⸗München“ (Zu S. 27 fl.) 


ſehr wertvollen Ausſtellungsobjekte! in würdiger Nachbildung in 15 1 801 
gekommen; zur Hauptſache in Geſtalt eines umfangreichen Prachtwerke 
„Wilhelm Buſch, Künſtleriſcher Nachlaß“, das nicht weniger als zwei⸗ 
hundertfünfzig Fakſimile⸗ Kunſtdrucke nach Zeichnungen und Gemälden ent⸗ 
hält, zum andern Teil in dem Lebensbild „Wilhelm Buſch, Ernſtes und 
Heiteres aus ſeiner Werkſtatt“ von Hermann, Adolf und Otto Nöldeke, den 
drei Neffen des Dichterzeichners, die ſeine Eigenart ein Menſchenalter lang 
im vertrauten Umgang bis in die letzten Herzfalten hinein zu ſtudieren 
vermochten. Was Onkel Wilhelm an Poeſie hinterlaſſen hatte, iſt abs 
geſondert von allem anderen als „Schein und Sein“ noch erſchienen, alls 
eine Sammlung von fünfundſiebzig Gedichten, die ſich als mindeſtens gleich? 
wertig ſeinen früheren anreihen. Fürwahr: ein faſt fürſtlicher Nachlaß, 
unendlich viel reicher, als ſelbſt die kühnſte Phantaſie ſeiner Verwandten 
und Freunde inn 
träumen konnte. 
Mit dieſer ſpüäten 
Ernte erſt rundete 
ſich uns das Bild 
des ſo weit bekannten 
und jo wenig erkann? 
ten Freudenbringers. 
Wer den Menſchen 
und Grübler verſte⸗ 
hen will, der in Wort 
und Bild um die Welt 
und um alles, was 
kreucht oder fleucht, 
ſeine eigenen Ge⸗ 
dankenfäden geſpon? 
nen, darf fh nicht 
mehr beſcheiden bei 
dem, was der Meifter 
einſt ſelbſt unters 
Volk geſandt hat. Er 
würde den Menſchen 
und Künſtler in Buſch 
nur zur Hälfte er⸗ 
kennen. Gerade im 
i „Nachlaß“ muß der 
: Biograph, der es 
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Selbfifarifatur Wilhelm Buſchs. Aus dem Karikaturenbuch der ehe⸗ - . f 
maligen geſelligen Künſtler⸗Vereinigung „Jung⸗München“ ſeiner Arbeit, am 


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fc war“, Be er 1886 an Se Proelß, und a Nöl 


hat das im vollen Umfang beſtätigt. 


ſeine Pläne geäußert; 
Frager gründlich heimzuſchicken.“ 


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Enthuſiaſtiſche Huldigung 
Bei einer Vorſtellung der ſo ſehr gefeierten Taglioni in der fran⸗ 
zöſiſchen Oper, als man das ſchöne Ballett „die Sylphide“ gab, geriet 
ein Herr ſo in Ekſtaſe, daß er einer Dame neben ihm die Blumen, die 
ſie in den Haaren trug, ſowie das Bukett, das ſie in der Hand hielt, 
herausriß und zu den Füßen der Tänzerin warf. 


Eine der erſten Zeichnungen Wilhelm Buſchs für die „Fliegenden 


Blätter“ (vom Jahre 1859). Mit Genehmigung des Verlages 
Braun & Schneider in München (Zu S. 30 ff.) 


„Wenn etwas Neues im Werde 
war, ſo merkten wir das daran, daß der Onkel mehr als ſonſt ſich zur 
zog. Schließlich meldete dann eine Zeitung, und auch Baſſermann tai 
der Welt kund, daß ein neuer Buſch erſchienen war. 
auch. Nie hat der Onkel auch nur ein Wort über ſeine Arbeiten 
er hätte ſich auch nicht fragen laſſen, ohne 
10 es ein Wunder, daß über 


Arbeit? 


So erfuhren 


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ein biſſel Geſchwätzmal 
dabei ſein muß“, at 
er ſelber in einer aı 


verkündet. Wie 
der Entſtehung der 
Bilder jedoch blieb ein 3 
Rätſel. Waren ſie wirk⸗ 
lich ritſch⸗ratſch mit 
dem fliegenden Stift 
aufs Papier geworfen, 


fröhliche Kinder ver⸗ 


gnüglicher Stunden? 
Oder waren ſie trotz 
ihres deutlich die Hand 
eines Könners verra⸗ 
tenden Linienſchwungs 
das Ergebnis ern⸗ 
ſter und mühſamer 
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„Maler“ Buſch ſich FEN 


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mit ihnen hinwegtröſten wollen über 
das Defizit einer verunglückten Lauf⸗ 
bahn, oder waren ſie umgekehrt zu 
verſtehen als das notwendige Reſul⸗ 
tat einer temperamentvollen Maler- 
individualität? Auf all dieſe Fragen 
erteilt im Verein mit dem Lebensbild 
der Gebrüder Nöldeke der Nachlaß 
die bündigſte Antwort. 

Wenn irgend ein Künſtler es 
gründlich und ernſt nahm mit ſeinen 
ſich ſelber geſtellten Aufgaben, jo war 
es Buſch. Und wenn irgend einer 
ſein Leben lang eifrig bemüht blieb, 
in ſeiner Kunſt die denkbar höchſte 
Stufe der Vollkommenheit zu er- 
reichen, fo war es ebenfalls Wilhelm 

Buſch. Die Dokumente ſeiner künſt⸗ 
leriſchen Entwicklung erzählen von 
raſtloſer Arbeit und ernſthafteſtem 


Studium, von unermüdlichem Ringen 
nach immer beſſeren Ausdrucksmitteln, 
von dem heiligen Streben, ſeinem 
ureigenen Stil zu immer mehr ge⸗ 
ſteigerter Klarheit und Innerlichkeit 
zu verhelfen. Wie als Philoſoph, der 


Am St. Nikolaustage | 
„Ahh, Herr Geheimer Regiſtrator, Sie begegnen 
mir wie gerufen! .. Möchten Sie nicht ſo gut ſein 
und für meine Kinder den Wauwau machen?“ 
Zeichnung für die „Fliegenden Blätter“ (1860) 
Mit Genehmigung des Verlages 
Braun & Schneider in München (Zu S. 30 ff.) 


mit Leidenſchaft und Ausdauer Kant, 
Darwin und Schopenhauer las, obwohl ihre Schlüſſel, wie er erkannte, 
„zwar zu mancherlei Türen paſſen in dem verwunſchenen Schloß dieſer 
Welt, nur nicht zur Ausgangstür“, ſo war Buſch auch als Zeichner und 
Maler ein ewig Suchender. „Gewiß warf er ſeine Zeichnungen leicht, 
ſchnell und ſicher hin“, berichtet ſein Neffe, „aber ſein Papierkorb konnte 
gelegentlich auch Zeugnis davon ablegen, daß er dieſelbe Zeichnung zwanzig⸗, 
ja dreißigmal und öfter probiert hatte, ehe ſie zu ſeiner Zufriedenheit 
geriet. Mußten doch die Menſchen vor allem in den verzwickteſten Ver— 
drehungen und Verrenkungen immer dieſelben bleiben. Gründliche Vor- 
ſtudien waren ja in Hülle und Fülle gemacht, wie die Skizzenbücher und die 
vielen, vielen Einzelzeichnungen verſchiedenſter Art lehren. (Siehe S. 50, 53.) 
Da finden ſich Beweiſe in Menge, wie genau Buſch nicht nur den Menſchen 
ſtudierte, ſeine Anatomie, ſeinen Habitus, ſein Mienenſpiel, ſeinen Mund 
und anderes mehr, ſondern auch alles Getier, bald Mäuſe, bald Hühner, 
bald Käfer, bald Schwalben, bald Hunde, bald Haſen, bald Katzen, bald 
Kühe ſeitenweiſe zeichnete und in allen möglichen und unmöglichen Stel- 


SELLLLLLELLELLELLLLLELLLLELLPLLLEELLLELLLLLLELLLLLLLELLLLLEOLLLLLLLELT LITT IT TI 


Bilderrätſel aus der Geſchichte 


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Aus den „Fliegenden Blättern“ (1862). Mit Genehmigung des Verlages Braun 


Wenn Menſchenknochen vorzugsweiſe zum Raffinieren des Zuckers tauglich ſind, dann müſſen 
die Knochen von Gaunern, Heuchlern, Induſtrierittern und ſonſtigen Subjekten ſicherlich den 


(Die Dargeſtellten ſind, von links nach rechts: Krempelſetzer, F. Loſſow, W. Buſch, v. Angeli, 


Zeichnung für die „Fliegenden Blätter“ (1862). Mit Genehmigung des Verlages Braun 


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& Schneider in München 


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raffinierteſten Zucker geben. 


Andreas Müller) (Zu S. 30 ff.) a 


& Schneider in München 


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Der Komfort in den modernen Wohnungen. Anſicht einer Türwohnung in der Marimilianftraße 
in München von der Vorder- und Rückſeite. Zeichnung für die „Fliegenden Blätter“ (1861). Mit 
Genehmigung des Verlages Braun & Schneider in München (Zu ©. 30 ff.) 


lungen probierte. An vielen Zeichnungen in „Hernach“ ſehen wir, wie 
er den Tieren gerade ihre charakteriſtiſche Eigenart abgeſchaut und ab— 
ſtudiert hat. Dann wieder zeichnete er unermüdlich den Baum nach, den 
Strauch, die einzelne Blume, das Kornfeld, die Flügel der Windmühle, 
den Waldrand, die Landſchaft, und bei allem entwickelte ſich ſeine Manier 
aus Nachahmung und Anlehnung an Richter oder Schwind z. B. in 
früherer Zeit, wo auch von ihm noch alles mit peinlichſter Sorgfalt im 
einzelnen ausgeführt ward, zu ſeiner Eigenart, die immer mehr darauf 
den Nachdruck legte, im charakteriſtiſchen Strich mit möglichſt wenig 
Mitteln möglichſt viel zu ſagen.“ Buſchs unübertreffliche Fertigkeit, die 
Geſtalten ſeiner Bilder auf die allereinfachſten Linien zu reduzieren, 


16 BESFSHEHH HET TODD ZZ A : 
mit. einem einzigen Schwung feines Stiftes den Kern der Dinge zu geben, 


das Weſentliche ſcharf und knapp zur Erſcheinung zu bringen und feine alle 


Geſetze der Schwere verlachenden Umrißweſen in ausdrucksvoller, geradezu | 


bejeelter Lebendigkeit vor uns hinzuſtellen — das iſt es, was er in müh⸗ 
ſamer Arbeit errungen und was ihm ein feiner Kenner ſeiner Eigenart 


mit voller Berechtigung als eine künſtleriſche Tat erſten Ranges nachrühmt. 
5 Die Hinterlaſ⸗ 


ſenſchaft Wilhelm 
Buſchs aber gibt 


über den Zeichner 
und ſeinen Werde⸗ 
gang, ſie macht uns 
zugleich auch bekannt 
mit dem Maler und 
Landſchafter Buſch, 
von deſſen Daſein 


Lebens nur die aller⸗ 
nächſten Verwandten 


nung hatten (Siehe 
die Bilder Seite 56 
und 57). Als die 
Gemälde zuerſt in 


erſchienen, war das 
Erſtaunen ganz all⸗ 
gemein; nun, wo ſich 
die beſten der Bilder 
gut reproduziert in 
Selbſtbildnis Wilhelm Buſchs. Gemälde den Händen von vie⸗ 
len befinden, beginnt 


auch die zünftige Kunſtgeſchichte bereits, ſie in Rechnung zu ſetzen. „Es 


geht jetzt nicht mehr an“, ſagt der Erlanger Kunſthiſtoriker Friedrich Haack 
in der dritten Auflage ſeiner Geſchichte der Kunſt des 19. Jahrhunderts, 
„Wilhelm Buſch nur noch als Zeichner zu betrachten. Man lernte ihn 
in München koloriſtiſch und der Auffaſſung nach als Nachfolger alter 
Holländer vom Schlage der Frans Hals und Adrian Brouwer kennen 
und ſchätzen, der dabei zugleich im Figürlichen wie in der Landſchaft über 
eine ſelbſtändige Naturanſchauung verfügte.“ Fritz v. Oſtini bewunderte in 
den impreſſioniſtiſch flott hingeſtrichenen holländiſchen Anſichten mit Wind⸗ 


uns nicht bloß will⸗ 
kommenen Aufſchluß 


bis ans Ende ſeines 


und Freunde eine Ah⸗ 


den Ausſtellungen 


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Neumann, Wilhelm Buſch 


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: Die Lerche in die Lüfte ſteigt, 

: Der Löwe brüllt, wenn er nicht ſchweigt. 


Aus dem Münchner Bilderbogen „Naturgeſchichtliches Alphabet 


für größere Kinder und ſolche, die es werden wollen“. 


Mit 


Genehmigung des Sera Braun & Schneider (Zu S. 31) 


mühle 1 Dächern | 
und ſilbergrauen Weiden, 
goldenen Kornfeldern und 
tiefblauen Fernen die 
Kraft und Farbenfröh⸗ 


lichkeit und meint ferner, 1 


daß Wilhelm Buſch in 
den beiten ſeiner hell- 
dunklen Federzeichnungen 
faſt Rembrandt eben 


bürtig erſcheint. 


Wie viel oder wie 
wenig in ſolchen Urteilen 
die allgemeine Verehrung 
des Künſtlers mitſpricht, 
mag einſtweilen dahin 
geſtellt bleiben; uns Heu⸗ 
tigen fehlt wohl noch vor 


erſt der nötige Abſtand 


für eine ſachlich gerechte x 


Würdigung der Gemälde. S9 indeſſen iſt ſicher, daß ihnen nur eine hart 


an die Grenze der Starrköpfigkeit ſtreifende Wunderlichkeit ihres Schöpfers 
den längſt verdienten Eintritt in die Offentlichkeit zu W vermochte. 175 


Wilhelm Buſch ne- 
ben Rembrandt, Frans 
Hals und Adrian Brou— 
wer! Mit Hohngelächter 
hätte man den über⸗ 
ſchüttet, der ſolche Ver⸗ 
gleiche vor ein paar 
Jahrzehnten ſich auch 
nur im Scherz erlaubt 
hätte. Freilich: es konnte 
auch keiner dergleichen 
wagen, weil Onkel Wil⸗ 
helm auf ſeinem Schatz 
ſaß wie ein verknöcherter 
Geizhals auf feinen Du— 
katen. Nur daß er die 
alten Holländer ſchwär⸗ 
meriſch liebte, war all⸗ 
bekannt, ſeit er ſich ſelbſt 
in ſeinem „Was mich 


so....su.o.....„„ee„...„s„„.„e..s0sses„„„....000.0.0.s.e....ssu...s.se.s.s.... 


Froſch“. 


Drei Wochen war der Froſch ſo krank! 
Jetzt raucht er wieder, Gott ſei Dank! 


Aus dem Münchner Bilderbogen „Die beiden Enten und der 


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Mit Genehmigung des Verlages Braun & Schneider 
in München (Zu S. 31) 


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betrifft“ dahin ausgeſprochen: „In Antwerpen ſah ich (1852) zum erſten⸗ 
mal in meinem Leben die Werke alter Meiſter: Rubens, Brouwer, Teniers, 
ſpäter Frans Hals. Ihre göttliche Leichtigkeit der Darſtellung, die nicht 
patzt, kratzt und ſchabt, dieſe Unbefangenheit eines guten Gewiſſens, welches 


5 nichts zu vertuſchen braucht, dabei der ſtoffliche Reiz eines ſchimmernden 


Juwels, haben für immer meine Liebe und Bewunderung gewonnen, 
und gern verzeih ich's ihnen, daß fie mich zu ſehr geduckt haben, als 
daß ich's je gewagt hätte, mein Brot mit Malen zu verdienen wie manch 
anderer auch. Die Verſuche freilich ſind nicht ausgeblieben, denn geſchafft 
muß werden, und ſelbſt der Taſchendieb geht täglich auf Arbeit aus.“ 


Aus dem Münchner Bilderbogen „Der Virtuos“: Fortissimo vivacissimo. Mit Genehmigung 
des Verlages Braun & Schneider in München (Zu S. 31 u. 62) 


Das alſo war es? Geduckt war er worden? Weil er's den Großen 
und Größten nicht gleichtun konnte, hat er als Maler gleich völlig ver— 
zichtet und ſich ſein Leben lang hinter dem Stachelzaun der Beſcheidenheit 
ängſtlich verkrochen? Bis ihn der Tod dann hervorzog? Wohl ausgeſonnen, 
Pater Lamormain! Aber leider nicht eben wahrſcheinlich. Ich meine, der 
gute Onkel Wilhelm wußte trotz allem, wieviel er als Zeichner und Maler 
konnte, und nur eine Schrulle vermochte ihn dahin zu bringen, ſich ſelbſt 
zu verleugnen. Hat er doch auch als Zeichner mit vollem Bewußtſein 
Jahrzehnte lang kühl bis ans Herz hinan neben ſeinem Ruhm geſtanden, 
gewiſſermaßen ſich ſelbſt überdauernd. Und wußte doch, wie ſehnſüchtig 
die Welt nach einem künſtleriſchen Lebenszeichen ausſchaute. Auch daß er 
noch übers Pſalmiſtenalter hinaus der Palette getreu blieb — aufs Zeichnen 

2* 


wiße Kriegt den eren, 
ae, 


weil er am beguemiren 2 


Aus: „Die Drachen“ in dem Bilderbuche „Der Fuchs — Die Drachen“ Be 35 
(Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42) 5 


IE: 


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Die Hexe macht das Feuer an, Daß fie die Kinder kochen kann. 
Aus: „Bilder⸗Poſſen“: Hänſel und Gretel. (Fr. Baſſermann in München; zu S. 32) 


Ein- Mäuslein hat ihm 
unterdeſſen 


ganz unbemerkt ein Loch 
gefreſſen. 


s rinnt das Korn in leiſem 
Lauf. 


Die Mäuſe knuſpern's emſig auf. 


Aus: „Der Sack und die Mäuſe“ in dem Bilderbuch „Sechs Geſchichten für Neffen und Nichten“ 
(Fr. Baſſermannſche Verlags-Buchhandlung in München; zu ©. 42) 


22 SEES ZZZEIZ I 


mußte er lange vorher ſchon 
verzichten, dieweil ſeine Augen 
nicht mehr recht mitwollten —, 
beweiſt nicht gerade den Ernſt 
des Geducktſeins. Man malt 
nicht im Greiſenalter mit einem 
Eifer, daß ſich zuzeiten an allen 


auf allen Paneelen und Bücher⸗ 
brettern die Bilder derartig 
häufen, daß ſchließlich wegen 
Platzmangels je zwei und zwei 
aneinanderkleben, wenn man 
nicht von ſeiner Kunſt über⸗ 
zeugt iſt. Was ſeine Neffen 
dem Flammentod abtrotzten, 
wenn der pietätlos die eigenen 
Kunſtkinder verleugnende Ra⸗ 
benvater im Pfarrgarten Auto⸗ 
dafés ſeiner Gemälde und Skiz⸗ 
. zen veranſtaltete, und mehr noch 
Nach einer bgtob 0 hne oom Jahre 1860 03, man er ſelber . Flam⸗ 
mentode bewahrte, war ſicherlich 
auch nach feiner Meinung der Auszeichnung wert, auf die Nachwelt zu 
kommen. Die Unbefangenheit eines guten Gewiſſens, die er den alten 
Holländern nachrühmt, beſaß auch er, und die göttliche Leichtigkeit der 
Darſtellung war dem Maler ſowohl wie dem Zeichner Buſch eigen. 

Sei's, wie es will! Auch Schrullen zu achten iſt Pflicht, wenn es 
Schrullen von wirklichen Großen ſind. Und da wir den ängſtlich gehüteten 
Schatz ſchließlich doch noch bekommen haben, iſt's müßig, nach dem Warum 
der Zurückhaltung all ſeiner Koſtbarkeiten zu fragen. Vergegenwärtigen 
wir uns ſtatt deſſen den Lebens- und Werdegang unſeres lachenden Philo⸗ 
ſophen und den ſeiner Muſenkinder. 

In Wiedenſahl, einem hart an den Grenzen der Provinz Weſtfalen 
und des Fürſtentums Schaumburg-Lippe gelegenen hannoverſchen Flecken 
von etlichen hundert Einwohnern, einem „klimperkleinen Plätzchen, vom 
großen Weltall abgeſondert, aber gemütlich erwärmt und feierlich beleuchtet“, 
kam Wilhelm Buſch am 15. April 1832 als Erſter von Sieben auf die 
Welt. Sein Vater, Friedrich Buſch, war Krämer, ſeine Mutter eine 
Tochter des Wiedenſahler Wundarztes Georg Kleine, und beide lebten 
nach der Bekundung des Sohnes ſo einträchtig und häuslich, daß einſt 
über zwanzig Jahre vergingen, ohne daß ſie zuſammen ausfuhren. Der 
flottgehende Kramladen und die Erziehung ihrer alle zwei Jahre ſich 


Wänden und auf allen Tiſchen, 


d 23 
mehrenden Buben⸗ und Mädchenſchar nahm ſie völlig i in Anſpruch, obgleich 


mit der Zeit i immer eins nach dem andern der Kinder aus Wiedenſahl aus⸗ 


zog, weil in dem weltabgeſchiedenen Neſt jede Möglichkeit zur Erlangung der 

höheren Schulbildung fehlte. Vater Buſch aber hielt ſehr auf gute Erziehung. 
Als erſter zog Wilhelm mit neun Jahren aus, um von Onkel Kleine 
in Ebergötzen, der eben ſeine dortige Landpfarre übernommen hatte, zum 
tüchtigen Menſchen erzogen zu werden. „Früh vor Tag wurde das dicke 
Pommerchen in die Scheerdeichſel des Leiterwagens gedrängt. Das Gepäck 
iſt aufgeladen; als Hauptſtück der wohlverwahrte Leib eines alten Zinke— 
dings von Klavier, deſſen läſtig geſpreiztes Beingeſtell in der Heimat blieb; 
ein ahnungsvolles Symbol meiner muſikaliſchen Zukunft. Die Reiſenden 
ſteigen auf; Großmutter, Mutter, vier Kinder und ein Kindermädchen; 


Knecht Heinrich zuletzt. Fort rumpelt's durch den Schaumburger Wald. 


Ein Rudel Hirſche ſpringt über den Weg; oben ziehen die Sterne; im 
Klavierkaſten tunkt es. Nach zweimaligem Übernachten bei Verwandten 
wurde das Ebergötzener Pfarrhaus erreicht.“ 

Onkel Kleine, der fortan den Vater vertreten mußte, war ein Mann 
mit den prächtigſten Eigenſchaften: klug, aufopfernd, milde und liebevoll, 
fromm ohne jeglichen Fanatismus, ein ſtiller Naturverehrer und ſcharfer 
Beobachter, kurz der geborene Erzieher. Sein Lieblingsſtudium in der amts⸗ 
freien Zeit galt den Bienen, 
denen er nicht nur als prak⸗ 
tiſcher Imker, ſondern auch als 
Forſcher zu Leibe ging. Im 
wiſſenſchaftlichen Streit um die 
Parthenogeneſis dieſer reiz- 
vollen Hautflügler, den der 
katholiſche Pfarrer Dzierzon in 
den vierziger Jahren durch ſeine 
Entdeckung entfeſſelt hatte, focht 
er mit Eifer an deſſen Seite, und 
durch ſeine eigene Bienenzeitung 
trug er nicht weniger bei zur 
Enträtſelung vieler verzwickter 
Lebensgeheimniſſe der kleinen 
Honiglieferanten als durch ſeine 
treffliche Überſetzung des zwei⸗ 
bändigen grundlegenden Bie— 
nenwerkes von Francois Huber. 

Man hat dem begeiſtert die 
Liebhaberei ſeines Onkels ver— 
folgenden Neffen in ſpäteren 


Wilhelm Buſch 
Jahren oft nachgeſagt, daß auch Nach einer Photographie aus den 60er Jahren 


15555 SSSFSSTITHEHZ ESS ze 333331 3 


u) nach Baaſlte 1 Dorado der Imker, eine le 
erſchienene Plauderei im Ma a 0 1 


an 
Ergebniſſe der 
lebhaften Teil⸗ 


ein in Pro⸗ 1 


nahme am Im⸗ zentſatz der aus⸗ 
kerſport. Dar⸗ gezeichneten Ei⸗ 
über hinaus aber : genſchaften ſei⸗ 
ſind auch die nes Erziehers 


ſcharfe Beobad)- 
tungsgabe und 


| ihm ſpiegelte. 
ein bis ins Grei⸗ 


lenhaftoder wun⸗ 
derlich war im 
Weſen des künf⸗ 
tigen großen 
Meiſters, gehört 


ſenalter bewahr⸗ 
tes Intereſſe für 
alles kriechende 
und fliegende 
Getier auf das 


Eben geht mit einem Teller 
Witwe Bolte in den Keller, 
Daß ſie von dem Sauerkohle 


Konto von Eber⸗ Eine Portion ſich hole, freilich kaum auf 
götzen und Lüt⸗ Wofür ſie beſonders ſchwärmt, dasſelbe Konto. 5 0 
horſt (wohin er Wenn er wieder aufgewärmt. — f „Vererbung“ | a 
im Herbſt 1846 J ſcheint dafür der . 
mit dem Onkel MUS Mer und ee nme gf) Schlüſelzu hel⸗ 
überſiedelte) zu ßen, denn wenn 


Wilhelm Buſch uns in ſpäteren Jahren ſeinen Vater als immer beſorgt, 
aber niemals zärtlich, zum Spaß geneigt, aber Dummheiten ebenſo abgeneigt 
ſchildert und weiter erzählt, daß er eifrig die Pfeife, als Feind aller Neue 
rungen aber niemals Zigarren rauchte und demgemäß ebenſowenig je 
Streichhölzer nahm, ſondern bei Zunder, Stahl und Stein oder Fidibus 
blieb; wenn er ferner verzeichnet, daß Friedrich Buſch jeden Abend allein 
durch das Dorf ſpazierte und ebenſo einſam zur Zeit des Nachtigallenſchlags 
durch den Wald, während ſich die Mutter daheim beim Leſen erholte, ſo iſt's 
mir, als wär's ein Stück Selbſtkonterfei. Ich ſehe ihn förmlich im Geiſte 
vor mir, den Einſiedler von Wiedenſahl oder Mechtshauſen, der ſich gegen 
Fremde beinahe luftdicht abſchließt und ſelbſt vor den nächſten Verwandten 
und Tiſchgenoſſen faſt ängſtlich ſein Wirken und Schaffen verbirgt. Ich ſehe 
ihn wie den Vater ſelig in Einſamkeit ſeine Wege wandeln oder in ſeinem 
ſpartaniſch einfachen, faſt primitiven Arbeitszimmer beim matten Schein der 
Petroleumlampe, die er „als Feind aller Neuerungen“ nur ungern mit 
der alten Olfunzel vertauſcht hatte, zeichnen und Briefe ſchreiben — nicht 


BSSSFSTIIITIIITDTIITDTEISSSSSSSZSSZSSSZZN 25 
mit der Stahlfeder, fondern nach Urväterfitte mit dem Gänſekiel, für den 
er die „Tinte“ ſich ſelber mit Sepia einrieb. Dem allen hat Onkel 
Kleine nicht vorbeugen können, weil es erſt ſpäter, viel ſpäter hervortrat. 
Als Wilhelm Buſch im September 1847 das kleine Pfarrdorf Lüthorſt 

(bei Einbeck) verließ, um nach dem Wunſche des praktiſch denkenden Vaters 
auf der Techniſchen Hochſchule zu Hannover Maſchinenbauer zu ſtudieren, 
ſchlummerten all dieſe Sonderbarkeiten ſeines Weſens noch ebenſo tief im 
Bereiche des Unbewußten, wie ſeine ungewöhnlichen Talente, die nach⸗ 
mals ihm Weltruhm verſchafften. Die letzteren freilich begannen ſich ſehr 
bald zu regen. In den erſten Jahren gingen ſeine Studien auf der 
Polptechniſchen leidlich voran; im Zeichnen und Modellieren war er einer 
der Beſten und in der elementaren Mathematik brachte er es ſogar zur 
Eins mit Auszeichnung. Aber je mehr er zur angewandten Mathematik 
vorrückte, zum Konſtruktionszeichnen und praktiſchen Maſchinenbau, deſto 
matter wurde, wie er ſelbſt einmal ſagte, ſein Flügelſchlag, deſto mehr ſah 
er ein, daß die Wahl des Berufs doch ein Mißgriff geweſen. Der Aufent- 
halt in der kunſtfrohen Reſidenzſtadt und der anregende Verkehr mit befreun⸗ 
deten Jüngern der freien Kunſt hatten den ſchlummernden Keim ſeines eigent— 
lichen Talents in ihm aufgeweckt und den feſten Entſchluß in ihm reifen 
laſſen, den Maſchinentechniker endgültig aufzugeben und Maler zu werden. 


„Wer weiß die Hallen und dergleichen 
So welthiſtoriſch zu beſtreichen? 


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Hoch iſt hier Frau Böck zu preiſen! 
Denn ein heißes Bügeleiſen, 

Auf den kalten Leib gebracht, 

Hat es wieder gut gemacht. 


Aus „Max und Moritz“. Mit Genehmigung des Verlages Braun & Schneider (Zu S. 33f.) 


26 S Q ——————— 


Alfresko und für ewig faſt, | 
Wenn's mittlerweile nicht verblaßt? 
Wer liefert uns die Genreſachen, 

So rührend oder auch zum Lachen? 


Wer ſchuf die grünen Landſchaftsbilder, 


ö S EEE EEE 


Die Wirtshaus⸗ und die Wappenſchilder? 
Wer hat die Reihe deiner Väter 
Seit tauſend Jahren oder ſpäter 
So meiſterlich in Ol geſetzt? 
Wer wird von allen hochgeſchätzt? 


Der Farbenkünſtler! 


Er macht uns dieſe Welt ſo bunt. 
Darum, o Jüngling, faſſe Mut; 
Setz' auf den hohen Künſtlerhut 
Und wirf dich auf die Malerei, 
Vielleicht verdienſt du was dabei!“ EN 
Zuvor mußte freilich auch Vater Buſch noch bewogen ee bie & 


Umſattelung vom ſicheren Brotſtudium zur brotloſen Kunſt feine Zuſtimmung 


Puh!! — da faufte mit großem Rumor 
Der Satanas durchs Ofenrohr. 


Aus „Der heilige Antonius von Padua“. 


Verlag von Moritz Schauen⸗ 


burg in Lahr (Zu S. 35 ff.) 


Und mit Grund! 


zu geben, was keine 
ganz einfache Sache 
war. Geglückt aber 
iſt es, wennſchon der 
aller Schwarmgeiſte⸗ 


rei gründlich abholde 
Alte, dem nun mal 
als Kaufmann der 


Spatz in der Hand 
zehnmal lieber war 


als die Taube auf 
dem Dache, im Grun⸗ 


de des Herzens den 
Tauſch niemals gut⸗ 
hieß. „Tief ergrei⸗ 
fend,“ ſagt Hermann 
Nöldeke, „iſt mir im⸗ 
mer das Bild, das 
nach der Erzählung 
meiner Mutter mir 
vor Augen ſteht, wie 
mein Onkel an einem 
trüben, öden Spät⸗ 
herbſtmorgen in der 
Frühe von Hauſe 
fortgegangen iſt, um 

nach München zu 
reiſen, kreidebleich 


 BESSSSSISFIIITTIIIIIISSSSSSSSZSZZZIZM 27 
und mit Tränen im Auge | 
über die Erklärung des 
Vaters, daß die Rolle 
Taler, die er beim Ab⸗ 
ſchied erhielt, nun das 
Letzte ſei, was er von 
ihm bekomme.“ 

In Düſſeldorf, in 
Antwerpen und Mün⸗ : 
chen holte Wilhelm Buſch ; 
ſich für jene Kunſt, die : 


* 
> 


er ſpäterhin übte, das : = % | 

nötige Rüſtzeug, und i Und da der Uleine 

zwar ſcheint ihm Düſſel⸗ g | Mit Minchen, dem Bienchen, f 
dorf von den drei akade⸗ H : 
mischen Kunſtſtätten am )%7%••¹o»ͥ» r 8 = 
een e dae mar alt . ieh 8 m 


das meiſte geboten zu 

haben. Der kleinbürgerlich⸗ſelbſtzufriedene Zug in der holländischen Malerei 
war dem friedſam in ländlicher Stille erzogenen norddeutſchen Kunſtſchüler 
offenbar äußerſt ſympathiſch, mußte er doch ganz von ſelbſt bald verwandte 
Saiten in ihm zum Mittönen bringen; was er darüber hinaus zu bewundern 
fand an den Bildern der alten holländiſchen Meiſter, das haben wir ja von 
ihm ſelbſt ſchon gehört. Wie viel oder wie wenig er praktiſch den Lehrern 
der Malſchule zu Antwerpen verdankte, weiß niemand; auch ſeine damaligen 
Freunde und Studiengenoſſen Ed. Schulz-Brieſen (dem wir die feinen Buſch⸗ 
porträte auf S. 4 und 5 zu verdanken haben), Moritz Delfs und Ernſt Stückel⸗ 
berg hätten uns ſchwerlich darüber aufklären können. Buſch liebte es nicht, ſich 
zu offenbaren oder von anderen in die Karten ſehen zu laſſen, damals ſo wenig 
wie ſpäter. Wiſſen wir doch nicht einmal, was er in München als Kunſt— 
jünger trieb, nachdem ihn Direktor W. von Kaulbach am 25. November 1854 
„definitiv in die techniſche Malklaſſe aufgenommen“, obgleich er ſich in der 
Iſarſtadt enger als jemals zuvor oder ſpäter an gleichgeſinnte und gleichaltrige 
Genoſſen anſchloß. Nach ſeinen eigenen kargen Mitteilungen ſaß bei der da— 
maligen akademiſchen Strömung in München (Ph. Foltz, Schmied, Schrau— 
dolph uſw.) „das kleine, nicht eben geſchickt geſteuerte Schifflein ſehr bald 
auf dem Trockenen“, und die einzige Entſchädigung für den Enttäuſchten 
war der verlockende Künſtlerverein Jung-München, dem unter vielen anderen 
Theodor Pixis, Fritz Loſſow, Wilhelm Diez, von Angeli, Otto Stöger, 
G. Krempelſetzer, der Vereinskomponiſt, und Otto Baſſermann, der ſpätere 
Buſch⸗Verleger, angehörten. Das Karikaturenbuch des Vereins, das erhalten 
blieb, gewährt uns vortreffliche Einblicke in das vergnügliche Treiben der 
immer zu Boshaftigkeiten aufgelegten Akademiker, und was es ver— 


.eos.u..,u..,.90..u..,..,ses..9999099999099s22.2.9009d5e909990099.u0982029209e92992900999992200299992922920000020998990202.2909920299099990920920099909990808908909000809009000009909000090089080980 88 


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Der Tiſch ift glatt — der Böſe taumelt — 
Das Ende naht, — ſieh da! er baumelt! 


„Die Bosheit war ſein Bauptpläfter, 
Drum,“ fpriht die Tante, „hängt er hier!“ 


= 00060900686000900009099806090988909062902 0009000909902 0000990000 0 


Aus: „Hans Huckebein, der Unglücksrabe“. (Deutſche 
Verlag3-Anftalt in Stuttgart; zu S. 39 u. 57) 


ſchweigt, hat 


unerwartet Beſuch, fi 


zum Teil weni 
Gelegenheit des 
ſten Geburtstage 
helm Buſchs luſtig 
erzählt. „Was er eige 
trieb, wußte niemand. Be 
kam er in ſeiner Wohnung 


ſchwand gewöhnlich i 


ob ein angefangenes Ge⸗ 
dicht oder eine in Arbeit 
befindliche Skizze oder eine 
Regensburger Wurſt, 
er vor dem eintretenden 
Freunde retten wollte. Bei 
den ſonntäglichen Fuß⸗ 
wanderungen in das Iſar⸗ 
oder Würmtal oder an den 
Starnberger See hatte 
Buſch meiſt ein Notiz⸗ 
büchlein bei ſich; bald 
fielen ihm ein paar Verſe 
ein, bald ſkizzierte er 
irgend einen Gegenſtand 
mit wenigen Strichen. 
Ebenſo war's bei dem 
Sommeraufenthalt im 
Gebirge, wobei beſonders 
Brannenburg am Inn viel 
beſucht wurde. Da ſchien 
er zu bummeln; wenn die 
anderen ihre Plätze auf⸗ 
ſuchten und anfingen zu 
malen, lag er behaglich 
im Gras, rauchte ſein 
Pfeifchen und machte ſeine 
ſcharfen Bemerkungen und 
Witze, während den Aka⸗ 
demikern der Schweiß von 


Stirne rann. Doch wanderte ganz verſtohlen ſein Büchlein aus der 

aſche und, wenn es wieder hineinglitt, war einer oder der andere darin 

feſtgenagelt. Dieſe Karikaturen tauchten dann in München auf, wenn ſich 
dort die Mitglieder des Vereins wieder zuſammenfanden.“ 


nähernder Vollſtändigkeit 

Piber erſchienen die Blätter 
N ers 1909 in dem Lebens⸗ 
bild der Gebrüder Nöldeke, 

mit dem zuſammen ſie drei 
Jahre ſpäter ins Neue 
Wilhelm Buſch-Album 
übergingen, das als ein 
Ergänzungs- und Gegen⸗ 
ſtück zum Baſſermann⸗ 
ſchen „Humoriſtiſchen 
Hausſchatz“ herauskam. 
Es muß luſtig herge— 
gangen ſein in Jung⸗ 

München, und auf Buſch 
ſelbſt muß das fröhliche 
Treiben befruchtend und 
anregend eingewirkt ha⸗ 
ben. Nicht nur ſeine 
Zeichnungen beweiſen's, 
die übermütigen Verul⸗ 


kungen dieſer und jener 


Vereinsmitglieder (Seite 
7 —11), auch mancher⸗ 
lei Verſe aus jener Zeit 
und ſogar ein paar 
heitere Singſpiele und 
Poſſen, zu denen meiſt 
Krempelſetzer die Muſik 
lieferte, legen Zeugnis 
ab für die ſprudelnde 


Manch intereſſanten Beitrag aus dem Karikaturen-Album hat Eduard 
n bereits 1886 in ſeiner luſtigen Streitſchrift veröffentlicht; in an⸗ 


Gemalt von Franz von Lenbach, radiert von Wilhelm Hecht 

Aus „Nord und Süd“, Verlag der Schleſiſchen Buchdruckerei, 

Kunſt⸗ und Verlagsanſtalt (vorm. S. Schottlaender), A.⸗G., 
in Breslau 


Laune des werdenden Humoriſten. Das Münchener Bier, dem er 
kräftig zuſprach, mag das Seinige dazu beigetragen haben. 

München, Kneipzeitung und Karikaturen-Album aber hatten für Buſch 
über alles „Selbſtpläſier“ hinaus noch das weitere Gute, daß ſie den 
alten Kaſpar Braun, der 1844 die Fliegenden Blätter begründet hatte, 
auf ihn aufmerkſam machten. Hier war ein vielverſprechendes Talent, 


222227 een das man aus⸗ 
nutzen mußte, und 
da Wilhelm Buſch 
von dem offenbar 
immer noch nicht 
mit dem brotloſen 
Künſtlerberufe 
verſöhnten Vater 
: recht knapp an 
:  Zafchengeld ges 
i halten wurde, jo 
: nahmermitZreu 
: den die Öelegen- 
heit wahr, feinem 
ſchlaffen Geld⸗ 


mäßige Mitarbeit 


Hier ſieht man ihre Trümmer rauchen. : den aufzuhelfen. | 
Der Reſt iſt nicht mehr zu gebrauchen. : Die erſten Bei⸗ i 


1 Ben 3 4 we a träge lieferte er im 
us: „Die fromme Helene“. (Fr. Baſſermannſche Verlags-Buchhandlung RN 
November 1858; 


in München; zu S. 39 u. 57) ö 
. | das überhaupt 
erſte Bild, das er für die Offentlichkeit ſchuf, war „Der harte Winter“: 


beutel durch regel⸗ 


an den Fliegen⸗ 


zwei Männer mit Schlittſchuhen, die im ärgſten Winterfturm mühſam 


durch kniehohen Schnee ſtapfen; den Text dazu bildet ein kleines Ge⸗ 
ſchichtchen aus dem hannoverſchen Sagenkreis. Der eigentliche Buſch-Vers 
begegnet uns nicht in den erſten Jahren ſeiner Mitarbeiterſchaft an dem 
Münchner Witzblatt, vielmehr beſchränkte er ſich vorderhand darauf, ent⸗ 

weder die von anderen gelieferten Witze und Schnurren zu illuſtrieren oder 
eigene Proſatexte zu ſeinen Bildern zu ſchreiben (Abb. S. 12 - 15). Wer 
ſich im einzelnen unterrichten will über Buſchs Werdegang an den Fliegenden 
Blättern, der braucht nur Albert Vanſelows hübſches Buch über „Die 
Erſtdrucke und Erſtausgaben der Werke von Wilhelm Buſch“ in die Hand 
zu nehmen und den dritten Teil des bei Braun & Schneider erſchienenen 
„Kunterbunt“ dazu aufzuſchlagen; er findet darin den geſamten köſtlichen 
Bilder- und Texteſchatz Wilhelm Buſchs, der bis zum Jahre 1911 in 
den alten und älteſten Jahrgängen der Fliegenden Blätter in Vergeſſenheit 
ſchlummerte, unbekannt ſelbſt den genauen Kennern des Lebenswerks, 
weil er zum Teil nicht vom Künſtler ſigniert worden iſt. Es war 
nicht nur ein Akt pietätvoller Buſchverehrung, es war auch ein wirk⸗ 
lich verdienſtvolles Werk, die noch immer verſtreuten Erzeugniſſe des 
Dichterzeichners geſammelt herauszugeben, weil ſie das Bild ſeiner künſt⸗ 


.. BIEEIIFERTIUCAC IT IST SS S3SSSISSSSISZN 31 
eriſchen Perſönlichkeit abermals ſchärfer und deutlicher machen und namentlich 
auf ſeine zeichneriſche Entwicklung intereſſante Schlaglichter werfen. Die 
erſte jener eigentlichen Bildergeſchichten, die für Buſch ſpäter charakteriſtiſch 
wurden, erſchien im Jahre 1860 unter dem Titel „Die Maus oder die 
geſtörte Nachtruhe“, und gleich in der folgenden Nummer der Fliegenden 
findet ſich das berühmte „Naturgeſchichtliche Alphabet“, das bald darauf 
ebenſo wie ſeine übrigen umfangreicheren Beiträge erneut in den Münchner 
Bilderbogen veröffentlicht wurde. (Abb. S. 17—19.) 
Das Honorar für die Beiträge Buſchs war nicht reichlich bemeſſen; 
der alte Braun war Geſchäftsmann und ging von dem einmal bewilligten 
Satze von etwa drei Gulden für die Zeichnung nicht ab. Aber gleichviel: 
vob die Verleger recht oder unrecht gehabt, jedenfalls haben fie Reklame 
für mich gemacht“. Grund genug für den werdenden wie für den fertigen 
Humoriſten, die Honorarfrage gelind anzuſehen. „Obgleich der alte Knabe 
(Kaſpar Braun nämlich) meine Adreſſe nicht wußte, als andere Verleger 
darnach fragten,“ ſchrieb der Meiſter im Jahre 1886 an Proelß, „obſchon 
er in den ſechziger Jahren in einem Artikel über ſich und ſeine Mitarbeiter 
den Grafen Pocci mit einer Zeichnung ausſtattete, die von mir war; 
obſchon er mir, trotz ſpärlichen Honorars, auch noch das Manufkript 
mit den Originalzeichnungen zu Max und Moritz abbettelte — könnte 
er jetzund, wo er auch ſei, zu mir herauf oder herunter ſteigen, ich gäbe 


„Und ach! wie iſt es hierzuland : 
Doch jetzt ſo ſchrecklich anigant!“ 5 


> Aus: „Die fromme Helene“. (Fr. Baſſermann in München; z. S. 39 u. 62) 


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„Erſtens, Geliebte, iſt es nicht ſod Zweitens, das Laſter dahergegen 


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Wie kommt das nur d So hör ich fragen. Das machet, drittens, die böſe Seit, 
Oh, Geliebte, ich will es Euch ſagen. Man höret nicht auf die Geiſtlichkeit. 


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Aus: „Bilder zur Jobſiade“. (Fr. Baſſermannſche Verlags - Buchhandlung in München; 
zu S. 39 u. 62) 


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ihm lächelnd die Hand, falls das bei einem Geiſt überhaupt rätlich iſt.“ 
Trotz des beſcheidenen Drei-Gulden-Honorars übergab er dem Fliegenden⸗ 
Blätter-Verlag alſo auch noch das Buch, das ihn raſcher als alle vorauf- 
gegangenen Schöpfungen volkstümlich machte: „Max und Moritz“. 

Es war nicht ſein Erſtlingsbuch, wie man meiſtenteils annimmt, wohl 
aber ſeine erſte zuſammenhängende größere Schöpfung. Schon 1864 hatte 
er bei J. H. Richter in Dresden, einem Sohne des liebenswürdigen 
Malers der ſonnig- behaglichen Kleinbürgerwelt, ein Bändchen „Bilder⸗ 
poſſen“ mit Text erſcheinen laſſen, das die vier kleinen Geſchichten „Der 
Eispeter“, „Katze und Maus“, „Kriſchan mit der Piepe“ und „Hänſel und 


L 57575 S 33 


Sermalmet fie! Zermalmet fie! 
Sie müſſen all in der Hölle braten!!| Nicht eher wird es anders allhie. 


Aber Geduld, geliebte Freunde! Als Hieronymus geredet alfo, 


Sanftmütigkeit ziert die Gemeinde!“ Stieg er herab und war ſehr froh. 


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Aus: „Bilder zur Jobſiade“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 39 u. 62 


Gretel“ in ſich vereinigte (Abb. S. 21). Das Buch war aber garnicht 
gegangen, ſo wenig, daß Richter ſich nach dieſem Mißerfolge nicht einmal 
zur honorarfreien Verlagsübernahme von „Max und Moritz“ zu entſchließen 
vermochte. So ſchickte Buſch denn das Manuffript ſeiner Bubengeſchichte 
im Februar 1865 an Kaſpar Braun mit der Bitte, „das Ding recht 
freundlich in die Hand zu nehmen und hin und wieder ein wenig zu 
lächeln. Ich habe mir gedacht, es ließe ſich als eine Art kleiner Kinder— 
Epopöe vielleicht für einige Nummern der Fliegenden Blätter und mit 
entſprechender Textänderung auch für die Bilderbögen verwenden.“ Und 


Kaſpar Braun lächelte wirklich. Er veröffentlichte die Kinder- 1 weder 
Neumann, 9 Buſch 


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Eben wandelt in der ſtillen 
Abendkühle der Natur 

Baſe Gelika im Garten — 
Horch! da tönt der Racheſchwur! 


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Aus: „Pater Filucius“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 39) 


in den Fliegenden Blättern noch in den Münchner Bilderbogen, ſondern 
in Farben geſetzt“ (vom Künſtler natürlich) in Buchform 


gab ſie „gar ſchön 


heraus und er⸗ 
zielte damit trotz 
des anfänglichen 
Widerſpruchs der 


Pädagogen, die 
vielleicht eine 


Nachahmung die⸗ 
ſes und jenes Bu⸗ 
benſtreichs fürch⸗ 
teten, großen Er⸗ 


folg. In weit 
mehr als einer 
halben Million 


von Exemplaren 
iſt „Max und 
Moritz“ heute ver⸗ 
breitet, ins Por⸗ 
tugieſiſche, Eng⸗ 
liſche, Schwediſche, 
Walloniſche und 
Japaniſche über⸗ 


Hingegen dieſe, voll Empfindung, 
Erſtreben herzliche Verbindung. 


Aus: „Dideldum!“ (Fr. Baſſermannſche Ver⸗ 
lags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42) 


ſetzt, auf der Bühne 
geſpielt (zuerſt 


1878 im Groß⸗ 
herzoglichen Hof⸗ 
theater zu Mann⸗ 
heim) und vom 
Geſangspodium 
herab unzählige 
Male geſungen 
worden. Es gibt, 
wie ich glaube, 
keinen Gebildeten, 
der nicht ein oder 
das andere Zitat 
aus dem luſtigen 


Kinderbuch ſchon 
im Munde ge⸗ 


führt und nicht 
ſchon mittelbar. 
oder unmittelbar 
mit dem Schneider 


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: So ſchrie man laut und fürchterlich. : 
: Der Tiſch fällt um. Man prügelt ſich. — : 


Aus: „Der Geburtstag oder Die Partikulariſten“. (Fr. Baſſermannſche Verlags-Buchhandlung in 
München; zu S. 54) 


Böck oder der Witwe Bolte, „die das auch nicht gerne wollte“, Bekannt— 
ſchaft gemacht hätte (Abb. S. 24 — 25). 

Gleichzeitig mit „Max und Moritz“, vielleicht gar noch vor dieſem 
(bei Buſch tappt man, wie ſchon geſagt, oft im Dunkeln bezüglich der 
Entſtehungsgeſchichte feiner Bücher) entſtand der fo grundſätzlich anders 
geartete „Heilige Antonius von Padua“, die ganz aus dem ſonſtigen 

3 * 


36 PSSS> S S e ä 


Etwas nicht alleine kann, 
Iſt ſie gleich darauf bedacht, 
Daß ſie es zurechte macht. 


Aus: „Abenteuer eines Junggeſellen“. 
(Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhand⸗ 
lung in München; zu S. 42) 


für die Herausgabe des ge⸗ 
fährlichen Buches verſagte 
dem Käufer dann plötzlich der 
Mut. Erſt ſechs Jahre ſpäter 
erſchien die Satire, und zwar 
nicht bei Hallberger, ſondern 
bei Moritz Schauenburg in 
Lahr, der die für fünfhundert 
Taler gekauften Holzſtöcke 
übernommen hatte. 

Zu irgendwelchen nach— 
teiligen Folgen für Verfaſſer 
und Verleger führte die Ver⸗ 
öffentlichung jedoch nicht. In 
Rußland und Oſterreich (nach 
Vanſelows Angabe auch in 
Bayern) war das Buch lange 
verboten, und Schauenburg 
ſelbſt wurde namentlich wegen 
der Schlußworte der Dich— 
tung, die Maria an den 


Und auch, wenn er dann und wann 


Lebenswerk herausfallende | 
noch in Bildern und Verſen die 
ſchaft nirgends verleugnende 
Satire auf die Ultramontanen 
S. 26). Bereits im Jahre! 
hatte Buſch dem Verleger Karl! 
berger, dem „roten Hallberger“, 
er ihn zum Unterſchied von dei 
Firma Eduard Hallberger in Stu 
gart nannte, das druckfertige Ma⸗ 
nuſkript des Antonius zum Kaufe 
angeboten, und der Handel war auch 
zum Abſchluß gekommen, obgleich der 
Verleger eine teilweiſe Zahlung des 
Honorärs in Zigarren anbot. Die 
Holzſtöcke wurden angefertigt, allein 


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——ds u.: „„ 


Hier ſitzt Knopp am ſelbigen morgen 
Greulich brütend im Stuhl der Sorgen; 
Tyrann vom Scheitel bis zur Zeh; 

Und heftig tut ihm der Daumen weh. 


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„eee eee „„ 


us: „Herr und Frau Knopp“. (Fr. Baſſermannſche Ver⸗ 
lags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42) 


mit feinem treuen 
Schwein vor der Him⸗ 


[en] 


melspforte knienden 


Antonius richtet: 
Willkommen! Gehet ein 


in Frieden! 


Heier wird kein Freund 


vom Freund geſchieden. 
Es kommt ſo manches 
Schaf hinein, 


Warum nicht auch ein 


\ braves Schwein? 

wegen Religionsver⸗ 
letzung angeklagt, vor 
demBadiſchen Kreis⸗ 
und Hofgericht in 


Offenburg aber frei⸗ 


geſprochen. Buſch, 
der nicht mit ange⸗ 


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i Julchen iſt nun wirklich groß, i 
: Pfiffig, fett und tadellos, : 
Und der Vater ruft: was feh : 
: ich? 
Die Mamſell ift heiratsfähig! : 


Aus: „Julchen“. (Fr. Baſſermannſche 
Verlags⸗Buchhandlung in München) 


Jetzt kommt Mutter, jetzt kommt Tante, 
Beide ſchon im Nachtgewande. 
Oh, das war mal eine ſchöne 
Kührende Familienſzene!!! — 


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klagt war, nahm auch 
nicht teil an der hoch⸗ 
notpeinlichen Ver⸗ 
handlung, wohl aber 
rechtfertigte er die 
Tendenz ſeines Wer⸗ 
kes in einem aus⸗ 
führlichen Schreiben 
an Schauenburg: 
„Wenn das Buch 
eine Ironie enthält,“ 
hieß es darin nach 
Otto Nöldekes Mit⸗ 
teilung, „ſo geht 
dieſelbe gegen die 
Darſtellung in ka⸗ 
tholiſchen Wunder⸗ 
büchern und iſt da⸗ 


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Aus: „Julchen“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42) AR 


„Schau ſchau!“ ruft fie in Schmerz verſunken, 
„Mein guter Swiel hat ausgetrunken! 

Von nun an, liebe Madam Pieter, 

Bitt ich nur um ein Viertel Liter!“ 


Aus: „Die Haarbeutel“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42 u. 57) 


durch veranlaßt. Z. B. findet ſich in „Unſerer lieben Frauen⸗Kalender“ 
eine Stelle mit Bild, wo Maria den frommen Kloſterbruder an ihren 


Brüſten ſaugen läßt. Dieſe Übertreibung des Marienkultus iſt in dem 


Büchlein karikiert. Die Perſon der Maria iſt, ſoweit in meinen Kräften, 
ideal dargeſtellt. Jeder Unbefangene muß dieſe Abſicht erkennen und wird 


nichts Lüſternes finden. „Uppig“ ſind die Zeichnungen nicht; ſo könnte man 


die Darſtellungen der großen Meiſter nennen, die die Geſtalten der Heiligen 
Geſchichte mit allen Reizen der Farbe und Form ausgeſtattet haben und 
ſie in voller Nacktheit und in der Fülle ihrer geſchlechtlichen Schönheit 
zeigen. Wer eine geſunde Phantaſie hat, wird da nur das Schöne, 


aber in den kindiſch-humoriſtiſchen Darſtellungen des Büchleins auch nur 
das Drollige ſehen. Das Lächerliche und Wollüſtige ſind geradezu 


Gegenſätze, und es zeigt ſich die Übertriebenheit der Anklage darin, daß 
fie etwas Tadelnswertes mit Gewalt finden und an den Haaren herbei— 
ziehen will.“ Die beanſtandeten Sätze wurden in einigen Auflagen des 
Antonius weggelaſſen, ſpäter jedoch wieder aufgenommen. 


Während das Buch bei Hallberger ſeiner Drucklegung entgegen⸗ 


ſchlummerte, blieb Wilhelm Buſch wie bisher eifriger Mitarbeiter der 
Fliegenden Blätter, ohne daß ihm die Veröffentlichung von „Max und 
Moritz“ vorderhand zur Herausgabe weiterer kontinuierlicher Bilder— 


geſchichten Veranlaſſung gab. Erſt 1869 erſchien „Schnurrdiburr oder 


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die Bienen”, und erſt im Kriegsjahr 1870, dem Jahr der Geburt des 
Antonius, wurde der treffliche, mit den Erfolgen von Max und Moritz 
fortan wetteifernde Unglücksrabe „Hans Huckebein“ flügge (Abb. S. 28). 

Die ſämtlichen anderen Bücher von Wilhelm Buſch, ſoweit ſie nicht wie die 
„Schnaken und Schnurren“ nur Wiederholungen früherer Bildergeſchichten 
waren, erſchienen erſt nach den Kriegsjahren, nachdem auch die Mitarbeit 


aan den Fliegenden Blättern mit der Geſchichte „Der haſtige Rauſch“ ihren 


Abſchluß gefunden hatte. Das Jahr 1872 brachte „Die fromme Helene“ 
(Abb. S. 30 —31), die „Bilder zur Jobſiade“ (Abb. S. 32 — 33), zu denen 
der Plan der Groteſchen Verlagsbuchhandlung in Berlin, eine zeitgemäß 
illuſtrierte Neuausgabe des Kortümſchen Werkes zu veranſtalten, die An— 
regung gab, den allegoriſchen „Pater Filucius“ (S. 34) und das Bilderbuch 
„Die kühne Müllerstochter — der Schreihals — die Priſe“. Von da an 
erfreute dann Buſch Jahr für Jahr ſeine raſch ſich vermehrenden Freunde 
durch neue Bücher, bis er mit „Maler Kleckſel“ (1884) der Schöpfung 
ſeiner Bildererzählungen ein Ende ſetzte. Die Proſabüchlein „Eduards 
Traum“ (1891) und „Der Schmetterling“ (1895), mit denen er ſpäter 
noch überraſchte, ſind anderer Art als die früheren Werke, Schöpfungen 
des mittlerweile ſchon ganz in ſich eingeſponnenen, ganz Philoſoph und 


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Das Eiſen glüht, es ziſcht das Ohr, 
Ein Dampfgewölk ſteigt draus hervor. 


Aus: „Fipps, der Affe“. (Fr. Baſſermannſche Verlags-Buchhandlung in München; zu S. 42) 


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soou.....„.„.s„„„...„.„„„..„„.„..„e.0200080800s...,......s........ s.....................eesees: 


„Warte, Pliſch! du Schwerenöter!“ 
Damit reichte ihm der Peter 
Einen wohlgezielten Hieb. — 
Das iſt aber Paul nicht lieb. 


— 


Aus: „Pliſch und Plum“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung in München; zu S. 42) 


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2 Elze > ; Ba 8 8 


Einſiedler gewordenen Wilhelm Buſch, nur für beſinnliche Leſer geeignete, 5 9 
aber für dieſe auch wirklich ſehr hübſche und anregende Produkte der Neigung 
ihres Verfaſſers, „in der Gehirnkammer Mäuſe zu fangen, wo es nur 


gar zu viel Schlupflöcher gibt.“ „Eduards Traum“ nannte er ſelbſt einmal 


einen „kleinen Scherz, nicht ohne Fleiß, denk' ich, durchdacht, zur Unter⸗ 
haltung für Wenige, die an ſo was Vergnügen finden. Die Probleme 
ſind eingewickelt und wollen nicht losgemacht ſein. Sonſt müßte man dem 
Vogel die Federn ausrupfen, und dann fliegt er nicht mehr.“ Dasſelbe 
gilt von dem „Schmetterling“, obgleich die Probleme bei dieſem viel loſer 
verpackt und verſchnürt ſind. Sein letztes Buch, das er ſelbſt noch zum 
Druck gab, war die ſchon erwähnte Sammlung von hundert Gedichten 
„Zu guter Letzt“ (1904), die mit der drei Jahrzehnte früher erſchienenen 


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„Kritik des Herzens“ und der erft nach feinem Tode veröffentlichten 

Gedichtſammlung „Schein und Sein“ in dieſelbe Gattung gehört. (Siehe 

S. 46 und 48.) | | 

N Was ſollte er uns nach dem Vielen noch bieten? Ihm bangte wie 

jedem echten Künſtler vor Wiederholungen, und die Gefahr, daß ſie kommen 
mußten, lag nahe. Wie viele luſtige Einfälle waren allein in den fünfzig 


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„Bol — — — uppll!“ 
Vergebens iſt die Kraftentfaltung; 
Der Sahn verharrt in ſeiner Haltung. 


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Aus: „Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗Buchhandlung 
in München; zu ©. 42 u. 62) 


Münchner Buſch⸗ Bilderbogen verwertet, die im Laufe 145 Jahre a . 
ſeiner Werkſtatt hervorgingen! Wie viele komiſche Situationen hatte ſein 


Zeichenſtift außerdem feſtgehalten, ſeine Feder gloſſiert! Und dazu die 
lange Reihe der Bücher von „Schnurrdiburr“ bis zu „Maler Kleckſel x 
(S. 43). Er hatte in der Knopp⸗-Trilogie: „Abenteuer eines sung 


geſellen“ (1875), „Herr und Frau Knopp“ (1876) und „Julchen“ (1877), 
die ich neben der Frommen Helene für ſein reifſtes und beſtes Erzeugnis f 
halte (Abb. S. 36 — 37), dem biederen deutschen Philiſter bis in die innerften 
Herzfalten geſchaut, in den „Haarbeuteln“ (1878) die fröhlichen Zechbrüder 


aufs Korn genommen (S. 38), in „Fipps der Affe“ (1879) und „Pliſch 


und Plum“ (1882) den Tieren die heiteren Seiten ihres Weſens abgelauſcht 


(S. 39 — 40), in „Balduin Bählamm“ (1883), dem verhinderten Dichter, 


gewiſſermaßen ein Gegenſtück zu Kleckſel, dem Maler, geſchaffen (S. 41) 


und im „Geburtstag“ (1873) wie in „Dideldum“ (1874) feinen Humor 


kräftig ſprudeln laſſen (S. 3435). Daneben hatte er obendrein auch den ; 


Kindern noch ein paar vortreffliche Bücher beſchert: „Sechs Geſchichten für 


Neffen und Nichten“ und „Der Fuchs — die Drachen, zwei luſtige Sachen“, 


die beide im Jahre 1881 herauskamen (Abb. S. 20 — 21). Zumal bei dem 


erſteren weht durch die anmutigen, in zinkographiſchem Farbendruck her⸗ 
geſtellten Bilder und die ſie begleitenden Textverſe ſo zarte Märchen⸗ 


ſtimmung und Märchenpoeſie, daß die verhältnismäßig geringe Ver⸗ 
breitung des Werkes im höchſten Maße verwunderlich iſt. Was ſollte er 
uns nach dem allen noch geben? Vielleicht wäre aus den Entwürfen, die 


ſpäter bekannt wurden, nochmals ein luſtiges Büchlein geworden, ein 
beſſeres jedenfalls nicht, als die voraufgegangenen waren. „Das ſind 


unwillkürliche Ausſchwitzungen wie Biſam und Moſchus,“ hatte er früher 1 


einmal mit Bezug auf die Bilder zur Jobſiade an Baſſermann geſchrieben, 
„und alles Reden iſt vergeblich.“ Er wird wohl gewußt haben, weshalb 
er Mitte der achtziger Jahre die Muſe auf Urlaub b um ſie nur 
noch gelegentlich zu ſich zu bitten. 


Inzwiſchen war auch im Menſchen Buſch jene innere Wandlung vor 


ſich gegangen, die ſich im ſtändig wachſenden Hang zum Alleinſein äußerte, 


ihn immer mehr der Großſtadt und ſeinen einſtigen Freunden entfremdete 


und ſchließlich zu jenem beinahe menſchenſcheuen Einſiedler und Sonderling 


machte, als der er uns aus den letzten Jahrzehnten ſeines Lebens bekannt 


iſt. Faſt alle feine Bücher und Bildergeſchichten waren bereits in Wieden⸗ 
ſahl, in der ländlichen Stille entſtanden, wo er entweder im Elternhaus 
(der Vater ſtarb 1868, die Mutter 1870) oder in der Pfarre des Schwagers 
Nöldeke Einkehr hielt; den größten Teil des Jahres indeſſen pflegte er 
doch ſtets in München und ſonſtwo bei Verwandten und Freunden zu 
verbringen. Seit Mitte der ſiebziger Jahre war das aber anders geworden. 
Immer ſeltener wurden ſeine Reiſen und immer kürzer ſeine Beſuche der 
kunſt⸗ und bierberühmten Reſidenz, und als gar im Jahre 1878 der Pfarrer 


717 Adi u 


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| Noldeke ſtarb und deſſen Witwe mit ihren drei Söhnen allein ſtand, da 


ſiedelte Wilhelm Buſch ganz und gar in das Heimatneſt über, um ſich 


mit ſeiner Schweſter Fanny in die Sorge für ihre Kinder zu teilen. Auf 


feine Koſten wurde das Wiedenſahler Pfarrwitwenhaus freundlich und 
wohnlich neu hergerichtet, und ſelten, ganz ſelten kroch nun noch der Dachs 
aus dem Bau. „Mit ein paar Angehörigen, die ich liebe,“ heißt es in 
einem Briefe an Paul Lindau, „wohne ich längſt in äußerſter Beſcheidenheit, 


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der Erwar⸗ licher die Ge⸗ 
tung, ſo leicht i legenheit, ji) 
nicht erwiſcht ; in aller Stille 
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jo findet doch : : da irgendwo 
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ol Aus „Maler Kleckſel“. (Fr. Baſſermannſche Verlags-Buch⸗ 1 0 5 
gt, handlung in München; zu S. 42) ö aldern, 
daſelbſt um ſo Wieſen und 


Feldern lag. Tageszeitungen, Zeitſchriften und gute Bücher, Pinſel und 
Palette ſchützten ihn vor der Gefahr der Verſimpelung, aber ob es ihm 
trotzdem „getaugt“ hat, dies gleichförmige, abwechſlungsloſe Selbander— 
leben mit ſeiner nur zwei Jahre jüngeren Schweſter? 

Wer einſam iſt, der hat es gut, 

Weil Keiner da, der ihm was tut, 
philoſophierte er zwar in einem vermutlich auf dieſe Wiedenſahler Einſiedelei 
gemünzten Gedichte (S. 46), aber wir hören doch auch von den nächſten 
Verwandten, daß er allmählich ſo einſilbig ward und ſich langſam ſo voll— 
kommen eingrübelte, daß ſeine Stimmung beängſtigend wurde und die ihm 


44 
Naheſtehenden ernſtlich erwogen, ob es nicht ratſam oder gar nber 
ſei, dieſer zumal in den langen Wintern unſäglich öden Zurückgezogenheit 
ein Ende zu machen. Man trat dem Gedanken näher, nach Bückeburg zu 
ziehen, nach Celle oder nach Wolfenbüttel, wo Buſchs Bruder Guſtav eine 
Konſervenfabrik beſaß und wo er ſelbſt früher gerne geweilt und gemalt 
hatte, aber immer blieb's wieder bei Wiedenſahl. Bis 1898 Otto Nöldeke, 
der jüngſte der drei 
Neffen, von ſeiner 
erſten Pfarrſtelle nach 
Mechtshauſen am 
Harz verſetzt wurde 
und die beiden ver⸗ 
einſamten Alten aus 
Wiedenſahl zu ſich 
herüberzog. Dort hat 
Wilhelm Buſch dann 
das letzte Jahrzehnt 
ſeines Lebens ver⸗ | 
bracht, geliebt und 
vergöttert von allen, 
die um ihn waren; 
und iſt dort auch 
friedlich hinüberge⸗ 
ſchlummert ins große 
Vielleicht eines beſſe⸗ 
ren Jenſeits, ein ſtill; 
zufriedener Erdenpil n 
ger, dem das Schickſal 
gewährt hatte, was 
er von ihm wollte. 
Die große Welt 
kam nicht zu ihm in 
ſeine Klauſe, ſeitdem 
2 Wilhelm Buſch. Aufnahme zum 70. Geburtstag er ſich beſchaulich | 
„ins ſelbſtbewußte | 
Sein“ zurückgezogen hatte, umſo mehr aber kam er in all jeinen Büchern 
zur großen Welt. Und wie ihn dieſe bei Lebzeiten mehrfach geſtorben 
ſein ließ, ſo iſt er jetzt, da ihn wirklich die kühle Erde des kleinen Mechts⸗ | 
hauſener Kirchhofes deckt, für die Welt fo lebendig wie jemals. Man 
hält ihn nicht mehr für den bloßen Spaßmacher, der er im Anfang ſeiner 
Künſtlerlaufbahn zu ſein ſchien, ſondern man würdigt ihn heute als 
lachenden Philoſophen, der das Leben des Homo sapiens, ſpeziell der 
Philiſter und Spießbürger benamſeten Untergattung, in Bild und Wort 


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Wilhelm Buſch im Verwandtenkreiſe 


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gleichſam auf kurze, treffende Formeln zu bringen wußte, der uns das 
Leid der Welt, wie es in einem feinen poetiſchen Nachrufe Fritz v. Oſtinis 


hieß, im hohlen 


Spiegel zeigte, 
weil er den bitte⸗ 
ren Kern dieſes 
Erdenlebens zwar 
kannte, im tiefſten 
Grund ſeiner See⸗ 
le indeſſen trotz al⸗ 
lem ein Freier und 
Fröhlicher war. 
„Lachen iſt mir 
ein Ausdruck rela⸗ 
tiver Behaglich⸗ 
keit. Der Franzl 
hinterm Ofen 


freut ſichder Wär⸗ 


me umſo mehr, 
wenn er ſieht, wie 
ſich draußen der 
Hanſel in die 


Fanny Nöldeke, Wilhelm Buſchs Schweſter 
Nach einer Photographie 


rötlichen Hände 
puſtet. Zum Ge⸗ 
brauch in der Of— 
fentlichkeit habe 


ich jedoch nur 


Phantaſiehanſeln 
genommen. Man 
kann ſie auch beſ⸗ 
ſer herrichten nach 
Bedarf und ſie 
eher ſagen und tun 
laſſen, was man 
will. Gut ſchien 
mir oft der Tro⸗ 
chäus für biederes 
Reden; ſtets prak⸗ 
tiſch der Holz⸗ 
ſchnittſtrich für 
ſtilvoll heitere Ge⸗ 
ſtalten. So ein 


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Nachbildung in Originalgröße der Buſchſchen Niederſchrift des Gedichtes „Der Einſame“ 
aus „Zu guter Letz“. (Fr. Baſſermannſche Verlags⸗ Buchhandlung in München; zu S. 41) 


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Kaonturweſen macht ſich leicht frei von dem Geſetze der Schwere und 


kann, beſonders wenn es nicht ſchön iſt, viel aushalten, eh' es uns 
weh tut. Man ſieht die Sache an und ſchwebt derweil in behag⸗ 


Wilhelm Buſch. Aufnahme aus feinen letzten Jahren von Hans Müller-Brauel in Zeven 


lichem Selbſtgefühl über den Leiden der Welt, ja über dem Künſtler, 
der gar ſo naiv iſt.“ Kurz und treffend hat er ſein Werk und ſich ſelbſt 
ſo gekennzeichnet. „Man denkt ſich halt“ — heißt es in dem Begleit— 
gedicht zu der am 75. Geburtstage Buſchs erſchienenen Jubiläumsausgabe 
der „Frommen Helene“ —: 


— 


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Nachbildung in Originalgröße der Buſchſchen Niederſchrift des Gedichtes „Bewaffneter 
Friede“ aus „Zu guter Letzt“. (Fr. Baſſermann in München; zu S. 41) 


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. 


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Hans Huckebein 


ſich vor Schmerz 


* 


gefühl, wenn der 


wenn Fipps der 


Aus dem Stammbuch von Hans Müller - Brauel 


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eeseeesseeseeeeeeeseeseeseseeseee sees e ©.9099888998.0989808988998999809805090902900000000090000090002000000890299089809989E98800 e 


Man denkt fich halt: Es ift ja Phantaſie, 
Ein Puppenſpiel. Wir täten ſo was nie. Geruhig leben, recht gehudelt werden, 
Und eben dies macht uns ein Hauptvergnügen, Daß ſie vor Arger faſt die Kränke kriegen 


Wirklich, es iſt ſo. Wir alle, die ſeine Bildergeſchichten ſo gern in 


Wenn Biederleute, die allhier auf Erden 


die Hand nehmen, find Franzlnu am warmen Ofen, denn wir alle ſchmunzeln 


••3F1j1 N Nacht auf der Re⸗ 
haglichem Selbſt⸗ gentonne zu Eis 


erſtarrt (S. 38), 


direkt aus der Hei⸗ und der Bauer 
delbeerkompott⸗ Bunke ſich ſtatt 
ſchüſſel kommende ins Bett in den 


weichen, aufge⸗ 
henden Brotteig 
legt; wenn im 
„Geburtstag“ die 
Ehrenkutſche des 


der Tante über 
die friſchgebügelte 
Wäſche läuft, 


Affe dem Bauern langen Korte mit 
das Ohr mit der Stinkels faulen 
glühenden Brenn⸗ Eiern verunglückt 


ſchere kräuſelt 
(S. 39) oder den 


und die Ehren⸗ 
jungfern „in Ei⸗ 
gelb merklich ein- 
gehüllt“ aus der 
Kutſchenpforte 
herausſteigen, 


krümmenden Ne⸗ 

ger am Naſen⸗ 

ring hinter ſich 

herzieht, wenn oder wenn ſonſt 

Meiſter Zwiel Buſchs Schweſter Fanny Nöldeke. Bleiſtift⸗ eine der Buſch⸗ 

nach durchkneipter zeichnung von Wilhelm Buſch ſchen Geſtalten 
Neumann, Wilhelm Buſch 4 


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zu S. 13 ff.) 


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“, „Das Nilpferd“ und „Unverhofft“ 


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in „Hernach“. (Lothar Joachim Verlag in München 


Entwürfe zu den Bildern „Proſit Neujahr 


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= den Teufelshumor des auf Bos⸗ 


beit und Tücke finnenden Objekts, 


um mit Viſchers Auch Einer zu 


reden, am eigenen Leibe zu ſpüren 
bekommt. Die „allgemeine Ten⸗ 


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denzioſität und Animoſität des 
Objekts“ iſt bei Buſch auf den 


Gipfel geſteigert, das Unglück 


ſchreitet ſchnell bei ihm, und die 
verzwickten, qualvollen Zwangs- 


lagen, in die er die hundert und 
aberhundert Helden und Hel- 


dirnnen ſeiner Geſchichten geraten 
läßt, ſehen ſich überaus luſtig an 


für den unbeteiligten Zuſchauer, 
aber ſie erleben ſich ſchlecht. 
Blut iſt für Buſch kein be⸗ 


ſonderer Saft, denn es fließt oft 


und ergiebig, und der Tod hält 
in ſeinen Bildererzählungen nicht 


nur eine gleich große Ernte wie 


in den verfloſſenen wilden Ro⸗ 
manen der Hintertreppe, es iſt 
obendrein gar nicht ſelten ein 
ausgeſucht ſchrecklicher, peinvoller 
Tod, dem die Opfer anheimfallen. 
Max und Moritz werden zur 
Strafe für ihre Streiche wie 
Korn zerſchroten, und „ſogleich 


verzehret ſie Meiſter Müllers 


Federvieh“; die fromme Helene 
verbrennt in der Bezechtheit bei 
lebendigem Leibe, nachdem die 
Lampe, „gefüllt mit dem Petro— 
leum“, auf ſie geſtürzt iſt, während 
ihr Ehegatte ſich jämmerlich an 
einer Gräte zu Tode huſtet: 


Er huſtet, bis ihm der Salat 
Aus beiden Ohren fliegen tat; 


Alktſtudie. Zeichnung. Aus: „Buſchs; 
künſtleriſcher Nachlaß“. (Verlag von: 
F. Hanfſtaengl in München; zu S. 11 f.); 


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die kühne Müllerstochter tötet drei Räuber, indem fie den erften unter 
Mühlſtein zerquetſcht, den zweiten ſich „wie Rollenknaſter“ auf die Welle de 


und ſich dann mit dem ganzen Gewicht ihres rundlichen Körpers auf den D 
ſetzt; die böſen Buben von Korinth werden „plattgewalzt wie Kuchen 
vom großen Faß des Diogenes (S. 17), dem Eispeter und anderen gel 


und der verzweifelte Monſieur Jacques lädt während der Belagerung vor 
Paris ſeine eigenen Stiefel und ſprengt ſich ſelbſt gegen die Stubendeck 


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Raufende Zecher. Zeichnung. Aus: „Buſchs künſtleriſcher Nachlaß“. (Verlag von Franz Hanfſtaengl N 
in München; zu S. 11f.) N 


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(rs ne !uopunyg ur juelu Lunz von Bozjaegz) „PIE Bphasılun spIng” :sno wat 


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Gegenſtände wild durcheinander ſtürzen, oder heftige Katzbalgereien zwiſchen 1 


zeichnet en tolle bei denen a rs 1 


etwelchen feindlichen Brüdern, die ſich in ganzen Bilderfolgen mit allerlei 
tückiſchem Kampfgerät auf den Leib rücken. Die dem „Geburtstag“ ent⸗ 
nommene Probe auf S. 35 ift noch ein harmloſer Fall gegen andere, bei 


denen Körperverletzungen mancherlei Art an der Tagesordnung ſind. Da 
ſauſen Beſen und Stöcke, fliegen Bierſeidel durch die Luft, ſpießen Miſt⸗ 
gabeln und Degenſpitzen, gehen Schußwaffen los und entleeren ſich große und 
kleine Gefäße mit nicht immer harmloſem Inhalt; es muß ſchon ein Wunder 
geſchehen, wenn die Beteiligten heil aus dem e hervorgehen ſollen. 255 


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Die erſten Gehverſuche. Studienzeichnung aus: „Buſchs künſtleriſcher Nachlaß“. (Verlag von n gran 
Hanfſtaengl in München; zu S. 11f.) 


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Alter Bauer. Zeichnung. Aus: „Buſchs künſtleriſcher Nachlaß“. (Verlag von Franz Hanfſtaengl 
i in München; zu S. 11f.) 


Dennoch macht es uns Spaß, dieſes tolle, dramatiſche Geſchehen; 
dennoch ſchmunzeln wir ſelbſt bei der abgefeimteſten Grauſamkeit! Wie iſt 
das möglich? Nun, weil der goldene Humor Wilhelm Buſchs jede peinliche 
Wirkung von vornherein ausſchließt; weil ſeine Verſe das entſetzliche Ge— 
ſchehnis mit geradezu teufliſcher Sachlichkeit und Teilnahmloſigkeit feſt— 
ſtellen, als handle es ſich um die ſelbſtverſtändlichſten Dinge der Welt, und 
dadurch unweigerlich ein befreiendes Lachen erzeugen; vor allem aber, weil 
der Verfaſſer nie klein und philiſterhaft mitten drinſteht in ſeinen Bilder— 
erzählungen, ſondern jederzeit über ihnen, weil er als Philoſoph mit 


56 D=>2>2>2>2>2>2>3>3>2>3>2>3>2>2> 2er ee ee ee ee == 


Studie aus: „Buſchs künſtleriſcher Nachlaß“ (Verlag von F. Hanfſtaengl in München; zu S. 17) 


gereifter Lebensanſchauung das tragikomiſche Einzelpech ſeiner Helden 
und Heldinnen durch eine glückliche Wendung zur Tragikomödie des 
Menſchen überhaupt zu erheben verſteht. „So ſtarben die drei ganz 
unverhofft,“ heißt es z. B. am Schluſſe der „Kühnen Müllerstochter“ — 
O Jüngling, da ſchau her! 
So bringt ein einzig Mädchen oft 
. Drei Männer ins Malheur! 
Ich möchte den Leſer kennen lernen, der angeſichts dieſer erlöſenden Schluß⸗ 
verſe nicht den Genuß der dreifachen grauſigen Moritat mit einem 
vergnüglichen Lächeln beſcheinigte. 

Es iſt ein vergebliches Unternehmen, den Buſchſchen Humor definieren 
und analyſieren zu wollen, weil ſeine Wurzeln zu tief in der reichen 
Perſönlichkeit des trotz (oder vielleicht auch gerade wegen) ſeiner Einſiedelei 
jo abgeklärten Lebens- und Menſchenkenners ſteckten. Paul Lindau hat 
es in „Nord und Süd“ einſt verſucht, und die „unverdient liebenswürdige 
Viviſektion des Karnickels“ hat dem Meiſter viel Spaß gemacht. Geglückt 
aber war ihm ſein Vorhaben trotzdem nicht, ſo wenig es jemals gelingen 
wird, Wilhelm Buſch als Philoſophen unter eine Formel zu bringen. 
Immerhin hat Lindau das Verdienſt, als Erſter ausführlich auf die 
mancherlei Eigenheiten in Stoffwahl und Vortragsweiſe unſeres Humoriſten 
verwieſen und dadurch zum kritiſchen Leſen ſeiner luſtigen Bücher den 
Anſtoß gegeben zu haben. 

Die auffallendſten Beſonderheiten ſind ſchon erwähnt worden: ſeine 
Vorliebe für qualvolle Lebenslagen und ſeine im ſchärfſten Gegenſatz dazu 


ESS HEHE CC HC HH ——— ZZZZZZZN 57 


ſtehenden erſchreckend fachlichen Verſe. Der im furchtbaren Flammentod 
endenden frommen Helene widmet er in größter Gemütsruhe den ſchaurigen 
Nachruf: Hier ſieht man ihre Trümmer rauchen, 

der Reſt iſt nicht mehr zu gebrauchen — 
(S. 30), die Geſchichte Hans Huckebeins, der ſich in Strickwolle verheddert 
und darnach, vom Tiſch gleitend, aufhängt, ſchließt mit den Worten: 

Die Bosheit war ſein Hauptpläſier, 

Drum, ſpricht die Tante, hängt er hier — 
(S. 28), und Frau Zwiel in den „Haarbeuteln“, die in der Morgenfrühe 
ihren ganz Eis gewordenen Mann auf dem Regenfaß ſitzen ſieht, während 
ſie gerade mit der Milchfrau verhandelt (S. 38), findet ſich mit dem 
Familienverhängnis in folgender Weiſe ab: 

„Schau, ſchau,“ ruft ſie, in Schmerz verſunken, 

„Mein guter Zwiel hat ausgetrunken! 

Von nun an, liebe Madam Pieter, 

Bitt ich nur um ein viertel Liter.“ 
In ſchroffem Gegenſatz zu dieſer haarſträubenden Nüchternheit und Gefühl- 
loſigkeit finden wir häufig ein ganz falſch angebrachtes Pathos, wofür u. a. 
die Einleitung zur „Frommen Helene“: 

Wie der Wind in Trauerweiden 

Tönt des frommen Sängers Lied uſw. | 
oder die bekannte Klage der Witwe Bolte über ihr von den böfen 
Buben gemordetes Federvieh ein ſehr luſtiges Beiſpiel iſt: 


Studie aus: „Buſchs künſtleriſcher Nachlaß“ (Verlag von F. Hanfſtaengl in München; zu S. 17) 


Fließet ans dem Aug’, ihr Tränen! „ 
All mein Hoffen, all mein Sehnen, 
Meines Lebens ſchönſter Traum 
Hängt an dieſem Apfelbaum! a 


Oder der Dichter ſtellt umſtändliche wiſſenſchaftliche Beratungen am. 
Da 1 vom fürchterlichſten Zahnweh geplagt wird!: 


Das Zahnweh, ſubjektiv genommen, 

Iſt ohne Zweifel unwillkommen; 

Doch hat's die gute Eigenſchaft, 

Daß ſich dabei die Lebenskraft, | 

Die man nach außen oft verſchwendet, 
Auf einen Punkt nach innen wendet uſw. 


oder wenn jemand nach einem unerwarteten Backenſtreich verdutzt i in die Welt 
ſchaut — „anſtatt ſich erſt mal ſolche Sachen in aller Ruhe klar zu mae 


Hier ſtrotzt die Backe voller Saft, 
Da hängt die Hand, gefüllt mit Kraft. 
Die Kraft, infolge von Erregung, 
Verwandelt ſich in Schwungbewegung. f ee 
Bewegung, die im ſchnellen Blitze : 
Zur Backe eilt, wird hier zu Hitze. f e ee 
Die Hitze aber, durch Entzündung 5 
Der Nerven brennt als Schmerzempfindung 
Bis in den tiefſten Seelenkern, 
Und dies Gefühl hat keiner gern. 

Ohrfeige heißt man dieſe Handlung, 
Der Forſcher nennt es Kraftverwandlung. 


Der anſpruchsvolle Vortrag von Vp die mit wirbenofe 
Philoſophenmiene verzapft werden: ee 


Alſo lautet ein Beſchluß, 
Daß der Menſch was lernen muß ., 


Liebe — ſagt man ſchön und richtig 5 
Sit ein Ding, was äußerſt wichtig . 

Vater werden iſt nicht ſchwer, 

Vater fein dagegen ſehr . 

Muſik wird oft nicht ſchön gefunden, 

Weil ſie ſtets mit Geräuſch verbunden uſw. 


die Einkleidung von Binſenwahrheiten und Gemeinplätzen in die Form 
prunkvoller, beinahe gelehrt klingender Sprüche: 


Enthaltſamkeit iſt das Vergnügen 
An Sachen, welche wir nicht kriegen ... 


Das Gute, dieſer Satz ſteht feſt, 
Sit ſtets das Böſe, was man läßt. 


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94 


Das Pfarrhaus in Mechtshauſen. Aufnahme von Theodor Reinhard in Hildesheim 


(Im eren Stock das mittlere Fenſter das des Arbeitszimmers, die beiden rechts daneben die des 


Sterbezimmers von Wilhelm Buſch) 


der ängstliche Vorbehalt in der Aufſtellung ſolcher Alltagsweisheiten, als 


ob etwa Widerſpruch zu befürchten wäre; die Einſchränkung ihrer All— 


gemeingültigkeit durch Einfügung von „bisweilen“, „mitunter“, „oftmals“, 


„meiſtens“ uſw.; die umſtändliche Beſchreibung der einfachſten Dinge 


von der Welt mit „erſtens, zweitens, drittens“ oder „einesteils — 


andernteils“; die außergewöhnlich häufige Anwendung klangmalender 


Worte, wie in den vielzitierten Verſen: 


Ach! — Die Venus iſt perdü — 
Klickeradoms! — von Medici! — 


all das find ſchon von Lindau aufgeſpürte äußerliche Mittel und Bejonder- 
heiten des Buſchſchen Humors, die uns auf Schritt und Tritt in ſeinen 
Werken begegnen, von denen wir aber beileibe nicht annehmen dürfen, daß 


fie der Dichter gewiſſermaßen abſichtlich nach einer Art Schema oder Rezept 
immer neu vor uns auskrame. Im Gegenteil: „ſtets findet Überraſchung 


ſtatt, wo man es nicht erwartet hat.“ Der Kern ſeines Humors liegt viel 
tiefer, oder richtiger noch: es gibt überhaupt keinen Kern und kein äußeres 


Drumherum in der Schöpfung des Dichters. Von ſeinem Humor gilt 
dasſelbe, was Goethe von der Natur einſt erklärte: er hat, wie er iſt, 
weder Kern noch Schale, alles iſt er mit einem Male. Man fühlt 
ſeine Schlagkraft, ſeine zündende Wirkung; man verzieht unwillkürlich 


angeben könnte. Angewandte Philoſophie iſt er, die ein 
hauers Fußtapfen wandelnder, mit allen Bitterniſſen und K 
der Welt und des Lebens vertrauter, in innerſter Seele ab 
friſch⸗frei⸗fromm⸗fröhlich gebliebener neuer Demokritos lächelnd 
zum beſten gibt. 

| Von dem, was Paul Lindau und andere liebevoll i in den Ver 12 
an charakteriſtiſchen Zügen aufſpürten und gleichſam für Abſicht, Abfich: 


auf die Fine ie 9 00 Ausführungen 0 
Debatte zwiſchen ihm und dem 7 die 1877 in 0 M 


bekannt zu 1 1 verdient. 
Die Unterhaltung brehie ſich um die Möglichkeit 5 w 


täuſcht, 1 110 1 der könnte on als 1 a & a zw 
zu, daß es meiſterhafte Gemäldekopien gäbe, die ſogar Kenner mit d 

Originalen verwechſeln könnten, aber niemals vermöge ein Nachfolge 1 
in das Weſen ſeines Vorgängers einzudringen, ſich deſſen Eigenart ſo vi ig 
einzuverleiben, daß er im Weſen und in der e des Vorbi 


weiter zu ſchaffen imſtande ſei. Die Worte flogen hinüber, herü 1 
aber Buſch ließ ſich nicht überzeugen. „Bei Meiſtern von ganz großem 
Kaliber,“ meinte er ſchließlich, „mag der Verſuch, das grob Sinn⸗ 
fällige nachzuahmen, vor Halbblinden allerdings mal gelingen; aber den 
möchte ich ſehen, der dem ſimplen Humoriſten von beſcheidenem Format, 
der gar nichts Auffälliges an ſich hat, eine Simpelei ſo nachmacht, 
daß er einen einigermaßen Feinfühligen über den Urſprung täuſchen 
könnte. Der Nachbeter braucht ein Schema, das er dem Vorbilde en 
nimmt und an das er ſich halten kann; er muß es ſich aus der Analhſe 
des Originals ſchaffen. Nun verſuchen Sie einmal, mich zu 11 5% 
ſieren! Sie werden ſehen, wie bei dem erſten Scheidungsexperiment die 195 
ganze Geſchichte verduftet und nichts mehr übrig bleibt.“ Er hat 1 
behalten — trotz Lindau. 


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Wilhelm Buſch. Letzte Aufnahme nach dem Leben 
Aufnahme des Ateliers Niederſachſen (Aug. Böhne) in Verden 


Was von den Verſen 195 gilt in der Haupt ſache auch von Sen 
Bildern. „Nur zu gern,“ heißt es in einem Briefe an Eduard 
Daelen vom Januar 1886, „betrachtet man den neckiſchen Zwiſt betrie 
ſamer Wünſche mit dem, was nicht ſo will; denn da man das Spiel 
durchſchaut, da Verdruß und Ungeſchick bei anderen ſind, ſo fühlt man 
ſich derweil an Leib und Seel ſo angenehm gedocken, daß man lachen 
muß. Die Neigung, ſich das vorerwähnte Vergnügen auch unabhängig 
von der nicht immer gefälligen Wirklichkeit zu ver 1 liegt nahe. 
Man ruft ein biſſel Kunſt herbei. Da ſteht z. B. eine Windmühle, 
oder ein braver Onkel, oder eine freundliche Tante, oder ein heißer 
Ofen, oder eine Tabakspfeife, oder ein Knabe, der Vieles vorhat; und 
ein wahrhaft tugendſamer Menſch wär's, der nicht jeden dieſer an ſich 
harmloſen Stoffe als eine Quelle der allerpeinlichſten Konflikte zu 
benutzen wüßte.“ Buſch war, wir wiſſen es, kein derart tugendſamer 5 
Menſch, und wir wiſſen nicht minder, daß das herbeigerufene „biſſel 
Kunſt“ ihn befähigte, mit wenigen Strichen die Menſchen und Tiere, 
die er aufs Korn nahm, in Ruhe wie Bewegung jo ausdrucksvoll und 
lebendig vor uns hinzuſtellen, daß wir ins Tiefſte ihrer Weſensart 
ſchauen zu können vermeinen. Man braucht nur die Bilder des Lehrers 
Bokelmann in „Pliſch und Plum“, Hieronymus Jobs auf der Kanzel 
(S. 32 — 33), das Liebesbriefkapitel in der „Frommen Helene“ (S. 310, 1 
den Bilderbogen „Der Partikulariſt“ uſw. anzuſehen, um das beſtätigt zu 
finden. Virtuos und geiſtvoll zugleich ſpiegelt Buſch da mit einfachſten 
Mitteln den ganzen Menſchen, mit all feinem Sinnen und Trachten, feinen 
Affekten und Leidenſchaften. Nichts Menſchliches war ihm fremd, ber 
auch nichts Menſchliches gibt es, was er nicht darſtellen konnte und dar 
geſtellt hat. Lachen und Weinen, Sanftmut und Tücke, Verwunderung 
und Erwartung, Freude und Schmerz, Schreck, Zorn, Grauſamkeit — 
die ganze Stufenleiter der Gemütsbewegungen und Gefühlsäußerungen 75 
mit all ihren Übergängen hat er als Künſtler heruntergeſpielt. Die 
fürchterliche Augenblickswirkung eines Magenbittern und das ſchmerzvolle 
Beinſtrampeln eines Menſchen beim Zahnarzt (S. 41) weiß er: eben 
„impreſſioniſtiſch“ und „futuriſtiſch“ im Bild zu fixieren, wie die Läufe 0 
und Triller des taſtengewaltigen Virtuoſen und die Verwunderung ſeines 
ganz Auge und Ohr gewordenen Zuhörers (S. 19). Wir verſtehen es, 
wenn er gegenüber ſeinen Verlegern immer von neuem über die Holz⸗ 
ſchneider klagt, die nicht begreifen wollen, „daß dieſe Sachen trotz allen 
anſcheinenden Flüchtigkeit im Ausdruck höchſt gewiſſenhaft ſind“, wenn 
er zu einer einzigen Zeichnung Dutzende von Studien machte, bevor fie 
ſeinem anſpruchsvollen Künſtlerauge genügte. 5 
So wenig ſich aber die Eigenart des Humors ſeiner Texte ergründe 
läßt, ſo wenig iſt's möglich, den feinen Humor und die Treffſicherheit 
ſeines Stiftes mit Worten zu kennzeichnen. Man muß ſeine Zeichnungen 


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Die Grabſtätte Wilhelm Buſchs in Mechtshauſen 
Aufnahme des Ateliers Niederſachſen (Aug. Böhne) in Verden 


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Er ; ; inneren Reichtum erfaſſen und 1 
wäar ein Eigener, eine Perſönlichkeit. 


nicht zum zweitenmal finden. | 
„Was aber das Kunſtwerk benift, meine Lieben * heißt es 
Proſaſchrift Eduards Traum, „ſo meine ich, es ſei damit 
mit dem Sauerkraut. Ein Kunſtwerk, möcht ich ſagen, müßte ge 
am Feuer der Natur, dann hingeſtellt i in den Vorratsſchrank der Er 
dann dreimal aufgewärmt im goldenen Topfe der Phantaſie, da; a 
von wohlgeformten Händen, und ſchließlich müßte es dankbar ge 
werden mit gutem Appetit.“ Genießen wir alſo! Mache wir e 
die Witwe Bolte in „Max und Moritz“ die auch von er it 
in den Keller hinabſteigt — 
Daß ſie von dem Sauerkohle 
Eine Portion ſich hole, 
Wofür ſie beſonders ſchwärmt, 
Wenn er wieder e 


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2990909099999, 2.299989 988 


5 a 26. Raffael. Von Dr. Ernſt Diez 
„35/36. Friedrich der Große. Von Dr. Max Hein 


ee 
„ 60. Goethes Fauſt. Von Karl Strecker 
„ 85. Der Hausgarten. Von A. Janſon 
= „ 86. Thüringen. Von A. Trinius 
„ 91. Der Harz. Von Guſtav Uhl 
5 „ 104/105. Goethe. Von Johannes Höffner 

„ 140. Hans Thoma. Von Prof. Heinrich Werner 
„ 141. Wilhelm Buſch. Von Carl W. Neumann 
„ 142. Kino. Von Dr. Max Prels. . . 
„ 143. Ernſt Moritz Arndt. Von Dr. Erich Gülzow 
„144. Die Mark Brandenburg. Von Erich Griebel. 


Bisherige Ausgabe: 


„ 32. Millet. Von Dr. E. Diez . 
es 53. Ernſt Moritz Arndt. Von Dr. R. Geerds 
„ 58. Der Große Kurfürſt. Von Dr. W. Steffens 


* 


102. Nettelbeck. Von Hans Caſpar Starken 
113. Salzkammergut. Von F. Broſch 


8 * 2 


124. Das perfide Albion. Von Alfred Beijer . 


8 * 2 


135. Kaiſer Franz Jofef. Von Richard Charmatz. 


Vorbereitung. 


zurzeit 100% beträgt. 
Preisänderungen vorbehalten. 


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126. Unſere Feinde unter ſich. Von Paul Weiglin ' 
„ 134. Die Seeſchlacht vor dem Skagerrak. Von E. von Hersfeld 


8 = 43. Königin Luiſe. Von Dr. Herman von Peters dorff 
„ 57. Das Landhaus. Von Regierungsbaumeiſter A. Wentſcher . 2.20 


148. Der Maler Karl Spitzweg. Von Fritz von Oſtin i 


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66. Yorck von Wartenburg. Von Walter von Bremen 


122. Deutſche Heerführer im Weltkrieg. Von O. Bocce 


Folgende Bände der i Seng ſind noch . 


Neue Bände in erweitertem Umfange: 


1 10 Albrecht Dürer. Von Prof. Dr. Hans W. Singer 
„ 19. Richard Wagner. Von Prof. Dr. Ferd. 5 


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3.20 
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5.— 


mr. 12, Luitpold, Prinz⸗Regent von Bayern. Von Arthur e 


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5 


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80 
de nicht aufgeführten Bände fehlen. Neue Bände und neue Auflagen find in 


8888888888 


Auf die vorſtehend angegebenen Preiſe wird für die Dauer der Teuerung auf dem 


. und im Druckereigewerbe ein Perlagsteuerungsaufſchlag berechnet, der