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Full text of "Wissenschaftliche Meersuntersuchungen"

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Wissenschaitliche Neepesunlersuchungen 


herausgegebe 


von der 


Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung 


der deutschen Meere in Kiel 


und der 


Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


Im Auftrage des 


Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Königl. Ministeriums 
der geistlichen und Unterrichts - Angelegenheiten. 


Neue Folge. Fünfter Band. 


Abteilung Helgoland. 


Mit 13 Tafeln und 65 Abbildun im Text. 
Kiel und Leipzig. 
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1912. 


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Inhalts-Verzeichnis 


zu 


Band V. Abteilung Helgoland. 


Heft 1. 


Ausgegeben 15. Februar 1902. 
Beiträge zur Meeresfauna von Helgoland. 


XII. Dinophilus vostratus nov. spec. Von Eugen Schultz in St. Petersburg. Mit Tafel I 


XII. Ueber drei in der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. Von Alexander Sokolowsky 
in Berlin. Mit Tafel II 


Die Flechten Helgolands. II. Von Heinr, Sandstede in Zwischenahn . 


Zoologische Ergebnisse einer Untersuchungsfahrt des deutschen Seefischerei-Vereins nach der Bäreninsel und 
Westspitzbergen. 
IV. Die Actiniarien. Von OÖ. Carlgren in Stockholm. Mit Tafel III und 11 Textfiguren 


Heft 2. 
Ausgegeben 15. Februar 1904. 
Studien über das Fett der Meeresorganismen. Von Dr. Georg Rosenfeld in Breslau 


Zoologische Ergebnisse einer Untersuchungsfahrt des deutschen Seefischerei-Vereins nach der Bäreninsel und 
Westspitzbergen. 


V. Die Ascidien. Von Robert Hartmeyer in Berlin 


Bericht über eine zoologische Studienreise nach Frankreich, Grossbritannien und Norwegen. Von C]. Hartlaub, 
Helgoland, Mit 3 Textfiguren 


Bericht über eine botanische Reise nach Marokko. Von Dr. Paul Kuckuck. Mit 5 Textfiguren 


Heft 3. 
Ausgegeben 15. Februar 1912. 


Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. Von Dr, Paul Kuckuck. 


10. Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. Mit Tafel II’—VI (15—17) und 18 
Textfiguren . 


11. Die Fortpflanzung der P’haeosporeen. Mit Tafeln VII (18) und VII (19) und 4 Textfiguren 
12. Ueber Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Mit Tafeln X (21) und XI (22) und 17 Textfiguren . 
13. Untersuchungen über C’hrysymenia. Mit Tafeln XII (23) und XIII (24) und 7 Textfiguren 


Seite 


17 


31 


57 


85 


97 
107 


117 
155 
189 


217 


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Aus der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


Beiträ Je 


zur 


Meeresfauna von Helgoland. 


Heraus 


gegeben 


von 


der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


XI. Dinophilus rostratus nov. spec. Von Eugen Schultz in St. Petersburg. 
Mit Tafel I. 

XII. Über drei im der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. Von Alexander 
Sokolowsky in Berlin. Mit Tafel II. 


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X. 
Dinophilus rostratus nov. spec. 
Von 


KEugen Schultz 


(Zoologisches Laboratorium der Universität St. Petersburg). 


Mit Tafel I. 


p 


m Sommer 1900 auf der Biologischen Anstalt auf Helgoland arbeitend fand ich einen Dino- 
philus, der mir durch seine eigenartige Form mit den bekannten Dinophilus- Arten wenig 
zu harmonieren schien. Bei näherer Untersuchung schienen mir viele Merkmale der gefundenen 
Art einen solchen eigenartigen Habitus zu verleihen, daß ich schon geneigt war sie allen übrigen 
bekannten Dinophilus-Arten als eine neue Gattung gegenüber zu stellen. 

Die betreffende Form (Taf. I, Fig. 1) ist ungefähr 2 mm lang, durchsichtig, weiss und 
bewegt sich ziemlich schnell vorwärts, von Zeit zu Zeit einen Kreis beschreibend. Ihre Bewegungen 
erinnern an diejenigen junger Fischembryonen. 

Die Art hat einen langen Rüssel, auf dessen Bau wir weiter zurückkommen werden. Mit 
Ausnahme dieses Rüssels ist das Tier mit gleichmäßigen, ziemlich langen Wimpern bedeckt. Die 
Wimperbekleidung der Bauchseite unterscheidet sich nicht von derjenigen der Rückenseite. Zwischen 
diesen Wimpern ragen keine Borsten oder längere Wimperhaare hervor. In dieser Hinsicht unter- 
scheidet sich diese Art von D. metameroides Hallez und D. caudatus (= D. vorticoides Schmidt) 
Fabr., welche auch als vollständig mit Wimpern bedeckt beschrieben wurde; denn bei diesen ragen 
einzelne Borsten aus dem allgemeinen Wimperkleide hervor. Da beide Beschreibungen älteren 
Datums sind, glaubte Schimkewitsch, daß hier ein Irrtum vorliege und daß eine mangelhafte 
Methode die genannten Autoren verhinderte das Cilienkleid in Wimperreifen aufzulösen. Da 
nun auch meine Art ganz mit Wimpern bedeckt ist, verdient die Angabe eines so zuverlässigen 


Forschers wie Hallez jedenfells Glauben. Sehen wir uns das Wimperkleid näher an, so be- 


4 Eugen Schultz, Dinophiülus rostratus nov. spec. 


merken wir, daß dasselbe dennoch zwischen jedem Segmente ganz kurz unterbrochen ist, so daß 
immerhin der Gedanke nicht ausgeschlossen ist, daß das scheinbar ununterbrochene Wimperkleid 
durch breites Auswachsen der Wimperstreifen entstanden ist. 

Männchen konnte ich nie auffinden, so daß sich meine Beschreibung ausschliesslich 
auf das Weibchen bezieht. 

Der Körper der Art ist konstant in vier Segmente geteilt, die, wie bei den andern Arten, 
keine innere Segmentierung nach sich ziehen. Nur D. simpler weist gleichfalls nur vier Segmente 
auf, doch ist die Beschreibung Verrills so oberflächlich, daß sie zu keinem weiteren Vergleiche 
anregen kann. 

Der Körper ist dorso-ventral etwas zusammengepresst. Ein Schwanzanhang, der bei allen 
andern Arten vorbanden ist, fehlt hier gänzlich. 

Der Kontour der Mundöffnung kann man keine systematische Bedeutung beimessen, da 
dieselbe sich verschiedenartig kontrahiert. 

Was meine Art besonders unterscheidet, ist der lange Rüssel, der der Wimpern ganz 
entbehrt und statt dessen mit sehr originellen kolbenförmigen Anhängen dieht bedeckt ist (Tat. I 
Fig. 2). Alle Epithelzellen des Rüssels werden auf die Bildung dieser kolbenförmigen Anhänge 
verwandt. Der basale Teil der Zelle hat den Charakter einer gewöhnlichen Epithelzelle, die in 
einen Stiel ausgezogen erscheint und dann knopfförmig endet. So viel mir bekannt ist, sind solche 
Epithelzellen noch nirgends beobachtet worden. 

Die Art kommt bei Helgoland vor und habe ich dieselbe in dem Wasser gefunden, welches 
für die Aquarien in Tonnen auf die Station gebracht und meist in Ufernähe von Bord aus 
seschöpft wird. Im Plankton, welches weiter vom Ufer entfernt zwischen Insel und Düne-gefischt 
wird, habe ich sie nie angetroffen. Sie scheint nur bei stillem Wetter nahe der Oberfläche zu 
schwimmen, bei stürmischem Wetter und die Tage darauf verschwindet sie. 

Was die innere Organisation betrifft, so stimmt sie im allgemeinen mit derjenigen 
der anderen Dinophilus- Arten überein, zeigt aber «dennoch einige sehr charakteristische Ab- 
weichungen. 

Der Mitteldarm bildet hier keinen glatten, cylindrischen Schlauch, wie bei den übrigen 
Arten, sondern weist viele Ausstülpungen und Einbuchtungen auf. 

Vom Nervensystem konnte ich die hier ziemlich umfangreichen Cerebral - Ganglien 
gut unterscheiden. Von denselben gehen die beiden Bauchganglienketten ab, die aber die Eigen- 
tümlichkeit zeigen, daß sie sehr weit auseinandergerückt sind und ganz seitwärts, fast an den 
Seitenlinien des Körpers liegen. (Taf. I Fig. 6.) 

Von Sinnesorganen sind 2 Augen vorhanden. 

Was die Geschleehtsorgane betrifft, so scheinen die weiblichen Organe, die ich ja allein 
untersuchen konnte, so gebaut zu sein, wie es Schimkewitsch für die Art des Weissen Meeres be- 


schrieb. Ich konnte die Ovarien und die Genitalhöhle wohl unterscheiden. Letztere war bei fast allen 


Aeusserer und innerer Bau. Vermehrung durch Teilune. 9) 


Exemplaren mit Sperma gefüllt (Taf. I Fig. 3), Was eine interessante Abweichung meiner Art zu 
sein scheint, ist der Umstand, daß ich bei derselben nur einen unpaaren Ovidukt entdecken konnte. 

Am interessantesten an der Art erscheint der Umstand,- daß dieselbe sich auch 
durch Teilung vermehrt, was bis jetzt noch von keiner Dinophilus-Art bekannt war. 
Unterm Mikroscope konnte ich direkt sehen, wie das Tier sich mitten durchteilte und jeder Teil 
selbständig weiter schwamm (Taf. I Fig. 4). Es gelang mir Exemplare meines Dinophilus auf 
verschiedenen Stadien der Teilung zu fixieren. Besonders eigenartig an dieser Teilung aber ist 
der Umstand, daß sie bei ganz geschlechtsreifen Exemplaren vor sich geht. Wir finden in der 
Genitalhöhle reife Eier liegen, die Höhle selbst ist mit Sperma erfüllt und zu gleicher Zeit beeinnt 
das Tier sich zu teilen und neue Kopfganglien u. a. zu bilden. 

Die Teilung geschieht in der Mitte zwischen dem zweiten und dritten Segmente, aber gleich 
darauf beginnt auch schon jede Hälfte sich neu zu teilen; also es entsteht eine neue Teilung 
zwischen dem ersten und zweiten und dem dritten und vierten Segmente, diese geht aber erst zu 
Ende, wenn das Tier in die zwei Teile der ersten Teilung zerfallen ist, so daß, wenn man nur 
äusserlich urteilen wollte, das Tier sich immer in zwei Teile teilt. 

Diese Teilung erinnert sehr an diejenige von Ctenodrilus pardalis, wo der ganze Wurm 
nach Kennel sich auch in einzelne Segmente auflöst. 

Auf Schnitten durch sich teilende Exemplare sehen wir, daß in der sog. „RK nospungs- 
zone“ das Gewebe zu den Seiten des Darmes, welches wohl aus Ganglienzellen besteht, stark 
zu wuchern beginnt (Taf. I Fig. 5). Ob dieses Gewebe in irgend welchem Zusammenhange mit 
dem Ektoderm steht, konnte ich nicht bestimmen. In diesem Gewebe sieht man bald dorsal vom 
Darme Punktsubstanz auftreten (Taf. I Fig. 6). Es entsteht ein neues Ganglienpaar. Von diesem 
Ganglienpaare wächst das Nervengewerbe ventral und seitwärts auf die Seitenstämme zu und ver- 
schmilzt mit ihnen. Diese Seitenstämme, die dem Bauchmark der Anneliden entsprechen, hängen 
noch in den beiden sich teilenden Hälften zusammen, nachher erst zerreissen sie und ihre Enden 
scheinen zu degenerieren. 

Zu gleicher Zeit bildet sich ventral eine ectodermale Einstülpung, die zum Schlunde wird 
und mit dem Mitteldarm verschmilzt. Der Teil des Mitteldarms, welcher noch durch die Knospe 
durchgeht, verengt sich und schliesst sich endlich. Kurz vor der Teilung bleibt nur noch eine 
enge Spalte übrig (Tat. I Fig. 5). 

Wenn das Tier mit der Teilung beginnt, entwickelt sich der in der Teilungsebene liegende 
Abschnitt zum Rüssel mit seinem typischen Epithel. Der Anus entsteht an der Stelle der Durch- 
schnürung. Ob nachher sich ein Teil des Ektoderms in diesen Anus hineinstülpt, konnte ich 
nicht unterscheiden. Somit bilden sich bei der Teilung von Dinophilus nur der Vorderdarm, die 
Cerebralganglien, die Augen und der Rüssel neu. Die übrigen Teile bleiben die alten. 

Die 10 bekannten Dinophilus- Arten fasse ich in nachfolgender Liste zusammen, wonach 


sie leicht von einander zu unterscheiden sein werden. 


[er) 


Eugen 


chultz, Dinophilus rostratus nov. spec. 


Dinophilus- Arten. 


1. Dinophilus cau- 
datus Fabrieius. 
Syn. Planaria cau- 
dataFab., Dinophihus 
vorticoides Schmidt., 
Vortex capitata Oer- 
stedt. 


2. Dinophilus gyro- 
eiliatus Schmidt. 


3. Dinophilus meta- 
meroides Hallez. 


4. Dinophilus apa- 
tris Korschelt. 


>. Dinophilus gigas 
Weldon. 


6. Dinophihus tae- 


niatus Harmer. 


7. Dinophilus pyg- 
maeus Verrill. 


sim- 


S. Dinophilus 
plex Vermill. 


9. Dinophilus gar- 
dinert Moore. 


10.Dinophihus rostra- | 1900 


tus mihi. 


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2 = | Dimorph 
ee E oder 
Ss %| nicht. 

© 

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1848 — 
1857 | dimorph 
1579 | dimorph 
1552 | dimorph 
1SS7 | nicht 


dimorph 


1SS9| nicht 


dimorph 


1892| nieht 


dimorph 


1892 — 


1899] nicht 


dimorph 


dimorph 


Zahl 
der Segmente 
(ohne Rüssel 
und Schwanz). 


6 


6 


6 


(oder 7 nach |an jedem Seg- 
Repiachoff) 


mente. 


2Wimperringe 
an jedem Seg- 
mente. 


1 Wimperring 
an jedem Seg- 


mente. 


mit Borsten. [mit+posto- 
ralen u. 2 
praeoralen 
Wimper- 
ringen. 


kurz, mit |bewimpert. 


Plymouth, 
Weisses 
Meer. 


New- 


England. 


New- 


Wimper- Schwanz- = 
u Rüssel. | Farbe. | Fundort. 
reifen. Anhang. 
ganz mit ziemlich [mit Wim- | rot. | Grönland, 
Wimpern be- lang. perung. Dänemark, 
dekt. Belgien. 
1 Wimperring [aus 4 Ringen. ganz weiss. "ärder. 
bewimpert. 
mente. 
ganz m. Wim- [aus 5—6 Rin-| m. 2 Wim- — Wimereux. 
pern bedeckt, | gen m. langer | perringen. 
dazwischen Papille. 
Borsten. 
1 Wimperrine| kurz und |m.2 Wim- = — 
l 8 
an jedem Seg- | ungegliedert. | perringen. 
mente, Ven- 
tralseite ganz 
bewimpert. 
1 Wimperring| kurz, mit 4 | ganz be- | orange | Mount- 
an jedem Seg-|Wimperreifen.| wimpert. Bay. 


2Wimperringe 


an jedem Seg- 
mente. 


gleichmäßig 
mit Wimpern 
bedeckt. 


Borsten. 
kurz, mit? Wim- 
bewimpert. | perringen. 
fehlt. mit kolben- 


förmigen 
Anhängen. 


orange- 


rot. 


weiss. 


England. 


Woods- 
Hall. 


Helgoland. 


Liste der bekannten Dinophilus-Arten. 


Ich will noch hinzufügen, daß Din. gyrociliatus vielleicht mit Din. apatris identisch ist, 
wie es Repiachoff denkt. Din. simple und Din. pygmaeus sind von Verrill ganz ungenü- 
gend beschrieben. Din. caudatus — Din. vorticoides entstammt einer zu alten Beschreibung, als 
daß man auf ihr fußen könnte. Somit enthält unsere Aufzählung noch manches Zweifelhafte und 
Ungewisse. 

Endlich halte ich es für meine angenehme Pflicht Herrn Prof. Dr. Heincke für die 
Überlassung eines Arbeitsplatzes auf der Biologischen Anstalt sowie allen Angestellten der 
Anstalt für die Liebenswürdigkeit zu danken, mit der sie meine Arbeiten unterstützten. Meinem 
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Schimkewitsch, der persönlich so gut mit der Organisation 


von Dinophilus vertraut ist, einen innigen Dank für manchen guten Rat! 


St. Petersburg, den 1. Dezember 1900. 


8 Eugen Schultz, Dinophilus rostratus nov. spec. 


Litteratur. 


Fabricius, Fauna grönlandica 1848. 

Hallez, P., Contributions A l’histoire naturelle des Turbellariöss.. — Travaux de Y’Institut Zool. de Lille. 
Fase. II. 1879. 

Harmer,S. F., Notes on the Anatomy of Dinophilus. Journ. Marine Biolog. Association. Plymouth. New 
Series. Vol. II. 1889. 


Kennel, J. von, Über Ütenodrilus pardalis ete. — Arch. Zool. Institut Würzburg. Bd. V. 1882. 
1 8 
Korschelt E, Uber Bau und Entwickelung des Dinophilus apatris. — Zeitsch. f. wiss. Zoolog. Bd. 


XXXVN. 1882. 

Levinsen, G. M. R., Bidrag til Kundskab om Grönlands Turbellarienfauna. Vidensk. Meddel. fra den 
naturh. Foren. i. Kjöbenhavn. 1880. 

Moore, Anne, Dinophilus gardineri (sp. nov.). — Biol. Bull. of the Marine Biol. Labor. Woods Hall. Mass. 

Oerstedt, Entwurf einer systematischen Einteilung und speciellen Beschreibung der Plattwürmer. 
Kopenhagen. 1544. 

Schimkewitsch, W., Zur Kenntnis des Baues und der Entwickelung des Dinophilus vom Weissen Meere. 
— Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LIX. 1595. 

Schmidt, Ose., Zur Kenntnis der Turbellarien. — Sitzungsb. der Akad. d. Wiss. Math. - Naturw. Klasse. 
Bd. XXIII. Wien 1557. 

Verrill, A. Dinophilidae of New-England. — Transact. Connect. Akad. New-Haven. Vol. VIII. 1592. 


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Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fie. 


Fig. 


Fie. 


Eugen Schultz, Dinophilus rostratus nov. spec. 


 Tafelerklarung. 


Tafel I. 


Dinophilus rostratus nov. spec. Äussere Ansicht. 

Epithelzellen des Rüssels. 

Querschnitt durch die Genitalgesend. od Ende des Oviducts; d Darm; ou Ovarium; gA Genitalhöhle. 
Dinophilus vostratus im Moment der Teilung. 

Frontalschnitt durch em sich teilendes Individuum. m Rüssel-Retraktoren ; gl Cerebralganglien ; ph 
Pharynx; d Darm; ge Kommissuren; sn Seitennerven; dv sich schliessender Darmteil. 


Querschnitt durch den sich neu bildenden Oerebralteil; gl! Ganelien; sn» Seitennerven; d Darm. 


"Wissensch.Meeresuntersuchungen. V. Band, Abt. Helgoland. 


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XI. 


Über drei in der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. 


Von 
Dr. Alexander Sokolowsky 
in Berlin. 


Mit Tafel II. 


(in meiner im verflossenen Jahre in den „Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen“ !) ver- 
*°  öffentlichten Arbeit: „Die Amphipoden Helgolands“ führte ich aus der Familie 
der Caprelliden als zur Fauna von Helgoland gehörig folgende Arten auf: Proto ventricosa Müll., 
Pariambus typicus Kröyer und Caprella linearis L. 

%s sei mir an dieser Stelle gestattet drei Caprelliden zu besprechen, welche nicht zur 
eigentlichen Lokalfauna von Helgoland gehören, von denen aber zwei in nächster Nähe, die dritte 
nicht weit von der Insel gefunden wurden. 

Exemplare der erstbezeichneten beiden Arten wurden von mir am 7. Juli des Jahres 1899 
von einer Laminaria bulbosa, die durch Sturm von der englischen Küste her nach Helgoland ge- 
trieben wurde, gesammelt. Es sind dieses Caprella acutifrons Latreille und Caprella tubereulata 
Bate and Westwood. 

Caprella acutifrons Latreille, die erstere Art (Taf. II, Fig. 1 u. 2), von der eine Anzahl 
männlicher und weiblicher Exemplare in verschiedenen Altersstufen gesammelt wurden, besitzt eine 
ausgedehnte Verbreitung, welcher Umstand vielfach zur Verwirrung in der Systematik Anlass gab. 

Bei Neapel ist diese Form laut Mayer ?) sehr gemein, auch wird ihr Vorkommen von 
anderen Stellen des Mittelmeeres ebenfalls angegeben. 


!) Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. Neue Folge IV. Band. Abt. Helgoland. Heft 2. 1900. 
2) Mayer, Dr. P., Die Caprelliden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. Leipzig 1882. p.56--57. 


12 Dr. Alexander Sokolowsky, Ueber drei in der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. 

Als weitere Fundorte sind durch Nardo das Adriatische Meer, durch Lucas die Küste 
von Alsier bekannt, auch ist ihr Vorkommen an den Küsten Belgiens, Frankreichs und Englands 
nachgewiesen. Taylor wies ihr Vokommen im Hafen von Hongkong nach, Kröyer, Dana und 
van Beneden führen sie für Rio Janeiro auf. Mayer führt im „Nachtrag“ ') zu seiner Ca- 
prelliden - Monographie noch folgende Fundorte an: nach Bonnier Concarneau (bei Ebbe auf 
Cynthien, Plumularien und Bryozoen), nach Chevreux Croisie (selten), nach Chevreux Luc- 
sur-Mer, nach Giard Wimereux, nach M’Intosh St. Andrews, nach Robertson der Firth 
of Clyde, nach Santander der Golf von Biscaya. 

Ausserdem stellt er auf Grund des Vergleichs der von den verschiedenen Fundorten ge- 
wonnenen Exemplare 9 Varianten auf, deren Verschiedenheiten auf Lebensweise und Aufenthaltsort 
zurückzuführen sind. Als typische Form sieht er hierbei die europäische an. Sars nennt diese 
Art für Norwegen nicht. Aus ihrer ganzen Verbreitung scheint ein mehr südliches Vorkommen 
hervorzugehen. Bate und Westwood führen in ihrem Werke ?) die Art für England von 
folgenden Fundorten auf: Küste von Devonshire, nachgewiesen durch Dr. Leach, Plymouth- 
Sund durch Boswarwa, Mounts’ Bay durch R. @. Couch. Für Helgoland wurde die Art vor- 
dem noch von keinem Autor bemerkt. Ganz abgesehen davon, daß die oben erwähnte Laminaria 
bulbosa in Helgoland nicht heimisch ist, sondern erst an der englischen Küste angetroffen wird, 
von welcher aus das abgerissene Exeinplar in die Nähe Helgolands gelangt sein muss, deutet auch 
der ganze Habitus der erbeuteten Tiere auf eine fremde Herkunft hin. Im Vergleich zu den 
nordischen Arten der Küsten Skandinaviens und der polaren Meeresteile, sowie zu den Arten, 
welche an den vom Ozean umspülten Küsten Grossbritanniens gefunden werden, erscheinen nämlich 


die helgoländer Amphipodenarten viel schwächer und kleiner ausgebildet. 


Diagnose von Caprella acutifrons Latreille. 
(Taf. I Fie. 1 u. 2.) 

Kopf bei beiden Geschlechtern in eine scharfe starke Spitze auslaufend. Körperbau plump. 
Geschlechtsdifferenzen der Körpergestalt gering. Rumpf glatt, unbedornt. Die beiden Kiemen 
tragenden Segmente ziemlich gleich in Grösse, länger als die übrigen Segmente des Körpers. Bei 
den Vorderfühlern ist das zweite Glied das längste, beim Männchen ist dieses verdickt. Die 
(Geissel trägt beim Männchen 12-—14 Glieder, beim Weibchen nur gegen 10. Bei den Hinter- 


fühlern sind das dritte und vierte Glied die längsten. Ruderhaar-Besatz sehr stark entwickelt. 
Die Hand breit, namentlich beim Männchen der Palmarrand hervorgewölbt, am distalen 
Teile mit zwei Zähnen bewehrt, in seiner ganzen Ausdehnung mit Borsten besetzt. 
Glieder der Beine plump und breit, sowie nur kurz gebildet. Palmarrand sowie Unterseite 
der Glieder behaart. Kiemen ziemlich gross, kreisrund. 


'), Mayer, Nachtrag zur Monographie der Oaprelliden. Berlin 1890. p. 61 u. ff. 


2) Bate u. Westwood, A history of the British sessile-eyed Crustacea. London. Vol. IL. p. Öl. 


Caprella acutifrons, tubereulata und acuminrfera. 13 


Als zweite Art fand sich auf der senannten Laminarie Caprella tuberculata Bate and 
oO 
Westwood (Taf. II, Fig. 3 u. 4). Hiervon wurden nur drei Exemplare erbeutet. Es waren 


dies ein Männchen, ein ausgebildetes und ein junges Weibchen. 


Die Tiere sind leicht an ihren starkentwickelten Greifhänden, an der den Männchen eigen- 
tümlichen Behaarung, sowie an den zum Teil sehr stark ausgebildeten Höckern der hinteren 
Körperglieder erkenntlich. 


= 


Sars führt auch diese Art nicht für Norwegen auf, dagegen wurde sie an verschiedenen 
Orten der britischen Küsten nachgewiesen. Norman führt sie für Guernsey auf, Robertson 
für Nordwest-Schottland, Couch für Polperro und Mounts Bay. 


Für Helgoland wurde auch diese Art gleich der vorigen niemals von einem Autor erwähnt. 


Diagnose von Cuprella tuberculata Bate and Westwood. 
1 
(I ara. Fig. Seuıd.) 


Sekundäre Geschlechtscharaktere scharf ausgeprägt. Kopf des Männchens unbewehrt, der 


des Weibchens mit einem vorwärts gerichteten Dorne geziert. 


Die ersten beiden Körpersegmente des Männchens in die Länge gezogen, die hinteren an 
Länge weit übertreffend. Die hinteren Körpersegmente kurz und auf der Oberseite stark bedornt. 
Palmarrand der zweiten Hand beim Männchen mit einem starken Zahn bewaffnet. Beim Weib- 
chen ist die ganze Körperseite mit Dornen besetzt, beim Männchen anstatt der letzteren auf den 
beiden ersten Segmenten kräftige Borsten. Greifhand an der Ober- und Palmarseite ebenfalls mit 
Borsten besetzt. Die Männchen sind viel grösser als die Weibchen. Die Dornen der Oberseite 
werden nach hinten zu grösser und stehen gehäufter. Das zweite Glied der Vorderfühler ist das 
längste. Geissel beim Männchen mit 12, beim Weibchen mit acht Gliedern. Die Hand des 
Männchens ist sehr gross, die des Weibehens kleiner, ohne besondere. Auszeichnung. Die Kiemen 


dieser Art sind sehr klein. 


Die dritte zu besprechende Art ist Caprella acuminifera Bate. Das mir von dieser Form 
vorliegende Material entstammt der Expedition der „Sophie“ aus dem Jahre 1889. Die Tiere 
wurden zwischen 54° 37’ n. Br. und 7° 28’ ö. L. 29 Meilen NzW von Helgoland erbeutet und 


fanden sich in 27 Meter Tiefe auf grobem, gelbem Sand. 


Die Art ähnelt sehr der Caprella linearis L. Hoeck wollte sie daher auch mit dieser 
vereinigen. Für mich besteht aber an der Selbständigkeit der Art kein Zweifel, da sie sich 
von der vorgenannten durch Höckerbildung in beiden Geschlechtern unterscheidet. Ich füge auch 
von dieser Art eine Abbildung (Taf. II Fig. 5) bei, nach welcher sie sich leicht bestimmen lässt. 
Da sie im wesentlichen mit ©. Zinearis übereinstimmt, bedarf es keiner weiteren Diagnose, um sie 


zu erkennen. 


14 Dr. Alexander Sokolowsky, Ueber drei in der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. 


Sie wurde von folgenden Fundstellen bekannt: Von Millport durch Robertson, von 
Northumberland und Schottland durch Norman, von Plymouth durch Bate und Westwood. 
Sars führt sie nicht für Norwegen auf. 

Ausser an diesem im vorstehenden bezeichneten Fundort in einiger Entfernung Helgolands 
erbeutete die „Sophie“ diese Art ausserdem noch an drei verschiedenen Stellen der Westseite ‚Jüt- 
lands. Es sind dieses folgende Fundorte: Rhede von List, 54° bis 56° 21’ n. Br. und etwas 
ausserhalb des Feuerkreises von Hanstholm. 

Die Untersuchung des vorstehend beschriebenen Materials verdanke ich auch in diesem 
Falle dem Direktor der Königl. Biologischen Anstalt auf Helgoland, Herrn Professor Dr. F. Heincke, 


dem ich hierfür auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank sage. 


3erlin, den 1. Februar 1901. 


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lsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. 


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Tafelerklärung. 


Tafel II. 


acutifvons Latreille. & 
acutifrons Latreille. $ 
tubereulata Bate and Westwood. 
tuberculata Bate and Westwood. % 


acuminifera Bate. 


Wissensch.Meeresuntersuchungen. V. Band, Abt.Helgoland. 


Taf. 1. 


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Aus der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


Die Flechten Helgolands. 


1. 


Von 


Heinr. Sandstede 


in Zwischenahn. 


ie Veränderungen in der Zusammensetzung der Flechtenflora testzustellen, war der Zweck 


eines Aufenthalts auf Helgoland im September 1900. Zwischen dem ersten Besuche, der 
gleichem Zwecke galt, und dem heutigen lag allerdings nur ein Zeitraum von acht Jahren, nicht 
hinreichend, einen Zuwachs von neuen Flechtenarten vermuten zu lassen, und der Befund zeigt auch, 
daß wohl kaum von einem Zuwachs die Rede sein kann; dessenungeachtet ergaben die vorge- 
nommenen Beobachtungen manche bemerkenswerte Punkte, die den wiederholten Besuch. durchaus 
rechtfertigten. 

In meiner ersten Veröffentlichung über die Flechten Helgolands ') machte ich die Äusse- 
rung, daß mit der Aufzählung nicht unbedingt alles, was auf Helgoland an Flechten vorkommen 
könne, erschöpft sei. Es ist jedem Lichenologen aus Erfahrung zur Genüge bekannt, wie häufig 
man in einer als gut durchforscht geltenden Gegend und sei es ein noch so kleiner Kreis, durch 
Zufall auf bisher nieht wahrgenommene Flechten stösst. Man kann in einem Wald öfters von 
Baum zu Baum gewandert sein, auf der Heide zahllose erratische Blöcke nach Flechten abgesucht 
haben und entdeckt doch zuguterletzt an einem einzelnen Baum oder auf einem einsamen Felsblock 


noch Flechten, deren Auffinden einem Freude bereitet. 


So klein Helgoland ist und so bequem es im allgemeinen ist seine Flechtenflora kennen 
zu lernen, so bleibt es auch hier bei der alten Wahrheit: man darf nie behaupten völlig mit der 
Durchforschung fertig zu sein, wenn man auch denkt auf jedem Quadratmeter der Felskrone ge- 
wesen zu sein, denn es ist einem möglicherweise doch noch ein kleiner Winkel entgangen und 
gerade hier allein wächst vielleicht eine winzige, sonst nirgends auf der Insel vorhandene Flechte. 
‚Jeden Baum und jeden Strauch, alles alte Holzwerk sieht ınan sich genau an, die Hausdächer 
werden nicht verschont, man macht zur Ebbezeit Wanderungen um den Fuß des Felsens, die 
Düne durehstreiftt man nach allen Richtungen, aber wer weiß, ob nicht an den Wipfelzweigen 
eines einzelnen Baumes eine kleine Verrxcaria lebt, ob sich nicht an einem übersehenen morschen 
Pfahl der Thallusanfang einer bis dahin fehlenden ZLecunora findet, ob nicht auf den Firstziegeln 
eines Hausdaches eine seltnere Leeid:a sich eine Wohnstätte bereitet hat, ob auf der Düne trotz 


alledem die ersten Thallusschuppen einer Cladonia oder Peltigera die Flechtenbesiedelung einleiten 


1) Die Flechten Helgolands, in den „Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen“, Neue Folge. I. Band. Heft 1. S.265 ff. 


20 Heinr. Sandstede, Die Flechten Helgolands. TI. 


und ob an unzugänglichen verwitterten Stellen der Felswand noch mehr Flechten vorkommen, als 
man erwartet hat. 

Die vorsichtige Äusserung war seinerzeit angebracht, denn die heutige Aufzählung nennt 
mehrere Flechten, die in der früheren fehlen, diese Arten sind allem Anschein nach nicht etwa 
inzwischen neu eingewandert, sondern sie sind jedenfalls übersehen worden und die Vorsicht, die ja 
in allen Dingen nützlich ist, ist heute wiederum am Platze: es mögen auf Helgoland noch mehr 
Flechten zu finden sein. 

Nach mehreren damals auf Helgoland mehr oder weniger verbreiteten Arten habe ich da- 
gegen jetzt erfolglos gesucht, sie scheinen verschwunden zu sein, aber die Möglichkeit liest vor, 
daß Sporen oder Thalluspartikel irgendwo für die Erhaltung der Art gesorgt haben und sie bald 
wieder zum Vorschein bringen werden. — In Bezug auf die Menge der vorkommenden Flechten 
darf man ruhig die Behauptung aufstellen, daß die Flora zurückgegangen ist. 

Um wieder mit dem Unterlanud zu beginnen, ist folgendes zu erwähnen. Auf den Geröll- 
steinen am Strande finden sich auch jetzt keine Flechten und es besteht auch nicht die mindeste 
Aussicht für ihr Gedeihen, weil der Strand zu grossen Veränderungen ausgesetzt ist. Die Landungs- 
brücken und Bollwerke werden nach wie vor ordentlich in Theer gehalten und nur an einigen 
alten Flaggenmasten und an sonstigem alten Holz stösst man auf dürftig entwickelte Flechten ; 
die wenigen Bäume erscheinen von Algenüberzügen grün gefärbt oder vom Rauch geschwärzt, die 
älteren Häuser sind zum teil durch neue ersetzt und die Hausdächer, in der Regel gute Fund- 
stätten, bieten darum wenig brauchbares. Auf einigen Dächern sah ich die schwarzen, kreisförmi- 
gen Thallusflecke der Leeidea illota Nyl.; diese Art war mir seinerzeit noch nicht bekannt, sie 
wurde erst von Nylander nach meinen Funden aus Zwischenahn und von den ostfriesischen 
Inseln beschrieben und benannt. 

Wo nach der Nordostseite des Unterlandes der Stadtteil an den Felsen stösst, ist eine 
Stützmauer aus Backsteinen erbaut, die bis an den oberen Rand des Felsens geht, am Fuße 
dieser Mauer bis Mannshöhe zeigen sich die ersten Vorboten der Flechtenflora, zumeist sind es 
Thallusüberzüge von Lecanora eitrina Ach. Lecan. vitellina Ehrh. (Ach.), Lecun. erysibe (Ach.), 
Lecan. erigua Ach. Lecan. galactina Ach., die beiden zuletzt genannten fruchten schon ziemlich gut. 

Am Aufstieg zum Oberland bestehen die Zustände unverändert so, wie damals geschildert. 
Vom Stadtteil des Oberlandes gilt dasselbe, die Flora ist eher dürftiger geworden, als daß sie zu- 
genommen hat. 

Aus dem sogenannten helgoländer Gehölz sind fast alle Flechten verschwunden, man scheint 
die Rinde der Bäume vor einigen ‚Jahren gesäubert zu haben, aber auch durch das Heran- 
wachsen der Bäume und die dadureh bedingte veränderte Verteilung von Licht und Schatten ist das 
Schwinden der Flechten zu erklären. 

Reicher sind die Gärten bei der Gärtnerei von Kuchlenz, Gätke's Garten und der Garten 


der Kommandantur. Auf der glatten Rinde von einigen etwa acht Centimeter im Durchmesser 


Veränderungen in der Flechtenflora des Unterlandes und Oberlandes. 1 


haltenden Crataegus-Stämmen bei der Gärtnerei fand sich Verrucaria punctiformis Ach., die Bäume 
sind nach Aussage des Besitzers mindestens 15 Jahre alt und ich mag «damals die Flechten über- 
sehen haben, neu hinzugekonmen ist sie sicher an dünnen Erlenstämmen in dem Garten der 


Kommandantur. 


In der Nähe der Gärtnerei trifft man noch ziemlich viel altes, gezimmertes Holz mit 
reichlichem Flechtenleben, im übrigen ist auf dem Oberlande das Holzwerk beträchtlich weniger 


geworden, die hölzernen Zäune haben den Einfriedigungen aus Eisendraht weichen müssen. 


Die Drosselhecken sind nicht mehr so zahlreich und ihr Gebüsch, zumeist aus Hollunder 


bestehend, ist durch die Einwirkung des scharfen Seewindes grösstenteils abgestorben. 


Über die Flechtenflora des Kirchhofs lässt sich nichts Neues berichten, das Gemäuer des 
alten Leuchtturms ist dagegen ärmer geworden, weil die abbröckelnden Stellen ausgemauert worden 
sind; ein neuer Flechtenüberzug ist auf der Mauer bei dem neuen Leuchtturm im Werden be- 
griffen, jetzt besitzen Verrucaria rupestris Schrad. und Lecanora galactina Ach. noch die Vor- 
herrschaft. Am Fusse des Kaisersteins breiten sich die ersten Vorläufer der Flechten aus, da 
sieht man kreisförmige, schwärzliche Überzüge, die zu Verrucaria nigrescens Pers. gehören, bräun- 
liche Flecke, die jungen Thalli von Lecanora erysibe Ach. eigen sind, gelbe, sammetartige Krusten 
von Lecanora citrina Ach., einzelne, scheinbar ohne Thallus dem Substrat (Zement) aufsitzende 
Apothecien von Lecanora galactina Ach. und Lecanora exigua Ach., daneben junge Exemplare 
von Physeia parietina (L.) D. C. und Physcia tenella (Scop.). Auf dem Backsteinpflaster der 
Kartoffelallee fallen Besiedelungen von Lecanora eitrina (Ach.) und Verrucaria rupestris Pers. 


auf; vor acht Jahren war dort noch nichts derartiges. — 


In der früheren Arbeit war von einem „Schafstall“ am Sapskulenweg häufiger die Rede, 
ich muß hier einschalten, daß dies Bauwerk, das ich für einen Schafstall hielt und das mir auch 
als solches bezeichnet wurde, eine Zisterne im Innern birgt, worin das Regenwasser von der Kirche 
und von anderen Orten her zusammenläuft; dies unscheinbare Gebäude war früher mit besseren 
Flechten reich bedeckt, jetzt ist auf dem alten Fundament ein neues grösseres Haus errichtet, das 
Fundament ist mit Mörtel verputzt und die schönen Flechten sind begreiflicherweise sämtlich zu 


Grunde gegangen. 


Von drei erratischen Granitblöcken konnte früher berichtet werden, einer lag in der Saps- 
kuhle, einer am Rande derselben und der dritte am Ostrande des Felsens; von diesen Blöcken 
ist der zweite beim Bebauen des Ackers verschüttet worden, der erste liegt noch auf seinem alten 
Platze, ist aber sehr von Flechten entblösst, dem dritten ist die Felskante durch Abstürze näher 


oerückt, von den Flechten, die ihn seinerzeit schmückten, sind nur noch wenige vorhanden. 


Das Oberland, mit weiterem Blicke erfasst, gewährt jetzt ein anderes Bild!  Festungswerke 


von achtunggebietender Stärke beherrschen die See ringsum! 


22 Heinr. Sandstede, Die Flechten Helgolands. II. 


Um Zutritt zu dem Festungsareal zu erlangen, bedarf es einer besonderen Genehmigung, 
die nicht in allen Fällen erteilt werden kann; mir, dem es nur daran gelegen war, die Wölbungen 
der Tunneleingänge wegen der daran haftenden Flechten zu sehen, war es durch das liebenswürdige, 
persönliche Geleit des Kommandanten, Herrn Kontreadmiral von Schuckmann, möglich in 


aller Ruhe meine Notizen zu machen. 


An dem Gestein der Wölbungen siedeln sich an: Physeia parietina (L.) D. C., Physcia 
tenella (Scop.), Physcia obscura (Ehrh.) Fr., Lecanora murorum (Hffm.), Lecan. teyularis (Ehrh.), 
Lecan. eitrina Ach., Lecan. vitellina (Ehrh.), Lecan. erigua Ach., Lecan. galactina Ach., Lecan. dis- 
persa (Pers.) Flk., Lecan. erysibe (Ach.) Verrucaria nigrescens Pers. und Verr. rupestris Schrad., 
teils tragen sie schon Apothecien. 

Hier sei gleich eingeschaltet, daß die Wasserwerke und gemauerten Teiche noch fast gar 
keine Flechten beherbergen. 

An den Seitenwänden des helgoländer Felsens musste ich bei dem ersten Besuche die 


Nachforschungen nach Salzwasserflechten abbrechen, ohne einen Erfolg verzeichnet zu haben. 


Diesmal war ich vom Glück mehr begünstigt! Bei einer Fusswanderung um die West- 
seite des Felsens fand ich an einem scharfen Vorsprung in der Höhe, die meistens von der ge- 
wöhnlichen Flut erreicht wird, die damals vergeblich gesuchte Verrucaria Kelpii (Kbr.). Mit einem 
Boote der Königlichen Biologischen Anstalt dehnte ich die Suche auf die Stacks aus und fand die 
winzige Flechte bald am Mönch und noch schöner am Hoys-Hoern und Jung-Gatt, immer nur an 
der Seeseite. Besonders die Streifen härteren Gesteins sind von den schwarzen Perithecien derart 
punktiert, daß man die Flechte schon aus weiter Entfernung erkennt; die weichere Gesteinsmasse 
zwischen den härteren Schichten war gewöhnlich von der Flut mehr ausgewaschen und hatte 
wegen «der krumigen Beschaffenheit ihrer Oberfläche der Flechte nicht den nötigen Halt ver- 
verleihen können. 

Wie ich an einer anderen Stelle (Die Lichenen der ostfriesischen Inseln, Nachtrag; Abh. 
Nat.-Ver. Bremen 1900, Band XVI p. 473—474) näher dargelegt habe, ist der Herbst die 
günstigste Zeit für die Entwicklung dieser Flechte, da nun mein erster Besuch in die Mitte des 
Monats Juni fiel, so ist es nicht unmöglich, daß an den jetzigen Fundorten wenig oder nichts 


vorhanden gewesen ist. 


Um den Felspfeiler Hoys - Hoern zieht sich in der Flutlinie ein weißes Band, bestehend 
aus Gehäusen von Dalunus balanoides, auch diese Gehäuse sind von der Flechte in Anspruch 


genommmen. 


Diese Verrucaria ist am Strande der deutschen Nordseeinseln, an der festländischen Küste 
und überall im Wattenmeer, von der holländischen Grenze bis nach Sylt hinauf, am Dollart und 
am ‚Jadebusen heimisch. Näheres über die Fundorte wolle man in der oben angeführten Arbeit 


über die Flechten der ostfriesischen Inseln nachschlagen, hier sei nur noch bemerkt, daß ich sie 


Salzwasserllechten auf Helgoland. 23 


nach Herausgabe jener Arbeit noch an mehreren anderen Stellen mitten im Wattenmeere fand 
z. B. auf Gehäusen lebender Litorinen (Litorina litorea L.) zwischen der Insel Pellworm und der 
Hallig Süderoog, als ich im Sommer 1900 das Watt zur Ebbezeit durchwanderte, ebenso zwischen 


den Halligen Langeness und Oland und zwischen der Hamburger Hallig und dem Festlande. 

Überall, wo an der Küste weiches Gestein zu treffen ist, wo Seepocken und Litorinen 
leben, findet die Flechte ihr Fortkommen, das Brackwasser der Flussmündungen sagt ihr indessen 
nicht zu. 

Auf Nordstrand und Peilworm bestehen die Strandschutzbauten nicht aus weichem Gestein, 
wie auf den ostfriesischen Inseln, sondern aus harten, glatten Granitblöcken, diese Unterlage be- 
hagt ihr nicht, dagegen ist sie sehr zahlreich auf den Balanen und Litorinen, die massenhaft an 
den Blöcken haften. Ob die Sporen mit der Flut von Ort zu Ort geschwemmt werden oder ob 
die Litorinen die Transporteure der ausgebildeten Flechte sind, das bleibt eine offene Frage! 

An den bei Helgoland gefundenen Litorinen war sie nicht zu bemerken, das Gehäuse der 
Schnecke hat sich dem stärkeren Wellenschlage angepasst, es ist dicker, stärker und glatter als 
das Gehäuse derselben Art von Küstenfundorten, und es bedarf erst einer gewissen Verwitterung 
der Schalenoberhaut, ehe die Verrucaria darauf leben kann. Tritt dies bei Helgoland ein, so ist 
sie mit Sicherheit auf den Schneckenhäusern anzutreffen. 

Das Verzeichnis der Meeresklippenbewohner, der eigentlichen Salzwasserflechten, (p. 269 
Flechten Helgolands) bedarf der Vervollständigung, es kommen hinzu: Lecanora prosechoidiza Nyl, 
die gleiche Bedingungen wie die nahe verwandte Lecanora prosechoides verlangt, vom Dollart, von 
Nordstrand und Pellworm, dann die forma typica von Lecanora scopularis Nyl, Dollart und Nord- 
strand; in gleicher Höhe mit diesen beiden wächst am Dollart und am Strande von Pellworm 
Lecanoru pyracea (Ach.) f. pyrithroma (Ach.) Nyl. 

Als neue Fundorte für die am angeführten Orte verzeichneten Flechten dieser Gruppe 
seien hier angegeben : 

Verrucaria maura Whlbe.: Dollart, Eckwarderhörne am ‚„Jadebusen, Wilhelmshaven, Nord- 
strand, Pellworm, Langeness, Hamburgerhallig; Verrucaria Kelpii (Kbr.): Buhnen auf Spiekeroog und 
Norderney, Eckwarderhörne, Norddeich, Wattenmeer bei Langeoog und ‚Juist, Strand von Pellworm, 
Nordstrand, Hooge, Langeness, Oland, Amrum, Hamburgerhallig und im nordfriesischen Watten- 
meere überhaupt, Helgoland; Lecanora prosechoides Nyl. et f. obseurior Nyl.: Eckwarderhörne, 
Dollart, Pellworm, Nordstrand, Langeness, Grode und Hamburgerhallig; Lecanora eriyna Ach. f. 
subrufescens Nyl.: Nordstrand. — 

Zur zweiten Gruppe, Flechten, die eine minder häufige Benetzung mit Seewasser lieben 
oder vertragen, mögen nachstehende Fundorte angeführt werden: 

Leeidea lenticularis Ach.: Bremerhaven; Lecunora erigua Ach., Lecan. pyracea (Ach) Nyl., 


_Lecan. yalactina Ach., Lecan. dispersa (Pers.) Flk.: Dollart, Eckwarderhörne, Norddeich, nord- 


[} 


24 Heinr. Sandstede, Die Flechten Helgolands. II. 


friesische Inseln und zur dritten Gruppe, Flechten, die an höher gelegenen, aber dem Gischt aus- 
gesetzten Stellen wachsen : 

Lecanora vitellina (Ehrh.) Nyl., Physeia parietina (L.) D. C., Physeia tenella (Scop.), Phys- 
eia caesia (Hffm.): wie vorhin bei Lecan. erigua, pyracea ete.; Physcia parietina (L.) D. C. f£. 
aureola (Ach.): Nordstrand, Leeidea lithophila Ach., Lecanora simplex Dav.: Bremerhaven, Lecanora 
atra (Huds.) Ach. auch an tieferen Stellen gut gedeihend: Dollart, Nordstrand und Pellworm. 

Die Düne von Helgoland ist in Bezug auf Flechtenvegetation sehr zurückgegangen, 
ja, fast die gesamten Flechten sind vernichtet! Die Dezemberstürme in den Jahren 1894 und 1895 
haben die Düne arg mitgenommen und sie erheblich verkleinert. Man findet die ganze Dünenlandschaft 
verändert und der Boden hat nur an einigen kleinen Stellen mitten auf der Düne etwas grössere 
Festigkeit gewonnen; hier wachsen weiche Moospolster, im wesentlichen aus Tortula rwralis (L.) 
zusammengesetzt, es ist die var. arenicola Braithw., eine echte Dünenpflanze, die auch auf den ost- 
friesischen Inseln im Dünenbereiche massenhaft vorkommt. Von erdbewohnenden Flechten ist 
keine Spur vorhanden. Früher traf man auf der Düne ziemlich viel Holzwerk, es steckt jetzt 
tief im Sande und die daran lebenden Flechten haben darin ihren Tod gefunden. 

Der Geröllwall entbehrt noch völlig des Flechtenwuchses und so lange die starken Um- 
wälzungen fortbestehen, werden die Kiesel nie dahin kommen, passende Unterlagen abzugeben. 

Seit dem Jahre 1896 werden zum Schutze der Düne Wellenbrecher —— Buhnen — gebaut, 
sie bestehen hier aus Buschpackungen, die mit Steinen beschwert sind; bis heute ist es anscheinend 
keiner Flechte gelungen dort Fuß zu fassen. 

Die wenigen gefundenen Flechten stammen teils von den Sambneus-Gebüschen, teils von dem 
spärlichen Holzwerk, z. B. der Einfassung und den Holzkreuzen des Dünenkirchhofs. An den 
wenigen Grabsteinen zeigen sich die ersten Flechten. 

Früher stand auf der Düne ein Geräteschuppen, dessen Ziegeldach reich mit Flechten be- 
deckt war; er ist abgebrochen worden. Die neuen Bauten, aus Holz und Wellblech bestehend, 
kommen für die Flechten vorläufig nicht in Betracht. 

Am Strande lagern viele vom Festlande stammende Reisigbündel und Pfähle, die zu den 
Buhnenbauten Verwendung finden sollen; sie bringen manche Flechte mit, es ist aber kaum an- 
zunehmen, daß davon irgend etwas sich hier fortpflanzen wird, weil es mit der Substratswahl zu 
schlecht bestellt ist. 


In der nun folgenden Aufzählung der Arten werden die Fundorte näher berücksichtigt. 


Aufzählung der Arten. 


Aufzählung der Arten. 


Sofern es bei den einzelnen Arten nicht anders angegeben ist, beziehen sich die Angaben 


auf das Oberland. Die Namen der neu hinzugekommenen Arten sind mit ‘r versehen. 


wo 


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10. 


I. 


Collema pulposum (Bernh.) Ach. 
An dem damaligen Fundorte nicht wiedergefunden, dafür aber mehrere kräftige Rasen, die noch 
keine Apotheeien trugen, mehr nach Süden, dem Mönch gegenüber, an kurzgrasigen Stellen etwa 30 Schritt 


von der westlichen Kante entfernt. 


Ramalina fraxinea (1..) Ach. 
Dürftig, mit wenigen verkümmerten Apotheeien, an Geländern und Planken, am dürren Geäst einiger 
Vogelhecken. Düne: Nicht wieder gefunden. 


-rR. fastigiata (Pers.) Ach. 


In einigen, gedrungenen, fruchtenden Exemplaren an der Einfriedigung bei der Gärtnerei. 


R, farinacea (L.) Ach. — "intermedia Nyl. Ram. p. 52. 

Mit den vorigen zusammen, dürftig und steril. Von Exemplaren, die noch keine Soredien besitzen, 
ist es schwer festzustellen, ob sie zu dieser oder einer der beiden vorigen Arten gehörten, alle drei Ra- 
malinen sind hier derart kümmerlich entwickelt, dab eine reinliche Unterscheidung nieht möglich ist. 


Evernia prunastri (L.) Ach. 


Weder auf der Felseninsel noch auf der Düne wieder angetroffen. 


Parmelia saxatilis (1.) Ach. 
Am helgoländer Gehölz nicht mehr vorhanden, ein einziges, dürftiges, steriles Specimen an einem 
Geländerpfosten darf als sicher angesehen werden, alles ähnliche gehört zur folgenden Art. Düne: Nicht 


mehr gesehen. 


P. suleata Taylor, Nyl. Syn. p. 359. 


Uppig, aber steril an Planken, Pfählen, Bäumen; Thallusanfänge auf (Grabsteinen. 


P. acetabulum (Neck.) Duby. 
An dem alten Holze nieht wieder gefunden, die Geländer und Planken zum Teil nicht mehr da. 


' Er N 7 
P. fuliginosa (Fr.) Nyl. 

Nach der polsterigen Auflösung des Thalluseentrums zu rechnen scheinen einige früher zu P. 
subaurifera Nyl. gezählte Speeimen von Apfelbäumen hierher zu gehören, alles ist so dürftig und mangel- 


haft, dab ein sicheres Urteil kaum möglich ist. 


P. subaurifera Nyl. 
Nur die mit deutlichen, gelb aufbreehenden Soredien versehenen Thalli gehören bestimmt hierher. 
An altem Holze ziemlich häufig, an Bäumen, kleine Anfänge auf Grabsteinen. — Unterland: Sehr 


dürftig an Holz. 


P. physodes (1...) Ach. et var. labrosa Ach. 


Scheint völlig verschwunden zu sein; ich habe keine Spur davon wieder gefunden. 


12: 


16. 


AiRe 


18. 


19% 


Heinr. Sandstede, Die Flechten Helgolands. II. 


Physcia parietina (L.) D. C. 

Die damals angegebene Beschreibung des Fundorts trifft noch heute zu, sowohl für das Oberland, 
als auch für das Unterland. Düne: An Sambueus, kleine Thallusschuppen auf den Grabsteinen aus 
Zement und auf einer Marmorplatte. 


Ph. polycarpa (Ehrh.) Nyl. 
Wie früher. Düne: Nicht wieder aufgefunden. 


Ph. stellaris (L.) Fr. — *tenella (Scop.) Nyl. 


Verbreitet. Unterland: Wie früher. Düne: An Sambueus, an den Grabsteinen und Grabkreuzen. 
Ph. obscura (Ehrh.) Fr. 


Kümmerlieh und meistens steril an altem Holze, auf dem Zementbewurf der Kirchhofsmauer, an 
Grabsteinen, dem damals eenannten Grenzstein (Kalkstein) im Kleeacker mitten auf dem Oberlande, 
dem Wasserwerk gegenüber; an dem erratischen Block am Ostrande; an Sambueus in einer an f. virella 
Ach. grenzenden Form. 


Lecanora murorum (Htfm.) 
An der Zisterne am Sapskuhlenweg vernichtet, sonst noch vorhanden, beeinnt sich zu entwickeln 
an den Eineängen zu den Tunnelwölbungen. 


*L. tegularis (Ehrh.) Nyl. 
Kräftiger und schöner als Leean. mumorum an den früheren Fundorten, Tunnelwölbungen zusammen 
mit den im Vorwort genannten Arten. 


L. sympagea (Ach.) Nyl. 

Noch vorhanden, soweit die damaligen Fundorte noch bestehen. 
L. citrina Ach. 

Verbreitet. Neu am Fusse des Kaisersteins, an den Tunneleingängen, auf Backsteinpflaster der 
Kartoffelallee. Unterland: Stützmauer. Düne: Zementfuß eines Grabmals. Marmorplatte daselbst. 


L. pyracea (Ach.) Nyl. 
Wie früher angegeben. f. holoearpa (Ehrh.) Flk. Auch noch vorhanden. 
L. vitellina (Ehrh.) Ach. 


Uppig an dem alten Holze der Umzäunungen, an Grabsteinen, an dem erratischen Block in der 
Sapskuhle. Unterland: Ebenfalls noch da. 


L. epixantha (Ach.) Nyl. 

Auch auf der Brüstung der Mauer am Falm, einzelne zerstreute Apothecien. 
L. exigua Ach. 

An dem Rest der alten Planke an der Nordspitze, schön an dem erratischen Block am Östrande, 
auch an dem Block in der Sapskuhle, an dem schon erwähnten Grenzstein. Unterland: Stützmauer, 
an einer Flaggenstange. Düne: Zementfuß eines Grabmals. 


Aufzählung der Arten. k BAT 


24. 


> 


Ss. 


L. galactina Ach. 
Verbreitet. Auf der Kirchhofsmauer mit diekschaligen, fast lappigem Thallus. Unterland: Die 
häufigste Flechte. Düne: Zementfub eines Grabmals zusammen mit Leeamora vitellina, Lecan. eitrina, 


Lecan. exigua, Lecan. dispersa und Verrucaria nigrescens, auch auf der erwähnten Marmorplatte. 


L. dispersa (Pers.) Flk. 
Wie früher. Auf dem Bewurf der Kirchhofsmauer sind die Apotheeien besonders zierlich, mit 
bläulicher Scheibe und gezähntem Rande. Unterland: Stützmauer. Düne: Zementfuß eines Grabmals. 


L. subfusca (L.) Nyl. 


An der Planke und an Geländerpfosten bei der Gärtnerei noch vorhanden. 


”L. campestris Schaer, Nyl. 


Auf dem erratischen Block am Ostrande noch vorhanden, wenn auch dürftiger. 


L. angulosa Ach. 
Noch ziemlich an den angeführten Orten verbreitet, in einer an f. einerella Flk. streitenden Form 
an (rataegus und Sambueus. Unterland: An Bäumen. Düne: Nicht gesehen. 


L. Hageni Ach. 
Die mangelhaften Speeimen von altem Holze des Oberlandes lassen mit Sicherheit nicht erkennen, 
ob zu dieser oder zur nächsten Art gehörend. Düne: An Geländerstäben beim Kirchhofe in Anfängen. 


L. umbrina (Ehrh.) Nyl. 


Man beachte die Bemerkung zur vorigen Art. Unterland: Noch an dem alten Flaggenmaste bei 
der Stützmauer. Düne: Nicht wieder gefunden. 


L. varia Ach. 


Auch jetzt nur in sterilen Anflügen. Düne: Nicht geschen. 


L. symmictera Nyl. 
Selten und zerstreut an altem Holz. Düne: An Geländerstäben beim Kirehhofe, die Stäbe sind 


meistens geteert und nur an einigen freigebliebenen Stellen die Flechte. 


L. trabalis (Ach.) Nyl. 


Mit der vorigen zusammen, noch weniger geworden. 


L. effusa (Pers.) Nyl. 


Auf der Düne nicht wieder gefunden. 
> 


L. Sambuei (Pers.) 
Zerstreut und schlecht entwickelt an Sambueus. Düne: Sehr üppig an Sambueus, wahrscheinlich 


damals erst in Anfängen vorhanden gewesen. 


L. erysibe (Ach.) Nyl. 

Wie früher. Neu angesiedelt an den bereits mehrfach erwähnten Stellen: Kaiserstein, Tunnel- 
wölbungen ete. Thallusfleecke auf einem verwitterten Walfischknochen in dem Garten der Komman- 
dantur scheinen hierher zu gehören. Unterland: Stützmauer, in Anfängen. 


37. 


40. 


41. 


43. 


44. 


45. 


46. 


AT. 


Heinr. Sandstede, Die Flechten Helgolands. II. 


L. atra (Huds.) Ach. 
Spärlicher als früher. Düne: Der Schuppen, auf dessen Dach die Flechte wuchs, ist abgebrochen 
worden. 


L. fuscata (Schrad.) Nyl. 


Auf einem Grabstein aus Zementmasse dürftig. Düne: Nicht mehr vorhanden. 


-rLecidea flexuosa (Fr.) Nyl. 


Steril auf Geländerpfosten und anderm morschen Holze bei der Gärtnerei. 


+L. fuliginea Ach. 


Der sterile, braune Thallus auf vermoderndem Holze bei der Gärtnerei. 


L. misella Nyl.! Lapp. Or. p. 177. 

Düne: Die in dem Sande steekenden Holzstäbe (Fassdauben) und die daran befindlichen wagerechten 
Bretter waren die einzigsten Wohnstätten der Flechte, jetzt ist das Holzwerk unter Dünensand verweht. 
L. pelidna Ach.; Nyl. 

An Geländerpfosten bei der Gärtnerei, auch einzelne Apotheeien da; am Geländer am Sapskuhlen- 
wege nicht wieder getroffen, dies Geländer zum Teil erneuert. 


L. parasema Ach. 


Verbreitet. Unterland: An Bäumen. Düne: An Sambuens. 


L. enteroleuca Ach., Nyl. 
Nur noch in Spuren auf dem erratischen Block am Ostrande. 


+L. illota Nyl.; Abh. nat. V. Bremen 1898, p. 471. 

Auf Dachziegeln eines Hauses an der Lübeckerstrasse, der „Stadt Altona“ gegenüber. Die Apo- 
theeien der Pröbehen von hier führen dieselben dunkeln Sporen, wie die Speeimen von den ostfriesischen 
Inseln: var. „sporis infuscatis“ Nyl. in lit. ad. v. Zwackh. p. 7. 1898. — 

Bei allen festländischen Speeimen sah ich nur farblose Sporen. 


L. alboatra (Hffm.) 


Gemäuer des alten Leuchtturms, früher jedenfalls übersehen. 


var. athroa Nyl. 


An Sambucus spärlich. Düne: Einzelne Apotheeien mit Zecan. Sambuei an Sambueus. 


-L. canescens (Dcks.) Ach. 

Ein einziger, kreisförmiger, scholliger, jugendlicher, unfruchtbarer Thallus an einem COrataegus- 
Bäumehen in der Gärtnerei, die Flechte bewohnt vorzugsweise altes Gemäuer, lebt aber auch gerne an 
freistehenden Bäumen und altem Holze. Sollte sie in der Nähe noch an Mauerwerk vorkommen ? 


Aufzählung der Arten. 


DD 
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52. 


L. myriocarpa (D. €.) 

Verbreitet an altem Holze. Düne: Nicht gefunden. 
Arthonia astroidea Ach. 

An einigen jungen Crataegus-Stämmen dürftig und verschwindend. 
Verrucaria nigrescens Pers.; Nyl. 


Verbreitet. An den neu entstandenen Fundorten, wie mehrfach erwähnt. Düne: Zementfuß eines 
(Grabmals. 


V. rupestris Schrad. 


Jetzt viel an der Mauer bei dem neuen Leuchtturm auf Mörtel, auf Backsteinpflaster der Kartoffel- 
allee; neue Fundorte. 


V. Kelpii (Kbr.) 
An einem Felsvorsprung an der Westseite in der Flutlinie, an der Seeseite der Stacks: Mönch. 
Hoys-Hörn, Jung-Gratt, auf Dalamıs daselbst. 


-V. punctiformis Ach. 


An jungen Crataegus-Stämmen in der Gärtnerei, an Erlenstämmehen in dem Garten der Kommandantur. 


Zwischenahn, den 20. Januar 1901. 


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Aus der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


Zoologische Ergebnisse 


einer 
Untersuchungsfahrt des deutschen Seefischerei-Vereins 
nach der Bäreninsel und Westspitzbereen, 


ausgeführt 


im Sommer 1898 auf S. M. 8. „OLGA“. 


Bearbeitet nach Sammlungen von Dr. Cl. Hartlaub. 
Herausgegeben von der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


ITernl: 


IV. Die Actiniarien. Von O. Carlgren. 


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IV. 


Die Actiniarien der Olga-Expedition. 


Von 


Oskar Carlgren, 
Docent an der Hochschule zu Stockholm. 


Mit Tafel III und 11 Figuren im Text. 


E & ie kleine Kollektion der Actiniarien, die von der Olga - Expedition heimgebracht ist, enthält 


g hauptsächlich nur große Formen, was wohl mit der Fangart zusammenhängt, nur eine kleine 
Actinie, „Phellia“ crassa, ist von der Expedition gefischt worden. Übrigens ist die Sammlung von 
keinem besonderen Interesse, denn alle Species sind vorher in der Litteratur beschrieben, aber 
weil die Exemplare ausgezeichnet konserviert sind, eignen sie sich besonders gut zu anatomischer 
Untersuchung, sodaß ich Verschiedenes zu der Kenntnis der Anatomie und der Systematik der 
betreffenden Arten hinzufügen kann. Bemerkenswert scheinen mir doch die riesengroßen Exemplare 
von Bolocera multicornis zu sein, die im Umfang nicht viel den größten Actiniarien der Tropen 
nachstehen und mit mehreren tausend Tentakeln versehen sind. Ebenso verdient der Umstand, 
daß Gadus morrhua sich auch von Seerosen nährt, erwähnt zu werden. In dem Magen eines 
Exemplares waren 4 Individuen von Chondractinia nodosa, 1 Individuum von Ch. digitata und ein 
Fragment, wahrschemlich von Actinostola spetsbergensis, vorhanden. Die gesammelten Actiniarien 


sind im ganzen 8, nämlich : 


Bolocera multicornis Verr. 
Rhodactinia erassicornis (©. F. Müll.) 
Phelliomorpha cerassa (Dan.) 
Actinostola spetsbergensis Carlg. 
Stomphia coccinea (©. F. Müll.) 
Allantactis parasitica Dan. 
Chondractinia digitata (O. F. Müll.) 


n nodosa (Fabr.) 


34 Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga-Expedition.. 


Fam. Boloceridae. Mc. Murrich. 


Thenarien mit einem entodermalen, diffusen oder circumscripten, 
mehr oder minder stark entwickelten Sphinkter. Tentakeln an der Basis 
mit einem Ringmuskel, um sich absehnüren zu können, leicht wegfallend. 
Dünnwandige Nesselzellen in dem Ektoderm der Körperwand nicht vor- 


handen. Mesenterien zahlreich, gewöhnlich sind viele vollständig. 


Obgleich Haddon (1898 p. 429) und Kwietniewski (1896 p. 595, 1898 p. 394) 
das Genus Dolocera zu den Actiniiden (Antheaden) gerechnet haben, stimme ich gegenwärtig wie 
vorher (1593 p. 137) mit Me. Murrich überein, dass die Aufstellung der Familie BDoloceridae 
wohl begründet ist. Einerseits nämlich macht das Vorkommen eines stark entwickelten eireumseripten 
Sphinkters bei Bolocera pollens (Me. Murr. 1595 p. 230) es notwendig, das Genus Bolocera von 
den Actiniiden abzutrennen, während andererseits das Vorhandensein eines diffusen Sphinkters bei 
anderen Arten die Zusammenstellung des Genus mit den der Familie Tealidae angehörenden 
Genera verhindert. 

Zu dieser Familie gehören die Genera Bolocera und Polystomidium und möglicherweise auch 
das Genus Polyopis. Das von R. Heitwig beschriebene Genus Polystomidium ist nach Haddon 
(1595 p. 430) und mir (1899 p. 41) eine Boloceride Ob auch Polyopis zu den Boloceriden 
zu stellen ist, scheint etwas fraglich, denn es ist möglich, daß die nach Hertwig fehlenden 
Tentakeln sich in den coelenterischen Raum eingestülpt haben und «dort maceriert worden sind 
(vergl. Carlgren 1899 p. 41). 


Genus Bolocera. Gosse. 


3oloceriden mit einem verhältnißmässig gut entwickelten, diffusen 
oder circumscripten Sphinkterr Körperwand glatt, ohne Randsäckchen. 
Tentakeln oft ausserordentlich zahlreich. Schlundrinnen zwei, wohl 


markiert, breit. Verteilung der Geschlechtsorgane? 


Mc. Murrich hat mir brieflich mitgeteilt, daß meine Entdeckung der ektodermalen Längs- 
muskeln der Körperwand bei Boloceroides Me. Murrichi ihm Veranlassung gegeben die Körper- 
wand mehrerer von ihm beschriebenen Boloceriden zu untersuchen. Mein amerikanischer Kollege 
hat dabei gefunden, daß Bolocera brevicornis ektodermale Längsmuskeln in der Körperwand hat. 
/war waren die Exemplare nicht gut konserviert und das Ektoderm nur hier und da in Stückchen 
vorhanden, aber an diesen Stückchen konnte er deutlich (unmistakably) Längsmuskein sehen. Zu 
dieser Angabe muß ich mich sehr skeptisch stellen, teils aus dem Grunde, daß ich bei keiner 
von mir untersuchten Dolocera Längsmuskeln gefunden habe — außer Bolocera longicornis 
sind BD. kerquelensis, D. multiporum, B. multicornis, die. nach meiner Memung mit B. brevi- 
cornis identisch ist, und eine mit kurzen Tentakeln versehene Bolocera-Art von der südlichen 


Hemisphäre von mir untersucht — teils weil ich nicht die Angabe Mc. Murrich’s, daß 


Boloeera. 1 35 
bei Haleurias (= Endocoelactis) die Körperwand mit Längsmuskeln versehen ist, bestätigen 
kann. Möglicherweise ist der Grund darin zu suchen, daß wir zwei verschiedene Arten unter- 
sucht; ich halte es doch für mehr wahrscheinlich, daß Me. Murrich die Längsmuskeln mit 
etwas angeschwollenen Basalenden der Stützzellen verwechselt hat (vergl. meine Bemerkung von 
1900 p. 116—117). 

Me. Murrich ist der Meinung, daß Doloceroides eine Boloceride ist, während ich (1899, 
1900) hervorgehoben habe, dass diese Gattung nicht zu den Boloceriden, sondern zu den Protantheen 
zu stellen ist. Auch wenn wir mit Me Murrich annehmen, daß das Vorhandensein 
ektodermaler Längsmuskeln in der Körperwand der Boloceroides von untergeordneter Bedeutung wäre, 
giebt es doch hinreichende Gründe, um das Genus Boloceroides von der Familie Boloceridae 
oanz abzutrennen. Nur das Fehlen der Basilarmuskeln bei Boloceroides zeigt, daß dies Genus 
nicht mit den Boloceriden, bei denen Basilarmuskeln wie bei allen Thenarien vorkommen, verwandt 
ist. Ich bedaure sehr, daß die Abwesenheit oder das Vorhandensein der dieht an der Fußscheibe 
an. der Basis der Mesenterien in radialer Richtung verlaufenden Basilarmuskeln nicht die Auf- 
merksamkeit der Actinienforscher in Anspruch genommen haben. Wenn wir mit Mc. Murrich 
die Gattuugen Boloceroides und Bolocera zu derselben Familie rechneten, wäre es dasselbe, als ob wir 
eine Athenarie (= Ilyanthidae) mit einer Thenarie, eine Discosomide mit einer Stoichactide zu- 
sammenstellten, was nicht glücklich wäre, denn das Vorkommen oder Nicht-Vorkommen der Basilar- 
muskeln spielt bei der Systematik der Actiniarien eine wichtige Rolle, die nicht unterschätzt 
werden darf. Schon aus dem Grunde, daß bei Boloceroides Basilarmuskeln fehlen, bei Bolocera 
vorhanden sind, ist eine Zusammenstellung dieser Genera nicht möglich. Legen wir dazu, daß 
der Bau der Körperwand der Boloceroides ganz mit dem Bau der Tentakeln und dem der Mund- 
scheibe übereinstimmt, daß eine gut entwickelte ektodermale Längsmuskel- und Ganglienschicht 
nebst zahlreichen dünnwandigen Nesselzellen in der Körperwand vorkommen, daß ein Sphinkter und 
Schlundrinnen fehlen —-- Charaktere, die alle für Bolocera fremd sind — so müssen wir annehmen, 
daß das Vorhandensein abschnürbarer Tentakeln bei beider Genera nicht auf Verwandtschaft be- 
ruht, sondern einem Parallelismus in der Entwicklung zuzuschreiben ist. In der That ähnelt 
Boloceroides in ihrer Organisation viel mehr Protanthea, wie ich schon hervorgehoben habe 
(1599, 1900), so daß eine Zusammenstellung der Gattung Boloceroides mit Protanthea wohl be- 
gründet ist. Me. Murrich’s Ansicht, daß Boloceroides und Bolocera einander in ihrer Organi- 
sation nahe stehen, ist meiner Meinung nach nur auf oberflächliche Gründe gebaut. 

Die Verteilung der Geschlechtsorgane auf den Mesenterien scheint nach Mc. Murrich's 
Angaben (1593) bei Bolocera amsehnlich zu wechseln. Eine erneuerte Untersuchung dieses Ver- 
hältnisses ist indessen sehr wünschenswert, weil die Gattung sehr schwer zu konservieren war, ehe 
man die Formol-Methode entdeckte. In meinen Studien über nordische Actinien (1593 S. 57) 
gebe ich in Betreff B. longicornis an, daß die ersten 6 Mesenterienpaare steril waren, während 
alle übrigen Geschlechtsorgane trugen. Ich habe kürzlich drei in einer Mischung von Formalin 


und Kaliumbiehromat sehr gut konservierte Exemplare dieser Species in Betreff der Verteilung der 


36 Oskar Carleren, Die Actiniarien der Olga-Expeditivn. 


Geschlechtsorgane untersucht. Bei einem Exemplar waren die Geschlechtsorgane nicht gut 
entwickelt; so weit ich sehen konnte, war sowohl die erste als die zweite Ordnung der Mesenterien 
steril. Die zwei übrigen hatten wohl entwickelte Fortpflanzungsorgane. Bei dem einen Exemplar 
waren nur 8 Mesenterien der ersten Ordnung steril; die mit Hoden versehenen 4 Mesenterien 
des ersten Cyclus waren so gestellt, daß sie dem fünften und sechsten Paare des ersten 
Mesenterieneyelus entsprachen; die acht sterilen Mesenterien waren also wahrscheinlich die acht 
Edwardsia- Mesenterien. Das andere Exemplar war mit 9 sterilen Mesenterien erster Ordnung 
ausgerüstet; drei laterale Mesenterien des ersten Cyelus, die nicht gleich orientiert waren und von 
denen jedes mit einem sterilen Mesenterium ein Paar bildete, trugen Ovarien. Beide Exemplare 
waren mit Geschlechtsorganen von der zweiten Ordnung an regelmässig versehen. 

Die Verteilung der Geschlechtsorgane bei B. longicornis scheint also ein wenig zu schwanken. 
Leider kann ich keine Angabe über dies Verhältnis bei untenstehender Art mitteilen, denn ich 
habe die prachtvollen von der Expedition gesammelten zwei Exemplare dieser Species nicht viel 
zerschneiden wollen und die übrigen Exemplare dieser Art, die ich von anderen Expeditionen zur 


Untersuchung habe, waren für den betreffenden Zweck nicht hinreichend gut konserviert. 


1. B. multicornis V\Verr. 


Pat Il: Bier ,22.2-Nestis.el, 2 


bolocera multieornis n. sp. V errill 1879 p. 198. 
Verr. Me. Murrich 1893 p. 155. 
„ Haddon 1898 p. 430. 
brevicornis n. sp. Me. Murrich 1893 p. 158 T. 23 Fie. 31— 33. 
Sagantia (Phellia) abyssicola Kor. & Dan. pro parte. Danielssen 1590 p. 30 Taf. 10 Fig. 4. 


Fundorte: Station 55: 75° 40 N, 17° 1° O, 190-200 m Tiefe, grüner Schlick, 
SEN AETIR: 


Station 49: -74° 25’ N, 17° 36° OÖ, 180 m Tiefe, feiner Sand, 6. VIIL, 1 Ex. 


Übrige mir bekannte Fundorte: Cape Cod, 45 Faden (V errill). — Lat 47° 40' N, 


Long. 47° 35’ 30” W, 206 Faden, St. 2697,.U.S.F., Com. St. Albatroß, 2 Ex. in dem Reichs- 


museum zu Stockholm. — 66° 35’ n. Br, 56° 38° v. L., 318 dänische Faden, Bodentemperatur 3° 9, 

St. 32, Ingolf-Exp. No. 20, 2 Ex. Museum Kopenhagen. — 75° 31’N, 17° 50° O, 3. VIII. 1878, 

N.N.H. Exp. St. 326, 1 Ex., Bereens Mus. (P. abyssicola). — Behringsinsel, 75 Faden, Sand 
| ’ to) Y oO 


mit Thon gemischt, 13. VIII. 1879, Vega-Exp., 1 Ex., Reichsmuseum Stockholm. — Californien 
Lat. 33° 08° N, Long. 118° 40° W, 414 Faden, 2 Ex. (B. brevicornis). 
Grösse in kontrahiertem Zustand: Ex. 1. Durchmesser der Mundscheibe 16 em, Tentakeln 


in sehr ausgespanntem Zustand 4,5 em lang, in kontrahiertem 1,5 bis 2 cm, Körperhöhe 6 cm, 


Durchm. der Fußscheibe 9 em. — Ex. 2. Durchmesser der Mundscheibe 16,5 em, Tentakellänge 
9 em, Körperhöhe 6 em, Durchm. der Fußscheibe S enı. 
D | 


=] 


= D] 
Bolocera multicornis. > 


Farbe: nach Verrill „Color of body and tentacles nearly uniform bright redlead color 
or orange scarlet; mouthfolds a deeper tint of the same color“. Die Tentakeln des einen Ingolt- 
Exemplares waren dunkel rotbraun. 

Äusseres Aussehen: Die zwei von der Expedition gefischten Exemplare dieser Art, 
die schon in konserviertem Zustand eine gigantische Größe haben, sind etwas zusammengezogen 
und die Mundscheibe bogenförmig gebogen, so daß die Fußscheibe in derselben Ebene wie der 
Rand der Mundscheibe liegt. Der Konservierungszustand war im übrigen sehr gut. 

Fußscheibe platt, wohl entwickelt, mit schwachen Furchen. Körperwand glatt, kurz, in 
der distalen Partie bedeutend breiter als in der proximalen. Randfalte markiert mit deutlicher 
Fossa. Tentakeln außerordentlich zahlreich, wenigstens bei mittelmäßig großen Exemplaren nach 
der Sechszahl angeordnet, bei dem abgebildeten Exemplar mehrere tausend, außerordentlich dicht 
stehend und fast die ganze Mundscheibe bedeckend; nur eine unbedeutende Partie rings um den 


Mund frei von Tentakeln. ° Gestalt der Tentakeln nach dem Kontraktionszustand wechselnd, bei 


Fig. 1. Fig. 2. 


Fig. 1, 2. Bolocera multicornis Verr. (Juersehnitt des Sphinkters. Schnitte von einem Individuum, das von der Behringsinsel 


stammt. Verg. Hartn. Oc. 3 Obj. 4, am Tisch gezeichnet, z. Hälfte verkleinert. 


dem einen Exemplar eylindrisch, stumpf, bei dem anderen, dem abgebildeten, mehr konisch zu- 
gespitzt, alle etwa gleich lang, kurz. Mundscheibe sehr weit, ausgebreitet, ohne deutliche Mesen- 
terien-Insertionen, mit zwei deutlichen Gonidialtuberkeln. Schlundrohr mit zahlreichen Längsfurchen, 
ziemlich lang. Schlundrinnen sehr gut ausgebildet, breit, symmetrisch liegend, mit sehr gut ent- 
wickelten Schlundrohrzipfeln (nach dem in Bergens Museum aufbewahrten Exemplar zu urteilen). 
Anatomischer Bau. Fußscheibe wie gewöhnlich gebaut. Ektoderm mit spärlichen 
24 bis 28 y langen, diekwandigen Nesselzellen (Exempl. von Olga-Exp., Ingolf-Exp., N. N. H.-Exp., 
Vega-Exp. untersucht), mehr gemein bei dem letzten. Ektoderm der Körperwand mit zahlreichen, 
diekwandigen 24 bis 25 ı langen Nesselzellen, mehrmals dünner als die Mesogloea. Entodermale 
Ringmuskeln gut entwickelt mit palissadenförmigen Falten, schwächer bald unterhalb «des Sphinkters 
als in den übrigen Teilen. Sphinkter diffus, entodermal, wohl entwickelt, kammähnlich, ohne 
Tendenz circumseript zu werden, erinnert sehr an den Sphinkter des Polystomidium patens, 


aber die Auswüchse sind bei Bolocera multicornis länger und die Muskelfalten bald unterhalb 


35 Os’kar Carlgren, Die Actiniarien der Olga- Expedition. 


des Sphinkters etwa halb so hoch wie die Höhe des Sphinkters, bei anderen Exemplaren erinnert 
er sehr an Me. Murrichs Figur des Sphinkters bei Bolocera brevicornis. Bisweilen zeigt der 
Sphinkter Tendenz ein bis zwei große Falten zu bilden — wahrscheinlich sind diese durch Kon- 
traktion entstanden — wie die abgebildeten Sphinkteren von dem Vega-Exemplar gezeigt (Textfig. 1, 2). 
Wir sehen also, daß das Aussehen des Sphinkters etwas wechselt auch bei demselben Exemplar, 
obgleich er doch immer seinen Typus beibehält. Längsmuskulatur der Tentakeln ektodermal wie 
bei Bolocera longieornis (Carlgren 1893 Fig. 1, 3 Taf. 7). Ektoderm der Tentakeln mit zahl- 
reichen diekwandigen Nesselzellen mit einer Maximallänge der verschiedenen Exemplare von 52 bis 
60 y. Größte Länge der zahlreichen dünnwandigen Nesselzellen 45—56 j.  Mesogloea mit zahl- 
reichen Bindegewebszellen. Tentakelsphinkter gut entwickelt, mit vielen dichtliegenden, fast 
palissadenförmig angeordneten Falten. Mundscheibenmuskulatur wie die der Tentakeln. Sktoderm 
der Mundscheibe mit ziemlich zahlreichen, diekwandigen Nesselzellen (Länge bei dem Bergen- 
Exemplar etwa 28 „, bei dem Vega-Ex. 36 bis 40 1); dünnwandige zahlreich, 36 bis 44 ı lang. 
Nervenfaserschicht gut entwickelt. Ektoderm des Schlundrohrs mit sehr zahlreichen diekwandigen 
Nesselzellen (Länge 40—52 ı bei den verschiedenen Ex.) ohne ektodermale Muskeln, etwa eben 
so hoch wie die gefaltete Mesogloea. Schlundrinnenektoderm ohne Nesselzellen mit wenig entwickelten 
ektodermalen Längsmuskeln. Mesenterienpaare ausserordentlich zahlreich, wie die Tentakeln wahr- 
scheinlich nach der Sechszahl. Weil ich die Exemplare nicht viel zerschneiden wollte, kann ich 
keine genaue Anordnung der Mesenterien geben. Die vollständigen Mesenterien sind doch wahr- 
scheinlich, nach den Insertionen der Mesenterien an dem unteren Teil des Schlundrohrs zu urteilen, 
nicht so zahlreich, wie man es von der großen Zahl der Mesenterien erwarten könnte. Längs- 
muskeln der Mesenterien gut entwickelt, bandähnlich, bilden palissadenförmige Falten. Parietobasilar- 
muskeln wenigstens auf den schwächeren Mesenterien schwach abgesetzt, strecken sich bis zur 
halben Höhe der Körperwand. Transversale Muskeln schwach. Basilarmuskeln gut entwickelt, 
fächerförmig ausgebreitet (bei dem Bergen-Ex. und dem Vega-Ex ). Oralstomata vorhanden, Rand- 
stomata nicht beobachtet, aber möglicherweise vorhanden. Flimmerstreifen gut entwickelt. Partie 
des Entoderms zwischen den Nessel-Drüsenstreifen und den Flimmerstreifen gut differenziert. Mesogloea 
der Flimmerstreifenpartie der Filamente mit zahlreichen Bindegewebszellen besonders in dem un- 


paarigen Zweig. Verteilung der Geschlechtsorgane? Eier zahlreich, klein. 


Fam. Tealidae. R. Hertwie. 


— Bunodidae Gosse == Bunodactidae V err. 


Anstatt der Familie Bunodidae hat Verrill die Familie Bunodactidae mit ganz ähnlichen 
Charakteren aufgestellt, weil der Typus der Familie, Bumodes, einen anderen Namen bekommen 
muß. Obgleich ich eine solche Namenveränderung der Familie nur aus diesem Grunde nicht für 
nötig halte, scheint es mir besser den Hertwig’schen Namen Tealidae für diese Familie zu be- 


halten, weil Hertwig zuerst das Vorhandensein des charakteristischen eireumseripten Sphinkters 


Tealidae. — Rhodactinia erassicornis. 39 


gezeigt hat. Verrill meint auch, daß man den Namen Tealidae brauchen könnte, wenn nicht 
Tealia mit Urticina synonym wäre. Ich bin durch ein eingehendes Studium eines sehr reichen 
Materials von der s. g. Urtieina (Tealia) erassicornis zu dem Resultat gekommen, daß diese 
Species in sich drei Species, die einander sehr ähnlich sind, aber doch zweien Genera angehören, 
umfaßt. Was zuerst die von Müller beschriebene A. erassicornis betrifft, ist es sehr wahr- 
scheinlich, daß sie mehr als eine Art ist, denn «die arktische aus Grönland stammende Form kann 
nicht dieselbe sein wie die dänische (norwegische), wie wir sehen werden. Indessen halte ich es 
für glaublich, daß Müller eigentlich die arktische Form vor sich gehabt hat, was auch Verrill 
anzunehmen scheint. (1569 p.470 sagt nämlich Verrill: „The southern European form (U. eoriacea) 
is more verrucose and may be distinet from the true U. erassicornis of the north“.) Nehmen wir 
also an, daß die grönländische A. erassicornis, die mit Agassiz Rhodactinia Davisii identisch 
ist, die wirkliche A. cerassicornis ist, entsteht eine andere Frage: Ist es richtig die Art Urtieinia 
crassicornis zu nennen? Die Gattung Urtieina ist von Ehrenberg aufgestellt. Die erste von 
Ehrenberg erwähnte Species ist A. crassicornis L. Gmelin, Lamarck? aus dem Mittel- 
meer. Was Ehrenberg mit seiner U. erassicornis meint, scheint mir sehr fraglich, er hat 
deutlicherweise eine Art ohne Warzen beschrieben, die weder mit der arktischen A. cerassicornis 
noch mit A. coriacea Cuv. identisch sein kann. Unter solehen Umständen können wir nicht 
A. crassicornis den (rattungsnamen Urticina geben, sondern müssen diese Species Rhodactinia 


erassicornis (©. F. Müll.) nennen. 


Die Geschlechtsorgane der Rhodactinia treten schon an den Mesenterien erster Ordnung 
auf, nur an den Richtungsmesenterien waren sie nicht vorhanden. Die Gattung stimmt also in 
dieser Hinsicht mit Epiactis und Bunodactis (Bunodes) überein, dagegen nicht mit dem Genus 
Tealia, dessen 10 bis 20 stärksten Mesenterienpaare steril sind. Was dieses von Gosse auf- 
gestellte Genus anbelangt, so müssen wir es wieder für Gosse's Tealia crassicornis (= Cuvier's 


A. coriacea), die nicht mit Rhodactinia erassicornis identisch ist, brauchen. 


Genus Rhodactinia Agassiız. 


Tealiden (Bunodiden, Bunodaectiden) mit wohl entwickelter Fußscheibe 
und mit schwachen unbedeutenden Saugwarzen an der Körperwand. Rand- 
säckchen niemals vorhanden. Tentakeln kurz, dick, in der Spitze stumpf 
abgerundet. Radialmuskulatur der Mundscheibe und Längsmuskulatur der 
Tentakeln meso-ektodermal bis mesogloeal. Zahlreiche vollständige 
Mesenterien vorhanden nach der Zehn- oder Sechszahl. Geschlechtsorgane 
von den Mesenterien erster Ordnung an auftretend, an den Richtungs- 
mesenterien fehlend. Schlundrinnen wohl entwickelt in der Regel zwei. 


Entwicklung der Embryonen in dem Innern des Muttertieres (immer?) 


40 Oskar Carleren, Die Actiniarien der Olga- Expelition. 


Typus: R. crassicornis (0. F. Müll.). 


Die Gattung Rhodactinia (vergl. oben!) steht den (Genera Epiaetis und Bunodactis nahe 
— vielleicht wird es notwendig, den alten Ehrenberg’schen Namen Cribrina anstatt Bunodactis 
(Bunodes) zu behalten —, unterscheidet sich von dem ersteren hauptsächlich durch das Vorhanden- 
sein der Saugwarzen, die bei Epiactis fehlen. Im (Gegensatz zu den schwachen Saugwarzen bei 
Rhodactinia sind die Saugwarzen bei Dumodactis wohl entwickelt, ebenso kommen hier nicht selten 
Randsäckchen vor, die bei Rhodactinia nicht vorhanden sind. Die Längsmuskeln der Tentakeln und 
die Radialmuskeln der Mundscheibe sind bei Epiactis und Bunodactis ektodermal, während 


sie bei Rhodactinia wenigstens teilweise mesogloeal sind. 


2. R. crassicornis (0. F. Müll.). 
Textfig. 3—b. 5 


Aectinia erassicornis n. sp. Müller 1776 p. 231. 
Ithodaetinia Dawisiü n. sp. Agassiz 1847 p. 677. 
6 > Agas. Verrill 1564 p. 18. 
Urtieina erassicornis Ehr., Verrill 1869 p. 469. 
Actinia elegamtissima, Brandt 1835 p. 13. 
En Laurentit, e 1855 p. 13. 
Leiotealia spitzbergensis n. sp. K wietniewski 1896 p. 134 (p. p.). 


Vollständiges Litteraturverzeichnis in einer anderen Arbeit! 

Fundorte: Station 52: 74° 55’ N, 17° 307 O 
selbem Sand. 

Ai Al: 76°23 N, 15°7 O, 145 m Tiefe, Schlick mit Sand, 27. VIL., 1 Ex. 


155—135 m Tiefe, grauer Schlick mit 


2 


Grösse: Das größte von mir untersuchte Exemplar (aus dem Behrings-Meer) dieser Art 
mass in kontrahiertem Zustand: Durchmesser der Fußscheibe 7 em, Höhe 6 cm. 

Das äußere Aussehen wie auch die Anatomie dieser Art ähnelt so sehr dem von Tealia coriace« 
und T. lofotensis, daß es unnötig ist, eine eingehendere Beschreibung dieser Art zu geben. Das 
äußere Ansehen ist von Verrill (1864 p. 18) gut geschildert und in Betreff der Anatomie ver- 
weise ich in der Hauptsache auf meine Schilderung der U. erassicornis (1893 p. 58). Die Saug- 
warzen treten bisweilen in konserviertem Zustand des Tieres gut hervor, oft aber sind sie nicht 
sichtbar. Die Tentakeln sind gewöhnlich nach der Zehnzahl angeordnet, nicht selten tritt je- 
doch die Sechszahl in der Tentakelanordnung auf. Die Längsmuskulatur der Tentakeln ist bald 
überwiegend ektodermal, bald mesogloeal. Die Textfiguren 3—6 zeigen uns eine etwas ver- 
schiedene Anordnung der Muskelmaschen. Textfig. 3 stellt einen Querschnitt eines Tentakelstückchens 
vor, hier sieht man, daß die Längsmuskeln fast ausschließlich ektodermal sind, nur an den Basal- 
teilen vereinigen sich hier und da die Muskelfalten. Beide während der Olga-Expedition gefangenen 
Exemplare gehören zu dieser Varietät, die ich var. spetzbergensis nenne. Die von Kwietniewski 


beschriebene Leiotealia spitzbergensis ist meiner Untersuchung nach teilweise mit dieser Varietät 
] J 8 


Rhodactinia erassicornis. 41 


synonym, außerdem faßt diese Art eine Epiactis-Art in sich. (Vergl. Carlgren 1901.) Fig.-4 zeigt 
uns ein anderes Bild der Längsmuskeln. Hier liegen die meisten Muskeln als grobe Maschen in 
der Mesogloea, an der ektodermalen Seite sieht man noch Muskelfalten. In der Fig. 5, die von 
demselben Exemplar wie die Figur 4 ist, sind die ektodermalen Muskeln fast verschwunden. Die 
Muskelmaschen liegen sowohl bei den Fig. 4 als 5 näher der ektodermalen als der entodermalen 
Seite der Mesogloea. Fig. 6 zeigt schließlich ein Stadium mit den mehr aufgeteilten Muskel- 
maschen in der Richtung Ekto-Entoderm gestreckt und etwa in der Mitte der Mesogloea liegend; 


ektodermale Muskeln treten an diesem Querschnitt nieht auf. 


Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. 


lie. 3. Rhodaectinia erassicornis (Müll... var. spetsbergensis. «Juerschnitt der Tentakel - Mesogloea und der Länes- 
muskeln. Die Längsmuskeln sind überwiegend ektodermal. Vergr. Hartn. Oc. 4 Obj. 4, a. T. gez., z. H. verkl. 

Fig. 4, 5. Rhodactımia erassicornis (Müll.) Querschnitt der Tentakelmesogloca und der Längsmuskeln. Die Längs- 
muskeln sind überwiegend mesoglocal. Vergr. Hartn. Oc. 1 Obj. 7, a. T. gez., z. H. verkl. 

Fig. 6. Rhodactinia erassicornis (Müll.) (Querschnitt wie in Fig. 4 u. 5. Die Längsmuskeln sind vollständig in der 
Mesogloea eingeschlossen. Vergr. Hartn. Oe. 1 Obj. 7, a. T. gez., z. H. verkl. 


Die Mesenterien sind nach der Zehnzahl, nicht selten auch nach der Sechszahl angeordnet, 
10 + 10 —- 20 angetroffen, in 


letzterem niemals mehr als 48 = 6 + 6 + 12 + 24. Alle Mesenterien mit Ausnahme der 


in ersterem Fall habe ich niemals mehr als 40 Mesenterienpaare — 


Richtungsmesenterien waren mit Geschlechtsorganen ausgerüstet. Die Geschlechtsorgane tragenden 
Individuen waren in den Monaten August, September und November gefischt, an einigen war der 
Zeitpunkt des Fanges nicht angegeben. In den Weibchen fanden sich gewöhnlich Embryonen 
in verschiedenen Stadien; die Embryonen erreichen in dem Innern der Mutter oft eine ansehn- 
liche Größe und waren mit zahlreichen Tentakeln versehen. So sind z. B. einmal 76 Tentakeln 
bei einem Embryo gefunden und 30 bis 40 Tentakeln kamen oft bei diesen Jungen vor. (Vergl. 
Carlgren. Über die Brutpflege der Actiniarien, Biol. Centralb. 1901 p- 469-470.) Die Jungen 
tragenden Weibchen waren während der Monate Juni, ‚Juli, August, September und Oktober gefischt. 

Ich habe Exemplare dieser Art von N.-Amerika, Grönland, Spitzbergen und Bären-Inseln, 
von den nördlichen Teilen Norwegens, dem sibirischen Eismeer, Behringsinsel und der Koreastraße 
untersucht. Die zahlreichen Fundorte will ich an einem anderen Orte erwähnen. 

Die betreffende Art ähnelt sehr einer Species des Genus Tealia, die ich T. lofotensis (Dan. 
pro parte) nenne und Individuen, die keine Geschlechtsorgane tragen, können sehr leicht mit dieser 


6 


42 Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga-Expedition. 


Art verwechselt werden. In der That ist es dann oft kaum möglich, an konservierten Exemplaren 
= ji 

solche Exemplare mit Sicherheit zu bestimmen. Bei dieser Species geschieht die Entwickelung 

der Jungen außerhalb des Muttertieres. Ich gebe hier eine kurze Beschreibung des Genus Tealia 


und der Species T. lofotensis und soriacea im Vergleich mit A. erassicornis. 


Genus Tealia. Gosse. 


Tealiden (Bunodiden, Bunodactiden) mit wohl entwickelter Fußscheibe 
und mit gut bis schwach entwickelten Saugwarzen-an der Körperwand. 
Randsäckchen niemals vorhanden Tentakeln kurz, dick, an der Spitze 
stumpf abgerundet. Radialmuskulatur der Mundscheibe und Längs- 
muskulatur der Mundscheibe und Längsmuskeln der Tentakeln über- 
wiegend mesogloeal. Zahlreiche vollständige Mesenterien vorhanden, in 
der Regel nach der Zehnzahl angeordnet. 10 bis 20 der ersten Mesenterien- 
paare steril. Schlundrinnen wohl entwickelt, in der Regel zwei. Entwicklung 
der Embryonen außerhalb des Muttertieres (immer?) 

Der Typus der Gattung ist T. coriacea (Cuv.) Außer diese Art ist nur eine, T. lofotensis 


(Dan. pro parte), bekannt. 


Sp. T. lofotensis (Dan. pro parte). 


Mudoniactis lofotensis n. sp. Danielssen 1890 p. 47, T. 1, Fig. 5 pro parte. 


Von den 7 Exemplaren, die in dem Museum Bergens unter den Namen Madoniactis 
lofotensis stehen, war ein Exemplar, das teilweise zerschnitten und das ohne Zweifel zu der 
anatomischen Untersuchung von Danielssen angewandt war, kein Anderes als Chondraetinia 
digitata — also eine Sagartide —. Drei andere Exemplare waren Metridium dianthus. Dagegen 
ist die Figur 5, Taf. 1 und die äußere Beschreibung, die Danielssen von Madoniactis giebt, 
mit Sicherheit zu dem größten Exemplar hinzuführen. Die feinen Öffnungen, wodurch Acontıien 
nach Danielssen austreten, deuten «doch deutlich darauf, daß er auch Metridium untersucht. 


Ich sehe in dem größten abgebildeten Exemplar den Typus der Art. 


Ich habe von dieser Species zahlreiche Exemplare untersucht und will an anderer Stelle eine 
ausführlichere Beschreibung dieser Art geben. Ich beschränke mich hier, einige Charaktere mit- 
zuteilen, wodurch diese Species sich von T. coriacea und Rhodaclinia crassicornis unterscheidet. 
Die Saugwarzen sind klein und erinnern oft an die kleinen Warzen, die zwischen den größeren 
bei T. coriacea stehen. Ob sie ganz fehlen können, wage ich nicht festzustellen, weil solche kleine 
Warzen durch «die Kontraktion der Körperwand im konservierten Zustand des Tieres ganz ver- 
schwinden können. Die Tentakelzahl ist. wie bei T. coriacea, 80-160. Die Mesenterienpaare 
sind wie die Tentakeln nach der Zehnzahl angeordnet, höchstens S0 und schon bei mittelmäßig 


sroßen Individuen mehr als 40. Zehn bis zwanzig der stärksten Mesenterienpaare ohne Geschlechts- 


Tealia lofotensis, coriacea.  ° 43 
organe, die übrigen mit solchen. Exemplare mit Geschlechtsorganen sind im Juni, ‚Juli, August, 
Oktober und März gefangen. Die Längsmuskulatur der Tentakeln und Radialmuskeln der Mund- 
scheibe sind mesogloeal bis ekto - mesogloeal. Die Entwicklung dieser Art, die mit meiner Urtieina 
crassicornis f. laevis identisch ist (vergl. Appellöf 1900 p. 4, Note), ist von Appellöf beschrieben, 
nach ihm geschieht die Entwicklung außerhalb des Muttertieres (im Gegenzatz aber zu dem Ver- 
hältnis bei Rhodaetinia). Diese Art, die im tieferen Wasser als T. coriacea auftritt, kommt an 
der Westküste Schwedens sehr selten vor — ich habe nur einmal ein Exemplar, das leider dort 
verloren ging, gesehen —, scheint dagegen nicht selten in Norwegen zu sein. üxemplare von 
Spitzbergen finden sich auch in den von mir untersuchten Sammlungen. 


= 


Die Farbe ist nach einigen während der schwedischen Spitzbergen - Expedition 1895 ge- 
machten Bemerkungen: Körperwand rot, Mundscheibe hell, Tentakeln kastanienbraun mit hellen 
Spitzen (Recherche-Bay 2./7.) — Dunkel orangerot (Recherche-Bay 27./8.) — Blaß lachsfarben. 

Die Synonymik dieser Art wie die der T. coriacea will ich an einem anderen Orte besprechen. 

T. coriacea (Cuv.) = Tealia erassicornis pro parte ist die gewöhnliche Art, die man in 
Schweden und an der englischen Küste antrifft. Sie unterscheidet sich von der vorigen Art durch 


die wohl ausgebildeten Saugwarzen. In dem anatomischen Bau sind die beiden Arten fast gleich. 


Fan. Paractidae. 


Sub. Paraetinae. 

Die diesen Familien angehörenden Gattungen müssen einer Revision unterzogen werden. 
Verrill hat auch (1899) die Gattungen zu revidieren versucht. Wenn auch diese Versuche mehrmals 
glücklich ausgefallen sind, sind Verrill’s Bemerkungen nach meiner Meinung aber in mehreren 
Punkten nicht zutreffend. So ist das neue Genus Actinolobopsis unnötig aufzustellen, weil Hertwig's 
Namen des Genus, Antholoba (nicht Actinoloba, wie V errill schreibt) gut ist. Hertwie’s Paractis 
ercavata soll nach meinen Untersuchungen Anthosactis excavata (Hertw.) heißen, wofür Verrill’s 
neues Genus Alloactis fallen muß.  Sideractis ist keine Paractide, sondern steht den Antheaden 
am nächsten. Ich stelle hier ein neues Genus, Phelliomorpha, auf, «das sich von Verrill’s Genus 


helliopsis durch das Vorhandensein der Papillen unterscheidet. 
Phellioy lurch das Vorhand ler Papill terscheidet 


Genus Phelliomorpha nov. gen. 

Paractiden mit schwachen Basilarmuskeln und langgestrecktem 
Körper. Körper in Gapitulum und Scapus geteilt. Scapus langgestreckt 
mit Papillen wie bei Halcampa inkrustirt. Capitulum glatt, ohne Cutikula. 
Sphinkter schwach, einfach, mesogloeal, unmittelbar an den Tentakelbasen 
liegend (wie bei Halcampa), Tentakeln kurz, die inneren unbedeutend 


länger als die äußeren. Mundscheibe unbedeutend. Schlundrinnen zwei. 


44 Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga -Expedition. 


Mesenterien wenige, 6 Paare vollständige, mit starken Länesmuskelpolstern, 
C p} oO 
mit Filamenten und Geschlechtsorganen, unvollständige Mesenterien 


steril, ohne Polster und Filamente. 


>. Phelliomorpha crassa (Dan. Carlgr. 

Textfig. 7—11. 
Phellia erassa n. sp. Danielssen 1890 p. 60, Taf. 4 Fig. 9, Taf. 13 Fig. 5,6, Taf. 14 Fig. 1-5. 

Isophellia erassa (Dan.) Carlaren 1900 p. 2. 
Fundorte: Station 53: 74° 55 N, 16° 1% OÖ, 400 m Tiefe, Schlick mit groben Steinen, 

S:oVibI. 2 19 

(Übriger bekannter Fundort: 72° 27’ N, 20° 51° W, 349 m, Sand, Thon, N. N. H.-Exp.) 

Größe eines Originalexemplares: Länge des Körpers 1,3 em, Durchmesser desselben 
0,9 em, Länge der inneren Tentakeln 0,2 cm, die der äußeren etwa 0,1 cm. Größe des Olga- 


Exemplares: Höhe 1,3 em, größter Durchmesser 1,1 cm, Höhe des Capitulums 0,2 em. 
Farbe vergl. Danielssen. 


Änßeres Aussehen: Außer dem während der Olga - Expedition gefischten Exemplar 
habe ich auch eins der Danielssen’schen untersucht. Die anatomische Beschreibung ist haupt- 
sächlich nach diesem Exemplar gemacht. 

Fußscheibe nicht weit, abgeplattet, ohne Cutikula, glatt mit 
dem Rand etwas zusammengezogen. Bei dem Originalexemplar war 
die Fußscheibe eingezogen und wie es scheint wenigstens teilweise mit 
einer Cutikula versehen. Körperwand in Capitulum und Scapus ab- 
geteilt. Der Scapus, der den größten Teil der Körperwand eimnimmt, 


ist mit Papillen versehen, an denen zahlreiche Sandkörnchen ange- 


heftet sind.  Capitulum von geringer Höhe, glatt, ohne Papillen, 


Fig. 7. 


infolge der Kontraktion mehr oder minder quergefaltet, mit 24 Längs- 
Phelliomorpha erassa (D an.) { E \ 


Eins der furehen, die den Mesenterieninsertionen entsprechen (nicht bei «dem 
Danielssen’schen Original-Exemplare. = 6 : B A z 

g ne A i Nine: NS ıntakeln 2 N = 

D mal vergrößert Olga-Ex. deutlich), Margin bestimmt. Tentakeln 24, bei dem Olga 

üxemplar, deutlich n 3 Cyclen 6 + 6 + 12 = 24 angeordnet, 


kurz, konisch bis eylindrisch, mit einer Öffnung in der Spitze, innere Tentakeln etwa ein Drittel 
länger als die äußeren. Mundscheibe unbedeutend, platt. Schlundrinnenöffnungen ziemlich gut 
markiert. Schlundrinnen zwei, symmetrisch gestellt, nicht breit, ohne Zipfel. Schlundrohr kurz, 
längsgefurcht, mit (merfurchen, die infolge der Kontraktion entstanden sind. 

Anatomischer Bau. Ektoderm der Fußscheibe wie gewöhnlich gebaut mit spärlichen 
12 1 langen, diekwandigen Nesselzellen. Solche finden sich auch in dem Ektoderm des Scapus 
und hier etwas zahlreicher als in der Fußscheibe. Scapus mit Anheftungspartien von ähnlichem 


Bau wie bei Halcampa.  Mesogloea bedeutend «dicker als das Ekto- und Entoderm.  Entoderm 


Phelliomorpha cerassa. 45 


gezipfelt. Capitulum: Ektoderm mit sehr zahlreichen, 20 bis 24 j langen, diekwandigen Nessel- 
zellen, ziemlich hoch. Mesogloea bald mächtig, bald dünner, zum größten Teil von dem Kon- 
traktionszustande abhängig. Ringmuskeln nicht stark. Sphinkter unbedeutend, mesogloeal, in Lage 
und Aussehen ganz wie der Sphinkter bei Halcampa. (Textfig. 8 u. 9.) Tentakel - Ektoderm 
hoch, mit sehr zahlreichen dünnwandigen Nesselzellen (Länge 25 bis 36 „) und mehr spärlichen 
diekwandigen (Länge 16 bis 20 „). Falten der Mesogloea und der ektodermalen Längsmuskellamelle 


palissadenförmig, ein wenig verzweigt. Ektoderm der Mundscheibe mit mehr spärlichen Nessel- 


En.- 


Fig. 8. Fig. 9. 


Fig. 8. Phelliomorpha crassa (Dan.) Längsschnitt durch einen Teil des Capitulums und eines Tentakels. Sphinkter 
uergeschnitten. Ek.: Ektoderm. En.: Entoderm. Lm.: Längsmuskeln des Tentakels. Verer.: Hartn. 
@e. 4 Obj. 5, a. T. gez., z. H. verkl. 

Fig. 9. Phelliomorpha erassa (Dan.) Querschnitt des Sphinkters stärker vergrößert, Längsmuskeln 
Verer. Hartn., Oe. 3 Obj. 7, a. T. gez., z. H. verkl. 


des Tentakels 


zellen als in den Tentakeln, aber von gleicher Länge, mit sehr schwach entwickelter Längsmuskulatur. 
Ektoderm des Schlundrohrs mit ziemlich spärlichen, 14 bis 20 „ langen, diekwandigen Nessel- 
zellen, ohne ektodermale Muskeln, übrigens wie gewöhnlich gebaut. Bau der Schlundrinne? Mesen- 
terienpaare 6 + 6 = 12. Die der ersten Ordnung vollständig, mit Geschlechtsorganen, Muskel- 
polstern und Filamenten. Zwei Richtungsmesenterienpaare. Die Mesenterien der zweiten Ordnung 
unvollständig, ohne Polster, wie ziemlich wohl entwickelte Auswüchse, ohne Geschlechtsorgane 
und Filamente (Textfig. 11. Danielssen giebt an, daß auch die Mesenterien zweiter Ordnung 
Geschlechtsorgane tragen. Dies habe ich nicht gefunden und es ist sehr unwahrscheinlich, daß solche 
hier vorhanden sind, weil Filamente fehlen. Längsmuskelpolster der vollständigen Mesenterien sehr 
stark (Textfig. 10). Falten jedoch wenig verzweigt. Parietobasilarmuskeln in der proximalen Partie 
breit. Basilarmuskeln schwach, nicht deutlich abgesetzt. Oralstomata vorhanden, Randstoma? 
Filamente wie gewöhnlich gebaut mit wohl entwickelten Flimmerstreifen. Mesogloea der Filamente 
mit sehr spärlichen Bindegewebszellen. Acontien, so weit ich habe finden können, nicht vorhanden. 


Danielssen sagt, daß solche vorhanden sind, aber ich habe trotz sorgfältiger Untersuchung, 


46 Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga- Expedition. 
besonders an dem Olga-Exemplar, das sehr gut konserviert war, keine solche beobachtet. Geschlechts- 
organe, Hoden, waren bei dem Danielssen’schen Originalexemplar an den Mesenterien erster 
Ordnung vorhanden. 

Was die von Danielssen (1890) gegebenen Figuren anbelangt, 3 
so sind sie, wie es sich im allgemeinen mit den Actiniarien - Figuren 3 
dieses Forschers verhält, für die Identifizierung wenig brauchbar. Nur 
die Habitus-Figuren (Taf. 4 Fig. 9 und Taf. 13 Fig. 5, 6) scheinen ziemlich 
gut zu sein; die anatomischen Abbildungen dagegen sind wie gewöhn- 
lich sehr kritiklos gewählt und so schlecht, daß wir sie ganz außer 
Rechnung lassen können. 

Ich habe (1900 p. 52) diese Species zu der 
Gattung /sophellia gestellt. Weil ich jetzt durch die 
Untersuchung des Olga-Exemplars zu der bestimmten 
Ansicht gekommen bin, daß die Danielssen’sche 
Angabe, daß Acontien bei dieser Art vorhanden sind, 
nicht treffend sein kann, muß diese Species einen neuen 
(zenusnamen bekommen und ich habe infolge der 
Phellia- Ähnlichkeit den Namen Phelliomorpha  ge- 
Fig. 10. wählt. Fig. 11. 


Fig. 10. Phelliomorpha erassa (Dan.) Querschnitt des Längsmuskelpolsters eines Mesenteriums. Vergr. Hartn., Oe.1 Obj. 4, 
a. T. gez., z. H. verkl. 

Fie. 11. Phelliomorpha erassa (Dan.) Querschnitt der Körperwand mit einem Mesenterium zweiter Ordnung. Verer. 
Hartn., Oc.3 Obj.4, a. T. gez., 2. H. verkl. 


Subfam. Actinostolinae. 
(Genus Actinmostola \Verrill. 


4. A. spetsbergensis Carlgr. 


Aetinostola spetsbergensis n. sp. Carlegren 1893 p. 76 Tat. 1 Fig. 15, Tat. S Fie.9, 10, Taf. 9 
Fie. 1, Texttie. 20, 21. 


r . Carler. Kwietniewski 1896 p. 130. 
„ er Carleren 1901 p. 469. 


Fundorte: Station 59: 74° 48’ N, 20°54°0, S0—S6 m Tiefe, grauer Schlick und grauer 
Schlick mit Steinen, 12. VIII. 1 großes Ex. 
44: 73° 52° N, 19% 55' O, 130-200 m Tiefe, feiner Sand, 4 VII. 
1 kleineres Ex. 
54: 75023° N, 17°45' O, 140-110 m Tiefe, grüner Schlick, 9. VII. 
1 Fragment im Magen von Gadus morrhua. 
(Größe des Ex. 1. Höhe des Körpers 5,5 em, Durchmesser des Körpers 4,5 cm, Länge 


der inneren Tentakeln 1.3 em, die der äußeren 0.3 cm. 


Actinostola spetsbergensis. - 47 


In dem Innern des Exemplars St. 59 fanden sich große ‚Jungen, von denen das größte, 
nicht viel kontrahierte etwa 1,2 cm hoch und 1 em in Durchmesser war. Nicht weniger als 48 
Tentakeln und fast ebenso viele deutliche, ziemlich tiefe Längsfurchen an der Körperwand waren 
bei diesem Exemplar entwickelt. Bemerkenswert ist, daß die Tentakeln der Jungen ganz glatt 
waren und noch nicht die bei den älteren Individuen vorkommenden Runzeln bekommen hatten. 

In dem Innern fand ich eine parasitische Crustacee von ähnlichem Aussehen wie die in 
A. intermedia aus dem Antaretis erwähnten (Carlgr. 1898 p. 32). Ich habe auch solche in 
anderen Actinien aus dem Arctis angetroffen, die Beschreibung aber «dieser Formen bisher auf- 
geschoben. 

Der anatomische Bau dieser Species ist früher von mir ausführlich beschrieben. Die 
Sphinkteren beider Exemplare waren ganz gleich dem Sphinkter, die ich in Fig. 1 Taf. 9 (1893) 
abgebildet habe. Die diekwandigen Nesselzellen waren wie gewöhnlich nicht in dem Fktoderm 
der Schlundrinne vorhanden, ebenso fehlten der Fußscheibe, der Körperwand, der Schlundrinne und 
dem Schlundrohr dünnwandige Nesselzellen. Die diekwandigen Nesselzellen waren in den übrigen 


Ektodermteilen zahlreich, in den Tentakeln sehr zahlreich (Länge in der Fuß- und der Mund- 


scheibe 22 „, in der Körperwand 18 „, in den Tentakeln 28 bis 32 1 — bei dem Originalexemplar 
24 bis 28 1 —, in dem Schlundrohr 22 bis 26 x — bei dem Originalexemplar 28 ı —). Die 


dünnwandigen, sehr schmalen Nesselzellen waren in den Tentakeln außerordentlich zahlreich (Länge 
bis 76 j, bei dem Originalexemplar etwas kürzer), in der Mundscheibe zahlreich und kürzer. Die 
Macerationspräparate sind von dem größten Exemplar gemacht. 


Die Zahl der Tentakeln bei dem größten Individuum beträgt etwa 160. 


Genus Stomphia Gosse. 
5. St. coccinea (0. F. Müll) Carlegı. 


Actinia eoceinea sp. n. Müller 1716 p. 231. 


> an rn Gmelin 1788$—93 p. 3133. 
Bruguiere 1789 u. 5 Taf. 2 Fie. 1, 2. 
5 25 Blainville 1530 p. 290, 1834 pP: 324. 
x 5 En Lamarck 1857 3a p. 540. 
a5 Müll, Oersted 1844 p. 72, 74. 
* s ce Sars 1S51 p. 144. 
55 e 5 Danielssen 1559 p. #5. 


Aetinia? coceinea p. p. Milne Edwards 1857 —60 p. 249. 
Stomphia coceinea (Müll) Carloren 1893 p. 138. 
2 55 Lönnbere 1895 p. 52. 

Churchiae n. sp. Gosse 1859 p. 48, 1560 p. 222 T. S F. 5. 


2 ” Norman 1868 p. 440, 1569 p. 318. 
5 5 Gosse, Schulze 1875 p. 140. 
" 6 55 Andres 1853 p. 369. 
„ hs Mac Intosh 1884 p. 53. 
in Rn 35 Pennineton 1555 p. 172. 
5  Carleren 1893 p, So TIER. I, 2,ms wa 5609 m 3 


1 
1 10. RI 2 Nextt, 2295: 


48 Oskar Oarlgren, Die Actiniarien der Olga - Expedition. 


Aetinia virginea sp. n. Müller 1778 T. 6 p. 53. 

Sagartia vepens n. sp. Danielssen 1890 p. 27 T. 1 F. 6, T. 10 F. 2, 3. 
Kylindrosactis elegans n. sp. Danielssen 1890 p. 4 T.2F.S,T.SF. 4,5, T.9 F. 5,6, 7. 
Tealiopsis poleris n. sp. Danielssen 1890 p. 45 T. ı F. 7, 

letinia cameola n. sp. Stimpson 1552 p. 7. 

Whodaetinia Dawisit. Var. 4 Verrill 1864 p. 19, 20. 

Stomphia earneola (Stimps.) Verrill 1599 p. 206 pro parte. 


Fundorte: Station I8: 77° 41’ N, 12° 50° O (vor dem Eisfjord), 95 m Tiefe, Schlick 
und steinig, 9. VII. 1 Ex. 


Größe: Höhe 3 em, Durchmesser 2,2 em, äußere Tentakeln 0,5 em, innere -0,6 bis 


0,7 cm lang. 
Farbe: überall eintönig, blaß gelbrot. 


Das Exemplar hatte 53 Tentakeln und war von dem für Stomphia charakteristischen Aus- 
sehen. Die Körperwand war schwach gefurcht und die zirkelrunde Fußscheibe in der Mitte 


zapfenförmig eingezogen. 


Verrill identifiziert mit Stomphia Churchiae Gosse 4A. carneola Stimps. und stellt, 
doch mit Zaudern, St. churchiae, St. coceinea und St. carneola als Synonymen unter «dem letzten 
„Namen zusammen. Was zuerst St. churchiae betrifft, so ist diese Art ganz gewiß mit Müllers 
A. coceinea identisch — was Verrill bezweifelt —, zwar ist die für A. coceinea angegebene 
Tentakelzahl kleiner als bei Stomphia, aber Müller hat ganz sicher ein junges Exemplar vor 
sich gehabt. Sowohl die von Müller gegebene Farbenzeichnung wie die Gestalt des Tieres, die gefaltete 
Fußscheibe, die in Fig. 2 Taf. 63 bei Müller abgebildet ist, sind für Stomphia charakteristisch, 
stimmen aber nicht mit Gosse's Sagartia coceinea überein. Die große Beweglichkeit, die Stomphia 
coceinea besitzt —- ich zitiere, was Danielssen von Sagartia repens, einer Species, die nach 
meiner Untersuchung in dem Originalexemplar mit St. coceinea identisch ist, sagt (1590 p. 291), 
„the. animal perambulates freely with great ease without any tendeney to attach itself to foreign 
bodies““ erklärt Müller’s Angabe: ute congeneres ope tentacularum locum mutat. Es ist nämlich 
eine nicht seltene Erscheinung, daß sehr bewegliche Formen, wie zum Beispiel Sagartia viduata, 


mit den Tentakeln umherkriechen können. 


Außer der oben erwähnten Sagartia vepens Dan. ist nach meinen Untersuchungen der 
Originalexemplare sowohl Tealiopsis polaris Dan. als Kylindrosactis elegans Dan. mit St. coceinea 


identisch. 


Was schließlich Stomphia carneola (Stimps.) Verr. betrifft, so, giebt Verrill an, daß 
bei größeren Exemplaren — in voll ausgestrecktem Zustand ist diese Art nach Verrill 5 em 


die Tentakel an Zahl 96 oder mehr sind und dab 


hoch mit einer 3,7 cm breiten Mundscheibe 


die vollständigen Mesenterien, die an Zahl bis 24 auftreten, Geschlechtsorgane tragen. Ich habe 


Genus Stomphia. : 49 


zahlreiche Exemplare der St. coccinea von den skandinavischen Küsten und dem Eismeer von 
(srönland bei Behrings Sund untersucht, aber ich habe niemals mehr als 79 Tentakeln und dies 
nur einmal gefunden und doch sind meine großen Exemplare viel größer als Verrill’s, da sie 


in konserviertem und oft stark kontrahiertem Zustand im allgemeinen eine Höhe und Breite von 


+ bis 4,5 em hatten. Gewöhnlich sind die Tentakeln bei «liesen Exemplaren einige sechszig 
bis einige siebzig. Ein großes kontrahiertes Exemplar mit ganz eingestülpten Tentakeln von 


6,5 em Höhe und 5,5 em Breite war mit 68 Tentakeln versehen. Ebensowenig habe ich ge- 
funden, daß die vollständigen Mesenterien Geschlechtsorgane tragen, wie Verrill angiebt. Bei 
zwei Exemplaren habe ich doch einige vollständige Mesenterien mit Geschlechtsorganen angetroffen ; 
bei einem mit 18 vollständigen Paaren versehenen Individuum waren zwei Paare mit Geschlechts- 
organen versehen, während die 16 übrigen steril waren. Bei „Kylindrosactis elegans“ waren von 
den 18 vollständigen Mesenterienpaaren zwei unpaarige Mesenterien nicht vollständig und mit 
(Greschlechtsorganen. Ein drittes Exemplar hatte auf der einen Seite 10 vollständige Mesenterien- 
paare, von denen 1 Paar mit Geschlechtsorganen, während die übrigen steril waren, auf der anderen 
Seite 8 Paare und ein Mesenterium vollständig und steril, das andere Mesenterium, das mit dem 
vollständigen ein Paar bildet, fertil. Mehr als 1S'/, vollständige Mesenterienpaare habe ich nicht 


angetroffen. 


Ich halte es also für ganz sicher, daß wenigstens «ie großen Exemplare der „St.“ carneola, 
die Verrill vor sich gehabt hat, zu einem ganz anderen Genus zu stellen sind, dagegen ist es 
nicht unwahrscheinlich, daß jüngere Exemplare mit 16 vollständigen sterilen Mesenterien St. coceinea 
sind. Unter den Sammlungen, die Römer und Schaudinn an den Küsten von Spitzbergen 
gesammelt haben, finden sich zahlreiche Exemplare einer Actinie, die St. coceinea beim ersten Augen- 
blick sehr ähnelt, so ist wie bei Siomphia die zentrale Partie der Fußscheibe oft konisch aus- 
gezogen. Die Tentakeln sind bei ziemlich großen Exemplaren (die doch bedeutend kleiner als die 
größeren Exemplare von Sfomphia waren) mehr als 96, also mit der Tentakelzahl von Verrill’s 
St. carneola übereinstimmend. Bei dem einzigen Exemplar, das ich bisher anatomisch untersucht 
habe, waren 16 Mesenterienpaare (6 + 6 + 4) vollständig. Von den Mesenterien der dritten 
Ordnung war in jedem Paar ein Mesenterium bedeutend schwächer als sein Partner und als eine 
schmale Lamelle an dem Schlundrohr angeheftet und mit Geschlechtsorganen ausgerüstet, während 
die übrigen Mesenterien dritter Ordnung und die der ersten und zweiten steril waren. Dies stimmt 
nicht gut mit Verrill’s Angabe, dass bei Sf. carneola die vollständigen Mesenterien Geschlechts- 
organe tragen, überein, weshalb ich Verrill’s St. carneola auch nicht mit dieser Species, die wahr- 


scheinlich eine Actinostola ist, gegenwärtig identifizieren kann. 


Uber die Verteilung und Aussehen der Nesselzellen wie über andere Organisationsverhältnisse 


will ich mich später äußern. 


50 Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga- Expedition. 


Fam. Sagartidae. 
Sublam. Chondractininae. 


Genus Allantactis Dan. 

Chondractininen mit glatter, ziemlich derber Körperwand, ohne 
Tuberkeln, ohne Cutikula und ohne Cincliden Die Mesenterien der ersten 
und bisweilen auch die der zweiten Ordnung steril. Tentakeln ohne An- 
schwellungen an der Basis, kurz, konisch. Schlundrinnen zwei, wohl 


entwickelt. Sphinkter sehr stark, mesogloeal. 


6. A. parasitica Dan. 


Allantactis parasitica n. gen et sp. Danielssen 1890 p. 20 Taf. 2 Fie. 3, Taf. 9 Pig. 1-4. 
Calliactis Kröyeri n. sp, Danielssen 1890 Tat. 2 Fig. 2, Taf. S Fie. 6, 13, 14. 
Allantaetis parasitica Dan, Kwietniewski 1898 Tat. 14 Fie. 1—2. 
Fundorte: Station 27: 78° 57° N, 11° 8° O, bei Pr. Charles Forland, 115 m Tiefe, 
schlickig, 18. VII. 7 Ex. 
33: 73° 23° N, 16° 20’ O, Sassenbay, 190. m Tiefe, zäher Schlick, 


23 VE 6 Bis 


Er 


(Grösse dreier Exemplare: 1) Durchmesser der Fußscheibe 6,5 em, Körperhöhe 3,2 em; 


2) Höhe des Körpers 4,5 cm, Breite 5,5 em; 3) Höhe 4,5 cm, Breite 5 cm. 
Farbe: Mundscheibe in Formalin braun. 


Von dieser Aktinie, mit Chondractinia nodosa und Rhodactinia erassicornis die gewöhnlichste 
arktische Actiniarie, habe ich ein Originalexemplar untersucht. Ich kann Danielssen’s Angaben 
unter anderem inbetreff der Anordnung und der Zahl der 'Tentakeln und des Vorhandenseins der 
Cincliden nicht bestätigen, dagegen ist «die Beschreibung, die Kwietniewski von dieser Species 
gegeben hat, gut. Ich bemerke jedoch, daß die Mesenterien der zweiten Ordnung bei größeren 
Individuen am häufigsten steril sind, obgleieh man auch hier und da gelegentlich wenig ausgebildete 
(reschlechtsorgane an «diesen Mesenterien antreffen kann. Bei kleineren Exemplaren sind die Ge- 
schlechtsorgane der Mesenterien der zweiten Ordnung besser entwickelt. So weit ich von einem 
Originalexemplare der Calliactis Kröyeri finden kann, ist diese Art mit Allantactis identisch. Weil 
Danielssen’s Angabe, daß Cineliden vorkommen, weder von Kwietniewski noch von mir 
bestätigt ist, können wir nicht diese Species zu der Gattung Calliactis stellen. Sind Cimeliden bei 
dem lebenden Tier zu sehen, ist es möglich, daß die Art diesem Genus angehört. In dem Fall, 


daß Cineliden vorkommen, müssen wir auch «das Genus Allantactis zu den Metridinen stellen. Ich 


Genus Chondractinia. - 51 


will Näheres über diese Species, die eine weite Verbreitung hat (Grönland, Spitzbergen, Karisches 
Meer, Sibirisches Eismeer), im Zusammenhang mit einer Revision der von Danielssen be- 


schriebenen Actiniarien mitteilen. 


Genus Ohondractinia Lütken. 


Ch. digitata (©. F. Müll) Lütken. 


letönia digitatae sp. n. Müller 1776 p. 231, 1806 p. 16 T. 155. 
15} 
> 


r en Gmelin 178S—93 p. 3134. 
> > Bruguiere 1792 p. 11. 
> Müll. Sars 1851 p. 143. 
en 5 Danielssen u. Koren 1856 p. 97. 
rn 35 Müll, Danielssen 1861 p. +4. 
. s: Alder 1858 p. 134. 


. dilatata, Blainville 1830 p. 291, 1834 p. 325. 
Cereus digitatus, Milne Edwards 1857 p. 272. 
Tealia digitata Müll, Gosse 1558 p. 417, 1860 p. 206 T. 6 I. 10. 

nr Norman 1869 p. 318. 

5 5 en Andres 1883 p. 211 

5 35 > Pennington 1855 p. 170. 
Letinia (Chondraetinia) digitata Müll, Lütken 1861 p. 158. 
Chondraetinia digitata (Müll), Haddon 1589 p. 306 T. 32 F. 7—10, T.33 F. 11, 12, T.35 F.5—7 

Müll, Carleren 1893 p. 110 T. IE. 3, 4,13, Texti. 36, 37. 
r is ” Kwietniewski 1598 p. 125. 

Isaemaea digitata Ehr., Örsted 1844 p. 74. 
Tealia erassicornis Müll, Aurivillius 1SS6 p. 52. 
Hormathia digitata (Müll.), Haddon 1598 p. 459. 


Fundorte: Station 16: 25 Meilen nördlich von der Bäreninsel, 179 m Tiefe, blauer Schlick mit 

Muscheln, 8. VI. 1 Ex. 

» 21: 18° 5%” N, 11V 8° O (bei Pr. Charles Forland), 115 m Tiefe, schlickig;, 
a NAIL 2 18x 

2 40: 76° 43! N, 13° 40’ O, 160 m Tiefe, Schlick, 27. VL. 5 Ex. 

ATS EDEN 1902552.02 130 200m Nieter teiner Sand, Ave (EB 

AO AZHEN E36 O0 lheter femera Sandy 6 VIE 

# 5l: 74° 39° N, 18° 7’ O, 140—155 m Tiefe, grauer Schlick, d. gelber Sand 
mit schwarzen Sprenkeln, 7. VIII. 7 Ex. 

5a: 75a N, 17% 4570, 140-110 m Tiefe, srüner"Schlick, 9. VIH. 


1 Ex. im Magen von Gadus morrhua. 


Die mit den Nummern 27, 40 und 44 bezeichneten Exemplare sind sehr typische, meist 
große Chondractinia digitata, während ich die mit den Nummern 16, 49 und 51 bezeichneten mit 


etwas Zaudern zu ©. digitata stelle, diese erinnern in ihrem Aussehen ein wenig an eine (. nodosa 


mit schwach entwickelten Tuberkeln, aber sind im Vergleich mit dieser Species verhältnismäßig 


L 
D 


Oskar Carleren, Die Actiniarien der Olga - Expedition. 


niedrig. Die innere Anatomie giebt keine bestimmte Haltepunkte, um die Art identifizieren zu 
können, bisweilen war das Schlundrohr verhältnismäßig lang und mehr dem der €. nodosa ähnlich, 
bisweilen kürzer und mehr an €. digitata erinnernd. Diese Form scheint in dem Mischungsgebiet 
beider Arten — in den nördlichen Teilen Norwegens und bei Spitzbergen — aufzutreten. Ich 
glaube jedoch nicht, daß wir es mit einer eigenen Art zu thun haben. Ist diese Form möglicher- 
weise eine Hybride zwischen €. nodosa und €. digitata? Auch die von Kwietniewski (1898 


125) beschriebene Ch. digitata ist nach meinen Untersuchungen der Originalexemplare keine 


p- 


typische Form. 
85. Ch. nodosa (Fabr.) Lütken. 


Actinia nodosa, sp. n., O. Fabricius 1750 p. 350. 
Gmelin 1788S—93 p. 3133. 
n Fabr., Möbius 1874a. p. 2406. 
5 $ 5 „ 18746. p. 208. 
% n Andres 1583 p. 380. 
(Eutuemaea) nodosa Fabr., Brandt 1835 p. 10. 
Chondraetinia nodosa Fabr., Lütken 1861 p. 190. 
5 3 2 8 p. 1 
2 Norman 1876 p. 208. 
Haddon 15859 p. 308 T. 35 F. nn A IE 
Carleren 1893 p. 115 T. 6 FE. 9, Textf. 38. 
128 


„ Er er 


a 5 > Kwietniewski 1598 p. 
Actinoloba nodosa, Blainville 1830 p. 288, 1834 p. 322, 
Metridium (2) nodosum, Milne Edwards 1857 p. 254 
Actinauge nodosa war. tubereulosa v. n., Verrill 1883 53.1, 6, Br 18852570202 
5 Fabr., Danielssen 1890 p- 2 DT. 3 E. 4 (p. p.) 
Hormathia nodosa (Fal )r.), Haddon 1898 D- a 
Tealia an! Müll, Marenzeller 1SS6 p. 1 


Fundorte: Station 27: 78° 57 N, 11° 8° © (bei ee Forland), 115 m Tiefe, schlickig, 
16 NANL 3 IB 
> 28: 79° 0" N, 11° 0°O, vor dem Nordeinlauf des Forlandsundes, 36—140 m 
Tiefe, Schliek und kleine Steine, 19. VII. 1 Ex. 
% 40: 76437 N, 1324070, 160m Tiefe, Schlie& 27. VI =57Ex. 
Br Al: 7623. N, 15720, 145m Wiefe, Schliel« mit, Sand, 27Svyzs a 
44: 73° 52’ N, 19° 55° O, 130-200 m Tiefe, feiner Sand, 4. VII. T’Ex. 
I EREETATAITZINN 103527.015 6 meieter Schliekemit Sand, son 
TATEN, 02 Ola m Miefertemers Sand 6 VATER 
” 5: 74° 39 N, 18° 7’ O, 140-155 m Tiete, grauer Schlick, d. gelber Sand 
mit schwarzen Sprenkeln, 7. VIIL 1 Ex. 
54: 75° 237 N, 17457 ®, 140-110 m eie, "erüner Schliek, 79. VI. 
10 Ex., von denen 4 im Magen von Gadus morrhua. 
» 6l: 75° 9’ N, 17% 47’ O, 191—138 m Tiefe, grauer Schlick, 13. VIH. 1 Ex. 


Alle Exemplare waren von typischem Aussehen mit großen Tuberkeln. 


Uebersicht der an den verschiedenen Stationen der Olga -Reise gefangenen Actiniarien. 39 


Gleich wie Ch. digitata sind die kleinen Individuen ganz glatt oder mit schwachen Tuberkeln 
versehen; bisweilen sieht man ziemlich große Exemplare, die fast glatt sind. Auch bei Oh. nodosa 
kommt wenigstens bisweilen ein sehr unbedeutendes Randstoma vor (vergl. Carlgren 1893 


p- 118), das doch leicht zu übersehen ist, weil es mehr an eine Spalte erinnert. 


Übersicht der an den verschiedenen Stationen der Olga-Reise 
gefangenen Actiniarien. 


Station 16. 75° 40’ n. Br. 17° 30° 6. L.; 179 m; Blauer Sehlieck und Muscheln. 
Chondractinia digitata. 
= 18. 77° 4’ n. Br. 12° 50° 6. L.; 95 m; Schlick und Steine (Ungefähr quer ab vom Ein- 
gang des Bell-Sunds.) 
Stomphia eoceimed. 
FE 27. 78° 44 n. Br. 10° Ss’ 6. L.; 115 m; Schliek. (Quer ab vom Nordende des Prinz Karl 
Vorlandes.) 
Allantaetis parasitica. 


Chondraetinia digitatay  Ohondraectinia nodosa. 
er 28. Eingang der Kingsbay, 79° 0’ n. Br. 11° 0 ö. L.; 36—140 m; Grauer Schliek mit 
kl. Steinen. (Nahe der Nordspitze von Prinz Karl Vorland.) 
C'hondractinia nodosa (mehrere). 
33. Sassenbay im Eisfjord, 78° 23 n. Br. 16° 20° 6. L.; 190 m; Zäher Schlick. 
Allantaetis parasitica. 
55 40. 76° 43’ n. Br. 13° 14° 6. L.; 160 m; Sehliek. 
Chondractinia digitata;  Chondraetinia nodosa. 
co 41. 76% 23° n. Br. 15° 706. L.; 145 m; Schlick mit Sand. 
Rhodactinia erassicornis. 
Chondractinia nodosa. 
e 44. 73° 5%’ n. Br. 19° 55’ 6. L.; 130—200 m; Feiner Sand. (Zwischen Hammerfest und 
Bäreninsel.) 
Aetinostola spetsbergensis. 
Chondractinia nodosa;  Chondractinia digitata. 
Er 48. 74° 17’ n. Br. 17% 35° 6. L.,; 156 m; Sand mit Schliek. .(Etwas südwestlich von 
der Bäreninsel.) 


Chondraetinia nmodosa. 


54 


Oskar Carlgren, Die Actiniarien der Olga-Expedition. 


Station 


bb) 


bb) 


E£) 


” 


49. 


4° 25’ n. Br. 17° 36° 6. L.; 180m; Feiner Sand. 
Bolocera multicornis. 
Chondraetinia digitata. 


74° 31’ n. Br. 17° 0 6. L.; 165 m; Feiner Sand. 


Chondraetinia nodosa. 


742° 39' n. Br. 18° 76. L.; 140-155 m; Grauer Schliek und 


Chondractinia digitata; Chondractinia nodosa. 


74° 55 n. Br. 17° 30' 6. L.; 135—188S m; Grauer Schlick 


Rhodaetinia erassicornis. 


und 


eelber Sand. 


gelber Sand. 


4° 55 n. Br. 16° 19 6. L.; 400 m; Schlick und grobe Steine. 


Phelliomorpha_ erassa. 


75° 33’ n. Br. 17° 45’ 6. L.; 110-140 m; Grüner Schlicek 
Actinostola spetsbergensis. 


Chondractinia digitata;  Chondractinia nodosa. 


75° 40’ n. Br. 17° 1’ ö6. L.; 190-200 m; Grüner Schlick. 


Bolocera maultieornis. 


4° 48’ n. Br. 20° 54 6. L.; 50-86 m; Grauer Sehliek und grauer Schlick 


mit Steinen. 
Letinostola spetsbergensis. 
75% 9n. Br. 170 47.0. L.: 138191 m; Grauer Schlick 


Chondractinia nodosa. 


1900 


15095 


1595 


1599 


1900 


1901 


1590 


1595 


1896 


1895 


1595 


1SS6 


1893 


1598 


1599 


Appellös, 


Carlgren, 


A, 
O., 


Litteraturverzeichnis. 2 57) 


Litteraturverzeichnis. 


Studien über Actinien-Entwieklung; in Bergens Mus., Aaarbog 1900 Nr. 1. 

Studien über nordische Actinien I; inK. Svenska Vet.-Akad., Handl. 25, Nr. 10, 1893. 

Zoantharien; in Ergebn., Hamburg, Magelhaensischen Sammelreise, S°, Friederichsen 
& Co., Hamburg 1898. 

Über abschnürbare Tentakeln bei den Actiniarien; in Zool. Anzeiger 22, 
Nr. 578, 1899. 

Ostafrikanische Aectinien, gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann, 1888 u. 1889, 
in Mitteil., Naturh. Mus. Hamburg, 17, 2. Beiheft Hamb. wiss. Anst., Ham- 
burg 1900. 


Über die Brutpflege der Actiniarien; in Biol. Centralblatt 21, 1901. 


Danielssen, D. C., Actinida; im Den norske Nordhavsexpedition, 19. Zool., Christiania 1890. 


Haddon, 


AG, 


The Actiniaria of Torres Straits; in Se. Trans. R. Dublin Soe. (2), 6, 1898. 


Kwietniewski, €. R., Revision der Aectinien, welche von Herrn Prof. Studer auf der Reise der Korvette 


Lönnberg, E., 


Gazelle um die Erde gesammelt wurden, in Jena Z. f. Nat. 30 N.F. 23, 1896. 
Actinaria von Ambon und Thursday Island; in Semon, Zool. Forschungsreise in 
Australien ete., Jena 1898. 
Undersökningar rörande Oresunds djurlif, Meddel. fr. Konel. Landtbruksstyrelsen, 
1. 1598, Upsala 1598. 


Marenzeller, E.v. Porifera, Anthozoen ete., Die internationale Polarforschung 1582 — 83, Die öster- 


reichische Polarstation Jan Mayen, Wien 1886. 


Me. Murrich, J. Playfair, Scient. Res. Albatroß 23, Report on the Actiniae colleeted by the U. S. Fish 


Verrill, 


A. 


E., 


Com. Albatroß during the winter 1857—SS, Washington 1893. 
Report on the Actiniaria colleeted by the Bahama Expedition of the State 
University of Jowa 1897; in Bull. Lab. Nat. Hist. Univ. Jowa 1898. 
Deseriptions of imperfeetly known and new Actinians III; in Amerie. Journ. Se. 


(E59 


In Betreff der älteren eitierten Litteratur siehe Andres, Le Attinie, Roma 1883, und Carleren, 


Studien über nordisehe Actinien, 1893. 


6 Figurenerklärung. 


Figurenerklärung. 


Tafel III. 


Kie. 1. Bolocera multicornis V err., natürliche Größe, 


Fig. 2. > " en von der Seite gesehen, natürliche Größe. 


Wissensch. Meeresuntersuchungen. V.Band, Abt. Helgoland. Dat. I. 


Bolocera multicornis \Verr. 


Aus der Biologischen Anstalt auf Helgoland und dem Laboratorium des 
Dr. Georg Rosenfeld zu Breslau. 


Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


Vi In 


Dr. Georg Rosenfeld, 


Spezialarzt für innere Krankheiten in Breslau. 


ie Frage nach den Quellen des Fettes ist auf dem Gebiete der Physiologie und der Pathologie 
27 in neuen Fluß gekommen. Die Lehren über diesen Punkt haben von jeher ein Schwanken 
von einem Extrem bis zum anderen gezeigt: zuerst vertraten die Franzosen um 1840 die Meinung, 
daß das Fett nur aus dem Nahrungsfett herzuleiten sei: später bewies Liebig, daß aus den 
Kohlenhydraten Fett gebildet würde, und schließlich fügte Voit (1) die These hinzu, daß auch 
aus Eiweiß Fett physiologischerweise entstehe, nachdem die Pathologie (Virchow, 2) diese An- 
schauung für pathologische Verhältnisse schon lange Zeit gelehrt hatte. Im dieser Form war die 
Lehre von der dreifachen Wurzel des Fettes trotz einiger weniger Angriffe allgemein rezipiert, als 
1890 Pflüger (3) mit dem ganzen Nachdruck seiner Autorität dafür eintrat, daß die bisherigen 
Beweise für die Entstehung des Fettes aus dem Eiweiß nicht verläßlich wären. Es ist hier wohl 
nicht angängig, die ganze Polemik zu reproduzieren, aus der heraus die berühmten Stoffwechsel- 
versuche Voits von Pflüger als irrig dargestellt wurden. Ebensowenig ist es geboten, die 
Untersuchungen über pathologisches Auftreten des Fettes zu reproduzieren (Rosenfeld, 4), welche 
nachwiesen, daß es sich auch hier nur um die Einwanderung schon präformierten Fettes aus den 
Depots im Umnterhautgewebe und aus den Bauchfellfalten handele. 

Aus diesen Untersuchungen geht soviel hervor, daß die Quellen des Fettes im Tierkörper 
auf zwei zu beschränken sind, daß alles tierische Fett entweder aus Kohlenhydraten gebildetes 
oder das Fett der Nahrung sei. 

Zugleich offenbarte sich auch, daß das Fett der Nahrung mit einer relativ geringen Ver- 
änderung im Körper der Tiere kreiste, entgegen dem Liebigschen Satze, daß im Futter der Kuh 
keine Butter, in dem des Rindes kein Ochsentalg, in dem der Schweine kein Schweineschmalz, 
in dem der Gänse kein Gänsefett enthalten ist. Im Gegensatz hierzu fand sich, daß das Depot- 


5 


[D} | 
[0 0) 


Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


fett der Tiere in hohem Maße von dem Fette der Nahrung abhinge. Denn wenn man einen 
Hund mit Leinöl fütterte, so fand man in den Fettlägern des Hundes große Mengen von Leinöl, 
ebenso trat nach Kokosbutterfütterung (4) oder bei Hammeltalgnahrung der Ansatz der Futter- 
fette in die Erscheinung. 

„Nachdem diese Thatsache !) — die Deposition des annähernd unveränderten Nahrungs- 
fettes in den Lagerstätten des Fettes bei dem fettgefütterten Tiere — festgestellt ist, sind wir sogleich 
ausführlich über die Momente orientiert, welche die Art des Fettes beim Fleischfresser bestimmen. 
Denn der Carnivore hat in seiner Nahrung nur Eiweiß, aus dem kein Fett entsteht, und außer- 
dem Fett zur Verfügung. Es ist also einzig das Fett seiner Nahrung, welches für die Beschaffen- 
heit seines Körperfettes maßgebend ist. Würden wir einen Löwen kennen, der immer nur Gazellen 
gejagt hätte, so würde er Gazellenfett besitzen, ein Rinderräuber Rindsfett und ein Hammelmörder 
Hammelfett. Diese Thatsache scheint in einem erheblichen Gegensatze zu den geläufigen An- 
schauungen der Chemiker zu stehen, welche, wie auch Voit u. A. jeder Tierspezies ein spezifisches 
Fett zuerkennen. Hier dagegen haben wir eine Thatsache kennen gelernt, welche der Spezifizität 
der Fette strikt widerspricht. Der Begriff der Spezifizität ist aber auch für die Tierfette nicht so 
feststehend als für die Pflanzenfettee Denn bis jetzt ist keine Thatsache bekannt, welche darauf 
hinwiese, daß die Kokospalme, wo sie auch stehe, nicht immer das ihr spezifische Fett bilde. 
Hier handelt es sich auch darum, daß eine und dieselbe Maschine immer aus denselben Stoffen, 
C, O, H, denselben Stoff, das Kokosfett bildet. Aus der stets gleich eingerichteten Fabrik wird 
aus den gleichen Grundstoffen immer das gleiche Fabrikat zu garantieren sein. Hier bei der 
Pflanze handelt es sich um Fettbildung: beim Carnivoren ist davon aber keine Rede, denn die 
Tierzelle hat nicht die synthetische Kraft der Pflanzenzelle, sondern es handelt sich um einen 
ganz anderen und viel einfacheren Prozeß, lediglich um den Ansatz des in der Nahrung enthaltenen 
Fettes. Wie wir oben gesehen haben, setzt nun der Carnivore jedes resorbierbare Fett an, ob es 


nun das ihm gewohnte oder ein ganz fremdes Fett ist.“ 


Diese Beziehungen zwischen Depotfett und Nahrungsfett mußten sich in der Natur 
überall geltend machen, wo wir mit Carnivorismus zu rechnen haben. Und nirgendwo giebt es 
wohl ein dazu geeigneteres Tierleben als in der Fauna des Meeres, wo eine Raubsucht herrscht, 
die auf dem Lande ihres gleichen nicht findet. Darum kann das Fett der Seetiere nur durch 
das Fett der von ihnen verzehrten Tiere und erst in letzter Reihe durch das Fett bestimmt 
werden, das den erstgefressenen Tieren von den Pflanzen der See direkt als Fett oder indirekt 
als Kohlenhydrat geliefert worden ist. Um solcher Ziele willen ist es berechtigt, obwohl auch die 
kleine Welt der Menschen- und Hundephysiologie noch nicht durchstudiert ist, Umschau zu halten, 
ob in den Erscheinungen der großen Tierwelt nicht Antworten auf unsere Fragen liegen. 

Wenn der Pathologe sich den Gelegenheiten zuwandte, bei denen pathologischen Geschehens 


größere Anhäufungen von Fett auftraten, um an ihnen dessen Herkunft zu studieren, soll da nicht 


1) Citiert nach Nro. 4. Litt. 


Herkunft des Fettes bei den Carnivoren. 59 


der Physiologe bei den Fettpolstern der großen Land- und See-Säuger sich dieselbe Frage nach 


ihrem Erwerb vorlegen ? 


Besonders für diese Studien geeignet sind die Seesäugetiere, die Riesen der Erde, wie die 
Wale, in specie die Bartenwale, wie der Grönlandwal.') Denn hier hat die Natur das Experiment 
der Fettablagerung in gigantischem Maßstabe ausgeführt und gerade hier sind die Nahrungsquellen 
wohl weniger kompliziert, als bei Nilpferd und Elefant. Spielt doch in der Meereswelt der dritte 
der drei Nahrungsstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrat keine oder so gut wie keine Rolle. Also 
restieren nur die beiden Möglichkeiten, daß der Walfisch seine Tonnen Fettes entweder aus Eiweiß 
oder aus Fett oder beiden bilde: und wenn nun der Satz richtig ist, daß sich Fett nicht vom 
Eiweiß ableiten ließe, so heißt es die Fettläger des Grönlandwales, die allein beinahe ein kleines 
Schiff oder 4 Eisenbahnwaggons füllen können, nur auf das Fett der Nahrung zurückzuführen. 
Und welcher Nahrung! Wenn auch das Futter des Wales nicht vollständig bekannt ist, so viel 
scheint sicher, daß die Hauptspeise Clio borealis, Limaeina arctica und Thysanopoda inermis ist. 
Von diesem Walfischaas hatte ich nun in der letzten Zeit durch die Freundlichkeit von Dr. L. 
Breitfuß in Alexandrowsk an der Murmanküste, der mir Limaeina arctica in Alkohol konserviert 
zusandte, Gelegenheit eine Analyse anzufertigen. Ich fand in der Trockensubstanz von Limacina 
7,3 °/, Fett und 50,7 °/, Eiweiß. Die native Substanz darf wohl aber als ca. S—10 mal so schwer 
angesehen werden (selbst die in Alkohol konservierte Masse war 5 mal so schwer als die Trocken- 
substanz), sodaß das Walfischaas frisch etwa 5 °/, Eiweiß und 0,7 °/, Fett enthalten dürfte. Es 
ist also ein verhältnismäßig recht mageres Futter, mit dem es dem Walfisch gelingt, solche Fett- 
depots aufzustapeln. Hier spitzt sich die Frage so gefährlich zu, wie nur denkbar: denn wenn 
der Walfisch das von Fett überquellende Fleisch der Walrosse, der Seehunde zur Nahrung wählte, 
so wäre jedermann leicht für die Annahme zu gewinnen, daß von dem so greifbaren Fettüberflusse 
der Nahrung ein Teil — und kein kleiner — in die Depots abgeschoben würde. Wenn die 
Walfischspeise aber eine so magere ist, so wird es nur einer eingehenderen Beweisführung ge- 
lingen, die Herkunft der Fettberge eines Walfisches aus den dürftigen Fettprozenten der Limacina, 
jener winzigen Schnecken, slaublich zu machen. Zunächst möge man erwägen, daß es ja auch 
schwierig genug wäre, sich das Fett aus den Eiweißmengen von Limacina entstehen zu denken: es 


ist unserer Phantasie überhaupt eine harte Aufgabe, jene linsengroßen Schnecken in solchen Massen 


zusammen zu denken, daß sie dem Walkoloß eine ausreichende Speise abgäben, die ihn — ganz 
vom Fettansatz abgesehen — auch nur erhalten könnte. Und so sind wir denn auf ein rein 


rechnerisches Begreifen der Verhältnisse angewiesen. 


Unsere Berechnungen können nun, da wir den an Fett ete. zunehmenden Wal betrachten, 


die Fettdepots in ihrer Entstehung uns vorstellen sollen, vom Walsäugling ausgehen. Dessen Zu- 


1) In einer Arbeit „Die Biologie des Fettes“ (Münchener med. Woch.“ 1902 No. 1) ist versehentlich mehrfach für Grönland- 


wal „Potwal“ geschrieben. 


60 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganisinen. 


sammensetzung ist aber zu wenig bekannt, ') weniger als die eines etwa 1000 Centner schweren 
Wales sein dürfte. Da nämlich ein Wal von 2000 Centnern 700 bis 500 Centner Thran giebt, 
also noch beträchtlich mehr Fett enthält, so kann man wohl einem Grönlandwal von 1000 Centnern 
400 Centner Fett zumuten. Nimmt man nun dieses Fett als eine annähernd stoffwechsellose 
Masse an, so blieben als stoffwechselfähige Substanz 600 Centner = 30000 Kilogramm. Wie 
hoch man den Calorienbedarf eines Kilogramm „Fleisch“ (im Sinne von Nicht-Fett) bei einem 
solchen Riesen annehmen soll, ist ganz unbekannt, zumal da noch die Schutzwirkung der enormen 
Fettschiehten gegen die Wärmestrahlung nicht in Luft, sondern in Wasser und oft in dem kalten 
Wasser der Polarmeere in Frage kommt. Wenn hier die gewöhnliche Calorienzahl von 30—35 
pro Kilo als Grundlage angenommen werden soll, so ist das darum vielleicht von der Wahrheit 
nicht soweit entfernt, weil maximal fette Menschen auch auf etwa die Hälfte der Caloriennorm 


herunterkommen, wenn man ihr Fett mitrechnet, also fettfrei auf ca. 30 


35 Calorien pro Kilo 
fettfreier Mensch zu taxieren sind. Für unseren Wal sind nach dieser Kalkulation rund 1000 000 


Calorien erforderlich, um ihn nur zu erhalten. 


Ob nun die Limaeina wirklich soviel Wasser enthält, als wir angenommen haben, ist 
prinzipiell gleichgültig, Denn wäre sie konzentrierter zusammengesetzt, so würde der Gesamtbetrag 
an feuchter Substanz geringer werden, während die Menge der Trockensubstanz sich nicht ändern 


würde, worauf es bei uns nur ankäme. 


100 gr Limaeina enthalten nach obiger Veranschlagung 5 gr Eiweiß — 20,5 Calorien 
und“ 0,7 sruletise 236,5 ” 
in summa — 27 Calorien 
Een! 
le > 


Der Wal müßte dementsprechend pro Tag, um sich eine Million Calorien zuzuführen, 4000 Kilo 
Limaeina verschlingen. Diese Nahrung böte ihm 203 Rilo Eiweiß und 25 Kilo Fett, was, wie 
gesagt. seine Erhaltungskost darstellen würde. Soll er nun wachsen und Fett ansetzen, so kann 
das nur auf Grund eines Nahrungsüberschusses vor sich gehen. Wie groß aber dieser Ueberschuß 
ist, können wir nur nach seinem Wachstumsäquivalent veranschlagen. Nehmen wir einmal an, daß er 
1000 Kilo Limacina betrüge, so würde der Wal einen Zuwachs von 50 Kilo Eiweiß und 7 Kilo Fett 
in seiner Nahrung haben. Als Folge würde ein Eiweiß- und Fettansatz erwartet werden müssen. Den 
Eiweißansatz können ‚wir nach Erfahrungen an anderen Tieren auf ca. 10 °/, der überschießenden 
Menge taxieren; er würde hier also mit 5 Kilo zu bewerten sein. Was wird nun mit den 
restierenden 45 Kilo Eiweiß? Es bleiben zwei Möglichkeiten: entweder sie werden oxydiert und 
in diesem Falle sparen sie Fett der Nahrung und veranlassen dessen Deposition, oder sie gehen 


selbst via Glykogen in Fett über. Der letzte Vorgang ist unserer Ueberzeugung nach noch 

1) Seine Nahrung ist auch eine von der späteren ganz abweichende, wir wissen nichts von seiner Milch, als daß wir sie 
uns nach Purdy 40°, Fett enthaltend denken müssen, wie auch die Delphinmilch nach Bun ge 43,3%, Fett enthält; wir wissen nichts 
von der Menge der einverleibten Milch, von der Dauer der Säugung und der Größe des Wachstums in dieser Zeit. 


Stoffwechselbilanz des Walfisches. 61 


nirgendwo anders bewiesen worden: immerhin könnte es sein, daß wir hier eine (Gelegenheit für 
solchen Beweis hätten. Er wäre nämlich dann erbracht, wenn die Mengen Fett in der Nahrung 
nicht enthalten wären, welche durch die 45 Kilo Eiweiß gespart werden müßten. ') 45 Kilo Ei- 
weiß sind an Verbrennungswert — 20 Kilo Fett: somit würden durch ihre Oxydation von den 28 Kilo 
Fett der normalen Nahrung 20 Kilo zum Ansatz gebracht werden, sodaß nur 8 Kilo Fett oxydiert 
würden. Der Wal hätte aber außerdem noch im Kostüberschuß 7 Kilo Fett, die auch zur De- 
position kommen müßten: sein Ansatz betrüge demnach 20 +7 Kilo Fett und 5 Kilo Eiweiß, welche 
20--25 Kilo Fleisch entsprechen. Dieser tägliche Gewinn würde pro Jahr etwa 200 Centner Fett 
und 180 Centner Fleisch ausmachen. In etwa 2!/, Jahren würde sich der Wal also aus einem 


I 
Tiere von 1000 Centner in ein mehr als doppelt so schweres verwandelt haben. 

Daß in der Wirklichkeit ein solches Wachstum nicht, auch nicht in annähernder Weise 
vorkommt, ist daraus zu entnehmen, daß ein Wal von 2000 Centnern auf ca. 90—100 Jahre 
Alter zu schätzen sein soll, da angenommen wird, daß die Wale während ihrer ganzen Lebens- 
dauer wachsen. Darum steht zu vermuten, daß ein Wal zur Umwandlung vom Gewicht von 
1000 Centner bis zum doppelten etwa 50 oder 60 Jahre Zeit hat, und dementsprechend nur den 
30sten Teil jener Zulage, also nicht 1000 Kilo Limaeina, sondern nur 30 Kilo nötig hat. Wir 
haben nur die ohnehin schon riesigen Verhältnisse der vermuteten Wirklichkeit ins Groteske ge- 
steigert, um zu zeigen, daß selbst dann noch kein Zwang besteht, die Umwandlung von Eiweiß 
in Fett anzunehmen, sondern das Eiweiß auch in dieser übertriebensten Bilanz nur als fettsparend 
gedacht zu werden brauchte Selbst unter diesen Verhältnissen würde der Stoffwechsel des Wales 
nicht durch Eiweiß allein gedeckt, vielmehr mit 248 Kilo Eiweiß und S Kilo Fett bestritten 
werden. 

Damit, daß wir so weit, wie es irgend möglich war, vorgingen, um eine Bilanz zu ersinnen, die 
das Eiweiß in die äußerste Zwangslage bringen sollte, haben wir gezeigt, daß es in der Natur nur 
schwer einen Fall geben kann, aus dem der Beweis folge: hier sei der Stoffwechsel nur so zu 
verstehen, daß das deponierte Fett aus Eiweiß abgeleitet sei. Denn wenn es beim Grönlandwal 


nicht nötig ist,’) dann ist es bei keinem Tiere und in keiner Lage a priori wahrscheinlich. 


Die obige Erörterung können wir aus dem Gebiete phantastischer Zahlen mehr ins Gebiet 
der Wirklichkeit setzen, wenn wir den Versuch in Betracht ziehen, den Muneo Kum agawa (5) 
am Hunde ausgeführt hat. Kumagawa fütterte zwei Hunde von demselben Wurfe zunächst 
möglichst gleichmäßig, dann ließ er beide 24 Tage hungern und tödtete einen von ihnen, um an 
ihm sein Fett zu bestimmen, und dadurch auf den Fettgehalt des anderen, des eigentlichen Ver- 
suchstieres schließen zu können. Das überlebende Tier wurde nun mit magerstem Fleisch in den 
größten Mengen gefüttert, sodaß das 6,05 Kilo schwere Tier nach 49 Tagen durch die Kost von 

1) Wobei nicht außer Erwähnung bleiben soll, daß unser supponierter Nahrungsüberschuß, wie unten zu sehen ist, ein 


ins Unwirkliche übertriebener ist. 


?) und bei einer Bilanzveranlagung, die nicht mehr outriert werden kann, 


62 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


49 Kilo auf ein Gewicht von 10 Kilo gebracht wurde. Seine Analyse ergab, daß es einen Zu- 
wachs von 967 gr Fett erfahren hatte, der durch die Fettmenge der Nahrung (986 gr) voll gedeckt 
war. Der Hund hatte dabei eine Nahrung bekommen, die ihm bis zu 133 kg Calorien pro Körper- 
kilo an Energie zuführte; von oxydiertem Eiweiß wurden in der That 78,5 Rein-Calorien geliefert. 
Dieser starke Eiweißzerfall durch die extreme Fleischzufuhr, der aber der Größe des Tieres durch- 
aus entsprechende Wärmewerte lieferte, diente also in diesem Versuche lediglich dazu, das einge- 
führte Fett vor der Verbrennung zu schützen, ohne irgendwie eine Neubildung von Fett zu ver- 
anlassen. 

Hier haben wir den vollendeten Analogiefall für unsere oben aufgestellte Walfischbilanz, 
der uns sowohl zur Rechtfertigung für deren Aufstellung dient, zugleich aber auch zeigt, wie selbst 
äußerst gesteigerte Eiweißzufuhr nicht eine Fettbildung aus Eiweiß verursacht. 

Aus diesem extremen Versuche und jener ebenso beschaffenen Bilanzkonstruktion beim 
Walfisch sehen wir, daß sich ein Verhältnis nicht wohl vorfindet, in dem selbst die enormste 
Uebertreibung der Eiweißzufuhr zur Fettbildung führte. Wird ein mächtiger Eiweißüberschuß 
dargeboten, so wird viel Eiweiß angesetzt und außerdem füllen sich die Depots zum Bersten mit 
Glykogen und nun — so ist die den Voitschen Lehren folgende Vorstellung — sollte der über 
die denkbare Grenze der Glykogenanhäufung hinausgehende Eiweißüberschuß in Fett umgewandelt 
werden. An sich wäre dieser Vorgang nicht unmöglich: aber es handelt sich nicht um die Kon- 
struktion von Möglichkeiten, sondern um den Nachweis wirklichen Geschehens. Und da steht der 
Beweis eben noch aus. Es geschieht dann nämlich meist das, daß Diarrhöen eintreten und der 
Eiweißüberschuß zwar aufgenommen, aber nicht resorbiert wird, oder es wird Fleisch angesetzt, so- 
viel eben überschüssiges Eiweiß resorbiert wird. Mit dieser Betrachtung am Walfisch haben wir 


zugleich etwas zum Verständnis der folgenden Beobachtungen beigetragen. 


Wir haben in Helgoland versucht, in einer Zahl von Seetierfamilien 
die Verzehrer und ihr Futter auf ihr Fett zu untersuchen und die Be- 


ziehungen des einen zum anderen zu studieren. 


Zunächst sei das Material mitgeteilt, welches in den Jahren 1900 und 1901 gelegentlich 
meiner Arbeiten an der Kgl. Biologischen Anstalt in Helgoland teils von mir selbst, teils von 


Herrn Prof. Ehrenbaum für mich gesammelt worden ist. 


1. Cottus scorpius. 


14. 7. 1900 im Stellnetz gefangen. 
Mageninhalt: Careinus maenas, Stück von Laminaria. 


17. 7. 1900 desgl. im Fischkorb gefangen. 
Masendarminhalt : Brachyurenfutter. 
18. u. 19. 7. 1900 desgl. im Stellnetz gefangen. 
Der Magen ist leer oder enthält Brachyuren. Die Leber ist hellrot. 


Analytisches Material. 63 


Von diesen Cottus werden 792 gr (roh gewogen) zerhackt (Gewicht zerhackt 745 gr), dann ge- 
trocknet (Gewicht trocken 183 gr). 

Die lufttrockene Substanz enthält 13,32 °/, Fett. (Extraktion nach der von mir angegebenen 
Methode [Uentralbl. f. innere Med. 1900 Nro. 33]) Das Fett filtriert klar und hinterläßt auf dem 
Filter einen Rückstand. Es hat harzige Beschaffenheit. 

Jodzahl 11835. Verseifungszahl 200,68. Fettgehalt des feuchten Fisch- 
fleisches 3,08 %. 


2. Pleuronectes platessa, 


wurde mit der Kurre am 12. Juli 1900 in der Helgoländer „Rinne“ gefangen. 

Der geschwemmte Magen-Darminhalt enthält vorwiegend Trümmer von Muschelschalen : Corbula, 
weniger Syndosmya. Nicht selten Ophiuren, wenig Borsten von Polychaeten, desgl. Röhren. Ebenda 
wird am 13. Juli gedredscht und es werden vier Eimer Schlick heraufgeholt, der nach dem Durch- 
sieben enthält: 

1. Vermes. 
Borstenwürmer. 
Aphrodite aculeata. 
Andere Formen mit und ohne Gehäuse. 
Sehr häufig Gehäuse ohne Inhalt. 
Nemertinen. 


3, Echinodermata. 
Ophiuren. 
Echinoiden. 
Echinocardium flavescens. 
Holothurioiden. 


3. Mollusca. 
Corbula gibba. 
Syndosmya alba. 


Cardium fasciatum. 


Die Mehrzahl der Molluskenschalen sind leer. 


Am 24. 7. 1900 wurden in der Rinne kleinere und größere Schollen gefangen. 
Der Mageninhalt der größeren entspricht ganz der Fauna des Schlicks, der der kleineren enthält 
vorwiegend Mollusken. 


a. Pleuronectes platessa, größere Exemplare. 

Feucht 500 gr, gehackt 495 gr, 
trocken 109 gr, 
gemahlen 109 er. 

Das Fleischpulver spielt etwas ins rötliche. 

Die lufttrockene Substanz enthält 9,75 °/, Fett von weicher Konsistenz. 

Jodzahl 10649. Verseifungszahl 2004 Fettgehalt der feuchten 

Substanz 2,13 %%. 


b. Pleuronectes platessa, kleinere Exemplare. 
Feucht 500 gr, gehackt 449 gr, 
trocken 99 gr, 
gemahlen 99 gr. 


64 


Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


2. 


Das Fleischpulver hat eine gelbliche Farbe. 

Die lufttrockene Substanz enthält 10,09 %, Fett von weicher Konsistenz. 

Jodzahl 107,96. Verseifungszahl 19732. Fettgehalt der feuchten 
Substanz 1,998 '),. 


c. Am 22. 12. werden zahlreiche kleine Schollen gefangen; deren Magen - Darminhalt, be- 
stehend aus: 
Polychaeten, insbes. Nereis und Aphrodite, daneben Peetinaria und diverse Röhren- 
würmer; 
aus Mollusken, bes. Corbula gibba, weniger Solen pellueidus, Nucula mucleus,- Venus 
ovata, Montacuta bidentata ; 
Echinodermen, bes. Amphiura filiformis; 
Crustaceen, einige Gebia deltura, 
trifft im Alkohol konserviert ein. 
Der Alkohol wird abfiltriert und eingedampft. Der auf dem Filter gebliebene Teil 
wiegt getrocknet 56,2 gr und enthält mit dem in Aether aufgenommenen Alkoholrückstande 
0,1955 gr — 0,365 %, Fett. 


d. Die Fauna der Rinne, d. h. der ausgesiebte Rückstand mehrerer Eimer von Schliek aus der 
Rinne wird in Alkohol konserviert. Der Alkohol wird abfiltriert und eingedampft. Auf dem 
Filter bleibt eine Masse, die trocken 600 er wiegt und — mit dem Alkoholrückstand nach 
Aetherlösung vereinigt — 0,411 Fett enthält. 

Jodzahl 64,8. 


e. Aus dem Schlick der Rinne werden die vollen Exemplare von Corbula gibba, Nucula nueleus, 
Syndosmya alba, Cardium faseiatum, welche nachweislich die Hauptnahrung der Scholle bilden, 
ausgesucht und in Alkohol konserviert. Der Alkohol wird abfiltriert, abgedampft. 

Der Filterrückstand wiegt getrocknet und gemahlen 121 gr. 

Bei der Extraktion (nach Rst.) fällt die grünliche Farbe des Chloroformextraktes und eben- 
so die des Aetherauszuges aus dem Alkoholrückstand auf. 

Die Trockensubstanz hat 0,992 °/, Fett von der Jodzahl 39. 


Der Stickstoffgehalt beträgt 1,0%, N. 


Homarus vulgaris, 
längere Zeit im Hummerkasten gehälten und hauptsächlich mit Schollen gefüttert. 
Frisch (mit Schale) 400 gr., gehackt 362 gr, 
getrocknet 115 gr, gemahlen 114 gr. 
Die lufttrockene Substanz enthält 6,87 °/, Fett von harziger Konsistenz. 
Jodzahl 9782. Verseituneszahl 16259. Fettgehalt der feuchten 
Substanz 22%. 


Acanthias vulgaris. 

Ein am 14. Juli 1900 &efangenes Weibchen im Gesamtgewicht von 3512 gr. 

Die Leber, frisch 250 er, in Alkohol konserviert. Sie wird mit dem Alkohol eingedampft und 
wiegt 225 er. Davon 50 gr mehrmals mit Aether übergossen, der Aether abfiltriert, der Rückstand 
weiter getrocknet und nach Rsf. extrahiert. In summa ergiebt sich ein Gehalt der Trockensubstanz von 
s2,9 %, Fett von thraniger Beschaffenheit. 


Jodzahl 12053. Verseifuneszahl 16893. Gesamtfett der Leber 1315 gr. 


Analytisches Material. 65 


Die Ovarien werden mit den bisgänseeigroßen Eiern ebenfalls in Alkohol konserviert und in 
ganz analoger Weise behandelt. Frisches Gewicht 305 gr. Der Fettgehalt beträgt 52,5 %/,; das Fett 
ist thranig, seine Jodzahl 130,46, seine Verseifungszahl 169,73. Gesamtfett der Ovarien 
Ru leor: 

Der Körper des Hais wog eingeweidefrei 2240 gr, zerhackt 2090 gr, davon wird 1 Kilo ge- 
trocknet und wiegt trocken 268 gr und gemahlen 268 gr. 


Die Extraktion ergiebt 25,675 %, thraniges Fett in der Trockensubstanz. Gesamtfett des Körpers 
154 gr. 

Jodzahl 1283. Verseifun 

In dem Tiere befanden sich 
getrocknet 111 gr und gemahlen 103 gr wiegen. 


gszahl 187,3. 
7 


Föten, zum Ausschlüpfen bereit, die in summa 390 gr frisch, 


Die Extraktion ergiebt ein thraniges Fett in der Menge von 50,704 /, (es ist flüssig und hat 
einen festen Bodensatz). 

Jodzahl 124,01. Verseifungszahl 168,8. Gesamtfett der Föten 55,6 gr. 

Gesamtfett %, der feuchten Substanz des ganzen Tieres mit Eingeweiden 
12,9 %%,, der Trockensub stanz 40,5 %.. 

Der Magen war leer, der Darm enthielt einen gleichmäßig hellgelbrötlichen, anscheinend sehr 
fetten Detritus. Er wird mit Alkohol konserviert. Die Extraktion weist 0,736 gr hellgelbes, zähes 
Fett auf, dessen Jodzahl 112,35 beträgt. 

Ende Juli wird im Magen eines Dornhais G@adus merlangus gefunden und in Alkohol konserviert. 
Auf die Trockensubstanz enthält dieser Mageninhalt 11°, sehr zähen Extraktes, dessen Jodzahl 
74,9 und dessen Verseifungszahl 173,9 ist. 


Carcinus maenas, 


am 18. 7. 1900 in Stellnetzen gefangen. 
Frisch mit Schale 500 gr, gehackt 480 gr, getrocknet 154 gr. 
Die lufttrockene Substanz enthält 4,94 %, Fett von zäher Konsistenz. 
Jodzahl 8423. Verseifungszahl 183,7. 


Ammmodytes lanceolatus. 


Am 19. 7. 1900 mit dem Zugnetz auf der Düne gefangen, enthalten im Magen Ammodytes tobianus 
oder junge lanceolatus. Der Magen-Darminhalt sieht sehr fett aus. 

Frisch 490 gr, gehackt 457 gr, getrocknet 121 gr. 

Die lufttrockene Substanz enthält 14,91 °/, Fett weicher Konsistenz. 

Jodzahl 124,00. Verseifungszahl 191,59. 


Ammodytes tobiamus. 


Bei der gleichen Gelegenheit wie 6 gefangen. 

Magen-Darminhalt ist stark verdaut, sehr viel Fett enthaltend: man erkennt noch gut Copepoden 
und Planktonschnecken. 

500 gr frische Fische ohne Mageninhalt wiegen zerhackt 485 gr, trocken 133 gr. 

Die lufttrockene Substanz enthält 24,34%, Fett von weicher Konsistenz mit der Jodzahl 
125,61 und der Verseifungszahl 197,27. 


9 


66 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


8. Rhombus maximus juv. 
Fang wie bei 6 und 7. 
Im Magen kleine Ammodytes. Der Magen-Darminhalt ist sehr fett. 
Frisch 470 gr, gehackt 457 gr, troc, ı 104 gr. 
Die lufttrockene Substanz enthält 13,9 %/, Fett von halbflüssiger Konsistenz. Jodzahl 134,42. 
Verseifungszahl 204,56. 


9 Ostrea edulis. 


Am 7. 8. 1901 werden 33 Stück gedredscht. 

Frisch 480 gr (ohne Schalen), getrocknet 100 gr, gemahlen 100 er. 

Die lufttrockene Substanz enthält 10,645 %, = 2,22%, Fett des frischen, eßbaren Teiles. 
Jodzahl SS». 


Der in Aether aufgenommene Extrakt sieht ausgesprochen grünlich aus. 


10. Uria troile. 


Am 24. 7. und 25. 7. finden sich im Magen von Lummen Fischschuppen, Fischwirbel und Gehör- 
steine; sonst sind die Mägen immer leer gewesen. 

Am 16. 7. 1900 eine Lumme, die mit Federn 876 gr wiegt, gerupft und ohne Magen-Darm ge- 
hackt — Gewicht 709 er, Trockengewicht 267 gr. Beim Trocknen starker Thrangeruch. Das Fett 
des Balges ist frisch gelbrötlich, fast ohne deutlichen Thrangeruch (auch nieht an der Bürzeldrüse). 

Die getrocknete und gemahlene Substanz — 262 gr — enthält 25,75%, Fett, welches thranig 
riecht, nicht flüssig ist. Jodzahl 91,33. Ve rseifungeszahl 260,4. 


IIa. Larus argentatus. 


Mageninhalt Fisch- und Krustenreste. 
fe) 
Ohne Federn 757 gr schwer, gehackt 717 ger, trocken 250 gr. 


Die Trockensubstanz enthält 25,5 
Jodzahl 71,7. 


7 °/, Fett von gelblicher Farbe, körniger Beschaffenheit mit der 


11b. Rissa tridactyla. 


Zwei auf freier See geschossene Möven, die im Magen einige Fischwirbel enthielten, werden 
zerhackt. Sie sind wegen des großen Fettgehaltes nicht völlig zu trocknen. 
Frisch ohne Magen- und Darminhalt gehackt 830 gr, getrocknet 562 gr. 


15,45 gr nach Rsf. extrahiert enthalten 4,372 gr Fett — 25,3%, dessen Jodzahl 77,68 ist. 


12. Noectiluca ıniliaris. 


Mit Eimern von der Meeresoberfläche geschöpft. 


Frisch durch Siebe gegossen 1314 gr (?), getrocknet 95 gr. 
Die trockene Substanz ist sehr hygroskopisch, sodaß die obersten Schichten hinter dem Pfropfen 
Wasser anziehen. 
Es werden tiefere Schichten verarbeitet, sie enthalten 0,67 °/, Fett. 


Die Alkohol- und die Chloroformextrakte sind ebenfalls stark hygroskopisch. 


= 


Analytisches Material. - 6 


15a. Liemophora. 
Von den Helgoländer Hummerkästen wird Liemophora rein gesammelt und getrocknet. 


1,6 gr trockener Substanz enthalten 7,44 °/, Fett. 


1505. Diatomeen 


von Hummerkästen (Liemophora). 
Frisch 1180 gr, trocken 276 gr einer grünen Substanz, die sich zu feinem Pulver mahlen läßt. 
Davon werden 24 gr nach Meth. Rsf. extrahiert; sie enthalten 0,517 gr — 2,15 °/, eines grünen 
Fettes, das intensiv nach Fischthran riecht, und dessen Jodzahl 88,8 gr (an 0,3200 gr Substanz) ist. 


Auch vom Plankton haben wir verschiedene Fänge mit teils horizontaloberflächlich, 


teils auch 1—3 Meter tief geführten Netzen gewonnen und analysiert. 


14. Plankton. 

Am 16. Juli 1900. Vorzugsweise Crustaceen - Plankton. 

Hauptsächlich Copepoden. 

Nebenbei: Dekapodenlarven, 

Cladoceren (Evadne, Podon), 
Flagellata (Ceratium tripos und fuwrca), 
Fischlarven. 

Spärlich: Gwinardia baltica, Rhizosolenia setigera und styliformis und wenig Coseinodiscus. 

Die Fänge werden durch das Sieb gegossen, die Rückstände auf dem Wasserbade zum Trocknen 
eingedampft, und nach Pulverisieren im Mörser extrahiert. Zugleich wurde aus einem Teile eine 
Trockenbestimmung gemacht. 

Die lufttrockene Substanz enthält noch 16,46 °/, H,O. 

S gr der lufttrockenen Substanz enthalten 0,833 gr Extrakt (Methode Rst.) 

— 104%, 
— 12,45 °/, der absolut trockenen Substanz. 
Jodzahl 102,55. Verseifungszahl 211,6. 
Die Extrakte sind bräunlich mit einem Stich ins Grüne und haben zähe, fast harzige Konsistenz. 


15. Plankton. 


Am 23. 7. 1900 wird ein Plankton gefischt, das sich als Copepoden- und Crustaceen - Plankton 
charakterisiert und noch ärmer an pflanzlichen Organismen ist, als Nro. 14. 

Die lufttrockene Substanz ist rotbräunlich. Sie enthält noch 4,6%, Wasser und (in 4 er nach 
Methode Rsf. extrahiert) 14,15 %, Fett — 14,53 °/, der absoluten Trockensubstanz. 

Die Jodzahl ist 128,66. Die Verseifungszahl 196,9. 


Der Extrakt sieht rötliehbraun aus, von halbweicher Konsistenz, fadenziehend. 


16. Plankton. 


Am 21., 23. und 24. 7.1900 werden Planktonfänge gewonnen, die zu ca. °/,, aus Diatomeen bestehen 
und zwar aus zwei Arten Rhizosolenia, Guwinardia baltica uud Chaetoceras. Sehr spärlich finden sich 


68 


Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


18. 


Appendieularia, Pluteus, Schnecken, Copepoden und vereinzelt Actinotrocha. Die Noctilucae an der 
Oberfläche lassen sich leicht entfernen. 

Das Plankton riecht beim Eindampfen stark thranig und stellt trocken ein grünlichgraues Pulver 
dar. Die lufttrockene Substanz enthält 6,338 %, Wasser. 12 gr werden nach Rsf. extrahiert, ent- 
halten 4,29 %/, Fett — 4,58%, der absoluten Trockensubstanz. Der Extrakt ist dunkelgrün, riecht 
stark nach Cumarin und hat weiche Konsistenz. 

Die Jodzahl ist 64,15. Die Verseifungszahl!) 250,22. 


Plankton. 

In der Nacht vom 18S—19. Juli wurde 20 und 40 Seemeilen NW von Helgoland Plankton gefischt. 
Das Ergebnis ist ein Fang, welcher in seiner Hauptmasse aus Pluteus und jungen Seeigeln besteht, 
Copepoden, Dekapodenlarven in Zoöa- und Megalopa-Form enthält. Spärlich sind Ceratium tripos und 


furca und Diatomeen. Ganz selten Kvadne. 


Die lufttrockene Substanz ist ein rötliches Pulver. 10 gr davon enthalten 10,35 %/, Fett = 10,924 00 
der absolut trockenen Substanz, da in der lufttrockenen, Masse noch 5,258 %/, H,O vorhanden waren. 
Der Extrakt ist rötlichbraun, fadenziehend, zäh. 

Jodzahl 110,55. Verseifungszahl 197,4. 


Plankton. 

Am 26. 7. 1901 wurde in S—10 Meter Tiefe im Süden der Düne mit horizontalem Zug Plankton 
gefischt. Die Ausbeute eines zugleich an der Oberfläche geführten Zuges ergab ein sehr gemischtes 
und individuenarmes Plankton. In der Tiefe von ca. 8 Meter fand sich ein sehr reines Pflanzen- 
plankton. Es bestand in der Hauptmasse aus 
Rhizosolenia, 

Chaetoceras, 

Coscinodiscus, 

Ceratium tripos u. furca, 
Podon, 

Schnecken, 


Alles sehr 


spärlich : £ : 
j Copepoden in kleinen Formen, 


Zoea von Brachyuren. 

Die eingedampfte Masse ist ein liehterünes Pulver, welches sich nur unter stärkerer Erhitzung 
als gewöhnlich nach Methode Rsf. extrahieren läßt und in 7 gr nur 0,131 gr Extrakt — 1,57 °/, Fett (?) 
enthält. Der Extrakt ist grün, riecht nicht nach Cumarin. 

Die so gewonnenen nativen Planktonfänge waren, obwohl uns die Gunst des Zufalls in Nro. 15 
ein auffallend „reines“ Kruster- und Copepodenplankton und in Nro. 16 und 18 ein ebensolches 
Diatomeen-, in Nro. 17 ein gleichgeartetes Echinodermen- Plankton treffen ließ, doch nur sehr relativ 
„rein“, d. h. doch nicht ganz aus Tieren, respektive ganz aus Pflanzen bestehend. 

Im Jahre 1901 versuchte ich nun solche Fänge, die schon einen vorwiegend tierischen, resp. 
pflanzlichen Charakter hatten, noch zu „reinigen“. 

Wenn man ein Plankton mit vorwiegend (mehr als 50 %,) Khizosolenia und Ckaetoceras durch ein 
Gazesieb abgoß, dann den Rückstand mit großen Mengen (ca. 20 Litern) Süßwassers in ca. 1m hohen 
Standeylindern aufschwemmte, so war nach 2 Stunden an der Oberfläche ein Pflanzenrasen ver- 
sammelt, der sehr viel ärmer an tierischen Organismen war. Dieses Pflanzenmus wurde abgeschöpft 
und von neuem in der gleichen Menge Süßwasser suspendiert. Es trat so eine noch weitere 
„Reinigung“ ein: sodaß nur eine relativ geringe Zahl Tiere zwischen den pflanzlichen Organismen 
vorhanden waren. ?) 


*) Die Verseifungszahl mußte an 0,183 gr Substanz ausgeführt werden. 
2) Diese Reinigung gelingt nicht bei einem vorwiegend Coseinodiseus enthaltenden Pflanzenplankton, da Coseinodiseus zu 


Boden fällt. 


Analytisches Material. n 69 


19. 


20. 


2la. 


21b. 


Ebenso gelang es mit tierischem Plankton, wenn man hierfür das Sediment der wiederholten 
Süßwasseraufschwemmung benutzte: auch hierbei wurde das faunistische Plankton immer freier von 
- Oo -. 
pflanzlichen Organismen. Am schnellsten fielen in unseren Beobachtungen die Schnecken zu Boden. 
Die Anwendung der Centrifuge beeünstiete den Trennunesprozeß nicht. 
> to} [o} [o} o 


Plankton. 


So gewann ich ein tierisches Plankton vom 6. S. 1901, das wohl reiner war, als alles bisher von 
mir untersuchte. 

9,65 gr der getrockneten Masse enthielten 16,4%, Extrakt, der spurenhaft grünlich war, und 
dessen Jodzahl 119,8 betrug. 

Ob man aus der Thatsache, dab hier der größte Fettgehalt 16,4%, beobachtet wurde, schließen 
darf, daß im vorliegenden Falle ein sehr reines Tierplankton untersucht worden ist, steht dahin. Darin 
wird die Zählung sicheren Aufschluß geben können. 

Die grüne Tönung des Extraktes darf wohl auf mitanalysierten Pflanzenfarbstoff zurückgeführt 
werden; ob er aber von selbständig vorhandenen oder von in den Copepoden ete. enthaltenen pflanz- 
lichen Organismen herstammt, ist noch zu entscheiden. Letzterer Fall liegst wahrscheinlich bei der gleichen 
Erscheinung bei Ostrea (Nr. 9) und bei den Mollusken der Rinne (Nr. 2e) vor. 


Plankton. 


Am 17. 12. 1901 wurden große Mengen von Copepoden-Plankton gefischt und mit der Süßwasser- 
aufschwemmungsmethode gereinigt. Der Fang bestand fast ganz aus Temora longicornis, daneben 
an Masse völlig verschwindend — einige kleinere Copepoden aus der Klasse der Harpacticiden, 
sowie Sagitta, Phizosolenia, Coseinodiseus und Detritus (Algentrümmer). 

2) 


Die feucht 350 gr wiegende Masse trocknet zu 27 gr eines gelbroten körmnigen, ganz gleich- 
mäbigen Materiales. 

S gr nach der Methode Rsf. extrahiert enthalten 0,9975 — 12,47 °/, reinen dunkelroten Fettes, 
dessen Jodzahl 108,4 ist. 


Clupea harengus juv. 


Zu etwa derselben Zeit, am 25. 11. 1901 wurden am Dünenstrande mit der Waade junge Heringe 
gefischt. Etwa 1 Kilo dieser jungen Heringe werden, ohne ausgeweidet zu werden, abgespült und 
nach der Zerkleinerung getrocknet. 

Sie wiegen feucht 1000 gr, gehackt 977 gr, trocken 203 gr und stellen eine graugrüne Sub- 
stanz dar. 


15 gr davon werden nach Methode Rst. extrahiert und enthalten 1,9355 gr — 12,9 %/, eines 


Fettes von der gleichen Rotnuance wie das Copepodenplankton Nro. 20 und der Mageninhalt Nro. 21b. 
Die Jodzahl des Fettes ist 103,8. 
Clupea harengus juv. Magen-Darminhalt. 


Von ca. 300 90—100 mm langen Exemplaren wurde der Magen- und Darminhalt gesammelt. Er be- 
stand fast ausschließlich aus Copepoden und zwar ebenfalls Temora longicornis O. F. Müller (Temora 


finmarchica Gunner), daneben aus anderen Krustern aus der Gruppe der Amphipoden (z.B. Podocerus) 


und der Isopoden (z. B. /dothea). Die Masse wiegt feucht 56 gr, trocken 8,6 gr. Ihr Aussehen 
gleicht vollkommen dem des Copepodenplanktons vom 17. 12. 1901 (Nro. 20). 

Die 8,6 gr nach Methode Rsf. extrahiert enthalten 1,2330 gr — 14,3%, eines Fettes, das genau 
ebenso rot gefärbt ist, wie der Extrakt von Nro. 20. Die Jodzahl ist 1172. 


ra) Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


22. Plankton. 
Im März und April 1902 trat um Helsoland ein fast rein aus Coscinodiscus be- 
stehendes Plankton auf. 
a. Fang vom 8. 3. 1902. Frisch SO gr, 
trocken 3,5 gr. 
b. Fang vom 9. 4. 1902. Feucht 278 gr, 
trocken und gemahlen 19,5 gr. 
Davon werden 10 gr in Alkohol-Chloroform (Rsf.) extrahiert. Die zweite Chloroformextraktion 
gelingt nur unter stärkerem Erhitzen, als gewöhnlich. 
Es resultiert ein tiefgrüner Extrakt 0,447 gr an Menge — 4,47 %, der lufttrockenen Sub- 
stanz. Der Extrakt riecht etwas nach Cnmarin. 
ec. Fang vom 17. 4. 1902. Feucht 120 gr, 
trocken 4 & 
Fänge a. und c. werden ihrer geringen Menge wegen zunächst nicht analysiert. 
d. Fang vom 18. 4. 1902. Feucht 229 gr, 


trocken und gemahlen 17,0 gr. 


fe 


/ 


10 gr werden wie oben extrahiert und enthalten 0,421 gr — 4,21 °/, des gleichen Extraktes. 

Von den Extrakten b. und d. werden 0,4355 gr Substanz zur Anstellung der Jod: ahl 
verwendet. 

Die Störung durch die grüne Extraktfarbe wird durch Absetzenlassen beseitigt. Die Jod- 
zahl ist 61,8. 

Die Methodik betreffend sei hier angegeben, daß, wo ein nicht all- 
zuhoher Fettgehalt hinderte, alle Substanzen in Helgoland auf dem Wasser- 
bade bis zur Trockene eingedampft wurden, um dann in meinem Labo- 
ratorium in Breslau extrahiert zu werden. War der Fettgehalt zu groß, 
sodaß er das Trocknen hinderte, so wurde die Substanz in Alkohol kon- 
serviert und dann hier ihre Trocknung besorgt. 

Die Extraktion geschah stets nach der von mir im Centralblatt für 
innere Medizin 1900 Nro. 33 angegebenen Alkohol-Chloroformmethode 
(nach Rsf. bezeichnet; aber auch ohne diesen Zusatz immer zu verstehen!). 


Ob unsere Methode des sofortigen Trocknens den Vorzug besitzt, daß wir garnicht mit 


der Hygroskopicität der Stoffe zu thun hatten — mit einziger Ausnahme der Noctilucue 
(Nro. 12) — können wir nicht entscheiden; jedesfalls boten unsere Trockenbestimmungen keine 


Schwierigkeiten, wie sie Brandes in den seinen überwinden mußte. Bei den sehr verdienst- 
vollen Untersuchungen über die chemische Zusammensetzung des Planktons durch Brandt (6) 
ist die Bestimmung des Fettes durch seinen Mitarbeiter Brandes (6, S. 57-63) 
nach der alten Aetherextraktionsmethode ausgeführt worden. Das Verfahren kann nur als ein 
rein konventionelles ‚bezeichnet werden, dessen Resultate nicht den wirklichen Gehalt an Fett resp. 
Aetherlöslichem angeben. Ein erheblicher Vorteil für die Ergebnisse der Aetherextraktion ist es, 
daß die untersuchten Fänge in Alkohol konserviert waren und mit dem Alkohol eingedampft 
wurden. Die Hinzufügung der Alkoholvertrocknung verbessert das Resultat der Aetherausziehung 


erheblich. Daß trotzdem die angewandte Methode kaum mehr als 50 ®/, des vorhandenen Fettes 


Besprechung der Methodik. . Tall 


angezeigt hat, sieht man aus dem Vergleiche der Fettzahlen von Brandes und von mir: Das 
Maximum bei Brandes ist 8,72 °/,, bei meinen Untersuchungen 16,4 °/,. Minimum 1,56 °/, 


bei Brandes entspricht einem gleichen Minimum von 1,57 °/, aus meinen Zahlen. 


Bedenklich ist auch die Fettbestimmung an so geringen Mengen Substanz, wie sie Brandes 
meist verwendet hat: denn in jenen Minima von Extrakt kann jedes Quantum Pulver aus der 
extrahierten Substanz, die mit dem Aether oft durch die Patrone durchgehen, oder Salze, die sich 
im Aether lösen, einen zu großen Ausschlag geben. Darf man nicht auch fragen, ob man in Mengen 
von 0,18 gr Trockensubstanz und ähnlichen Quantitäten wirklich eine Warenprobe des Plankton 
sehen darf? Wir haben zu unseren Analysen — mit Ausnahme von Nro. 15, wo wir nur 4 gr 
verwendeten — immer S—12 gr zur Extraktion aus größeren Mengen genommen. 

Sind nun diese Analysengrößen einer Korrektur bedürftig, so können natürlich die von 
Brandt daraus abgeleiteten Differenzbestimmungen nicht stichhalten. Das trifft die Kohlenhydrat- 
berechnung. Er hat die aus der Elementaranalyse gewonnenen Mengen C auf die analytisch fest- 
gestellten Eiweiß- und Fettmengen verteilt und den verbleibenden Rest als Kohlenhydrat berechnet. 
Das ist ein an sich schon nicht bedenkenfreies Verfahren; denn ob es bei dem immerhin nicht 
geringen Gehalt an Copepoden richtig ist, das Eiweiß aus der sonst. üblichen Formel N x 6,25 zu 


berechnen, ist z. B. um des von Brandt selbst herbeigezogenen Chitingehaltes willen, in dem 


N:C = 1:16,6 steht, nicht zweifellos. Brandt kommt durch seine Berechnungen zu ganz un- 
verständlichen Annahmen. Denn ein Kohlenhydratgehalt von 17,64— 22,58 °/, in Copepoden ist 


a priori eine Unwahrscheinlichkeit. Weder in dem Körper noch im Darm der Tiere ist eine 
solche Menge von Kohlenhydraten zu vermuten. Seine Analysen XII. und XIV. ergeben einen 
Rest von 7,06 °/, © für Kohlenhydrate, woraus 17,64 °/, Kohlenhydrate abgeleitet werden. Nähme 
man aber an, daß entsprechend meinen Analysen nicht 6,01 °/, sondern 12—16 °/, Fett vorhanden 
gewesen wäre, wie es sehr wahrscheinlich ist, so würde der ganze Ü-Rest für das Plus an Fett 
zu rechnen sein. Ein kleiner Rest würde eventuell noch für 1—2 


fügbar bleiben. 


3 °/, Kohlenhydrate ver- 


Zusammenfassung der Ergebnisse der Analysen. 


Lufttrockene Absol. trock. 


Nr. der Substanz Substanz Verseifungs- 
Protokolle Bezeichnung der Substanz Fett °, Fett °/, Jodzahl zahl 
0, Wen rede 6 ra _ 91,33 260,4 
DiespDaruskargentanus aan == ls — 
I Ion radeln 0 ea _ 77.68 — 
1. (ottus scorpius Be ren 113,32 — 118,35 200,68 
2la- Chipea harengus juv. . - 2... . 129 _ 103,5 — 
21b. do. Magen-Darmnhalt . . . . 143 — 117,2 — 


do Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


Lufttrockene Absol. trock. 


Nr. der Substanz Substanz Verseifungs- 
Protokolle Bezeichnung der Substanz Fett °/, Fett °%, Jodzahl zahl 
bs Zlmmodhjtesnlane nr rg — 124,00 191,9 
7. Ammodhjtes toben dd —_ 125,61 197,27 
2. Pleuronectes platessa 
a. größere Exemplare. . . . . 9,77 — 106,49 200,4 
b. kleinere Exemplare . . . . 10,04 — 107,96 197,3 
e. Magen-Darminhalt . . . . . 0,365 — — — 
d@Rinnentaunae 0,411 — 64,8 == 
e. Rinnenfauna, sortiert . . . . 0,792 — 39,9 — 
Ch Jonas udaen en 5 © 0 0 m o.a  1o) —_ 134,42 204,56 
4. Acanthias vulgaris . 2 2 2 2.2. 40,5 gesamt — — — 
Io pe ee — 125,3 157,3 
Ibeberz ern a ee _ 120,53 168,93 
Oyanien er er: 09255 — 130,46 169,73 
IBloeten: va en ee —_ 124,01 165,8 
IMaoenmlalterer er ee en 74,9 173,9 
)armın halte Per Er — _ 112,35 — 
Ilomanus vulganis 0 Sr 6,57 — 97,82 162,5 
5. GCarcınus maenas 2 2... 4,94 — 84,23 182,7 
Iimacina arcica - > = 2 2. 2 2. 3 — 164,5 _— 
OO StreaedUNs ri _ SS, u 
11. Crustaceenplankton (gemischt) . . . 10,4 12,45 102,55 211,6 
15. Crustaceenplankton . ». . 2... 1415 14,53 125,66 196,9 
19. Crustaceenplankton . . x» 2»... 164 _ 119,8 - 
20. Copepodenplankton . . 2» 2... 1247 _ 108,4 — 
17. Echinodermenplankton . . . . .... 10,35 10,924 197,4 
DBENDeiilucamilvoris rer 0,87 — — = 
116. ADiatomeenplanktone 7 2 4,29 4,58 64,15 250,22 
18. Diatomeenplankton . . . 2... 1,87 — — — 
22. Coscinodiseus-Plankton . . .» . .b. 4,47 > 618 = 
d 421 = 2 = 
le Liemophora en os 7,44 —- — — 
b. 25) — S3,8 — 


Ueberblicken wir jetzt die in der Tabelle zusammengefaßten Analysenergebnisse, so läßt 
sich von diesem unseren Material nicht gerade allzuviel in die Rubriken „Verzehrer‘‘ und ‚Futter‘ 
einreihen. 

Der Hummer war lange Zeit mit Pleuronectes gefüttert. 

Die Nahrung von Pieuronectes platessa der Rinne war durch eine große Zahl von Unter- 
suchungen gesichert. 

Ammodytes tobianus war das weitaus häufigste Futter von Ammodytes lanceolatus und von 


Rhombus maximus juv. Ammodytes tobianus ist ein regulärer Planktonzehrer. 


Bedeutung des Fettgehaltes in der Nahrung. 73 


So gruppieren sich 


oO 
Verzehrer und Futter 

nach Fettprozenten 
Homarus vulgaris DEN Pleuronectes plat. E).0=ENR 
Pleuronectes plat. OR Muscheln der Rinnenfauna 0,8 ,, 
Clupea harengus juv. DIN Copepoden aa 
Rhombus max. juv. N | 2 

ü »Q@ {9} I 
/ Ammodytes tob. 24,3 5 

Ammodytes lane. 14,9 
Ammodytes tob. Da Plankton 5—16 ,„ 


Eine Regel läßt sich kaum «daraus entnehmen, es sei denn, daß fettarıne Fische ein fett- 
armes Futter haben können. 

Es ist der Natur an sich, wie das Beispiel des Walfisches gezeigt hat, möglich mit fett- 
armem Futter ungeheure Fettanhäufungen zu erzielen. Dabei ist nur unerläßlich, daß davon in 
ausreichendem Ueberfluß genossen werde Ebenso kann das fettreichste Futter, wenn es in 
kleinen Dosen dargereicht wird, keinen Fettansatz erzielen. Der Schluß, den wir ziehen können, 
ist von beschämender Einfachheit: nämlich daß die Natur nicht an ein schematisches Vorgehen 
gebunden ist. Freilich kann die Scholle mit ihrem Minimum von Futter und mit dessen gering- 
fügigem Fettgehalt nicht ein Walkonkurrent werden: soweit ist die obige Regel zutreffend; sonst 
aber kommt es eben in erster Reihe auf die absolute Höhe des gebotenen Fettquantums an, und 
nicht so sehr auf den prozentualen Fettwert. Immerhin hat auch er insofern eine Bedeutung, daß 
Nahrung mit hohem Fettgehalt schon in geringeren Mengen eingeführt einen Fettüberschuß ent- 
halten und zum Ansatz bringen kann. Darum ist auch die Milch des Delphins so enorm fett- 
reich (43,8 °/, nach Bunge), um in einem Tier mit nicht sehr geräumigem Magen eine Ueber- 
fütterung zu ermöglichen. 

Ob es möglich werden dürfte an den Fischen jene Fragen zu entscheiden, die in der Lehre 
von der menschlichen Adopositas noch des endgiltigen Spruches harren, ob die fetten Tiere eine 
andere Stotfwechselenergie haben als die mageren, oder ob sie nur durch die Art und Menge der 
Nahrung, also durch Kostüberschuß an Fett und außerdem durch Ersparung von calorienzehrender 
Muskelbewegung zunehmen, muß abgewartet werden. Jedenfalls besteht zwar ein Gegensatz 
zwischen Fettfischen und Magerfischen, aber die Beobachtung ihrer Nahrung, die noch obenein 
recht ungenügend gekannt ist, und deren Menge vor allem sich jeder Beurteilung entzieht, kann 
über die Genese dieses Unterschiedes keinen Aufschluß geben. 

Wir sehen in der Meeresfauna eine Erscheinung, welche in der terrestrischen Welt nicht in gleicher 
Weise vorkommt: nämlich daß große Räuber zu den fettesten Tieren gehören, z. B. die Haie, Seehunde 
und Zahnwale. Die großen fetten Tiere des Landes sind Vegetarier,') weil ihnen nur so die 
nötige Fülle der Nahrung zuwachsen kann: die Bartenwale ähneln ihnen, indem sie die den Wiesen 

!) oder hauptsächlich Vegetarier. 


10 


74 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


ähnlichen Terrains mit den wehrlosen Clio, Limacina und Thysanopoda abweiden: aber die Zahn- 
wale, die Seehunde, die Haie müssen jedes Stück erobern, das sie nährt, und doch werden sie 
fett — und wie fett! Daß viele Fischräuber mager sind, ist verständlich genug — aus Futter- 
mangel. Man pflegt auch anzunehmen, daß diese Magerkeit zur Leichtigkeit der Bewegung auf 
dem Lande beitrüge; im Wasser scheint die Adipositas der Beweglichkeit nicht nur keinen 
Abtrag zu thun, sondern gemäß der spezifischen Erleichterung des Leibes manchen Räubern 
zu nützen. 

Für die Aufnahme des resorbierten Fettes hat der Körper drei Depots zur Verfügung: 
1. die Leber, 2. das Unterhautgewebe und 3. die Peritonealfalten. Die Ablagerungsstätten werden 
durchaus nicht unterschiedlos herangezogen: in specie ist das Leberdepot nicht für Fett jedweder 
Provenienz gleichwertig. 

Wie ich in einem Vortrage auf dem Kongresse für innere Medizin 1901 „Ueber Organ- 
verfettungen“ 8.515 gezeigt habe, besteht ein kompleter Antagonismus von Fett und Glykogen, 
in dem Sinne, daß eine Leberzelle, wenn sie sich mit Glykogen anfüllt, nicht auch Fett auf- 
nimmt. Wenn wir also in einem Tiere durch Kohlenhydrate Fett erzeugen, so wird die Leber 
glykogenreich werden und darum kein Fett enthalten. Diesen Fall sehen wir bei der Kohlen- 
hydratmast der Gänse und der Schweine eintreten, wenn sie mit fettarmem Futter gemästet 
werden. Erst dann, wenn alle anderen Depots von Fett strotzen, gelangt Fett in die Leber. 

Wird dagegen das Fett mit der Nahrung präformiert eingeführt, so wird die Leber in 
reichem Maße vom Fett erfüllt. Sie ist eben für Kohlenhydratfett das letzte, für Nahrungsfett 
das erste Depot. Es wird von ihr ein Teil des Fettes weitergegeben und legt sich in dem Unter- 
hautgewebe an: ist dies dann recht mit Fett vollgestopft, dann werden auch die paraperitonealen 
Räume für die Fettdeposition in Anspruch genommen, 

Bei den Fischen handelt es sich nun fast ausschließlich um die Ablagerung des fertig ein- 
geführten Fettes, und so braucht es uns nicht zu verwundern, wenn wir die Fischlebern fast aus- 
nahmlos bis zum äußersten Maße mit Fett erfüllt sehen.!) Acanthias z. B. hat etwa 83 °/, Fett 
in der Leber und im Körper nur 26 °%,. Da. wo der ‘menschliche Säugling von seiner Mutter 
mit einem großen Schatz an Glykogen in seiner Leber ausgestattet wird, wird das Haifischjunge 
analog mit einem enormen Fettvorrat in der Leber in die Selbständigkeit entsandt, wie es beim 
Dornhai zu beobachten ist. Die von uns untersuchten 7 Haiföten hatten ein feuchtes Gewicht 
von 390 gr = 56 gr pro Tier und eine Trockensubstanz von 111 — 16 gr pro Stück, sodaß 
jeder bei einem Fettgehalt von 50,7 °/, etwa 8,1 gr Fett besaß. Nach Weigelt enthält nun ein 
Fötus von Acanthias im Mittel von zwei Bestimmungen 9,6 gr feuchte Leber mit einem durch- 
schnittlichen Fettgehalte von 63,7 °/, = 6,1 gr Fett. Es bleiben also für 46,4 gr Körpersubstanz 
2 gr Fett, demnach 4,3 °/, Fett auf die feuchte und ca. 16 °/, auf die Trockensubstanz des Körpers, 


excl. Leber. Man sieht, daß etwa ®/, des ganzen Fetttresors dem Fötus in der Leber mitgegeben werden. 


1) Cottus scorpius, den wir von Brachyuren lebend fanden, bildet insofern eine Ausnahme, als er oft eine hellrote — an- 
scheinend fettarme — Leber hatte: sein Futter war wohl zu fettarm. 


Verteilung des Fettes. Ansatz der Nahrungsfette bei Fischen. 18) 


Diese Beobachtungen geben uns auch vice versa einen Hinweis darauf, wie glykogenarm 
die Fischnahrung ist, denn nur so ist es verständlich, daß sich soviel Nahrungsfett in der Leber 


aufhäufen kann. 


Um nun auch die Art des Fettansatzes nach seiner Qualität — nicht nur 
nach Menge und Oertlichkeit — zu erkennen, müssen wir von den Schicksalen des Fettes beim 


Ansatz ausgehen, wie wir sie an Hunden u. ä. kennen gelernt haben. 

Es ist eine durch viele Untersuchungen gesicherte Thatsache, daß Hunde, wie oben schon 
erwähnt, welche man ev. vorher hat abmagern lassen, auf reichliches Fettfutter das Fett der 
Nahrung ansetzen und zwar derart, daß Fütterung mit Hammeltalg zum Ansatz von Hammeltett, 
mit Leinöl zum Leinölansatz und mit Kokusbutter zur Deposition von Kokusbutter führt. 

Alle diese Fette werden mit einer gewissen Reinheit angesetzt, und doch ändern sie einigermaßen 
ihre Beschaffenheit, indem die Konsumenten die Oelsäure des eingeführten Futters mit besonderer 
Sorgfalt aufspeichern, weniger vollständig dagegen das Margarin (Palmitin und Stearin) aufnehmen. 

Zum Beweise sei ein Versuch angeführt, wo dies in der Leber sehr deutlich hervortritt. 
Hund wiegt am 19. Mai 1593 9000 gr. Hungert bis 29. Mai. Dann 250 gr Fleisch 2 Tage, 
dann 150 gr Fleisch. 7. Juni 7040 gr. Jetzt beginnt die Fütterung mit steigenden Mengen 
Fleisch und Hammeltalg, Am 5. Juli ist das Gewicht 10470 gr. Hund hungert bis 14. Juli, 


Gewicht 9170 gr. Das Omentumfett, das Fett um die Nieren und im Unterhautbindegewebe ähnelt 


Q 


vollkommen dem Hammeltalg und hat die Jodzahl 44,2—44,8. Das Leberfett macht 25 %/, der 
Trockensubstanz aus, und hat die Jodzahl 77,4. Es ist also in der Leber ein sehr viel ölsäure- 


reicheres Fett als im subcutanen Bindegewebe gewesen. 


Für die Beurteilung der natürlichen Verhältnisse bei den Seetieren muß das Experiment 
uns ebenfalls die Grundlagen geben, indem wir durch Fütterung verschiedener Fette an Fische die 
Frage zu entscheiden versuchen müssen: Setzen auch die Fische fremde Fette an 
und in welcher Weise? 

Im ganzen habe ich drei Fütterungsversuche durchgeführt, über die hier kurz be- 
richtet sei: 

Es wurden 300 Goldfische in ein Aquarium von 120 cm im Quadrat, das, aus starkem 
Zinkblech gefertigt, reichlichen Zu- und Abfluß hatte, eingesetzt. Ein Teil wurde alsbald gewogen 
und analysiert. Es fanden sich auf Trockensubstanz bezogen 6,8 °/, Fett mit einer Jodzahl von 108. 
Darauf wurden die Tiere mit fettem Hammelfleisch gefüttert, wobei ein Teil sich ganz gut be- 
fand, ein anderer aber einging. Die Fettmenge stieg bei der Fütterung auf 11,2%, dann auf 
15,4 %/,, wobei die Jodzahl des Fettes 79 war. Am Ende der F ütterungsperiode, welche 22 Tage 
betrug, wo die letzten Tiere getötet wurden, hatten sie 16,35 °/, Fett mit einer Jodzahl von $1. 

Weil die kleinen Goldfische, deren durchschnittliches Gewicht bei Beginn der Fütterung 


2 gr nicht viel übertraf, relativ schlecht die Hammelfleischnahrung ertrugen, so wiederholte ich 


76 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


den Versuch an größeren Spiegelkarpfen, welche anfangs einen Fettgehalt von 19 °/, und eine 
Jodzahl von 110 hatten. 


Unter Hammelfleischernährung stieg ihr Fett auf 31°/, und sank — durch schwächere 
Nahrungsaufnahme? — auf 24°, Die Jodzahl sank allmählich auf 98 und am Ende des Ver- 


suches auf 79,1. 


„Die Thatsache des Hammelfettansatzes bei den Fischen ist eine sehr merkwürdige. Man 
muß nur überlegen, daß Hammeltalg, wie wir ihn verfüttert haben, erst ber 42° Celsius schmilzt. 
Wie sollten nun die Fische ein so hochschmelzendes Fett resorbiert haben, wo bei ihnen in der 
Kälte des Winters im Bassin 15° Celsius noch lange nicht erreicht wurden und sie selbst doch 
so wenig Wärme zu produzieren im Stande sind? Wir wissen, daß auch die Warmblütter Fette, 
die etwa 15° über ihrer Eigenwärme schmelzen, nicht mehr resorbieren. Und eine Schmelzung 
oder wenigstens Erweichung des Fettes muß wohl der Verseifung vorangehen. Es bleibt nur 
übrig, sich vorzustellen, daß die ölsäurereichen Darmsäfte der Fische den Randpartien des Hammel- 
fettballens im Darm soviel Oelsäure beimischten, daß sich dadurch der Schmelzpunkt erniedrigte. 
Auch resorbieren die Fische aus dem Hammeltalg vornehmlich die Oelsäure, denn man findet in 
ihrem Koth weniger Oelsäure, als das verfütterte Hammelfett enthielt. Dementsprechend steigt 
der Schmelzpunkt des Hammelfettes im Koth — der Fische — auf 48° und die Jodzahl sinkt 
auf 27,7 von 33 herab.“ (4) 

Wenn nun auch der Organismus der Fische diesen Schwierigkeiten der Resorption zu begegnen 
vermag, so war es doch zweckmäßig, ihnen die Aufgabe zu erleichtern: darum wählte ich ‚als Futter- 
fett das schon bei 26 ° schmelzende Palmin (Kokusbutter) und fütterte Spiegelkarpfen bis zu einem 
Fettgehalt von 22 %/, — es waren ursprünglich sehr fettarme Tiere im Durchschnittsgewicht von 
16 gr. Alle die angeführten Bestimmungen sind auf eingeweidefreie Tiere bezogen: wir konnten 
bei der Kleinheit der gefütterten Tiere den Darm nicht sicher von Speiseresten befreien, und 
gerade wegen der Kleinheit der Fische mußte der Darminhalt ev. von ausschlaggebender Be- 
deutung sein. 

Die Jodzahl dieses Fettes war sogar auf 49,38 gesunken! 

Betrachten wir diese Versuche epikritisch, so werden wir nicht zweifeln dürfen, daß die 
Futterfette zum Teil, ja sogar zum erheblichen Teil den Charakter des nativen Fettes verändert 
haben: denn so erhebliche Veränderungen der Jodzahl und zwar auf 79 bei Hammeltalg (Jod- 
zahl 33) und auf 49 bei Palmin (Jodzahl 7,1) sind wohl unbestreitbare Wirkungen, welche 


parallel mit dem Sinken der ‚Jodzahl des Futterfettes eingetreten sind. 


Wollen wir damit die Jodzahlen des Subeutanfettes am mit Hammeltalg oder Palmin genährten 
Hunde vergleichen, so stehen diese Zahlen sehr weit davon ab. Denn Subeutanfett des Hammelfett- 
hundes hat eine Jodzahl von 41-42, das des Kokusfetthundes 27. Aber wir haben bei den 
Fischen erstens nicht die großen Unterhautablagerungen wie beim Hunde erzielt und zudem das 


Fischfett nicht erst durch langen Hunger möglichst vermindert: ganz besonders müssen wir aber 


Ansatz des Nahrungsfettes bei Fischen. ER 


damit rechnen, daß das primär bestehende Fischfett sich dem hinzutretenden Futterfett mit einer 
Jodzahl (108—110) beimischt, welche etwa doppelt so hoch ist, als die des gewöhnlichen Hunde- 
fettes (60). 


So werden wir denn zu der Annahme berechtigt sein, daß auch bei den Fischen das 
Futterfett einen erheblichen Einfluß auf die Zusammensetzung des Körperfettes hat. 

Wie weit nun die Erfahrungen, welche uns das forcierte Experiment gebracht hat, sich 
auch in den natürlichen Verhältnissen bewähren, das kann bei den bisher noch so wenig umfang- 
reichen Untersuchungen nicht gut anders als in den Anfängen der Beobachtung zum Ausdruck 
kommen. Immerhin finden wir doch eine erhebliche Aehnlichkeit im Fette der Nahrung und der 


Konsumenten, wenn wir beide der Jodzahl nach mit einander vergleichen. 


Jodzahlen. 

Nahrung: Verzehrer: 
Rinnenfauna 40--65. Pleuronectes 107. 
Pleuronectes 107. Homarus 98. 

Copepoden 108,4. Clupea Harengus juv. 103,8. 
Plankton 64—128,7. . Ammodytes tobianus 126. 


| Ammodytes lanc. 124. 
| Rhombus max. 134. 


Hier ist die Abhängigkeit eine wesentliche. Die Nahrungsstoffe mit dem geringeren Vorrat 


Ammodytes tob. 126. 


an jodbindenden Elementen erzeugen auch nur Depots von Fetten mit niederer Jodzahl. 

Sehr gut übereinstimmen die Jodzahlen der Nahrung und der Depots z. B. bei Clupea 
harengus, der ein Fett von der ganz gleichroten Farbe wie sein Futter — Copepoden — hat, was um- 
somehr auffällt, als es aus einer graugrünen Trockensubstanz zu extrahieren ist: es besitzt fast die 
gleiche Jodzahl (104) wie das Fett der Copepoden (108) im Plankton: der Mageninhalt dieser 
Heringe hatte eine höhere Jodbindungsfähigkeit (117,2). 

Die außerordentlich hohe Jodzahl der Limacina arctica 165 läßt es verstehen, wenn 
Schweitzer und Lungwitz im Thrane des Walfisches eine Jodzahl von 120—130 finden. 

Die Abhängigkeit des Depotfettes vom Futterfett würde noch deutlicher hervortreten, wie 
wir aus den Experimenten mit Kokusbutter, Hammeltalg und Leinöl entnehmen dürfen, wenn wir 
nur über die Beschaffenheit der Nahrungsfette und deren Umwandlung besser unterrichtet wären. 

Bei allen untersuchten Fischarten fällt uns die hohe Jodzahl, die meist erheblich über 100 
liest, auf. Wie es sich von selbst versteht, kann eine solche Jodzahl unmöglich von hohem 
Oleingehalt allein herrühren: denn reine Oelsäure hat ja nur eine Jodzahl von 89 -——-, sondern 
sie beruht auf stärker jodbindenden Körpern. Und gerade deren Natur ist uns keineswegs sicher 
bekannt. 

Weder über die Jecorinsäure (8), ein Homologon der Linolensäure, welche nach Fahrion 


die hohe Jodzahl des Sardinenthrans bewirken soll, noch über die Asellinsäure (Fahrion) 


‘Ss Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


im Dorschleberthran, noch über die Therapinsäure (Heyerdahl), noch über die Jecoleinsäure 
(Heyerdahl), eine Oxyfettsäure, besitzen wir genaue Kenntnis, und demgemäß noch weniger 
über ihr Vorkommen und ihre Mengen in den verschiedenen Fischfetten. 

Die eingeführten Fette der Nahrung können durch zwei Faktoren bei den Meerestieren, 
wie bei denen des Landes mehr oder weniger große Veränderungen erfahren: erstens durch 
Resorptionsveränderungen und zweitens durch Umwandlungen des schon resorbierten Fettes. Ein 
dritter Faktor: Beimischung eines aus Kohlenhydraten gebildeten Fettes kann hier nur in den 
seltensten Fällen in Frage kommen. 

Die Resorptionsveränderungen, welche die Fette erleiden, bestehen zum Teil in jenen Ver- 
schiebungen, welche durch die leichtere Resorption der flüssigen Fettsäuren, wie Oelsäure und Oxy- 
fettsäuren, gegeben sind. Die Scholle wird aus dem ölsäureärmeren Fette der Rinnenfauna mit 
Vorliebe das Olein resorbieren und damit ein Fett von höherer ‚Jodierbarkeit gewinnen und auf 
diesem Wege zu einem Fette von gleicher Jodzahl kommen, wie der junge Hering, dem in seiner 
Copepoden - Nahrung schon die hochjodierbare Fettart resorptionsfertig geboten wird. 

Die Resorptionsaufgaben an sich sind bei den Fischen betreffs der Fette nicht allzu 
schwierig, soweit es sich um Fleischfresser handelt. Ihre Fähigkeit, die in toto verschluckten 
Fische zu verdauen, ist eine sehr große, die Verdauung eine anscheinend tadellos funktionierende, 
denn bei unseren Untersuchungen über die Magenfunktion der Fische haben wir eine ausgezeichnete 
Leistung des Magens gefunden. Nichtsdestoweniger können wir nach unseren Hammeltalgexperi- 
menten, besonders im Vergleich mit der Kokusbutterfütterung annehmen, daß die leichter 
schmelzenden Fette immer leichter resorbiert werden. 

Auch dürfen wir uns ja nicht vorstellen, daß das resorbierte Fett bei den Fischen nicht 
recht erheblichen Veränderungen unterzogen würde Wir haben Ursache, anzunehmen, daß die 
Fische Fettsäuren gern in der Form der Oxysäuren oder Dioxysäuren ansetzen. Zwar ist in den 
Versuchen mit Fütterung fremden Fettes nichts von solchen Prozessen deutlich geworden. Aber 
die bei manchen auftretenden höchst jodierbaren Verbindungen finden sich wohl nicht so regel- 
mäßig im Futter, daß wir nicht cher eine Oxydation der weniger hoch oxydierten Fettsäuren an- 
nehmen sollten. Auch die Säuger des Meeres scheinen ihnen eignende Umwandlungsmethoden zu 
haben: sie spalten allem Anschein nach die höheren Fettsäuren in niedere, wodurch wohl die 10 °/, 
Valeriansäure im Meerschweinthran und die 26,8 °/, Valeriansäure im Kieferöl derselben Tiere ent- 
standen sind. !) Dieser Vorgang findet sein Analogon bei den Landsäugern in dem gleichen Vor- 
gange in der Milchdrüse. 

Außerdem kommt oft die Esterisierung nicht in Form der Triglyceride vor, auch nicht in 
der von Cholesterinestern, sondern von wachsartigen Verbindungen wie Palmitinsäure - Cetylester 


(Cetin des Delphinthranes und Spermacet). 


ı, Hier darf freilich nicht verschwiegen werden, daß neuerdings in manchen Eiweißarten Amino- und Diamino-Valerian- 
säuren gefunden worden sind (Ellinger, Fischer), sodaß gerade dıe Ableitung der Valeriansäure aus dem Eiweiß nicht ganz undenkbar 
sein dürfte, obwohl, was im Reagensglase abspaltbar ist, noch lange nicht im Tierkörper dieselbe Ableitung zu erfahren braucht. 


Das Kohlenhydratfett der Fische. _ 79 


Die am Meere lebenden Vögel haben in ihrem Fette Jodzahlen, die öfter bedeutend 
höher sind, als die der Landvögel. So habe ich die Jodzahl der Lumme auf 91,33 festge- 
stellt, auch im Fette des Austerfischers (an der dänischen Küste geschossen) fand ich ein Fett 
mit über 90 gelegener Jodzahl. Das deutet sehr auf den Einfluß des Futterfettes hin. Es ist 
auch eine Erfahrung der Küche, daß fischgenährte Enten nach Thran schmecken. Nicht so klar 
davon beeinflußt ist die Jodzahl des Mövenfettes, die ich 71,7 fand. Die Möve enthielt zwar 
in ihrem Magen Fisch- und Krusterreste und war nicht in der unmittelbarsten Nähe von Helgo- 
land geschossen, sie gilt aber so sehr für einen Allesfresser, daß von einer Kenntnis ihres Futters 
nicht die Rede sein kann. Auch wäre die Jodzahl 72 in leidliche Konkordanz mit Kruster- 
nahrung zu bringen. 

Sehr charakteristisch ist die Beobachtung von Amthor und Zink an der Wildente (8), 
welche in Freiheit als tüchtiger Fischräuber eine Jodzahl von 99,6 hatte; Tiere aber, die. zwei 
Jahre in Gefangenschaft gehalten wurden, haben — bei dem Futter der Hausgans — die mäm- 
liche Jodzahl wie diese (67) angenommen! 

Die Kruster scheinen ebenso wie die Vögel die höchst jodierbaren Fettsäuren nicht als 
solche anzusetzen, wenigstens haben Homarus und Carceinus maenas nicht unwahrscheinlicherweise 
darum etwas niedrigere Jodzahlen als die Fische, die ihnen als Nahrung dienten. 


Kine letzte Veränderungsmöglichkeit für das Fett ist die, daß sich noch aus Kohlen- 


hydraten gebildetes Fett hinzuaddierte. Das Kohlenhydratfett — um diesen abgekürzten Ausdruck 
zu brauchen — ist nach meinen Untersuchungen an der Gans, Ente und Kaninchen (Berl. klin. 


Wochenschr. 1599 Nro. 30) ein hartes und ölsäurearmes Fett. Ebenso erscheint es nach den 
Resultaten von Meissl und von Lummert bei Schweinen und Hunden. Wie steht es nun mit 
einem Kohlenhydratfett bei den Fischen? Daß aus Kohlenhydraten auch bei ihnen Fett gebildet 
wird, hat auf dem 5. Fischereitage z. B. der Herzog zu Trachenberg-Hatzfeldt schon 
sowie Herr Prof. Hulwa angegeben (9), Wie geartet es aber sei, mußte uns erst das Aquariums- 
experiment lehren. Auch hier waren kleine Spiegelkarpfen das Versuchsobjekt. Sie hatten anfangs 
ohne Eingeweide 10,84 °/, Fett mit 106,3 Jodzahl. Dann wurden sie mit Semmel fortdauernd 
gefüttert. Ehe sie das Futter annahmen, kamen sie sichtlich herunter, sodaß sie nach ca. 2'/, 
Monat nur wenig mehr Fett als anfangs enthielten. Sie hatten 12,4 °/, Fett mit der Jodzahl 
76,2. Einen Monat später hatten sie nur noch 12,12 °/, Fett, dessen Jodzahl 81,92 war. Es 
ergiebt sich also, daß das Kohlenhydratfett der Fische jedenfalls auch oleinarm zu denken ist. 

Aber bei den Meerestieren, die wir bisher besprochen haben, kann ja von einer Fettbildung 
aus Kohlenhydraten gar keine Rede sein: es könnte sich nur bei jenen Planktonzehrern, die sich 
an das pflanzliche Plankton hielten, darum handeln, daß sie aus Kohlenhydraten Fett bildeten. 
In diesem Punkte kommen nun in Frage: erstens die Planktoncopepoden, zweitens Austern, drittens 
Corbula gibba. 

Hiermit kommen wir zu einem sehr interessanten Problem der Oekonomie der Meereswelt, 


zu der Frage von der ersten Entstehung, der Urquelle des Fettes. In den Tieren kann nach dem 


s0 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismnen. 


jetzigen Stande der Dinge nur die synthetische Bildung des Fettes aus Kohlenhydraten der Pflanzen 
und allenfalls der Tiere in Frage kommen oder die Deposition des Pflanzenfettes: für die Pflanzen 


aber handelt es sich noch um den Aufbau von Fett aus den Grundstoffen. 


Die beteiligten Pflanzen sind die Diatomeen, Peridineen und die Bacterien des Plankton 
und des Benthos. Aus diesem Interesse haben wir möglichst reines Pflanzenplankton zu erhalten 
versucht, um das Fett studieren zu können, das fast einzig als das Urfett der Hochsee in Betracht 
kommen kann. Auf diese Weise fanden wir in dem leidlich rein pflanzlichem Fange Nr. 16 4,58 °/, 
eines Fettes mit der Jodzahl 64,15 und in den Fängen Nr. 22a und 2, die aus Coscinodiseus 
bestanden, 4,2-—-4,5 °/, mit der Jodzahl 61,5. — Nun sind diese Zahlen deswegen kaum ver- 
wendbar, weil in dem „Fett“ eine Menge Chlorophyll enthalten ist, über dessen Bedeutung für 
den Stoffwechsel nichts sicheres bekannt ist. Zwar darf man vielleicht die grünliche Farbe der 
Maibutter auf den Gehalt des Futters an frischem Chlorophyll beziehen, aber weder die Kon- 
stitution noch Bedeutung dieser Substanz ist auch nur einigermaßen erforscht. Es ist garnicht 
unmöglich, daß ein chlorophyllfreies Fett der Diatomeen eine Jodzahl hat, die es dem Fischfett 
viel näher stellt als dieser chlorophylihaltige Extrakt. Dafür spricht das Auftreten von feinen 
Oeltropfen in zahlreichen Diatomeen, z. B. Licmophora: das Fett scheint also ein flüssiges zu 
sein, was eher mit einer höheren Jodzahl verbunden sein dürfte. Diese Vermutung bot sich in 
der letzten Zeit Gelegenheit zu prüfen, als ich im Januar 1902 Diatomeen erhielt, die im Winter 
auf den Helgoländer Hummerkästen gesammelt waren und deren Jodzahl 88,5 war. Wir brauchen 
das aber nicht etwa unbedingt, denn wir dürfen wohl annehmen, daß die pflanzenplankton- 
zehrenden Fische aus ihrem Futter die Oelsäure in reicherem Maße aufnehmen werden, als sie 
prozentual im Futter vorhanden war. 

Die Frage ist auch noch eine offene, wer denn eigentlich von Diatomeen lebt. Die ur- 
sprüngliche Vorstellung war die, mit der auch Hensen (10) an die Untersuchung herangegangen 
ist, daß «die Diatomeen die hauptsächliche Urnahrung des Meeres ausmachen. Hensen hat sich 
gezwungen gesehen, diese Anschauung im Laufe seiner Untersuchungen aufzugeben. Nur von 
den Diatomeensporen nimmt er an, daß sie eine sehr inhaltsreiche Nahrung darstellten. 

Aehnlich hat Frenzel sich dagegen ausgesprochen. In neuerer Zeit mehren sich aber 
die Beobachtungen, welche doch zeigen, daß auch die Diatomeen eine Rolle im Haushalte des 
Meeres spielen. 

So haben Apstein und Zacharias im Darminhalt von Cladoceren und Copepoden 
Schalen von Melosira im Darminhalt gefunden. Murray fand den Koth von Copepoden 
und anderen kleinen Krustern als gänzlich aus Diatomeen -Chromatophoren und aus kleinen Frag- 
menten der Kieselschalen bestehend. Er konstatierte ebenso die Diatomeen als häufigen Magen- 
inhalt bei Holothurien, Ascidien, Austern, Muscheln, großen Krustern auch bei erwachsenen 
Fischen. In einer Sendung von Dr. Wemyss Fulton, die aus Ammodytes und Plattfischen 


bestand, stellte er fest, daß in allen Tieren sich Diatomeen fanden. Karsten (11), dessen großer 
’ [o} 


Die Diatomeen als Nahrung von Meerestieren. Sl 


Arbeit die obigen Citate großenteils entnommen sind, hat selbst beobachtet, daß Amöben sich aus- 
schließlich von Diatomeen nähren. Von Corbula gibba teilt er mit, daß schon drei oder vier 
Exemplare genügen, um eine in Entwickelung befindliche Diatomeen-Kultur arg zu hemmen. Er 


fand auch in den Tieren und in ihrem Koth zahlreiche Grunddiatomeen. 


Den Befund von Diatomeen (Coseinodiscus) im Magendarmtraktus des Ammodytes tobianus, 
desgleichen in verschiedenen Fischlarven, ist auch von Herın Prof. Ehrenbaum in Helgoland 


erhoben worden. 


Bei eignen Untersuchungen von Corbula gibba, Nucula nucleus und Limacina arctica ge- 
meinsam mit Herrn Dr. Bruno Schröder - Breslau habe ich nur ganz vereinzelte Diatomeen 


(Coseinodiscus und Peridinium diveryens) gefunden. 


Nach privater Mitteilung von Herrn Dr. Hoek, dem Leiter der zoologischen Station in Helder 
(Holland), soll auch die Auster vornehmlich von Diatomeen des Benthos leben. Vgl. dazu auch 
Lotsy, John P. The food of the oyster, clam and ribbed mussel. Report of the U. S. Com- 


mission of fish and fisheries XIX. Washington 1895 p. 375. 


Nach Lohmann (13) finden sich Navieulaceen, Peridineen, Coseinodisceen im Darm der 


Appendicularien. 


In einer Untersuchung des Darminhaltes der Salpa pinnata (in Messina gefangen) hat Conte 
Francesco Castracane (14) eine große Reihe von Diatomeen gefunden : Chaetoceras, Bacteriastrum, 
Hemiaulus, Asterolampra, Asteromphalos, Synedra etc. Er betrachtet die Salpen geradezu als die 


besten Fänger für seltene Diatomeen. 


Eben diese Bemerkung von George Karsten, daß Corbula gibba sich als ein starker 
Diatomeenzehrer bei der Aufzucht der Diatomeen erweise, stimmt gut zu unseren Analysen. Der 
Extrakt der Muscheln der Rinnenfauna (2e) hatte nämlich eine so deutliche Grünfärbung, daß 
sie wohl auf Chlorophylibeimischung zurückgeführt werden darf. Andererseits haben die Extrakte 
2d und 2b Jodzahlen (39,9-—64,5), die ganz annehmbar mit der Jodzahl des Pflanzenplankton 


Nr. 16 übereinstimmen. 


Das Gleiche darf für die Auster geltend gemacht werden. Auch ihr Extrakt war grün- 
lich gefärbt. Die Jodzahl 88,5 gestattet sie von einem Diatomeenextrakt abzuleiten, der dem 


unserer Licmophora 13b ähnlich ist. 


Hier könnte die Frage auftauchen, ob das in Cordula und in Ostrea vorkommende Fett 
vielleicht Kohlenhydratfett sei. Zwar steht es mit dem Gehalt der Diatomeen an Kohlenhydraten 
— Cellulose nach Brandes ausgenommen — nach den Analysen von Brandes, sowie nach 
meinen Untersuchungen an sich zweifelhaft, aber bei der Jodzahl der Muschelfauna der Rinne 
und allenfalls der Auster war es nicht ausgeschlossen, daß sie ein aus Kohlenhydraten gebildetes 
Fett hätten: es wird nur darum weniger wahrscheinlich, weil eben in vielen Diatomeen schon 


11 


82 Dr. Georg Rosenfeld, Studien über das Fett der Meeresorganismen. 


präformiertes Fett vorkommt und die Organismen der Tiere lieber eingeführtes Fett ansetzen, als 
daß sie sich der Mühe unterzögen aus Kohlenhydraten Fett synthetisch zu bilden. 

Es kommt auch noch hinzu, daß es erst bewiesen werden müßte, daß die Diatomeenzehrer 
im Stande seien Cellulose aufzuschließen. Bei den Fischen, soweit wir sie untersucht haben, ist 
eine Fettbildung aus Kohlenhydraten in der Freiheit, ebensowenig wie bei den Copepoden und 
Krustern des Planktons anzunehmen, weil dazu die Jodzahlen denn doch zu hoch sind, wenn wir 


aus unserem Aquariumsexperiment und den Versuchen an Landtieren schließen dürfen. 


Indem wir hiermit unsere Mitteilungen beenden, sei es gestattet hervorzuheben, daß wir 
uns darüber klar sind, daß, was wir hier geboten haben, mehr Anregungen als Antworten, nur 
die ersten tastenden Orientierungen in diesen ungemein verwickelten Problemen sind. 

Es darf hier nochmals betont werden, daß wir eine der größten Schwierigkeiten für 
ein ganz gesichertes Resultat darin sehen, daß die verzehrten Organismen nicht durchaus dauernd 
das Nahrungsmaterial ausmachen, so sorgfältig gerade die relativ sichersten Beobachtungen auf diesem 
Gebiete — dank dem Beistande der Herren Proff. Heincke und Ehrenbaum — ausgesucht 


worden sind. 


Zum Schluß ist es mir eine gern erfüllte Pflicht, Herrn Prof. Dr. Heincke, dem 
Direktor der kgl. biologischen Anstalt in Helgoland, für die Gewährung des Arbeitsplatzes, und 
ihm, sowie Herrn Prof. Dr. Ehrenbaum meinen herzlichen und aufrichtigen Dank für die 
große Liebenswürdigkeit auszusprechen, mit der sie in Rat und That mir ihre Hülfe, insbesondere 
auch bei der zoologischen Bestimmung des Materials angedeihen ließen. Herr Prof. Ehrenbaum 
hat die große Mühe in dankenswertester Weise übernommen, einen großen Teil des Materials für 
meine Analysen zu sammeln. Auch Herrn Dr. Kuckuck bm ich für gelegentliche Unter- 


stützung zu Danke verpflichtet. 


Breslau, den 1. September 1902. 


12. 


15. 


14. 


Litteratur. . 53 


Litteratur. 


Voit, Zeitschrift für Biologie. Band 6. 

Virchow, Archiv für pathologische Anatomie. Band 2. 

Pflüger, Archiv für Physiologie. Band 51. 

Rosenfeld, Verhandlungen des XV. und XVI. Kongresses für innere Medizin, 1897 und 1898, Zeit- 
schrift für klinische Medizin, Band 28 u. 36, und andere Arbeiten, Berliner klinische Wochen- 
schrift, 1599 Nr. 30. 

Muneo Kumagawa nach Maly, Jahresbericht über die Fortschritte der Tierchemie. Band 24. 

K. Brandt, Beiträge zur chemischen Zusammensetzung des Planktons. Wissenschaftliche Meeresunter- 
suchungen. Neue Folge. 3. Band. 

Weigelt, Die Abfälle der Seefischerei. Sonderbeilage zu den Mitteilungen der Sektion für Küsten- 
und Hochseefischerei. Jahrgang 1591. 

Vel. Benedikt Ulzer, Analyse der Fette und Wachsarten. Berlin, 1897. 

5. Deutscher Fischerei-Tag. München. 

Hensen, Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. 5. Bericht. XIL.— XVI. Jahrgang. Berlin, 1887 
S. 99. 

George Karsten, Die Diatomeen der Kieler Bucht. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. Neu, 
Folge. Band 4. 

Zoologischer Anzeiger 1901. Band 24, Nr. 647, S. 390. 

Lohmann, Die Appendieularien. Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldtstiftung. Bd. II, Ec. 
Kiel und Leipzig, 1596. 


Conte Ab. Francesco Castracane, Contribuzione alla florula delle Diatomee di Mediterraneo ossia 
esame del eontenuto nello stomaco di una salpa pinnata pescata A Messina. Roma, 1895. 


. 


Aus der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


Zoologische Ergebnisse 


einer 


Untersuchungstahrt des deutschen Seefischerei-Vereims 
nach der Bäreninsel und Westspitzbergen, 
ausgeführt 
im Sommer 1898 auf S. M. S. „OLGA“, 


Bearbeitet nach Sammlungen von Dr. Cl. Hartlauk. 


Herausgegeben von der Biologischen Anstalt auf Helgoland. 


V. Die Ascidien. Von Robert Hartmeyer. 


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V, 
Die Aseidien der Olga-Expedition. 


Von 
Robert Hartmeyer 


ın Berlin. 


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D: mir zur Bestimmung anvertraute Ascidienausbeute der Olga-Expedition besteht aus 18 Arten. 


wor 


N Unter dem Material befanden sich zwar keine neuen Arten, wohl aber bot dasselbe eine 
willkommene Ergänzung zu den Ausbeuten anderer Expeditionen (besonders denjenigen der Norske 
Nordhavs-Expedition, der Bremer-Expedition und der Helgoland-Expedition) und war insofern von 
tiergeographischem Interesse, als nicht weniger als 5 Arten für West-Spitzbergen (d. h. die West- 
küste von West-Spitzbergen) neu nachgewiesen worden sind. Es sind dies Aseidia obliqua, 
Distomus erystallinus, Distaplia clavata, Distaplia livida und Didemnopsis variabile. Alle diese 
Arten sind gleichzeitig Charakterformen für die Fauna von West-Spitzbergen, da sie in den ost- 
spitzbergenschen Gewässern (Ostküste von West-Spitzbergen, Nord-Ost-Land, König Karls-Land) 
fehlen oder wenigstens bisher nicht gefunden worden sind. 

Bei der folgenden Zusammenstellung der von der Olga-Expedition gesammelten Ascidien 
habe ich mich um so weniger auf Literaturnachweise, Beschreibungen, geographische Verbreitung 
und systematische Bemerkungen eingelassen, als in meiner Bearbeitung der Ascidien für die Fauna 
arctica alle diese Arten eingehend behandelt sind und daselbst auch im besonderen auf dieses 
Material eingegangen ist. Bei einigen in anatomischer oder systematischer Hinsicht bemerkens- 
werten Stücken habe ich noch besonders auf die Fauna artica verwiesen. 

Das Material enthält folgende Arten: 
Molgula retortiformis Verr. 
Halocynthia areties (Hartmr.) 
* aurantium (Pall.) 
Styela vustica (L.) 
Dendrodoa aggregata (Rathke) 
5 lineata (Traust.) 


88 tobert Hartmeyer, Die Ascidien der Olga-Expedition. 


Kükenthalia borealis (Gottsch.) 
Sarcobotrylloides aureum (Sars) 
Ascidia obliqua Ald. 

» prunum Müll. 
Ciona intestinalis (L.) 
Distomus erystallinus (Ren.) 
Distaplia elawata (NSars) 

35 lieida (Sars) 
Amarouelum translueidum Ritt. 
> mutabile Sars 

Symoteum haeckeli (Gottsch.) 


Didemnopsis variabile (Huitf.-Kaas) 


Fam. Molgulidae. 


Molgula retortiformwis Ver. 
1571 Molgula retortiformis, Verrill in: Amer. J. Sei., ser. 3 v. 1 p. 56 £ 3. 
1550 Molgula groenlandica, Traustedt in: Vid. Meddel., p. 425. 

Station 46: 74° 3’ N, 19° 7’ OÖ; 84 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Mehrere 
große (bis 6,5 cm lange und 5,4 cm hohe), rundliche, undurchsichtige Exemplare mit Bryozoen 
Hydroiden, Steinen und anderen Fremdkörpern bedeckt. (Fauna aretica, t. + f. 5.) 

Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, Barents-Meer, weißes Meer, Neu- 
Fundland, Grönland, Island. 


Fam. Halocynthiidae. 


Halocynthia aretica (Hartmr.). 
1899 Cynthia anctica, Hartmeyer in: Zool. Jahrb. Syst, v. 12 p. 468 Textt. Ct. 22 8.3 
Be a, lm 
1556 Cynthia echinata, Traustedt, Dijmphna Udb., p. 427 t. 27 £. 12 u. 13 t. 29 £. 31. 
Station 5: Tromsö-Rhede; 20 m Tiefe: steinig. Ein mittelgroßes, auf einer Muschel- 
schale angewachsenes Exemplar. 
Station 30: Amsterdam-Eiland, 79° 45’ N, 13° 40’ O; 40 m Tiefe; Schlick, dann steinig 
mit vielen Algen. Ein großes, auf einer Wurmröhre festsitzendes Exemplar. 
Station 46: 74° 3’ N, 19° 7’ O; S4 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Ein Exemplar. 


Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, arktisches Norwegen, Murmanküste 
Barents-Meer, weißes Meer, Nowaja Senlja, Karisches Meer, ? Bering Meer, arktisch-amerikanischer, 
Archipel, Grönland, Labrador, Island. 


Bei der Bären-Insel ist «diese Art bisher nur von der Olga-Expedition gesammelt worden. 


Molgulidae. Halocynthüidae. Styelidae. 89 


Halocynthia aurantiıwm (Pall.). 


1735 Aseidia aurantium, Pallas, Mar. var., v. 2 p. 240 t. 7 f. 58. 
1506 Aseidia pyriformis, Rathke in: Müller, Zool. Dan., v. 4 p. 41 t. 156. 


Station 6: Tromsö-Rhede; 20 m Tiefe; steinig. Ein junges, auf einer Muschelschale 
festsitzendes Exemplar. 
Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), arktisches Norwegen, Murman- 


küste, Weißes Meer, Bering Meer, arktisch-amerikanischer Archipel, Grönland, Labrador, Island. 


Fam. Styelidae. 


Styela rustica (.. 
1767 Ascidia rustica, Linne, Syst. Nat., ed. 12 Tom. I v. 2 p. 1087. 
1542 Aseidia monoceros, Möller in: Naturh. Tidsskr., v. 4 p. 9. 
Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45’ N, 13° 40’ OÖ; 40 m Tiefe; Schlick, dann steinig 
mit vielen Algen. Ein 3 cm langes Exemplar mit Horn, auf einer Balanidenschale angewachsen. 
Station 36: Recherche Bay; Schlick. Ein großes, auf Balaniden festsitzendes Exemplar 
mit Horn. 
Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, arktisches Norwegen, Murmanküste, 
Weißes Meer, Nowaja Semlja, Sibirisches Eismeer, arktisch-amerikanischer Archipel, Grönland, 


Labrador, Island. 


Dendrodoa aggregata (Rathke). 
1506 Ascidia aggregata, Rathke in: Müller, Zool. Dan., v. 4 p. 11 t. 130 f. 2. 
1524 Dendrodoa glandaria, M’Leay in: Tr. Linn. Soe., v. 14 p. 547 t. 20. 

Station I7: W. v. Südkap Spitzbergens, 76° 25’ N, 16° 15’ O; 70 m Tiefe; Steine und 
grober Sand. Vier auf Cellepora nodulosa festsitzende Exemplare, 

Station 29: Vor der Kobbe-Bucht (Dänen-Insel); 30 m Tiefe; Steine und viele Algen. 
Zwei kleine Exemplare. 

Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45’ N, 13° 40° O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. Mehrere auf Ascidia obligua festsitzende Exemplare in verschiedenen 
Altersstadien. 

Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 180 m Tiefe; steinig. Ein großer Klumpen 
von mehr als 40 meist ausgewachsenen Exemplaren, die mit mehreren Exemplaren von Aseidia 
obligua eng verwachsen sind. 

Station 46: 74° 3 N, 19% 7 O; S4 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Mehrere 
auf Ascidia obliqua festsitzende, mit Kolonien von Sarcobotrylloides aureum bedeckte Exemplare. 

Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, arktisches Norwegen, Murmanküste, 
Nowaja Semlja, Karisches Meer, arktisch-amerikanischer Archipel, Grönland, Labrador, Island. 


12 


90 Robert Hartmeyer, Die Ascidien der Olga-Expedition. 


Dendrodoa lineata (Vraust.). 
1880 Styela lineata, Traustedt in: Vid. Meddel., p. 415. 
Station 36: Recherche Bay; Schlick. Zwei auf Balaniden festsitzende Exemplare. 


Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Murmanküste. 


Kükenthalia borealis (Gottsch.). 
1894 Goodsiria borealis, Gottschaldt in: Jena Z., v. 25 p. 361 t. 24 £. 9. 
Station 59: 74% 48’ N, 20° 54° O; S0—86 m-Tiefe; grauer Schlick und grauer Schlamm 
mit Steinen. Einige Kolonien. 
Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären - Insel, arktisches Norwegen, arktisch- 


amerikanischer Archipel, Island. 


Fam. Botryllidae. 


Sarcobotrylloides aureum (Dar). 
1851 Botrylloides aurea, Sars in: Nyt Mae. Naturvidensk., v. 6 p. 152. 
1894 Botrylloides rugosum, Gottschaldt in: Jena Z., v. 28 p. 344 t. 24 £. 1. 
Station 7: Fuglö-Sund; 55 m Tiefe; steinig. Mehrere Kolonien, dünne, stark zerfetzte 
Ueberzüge auf Steinen bildend. 
Station I6: 25 Meilen nördlich von der Bären-Insel, 75° 40°’ N, 17° 30° O0; 179 m 
Tiefe; blauer Schlick mit Muscheln. Zwei fleischige, 3,2 cm lange, 1,5 em dicke Kolonien. 
Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45° N, 13° 40’ O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. Mehrere, auf Ascidia obliqua dünne Ueberzüge bildende Kolonien. 
Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m Tiefe; steinig. Eine fleischige, 3 cm 
lange Kolonie; mehrere krustenförmige Kolonien auf Ascidia obliqua. 
Station 44: 73° 5% N, 19° 55 O; 130-200 m Tiefe; feiner Sand. Eine 3,5 cm 
lange, 1,4 cm dicke, fleischige Kolonie. Farbe im Leben dunkelpurpurn-schwarzblau (Hartlaub). 
Station 46: 74° 3 N, 19° 7 O; 84 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Mehrere 
krustenförmige Kolonien auf Dendrodoa aggregata und Aseidia obliqua. 
Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, arktisches Norwegen, Murmanküste, 


Grönland. Bei der Bären-Insel ist diese Art bisher nur von der „Olga*-Expedition gesammelt werden. 


Fam. Aseidiidae. 


Ascidia obliqua Ald. 


1863 Ascidia obliqua, Alder in: Ann. nat. Hist., ser. 3 v. 11 p. 154. 
1873 Aseida mollis, Verrill in: P. Amer. Ass., p. 390 t. 1 f. 5. 


Botryllidae. Ascidiidae. Cionidae. 91 


Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45 N, 13° 40° O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. Mehrere große, teilweise an ihren Basen verwachsene Exemplare besetzt 
mit Dendrodoa aggregata sowie mit Kolonien von Sarcobotrylloides aureum, Didemnopsis variabile, 
Distaplia clavata und livida. (Fauna arctica, t. 5 f. 18.) 

Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m Tiefe; steinig. Viele große Exemplare, 
bedeckt mit denselben Arten, wie diejenigen von Stat. 30. 

Station 46: 74° 3° N, 19° 7’ O; S4 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Ein großes, 
auf einem Stein angewachsenes Exemplar, besetzt mit Dendrodoa aggregata und Sarcobotrylloides 
aureum. 


Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), Bären-Insel, arktisches Nor- 


wegen, Murmanküste, arktisch - amerikanischer Archipel, Grönland, Labrador. 


Bei Spitzbergen bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt. 


Ascidia prumum Müll. 
1788 Aseidia prunum, Müller, Zool. Dan., v. 1 p. 42 t. 3: 
17850 Aseidia eomplanata, Fabrieins, Fauna Grönl., p. 332. 

Station 27: Prinz Karl- Vorland, 78° 57’ N, 11° 8° O; 115 m Tiefe; schlickig. 
Station 28: Vor dem Nordeinlauf des Vorland- Sundes; 36—140 m; grauer Schlick 
und kleine Steine. Von beiden Stationen viele sehr große, teilweise zusammengewachsene, eirunde. 
schwach durchscheinende, stark runzlige Exemplare von grünlichbrauner Farbe. Die Exemplare 
sind beträchtlich größer als diejenigen von Ost-Spitzbergen und gleichen darin den grönländischen 

Stücken. (Fauna arctica, t. 5 f. 17.) 

Arktische Verbreitung: Spitzbergen, arktisches Norwegen, Murmanküste, weißes 
Meer, Barents Meer, Nowaja -Semlja, arktisch - amerikanischer Archipel, Grönland, Labrador, Is- 


land, Jan Mayen. 


Fam. Cionidae, 


Ciona intestinalis (L.) und var. longissimea (Hartmr.). 
1767 Ascidia intestinalis, Linng, Syst. Nat., ed. 12 Tom. I v. 2 p. 1087. 
1899 Ciona longissima, Hartmeyer in: Zool. Jahrb. Syst., v. 12 p. 502 Textf. Lt. 22 f. 10 t. 23 1.20. 
Station 53: 74° 55 N, 16° 1% OÖ; 400 m Tiefe; Schlick mit groben Steinen. Ein 
Exemplar, welches eine Uebergangsform zu der hocharktischen geographischen Form €. intestinalis 
var. longissima bildet (vgl. Fauna arctica, v. 3 p. 303). 
Verbreitung: Die kosmopolitische €. intestinalis (L.) wird in der Arktis durch die 
geographische Varietät ©. i. var. longissima Hartmr. vertreten. Letztere ist bekannt von Spitz- 


bergen, aus dem Barents-Meer, Karischen Meer und dem arktisch - amerikanischen Archipel. 


No) 
D 


2 Robert Hartmeyer, Die Ascidien der Olga-Expedition. 


Fam. Distomidae. 


Distomus erystallinus (Ben.). 


1504 Polieitor erystallinus, Renier, Prosp. Vermi, p. 17. 
1551 Distoma vitreum, Sars in: Nyt. Mag. Naturvidensk., v. 6 p. 154. 


Station 28: Vor dem Nordeinlauf des Vorland-Sundes; 36—140 m; grauer Schlick 
und kleine Steine. Eine kegelförmige, 7 cm lange, an der Basis 4,5 cm breite, auf Pecten islandicus 
festsitzende Kolonie. 

Station 41: 76° 23° N, 15° 7 O; 145 m; Schlick mit Sand. Eine 3,6 cm hohe, kegel- 
förmige Kolonie. 

Station 43: Insel Ingö (Hammertestsund); 150 m Tiefe; steinig. Eine eiförmige, 3 cm 
hohe Kolonie. 

Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), arktisches Norwegen. 


3ei Spitzbergen bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt. 


Distaplia clavata (Sars). 
1851 Leptoelinum elavatum, Sars in Nyt Mag. Naturvidensk., v. 6 p. 154. 
Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45’ N, 13° 40° O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. Eine Kolonie auf Ascidia obliqua. 
Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 180 m Tiefe; steinig. 
Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), arktisches Norwegen. 


Bei Spitzbergen bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt. 


Distaplia livida (Sars). 
1851 Leptoelinum lividum, Sars in: Nyt Mag. Naturvidensk., v. 6. p. 154. 

Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45° N, 13° 40’ O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. 

Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m Tiefe; steinig. Von beiden Stationen 
einige Kolonien, welche Ueberzüge auf Ascidia obligua und Dendrodoa aggregata bilden (vgl. 
Fauna arctica, v. 3 p. 314). 

Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), arktisches Norwegen. Bei 


Spitzbergen ist diese Art bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt worden. 


Fam. Poiyelinidae. 


Amaroucium translucidum Ritt. 


> 


1901 Amaroueium transluceidum, Ritter in: P. Ac. Washington, v. 3 p. 249 t. 30 £. 29 u. 30. 


Distomidae. Polyelinidae. Didemnidae. 93 


Station 46: 74" 3° N, 19" 7° O; S4 m Tiefe; grober Sand und Muscheln. Eine polster- 
förmige, 2,3 cm breite, 2,4 cm dicke und nur 7 mm hohe Kolonie, die in mancher Hinsicht von 
den typischen Exemplaren abweicht (Näheres vgl. Fauna arctica, v. 3 p. 329 t. 6 f. 9). 

Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären -Insel, Alaska. Bei der Bären-Insel 


bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt. 


Amaroueium mutabile Sars. 
1551 Amarouelum mutabile, Sars in: Nyt Mae. Naturvidensk., v. 6 p. 155. 
Station 9: 72° 28 2” N, 20° 39 4" O; 460 m Tiefe; lehmig mit einzelnen Steinen. 
Eine stumpf-kegelförmige Kolonie, 
Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m Tiefe; steinig. Zahlreiche große, im 
Leben ockergelbe, halbkugelige, keulenförmige oder stark abgeflachte Kolonien (vgl. Fauna arctica 
v. 3 p. 331, Textfig., 43—45). 


Arktische Verbreitung: arktisches Norwegen, Barents-Meer. 


Synoicum haeckeli (Gottsch.). 
1894 Polyclinopsis haeckeli, Gottschaldt in Jena Z., v. 25 p. 355 t. 24.3 t. 25 f. 1—4. 
Station 6l: 75° 9 N, 17° 47’ O; 191—138 m Tiefe; grauer Schlick. Eine Kolonie 
3. pP. 356, Tat. XIV £ 2 und Textlig. 51). 


(vgl. Fauna arctica, v. 
oO 


Arktische Verbreitung: Spitzbergen, Bären-Insel, Grönland, 


Fam. Didemnidae. 


Didemnopsis variabile (Huitt.-Kaas). 
1596 Didemmoides variabile, Huitfeldt-Kaas, Norske Nordhavs Exp. v. 23 nolp.5t.1f.1u.2. 
Station 30: Amsterdam Eiland, 79° 45’ N, 13° 40’ O; 40 m Tiefe; Schlick, dann 
steinig mit vielen Algen. Ueberzüge auf Ascidia obligua bildend. 
Station 43: Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m; steinig. Ueberzüge auf Ascidia obligua 
bildend. (Fauna aretica, t. 6 f. 79.) 
Arktische Verbreitung: West-Spitzbergen (Westseite), arktisches Norwegen. Bei 


Spitzbergen bisher nur von der „Olga“ - Expedition gesammelt. 


94 


Robert Hartmeyer, Die Ascidien der Olga-Expedition. 


Uebersicht der an den verschiedenen Stationen der Ölga-Reise 


Station 5. 


„ 


” 


EB 


2 


„ 


„ 


b2) 


B2} 


gefangenen Ascidien. 


Tromsö-Rhede; 20 m; steinie. 
Haloeynthia aretica (Hartmr.). 


Tromsö-Rhede; 20 m; steinig. 
Halocynthia aurantium (Pall.). 


Fuglö-Sund (3 Meilen von der Walfischstation Skarroe); 55 m; steinig. 


Sarcobotrylloides aureum (Sars). 


«2° 28’ 2” N, 20° 39 4’ 0; 460 m; lehmig mit einzelnen Steinen. 


Amaroueium mutabile Sars. 


75° 40’ N, 17° 30° 0; 179 m; blauer Sehliek mit Muscheln. 


Sarcobotrylloides aureum (Sars). 


W. vom Südkap Spitzbergens, 76° 25’ N, 16° 15° 0; 70 m; Steine und grober Sand. 
Dendrodoa aggregata (Rathke). 


78° 57 N, 11° 8° 0; 115 m; schlickig. 
Aseidia prunum Müll. 


Vor dem Nordeinlauf des Vorland-Sundes; 36—140 m; grauer Schliek und kleine 
Steine. 

Ascidia prunum Müll. 

Distomus erystallinus (Ren.). 


Vor der Kobbe-Bucht (Dänen-Insel); 30 m; Steine und viele Algen. 
Dendrodoa aggregata (Rathke). 


Nordkante von Amsterdam-Eiland, 79° 45 N, 13° 40° 0; 40 m; Schlieck, dann steinig 
mit vielen Algen. 

Haloeynthia aretica (Hartmr.). 

Styela rustica (L.). 

Dendrodoa aggregata (Rathke). 

Sarcobotrylloides aureum (Sars). 

Aseidia obligua Ald. 

Distaplia clavata (Nars). 

Distaplia livida (Sars). 

Didemnopsis variabile (Huitt.-Kaas). 


Recherche Bay; Schlick. 

Styela vustica (L.). 

Dendrodoa lineata (Traust.). 

76° 23’ N, 15° 7 0: 145 m; Schlick mit Sand 


Distomus erystallinus (Ren.). 


Uebersicht der an den verschiedenen Stationen der Olga-Reise gefangenen Ascidien, 


95 


Station 43. Insel Ingö (Hammerfestsund); 150 m; steinig. 


„ 


b2] 


„ 


„ 


44. 


46. 


Dendrodoa aggregata (Rathke). 

Sarcobotrylloides aureum (Sars). 

Ascidia obligua Ald. 

Distomus erystallinus (Ren.). 

Distaplia elavata (Sars). 

Distaplia livida (Sars). 

Amarouelum mutabile Sars. 

Didemnopsis variabile (Huitf.-Kaas). 

13° 52° N, 19° 55° 0; 1350 - 200 m; feiner Sand. 
Sarcobotrylloides aureum (Sars). 

74° 3 N, 19° 7 0; St m; grober Sand und Muscheln. 
Molgula vetortiformis Verr. 

Halocynthia arctica (Hartmr.). 

Dendrodoa aggregata (Rathke). 

Sarcobotrylloides aureum (Nars). 

Aseidia obliqua Ald. 

Amaronenum translucidum Ritt. 


74° 55 N, 16° 19° 0; 400 m; Schliek mit groben Steinen. 
Ciona intestinalis (L.). 

74° 48’ N, 20° 54° 0; SO-S6 m; Schliek mit Steinen. 
Kükenthalia borealis (Gottsch.). 

75° 9’ N, 17° 47’ 0; 191-158 m; grauer Schlick. 

Symoteum haeckeli (Gottsch.). 


nn m 


Bericht 


über 
eine zoologische Studienreise nach Frankreich, Grossbritannien 
und Norwegen, 
ausgeführt im Frühjahre 1902 
von 


Cl. Hartlaub, Helgoland. 


fie Studienreise, deren Verlauf ich schildern möchte, verfolete den Zweck, wissenschaftliches 
> 


Material zu sammeln für ene Revision der craspedoten Medusen, resp. für die 
Bearbeitung dieser Tiergruppe in dem von Prof. Brandt (Kiel) herausgegebenen Werke „Das 
Nordische Plankton‘. — Die Ausführung dieser Reise wurde mir durch eine ansehnliche 
Unterstützung der Königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin ermöglicht. Ich 
spreche der hohen Akademie auch an dieser Stelle meinen ehrerbietigsten Dank aus; ebenso ge- 
bührt dieser dem Kultusministerium und der Direktion der Königl. Biologischen 
Anstalt für den dazu gewährten Urlaub und die erforderliche Ausrüstung. Auch dem Reichs- 
marineamt in Berlin schulde ich aufrichtigen Dank für Förderung meines Unternehmens. 

Der vorliegende Bericht, welcher der Königl. Akademie vorgelegt wurde, beschränkt sich 
im wesentlichen auf den Verlauf meiner Reise und auf die Erfahrungen, die ich an den ver- 
schiedenen von mir besuchten Küstenpunkten und Meeresstationen machte. Die wissenschaftlichen 
Resultate setzen sich aus vielen kleinen ergänzenden Beobachtungen zusammen und finden sich im 
einem ausführlichen, mit zahlreichen Zeichnungen ausgestatteten M. S.-Tagebuche niedergelest. 
Nur die faunistischen Ergebnisse finden auch hier überall Berücksichtigung, um Forscher, welche 
die nämlichen Stationen aufsuchen wollen, nach Möglichkeit zu orientieren. — 

Mit Fischerei - Utensilien, wissenschaftlichen Instrumenten, Chemikalien, Gläsern und Büchern 
seitens der Königl. Biologischen Anstalt auf Helgoland reichlich ausgestattet, sowie versehen mit 
einem Paß des Auswärtigen Amtes in Berlin, auf welchen hin mir Zollschwierigkeiten in den ver- 
schiedenen Ländern erspart blieben, trat ich meine Reise, deren erstes Ziel das im Norden der 
Normandie gelegene Laboratorium in Tatihou war, Mitte Mai an. Der großen Ersparnis 


13 


95 C. Hartlaub, Bericht über eine zoologische Studienreise. 


halber wählte ich den Seeweg per Schnelldampfer von Hamburg nach Cherbourg. Von hier ist 
es nicht weit nach St. Vaast la Hougue, einem kleinen Küstenorte, in dessen unmittelbarer 
Nähe die felsige Insel Tatihou gelegen ist. 

Ich fand an der Biologischen Station von Tatihou die freundlichste Aufnahme 
und bin dem Vorstande derselben Herrn Professor Perrier vom Muse d’ Histoire Naturelle in 
Paris, sowie dem in St. Vaast la Hongue ansäßigen Chef der wissenschaftlichen Arbeiten des 
Laboratoriums Dr. Malard für ihr weitgehendes Entgegenkommen zu aufrichtigem Dank ver- 
pflichtet. 

Mein Aufenthalt in Tatihou, während dessen ich in der Station zu billigen Preisen 
wohnte und beköstigt wurde, erstreckte sich vom 19. bis 25. Mai. Meine Ergebnisse waren in- 
folge der außerordentlich kalten und stürmischen Witterung hinsichtlich der Medusen nur von 
mäßigem Erfolge. Vor allem gelang es leider nieht die von Clapar&de hier entdeckte und noch 
so wenig erforschte Eleutheria Claparödei Hartl. wieder aufzufinden. Der bei Flutzeit täglich ge- 
fischte Auftrieb war außerordentlich arm. An Quallen enthielt er nur wenige Exemplare von 
Phialidium temporarium Browne, Ph. eymbaloideum (v. Bened.) und Euehilota pülosella (Forbes). 
Hinsichtlich der zwei ersten Arten konnte ich die von Browne 1896 (Proc. Zool. Soc.) be- 
schriebenen Beobachtungen bestätigen. An Kuchilota pilosella untersuchte ich namentlich die Rand- 
bläschen, welche etwa 20 Otolithen enthalten und für eine nahe Verwandtschaft der Qualle mit 
Mitrocoma sprechen. — Da der Auftrieb so wenig Material lieferte, benutzte ich die Zeit zu einem 
Studium der Hydroiden-Fauna an der Hand von frischen Sammlungen und solchen aus den 
Vorräten des Instituts. Ich stellte ca. 45—50 Arten fest, über die ein genaues Verzeichnis an- 
gelegt wurde. — Ferner sammelte ich, unterstützt durch den liebenswürdigen Herın Malard, 
zahlreiche Conchilien, darunter schöne Exemplare der in Parks gezüchteten Austern in verschiedensten 
Altersstadien, Ostrea und Erogyra („huitre portugaise“). — Die Lage der Insel und ihr außer- 
ordentlich weit trockenlaufender Ebbestrand bieten dem Sammler von Hydroiden und Conchilien 
ein ungemein günstiges Feld. Der zwischen Tatihou und St. Vaast gelegene Meeresteil, in 
welchem sich die Austernparke befinden, liegt zur Ebbezeit ganz trocken und läßt sich namentlich 


hier in den zurückbleibenden Tümpeln und Rinnsalen eine in jeder Hinsicht lohnende Ausbeute 


erzielen... — Die Fauna ist sehr reich. Besonders scheinen Holothurien gut vertreten zu sein. 
Phoronis hippocrepia ist gemein, Cerianthuslarven kommen vor. Die felsige Umgebung von 


Tatihou ist reich an Hummern, die zu dem außerordentlich niedrigen Preise von etwa 75 Cents. 
das Pfund an den Markt gebracht werden. 

Die Station besteht aus einer Reihe getrennt liegender Gebäude, früher Militär - Lazarette 
der Forts von Tatihou. Professor Perrier und Dr. Malard haben darunter jeder en Haus 
als Dienstwohnung. Die Laboratorien sind gut eingerichtet, mit See- und Sübßwasser-Leitung ver- 
sehen. Alle nötigen Chemikalien sind vorhanden. Die Bibliothek ist leider dürftig. Die Samım- 
lung enthält vortrefflich konserviertes Material aus allen Gruppen von Seetieren. Das Aquarium 


der Station besteht aus 16 großen Schaubecken und zahlreichen kleineren Behältern zu wissen- 


Tatihou, Chausey-Inseln, Granville, St. Malo, Roscoff. 99 


schaftlichen Versuchen. Die Wasserzufuhr besorgt ein Warm-Luft-Motor von 10 Pferdekräften, 
der von einem der zwei zur Anstalt gehörenden Fischer bedient wird. An Böten sind 1 oder 2 
kleine Fahrzeuge vorhanden. Zum Fischen des Auftriebs verwendet die Station jetzt ein von 


Helgoland bezogenes großes Brutnetz. — 


Um die durch Quatrefages berühmt gewordenen, faunistisch reichen, aber einsamen und 
fast unbewohnten Chausey-Inseln zu besuchen, reiste ich am 25. Mai von St. Vaast an die 
Westküste der Normandie nach Granville. Die Chausey-Inseln sind von hier per Segel- 
schiff, das zweimal die Woche fährt, zu erreichen. Leider ließ sich aber mein Plan, hinüber- 
zufahren, ungünstigen Wetters wegen nicht ausführen. Am Strande von Granville war ich 
überrascht durch die massenhaft ans Land geworfenen Klumpen zusammengesetzter 
Ascidien. 

Ich reiste am folgenden Tage nach St. Malo weiter. An diesem äußerst malerisch ge- 
legenen, befestigten Hafenorte, der als Fundort für Quallen durch Haeckel bekannt ist, hielt ich 
mich etwa 6 Tage auf. Wiederum hatte ich unter den ungünstigsten Witterungs -Verhältnissen zu 
leiden. Die Fischerei ließ sich nur mit großen Schwierigkeiten ausführen; auch war ein am Hafen 
gelegenes Arbeitszimmer nicht zu erlangen, so daß mit dem Transport der Fänge nach dem weit 
entlegenen Hötel de France viel Zeit verloren ging. Künftigen Forschern in dieser Gegend sei 
empfohlen, nicht St. Malo, sondern das nahe gelegene St. Servan als Standquartier zu wählen. 
— Die pelagischen Fänge, die ich meist bei strömendem Regen machte, waren quantitativ fast 
breiartig reich und gleichförmig; der Auftrieb wimmelte jedesmal von Pleurobrachia und enthielt 
Massen der auch bei Tatihou in geringer Menge erbeuteten Phialidium-Arten. Besonders günstig 
für die pelagische Fischerei war ein Platz in der Nähe von St. Servan im Ausfluß der „Rence“ 


(östliches Ufer) bei einem weiß bemalten Felsen. 


Da der Auftrieb und das Wetter unverändert blieben, reiste ich Ende Mai weiter nach 
Roscoff an der Nordküste der Bretagne. Seitens des Herrn Professor Yves Delages an 
der Sorbonne in Paris war mir gütigst ein Arbeitsplatz an der dortigen von Lacaze- 
Duthiers gegründeteten Station bewilligt worden. leh möchte nicht versäumen, Herrn Professor 
Delages, welchen ich während meines kurzen Aufenthaltes in Roscoff die Ehre hatte 
persönlich kennen zu lernen, auch an dieser Stelle für die liebenswürdige Aufnahme meinen Dank 
zu wiederholen und ebenso Herrn Marty, dem seit 30 Jahren an der Station tätigen Hauswarte 
und Fischereileiter herzlich zu danken für seine unermüdlichen, auf reichster Erfahrung gegründeten 
Dienste. — Mein Aufenthalt in Roscoff dauerte eine Woche. Ich blicke in jeder Hinsicht auf 
denselben mit größter Befriedigung zurück, da die wissenschaftliche Ausbeute vortrefflich war, und 
mir die großenteils mustergültigen Einrichtungen der Station vielerlei Belehrung brachten. An 
Medusen untersuchte ich 13 Arten, darunter Sarsia gemmifera Forbes, Dipurena halterata Forbes, 
Agastra mira Hartl., Sarsia bretonica n. sp. Besonders interessant war der Fund einer neuen 


Margelopsis-Art. Ich habe über die Beziehungen dieses kleinen schwimmenden Hydroiden zu 


C. Hartlaub, Bericht über eine zoologische Studienreise. 


Figur 1. Margelopsis stylostoma Hartl, 


“1 B = Fieur 2. Tiarella singularis F. E. Schulze, stark vergr. 
wahrscheinlich ein abgelöster, pelagisch lebender Hydranth von > I k ) x verg 


Tiarella singularis F.E. Schulze; sehr stark vergr. (nach Schulze). 

Tiarella singularis F. E. Schulze bereits in einem Referat über Dendys Pelagohydra im Zoolo- 
gischen Zentralblatt Jahrgang X Nr. !/, p. 27—-34 eingehende Mitteilungen gemacht. — An gewöhn- 
lichen Hydroiden stellte ich nach frischem Material und Sammlungsobjekten ca. 40 Arten 
fest. Unter ihnen sei besonders die merkwürdige Myriothela phrygia erwähnt, die an gewissen, 
Herrn Marty bekannnten Fundorten in der Umgegend von Roscoff reichlich vorkommt. — 
Von den Einrichtungen der Station möchte ich die des wissenschaftlichen Aquariums als ganz vor- 
züglich hervorheben. Schau-Aquarien existieren keine. — Die Versuchsbecken werden jedes für 
sich gespeist aus einem 200000 Liter enthaltenden, in Monnier-Konstruktion erbauten Hoch- 
reservoir, welches etwa alle 6 Tage mittels eines Petroleum-Motors von 8 Pferdekräften neu gefüllt 
wird, da das aus den Becken abfließende Wasser nicht zirkuliert, sondern dem Meere wieder zufließt. 
Das Hochreservoir kann jederzeit aus dem sogenannten „Vivier‘“ gefüllt werden, einer hochum- 
mauerten Bassinanlage, in welche das Seewasser bei Flut eintritt und mittels Schotten zurück- 
gehalten wird. — Die Bibliothek und die Sammlungen der Station sind von geringer Bedeutung, 
beide auch während meines Aufenthaltes wegen stattfindender Neubauten schwer zu benutzen. Die 
Arbeitsplätze sind ziemlich beengt. — Die Anstalt verfügt über 3 Böte. Außer dem bereits er- 
wähnten Herrn Marty war noch ein ihm unterstellter Fischer angestellt, der zugleich die Be- 
sorgung des Motors versah. — Das wissenschaftliche Material bietet weniger die hohe See als der 
faunistisch überaus reiche, weit zurücktretende Ebbestrand. Ich logierte in der Station selbst und fand 
in dem nahe gelegenen Hötel des Bains die ausgezeichnetste Verpflegung zu sehr billigen Preisen. 

Mein nächstes Reiseziel war Concarneau, ein durch seine bedeutende Sardinen-Fischerei 
bekannter Hafen an der Westküste der Bretagne. Ich traf hier am 8. Juni ein. Der Ort ist 


Concarneau, Insel Jersey. 101 


reizen«l gelegen, aber durch seine Fischereibevölkerung nicht gerade angenehm. Die kleine Zoolo- 
gische Station bietet fremden Gelehrten nur wenige Arbeitsplätze. Ich fand aber auch hier die 
freundlichste Aufnahme und bin dem mir befreundeten Subdirektor Dr. Fabre-Domergue in 
Paris, sowie dem in Concarneau ansässigen und zugleich die Station leitenden Arzte Dr. 
Bi®trix sehr zu Dank verpflichtet für ihre gütige Unterstützung. 

Die wissenschaftlichen Resultate waren trotz der anhaltend schlechten kühlen Witterung 
befriedigend; ich hatte u. a. Gelegenheit eine mir bis . dahin unbekannte Qualle, Willia stellata 
Forbes, in zahlreichen Exemplaren zu untersuchen, ferner die von Allman in seiner Tubularien- 
Monographie als Textfigur abgebildete (l. c. pag. 46) Sarsia strangulata Allm. wieder aufzufinden. 
— Während an den bisher besuchten Stationen die pelagische Fischerei sich nur bei Flutzeit aus- 
führen ließ, bot Concarneau den Vorteil, daß man auch bei tiefster Ebbe aus der Nähe der 
Station aufs Meer gelangen konnte. Jedoch war andererseits diese Fischerei durch Mangel an 
Strömung erschwert und nur bei segelndem Schiff zu machen. — An Unterpersonal war ein 
Fischer und ein Junge vorhanden; an Böten ein kleineres Boot und ein größeres Motor-Segelboot 
(Petroleummotor von 20 Pferdekräften). Die Station besitzt ein im Keller gelegenes kleineres 
Aquarium mit einigen großen Schaubecken. Der Wasserbetrieb geschieht mittels Windmotors oder 
Gasmotors. Ganz vortrefflich und zur Nachahmung zu empfehlen war ein von Fabre- 
Domergue und Bietrix konstruierter Apparat zur Bewesung nicht zirkulierenden Wassers in 
in kleineren Aquarien. — Mit der Station verbunden ist, ähnlich wie in Roscoff, ein großes 
„Vivier“, in welchem teils von einem Händler Hummer gehalten wurden, teils als Brut eingesetzte 
Steinbutte von der Station großgezogen wurden, ohne daß aber der damit verbundene Zweck der 
Fortpflanzung der auf diese Art großgezogenen Fische bis jetzt erreicht worden wäre. — Die 
Anstalt verfügt über eine kleine, behaglich eingerichtete Bibliothek. Unterkunft bietet sie 
fremden Gelehrten aber nicht, solehe ist in dem allerdings recht mäßigen Hötel des Voyageurs 
zu finden. 

Ich verließ Conearneau am 12. Juni und reiste via St. Malo nach St. Helier auf 
der Insel Jersey. Bei dem Chef der Zollbehörde für Alkohol Herm Kapt. €. Maingay 
Robin fand ich hier sehr dankenswerte Hülfe. Derselbe besaß als eifriger Sportsman und in 
seiner amtlichen Eigenschaft verschiedene Segelböte und stellte sich mir persönlich für meine 
Fischerei zur Verfügung. Ich blieb auf sein Anraten nicht in St. H&lier, sondern nahm mir 
ein kleines Zimmer in Laroque, woselbst Kapt. Robin’s Wohnsitz war und seine Böte lagen. 
Leider verfolgte mich aber auch während meines dortigen Aufenthaltes fortgesetzt stürmisches Wetter 
mit Regen, so daß der gefischte Auftrieb voll von Schlamm und Pflanzen war, brauchbare Medusen 
dagegen kaum enthielt. Der geeignetste Platz für pelagische Fischerei auf Jersey ist nach meinem 
Dafürhalten das reizend gelegene „Gorey“, welches sehr geschützt liegt und einen kleinen Boots- 
hafen besitzt. — Der felsige Ebbestrand bei Laroque (lürfte bei dem etwa 30 Fuß zurück- 
tretenden Meere an littoraler Fauna und Flora Reichhaltiges bieten. Eine Exkursion freilich, welche 


ich zum Hydroiden-Sammeln unternahm, blieb wenig erfolgreich. Eine Dredge-Exkursion dagegen 


102 C. Hartlaub, Bericht über eine zoologische Studienreise. 


ergab schönes Material von Antennularia antennina L. und A. ramosa Lamk. Der fortgesetzt schlechten 
Witterung wegen beschloß ich meinen Aufenthalt auf Jersey schon am 18. ‚Juni. 

Ich nahm das täglich 8 Uhr morgens von St. Helier fahrende Dampfschiff nach Sout- 
hampton um von dort nach London weiterzureisen, Hier gedachte ich durch Aussprache 
mit dem auf dem Gebiete der Medusenforschung bekannten Herrn Edward T. Browne meiner 
Sache zu nützen. Leider jedoch erhielt ich m Southampton die Nachricht, daß der Krönungs- 
feierlichkeit wegen in London kein Logis zu erhalten sei. Ich änderte daher meinen Plan und 
ging um im Solent, dem Fundorte einer noch sehr wenig bekannten Tiwris-Art zu fischen, nach 
Cowes. Meine Hoffnungen wurden leider auch hier durch stürmisches Wetter vereitelt. Auch 
erfuhr ich durch meinen Fischer, daß der Solent seiner reißenden Strömung wegen stets trübes 
Wasser führe. Uebrigens hätte sich Cowes seines Hafens und seiner unmittelbar am Meer 
liegenden Hötels wegen für pelagische Fischerei gut geeignet. Am 23. ‚Juni verließ ich Cowes, 
um via London, wo ich auf der Durchreise Mr. Browne flüchtig am Bahnhof sprach, nach 
Millport zu reisen, einem in Firth of Clyde nicht weit von Glasgow gelegenen Orte mit 
Zoologischer Station. 

Diese Station, aus Privatmitteln gegründet, und von einem Komitee reicher Liebhaber und 
Gelehrten verwaltet, hat den großen Vorzug, einen vortrefflichen Dampfer zu besitzen, mit welchem 
man auf dem ruhigen, landschaftlich überaus schönen Firth of Clyde jederzeit Exkursionen 
ausführen kann. Auch mir wurde dieser Dampfer seitens Mr. Alexander Gray’, des Kura- 
tors der Station freundlichst zur Verfügung gestellt, sodaß meine Forschungen an diesem Platze 
in jeder Hinsicht lohnende wurden. — Die Station liegt bei Keppel Pear, von dem Badeorte 
Millport ziemlich weit entfernt, aber in unmittelbarer Nähe eines Anlegers für Dampfschifte. 
Sie besitzt ein gut eingerichtetes Aquarium mit offenen Becken, eine ziemlich reiche Bibliothek 
und eine vortreffliche Sammlung (,‚Robertson-Colleetion®). Die Arbeitsplätze sind etwas beengt 
und entbehren durch die Gemeinsamkeit des Raumes, sowie durch den häufigen Besuch von 
Schulen und Studenten etwas der Ruhe. Da jedoch eine Vergrößerung der Anstalt beabsichtigt 
ist, wird diesem kleinen Mangel bald abgeholfen sen. Zum Wohnen bietet die Station und ihre 
Umgebung leider keine Gelegenheit; ich war vielmehr gezwungen, in einem sehr mäßigen Hötel 
Millports Quartier zu nehmen. Alle Privatwohnungen waren der Bade-Saison wegen überfüllt. 
— Auf dem Dampfer der Station mußte ich die Einrichtung bewundern, daß zu beiden Seiten 
des Schiffes an Deck eine Reihe von transportabelen Behältern angebracht waren, um die erbeuteten 
Tiere unter zirkulierendem kühlem Seewasser am Leben zu erhalten, sodaß sie in diesen Behältern 
später vollkommen frisch ins Laboratorium gelangten. Sehr empfehlenswert war auch, daß in dem 
Aquarium (zogleich Sortierraum) die flacheren, zur vorläufigen Ausbreitung des Fanges dienenden 
Behälter unter Zirkulation standen und aus einem weißen glasierten Ton gebaut waren, von welchem 
sich die Mehrzahl der Tiere vortrefflich abhob. Auch die von Edward T. Browne beschriebene 
Einrichtung zur Bewegung nicht zirkulierenden Wassers (Journ. Mar. Biol. Assoc. Vol. V pag. 


176) war hier im Betrieb und funktionierte ausgezeichnet. — Der Reichtum der unmittelbar vor 


Cowes, Millport, St. Andrews, Shetland - Inseln. 103 


der Station lebenden Meeresfauna ist ein außerordentlicher und erinnerten die herrlichen im 
Aquarium lebenden Geschöpfe, vor allem die prachtvollen Echinodermen an das Aquarium in 
Neapel. — Meine Ausbeute an Quallen war vorzüglich. Verschiedene vorher nie gesehene Formen 
konnte ich hier in den verschiedensten Altersstufen untersuchen, und manche mir von Helgoland 
längst bekannte Art kam hier in einer nicht geahnten Größe zur Erscheinung. Auch die Hydro- 
iden-Fauna, welche ich an Dredge-Fängen und Sammlungsmaterial eingehend studierte, enthielt 
manche mir völlig neue Vertreter. Unter den zahlreichen Resultaten meiner medusologischen 
Studien sei unter andern erwähnt, daß ich prächtige Exemplare von Bougainvillia brittanica Forbes 
an ihrem Orginal-Fundorte bei Arran erlangte und damit ihre Identität mit Bongainvillia bella 
Hartl. von Helgoland feststellen konnte. Auch eine wahrscheinlich neue Zanclea mit 4 Tentakeln 
von Lamlash Bay bei Arran verdient hier erwähnt zu werden. 

Einen starken Gegensatz zu den Ergebnissen und dem ganzen faunistischen Charakter 
des antlantisch beeinflußten Millport bildete mein Aufenthalt an der entgegengesetzten östlichen 
Küste Schottlands. Durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Professor Me. Intosh, 
dem ich auch hier danke für sein lebhaftes Interesse an meinen Arbeiten, war mir ein Arbeits- 
platz an der rühmlichst bekannten Zoologischen Station in St. Andrews zugesagt worden. Ich 
traf hier am 2. Juli ein. Aber die nach Professor Mc. Intosh’s Aussage, mitunter an Medusen 
reiche Meeresbucht, erwies sich zu dieser Zeit als ganz unergiebig, was wohl auch mit der an- 
dauernd schlechten Witterung zusammenhängen mochte. Ich war vorzugsweise auf das reichhaltige 
konservierte Material der Sammlungen im College von St. Andrews und der Zoologischen 
Station angewiesen. Das Studium derselben führte zu manchen nicht unwichtigen Resultaten, und 
dies umsomehr, als mir Prof. Me. Intosh verschiedenes wertvolle Material zur weiteren Untersuchung 
und zur Mitnahme anvertraute. Die von mir (Wissensch. Meeresuntersuchungen Bd. II p. 506 
Taf. XXI Fig. 6) als Yutonina socialis beschriebene Qualle erwies sich als identisch mit der, auch 
von mir zitierten, von Mc. Intosh gegebenen Abbildung (Rep. Fish. Board of Scotland. VII 
Pl. V Fig. 7) und die von Me. Intosh (1890 Ann. Mag Nat. Hist. (6) V pag. 40 Pl. VIH 
Fig. 1) ausführlich beschriebene, früher bereits (1886. Rep. Brit. Assoc. pp. 710, 711) kurz er- 
wähnte „abnormal Form of Forbe’s Thaumantias melanops“ erwies sich als typisches Exemplar von 
Staurophora laciniata L. Agass. — Pelagische Fischerei auszuführen war nur bei Flutzeit und ge- 
nügendem Winde möglich, da der Hafen völlig trocken läuft bei Ebbe, und das einzige der 
Station gehörige Boot zum rudern zu groß war. Die Einrichtungen der Station waren modernen 
Ansprüchen gegenüber nicht ganz auf der Höhe; Bedienung und Fischerei wurden von einem 
älteren, schon recht bequem gewordenen Fischer versehen. Alle nur wünschenswerte Literatur 
liefern teils die Bibliothek der Universität, teils die sehr umfangreiche Bibliothek des Herrn Me. 
Intosh, dessen liebenswürdiges Entgegenkommen in dieser wie in jeder anderen Hinsicht nicht 
genug anzuerkennen ist. 

Ich verließ St. Andrews am 7. Juli und benutzte einen am folgenden Tage von Leath 


abfahrenden Dampfer, um die Shetland-Inseln aufzusuchen. In Lerwick, wo das nahe 


€. Hartlaub, Bericht über eine zoologische Studienreise. 


104 


dem Hafen gelegene Grand Hötel (deutscher Wirt) ausgezeichnete Unterkunft gewährte, kam ich am 
10. Juli an. Im Hafen lag der deutsche Fischerei-Kreuzer ‚Zieten“, Kommandant 
Korvetten-Kapitän Lautenberger. Ich fuhr sogleich an Bord und fand seitens des 
Kommandanten und der Offiziere die freundlichste Aufnahme. Der weitgehenden Unterstützung 
des Her Kapitän Lautenberger verdanke ich zum großen Teil meine recht befriedigenden 
Resultate am Brassay Sound. Er hatte die Güte, mir während einer Reise des Zieten nach 
den Farör seine Dampfpinasse zur ausschließlichen Verfügung zu stellen, von der aus die pela- 
gische Fischerei sich geradezu in idealer Weise ausführen ließ. Auch dem Assistenzarzte des 
„Zieten“ Herrn Dr, Böhm bin ich für manche Liebenswürdigkeit sehr verpflichtet, vor allem 
aber dafür, daß er mir von den Farör eine Anzahl Exemplare von Margelis prineipis Haeckel 
teils konserviert, teils lebend mitbrachte. Die Nachuntersuchung dieser von den Farör be- 
schriebenen Meduse war für die Systematik von größter Bedeutung. — Der Brassay Sound, 
ein schmaler ruhiger Meeresarm zwischen der Insel Brassay und dem Hauptlande (Mainland) 
mit dem Hafenort „Lerwik“, ist ein für die Medusenforschung seit Forbes’ klassischen Unter- 
suchungen hochberühmter Fundort. Es galt deshalb für mich die von Forbes aus diesem Bereich 
beschriebenen Arten ergänzend nachzuprüfen. Ich überzeugte mich schon bei den ersten Fischerei- 
versuchen von dem ganz außerordentlichen Reichtum der pelagischen Fauna hier. Der Auftrieb 
enthielt enorme Mengen von Quallen und Rippenquallen u. a. zahlreiche Sarsien ausschließlich in 
der interessanten grünblauen Färbung, wie sie bei Helgoländer-Exemplaren nie vorkommt, dagegen 
vereinzelt bei solehen aus der Ostsee beobachtet wurde. Zwei Circe-Arten, darunter eine neue 
Spezies, waren gemein, ebenso große Exemplare von Steenstrupia. Von letzterer stellte ich als- 
bald fest, daß ihre in der äußeren Magenwandung gelegenen Eier dieselbe amoeboide Form und 
Beweglichkeit besitzen, wie sie von den Eiern der AmalthaeaO. Schmidt bekannt sind (cf. pag. 105 Fig. 3). 
Von den sonst beobachteten Medusen seien genannt verschiedene Phialidium-Arten, Lizzia Claparedei, 
Rathkea octopunctata, Tiara octona, Euphysa aurala, Amphinema titania, Mitrocomella polydiadema, 
Thaumantias pilosella, Dipleurosoma amphilectum Hacckel? etc. — VPredge-Versuche, die ich von 
der Pinasse des „Zieten“ aus anstellte, waren wenig ergebnisreich und wurden durch das fortgesetzt 
stürmische Wetter sehr erschwert. Die Ausbeute an Hydroiden war daher gering. Am felsigen 
Ebbestrande sammelte ich eine Coryne in ziemlicher Menge. 

Mein letztes Reiseziel war die norwegische Küste, insbesondere die Insel Floroe, auf 
welcher Michael Sars lebte. Ich hoffte bei Floroe typische Exemplare der Hydroiden und 
Medusen von Syncoryne sarsii sammeln zu können, um sie später mit den Nordsee- und Ostsee- 
üÜxemplaren zu vergleichen. — Da zwischen Lerwiek und der norwegischen Küste keine Post- 
dampfer-Verbindung existierte, wandte ich mich telegraphisch an das Kultusministerium in Berlin 
mit der Bitte, beim Reichs-Marine-Amt erwirken zu wollen, daß mich der „Zieten“ nach Floroe 
brächte. Dies Gesuch aber wurde anfänglich vom Reichsmarineamt abschlägig beschieden und ich 
hatte mit dem Kapitän eines kleinen Bergener Häringsdampfers zu verhandeln, um meinen Zweck 


zu erreichen. Trotz aller Verabredungen fuhr derselbe aber bei Nacht und Nebel ohne mich ab; 


Lerwick, Floroe, Bergen. 105 


damit hatte ich schon die norwegischen Pläne aufgegeben, als eine Ordonanz vom „Zieten‘ mir 
die Nachricht brachte, es sei vom Reichsmarineamt der Befehl gekommen, daß mich der „Zieten“ 
doch nach Floroe resp. Bergen bringe. Ich ging nun unverzüglich an Bord und fuhr am 21. 
Juli 9 Uhr morgens von Lerwick in See nach Floroe, wo wir am nächsten Morgen nach 
sehr stürmischer Reise in aller Frühe ankerten. 

Die Zeit zum Sammeln war, da unser Schiff abends in Bergen sein sollte, knapp 
bemessen. Aber die wenigen Stunden, die mir blieben, wurden eifrigst ausgenutzt. Die sofort 
mit der Barkasse gemachten pelagischen Fänge ergaben ein prachtvolles Material von Medusen. 
Die Syncoryne-Quallen (Sarsia) waren zahlreich und zwar wie in Lerwick bläulich gefärbt. 
Die Hydroiden von Syncoryne Sarsii erhielt ich leider nicht, wohl aber wuchsen am Strande viele 


Kolonien von „Stipula ramosa“ einer von M. Sars bei Floroe entdeckten Corynide. Die Me- 


Figur 3. Steenstrupia rubra Forbes in natürl. Größe und stark vergr. — Rechts der stark vergrößerte Scheitelaufsatz 
etwas kontrahiert mit ausgestreckten borstenähnlichen Organen. 


dusen-Ausbeute nahm ich in meinen Behältern lebend mit nach Bergen. Darunter befanden sich 
auch eine Menge Steenstrupia-Quallen. An diesen machte ich eine nicht unwichtige Wahrnehmung, 


14 


106 


€. Hartlaub, Bericht über eine zoologische Studienreise. 


die weiterer Untersuchung wert sein dürfte. Ich hatte bereits an den in Lerwick gesammelten 
Exemplaren dieser Codonide beobachtet, daß sich der gallertige kegelförmige Glockenaufsatz der- 
selben, in welchem hinein sich vom Magengrunde aus ein langer Kanal erstreckt (Stielkanal), stark 
zusammenziehen kann, und daß sich in diesem Zustande seine Oberfäche dieht mit kurzen borsten- 
ähnlichen Organen bedeckt, die alle von gleicher Länge sind und mit einer leichten Anschwellung endigen. 
Der gewöhnlich gestreckte Stielkanal legt sich bei der Kontraktion in mehrfache Schlingen. Die 
Bedeutung der Zusammenziehung sowohl wie die der auf der Oberfläche des Glockenaufsatzes auf- 
tretenden Borsten ist mir bis jetzt unklar. Keinenfalls handelt es sich bei letzteren um Nessel- 
fäden. Die in Floroe gefangenen Steenstrupien nun lagen sehr bald trotz mehrfachen Wasser- 
wechsels mit stark geschrumpftem Scheitel auf dem Boden der Gläser. Ich dachte nicht anders, 
als daß sie durch den Fang sehr gelitten hätten und im Absterben begriffen seien. Als ich sie 
aber am Morgen nach meiner Ankunft in Bergen von andern Quallen isolierte und wiederum 
in frisches Seewasser brachte, dehnte sich in kurzer Zeit ihr Scheitelaufsatz prall aus, und die 
Tiere verrieten nicht den kleinsten Schaden. Aus alle dem gewann ich den Eindruck, daß der 
lange Scheitelaufsatz der Steenstrupia-Quallen hochgradig empfindlich ist, daß er zahlreiche ner- 
vöse Elemente besitzt, auf deren Reizung die Kontraktion und der bürstenartige Besatz der Ober- 
fläche mit kurzen Stäbchen erfolgen. Vielleicht bringt die noch ausstehende Untersuchung des 
konservierten Materials darüber einige Aufklärung. 

In Bergen fand ich die beste Aufnahme an der Zoologischen Station von Seiten des 
Herrn Nordgaard. Auch Herr Dr. Grieg an Bergens Museum unterstützte mich in 
freundlichster Weise. Eine Dampferexkursion, die Herr Nordgaard mit mir unternahm, blieb 
zu unserm größten Bedauern sehr ergebnislos; in welche Richtung wir auch unsere Streifzüge 
ausdehnten, überall blieb das Plankton gleich arm an Medusen. Aus etwa 200 m Tiefe bekam 
ich im Bergen Fjord ein Paar Exemplare von Melicertidium octocostatum Sars, «die an derselben 
Stelle auch im flacheren Wasser vorkam. Eine junge Sarsia und ein Phialidium variabile bildeten 
den Rest der Medusen-Ausbeute der ganzen für die Station recht kostspieligen Expedition. Ver- 
suche am Pfahlwerke des Bergener Hafens Hydroiden zu sammeln war auch nicht lohnend. 
Immerhin konstatierte ich, daß eine für die dortige Fauna bisher nicht erwähnte Campanularide 
gemein war, nämlich die auch an unserer Küste häufige Obelaria gelatinosa Pall. 

Mit dem kurzen Aufenthalt in Bergen, der trotz der erwähnten Mißerfolge in mancher 
Hinsicht lehrreich war, fanden die wissenschaftlichen Aufgaben ihren Abschluß. Ich verließ 
Bergen mit dem Dampfer nach Christiansand am 25. Juli und reiste über Frederiks- 
haven nach Hamburg, wo ich am 28. Juli morgens eintraf. 

Die Ergebnisse meiner Reise sind trotz der großen Hindernisse, die mir das andauernd 
stürmische Wetter bereitete, recht befriedigend. In die reichen Sammlungen, welche ich mitbrachte, 
teilen sich nach beendigter Durchsicht und Benutzung die Königl. Biologische Anstalt auf Helgo- 


land und das Museum für Naturkunde in Berlin. 


Bericht 


über 
eine botanische Reise nach Marokko. 


Von 


Dr BRaul2Kuekuck 


Mit 5 Textfiguren. 


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2 ir die Untersuchune der Schousboe’schen Nemoderma tingitana, einer nur bei Tanger ge- 
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aß) 


se gefundenen und in ihrer Naturgeschichte sehr lückenhaft bekannten Phaeophycee, hatte mir 
die Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften an der Georg - August - Universität in Göttingen ein 
Stipendium und die Biologische Anstalt in Helgoland zur Erwerbung der Sammlungen einen 
Zuschuß gewährt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung folgen in der nächsten Abhandlung. In 
einer zweiten Arbeit, die an anderer Stelle veröffentlicht wird, soll, was die Exkursionen Be- 
merkenswertes ergaben, zusammengefaßt werden. Hier möchte ich einen kurzen Bericht über «den 
Verlauf der Reise erstatten, da diese oder jene Erfahrung vielleicht anderen Forschern zugute 
kommen könnte. 

Zunächst habe ich der Göttinger Akademie, die durch ihre Unterstützung die Reise er- 
möglichte, meinen herzlichen und aufrichtigen Dank zu sagen. Ebenso danke ich der Biologischen 
Anstalt, die mir auch bei der Ausrüstung behülflich war. 

Die Reise wurde am 26. Februar 1901 von Berlin aus angetreten. In Lüttich unterbrach 
ich für einige Stunden die Fahrt und besuchte in Begleitung meines Freundes Dr. Mare de Selys- 
Longchamps den botanischen Garten und das Institut, wo ich mich Herm Professor Gravis 
vorstellte In Paris, wo ich mieh vom 27. Februar bis zum 3. März aufhielt, ermöglichte mir 
das freundliche Entgegenkommen von Herrn Dr. Bornet die Einsicht in die in seinem Besitze 
befindlichen Algensammlungen und Abbildungen, die P-K.-A. Schousboe in den Jahren 1815 


bis 1529 an der marokkanischen Küste und in Marseille machte. Auch hatte Herr P. Hariot die 


108 


Paul Kuckuck, Eine botanische Reise nach Marokko. 


Liebenswürdigkeit, mir im botanischen Museum des Jardin des plantes die Durchsicht einiger 
Faszikel des sehr wertvollen Algenherbars zu gestatten. Beiden Herren bin ich zu vielem Danke 
verpflichtet. 

Am 3. und 4. März weilte ich in Dijon, wo ich die persönliche Bekanntschaft des jetzt 
nach Bordeaux berufenen Professor C. Sauvageau machte, mit dem mich langjähriges Zusammen- 
arbeiten auf dem Gebiete der Meeresalgen verbindet. Herr Sauvageau zeigte mir die Ein- 
richtungen des Botanischen Instituts und legte mir zahlreiche Proben aus seinen Sammlungen und 
mikroskopischen Präparaten vor, besonders soweit sie sich auf marine Objekte bezogen. 

Am frühen Morgen des 5. März traf ich in Marseille ein und besichtigte am Vormittag 
die Museen im Palais de Longehamp. Um 5 Uhr nachmittags ging ich mit meinem Kollegen 
Herrn Aladär Scherffel aus Iglo (Tatra), der von Salzburg her am gleichen Tage in Marseille 
eingetroffen war, an Bord des „Kleber“, eines Dampfers der Compagnie transatlantique, der den 
Verkehr zwischen Marseille und dem östlichen Algier vermittelt. Den Umweg über Böne, wo wir 
am 6. März abends landeten, Philippeville, Constantine, Biskra und Algier wählte ich, um etwas 
von der nordafrikanischen Vegetation kennen zu lernen, da ich in Marokko auf Touren in’s Land 
nicht rechnen konnte. Wir hatten das Glück, in Biskra den Afrikareisenden Georg Schwein- 
furth zu treffen und unter seiner Führung eine Reihe sehr interessanter Exkursionen in die Um- 
gebung von Biskra zu unternehmen. — Die Eindrücke, die wir beim Betreten afrikanischen Bodens, 
bei den ersten Ausflügen in die Umgebung von Böne, bei der Fahrt an den Rand der Wüste und 
während unseres Aufenthalts in der jetzt vielbesuchten Oase Biskra empfingen, will ich hier nicht 
zu schildern versuchen. 

Vom 22. bis 28. März waren wir in Algier und besuchten die Herren Professoren Battandier 
und Trabut und Professor Herail, der die Freundlichkeit hatte, im Jardin d’ Essai unser 
Führer zu sein. Ein besonderes Interesse hatte für mich die Besichtigung der zoologischen 
Station, die unter der Leitung von Professor Viguier steht und über die hier einige Worte 
gesagt werden mögen. 

Die Station liegt in unmittelbarer Nähe des Wassers, dort wo die Nordmole von der Marine- 
insel abgeht, und besteht aus einem kleinen schmucken Gebäude, das außer den Bibliothekzimmern, 
den Laboratorien und den physiologischen Zimmern auch ein Auditorium für Praktikanten und 
Vorlesungen enthält. Die Ausrüstung mit Instrumenten war recht gut, ein ausgezeichneter mikro- 
photographischer Apparat, Mikrotome u. dergl. sowie ein Heliostat waren vorhanden. Durch 
einen einfachen kapellenartigen Anbau waren für das Praktikantenzimmer einige größere gut- 
beleuchtete Bassins gewonnen, «die von außen bedient wurden. Außerdem waren in dem gleichen 
Zimmer eine Reihe kleinerer transportabler Aquarien aufgestellt. Die Versorgung mit Seewasser 
geschah durch eine direkte Rohrleitung. Im Garten befanden sich für Süßwassertiere und für 
Fische einige größere Erdbassins. Die Station besitzt außer einem Ruderboot auch ein kleines 


Segelfahrzeug mit Petroleummotor, das uns bei emer Probefahrt auf dem Hafen vorgeführt wurde. 


Über Biskra und Algier nach Tanger. 109 


Be«dauerlicherweise ist das Personal so gering, daß die Arbeiten an der Station darunter sehr 
leiden. Es ist dies ein Mangel, über den die marinen Stationen Frankreichs ganz allgemein zu 
klagen haben. 


Am 28. März trennte ich mich von meinem Reisegefährten, der über Marseille den Weg 
in die Heimat nahm, und fuhr mit der Eisenbahn über Blidah nach Oran, um mich dort, glück- 
lich, daß mir der große Hafenstreik in Marseille keinen Strich durch die Rechnung machte, auf 
der „Oasis“, einem Dampfer der Compagnie mixte, einzuschiffen. Die Fahrt längs der Küste ist 
eine der reizvollsten, die man sich denken kann. Prachtvolles Meeresleuchten begleitete uns, als 
wir am 31. März abends 10 Uhr den Hafen von Oran verließen. Am anderen Morgen lag der 
Dampfer in aller Frühe vor Nemours, dem letzten französischen Hafen, um zu laden. Dann ging 
es weiter nach dem spanischen Presidio Melilla, wo Zeit genug war, an Land zu gehen. Der 
nächste Hafen war Tetuan, die erste marokkanische Stadt, die mit ihren weißen Häusern aus den 
grünen Bergen herübergrüßte. Wir umschifften Ceuta und legten in Gibraltar an, dem wir eben- 
falls, nunmehr auf englischem Boden, einen mehrstündigen Besuch abstatteten. Endlich am Abend 


des 2. April gegen 11 Uhr warf die „Oasis“ auf der offenen Rhede von Tanger Anker. Ein 


Fig. 1. Tanger von der Rhede aus geschen. 


Boot brachte uns, während sich ein Wettrudern mit einem kleinen marokkanischen Ruderboot ent- 
spann, ans Land, wir paßtierten die Douane, wo der Palmenstock des marokkanischen Zollwächters 
meinen Koffer traf, doch war die Revision keine strenge und um Mitternacht erreichte ich glück- 
lich mein Hoötel. 


Die ganze Ausrüstung an Netzen, Exkursionsgeräten, Büchern usw., die mir die Biologische 
Anstalt freundlichst mitgegeben hatte, war bereits vor meiner Abreise von Helgoland mit einem 
Dampfer der Oldenburg - Portugiesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft von Hamburg direkt nach 


Tanger gesangen und lagerte, als ich am Morsen des 3. April in der deutschen Gesandtschaft 
s o’o fo) oO oO 


110 Paul Kuckuck, Eine botanische Reise nach Marokko. 


vorsprach, wohlbehalten seit einigen Tagen an ihrem Bestimmungsort. Den Herren Robinow 
und Sohn in Hamburg, die die Verfrachtung übernommen hatten, sage ich auch hier meinen 
besten Dank. Für mancherlei Ratschläge und Auskünfte bin ich außerdem Herrn G. H. Martens 
in Hamburg verpflichtet. Durch das Auswärtige Amt war ich in Tanger angemeldet und hatte 
mich seitens des Gesandten, Freiherrn v. Mentzingen, und der übrigen Herren der Gesandt- 
schaft der freundlichsten Aufnahme und des liebenswürdigsten Entgegenkommens zu erfreuen. Vor 
allem konnte ich die Frachtstücke ohne irgend welche Zollscherereien aus der marokkanischen 
Douane ziehen, sodaß ich mich schon am folgenden Tage in meinem Standquartier, dem Hötel 
Newyork an der Playa, vollständig eingerichtet hatte. Für freundliche Ratschläge bei der In- 
stallierung und beim Engagement von Leuten bin ich Herrn B. Jahn (Firma Haessner und 


Joachimssohn) zu vielem Danke verpflichtet. 


Man sagte mir, es wäre gleichgültig, ob ich Marokkaner oder Spanier engagierte, «das 


Menschenmaterial sei gleich minderwertig. Da mir für die Exkursionen ein Marokkaner empfohlen 


Fig. 2. Felsiges Ufer zwischen Tanger und Kap Spartel. 


wurde, versuchte ich es mit ihm, habe aber in der ersten Zeit öfter wechseln müssen. Völlige 
Unkenntnis vom Werte der Zeit, Unzuverlässigkeit und Unaufrichtigkeit waren die Hauptfehler. 
Die Spanier, meist Gesindel, dem der heimatliche Boden aus irgend einem Grunde zu heiß wurde, 
sollen, wie gesagt, nicht besser sein. Es gelang mir aber doch schließlich, zwei Leute zu finden, 
auf die ich mich verlassen konnte. Es waren beides Berber, nicht Araber: ein junger Bursche, 
der bei den Exkursionen die Tiere (meist Esel, bei weiterem Ausfluge Maultiere) besorgte und 
Dienstleistungen im Laboratorium versah, und ein Fischer, mit dem ich dretschte Da Tanger 
einen Tidenunterschiel von 2,53 m bei Springtiden, von 0,60 m bei Nipptiden besitzt, 


wurden die Littoralexkursionen in der Regel vom Ufer aus gemacht. Das Terrain ist nicht sehr 


Excursionen bei Tanger, Kap Spartel und El Arisch. 111 


günstig. Die Küste ist zwar felsig und für Algenwuchs also geeignet, sie fällt aber steil ins Meer 
ab und auf weite Strecken ist die ganze Uferzone mit riesigen Felsblöcken übersäet, die die Passage 
sehr erschweren. Oestlich von der Stadt nach dem Kap Malabata ist der Boden auch sandig, so- 
daß Caulerpa prolifera üppig gedieh. Weit vorgelagerte flache Riffe, die bei Ebbe weithin ent- 
blößt werden, fehlen bei Tanger, doch ist das Terrain vor der Kasbah, dem alten Araberkastell, 
westlich von der Landungsbrücke bis zur Mündung des Judenflusses nicht ungünstig. Hier wurden 
die Exkursionen entweder zu Fuß und watend vom Lande aus gemacht oder es wurde an den 
vorgelagerten Riffen mit dem Boote von der Außenseite angelegt. Letzteres war nur an ganz 
ruhigen Tagen möglich, da die Straße von Gibraltar auch bei leichten Winden infolge der scharfen 
Strömung fast ausnahmslos sehr unruhiges Wasser hat. Eine andere sehr häufig besuchte Stelle 
war Agla, der beste Standort für Nemoderma, halbwegs nach Kap Spartel zu. Für diese Ex- 
kursionen mußten 2 bis 3 Esel und ein Treiber gemietet werden. Besonders der halbstündige 
Saumpfad zum Ufer herunter war allerdings etwas beschwerlich, aber wenn auch zuweilen das 
erbeutete Material in Gefahr geriet, so lief doch zum Schluß meist alles glücklich ab. Ich habe 


hier zu der auch sonst schon bewährten Methode gegriffen und das ganze Material in feuchte 


Tücher verpackt, nicht in Wasser nach Tanger transportiert. Es kann so völlig frisch einen 


Fig. 3. Algenvegetation bei Agla während der Ebbe ; im Vordergrunde Lithothamnion eristatum, dazwischen Nemoderma tingitana. 


112 Paul Kuckuck, Eine botanische Reise nach Marokko. 


Transport von mehreren Stunden, wie sich später herausstellte, sogar von einigen Tagen 
überstehen. 

Kap Spartel habe ich nur einmal besucht. Das Terrain ist wegen der schweren Brandung, 
die hier fast immer steht, nicht bequem. Die weite Bucht, die sich von Tanger östlich zum Kap 
Malabata hinzieht, lieferte zwar einige bemerkenswerte Funde, war aber im ganzen auch nicht 
günstig. Die hier im Sande steckenden Felsen lagen meist zu hoch in der littoralen Zone, um 


eine mannigfaltigere Vegetation zu tragen. 


Auf einem sechstägigen Maultierritt durch’s Innere nach Arzila und el Arisch (Larache), 
beides alte portugiesisch - spanische, jetzt den Marokkanern gehörige Festungen an der atlantischen 
Küste, hatte ich Gelegenheit, auch von dieser ein Stückchen kennen zu lernen. Sie zeigt ein von 
der Mittelmeer- und Straßenkonfiguration sehr abweichendes Bild. Der äußere Rand des letzten 
niedrigen Küstenplateaus fällt hier, oft mit dichten Pistacia-Gebüschen bekleidet, meist steil zum 
Meere ab. Davor zieht sich ein schmaler, 
sandiger Küstenstreifen hin, der nur selten 
von vorspringenden Felsnasen unter- 
brochen wird. Doch muß, nach dem 
freilich sehr spärlichen Algen - Antrieb 
zu schließen, hier und da auch im 
Wasser noch anstehender Felsen den 
Sand durchbrechen. Auch bei ruhiger 
See steht hier eine in langen Brechern 
heranrückende Brandung. Der Algen- 
wuchs fehlt naturgemäß so gut wie ganz. 
Bei Arzila habe ich wegen der un- 


günstigen Tide und des kurzen Aufent- 


halts nicht botanisiert, dagesen fand sich 
einte 


bei el Arisch südlich von der Mündung 


des 1 Kus ein außerordentlich günstiges 

Fig. 4. Leuchtturm von Kap Spartel. Terrain, wie es bei Tanger nirgends vor- 

handen war. Hier liefen bei Ebbe große, fast horizontal liegende, von zahlreichen Rissen und Wannen 

unterbrochene Felsenplateaus ins Meer, die eine sehr reiche und interessante marine Vegetation 

aufwiesen. Das hier gesammelte Material habe ich nach zweitägigem Ritt noch zum Teil frisch 

in Tanger sortieren können. Uebrigens sollen alle diese Verhältnisse an anderer Stelle eingehend 
geschildert werden. 

Für Dretschexkursionen versuchte ich den kleinen Dampfer der marokkanischen Zolibehörde 

zu engagieren. Ich habe die Sache wohl ungeschickt angefaßt, indem ich durch die deutsche Ge- 


sandtschaft beim marokkanischen Minister in Tanger anfragen ließ. Meine Bitte wurde rundweg 


Exkursionen bei Tanger, Kap Spartel und El Arisch. 113 
abgeschlagen. Ein gutes Trinkgeld an den Kapitän wäre gewiß zweckmäßiger gewesen, Ich war 
also auf die marokkanischen Segelboote angewiesen, da die spanischen Fischerkutter in Tanger zu 
kurze und nicht vorauszusehende Stationen machten. Die Marokkaner sind kein Seevolk, auch 
wenn sie, wenigstens bei Tanger, ziemlich eifrig Fischerei treiben. In der Regel waren die Leute 


wegen der starken Strömung nicht zu bewegen, weiter hinaus in die Straße zu segeln. Das 


Dretschen will auch gelernt sein und das Resultat der Züge, die ich auf 2—3 Exkursionen machte, 
war wen’g ermutigend. Vielfach war auch der Boden, Sand, glatter Felsen oder zerklüftete Blöcke, 
hinter denen das Netz bald festsaß, ungeeignet. Ich habe kurz vor meiner Abreise den kleinen 
Schlepper des Norddeutschen Lloyd, die „Undine“, die in Gibraltar den Verkehr zwischen den 
großen Dampfern der Linie Newyork - Genua und dem Festlande vermittelt, geschartert und dem 
Lloyd hier herzlichen Dank zu sagen, «daß er mir nur die Kohlen und keine Scharter berechnete. 
Kostspielig genug waren die S Stunden Dretschens vom Taubenkap (westlich von Agla) bis östlich 


Malabata immerhin, doch war der Erfolg einigermaßen befriedigend. 


Verständigt habe ich mich mit der eingesessenen Bevölkerung meist spanisch, von dem die 
paar Brocken, die ich mir in Helgoland angeeignet hatte, genügten. Die meisten Marokkaner in 
Tanger verstehen aber auch etwas Französisch und Englisch. Das Leben war nicht gerade billig. 
Es ist an Hötels kein Mangel, aber die vollen Pensionen, zu denen man gezwungen ist, sind ziem- 
lich hoch bemessen. Doch sind wir von Helgoland in dieser Beziehung ja nicht verwöhnt. Sehr 
mäßig waren dagegen die Ausgaben bei den Exkursionen. Für die fünfstündige Exkursion nach 
Agla rechnete ich gewöhnlich nicht mehr als 6—7 Peseten (etwa 3—4 Mk.), für eine Segelboot- 
fahrt 12—15 Peseten (”—9 Mk.). Die „Undine‘“ kostete einschließlich der Hafenabgaben, Sani- 


tätspapiere, Trinkgelder an die Mannschaft u. dergl. etwa rund 150 Mk. 


Nicht übergehen möchte ich hier den angenehmen geselligen Verkehr, den ich mit den 
Angehörigen der kleinen deutschen Kolonie pflegen durfte. An die Stunden, die ich besonders 
im Hause Rottenburg und in der deutschen Gesandtschaft verlebte, werde ich immer mit großem 
Vergnügen zurückdenken. Mit Freuden ergreife ich hier «die Gelegenheit, meinen herzlichen und 
aufrichtigen Dank dafür auszusprechen, daß sich der Aufenthalt in Tanger auch in dieser Beziehung 
so freundlich für mich gestaltete. Ebenso habe ich der Familie Boberg und Hermm und Frau 
de Cuevas in el Arisch für ihre liebenswürdige Aufnahme herzlich zu danken. Ohne Herrn 
Postdirektor Stoecker aus Tanger, den ich auf einer Tour ins Innere ein Stück Weges be- 


gleiten durfte, wären mir diese letzteren Anknüpfungen wohl nicht möglich gewesen. 


3eim Abbruch der Arbeiten und beim Verpacken der Ausrüstung leistete mir ein Ange- 
stellter der Firma Haessner & Joachimssohn, den mir Herr Jahn zur Verfügung stellte 
und der besonders im Verpacken von Glassachen erfahren war, anerkennenswerte Dienste. So 
kam es, daß ich auf dem Rücktransport, der wieder mit der  oldenburgisch - portugiesischen 
Dampjfschiffahrtsgesellschaft stattfand, ebenso wenige oder gar keine Verluste durch Bruch und dergl. 


zu beklagen hatte wie beim Hintransport, der in der Biologischen Anstalt vorbereitet worden war. 


at Paul Kuckuck, Eine botanische Reise nach Marokko. 


Eine kleine Sammlung von Phanerogamen, die zum Teil aus Biskra, meist aber von der 
Tour nach Arzila und el Arisch stammte, hatte Prof. Graf zu Solms-Laubach in Straßburg 
die Güte durchzusehen. Was daran bemerkenswert war, wurde dem Straßburger Herbar einverleibt. 
— Die Lithothamnien von Marokko wurden Herrn Foslie im Drontheim zur Bearbeitung über- 
geben. (Vergl. die Schlußabhandlung dieses Bandes.) 

Am 21. Juni verließ ich Tanger und erwartete in Algeciras den von Newyork kommenden 
Dampfer des Norddeutschen Lloyd, die „Trave“. Für JJemanden, der Exkursionen in der Straße 
von Gibraltar machen will, scheint mir Algeciras ein sehr geeignetes Standquartier. Es müßte 
nicht schwer halten, hier ab und zu einen kleineren Dampfer zu erhalten. Das freundliche 
Städtehen hat billige Preise und zeichnet sich durch große Sauberkeit aus. Gibraltar ist als 


Festung und wegen seiner enormen Teuerung nicht zu empfehlen. — Der Direktion des Bremer 


a 


Lloyd bin ich für die Bereitwilligkeit, mit der sie mir eine ermäßigte Ueberfahrt nach Neapel be- 
willigte, sehr verpflichtet. In dem Kapitän der „Trave“, Herrn Weyer, lernte ich den Sohn 
meines alten, sehr verehrten und nun leider verstorbenen Universitätslehrers, Professor Weyer in 
Kiel, kennen. 

Am 24. Juni lief die „Trave“ am frühen Morgen in Neapel ein. Ich machte am selben 
Vormittag in der Station Besuch und wurde von Herrn Geheimrat Professor Dohrn auf das 
freundlichste aufgenommen. Er zeigte mir nicht nur das Aquarium und die wissenschaftlichen 
Räume, sondern veranlaßte auch, daß ich in die technischen Einrichtungen des Betriebes einen 
Einblick erhielt. Ueber das Schauaquarium brauche ich kein Wort zu verlieren. Sehr angenehm 


ist die Ausrüstung der Laboratorien mit kleineren Aquarienbecken, in denen die zu untersuchenden 


Rückreise über Neapel. 115 


Tiere untergebracht und emige Zeit gehalten werden können. Für Beobachtungen, die sich über 


Monate und Jahre ausdehnen, sind die Einrichtungen weniger geeignet. Einmal fehlte es für 
Pflanzenkulturen und für feinere Ablesungen an genügendem Licht, sodann schienen mir die Räume 
für Experimentieraquarien nicht genügend temperiert zu sein. Um normale Kulturen anzustellen, 
bedarf es eines möglichst großen, gut beleuchteten und gleichmäßig temperierten Raumes, der am 
vorteilhaftesten in das Souterrain zu legen ist. 


Am 30. Juni trat ich über Rom und den Gotthardt die Rückreise nach Helgoland an, wo 


ich am S. Juli wohlbehalten eintraf. 


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beiträge 


zur 


Kenntnis der Meeresalg’en. 


Von 


Dr. Paul Kuckuck. 


10. Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe Mit Tafel IV—VI (15—17) und 18 
Textfiguren. 


11. Die Fortpflanzung der Phaeosporeen. Mit Tafeln VII (18) und VIII (19) und 4 Textfiguren. 
12. Ueber Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Mit Tafeln X (21) und XI (22) und 17 Textfiguren. 
13. Untersuchungen über Chrysymenia. Mit Tafeln XII (23) und XII (24) und 7 Textfiguren. 


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7 


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10. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 


Hierzu Tafel IV—VI (15-17) und 15 Textfiguren. 


ilden die CUntleriaceen eine kleine scharf umgrenzte Familie der Phaeosporeen, die, seit langem 


bekannt, um ihrer ausgeprägt geschlechtlichen Differenzierung und sonstiger Eigentümlich- 
keiten willen zuweilen ganz von jener großen Gruppe abgetrennt worden ist, so ist uns in neuerer Zeit 
durch Bornets Bearbeitung der Schousboeschen Algenexsikkaten!) in Nemoderma ein anderer 
in mehrfacher Hinsicht auffallender Phaeosporeen-Typus bekannt geworden. Hier gehen sehr ab- 
weichend gebaute Fortpflanzungsorgane, deren zum Teil geschlechtliche Funktion nur vermutungs- 
weise ausgesprochen werden konnte, mit sehr einfachen Verhältnissen des vegetativen Baues Hand 
in Hand, wie sie unter den Phaeosporeen öfter vorkommen und am allgemeinsten bei der freilich 
wenig einheitlichen Familie der Myrionemaceen durchgeführt sind. Es ist ein schönes Zeugnis für 
den Scharfblick Schousboes, der die Botanik neben seinen Berufsgeschäften als Liebhaberei 
trieb und den naturgemäß die größeren, durch Zierlichkeit oder prächtige Färbung ausgezeichneten 
Tange am lebhaftesten interessieren mußten, daß er trotz verhältnismäßig unvollkommener Hilfs- 
mittel in der unscheinbaren krustenförmigen Alge einen außergewöhnlichen Typus erkannte und sie 


in den Erläuterungen zu seinen „Ieones ineditae“ ausführlicher beschrieb. 


Was an festen Tatsachen aus dem getrockneten Originalmaterial gewonnen werden konnte, 
hat Bornet in einer zwei Seiten langen, durch präzise Fassung ausgezeichneten Besprechung und 
unter Verwertung Schousboescher Notizen zusammengestellt und der im wesentlichen dem eben 


erwähnten Manuskript entnommenen, nur etwas redigierten lateinischen Gattungsdiagnose beigefügt. 
!) Les Algues de P.-K.-A. Schousboe, recoltees au Maroc et dans la Mediterranee de 1815 & 1829, et determindes par 
M. Edouard Bornet. (Extr. des M&moires de la Soc. nat. des Seiene. nat. et math@m. de Cherbourg T. XXVIII p. 165-376. 
PI.T II 1892.) 


120 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Hier in extenso das Ergebnis der Bornetschen Untersuchung, die 64 Jahre nach der Entdeckung 
der „Nemoderma tingitana“ neu aufgenommen wurde: 

Der ansehnliche Krusten bildende Thallus besteht aus einem Lager horizontal ausstrahlender, 
monosiphoner Fäden, aus dem sich ein dichtes Polster aufrechter, durch Schleim mit einander ver- 
bundener, gleichfalls monosiphoner, unverzweigter oder spärlich: verzweigter, oben etwas keulenförmig 
verdickter Fäden erhebt. ; 

Es wurden drei Arten von Fortpflanzungsorganen, deren Rolle an lebendem Material noch 
festzustellen bliebe, beobachtet und nach ihrem Bau provisorisch als „plurilokuläre 
Sporangien“ „Antheridien“ und „unilokuläre Sporangien‘“ unterschieden. 

Die plurilokulären Sporangien und die Antheridien, die über den ganzen Thhallus vermischt 
mit einander stehen, sind schotenförmig-höckerig, gestielt oder ungestielt, 30—60 k lang, 15 « 
breit und entstehen als seitliche Aussprossungen an den aufrechten Fäden, indem die über einander 
liegenden Zellen eines Zweigehens anschwellen und sich durch Längswände teilen. Da die nun 
weiter um sich greifende Fächerung bei den pluxilokulären Sporangien eher zum Stillstand kommt, 
ergeben Messungen für die Sporenfächer einen Durchmesser von 6—7, für die Antheridienfächer 
einen solchen von 2—3 H. 

Ueber die Art, wie die Fächer der plurilokulären Sporangien und die Antheridien entleert 
werden, konnte nichts ermittelt werden. 

Die unilokulären Sporangien, seltener als die anderen Fortpflanzungsorgane, aber wo sie 
auftreten, in Menge vorhanden, entstehen durch Anschwellen einer interkalaren Zelle der aufrechten 
Fäden und bilden einen eiförmigen Sack von 30—60 Länge und 20—27 x Breite. „Da Proto- 
plasma und Chromatophoren in dünner Lage der Wand des Sporangiums aufliegen, das auch im 
vorgeschrittensten Stadium durchsichtig und ohne Spuren einer Teilung bleibt, so ist es sehr wahr- 
scheinlich, daß das unilokuläre Sporangium nur eine einzige Spore umschließt.“ 

„Sieht man von den Körpern, die den plurilokulären Sporangien an die Seite gestellt wurden 
und deren Natur nicht genügend aufgeklärt erscheint, ab und nimmt an, daß die anderen Organe 
in der Tat Antheridien und unilokuläre Monosporangien sind, so würde sich Nemoderma zu gleicher 
Zeit den Eetocarpeen und Tilopterideen nähern. Aber die Lücken in den Beobachtungen sind zu 
groß, als daß es ratsam wäre, sich auf diese Ansicht zu versteifen.“ !) 

Bornet, der seine Ausführungen durch drei vorzügliche Kupferstiche erläutert (l. c. Pl. I 
Fig. 8, 9, 10), behandelt Nemoderma bei den Miyrionemaceen zwischen Ralfsia und Myrionema, 


aber man sieht, daß er sich über die Fortpflanzung und die daraus abzulsitenden verwandtschaft- 
!) ‚Le protoplasme et les chromatophores “tant disposes en une couche mince sur la paroi du sporange, qui reste translucide 
m&me ä l’ötat le plus developp@ et ne presente aucune trace de division, il est tres vraisemblable, que le sporange uniloculaire ne 
renferme qu’une seule spore.“ 

„Si, laissant de cöt& les corps que j’ai assimilds ä des sporanges pluriloeulaires et dont la nature ne me parait pas sul- 
fisamment &elaircie, on admet que les autres organes sont bien des antheridies et des sporanges uniloculaires monospores, le Nemo- 
derma se rapprocherait ä la fois des Eetocarpees et des Tilopteridees. Mais les lacunes de l’observation sont trop grandes pour 
qwil eonvienne d’insister sur ce point.“ 1. e. p. 243. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Sehousboe. 121 


lichen Verhältnisse der Gattung sehr zurückhaltend äußert. Sollte die Ausfüllung der von ihm 
hervorgehobenen erheblichen Lücken nicht für unabsehbare Zeit ein Desiderat bleiben, so wär kein 
Ausweg möglich, als die Pflanze an ihrem natürlichen Standort aufzusuchen, an dem sie Schousboe 
vor nunmehr 74 ‚Jahre gesammelt hatte und dem seitdem kein neuer Fundort hinzugefügt worden 
ist. Es sind so wenig Beispiele geschlechtlicher Fortpflanzung bei den Phaeosporeen bekannt, daß 
es lohnend erschien, an diese Aufgabe heranzutreten, wenn nur mit einiger Sicherheit darauf ge- 
rechnet werden konnte, der als selten bezeichneten Alge überhaupt wieder habhaft zu werden. Zum 
Glück ließen die Angaben Schousboes in dieser Hinsicht kaum etwas zu wünschen übrig: „In 
saxis maritimis resionis tingitanae, loco Agla dieto, raro inveni hane Algam singularem, mensibus 
aprili, maio et junio 1828.) Ich glaubte danach vermuten zu können, daß Nemoderma an 
Stellen gedeiht, die bei Ebbe trocken liegen, daß also langwierige Dretschzüge nicht nötig sein 
würden. 

Der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften an der Georg - Augusts - Universität in Göttingen 
habe ich herzlichen Dank zu sagen, daß sie auf meinen Antrag die Mittel für die Reise nach 
Tanger bewilligt. Eine weitere Beihülfe verdanke ich der Biologischen Anstalt, in deren Besitz 
die nebenher gemachten Sammlungen übergehen sollten und die dafür aus ihrer Etatsposition für 
größere Exkursionen einen angemessenen Betrag bereitstelltee Herrn Dr. E. Bornet in Paris 
statte ich für die gütige Erlaubnis, die in seinem Besitz befindlichen Tafeln, Manuskripte und 
Exsikkaten Schousboes während eines dreitägigen Aufenthaltes in Paris durchsehen zu dürfen, 
und für seine mannigfachen freundlichen Ratschläge und Winke, die er mir mit gewohnter Liebens- 


würdigkeit erteilte, auch hier meinen herzlichsten und verbindlichsten Dank ab. ?) 


Zu Beginn des April 1901 landete ich in Tanger und war in zwei Tagen so weit einge- 
richtet, daß ich die erste Exkursion unternehmen konnte. Agla ist eine kleine, aus wenigen Ge- 
höften bestehende spanische Ansiedlung, am ziemlich steilen Abfalle des „Monte“ ca. 50 m über 
dem Meere mittewegs zwischen Tanger und Kap Spartel gelegen, und mit Esel in ca. 2 Stunden 


zu erreichen. Das Ufer ist stark zerklüftet, von Felsblöcken übersät und ohne vorgelagerte, die 


2) ]. ec. p. 241. 

2) An die Bequemlichkeiten der marinen Stationen in Helgoland und Rovigno gewöhnt und mit den Verhältnissen in 
Marokko unbekannt, empfinde ich das freundliche Entgegenkommen, das mir von den verschiedensten Seiten zuteil wurde, beim 
Niederschreiben dieser Zeilen von neuem mit lebhaften Dank. So haben Professor H. Graf zu Solms-Laubach in Straßburg 
und Geheimrat Prof. Ehlers in Göttingen, der vorsitzende Sekretar der Akademie, durch ihr freundliches Interesse das Zustande- 
kommen der kleinen Expedition sehr gefördert. Orientierungen über Land und Leute gaben mir Herr Professor Askenasy in 
Heidelberg, der selbst vor Jahren wertvolle Sammlungen an der marokkanischen Küste gemacht hat, Herr Kapitänleutnant v. Meyerink 
in Helgoland und Professor Sauvageau, jetzt in Bordeaux. Professor Dr. Heincke in Helgoland stellte in liberaler Auffassung 
der Aufgaben, denen die Biologische Anstalt dient, die ganze Ausrüstung von Instrumenten, Netzen. Fanggeräten, Literatur usw. 
zur Verfügung, für deren sorgfältige Verfrachtung die Slomannsche Rhederei und die Herren Robinow & Sohn in Hamburg 
Sorge trugen. Auch verdanke ich dieser Firma ebenso wie Herrn G.H. Martens und Herm Liebermann in Hamburg wertvolle 
Empfehlungsschreiben. Bei der Installierung in Tanger erfreute ich mich der liebenswürdigsten Hülfe vonseiten der Deutschen Ge- 
sandtschaft; im besonderen habe ich dem Kaiserl. Gesandten, Freiherrn v. Mentzingen, dem zweiten Dragoman, Herrn Lüderitz 
und dem Kanzler Herrn Marthe für mancherlei Informationen und namentlich für ihre Verwendung beim marokkanischen Zoll- 
amt zu danken, die mich vor allen Scherereien bewahrte. In allen kleineren, aber doch wichtigen Angelegenheiten, wie der Wahl 
eines geeigneten Standquartiers, dem Engagement von marokkanischen Fischern und derg]. stand mir bereitwillig und stets Auskunft 
gebend Herr B. Jahn zur Seite, Geschäftsteilhaber der deutschen Firma Hässner & Joachimssohn in Tanger, für die mein Kredit- 
brief ausgestellt war. 


122 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Brandung abhaltende Riffe. Nur hier und da ragt ein mit Tang bewachsener Felsblock ein wenig 
vom Ufer entfernt bis unter die Oberfläche empor. So war meine erste Exkursion nicht gerade er- 
mutigend und die Ausbeute, mit der ich nach zweistündigem Umherklettern zwischen schlüpfrigen 
Felsen heimkehrte, sah keineswegs glänzend aus. Um so größer waren Freude und Ueberraschung, 
als die mitgenommenen Krusten von Ralfsia verrucosa bei näherem Zusehen zwischen sich kleine 
wenig umfangreiche Krusten von etwas anderem Ayıssehen zeigten, die sich unter dem Mikroskop 
als die gesuchte Nemoderma tingitana mit jungen unilokulären Sporangien entpuppten. Bei einer 
einige Tage später unternommenen Exkursion konnte etwas weiter östlich an einer bequemeren 
Stelle, wo sich einige zusammenhängende Felsplatten ins Wasser hinabsenkten, gesammelt werden. 
Hier wuchs wiederum gemeinschaftlich mit Kalfsia verrucosa unsere Alge in großer Menge und 
in stattlichen Exemplaren, deren mehrere junge Stadien von Bornets „plurilokulären Sporangien“ 


und „Antheridien“ trugen. 


1. Morphologie und Anatomie. 


Die olivbräunlichen oder schmutziggelblichen, dem Felsen fest angeschmiegten und etwas 
schlüpfrigen Krusten von Nemoderma tingitana erreichen bei unregelmäßig lappigen Umrissen 
einen Durchmesser von 5—9 cm und eine Dicke von 1,5 mm (Taf. IV [15] Fig. 1 u. 2). Bricht 
man den Thallus mit seinem Substrat durch, so erscheint der Bruchrand schwach schartig, nicht 
glatt und bei Lupenvergrößerung erkennt man die faserige Struktur der kleinen Vorsprünge, die 
ganzen Komplexen dicht gedrängter, senkrecht vom Substrat aufsteigender Fäden entsprechen. Auf 
radialen Vertikalschnitten, die bei der Brüchigkeit des Materials und infolge des Anheftens feiner 
Quarzpartikelchen nicht leicht glücken, oder wenn man eine kleine aus dem Thallus herausgehobene 
Partie nach sorgfältiger Säuberung zwischen Deckglas und Objektträger vorsichtig zerdrückt, lassen 
sich die einfachen anatomischen Verhältnisse gut übersehen. 

Die Basis wird von einem ursprünglich einschichtigen horizontalen Zellenlager gebildet, dessen 
randwärts ausstrahlende Fäden sich den Unebenheiten des Substrats dicht anschmiegen. Die bei 
jungen Thallomen (vergl. die Keimpflanze Textfig. 13) noch deutliche Einschichtigkeit wird sehr 
bald durch diese Wachstumsart gestört. So bilden bei älteren Pflanzen mehr 
unregelmäßig an einander gepreßte Zellen eine stellenweise dreischichtige, fest 
verwachsene Lage (Textfig. 1 und 2), die nach unten papillenförmige Vor- 
stülpungen treiben kann und deren oberste Elemente sich aus den Basal- 


stücken der aufrechten Fäden rekrutieren. In toto zeigt der untere Teil dann 


zahlreiche Grübchen, Aushöhlungen und Vorsprünge, die ein Positiv der grob- 


Fig. 1. 
Fragment eines Vertikal- 
schnitts durch ein Basallagerfsonders Textfig. 3 und 5). Wo aber auf kurze Strecken das Wachstum 


nit daraus entspringenden £3 > ı 5 . co . 
ns “sanz horizontal erfolgen kann, sind auch sehon die darüber liegenden Zell- 


körnigen Oberfläche des die Alge tragenden Sandsteins darstellen (vergl. be- 


senkrechten Täden. 
100 


Ver Zr schichten nieht mehr durchweg fest mit einander verbunden, sondern als 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 23 
{=} 


etwas umgeformte Uebergangszellen der aufrechten Fäden aufzufassen. Meist sind die Basalzellen 
ziemlich isodiametrisch oder nur wenig in radialer Richtung gestreckt; ihre Wand ist ein wenig 
verdickt und von fester Konsistenz (Textfig. 3), Das Randwachstum geht ähnlich wie bei Ralfsıa 


vor sich und wird sich besser beim Besprechen der Keimpflanzen erläutern lassen. 


Die aufrechten Fäden verlaufen durch die ganze Dicke des Thallus absolut gradlinig, nie 
bogenförmig und stehen in der Regel auch vertikal auf der Basalschicht (Textfig. 3 u. 5). Selten 
streben sie im spitzen Winkel empor (Textfig. 2, wo die Neigung beim Schneiden wohl noch ver- 
stärkt worden ist). Die Verzweigung ist spärlich und setzt ge- 
wöhnlich nahe der Basis ein. Die 7—12, meist S—-9 £ breiten 
Zellen sind unten etwas gestreckt, bis zur doppelten Länge, und 
werden nach oben kürzer, ohne bis zum Maß ihrer Breite herunter 
A —— zu gehen. Die Spitzenzelle ist im oberen Teil etwas verbreitert 


Ei 9 estikalabachnite wie in Rip. 1. und am freien Ende meist ebenflächig abgestutzt. Die Fäden 

. 2. alab: ale > 

das Basellager zeigt ungestörtes Wachstum, 

die aufrechten Fäden laufen schräg empor. 
Vergr. 20 


wachsen getrennt voneinander, sodaß sie bei leichtem Druck aus- 
einander weichen, werden aber dadurch lose zusammengehalten, daß 
die äußere Membranschicht verschleimt. Die obersten Zellen sind 
bei sterilen Krusten von besonders starken Schleimkuppen überwallt, die an der Außenseite zu 
polyedrischen Feldern zusammenschließen, ganz ähnlich wie dies für die Sporangiensori von Phyllitis 


Fascia von Thuret und Bornet!) und von Zithoderma von mir schon früher beobachtet wurde.?) 


Es hat mir Schwierigkeiten bereitet, festzustellen, ob das Wachstum der aufrechten Fäden 
rein terminal durch Tätigkeit einer Scheitelzelle oder nebenher auch interealar erfolgt. Die bei- 
gegebene Textfigur 13 spricht wohl für das erstere. Die nach unten abgeschiedenen Zellen vermögen 
sich nur noch zu strecken und hierbei reißt oder verquillt die äußere gallertige Hülle der Membran 
meist in einer äquatorialen Zone, wie dies besonders Figur 9 auf Tafel IV (15) und Figur 14 


und 18 auf Tafel V (16) zeigen. 


Eine Etagenbildung durch Uebereinanderwachsen von Krusten wie bei Ralfsia und Sphace- 
laria olivacea oder durch Absetzen der Zonen verschiedenen Alters wie bei Zithoderma?) wurde 
nicht beobachtet. 

Der Zellinhalt gibt beim ersten Anblick ein wenig übersichtliches Bild, da das Lumen mit 
körnig-tropfigen Bestandteilen vollgepfropft ist. Doch sind gewisse Partien besonders während 
der Fruchtreife und in der Nähe der Fortpflanzungsorgane inhaltsärmer und lassen eine An- 
zahl linsenförmiger oder etwas unregelmäßiger Chromatophorenplatten erkennen, die im Profil oft 
etwas gebogen sind und nur zum Teil der Innenwand flach aufliegen, zum Teil mit der schmalen 
Kante gegen sie stoßend ins Zellumen hineinragen (vergl. die Figuren auf Tafel V [16)). 

') Etudes phyeologiques 1878. Pl. IV, Fig. 4. 

?) Bemerk. z. marin. Algenveg. von Helgoland. 1894. p. 240. (Wissenschaftl. Meeres. Bd. I Abı. Helg.) 

°) Vergl. Fig. 2 auf Tafel VII (18) von Abhandlung 11. 


24 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 
’ >- {=} 


In den sterilen Partien des Thallus nehmen die ungefärbten Inhaltsteile der Zelle so zu, 
daß die Chromatophoren schließlich teilweise als unregelmäßiges, fast sternförmiges Conglomerat 
im Zentrum der Zelle zusammengedrängt liegen, während eine Minderzahl ihre wandständige Lage 
behauptet. Jede Zelle beherbergt einen meist der Außenwand angelagerten rundlichen bis linsen- 


förmigen Zellkern. 


Betrachtet man eine Nemoderma-Kruste im Seewasser, so erscheint der ganze Thallus weiß- 
lich getüpfelt oder von einem zarten weißlichen Filz überzogen, der einer reichlichen Haarentwicklung 
seine Entstehung verdankt. Die Haare, die Bornet nicht erwähnt, werden gebildet, indem schon 
bei sehr jugendlichem 'Thallus eine einzelne oder gewöhnlich eine Gruppe nebeneinander liegender, 
nach oben vom horizontalen Lager abgeschiedener Zellen papillenförmige Ausstülpungen treibt, 
denen nur Bruchstücke von Chromatophoren beigegeben werden und die unter Verlängerung der 
oberen Zellen sich epibasal ganz wie echte Phaeosporeen-Haare weiter teilen. Aber während anfangs 
noch die jungen Haare den assimilierenden Zellen aufgesetzt erscheinen (Textfig. 13), wird später 
der Uebergang durch Dickenwachstum des Haares verwischt. Indem gleichzeitig die umgebenden 
Zellen zu gewöhnlichen mit Spitzenwachstum begabten Assimilationsfäden auswachsen und der 
epibasale Vegetationspunkt der Haare sich in einen intercalaren verwandelt, der auch nach unten 
sich streckende, aber gleich lang bleibende und chromatophorenhaltige Zellen abscheidet, entsteht 
schließlich eine dem Zylinder sich nähernde, trichterförmige Einsenkung des Thallus, die ein ganzes 
Bündel dicht gedrängter Haare birgt (Taf. IV [15] Fig. 3 und Textfig. 5). Der Durchmesser der 


Haare beträgt 7—9 n. 


2. Fortpflanzung. 


Schreitet Nemoderma zur Fortpflanzung, so beschleunigt sich das Tempo, in dem die 
Spitzenzellen der Assimilationsfäden nach unten Zellen abscheiden und diese selbst werden durch- 
sichtiger, da die Vermehrung der tropfenförmigen und körnigen Bestandteile damit nicht Schritt hält. 
Sehr bald, wenn diese sich über den sterilen Thallus erstreckende Zuwachsschicht 4—6 Zellen 
hoch ist, erscheinen in einer mittleren Zone seitlich an gewissen Zellen papillenförmige nach oben 
gerichtete Ausstülpungen, die bald durch schräge Wände von den Tragzellen abgegliedert werden: 
Es sind die ersten Anlagen der von Bornet als „plurilokuläre Sporangien“ und „Antheridien“ be- 
zeichneten Organe, für die auf Grund der unten mitzuteilenden Ergebnisse hier die Bezeichnungen 
„Oogonien und Antheridien“ oder mit einem gemeinsamen den Zoologen entlehnten Ausdruck 
„Gonaden* verwandt werden wird (Fig. 4 auf Taf. IV [16]). Schon nach den ersten Querteilungen, die 
zuweilen an der Basis zu einer oder mehreren sterilen Stielzellen führen, lassen sich die Fort- 
pflanzungsorgane voneinander unterscheiden: Bei den jungen Oogonien folgen die Querwände 


weniger rasch aufeinander, dafür sind der Zellinhalt dichter, die Chromatophoren kräftiger und 


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Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 


dunkler gefärbt, bei den Antheridien führen die scheibenförmigen Zellen helleren Inhalt, die 
Chromatophoren sind blasser und kleiner. In Figur 14 und 18 auf Tafel V (16) sind ein wenig 
weiter vorgeschrittene Stadien abgebildet. Die Außenwände des jungen Oogoniums, das zahlreiche 
Chromatophoren beherbergt, haben sich tonnenförmig vorgewölbt und der untere Teil hat sich durch 
eine kräftige Längswand in zwei nebeneinander liegende Zellen geteilt, sodaß die Anlage kegel- 
förmig geworden ist. Auch in dem jüngeren Antheridium (Fig. 18) hat sich die zweitoberste Zelle 
durch eine Längswand gefächert und die Spitzenzelle zeigt die erste Andeutung davon. Die ganze 
Anlage aber ist mehr zylindrisch geblieben, die noch zahlreichen Chromatophoren sind blaß und 
klein. Später treten aber auch im unteren Teile des Antheridiums Längswände auf und indem 
sie hier häufiger aufeinander folgen wie im oberen Teile, nimmt das Antheridium ganz ähnlich wie 
das Oogonium pyramidenförmige Gestalt an. Erfolgen die Teilungen auch später in den ver- 
schiedenen Höhen gleichmäßig, wie dies bei Figur 18 der Fall sein dürfte, so werden die reifen 
Antheridien mehr zylindrisch (vergl. Taf. IV. [15] Fig. 3). Figur 19 auf Tafel V (16) gibt ein 
Stadium wieder, wo stellenweise die definitive Größe der Spermatangien bereits erreicht ist (rechts 
oben). Demgemäß erscheint dort der blaßgelbliche, kleine, linsenförmige Chromatophor in der Ein- 
zahl. Die schon in Figur 18 deutlichen Vakuolen lassen sich, zum Teil etwas verkleinert, auch hier 
konstatieren und sind hier wie dort von physodenartigen Gebilden umgeben. Figur 20 gibt ein 
völlig reifes Antheridium kurz vor der Entleerung wieder. Der Augenpunkt, der als kleiner 
punktförmiger braunrot gefärbter Fleck am reduzierten Chromatophor erschien, hat ganz von ihm 
3esitz ergriffen und nur ein gelblicher Hof deutet hier und da an, daß dies scheinbar ganz iso- 
lierte, im Plasma liegende Organ des Spermatozoons ebenso an einen Farbstoffträger gebunden 
ist, wie der Augenfleck der Eier und der Zoosporen. An anderer Stelle wird sich zeigen lassen, 
daß dies ebenso für die Spermatozoen anderer Phaeosporeen gilt. Das Plasma in den Spermato- 
zoenloculi hat sich von der Wand zurückgezogen, sodaß das Spermatozoon als ei- oder kugelförmige 
Masse im Spermatangium erkennbar ist. Die Fächerung geht durch den ganzen Querschnitt des 
Antheridiums hindurch. Es ist also weder ein hohler Raum wie bei den Antheridien von Tilop- 
teris und Seaphospora, noch eine sterile Zentralachse wie bei den Antheridien von Polysiphonia 


und Compsothammion gracillimum vorhanden. 


Figur 15 und 16 auf Tafel V [16] geben erstere ein fast reifes, letztere ein völlig reifes 
Oogonium wieder. Die äußere Form jst bald mehr zylindrisch, bald mehr kegelförmig (vergl. 
auch Taf. IV [15] Fig. 3 und 8). Die Fachwände sind immer sehr stark nach außen gewölbt» 
sodaß der Habitus traubenförmig wird. Jedes Fach enthält zahlreiche Chromatophoren, von denen 
einer einen Augenpunkt trägt, und außer dem schwer sichtbaren Zellkern Vakuolen und „Physoden“. 
Kurz vor dern Austritt liegt jedes Ei von der Innenwand zurückgezogen und nur an einer Stelle 


ihr aufgelagert in seinem Fach. 


Die Gonaden treten immer auf derselben Pflanze auf (Textfig. 3). Messungen ergaben 


folgende zusammengehörende Werte: 


126 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Oogonien: Länge: x 42 41 
Größte Breite: u 16 18 


Größte Breite: x 11 14 


bis wenigzelligen Stil oder sitzend den steril 


schlanker, heller gefärbt und weniger dicht 


schlossen wie im unteren sterilen Teile. 


Zuweilen kommt es vor, daß Antherid 


einigt sind. Einen solchen abnormen Fa 


Fig. 3. Vertikalschnitt durch einen Thallus 
mit reifen Oogonien und Antheridien. 
(Stadium V.) Vergr. m. 


Textfigur 4 wieder. 


Außer den „plurilokulären Sporangien 
theridien“ Bornets war von Schousboe noch eine dritte Art von Fortpflanzungs- 
organen beschrieben worden, die Bornet als „unilokuläre Sporangien“ beschreibt. 
Diese Organe treten auf besonderen Individuen auf; ich habe nie mit voller Sicherheit 
Krusten mit allen drei Fortpflanzungsorganen finden können. Wo etwa unilokuläre 
Sporangien wirklich zwischen den Antheridien und Oogonien zu stehen schienen, war 
dies auf sehr beschränkten Stellen der mikroskopischen Präparate der Fall und es 
lag stets der Verdacht nahe, daß hier zwei Individuen, von denen eines der ge- 
schlechtlichen, das andere der ungeschlechtlichen Fortpflanzung diente, mit ihren 
fertilisierten Rändern gegeneinander und vielleicht etwas ineinander gewachsen waren. 
Dergleichen kommt ja bei anderen krustenförmigen Algen ganz allgemein vor. Im 
ganzen halten sich geschlechtliche und ungeschlechtliche Pflanzen der Häufigkeit 


des Vorkommens nach das Gleichgewicht. 


Die unilokulären Sporangien bilden ähnlich wie die Gonaden eine geschlossene einigt. Verzr. 


Zone (Textfig. 5) und entstehen, wie schon Bornet angibt, in der Kontinuität < 


48 36 48 
16 15 22 


Antheridien: Länge: u 42 57 53 55 


14 16. 


Sie stehen in einem die ganze Kruste überziehenden 


sehr undeutlich begrenzten Sorus und sind mit einem ein- 


en Fäden seit- 


lich angeheftet. Diese letzteren sind im Sorusteil etwas 


aneinander ge- 


Bemerkenswert 


ist, daß die Oogonien in einer mehr nach oben gerückten, 
die Antheridien in einer mehr abwärts geschobenen Schicht 
angeordnet sind; beide Schichten greifen in der Mitte über- 


einander, sodaß die Gonaden hier gemischt stehen. 


ien und Oogo- 


nien an demselben aufrechten Faden zu einer Gonade ver- 


ll gibt unsere 


und den An- 


Fir. 4. Antheridien 
und Oogonien in 
einer Gronade ver- 


5u0 


les Fadens da- 


durch, daß eine, meist die vierte bis sechste Zelle von oben gerechnet, anschwillt und ovale Form 


annimmt. Die Chromatophoren beginnen sich zugleich unter Vermehrung der Physoden lebhaft 


zu teilen, nehmen biskuitförmige Gestalt an und sind fast durchgängig der Wand angelagert. 


Neue Untersuchungen über Nernoderma Schousboe. 127 


Während das Volumen des Sporangiums immer mehr 
wächst, beginnen die Chromatophoren sich mit ihren 
Flächen von der Wand abzuheben (Taf. V [16] Fig. 22 
und liegen schließlich in einer hohlellipsoidischen Zone 
mit ihren Schmalseiten gegen die Innenwand gerichtet 
während in der Mitte ein chromatophorenfreier mit 
Plasma, ungefärbten Inhaltsteilen und wahrschemlich 


mit den sich teilenden Kernen vollgepfropfter Raum 


übrig bleibt. Wir haben also hier Verhältnisse, die 
> ’ 


. 
ERBETHIIHTN th 
4 nn 


ganz denen bei Eetocarpus litoralis entsprechen!) und 


wie sie auch sonst von mir bei den Phaeosporeen be- 


obachtet wurden. Dann beginnen die Chromatophoren, 


Kerne und Physoden nach der Peripherie zu wandern, 


bis eine gleichmäßige Mischung aller gefärbten und un- 
Fig. 5. Vertikalschnitt durch einen Thallus mit reifen 


unilokulären Sporangien und einem Haarbüschel. 
= 100 = = 
Vergr. 7 Vorganges sind hier und da an den Chromatophoren 


gefärbten Bestandteile erreicht ist. Schon während dieses 


kleine, rotbraun gefärbte Punkte zu erkennen, die sich allmählich vergrößern und schließlich als 
Augenflecke in der Einzahl jedem Chromatophor aufsitzen. Inzwischen hat eine allmähliche 
Verschleimung der Intine im oberen Teile des Sporangiums Platz gegriffen, sodaß die Sporangien- 
wand hier stark verdickt erscheint. Zugleich wird die äußere Schleimschicht da, wo oben 
die sterilen Zellen des aufrechten Fadens dem Sporangium aufsitzen, gelöst und umgibt man- 
schettenförmig die unterste Zelle (Fig. 23). Kurz vor der Entleerung des Sporangiums erscheint 
dann nicht selten dieser Teil des sterilen Fadens auf die Seite gekippt. Nach allem kann kein 
Zweifel mehr sein, daß das Sporangium nicht eine große bewegungslose Monospore wie bei den 
Tilopterideen, sondern zahlreiche bewegliche Zoosporen wie bei dem Gros der Phaeosporeen be- 
herberst. 


Messungen ergaben für die Sporangien folgende zusammengehörende Werte: 


Höhe: u 42 54 43 48. 
Breite: u 30 30 25 30. 
Selten komnıt es vor, daß zwei unilokuläre Sporangien übereinander stehen. 
Aus dem reifen Oogonium treten die Eier, jedes aus seinem Fach, nachdem die vorgewölbte 
Außenwand verschleimt und schlitzförmig zerrissen ist, heraus. Nach emigen drehenden und 
wälzenden Bewegungen, während derer zwei Zilien, eine lange nach vorn gerichtete und eine kurze 


nach hinten gerichtete, sich vom Eikörper bis zu ihrer Haftstelle am Augenpunkt loslösen, fangen 


') Kuckuck, P., Zur Kenntnis einiger Eetocarpus-Arten der Kieler Föhrde. 1891 p. 25 f. Fig. 6. A. B. (Botanisches 
Zentralblatt, Band 48.) 


128 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


die Eier sich an zu tummeln und schwimmen mit flotten, wellenförmigen Bewegungen zwischen 
den sterilen Fäden in das umgebende Wasser (Taf. IV [15] Fig. 3, Tafel V [16] Fig. 17). Ganz 
ähnlich erfolgt der Austritt der Spermatozoiden aus den Antheridien, wozu Figur 21 auf Tafel V 
[16] zu vergleichen ist. Der Ort, wo an den Gonaden der Austritt beginnt, variiert ebenso wie 
die Stelle des Körpers, mit der Ei oder Spermatozoid aus der Oeffnung des Faches sich heraus- 
zwängt. Bringt man reife Thalluspartien oder Ansammlungen von Eiern und Spermatozoen, 
wie sie besonders bei trocken liegendem Material nach gewisser Zeit an der Oberfläche der Krusten 
auftreten, in den hängenden Tropfen der Feuchtkammer, so füllen sich alsbald die keilförmigen 
Ränder besonders an der Fensterseite mit unzähligen, lebhaft durcheinander wirbelnden Eiern 


und Spermatozoen (Tat. VI [17] Fig. 25). Verweilen wir noch etwas bei ihrem Bau. 


Die Eier sind unsymmetrisch birnförmig-oval und enthalten 3 


6, meist 4 oder 5 länglich 


plattenförmige Chromatophoren, die zum Teil ins Innere des Eies hineinragen. 
Messungen ergaben folgende zusammengehörige Werte: 


Länge: „14.1 14.8 139135 133. 
Breite 0 9a II IDEEN: 


Zur Ruhe gekommene Eier hatten einen Durchmesser von 9.6 bis 11.5 y. 


Das hier und da einige Vakuolen enthaltende Plasma führt zahlreiche Physoden und einen 
rundlichen Kern. Einer der Chromatophoren trägt an der nach außen gekehrten Seite einen etwas 
unregelmäßig umschriebenen, im Profil zuweilen ziemlich stark konkav-konvex gebogenen, braunrot 
gefärbten Augenpunkt. Bei Eiern, wo der Augenpunkt sich genau im Profil zeigt, läßt sich fest- 
stellen, daß die konkave, nach außen liegende Seite von einem hellglänzenden bikonvexen Körper 
eingenommen wird (in Fig. 29 auf Taf. VI [17] bei 9 besonders deutlich). An der Stelle, wo 
der Augenpunkt tragende Chromatophor liegt, ist nicht selten der Eikörper flach eingebuchtet 
(10). Am Augenpunkte setzen die beiden Zilien an. Die nach vorn gerichtete Zilie, doppelt so lang 
wie das Ei, ist sehr beweglich, die nach hinten gerichtete, die ebenso lang ist wie das Ei, 
mehr starr. 

Die Spermatozoen sind ebenfalls birnförmig-oval, ziemlich scharf zugespitzt, und besitzen 
einen Augenpunkt, der, scheinbar isoliert, wie wir oben gesehen hatten, in Wirklichkeit seine Ent- 
stehung einer allmählichen Absorbierung des reduzierten Chromatophors durch ein rotbraunes Pig- 
ment verdankt. Am Rande ist hin und wieder ein gelblicher Hof, das Ueberbleibsel des Chro- 
matophors, zu erkennen. Vakuolen, Physoden und Kern sind im Plasma ganz wie bei den Eiern, 
nur in geringeren Dimensionen vorhanden. Am Augenpunkt setzen die Zilien an, deren vordere 
ca. Amal so lang, deren hintere etwa doppelt so lang wie der Körper des Sparmatozoons ist. 

Messungen ergaben folgende zusammengehörige Werte: 

Länge: „ 45 49 4.2 49 6.5 5.8. 


Breiter 703022530! 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 129 


Es war in der Einleitung erwähnt worden, daß bei Beginn der Untersuchungen Nemoderma 
mit jungen Gonaden gesammelt wurde. Dies war auf einer Exkursion am 8. April. Am Tage 
darauf wurde neues Material geholt, aber es erwies sich bei der Durchsicht zu Hause als steril 
oder trug nur unilokuläre Sporangien. Am 13. April waren die Geschlechtsorgane zwar bedeutend 
weiter entwickelt als am 8., aber noch nicht reif. Am 16. April fand ich in unmittelbarer Nähe 
der Stadt, unterhalb der Kasbah, eine Stelle, wo Nemoderma wuchs, freilich nur äußerst spärlich 
und in kümmerlichen Exemplaren, die aber schön entwickelte unilokuläre Sporangien trugen. 
Schon an diesem Tage war bei brisigem Winde und Regenböen das Wetter sehr unerfreulich und 
das Wasser sank wenig ab. Es trat dann eine anhaltende Periode mit Regen, Wind und hohen 
Wasserständen ein. Ein Versuch, am 23. April bei Agla der Nemoderma habhaft zu werden, 
mißlang wegen des hohen Wassers und der Brandung. Endlich, am Nachmittag des 27. April, 
konnte die Exkursion mit einiger Aussicht auf Erfolg wiederholt werden. Nemoderma wurde in 
zahlreichen stattlichen Krusten heimgebracht, aber bei der Durchsicht am folgenden Morgen zeigte 
sich, daß die zahlreichen Geschlechtsplanzen, die darunter waren, ihre Sori bereits abgeworfen 
hatten. Nur hier und da waren noch Büschel mit entleerten Oogonien und Antheridien vorhanden 
und erst nach 5stündiger peinlicher Durchsicht des gesamten Materials fand sich eine Kruste, bei 
der die Entleerung, wenn sie ihren Höhepunkt auch bereits überschritten hatte, doch noch 
massenhaft stattfand. 


Zwischen 12 und 1 Uhr mittags wurden drei Feuchtkammern mit Geschlechtspflanzen be- 


[3 


schickt und um 2 Uhr waren in zwei derselben zahlreiche Eier und Spermatozoen ausgetreten, die 
lebhaft am Rande durcheinander schwärmten. Hier und da waren vereinzelt dicht am Rande Eier 
zur Ruhe gekommen. Als um 3 Uhr einige derselben mit Ölimmersion näher geprüft wurden, 
fand sich außer dem am Chromatophor haftenden Augenfleck noch ein zweiter isolierter, der nur 
einem mit dem Ei verschmolzenen Spermatozoon angehören konnte. Die Untersuchung wurde bis 
zur Dunkelheit fortgesetzt und zahlreiche Eier, von denen immer mehr zur Ruhe kamen, mit 2 
Augenflecken konstatiert, von denen der eine am Chromatophor, der andere frei im Plasma lag 
(Fig. 25 auf Taf. VI [17]). Der Verschmelzung des Spermatozoids mit dem Ei selbst beizu- 
wohnen, gelang erst später; hier konnte ich nur einige diesem Akt unmittelbar folgende Stadien 


der Befruchtung wahrnehmen. 


Die Befruchtung findet statt, wenn das Ei, das ganz in der Weise der gewöhnlichen Phae- 
osporeen-Schwärmer zur Ruhe kommt, zwar die hintere Zilie bereits eingezogen hat, aber sich an 
der vorderen mit ihrem Endpunkt festhaftenden Zilie noch amöboid bis zum Haftpunkt heranzieht. 
Das vierte Ei in unserer Figur 29 stellt ein Stadium dar, wo das Spermatozoon hinten seitlich 
mit dem Ei verschmolzen ist, aber noch seine charakteristische, hier etwas sichelförmige Gestalt 
zeigt. Das zweite Ei gibt ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium. Die vordere Zilie des Eies 
ist eben noch als kleine ausgezogene Spitze erkennbar. Beim sechsten Ei ist sie eingezogen, das 


Ei aber noch nicht abgerundet. Endlich, bei Ei 3, ist die Abrundung vollzogen und das Sper- 


130 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


matozoon als bikonvexer Körper dem Ei einverleibt. Sein in der Reproduktion etwas zu scharf 
geratener Kontur geht bald verloren und der Spermakern beginnt sofort zum Eikern herüber- 


zuwandern. 


Die ersten Stadien kamen erst am 19. Mai und auch nur in emem Falle an Material zur 
Beobachtung, das am 17. Mai gesammelt war (Fig. 26 auf Taf. VI [17]. Das Spermatozoon 
tritt hinten seitlich an das Ei heran und verschmilzt momentan mit der ganzen Flanke. Die all- 
mähliche Einverleibung, die uns die drei weiteren Stadien in Figur 26 zeigen, findet etwa in einer 


Minute statt. !) 


Die beiden Feuchtkammerpräparate vom 28. April zeigten bei sorgfältiger Durchmusterung, 
daß sämtliche Eier befruchtet waren. Dasselbe gilt für die Versuche am 19. Mai. Als am 
29. April mit dem gleichen Material vom 27. ein weiteres Feuchtkammerpräparat angesetzt wurde, 
traten zwar massenhaft Eier, aber nicht ein einziges Spermatozoid mehr aus. Wahrscheinlich 
hatten die Antheridien, empfindlicher wie die Oogonien, bereits etwas gelitten. Die Eier kamen 


in der bekannten Weise zur Ruhe. Alle drei Präparate wurden im Kultur genommen. 


Auch nach dem 17. Mai wurde wiederholt bis gegen Ende Juni schönes und völlig reifes 
Material von Geschlechtspflanzen gesammelt. In den Feuchtkammern traten Eier und Spermato- 
zoen mit Leichtigkeit aus, letztere wurden in großer Menge produziert und schwärmten lebhaft 
und behende wie vorher zwischen den Eiern umher. Eine Einwirkung auf die Eier konnte trotz 
immer wieder aufgenommener Versuche nicht mehr konstatiert werden. Alle Eier kamen unbe- 
fruchtet zur Ruhe und umgaben sich mit einer Membran. Auch die Spermatozoen blieben, mit 
einer Membran umgeben, lange Zeit zwischen den Eiern lebensfähig (Fig. 29 und 31 auf Taf. VI 
|17]). Man wird sagen: Die äußeren Versuchsbedingungen waren andere. Aber ich habe mir 
vergeblich den Kopf zerbrochen, worin diese Aenderung bestanden haben könnte. Die Manipula- 
tionen blieben sich immer absolut gleich. Wenn am 29. April und am 17. Mai die Befruchtung 
zu verschiedenen Tageszeiten erfolgte und keines der Eier unbefruchtet blieb, warum trat nach 
dem 17. Mai Befruchtung auch nicht in einem einzigen Falle en? Lichtverhältnisse, Zusammen- 
setzung des Seewassers oder sonstige physikalische oder chemische Bedingungen hatten sich nicht 
verändert, es bleibt als einziges ursächliches äußeres Moment der 'Temperaturfaktor. Der Prozeß 
der Befruchtung tritt nur bei einem Temperaturoptimum ein, das nach dem 17. Mai nicht mehr 
vorhanden war. Weitere mehr theoretische Bemerkungen verspare ich mir wie bei Cutleria für 
die elfte Abhandlung (Kap. III) 

Das Verhalten der Kerne konnte leider nicht mit derjenigen Sorgfalt verfolgt werden, die ich 
gern angewandt hätte. Die wenigen Präparate mußten, da ich den Verlauf der Dinge nicht vor- 
aussehen konnte, zum Studium der Entwicklung für Kulturen verwandt worden. Erst in Hel- 


goland gelang es, Eier, die zwischen den Assimilationsfäden von Nemoderma (Material vom 27. 


!) Der Augenpunkt mit den Zilien müßte beim Spermatozoid in der Figur nach der Verschmelzungsseite gerückt sein; 
die erste Berührung mit dem Ei findet jedenfalls mit der vorderen Zilie statt. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 131 


April) klebten, zu färben und die Annäherung des Spermakernes an den Eikern festzustellen 
(Taf. VI [17] Fig. 27 links und rechts). Ob der Kern im mittleren Stadium ein Verschmelzungs- 
produkt aus Ei- und Spermakern vorstellt oder ob nicht vielleicht doch der Spermakern hier 
unter dem Eikern liegt, vermag ich nicht zu sagen. Beweisend sind ja nur solche Figuren, wo 
beide Kerne im Profil gesehen sind und der Spermakern kappenförmig dem Eikern aufsitzt, wie 
dies z. B. in den Strassburger’schen Figuren für Fucus vesiculosus der Fall ist!). — Die 
Präparate waren mit konzentrierter Pikrinschwefelsäure fixiert, wurden nachträglich in 70 °%/, Alko- 
hol gehärtet und entfärbt und mit Delafield’schen Hämotoxylin gefärbt. Figur 28 gibt unbe- 
fruchtete Eier vom 29. April wieder, Figur 29 Eier und Spermatozoen vom 22. Mai, die nicht 


aufeinander eingewirkt hatten. 


Wir hatten die Entwicklung der unilokulären Sporangien, die von Anfang April bis Ende 
Juni gefunden wurden, bis zur Reife verfolgt, und bereits gesehen, daß alles auf Bildung von 
Zoosporen hindeutete. Figur 23 auf Tafel V (16) zeigt die einzelnen Sporen dieht gedrängt und 
gegenseitig sich polyedrisch abplattend im Sporangium. Kurz vor dem Austritt wird die obere 
sterile Fadenpartie von der Kuppe des Sporangiums abgeworfen, die Schleimschicht nimmt stark 
Wasser auf und bringt zusammen mit dem strotzenden Inhalt die äußere Membran zum Bersten. 
Ganz ähnlich wie bei Eetocarpus litoralis wird der ganze Sporenhaufen aus der umgebenden 
Hülle herausgepreßt und liegt einen Moment zu einer Kugel geballt vor der Mündung des Sporan- 
siums (Fig. 12 auf Taf. IV [15]). Einen Augenblick darauf macht sich eine lebhafte Bewegung 


im ganzen Haufen bemerkbar und die Zoosporen stieben nach allen Seiten auseinander. 


Die Zoosporen sind den Eiern sehr ähnlich gebaut, nur etwas kleiner, und besitzen nur 
2—4, selten 5 Chromztophoren. Messungen ergaben folgende zusammengehörige Werte: 
Bang 1172 94 17.971820 293: 
Breite 7270 02 za: 


Sie kommen in derselben Weise zur Ruhe wie die Eier. 


3. Keimung und Entwicklung. 


Einen irgend erheblichen Unterschied in der Keimung von befruchteten und unbefruchteten 
Eiern und von Zoosporen habe ich nicht feststellen können. Alle drei umgeben sich alsbald 
nach dem Festsetzen mit einer zarten Membran und zeigen schon nach 7 Stunden die charak- 
teristische Protuberanz des ersten Keimstadiums. So stellt Figur 31 auf Tafel VI [17] unbe- 


fruchtete Eier dar, die am 10. Juni morgens zwischen 9 und 10 Uhr ausgesät waren und am 


ı) P. Strassburger, Kernteilung und Befruchtung bei Fucus. 1597. (Jahrb. für wiss. Botan. Band 30 p. 197—220, 
Taf. XVIII, Fig. 25—30.) 


132 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Nachmittage desselben Tages zwischen 4 und 5 Uhr gezeichnet wurden. Die 


Chromatophoren haben sich ungefähr parallel angeordnet und beginnen in den : [) 8 J 
Keimschlauch hinein zu rücken. Oben links in derselben Figur sind einige zur C) R] og 
Ruhe gekommene Spermatozoen veranschaulicht, die ebenfalls eine dünne Mem- © CEEI) 
brem ausgeschieden haben. Auch die weiter vorgerückten Keimpflänzchen der Fig. 6. Keimpflänzchen 


; 5 ei $ Bea aus unbefruchteten Eiern. 
Figur 33 stammen aus unbefruchteten Eiern, die am 29. April 5 Uhr nach- Aussaat am 29. IV. 5 p., 


Ernte am 3. V. 6p. Der 
a i j & £ ; x ursprüngliche chromato- 
mittags angefertigt wurde. Rechts oben ist ein zweizelliges, oben in der Mitte phorenfreie Eikörper ist 
E R 5 5 Q P : z E 0 weiss gelassen. Vergr. 
und rechts unten ein dreizelliges, links ein vierzelliges Stadium abgebildet. Der ur- Sa S 
0, 


mittags zur Ruhe gekommen waren, während die Zeichnung am 3. Mai nach- 


sprüngliche Eikern hat sich bis auf einen Fall aller Chromatophoren entledigt, zeigt 
aber einen wandständigen Kern, Plasma und Physoden. Der Augenpunkt ist noch wohl erhalten. 
Figur 34 gibt drei um 24 Stunden ältere Keimpflänzchen (Aussaat am 28. April, Zeichnung am 
3. Mai), diesmal von befruchteten Eiern. Die eyste Wand ist hier 
ähnlich wie in Figur 33 unten rechts erst im Keimschlauch selbst, 
nicht an der Grenze von Ei und Keimschlauch angelegt. Der junge 
Thallus zeigt hier in zwei Fällen bereits scheibenförmige Gestalt. 


Der Augenpunkt des Eies ist in der Rückbildung begriffen, der- 


jenige des Spermatozoons war nicht erkennbar. 


Fig. 7. Keimpflänzchen aus befruchteten Weitere Erläuterungen zur Keimung der Eier geben die Text- 
Eiern. Aussaat am 28. IV. 5 p. Ermte a 5 Ja R ARE : 
ee figuren. Figur 6 zeigt unbefruchtete Eier (Aussaat 29. IV. 5 p., Zeich- 
1 


nung 3. V.6 p.), Figur 7 befruchtete Eier (Aussat 28. 1V., Zeichnung 
3.V. 12 mittags), Figur 8 unbefruchtete Eier (Aussaat 29. IV., Ernte 20. V.) in weiter vorgeschrittener, 
zum Teil wohl nicht ganz normalerEntwickelung. Der ursprüng- 
liche Eikörper ist überall bei a zu erkennen (in Fig. 6 und 
7 hell gelassen), in den meisten Fällen sind ein oder mehrere 
Haare angelegt, aber die jungen Keimpflänzchen selbst zeigen 
nicht die normale rundliche, sondern eine mehr längliche 
Form. Alle diese Figuren sind entweder von unten, also 
von der Haftfläche, oder von der Seite gesehen. Zwei ganz 
normale Keimpflanzen (Aussaat am 28. IV., Emte am 
19. V.) von befruchteten Eiern gibt dagegen Figur 9 in 
der Aufsicht wieder, beide mit je einem älteren und einem 
jungen Haare. Der wachsende Rand hat hier bereits be- 


gonnen, die leere Eihülse a zu überwallen. Endlich in 


Fieur 10, die ein am 28. April zur Aussaat sekommenes 
fo} ’ fo) 


und am 13. Juni geerntetes Keimpfänzchen wiedergibt, ist Fig. $. Keimpflänzchen aus unbefruchteten Eiern 
mit Haaren, zum Teil von der Seite gesehen. Aus- 


saat am 29. IV., Ernte am 20. V. Bei a der ur- 
N . .. . . = . are LIU 
der Scheibe trägt zahlreiche Haare und die Membranen sprüngliche Eikörper. Vergr. = 


sie unter der Scheibe verschwunden, die zentrale Region 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schoushoe. 133 


haben sich, wozu schon in Figur 9 der 
Anfang gemacht war, hier durch Gall- 
ertbildung verdickt. 

Ganz ähnlich verläuft die Keimung 
bei den Zoosporen. Der Figur 32 auf 
Tafel VI (17), die 24 Stunden nach der 
Aussaat am 23. Mai angefertigt wurde, 
und der Textfigur 11, die drei Wochen 


alte Keimpflänzchen darstellt (Aussaat 


am 23. Mai, Zeichnung am 13. Juni), 


braucht daher nichts hinzugefügt zu 


Fig. 9. Keimpflänzchen aus Fig. 10. Keimpflänzchen aus einem befruchteten 
unbefruchteten Eiern, vonoben werden. Ei, Aussaat am 285. IV, Ernte am 13. VI. 
gesehen, mit jungen Haaren. u ie ei SR y y.. Vergr. 7% 
an OS Lv. Bine Es wurde versucht, die jungen Keim- ST 
am 1. X Verer. pflanzen lebend von Tanger (Gibraltar) via Neapel nach Helgoland überzu- 
A = ®) 
ı führen, was auch mit freundlicher Hilfe der zoologischen Station in Neapel 


gelungen ist. Doch konnte nicht verhütet werden, daß bei dem langen Transport die Deck- 
gläschen, die an schwimmenden Korken befestigt die jungen Pflanzen trugen, herausfielen, sodaß 
von dem auf Tafel VI (17) Figur 35 abgebildeten jungen Thallus nicht entschieden werden kann, 
ob er von Zoosporen oder von Eiern stammt. Wahrscheinlicher ist das letztere. Die Pflanzen 
waren kräftig entwickelt, reich behaart und maßen 1—2 mm im Durchmesser. Die Zeichnung 
wurde Anfang August ange- 
fertigt und zeigt die rand- 
ständige Scheitelzelle, die eben- 
sowenig wie bei Ralfsia durch 
besondere Größe ausgezeichnet 
ist. Das Gefüge der Zellen 
‚war am Rande noch ge- 
schlossen, in der Mitte des 
Thallus dagegen begannen sich 
die obersten Zellen in vertikale 


Reihen von einanderzusondern. 


Die Chromatophoren, in der 


Fig. 11. Keimpflänzchen aus 
Schwärmsporen. Aussaatam 23. V., 
Ernte am ıi3. VI. Bei a der ur- geben, waren als kräftige, 


sprüngliche Sporenkörper. Vergr. r Age 
100 dicke Platten ausgebildet. sehen. Ernte am 1. Oktober. Verer. !W. 

s 1 

1 


Mehrzahl jeder Zelle beige- 
Fig.12. In Helgoland weiter gezogenes Nemoderma- 
Pflänzchen von unsicherer Herkunft, von unten ge- 


Aus derselben Kultur stammt 

auch der in der beigegebenen Textfigur 12 von unten dargestellte Thallus, der am 1. Oktober 

gezeichnet wurde. Beim Zerdrücken eines solchen jungen Pflänzchens isolierten sich die vertikalen 
18 


134 


Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Zellreihen schon in der Nähe des Randes sehr leicht, wie dies in Textfigur 13, die auch einige 
am Grunde entspringende Haare zeigt, gut zu erkennen ist. 

Es gelang nicht, die jungen Pflanzen bis zur Fortpflanzungsreife zu bringen. Die Kulturen, 
die im geheizten Zimmer überwintert wurden, begannen im Februar zu kränkeln und mußten 
schließlich abgebrochen werden. Eine Entscheidung, ob etwa ein 
Wechsel zwischen sonst gleichgestalteten Generationen besteht, 
derart, daß Keimpflanzen aus Zoosporen später Gonaden, Keim- 
pflanzen aus Eiern dagegen Sporangien produzieren, ist also 
nicht möglich. Nach den Erfahrungen bei CUutleria ist es 
nicht gerade wahrscheinlich, daß dieser Wechsel, wenn er 
wirklich stattfindet, sehr regelmäßig erfolgt. Auch brauchte 


auf diese Frage kein allzu großes Gewicht gelegt zu werden, 


da sie im Prinzip ebenso gut bei irgend einer Floridee, deren 
Tetrasporangien und Geschlechtsorgane auf verschiedenen Fis- 13. Radialer Vertialschnitt durch ein junges 
De \ ” Ä Pflänzchen wie Figur 12 mit zwei Haaren. Vergr- 
Pflanzen auftreten, entschieden werden kann. Darauf be- 100 
1 
zügliche Kulturen habe ich in Helgoland begonnen. 


4. Physiologie und Biologie, 


Nemoderma tingitana zeigt die für krustenförmige, dorsiventral gebaute Algen charakteristische 
geringe Differenzierung der Gewebe nach ihren physiologischen Leistungen. Bei jungen Thallomen, wie 
einer im radialen Vertikalschnitt in Figur 35 auf Tafel VI (17) dargestellt wurde, assimilieren 
sämtliche Zellen mit etwa gleicher Energie, nur die Rand- und Oberflächenzellen weisen eine 
schwächere Ausbildung des Assimilationsapparates auf. Ihre Hauptfunktion liegt in der Ab- 
scheidung neuer Zellen, die Dieke und Flächenausdehnung des Thallus vergrößern. Auch der 
Plasmareichtum ist überall im Thallus ungefähr gleich und die als Nahrungs- und Reservestoffe 
aufzufassenden physodenartigen Bestandtteile sind nirgends in besonderer Anhäufung anzutreffen. 
Von den Rändern über die ganze Scheibe hin zieht sich bereits bei jugendlichen Pflanzen eine 
dicke, geschichtete Gallerthülle, die nur hier und da, wo ein junges Haarbüschel aus dem Grunde 
des Thallus aufsteigt, porenförmige Durchbrechungen zeigt. 

Sobald der Thallus etwas älter wird, beginnt die Anordnung der Zellen zu vertikalen Reihen 
in der Mitte des Thallus sich stärker auszuprägen. Es entsteht ein System dicht aneinander ge- 
fügter, aber unter sich selbständiger und nur durch Gallerte miteinander verbundener Fäden, die 
senkrecht auf die unterste, nur 1—2 Lagen hohe Zellschicht aufgesetzt sind. Je dieker der Thallus 
wird, je mehr Zellen die Fäden aufweisen, um so weiter schreitet eine freilich nie sehr ausgeprägt 
werdende Differenzierung des Thallus vor. Die oberste, aus den Spitzen der einzelnen Fäden be- 
stehende und für das Dickenwachstum sorgende Lage ist mit diehtem Plasma angefüllt, sodaß die 


Chromatophoren z. T. undeutlich werden (Fig. 14 auf Taf. V [16]). In den darunter liegenden 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 135 


Zellen tritt der ungefärbte Inhalt immer mehr zurück, die zahlreichen Chromatophoren liegen teils 
der Wand an, teils sind sie ins Innere der Zelle hineingeschoben. Hier findet die Hauptassimi- 
lation statt. ‚Je mehr man von hier weiter zur Basis der Fäden herabsteigt, um so dichter wird 
wieder der ungefärbte Zellinhalt, um so undeutlicher die Chromatophoren, bis sie schließlich, bald 
mehr zentral, bald unter die obere Querwand gerückt, als undeutlich umrissene Masse zwischen den 
ddieht gedrängten körnigen und tropfenförmigen Bestandteilen liegen (Fig. 3 auf Taf. IV [15]). Diese 
hauptsächlich der Speicherung dienende und nur träge assimilierende Schicht kann bei alten 
Thallomen über zwei Drittel der ganzen Thallusdieke einnehmen. 

Kommt es zur Bildung von Nemathecien, so werden die von den Oberflächenzellen nach 
unten abgeschiedenen Zellen um ein geringes schlanker, die ganze so gebildete Schicht erscheint 
infolge der zahlreichen, überwiegend wandständigen Chromatophoren und des geringen Physodengehalts 
als hellere, schön gelbbraun gefärbte Lage über den mehr grauweiß mit eimem Stich ins Gelbe 
gefärbten älteren Thalluspartien (Fig. 4 auf Taf. IV [15]). Je mehr die jungen Anlagen der 
Antheridien und Oogonien heranwachsen, um so schlanker werden die Fadenstücke, die sie tragen 
(Fig. 3 auf Taf. IV [15]). Sind endlich die Fortpflanzungsorgane entleert, so wird das ganze 
Nemathecium abgeworfen und die obersten stehen bleibenden Zellen des alten Thallus übernehmen 
nunmehr die Funktion als Scheitelzellen. 

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Haare, deren Bau und Insertion schon im ersten 
Teile näher behandelt wurde und die den gleichen Gebilden von Ralfsia verrucosa unmittelbar an 
die Seite gestellt werden können. (Vergl. die Fig. 2 und 4 im „Atlas deutscher Meeresalgen“ 
Taf. 5 und 6). Die büschelige Anordnung ist oft so dicht, ihre Ausbildung so kräftig, daß der ganze 
Thallus im Wasser mit einem wolligen, 3—-4 mm langen Filz überzogen erscheint. Bekanntlich 
hat Berthold die Haarbildung als Schutzvorrichtung gegen zu starke Beleuchtung, besonders 
gegen direktes Sonnenlicht, angesprochen '). So zutreffend die scharfsinnig verfochtene Auffassung 
in vielen Fällen sein mag, scheint sie mir doch nicht erschöpfend. Wenn Nemoderma es verträgt, 
wochen- und monatelang nur mit einer dünnen krystallklaren Wasserschicht bedeckt zu vegetieren 
und stundenlang täglich in der grellen Sonne trocken zu liegen, so ist der Schutz, den dieser 
Filzüberzug gegen die schädlichen Wirkungen zu starker Bestrahlung gewährt, gewiß wertvoll, 
unterstützt aber doch nur die Vorkehrungen, die von der Pflanze bereits durch ein möglichst 
enges und dichtes Gefüge dagegen getroffen wurden. Man könnte auch daran denken, und 
3erthold hat diese Erwägung nicht unterlassen, daß die Haare ähnlich wie bei den Wurzeln 
zur Leitung der Nahrung aus dem umgebenden Medium dienen. Da sie in diehten Bündeln an 
zahlreichen Stellen dem eng geschlossenen Thallus eingesenkt sind, könnten sie in dieser Hinsicht 
gewiß von Nutzen sein. Gegen die Austrocknung dagegen dürfte die recht voluminöse Gallertschicht, 
welche die Krusten von Nemoderma überzieht und die gallertige Beschaffenheit sämtlicher Zell- 

') Berthold, G. Ueber die Verteilung der Algen im Golf von Neapel nebst einem Verzeichnis der bisher daselbst 


beobachteten Arten. 1882 p. 419 f. (Mitteil. a. d. Zoolog. Station zu Neapel. Bd. IV) und besonders: Beiträge zur Morphologie 
und Physiologie der Meeresalgen. 1882 (Jahrb. für wissensch. Botanik Bd. XII). 


136 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


membranen einen weit wirksameren Schutz bilden als die reichlichste Haarbildung. Wir brauchen nur 
an die gleiche Rolle der Gallerte bei Algen wie Porphyra zu denken, die völlig haarlos ist. 
Vielleicht gibt diese Alge einen Fingerzeig zu einer richtigen Deutung. Wenn wir nämlich einer- 
seits berücksichtigen, daß Porphyra nur aus einer Zellenlage besteht, und andererseits in Betracht 
ziehen, daß die Gasaufnahme durch eine mit dichter Gallerte bedeckte Membran erschwert ist, so 
wird einleuchtend, daß der Gasaustausch bei einem aus zahlreichen dichtgedrängten Zellenlagen auf- 
gebauten und mit Gallerte überzogenen Thallus auf besondere Schwierigkeiten stoßen muB. Die 
Haare bei Nemoderma würden also für die Aufnahme der im Wasser absorbierten und für sie 
nötigen Gase, nämlich Kohlensäure für die Assmiliation und Sauerstoff für die Atmung dann viel- 
leicht eine wichtige Rolle zu spielen haben, wenn die Krusten entweder mit einer dünnen, stark 
erwärmten Wasserschicht bedeckt oder trocken liegend mit verhältnismäßig hochtemperiertem Wasser 
vollgesogen sind, dessen Gasgehalt an sich gegenüber den kälteren Wasserschiehten schon erheblich 
herabgesetzt ist. Die Krusten, die sehr hoch am Ufer wachsen, also eventuell völlig eintrocknen, 
würden infolge des Gallerteschutzes unter Erhaltung der Lebensfähigkeit einem Stillstande aller 
Funktionen unterworfen sein. Werden dagegen die Krusten von schäumendem, mit Gasen reichlich 
gemengten Brandungswasser bespült, so könnte die Funktion der Haare als gasaufnehmender 
Organe zum großen Teile entbehrt werden.  Lithoderma, eine im Bau der Nemoderma sehr 
ähnliche Meeresalge, hat zwar auch einen Ueberzug von Gallerte, aber nicht von solcher Mächtigkeit, 
und das innere Zellwandgerüst ist zart und nicht verschleimt. Sie wächst stets in den tieferen und 
kälteren Wasserschichten und besitzt keine Haare. Wobei man freilich nicht übersehen darf, daß 
Lithoderma an ihrem Standort eines Lichtschutzes viel weniger bedarf als Nemoderma, die in der 
Uferresion wächst. Die vorstehenden Ausführungen bezwecken auch weniger die Ansichten über 
die Rolle, die den Haaren bei den Meeresalgen im allgemeinen zufällt, als irrtümlich zu bezeichnen, 
sie sollen mehr auf die Möglichkeit anderer Funktionen in bestimmten Fällen hinweisen. Ich 
möchte nach allen Erfahrungen Berthold durchaus beistimmen, wenn er das Hauptgewicht auf 
den durch Haarfilze erreichten Schutz gegen direktes Sonnenlicht legt, sehe aber keinen zwingenden 
Grund, weshalb ihnen die „alleinige Bestimmung“, eine diffuse Beleuchtung für die assimilierenden Organe 
hervorzubringen, zukommen soll. Hier wären ausgedehnte Experimente im Aquarium sehr erwünscht. 

Die Gallertbildung besonders über den Kuppen der Fäden ist, wie mehrfach hervorgehoben 
wurde, bei Nemoderma ziemlich erheblich und kann durch Färbungen mit Safranin, Methylengrün 
usw. deutlich gemacht werden. Ueber ihre Bedeutung äußerte ich mich schon. Sie ist auch 
jedenfalls der Grund zu der großen Empfindlichkeit, die unsere Alge allen Kulturversuchen ent- 
gegensetzte. Die frisch gesammelten und mit aller Sorgfalt behandelten ausgewachsenen Krusten 
gingen spätestens nach einer Woche zu Grunde. Das Wasser nahm schon vorher, wenn die 
Pflanzen noch durchaus lebenskräftig waren, eine intensiv gelbbräunliche Färbung an. Solche 
Ausscheidung eines braunen Pigments habe ich bei Phaeophyceen öfters beobachtet, am auf- 
fallendsten bei frisch gesammelter Chordaria flagelliformis. Zu einer spektroskopischen Unter- 


suchung bin ich noch nicht gekommen. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schonsboe. 137 


Fig. 14. Strand bei Agla mit den sich ins Meer hinabsenkenden Sandsteinplatten, auf denen Nemoderma zusammen mit Zatho- 
thammion eristatumn wuchs. 

Unsere Textfiguren 14 und 15 erläutern die äußeren Verhältnisse, unter denen Nemoderma 
wächst. Sie stellen die felsigen Uferpartieen bei Agla vor, von wo das Material regelmäßig geholt 
wurde und wo unsere Alge offenbar die günstigsten Lebensbedingungen fand. Hier stand am 
Fuße des zum Meere sich senkenden Abhanges, der von der characteristischen Macchienvegetation 
bedeckt war (hier besonders C/stus-Arten), der aus Sandstein bestehende Felsen in großen, sich 
seewärts neigenden Platten mit ebener Oberfläche an. Losgerissene Blöcke lagen nur am oberen 
Rande, dort wo der quellenreiche, von Gestein unterbrochene Humusboden aufhörte, und vereinzelt 


vor den Felsplatten im Wasser. Diese selbst waren hier und da von Spalten durchzogen oder 


trugen in ihre Oberfläche eingesenkt muldenförmige Becken von 0,5—2 m Länge, die mit See- 
wasser gefüllt und mit Algen austapeziert waren. Bald liefen die Felsplatten in gleichmäßiger 
Neigung ins Meer, bald endeten sie stufenförmig abgebrochen. Hier und da schoben sich tiefe 
Einschnitte mit senkrechten Rändern in den plattenförmigen Felsen hinein, die lange vom Wasser 
überspült waren. An einer Stelle fiel das Terraim gegen die Landseite zu stufen- oder 
nischenförmig ab. Hier war der wohl immer etwas feucht bleibende Felsen besonders in der 
Nähe der schattenspendenden Stufe übersät von Nemoderma-Krusten, die das nackte Gestein mit 
keinem anderen Bewerber teilten. Trotzdem hatte ich den Eindruck, daß die Pflanzen nicht 
immer ganz normal waren, sondern zog es vor, auf den oberen Felsstufen, wo Lithothamnion 
cristatum f. crassa und Ralfsia verrucosa die herrschende Vegetation bildeten, aber noch Raum 
genug für andere Algen und besonders für Nemoderma-Krusten ließen, zu sammeln (Textfig. 15). 
Einen zweiten, unserer Alge anscheinend sehr behagenden Standort boten die senkrechten Absätze 
der Felsstufen, die bei bewegter See dem Anprall der Brandung ausgesetzt auch beim Empor- 
‚tauchen immer feucht blieben. Die Oberseite solcher Felsstufen konnte dagegen stellenweise, wo 


andere wulstförmige Algen wie Lithothamnion das völlige Versickern des Wassers nicht hinderten, 


138 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


von der Sonne ganz ausgedörrt werden, ohne daß die hier wachsenden Krusten deshalb an ihrer 


Lebensfähigkeit merkliche Einbuße erlitten hätten. 


Auf einem anderen als felsigen Substrat habe ich Nemoderma nicht gefunden. Es sind 
mir außer Agla noch zwei Stellen an der marokkanischen Küste bekannt geworden, wo sie gedieh. 
Die eine, in unmittelbarer Nähe der Stadt, unterhalb der Kasbah, wo der Küste eine Reihe 
niedriger, bei Ebbe auftauchender Klippen vorgelagert sind. Hier wuchs sie zwischen anderen 


Algen, unter denen jedoch Lithothamnion cristatum f. erassa fehlte, auf der Oberfläche der 


Felsen in ziemlich dürftiger Entwickelune. Die andere Stelle fand sich bei Cap Spartel, da 
! g P > 


Fig. 15. Eine Partie des Strandes bei Ebbe. Die Felsen sind mit zahllosen Exemplaren von Lithothamnion eristatum bedeckt, 
zwischen denen Nemoderma wächst. 


wo auf dem Wege zu den Herkulesgrotten das Felsengestade noch einmal nasenförmig ins Meer 
vorspringt, um dann der sandigen Playa Platz zu machen. Hier ragen ziemlich hoch am Ufer 
aus dem Sande losgerissene Blöcke oder anstehendes Gestein, die zurzeit des Sammelns ab und 
zu vom Brandungsgischt überspült wurden. Es waren durchweg kräftig und normal entwickelte 
Exemplare, die dort erbeutet wurden. Doch fehlte die für Agla so charakteristische Begleit- 


pflanze, Lithothammion eristatum, wohl aber teilte Kalfsia verrucosa mit ihr den Standort. — 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 139 


Bei El Arisch (Larache), einer an der atlantischen Küste gelegenen alten spanischen, jetzt in den 
Händen der Mohamedaner befindlichen befestigten Stadt, die von Tanger mit Maultier in zwei 
Tagen zu erreichen ist, schienen auf den weit hinaus bei Niedrigwasser trocken liegenden fast 
ganz horinzontalen Felsplatten die Lebensbedingungen für Nemoderma sehr günstig zu sein. Die 
Vegetation ähnelt in vielen Beziehungen derjenigen von Agla, nur war sie üppiger und mannig- 
faltiger und auch Lithothamnion eristatum fand sich dort herdenweise. Nemoderma wurde jedoch 
bei anderthalbstündigem Botanisieren nicht bemerkt, wobei freilich nur ein geringer Teil des aus- 


gedehnten Terrains abgesucht werden konnte. 


Anderswo als in der emergierenden Zone habe ich die Pflanze niemals beobachtet. Sie 
fehlte stets in allen Proben, die mit der Dretsche aus flachem oder tieferem Wasser heraufgeholt 
wurden. 

Die äußere Erscheinung der Nemoderma kann sehr verschieden sein. Stets wächst sie mit 
ihrer ganzen Unterseite dem Felsen fest angeschmiegt. Ihr Umriß ist, wo sie allein den Platz 
beherrscht, fast kreisförmig, oval oder wellenförmig. Wo sie zwischen Lithothamnion wächst, 
überkleidet sie den dazwischen liegenden Felsboden gleichmäßig, bis ihr Rand gegen die Falten 
und Krausen dieser Kalkalge stößt, die als die stärkere von beiden allmählich den Rand von 
Nemoderma überwallt. Zäher ist der Kampf mit Raulfsia verrucosa, die aber schließlich ebenfalls 
Siegerin bleibt. Berühren sich zwei gleichaltrige Nemoderma-Krusten, deren Wachstum nicht 
mehr sehr lebhaft ist, mit ihren Rändern, so tritt eine Verwachsung ein, bis schließlich die Grenz- 
linie ganz verwischt wird. Andererseits wurde ganz vereinzelt die Beobachtung gemacht, daß eine 
in kräftiger Entwickelung begriftene Geschlechtspflanze, die aber schon weit vorgeschrittene 
Gonaden trug, eine ungeschlechtliche, sporangientragende Pflanze überwallte. In allen Fällen, wo 
der wachsende Rand auf Schwierigkeiten stößt, wird er mehr unregelmäßig und zeigt zahlreiche 
Einbuchtungen, Fortsätze und leichte Aufkräuselungen. (Vergl. besonders Fig. 2 auf Taf. IV [15]). 
Farbe und Oberfläche wechseln je nach dem Alter und der Art der Fortpflanzungsorgane. Im 
allgemeinen sind Zoosporenpflanzen heller, mehr schmutzig gelblich gefärbt und marmoriert, Ge- 
schlechtspflanzen mehr dunkel, olivgelbbraun, einheitlicher gefärbt und besonders bei der Reifezeit 


der Nemathecien auf weite Strecken hin von gleichmäßig stumpfem, schmutzig grauen bis oliv- 


{eo 


braunen Ton. Ausgestoßene Eier und Spermatozoen machen sich dann als goldgelbe Flecken 


und Wolken auf den Nemathecien bemerkbar. 


Leider bin ich nicht dazu gekommen, die Temperatur des Meerwassers zu messen. 
Da es sich um eine oft trocken liegende, hoch in der littoralen Zone wachsende Alge handelt, 
sei hier zur Erläuterung des Klimas von Tanger die auch in Schimper’s Pflanzen- 
geographie abgedruckte Tabelle aus der „Meteorologischen Zeitschrift“ in gekürzter Form 
wiedergeben. !) 

ı) Met. Zeitschrift der deutschen Meteorologischen Gesellschaft Bd. IV, 1887 p. 27. Die Originaltabelle gibt bei den 


fa + 2a E9I9p+ Ip 
4 


Temperaturen alle 3 Termine, aus denen der Mittelwert nach der Formel berechnet wurde. 


140 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Temperatur- Tage tegen- 

mittel heiter trübe menge 
Dezember 12.6 11 11 110 
‚Januar 13.0 9 13 115 
Februar 13.8 8) 10 90 
März 14.4 10 11 128 
April 15.8 I) I) 119 
Mai 18.6 14 7 63 
Juni 21.4 17 } 7 
Juli DU 21 4 3 
August 24.3 21 4 ) 
September DE 15 3 10 
Oktober 18.6 12 N) s5 
November 15.8 11 I) 73 


Die Tabelle zeigt folgendes: Der kälteste Monat ist der Dezember (12.6), wenig wärmer 
sind Januar (13.0) und Februar (13.5). Der wärmste Monat ist der August (24.3), fast ebenso 
warm der Juli (23.7), wenig kühler sind Juni (21.4) und September (21.7). Der Mai hat mit 
dem Oktober (18.6), der April mit dem November (15.8) die gleiche Temperatur. Vom Dezember 
bis zum August steigt die Lufttemperatur sehr langsam und sehr gleichmäßig bis zum April, 
dann schnell bis zum August, wo sie ihren Höhepunkt erreicht. Von da fällt sie rasch auf ihr 
Minimum im Dezember herunter. Die Lichtintensität, die Ende Juni am größten ist, wird im 
Sommer um so bedeutender, der Lichtmangel, der Ende Dezember am größten ist, im Winter 
um so empfindlicher, als die im Oktober eintretende Regenzeit bis zum Mai währt. Eine 
wirkliche Trockenperiode, also heiterer Himmel mit starker Sonnenstrahlung und ohne erhebliche 
Niederschläge, herrscht nur in den Monaten Juni, Juli, August und September. 

Nemoderma wächst in der Tidenregion, also unter Temperaturverhältnissen, die keineswegs 
mehr den normalen, durch die Lufttemperatur verzögerten Wassertemperaturen, wie sie für 
Aglaozonia und Cutleria Geltung hatten, entspricht. Der Unterschied zwischen Hoch- und 
Niedrigwasser beträgt bei Tanger zurzeit der Springtide 2 m 55 cm, zurzeit der Nipptide 60 em!). 
Die Pflanze muß nicht nur gegen Austrocknung, sondern auch gegen starke Temperaturschwankungen 
gefeit sein. In unserem Falle läßt sich nur sagen, daß die rasch ansteigende Temperatur von 
Anfang April bis Ende Juni ihr in keiner Weise schädlich ist. Sie produziert ihre Fortpflanzungs- 
16° wie 


bei einer solchen von 21—22° Celsius. Daß sie noch viel stärkeren Tagesschwankungen ausgesetzt 


organe während dieser Periode ebenso gut bei einer mittleren Lufttemperatur von 15 


ist, wenn sie aus der kühlen Brandung emportaucht und an der Sonne ausgedörrt wird, hatten 
wir schon oben gesehen. 

Von April bis Juni steigt die Lichtintensität von ungefähr mittlerer Höhe bis zum Maximum. 
Dadurch, daß der April noch zu den Monaten mit einem Minimum an heiteren Tagen gehört 


und der Mai gleichfalls eher noch als trüber Monat zu bezeichnen ist, der Juni dagegen schon 


1) Tanger et ses atterages. Leves en 1554 et 55 par Vincendon— Dumoulin ete. Edition de Janvier 1888. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 141 


ganz in die heitere Trockenzeit fällt, werden die Unterschiede in ‘der Lichtintensität während der 


Fortpflanzungsperiode von Nemoderma noch erheblich größer. 


Ein für Nemoderma sicherlich nicht irrelevanter Faktor ist die Verteilung der Regenmenge. 
Wenn bei Niedrigwasser die hier oft tropisch heftigen Regengüsse auf die emergierenden Felsen 
niederprasseln, so werden nicht nur die trocken liegenden Krusten von Süßwasser übergossen, 
sondern auch die muldenförmigen Vertiefungen, in denen Nemoderma wächst, ebenfalls erheblich 
ausgesüßt werden müssen. Hier wären Salzgehaltsbestimmungen nach starken Regengüssen von 
großem Interesse gewesen, doch müssen wir uns mit dem Hinweis begnügen, daß der April noch 
zu den regenreichsten Monaten des Jahres, der Juni hingegen bereits ganz der Trockenperiode an- 
gehört, daß aber gleichwohl von irgend welchen nachteiligen Folgen der Regengüsse nichts zu be- 
merken war. Abnorme Bildungen bei frischgesammeltem Material, wie Auswachsen der Oogonien- 
fächer zu vegetativen Zellfäden, Steckenbleiben der Zoosporen in den Sporangien und dergleichen 
habe ich erst bei ‚Junimaterial gefunden, was dafür sprechen würde, daß die starke Bestrahlung 
und Erwärmung beim Trockenliegen zur Verantwortung gezogen werden muß. Das ist auch 
der Grund, weshalb ich für die Trockenzeit von Juni bis September einen Stillstand in der vege- 
tativen und reproduktiven Tätigkeit annehmen möchte. Junge Keimpflänzchen, die aus Eiern 
oder Zoosporen von Ende ‚Juni stammen, werden voraussichtlich das lange Trockenliegen bei hoher 
Temperatur schwerer ertragen, als alte durch ihre Dimensionen, ihre Haarentwicklung und die 
Gallertbildung besser geschützte Individuen. So würden die letzten schon in der Trockenperiode 
stattfindenden Produktionen von Eiern und Zoosporen für die Uebersommerung von Nemoderma 


wenig mehr ins Gewicht fallen. 


Alles in allem gehört Nemoderma zu den widerstandsfähigtsen Meeresalgen, die wir kennen. 
Sie findet besonders in den nördlichsten Breiten, aber auch schon bei Tanger ein Gegenstück 
etwa in Ralfsia verrucosa, mit der wir ja manche Uebereinstimmung im Bau fanden und mit 
der sie den Standort teilt. 


Nemoderma tingitana ist sicherlich wie Lithoderma und Ralfsia eine ausdauernde Meeres- 
alge. Wie weit die Fortpflanzung an eine bestimmte Jahreszeit gebunden ist, vermag ich nicht 
zu sagen. Anzunehmen ist aber, daß, wenn vielleicht auch Sporangien und Gonaden unter 
günstigen Bedingungen während des ganzen Jahres auftreten sollten, die Fortpflanzung in einem 
besonderen Abschnitt ihr Optimum besitzt und daß dieser Abschnitt der Zeit meines Aufenthaltes 
in Tanger etwa entspricht. Während der Dauer der Beobachtungen, also vom 5. April bis zum 
18. Juni 1901 war keine Pause in der Reproduktionsfähigkeit zu bemerken. Der folgende Journal- 
auszug dürfte in mehr als einer Beziehung lehrreich sein. 

5. April. Agla. Einige spärliche Pflanzen zusammen mit Jalfsia verrucosa, meist steril, hin und 
wieder mit jüngeren oder fast reifen unilokulären. Sporangien. 

Ss. April. Agla. Sehr reichliches und schönes Material, mit reifen unilokulären Sporangien oder 
mit jungen Gonaden. 


19 


142 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


9. April. Steril oder nur unilokuläre Sporangien. 
13. 
begriffen. 


os 


April. Agla. Gonaden mit fertigen Augenpunkten, reif, aber noch nicht in der Entleerung 


16. April. Bei der Kasbah. Kümmerliches Material mit unilokulären Sporangien. 

(14.— 26. April hohe Wasserstände und schwere Regengüsse). 

27. April. Agla. Reichliches Material, die Gonaden sind fast durchgängig entleert, die Nematheeien 
z. T. schon abgestoßen. (Künstliche Befruchtung.) 

1. Mai. Agla. Gonadennemathecien fast durchweg abgestoßen, einige Pflanzen mit jungen Nema- 
theeien. Ganz vereinzelt Pflanzen mit reichlicher Sporangienbildung. (Sporangien reif). 

9. Mai. Agla. Gonaden in vorgeschrittener Entwicklung, meist mit kleinen Augenpunkten, einige 
schon reif, aber noch keine Entleerung. 

(11.—16. Mai. Exkursion nach El Arisch). 

17. Mai. Agla. Junge Gonaden in sehr gleichmäßig vorgeschrittener Entwicklung. Unilokuläre 
Sporangien meist noch jung und ohne Augenpunkte, einige reif. 

19. Mai. Material vom 17. Mai, einige Pflanzen entlassen Spermatozoen und Eier. (Künstliche 
Befruchtung.) 

22. Mai. Agla. Gonaden reif, z. T. entleert. Nematheeien werden abgeworfen. (Künstliche Be- 
fruchtung gelingt nicht mehr.) Ganz vereinzelt junge Gonaden. Reife unilokuläre Sporangien. 

2S. Mai. Agla. Ueberständige Gonadenpflanzen. Vereinzelt junge Gonaden und einige Pflanzen 
mit jungen unilokulären Sporangien. 

4. Juni. Agla. Gonaden meist weit vorgeschritten, doch ohne Augenpunkte, einige Proben mit 
reifen kurz vor der Entleerung stehenden Gonaden. Unilokuläre Sporangien kurz vor der Reife. 

7. Juni. Kap Spartel. Gonaden kurz vor der Reife, Augenpunkte angelegt, aber noch nicht fertig. 
Bei vielen Pflanzen fehlen die Antheridien ganz, bei vereinzelten sind sie äußerst spärlich, bei zahlreichen da- 
gegen in großer Menge rorhanden. ‚Junge und reife Sporangien. 


9. Juni. Agla. Gonaden fast durchgängig reif, zuweilen schon entleert, ganz vereinzelt Proben 
mit etwas zurückgebliebenen Gonaden. Bei einigen Exemplaren sind die Antheridien ziemlich spärlich. bei 
den meisten sehr reichlich entwickelt (Künstliche Befruchtung gelingt nicht mehr). 


1S. Juni. Agla. Meist vorgeschrittene Gonaden, doch ohne Augenpunkte, seltener kurz vor der 
Reife, nie ganz reif. Reife unikuläre Sporangien. 

Es erscheint mir praktisch, wie dies Heincke bei den Fischen, insbesondere beim Hering, 
getan hat!), verschiedene Reifegrade zu unterscheiden. Ich würde folgende Tabelle, die sich all- 
gemein auf die Phaeosporcen und mit einigen Aenderungen auf die Algen überhaupt anwenden 
ließe, vorschlagen. 

Stadium l. Junge Pflänzchen, noch nicht geschlechtsreif. 

Stadium II. Erwachsene, aber sterile Pflanzen. 

Stadium III. Erste Anlage der Gonaden, (1—wenie-zellig). 

Stadium IV. Gonaden vorgeschritten, ungefähr von der definitiven Größe, 
aber die Chromatophoren noch ohne Augenpunkte. 

Stadium  V. Gonaden völlig reif, aber noch kein Austritt von Eiern und 
Spermatozoen. 


 ) Heincke, F., Naturgeschichte des Herings. Teil. I. Tabellen und Tafeln p. VII. 1898. (Abh. des deutschen See- 
fischerei-Vereins. Bd. II Heft 2). 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 143 


Stadium VI. Höhepunkt: Der Austritt ist massenhaft, die Nemathecien werden 
hier und da abgeworten. 
Stadium VII. Nur noch Reste von Nematheeien vorhanden. Rückkehr zum 
Stadium III. 
Unser Journalauszug würde mit Weglassung der unilokulären Sporangien folgenden Verlauf 
der Stadien ergeben: 
S. Aprl. II-IV. 
13. Apıil. W. 
Lücke. 
27. April. VI-VIM. 
1. Mai. VII, II. 
9. Mai. Wr 
Lücke. 
17. Mai. IN 
19. Mai. VVT. 
22. Mai. VI, VI—VII, ganz vereinzelt II. 
28. Mai. VII, vereinzelt III. 
4. Juni. IV, einige V. 
7. Juni. (IV—V. 
9. Juni. Ganz vereinzelt IV—V, fast durchgängig V, öfter VI. 
1S. Juni. Meist IV, seltener IV—V. 


Danach könnten unter Ergänzung der Lücken für die geschlechtliche Fortpflanzung 6 vor- 
bereitende Perioden unterschieden werden, in denen die Nemathecienbildung mit der Entwieklung 
von Antheridien und Oogonien vor sich geht, und ebenso viele aktive Perioden, die mit der 
ersten Ausstoßung von Eiern und Spermatozoen beginnen und mit der Abstoßung der Nemathecien 


schließen. Dies wären etwa die Termine der Perioden: 


?—13. April. Vorbereitende Periode. | 1 
14—16. April. Aktive Periode. ar 
17—24. April. Vorbereitende Periode. Bes 
25—28. April. Aktive Periode. Ni 
29. Aprl—9. Mai.  Vorbereitende Periode. ee 
10—12. Mai. Aktive Periode. 3 
13—1S. Mai. Vorbereitende Periode. | 4 
19—24. Mai. Aktive Periode, I 
25. Mai —7. Juni. Vorbereitende Periode. > 

S—11. Juni. Aktive Periode. I 
12—20. Juni. Vorbereitende Periode, N 6 
al Air, Aktive Periode. i 


Um nach Abstoßung der alten neue Nemathecien zu bilden und die Gonaden heranreifen zu 
lassen, braucht Nemoderma also eine Frist von 6 bis 14 Tagen, während die Ausstoßung von Eiern und 
Spermatozoen sich über 3 bis 5 Tage erstreckt. Wird die Jahreszeit für das Fortpflanzungsgeschäft 
ungünstig, so werden —- dies ist eine Annahme — aus den zu Scheitelzellen gewordenen obersten 
Fadenzellen nicht mehr Nematheeien erzeugt, sondern die nach unten abgeschiedenen Zellen fügen, 


an Größe und Gestalt den gewöhnlichen Zellen gleich, dem vegetativen Thallus eine neue Schicht 


144 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


hinzu. Bei vielen braunen Algen, die nicht mit Hülfe von Dauersporen überwintern, beginnt die 
Periode energischen vegetativen Zuwachses meist mit der erreichten Fortpflanzungsreife und mit der 
Entwicklung neuer Keimpfänzchen, so z. B. bei den Laminariaceen, bei Lithoderma fatiscens und 
anderen. Eurstreckt sich die reproduktive Tätigkeit in rythmischem Gang über eine längere Zeit, 
wie in unserem Falle, so würde die Annahme, daß marginales und Diekenwachstum an Intensität 
sich steigern, sobald die Fortpflanzungsenergie zu erlahmen anfängt, viel für sich haben, wenn 
nicht um diese Zeit die heiße Periode besänne, die das Fortkommen der Nemoderma ungünstig 


beeinflussen dürfte. 


Der Rhytmus in der Produktion von Sporangien scheint weniger regelmäßig zu sein; jedenfalls 
interferiert er mehrfach mit der Produktion der Gonaden. So wurden am 5. April bei Agla fast reife 
am 9. April ganz reife unilokuläre Sporangien beobachtet, aber keine oder nur junge Oogonien und An- 
theridien. Am 27. aber waren die Sporangien ebenso wie die Geschlechtsorgane überständig. Am 1. Mai 
wurden wieder reife unilokuläre Sporangien in prächtiger und reichlicher Entwicklung gefunden, 
aber nur abgestoßene oder ganz junge geschlechtliche Nemathecien. Am 17. Mai fanden sich 
unter zahlreichen jungen auch einige reife Sporangien, während von den heranwachsenden (onaden 
noch keine reif war. Am 22. Mai wiederum wurden reife Sporangien und reife Antheridien und 
Oogonien, am 28. junge Sporangien neben überständigen Gonaden beobachtet. Auch am 7. ‚Juni 
waren von den unilokulären Sporangien eine ganze Anzahl schon völlig reif, während Oogonien 


und Antheridien, obgleich schon weit vorgeschritten, noch nicht fertig entwickelt waren. 


Ohne Zweifel ist ein scharf ausgeprägter Rhytmus aber besonders bei den Geschlechts- 
organen vorhanden. Die Proben wurden bei den Exkursionen von den verschiedensten Stellen 
und sehr reichlich entnommen. Die gleichmäßige Entwickelung der Antheridien und Oogonien 
war immer sehr auffällig. War durch einige Präparate festgestellt, daß die Gonaden etwa noch 
unentwickelt oder daß die Nemathecien schon abgestoßen waren, so war auch weitere sorgfältige 
Durchsicht erfolglos. Welchen Grund könnte diese Erscheinung haben? Es ist mir der Gedanke 
gekommen, daß hier ein Parallelismus mit dem Tidenwechsel vorliegt. Vorbereitende und aktive 
Perioden umfassen etwa zusammen 11—18 Tage, d. h. im Mittel ungefähr zwei Wochen. In den 
3 Monaten, während derer Nemoderma beobachtet wurde, lassen sich, wie wir sahen, 6 Höhe- 
punkte unterscheiden, in 3 Monaten haben wir aber auch 6 Hochwasser- und 6 Niedrigwasser- 
zeiten. Da Nemoderma ein typischer Vertreter der Tidenregion ist, so wäre es in der Tat nahe- 
liegend, zwischen den Perioden der Fortpflanzung und den Tiden einen Zusammenhang zu vermuten. 
Wir wissen ja, daß der Austritt von Schwärmsporen in der Regel mit der Tageszeit zusammen- 
hängt, also vom Lichte abhängt. Andererseits ist bekannt, daß viele Algen, gerade wenn sie 
während der Ebbezeit trocken liegen, oder wenn sie nach längerem Trockenliegen wieder benetzt 
werden, Eier, Spermatozoen oder Zoosporen austreten lassen. Es mag daher angebracht sein, hier 
einen Blick auf die äußeren Bedingungen zu werfen, unter denen bei ‚Vemoderma Sporangien- und 


Gonadenentleerung beobachtet wurde. 


Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 145 


In den Feuchtkammerpräparaten, die ich am 28. April mittags zwischen 11% 30% a und 
1% 30% p anfertigte, waren bei drei um 25 30® p massenhaft Eier und Spermatozoen ausgetreten, 
die sich auf der Fensterseite angesammelt hatten. Um 6 p herrschte bei einem der Präparate unter den 
Eiern verhältnismäßige Ruhe, während noch zahlreiche Spermatozoen schwärmten. Die Zimmerseite des 
hängenden Tropfens wies jetzt eine nicht ganz so dichte, aber noch lebhaft schwärmende Ansammlung von 
Eiern und Spermatozoen auf. Bei einem vierten Präparate waren nur Eier ausgetreten, die um 5 p alle zur 
Ruhe gekommen waren. In den anderen Präparaten war bei zwei in den späten Abendstunden weiterer, 
neuer Austritt erfolgt, der ganze hängende Tropfen war mit Eiern und Spermatozoen angefüllt, die nachts 
11b 30 m bei völliger Dunkelheit noch in lebhafter Bewegung waren. 


Am 23. Mai wurden auf Krusten, die am Abend vorher von Agla geholt und in feuchten Tüchern 
übernachtet wurden, morgens 9" 30% große, goldgelbe Flecken beobachtet, die aus Eiern und Spermatozoen 
bestanden. Die Eier waren zum Teil noch beweglich, kamen aber im hängenden Tropfen rasch zur Ruhe. 
In Feuchtkammerpräparaten wurde Austritt von 11 Uhr morgens bis 6 Uhr nachmittags beobachtet. Eines 
von den 6 Präparaten zeigte um 4 Uhr nachmittags neuen, reichlichen Austritt von zahlreichen Eiern und von 
ebenso zahlreichen Spermatozoen. Um 6 Uhr wurden noch zahlreiche Eier im Schwärmzustande und be- 
sonders zahlreiche und sehr lebhaft bewegliche Spermatozoen konstatiert. Eine Befruchtung fand nicht statt. 
Am 24. Mai wurde mit dem gleichen Material, das in den feuchten Leinwandlappen verblieben war, weiter 
operiert. Die Krusten waren morgens mit fast durchgängig zur Ruhe gekommenen Eiern bedeckt. In 3 
Präparaten erfolgte spärlicher, in den 3 anderen etwas reichlicherer Austritt. Die Hauptmasse der Eier kam 
rasch zur Ruhe. Spermatozoen waren in der Minderzahl ausgetreten, nur in einem Präparat schwärmten sie 
in grober Menge und großer Lebendigkeit zwischen den Eiern. Abends um 5 Uhr war fast alles zur Ruhe 
gekommen, nachts 11 Uhr und am Morgen des 25. herrschte absolute Ruhe. Der Befruchtungsakt unterblieb. 

Am 9. Juni wurde in den Nachmittagsstunden bei Agla neues Material geholt. Präparate, die nach- 
mittags zwischen 4 und 5 Uhr angefertigt wurden, zeigten bis zum Abend und auch am andern Morgen 
keinen Austritt. Am Morgen des 10. Juni waren auf Krusten, deren Oberfläche in flachen Schalen eben 
von Wasser bedeckt war, gelbbraune Wolken von Eiern bemerkbar. In Feuchtkammerpräparaten war die Ent- 
leerung von Oogonien und Antheridien um 9 Uhr zum Teil recht massenhaft. Bei einigen Präparaten war 
jedoch der Austritt noch nachmittags um 5 Uhr sehr spärlich, aber die Spermatozoen überwogen hier auf- 
fällig und zeigten noch um 6 Uhr lebhaftes Schwärmen. Eine Befruchtung trat trotzdem nicht ein. 


Am 23. Mai wurden mehrere Feuchtkammerpräparate mit Zoosporen von Material angesetzt, das am 
Nachmittage des 22. gesammelt war. Es erfolgte bei drei reichlicher, bei zwei etwas weniger reichlicher 
Austritt in der Zeit von 11 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags. Die Schwärmer sammelten sich alle auf 
der Fensterseite. Besonders am Nachmittag lösten sich von den Krusten ganze Wolken von Schwärmern ab. 
Das Schwärmen wurde bis in die Abendstunden verfolet. Am 24. wurden vom gleichen Material morgens 
10» 30 m neue Feuchtkammerpräparate hergestellt. Nach einer Stunde waren die ersten Zoosporen ausge- 
treten, von denen einige bald zur Ruhe kamen. Andere wurden noch abends 9 Uhr schwärmend beobachtet. 
Am 25. morgens 9 Uhr war in diesen Präparaten alles zu Ruhe gekommen. 

Der Austritt von Eiern und Spermatozoen und wohl auch von Zoosporen scheint demnach 
von den frühen Morgenstunden bis tief in die Nacht hinein mit ziemlich gleichmäßiger Energie 
zu erfolgen und durch die Entblößung von Wasser begünstigt zu werden. Wie ich schon oben 
hervorhob, kann man auch bei anderen Algen, z. B. bei Fueus, Eier und Spermatozoen durch 
Trockenlegen des Laubes am leichtesten -zum Austritt veranlassen, womit freilich auch eine 
Temperaturveränderung verbunden zu sein pflegt. Ich habe bei Helgoland, an der Adria und 
auch bei Tanger gerade bei Niedrigwasser die Oberfläche kleiner mit Algen gefüllter Wassertümpel 
zuweilen bedeckt gesehen mit grünen oder braunen Schwärmsporen und ebenso Ansammlungen 


von Schwärmern auf feuchten, aber vom Wasser entblößten Algen beobachtet. Eine ausgesprochene 


146 Paul Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Phototaxis der Eier, Spermatozoen oder Zoosporen war bei ‚Nemoderma nicht zu konstatieren. 
Weder im hängenden Tropfen, wo ja die Lichtverhältnisse schwierig sind, noch bei Abblendung 
oder in offenen Schalen war der Regel nach eine Anhäufung an besonderen Stellen zu bemerken. 
Interessant war der Fall des 24. April, wo noch um Mitternacht lebhaftes Schwärmen in einem 
hängenden Tropfen stattfand. Später hörten Austritt und Schwärmen gewöhnlich in den Abend- 


stunden zwischen 6 und 7 Uhr aut. 


Endlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß die Oogonien in einer höher gelegenen Zone 
angeordnet sind, als die Antheridien und daß beide Zonen mit ihren Rändern über ein- 
andergreifen. Möglicherweise hat dies eine biologische Bedeutung, insofern dadurch eine größere 
Wahrscheinlichkeit für die Mischung von Eiern und Spermatozoen erreicht wird. Letztere 
müssen, um nach außen zu gelangen, die schwärmenden Eier passieren. Freilich setzt dies vor- 
aus, daß im Freien der Regel nach schwärmende Eier befruchtet werden. Daß im hängenden 
Tropfen, wo sich die Eier am Rande einkeilen, etwas abnorme Verhältnisse herrschen, braucht 
kaum betont zu werden. 

Kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück. Die Springtiden, d. h. die Zeiten, wo 
bei Voll- oder Neumond der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser am größten ist, 
das Wasser also bei Flut zwar hochhinaufgeht, aber bei Ebbe auch weit zurücktritt, fielen im 
Jahre 1901 auf den 4. und 18. April, den 3. und 18. Mai und den 3. und 16. Juni. Veran- 
schaulichen wir uns den Verlauf der Gezeiten und der Gonadenproduktion durch das beistehende 


Kärtchen (Textfigur 16). Es zeigt zur Evidenz, 


daß die Gonaden nicht während der Springtiden, wie 


wir nach den früheren Bemerkungen hätten erwarten 


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En sollen, sondern während der Nipptiden, d.h. zur Zeit 


des ersten oder letzten Viertels, wenn das Wasser wenie 

Fig. 16. Kärtchen zur Veranschaulichung des Parallelis- 2 A 4 er Z 
mus von Springtiden und Gonadenproduktionen. steigt und wenig abfällt, zur Reife gelangen und daß in 
den Springtiden die von mir als vorbereitende Perioden 

bezeichneten Zeiten liegen, in denen die Nemathecien angelegt werden und die Gonaden heran- 
wachsen. Die Reifestadien folgen zeitlich immer einer Springtide. Wollte man also eine Nach- 
wirkung annehmen, so würde der Effekt erst etwa eine Woche nach der wirkenden Ursache zur 
Erscheinung kommen. Unsere früheren Bemerkungen betreffend das leichte Austreten von Sper- 
matozoen und Eiern beim Trockenliegen werden übrigens durch dieses Ergebnis nicht berührt. 
Nemoderma wächst in der oberen littoralen Zone und wird auch bei Nipptiden zeitweilig entblößt, 
sodaß sie zu jeder Niedrigwasserzeit bequem gesammelt werden konnte, wenn nicht Westwinde den 
Tidenwechsel verwischten. Die Dauer, während derer Nemoderma emergiert, ist nur während der 


Springtiden länger, vielleicht 2-—-3 Stunden, in den Nipptiden nur 1/,—1'/, Stunde. 


Es fragt sich weiter: Kann der Rhytmus in der Gonadenbildung von demselben Individuum 


durchlaufen werden, kann also dieselbe Nemoderma- Kruste während dreier Monate 6-mal ihre- 


Neue Untersuchungen über Nemnoderma Schousboe. 147 


Nemathecien abwerfen und neue bilden? Leider wurde ich auf diese Verhältnisse zu spät auf- 
merksam, un sie an Ort und Stelle zu studieren. Daß nach dem Abwerfen der Nemathecien 
die darunter liegenden sterilen Stellen von neuem energisch wachsen, wurde schon oben gezeigt. 
Unsere Textfigur 17 bringt den Beweis, daß die aufrechten Fäden, noch während sie die Reste 
der Nematheeien tragen, von neuem junge Gonaden bilden können. Im 

allgemeinen aber hatte ich den Eindruck, daß es Nemoderma erstmals 

vorzieht, immer wieder andere Stellen ihres Laubes zu fertilisieren, und \ 

neige zu der Ansicht, daß während der Beobachtungszeit eine und die- 

selbe Stelle wahrscheinlich nur zwei-, höchstens dreimal Nematheeien 


zu bilden pflegte. 


Endlich wäre noch ein Wort über das Alter zu sagen, das unsere 
Alge erreichen kann. Nach den Erfahrungen mit Lithoderma (vergl. 
Abh. 11) möchte ich glauben, daß Nemoderma nach höchstens zwei 
Jahren abstirbt. Zonenbildung wie bei Lithoderma habe ich nicht be- 
obachtet (vergl. oben p. 123 [121]). Die Anzahl der vegetativen Zellen in IN B. 
den aufrechten Fäden eines fruktifizierenden Thallus ist sehr verschieden fig. 17. Aufrechte Fäden mit Resten 
und kann von 6-10 bis zu 40-60 wechseln. Solche dieken Krusten Yvr abgeworfenen Nemathecien. 
A. Vergr. eBoVeror mt 
haben nach meiner Auffassung eine wiederholte Nemathecienbildung Kun aan (Stadium IIT). 


hinter sich. 


5. Systematik. 


Es ist mißlich, über die systematische Stellung unserer Alge etwas zu äußern. Je nach- 
dem man größeren Wert auf den vegetativen Bau oder auf die Fortpflanzungsorgane legt, wird 
man Nemoderma einen verschiedenen Platz im System anweisen. Die von Bornet mit großer 
Vorsicht und ganz bedingungsweise ausgesprochene Verwandtschaft ‚mit den Tilopterideen ist hin- 
fällig geworden, da Nemoderma nicht Monosporangien, sondern unilokuläre Sporangien mit zahl- 
reichen Zoosporen besitzt, die keine wesentlichen Abweichungen von den analogen Organen anderer 
Phaeosporeen zeigen. Die plurilokulären Sporangien wurden als Oogonien erkannt, zu denen die 
von Bornet als solche bezeichneten Antheridien gehören. Abgesehen von der etwas abweichenden 
äußeren Gestalt ist der Bau der Antheridien ganz so wie bei den Cuftleriaceen und das gleiche 
gilt von den Oogonien. Bei den Tilopterideen liegen dagegen bekanntlich die Antheridienfächer 
um einen länglichen Interzellularraum in einschichtiger Lage gruppiert. In so ausgeprägter Differen- 
zierung kommen unter den Phaeosporeen Geschlechtsorgane überhaupt nur noch bei den Cutleriaceen 
vor, die zu den Phaeosporeen sensu strictiore gerechnet werden müssen. Wohl ist geschlechtliche 
Fortpflanzung auch sonst bei den Phaeosporeen bekannt. Wo aber die Geschlechtsorgane über- 


haupt differenziert sind, wie z. B. bei Ectocarpus seceundus, E. Lebelii und anderen, weicht die 


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148 Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe. 


Gestalt der Antheridien und Oogonien doch wenig von jener der gewöhnlichen Zoosporangien ab. 
Näheres über diese Verhältnisse mag in der folgenden Abhandlung nachgelesen werden. .Jeden- 
falls ist gerade die Gattung Eetocarpus, die in verschiedene Gattungen zu spalten mir nicht ge- 
rechtfertigt erscheint, ein Beispiel dafür, wie innerhalb nahe verwandter Typen sich verschiedene 
Arten der Fortpflanzung vereinigea köanen. Da, wie wir sahen, der vegetative Bau von Nemoderma 
durchaus demjenigen anderer Myrionemaceen entspricht, so belasse ich unsere Alge, wenn auch 
mit einigen Vorbehalten, unı so mehr an dem ihr angewiesenen Platz, als diese Familie nach 
Sauvageau’s Untersuchungen mannigfaltiger hinsichtlich ihrer Fortpflanzungsverhältnisse ist als 
man bisher annahm.') Ein praktischer Grund, eine eigene monotype Familie der Nemodermataceen 


für sie zu bilden, scheint mir nicht vorzuliegen. 


!) Sauvageau, (\, Sur quelques Myrion@macedes. (Premier M@moire) 1895. (Annales des Sciences naturelles; Botanique, 
Se serie, tome V.) Vergl. die folgende Abhandlung 11 Kap. I. 


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150 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 
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Tatelerklärung. 
Tafel IV [15]. 
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Nemoderma tingitana Schousboe. 
Fig. 1.  Fertile Geschlechtspflanze in natürlicher Größe. 
Fig. 2. Pflanze mit unilokulären Sporangien, mit den Rändern gegen Ralfsia verrucosa wachsend. Natür- 
liche Größe. 
Fig. 3.  Fadenbündel aus einer fertilen Pflanze mit reifen, zum Teil entleerten Oogonien, reifen Antheridien 
und Haaren. (Stadium V—VI.) Verer. — ; 
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Fig. 4.  Heranwachsendes Nematheeium mit jungen Antheridien und Oogonien. (Stadium IIL.) Vergr. En. 
. .n . . ri " 
Fig. 5. Reifes Antheridium. Verer. 
Fig. 6und 7. Entleerte Antheridien. Verer. —. 
n = .p - - 700 
Fig. 8. Reifes Oogonium. Vergr. —. 
. r . p . . . . . SO0 
Fig. 9.  Nematheziumfaden mit einem 2-zellig gestielten, entleerten Oogonium. Vergr. ——. 
. . . 700 
Fig. 10. Junges, halbinterkalares Oogonium. Vergr. —-. 
s SLöR z En = 2 400 
Fig. 11. Reifes unilokuläres Sporangium. Vergr. —. 
. m 5 - y . . ni 400 
Fig. 12. Unilokuläres Sporangium während der Entleerung. Vergr. 
o r 5 a & a R 7 100 
Fig. 13. Zwei entleerte unilokuläre Sporangien. Vergr. 


1 


Fig. 1—4, 9, 11—13 nach dem Leben, Fig. 5—8 und 10 nach konserviertem Material. 


Taf. IV (15) 


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and, Abt. Helgoland. 


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Wissensch. Meeresuntersuchungen. \ 


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P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


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Tafelerklärung. 


Tafel V [16]. 


Nemoderma tingitana Schousboe. 


Nematheeiumfaden mit jungem Oogonium. (Stadium III.) 

Kurz vor der völligen Reife stehendes Oogonium. (Stadium IV —V.) 

Reifes Oogonium. Die Angenpunkte sind vollkommen fertig, die Eier haben sich von der Wand 
zurückgezogen. (Stadium V—VI.) 

Oogonium während des Austritts der Eier. (Stadium VI.) 

Nematheeiumfaden mit jungem Antheridium. Die Chromatophoren sind klein und blaß. (Stadium II.) 
Aelteres Antheridium. Die weiter zurückgebildeten Chromatophoren noch ohne Augenpunkte. 
(Stadium IV.) 

Reifes Antheridium. Die Augenpunkte sind entwickelt, die Spermatozoen haben sich von den 
Wänden zurückgezogen. (Stadium V—VI.) 

Obere Partie eines Antheridiums mit den austretenden Spermatozoen. (Stadium VI.) 

Junges unilokuläres Sporangium. Die Chromatophoren sind noch größtenteils wandständig. 

Reifes unilokuläres Sporangium. 


Ein kleineres Sporangium. 


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Sämtliche Figuren in =- Vergr. nach dem Leben. 


Taf.\ (16) 


Wissensch. Meeresuntersuchungen V.Band, Abt. H elg oland. 


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Fig. 25. 


Fig. 26. 


Fig. 27. 


Fig. 35. 


Sämtliche 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Tafelerklärung. 


Tafel VI [17]. 


Nemoderma tingitana Schousboe. 


Eier und Spermatozoen am Rande eines hängenden Tropfens schwärmend oder zur Ruhe gekommen. 
1. Zwei zur Ruhe gekommene Spermatozoen. 2. Ein befruchtetes Ei mit dem Spermatozoon unten, 
darüber ein zur Ruhe gekommenes Spermatozoon. 3. Abgerundetes befruchtetes Ei mit dem Sper- 
matazoon links oben und vier schwärmenden Spermatozoen. 4. Befruchtetes Ei, sich an der vorderen 
Zilie heranziehend, mit dem Spermatozoon unten links. 5. Schwärmendes Ei mit vier schwärmenden 
Spermatozoen. 6. Befruchtetes Ei mit dem Spermatozoon links kurz vor der völligen Abrundung. 
7. Zur Ruhe gekommenes, noch unbefruchtetes Ei. 8. Wie 7, auber dem großen Augenpunkte sind 
noch zwei kleinere vorhanden. 9. Schwärmendes Ei. Die Zilien setzen am Augenpunkt an, 
dessen Pigment konkav-konvex ist und eine stark lichtbrechende linsenartige Schieht umgibt. 
10—12. Schwärmende Eier. 13. Schwärmende Spermatozoen. 

Befruchtungsakt. Von links nach rechts: Das Spermatozoon tritt an das zur Ruhe gekommene Ei 
heran, dessen vordere Zilie fast eingezogen ist; das Spermatozoon ist mit beiden Zilien und mit der 
ganzen Flanke mit dem Ei verschmolzen; das Ei rundet sich ab, während das Spermatozoon ein- 
verleibt wird; abgerundetes befruchtetes Ei. 

Drei mit Pikrinschwefelsäure fixierte, nachträglich mit Alkohol entfärbte und mit Hämatoxylin ge- 
färbte Eier, wahrscheinlich alle 3 befruchtet; bei den Eiern links und rechts sind auber dem weib- 
liehen auch die männlichen Kerne sichtbar. 

Eier, trotz Anwesenheit von Spermatozoen nicht befruchtet. Färbung mit Hämatoxylin. 
Unbefruchtete Eier; dazwischen zahlreiche Spermatozoen. Färbung mit Hämatoxylin. 

Zur Ruhe gekommene und schwärmende Zoosporen aus unilokulären Sporangien. 

Fünf unbefruchtete Eier mit vier Spermatozoen links oben. Aussaat am 10. VI. 9b 30 m ,„, Zeich- 
nung 4% 30 =. Vorrücken der Chromatophoren in den Keimschlauch. 

Keimende Zoosporen. Aussaat am 22. V. 4 „, Zeichnung am 23. V. 4 7. 

Keimpflänzchen aus unbefruchteten Eiern. Aussaat am 29.1IV. 5 ,, Zeichnung am 3. Vena Die 
Augenpunkte sind noch erhalten. 

Keimpflänzehen aus befruchteten Eiern. Aussaat am 28. IV. 5 Zeichnung am 3.V. 11a. Die 
Augenpunkte sind beinahe absorbiert. 

Radialer Vertikalschnitt durch ein jugendliches Pflänzchen unsicherer Herkunft. Aussaat in Tanger, 
wahrscheinlich im Mai, Ernte in Helgoland Anfang August. 


. . 200 . - a5 y3= - 97 D ı / ayı 
Figuren in T Vergr., Fig. 25, 26, 30-35 nach dem Leben, Fig. 27 —29 nach konserviertem Material. 


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Wissensch. Meeresuntersuchungen.V. band, Abt. Helgoland. 


Taf.VItı7) 


PAKUDKHKE del. 


Nemoderma tingitana  Schousboe. 


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Linse Juluusklinkhards Zepzır 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. _ 195 


DR. 


Zur Fortpflanzung der Bhaeosporeen. 


alkenberg’s ausgezeichnete Darstellung der Fortpflanzungsverhältnisse der Phaeosporeen, 
die er 1852 in seiner Bearbeitung der Algen in Schenk’s „Handbuch der Botanik“ gab,') 
konnte lange Zeit nach ihrem Erscheinen als erschöpfende Zusammenfassung unserer Kenntnisse 
über diesen Gegenstand gelten. Noch 1891, als Kjellman’s Bearbeitung der Phaeophyceen für 
die „Natürlichen Pflanzenfamilien“ von Engler und Prantl zu erscheinen begann, war kaum 
eine neue Tatsache bekannt geworden, die unsere Anschauung über die Fortpflanzung der Phaeosporeen 
hätte ändern können. Man hatte es allem Anscheine nach mit einer Gruppe von Algen zu tun, 
die trotz ımannigfaltiger vegetativer Ausbildung hinsichtlich ihrer Reproduktion sehr einförmige Ver- 
hältnisse bot: in besonderen, als plurilokuläre oder unilokuläre Sporangien unterschiedenen Zellen 
wurden Zoosporen gebildet, die in der weitaus größten Zahl der Fälle direkt keimten. Nur für 
zwei Phaeosporeen, Eetocarpus stliculosus und Scytosiphon lomentarius, war bereits 1881 von 
Berthold mit Sicherheit die geschlechtliche Natur der in plurilokulären Sporangien erzeugten 
Schwärmer nachgewiesen worden. ?) 

Um dieselbe Zeit, als Kjellman’s Veröffentlichung begann, setzten neue Untersuchungen 
ein, als deren Ausgangspunkt eine 1891 erschienene Arbeit von Bornet „Note sur quelques 
Eetocarpus‘‘ bezeichnet werden muß.?) Er lenkte hier die Aufmerksamkeit auf die Existenz von 


Antheridien bei Eretocarpus secundus und Ectocarpus Lebelii, die in Vergessenheit zu geraten 


1) Falkenberg, P., Die Algen im weitesten Sinne. p. 217—229. 
2) Berthold, Die geschlechtliche Fortpflanzung der eigentlichen Phaeosporeen. p. 401 (Mitteilungen a. d. Zoolog. Station 


zu Neapel. 1881. Bd. II). 
3) Bulletin de la Soeciet@ b.t. de France. T. XXXVII Pl. VI. 


156 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


drohte, und wies nach, daß die „Reproduktion der Eetocarpen weder so einfach noch so gleich- 
förmig sei als man sie darstellte“. Mit dem Jahre 1895 beginnen dann die zahlreichen und 
wichtigen Publikationen Sauvageau's, die uns mit einer Fülle von neuen Tatsachen bekannt 
machten und die später eingehender gewürdigt werden sollen. Daneben lieferten Batters, 
Berthold, Brebner, Buffham, Oltmanns, der Verfasser und andere neue Beiträge, die 
sich alle mit der Frage nach der Fortpflanzung der Phaeosporeen beschäftigten. Auch hat 
Sauvageau 1596 und 1897 in zwei ausführlichen Aufsätzen ') eine zusammenhängende Darstellung 


des Gegenstandes gegeben, der bis in die letzte Zeit weitere wichtige Mitteilungen folgten. 


Die nachstehenden Untersuchungen gehen bis in das Jahr 1597 zurück. Nach Be- 
sprechung des Geschlechtsakts bei den im ersten Kapitel behandelten Phaeosporeen sollte das 
zweite Kapitel an der Hand des üblichen „Systems“ eine kurze Wiedergahe aller bisher über die 
Fortpflanzung bekannten Daten bringen, während das abschließende dritte Kapitel den gegen- 
wärtigen Stand unserer Kenntnisse unter allgemeinen Gesichtspunkten zusammenfassen sollte. 
Allmählich wuchs sich jedoch der zweite Abschnitt zu einer umfangreichen und eingehenderen 
earbeitung der Phaeosporeen überhaupt aus. ‚Je mehr nämlich die Arbeit fortschritt, um so 
mehr stellte sich heraus, daß unsere bisherigen Kenntnisse über Bau, Entwicklung und Fort- 
pflanzung selbst ganz gewöhnlicher und lange bekannter Arten und damit die bisherige systematische 
Gruppierung sehr ungenügend waren. Wenn man sich nicht mit dem alten schlecht gestützten 
(sebäude begnügen wollte, mußte es von Grund auf neu aufgeführt werden. Da es in vielen Fällen 
nötig war, auf die Originalpflanzen der Beschreiber zurückzugehen, so verzögerte sich die Fertig- 
stellung dieser Abhandlung immer mehr und, was besonders unangenehm war, der 5te Band der 
„, Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen‘“ blieb Torso. Obgleich die Bearbeitung der Phaeosporeen 
nun ihrem Abschluß entgegengeht, wird die Drucklegung wegen der zahlreichen Figuren noch 
einige Zeit in Anspruch nehmen. Ihre Wiedergabe in den „Beiträgen“ würde auch zu sehr aus 
dem hierfür gewählten Rahmen herausfallen. Ich habe mich daher entschlossen, mich hier auf 
das erste Kapitel, das seit 1904 gedruckt vorliegt, unter Neudruck einiger Seiten zu beschränken und 
in einem zweiten Kapitel nur das zu bringen, was zum Verständnis der schon 1901 gedruckten 
Tafel VIII (19) notwendig erscheint. Die eigentliche Frucht langer Jahre wird als eigenes Buch 
unter dem Titel „Die Phaeosporeen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Fortpflanzung“ bei 
Gustav Fischer in Jena erscheinen und so zugleich einem größeren Kreise von Botanikern 
zugänglich sein, als es bei dem sehr bunten Abnehmerkreise der „Wissenschaftlichen Meeres- 
untersuchungen“ möglich wäre. Dann wird sich auch Gelegenheit bieten, auf Oltmanns’ vor- 
treffliches Buch näher einzugehen. 

Für die lange Verzögerung aber im Erscheinen des Schlußheftes von Band V dieser Zeit- 


schrift muß ich um Nachsicht und freundliche Verzeihung bitten. Auch bemerke ich, daß die 
1, Sauvageau, ©, Remarques sur la Reproduction des Ph6ospordes et en partieulier des Eetocarpus. 1896. (Annal.d. 
sciens. nat. Botan. VIIL° scrie, tome IJ. p. 223—274.) 
Idem, Observations relatives A la sexualit@ des Ph@ospordes. 1896—97. (Journal de Botanique tome X u. XI.) 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 157 


dieser Arbeit voraufgehende Abhandlung 10 schon im ‚Jahre 1904 fertig gedruckt vorlag und in 
10 Sonderabzügen an mir nahe stehende Phykologen verteilt wurde. Ihre Ausgabe ist, da ich 
mich nicht entschließen konnte, sie als Einzelheft erscheinen zu lassen, bis zur Fertigstellung 


der Abhandlungen 11—13 zurückgehalten worden. 


I. Ueber einige Phaeosporeen mit kopulierenden Zoosporen. 


Berthold’s Beobachtungen !) über einen Geschlechtsakt bei Ketocarpus silieulosus und 
Scytosiphon lomentarius konnten trotz langen Suchens und großer Aufmerksamkeit entsprechende 
Beobachtungen von mir nur für drei Phaeosporeen an die Seite gestellt werden. Bei der Wichtig- 
keit dieser Dinge und trotz der späteren Neuuntersuchungen von Sauvageau?) und Oltmanns?) 


gehe ich auch auf die beiden erstgenannten Arten nochmals ein. 


1. Ectocarpus siliculosus (Dillw.) Lyngb. 


Eetocarpus silieulesus findet sich bei Helgolond häufig im der litoralen Region von Anfang 
März bis Ende September. Da sie zu den raschwüchsigen Algen gehört, so kann die Periode 
ihres Vorkommens nicht als ein zusammenhängender Vegetationszyklus aufgefaßt werden, der mit 
der Keimung der überwinterten Sporen beginnt und mit der Entleerung der Sporangien endet. Es 
liegen vielmehr eine Reihe von Generationen vor. Obgleich Mai und Juni diejenigen Monate sind, 
wo Eetocarpus siliculosus in großer Menge und voller Entfaltung angetroffen wird, so sind doch 
mit Sporangien bedeckte Exemplare schon Anfang März sehr häufig und treten ebenso noch Ende 


September auf. Andrerseits finden sich ganz junge Exemplare während der ganzen Saison. 


Berthold gibt für Neapel als Vegetationszeit die Wintermonate an und bemerkt, daß ihm 
Ende Februar nur Exemplare mit plurilokulären Sporangien aufgestoßen wären. Auch in Helgoland 
werden die unilokulären Sporangien am Schluß der Vegetationsperiode (August und September) 
vermißt. Am zahlreichsten treten sie im März und April auf, doch habe ich sie auch noch für 
Ende Juli notiert. Eine Trennung nach Individuen ist nicht durchgeführt; sie finden sich stets 
gemeinsam mit den plurilokulären Sporangien, doch so, daß die eine von beiden Sporangienarten 


überwiegt. 


Den Geschlechtsakt gelang es mir zum ersten Male Ende Juli 1899 zu beobachten; ein- 


gehender studiert habe ich ihn im Sommer 1900 und in den folgenden beiden Jahren meine Be- 
N. e. 
2) Sauvageau, C., Sur la sexualit@ des Ph&ospordes. (Journal de Botanique tome N 1896 no 22 et 23, tome XI 1897 
no. 1, 2 et 4.) 
») Oltmanns, Fr, Ueber die Sexualität der Eetocarpeen. Flora 1893. Heft 1. 


155 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


obachtungen noch mehrfach kontrolliert. Aus dem am frühen Morgen bei Niedrigwasser frisch 
gesammelten Material wurden die Exemplare mit reifen plurilokulären Sporangien sorgfältig aus- 
gesucht und in eine Reihe flacher Teller verteilt. Die Pflanze wächst bei Helgoland in wolken- 
förmigen Büscheln, deren Zweige sich frei im Wasser ausbreiten. Erst in der Nähe der Basis 
beginnt die seilartige Zusammendrehung einzelner Hauptäste So war es möglich, in den Tellern 
einzelne Partieen zu isolieren, die immer nur einem Individuum entstammten. Schon nach einer 
Stunde, gegen 10 Uhr vormittags, waren in der Regel die ersten Schwärmeransammlungen am 
Rande der Teller bemerkbar. Die Entleerung der Sporangien erreichte zwischen 1? und 2 Uhr 
ihren Höhepunkt und währte, allmählich nachlassend, bis in die Abendstunden. Gegen 11 Uhr 
wurde eine Serie von Feuchtkammern mit Schwärmsporen beschickt; bei einer zweiten Serie wurden 
kleinere Fragmente der Pflanze selbst im hängenden Tropfen untergebracht, nachdem sie vorher 
nochmals in reinem Seewasser abgespült waren. Bei diesen Präparaten, «die gleichfalls lebhaft 
Schwärmer entließen, war die gemeinsame Herkunft der Schwärmer vom selben Individuum außer 
jedem Zweifel. 

Die Schwärmer reagierten nicht gleichmäßig auf die Beleuchtungsverhältnisse, was schon 
Berthold und Oltmanns hervorgehoben haben. In den Porzellantellern und in den irdenen 
Schüsseln, die das Rohmaterial enthielten, bevorzugten sie die Fensterseite, also die beschattete 
Hälfte des kreisförmigen Wasserrandes, ohne an den stärker beleuchteten Partieen zu fehlen. In 
den hängenden Tropfen, wo allerdings die Beleuchtungsdifferenzen problematischer Natur sind, waren 
die Ansammlungen bald auf der Zimmerseite, bald auf der Fensterseite stärker, während die 
dazwischen, rechts und links vom Beobachter liegenden Quadranten eine Verschmälerung des ring- 
förmigen Zoosporenschwarmes aufwiesen. Irgend ein Unterschied in der Größe und der Schwärm- 
dauer war nicht zu bemerken. Die Länge der Schwärmer schwankte zwischen 9,4 bis 13,1, ihre 
größte Breite zwischen 6,1 bis 6,5 ı. Ihre Gestalt ist meist birnförmig, mit etwas abgestutztem 
Vorderende, selten oval. Der stets in der Einzahl vorhandene plattenförmige Chromatophor ist 
deutlich umgrenzt und trägt einen rundlichen oder länglichen rotbraunen Augenpunkt, an dem die 
Zilien ansetzen. Die tropfenförmigen Bestandteile sind recht zahlreich, ihre sehr zarten Umrisse 
zuweilen von länglicher Form. 

Obgleich der Geschlechtsakt in keinem der zahlreichen Feuchtkammerpräparate ganz unter- 
blieb und in der Mehrzahl recht häufig war, kam es doch nie zu den charakteristischen Knäuel- 
gruppierungen, wie sie von Berthold beschrieben und abgebildet und von Oltmanns bestätigt 
wurden. Die Verschmelzung des männlichen mit dem weiblichen Schwärmer selbst erfolgte sonst 
in der von Berthold beobachteten Weise. Die ersten Stadien verlaufen schr rasch; in dem 
Momente, wo der männliche Schwärmer gegen den ruhenden weiblichen stößt, stumpft sich die 
Spitze ab und verschmilzt mit dem Hinterende des Eies (Taf. VIIL [19] Fig. 1D). Oltmanns 
äußert die Ansicht, daß die Verschmelzung nur deshalb am Hinterende erfolgt, weil der männ- 
liche Schwärmer nicht an das Vorderende des in den Tropienrand eingeklemmten Eies heran- 


gelangen könnte. Ich stimme mit Oltmanns darin überein, daß die Wahl der Verschmelzungs- 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 


159 


stelle hier eine Platzfrage ist. Aber da auch in einiger Entfernung vom Tropfenrande immer die 
Spitze des zur Ruhe kommenden Eies zuerst das Deckgläschen berührt und die abgeplattete Basis 
des in diesem Falle ungefähr halbkugeligen Eies dem Vorderende entspricht, so kann auch hier 
nur das freie Hinterende des Eies für die Verschmelzung in Betracht konımen. — Nach Berthold 
haftet der männliche Schwärmer mit seiner vorderen Zilie am Ei und zieht sich ganz in der Weise 
eines zur Ruhe kommenden Schwärmers allmählich bis zur Berührung an das Ei heran. Bei den 
Helgoländer Pflanzen lag zwischen der ersten Annäherung der umherschwärmenden männlichen 
Spore und ihrer Berührung mit dem Ei nur ein Moment. Von da bis zur vollkommenen Ver- 
schmelzung und Abrundung des Verschmelzungsproduktes verging immer einige Zeit. So wurden 
die Stadien B, bis B, in 20 Sekunden, die Stadien C, bis C, in 40 Sekunden durchlaufen 
(Tat. VII [19] Fig. 1). Die Vereinigung der beiden Plasmamassen erfolgt mit einer gewissen 
Kraft, das Ei wird gleichsam gegen seine Anheftungsstelle gepreßt und baucht sich zuweilen in- 
folge des in seinen Körper eintretenden Plasmas seitlich aus (B., B 7,5): 

Nicht immer ist es die Spitze des männlichen Schwärmers, die zuerst mit dem Ei ver- 
schmilzt, zuweilen berührt er das Ei schief auftreffend und die Verschmelzung setzt etwas unter- 
halb der Spitze ein, doch nie so weit seitlich, wie dies Berthold abgebildet hat (l. e. Taf. XVII 
Fig. 3 bei fl. Womit übrigens kein Zweifel an der Zuverlässigkeit der Berthold’schen Be- 
obachtung ausgesprochen werden soll. 

In den frisch angesetzten Feuchtkammern dauerte es meist 10-—20 Minuten, bis die ersten 
Kopulationen eintraten. ‚Je mehr Schwärmer zur Ruhe kamen, um so häufiger wurden die Zygoten. 
Ein Teil der Schwärmer war aber noch abends zwischen 6 und 7 Uhr mobil, als die Präparate 
fixiert wurden. Ich habe mir die Mühe genommen, ein fixiertes und mit Hämatoxylin gefärbtes 
Präparat auszuzählen. Es wurden 1335 Zygoten gezählt und 1366 unkopulierte Schwärmer, von 
denen etwa dıe Hälfte zur Ruhe gekommen und abgerundet waren, die andere Hälfte aber, wie 
ihre längliche Form zeigte, entweder noch während des Schwärmens oder im Begriffe, sich fest- 
zusetzen, von der Fixierungsflüssigkeit überrascht wurden. Dabei war zur Zählung ein Präparat 
gewählt worden, in dem die halbkreisförmige Ansammlung möglichst locker war. Andere Präparate 
mit fast ringförmigen und dichteren Ansammlungen enthielten sicher mehrere Tausende von Zygoten. 
Man kann also rechnen, daß zwei Drittel aller Schwärmer aus männlichen und weiblichen Schwärmern 
in etwa gleichen Mengenverhältnissen bestanden. So würde sich das Fehlen der Berthold’schen 
„Attraktionsfiguren“ erklären, die einen bedeutenden Ueberschuß an männlichen Schwärmern 
voraussetzen. Aus allem ist ersichtlich, daß auch bei Helgoland der Geschlechtsakt häufig und 
leicht eintritt und daß es nicht nötig war, in früher Morgenstunde dem allerersten Austreten von 
Schwärmern aus den Sporangien beizuwohnen. Daß aber bei überwiegend ungeschlechtlichen Exem- 
plaren die Chancen für einen Geschlechtsakt in den frühen Morgenstunden am günstigsten sind, 
wird sich weiter unten bei Besprechung von Scytosiphon lomentarius zeigen. 

Aus der Versuchsanstellung geht hervor, daß Eetocarpus siliculosus bei Helgoland durch- 


weg monözisch ist. Ein Unterschied in der Schwärmdauer war bei den Schwärmeransammlungen 


160 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


der verschiedenen Schüsseln und Teller in toto nicht zu bemerken. Erst innerhalb des hängenden 
Tropfens trat eine Scheidung ein, insofern als die zuerst zur Ruhe gekommenen Schwärmer sich 
als Eier zu dokumentieren pflegten. Ich habe durch oft wiederholte Vereinigung von Schwärmern 
verschiedener Herkunft versucht, Knäuelbildungen zu erzielen, bei denen zur Ruhe gekommene 
Sporen von zahlreichen schwärmenden umworben werden, aber vergeblich. Bekanntlich hat Bert- 
hold für die Neapler Exemplare Diözie nachgewiesen. Er äußert sich in seiner neueren Publi- 
kation !) zu dieser Frage wie folgt: „Vergleichende Untersuchungen ergaben zunächst, daß nach 
den Exemplaren im ganzen eine Trennung der Geschlechter durchgeführt ist, doch kommen Aus- 
nahmen vor, und besonders oft ist ein ganz geringer Prozentsatz der Grameten eines Exemplars 
von anderer geschlechtlicher Qualität als die übrigen. Außerdem fand sich allgemein eine Ab- 
stufung des geschlechtlichen Gegensatzes derart, daß einzelne Exemplare nur schwach ausge- 
sprochenen Geschlechtscharakter besaßen, andere dagegen sehr energisch männlich oder weiblich 
reagierten.“ Nach Oltmanns ist Monözie bei Neapel „gar nicht selten“, doch schränkt er selbst 
diese Angabe durch den Zusatz ein, daß auch bei sorgfältiger Ablösung des Laubes von Substrat 
die Einheit als Individuum nicht ganz außer Zweifel sei. Daß sich bei Helgoland diese Schwierig- 
keit umgehen läßt, wurde oben gezeigt. 

Die Zygoten haben einen Durchmesser von 7,1—8,5 j. Die beiden Chromatophoren mit 
dem Augenpunkte liegen getrennt mehr oder minder nahe bei einander und verschmelzen nicht. 
Präparate, die nachmittags fixiert und dann gefärbt wurden, wiesen stets noch zwei Kerne auf 
(Fig. 1 E). Am folgenden Tage war bei einem Teile der Zygoten die Verschmelzung der Kerne 
eingetreten (Fig. 1 F, vergl. w. u. Lithoderma). Die ersten Keimstadien waren erst nach einigen 
Tagen zu konstatieren. Die Keimlinge waren keulenförmig, noch einzellig und von den Keimlingen 
der unkopulierten Sporen durch ihre Größe leicht zu unterscheiden. 

Es hat den Anschein, daß die Geschlechtspflanzen vorzugsweise im Juli und Anfang August 
auftreten. Die Versuche hatten um diese Zeit wenigstens immer Erfolg, während eine andere aus- 
gedehnte Versuchsreihe von Mitte Juni 1900 völlig resultatlos blieb. Da Ketocarpus silieulosus 
gerade um diese Zeit (Ende Mai, Anfang Juni) «den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht und 
am Kalbertan und bei der Südspitze die ganze übrige Algenvegetation mit seinen braunen Watten 
auf weite Flächen hin völlig bedeckt, so hatte ich mir in früheren Jahren das Material für meine 


Versuche um diese Zeit besorgt, ohne einen Erfolg zu erzielen. 


2. Seytosiphon lomentarius (Lyngb) Ag. 
Außer bei dem eben besprochenen Eetocarpus siliculosus war es Berthold nur noch bei 
Scytosiphon lomentarius geglückt, ein geschlechtliches Verhältnis zwischen morphologisch von ein- 


ander nicht unterschiedenen Schwärmern nachzuweisen. Nachdem Sauvageau?) 1896 gezeigt 
') Berthold, Bemerkungen zu der Abhandlung von Fr. Oltmanns „Ueber Scheinkopulationen bei Eetocarpeen und 
anderen Algen“. 1897. Flora. 53. Bd. p. 419. 

2) Sauvageau, ©., Sur la sexualit& des Pheospordes (Journal de Botanique tome X 1896 No 22 et 23; tome XI 1897 
No 1, 2 et 4). 


(er) 
er 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 1 


hatte, daß bei Guethary (in der Nähe von Biarritz) Ketocarpus siliculosus im wesentlichen indifferente 
Zoosporen produziert, daß aber in den frühen Morgenstunden die zuerst austretenden Zoosporen 
einige wenige Kopulationen eingehen, nahm ich die Frage auch für Helgoland noch einmal in 
Angriff. Da mir bei Beginn der Untersuchung im Oktober 1397 Eectocarpus siliculosus nicht 
mehr zur Verfügung stand, lag es nahe, mit Seytosiphon lomentarius zu experimentieren, einer bei 
Helgoland das ganze Jahr hindurch, aber im Herbst und Frühjahr besonders schön entwickelten 
Phaeosporee. Ueber das Ergebnis dieser Untersuchung habe ich 1898 eine kurze Mitteilung ver- 
öffentlicht !), die zeigt, daß die Verhältnisse bei Helgoland für Seytosiphon lomentarius genau so 
liegen wie bei Guethary für KEetocarpus silienlosus. Es sind zwei Versuchsreihen, über die ich 
verfüge, die eine vom 12. und 26. Oktober 1897, die andere vom 9. und 17. März 1898. Das 
Material wurde spät am Nachmittage des vorhergehenden Tages besorgt und in eine Reihe flacher 
Schüsseln verteilt. Außerdem wurden eine Anzahl Feuchtkammern mit kleinen, reife plurilokuläre 
Sporangien tragenden Thallustragmenten beschickt, sodaß jeder hängende Tropfen nur Proben des- 
selben Individuums enthielt. Die Beobachtung begann am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang 
bei Lampenlicht und wurde im ungeheizten Zimmer vorgenommen. In den vier Feuchtkammer- 
präparaten vom 12. Oktober herrschte um 6.15 & noch vollkommene Ruhe. Erst um 7 Uhr 
begann der Austritt von Schwärmern. Um 10 Uhr herrschte in allen Feuchtkammern und auch 
in den Schüsseln lebhaftes Schwärmen. Gegen 2 Uhr war nur noch ein Teil der Schwärmer in 
Bewegung und um 4 Uhr nachmittags war alles zur Ruhe gekommen. Im allgemeinen ist die 
Dauer der Schwärmzeit bedeutend kürzer als bei Eetocarpus silieulosus. Während dort durch 
Drehen der Feuchtkammer um 180° die Schwärmeransammlung immer wieder dazu gebracht 
werden konnte, über das ganze Gesichtsfeld hinweg nach dem entgegengesetzten Rande des hängenden 
Tropfens zu marschieren, fallen hier schon nach kurzer Zeit nicht nur am Rande sondern auch 
in der Mitte des hängenden Tropfens zahlreiche rundliche, oft ganz regelmäßig kreisförmige An- 
sammlungen von zur Ruhe gekommenen Schwärmern auf, eine Erscheinung, die schon Reinke 
beschrieben hat und die sich auch bei anderen Phaeosporeen findet.?) Außerdem zeigte der Rand 
die gewöhnliche ringförmige Ansammlung, die ähnlich wie bei Eetocarpus siliculosus an der Fenster- 
seite am stärksten, weniger stark an der Zimmerseite, am schwächsten in den Zwischenpartieen 
rechts und links vom Beobachter war. In den Schüsseln bedeckten die Schwärmsporen in un- 
mittelbarer Umgebung der Exemplare, denen sie entstammten, entweder den Boden oder die Ober- 
fläche und die Ansammlungen erschienen auch hier von den zur Ruhe gekommenen Haufen wie 
mit Punkten übersäet. 

Die Schwärmer von Scytosiphon haben den bekannten Bau. Ihre Länge beträgt 5,0—7,5 1. 
ihre größte Breite 3,5—4,8 . Der Chromatophor ist kräftig entwickelt und füllt schüssel- oder 


halbringförmig den hinteren Teil der Zoospore; der Augenpunkt ist scharf und deutlich abgegrenzt. 


') Kuckuck, P., Ueber die Paarung von Schwärmsporen bei Scytosiphon. 1898 p. 35—37. Mit 1 Textfigur. (Ber. d. 
Deutschen Botan. Gesellschaft. Bd. XVI.) 

2) Reinke, J., Ueber die Entwicklung von Phyllitis, Seytosiphon und Asperococeus. 1878. (Pringsheims Jahrbücher F. 
wissensch. Botanik. Bd. XI p. 267.) 


162 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Das Inserieren der beiden Geißeln am Augenpunkt war hier besonders gut zu erkennen. Unter 
den tropfenförmigen Bestandteilen pflegen ein oder zwei Tropfen durch besondere Größe ausge- 
zeichnet zu sein. (Taf. VIII [19] Fig. 3 B.) 

Zygoten habe ich immer nur in den Präparaten gefunden, die in aller Frühe oder schon 
am Abend vorher angesetzt waren. Alle Versuche mit Schwärmsporen, die in den Vor- oder 
Nachmittagsstunden ausgetreten waren, blieben erfolglos. Der Geschlechtsakt erfolgte ganz wie 
bei Ketocarpus siliculosus, doch sind es hier fast immer isoliert etwas von der Randansammlung 
entfernt liegende Schwärmer, die befruchtet werden. Der männliche Schwärmer tritt an das in 
der Aufsicht rundlich erscheinende Ei von unten heran, wie ich das auch in meiner vorläufigen 
Mitteilung abgebildet habe. Werden am Rande eingekeilte Eier befruchtet, so spielen sich die 
Vorgänge in der durch unsere Figur 3 bei C und D erläuterten Weise ab, der männliche Schwärmer 
tritt also wie bei Ketocarpus siliculosus von hinten an das Ei heran. 

Die Befruchtung erfolgt nur in seltenen Fällen, sodaß es bei stundenlanger Beobachtung 
großer Aufmerksamkeit bedurfte, um dem Verschmelzungsakt selbst beizuwohnen. Kopulierten bei 
ketocarpus siliculosus von allen Schwärmern etwa zwei Drittel, so kommt bei Sceytosiphon lomentarius 
auf 100 Schwärmer höchstens eine Zygote. Auch die Versuche vom 26. Oktober 1897 und vom 
9. und 17. März 1898 ergaben kein anderes Resultat und ebenso wenig die Mischung von 
Schwärmern verschiedener Herkunft. Ein Unterschied in der Schwärmdauer war nicht wahr- 
zunehmen; im allgemeinen neigten, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Schwärmer dazu, 
sich sehr bald festzusetzen. Aus alledem geht hervor, daß bei Helgoland die verschiedenen Exen- 
plare von Scytosiphon keinen geschlechtlichen Gegensatz zeigen und daß die Befruchtung nur selten 
vollzogen wurde, gleichviel ob die Schwärmer demselben oder verschiedenen Exemplaren entstammen. 
Die Zygoten haben einen Durchmesser von 4,38-—-6,9 1. 

Anfang August 1901 hahe ich die Versuche noch einmal wiederholt, erhielt aber diesmal 
überhaupt keine Zygoten. 

Endlich habe ich an der marokkanischen Küste bei Tanger Gelegenheit gehaht, Scytosiphon 
lomentarius mit reifen plurilokulären Sporangieu zu sammeln. Die Versuche, die ich am 9. und 
10. Juni 1901 mit einer Reihe von Exemplaren anstellte, verliefen völlig ergebnisloe. In den 
zahlreichen Feuchtkammern, die frühmorgens mit Fragmenten verschiedener Individuen in mannig- 
facher Kombination besetzt wurden, wurde trotz sorgfältiger Durchmusterung nicht eine einzige 
Zygote bemerkt. 

Berthold beobachtete bei den Neapler Exemplaren von Scytosiphon eine ziemlich aus- 
gesprochene Trennung der Geschlechter; wenigstens gelang es ihm nur einmal, als er nach langem 
Suchen ein Exemplar mit Schwärmern fand, die mehrere Stunden lang schwärmten, Befruchtung 
in großer Menge durch Mischung mit rasch zur Ruhe gekommenen Schwärmern zu erzielen. Nur 
in zwei Feuchtkammerpräparaten, die Schwärmer dieses Exemplares enthielten, fand er „eine höchst 


geringe Anzahl sehr frühzeitig zur Ruhe gekommener Schwärmer und ungefähr ein halbes Dutzend 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 163 


Zygoten“. Unter den zahlreichen männlichen Schwärmern befanden sich also auch bei diesem 
ausgesprochen männlichen Exemplar einige weibliche, während bei allen anderen von Berthold 
untersuchten Individuen das Verhältnis ein umgekehrtes war. Da indifferente und weibliche 
Schwärmer sich weder morphologisch noch durch die Art ihres Festsetzens irgend wie unterscheiden, 
so kann man das seltene Vorkommen des Geschlechtsaktes bei Helgoland ebenso gut durch das 
Fehlen männlicher Exemplare und parthenogenetische Keimung der Eier wie durch den Mangel 


einer geschlechtlichen Differenzierung überhaupt erklären. 


3. Phyllitis zosterifolia Reinke. 


Diese mit der vorigen nahe verwandte Phaeosporee, die von mir zum ersten Male im Früh- 
jahr 1595 für Helgoland nachgewiesen wurde und mit Le Jolis’, aber nieht der andern Autoren 
Phyllitis Fascia synonym ist, war im Sommer 1592 von Reinke auf den Steinbuhnen von Sylt 
aufgefunden worden, wo ich sie später verschiedentlich, zuletzt im Sommer 1904 wieder sammelte. 
Sie ist von der französischen Küste bei Cherbourg längs der britischen Küste bis zum Skagerak 
und in die westliche Ostsee hinein verbreitet und unterscheidet sich nach Reinke!) von Phyllitis 
Fascia Flor. dan. hauptsächlich durch das lineare Laub, das durch Zerreißung im Innern wenigstens 
streckenweise hohl wird, ohne dabei seinen länglich ovalen Querschnitt zu verlieren. Bei Helgoland 
ist sie recht häufig und kräftig entwickelt, hauptsächlich in der kälteren Jahreszeit (Dezember bis Mai) 
und erreicht ihren Höhepunkt in den Monaten März und April. Eine dürftigere Herbstgeneration 
wurde vom August bis in den Oktober hinein beobachtet. Die Pflanze wächst in der oberen 
litoralen Zone, besonders üppig auf den Kreidefelsen des Kridbrunnens, aber auch am Balkenwerk 
der Wellenbrecher und an schwimmenden Gegenständen wie Hummerkästen und Bojen. Sie wurde 
nie epiphytisch gefunden. 

Es sind, wie bei der Gattung Phyllitis überhaupt, nur plurilokuläre Sporangien bekannt, die 
den Thallus auf weite Strecken hin ohne Einsprengung von Paraphysen wie bei Seytosiphon über- 
ziehen, sonst aber ganz ähnlich gebaut sind wie dort. 

Am 6. Januar 1903 morgens 9 Uhr wurden frische Pflanzen von einer Boje im Nordhafen 
besorgt und um 10 Uhr einige Feuchtkammern damit angesetzt. Eine halbe Stunde darauf er- 
folgte reichlicher Austritt. Die Schwärmer sammelten sich an der Zimmerseite des hängenden 
Tropfens, waren von normaler Gestalt und Größe (ein Chromatophor) und hatten bei einer Breite 
von 4-5 f. eine Länge von 6—7,5 . Kopulation wurde nicht beobachtet. 

Im Februar und März 1904 weilte ich an der Adria in Rovigno, um ergänzende Unter- 
suchungen über die Fortpflanzung der Phaeosporeen zu machen. Zu meiner Ueberraschung fand 
ich am 26. Februar an der Riva im Val di Bora schöne Exemplare von Phyllitis zosterifolia, die 
bisher aus dem Mittelmeer noch nicht bekannt war. Die recht stattlichen Exemplare wuchsen 


scharenweise in Büscheln dicht unter dem Niveau an dem Mauerwerk des kleinen Stationsmolos 


1) Reinke, J., Algenflora der westlichen Ostsee. 1859 p. 62. 


164 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


und der benachbarten Riva. Es wurden in den Vormittagsstunden zwei Feuchtkammern angezetzt, 
deren jede Proben von 5—6 verschiedenen Individuen enthielt. Nur das eine Präparat ergab 
ziemlich reichlichen Austritt von Schwärmsporen, die sich vornehmlich auf der Zimmerseite, 
weniger massenhaft auf der Fensterseite sammelten. Schon nach einer halben Stunde konnten 
zahlreiche Zygoten konstatiert werden, auch wurde die Kopulation direkt wahrgenommen. Die 
Schwärmsporen wichen in Größenverhältnissen und Bau von den Sporen des Helgoländer Materials 
nicht ab. Das zweite Präparat wurde aufbewahrt und ergab am 27. Februar morgens 9 Uhr 
massenhaften Austritt. Bei sorgfältiger Durchmusterung mit Oelimmersion konnten in diesem 
Präparat aber nur zwei Zygoten konstatiert werden. 


Am 7. März wurden morgens um 8 Uhr neue Pflanzen vom gleichen Standort besorgt 


und sogleich zehn Feuchtkammern, die meisten mit Proben von 5—6 verschiedenen Individuen 
hergerichtet. Die meisten Präparate ergaben recht reichlichen Austritt, in 5 Präparaten war die 
Zygotenbildung sehr massenhaft, in den übrigen spärlich. Eines der Präparate enthielt nur Bruch- 
stücke desselben Individuums, zeigte aber trotzdem, wenn auch nicht reichliche Zygotenbildung. 
%s können also Schwärmer desselben Individuums mit emander kopulieren. Unter den zahlreichen 
Schwärmern, die in den Porzellantiegeln zum Austritt gekommen waren und sich festgesetzt hatten, 
wurden dagegen auffallender Weise keine Zygoten wahrgenommen. Dagegen ergaben wiederum 
Proben, die mit der Pipette aus den wolkenförmigen Schwärmerhaufen entnommen wurden, reichliche 
Bildung von Zygoten. Trotz der Häufigkeit des Geschlechtsaktes kam es aber niemals zu den 


bekannten, zuerst von Berthold beschriebenen Schwarmfiguren. 


Die Schwärmer waren 3—4 t. breit, 6-—7 ". lang und hatten abgerundet einen Durch- 
messer von 4—5 . Die Zygoten hatten einen Durchmesser von 6—7 }. 

Bei meiner Rückkehr nach Helgoland untersuchte ich die hiesigen Pflanzen von neuem. 
Am 14. April nachmittags 5 Uhr wurde sehr reichliches und schönes Material vom Kridbrunnen 
besorgt und bis zum nächsten Tage dunkel gestellt. Am 15. April morgens 10 Uhr wurden die 


r 


Dunkelkappen entfernt und 10 Präparate angefertigt, wie vorher von 5—6 verschiedenen Fäden. 


Der Austritt erfolgte in allen Präparaten in einer halben Stunde, die Ansammlung fand bald 
stärker an der Fensterseite, bald an der Zimmerseite statt. Das Schwärmen währte bis in die 
Abendstunden. Niemals wurde trotz sorgfältigen Absuchens auch nur eine Zygote wahrgenommen. 
Die Versuche wurden am 16. und 17. April mit den verschiedensten Abänderungen wiederholt, 
der Austritt war, besonders wenn das Material über Nacht ohne Wasser in geschlossenen Schalen 
aufbewahrt wurde, sehr reichlich, aber auch die verschiedenste Mischung der schwärmerhaltigen 
hängenden Tropfen ergab nie einen Geschlechtsakt. 

Phyllitis zoslerifolia verhält sich also ähnlich wie Seytosiphon lomentarius, bei dem es auch 
nur unter besonderen Umständen, die uns nicht näher bekannt sind, zur Kopulation kommt. Die 
Annahme, daß nur bei Anwesenheit männlich differenzierter Sporangien eine Kopulation ein- 


tritt und daß unter den zahlreichen weiblichen, bez. parthenogenetischen oder indifferenten solche 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 


männlichen Sporangien bei Helgoland nur selten vorkommen oder fehlen, hat immer noch am 


meisten für sich. 


Die Neigung der Schwärmer, sich in flecken- oder kreisförmigen Ansammlungen fest- 
zusetzen, war sowohl "bei den Rovigneser wie bei den Helgoländer Exemplaren wenig aus- 


gesprochen. 


£. Stictyosiphon tortilis (Rupr.) Rke. 


Während Eefocarpus silieulosus und Seytosiphon lomentarius zwei weit verbreitete, wahr- 
scheinlich kosmopolitische Algen sind, haben wir in Stictyosiphon tortilis ähnlich wie in Phyllitis 
zosterifolia eine nordische Phaeosporee vor uns, die sich außer im Ochotskischen Meere, wo sie 
Ruprecht entdeckte, an der ganzen europäischen Seite des nordatlantischen Ozeans vom Eismeer 
(Spitzbergen) bis zu den britischen Küsten findet. Bei Helgoland treten die ersten jungen Pflanzen 
Ende März auf; im Juni erreicht die Alge den Höhepunkt ihrer Entwicklung, aber noch Anfang 
August findet man alte überständige, sehon brüchig gewordene Exemplare, die von zahlreichen 
braunen und grünen Endophyten infiziert sind, aber immer noch, freilich spärlich Schwärmsporen 
entlassen. Die Morphologie und die Entwicklungsgeschichte von Stictyosiphon tortilis ist im 
„Atlas deutscher Meeresalgen“ im einzelnen dargestellt worden.') Von Wichtigkeit ist für uns 
hier der von Reinke geführte Nachweis, daß die vermeintlichen unilokulären Sporangien in Wirk- 
lichkeit plurilokulär sind. Er äußert sich darüber wie folgt: „Allerdings sind die entleerten 
Sporangien vollkommen einfächerig; dies rührt aber nur daher, weil beim Austritt der Schwärm- 
sporen sich die inneren Zellwände vollständig auflösen, ein Vorgang, der partiell auch bei den 
plurilokulären Sporangien vieler anderer Phaeosporeen vorkommt und in dieser Form längst be- 
kannt ist. Aber schon wenn man frische Exemplare mit reifen Zoosporangien in verdünntes 
Glycerin lest, sodaß sich der Plasmaleib der Zoosporen zusammenzieht, wird es klar, daß zwischen 
den einzelnen sich kontrahierenden Schwärmsporen Zellwände vorhanden sind von allerdings 
schwachem Lichtbrechurgsvermögen. Man sieht, daß die Innenseite der Sporangienhülle von einer 
Schicht mit schwächerem Lichtbrechungsvermögen gebildet wird, von welcher aus deutlich Scheide- 
wände zwischen die Zoosporen eindringen. (Taf. 32, Fig. 10) Behandelt man reife Sporangien 
aber mit Eau de Javelle, welches den gesamten Inhalt derselben verflüssigt, so bleibt das die 
Zoosporen von einander trennende Zellwandnetz allein übrig. (Fig. 11.) Ein gutes Objektivsystem 
zeigt übrigens auch an lebenden Sporangien deutlich das Netzwerk der inneren Zellwände. (Fig. 9.)* 
Schon Wollny bemerkte, wie auch Reinke hervorzuheben nicht unterläßt, diese Eigentümlich- 
keit der Sporangien von Stietyosiphon und erläuterte sie durch eine Abbildung, ?) für die er das 
Material in Helgoland gesammelt hatte. Alle Sporangien, die ich an den Helgoländer Pflanzen 

!) Reinke, Schütt und Kuckuck, Atlas deutscher Meeresalgen. Heft 2. 1992, p. 47—52. Taf. 31 und 32. 

>) Hedwigia. 1886. p 130. Taf. II, Fig. I. 


166 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


sah und von denen ich zur Orientierung für den Leser nebenstehende 
Textfigur (Fig. 1) gebe, gehören zu dem von Reinke beschriebenen 
Typus. 

Wie ich anderen Orts näher zeigen werde, grenzen sich bei 
manchen Phaeosporeen auch in den reifen unilokulären Sporangien die 
Zoosporen durch polygonal angeordnete Schleimsepten gegen einander ab, 


die zuweilen ziemlich derb sein und eine Fächerung der Sporangien vor- 


täuschen können. Bei der Einwirkung von Fixierungstlüssigkeiten ver- 
1. 


schwinden diese Septen und die Zoosporen liegen kugelförmig abgerundet 


Fig. 
Stietyosiphon tortilis (Rupr.) Rke. 


PN © im Sporangium. Bei Stictyosiphon tortilis läßt sich dagegen gerade in 
Junge und reife plurilokuläre tt a 
Sporangien in der Aufsicht. fixierten Präparaten die plurilokuläre Struktur der Sporangien schön 

Vergr. demonstrieren. Ausschlaggebend ist aber für mich ein anderer, von 
Reinke nicht besonders hervorgehobener Gesichtspunkt, nämlich die Entwicklungsgeschichte der 
Sporangien. In den unilokulären Sporangien ordnet sich der zahlreiche Inhalt erst nach mannig- 
fachen Umlagerungen und nachdem die definitive Anzahl von Kernen und Chromatophoren durch 
wiederholte Teilung erreicht ist; die Abgrenzung der erst spät individualisierten Sporenpartieen 
durch Septen tritt erst kurz vor der Reife ein, wenn die Zoosporen schon nahezu fertig sind, der 
Chromatophor seine definitive Ausbildung erreicht hat und die Augentlecke voll entwickelt sind. 
Bei den plurilokulären Sporangien greift mit der Teilung der Kerne und Chromatophoren auch 
die Wandbildung um sich und demgemäß sind schon ganz junge Stadien mehrzellig. Es ist nicht 
nötig, daß beide Vorgänge immer gleichen Schritt halten —- so zeigt Fig. 5 auf Tafel 32 im 
„Atlas“ ein vierkerniges Stadium, in dem noch die Zellwände fehlen —, der Nachdruck ist viel- 
mehr auf das frühzeitige Erscheinen der Wiinde überhaupt zu legen. Die obenstehende Textfigur 
ist nach einem Glyzerinpräparat gezeichnet, das mit Pikrinschwefelsäure fixiert wurde, und zeigt 
neben den reifen einige junge Sporangien mit scharf hervortretender Fächerung. 

Die Frage, ob wir die Sporangien von Stictyosiphon tortilis als unilokulär oder plurilokulär 
aufzufassen haben, ist deshalb von grundlegender Bedeutung, weil sich die Zoosporen als geschlecht- 
lich differenziert erwiesen haben. Der Geschlechtsakt, den ich zum ersten Male Anfang Juli 1897 
beobachtet habe, vollzieht sich ganz so wie bei den oben besprochenen Phaeosporeen. Die 


Schwärmer, die normalen Bau zeigen und 9,5—11 1 lang, 5,5 —6,5 f breit sind, treten in den 
Vormittagsstunden massenhaft aus und sammeln sich hauptsächlich auf der Fensterseite. Die 
Zygoten, 6,5 — 9,5 t: im Durchmesser betragend, waren in allen Präparaten zahlreich. (Taf. VIII [19] 
Fig. 2.) Das Verhältnis von männlichen, weiblichen und indifferenten Zoosporen entspricht ungefähr 
demjenigen bei Eetocarpus silieulosus, eine kranzförmige Ansammlung von männlichen Schwärmern 
um das Ei findet also nicht statt. Die Pflanzen sind durchaus monözisch; eine lebhaftere Ein- 
wirkung war bei Mischung von Schwärmern verschiedener Herkunft nicht bemerkbar. Die Ver- 
suche wurden in den Sommern 1898, 1900 und 1903 wiederholt; in der Mehrzahl der Fälie war 


die Zygotenbildung sehr reichlich. 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 167 


3. Lithoderma fatiscens Avesch. 


Ueber diese Pflanze habe ich vor mehreren Jahren, als ich die plurilokulären Sporangien 
auffand, einige Mitteilungen in den „Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen“ gemacht.) Die Ent- 
deckung des Geschlechtsaktes gibt mir Gelegenheit, heute noch einmal etwas ausführlicher auf sie 
zurückzukommen. 

Die dünnen unregelmäßigen, schwach ausgebuchteten oder etwas gelappten, dem Substrat 
mit ihrer ganzen Unterseite fest anliegenden Krusten von Lithoderma fatiscens gehören bei Helgo- 
land zu den regelmäßigen Bewohnern des Geröllgrundes im Nordhafen. Mit anderen krusten- 
förmigen Algen, wie Peyssonelia Dubyi, Hildenbrandtia rosea, Uruoria pellita, Petrocelis Hennedyi, 
Lithothamnion Sonderi und Ralfsia clavata bilden sie hier einen dichten Ueberzug, der Feuersteine 
und die roten oder grau gefärbten Inselgesteine von allen Seiten einhüllt. Nicht selten verdrängt 
Lithoderma fatiscens als die am raschesten wachsende Alge alle ihre Genossen und das Schlepp- 
netz kommt stellenweise im Nordhaten voll von Geröllsteinen herauf, auf denen Lithoderma fast 
jede andere Vegetation erstickt hat. In die emergierende Region steigt unsere Pflanze nie empor; 
sie tritt erst bei einer Tiefe von 3—4 m am sogenannten Waal auf und geht bis zu einer Tiefe 
von 12—15 m herab. Auch auf den anstehenden Kreidefelsen des Repulsegrundes wird sie noch, 
freilich in kümmerlicher Entwicklung angetroffen. ‚Jüngere Krusten sind ziemlich dünn und leb- 
haft ockergelb bis gelbhbraun gefärbt. Der Rand setzt sich besonders zur Zeit lebhaften Wachstums 
als hellere Zone ab. Aeltere Exemplare haben eine Dicke bis zu 0,3 mm und sind tief dunkel- 
braun, fast schwarz gefärbt. Der Durchmesser der Krusten wechselt und läßt sich bei älteren 
Exemplaren schwer bestimmen, da die Grenzen benachbarter Individuen, die mit ihren Rändern 


auf einandern stoßen, später verwischt werden. 

Vorsichtig mit einem scharfen Skalpell von Feuersteinen abgetrennte Krusten zeigen von 
unten betrachtet parallel angeordnete, nach dem Rande zu etwas divergierende Fäden, deren Zellen 
radial bis zum doppelten Betrage ihres Durchmessers gestreckt sind. 

Der Zuwachs in horizontaler Richtung erfolgt durch die Randzellen und wird besser bei 
der Besprechung der Keimpfänzchen zu erläutern sein. Das Dickenwachstum beginnt damit, daß 
das junge noch einschichtige Lager durch horizontale, dem Substrat parallele Wände zweischichtig 
wird. Die nach oben abgegliederten Zellen fungieren stets als Scheitelzellen von senkrecht 
zum Substrat entwickelten Fäden, die pallisadenförmig und eng mit einander verwachsen den ganzen 
Thallus bis in die Nähe des Randes bedecken und deren Gliederzellen sich nur noch wenig, bis 
zum anderthalbfachen Betrage ihrer Breite strecken. Meist sind die unmittelbar an die Randzellen 
angrenzenden Zellen bereits zweischichtig. Durch eine schief von der Außenwand zu einer Längs- 
wand herablaufende Zellwand wird hier und da aus den Scheitelzellen der aufrechten Fäden eine 
keilförmige Zelle herausgeschnitten, welche die erste Zweiganlage eines aufrechten Fadens darstellt. 


') Kuckuck, P., Bemerkungen zur marinen Algenvegetation von Helgoland. 1894. p. 237—40. Fig. 11 und 12, 
(Wissensch. Meeresunters. Bd. I.) 


168 P. Kuckuek, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Indem sich so die Fäden nach oben gabeln, wird das Gewebe hier etwas kleinzelliger. Ganz 
regelmäßig unterliegen die jungen in der Nähe des Randes sich erhebenden Fäden einer solchen 
Gabelung, wenn sie etwa 3 bis 4 Zellen zählen Da sich nämlich um diese Zeit die untersten 
Zellen noch lebhaft radial strecken, so kann nur auf diese Weise ein lückenloser Zusammenschluß 
der aufrechten Fäden erreicht werden. Auf einem in radialer Richtung durch einen älteren Thallus 
geführten Schnitt erscheint infolgedessen ein Gewebe von kubischen bis oblongen Zellen einer 
basalen, mehrere Lagen hohen Schicht von stark verbreiterten Zellen aufgesetzt. (Tafel VII [18] 
Fig. 2, 5 und 7.) Von oben gesehen stellen die pflastersteinartig dieht neben einander gefügten 
Scheitelzellen der aufrechten Fäden ein zusammenhängendes, fest mit einander verwachsenes Netz 


von isodiametrischen polygonalen Zellen dar. 


Ein prinzipieller Unterschied im Wachstum zwischen Lithoderma und Ralfsia, wie ihn 
De Toni!) nach Kjellman’s?) Vorgang zu formulieren sucht, ist nicht vorhanden. Der Etagen- 
bau, den Ralfsia verrucosa mit Lithothamnion polymorphum gemeinsam hat, fehlt z. B. bei Rulfsia 
clavata, die generisch von verrucosa nicht getrennt werden kann und mit der Lithoderma das 
senkrechte Aufsteisen der aufrechten Fäden aus der Basalschicht teilt. 

Eine Scheidung in assimilierendes und speicherndes Gewebe, wie wir sie bei Nemoderma 
angestrebt fanden, ist bei Lithoderma nicht vorhanden. Die Chromatophoren, in jeder Zelle zu 
4—S8 linsenförmigen, bei der Teilung biskuitförmigen Platten vorhanden, sind in allen Zellen wohl- 
ausgebildet und meist nach der oberen Querwand zu zusammengeschoben. Auch die untersten 
gestreckten Zellen weisen zahlreiche Chromatophoren (bis 10) auf, die hier ebenfalls besonders der 
oberen Querwand anliegen. Pyrenoidartige Körper, wie sie z. B. bei vielen Eetocarpen dem 
Chromatophor angeheftet sind, fehlen bei Lithoderma. Dagegen sind die tröpfehenförmigen Inhalts- 
teile sehr reichlich jeder Zelle beigegeben und zu traubenähnlichen, die Mitte der Zelle einnehmenden 
Gebilden zusammengeballt. (Taf. VII [18] Fig. 4, 6 u. 7.) In jeder Zelle befindet sich ein Zellkern. 


Haare kommen bei Lithoderma niemals vor. 


Die Fortpflanzungszeit fällt in die Monate Dezember, Januar und Februar, also in eine 
Periode, wo Lichtintensität und Temperatur ihre Minima erreichen. Schon Anfang Dezember 
stellen die Spitzenzellen der aufrechten Fäden ihre Tätigkeit als Scheitelzellen ein und beginnen ihre 
Wachstumsenergie einer Reihe von Prozessen zuzuwenden, die zu ihrer Umwandlung in Sporangien 
führen. Indem sich sämtliche Oberflächenzellen bis auf eine mehr oder weniger breite Randzone daran 
beteiligen, bedeckt sich der Thallus mit einem großen zentralen Sorus, der sich an seiner Peripherie 
in einzelne Streifen zerfasert. (Taf. VII [15] Fig. 1.) Bei weitem die Mehrzahl der Individuen tragen 
plurilokuläre Sporangien, während mir Exemplare mit unilokulären Sporangien immer erst nach 


langem Suchen und stets nur ganz vereinzelt in die Hände gekommen sind. Uebrigens stimmen 


!) De Toni, Sylloge Alsarum Vol. III. Fucaceae. 1895, p. 307: „Crescendi modo differt genus Lithoderma a Ralfsia, 
illud ereseit Melobesiae, hoe Lithophylli more.“ 
2) Kjellman, The Algae of the Aretie Sea. 1583. p. 256. 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 


169 


die vegetativen Merkmale der plurilokulären und unilokulären Exemplare so vollständig überein, 
daß jeder Zweifel an ihrer Zusammengehörigkeit schwinden muß. 

Verfolgen wir nun im einzelnen die Vorgänge bei der Entwieklung der plurilokulären 
Sporangien. Etwa in der ersten Hälfte des Dezember beobachtet man in den Spitzenzellen der 
aufrechten Fäden eine auffällige Verlängerung, die von keiner Querteilung begleitet ist. Die Chro- 
matophoren, etwa 6—8 an der Zahl, sind in weiten Abständen an der Innenseite der Wand ver- 
teilt, sehr zart und von hellgelber Färbung. Die stark lichtbrechenden Bläschen und Tröpfehen 
haben ihre mehr zentrale Lage verlassen und erfüllen das Plasma gleichmäßig. Die der Zelle 
aufsitzende Grallertkuppe hat an Mächtigkeit zugenommen. Die Entwicklung scheint sehr gleich- 
mäßig und ziemlich langsam vorzuschreiten. So ergaben Dretschzüge, die in verschiedenen Jahren 
in der Zeit vom 15. bis 23. Dezember gemacht wurden, immer ungefähr die gleichen Stadien: das 
junge Sporangium hatte sich verlängert, die immer noch zarten Chromatophoren hatten sich weiter 
geteilt und es wurden jetzt 12 bis 18 gezählt, die tröpfehenförmigen Bestandteile waren reichlicher 
geworden und das Fachwerk in sehr zarten Konturen bereits angelegt. (Taf. VII [18] Fie. 3.) 
Hier und da war eine Gruppe Sporangien etwas zurückgeblieben und noch ohne Fächerung. Erst 
Ende Dezember und Anfang ‚Januar tritt die volle Reife ein. Die Chromatophoren haben an 
Größe und Dieke zugenommen und zeigen tiefgelbbraune Färbung. Der bei der Anlage als 
winziger Punkt erscheinende Augenfleck präsentiert sich jetzt als rundliche oder mehr ovale, braun- 
rot gefärbte, dem Chromatophor aufgelagerte Pigmentanhäufung; die durchgängig schief gestellten 
Wände der Sporangienfächer sind deutlich, wenn auch zart doppeltkonturiert. 

Charakteristisch für den hier skizzierten Verlauf der Entwicklung ist das verhältnismäßig 
späte Auftreten der Wände. Während z. B. bei den fadenförmig zylindrischen Sporangien von 
Ascoeyelus foecundus Strömf. var. seriatus Rke.!) die ersten Querwände schon frühzeitig erscheinen 
und dann zwischen die alten nach und nach neue eingeschaltet werden, treten bei Lithoderma die 
Wände gleichzeitig und erst dann auf, wenn das Sporangium bereits stark in die Länge gewachsen 
ist. Auch bei Stietyosiphon tortilis kann, wie wir oben sahen, die Entwicklung des Sporangiums 
ziemlich weit vorgeschritten sein und die Kerne können sich bereits mehrfach geteilt haben, ehe 
die ersten Wände erscheinen. Bei Lithoderma greift die Wandbildung erst dann um sich, wenn 
die endgiltige Zahl der Kerne erreicht ist. Von da bis zur Reife des Sporangiums ist freilich 
immer noch ein ziemlich weiter Schritt, da die Chromatophoren noch unscheinbar sind und des 
Augenpunktes ermangeln. Diese Ausnahme von der oben für die plurilokulären Sporangien ge- 
gebenen Regel hängt mit der geringen Anzahl und eigentümlichen Lagerung der Fächer zu- 


sammen. 


Eigentümlich und abweichend von den gewöhnlichen Verhältnissen ist auch, wie ich schon 
1394 hervorgehoben habe, die Entleerung der Sporangien. Sie erfolgt nicht durch eine gemein- 


same Oeffnung an der Spitze und Verquellen der Fachwandungen, sondern die Schwärmer ver- 


‘) Atlas deutscher Meeresalgen. Taf. 16 Fig. 6. 


170 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


lassen einzeln ihre Fächer durch schlitzförmig unterhalb der oberen Wand entstehende Oeffnungen. 
(Taf. VII [18] Fig. 4.) Dieser Modus ist um so auffälliger, als die Entleerung durch eine ge- 
meinsame terminale Oeffnung bei dem dicht gedrängten Stand der Sporangien bequemer zu sein 
scheint. Die schief nach oben gestellten Innenwände dienen den herausgleitenden Schwärmern zur 
Führung. Die Fächerung bleibt nach «der Entleerung noch lange Zeit erhalten. (Taf. VII [18] 
Fig. 5.) 

Die Entwicklung der unilokulären Sporangien bietet keine Besonderheiten und zeigt im 
wesentlichen die auch von anderen Phaeosporeen her bekannten Stadien. So ist ganz links in 
unserer Figur 6 (Taf. VII |18]) ein junges Sporangium dargestellt, dessen noch wenig zahlreiche 
Chromatophoren noch alle wandständig sind, während sie sich in dem schon vorgeschrittenen 
Sporangium rechts weiter geteilt haben und zum Teil ins Innere eingewandert sind. Auch zeigen 
sie bereits die Anlage der Augenpunkte. In der Mitte sind endlich ein reifes und rechts und links 
davon zwei entleerte Sporangien wiedergegeben. 

Lithoderma fatiscens wurde von Areschoug entdeckt und anfangs zur Gattung Ralfsia 
gerechnet. Erst als Kjellman Pflanzen fand, die seitlich an keulenförmigen Assimilationsfäden 
mehrfächerige Sporangien trugen, ') schritt Areschoug zur Aufstellung des Genus Lithoderma.) 
Im Jahre 1883 bespricht Kjellman die Pflanze in seiner Bearbeitung der Algen des Eismeeres?) 


und gibt hier einige Abbildungen, die er später in seinem Handbuch *) reproduziert. 


Wie schon oben betont wurde, haben mich fortgesetzte Beobachtungen in der 1894 von 
mir besprochenen Meinung, daß Areschoug’s Lithoderma fatiscens mit plurilokulären Sporangien 
nichts mit dieser Pflanze zu tun haben, nur bestärken können. Seitdem sind auch für die englische 
Küste von Brebner Pflanzen nachgewiesen worden, die durchaus den Helgoländer Exemplaren 
entsprechen.?) 1898 hat ferner Rosenvinge Sporangien beschrieben, die er an Exemplaren aus 
dem Hekla-Hafen (Ostgrönland) fand, „qui sont, sans doute, les sporanges pluriloeulaires decouverts par 
M. Kuckuck, & l’tat jeune“.) Die von ihm ausgesprochene Vermutung,”) daß die Areschoug’sche 
Pfanze zu der von ihm beschriebenen Ralfsia ovata°) gehört, würde an Wahrscheinlichkeit noch 


gewinnen, wenn sich herausstellen sollte, daß sie gleich dieser nur einen einzigen plattenförmigen 


') Vergl. das Nähere in den „Bemerkungen etc,“ 1894, diese Berichte Bd. I p. 233—240. 

2) Areschoug, E., Observationes phycologieae. III. 1875 p. 22—24. 

°®) The Algae of the Arctic Sea. 1883 p. 255 f. 

*) Handbok i Skandinaviens Hafsalgflora. I. Fucoideae. 1890. p. 18. 

») Batters, E. A. L., New or critical British Marine Algae (Journal of Botany for September 1896). Vergl. die Note 
über die Entdeckung von Sorapion simulans Kek. 

%) Rosenvinge, L. Kolderup, Deuxieme Memoire sur les Alzues marines du Groenland p. 97—99 (Saertryk af „Meddelelser 
om Grönland“ XX. 1898). 

’) l. ec. p. 95. „ai dejä relev6 que la structure de la erote du R. ovata est Ja möme que dans le Lithoderma fatiscens, 
mais j'insisterai surtout sur le fait que les sporanges pluriloculaires de la plante d’Areschoug sont inser&s sur les filaments verticaux 
exactement de la m&me manitre que les sporanges uniloculaires du R. ovata. Cette interpretation n’est qu’une hypothese qui a 
besoin d’ötre verifice par des recherches ulterieures, mais elle me parait avoir a priori une certaine vraisemblance et elle r&soudrait 
d’une manitre simple la controverse exposdee par M. Kuckuck. Si elle se trouve confirm6e, l’espece aura certainement une distri- 


bution geographique assez grande. 
5) Rosen vinge, L. Kolderup, Grönlands Havalger. 1893 p. 900 f. Fig. 30 (Meddelelser om Grönland III) 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 171 


Chromatophor besitzt. Zum mindesten wäre damit ihre definitive Abtrennung von Lithoderma 
fatiscens besiegelt, während jetzt immerhin die Möglichkeit offen bleibt, daß sie eine zweite pluri- 
lokuläre Sporangienform dieser Art repräsentiert, wie es ja auch bei einigen anderen Phaeosporeen 
vorkommt.') Da die plurilokulären Sporangien von Kalfsia verrucosa und R. clavata ganz anders 


aussehen, wäre es dann wohl am zweckmäßigsten, A. ovata als eigenes Genus abzutrennen. 


Außer den plurilokulären hat Rosenvinge bei den grönländischen Pflanzen auch uni- 
lokuläre Sporangien beobachtet, über die er sich wie folgt äußert: „Des @chantillons recoltes en 
octobre portaient des sporanges uniloculaires, jeunes, form&s comme & Tlordinaire des cellules 
terminales des filaments verticaux et soulevant l’epaisse membrane exte@rieure. Ces &chantillons 
different cependant de la forme ordinaire du Lithoderma des cötes d’Europe, les filaments verticaux 
portant frequemment au sommet plusieurs, ordinairement ++, sporanges, au lieu d’un sporange unique. 
En regardant la croüte d’en haut on y voit parfois plusieurs filaments contigus portant chacun 
4 sporanges. Si les filaments se sont divises pres du sommet, chaque cellule subterminale n’en 
porte toutefois qu’un seul sporange.“ Reife Sporangien, die wahrscheinlich wie an den europäischen 
Küsten im Winter auftreten, kamen Rosenvinge nicht zu Gesicht, doch beobachtete er leere 
Sporangienhülsen an Exemplaren, die im Juli gesammelt waren und die gut mit den Helgoländer 
Exemplaren und mit der Abbildung in meinen „Bemerkungen etc.‘ übereinstimmten. Die Zu- 


gehörigkeit der oben erwähnten Oktoberpflanze zu Lithoderma erscheint mir doch sehr zweifelhaft; 


von der geringen Dicke der aufrechten Fäden 7—14 1 ganz abgesehen, ist die Vereinigung 
von mehreren Sporangien auf einem Faden eine Erscheinung, die mir bei der Helgoländer Litko- 
derma nie begegnet ist. Die ungemein breiten und niedrigen sterilen Zellen, wie sie die Rosen- 
vingesche Figur 22 A zeigt, erinnern an Symphyocarpus strangulans, aber diese Phaeosporee 
besitzt wie Ralfsia nur einen einzigen plattenförmigen, nicht wie Lithoderma zahlreiche linsen- 


förmige Chromatophoren. 


Die ersten Versuche mit Schwärmern aus plurilokulären Sporangien wurden am 6. Januar 
1900 angestellt Das benutzte Material war schon am 28. Dezember 1899 gedretscht worden und 
in der Kultur zur Reife gekommen. Nur in einem der 5 Präparate war der Austritt reichlich 
und in der Schwärmeransammlung, die in breitem Bogen die Fensterseite des hängenden Tropfens 
einschloß, wurden zahlreiche Zygoten konstatiert. Da die am S. und 9. Januar mit demselben 
Material wiederholten Versuche nur noch spärlichen Schwärmeraustritt und vereinzelte Zygoten 
ergaben, wurden erneute Versuche mit frisch gedretschtem Material am 16. und 17. Januar 


angestellt. 


Die Beobachtungen, die im ungeheizten Zimmer vorgenommen wurden, begannen gegen 
10 Uhr vormittags. Aus den reifen Sori wurden mit dem Skalpell rechteckige Stückchen samt 


dem darunter liegenden sterilen Gewebe herausgeschnitten und in eine Reihe von Feuchtkammern 


1) Vergl. auch Jönsson, H., The Marine Algae of Iceland. II. Phaeophyceae. 1903 p. 142 Fig. 1. 


1 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


übertragen. ‚Jede Feuchtkammer enthielt nur eine einzige oder 2—3 Proben, die dann stets dem- 
selben Individuum entstammten und im Sorus in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen hatten. 
Meist waren schon '/, bis !/, Stunde nach dem Anfertigen des Präparates die Sporen in großer 
Menge ausgeschwärmt und tummelten sich in diehten Haufen auf der Fensterseite des hängenden 
Tropfens, weniger dicht, oft nur in spärlicher Anzahl auf der Zimmerseite. Weder an Größe noch 
Gestalt zeigten sie irgend welche Abweichungen von dem normalen Bau der Phaeosporeensch wärmer. 
Sie sind meist 7,5—8,3 f: lang, 4,2—5,5 breit, besitzen stets nur einen plattenförmigen Chro- 
matophor mit rotem Augenpunkt und daran ansetzenden Zilien und zeigen unter den verhältnis- 
mäßig zahlreichen Körnchen und Tröpfehen eine oder zwei stark lichtbrechende größere Kugeln. 
Meist fällt eine solche durch ihre Größe ausgezeichnete Kugel noch dadurch besonders in die 
Augen, daß sie, im hinteren Ende der Spore gelagert, dieser wie ein hellglänzender Knopf auf- 
sitzt. (Tat. VII [15] Fig. S u. 9.) Die Größenunterschiede der Schwärmer können recht erheb- 
liche sein, gehen aber ihrer geschlechtlichen Differenzierung keineswegs parallel. Fast alle Präparate 
ergaben Zygoten, in manchen waren sie mehr vereinzelt, in anderen recht häufig. In einigen 
Präparaten erfolgten die Verschmelzungen so zahlreich, daß die Beobachtung kaum folgen konnte, 
und der Kopulationsakt war, wenn alle Schwärmer zur Ruhe gekommen waren, so allgemein voll- 
zogen worden, daß die Schwärmeransammlungen fast ausschließlich aus Zygoten bestanden. Der 
Vorgang der Verschmelzung erfolgte wie gewöhnlich, zwischen den auf Taf. VII (15) in Fig. ) ab- 


gebildeten Stadien verflossen meist 30—-60 Sekunden, sodaß der ganze Akt vom Herantreten des 


r 


männlichen Schwärmers an bis zur völligen Abrundung der Zygote etwa 3—5 Minuten in An- 
spruch zu nehmen pflegte. Zwei oder drei Mal konnte beobachtet werden, daß der weibliche 
Schwärmer noch nicht zur Ruhe gekommen war, als der männliche bereits zu ihm stieß und mit 
ihm zu verschmelzen begann. Er haftete zwar mit der anderen Zilie bereits am Deckgläschen, 
pendelte aber noch hin und her und wurde erst vom männlichen Schwärmer gleichsam gegen die 
Unterlage angepreßt. Auch scheint es gerade bei Lithoderma fatiscens häufig vorzukonmen, daß 
ein zweiter männlicher Schwärmer sich mit einer Zygote vereinigt. Obgleich mir der Vorgang 
nur einmal direkt zu Gesicht kam, beweisen die verhältnismäßig zahlreichen größeren Zygoten mit 
3 Chromatophoren und 3 Augenpunkten, daß er hier nichts ungewöhnliches ist. Normale Zygoten 
haben einen Durchmesser von 6,9—7,5 ti. 

Eine Trennung der Geschlechter nach Individuen ist, wie die oben geschilderte Versuchs- 
anstellung zeigt, nicht vorhanden. Dennoch verhielten sich die Schwärmer nicht in allen Präparaten 
absolut gleich. Die Regel war, daß die ersten Schwärmer sich sehr bald nach dem Ansetzen der 
Feuchtkammer festsetzten und daß die Zygoten um so häufiger wurden, je breiter der Rand von 
zur Ruhe gekommenen Schwärmern wurde. Meist waren in den Präparaten in den Nachmittags- 
stunden gegen 2 und 3 Uhr nur noch wenige Schwärmer mobil und da sich unter den zur Ruhe 
gekommenen etwa 20-90 °,, Zygoten befanden, so werden sich hier die männlichen und die 
weiblichen Schwärmer an Zahl ungefähr gleich gewesen sein. Nur selten kam es vor, daß in 


einem Präparat das Gros der Schwärmer alsbald nach dem Ansetzen des hängenden Tropfens zu Boden 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 173 


sank und nur ein Teil noch kurze Zeit schwärmte. Es wurden auch hier Zygoten beobachtet, 
doch handelte es sich vermutlich um Proben, die ihre Schwärmer schon in der Schale ausgestoßen 
hatten, und die auf den Boden des hängenden Tropfens sinkenden Schwärmer hatten wahrscheinlich 
schon bei Entnahme der Probe ihre Bewegungsfähigkeit eingebüßt. Endlich ließ sich noch eine 
dritte Gruppe von Feuchtkammern unterscheiden, in denen das Schwärmen sehr lange Zeit anhielt. 
So war bei einem Präparat, das am 13. Januar 1900 mittags zwischen 12 und 1 Uhr angefertigt war, um 
4 Uhr nachmittags nur ein kleiner Bruchteil der Schwärmer zur Ruhe gekommen. Die hereinbrechende 
Dunkelheit änderte nichts an der Sachlage, nur waren um 7 Uhr abends die Schwärmer, die sich 
an der Fensterseite zusammengedrängt hatten, im Tropfen gleichmäßig verteilt. Durch das Licht 
der Petroleumlampe wurden sie aber rasch von neuem orientiert, indem die Hauptmasse der von 
der Lampe abgewandten Seite zustrebte, der kleinere Teil sich am entgegengesetzten Rande sammelte. 
Zygoten kamen unter den wenigen zur Ruhe gekommenen Sporen nur ganz vereinzelt vor. Im 
‚Januar 1901 operierte ich mit einem Präparat, das nur schwärmerhaltiges Wasser enthielt, bei 
dem also Nachschub aus den Sporangien des Krustenfragments ausgeschlossen war. Das Präparat 
war am 11. ‚Januar vormittags 10 Uhr angefertigt und zeigte etwa nach einer Stunde zahlreiche 
Zygoten. Das Gros der Schwärmer blieb aber in Bewegung. Nachmittags um 4 Uhr waren zwar 
wieder zahlreiche Schwärmer, jetzt in kreisförmiger Ansammlung zur Ruhe gekommen, das Schwärmen 
war aber noch immer sehr lebhaft und dauerte bis in die Vormittagsstunden des folgenden Tages 
(Beob. 8.45 a) fort. Selbst am Nachmittag des 12. Januar (5 ,) schwamm hier und da noch ein 
Schwärmer in träger Bewegung zwischen den massenhaft am Deckglase haftenden oder zu Boden 
gefallenen Schwärmern umher. 

Diese Beobachtungen zeigen, daß in der Regel männliche und weibliche Schwärmer auf 
demselben Individuum und im selben Sorus gebildet werden. Sollte eine Scheidung in männliche 
und weibliche Sporangien durchgeführt sein, wofür kein Beweis zu erbringen war, so sind diese 
jedenfalls innerhalb des Sorus nicht in Regionen lokalisiert, sondern stehen unter einander 
vermischt. 

Ob die Zoosporen mit langer Schwärmdauer als Spermatozoen oder als indifferente Schwärmer 
zu bezeichnen sınd, muß dahingestellt bleiben. Eine Mischung mit rasch zur Ruhe gekommenen 
konnte nicht vorgenommen werden, da Präparate beiderlei Art überhaupt selten waren und nicht 
gleichzeitig zur Verfügung standen. 

Die Beobachtung wurde gewöhnlich im ungeheizten Zimmer vorgenommen, wo die Tempe- 
raturverhältnisse ungefähr denjenigen im Freien entsprachen. Die Temperatur der Oberfläche des 
Meerwassers schwankt bei Helgoland nach den Messungen der biologischen Anstalt im Januar 
zwischen 1,6 und 6,2°C und im Februar zwischen — 2° und -+ 5,2° Ct), die durchschnittliche 
Temperatur beträgt für den Januar 3,6, für den Februar 2,1 und für den März 2,6° C?). Für 


eine Tiefe von ca. 10 m ist die Temperaturdifferenz nur sehr gering. Um diese Jahreszeit ist das 
') Anfang März 1895 sogar — 2,5° ©. 
2) Vergl. Abh. 9 p. 76 (110). 


15%) 
(3%) 


rm r . . r ” 
174 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Wasser hier etwa 0,2 bis 0,7° wärmer. Da die Fortpflanzungsperiode von Lithoderma etwa von 
Mitte Dezember bis Ende Februar gerechnet werden kann, so gehört diese Alge unter den aus- 
dauernden Algen zu den typischen Winterpflanzen, deren Sporen in den kältesten Monaten pro- 
duziert werden. So betrug die Temperatur in den flachen Schalen, die das Versuchsmaterial 
enthielten, am 11. Januar 1901 nur 2,5° C bei einer Lufttemperatur von 3°. Einige Versuche 
zeigten, daß die Schwärmer von Lithoderma gegen rasche 'Temperaturänderungen viel weniger 
empfindlich waren, als man anzunehmen geneigt ist. Feuchtkammern, die in das geheizte Zimmer 
getragen wurden (15° ©), zeigten wenigstens in der ersten Zeit nichts Abnormes. Das Schwärmen 
ging stundenlang ungestört weiter und die Bildung von Zygoten war ebenso reichlich wie im 
kalten Zimmer. Allerdings trat später bei den zur Ruhe gekommenen Schwärmern eine Neigung 
zum Platzen und zu rascher Desorganisation ein. Ebenso widerstandsfähig waren die Schwärm- 
sporen gegen eine Temperaturerniedrigung. Wurde der Glasrahmen der Feuchtkammer mit einer 
Mischung von Schnee und Kochsalz umgeben, so war keine Aenderung in der Bewegungsfähigkeit 
der Schwärmer zu konstatieren. Auch wenn durch vorsichtiges Auftragen des Gemisches auf das 
Deckgläschen direkt über dem hängenden Tropfen dieser selbst an einigen Stellen zum Gefrieren 
gebracht wurde, schwamm ein großer Teil der Sporen zwischen den Eisschollen noch lustig umher. 
Durch Einhüllen des ganzen Rahmens samt dem Deckgläschen konnte der Tropfen momentan in 
eine Eislinse verwandelt werden. Wurde dann die Schnee- und Salzmischung rasch entfernt, so 
trat sehr bald wieder ein Auftauen des erstarrten Tropfens ein. Die meisten Schwärmer bewegten 
sich jetzt nicht mehr, sondern hingen abgerundet im Tropfen zerstreut umher, nur ein geringer 
Teil begann zwischen dem schmelzenden Eise sich langsam wieder zu rühren und träge umher- 
zuschwärmen. Die Schwärmsporen von Lithoderma vertragen also Temperaturen bis zum Gefrier- 
punkt des Seewassers, der bei den 3,0-—3,3 Prozenten der Helgoländer Nordsee bei —- 1,7° bis 
— 1,8° liegt, ohne irgend welche Schädigung und können ausnahmsweise auch ein direktes Ein- 
frieren überstehen. Vermutlich wird eine Abkühlung des Seewassers unter den Gefrierpunkt, eine 
sogenannte Unterkühlung, ihnen nicht weiter hinderlich sein. 

Während bei Zetocarpus silieulosus, Stictyosiphon tortilis und besonders bei Scytosiphon 
lomentarius Zygoten nur zu bestimmten Zeiten und meist ziemlich spärlich beobachtet wurden, 
tritt bei Lithoderma futiscens der Geschlechtsakt mit solcher Sicherheit ein, daß er jederzeit, so- 
lange überhaupt plurilokuläre Sporangien gebildet werden, demonstriert werden kann. Nach meinen 
Aufzeichnungen wurde die Kopulation beobachtet am 6, 8, 10—12, 16., 17. Januar, 1. und 
22. Februar 1900, 11. und 17. Januar, 4. und 6. Februar 1901, 24. Januar, 14., 19. und 
20. Februar 1902. 

Von Ende Februar ab sind mir plurilokuläre Sporangien nicht mehr zu Gesicht gekommen. 
Unilokuläre Sporangien habe ich nur zweimal gesehen, beide Male im Februar. Da ich sie nie 
zum Ausschwärmen bringen konnte, kann ich über Form und Verhalten der Sporen nichts aus- 
sagen. Doch lehrt die Betrachtung reifer Sporangien (Taf. VII [18] Fig. 6, vergl. auch oben), 


daß sicherlich Zoosporen in ihnen gebildet werden, die einen Chromatophor mit deutlichem Augen- 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 1675 


punkt besitzen und deren Größe nieht erheblich von derjenigen plurilokulärer Schwärmer ab- 
weichen kann. 

Die Verschmelzung der Kerne erfolgt bei den Zygoten von Lithoderma auffallend spät. 
Da Berthold und Oltmanns’übereinstimmend angeben, daß bei Ketocarpus silieulosus die 
Kerne normal schon nach einigen Stunden, jedenfalls aber bis zum Abend verschmolzen sind, so 
fixierte ich meine Präparate teils während der Aussaat, teils in den Nachmittagsstunden. Als 
Fixierungsmittel verwandte ich Jod irn Meerwasser, das noch immer für Schwärmsporen als bestes 
Mittel empfohlen werden kann und für spätere Färbungen sehr vorteilhaft wirkt. Diese wurde in 
der Regel mit Delafield’schem Hämatoxylin vorgenommen und dann mit verdünnter Salzsäure 
nachbehandelt. Die Figuren 15—17 auf Tafel VII (15) zeigen überall die Kerne noch getrennt. 
Nur in Fig. 17, die zwei nach 4 Stunden fixierte Zygoten wiedergibt, berühren sich in der Zygote 
rechts die beiden Kerne. Das ist aber ein Ausnahmefall. Gewöhnlich waren noch nach zwei 
Tagen zahlreiche Kerne unverschmolzen (Fig. 15). Ich war anfangs geneigt, anzunehmen, daß mir 
infolge ungünstiger Wahl der Fixierungszeit nur solche Stadien vorgelegen hatten, in denen die 
Kerne entweder noch nicht verschmolzen waren oder in denen sie sich schon wieder geteilt hatten, 
bis ich dazu überging, auch ältere Präparate, die zur Erzielung von Keimpflänzchen in Kultur 
genommen waren, zu untersuchen. Figur 19 gibt 4 Zygoten und eine ohne Befruchtungsakt zur 
Ruhe gekommene Spore, die 6 Tage alt sind. Alle 4 Zygoten zeigen nur einen einzigen ziemlich 
großen Kern. Die mit Membran umgebenen noch einzelligen Pflänzchen haben sich stark ver- 
größert, zwei von ihnen haben bereits einen Keimschlauch getrieben und sind in ihrer Entwicklung 
soweit vorgeschritten, daß die baldige Teilung der Kerne erwartet werden kann. Das Präparat, 
dem die Zeichnungen entnommen sind, wurde ebenso wie das Fig. 18 zugrunde liegende einige 
Stunden nach der Aussaat aus der Feuchtkammer in das Kulturgefäß übergeführt. In beiden 
Fällen kann also eine normale Entwicklung vorausgesetzt werden, wofür auch das kräftige Aus- 
sehen der lebenden Objekte sprach (vergl. Fig. 11 und 12). Während aber in dem 2 Tage alten 
Präparat 15 die zweikernigen Stadien noch überwogen, waren die Zygoten in dem Präparat 19 
durchweg einkernig. 

Die Figuren 11 und 12 stellen den Figuren 18 und 19 entsprechende 2, bez. 6 Tage alte 
Keimpflänzchen dar. Die Membran ist überall als deutlich sichtbarer Kontur vorhanden, die 
Chromatophoren haben sich mehrmals geteilt, der tröpfehen- 
förmige Inhalt hat sich vermehrt, die Augenpunkte sind 
auch bei den 6 Tage alten, schon stark verlängerten 
Stadien noch wohl erhalten. Figur 13 bringt weiterhin drei 


Ptlänzchen, die einer 3 Wochen alten Kultur entstammen. 


[24 


a a 


In dem 3zelligen Pflänzchen bei a, das nach seiner umfang- 


Fig. 2. reichen oben rechts liegenden Basis zu urteilen aus einer 
Lithoderma fatiscens Aresch. 
Keimpflänzchen, 5 Wochen alt. Bei a der ursprüng- 


3 = B R 4 =uo 5 PN Tlee 8. er So : 
liche Sporen-(Zygoten-)körper. Vergr. 7. und der Keimschlauch schiekt sich an, zu einer kleinen ge- 


Zyeote eekeimt ist, sind die Augenpunkte verloren gerangen 
‘JO fo} fo) (oh) oO 


176 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


lappten Scheibe auszuwachsen. Bei b und ce sind zwei etwas zurückgebliebene Keimpflänzchen 
gezeichnet, die an einem der zahlreichen Chromatophoren nur einen Augenpunkt erkennen lassen. 
Sie sind offenbar aus Schwärmsporen gekeimt, die nicht kopuliert hatten. Ein wenig älteres, 
nämlich 4 Wochen altes Stadium gibt Figur 14. Der scheibenförmige Teil des jungen Pflänzchens 
hat sich vergrößert und von der Peripherie aus angelegte radiale Wände gebildet. (Vergl. die 
beginnende Wandbildung in Fig. 13a.) Von nun geht die Entwicklung der Scheibe zu jurigen 
Lithoderma- Pflanzen ziemlich rasch vorwärts, wie die beigegebene Textfigur 2 zeigt, die nach 
5 Wochen alten Aussaaten gezeichnet ist. Im Gegensatz zu 
Nemoderma tingitana, wo die ursprüngliche Spore fast ihren 
ganzen Inhalt an die Keimpflanze hergab, wiesen bei Lithoderma 
die in der obenstehenden Figur mit a bezeichneten ausgekeinten 
Sporen noch mehrere (2—3) Chromatophoren auf. 

Das Randwachstum erfolgt durch tangentiale und durch 
antikline Wände, die von der äußeren peripherischen Wand her 


nach einer radialen Wand herüberwachsen. Die Keimptlänzchen 


von Lithoderma erinnern in dieser Beziehung an junge Scheiben 


von Ascocyelus foecundus Strömf. var. serialus Rke., wo es aber 


die Spore selbst ist, die sich teilt. (Atlas deutscher Meeresalgen 


Fig. 3. Tat. 16 Fig. S—12.) Den Rand einer älteren Scheibe, die schon 
Lithoderma fatiscens Aresch. : R e R 
a re Sporangien getragen hat und nun von neuem wächst, gibt unsere 


1 
Textfigur 3 wieder. Der Verlauf der basalen Zellenreihen ist 


oft auf weite Strecken hm und besonders auch am Rande parallel. Die Scheiben erhalten da- 
durch, von unten gesehen, ein eigentümlich gefaltetes Aussehen, indem immer wieder neue 
Partieen lebhaft zu wachsen beginnen und andere Partieen umfließen und einzwängen. Vertikal- 
schnitte durch junge Scheiben erinnern an entsprechende 
Schnitte von Aglaozonia, aber die Scheitelzelle übertrifft 
bei der letzteren die weiter zurückliegenden Zellen meist an 
Größe. (Textfigur 4.) 


Lithoderma ist eine ausdauernde Alge, die sich 


Fig. 4. RE 5 0 
RE RENNER während des ganzen Jahres massenhaft findet. Das Alter, 
RadialerVertikalschnitt durcheinen wachsenden Rand. (las ein Individuum erreichen kann, möchte ich auf 2 Jahre 
500 
Verer. Y ” : 6 s 8 
ae schätzen. Interessant ist, daß die Produktion der Sporangien 


hier viel träger vor sich geht als bei Nemoderma. Es scheint, als ob zwei nicht scharf von ein- 
ander getrennte Perioden vorhanden sind, die im Januar übereinander greifen. Soweit sich durch 
Kulturen feststellen ließ, produziert eine Stelle, die im Winter schon einmal Sporangien getragen 


x 


hat, in der gleichen Saison keine neuen Fortpflanzungsorgane mehr. ') 


!) Nach Abschluß der Arbeit erscheint F. R. Kjellman (}) and N. Svedelius, Nachträge zum I. Teil, Abt. 2 
Phaeophyceeae und Dietyotales 1910 (Natürliche Pflanzenfamilien).. Zu der hier vorgenommenen Aufstellung der neuen Gattung 
Pseudolithoderma Sved. werde ich anderenorts Stellung nehmen. 


=] 


Zur Fortpflanzung der Phacosporeen. 11 


Il. Ueber die Fortpflanzung einiger anderer Phaeosporeen. 


Ectocarpus granulosus (Engl. Bot.) Ag. Eine der häufigsten Eectocarpus-Arten bei 
Helgoland ist Eetocarpus granulosus (Engl. Bot.) Ag. Wesen ihrer nahen Beziehungen zu E. serundus, 
der bekanntlich Antheridien und Oogonien besitzt, habe ich ihr besondere Aufmerksamkeit zu- 
gewandt, jedoch immer nur, sowohl bei den stattlichen Sommer- wie bei den niedrigen, dicht- 
buschigen Winterformen, trotz sonstiger großer Mannigfaltigkeit ausschließlich plurilokuläre Sporangien 
gefunden. Die in diesen gebildeten Zoosporen (Tat. VIII [19] Fig. 12), deren Austritt mehrfach 
beobachtet werden konnte, weichen aber von dem üblichen Bau der Phaeosporeenschwärmer insofern 
ab, als sie erheblich größer, nämlich 10—14 f: lang und 6—7 it breit sind, also fast die Größe 
der Eier von E. secundus erreichen. Auch besitzen sie mehrere (3—5) Chromatophoren, von denen 


einer den Augenpunkt trägt. Sie keimen ohne Befruchtung. 

Castagnea Griffithsiana (Grev.) Ag. Im Hochsommer, von Anfang August bis 
Ende September, ist auf den flachen Geröllgründen des Kalbertans an der Nordostseite der Düne 
eine Mesogloeacee häufig, Castagnea Griffithsiana (Grev.) Ag., bei der bisher nur unilokuläre Sporangien 
beobachtet wurden. Die in ihnen gebildeten Schwärmer (Tat. VIII [19] Fig. 14) sind ziemlich klein, 
6—7 # lang und 4—4,5 1 breit, zeigen aber sonst den typischen Bau der Phaeosporeenschwärmer. 
Keimstadien konnten nicht erzielt werden. Da es sich um eine ausgesprochene Sommerpflanze 
handelt, ist anzunehmen, daß sie erst ein Ruhestadium durchmachen, vielleicht wie bei Chorda Filum 
einen überwinternden Vorkeim bilden. — Auf die von Thuret näher studierten Verhältnisse bei 
Eudesme virescens J. Ag. soll andernorts näher eingegangen werden. 

Myriotrichia Harv. Die einander sehr nahe stehenden, vielleicht zu vereinigenden 
Arten M. elavaeformis Harv. und M. filiforımnis (Griff.) Harv. habe ich im Mai und Juni 1901 
verschiedentlich im flachen Wasser bei Agla in der Nähe von Tanger an der marokkanischen 
Küste gesammelt. Die Büschel wuchsen an Seytosiphon lomentarius, der gewöhnlichen Wirtspflanze. 
Die unilokulären Sporangien waren ziemlich spärlich, um so massenhafter fanden sich die pluri- 
lokulären. Aber ich habe mich vergebens bemüht, am lebenden Material die beiderlei Arten von 
klein- und großfächerigen plurilokulären Sporangien zu finden, wie sie von Karsakoff beschrieben 
wurden.') Daß ihre Unterscheidung an konservierten Material kaum möglich ist, habe ich schon 
früher hervorgehoben.?) Im hängenden Tropfen der Feuchtkammer erhielt ich zwar am 31. Mai 
Austritt von Zoosporen, die bei dem Fehlen unilokulärer Sporangien im Präparat nur aus den 
plurilokulären Sporangien hergeleitet werden können (Taf. VIIL [19] Fig. 13). Sie waren 12,5 — 14,5 ı 


lang, 7—8 ı. breit und besaßen 4—5 Chromatophoren. Von diesen trug einer einen Augenpunkt 
1) Karsakoff, N., Quelques remarques sur le Genre Myriotrichia 1592 (Journal de Botanique 6° Annce). 
2) Kuckuck, P., Beiträge zur Kenntnis der Mceresalgen. Abh. 6. Die Gattung Myriotrichia. 1900, p. 38 £ (72 f. des 
Separats). (Diese Zeitschrift, Abt. Helgoland, Bd. III.) 


178 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


mit den beiden Zilien, ein anderer noch einen zweiten kleineren Augenpunkt. Selten war noch ein 
dritter oder gar vierter Nebenaugenpunkt vorhanden. Leider ist die Beschreibung, die Karsakoff 
von den großen und kleinen Zoosporen gibt, nicht lückenlos, es wird weder über die Chromato- 
phoren etwas mitgeteilt noch werden Maße angegeben. Wohl aber wird für beide Arten von 
Zoosporen das freilich seltene Vorkommen von „Zoospores gemindes A deux points rouges“ bemerkt. 
Die Verfasserin hält sie für Mißbildungen, da sie auch solche mit 3, 4, 5 und sogar 6 Augen- 
punkten sah. Die in meinen Feuchtkammern vorhandenen Zoosporen für Mißbildungen zu halten, 
verhindert mich die normale Ausbildung und Inserierung der Zilien. Unvollkommen getrennte 
Zoosporen, wie sie infolge vorzeitigen Ausschlüpfens bei manchen Phaeosporeen vorkommen, sind 
immer von abnormer Gestalt. Auch die Annahme, daß der den zweiten Augenpunkt tragende 
Chromatophor von einem kleinen männlichen Schwärmer herrührt, der während des Schwärmens 
mit einem großen weiblichen kopuliert hat, ist unwahrscheimlich, da solche kleinen Schwärmer der 
Beobachtung im hängenden Tropfen nicht entgangen sein würden. Auch müßte man bei 3, 4 oder 
mehr Augenpunkten eine Kopulation mit mehreren männlichen Schwärmern annehmen. Uebrigens 
hat Scherffel auf das Vorkommen „mehrerer Stigmen bei grünen Schwärmzellen‘“ hingewiesen 
und dabei auch‘ meiner ihm mündlich mitgeteilten Beobachtungen gedacht.') Zur Keimung kamen 
die Aussaaten nicht, bei meiner Abreise von Tanger am 18. Juni 1901 waren die Sporen abge- 
storben. Nach allem bedarf die Frage der Fortpflanzung von Myriotrichia dringend einer weiteren 
Untersuchung. 

Asperococcus Lamour. Für die Gattung Asperococcus sind die unilokulären Sporangien 
seit langer Zeit bekannt und nur bei zwei Arten, bei A. compressus Griff. und A. scaber Kek., 
konnten bisher plurilokuläre Sporangien nachgewiesen werden. Zoosporen wurden bisher nur für 
die unilokulären Sporangien von A. bulloses Lamour. durch Thu ret beschrieben.?) Leider wird 
im Text nichts Näheres über sie gesagt, sondern gleich zur Keimungsgeschichte übergegangen. 
Die Zeichnungen geben bei einer Vergrößerung von 330 keine sichere Auskunft darüber, ob nur 
einer oder etwa mehrere Chromatophoren vorliegen. Nach den aus ihnen abgeleiteten Maßen 
— Länge 10,5—12,5 tt, Breite 4—5,5 £ — könnte wohl auch das Letztere der Fall sein, da 
sie die gewöhnlichen Phaeosporeenschwärmer besonders an Länge übertreffen. Auch die Keim- 
stadien deuten darauf hin. °) 

Bei Helgoland wächst nur A. echinatus (Mert.) Grev., der mir am 11. Juni 1900 in den 
Vormittagsstunden guten Schwärmeraustritt aus unilokulären Sporangien lieferte. Die Ansammlung 
erfolgte vorzugsweise an der Fensterseite, nur spärlich an der Zimmerseite des hängenden Tropfens. 


Die Bewegung der Schwärmer war ziemlich träge, nicht viel lebhafter als bei Aglaozonia.*) Ihre 
!) Scherffel, A., Algologische Notizen. 1907, p. 229 f, Fig. 1u.2. (Berichte d. Deutschen Botan. Gesellschaft. Bd. NNV.) 
?) Thuret, (r., Recherches sur les Zoospores des Algues et les Anthöridies des Cryptogames. 1851. p. 29 (Ann. des 
Sciene. nat. 3€ Serie. Bot. Tom. 14). 
Idem, Etudes phyeologiques 1878 p. 16 ff. Pl. VT. 
She Ah NA ER 
4) Vergl. Abh. 9 der „Beiträge“, p. 68 f. (102 £.), Taf. VII (13) Fie. 7. 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 


179 


Größe war ziemlich beträchtlich (Taf. VIII [19] Fig. 10). Messungen ergaben folgende zu- 


sammengehörige Werte: 


Länge 19,3; 1lab-ıl, 16,4, 
Breite Son 8,3, 6,3. 


Die Chromatophoren waren stets in der Mehrzahl vorhanden, meist waren es 2--4, von denen 
einer den Augenpunkt trug. Bei einigen Präparaten war das Schwärmen noch nachmittags um 
6 Uhr lebhaft. Die Keimung wurde nicht verfolgt. 

Mit A. compressus erzielte ich am 10. Juni 1901 Schwärmeraustritt aus den unilokulären 
Sporangien bei Material, das tags zuvor nieht weit von Tanger an der marokkanischen Küste ge- 
sammelt war. Die Schwärmer kamen rasch zur Ruhe und zeigten dann außer den normalen mit 
einem kurzen bandförmigen Chromatophor und einem Augenpunkt zahlreiche etwas größere 
Schwärmer mit 2, 3 oder auch 4 Chromatophoren, von denen jeder einen Augenpunkt tragen 
konnte. Ueber die Geißeln habe ich nichts notiert. Messungen ergaben bei den normalen 
Schwärmern in der Ruhelage einen Durchmesser von 4,5—5,4 t, bei den anderen einen solchen 
von 6,5— 7,5 # (Taf. VIII [19] Fig. 11). 

Punctaria Grev. Von Punctaria latifolia Grev. hat Thuret die Schwärmsporen be- 
obachtet und abgebildet.') Aber es wird leider nicht angegeben, ob sie den plurilokulären oder 


unilokulären Sporangien entstammen. Aus den Zeichnungen abgeleitete Maße ergaben eine Länge 


von 11—12,5 f: und eine Breite von 5—6 . Vielleicht sind mehrere Chromatophoren vorhanden. 
Ich habe bei Helgoland mit P. plantayinea (Roth.) Grev. einige Versuche gemacht. Die Pflanze 
ist hier häufig, aber eine ausgesprochene Frühlings- und Sommerart und bisher nur mit unilokulären 
Sporangien bekannt, die mir am 26. April und am 23. Mai 1898 schönen Schwärmsporenaustritt 
lieferten. Die 12,5—17,0 langen, 7,5--8,3 f breiten Schwärmer bevorzugten die Zimmerseite. 
Sie besaßen eine größere Anzahl von linsenförmigen Chromatophoren, meistens 5, aber auch 6—10. 
Einer von ihnen trug den Augenpunkt mit den zwei Zilien. Bei dem Material vom 23. Mai waren 
zuweilen auch 2 Augenpunkte an 2 verschiedenen Chromatophoren vorhanden, die dann mit Vor- 


liebe nahe bei einander lagen (Taf. VIII [19] Fig. 7). 


Dictyosiphon foeniculaceus (Huds.) Grev. ist eine bei Helgoland häufige Phaeosporee, 
die ihren Höhepunkt im Juli erreicht. Sie findet sich ganz regelmäßig auf den geißelförmigen 
Schnüren von (Chordaria flagelliformis. Den Austritt aus den allein bekannten unilokulären 
Sporangien habe ich verschiedentlich beobachtet, so am 11. Juli 1900, am 13., 20. und 31. Juli 
1901 und am 7. Juli 1909. Die Entleerung erfolgte in den Vormittagsstunden, die Schwärmer 
sammelten sich an der Zimmerseite und hatten den üblichen Bau (Taf. VIII [19] Fig. 9). 


Messungen ergaben folgende zusammengehörige Werte: 
{o) oO to) fe) 


Länge 38 oh 7.0, 6,9, a0» 
Breite 4,6, 4,5, A, 4,8, SUCH 
Abgerundet 4,8, 5408 Dal 


1) Thuret, G., Etudes phycologiques. 1878. p. 14. Pl. V. Fig. 5 und 6. 


150 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Der Chromatophor ist zart und undeutlich. Die tröpfehenförmigen Bestandteile sind recht zahl- 
reich, ziemlich groß und von weichen Umrissen. Finzellige Keimungsstadien wurden schon nach 
24 Stunden beobachtet, aber es gelang bisher nicht, sie zu weiterer Entwicklung zu bringen. Auf 
Areschoug’s Beobachtungen wird anderenorts näher einzugehen sein. 

Laminaria Lamour. Ein besonderes Interesse bieten die Laminariaceen, da bei ihnen 
trotz ihrer hohen Organisation bisher nur unilokuläre Sporangien bekannt geworden sind. Auch 
mir sind niemals bei den freilich nicht allzu zahlreichen Arten, die ich untersuchen konnte, 
andere Sporangien zu Gesicht gekommen. Den Austritt der Schwärmer bei Laminaria saccharina 
(L.) Lamour. und 4. digitata (L.) Lamour. hat Thuret schon 1851 beobachtet '), doch wird im 
Text nur kurz bemerkt: „Les details de la fruetification n’offrent d’ailleurs aucune difference 
importante dans ces deux especes.“ Die aus seinen Zeichnungen von Saccharina-Schwärmern ent- 
nommenen Maße ergaben I—11 f. für die Länge, 4,5—5,5 £ für dıe Breite, das sind Größen- 
verhältnisse, die ungefähr auch für die Schwärmer zutreffen, die ich am 28. Januar 1902 aus dem 
Sorus von L. saccharina in Helgoland austreten sah (Länge 11,5—12 , Breite 4,5—5,3 #, 
Taf. VIII [19] Fig. 8). Der Chromatophor, stets in der Einzahl vorhanden, ist ziemlich klein, 
dünn, etwas zerknittert, auch der Augenpunkt ist undeutlich und zuweilen kaum zu erkennen. Der 
vordere Teil der Zoospore ist arm oder auch ganz frei von tropfenförmigen Bestandteilen. Die 
hintere Zilie ist auffallend kurz. Das Schwärmen war noch um 4.30 nachmittags recht lebhaft, 
doch hatten wahrscheinlich neue Nachschübe aus den Sorausfragmenten stattgefunden. Der ganze 
Rand des hängenden Tropfens, besonders die Zimmerseite war jedenfalls dicht besetzt mit ruhenden 
Zoosporen. Zu diesen Befunden, die ganz im Rahmen dessen bleiben, was man erwarten durfte, 
stimmen die auffallenden Angaben, die Drews neuerdings über die Zoosporen von L. saccharina 
und über ihre Kopulation gemacht hat, ganz und gar nicht.?) Eine im November 1910 vor- 
genommene Aussaat zeigte, daß auch seine Mitteilungen über die Keimung der Sporen auf Irrtum 
beruhen müssen. Ich werde später darauf zurückkommen. 

Die Sphacelariaceen fordern zu besonderer Aufmerksamkeit heraus, da Sauvageau bei 
einigen. von ihnen recht abweichende Verhältnisse in der Fortpflanzung nachwies.?) Was darüber 
an Helsoländer Arten bis zum Jahre 1902 von mir festgestellt werden konnte, sei unter Hinweis 


auf die späteren ausführlicheren Untersuchungen im Folgenden kurz mitgeteilt. 


Sphacelaria olivacea Pringsh. ist Ähnlich wie Lithoderma fatiscens insofern eine echte 
Winterpflanze, als sie ihre Sporen reift, wenn das Wasser am kältesten ist. Zwar hat Pringsheim?) 
noch im Juli und August (1555 und 1861) unilokuläre und plurilokuläre Sporangien beobachtet, 
erstere, wie er sagt, stets entleert, obgleich die eine von ihm zitierte Figur außer einem entleerten 


auch ein volles Sporangium zeigt. Aber das Material ist nach allem doch stark überständig ge- 
1) Thuret, G., Recherches sur les Zoospores des Algues. 1851. p. 31 f. Pl. XXX. Fig. 3 u. 4. 

2) Drews, Reproduction and early development of Laminaria digitata and L. saecharina. 1910. Annals of Botany Bd. 24. 
3) Sauvageau, ©, Remarques sur les Sphacdlariacees. 1900—1903. (Journal de Botanique Vol. XIV-—-XVII.) 

4) Pringsheim, N., Ueber den Gang der morphologischen Differenzierung der Sphacelarieen-Reihe. 1873. (Abh. der 
Kgl. Akad. d. Wissensch.) 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporcen. 1S1 


wesen, wie er auch keinen Austritt von Schwärmern mehr erhielt. ich sah im Sommer nur leere 
Sporangienhülsen, die offenbar lange erhalten bleiben, und Austritt von Schwärmern erhielt ich 
nur im ‚Januar und Februar. Büschel, die am 16. Januar 1900 im Nordhafen erbeutet waren, er- 
gaben am 22. und 24. Januar reichliche Entleerung der plurilokulären Sporangien, am 24, Januar 
für die Untersuchung genügende Entleerung der unilokulären. Die Schwärmer gleichen sich voll- 
kommen, sind verhältnismäßig klein und bei einer Breite von 4—5 1 6,5—9 lang (Taf. VIII 
[19] Fig. 4 A und B). Der Chromatophor, in der Einzahl und nur äußerst selten zu zweien vor- 
handen, ist klein, aber scharf begrenzt, ziemlich diek und dunkelgelbbraun. Auch der Augenpunkt 
ist scharf abgesetzt. Die vordere Zilie ist verhältnismäßig lang. Unter den nicht gerade reich- 
lichen tropfenförmigen Bestandteilen zeichnet sich ein meist ira Vorderende gelegener Tropfen durch 
besondere Größe aus. Die Schwärmer sammelten sich stets an der Fensterseite. Mit neuem 
Material vom 1. Februar 1900, das plurilokuläre Sporangien trug, erhielt ich am Tage darauf 
ebenfalls reichlichen Austritt. Von den 5 um 10 Uhr morgens angefertigten Feuchtkammern blieb 
nur bei zweien der Austritt spärlich, bei einem war der Austritt um 10.30 Uhr vormittags, bei 
den anderen um 4 Uhr nachmittags sehr reichlich. Eine Vereinigung von mehreren Präparaten 
war ohne Resultat. Auch um 6.30 p. m., nach halbstündiger Beleuchtung mit der Petroleumlampe 
war die Bewegung noch lebhaft. Die Wassertemperatur in den Schüsseln, die das Material ent- 
hielten, betrug 7°C, die Lufttemperatur im Beobachtungszimmer 7,5°C. Die Temperatur im 
Nordhafen betrug an der Oberfläche am 1. II. 1900 morgens gegen 9 Uhr 2,6°C. Auch am 
Morgen des 3. Februar war in dem einen Präparat das Schwärmen noch reichlich, wahrscheinlich 
war neuer Nachschub aus den Büscheln im hängenden Tropfen erfolgt. Am 22. Februar früh 
morgens im Nordhafen gedretschte Büschel waren so dieht mit den schon für das bloße Auge 
erkennbaren plurilokulären Sporangien beladen wie nie zuvor. Der Austritt erfolgte um 11 Uhr 
vormittags in großer Menge, die Hauptmasse der Schwärmer sammelte sich an der Fensterseite, 
ein dünner Halbring an der Zimmerseite des hängenden Tropfens, der von den wirbelnden 
Schwärmermassen braun gefärbt war. Um 4.30 Uhr nachmittags war die Hauptmasse der Schwärmer 
nach der Zimmerseite herübergegangen, wie dies auch bei Lithoderma fatiscens beobachtet wurde. 
Das Schwärmen war auch dicht am Rande noch lebhaft, viele Schwärmer begannen hier ab- 
zusterben, vielleicht weil sie gewaltsam an der Bewegung gehindert und von anderen Schwärmern 
eingezwängt wurden. Zygoten wurden hier auch bei Vermischung verschiedener hängender Tropfen 
mit Material verschiedener Herkunft ebenso wenig beobachtet wie bei den Kontrollversuchen, die 
vom 5.—7. Februar 1901 vorgenommen wurden. Ueber hierbei auftretenden Zwillingssporen und 
ähnliches berichte ich an anderer Stelle. 

Die Keimung wurde bei einer Aussaat vom 23. Februar 1900, leider nicht über die ersten 
Stadien hinaus, verfolgt. Ich verfügte nur über Aussaaten von plurilokulären Schwärmern, bei 
denen es auffiel, daß die ersten Tage keine Entwicklung der abgerundeten Sporen erkennen ließen. 
Erst nach 1—-2 Wochen war eine Vergrößerung und hier und da eine ovale Protuberanz zu be- 
merken. Fig. 4C auf Taf. VIII [19] gibt ein etwa 4 Wochen altes Keimpflänzchen (vom 23. III. 


182 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


1900) wieder. Der Augenpunkt ist verschwunden!), obgleich er bei anderen weniger weit ent- 
wickelten Stadien noch vorhanden war, die zur Ruhe gekommene Spore, «die links im dünnen Ende 
lag, ist zu einem zylindrischen dreizelligen Schlauch ausgekeimt, ohne seinen Chromatophor an ihn 
abzugeben, wie es sonst vorkommt. Nach der geradwandigen Zylinderform dürfte es sich um einen 
aufrechten Trieb handeln, obgleich man bei der Keimung von Sph. olivacea erst die Bildung eines 
Basallagers erwarten sollte. Die Chromatophoren haben sich gestreckt und sind zum Teil in biskuit- 
förmiger Teilung. Die Stellen, wo die Kerne liegen, sind an der Anhäufung von Physoden 
erkennbar. 

Sauvageau’s Vermutung, daß die ovalen plurilokulären Sporangien Oogonien, «die mehr 
kugeligen Antheridien sein möchten?), hat sich also nicht bestätigt. Wir haben uns brieflich, nach 
Mitteilung von mir angefertigter Präparate, darüber verständigt. Andererseits hat er an von mir 
übersandtem Material nachweisen können, daß meine Vermutung, deren Zutreffen ich freilich für 
nicht sehr wahrscheinlich erklärt hatte, doch zutraf und daß Sphaceloderma helyolandicum Kek. 
in den Entwicklungskreis von Sphacelaria olivacea gehört. Ueber diese von mir aufgestellte und 
jetzt zu streichende Gattung, über ihr Verhalten zum Typus, über die von ihr gebildeten Schwärmer 
und über manche andere Verhältnisse der bisher nur von Helgoland bekannten seltsamen Art habe 
ich eine Reihe weiterer Beobachtungen machen können, die ich für die zusammenfassende Dar- 
stellung in den „Phaeosporeen“ aufspare. 

Ohaetopteris plumosa (Lyneb.) Kütz. Auch diese Sphacelariacee bildet ihre Sporangial- 
äste im Winter und zur gleichen Zeit wie Sphacelaria olivacea. Sie wächst auf den Geröllsteinen 
des Nordhafens mit dieser zusammen. Austritt aus unilokulären Sporangien sah ich im einer tags 
zuvor angefertigten Feuchtkammer am 3. Februar 1900 und ferner am 7. Februar 1901 an Material, 
das am 4. Februar gesammelt war. Er erfolgte gegen 11 Uhr vormittags und war recht reichlich. 
Die Schwärmer sammelten sich am Fensterrande. Ihre Bewegung war etwas träger, als es sonst 
bei den Phaeosporeenschwärmern beobachtet wird, ähnlich wie bei Asperococcus echinatus. Sie 
waren, wenn auch nicht so groß wie die Schwärmer dieser Phaeosporee, doch etwas größer als bei 
der Mehrzahl der Phaeosporeen, nämlich bei einer Breite von 5— 7,8 # 10,0—11,3 t lang (Taf. VIII 
[19] Fig. 5 B). Der dunkelbraune Chromatophor war in der Einzahl vorhanden, aber oft schüssel- 
förmig gewölbt oder auch gefaltet, sodaß der Anschein von 2 Chromatophoren erweckt wurde. Der 
Augenpunkt war kräftig. Eine hellrötliche Stelle in der Mitte oder im Vorderende machte durch- 
aus den Eindruck einer Vakuole — Am 23. Februar 1900 hatte ich schönes Material mit pluri- 
lokulären Sporangien zur Verfügung. Die unmittelbar nach der Exkursion um 10 Uhr vormittags 
angesetzten Feuchtkammern ergaben keinen Austritt. Erst am folgenden Vormittag traten ziemlich 
reichlich Schwärmer aus, aber erst am 27. Februar war völlige Reife eingetreten und das Schwärmen 


wurde nun massenhaft. Die Schwärmer (Taf. VIIL [19] Fig. 5 A) waren kleiner als die der uni- 


1) Die beiden roten Flecke im Chromatophorenprofil der mittleren Zelle oben sind irrtümlich vom Lithographen ein- 
gezeichnet und finden sich im Original nicht. 
2jWl.2e., p: Tat. 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 183 


lokulären Sporangien, nicht viel größer als diejenigen von Sphacelaria olivacea, denen sie auch 
sonst sehr glichen (Länge 7,5—9 #, Breite 45-5 #). Die Keimung wurde nicht beobachtet. 

Oladostephus Ag. (ladostephus verticillatus (Light) Ag. wurde von Pringsheim 
am Mittelmeer bei San Remo sehr eingehend studiert!). Auf seine heute noch in vieler Beziehung 
sehr wichtige Arbeit wird später einzugehen sein. Hier sei nur notiert, daß nach ihm die „Zoosporen 
beider Sporangienformen keine wesentlichen Unterschiede erkennen lassen“. Sie besitzen nur einen 
Chromatophor mit deutlichem Augenpunkt. Die Länge beträgt bei den unilokulären Schwärmern 
Sp, die Breite 5—6 . Für die plurilokulären Schwärmer sind die entsprechenden Maße 5 und 
7 tw. Das stimmt mit den Messungen überein, die ich Ende Februar und Anfang März 1904 an 
Schwärmern aus plurilokulären Sporangien in Rovigno vornehmen konnte. — Bei (ladostephus 
spongissus (Lightf.) Ag. erzielte ich am 26. Januar 1902 an Helgoländer Material Austritt aus 
unilokulären Sporangien. Die Schwärmer (Taf. VIII [19] Fig. 6) sind 8,5—10,5 x lang und 
5—7 tt breit. Der Chromatophor ist in der Regel in der Einzahl vorhanden, zuweilen aber auch 
zu zweien. Der Augenpunkt ist deutlich, die Physoden sind ziemlich groß. Die Keimung 
habe ich nicht beobachtet. Sowohl im Mittelmeer wie bei Helgoland fällt die fertile Periode von 
Cladostephus in die kältere Jahreszeit (Januar und Februar). 

Tilopteris Mertensii (Smith) Kütz. Endlich seien hier noch einige Untersuchungen 
mitgeteilt, die ich im Sommer 1900 an Tilopteris Mertensii (Smith) Kütz. ausführte. Bekanntlich 
hat Reinke in seiner wertvollen Arbeit über die Tilopterideen?) diese Pflanze nach Material studiert, 
das Major Th. Reinbold in Helgoland im Juni 1588 gesammelt und ihm lebend übersandt 
hatte. Er erklärt das ihm von Helgoland zugeschickte Material für durchaus ungeschlechtlich. 
Er hat bei älteren „Sporangien“ durch Färbung mit Essigkarmin 2, 4 und hier und da noch 
mehr Zellkerne konstatieren können. Schon innerhalb der Sporangialhülle umgibt sich der Inhalt, 
die Spore, mit einer besonderen Membran. Die Ausstoßung der behäuteten Spore erfolgt durch 
eine seitliche Oeffnung wie bei Haplospora. Jedenfalls fehlten an den Pflanzen, die Reinke 
vorgelegen haben, die Antheridien. 

Da Tilopteris in jedem Frühling (April bis Anfang Juli) im Nordhafen besonders auf der 
Töckbank eine häufige Pflanze ist, habe ich sie oft sammeln können. Nachdem mir 1894 zum 
ersten Male Antheridien in die Hände gefallen waren, habe ich 1900 eine große Reihe von 
Individuen mit dem Zählmikroskop abgesucht. Nur ein sehr geringer Prozentsatz trug Antheridien, 
doch waren sie zuweilen so massenhaft vorhanden, daß ganze Zweige nur männlich waren. Eime 
Sonderung nach Individuen war nicht zu bemerken. Das genauere Studium lebenden Materials 
macht es mir zweifelhaft, ob die in Reinke’s Arbeit von mir gezeichneten Scaphospora-Antheridien 
schon ihre völlige Reife erreicht hatten. Bei Antheridien von Tilopteris, die dicht vor dem Aus- 
tritt stehen, befindet sich in den von äußerst zartkonturigen Membranen umgebenen Loculi in der 


Regel nur ein Chromatophor oder richtiger Augenfleck. Die Entwicklung stimmt nämlich mit 
1) Pringsheim, |. ce. p. 143 £. 
>) Reinke, J., Ein Fragment aus der Naturgeschichte der Tilopterideen. 1889. Taf. II u. III. (Botan. Zeitung.) 


184 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


derjenigen der Antheridien von Nemoderma tingitanum hinsichtlich des Plasmakörpers überein. 
Der sehr kleine gelbliche, anfangs noch sichtbare Chromatophor wird allmählich ganz von dem 
voten Pigment absorbiert. In einigen Feuchtkammerpräparaten erhielt ich am 30. Mai um 11 Uhr 
vormittags recht reichlichen Austritt von Spermatozoen, die sich an der Fensterseite sammelten 
(Taf. VIII [19] Fig. 15). Messungen ergaben 8,3—10,0 # für die Länge und 3,3—4,6 # für die 
Breite. Der Augenfleck, der zuweilen noch ein etwas größeres Chromatophorenanhängsel trägt, 
ist nach dem Vorderende geschoben, oft stark gefaltet oder gekrümmt und bildet, wie in 
mehreren Fällen unzweifelhaft zur Wahrnehmung kam, den Ausgangspunkt für die beiden 
ungleich langen Zilien. In der Regel liegt neben ihm ein etwas größerer stark lichtbrechender 
Tropfen. Im übrigen ist der Plasmainhalt sehr zart und feinkörnig, hier und“ da liegen 
anscheinend dichtere, geformte Plasmabestandteile. In einigen Fällen wurden in Objektträger- 
präparaten ausgestoßene Eier beobachtet. Sie waren einkermig und membranlos. Ueber 
den letzten Punkt kann kein Zweifel sein, da es gelang, durch Verschieben des Deckglases die 
Eier ins Rollen zu bringen und gegen benachbarte Zellfäden zu drücken. Ihre Plastizität zeigte 
sich dann in den entstehenden Eindrücken, die alsbald, wenn das Ei wieder isoliert las, ver- 
schwanden. Leider blieben alle Bemühungen, die Befruchtung wahrzunehmen, erfolglos. Es 
wurden wohl ein Dutzend Spermatozoen bemerkt, die das Ei passierten, indem sie bald rasch über 
dasselbe hinwegwirbelten, bald unter ihm verschwanden und auf der anderen Seite zum Vorschein 
kamen. Aber es war keine Anziehung der Spermatozoen zu bemerken und niemals bildeten sich 
Attraktionsfiguren, wie ich sie bei Cutleria- Eiern gesehen habe. Möglich, daß die wenigen Eier, 
die ich beobachtete, schon befruchtet waren. Die Schwierigkeit liegt ja, wie schon Bornet be- 
merkt, in der Einhäusigkeit von Tilopteris, also in der Unmöglichkeit, Spermatozoen und Eier 
wie z. B. bei den diözischen Fucaceen von einander zu isolieren und ferner in dem bedeutenden 
Volumenunterschied der männlichen und weiblichen Teile. Meine Helgoländer Präparate zeigen 
ausnahmslos einkernige Sporangien, die ich daher als Oogonien auffasse. Daß die Eier in der 
Regel ohne Befruchtung, also parthenogenetisch keimen müssen, ist schon eine Folge des seltenen 
Vorkommens der Antheridien. Tilopteris morphologisch nicht unterscheidbare Monosporen und 
Oogonien zuzusprechen, wäre auf Grund des Helgoländer. Materials eine reine Konstruktion. 
Möslicherweise erklären sich die Differenzen zwischen Reinke’s und meinen Untersuchungen 
dadurch, daß die Eier ohne Befruchtung im Oogonium die ersten Keimstadien durch Teilung der 
Kerne und Umhäutung beginnen können. Aber auch dann wäre das Fehlen solcher Stadien bei 
dem frisch gedretschten Helgoländer Material auffällig und man müßte schon zu der Annahme 
seine Zuflucht nehmen, bei dem Reinke’schen Material seien abnorme Kernteilungen eingetreten 
infolge der Störung und der ungünstigen Bedingungen des Transports von Helgoland bis Kiel. 
Meine Aussaaten verhielten sich durchaus normal und die Keimung ging leicht vonstatten. Ich 
komme auf unsere Pflanze und die Tilopterideen überhaupt in den Phaeosporcen ausführlich zurück 


und schließe diese Mitteilungen mit der Bitte, sie als vorläufige betrachten zu wollen. 


Fa TE 


156 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


8. 


9: 
10. 
al: 
12. 


13 und 14. Etwas weiter vorgeschrittene Keimlinge. Vergr. 7 


15. 


16. 
17% 
18. 
119), 


Tatelerklärung. 


Tafel VII [18]. 


Lithoderma fatiscens Aresch. 


Kruste mit einem Sorus plurilokulärer Sporangien in natürlicher Größe. 


Vertikalschnitt durch eine Kruste mit neuem Zuwachs und Sorus plurilokulärer Sporangien. Die 


. N - ( 
gallertige Außenmembran ist abgesprengt. Vergr. nn 
er 5 es <ı . 200 
Zwei junge plurilokuläre Sporangien. Vergr. = 
Vertikalschnitt durch den oberen fertilisierten Teil der Kruste. Die plurilokulären Sporangien sind 


5 a . BIP/n) 1200 

herangereift und z. T. in der Entleerung begriffen. Vergr. 
. . . - . “| . 100 
Wie Fig. 2, aber ohne Zuwachszone und mit entleerten plurilokulären Sporangien. Vergr. — 


Vertikalschnitt durch eine Krustenpartie mit jungen, reifen und entleerten unilokulären Sporangien. 
1200 


- 
. . e) Ei . r . 1200 
Vertikalschnitt durch eine jüngere sterile Krustenpartie nahe am Rande. Vergr. =: 


Vergr. 


Schwärmer aus plurilokulären Sporangien, z. T. zur Ruhe gekommen und nach der Kopulation. 


Vergr. T. 

Aufeinander folgende Stadien der Kopulation. Vergr. an 

3 Zygoten, die links durch Verschmelzung von 3 Zoosporen entstanden. Vergr. —, 
Unkopulierte zur Ruhe gekommene Sporen und Zygoten mit Membran umgeben. Verer. == 
Die ersten Keimstadien. Vergr. en 


1200 


Schwärmer, zum Teil in Kopulation, fixiert und gefärbt. Die dunklen Klumpen sind die Kerne. 
1200 


N 
; 3 2 / ar = 1200 
Zur Ruhe gekommener unkopulierter Schwärmer und 3 Zygoten, fixiert und gefärbt. Vergr. m: 


Vergr. 


R 6 r ö er 1200 
Wie vorher, die Kerne haben sich genähert. Vergr. 7. 

2 F3 a r E z . Re 1200 
Wie vorher, ältere Stadien. Die Kerne sind zum Teil noch unverschmolzen. Vergr. ——. 

. r . ei . a . . . . 1200 
Die Kernverschmelzung ist eingetreten, die ersten Stadien der Keimung sind sichtbar. Vergr. 7. 


Wissensch. Meeresuntersuchungen. \ Band, Abt. Helgoland. Taf. VI1(18) 


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Zithoderma. fatiscens Aresch. 


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Fig. 2. 
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Fig. 4. 
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Fig. 6. 
Fig. 7. 
Fie. 8. 
Fie, 9. 
Fie. 10. 
Fig. 11. 
Fig. 12. 
Fig 13. 
Fig. 14. 
Fie. 15. 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Tafelerklärung, 


Tafel VIII |19). 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen. 


Eetocarpus silieulosus (Dillw.) Lyngb. A Schwärmende, kopulierende und zur Ruhe gekommene 
Zoosporen und Zygoten. B, Ü und D 3 Serien auf einander folgender Kopulationsstadien. E Zur 
Ruhe gekommene Schwärmer und Zygoten, fixiert und gefärbt. Die dunklen Stellen sind die noch 
getrennten Kerne F Etwas ältere Stadien, die Kerne sind z. T. verschmolzen. 

Stietyosiphon tortilis (Rupr.) Rke. Schwärmende, kopulierende und zur Ruhe gekommene Zoosporen 
und Zygoten. 

Seytos’phon lomentarius (Lyneb.) Ag. Schwärmende, kopulierende und zur Ruhe gekommene Zoosporen 
und Zygoten. 

Sphacelaria olivace« Pringsh. A Zoosporen aus plurilokulären, B Zoosporen aus unilokulären 
Sporangien, schwärmend oder zur Ruhe gekommen. Ü Dreizelliger Keimling aus einem plurilokulären 
Schwärmer. 

Chaetopteris plumosa (Lyneb.) Kütz. A Schwärmer aus plurilokulären, B Schwärmer aus unilokulären 
Sporangien. 

Cladostephus spongiosus (Lightf.) Ag. Schwärmer aus unilokulären Sporangien. 

Punctarin plantaginea (Roth) Grev. Schwärmer aus unilokulären Sporangien, z. T. zur Ruhe ge- 
kommen. 

Laminaria saccharina (L.) Lamour. Schwärmer aus unilokulären Sporangien. 

Dietyosiphon foenieulacens (Huds.) Grev. Schwärmer aus unilokulären Sporangien, z. T. zur Ruhe 
gekommen. 

Asperococeus echinatus (Mert.) Grev. Schwärmer aus unilokulären Sporangien, z. T. zur Ruhe ge- 
kommen. 

Asperococeus compvessus Griff. Zur Ruhe gekommene Schwärmer aus unilokulären Sporangien, 
Eetocarpus granulosus (Engl. Bot.) Ag. Schwärmer aus plurilokulären Sporangien, z. T. zur Ruhe 
gekommen. 

Nhyriotrichia filiformis (Gritf.) Harv. Schwärmer aus plurilokulären Sporangien. 

Castagnea Griffithsiana (Grev.) Ag”) Meist zur Rube gekommene Schwärmer aus unilokulären 
Sporangien. 


Tilopteris Mertensii (Smith) Kütz. Schwärmende Spermatozoiden. 


D) 
Vergr. überall nn 


”) Versehentlich lautet die lithographische Eintragung Mesogloeca vermieularis. 


Wissensch. Meeresıntersuchimgen. VBand, Abt. Helgoland. Taf. VILG9) 


a ob 9 


Ws, 


4 
= 


Fig. 6. 
Cladostephus spongiosus 


se & 
Fig.IO. Asperococeus echinatus 


> ers 


er 
Fig. Pr. Mesogloea. vermicularis Fig.13. Myriotrichia: 


 Fig.15. Tilopteris Mertensü 


Pfuckuck del. Iihanst Julinskinkkard 


Zur Fortpflanzung der Phaeosporeen 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kcek. 189 


12. 
Ueber Platoma Bairdii (Farl.) Kek. 


Hierzu Tafel IX (20), X (21) und XI (22) und 17 Textfiguren. 


FE 
An August 1894 wurde von mir eine zweifelhafte Floridee notiert, die ich südsüdwestlich von der 


SC) © on . . 5 . . 
Helgoländer Düne und in geringer Entfernung von ihr aus einer Tiefe von 3—5 m heraufholte. Das 


Material — einige kaum 1 mm hohe Pflänzchen, die auf einem Feuerstein wuchsen und Zystokarpien 
trugen — war zu spärlich, um zu einer Bearbeitung aufzufordern und wurde bei Seite gelegt. 


Erst Ende August 1897 fiel mir bei einer Litoralexkursion, die Kollege Oltmanns und ich 
zusammen nach den Dünenriffen ausführten, um Material für seine Florideenuntersuchungen zu 
holen, eine recht stattliche Pflanze in die Hände, die sofort meine Aufmerksamkeit erregte und 
die sich später als identisch mit jener zu den incertae sedis gelegten kleinen Alge erwies. Sie wurde 
dann noch wiederholt bis Mitte September jenes Jahres sowie in den folgenden Jahren erbeutet, 
doch nie in so prächtigen Exemplaren wie am 22, August 1898. 

Bei der Durchsicht der Literatur kam mir die Vermutung, es möchte sich um dieselbe Pflanze 
handeln, die Farlow im August 1871 an der Küste von Massachussetts bei Gay Head angetrieben ge- 
funden hatte und die er als Nemastoma (2?) Bairdii Farlow in seinem Verzeichnis der Meeresalgen von 
New England aufführt.‘) Eine vom Autor freundlichst überlassene Probe bestätigte diese Vermutung. 

Im Juli 1853 hatte Miss Diekinson bei Cullereoats an der Küste von Northumberland 
(Ostküste von England) eine Floridee gesammelt, die Batters 1900 näher prüfte und als 
Helminthocladia Hudsoni J. Ag. im Journal of Botany veröffentlichte.?) Eine Originalprobe, die 
ich von ihm erhielt, bezeichnete der leider so früh verstorbene englische Phykologe in einem am 
6. August 1902 an mich gerichteten Briefe selbst als Nemastoma Bairdii, eine Identifizierung, die 
durch meine eigene Untersuchung nur bestätigt wurde. J. Agardh gründete seine Helminthocladia 
Hudsoni auf eine Pflanze, die Schousboe bei Tanger und die Brüder Crouan bei Brest ge- 
sammelt hatten. Bornet, dem die Schousboe’sche Originalpflanze vorgelegen hat, scheint 


1) Farlow, W.G., Marine Algae of New England and adjacent Coast 1881 p. 142 (Report of U. S. Fish-Commission for 1879). 
2) Batters, E. A. L., New or critical British Marine Algae 1900 p. 377 (Journal of Botany for October). 


190 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


weder an der Selbständigkeit der Art noch an ihrer Zugehörigkeit zur Gattung Helminthocladia 
zu zweifeln.‘) Als Verbreitung gibt er außer Tanger und Brest auch noch England an, eine 
Notiz, die wahrscheinlich auf der Liste von Holmes und Batters und der darin aufgeführten 
H. Hudsoni Batters non J. Ag. beruht.) 

Dagegen bestätigt sich meine Vermutung, unsere Pflanze könnte schon von Wollny bei 
Helgoland gesammelt sein, soweit sich dies feststellen ließ, nicht. In seiner Liste der „Meeres- 
algen von Helgoland“ °) führt er 1880 nämlich unter Nr. 418 ein „Nemalion multifidum gracillimum“ 
mit folgender Fußnote auf: „Ein äußerst zierliches Pflänzchen von 2—5 cm Länge und intensiv 
hell karminroter Farbe, welches ich sehr reichlich fruktifizierend an der Landungsbrücke der Düne 
zwischen anderen Algen gefunden und mit obigem Namen als Spielart von N. multifidum, welchem 
es in Form und Habitus völlig gleicht, bezeichnet habe.“ Belegexemplare von dieser Pflanze 
existieren im Kieler Herbarium nicht, sodaß immerhin die Möglichkeit einer Identität mit Pl. 
Bairdii offen bleibt. Doch spricht der Standort mehr zu Gunsten eines Nemalion, wohin ja auch 
Wollny die Pflanze zieht. Unter Nr. 422 derselben Liste zählt er ferner ein „Nemalion coceineum“ 
mit folgender Fußnote auf: „An Steinen auf der Ostseite der Düne in der niederen Flutmarke.“ 
Für diese Pflanze fand sich in Kiel als Beleg ein mikroskopisches Präparat, das mir Herr Geheimrat 
Prof. Dr. Reinke freundlichst übersandte. Es erwies sich als ein normales Nemalion multifidum. 


Ich gehe nunmehr zur Beschreibung der typischen Pflanze über. 


1. Vegetativer Aufbau. 


Platoma Bairdii wächst zu Büscheln vereinigt und wird an ihrem Hauptstandort im flachen 
Wasser der Kalbertan-Kreideriffe bei der Düne bis 14 cm hoch (Taf. IX [20]). Der Thallus ist 
unregelmäßig verzweigt, von gallertiger Konsistenz und schön rosen- oder karminroter Färbung. 
Die einzelnen Büschel sind nach unten stark, nach oben schwach verdünnt, an den dieksten Stellen 
gekröseartig gekräuselt und meist etwas flachgedrückt bis 5 mm breit, bei schwächerer Entwicklung 
mehr rundlich und glatt. Am Substrat sind sie mit einem gemeinsamen Polster befestigt, das man 
als besondere Scheibe bezeichnen muß (vergl. weiter unten). 

Der anatomische Aufbau entspricht demjenigen von Nemastoma und besonders von Platoma 
selbst, nur daß der Thallus nicht solche flachen Lappen bildet, wie bei Pl. eyclocolpa (Mont.) Schmitz 
und Pl. marginifera (J. Ag.) Schmitz, sondern im allgemeinen radiär gebaut, wenn auch stellen- 
weise etwas breit gedrückt ist. Der zentrale Teil wird von einem Bündel parallel verlaufender 


Fäden eingenommen, deren langgestreckte Zellen, wo sie oberflächlich liegen, in ihrer Mitte je ein 

1) Bornet, E., Les Algues de P. — K. — A. Schousboe 1892 p. 103 f. (M&m. de la soc. nat. des Science. nat. et mathem. 
de Cherbourg. XXVIII.) 

2) Holmes, E. M., and Batters, E. A. L, A Revised List of the British Marine Algae 1892 p. 87 (Annals of Botany 
Vol. V). — Durch die Freundlichkeit des Kollegen P. Hariot in Paris konnte ich nach Abschluß dieser Arbeit sowohl die 
Schousboe’schen Originale, die im Pariser Herbarium aufbewahrt werden, wie das Exemplar aus dem Herbarium Crouan unter- 
suchen. Die Pflanzen von Tanger und Brest stimmen mit einander überein. In ihrer Tracht und in ihrem Bau erinnern sie aller- 
dings stark an Helminthoeladia purpurea (Harv.) J. Ag. Vielleicht stehen die peripherischen Fäden etwas lockerer und sind etwas 
schlanker und länger wie bei dieser Art. Die beiden Schousboe’schen Exemplare tragen Zystokarpien. 

®) Wollny, R., 1. ce. Hedwigia p. 17 des Separats. 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kek. 191 


nach außen gerichtetes Büschel tragen (Taf. X [21] Fig. 2 


2). Das strangförmige Zentralbündel 


und durch Gallerte verbundener Zell- 


wird so von einem Mantel perlschnurförmiger, verzweigter 
fäden umgeben, deren Längsachse senkrecht zur Längsachse des Thallus steht. 


Das Längenwachstum wird von den langgestreckten „Markzellen‘“ bewirkt, die nach der 


Spitze immer kürzer werden und schließlich einen kongenital verwachsenen, kuppenförmig vorge- 


schobenen Scheitel bilden (Fig. 3 Taf. X [21], Textfigur 3). 


Wie dies für die Florideen 


fast 
ausnahmslos gilt, finden nur in der Spitzenzelle jedes einzelnen Fadens Querteilungen statt. 


Die 
nach unten abgeschiedenen Zellen erfahren zwar eine enorme Streckung, die sich besonders an dem 
oberhalb des Zweigbüschelansatzes liegenden Teil der Zellwand geltend macht und sein Herabrücken 
auf die Mitte der Mutterzelle oder doch ein gutes Stück abwärts zur Folge hat, Querwände treten 
aber nicht mehr auf. 


Das Diekenwachstum kommt dadurch zustande, daß die dieht unter dem 


> 
Scheitel angelegten Seitenaxen sich als Kurztriebe zu Zweigbüscheln entwickeln. EN 
Diese selbst wachsen wie die „Markfäden“ nur durch die Tätigkeit der Spitzen- =, 
zellen. Auch strecken sich wie dort die rückwärts gelegenen Zellen, wenn = N 
auch nicht so beträchtlich, in die Länge, die eben abgeschiedenen noch kurzen ER 
Zellen unter den Spitzenzellen aber schreiten alsbald zur Anlage eines neuen SEN 
Seitenzweiges, die durch rasches Heranwachsen scheinbare Dichotomien im = 
Büschelchen hervorruft. 


ur, 
”0 
Y 
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Außerdem findet aber eine Verstärkung des Zentral- 
bündels selbst statt. Bei lebhaft wachsenden Sprossen, besonders bei jungen 
Zweigen bemerkt man in einiger, meist geringer Entfernung vom Scheitel nach 
unten gerichtete Zellfäden, die ihren Ursprung aus den gestreckten Zellen der 
Büschelbasis nehmen und parallel zu den Markfäden wachsend sich diesen an- 


schmiegen. (Textfigur 1.) Später pflegen sie sich zu verzweigen und ein Teil 


von ihnen sendet rechtwinklig abgehende, reihenweis stehende Kurztriebe aus, 
die sich zu sekundären Zweigbüscheln entwickeln. 


Wie Textfigur 2 
einen Längsschnitt weiter unten gibt, 


2 zeigt, die 
kann die Tätigkeit dieser abwärts 
wachsenden „Stolonen“ für den Diekenzuwachs des Sprosses recht bedeutungs- 
voll sein. 


Besonders bei jüngeren Spitzen sind die Endzellen der kleinen Zweige 
oft von einem langen, hyalinen, einzelligen Haar gekrönt (Taf. X [21] Fig. 3). 


Wo diese Haarbildung allgemein um sich greift, erscheint der 'Thallus von 
einem feinen Haarfilz eingehüllt. 


fehlen auch nicht selten gänz. 


Fig. 1. 
Längsschnitt unweit der 

Oft bleiben die Haare aber kurz oder sie Spitze durch den peri- 
: e heren Teil eines jungen 

Ihr Typus entspricht durchaus der Beschreibung, 5 


Zweiges von Platoma 

Bairdii (Farl.) Kek. Die 
n : n ; A : , Pfeile zeigen die herab- 
Für die Nemastomaceen gibt sie der genannte Autor bei wachsenden jungen 
Halarachnion ligulatum an, während sie bei Furcellaria fastigiata fehlen. ') 


die neuerdings von Rosenvinge gegeben wurde, und ist, bei den Florideen 
weit verbreitet. 


150 
„Stolonen“. Vergr. 


1) Kolderup Rosenvinge, L., Remarks on the hyaline unicellular hairs of the Florideae. 1911. p. 204 f. (Biologiske 
Arbejder tilegnede Eug. Warming.) 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


te 


atyir 
ul 


Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Längs- 
schnitt durch einen älteren Sproß. Die 
Stolonen sind herangewachsen und haben 
sich verzweigt. Oben links werden 
sekundäre Zweigbüschel von ihnen ge- 


bildet. Vergr. 


Der Thallus als solcher ist unregelmäßig 
seitlich oder gabelig verzweigt (Taf. IX [20] und 
Taf. [21] Fig. 1), das letztere nur scheinbar in- 
sofern, als die Dichotomie nicht auf eine Längs- 
spaltung der Scheitelzelle selbst zurückgeführt 
werden kann. Der Vorgang ist folgender: Die 
Scheitelkuppe ist, wie wir sahen, etwas vorge- 
schoben, da die ersten Verzweigungen der Zentral- 
fäden erst in der dritten oder vierten rückwärtigen 
Zelle angelegt werden. Die zu Büscheln aus- 
wachsenden seitlichen Kurztriebe werden natur- 
gemäß in der Regel nur auf den freien Außenseiten 


der im Bündel peripherisch gelegenen Langtriebe 


gebildet. Von Zeit zu Zeit entsenden diese aber 


auch in einer axil gedachten Linie seitliche Aus- 
stülpungen im Inneren des Bündels. Die Folge 
ist, daß hier das bis dahin einheitliche Bündel ge- 
spalten wird. Da die Anlage dieser inneren Aus- 
stülpungen nicht ganz gleichmäßig erfolgen wird, 
entsteht bald ein Druckmaximum in einer be- 
stimmten, zur Längsachse senkrechten Richtung 
und in dieser Richtung wird nun sofort Platz für 
neue Ausstülpungen. So ergibt sich eine Zwei- 
spaltung des Scheitels, derart, daß die beiden 
kurzen Schenkel ganz gleichaltrig sind. Wachsen 
sie gleich rasch und gleich kräftig heran, so er- 
scheint der Sproß gegabelt, überholt der eine 
Schenkel den anderen und dies ist häufig der 
Fall, so erscheint der eine später als Seitensproß 
des anderen (Textfigur 3). Da in dem älteren 
rückwärtigen Gewebe keine Spitzen von Lang- 
trieben, sondern nur solche von Zweigbüscheln 
vorhanden sind, so wären bei dieser Ver- 
zweigungsart adventive Bildungen nur denkbar, 
wenn sich die Spitzenverzweigungen der Büschel- 
chen zeitweise wie Langtriebe verhielten, oder 
wenn alte Markfäden nachträglich seitlich nach 


oben gruppenweise neu aussproßten oder wenn 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kek. 193 


Fig. 3. 


4 Sproßspitzen von Platoma Bairdii (Farl.) Kek. mit gegabelten Scheiteln und Haaren. Vergr. os 


sich die „Stolonen‘‘ bündelweise zusammenschlössen und nach außen bögen. Keiner der drei Fälle 
kam zur Beobachtung. 


Jede Zelle besitzt einen Zellkern und einen oder zwei, seltener drei Chromatophoren. In 
den mehr peripherischen Zellen sind diese mehr gedrungene, breit plattenförmige, ziemlich dicke, 
etwas ausgebuchtete Scheiben. In den rückwärtigen Zellen strecken sie sich und werden lappig, 
später, besonders in den Markzellen, lang bandförmig, gewunden und etwas verzweigt, wobei sie 
sich erheblich verdünnen und heller werden (vergl. die Figuren auf Taf. X [21] und XI [22)). 
Stärke und sonstige Inhaltsstoffe sind meist ziemlich spärlich, nur in den für die Fortpflanzung 


umgewandelten Zellen reichlicher vorhanden. 


2. Ungeschlechtliche Fortpflanzung. 


Die Tetrasporen finden sich entweder und in der Regel auf besonderen Pflanzen oder auch 
gar nicht selten mit den Karpogonen und Zystokarpien zusammen auf demselben Individuum. 
Sie entstehen in den Zweigbüscheln nahe der Peripherie durch Umwandlung einer jungen Aus- 
sprossung. Die distal gelegenen vegetativen Zellen können dann ihr Wachstum einstellen und 
zur Seite gedrängt werden, dann steht das reife Sporangium scheinbar terminal (Taf. X [21] 
Fig. 8). Durch eine Querwand und nochmalige Teilung der Tochterzellen in dazu- senkrechter 
Richtung erhalten wir kreuzförmige Teilung mit oft stark verschobenen Sporenpaaren. Die Höhe 
der Tetrasporangien beträgt 17,5—20 , ihre Breite 11—12,5 t. Durch Verquellen und Platzen 
der Membrankuppe werden die rundlichen mit Chromatophoren und Stärke vollgepfropften 
Sporen frei. 


Die Farlow’sche Pflanze (Textfigur 4) zeichnet sich durch ergiebige Bildung von Ersatz- 
sporangien aus. Bald entsendet die das erste Sporangium tragende vegetative Zelle direkt ein 


neues Sporangium in die leere Hülse, bald folgt erst eine vegetative Zelle und daran terminal 


194 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


oder zugleich auch seitlich ein neues Sporangium. Dieser Vorgang kann 
sich mehrfach wiederholen (Textfiguren 5 und 6). Auch bei den Helgo- 
länder Pflanzen findet sich dieser Vorgang, aber selten und weniger 


ausgiebig. 


3. Geschlechtliche Fortpflanzung. 


Die Mehrzahl der Geschlechtspflanzen, die ich bei Helgoland ge- 
funden habe, sind rein weiblich, tragen also nur Karpogone oder Zysto- 
karpien in allen Entwicklungsstadien. Daneben kommen Individuen vor, 
die außer zahlreichen Tetrasporangien zuweilen auch ziemlich reichlich 
Karpogone oder Zystokarpien tragen. Weder auf diesen, noch auf den 
rein weiblichen, noch auf besonderen Individuen wurde jemals eine An- 


deutung von Antheridien gefunden. Farlow gibt für die einzige von 


ihm gefundene ziemlich stattliche, aber doch fragmentarische Pflanze nur 


Fig. 4. An N 5 SE . 
Platoma Bairdii (Farl) Kex. | etrasporangien an. Doch gelang es mir, an der mir überlassenen kleinen 
Nach einem Aquarell Probe auch einige Karpogone festzustellen (Textfigur 7). 
der Farlow’schen Pflanze von F 
J. Henry Blake. Der Karpogonast sitzt einer Zweigzelle der peripherischen Büschel 


run ang (ONSEE. direkt oder durch Vermittlung einiger (bis 5) steriler Zellen auf (vergl. die 
Figuren 12—15 auf Taf. XI [22] sowie die Textfiguren 7 und 8 A—-C bei stz). Er ist anfangs 
zweizellig, später dreizellig, da die äußere, das Trichogyn tragende Zelle sich nochmals horizontal 
teilt. Die Karpogonzellen fallen in dem lockeren Gewebe durch ihre helle Färbung und das 
Trichogyn leicht auf. Sie sind chromatophorenlos, aber reich an feinem Protoplasma, das oft eine 
große Vakuole umschließt. Bei ungeteilter äußerer Zelle ist der Zellkern in dieser oft schon im 
Leben deutlich erkennbar (Fig. 13 und 14 Taf. XI [22] bei cz). Zuweilen finden sich am selben 
Zweig zwei Karpogone über einander (Textfigur 8 A). Das Trichogyn ist im unteren Teil ge- 
wunden oder schraubenförmig gedreht, an der Spitze zuweilen keulig angeschwollen (Fig. 12 Taf. XI 
[22] bei t, Textfigur 8 B bei t). 

Verhältnismäßig viel häufiger als die Karpogonäste sind die Auxiliarzellen, die man 
überall in den bogig aufsteigenden Aesten der Zweigbüschel eingefügt findet. Im der Regel 
sitzen sie einzeln (Taf. [21] Fig. 4, Taf. XI [22] Fig. 16 und 19), selten paarig (Textfigur 9 A) 
und folgen mit ihrem oberen oft stark verdiekten Rande dem Kontur der vegetativen Zellkette, 
während der untere mehr dünnwandige Teil tief bauchig nach unten gewölbt ist. Sie enthalten 
einige hellere meist ziemlich dünne, verzweigte und geschlängelte Chromatophorenbänder (Fig. 16 
Taf. XI [22]), einen großen Zellkern und reichliche Beimengung körniger und troptenförmiger 
Bestandteile im Plasma. Durch ihre Größe und hellere Färbung fallen sie im übrigen Gewebe 
leicht in die Augen. — Zuweilen sitzt das Prokarp auch einer Auxiliarzelle direkt auf (Text- 
figur 9 B). 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kek. 195 


Fig. 5. 


Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Original von Farlow 
mit Ersatzsporangien. Vergr. en 


Dreizellige Karpogonäste der hier beschriebenen 
Art und besondere Deutlichkeit der Auxiliarzellen werden 
von Schmitz als Merkmal der Nemastomaceen ange- 
geben.') Im besonderen fällt die Uebereinstimmung mit 
den Zeichnungen auf, die Bornet für Calosiphonia 
Finisterrae Crouan (= (. vermicularis (J. Ag.) Schmitz) 
gegeben hat.?) Auch seine Figuren von Halymenia 
ligulata Zan.?) und Nemastoma marginifera J. Ag.(=Platoma 
marginiferum (J. Ag.) Schmitz)*) müssen hier zum Vergleich 
herangezogen werden. Die letztere Uebereinstimmung im 
Verein mit dem gleichen vegetativen Bau reiht zugleich 
unsere Pflanze am natürlichsten in die Gattung Plaloma 
(Schousb.) Schmitz ein, wie sie von Schmitz be- 
grenzt wurde. °) 

Das Lumen der oberen distalen Karpogonzelle, 
der Eizelle, die besonders plasmareich zu sein pflest, 
mündet nach oben frei in das Trichogyn ein. Zu einem 
gewissen Zeitpunkt, der hier nicht durch das Herantreten 
des Spermatiums an die Trichogynspitze und den Ein- 
tritt des Spermakerns bestimmt ist, sondern nur ganz 


allgemein als Termin der völligen Reife bezeichnet werden 


kann, sprossen aus der Eizelle, ganz wie dies Bornet für Hala- 
rachnion ligulatum abgebildet hat®), nach vorheriger Kernteilung 
erst einer, dann ein zweiter und oft zahlreiche mit Plasma dicht 
gefüllte, der Längsachse des Sprosses ungefähr parallele Fäden aus, 
von denen jeder in seiner Spitze einen Tochterkern mit sich fort- 
schleppt: die Ooblastemfäden, wie sie Schmitz, oder die 
sporogenen Fäden, wie sie Oltmanns genannt hat (Fig. 15 
Taf. XI [22], Textfigur S—13). Eine Abtrennung .des Trichogyns 
durch einen Gallertpfropfen tritt in den von mir gesehenen 
Fällen nicht ein, das Trichogyn wird aber später von der Spitze 
her desorganisiert (Textfigur 11 bei t). Sehr bald, oft schon in 
nächster Nähe der „Oospore“, treffen die sporogenen Fäden auf 


die bauchige Wölbung einer Auxiliarzelle (Fig. 20 Taf. XI [22]). 


500 
m: 


I) Schmitz, Fr., und Hauptfleisch, P., Rhodophyceae 1897 p. 522 (Engler und Prantl, Die natürlichen Pflanzen- 


familien. Teil I, Abt. 2). 


2) Bornet, E., et Thuret, G., Notes algologiques 1876 p. 38 ff. Pl. XII Fig. 6—8. 


3,1 e. Pl. XIV, XV. 

Al zeBIEXSVI. 

5) ]l. c. p. 524. 

6) Notes algologiques 1876 Pl. XIV Fig. 7. 


196 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Sowohl der in der Auxiliarzelle wie der in der Spitze des sporogenen Fadens liegende Kern be- 
ginnen sich jetzt zu teilen, während gleichzeitig an der Berührungsstelle von Auxiliarzelle und 
sporogenem Faden die Wand aufgelöst wird. Durch die Oeffnung wandert der eine Tochterkern 
des sporogenen Fadens in die Auxiliarzelle ein, der weiter wachsende sporogene Faden mit 
dem anderen Tochterkern aber schließt sich durch eine Querwand ab, deren Bildung zuweilen 
auch unterbleiben kann (Taf. XI [22] Fig. 18 und 20). Ist der Kern in die Auxiliarzelle 
hinübergeschlüpft, so liegen die beiden Auxiliarkerne, oft durch Plasmabrücken ihre gemeinsame 
Abkunft verratend, einander genähert und nach der Wand geschoben in einiger Entfernung vom 
sporogenen Kern. Der sporogene Faden berührt nun, weiter 
vordringend, eine neue Auxiliarzelle und der oben beschriebene 
Vorgang wiederholt sich noch mehrere Male. Unterdessen ist 
der zuerst eingewanderte Kern eine neue Teilung eingegangen. 
Einer der so entstandenen neuen Tochterkerne rückt gegen 
die obere Wand der Auxiliarzelle, die sich zu einer Portuberanz 
vorwölbt und ihn aufnimmt, wobei sie möglichst viel Plasma 
und Chromatophorenstücke aus der Auxiliarzelle mitnimmt 
(Taf. XI [22] Fig. 22). Diese Zystokarpmutterzelle erzeugt 
durch wiederholte Teilungen direkt den Sporenhaufen des 
Zystokarps. Bei Pl. Bairdii läßt also nicht, wie dies sonst 
üblich ist und von Oltmanns als durchgehende Regel ver- 


mutet wird !), die von der Auxiliarzelle zuerst abgeschiedene 


Zelle als Zentralzelle eine sterile im Zentrum der Zystokarp- 


Fig. 7. 


Bu: zelle sitzende Zelle oder gear eine ganze Anzahl von Zellen 
Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Karpogone der 5 = e 5 


mit Tetrasporangien beladenen Originalpflanze zurück, wie sie von Bornet für Halarachnion ligulatum ab- 
von Farlow. Verer. . ; i 5 ; & c 
Em gebildet werden.?) Vielmehr werden, wie namentlich die 


jungen Stadien, aber auch die reifen und in der Entleerung begriffenen Zystokarpien zeigen, alle 
der Auxiliarzelle aufsitzenden Teile zur Sporenbildung verwendet (Taf. XI [22] Fig. 17, 18, 23 
und 24, Taf. X (21) Fig. 5 und 6, Textfigur 8 D, 11 und 12). Das Zystokarp selbst ist ein 
unregelmäßig rundlicher Haufen von Sporen, die paketweise in den Gonimoloben an einander haften. 
Der Durchmesser der reifen Zystokarpien beträgt 65—75 t. Fig. 23 (Taf. XI [22]) gibt ein noch 
ganz junges dreiteiliges, Fig. 17, 18 und 24 (Taf. XI [22]) sowie die Textfiguren 8 D, 11 und 12 
etwas weiter vorgeschrittene, Fig. 5 und 6 (Taf. X [21]) reife Stadien wieder. Die Entleerung 
der Sporen erfolgt einzeln aus einem oberflächlichen Schlitz (Fig. 5) und greift dann immer 
weiter um sich, bis zuletzt nur noch der leere Hülsenhaufen vorhanden ist (Fig. 6). Die 
Karposporen, den Tetrasporen ähnlich, nur kleiner, zeigen schwach amöboide Bewegung (Fig. 7 


1) Oltmanns, Fr., Morphologie und Biologie der Algen. Bd. I, 1904, p. 693. 
a). ec. PL. XIV Rie. 5. 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kek. 197 


Taf. X [21]) und kommen bald zur 
Ruhe, um sich mit emer Membran zu 
umgeben. Die Keimung wurde nicht 
beobachtet. 

Zuweilen wächst an eine Auxiliar- 
zelle, die bereits mit einem sporogenen 
Faden fusioniert hat, ein zweiter Faden 
heran, um auch seinerseits zu fusio- 
nieren (Textfigur 10 rechts oben). 
Ueber das Verhalten der Kerne in 
diesem Falle kann nichts gesagt wer- 
den. Normal sieht man, sobald die 
Entwicklung des Zystokarps etwas 
vorgerückt ist, den zurückbleibenden 
sporogenen Tochterkern einträchtig 
mit den beiden Auxiliarkernen neben 
einander liegen (Fig. 23 und 24 Taf. XI 


[22], Textfigur 8 D), ganz so wie dies 


Fig. 8. Platomu Bairdii (Farl.) Kek. A. Büschelpartie mit 2 noch 2zelligen von Oltmanns für Gloiosiphonia 
Karpogonen (cz) nebst Trichogynen (t). Vergr. m B. Dreizelliges Karpogon p illaris festgestellt wurde. ! ) Nur 
mit keulenförmigem Trichogyn. Zwischen den Zweig und das Karpogon haben = 
sich 5 kleine sterile Zellen (stz) eingeschoben. Vergr. an C Auxiliarzelle (az) 


mit jungem noch zweizelligen Zystokarp (sp) und sporogenem Faden (sf). karpmutterzelle wird von den Kernen 
Der sporogene und die beiden Auxiliarkerne liegen dicht beisammen; fixiert 


nach der ersten Abscheidung der Zysto- 


5 - ß ist: ie, 29 < 
und gefärbt. Vergr. MI D. Auxiliarzelle mit den drei Kernen und weiter ent- noch Distanz gehalten (Fig. 22 Tat. XI 
wickeltem Zystokarp; fixiert und gefärbt. Vergr. oz [22]), ja es kommt vor, daß der zyrück- 


bleibende sporogene Tochterkern aus der Auxiliarzelle etwas heraus in den Fusionsabschnitt des 
sporogenen Fadens rückt (Fig. 21 links Taf. XI [22]). 


' Sehr deutlich ist bei Platoma Bairdii, daß das zur Zystokarpausstülpung verwendete Wand- 
stück von der Auxiliarzelle geliefert wird. Hier liegt also die von Oltmanns in seiner schönen 
Arbeit für Gloiosiphonia wahrscheinlich gemachte Tatsache klar zu Tage, „daß eine Zelle durch 
die fremde Energide zum Wachstum genötigt wird“. Bei Halarachnion liyulatum entsteht das 
Zystokarp dicht neben der Verschmelzungsstelle des ebenfalls von unten heranwachsenden sporogenen 
Fadens mit der Auxiliarzelle. ?) 

Das Ergebnis dieser Beobachtungen über die Zystokarpentwicklung bei Pl. Bairdü bestätigt 
mithin die Auffassung von Oltmanns über die Befruchtung der Florideen in glänzender Weise. 


1) Oltmanns, Fr., Zur Entwicklungsgeschichte der Florideen. 1898, p. 112. Taf. V, Fig. 11—14 (Botan Zeitung Bd. 56). 

2) Bornet, E., und Thuret, G., Notes algologiques 1876 Pl. XIV Fig.2-5 Vergl. zu den obigen Ausführungen auch 
die Untersuchungen Bertholds über Nemastoma cervicorne (= Pl. eyelocolpa), Gymnophlaea diehotoma (= Nemastoma diehotomum) 
und Calosiphonia neapolitana (= Bertholdia neapolitana (Berth.) Schmitz) sowie seine Figuren auf Taf. 6 in „Die Cryptonemiaceen 
des Golfs von Neapel“ 1884 (Fauna und Flora XII. Monogr.). 


198 P- Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Nur die unter dem Trichogyn liegende bauchige Erweiterung 
ist als weibliches Organ, als Eizelle, anzusprechen. In unserem 
besonderen Falle entwickelt sie sich wenigstens bei Helgo- 
land bei dem vollkommenen Fehlen männlicher Organe stets 
parthenogenetisch. Wohl gehen ferner die sporogenen Fäden, 
die aus der Eizelle hervorwachsen, eine Fusion mit den 
Auxiliarzellen ein, wohl findet auch eine Kerneinwanderung, 
aber niemals eine Verschmelzung von Auxiliartochterkernen 
mit Eitochterkernen statt. 

Weibliche und männliche Organe, die ursprünglich 


bei den Florideen auf demselben Individuum zu entstehen 


pflegten, entwickelten sich später auf getrennten Pflanzen 
Fig. 9. und stempelten die Individuenpaare zum Gametophyten. 


Platoma Bairdüi (Farl.) Kek.; fixiert und gefärbt. ß u 
A. Zweig mit 2 nebeneinander sitzenden Auxiliar- Der aus dem befruchteten Ei hervorgehende Sporophyt aber 


zellen aa DB. Das Prokarp sitzt einer Auxiliar- 

zelle auf; t Trichogyn, ez Prokarpzellen. blieb von Anfang an unselbständig und schmarotzte gleich- 
sam im Gewebe des weiblichen Gametophyten, der ihm be- 
sondere Nährzellen, die Auxiliarzellen, darbietet (vergl. das 
Schema unserer Textfigur 15). Sein vegetativer Thallus ist 
gleichsam reduziert und in — sporogene -—— Fäden aufgelöst. 
Der Sporophyt kann cum grano salis der Melobesia Thuretüi 
(Born.) Schmitz verglichen werden, die mit ihrem fädig ge- 
wordenen Thallus in Corallina umherkriecht und direkt an 
ihm die Zystokarpien erzeugt.!) Die Tetrasporen aber sind 
mit Oltmanns als besondere ungeschlechtliche Neben- 


fruchtform aufzufassen, die sich ursprünglich auf dem (monö- 


zischen) Gametophyten ausbildete und erst sekundär trennte, 

SET: ; Fig. 10. 
um als besondere selbständige Tetrasporengeneration neben Piatoma Bairdii (Farl.) Kek. Aus der Eizelle 
(cz) mit dem Trichogyn (t) sind 4 ältere und 
ein junger sporogener Faden (sf) gesproßt. 
Einer hat mit einer benachbarten Auxiliarzelle 
(az) fusioniert, an dieser ist die Zystokarp- 


mutterzelle (sp) angelegt. Vergr. In 


dem Gametophyten und dem unselbständigen Sporophyten 


aufzutreten. 


4. Prosporie. 


Mit diesem Namen habe ich eine eigentümliche Erscheinung bezeichnet, die mir unter den 
Meeresalgen zuerst bei der Phaeosporee Pogotrichum filiforme auffiel. Ihr Wesen liest in der früh- 
zeitigen Fertilisierung der jungen Pflanze, ehe sie noch zu der für sie charakteristischen und für ihre 
systematische Stellung Ausschlag gebenden vegetativen Ausbildung hat vordringen können.?) Bei Poyo- 


1) Vergl. außer Thuret’s Abbildungen in den „Etudes“ (Pl.L.) und Solms-Laubach’s Zeichnungen in den „Corallinaceen 
des Golfes von Neapel‘‘ auch Fr. Minder’s schöne Arbeit „Die Fruchtentwicklung von Choreonema Thuretii“ 1911, und besonders 
seine Textfigur 3. 

2) Kuckuck, P., Ueber Polymorphie bei einigen Phaeosporeen. 1899. Taf. XIII. (Festschrift für Schwendener.) 


Ueber Platoma Bairdiüi (Farlow) Kck. 199 


trichumbedeckt sich das einschichtige 
Basallager, das noch keine Andeu- 
tung des späteren radiären aufrechten 
Thallus erkennen läßt, mit pluriloku- 
lären oder unilokulären Sporangien 
und stellt dann viel eher eine Myrio- 
nemacee oder Ralfsiacee dar als eine 
Litosiphonacee. Schon damals konnte 


ich auf ähnliche Erscheinungen bei 


anderen Phaeosporeen und auch auf 
Fig. 11. 

Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Das Trichogyn ist an der Spitze in Desorganisation. 

Aus der Eizelle (cz) sind 8 z. T. verzweigte sporogene Fäden (sf) gesproßt, von aufmerksam machen, bis ich bei 

denen 2 mit Ausiliarzellen (az) fusioniert haben. An diesen sind junge Zysto- 


karpien (sp) angelegt, von denen eins (rechts) noch einzellig, das andere schon 
500 


vielzellig ist. Vergr. vollkommenen Parallelismus mit 


Anklänge daran bei den Florideen 
letzteren in Platoma Bairdii einen 


Pogotrichum fand. 

Pl. Bairdii besitzt, wie dies bei den Florideen sehr häufig ist, ein dorsiventrales Basallager, das, 
wie üblich, mit einer Scheitelkante wächst (Textfigur 14), und aus dem, kongenital sich zusammen- 
schließend, Gruppen benachbarter vertikaler Fäden zu Bündeln hervorwachsen, um nun erst die 
für den Typus eigene vegetative Ausgestaltung zu erfahren. Die Zellen des Lagers sind oblong 
oder würfelförmig, in Reihen, die senkrecht zum Substrat stehen, dicht gedrängt (Textfigur 15, 
Taf. X [21] Fig. 9 und 10). An der Oberfläche sind sie bald polyedrisch abgeplattet, bald ragen 
sie papillenförmig vor. In der Regel ist aber die hellere Papille, die auch zwei- oder mehrzellig 
sein kann, von einem oft langen, 
farblosen, einzelligen Haar ge- 
krönt, das den gleichen Typus 
zeigt, wie er uns schon bei 
den Spitzenzellen der Zweig- 
büschel des aufrechten Thallus 
begegnete. Das aussprossende 
Fadenbündel stellt die unmittel- 
bare Fortsetzung einer Gruppe 


von vertikalen Fäden des Basal- 


lagers dar. Seine Zellen sind 


anfangs ebenso lang oder nur 


en 


Fig. 12 wenig länger als die Basal- 


Platoma Bairdii (Farl.) Kek. 6 Auxiliarzellen (az) mit den sporogenen Fäden (sf) zellen. Erst wenn mit der An- 
und verschieden weit entwickelten Zystokarpanlagen (sp). Die eine Auxiliarzelle (rechts 


oben) hat mit 2 sporogenen Fäden fusioniert. 
500 1 
Vergr. 2. der vorgeschobenen Scheitel- 


lage der Kurztriebe unterhalb 


200 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


kuppe begonnen ist, erfahren sie eine Streckung. Da jedes horizontale 
Lager eine ganze Anzahl solcher Fadenbündel emporsendet, entspringt 
später immer ein ganzes Büschel erwachsener Pflanzen einer gemein- 
samen Basis. 

Nun können einzelne Krusten zwischen den jungen eben hervor- 
sprossenden, aber auch zwischen älteren aufrechten Trieben mit kreuz- 
förmig geteilten Sporangien, die sich stellenweise sorusartig zusammen- 
Ist die Entwicklung 
der aufrechten Triebe noch weit zurück, so macht eine solche Kruste 
völlig den Eindruck einer Squamariacee (Fig. 10 Taf. X [21]). 


werden die gewöhnlich sitzenden oder einzellig gestielten Sporangien 


drängen können, dicht bedeckt sein (Textfigur 16). 
Zuweilen 


auch durch einen mehrzelligen Stiel über die kurzen freien Fäden etwas 
herausgeschoben (Textfigur 17 bei te rechts von dem jungen Sproß, 
Fig. 10 links Taf. X [21]) oder sie werden auf die papillenförmigen 
Verlängerungen, die sich dann auch verzweigen können, emporgerückt 
und dies kann besonders Platz greifen rings um die Basis eines jungen 
Sprosses, dessen peripherische und nach anßen umbiegende Fäden sie 
sich dann auch erobern (Textfigur 17). Dann wird der Anschein hervor- 
gerufen, als wäre die Basis eines Platoma-Sprosses von den aufrechten, 
fruktifizierenden Fäden eines Rhodochorton membranaceum eingehüllt 
(vergl. Abh. 2 dieser „Beiträge“ Textfigur 2 B). 


auf dem Basallager, wenn es überhaupt fertilisiert wurde, nur Tetra- 


Immer fanden sich aber 


sporangien; Prokarpien und Zystokarpien wurden stets vermißt. 

Daß die Aufgabe der krustenförmigen Basalscheibe nicht nur 
bei den Phaeosporeen, sondern gerade auch bei den Florideen mit ihrer 
Funktion als Haftorgan nicht erschöpft ist, darauf deuten auch bei 
letzteren mancherlei andere Beobachtungen hin. Bei dem gleichfalls in 
Büscheln wachsenden Polyides rotundus ist sie wie bei den erwachsenen 
Pl. Bairdü 


basales Polster, mit dem das Büschel an der Unterlage befestigt ist. 


Thallomen von für gewöhnlich nicht mehr als ein 


Zu gewissen Zeiten aber, im Herbst, beginnt sie lebhaft zu wachsen, 
wird scheibenartig wie eine Peyssonnelia und bedeckt sich mit zahl- 
reichen erst halbkugeligen, dann keulenförmigen Erhebungen, die bald 


Bei Ahnfeltia plicata, bei 


der man irgend eine Art von Fortpflanzungsorganen überhaupt noch 


zu einer aufrechten Pflanze aussprossen. 


nicht kennt, ist diese rein vegetative Art der Vermehrung sogar 


Bei 
Polyides nimmt an der Bildung des aufrechten Sprosses ein ganzes 


die einzige, die der Pflanze zur Verfügung steht. ihr wie bei 


"uogjeirod zıemyos gst uordızyojsäz uap Mur JÄgdorodg apuazyorzwgos 


pun uoSodauyy gu uoJ4ydogpwes) usp yoınp gyugossdug] "90 (TAB) 22pung vwomg EL "34 


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Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kek. 201 


Bündel vertikaler zum Verbande des Basallagers DR 

gehöriger Fäden teil, ganz wie bei Platoma a Sl) 

Bairdii, und ebenso ist es bei Dumontia fili- a NN A 
En, NE E A 


formis, wo freilich später ein zentral gelegener N 


>, 


ee 
I. 
es 
SS 
= 
= 


Faden wenigstens bei den lebhaft wachsenden 
Sproßspitzen die Führung übernimmt.'!) Aehnlich 


wie Dumontia besitzt auch Gloiosiphomia capil- 


laris ein Basallager, dessen kurze, aufrechte, DOSE ua 2 ISIS 
assimilierende und hier oft von einem einzelligen SL IN NIE 
Haar gekrönte Fäden sich bei Druck leicht von EENDTER STE DONE 
einander trennen. Aber an der Bildung der auf- N 

rechten Sprosse beteiligt sich bei dieser Pflanze _Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Scheitelkante des Basallagers. 
immer nur ein Vertikalfaden, indem er durch Vergr. ie 


lebhafte Teilungen in der Scheitelzelle in eine große Anzahl münzenförmiger Zellen zerfällt, die 
bald eine Reihe von seitlichen Kurztrieben aussenden.?) 

Kann man hier schon von einem Dimorphismus der Pflanzen, deren Wachstum bald ihrem 
squamariaceen-artigen horizontalen und dorsiventralen, bald dem aufrecht verzweigten radiär ge- 
bauten Thallus zu gute kommt, sprechen, so findet sich der weitere Schritt, nämlich die Heran- 
ziehung des Horizontallagers zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Tetrasporen, bei dem 
einfach gebauten Rhodochorton membranaceum schon angedeutet, wird aber erst bei Plutoma Bairdi, 
wo der aufrechte Thallus viel stattlicher und komplizierter ist, augenfällig,. Auch hier ließe sich 
eine ähnliche Ueberlegung anstellen wie bei 
Poyotrichum filiforme. Es wäre sehr wohl 
denkbar, daß das horizontale Lager sich zu 
gewissen Jahreszeiten auf die Produktion von 
Tetrasporen beschränkte, und weiter, daß ihm 
diese Art der Fortpflanzung überhaupt reser- 
viert bliebe. Das aus den Tetrasporen in = 
einer späteren Jahreszeit neu gekeimte Basal- 
lager aber würde seinerseits auf eine Fertili- 
sierung ganz verzichten und nur gerade so 


groß werden, um einer oder mehreren auf- 


rechten Pflanzen zum Ursprung und zur Be- 


festigung an der Unterlage zu dienen. Die Fig. 15. 

Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Vertikalschnitt durch ein Basal- 
lager mit jungem aufrechten Thallus (v) und Tetrasporangien (te). 
. . 0 500 

schlechtlichen Fortpflanzung reserviert bleiben. Vergr. 7 - 


aufrechten Pflanzen selbst würden der ge- 


1) Vergl. mein Original bei Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen. Bd. I, Fig. 356 a. 
2) Vergl. mein Original bei Oltmanns Il. e. Fig. 356. 


202 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


9929.02 9 90 90.000899 009,09290.9999-P0,0.00° 00, SAo00R 
GERN RETTEN REED EDEL 
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0005, 090,00% 909030 > SSOIUITOONESSESSH 
SF OLESLIDSERSO SD IEBUSSS ss u 333 


Tatsächlich ist ja bei Aglaozonia - Cutleria unter 
den Phaeosporeen der hier nur als Möglichkeit 
geschilderte Schritt ausgeführt und die Heran- 
bildung von zwei Generationen, einer ungeschlecht- 
lichen dorsiventralen und einer geschlechtlichen 
aufrechten, zur Wirklichkeit geworden. Theoretisch 
sind diese Gesichtspunkte aber bei den Florideen 
von ganz besonderer Wichtigkeit, weil wir bei ihnen 
bereits einen freilich ganz andersartigen Wechsel 
von Sporophyten- und Gametophytengeneration 
kennen. Die Frage wäre, ob der Generations- 
wechsel der höheren Pflanzen von Erscheinungen 


der ersten oder der zweiten Art seinen Ursprung genommen hat und ob nicht die zweite Art eine den 
Florideen eigene, später nicht weiter verwandte und ausgebildete Art des Generationswechsels darstellt. 


Fig. 17. 


Eine besondere Stellung bei solchen Betrach- 
tungen wäre den Fällen zuzuweisen, wie wir sie 
bei Lemanea und Batrachospermum verwirklicht 
sehen. Hier entsteht der endgültige aufrechte 
Sproß als Zweig an einem einfacher gebauten, 
monosiphon verzweigten Sproß, der selbst schon 
aufrecht ist, jedenfalls sich nicht zu vielen zu 
einem horizontalen Lager zusammenschließt. Bei 
Batrachospermum ist dieser primitive, chantransia- 
artige Thallus, den man passender Weise als ‚‚Vor- 
keim“ bezeichnet hat, der ausschließliche Träger der 
ungeschlechtlichen Fortpflanzungsorgane, während 
er bei Lemanea rein vegetativ bleibt. So ganz un- 
vermittelt erscheinen aber auch diese Fälle nicht, 
wenn wir uns erinnern, daß bei Dumontia und noch 
mehr bei Gloiosiphonia die aufrechten Fäden des 
horizontalen Lagers leicht auseinander weichen und 
dann zahlreichen unverzweigten, monosiphonen, auf- 
rechten Sprossen verglichen werden könnten. Nur, 
daß diese auch hier einem niederliegenden einschich- 


tigen Basallager entspringen und daß der end- 


Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Basis eines kleinen aufrechten 

Sprosses mit einem Stück Basallager (ba), umgeben von lang- gültige aufrechte Sproß nicht als seitliche Ver- 

gestreckten Tetrasporangien (te), die auch auf den Sproß selbst 
heraufrücken; m Markfäden. 


400 
Vergr.) —ız: 


zweigung eines primitiven, sondern neben ihm 


und statt seiner sich aus der Basis erhebt. 


Ueber Platoma Bairdii (Farlow) Kck. 203 


Basallager mit Tetrasporen wurden bei Platoma Bairdii Anfang Juni, aber auch noch 
Anfang Oktober beobachtet. Werfen wir also noch einen kurzen Blick auf Werden und Ver- 


gehen unserer Pflanze im Laufe des Jahres. 


Das früheste Erscheinen der Pflanze wurde für den 20. Mai (1904) festgestellt. Es waren 
etwa 3 mm hohe Individuen, die auf Geröllsteinen im Nordhafen in einer Tiefe von 5—7 m 
wuchsen. ‚Je nachdem wir annehmen, daß die Ueberwinterung in Form einer Dauerspore, eines 
wenigzelligen Keimlings oder eines horizontalen Basallagers geschieht, werden wir die ersten Stadien 
auf Mitte oder Anfang Mai, frühestens auf Ende April festsetzen können. Die Pflänzchen waren 
noch steril. Etwas größere Exemplare vom selben Standort trugen Anfang Juni Tetrasporen, 
Anfang Juli auch reife Zystokarpien. Viel größer als 4-5 cm werden die Pflanzen im Nord- 
hafen überhaupt nicht. — Die Hauptzeit für die litoralen Pflanzen am Kalbertan und auf den 
Brandungsklippen ist der August und September. Sie erscheinen hier, bald auf Feuersteinen, bald 
auf Kreidegeröll, erst verhältnismäßig spät, denn noch am 27. Juli 1911 fand ich nur kleine, wenn 
auch bereits mit Zystokarpien und Tetrasporen beladene Exemplare. Am 5. August 1905 notierte 
ich solche von 4 cm Höhe, am 14. August desselben Jahres von 1 cm Höhe. Aber in anderen 
Jahren. waren sie schon Mitte dieses Monats herangewachsen, jedenfalls pflegen sie Ende August 
und Anfang September die stattliche Größe erreicht zu haben, die für diesen Standort charakteristisch 
ist. Da hier noch Anfang Oktober 1911 Zwergexemplare mit Basallagern gesammelt wurden, die 
beide Tetrasporangien trugen, so werden wir nicht fehlgehen, wenn wir wenigstens zwei, vielleicht 
drei Generationen annehmen, die sich im Sommer z»blösen. In der Regel fahndet man im Oktober 
bereits vergeblich auf Platoma Bairdi. — Miß Diekinson sammelte ihre Pflanzen an der 
englischen Küste im Juli. Ueber den näheren Standort wird nichts angegeben. Die Tetrasporen 
tragenden Exemplare, die Batters untersuchte, waren „scarcely more than an inch long“. Die 
Farlow’sche Pflanze fand sich im August angespült. Platoma Bairdii ist also eine ausgesprochene 
Sommerpflanze, obgleich für die Basallager eine Ueberwinterung, vielleicht mit gelegentlicher Tetra- 


sporenbildung, durchaus im Bereiche der Möglichkeit liegt. 


Für die Arten, die als selbständige Gattung von der durch Nemastoma dichotomum vertretenen 
Artengruppe abgetrennt werden müssen, wählte Schmitz 1889 den Namen Platoma'), „einen 
Namen, den Schousboe schon wiederholt in sched. für hierhergehörige Arten angewandt 
hatten 24%.. Diese Gattung unterscheidet sich von Schizymenia hauptsächlich im Habitus des 
Thallus. Bei Platoma ist der Thallus dicklich, abgeflacht stengelig, gabelig oder unregelmäßig 
verzweigt (nicht selten auch aus dem Rande proliferierend), bei Schizymenia dagegen ist der Thallus 
dünn, blattartig flach, sitzend oder gestielt, im Umriß gerundet, ungeteilt oder unregelmäßig (gewöhn- 


lich durch Zerreißen) gelappt oder gespalten“.?) Von den ebenfalls zur Unterfamilie der Schizy- 


I) Schmitz, Fr., Systematische Uebersicht der bisher bekannten Gattungen der Florideen. 1889 p. 19 des Separats 
(Flora oder Allgem. Botan. Zeitung). 


2) Schmitz, Fr., Kleinere Beiträge zur Kenntnis der Florideen IV. 1894, p. 627 f. Fußnote (Nuoya Notarisia). 


204 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


menieae gehörigen Gattung Calosiphonia Crouan unterscheiden sich beide Gattungen durch die 
vielfädige Zentralschicht, während Calosiphonia nur einen Zentralfaden besitzt‘) Als typische 
Art für Platoma gibt Schmitz Pl. eyclocolpa (Mont.) Schmitz an (= Halymenia cyclocolpa Mont. 
— Nemastoma cervicornis J. Ag). Weiterhin gehören hierher Platoma incrassatum Schousb. und 
Platoma marginiferum (J. Ag.) Schmitz. Die letzteren beiden Arten sind stark abgeflacht, wenig 
zerspalten, die erstere nach oben zu stark zerschlitzt oder in schmälere Abschnitte gegabelt, alle 
drei aber in einer Ebene ausgebreitet. Durch den Eintritt von Pl. Bairdi, die ja radiär gebaut 
ist und nur bei größeren Individuen ihr stengelig stark verzweigtes Laub abflachen kann, erfährt 
der Gattungscharakter eine leichte Aenderung und es hätte in der Schmitz’schen Diagnose?) statt 
„Thallus abgeflacht oder flach, gabelig u. s. w.‘“ zu heißen ‚„‚Thallus stielrund, abgeflacht oder flach, 
gabelig u. s. w.‘“ zu heißen. In der Form einer Diagnose mag eine kurze Beschreibung unserer Art 


diese Abhandlung beschließen. 


Platoma Bairdii (Farl) Kek. 


Synonym: Nemastoma (?) Bairdii Farl. 


Helminthocladia Hudsoni Batt. non J. Ag. 


Diagnose: Bildet auf Steinen bis 14 cm hohe, rosen- oder karminrote 
Büschel. Sprosse gallertig-schlüpfrig, stielrund glatt oder nach oben flach- 
gedrückt gekräuselt, unregelmäßig gabelig verzweigt, nach der Basis bis 
auf 5 mm verbreitert. Innere Schicht aus strangartigen, parallelen, lang- 
zelligen Fäden bestehend, die nach oben in eine vorgeschobene Scheitel- 
kuppe auslaufen. Aeußere Schicht aus kurzen perlschnurförmigen Zweig- 
büscheln bestehend, die senkrecht zur inneren Schicht stehen. Durch 
Stolonen aus der Basis der Zweigbüschel wird der Zentralstrang verstärkt. 
Spitzenzellen der Zweigbüschel oft von langen, farblosen, einzelligen 
Haaren gekrönt. In jeder Zelle ein Kern und ein bis drei scheibenförmig- 
buchtige oder zu Bändern ausgezogene Chromatophoren. Tetrasporangien 
seitlich in den Zweigbüscheln sitzend, kreuzförmig geteilt, oval, 17,5—20 # 
hoch und 11—12,5 & breit. Karpogone mit ihnen zusammen oder gewöhnlich 
auf besonderen Individuen, dreizellig, mit langem, unten oft schraubigen 
Trichogyn. Auxiliarzellen zahlreich, groß, rundlich, in die bogig auf- 
steigende Basis der Zweigbüschel eingehängt. Zystokarpien unregelmäßig 


rundlich, mit paketförmigen Gonimoloben, 65—75 k im Durchmesser haltend, 


1) Schmitz, Fr., und Hauptfleisch, P., Nemastomaceae. 1897 p. 523 f. (Pflanzenfamilien, I. Teil, Abt. 2). 


2) Nemastomaceae |. c. p. 524. 


Ueber Platoma Bairdiüi (Farlow) Kek. 205 


immer auf der Oberseite (Außenseite) der Auxiliarzellen entwickelt. 


Antheridien unbekannt. 


Vorkommen: Auf Steinen im flachen Wasser, von Anfang Mai bis 


Anfang Oktober, hauptsächlich im August und September. 


Verbreitung: Helgoland, englische Ostküste bei Öullercoats (Nor- 
thumberland), atlantische Küste der Vereinigten Staaten bei Gay Head 
(Massachussetts). 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Tatelerklärung. 


Tafel IX [20]. 


Platoma Bairdii (Farl.) Kcek. 


Eine Helgoländer Pflanze in natürlicher Größe, gesammelt am 22. August 1898. 


Wissensch Meeresuntersuchungen V Band, Abt. Helgoland Taf.1X (20) 


Platoma Bairdii (Farlow) Kuckuck 


P. Kuckuck phot Photogravure DE E.Albert& C? München. 


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208 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


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Fig. 2 
Fig. 

Fig. 4 
Fig. 5 
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Fig. 7. 
Fig. 8. 
Ries 9: 
Fig. 10 
Ira, ll 


Tatelerklärung. 


Tafel X [21]. 
Platoma Bairdii (Farl.) Kck. 


Zwergpflanzen aus dem Nordhafen von Helgoland in natürlicher Größe, 


Teil eines jungen Sprosses mit den gestreekten inneren Zellen und den jungen Fadenbüscheln. 
um 400 
Vergr. —. 


Sproßspitze mit vorgeschobener Scheitelkuppe und einigen jungen einzelligen Haaren. Vergr. =, 


Zweigbüschel in Längsansicht mit Auxiliarzelle links und den Chromatophoren, die in den gestreckten 
Zellen bandförmig werden. Vergr. m. 


Zweigbüschel mit reifem Zystokarp. Man sieht die Auxiliarzelle und den sporogenen Faden. 
Vergr. 2, 


E : u : 5 2 700 
Wie Fig. 5. Die Karposporen sind größtenteils entleert. Vergr. —. 
n 1200 
Karposporen. Vergr. ns 

ne ; Fa 3 : 600 
Zweigbüschel mit den kreuzförmig geteilten Tetrasporangien. Vergr. Tr 


Vertikalschnitt durch ein Basallager mit jungem aufrechten Sproß und einigen Tetrasporangien. 


Vergr. En 
Vertikalschnitt durch ein Basallager mit Tetrasporangien und Haaren. Vergr. =. 
Teil eines Zweigbüschels mit den Chromatophoren. Vergr. — 


Wissensch.Meeresuntersuchungen. V.Band, Abt Helgoland Taf.X. (21) 


Platoma Bairdii (Farlow) Kuckuck 


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P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


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18, 


5.118)» 


. 20. 


Tatelerklarung. 


Tafel XT 122]. 
Platoma Bairdii (Farl.) Kek. 


Zweigzellen mit einem entleerten Tetrasporangium bei te und einem reifen dreizelligen Karpogon 
2 3 2 > ö 2 - 200 
mit dem Trichogyn bei # und seiner bauchigen Eizelle bei cz,. Vergr. ! 


n 
Junges Karpogon. Die Eizelle hat sich von der distalen Zelle cz noch nicht abgetrennt. Vergı. = 


Wie Fig. 13. Das Trichogyn ist lang und unten schraubig gedreht. Zwischen das Karpogon haben 


- . . . 2 
sich 3 sterile, chromatophorenhaltige Zellen eingeschoben (stz). Vergr. = 
1200 


Die unbefruchtete Eizelle cz, hat drei sporogene Fäden (sf) getrieben. Vergr. —. 


Eine Ausiliarzelle, mit dem Kern und den schmalen Chromatophoren in das Basalstück eines Zweigs 
. “ Pass 1200 
eingehängt. Vergr.  . 


Der sporogene Faden (sf) hat mit einer Auxiliarzelle fusioniert und nach Einwanderung eines 
Kerns das junge Zystokarp (sp) erzeugt. Er ist dann weiter gewachsen, indem er sich einer zweiten 
1200 


Auxiliarzelle (links az) anschmiegte. Vergr. ——. 


Das Zystokarp hat sich auf der dem sporogenen Faden abgewandten Seite der Auxiliarzelle weiter 
5 1200 « : 

entwickelt. Vergr. 7» 

Ausiliarzelle («) fixiert und gefärbt. Man sieht den ungeteilten Kern, ebenso die Kerne in den 

1000 

u 

Der sporogene Faden hat mit einer Ausxiliarzelle fusioniert. Der sporogene Kern hat sich geteilt. 
porog 5 8 

Der eine Tochterkern wird von der Spitze, die sich durch eine Querwand abgegliedert hat, fort- 

geführt, der andere Tochterkern ist in die Auxiliarzelle eingewandert, wo sich der Auxiliarkern 


ebenfalls geteilt und an die Wand zurückgezogen hat. Fixiert und gefärbt. Vergr. - 


Links eine Auxiliarzelle (az) mit den beiden Tochterkernen. Der eine sporogene Tochterkern hat 
sich abermals geteilt und ist in die Kuppe links oben gewandert, die sich als Zystokarpmutterzelle 
abgetrennt hat (sp), der andere sporogene Tochterkern ist in den sporogenen Faden zurückgewandert. 
Rechts eine Auxiliarzelle (az), der sich ein sporogener Faden (s/) angelegt hat. Der sporogene 
Kern hat sich geteilt, der eine Tochterkern ist in die durch eine Querwand abgegliederte Spitze ge- 
wandert, der andere liegt noch im sporogenen Faden, da die Fusion noch nicht eingetreten ist. 


sie . . ae .. 1000 
Der Auxiliarkern ist noch ungeteilt. Fixiert und gefärbt. Vergr. —-. 
1000 


Ein ähnliches Stadium wie Fig. 21 links. Fixiert und gefärbt. Vergr. ——. 


Das junge Zystokarp (sp) ist dreizellig geworden. Die beiden Auxiliarkerne und der zurück- 


gebliebene sporogene Kern liegen in der Auxiliarzelle (a%) dicht bei einander. Fixiert und gefärbt. 
1000 
Vergr. —. 


n 
Die Entwicklung des Zystokarps (sp) ist schon stark gefördert. Die 3 Kerne liegen in der 
Auxiliarzelle (az) dieht beisammen, der sporogene Faden (sf) ist noch erkennbar; stz sterile Zellen. 
1000 
1: 


sterilen Zellen (stz). Vergr. 


Fixiert und gefärbt. Vergr. 


Wissensch.Meeresuntersuchungen. V. Band, Abt Helgoland. 


Platoma Bairdiü. (Farlow) Kuckuck 


Untersuchungen über Chrysymenta. 2 


13. 


Untersuchungen über Chrysymenia. 


Hierzu Tafel XII (23) und XIII (24) und 7 Textfiguren. 


Au der überall häufigen Chrysymenia uvaria (Wulf.) J. Ag. und der etwas selteneren Chr. 
= ventricosa (Lamour.) J. Ag. stieß mir bei meinen Rovigneser Exkursionen auch Hauck’s 
nur mit Vorbehalt zur gleichen Gattung gezogene Chr. microphysa nicht selten auf. Da dies 
überaus zierliche Pflänzchen seinem ganzen Vorkommen nach, vom Bau ganz abgesehen, durchaus 
nicht den Eindruck einer Jugendform von Chr. uvaria erweckte, wie es verschiedentlich, letzthin 
noch von De Tonit), vermutet worden ist, so wandte ich ihm besondere Aufmerksamkeit zu. 
Beschränkt sich doch alles, was über diese Alge bekannt ist, auf die knappen Zeilen in Hauck’s 
„Meeresalgen“ 2) und einige kurze Notizen desselben Autors in Notarisia 1886 ?), die um so weniger 
erschöpfend sein konnten, als über die Fortpflanzung von Chr. mierophysa nichts bekannt ge- 
worden war. Erst nach langem Suchen fielen mir bei meinem dritten Aufenthalt in Rovigno, im 
November und Dezember 1896, fruchtende Exemplare in die Hände, die den Anlaß zu näherer 
Beschäftigung mit der Pflanze boten. Des weiteren werde ich daran einige Mitteilungen über die 


beiden anderen istrianischen Chrysymenien knüpfen. 


1. Chrysymenia microphysa Hauck. 


Chr. microphysa bevorzugt bei Rovigno einen ganz bestimmten Grund, der, schon außer- 
halb der zusammenhängenden Cystosiren-Region liegend, durch das zahlreiche Vorkommen ver- 
schiedener knollenförmiger Lithothamnien, besonders Lith. expansum, L. fruticolosum und L. Philippüt, 
ferner von Peyssonnelia polymorpha und einer Reihe festsitzender Tiere, besonders Mollusken (Arca 


Noae u. a.), Ascidien (Uynthia microcosmus u. a.), Synaseidien, Cladocora u. s. w. gebildet wird. 


1) De Toni, Sylloge Algarum Vol. IV. Florideen. 1900, p. 544. 
2) Hauck, F., Die Meeresalgen Deutschlands und Oesterreichs. 1885, p. 160. 
a)alze., p- 12. 


212 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Dazwischen kommen, einer „offenen Formation“ vergleichbar, einige tiefer herabsteigende Uystosira- 
arten vor. Es sind die Lithothamnien, hauptsächlich aber die oft zu ganzen Konglomeraten ver- 
einigten Tiergenossenschaften und hier wiederum die Knäuel und Knollen von Arca Noae und 
Cladocora, die außer einer charakteristischen kleinwüchsigen Vegetation fast stets auch mehrere 
Exemplare jener zierlich gestielten, rosenroten Bläschen tragen, die Hauck zur Aufstellung einer 
eigenen Art veranlaßten (Taf. XII [23] Fig. 1 und 2). Die Tiefe häufigsten Vorkommens war 
15—25 m. Stellenweise ging sie bis auf 12 m herauf, an anderen Stellen, so bei der Punta 
Christo (Pola) und östlich St. Andrea (Rovigno) bis auf 30 und 40 m, ja bei San Giovanni in 
Pelago bis auf 40 und 50 m herab. Ich habe sie in keinem der Monate vermißt, die ich in 
Rovigno verweilte (September bis Juni), aber nur von Oktober bis in den März hinein fand ich 
die von Hauck vergeblich gesuchten Fortpflanzungsorgane. Bevor ich zu ihrer Besprechung 
übergehe, gebe ich zur Orientierung einige kurze Bemerkungen über Aufbau und anatomische 
Verhältnisse. 

Hauck’s Diagnose, die in ihrer Knappheit ein durchaus zutreffendes Bild der Pflanze 
gibt, lautet wie folgt: „Thallus verkehrt eiförmige oder birnförmige, bis 2—6 mm lange, ge- 
stielte Blasen bildend, welche zu mehreren aus einer gemeinschaftlichen Wurzelschwiele entspringen. 
Stiel drehrund, ca. 0,5 mm diek und 2—6 mm lang, einfach, seltener gabelig. Blase sehr dünn- 
häutig, aus einer Lage größerer rundlicher Zellen bestehend, deren Zwischenräume an der Ober- 
fläche von viel kleineren Zellen netzartig ausgefüllt sind. Fruktifikation unbekannt. — Dunkelrot. 
— Ist den Jugendformen von Chr. wvaria zum Verwechseln ähnlich, aber durch die Struktur sofort zu 
unterscheiden. — Im adriatischen Meere in größeren Tiefen.“ Auf das seltene Vorkommen verzweigter 
Exemplare gehe ich noch unten ein. Die Farbe erscheint mir erheblich heller als bei Ohr. wwaria 
und kann am besten als ein tiefes Rosenrot bezeichnet werden. Der Stiel sitzt mit einer kleinen 
napfförmigen Verbreiterung dem Substrat auf (Taf. XII [23] Fig 3 und 4). Fine gemeinsame 
Wurzelschwiele mit mehreren aus ihr entspringenden Individuen kommt nur 
ausnahmsweise vor und ist möglicherweise auf ein Nebeneinanderkeimen 
mehrerer Sporen zurückzuführen und nicht auf Verhältnisse, wie sie 
z. B. bei Platoma Bairdi geschildert wurden.) 

Der Stiel ist solide. Der “uerschnitt zeigt in der Mitte groß- 


lumige, nach der Peripherie zu immer kleiner werdende Zellen. Die 


Fig. 1. kleinen Rindenzellen sind von einer mäßig dicken Hautschicht über- 
Chrysymenia mierophysa Hauck. 


Querschnitt durch den Stie.  70gen (Textfigur 1). Instruktiver ist der Längsschnitt (Textfigur 2), der 
Vergr. eine starke Streckung besonders der größeren zentralen Zellen zeigt. 

Beim Uebergang in die Blase weichen diese auseinander, sodaß ein mit stark wässeriger Gallerte 
erfüllter Hohlraum entsteht, während im Stiel selbst nur eine äußerst geringe Gallertbildung zwischen 
den großen Zellen Platz greift. (In den Textfiguren durch schwarzen Ton gekennzeichnet.) Auf- 
fallend ist die Gruppe kleiner, kettenförmig vereinigter Zellen, die wie ein Anhängsel von dem 


1) Vergl. Abh. 12 dieser Beiträge p. 200 (198) ff. 


Untersuchungen über Ohrysymenia. 213 


soliden Boden des Blasenhohlraums in diesen hineinragen \ 
BR 1 a NEN 

und möglicherweise sekundär durch Aussprossen der NS 

‚ : - NO 
auseinanderweichenden großen Zellen entstanden sind. SS 
N 


Links in unserer Textfigur 2 zeigt sich auch am Grund 


der Blasenwand der Zusammenhang der kleinen Rinden- 
zellen hier und da unterbrochen, sodaß die größeren 
Zellen unmittelbar an die Oberfläche zu liegen kommen. 
So bildet sich ein Uebergang zu der rosenkranzförmigen 
Anordnung der kleinen Zellen, die auf der Blasenwand 
selbst später nur noch die Lücken zwischen den großen 
Zellen füllen. Aus diesen kleinen Zellen können zu- 
weilen einzellige Haare entspringen. In der Regel 
fehlen sie aber oder sie reduzieren sich auf ein kleines 
helles, die Rindenzelle krönendes Bläschen (vergl. den 
Querschnitt Fig. 6 auf Taf. XII [23]. Die Anordnung 
der kleinen Zellen, die als feines Netz über die die 
Maschen bildenden Kuppenwölbungen der großen Zellen 
gespannt sind, gewährt ein überaus zierliches Bild 
(Fig. 11 Taf. XIII [24]. Die Maschenecken selbst 
werden von etwas größeren Rindenzellen eingenommen. 
Natürlich finden auch sonst zwischen großen und kleinen 
Zellen Uebergänge statt. Die großen Zellen selbst 
pflegen aber nur in einer Schicht zu liegen, sodaß sie Fig. 2. 


Ohrysymenia mierophysa Hauck. Längsschnitt durch 


den Stiel und den Blasengrund. Vergr. 2. 


mit der verquellenden Innenseite in den Hohlraum, 
mit der Kuppe nach außen ragen. 

Die den Hohlraum erfüllende wässerige Gallerte ist von etwas dichterer Konsistenz, als 
sie Scherffel für Phaeocystis globosa angegeben hat.') Die Bläschen lebender Pflanzen kollabieren 
nach Absaugen des Wassers auf dem Objektträger nicht. Halbiert man eine Blase und hebt die 
Teilstücke vom Objektträger etwas empor, so spürt man deutlich, wie die herausgequollene Gallerte 
am Glase haftet. Vergleicht man den Wassergehalt der Gallertfüllung von Halieystis, Phaeoeystis 
und Chrysymenia microphysa mit einander, so wäre Halicystis mit ihrem fast dem Meerwasser 
gleichenden wässerigen Inhalt?) an das untere, Chr. microphysa an das obere Ende der Skala 
zu setzen. 

Jede Zelle enthält außer dem wandständigen eine große Vakuole umschließenden Plasma 


einen rundlichen ebenfalls wandständigen Kern und meist nur sehr spärliche körnige oder bläschen- 


1) Scherffel, A., Phaeocytis globosa noy. sp. nebst einigen Betrachtungen über die Phylogenie niederer, insbesondere 
brauner Organismen. Taf. I. 1900, p. 3 (Diese Zeitschrift, Abt. Helgoland, Bd. IV). 

2) Kuckuck, P., Abhandlungen über Meeresalgen. I. Ueber den Bau und die Fortpflanzung von Halieystis und 
Valonia. Taf. III und IV. 1907, p. 4 (Botanische Zeitung, Jahrg. 65, Abt. I). 


214 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


förmige Plasmaeinschlüsse. Nur in den Sporen findet sich eine Ansammlung von Florideenstärke. 
Die Chromatophoren sind in den kleineren oberflächlichen Zellen in großer Anzahl vorhanden, 
unregelmäßig lappig, ausgebuchtet, zuweilen zu kurzen Bändern ausgezogen, die sich etwas ver- 
zweigen können (vergl. Fig. 6 Taf. XII [23], Fig. 9 und 12 Taf. XIH [24]. In den größeren 
Zellen okkupieren sie besonders die sich nach außen vorwölbende Kuppe und stellen hier regel- 
mäßigere polygone und durch dichte Lagerung sich gegenseitig abplattende Scheiben dar (Fig. 12 
Tat. XIII [24}). Betrachtet man dieselben Zellen von der Innenwand der Blase, so fällt außer der 
viel geringeren Dichtigkeit vor allem die sehr charakteristische Lagerung der Chromatophoren ins 
Auge. Die kleinen Scheiben haben sich zu mannigfach verzweigten, gebogenen und hier und da 
anastomosierenden Bändern aneinander gelegt und erwecken bei schwacher Vergrößerung den Ein- 
druck fadenförmiger Bänder (vergl. Fig. 13 Taf. XI [24], Fig. 5—7 Taf. XI [23)). 

Ueber Wachstum und Entwicklung des Pflänzchens ist nicht viel zu sagen. Das jüngste 
mir bekannte Stadium, das auf Udotea Desfontainii wuchs, gibt Textfigur 3 in der Oberflächen- 
ansicht und im optischen Längsschnitt wieder. Der junge 
Sproß ist erst zylindrisch, dann keulenförmig. Auf der 
Kuppe stehen die kleinen Rindenzellen gedrängt, weiter 
nach unten rücken sie auf die Zwischenräume der heran- 
wachsenden großen Zellen auseinander. Mit dem ersten 
leichten Anschwellen des oberen Endes beginnt auch durch 
Auseinanderweichen der großen Zellen die Bildung des 
Hohlraums. Wahrscheinlich wird von der keimenden 
Spore, wie dies von vielen anderen Florideen bekannt 
ist, erst ein horizontales Kissen entwickelt, dessen zentrale 
Partien sich dann durch lebhaftere Teilungen kuppen- 
förmig emporwölben, um zu einem walzenförmigen verti- 
kalen Sproß auszuwachsen. Die Wachstumsregion liegt 
. oben in der Mitte der Kuppe. Die dort abgeschiedenen 


Zellen vergrößern sich nur durch Streckung. Im Einzelnen 


dürften die Vorgänge dem für die übrigen Rhodymeniaceen 


Fig. 3. 
Chrysymenia mierophysa Hauck. Junges, noch keulen- bekannten Typus entsprechen.') 
förmiges Pflänzchen, in dessen Kuppe das Auseinander- 
weichen der Zellen bereits Platz gegriffen hat. A. Ober- 
flächenansicht. B. Optischer Längsschnitt. auf getrennten Individuen auf. Die Scheidung ist streng 
Verst. —. 3a 
Dar, durchgeführt. 


Tetrasporen, Antheridien und Prokarpien treten stets 


Die Tetrasporangien, die im November, Januar und März beobachtet wurden, entstehen 
aus einer Rindenzelle, indem sie sich vergrößert, dicht mit Plasma, Chromatophoren und Stärke 
füllt und schließlich erst durch eine tangentiale, dann durch zwei zu dieser senkrechte Wände in 


1) Vergl. besonders Debray, M.F., Rech. sur la Structure & le Developpement du Thalle des Ohylocladia, Champia & 
Lomentaria 1886 (Bull. seient. du depart. du Nord. 2« serie, IX). 
Schmitz, F., und Hauptfleisch, P., Rhodymeniaceae, 1896 p. 397 (Engler & Prantl, Pflanzenfamilien, Teil I, Abt. 2). 


Untersuchungen über Ohrysymenia. 215 


zwei Sporenpaare zerfällt, die entweder über einander liegen oder mehr oder weniger gegen einander 
verschoben sind (Taf. XII [23] Fig. 6, Taf. XIII [24] Fig. 10). Die Sporangien messen 30—40 
in der Höhe und 22—28 % in der Breite. Ihre Entleerung geschieht in normaler Weise durch 
Verquellen und Bersten der oberen Membran. 

Die Sporenbildung beginnt in der Regel in einer äquatorialen Zone der Blase (Taf. XII 
[23] Fig. 3 rechts) und schreitet nach oben und unten fort, während die Sporangien immer dichter 
werden. Meist bleibt eine obere Kalotte, immer das untere Drittel oder Viertel des Bläschens 
steril, sodaß die Zone intensivster Sporenbildung in den mittleren zwei Vierteln liest. Zuweilen 
wird auch die Kuppe fertilisiert. Solche Pflänzchen erscheinen dann mit Sporen wie beladen. 


Schon mit der Lupe sind die Tetrasporenindividuen an ihrer feinen Punktierung zu erkennen. 


Die männlichen Exemplare, die ich im Dezember beobachtete, können schon mit un- 
bewaffneten Augen an ihrer etwas helleren Färbung erkannt werden. Die Antheridien treten in 
ähnlicher Anordnung auf wie die Tetrasporangien und bestehen nur aus einem oder wenigen 
Spermatangien, die durch Abschnürung aus einer kleinen Rindenzelle entstehen und diese mit 
einem zweiten hellen, noch kleinzelligerem Maschennetz in dünner Schicht bedecken. Der Inhalt der 
4—5 hohen, 3—4 j breiten Spermatangien ist sehr dicht, meist ganz homogen, nur hier und 
da von einem winzigen Bläschen unterbrochen und ohne jeden Farbstoff. Auch der Austritt des 
Inhalts erfolgt in der gleichen Weise wie bei den Tetrasporangien. Das Spermatium liegt also 
nicht nackt in der gallertigen Außenmembran, sondern muß durch einen Riß der Membran ent- 
leert werden. Nach seiner Entleerung kann in der alten Hülle ein neues Spermatium abge- 
schnürt werden. 

Die Entwicklung des Zystokarps ist mir leider nur höchst bruchstückweise bekannt geworden. 
Durchmustert man anscheinend sterile Pflänzchen, so findet man zuweilen hier und da lange haar- 
ähnliche, etwas schief nach oben gerichtete Auswüchse, die unten keulenförmig angeschwollen 
sind. Es sind die Trichogyne, die sich von den ebenfalls einzelligen Haaren durch ihren 
dichten, sehr fein gekörnelten Inhalt unterscheiden (Taf. XIII [24] Fig. 9). Im untersten 
Teil, der vielleicht als Eizelle anzusprechen ist, kann zuweilen ein sehr zarter, heller, kurzband- 
förmiger Chromatophor festgestellt werden. Die „Eizelle“ sitzt einer von zwei gleich gestalteten 
Zellen auf, die, von ovaler Gestalt, dicht neben einander zwischen den Rindenzellen gelagert sind 
und sich von diesen durch ihren farblosen Inhalt deutlich abheben. Wir haben mithin, voraus- 
gesetzt, daß es fertig ausgebildet ist, ein drei- oder ein zweizelliges Prokarp, je nachdem wir den 
unteren Teil des Trichogyns als Eizelle auffassen oder nicht. Nach Schmitz und Hauptfleisch!) 
sollen bei den Rhodymeniaceen die „Karpogonäste, soweit bekannt, 3—4-zellig‘“ sein. Neuere 
Untersuchungen von Phillips?, Hassencamp?°) u. a. zeigten, daß sie einer Tragzelle aufsitzen 
und daß bei Chylocladia außer einer großen Auxiliarzelle auch eine Basalzelle dazu gehört. Mein 

1) Rhodymeniaceae ]. ec. p. 397. 


2) Phillips, R. W., On the development of the eystocarp in Rhodymeniales 1897 und 1898 (Ann. of Botany, Bd. 11 u. 12). 
3) Hassencamp, A., Ueber die Entwicklung der Cystocarpien bei einigen Florideen. 1902 (Botan. Zeitung Bd. 60). 


216 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Prokarpmaterial war zu dürftig, um mehr zu geben, als unsere Figur 9 (Taf. XHI [24] zeigt. 
Denn das nächste Stadium (Fig. 7 Taf. XII [23]) ist schon weit vorgeschritten, da die junge 
Frucht hier schon völlig in der Fruchtwand eingeschlossen liegt. Bereits bei den jüngsten Stadien 
fällt es auf, daß die um das Prokarp gelegenen klemen Rindenzellen sich durch tangentiale 
Teilungen höckerig emporrichten. Nach der Befruchtung setzen hier offenbar Wachstumsvorgänge 
ein, die viel lebhafter voranschreiten, als in dem befruchteten Prokarp selbst, und die erst zu 
einer Umwallung des jungen Sporophyten, dann durch Herüberwölben des Walls unter gleich- 
zeitiger Senkung der vorher freien Blasenwand zu seiner Einschließung führen. Nur der zentrale 
Teil der mit dem Heranwachsen der Gonimoloben immer stärker aufgewölbten Neubildung bleibt 
offen und stellt schließlich einen kaminartigen Porus des halbkugeligen Zystokarps dar, dessen 
Wände von kleinzelligen, pallisadenartigen Zellreihen gebildet werden (Taf. XII [23] Fig. 7 und 8). 
Auch die frühere, nun den Boden des Zystokarps darstellende Blasenwand wird erheblich dicker 
und auch kleinzelliger und ihre den Sporophyten umgebenden Zellen entsenden kurze Sproßfäden 
kleinlumiger Zellen. Der in zahlreiche Portionen zerfurchte Sporenhaufen, der im Innern an der 
Basis einige sterile Stielzellen besitzt, läßt schließlich durch Verquellen am oberen Teil die Sporen 
frei, um sie durch den Porus nach außen abzustoßen (Fig. 8 Taf. XII 
[23])). Jede Blase trägt in den oberen zwei Dritteln nur wenige, 
etwa 6—10 schon mit bloßem Auge gut erkennbare Zystokarpien 
(Fig. 4 Taf. XII [23]). — Junge und reife Zystokarpien wurden 
vom Oktober bis zum Januar beobachtet. 

Wie schon Hauck hervorgehoben hat, kommen „gegabelte‘ 
Individuen vor. Die Verzweigung geht seitlich vom Stiel aus und 
beginnt mit einer kleinen Aufwölbung ganz ähnlicher Natur, wie sie 
für das primäre horizontale Lager vermutet wurde. So kommen 2- 


und 3-blasige Individuen zustande, bilden aber doch eine seltene Aus- 


Fig. 4. nahme (Textfigur 4). Auffallend ist die häufige Einschnürung des 

COhrysymenia mierophysa Kuck.| 
A, B, D und E gegabelte Individuen, £ 
bei * Narbe einer abgefallenen Blase. als scharfkantige Einkerbung erscheint (Textfigur 4C). Ich halte es 
Vergr. —-. 


Stiels unterhalb der Blase, die entweder flache Konturen zeigt oder 


für so gut wie sicher, daß der Stiel die Blase überdauert und an seiner 


C Ersatzblase. Vergr. m 


Spitze nach einander mehrere Blasen erzeugen kann. Darin bestärkt 
mich die Beobachtung, daß reife, mit Tetrasporen beladene Blasen leicht abfallen, wenn sich das 
Wasser im Beobachtungsglas durch Unterbringung in einer sonnigen Fensternische rasch erwärmt. 
Auch findet man öfter kleine Höcker am Blasenstiel, die wohl nichts anderes als Narben abge- 


fallener Blasen sein können (Textfigur 4 A, B). 


2. Ohrysymenia uvaria (Wult) J. Ag. 
Ist Ch. microphysa eine ausgesprochene Tiefenart, die sich auf das Niveau von 15—40 m 


beschränkt, so geht Ch. uvaria aus einer Tiefe von etwa 20 m bis zur Oberfläche herauf, ja sie 


Untersuchungen über Chrysymenia. Dar 


erreicht hier ihre schönste Entwicklung. Nur ausnahmsweise wird sie tiefer als 20 m gefunden, 
so bei den Brioni in einer Tiefe von 26 m. Doch wird sie dann kümmerlich, während sie etwas 
höher herauf, wo sie ebenfalls noch gemeinsam mit Ch. mierophysa vorkommt, ganz stattlich wird 
und Tetrasporen sowohl wie Karposporen reift. In der Uferzone flüchtet sie sich stets an schattige 
Stellen. So wird sie regelmäßig an den senkrechten Wänden der felsigen Gestade, besonders in den 
nischenartigen Einschnitten der Inseln St. Catarina, St. Andrea, der Figarolen, der Isola Semenza 
und des kleinen, ins Meer vorgeschobenen Scoglio Bagnole angetroffen. Steigt sie auf die horizontal 
sich dehnenden Felsgründe des flachen Wassers hinab, so siedelt sie sich gern auf den ‚Stämmen 
von Uystosira barbata, corniculata und anderen Arten an, deren ausgebreitetes Laub ihr Schatten 
spendet. Wie Ch. microphysa wird sie in allen Jahreszeiten gefunden, aber sie reift ihre Sporen 
nur vom September bis zum Januar. Berthold gibt für das Verhalten unserer Art bei Neapel!) 
folgendes an: „An beschatteten Stellen häufig vom Niveau bis 100 Meter Tiefe. Perennierend, 
Vegetationszeit an der Oberfläche vom Herbst bis Frühjahr. In großen Tiefen meist nur aus ein 
oder zwei Bläschen bestehende Zwergpflanzen.“ Ein solches Verschwinden aus dem Niveau ist 
mir bei Rovigno nicht aufgefallen. Wenigstens fand ich sie noch im Juni und wieder im September 
recht häufig an diesen Standorten, während ich im Juli und August keine Gelegenheit gehabt 
habe, in Rovigno zu arbeiten. Auch legen Bertholds Bemerkungen über die ein- oder zwei- 


blasigen Tiefenpflänzchen die Vermutung nahe, daß es sich dabei um Oh. microphysa gehandelt hat. 


Die auffallende Tracht dieser häufigen Floridee dürfte geläufig sein. Bei Rovigno werden 
die traubenförmigen Sprosse in der Uferzone etwa 4—5, höchstens 6 cm hoch (Taf. XIII [24] 
Fig. 14). Die abgebildete Pflanze stammt von einem geschützten Standort. Wo sie dieht unter 
die Brandungszone hinaufsteigt, aber auch in einer Tiefe von 5--8 m in offenen Lagen ist sie 
viel weniger locker verzweigt, die Blasen werden kleiner, stehen viel gedrängter und die ganze 
Tracht wird mehr klumpen- oder ballenförmig, De Toni gibt bis 8 cm Höhe an.?) Diese Größe 
erreicht ein im Helgoländer Herbarium liegendes Exemplar, das A. Vickers bei Barbados 
(Hiver 1898 —99) sammelte. Noch viel üppiger ist ein anderes vom gleichen Standort und der- 
selben Sammlerin, das bei reicher Verzweigung und dichter Anordnung der großen Blasen 15 cm 
hoch ist. Offenbar finden die Pflanzen in den tropischen und subtropischen Gewässern der 
amerikanischen Küste ganz besonders zusagende Verhältnisse. Das läßt auch die Schilderung und 
Abbildung von Harvey vermuten ®), der Ch. uvaria bei Key West als „common“ und zugleich 
als ‚very beautiful plant‘ bezeichnet. Ihre Größe gibt er auf „six to twelve inches long or more“ 
an. Ein im Besitz der Biologischen Anstalt befindliches Exemplar, das Mrs. G. A. Hall an der 
Küste von Florida sammelte®), ist 20 cm hoch, reich verzweigt, aber schlanker als die Exemplare 


von Barbados, die Trauben lockerer angeordnet und von ansehnlicher Größe (bis 7 mm lang). 


1) Berthold, G., Ueber die Verteilung der Algen im Golf von Neapel usw. 1882, p. 525 f. (Mitteil a. d. Zoolog. Station 
zu Neapel). 

2) Sylloge Algarım Vol. IV Seet. II. 1900, Florideae p. 543 

») Harvey, W. H., Nereis Boreali-americana Part II. 1853, p. 191 f. Pl. XX Fig, B 1-3. 

4) Collins, Holden and Setchell, Phycotheca Boreali- Americana N. 289. 


218 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


Ueber das Vorkommen im Einzelnen wäre noch zu bemerken: Rodriguez gibt für die Balearen 
an „Desde flor de agua hasta 190 m; Binisaida en la superficie y sitios sombrios“!), A. Viekers 
äußert sich für die kanarischen Inseln „A tres basse mer, dans les ereux des rochers, ä& Antera, 
et en grande abondance sur la greve de Las Palmas. Fevrier, mars“?) und für Barbados „Flaques 
profondes et abritdes, A tr&s: basse mer. . . . De janvier ä mars“.3) Börgesen gibt für Dänisch- 
Westindien an ‚this species has been found in deep water only (12—15 fathoms) in the Sound 
between St. Thomas and St. Jan near the Island Gr. St. James and to the north of St. Jan in 
the sea between St. Jan and Tortola, where it seems to occur in abundance“*) und Harvey 
endlich meldet nur ganz kurz „thrown up from deep water“.°) Danach scheint unsere Art an 


der amerikanischen Küste die größeren Tiefen zu bevorzugen. 


Ch. uvaria ıst eine ausdauernde mehrjährige Pflanze, die zu allen Jahreszeiten gesammelt 
werden kann. Ich fand Zystokarpien von Ende September bis in den Januar hinein, aber nicht 
mehr im Februar. Da sie am 28. September 1899 bei den Brionischen Inseln aus einer Tiefe 
von 13—15 m in zahlreichen Individuen heraufkam, deren reichlich entwickelte Zystokarpien 
meistens entleert waren, und da anderseits Exemplare mit jungen Zystokarpien am 30. November 
1596 aus einer Tiefe von 14—16 m nördlich von Bank Figarole heraufgebracht wurden, reife 
Zystokarpien aber noch Mitte Januar zur Beobachtung kamen, so müssen wir annehmen, daß 
bald nach Abnahme der Hochsommerwärme die ersten Prokarpien befruchtet werden, um gegen 
Ende September und im Oktober zu reifen und daß um diese Zeit neue Prokarpien gebildet 
werden, die im Januar zur Reife kommen. Wie weit ähnliches für die Tetrasporangien gilt, 
bleibt unsicher. Ich beobachtete sie nur zweimal, einmal am 9. Dezember 1896 an Exemplaren, 
die bei der Punta Muccia in einer Tiefe von 15—20 m wuchsen, sodann im Mai 1902 an 
lebenden Pflanzen, die mir von Rovigno nach Helgoland geschickt wurden. Individuen mit Pro- 


karpien und solche mit Antheridien sind mir überhaupt nicht zu Gesicht gekommen. 


Die Blasen sind dunkler und viel diekhäutiger als bei Ch. microphysa. Ein Querschnitt 
durch ihre Wand zeigt eine großzellige innere Schicht, der nach außen immer kleinzelligere 
Schichten folgen, derart, daß die großen Innenzellen von ihnen ganz überwallt werden. Die Um- 
risse der Zellen sind mehr polygon, weniger rundlich als bei Oh. mierophysa. Das gilt besonders auch 
für die großen Zellen, die in der Regel und vorzugsweise bei jüngeren Blasen mit ihren gegen 
den Hohlraum gekehrten Wänden ein ungefähr ebenes Niveau bilden, das sich zu einer Kugel- 
fläche rundet. Bei älteren Blasen können sie sich mehr oder weniger gegen den Hohlraum hin 


ausbauchen. Die Hauptachse und ebenso die kurzen Blasenstielchen sind solid, innen großzellig, 
1) Rodriguez y Femenias, Don Juan J., Algas de las Baleares. 1888, p. 254 (Anal. de la Soc. Exp. de Hist. Nat. 
tomo XVII). „Von der Oberfläche bis 190 m; Binisaida an der Oberfläche in schattigen Lagen.“ 
2) Viekers, A., Contribution ä la Flore algologique des Canaries 1898 p. 303 (Annales des Sciens. Natur. VIIe serie 


Botanique). 
3) Vickers, A., Liste des Algues marines de la Barbade. p. 62 (Annales des Science. Natur. IX® serie. Botanique). 


4) Börgesen, F., Some new or little known West Indian Florideae. II. 1910 p. 189 (Botanisk Tidsskrift 30 Bd.). 
Salze p-1g% 


Untersuchungen über Chrysymenia. 219 


nach außen immer kleinzelliger 
werdend. Im Längsschnitt sind 
die Markzellen in den Langtrieben 
gestreckt (Textfigur 5 unten). Im 
Blasengrund fallen einige kleine 
Zellchen auf, die den großen auf- 
gesetzt sind und ins Innere knopf- 
förmig vorspringen. Zu kurzen 
Sproßkettchen wie bei Oh. miero- 
physa kommt es hier nicht. Hier 
und da wird zwischen den größeren 
Zellen durch Auseinanderweichen 
Raum für Gallerte geschaffen 
(die schwarzen Stellen in Text- 
figur 5). Der Zellinhalt stimmt 
im wesentlichen mit dem der 
vorigen Art überein (Taf. XIII 
[24] Fig. 15). 

Die Tetrasporangien sind 
mehr länglich, 35—50 f hoch, 


16—20 t breit und tiefer ein- 


gesenkt als bei Ch. microphysa, 


wo sie die Oberfläche berühren. 


Fig. 5. 
Die kreuzförmig geteilten Tetra- Chrysymenia uvaria (Wulf) J. Ag. Längsschnitt durch da lan und den 


Blasenstiel mit seinem Ansatz. Vergr. T- 


sporen müssen sich infolgedessen 
ihren Weg zwischen der obersten kleinzelligen Rindenschicht bahnen (Taf. XIII [24] Fig. 15). Die 
eben zitierte Figur ist übrigens bereits in Oltmanns’ Handbuch publiziert worden. !) 

Die reifen Zystokarpien ähneln ganz denen der vorigen Art, nur daß alles viel kräftiger, 
die Gonimoloben größer, die Wandungen dicker sind. In der Außenwand macht sich durch reihen- 
weise Einbettung der Zellen in die gemeinsame Gallerte eine Art Schichtung bemerkbar. Die 
umstehende Textfisur 6 ist genau axil geführt und auch der Sporenhaufen im Schnitt dar- 
gestellt. So wird die große zentrale Fusionszelle (fz) sichtbar, die, von kleinzelligen Sproßfäden 
bedeekt, auf der Mitte der Innenwand sitzt. Zwischen diese und die in Karposporen zerklüfteten 
Gonimoloben schieben sich einige sterile Stielzellen ein, sodaß ein Fruchtkern von freilich nicht 
so großer Ausdehnung wie bei Graceilaria entsteht.?) Ueber die Entwicklung des Zystokarps 
stehen mir leider keine Beobachtungen zur Verfügung. 


1) Oltmanns, Fr., Morphologie und Biologie der Algen. Bd. I. 1904, p. 653, Fig. 414. 
2) Vergl. die Literatur bei Oltmanns ]. c. p. 724 f. und Fig. 464. 


220 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


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Fig. 6. 
Ohrysymenia wvaria (Wulf.) J. Ag. Axiler Vertikalschnitt durch ein reifes Zystokarp; fz zentrale Fusionszelle, die ebenso wie 
die darüber liegenden und sich zwischen die Gonimoloben einzwängenden sterilen Stielzellen durch einen feinkörnigen Ton hervor- 
100 


gehoben sind. Vergr. —-. 


Schon oben wurde erwähnt, daß unsere Art mehrjährig ist. Im ersten Jahre sind die Lang- 
triebe unverzweigt oder nur wenig verzweigt, erst ältere Individuen bilden solche büscheligen Zweige 
wie die in Fig. 14 (Taf. XIII [24]) dargestellte Pflanze Sehr wahrschemlich werden Blasen, die 
ihre Sporen ausgestoßen haben, abgeworfen, darauf deuten die vielerlei Stümpfchen, die man an 
den Langtrieben sieht. Andererseits ist sicher, daß neue Blasen zwischen älteren als halbkugelige 
Höcker angelegt werden. Faßt man den Stengelteil der Langtriebe als Mittelrippe auf, so können 
wir den Sproß von Ch. uvaria dem Wintersproß einer Delesseria sanguinea an die Seite stellen, 
der nach Abwerfung der hier durch die Blattspreite verbundenen rein vegetativen Seitenrippen nun 
rings um die alte Mittelrippe hier blattförmige, fruktifizierende Kurztriebe erzeugt. Und wie bei 
Delesseria die Mittelrippe nach dem Abfallen der fertilen Kunsttriebe im Frühjahr neue Langtriebe 
hervorbringt, so können auch aus den stengeligen Hauptachsen von Oh. uvaria nach Abfallen der 
alten Bläschen außer neuen Bläschen auch neue Langtriebe hervorsprossen, die dann weitere 


Generationen von Bläschen produzieren. 


3. Ohrysymenia ventricosa (Lamour.) J. Ag. 


Diese Art hat bei Rovigno ihren regelmäßigen Standort an halb beschatteten Felswänden 
etwa 1 m unter der Oberfläche. Zwar finde ich in meinem Journal für den 14. November 1899 
von Fontane (nördl. Parenzo) junge Exemplare notiert, die in einer Tiefe von 15—22 m auf Arca 
Noae wuchsen, aber die Angabe ist mir etwas zweifelhaft geworden und nicht kontrollierbar, da 


Untersuchungen über Chrysymenia. a 


ein Belegexemplar fehlt. Berthold bemerkt bei unserer Art für den Golf von Neapel ‚in 
ruhigen, schwach beschatteten Lagen am Posilipp vereinzelt, häufig auf der Rhede im Frühjahr, 
im Golf von Baiae, bei Ventotene, bis Ende Juni“.!) Dagegen besitzt die Biologische Anstalt 
in ihrem Herbar ein sehr stattliches, obgleich noch fragmentarisches Exemplar von 18 cm Höhe, 
das J. J. Rodriguez in einer Tiefe von 85—95 bei Binisaida (Balearen) dretschte. In den 
„Algas de las Baleares“ heißt es: „Desde la superfieie hasta 130 m de fondo ..... Cistocarpios 
en Mayo, Junio y Octubre.‘“?) Danach ist Ch. ventricosa an anderen Stellen des Mittelmeeres 
auch eine Tiefenform und hier sogar von besonderer Ueppigkeit. Bisher war sie nur aus diesem 
(Gebiete bekannt, obgleich sie bei Tanger etwas über die Mündung dieses Beckens in den atlantischen 
Ozean hineingeht.”) Börgesen hat sie und zwar in einer Tiefe von 12—15 Faden auch im 
westindischen Archipel gefunden, wo sie „nördlich von St. Jan und besonders im Sund zwischen 


St. Thomas und St. Jan reichlich vorkommt“. *) 


Ch. ventricosa wird wie die anderen Arten das ganze Jahr hindurch gefunden. Wie weit 
die Individuen ausdauernd sind und welches Alter sie erreichen, darüber müssen weitere Beobachtungen 
Auskunft geben. Vermutlich perenniert wenigstens das Basalstück, da seine Zellen mit Florideen- 
stärke vollgepropft erscheinen und es so zu einem Speicher von Reservestoffen machen, der bei 
Zusatz von Jod in Meerwasser tief weinrote Färbung annimmt. Zystokarpien fand ich ähnlich 
wie Rodriguez zu zwei verschiedenen Jahreszeiten: für den 4. Juni 1895 habe ich junge, für 
den 1. November 1899 junge und reife Zystokarpien notiert. Tetrasporen habe ich nur zum 
letzten Termin beobachtet, was ihr Vorkommen auch im Juni nicht ausschließt. Börgesen fand 
Zystokarpien und Tetrasporen im März. ) 

Aus dem kissenförmigen Basalpolster erheben sich, infolge sekundären Wachstums konisch 
darin eingefügt, eine oder wenige flachgedrückte Sprosse, die über der Basis frühzeitig hohl werden. 
Sie sind bald unregelmäßig verzweigt (Oh. pinnulata J. Ag.) und treiben bei dichterem Stand der 
Zweige diese gegenseitig verkettende Saugschwielen, bald stehen die Zweige mehr fiederig.. Am 
Grunde des Hohlraums setzen ähnlich wie bei Ch. mierophysa auf die großen Markzellen isolierte 
kurze Sproßketten kleinerer Zellen auf. Die Anatomie entspricht im allgemeinen derjenigen von 
Ch. uvaria, zeigt aber folgende Besonderheiten: Die kleinen Rindenzellen, die dort in einfacher 
gleichmäßiger Lage das Gewebe nach außen abschließen, entsenden hier ganz kurze verzweigte 
Perlschnurfäden (Taf. XII [24] Fig. 17). Ein Teil von ihnen wächst zu meist kurzen einzelligen 
Haaren aus (Taf. XIII [24] Fig. 18). Die Außenmembran ist zu einer dicken Gallertschicht 
verquollen. Die großen Markzellen sind in der Längsachse der Sprosse gestreckt. Eine Eigen- 
tümlichkeit unter den Mittelmeerarten ist für Ch. ventricosa die Häufigkeit kleiner inhaltsreicher 
Zellen, die oft zu einem halben Dutzend und mehr auf der freien Seite der Markzellen sitzen und 


1) Berthold, G., Ueber die Verteilung der Algen usw., 1882, p. 526. 

2) 1. e. 1888 p. 254. 

3) Bornet, E., Les Algues de P.-K.-A. Schousboe, 1892 p. 288. 

4) Börgesen, F., Some new or little known West Indian Florideae II. 1910 p. 183 f. (Botanisk Tidsskrift Bd. XXX). 
5) l. ce. p. 184. 


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P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der. Meeresalgen. 


knopf- oder kugelförmig in den inneren Hohlraum hineinragen (Taf. XIII [24] Fig. 19— 21). 
Durch einen Porus mit der Markzelle verbunden zeigen sie einen dicken, feinkörnigen proto- 
plasmatischen Wandbelag, der eine große zentrale Vakuole freiläßt. Der wandständige Kern mit 
seinem Nukleolus wird bei Haematoxylinbehandlung leicht sichtbar, zugleich färbt sich das übrige 
Plasma heller rot. Bei Behandlung mit Jod nimmt der Inhalt einen gelblichen oder bräunlichen 
Farbton an. Das Vorkommen dieser merkwürdigen Zellen wird schon von Schmitz und 
Hauptfleisch bei Chrysymenia in der Gattungsdiagnose erwähnt, die sie in ihrer Bearbeitung 
der Rhodymeniaceae geben ') und wo es heißt: „Mark...... in den hohlen Thallusabschnitten 
durch das starke Flächenwachstum der angrenzenden Rinde frühzeitig auseinander gezerrt und in 
vereinzelte Fäden zerrissen, die zumeist der Innenseite der Rinde dauernd anhaften als kleinere, 
vielfach drüsentragende Zellen.“ Börgesen?) macht bereits Bedenken gegen die hier geschilderte 
Entstehung des Hohlraums geltend und betont sein allmähliches Zustandekommen durch leichtes 
Auseinanderweichen der inneren Zellen bei Ch. uvaria, ganz so, wie dieser Vorgang oben für Ch. 
microphysa von mir angegeben wurde. Mit Recht sagt er von den Drüsen- und den noch zu er- 
wähnenden Hyphenzellen: ,‚The gland cells are very early developped in the quite young leaf. 
The filaments in the interior towards the cavity are, in the species where they occur, a secondary 
formation and cannot in any case be compared with the glandbearing ones occuring in Lomentaria, 
Champia and Uhylocladia““ Bei Uhr. ventricosa, wo er diese genauer studiert hat, äußert er sich 
wie folgt: „Here and there on the inside of the membrane towards the hollow in the middle of 
the thallus a single one of the big membrane-cells or some few in rows bear glands (Fig. 3 A). 
These are as a rule placed immediately upon the membrane-cells but once I have found a few 
of the glands placed upon a small roundish cell while the other glands occurring on the same 
membrane-cell were placed immediately upon its wall. In a not yet published paper about the 
Mediterranean Chrysymenias, the plates of which Professor Kuckuck has most kindly allowed me 
to see, he has figured a quite similar oceurrence, but not having seen the text I do not know, 
how far this is a seldom or more common appearance in the Mediterranean species of Ch. ventri- 
cosa. The glands seem always to be solitary but several occur on each cell. The gland - cells 
are oblong-roundish when seen from the side (Fig. 3 B). Further in the older part of the thallus 
we find hyphaelike filaments growing out from the innerside of the membrane-cells (Fig. 3 C). 
They are irregularly bent in the lowermost part and often swollen, in their upper part nearly 
eylindrical consisting of cells about 16 ı thieck and 6—12 times as long. I have only found 
unbranched filaments.“ Die Drüsenzellen wurden auch bei den Mittelmeerpflanzen nirgends ver- 
mißt, ihre Anordnung ist unregelmäßig, zuweilen stehen sie bei massenhafterem Vorkommen stellen- 
weise in Reihen. Wie bei den westindischen Pflanzen findet sich hin und wieder zwischen die 
große Markzelle eine kleine Zelle eingeschoben (Taf. XIII [24] Fig. 19). Auch die von Börgesen 


beschriebenen und abgebildeten Hyphen ?) sind bei den Rovigneser Pflanzen vorhanden, an einzelnen 


Untersuchungen über Ohrysymenia. 22 


Markzellen oft in größerer Menge entwickelt und hier und da auch verzweigt. Uebrigens hat 
Börgesen die Drüsenzellen nicht nur bei Ch. ventricosa gefunden, sondern auch bei Ch. Agardhü 
Harv.'), ferner bei Ch. Enteromorpha Harv., wo sie gruppenweise stehen ?), bei Ch. pyriformis 
Börg., wo sie zu kleinen Bündeln bis zu acht vereinigt sind), und auch bei Ch. waria (Wult.) 
J. Ag, wo sie immer einzeln in der Mitte einer Markzelle sitzen und nahezu kugelig sind.) 
Bei den Mittelmeerpflanzen fehlen sie ganz oder kommen doch nur äußerst spärlich vor. Dagegen 
finden sich zwischen die Grenzen der Markzellen öfters kleinere Zellen mit normalem Inhalt auf- 
gesetzt. Auch bei seiner neuen Gattung Coelarthrum, bei ©. Albertisii (Pice.) Börg., stellte sie 
Börgesen fest; hier sitzen sie zu 1 oder selten 2 nicht direkt auf der großen Markzelle, sondern 
auf einer kleinen, spitze Auswüchse tragenden und dadurch sternförmigen Zelle’) Nach allem 
halte ich die Bezeichnung „Drüsenzellen“ für zutreffend. Die wenigen Reaktionen lassen auf ein 


eiweißhaltiges Sekret schließen. 


Die Chromatophoren gleichen denen der anderen Arten. Auch hier ist ihre Anordnung zu 
Bändern in den großen Zellen sehr deutlich, wenn sie auch in unseren Figuren wenig hervortritt. 


Die Zellen sind wie dort einkernig. 


Die Tetrasporangien mit ihren kreuz- 
förmig geteilten Sporen sind in der Rinde ein- 
gesenkt, 20 —26 t hoch, 15—19 y breit und 
finden sich in den oberen Gabelungen des Laubes 
auf weite Strecken hin gleichmäßig verteilt. Die 


Perlschnurfäden sind hier ein wenig verlängert 


und die Gallerte besonders stark entwickelt, so- 


daß man von einer schwachen Nemathezium- i i Eiea i i 
Ohrysymenia ventricosa (Lamour.) J. Ag. Querschnitt durch die 
bildung reden kann (Textfigur 7). Wandung mit Tetrasporangien. Vergr. "". 


Die Zystokarpien bedecken als halbkugelige Warzen mit dunklem Kern die oberen zwei 
Drittel des Laubes, wo sie bald auf der Fläche, bald auf der Kante sitzen (Taf. XIII [24] Fig. 16). 
Vertikalschnitte ergeben ganz ähnliche Bilder wie bei Ch. uvaria. Junge Stadien zeigen eine An- 
deutung des netzig fädigen Füllgewebes, das für die Unterabteilung der Gloiocladieae charakteristisch 
ist. Die reifen Fruchthöhlungen sind dagegen wie bei den vorhergehenden Arten vollkommen 


leer. — Antheridien habe ich nicht beobachtet. 


Die Rhodymeniaceen zeigen, wenn man von der ihnen angefügten Gattung Plocamium ab- 


sieht, die mit einer Scheitelzelle wachsend einen Zentralfaden besitzt, den Oltmanns’schen Spring- 
11. c. Fig. 2 A-0. 

. Fig. 6 A-D. 

. Fig. 9 A und C. 

. Fig. 10 B. 

. p. 194 Fig. 12 A, B und E. 


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9200909 


5 


224 P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


brunnentypus, bei der an die Stelle des Zentralfadens ein ganzes Bündel parallel verlaufender 
Längsfäden tritt.‘) Von den nahe verwandten Sphaerococeaceen und Delesseriaceen sind sie haupt- 
sächlich „dadurch unterschieden, daß der Gonimoblast in verschiedene deutlich abgegrenzte Goni- 
moloben geteilt ist“.2) Schmitz und Hauptfleisch teilen die Familie in die Gloiocladieae 
mit Gloicladia, Fauchea und Gloioderma, deren Zystokarp ein netzig-fädiges Füllgewebe zeigt, und 
in die Rhodymenieae mit den übrigen Gattungen ein, wo dieses Füllgewebe in der Regel fehlt 
oder höchstens angedeutet ist. Die hier untersuchten Arten von Ohrysymenia bestätigen den Platz, 
den man dieser Gattung innerhalb der Rhodymeniaceen gegeben hat. Die Bildung der Tetra- 
sporangien erfolgt in der charakteristischen Weise als Einlagerung in der Außenrinde. Sie sind 
über den Thallus verstreut und in der Regel nicht in ‚mehr oder weniger nemathezienartig ver- 
diekten Abschnitten‘ vereinigt®), wie es z. B. bei Rhodymenia selbst und bei Dindera der Fall 
ist. Doch macht wenigstens Ch. ventricosa, wie wir sahen, einen schwachen Versuch zur Nema- 
theziumbildung. Die Zystokarpien springen am Thallus nach außen vor, die Fruchtwandung zeigt 
einen apikalen Porus und entsteht in besonderen bei den hier untersuchten Arten so wie es für 
die Familie angegeben wird, durch Emporwachsen der Rindenschichten. Der Fruchtkern sitzt mit 
der „Plazenta“ der unteren Zystokarpwand auf, ist also nicht wie bei den Gloiocladieen empor- 
gehoben. Die dicht zusammengedrängten Gonimoloben bestehen bis auf die sich in sie hinein- 
zwängenden sterilen Stielzellen aus Sporen. Ich bedauere, daß die hier mitgeteilten Untersuchungen 
eine so große Lücke hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte des Zystokarps aufweisen, da 
mancherlei Fragen für die Rhodymeniaceen ebenso wie für die Sphaerococcaceen ihrer Beantwortung 
harren und da nicht nur das näher untersuchte Plocamium, sondern auch die Chylocladien den 
Rhodymenia-Arten nach Oltmanns!) „ziemlich fernstehen‘“, wenn sie auch einen vierzelligen, 
einer großen Tragzelle aufsitzenden Karpogonast besitzen, wie er für die Rhodymeniaceen charak- 
teristisch ist. Schmitz und Hauptfleisch geben für die letzteren an, „daß die befruchtete 
Ausiliarzelle vor der Befruchtung gar nicht besonders ausgezeichnet, aber ganz nahe dem Karpo- 
gonium angelegt, thallusauswärts zum Gonimoblasten auswächst.°) Von besonderem Interesse 
wäre es, Näheres über das Zustandekommen der zentralen Fusionszelle bei den Chrysymenia-Arten 


in Erfahrung zu bringen. 


In eine nähere Prüfung, wie weit J. Agardh’s in der „Epierisis‘“ getroffene®) und von 
De Toni z. T. angenommene‘) Gliederung der Gattung natürlich ist und ob sich eine Ver- 
teilung der äußerlich recht verschiedenartigen Formen in mehrere Gattungen nicht als notwendig 


erweist, könnte nur auf Grund viel umfangreicheren Materials, als es mir zu Gebote stand, ein- 


1) Vergl. Oltmanns, 1. c. Bd. I, 1904, p. 538. 

2) Rhodymeniaceae 1. c. p. 397. 

3)l. c. p. 397. 

AL. e. p. 727 

5) l. c. p. 397. 

6) Agardh, J. G., Epierisis Systematis Floridearum. 1876, p. 317 ff. 
7) Sylloge, Vol. IV Sect. II 1900. p. 537 ff. 


Untersuchungen über Ohrysymenia. 225 


getreten werden. Schousboe’s') alte Gattung Halichrysis, die Agardh als Untergattung 
in Chrysymenia einzog, wurde von Schmitz ja bereits wieder hergestellt und zwischen Epymenia 
und Sebdenia eingeordnet. Wissen wir doch selbst über die für uns so leicht erreichbaren Mittel- 
meerarten nicht überall Bescheid, von denen auf die problematische Ch. Chiajeana, die Hauck 
für eine Form von Ch. ventricosa hält, während sie andere Autoren, wie Berthold, Bornet 


und Rodriguez als selbständige Art aufzählen, zum Schlusse noch besonders hingewiesen sei. 


1) Schmitz, Fr., Systematische Uebersicht der bisher bekannten Gattungen der Florideen. 1889, p. 10 des Separats (Flora) 


Anmerkung: Die erste der 4 Abhandlungen, Abh. 10 „Neue Untersuchungen über Nemoderma“ 
lag bereits 1904 gedruckt vor und wurde damals in einigen Sonderabzügen schon verteilt. 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


ES 


Tatelerklärung. 


Taf. xH [23]. 


Chrysymenia microphysa Hauck. 
Pflanzen auf Arca Noae in natürlicher Größe, 
Desgl. auf Cladocora in natürlicher Größe. 
Isolierte Pflanzen, die älteren mit Tetrasporangien. Vergr. I. 


Zwei Pflanzen mit Zystokarpien. Vergr. I 

5 b E : 400 
Querschnitt durch die Blasenwand mit Spermatangien. Vergr. —-. 

5 5 i : 400 
Querschnitt durch die Blasenwaud mit Tetrasporangien. Vergr. 7. 


Vertikalschnitt durch eine junge Zystokarpanlage. Vergr. = 


Vertikalschnitt durch ein reifes Zystokarp. Vergr. — 


Wissensch. Meeresuntersuchungen. V Band, Abt. Helgoland. 


Taf. XI (23) 


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Chrysymenia microphysa Hauck. 


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228 


P. Kuckuck, Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. 


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5 0), 
5 alle 
119 


13. 


. 14. 
15. 


Tatelerklärung. 


Taf. XIII [24]. 


Fig. 9—13. Ohrysymenia microphysa Hauck. 


Junge Prokarpanlage mit dem Trichogyn. Die Rindenzellen beginnen sich in der Umgebung 


750 


höckerig aufzurichten. Vergr. wi 


Aufsicht auf die Blasenwand mit Tetrasporangien bei hoher Einstellung. 


Vergr. 


200 


Aufsicht auf eine sterile Blasenwand bei etwas tieferer Einstellung. Vergr. —. 


800 


Eine Zellengruppe in der Aufsicht mit den Chromatophoren. Vergr. —. 


Eine Markzelle von innen gesehen. Die Chromatophoren schließen zu Bändern aneinander. Vergr. 7» 


Fig. 14—15. Ohrysymenia uvaria (Wulf) J. Ag. 


Pflanze mit Zystokarpien in natürlicher Größe. 


. . . . 200 
Querschnitt durch die Blasenwand mit Tetrasporangien. Vergr. —. 


Fig. 16--21. Ohrysymenia ventricosa (Lamour.) J. Ag. 


Eine alte Pflanze mit Zystokarpien und zwei junge in natürlicher Größe. 


. . . 200 
Querschnitt durch die sterile Blasenwand. Vergr. —-. 


Querschnitt durch die Rindenpartie mit den kurzen Perlschnurfäden und einigen jungen einzelligen 


100 
EliaarenssVierorg 

i : 5 200 
Markzelle von innen gesehen mit den Drüsenzellen. Vergr. —. 


pe . .. 400 
Profilansicht von 3 Drüsenzellen. Vergr. 7. 


Profilansicht einer Drüsenzelle im kombinierten optischen Schnitt. Vergr. 


600 
1° 


200 


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Wissensch. Meeresuntersuchungen. V Band, Abt. Helgoland 


Taf. XIIL (24) 


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#ig.9-13 Chrysymenia microphysd 
Fig 14-15 


Fig. 16-21 


Hauck. 
uvaria (Wulf) JAg 


ventrieosa (Lamaux)J Ag 


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” 


Wissenschaftliehe Meeresuntersuchungen 


herausgegeben 


von der 


Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung 


der deutschen Meere in Kiel 


al 


Diologischen Anstalt auf llelgoland. 


Im Auftrage des 


Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Königl. Ministeriums 
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. 


1 
Neue Holge, Fünfter Band. 
Abteilung Helgoland. 
Heft 1. 


(Ausgegeben 15. Februar 1902.) 
Mit 3 Tafeln und 11 Figuren im Text. 


Kiel und Leipzig. 
won Bipsıus & Tischen. 
1902. 


Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. 


Neue Folge. V. Band. Abteilung Helgoland. Heit 1. 


Inhalt 


jeiträge zur Meeresfauna von Helgoland. 
XII. Dinophilus rostratus nov. spec. Von Eugen Schultz in St. Petersburg. Mit Tafel I 


XII. Über drei in der Nordsee bei Helgoland gefundene Caprelliden. Von Alexander So- 


kolowsky in Berlin. Mit Tafel II 
Die Fiechten Heleolands. II. Von Heinr. Sandstede in Zwischenahn. 


Zoologische Ergebnisse einer Untersuchungsfahrt des deutschen Seetischerei -Vereins nach der Bäreninsel 


und Westspitzbergen. 


IV. Die Actiniarien. Von ©. Carleren in Stockholm. Mit Tafel III und 11 Textfiguren 


Seite 


Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen 


herausgegeben 


von der 


Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung 


der deutschen Meere in Kiel 


und der 


iologischen Anstalt auf llelgoland. 


Im Auftrage des 


Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Königl. Ministeriums 
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. 


Neue Folge. Fünfter Band. 
Abteilung Helgoland. 
Heft 2 


Ausgegeben am 15. Februar 1904. 
Wei 3 EBisuren im Text. 


Kiel und Leipzig. 
Verlag von Lipsius & Tischen. 
1904. 


Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. 


Neue Folge. V. Band. Abteilung Helgoland. Heft 2. 


Inhalt. 


Seite 
Studien über das Fett der Meeresorganismen. Von Dr. Georg Rosenfeld in Breslau . ee a 
Zoologische Ergebnisse einer Untersuchungsfahrt des deutschen Seefischerei-Vereins nach der Bärenins el 
und Westspitzbergen. 
V. Die Aseidien. Von Robert Hartmeyer in Berlin 85 
3ericht über eine zoologische Studienreise nach Frankreich, Grossbritannien und Norwegen. Von 
Cl. Hartlaub, Heleoland. Mit 3 Textfiguren 97 
Bericht über eine botanische Reise nach Marokko. Von Dr. Paul Kuckuck. Mit 5 Textfiguren . . 107 


"ee 


Wissenschaltliche Meeresuntersuchungen 


herausgegeben 


von der 


Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung 


der deutschen Meere in Kiel 


und der 


Diologischen Anstalt auf Helgoland. 


Im Auftrage des 


Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Königl. Ministeriums 
der geistlichen und Unterrichts - Angelegenheiten. 


Neue Folge. Fünfter Band. 
Abteilung Helgoland. 
Heft 3. 


Ausgegeben am 15. Februar 1912. 


Mit 10 Tafeln und 46 Abbildungen im Text. 


ng =  y Au 


Kiel und Leipzig. 
on Lipsius & Tischer. 
1912. 


Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. 


Neue Folge. V. Band. Abteilung Helgoland. Heft 3. 


Inhalt. 


Beiträge zur Kenntnis der Meeresalgen. Von Dr. Paul Kuckuck. 


10. Neue Untersuchungen über Nemoderma Schousboe Mit Tafel II—VI (15—17) und 18 
Textfiguren . : : 


11. Die Fortpflanzung der Phaeosporeen. Mit Tafeln VII (18) und VIII (19) und 4 Textfiguren 
12. Ueber Platoma Bairdii (Farl.) Kek. Mit Tafeln X (21) und XI (22) und 17 Textfiguren . 
13. Untersuchungen über CUhrysymenia. Mit Tafeln XII (23) und XII (24) und 7 Textfiguren 


Seite 


117 
155 
189 
217 


Verlag von LIPSIUS & TISCHER in Kiel und Leipzig. _ 


Ergebnisse der in dem Atlantischen Ozean von Juli bis Novbr. 1889 ausgeführten 


Plankton-Expedition der Humboldt-Stiftung 


auf Grund von gemeinschaftlichen Untersuchungen einer Reihe von Fach-Forschern 


herausgegeben von Vietor Hensen 


Bd.I. A. Reisebeschreibung von Prof. Dr.O. Krümmel, nebst Anfügungen 
einiger Vorberichte über die Untersuchungen. Mk. 30.—. 
B. Methodik der Untersuchungen v. Prof. Dr. V.Hensen. Mk. 24.—. 
C. Geophysikalische Beobachtungen von Prof. Dr. ©. Krümmel. 
Mk. 10.—. 
Bd.II.D. Fische von Prof. Dr. G. Pfeffer. 
E. a. A. Thaliaceen von M. Traustedt. Mk. 2,—. 


B. Verteilung der Salpen von Prof. Dr. C.Apstein. Mk. 7.50. 
C. Verteilungder Doliolen von Prof. Dr. A. Borgert. Mk.S 60. 
. Pyrosomen von Prof. Dr. O. Seeliger. Mk. 12.-. 
. Appendicularien von Prof. Dr. H. Lohmann. Mk. 30.—. 
Cephalopoden von Prof. Dr. G. Pfeffer. Mk. 200.—. 
b. Pteropoden von Prof. Dr. P. Schiemenz. Mk. 6.—. 
Heteropoden von demselben. Mk. 3.—. 
. Gastropoden mit Ausschluß der Heteropoden und Pteropoden 
von Prof. Dr. H. Simroth. Mk. 33.50. E 
e. Acephalen von demselben. Mk. 6.—. 
Brachiopoden von demselben. Mk. 2.—. 


. & Halobatiden von Prof. Dr. Fr. Dahl. | Mk. 16 


ß. Halacarinen y. Prof. Dr. H. Lohmann. 

b. Decapoden u.Schizopoden v.Prof.Dr.A.Ortmann. Mk.14.—. 

. Isopoden, Cumaceen und Stomatopoden von Dr. H. J. 
Hansen. Mk. 14.—. 

. Cladoceren und Cirripedien von demselben. Mk. 7.50. 
Amphipoden, I. Teil, von Prof. Dr. J. Vosseler. Mk. 22.20. 
Copepoden von Prof. Dr. Fr. Dahl. 

. Ostracoden von Dr. V. Vävra. Mk. 129.—. 

Rotatorien von Prof. Dr. Zelinka-Czernowitz. Mk. 12.—. 
. Aleiopiden a. Tomopteriden v. Prof. Dr.C. Apstein. Mk. 16.—. 
. Pelagische Phyllodociden und Typhloscoleeiden von Dr. J. 

Reibisch. Mk. IU.—. 

. Polychaeten- u. Achactenlarven von Prof. Dr. Häcker. Mk. 7.50. 

. Chaetognathen von Dr Rud. Ritter-Zah6öny. Mk. 5.—. 
Polycladen von Dr. Marianne Plehn. Mk. 2.--. 

. Turbellaria acoela von Dr. L. Böhmig. Mk. 6.—. 

. Eehinodermenlarven von Dr. Th. Mortensen. Mk. 16.60. 
K. a. Ctenophoren von Prof. Dr. C. Chun. Mk. 5.—. 

b. Siphonophoren von demselben. Mk. 16. 

ce. Graspedote Medusen von Prof. Dr. 0.Maas. Mk. 14.—. 
d. Akalephen von Prof. Dr. E. Vanhöffen. Mk. 8.—. 

e. Anthozoen von Prof. Dr. E. van Beneden. Mk. 32... 


I 


Eine neueBerechnung der mittlerenTiefen der Ozeane 


nebst einer vergleichenden Kritik der verschiedenen Rechnungsmotloden. 
Von Dr. Karl Karstens. 
32 Seiten gr. 8° und 27 Tabellen. Preis ME. 2.—. 


Von der philosophischen Fakultät der Christian-Albrecht-Universität in Kiel mit 
dem neuschassischen Preise gekrönt, 


Ueber den Bau der Korallenriffe 
und die Plankton -Verteiluns an den Samoanischen Küsten 
nebst vergleichenden Bemerkungen und einem Anhang: 
Ueber den Palolowurm von Dr. A. Collin. 
Von Dr. Augustin Krämer, Marinestabsarzt. 


174 Seiten gr. 8°. Mit 34 Abbildungen und Karten. 
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Analytische Plankton-Studien. 


Ziele, Methoden und Anfangsresultate der quantitativ-analytischen 
Planktonforschung von Dr. Franz Schütt, Prof. in Greifswald. 
VII, 118 S. gr. 8° mit 16 Tabellen, 1 farb. Karte u. Abbild. im Text. 


13% 


„ Professor der Physiologie in Kiel. 
Bd. III. L. a. Tintinnodeen (Atlas und Tafelerklärungen dazu) von Prof. 
HU TENT DraRWBr andt. Mk. 60.— 

Systematischer Teil von demselben. Mk. 50.—. 


b. Holotriche und peritriche Infusorien, Acineten von Prof. 
Dr. Rhumbler. 
e. Foraminiferen, I. Teil. Mk. 200.—. 
d. Thalassicollen, koloniebildende Radiolarien von Prof. 
Dr. K. Brandt. 
e. Spumellarien von Dr. F. Dreyer. 
f. &. Acanthometriden von Dr. A. Popofsky. Mk. 24.—. 
P- Acanthophractiden von demselben. Mk. 26.—. 
g. Monopylarien von Dr. F. Dreyer. 
h. Lu. ff. Tripyleen v. Prof. Dr. A. Borgert unter Mitwirkung 
_ von Dr F. Immermann u. Dr. W. Schmidt. 
1. Aulacanthiden von Dr. F. Immermann. Mk. 14 —. 
2. Tuscaroriden von Prof. Dr. A. Borgert. Mk. 3.—. 
3. Atlanticelliden von demselben. Mk. 3.—. 
4. Medusettiden von demselben. Mk. 8.—. 
5. Conchariden von demselben. Mk. 11.—. 
6. Castanelliden von Dr. Wilh. J. Schmidt. Mk. 20.--. 
7. Phaeodiniden, Caementelliden und Cannorrhaphiden 
von Prof. Dr. A. Borgert. Mk. 12.80. 
8. Circoporiden von demselben. Mk. 18.—-. 
9. Cannosphaeriden von demselben. Mk. 10.50. 
10. Porospathiden und Cadiiden von demselben. Mk. 12.-. 
11. Challengeriden von demselben. Mk. 36.—. 
i. Neue Protozoen-Abteilungen von Prof. Dr. A. Borgert. 
Bd. IV. M.a. A. Peridineen, allgemeiner Teil von Prof. Dr. F. Schütt. 
ni Mk. 38.—. 3 
B. Spezieller Teil von Dr. E. Jörgensen. 
b. Dietyocheen von Prof. Dr. A. Borgert. 
e. Pyroeysteen von Prof. Dr. C. Apstein. Mk. 8.—. 
d. e. Bacillariaceen von Prof. Dr. H. H. Gran. 
f. Schizophyceen von Prof. Dr. N. Wille Mk. 10.—. 
g. Bakterien des Meeres von Prof. Dr. B. Fischer. Mk. 6.-, 
N. Öysten, Eierund Larven von Prof. Dr.H.Loh mann. Mk. 11.20. 
Bd. V. OÖ. Das Leben im Ozean nach Zählungen seiner Bewohner. 


"Uebersicht und Resultate der quantitativen Untersuchungen 
von Prof. Dr. V.Hensen. Mk. 90.—. 


Die unterstrichenen Teile sind bis jetzt (März 1912) erschienen. 


Das Süsswasser-Plankton. 
Methode und Resultate der quantitativen Untersuchung 
von Prof. Dr. Carl Apstein. 
Mit 113 Abb. und vielen Tabellen. IV, 2018. gr. 8°. Preis Mk. 7.20. 
Tierleben der Hochsee. 
Reisebegleiter für Seefahrer von Prof. Dr. Carl Apstein. 
115 Seiten mit 174 Abb. elegant gebunden Mk. 1.80. 


Biologische Studien über die Fauna der Kieler Föhrde 
(158 Reusenversuche) 
von Dr. Emil Buerkel, weiland Kaiserl. Marineassistenzarzt d. R. 
55 S. Lexikon-8°. Mit 1 farb. Karte, 3 Tafeln und 7 Tabellen. 
Preis Mk. 5.—, gebd. Mk. 6.—. 


Die Plankton-Expedition und Haeckels Darwinismus. 
Ueber einige Aufgaben und Ziele der beschreibenden Natur- 
wissenschaften von Prof. Dr. V. Hensen. 


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87 Seiten mit 2 Tafeln Preis Mk. 3.—. 


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Verlag von LIPSIUS & TISCHER in Kiel und Leipzig. 


Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. 


Herausgegeben von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere 
er: in-Miel und-'der; Biolegischen Anstalt auf Helgoland. 


Neue Folge. 


Band I, Heft 1, 1894, VI, 404 Seiten mit 7 Tafeln und Mk. 


aaheunenemn-Textt+ BOT MI. NER. EEE 30 

do. Heft 2, 1896, XII, IIT., 191«S. mit 7L.Abbildg. 
im. Text,.S Tabellen, 4 Tafeln und 1 Karte 20,-— 

Band II, Heft 1, Abteilung 1, 1896, 324 Seiten mit 6 
Tafeln. und 4 Hieuren im Text. 2 BE ER 251 — 

do. Heft 1, Abteilung 2, 1897, III, 255 Seiten mit 
19 Tafeln und 32 Figuren im Text . re 
do. Heft 2,1897, 101. mit 10 Tafelnn. 4 Fig. im Text 16,— 

“ Band II, Abteilung Helgoland, Heft 1, 1899, 125 Seiten 
mit 8 Tafeln and 46 Figuren im Text 20.— 


do. Abteilung Helgoland, Heft 2, 1900, III, 280 S. aa 
6 Tafeln, 20 Fig. im Text u. zahlreichen Tabellen 
do. Abteilung Kiel, 1898, III, 157 Seiten mit 3 Tafeln 
und I2 Figuren im Text. . 16,— 
Band IV, Abteilung Helgoland, Heft 1, 1900, 140 Seiten 


mit 2 Tafeln und 11 Figuren im Mext AA. 15, — 

do.‘ Abteilung Helgoland, Heft », 1900, IH, 123 Seiten 
mit 8 Tafeln, 1 Karte und 4 kieuren im Text 20,— 

do, Abteilung Kiel, 1899, II, 253 Sen mit 1 Tafel 
und#P>/p SRkaureneim, Dextialea. a en 20 

Band V, Abteilung Helgoland, Heft‘ 1, 1902, 56 Seiten 
mit 3 Tafeln und 11 Eieuren im Text. 6,— 
do. Abt. Helgoland, Heft2,1904, 598. m. 8.Fig.im Mext 5, — 


Kiel, Heft 1, 1900, 96 Seiten mit 
1 Karte und 183 Figuren im Text. . 8- 
Heft 2, 1901, IH, 170 Seiten 


do. Abteilune 
1 ‚Tafel, 
do. Abteilung: Kiel, 


mit “IX Tafel, 1 Karte, und:96 Figuren im Text 16, — 

‚Band VI, . Abteilung. Helgoland; ' Heft 1,.1904,/126 Seiten 
mit 2 Tafeln und 17, Abbildungenism Text . 10,— 

Band VI, Abteilung Helgoland, Heit 2,, 1904, 72, Seiten mit 
14 Tafeln und.1.Abbildung im Text un ate: Hör 

do. Abteilung Kiel, 1902, 234 Seiten mit 6 Tafeln 
und 14 Figuren im Text EN 20 — 


Gr. 4°. 


Band VII, Abteilung Helgoland, Heft 1, 1905, 78 Seiten Mk. 


mit 5 Tafeln und 5 Abbildungen im Text — 
do. Abteilung Helgoland, Heft 2, 1906, 138 Seiten | 
mit. 4.Karten und 11 Abbildungen im Text 10, — 
do. Abt. Kiel, 1901, IIl, 145 S. mit 7 Tafeln u. 1 Figur 14,— 
Band VIII, Abteilung Helgoland, Heft 1, 1906, 127 Seiten 
mit 3 Tafeln und 54 Abbildungen im Text 10,— 
do. Ahıtz. Helgöland, Heft 2,1908, 142 Seiten mit 5 
Tafeln, 6 Karten, 31 Tabellen u. 33 Fizuren im Text 20.— 


do. Abteilung Kiel, Ergänzungsheft 1903, IV, 157 

Seiten mit 257 Abbildungen im Text. .. .. 15,— 
do. « Abteilung ‘Kiel, 1905, 287 Seiten mit 5 Tafeln, 

4 Karten, 15 graph, Darstellungen, 31 Tabellen 


Jahresbericht der Kommission 
zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. 


I. Jahrgang. 1871. (XI, 178 Seiten.) Folio. Mit 1 Seekarte 
und 1 Tafel Abbildungen. 1873. Mk. 15,—. 


I. und IH. Jahrgang. 1872 u. 1873. (VII, 380 S.) Folio. Mit 1 
Seek., 16 Kpft. u. 9Kart. z.Fischereistatist. 1875. Mk. 40,— 
Sonderausgaben - 
Zur Physik des Meeres. Von Dr. .H. A.Meyer. Mk. 6,— 
Ueber die Dun des Meerwassers. Von Prof. Dr O0. Jacobsen: 
Mk. 2,—. 
Botanische Ergebnisse, Von Dr. P. Magnus. Mk. 
Zoologische Ergebnisse, Mk. 20,—. 
Befischung d. deutsch. Küsten. Von Prof. Dr. V.Hensen. Mk. 10 
Physikalische Beobachtungen. Von Dr. G.Karsten. Mk. 2,— 
Die Diatomaceen. Von Ad. Schmidt. 1. Folge Mk. 4,— 
IV, V. und VI. Jahrgang. - 1874-1876. (IV, 294 u. 24 5.) 
Folio. Mit.10 Taf. u. 1 graph. Darstellung. 1878, Mk. 36,— 


Ferner die Fortsetzung unter.dem Titel: 


4,— 


Bericht 
der Kommision zur wissenschaftl. Untersuchung der deutschen Meere in Kiel. 
Vierter Bericht für die Jahre 1877 bis 1881. (IX, 315, 70 S.) Folio. 
Mit 15 lithogr. Taf,, 1 Lichtdr., 3 Kart. 4 graph. Darstellungen 


“u. zahlreich. Holzschnitten. 3 Abtlg. 1884. Mk. 49,—. 
I. Abtlg. 1882. (IX, 1848)" Mit"14 Taf Mk. 25. —. 
Tl. Abtlg. 1883. (150 S.) Mit 1 Taf., 1 Lichtdruck, 1 


Karte und zahlr. Holzschn.’ Mk. 12,— 

1884. (70 S.) : Mit 2 ‘Karten und 

Darstellungen. Mk. 12.—. 

Fünfter Bericht für die Jahre 1882 bis 1886. (XI, 108, XXV 
und 49 S.) Folio. Mit 8 Kupfertafeln. 1887. Mk. 

Sechster Bericht für die Jahre 1887 bis 1891. (XI, 


III. Abtlg: 4 graph. 


956 's) 


und 286 Figuren und Karten im Text ..30,— 
Band IX, Abt. Helgoland, Heft 1, 1909, 141 Seiten mit 
118) Tafeln KündFil'sg Riguren, ImyTexta oe 
do. Abt. Helgoland, Heft 2, 1910, 92 S. mit 1 Tafel, 
7 Karten und 13 Abbild. im Text : Le 
do. Abtg. Kiel, 1906, 307 S. mit 10 Taf., 13 Tabellen, 
5 Kart., 14 graph. Darstellung. u. 12 Fig. im Text 26,— 
Band. X, Abt. Helgoland, Heft 1, 1911, 115 Seiten mit 13 
| Tafelnund"5 Figuren im Text 3 20,— 
. dö. Abteilüng Kiel, '1908;'370 Seiten mit 17 Tafeln, 
-- 8 Tabellen und 51: Figüren im Text. . 40,— 
do. Abt. Kiel, Ergänzungsheft, -1909, IT., 79 Seiten 
| “©. mit: 143 "Abbildingek im Text 10,— 
Band XI, Abt. Kiel, 1910, 365 Seiten mit 4 Tafeln, 
3 Karten, 5 Tabellen und 39 Abbildungen im Text 30,— 
| Band XI, ‚Abt. Kiel, renuis 330, und ‚VII Seiten mit 2 
(0 Tafeln, 49 Wipuren und 15 Karten. im Text . 30,— 
Band XIII, Abt. Kiel, 1911, 357 und VIIT Seiten mit 
3 Tafeln, 82 Textfiguren und 8 Karten 30,— 
Folio. Mit 14 Holzschn., 1 Taf, 1 Vegetationsk., 1 Karte 
1 Tabelle und 1’ Photolithogr. 3 Hefte. Mk. 27,-. 
I. Heft. 1889. (XI,>102 S.) Mit 8 Holzschn. und 1 
Vegetationskarte. Mk. 12.— 
II. Heft 1890. (46 S.)!| Mit 4 Taf. u. 1 Tab, Mk. 5,—. 


II. Heft 1893. (108.8.). Mit 6 Holzschn., 1 Karte und 
1 Photolithogr. Mk. 10. 

Die Fische der Ostsee. Von K. Möbius u.Fr. Heincke. (Separat- 
abdr. a d. VI. Bericht der Kommission z. wissenschaftl. Unter- 
suchung der deutschen Meere.) 1883. (2088) gr. 8°. Mit1 
Verbreitungsk. u. Abbildung. aller beschrieb. Arten. Mk. 5,—. 

Biologische Beobachtungen bei der künstlichen Aufzucht des 
Herings der westlichen Ostsee. Von Dr. H. A. Meyer. Im 
Anschluss an die Abhandlung VII im IV.— VI. Jahresberichte 
der Kommission zur wissenschaftl. Untersuchung der deut- 
schen Meere in Kiel. 1878. (20 8.) gr. 8°. "Mk. 1,— 

Atlas deutscher Meeresalgen von Prof. Dr. J. Reinke. 

I. Heft. 1889, (IV, 34 S.) Folio. Mit 25 Taf. Mk. 30,—. 


° TI. Heft. Lief. I. u. I. 1891. (20 S.) Folio. Mit 10 Taf. Mk.12. _ 


II. Heft. Lief. II—V. 189. Folio. Mit 
15 Tafeln.- Mk. 18.—. 

Gemeinfass. Mitteilungen a. d. Untersuchungen der Kommission 
z. wissenschaft. Untersuchung d: deutsch. Meere. Heraus- 
gegeben im Auftrage des Königl. Ministeriums für Landwirt- 
schaft, Domänen u, Forsten. * 1880. (56 S.) gr. 8°. Mit 
1 lithograph. Tafel u. vielen Abbildung. im Text. Mk. 1,50. 

Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutsch. Küsten 
über die physikalischen Rigenschaften ‚der Ostsee u. Nordsee 
und die Fischerei. 18731881. In je 12 Heften. qu. Folio, 
pr. Jahrg. Mk, 12,—. Jahrg. 1882—1893. In je Be: 


&50—60 S. qu. Folio, pr. Abtlg. Mk. 3,— pr. Jahrg. Mk. 12, — 


(IV, 16 $) 


Druck von Ad. Littmann, Hofl., Oldenburg. 


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