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ThierheilMe eil Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
-Ä_rbxec!b-t
und
DFlx. T. G-öxixxg'.
Fünfundvierzigster Jahrgang (Jahr 1901).
München 1901.
Expedition und Druck voo J. Gotteswinter, München,
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^h-hH u -^
A,ltT 310
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Alphabetische Inhalts-U eher sicht.
(Die Ziffern zeigen die Seiten an,)
Sach-Register,
(Abkürzungen :* Pf. = Pferd, F. = Fohlen, Hd. = Hund, Schw. = Schwein.
Sch. = Schaf, Z. = Ziege.)
A.
Abortus, enzoot., d. Z. 388, d. Stute 489.
Aconitinvergiftung b. Pf. 127.
Aktinomykose 52, b. Kalb 512.
Alkoholverband 53.
Aloewirkung b. Pf. 397.
Amaurose 525.
Amelia ant. b. F. 175.
Amyloform 274.
Anatomie d. Hausthiere, v. Martin (Rec.) 539.
Anatomie d. Pf., Atlas v. Schmaltz (Rec.) 418.
Antikörper, Bildung 318.
Arsen gegen Spulwürmer 273, b. Anämie und Kachexie 305.
Arzneimittellehre, Comp. v. Regenbogen (Rec.) 214.
Asthma d. Pf. 460.
Atresia ani b. Hd. 536, uteri b. Rind 583.
Atropin b. Ileus 248.
Auftreiben v. Ochsen 595.
Augenentzündung, periodische 17, 318,
durch Filaria 295, Coccobacillus 415.
Augenheilkunde, Handb. v. Bayer (Rec.) 106.
Augenkatarrh, infekt. 124.
B.
Bacillol 186, 590.
Bakterien. Pleomorphismus 609.
Bauchhöhle, Resorption 429.
Bauchnaht u. Köliotomie 308.
Blase, Inversion 427.
Blutbildung, Rolle d Eisens 441.
Blut, Nährmittel aus 537.
Blutplättchen, Entstehung 593.
Borna’sche Krankheit 433.
Bradycardie b. epilept. Anf. 493.
Brenneisen b. d. Arabern 306.
Bromkalium b. Hämoglobinurie 181.
Bronchitis verminosa d. Sch. 20.
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IV
Bronchorrhagie d. Geflügels 90.
Bruch, inn., d. Ochsen 315.
Brustseuche 577.
Buttersäurebacillen u. Rauschbrand 54, 55.
C,
Carboivergiftung b. Hd. 295.
Casein b. Temperaturerhöhung 211.
Castration d. Hengste 9, 186.
Herzlähmung b. — 17.
Celluloidverbände 80.
Chemotaxis 440.
Chilisalpeter, Vergift. 293, 304.
Chirurgie, Compendium v. Fröhner (Rec.) 71.
Chloralhydrat b. Pf. 42.
Chloroform-Sauerstoff-Narkose 556.
Cholaemie, bösart., d. Pf. 280.
Chorea u. Influenza 345.
Cocain z. Diagnose b. Lahmh. 499.
Coenurus 15.
Conjunctivit., inf., b. Rinde 496.
Cysticercus pisif. b. Schw. 82.
D.
Darmabtrennung b. Kuh 555.
Darmentzündung, croup., b. Pf. 497.
Darminvagination b. Rinde 109, 401, 556,
b. d. Stute 128.
Darmtuberkulose, primäre, d Katze 126.
Deckakt, tödtl. Blutung in Folge 511.
Dermatitis contag. pustul. d. Pf. 139.
Dermatol 591.
Dermoidcyste im Netz b. Pf. 296.
Diagnostik, bakterioJ. v. Joest (Rec.) 477.
Dickdarm, Homologieen 558.
Dienstaltersliste (Rec.) 105.
Diphtherie d. Geflügels 435, 436,
b. Pf. 188.
Immunisirung 450.
Diphtherieserum, Pf. als Lieferant 20.
Distomatosis b Rinde 111.
Doktortitel, ausländischer 32, 358.
Drillinge b. Kalbin 550.
Druse b. Menschen? 296.
K.
Echinococcosis b. Pf. 69.
Eierkonservirung 91, 345.
Eisenbahnfieber b. Kühen 417.
Eisen u. Blutbildung 441.
Eisenzügel 538.
Eiweiss im Urin 463.
Eklampsie b. Hd. 469, 481,
b. Kühen 533, 604.
Emasculator 186.
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V
Empyem d. Keilbeinhöhlen b. Pf. 604.
Encephalomalacie b. Rinde 495.
Endocarditis b. Rheumat. 488.
Epiglottis, Polypen 330.
Erblichkeit d. Rohrens 33,
d. Tuberk. 610.
Erbrechen b. Pf. 496.
Erbrechen, unstillbares, b. Hd, 166.
Erstickung inf. Brechakts b. Pf. 114.
Etat der Münchener Hochschule 538.
Eudermol 499.
Eustachische Röhre d. Pf. 560.
Extrauterinchswangerschaft b. d. Z. 307.
F.
Ferkelfressen 428.
Fettgehalt d. Milch, Vererbung 176.
Fibrom d. Herzens b. Stute 332,
melanot. am Knie b. d. Kuh 427.
Fibrosarkom d. Stierhodens 405.
Filaria im Pferde-Auge 295.
Fleischbeschaugesetz, Vollzugsbestimm. 621.
Fleischconsum Münchens 422.
Foramen ovale persistens 184.
Formaldehyd b. Hufkrebs 604.
Fremdkörper im Schlund 175, 498,
in d. Milz 426,
wandernde 447.
Fruchtbarkeit, seltene 500.
Futterpreise 475.
Cw.
Gallen d. hint. Zehenstrecker 212.
Gasbildung unter d. Haut 282.
Gastrectomie b. Hd. 49, 61, 77.
Gastroenteritis verminosa 19,
hämorrh. 294.
Gebärparese, Recidive 33,
Jodkalibehandiung 193, 213, 274. 389, 450.
Geburtshilfe, v. Frank (Rec.) 464.
Geflügelcholera b. Schw. 306.
Geflügelcholera, Serum 610.
Geflügeldiphtherie 435, 436.
Geflügelseuche, Braunschweiger 506.
Gehirnentzündung b. Schw. 294.
Gehjrnerkrankung, seuchenh. b. Pf. 434.
Gehirntuberkulose b. Stier 149.
Gelatine als Hämostaticum 308.
Gelbsucht, bösart., d. Pf. 280.
Gelenkentzündung, chron. deform. 507, Verletzung 583.
Getreidestoppeln als Todesursache b. Schw. 239.
Gewährschaft 31.
Glaucom, acutes 525.
Glycerin zur Wehenverstärkung 128.
Gravidit. extraut, d. Z. 307.
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VI
H.
Haber f. Schw. 461, Ersatz 224.
Hämaturie d. Rindes 415.
Hämoglobinämie d. Pf. 52, b. Sch. 92, Behandlung b. Pf. 181, 185, 828.
Haftpflicht der Tierärzte n. d. B. G.B. 807.
Hanfkuchen 224.
Harnröhrenstein b F. 16.
Harnsteinoperation b. Rd. 529, 553.
Harntröpfeln b. F. 514.
Hautabscesse, multiple, b. Pf. 401.
Helminthiasis d. Harnorgane b. Hd. 331.
Hepatitis parenchym. 113.
Hernia funic. sperm. 98, scrotal. vesicae 320.
Herniotom f. inn. Bruch 315.
Herzabscess 41, Fibrom 332
Herzlähmung b. Castration 17.
Heterakis maculosa 440.
Histologie, pathol, y Dürck (Rec.) 130.
Hoden. Fibrosarkom 405.
Hodenraangel b. Pf. 309.
Hoden, retinirte 534, überzählige 163.
Hodensackdarmbruch b. F. 291.
Hodensacktuberkulose b. Schw. 609.
Hodentumoren 534.
Hornleiter f. Schafböcke 306.
Hornspalten 593.
Hufbeinnokrose b. Nageltritt 290
Hufbeschlag, Lehrb , y. Grossbauer (Rec.) 178.
Hufkrankheiten d. Pf., von Gutenäcker (Rec.) 562.
Hufkrebs, Formaldehydbehandlung 604.
Humerusfraktur b. Pf 593.
Hundegespanne, Ersatz 500.
Hundestaupe 53.
Hundswuth s. Lyssa-
Husten, endem-, d. Pf. 581.
Hypophysis-Abscess 604.
Hysterektomie b. Katzen 451, b. Hd. 498.
I.
Ichthargan 283.
Ichthoform 283.
Ileus, Atropinbehandl. 248.
Immunisirung 534, gegen Rindertuberkulose 615.
Indican im Harn 488.
Influenza 361, 373, 385, 409, 565, 577.
Injektion, intravenöse v. Arzneien 517.
J.
Jahresbericht v. Ellenberger, Schütz, Baum (Rec.) 333.
Jodkali bei Gebärparese 193, 213, 274, 389, 450.
Jodoformäther b. Kropf 282,
Jubiläum, Hollenbach’s 421, v. Voit’s 541.
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VII
K.
Kalbefieber s. Gebärparese.
Kaliumpermanganat-Vergiftung 104
Kartoffel, verdorbene 135.
Katarrhalfieber 402.
Kehlkopfkatarrh, ak. infekt., d. Pf. 581.
Keilbeinhöhlen-Empyem 604.
Kennzeichnung gekörter Stiere 203.
Keratitis, inf., b. Rd. 496.
Köliotomie, Bauchnaht 308.
Kolik, habit., b. Pf. 237.
Kongress in Baden-Baden, Rechnungsaufst. 281.
Korporationen 116.
Krebs d. Thiere 557.
Krebspest in Russland 139.
Kresol bei Sarcoptesräude 194.
Kresyl b. Nageltritten 285.
Kronbeinbeugesehne, Ruptur 174.
Kropfbehandlung 282.
Kynologie, v. Hoffmann (Rec.) 131.
L.
Lahmheiten, Diagnose 499.
Lahmheiten, Terpentinölbehandlung 222.
Laienfleischbeschauer (Rec.) 44.
Landes-Viehversicherun gskammer 102.
Laryngitis ac. infect. equi 581.
Lebendgewicht d Schw. 461. ■
Lebercirrhose, Lugol’sche Lösung bei 292.
Leberegelkrankheit b. Rinde 111.
Leberentzündung, parenchym. 113.
Lecksucht b. F. 533.
Leptomeningitis purul. b. Pf. 304.
Leukaemie bei Katze 321.
Leukocytose b. Diphtherie-Immun. 450.
Lichttherapie 296.
Luft, ausgeathmete, Giftigkeit 464.
Lungencarcinom b. Hd. 43.
Lungenentzündung der Kälber, infekt. 133.
Lymphgefasserkrank. b. Pf. 458.
Lyssa, Mittel gegen 17, histolog Diagnose 188, Kasuistik 292, Speichel
in der Latenzzeit 319, Heilung 498.
M.
Magencarcinom b. Hd. 49, 61, 77.
Magengeschwür b. Hd. 188.
Magenruptur b. Pf. 428.
Malariaparasiten 202.
Malleih-Impfungen in Bayern 205, 217, Bedeutung 211.
Margarinebereitung 514.
Marmorek’sches Serum b. Anasarca 223.
Mastdarmgeschwulst b. Pf. 162, Vorfall 445.
Maturität 93, 154, 167, 333, 515.
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VIII
Maul- und Klauenseuche*
Verdacht 40.
Behandlung 105.
b. Rennthier 128.
Besond. Formen, Immunität 184
— u. Pocken 329.
Neuere Untersuchungen 341.
Immunität 416.
Baccelli’sches Verfahren 543, 547, 616.
Bösartige Form 545.
Melanofibrom d. Knies 427.
Melasse 238.
Mesenterialsarkom b. Hd. 129.
Milch-Sekretion beim neugeb. F. 42, Fettgehalt, Vererbung 176, Ein¬
fluss erhöhter Temperatur auf d. Casein 211, Tuberkelbac.
• in M. 345, 391, Trockensubst. 463.
Milchmelasse 594.
Milchsäure b. Nageltritten 285.
Militärveterinärwesen in Frankreich 198, in Preussen 608.
Milz, Fremdkörper 426.
Milzbrand d. Hd. 416-
Milzbrandsporen, Verfütterung 345.
Missbildung im Hühnerei 305.
Mohnvergiftung b. Rd. 387.
Münchens Fleischconsum 422.
Muskelrheumatismus b. Pf. 303.
Myocarditis purulenta 41.
Nageltritte, Beh. mit Kresyl 285, Milchsäure 285, Sublimat 426.
Nahrungsmittel, animal., v. Schneidemühl (Rec.) 322, 597.
Narkose b. Pf. 42 556.
Nasenbluten b. Pf., 592.
Natr. bicarbon. b. Sterilität 274, 438*
Naturforscherversammlung in Hamburg 505, 517, 533, 556, 567.
Navarros, statt Ziehhunden 500.
Nekrologe: C. Hahn 121, H. Hauptner 200, Pettenkofer (Rec. 251)
W. v. Fricker 313
Nekrose d Hufbeins b. Nageltritt 290.
Nephritis acuta b. Pf. 145, 157.
Nervus pudendus, Resektion 1.
Neugeborenes, ehern. Zusammensetzung 249.
Nierenabscess b. Pf. 81.
Nierenzerreissung b. Hd. 498.
O.
Oberarmfraktur b. Pf. 593.
Obstipation b. Pf. mit Sehstörung 138.
Oedem, malignes, b. Pf. 319, b. d. Kuh 436.
Operationskursus v. Pfeifer (Rec.) 117.
P.
Pathol.-Anat, Lehrb., v. Kitt (Rec.) 250.
Pathologie, Lehrb. v. Ribbert (Rec.) 225.
Peptonfütterung 501.
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IX
Pericarditis purul.-ichor. b. Pf. 137, traumat. b. Rd. 585, tub. b. Hd. 592.
Periorchit. purul. b. Pf. 289.
Peritonitis, akute, b. Rd. 125.
Perl sucht b. Pf. 425.
Peromelie b. Kalbe 509.
Pferd, das (Rec.) 93.
Pferdepocke, kanad. 139.
Pferdestand in Nordamerika 20, Europa 394.
Pferdeverkauf, genossenschaftlicher 177.
Pferdeversicherung 115, 584.
Pferdezahnheilkunde, amerik. 186.
Pferdezoll 463.
Pferdezucht, deutsche 43, 461.
französische 44, 296.
Pilzvergiftung 520.
Piroplasma equi 550.
Pleomorphismus d. Bakt- 609.
Pleurahöhle, Ausspülung b. d. Stute 127.
Pneumatos. cyst. ext. 309.
Pocken u. Maul- u. Klauenseuche 329.
Polyarthritis post part. b. Kühen 222.
Polydactylie b. Pf. 330.
Polymyositis hämorrh. b. Pf. 148.
Polypen d. Epiglottis b. Pf. 330.
Porcosanimpfung 73, 85, 87, 99.
Prolapsus recti 445, uteri 16, 406, 427, 605.
Prostata, Carcinom 70.
Protargollösungen 561.
Prüfung, amtsthierärztl., in Baden 210, in Bayern 406, 550.
Psoasabscess als Geb.-Hinderniss 249.
Pyelonephritis bac. b. Rd. 495.
Pygopagi b. Rd. 605.
Pylorus, Carcinom b. Ochsen 148.
R.
Räude d. Sch. 229, 241, 253, 265, 277, 555.
Ranunculaceen, Vergiftung 318.
Rauschbranderreger 54, 55.
Reichsgesundheitsrath 32.
Rennthier als Schlachtthier 309.
Rennthierpest 595.
Resektion des Nervus pudendus 1.
Rheumat. muscul. b. Pf. 303
Rohren, Erblichkeit 33.
Rotz b. Pf. 6, Heilung 320.
Rotz, mikrosk. Verhalten 211.
Ruhr, akute 547.
Ruhr d. Kälber 262.
Runkelrübenblätter, Vergiftung 589.
S.
Sand, Tötung e. F. durch 130.
Sarcom der Gekröswurzel b. Hd. 129, der Nieren b. d. Katze 549, im
Dünnd. b. Pf. 586.
Sarcomatose d. Kuh 548.
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X
Sarcoptesräude, Kresolbehandlung 194.
Scalma 580.
Schädelverletzung b. Pf. 161.
Schafseuche, neue 20.
Schattenschirme f. Ziehhunde 475.
Scheidenkatarrh, inf., b. Rd 568.
Scheidenvorfall 406.
Schilddrüsenfunktion 354.
Schlundyerstopfung 175.
Schrumpfniere b. Hd. 25, 37.
Schussapparat f. Schw. 620.
Schwein, Lebendgew. d. 461, Fütterung 461.
Schweinepest 13.
Schweinerothlauf, Porkosanimpfung 73, 85, 87, 99, Sektionsergeb¬
nisse 613.
Schweineseuche 13.
Schwefelsäure, Verätzung 169.
Schwefelverbindungen d. Musk. 570.
Scirrhus d. Pylorus b. Ochsen 148.
Sclerostomum armatum 557.
Scrotalhernie (Blase) 321.
Seborrhoea oleosa d. Schw. 19.
Sehnenruptur (Kronbeinbeuges.) b. Pf. 174,
Verletz. 438.
Sehnenscheidenentzündung b. Pf. u. croup. Pneum. 136.
Sehstörung b. Obstipation 138.
Seifenspiritus z. Desinf. 308.
Selbstdispensiren 22.
Septicaemie, puerp., d. St. 510.
Septoform 283.
Serumdiagnose d. Tuberkulose 189.
Siebbeinkrebs b. Pf. 438.
Sozojodol 592.
Sprungbein-Fraktur 401.
Sprunggelenksgallen 437.
Spulwürmer, Arsen gegen 273.
Stand, der thierärztliche, in Frankreich 153.
Staupe d. Hd. 53.
Sterilität, Natr. bicarb.-Infus. 274, 438.
Stibium sulf. b. Asthma 460.
Stomatitis pustulosa b. Kühen 39.
Strohhüte f. Pf. 462.
Strohmehl 537.
Struma b. Pf. 165,
Therapie 282.
Strychnin b. Tuberkulose 549.
Strychninvergiftung b. Hd. 346.
Sublimat b. Nageltritt 426,
Vergift. 448.
T.
Taenia dentic. b. Rinde 389.
Tannalbin 262, 448*
Tannoform 262, 591.
Tannopin 262.
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XI
Taschenkalender (Rec.) y. Albrecht-Bürchner 22* 46,
y. Johne, für Fleischbeschauar 46,
y. König 453,
v. Schmaltz 454.
Temperatur, subnormale 329, 593.
Terminologie, med., v. Guttmann (Rec.) 213.
Terpentininjectionen b. Lahmheit 222.
Tetanus v. Luftsacke aus 303,
Incub.-Dauer 497.
Thrombose, ausgedehnte b. Kuh 295,
plötzliche d. Beckenart. b. Pf. 325,
der r. Achselarterie 508.
Thierausstellung in Halle a. S. 337, 349, 365, 375.
Titel, Führung 358.
Thierseuchen, Stand in Bayern 34, 59, 82, 107, 154, 214, 263, 298,
333, 370, 418, 441, 479, 503, 526, 551, 587, 610.
Thierärzte, Stellung in Frankreich 153,
in Oesterreich 166.
Torfmehl, Yerdaulichkeit 58.
Torsio uteri 449.
Toxicologie (Rec.) 10.
Tuba Eustach. d. Pf. 560. *
Tuberkulose
Virulenz der Organe etc. bei, 33,
beim Kalbe 98,
des Katzendarms, primär 126,
generalisirte, b. Pf. 127,
b. Rind 453,
des Gehirns, b. Stier 149,
chron., d. Pf. 165, ^ ....
Inkubationsdauer der Rindert, u. Alter tub. Läsionen 171,
Gang der Inf. 453,
Serumdiagnose 189,
des Esels 223,
d. Pf. 248, 418, 425,
Bazillen in Milch 345, 391,
Uebertragung zw. Mensch u. Rind 370, 376, 391, 393, 402, 561,
zw. Mensch u. Schw. 609,
Tuberkulöse Thiere auf Schlachthöfen, Beil, zu No. 37,
Strychninbehandlung 549,
Pericardit. tub. b. Hd. 592,
Erblichkeit 610,
Serumtherapie 615.
Tuberkulinprobe, forens. Werth 171.
U.
Ulcus ventric b. Hd. 188.
Unterkieferlähmung b. Pf. 247.
Unterstützungsverein, Rechenschaftsbericht 260.
Uterustorsion 449.
Uterusvorfall 16, 406, 427 u. Perfor. 605.
V.
Vaginismus 1.
Vaginitis, infekt., d. Rindes 568.
Vandalia 116.
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XII
Verätzung durch Schwefelsäure 169.
Verblutung in Folge Deckaktes 511,
in Folge Darmabtrennung 555.
Vereinfachung d. dienstl. Verkehrs 235.
Vergiftung durch Kal. permang. 104,
verdorb. Kartoffel 135,
durch Chilisalpeter 293, 304,
Carbol 295,
Ranunculaceen 318,
Strychnin 346,
Mohn 387,
Sublimat 448,
Pilze 520,
Runkelrübenblätter 589.
Verjährung 570.
Verkalkungen 457.
Verletzung d. Bauches b. F. 40, der Zunge b. Stier 137, des Schädels
b. Pf. 161, d. Köthengelenks 583.
Versammlungen, thierärztliche, in Bambg. 29, 606, Nürnbg. 65,
• Donauw 177, Schweinfurt 286, Augsburg 367, Straubing 473,
Regensbg. 486, München 521, Traunstein 583.
Veterinär wesen in Sachsen (Rec.) 454, Militär. 608.
Viehstand d. Schweiz 307.
Viehversicherungskammer 102.
Viehzählung v. 1. XII. 1900 271.
Vioform 429.
Virulenz der Produkte b. Tuberkulose 33.
W.
Wasenmeisterkrankheit 601.
Wasserstoffsuperoxyd 329.
Wurmseuche 439.
Z.
Zebragestüt 537.
Zehengelenksentzündung, chron. deform. 507.
Ziegenzucht, v. Lang (Rec.) 586.
Zitze, Abtragung 437.
Zitzenkanal, Unwegsamkeit 163.
Zuchtthiere, Zahl in Baden 203.
Zucker in a. Geburtshilfe 128, 129, bei näss. Exanthemen 175.
Zügel, Eisen- 538.
Zungenyerletzung b. Stier 137.
Zwerchfellruptur b. Pf. 19, 301.
Zwillinge b. d. Stute 549.
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xm
Alphabetisches Autoren verzeichniss.
A.
Aigner 509.
Albrecht 24, 34, 121, 145, 157,
194, 325, 337, 349, 365, 375, 469,
481.
Allen 321, 428.
Almy 330, 476, 499.
Ammerschläger 295.
Anderlung 500.
Arloing 189.
Attingcr 65.
B.
Baccelli 543, 547, 616.
Barbaro 415.
Bartolucci 19.
Bauer 15.
Behmer 306.
Behring 615.
Beicbhold 163.
Beck 17, 282, 460.
Bergmann 595.
Bissauge 175.
Blanc 223.
Blot 305.
Blum 354.
Boas 283.
Böttcher 475.
Bolz 16, 433, 436.
Bouland 329.
Bournay 426.
Brandl 229, 241, 253, 265, 277.
Braun 294, 610.
Briot 330.
€.
Cadöac 212.
Cagny 222, 329, 477.
Camerer. 249.
Carrozzo 104.
Clin 415.
Colin 81.
Connochie 488.
Conradi 211.
Conradt 175.
Conroy 320, 406, 427.
Coremans 213.
Cornevin 549.
Courmont 450. ,
D.
Dages 329.
Daily News und Graphic 394.
Daviaud 309.
Deinhard 582, 583.
Desoubry 477, 592.
Desoubry u. Cagny 329.
Dieckerhoff 565, 577.
Diem 162, 401, 438.
Döderlein 137.
Döttl 53.
Dollar 309.
Dor 17, 318.
Dorn 98, 109, 184.
| Durocher 137.
£.
Eckart 262, 388, 389
Ehren hard 387.
Ehrle 604.
Eloire 128.
Engel 149, 533.
Estor 417.
F.
Fadyean 391, 453.
Falcone 82.
Fehsenmaier 203.
Fettik 499.
Flatten 283.
Formaneck 464.
Franca 188.
Fraser 188.
Freemau 188.
Freudweiler 308.
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XIV
Friez 550.
Fröhner 42.
G.
Galtier 33, 345, 549.
Garino 405.
Garnault 296.
Garrecht .437, 438.
Gasteiger 263. '
Girard 515.
Gmeiner 229, 241, 253, 265, 277.
Grassberger 54, 55.
Gruber 409.
Guillemain u. Cadix 285, 593.
Gutbrod 90, 148, 169, 388, 492,
495.
H.
Hafner 210.
Handschuh 274.
Hanika 91.
Hellberg 89.
Hendrik 174, 548.
Hersing 80.
Hobday 309, 451.
Hochstein 247, 248, 274, 289, 296,
425
Hofer 139.
Hoffmann 186.
Hofmann 441.
Hillenbrand 17.
Hink 185, 307.
Hirschfeld 593.
Hohenleitner 29.
Hollenbach 65.
Horne 128.
Howard 282.
Hub 512.
Huber 99, 292.
Hupfauf 533.
Huss 590, 591, 592.
Hussoii 175.
J.
Jmminger 528, 553.
Ittamayer 497.
Jasma 498.
Jesionek 561.
Jewell 498.
De Jong 126.
K.
Karl 401, 604.
Kas 181, 193.
Kellner 58.
Kirchner 176.
Kitt 205, 217.
Klett 610.
Knipseheer 127.
Koch 370, 376, 385.
Kohlhepp 305, 307.
Krecke 429.
Krit^er 389.
Kronacher 448.
Kronburger 87.
I i.
Labat 33.
Lagriffoul 593.
Laveran 550.
Leblanc 92.
Leclainche 318.
Lehner 89.
Leibenger 147.
Leimer 73, 85.
Lemke 224.
Lesage 429.
Lindner 341.
Loos 447, 448.
Lydtin 296.
M. '
Maggiorani 345.
Markert 497, 498.
Markus 165.
Martin 100, 128, 525.
Mason 129, 130, 165.
Mayer 125.
Mayr 397, 505, 517, 533, 556, 567.
Mdgnin 331.
Merkle 291, 301, 303, 437, 458,
510, 514.
Merkt 547, 555.
Mertel 416.
Messner 440.
Mettam 43, 69, 70, 129.
Minxevitch 308.
Mitteldorf 445.
Mölter 422.
Mommsen 238.
Monod 295.
Morey 536.
Moussu 222, 585.
Müller 6, 41, 105, 136.
Münich 40, 41.
Munkenbeck, 87, 304.
N.
Nathusius 461.
Neuwirth 9.
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*****
XV
Nicolas 450.
Nikolsky 345.
Nocard 171, 223, 499.
O.
Ott 249.
P.
Paerson 19.
Pamboukis 319.
Parascandolo 1, 49, 61, 77.
Paszotta 186.
Peters 439.
Petit 549, 586, 592.
Peuch 593.
Plötz y. 43.
PÖhlmann 138.
Pomayer 589.
Porcheret 549.
Prat 450.
Quadekker 620.
R.
Rabe 418.
Rabus 97.
Rahn 294.
Remm 238.
Reuter 31*
Ritzer 13, 315.
Ruch 426.
Rücker 601.
S.
Sallinger 402.
Sator 604, 605.
Sauer 133, 237.
Sayignö 92.
Schattenfroh 54, 55.
Schenk 438, 449, 605.
Scheuring 450.
Schillinger 140.
Schlegel 211.
Schmid 140.
Schmid-Iden 501.
Schmidt 295.
Schmitt 161, 275.
Schmutterer 6.
Schneider 401.
Schöler 296.
Schönle 124, 613.
Schütz 370.
Schuh mann 100, 134.
Schwalbe 609.
Schwammei 165.
Scott 127.
Siecheneder 100.
Simader 171, 457.
Slivnik 42.
Stang-Pfersdorff 306.
Stautner 87.
Stenger 139.
Stephens-Christopher 202.
Stöger 54.
Stoll 280.
Strauss 248.
Strebei 163.
Streitberg 262, >273, 555..
T.
Tempel 609.
Thompson 332.
Thum 88, 111, 435, 436.
Truette de Dellys 318.
V.
Vallord 306.
Virchow 402.
Vogg 52.
Vollbrecht 308.
Voltz 508, 511.
W.
Waldteufel 285.
Warneson 416.
Weigenthaler 303.
Weiler 40.
Weiskopf 361, 373.
Werkmeister 113.
Werner 440.
Widenmayr 520.
Wild 140.
Williams 320, 489.
Winkler 304.
Wispauer 89.
Wolff 610.
Z.
Zeilinger 262.
Ziessler 135.
Zimmerer 495, 496.
Zink 293.
I Zschokke 114, 319.
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Wochenschrift
0 19 '
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den I. Januar 1901. Nr. 1.
Inhalt: Prof. Dr. Parascandolo: Vaginismus bei einer Hündin; Heilung
durch Resektion des Nervus pudendus. — Sohmutterer: Rotz bei
Pferden. — Castration der Hengste. —^ Büchersohau. Viehseuchen»
nachrichten — Inserate. \
Vaginismus bei einer Hündin; Heilung durch Resektion
des Nervus pudendus.
Von Prof. Dr. Parascandolo in Neapel.
Der Vaginismus oder die Hyperästhesie der äusseren
Genitalien kann sich bis zur spasmodischeu Kontraktion des
Constrictor Vaginae und auch der anderen Muskeln des Becken¬
bodens steigern. Beim Weibe studirte Huguier i. J. 1834 diese
Affektion und nach ihm Lisfranc, Scanzoni, Kiwisch, Simpson,
Sims, Michon, Gallard, Lutaud, Trelat, Daude und Verneuil.
Man kann 3 Arten von Vaginismus unterscheiden: Hyper¬
ästhesie mit Kontraktur, Hyperästhesie ohne Kontraktur, Kon¬
traktur ohne Hyperästhesie.
Beim Weibe manifestirt sich diese Erkrankung im Beginne
der Ehe, im Anschluss an Deflorationsversuche, durch Exkori-
ationen der Vulva, durch Reizung des Hymen und der Carunculae
myrtiformes. Nach Schröder ist von Bedeutung eine weit nach
vorn gegen die Symphyse gelegene Vulva, Derbheit des
Hymens; auoh Polypen der Urethra und Analfissuren können
Ursache von Vaginismus werden, desgleichen gewisse Erkrank¬
ungen des Uterus und der Ovarien (Gaillard, Thomas). Die
Affektion kommt auch bei jungfräulichen Individuen vor und
kann sich an blenorrhoische Infektion anschliessen.
Die Hyperästhesie der weiblichen Genitalsphäre kann auf
die Vulva lokalisirt sein (geringster Grad von Vaginismus);
manchmal erstreckt sie sich über die ganze Vulva, in anderen
Fällen dagegen beschränkt sie sich auf eine Gegend oder
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2
einen besonderen Punkt, wie die Innenfläche der Labien,
Kommissur, Hymen, Caruneulae myrtiformes. Eine genaue
Feststellung des schmerzhaften Punktes ist in Hinsicht auf die
Behandlung von Wichtigkeit; diese kann nach Labbe mit
einem stumpfen Instrument geschehen, aber manchmal ist die
Hyperästhesie so hochgradig, dass die Patientin nicht die ge¬
ringste Berührung verträgt.
Die Kontraktion entsteht im Allgemeinen im Introitus
vaginae, aber sie kann auch tiefer sitzen, in der Höhe des
Musculus trans versus perinäi (Verneuil) und ausnahmsweise in
den perivaginalen Fasern des Levator ani. Nicht selten sieht
man die gesammte Dammmuskulatur ergriffen einschliesslich
des Sphinkter ani, in welchem der Krampf äusserst hoch¬
gradig sein kann. Selten ist die Kontraktion so hochgradig,
dass die Einführung des Zeigefingers unmöglich würde, welcher
den Sitz und Grad dieser tetanischen Kontraktion zu bestimmen
vermag. Der Coitus ist unmöglich, und wenn ohne Immissio
penis die Befruchtung stattfindet, so kann der Vaginismus auch
‘ nach mehreren Geburten noch fortbestehen.
Die Dyspareunie ist ein Phänomen, welches mit einer
grossen Anzahl von Affektionen der inneren Genitalien im Zu¬
sammenhang stehen kann, jedoch besteht hiebei weder vulväre
Hyperästhesie noch Kontraktion. Der Krampf des Levator
ani ist zuweilen eine physiologische Erscheinung, aber beim
Vaginismus ist dieser Krampf schmerzhaft. Der Vaginismus
kann nicht verwechselt werden mit Imperforation der äusseren
Genitalien, weil in diesem Falle sich entweder Mangel oder
• Retention der Menstruation findet. Eine Untersuchung in
Narkose sichert die Diagnose.
Es gibt Fälle von Vaginismus, welche unter einfacher
Behandlung zur Heilung kommen, so: Dilatation, sei es mit
dem gewöhnlichen Speculum, sei es mit einem Dilatator, oder
durch subkutane Durchschneidung des Sphinkter, oder durch
Spaltung des Perineums in zwei Schnitten, welche Mucosa
und Sphinkter durchsetzen, oder Behandlung der Hyperästhesie
durch Allgemeinbehandlung bezw. mit lokal wirkenden Mitteln
wie CocainlÖ8ung.*) Aber es gibt Formen, welche jeder Art
*) Anm. d. Red.: In der Menschenheilkunde ist in letzter Zeit für
Fälle von Hämorrhoidalzuständen, Pruritus ani, vulvae, Eozem eto. mit sehr
gutem Erfolge das Zymoidin Ronenberg in Verwendung gebracht worden.
(3—10 °/o Salbe und 8 % Suppositorien.) Trotz seiner etwas befremdenden
Zusammensetzung (es stellt ein Mixtum compositum von oa. I Dutzend
Substanzen oar) dürfte das Mittel sich zur Prüfung auch in der Thier¬
arzneikunde empfehlen.
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3
von Behandlung trotzen, und in diesen Fällen kann man die
Durchschneidung des Nervus pudendus internus versuchen.
Ich beschreibe nunmehr den zu meiner Beobachtung ge¬
kommenen Fall.
Im Dezember verflossenen Jahres hatte ich Gelegenheit,
eine kräftige dänische Dogge weiblichen Geschlechts zu beob¬
achten; das Thier hatte röthliches Haar, war 32 kg schwer
und befand sich in gesundem Allgerpeinzustand. Der Eigen¬
tümer sagte mir, dass er die Hündin in frühem Alter aus
London bezogen habe und dass sie immer gesund gewesen sei.
Erst seit dem Auftreten der ersten Läufigkeit zeigte das Thier
eine vollständige Veränderung seines Wesens. Als man die
Hündin im Zustande der Hitze decken lassen wollte, vertrieb
sie den männlichen Hund mit Bissen, indem sie starke und
eigenartige Schreie ausstiess, und die Deckung konnte nicht
stattfinden* Einige Tage später, als sie sich im letzten Stadium
der Hitze befand, wurde neuerdings die Deckung mit einem
anderen Hunde versucht, aber der Misserfolg war der gleiche.
Dabei wurde indessen beobachtet, dass scheinbar die Hündin
selbst den Deckakt lebhaft wünschte, aber im Augenblicke
der Einführung der Rute versuchte sie zu entfliehen und stiess
einen heftigen Schrei aus, wendete sich gegen den männlichen
Hund und lief wie verrückt weg, bis sie unter heftigen tonischen
und klonischen Krämpfen der Hintergliedmassen niederfiel;
daraufhin stellten sich allgemeine Zusammenziehungen und
schliesslich Konvulsionen von etwa 2<» Minuten Dauer ein.
Alsdann erholte sich das Thier, aber diese Konvulsionen traten
an ihm noch mehrere Tage lang täglich einigemale auf, und
es zeigte sich Fieber, Erbrechen, Appetitlosigkeit während der
Dauer von 10 Tagen.
Der Eigenthümer fügte ferner hinzu, dass nach jenem
Vorfälle bei der Hündin ein eigentümliches Wesen zurück¬
geblieben war, dass sie oft durch das Haus rannte und
Hindernisse, die ihr in den Weg kamen, anbellte, sowie häufig
in echten Krämpfen niederfiel. Das Seltsamste war indessen,
dass während sie früher sich gegen den Deckakt gesträubt
hatte, sie hernach auch ausserhalb der Hitze das Männchen
aufsuchte, aber im Momente der Immissio penis sich sträubte,
das Männchen attackirte und hernach in Krämpfe verfiel.
Ich begann meine . Untersuchung mit den Genitalien.
Die Vulva zeigte sich normal, ausser im Stadium der Hitze,
welche sich zweimal des Jahres einstellte und bis zu 13 Tagen
dauerte; in dieser Zeit war die Schleimhaut etwas hyperämisch
und stark ödematös; das Sekret war roth gefärbt. Beim
Auseinanderhalten der Labien oder besser bei Verwendung
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4
des Reiner* sehen Speculums zeigte sich die Vaginalschleimbaut
blass und normal. Die Digitaluntersuchung der Vagina zeigte
nichts Anormales, auch keine Fremdkörper. Der Uterus
erschien sowohl bei abdominaler als bei rektaler kombinirter
Untersuchung normal, ebenso die Ovarien. Die Einführung
des Speculums wie des Fingers in Vagina oder Rectum war
nur während der Narkose möglich, da bei blosser Annäherung
des Fingers die Scheide sich dermassen kontrahirte, dass
jeglicher Einführungsversuch unnütz schien, und als in einem
Falle von Untersuchung in Narkose die Wirkung des Chloro¬
forms zu früh aufhörte, und das Thier erwachte, würde es,
wenn es nicht auf dem Tische festgebunden gewesen wäre,
über Alle hergefallen sein. Der Scheidenkrampf, welchen ich
bei dieser Gelegenheit sah, war so heftig, dass der Finger
wie in einer Zange eingeklemmt schien und es eines kräftigen
Zuges bedurfte, um ihn herauszuziehen; dabei hatte das
Thier augenscheinlich lebhafte Schmerzen, schrie stark und
wurde nachher von heftigen Krämpfen ergriffen.
Eine genaue Untersuchung sämmtlicher Brust- und Bauch¬
organe ergab vollkommen normales Verhalten. Auf Grund
aller beschriebenen Erscheinungen stellte ich die Diagnose
auf Vaginismus.
Gedrängt von dem Eigenthümer, welcher um jeden Preis
die Hündin zur Zucht verwenden wollte, rieth ich diesem,
das Thier einer allgemeinen tonisirenden Behandlung zu
unterziehen; ich verschrieb ihm mehrere Monate hindurch
ein Chinadekokt, und liess zuerst kalte Bäder, dann Meerbäder
machen. Alle meine Vorschriften wurden genau ausgeführt,
die Ernährung war hygienisch und kräftig. Nach dieser
Behandlung zeigten sich die Krampfanfälle nicht mehr oder
wenigstens selten. Diese Kur dauerte länger als ein Jahr,
das Thier nahm dabei an Gewicht zu.
Bei Wiederkehr der Hitze hielt ich, da sich der Allgemein¬
zustand des Thieres gebessert und es ausserdem im Alter
vorgeschritten war, für angebracht, die Deckung unter ent-
sprechenden Vorsichtsmassregeln wieder zu versuchen. Es
wurde das Ende der Läufigkeit abgewartet, in die Vagina
eine gewisse Quantität Cocain infundirt und Vulva und Vagina
mit Cocainpaste eingerieben. Ausserdem wu de dem Thiere
ein Maulkorb angelegt. Die Hündin zeigte sich sehr hitzig
und liess den Hund zu, aber kaum war die Rute in die
Vagina eingedrungen, so begannen ihre alten Aufregungs¬
zustände, sie versuchte sich loszureissen, und da sie festgehalten
wurde, stieg die Aufregung und die krampfhafte Kontraktion
der Vagina so stark, dass nun das Männchen seinerseits sich
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5
zu retten suchte; unter krampfhaftem Zerren von beiden
Seiten gelang es den Thieren schliesslich von einander los¬
zukommen. Sofort hernach verfiel die Hündin in Krämpfe
und blieb länger als eine Stunde in einer Art von Katalepsie;
alsdann erholte sie sich langsam, hatte aber Erbrechen und
Fieber und verblieb 14 Tage in diesem Zustande, aus welchem
sie nur allmählich sich wieder bis zur völligen Genesung
erholte. Auf das Drängen des Eigentümers, welcher um
jeden Preis Nachkommenschaft von der werthvollen Hündin
haben wollte, dachte ioh, nachdem die lokale Anästhesie
erfolglos geblieben war und da ich zu den übrigen bislang
meist verwendeten Verfahren: Dilatation, Elektrizität u. s. w.
kein rechtes Vertrauen hatte, an die Durchschneidung des
Nervus pudehdus. Der Eigentümer gab sofort seine Zu¬
stimmung, und ich operirte die Hündin in seinem Hause.
Bekanntlich hat beim Weibe Morton den Ramus perinä-
alis resecirt zur Bekämpfung eines Falles von vaginaler
Neuralgie. Sein Verfahren ist folgendes: Mit dem eingeführten
Finger fühlt man den Nervus pudendus in der Vagina wie
eine gespannte und schmerzhafte Schnur; man macht alsdann
eine tiefe vertikale Incision, durch welche der Nerv freigelegt
wird und excidirt von demselben ein daumenlanges Stück.
Eastmann führte in einem Falle dieselbe Operation aus und
ist der Meinung, dass sie der Clitoridectomie und der Kastration
insbesondere bei Masturbaiitinnen vorzuziehen ist; er stellt
diese Operation zu den Eingriffen der konservativen Chirurgie Er
berichtet einen Fall, in welchem die Naht der grossen Labien
mittelst Silberfäden, dann die Elektrokauterisation der Nymphen,
dann die Clitoridectomie und schliesslich die Kastration ohne
Erfolg ausgeführt wurden: erst die Durchschneidung des
Nervus pudendus brachte Heilung.
Um die Operation exakter zu machen, hätte man die
Resektion beider Nervi pudendi an der Stelle machen müssen,
wo sie zusammen mit der Arteria pudenda aus der Incisura
ischiadica major treten, um durch die kleine Incisur wieder
sich nach einwärts zu wenden. Man konnte in der That den
Nerven zwischen der Innenfläche des Gesässbeinhöckers und
der Fascie aufsuchen, welche ihn dort bedeckt eben ehe er
sich in die zwei Aeste theilt, von welchen der obere zur
Glitoris, der untere i Ramus perinealis) zu den Labien zieht.
Im beschriebenen Falle ging ich folgendermassen vor:
Ich unterwarf das Thier einem Vollbad in Seifenwasser,
hierauf wurden die Haare auf der Innen- und Aussenfläche
der Oberschenkel rasirt und diese Flächen zuerst mit Seifen¬
wasser, dann mit Aetheralkohol und schliesslich mit l°/oo
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I
6
Sublimatlösung gebadet. Das Thier, welches bereits auf den
Operationstisch gebunden war, erhielt vor der Chloroformnarkose
eine subkutane Morphiuminjektion. Alsdann wurde auf beiden
Seiten der Nervus pudendus freigelegt, und nach vollständiger
lsolirung wurde beiderseits ein 2 cm langes Stück desselben
entfernt. Die Wunde wurde mit Seide genäht und mit
Jodoformcollodium bedeckt; nach t> Tagen wurden die Nähte
entfernt und die Wunde war in kurzer Frist verheilt. Als
sich 4 Monate nach der Operation die Läufigkeit wieder ein¬
stellte, wurde die Hündin wieder zur Deckung* geführt und
von jenen Erscheinungen der Hyperästhesie stellte sich nichts
mehr ein, so dass der Coitus möglich war; auch an den
folgenden 5 Tagen, an welchen derselbe wiederholt wurde,
stellte sich kein Krampf ein, sondern das Thier concipirte
und warf nach 2 Monaten 5 Junge. Seither blieb der Hund
vollkommen gesund und wurde, soweit mir bekannt, nachher
3 weitere Mal trächtig.
Der beschriebene klinische Fall ist mir nicht ohne Interesse
erschienen:
I) weil er von Neuem zeigt, dass auch bei den Thieren
sich durch Veränderungen in der Genitalsphäre nervöse Zustände
einstellen können; 2) dass in diesen Fällen, wenn alle anderen
Mittel erfolglos bleiben, nur die chirurgische Behandlung zum
Ziele führt; 3) dass die beiderseitige Resektion des Nervus
pudendus, wenigstens während der ersten Jahre, eine Atrophie
der Genitalien nicht erzeugt. (Ueberaetzung d. Red.)
Rotz bei Pferden.
Yon Bez.-Thierarzt Sohmutterer - Ebersberg.
Am 7. Mai 1897 wurde ich durch den Bauern Tristl in
Ingelsberg zu dessen angeblich an „Brandschuss“ (hier land¬
läufige Bezeichnung für Erysipel) erkrankten, acht Jahre alten
Wallachen gerufen, der von mir beim ersten Besuche als rotz¬
verdächtig zu bezeichnen war. Die Krankheitserscheinungen
entwickelten sich bei demselben so rasch und prägnant, dass
ich bereits am 12. Mai das Pferd als mit acutem Rotz be¬
haftet erklärte, worauf am 14. Mai auf polizeiliche Anordnung
die Tödtung und Obduktion erfolgte, die nachstehenden Sektions¬
befund ergab:
„Theils knotige, theils flächenartige Schwellung um Maul
und Nase, auf der übrigen Körperoberfläche in der Haut
Knoten von Haselnuss- bis Wallnussgrösse (einzelne grössere
beim Einschneiden Eiter entleerend), theils vereinzelt, theils
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7
in perlenschnurartiger Anordnung, im letzteren Falle zwischen
den Knoten federkieldicke Stränge; Oedem am Schlauche und
an den Extremitäten. In beiden sonst normalen Lungen je
einige hirsekorngrosse, graugelbe, derbe Knötchen, welche im
Gewebe festsitzen; in einer Lunge an der Oberfläche keil¬
förmiger, blutiger Infarkt von hrbsengrösse, Brouchialdrüsen
etwas vergrössert, Knötchen in ihnen nicht auffindbar; am
oberen Theile der Nasenscheidewand, an den Muscheln und
am Kehldeckel ausgedehnte, zernagt aussehende Geschwüre
mit speckigem Grunde, unregelmässigen gewulsteten Rändern;
ausserdem zahlreiche, durchscheinende, miliare Knötchen auf
den Schleimhäuten des Kopfes; Rotznarben nirgends zu finden.“
Der Obduktionsbefund wies darauf hin, dass das betreffende
Pferd erst vor verhältnissmässig kurzer Zeit inficirt worden
sei, und zwar musste nach Lage der Verhältnisse mit Wahr¬
scheinlichkeit angenommen werden, dass die Infektion durch
eines der drei noch vorhandenen Pferde des Tristl erfolgt sei,
obwohl bei keinem dieser Pferde ein rotzverdächtiges Symptom
wahrnehmbar war. Um nun über den Gesundheitszustand
dieser drei Thiere möglichst bald ins Reine zu kommen, nahm
ich mit Zustimmung des Eigentümers am 21. Mai die Impfung
derselben mit je 5 gr des von Herrn Professor Dr. Kitt in
dankenswerter Weise zur Verfügung gestellten Mallein-Impf-
stoffes hinter der linken Schulter unter den entsprechenden
antiseptischen Vorsichtsmassregeln vor. Das Ergebniss der
Impfung ist aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich.
| Die Temperatur betrug bei Pferd
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Stute,
Wallach,
Wallach,
20 Jahre alt
20 Jahre alt
12 Jahre alt
37,3
37,5
37,5
39,1
38,1
39,1
39,3
38,7
39,8
39,5
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40,0
39,5
39,3
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40,0
40,6
39,6
40,0
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39,2
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40,4
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39,6
38,5
39,0
39,8
38,5
39,1
39,9
Zeit der
Temperaturmessung
Bemerkungen
21. Mai, Yorm. 7 Uhr
(unmittelbar vor Impfung)
21. Mai, Nachm. 2 Ubr
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Pferde zeigen sich frei von
rotzverdächtigen Erschein¬
ungen, Futteraufnahme
Morgens gut.
Diese Temperaturmess¬
ungen wurden vom Eigen¬
tümer vorgenommen,
der bei den vorhergehen¬
den genau instruiitworden
war.
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8
Die Erscheinungen nach der Impfung waren ausserdem:
bei Pferd Nr. 2: am 21. Mai Mittags verminderte
Fresslust; Nachmittags 2 Uhr matter Blick, schläfriges Be¬
nehmen, Haar etwas gesträubt, an der Impfstelle handflächen¬
grosse, ziemlich schmerzhafte Geschwulst; im Laufe des Impf¬
tages und der folgenden Nacht stellt sich seröser Nasenaus¬
fluss sowie mehrmaliges Husten ein; Fresslust bessert sich
etwas am 22. Mai Früh;
bei Pferd Nr. 3, welches von Natur aus ziemlich auf¬
geregt ist, sind bis Abends 6 Uhr des 21. Mai Veränderungen
im Befinden nicht aufgetreten; während der Nacht zeigte sich
auch dieses Pferd deprimirter; es stellt sich seröser Nasen¬
ausfluss und einige Male Husten ein; Impfstelle noch am
22 Mai Früh nur ganz geringgradig geschwellt, mittelgradig
empfindlich;
Pferd Nr. 4 zeigte mit Ausnahme des Hustens und
des serösen Nasenausflusses die bei Pferd Nr. 2 beschriebenen
Erscheinungen, jedoch in sehr viel höherem Grade; dasselbe
macht den Eindruck eines schwer erkrankten Thieres.
Auf Grund des Impfresultates habe ich unter Berück¬
sichtigung des Umstandes, dass die drei Pferde erwiesener
Massen der Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, den Aus¬
bruch der Rotzkrankheit für wahrscheinlich erklärt und auf
Grund des § 42 Abs. 1 des Reichs-Seuchen-Gesetzes und des
§ 41 Ziff. 1 hiezu die Tödtung derselben beantragt und zwar
in der Weise, dass das Pferd Nr. 3 und 4 nur dann getödtet
werden sollten, wenn die Sektion des zuerst zu tödtenden
Thieres Nr. 2 die Verlässigkeit des Impfmateriales bestätigt hätte.
Bei der am 26 Mai auf polizeiliche Anordnung erfolgten
Tödtung wurde bei jedem Pferde das Vorhandensein chronischen
Rotzes zweifellos festgestellt
Neben dem positiven Ergebnisse der Impfung und dem
hiemit übereinstimmenden Resultate der Obduktion ist im
vorliegenden Falle noch weiters bemerkenswerth das äusserst
schmerzhafte ausgebreitete Impfödem, das sich in der Zeit
vom 21. bis 26. Mai bei den drei Pferden an der linken
Schulter nach abwärts über den Vorarm sich erstreckend ent¬
wickelt hatte, so dass die Verbringung der Pferde von Ingels¬
berg nach der 4 km entfernten Wasenstätte Neufarn, wo die
Tödtung stattfand, mehrere Stunden beanspruchte. Nach den
gefälligen Mittheilungen der Herren Collegen Hillerbrand und
Wankmüller, die von dem gleichen Impfstoffe mit negativem
Erfolge geimpft hatten, beobachteten dieselben ein derartiges
heftiges Impfödem nicht, weshalb ich bei der peinlich vor der
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9
Impfung vorgenommenen Desinfektion wohl annehmen muss,
dass diese immerhin unangenehme Beigabe zur Impfung durch
den Krankheitsprozess veranlasst war.
Ueber die Einschleppung dieses Rotzfalles konnten irgend
welche Anhaltspunkte nicht ermittelt werden; Tristl hatte
sämmtliche Pferde länger als ein Jahr im Besitze. Eine
weitere Verbreitung der Rotzkrankheit von diesem, Dank der
Mallein-Impfung schnell getilgten Seuchenherde aus, wurde
bisher nicht entdeckt..
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte.)
Castration der Hengste etc. Zur Castration der Hengste
bemerke ich, dass ich die vom Collegen Neuwirth-Kemnath
% in Nr. 9 Seite 77 der Wochenschrift für Thierheilkunde und
Viehzucht 1898 angeführte Unterbindung des Samenstranges
mit einer Sublimatligatur — die nebenbei bemerkt, meine
Erfindung ist — schon vor 30 Jahren ausführte und die
Kluppen bei Tausenden von Hengsten (2—4jährigen schweren
Pinzgauern) ohne jeden Nachtheil am Castrationstage nach
ein paar Stunden abnahm, wobei oft an einem Vormittage bis
zu 20 Hengste castrirt wurden, wie meine zahlreichen
Praktikanten und viele andere Collegen bestätigen können.
Ich lege jedoch die Aetzligatur nicht oberhalb, sondern
unterhalb der Kluppen an und schneide dann etwa 1 cm
unterhalb der Ligatur die Hoden ab.
Dadurch kommt die Ligatur nach dem Abkluppen nicht
in die höhere, sondern in die untere Partie der Scrotalwunde,
wodurch Reizungen , derselben durch Sublimat und An¬
schwellungen mehr vermieden werden.
Bei der Castration der Stiere, Eber und Schaf¬
böcke wende ich gleichfalls meine Aetzligatur-Methode an
und habe, obwohl ich 1—4jährige, schwere Stiere ebenfalls
nach Tausenden castrirte, weder Blutungen, noch Starrkrampf
oder sonstige Unfälle mit Ausnahme eines einzigen Mercurial-
Ausschlages erhalten.
Ob letzterer aber allein Folge der Einwirkung des
Bischen Sublimats ist, der in die Wunde gelangt, bezweifle
ich und glaube, dass auch andere disponirende Momente bei
den betreffenden Thieren Veranlassung zum Ausschlage bilden,
denn sonst müssten derartige Ausschläge bei der grossen Zahl
von auf gleiche. Weise castrirten Stieren zahlreicher Vorkommen.
Von den vielen Collegen, die meines Wissens nach
meiner Aetzligatur-Methode seit vielen Jahren mit dem besten
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Erfolge castriren, wurde mir seit 30 Jahren nur/ von fünf
mitgetheilt, dass selbe nur ein paar Fälle von Mercurial-
Ausschlag beobachteten, die entweder einer oben erwähnten
besonderen Disposition der betreffenden Thiere oder einer
fälschlichen Präparation der Aetzligatur mit zu viel Sublimat
zugeschrieben werden könnten. Uebrigens kommen ein paar
solche Fälle gegenüber der grossen Zahl von ohne Unfälle
castrirten Thieren gar nicht in Betracht, wenn man bedenkt,
dass ja nach jeder Methode Unfälle und zwar oft mehrere
und bedeutendere Vorkommen. Eine ausführliche Beschreibung
der Präparation der Aetzligatur und der Castrationsmethode
würde hier zu weit führen und verweise ich Interessenten auf
meine desfallsige ausführliche Abhandlung in der Wochen¬
schrift für Thierheilkunde und Viehzucht, Jahrgang 1868
Nr. 32 und 33. (Bez.-Thierarzt Bfirchner in Landsberg.)
Bücherschau.
Lehrbuch der Toxikologie für Thierärzte von Dr. med.
Eugen Fröhner, Professor an der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Berlin. Zweite verbesserte Auflage. Stuttgart.
Verlag von F e r d. Enke.
Der erste Abschnitt des Werkes behandelt die allgemeine,
der zweite die specielle Toxikologie. Der letztere gliedert
sieh in 3 Kapitel: 1. mineralische Gifte, 2. pflanzliche und
3. thierische Gifte.
In prägnanter, klarer Weise bespricht der Verfasser alle für
die Praxis wichtigen Gifte, ihren chemischen beziehungsweise
botanischen Charakter, sowie die zoologischen Daten der Thiere,
von welchen Gifte stammen. An diese Ausführungen schliessen sieh :
Wirkung der Gifte, Krankheitsbild im Sectionsbefund, Behandlung,
Nachweis der Gifte und Kasuistik.
Das Studium der einzelnen Gifte ist ausserordentlich erleichtert
durch die dem speciellen Theile des Werkes vorausgehende all¬
gemeine Toxikologie. Daselbst findet der Leser Auskunft über die
Aetiologie, die Wirkung und Schicksale der Gifte im Thierkörper,
die klinisch-anatomische Diagnose, den chemisch-physikalischen und
physiologischen Nachweis und die Behandlung der Vergiftungen
im Allgemeinen.
In der neuen Auflage hat F. auch die neuen Forschungen
über Autointoxikationen, über Saponinsubstanzen und Blutgifte, über
die Geniessbarkeit des Fleisches vergifteter Thiere, die Zulässigkeit
der Conservirungsmittel etc. aufgenommen. Der Passus „ Behandlung
der Vergiftungen“ bei Besprechung der einzelnen Gifte macht uns
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mit den neuesten Antidoten bekannt. Auch in der zweiten Auf¬
lage der Toxikologie liegt uns wieder eine vorzügliche Arbeit des
allenthalben bekannten thierärztlichen Forschers und Schrift¬
stellers vor, deren gediegener Werth in jeder Richtung den anderen
Arbeiten des Verfassers gleich kommt, und die ebensowenig einer
Empfehlung bedarf wie die anderen Fröhner’schen Werke. A.
Maul- und Klauen-Senche in Schlacht- und Yiehhöfen.
Es ist gemeldet: am 21. Dezember 1900 der Ausbruch za Magde¬
burg, der Ausbruch und das Erlöschen zu München; am 22. Dezember
das Erlöschen zu Magdeburg.
Die Fachprüfung an der thierärztlichen Hochschule München haben
bestanden die Herren: Heinrich Blume aus München, Eduard Dietsoh
aus Dinkelsbühl und August Zellhuber aus München.
An der chirurgischen Klinik der Kgl. thierärztlichen Hochschule in
München ist die n. Assistentenstelle mit den Bezügen eines Assistenten
III. Ordnung (960 M. Jahresgehalt und 60 M. Zulage) alsbald zu besetzen.
Bewerber wollen ihre bezüglichen Gesuche bei der Direktion der
K. thierärztlichen Hochschule zu München einreiohen.
München, den 29. Dezember 1900.
Kgl. thierärztliche Hochschule.
Derz. Direktor: A 1 b r e o h t.
Tierarzt.
In hiesiger Gemeinde, unter Anschluss sämmtlioher auswärtigen Ge¬
meinden, ist die Tierarztstelle sofort zu besetzen; mit der Niederlassung
wird auf Wunsch des betr. Tierarztes diese 8telle durch den Distrikts¬
ausschuss zur Distriktstierarztstelle erhoben werden.
Nähere Auskunft ertheilt nur
Die Gemeindeverwaltung Dachsbach a/Aisch.
Bürgermeister Ruppreoht.
Veterinärnniform (Waffenrock und Tuchhose) aus hellfarbigem
Kersey, noch nicht getragen, gehr preiswert zu verkaufen« (3)
Offerten sind zu richten an die Exped. ds. Bl. unter Nr. 19149.
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&
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"i
Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
AI brecht, Veterinärstr. 6/ 1 » zu richten. 0. Red.
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( (JAN 30
Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 8. Januar 1901. Nr. 2.
Inhalt: Ritzer: Zur Differentialdiagnose Schweineseuche-Schweinepest. —
Kurze Mittheilungen aus der Praxis: Massenerkrankung an Coenurus;
Ufcerusvorfall bei einer träohtigen Kuh; Harnrohrenstein bei einem
Fohlen; Herzlähmung bei der Castration eines Kalbes. — Referate.
Notiz. — Bücherschau. — Personalien. — Inserate.
Zur Differentialdiagnose Schweineseuche-Schweinepest.
Von Bezirksthierarzt Ritzer in Teusohnitz.
Zwei Seucbeinvasionen in den letzten Monaten gaben mir
die Möglichkeit, beide Seuchen, die ich bereits in den Jahren
1895/96 im Westrich der Pfalz zu beobachten Gelegenheit hatte,
zu studiren und an der Hand der Kitt’schen Bacterienkunde, dieser
Goldgrube theoretischen und praktischen Wissens, mich mit ddr
UnterscheidungBmaterie beider Seuchen eingehender zu befassen.
Die Unterscheidung beider Seuchen ist nicht immer leicht;
ich hatte des öfteren Sektionsbilder, die völlig im Zweifel
Hessen, ob die eine oder die andere der beiden Seuchen die
Todesursache gewesen. Man blättere nur in den thierärzt¬
lichen Zeitschriften der Jahre 1895 bis 1897 über diesen Punkt
nach, so wird mau die verschiedensten Meinungen finden.
So nahm man vielfach bei pectoralem Krankheitscharakter
Schweineseuche, bei intestinalem Charakter Schweinepest als
vorhanden an. Bei verwischtem Charakter wurde dann Misch¬
infektion angenommen. Diese Annahmen mussten aber ver¬
worfen werden, als die Forschung feststellte, dass die ächte
Schweineseuche sowohl pectoralen als intestinalen. Charakter
besitzen könne. Mithin stimmen in vielen Fällen, wie dies
wohl jedem Collegen vorgekommen sein wird, der sich mit dem
Gegenstände näher zu befassen und besonders viele Sektionen
zu machen Gelegenheit hatte, die Krankheitsbilder der Schweirie-
seuche und Schweinepest klinisch und anatomisch überein.
Auch die mikroskopischen Bilder narren nur zu oft den Unter¬
suchenden; kommt es doch ganz darauf an, ob die Präparate
von höchst akut verlaufenen oder chronischen Fällen, ob sofort
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nach dem Tode oder mehrere Tage nach demselben gefertigt
worden sind. Und so mag es denn des öftern Vorkommen,
dass der beamtete Thierarzt im Aerger das Mikroskop bei
Seite stellt und sich denkt, ob Seuche oder Pest — einerlei,
die Massnahmen bleiben doch die gleichen. Die Mehrheit der
Collegen aber wird wohl der Ansicht sein, dass es für den
Diagnostiker erfreulicher ist, eine bestimmte Diagnose stellen
zu können, als diese offen lassen zu müssen.
Ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal bietet die
künstliche Kultur auf Nährgelatine im Reagensglase, die
schon bei Zimmerwärme gelingt und uns bereits nach
24 Stunden, spätestens aber innerhalb 48 Stunden zeigt, ob
als Infektionserreger bac. suisepticus oder bac. suipestifer an¬
zunehmen ist.
Der Erreger der Schweineseuche verflüssigt nämlich schon
nach 1—2 Tagen den oberen Theil der Gelatine. In der
Flüssigkeit finden sich in Unmassen die Colonien desselben
von weisslich trübem Aussehen.
Der Erreger der Schweinepest hingegen bildet um den
.Einstichpunkt einen weisslichen Belag, ohne die Gelatine zu
verflüssigen.
Tritt mithin bei zweifelhaften Fällen am zweiten Tage
eine Verflüssigung der inficirten Gelatine nicht ein, so liegt
Schweinepest vor; tritt in dieser Frist Verflüssigung ein, so
handelt es sich um Schweineseuche.
Die Anfertigung der Gelatine-Culturen ist äusserst einfach.
In ein bestens gereinigtes Reagensglas gibt man etwa eine
halbe Gelatinplatte, wie diese in allen besseren Specereiwaaren-
handlungen, sicher aber in jeder Apotheke erhältlich sind,
füllt das Glas zur Hälfte mit Wasser und kocht über der
Spiritusflamme die Gelatine 10—15 Minuten lang auf, ver-
schliesst dann das Glas mit in Wasserdampf sterilisirter Watte,
bis die Gelatine erstarrt ist.
Zur Stichkultur verwandte ich Exsudat des Herzbeutels,
Milzsaft oder Darmsaft, den ich der vom Diphtherieschorf be¬
freiten Schleimhaut entnahm.
Nach Durchglühen der Platinnadel wird das Impfmaterial
auf diese gebracht und mit dieser die Gelatine in dem Reagens¬
glase, das zur Verhütung von Verunreinigung durch Eindringen
von Spaltpilzen mit der Oeffnung nach unten zu halten ist,
angestochen, das Glas darauf mit Watte verschlossen und im
erwärmten Raume aufgehängt. Bei allen den von mir ange-
stellten zahlreichen Versuchen trat die Verflüssigung theils
vor, theils nach der 24. Stunde ein, immer aber sicher am 2. Tage.
Es ist dieses Verfahren, welches in zweifelhaften Fällen
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so rasch und sicher zum Ziele führt und weniger Arbeit ver¬
ursacht als die Anfertigung mikroskopischer Präparate, von
denen man nie weiss, ob sie dem Suchenden auch ein Bild
bieten, woraus er mit Bestimmtheit die richtige Diagnose zu
stellen vermag, nur zu empfehlen, umsomehr als die Culturen
vortreffliches Material für mikroskopische Bilder liefern. Dabei
muss nur die Vorsicht gebraucht werden, möglichst wenig
Cultur in einem Wassertropfen zu verreiben, damit die Bacillen
einzeln und nicht in dichten Colonien zu Tage treten.
Kurze Mittheilungen aus der Praxis.
Massenerkrankung an Coenurus. In einem Stalle in D.
erkrankten bei einem Besitze von 34 Stücken lt> Stücke und
zwar nach Angabe des Besitzers vom Juli 1&95 bis Oktober löi»5
fünf Stücke. Dieselben zeigten krankhafte Erscheinungen im
Kopfe; ein Stück verendete, ein zweites wurde geschlachtet
und im Hause verwerthet, die übrigen von Viehschmusern
von Abbaoh gekauft und irgendwie verwerthet. Weil vermeintlich
eine Seuche, wurde die Krankheit so viel als möglich vertuscht.
Als aber im Januar 1S% wieder 3 Stücke (eine 3- und
eine 5 jährige Kuh und ein Jährling) fast zu gleicher Zeit
erkrankten, wurde ich mit der Angabe, es sei eine ansteckende
Krankheit und hier insbesondere Milzbrand (Entschädigung?!)
vorhanden, gerufen. Auf meinen nach der Untersuchung der
Thiere gemachten Ausspruch „Gehirnblasenwurm“ allgemeines
Kopfschütteln bei dem Besitzer etc. Auf meine Frage, ob
nicht ein Hund Würmer habe, wurde mir erwidert, es sei vor
nicht langer Zeit ein Dachshund verendet und ein 2. sei wegen
starker Abmagerung getödtet worden, der 3. Hund war noch
gesund. Die beiden Hunde hätten Würmer gehabt.
Von den von mir untersuchten Stücken wurde eine Kuh
zum Hausgebrauche geschlachtet, der Jährling verendete; der¬
selbe hatte überdies noch starke Perlsucht, und die 3. Kuh
wurde durch Abbacher Händler in den Schlachthof Regensburg
gebracht. Im Laufe des Februar mit Juni erkrankten noch
der Zuchtstier und 7 weitere Jungrinder, die alle zur Schlachtung
verkauft wurden, und bei denen der Coenurus nach der Schlachtung
gefunden wurde. -
Ferner erkrankten in einem Stalle in Grossberghofen im
Laufe des Sommers und Herbstes 5 Jungrinder und 2 Kühe,
bei einem Bauern in Teuerting 5 Rinder und bei einem Bauern
in Reissling 6 Rinder und Kühe; sämmtliche wurden dem
Schlächter theils zum Haus-, theils zum freibankartigen Ge¬
brauche übergeben. Zu der Operation konnte sich kein Be-
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sitzer entschliessen. Alle diese Fälle konnten auf Infektion
durch Hundebandwürmer zurückgeführt werden.
(Bez.-Thierarzt Bauer- Kelheiur.)
Uterusvorfall bei einer trächtigen Kuh. Bauer m. aus Vf.
kam mit der Aussage, bei seiner 25 Wochen trächtigen Kuh
habe sich heute Morgen der Tragsack theilweise umgestülpt,
bezw. sei vorgefallen. Bei meiner Ankunft zeigte sich die
Scheide des Mutterthieres vollständig umgestülpt, der Mutter¬
mund und ein Theil des Fruchtbälters war aus dem Wurf
zu einem armsdicken, kreisrunden Wulst, ähnlich einem Gummi¬
luftkissen, hervorgedrängt und von der Mitte dieses Wulsts
ragte in der Form eines abgestutzten Kegels der Muttermund
und ein weiterer Theil des Frucbthälters hervor. In diesem
vorgeschobenen Kegel konnte man deutlich den Kopf des
Kalbes fühlen, und war somit in der That ein partieller Uterus¬
vorfall bei einem trächtigen Thiere gegeben. Dieser vor¬
gefallene Theil des Uterus war so prall mit Fruchtwasser
gefüllt, dass eine Reposition selbst am stehenden Thiere
nicht bewerkstelligt werden konnte. Es wurde in Folge dessen
der Muttermund mittelst Troikars angestochen und ca. l 1 ^ bis
2 Liter Fruchtwasser abgezapft, worauf sich die Spannung
minderte und die Reposition gelang. Der Scheidenkanal wurde
gründlich desinficirt und durch Anlegen einer Bandage wieder¬
holter Vorfall zu verhindern gesucht. Ich war der Meinung,
es würde auf diese Eingriffe hin sicher nach einigen Tagen
Abortus erfolgen; dem war jedoch nicht so. Die Kuh blieb
frisch und munter und gebar 14—15 Wochen später ein voll¬
ständig gesundes Kalb.
Dieser Fall veranlasste mich, 6 Wochen später an einer
20 —22 Wochen trächtigen Kuh ; bei welcher Fruchthälter-
wassersucht konstatirt war, gleichfalls den Anstich des Frucht-
hälters per Muttermund zu machen und eine grosse Quantität
des Fruchtwassers ablaufen zu lassen. Ungefähr 4 Wochen
später musste wegen abermaliger übermässiger Ansammlung
von Flüssigkeit im Fruchthalter die beschriebene Prozedur
wiederholt werden. Endlich in der 28. Woche der Trächtig¬
keit trat Frühgeburt eines todten Kalbes ein.
(Bez.-Thierarzt Bol z -Weissenburg a/8.)
Harnröhrenstein bei einem Fohlen. Als Seltenheit möchte
ich einen beobachteten Fall von Harnröhrenstein bei einem
halbjährigen belgischen Fohlen erwähnen. Derselbe hatte zur
Zeit der Operation die Grösse eines Gänseeies erreicht. Das
Thier überstand die im Stehen unter antiseptischen Gauteien
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durchgefflhrte Operation ganz gut und verheilte die am Damm
unterm After gesetzte Wunde in 2 Monaten. Die Extraktion
des Steines war sehr schwierig, da ich kein für die Grösse
des Conprementes geeignetes Instrument zum Fassen des*
selben besa8S. (Bez.-Thierarzt Hillerbrand in Freising.)
Herzlähmung bei der Castration eines Kalbes. Als ich
ein ca. 5 Monate altes, munteres, kräftiges Kalb castrirte,
schrie dasselbe bei Extraktion des ersten Hodens sehr arg
und zwar in einer ganz auffallenden Weise, entweder ver¬
anlasst durch den Schmerz oder wahrscheinlicher durch Furcht
und Schrecken; es stürzte zusammen, verdrehte die Augen
einigemale, dazu kam noch Collaps der Zunge, und da der
Herzschlag nicht mehr zu fühlen war, so durchschnitt der
Besitzer die Halsadern. — Bei Eröffnung der Körperhöhlen
wurden krankhafte Veränderungen nicht gefunden, so dass
anzunehmen ist, dass der Tod bei dem Thiere durch Herz¬
lähmung in Folge von grosser Aufregung verursacht wurde. —-
Bei der Castration von mehr wie 3000 Stierkälbern habe ich
nie Gleiches oder Aehnliches erlebt.
(Distr.-Thierarzt Beck in Heidenheim a/H.)
Referate. ...
Ein Mittel gegen die Hundswuth. Nach dem Bulletin
veterinaire Nr. 71 1000 berichtet ein englisches Journal aus
Indien, dass daselbst ein Mittel gegen die Hundswuth entdeckt
4 worden sei.
Eine Pflanze, „Euphorbia foliata“, soll in dem grünen
Safte ihrer Blätter einen Bestandteil enthalten, welcher das
Virus der Hundswuth zerstört.
Bringt man den Saft der Pflanze in die Bisswunde, so
bewirkt derselbe Entzündung der Wunde und leichtes Fieber/
Das Einbringen des Saftes in die Verletzung erfolgt dreimal
innerhalb 24 Stunden. Im weitern Verlaufe soll sich die Wunde
wie eine gewöhnliche verhalten, der Ausbruch der Wuth bei
den Gebissenen aber nicht erfolgen.
t __
Dr. L. Dor: Experimentelle Untersuchungen über die
periodische Augenentzündung des Pferdes, im Besondern über
die Ursache und Prophylaxis der in Auxonne epizootisch auf-
getreteneu periodischen Augenentzündung. (Le Progres vötöri-
naire. Dezember 1900.)
Im Verlaufe der in der Garnison von Auxonne seucben-
haft aufgetretenen periodischen Augenentzündung des Pferdes
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' 18
machte Y. bei an der Krankheit leidenden narkotisirten Pferden
die lridectomie und konnte eine Reinkultur des die Krankheit
erzeugenden Mikroorganismus herstellen. Dieser erwies sich
als ein Staphylococcus, sehr ähnlich dem Staphylococeus
pyogenes aureus.
Der Mikrobe entwickelte sich gut auf leicht saurem Nähr¬
boden, schwer auf stärker saurem und gar nicht auf alkalischem
Nährboden.
Intravenöse Injectionen des Microben veranlassten keine
Erkrankung; dagegen folgte auf Injectionen desselben in die
Augen eine intensive Entzündung; diese Thatsache erklärt
sich vielleicht dadurch, dass das Blut alkalisirt ist, während
der Nährboden im Innern des Augapfels eine schwach saure
Reaction besitzt (? Ref.).
Die Theorie des Autors über die Periodicität der Krank¬
heit lautet wie folgt:
Im Anfang findet der Krankheitserreger im Innern des
Auges sehr günstige Verhältnisse, aber die Entzündung welche
er erzeugt, veranlasst die Einwanderung von Leucocyten und
die Transsudation von Blutserum in das Augeninnere. Nun¬
mehr ist der Nährboden alkalisch, die weitere Entwicklung
der Microben sistirt und damit auch die Entzündung. Nach
längerer oder kürzerer Zeit aber fangen diejenigen Microben,
welche nicht todt sind, sondern nur in ihrer Weiterentwicklung
gehemmt wurden, wieder an zu wuchern und geben Veran¬
lassung zu einem neuen Anfall (? Ref.).
Nach dem Autor gibt es beim Pferde mehrere periodisch
auftretende Augenentzündungen, welche nur die Periodicität %
des Auftretens gemeinsam haben.
V. hat die periodische Augenentzündung beim Pferde
experimentell erzeugt. Er machte zuerst Versuche am Kaniuchen
und hierauf beim Pferde, welches sich viel empfänglicher er¬
wies als das Kaninchen. Jede Inoculation, bei welcher mehr
als 4 Tropfen einer fünffach verdünnten Cultur injicirt wurden,
bedingte eine suppurative Panophthalmie, welche den Verlust
des Auges beim ersten Anfalle im Qefolge hatte.
V. hat auch therapeutische Versuche angestellt:
1. Die lridectomie verzögerte am infizirten Auge die Ent¬
wicklung der Krankheit in hohem Grade.
2. Eserin und Atropin:
Bei einem Pferde wurden beide Augen infizirt. Hierauf
behandelte man das rechte ,Auge mittelst häufiger Atropin¬
instillationen, das linke mit Eserineinträufelungen, wobei ebenso¬
viel Eserin als Atropin in Verwendung kam. Das mit Atropin
behandelte rechte Auge erkrankte weniger als das linke.
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3. Alkalisation des Blutes:
Zwei Pferde wurden mit sehr verdünntem Virus infizirt.
Das eine erhielt hierauf eine intravenöse Injection von 120 g
Natriumbicarbonat gelöst in 3 Liter Wasser; das zweite Pferd
diente als Controlthier.
Dieses Pferd bekam einen charakteristischen Anfall mit
Hypopyon, hernach Synechie. Innerhalb 18 Tagen trat Heilung
ein. Das mit Natriumbioarbonat behandelte Pferd zeigte kaum
eine Trübung im Innern des Auges.
Wenn hoch virulente Culturen verwendet wurden, war
das Resultat nicht das gleiche; der Anfall wurde nicht ver¬
hindert.
Indessen glaubt der Autor, dass die Alkalisation des Blutes
bei der Behandlung der periodischen Augenentzündungen des
Pferdes eine Rolle spielen dürfte; es handle sich nur darum,
die Dosis und die Art der Anwendung des Alkali genau zu
bestimmen. . A.
Behandlung der verminösen Gastroenteritiden. Im Royal
Veterinary College wurde in den letzten Jahren ausschliesslich
Lysol bei diesen Gastroenteritiden verwendet. Ausgewachsene
Rinder bekommen bis 100 g Lysol in 2—2 1 /* Liter Wasser.
Zur Einführung empfiehlt sich die Verwendung der Schlund¬
sonde. Beim Schaf kann man bis zu 10—15 g gehen.
(Journ. Comp. Path. Therap. 1900, Bull. Y6t. 1900.)
Pearson: Zwerchfellruptur bei einem Pferd. P. beschreibt
einen Pall, wo die Ruptur, oberhalb der Zwerchfellsmitte, ohne
bekannte Ursache eintrat; alle Eingeweide erwiesen sich im
übrigen gesund. Die Diagnose konnte auf Grund des speziellen
Athmungstypus, der sich zeigte, gestellt werden. Die In¬
spiration geschah zweizeitig, während die Exspiration einfach
war. Ausgeprägte Dyspnoe, profuse Schweisse.
(Yet. Journ. Bull Y6t. 1900.)
Bartolucci: Seborrhoea oleosa beim Schaf. B. beobachtete
unter 8 Schafen ein Thier, welches andauernd die Wolle von
einem reichlichen öligen Schweisse imbibirt zeigte. Die glatt-
geschorene Haut zeigte bei der Untersuchung nichts Abnormes,
war aber mit derselben öligen Masse bedeckt. Da für
irgend eine Dermatose keine Anzeichen vorhanden waren, so
nahm B. das Vorhandensein einer Hypersekretion der Talg¬
drüsen, d. h. eine Seborrhoea oleosa an. Da das Thier mager,
die Wolle dunkel wurde und die Sekretion sich nicht ver¬
minderte, wurden häufige Seifenwaschungen angewandt, welche
die Hypersekretion beseitigten. (Giorn. R. Soc. Yet. Bull. Y6t. 1900.)
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Das Pferd als Lieferant von Diphtherieserum. Ein Fachs,
der im Laboratorium von Habana das Diphtherieserum zu
liefern hat, von einem Gewichte von 600 Pfund, wurde
immunisirt im Januar 1895; im ganzen bekam er 5210 cbcm
Toxin; es wurden ihm 37 Aderlässe zu 3—4 Liter gemacht,
d. i. im Ganzen 14800 cbcm abgezapftes Blut. Dieses Blut
lieferte 7400 cbcm Serum, und wenn man rechnet, dass
im Mittel 40 cbcm riöthig sind, um einen Kranken zu heilen,
so sieht man, dass das genannte Pferd zur Behandlung von
1850 Individuen gedient hat.
(Cron. Medico—Quirurg. Habana, Bull. Y6t. 1900.)
Eine neue Schafseuche. Der Korrespondent des British
Med. Journ. schreibt aus Melbourne, dass man dort bei den
Schafen eine neue, sehr korrtagiose Erkrankung mikrobischer
Natur entdeckt hat, welche in Australien sich rasch aus¬
breitete. Der spezifische Erreger findet sich im Boden und
gelangt in den Organismus nur durch Wunden. Preiss nennt
die Affektion Pseudotubereulose. Die Symptome bestehen in
einer mehr oder weniger starken Schwellung der Lymph-
drüsen; dieselben werden haselnuss- bis orangengross; in den
ersten Phasen der Krapkheit erscheinen sie wie fibröse
Kapseln, die mit einer schleimigen grünlichen Masse angefüllt
sind. Bisweilen brechen die Drüsen auf und entleeren sich.
Die anderen Organe sind nicht betroffen. Die Krankheit
zeigte sich in Sumpfgegenden und befällt alle Schafrassen.
Die Erreger sind kurze ovale Bazillen. Die Krankheit ist auf
Meerschweinchen und Kaninchen, nicht auf Hunde übertragbar.
Die Inoculation von grossen Dosen des Virus tödtet sehr rasch;
kleinere Dosen bewirken den Tod in 25 — 35 Tagen. Schafe,
die man an der Scham oder Klaue impft, hinken beim Gehen;
die Schwellungen erscheinen sehr rasch und das Thier magert
ab. Auffälligerweise kann das Virus im frischen Zustande
ohne anzustecken verimpft werden; dagegen kann altes Virus,
das 2 Monate lang gefroren war, nach dem Wiederanftauen
in 8 Tagen zum Tode führen. (Bull. V6t. Nr. 64/1900.)
Behandlung der Bronchitis verminosa des Schafes.
Empfohlen wird die Applikation von x j 2 Unze Terpentinessenz
in 2 oder 3 Unzen Leinöl, zu verabreichen früh am Morgen,
vor dem Weidegang. (Bull. Yet. 1900.) A.
Der nordamerikanische Pferdebestand im Vergleiche zu
dem der übrigen Länder. Nach einer Zusammenstellung des
Vereinigte-Staaten-Amtes für Landwirtschaft beträgt der
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Pferdebestand der ganzen Erde 73308950 Mill. und der Maul*
thier- und Eselbestand 8952984 Miil. Diese Zahlen ver*
theilen sieb auf die einzelnen Erdtheile wie folgt:
Pferde Maulthiere u. Esel
Europa: 38369136 3199388
Nordamerika: 17 425 631 2 339 055
Südamerika: 5429619 2 236366
Asien: 9148313 1305324
Afrika: 1040170 1872 741
Australien: 2 292081 110
Zusammen: 73 904 950 10952 984
Somit steht, was Pferde sowohl als auch Maulthiere
und Esel anbetrifft, Nordamerika in der Zahl der Thiere
nur hinter Europa zurück und hat allein mehr Pferde und
nahezu so viel Maulthiere und Esel aufzuweisen, als Süd¬
amerika, Asien, Afrika und Australien zusammen genommen.
Zieht man die übrigen Länder Nordamerikas ab, so bleiben
für die Vereinigten Staaten allein nach dem Stande vom
1. Januar 1900 13 537524 Pferde und 2086027 Maulthiere
und Esel. Betrachten wir die einzelnen Länder Europas,
deren Pferdehandel schon durch die Vereinigten Staaten be¬
einflusst wird oder über kurz oder lang beeinflusst werden
dürfte, so finden wir folgende Zahlen für den Pferde- und
Maulthierbestand in den einzelnen Staaten:
Pferde Maulthiere u. Esel
Deutschland
4037485 unbekannt, aber i
gering
Oesterreich-Ungarn
3 725254
83 502
Italien
720000
1300000
Frankreich
2807042
578641
Schweiz
118622
4 788
Luxemburg
17572
11
Belgien
282000
—•
Niederlande
265436
1884
Malta
8569
—
Spanien
610275
1396264
Portugal
289000
?
Grossbritanien
2112207
160
Dänemark
411270
4 400
Schweden ü. Norwegen
663 505
4400
Europäisches Russland 21 742 251
4400
Montenegro
3000
—
Serbien
170391
1575
Bumänien
671692
6460
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22
Pferde Maultbiere u. Esel
Griechenland 100 000 150000
Bulgarien 240 OOP 65 OOP
Zusammen: 38996 571 3 592685
(Pferdefreund Nr. 31 1900.)
Zum Selbstdispensiren der Thierärzte. Die Nr. 67 des
Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Bayern vom
30. Dezember 1900 enthält eine aus 38 §§ bestehende Allerhöchste
Verordnung vom 29. Dezember 1900, die Zubereitung und Feil¬
haltung der Arzneien in den Apotheken betreffend, und eine
Ministerialbekanntmachung gleichen Betreffs vom 30. Dezember 1900.
An der bisherigen Befugniss der Thierärzte, die bei Ausübung
der Thierheilkunde nothwendigen Arzneien selbst abzugeben,
wird durch die neuen Bestimmungen nichts geändert.
Bücherschau.
Thierärztlicher Taschenkalender für 1901 von M. Alb rech t,
Direktor und Professor an der königlich bayerischen Thier*
ärztlichen Hochschule in München und H. Biirchner, königlich
bayer. Bezirksthierarzt in Landsberg am Lech. V. Jahrgang.
I. Theil. Verlag und Druck der Ch. Attenkofer’schen
Buchhandlung in Straubing.
Die neue Auflage des bekannten Veterinärkalenders ist für
den Jahrgang 1901 nicht nur revidirt, sondern theilweise auch
neu bearbeitet und vermehrt, in sehr solidem Lederband erschienen.
Im I. Theile fanden die Massregeln gegen Geflügelcholera und die
verschärften Desinfektionsvorschriften bei Viehbeförderungen auf
Eisenbahnen geeignete Berücksichtigung. Im Kalendarium sind
wieder die Tages-Kalender-Einlagen für jedes Vierteljahr mit
ganzen Seiten pro Tag eingerichtet und mit entsprechendem Ver¬
merk zur Einsendung von Terminsarbeiten versehen. Die Be¬
sprechung des II. und III. Theils des Kalenders bleibt Vorbehalten.
Angesichts der praktischen und zeitgemässen Auswahl und Zusammen¬
stellung des Stoffes im vorliegenden I. Theil kann der Kalender
auch heuer wieder bestens empfohlen werden. Göring.
Personalien.
Der k.. Bezirksthierarzt Ludwig Himmelstoss in Landshut .wurde
auf Ansuchen yom 1. Februar an nach Dachau (Oberbayern) versetzt.
Ehrungen: Dem k. Bezirksthierarzt Stephan Albert in Gerolz-
hofen wurde in Würdigung seiner vielfachen und erfolgreichen Verdienste
auf dem Gebiete der Landwirtbschaft und speziell der Viehzucht durch
einstimmigen Beschluss des Magistrats und Collegiums der Gemeinde¬
bevollmächtigten das Ehrenbürgerreoht der Stadt Gerolzhofen (Unterfranken)
verliehen. — Dem ordentlichen Professor und derzeitigen Direktor der
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23
k. thierärztlichen Hochschule in München, Michael Alb recht, wurde der
Verdienstorden vom heil. Michael IV. Kl. und dem k. Bezirksthierarzt
Christoph Zissler in Amberg (Oberpfalz) das Verdienstkreuz desselben
Ordens verliehen.
Ernennungen: Der ordentliche Professor an der thierärztlichen
Hochschule Manchen, Dr. Theodor Kitt, wurde zum ausserordentlichen Mit-
gliede des k. Obermedizinalausschusses ernannt* Dem bezirksthierärztlichen
Verweser in Bruck, Hans Wucherer, wurde die Verwesung der erledigten
Bezirksthierarztstelle in Hilpoldstein und dem bezirksthierärztliohen Ver¬
weser Karl Rauscher in Vilsbiburg die Verwesung der erledigten Stelle
des Bezirks- und Kontrolthierarztes in Wegscheid übertragen.
Betreff: Wiederbesetzung der bezirksthierärztlichen Stelle in Bruck.
-Die Stelle des Bezirks- und Controlthierarztes für den Verwaltungs¬
bezirk W e g 8 c h e i d ist in Erledigung gekommen.
Bewerber um diese Stelle haben ihre vorschriftsmässig belegten Ge¬
suche bis längstens 22. Januar 19 01 bei der ihnen Vorgesetzten
k. Kreisregierung, Kammer des Innern, einzureichen.
Distriktsthierarztstelle.
Die neugeschaffene Stelle eines Distriktsthierarztes für den Distrikt '
Herzogenaurach mit dem Wohnsitze in Herzogenaurach soll bald-
thunlichst besetzt werden. Herzogenaurach, eine Stadt von 2800 Ein¬
wohnern, ist die Kopfstation der Lokalbahn Erlangen—Herzogenauraoh
und 11 km von Erlangen entfernt.
Mit der 8telle des Distriktsthierarztes Bind folgende Bezüge verbunden:
500 M. Jahresbezug aus Distriktsmitteln, wofür der Distriktsthierarzt
die Fleischbeschau bei Nothscblaohtungen unentgeltlich aus¬
zuüben hat,
200 M. Zuschuss der Stadtgemeinde Herzogenaurach,
ca. 150 M. Gebühren aus den Hundevisitationen,
ca. 270 M. Gebühren aus den Zuchtstierkörungen.
Hiezu kommen noch etwaige aus Kreismitteln gewährte Zuschüsse
zur Unterhaltung des Distriktsthierarztes.
Bewerber um diese Stelle, welche sich der Prüfung zur Erlangung
der Funktion eines amtlichen Thierarztes mit Erfolg unterzogen haben,
wollen ihre Gesuche, mit den Zeugnissen über Approbation, Staatsprüfung
und bisherige Verwendung belegt, bis längstens 15* Februar an
das unterfertigte Bezirksamt einreichen.
Höohstadt a/A., 29. Dezember 1900.
ISZgrl, Bezirksamt. Beckh.
Suche sofort einen Vertreter auf 4 Wochen. Geschirr und Ver¬
pflegung im Hanse. Reflektanten wollen sich an die Adresse von Amts¬
thierarzt Scherer^ Kranichfeld, Thüringen, wenden. 3(1)
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Go ttes Winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i> zu richten. 0. Red.
/Google
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von '
M. Albreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 29. Januar 1901. Kr. 5.
Inhalt: Prof. Dr. C. Parascandolo: Magenoaroinom bei einem Hunde.
G&strectomie. — Therapeutische Mittheilungen. — Referate. — Stand '
der Thierseuehen in Bayern am 15. Januar 1901. — Inserate.
Magenearcinom bei einem Hunde. Gastrectomie.
Von Prof. Dr. C. Parascandolo in Neapel. >
Das Cärcinom des Magens ist die häufigste maligne Er¬
krankung dieses Organs. Welch findet unter 30 Fällen von
bösartigen Tumoren des Magens 21,4°/ 0 , Virehow 35°/ 0 i
Haberlin 41,3°/ 0 . Dasselbe ist eine Erkrankung des mittleren
und höheren Alters, häufiger beim Manne als beim Weibe.
Die einzige Behandlung, welche Aussicht verspricht, ist die ’
chirurgische, und die Prognose hängt von dem Zeitpunkte ab,
zu welchem die Diagnose und der chirurgische Eingriff gemacht
werden. Unglücklicher Weise ist die rechtzeitige klinische
Diagnose ausserordentlich schwierig, da nicht ein einzelnes
charakteristisches Symptom besteht, sondern ein Komplex von
Symptomen, von denen jedes für sich geringe Bedeutung hat,
und von denen die Mehrzahl sich deutlich erst in vorgerückten
Stadien der Erkrankung manifestirt. Osler berichtet auch
zahlreiche Fälle von Magenkrebs, bei denen überhaupt kein
Symptom Verdacht erweckt hatte. Zu Anfang bemerkt man
eine Verringerung der Verdauungsthätigkeit, Appetitverlust,
Schmerzempfindung in der Magengegend, Verringerung des
Körpergewichts, später mehr oder weniger häufiges Erbrechen
bis smm Erbrechen kaffeesatzartiger Massen. Alsdann beginnt .
der Tumor deutlicher und die Cachexie bemerklich zu werden;
es entwickeln sich vorübergehende Oedeme an den Unterglied¬
massen. Wenn alle diese Symptome sich zeigen, so ist das
vollkommene Bild einer malignen Erkrankung gegeben; leider
aber ist dort, wo diese Symptome genügend deutlich sind, der
Fall'Zumeist aussichtslos.'
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Czerny und Kraske halten die Operation meist für
aussichtslos, wenn der Tumor palpabel wird. Die chemische
Untersuchung des Magensaftes kann die Diagnose klären: in
60 w / 0 der Fälle fehlt die freie Salzsäure; aber auch diese Er¬
scheinung tritt nicht immer frühzeitig ein, im Qegentheil, es
kommt sogar vor, dass bei Carcinomen, die sich auf der Basis
von Magengeschwüren entwickelt haben, eine Vermehrung der
Salzsäure besteht (Hemm et er). Eine andere Erscheinung,
welche für die Diagnose Magencarcinom spricht, ist das Vor¬
handensein von Milchsäure und des Oppler-Boas’schen Bacillus.
Die motorische Kraft des Magens ist vermindert, doch ist dies
keine spezifische Erscheinung. Das wichtigste Charakteristikum
wäre das Vorhandensein von Krebszellen im Erbrochenen,
jedoch kommt dies in den Anfängen der Erkrankung fast nie
vor, wesshalb man sogar in verdächtigen Fällen versucht hat,
Stückchen des Tumors zur Untersuchung zu gewinnen. Kohn
hat eine besondere Sonde erfunden, welche unter Kontrolle
durch X-Strahlen eingeführt werden kann; dasselbe Instrument
dient auch dazu, den Sitz der Neubildung zu bestimmen. Senn
ist der Ansicht, dass diese „diagnostische Massage“ eine Zu¬
nahme in der Wachsthumsschnelligkeit des Tumors erzeugen
kann. Auch Hohlsted hält dieses Verfahren für gefährlich
wegen der Möglichkeit einer Verimpfung von Krebstheilen.
Die Untersuchung des Blutes zeigt dessen specifisches Gewicht,
den Hämoglobin- und Blutkörpergehalt verringert, entsprechend
der Anämie. Bemerkenswerth ist, dass in Frühstadien der
Erkrankung der Hämoglobingehalt höher als in der Norm
sein kann, und dass in den vorgerückten Stadien sich eine
ausgesprochene Oligocbromämie einstellen kann, wesshalb eine
wiederholte Blutuntersuchung von Wichtigkeit ist (Simon). Die
weissen Blutkörperchen vermehren sich bei Entzündung und
Ulceration des Krebses. Im Urin der Krebskranken finden
sich keine für die Diagnostik verwerthbaren Elemente.
Die Heilbarkeit des Magenkrebses hängt von verschiedenen
Bedingungenen ab: von seiner Struktur, von seinem Sitz, seiner
Ausdehnung, dem Zustande der umgebenden Gewebe, der In¬
fektion der Lymphgefässe, sowie von dem Allgemeinzustand
des Körpers.
Die Geschwindigkeit im Fortschreiten der Wucherung
hängt von der relativen Menge der Krebszellen und des Stromas
ab: wenn die epithelialen Elemente überwiegen (Medullar-
krebs), so ist das Wachsthum ein schnelles, langsam wachsende
Krebse sind diejenigen, in welchen das Stroma prädominirt
(Scirrhus). Die Geschwülste des Pylorus sind harte Krebse
und folgen den Blutgefässen, welche die Pylorusöffnung um«
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51
geben, können den Pförtner verschliessen und zum Tode durch
Inanition führen noch ehe sie inoperabel geworden sind. In
anderen Fällen bleibt die Pylorusöffnung durchgängig; seltener
beginnen im Pylorus jene Krebsformen, welche den ganzen
Magen infiltriren. Im Allgemeinen sind für die Operation die
Cylinderzellkrebse am günstigsten gelagert, da sie sich langsam
entwickeln und anfänglich keine Verwachsungen mit den be¬
nachbarten Organen bedingen. In Hinsicht auf die Zugäng¬
lichkeit bei der Operation ist auch die Lage des Tumors von
Wichtigkeit; im Allgemeinen entwickeln sich 10°/ 0 in der
Oardia, 30°/ 0 im Fundus, 60°/ 0 in der Pylorusgegend (Qussen-
bauer). Die Cardiaöffnung ist zumeist sekundär betroffen;
Symptome für diese Lokalisation sind Schwierigkeit des Ab¬
schluckens, hernach Erbrechen in Folge der Wegverlegung,
wodurch die Diagnose erleichtert wird; umso schwieriger oder
fast unmöglich ist hier die Operation, zumal in dieser Gegend
die Entwicklung der Geschwülste und die Infiltration der Um¬
gebung eine sehr rapide zu sein pflegt. Das Funduscarcinom
ist anfänglich schwierig zu diagnostiziren, so lange nicht in
Folge Ausbreitung auf die Magenöffnungen mechanische Stör¬
ungen eintreten. Einhorn hält in diesen Fällen Diaphano¬
skopie oder die,X-Strahlen für nützlich, Kocher zieht die
Untersuchung in tiefer Narkose vor. Das Pyloruscarcinom
ist sowohl für die Diagnose als für die Operation am günstigsten.
Die Zurückhaltung des Mageninhalts mit sekundärer Dilatation
ist eine charakteristische Folge des „Magenverschlusses“, und
auch wenn der Verschluss nicht von einem Krebs erzeugt wird,
fällt die Behandlung doch immer dem Chirurgen anheim. In
Hinsicht auf den Pyloruskrebs ist die Ausdehnung des Magens
grösser oder kleiner je nach der Lage des Pylorus : wenn
dieser durch ein kurzes Lebermagenband fixirt ist, so hat der
Magen das Hinderniss ausschliesslich durch seine Muskel¬
kontraktion zu überwinden, und da beim Krebs eine Hyper¬
trophie der Muskulatur nur geringfügig ausgesprochen zu sein
pflegt, so entsteht schnell Erweiterung; ist umgekehrt der
Pylorus sehr tief gelegen, so erleichtert die Schwere den Ab¬
fluss des Mageninhaltes, und so kann in diesem Falle hoch¬
gradige Stenose ohne starke Dilatation bestehen. Die Aus¬
dehnung der Geschwulst auf die Nachbarorgane ist ein Spät¬
symptom und kann eine Gegenanzeige gegen die Operation
abgeben. Aber die Adhäsionen können auch frisch entstanden
und mehr aus einem entzündlichen als aus einem spezifisch
krebsigen Prozess hervorgegangen sein, in der Nachbarschaft
von Geschwüren können sich adhäsive Entzündungen ent¬
wickeln, welche zur Entstehung von Fisteln zwischen Magen
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52
und Duodenum oder Colon, selten auch zu Durchbruch nach
dem Peritoneum und Pertorativ-Peritonitis (soferne nicht ge¬
nügende Verwachsungen vorhanden sind) führen. Seltener
erfolgt die Verbreitung auf dem Blutwege. Vom operativen
Gesichtspunkt aus stellen die Adhäsionen eine ernste Kompli¬
kation dar, da die Exstirpation nicht viel verspricht, wenn
krebsig infiltrirte Theile Zurückbleiben. In der That ergibt
die Statistik von Haberkant 72°/o Todesfälle bei adhärenten
Formen, 27°/o bei nicht adhärenten. Gussenbauer kon-
statirte in 542 Fällen 37°/o mit, 41°/o ohne Metastasen. Die
Infektion auf dem Lymphwege ist gleichfalls eine ernste Kom¬
plikation, aber die Lymphdrüsen können sich auch bei den
gutartigen Magenerkrankungen vergrössern (Fenger), und nach
May unterscheidet sich die entzündliche von der krebsigen
Verdickung durch die weichere Konsistenz der Drüsen. Da
nun die vom Magen her versorgten Drüsen längs der kleinen
Kurvatur und der Cardia, und entlang der grossen Kurvatur
im Lig.gastrocolicum, schliesslich auch in der Nähe des Pankreas¬
kopfes liegen, so können diese Drüsen nicht vollständig ent¬
fernt werden (Linder, Sutton). Der gewöhnliche Weg, den
der Krebs bei seiner Verbreitung nimmt, geht durch die tiefen
Drüsen nach der Leber, was nach Binnie eine Folge der Zer¬
störung der normalen Lymphgefässe bei der Operation, ist.
_ • (Schl 088 folgt.)
Therapeutische Mittheilungen.
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte.)
Aktinomykose. In 5 Fällen von Aktinomykomen im Kiefer
und in der Kehlgegend wandte ich die in letzter Zeit so viel
gepriesene Arsenbehandlung in Substanz an, da nach Operationen,
wenn auch auf das sorgfältigste ausgeführt, einige ßecidiven
eintraten. Die bis jetzt mit Arsen gemachten Erfahrungen
können kein abschliessendes Urtheil abgeben. Unangenehm
sind jedoch die sehr grossen Schwellungen. So habe ich drei¬
mal bei Maximalanwendung von l 3 /4 gr. solche in der Grösse
eines grossen Brodlaibes und darüber beobachtet, so dass die
geängstigten Besitzer wiederholt zur Nothschlachtung schreiten
wollten. Weiter ist fatal, dass die Ausstossung der ab¬
gestorbenen Masse sich bis 5 Monate erstreckt, in welcher
Zeit die Besitzer nur zu leicht den Glauben an einen Erfolg
verlieren. (Bez.-Thierarzt Vogg-Rehau.)
Bei der Haemoglobinämie des Pferdes wurde neben der
sonst üblichen Therapie eine Dosis von 20 gr. Chloralhydrat
und 10 gr. Calomel — auf einmal verabreicht — versucht und
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dabei recht befriedigende Resultate erzielt. Wenn nöthig,
wurde dieselbe Gabe auch noch am folgenden und nächst¬
folgenden Tage verabreicht.
Der Urin hellte sich verhältnissmässig schnell auf und
war es niemals nöthig, das Tbier in eine Hängegurte zu
bringen, da das Bewegungsvermögen sich in sehr kurzer Zeit
wieder einstellte und sich die Thiere alsbald so weit erholten,
dass sie im Stande langsam hin und her gehen konnten.
Merkwürdig mag es erscheinen, dass die gewiss toxische
Dosis von 20—30 gr. Calomel ohne allen Nachtheil vertragen
wurde, geschweige denn einen gefahrvollen Durchfall nach
sich brachte. Es stellte sich vielmehr meist nur eine aller¬
dings ausgiebige Defäkation halbweicber Kothmassen ein. Sicher¬
lich dürfte dabei die peristaltiklähmende Wirkung des Chloral-
hydrates in Betracht zu ziehen sein. Ob dasselbe auch durch
Hemmung der Zersetzungsvorgänge in den Muskeln einen so
günstigen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit äussert,
mag dahin gestellt sein; sicher ist nur, dass diese Therapie in
vorläufig 9 Fällen von Hämoglobinämie, welche in den ver¬
schiedensten Stadien zur Behandlung kamen, überraschende
Erfolge erzielt hat. (Distr.-Thierarzt Dott 1 -Altomünster.)
Hundestaupe. Bei dem so häufigen Vorkommen einer
Paralyse oder Parese der Nachhand bei der Hundestaupe
wurde täglich 1 gr. Sulfonal mit Eidotter gegeben und als
überraschend gut wirkend befunden. Selbst in Fällen, in
denen die Thiere die Füsse in der bekannten Robbenstellung
nachzogen, trat auf Verabreichung dieses Mittels in kürzester
Zeit Besserung und vollständige Heilung ein, auch ohne jede
äussere Therapie. Ebenso sicher wirkte Sulfonal bei den in
Folge der Sucht auftretenden Gehirnkrämpfen, welche bereits
nach Verabreichung von ein paar Dosen sich völlig verloren.
Zu Beginu der Staupe wurden mit Calomel höchst
befriedigende Resultate erzielt; die Krankheit nahm hiebei
meist einen abortiven Verlauf.
(Distr.-Thierarzt D 5111 - Altomünster.)
Von der günstigen Wirkung des Alkoholverbandes, wor¬
über ich schon vor ein paar Jahren in der „ Wochenschrift
für Tbierheilkunde“ berichtete, kann ich auch im abgelaufenen
Jahre einen Fall zitiren.
Es handelte sich um eine penetrirende Krongelenks-
verletzung. Die anfangs eingeleitete Behandlung mit einem
trockenen Jodoform-Gazeverband, um die Wunde zum Ver¬
schluss zu bringen, gelang nicht, während dies durch den
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Alkoholverband zu Stande kam. Ich verwendete hiezu 95°/oigen
Alkohol, habe feinste Gaze damit getränkt, leicht in die Wunde
geschoben und darüber den bekannten gefensterten Gutta-
perchataffet-Verband gelegt. Alle Tage Erneuerung, des Ver¬
bandes. Verschluss der Wunde nach ca. 8 Tagen.
Es wäre sehr zu wünschen, wenn mehr Versuche mit
diesen Verbänden gemacht würden, um ein endgiltiges Urtheil
darüber abgeben zu können. (Bez.-Thierarzt SUger-Dachau.)
Referate.
Schattenfroh und Grassberger: Die Beziehungen der un¬
beweglichen Buttersäurebazillen zur Rauschbrandaffektion.
(Münchener Mediz. Wochenschr. 1900 Nr. 50 ) Die Autoren
haben nachgewiesen, dass der Bacillus emphysematis (Pränkel,
Lindenthal, Hitschmann) eine pathologische Varietät des Granulo-
bacillus saccharobutyricus immobilis liquefaciens darstellt. Die
Untersuchung eines Rauschbrandfalles, sowie einer Anzahl
Rauschbrandkulturen lehrten nun, dass auch jedenfalls eine
Anzahl von Rauschbranderkrankungen nicht durch den Bac.
sarcemphysematos, sondern durch den unbeweglichen Butter¬
säurebacillus erzeugt werden. Ein Fall von typischem Rinder¬
rauschbrand ergab bei der bakteriologischen Untersuchung
nirgends die Rauschbrandstäbchen, wohl aber Hessen sich aus
verschiedenen Muskelpartieen Kulturen gewinnen, welche in
keiner Weise von solchen des Buttersäurebacillus unterschieden
waren. Die betreffenden Stäbchen waren für Meerschweinchen
pathogen. Gasbildung in Milch etc., Buttersäurebildung, Un¬
beweglichkeit, Clostridien, starke Granulosebildung etc. waren
nachweisbar.
Ausserdem untersuchten die Autoren zwei Proben von
Rauschbrandfleisch (von Meerschweinchen), 3 Reinkulturen,
7 Proben von eingetrocknetem, rauschbrandigem Material, wie
es als Ausgangspunkt für die Impfstoffbereitung dient. Die
ersten zwei Proben erwiesen sich nur theilweise für Meer¬
schweinchen pathogen; in diesen Fällen liess sich der unbe¬
wegliche Buttersäurebacillus züchten. Die in Reinkultur über¬
sandten Stämme, welche bakteriologisch alle Charakteristika
der Rau8cbbrandbacillen zeigten, waren nicht pathogen.
Von den 7 Impfstoffproben (nur eine aus einem staatlichen
Institute stammend) waren 5 hochgradig pathogen und führten
in 20 Stunden den Tod von Meerschweinchen herbei. Von den
Kadavern wurden in keinem Falle Reinkulturen gewonnen,
welche als Rauschbrandbacillen hätten charakterisirt werden
können; wohl aber konnten in allen Fällen unbewegliche
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Buttersäurebacillen gezüchtet und isolirt werden. Die Pathogenität
derselben für Meerschweinchen wurde zum Theil bereits kon-
statirt, Untersuchungen an Rindern sind im Gange.
„Gelänge der Versuch, woran wir nicht zweifeln, so wäre
mancher Misserfolg der Rauschbrandimpfung erklärlich, voraus¬
gesetzt, dass verschiedenartige Prozesse Rauschbrand heissen.
Als weitere Versuche werden sich lmmunisirungs- resp. Impf¬
versuche anreihen, die wir uns, soweit sie sich auf den unbe¬
weglichen Buttersäurebacillus beziehen, Vorbehalten. Dieselben
dürften auch Aufschluss bringen, ob beim Rausch brandprozesse
vielleicht auch echte Mischinfektionen eine Rolle spielen.“
Schattenfroh und Grassberger: Neue Beiträge zur Kennt-
niss der Buttersäuregährungserreger und ihrer Beziehungen
zum Rauschbrand. (Münchener med. Wochenschr. Nr. 2 1901.)
In obigem Aufsatze vervollständigen die Autoren ihre Angaben
über die Identität des Rauschbrandbacillus mit dem unbeweg¬
lichen Buttersäurebacillus. Frühere Untersuchungen der Ver¬
fasser hatten gezeigt, dass in der Natur in grosser Verbreitung
sowohl eine bewegliche als eine unbewegliche Art von Butter¬
säurebacillen Vorkommen, welche beide aus Kohlehydraten
Buttersäure, Milchsäure, Kohlensäure und Wasserstoff, daneben
gelegentlich geringe Mengen von Alkoholen erzeugen. Eiweiss
peptönisirönde Fermente fehlen beiden Arten. Nun gelang es
bei Züchtung mit milchsaurem Kalk gleichfalls, eine ganze
Anzahl anaerober Bakterien zu züchten, welche sowohl
Kohlehydrate unter Buttersäure-, Milchsäure- und oft reichlicher
Alkoholbildung vergähren, als auch Eiweiss unter Bildung
stinkender Fäulnissprodukte peptonisiren. Während die erst¬
genannten Arten z. B. das durch die Säurewirkung in der
Milch ausgefällte Kasein nicht wieder in Lösung überführen,
wird es von letzteren Arten nach anfänglicher feinflockiger
Füllung in kürzester Zeit wieder peptonisirt. Für diese neue
Gruppe schlagen die Autoren den vorläufigen Namen „fäulniss-
erregender Buttersäurebacillus“ vor, welchem die beiden erst¬
genannten Arten als „beweglicher“ und „unbeweglicher“ Butter¬
säurebacillus gegenüberstehen. Die anaeroben Bacillen sind
beweglich, bilden bei den gewöhnlichen Züchtungsmethoden
stets endogene Sporen, welche in der Mitte oder am Ende des
Stäbchens sitzen und letzteres meist kolbig auftreiben.
Durch ihre neuesten Untersuchungen glauben die Autoren
nun den sichern Beweis erbracht zu haben, dass ein in die
Gruppe der unbeweglichen Buttersäurebakterien ge¬
hörendes Stäbchen (ein „Clostridium“) kat’ exochen der Er¬
reger des Rinderrauschbrandes ist.
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In Anbetracht des grossen nicht bloss theoretischen In¬
teresses, welches die Frage hat, mögen hier die wichtigsten
bisher mitgetheilten Feststellungen Platz finden.
1. „Eine Probe von getrocknetem, rauschbrandigen Meer¬
schweinchenfleisch, die uns Professor Johne in Dresden zu¬
sandte, war in einem Falle für Meerschweinchen bei subkutaner
Einverleibung nicht pathogen und wurde von uns nicht weiter
untersucht.
2. In einem von Professor Ostertag in Berlin uns über¬
sandten rauschbrandigen Meerschweinchenfleisch waren in Rein¬
kultur unbewegliche Buttersäurebacillen nach¬
weisbar. Dieselben waren für Meerschweinchen, in Reinkultur
injicirt, hochgradig pathogen (hämorrhagisches Oedem mit Gas¬
bildung etc.).
3. Die Muskeln eines in Purgstall (Niederösterreich)
an Rauschbrand gefallenen Rindes, welches von
uns an Ort und Stelle sezirt worden war, enthielten fast in Rein¬
kultur, nur in geringem Masse mit aeroben Kurzstäbchen oder
Coccen verunreinigt, unbewegliche, für das Meerschweinchen
äusserst pathogene Buttersäurebacillen (typischer Befund). In
diesem Falle beobachteten wir unter gewissen Kulturbeding¬
ungen ganz enorme Granulöse- und Clostridienbildung, wie
wir sie früher und später nur selten antrafen.
4. Professor Guillebeau in Bern hatte die besondere Freund¬
lichkeit, uns 7 Proben von eingetrocknetem Rauschbrandmateriale
(noch nicht attenuirt), das er zur Bereitung des Rauschbrand¬
impfstoffes verwendet, zuzusenden. Diese Proben waren es,
über welche wir schon kurz berichteten. Hinzufügen wollen
wir noch, dass direkt aus den Muskeln eines mit einer dieser
Proben geimpften Meerschweinchens ausschliesslich
die unbeweglichen Buttersäurebacillen, die auch in allen
anderen Proben nachweisbar und kultivirbar waren,
gezüchtet werden konnten.
5. Ein Muskelstück von einem rauschbrandigen Rinde,
das uns Bezirksthierarzt Mucha in Lilienfeld (Niederösterreich)
in frischem Zustande in sterilem Glase verpackt,
freundlichst zusandte, enthielt fast in Reinkultur den unbeweg¬
lichen Buttersäurebacillus. Schon im Originalmuskel waren
im mit Jod gefärbten Ausstrichpräparat eine grosse Anzahl
von mit Granulöse dicht beladenen Stäbchen und Clostridien
zu sehen.
6. Von den durch Professor Nocard in Alfort übersandten
3 Proben Impfstoffes (attenuirt?) war nur eine pathogen. Wir
züchteten in diesem Falle, wie stets, den unbeweglichen Butter¬
säurebacillus und konstatirten im Ausstrichpräparate der Muskeln
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57
des gefallenen Thieres denselben typischen Befund, wie in den
früher erwähnten Fällen (Clostridien, Granulöse).
7. Endlich danken wir der freundlichen Vermittlung von
Professor Erwin Voit, Professor Kitt in München die Zusendung
eines getrockneten Rindermuskels. Aus Stückchen von diesem
wuchs bei geeignetem Kulturverfahren in Reinkultur der
unbewegliche Buttersäurebacillus.
Bei Einbringung eines Muskelstückchens unter die Haut
eines Meerschweinchens konnte die hohe Pathogenität des ein¬
gesandten Materials erwiesen werden (typischer Befund, Granu¬
löse, Clostridien).“
Die Angaben aus der Literatur, welche die Verfasser zum
Beweise für ähnliche frühere Beobachtungen zitirten, können
hier übergangen werden. Den Grund, wesshalb trotz der
reichen Anzahl klassischer Arbeiten, welche über das Rausch¬
brandvirus vorltegen, die Identität des Rauschbrandstäbchens
mit dem Buttersäurebacillus noch nicht festgestellt worden,
Sehen die Verfasser in der Schwierigkeit, Reinkulturen der
RftU8chbrandbacillen zu erhalten. Abgesehen von der Schwierig¬
keit, dieselben vom Thiere zu züchten, ist hier der Umstand
von besonderer Wichtigkeit, dass „beim natürlichen Rinder¬
rauschbrand, wie auch schon Kitt hervorhebt, im Kadaver
stets eine Anzahl von verschiedenen, den Rauschbrandprozess
begleitenden Bakterien angetrofien wird. Unter diesen finden
sich aüch anaerobe Arten, welche beweglich sind und welche
ungemein leicht in den Kulturen zur Entwicklung gebracht
werden kÖnnön. Bei dem Umstande, dass bis jetzt das Platten¬
verfahren im* Allgemeinen nicht häufig mit Erfolg angewandt
wurde, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Autoren die anaeroben
Arten nicht gehörig zu trennen vermochten, eine hohe. Erwägt
man noch die Thatsache, dass der spezifische Erreger schwer
züchtbar ist, so wird die Sachlage immer klarer und man wird
mit der Annahme, dass es sich bisher im besten
Falle um Mischkulturen gehandelt hat, nicht
weit fehlen.
Wir müssen aber noch einen Schritt weiter gehen und
können die Thatsache, dass viele in den Laboratorien fort¬
gezüchtete Stämme, wie wir uns selbst für eine grössere An¬
zahl überzeugen konnten, einer ganz anderen Gruppe angehören
und mit dem Rauschbrand gar nichts mehr zu thun haben,
nur so erklären, dass entweder von vornherein aus rausch-
brandigem Materiale oder allmählig im Verlaufe der wieder¬
holten Uebertragungen (zum Theil wohl durch die Kultur¬
methode hervorgerufen), die nicht spezifischen Bakterien
angereichert, schliesslichinReinkul tur gezüchtet wurden.
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Y '
58
Dass manche Autoren mit ihren Kulturen bei Meer¬
schweinchen tödtliche Erkrankungen hervorrufen konnten,
spricht nicht gegen unsere Annahme. Denn einmal liegt die
Möglichkeit vor, dass auch andere, nicht spezifische, für das
Meerschweinchen pathogene Bakterien in denselben vorhanden
waren, ferner konnten die spezifischen Erreger, wenn auch
nur in Form von Sporen, der Kultur adhaerieren. Bei Thier¬
passage kamen sie dann wieder zu ausgiebiger Entwicklung
und führten den Tod der Thiere herbei.
Wir vermuthen, dass auch die Resultate Kitasato’s sich
auf diese Weise erklären. In diesen Versuchen war die Mög¬
lichkeit, dass die nicht spezifischen anaeroben Bakterien reichlich
im Gewebe zur Entwicklung kommen, durch die Anordnung
derselben besonders begünstigt, da K. die Thiere gewöhnlich
erst 24—48 Stunden nach dem Tode sezirte.“^ E. A.
Dr. Kellner: Untersuchungen über die Verdaulichkeit des
Torfmetlles. (Landwirthschaftl. Presse Nr. 1 1901.) Fein¬
gemahlener Moostorf bildet einen Bestandteil der fabrik-
massig hergestellten Torfmelasse.
Man hat angenommen, dass der der Torfmelasse bei¬
gemischte Torf nicht verdaulich sei und desswegen bei der
Bewertung der Torfmelasse als Futtermittel nicht in Betracht
kommen könne. *
Diese Annahme gründete sich auf die Voraussetzung, dass
die leichter löslichen und daher den Verdauungssäften zugäng¬
lichen Bestandteile der Moosarten, aus welchen der Torf
entsteht, bei der langandauernden Zersetzung, welcher diese
Pflanzen im Verlaufe der Torfbildung ausgesetzt waren., zer¬
stört werden.
Dr. Kellner hat nun im Verein mit Dr. Zahn und Dr. von
Gillern an Hammeln Versuche über die Frage angestellt, ob
bei der Torfbildung die sämmtlichen verdaulichen Stoffe zer¬
stört werden.
Diese Versuche ergaben, dass Torfmehl den Verdauungs¬
apparat nicht bloss vollständig unverdaut passirt, sondern auch
noch andere Stoffe, nämlich Nährstoffe aus dem übrigen Tbeile
und den Verdauungssäften in den Koth überführt. Das Torf¬
mehl ist daher nur Ballast, welcher beim Kauvorgange und
bei den Verdauungsprozessen im Magen und Darme einen
Verbrauch an Kraft bedingt, der durch den Zerfall sonst
nutzbringender Nährstoffe gedeckt werden muss. Beurtheilt
man das Torfmehl vom Standpunkte der Zufuhr und Ver-
werthung der Nährstoffe des Futters, so hat das Torfmehl
einen negativen Werth. M. A.
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59
Drnckfehlerberictatignnfir : In Nr. 4 S. 44 Zeile 14 r. u. soll es
heissen: „Peroheron“ statt „Porobevans 4 .
Stand der Thierseuchen in Bayern am 15. Januar 1901.
a) Rotz (Wurm).
Niederbayern: Vilsbiburg 1 Gern., (l Geh.); Schwaben:
Donauwörth 1 Gern. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern 4 Gern. (16 Geh.); Pfalz 3 Gern. (3 Geh.);
Oberpfalz 3 Gern. (4 Geh.) ;Oberfranken 8 Gern. (8 Geh.);
M ittelfranken 1 Gern. (1 Geh.); Unterfranken 3 Gern.
(3 Geh.); Schwaben 44 Gern. (102 Geh.).
d) Schweineseuche (Schweinepest):
Niederbayern 1 Gern. (1 Geh.).
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
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für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45.'Jahrgang. München, den 5. Februar I9M. Nr. 6.
Inhalt: Prof. Dr. C. Parascandolo: Magencarcinom bei einem Hunde.
Gastreotomie — Bericht Ober die Delegirten-Versammlung bayerischer
Tfaierfirzte in Nürnberg. — Referate. — Bücherschau. — Personalien, —i
Inserate.
1 .- ■ . 1 r
Magencarcinom bei einem Hunde. Gastreotomie.
Von Prof. Dr. C. Parasoandolo in Neapel.
(Fortsetzung.)
In den Fällen, in welchen die Diagnose schwankend ist,
darf mit der Probeincision nicht zu lange gewartet werden.
Man macht einen Einschnitt in der Medianebene zwischen
dem Schwertfortsatz und dem Nabel, verlängert die Wunde,
bis die Pars pylorica sichtbar wird, die der gewöhnliche Sitz
der. Erkrankung ist. Aber auch die durch lnspektion und
Palpation bei . der Probelaparotomie feststellbaren Verändere
ungen, d. i. eine gewisse Derbheit in der Wand des Magens,
eventuell etwas weissliche Verfärbung etc. können zur sicheren
Diagnose nur bei reicher Erfahrung führen, und eine Probe-
excision ist wegen der Gefahr der Verimpfung nicht möglich.
Auch die Untersuchung der Umgebung der Schlundöffnung
ist oft schwierig und führt zu keinem Resultat; man kann,
eine kleine Oeffnung in die Magenwand machen und mit dem
eingeführten Finger die Vorderwand einstülpen, um die Schlund¬
öffnung zü exploriren; ist die Oeffnung vollständig verschlossen,
so wird man erst einen Druck ausüben müssen, ehe sich ein
Grübchen in der normalen Oeffnung zeigt (Abbe). Will man
eine instrumenteile Untersuchung der Cardiaöffnung machen,
so bat man nach Richardson eine kleine Incision in der
Vorder wand zu machen und die hochgezogene kleine Curvatur
bildet dann eine Furche, deren entlang man direkt zur Schlund¬
öffnung kommt. Der Fundus des Magens ferner kann unter¬
sucht werden, indem man an ihm zieht und ihn zur Inspektion
hervorholt, ausserdem kann man nach Incision des grossen
Netzes seine Hinterwand untersuchen. Am leichtesten ist die
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62
Untersuchung des Pylorus. Wenn keine Verwachsung besteht,
so kann er vollständig aus der Bauchhöhle hervorgezogen
werden, besteht ein kurzes Magenleberband, so muss dieses
eingeschnitten werden, worauf der Pylorus und der obere
Therl des Duodenums völlig beweglich werden. Man darf
nicht verkennen, dass man auch mittels dieser Probelaparotomie
die exakte Diagnose nicht immer sicher stellen kann, und dass
die diagnostischen Irrthümer in dieser Hinsicht nichts seltenes
sind. Jedenfalls kann die Probelaparotomie, auch wenn sie
ihren Zweck nicht vollkommen erfüllt, doch in vielen Fällen
die Gelegenheit zu Eingriffen geben, welche dem Kranken
von Nutzen sind.
Die Operationen am Magen bei Carcinomen sind ver¬
schieden je nach der Ausdehnung und dem Orte der Neubildung :
1. Pylorectomie. Entfernung eines grösseren oder kleineren
Theih der Pylorusregion. Die Operation gibt nur bei sehr
frühzeitigem Eingriff gute Resultate.
2. Gastrostomie. Anlegung einer Magenfistel bei Ver¬
schluss der Cardia, um die Inanition hintanzuhalten und die
Reizung durch zugeführte Nahrung zu verhüten, ähnlich wie
dies die Kolostomie beim Rectumcarcinom bezweckt.
3. Jejunostomie. Wenn der Krebs des Magenfundus die
Magenöffnungen derart verschliesst, dass eine Nahrungsauf¬
nahme nicht möglich ist, so kann diese Operation oder die
Duodenostomie gemacht werden.
4. Gastroenterostomie. Herstellung einer Verbindung
zwischen Magen und Dünndarm. Dieselbe wird entweder mit
Nähten oder mit dem Murphy’schen Knopfe gemacht. Die
Anastomose kann sowohl an der vorderen als an der hinteren
Wand angelegt werden.
5. Gastrectomie. Die vollkommene Entfernung des Magens
ist die radikalste Operation, und einzelne Autoren glauben,
dass auch, wenn nur ein Theil des Magens krebsartig erkrankt
ist, der ganze Magen entfernt werden muss, da die Pylorus-
# resektion und Gastroenterostomie wegen der grossen Zahl von
Recidiven, die bei ihnen auftreten, nicht zufriedenstellend sind.
Bernays erinnert daran, wie sehr die Resultate der chirur¬
gischen Behandlung des Ute^uscarcinoms sich verbessert haben,
seitdem die Totalexstirpation an Stelle der Amputation der
Cervix getreten ist. Indes kann über die Gastrectomie das
letzte Wort noch nicht gesprochen werden. Der Krebs des
Pylorus mit Tendenz zur Ausbreitung und jener des Fundus
müssten der Gastrectomie unterzogen werden, und die Pylo¬
rectomie wäre zu reserviren für die gewöhnlichen Fälle ring¬
förmiger Infiltration, in denen sie ihre grössten Triumphe feiert«
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63
Der amerikanischen Chirurgie verdanken wir die erste
Operation, durch welche der Magen vollkommen entfernt wurde,
nämlich durch Conners; jedoch wurde, da die Operation
damals tödtlichen Ausgang nahm, das Verfahren zunächst
nicht weiter verfolgt. Später wurden von Schlatter, Richard-
son, Brigham, Macdonald mehr als 15 Operationen aus¬
geführt. Ausserdem werden noch angeführt Fälle von May dl,
Hacker, Dur ante, No orden, Kolaczek, Schaltz, Deria-
jinski, Parozzano, Codivilla, Langenbusch, Breitung,
Faure u. A. In nicht geringer Anzahl wurden Resektionen
des Magens bei Hunden,ausgeführt. So hielt Czerny einen
gastrectomirten Hund mehr als fünf Jahre lang am Leben.
Pachon und Carvallo konstatirten bei einem Hund, dass
er nach der Operation um 500 g an Gewicht zunahm, da er
fast alle Nahrung vertrug, nachdem er mehr als einen Monat
lang bei flüssiger Diät gehalten worden war. Aehnliche Ver¬
suche wurden von De Filippi ausgeführt, welcher beob¬
achtete, dass nach der Entfernung des Magens keine wesent¬
lichen Aenderungen im Stoffwechsel eintraten; die Hunde ver¬
dauen auch das rohe Fleisch, wenn es nur fein gewiegt wird.
Die Kohlehydrate werden vollständig resorbirt, abnorme
Gährungsprozesse im Darm treten nicht ein, sodass ein Hund,
der mit Fleischmus gefüttert wurde, weniger Stickstoff
ausschied als ein normaler Hund, welcher gemischte Nahrung
bekam, in der das Fleisch zu Stücken geschnitten war. In
gleicher Weise wurde auch das Fett ausgenützt. Die Leichtig¬
keit, mit welcher das Duodenum mit dem Oesophagus in
Anastomose gebracht werden kann, ist erstaunlich, und der
günstige Erfolg beruht zum Theil auf diesem wichtigen Faktor.
Man muss in Rechnung ziehen, dass Todesfälle nach theil-
weiser oder vollständiger Gastrectomie durch Einschliessung
eines Theiles des Mesokolon in die verwandten Ligaturen vor¬
gekommen sind, da in einigen Fällen Gangrän des Quer-
kolon eintrat. Wenn das Magenleberband zuerst abgebunden
wird, können die Finger unterhalb des Pylorus eingeführt
werden und bei der Abbindung und Trennung des Ligamentum
gastrocolicum benützt werden. Zur Vereinigung der' Enden
benützt man entweder den Murphy’schen Knopf oder irgend
ein Nahtv,erfahreü; die beiden Methoden sind ungefähr gleich¬
wertig.
Ich berichte nunmehr den klinischen Fall, der zu meiner
Beobachtung kam. Im Juli 1899 hatte ich Gelegenheit, einen
schwarzhaarigen Jagdhund von einem Gewichte von 10 kg
400 g zu untersuchen. Sein Herr berichtete mir, dass seit
einem Jahr das Thier kränkelte, und dass es in dieser Zeit
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64
die Hälfte seines früheren Gewichtes verloren habe. Nach
dem Fressen bekam es regelmässig heftige Schmerzen, heulte
kläglich und erbrach in kurzen Zwischenräumen während des
ganzen folgenden Tages und während der Nacht; dieselben
Erscheinungen wiederholten sich Tag für Tag. Das Erbrochene
war gelb, von säuerlichem unangenehmem Geruch, manchmal
von feinen Blutstreifchen durchzogen. Die besagten Störungen
sowie hochgradiger Durst bestanden seit Beginn der Erkrankung,
und jede, auch die geringste Nahrungsaufnahme erzeugte das
Erbrechen von neuem; auf Milchdiät Hessen die Erscheinungen
etwas nach. Manchmal zeigte das Thier heftige Schmerzen
im Bauche urid entleerte dann in der erbrochenen gelblichen
Flüssigkeit Reste von der Nahrung der vorhergehenden Tage
und eine grosse Menge klumpigen Blutes. Auch mit den
Fäces war mehrfach Blut abgegangen. Endlich bestand hart¬
näckige Verstopfung.
Bei der Untersuchung zeigt sich das Thier stark herunter¬
gekommen, das Fettpolster fast geschwunden, der Bauch beider¬
seits eingefallen, bei Nahrungseinführung bläht er sich auf.
Bei Palpation zeigt sich Schmerzhaftigkeit in der Magengegend.
Bei Perkussion erweist sich die Region, in welcher der tym-
panitische Schall des Magens erkennbar ist, über die Norm
vergrössert, reicht nach abwärts bis zum Nabel und in der
linken Brustgegend bis zum 9 Zwischenrippenraum. An vielen
Stellen der Magengegend ist der Schall gedämpft und fühlt
man eine abnorme höckerige Resistenz, die von der Umgebung
sich deutlich abgrenzen lässt. Die Untersuchung des Magen¬
inhaltes nach einer Ewal d’sehen Probemahlzeit gab folgendes
Resultat: starksauere Reaktion; freie Salzsäure (üünzburg’sches
Reagens) Spuren von Milchsäure (Uffelmann’sches Reagens)
sind nachweisbar. Gesammtacidität normal: 1,27°/oo l Phenol-
phtaleinprobe), Gesammtsalzsäuregehalt fast normal: l,09°/oo
(Mintz’sche Methode). Ich untersuchte noch auf die Gegen¬
wart von Salzsäure (deren Mangel nach van den Weiden für
das Magencarcinom pathognomonisch ist) nach der Edinger’
sehen Methode mittels einer gesättigten Lösung von Tropäolin,
bekam aber nicht die gewohnte purpurrothe Färbung, welche
die Anwesenheit von Salzsäure anzeigt Bei mikroskopischer
Untersuchung des Erbrochenen konstatirte ich: theils verdaute,
theils unverdaute Nahrungspartikel, gut erhaltene ‘daneben
entfärbte rothe Blutkörperchen (Ringe und Schatten) Ausser¬
dem fanden sich zahlreiche Epithelzellen der Maulschleimhaut,
Leucocyten. zahlreiche Stäbchen und Streptococcen.
Aus all diesen Krankheitserscheinungen stellte ich die
Diagnose auf ein wahrscheinlich in der Vorderwand des Magen-
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fundus gelegenes Carcinom. Ich erklärte dem Eigentümer,
dass die einzige mögliche Behandlung in der theilweisen oder
gänzlichen Entfernung des Magens bestehe und ersuchte ihn,
mir den Hund anzuvertrauen, um ihn, wenn er die Operation
überstünde, wieder zurückzustellen; der Eigentümer wollte
dagegen, dass ich den Hund in söinem Hause operirte. Als
Vorbereitung zur Operation Hess ich dem Thiere die Haut
über Brust und Bauch sowie auf der Innenseite des Ober¬
schenkels rasiren und gab ihm dann ein Vollbad in Seifen¬
wasser. In Hinsicht auf den Magen verfuhr ich nach folgenden
Erwägungen: wir wissen, dass unter normalen Bedingungen
im Magen Bakterien nicht existiren, während in den Fällen
von Krebs mit motorischer Insuffizienz, mit Nahrungsrerention
und in den vorgerückten Stadien, wo Geschwürsbildung ein¬
getreten ist, die Bedingungen für die Entwicklung von Fäul-
nisspilzen u. 8. w. günstige sind. Guillot widerrät die Aus¬
waschung des Magens vor der Operation, um den Kranken
nicht zu schwächen, und gibt aus demselben Grunde auch
keine Abführmittel. Ich ging indes in der Weise wie die
meisten Chirurgen und nach dem in der Klinik von Halstet-
Cusbing gebräuchlichen Verfahren vor Die Nahrüngszufuhr
wurde einige Zeit vor der Operation verändert, indem leicht
verdauliche und durch Kochen sterilisirte Nahrung gegeben
wurde; ausserdem wurden mehrere ölige Purgantien verabreicht.
Maul und Zunge wurden täglich mehrere Male desinfizirt.
Bis zum Operationstag machte ich täglich Magenspülungen,
um die nicht verdauten Nahrungsmittel mechanisch wegzu¬
schaffen und ihren Zerfall zu verhindern Unmittelbar vor
der Operation entleerte ich den Magen, um zu vermeiden, dass
beim Emporheben des Magens Nahrungspartikel in den Oeso¬
phagus gelangen und Schluckpneumonie hervorbringen könnten.
Hierauf wurde der Hund noch einmal einem Seifenvollbad
unterworfen und sodann auf den Operationstisch gebunden.
Die Magengegend wurde zuerst mit Terpentinöl, dann mit
Aether, hierauf mit Alkohol und schliesslich mit l°/oo Sublimat¬
lösung abgewaschen, hierauf mittels einer Lage mit 1 °/oo
Sublimatlösung getränkter Watte bedeckt, welche 30 Minuten
lang liegen blieb Im Uebrigen wurden die /gewöhnlichen
aseptischen Kautelen getroffen. (Schluss folgt.)
Bericht über die Delegirten-Versammlung bayerischer
Thierärzte in Nürnberg.
. Auf Einladung des thierärztlichen Kreisvereins von Ober¬
franken versammelten sich am 16. Dezember v. Js. in Nürn-
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66
berg 23 Vertreter sämmtlicher thierärztlicher Kreiavereine mit
Ausnahme der Oberpfalz.
Nach Begrüssung der Anwesenden durch den Vorsitzenden
des thierärztlichen Kreisvereins von Mittelfranken, Herrn k. Be¬
zirksthierarzt Hollenbach, wurde der Genannte als 1. Vor¬
sitzender, die Herren k. Bezirksthierarzt Hohenleitner als
2. Vorsitzender und k. Zuchtinspektor Attinger als Protokoll¬
führer gewählt.
Herr k. Bezirksthierafzt Hollenbach führte sodann aus,
dass sich der bayerischen Thierärzte eine tiefgehende Bewegung
bemächtigt habe, einmal wegen der alle deutschen Thierärzte
in grosse Spannung versetzenden Maturitätsfrage, das anderemal
wegen der in Aussicht stehenden Reorganisation des bayerischen
Civilveterinärwesens.
Niemand wisse, was die Zukunft bringe, auch sei es
fraglich, ob vor Erlass einer diesbezüglichen Verordnung die
thierärztlichen Kreisvereine einvernommen würden, wie dies
in ähnlichen Lagen bei den Aerztekaramern u. s. w. der Fall
ist. Es dürfe daher nicht als Unbescheidenheit bezeichnet werden,
wenn die bayerischen Thierärzte sich mit den für ihre ganze
Existenz hochwichtigen Fragen befassen und ihre bezüglichen
Wünsche an geeigneter Stelle zum Vortrag bringen. Zunächst
käme in Betracht, dass die Coordination*) der Bezirks-
*) Ein Subordinationsverhältniss der Bezirksthierärzte unter die Be¬
zirksämter dürfte überhaupt nicht bestehen. Wenn auch in § 10 der
Kgl. Allerh. Verordnung vom 20. Juli 1872, „das Civilveterinärwesen betr. 4 ,
von der den Bezirksthierärzten Vorgesetzten Distriktspolizeibehörde die
Rede ist, so ist dieser Ausdruck wohl anstatt „zuständige 4 gewählt worden,
denn in § 6 der gleichen Verordnung heisBt es ausdrücklich, dass der Be¬
zirksthierarzt der Distriktspolizeibehörde als technischer Berather zur
Seite zu stehen hat; in $ 20 Abs. 1 und 3 ist davon die Rede,
daR8 die Aufsicht über die Geschäftsführung der Bezirks-
thierärzte und die Handhabung der Disciplin über
dieselben der k. Kreisregierung zusteht, während die
übrigen, also praktischen und Distriktsthierärzte, unter Aufsicht der
Distriktspolizeibehörden und der Bezirksthierärzte stehen, ln dem Aus¬
schreiben der kgl. Regierung von Oberbayern, K. d. I. f vom 20. XII. 1884
und der autogr. Kntschliessung der Kgl. Regierung der Pfalz, K. d. I.,
vom 11: Vit. 1890, „die Beurlaubung der Bezirksthierärzte 4 betr., heisst
es, dass die Ertheilung der Urlaubsbewilligung für das den Kreisregier¬
ungen unmittelbar untergeordnete Dienstpersonal, wozu auch
die Bezirksthierärzte zählen, zur Competenz der Kgl. Kreisstellen gehöre.
Die Selbstständigkeit der amtlichen Thierärzte geht auch aus den §§ 12
und 14 des Reichsgesetzes vom 23. VI. 1880 und 1. V. 1894, „die Abwehr
und Unterdrückung von Viehseuchen 4 betr., hervor, welche anordnen, dass
die Polizeibehörden auf die Anzeige eines Seuchenau6bruches oder des
Verdachts eines solchen den beamteten Thierarzt „zuzuziehen haben 4 und
auf die gutachtliche Erklärung desselben, dass ein Seuchenausbruch oder
der Verdacht eines solchen vorliege, die erforderlichen Schutzmassregeln
„zu treffen habe 4 . Att.
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67
thierärzte mit den Bezirksämtern offen ausgesprochen wird,
nachdem die Thierärzte auf Grund ihrer Vor- und Fachbildung
als selbstständige Organe ihr Amt versehen können, nachdem
sie für ihre Handlungen voll verantwortlich sind und eine
Reihe selbstständiger Anordnungen zu treffen haben. Wenn
das Verhältnis zwischen Bezirksämtern und Bezirksthierärzten
gegen früher besser geworden sei, so rühre dies nicht zum
kleinsten Theile davon her, dass die Bezirksthierärzte nicht
nur in amtlichen, sondern auch den verschiedenen landwirt¬
schaftlichen Vereinsangelegenheiten zu notwendig gebraucht
würden. x
Nach den bestehenden Bestimmungen gebühre jedem prag¬
matischen Beamten ein Rang und eine Uniform; wenn letz¬
tere auch nicht vordringlich sei, so bestehe doch um so mehr
der Wunsch, dass den Bezirkstierärzten ein der Bedeutung
ihrer Stellung und ihrer Aufgaben entsprechender, nicht zu
engherzig bemessener Rang zuerkannt werde.
Nachdem in Bayern die höheren Stellen für Thierärzte
sehr spärlich seien und selbst die tüchtigsten und fähigsten
Bezirksthierärzte zeitlebens in ihrer Stellung verbleiben müssen,
wäre es angezeigt, eine Zwischenstellung zwischen
Bezirksthierärzten undKreisthierärztenzu schaffen,
die hauptsächlich durch eine höhere Gehaltsklasse, in zweiter
Linie erst durch entsprechenden Titel oder Rang zum Aus¬
druck kommen solle.
Sodann wäre eine Regelung der Gebührenfrage
dringendst geboten. Es sei unmöglich, für die hiefür ausge¬
setzten 4 JVt. Fuhrwerk zu bekommen; auch sei es nicht ge¬
rade erfreulich, dass der viel beschäftigte amtliche Thierarzt,
wenn das Seuchenaversum bedeutend überschritten werde, um
das, was er sich ehrlich verdient habe, noch besonders bitten
und Abschriften des Geschäftstagebuches machen müsse. Da
manche Collegen eigenes Fuhrwerk besitzen, wäre die Berech¬
nung der Reisekosten nach km zu empfehlen.
Bei der grossen Ausdehnung der meisten Amtsbezirke,
der ungemein starken Inanspruchnahme der amtlichen Thier¬
ärzte bei grossen Seucheninvasionen und mit Rücksicht auf
die curative Thätigkeit, deren Vernachlässigung durch den
Amtsthierarzt von den Landwirthen sehr verübelt werde, wäre
die Beigabe eines staatlichen Assistenten besonders
dann erwünscht, wenn der Bezirksthierarzt die amtlichen Ge¬
schäfte nicht allein mehr bewältigen kann, sodann bei Beur¬
laubung, Erkrankung und dgl. Dadurch würden auch junge
Thierärzte Gelegenheit finden, sich auf die spätere selbstständige
Stelle als Amtsthierärzte vorzubereiten.
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68
Zum Schlüsse stellte der Herr Referent den Antrag, es
sei eine Denkschrift auszuarbeiten und dem K. Staats-
nainisterium des Innern, sowie den beiden Kammern mit der
Bitte um Berücksichtigung vorzulegen. Als Grundlage könnte
hiebei die von Herrn Colle^en Frank in Kusel abgefasste
Denkschrift „zur Stellung der amtlichen Thierärzte in Bayern“
dienen.
Bezüglich der Schaffung einer Central Vertretung der
bayerischen Thierärzte sei noch zu bemerken, dass eine solche
zwar sehr wünscheuswerth, jedoch vorerst kaum durchführbar
sei. Es sei zu empfehlen, dass zunächst jeder Kreisverein 2
Vertreter namhaft mache, welche alljährlich zusammentreten
und über Standesfragen berathen sollen.
Herr k. Bezirksthierarzt Frank von Kusel ist der An¬
sicht, dass die Gehaltsfrage und die Schaffung einer
Zwischenstelle zwischen Bezirks- und Kreisthier¬
arzt zunächst nicht in Betracht kommen solle. Es solle
mehr die ideale und weniger die materielle Seite des Berufes
hervorgehohen werden. Dagegen sei anzustreben, dass die
Thierärzte, welche Bezirksthierärzte werden wollen, ein hal¬
bes Jahr bei einem amtlichen Thierarzt und ebenso
lang an einem grösseren Schlachthof praktisch
thätig gewesen sein messen. Dadurch würde einerseits
eine bessere Ausbildung der jungen Thierärzte erzielt, anderer¬
seits der Mangel an Assistenten behoben.
Ferner solle das K. Staatsministerium des Innern gebeten
werden, zu genehmigen, dass alle Reisen der Bezirksthier¬
ärzte, welche im landwirtschaftlichen Interesse z. B.
zu den Kreisausschusssitzungen, landwirthschaftlichen Wander¬
versammlungen etc. unternommen werden, in’s Geschäftstagebuch
eingetragen werden dürfen. Wünschenswerth sei auch, dass
den Bezirksthierärzten während ihres Urlaubes ein verant¬
wortlicher Vertreter gestellt werde, und dass in Zukunft nur
solche Thierärzte, welche im Besitze der Maturität sind, in
amtliche Stellen gelangen können. Die Gebührenfrage
solle in der Denkschrift nur allgemein behandelt, dagegen
angestrebt werden, dass für die Vornahme der Hundevisi¬
tationen ein Aversum gewährt werde, weil dann die pein¬
liche Berechnung auf die einzelnen Gemeinden, die Controle
durch die Zollorgane u. 8. w. in Wegfall komme. Auch sei zu
wünschen, dass alle die Bezirksthierärzte persönlich berüh¬
renden Angelegenheite n denselben seitens der Vorgesetzten
Kreisstelle direkt und nicht durch Vermittelung der Bezirks¬
ämter zugehen möchten. Bezüglich der Schaffung einer Cen¬
tralvertretung bestehe in der Pfalz der Wunsch, dass
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dieselbe bei einer Reorganisation des Civilveterinärwesens zur
Durchführung gelangen möge.
Nach längerer Debatte, an der sich verschiedene Herren
betheiligten, wurden folgende Beschlüsse gefasst:
1. „Es soll eine Denkschrift ausgearbeitet und dem K.
Staatministeriuim des Innern und den beiden Kammern vor¬
gelegt werden;
2. die Denkschrift soll bis zum Mai des Jahres 1901
fertiggestellt sein; den Zeitpunkt der Vorlage bestimmen die
Delegirten;
3. es sei anzustreben, dass die Coordination der Bezirks¬
thierärzte mit den Bezirksämtern klar ausgesprochen werde;
4. die Rangfrage soll in der Denkschrift in der gleichen
Weise behandelt werden, wie von Herrn k. Bezirksthierarzt
Frank-Kusel in seiner hektographirten Schrift: „zur Stellung
der amtlichen Thierärzte in Bayern“;
5. die Schaffung einer Zwischenstelle zwischen Bezirks¬
thierärzten und Kreisthierärzten soll in die Denkschrift in der
von Herrn k. Bezirksthierarzt Hollenbach angegebenen
Weise aufgenommen werden;
6» die Gebührenfrage ist in der Denkschrift nur allge¬
mein zu behandeln; zugleich aber auch mit Rücksicht auf
die vermehrten Unkosten für Schreibmaterialien, Beschaffung
und Instandhaltung der Sektionsinstrumente, des Mikroscopes
u. s. w eine Erhöhung des Regieaversums zu erbitten;
7. bei Besetzung amtlicher Stellen sollen in Zukunft so
weit als möglich, nur mehr solche Bewerber berücksichtigt
werden, welche im Besitze der Maturität sind;
8. die Ausarbeitung der Denkschrift wird Herrn k. Be¬
zirksthierarzt Frank übertragen und sind sodann sämmtliche
Kreisvereinsausschüsse noch einmal darüber zu vernehmen;
9. die Ueberreichung der Denkschrift hat durch Delegirte
der Kreisvereine von Oberfranken, Mittelfranken und der Pfalz
zu geschehen;
10. über den Verlauf der Sitzung ist in der Wochen¬
schrift für Thierheilkunde und Viehzucht ein kurzer Bericht
zu erstatten.
Neustadt a. A. Nürnberg.
Hollen bach, Attinger,
k. Bezirkethierarzt. k. Zuchtinspektor.
Referate.
Mettam: Echinococcosis beim Pferde. Eine 2 jährige
Ponnystute zeigte allmähliche Zunahme des Leibumfanges
unter mässiger Abmagerung, und wurde desshalb vom Eigen-
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70
thümer für trächtig gehalten, um so mehr als ein Händler,
der das Thier explorirt hatte, ein lebendes Fohlen konstatirt
haben wollte. Nachdem sie länger als ein Jahr trächtig ge¬
gangen war und im übrigen keine auffälligen Ersci einungen
zu Tage getreten waren, trat eines Tages ein Anfall ein,
welcher den Eigenthümer und zunächst den herbeigerufenen
Thierarzt J. aunehmen Hessen, es handle sich um eine schwere
Geburt. Bei der Untersuchung war die Stute in Schweiss ge¬
badet, stöhnte heftig, warf sich zu Boden, wälzte sich auf den
Rücken etc. Die Vulva war beträchtlich geschwollen, das
Euter unverändert. Die Vaginal-Untersuchung erwies den
Muttermund nur für einen Finger zugängig; der eingeführte
Finger stiess auf einen harten Körper, welcher vermuthungs-
weise als der Kopf des Fohlens angesehen wurde.
J. gab vorerst eine Dosis Chloralhydrat und Belladonna,
und wollte die Erweiterung des Muttermundes ab warten. Bei
der Perkussion des Abdomens wurde indes Flüssigkeit konstatirt;
durch den links von dem Nabel eingeführten feinen Troikar
entleerten sich zwei Stalleimer gelblicher leicht rothtingirter
Flüssigkeit. Nach der Punktion wurde die Stute etwas ruhiger.
Am nächsten Morgen stand das Thier mit gespreizten Beinen
und hängendem Kopfe und zeigte fast unstillbares Erbrechen.
Einige Tage später wurden riböhmal 3 Eimer Flüssigkeit ab¬
gelassen ; nach ein paar Tagen krepirte das Thier.
Bei der Sektion zeigte sich das Herz schlaff, anscheinend
vergrössert. ln den Lungen ein paar kleine Knoten (verkalkte
Blasen?). Die Leber war durchsetzt von Echinococcusblasen,
mit theilweise verkalkten Wänden, einzelne davon bis kinds¬
kopfgross; ebensolche Blasen von der Grösse einer Orange
und mehr fanden sich im Abdomen verstreut und an den Ein-
geweiden adhärent Eine Blase, welche in Form und Grösse
ungefähr einem Fohlenkopf entsprach, wurde im Uterus ge¬
funden. (Veterinarian, Dezember 1900.)
Mettam: Adenocarcinom der Prostata und sekundäres
Carcinom der Harnblase beim Hunde. (Ibidem.) Ein irischer
Setter hatte längere Zeit hindurch unbestimmte Krankheits¬
symptome gezeigt, welche am ehesten auf Störungen im Ver-
dauungstraktus zu beziehen waren. Beim Gehen hielt das
Thier den Rücken gebogen und steif. Der Hund urinirte in
normaler Weise, die entleerte Harnmenge war eher reichlicher
als gewöhnlich. Sofort nach Entleerung des Harns äusserte
das Thier indes heftige Schmerzen. Bei der Sektion wurden
die Blasenwände hochgradig verdickt, theils durch muskuläre,
theils durch bindegewebige Hyperplasie, befunden. In der
Schleimhaut eine wenig über das Niveau der Schleimhaut
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verragende r graue, hqckrige Geschwulst, welche mikroskopisch
8ich als ein von reichlichen Hämorrhagieu durchsetztes Carcinom
erwies. Die Prostata war mehr als gänseeigross, rund, in den
hinteren und seitlichen Parthieen gleichmässig vergrössert.
Mikroskopisch ergab sich Hyperplasie der Muskelelemente und
epitheliale Wucherungen vom Bau eines Aderiocarcinoms. Kon¬
kretionen fehlten. Die Wucherung in der Blase war sowohl
der Grösse als dem mikroskopischen Bilde nach als der jüngere,
sekundäre Tumor zu betrachten. E. A.
Bücherschau.
Compendium der speciellen Chirurgie f ü r T hie rär z t e
von Dr. med. Eugen Fröhner, Prof, und Dirigent der
chirurgischen Klinik an der k. Thierärztlichen Hochschule in
Berlin. Zweite, verbesserte Auflage. Stuttgart 1900.
Verlag von Ferdinand Enke. Preis ungeb. 6 Jtt. 40
Die erste Auflage des Compendiums ist vor zwei Jahren er¬
schienen; in dieser kurzen Frist bat die Literatur der Veterinär¬
chirurgie sehr beachtenswerthe Leistungen aufzuweisen, welche in
der .neuen Auflage berücksichtigt sind. Auch die Kapitel Huf¬
gelenkentzündung, Hufgelenkschale, Ellenbogenbeule und Hämatome
haben wesentliche Förderung erfahren; über den Hufbescblag bei
den verschiedenen Lahmheiten sind ausführlichere Angilben ent¬
halten, im Ganzen aber der compendiöse Charakter des Buches
aufrecht erhalten worden.
Genaues Inhalts-Verzeichniss und alphabetisches Begister er¬
leichtern den Gebrauch des auch buch händlerisch vorzüglich aus-
gestatteten Buches, das den Studirenden der Thierheikunde und
den ausübenden Tbierärzten auch in der neuen Auflage bestens
empfohlen werden kann. _ Göririg.
Todesfall: Am 25. Januar verschied der Professor in der veterinär-
medicinischen Fakultät der Universität Bern, Herr Henri Berdez,im
60. Lebenswahre.
Bekanntmachung.
Die Stelle des 8tadtbezirksthierarztes-und Schlachthaus-
verwaltersin Bamberg ist in Folge Ablebens des seitherigen Inhabers
neu zu besetzen.
Mit dieser Stelle ist ein Anfangsgebalt von M. 1800 und Mi. 180 Zu¬
lage verbunden; die Gehaltsvorrückung ist die gleiohe wie gegenwärtig
im Staatsdienste für die pragmatisch angestellten Bezirksthierärzte.
Der Gewählte ist verpflichtet, sofort nach seinem Dienstantritte dem
städtischen Pensionsinstitute beizutreten.
Bewerber wollen ihre Gesuche, mit den nöthigen Zeugnissen über
Vorbildung und Praxis belegt, bis längstens Samstag, den 9.
Februar e, bei der unterfertigten Behörde einreiohen.
Bamberg, den 24. Januar 1901.
Stad-tmag-lstrat.
T. Brandt, I. rechtskundiger Bürgermeister. Eichner, Obersekretär.
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Thier&rztlietie Assistenteaiftoll* Im städtischen ScM&flhtYiehhof
Regensburg erledigt.
Funktionsbezug monatlich 150 M .—.
Gesuche sammt Lebenslauf und Befähigung- Nachweis sind bis
längstens 1. März I. Js. beim Stadtmagistrat Regensburg einzureichen.
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NW,j Lnisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
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45. Jahrgang. München, den 12 Februar 19<»l. IJr. 7.
Ivhfclt: Leimer: Schuteimpfung gegen Stäbchenrothlttuf der Schweine mit
Peroo&swi. — Prof. Dr. C. Parascandoto: Mag^ncarcinom bei einem
Houde. Gastrectoraie — Referate. — Stand dnr Thierseuehen in Bayern
am 31., Januar 1901. — Viehneuchennachnchten. — Personalien.
Inserate.
Schutzimpfung gegen Stäbchenrothlauf der Schweine
mit Porcosan.
Von Dtatriktathierarzt Leimer- Geiselhöring.
Om einer (Monatshefte für prakt. Thierheilkd., 9. Bd.,
pag. 75) hat vor 2 Jahren in übersichtlicher Form ein Sammel¬
referat über die damals bestehenden, im Grunde verschiedenen
Schutzimpfungen gegen den Schweinerothlauf ausgearbeitet
und in erster Linie das Porcosan unter die Lupe genommen.
Trotz des häufigen Besitzwechsels hat dieser Impfstoff immer
noch Chancen und bietet in den Angaben der chemischen
Fabriken Weiler-ter Meer in Ueberdingen a. Rh. noch dieselben
Vortheile wie damals, nur mit dem Unterschiede, dass man
mit der Anpreisung vollständiger Gefahrlosigkeit etwas vor¬
sichtiger .geworden ist Die in allen thierärztlichen und land-
wirthschaftlichen Zeitschriften verkündeten Vorzüge: „Voll¬
ständige Immunität nach nur einmaliger Impfung; Desinfektion
der Ställe und TrenuUng der geimpften Thiere von nicht
geimpften unnöthig* — gaben auch mir heuer wieder Anlass,
Schutzimpfungen bei Schweinen vorzunehmen, welche diesmal,
Dank der freien Auswahl des Impfstoffes und kostenlosen Be¬
schaffung desselben aus Staatsmitteln, in grösserem Umfange
vorgenomipen werden konnten. Die grösste Anzahl dieser
Impfungen fällt auf den Monat Juli und Angust. zu welcher
Zeit in Folge der grossen Hitze da und dort der Stäbchen¬
rothlauf auftauchte, aber auch — ohne Impfung — ebenso
rasch wieder verschwand, um in den best ceraentirten, hygienisch
gebauten und reinlich gehaltenen Stallungen aus der Mitte
einer Schar von Frischlingen die schöneren Exemplare zu morden,
während die aus einem Troge fressenden Genossen fidel und
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74
munter allen Infektionslaunen dieses losen Gesellen Trotz
boten.
Da auch die Nachbarkollegen das Porcosan wählten, ent¬
schied auch ich mich für diese bequeme Impfmethode, welche
für beschäftigtere Thierärzte in dieser Hinsicht entschieden den
Vorzug verdient. Die Oekonomen lassen sich eo ipso nicht
gerne zu solchen Neuerungen bekehren, und ich musste froh
sein, einmal impfen zu „dürfen“. Abgesehen von der zeit¬
raubenden Eigenschaft einer zwei- bis dreimaligen Impfung
ist der dabei entstehende, nicht unerhebliche Kostenpunkt von
so einschneidender Bedeutung, dass er schliesslich jede Impf¬
möglichkeit in Frage stellt. Mit der nöthigen Geduld und
Vorsicht ausgerüstet, unterzog ich mich gerne dem Impfge¬
schäfte, das bei Massenimpfungen in den einzelnen Ortschaften
gerade nicht zu den angenehmsten Beschäftigungen gehört.
Frischlinge und leicht zu bewältigende Schweine liess ich durch
je einen Mann an den Vorder- und Hinterfüssen gleichzeitig
anfassen und auf den Rücken legen, wobei sich die Thiere
ruhiger verhalten als bei dem schubkarrenartigen Aufheben
beider Hinterbeine. Man impft so sicherer und schneller.
(Innenfläche eines Hinterschenkels.)
Auf diese Weise impfte ich in 20 Ortschaften bezw. 80
Gehöften 546 Schweine ohne Unfall. Der bayerischen Land¬
rasse gehörten ca. 2 ß an, während 1 /3 aus Kreuzungsprodu^kten
englischer Abstammung sich rekrutirte. Das Alter der Impf¬
linge schwankte zwischen 1 Woche bis 1 1 /2 Jahren; die grössere
Anzahl bestand aus sogenannten Frischlingen im Gewichte von
50—70 Pfund. Innerhalb 4 Wochen vor der Impfung waren
54 Schweine = 9,0°/o in 11 Stallungen von dem Stäbchen-
rothlauf befallen bezw. daran verendet. Von den 546 Impf¬
lingen zeigten 6 bereits deutliche Krankheitserscheinungen,
während der Rest (540) vollkommen gesund zur Impfung kam.
Ungeimpft blieben 66 Schweine, so dass der ganze Schweine¬
bestand 612 Stücke ausmachte. Von den nicht geimpften
krepirten 4 = 6,6 °/o an Rothlauf; 62 = 93,6°/o blieben ver¬
schont. Unter den Geimpften dagegen erkrankten bezw.
verendeten innerhalb 3 Tagen nach der Impfung 28 Thiere
==4,6°/o und bis zur Berichterstattung weitere 19 Stück =
3,4 °/o und zwar in einem Zeiträume von 8 Tagen bis 14 Wochen.
Zusammen also 47 Impflinge = 8°/o, somit um 1,3°/o mehr
als bei den un geimpften. Gesund blieben 499 = 92°/o ge¬
impfte und 62 = 93,6 °/o ungeimpfte = 561 Stück. Der Ge-
sammtverlust vor und nach der Impfung betrug somit 101
Schweine = 16,3 °/o.
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Da die annähernde Mortalitätsziffer bei Stäbchenrothlauf
50—80°/o beträgt, so ist die Sterblichkeitsziffer nach der
Impfung (8°/o) eine anscheinend äusserst günstige. In Wirk¬
lichkeit verhält sich die Sache jedoch anders. Bekanntlich ist
die Infectiosität des Stäbchenrothlaufes eine sehr variable, man
möchte fast sagen launenhafte. Während Frischlinge im gün¬
stigsten Infektionsalter trotz Seuchenausbruch in demselben
Stalle frisch und gesund bleiben können, sterben wieder andere
dahin wie die* Fliegen. Wenn nun in einem solchen Stalle
quasi mit natürlicher Immunität ausgestattete Schweine geimpft
werden und nach der Impfung gesund bleiben, so ist man
sehr gerne geneigt, das Resultat auf Rechnung des Impfstoffes
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76
zu setzen. Eine Controllimpfung etc. ist eben in praxi schlechter¬
dings unmöglich. Dass aber auch geimpfte Thiere noch bis
zu 14 Wochen post oculationera an ßothlauf erkranken und
verenden können, ist aus der Liste ersichtlich. Es ist sonach
bei diesen Thieren trotz Schutzlymphe keine Immunität ein¬
getreten, oder dieselbe hat nur ganz kurze Zeit gedauert. Die
19 krepirten Impflinge sind aber in verschiedenen Zeitabschnitten
erlegen, wodurch der Beweis erbracht sein dürfte, dass die
künstliche Immunität durch das Porcosan überhaupt nie vor¬
handen war bei diesen Thieren. Die Zeitdauer, innerhalb
welcher diese porcosanisirten Schweine rothlaufkrank wurden,
schwankt nämlich zwischen 8, 10 und 14 Tagen bis zu 3, 4,
6, 8, 12 und 14 Wochen. Von Seite der Fabrik wird zwar
behauptet, dass die Porcosanlymphe nach 14 Tagen Schweine
auf eine Dauer von 6 Monaten zu immunisiren vermöge. Auch
ist eine genaue Controlle jedes einzelnen Fläschchens zuge¬
sichert, so dass der Impfstoff immer ein und derselbe und von
gleich guter Qualität sein müsste. Bei der Impfung selbst
wurde lege artis der ganze Inhalt eines Gläschens injicirt und
derselbe an der Impfstelle durch längeres Frottiren zur Re¬
sorption gebracht, so dass ein nachträgliches Auslaufen der
Lymphe unmöglich war.
Wenn auch zugegeben werden muss, dass 499 Impflinge
gesund blieben, und bei jeder Impfmethode Misserfolge zu
verzeichnen sind, so ist doch bemerkenswerth, dass diese
Schweine sich in Stallungen befanden, wo nie oder selten
(auch bei ungeimpften Thieren nicht) der ßothlauf auftritt,
während später erkrankte Thiere in infizirten Ställen lebten
und somit Gelegenheit gehabt hätten, die Porcosanisirung zu
erproben. Gerade in solchen Stallungen, wo der ßothlauf
stationär vorkommt, ist eine erfolgreiche Impfung von Bedeutung.
Einige Beispiele mögen zur Illustration dienen. Bei dem
Oekonomen 0. in H. fielen dem ßothlauf alljährlich die schönsten
Zuchtschweine zum Opfer; sein Nachbar H, dagegen blieb
stets verschont. Dem O. sind nun heuer wieder 6 Schweine
verendet; er drang daher auf Impfung, die aber erfolglos blieb.
Aus Furcht vor der Seuche liess H. seine Schweine ebenfalls
impfen. An Stelle der erwarteten Immunität lagen andern
Tags zwei schöne in der Mast begriffene Schweine todt im
Stalle; nach ca. 6 Wochen krepirte ein drittes Thier an Roth-
lauf. Ebenso ging es bei den Schweinen des Bauern A. und
B. in H., S. in H. und B. in M. Letzterer, ein armer Mann,
wollte seinem einzigen Schwein vor ßothlauf Schutz gewähren;
am 3. Tage Israr es todt. Dass derartige frappante lmpf-
„ Wirkungen M weder das Ansehen des Thierarztes noch der
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„Methode“ zu heben im Stande sind, bedarf keiner Erwägung»
In solchen Fällen dürfte es doch fraglich sein, ob die Fabrik
nicht zu Schadenersatz gezwungen werden könnte?
(Schluss folgt.)
Magencarcinom bei einem Hunde. Gastrectomie.
Von Prof. Dr. C. Parascandolo in Neapel.
(Schluss.)
Yon der Chloroformnarkose nahm ich Abstand, da mir
das Thier zu schwach erschien; ich machte statt dessen eine
Morphiuminjektion und verwendete hernach einen Spray von
Aethylchlorür, da dies genügt, um den Hautschnitt schmerzlos
zu machen; die Manipulationen an den Eingeweiden verursachen
wenig Schmerz.
In der Mitte zwischen Schwertfortsatz und Nabel machte
ich einen Einschnitt, der nach abwärts bis zur Nabelhöhe reichte
und parallel dem unteren Rande der 8. Rippe, von dieser
einen Querfinger breit entfernt, ca. 5 cm nach links verlief,
durchschnitt quer den Musculus rectus und legte zwei Liga-'
turen an den Anastomosen der inneren Brustarterie mit der
Arteria epigastrica an Nach schichtweiser Durchtrennung bis
zum Peritoneum und vollkommener Stillung der Blutung erhob
ich mit einer Pincette eine kleine Peritonealfalte, durchschnitt
dieselbe und eröffnete auf dem eingeführten linken Zeigefinger
das Peritoneum in der ganzen Ausdehnung der Hautwunde.
Bei Eröffnung der Bauchhöhle fand ich einen erheblich
vergrös8erten Magen, welcher in seiner Yorderfläche eine
ziemlich ausgedehnte Neubildung aufwies, die aber weder bis
zur Cardia noch zum Pylorus reichte. An einzelnen Punkten
war dieselbe von harter Konsistenz, aber die Infiltration er¬
schien scharf abgegrenzt. Metastasen in der Nachbarschaft
waren nicht nachweisbar.
Ich begann mit der Ablösung des Ligamentum gastro-
colicum von der grossen Kurvatur, welches mit der Scheere
allmählich zwischen zwei kleinen Massenligaturen mit Seide
durchschnitten wurde; eine Reihe der Fadenschlingen blieb
auf dem Magen, die andere auf dem Netze oberhalb der
Arteria gastroepiploica. Daran schloss ich die Ablösung des #
kleinen Netzes vom oberen Rand des Magens an. und schliess¬
lich wurde die Ablösung der Hinterwand gemacht. Nach voll¬
kommener Isolirung von allen seinen Anhängen wurde der
Magen aus der Bauchhöhle hervorgezogen und nach noch¬
maliger genauer Untersuchung in warme sterile Gaze gehüllt.
Zwei kleine Billroth’sche Klammern, deren Branchen mit
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Kautschukröhren derart überzogen waren, dass die letzteren
die Enden der Klammern überragten und so eine Art von
zweiter kleiner Klammer bildeten, so dass die Abklemmung
des Organes ohne Misshandlung desselben geschehen konnte,
wurden etwas unterhalb der Cardia bezw. 15 cm vor dem
Pylorus angelegt. Dann schnitt ich mit gerader Scheere wenige
Centimeter vor der Cardiamündung durch, gab die Klammer
einem Assistenten und hielt mit den Fingern die abgeschnittene
Magenöffnung geschlossen; hierauf schnitt ich mit der Scheere
wenig vor der zweiten Klammer durch und übergab diese
einem zweiten Assistenten; der Magen wurde nun wegge-
notnmen. An den beiden Schnittenden befestigte ich die zwei
Hälften des Murphy-Knopfes mit der gewöhnlichen Tabak¬
beutelnaht. Ich beendete die Operation, welche 35 Minuten
dauerte, mit der Naht des Peritoneums, mit sehr eng gelegten
Nähten der Muskulatur und nähte schliesslich die Häute.
Darüber kam Xeroformpulver und ein antiseptischer Verband.
Das Thier wurde vier Tage lang auf dem Operationstisch fest¬
gebunden gehalten. Die Wunde heilte per primam, am 10.
Tage wurden die Nähte entfernt, der Knopf ging 14 Tage
nach der Operation ab. Während der ersten drei Tage wurde
die Nahrung durch das Rectum zugeführt (Klystiere von Milch
und Suppe), in den nächsten 35 Tagen wurde nur Milch ge¬
geben, allmählich ging man dann wieder zu fester Nahrung
über.
Schliesslich interessirte es mich, festzustellen, wie bei
diesem des Magens vollständig beraubten Hunde die Ver¬
dauung und Zersetzung des Eiweisses vor sich ginge; ich
bestimmte daher nach der Kjeldahl-Argutinsky’schen Methode
die Stickstoffmenge in Nahrung, Harn und Fäces und unter¬
suchte letztere mikroskopisch. Weiter untersuchte ich das
Verhältnis von gepaarter und präformirter Schwefelsäure
fSalkowskische Methode) im Harn, sowie die Menge der im
Urin ausgeschiedenen aromatischen Stoffe: Phenol (Hammar-
stensche Methode), Indigblau (Salkowskische Methode), Indig-
roth (Kolorimetrische Methode von Deganelo).
Diese Versuche wurden 50 Tage nach der Operation an¬
gestellt und 4 Monate später wiederholt; sie ergaben folgende
Resultate:
Erste Periode (50 Tage nach der Operation): ln
5 Tagen nahm der Hund in der Nahrung 12,7 g N (=2 75,43 g
Eiweiss) auf. Im Urin erschienen 8,35 g N (= 52,21 g Ei-
weiss). Jm Kothe fanden sich 2*2 g N (= 14 g Eiweiss),
d. h. 9,12 ^/o des zugeführteu N, während im physiologischen
Mittel beim Menschen 6;10°/p in den Fäces ausgeschieden werden.
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Das Verhältniss zwischen gepaarter und präformirter
Schwefelsäure wechselte zwischen 1:3,5 und 1:1,75* Für die
aromatischen Körper fand ich die folgenden Daten, welche
das tägliche Mittel darstellen; Phenol 0,017 g, Indigblau 0,012 g,
Indigroth 1,73 (wenn die Normallösung 1 gesetzt wird).
Zweite Periode (4 Monate nach der Operation):
Innerhalb dreier Tage nahm der Hund mit der Nahrung
9,32 g N (= 58,27 g Eiweiss) auf. Im Urin fanden sich wieder
7,79 g N (= 48,72 g Eiweiss), in den Fäces 1,20 g N (= 7,53 g
Eiweiss), d. h. im Kothe erschienen 6,46 °/o des aufgenommenen
N. Das Verhältniss der gepaarten zu der präformirten Schwefel¬
säure variirte zwischen 0,5:1,2 und 0,5:2,8. Für die aroma¬
tischen Substanzen wurde folgendes tägliche Mittel gefunden:
Phenol 0012 g, Indigblau 0,01g, Indigroth 1,3 g.
. Die mikroskopische Untersuchung von Urin und Fäces
zeigte wenig Interessantes : hauptsächlich in der ersten Periode
wurden einzelne ziemlich gut erhaltene Muskelfasern in den
Fäces gesehen. Die Untersuchung des Blutes gab in beiden
Perioden fast das gleiche Resultat: Hämoglobin 60°/o, rothe
Blutkörperchen 4700000.
Das Thier genas vollkommen, und aus der oben mitge-
theilten Untersuchung geht hervor, dass trotz der sehr herab¬
gesetzten N-Bilanz das Thier N ansetzte.
Bei Untersuchung des entfernten Magenabschnittes stellte
ich fest, dass der Tumor die Vorderseite des Magens einnahm
und theilweise knollige Massen darstellte, theilweise diffus die
Magen wand infiltrirte; inmitten der Knötchen zeigten sich
kleine schleimige Herde. Bei mikroskopischer Untersuchung
ergab sich ein typisches Gallertcarcinom. An einzelnen Stellen
waren die Knötchen mehr oder weniger geschwürig verändert.
Auf Grund des Resultates der Operation und iu Hinsicht
auf den nach hörigen Zustand des Thieres scheinen mir folgende
Schlüsse berechtigt:
1. Der Magen ist nicht unbedingt zum Leben nothwendig.
2. Die Verdauung und Assimilation sind in einer ersten Periode
nach der Operation verändert.
3. Die Gährungsvorgänge im Darm sind erheblich gesteigert, ,
was die Wichtigkeit der gährungshemmenden Wirkung
des Magens bestätigt.
4. Verdauung und Resorption bessern sich hernach wieder
und nähern sich stetig mehr der Norm, und zwar nicht
plötzlich, sondern allmählich.
5. In Fällen von Carcinom, wo die Neubildung in der Vorder¬
oder Hinter wand des Fundus liegt und einigermassen grössere
Ausdehnung hat, ist einzig die Gastrectomie angezeigt.
_ (Uebersetaung der Red.)
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80
Referate.
Neues Verfahren zur Herstellung von Celluloidverbänden.
F. Hersing gibt zur Präparation des zu festen Verbänden
ausserordentlich geeigneten Celluloids ein neues und einfaches
Verfahren an, welches geeignet scheint, diesem durch seiu ge¬
ringes Gewicht seine Festigkeit, Resistenz gegen Säuren und
leichte Ab Waschbarkeit ausgezeichnetem V er bandmaterial weitere
Verbreitung als bisher zu verschaffen. H. hat siebförmig
durchbrochene Celluloidblätter von 0,5 mm Dicke herstellen'
lassen, die in folgender Weise hergerichtet werden. Man
schneidet mittels Schere ein Celluloidblatt von der nöthigen
Länge und Breite ab, so dass die Ränder noch 3—4 cm über-
einandergehen. Diese Blätter werden gerollt, in ein Gefäss
mit Brennspiritus gebracht, dieses in ein anderes Gefäss mit
Wasser und das Ganze auf den Ofen oder auf eine Spiritus¬
oder Gasflamme gestellt. Da der Spiritus einen bedeutend
niedrigeren Siedepunkt hat als das Wasser, so beginnt er sehr
bald und früher als dieses zu kochen, und die Celluloidblätter
werden in sehr kurzer Zeit weich und biegsam. Tauchte etwa
das obere Ende der Celluloidrolle nicht vollständig in den
Spiritus ein, so drückt man dieses jetzt nach, bis alles von
Spiritus bedeckt ist. Lässt man die Blätter zu lange in dem
heissen Spiritus, so lösen sie sich vollständig auf. Unterdessen
hat man das zu verbindende Glied in Watte gehüllt, nachdem
etwa vorhandene Wunden mit entsprechendem Verbandstoff
bedeckt worden sind. Man legt jetzt das wieder abgerollte
Celluloidblatt direkt um die Watte, wickelt eine Binde darum,
und der Verband ist fertig. Es ist darauf zu achten, dass die
an den Gelenkbeugen entstehenden Falten mit einiger Sorg¬
falt und Regelmässigkeit glatt gestrichen werden; die Festig¬
keit und Schönheit des Verbandes wird dadurch vergrössert.
Nach 10—15 Minuten ist der Verband vollkommen hart. Wegen
der Röhrenform, welche das Celluloidblatt jetzt angenommen
hat, erhält es trotz seiner geringen Stärke doch eine sehr
grosse Festigkeit, Sollte indes ein solcher Verband nicht
widerstandsfähig genug erscheinen, wie vielleicht bei einem
Oberschenkelbruch, so kann man ein zweites Blatt um deh
ersten Verband herumlegen. Es ist dies der Anwendung
dickerer Blätter vorzuziehen, da diese sich nicht so schön den
Formen des Gliedes anschmiegen und in Falten legen lassen.
Doch kann man zur etwaigen Verstärkung, auch Schienen aus
1mm dickem Celluloid, welche in der geschilderten Weise
erweicht sind, in den Verband einwickeln.
Tritt die NothWendigkeit ein, den Verband abnehmen zu
müssen, so biegt man nach Abwickelung der Binde die über-
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81
einanderliegenden Ränder desselben auseinander, spaltet die
Watte mit den Fingern und hebt das Glied heraus. Die
Celluloidröhre ist so elastisch, dass sie dabei nioht bricht.
Die Watte, welche jetzt mit dem Celluloid fest verklebt ist,
bildet gewissermassen einen Abguss der Form des Gliedes,
und der so ausgepolsterte Verband kann wieder mit Leichtig¬
keit um dasselbe herumgelegt und mit einer Binde befestigt
werden.
Man kann die Celluloidblätter auch in Bindenform erweichen
und verwenden. Doch fällt bei derartig hergestellten Ver¬
bänden die Leichtigkeit des Abnehmens und Wiederanlegens fort.
Die Celluloidblätter nehmen wegen ihrer geringen Dicke
verhältnissmässig sehr wenig Raum ein und lassen sich bequem
in grossen Mengen verpacken. Sie eiguen sich daher besonders
für Verbandkästen und Ambulanzwagen. Was die Feuer¬
gefährlichkeit des Celluloids betrifft, so theilt es mit andern
Verbandstoffen, wie Gaze. Binden, Watte u. dgl., die Eigen¬
schaft, an einer offenen Flamme lebhaft aufzulodern und sehr
schnell zu verbrennen. Das Feuer einer Cigarre vermag wohl
ein Loch in die Celluloidblätter zu brennen, aber nicht die¬
selben in Flammen zu setzen. Eine weitere Feuergefährlich¬
keit besitzt das Celluloid nicht.
Die * Celluloidblätter für feste Verbände“ werden von der
Celluloidfabrik Kirrmeier und Scherer in Speyer a/Rh., in
0,5 mm und 1,0 mm Stärke hergestellt und zwar gewöhnlich
in den Farben grau und graugelb, aber auch in jeder andern
gewünschten Farbe, und in Fünfkilökisten abgegeben. Die
Fabrik liefert auch einen nach Angabe des Dr. F. Hersing
verfertigten Kochapparat zur bequemen und raschen Erweichung
der Blätter. (D. med. Wochensohr. u. Aerztl. Rundschau Nr. 1 1900.)
Colin: Ein Fall von Nierenabscess beim Pferde. Es
handelte sich um ein stark abgemagertes Pferd, welches seit
mehreren Tagen nicht mehr frass, häufig trüben opales-
cierenden, molkenartig milchähnlichen Urin entleert. Das
Thier ging an Erschöpfung zu Grunde. Die linke Niere war
stark vergrössert und wog 1400 g; sie war in ihrem rück¬
wärtigen Theil höckerig und umgeben von einer opaken, blassen
Kapsel. Die Niere setzte sich fort in eine lange Tasche, die
bis zum Beckeneingang reichte, und deren Wände verdickt und
fluktuirend waren. Diese Tasche lag unter den Querfortsätzen
der Lendenwirbel bis zum Kreuzbein und war 14 cm lang,
10 cm hoch. Sie enthielt 3 Liter weissgelben, geruchlosen
Eiters und kommunizirte mit der kranken Niere durch eine
ungefähr 1 cm im Durchmesser haltende Oeffnung. Die
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Rindensubstanz der Niere zeigte zahlreiche Höhlen Von der
Weite eines kleinen Taubeneies, voll von rahmigem, nicht
fötidem Eiter. (Rec. d’Altort, Bull. Vet: 19U0).
Falcone: Cysticercus pisiformis beim Schweine. F. fand
mehrmals im Fleische von Schweinen Cystiperken von Tauben¬
eigrösse oder kleiner, die durch einen kleinen Stiel an der
Muskulatur des Zwerchfells oder oberhalb der Leberkapsel
inserirt waren, oder auch frei zwischen den Eingeweide¬
schlingen auf dem Peritoneum lagern Der Inhalt der Cysti-
cercen ist eine fast durchscheinende milchige Flüssigkeit.
Mikroskopisch zeigt der Cysticercus alle Charakteristika des
Cysticercus pisiformis. (Giorn. Real. Soc. V6t. Bull. Vöt. 1900).
-- E. A.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 31. Januar 1901.
a) Rotz (Wurm).
Niederbay ern: Vilsbiburg 1 Gern, (l Geh.); Schwaben:
Donauwörth 1 Gern. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern 11 Gern. (12 Geb.); Niederbayern 1 Gern*
(1 Geh.); Pfalz 3 Gern. (8 Geh.); Oberpfalz 2 Gern. (3 Geh!);
Ober fr an ken 3 Gern. (3 Geh.); Mittel franken 5 Gern. (5 Geh,);
Unterfrank en 2Gern. (2 Geh.); Schwaben 34 Gern. (TüGeh,)-
d) Scbweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern 1 Gern. (1 Geh.); Niederbayern 1 Gern.
(1 Geh.). ___ ,
Maul- und Klauen-Seuche In Schlacht- und Yiehhöfeh.
Eb ist gemeldet: am 31. Januar das Erlöschen in Berlin.
Personalien.
Die Stelle des Dretriktsthierarzres in Weisraain (Oberfranken) wurde
dem Thierarzte A1 fred Ade von Teisendorf übertragen. — Der k. Be¬
zirksthierarzt FriedT. Entzenberger, in Dinkelsbühl (Mittelfranken)
wurde auf Ansuchen wegen zurückgelegten 70. Lebensjahres in den Ruhe¬
stand versetzt und demselben mit Rücksicht auf »eine 50 Jahre lang mit
Treue und Eifer geleisteten Dienste die Ehretimünze des Ludwigsordens
verliehen. — Zu Bezirksthierärzten wurden ernannt: Distriksthierarzt Emil
Död erlein von Windsheim für das Bezirksamt Hilpoltstein, Johann
M e r k 1 e, prakt. Thierarzt von Wolnzach für das Bezirksamt Rotten¬
burg i/Niederbayern, Adolf Steg er, prakt. Thierarzt von Dachau, für
das Bezirksamt Wegscheid, und Distriktsthierarzt Fritz Steger von
Buchloe füi das Bezirksamt Zusmarshausen. — Versetzungen; der k. Be-
zirksthierarzt Adolf Günther von Traunstein, wurde auf Ansuohen
als Bezirksthierarzt für das Bezirksamt München 1 nach München versetzt.
'Todesfall: Der k. Bezirksthierarzt a. D. Peter Schuster in
Obernbufg ist am 21. Januar d. Js, nach langem schwerem* Leiden im Ö8.
Lebensjahre gestorben.
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83
An der chirurgischen Klinik der Königl. ThWftrztliohen Hochschule
München Ist die erledigte 8telle eines I. .^Lsslstexvteaa. mit einem
Jahresgehalto von 1500 Mi. und einer Zulage von 120 M. alsbald zu
besetzen.
Bewerber wollen ihre Gesuche an die Direktion der Kgl. thierürzt-
liohen Hochschule dahier einreichen.
Münoheu, den 5. Februar 1901.
KZg\L T2auierSbxsBtlic3a.e X3: o cii.sclx’uls„
Derz. Direktor: A 1 b r e o ht__
Thierärztliche Sterbekasse betr.
Laut § 26 der Statuten der Genossenschaft «Sterbekasse für
Thierfirzte“ sind die daselbst angeführten Uebergangsbestimmungen
vom 31. Dezember 1900 ab ausser Kraft getreten.
Vom 1. Januar 1900 ab betrügt
al Der Jahresbeitrag nach § 4 der Statuten nur noch 12 Mark,
b) Das versicherte Sterbegeld nach § 8 der Statuten bei Mitgliedern,
welche weniger als 15 Jahre beisteuern — 900 JUL
n mindestens 15 „ * • = 350 M.
« . 20 „ . = 400 M.
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Mit 25 voll gezahlten Mitgliederbeitrügen ist das betreffende Mitglied
steuerfrei.
Anmeldungen zum Beitritt sind unter Beifügung des Tauf» und
Approbationssoheines an den Unterzeichneten zu richten, Ein ärztliches
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/L zu richten. 0 Red.
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Wochenschri
H*
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegrebeti von
M. Albrecht und Fh. 3 . Göring.
45. Jahrgang. München, den 19. Februar 19dl. Nr. 8.
Inhalt: Leimer: Schutzimpfung gegen Stäbchenrothlauf der Schweine mit
Porcosan. — Kurze Mittheilungen über Schutzimpfung gegen den Stäbchen-
rothlauf der 8chweine in Bayern. — Referate. — Notiz. — Bücher-
schau. — Personalien. — Inserate.
Schutzimpfung gegen Stäbchenrothlauf der Schweine
mit Porcosan.
Von Distriktethierarzt Leimer- Geiselhöring.
(Schluss.)
Im Ganzen hatte ich 22 mal Impfrothlauf zu verzeichnen
(= 4 °/ 0 ), der prompt in den ersten drei Tagen tödtlich endete.
Die Schweine waren nach der Impfung frisch und munter,
lagen aber dann gewöhnlich nach, 1—2 Tagen tot im Stalle.
Als eich diese Fälle häuften, hörte ich natürlich mit meinen
Schutzimpfungen auf und führte dieselben nur mehr auf aus¬
drückliches Verlangen ohne jede Garantie aus. Von Seite
der Fabrik mag entgegengehalten werden, dass ich gerade in
den heissesten Tagen geimpft habe. Ich gebe die Wichtigkeit
und Wahrheit dieser Tbatsache zu, dass nämlich die Hitze
einen ungünstigen Einfluss auf Impfstoff und Impflinge aus¬
übt, kann aber leider nicht verhüten, dass die Rothlaufbacillen
gerade in solcher Jahreszeit am besten gedeihen. Wenn das
Porcosan leicht dem Verderben ausgesetzt ist, beweist das
nur, dass es sehr gefährlich ist, dasselbe bei grosser Hitze in
Anwendung zu bringen. Die im Verlaufe von 4 Monaten zu
Tage getretenen Erscheinungen lassen sich in folgende Sätze
zusammenfassen:
I. Es ist erwiesen, dass das angewandte Schutzmittel
Porcosan eine Immunität gegen Stäbchenrothlauf bei 19
Schweinen nicht zu erzeugen vermochte.
II. Das Porcosan ist ein gefährlicher Impfstoff, der nament¬
lich bei jungen Schweinen vorsichtig ainzuwenden ist. Das¬
selbe hat bei 22 Schweinen Impfrothlauf der gefährlichsten
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86
Form erzeugt und wirkt bei Ferkeln im Alter bis zu 8 Tagen
geradezu tödtlich.
III. Das Porcosan verursachte bei drei Schweinen Fieber¬
erscheinungen und Appetitlosigkeit und bei weiteren drei
Impflingen chronische Abmagerung und Schwäche der Nach¬
hand.
Alle diese Umstände machen mir desshalb jede weitere
Anwendung des Porcosan, das nebenbei gesagt als Geheim¬
mittel seiner Zusammensetzung nach — Glycerin und Roth-
laufbacillen ? — unbekannt ist, unmöglich. Dasselbe dürfte
vermöge seiner gefährlichen Eigenschaften in den Händen des
Laien grossen Schaden anzuricbten im Stande sein und sogar
zur Verbreitung der Seuche beitragen.
Ganz unbegreiflich erscheint mir daher das Gebahren der
Fabrik, auch bei den Kastrirern und Pfuschern Reklame zu
machen. Ein hiesiger Castrateur versuchte sogar, durch den
Magistrat (!) eine Preisermässigung bei der Fabrik zu erzielen,
ist aber behördlicherseits abgeblitzt. Vielleicht wissen andere
Collegen ähnliche Beispiele. Angesichts solcher Thatsachen
muss sich einem unwillkürlich die Frage aufdrängen, ob gegen
einen derartigen Betrieb von „Schutzlymphen“ nicht polizeilich
eingeschritten werden kann? Eine Fabrik oder Apotheke etc.,
die z. B. ein Rinderpest erzeugendes Schutz mittel
ankündigen und versenden wollte, würde gewiss bestraft und
das Mittel selbst eingezogen werden. Warum sollte das bei
einem Geheimmittel nicht in Anwendung gebracht werden
können, das erwiesenermassen Stäbchenrothlauf bei Schweinen
hervorzurufen vermag? Für alle Fälle aber gehört ein solches
Mittel 1. unter die Controlle desjenigen Staates, in welchem
dasselbe zur Anwendung gelangt, und 2. sollte dasselbe nur
durch Ordination von Sachverständigen (Thierärzten) oder durch
diese selbst dispensirt werden dürfen. Der Schleier, der bis
jetzt sorgfältig diese Lymphe umgab, soll nach persönlichen
Aeusserungen des Herrn Fabrikdirektor Dr. Kobbe demnächst
fallen und das Porcosan in fester Form (Pastillen) in den
Handel kommen. 1 ) Die Wissenschaft wird dann erfahren, was
bisher nur wenigen Eingeweihten zu wissen vergönnt war.
Mögen andere Collegen günstigere Resultate mit dem
Porcosan erzielt haben! Ich wünsche es im allseitigen Interesse.
Vorerst aber kann ich diesem Impfstoff eine Bedeutung für
die Immunisirung gegen Schweinerothlauf nicht zusprechen.
*) Ist bereits gesobehen. Die Red.
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87
Kurze Mittheilungen über Schutzimpfung gegen den
Stäbchenrothlauf der Schweine in Bayern.*)
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte vom Jahre 1898 u. 1899.)
Der Stäbchenrothlauf unter den Schweinen herrschte theils
in grösserem, theils in geringerem Umfange in den Verwaltungs¬
bezirken Amberg, Burglengenfeld, Nabburg, Beilngries, Regens¬
burg (Land), Kemnath und Sulzbach.
Distriktsthierarzt Stautner in Riedenburg berichtet
hierüber:
Die Ausdehnung bei Rothlauferkrankungen bei Schweinen
war im Berichtsjahre, wie früher, gleich verheerend und es
ist nicht übertrieben, die diesbezüglichen Verluste auf Tausende
von Mark einzuschätzen. Ich habe desshalb eine ausgedehnte,
zum Theil gelungene Agitation für die Porcosanimpfung be¬
trieben und im Ganzen 349 Schweine in den Monaten Mai
und Juni geimpft. Wenn schon der Preis der Impfdosis
(ca. 65 /$) ziemlich hoch ist, so lassen doch die überraschenden
Erfolge - nachweislich ist nicht ein Schwein in Folge oder
nach der Impfung in ganz notorischen Seuchengemeinden an
Rothlauf eingegangen —, die ich im Frühjahr in dem Amts¬
blatte veröffentlichen werde, auf die weitere Einbürgerung
dieses Impfverfahrens zum Schutze unserer Schweinezucht
schliessen.
Bezirksthierarzt Kronburger in Beilngries hat gleich¬
falls Impfungen an Schweinen mit Porcosan bethätigt, und ist
von den 91 geimpften Schweinen kein Stück an Rothlauf
eingegangeu.
Ueber die von dem Bezirksthierarzte Munkenbeck in
Regensburg über Impfversuche gemachten Beobachtungen wird
dem Berichte Nachstehendes entnommen:
Wie alljährlich trat auch heuer wieder Stäbchenrothlauf
unter den Schweinen auf. Aus diesem Grunde wurde bei
189 Thieren die Impfung mit Porcosan vorgenommen und zu
diesem Zwecke das verbesserte Mittel aus der Fabrik der
Aktiengesellschaft in Mannhein) bezogen. Unter den geimpften
Thieren befanden sich 70 Schweine des fürstl. Thum und
Taxis’schen Regiegutes Hellkofen, in welcher Stallung seit
3 Jahren diese Seuche viele Opfer gefordert hat und scheinbar
nicht zum Erlöschen zu bringen war, obwohl die Stallungen
♦) Zar Herbeiführung einer im allgemeinen Interesse gelegenen
Klärung über die spezifische Wirksamkeit bezw. Unwirksamkeit des Porcosans
würden wir es lebhaft begrüssen, wenn im Anschluss an die hier wieder¬
gegebenen Mittheilungen auch andere Fachgenoss^n mit ihren Erfahrungen
und Ansichten zur Diskussion der Frage beitragen möchten. Die Red.
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88 , _
allen Ansprüchen der Hygiene vollständig genügen. Ü.fk k
E rfolg dieser Impfungen anlangend, kann mit grosser BefniAra
digung ein geradezu glänzendes Resultat konstatirt werden/) 1
Abgesehen davon, dass bei keinem der geimpften Tbiere die
früher befürchteten Nebenerscheinungen, wie Bildung von
Quaddeln am ganzen Körper etc, auftraten, erkrankten die
Thiere nur lokal, versagten niemals die Futteraufnahme und
blieben von dem Stäbchenrothlauf verschont. In 17 Fällen
waren bereits mehrere Thiere an den Folgen dieser Seuche
gefallen, einige Impfthiere selbst geringgradig erkrankt und
in Folge der Impfung gesund geworden. Auf der andern
Seite scheint aber auch eine Uebertragung des Stäbchenroth-
laufes durch Impfthiere auf andere gesunde Schweine nicht
stattzufinden. So befanden sich in der Stallung des Regie¬
gutes H. unter 70 geimpften Thieren drei Mastschweine, welche
bereits verkauft, nur noch 8 Tage im Stalle zu behalten waren
und desshalb nicht geimpft wurden. Auch diese drei Schweine
wurden während ihres achttägigen Aufenthaltes in dieser Stallung
von Rothlauf nicht befallen. Ohne ein abschliessendes Urtheil
über den Nutzen und Werth dieser Impfung schon jetzt fällen
zu wollen, kann doch mit Recht behauptet werden, dass durch
die Verbesserung des Präparates in der Fabrik der inter¬
nationalen Porcosan-Gesellschaft Mannheim viele Nebenwirk¬
ungen nach Anwendung desselben beseitigt sind, die man
früher nicht ohne Grund zu befürchten batte.
Auch der prakt. Thierarzt Thum in Köfering hat im Jahre
1898 günstige Erfolge mit Porcosanimpfungen erzielt. Der¬
selbe schreibt:
Von zwei Oekonomen einer Ortschaft wurde von mir ver¬
langt, die Impfung mit Porcosan vorzunehmen, da in des einen
Stallung ein Schwein an Rothlauf verendet war, in des Nach¬
barn Stall schon mehrere Schweine nicht mehr frassen.
Der Stall, in welchem bereits ein Schwein an Rothlauf
verendet war, war mit 13 Stück Frischlingen besetzt, vor¬
wiegend deutscher Rasse, mit wenig Yorkshireblut gemischt.
Das telegraphisch bestellte Porcosan injicirte ich subcutan
an der Inuenfläche des Hinterschenkels, und konnte ich dieses-
mal den vor zwei Jahren in meinem Jahresbericht beschriebenen
Quaddelausschlag, wie er beim sogenannten Nesselfieber der
Schweine vorkomrat, nur bei einem Schweine beobachten uud
zwar in ganz geringem Grade. Dieses Schwein versagte nur
eine Mahlzeit das Futter und frass dann wieder flott weiter.
Ein weiterer Seuchefall kam in diesem Stalle nicht mehr vor.
Der Stall des Nachbarn war mit 22 Frischlingen besetzt.
Ein Schwein war bei der Impfung noch krank, hatte schon
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93
4 Tage Bieter'
mehr iaptejmtome sind: ikterische Färbung der Schleimhäute und sogar
yewiker Haut, die besondere Farbe des entleerten Urins (wie Malaga-
iw wein, Zwetschgensauce, Kaffee), Temperatursteigerung. Die
mikroskopische Untersuchung des frischen Blutes zeigt die rothen
Blutkörperchen deformirt, gezäbnelt, sternförmig und in ihrem
Inneren stark refringente Punkte, vom Aussehen kleiuer Micro-
coccen. Genauere Untersuchungen über die Aetiologie fehlen vor¬
läufig. Mit Santonin-, Chinin- und Subkutan-Injektionen vou
Methylenblau wurde in einigen Fällen Heilung erzielt. (Journ.
de Lyon. Bull. V6t. 1900.) E. A.
Notiz. In der Petitions - Commission des Reichstages
wurde bei der Verhandlung der Bitte, als Vprbildung zum
Studium der Thierheilkunde die Maturität vorzuschreiben, be¬
schlossen, es sei die Petition dem Reichskanzler „zur Be¬
rücksichtigung“ zu überweisen.
Bei der Berathung des Etats des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamtes kam ebenfalls die Maturitätsfrage für das Studium
der Thierheilkunde zur Sprache, bei welcher Gelegenheit die
Herren Abgeordneten Dr. Langerhans und Dr. Endennann
warm für die Einführung der Maturität eintraten.
Bucherschau.
Das Pferd. Ein Handbuch über Bau, Pflege, Zucht, Hufbeschlag
und Krankheiten des Pferdes, sowie ein ausführlicher R&thgeber
über den Reit- und Fabrsport. In 2 Bänden. Herausgegeben
a) der allgemeine Theil von Dr. Lampe, Verfasser der
illustrirten Thierheilkunde, b) der sportliche Theil von Henry
Dayenpart und Dir. Woldemar Nagel. Mit ca. 1500
Abbildungen, 44 Tafeln der Gestütsbrände, 16 Rassen- und
2 farbigen Tafeln von Hans Retto, H. Graf u. a., sowie
2 zerlegbaren Modellen des Hufes und der Entwicklung der
Zähne, entworfen und bearbeitet von A. Schwarz in Nürn¬
berg. Leipzig. Verlag von Ern st Wiest Nachfolger. 1900.
Der erste Band dieses g>oss angelegten Werkes, „Allgemeiner
Theil“, bearbeitet von Dr. Lampe, umfasst 816 Druckseiten.
Der erste Abschnitt bandelt von der Anatomie und dem
Exterieur des Pferdes und umfasst 140 Seiten mit 207 Abbild¬
ungen. Der zweite Abschnitt behandelt a) die Rasse des Pferdes
und b) die Pferdezurht auf 116 Seiten mit 16 Rassebildern, 44
Tafeln von Gestütsbränden in 50 dem Texte eingefügten Abbild¬
ungen. Der dritte Abschnitt handelt auf 107 Seiten, in welche
120 Abbildungen eingefügt sind, von der Pflege der gesunden,
und im vierten Abschnitte wird auf 388 Seiten die Pflege des
kranken Pferdes besprochen. Dieser Abschnitt enthält 177 Ab-
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94
bildungen. Der fünfte bandelt vom Hufbeschlage und umfasst
62 Seiten Text, welcher durch 82 Abbildungen illustrirt ist.
Das buchhändlerisch vorzüglich ausgestattete Werk zeugt von
einem seltenen Fleiss der Autoren, mit welchem ein sehr grosser
Theil des hippologischen praktischen Wissens zusammengetragen
worden ist. Unter den über dieses Thema geschriebenen Sammel¬
werken nimmt das Buch eine hervorragende Stelle ein. Die Dar¬
stellung ist populär gehalten, so dass sich auch der Laie unschwer
zurechtfinden kann.
Das Bestreben der Verfasser, auch dem Fachmann in
allen Theilen der Pferdehaltung, Pferdezucht und der Verwendung
des Pferdes zum Gebrauche erschöpfende Darstellung zu geben,
wie es im Vorworte heisst, wird allerdings eine Utopie bleiben.
Wenn die Verfasser nur die Doctrinen Anatomie, Physiologie und
Ernährungslehre des Pferdes ins Aut^e fassen, so werden sie sich
sofort sagen müssen, dass das Buch auch nicht von einem einzigen
dieser Zweige eine halbwegs erschöpfende Darstellung gibt. Was
sollte aber auch eine solche erschöpfende Darstellung für einen
Zweck für den Laien haben?
Bei vollkommen objectiver Beurtheilung des Buches muss be¬
merkt werden, dass z. B. der 4. grösste Abschnitt, welcher von
den Krankheiten des Pferdes handelt, desgleichen der Abschnitt
über Geburtshilfe beim Pferde, für den Laien viel zu viel, für
den Fachmann viel zu wenig enthält. Ausserdem finden sich in
diesen Kapiteln eine Reihe von Unrichtigkeiten. Der Raum unserer
Zeitschrift gestattet uns nicht, diese Punkte eingehend zu besprechen.
Die Abbildungen sind zum grössten Theile 6ehr gut. Wir
nehmen davon aus die Dlustrationen, welche dem Texte über Ge¬
burtshilfe beigegeben sind, ferner eine Anzahl Abbildungen, welche
die Untersuchung kranker Pferde, verschiedene Hilfeleistungen
bei Pferden versinnlichen sollen; letztere insoweit sie den prak¬
tischen Vorgang bei der Durchführung dieser Hilfeleistungen dar¬
stellen sollen. Wir möchten hier nur hinweisen auf die Abbild¬
ungen auf Seite 25, 30, 367, 597 und 737. In dem Mass un¬
praktisch, wie die Bilder zeigen, wird auch derjenige, welcher
eine solche Untersuchung ohne Anweisung zutiP ersten Male macht,
nicht verfahren. Die Abbildung Nr. 40 auf Seite 22 ist falsch.
Das dem ersten Bande beigegebene von dem Stabsveterinär
Schwarz in Nürnberg entworfene und bearbeitete Modell ist vor¬
trefflich. __- A.
Personalien.
Der k. Bezirksthierarzt Winkler in Grafenau wurde auf Ansuchen
wegen Krankheit in den bleibenden Ruhestand versetzt unter Anerkennung
seiner langjährigen treuen Dienstleistungen. — Zu pragmatischen Bezirks-
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tbierärzten sind ernannt die Bezirksthierärzte Mitteldorf in Donauwörth,
Pröls in Neustadt a. WN. und Werkmeister in Staffelstein.
Die thierärztliche Fachprüfung haben bestanden: Josef Heigen-
leohner aus München, Arthur Hüther aus München, Karl Müller
aus Saargemünd und Friedr. Rütger aus München.
er ein. a^vmclieiier Tlilerätrzte.
Einladung zur IT. Monatsversammlikiig Donnerstag, den
21. Februar Abends 8Uhr im „Restaurant Platil“ (Nermannenlokal).
1.
2 .
Tetgreeordaa.’ma.g*:
Herr k. Corpsstabsveterinär Kr&enzle: „Ueber Vergiftungen
bei Pferden durch den Genuss von Pflanzen 11 .
Herr städtischer Oberthierarzt T. Mölter: „Der FIei sahkon sum
Münchens
I. A.: Dr. Mayr, Sohriftf.
O-aviver-ba-mäL IST ordjCrarLlren..
Die nächste Zusammenkunft findet am Sonntag, den 8. März
Nachmittags 2 Uhr im Hotel Anker in Lichtenfels statt, wozu
hlemit freundliohst einladet
Hohenleitner.
Thierärztliche Sterbefeasse hetr.
Laut § 26 der Statuten der Genossenschaft „Sterbekasse für
Thierärzte 11 sind die daselbst angeführten Uebergangsbestimmungen
vom 31. Dezember 1900 ab ausser Kraft getreten.
Vom 1. Januar 1900 ab beträgt
a'l Der Jahresbeitrag nach § 4 der Statuten nur nooh 12 Mark,
b) Das versicherte Sterbegeld nach § 8 der Statuten bei Mitgliedern,
welohe weniger als 15 Jahre beisteuern = 300 M.
„ mindestens 15 „ „ = 350A
, , 20 , , =400 M.
fl » 25 „ fi — 450 M.
Mit 25 voll -gezahlten Mitgliederbeiträgen ist das betreffende Mitglied
steuerfrei.
Anmeldungen zum Beitritt sind unter Beifügung des Tauf- und
Approbatiönsscheines an den Unterzeichneten zu richten. Ein ärztliches
Gesundheitszeugnis wird nicht gefordert.
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Prof. Dr. Johne. 2(2)
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kauft jeder Thierarzt am besten direot aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Vortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
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NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grosser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’*
Apparate für Thferzncht und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztliohen Lehr¬
anstalten der Welt der Jahrhundertwende“, bestehend aus
123 Autotypien auf 25 Kunstdruck blättern mit Angaben über
.Stadien Verhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist aUen ThiedUzten
kostenfrei übersandt worden.
Telegramm-Adresse: „Veterinaria*.
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und alle Vet.-Medikamente in zuverlässigen Qualitäten empfiehlt billigst
Fabrik chem. pharm. Praep. von Dr. H. Unger, WQrzburg.
Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die. Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
AIb recht* Veterinärstr. 6/L zu richten. D. Red.
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WochenschriC^S
f ür ——"
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 26. Februar 1901. Nr. 9.
Inhalt: Rabus: Ueber Tuberkulose beim Kalbe. — Dorn: Hernia funiculi
spermatioi. — Kurze Mittheilungen über Porcosan. — Landes-Vieh¬
versicherungskammer. — Referate. — Bücherschau. — Stand der Thier¬
seuchen in Bayern am 15. Februar 1901. — Personalien. — Inserate.
Ueber Tuberkulose beim Kalbe.
Von Distriktsthierarzt Rabuß - Pirmasens.
Während meiner Thätigkeit als Fleischbeschaustellvertreter
am hiesigen Schlachthause hatte ich Gelegenheit, einen äusserst
seltenen prägnanten Fall von Tuberkulose bei einem kräftigen
Kalbe zu beobachten.
Das gut genährte Thier zeigte bei Eröffnung der Bauch¬
höhle folgende pathologische Veränderungen: die Leber war
durchspickt von grauweissen, in der Mitte beginnende Ver¬
käsung zeigenden Knötchen von der Grösse eines Hanfkornes
bis zu der einer Wallnuss. Die dazu gehörigen periportalen
Lymphdrüsen waren stark vergrössert und ebenfalls von tuber¬
kulösen Herden durchsetzt. Weitere Veränderungen wurden
trotz sorgfältiger Untersuchung der Organe und der Lymph¬
drüsen nicht vorgefunden. Meiner Ansicht nach handelt es
sich hier um eine Infektion durch den Nabel des Thieres
während des Fötallebens.
Bezüglich der Aetiologie der Tuberkulose beim Kalbe
mögen hier kurz folgende litterarischen Arbeiten aufgeführt
werden:
Prof. Dr. Kitt 1 ) schreibt, dass bei Hühnern und beim
Kalbe die Tuberkulose allein in der Leber Vorkommen kann,
während alle übrigen Organe frei von pathologischen Ver¬
änderungen sein können. Solche Primärerkrankungen in der
Leber sind dann auf eine placentare Infektion zurückzuführen,
bei welchen durch Vermittelung der Nabelvenen das Virus in
*) Prof. Dr. Kitt: Lehrbuch der pathologisch-anatomischen Diagnostik,
Band I, Seite 544,
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98
die Leber kommt. Nach Johne 1 ) sind mehrere Fälle be¬
kannt, nach welchen schon Kalbsföten die Lebertuberkulose
trugen, also unzweifelhaft eine congenitale placentare Infektion
erlitten hatten. Gutbrod 2 ) schildert ebenfalls 2 Fälle von
placentarer Infektion. Beide Kälber zeigten mit Ausnahme
von tuberkulösen Prozessen in der Leber und den dazu ge¬
hörigen Lymphdrüsen weiter keine pathologischen Veränder¬
ungen.
Zum Schlüsse möge über die Häufigkeit des Vorkommens
von Tuberkulose beim Kalbe folgende statistische Zusammen¬
stellung dienen:
In Bayern bewegt sich die Tuberkulose des Kalbes
in einem Prozentsatz von 0,02— 0,05.
1895 wurden geschlachtet 380715 Kälber — davon waren
tuberkulös 91 = 0,02 °/ 0
1896 wurden geschlachtet 455 070 Kälber — davon tuber¬
kulös 120 = 0,03 °/ 0
1897 wurden geschlachtet 479 983 Kälber — davon tuber¬
kulös 233 = 0,05°/ 0
1898 wurden geschlachtet 484 421 Kälber — davon tuber¬
kulös 251 = 0,05 °/ 0
1899 wurden geschlachtet 503 527 Kälber — davon tuber¬
kulös 274 = 0,05 °/ 0 .
Ebenso gering ist die Tuberkulose beim Kalb auch in
den andern Staaten, so z. B. betrug sie auf sächsischen Schlacht¬
höfen im Jahre 1889 nur 0,006 °/ 0 , im Jahre 1890 0,03 °/ 0 ;
in Berlin 1890 0,079 °/ 0 und in Leipzig 1893 0,15 °/ 0 3 ).
Hernia funiculi spermatici.
Von Distriktsthierarzt Dorn in Hollfeld.
Der sogenannte innere Bruch, oder wie der landläufige
Ausdruck heisst „Ueberwurf“, beim Ochsen ist in hiesiger
Gegend, woselbst starke Ochsenzucht getrieben wird, ziemlich
häufig. Ich darf im Jahre immer 7—10 Fälle rechnen, die
ich zu operiren Gelegenheit habe. Eine solche Erkrankung
beobachtete ich voriges Jahr, die näheres Interesse verdient.
1 ) Ibidem und Dr. Perls-Neelsen: Lehrbuch der allgemeinen Pathologie
fflr Aerzte und Studirende, III. Auflage, Seite 380.
2 ) Gutbrod: „Beiträge zur Casuistik der Tuberkulose“, Wochenschrift
für Thierheilkunde und Viehzucht, 44. Jahrgang 1900, Nr. 5, Seite 41 ff.
8 ) cf. Uebersicht über das Vorkommen und die sanitätspolizeiliche
Behandlung tuberkulöser Sch lach tthiere in den öffentlichen Schlachthäusern
Bayerns im Jahre 1899.
Ostertag: „Handbuch der Fleischbeschau“, 1895, 2. Auflage, Seite 508.
Friedberger und Fröhner: „Specielle Pathologie und Therapie der
Hausthiere“, 3. Auflage, Band II, Seite 544 ff.
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99
In ein benachbartes Gut wurde ich Morgens zu einem
Ochsen geholt, welcher Abends vorher kolikartige Erschein¬
ungen gezeigt habe. In der Frühe habe er nichts mehr ge¬
fressen, sei noch immer unruhig. Ich fand das Thier matt
im Stalle stehend, Hörner und Ohren kalt, Nase trocken,
Puls etwas beschleunigt, ebenso Athmung, Darm- und Wanst¬
bewegung darnieder liegend. Bei Exploration fand sich wenig
trockener Koth mit Schleim überzogen vor. Der Samenstrang
rechterseits ist deutlich zu fühlen, ebenso zwischen diesem
und der Bauchwand ein Darmconvolut in der Grösse eines
Kopfes. Die Diagnose war auf inneren Bruch zu stellen.
Ich schritt zur Operation, welche in bekannter Weise durch
Flankenschnitt rechterseits bewerkstelligt wurde. Nach Ver¬
nähen der Wunde fuhr ich nach Hause, um dem Thier ein
Laxans zu holen. Als ich nach etwa 30 Minuten wieder kam,
hatte das Thier flüssigen Koth sehr reichlich abgesetzt, so
dass der Einguss unterblieb.
Bei meiner Ankunft andern Tags wurde mir berichtet,
dass seit Abend vorher beim Ochsen kein Kothabsatz mehr
gesehen wurde. Ich fand das Thier ohne Krankheitserscheinungen,
munter, den Mastdarm fast leer. Nun bekam er 20 g Tartar,
stibiat. Am andern Tag war noch kein Koth vorhanden, da¬
gegen zeigte das Tbier leichte Fiebererscheinungen mit Dar-
niederliegung der Wanst- und Darmbewegung. Vom leeren
Mastdarm aus fühlte man in den anderen Mastdarmparthien
eine Geschwulst von der Grösse einer Orange. Nach dem
ganzen Bild konnte man eine Darminvagination vermuthen.
Ich machte daher die Wunde in der rechten Flanke noch¬
mals auf. Mit der eingeführten Hand fühlte man einen Körper
im Darm, fest, unzerdrückbar.
Ich gab nun ein Laxans und machte in das Rektum Oel-
klystiere. Als ich Nachmittags wiederum einen Besuch machte,
kam mir der Verwalter freudig entgegen, berichtend, dass das
Thier Koth in grosser Menge abgesetzt habe und darunter
ein harter Ballen sich befunden habe. Es war derselbe ein
fast faustgrosser Futterbezoar.
Möglicher Weise hat derselbe Veranlassung dazu gegeben,
dass der Darm sich in der Samenstrangspalte eingeklemmt
hat. Nachdem die gelöste Hernie operirt war, hat er dann
diese nochmalige Verstopfung veranlasst.
Kurze Mittheilungen über Porcosan.
Es berichten ferner:
Bezirksthierarzt Huber in Staffolstein: Auf einem
grösseren Gute waren von den 17 dort vorhandenen Schweinen
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100
bereits fünf Stück der Seuche erlegen, d. h. zwei Stück
waren verendet und drei Stück wurden bald nach ihrer Er¬
krankung nothgeschlachtet. Auf Ersuchen des Besitzers wurde
der Restbestand von dem Unterzeichneten mit Porcosan ge¬
impft und zwar mit dem Erfolge, dass keines der 12 geimpften
Thiere mehr erkrankte, auch wurden keinerlei nachtheilige
Folgen des Impfens selbst wahrgenommen.
Bezirksthierarzt Schuhmann in Hilpoltstein; Rothlauf-
seuche unter den Schweinen ist im Bezirk nur sehr vereinzelt
aufgetreten, was vielleicht auf die Impfung mit Porcosan
zurückzuführen ist. Ich selbst habe sehr zahlreiche Impfungen
vorgenommen ; und so viel mir mitgetheilt wurde, ist von sämmt-
lichen Impflingen kein einziger an der Seuche zu Grunde ge¬
gangen. Es wurden mir Fälle berichtet, dass Oekonomen
Jahre lang ihre Schweine frühzeitig in Folge der Rothlauf-
seuche dem Schlachtmesser überliefern mussten; seit der bei
ihnen eingeführten Impfung haben sie keine Verluste mehr
erlitten.
Der k. Bezirksthierarzt Martin in Passau impfte im
Frühjahre 1898 in 2 grösseren Schweinebeständen mit Porcosan
nach Dr. Remy mit dem Erfolge, dass kein weiteres Schwein
mehr erkrankte oder geschlachtet werden musste und unter
mehr als 80 geimpften Schweinen nur .bei drei sogenannter
Quaddelausschlag eintrat.
Siecheneder-Mallersdorf berichtet Folgendes : Ich wählte
auch im Jahre 1898 zu meinen Versuchen mit der Schutzimpfung
die von Dr. Remy in Mannheim hergestellte Lymphe „Porcosan“,
und zwar aus dem Grunde, weil nur eine einmalige Impfung
nothwendig ist und einige Versuche in den Jahren 1896 und
1897 mich befriedigt hatten. Die Fälle, in denen ich das
„Porcosan“ zur Anwendung brachte, sind folgende:
1. I n k o fe n. 9. J u 1 i.
Brauereibesitzer H. war in die Lage versetzt, wegen
Rothlauf drei Frischlinge plötzlich zu schlachten. Der Bestand
war noch ein ziemlich bedeutender und ich empfahl desshalb
die Schutzimpfung mit Porcosan. Es wurden ca. 5—6 Tage
nach Schlachtung der oben angeführten Frischlinge geimpft
48 Schweine im Gewichte von 40 % — 1 Ztr., ausserdem
zwei Frischlinge im Gewicht von ca. 90 % des Söldners
W.; zwei Frischlinge wurden, da zwei Dosen an W. abge¬
geben waren, nicht geimpft. Die Geimpften blieben voll¬
ständig gesund, während von den nicht geimpften ein
Schwein geschlachtet wurde, da selbes die ersten Anzeichen
der Krankheit — Versagen des Futters, Verkriechen in der
Streu etc. — bekundete.
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101
2. Niederlindhart.
a) S., Bäcker von dort, musste zwei Schweine wegen
Rothlauf schlachten. So wurden 2—3 Tage nach der Tödtung
des letzten Schweines die noch vorhandenen acht Schweine,
magere Frischlinge im Gewichte von ca. 40—50®, der Impfung
unterstellt; sämmtliche geimpften Schweine blieben gesund.
b) Bürgermeister L. von Niederlindhart musste ein Schwein
wegen Rothlauf schlachten. Derselbe verlangte die Impfung
von 10 Frischlingen. Am Tage der Impfung, 9. September,
war von den 10 Schweinen bereits wieder eines erkrankt;
es wurden desshalb nur neun sich gesund zeigende Frisch¬
linge geimpft. Das erkrankte Schwein verendete am Abend.
Die von mir selbst vorgenommene Sektion erwies genau die
Rothlauferkrankung. Die geimpften Schweine blieben gesund,
abgesehen von einem kleinen Exanthem an dem Schenkel,
der zur Einspritzung benützt war, und Versagen des Futters
für zwei Tage.
3. Mallersdorf (Gemeinde), Ortschaft Steinkirchen.
Der Oekonom R. von St. musste 10 Schweine plötzlich
wegen Rothlauferkrankung schlachten, während eines ver¬
endet war.
Das wirkliche Vorhandensein der Krankheit wurde bei
Ausübung der. Fleischbeschau selbst festgestellt.
Vorhanden waren noch zwei Frischlinge und acht Span¬
ferkel. Diese wurden mit Porcosan geimpft; sie blieben ge¬
sund. Bei dem Nachbar R wurden zu gleicher Zeit drei
schwere Frischlinge geimpft; sie blieben vollständig gesund;
bei Nachbar Z. vier Schweine, der gleiche Erfolg.
Acht Tage nach der Impfung dieser Thiere liess mich
der Oekonom K. in Steinkirchen holen, da ein junges Mutter¬
schwein die Zeichen von Rothlauf aufwies, und ersuchte mich,
sofort Impfstoff zu bestellen für den gesammten Schweine¬
bestand, J9 Stück, darunter ein Eber, ein Mutterschwein
und acht Ferkel, sowie neun Frischlinge.
Das erkrankte Schwein, das bei meiner Ankunft mit roth-
blauen Flecken auf der Haut förmlich übersät war, war am
Abend verendet. Die geimpften 19 Stück blieben vollständig
gesund.
4. Upfkofen.
Impfung von acht Schweinen bei dem Oekonomen St.
und zwei Schweinen bei dem Oekonomen W. In beiden Ge¬
höften waren unmittelbar vor der Impfung (3 Tage) Schweine
wegen Rothlauf geschlachtet.
Keine Erkrankung der Geimpften.
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102
5. Pfaffenberg.
Müller N. war veranlasst, zwei Schweine wegen Roth-
lauferkrankung zu schlachten; zwei noch vorhandene Frischlinge
wurden geimpft; keine Erkrankung.
6. Ascholtshausen.
Der Söldner W. hatte zwei Schweine wegen Rothlauf
geschlachtet und liess vier Schweine, darunter zwei frisch
eingekaufte Ferkel, bald darauf impfen. Dieselben blieben gesund.
7. G re i 1 s b e r g.
Zwei Schweine bei dem Oekonomen H. waren wegen
Rothlauf geschlachtet. Vier noch vorhandene Frischlinge wurden
geimpft; keine Erkrankung, während sein Nachbar während
der Zeit ein Schwein schlachten musste.
Es sind sonach 123 Schweine*mit Porcosan geimpft worden,
von denen kein einziges erkrankte oder verendete. Da die
Impfung einfach und sehr leicht durchführbar ist, die Erfolge
ganz zufriedenstellende waren, so glaube ich auf Grund dieser
Erfahrungen, dass Porcosan gewiss die gleichen Dienste leisten
kann wie die Pasteur’sche oder Lorenz’sche Impfung resp.
Lymphe, die jedoch zweimal applicirt werden muss. Wenn
sich wohl die hier aufgeführten Oekonomen gerne zu dieser
Schutzimpfung herbeigelassen haben, so möchte ich aber sehr
in Frage stellen, ob sie für eine Impfung mit zweimaliger
Applikation zu gewinnen wären, um so mehr als das Fangen
und Halten schwerer Frischlinge gerade nicht zu den Annehm¬
lichkeiten gehört. Ich für meinen Theil werde bei Porcosan
bleiben.
Landes-Viehversicherungskammer.
Am 13. Februar war unter dem Vorsitze des k. Ministerial¬
direktors Dr. von Haag, Vorstand der k. Versicherungs¬
kammer, der Landesausschuss der Vieh Versicherungsanstalt
versammelt.
Dem Vortrage des Vorsitzenden ist zu entnehmen:
Die bayerische Landes-Viehversicherungsanstalt hat nun¬
mehr das vierte Jahr ihres Bestehens glücklich zurückgelegt
und ist bereits zu einem nicht zu unterschätzenden wirtschaft¬
lichen Faktor geworden. Sie hat in den ersten vier Jahren
28174 Schadenfälle mit einer Entschädigung von 3 962148 JH.
regulirt; bis heute sind schon 30 0< 0 Schadenfälle zu ver¬
zeichnen, für welche eine Entschädigung von 4249450 «Al
geleistet wurde.
Die Zahl der Orts-Viehversicherungsvereine, welche sich
der Landesanstalt angeschlossen haben, ist auf 1500 gestiegen;
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die Vereine haben 72705 Mitglieder mit 326570 versicherten
Thieren und ein Versicherungskapital von 68308535 JH.
Die bayerische Anstalt nimmt jetzt in Deutschland die
erste Stelle unter den Viehversicherungsanstalten ein.
Gleichwohl ist aber der grösste Theil unserer werthvollen
Viehbestände noch unversichert. Immer noch halten sich Vieh¬
besitzer von der Anstalt fern, weil sie die Bezahlung von Bei¬
trägen scheuen oder in sonstiger Beziehung deren Einricht¬
ungen misstrauisch gegenüberstehen. Möchten diese Vieh¬
besitzer doch bedenken, wie schwer sie ein Schaden oder gar
ein umfangreicheres Unglück treffen müsste, wenn sie unver¬
sichert bleibeD, möchten sie sich davon überzeugen, dass ihnen
die Anstalt grosse Vortheile bietet, und dass sie nur im festen
Zusammenschluss mit ihren Berufsgenossen ihre gesammte wirth-
schaftliche Lage verbessern können.
Die Schadensziffern weisen bei der Anstalt eine Zunahme
auf, welche grösstentheils auf die Vermehrung der Vereine
zurückzuführen ist. Der durchschnittliche Beitrag stellt sich
auf 1,23 Prozent der Versicherungssumme. Selbstverständlich
würde dieser Beitrag nicht zur Deckung der Entschädigungen
hinreichen, wenn nicht Staatszuschüsse und die Zinsen des
Reservefonds hinzukämen. '
Dank der Fürsorge der k. Staatsregierung und dem Ent¬
gegenkommen des Landtages konnte der Anstalt ein Staats¬
zuschuss von 10()0<0 M. zugewendet werden, wozu noch
eine ausserordentliche Zuwendung von 25 000 JVt. zur Unter¬
stützung der Vereine mit höheren Beiträgen kam. Ausserdem
fliessen die Zinsen aus dem staatlichen Stammkapital von
500000 JH. in den Reservefond der Anstalt, welcher in¬
zwischen auf 233114 M>. 13 erstarkt ist. Die finanzielle
Grundlage der Landesanstalt ist gesund und berechtigt zu der
Hoffnung, dass die Leistungsfähigkeit der Anstalt sich immer
mehr steigern werde.
Der Erfolg der Viehversicherung hängt aber auch von
der gedeihlichen Entwicklung der Orts-Viehversicherungs-
vereine ab. Die Vereins-Ausschüsse machen sich immer
mehr mit der Verwaltung vertraut und lassen bei Aufnahme
und Einwerthung der Thiere sowie bei der Schadensermittlung
Vorsicht walten. Bei manchen Vereinen lässt die Verwaltung
zu wünschen übrig. Kommt hiezu noch eine minder gute
Viehhaltung, so sind in der Regel die Schäden so gross, dass
sich die Ortsumlage höher berechnet ufrd die Gesammtanstalt
mehr in Anspruch genommen wird.
Die staatlich geleitete Viehversicherungsanstalt hätte sich
nicht so günstig entwickeln können, wenn sie sich nicht der
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Unterstützung und Förderung aller Verwaltungsstellen und
Behörden, insbesondere des k. Staatsministeriums des Innern,
der k. Kreisregierungen, der k. Bezirksämter sowie aller be¬
theiligten Gemeindebehörden zu erfreuen gehabt hätte. In
zahlreichen Fällen wurde die Mitwirkung der Herren Thier¬
ärzte in Anspruch genommen und durch die Bemühungen der
letzteren mancher Schaden abgewendet und das Sachverhält-
niss in präziser Weise festgestellt. Unsere treffliche thierärzt r
liehe Organisation hat der Anstalt die besten Dienste erwiesen.
Die Kassengeschäfte der Anstalt wurden von der k. Bank
mit grösster Promptheit besorgt, so dass die Versicherten
regelmässig ihre Entschädigungsbeträge schon wenige Tage
nach Eintritt des Schadens mittelst Postanweisung ausbezahlt
erhielten.
Allen öffentlichen Organen und allen Privatpersonen,
welche die Anstaltsverwaltung unterstützten, wurde der wärmste
Dank ausgesprochen. _
Referate.
Carrozzo: Zwei Fälle von akuter Vergiftung durch Kalium-
permanganat. An der Klinik der Thierarzneischule in Neapel
wird das Kalium-permanganat in der Dosis von 10 g auf 11
Wasser zur Darmdesinfektion der Einhufer verwendet. C. hat
in mehr als 60 Fällen innerhalb der früheren Jahre hievon
keine üblen Folgen gesehen; im letzten Jahre dagegen trat
in zwei Fällen Vergiftung ein. In einem ersten Falle, in dem
es sich um Darmgährung handelte, verschrieb er 10 g Kalium¬
permanganat in einem Liter Wasser zu geben, und 7 g Acidum
tannicum in Pillen; nach einer Stunde wurde er dringend ge¬
rufen und fand das Pferd mit Muskelzittern über den ganzen
Körper, hängendem in Schweiss gebadetem Kopfe, häufigen
diarrhöischen Entleerungen von weisslicher Farbe und fötidem
Gerüche. Die Schleimhäute waren blass, der Puls beschleunigt,
klein, regelmässig; die Mastdarmtemperatur subnormal (36,7),
die Atbmung beschleunigt, 50—60 Züge in der Minute. Man
hatte noch nicht ganz die Hälfte der Permanganatlösung ge¬
geben, als das Pferd zu schwitzen und nacheinander die oben
angegebenen Symptome zu zeigen begann. C. Hess sogleich
7 g Tannin und 7 g Naphtol B geben, Abreibungen mit Ter¬
pentinöl machen und Wein verabreichen. Der Zustand des
Thieres besserte sich langsam in den nächsten Tagen.
Ein zweiter ähnlicher Vergiftungsfall, in der gleichen
Weise behandelt, endete tödtlich. Sach den angegebenen
Symptomen hält der Autor es für wahrscheinlich, dass eins
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Emwirkung des Kalium auf das Nervensystem und auf den
Herzmuskel vorliege; vielleicht bildet sich im Magen bei der
Zersetzung des Kalium-permanganats eine besonders toxische
Substanz. Der Referent des Aufsatzes im Bull. V6t. (1900
S. 811) ist der Meinung, dass die Reizwirkung des Kalium
permanganicum alleinig zur Erklärung der obigen Symptome
ausreicht. Das Kalium permanganicum wirkt bis zu 1 °/ 0 o
einfach adstringirend, bis zu 1 °/ 0 iger Lösung wirkt es leicht
reizend, in 8 °/ 0 iger Lösung ist es ein schwaches, in 15 °/ 0 iger
ein mittelstarkes, in 60°/ 0 iger Lösung ein starkes Aetzmittel.
Die verwendete 1 ü / 0 ige Lösung wirkt ziemlich stark reizend,
umsomehr wenn der Magen und Darm sich bereits in ent¬
zündetem Zustande befinden. Man sollte demnach Kalium
permanganicum nie in stärkerer als 1 0 / 00 Lösung verabreichen;
diese Konzentration bringt neben der schwachen desinfizirenden
eine adstringirende Wirkung hervor und wird deshalb die
Darmgährung und den Reizzustand der Darmschleimhaut günstig
beeinflussen. (Clin. 7et. 1900.)
Müller: Prophylaktische und therapeutische Behandlung
der Maul- und Klauenseuche. M. empfiehlt, die unten an¬
gegebene Lösung mit Hülfe eines Zerstäubers aus einer Ent¬
fernung von wenigstens etwa 8 m auf die Thiere oder Gegen¬
stände in einem feinen Regen zu spritzen. Er empfiehlt
folgende Lösung: Sublimat 5 g, Kalium-permanganat 15 g,
Salicyl-Säure 30 g, Wasser 900 g. Das Sublimat muss voll¬
kommen aufgelöst in Alkohol oder Aether sein. Diese Lösung
dient zur Desinfektion 1 von Lokalen und Geschirren, auf */ 8
mit Wasser verdünnt kann sie ebenso zur Desinfektion des
Maules, Euters und der Füsse der kranken Tbiere verwendet
werden. (Röpert. de Pol. San. Bull.Vet. 1900). E. A.
Bucherschau.
Grammlich, Dienstaltersliste des veterinärärztlichen
Personals der deutschen Armee. Preis 75 /$.
In vorliegender Brochüre, die als Sonderabdruck aus der vom
Redakteur gleichen Namens bestens geleiteten „ Zeitschrift für
Veterinärkunde“ 1900, 12. Heft, erschienen ist, bringt Verfasser
auf 48 Seiten, nach amtlichen Quellen bearbeitet und in sehr über¬
sichtlicher Weise zusammengestellt, eine Dienstaltersliste oben
genannten Personals aller Dienstgrade, einestheils nach aktivem
Dienststand und Beurlaubtenstand — für Bayern sind noch die
Veterinäre ausser Dienst angeführt —, anderntheils nach Armee-
Corps etc. geordnet. Auf Seite 25 und 26 findet sich eine Er¬
klärung der Abkürzungen der Orden und Ehrenzeichen; auf der
letzten Seite ist als neu das Personal der kaiserlichen Schutz«
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106
truppen (1. Südwestafrika, 2. Kiautschou, 3. ostasiatisches Ex¬
peditionscorps) hinzugetreten.
Dem Militärveterinär wegen seines Zweckes und besonders
wegen seiner Genauigkeit seit Jahren unentbehrlich, wird das
Werkchen auch dem Gros der Civilthierärzte, in erster Linie den
im militärischen Verhältnis stehenden, willkommen sein.
Die buchhändlerische Ausstattung ist die bekannt vorzügliche
der k. Hofbuchhandlung von Ernst Siegfried Mittler und Sohn,
Berlin, Kochstrasse 68 — 71. Göbel.
Handbuch der thierärztlichen Chirurgie und Geburts¬
hilfe. V. Band. Augenheilkunde von Dr. Jos. Bayer, k. und
k. Hofrath, Professor und Rektor am k. und k. Militär-Thier-
arznei-Institut und der thierärztlichen Hochschule in Wien.
Mit 262 Textabbildungen und 11 Chromotafeln. Wien und
Leipzig. Wilhelm Braumülier. 1900.
Der erste Abschnitt des 484 Seiten starken Werkes behandelt
die Anatomie und Physiologie des Auges, sowie denjenigen Theil
der Optik, welcher zum Verständnis der physiologischen Verricht¬
ungen des Auges nothwendig ist. Im zweiten Abschnitt bespricht
der Verfasser Allgemeines über die Operationen und die Nach¬
behandlung. Der grösste Theil des Inhaltes des Buches, beinahe
400 Seiten, handelt von den Krankheiten des Auges und seiner
Schutzorgane.
Der Inhalt des Buches basirt der Hauptsache nach auf eigenen
Anschauungen und Erfahrungen- des Verfassers, wie derselbe im
Vorworte mit vollem Rechte sagt. Geradezu klassisch ist die
grosse Abtheilung des Buches, welche über die Krankheiten des
Auges und dessen Schutzorgane handelt.
Auf Grundlage 20 jähriger Beobachtungen und Untersuchungen
macht uns der Verfasser nicht lediglich beschreibend mit der
Symptomatologie, Aetiologie und Therapie der Krankheiten des
Auges uud seiner Schutzorgane bekannt, sondern beleuchtet und
begründet die von ihm in Bezug auf die Aetiologie und das Wesen
der Augenkrankheiten gezogenen Schlüsse und Anschauungen nicht
allein durch mikroskopische, sondern auch durch histologische Be¬
funde, welche beide zudem zu einem grossen Theile durch eine
Reihe wohlgelungener Abbildungen illustrirt sind.
Der Raum unserer Wochenschrift gestattet nicht, näher auf
den Inhalt des Werkes einzugehen, wir müssen aber jedem Coliegen,
welcher sich gründliche Kenntnisse in der thierärztlichen Augen¬
heilkunde verschaffen will, dringend empfehlen, sich das Studium
des Buches angelegen sein zu lassen. A.
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107
Stand der Thierseuchen in Bayern am 15. Februar 1901.
a) Rotz (Wurm).
Oberbayern: Miesbach 1 Gern. (1 Geh.); Niederbayern:
Vilsbiburg 1 Gern, (l Geh.); Schwaben: Donauwörth 1 Gern.
(1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern 5 Gern. (8 Geb.); Niederbayern 1 Gern.
(1 Geh.); Pfalz 2 Gern. (12 Geh.); Oberpfalz 2 Gern. (3 Geh.);
Oberfrankeu 3 Gera. (4Geh.); Mitte 1 fran keu 1 Gem.(l Geh.);
Schwaben 28 Gern. (72Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern 1 Gern. (1 Geh.); Niederbayern 1 Gera.
U Geh.). _
Personalien.
Disriktsthierarzt Robert Döttl von Altomünster wurde zum
Distriktsthierarzte in Herzogenaurach (Obei franken) gewählt. — Der k. Be¬
zirksthierarzt Franz Siecheneder von Mallersdorf ist auf Ansuchen
nach Landshut versetzt. — Zum Verweser der Bezirksthierarztstelle in
Traunstein wurde der bisherige Assistent an der thierärztlichen Hochschule
Armin Feser in München bestellt. — Dem k. Bezirksthierarzte
Günther in München wurde die Stellvertretung des k. Kreisthierarztes
übertragen.
An der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in München beginnt das
Sommer-Semester 1901 am 15. April ds. J., die Inskription findet
vom 15. bis incl. 20. April statt; die Vorlesungen beginnen am 22» des¬
selben Monats.
Satzungen, Lehrplan und Prüfungsvorschriften sowie Jahresbericht
können gegen Einsendung von 90 /$ durch das Anstalts-Sekretariat be¬
zogen werden.
IKgrl- Tlxiex&xztliclie ZEXoclisGliVLle,
Derz. Direktor: A 1 b r e c h t.
Die Stelle des Bezirksthierarztes für das k. Bezirksamt Grafenau
ist in Erledigung gekommen.
Bewerber haben ihre an das k. Staatsministerium des Innern zu
richtenden und gemäss § 8 der K. Allerhöchsten Verordnung vom 20. Juli
1872, „das Civilveterinärwesen betr.“, zu belegenden Gesuche bis längstens
15. l»£ärz d.s. J.
bei der ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein*
zureichen.
Junger Thierarzt sucht Stelle als -Äb-ssistexrt bei einem beamteten
Thierarzte. Gefl. Offerte sub F« H. 100 befördert die Expedition.
Suche bis 1. event. 15. März einen -A-ssistexitexi auf längere Zeit.
Memmingen. Wankmüller, k. Bezirksthierarzt.
Wegen Krankheit suche ich zum sofortigen Eintritt auf mehrere
Wochen einen approbirten Thierarzt als Stellvertreter. Fuhrwerk
zur Verfügung. Krug,
k. Bezirksthierarzt in Brüokenau.
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108
Hauptner-Instrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er Bich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier¬
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner 9 *
Apparate für Thierzucht und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4°, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend aus
123 Autotypien auf 25 Kunstdruckblättern mit Angaben über
Studienverhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
Telegramm-Adresse : „Ve t e r in a ri a a .
liiqo. Kresoli saponat. 5 Ko. B». incl. Blechb. 5 M..
Crlutolstifte mit 50°/o Glutol 10,0 = 80 /&.
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liysoL 1 Postflasche B»! 5 Ko. incl. Gefäss = 9 M. 50 /$.
Creolin acht Pearson 5 Ko. Bo. incl. Gefäss = 6 „ 50 „
und alle Vet.-Medikamente in zuverlässigen Qualitäten empfiehlt billigst
Fabrik chem. pharm. Praep. von Dr. H. Unger, Würzburg.
Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Go ttes win ter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/ 1 * zu richten. D. Red.
/Google
V
Wochenschrift
für ^j#X_RY.’
Thierheilkunde und Viehzucht
. Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebe« von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
46. Jahrgang. München, den 5. März 1901. Nr. 10.
Inhalt: Dorn: Zwei Operationen von Darminvagination. — Thum: Leber¬
egelkrankheit beim Rinde. — Werkmeister: Zwei Fftlle von. paren¬
chymatöser Leberentzündung. — Referat. — Pferdeversicherung. —
Theodor Mayr: Ans dem Leben and Treiben unserer Korporations¬
studenten. — Büch erschau. — Personalien. — Yiehsenohennaohriohten. —
Programm der Tbierärztliohen Hoohsohule zu Hannover. — Inserate.
Zwei Operationen von Darminvagination.
Von Distriktsthierarzt Dorn in Hollfeld. *
Im Juli wurde ich zu einer Kuh gerufen; die Anamnese
sagte aus, dass sie seit drei Tagen fast gar nichts mehr fresse,
keinen Koth absetze; ausserdem sei sie sehr unruhig gewesen
und habe versucht, mit den Hinterfüssen gegen den Bauch zu
schlagen. Ich fand ein ca. 5 Jahre altes Thier vor. Hftrner
und Ohren kalt, Nasenspiegel trocken, Puls 64, Temperatur
37,8. Herz und Lunge ohne Besonderheiten, Wanstbewegung
in leichtem Grade vorhanden, Darmperistaltik unterdrückt. Bei
Exploration fand ich vor dem Becken nach links einen festen
Darmknäuel, der sich beim Betasten nicht verändern liess und
die Sicherheit gab, dass Darminvagination vorhanden sei. Ich
klärte den Besitzer über die Krankheit des Thieres auf und
theilte ihm mit, dass entweder Schlachtung oder Operation
angezeigt sei, mit dem Vorbehalt, dass ich mir von letzterer
auch nicht mehr allzuviel verspreche, nachdem der Zustand
schon so lange währte. Er wünschte jedoch die Operation.
Ich machte den Flankenschnitt, ging dann mit dem rechten
Arm ein, gegen die Stelle zu, wo ich den Darmwulst gefühlt.
Ich konnte denselben ziemlich leicht hervorziehen. Die Darm-
parthie zeigte sich natürlich durch die Stauung ziemlich mit
Blutstreifen durchzogen. Ich liess den Darm durch einen Ge¬
hilfen auf einem Tuch halten und ging daran, den invaginirtea
Theil aus dem andern zu ziehen, was nicht sohwer ging, so*
bald die Anfangsparthie heraus war. Der eingeschobene Darm
sah ganz braunroth aus, war aber, noch nicht mürbe, so dass
man noch einigermassen fest an ihm ziehen konnte. Die
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Länge des Stückes schätzte ich auf fast ein Meter. Dann
liess ich eine Schüssel mit lauwarmer Creolinemulsion unter¬
halten, in welche' ich den Darm auf etwa *10 Minuten legte.
Schliesslich wurde der Darm behutsam in die Bauchhöhle
zurückgebracht und die Wunde vernäht. Ich liess dem Thier'
dann Leinsamenschleim in Menge eingeben und bemerkte dem
Besitzer, dass, trotzdem die Operation gelungen, doch noch
starke Gefahr für das Leben des Thieres sei. Am Tage
darnach stellten sich so hochgradige Collapszustände ein, dass
er es schlachtete. Die Sektion ergab eitle hochgradige Peritonitis.
. Wäre in diesem Falle die Operation rechtzeitig gemacht
worden, so wäre das Thier mit grosser Wahrscheinlichkeit
gerettet worden.
Eine Weitere Operation machte ich bei Darminvagination
im Januar, Es kam ein Bauer zu mir und sagte, dass sein
Ochse gestern Abend sehr unruhig gewesen sei, mit den Hinter¬
beinen gegen den Leib geschlagen habe, er fresse nichts mehr
und setze auch keinen Eoth ab. Ich sagte ihm nun, es wäre
wohl der sogenannte Ueberwurf und ich müsste in diesem
Fall den Ochsen operiren, womit er sich einverstanden erklärte.
Bei meiner Ankunft fand ich ein gut genährtes Thier
vor. Es stand matt im Stand, machte einen Buckel und
drängte. Nasenspiegel trocken, Hautoberfläche kalt. Puls und
Athmung unwesentlich erhöht. Darmbewegung darnieder¬
liegend, im Wanst noch einige Geräusche hörbar. Bei Exploration
im Mastdarm Schleim, kein Koth. Zu meinem Erstaunen
finde ich in der rechten Seite kein Darmconvolut und Samen¬
strang wie bei Darmüberwurf. Ich taste die erreichbare
Darmparthie ab und finde ebenfalls nichts. Meine provisorische
Diagnose war somit hinfällig, und ich setzte, da keine An¬
haltspunkte für sonstige Darmerkrankung zu finden, gleichfalls
ah Wahrscheinlichkeitsdiagnose Darminvagination. Ich klärte
den Besitzer hierüber auf und schlug die Operation als einzig
möglichen Weg zur Rettung des Thieres vor; er war damit
einverstanden. Als ich nach gemachtem Flankenschnitt mit
der Hand einging, fand ich an der direkt vorliegenden Stelle
des Darmes eine etwa 10 cm lange faustdicke Parthie vor,,
die invaginirt. war. Ich zog das Stück an die Schnittfläche
heran und fand den Darm stark geröthet und entzündet. Um
ihn zur Oeffnung herauszubringen, hätte ich dieselbe grösser
machen müssen. Ich versuchte daher, indem ich die betreffende
Parthie in die hohle Hand nahm, durch leichtes Drücken den
invaginirten Theil herauszubringen, was auch nach kurzer Zeit
gelang« Nach Desinfektion der Schnittränder mit Formalin
und jBepuderung mit Jodoform: nähte ich die Häut> wieder zu.
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111
Das Thier bekam noch Tartar, stibiat. 150. Pulv. Rhizom.
Yeratr. 100. In den Stall zurückgeführt, suchte es in der
Krippe nach Futter und nach etwa einer Stunde setzte es
Koth ab. Die Wunde heilte per primam.
Ich halte dafür, dass bei Darminvagination die Operation
immer zu versuchen ist, wenn man sogleich geholt wird. Es
ist da die Darmparthie noch nicht mürbe und brüchig und
auch noch nicht verklebt, so dass man so manches Thier noch
retten kann. _
Leberegelkrankheit beim Rinde.
Vom prakt. Thierarzt Thum in Köfering.
Diese Krankheit trat im Jahre 1896 in meinem Wirkungs¬
kreise bei Rindvieh und auch Ziegen in bisher noch nie da¬
gewesener Häufigkeit auf, so dass sie mit Recht hier wie bei
Schafen als eine Seuche (Leberegelseuche) bezeichnet werden
kann. Es ist zwar bekannt, dass ab und zu vereinzelte Leber¬
egel in der Leber des Rindes alle Jahre vorgefunden werden;
dass dieselben aber beim Rinde in so grosser Anzahl und in
so verheerender Weise auftraten, dass sie eine fast immer
zum Tode führende Krankheit erzeugten, dürfte beim Rind¬
vieh noch selten beobachtet worden sein; wenigstens ist in
unserer Gegend diese Seuche noch nie konstatirt worden.
Das Auftreten der Seuche unter dem Hornvieh in Slavonien
im Jahre 1876, an der 40°/ 0 der Thiere eingingen, erwähnt
Prof. Dr. Eriedberger in dem Lehrbuche der speziellen Patho¬
logie und Therapie.
Yon den wenigen in dieser Gegend gehaltenen Schafen
ging auch ein ziemlicher Theil an dieser Seuche ein, doch
nicht mehr als in anderen nassen Jahrgängen, in denen
wenigstens meines Wissens kein einziger Krankheitsfall von
Leberegelseuche beim Rinde vorkam.
Bei allen untersuchten Lebern war es Distomum hepaticum,
nicht ein einziges Mal Distomum lanceolatum.
Zuerst beobachtete ich diese Seuche auf einem grossen
Gute hiesiger Gegend, das mit 80 Stück Rindvieh bestellt war.
Der Besitzer hatte anfangs August 1896 acht Holländer
Kalbinnen gekauft, von denen Mitte November desselben Jahres
ein Thier au hochgradigem Magendarmkatarrh erkrankte,
nachdem es schon einige Wochen vorher stark ini Mährzu¬
stande zurückgegangen war; es frass schlecht, Wiederkauen
war hie und da nur kurze Zeit zu beobachten, das Haar war
glanzlos und struppig. Verstopfung und Diarrhoe wechselten
mit einander ab. Husten war nie zu beobachten. Auf eine
Tuberkulin-Injektion (ich hatte auch Verdacht auf Tuberkulose)
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112
reagirte es nicht. Bei meinen Besuchen auf diesem Gute er¬
fuhr ich immer, dass die Kalbin noch auf demselben Punkte
der Krankheit stehe; ich untersuchte jedesmal wieder genau,
konnte aber immer nur von einer hochgradigen Verdauungs¬
störung sprechen, die durch Anwendung aller möglichen Heil¬
mittel nicht gehoben werden konnte. Ich rieth dem Besitzer,
die Kalbin schlachten zu lassen, da doch keine Besserung
mehr zu erhoffen war; das Thier war fast zum Skelette ab¬
gemagert, die Haut lag wie angebraten auf den Rippen. Der
Besitzer zeigte mir auch noch eine zweite Kalbin desselben
Transportes, die auch schon im Nährzustande zurückging, aber
immer noch guten Appetit zeigte. Schon desswegen rieth ich
zur Schlachtung der ersten Kalbin, weil ich glaubte, durch
die Sektion auch auf die Krankheit der zweiten Kalbin schliessen
zu können. Doch der Besitzer willigte nicht ein.
Ich sah diese zwei Stücke im Stalle zum letzten Male
am 20. Dezember 1896. Am 24. Januar 1897 erhielt ich
telegraphisch die Nachricht, die Kalbin srei hochgradig mit
Lungenseuche behaftet gefunden worden. Wenn ich mich
interessire, sei ich eingeladen, am nächsten Tage früh der
Sektion der Kalbin beizuwohnen.
Diese Nachricht kam mir sehr überraschend; ich konnte
es nicht für möglich halten, dass ich bei den öfteren Unter¬
suchungen des Thieres Lungenseuche übersehen hätte können.
Aus meinem Buche ersah ich, dass ich die betreffenden Thiere
schon Anfangs August 1896 mit Tuberkulin geimpft; die Tbiere
hatten sich also schon ca. 23 Wochen in dem betreffenden
Stalle befunden. Hätten die Thiere die Seuche eingeschleppt,
so wäre innerhalb so vieler Wochen der grösste Theil der
Thiere an der Lungenseuche erkrankt. (Incubationsdauer
höchstens 16 Wochen.)
Die fragliche Kalbin soll auf den zur Untersuchung zu¬
gezogenen Thierarzt am 24. Januar 1897 den Eindruck ge¬
macht haben, als ob sie im letzten Stadium der Lungenseuche
sich befände. Sie sei mit weit auseinander gestellten Vorder¬
füssen, hochgradig athmend und stöhnend dagestanden, die
Perkussion der Brustwandungen habe gedämpften bis leeren
Schall ergeben, das Thier habe gehustet und sei hochgradig
fieberhaft gewesen; eine weitere Kalbin habe er auch erkrankt
gesehen und so sei er auf Lungenseuche-Verdacht gekommen.
Ich machte mich in aller Frühe auf, um der Sektion an¬
zuwohnen. Doch war dieselbe bereits tags vorher noch am
späten Abende durch den k. Bezirksthierarzt Herrn Munken-
beck in Regensburg gemacht. Die Autopsie ergab hoch¬
gradigste Lebercirrhose, entstanden durch das Vorhandensein
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riesiger Mengen von Leberegeln. Hätte der Besitzer die
Schlachtung, die ich vor Monaten beantragt, zugegeben, so
wäre die Krankheit längst aufgedeckt worden und somit Vieles
erspart worden. Ein genaueres Sektionsresultat der geschlach¬
teten Kalbin hier wiederzugeben, ist mir nicht möglich, da ich
nur mehr die hochgradig veränderte cirrhotiscbe Leber mit
diesen Hunderten von Distomen sehen konnte.
Einige Tage später machte ich die Sektion der zweiten
Kalbin, die ebenfalls Lebercirrbose mit Tausenden von Leber¬
egeln ergab. Im Verlaufe des Februar erfolgte nun rasch
nacheinander Abmagerung selbst der bisher schönsten, resp.
der am besten genährten Thiere; im Ochsenstalle standen
sechs riesig abgemagerte Ochsen.
Nun zog es der Besitzer vor, sämmtliches Vieh ohne
Ausnahme, ob mager oder fett, krank oder gesund, zu ver¬
kaufen und schlachten zu lassen. Dabei soll sich ergeben
haben, dass selbst bei noch sehr gut genährten Thieren die
Leberegei in solcher Anzahl vorhanden waren und die Leber
in so hohem Grade verändert war, dass dieselben binnen
kurzer Zeit der bereits vorhandenen aber noch nicht erkenn¬
baren Krankheit zum Opfer gefallen wären. Auf fraglichem
Gute verendeten zwölf Thiere, nothgeschlachtet wurden sechs
Stück, die übrigen wurden direkt der Schlachtbank übergeben.
Zwei Fälle von parenchymatöser Leberentzündung.
Von Distriktsthierarzt Werkmeister in Volkaoh.
Beiden Fällen war gemeinsam beschleunigter Puls, mässige
Temperatursteigerung, schlechte Futteraufnahme, seltenes
Wiederkauen, abwechselnd fester und dünner Kothabsatz,
starkes Speicheln, vorsichtiger mit Schmerzen verbundener
Gang, Stöhnen bei Druck auf die rechte Unterrippengegend.
Der erste Patient, eine junge Kuh, bekam beim Führen aus
dem Stalle einen epileptiformen Anfall, in dem sie minuten¬
lange mit krampfhafter Verdrehung von Nacken und Augen
bewusstlos liegen blieb. Nachdem sie sich erholt hatte, war
sie unvermögend auf den Vorderbeinen zu stehen, während sie sich
anstandslos auf der Nachhand erhob. Ich führe diese Erschein¬
ungen auf eine Selbstintoxikation mit Gallenbestandtheilen zurück.
Bei der am nächsten Tage vorgenommenenNothschlachtung,
wobei das Thier wieder aus dem Stall geführt werden konnte,
fand sich die Leber von intensiv rothgelber Farbe, etwas ver-
grössert, prall und saftreich, die Contouren abgerundet, die
Konsistenz mürbe und brüchig.
Die zweite Kuh zeigte bei einer 14 tägigen Krankheits¬
dauer sehr hochgradige Schmerzen, welche in den letzten
Tagen bei jedem Athemzuge geäussert wurden.
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i
114
Nach der Schlachtung zeigte sich die Leber nach allen
Dimensionen wenigstens um das Dreifache vergrössert, von
gelbrother Grundfarbe, die ganze Oberfläche sowohl wie das
ganze Parenchym warmassenhaft mit unregelmässigen runden,
ungefähr taubeneigrossen, knolligen, grauen Stellen durchsetzt.
Legte man einen Schnitt durch das äusserst saftreiche, mürbe
Parenchym der ca. 70 Pfund schweren Leber, so zeigten sich
die grauen, an gekochte Leber erinnernden Stellen trocken
und hatten central einen ganz kleinen Hohlraum, jedenfalls
den Rest zerstörter Ernährungsgefässe.
Die wie Inseln oder Neubildungen ins Parenchym ein¬
gestreuten, so veränderten Stellen waren abgestorbene Leber¬
läppchen und diese gewiss seltene Erkrankuug durch den
Necrosebacillus veranlasst und als Necrosis nodosa coagulativa
hepatis oder knotige Lebernekrose zu bezeichnen.
Referat.
Zschokke: Erstickung in Folge des Brechaktes beim Pferde.
(Schweizer Archiv für Thierheilk., H. 1, 1901) Eine 7 jährige
vorher völlig gesunde Rappstute wurde über Nacht tot im
Stalle gefunden. Die Sektion ergab in der Hauptsache Folgendes :
Guter Ernährungszustand, nur mässiger Meteorismus. Aus
der Nase fliesst mageninhaltähnliche Flüssigkeit. Keine Ver¬
wundungen oder Spüren Von mechanischen Insulten. Dafm-
lagen, Darmschleimhaut und Inhalt normal. Magen durch
Gase etwas gedunsen, enthält daneben gut gekautes Lang-
und Kleinfutter in mässiger Menge; keine aussergewöhnlichen
Beimengungen. Schleimhaut von physiologischer Röthung in
der rechten, von weisser Farbe in der linken Hälfte. Nirgends
Läsionen irgend welcher Art. Leber, Milz, Nieren in Grösse,
Struktur und Farbe unverändert; ebenso Bauchfell, Blase,
Uterus und Ovarien. Herz in Grössenverhältnissen, Form,
Klappenapparat und Muskelbeschaffenheit nicht vom Normalen
abweichend. Nur im linken Ventrikel ziemlich ausgebreitete
Ekchymosen und einige wenige Blutungen unter dem Epikard.
Die Lungen sehr blutreich, ungenügend kollabirt, jedoch
überall elastisch, lufthaltig, ohne Einlagerungen, mit durch¬
sichtiger, glänzender Pleura. In den grösseren Bronchien
etwas lockerer Schaum, Schleimhaut blutreicher als gewöhn¬
lich, mässig venös injicirt. Subpleurale Ekchymosen fehlen.
Die ganze Trachea ist wegsam, doch finden sich in ihrer
obern Hälfte vereinzelte Futterpartikelchen und sodann grössere
Mengen solcher auf der Kehlkopf- und Rachenschleimhaut.
Immerbin ist der Larynx nicht verstopft. Dagegen ist die
Schleimhaut der Rachenhöhle und des Kehldeckels dunkel
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115
violett, übermässig blutreich und da und dort mit vereinzelten
Blutpunkten durchsetzt. Beide Nasengänge sind von den
Choanen bis über die Mitte hinunter so voll von festgepfropftem
Mageninhalt, dass der eingeführte Finger nicht im Stande ist,
die eingepresste dickbreiige Masse zu verschieben. Nachdem
diese Futtermassen hinausgeschwemmt worden, erweist sich
die Schleimhaut als intakt, nur von auffallender Blässe und
Blutleere zu Folge des örtlichen Druckes dieses Futterpfropfens.
Es ist evident, dass hier jedwede Passage der Luft aufge¬
hoben war.
Da auch im Gehirn irgend welche anatomische Störungen
nicht gefunden wurden, blieb alö Erklärung des jähen Todes
nur die Annahme einer Erstickung durch Verschluss der
Nasengänge. Als agonale oder postmortale Erscheinung konnte
dieser Futtererguss in die Nase nicht angesehen werden, da
(im Gegensätze zum Rinde) bei krepirten oder geschlachteten
Pferden ein solcher Futterrückfluss erfahrungsgemäss nicht
vorkommt und auch durch die Art der Schlundeinpflanzung
in den Magen nicht leicht möglich wäre; ferner wies die feste
Einkeilung der Futtermassen in der Nasenhöhle darauf hin,
dass dieselben mit grosser Gewalt hereingeschleudert wurden.
Als Ursache der letzteren kann nur der Brechakt in Frage
kommen: das Pferd wurde jedenfalls aus irgend einem Grund
zum Erbrechen veranlasst, und dabei verstopften sich in der
angegebenen Weise die Luftwege.
Pferdeversicherung. Die im November V. Js. in das Leben
getretene bayerische Landes-Pferdeversicherungsanstalt macht
erfreuliche Fortschritte in allen Landestheilen. Der Anstalt
haben sich bereits 240 Pferdeversicherungsvereine angeschlossen,
welche ihre Wirksamkeit auf ganze Bezirke, Distrikte oder
grössere Gruppen von Gemeinden erstrecken. Oberbayern
besitzt 52, Niederbayern 48. die Pfalz 36, die Oberpfalz 20,
Oberfranken 11, Mittelfranken 32, Unterfranken 18 und
Schwaben 23 Vereine, welche sich der Landespferdeversicher¬
ungsanstalt angeschlossen haben. Die Versicherungssumme
beträgt gegen 11000 000 JVt. Die Schadensfälle bei der ge-
sammten Anstalt haben seit 1. November 1900 die Ziffer 76
erreicht. Die geleistete Entschädigung betrug 29175 M. Die
Mehrzahl der Schadenfälle (20) wurde durch Kolik veranlasst,
10 Schadenfälle sind auf Lungenleiden, 8 auf die schwarze
Harnwinde, 6 auf Druse, 7 auf Gehirnentzündung, 3 auf Huf¬
leiden und 22 auf sonstige Ursachen (Stürzen, Schlagen,
sonstige Unfälle) zurückzuführen. (Landwirthschaftl. Wochen¬
schrift Nr. 6, 1901.)
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116
Aus dem Leben und Treiben unserer Korporations¬
studenten.
Wohl mancher Kollege, hinter dem sich die Pforten der
Hochschule schon seit Jahren geschlossen, wird die Korpo¬
rationen und deren Entwicklungsgang aus dem Auge verloren
haben. Und doch glaube ich, mich in der Annahme nicht
zu täuschen, dass der eine oder der andere Herr Kollege
diese Zeilen mit einigem Interesse verfolgen wird.
Wie überall an hohen Schulen, hat sich auch an unserer
Alma mater im Korporationsleben Vieles geändert. Hier wie
dort sind neue Verbindungen entstanden, weniger lebensfähige
haben suspendirt; fest stehen die alten Korporationen. Den
älteren Herren werden nur die beiden Corps Normannia und
Vandalia in Erinnerung sein.
Es liegt mir nun fern und würde zu weit führen, ein
ausführliches Bild von der Thätigkeit dieser beiden Korpora¬
tionen zu ontwerfen. Es sei hier nur konstatirt, dass sie,
fussend auf einem treuen, kein Opfer und keine Mühe scheuenden
Philisterium, von Semester zu Semester ihrem Ziele, volle
Anerkennung in der studentischen Welt zu erlangen, näher
getreten sind. Einen Beweis hieför bildet hauptsächlich die
Thatsache, dass im letzten Jahre Angehörige des h. K. S. C.
(Kösener Senioren-Convent) sowohl auf leichte als schwere
Waffen bei unserem S. C. belegt haben und seitdem das
Uebereinkommen gegenseitigen Belegens besteht. Der Tag
der vollen Farbenanerkennung wird wohl nicht allzu ferne sein.
Aber, und über das möchte ich heute ganz besonders
berichten, als Hauptaufgabe gilt nicht nur schneidiges Vor¬
gehen nach aussen, sondern insbesondere auch Pflege des
feinen gesellschaftlichen Tones. Es gilt eben, zu beweisen,
dass unsere Corpsstudenten auch in dieser Beziehung auf der
Höhe der Zeit stehen. Und den Beweis hiefür hat das Corps
Vandalia mit seiner am 13. v. Mts. in den Schlachten- und
Prinzensälen des Cafe Luitpold abgehaltenen Tanzunterhaltung
wiederum glänzend erbracht. Würdig reiht sich diese Fest¬
lichkeit ihren Vorgängerinnen an.
Dem Eintretenden bot sich ein herrlicher Anblick. Die
architektonisch an und für sich überaus feinen Säle, der
reizende Damenflor in den prächtigsten Costümen, die bunten
Cerevis, Mützen und Uniformen, dies Alles vereinigte sich zu
einem imposanten, farbenprächtigen Bilde. Die Corps Nor¬
mannia und Hasso-Nassovia hätten Vertreter entsandt. Die
Philister des Corps, Direktor Albrecht und Professor Imminger,
hatten sich mit Familie eingefunden, ferner waren wie immer
unser werther Gast Professor Dr. Harz, die a. H. a. H. Magin,
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Mölter, Büchner Hans, Obergeometer Biber, Postmeister Groll,
Göbel Valentin und viele jüngere Philister erschienen. Ausser¬
dem batte uns wieder eine grosse Anzahl von Gästen aus allen
Gesellschaftskreisen beehrt, so dass die geräumigen Säle fast
zu klein waren, die Zahl der Festtheilnehmer zu fassen.
Die Polonaise, geführt von a. H. Vermessungsingenieur
Groll, eröffnete der Senior des Corps, stud. med. vet. Hörning
mit der Tochter des a. H. Direktor Albrecht. Bei der Polo¬
naise wurden den Damen prächtige Bouquets überreicht, die
führende Dame trug ein herrliches Rosenbouquet mit den
Farben des Corps. Nach der grossen Pause wurden an die
Damen überaus hübsche Souvenirs in der Form von Bonbo-
nieres, die aus Miniaturcouleurmützen hergestellt waren, ver¬
theilt. Bis zum frühen Morgen erklangen die lieblichen Tanz¬
weisen, und Alt und Jung schwang sich in heiterster Stimmung
in fröhlichem Reigen. Alles schied in vollster Befriedigung
und die Aktiven des Corps können mit Stolz auf diese wohl¬
gelungene Veranstaltung zurückblicken, kann sie doch jeder
derartigen studentischen Festlichkeit gleichgestellt werden.
Hiemit schliesst mein kleiner Bericht. Mögen die Herren
Kollegen daraus ersehen, welch’ frischer Geist in den Korpo¬
rationen weht; möge dieser Geist beitragen zur Förderung
des grossen Ganzen. Meinen lieben S. C.-Brüdern zum
Schlüsse: ein frohes Wiedersehen beim S. C. - Prinzregenten-
kommers! Theodor Mayr, der Vandalia a. H.
prakt. Thierarzt.
Bücherschau.
Operationskursus für Thierärzte und Studirende, von Dr.
W. Pfeifer, ord. Professor der Thierheilkunde an der
Universität Giessen. Zweite, vermehrte Auflage. Mit 50 Ab¬
bildungen. Berlin. 1900. Verlag von Richard Schoetz.
In die zweite Auflage des Pfeifer’schen Operationskursus wurden
neu aufgenommen die Doppelneurectomie beim Spat, die Castration
mit dem Emasculator, ausserdem die Operation der Brustbeule und
der Samenstrangfistel des Pferdes, die Castration der Kühe und
Stuten durch die Scheide, die Amputation der Klaue beim Rinde
und das perforirende Spatbrennen mit dem Stifteisen.
Durch diese Zugabe hat das Werkchen an Vollständigkeit
sehr gewonnen. Was die Zweckmässigkeit und Brauchbarkeit der
Arbeit anbelangt, so spricht biefür schon die rasche Folge der
zweiten Auflage allein. Wir müssen mit derselben Begründung
wie bei der Besprechung der ersten Auflage das vorzügliche Com-
pendium sowohl Collegen als Studirenden zur Anschaffung sehr
empfehlen. - A.
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118
Personalien.
Der prakt. Thierarzt Heinrich Holterbaoh in Heltersberg (Pfalz)
hat seine Praxis daselbst aufgegeben. — G. Schürfer hat sich als
Assistent des Bezirksthierarztes Ebersberger in Cham niedergelassen.
Maul- and Klaaen-Senche in Schlacht- und Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 25. Februar der Ausbruch und das Erlöschen
zu Metz. _
Vorlesungen und praktische Uebungen
an der Königlichen Thlerärztllchen Hochschule zu Hannover.
Sommersemester 1901.
1. Direktor Prof. Dr. Dammann: Seuchenlehre und Veterinär-
Polizei, 5 ständig.
2. Prof. Dr. Kaiser; Geburtshülfe mit Uebungen am Phantom,
4 ständig. Ambulatorische Klinik. Uebungen in der Beurtheilung der
Thiere, 1 stündig.
3. Prof. Ter eg: Physiologie I, 4 stündig. Physiologische Chemie,
2 stündig. Gesohiohte der Tbierheilkunde, 1 stündig.
4. Prof. Dr. Arnold: Organische Chemie, 5 stündig. Uebungen
im chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit Rep. Dr. Murach, täglich.
5. Prof. Boether: Allgemeine Anatomie, Osteologie und 8yndes-
mologie, 2 ständig. Histologie und Embryologie, 4 stündig. Anatomie des
Centralnervensystems und der Sinnesorgane, 2 stündig. Histologische Ueb¬
ungen, in Gemeinschaft mit Prosektor Herbig, täglich.
6. Prof. Dr. Malkmus: Gerichtliche Thierheilkunde, 4stündig.
Uebungen im Anfertigen von schriftlichen Gutachten und Berichten, 1 stündig.
Untersuchungsmethoden , 1 stündig. Propädeutische Klinik. Klinik für
grössere Hausthiere, Abtheilung für innere Krankheiten und Gewährmängel,
täglich.
7. Prof. Frick: Allgemeine Chirurgie, 3 stündig. Operationslehre,
2 stündig. Ophthalmoskopische Uebungen, 1 stündig. Propädeutische Klinik.
Klinik für grössere Hausthiere, Abtbeilung für äussere Krankheiten, täglich.
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit Rep. Römer, 2 stündig. Diag¬
nostik der äusseren Krankheiten, 1 stündig.
> 8. Prof. Dr. Olt: Allgemeine Pathologie und allgemeine patho¬
logische Anatomie, 6 stündig. Bakteriologie mit Uebungen, 3 stündig.
Fleischbeschau mit Demonstrationen, 3 stündig. Obduktionen und patho¬
logisch-anatomische Demonstrationen, täglich nach vorhandenem Material.
9. Doc. Dr. Rievel: Allgemeine Therapie, 2 stündig. Receptir-
kunde, 1 stündig. Toxikologie, 2 stündig. Klinik für kleinere Hausthiere,
täglich.
10. Schlaohthof-Direktor Rekate: Fleischbeschau-Kurse
auf dem Lindener Schlachthofe, jeder Kurs mit 14 tägiger Dauer.
11. Dr. Behrens: Botanik, 5stündig. Botanische Excursionen,
2 stündig. Pharmaceutische Uebungen, täglich.
12. Pros. Herbig: Histologische Uebungen, in Gemeinschaft mit
Professor Boether.
13. Repetitor Vosshage: Uebungen in der Percussion und
Auscultation, 2 stündig.
14. Repetitor Römer: Beurtheilung des Beschlages, 1 stündig.
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit Professor Frick.
15. Repetitor Dr. Murach: Qualitative chemische Analyse,
1 stündig. Uebungen im chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit
Professor Dr. Arnold.
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16. Assistent Seiler: Pathologisch• anatomische Diagnostik,
1 stündig.
Zur Aufnahme als Studirender ist der Nachweis der Reife *für die
Prima eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums oder einer durch die
zuständige Central-Behörde als gleichstehend anerkannten höheren Lehr¬
anstalt erforderlich.
Ausländer und Hospitanten können auch mit geringeren Vorkennt¬
nissen zugelasBen werden, soferne sie die Zulassung zu den thierärztlichen
Staatsprüfungen in Deutschland nioht beanspruchen.
Nähere Auskunft ertheilt auf Anfrage unter Zusendung des Programms
Die Direktion der Thierärztlichen Hochschule.
Dr. Dammann.
Die Stelle des Bezirksthierarztes für das k. Bezirksamt Mallersdorf
ist in Erledigung gekommen.
Bewerber haben ihre an das k. Staatsministerium des Innern zu
richtenden und gemäsB § 8 der k. Allerhöchsten Verordnung vom 20. Juli
1872, „das Civil veterinär wesen betreffend“, zu belegenden Gesuche
bis längstens 20. März d. Js.
bei der ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein¬
zureichen.
Erledigte Distriktsthierarztstelle.
Die Distriktsthierarztstelle in Altomünster ist in Erledigung ge¬
kommen und soll thunlichst bald wieder besetzt werden.
Mit derselben sind folgende Bezöge verbunden:
340 Mark aus Kreisfonds,
155 „ aus Distriktsmitteln,
200 ; „ . fflr Vornahme der ordentlichen Fleischbeschau in
Altomünster,
ca. 175 „ für Vornahme der Fleischbeschau bei Nothsohlacht-
ungen in 12 Gemeinden,
oa. 30 „ für Wasenkontrolle.
Sa. 900 Mark.
Bewerber wollen ihre mit den erforderlichen Zeugnissen belegten
Gesuche bis längstens 15. März lfd. Js. beim k. Bezirksamte Aichach
einreichen.
Aichach, am 24. Februar 1901.
1SZ. Bezirksamt:
v. n.: Löhe, k. Assessor.
Tannalbin veterin. (Knoii)
prompt und sicher wirkendes Mittel
gegen Durchfälle der Pferde, Fohlen, Binder, Kälber etc.
Broohüren mit den Berichten hervorragender Thierärzte, Gestüts-
2(26) Verwaltungen etc. zu Diensten.
Verkauf durch die Drogenhandlungen und Apotheken
Knoll & Co., chem. Fabrik, Ludwieshafen a Rh.
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Hauptner-Instrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Vortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik II. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt aussohliesslichthier-
ärztliehe Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s
Apparate für Tliierzueht und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende 44 , bestehend aus
123 Autotypien auf 25 Kunstdruckblättern mit Angaben über
Ötudienverliältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
Telegramm-Adresse: „Veterinaria“.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Sk
Albrecht, yeterinarstr. fi/ 1 » zu richten. D. Red.
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Wochensc
MAP 29 1901
B f! A <*' {
für
[fhierlteilkuiide und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebenvon
M. Albuecht und Ph. J. Gorlng,
45.Aahrgang. München, den 12. März 1901. Nr. 11.
Inhalt : G«h. Hofrath' Hahn f. — SchSnle: Ein infectiöaer Augen’
katarrb. — Mayer: Einiges Ober die &cutö Peritonitis beim Binde. — 4
Jteferate. — Büchersohau. — Personalien. Viehseuchen«
nfcebriohtsn. Inserate.. v
Geh. Hofrath Hahn i.
.1
Am 2. März verschied dahier nach längerem schweren
Leiden der k. Geh. Hofrath ord. Professor und Direktor a. D.
an der thierärztlichen Hochschule Carl Hahn im 72. Lebens*
jahre.
Derselbe war am 4. September 1829 in Schwabach als
Sohn des damaligen Landgerichtsthierarztes Hahn geboren;
Er besuchte und absolvirte die Läteinschule. seiner Vaterstadt,
hierauf die Realschule (damals Gewerbeschule) in Nürnberg
und studierte alsdann je 2 Jahre an den polytechnischen
Schulen in Nürnberg und München.
Mit dieser vorzüglichen Vorbildung, besonders nach der;
realistischen Seite hin, kam Hahn im Jahre 1851 an die da¬
malige Centralthierarzneischule,, an welcher er im Jahre 1854
mit der I. Note absolvirte. Schon ,im letzten Semester seiner
Studienzeit wurde ihm die Funktion eines klinischen Assistenten
an der internen Äbtheilung der Schule übertragen. Nach
erlangter Approbation erhielt er diese Stelle definitiv .über¬
tragen. Nach zweijähriger Thätigkeit als klinischer Assistent
wurde Hahn als Lehrer an der damaligen Kreisackerbauschule
in Schleissheim und als Thierarzt des Staatsgutes daselbst
angestellt. Hier wirkte er 4 Jahre und wurde dann wegen
seiner Tüchtigkeit im Jahre 1860 an die Centralthierarznei*
schule zurückberufen, woselbst ihm die Stelle des Prosektors
übertragen wurde; ausserdem wurde Hahn als amtlicher
Experte am damaligen Landgerichte links der Isar aufgestellt.
Schon nach zwei Jahren (im Jahre 1862) erfolgte die Er¬
nennung zum Professor der Centralthierarzneischule. Im
Jahr© 1884, nach dem Tode Franks, wurde ihm die Direktion
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der Centralthierarzneischule übertragen. Im Jahre 1899 trat
Hahn nach zurückgelegtem 70. Lebensjahre und nach nahezu
zurückgelegten 38 Dienstjahren als Professor und Direktor der
Centralthierarzneischule bezw. thierärztlichen Hochschule in
den wohlverdienten Buhestand.
Vermählt war der Verstorbene seit dem Jahre 1860.
Der überaus glücklichen Ehe entsprossten 6 Kinder, 4 Söhne
und 2 Töchter. Seine Gattin war dem Verblichenen im
Jahre 1898 im Tode vorangegangen.
Während seines langjährigen Wirkens entwickelte Hahn
ständig eine ausserordentlich umfassende, anstrengende Und
ebenso erspriessliche Thätigkeit.
So war er noch in seinem 70. Lebensjahre externer
Kliniker, las allgemeine ufid specielle Chirurgie, Operations¬
lehre, leitete die Operationsübungen, docierte polizeiliche und
gerichtliche Thierheilkunde und verfasste fast sämmtliche von
der Hochschule geförderte gerichtliche Gutachten; dazu kamen
noch weiter die vielseitigen amtlichen Geschäfte, welche ihm
seine Funktion als Direktor auferlegte.
Trotz dieser aufreibenden Thätigkeit, bei welcher er be¬
sonders durch die chirurgischen Arbeiten oft bis zur physischen
Insuffizienz in Anspruch genommen wurde, fand er besonders
in früheren Jahren noch Zeit, literarisch zu arbeiten.
So schrieb er eine Monographie über die Merinostamm¬
schäferei in Schleissheim; ausserdem veröffentlichte er die Er¬
gebnisse mehrerer Versuche auf dem Gebiete der Thierproduk¬
tionslehre und über die Castration der Kühe. In der Chronik
der Centralthierarzneischule sind noch weitere 23 von ihm
publizierte Arbeiten, theils klinischen, theils pathologisch-anato¬
mischen Inhaltes verzeichnet; endlich redigierte Hahn die vom
Jahre 1863 bis zum Jahre 1869 von der Centralthierarznei¬
schule München herausgegebenen thierärztlichen Mittheilungen.
Im Jahre 1890 verfasste er unter Beihilfe des Sekretärs
unserer Hochschule, Herrn Viandt, die Geschichte der Central¬
thierarzneischule München von deren Errichtung bis zur Er¬
hebung derselben zur Hochschule.
Seinen Schülern war der Verstorbene nicht nur ein vor¬
züglicher Lehrer, sondern auch ein väterlicher Freund und
Berather. Durch gerechte Strenge im Wechsel mit Milde,
beide zur rechten Zeit, gelang es ihm, manchen jungen Stu¬
denten zu seinem Ziele zu bringen, welches er ohne diese
väterliche Führung nicht erreicht hätte.
Seinen Collegen gegenüber zeigte der Verstorbene stets
warme collegiale Gesinnung. Die Grundlage im Verkehre
mit seinen Collegen war strengste Rechtlichkeit, Gewissen-
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haftigkeit, Uneigennützigkeit und das Bestreben, für das
Wohl der Hochschule und ihrer Angehörigen zu wirken.
Am thierärztlichen Vereinsleben nahm der Verstorbene
regen Antheil. Er war Mitbegründer des Vereins Münchener
Thierärzte und des thierärztlichen Vereins von Oberbayern.
Im letztem Vereine versah er bis zu seinem Abgänge von
der Schule die Geschäfte des Kassiers.
Bei diesen hervorragenden Leistungen des Verstorbenen
nach den verschiedenen Richtungen hin war es natürlich, dass
ihm auch eine Reihe von Anerkennungen zu theil wurden.
Von höchster Stelle wurde er geehrt durch Verleihung
des Verdienstordens vom heiligen Michael I. CI. (älterer Ord¬
nung). Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Baden
verlieh ihm das Ritterkreuz I. CI. des Zähringer Löwenordens.
Von der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867 erhielt er die
grosse silberne Medaille für seine Verdienste um die Tilgung
der Rinderpest; eine Reihe thierärztlicher Vereine ernannte
den Verstorbenen zum Ehrenmitgliede.
Das Leichenbegängniss des Verblichenen gestaltete sich
zu einer imposanten Trauerfeierlichkeit.
Vor dem Sarge gingen der S. C. der thierärztlichen Hoch¬
schule mit den! präsidirenden Corps Vandalia an der Spitze,
der R.S. C. der Landsmannschaften, an der Spitze die präsi-
dirende Landsmannschaft Markomannia, daran schlossen sich
die freie Verbindung Burgundia und der veterinärmedizinische
Verein Alemannia. Dann folgte der reich geschmückte Sarg
und hinter diesem die nächsten Verwandten, an welche sich
der Lehrkörper der thierärztlichen Hochschule, der Ministerial-
referent für die thierärztliche Hochschule, Regierungsrath
von Pracher, Ministerialdirektor Ritter Dr. von Haag, der
k. Landgestütsthierarzt Zeilinger, der k. Kreisthierarzt Schwarz¬
maier, der k. Landesinspektor für Thierzucht Dr. Vogel, der
k. Bezirksthierarzt Schmutterer und eine grosse Zahl anderer
Thierärzte Münchens und der Umgebung, Beamte und Offiziere,
sowie Leidtragende aus allen Schichten der Bevölkerung an¬
schlossen.
Am Grabe widmete der Direktor Albrecht der thierärzt¬
lichen Hochschule dem Verstorbenen einen Nachruf und legte
namens des Lehrkörpers dieser Hochschule einen Kranz auf
das Grab. Weitere Kränze legten nieder der Prosektor Dr.
Mayer namens der Assistenten der thierärztlichen Hochschule,
Landgestütsthierarzt Zeilinger im Aufträge des Unterstützungs¬
vereines bayerischer Thierärzte, Oberthierarzt Mölter namens
des Vereines Münchener Thierärzte, Bezirksthierarzt Schmutterer
namens des Vereines oberbayerischer Thierärzte, der S. C. der
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tbierärztlichen Hochschule, der R. S. C. der Landsmannschaften
und der veterinärmedizinische Verein Alemannia.
Mit dem Verstorbenen ist ein vorzüglicher College und
Lehrer zu Grabe getragen worden, ein Mann, der sich grosse
Verdienste um die thierärztliche Hochschule und den thier¬
ärztlichen Stand erworben hat, und dessen Name unvergänglich
in den Annalen der thierärztlichen Hochschule Münchens ein¬
geschrieben bleiben wird, ein Mann von den lautersten Grund¬
sätzen, ein ausgezeichneter Staatsbürger und Familienvater,
ein Mann, dem jeder, der ihn kannte, dem aber insbesondere
alle seine Schüler und Collegen zeitlebens ein ehrendes An¬
denken bewahren werden.
Er ruhe in Frieden! A.
Ein infectiöser Augenkatarrh.
Von Bezirksthierarzt Sohonle in Pegnitz.
Ueberschwemmungsgebiete sind von jeher die Brutstätten
infectiöser Krankheiten gewesen; eine solche auf derartigem
Terrain zu beobachten, hatte ich im verflossenen Herbste hier
reichlich Gelegenheit.
Ein grosser Theil der Viehweiden des hiesigen Bezirkes
wird bei stärkeren Gewitterregen überschwemmt, ist aber im
übrigen gut und liefert nahrhaftes Futter. Auch im Jahre
1900 wurden einzelne dieser Viehweiden, resp. Wiesenflächen
mehrfach überschwemmt und nach dem ungewöhnlich trockenen
Sommer von einer aus ca. 100 Stück Gross- und Kleinvieh
bestehenden Rinderherde beweidet.
Es währte nicht lange, so erkrankten nach und nach alle
Weidethiere an Thränen der Augen, Schwellung der Augen¬
lider meist ohne* Mitleidenschaft der Cornea. Nicht selten war
die Affektion so intensiv, dass die Bindehaut durch die Lid¬
spalte vorfiel, es stellte sich ein trübes, eiterartiges Sekret ein,
und schliesslich betheiligte sich in heftiger verlaufenden Fällen
auch die Cornea an dem Krankheitsprozesse, wurde undurch¬
sichtig, verdickt und rauh, fso dass das Leiden beim ersten
Anblicke für den Prozess des bösartigen Kopfkatarrhs hätte
gehalten werden können, wenn nicht das Fehlen höheren
Fiebers und der niemals aufhörende gute Appetit eine solche
Diagnose ausgeschlossen hätten.
Der Charakter der Seucheinvasion war ein durchaus gut¬
artiger, die Erkrankung verlief bei allen, auch bei den schwerer
Befallenen nach 2—4 Wochen ohne jeden Rückstand, und er¬
forderte nur bei letzteren die Anwendung einer i l 2 °l 0 igen
Höllensteinlösung, während die leichter Erkrankten schon nach
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öfterem Betuschen der Augen mit 1 °/ 0 iger Lysollösung wieder
gesundeten.
Auffälliger Weise erkrankte Anspannvieh, auch wenn es
im Stalle neben verseuchten Thieren stand, nicht, dagegen
wurden Stallkälber, nachdem sie von den überschwemmten
Wiesen Grasfutter erhalten hatten, von dem Augenkatarrh
ergriffen.
Erwähnen muss ich schliesslich noch, dass mechanische
Augenreize, wie sie staubige Wege u. dgl. öfters veranlassen,
im vorliegenden Falle ausgeschlossen waren.
Aeltere Leute wissen dagegen von schmerzhaften Fuss-
ausschlägen zu erzählen, welche bei den auf den genannten
Wiesen weidenden Thieren schon zur Beobachtung gekommen,
aber gleichfalls ohne besondere Nachwehen zur Abheilung
gekommen seien. _
Einiges über die acute Peritonitis beim Rinde.
Von Distriktßthierarzt Mayer in Grönenbach.
Die meisten Kollegen werden aus Erfahrung wissen, wie
schwer und wie unsicher oftmals die Diagnose „acute Perito¬
nitis“ beim Rind zu stellen ist. Vielfach hat dies seinen Grund
darin, dass die Krankheit so wechselvoll verläuft, weil die
Ursachen ihrer Entstehung so verschieden, ausserdem, dass
der Thierarzt oft erst spät zur Behandlung eines an Peritonitis
erkrankten Thieres gerufen wird und somit einem oft recht
zweifelhaften Krankheitsberichte des Besitzers Glauben schenken
muss. Am Anfang einer Peritonitis läuft man sehr häufig
Gefahr, sie mit einer einfachen Dyspepsie zu verwechseln.
Die Thiere versagen gewöhnlich das Futter, stellen das Wieder¬
kauen ein und sind in der linken Flanke etwas aufgetrieben.
Die Wanstbewegungen sind unterdrückt, der Kothabsatz erfolgt
zwar noch, jedoch spärlich, Harnabsatz in Ordnung. Dabei
sind die Thiere fieberlos, Puls, Athemzüge und Temperatur
normal, und das gibt nun meistens die Veranlassung, die
Diagnose auf Dyspepsie zu stellen. Nachdem verschiedene
Medikamente, die zur Anwendung kommen, um Verdauungs¬
störungen zu heben, wirkungslos sind, kommt man dann ge¬
wöhnlich darauf, dass es sich um eine Peritonitis handeln könne.
Ein anderes Mal wird man zu einem Thiere gerufen,
mit der Angabe, dass es seit etwa drei Tagen die Futterauf-
nahme versage. Das ist nun der Tag, an welchem man stets
mit ziemlicher Sicherheit die Diagnose Peritonitis stellen kann,
denn um diese Zeit stellen sich die charakteristischen Er¬
scheinungen der Krankheit ein. Die Thiere liegen viel und
geben durch Stöhnen und Aechzen ihre Schmerzen kund.
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Bringt man dieselben zum Aufstehen, so treten sie sofort vom
Barren zurück, lassen die kalten Ohren hängen, schwitzen
hie und da, und was besonders charakteristisch ist, nehmen
keinen Tropfen Wasser mehr zu sich. Gleichzeitig
sistirt die Harnabsonderung vollständig. Bei jeder
Dyspepsie sollte man daher besonders darauf acht geben,
wie es mit der Wasseraufnahme und Harnabsonderung steht,
um sich vor Täuschungen sicher zu stellen. Die Temperatur
ist gesteigert auf 39,5—40°, ebenso hat die Athemfrequenz
beträchtlich zugenommen. Aus dem Mastdarm kommen ver¬
einzelte klein geballte, häutig überzogene Kothklumpen. Führt
man die Hand in denselben ein und markirt ruderartige Be¬
wegungen, so kann man meistens jetzt schon, nach ca. zwei
Tagen jedoch fast immer mit Sicherheit, Wellenbewegungen
des angesammelten Exsudates fühlen.
Manchmal wird man nun um den sechsten Tag der Er¬
krankung erst gerufen und das ist wiederum eine Zeit, zu welcher
man sich bei diesem Leiden täuschen kann. Die Thiere haben
gewöhnlich zwischen 38—38,5 Temperatur. Sie scheinen wohl
etwas hinfällig und schlaff, allein den wirklichen Höhepunkt
der Krankheit würde man keineswegs vermuthen. Von Wich¬
tigkeit ist, dass jetzt die Temperatur immer
gesunken ist. Eine Temperatur beim Rinde unter 38,8
ist mir daher immer verdächtig. Ich halte sie bei dieser Thier¬
gattung stets für subnormal. Charakteristisch um diese Zeit
ist auch, dass die Thiere jedesmal eine steife Halshaltung ein¬
nehmen, was wohl in Folge Ansammlung der Exsudatmassen,
welche einen Druck auf Zwerchfell und Lunge ausüben, ge¬
schieht. Der Ausgang der Krankheit, soferne es sich nicht
um eine umschriebene Peritonitis handelt, ist stets ein tödlicher
und halte ich die Angabe Bagges (Friedberger und Fröhner I,
S. 346), dass nur 50 °/ 0 zu Grunde gehen, für jedenfalls viel
zu niedrig gegriffen. Von grosser Wichtigkeit ist es, die Peri¬
tonitis frühzeitig zu erkennen, um die Schlachtung einzuleiten
und so den Viehbesitzer vor grösserem Schaden zu bewahren;
denn später verbietet sich der Genuss des Fleisches solcher
Thiere von selbst. _
Referate.
De Jong: Primäre Darmtuberkulose bei der Katze. De Jong
beschreibt einen Fall dieser Art. Die Bazillen wurden mittels
der Ziehl-Gabbet’schen Methode in den tuberkulös erkrankten
Peyer’schen Plaques nachgewiesen. (Tijdschr. v. Veearz. u.
Bull. Yöt. 1900). ___
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127
Scott: Ausspülung der Pleurahöhle bei einer Stute. Eine
influenzakranke Stute, welche gleichzeitig mit den zwei anderen
Pferden desselben Stalles erkrankt war, genas dem Anschein
nach vollständig innerhalb etwa zehn Tagen. Wenig später
zeigten sich die Symptome einer katarrhalischen Pneumonie,
dann diejenigen einer Pleuritis. Die Probepunktion ergibt
seröses Exsudat. Mehrmalige Wiederholung der Punktion auf
beiden Seiten brachte keine Besserung. Ein Bronchialabscess
stellte sich ein und man betrachtete das Thier als verloren.
Mehr versuchshalber als in therapeutischer Absicht wurde nun
Zwischen zwei Rippen mittels einer Lanzette ein Einstich ge¬
macht und ein silberner Verweiltubus eingelegt. Nach Ent¬
leerung der Pleurahöhle wurden Injektionen mit Izallösung
gemacht, im ganzen drei Injektionen in dreitägigen Zwischen¬
räumen. Der am 14. Tag herausgefallene Tubus wurde nicht
mehr eingeführt; durch die Wunde entleerte sich, besonders
bei Hustenstössen, das eiterige Exsudat; zuerst fötid und trüb,
zeigt der Eiter allmählig besseres Aussehen und gleichzeitig
gingen die Allgemeinsymptome zurück. Trotz der Anwendung
von Tonicis magerte die Stute zum Skelett ab. Indessen er¬
holte sie sich wider Erwarten und war nach einigen Monaten
vollkommen geheilt und arbeitsfähig. (Journ. Comp. Path.
Ther. 1899, Bull. V6t. 1900.)
Knipscheer: Ein Fall von generalisirter Tuberkulose
beim Pferd. Bei einem Artilleriepferd konstatirte K. als erste
Symptome der tuberkulösen Erkrankung Anschwellung der Hals-
lymphdrüsen, Polyurie, Albuminurie und sehr ausgesprochene
Abmagerung. Die einige Monate später vorgenommene Autopsie
zeigte eine ausgedehnte Tuberkulose des Peritoneums, hoch¬
gradige Pyelitis tuberkulosa und zahlreiche Miliatuberkel in
den Lymphdrüsen. Die bakteriologische Untersuchung des
Bazillus machte es wahrscheinlich, dass die Abdominaltuber¬
kulose, wie dies Nocard vermuthet, durch den Bazillus der Geflügel-
tuberkulöse erzeugt wurde. Das Symptom der Polyurie, dem
Nocard grosse diagnostische Bedeutung zuschreibt, hat K. in
elf Fällen von Bauchfelltuberkulose des Pferdes jedesmal kon-
statiren können. (Tijdschr. v. Veearts. en Veetelt. Bull.
Vet. 1900.)
Aconitinvergiftung beim Pferd. In einem Stall zu Soncourt
(Vogesen) wurden sechs Pferde mittels Aconitin vergiftet, wie
die an der thierärztlichen Schule in Lyon angestellte Analyse
ergab. Kaufmann konnte einPferd mit 6mg töten. (Bull.Vet. 1900.)
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I
128
Horne: Maul- und Klauenseuche beim Renntier. Im nörd¬
lichen Schweden haben die Rennthiere stark an der Maul¬
und Klauenseuche gelitten. H. gibt an, dass die Krankheit
mit dem Klauenpanaritium des Rindes grosse Aehnlichkeit hat.
Sie unterschied sich jedoch durch das Vorhandensein zahl¬
reicher Aphthen auf dem Flötzmaul und in der Maulhöhle.
Nekrosebazillen wurden nicht gefunden, anderseits gelang die
Uebertragung der Maul- und Klauenseuche mit dem Inhalt
der Blasen in jedem Falle. Die Mortalität war sehr beträcht¬
lich. (Norsk. Vet. Tydskr. Christiania t899. Bull. Vet. 1900.)
Martin: Darminvagination bei einer Stute. Eine Stute,
die vor acht Tagen gefohlt hatte, zeigte Kolikerscheinungen,
und fünf Tage lang gingen keine Exkremente ab. Am vierten
Tage schien der Zustand aussichtslos; am folgenden Tage
wurde bei Rektaluutersuchung ein Fremdkörper gefunden und
extrahirt, der das Darmlumen verstopfte. Dieses Hinderniss
erwies sich als ein mit Nahrung strotzend gefülltes Darmstück ;
sogleich nach der Entfernung trat eine ergiebige Entleerung
ein, die Heilung ging rasch von Statten. Die invaginirte
Portion war ungefähr 20 cm lang, aber die Darmwand war
nur in halb so langer Ausdehnung vollständig vorhanden; es
handelte sich um einen Theil des Colon, macerirt, von grauer
Farbe und putridem Gerüche; Falten und Gewebe noch er¬
kennbar, das Fett an der äusseren Oberfläche wenig ver¬
ändert. (Ibidem.)
Eloire: Ueber die Rolle des Zuckers und des Glycerins
in der thierärztlichen Geburtshilfe. Entsprechend neueren in
der Humanmedizin gemachten Beobachtungen über die wehen¬
verstärkende Wirksamkeit des Zuckers hat E. die Verwendung
desselben bei verzögerten Geburten und zur Beförderung des
Abganges der Nachgeburt empfohlen. Bei der Stute kann
man den Zucker im Getränke zu je 100 g mehrere Male
geben; bei der Kuh empfiehlt sich die Anwendung von Zucker¬
lösung in Form von Klystieren. In Fällen von verzögerter
Geburt könnte man ausserdem die Einführung von mit Glycerin
getränkten Wattetampons in die Cervix uteri versuchen. Zur
Erweiterung des Uterushalses kann man ausserdem noch Warm¬
wasser-Infusionen machen; dieselben haben jedoch den Nach¬
theil, dass sie den die Vaginalschleimhaut und den Fötus ein-
hüllenden Schleim entfernen, und wenn man diesen Schleim
nicht durch reichliche Injektionen schleimiger Flüssigkeit er¬
setzt, setzt man sich der Gefahr aus, die Scheidenschleimhaut
zu verletzen. (Revue de Toulouse, Bull. Vet. 1900.)
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129
Mason: Zucker in der Geburtshilfe. M. berichtet über
fünf Fälle, in welchen er mit der Verabreichung von Zucker
günstige Erfolge bei der Zurückhaltung der Nachgeburt er¬
zielte.
1. Fall: Alte Kuh in gutem Ernährungszustand, Eihäute
fünf Tage retinirt, in beginnender Fäulniss. Geringer Tem¬
peraturanstieg, Appetitlosigkeit, aufgehobene Rumination. Die
Eihäute wurden zum Theil entfernt. V* Pfund Zucker wurde
auf einmal in einer Flasche voll Burgunder-Wein verabreicht, und
das Gleiche zweimal nach je 12 Stunden wiederholt. Nach
dieser Zeit wurden die halb verfaulten Eihäute ausgestossen;
innerhalb drei Tagen vollkommene Wiederherstellung.
2. Fall: Gut genährte, gesunde Kuh, ca. 6 Jahre alt.
Eihäute seit ca. 11 Tagen zurückgehalten, so stark in Fäulniss
übergegangen, dass sie bei jedem Versuch zu ziehen, zerfielen.
Mit zwei Eingüssen der vorigen Art wurde die Ausstossung
der Eihäute erzielt, daran schloss sich eine antiseptische Aus¬
spülung des Uterus. In wenigen Tagen völlige Wiederher¬
stellung.
3. Fall: Schlecht genährte Kuh, welche vor drei Tagen
Zwillinge zur Welt gebracht hatte. Versuche, die Eihäute
durch Zug zu entfernen, blieben erfolglos. Auch hier brachte
zweimalige Verabreichung der angegebenen Menge die Aus¬
stossung zuwege. (Veterinarian Nr. 2 1901.)
Mettam; Ascites und Sarcom bei einem Hund. Bei einem
Yorkshire-Terrier wurde bei der Untersuchung ein hochgradiger
Ascites konstatirt. Bei der Puuktion entleerte sich */ 2 Liter
einer klaren hellgelben Flüssigkeit; 14 Tage später war das
Abdomen wieder angefülit. Das Thier wurde getötet. Bei
der Sektion ergab sich in der Leber starke chronische venöse
Stauung; das Herz war erweitert und von schlaffer Konsistenz,
ln der Bauchhöhle fand sich genau an der Stelle, wo die
vordere Gekrösarterie in das Dünndarmgekröse eintritt, und
zwischen den Mesenterialblättern eingeschlossen, eine faust¬
grosse Geschwulst. Dieselbe war von weicher Beschaffenheit
und auf dem Durchschnitt von markigem Aussehen, und um¬
gab die in der Gekröswurzel verlaufenden Gefässe. Bei Er¬
öffnung einer grossen Vene wurde in der That auch eine Ein¬
wucherung der Geschwulst durch deren Wand gefunden; in
das Lumen ragten weiche warzige Massen vor. Metastasen
wurden nicht konstatirt. Mikroskopisch erwies sich der Tumor
als Rundzellensarkom. (Veterinarian Nr. 2 1901.)
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130
Mason: Tötung eines Fohlens durch Sand. Das Thier,
um das es sich handelte, war ein drei Wochen altes Voll¬
blutfohlen, welches, ohne vorher irgend welche Krankheits¬
symptome gezeigt zu haben, bewegungs- und fast vollkommen
empfindungslos auf dem Felde gefunden wurde. M. vermuthete
eine Strychninvergiftung oder Tetanus, und eine leichte Eiterung
am Nabel schien dafür zu sprachen, dass die Infektion von
dorther erfolgt sei. Der Patient krepirte nach 12 Stunden.
Da eine Vergiftung nicht ausgeschlossen schien, wurde eine
chemische JJntersuchung des Magen- und Darminhaltes vor¬
genommen, welche indes in Hinsicht auf Gift resultatlos ver¬
lief; dagegen fand sich eine sehr grosse Menge feinen scharfen
Sandes im Dickdarm, die ganze Schleimhaut des Magens und
Darmkanals zeigte lebhafte Entzündung. Sowohl die Mutter¬
stute als das Fohlen waren vollkommen gesund gewesen. An¬
zeichen für eine Indigestion, welche etwa das Fohlen zum
Fressen von Sand hätte veranlassen können, waren nicht ge¬
geben: Ausserdem Hess sich nachweisen, dass der Sand von
einem ziemlich weit entfernten Feld stammte, auf welches das
Fohlen niemals gekommen war. Es war demnach äusserst
wahrscheinlich, dass der Sand absichtlich dem Fohlen beige¬
bracht worden war. Die gerichtliche Untersuchung ergab
indes nichts Sicheres darüber. M. führt die Erscheinungen,
welche mit denjenigen eines vorgeschrittenen Tetanus identisch
waren, auf Reflex-Reizung des Cerebrospinalsystems vom Darm-
kanal aus zurück. (Veterinarian, Febr. 1901.) E. A.
BScherschau.
Atlas und Grundriss der speziellen pathologischen Histo¬
logie von Privatdocent Dr. H. Dürck, Assistent am patho¬
logischen Institut in München. Bd. 11 Leber, Harnorgane,
Geschlechtsorgane, Nervensystem, Haut, Muskeln, Knochen.
1901. München. Verlag von J. F. Lehmann. Preis geh. 11 «M.
In Nr. 7 dieser Zeitschrift vom vorigen Jahre ist gelegent¬
lich der Besprechung des ersten Bandes von vorstehendem Werke
bereits auf dessen Bedeutung für thierärztliche Kreise hingewiesen
worden. Ebenso ist auf die sehr zweckmässige Bearbeitung der
Abschnitte, denen stets Einleitungen über die normale Histologie
vorangestellt sind, aufmerksam gemacht worden. Auch dieser Band
reiht sich in seinen Vorzügen würdig dem ersten an, so dass nach
Erscheinen des III. (Schluss-)Bandes, welcher die allgemeine patho¬
logische Histologie enthalten soll, für den Studierenden und für den
Praktiker ein zuverlässiger Führer durch das vielgestaltete Gebiet
der allgemeinen und speciellen pathologischen Histologie vorhanden
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131
sein wird, der sich bald viele Freunde erwerben wird. Eiö dem
zweiten Bande beigefügtes Sachregister erleichtert das Auffinden
der in beiden Bänden erörterten Veränderung erbeblich und wird
von den Interessenten besonders dankbar begrüsst werden.
Sohneidemühl (Kiel).
Das Buch vom gesunden und kranken Hunde'. Lehr- und
Handbuch über das Ganze der wissenschaftlichen und prak¬
tischen Kynologie, bearbeitet von Professor L. Hoff mann,
Lehrer für Thierzucht und Vorstand der Hundeklinik an der
thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. Wien 1901. Verlag
von Moritz Perles. Preis 14 «At. *
In dem vorbezeichneten Werke behandelt der Verfasser das
gesammte Gebiet der Kynologie in eingehender Weise. Wenn
derselbe im Vorworte sagt, dass er den Hund, den Liebling’ und
treuesten Freund der Menschen, von sehr verschiedenen Seiten
kennen lernte und ebenso die verschiedenen Anforderungen an ihn
und seine Leistungen, so hat er dieses mit der Bearbeitung des
Buches vollauf bewiesen.
Wir kennep kein Werk über den Hund, das an originalen
Mittheilungen besonders in Bezug auf die Hunderassen soviel des
Interessanten und Wissenswerten enthielte, wie das Buch von Hoff-
mann. Aber auch das bereits bekannte Material über dieses Haus¬
thier hat der Verfasser mit einer seltenen Gründlichkeit zusammen¬
gestellt und je am rechten Orte niedergelegt.
Die Schöpfung Hoffmanns war eine mühevolle Arbeit, die um¬
fassende Studien voraussetzte. Wir zweifeln nicht, dass Fleiss und
Leistung des Verfassers sowohl im Kreise der Collegen als bei
allen denjenigen, welche sich für das Hausthier „Hund“ — gleich-
giltig'aus welchem Grunde — interessieren, volle Anerkennung
finden wird. A.
Personalien.
Der approbirte Thierarzt Rudolf Art mann hat sich in Weiler¬
bach, k. Bezirksamts Kaiserslautern, als prakt. Thierarzt niedergelassen.
Gestorben: Der Geh. Hofrath Hahn, Direktor und ord. Professor
a. D. der tierärztlichen Hochschule München, der Geh. Regierungsrath
Carl Müller, weiland Professor der thierärztlichen Hochschule Berlin.
Notiz* Die Herren Kollegen werden ersucht, bei allenfallsiger
Stellenveränderung oder Ortswechsel dies gefl. an die Redaktion zwecks
Evidenzhaltung des Personalstandes mittheilen zu wollen. Die Red.
Manl- and Klauen-Seuche in Schlacht- und Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 1. März der Ausbruch und das Erlöschen zu
Würzburg.
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Approb. Vertreter fa» Mute ^pra
Fahi-werk zu», Verfügung : (Radfah^p .^Tor^t) , 4(2) .-
Böe h e t S4 % */D, ( , & Jdära J9Q1, f Racker, Distr,-Thier*rzt /,
Hauptner-Instrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sieb hierdurch besondere Vortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier¬
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s
Apparate für Thierzuclit und -Pflege wurden duroh die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran-
zöstBöheinraü engtischüir Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend aus
123 Autotypien auf 25 Kunstdruckblättern mit Angaben über
Studienverhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
^ Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München. ,
FAf die, Redaktion bestimmte Senkungen sind an Profeetor
Albrecht, Veterinärstr. 6/L zu richten. D. Red.
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Wochenschrift yj^
für
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Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albrecht und Ph. J. Göiing.
45. Jahrgang. . München, den 19. März 1901. Nr. 12.
Inhalt: Sauer: Infektiöse Lungenentzündung der Kälber. — Schumann:
Maul- und Klauenseuche. — Ziessler: Krankheitsfälle durch Fütterung
verdorbener Kartoffel. — 0. Müller: Metastatisohe Entzündung der
Sehnen und Sehnenscheiden nach genuiner croupöser Pneumonie beim
Pferde. — Durocher: Zungenverletzung bei einem Zuchtstier. —
Döderlein: Pericarditis exsudativa beim Pferde. — Pöhlmann: Hart¬
näckige Obstipation beim Pferde mit Sehstörung. — Steüger: Die sog.
kanadische Pferdepocke (Dermatitis contagiosa pustulosa). — Referat. —
Vieh8euchenuachrichten. —> Inserate.
Infektiöse Lungenentzündung der Kälber.
Yon Distriktsthierarzt Sauer- Geisenfeid.
In einem ungefähr 40 Stück umfassenden Viehbestand
trat die infektiöse Lungenentzündung der Kälber auf. Ende
August 1899 erkrankten neun in einer Stallabtheilung neben¬
einander aufgestellte Tbiere im Alter von 2—3 Monaten. Sie
zeigten nach den Beobachtungen des Besitzers Appetitmangei
und wenig Verlangen, Trank zu sich zu nehmen. Der Blick
war trübe, die Körperhaltung auffallend müde, insbesondere
jedoch machte sich ein matter, klangloser, ziemlich oft hör¬
barer Husten bemerkbar. Das Deckhaar wurde bald gesträubt
und der Ernährungszustand zusehends schlechter. Bei immer
häufigerem Husten und auffallend zunehmender Abmagerung
verendete am 19. Oktober eines der Kälber, nachdem es 14
Tage lang auch noch einen sehr übelriechenden Durchfall ge¬
habt hatte. Obduktionsergebniss: Hochgradig, bis zum Skelett
abgemagerter Cadaver mit auffallender Blutleere. Die wesent¬
lichsten Veränderungen zeigen die Lungen. Sie besitzen, ins¬
besondere in den vorderen Lappen, eine derbe Konsistenz,
eine lobulär begrenzte, fleckige Röthung, die vom Hellroth bis
zum Dunkelroth wechselt und scharf durch die etwas ver-
grösserten interstitiellen Bindegewebszüge abgegrenzt ist. Auf
dem Durchschnitt zeigen die Lungen, die übrigens sehr blut¬
reich sind, dasselbe marmorirte Aussehen und erinnern damit
für den ersten Anblick an das Bild der Lungenseuche. Es
fehlen jedoch die dafür charakteristischen, gelben, serösen,
verdickten Bindegewebszüge der lnterstitien.
Nach diesem Befunde und im Hinblicke auf die klinischen
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Erhebungen, die bei den noch lebenden Patienten im wesent¬
lichen dasselbe Ergebniss hatten wie die oben mitgetheilten
Beobachtungen des Besitzers, konnte über die Art der Krank¬
heit ein Zweifel wohl nicht mehr obwalten. Die Patienten
wurden daher von ihren Standplätzen entfernt und in einer
luftigen, mässig temperirten, geräumigen Halle untergebracht.
Daneben erhielten sie, soweit eben anfangs ein Appetit über¬
haupt vorhanden war, eine möglichst kräftige Nahrung. Nach
wenigen Tagen schon wurden die Krankheitserscheinungen
geringer, der Husten und die bei allen Kälbern mehr oder
weniger beschleunigte Athmung verminderten sich, Appetit und
Allgemeinbefinden wurden besser, und bei der Mehrzahl der
Patienten war auch eine Zunahme im Ernährungszustände un¬
verkennbar. Gegen Mitte November trat jedoch bei zweien
der Kälber abermals eine Verschlechterung ein und führte
bei einem derselben am 20., bei dem anderen am 2?. November
zum Tode. Das Obduktionsergebniss war in beiden Fällen
wie das bereits mitgetheilte. Die übrigen sechs Patienten sind
allmählich ^genesen, jedoch war das Befinden öfters noch sehr
wechselnd, namentlich hinsichtlich der Futteraufnahme, so dass
auch der Ernährungszustand noch wochenlang zu wünschen
übrig liess.
Was die Ursache der Seuche anbelangt, so sei erwähnt,
dass kurze Zeit vor der offenkundigen Erkrankung der Kälber
in demselben Gehöfte die Sch weineseuche geherrscht hatte.
Wie der Besitzer angab, waren die erkrankten Ferkel, denen
man möglichst viel frische Luft zuwenden wollte, bei dem
Freiherumlaufen im Gehöfte öfters auch in den Kuhstall und
dort namentlich unter die später erkrankten Kälber gerathen.
Die Vermuthung, dass hierdurch die Infektion erfolgt sei,
lässt sich wohl nicht von der Hand weisen, insbesondere im
Hinblick auf die Beobachtungen von Perroncito, der die Krank¬
heit mit der Schweineseuche identifizirt, und von Poels, der
als Urheber derselben einen stäbchenartigen, den Bakterien
der Schweineseuche sehr ähnlichen Spaltpilz gefunden haben will.
Erwähnt sei schliesslich noch, dass die von den kranken
Kälbern benützten Standplätze gründlich gereinigt und ent¬
sprechend desinfizirt worden sind. Erkrankungen unter dem
spätem Nachwuchs sind darnach bis jetzt nicht mehr auf¬
getreten. _
Maul- und Klauenseuche.
Von Bezirksthierarzt Schumann - Hilpoltstein.
Bei der bösartigen Form mit tödlichem Ausgang konnte
die Beobachtung gemacht werden, dass meist sehr gut ge-
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nährte« Jungvieh von der Seuche ergriffen wurde, dass der
Tod raeist am 5.—7. Tage der Erkrankung eintrat und zwar
meist apoplectisch. Nach dem 7. Tag der Erkrankung konnte
ich einen tödlichen Ausgang nicht mehr wahrnehmen. Auf¬
fallend mag die Beobachtung sein, dass bei den an der Seuche
gefallenen Thieren eine starke Blasenbildung, verbunden mit
hochgradiger Speichelabsonderung, nicht gegeben war.
Eine weitere Form, die ich zu beobachten Gelegenheit
hatte, ist die Ausdehnung des Prozesses von der Maulhöhle
auf den Schlundkopf, Kehlkopf und den Yerdauungstraktus.
In diesen Fällen konnte ein quälender Husten, verbunden mit
Schlingbeschwerden und oftmaligem Erbrechen, beobachtet
werden; die Futter- und Getränkaufnahme war total aufge¬
hoben, die Futtermittel, die eingeschüttet wurden, wurden
grösstentheils wieder erbrochen; die Thiere machten den
Eindruck des Schwererkranktseins und gingen, w T enn nicht
alle Mühe durch Yerabreichung von Futtermitteln durch Ein¬
schüßen in Anwendung kam, an Erschöpfung zu Grunde.
Zahlreiche derartige Patienten sah ich jedoch bei guter Wart
und Pflege in Genesung übergehen.
Was die Immunität anlangt, so konnte ich die Erfahrung
machen, dass Thiere, die vor 3 Jahren die Seuche überstanden
hatten, immun blieben, obwohl dieselben mitten unter schwer¬
kranken Patienten standen. Thiere, die im Vorjahre die
Seuche überstanden hatten, blieben sämmtlich verschont. Die
Behauptung, dass das nämliche Thier im Verlaufe eines Jahres
öfters an Maul- und Klauenseuche erkranken kann, halte ich
desshalb für hinfällig; wenigstens konnte ich einen derartigen
Fall* noch nicht beobachten. Athmungsbeschwerden als Nach¬
krankheiten bei Maul- und Klauenseuche konnten öfters be¬
obachtet werden.
Krankheitsfälle durch Fütterung verdorbener Kartoffel.
Von Bezirksthierarzt Z i e 8 8 l e r - Kissingen.
In einem Stalle erkranken plötzlich sieben Stück Rind¬
vieh. Vom Besitzer sofort gerufen, fand ich bei meiner Ankunft
eine Kuh bereits geschlachtet; eine Kalbin war sehr schwer
erkrankt; die übrigen Thiere, ein Stier und vier Kühe, waren
theils schwerer, theils leichter erkrankt.
Die Patienten zeigten grosse Schwäche, besonders in den
Gliedmassen; sie legten sich oder fielen sogar nieder und
konnten nhne Unterstützung kaum mehr in die Höhe. Während
des Liegens versuchten einige etwas Futter aufzunehmen; die
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Schmerzen schienen nicht besonders gross gewesen zu sein.
Die Schwerkranken verriethen auch Schlingbeschwerden. Von
den erkrankten sieben Thieren sind fünf genesen; eine Kuh
wurde, wie bereits bemerkt, geschlachtet und eine Kalbin
verkauft. Unter den wieder genesenen Thieren befand sich
auch eine schwerträchtige Kuh, die vier Wochen nach
der Erkrankung ein gesundes Kalb gebar. Zwölf andere
Thiere desselben Bestandes — darunter zwei für die Vieh¬
zucht der Gemeinde bestimmte Zuchtstiere — und im gleichen
Stalle stehend, blieben vollkommen gesund. Durch die ge¬
pflogenen Nachforschungen nach der Krankheitsursache konnte
festgestellt werden, dass die fünf Kühe und zwei Mastthiere
sehr viel gedämpfte Kartoffeln mit dem Wasser, das sich in
Folge Verstopfung des Senkbodens des Patent-Kartoffeldämpfers
nicht entleeren konnte, erhielten; unter den Kartoffeln waren
viele in Fäulniss übergegangene. An die übrigen Thiere
waren solche Kartoffel nicht verfüttert worden. Es dürfte
desshalb feststehen, dass diese Krankheitsfälle durch Bakterien
oder Schimmelpilze an den verdorbenen Kartoffeln erzeugt
worden sind.
Metastatische Entzündung der Sehnen und Sehnenscheiden
nach genuiner croupöser Pneumonie beim Pferde.
Yom prakt. Thierarzt 0. M Ü 11 e r • Dürkheim a. H.
Ein mittelschweres ca. 14 jähriges Arbeitspferd erkrankte
im Januar an beiderseitiger, nicht ansteckender, croupöser
Pneumonie. Zwei dabeistehende Pferde, ein älteres und ein
noch sehr junges, blieben vollständig gesund. Die Dämpfung
erstreckte sich rechts auf die untere Hälfte und links auf das
untere Drittel der Lunge. Der Verlauf war typisch. Nach
hochgradigem 5 tägigem Fieber trat rasches Sinken der Tem¬
peratur und damit allmähliches Zurückgehen der Dämpfung
ein und waren nach 16 Tagen die entzündlichen Erscheinungen
der Lunge vollkommen beseitigt.
Wenige Tage später trat zuerst am rechten Vorderfusse
und in Intervallen von zwei Tagen am linken und dann an
beiden Hinterfüssen eine Entzündung der Sehnen und Sehnen¬
scheiden des Huf- und Kronbeinbeugers dicht über dem Fessel¬
gelenk auf, welche für das Thier sehr schmerzhaft war. Die j
Anschwellung war besonders stark am rechten Vorderfusse.
Das Pferd lag die meiste Zeit und erhob sich nur schwer.
Fieber bestand nicht mehr, der Appetit war gut. Nach fleissigem
Kühlen besserte sich der Zustand und nach darauffolgenden j
Priessnitz’schen Umschlägen und Bandagiren hob sich die
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Erkrankung völlig, mit Ausnahme des am heftigsten ergriffenen
rechten Vorderfusses. Au demselben wurde das Leiden chronisch
und entwickelte sich allmählich ein Stelzfuss.
Zangenverletzung bei einem Zuchtstier.
Von Bezirksthierarzt Durocb e r - Teusohnitz.
Einen bemerkenswerthen Fall einer Zungenverletzung bei
einem Zuchtstier möchte ich erwähnen. Der betreffende Zucht¬
stier zeigte einige Tage vollständig aufgehobene Fressluäfi
Nach fünf Tagen wurde ich beigezogen und fand das Thier
bei geringgradigem Fieber physisch stark benommen und sehr
abgemagert. Die innerliche Untersuchung ergab nichts Ab¬
normes, dagegen fand ich bei Untersuchung der Maulhöhle
mittelst eines Maulgatters ungefähr in der Mitte der Zunge
auf der linken und rechten Seite abgestossene Spitzen von
Milch-Molaren eingekeilt. Nach Entfernung derselben schien
die Zunge wie abgeschnitten und nur noch an einem schmalen
Bändchen hängend. Die nekrotischen Zungengewebstheile
wurden mittelst Scheere beseitigt und die Wunden mit Essig¬
lösung (1 Theil Essig, 2 Theile frisches Brunnenwasser) aus¬
gewaschen, welches Verfahren mit entsprechender Fütterung
des Thieres, bestehend ausschliesslich nur aus gutem Mehl¬
trank, fortgesetzt wurde. Schon nach zehn Tagen war zu
meinem Erstaunen die Zunge vollständig geheilt, das Thier
zeigte wieder guten Appetit, war sehr munter und hat in kurzem
wieder seinen früheren guten Ernährungszustand erreicht.
Pericarditis exsudativa beim Pferde.
Von Distriktsthierarzt D ö d e r 1 e i n -Windsheim.
Die Untersuchung eines Pferdes bei dem Oekonom S. in
0. ergab folgendes Resultat. Brauner Wallach in mittel-
mässigem Ernährungszustand, 80 Pulse pro Minute, Pulswelle
klein, elend, Herzschlag stark pochend, Vergrösserung der
Herzdämpfung nach auf- und rückwärts, tympanitischer Ton
über die Herzgegend verbreitet, perikardiale Reibungsgeräusche,
Herztöne reim Athmung angestrengt, verstärktes Vesikulär-
Athmen, 30 Züge in der Minute. Jugularvenenpuls deutlich
sichtbar. Temperatur 39,5 0 C. Die geringste Bewegung ver¬
ursachte eine starke Beschleunigung der Herzaktionen, wobei
der Herzschlag in einiger Entfernung hörbar wurde, die Puls¬
welle liess sich kaum mehr fühlen. Das Pferd ist sehr matt.
Drei Wochen nach dieser ersten Untersuchung haben die
Krankheitssymptome an Intensität zugenommen; dazu gesellten
sich noch ödematöse Anschwellungen an der Vorderbrust und
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an den vier Extremitäten. Zwei Tage hierauf verendete das
Pferd.
Die Sektion ergab: Aus dem prall gefüllten, bedeutend
an Umfang vergrösserten und verdickten Herzbeutel ergiessen
sich ca. 3 Liter eitrig-jauchigen, schmutzigrothen Exsudates.
Auf dem schwartenartig verdickten Epicard sitzen zottige
Auflagerungen, welche durch sich fortsetzende fibrinöse Stränge
mit dem Perikard verbunden sind; Herzmuskulatur selbst
afcophirt. Das Unterhautzellgewebe an der Brust und an den
Extremitäten ödematös infiltrirt. Das ganze Bild glich sehr
einer traumatischen Perikarditis beim Rinde.
Hartnäckige Obstipation beim Pferde mit Sehstörung.
Von Bezirkethierarzt Pöhlmann - Naila.
Das einem Müller gehörige Pferd frass seit einigen Tagen
schlecht, dann gar nicht mehr. Ausser der Appetitlosigkeit
war noch eine grössere Empfindlichkeit der unteren Hälfte
der rechten Seite des Hinterleibes bemerkbar; Kothabsatz
sistirt, Puls 60, Temperatur 38,9—39,1, Athemfrequenz 8—9.
Die Diagnose wurde auf beginnende Peritonitis gestellt und
die Behandlung danach eingeleitet (Natr. bicarbonic. und
biboracic. mit Karlsbader Salz, Wickelungen). Als auch am
folgenden Tag von einer Kothentleerung noch nichts zu merken
war, wurde eine starke Äloepille mit Calomel (Extr. Aloes
25 gr. und 3 gr. Calomel) verabreicht neben reichlicher In¬
fusion von warmem Wasser in den Mastdarm. Am folgenden
Tag wurde 11 Ricinusöl gegeben. Endlich am 5. Tag nach
Beginn der Behandlung und dem 2. Tag nach der letzten Appli¬
kation von Medizin trat ergiebige Entleerung eines dunkel ge¬
färbten, stark geballten und sehr übelriechenden Kothes ein,
der am nächsten Tage allmähliche Besserung des Thieres mit
Wiederkehr der Fresslust folgte.
8—10 Tage nachher kam der Besitzer zu mir mit der
Botschaft, dass sein Pferd, das er täglich fleissig bewegen
musste, nunmehr stockblind geworden sei; dasselbe stosse
freigelassen überall an und reagire auf Scheinhiebe mit der
Peitsche nicht im geringsten. Den nächsten Tag habe ich
mich von der Richtigkeit des Gesagten selbst überzeugt. An
beiden Augen konnte ausser dem Umstande, dass die Pupillen
gegen Lichteinfluss schwächer als im normalen Zustand
reagirten, nichts Abnormes gefunden werden. In einigen
Tagen (4— h) stellte sich allmählich die frühere Sehkraft
wieder ein.
Vielleicht handelte es sich hier um eine vom Sympathicus
ausgehende Reflexwirkung auf den Nerv, optic. In der
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139
mir zur Verfügung stehenden Literatur habe ich einen ähn¬
lichen Fall nicht finden können.
Die sog. kanadische Pferdepocke (Dermatitis
contagiosa pustulosa).
Von Bezirksthierarzt Stenger -Königshofen.
Ein aus. England importirtes Reitpferd des Gutsbesitzers
v. D. zeigte einige Tage nach seiner Ankunft auf der Kruppe
am Schweifansatz Erhabenheiten von der Grösse einer Erbse
.bis zu der einer Haselnuss; es bildeten sich Bläschen, welche
aufplatzten und dann zu Geschwüren wurden; die Haut an
den erkrankten Stellen war verdickt; der Ausschlag breitete
sich aus über After und Scham bis herab zur Mittelfleisch¬
gegend. Das Allgemeinbefinden war nicht gestört; das Leiden
hatte auch drei danebenstehende Pferde ergriffen, für die das
nämliche Putzzeug verwendet worden war; jedoch waren diese
Pferde weniger heftig erkrankt. Waschungen mit Sublimat¬
lösung (1:1000) und Einreiben von Sublimatsalbe (1:300)
brachten das Leiden in 14 Tagen zur Heilung. Geschirre
und Putzzeug wurden gut desinfizirt.
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte.)
Referat.
Die Krebspest in Russland. Auf einer im letzten Sommer
unternommenen Studienreise nach Russland hat Prof. Dr.
Hofer über die Aetiologie und Verbreitungsweise der Krebs¬
pest neue interessante Feststellungen gemacht. Als Erreger
wurde auch in Russland und in verschiedenen Flussgebieten
übereinstimmend der Bacillus pestis astaci, welchen ich mit
Professor Hofer im Jahre 1898 entdeckte, nacbgewiesen.
Freilich ergab sich auch hier wieder die auffällige Tbatsacbe;
dass der Bacillus nur in einzelnen Fällen in Reinkultur, und
zwar nur bei frisch erkrankten Thieren, in den meisten Fällen
dagegen, zumal bei länger erkrankten Thieren, in Mischkultur
mit mehr oder weniger zahlreichen anderen Bakterien ange¬
troffen wurde. Diese Beobachtung, die uns von Anfang an
aufgefallen war (schon die erste Reinkultur des Bacillus,
welche ich aus lebend eingesandten Krebsen eines norddeutschen
Sees gewann, zeigte denselben im Verein mit einem Micro-
coccus), erklärt sich nach Hofer aus der allgemeinen Widerr
Standsunfähigkeit des Krebses gegenüber Infektionen. Dieselbe
beruht wahrscheinlich zum Theil darauf, dass der Krebs kein
geschlossenes Blutgefässsystem mit Kapillaren, sondern statt
dessen einen grossen Blutsinus besitzt, in welchem alle Organe
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140
eingelagert sind; daher ist für den Krebs die Möglichkeit einer
entzündlichen Abgrenzung der Infektion ausserordentlich er¬
schwert, den Infektionserregern das Vordringen sehr erleichtert.
Ausserdem soll nach Untersuchungen von Dr. Schillinger und
Dr. Wild das Krebsblut bactericide Stoffe nur in ganz unzu¬
reichender Weise enthalten, so dass es gewissermassen einen
vortrefflichen flüssigen Nährboden für Bakterien darstelle. Aus
dieser auffällig geringen Resistenz des Krebses gegen Infek¬
tionen (bis jetzt wurden ca. 20 verschiedene Wasserbakterien
gefunden, welche den Krebsen mehr oder weniger verderblich
sind) zogen wir seinerzeit die Vermuthung, dass unter dem
Namen der „Krebspest“ vielleicht eine ganze Anzahl seuchen-
hafter Erkrankungen des Krebses zusammengeworfen sein
könnte, zumal auch die Beschreibungen der Erkrankung nicht
überall gleich lauten. Die bisherigen Untersuchungen scheinen
aber doch zu ergeben, dass es sich im Wesentlichen um eine
und dieselbe Erkrankung und den gleichen Erreger handelt.
Ueber den Modus der Ausbreitung der Krebspest ergab be¬
sonders die längere Zeit fortgesetzte Untersuchung des Woo-
flusses werthvolle Aufschlüsse. „Dieser Fluss, welcher sich
durch Livland hindurch in den südliohen Peipussee ergiesst
und eine Länge von etwa 100 Kilometer längs der Wasser¬
linie hat, ist in seinem Laufe durch eine Reihe von Mühl¬
wehren gesperrt. Die Krebspest trat dort im mittleren Laufe
nachweislich im Jahre 1897, und zwar speziell im Werro’schen
See auf, durch welchen der Woo hindurchströmt, tötete noch
in demselben Jahre den Krebsstand abwärts bis in den Peipus¬
see, um nun innerhalb von drei Jahren (1897—1900) ca. 30
Kilometer aufwärts zu wandern; hiebei machte die Krankheit
an jedem Wehr Halt, um dasselbe aber entweder in dem
gleichen oder im nächsten Jahre bei Hochwasser zu überschreiten.
In diesem Jahre befand sich die Krebspest etwa 10 Kilometer
von dem Zusammenflüsse der Quellbäche des Woo und schritt
während der sieben Wochen der Beobachtung etwa 4—5 Kilo¬
meter aufwärts.“ Zur Zeit als Prof. Hofer abreiste, wurde
die Krankheit wieder von einem Wehre aufgehalten. „Die
Strecke, auf welcher zu gleicher Zeit tote Krebse beobachtet
wurden, war etwa i l 2 Kilometer lang. Hier konnte man den
Boden des Flusses namentlich an ruhigen Stellen mit vielen
Hunderten von toten, sterbenden und kranken Krebsen bedeckt
finden. Die meisten der kranken Krebse lagen scheinbar be¬
wegungslos auf dem Rücken oder auf der Seite; hob man sie
aus dem Wasser, so zeigten sie noch die letzten Reste schwacher
Bewegungsversuche; andere, wenn auch wenige Exemplare
traf man gerade in einem krampfartigen Stadium an mit zu-
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141
öammengezogenen Extremitäten, fest geschlossenen Scheren
und eingezogenem Schwanz; viele hatten einen Theil der
Scheren und Beine abgeworfen, hie und da zeigte ein totes
Exemplar auch die bekannte rothe Farbe des gekochten
Krebses. Ganz selten gelang es, wenn man kranke Thiere
in eine Schale mit Wasser setzte, Zuckungen an den Extremi¬
täten zu beobachten. Die Krebse starben, nachdem vorher
Herzlähmung eingetreten war.*
Die bei der künstlichen Infektion mit Kulturen des Bacillus
astaci leicht auslösbaren und für die Krebspest charakteri¬
stischen klonischen und tonischen Zuckungen Hessen sich nur
bei längerer Beobachtung kranker Krebse im Wasser wahr¬
nehmen. Es scheint sich hier um ein rasch vorübergehendes
Stadium der Krankheit zu handeln; vielleicht dass die Misch¬
infektionen häufig das Zustandekommen der Krämpfe überhaupt
verhindern. Einsetzung von gesunden Krebsen in durch¬
löcherten Kästen an den gerade betroffenen Stellen der Ge¬
wässer erzeugte bei diesen regelmässig die Pest; nach sechs
Tagen waren sie bereits matt, nach acht Tagen abgestorben.
„Wenn man im.Flusse selbst die Krebse untersuchte, welche
sich unmittelbar oberhalb derjenigen Stelle befanden, an der
die toten Krebse massenhaft umherlagen, so fand man, dass
stromaufwärts die Zahl der Toten immer mehr abnahm, bis
schliesslich etwa ‘/^Kilometer von dem Haupttotenfelde keine
Leichen mfchr aufzufinden waren. An dieser Stelle sah man
dagegen bei hellem Tage und voller Sonnenbeleuchtung ein¬
zelne Krebse im Flussbette langsam umherwandern — das
erste Zeichen eingetretener Erkrankung, da gesunde Krebse
sich am Tage in ihren Löchern zu halten pflegen. Wurden
diese umherwandelnden, scheinbar noch gesunden Krebse,
welche noch sehr lebhaft schwimmen und energisch kneifen
konnten, bakteriologisch untersucht, so Hess sich bereits in
ihrem Blute der Bacillus pestis astaci, oft freilich schon mit
andern Bakterien vermischt, nach weisen.“
Einige hundert Meter oberhalb einer solchen Stelle waren
die Krebse, welche sich am Tage in ihren Löchern befanden,
völlig gesund und noch nicht von Bakterien infizirt. Etwa
eine Woche später bot sich aber an dieser Stelle dasselbe
Bild, wie acht Tage vorher unterhalb. Der Flussboden war
bedeckt mit Hunderten von kranken, sterbenden unt toten
Krebsen. Weiter stromaufwärts waren immer weniger und
weniger Krebse erkrankt, bis man nach etwa x /2 Kilometer
wieder auf ganz gesunde Exemplare stiess.
Aus diesen Wahrnehmungen zieht Prof. Hofer den Schluss,
dass für die Verschleppung der Krebspest im Wasser wahr-
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seheinlich vor allem die Krebse selbst in Frage kommen.
„Die gesunden Krebse, welche des Nachts aufwärts Und ab¬
wärts von ihren Löchern ausgehen, treffen auf die erkrankten
und sterbenden Artgenossen, fressen dieselben und infiziren
sich mit deren Bakterien.“ Fötterungsversuche, in welchen
gesunde Krebst an nicht verseuchten Stellen kranke Krebse
und Krebsreste verabreicht erhielten, erzeugten bei diesen die
Erkrankung. In diesem Sinne ist vielleicht auch der Umstand
zu deuten, dass die grossen Exemplare beim Beginne der
Krebspest in einem Flusse zuerst zu Grunde zu gehen pflegen,
wahrscheinlich weil sie ausgiebiger als die kleinen ihre Art¬
genossen verzehren. Weiter besteht die Möglichkeit, dass auch
die Fische, welche tote Krebse äuffressen, in ihren Fäkalien
die Krankheitserreger weiter verbreiten.
Die meist viel rapidere Wanderung der Krankheit strom¬
abwärts erfolgt bei massenhaftem Auftreten der Bakterien
hauptsächlich durch das Wasser. Doch wurden schon 15—20 km
unterhalb der Seuchenherde Krebse in durchlöcherten schwim¬
menden Kästen nicht mehr vom Wasser allein infizirt.
Für die sprungweise Uebertragung der Krebspest ans
einem Gewässer in andere kommt in Russland namentlich die
Verschleppung durch infizirte Reusen etc. der Krebsfänger in
Betracht. Von wesentlicher Bedeutung bleibt natürlich für
die Ausbreitung und Heftigkeit der Krebspest der Grad der
Verunreinigung der Gewässer; doch ist die letztere nicht un¬
bedingte Voraussetzung, da sie in den russischen Flüssen,
wenigstens m den Ostseeprovinzen, fehlt und dort trotzdem
die Krebspest herrscht.
Zur Eindämmung der Krebspest flussaufwärts scheint riach
dem Gesagten nur die Vernichtung der Krebse direkt ober¬
halb der Pestherde in Betracht zu kommen. Vorläufig fand Prof.
Hofer hier für kleinere und mittlere Bäche und Flüsse unge¬
löschten Kalk empfehlenswerth, den man in Massen, je nach der
Grösse des Gewässers, von 10—BO—50 Zentnern zu gleicher
Zeit etwa 1 / 2 km oberhalb derjenigen Stellen einzutragen hat,
an welcher man die ersten sterbenden Krebse beobachtet hat,
wo also sicher nur gesunde, nicht infizirte Krebse Vorkommen.
Ob hiedurch eine dauernde Barriere geschaffen werden kann,
scheint allerdings zweifelhaft.
Von der Neubesetzung mit Krebsen sind stark verun¬
reinigte Gewässer prinzipiell auszuschliessen. Ferner ist es
von besonderer Wichtigkeit, alle einzusetzenden Krebse zu¬
nächst einer Quarantäne von 8—14 Tagen zu unterziehen,
während deren sie in Teichen oder Lattenkästen gehalten
werden; denn ausserordentlich häufig sind die Thiere bereits
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bei ihrer Ankunft von Krebspest oder andern Erkrankungen
befallen (20—30°/ 0 und mehr in den daraufhin untersuchten
Sendungen aus krebspestfreien Oegenden!). Dagegen scheint
es nach den obigen Wahrnehmungen über die „Selbstreinigung“
der Flüsse nicht nothwendig, mit der Wiederbesetznng von
Gewässern allzulange zu warten. Höchstens 1—2 Jahre nach
Ablauf der Krebspest wird man wieder den Versuch machen
können, zunächst natürlich zur Probe, neue Thiere in die be¬
treffenden Gewässer einzusetzen.
„Dass wir jemals wieder zu dem Krebsreichthum, wie er
vor der Krebspest und vor der allgemeinen Wasserverun¬
reinigung im Westen Europas geherrscht hat, zurückgelangen
werden, das halte ich für ausgeschlossen; der Krebs ist in
verunreinigten Gewässern ein Opfer der Kultur geworden, wie
so viele andere Thiere vor ihm. Wir werden uns aber zu¬
frieden geben können, wenn es uns gelingt, dort, wo wir noch
reinliche Wasser Verhältnisse haben, den alten Bestand an
diesem werthvollen Kruster wieder zu gewinnen.“ (Allgem.
Fisch.-Ztg. Nr. 23, 1900.) Dr. E. Albrecht.
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Thierheilkunde und Viehzucht
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herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 26. März 190 t. Nr. 13>
Inhalt: Prof. Albrecht: Ein Fall von acuter Nephritis beim Pferde. —
Kurze Mittheilungen aus der Praxis. — 80. Geburtsfest Seiner König¬
lichen Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern, des Königreichs
Bayern Verweser. — Gommers zu Ehren des Professors Dr. Vogel in
Stuttgart. — Ehrung des thierärztlichen Standes in Frankreich. —
Abiturienten-Examen. — Stand der Thierseuchen in Bayern am 20. März
1901. — Viehseüchennaohrichten. — Personalien. — Inserate.
Ein Fall von acuter Nephritis beim Pferde.
Von Prof. Albrecht.
Am 23. Juli des Vorjahres wurde ich von dem Flaschen¬
bierexporteur Gv in 8. zur Behandlung eines 7 Jahre alten
Wagenpferdes, Wallach, Oldenburger, mit der Mittheilung ge¬
rufen, dass das Thier vor zehn Tagen von einem Collegen an
einem Hufleiden behandelt worden sei, damals aber keine Er¬
scheinungen einer innern Krankheit gezeigt habe. Dagegen
sei das Pferd vor einem Jahre wegen Brustseuche in Be¬
handlung des Thierarztes H. in S. gestanden und geheilt
würden. Seit einigen Tagen zeige sich Patient ungewöhnlich
matt* athrae stärker und fresse schlecht.
Die Untersuchung führte zu den nachstehenden Ergebnissen:
Das kräftige, sehr gut gebaute Thier zeigte ein glattes
glänzendes Haarkleid und befand sich in ziemlich gutem Nähr-
zustande. Kopf und Hals wurde abwechselnd hoch und dann
wieder tief gehalten. Der Blick des Thieres verrieth Traurig¬
keit; ausserdem wechselte es häufig mit den Beinen.
Die sichtbaren Schleimhäute waren aussergewöhnlich
blass, fast wachsweiss.
Bei der Untersuchung des Circulationsapparates zählte
man 80 kleine, gespannte Pulse in der Minute. Der Puls
war regelmässig und gleichmässig. Der Herzschlag war deutlich
zu fühlen, fast pochend, die Herzdämpfung verbreitert, dagegen
waren die Herztöne rein, auch fehlte jegliches abnorme Herz¬
geräusch.
Die Zahl der Athemzüge belief sich auf 30—35 per Minute
bei costo-abdominalera Athraungstypus. Gesteigerte Temperatur
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der exspirirten Luft, Husten bestand nicht, überhaupt zeigten die
Respirationsorgane ausserhalb der Brusthöhle keinerlei Ab¬
normitäten.
Dagegen hörte man an beiden Seitenbrustwandungen
verschärftes Vesikulärathmen mit niedergradigem Knisterrasseln;
letzteres aber nur dann, wenn das Pferd im Schritte etwas
bewegt worden war.
Der Percussionston war am mittlern und obern Dritttheil
des Percussionsfeldes hell, am untern leicht gedämpft.
Die Rectaltemperatur betrug 40,1. Es sei hier gleich
bemerkt, dass die Innenwärme während der ganzen Dauer des
Leidens zwischen 40,1—40,6 schwankte. Die extremitalen
Theile fühlten sich kühl bis kalt an.
Neigung, Futter aufzunehmen bestand fast gar nicht. ]
Frisches Wasser soff Patient in kleinen Mengen; auch nahm I
er nicht ungern kleine Quantitäten Bier.
Der abgesetzte Koth war mässig klein geballt, über nicht
trocken und zeigte einen dünnschleimigen Ueberzug.
Der Hinterleib erwies sich bei der Palpation etwas em¬
pfindlich; die Peristaltik war ziemlich lebhaft.
Bei der Bewegung des Thieres zeigte dieses eine auf¬
fallende Schwäche; schon eine nur massige Bewegung im
Schritte steigerte die Herz- und Respirationsthätigkeit bedeutend.
Unter den angegebenen Erscheinungen war mir am meisten
auffallend die wachsblasse Farbe der sichtbaren Schleimhäute,
zumal als dieselbe geradezu contrastirte mit den Symptomen
im Respirationsapparate. Die genannte Beschaffenheit der
Schleimhäute im Zusammenhalte mit der ausgeprägten Schwäche
des Patienten machten mich anfangs zu der Annahme geneigt,
dass ich es hier mit einem Falle von perniciöser Anaemie
zu thun habe. Indessen stimmten die andern Symptome nicht
zu dieser Diagnose und die weitere Untersuchung bewies ge¬
nügend, dass ein solcher Fall nicht vorliege. Bei der Unter¬
suchung einer Blutprobe am nächsten Tage fehlten im Blute
die Erscheinungen, welche die Diagnose perniciöse Anämie
fundiren. Dagegen zeigte der per Exploration erhaltene Urin
die folgende Beschaffenheit: Farbe gelbbraun, Reaction neutral
bis leicht sauer, specifisches Gewicht 1,022, ei weisshaltig. Der
Gehalt an Eiweiss war nicht sehr hoch; er schwankte während der
ganzen Dauer des Leidens zwischen 1,2—1,5 g im Liter Urin.
Bei der mikroskopischen Untersuchung fand man im Urine
weisse Blutkörperchen und rothe Blutkörperchen, Nieren-
epithelien, viele Fetttröpfchen, Detritus und vereinzelte Frag¬
mente von granulirten Harn^ylindern.
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Bei der Untersuchung des Pferdes durch den Mastdarm
konnte man Yergrösserung der linken Niere konstatiren, auch
äusserte das Pferd bei der Betastung dieser Niere Schmerz,
nicht aber bei der Palpation der Nierengegend, überhaupt
soll das Thier während der ganzen Dauer der Krankheit nie
Schmerzenserscheinungen gezeigt haben.
Ob die Menge des abgesetzten Urines geringer war als
unter physiologischen Verhältnissen, konnte ich nicht feststellen.
Die Untersuchung des Harnapparates legte klar, dass die
Bezeichnung des Leidens „acute parenchymatöse Nephritis“
lauten musste.
Was nun den weitern Verlauf der Krankheit anbelangt,
so ist nur noch anzuführen, dass die Mattigkeit des Thieres
immer mehr zunahm; vier weitere untersuchte Urinproben hätten
ein S. G. bis zu 1,050; am 26. Juli trat Diarrhoe ein, die bis
zu dem am 29. Juli erfolgten Tode des Thieres andauerte.
Der am 23. Juli konstatirte gespannte, noch ziemlich kräftige
Puls betrug am 29. Juli 90—95 Schläge per Minute und war
jetzt sehr klein und unregelmässig.
Die eingeleitete Behandlung bestand in der Anbringung
Priessnitz’scher Wickelungen am ganzen Rumpfe nach je
2 ständigen Zwischenzeiten. Die Beine wurden mit wollenen
Binden bandagirt. Innerlich bekam das Thier Strophantus-
tinctur im Wechsel mit Digitalis. Nach dem dritten Tage
der Behandlung wurde von jeglicher Therapie abgesehen, da
die Erfolglosigkeit einer solchen klar lag.
(Fortsetzung folgt.)
Kurze Mittheilungen aus der Praxis.
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte.)
Verletzung der Zunge bei einem Fohlen.
Von Distriktsthierarzt Leibenger - Tegernsee.
Ein 3 / 4 jähriges Fohlen hatte sich eine Verletzung der
Zunge auf eigenthümliche Weise zugezogen. Das Fohlen
nagte und schleckte an einer Fensterrahme, an welcher ein
Stück Glas wegstand. Die Zunge wurde fast genau in der
Mittellinie auf eine Länge von 8 cm durchschnitten. Das Fohlen
wurde geworfen, der Kopf in eine entsprechende Lage ge¬
bracht und das Maul mit Hilfe des Maulgatters gut geöffnet
gehalten. Die Zunge wurde hinter der Schnittwunde mit einer
Schlinge gefasst, thunlichst aus dem Maule gezogen und auf
diese Weise fixirt gehalten. Die Wunde wurde auf der oberen
und unteren Fläche mit der Knopfnaht vereinigt und das Maul
des Thieres täglich mehrmals mit 1 °/ 0 Lysollösung ausgespritzt.
Patient erhielt einen Maulkorb und bekam 2 i j 2 Tage lang
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weder Nahrung noch Getränk, und nach dieser Zeit nur Mehl¬
trank. Die Nähte (Patent-Ligatur Silk) wurden nicht ausge¬
zogen. Nach Umlauf von ca. 14 Tagen war die Heilung
soweit vorgeschritten, dass das gewöhnliche Futter wieder ge¬
reicht werden konnte.
Polymyositis haemorrhagica bei einem Pferde.
Von Bezirksthierarzt S o h m i d - Bogen.
Ein an hochgradigem Muskelrheumatismus erkranktes
Pferd wurde getötet. An dem Fleische fanden sich nach¬
folgende Veränderungen vor:
Die gesammte Muskulatur ist von gelblicher, fahler Farbe
und von ungemein mürber Konsistenz, ähnlich dem Fleisch
von an Hämoglobinämie verendeten Pferden. Die Fleischfarbe
ähnelt der Farbe des Kalbfleisches. Beim Durchschneiden
eines Fleischstückes erweist sich die Schnittfläche ungemein
saftreich, ist von röthlich-gelber bis gelblich-weisser Farbe,
an einzelnen Partieen von zahlreichen punktförmigen Hämorr-
hagien durchsetzt. Zwischen den einzelnen Muskelbündeln finden
sich geibikh gefärbte sulzige Streifen vor, so dass die Muskel¬
masse gelockert erscheint. An anderen Partieen ragen die
Hämorrhagien keilförmig ins Muskelgewebe hinein. Diese
Veränderungen finden sich fast an allen Muskeln, am schärfsten
ausgeprägt sind sie an den Schenkelmuskeln vorhanden.
Das Fleisch wurde auf den Wasen verwiesen.
Scirrhus des Pylorus beim Ochsen
Von Distriktsthierarzt Gutbrod -Selb.
Ein Ochse erkrankte an Indigestion, welche rasch zur
Abmagerung führte. Angewandte Mittel halfen nicht. Eigen-
thümlich waren häufigere Brechbewegungen. Die Unter¬
suchung mit dem Schlundrohr verlief negativ. Nachdem sich
der Zustand unter allmählicher Auftreibung verschlimmerte und
das Thier anämisch wurde, wurde die Diagnose auf ein
Hinderniss im Darmkanal gestellt; ein Trauma im Magen
konnte ausgeschlossen werden.
Die Schlachtung ergab, dass der Labmagen am Ueber-
gang zum Duodenum auf Faustdicke ringsum zu einer hämogenen,
speckigen, beim Schneiden knirschenden, gelbgrünlichen Ge¬
schwulst angeschwollen war, welche an ihrem höchsten Punkt
etwas corrodirt war und den Pylorus vollständig abschnürte.
Die mikroskopische Untersuchung ergab ein reines Epithel¬
lager, nur hie und da von Bindegewebs- und elastischen
Fasern durchzogen; Drüsengewebe war nicht zu erkennen.
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Gehirntuberkulose bei einem Stier.
Von Bezirksthierarzt E n g e 1 - Bayreuth,
Ein ca. 1 Jahr alter Stier war mir mit der Anamnese
vorgestellt worden, dass er, obwohl er anscheinend fressen
wolle, dies nicht könne. Die Untersuchung ergab ziemlich
freie Psyche, im Circulations- und Athmungsapparat war
nichts Krankhaftes nachzuweisen, auch die Yerdauungsorgane
erschienen gesund, nur beobachtete ich, dass der Unterkiefer
herabhing, so dass das Maul offen stand; aus der Maulspalte
hing die Zungenspitze heraus. Bei Besichtigung der Maul¬
höhle und der Zunge konnte nichts Abnormes gefunden werden,
ausser dass letztere fast vollständig gelähmt war, ebenso wie
auch der Unterkiefer. Die Ursache der Erkrankung glaubte
ich im Gehirn suchen zu müssen, und zwar nachdem der
Stier von einer tuberkulösen Kuh abstammte, höchst wahr¬
scheinlich in einem tuberkulösen Prozess. Diese Annahme
wurde durch die Sektion bestätigt, indem ein etwa welsch¬
nussgrosser Tuberkelherd im Gehirn und einige solche Knoten
in der Milz gefunden wurden; die übrigen Organe waren
normal.
80. Geburtsfest Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-
Regenten Luitpold von Bayern, des Königreichs Bayern
Verweser.
Am 9. März brachte eine Deputation des Professoren¬
kollegiums der thierärztlichen Hochsohule, bestehend aus dem
Direktor Albrecht und den Professoren Dr. Harz und Dr. Yoit,
Sr. Kgl. Hoheit dem Prinz-Regenten die untertänigsten Glück¬
wünsche zu Allerhöchst Seinem 80. Geburtstage dar. Am 11.
März waren die Mitglieder der Deputation von Sr. Kgl. Hoheit
dem Prinz-Regenten zur Galatafel geladen.
Am 10. März Abends veranstaltete die Gesammtstudenten-
schaft der drei Münchener Hochschulen (Universität, technische
und thierärztlicbe Hochschule) dem Regenten eine gross¬
artige Ovation durch einen Fackelzug vor der kgl. Residenz.
Der imposante Zug war so eingetheilt, dass Gruppen von
farbentragenden Korporationen mit solchen von nicht farben¬
tragenden abwechselten; alle Senioren fuhren in 4spänniger
Equipage und waren begleitet von zwei Chargirten zu Pferd.
An der Residenz angekommen, nahm der ganze Zug auf dem
Max Josefplatz Aufstellung, die Reiter vor der Front der kgl.
Residenz; unter Führung des Bayernseniors wurde die Ab¬
ordnung der Münchener Studentenschaft, bestehend aus 20
Chargirten (darunter der Senior des zur Zeit präsidirenden
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Corps Yandalia cand. med. vet. Hörning als Vertreter des 8. C. der
thierärztlichen Hochschule und der Vorsitzende des Ausschusses
der Studentenschaft der thierärztlichen Hochschule cand. med. vet.
Lindner), vom Regenten huldvollst empfangen und durch Au-
sprachen ausgezeichnet; die Deputation überbrachte die aller¬
ehrerbietigsten Glück- und Segenswünsche, die der Regent
sichtlich gerührt dankend entgegennahm. Hierauf bestieg der
Bayernsenior seinen Wagen, verkündete der Versammlung
den Dank des Regenten und die huldvolle Aufnahme und
brachte ein Hoch aus auf den Jubilar, in das die akademische
Jugend begeistert einstimmte. Unter nicht enden wollenden
Hochrufen setzte sich der Zug wieder in Bewegung.
Mit den Korporationen der Universität und der tech¬
nischen Hochschule waren auch der Ausschuss des allgemeinen
Studentenverbandes, sowie die Korporationen unserer Hoch¬
schule bei der am 12. März Mittags vollzogenen Grundstein¬
legung zu einem Denkmal für Se. Kgl. Hoheit den Prinz-
Regenten vertreten.
Am 12. März Abends hielt der S. C. der thierärztlichen
Hochschule im prächtig geschmückten Kaimsaale einen Fest¬
kommers, zu dem sich eine stattliche Anzahl aktiver und alter
Herren des T. S. C. eingefunden hatten. Die Mitglieder des
kgl. Hauses und J. J. Excellenzen die Herren Staatsminister
hatten ihr Bedauern aussprechen lassen, wegen der Hoffest¬
lichkeiten und der Rundfahrt am Abend am Erscheinen ver¬
hindert zu sein. Unter der grossen Zahl von Ehrengästen
befanden sich die Herren Landtagspräsident Dr. Ritter von
Orterer, Oberregierungsrath Landesthierarzt Göring, Referent
im Kultusministerium Regierungsrath von Pracher, Landes¬
inspektor für Thierzucht Dr. Vogel und das gesammte Professoren¬
kollegium der Hochschule mit Direktor Albrecht an der Spitze.
Auf der Gallerie hatte sich ein reicher Damenflor einge¬
funden. Schmetternde Fanfarenklänge verkündeten den offi¬
ziellen Beginn dos Kommerses. Nach Absingen des schönen
Liedes: „Sind wir vereint zur guten Stunde“ begrüsste der
Senior des präsidirenden Corps, cand. med. vet. Hörning,
(Vandaliae) in schneidiger Ansprache die erschienenen Damen
und Ehrengäste und toastete auf diese mit einem urkräftigen
Salamander. Der kgl. Militärveterinär Val. Göbel (a. H. Van¬
daliae) führte in schwungvoller Festrede im Wesentlichen
Folgendes aus: „Ein Tag, an dem jedes Bayernherz höher
schlägt, vereinigt das ganze treue Bayernvolk, um des Himmels
reichsten Segen auf das edle Haupt des allgeliebten Jubilars
herniederzuflehen und die Glückwünsche in den kurzen markigen
Worten: Ad multos faustosque annos! kundzugeben. Während
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80 Jahren hat der noch jugendfrische Regent alle Pürsten¬
tugenden, die er ererbt von dem erlauchten Geschlechte der
Wittelsbacher, in wahrhaft hervorragender Weise bethätigt.
Von Jugend auf Soldat mit Leib und Seele, sehen wir ihn
hervorleuchten als tapferen Helden in heisser Schlacht. Seit
15 Jahren leitet er, durchdrungen von heiligstem Pflichtgefühl,
das bayerische Staatsschiff zu Nutz und Frommen seines ge¬
liebten treuen Volkes und wendet allen Zweigen des öffent¬
lichen Lebens sein regstes Interesse zu. Er ist ein Helfer
der Bedrängten, ein eifriger Förderer der schönen Künste und
ein starker Hort der Wissenschaften. Auch unsere Alma mater,
auch unser Stand erfreut sich seiner reichen Huld und Gnade.
Salus publica summa lex est! Das ist der leitende Grund¬
gedanke, der all’ seine Handlungen durchweht, der ihm das
ganze Volk zugeführt in Liebe und Treue, in Anhänglichkeit
und Verehrung. Gleich jenem Eberhard mit dem Barte darf
auch unser Regent sich rühmen, dass „in Wäldern noch so
gross, er sein Haupt kann kühnlich legen jedem Unterthan
in Schoss“. Der heutige Tag ist dazu geschaffen, wie kaum
ein anderer, den Schwur unverbrüchlicher Treue für Regent
und angestammtes Königshaus zu erneuern. So fordere ich
Sie denn auf, liebe S. C.-Brüder, und lade Sie ein, hochan¬
sehnliche Festversammlung, der Begeisterung, die unser Innerstes
durchbebt, patriotischen Ausdruck zu verleihen und die Ge¬
fühle, die uns' am heutigen Tage beseelen — die Gefühle
allerehrerbietigsten Dankes, allerehrfurchtsvollster Unterthänig-
keit und unerschütterlicher Treue — dahin zusammenzufassen,
dass wir einstimmen in den donnernden Ruf: „Unser hoher
Jubilar, der mit Milde und Gerechtigkeit, mit Weisheit und
mit starker Hand Bayerns Geschicke lenkt, Seine Königliche
Hoheit, unser allergnädigster, allerdurchlauchtigster Prinz-
Regent Luitpold von Bayern, des Königreichs Bayern Ver¬
weser, er lebe hoch!“
Der Toast fand freudigen Widerhall, begeisterte Hoch¬
rufe durchbrausten den Saal, stehend wurde die Regenten-
Hymne gesungen.
Alsdann ergriff der Direktor der thierärztlichen Hoch¬
schule M. Albrecht (a. H. Vandaliae) das Wort zu längerer,
tiefempfundener, mit stetem Beifall begleiteter Rede, in welcher
er ;d©n Dank der Festgäste und seine Freude über die Einig¬
keit und über die hervorragend patriotische Begeisterung des
S. C. zum Ausdruck brachte und die Studirenden ermahnte,
auch im späteren Leben gedeihlich zusammenzuwirken und
allezeit in Liebe und Treue für das angestammte Königshaus
zu verharren und „dafür einzustehen, wenn es noth thue, mit
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Gut und Blut“. Den Philistern sprach er seine Anerkennung
aus für das Vorbild, das sie der Jugend geben und bat sie,
die Studentenschaft und ihn auch fernerhin zu unterstützen,
wenn es sich um die Repräsentation der Hochschule und des
Standes bei patriotischen Feiern handle. Sein Hoch auf den
8. C. wurde von der ganzen Fest Versammlung mit grossem
Jubel aufgenomraen.
Weiter wurde folgendes Huldigungstelegramm an den
Regenten abgesendet:
„Eurer Kgl. Hoheit bringt die anlässlich Allerhöchst-
dero 80. Geburtstages zu einem solennen Festkommers ver¬
einte Festversammlung des S. C. der thierärztlichen Hoch¬
schule die allerehrfurchtsvollste Huldigung dar und entbietet
Eurer Königlichen Hoheit nebst der Versicherung ver¬
ehrungsvoller Liebe und Anhänglichkeit, unerschütterlicher
Treue und allerunterthänigster Ergebenheit die herzinnigsten,
allerehrerbietigsten Glückwünsche zum heutigen Jubeltage.“
So nahm die patriotische Feier einen schönen erhebenden
Verlauf; während der fidelen Exkneipe stimmte noch manch’
heitere Rede die Tafelrunde fröhlich und erst gegen frühen
Morgen dachte man an das Auseinandergehen.
Theodor Mayr (a. H. Vandaliae),
; Thierarzt.
Commers zu Ehren des Professors Dr. Vogel in Stuttgart.
Am 23. Februar fand ein von der Studentenschaft der
Stuttgarter thierärztlichen Hochschule zu Ehren des aus dem
Lehrkörper der Hochschule scheidenden.Professors Dr. Vogel
veranstalteter Commers statt, zu welchem sich ausser einer
grossen Zahl von Festgästen auch der Cultusminister Dr. von
Weizsäcker eingefunden hatte.
Die grossen Verdienste, welche sich Prof. Dr. Vogel
während seiner 37 jährigen Thätigkeit an der Schule um diese
und die thierärztliche Wissenschaft erworben hat, wurden durch
den stud. med. vet. Denzler in schwungvoller Rede gefeiert.
Prof. Dr. Vogel sprach der Studentenschaft seinen
wärmsten Dank für die ihm erwiesene Ehrung aus und brachte
mit der Erklärung, dass er der Studentenschaft nach wie vor
sein regstes Interesse erhalten werde, ein Hoch auf diese aus.
Stud. med. vet. toastete auf Seine Majestät den König,
cand. med. vet. Schenzle auf die Festgäste. Cultusminister
Dr. von Weizsäcker gedachte in einer Ansprache nochmals
der Verdienste des scheidenden Professors und brachte ein
Hoch auf das Fortblühen und Gedeihen der Hochschule aus.
Der frühere Direktor der Hochschule von Fricker gedachte
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in humoristischer Weise seiner Erlebnisse während der alten
Zeiten der Stuttgarter Thierarzneischule, Direktor Dr. Suss-
dorf drückte seine Freude über die freundschaftlichen Be¬
ziehungen zwischen Lehrern und Schülern der Hochschule aus,
feierte die deutsche Studentenschaft als Trägerin des Patriotismus
und brachte einen begeisterten Toast auf das Reich aus.
Ehrung des thierärztlichen Standes in Frankreich.
Am 12. Januar fand ein von den Studirenden der thier¬
ärztlichen Hochschule in Alfort zum Besten der Association
d’amical TAlfort et de P Association centrale de veterinaires
veranstalteter Ball statt.
Zu demselben erschienen der Präsident der Republik
Mr. Loubet mit Gemahlin; in Begleitung des Präsidenten be¬
fanden sich der Generalsekretär, General Dubois, der Chef
des Oivilkabinetes Combarien nebst Gemahlin^ Oberstlieutenant
de la Motte und Meaux Saint Marc. Zum Empfange des
Präsidenten waren ausser dem Direktor der Hochschule
Barrier der Ackerbauminister Dupuy, der Kriegsminister
General Andre, der Seinepräfekt De Selves und der Polizei-
pfufekt Lepine anwesend.
In der Erwiderung auf die Ansprache des Direktors Barrier
^ brachte der Präsident den Wunsch zum Ausdrucke, es möchten
' auch die Studirenden der Hochschulen Lyon und Toulouse
associations amicales bilden, da solche Vereinigungen ein festes
Band zwischen den ehemaligen Studirenden und der Stätte
bilden, an welcher sie ihre Kenntnisse erworben, die ihnen
eine Stellung in der Gesellschaft gesichert haben. Hierauf
gedachte der Präsident in lobenden Worten der Professoren,
betonte ferner, dass er die Verdienste der Thierärzte wohl
zu würdigen wisse; es möge dieses ersehen werden aus einem
Gesetzentwürfe, die Ausübung der Thierheilkunde betreffend,
welchen der Präsident durch den Ackerbauminister habe über¬
reichen lassen. (Dieser Entwurf enthält für die Thierärzte
äuBserst günstige Bestimmungen. Die Red.)
Zum Schlüsse dankte der Präsident unter dem Jubel aller
Anwesenden für die Einladung.
Dem Festcomite liess der Präsident 500 JH., der Acker¬
bauminister 200 JH. aushändigen; ferner liess der Präsident
den Studirenden der Alforter Hochschule zehn Eintrittskarten
zum ersten Elysee-Ball überreichen.
In der Sitzung vom 26. Februar 1901 hat die französische
Academie der Medizin den Thierarzt Dr. med. Saint-Yves
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zu ihrem Ehrenmitglied« ernannt. Der Qeneralinspektor Dr.
Chauveau führt im Jahre 1901 den ersten Vorsitz in der
Societe d’agriculture de France. (Deutsche thierärztl. Wochen¬
schrift Nr. 10, 1900.)
Abiturienten-Examen.
Die Petitions-Commission des Reichstages hat
die Petition des deutschen Veterinärrathes dem Herrn
Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen.
Bei der Berathung des Gegenstandes hatten zwei Ab¬
geordnete Uebergang zur Tagesordnung beantragt. Der erste
machte geltend, der Besuch des Gymnasiums bis zum Abiturium
bilde keine Gewähr für die spätere fachmännische Ausbildung
des Veterinärstudenten. Der Unterricht, welchen er in. der
Ptima geniesse, sei keineswegs Vorbedingung für das Ver¬
ständnis der Kurse an der Thierarzueischule, anderseits würden
es die hohem Kosten, welche die längere Dauer der Vor¬
studien veranlassen, minderbemittelten Eltern ausserordentlich
schwer machen, ihre Söhne zum thierärztlichen Berufe heran¬
bilden zu lassen, welcher Nachtheil sich besonders für die
bäuerliche Bevölkerung, speziell die Klein- und Mittelbauern
geltend machen würde. Der grössere pecuniäre Aufwand,
welchen die geplante Ausbildung der Thierärzte veranlassen
würde, hätte auch eine Steigerung der Honorare der Thier-"
ärzte im Gefolge.
Der zweite Abgeordnete führt ebenfalls aus, dass erhöhte
Anforderungen an die Vorstudien der Thierärzte die Söhne
der ländlichen Bauern und Pächter vom Studium der Thier¬
heilkunde zurückdrängen und die Ausübung der Thierheilkunde
vertheuern würden.
Diese Einwände sind in der Petition des deutschen
Veterinärrathes schon a priori und seitdem von anderer, selbst
nicht fachmännischer Seite so eingehend als oberflächlich,
nichtssagend und total falsch widerlegt worden, dass ein
näheres Eingehen auf dieselben an dieser Stelle nur Zeitver¬
schwendung wäre. A.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 20. März 1901.
a) Rotz (Wurm).
Oberbayern: Traunstein 1 Gern. (1 Geb.); Niederbayern:
1 Gern, (l Geh.); Schwaben: 1 Gern. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern 8 Gern. (10 Geh.); Pfalz 3 Gern. (12 Geh.);
Oberpfalz 3 Gern. (3 Geh.); Oberfranken 9 Gern. (14 Geh.);
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155
M ittclfranken 3 Gern. (12 Geh.); Unterfrankep: 5 Gein.
(6 Geh.); Schwaben 27 Gern. (62 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern 1 Gern. (1 Geh.).
Maul- und Klauen-Seuche in Schlacht- nnd Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 15. März daB Erlöschen zu Dresden; am 19. März
der Ansbrach zu Berlin; am 20. März der Ansbrnch zu Nürnberg.
Personalien.
Gestorben : Der k. Land Stallmeister a. D. D e i s i n g e r in Ansbach,
früher Distriktsthierarzt in Pappenheim.
T7" exeixi ^Cvixiclxexiex Tib-iex&xzste.
Einladung zur Y. MonatsTersammlnngr Donnerstag, den
28« März, Abends 8 Uhr im Restaurant „Platzl“ (Normannen-Lokal).
Tagesordnung:
1) Herr Pros. Dr. J. Mayr: Einiges aus dem Titel des B.G.B-
Über „Gewährleistung wegen Mängel der Sache/
2) Vereinsangelegenheiten.
I. A.: Der Ausschuss.
au Versammlung schwäbischer TMerärzte.
Am Sonntag, den 31. März 1901 (Palmsonntag), Nachmittags
2 Uhr, findet in Donanwörth im Hotel zur „Krone“ (Erkerzimmer)
eine Ganversanimlnng schwäbischer Thierärzte statt, wozu alle Collegen
freundlichst einladen
Mitteldorf. Greither.
Oie Frühjahrs-Gauversammlung oberschwäbischer Thierärzte
findet gelegentlich des Zuchtbullenmarktes am Dienstag den 9. April
1. Js. Vormittags nach Besichtigung des Marktes im Gasthause zur Post
in Bnchloe statt. Zu dieser Versammlung sind alle Herren Collegen aufs
Freundlichste eingeladen.
Gesucht wird auf längere Zeit zur
Assistenz und Vertretung
eines älteren Bezirkßthierarztes ein tixclitigrex Tlxiexstxzt, welcher
bereits längere Zeit Assistentenstellung versehen hat.
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156
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Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
Expedition und Druck von J. Gottes Winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/L zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 2. April 190t. Nr. 14.
Inhalt: Prof. Albrecht: Ein Fall von acuter Nephritis beim Pferde. —
Kurze Mittheilungen aus der Praxis. — Referate. — Rangregulirungs¬
frage der Amtsthierärzte in Oesterreich. — Notiz. — Personalien. —
Viehseuchennachrichten. — Inserate.
Ein Fall von acuter Nephritis beim Pferde.
. Von Prof. Albrecht.
(Schluss.)
Die Sektion des Pferdes fand am 30. Juli in der hiesigen
thermischen Vernichtungsanstalt statt.
Nachdem die Haut abgezogen, zeigte sich das subcutane
Fett und die Muskulatur auf der rechten Körperseite hoch¬
gradig durchfeuchtet, sulzig, in beginnender Fäulniss (Verfärbung,
Gäsblasen). Muskulatur hellroth, von trübem, wie gekochtem
Aussehen, Abdomen prall aufgetrieben.
Bei Eröffnung der Bauchhöhle fanden sich sämmtliche
Gedärme stark mit Gasen gefüllt, in gehöriger Lage.; Peritoneum
ohne Besonderheit. In den abhäugigen . Partieen fand sich
etwa 1 / 2 Liter Flüssigkeit von leicht röthlicher Farbe. Leber
gross, schwarzgrün verfärbt, von breiiger Konsistenz; auf dem
Durchschnitt entleerte sich aus den Gefässen derselben schaumiges
Blut (Fäulniss); die Läppchenzeichnung deutlich, die zentralen
Abschnitte schwarzgrün, verbreitert, vielfach netzförmig zu¬
sammenhängend. Milz gross, von schlaffer Konsistenz, Kapsel
glatt, Schnittfläohe schwarzroth, theilweise missfarben; die
Pulpa stark zerfliesslich. Beide Nieren zeigten sich stark
vergrössert, die fibröse Kapsel sehr leicht abziehbar, Ober¬
fläche glatt, von hellgelber Farbe, Konsistenz hochgradig ver¬
mindert. Auf der Schnittfläche erscheint die Rinde beträchtlich
verbreitert, vortretend, von zahlreichen hellgelben Streifen und
Fleckchen durchsetzt; beim Abstreifen erhält man reichlich
weisslich-gelben Brei. Das Mark war grauröthlich gefärbt,
stark durchfeuchtet. Im Nierenbecken fand man an einigen
Stellen submuköse Blutaustritte. Harnblase ohne Besonderheit.
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158
In der rechten Pleurahöhle fanden sich etwa zwei Liter
einer rothbraunen, etwas trüben, mit spärlichen Fibrinflocken
untermengten Flüssigkeit; die Pleura verdickt, getrübt, injicirt,
mit einigen fibrösen und ziemlich fest anhaftenden fibrinösen
Auflagerungen. Beide Lungen stark ödematös und hyperämiscb,
sonst ohne Besonderheiten. Das Herz war über beiden Ventrikeln
vergrössert, die Muskulatur besonders im linken Ventrikel er¬
heblich verdickt, von hell braungelber Farbe und ausgesprochenem
mattem Fettglanz; die Konsistenz des Muskels mürbe; die
Klappen ohne Besonderheiten, ebenso die grossen Gefässe.
Epicritische Bemerkungen.
Ueber die Ursache der Nierenentzündung ist nach der
Anamnese sicher, dass es sich um traumatische ätiologische
Momente nicht gehandelt haben kann; desgleichen hat eine
Erkältung des Pferdes — Erkältungen werden bekanntlich
auch heute noch als Ursache von Nierenentzündungen an¬
genommen — nicht stattgefunden; auch eine chemisch-toxische
Ursache konnte nicht eruirt werden, ebeuso nicht eine in den
Harnwegen entstandene und sekundär fortgeleitete Ursache, und
so käme man denn auf dem Wege des Ausschlusses zu der
Annahme, dass das Leiden auf eine organisirte toxische Ursache
zurückzuführen sei, wobei man übrigens nicht zu schliessen hätte,
dass organische Kleinwesen die Nieren direkt attakirten,
sondern es kann dies recht wohl durch von Mikropbyten ge¬
bildete toxische Substanzen erfolgt sein.
An eine organisirt toxische Ursache hat man thatsächlich
in erster Linie zu denken, wenn man erwägt, dass das Pferd
schon am ersten Tage der Untersuchung eine relativ hohe
Innenwärme zeigte. Man beobachtet eine solche nach den
Wahrnehmungen von Friedberger und Fröhner 1 ), welche mit
unsern Beobachtungen übereinstimmen, bei acuter Nierenent¬
zündung in der Kegel nicht, so lange urämische Erscheinungen
bei den Patienten fehlen.
Weiter sprechen für diese Annahme die Erscheinungen,
welche man bei der Sektion des Thieres in der Brust- und
Bauchhöhle, insbesondere in der ersteren feststellte. Der patho¬
logisch-anatomische Befund daselbst lieferte allerdings nicht
die Belege dafür, dass das Pferd an Brustseuche gelitten bat,
in deren Gefolge öfters acute Nephritis aufzutreten pflegt.
Immerhin kann aber auch nicht geläugnet werden, dass die
Symptome an der Pleura infectiösen Ursprungs waren, während
allerdings das Lungenödem ungezwungen auf Erlahmung des
Herzens zurückgeführt werden kann.
Specielle Pathologie und Therapie 1892, Seite 409.
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159
Man kann freilich diesen Beweispunkt nicht als stichhaltig
erachten, wenn man ihn im Zusammenhalte mit den Erfahr¬
ungen beurteilt, die bei Nephritiden des Menschen gemacht
worden sind. So hat z. B. Strümpell *) beobachtet, dass bei
acuten Nierenentzündungen des Menschen eine Neigung der
verschiedenen innern Organe, auch der serösen Häute zu Ent¬
zündungen besteht; ferner hat St. konstatirt, dass sich bei
schweren Fällen von Nierenentzündungen beim Menschen nicht
selten eine Pneumonie entwickelt, welche in der Mitte zwischen
katarrhalischer und croupöser Entzündung steht; sie stellt
nach ihm gewissermassen eine Art starren entzündlichen
Oedems dar.
Nachdem nun aber bei Nierenentzündungen der Haus¬
siere noch nicht beobachtet worden, dass die Lunge in Mit¬
leidenschaft gezogen wurde (Bronchitis, Pneumonie), so glauben
wir an der Meinung festhalten zu dürfen, dass die von uns
bei dem Pferde beobachtete acute Nephritis- infektiösen Ur¬
sprungs und dass der ursprüngliche Infektionsherd in der
Brusthöhle zu suchen war.
Was nunmehr die Erscheinungen anlangt, welche man bei dem
Thiere im lebenden Zustande wahrnahm, so weichen sie nach
mancher Richtung nicht unerheblich von denjenigen ab, welche
man sonst bei Pferden beobachtet, die an parenchymatöser
Nephritis leiden.
So zeigte z. B. der Urin kaum eine Vermehrung des
specifischen Gewichtes; der am zweiten Tage der Krankheit
per Exploration entfernte Urin hatte sogar ein verhältniss-
mässig niedriges specifisches Gewicht; es betrug nur 1,022.
Eine Behinderung beim Harnabsatz fand nicht statt. Fried¬
berger und Fröhner 2 ) fanden bei Pferden bei der Exploration
der Blase vom Mastdarme aus diese regelmässig leer. Ich
fand die Blase bei dem in Rede stehenden Pferde gefüllt,
allerdings nicht bedeutend. Bei der künstlichen Entleerung
durch Druck auf die Blase zeigte Patient keine besondern
Schmerzen.
Was die mikroskopische Untersuchung des Urins betrifft,
so enthielt schon die erste Probe mit dem niedrigen Sp. G.
Blutkörperchen und Leucocyten und gab die Hämoglobin¬
reaktion (Probe mit 01. terebinth. und Guajactinktur); was mir
bei der Untersuchung besonders auffiel, war der bedeutende
Gehalt des Urines an Fetttröpfchen (fettige Degeneration der
*) Strümpell: Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der
innern Krankheiten, 2 Bd., 1900, Seite 878.
s ) Ibidem Seite 409.
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160
Nierenepithelien) und eine ziemliche Zahl von sehr kleinen
kurzen Krystallen, die ich für quadratische Säulen und nicht
für identisch mit den rhombischen Säulen der Hippursäure hielt.
Schmerzensäusserungen (Schmerzen beim Harnabsatz,
Krümmung des Rückens, Nierenkolik, steifen Gang etc.) be¬
kundete Patient nicht, ebenso fehlten hydropische Anschwell¬
ungen.
Was übrigens die Schraerzensempfindungen anbelangt,
so vermisst man diese nach Strümpell 1 ) auch bei acuten Nieren¬
entzündungen des Menschen häufig.
Wie man sieht, können demnach bei der parenchymatösen
Nephritis des Pferdes manche als pathognomonische bezeichnet©
äussere Erscheinungen vollständig fehlen. Es ist auf sie für*
die Diagnosestellung kein Verlass, und man versäume daher
nie, bei jeder schweren innern Erkrankung der Hausthiere
den Urin zu untersuchen. Ich untersuche auch bei jeder be¬
deutenderen Erkrankung der Hunde den Urin und bin dadurch
vor mancher fehlerhaften Diagnose bei diesem Thiere geschützt
worden.
Nun komme ich zum Schlüsse noch zur Besprechung der
ausgeprägten anämischen Erscheinungen, welche ich an dem
relativ gut genährten Pferde im lebenden Zustande desselben
wahrnahm und der bei der Sektion des Thieres konstatirten
Beschaffenheit des Herzens.
Was den ersten Punkt betrifft, so kann die Anämie doch
kaum durch den während der bei der erstmaligen Untersuchung
des Pferdes erst etwa dreitägigen Dauer des Leidens mit der
Urinausscheidung erfolgten Eiweissverlust bedingt gewesen sein.
Die Färbung der Schleimhaut war so wachsbleich, wie man
sie bei hochgradiger pothämorrhagischer Anämie und bei
pernioiöser Anämie kaum blässer zu sehen bekommt. Da bei
diesen Anämien sowohl als wie bei den auf anderer ätiolo¬
gischer Basis beruhenden Anämien häufig Eiweissausscheidung
durch den Urin erfolgt 2 ) (Veränderung der Nierenepithelien!),
so schützte mich, wie Eingangs bereits bemerkt, nur die
mikroskopische Untersuchung des Blutes und des Urines
des Pferdes vor einer unrichtigen Diagnose.
Da ich nun bei der mikroskopischen Untersuchung des
Blutes eine Verminderung der Erythrocyten nicht feststellen
konnte, steht zu vermuthen, dass die Verminderung des Hämo¬
globingehaltes des Blutes durch die gleiche Noxe veranlasst
*) Ibidem Seite 376.
2 ) Fisch 1: Ueber einige Ursachen der transitorisohen Albuminurie.
Deutsches Archiv für klinische Medizin 1881, Bd. 29.
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161
würde, welche bei dem Thiere das Fieber bedingte, oder,
wenn man will, durch das Fieber. Nach Lazarus 1 ) kann
durch das Fieber Anämie hervorgerufen werden.
Bei dem Fehlen jeder andern Ursache der wachsbleichen
Färbung der Schleimhäute müssen wir die mitgetheilte Auf¬
fassung der Genesis der anämischen Symptome um so mehr
festhalten, als auch nicht anzunehmen ist, die mehrmals an¬
geführte weisse Färbung der Schleimhäute sei durch ungenügende
Propulsivkraft des Herzens bei dem Thiere hervorgerufen
worden.
Einmal war bei der erstmaligen Untersuchung des Pferdes
der gespannte Puls noch kräftig. Aber selbst angenommen,
es sei das Herz* schon damals in höherem Grade erlahmt ge-
. wesen, so würde dieser Umstand eher eine venöse Hyperämie
wie Anämie der Schleimhäute bewirkt haben.
Auffallend war bei dem Pferde die Vergrösserung des
it ef g o n a . Da bei Thieren selbst nach mehrwöchentlicher
Dauer einer acuten Nephritis Herzhypertrophie bislang nicht
beobachtet wurde 2 ) und auch bei diesem Leiden des Menschen
erst nach mehrwöchentlicher Dauer desselben 3 ), so ist wohl
als ausgeschlossen zu erachten, dass die ^onstatirte Vergrösser¬
ung des Herzens bei dem Patienten eine Folge der Nephritis
war, da das Thier nur etwa zehn Tage krank war. Die
andern am Herzen beobachteten pathologisch - anatomischen
Symptome müssen als Ergebnisse der Infektion aufgefasst werden.
Kurze Mittheilungen aus. der Praxis.
(Aus den Jahresberichten bayerischer Thierärzte.)
Schädelverletzung eines Pferdes.
Von Distriktsthierarzt Schmitt- Seefeld.
Das fragliche Pferd, Rothschimmel, 6 Jahre alt, Wallach,
wurde Nachts, während es abgekommen war, von einem anderen
durch einen Schlag mitten auf die Stirne verletzt. Die Stollen
des anderen Pferdes waren erst tags vorher geschärft worden
und fand man auch noch Blut und Haare an einem derselben
kleben. Die noch während der Nacht vorgenommene Unter¬
suchung des geschlagenen Pferdes ergab eine klaffende Wunde,
ungefähr 6 cm lang, in der Mitte der Stirne. Die Sondirung,
*) Nothnagel: Speoielle Pathologie ünd Therapie, VIII. Bd., 1. Theil,
2. Heft; Seite 54.
2 ) Friedberger und Fröhner: Speoielle Pathologie und Therapie 1892,
Seite 409.
*) Strümpell: Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie 1900,
Seite 377.
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162
die nur mit Mühe bewerkstelligt werden konnte, ergab, dass
ein ungefähr kreisrundes Stück der Hirnschale eingeschlagen
war; etliche kleine Splitter konnten mit der Kornzange ent¬
fernt werden; doch zeigte das Pferd bei der leisesten Berührung
enorme Schmerzen. Gründliche Desinfektion, Verband.
Am Tage fand sich eine schmerzhafte Geschwulst vor.
Das Pferd stand mit gesenktem Kopf, die Augen geschlossen,
theilnahmslos am Barren; Futteraufnahme gänzlich sistirt. Es
wurde der Versuch gemacht, das Knochenstück, das ungefähr
3 cm tief mit der Sonde fühlbar war, zu entfernen, doch stürzte
das Pferd beim ersten Versuch, es zu fassen, plötzlich zu¬
sammen und konnte nur mit Mühe mehr auf die Beine ge¬
bracht werden. Eisbeutel. Abends anscheinende Besserung.
Es wurde etwas Futter aufgenommen.
Am nächsten Tage der alte Zustand, der noch drei Tage
anhielt. Am vierten Tage fing das Pferd an zu toben, stürzte
mit dem Kopf an den Barren, dann wie leblos zusammen.
Es wurde hierauf getötet.
Die Sektion ergab ein etwa kreisrundes ca. 2 i / 2 cm breites
Loch in der Stirne. .
An der Dura mater hing das eingeschlagene Stück, zwei
grössere und mehrere kleinere. Sie waren etwa lVj Cm tief
in die rechte Grosshirnhemisphäre eingedrungen.. Mittelgrosse
Blutung, doch kann dieselbe auch von dem letzten Sturz mit
dem Kopfe gegen den Barren herrühren.
Mastdarmgeschwulst beim Pferd.
Von Distriktsthierarzt Diem-Burghausen.
Am 6. Juli 1899 wurde mir ein zweijähriger Pinzgauer-
hengst vorgeführt mit dem Berichte, dass derselbe in der
letzten Zeit beim Kothabsatz Schmerzen zeige.
Das Thier war in gutem Ernährungszustände, fieberlos
und zeigte ausser dem erschwerten Kothabsatz keine weiteren
Krankheitserscheinungen. Der Koth selbst war etwas trocken,
aber sonst ganz normal. Beim Exploriren drängte das Pferd
sehr stark, und kaum war ich mit einigen Fingern in den
Mastdarm eingedrungen, als ich auch schon eine grosse derbe
Geschwulst fühlte. Diese lag ganz am Ende des Darmes, in
der oberen Hälfte desselben, die Schleimhaut mit der Ge¬
schwulst verwachsen, nicht abziehbar. Sie war über faust¬
gross, hart, länglich-rund, gut abgesetzt, auf Druck nicht em¬
pfindlich. Das Darmlumen wurde so sehr verkleinert, dass
immer nur ein Kothballen dasselbe passiren konnte, weshalb
das Pferd einen um den anderen absetzte.
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163
Das Thier bekam als Futter kurz geschnittenes Heu und
gebrochenen Hafer mit Wasser angefeuchtet; ins Trinkwasser
liess ich täglich zweimal je 3,0 Jodkali geben, die Aftergegend
aber mit Ungt. mercurial. täglich dreimal einreiben.
Am fünften Tage konnte ich schon eine wesentliche
Besserung konstatiren und in 14 Tagen setzte der Patient den
Koth ohne Beschwerden ab. Durch die Exploration konnte
ich ermitteln, dass die Geschwulst um die Hälfte kleiner ge«
worden war, und in weiteren acht Tagen merktö man nur eine
schwielige Verdickung der dorsalen Darmwand.
Im Herbst kastrirte ich das Pferd und hatte nochmals
Gelegenheit, dasselbe zu untersuchen. Es zeigte zwar noch
die Verdickung der oberen Mastdarmwandung, wurde aber
dadurch nicht belästigt.
Ueberzähliger Hode beim Pferde.
Von Bezirksthierarzt Beiohhold.
Ein Hengst war von einem Pfuscher kastrirt worden, der
damals den rechten Hoden wegen der hohen Lage desselben
im Leistenkanale sich nicht herauszunehmen getraute. Dieser
Hengst, ein lebensgefährlicher Schläger, wurde dann mir zur
Kastration zugeführt. Nach Eröffnung des rechten Hoden¬
sackes gelang es ziemlich leicht, den rechten Hoden herunter¬
zubringen. x Ich hatte über demselben bereits in der gewohnten
Weise die Kluppen angelegt, als ich oberhalb derselben zu
meiner Ueberraschung einen runden Körper fand, der gleich¬
falls die Gestalt eines Hodens hatte. Mit grosser Mühe gelang
es mir nun, neue Kluppen oberhalb desselben anzulegen. Er
erwies sich nach der Abtrennung als ein wirklicher Hoden
mit normalem Nebenhoden.
Referate.
Strebei: Unwegsamkeit des Zitzenkanals und deren Be¬
handlung. (Schweizer Archiv 1901, 1. H.) Die Milchgang¬
mündung kann kongenital oder in Folge vorausgegangener
Entzündung oder Verletzung obliterirt sein. Im erstem Falle
genügt einfache Durchstossung der Haut mit feinem Troikar,
Stricknadel, schmaler Lanzette, nachdem der Strichkanal durch
Hereinpressen von Milch stark ausgedehnt worden. Bei der
erworbenen Atresie hat entsprechend der gleichzeitigen Ver¬
engerung des Zitzenendtheils nach der Durchbohrung Bougirung
des Kanals mit einem kurzen in Glycerin getauchten Bougie
zu erfolgen; um die Infektion der Wundränder durch das
Melken zu verhindern, lässt man die Milch mittels Melk-
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164
röhrchens abfliessen. Den Zitzenräumer hat Strebei selten
verwendet; das Wegschneiden der Zitzen bringt keinen Yor-
theil gegenüber der Dilatationsbehandlung; die Amputa|jon
eines jgmmm ren Zitzentheils ist daxm «gezeigt, wenn in den
oberen Partieen des Milcbganges eine Eit^neafismlwg be¬
steht und der Eiter durch den stenosirten Strichkanal zurtigk-
gehalten wird.
Die kongenitale Stenose eines grossen Theils oder des
ganzen Strichkanals ist der Behandlung nicht zugängig. Aus¬
gedehntere entzündliche Stenosen behandelt Str. mit einer
Mischung von Glycerin und Jodtinktur; eventuell wird die
Milch mittelst feinen Metallröhrchens abgelassen. Stenosen
in Folge Schleimhauthypertrophie werden am besten nicht
operativ behandelt. Jedenfalls sollen schon wegen der grossen
Infektionsgefahr operative Eingriffe nicht an allen vier Strichen
gleichzeitig gemacht werden. .Für ^iie Behandlung der durch
Fibrome und Papillome gesetzten Stenosen widerräth Str. den
Versuch, die Geschwülste durch Kanülen etc. loszustossen.
Str. empfiehlt dagegen, nach möglichster Erweiterung des
wegsamen Milcbgangtheiles mittelst Einpressen von Milch, die
Geschwulstmasse in der Mitte mit dem Zitzenräumer zu durch-
stossen. Hat sich das Thier wieder beruhigt, so wird das gut
schneidende Instrument in raschem Zuge durch di? Geschwulst
zurückgezogen. Diese Operation wird nach Erforderniss ein-
bis zweimal wiederholt, bis das Instrument ohne Widerstand
durch den hergestellten Kanal hinaufgeschoben und zurück¬
gezogen werden kann, worauf dasselbe ausgezogen wird.
Die seltenen Condylome des Milchganges werden mit dem
Zitzenräumer herausgeschnitten. Dünne Quermembranen werden
mit der Sonde, dicke, wenn die Operation überhaupt angezeigt,
mit dem Zitzenräumer durchstochen.
Von besonderer Bedeutung ist für alle Zitzenoperationen
sorgfältige Nachbehandlung: Einführung eines Bougies, einer
Darmsaite, eines Stiftes aus ungesalzener getrockneter Speck¬
schwarte ; die Einführung eines Taubenkieles oder eines
Strohröhrchens ist zu verwerfen (Schleimhautverletzung!);
eventuell ist es rathsam oder nöthig, während einiger Tage
Melkröhrchen zur Entleerung der Milch zu benützen.
In Hinsicht auf die Indicationen zu Zitzenoperationen
warnt Str. vor operativen Eingriffen in jenen Fällen, in welchen
hochgradige Verengerung des Kanals oder grosse Ausdehnung
der Stenose besteht, ferner wenn die Neubildungen relativ
gross sind und oberhalb des untern Zitzenviertels oder -Drittels
sitzen. Man lässt in solchen Fällen besser die Viertel trocken
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stehen und rechnet auf die spätere kompensatorische Hyper¬
trophie der übrigen Viertel.
Markus: Ein Fall von Struma beim Pferde. (Zeitschr.
für Thiermedizin 1900, S. 173.) Eine ca. 15 jährige Fuchs¬
stute zeigte unterhalb des Larynx, rechts dicht an der Trachea
einen fast faüstgrossen harten Tumor, der wenigstens schon
fünf Jahre lang bestanden hatte. Derselbe wuchs langsam
und hatte in der letzten Zeit bei anstrengender Arbeit Kespi-
rationsbeschwerden erzeugt. Der an der Seite der Trachea
mit der Umgebung durch einen festen, gefässreichen Strang
verbundene, sonst überall freie Tumor wurde exstirpirt. Der¬
selbe wog 175 g und zeigte auf dem Durchschnitt die Struktur
einer theilweise parenchymatösen, theilweise kolloiden Struma.
M. Schwammei: Ein Fall von chronischer Tuberkulose
des Pferdes. (Ibid. S. 183). Ein Pferd, welches ausser
Schwerathmigkeit keinerlei besondere Krankheitserscheinungen
gezeigt hatte, verendete über Nacht. Die Sektion des ca.
18jährigen Wallachen ergab an Pleura und Perikard zahl¬
reiche erbsen- bis faustgrosse, derbe, auf dem Durchschnitt
gelb gefärbte glänzende Knoten, deren Zentrum theilweise in
Zerfall begriffen war. Zahlreiche ebensolche Knoten enthielten
die bronchialen und die in der Brusthöhle gelegenen periöso-
phagealen Lymphdrüsen; in den beiden emphysematischen
Lungen gleichfalls zahlreiche hirsekorn- bis faustgrosse Knoten,
desgleichen in der Leber, am Brustbein (fortgesetzt von den
Pleuralknoten), sowie im Knochenmark des rechten Ober¬
schenkelbeines, welches frakturirt war. Das Herz dilatirt und
schlaff, Klappen unverändert, die übrigen Organe ohnö Be¬
sonderheiten. Die mikroskopische Untersuchung ergab die
schon aus dem makroskopischen Befunde gestellte Diagnose:
Chronische Tuberkulose. Unter den übrigen 23 Pferden des
betreffenden Pferdestandes wurden drei der Tuberkulose ver¬
dächtige Thiere gefunden. Eines davon krepirte und zeigte
gleichfalls bei der Sektion allgemeine chronische Tuberkulose;
die beiden anderen wurden nach Auswärts verkauft. Hinsichtlich
der Infektionsquelle nimmt S. an, dass dieselbe durch die in
dem gleichen Stalle wie die Pferde untergebrachten Ochsen
gegeben war, welche zu einem grossen Prozentsatz tuberkulös
waren. _
Mason: Unstillbares Erbrechen beim Hunde. M. beschreibt
zwei Fälle dieser Erkrankung. Im ersten handelte es sich um
einen alten irischen Terrier, welcher ein Stück Hammelkotelette
gefressen und darnach Erstickungsanfälle bekommen hatte.
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166
Nach Yerlauf einiger Stunden zeigte der Hund Zeichen
von Schmerz im Magen und häufiges Erbrechen; da eine zehn¬
tägige Behandlung dasselbe nicht zu stillen vermochte, sollte
das Thier getötet werden. Es wurde indes noch ein Versuch
gemacht, mit heissen Umschlägen auf die Magengegend und
Zufuhr flüssiger peptonisirter Nahrung; ausserdem erhielt das
Thier täglich dreimal lüg Natriumsulphocarbonat in Wasser,
sowie etwas Branntwein. Zwei Tage später hörte M., dass
das Thier nach dem dritten Pulver ein ungefähr markstück¬
grosses Enochenstück mit einem grossen Widerhaken am einen
Ende erbrochen hatte. Bei genauerer Untersuchung zeigte
sich, dass dasselbe offenbar in die Magenschleimhaut einge¬
drungen war; der Eigenthümer gab in der That an, dass es
zugleich mit einer grossen Menge Eiter entleert worden sei.
Der zweite Fall betraf einen ungefähr vier Jahre alten
Foxterrier. Das Thier war operirt worden wegen einer rasch
gewachsenen mit schleimigem Inhalte gefüllten Cyste unter dem
rechten Augenlid (Chloroformnarkose). Die Heilung erfolgte
p. p. int. 14 Tage später begann der Hund zu erbrechen,
zuerst in langen Zwischenräumen, allmählich immer häufiger.
Das Erbrechen war begleitet von krankhaften Kontraktionen
der Kopfmuskel, während gleichzeitig die ganze Körpermusku¬
latur kürzere oder längere Zeit in tetanischem Krampfe sich
befand. Natriumbicarbonat, Wismut, Natriumsulphocarbonat,
Opium und Bromide wurden ohne Erfolg gegeben; Chlorodyn
brachte nur vorübergehende Besserung. Der Hund wurde
getötet. Bei der Sektion zeigte sich im Magen die Schleim¬
haut etwas butreich, ebenso im Dünndarm, beide waren fast
vollkommen leer. Das Coecum war in einer ungefähr finger¬
dicken Partie seiner Wand verdickt, seine Spiral Windung fehlte
vollkommen, im Immen fand sich eine Menge grüngelben,
halbfesten, nicht unähnlich Meconium aussehenden Inhaltes.
Die übrigen Organe zeigten nichts Besonderes, mit Ausnahme
der Lungen, in denen sich Residuen einer Bronchopneumonie
fänden. (Veterinarian 1901, S. 18.) E. A.
Rangregulirungsfrage der Amtsthierärzte ift Oesterreich.
Endlich scheint Aussicht vorhanden zu sein, dass in Oesterreich
die seit Langem erhoffte Regierungsvorlage, betreffend die
Neuregelung der Dienstesverhältnisse der bei der staatlichen
Veterinärverwaltung stehenden Aratsthierärzte zur parlamen¬
tarischen Behandlung und Erledigung gelangt, da, wie die Ver¬
hältnisse zur Zeit im österreichischen Abgeordnetenhause liegen,
der Einzug einer ruhigen sachlichen Arbeitsthätigkeit daselbst
zu erwarten steht.
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167
Zur Beschleunigung des Austrages der für die öster¬
reichischen Collegen nach zwei Richtungen hin so einschnei¬
denden Angelegenheit hat das Präsidium des Centralausschusses
des Vereines österreichischer Thierärzte vor Kurzem eine Depu¬
tation in das Abgeordnetenhaus entsandt, welche bei den Mit¬
gliedern des Budget-Ausschusses vorsprach. Der Eindruck,
welchen die Deputation bei den einzelnen Mitgliedern dieses
Ausschusses empfing, war der denkbar günstigste.
Nach Allem zu schliessen, dürfen demnach die öster¬
reichischen Collegen eine baldige Verwirklichung ihrer berech¬
tigten Wünsche erhoffen, wozu wir ihnen von Herzen gratuliren.
- A.
Notiz. In der Sitzung des Reichstages vom 18. März wurde
die Petition des deutschen Veterinärrathes um Einführung des
Gymnasialreifezeugnisses als Vorbedingung des thierärztlichen
Studiums dem Reichskanzler zur Berücksichtigung
überwiesen.
Personalien.
Der approbirte Thierarzt Karl Ohler auB Lachen hat sich als
praktischer Thierarzt in Neustadt a/H. (Pfalz) niedergelassen. — Thierarzt
Max Madel Ißt ab 1. April 1. Js. zum Distriktsthierarzte in Schillingsfürst,
Bez.-Amt Rothenburg o/T., ernannt worden.
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Es ist gemeldet: am 21. März das Erlöschen zu Berlin.
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168
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er sich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
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NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
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Apparate für Thier zucht und -Pflege wurden durch die
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zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Büderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend aus
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Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i» zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeti von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 9. April 1901. Nr. 15.
Inhalt: Gutbrod: Verätzung durch Schwefelsäure. — Referate. —: Gau-
Tersammlung in Donauwörth. — BQchersohau. — Vieheeuchennach-
richten. — Personalien. — Inserate.
Verätzung durch Schwefelsäure.
Von Distriktsthierarzt Gutbrod in Moosburg.
Fubrwerksbesitzer Kr. in Selb wollte am 3. Mai vorigen
Jahres ein acht Tage vorher um 900 Mark gekauftes 5 jähriges,
braunes, schweres Zugpferd niederösterreichischer Abstammung,
zusammengespannt mit einem zweiten Pferde an einem Kohlen¬
wagen, rückwärts in den Hof des Färbermeisters K. zurück-
stossen. In dem Hausgang, durch den der Wagen musste, stand
ein mit konzentrirter Schwefelsäure gefüllter Ballon. Das ge¬
schilderte Pferd trat mit einem Hinterfuss auf den Ballon,
zerbrach ihn und schnitt sich dabei am Fessel die Haut auf
ca. 8 cm Länge auf. Dadurch erregt, fing das Pferd zu stampfen
an, die Schwefelsäure spritzte nach allen Seiten, und zu allem
Unglück riss sich jetzt das Pferd los und legte sich in wütendem
Schmerz mit dem ganzen Körper auf den mit Schwefelsäure
durchtränkten Boden. Nur nach grösster Anstrengung gelang
es, das Pferd aufzutreiben und das andere Pferd von den
Strängen zu entfernen. Da ich nicht anwesend war, rieth ein
Droguist, das Thier mit Wasser abzuwaschen, wodurch natürlich
die Säure noch weiter verschmiert wurde. Eine Stunde später
kam ich in den Stall des Kr. und sah Folgendes: der Besitzer
und sein Knecht hatten lediglich an den Kleidern Schaden
genommen; Hose, Weste und Book, beim Knecht auch die
Stiefel waren an vielen Stellen zu einer gelbbraunen, zunder¬
ähnlichen Masse umgewandelt, in der Hose des Knechts war
ein grosses zerfetztes Loch eingebrannt.
Das beschädigte Pferd stand im Stall, ruhig, ohne jede
Erregung, frass eben Heu und soll sich nach Angabe des Besitzers
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170
tulugh verhalten haben. An
feh/ stafk ^ebäufeii^Thier^sind zu finden:
70 regelmässige, kräftige Pulselbei weicher Arterie, Herz¬
schlag, auf beiden > Brustseiten fühlbar, t Augen- und Nasen«
selifeMliäui ^liÜlr ^gerotWÄ}^ Ä^muftg^ -riihlg^/^obeFfiSDhlieh^
Temperatur^ ijn Mftst^ariu 38,6?* Eine Schwellung irgend¬
welchen Körpermelles nicht Tbemel^khar. Beide Hinterfüsse
vom Hufe bis zum Kreufc, die Unterseite des Bauches bis zum
Brustbein, dann^liltf 0 lch& pfeinig- biihütidtyiergrosse Flächen
am^ Ha}« 1 , ^Brnst rund Bückep * zeigen das Haarkleid matt,
gftthzlbs, gesträubt, jro "diss steh diese Stellen scharf von^der
tiVngöä Im abheben. JDie Flecken sahen
aiiß wie Quaddeln, die Haut darunter ist njeht geschwollen,
nicht schmerzhaft, söndern trocken, etwas derb. Die Haare
sind ebenfalls ganz trocken, aber Mäht brüchig. ■ ?
Eine Prognose konnte ich natürlich nicht stellen. Als ’
Therapie rieth ich Abspritzungen mit Kalkwasser die ganze
Nacht hindurch, wenngleich ich mir* sagte, dass diese auch
nichts mehr. nützen werden, da ja eine zu neutralisirende
Säure nicht mehr vorhanden war; hatte, sich doch die Säure
bereits mit dem EiweiSs der Haut und Unter haut laugst unter
(Joagulation desselben verbunden. Anderen Tages war das
Allgemeinbefinden ausgezeichnet. Pnls 70, Futteraufnahme
vorzüglich, Sensorium lebhaft, lediglich bei der Bewegung ist
der Gang hinten etwas gespannt. Die verätzten Theile ohne
Aenderung,
, 5. Mal. Befinden wie tags vorher.
6« Mai. Am Schlauch und vor dem Schlauch bis an die
Unterbrust tritt eine heisse, ödematöse, schmerzhafte Schwellung
auf, das Uriniren geht normal vor sich; am Grund des Schweifes
entstehen mehrere markstückgrosse, rothe Geschwüre durch
Abstosjsung der /Oberhaut, ebensolche rings um den After;
das Pferd stöhnt daher beim Kothabsatz. Allgemeinbefinden
vpraüglich, Puls 56 (!), Futteräufnahme gut.
7. Mai; . Die Schwellung am Bauch ist sich gleich ge¬
blieben, der Schlauch ist stärker verschwollen, der Penis hängt
ungefähr handbreit vor. Die ganze Schweifrübe ist wund,
vom After, gegen den Schenkel zu beginnt sich die Haut ab¬
zulösen. Allgemeinbefinden sehr gut. Therapie: Aufstreichen
einer Carbolsalbe auf die wunden Stellen, einer Campherblei¬
salbe auf die verätzten Stellen,
8. Mai. An fast allen verätzten Stellen treten starke
ödematöse Schwellungen auf, die Füsse werden ähnlich wie
bei Petechialfieber zu dicken Säulen .mit zahlreichen wunden
Stellen an den Beugeflächen der Gelenke.Schwellung am
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171
Bauch hat zugenommen, ebenso die am Schlauch. Der Penis
wird nicht mehr aufgezogen. Allgemeinbefinden vorzüglich,
52 Pulse, kein Fieber, guter Appetit.
9. Mai: Ueberall beginnt die verätzte Haut in grossen
Platten sich loszuschälen. Die pergamentartigen Stücke ver¬
decken noch rosafarbene Granulationen, auf denen wenig Eiter
liegt. Trotz der guten Futteraufnahme ist die Abmagerung
rapid vorgeschritten.
Nachdem es absolut unwahrscheinlich war, dass so kolossale
Hautdefekte, wie sie jetzt im Entstehen begriffen waren, so
heilen konnten, dass das Thier gebrauchsfähig würde, rieth
ich zur Tötung. Der Besitzer ging auf meinen Rath erst
tags darauf ein, als es sich zeigte, dass an beiden Hinter¬
füssen aus der geschwollenen Oberfläche reichlich braune,
stinkende Flüssigkeit abtropfte, und dass an beiden Hufen
rings Saumband und Krone so gründlich zerstört waren, dass
jederzeit Ausschuhen befürchtet werden musste.
Am 11. Mai Vormittags wurde das Pferd geschlachtet.
Die inneren Organe, auch die Nieren waren vollständig intakt.
Die Unterhaut, sowie die oberflächliche Muskulatur am Hinter-
theil, Bauch und an den Flanken war vollständig zerstört,
häufig unterminirt und mit einem gelblichen Exsudat bedeckt.
Die Haut war an all diesen Stellen nicht abzunehmen, da sie
theils brüchig, theils schmierig war und in kleinen Fetzen
abfiel.
Der Cadaver fand in einer Fischzuchtanstalt Verwendung.
Zu einem Civilprozess kam es nicht, nachdem der Färber¬
meister K. als verwandt mit Kr. die Hälfte des Schadens trug.
Referate.
Ueber die Incubationsdauer der Rindertuberkulose und das
Alter tuberkulöser Läsionen, sowie den Werth der Tuberkulin¬
probe in forensischer Beziehung.
Referat von Dr. Simader, bezirkßthierärztlichem Assistenten in Kulmbach.
Nocard (Recueil de möd. vöt. Tome VII. 23.) bat neuer¬
dings eine Reihe interessanter Versuche zum Zwecke der Be¬
stimmung der Incubationsdauer der Tuberkulose und des Alters
tuberkulöser Herde unternommen, hauptsächlich um deswillen,
weil diese Verhältnisse in forensischer Hinsicht für die franzö¬
sischen Collegen sehr bedeutungsvoll sind. Nach den ein¬
schlägigen Gesetzen gelten nämlich dortselbst die contagiösen
Krankheiten — wozu auch die Tuberkulose gerechnet wird —
als Hauptmängel mit einer Gewährzeit von 45 Tagen, wobei
aber der Nachweis, dass das Leiden schon zur Zeit des Ver-
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1
172
kaufes vorhanden gewesen, im Einzelfalle zu erbringen ist.
Daher ist die Eenntniss der beregten Verhältnisse für den
Gutachter dortselbst unentbehrlich.
Die Resultate der mit Kulturemulsionen vorgenommenen
Infektion (per iogestionem, per inhalationem, intramammär,
intravenös und intratracheal) von zwölf geimpften, notorisch
tuberkulosefreien Kühen zeigten nun, dass die Infektion per
inhalationem am besten gelingt, dass also der Respirations¬
apparat als die gewöhnlichste Eintrittspforte angesehen werden
muss* Die Zeit, nach welcher hiebei frühestens eine Tuber¬
kulinreaktion eintrat, schwankte zwisohen 19 und 32 Tagen.
Der Darmkanal nimmt das Virus viel schwerer auf, denn
von den vier Versuchsthieren blieb eines völlig gesund und
bei den drei anderen waren die Veränderungen derartig ge¬
ringgradig, dass sie bei zweien nur mit minutiösester Unter¬
suchung, bei der dritten aber überhaupt nicht nachweisbar
wurden, trotzdem alle drei typisch reagirt hatten und enorme
Quantitäten tuberkulösen Materials einverleibt worden waren.
Ein Kalb, das drei Tage nach der Infektion seiner Mutter
geboren war, wurde mit der an Bazillen ausserordentlich
reichen Milch zweier intramammär inficirten Kühen neben
derjenigen seiner Mutter ernährt und doch auch nur in ganz
geringem Grade angesteckt. Als Incubationsdauer für diesen
Infektionsmodus wurden 32—48 Tage festgestellt.
Bezüglich der Euterinfektion haben die Versuche gezeigt,
dass die Euterdrüse einen vorzüglichen Nährboden für den
Tuberkelbazillus darstellt; die Incubationsdauer betrug hier
nur 3 bezw. 13 Tage. Die Versuche beweisen auch wiederum
die noch von verschiedener Seite bezweifelte Möglichkeit der
primären Eutertuberkulose.
In keinem Palle, mochte die Infektion noch so rasch
erfolgt und also die Incubationszeit noph so kurz sein, waren
die tuberkulösen Veränderungen schon erweicht oder gar ver¬
kalkt (Schlachtungen nach 30 bezw. 50 Tagen).
Es geht also aus den Versuchen zunächst hervor, dass
bei aufs höchste getriebenen Chancen der Infektion durch
Lunge und Darin die Incubationsdauer 19—32 bezw. 32—48
Tage beträgt; unter natürlichen Infektionsbedingungen wird
sie zweifelsohne ziemlich grösser sein, zumal da nachgewiesener
Massen die Tuberkulinreaktion schon vor Entstehung sicht¬
barer Lokalisationen eintreten kann und letztere doch auch
noch Zeit beansprucht.
Bezüglich des Alters der tuberkulösen Veränderungen
ergaben die Befunde, dass verkäste und verkalkte Herde zum
allermindesten 50 Tage alt sein müssen.
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173
Nocard kommt nach alledem zu dem Schlüsse, dass man
wohl berechtigt sei, zu begutachten, dass ein innerhalb der
30 dem Kaufe folgenden Tagen auf die Impfung typisch
reagirendes Thier mit höchster Wahrscheinlichkeit an dem
Währschaftsfehler leidet und auch schon vor der Uebernahme
an demselben gelitten hat.
Mit den Feststellungen Nocards bezüglich Incubations-
dauer und Alter der Herde harmoniren nun die Angaben
anderer Autoren und eigene praktische Erfahrungen bestens.
So sagt Dieckerhoff in seiner gerichtlichen Thierarzneikunde,
dass die Zurückführung der Entstehung einer innerhalb der
Klagefrist von sechs Wochen nachgewiesenen Tuberkulose
vor die Lieferungszeit keinem Zweifel begegne. Auch er ver¬
legt den Beginn der theilweisen Verkalkung gegen das Ende
des zweiten Monats; für die Entwicklung umfangreicher, knotiger
Neubildungen mit Verkäsung und Verkalkung, sowie die Ver¬
breitung auf die Lymphdrüsen der Brust- und Bauchhöhle
sind nach ihm mindestens 5—6 Monate erforderlich, und der
Befund dicker, traubenförmiger Perlgeschwülste oder faust¬
grosser Lymphdrüsengeschwülste berechtigt zur Annahme einer
Dauer von mindestens neun Monaten.
Nach Ebprlein (Monatshefte für prakt. Thierheilkunde,
6 . Band) waren in einem bestimmten Falle Tuberkel von
Erbsen- bis Bohnengrösse mit gelbem, verkalktem Centrum
zwei Jahre alt.
Wenn nun auch für den deutschen Sachverständigen diese
Verhältnisse nich| von gleich hoher praktischer Bedeutung
sind, da nach depa bei uns geltenden Währschaftsrecht der
Begriff des Hauptmangels bezw. der Gewährfrist die praesumptio
juris in sich schliespt, so sind sie immerhin interessant und in
Fällen von Streitigkeiten bei verlängerter Garantie eventuell
doch einmal von Nöthen.
Die Impfung mit Tuberkulin, die auch schon zu Zeiten
der alten Währschaftsgesetze nur zur Wahrscheinlichkeits¬
diagnose verwendet werden konnte, verlor unter der Herr¬
schaft des Bürgerlichen Gesetzbuches noch an Bedeutung und
Werth in forensischer Beziehung insoferne, als eben nunmehr
der Nachweis der Krankheit allein nicht mehr genügt, sondern
noch eine durch dieselbe hervorgerufene allgemeine Beein¬
trächtigung des Nährzustandes nachzuweisen ist. Es wird
daher nunmehr die Autopsie zur Bildung eines bestimmten
Urtheils mehr denn je nothwendig sein, schon um auszuschliessen,
dass ein etwa neben der Tuberkulose vorhandenes Leiden die
Ursache eventuell bestehender Abmagerung sei.
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174
Trotz alledem ist die Tuberkülinprobe noch immer von
ausserordentlichem Werthe dadurch, dass der Sachverständige
nach ihrer Yornahme beinahe mit Sicherheit den Parteien den
Ausgang eines Prozesses Voraussagen kann, und sie so zur
gütlichen Beilegung veranlasst.
Von ganz besonderer Wichtigkeit für die Beurtheilung
des Impfresultates ist nun noch die von verschiedenen Seiten,
so auch von Dieckerhoff bekannt gegebene Thatsaclie, dass
bei tuberkulösen Rindern, welche reagirt haben, in den nächsten
3—4 Wochen eine erneute Impfung oft resultatlos verläuft.
Schmidt-Kulmbach hat in verschiedenen Fällen die Erfahrung
gemacht, dass dies gewöhnlich bei älteren Thieren, seltener
jedoch bei Jungvieh der Fall ist. Nocard hat durch erneute
Untersuchungen wiederum festgestellt, dass diese Zeit in der
Regel einen Monat dauert. Daraus erhellt, dass der vorsichtige
Käufer, um betrügerischen Manipulationen zu entgehen, eine
neugekaufte Kuh zunächst einer Quarantäne von 4 Wochen
und darnach der Tuberkulinprobe unterwerfen muss, um ab¬
solut sicher zu gehen, dass das Thier tuberkulosefrei ist.
In Deutschland müsste sich der Käufer für solchen Zweck
entweder auf 5 Wochen verlängerte Garantie für Tuberkulose
überhaupt (nicht nur im Sinne der kaiserlichen Verordnung!)
geben lassen, oder aber vertragsmässig festlegen, dass der
Kauf erst perfekt wird, wenn die nach 4 Wochen vorzunehmende
Tuberkulinprobe negativ ausgefallen ist.
Spontan-Ruptur der Kronbeinbeugesehne beim Pferd. Bei
einem schweren Zugpferd, das eben eine Pneumo-Enteritis durch¬
gemacht hatte, waren die Extremitäten noch stark angeschwollen.
Als sich diese Schwellung bei entsprechender Behandlung be¬
reits zu vertheilen begann, trat plötzlich, im Stalle, ohne irgend
welche erkennbare Einwirkung eine derartige Senkung der
rechten hinteren Köthe ein, dass sie den Boden berührte.
Die einige Tage später vorgenommene Sektion des ge¬
töteten Thieres bestätigte die Richtigkeit der Diagnose: Zer-
reissung des Kronbeinbeugers oberhalb des Fessels. Zweifels¬
ohne war die Sehne in Folge metastatischer Entzündung derart
angegriffen, dass sie nicht einmal mehr das Gewicht des
Körpers zu tragen im Stande war. Auf dem Querschnitt
zeigte sich ihr Gewebe geschwollen, erweicht und von massen¬
haften hämmorrhagi8chen Herden durchsetzt; auch der Huf¬
beinbeuger, sowie die Sehnen der linken Hinterextremität be¬
fanden sich im Zustand heftiger, wenn auch nicht so hoch¬
gradiger Entzündung wie der rechte Kronbeinbeuger.
(Hendrick, Annales de m6d. yet. April 1900.)
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175
Die Anwendung des Zuckers zur Behandlung nässender
Exantheme des Hundes. Zur Behandlung genannter Haut¬
affektionen des Hundes empfiehlt Bissauge die Verwendung
von gepulvertem Zucker als ganz besonders wirksam. Nach¬
dem die erkrankten Hautstellen geschoren und womöglich
rasirt sind, werden sie nach Entfernung aller Krusten mit
warmer Lysol- oder Cresollösung abgebadet und die frischen,
blutenden Wunden mit gepulvertem Zucker allein oder einer
Mischung mit Zinkoxyd (ää) bestreut. Wenn die Prozedur
täglich gewissenhaft wiederholt wird, erhält man in kurzer
Zeit trockene und geruchlose Flächen. Diese werden dann
weiterhin mit Zucker in Salbenform (Zucker 15, Lanolin oder
Vaselin 20) bis zur baldigen vollständigen Abheilung behandelt.
B. warnt jedoch vor der Verwendung des gestossenen Handels¬
zuckers, da er eine Reihe schädlicher Beimengungen enthält
und empfiehlt in Ermangelung officinellen Zuckers, Hut- oder
Würfelzucker selbst zu pulverisiren.
(Recueil de med. vet. Nr. 21, 1900.)
Amelia anterior beim Fohlen. Husson fand bei einer
Schwergeburt das Junge in der Kopfendlage mit scheinbar
zurückgeschlagenen Extremitäten. Bei näherer Untersuchung
zeigte sich, dass die Vorderextremitäten fehlten und nur die
Schulterblätter vorhanden waren. Das Junge wurde hiuter
dem Nacken fixirt und leicht entwickelt. Dasselbe lebte eine
Minute. Die vorderen Extremitäten fehlten bis auf das Schulter¬
blatt und ein kleines Knochenstück als Andeutung des humerus.
H. bezeichnet diese Aplasie der Vorderextremitäten als Ek¬
tromelie. (Journal de m6d. vet. et de zootechnie, Juni 1900.)
Zwei Fälle von Obstruktion des Schlundes. Extraktion
des Fremdkörpers mittels einer improvisirten Sonde. 1. Eine
Kalbin hatte eine Kartoffel verschluckt, welche im Pharynx
stecken blieb und leichte asphyctische Anfälle verursachte.
Versuche, den Fremdkörper in die Maulhöhle zurückzuschieben,
erwiesen sich als vergeblich. Da die Kartoffel durch die
Maulhöhle mit der Hand nicht zu erreichen war, improvisirte
Conradt eine 45 cm lange Sonde von dickem Eisendraht und
formirte an deren einem Ende einen Ring, dessen Krümmung
und Abplattung dem Volumen der stecken gebliebenen Kar¬
toffel entsprach. Während Gehilfen den Kopf des Thier es
fixirten, gelang es C., seine Schlinge über den Fremdkörper
zu schieben, welcher sodann duroh eine rasche Zugbewegung
extrahirt wurde.
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176
2. In einem zweiten Falle war die Ursache der Obstruk¬
tion ein Apfel, dessen Entfernung nach mehrfachen vergeb¬
lichen Versuchen auf dieselbe Weise gelang.
Der improvisirte Apparat Conradts erinnert an die Art
und Weise, wie man Korke aus Flaschen mittelst Schlingen
entfernt. Zunächst muss die Schlinge über das Hinderniss
gebracht werden, worauf durch entsprechende Zugwirkung die
Entfernung gelingt. Zwischen beiden Manipulationen ist eigentlich
nur der eine Unterschied, das man bei Entfernung von Korken
aus Flaschen die Thätigkeit mit den Augen verfolgen kann,
während die Extraktion der Fremdkörper aus dem Pharynx
blindlings erfolgt.
Der Apparat Conradt’s ist einfach, praktisch und seind
Anwendung m entsprechenden Fällen wohl nachähmenswerth.
(Annales de med. vet. Juni 1900.)
Schmidt-Kulm bach und Dr. Sima der.
Ueber die Vererbung des Fettgehaltes der Milch beim
Rinde. (Deutsche landwirthschaftl. Presse Nr. 22 und 23, 1900.)
Der Behandlung obiger Frage auf Grund der bisherigen litten
rarischen Angaben und vor allem auf Grund eigener, im Rasse¬
stall des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Leipzig
angestellter Versuche widmet Professor Kirchner eine längere
Arbeit in Heft II der „Mitteilungen 41 des genannten Institutes.
Dass eine Vererbung des Fettgehaltes der Milch statt¬
findet, nimmt Kirchner schon von vorneherein an; denn wie
die Fähigkeit einer Kuh, viel oder wenig Milch zu erzeugen,
eine physiologische Eigenschaft sei, die sich mindestens in der
Anlage vererbe, so treffe dies gewiss auch für den Fettgehalt
der Milch zu.
Eine der ersten Beobachtungen in der vorliegenden Frage
ist Julius Kühn zu verdanken. Bei zahlreichen Paarungen
zwischen Yak- und Gayalstieren *) einerseits und Kühön ver¬
schiedener Hausrindrassen anderseits, ermittelte er, dass der
Gehalt der Milch der Bastarde an werthvollen Stoffen ein sehr
hoher war, indem sie 14,85—16,40°/ 0 Trockensubstanz mit
5,20—6,03°/ 0 Fett enthielt; es hatten also die Vaterthiere die
Eigenschaft der Kühe ihrer Art, eine sehr fettreiche Milch zu
erzeugen, auf ihre Nachkommen übertragen.
Werthvolle Beiträge zur Kenntniss des Einflusses, den
die Verwandtschaft der milchgebenden Rinder auf die Milch-
*) Die Gayal (Bos gayaeuß) und der Yak (Bob grunniens) gehören
zur Gruppe der Wisentrinder (Bibovina).
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177
bildung ausübt, sind auch durch die von Fleischmann und
Hittcher ausgeführte „Untersuchung der Milch von 63 Kühen“
geliefert (Berlin 1899). Es zeigte sich, dass die gleiche Ab¬
stammung der Kühe häufig auch in der relativen Gleichheit
der von ihnen gelieferten Milchmenge, sowie im Fettgehalte
zum Ausdruck kam, und dass insbesondere die von demselben
Yater erzeugten Kühe in der Milch mehr übereinstimmten als
die von mütterlicher Seite her mit einander verwandten Thiere.
Um nun den Einfluss der Elternthiere auf den Fettgehalt
der Milch bei den Nachkommen recht scharf hervortreten zu
lassen, kreuzte Kirchner Rinder solcher Rassen und Schläge
miteinander,' deren Milch hinsichtlich des Fettgehaltes grosse
Verschiedenheit zeigte. Auch diese Versuche bestätigten die
Erfahrung, dass der Fettgehalt der Milch sehr sicher vererbt
wird. _
Genossenschaftlicher Pferdeverkauf. (Deutsche landwirth-
schaftl. Presse Nr. 22, 1901.) Das Verdienst, diese Frage
praktisch in Angriff genommen zu haben, gebührt dem „Ver¬
band der Pferdezüchter in den holsteinischen Marschen“. Der
Mittelpunkt desselben ist die Stadt Elmshorn bei Hamburg;
ausserhalb der Stadt liegen die Gebäude des Zuchtverbandes,
die aus den Stallungen für die Verkaufspferde, einer bedeckten
Reitbahn, den Hengststallungen und dem Direktionsgebäude
bestehen. Im Verkaufsstall stehen beständig gegen 100 Pferde,
die theils von den aus 1000 Züchtern bestehenden Mitgliedern
angekauft, theils von ihnen zur Schulung und zum Verkauf
eingestellt werden. Die geschulten Pferde werden allmonatlich
von einer aus drei Herren bestehenden Commission eingeschätzt;
der Verkaufspreis wird in ein Verzeichniss eingetragen, in das
ferner Aufnahme finden Alter, Signalement, Futterverwerthung,
Beschaffenheit der Hufe, Gebrauchsfähigkeit, etwa vorhandene
Untugenden und verborgene Fehler. Jedem Käufer ist Ein¬
sichtnahme in dieses Verzeichniss gestattet. DioPreise schwanken
mit wenig Ausnahmen zwischen M. 800 und 1800, was für
das vorhandene Material verhältnissmässig billig ist. A.
Gauversammlung in Donauwörth. Sonntag den 31. März
hatte sich eine stattliche Corona von Thierärzten nebst Damen
in Donauwörth eingefunden. Die ersteren Stunden dorten
galten mehr praktischen und wissenschaftlichen Erläuterungen,
woran sich Jung und Alt lebhaft betheiligten. College Mitteldorf
referirte über die Delegirtenversammlung bayerischer Thier¬
ärzte in Nürnberg. College Wagenhäuser demonstrirte ein
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Knochenpräparat eines Splitterbruches vom Hufbein. Die
späteren und nur allzuschnell vorübereilenden Stunden füllten
ein heiteres, herzliches Beisammensein, das durch humoristische
Vorträge der Collegen Ehrenhaus und Rücker, sowie durch
trefflich vorgetragene Klavierpiecen des Collegen Beck besonders
verschönt wurde.
Bücherschau.
Der Hufbeschlag mit besonderer Berücksichtigung der
praktischen Durchführung. Mit einem Anhang: Der
Klauenbeschlag und der Hafbeschlag für die Pferde des k. und
k. Heeres von Jos. Grossbauer, k. und k. Hufbeschlag¬
lehrer an der thierärztlichen Hochschule in Wien. Preis 6 Jll
Verlag von Wilhelm Braumüller. 1900.
Dieses 226 Seiten umfassende, buchhändlerisch sehr gut aus¬
gestattete Werk soll dem Zwecke dienen, den Schülern an der
Hufbeschlagslehranstalt des k. und k. Militärinstitutes der thier¬
ärztlichen Hochschule in Wien, Studirenden und Curschmieden als
Lernbehelf zu dienen.
Die Bezeichnung „Lernbehelf“ besagt schon, dass der Verfasser
des Werkes eine erschöpfende Darstellung der Disziplinen zu geben nicht
beabsichtigt, welche bei der Ertheilung des Unterrichtes über Huf¬
beschlag in Frage kommen, besonders nicht, soweit es sich um
den Unterricht an Studirende handelt. Diese Aufgabe zu erfüllen
und tiebei nach den jeweiligen Bedürfnissen der verschiedenen
Kategorien der Hörer zu induvidualisiren bleibt der jeweiligen Er¬
theilung des Unterrichtes Vorbehalten.
Indem wir die Arbeit des Verfassers von diesem Standpunkte
beurtheilen, müssen wir dieselbe als gelungene bezeichnen.
Bei der Darstellung des Inhaltes hat sich der Verfasser mög¬
lichster Kürze im Ausdrucke bedient und fremd wörtliche technische
Ausdrücke nach Thunlichkeit vermieden, ein Verfahren, wodurch
den wenig vorgebildeten Schülern gewiss gedient ist, und durch
welches auch für die Studirenden kein Schaden erwächst.
Die Abbildungen in dem Werke sind vorzüglich. A.
Maul- und Klauen-Seuche in Schlacht- und Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 2Y. März der Ausbruch zu Hannover.
Personalien.
Der k. Bezirksthierarzt Johann Roth von Scheinfeld wurde auf
Ansuchen in gleicher Eigenschaft nach Dinkelsbühl versetzt. — Thierarzt
Eduard Maier aus Erbendorf wurde zum Distriktsthierarzte in Markt-
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179
Redwitz (Oberfranken) fe wählt. -4* Der seitherige Dlstriktathierarzt Dr.
G e p -lc g Hubs in Markterlbaoh wurde zürn Stadtbexirksthi^rarzte und
Schlju3bthae«verwiLiter\ der . Stadt Bamberg gewählt. — Der praktische
Thierarzt H. Holterbach zu Heltersberg (Pfalz) wurde zum städtischen
Thierarzt in Langenburg (Württemberg) gewählt. — Dr. Kraemer von
der landwtrtbsobafthchen Akademie zu Poppelsdorf bei Bonn wurde als
Professor An die retevipfirmediaiifisehe Fhkultat der Universität Bern berufen.
— 1 Bezirksthferarzt Dennhardt von Krumbach wurde auf Ansuchen nach
Traunfteiu verhetzt.
Todesfall : Rudolf Kaf f ner, kgl. Bezirksthierarzt in Weikheim.
Bekanntmachung.
Die Stelle des Zuehtiospektors bei dem Ztochtverbande für einfarbiges
Gebirgstieh in Oberbayern, 4nit dem Wohnsitze in Weilheim. ist vom
1. Juni i. J. ab zu besetzen. Gehalt 3500 M., Reises versam' 1500 JL jährlich.
Qualihkatiohsbedingungen; Der Nachweis über gehörige praktische
Kenntnisse in Thierzuchtangelegenheiten Und entsprechende theoretische
Bildung, und zwar der letzteren entweder durch die Beibringung des Fähig-
keitszeugnmses zur Erlangung der Funktion eines amtlichen Thierarztes
in Bayern oder durch Vorlage des Absolutoriums einer höheren landwirth-
schafÜlohen Lehranstalt.
Bewerber wollen ihre Gesuche mit Lebenslauf und Zeugnissen bis
längstens 25. April 1. J. an den Unterfertigten einreiohen.
Weilheim, 5. April 1901.
Engl, k. Regierengsrath und Bezirksamtmahn,
Vorsitzender des provisorischen Zuchtverbandsausscbusses.
Die städtischen Kollegien haben unterm 28. ds. Mts. die Errichtung
einer thierärztlichen Assistentenstelie im städtischen
Schlachtviehhofe dahier beschlossen.
Die Stelle soll mit 1. Mai 1. Je. besetzt werden, ist vierteljährig künd¬
bar und gewährt einen Funktionsbezug von monatlich 200 Ä Bei ent¬
sprechenden Leistungen besteht Aussicht auf definitive Anstellang mit
Pensionsberechtigung.
Bewerber wollen ihre Gesuche sammt Lebenslauf, Befähigungsnach¬
weis und amtsärztlichem Gesundheitsattest bis spätestens 15. April 1. Js.
bei unterfertigtem Amte einreicben.
Regens bürg, 29. März 1901.
Stadtnaaglstrat:
t. Stobfius.
"V"ereia a^vmcliezier Tliieräirzte,
An die Herren Collegen, welche anlässlich des Pferdemarktes nach
Mfinohen kommen, ergeht die Einladung zu einem geselligen Bei¬
sammensein am Abende des ersten Markttages, Mittwoch, den
17. April von 8 Uhr ab im Au g u 8 t i n e r - R e s t a u r a n t (Neu¬
hauserstrasse) I. Stock, rother Saal.
I. A.: Dr. Mayr, Schriftf.
Th-ierarzt
sucht Vertretung oder Assistenz bei bescheidenen Ansprüchen. Offert,
unt. X. X. Nr. 40 an die Exp. d. Bl.
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180
Approb. Thierarzt sucht Stelle als Assistent bei 'einfem
Herrn Coilegen oder an einer Anstalt. (3)
Öefl. Offerte unter Z. Z. 22 an die Exp.
Hauptner-Instrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslichthier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem'der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s
Apparate für Thierzucht und -Pflege wurden durch die
Goldene . Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten, mit 8000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr-L
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende**,
123 Autotypien auf 25 Kunstdruck blättern mit Angaben über
Studien Verhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei Übersandt worden.
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& vg\S'vS\S5'^\g'vS\S'v@\S\S\©\S\S\S\5\S\SN®\ÄMD\S'>^\S\!SMß'^\l6'>ß\g'
Verantwortliche Redaktion: M. Alhrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i> zu richten. D. Red. __ __
Mit einer Beilage der Cigarrenfabrik Qebr. Blum in Qoch, Rheinl.
/Google
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45, Jahrgang. München, den 16. April 1901. Nr. 16.
Inhalt: Km, Beitrag zur Behandlung der Hämoglobinurie. — Dorn,
Offenbleiben des Foramen ovale. — Referate. — BQchersohau. —
Viehfleuchennachrichten. — Inserate.
Beitrag zur Behandlung der Hämoglobinurie.
Von Kas, diplom. Thierarzt in Asch (Böhmen).
Besonders gute Erfolge in der Behandlung der Hämo¬
globinurie habe ich seit zwei Jahren zu verzeichnen, seit ich
das von Thierarzt Metzger (Furtwangen) empfohlene Brom-
Kali an wende, sodass in der obgenannten Zeit unter 16 Fällen,
vom leichteren bis zum schwersten Krankheitsgrade, welche
ich in Behandlung hatte, 15 sehr rasch, meist schon am
zweiten oder dritten, längstens aber bis zum fünften Tage,
vollkommen gesund waren, und nur ein Pferd in Folge eines
Recidivs am fünften Behandlungstage verendete.
Ich führte die Behandlung in allen 16 Fällen folgender¬
weise durch:
Sobald die Diagnose sicher gestellt ist, was meist schon
an der Hand der Anamnese geschehen kann,' wird sofort ein
Einguss von einer Lösung von Kal. bromat. 70.0—75.0 in
Aqu. dest. 400.0—500.0 gemacht; sodann folgt ein ausgiebiger
Aderlass (3, 4, 5 Liter, je nach der Grösse des Pferdes) und
nach diesem eine subcutane Injection von Eserin, sulf. 0.10
in Aqu. dest. 5.0.
Die weitere Behandlung besteht dann in einer Bespritzung
des Thieres, besonders der Nachhand mit irgend einem Fluid
oder einfachem Spirit. Camph. mit nachfolgender guter Frot-
tirung mit Stroh; dann wird, solange das Thier noch steht,
auf die Kruppe und Lende ein kaltes, nasses Tuch oder Sack
aufgelegt und dieses mit einer trockenen, wollenen Decke
bedeckt (Priessnitz-Umschlag).
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182
Innerlich gebe , ich, wenn nöthig, täglich 1—2 mittlere
Qaben von Mittelsalzen mit Aloe.
Als weitere Behandlung kommt noch, je nach Bedarf,
die künstliche Entleerung der Harnblase und des Mastdarmes
verbunden mit Clysma in Betracht.
In ganz schweren Fällen wurde am zweiten Tag noch¬
mals eine Bromkalilösung in gleicher Stärke wie schon an¬
geführt gegeben, mehr war nie nöthig.
Kann das Pferd nicht mehr stehend erhalten werden, und
ist es dabei sehr unruhig, so ist wohl ein Aderlass und die
Abreibung erschwert, doch habe ich dieselben stets ausführen
können; die Umschläge auf der Kruppe müssen dann natürlich
wegbleiben.
In Gurten Hess ich die kranken Thiere stets erst am
dritten Tage hängen, wenn nicht schon Besserung eingetreten
war; selbstredend ist, solange das Pferd liegt, für genügende
weiche Streu und entsprechenden Raum Sorge zu tragen.
Jenes Pferd, welches bei dieser Behandlung verendete,
war ein schweres Zugpferd, sechs Jahre alt, sehr gut genährt.
Es stürzte auf der Strasse, etwa 1 /2 Stunde vom Stalle ent¬
fernt, zusammen und musste auf einem Schlitten nach Hause
gebracht werden.
Am dritten Behandlungstage trat bereits Besserung ein,
der Harn war lichter, wurde freiwillig abgesetzt, ebenso der
Mist; das Thier war munterer, Futter und Getränk wurde
aufgenommen, kurz es wurde schon als gerettet angesehen.
Am vierten Behandlungstage fand ich das Thier wieder
bedeutend schlechter, der Harn war wieder ganz schwarzroth,
musste mittelst Katheters entleert werden; Schweissausbruch
und Unruhe sehr stark.
Ich setzte die übliche Behandlung fort, gab nochmals
(dritte Gabe!) Kal. bromat., fand aber das Pferd am nächsten
Tage todt im Stalle.
Dieses Recidiv glaube ich auf eine nochmals erfolgte
Erkältung des Thieres vom dritten z\im vierten Behandlungs¬
tage zurückführen zu können, da der Krankenstall sehr klein,
die einfache Eingangsthüre direkt in einen grossen, freien
Hofraum führt, und zu dieser Zeit (Anfang Februar) es nicht
nur kalt (12° R.), sondern auch stark windig war, sodass bei
einigermassen unvorsichtigem Verkehre des Personales der
sehr scharfe, kalte Wind unmittelbar das kranke Thier traf.
Einen besonders schweren Fall will ich hier noch kurz
speciell erwähnen.
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183
Am 27. Dezember 1899 wurde ich zu einem angeblich
auf der Strasse gestürzten Pferde, welches nicht mehr auf¬
stehen konnte, gerufen.
Ich fand ein Pferd mittelschweren Schlages, welches
einem circa eine Stunde von der Stadt entfernten Müller ge¬
hörte, auf dem kalten Steinpflaster der Strasse liegen. Das
Thier schwitzte sehr stark und machte fortwährend vergebliche
"Versuche, um aufzustehen.
„Hämoglobinurie“ konnte nach kurzer Untersuchung fest-
gestellt werden.
Ich machte sofort eine Eserin-Injection und einen Einguds
von Kal. bromat. in obgenannter Lösung, Hess unter däs
Pferd etwas Stroh legen und dasselbe mit einigen Decken
zudecken, da es der Besitzer baldmöglichst nach Hause
in seinen Stall überführen lassen wollte. Diese konnte indess
erst nach beiläufig zwei Stunden geschehen, so dass also das
Pferd diese ganze Zeit bei — 16° ß. auf dem kalten Pflaster
lag, da es durch seine Unruhe das untergeschobene Stroh
stets wegschob.
Erst am nächsten Tage wurde ich wieder gerufen, fand
das Pferd im Stalle liegend, stark mit Schweiss bedeckt,
höchst unruhig. Nach der Entleerung des Mastdarmes fühlte
ich die Harnblase sehr stark gefüllt durch, worauf aus der¬
selben sofort mittelst Katheters 8^-9 Liter ganz dunklen
Harns abgelassen wurden.
Nach der Blasenentleerung war das Pferd etwas ruhiger,
es wurde der Versuch gemacht, es aufzustellen, was aber
nicht gelang, worauf der Aderlass im Liegen ausgeführt wurde.
Weitere Behandlung: Zweite Gabe Kal. bromat., zweite
Eserin-Injection, Clysma, Frottirung etc.
Am 29. wurde das Pferd in eine nach meiner Angabe
provisorisch hergestellte Hängegurte eingestellt. Befund un¬
verändert.
Therapie: Künstliche Entleerung der Blase und des
Mastdarmes, innerlich Mittelsalze mit Aloe, Frottirungen des
ganzen Körpers und Priessnitz-Umschläge auf die Krappen-
und Lendengegend.
Etwas Futter und Kleientrank wurde stets aufgenommen.
Am 30. Dezember war das Allgemeinbefinden des
Pferdes besser, der Harn wurde selbstständig abgesetzt, war
aber noch sehr dunkel; die Hinterfüsse wurden schon belastet,
wesshalb die Gurte etwas gelockert wurde; dieselbe konnte
aber noch nicht ganz entfernt werden, weil das Thier im
Hintertheil noch sehr schwach war und schwankte. Die
Futter- und Getränkeaufnahme waren gut. * >
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Therapie wie am 29. mit Ausnahme der künstlichen
Blasenentleerung.
An der rechten Seite, wo das Pferd so lange auf dem
harten, kalten Pflaster gelegen, zeigten sich am äusseren
Darmbeinwinkel, der Schulter und der äusseren Fläche des
Yorderkniegelenkes die Erscheinungen des trockenen Brandes
der Haut in ziemlich grosser Ausdehnung.
Die Erankheitserscheinungen der Hämoglobinurie nahmen
jetzt täglich ab und am 2. Jänner 1900, also nach acht Tagen
seit dem Eintritt der Krankheit, war das Pferd vollkommen
hergestellt und wäre auch dienstfähig gewesen, wenn nicht
der oben erwähnte Hautbrand eingetreten wäre.
Bis 4. Jänner waren alle Brandschorfe losgelöst und
binnen 14 Tagen heilten auch diese blossgelegten Stellen
soweit ab, dass das Pferd wieder verwendet werden konnte.
Bemerkenswerth ist noch, dass in den 16 beobachteten
Fällen zwölfmal am linken Hinterfusse die ersten resp. zuerst
die stärkeren Lähmungserscheinungen auftraten.
Offenbleiben des Foramen ovale.
Von Distriktsthierarzi Dorn—Hollfeld.
Im Mai wurde ich zu einer Fleischbeschau bei einer
Nothschlachtung gerufen. Ich fand eine nicht ganz zweijährige
Kalbin vor. Die Leute gaben mir folgenden Bericht. Krank¬
heitserscheinungen hätten sie nie an dem Thier bemerkt. Im
Vorjahr hätte es die Maul- und Klauenseuche durchgemacht.
Heuer im Frühjahr, als sie die Kalbin in den Zug gewöhnten,
habe sie schon nach ein paar Schritten stark geathmet und
zu zittern angefangen und das Gleiche bei jeder Wieder¬
holung des Versuches gezeigt. Bemerken muss ich, dass bei
unsern kleinbäuerlichen Verhältnissen ein Thier oft zum ersten
Mal aus dem Stall kommt, wenn es zum Stier geführt oder
eingespannt wird.
Die Leute führten obige Erscheinungen auf das Ueber-
stehen der Maul- und Klauenseuche zurück. An diesem
Morgen hätten sie das Thier eingespannt, um eine Fuhr
Dünger aus dem Hof zu fahren. Nach etwa hundert Schritten
stürzte das Thier zusammen und bekam so heftige Krämpfe,
dass sie es sofort tödten Hessen. Bei der Besichtigung fanden
sich Bauch- und Brustorgane ohne Veränderung; Herzklappen
ebenso. Nur das ovale Loch fand sich im Durchmesser eines
Zweimarkstücks offen. Eine Klappe oder ein Rest von
solcher, die es verschliessen hätten können, waren nicht vor¬
handen. Durch das Vermischen des arteriellen und venösen
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185
Blutes lassen sich natürlich die gezeigten Erscheinungen sehr
leicht erklären.
Referate.
Hink: Zur Aetiologie und Behandlung der Lumbago gravis
(Hamoglobinaemia rheumatica). (Deutsche thierärztl. Wochen¬
schrift Nr. 11, 1901.) H. nimmt an, dass bei den Pferden,
welche an diesem Leiden erkranken, die auf die Ruhe
folgende Anstrengung incl. der häufig stattfindenden all¬
gemeinen Abkühlung vasomotorische Störungen erzeugen,
wodurch eine vollkommene Durchblutung der Muskulatur
(Croupenmuskulatur und Kniescheibenstrecker) nicht mehr
stattfinde. Dieser Umstand veranlasse eine Anhäufung von
Milchsäure und deren Umsetzungsprodukte in der Muskulatur,
wodurch ein Erstarrungs- (nicht Krampf-) Zustand derselben
bedingt werde, an welchen sich ein Ermüdungszustaud schliesse.
Als Zeit der Entwicklung der genannten Ermüdungs¬
stoffe glaubt V. nicht die Zeit der Ruhe, sondern die un¬
mittelbar auf die Ruhe folgende Arbeitszeit bezeichnen zu
müssen.
Die günstigen Erfolge, welche bei dem Leiden mit der
durch Dieckerhoff empfohlenen Behandlung mittelst Na-
tyiumbicarbonat erzielt wurden, schreibt V. nicht der Neu-
trftlisirung der Milchsäure im Blut, sondern der Neutralisirung
upd Auswaschung der Ermüdungsstoffe in der Muskulatur zu.
Die Herkunft der sich nach der Meinung des V. bei
der Lumbago alsbald nach dem Einspannen der Pferde
in der Muskulatur bildenden, den Muskelfarbstoff lösenden
Milchsäure glaubt H. in dem in der Muskulatur vorhandenen
Glycogen suchen zu dürfen, welches sich bei längerer Stall¬
ruhe daselbst anhäufe.
Pie Therapie bei dem Leiden anbelangend, verfährt Y.
zuerst nach der Methode von Dieckerhoff und verabreicht
dann den Patienten, um bei diesen eine rasche Bildung des
Glycogens zu ermöglichen, Zuckor in grossen Dosen (1 %)
in Wasser gelöst; ausserdem werden Injectionen von Eserin
beziehungsweise Arecolin gemacht, endlich wird die Haut-
thätigkeit angeregt. Die Wirkung des Zuckers betreffend,
nimmt Verfasser noch weiter an, dass aus diesem, dessen
Assimilation sehr rasch erfolgt, wahrscheinlich in der Musku¬
latur selbst Glycogen gebildet werde, zum Unterschiede
von dem Glycogen, welches in der Leber erzeugt wird.
H. konnte bis jetzt in drei Fällen günstige Erfolge mit
der angegebenen Behandlung feststellen.
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186
Hoffmanti: Amerikanische Pferdezahnheilkunde und Ca¬
strationsmethode. (Oesterreichische Monatsschrift Nr. 4, 1901.)
Yerf. unterstellt in dem Artikel eine Anzahl der in dem
Catalogue Veterinary Surgical Instruments von Hausmann &
Dünn—Chicago, aufgeführten Instrumente einer scharfen sach¬
lichen Kritik.
Indem wir betreffs des ersten Theiles der Arbeit, welcher
hauptsächlich von den amerikanischen Zahninstrumenten
handelt, auf das Original verweisen, geben wir nachstehend
einen Auszug aus dem zweiten Theile der Arbeit, welcher sich
mit der Beurtheilung des in der letzten Zeit so viel be¬
sprochenen Emasculators und der mit dem Instrumente aus¬
geführten Castrationsmethode befasst.
Das Urtheil, welches H. über den Emasculator fällt,
lautet nicht günstig. Er bezeichnet ihn als ein in der Wirk¬
ung höchst mangelhaftes Instrument, welches ganz gut durch
eine etwas stumpfe Baum- oder Rebscheere ersetzt werden
könne; auch jede andere stumpf gewordene gerade oder
krumme Scheere leistet nach H. die gleichen Dienste. Der
Verschluss der abgeschnittenen Gefässe ist nach ihm Un-
sicher, daher bluten auch die meisten mit dem Emasculator
castrirten Hengste, sobald das Instrument ein bischen scharf ist
ist es aber stumpf, so erfordert das Zusammendrücken der*
Hebelarme sehr viel Kraft, wobei der eine oder andere auch
abbricht. H. erklärt, dass, müsste er nach den nur einen
linienförmigen Verschluss gebenden Castrationsmethoden cast* ■
riren, so würde er dem Emasculator die Krolikovsky’sche,
Methode weit vorziehen, da bei dieser der schmale gequetschte
Streifen wenigstens noch fest gepresst werde, was bei An¬
wendung des Emasculators nicht der Pall sei.
Die Castrationsmethode mit dem Emasculator ist nach
H. nicht besser wie das Abreissen des Samenstranges nach
Vennerholm, aber schlechter als die Krolikovsky’sche Methode
und schon diese ist nach der Ansicht des Verfassers unsicher
gegen Blutungen. Schon die Umconstructionen des Emas¬
culators lassen deutlich erkennen, dass man mehrseitig mit
dessen Wirkung nicht ganz zufrieden war. H. glaubt, dass
man alsbald ganz von der Castration mit dem Emasculator
abkommen werde.
Paszotta: Untersuchungen über Bacillol. (Monatshefte
für prakt. Thierheilkunde, 6. und 7. Heft, 1901.) Bacillol,
eine dunkelbraune Flüssigkeit, besteht aus den höheren Homo¬
logen der Carbolsäure (Kresolen) und Theerkohlenwasserstoffen.
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Google
In einer eingehenden Atbeit (Dissertatiön) bespricht V.
die Verwendung des Bacillols in der Veterinärpolizei Und auf
dem Schlachthofe, dann bei der Behandlung der Hautkrank-,
beiten, die Verwendung des Mittels in der Chirurgie, sowie
dessen Anwendung in der Geburtshilfe.
Ueber die letztere Anwendungsweise soll nachstehend kurz
referirt werden:
V. gelang es, zwei an der acuten beziehungsweise,
subacuten Form des Puerperalfiebers leidende Kühe mittelst
fortgesetzter Ausspülungen des Uterus mit l,5°/oigen Lösungen
von: Bacillol zu heilen; ferner konnte P. einen Fall von Endo¬
metritis chronica purulenta dutch Bacillol-Infusionen in den
Uterus zur Heilung bringen.
Die Kuh war zum Skelett abgemagert, hatte andauerndes
Fieber, missfarbenen Ausfluss aus den Geschlechtstheilen,
zeigte Schmerzensäusserungen, welche sich durch Drängen und
Aufkrümraung des Rückens äusserten, und bekam Durchfälle;
V. beriohtet weiter über günstige Erfolge, welche ^Tung-
inger, Nevermann und Sobelsohn bei Prolapsus uteri und
Zurückbleiben der Nachgeburt auf Anwendung von Bacillol
beobachteten.
Sobelsohn behandelte ein Pferd, das bei der Geburt Ver¬
letzungen der Vagina erlitten batte, aus welcher ein übel¬
riechender Ausfluss bestand. Die Verletzungen wurden mit
Bacillol desinficirt; in den Uterus machte S. 2°/o ige Bacillol-
Infusionen. Erfolg günstig.
P. selbst hat festgestellt, dass mit Bacillol behandelte
Eihautreste bei der späteren Ablösung keinen Zersetzungs¬
geruch erkennen Hessen, was er vorher mit keinem Mittel
ebensogut erreicht hatte.
Drängen nach Ausspülung der Geburtswege mit l,5°/oiger
BacilloJlÖsung konnte P. kaum bemerken.
Die Uterusschleimhaut scheint durch das Bacillol wenig
gereizt zu werden. Die Desinfectionsflüssigkeit bleibt aus
diesem Grunde, da die Patienten nicht drängen, länger im
Uterus, was eine gründliche Desinfection zur Folge hat;
gleichwohl sind Vergiftungen, wie sie nach Infusionen von Sub¬
limat und Carbolsäure in d«rtl Tragsack beobachtet würden,
nach Anwendung des Bacillols nicht aufgetreten.
P. erwähnt endlich noch, dass durch die Verwendung
des Bacillols beim Partus die Geburtswege schlüpfrig werden,
was bei dem öfteren Eingehen in die Geburtswege von
grossem Vortheile ist. Es wird deswegen die Anwendung
von Vaselin, Qel u. s. w. überflüssig und dadurch vielleicht
auch eine Quelle der Infection aufgehoben. A.
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188
Freeman: Magengeschwür beim Hunde. Ein grosser
schottischer Hirschhund wurde wegen chronischer Abmagerung
ohne klare Ursache zuerst einer Bandwurmkur unterworfen,
dann versuchte man es mit tonisirender Behandlung. Eine
Besserung trat nicht ein, das Thier hatte zwar guten Appetit
und war lebhaft, magerte aber auffällig schnell ab und zeigte
eine zunehmende Schwäche der Nachhand. Die Diagnose
wurdO auf perniciöse Anämie gestellt. Am vierten Tage der
Behandlung durch P. ging der Hund nach vorgängiger plötz¬
licher starker Auftreibung des Abdomens rasch zu Gfrunde.
Die Bauchhöhle enthielt Mageninhalt; im Magen fand sich
ein halbkronengrosses glattrandiges Geschwür. Im Uebrigen.
waren Magen und alle anderen Organe gesund. (Yet. 1901,
S. 21.) __
Diphtherie beim Pferd. Dr. Fraser untersuchte den
Nasenausfluss eines Pony, welcher eiterige und etwas sangui¬
nolente Beschaffenheit zeigte. Das Thier gehörte dem Yater
eines Kindes; welches an Diphtherie krank lag. Im weiteren
Verlauf traten bei dem Pony auf Schwellung der sublingualen
Drüsen, Erscheinungen, von Kehlkopfstenose, aufgezogener
Bauch. Das Thier wurde getödtet, die Section unterblieb.
Dr. Cobbett stellte eine genauere Untersuchung über den
Bacillus an, welchen Fraser aus dem Nasensekret zu isoliren
vermochte. Derselbe zeigte morphologisch und culturell die
Charaktere des Diphtheriebacillus und bildete ein wirksames
Toxin; sowohl Culturen als das Toxin wurden durch das
gewöhnliche Diphtherieserum neutralisirt. Es scheint sich
demnach in der That um einen echten Fall von Löffler’scher
Diphtherie beim Pferde gehandelt zu haben. Leider wurden
genauere Angaben über die Beziehungen zwischen der Er¬
krankung des Pony und des Kindös nicht gegeben. (J. Comp.
Path. Ther. 1900, S. 246.)
Franpa: Diagnose der Wuth durch Untersuchung der
Nervencentren bei Thieren, die in frühen Stadien der
Krankheit getödtet worden sind. F. hat versucht, darüber
Klarheit zu bekommen, ob aus der Untersuchung der Nerven¬
centren im Frühstadium der Wuth eine sichere Diagnose ge¬
stellt werden kann. Er untersuchte 13 Hunde und eine
Katze, welche sicher wuthkrank waren, und gelaugte dabei
zu folgenden Schlüssen:
1. Bei wuthkranken Thieren, die am Anfang der Krank¬
heit zu Grunde gegangen sind, werden die von van
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189
Gehuchten und Nelis beschriebenen Veränderungen
nicht immer gefunden.
2. Bei diesen Thieren finden sich nur in mehr oder
weniger grosser Menge extracapsuläre Elemente.
3* Die Veränderungen im Rückenmarke scheinen hoch¬
gradiger zu sein und früher aufzutreten als jene der
Ganglien.
4. Aus dem negativen Ergebniss der histologischen Unter¬
suchung darf daher kein Schluss auf das Nichtvor¬
handensein von Wuth gezogen werden. (Soc. de
Biol., Veterinarian Nr. II, 1901.)
Arloing; Serumdiagnöse der Tuberkulose beim Rind. A.
zeigte im Jahre 1898, dass Serum vom tuberkulösen Menschen
flüssige homogene Culturen von Tuberkelbacillen agglutinirt.
Diese Methode kann zur Frühdiagnose der Tuberkulose beim
Menschen verwendet werden und hat hier gute Resultate ge¬
geben. Sie ist auch zu diagnostischen Zwecken bei Rinder¬
tuberkulose anwendbar. A. bringt zur Prüfung auf Agglu¬
tination in einem dünnen Röhrchen homogene Cultur von
Tuberkelbacillen und Serum von dem betreffenden Thiere
zusammen. Die Mischungen werden im Verhältnis von 1 Theil
Serum auf 4 der Cultur, andere im Verhältnis von 1:10,
15, 20 gemacht. Die Gläschen werden leicht geschüttelt und
dann stehen gelassen. Ist das betreffende Thier tuberkulös,
so zeigt sich nach fünf oder sechs Stunden Flockenbildung in
der Flüssigkeit und mikroskopisch das charakteristische Zu-
sammenkleben der Bacillen. Wenn die Agglutination voll¬
ständig ist, so fallen die kleinen Flocken auf den Boden des
Röhrchens und die überstehende Flüssigkeit wird klar; in
anderen Fällen ist die Aufhellung nicht vollkommen und die
Agglutination unvollständig. Das Serum von normalen Thieren
hat im Verhältniss zu demjenigen tuberkulöser nur eine ge¬
ringe Agglutinationsfähigkeit. A. hat das Agglutinations-
Vermögen geprüft 1. bei 30 gesunden Kälbern: negatives
Ergebniss; 2. bei 50 gesunden ausgewachsenen Thieren: die
Agglutinationsfähigkeit scheint beim heranwachsenden Thier
sich allraählig zu entwickeln, Agglutination tritt ein ungefähr
bei einer Verdünnung von 1:5; 3, bei 70 tuberkulösen
Thieren: bei diesen tritt Agglutination ein bei Verdünnung
von 1:10 und mehr. Beim Vergleiche, der Agglutinations¬
und Tuberkulin-Probe waren die Resultate fast in jedem
Falle übereinstimmend. A. glaubt, dass wegen der Einfach¬
heit des Verfahrens die Tuberkulinprobe immer den Vorrang
behaupten wird, dass die Aggluünations-Reaction aber von
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190
Wichtigkeit sein wird bei Laboratoriums-Versuchen und in
jenen Fällen, in welchen eine vorausgegangene Verwendung
von Tuberkulin die Resultate einer zweiten Injection illu¬
sorisch macht. (J. med. vet. et zoot., Yeterinarian Nr. II.
1901.) E..A.
Bächerschau. ^
Formulaire des Veterinaires praticiens, cpmprenant environ
1500 formules, rddigd d’apres les 'noüveUes uidtbodes thera-
peutiques par Paul Cagny. Ille edition. J. ß. Bailliere
et Fils 19 rue Hautefeuille, Paris. Preis 3 Fr.
Im Jahre 1898 wurde das vorbezeichuete Werk in erster
Auflage edirt und schon liegt die dritte Auflage vor uns. Das
sehr empfehlen8werthe Huch umfasst 348 Druckseiten in Oktav.
V. hat für die einzelnen Organerkrankungen je eine Anzahl der
erfahrungsgemäss zweckmässigsten Rezeptformeln zusammengestellt
und gibt hiebei kurz und nach dem derzeitigen Stande der Therapie
zutreffend an, auf welche Grundsätze sich die betreffenden Arznei¬
verordnungen basiren. Die therapeutische Behandlung, welche
unter besonderen Verhältnissen der kranken Thiere stattfinden soll,
z. B. flei Rennpferden, trächtigen Thieren, dann bei zu operirenden
Thieren vor und naoh der Operation, bespricht V. in besonderen
Kapiteln. Durch ein sehr genaues Sachregister wird die Auf¬
suchung der für die einzelnen Erkrankungen empfohlenen Be¬
handlungsweisen ausserordentlich erleichtert. A.
Maul- und Klauen-Seuche in Schlacht- und Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 3. April das Erlöschen zu Hannover; am 6. April
der Ausbruch zu München, der Ausbrach zu Nürnberg.
Junger Thierarzt sucht Assisten tenstelle. Gefl. Offerte
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Knoll & Co., chem. Fabrik, Ludwigshafen a. Rh.
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191
Am 8. ds. Mtß. früh ö 1 /» Uhr entschlief sanft nach schwerem
Leiden mein geliebter Vater, der Fabrikbesitzer
Hans Hauptner,
Begründer und Mitinhaber der Firma H. Hauptner, im 78. Lebens¬
jahre.
Seit 16 Jahren war ich mit dem Entschlafenen in gemein¬
samer Arbeit verbunden. Seinem unermüdlichen Fleisse und
seiner seltenen Energie, die ihn bis zur letzten Stunde nicht
verlassen hat, verdankt die Firma H. Hauptner ihre Entwicklung
aus geringen Anfängen.
Der Entschlafene wird der Firma für immer ein Vorbild
bleiben.
Kiulolf Hauptner,
Inhaber der Firma H. Hauptner.
Berlin, den 9. April 1901.
Auf Wunsch des Entschlafenen findet Feuerbestattung im
Crematorium zu Hamburg am Freitag den 12. April Nachmittags
2V4 Uhr statt.
Am 8. ds. Mts. endete ein sanfter Tod das schaffensreiche Leben
unseres hochverehrten Senior-Chefs, des Fabrikbesitzers Herrn
Hans Hauptner.
Wir verlieren in dem Heimgegangenen einen edlen, gerechten
und wohlwollenden Chef, der an sich selbst die höchsten An¬
forderungen stellte und uns durch seinen unermüdlichen Fleiss
und seine rastlose Energie ein leuchtendes Vorbild war. Sein
Andenken wird in unserem Herzen nie erlöschen.
Das kaufmännische Personal des Hauses H. Hauptner.
Am 8. ds. Mts. Vormittags 572 Uhr verschied sanft unser
hochverehrter Senior-Chef, der Fabrikbesitzer Herr
Hans Hauptner.
Der Dahingeschiedene war uns allezeit ein treuer Freund
und Berather, der ein warmes Herz und offenes Ohr für seine
Arbeiter hatte. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken
dankbar hewahren.
Das Fabrik-Personal der Firma H. Hauptner.
/Google
192
Approb. Thierarzt sucht Stelle als Assistent bei einem
Herrn Collegen oder an einer Anstalt. (3)
Gefl. Offerte unter Z. Z. 22 an die Exp.
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er sich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nioht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welohe ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s
Apparate für Thierznelit und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
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zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
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anstalten der Welt an der Jahrhundertwende tt , bestehend aus
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Studienverhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
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Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
AI b r e c h t, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
"•fltt—
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
heransgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 23. April 1901. Nr. 17.
Inhalt: Kas, Jodkali-Therapie beim paralytischen Kalbefieber. — Albrecht:
Zur Behandlung der Sarcoptesrftude mit Kresolliniment. — Militfir-
veterin&rwesen in Frankreich. — Hans Hauptner f. — Referate. —
Personalien. — Inserate. ,
Jodkali-Therapie beim paralytischen Kalbefieber.
Von Kas, diplom. Thierarzt in Asch (Böhmen).
Als mir nach der Veröffentlichung der guten Erfolge bei
der Verwendung von Kal. jodat. gegen das paralytische
Kalbsfieber der erste 'Fall dieser Krankheit vorkam, machte
ich sogleich einen Versuch mit der Methode Schmidt’s.
! Ich hatte mir aber noch keinen eigenen Infusionetrichter
dazu angeschafft, wesshalb ich die Einspritzung in die Strich¬
kanäle mit einer einfachen kleinen Glasspritze ausführen,
deaehalb auch die Jodkalilosung viel concentrirter als vor-
g©schrieben nehmen musste, nämlich Kal. jodat. 10.0 auf
Aqu. dest. 40.0; und dies mit sehr gutem Erfolge.
Seither bin ich in der Behandlung dieser Krankheit in
ali*22 vier Fällen, die hier vorkamen, gleich vorgegangen.
I. Fall. Eintritt der Krankheit zehn Stunden nach der
Geburt um zehn Uhr Nachts, erste Einspritzung von 10.0
Kal. Jod. in 40.0 Aqu. dest. in die vier Strichkanäle zu je
gleichen Theilen des ganzen Quantums elf Uhr Nachts.
Nächsten Tag acht Uhr früh noch eine Injection von der
Hälfte obiger Lösung, ausserdem mussten Mastdarm und Blase
künstlich entleert werden.
Am Abend desselben Tages derselbe Befund, kurz die
Krankheit hatte seit der ersten Injection nach einer Dauer
von 20 Stunden weder zu» noch abgenommen.
Ich entschloss mich zu einer dritten Einspritzung, wieder
von nur 5.0 Kal. jod. auf 20.0 Aqu. dest., gleich vertheilt
auf alle vier Strichkanäle.
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Nächsten Tag früh aechs Uhr, also nach 32
erhob sich die Kuh, ging zum vorgelegten Futter
vollkommen genesen.
II. Fall. Eintritt der Krankheit 14 Stunden nach der
Geburt. Das Thier erhob sich nach 18 Stunden, nach Ein¬
spritzungen von 10.0 und (zwölf Stunden später) von 5.0
Kal. jod.
Bei diesem Fall war als Complioation Hochgradige Tym-
panitis eingetreten, sodass zweimal der Pansenstich gemacht
werden musste.
III. Fall. Eintritt der Krankheit acht Stunden nach
der Geburt; das Thier erhob sich nach neun Stunden bei
einmaliger Einspritzung von 10.0 Jodkali.
IY. Fall. Eintritt der Krankheit 23 Stunden nach der
Geburt; die Kuh erhob sich nach einmaliger Einspritzung
von 10.0 nach 15 Stunden.
Trotz der Verwendung dieser concentrirten Lösung von
Jodkali traten in keinem Falle Euterentzündungen oder
sonstige Folgeerscheinungen ein; die Milch tfar 36 Stunden
nach dem Erheben des Thieres stets von normaler Farbe
und ohne jeden Beigeschmack, sodass die Kälber ohne Nach¬
theil wieder gesäugt werden konnten.
und war
Zur Behandlung der Sarcopteeräude mit Kresolliniment.
Yon Professor A.lbrecht.
Brandt und Gmeiner 1 ) haben im Vorjahre durch um¬
fassende Versuche die Wirkung des Liquor Cresoli saponatus
bei der Sarcoptesräude der Hunde dargelegt.
Es kamen bei der Behandlung von Hunden Verdünnungen
des Liquors, beziehungsweise der Aqua cresolica mit Sapo
kalin. venal. und Spiritus in Anwendung, so dass der iesol-
gehalt der Mischungen 2—4 1 /, °/o betrug.
Bei keinem der Versuche traten Intoxicationserschein-
ungen ein, selbst dann nicht, wenn mit der 4V 2 °/oigen
Lösung des Kresols täglich der ganze Körper der Hunde
intensiv eingerieben wurde.
Aus den Versuchen, die sämmtliche zur Heilung
führten, resultirt, dass ein Kresolliniment mit einem Kresol-
gehalt von 2V t °/o zur Beseitigung der Baude genügte und
es empfehlen B. und G. ein Liniment von der. nachstehenden
Zusammensetzung:
] ) B ran dl und Gemeiner, Zur Behandlung der Sareoptesräude. Wochen¬
schrift f. Thierheilkunde u. Viehzuoht 1900 a S. 184,
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195
Rp.! Aqu. cresolic.. 500.0
Sap. kalin. venal.
. Spirit. . 250.0
D.S. Zum Einreiben.
Oder für kleinere Thiere, besonders wenn es sich um
ein mehr localisirtes Erankheitsbild handelt:
Rp.! Aqu. cresolic. . . . 50.0
Sap. kalin. venal.
Spirit.. . . ää 25.0
D.S. Zum Einreiben.
Nach erfolgtem Abscheeren der Haare bei langhaarigen
Hunden und Reinigung mit Schmierseifenlösung wird bei
ausgedehnter, sich über den ganzen Körper erstreckender Räude
mit einer weichen Bürste Früh die eine und Abends die andere
Hälfte der Körperoberfläche der Hunde eingerieben. Nach
dreimaliger vollständiger Durchreibung bleibt das Liniment
2—3 Tage liegen; hierauf wird das betreffende Thier ab¬
gebadet. Die Einreibungen werden am nächsten Tage noch¬
mal wiederholt, bis im Ganzen eine fünfmalige Durchreibung
des Körpers erfolgt ist; nunmehr folgt ein zweitmaliges voll¬
ständiges Abbaden mit lauwarmem Wasser.
Bei den von B. und G. angestellten Versuchen war in
leichteren Fällen nach acht Tagen Heilung erzielt. Für ge¬
wöhnlich erreichte man dieselbe An vierzehn Tagen.
Bei mindergradiger localisirter Räude genügte auch eine
mehrmalige Einreibung der erkrankten Stellen.
Ich hatte nun vor einiger Zeit Gelegenheit, die von B.
und G. für Hunde empfohlene Behandlung der Räude auch
böi Sarcoptesräude der Schweine in grösserem Umfange zu
versuchen.
: In der Schweinestallung eines Schlossgutes in der Nähe
von München litten eine Anzahl von Ferkeln und Läufern
an Sarcoptesräude.
Es wurde das Kresolliniment nach Recept I und nach
der Vorschrift von B. und G. in Anwendung gebracht, nach¬
dem die Thiere zuerst mit Schmierseife und lauwarmem
Wasser gereinigt und die nach der Reinigung abnehmbaren
Borken entfernt worden waren.
Zur Vorsicht wurde bei Ferkeln und Läufern, die in Folge
der Krankheit sehr zurückgekommen waren, nicht sofort an
einem Tage auf zweimal die ganze Körperoberfläche mit dem
Liniment eingerieben, sondern täglich nur je eine Hälfte des
Körpers.
Nachdem diese keinerlei Erscheinungen zeigten, welche
auf eine Intoxication deuteten, geschah bei den anderen Thieren
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die Behandlung genau so, wie sie von B. und G. für Hunde
mit ausgedehnter Räude empfohlen worden ist.
' Die 8ämmtlichen Thiere waren nach dreimaliger Durch¬
reibung geheilt. Dass mit der Behandlung eine ‘wiederholte
sorgfältige Desinfection der Schweinekoben einher ging, braucht
kaum bemerkt zu werden.
Inzwischen haben nun B. und G. 1 ) in einem Falle gegen
Sarcoptes suis mit dem gleichen Erfolge den Liquor Cresol.
saponat. mit vollkommenem Erfolge in folgender Lösung in
Anwendung gebracht:
Rp.! Liquor Cresoli saponat. . . . 50.0
Sap. kalin. venal.100.0
Aq. fontan. 850.0
D.S. Zum Einreiben.
Das betreffende Ferkel war in einem Umfange und
Grade wie keines der von mir behandelten jungen Schweine
räudig. Ich habe das Thier selbst gesehen und kann den
Vergleich von B. und G. bestätigen, welche sagen, die Körper¬
oberfläche des Ferkels glich einer Baumrinde.
Zunächst wurden die Borken aufgeweicht und entfernt.
Dann wurde die eine Hälfte und nach zehn Stunden die andere
Hälfte der Körperoberfläche mit dem Mittel eingerieben.
Nach zwei Tagen erfolgte eine nochmalige Behandlung in
dieser Weise, woran sich nach drei Tagen Reinigung des
Thieres mit warmem Wasser schloss.
Heilung in zehn Tagen.
In der angegebenen Zusammensetzung, welche keinen
Spiritus und eine geringere Menge Seife als das zuerst ange¬
gebene Liniment enthält, kommt das Mittel nach B. und
G. für den selbst dispensirenden Thierarzt pro Kilo auf
zehn Pfennige zu stehen; für ein mittelgrosses Schwein reichen
1,5 Kilo zur Heilung aus. Es dürfte sich daher die Behand¬
lung der Sarcoptesräude am Schweine nach der zuletzt an¬
geführten Weise als vollkommen verlässig und als ausser-
gewöhnlich billig sehr empfehlen.
Die Uebertragungsversuche der Schweineräude, welche
von B. und G. 2 ) bei Hunden angestellt wurden, habe ich auch
auf ein Schaf und eine Ziege mit Modification ausgedehnt.
Einem Hunde, Schafe und einer Ziege wurden Milben ent¬
haltende Borken am Halse befestigt, nachdem zuvor die
Haare entfernt worden waren. Es geschah dieses wiederholt
und während der Dauer von mehreren Tagen. Das Resultat
*) Wochen8chr. f. Thierheilkunde u. Viehzucht 1900, 8. 515.
2 ) Ibidem S. 502.
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197
stimmte mit demjenigen der Versuche von B. und G. über¬
ein; eine Ansteckung fand nicht statt.
Ich möchte nun noch anfügen, dass ich es für sehr an-,
gezeigt halte, bei jedem Hautausschlage der Ferkel eine
mikroskopische Untersuchung zu pflegen. Mit Sohnle 1 ) und
Zürn 2 ) bin ich der Ansicht, dass jener Hautausschlag der
Ferkel, welcher die Bezeichnung Pechräude (Russ-, Borken¬
ausschlag) führt, häufig Sarcoptesräude ist. Die Erscheinungen
an der Haut sind weder für das eine noch für das andere
Leiden so charakteristisch, dass man ohne mikroskopische
Untersuchung zur Diagnosestellung auskommt. Mir selbst ist
in einem Falle Täuschung unterlaufen, weil ich die mikro¬
skopische Untersuchung unterliess.
Vor Kurzem hatte ich auch Gelegenheit^ das Verfahren
von B. und G. bei einem Hunde zu versuchen.
Das Thier, eine Ulmer Dogge, war seit längerer Zeit
am ganzen Körper räudig und zum Skelett abgemagert. Von
anderer Seite wurde es mit mehreren Mitteln, zuletzt mit
Perubalsam erfolglos behandelt.
Ord.: Kresolliniment-Anwendung nach der Vorschrift von
B. und G. Nach mehrmaliger Durchführung der Einreibungen
wurde mir gemeldet, es sei eine Aenderunng des Zustandes
des Thieres nicht eingetreten.
Mit Rücksicht auf die günstigen Ergebnisse dieser Be¬
handlung durch B. und G., welche ich mit hochgradig räudigen
Hunden selbst beobachten konnte, musste ich annehmen,
dass der Misserfolg nur auf nachlässige Ausführung der Ordi¬
nation zurückzuführen sei.
Die Sache verhielt sich in der That so.
Ich nahm das Thier in meine Stallung in der Hoch¬
schule und behandelte es genau nach den Angaben von B.
und G.
Nach fünfmaligen energischen Durchreibungen der Körper-
oberfläcbe konnte das bereits während der Dauer eines
Vierteljahres mit den verschiedensten Mitteln erfolglos be¬
handelte Thier geheilt entlassen werden. Seitdem sind sechs
Wochen verflossen. Der Hund befindet sich in ausgezeich¬
netster Condition und ein Recidiv ist nicht eingetreten.
Zum Schlüsse noch eine Bemerkung über die Anwendung
des Liquor Cresoli saponatus zu Desinfectionszwecken in der
Geburtshilfe:
Zur Desinfection der Hände bedienten wir uns im Ge¬
bartsstalle der Hochschule bis zur zweiten Hälfte des vorigen
x ) Repertorium der Thierheilkunde 1891, S. 74.
2 ) Ibidem S. 77.
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Sommersemesters des Alkohols und des Lysols, Creolins oder
Sublimates. ^
Zuerst hatten sich die Studirenden die Arme und Hände
mit Seife und Wasser unter Zuhilfenahme von Nagelbürsten
zu reinigen; hierauf mussten Hände und Arme mit Alkohol
befeuchtet werden und daran schloss sich noch Eintauchen
der Hände und Arme in eine der genannten Desinfections-
flÜ8sigkeiten.
In der zweiten Hälfte des vorigen Sommersemesters wurde
die Desinfection der Hände und Arme zum Theil in der
Weise modificirt, dass nach deren gründlicher Reinigung mit
Seife und Wasser nur mehr eine Behandlung derselben mit
einer 2°/o igen Lösung von Liquor Cresoli saponatus statt¬
fand, wie von B. und G. 1 ) empfohlen wurde.
Eine Infection der Mutterthiere kam nicht vor , trotzdem
fast jede Kuh vor und nach der Geburt im Ganzen 20, 30 mal
und öfter von verschiedenen Studirenden touchirt wurde.
Hiebei kommt in Betracht, dass das anatomische und
pathologisch-anatomische Institut der Hochschule ganz nahe
der Geburtsstallung liegen und dass die Praktikanten der
Geburtsstallung fast täglich mit Infectionsmaterial dieser In¬
stitute in Berührung kamen.
Auch bei Hundegeburten verwendeten wir in der letzten
Zeit den Liquor Cresoli saponatus in 1 — 2°/o igen Lösungen
in der vorstehend angegebenen Weise. Hiebei wurde er auch
häufig zu Ausspülungen der Geburtswege benützt.
Wir werden weitere Versuche durchführen, glauben aber
jetzt schon annehmen zu dürfen, dass in der thierärztlichen
Geburtshilfe die bis jetzt zur Asepsis beziehungsweise Des¬
infection benützten Mittel (Creolin, Lysol, Sublimat, Chinosol,
Bacillol) durch den Liquor Cresoli saponatus ersetzt werden
können.
Militärveterinärwesen in Frankreich.
Die Reorganisation des französischen Militärveterinär¬
corps mit einem jährlichen Mehraufwand von 252 502 Francs
(202001,60 A) wurde am 28. Januar d. J. von der franzö¬
sischen Kammer debattelos angenommen. Es wurden höhere
Rangstellen in grosser Anzahl gebildet, deren Besetzung bis
31. Dezember 1902 durchgeführt sein wird, so dass durch
das neue Gesetz das Veterinärcorps folgende Zusammen¬
setzung erhält:
0 Wochenschr. f. Thierheilkunde u. Viehzucht 1900, S. 212.
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199
11 Veterinaires principaux de Ie classe (Oberstleutnant,
bis jetzt 6);
42 Veterinaires principaux de Ile classe (Major, bis
jetzt 15);
164 Veterinaires en premier (Rittmeister, bis jetzt 142);
250 Veterinaires en second und Aides-Veterinaires (Ober¬
leutnant und Leutnant, bis jetzt 271);
20—30 Aides-Veterinaires stapaires (Offiziereleve).
Die 11 Veterinaires principaux de Ie classe sind den
Generalkommandos zugetheilt und hat jeder zwei Armeecorps in
seinem Directionsbezirk. Von den 42 Veterinaires principaux
de Ile classe ist einer dem Kriegsministerium zugetheilt,
einer der Cavallerieschule zu Saumur; 40 sind Chefveterinäre
der 40 Artillerieregimenter. Bei den Cavallerieregimentern,
den Kriegsschulen, den Remontedepots wird der Veterinär¬
dienst von einem Veterinaire en premier geleitet; ein VAteri-
naire en premier ist denjenigen Truppentheileu (Genieregi¬
menter, Trainbataillone, Alpenartillerie etc.) überwiesen, die
nur eine Veterinärstelle haben. Eine Ausnahme besteht nur
bei den Senegalspahis und den Saharaspahis, bei welchen der
Veterinär Oberleutnant ist. Die Garde republicaine, die Ca-
vallerie- und die Artillerieregimenter haben einschliesslich des
leitenden Chefs je 3 Veterinäre.
Hierait ist die Reorganisation jedoch keineswegs ab¬
geschlossen; der Berichterstatter in der Kammer, Herr Fleury-
Ravarin, bezeichnete vielmehr diese Neuformation als Provi¬
sorium und betonte, dass eine nochmalige Vermehrung in
demselben Procentsatz der einzelnen Dienstgrade (mit Schaff¬
ung von Oberststellen) nothwendig sei.
Aus der beigefügten, sehr interessanten historischen Ent¬
wicklung des französischen Militärveterinärcorps geht hervor,
dass vor der Gründung von Thierarzneischulen 1762 resp.
1765 die Behandlung der Militärpferde in den Händen der
Hufschmiede lag. Die ersten Militärthierärzte wurden 1774
ernannt; sie verpflichteten sich, 8 Jahre zu dienen, hiessen
marechaux experts, dann maftres marechaux, später (1794)
artistes veterinaires und hatten Rang und Löhnung eines
Wachtmeisters. Die nächste Zeit brachte kleine Verbesserungen,
aber auch wieder erhebliche Rückschritte. 1825 wurde die
Ausbildung auf den Veterinärschulen einheitlich geregelt, die
approbirten Eleven erhielten den Titel „Veterinaire“. 1843
wurden Veterinaires principaux, V, en premier und Aides
Vetörinaires mit Offiziersrang, jedoch ohne Assimilirung
ernannt, daneben noch 2 Klassen von Sous-Aides Veterinaires,
von denen die erste nach den Adjutants (ein Unteroffizier, der
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200
zwischen Feldwebel und Leutnant steht), die zweite nach den
Wachtmeistern rangirte. Nach mehrfachen verbessernden
Organisationen (1852, 1854, 1860) wurde 1861 bestimmt,
dass die Vetörinaires principaux als Major, die V6törinaires
en premier als Rittmeister zu behandeln seien und die
entsprechenden Rangabzeichen auf der Uniform tragen. 1875
bestand das Yeterinärcorps aus:
5 Vetörinaires principaux de Ie classe (mit dem Range
nach dem Oberstleutnant),
5 Veterinaires principaux de Ile classe (mit dem Range
nach dem Major),
193 Veterinaires en premier (mit dem Range nach dem
Rittmeister),
151 Veterinaires en second (mit dem Range nach dem
Oberleutnant),
115 Aides-Veterinaires (mit dem Range nach dem Leut¬
nant).
Bezüglich der Rechte wurden die Veterinäre ihrem Dienst¬
grade entsprechend behandelt; sie erhielten Strafbefugnis
unter sich und über das Personal der Schmieden und Kranken¬
ställe; in technischer Hinsicht waren sie nur dem Regiments-
commandeur und den Veterinaires principaux verantwortlich
(Regelung ihrer Dienstpflichten 1876).
1877 wurde bestimmt, dass die Fachstudien den Veteri¬
nären als effectiver Dienst bei der Pensionirung anzurechnen
sind. 1878 Regelung des Dienstes der Veterinaires principaux
als Inspectoren des Militärveterinärwesens durch ein besonderes,
1888 modificirtes Reglement.
1884 (8. Juli) wurde den Veterinären die volle Assi-
milirung mit den Offizieren gegeben und 1894 die Ver¬
mehrung der höheren Stellen mit Stabsoffiziersrang eingeleitet,
deren Fortsetzung die eingangs erwähnte Reorganisation bildet.
(Berl. thierärztl. Wochenschrift 1901, S. 245.) Göbel.
Hans Hauptner f*
Am 8. März verschied in Berlin im Alter von 78 Jahren
der Begründer und Mittheilhaber der allen Thierärzten des
In- und Auslandes wohl bekannten berühmten Firma Hauptner &
Sohn—Berlin. , 1 ?
Der Verstorbene, Sohn eines Kaufmanns, besuchte das
Gymnasium seiner Vaterstadt Neu-Ruppin, musste aber, kaum
15 Jahre alt, die Schule verlassen, da sein Vater starb, ohhe
Vermögen zu hinterlassen, und kam in die Lehre zu einem
Instrumentenmacher nach Berlin.
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201
Nach fünfjähriger harter Lehrzeit, während welcher er
vollkommen auf sich allein angewiesen war, ergriff H. den
Wanderstab, kam zunächst nach Holland, arbeitete daselbst
und hierauf in Deutschland in den berühmtesten Werkstätten
der chirurgischen Instrumentenbranche. In Hessen lernte er
die Schwester seines damaligen Principals kennen, mit welcher
er sich im Jahre 1856 verheirathete.
Im Jahre 1857 etablirte sich H. in Berlin mit den ge¬
ringen Mitteln, welche er sich während seiner Gehilfenzeit
erspart hatte, in einem kleinen Laden mit Kellerwerkstätte.
Zuerst fertigte er Instrumente für Aerzte und Bruch¬
bandagen.
Zu diesen Erzeugnissen seiner kleinen Werkstätte kamen
dann die noch heute gebräuchlichen Tätowirzangen zum
Kennzeichnen der Thiere. Verbesserungen, welche H. an
diesen Instrumenten ausführte, verschafften ihm die Aner¬
kennung der Schäfereidirectoren und Thierärzte, und die
letzteren legten ihm nahe, auch thierärztliche Instrumente
herzustellen, welcher Anregung er Folge leistete. H. hatte
bereits während seiner Lehrzeit thierärztliche Instrumente
kennen gelernt, im Laufe seiner Gehilfenzeit aber beobachtet,
dass auf die Herstellung dieser Instrumente viel zu wenig
Sorgfalt verwendet wurde. Die von ihm nunmehr fabrizirten
tbierärztlichen Instrumente fanden Anklang und schon im
Jahre 1858, ein Jahr nach Beginn der selbstständigen Thätig-
keit, wurde seinen Leistungen gelegentlich einer Ausstellung
und Thierschau in Rostock volle öffentliche Anerkennung
unter Verleihung einer silbernen Medaille gezollt.
Die fachlichen Kenntnisse, der unermüdliche Fleiss, ge¬
paart mit Sparsamkeit, verschafften H. die Möglichkeit, sich
nach Vmfluss von sieben Jahren ein eigenes Heim zu gründen.
Mit klarem Blicke ging H. nun auf der betretenen Bahn
weiter und Hess die ihm von verschiedenen Seiten gemachten
Rathschläge, wieder zur Fertigung humanchirurgischer Instru¬
mente zürückzukehren, unbeachtet.
Sorgfältig verfolgte H. die Bedürfnisse an Instrumenten
für die Thierheilkunde, Thierzucht und Thierhaltung. und
beachtete das geflügelte Wort „Stillstand ist Rückschritt“.
Er trug nicht nur allen Fortschritten auf dem Gebiete der
Thierheilkunde Rechnung und acceptirte zweckmässige Neuer¬
ungen, sondern verbesserte selbst und schuf Neues.
Das Vertrauen zu ihm, zu seiner Tüchtigkeit und Reel-
litat stieg in tierärztlichen und landwirthschaftlichen Kreisen
immer mehr und mehr, sein Geschäft wurde fortschreitend
ausgedehnter. Das von ihm im Jahre 1864 bezogene Wohn-
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202
haus wurde im Jahre 1886 gänzlich zu Arbeitsräumen ad-
aptirt und heute beschäftigt die Firma ein Personal von mehr
als 200 Personen.
Wie wir dem vorstehenden Lebenslaufe des Verstorbenen
entnehmen, musste derselbe schon in der frühesten Jugend
auf eigenen Füssen stehen und nach harter Lehrzeit noch
Jahre lang von der Hand in den Mund leben.
Wohl gerade aber der Kampf des Lebens in der frühesten
Jugend, die unerbittliche Weisung zur Selbsthilfe stählten
seine Kraft und Ausdauer und Hessen ihn das Schwierigste
überwinden. Glücklich begabt, kamen ihm hiebei noch zu
Hilfe die in der Jugend genossene Bildung und der Umstand,
dass er auf seiner Wanderschaft die verschiedensten Ver¬
hältnisse kennen und sich einen weiten Ausblick verschaffen
konnte. Seine fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, die zu
vermehren sein ständiges Streben war, seine Geschäfts¬
gewandtheit und insbesondere aber auch seine strenge Solidität
im Geschäftsbetriebe waren die Faktoren, welohe den armen
Handwerksmann in der Kellerwerkstätte den in allen Kreisen
hochgeachteten Begründer des grossen — ich darf sagen —
weltbekannten Fabrikgeschäftes werden Hessen.
Mit den Thierärzten stand der Verstorbene in ständiger
reger Verbindung und kam denselben stet3 bereitwillig ent¬
gegen. Aus tbierärztlichen Kreisen hervorgegangenen Ideen
zur Herstellung neuer Instrumente und Verbesserung von
bereits vorhandenen trug er stets volle Berücksichtigung.
Seinem hervorragenden Schaffen verdankt die Thierhmlkunde
und speciell die Veterinärchirurgie auf der Bahn ihrer Fort¬
schritte wesentliche Unterstützung. Wir Thierärzte werden
des Verstorbenen stets ehrend eingedenk sein! A;
Referate.
Malariaparasiten. Stephens und Christopher fanden, dass
die Malariaparasiten im frischen Blute in der einen oder anderen
von folgenden zwei Fermen Vorkommen können: sie können
vollständig unpigmentirt sein, oder sie können von den frühesten
Stadien an einen oder mehrere Pigmentflecken aufweisen. Die
ganz jungen Parasiten bestehen aus einem gefärbten Ring und
einem ungefärbten Centralkörper(Gentianviolett- oder Hämatein-
färbung). Später findet sich ausserdem ein färbbarer Körper
an der Peripherie des Ringes und ausserdem ein oder
mehrere ganz kleine chromatische Körper. Mit dem Wachs¬
thum des Parasiten nimmt die Menge dieser färbbaren Sub-?
stanz zumeist einseitig zu, und es findet in derselben eine
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203
Differenzirung statt, die in verschiedenen Fällen sieb etwas
verschieden verhält und in ihrer Bedeutung nicht klär ist.
Der ausgewachsene Parasit liegt oft in einer Vacuole in einem
rothen Blutkörperchen. Zur vollständigen Entwicklung scheint
der Parasit ungefähr 14 Stunden zu brauchen. (Ann. Inst.
Pasteur Bd. 13 und Yeterinarian, Dezbr. 1900.) E. A,
Kennzeichnung gekörter Stiere in Elsass-Lothringen, Um
der missbräuchlichen Benützung nicht angekörter Stiere ent¬
gegenzutreten, hat das Ministerium bestimmt, dass* die an¬
gekörten Stiere mit einer Ohrmarke zu versehen sind; diese
trägt auf der einen Seite die abgekürzte Bezeichnung des
Körbezirkes und auf der anderen Seite eine Nummer, die in
den -Körschein eingetragen wird.
Fehsenmeier, Bemessung der Zähl derZuchtfarren, Zucht¬
eber und Zuchtböcke. Nachdem das grossherzogl. bad.
Ministerium des Innern im Jahre 1890 die Zahl der für eine
bestimmte Anzahl faselbarer Rinder zu haltenden Zuchtfarren
geregelt hatte, wurde in analoger Weise neuerdings hinsächtlich
der Bemessung der Zahl der Zuchteber und Zuchthocke be¬
stimmt, dass die Anschaffung eines weiteren Ebers bezw.
Ziegenbockes zu erfolgen habe, wenn sich die bereits in den
Jahren 1896 und 1897 festgesetzte Zahl weiblicher Tbiere,
auf. welche je ein Eber bezw. Bock zu halten ist, um die
Hälfte vermehrt; es ist demnach ein zweiter Eber aufzustellen,
wenn mehr als 45 und ein zweiter Bock, wenn mehr als 90
sprungfähige weibliche Thiere in der betreffenden Gemeinde
gehalten werden, und sofort. (Mitteilungen des Vereins
badischer Thierärzte 1901, Nr. 2.) Llndner.
Personalien.
Der kgl. Bezirksthierarzt E. Urban wurde auf Ansuchen Von Regen
naoh Mallersdorf versetzt; Bezirkstbierarzt Joh. Adam Kamm in Roding
zum pragmatischen Bezirksthierarzt ernannt; Distriktsthierarzt Dorn in
Hollfeld ist nach Markt-Erlbach verzogen; der prakt. Thierarzt Theodor
3fayr hat sich in Hollfeld niedergelassen.
Junger Thierarzt, der schon als Assistent u. Vertreter thätig
war, sucht ab 15. Mai od. 1. Juni a. o. Stelle als Assistent bei einem
Herrn Bezirksthierarzt (am liebsten im Gebirge). Geil. Off. u. J. L. B.
bef. d. Exped. d. Bl. 1(2)
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kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Vortheil© sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H* Hauptner, Berlin
NW., Lnisenstrasse 53* erzeugt ausschliesslich thier¬
ärztlich elnstrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s.
Apparate für Thier*u<flit -und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlieh, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 8000
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anstalten der Welt an der Jahrhundertwende 11 , bestehend aus
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
Expedition und Druck jvon J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red. •
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Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albreeht und Ph. J. Gering.
45. Jahrgang. München, den 30. April 1901. Nr. 18.
Inhalt: Kitt, Malle’in-Impfungen in Bayern. — Referate. — Bücherschau.
— Viehseuchennachrichten. — Personalien. — Inserate.
Mallein-Impfungen in Bayern.
Von Professor Dr. med. Kitt.
Seit dem Jahre 1892 wurde auf meine Initiative hin von
der Seuchenversuchsstation der kgl. bayer. thierärztlichen Hoch¬
schule das diagnostische Mittel Mal lein den Thierärzten
Bayerns zu Behelf der Erkennung rotzkranker Pferde gratis
zur Verfügung gestellt und zu diesem Zwecke theils von den
Herren Assistenten meines Laboratoriums, theils von mir
selbst präparirt. 1 )
Die Veröffentlichungen Robert Koch’s über das Tuber-
culin hatten damals so vielen Bakteriologen Anregung gegeben,
auch Dekokte oder Extrakte von anderen Bacillenculturen,
speziell auch von Rotzbacillenculturen herzustellen und auf
diagnostische und Heilwirkung zu prüfen, dass Ende des
Jahres 1891 und Anfangs 1892 schon mehrfach Recepte zur
Darstellung von Malleln gedruckt Vorlagen.
Die ersten Mittheilungen über dieses Mittel rühren be¬
kanntlich von Helm an her, welcher schon 1889 auf die
nach Einspritzung eines solchen Extraktes bei rotzigen Pferden
eintretende, bei gesunden Pferden ausbleibende Reaction auf¬
merksam gemacht hatte; sodann erweckten besonders die von
Kalving unternommenen Studien mit ihrem für das Leben
dieses Forschers so unglücklichen Ausgang io gleichem Maasse
Theilnahme wie Interesse.
*) Der Leser möge entschuldigen, wenn ich meinen Antheil nicht in
den Hintergrund treten lasse, ich habe nämlich erfahren, dass man durch
Verschweigen seiner eigenen Thätigkeit da als Statist angesehen werden
kann, wo man Regisseur ist.
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206
Die Erstlingsversuche über Mallein waren zum Theil mit
Extrakten von Kartoffelculturen unternommen (K a 1 v i n g,
Preusse, Babes), gleichzeitig und anderntheils wandte man
sich der bequemeren und einfacheren Methode zu, aus glyce-
rinisirten Bouillonculturen Dekokte der Rotzbacillen zu machen,
wofür das von Nocard und Roux 1887 für die Tuberkel-
bacillencultur angegebene Recept (Kalbs- oder Pferdefleisch¬
bouillon, 1 / 2 °/o Kochsalz oder Meersalz, l°/o Pepton, 4 °/ 0
Glycerin) vorbildlich war, zumal Kranzfeld im gleichen
Jahre den Zusatz von Glycerin (bis 5°/o) zu Bouillon und
Agar als ausgezeichnetes Mittel zur Steigerung des Wachs¬
thums der Rotzbacillen nominirt und Theob. Smith (1890)
diess ebenfalls empfohlen hatte. Auch Hueppe gab 1891
ein gleichwerthiges Recept. So kam es, dass mehr oder
weniger unabhängig in verschiedenen Laboratorien Malleine
nach ziemlich gleichem Muster fabricirt wurden, worüber die
gediegenen Publicationen von Johne, Pearson, Bromberg,
Babes, Roux-Nocard, Bang, Foth, Preisz, Kilborne
und Schweinitz keinen Zweifel lassen. Später kamen noch
Veröffentlichungen hinzu, welche verschiedene Modificationen
und Verbesserungen des Herstellungsverfahrens, Analysen der
Extrakte, Qualitätsunterschiede besprachen und namentlich
Listen über Impfungen zur Beurtheilung des Werthes der
Malleinprobe zur Diagnostik brachten (Albrecht, Malm,
Foth, Boschetti, Nocard, Mc. Fadyean, Preisz, Sehin-
delka, Hutyra, Stepanoff, Kostoff, Bonome und Vi-
valdi und Andere).
Eine der gründlichsten, namentlich alle feineren Einzel¬
heiten des besten Bouillonculturverfahrens und der Ausfällung
des wirksamen Bestandtheils bekannt gebende Originalarbeit
hat Foth 1 ) publicirt.
Von den am meisten in Gebrauch gekommenen Mallein¬
sorten ist die von Roux-Nocard präparirte, ein im Vacuum-
apparat auf i jio der Culturflüssigkeit eingedicktes Malle in,
ganz analog dem gewöhnlichen Tuberculin hergestellt und
von prompter Wirkung, starke Reaction hervorrufend. Es
hält sich wegen der Eindickung und des hohen Glycerin¬
gehaltes jahrelang und kommt in der Dosis von 0,2—0,25 ccm
zur Anwendung. 2 )
Zum zweiten wurde und wird in vielen Laboratorien das
einfache Rohmallein verwendet und ausgegeben, d. i. die
x ) Ueber die Gewinnung eines festen Malleins etc. Inaug.-Diss.
Berlin 1896. R. Sohötz.
2 ) Zu beziehen vom Institut Pasteur, Service des Vaccins, Paris, 25
Rue Dutot, und der Filiale Stuttgart.
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207
nicht extra eingedickte glycerinisirte Bouilloncultur der Rotz-
bacillen, aus welcher letztere einerseits durch sorgfältiges
Filtriren entfernt, anderseits durch Sterilisiren im Dampftopf
verkocht sind. Entsprechend der Nichteindickung, aber sonst
analogen Herstellung, ist bei diesem Mallein die gewöhnliche
Dosis 2—2,5 ccm (noch weiter zur Einspritzung verdünnt mit
3 ccm l°/o Carbolwasser). Da solche nicht eingedickte Bouillon¬
abkochung bei wiederholtem Oeffnen des Glasgefässes leicht
von Schimmelkeimen oder Bakterienansiedlungen heimgesucht
werden und verderben würde, .so hat man verschiedene Vor¬
kehrungen zur Aseptik und zum Haltbarmachen getroffen.
Als dritte gute Sorte ist trockenes Mallein, ausgefällt
durch Alkohol, das haltbarste Präparat, von Dr f Foth ein¬
geführt worden.
Da es meine Gepflogenheit ist, das, worüber ich unter¬
richten muss, aus eigener Beschäftigung kennen zu lernen, und
ferner in dem Wunsche, den Collegen in Bayern mit Mallein
dienen zu können, habe ich im Laufe der Jahre die ver¬
schiedensten Modificationen der Malle’inherstellung durch-
probirt, und bin darin namentlich von meinem Freunde und
früheren Assistenten, Prosector Dr. J. Mayr, unterstützt
worden.
Wenngleich das Herstellungsverfahren aus den Arbeiten
von Nocard-Roux, Johne, Preisz und Foth im All¬
gemeinen hinreichend bekannt ist, gebe ich Details an, weil
Kleinigkeiten auch hier oft den Erfolg ausmachen, und gerade
diese in manchen Beschreibungen fehlen.
Die Nährbouillonbereitung ist wie bei genannten
Autoren angegeben (Kalbfleisch oder Pferdefleisch, gehackt,
500 g auf 1000 g destillirtes Wasser, 1% Pepton, i j 2 °lo
Kochsalz oder Meersalz, Neutralisirung durch Kalilauge oder
Sodalösung, 5°/o Glycerin); es ergeben sich Ungleichheiten
in der Ueppigkeit des Wachsthums der Rotzbacillen oft je
nach der Provenienz des Fleisches von frisch geschlachteten
oder krepirten, fettreichen oder fettarmen Thieren. Wir haben
die klarsten und besten Bouillons von verendetem Wilde,
verendeten Pferden, von Fleisch, das schon alkalisch geworden,
erhalten. Wie schon von Nocard betont, hängt die Güte
des Malleins namentlich von der Virulenz der eingesäten
Rotzbacillen ab, zu welchem Zwecke Roux-Nocard
durch intravenöse Impfungen bei Kaninchen die Virulenz so
steigerten, dass die Bacillen in ein paar Tagen diese Thiere
an Rotzsepticämie tödteten; eine Methode, welche auch Knorr
einschlug und dabei dem traurigen Schicksal einer tödtlichen
Selbstinfektion sich aussetzte. Es geben aber auch Bacillen von
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208
etwas minderer Virulenz, wie man sie von akuten Rotz¬
erkrankungen des Pferdes direkt gewinnt, gute Malle'ine. Die
im Thermostaten bei 30—37° 14 Tage bis drei Wochen hin¬
durch gezüchteten (in */ 2 oder 1 Liter-Kolben), d. h. eben
so reichlich, wie es Poth beschrieb, gewachsenen Culturen
werden an drei Tagen hintereinander je zwei Stunden in strö¬
mendem Dampfe todt gekocht, oder in einmaliger Erhitzung
im Papinschen Topfe (120°).
Nun filtrirt man die erkaltete Bouilloncultur durch Filtrir-
papier im gerippten Glastrichter. Wenn das Filtriren wegen
des dicken Bouillonbodensatzes sehr langsam geht, kann es
passiren, dass währenddem eingefallene Keime sich vermehren
und das Mallein unbrauchbar wird. Man filtrirt daher im
strömenden Dampfe oder setzt gleich nach dem Abkochen
und Erkalten vor dem Filtriren 0,5°/o Car boisäure (Tri-
kresol) unter Umschüttelns zu (von einer 10°/o Carbolsäure 5 ccm
auf 1 Liter Cultur); dieser Zusatz ist zuerst von Behring
(1891) für Sera empfohlen worden. Läuft die Bouillon nicht
ganz klar durch oder trübt sich beim Stehen und ist diese
Trübung nicht durch Bakterien-Verunreinigung bedingt, son¬
dern an der Nährbouillon selbst gelegen, so hilft die bekannte
Methode des Zusatzes von Hühnerei weiss und darauf
nochmaliges Kochen und Filtriren. Der Zusatz von 0,5°
Carbolsäure hält, wie man auch bei der Conservirung von
Sera beobachtet hat, nicht immer eine Vegetation von Bak¬
terien, die beim Oeflfnen des Glases hineinfielen, auf. Es
bleiben zwar bei seltenem und vorsichtigem Oeflfnen der
Flasche und wenn diese selbst durch Hitze sterilisirt war,
die carbolisirten Malle'ine oft monatelang absolut klar, aber
es gibt Bakterienkeime, welche, in solche Bouillon gerathend,
daselbst vegetiren, wenn auch nur minimal, und etwas Trüb¬
ung bedingen, somit das Mallein unbrauchbar machen. Diese
Erscheinung sah ich nur in den im Dampfe und durch Trocken¬
erhitzung sterilisirten Flaschen, wie zu erwarten, niemals aber
bei Flaschen, die ich einfach durch Sublimatausspülung
keimfrei gemacht.hatte; dass Sublimatzusatz dein Mallein
nicht schadet, sondern im Gegentheil conservirend wirkt,
haben schon Preusse und Preisz betont.
Da dieses Quecksilbersalz noch in hunderttausendfacher
Verdünnung antiseptisch beziehungsweise bakterienentwick¬
lungshemmend wirkt, genügt der Rest — wenigeTropfen —
einer Kochsalz-Sublimatlösung, wie er bei einfachem
Ausspülen der Flasche in dieser zurückbleibt, in welcher
das filtrirte Bouillonmallein auf bewahrt werden soll. Wenn¬
gleich ein Theil des Sublimats Verbindungen mit dem Maliern
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eingeht, allenfalls auch ein ganz geringer Bodensatz sich
bildet, so verbleibt, auch in Gestalt der Quecksilberei weiss-
Verbindungen, hinreichend in Lösung, um jede Bakterienvege¬
tation hintanzuhalten. (Der erwähnte, vor der Filtration ge-
schehene Carboisäurezusatz verhindert ausserdem Schimmel¬
bildungen, die von sehr dünner Sublimatlösung allein nicht
immer verhindert werden.) Einfach wässerige Sublimatlösung
darf nicht hinzu getropft werden, sie gibt zu starke Nieder¬
schläge, man nehme die bekannte Mischung von lg Sublimat,
l g Kochsalz und löse diese in 10—100 g heissen Wassers,
womit dann die Flasche so ausgeschwankt wird, dass einige
Tropfen Zurückbleiben. Auch kann man von dieöer Lösung
das Antisepticum im Verhältnis von 1:10000 bis 1: 1000
zusetzen, ohne das Mallein in seiner Wirkung zu beein¬
trächtigen (vergleiche auch Preusse und Preisz). Maliern
conservirt sich auch gut, ganz klar bleibend, wenn man, wie
es für Sera theilweise üblich, auf den Boden der Flasche
einige Cubikcentimeter Chloroform gibt, das eingefüllte
Mallein aufschüttelt und dann verkorkt.
Malleine genannter Bereitungsarten (mit Culturen aus
verschiedenen Rotzfällen von Zeit zu Zeit frisch hergestellt,
anderseits jahrelang conservirt) wurden an der Seuchenver¬
suchsstation zunächst an gesunden Pferden und an rotzigen
Meerschweinchen probirt und dann den Herren Coltegen in
Bayern, welche Versuche zu machen wünschten, hinausgegeben.
So viel aus den mir zugegangenen Berichten sich er¬
sehen lässt, haben diese Malleine bei rotzkranken Pfer¬
den jedesmal prompt ein e Reaction herbeigeführt und
zwar auch bei Pferden, welche latent rotzkrank waren,
keinerlei Verdachtssymptome darboten, sondern nur „der An¬
steckung verdächtig“ waren; die Malleinprobe hat damit,
wie die betreffenden Berichterstatter äusserten, thatsächlich
Rotzfälle entdecken geholfen.
Aus den letzten zwei Jahren sind mir fünfzehn Fälle
solch positiver Reactionen bekannt geworden, in welchen
durch die Section die Anwesenheit der Rotzkrank¬
heit bestätigt wurde. Von den meisten dieser Rotzfälle
kamen mir die erkrankten Organe zu Gesicht, da die Herren
Collegen so gütig waren, das für den Unterricht werthvolle
Material einzusenden. 1 ) Die betreffenden Fälle sind von den
*) Eg bandelte sich bestimmt nicht um jene durch Schütz und
Olt bekannt gewordene Helminthiasis nodularis der Pferdelungen, son*
dem um echten, mehrfach durch Impfungen weiter bestätigten Rotz der .
Lungen, mehr oder weniger ausgebreiteten Nasen-, Luftsack-, Luftröhren
und Hautrotz.
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210
Herren kgl. Kreisthierarzt Wimmer und Assistent Rauscher
(Vilsbiburg, 2Fälle), den kgl. Bezirksthierärzten Brüller (Lindau,
IFall), Fischer (Tölz, 2 Fälle), Schmutterer (Ebersberg, 3),
Wuch er (Donauwörth, 1), kgl. Stabsveterinär Büchner (Mün¬
chen, 1), städtischer Bezirksthierarzt Blaim (München, 2),
Distriktsthierarzt Bauer (Rotthalmünster, 1), Distriktsthierarzt
Witzeil (Trostberg, 2) konstatirt worden.
Die beobachteten Reactionen verliefen als mehrstündige
febrile Hyperthermien von 1,5-—3° C.
Für mehr als hundertzwanzig Fälle, in welchen
die MaBeinprobe an Pferden vorgenommen wurde, die wegen
Nasenkatarrhs, Kieferhöhlenerkrankungen, Dämpfigkeit in Frage
kamen oder gesund, aber wegen Cohabitation der Ansteckung
verdächtig waren, lieferte das Ausbleiben, einer Reaction
einen guten differentialdiagnostischen Anhalt und
ist mir kein sicherer Fall bekannt geworden, in welchem
ein nicht rotziges Pferd bei zweimaliger Mallein¬
probe typisch reagirt hätte. (Schluss folgt.)
Referate.
Hafner: Staatsthierärztliche Dienstprüfung in Baden. Durch
die Verordnung vom 17. Mai 1900 wurden die Anforderungen
an die Candidaten der Staatsthierheilkunde wesentlich erhöht.
Nach deu bisher geltenden Bestimmungen war nämlich die
Zulassung zur Prüfung nur an den Nachweis einer zweijährigen
praktischen Ausbildung der Thierheilkunde geknöpft, während
jetzt eine mindestens dreijährige Vorbereitungszeit im Gross¬
herzogthum verlangt wird, in welche die Verwendung als
Einjährig-Freiwilliger im Veterinärdienste der Armee, sowie
der Besuch einer Hochschule zwecks weiterer sachlicher Aus¬
bildung eingerechnet werden kann, soferne die gedachte Frist
um nicht mehr als l x /2 Jahre verkürzt wird. Wichtiger aber
als die Verlängerung der Vorbereitungszeit ist die Vorschrift,
wonach der Candidat einen während des Sommersemesters
am thierhygienischen Institut der Universität Freiburg statt¬
findenden dreimonatlichen Vorbereitungskurs zu besuchen hat,
der folgende Vorlesungen und Uebungen umfasst: Veterinär¬
polizeiliche Verwaltungskunde; Veterinärgesetzgebung; all¬
gemeine und spezielle Seuchenlehre; Demonstrationen und
Uebungen in der Diagnostik einzelner Seuchenfälle; Uebungen
in der Abfassung von Berichten und Gutachten im Anschluss
hieran; mikroskopische und bakteriologische Uebungen; Des-
infectionspraxis ; Technik der diagnostischen sowie der Schutz-
und Heilimpfungen mit Uebungen; animalische Nahrungs-
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211
mittelkunde in Verbindung mit praktischer Anleitung zur
Ausübung der Fleischbeschau; Anleitung und Uebungen in
der Beurtheilung der Zucht- und Nutzthiere; staatliche und
genossenschaftliche Einrichtungen zur Förderung der Thier¬
zucht; Hufbeschlagkunde. (Mittheilungen des Vereins bad¬
ischer Thierärzte 1901, Nr. 3.).
Schlegel: Rotz und die Bedeutung der Malleinimpfung.
Professor Dr. Schlegel in Freiburg ist auf örund zahlreicher
Untersuchungen zu der Ueberzeugung gekommen, dass das
Maliern zur Erkennung des occulten Rotzes gerade so ge¬
eignet ist, wie ^das Tuberculin zur Diagnose der Tuberkulose.
In allen Fällen, in denen bei den auf Maliern typisch reagi-
renden Pferden charakteristische Knötchen in der Lunge ge¬
funden wurden, konnte er durch Culturen und Impfungen das
thatsächliche Vorhandensein des Rotzes nach weisen.
Die Controverse zwischen Nocard-Alfort und Schütz-
Berlin über die Natur der in der Pferdelunge vorkommenden
Knötchen verschiedenen Alters erfuhr durch Schlegel eine be¬
friedigende Schlichtung. Sch. wies nach, dass die entozoischen
Knötchen meist eine geschichtete Kapsel und zwar schon im
Anfangsstadium aufweisen, während dieses bei Rotzknötchen
gleichen Alters nicht oder doch nicht in dem gleichen Maasse
der Fall ist. Immerhin können Rotz- und entozoische Knöt¬
chen im ersten Stadium verwechselt werden. Wenn es sich
um Rotzknötchen handle, finden sich aber nach Sch. in den
Bronchial- und Mediastinaldrüsen stets bestimmte Veränder¬
ungen und auf der anderen Seite kann man beim Vorliegen
entozoischer Knötchen die betreffenden Parasiten in der Regel
auch an anderen Stellen (Grimmdarm, Gekrösarterien etc)
nachweisen. (Ibidem.) Lindner.
Conradi: Ueber den Einfluss erhöhter Temperatur auf
das Casein der Milch. (Münchener medizinische Wochen¬
schrift Nr. 5, 1901.) Die zur Untersuchung gelangenden
Proben von Kuhmilch wurden mit 0,2 — 0,6°/o Chlorcalcium
versetzt. Bei einfacher Erhitzung koagulirt solche Milch
zwischen 45 und 65° C. Erhitzt man die gleiche Milch vor
dem CaCh-Zusatz über 80°, so sinkt der Gerinnungspunkt um
8—12°, während die vorher nur bis zu 75—80° erwärmte
Milch nach CaCL-Zusatz bei derselben Temperatur gerinnt
wie die nicht vorher erhitzte Milch. Es muss hier also
durch die Erhitzung über 80° C. eine entweder physikalische
oder chemische Aenderung in der Zusammensetzung der Milch
eingetreten sein, die das vorzeitige Auftreten von Umsetzungen
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im Eiweissmoleküle begünstigt, welche ohne vorausgegangene
Erhitzung erst bei höheren Temperaturen vor sich gegangen
wären (vielleicht Paracasein-Bildung).
Ferner wurden Versuche angestellt über die Schnellig¬
keit, mit welcher erhitzte unfl unerhitzte Milch von Lab zur
Gerinnung gebracht werden. Halbstündige Erhitzung bis zu
70°, einmalige Aufkochung mit nachfolgender sofortiger Ab¬
kühlung verändern die Schnelligkeit der Gerinnung nicht;
dagegen gerinnt schon nach 15' langem Auf kochen die Milch
auf Labzusatz etwas später, und bei längerem Erhitzen in
noch späterer Zeit; ferner werden die Gerinnsel hiebei locker
und unzusammenhängend. Hierin liegt ein weiterer Beweis
dafür, dass durch die Erhitzung eine dauernde Veränderung
in der Milch eingetreten ist.
Aus beiden Ergebnissen geht hervor, dass bei der Ab-
tödtung von Keimen der Milch längeres Erhitzen nach Mög¬
lichkeit vermieden werden soll. „Vorderhand dürfte sich em¬
pfehlen, zwecks Vernichtung der Bakterien und ihrer Dauer¬
formen von vornherein nur solche Temperaturgrade anzu-
wenden, welche die angestrebte Bakterienfreiheit nicht auf
Kosten der physiologischen Zusammensetzung der Milch, viel¬
mehr unter Erhaltung ihres Normalzustandes zu erzielen
suchen. Denn die Wahrung der Zustandseigenschaften der
genuinen Milch bildet immer noch die Grundlage einer ratio¬
nellen Milchhygiene.“ E. A.
Ueber Gallen der hinteren Zehenstrecker. Cadeac weist
darauf hin, dass man sich seither sehr wenig mit den Fuss-
wurzelgallen der Zehenstrecker beschäftigt habe. Dieselben
seien aber nicht unwichtig, da sie verhältnissmassig häufig
sind und den Gebrauchswerth vieler Pferde in unangenehmer
Weise herabsetzen.
Die Galle des langen Zehenstreckers beobachtet man nur
auf der mittleren Partie der Vorderfläche des Sprunggelenks,
dem einzigen Punkt, wo die Sehnenscheide sich erweitern
kann. Sie ist seltener als die Galle des Fesselbeinstreckers,
welche ihren Sitz auf der Aussenseite des Gelenkes, ganz an
seinem unteren Rande hat. Ausnahmsweise dehnt sie sich
über die Vorderfläche des Gelenks aus und erweitert die
Sehnenscheide derart, dass sie eine grosse, weiche, fluktuirende
Geschwulst bildet, welche die Bewegungsfähigkeit ernstlich
stört, Zur Behandlung der Gallen empfiehlt Cadeäc die An¬
wendung des durchgehenden Punktfeuers oder Jodinjectionen.,
als die besten Mittel.
(Journal de m6d. vet. et de zoot., Juli 1900.) .
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213
Ueber Jodkaiium-Wirkungen bei Euterinfusionen. Von
vielen Praktikern wird über entzündliche Komplikationen im
Euter bei der Behandlung des Kalbefiebers nach Schmidt-
Kolding berichtet. Diese unangenehmen Nebenwirkungen des
Jodkaliums sind nach Coremans meistens der Unreinheit oder
Zersetzung des Jodkaliums zuzuschreiben, nicht, wie vielseitig
angenommen wird, einer Infection mittels der verwendeten Instru-,
mente oder mitinjicirter Luft. Selbst chemisch reine Lösungen
zersetzen sich mit der Zeit unter Gelbfärbung und Oxydation
des Jods. Solche zersetzte Lösungen wirken dann reizend
auf das Eutergewebe. Bei Verwendung nur frischbereiteter,
völlig reiner Lösungen kommen nach C. niemals Euteraffec-
tionen vor. — Im Uebrigen stehe der therapeutische Werth
des Schmidt’schen Verfahrens ausser aller Frage.
(Annales de med. vefc. Mai 1900.)
Schmidt -Dr. Simader.
Bücherschau.
Medicinische Terminologie, enthaltend die Ableitung und Er¬
klärung der gebräuchlichsten Fachausdrücke aller Zweige der
Medicin und ihrer Hilfswissenschaften von Dr. W. Guttmann.
I. Abtheilung (Bog. 1 — 10) 4 Mk. Wien —Berlin 1901, Ver¬
lag von Urban & Schwarzenberg.
Zum ersten Male in der deutschen Litteratur wird mit vor¬
stehendem Werke der Versuch gemächt, die Ableitung und Er¬
klärung der gebräuchlichsten Fachausdrücke der gesammten modernen
Medicin und Naturwissenschaften, letztere soweit sie für Mediciner
in Betracht kommen, zu geben. Das Werk soll etwa 80 Bogen
umfassen Und in drei Abtheilungen erscheinen.
Wie die vorliegende I. Abtheilung zeigt, muss der Versuch
des Verfassers als wohlgelungen bezeichnet werden. Neben der
erforderlichen Etymologie wird jedem Stichwort eine der Bedeut¬
ung desselben entsprechende Erklärung beigefügt und hierbei ge¬
legentlich den verschiedenen Bedeutungen der Worte, z. B. im
physikalischen oder medicinischen Sinne, Rechnung getragen. Sehr
zweckmässig ist auch das Verfahren, an geeigneten Stellen die
Autoren anzugeben, welche die betreffende Bezeichnung in die
Medicin eingeführt haben, z. B. Cirrhose (Laennec) u. dgl.
Da das Werk für Aerzte wie für Thierärzte von Bedeutung
ist, wäre es sehr wünschenswerth, wenn in den folgenden Ab¬
theilungen noch mehr Bezeichnungen aus der vergleichenden Pa¬
thologie berücksichtigt würden. Schon jetzt aber darf ausge¬
sprochen werden, dass sich der Herr Verfasser durch seine Arbeit
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ein Verdienst bei Alt und Jung in der Medioin erworben bat.
Wir wünschen dem von der Verlagsbuchhandlung in bekannter
Art ausgestatteten Werke die weiteste Verbreitung auch in thier-
ärztlichen Kreisen. Schneidemühl (Kiel).
Compendium der Arzneimittellehre für Thierärzte von
OttoRegenbogen, Professor an der thierärztlichen Hochschule
in Berlin. Verlag von August Hirschwald—Berlin 1901.
Das Compendium ist zunächst für die Studierenden zur Vor¬
bereitung auf die Prüfung in der Arzneimittellehre bestimmt.
Bei der Eintheilung der Arzneimittel hielt sich der Verfasser
an ihre physiologische und therapeutische Zusammengehörigkeit
und Iheilt sie demgemäss ein in örtlicb-wirkende Mittel: Abführ¬
mittel, wurmabtreibende Mittel, Brechmittel u. s. w. Ausser den
im Arzneibuche für das Deutsche Reich aufgeführten Mitteln be¬
spricht Verfasser noch mehrere andere wichtige Arzneimittel, welche
derzeit in der Thierheilkunde Anwendung finden: endlich sind in
dem Compendium am Schlüsse noch die Tabellen B und C des
deutschen Arzneibuches sowie eine Löslichkeitstabelle beigegeben.
In übersichtlicher, knapper, klarer Weise behandelt Verfasser
die Darstellung, Zusammensetzung, die Bestandtheile, Eigenschaften,
Wirkung und Anwendung der Arzneimittel. Bei Besprechung der
pflanzlichen Arzneimittel ist auch je die Stammpflanze angegeben.
Da das Compendium den Studirenden den Kern desseq, was
sie über die Arzneimittellehre wissen müssen, bietet, wird es ihnen
an sich ein sehr willkommener Rathgeber sein ; zudem erleichtert
es ihnen aber auch das Studium des umfassenden musterhaften
Werkes über Arzneimittellehre von Fröhner.
Wenn der Verfasser sagt, „das Compendium dürfte sich auch
zur schnellen Information für praktische Thierärzte eignen“, so
möchten wir korrigirend bemerken, dass es sich gerade auch für
den Praktiker zu diesem Zwecke vorzüglich empfiehlt. A.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 20. April 1901.
a) Rotz (Wurm).
Niederbayern: Yilsbiburg 1 Gern. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern 5 Gern. (19 Geh.); OberpfalzÖ Gern. (5 Geh.);
Oberfranken 11 Gern. (13 Geh.); Mitt e 1 fran ken 4 Gern.
(19 Geh.); Unterfranken: 1 Gern. (1 Geh.); Schwaben
13 Gern. (26 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern 1 Gern. (1 Geh.).
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215
Hanl- and Klaaen-Senche in Schlacht- und Yiehhöfen.
Es ist gemeldet: am 16. April der Ausbruch in Mahlhausen; am
17. April das Erlöschen zu Nürnberg, das Erlöschen zu München; am
21. April das Erlöschen zu Mahlhansen.
Personalien.
Der kgl. Bezirksthierarzt Dicas von Schongau wurde auf Ansuchen
nach Weilheim versetzt; der approb. Thierarzt Ludwig Bierling aus
Dorfen ist bei dem kgl. Bezirksthierarzt Edel in Erding (Oberbayern)
als Assistent eingetreten; der Distriktsthierarzt Albert Gebhard in
Arnstein zum Bezirksthierarzt in Grafenau (Niederbayern) ernannt.
Bekanntmachung.
Die Stelle des Bezirksthierftrztes für das k. Bezirksamt Regen
kommt mit 1. Mai ds. Js. in Erledigung.
Bewerber haben ihre an das k. Staatsministerium des Innern ge¬
richteten, vorschriftsmässig zu belegenden Gesuche
bis längstens 16. Mai ds. Js.
bei der ihnen Vorgesetzten k. Regierung, Kammer des Innern, einzureichen.
Junger Thierarzt, der schon als Assistent u. Vertreter thätig
war, sucht ab 15. Mai od. 1. Juni a. o. Stelle als Assistent bei einem
Herrn Bezirksthierarzt (am liebsten im Gebirge). Gefl. Off. u. J. L. B.
bef. d. Exped. d. Bl. 2(2)
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stigen Bedingungen per sofort auf etwa 6 Wochen zur Vertretung
gesucht. Gefällige Offerten erbittet Distriktsthierarzt Z i n c k in Feucht¬
wangen. (1)
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Verkauf durch die Drogenhandlungen und Apotheken
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216
Hauptner-lnstrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Vortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier¬
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’«
Apparate für Thierzucht uud -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 8000
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anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend aus
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Studien Verhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
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Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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für
ThierheiLkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 7. Mai 1901. Nr. 19.
Inhalt: Kitt, MalleYn-Impfungen,in Bayern. (Schluss.) — Referate. —
Bücherschau. — Personalien. — Inserate.
Mallein-Impfungen in Bayern.
Von Professor Dr. med. Kitt.
(Schluss.)
Jedoch ist weiters eine kleine Zahl, kaum ehr Dutzend
Fälle, durch mündliche und briefliche Mittheilung zur Eenntniss
gekommen, wo eine nach Impfung aufgetretene kurz dauernde
oder nur ein Grad erreichende Hyperthermie es zweifelhaft
liess, ob das Thier rotzkrank sei oder nicht; in einem Theil
dieser Fälle konnte eine Nachimpfung den Entscheid über
das Nichtrotzigsein des Thieres bringen; zum anderen Theil
wurde solch wiederholte Vornahme der Mallei'nprobe leider
unterlassen. 1 )
Es ist bemerkenswert!^ dass unser Maliern, welches in
der Dosis von 1 — 2 ccm bei rotzkranken Pferden Reactionen
bedingte» bei gesunden Pferden selbst in der Dosis von 5,
10 und 15 ccm keine febrile Hyperthermie hervorrief; Herr
Thierarzt Martin aus Strassburg, welcher die Gefälligkeit
hatte, bezügliche Proben in unserem Institut anzustellen,
impfte vier Yersuchspferde mit diesen grossen Dosen und
constatirte keine über 38,7hinausgehende Temperatursteigerung.
Bei solchen Ergebnissen der Malleinproben, und da mit
dem Mittel kein Schaden gestiftet werden kann, wofern man
in der Beurtheilung des Effektes und Anwendung des Mittels
*) Es würde zu weit führen, alle mit unserem Mallein gemachten
Versuche aufzuzäblen, auch bin ich über die letzterwähnten zweifelhaften
und negativen Fälle nicht hinreichend informirt, da einzelne der Herren
Besteller nähere Mittheilungen über den Verlauf der Maileinprobe mir
nicht zugehen Hessen, oder wegen Zeitmangels die thermometrisohe Prüf¬
ung nur unvollständig, nur einige Stunden hinduroh au6führen konnten.
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218
vorsichtig ist, besteht kein Anlass, sich dieses Diagnostikums
nicht zu bedienen/ In zweifelhaften Fällen wird man eben
nicht auf die erstmalige ßeaction gleich die Tödtung solchen
Pferdes beantragen, sondern später die Malleinprobe wieder¬
holen und nur im Zusammenhalt mit allen übrigen Anzeichen
und Nebenumständen die Diagnose erwägen. Jedenfalls
bleibt das wiederholte Nichtreagiren eines wegen Nasenaus¬
fluss etc. rotzverdächtigen Pferdes ein guter Mitbeweis für
eine andere Diagnose.
Es sind zwar in der Litteratur einige Fälle registrirt,
wonach auch rotzige Pferde nicht reagirt haben sollen; Was
daran Schuld war, vielleicht die Malleinsorte, entzieht sich
der ßeurtheilung. Derartige Fehlergebnisse drängen zu weiteren
Forschungen und Beobachtungen, wesshalb die Mittheilung
der kleinen obigen , Versuchsgruppe aus Bayern sich recht¬
fertigt. Im Sonstigen ist an den Tausenden von Mallein-
versuchen, welche in Frankreich und Ungarn bis in die letzte
Zeit herein durchgeführt wurden, der Nutzen dieses Diagno¬
stikums so ersichtlich geblieben, dass die Grundsätze für die
Beurtheilnng des Werthes der Probe und des daran sich
knüpfenden Tilgungsverfahrens, wie sie von Nocard, Foth,
Schindelka, Preusse und Anderen aufgestellt wurden,
sich nur wenig geändert haben. Man erkannte bezüglich der
Abschätzung dessen, was typische ßeaction ist, dass die
Temperatursteigerung bei rotzigen Pferden nicht
jedesmal d oppelgipf lig verläuft und ist davon ab¬
gekommen, Pferde, welche gar keine rotzverdächtigen Sym¬
ptome zeigen, sondern nur der Ansteckung verdächtig sind^
auf die erste ßeaction hin tödten zu lassen. In seiner un¬
übertrefflich klaren, alle Ein wände mit Sachkenntnis illu-
strirenden Weise hat N ocard die besten Direktiven hierzu
gegeben. 1 )
' In Bayern prakticireode Thierärzte erhalten das Mall ein
fertig zur Injection hergerichtet auf briefliche Bestellung,
welche an die Adresse: Seuchenversuchsstation der
thierärztlichen Hochschule, München, Veterinär¬
strasse 6, zu richten ist, und gegen Einsendung einer 20
Freimarke für Porto und Verpackung des Malleins.
Ueber die bei der Impfung zu beachtenden ßegeln habe
ich in Friedberger-Fröhners Lehrbuch der klini¬
schen Untersuchungsmethoden, III. Auflage (F. Enkes
Verlag 1899), Anweisung und weitere Litteratur angegeben;
0 La prophylaxie de la morve du cheval. Recueil de med. veter,.
15. Nov. 1897.
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219
Die Mallei'nprobe kann nur dann einen Anhaltspunkt
liefern, wenn sie richtig und vollständig gemacht wird; wem
die Zeit fehlt, die zweistündigen Temperaturmessungen über
einen ganzen Tag hin durchzuführen, unterlasse lieber den
Versuch, weil eine zu früh abgebrochene Temperaturskala
werthlos ist und die halb aufgewendete Mühe sich nicht lohnt.
Anweisung zur Mallei'nprobe.
Einen oder zwei Tage hindurch vor der Einspritzung des Mittels
wird in zweistündigen Zwischenrftumen die Mastdarmtemperatur des Pferdes
bestimmt. Sohindelka und Foth halten diese längere Yorbestimmung
nicht für nothwendig, sondern erachten es für genügend, die Temperatur
zu bestimmen, welche unmittelbar vor der Impfung besteht.
Jedenfalls ist es zweckmässig, ersteres, somit beides zu thun. Man er¬
fährt dadurch einmal, ob das Pferd überhaupt fieberlos ist, ferner die
mittlere Temperatur und die normale Maximaltemperatur des Thieres,
ebenso die letzte Temperatur vor der Impfung und hat also zur späteren
Beurtheilung des MalleYueffectes, bei welchem es sich hauptsächlich um
die Eigenwärme handelt, Alles in dieser Richtung zur Verfügung. Die
Berechnung der Reaction kann sich dann um so mehr an die letzte, d. h.
die unmittelbar vor der Impfung bestehende Temperatur, welche als fixer
Punkt für die Beurtheilung der Reactionshöhe gilt, halten.
(An der Standsäule hinter dem Pferde bringt man einen Zettel an,
um die Ergebnisse der Messungen daran zu notiren.)
Man bendtze bei einem Thier immer das nämliche Thermometer.
Die Einspritzung wird gewöhnlich am Morgen (7—8 Uhr) vor¬
genommen, von da ab muss alle 2 Stunden, besser noch jede
Stunde, mindestens bis naoh Ablauf von 24 Stunden, die Temperatur
gemessen werden.
Andererseits ist es auch vorteilhaft, die Einspritzung Nachts
zwischen 10 und 12 Uhr zu machen und mit der Temperaturmessung
Morgens 4 bezw. 6 Uhr zu beginnen, wonach diese bis Nachts 10 bezw.
12 Uhr in 2 ständigem Tempo fortgesetzt wird.
Die Temperatur muss eben so lange geprüft werden, bis die un¬
mittelbar vor der Impfung bestandene Eigenwärme resp. gewöhnliche
Maximaltemperatur naoh 24 Stunden wieder erreicht ist; bei manchen
Impflingen ist eine Fortsetzung der Messungen bis zu 3X24 Stunden
in alsdann 3 ständigen Intervallen angezeigt, weil ihre febrile Reaction
sieh länger hinauszieht.
Die Malleininjectionen müssen unter Anwendung jener Masfiregeln
erfolgen, welche die Uebertragung der Rotzkrankbeit durch die Hantir-
ungen des Thierarztes und durch die zu impfenden Pferde verhindern.
Der Impfstoff selbst gibt, weil alle Rotzbacillen in demselben ab-
getödtet und duroh Filtration eliminirt sind, niemals die Ansteckung.
Dagegen könnte die Impfcanüle, wenn sie unvermittelt einem Pferde nach
dem andern applicirt wird, durch den Contact mit der Haut eines rotz¬
kranken Pferdes Träger des Virus werden, sie ist daher, wie erwähnt, zu
sterilisiren. Womöglich mache man die Impfung im Freien an den isolirt
von einander gehaltenen Pferden; selbstverständlich wird der Thierarzt
nach Berührung eines rotzverdächtigen Pferdes sich die Hände entsprechend
reinigen und desinficiren.
Zur Injeotion kann jede bessere Pravaz’ sohe Spritze benützt
werden. Man desinfioirt diese und die Oanüle durch Ausspülen in 5°/oigem
Carbol wasser oder Alkohol und spült mit kochend heissem Wasser oder
mit frisch abgekochtem, wieder kalt gewordenem Wasser nach.
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220
Wenn viele Pferde in einem Bestände geimpft werden sollen, ver¬
fährt man, wie es Sohindelka angegeben, in dem man den Korkpfropf
des mehrere Dosen enthaltenden Glasfläschchens mit der Nadel einer
Injectionsspritze durchbohrt, verhüllt den Kork und den Canfllenansatz
mit Watte und begibt sich an den Ort der Impfung. Zur Vornahme der
Impfung wird dann die Injectionsspritze an den Ansatz des im Korke
steckenden Stachels gesetzt, der Impfstoff eingezogen, die Spritze ab¬
genommen, mit einer desinficirten frischen zweiten Injectionsnadel armirt
und die Injection vorgenommen. Auf diese Weise, bei welcher man jedes¬
mal die Impfnadel durch Eintauchen in siedendes Wasser oder 5°/o iges
Carbolwasser desinficirt, bleibt der Impfstoff rein, uad entgeht man dem
Vorwurfe, durch den Impfact selbst von Pferd zu Pferd die Rotzkrankheit
zu übertragen iSchindelka).
Als Impfstelle wählt man eine Halsseite, die Vorbrust, Brustwand
oder Schultergegend; meistens wird die linke Halsseite der Handlich¬
keit wegen benützt (falls aber starke Oedeme nach der Impfung sich ein¬
stellen und auf die Luftrohrengegend sich erstrecken, kann die Wahl
dieser Applicationsstelle etwas Sorge machen).
Als Rotz declarirende Reaction gilt diejenige Temperatursteigerung,
welche in typischem Verlaufe mindestens einen Grad über die innerhalb
24 Stunden vorher bestandene Maximal te mp erat ur und zwei Grade
über die Unmittelbar vor der Impfung bestandene Temperatur hinansgeht.
Als typisch ist der Verlauf zu betrachten, wenn die Temperatur
eine gestreckte, zuweilen zweimal culminirende Bogenlinie darstellt, deren
aufsteigender Theil in der Regel etwas steiler ist als der absteigende
(Schindelka, Hutyra und Preisz, Foth). Es steigt also die Tem¬
peratur rasch oder allmählig bis zur entsprechenden febrilen Höhe, sinkt
dann um einige Decigrade, um sich sofort wieder auf die vorige febrile
Höhe oder sogar darüber hinaus zu erheben und dann langsam abzufallen.
Wird die Körpertemperatur eines Pferdes schon vor der Impfung
fieberhaft erhöht gefunden, so ist der Effect der Impf ung unsicher
zu beurtheilen und daher solche zu unterlassen, bis die Temperatur
entsprechend nieder steht (da jedoch rotzkranke Pferde schon gewöhnlich
eine fieberhafte Temperatur von 39—39,4 haben, kann die Reaction den¬
noch sehr anschaulich werden).
Die Zeit des Eintrittes der Reaction liegt je hach dem In¬
dividuum früher oder später nach der Impfung.
Es kann der Beginn der Reaction schon in der 3. Stunde oder auch
erst in der 15. Stunde nach der Impfung zu beobachten sein; das erst¬
malige Maximum der Steigerung ist zumeist zwischen der 6.—14. Stunde,
die zweitmalige Steigerung zwischen der 18.—22. Stunde nach der Impfung
wahrzunehmen. Der vollständige Rückgang der febrilen Hyperthermie
findet meist schon in 24 Stunden, zuweilen erst in 30—40 Stunden statt.
Steigt die Körperwärme in typischem Verlaufe um 1,3—1,9° C.
über die unmittelbare Vortemperatur oder 0,5 über die frühere Maximal¬
temperatur, so ist die Reaction unsicher und bedarf das Pferd einer
Nachimpfung (s. u.)
Eine typische Temperatursteigerung auf nur 1,2° (über die unmittel¬
bar vor der Impfung bestandene Temperatur) und alle atypischen
Erhöhungen der Eigenwärme lassen einen Schluss auf Vorhandensein
von Rotz nicht z u.
Als atypisch ist jede plötzlich auftretende steile Temperatur¬
erhöhung anzusehen, welche ebenso rasch oder auch langsamer abfällt,
aber von keiner zweiten Exacerbation gefolgt ist, oder wo eine zweitmalige
Erhebung so niedrig liegt, dass sie dio Temperatur vor der Impfung nur
um einige Zehntelgrade überragt (Schindelka, Foth). Sind die be-
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221
treffenden Pferde der Ansteckung oder der Seuche verdächtig, so bedürfen
sie der Nachimpfung. Die atypische Temperatursteigerung, welche auch
über 2° C. erreichen kann, tritt meist schon ungemein rasch, 2—4 Stunden
nach der Impfung ein, in manchen Fällen jedoch erst 9 Stunden nach der
Impfung. Derartige atypische Hyperthermien sind aber in der Regel nur
nach starken Mallei'ndosen zu beobachten (Schindelka); bei den schwä¬
cheren bleiben sie aus, wesshalb sich empfiehlt, von dem Trockenmallein
die Dosis von 0,05 beizubehalten.
Ausser der thermischen Reaction kommt in vielen Fällen auch noch
eine organische Reaction (Nocard), eine locale und Allgemein¬
wirk ang des Malleiße zu Stande; dieselbe ist jedoch diagnostisch fast
gar nicht verwerthbar, da sie inconstant, individuell sehr verschieden,
auch von der Concentration, von Verunreinigungen und Nebenproducten
im Maliern abhängig ist (Johne, Schindelka). Es kommen diese
organischen Reactionen ebensowohl bei nichtrotzigen, wie bei rotzigen
Pferden vor.
Die örtliche Reaction besteht in der Entwicklung eines mehr oder
weniger beträchtlichen entzündlichen Oedems im Bereich der Impfstelle,
welches indess binnen kurzer Zeit wieder verschwindet. — Abscesse und
Phlegmone bilden sich nur, wenn man unreinlich manipulirt hat. — Die
Allgemeinreaction, welche der Ausdruck einer Giftwirkung des Malieins
ist 1 ), äussert sich in sehr variablen Graden. Es kommt dazu, dass die
Pferde eine hochgradige Abspannung und Mattigkeit erlangen. Die Fress¬
lust wird aufgehoben, Muskelzittern, .selbst Schüttelfröste werden beob¬
achtet ; die Pferde in solchem. Reactionsstadiura ähneln dummkollerischen
oder pferdestaupekranken Thieren, lassen den Kopf hängen, halten die
Augen ganz oder halb geschlossen, zeigen gesträubte Haare, kühle Haut,
schwachen Puls. Nicht selten bekommen sie Kolikerscheinungen, Geifern,
stärkere Defäcation, Polyurie, Athmungsbeschwerden, verschärftes Vesi-
culärathmen, feuchte Rasselgeräusche, serösen, oft reichlichen Nasenaus¬
fluss und Husten (Alles auch die nichtrotzigen Pferde). (Schindelka.)
Dass die erwähnten Nebenerscheinungen zum Theil von der Dosis,
zum Theil von der Fabricationssorte des Maileins abhängig sind, geht be¬
sonders aus Schinde lka’s Mittheilungen hervor, insofern bei kleinen
Dosen wohl die characteristische thermische Reactioa eintrat, aber Neben¬
erscheinungen fehlten, und ferner bei grösseren Dosen des Preisz’schen
Malleins die Nebenerscheinungen ganz ausblieben, während sie bei Foth-
schern Mallein (gr. D.) fast nie zu vermissen waren.
Die Nachimpfungen der unsicher reagirt habenden Pferde sollen
nicht früher als 14 Tage nach der erstmaligen Impfung in-
scenirt werden. Aus den gründlichen Erfahrungen, welche Schindelka
und Foth sammelten, hat sich ergeben, dass die Resultate der Nach¬
impfungen um so zuverlässiger werden, je grösser der Zeitraum ist, der
zwischen den beiden Impfungen liegt, ln kurzer Folge, 1 oder 2 Tage
nach der ersten Impfung unternommen, liefern sie einerseits der ersten
Impfung gleichwerthige Resultate, geben aber anderseits zu einer Cumula-
tion der Wirkung Anlass, welche Schlussfolgerungen nicht gestattet. Nach
14 Tagen, besser noch erst nach 4—6 Wochen versucht, bringen
sie ausschlaggebende Werthe. characteristischer Reaction oder negativen,
das Nichtvorhandensein des Rotzes bestärkenden Verlauf der Impfung
zur Schau.
Bei letzterer ungenügender oder ausbleibender Reaction empfiehlt es
sich, nach 6 Wochen noch eine dritte Nachimpfung zu bewerk¬
stelligen.
*) MalleYn hat toxische Wirkung auf gesunde Katzen.
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222
In der Regel ist eine Erhöhung der Dosis bei den Nachimpfungen
nicht erforderlich, sind aber bei den Erstimpfungen die kleinen M.-Doseo
zur Anwendung gekommen, so ist eine geringfügige Erhöhung zweck¬
dienlich (Foth. Johne); Yon Mall. sico. um 0,01 g, von Mall, crudum
0,1—0,2 ccm.
Die Nachimpfungen werden nach demselben Modus erledigt und
ihr Resultat beurtheilt, wie es ffir die Erstimpfung beschrieben ist.
Haben auch bei der dritten Impfung eines verdächtigen Bestandes
die Pferde eine Malleinreaction nicht gezeigt, so wird nach Foth dar
Bestand als seuchenfrei zu erklären und somit sohon nach 3 Monaten
die Sperre aufzuheben sein.
Diejenigen Herren, welche Mallem von uns bezogen
haben, werden gebeten, die Temperaturtabellen mir
zuzusenden und wenn möglich, die krank befundenen Organe
der wegen Rotzverdacht getödteten Pferde (gut ver¬
packt) an die Seuchen versuchsstatio n gelangen zu
lassen (was unfrankirt geschehen kann, andererseits werden
die Auslagen für solche Sendungen im Betrage bis zu drei
Mark von dem Institute gerne ersetzt, da Rotzpräparate für
die Unterrichtsdemonstration immer werthvoll sind).
Referate.
Heilung von Lahmheiten durch subcutane Injectionen
von Terpentinöl. Gagny wendet solche Injectionen an
Stelle der Yesicantion und des Feuers mit vorzüglichem Er¬
folg an, besonders bei Schulterlahmheiten. Er benutzt dazu
das offene 01. Terebinth., welches 10:1 mit einer 10°/oigen
Lösung von Guajacol in absolutem Alcohol vermischt wird.
Beinahe in der Mitte der Schulter macht er vier Injectionen
von je 1 gr, zwei vor und zwei hinter der Schulterblattgräte.
Darnach kommen die Thiere in eine grosse Box ohne weitere
Behandlung, eventuell zwei Monate lang. Ueber die Folgen
der Injection darf man nicht erschrecken: Einige Pferde be¬
kommen Schwindelanfälle, andere versagen tagelang Futter
und Getränkeaufnahme; auch nimmt die Anschwellung manch¬
mal bedeutenden Umfang an. — Eine Reihe mit anderen
Mitteln unheilbarer, aufgegebener Pferde konnte Gagny auf
diese Weise wieder hersteilen.
(Recueil de m6d. yet. 28, Feb. 1901.)
Acute Polyarthritis postpartum bei Kuben. Moussu
hat 1894 eine interessante pathologisch-anatomische Studie
über dieses Leiden veröffentlicht, in welcher als wesentliches
Unterscheidungsmerkmal dieser Gelenkaffection von anderen
hervorgehoben wird, dass sie beinahe niemals eitrig, sondern
regelmässig exsudativ oder plastisch verläuft. — Leblanc
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223
und Bittard beschreiben nun zwei Fälle dieses Leidens in
klinischer und anatomischer Hinsicht. Die Thiere bekommen
im Anschluss an Läsionen der Oeburtswege äusserst schmerz¬
hafte Gelenkanschwellungen, besonders der Extremitätengelenke
und liegen, unvermögend sich zu erheben, auf dem Boden.
In den afficirten Gelenken zeigt sich die Synovia erfüllt von
diphtheritischen Häuten und Gerinnseln, die Gelenkknorpel
sind geschwollen und entzündet. In Lunge und Leber finden
sich eiterige Herde.
L. und B. weisen auf den engen Zusammenhang der
Krankheit mit Affectionen der Geburtswege hin und erklären
die erstere für eine zweifellose Infection von den letzteren aus.
(Journal de m6d. v6t. et de zoot., April 1900.)
Die Anwendung des Serum Marmorek gegen Anasarca
im Gefolge einer infectiösen Pneumonie beim Pferde. Bei
einem sechsjährigen, an infectiöser Pneumonie erkranktem
Pferde trat am neunten Tage Anasarca auf. Das andern Tags
angewandte Serum Marmorek führte zu einer raschen Besser¬
ung des Zustandes. Während der ersten fünf Tage wurden
Dosen von 30ccm, am sechsten und siebenten Tag je
20ccm, -und am achten Tage 10ccm injicirt. Bereits am
vierten Tage liess die hochgradige Röthung der Nasenschleim¬
haut nach, die Petechien verschwanden und das Allgemein¬
befinden besserte sich zusehends. Die bedeutenden Anschwell¬
ungen wurden resorbirt ohne Anwendung irgend welcher
ableitender oder zertheilender Mittel. (Yergl. diese Wochen¬
schrift 1899, Seite 111 und 115.)
(Bourges, Revue v6t. Mai 1900.)
Die Tuberculose des Esels. Die natürliche Tuberculose
des Esels ist eine Seltenheit. Ihr thatsächliches Vorkommen
ist aber unwiderlegbar von Nocard und von Blanc (1898)
festgestellt. Nach Ansicht mehrerer Pathologen ist die ex¬
perimentelle Ansteckung so ziemlich unmöglich, wogegen
Nocard hiefür den Beweis erbrachte. Er zeigte, dass
1. es möglich ist, den Esel durch intravenöse Injection
von Menschen stammender Reinculturen zu inficiren;
2. sich die Veränderungen ausschliesslich auf die Lunge
beschränken, und zwar in Form tuberculöser Granu¬
lationen ;
3. die letzteren den typischen histiologischen Bau des
Tuberkels zeigen;
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224
4. die Infection gut ertragen wird und die Tuberkel nach
mindestens zwei Monaten spontan fibrös werden;
5. auch beim Esel eine typische Tuberculinreaction eintritt
und, wie beim Rinde, eine gewisse Gewöhnung an
dasselbe vorkommt.
(Arloing, Journal de med. y£t. (Mai 1900.)
Schmidt—Dr. Simader.
Ueber Hanfkuchen. In einer Specialstudie, welche Dr.
A. Lemcke über diesen Gegenstand veröffentlicht, spricht er
die Ueberzeugung aus, dass die bisher vielfach erzielten Miss¬
erfolge mit Hanfkuchenfütterung wohl hauptsächlich an der
ungeeigneten Fütterungsweise lagen. Der Proteingehalt der
Kuchen ist nämlich annähernd so hoch wie der der Rüb-
kuchen, aber das Eiweiss befindet sich in Mischung mit sehr
schwer verdaulichen Kohlehydraten; es kann sich desshalb
eine Hanfkuchenfütterung nur dort bewähren, wo gleichzeitig die
leicht verdaulichen Kohlehydrate von Rüben, Kartoffeln u. s. w.
verfüttert werden.
In erster Linie bildet Hanfkuchen ein gutes Haferersatz¬
mittel für ausgewachsene Pferde; es soll aber nicht mehr als
1—l i /2 kg pro Tag und Stück verabreicht werden. Ferner
hat er sich neben Hackfruchtfütterung bei Schafen bewährt;
allerdings sind auch zwei Fälle bekannt, in denen er Ver-
lemmen hervorrief. Milchkühe dürfen nur geringe Mengen
erhalten, wenn der Geschmack der Milch unverändert bleiben
soll und wenn auf gute Butterqualität Werth gelegt wird.
Mutterthiere gaben ohne geeignetes Beifutter (Rüben) eine zu
dicke Milch, die zu Verdauungsstörungen führen kann. An
Mastvieh ist der Kuchen bis zu 2 x /2 kg pro Kopf und Tag
ohne Schaden gegeben worden; minderwerthige Qualitäten
bilden in gekochtem Zustande auch ein Mastfutter für Schweine.
Eine absichtliche Verfälschung ist durch die ganze Art
der Herstellung so gut wie ausgeschlossen. Verschlechterungen
dagegen kommen nicht so selten vor, insbesondere Ver¬
schimmelung, die sich oft nur im Innern des Kuchens findet.
Verbrannte Kuchen äussern eine abführende Wirkung und
besitzen keinen oder nur äusserst geringen Nährwerth.
(Deutsche landwirthschaftl. Presse, 1901, Nr. 26.) Lindner.
Einige Ersatzfutter für Hafer in dringenden Fällen. (Der
Pferdefreund, Nr. 10, 1901.) Wenn je möglich, sollte bei der
Fütterung der Pferde nur ein Theil des Habers durch ein
anderes Kraftfuttermittel ersetzt werden. Die Ersatzmengen
liegen etwa zwischen Vs—V 2 der Haferration. Werden nur
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diese Quanta ersetzt, so darf man auf das Fortbestehen der
bisherigen Leistungsfähigkeit der Pferde rechnen.
Bewährt haben sich in diesem Sinne als Ersatzmittel des
Habers
2 kg Erdnusskuchen für 3 kg Haber
0,75 „ Cocusnusskuchen „ 1 „ „
1 „ getrocknete Biertreber „ l 1 ^ „ „
1 » » Schlempe „ l 1 /4 » »
Als empfehlenswerth wird angegeben, bei der Benützung
der Erdnusskuchen, die von den aufgeführten Ersatzmitteln
als das zweckmässigste bezeichnet werden, etwas Cocusnuss¬
kuchen mitzufüttern, um die Ration auf den genügenden Fett¬
gehalt des guten Habers zu bringen. (Dieser Grund ist
kaum stichhaltig, da die Erdnusskuchen mehr verdauliches
Fett — in 100 Theilen 7,2 Theile — als der Haber — in
100 Theilen 4,3 — erhalten. Ref.). Ueber Mais als Er¬
satzmittel für Haber sind die Ergebnisse dar Versuche bei
Pferden verschieden und im Allgemeinen nicht günstig aus¬
gefallen, Verlangt man von den Pferden andauernde Kraft¬
leistung, so ist Mais als Ersatzmittel für den Haber am
wenigsten geeignet; die Pferde zeigen sich bei Maisfütteruog
zwar gut genährt, schwitzen und ermüden aber leicht.
Bücherschau.
Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der allge¬
meinen pathologischen Anatomie von Dr. H. Ribbert,
Professor der allgemeinen Pathologie und pathologischen Ana¬
tomie in Marburg. Mit 338 znm Theii farbigen Textfiguren.
Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel, 1901.
Die Zahl der Lehrbücher über allgemeine Pathologie und
pathologische Anatomie ist im Allgemeinen nicht gross, in der
neueren Zeit fehlt es sogar an geeigneten Werken dieser Art.
Um so mehr ist es zu begrüssen, in dem vorstehenden Lehrbuche
diesem Mangel in hervorragender Weise abgeholfen zu sehen.
Der Herr Verfasser hat es ausgezeichnet verstanden, seinem
Werke alle diejenigen Eigenschaften zu verleihen, welche beson¬
ders der Neuling beanspruchen möchte: Zunächst übersichtliche
Gruppirnng des Stoffes, leicht verständliche Darstellung, Vermeid¬
ung ausgedehnter Erörterung von Controversen, Erläuterung des
Inhalts durch entsprechende Figuren und Beschränkung auf die
Besprechung der wichtigsten Thatsachen.
Diese für jedes zur Einführung in eine Disciplin bestimmte
Lehrbuch empfehlenswerthen Eigenschaften drücken dem vor¬
stehenden seinen Stempel $uf. Ein.Blick in das Inhaltsverzeichniss
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226
zeigt, wie übersichtlich und wohlgeordnet der vielseitige Stoff
bearbeitet ist, Die Yorlesungsform der Darstellung trägt nicht
unwesentlich zu der lebhaften und ansprechenden Darstellung bei,
welche an allen Stellen wahrzunehmen ist. Um den in die neue
Disciplin Einzuführenden nicht zu verwirren, ist nach Möglichkeit
vermieden, streitige Dinge überhaupt oder nur eingehend zu er¬
örtern. Durch eine grosse Zahl vorzüglicher Abbildungen wird
das im Text Gesagte veranschaulicht und somit dem Yerständniss
näher gerückt. Schliesslich hat es der Herr Verfasser nach
Möglichkeit vermieden, durch zu breite Erörterung von Neben¬
dingen die Hauptsachen zu benachtheiligen.
Da die Hauptthatsachen der allgemeinen Pathologie und der
allgemeinen pathologischen Anatomie des Menschen auch auf der
Pathologie der Tbiere zutreffen, zum Theil aus dieser gewonnen
sind, so wird das Werk auch in thierärztliohen Kreisen als zu¬
verlässiger Führer in eine der wichtigsten Disciplinen begrüsst
werden und wir können das von der Verlagshandlung in einer
ihres Rufes würdigen Art ausgestattete Werk aus voller Ueber-
zeugung bestens empfehlen.
Prof. Dr. Schneidemühl (Kiel).
Personalien.
Die Verwesung der Bezirksthierarztstelle in Schongau wurde dem
früheren Verweser der Bezirksthierarztstelle in Traunstein, Armin Fes er,
die Verwesung der Bezirksthierarztstelle in Krumbaoh dem Thierarzt
Karl Rauscher—München und die Verwesung der Bezirksthierarztstelle
in Regen dem Thierarzt Edwin Gutmayr—München übertragen.
Gauverfoand Nordfranken.
Die nächste Zusammenkunft findet am Sonntag, den
19. Mai, Nachmittags im Restaurant Wittelsbach in
Kulmbach mit Betheiligung der Damen statt, wozu hiemit
freundliche Einladung mit der Bitte um zahlreichen Besuch
ergeht. Hohenleitner.
Bekanntmachung.
Die Distriktsthierarztstelle in Arnstein (Unterfranken) mit einem
jährlichen Functionsgehalt von 600 M. ist wieder zu besetzen. Bewerber
wollen ihre Gesuche unter Vorlage des Approbationsscheines, etwaiger
Zeugnisse über bisherige Praxis etc.
big 15. Mai ds. Js.
bei dem unterfertigten Amte einreichen.
Karl stadt, ‘29. April 1901.
Königl. Bezirksamt.
I. V.: Dr. Schmidt.
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227
1
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i
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liehe Wirksamkeit des Creohn als im
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aeavöfm Desinficiens, befähigt es nicht allein Hufe
vor Krankheiten zu schützen,. sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
Es empfiehlt sich daher ln allen Fällen
Creolin-Hufschmiere
ausschliesslich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund« : Die gründliche Deslnfection. der Pferdc-
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten von grösserer Wichtigkeit,
als die thierärztliche Behandlung kranker Thiere.
Die Wortmarke ,,Creolin“ ist als Waarenzeichen geschützt. Ich warne
vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
William Pearson, cremon 8, Hamburg.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, au richten. D. Red.
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Woc
Al Lm I
irift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 14. Mai 1901. Nr. 20.
Inhalt: Brandl und Gmeiner, Die Räude des Sohafes und ihre Behandlung.
— Die Vereinfachung des dienstlichen Verkehrs in Bayern. — Kurze
Mittheilungen aus der Praxis. — Referate. — Personalien. — Inserate.
Die Räude des Schafes und ihre Behandlung.
Aus dem pharmakologischenlnstitut der k. tbierärztl. Hochschule München.
Von J. Brandl und F. Gmeiner.
Historischer Ueberbltek Aber die Bände und ihre
Therapie.
Die Räude des Schafes ist eine in ihrem Verlaufe, wenn
auch nicht dem Wesen nach, seit den ältesten Zeiten bekannte
Krankheit. Schon Marcus Porcius Cato 1 ) hat sie er¬
wähnt und in seinen Schriften davor gewarnt; er gab Hunger
und Nässe, vorwiegend anhaltendem Regen die Schuld. Ihrer
Genese nach blieb aber diese Form der Scabies bis zu Beginn
des 19. Jahrhunderts in Dunkel gehüllt. Zwar wurde ihrer in
thierärztlichen und landwirtschaftlichen Werken immer wieder
gedacht und eine Unmenge von Mitteln dagegen empfohlen,
aber es gelang nicht, der allgemeinen Verbreitung Einhalt zuthun.
Zu Ende des 18. Jahrhunderts hatte bereits, vorwiegend
in Folge der genauen Untersuchungen von Boüorao 2 ), Re di 2 )
und Gestoni 3 ), die Meinung Anhänger gefunden, dass Milben
die Erreger der Krätze beim Menschen seien. Diese An¬
schauung schien aber bald in Vergessenheit geraten zu sein,
bis sie Wichmann 4 ) durch seine Forschungen über die
*) De re rustica, Cap. V.
2 ) Oßservazioni intorno a pellicelli del corpo umano fatte dal Dottor.
G io van. Cosimo Bonomo e da lui con altre Osservazioni soritte in
una Lettera all illustro Sig. Francesco Red i, Firenze, 1687.
8 ) Lettera del Sig. Diacinto Cestoni al Sig. Ant. Vallnisnieri,
Livorno, 1710.
4 ) Aetiologie der Krätze, Hannover, 1786.
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230
Krätze wieder zur Geltung brachte. Er war es auch, der sich
dahin aussprach, „dass die Räude bei den Schafen eben dasselbe
sei, was man bei den Menschen Krätze nennt, und dass sie
von eben derselben Milbe hervorgebracht wird“.
Die Annahme Wichmann’s, welche Milben als Ur¬
sache der Krätze der Thiere festlegte und demgemäss zur
Heilung lediglich die Vernichtung der Milben für geboten
hielt, blieb bei den damaligen Thierärzten nicht unbeachtet.
Professor Abilgaard zu Kopenhagen theilte bereits im August
1787 Wichmann mit, dass in der dortigen Thierarzneischule
diese Annahme sich bestätige, da die Krätze bei Thieren mit
einem „äusserlichen“ Mittel geheilt werden könne.
Zur weiteren Begründung führte Wichmann noch an,
dass auch in der Provinz Leicester eine von Banks 1 ) gegen
Schafräude empfohlene Behandlung, welche nur in der äusser-
lichen Anwendung einer Salbe bestehe, sich sehr eingebürgert
habe und ausgezeichnete Dienste leiste. Diese Salbe war
zusammengesetzt aus: Quecksilber 4, venetianischer Terpentin
2, Terpentinöl 1 und Schweinefett 16 Theilen.
Viedebandt 2 ) äusserte sich über die Schafräude bezw.
über die „Krätze der Thiere“ folgendermassen: „Prüfet man
sorgfältig und unbefangen, so muss man finden, dass ur¬
sprünglich die wahre Räude aller Thierkörper von gewissen
Insecten (Milben) herrühre; die auch an die Schafe entweder
ursprünglich aus der Luft, vom Grase oder durch unmittel¬
bare Uebertragung (Infection) kommen; und sich, wo nicht
selbst in die Haut, vorzüglich durch die oberen Schweislöcher
hineinarbeiten; doch mittels eines Stiches ihre Eyer unter die
Oberhaut als in eine Mutter legen, sobald das Schaf nur eine
empfängliche Beschaffenheit (Disposition) dazu hat . . . Das
Insect geht also wirklich ein, so wird dies Umherarbeiten,
Nagen und Beissen immer dem Schaaf unausstehlich: daher
es sich reibt, kratzt, schauert, sich beisst, sich umherwirft.
Als Grundsatz £ür die Heilung stellt er folgenden auf: „Alles ist
wieder die Schaaf-Räude Mittel, was die Insecten und ihre
Bruth tödtet, das Schadhafte der Haut bessert und die daher
entstandene Schärfe hebet.“
Viedebandt begründete das „Daseyn der Insecten bei
der Räude“ mit der Unzulänglichkeit aller anderen Hypo-
Transactions of the society for encouraging arls and manufactures,1789.
2 ) Practische Abhandlung über die vollkommene Heilung der ur¬
sprünglich erörterten Schafräude, Stettin, 1790. Nachtrag zur Berichtig¬
ung und Vervollständigung der Abhandlung über die Heilung der Schaf¬
räude, Stettin, 1791. Anhang von der Heilung der Pferde u. s. w. Thier¬
räude, Stettin, 1791,
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thesen, mit der Aehnlichkeit der gleichartigen Räude anderer
Thiere, z. B. der Pferde und ihrer Heilung, vorzüglich mit
der Aehnlichkeit der Krätze des Menschen, weiters mit der
Fruchtbarkeit und Schnelligkeit der Ansteckung und endlich
mit der Wirkung der Heilmittel.
Diesen Schlussfolgerungen Viedebandt’s darf gleich¬
wohl, wenn sie auch einen lichtvollen Zusammenhang ge¬
währten, nur rein theoretischer Werth zugemessen werden, da
er die Milben selbst nicht gesehen, ihre Existenz vielmehr
nur vorausgeahnt hatte.
Die Räudemilbe beim Schaf wurde zuerst von Walz 1 )
aufgefunden. Derselbe begnügte sich nicht allein damit die
Milbe nach Gattung, Familie, äusseren Kennzeichen, Ver¬
schiedenheit der Geschlechter u. s. w. zu beschreiben, er hat
auch Uebertragungsversuche mit befruchteten Weibchen vor¬
genommen, den Verlauf der Krankheit genau studirt und
experimentell einwandsfrei erstmalig die Räude erzeugt. Die
sechs Abbildungen, welche Walz geliefert, sind so trefflich,
dass Gerlach io seinem 50 Jahre später erschienenen Werk
„Krätze und Räude“ noch sagen konnte, sie wären bis in
seine Zeit herein als die besten von den Schafmilben zu be¬
trachten gewesen, und die Mangelhaftigkeit in den Einzel¬
heiten müsse lediglich der Unvollständigkeit der Mikroskope
jener Zeit zugerechnet werden.
Auch der Behandlung der Krankheit hat sich Walz
erfolgreich zugewendet und seinen Bemühungen gelang es
durch Entdeckung und Erprobung eines Mittels, das nach ihm
Walz’sche Lauge benannt und bis vor Kurzem noch benützt
wurde, der Räude wirksam entgegen zu treten. Walz sprach
die Milben als solche nicht als die jedesmalige und alleinige
Ursache der Schafräude an, sondern er neigte der Ansicht
hin, dass lange Zeit einwirkender Regen die Empfindlichkeit
einer bestimmten Hautstelle sehr herabsetze, die Functionen
derselben vermindere, ein Ausschwitzen seröser Flüssigkeit
and durch Verdunsten derselben Borkenbildung herbeiführe
sowie durch chemische Veränderung die Erscheinung kleiner,
selbstständiger, mit dem Fortpflanzungsvermögen begabter or¬
ganischer Gebilde, also Milben, zur Folge habe. Der Werth
seiner Entdeckung wird dadurch nicht vermindert, da mit
dieser Erklärung nur eine Reproduction der Ansichten der
damaligen Zeit über die Entstehung von Lebewesen wieder¬
gegeben ist.
Die Resultate der Walz’schen Untersuchungen haben
*) Natur und Behandlung der Schafräude, Stuttgart, 1809.
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sehr bald eine grosse Reihe von Anhängern gefunden und
vielen späteren Abhandlungen über die Schafräude als Grund¬
lage gedient. So erwähnen Gohier 1 ), Fournier 2 ), Nie-
mann 8 ) und Andere in ihren Arbeiten die Walz’schen Er¬
gebnisse, besprechen dieselben mehr oder weniger eingehend
und geben theilweise die Abbildungen der Schafmilben unter
Benützung der Walz'schen Originale.
Entscheidende Aufschlüsse erbrachte erst Hertwig 4 ) mit
seinen Forschungen über die Ansteckung, Lebensdauer und
Lebensbedingungen der Milben des Schafes. Die Resultate
seiner jahrelangen diesbezüglichen Arbeiten fasste er in folgende
Sätze zusammen:
1. Die Räude kann von einem Schaf auf ein anderes nur
durch Milben mit Gewissheit übertragen werden.
2. Die Ansteckung vermittels der flüssigen Materie, welche
an den Räudegeschwüren sich findet, ist nur unsicher
und wird nur in einzelnen Fällen und nur dann bewirkt,
wenn in dieser Materie Milben vorhanden sind.
3. Ebenso erfolgt durch Uebertragung des Blutes von
räudigen Schafen auf gesunde keine Ansteckung.
4. Reine Räudeschorfe rufen keine Ansteckung hervor,
sie mögen im trockenen oder im erweichten und auf¬
gelösten Zustand auf die Haut eines gesunden Schafes
gebracht werden.
5. Bei einem mehrtägigen Zusammensein gesunder Schafe
mit räudigen wird die Krankheit sicher auf die ersteren
übertragen.
6. Die geschehene Ansteckungskrankheit entwickelt sich
ziemlich gleichmässig zwischen dem 10. und 16. Tag.
7. Die Schafräude ist an und für sich bloss eine örtliche
Hautkrankheit und kann als solche durch sehr lange
Zeit bestehen, ohne den allgemeinen Gesundheitszustand
des betroffenen Thieres zu stören.
Hertwig verdanken wir ferner Kenntnisse darüber, wie
lange die Milben auf der todten abgezogenen Schafhaut be¬
ziehungsweise der Wolle unter verschiedenen Temperatur¬
verhältnissen zu leben vermögen und wie lange dann, wenn
sie von der Haut entfernt aufbewahrt werden. Auch Ver-
*) Memoires et Observations sur la Chirurgie et la medecine veteri-
naires, Tome II, Lyon, 1816.
2 ) Diotionnaire des Sciences medicales, Tome XVIJ, Paris, 1818.
8 ) Ueber die 8chafräude, nebst Angaben der Vorkehrungen gegen
dieselbe, Halle, 1819.
4 ) Magazin der gesammten Thierheilkunde, 1835. Ueber die Krätz-
oder Räudemilben, 1844. Encyklopädisches Wörterbuch der medicinischen
Wissenschaften, Band 28, Berlin, 1844.
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}
suche über die Raschheit der Wirkung solcher Arzneimittel,
welche die Milben am sichersten tödten, hat Hertwig aus¬
geführt.
Von Hering 1 ) stammt eine kurze Beschreibung der ana¬
tomischen Merkmale der Schafmilben; in gleicher Abhandlung
erwähnt er die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen
von Walz und Hertwig und theilt im Verlaufe der Erörterungen
einige seiner eigenen Forschungen über die Lebenszähigkeit
und Ansteckungsfähigkeit der Milben mit.
Ritter 2 ) erhob gegen die von Walz, Hertwig und Hering
festgelegten Sätze, welche er im Wortlaut in einem einige
Jahre später erschienenen, ziemlich umfangreichen Werk brachte,
Einspruch; da er aber weder eigene Versuche noch Nach¬
prüfungen angestellt hat, sind seine an die Arbeiten obiger
Forscher geknüpften Einwendungen gegenstandslos.
Der Begründer der heute geltenden Etymologie der Schaf¬
milben ist Gervais 3 ), welcher für die Acarides drei Gattungen
aufstellte: Glycophagus, Sarcoptes (mit rudimentären Hinter¬
beinen) und Psoroptes (mit Saugnäpfen und Borstenträgern an den
Hinterbeinen). In die letztere Gattung reihte er auch Dermato-
coptes ovis ein.
Speciell anatomisches Interesse beanspruchen die Arbeiten
von Raspail 4 ) über die Naturgeschichte der Krätzmilbe, in
denen auch der Milbe des Schafes Erwähnung gethan ist.
Mit Untersuchungen über die Dermatocoptes-Milbe hat
sich van Leeuwen 5 ) befasst, dieselbe näher beschrieben und
vergleichend pathologische und therapeutische Angaben in seinen
Schriften niedergelegt.
Wesentliche Verdienste nm den Ausbau der Kenntnisse
über die Schafmilbe und der von ihr verursachten Krankheiten
erwarben sich Bourguignon und Delafond 6 ). Neben den
feineren anatomischen und biologischen Forschungen waren es
namentlich Ursache und Uebertragung der Schafräude, welche
sie einer eingehenden Untersuchung unterworfen haben.
1 ) Verhandlungen der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Aca-
demie der Naturforscher, 18. Bd., 2. Abth., 1838.
2 ) Die Schafräude, Stuttgart, 1841.
8 ) Annales des Sciences naturelles, Tome XV, 1841.
4 ) „Histoire naturelle de la sante et de la maladie chez ies vegetaux
et chez las animaux eu general et en particulier chez l’homme 44 , Tome II,
Paris, 1846.
6 ) Nederlandsch Lancet. Jaargang I, Serie II, 1845—1846.
Vee Artsenijkundig Magazijn door A. Numan VI. Deel. Amster¬
dam, 1847.
6 ) Gazette medicale de Paris, 1851. ßecueil de medecine veterinaire,
1856. Bulletin de l’academie imperiale de medecine, Tome XXIII, Paris,
1857—1858. Memoires Acad. des Sciences, Tome XVI, Paris, 1862.
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1
234
Yon Mathieu 1 ) stammen Versuche, welche sich mit der
Wirksamkeit der verschiedenen Räudemittel an isolirten Schaf¬
milben und mit den Lebensbedingungen dieser unter dem
Einfluss von Wärme und Kälte beschäftigten.
Gerl ach 2 ) vervollkommnete die Lehre von den Milben
des Schafes durch seine umfangreichen und eingehenden Unter«
suchungen, welche vorwiegend auf die Fortpflanzung, Ent¬
wicklung und Lebensweise der Milben, sowie auf die Behand¬
lung der Schafräude sich erstreckten.
Fürstenberg 3 ) hat seine, fast ein Dezennium hindurch
fortgeführten, exakten Forschungen über die Anatomie, Physio¬
logie und Systematik der Milben des Menschen und sämmt-
licher Hausthiere in einem umfangreichen, mit 138 grossen
Abbildungen versehenen Werk, welches auch den historischen
Theil in vollendeter Weise behandelt, niedergelegt. Darin ist
der Dermatocoptes-Milbe des Schafes ausführlich Erwähnung
gethan.
In der neueren Zeit haben sich um die Entomologie der
Milben, speciell der Schafmilben, hauptsächlich R o b i n 4 ),
Megnin 5 ), Railliet 6 ), Canestrini und Kramer 7 ) Ver¬
dienste erworben.
Mehr oder weniger eingehend sind die Milben beziehungs¬
weise die Räude des Schafes behandelt in den Lehrbüchern
von Dieterichs 8 ), Funke 9 ), Hering 10 ), Spinola 11 ),
Anacker 12 ), Pütz 13 ), Perroncito 14 ), Zürn 15 ), Roll 16 ),
Schneidemühl 17 ) u. s. w.
*) Recueil de Medecine veterinaire, IV. Serie, Tome III, 1856.
2 ) Krätze und Räude, Berlin, 1857.
8 ) Die Krätzmilben der Menschen und Thiere, 1861.
4 ) Gazette medicale de Paris, 1859. Comptes rendus, 1859. Bulletin
de la societe imperiale des naturalistes de Moscou, 1860.
5 ) Revue et Magasin de Zoologie, 1877. Les parasites et les mala-
dies parasitaires, 1880.
6 ) Zoologie mädicale et agricole, 1895.
7 ) Schultze’s Thierreich (7. Liefg.: Demodicidae et Sarcoptidae), 1899.
8 ) Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie für Thierärzte
und Landwirthe, 1851.
9 ) Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie der grösseren
nutzbaren Hausthiere, 1852.
10 ) Specielle Pathologie und Therapie für Thierärzte, 1858.
n ) Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie f. Thierärzte, 1863
12 ) Specielle Pathologie und Therapie für Thierärzte, 1879.
18 ) Die Seuchen- und Herdekrankheiten unserer Hausthiere, 1831.
14 ) I parassiti delP uomo e degli animali utili, 1882.
lb ) Die thierischen Parasiten auf und in dem Körper unserer Haus-
säugethiere, 1882.
16 ) Lehrbuch der Pathologie und Therapie der Hausthiere, 1885.
17 ) Lehrbuch der vergleichenden Pathologie und Therapie des Men¬
schen und der Hausthiere, 1898.
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235
Unter den Monographien über die Schafräude sind her¬
vorzuheben diejenigen von May 1 ), Kaiser 2 ), Oster tag 3 ),
Schneidemühl 4 ), Salmon und Stiles 5 ).
Besonderes Interesse verdienen die Abhandlungen über
die Räude des Schafes von Mögnin 6 ), Neumann 7 ), Fried¬
berger und Fröhner 8 ). (Fortsetzung folgt.)
Die Vereinfachung des dienstlichen Verkehrs in Bayern.
Die Nr. 20 des Ges.- u. Y.-O.-Bl. für das Königreich
Bayern vom 1. Mai d. Js. enthielt eine Bekanntmachung der
fünf Civilstaatsministerien, nach welcher die seitherigen
Bestimmungen über den dienstlichen Verkehr einer Umarbeit¬
ung unterzogen wurden, deren Ergebniss mit Allerhöchster
Genehmigung des Regenten in der erwähnten gemeinsamen
Bekanntmachung vom 28. April d. Js. niedergelegt ist. Nach
den neuen Bestimmungen sind die Unterwürfigkeitsformeln
„gehorsam“, „gehorsamst“ und „ehrerbietigst gehorsamst“,
welche bisher sowohl für die amtlichen Berichte als auch für
Eingaben von Privaten vorgeschrieben waren, vollständig abge¬
schafft. Mit dieser Neuerung ist einem altem Wunsche der
Thierärzte hinsichtlich ihres schriftlichen Verkehres mit den
k. Bezirksämtern etc. Rechnung getragen. Für den schriftlichen
Verkehr der Behörden untereinander wird durch Einführung
eines Einheitsformulars wesentliche Vereinfachung geschaffen,
in welchem im Interesse der leichteren Lesbarkeit des Textes
alles formelle Beiwerk an den Rand verwiesen ist.
Auf der linken Hälfte der ersten Seite (halbbrüchig)
sind vorzutragen :
1. die Geschäftsräume,
2. die Bezeichnung der absendenden Stelle oder Behörde,
3. die Adresse,
4. der Betreff,
5. die Bezeichnung des veranlassenden Einlaufes, falls
ein solcher vorliegt (z. B. „Zur Regierungsentschl. v.
4. Juli 1901 Nr. 10500“),
6. Die Zahl und Art der etwaigen Beilagen (z. B. Bei¬
lagen: 1 Aktenheft, 6 einzelne Schriftstücke).
*) Die inneren und äusseren Krankheiten des Schafes, 1868.
2 ) Vorträge für Thierärzte, IV. Serie, Heft 10, 1882.
8 ) Anleitung zur Erkennung und Beurtheilung der Schafräude, 1882.
4 ) Die Schafräude, 1886.
5 ) Sheep Scab itp Nature and Treatment, 1898.
6 ) Les parasites et les maladies parasitaires, 1880.
7 ) Traite des maladies parasitaires, 1892.
8 ) Lehrbuch der speciellen Pathologie u. Therapie der Hausthiere, 1900.
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Auf der rechten Hälfte der ersten Seite ist oben der Ort
und Tag anzugeben; in der Höhe des Betreffs ist mit
dem sachlichen Yortrag zu beginnen.
Die zweite und die folgenden Seiten sind nach der ganzen
Breite unter Freilassung eines entsprechenden Heftrandes zu
beschreiben. Der Betreff ist möglichst kurz zu fassen;
im Texte sind überflüssige Bezugnahmen auf den Betreff und
auf den veranlassenden Einlauf zu vermeiden,
Die Unterfertigung erfolgt unmittelbar unter dem sach¬
lichen Vortrage, im Falle der Stellvertretung mit dem Bei¬
satze: „l. V.“ Ein im Berichte enthaltener Antrag ist äusser-
lich hervorzuheben und, soweit angängig, entweder an den
Eingang oder an den Schluss des Berichtes zu stellen.
Bei amtlichen Schreiben an Beamte, Bedienstete und
Privatpersonen ist in der Adresse in der Regel nur die Be¬
zeichnung: „Herr“ („Frau“, „Fräulein“) und im Texte die
Anrede „Sie“ zu gebrauchen.
Bei amtlichen Schreiben an Einzelbeamte, die eine Be¬
hörde vertreten, ist in der Innen- und Aussenadresse der
Name des Beamten nur dann anzugeben, wenn es sich um
dessen persönliche Angelegenheit handelt oder wenn besondere
Verhältnisse dies erfordern. Wird der Name nicht angegeben,
so sind etwaige persönliche Titel des Beamten, z. B. „K.
Oberlandesgerichtsrath“, „K. Regierungsrath“, und dem Namen
beizufügende Prädikate, z. B. „Excellenz“, gleichfalls weg¬
zulassen, so dass die Adresse beispielsweise lautet: „An den
Herrn K. Oberamtsrichter in X.“, „An den Herrn K. Bezirks¬
amtmann in Y.“ u. s. w.
Soll erkennbar gemacht werden, dass das Schriftstück
nur von dem Adressaten geöffnet werden darf, so ist die
persönliche Adresse mit dem Vormerk „Eigenhändig“ anzu¬
wenden.
Zur Versendung von Schriftstücken sind ausschliesslich
Umschläge zu verwenden; das noch immer theilweise
übliche Verfahren der Zusammenfaltung und Versiegelung eines
Schriftstückes hat fortan zu unterbleiben. Die Umschläge
sind, soweit möglich, mit Vordruck zu versehen.
Die amtliche Schreibweise soll knapp und klar sein und
sich dem allgemeinen Sprachgebrauche anschliessen. Ent¬
behrliche Fremdwörter sind zu vermeiden. Alle Unterschriften
müssen gut leserlich sein.
Gebräuchliche und leicht verständliche Abkürzungen sind
auch in allen Reinschriften zulässig.
Von mechanischen Hilfsmitteln, wie Autographie-Pressen,
Hektographen (für Schreiben von vorübergehender Bedeutung),
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237
Schreibmaschinen und Buchdruck, ist nach Massgabe der ver¬
fügbaren Mittel möglichst weitgehender Gebrauch zu machen.
Die Benützung von Postkarten für kurze Mittheilungen
ist im Verkehre mit Behörden und Privaten zulässig, soweit
eine unverschlossene Mittheilung in dieser Form unbedenklich
erscheint. Soweit dies thunlich und mit dem geordneten Ge¬
schäftsgänge vereinbar ist, sind die amtlichen Angelegenheiten
mit anderen Stellen und Behörden, mit Referenten und Ab¬
theilungen derselben Stelle oder Behörde, sowie mit Privat¬
personen im mündlichen oder telephonischen Verkehre zu er¬
ledigen. Erforderlichen Falles ist über die Unterredung eine
kurze Vormerkung zu den Akten zu machen.
Die vorstehenden Vorschriften treten sofort in Wirksam¬
keit. Die vorhandenen Formulare für amtliche Berichte,
Schreiben etc. dürfen noch benützt werden. Gg.
Kurze Mittheilungen aus der Praxis.
Ein Fall von habitueller Kolik bei einem Pferde in Folge
eines zu langen Zahnes. Von Dist.-Thierarzt Sauer-Geisen-
feld. Eine 7jährige Stute kam innerhalb 14 Tagen zweimal
wegen Kolik in Behandlung; die Krankheit äusserte sich jedes¬
mal durch starke Auftreibung des Hinterleibes, verzögerten
Kothabsatz, sowie heftige Unruheerscheinungen. Sie wurde
in beiden Fällen durch Frottiren des Bauches mit spirituösen
Einreibungen, Infusionen von Seifenwasser in den Mastdarm,
sowie subcutane Injectionen von 0,1 Eserin, sulfuric. schnell
behoben. Während der Behandlung des zweiten Falles berichtete
der Besitzer, dass das Pferd schon öfters, mindestens 6—8 mal,
von leichteren Kolikanfällen betroffen worden sei. Es fresse
auch nie recht gut, zeige häufig einen sehr übelriechenden,
von schlecht gekauten Futtertheilen untermischten Koth, bleibe
trotz geringer Arbeit und Verabreichung besten Futters in einem
sehr mässigen Ernährungszustände.
Die nach diesen Mittheilungen vorgenommene Untersuchung
der Zähne ergab, dass der zweite Prämolare der rechten Unter¬
kieferseite etwa 2 Finger breit über die anderen Zähne hin¬
wegragte. Er war keilförmig nach oben und sehr scharf
zugeschliffen und passte bei geschlossenem Kiefer in eine
zwischen dem ersten und zweiten Prämolaris der rechten Ober¬
kieferseite bestehende, fingerstarke Lücke. In der Fortsetzung
dieser Spalte war das Fleisch niederwärts, der Gaumen
bis auf die knöcherne Unterlage durch die vorstehende Zahn¬
spitze derart durchgeschnitten, dass man bequem einen kleinen
Finger in die entstandene Furche legen konnte. Die Länge
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der Zahnspitze war so bedeutend, dass die Reibflächen der
Backenzähne bei geschlossenem Kiefer sich noch ganz schwach
berührten. Es liegt auf der Hand, dass dadurch das Kau¬
geschäft, insbesondere von Körnerfutter, nur sehr unvollständig
geschehen konnte. Die beobachteten krankhaften Erscheinungen,
die ihren Höhepunkt wiederholt in Kolikanfällen in Folge
Gährung der schlecht gekauten Futtermassen erreichten, finden
somit leicht und folgerichtig ihre Erklärung.
Gegen das Grundübel des Leidens wurde operativ ein¬
geschritten, indem mit der Möller’schen Zahnscheere die her¬
vorstehende Zahnspitze abgeschnitten wurde. Das entfernte
Stück war 5 cm lang. Die Operation hatte einen durchschlag¬
enden Erfolg, insoferae als von der Stunde an die Futterauf¬
nahme ganz regelmässig erfolgte, das Thier im Ernährungs¬
zustände sich wesentlich besserte und seitdem (nahezu % Jahr)
auch keinerlei Verdauungsbeschwerden mehr erkennen liess.
Referate.
Remm und Mommsen; Der Nichtzucker der Melasse ist
bei der Fütterung der Milchkühe wirksam. (Referat von
Spiekermann in der Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs¬
und Genussmittel, 6. H. 1901.) Bei der Verfütterung von
Melasse und der entsprechenden Menge Zucker ergab Melasse
ein erhebliches Plus au Milch und Butterfett. Es lieferten
3,6 kg Zucker in Form von Melasse 19,172 kg Milch und
0,73372 kg Fett, in Form von Rohrzucker aber 16,948 kg
Milch und 0,66508 kg Fett. Zugabe von Nährsalzen zum
Zucker steigerte die Production nicht. Der Nichtzucker der
Melasse in Form von Schlempe gemeinschaftlich ‘ mit Rohr¬
zucker verfüttert, ergab noch höhere Beträge als Melasse. Es
wurden an 5 Kühe zur Grundration in der ersten Periode
6 kg Melasse, in der zweiten 2,64 kg Rohrzucker, in der
dritten 2,64 kg Rohrzucker und 3,5 kg Schlempe verabreicht.
Der Ertrag für 1000 kg Lebendgewicht und Tag war folgender:
Melasse Zucker Zucker u. Schlempe
Milch 18,000 kg 18,907 kg 18,583 kg
Fett 0,547 „ 0,525 „ 0,596 „
Die Zusammensetzung der Milch in den drei Perioden
war folgende:
Specif. Gew. 1,03021 1,03055 1,03088
Trockensubst. 16,647°/ 0 11,32 l°/o 12,057°/o
Fett 3,195°/ 0 2,840% 3,387%
Der Zucker allein hat also die grösste Milchmenge, aber
für den Tag 71 gr Fett weniger geliefert als bei gleichzeitiger
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239
Verabreichung von Schlempe. Welchen Stoffen der Melassen¬
schlempe diese ßeizwirkung — eine solche nehmen Verfasser
an — zukommt, muss zunächst unentschieden bleiben.
Durch Weiden auf Stoppeln von Gersten- und Dinkelfeldern
finden nach einem Bericht der landwirtschaftlichen Versuchs¬
station in Indiana (Ver. Staaten) viele Schweine ihren Tod,
indem die Grannen sich im Rachen festsetzen und derartige
Anschwellungen hervorrufen, dass die Thiere in Folge der Un¬
fähigkeit zur Athmung und Futteraufnahme verenden. (D. landw.
Presse 1900.) Lindncr.
Personalien.
Der Meldetermin um die Bezirksthierarztstelle in [Sohongau geht am
25. da. Mts. zu Ende. Distriktsthierarzt Karl Sauer in Geisenfeid (Ober¬
bayern) wurde zum Bezirksthierarzte in Scheinfeld (Mittelfranken) ernannt.
— Der prakt. Thierarzt Paul Süsskind von Penzberg ist als Zucht¬
inspektor des Zuchtverbandes für einfarbiges Gebirgsvieh in Oberbayern,
mit dem Wohnsitze in Weilheim, aufgestellt.
Berichtigung: Seite 222 Zeile 18 von unten muss es heissen
„offizineIle“ statt „offene“; Seite 224 Zeile 22 von oben muss es
heissen „Verlammen“ statt „Verlemmen“.
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Mitte Juli einen tüchtigen Assistenten. Radfahrer bevorzugt.
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Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
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Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
H. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 21. Mai 1901. Nr. 21.
Inhalt: Brandl und Gmeiner, Die Bftude des Schafes und ihre Behandlung,
(Fortsetzung.) — Kurze Mittheilungen aus der Praxis. — Referate. —
Mchersohau. — Inserate.
Die Räude des Schafes und ihre Behandlung.
Aus dem pharmakologischen Institut der k. thierärztl. Hochschule München.
Von J. Brandl und F. Gmeiner.
(Fortsetzung.)
Seit den ältesten Zeiten hat man eine Unmenge von
einfachen und zusammengesetzten, mehr oder weniger wirk¬
samen Mitteln in Form von Bähungen, Räucherungen, Salben,
Waschungen und Bädern zur Therapie der Schafräude in An¬
wendung gebracht.
Unter all diesen standen schon von jeher die Schwefel¬
und Quecksilberpräparate im besten Rufe. Schwefelblumen
für sich allein oder zusammen mit Schiesspulver, Kochsalz,
stinkendem Hirschhornöl, Bleiglätte, Terpentinöl u. s. w. als
Salbe galten als sehr wirksam; ebenso erfreuten sich Queck¬
silbersublimat , Quecksilberpräcipitat und die graue Queck¬
silbersalbe ausgedehnter Anwendung.
Besonderen Anklang fand früher eine Combination von
Quecksilber, Schwefel und Canthariden. Diese gegen Haut¬
ausschläge empfohlene Composition stammte von dem ums
Jahr 1800 lebenden Pharmaceuten und Thierarzt Lebas. *)
Sie bestand aus metallischem Quecksilber 6,0, Schwefelblüthen
6,0, fein gepulverten Canthariden 1,5 und Schweinefett 30,0.^
*) Pharmacie veterinaire, ohimique, thSorique et pratique. Paris
Seconde Edition, 1816, ßeite 345.
*) Diese Salbe wird von Imminger in folgender Zusammensetzung:
Quecksilber 5,0, Schwefelblüthen 5,0, feingepnlverte Canthariden 2,0 und
gelbes Vaselin 40,0 gegen Hantaffectionen der Hausthiere erfolgreich an¬
gewendet. ' ' A ■
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242
Hurtrel d’ Arboval 1 ) nennt sie eines der gewöhn¬
lichsten, zur damaligen Zeit angewandten Räudemittel, ins¬
besondere beim Pferd und Rind.
Neben dieser localen, äusserlichen Behandlung kam immer
noch eine innerliche, sogenannte allgemeine, auf welche be¬
sonderer Werth gelegt wurde, zur Durchführung. Erst mit
der Erforschung der Ursache der Räude, also mit der Ent¬
deckung der Dermatocoptes-Milben, brach sich allmählich die
Ansicht Bahn, dass für eine rationelle Therapie lediglich die
Vernichtung der Milben und ihrer Brut in Frage kommen kann.
Ausserdem sind zur Behandlung der Schafräude im Ver¬
laufe der Zeit eine Anzahl von Räudebädern zur Einführung
gekommen, deren im Folgenden in Kürze gedacht werden soll.
1. Das Räudebad nach Walz. 2 )
Man nimmt 4 Theile frisch gebrannten Kalkes, versetzt
diesen durch allmähliches Zugiessen von Wasser in einen
breiartigen Zustand, gibt hiezu 5 Theile Pottasche oder 60 Theile
Buchenasche und soviel Rinderharn, als nöthig ist, um die
Consistenz einer mittleren Latwerge zu erhalten; darunter
werden 6 Theile stinkendes Thieröl und 3 Theile Theer ge¬
mengt und das Ganze mit 200 Theilen Rinderharn (vulgo
Mistjauche) und mit 800 Theilen gewöhnlichen Wassers ver¬
dünnt. Nach 8 Tagen ist die Bade-Procedur zu wiederholen;
eventuell ist es nöthig, nach 16 Tagen ein drittesmal zu baden.
2. Das Räudebad nach Tessier. 3 )
l x /2 Kilo arseniger Säure löst man in kochendem Wasser
vollkommen auf, gibt 10 Kilo Eisenvitriol hinzu und füllt bis
100 Liter auf. Die Flüssigkeit reicht für 100 Schafe, die
vorher geschoren werden müssen; die Thiere werden zweimal
in die Badeflüssigkeit getaucht und dann mit Bürsten am ganzen
Körper tüchtig abgerieben.
Tessier, der anerkanntermassen ein hervorragender
Kenner der Krankheiten des Schafes war und sich um dessen
Zucht in Frankreich zu Ende des 18. und zu Beginn des
19. Jahrhunderts bleibende Verdienste erwarb, hat schon lange
vor Veröffentlichung seines Werkes „Ueber die Schafzucht,
im Besondern über die Rasse der Merinos 4 sich dieses Räude¬
bades zur Heilung der Schafräude bedient. War sie nur un¬
bedeutend, so benützte er Terpentin-Essenz mit Wacholderöl
0 Dictionnaire de Mädecine, de Chirurgie et d’Hygi&ne veterinaires,
1838, Tome II, Seite 626.
*) Natur und Behandlung der Sehafräude, 1809, Seite 72.
8 ) Instruction sur les bötes a laine et particuli&rement sur la raoe
des märinos, 1810.
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243
oder eine Abkochung von Tabakblättern; dagegen gebrauchte
er bei veralteter, eingewurzelter Räude erfolgreich das Arsenik¬
bad, das er für das beste Mittel hielt, wenngleich er sich der
Gefährlichkeit desselben wohl bewusst war. Er sagt hier¬
über: „Je ne connais jusqu’ici que ce mojen: c’est k ceux
qui decouvriroient d’autres aussi efficaces, sans en avoir les
inconveniens, ä nous les indiquer.“
Mit Rücksicht hierauf bedarf die allgemein festgelegte
Anschauung, als sei die Walz’eche Lauge das älteste aller
R.äudebäder, insoferne einer Einschränkung, als das Tessier’sche
Verfahren zwar ein Jahr später als dasjenige von Walz publi-
cirt, jedoch schon vor dem Jahre 1809 geübt worden war.
Ueberhaupt ist die Behandlung der Räude mit arseniger
Säure eine alte, wie die Schriften V i b o r g ’s zur Genüge be¬
weisen.
Dieses von Tessier näher beschriebene Räudebad hat
nun im Laufe der Zeit einige Abänderungen seiner Zusammen¬
setzung erfahren. So hat Clement 1 ) (1846) an Stelle des
Eisenvitriols Zinkvitriol, Mathieu 2 ) (1856) hingegen Alaun
genommen. Gegenwärtig wird in Frankreich eine unter dem
Namen „bain arsenical Trasbot“ x ) seit 1884 eingeführte Modi-
fication des Tessier’schen Verfahrens öfters benützt; die Formel
hiefür, für 100 Schafe gerechnet, lautet: 1 Kilo arsenige
Säure, 5 Kilo Zinkvitriol, */2 Kilo Aloe und 100 Liter Wasser.
Auch in Deutschland hat das Badeverfahren mit arseniger
Säure Anhänger gefunden; so hat z. B. Ke hm 3 ) dieses
Präparat bei der Therapie der Schafräude warm empfohlen.
3. Das Räudebad nach Ger lach. 4 )
Gerlach liess dem eigentlichen Räudebad ein sogenanntes
Vorbereitungsbad vorausgehen, zü dem er eine leichte Lauge
von 1 Theil Kali auf etwa 50 Theile Wasser empfahl; zu
diesem Zwecke nimmt man 40 g Pottasche und 20 g Kalk
auf 1 Liter Wasser. Das eigentliche Räudebad, welches
24 Stunden nach dem Laugenbad statthat und nach 5 Tagen
zur Wiederholung kommt, besteht aus einer 3°/o Tabaks¬
abkochung. Am zweckmässigsten finden die Bäder im Früh¬
jahr nach der Schur statt.
4. Das Räudebad nach Zünde 1. ö )
Es werden l 1 ^ Kilo rohe Carbolsäure, 1 Kilo Aetzkalk,
*) Neumann: Trait6 des maladies parasitaires, 1892, Seite 174.
*) Recueil de Medecine vetörinaire, 1856.
8 ) Repertorium der Thierheilkunde, 1869, Seite 115.
4 ) Krätze und Räude, 1857, Seite 171.
*} Journal de MSdooine veterinaire, 1867.
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3 Kilo Pottasche und 3 Kilo Schmierseife mit einander zu
einer dicken Paste gemischt und dazu 260 Liter warmen
Wassers allmählich gebracht; dieses Bad reicht für 100 Schafe
vollständig aus. Zündel liess in der Regel zweimal baden;
das zweite Bad wird drei Tage nach dem ersten ausgeführt.
Nicht wesentlich verschieden ist das von Model 1 ) em¬
pfohlene Räudebad. Es besteht aus: Terpentinöl und Aetzkalk
je 0,5 °/o, rohe Cärbolsäure l°/o, Schmierseife und Pottasche
je 2°/o. Das Baden geschieht dreimal und jedes Thier bleibt
2 Minuten lang in der lauwarmen Flüssigkeit untergetaucht.
Für tOO frischgeschorene Schafe muss man 300 Liter, für
100 ungeschorene 600 Liter Flüssigkeit rechnen.
5. Das Räudebad nach Riechelmann. 2 )
Riechelmann nimmt für 200 Schafe 8 Kilo rohe
Cärbolsäure, 5 Kilo Schmierseife, 2^2 Kilo Weingeist, 4 Kilo
Schwefelleber und ca. 1000 Liter Wasser. Die Seife wird
am Abend vor dem Baden mit dem Weingeist in ein Gefäss
gegeben und durch Umschütteln gleichmässig vertheilt; damit
wird am nächsten Morgen die Cärbolsäure versetzt, heisses
Wasser allmählich zugegossen und zum Schlüsse die gleich¬
falls in heissem Wasser gelöste Schwefelleber hineingegeben.
Dann wird aufgefüllt mit Wasser, bis man im Ganzen 1000
Liter Flüssigkeit hat, so dass auf das Schaf ca. 5 Liter treffen^
Riechelmann lässt immer zweimal, oft auch sogar dreimal die
Thiere baden.
6. Das Räudebad nach Kaiser (Marburg). 3 )
250 Liter Wasser werden mit 5 Kilo gewöhnlichem, noch
nicht ausgelaugtem Tabak gekocht, abgeseiht und 3 Kilo Soda,
IV 2 Kilo frisch gelöschten Kalkes, D /2 Kilo roher Carbol-
säure (von mindestens 50°/o Gehalt an Phenol) sowie 3 Kilo
vorher mit heissem Tabakdecoct dünn verrührter Schmierseife
hinzugesetzt. Diese Mischung reicht für 100 Schafe und wird
auf ca. 40° gehalten; das geschorene Thier bleibt 2 Minuten
im Bade und wird nachher mit Bürsten tüchtig bearbeitet.
Nach 6—7 Tagen wird das Verfahren wiederholt.
7. Das Räudebad nach Kaiser (Hannover). 4 )
Kaiser benützte die Nicotina, ein aus Tabakstengeln
hergestelltes Extract von zäher, sirupöser Consistenz, brauner
*) Repertorium der Thierheilkunde, 1889, Seite 26.
a ) Mittheilungen aus der tierärztlichen Praxis im preussisohen Staate,
1879, Seite 96.
a ) Vorträge für Thierärzte, IV. Serie, Heft 10, 1882.
4 ) Jahresbericht der Königliohen Thierarzneischule zu Hannover,
1884, Seite 110.
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Farbe und narcotischem Gerüche, das in Wasser vollständig
löslich ist«, Für je 5 Schafe löste Kaiser 2 Liter Nicotina
in ca. 300 Liter Wasser, liess jedes der geschorenen Thiere
3 Minuten lang darin baden und nachher ebenso lange ge¬
hörig mit Bürsten frottiren.
8. Das Räudebad nach Fröhner. 1 )
Fröhner lässt die Thiere unmittelbar nach der Schur
3— 5 Tage lang an den afficirten Stellen bis zur Aufweichung
der Borken mit dem Greolinliniment (Creolin und Spiritus
ää 1,0; Sap. kalin, venal. 8,0) einreiben und badet die Schafe
dann in einer 2 1 / 2 °/o wässerigen, lauwarmen Creolinemulsion
zweimal, immer 3 Minuten lang. Das zweite Bad erfolgt
nach einer Pause von 7 Tagen.
Ausserdem sind eine Reihe von Arzneipräparaten zur
Herstellung von Bädern bei der Schafräude empfohlen worden.
So haben Maisei 2 ), Imminger 3 ) und Andere das Lysol
mit rehr gutem Erfolge benützt.
Biologische Yerhältnisse des Krankheitserregers.
Psoroptes ovis (Syn. Dermatodectes ovis nach Gerlach,
Dermatocoptes ovis nach Fürstenberg, Psoroptes longirostris
nach Mögnin, Psoroptes communis var. ovis nach Railliet) ist
eitoe vbn den 5 Arten der Gattung Psoroptes, welche als
5. in der Unterfamilie Sarcoptinae figurirt; diese bilden mit
5 weiteren Unterfamilien die grosse Familie Sarcoptidae.
Die Gattung Psoroptes (t pcoqa Räude, myGGco verkrieche
mich) ist von G er vais eingeführt worden; in der thierärztlichen
Literatur Deutschlands wird allgemein an der Bezeichnung
Dermatocoptes ovis festgehalten.
Die Milbe ist mit unbewaffnetem Auge eben noch erkennbar,
deutlich besonders auf schwarzer Unterlage. Farbe mattweiss,
fettigglänzend, mit einem schwachen Stich ins Gelbliche. Kopf
und Beine ganz leicht gelbbraun; im Alter und nach dem
Tode nimmt diese Farbe besonders zu. Der Körper zeigt
eiförmige, gewölbte Form, beim Männchen mehr rundlich,
beim Weibchen länglich rund. 8 Beine. An den Seitenrändern
zwischen zweiten Vorder- und ersten Hinterbeinen leichte Ein¬
buchtung des Rumpfes. Rücken gewölbt, schwach gepanzert,
mit 2 grossen Schulterborsten besetzt. Haut schildartig, fein
gerieft. Hinterleib beim trächtigen Weibchen rund und sehr
ausgedehnt. Beim Männchen ist das Hinterende des Abdomen
*) Lehrbuch der Arzneimittellehre für Thierärzte, 1889, Seite 198.
*) Berliner Tierärztliche Wochenschrift, 1892, Seite 195.
•j Ibidem, Seite 397.
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in zwei symmetrische Lappen (Abdominallappen) ausgezogen,
welche je zwei bis drei laDge Borsten tragen. Das Weibchen
'Zeigt rechts und links von der Analöffnung je 3 Hinterrand¬
borsten.
Der Cephalothorax ist in seinem vordersten Abschnitt
zum Capitulum umgewandelt, welches länger als breit ist
und sich besonders ventral scharf vom Rumpf absetzt. Am
Capitulum unterscheidet man die dorsal liegenden Mandibeln,
die ventralen paarigen Maxillen mit den Maxillarpalpen und
die zwischen diesen befindliche unpaare Unterlippe. Die
Mandibeln sind scheerenförmig und zweigliedrig« Die Maxillar¬
palpen sind dreigliedrig und einfach fadenförmig, die zwei
letzten Glieder frei. Die Dorsalfläche des Cephalothorax trägt
Panzerungen.
Auf der Bauchfläche finden sich die Stützleisten der
Beine, die sogenannten Epimeren, deren Form, Ausbildung
und gegenseitige Lage wechseln. Beine fünfgliedrig, sehr
schlank. Vorderbeine etwas schwächer, mit kleiner und fast
gerader Kralle des Endgliedes und mit einem Häftnapf, der
einen langen und gegliederten Stil hat; Hinterbeine etwas
stärker. Das erste Vorderbein entspringt jederseits gleich
neben dem Kopf und ist vom zweiten nur durch einen kleinen
Zwischenraum getrennt; alle vier Vorderbeine sind mit mehreren
kleineren und grösseren Tasthaaren versehen. Die vier Hinter¬
beine treten beim Männchen nahe am hintern Rand, beim
Weibchen etwas weiter vorne, mehr von der Bauchseite als
vom Seitenrand des Körpers hervor; besitzen nur wenig Tast-
baare.
Beim Männchen ist der Haftnapf vorhanden an den
Vorderbeinen und am ersten Hinterbein; das zweite Hinter¬
bein ist rudimentär und endigt mit einem einfachen, ungegliederten
Haftnapf. Beim befruchteten Weibchen findet sich der Haft¬
napf an den Vorderbeinen und am zweiten Hinterbein. Am
ersten Hinterbein fehlt er; dieses endigt mit zwei steifen,
langen, hohlen Borsten.
Pie Genitalöffnung wird bei beiden Geschlechtern mit
einem System von Chitinringen, -spangen und -klappen gestützt
und geschlossen. Die Vulva dient stets als Geburtsöffnung,
während für die Begattung am Hinterende des Abdomen eine
eigene Oeffnung (Copulationsöffnung) sich findet, welche während
der Begattung beim Weibchen zu einer Röhre (Copulations-
röhre) ausgezogen wird. Die Vulva ist quergestellt, die Anal-
öffnung terminal. Neben der Analöffnung finden sich beim
Männchen Haftnäpfe, welche Analnäpfe heissen.
Die mit einer klebrigen Substanz überzogenen Eier legt
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247
das Weibchen an die Basis der Haare oder an die Borken,
Schuppen und Krusten. In diesen Schuppenmassen, welche
sich die Milben häuslich einrichten, vollzieht sich auch die
Begattung, welche zum Unterschied von den Sarcoptes-Milben
in der Weise erfolgt, dass das Männchen sein Körperende
gegen dasjenige des Weibchens dreht und so ein Anlegen der
am Grunde der Abdominallappen befindlichen Haftnäpfe an
die cylinderförmigen Fortsätze des Weibchens ermöglicht.
Nach dieser Vereinigung, Copula genannt, kommt es zur
eigentlichen Begattung. Nach derselben verfällt das Weibchen
in einen Erstarrungszustand und wird von dem Männchen,
welches einen passenden Schutzort aufsucht, hinter sich her¬
gezogen. Die Copulation dauert bis zu 5 Tagen und löst sich
erst, wenn das Weibchen aus seiner Erstarrung erwacht ist.
Aus den Eiern entwickelt sich die Larve, welche hinwiederum
zur geschlechtsreifen Milbe auswächst.
Die Zeit, welche ein Ei zu seiner Entwicklung bedarf,
dauert ca. 4 Tage; die Milbenlarve im Ei beansprucht zu
ihrer Ausbildung unter gewönlichen Verhältnissen vier bis sieben
Tage,
Männchen 470—580 ft lang
350—396 fi breit
Weibchen 610—780 (i lang
420—458 fi breit. (Fortsetzung folgt.)
Kurze Mittheilungen aus der Praxis.
Unterkieferlähmung beim Pferde. Von Distr.-Thierarzt
Hochstein, Lauf. Bei dem betreffenden Bauernpferd trat
plötzliches Unvermögen der Futteraufnahme ein: Heu wird
zwar mit den Lippen erfasst, aber nicht gekaut und wieder
fallen gelassen, Wasser wird gesoffen. Untersuchung des Kopfes
und der Maulhöhle ohne Resultat; Ober- und Unterkiefer sind
sehr leicht von einander zu entfernen und seitlich zu verschieben,
beim Schütteln des Kopfes klappern die Zahnreihen. Nach
5.Tagen Verschlimmerung, Getränkaufnahme unmöglich, Unter¬
kiefer fällt herab, Zunge hängt aus dem Maule, Zungenspitze
verletzt, Oedem der Unterlippe, Salivation, Schlucken sehr er¬
schwert, Sensibilität der Haut des Unterkiefers und Kinnes
vermindert. Pferd wird im Nürnberger Schlachthof geschlachtet.
Nach Mittheilung des Herrn Collegen Dürbeck dortselbst fand
sich keine gröbere anatomische Ursache; gelbgraue Verfärbung
der Flügelmuskel, die Verzweigungen des Unterkieferastes des
Trigeminus von halbflüssigen Fett umgeben. Gehirn war leider
zerstört. Die Krankheitserscheinungen, sind demnach wahr-
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scheialich auf Nervenlähmung im Bereich des 3. Astes des
Trigeminus zurückzufähren.
Tuberkulose beim Pferde. Von Distr.-Thierarzt Hoch¬
stein, Lauf. Am 4. September erste Untersuchung des Pferdes
wegen Hustens. Aus den Symptomen: trockener, schmerz¬
hafter Husten, gering vermehrte Atmung (20), seröser Nasen¬
ausfluss , verschärftes Bläschenatmen, Fieberfreiheit, ergab
sich Vorhandensein von Bronchialkatarrh. Nach einigen Tagen
scheinbare Besserung Am 2. Oktober schwere Allgemein¬
erkrankung, Temperatur 40,5 Atmung 80, schwacher Puls,
Dämpfung in den unteren Hälften beider Brustseiten, an diesen
Stellen kein Atmungsgeräusch, Appetitmangel. Behandlung
auf Lungenentzündung. Fieber hielt sich 6 Tage zwischen
40,5 und 39,5; am 8. Oktober Fieber verschwunden, Allgemein¬
befinden und Futteraufnahme besser; die Atmungsbeschwerden
aber nehmen eher zu als ab, Dämpfung blieb bestehen, so dass
ein chronisch destruirender Prozess in den Lungen angenommen
wurde. Da der Ernährungszustand bei guter Fresslust immer
mehr zurückging, wurde das Thier am 19. Oktober getödtet und
in den Nürnberger Schlachthof verbracht. Nach Mittheilung
der Herren Collegen bot sich das Bild der Lungen-Perlsucht,
wie man es beim Rinde nicht schöner sehen kann: Lungen-
und Rippenpleura mit starken Auflagerungen, disseminirte
miliare bis kirschengrosse Tuberkel im Lungenparenchym, ferner
Leber- und Milztuberkulose. Die Lunge wurde an die thier¬
ärztliche Hochschule in München gesandt. Das Fleisch wurde
verbrannt. Das 6—7 jährige Pferd war l 1 /* Jahre im Besitz
des Metzgermeisters M. in L. und war bis vor ca. 1 j 4 Jahr
vollkommen gesund und munter. Von da ab zeigte es zeit¬
weise Husten und Appetitstörung. Die Entwickelungszeit dürfte
also in diesem Falle 1 jt Jahr gedauert haben. Zu erwähnen
ist noch, dass das Thier in einem stockfinsteren, heissen, dumpfen
Kuhstall untergebracht war; seit ca. V 2 Jahr stand neben ihm
eine Kuh, die viel hustete und höchst tuberkuloseverdächtig
war. Für Zeit und Gelegenheit zur Aufnahme des Tuberkel¬
bacillus, ebenso für die weitere Entwicklung desselben war
somit bestens gesorgt.
Referate.
Atropinbehandlung beim Ileus des Menschen. (Nach
einem Ueberaichtareferate von Dr. Strauss—Berlin in Nr. 19,
1901 der Zeitschrift „Fortschritte der Medicin“. In der letzten
Zeit wurden eine Reihe von Mittheilungen, besonders in der
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249
Münchener med. Wochenschrift, Jahrgänge 1899—1901, publi-
cirt, welche die günstige Wirkung von subcutanen Atropin-
injectionen beim Menschen gegen dynamischen Ileus zum
Gegenstände haben. Es wurden 3—5 mgr ein oder zweimal
innerhalb 24 Stunden injicirt. Marginowky wirft die Frage
auf, ob es nicht unter Umständen richtig sei, diese Therapie
auch für die Behandlung incarcerierter Hernien, sowie bei
Steinkoliken zu verwenden, und Lüttgen stellt die Forderung
auf, Atropin auch dann zu injiciren, wenn ein eclatantes
mechanisches Hinderniss (Invagination, Achsendrehung und
selbst Incarceration) vorliege, sei es auch nur zu dem Zwecke,
um dem Patienten die Hauptbeschwerden bis zur Operation
zu lindern und den Eintritt von Gangrän zu verzögern.
Ostermeyer empfiehlt die Atropinbehandlung auch bei schweren
Fällen von Obstipation, besonders bei der sogenannten spasti¬
schen Obstipation. Nach dem Beferenten S. sollten die bei
der besprochenen Atropinbehandlung gemachten Beobachtungen
dazu dienen, der Belladonna bei der Behandlung von Obsfci-
pationszuständen sowie bei spastischen Contractionen anderer
Hohlorgane (Ureterenkolik, Gallensteinkolik etc.) neue Freunde
zu erwerben, die sie auch auf anderen Gebieten (Asthma
bronchiale, Hyperacidität des Magens etc.) zur Zeit wieder
gewonnen hat.
Camerer: Die chem. Zusammensetzung der Neugeborenen.
(Zentralbl. f. Physiologie Nr. 24, 1901.) Die Analysenzahlen
der Zusammensetzung von 4 neugeborenen Kindern zeigen,
dass die Differenzen in der Zusammensetzung hauptsächlich
auf den Variationen des Fettgehaltes beruhen. Gleicht man
die Fettwerthe aus, so erhält man recht constante Werthe für
die Zusammensetzung des menschlichen Neugeborenen, das
bei 10,5 °/o Fett etwa 73°/o Wasser, 12,3 °/o Eiweiss und
Leim, 1,25% Extractivstoffe, 2,89 % Asche, im Ganzen also
26 % feste Stoffe enthält.
Dr. Ott: Abszess auf dem linken Psoasmuskel als Geburts-
hinderniss bei einer Kuh. (Nach einem Referate im ersten
Hefte des Schweizer Archivs 1901.) Bei einer achtjährigen
Kuh, welche bereits fünf Kälber gebracht hatte, traten nach
Ablauf der nunmehrigen sechsmaligen Tragezeit normale
Wehen ein, der Wassersprung erfolgte und es befand sich
das Kalb in der Kopfendlage; gleichwohl kam die Geburt
nicht zu Stande.
Ungefähr 25 cm vom Scheideneingang entfernt fühlte
man eine runde weiche Geschwulst, welche bei jeder Wehe
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250
bretthart wurde. Die Geschwulst beengte die Geburtswege
so bedeutend, dass die Geburt verhindert wurde. (Embry-
otomie? Ref.) Die Kuh wurde geschlachtet.
Bei der Section fand sich auf dem linken Psoas eine
25 cm breite und 50 cm lange Geschwulst, aus welcher sich
nach dem Einschneiden hellgelber, rahmartiger Eiter entleerte.
Auf der Crista ileo-pectinea zeigte der Knochen eine
Erosion; das umliegende Bauchfell war entzündet und mit
dem Knochen verwachsen. An der linken Gliedmasse hatte
das Thier auch gelahmt. A.
Keine Pferde mehr. Ein Pferdehändler in Nebraska
wandte sich vor Kurzem an einen Geschäftsfreund in Was¬
hington mit der Anfrage, ob er drei Pferde verkaufen könne.
Darauf erhielt er folgende Antwort: „Die Leute in Washington
fahren auf Zweirädern, die Strassenbahnen werden mit Electri-
cität betrieben und bei der Regierung werden Esel verwendet.
Wir brauchen daher keine Pferde . u (Ibidem.)
Bücherschau.
Lehrbuch der pathologischen Anatomie der Hausthiere,
für Thierärzte und Studierende der Thiermedizin, von Professor
Dr. med. Th. Kitt. Mit Beiträgen von Professor S. Guten¬
äcker und Professor Dr. W. Sc hla mpp an der thierärztlichen
Hochschule in München. Zweite verbesserte Auflage. Zwei
Bände. II. Band mit 162 Abbildungen. Stuttgart. Verlag
von Ferdinand Enke. 1901. Preis 17 Mark. ,
Der vorliegende zweite Band der neuen Auflage des Lehr¬
buches enthält gegenüber der ersten Auflage (1895) viele Ergänzungen
und Textänderungen aus Anlass der inzwischen gemachten Fort¬
schritte auf dem Arbeitsfelde des Herrn Verfassers. 32 neue
Abbildungen, von H. Dirr’s Künstlerhand gezeichnet, sind hiezu¬
gekommen. Die Abbildungen bringen auch mikroskopische Bilder
über die Haupttypen, der Geschwülste, des Entzündungsvorganges
und degenerativer Veränderungen, ferner die histiologischen Charaktere
der Tuberkulose, Botryomykose, Actinomykose sowie des Rotzes
zur Anschauung und erhöhen dadurch den Unterrichtswerth des Buches.
Professor Dr. Schlampp hat als Spezialist die Anomalien des
Auges behandelt. Die Kapitel über die Anomalien des Hufes,
der Klauen und Krallen sind von Professor Gutenäcker einer
vollständigen Umarbeitung unterzogen worden.
Der Band ist mit Inhaltsübersicht und besonderem alphabetischen
Register versehen.
Die beiden Bände der neuen Auflage bilden eine Zierde der
deutschen Veterinärlitteratur. Auch die buchhändlerische Aus¬
stattung ist vorzüglich. Göring.
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251
Zum Andenken an Max von Pettenkofer. Von Geheim¬
rath Prof. Dr. M. Rubner. Berlin 1901. Verlag von
August Hirsohwald, NW., Unter den Linden Nr. 68.
Der Nachruf, welchen Rubner Pettenkofer widmet, entwirft
in schlichter eindrucksvoller Darstellung ein Bild von der Persön¬
lichkeit und dem Schaffen des dahingegangenen Meisters. In der
Besprechung der Cholera« und Typhusuntersuchungen Pettenkofers,
welche durch dessen ganze wissenschaftliche Thätigkeit sich hin¬
durchziehen, wird gleichzeitig die Geschichte unserer Anschau¬
ungen über die Aetiologie der beiden Seuchen in grossen Umrissen
skizzirt. Aus dem ganzen Aufsatz spricht' die warme Verehrung
für den grossen Todten, dem „nicht allein die Naturwissenschaften
und die ärztliche Welt, sondern die gesammte Menschheit ein un¬
vergängliches Andenken schulden. 4 E. A.
Berichtigung: Seite 235 soll es im Artikel zur Vereinfachung
des dienstlichen Verkehrs unter Nr. 1 heissen „Geschäftsnummer“ statt
„Geschäftsräume 11 .
Bekaimtinaacli.'a.iigr-
Die Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereines für
Schwaben und Neuburg wird am Montag den I. Juli Vormittags präcis
9 Uhr beginnend im grossen Saale des Regierungsgebäudes zu Augsburg
abgehalten.
Tagesordnung:
1. Vereins-Angelegenheiten:
a) Abänderung der Statuten,
b) Haftpflicht-Versicherung.
2. Beber Influenza der Pferde:
a) im Distrikte Obergünzburg, Referent Distriktsthierarzt
K. G.ruber.
b) in einem grösseren Pferdebestande in Augsburg, Referent
k. Kreisthierarzt Weiskopf.
3. Mittheilungen aus der Praxis.
Nachmittags Besichtigung des Schlacht- und Viehhofes Augsburg.
Diejenigen Herren Gollegen, welche bereits Abends zuvor ankommen, treffen
sich im Hotel „Bayerischer Hof“. Der Vereins-Ausschuss.
Suche ab 1. Juli auf 3 Wochen approbirten 1(2)
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A. Schwaimair, Bezirksthierarzt in Hassfurt a/M.
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1. Juni d8. Js. für einen grösseren reichbegüterten Bezirk Württembergs,
wo nur Ackerbau und Viehzucht betrieben wird, gesucht. Stellung
dauernd und sehr angenehm. Der Vorfahrer hatte eine schöne Praxis.
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252
mrnmm
Hauptner-lnstrumente
kauft jeder Thierarzt am besten direot aus der Fabrik, weil
er sieh hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslichthier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grösser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’*
Apparate für Thierzneht und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filialen noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direot an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran-
zösischer und englischer Öprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend auS
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
Expedition und Druck von J. Go tt es Winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
AI brecht, Veterinärstr. ß/i, zu richten. D. Red.
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für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Gering.
45: Jahrgang. München, den 28. Mai 1901. Nr. 22.
Inhalt: Brandt und Gmeiner, Die Räude des Schafes und ihre Behandliing.
(Fortsetzung.) — Rechenschaftsbericht des Unterstötzungsvereins für die
Hinterbliebenen bayer. Thierärzte e. V. in'München. — Therapeutische
Mittheilungen. — Viehseuchennachrichten. — Personalien. — Inserate.
Die Räude des Schafes und ihre Behandlung.
Aus dem pharmakologischen Institut der k. thierärztl. Hochschule München.
Von J. Br an dl und F. Gmeiner.
(Fortsetzung.)
Erscheinungen der Dermatocoptes-Räude.
Gelangen lebensfähige Milben, und zwar ein trächtiges
Weibchen oder ein Männchen mit einem Weibchen oder ein
copulirtes Paar für sich allein beziehungsweise mehrere von
all diesen auf die Haut eines gesunden Schafes, so . ist die
Möglichkeit des Ausbruches der Räude bei diesem Thier ge¬
geben. Da die Dermatocoptes-Milben fast ausschliesslich das
Secret der Cutis als Nahrung benützen, sind die Verletzungen,
welche nunmehr dieselben auf der Haut des Schafes hervor-
rufen, keine geringfügigen. Diese Nahrungsaufnahme geschieht
in der Weise, dass die Milbe das Hintertheil des Körpers
emporhebt und sich senkrecht auf den Kopf stellt, wobei zur
Fixirung die Krallen an den Endgliedern der Vorderbeine
sich in die Haut einhacken, während die Haftscheibenstiele
seitlich flach auf die Haut gelegt werden. Die beschriebene
senkrechte Stellung wird deshalb eingenommen, weil der Kopf,
wenn die Milbe für gewöhnlich auf den Beinen steht, nicht
bis auf den Boden reicht. Hat der Parasit sich lothrecht
erhoben, so gelangen die Mundwerkzeuge auf die Hautober¬
fläche und die Kiefer können nun durch die Epidermis bis
in die Cutia dringen, deren flüssiges Secret als Nahrung dient.
Nach solch einer Verletzung der Haut hebt sich an dieser
Stelle die Epidermis empor und ps entsteht ein kleines, flaches
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254
Knötchen, welches auf der zarten Schafhaut blassgelblich er¬
scheint und sich zu einem kleinen Bläschen und zu einer
Eiterpustel unmittelbar an der Stelle des Einstiches umwandelt.
Dieses seröse, serös-eitrige oder rein eitrige Exsudat, welches
bei mehreren hart nebeneinander ausgeführten Milbenetichen
in Form grösserer Bläschen confluiren kann, beginnt allmählich
zu vertrocknen und sich in eine fettige, gelbliche Schuppe
umzuformen. Die ständige Wiederholung der Milbenbisse
zeitigt neue, reichliche Exsudationen, welche mit den schon
vorhandenen^ Schuppenmassen verkleben, vertrocknen und so
die Bildung grösserer, dickerer Borken ermöglichen. Diese
heben sich von der Oberhaut mehr oder weniger ab und ent¬
fernen die mit ihnen verklebten Wollhaare aus ihrer Wurzel.
Die in Folge des bestehenden Juckreizes weiterhin durch
Kratzen und Reiben gesetzten mechanischen Insulte zeitigen
mit der Fortdauer der Exsudation oft weitgehende Infiltrationen
und serös-blutige Verquellungen des Unterhautbindegewebes,
Haaräusfall, Schwellung und Verdickung der Haut, die mit¬
unter eine pergamentartige Consistenz annehmen und nicht
selten Geschwürbildung und necrotischen Zerfall aufweisen
kann. Heilen solche kahl gewordene und ein mannigfach
verändertes Bild darbietende Stellen, wie sie besonders am
Rücken gesehen werden, ab, indem die harte Borken- und
Krustenschichte schliesslich durch das darunter sich regene-
rirende Hautgewebe abgestossen und emporgehoben wird, so
greift der Process ringsum am Rande weiter. Die Wolle
verliert dort ihren eigenartigen Glanz, wird matt und fahl
und verarmt an Wollfett. Der Wollstapel hat nicht mehr
den normalen Zusammenhang; Strähnchen und ganze Stapel
lassen sich leicht ausziehen und fallen von selbst aus. Das
Vliess wird flockig und zottig, die Gipfel des Stapels schieben
sich da und dort über die Fläche des Vliesses hervor, au
anderen Stellen sind sie in grösserer Ausdehnung miteinander
verklebt. Mit dem Fortschreiten der Veränderungen und der
sich einstellenden starken Epidermisabschuppung treten jetzt
recht deutlich die charakteristischen gelblichen bis bräunlichen
Räudeschuppen und Borken zu Tage, welche für die Milben
eine Schutzdecke bilden, unter welcher sie sich aufhalten und
die ihnen als Wohn- und Brutort dient.
Eigene Untersuchungen.
Das Aufsuchen der Dermatocoptes-Milben bietet keine
besonderen Schwierigkeiten, in welchem Stadium auch immer
der Krankheitsprocess angelangt ist. Mit unbewaffnetem Auge
auf der Scbafhaut die Milben zu sehen, ist für gewöhnlich un-
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255
möglich. Es gelingt nur in äusserst seltenen Fällen, besonders
nach längerem Suchen, bei günstiger Beleuchtung und bei
dunkelwolligen Schafen einem scharfen Auge, vorausgesetzt,
dass der Beobachter im Aufsuchen von Milben Uebung und
Erfahrung besitzt, ab und zu Milben in ihren Umrissen am
Thierkörper selbst zu erblicken; die Räude muss aber schon
ziemlich vorgeschritten sein. Da die Milben sich nicht ein¬
graben, sondern auf der Oberhaut leben, ist es nun aber
bekanntlich nicht schwer, sie in den Schuppen unterm Mikros¬
kope, also mit bewaffnetem Auge aufzufinden. Die sicherste
Diagnose wird allein durch diesen mikroskopischen Nachweis
geliefert. Das Bebbern mit den Lippen, Knuppern mit den
Zähnen, Kratzen mit den Hinterfüssen, kurz die Zeichen des
Wohlbehagens, wie sie Schafe äussern, wenn man die Krusten
und Borken mit der Hand reibt, sind keine ausschlaggebenden
Merkmale für das Vorhandensein der Räude; denn es be¬
nehmen sich so auch von der Räude geheilte Schafe, bei
denen Milben und Eier vollständig vernichtet sind, solange
als noch Krusten und Borken auf der Haut lagern.
Zum Zwecke des Auffindens der Milben kann man auf
zweierlei Weise verfahren. Man nimmt mit dem scharfen
Löffel oder mit dem Messer borkenhaltiges Material von der
Haut ab, ohne dass diese selbst verletzt zu werden braucht,
schneidet die Haare weg, zerzupft oder zerschneidet die
Sctauppenmassen möglichst klein auf einem geräumigen Ob¬
jektträger, breitet sie dort in dünner Schichte aus und be¬
sichtigt den Befund unterm Mikroskop. Hiezu eignet sich
besonders das binoculäre Mikroskop von Greenough, das den
Vortheil gewährt, bei der Grösse des zwischen Objektiv und
Objekttisch bestehenden Zwischenraumes, welcher fast 5 cm
beträgt, eine zu Gesicht gekommene Milbe bequem in ihren
Bewegungen zu verfolgen, aus den Schuppenmassen bei einiger
Uebung leicht herauszupräpariren und lebend zu isoliren.
Man kommt aber auch dann zum Ziel, wenn man solch
zerkleinertes Borkenmaterial in der Mitte eines grossen Uhr¬
glases ausbreitet und dann in die Nähe des warmen Ofens
stellt. Nach Verlauf von vielleicht einer Stunde, oft schon
früher, gewahrt man die Milben, welche infolge der starken
Wärme die Schuppen verlassen, eilig auf dem Uhrglase hin
und herlaufen; sie lassen sich deutlicher in ihren Umrissen
erkennen, sobald das Uhrglas auf einer schwarzen Unter¬
lage steht.
Zu den nachfolgenden Versuchen, welche sich mit der
Wirkung der einzelnen Arzneimittel auf die Milben beschäf¬
tigten, wurde immer mindestens ein Dutzend lebender Männ-
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256
eben und Weibchen auf einen grossen Objektträger gebracht
und 3 Tropfen des jeweiligen Arzneimittels mit dem Glas¬
stabe daraufgegeben. Die Dauer der Lebensthätigkeit wurde
bis zum Erlöschen der Bewegungen unter einem Mikroskope
verfolgt und die Zeit genau kontrollirt.
Die Anwendung eines heizbaren Objekttisches erwies sich
nicht als nöthig, weil sich herausstellte, dass bei Zimmer¬
temperatur (also bei 20°) die Wirkung der Arzneimittel die
gleiche blieb wie bei 25—28°. Der Wärmegrad der Haut
des Schafes beträgt zwar im Mittel ca. 28°, aber die Milben
leben nicht nur auf der Haut, sondern halten sich auch in
den Schuppen und Borken auf, werden ferner in der Wolle
angetroffen und ertragen bei ihrem Uebergang von einem
Schaf zum anderen Tage lang Wärmegrade bis zu 12° ohne
Schädigung ihrer Lebensfunctionen, wie aus den später folgenden
Versuchen hervorgeht.
Zu den Abtödtungsversuchen wurden Milben von mehreren
Schafen verwendet. Die verzeichneten Zeitangaben sind
Mittelwerthe.
Es sistiren demnach D e r m a tu co p t es - M i 1 b e n
ihreBewegungen für immer nach Einwirkung von:
Chloroform . . .
sofort
Schwefelkohlenstoff
. .
77
Acid. acetic. glacial.
17
Aqua cresolica
.
.
in
1 Minute
Liq. Cresol. saponat 3
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Minuten
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in
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ii
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257
Aqua picis .
in 2 1 11 /»
Minuten
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. 2 1 /*
»
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„ 4
n
7 ) n n (alt) .
, 10
i)
Acet. pyrolignos. rectificat. (frisch) .
„ 3 V*
15
n » n (alt)
„ 4
11
Balsam. Peruvian.
» 8
11
Solut. Lugol. (1:5:100) ....
„ 10
»
Tinctur. Jod.
„ 20
51
01. Petrae .
, 22
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01. camphorat.
„ 35
V
Sublimatlösung 5°/o.
„ 15
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» 4»/o.
. 17
»
3°/o.
, 20
11
n 2°/o.
„ 30
15
l°/o.
» 50
11
, 0,5°/o
Essigsäure 20°/o
10®/o
„ 5®/o
Schwefelleber 20°/o
, 15°/o
10°/o
. 8°/o
„ 5°/o
3°/o
Natronlauge 15°/o
10°/o
.. 8°/o
5o/o
„ 3«/o
Formaldehyd, solut.
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nach 1 Stunde noch nicht
in 27 Minuten
„ 40
nach 1 Stunde noch nicht
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258
NachlStunde nochnicht: Oleum Lauri; Glycerinum;
Acetum; Schmierseife; Spiritus camphoratus; Spiritus 91°/o;
Tabakdecoct 20°/o; Styrax liquidus in Ol. Olivar. (1:1);
Schwefelwasserstoffwasser (bei 15° gesättigt); Kupfervitriol¬
lösung 10°/o ; Zinkvitriollösung 10°/o; Alaunlösung JO°/o; Pott¬
asche in Wasser (1:2); Styrax liquidus in Spiritus (1:5);
Balsam, tolutan. in Spiritus (1:10); Borsäurelösung 3°/o;
Chinin, hydrochloric. 3°/o; Zimmtsäure in Spiritus 2°/o; Oleum
Cantharidum; Oleum Chloroformii; arsenige Säure in Wasser
l°/o; Helmerich’sche Räudesalbe; graue Quecksilbersalbe;
weisse Praecipitatsalbe; Sublimatsalbe 10 °/o ; Infus. Herb.
Hyoscyami; Infus. Rhizom. Yeratri; Infus. Rad. Hellebori nigri.
Vergleicht man diese Ergebnisse, so erhellt daraus die
schon bei der Untersuchung anderer Räudemilben konstatirte
Thatsache, dass der Liquor Cresoli saponatus die werthvollsten
Dienste leistet und zwar selbst in Verdünnungen noch, in
welchen andere bekannte Mittel vollkommen versagen. Nächst
ihm ist an erster Stelle die Carbolsäure zu nennen. Sehr
rasch tödten auch Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Eis¬
essig , welche Stoffe aber praktisch nicht in Anwendung
kommen; verdünnt man Chloroform nur mit 1 / io Olivenöl,
dann vermag es die Milben nur mehr zu betäuben. Der
peruvianische Balsam wirkt gleichfalls stark milbentödtend,
ebenso wie die Jodpräparate; jener ist aber zu theuer, letztere
sind hier praktisch nicht verwendbar.
Die Quecksilberpräparate erweisen sich als Räudemittel
nicht besonders geeignet, abgesehen von ihren sonst giftigen
Eigenschaften. So konnte konstatirt werden, dass Dermato-
coptes-Milben, welche in weisse Praecipitatsalbe gelegt wurden,
noch nach fünf Tagen ihre vollkommene Bewegungsfähigkeit
beibehalten hatten und, nachdem sie dann herausgenommen
worden waren, sich ganz normal erwiesen und Tage lang
lebten; ebenso vermochte Sublimatsalbe (10°/o) nach drei¬
stündiger direkter Einwirkung keinerlei Beeinträchtigung der
Lebensthätigkeit der Parasiten herbeizuführen.
Das Formaldehyd, in Wasser gelöst, erwies sich in
starker Concentration geeignet Milben zu vernichten.
Eine Abkochung der Tabakblätter (20°/o) übte zumeist
keinen Einfluss auf die Milben aus, vermochte auch nicht
innerhalb drei Stunden dieselben zu vernichten; einigemale
konnte jedoch konstatirt werden, dass Milben nach kurzer
Einwirkung deutliche krampfähnliche Zuckungen der Beine
zeigten, deuen nach wenigen Minuten ein lähmungsartiger
Zustand des ganzen Körpers, analog einer Erstarrung, folgte.
Letztere wich aber immer wieder nach kurzem Bestehen und
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259
dann blieben die Parasiten vollkommen normal, ohne von der
sie umgebenden Tabakflüssigkeit im Geringsten innerhalb der
angegebenen Zeit eine Schädigung zu erfahren.
Eine eigenartige Wirkung Hess die arsenige Säure er¬
kennen. Dieselbe wurde in */ 2 — l l / 2 °/o wässeriger Lösung
erprobt, analog der Zusammensetzung, wie sie in den Räude¬
bädern von Tessier, Mathieu, Trasbot, Kehm u. s. w. prak¬
tisch zur Anwendung gelangt. Jedesmal Hess sich feststellen,
dass von den zwölf oder mehr Milben, welche als Unter¬
suchungsobjekt dienten, etwa die Hälfte innerhalb der ersten
Stunde getödtet wurden, während die andere Hälfte 2, 3 und
4, ja mitunter 20 Stunden in der Arsenik-Flüssigkeit ohne
die geringste Beeinträchtigung herum schwamm. Genau das
gleiche Resultat wurde gewonnen bei Erprobung der Wirkung
der Räudebäder von Tessier, Mathieu und Trasbot, was gleich
hier vorweg bemerkt werden mag.
Eine solche Verschiedenheit in der Zeitdauer, welche bis
zur Abtödtung der einzelnen Milben durch die gleiche Sub¬
stanz verstrich, konnte bei keinem der anderen Arzneimittel
gefunden werden; lediglich die Natronlauge Hess mehr oder
weniger grosse Schwankungen in der Einwirkungsdauer bis
zum Erlöschen der Bewegungen erkennen.
Die Ueberlegenheit des Liquor Cresoli saponatus gegen¬
über der Carbolsäure tritt am klarsten vor Augen, sobald man
ganz schwache Concentrationsgrade anwendet, wie aus nach¬
folgender Zusammenstellung zu ersehen ist.
Die Dermatocoptes-Milben sistiren ihre Be¬
wegungen für immer nach Einwirkung von:
Liq. Cresol. saponat. 0,08 in 100 Wasser in 2 Stunden
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6 „
Dieabtödtende Wirkung dereinzelnenRäude-
bäder gestaltet sich wie folgt. Es sistiren isolirte Dermato-
coptes-Milben ihre Bewegungen für immer bei direkter Ein¬
wirkung von:
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Walz’scher Lauge . .
Tessier’s Räudebad .
Mathieu’s ,,
Clement’s „
Trasbot’s „
Gerlach’s „
ZündePs ,,
Riechelmann’s Räudebad
Kaiser’s (Marburg) ,,
Fröhner’s „
nach
1
Stunde
noch
nicht
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in 5 Minuten
in 2 1 /* „
' in 3 „
1. Theil in 4 Minuten
2. Theil in 2 1 /* ,,
Die Ansteckung eines gesunden Schafes erfolgt nur durch
die Uebersiedelung lebenskräftiger und der Fortpflanzung
fähiger Milben. Dieser Uebergang kann entweder in der
Weise geschehen, dass solche Milben von einem räudekranken
auf die Wolle beziehungsweise die Haut eines dicht daneben
liegenden oder stehenden gesunden Schafes direkt überwandern
oder dass die von der Haut abgefallenen und abgestreiften
Milben an Barren, Krippen, Wollgegenständen, auf dem Boden
und der oberen Düngerlage liegen bleiben, sich dort in Folge
ihrer Lebenszähigkeit einige Zeit mobil erhalten und dann im
günstigen Falle auf ein gesundes Schaf gelangen, womit also],
eine indirekte Ansteckung zu Stande kommt. Es ist somit
yon hohem Werth, die Lebenszähigkeit der Schafmilben zu
kennen behufs Ermittlung der Zeitdauer, innerhalb deren
Räumlichkeiten, welche von räudekranken Schafen benützt
waren, ansteckungsfähig bleiben. (Fortsetzung folgt.)
Unterstützungsverein für die Hinterbliebenen bayerischer
Thierärzte e. V. in München.
Rechenschaftsbericht.
Wie schon der Mehrzahl der Vereinsmitglieder bekannt
sein wird, hat der Verein bei der Bayerischen Hypotheken-
und Wechselbank in deren Tresor einen Schrank gemiethet
und in denselben die seither im Cpsabureau der Thierärzt¬
lichen Hochschule unter Doppelverschluss gehaltenen Werth¬
papiere des Vereins zur Aufbewahrung überführt. Der ge-
miethete Schrank steht unter dreifachem Sperre-Verschluss
durch einen speciellen Beamten der genannten Bank, den
Vereinskassier und Vereinsdirektor; der Schrank darf und
kann nur bei gleichzeitiger Gegenwart der genannten
Herren geöffnet werden. Die Ueberführung des Vereinsver¬
mögens in den fraglichen Schrank hat die Sicherheit des
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Besitzes nach jeder Richtung wesentlich gehoben, die Ver¬
mögensverwaltung aber umständlicher gemacht. Zur Vor¬
nahme der in § 35 Abs. 2 der Vereinssatzungen vorgesehenen
Jahresvisitation des Cassawesens und des Vermögensbestandes
des Vereins hatte der Aufsichtsrath den Herrn Stabs¬
veterinär Büchner beordert. Büchner nahm dieselbe in
den Tagen des 28. März mit 2. April 1. J. vor und stellte
fest, übereinstimmend mit den einschlägigen Rechnungen, dass
der Verein ein Vermögen von 671,180 Mk. 87 Pfg. besitzt.
Büchner konstatirte das Resultat seiner Revision zu Pro¬
tokoll, wie die in der Hypotheken- und Wechselbank depo-
nirten Werthpapiere nach ihrer Qualität den Bestimmungen
der Vereinssatzungen entsprechen, vinculirt und mit den zu¬
gehörigen Coupons und Talons vollzählig vorhanden sind, dass
der Bestand an Werthpapieren sowie der Cassabaarbestand
mit den Cassabüchern und Rechnungsbelegen im Einklänge
stehen, und dass er eine Veranlassung zu Beanstandungen
nach irgend einer Richtung nicht gefunden habe. Das ein¬
schlägige Revisions-Protokoll ist vom Herrn Vereinskassier,
k. Professor Gutenäcker, und mir mitgezeichnet. Das Proto¬
koll, die Cassabücher und die Rechnungsbelege werden, nach¬
dem sie bei der nächsten Generalversammlung zur Erinnerungs¬
abgabe aufgelegt sein werden, zur Superrevison der k. Regierung
von Oberbayern unterbreitet.
Die Bezirksthierarztens-Wittwe Frau Caroline Brenner in
Yilshofen und Herr Landstallnieister Deisinger in Ansbach
haben letztwillig dem Vereine und zwar Frau Brenner 2000 Mk.
und Herr Deisinger 1000 Mk. zugewendet. Der erstbezeichnete
Betrag ist bereits an die Vereinskasse einbezahlt.
1 In der am 30. September v. J. abgehaltenen General¬
versammlung wurde beschlossen, den Wittwen der Vereins¬
mitglieder ab dem Jahre 1901 alljährlich statt 400 Mk.
450 Mk. als Sustentation zu bezahlen. Dieser Beschluss
wurde nicht vollzogen und behalte ich mir vor, die Gründe,
wesshalb ich den zum Beschlüsse erhobenen eigenen Antrag
bisher nicht vollzog, bei der nächsten Generalversammlung
(c. Mitte Juli 1. J.) darzulegen. Der Verein sustentirt z. Z.
79 Wittwen von Vereinsmitgliedern mit jährlich ä 400 Mk.
(— 31,600 Mk. p. a.) und 18 nicht vereinspflichtige Thier-
arztens-Wittwen mit ä 100 Mk. (= 1800 Mk. p. a. — zu¬
sammen jährlich = 33,400 Mk.).
Im Jahre 1900 zahlten die Vereinsmitglieder an Bei¬
trägen 14,941 Mk.; die Aktivcapitalien ertrugen 22,326 Mk.
12 Pfg., zusammen 37,267 Mk. 12 Pfg-, die im Jahre 1900
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erlaufenen Verwaltungskosten beziffern die Summe von
590 Mk. 67 Pfg.
Schlies&lich erneuere ich wieder die Bitte, Geldsend¬
ungen nicht unter meinerAdresse abzuschicken, sondern
sie direkt an dieCassa des thierärztlichen Unter¬
stützungs-Vereines (z. Z. Cassier Herr k. Professor
Friedr. Gutenäcker) in München (Veterinärstrasse Nr. 6/0)
zu adressiren.
10. Mai 1901. Zeilinger, k. Landgestütsthierarzt.
Therapeutische Mittheilungen.
Tannalbin, Tannopin und Tannoform. Dieses Jahr (1899)
hatte ich vielfach Gelegenheit, die genannten drei Arznei¬
mittel gegen die ruhrartigen Durchfälle der Kälber in An¬
wendung zu bringen und kam dabei zu folgendem Resultat:
Einfache Durchfälle mit gelben, breiigen Excrementen bei
unverminderter Sauglust werden durch die drei Mittel in kurzer
Zeit brillant gestillt. In jenen hartnäckigen Fällen, in denen
die Excremente weisslich und dünnflüssig sind und förmlich
stinken, in denen unwillkürlicher Abgang des Kotes und grosse
Schwäche vorliegen, hat sich das Tannopin nicht, das Tann¬
albin nicht oft, das Tannoform dagegen meistens bewährt.
Nachdem die Kur durch Verabreichung von zwei Esslöffeln
01. Ricin. eingeleitet war, gab ich täglich dreimal 5 gr Tanffo-
form, liess Bauch und Flanken kräftig mit Campherspiritus
einreiben und dann den Leib des Thieres warm einhüllen.
Auf diese Weise hatte ich sehr befriedigende Erfolge. Noch
besser hat sich das Tannoform in der dermatologischen Praxis,
z. B. bei Eczemen und maukeartigen Ausschlägen bewährt
und muss hier als ausgezeichnetes schorfbildendes Mittel be¬
zeichnet werden. Distr.-Thierarzt Eckart, Otterberg.
Tannoform hat sich vorzüglich bewährt bei Diarrhöen
der Jungrinder und zwar in Dosen von 3 gr 3—4 mal -täglich
als Schüttelmixtur, sowie als Streupulver bei Wunden tflit
grossem Substanz Verluste Distrikts-Thierarzt Streitberg,
Pappenheim.
Als ganz vorzüglich hat sich Tannoform sowohl innerlich
wie äusserlich bewährt. So wurde eine bös aussehende Knie¬
wunde, welche von dem Besitzer bereits längere Zeit mit
Arnikatinktur behandelt worden war und schon stark eiterte,
dabei widerlichen Geruch verbreitete, mit Tannoform bestreut
und unter Verband genommen, welcher am nächsten Tage
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gewechselt werden sollte. Durch Verhinderung geschah dies
erst am dritten Tage und zeigte sich, dass die Wunde voll¬
kommen trocken und fast geruchlos war. Mit zwei weiteren
Tannoform-Streupulver-Verbänden konnte das Thier ausser
Behandlung gegeben werden. Innerlich bewährte sich das
Mittel, kaffeelöffelweise verabreicht, besonders bei Kälbern.
Distrikfcs-Thierarzt Gasteiger, Wolfratshausen.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 21. Mai 1901.
a) Rotz (Wurm).
Nieder b ay er n: Yilsbiburg 1 Gern. (1 Geb.).
b) Maul- und Klauen-Seuche.
Oberbayern: 2 Gern. (2 Geb.); Oberpfalz: 6 Gera.
(11 Geb.); Oberfranken: 6 Gern. (6 Geb.); Mittelfrankeu:
8 Gern. (46 Geh.); Schwaben: 9 Gern. (16 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (1 Geb.).
Personalien.
. Der kgl. Bezirksthierarzt Xaver Karl wurde , auf Ansuchen von
Wertingen nach Krumbach versetzt. '
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Hauptner-lnstrumente
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er sich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrnmenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin ||
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslichthier¬
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist I
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation ]
der Firma Hauptner grosser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert. V
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Al brecht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. 0 . Red,
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J
Wochenschrift
für .
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albrecht und Ph. J. Gering.
45. Jahrgang. München, den 4. Juni 1901. Nr. 23.
Inhalt: Brandl und Gmeiner, Die Räude des Schafes und ihre Behandlung..
(Fortsetzung.) — Viehzählung vom 1. Dezember 1900. — Therapeutische
Mittheilungen. — Personalien. — Inserate.
Oie Räude des Schafes und ihre Behandlung.
Ans dein pharmakologischen Institut der k. thierärztl. Hochschule Müncheh.
Von J. Brandl und F. Gmeiner.
(Fortsetzung.)
Zur Entscheidung der Frage, wie lange vermögen
Dermatocoptes-Milben, wenn sie die Haut des
Schafes verlassen haben, unter den verschie¬
denen Temperaturverhältnissen zu existiren,
kamen zunächst 18 lebende Milben beiderlei Geschlechts auf
ein grosses Uhrglas, dessen Band mit einem Vaselinring um¬
geben war, um ein Entweichen der Parasiten zu verhüten.
Dieses Uhrglas blieb im trockenen Zimmer bei 16—20°
stehen. Am ersten, zweiten und dritten Tag hatten sämmtliche
Milben an ihrer Beweglichkeit nicht das Mindeste eingebüsst,
Kamen sie an den Vaselinring, dann kehrten sie entweder
um oder bewegten sich entlang desselben. Nur einige arbei¬
teten sich in das Vaselin hinein; diese schaltete man für den
Versuch aus. Am vierten, fünften, sechsten, siebenten und
achten Tage zeigten die Parasiten insgesammt eine erhebliche
Abnahme ihrer Mobilität. Am neunten Tage waren nur noch
zwei Männchen, zwei Weibchen und ein copulirtes Paar in
langsamer Vorwärtsbewegung anzutreffen; die übrigen waren
todt. Vom 14.—15. Tage traf man die Milben meist ruhig
an Ort und Stelle an, indem sie ab und zu nur mit den
Beinen Bewegungen ausführten; erst als man sie mit der
Nadel leicht anstiess, bewegten sie sich langsam vorwärts.
Als am 17* Tage auch auf diese Weise keine Vorwärts-
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bewegung mehr bei einem Männchen und einem Weibchen
zu erzielen war, kam eines von den Männchen auf einen
grossen Objektträger und wurde mit etwas Speichel betupft.
In wenigen Minuten hatte es seine alte Gelenkigkeit wieder
erlangt, schwamm in der Flüssigkeit lebhaft umher und be¬
wegte sich, als es auf einen trockenen' Objektträger gesetzt
wurde, mässig gut. So hielt es sich bis zum 21. Tage; die
Bewegungen selbst waren aber sehr matt und sistirten dann
Diese öfter und jedesmal mit einer grösseren Anzahl von
Milben wiederholten Versuche haben immer das gleiche Re¬
sultat ergeben; es gelang fast immer ein Drittel der Milben
in trockener Luft von 16—20° Wärme 16—21 Tage lang
lebensfähig und mobil zu erhalten.
Gibt man die Thiere in gewöhnliches Brunnenwasser, in
physiologische Kochsalzlösung, in Bunge’sche Lösung oder in
destillirtes Wasser, indem man über die damit gefüllten Uhr¬
gläser solche von grösserem Umfang legt, um die Verdunstung
der Flüssigkeit hintanzuhalten, und stellt man die Gläser im
trockenen Zimmer gleichfalls bei 16—18° auf, so bleiben die
Milben beständig in Bewegung, schwimmen stets auf der
Oberfläche umher und können 12—14 Tage in solcher Weise
am Leben erhalten werden.
In kaltes Brunnenwasser gebracht und einer Zimmer¬
temperatur von 7—40° Wärme ausgesetzt, erhalten sich die
Parasiten nur ganz kurze Zeit in Bewegung, im Durchschnitt
20 Minuten, dann erstarren sie. Untersucht man sie am
nächsten Tage bei gleicher Temperatur, so gewahrt man sie
bewegungslos auf der Wasseroberfläche liegen; mit einer
Nadel oder einem anderen geeigneten Instrument angestossen,
reagiren sie meist in der Art, dass sie langsam die Beine zu
rühren beginnen, um in Kurzem wieder in den Erstarrungs¬
zustand zu verfallen. Bringt men sie aber ins warme Zimmer,
dann erholen sie sich in einigen Minuten vollständig wieder.
So lassen sie sich 9—12 Tage lebendig erhalten; am
12. Tage im kalten Wasser liegende Milben zeigen zwar manch¬
mal noch, wenn sie längere Zeit ins warme Zimmer gebracht
wurden, Bewegungen der Beine, doch können sie sich, sobald
man sie auf trockene Okjektträger isolirt, nicht mehr soweit
erholen, dass sie sich vorwärts bewegen.
Von der .Haut des Schafes abgenommene Milben ertragen
Temperaturen, welche unter derjenigen liegen, welcher sie
für gewöhnlich am Thierkörper ausgesetzt sind, versohiedentr
lieh. Temperaturen, welche von + 20° bis zu + 14° her¬
untergehen, vermögen wenig oder gar nichts an der Art des
Bewegungsvermögens, das als alleiniger Massstab einer je-
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weiligen Beeinflussung äusserer Ursachen auf die Milbe an¬
gesehen werden muss, zu ändern. Wirken aber Temperaturen
von + 13° ein, so werden die Bewegungen der Parasiten
deutlich verlangsamt, matter. Bei 12° erlischt die Vor¬
wärtsbewegung mitunter nach 1—2 Tagen. Bei 11° Wärme
trifft man Milben oft schon nach 1 /2 Stunde in einem leichten
Erstarrungszustand, in welchen sie bei -f-10° und bei + 9°
für gewöhnlich nach 15 Minuten verfallen. Temperaturen,
welche unter 8° liegen, bedingen ausnahmslos ein Sistiren der
Bewegung, welche erst wieder bei Zufuhr von Wärme in
Erscheinung tritt.
Setzt man Milben Temperaturen aus, welche zwischen
0° und 10° Wärme sich bewegen, so vermögen sie 7—8 Tage
am Leben zu bleiben; es gelingt nämlich immer den Er¬
starrungszustand zu lösen, sobald der mit Milben besetzte
Objektträger in einen mässig warmen Raum (16—18°) ge¬
bracht wird. Nur bei solchen Milben, welche bereits 6 oder
7 Tage die Kälte ausgehalten hatten, reichte die mässige
Zimmertemperatur nicht mehr hin, um die Parasiten aus dem
Erstarrungszustand zu bringen; vielmehr musste eine Wärme
von 30° einwirken, um ihnen die normale Bewegungsfäbigkeit
zurückzugeben. Länger als 8 Tage können die Parasiten
in solcher Weise nicht existiren.
Der Winterkälte ausgesetzt zeigen sie relativ wenig .
Resistenzfähigkeit. Die Versuche wurden, analog den vor¬
hergegangenen, so durchgeführt, dass immer 24 Stück Milben
beiderlei Geschlechtes und solche in Copulation auf einen
grossen Objektträger gebracht und deren mehrere dann vor
das Fensterbrett gelegt wurden, woselbst von halb zu halb
Stunden die Temperatur abgelesen werden konnte.
Hiebei ergab sich, dass lebende Milben der Winter¬
temperatur, sobald sie sich zwischen -f- 1 und — 5° bewegt,
bis zu 3 Tagen Widerstand zu leisten vermögen; sie ver¬
fallen schon nach wenigen Minuten, nachdem die Kälte auf
sie eingewirkt, in den Erstarrungszustand, welchen Wärme¬
zufuhr leicht und verhältnissmässig rasch löst.
Bei einer Temperatur von — 7° bis — 9° bleiben die
Milben nur noch 6 Stunden am Leben, bei einer solchen von
— 12° bis — 15° nur mehr 3 l h Stunden.
Trockene Hitze tödtet die Milben rasch. Untersucht
man dieselben am heizbaren Objekttisch bei 30—32° Wärme,
so gewahrt man an der Hast der Bewegungen, die den Ein¬
druck machen, als ob die Thiere zu entrinnen suchen, dass
dieser Temperaturgrad schon nicht mehr den normalen Ver-
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hältnissen entspricht; gleichwohl aber ist es möglich, die
Milben noch nach 24 Stunden lebend und mobil anzutreffen.
Steigert man die Temperatur allmählich (35° — 38°), dann
werden die Laufbewegungen noch intensiver, um bei 40° und
darüber in Kreisbewegungen überzugehen. Wendet man noch
stärkere Hitze an, so ändert sich in der Art der Bewegungen
der Milbe bei 41—43° wenig; beispielsweise können Milben
ohne Schädigung 20 Minuten und mehr bei 43° aushalten,
da sie sich rasch wieder erholen, wenn man sie vom Objekt¬
tisch und damit aus dieser heissen Luft entfernt. Die Ein¬
wirkung einer trockenen Wärme von 44° und 45° vermag die
Milben in 15—20 Minuten zu vernichten. Bei längerem Be¬
steben dieser anormalen Temperatur werden die Parasiten
ausnahmslos getödtet.
Beim Uebergiessen mit heissem Wasser gestalten sich
die Verhältnisse wesentlich anders. Die Versuche nach dieser
Hinsicht wurden in der Weise ausgeführt, dass man Uhr¬
gläser in das Wasser von dem jeweilig zu untersuchenden
Wärmegrad tauchte, nach kurzer Zeit wieder herausnahm,
Milben darauf gab und nun das betreffende Wasser darauf
goss. Es stellte sich heraus, dass Wasserdämpfe, kochendes
Wasser und solches von 85-90° jedesmal und zwar augen¬
blicklich Milben vernichtet. Heisses Wasser von 80° und 75°
% vermochte nur einen Theil der Parasiten zu tödten, während
ein anderer Theil, nachdem die Flüssigkeit sich abgekühlt
hatte, am Leben blieb und Tage lang mobil sich verhielt.
Wasser von 70° und darunter fügt den Milben, welche damit
übergossen werden, keinerlei Schädigung zu; nur die Beweg¬
ungen der Beine werden vom Momente der Einwirkung an
krampfhaft, lassen aber nach einigen Minuten nach und nähern
sich nach Kurzem der Norm. Solche mit heissem Wasser
behandelte Milben unterscheiden sich dann später, wenn man
sie aus dem inzwischen abgekühlten Wasser genommen hat,
in Nichts von anderen.
Therapie.
Die prompte Wirkung des Liquor Cresoli saponatus auf
isolirte Dermatocoptes-Milben und seine Ueberlegenheit gegen¬
über anderen Mitteln legte nahe, denselben therapeutisch bei
Schafräude zu erproben.
Nachdem den früheren Räudebädern verschiedene Nach¬
theile anhafteten, wie hoher Preis, geringe Wirksamkeit,
Nothwendigkeit der oftmaligen Wiederholung, umständliche
und zeitraubende Herstellungsweise, Intoxikationsgefahr für Pa¬
tienten und Bedienungsmannschaft*, Verfärbung der Wolle u. s. w.,
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dürfte mit der Anwendung des Liquor Cresoli saponatus bei
Einhaltung gewisser Normen nunmehr den Hauptforderungen,
die man an ein Räudemittel stellen muss (absolute Wirk¬
samkeit, bequeme und billige Anwendungsweise, Unschäd¬
lichkeit für Thier und Wolle), Genüge geleistet werden können.
Bei den im hiesigen Institute an einer Reihe von räudigen
Schafen angestellten Versuchen wurden die Thiere theils in
der Wolle, theils geschoren dem Heilverfahren unterworfen.
Von vorneherein durfte man als Thatsache annehmen, dass
die auf dem Körper des Schafes lebenden Milben durch die
Berührung mit der Badeflüssigkeit in kürzester Zeit vernichtet
werden. Es drängte sich aber die weit wichtigere, noch un¬
entschiedene Frage auf, ob dies auch mit den Milbeneiern
der Fall ist.
Mit den gegenwärtigen Hilfsmitteln gelingt es nicht, den
störenden Einfluss des Cresol an den Milbeneiern selbst nach¬
zuweisen, beziehungsweise die Hemmung in der Entwicklung
eines solchen Milbeneies an Brütversuchen zu verfolgen.
Desshalb wurde versucht, nach anderer Richtung hin experi¬
mentell die tödtende Wirkung des Cresol auf Milbeneier zu
beweisen und eine Lösung dieser Frage herbeizuführen,
Schon gelegentlich der Untersuchung der biologischen
Verhältnisse von Dermatoryctes mutans und von Sarcoptes
suis 1 ) war es aufgefallen, dass das Cresol auch dann noch
milbentödtende Kraft besitzt, wenn es verdunstet und hiebei
gasförmig den Milbenkörper trifft. Zur Veranschaulichung
dieser Thatsache wurde nunmehr folgende Versuchsanordnung
getroffen: Unter eine geräumige, aber nicht luftdicht ab¬
schliessende Glasglocke kam eine Porzellanschale, welche mit
einer l°/o wässerigen, auf Körpertemperatur erwärmten Lösung
von Liquor Cresoli saponatus gefüllt wurde, und daneben eine
Reihe von in Zwischenräumen aufeinander geschichteten
grösseren Objektträgern, welche mit einer Anzahl lebender
Dermatocoptes-Milben besetzt waren. Das beständig ver¬
dunstende Cresol machte immer innerhalb längstens 5 Minuten
die Milben bewegungslos. Lässt man nun die Parasiten
IV 2 Stunden der Einwirkung ausgesetzt und in dieser mit
Cresol erfüllten Atmosphäre liegen, dann erholen sich die
Milben nie mehr. Bei der grossen Anzahl von Milben, welche
zu diesen Versuchen in Verwendung kamen, Hess sich keine
Spur von Lebensäusserung mehr konstatiren.
Mithin gehen beim Baden der Schafe in der Wolle nicht
nur alle die Milben, welche zufällig der direkten Berührung
*) Diese Wochenschrift, 1900, Nr. 37 u. folgd.
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mit der Badeflüssigkeit entgangen sind, im Laufe der nächsten
Stunden durch das verdampfende Cresol zu Grunde — diese
Verdunstung in der Wolle hält mitunter 8 Tage an —, es
trifft vielmehr das gleiche Schicksal auch alle jungen Milben,
welche aus den noch entwicklungsfähig gebliebenen Eiern
im Laufe der nächsten 4 Tage nach dem Bade etwa noch
ausschlüpfen. Da diese Entwicklung junger Milben aus dem
Ei 3—4 Tage beansprucht, neue Eier aber in Folge der
Vernichtung aller geschlechtsreifen Milben durch das Räude¬
bad nicht mehr producirt werden können, ist mit dem
4. Tage nach dem Bade das Ausschlüpfen junger Milben aus
dem Ei beendet. Alle diese werden aber im Momente
ihres Freiwerdens aus der Eihülle von dem in der Wolle
ständig verdampfenden Cresol getödtet, wenn nicht schon im
Ei selbst, welches bei seiner schwachen Chitinhülle dem Ein¬
dringen des Cresol (wenigstens im Zustande der Verdunstung)
kein Hinderniss entgegen zu setzen vermag, die sich heran¬
bildende Larve vernichtet sein sollte. ,
Der grosse Vortheil des Cresolbades gegen¬
über anderen Räudebädern beruht demnach vor
allem darin, dass nicht nur die Milben, sondern
auch derenBrut nachnur einmaliger An Wendung
vernichtet werden, vorausgesetzt, dass die Schafe
in der Wolle gebadet werden.
Die Versuche, welche nach dieser Richtung an einer
Reihe von räudigen Schafen gemacht wurden, haben den Be¬
weis hiefür geliefert. Die stark verräudeten Thiere (manche
davon hatten am ganzen Körper nicht eine gesunde Stelle
mehr aufzuweisen) wurden mit einer l°/o wässerigen, auf ca.
35° gehaltenen Lösung von Liquor Cresoli saponatus behandelt.
Einen Theil der Schafe badete man regelrecht in einem mit
der Flüssigkeit gefüllten Bottich, indem man während dieser
Zeit dafür Sorge trug, dass bei dem jeweiligen Schaf die
Flüssigkeit in die Wolle gründlich mit den Händen hinein¬
gepresst und auf solche Weise eine direkte Berührung und
Benetzung der Haut mit der Lösung fortwährend unterhalten
wurde. Bürsten oder sonstige Instrumente wurden grund¬
sätzlich vermieden. Nach dem Bade bebt man das Thier in
einen leeren danebenstehenden Bottich, lässt die überschüssige
Badebrühe ablaufen und gibt dann, sobald dieses geschehen,
das Thier frei.
Bei einem andern Theil der Schafe wurde in der Weise
verfahren, dass man in die Flüssigkeit einige grosse Schwämme
tauchte, bis sie sich vollgesaugt hatten, und diese auf den
Körper des Thieres ausdrückte, wobei man wieder das Ein-
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271
dringen des Mittels in die Tiefe des Wollstapels und die Be¬
netzung der Haut zu unterstützen suchte.
Mit der einmaligen Anwendungsweise der l°/o Lösung
von Liquor Cresoli saponatus war die Therapie beendet; bei
keinem Schafe wurde zweimal das Kur verfahren vorgenommen.
Ebenso wurden die Schuppen und Krusten vorher weder ein¬
gerieben noch aufgeweicht, also keine Vorbehandlung aus¬
geführt. Die Schafe wurden nach dem Bade sich selbst über¬
lassen; von Zeit zu Zeit nahm man von verschiedenen Körper¬
teilen Borken und Schuppen, die sich allmählich abzustossen
und abzulösen begannen, und unterwarf dieselben einer ein¬
gehenden Untersuchung ^ ohne dass je der Nachweis lebender
Milben gelungen wäre. Ueble Zufälle, Reizzustände oder gar
Vergiftungserscheinungen waren nie constatirt worden.
(Schluss folgt.)
Viehzählung vom 1. Dezember 1900.
i.
Nachdem das Zählungsmaterial nunmehr aus allen Ver¬
waltungsbezirken des Königreichs beim kgl. statistischen Bureau
eingelaufen ist, konnte die Zusammenstellung der Zählungs¬
ergebnisse erfolgen. Da jedoch die Zahlen dem ungeprüften
Zählungsmaterial entnommen sind — bis jetzt war nur die
Prüfung eines Theiles der Zählungslisten möglich — so sind
die zusammengestellten Ergebnisse keine endgiltigen, sondern
nur vorläufige, die bei der Listenprüfung noch Abänderungen
erfahren können. Die vorläufigen Ziffern sind für die Re¬
gierungsbezirke — bei diesen wieder ausgeschieden nach
unmittelbaren Städten und Bezirksämtern — sowie für das
Königreich berechnet und aus folgender Tabelle ersichtlich.
Vorläufiges Ergebniss der Viehzählung vom
1. Dezember 1900.
Regierungsbezirke
Pferde
Rinder
Schafe
Schweine
Ziegen
Unmittelbare Städte:
Oberbayern.
13 895
7 638
1919
4 608
675
Niederbayern ....
2 338
3 413
127
2 248
194
Oberpfalz.
1009
1794
210
1549
561
Oberfranken . .
3101
4 313
1086
2 076
1336
Mittelfranken . ...
7 839
8 241
3 304
5 643
2 421
Unterfranken . . . .
2717
2 526
1560
2 768
989
Schwaben ......
5 570
7 864
3 473
4433
749
Summa
36 4691
35 7891
116791
23 3951
6 925
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272
Bezirksämter:
Regierungsbezirke
Pferde
Rinder
Schafe
Schweine
Ziegen
Oberbayern.
104 782
689 566
149 650
224 923
13548
Niederbayern ....
70 752
579 183
65 318
304 978
15939
Pfalz.
89 759
344062
16 651
155 498
56 399
Oberpfalz . . .
18 209
376 269
67 618
209 167
21931
Oberfranken.
»304
267 406
49 887
124 933
48 595
Mittelfranken ....
27 059
839 147
166 026
222 628
39 726
Unterfranken ....
23 229
347 496
122464
283 861
58 625
Sehwaben.
56 306
571 171
99 177
187 448
9 365
Summa
343 400
3 514 300
736 791
1 713 436
264 128
Regierungsbezirke:
Oberbayern.
118 677
697 204
151 569
1 229 531
14 223
Niederbayern ....
73090
582 596
65 445
| 307 226
16 133
Pfalz.
39 759
344 062
16 651
155 498
56 399
Oberpfalz.. .
19 218
378 063
67 828
210 716
22 492
Oberfranken.
11405
271 719
50 973
127 009
49 931
Mittelfranken
34 898
347 388
169 330
228 271
42 147
Unterfranken
25 946
350 022
124024
286 629
59 614
Schwaben . ....
61876
579 035
102 650
191 881
10114
Summa
384 869
3 550 089
748 470
1 *36 761
271 053
Die nachfolgende Uebersicht bringt eine Gegenüber¬
stellung der Ergebnisse der Viehzählungen von 1873, 1883,
1892, 1893, 1897 und 1900 für das Königreich. Im Jahre
1893 beschränkte sich die Erhebung auf die Rinder und
Schweine; vorgenommen wurden jene Erhebungen schon so
bald nach der vorausgegangenen Zählung des Jahres 1892
desshalb, weil die bekannte Futternoth des Jahres 1893 einen
erheblichen Einfluss auf den Umfang der Viehhaltung gehabt
batte. Die Zählung von 1897 erstreckte sich nur auf Pferde,
Rinder, Schafe und Schweine.
Königreich
Bayern
Pferde
Rinder
Schafe
Schweine
Ziegen
1873
350867
3066263
1342190
872098
193881
1883
356316
3037098
1178270
1038344
220818
1892
369035
3337978
968414
1358744
268 471
1893
—
5989953
—
1258662
—
1897
376757
3419421
905916
1412579
—
1900
384869
3550089
748470
1736761
271053
Hienach hat in Bayern seit 1873 der Pferdebestand
stetig zugenommen und sich um 34002 Stück oder 9,7°/o
vermehrt.
Die Zahl der Rinder ist unter wechselnder Ab- und
Zunahme im Ganzen um 483826 oder 15,7°/o und die Anzahl
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273
der Ziegen bei fortwährender Mehrung um 77172 oder
39.8 °/o gewachsen.
Bei den Schafen zeigt sich seit 1873 von Zählung zu
Zählung ein Rückgang und zwar im Ganzen um 593 720 Stück
oder 44,2 °/o, so dass diese Yiehgattung voraussichtlich bald auf
die Hälfte des Bestandes von 1873 herabgesunken sein wird.
Das umgekehrte Yerhältniss tritt bei den Schweinen
auf, deren Zahl seit 1873 fortwährend — ausgenommen von
1892 auf 1893 — gestiegen ist und sich im Ganzen um
864663 = 99,1 °/o vermehrt, also beinahe verdoppelt hat.
Yon Interesse dürfte es sein, die Bewegung in dem
Stande derjenigen beiden Viehgattungen zu verfolgen, die
nicht durchweg zu oder abgenommen haben: der Rinder
und Schweine.
Bei den Rindern hatte sich von 1873 bis 1883 eine
Minderung um 29 165 Stück = 0,9% gezeigt; diese Minderung
war bis zur Zählung von 1892 nicht nur wieder ausgeglichen,
sondern noch weit überholt, da die Rinderzahl von 1892 die¬
jenige von 1883 um 300 880 = 9,9 % und diejenige % von
1873 um 271715 = 8,9% überstieg. Die Abnahme der
Rinderzahl von 1892 auf 1893 betrug 348025 Stück oder
10,4°/o; auch diese Abnahme war bis zur folgenden Zählung
(1897) wieder überholt, denn damals hatte die Zahl gegenüber
dem Stande von 1893 um 429468 = 14,4 °/o zugenommen;
die Mehrung im nämlichen Jahre (1897) gegenüber der Anzahl
von 1892 betrug nur 81443 = 2,4 %. Von 1897 bis zur
Zählung vom 1. Dezember 1900 ist nach dem vorläufigen
Ergebniss eine weitere Zunahme der Rinder um 130668 Stück
oder 3,8 °/o eingetreten.
Die Anzahl der Schweine war von 1873 bis 1892 um
486646 Stück = 55,8% gewachsen; die Abnahme im Jahre
1893 betrug ICO 082 Stück oder 7,4 °/o; sie war im Jahre
1897 bereits wieder überholt, da die Mehrung von 1893 bis
1897 sich auf 153917 Stück oder 12,2% und von 1892 bis
1897 auf 53835 Stück oder 3,9% belief. Von 1897 bis
1900 ist eine Erhöhung der Schweinezahl um 324182 =
22.9 % eingetreten.
Therapeutische Mittheilungen.
Arsenik ist ein vorzügliches Mittel gegen Spulwürmer
beim Pferde. Ich gebe dasselbe wie folgt
Liqu. Kal. arsenicos. 10% 50,0
Aq. fontan. 200,0
Davon erwachsenen Pferden täglich zweimal 2 Esslöffel, Fohlen
täglich zweimal 2 Kaffeelöffel auf Brod, solange fortgesetzt,
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274
bis Durchfall eintritt. Der Erfolg ist ein ausgezeichneter.
Schon nach der zweiten und dritten Gabe gehen oftmals
enorme Mengen Spulwürmer ab. In einem Palle ca. 400 Stück.
Distr.-Thierarzt Streitberg—Pappenheim.
Behandlung der Sterilität. Bei Kühen, welche trotz
wiederholten Belegens nicht trächtig wurden, habe ich die
bei Pferden empfohlene Einspritzung einer 5 °/oo Lösung von
Natrium bicarbonicum in die Scheide angewandt und hier
in drei von sieben Fällen Erfolg gehabt. Es war dabei eine
Kuh, die seit zwei Jahren regelmässig rinderte, von den ver¬
schiedensten Bullen gedeckt wurde, jedoch nie trächtig wurde.
Da die Kuh ein sehr schönes Thier war und erst ein Kalb
hatte, wollte sie der Besitzer nicht verkaufen und habe ich
ihm diese Einspritzung empfohlen; die Kuh ist schon nach
der ersten Einspritzung trächtig geworden. Bei zwei anderen
Kühen desselben Besitzers blieb das Mittel wirkungslos. Distr.-
Thierarzt H a n d s c h u h—Schillingsfürst.
Ein Fall von eclatanter Wirkung der JodkalMnfusion bei
Gebärparese. Die schwere, gut genährte Kuh hat vor zwei
Tagen leicht gekalbt; seit Morgens 8 Uhr die ersten Lähmungs¬
erscheinungen; beim ersten Besuch Mittags 12 h Festliegen,
Somnolenz, Schlingbeschwerden, Kopf kann nicht getragen
werden, Puls unfühlbar. Die versicherte Kuh war bereits
abgeschätzt und sollte nothgeschlachtet werden. Infundirt
wurden 10,0 Kal. jodat. in 1 Liter abgekochten Wassers nach
Vorschrift, ferner wurde 5,0 Coffein injicirt; zweistündliche
kalte Salzwasserklystiere, Eisbeutel auf’s Genick, Einreibung
von 01. terebinth. und Spiritus ää und Priessnitzumschläge auf
die Lendengegend. Fünf Stunden nach der Infusion wurde
bereits der Kopf aufrecht gehalten, der erste Versuch zum
Aufstehen misslang; zwjBi Stunden später steht die Kuh leicht
auf und nimmt Heu. Am nächsten Tag normales Befinden.
Distr.-Thierarzt H o c h s t e i n—Lauf.
Amyloform. Ausgezeichnete Erfahrungen habe ich mit
dem Amyloform gemacht, welches in dem pharmazeutischen
Institut von Ludwig Gans in > Frankfurt am Main hergestellt
wird. Ich hatte in kurzer Zeit Gelegenheit, dasselbe in
verschiedenen Fällen als Wundheilmittel zu probiren. Im
ersten Falle handelte es sich um ein Pferd, das eine Schlag-
Verletzung am linken Hinterschenkel erhalten hatte. Die
Hautwunde hatte die Form eines Dreiecks, wobei die beiden
Schenkel je 15—18 cm lang waren. Der Hautlappen war
vollständig abgehoben, und es zeigte sich unter demselben
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275
eine sehr grosse und tiefe Zerreissung der Muskulatur. Nach
gründlicher Desinfektion und Reinigung der Wunde wurde
dieselbe mit Amyloform bestreut, sodann die Hautwunde mit
Ausnahme des unteren Winkels mit ca. 12 Nähten und einer
Entspannungsnaht geschlossen; hierauf die Wundränder eben¬
falls mit Amyloform bestreut. Als nach acht Tagen die
Nähte anfingen, aufzugehen, war der ganze Hautlappen mit
Ausnahme der Spitze angeheilt. Nach Reinigung der Wund¬
ränder zeigte sich die Wunde in Form eines Dreieckes, mit
spitzen Winkeln, wobei sich die beiden Schenkel nach der
Spitze zu verbreiterten. Nachdem acht Tage lang die Wunde
mit Amyloform bestreut worden war, war sie um die Hälfte
kleiner geworden und zeigte ausgesprochene Neigung zu
schöner platter Vernarbung. — In einem ähnlichen Falle wurde
bei einem Pferde eine offene Wunde von der Grösse eines
Handtellers in Folge von Schlagverletzung auf das linke
hintere Kniegelenk durch Anwendung von Amyloform sehr
rasch geheilt.— Eine Dachshündin wurde in einem Bau von
einem Dachs sehr schwer am Kopfe verletzt; das obere
Augenlid war zum Theil weggerissen, während vom unteren
nur mehr der Rand vorhanden war. Die ganze Haut vom
Oberkiefer hing in der Grösse eines Fünfmarkstückes mit
Theilen der Muskulatur herunter, und der Oberkieferknochen
lag iheilweise bloss da. Ausserdem zeigte der Kopf poch
vier weitere tiefe Verletzungen von der Grösse eines Fünfzig¬
pfennigstückes bis zur Grösse eines Zweimarkstückes. Das
Thier zeigte auch starkes Wundfieber, war appetitlos und sehr
unlustig und niedergeschlagen. Nachdem die Wunden ge¬
reinigt, die Fetzen entfernt und ein reines Feld geschaffen
war, wurde auch hier Amyloform und zwar mit bestem Er¬
folge angewendet. Bereits nach acht Tagen fingen die Wun¬
den an, sich mit Granulationsgewebe zu füllen und nach
weiteren acht Tagen begann die Eindeckung der Wundränder
mit frischem Narbengewebe. Auch die Gefahr für das Auge,
die Anfangs bestand, konnte als beseitigt betrachtet werden.
Bis zur vollständigen Vernarbung bedurfte es allerdings noch
weitere acht Wochen. Distr.-Thierarzt Schmitt—Seefeld.
Personalien.
Der kgl. Bezirksthierarzt Max Stinglwagner in Bad Reiohenhall
ist am 24. Mai an einem Herzschlage im Alter von 44 Jahren verstorben.
Die Verwesung der Stelle in Bad Eeichenhall wurde dem bisherigen be¬
zirksthierärztlichen Verweser Karl Rauscher in Krumbach (Schwaben)
fibertragen. — Bewerbungstermin für die erledigte Bezirksthierarztensstelle
Berchtesgaden mit dem Wohnsitze in Bad Reichenhall: 26. Juni 1. Js.
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ji
Hauptner-lnstrumente
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kauft jeder Thiorarzt am besten direct aus der Fabrik, weil
er sich hierdurch besondere Yortheile sichert, die durch den
Zwischenhandel nicht gewährt werden können.
Die Instrumenten - Fabrik H. Hauptner, Berlin
NW., Luisenstrasse 53, erzeugt ausschliesslich thier-
ärztliche Instrumente in grossem Umfange. Trotzdem der
Bedarf an thierärztlichen Instrumenten naturgemäss kleiner ist
als der an human-chirurgischen Instrumenten, ist die Fabrikation
der Firma Hauptner grosser als die irgend einer Instrumenten-
Fabrik, welche ihre Erzeugnisse an Aerzte liefert.
Auf der Weltausstellung Paris 1900 wurde der einzige
Grand Prix der Klasse Chirurgie den thierärztlichen
Instrumenten von H. Hauptner zuerkannt; Hauptner’s
Apparate fUr Thierzucht und -Pflege wurden durch die
Goldene Medaille ausgezeichnet.
Die Instrumenten-Fabrik H. Hauptner hat in Deutschland
weder Filia’en noch Vertreter; es ist deshalb erforderlich, Anfragen
und Aufträge stets direct an die Fabrik zu richten.
Hauptner’s Instrumenten-Katalog 1900 in deutscher, fran¬
zösischer und englischer Sprache, Gross 4 °, 244 Seiten mit 3000
Abbildungen nebst Original-Bilderwerk „Die Thierärztlichen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende“, bestehend aus
123 Autotypien auf 25 Kunstdruck blättern mit Angaben über
Studien Verhältnisse, Vorbildung, Frequenz etc., ist allen Thierärzten
kostenfrei übersandt worden.
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Verantwortliche Redaktion : M. A 1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gottes Winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. 0 . Red.
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27 190,)' j
J/fipV
Wochenschrift
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 11. Juni 1901.
Nr. 24.
Inhalt: Brandl und Gmeiner, Die Räude des Schafes und ihre Behandlung.
(Schluss.) — Stoll, Die bösartige Gelbsucht (Cholaemie) bei Pferden. —
Gesammt-Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben des VII. Internat.
Tbierärztlichen Congresses in Baden-Baden. — Referate. — Öauver*
Sammlung in Schweinfurt. — Personalien. — Inserate.
Die Räude des Schafes und ihre Behandlung.
Aus dem pharmakologischen Institut der k. thierärztl. Hochschule München.
Von J. Brandl und F. Gmeiner.
(Schluss.)
Die so behandelten Thiere blieben vier Monate laug in
ständiger Beobachtung. Wo vorher die Wolle in grossem
Umfang ausgefallen war und Handflächen grosse, völlig kahle,
nässende, mit Geschwürsbildungen und starken Verdickungen
der Haut versehene Stellen zu sehen waren, zeigten sich
diese schon acht Tage nach dem Bade trocken, die früher
meist zusammenhängende schwartige Borkendecke begann sich
allmählich zu heben, zu zerfallen und im Laufe der nächsten
14 Tage konnte man darunter die neue und mit jungen
Haaren sich wieder besetzende Haut erkennen, welche die
abgestorbene Schuppendecke allmählich in die Höhe hob.
In der Nachbarschaft, also am Rande solcher vorher kahler
Flecken, wo die Milben am meisten zu finden sind, kehrte
die Haut unter Abschilferung der Krusten schon viel früher
zur normalen Beschaffenheit zurück. Bei den am ganzen
Körper verräudeten Schafen — Fälle, wie sie nur äusserst
selten zu Gesicht kommen — hob sich nach 5—6 Wochen
fast das ganze Vliess im Zusammenhang auf einmal von
selbst ab und darunter sah man die r Haut mit neu hervor-
spriessenden, V 2 cm langen Wollhaareu besetzt. Bei keinem
| von w den behandelten Schafen würde die Abstossung der
I Scluippen und Borkenmassen durch Aussichten des Pelzes
! unterstützt, vielmehr der Heilungsprocess absichtlich sich selbst
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278
überlassen. Sobald der Schäfer natürlich der Haut der Schafe
nach der Behandlung seine ganze Aufmerksamkeit widmet,
das Yliess von Zeit zu Zeit durch Entfernen der abgestossenen
Krusten reinigt und so .die Natur in verständiger Weise unter¬
stützt, wird die völlige Wiederherstellung in viel kürzerer
Zeit eingetreten sein.
Der Geruch nach Cresol hält sich bei den ständig im
Stalle stehenden Schafen längere Zeit; die Wolle verliert ihn
aber nach ca. 14 Tagen, wenn man sie der Sonne aussetzt, be¬
ziehungsweise wenn die Schafe auf die Weide kommen. Für
die Wolle selbst ist der Liquor Cresoli saponatus völlig un¬
schädlich; im Gegentheil, der Seifengehalt bewirkt eine gründ¬
liche Reinigung der Oberfläche der Strähnchen und gibt einer
schmutzigen, ursprünglich weisslichen Wolle, ihre alte Farbe
wieder.
Obwohl man mit der Anwendung eines einzigen Bades
selbst bei ganz ausgebreiteter Räude vollständig zum Ziele
kommt, wie die vorliegenden Versuche erwiesen haben, dürfte
es der Mühe werth sein, nach 6—8 Tagen eine zweite solche
Behandlung folgen zu lassen in allen denjenigen Fällen, wo
Herden von hundert und mehr Stück auf einmal in Frage
kommen, wo also nicht die gleiche peinliche Aufmerksamkeit
während der ganzen Procedur obwalten kann wie bei fünf
oder sechs Stück, da die lange Zeitdauer, welche bei solchen
Massenbehandlungen verstreicht, ein gleich gründliches Kur¬
verfahren fraglich macht.
Eine zweite Behandlung nach 6—8 Tagen würde sich
ebenso empfehlen dann* wenn die Schafe in schwacher Wolle
stehen oder erst geschoren worden sind.
Bemerkt sei noch, dass eine besondere Rücksichtnahme
auf die Augen der Thiere nicht nöthig erscheint, da ausser
einer geringgradigen, rasch verschwindenden Röthung der
Lidbindehaut keine sonstigen Erscheinungen sich einstellen.
Die Stallräumlichkeiten sowie die Geräthe wurden mit
einer l°/o wässerigen, heissen Lösung von Liquor Cresoli sa¬
ponatus gründlich desinficirt.
Resultate.
Die Ergebnisse vorstehend niedergelegter Untersuchungen
lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen:
1. der Wärmegrad, bei welchem Dermatocoptes-Milben
unter Beibehaltung ihrer normalen Lebensfunctionen
zu existiren vermögen, bewegt sich zwischen 15 und
30°. Temperaturen über 35° können sie dagegen für
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279
längere Zeit nicht ertragen; sie beginnen zu schrumpfen
und trocknen ein. Hingegen schädigt sie heisses
Wasser bis zu 75°, wenn sie damit übergossen werden,
nicht im Mindesten, während sie durch solches von
85° an sogleich vernichtet werden. Temperaturen
unter 12° bedingen in Kurzem einen Erstarrungs¬
zustand, aus dem die Milben durch Wärmezufuhr
wieder erwachen.
2. Yon der Haut abgefallene Milben bleiben bei 16—20°
bis zu drei Wochen, bei 1 — 10° ungefähr eine Woche,
bei — 1° bis — 5° ungefähr drei Tage, bei — 7°
bis — 9^ sechs Stunden lebensfähig. In warmem
Wasser lassen sich die Parasiten ca. zwölf bis vier¬
zehn Tage, in kaltem neun bis zwölf Tage am Leben
erhalten.
Mithin kann sich in Räumlichkeiten, welche von
räudekranken Schafen benützt waren, die Ansteckungs¬
fähigkeit in warmer Jahreszeit bis zu drei Wochen,
in kalter bis zu einer Woche erhalten.
3. Unter allen Räudemitteln wirkt am raschesten und
sichersten der Liquor Cresoli saponatus vernichtend
auf die Milben und deren Eier ein. Er eignet sich
zur Therapie der Schafräude am besten in l°/o wässer¬
iger, auf Körpertemperatur gehaltener Lösung.
Bei Ausübung des Heilverfahrens, wobei die Thiere nicht
geschoren werden sollen, ist es unbedingt erforderlich, dass
die betreffenden Gehilfen durch gründliches Durchgreifen und
Auseinanderscheiteln der Wolle das Eindringen der Flüssig¬
keit in dieselbe erleichtern und eine direkte Berührung des
Mittels mit der Haut fortwährend ermöglichen helfen.
Ein vorheriges Aufweichen der Borken ist unnöthig, da
mit der Vernichtung der Milben und ihrer Eier die Schuppen
in wenig Wochen durch die sich regenerirende Oberhaut von
selbst in die Höhe gehoben werden und abfallen. Diese Er¬
neuerung des Wollkleides muss aber der Schäfer durch
manuelles Entfernen der abgestossenen, von todten Milben
durchsetzten Krusten unterstützen helfen.
Der Preis für 10 Liter der zur Therapie verwendeten
Flüssigkeit berechnet sich auf ca. 10 Pfennige, wenn man
das Kilo Liquor Cresoli saponatus für 1 Mark ansetzt.
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Diese 1 °/o Lösung von Liquor Cresoli saponatus hat
mithin vor allen Räudebädern, falls nach der angegebenen
Vorschrift verfahren wird, neben anderen noch den besonderen
Vorzug der bequemen Herstellungsweise und grossen Billigkeit.
Wenn die Therapie in solcher Weise mit Umsicht und
Energie betrieben wird, lässt sich erwarten, dass in abseh¬
barer Zeit die Schafräude vollkommen getilgt werden kann.
Die bösartige Gelbsucht (Cholaemie) bei Pferden.
Von Stoll, k. Bezirksthierarzt, Gunzenhausen.
Zu den gefährlichsten, glücklicherweise jedoch seltenen
Krankheiten des Pferdes dürfte wohl die bösartige Gelbsucht,
Cholaemie, zu rechnen sein, und weil selten auftretend und
deshalb wenig zur Beobachtung gelangend, dürfte die nähere
Beschreibung eines solchen Krankheitsbildes von einigem In¬
teresse sein.
Bei den von mir innerhalb der letzten drei Jahre be¬
obachteten fünf Fällen der bösartigen Gelbsucht zeigten die
Patienten fast übereinstimmend folgendes Krankheitsbild:
Intensiv gelb gefärbte Schleimhaut des Maules und des
Auges, schmutziger Belag der Zunge, der Herzschlag pochend,
Mastdarmtemperatur 39,0; allgemeine Abgeschlagenheit bei
vermindertem Appetit, öfteres Umsehen nach dem aufge¬
schürzten Hinterleibe, Unruhe mit den Hinterfüssen; der ent¬
leerte Koth wies auf schlechte Verdauung hin. Nach all¬
mählicher Appetitabnahme steigerte sich die Abgeschlagenheit
bis zur vollständigen Betäubung, bei welcher die Thiere tags
über mehrmals plötzlich zusammenstürzten. Diese koller¬
ähnlichen Erscheinungen unterscheiden sich vom eigentlichen
Dummkoller darin, dass die ersteren öfters auf die Dauer von
1—2 Stunden verschwinden, d. h. die Psyche freier wird und
nach diesem Zeiträume wieder zum Vorschein kommen.
Nach einer Krankheitsdauer von 5—6 Tagen treten
plötzlich Schüttelfröste mit Verlangsamung des Pulses und
Sinken der Temperatur ein (Lähmung der Herzganglien und
beginnende Blutvergiftung); in einigen Fällen beobachtete
man Schwellung an den Bauchdecken, hervorgerufen durch
seröses Transsudat in das subcutane Bindegewebe.
Unter starker Abmagerung und völliger Bewusstlosigkeit
tritt nach 10—12 tägiger Krankheitsdauer der Tod ein.
Sectionserscheinungen: Hochgradige Abmagerung, seröse
Infiltration des subcutanen Bindegewebes in den Bauchdecken,
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281
die Leber hochgradig hyperämisch und erweicht, Gelbfärbung
und Verdickung der Schleimhaut der Verdauungswege.
Von den fünf derartig erkrankten und vou mir behan¬
delten Pferden konnte nur ein Stück gerettet werden.
Gesammt-Aufstellung
der Einnahmen und Ausgaben des VII. Internat. Thierärztlichen
Congresses in Baden-Baden.
ZusammengeBtellt nach dem Kontokorrent der Filiale der Rheinischen
Greditbank.
4L M.
Nach dem Kontokorrent betragen
Die Einnahmen ........ 34,024.45
Die Ausgaben. 33,635.60
Saldo 388.85
Nach dem Kontokorrent betragen
Die Ausgaben. 33,635.60
Dazu Rechnung der anat. Nomenklatur 500.—
Professor Degive, Brüssel laut Rechnung 148.—
•34,283.60
Nach dem Kontokorrent betragen
Die Einnahmen. 34,024.45
Verein württembg. Thierärzte ausge¬
glichen durch Gegenrechnung der
anatom. Nomenklatur. 500.—
Aus Gegenrechnung von Degive, Brüssel 148.—
34,672.45
Gesammt-Einnabme. 34,672.45
Gesammt-Ausgabe. 34,283 60
Saldovortrag. 388.85 «
34,672 45 34,672.45
Ausserdem sind noch 184 Exemplare des Generalberichtes
in der Hofbuchdruckerei Kölblin in Baden vorhanden.
Die Abrechnungen und Belege wurden von dem Vorstand
der Stadtkasse Baden, Herrn Wiest, sowie von dem Königl.
Rendanten der Thierärztlichen Hochschule in Hannover, Herrn
Meyer, geprüft und richtig befunden.
Kontokorrent der Filiale der Rheinischen Kreditbank,
Kontobücher, sowie die Belege liegen bis zum 31. Mai 1901
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282
Lichtenthaler-Strasse 9, I. Stock, Baden-Bade«, zur gef. Ein¬
sichtnahme auf.
Es ist beabsichtigt, den Haupttheil des Saldos dem Verein
badischer Thierärzte, welcher 1200 M>, zu den Kosten des
Congresses zugeschossen hat, zu überweisen.
Baden, den 30. April 1901.
Dr. Lydtin.
Beurkundigung.
Es wird constatirt, dass Geh. Oberregierungsrath Dr.
Lydtin seine sachlichen Auslagen für Stellung des Bureaus,
für Heizung und Beleuchtung, für Verabreichung von Früh¬
stück und Abendbrod an das Bureaupersonal nicht liquidirt hat.
Baden, den 30. April 1901.
Wiest,
Stadtrechner und Kreiscassier.
Referate.
Howard; Gasbildung unter der Haut. (Fortschritte der
Medicin Nr. 11, 1901.) H. fand bei der Section einer Frau,
welche comatös in da^ Spital aufgenommen wurde, daselbst
nach acht Stunden starb, intra vitam aber kein subcutanes
Emphysem gezeigt hatte, Gasbildung in der Sufbcutis. Be¬
merkt wird, dass die Leiche vom Eintritt des Todes an im
Refrigerator bei 0° gelegen hatte. Gasblasen waren auch
überall in den Gefässen vorhanden; selbst im Gehirn waren
Gascysten. Schaumleber war nicht vorhanden. Ueberall wo
Gas war, fand sich ein Bacillus, welcher zur Gruppe der
Bacillus mucosus capsulatus gehörte; oft waren die Gefässe
fast ganz angefüllt mit Bacillen; einzelne fanden sich auch
frei im Gewebe. Mit den Bacillen an Kaninchen-Cadavern
gemachte Versuche fielen positiv aus; sie erzeugten Gas¬
bildung. Diese war stärker, wenn man den Kaninchen kurz
vor ihrem Tode intravenös Zuckerlösung beibrachte.
Beck: lieber die Behandlung des Kropfes. (Ibidem.)
Empfiehlt zur Behandlung des colloiden und folliculären Kropfes
Injectionen von Jodoformäther. Das Medikament wird unter
antiseptischen Cautelen mit der Pravaz’schen Spritze mit
starker Nadel in der Mitte der Geschwulst, beziehungsweise
der Geschwulstlappen eingespritzt Der Jodoformäther erzeugt
keine Gewebsnecrose, wie die Jodtinctur, sondern regt eine
intensive fibrinöse Ausscheidung an; der Parenchym schrumpft
und an seine Stelle tritt Bindegewebe. Es wird Verkleinerung,
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nicht völlige Vernichtung der Drüse erreicht. Durch Dar¬
reichung von Jodkalium, oder besser Jodnatrium, sowie durch
gleichzeitige Verabreichung von Jodothyrin wird der Erfolg
des Injectionsverfahrens unterstützt. Frequenter Puls, Tremor,
Athmungsstörungen oder Cyanose erheischen ein Ausseizen
der Jodothyrineinnahme.
Hatten: lieber Septoform. (Berl. thierärztl. Wochensehr.
Nr. 15, 19iil.) Verfasser hat das von Apotheker Dorn¬
hardt—Köln hergestellte Septoform in der Praxis überall
da angewandt, wo sonst Creolin oder Lysol benützt wurde,
und sehr gute Erfolge erzielt. Die Instrumente wurden
wahrend der Operationen in 2°/oiger Lösung des Mittels ohne
Schaden aufbewahrt. In dieser Verdünnung wirkt es stark
granulationserregend. In der Geburtshilfe erprobte der Ver¬
fasser das Mittel als Desinficiens und Desodorans; An¬
wendung in 1% igen Lösungen. Drängen trat nach dem Aus¬
spülen der Geburtswege nicht ein. Bei nässenden Ec-
zemen, z. B. bei dem chronischen Rückeneczem der Hunde,
dann beim Ausspülen von Fisteln und Kanälen erwies sich
das Septoform in wässerigen und spirituösen Lösungen als
stark secretionsbeschränkend. V. constatirte diese Wirkung
besonders bei der Otorrhoe der Hunde. F. benutzte das
Mittel ferner zu Inhalationen bei der Staupe der Hunde, dann
bei Druse, Bronchopneumonie, Bronchitis, Lungencavernen
der Pferde. Bei Sarcoptesr^ude der Hunde Hess V. dreimal
10°/oige spirituöse Einreibungen machen und hierauf mit
Septoforraseife ab waschen, oder mit 3°/o iger wässeriger Lösung
des Mittels abbaden. Vollständige Heilung selbst bei sehr
ausgebreiteten Fällen. Auch die Acarusräude wurde von dem
Verfasser durch das Mittel geheilt. Hiebei wurde Septoform
in concentrirter Form mehrere Tage hinter einander angewandt
und hierauf die erkrankten Stellen mif 3°/oiger wässeriger
Lösung des Mittels und Septoformseife abgewaschen. Zum
Vertreiben der Läuse bei Pferden und Flöhe bei Hunden
benützte F. 3—10°/oige wässerige Lösungen des Mittels oder
die Septoformseife. A.
•
Boas : Die Anwendung des Ichthargans und des Ichtho-
forms in der Thierheilkunde. (Deutsche thierärztliche Wochen¬
schrift Nr. 14, 19ü’l.) Das Ichthargan, eine Verbindung des
Ichthyols mit Ag stellt ein braunes amorphes Pulver dar.
Boas versuchte das Präparat äusserlich in der Wundbehand¬
lung als Pulver und Salbe. Letztere bestand aus Ichthargan
10,0, Lanolin 50,0, Vasogen 40,0. Das Mittel beschränkte
die Eiterung und regte die Granulation an. Sehr günstige
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284
Erfolge hatte V. bei septischer Metritis des Rindes in sechs
Fällen. Nach erfolgter Ausspülung des Uterus mit viel ab¬
gekochtem Wasser Hess B. sechs Löffel von einer Mischung
von Ichthargan, Gi. arab. und Aq. 100,0 in drei Liter Wasser
in den Trägsack einspritzen. Bei Hundestaupe Hess V.
Ichthargan innerlich verabreichen. Ordinirt wurde: Ichthargan,
Gi. arabic. ^ 5,0, Aq. 100,0. Je nach der Grösse der Hunde
wurde täglich dreimal ein Thee-, resp. ein Esslöffel voll ver¬
abreicht. Zwei bis drei Tage alte Kälber mit Durchfall be¬
kommen täglich 2—3 Theelöffel voll von dieser Mischung.
Sowohl bei Hunden als Kälbern trat auf diese Behandlung
der gewünschte Erfolg ein. Gegen Pferdestaupe benützte B.
das Ichthargan zum Theil in Pillenform, z. B. als intra¬
tracheale Injection. Die Pillen wurden aus Ichthargan, Gi.
arabic. m 15,0 rad. Althaeae pulv. 20,0 gemacht. Zu den
lnjectiouen wurden 40 g einer Mischung, bestehend aus Ich¬
thargan 3,0, Gi. arabic. 4,0, Aqu. 100,0 benützt. Aus den
bei Behandlung der Pferdestaupe durch den Y. gemachten
Beobachtungen glaubt er schliessen zu dürfen, dass Ichthargan
bei diesem Leiden eine coupirende Wirkung auszuüben ver¬
mag. Ein an Blutfleckenkrankheit leidendes Pferd erhielt
zwei Tage nach einander je eine intratracheale Injection von
40 g der vorstehend genannten Mischung. Abnahme der Ge¬
schwülste und des schniebenden Athmens alsbald. Voll¬
ständige Heilung innerhalb acht Tagen. In einem Falle von
Angina mit starken Athem- und Schluckbeschwerden wurde
durch einmalige intralaryngeale Injection Heilung erzielt.
Einem Pferde mit Einschuss machte B. eine intratracheale
Injection wie oben angegeben und Hess äusserlich die eingangs
genannte Ichtharganäalbe einreiben. Heilung in drei Tagen.
V. glaubt aus den von ihm gemachten Beobachtungen schliessen
zu dürfen, dass das Ichthargan, welches die antiaeptischen
Wirkungen des Silbers und des Ichthyols in sich vereinigt,
bei allen durch Streptococcen veranlassten Infectionskrank-
heiten eine günstige Wirkung enthalten werde.
Ichthoform = Ichthyol mit Formaldehyd stellt ein dunkel¬
braunes, nahezu geruch- und geschmackloses, in Wasser und
den übrigen Lösungsmitteln unlösliches Pulver dar. V. verwendete
das Mittel äusserlich bei Mauke und Wunden. Die befallenen
Stellen wurden bei Mauke nach geschehener Reinigung dick
mit Ichthoform bestreut. Es bildete sich ein dunkelbrauner
Schorf, unter welchem alsbald Abheilung erfolgte. Bei Wun¬
den behandelte B. mit dem Pulver und einer 10°/oigen Salbe.
Bei frischen, nicht inficirten Wunden trat Heilung per primam
ein; waren die Wunden alt und vernachlässigt, so wurde mit
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285
dieser Behandlung die Eiterung beschränkt und die Granula¬
tion angeregt. Bei innerlicher Anwendung des Mittels wurde
es B. möglich, bei Hunden durch einmalige Verabreichung
von 3 g Ichthoform mit Natr. bicarbonic, rasch Erbrechen
und heftige Durchfälle zu beseitigen. Dieselbe Wirkung übte
es bei Durchfällen der Pferde aus. Pferde erhielten 15—20,
Pohlen 5 g des Mittels mit rad. Althaeae als Latwerge. B.
erzielte weiter gute Erfolge mit dem Ichthoform bei croupöser
Darmentzündung der Rinder und beim Durchfall der Kälber.
Erwachsenen Rindern liess V. 20,0, Kälbern 5 g des Mittels
in Camillenthee als Schüttelmixtur verabreichen. A.
Waldteufel: Behandlung des Nageltrittes. (Nach einem
Referate von Strebei im Schweizer Archiv I. Heft, 1901.)
W. lässt das die Wunde umgebende Horn stark verdünnen
und hierauf den ganzen Huf mit einer 5°/oo igen Kresyllösung
gründlich waschen oder irrigiren. Hierauf kommt bei ältern
Nageltritten reines Kresyl in die Wunde oder Jodoformäther.
Die so desinficirte Sohlenfläche wird nunmehr in ihrer ganzen
Ausdehnung mit Torfwolle bedeckt, welche mit Kresyllösung
getränkt worden. Auf diese Wolle kommt trockene Watte.
Der Verband wird durch ein Deckeleisen festgehalten. Stützt
sich das Pferd am folgenden Tage noch nicht auf das Bein,
so wird die Watte wiederholt mit Kresyl getränkt, indem man
dieses einfach unter den Deckel des Eisens einfliessen lässt.
Nach dem V. genügt ein einziger Verband zur Heilung, aus¬
genommen in den Fällen, in welchen eine Complication hinzu¬
kommt. In diesem Falle ist der Verband abzunehmen und
den gegebenen Anzeigen zu genügen. Bei zahlreichen Fällen
von zum Theil tiefgehenden Nageltritten, welche W. fast
sieben Jahre auf diese Weise behandelte, brauchte er nicht
einmal eine eindringende Operation zu machen. Nach durch¬
schnittlich sechstägiger Behandlung konnten die betreffenden
Pferde wieder benützt werden.
Guillemain und Cadix: Behandlung des Nageltrittes durch
reine Milchsäure. (Ibidem.) Zunächst sorgfältige Desinfection
des gereinigten Hufes mit Sublimatlösung und Entfernung des
Hornes um die Wunde. Dann giesst man reine Milchsäure
auf, resp. in die Wunde. Jetzt führt man noch einen durch
kochendes Wasser aseptisch gemachten, mit Milchsäure ge¬
tränkten Hanfdocht in die Wunde, wozu man sich eines
ausgeglühten Nagels bedient. Bei starken Schmerzen kommen
ausserdem Leinsamen-Gataplasmen, welchen man eine starke
antiseptische Lösung beimischt, in Verwendung. Am folgenden
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286
Tage: Entfernung des Dochtes und wiederholtes Einbringen
von Milchsäure in die Wunde unter Zuhilfenahme einer Hohl¬
sonde. In schweren Fällen setzt man das Einbringen eines
Dochtes in die Wunde und die Application von Cataplasmen
fort. Die Verf. haben diese Behandlung während der Dauer
von zwei Jahren bei 15 Pferden mit beständigem Erfolge in
Anwendung gebracht. A.
Eine heitere Parlamentsrede. Einen grossen Heiterkeits¬
erfolg erzielte im württembergischen Landtag, wie der Stutt¬
garter Correspondent des „Tag“ schreibt, der Abgeordnete
Braunger, der bei der Berathung des Etats des Innern in Be¬
treff der Maul- und Klauenseuche u. a. wörtlich (nach dem
stenographischen Bericht des württembergischen Staatsan¬
zeigers) ausführte: „Man weiss heute noch nicht, was eigent¬
lich die Hauptursache der Verschleppung bei Maul- und
Klauenseuche ist. Ich glaube, vielfach sind es die Oberamts¬
thierärzte selbst. (Heiterkeit.) Je mehr Controlle ihnen
übertragen wird, desto häufiger sind wir Landwirthe mit der
Maul- und Klauenseuche behaftet. (Stürmische Heiterkeit.)
Die Oberamtsthierärzte tragen eben auch Kleider an sich,
wie andere Menschen. (Grosse Heiterkeit.) Ihre Mittel nützen
gar nichts, das weiss ich aus Erfahrung, denn ich habe sie
selbst schon zu Rathe gezogen. (Heiterkeit.) Es wäre am
Ende besser, man Hesse die Sache gehen; das sagen sogar
Oekonomieräthe. (Heiterkeit.)
Gauversammlung in Schweinfurt.
Auf den 31. März a. c. wurde nach Schweinfurt eine
Versammlung einberufen, zu der die stattliche Zahl von
22 Collegen erschienen war, und die alle ihrer Freude und
Zustimmung zu diesen so nothwendigen und schon lange als
dringendes Bedürfniss erkannten Zusammenkünften und der
damit verbundenen Art der Erledigung von Fach- und Standes¬
angelegenheiten lebhaft Ausdruck gaben. War hiedurch und
durch die zur Debatte gestellten Themata einerseits schon die
allgemeine Stimmung eine animirte, so wurde anderseits die¬
selbe noch freudiger erhöht durch das spätere Erscheinen
unseres Herrn kgl. Kreisthierarztes Schneider, der während
der erst kurzen Zeit seiner Amtstätigkeit sich bereits die
Sympathien sämmtlicher unterfränkischen Collegen, wie das
ja vorauszusehen war, zu erwerben verstanden, welch
letzterer Umstand nicht zuletzt zum Gelingen des Ganzen
wesentlich mit beigetragen hat.
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287
Mit der zu gleicher Zeit in Donauwörth tagenden Gau¬
versammlung schwäbischer Thierärzte wurden telegraphisch
Grüsse gewechselt.
Durch diese Constituirung von Gauversammlungen ist
auch in Unterfranken endlich einem allseitigen Wunsche
Rechnung getragen und ersuche ich in unser aller Interesse
um stets rege Betheiligung.
Den Fachgeuossen anderer Regierungsbezirke mag es
schon lange auffällig erschienen sein, weshalb gerade in
Unterfranken der so nöthige, engere Zusammenschluss der
Thierärzte nicht recht Fuss fassen wollte.
Der Grund dieser bisherigen, ich möchte sagen fachlichen
Indolenz soll und kann hier nicht näher erörtert werden.
Nachdem aber die, nur dem Eingeweihten näher bekannten,
jede freiere Entwicklung hemmenden Faktoren endlich aus
dem Wege geschafft sind, kommt allem Anscheine nach ein
frischerer, thatkräftigerer Zug in das unterfränkische Vereins¬
leben. Möge er nicht erlahmen. Die zukünftigen Versamm¬
lungen werden in der Wochenschrift für Thierheilkunde und
Viehzucht jeweils bekannt gegeben werden.
Schweinfurt. * I. A.: Brachinger.
Personalien.
An der thierärztlichen Hochschule München haben die Fachprüfung
bestanden die Herren: Alfred Schwind aus BiBchbrunn, Otto Brun¬
bauer aus München, Hans Hatz old aus Bamberg, Adolf Wagner aus
Passau, Julius Beck aus Weissenbrunn, Ferdinand Braun aus Waal,
Anton Kirche r aus Obenhausen, Xaver Leeb aus Mainkofen und
Wenzel Secao aus Ludom&r. Der prakt. Thierarzt Luginger wurde
als Distriktsthierarzt in Roth a/R. aufgestellt. Todesfall: Am 5. Juni
Morgens yersohied der vormalige Direktor der thierärztlichen Hochschule
in Stuttgart Herr Wilhelm von Fr icke r im 77. Lebensjahre.
Sa.3rer. T’lxiera.rzt
approbirt München 1900, sucht ab 1. Juli Stellung als Assistent
oder Vertreter. Gefl. Off. unter V. an die Exped. d. Bl. erbeten.
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288
Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Aibrecht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. D. Red.
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem .
~ Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen ^
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
M. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 18. Juni 1901. Nr. 25.
Inhalt: Hochatein, Periorchitis purulenta beim Pferde. — Nageltritt mit
Necrose des Hufbeins. — Merkte, Operation eines Hengstfohlens mit
Hodensaokdarmbruoh. — Huber, Tollwuth der Hunde. — Lugol’sohe
^ Lösung bei Leberoirrhose der Pferde. — Zink, Vergiftung mit Chili-
salpeter. — Braun, Hämorrhagische Gastroenteritis. — Kahn, Gehirn¬
entzündung bei einem Mutterschweine. — Schmidt, OarbolVergiftung
beim Hunde. — Ammerschläger, Sohlachtbefund einer Kuh. — Referate.
— Bacteriologischer Feriencursus für Thierärzte. — Büchernotiz. —
Vieh8euchen-Nachrichten. — Personalien. — Inserate.
Periorchitis purulenta beim Pferde.
Von Distr.-Thierarzt Hochstein, Lauf.
Ein Pferd war kurz vor der Uebergabe an den Pferde¬
händler an Kolik erkrankt und von dem Besitzer durch
Eingeben von Leinöl etc. behandelt worden; bei diesem
Einguss habe sich das Pferd verschluckt, seitdem huste es.
Patient zeigte am 2. Juli starken, gelblich eiterigen, übel¬
riechenden Nasenausfluss, schmerzhaften, matten Husten, ver¬
mehrte Athmungsfrequenz, Temperatur 39,7, grosse Schwäohe
etc., sodass Eingusspneumonie diagnosticirt.wurde. Nach drei
Tagen schwoll Hodensack und Schlauch mächtig an; die Ge¬
schwulst war sehr schmerzhaft und fest, Verletzungen nicht
zu finden. Nasenausfluss und Husten wurden mit der Zeit
geringer, das entzündliche Oedem der Geschlechtstheile ging
etwas zurück. Am 15. Juli war das Pferd in einer beängsti¬
genden Verfassung. Es wälzte sich auf der Streu, schwitzte
und zitterte am ganzen Körper; Hinterleib meteoristisch auf¬
getrieben, Puls sehr klein. Der linke Hodensack zeigte eine
ca. thalergrosse, von unregelmässigen, aufgewulsteten Rändern
umgebene Oeffnung, an der abgestorbene Hautfetzen hingen.
Durch diese Oeffnung, aus der sich stinkender, missfarbiger
Eiter entleerte, konnte man den eiterumspülten Hoden ab-
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tasten. Der wohl auf pyämische Infection zurückzuführende
Allgemeinzustand, der durch Coffein und Campber, sowie
Sublimatirrigationen der Eiterhöhle behandelt wurde, besserte
sich wieder, sodass Patient am 20. Juli abgeworfen und
operirt werden konnte. Der Hoden und der Samenstrang
bis hinauf zum äusseren Bauchring erwiesen sich necrotisch,
der Samenstrang wurde so hoch als nur möglich nach vor¬
hergegangener Unterbindung abgeschnitten, alle necrotischen
Theile entfernt, darauf gründliche Desinfection. Die Heilung
ging rasch von statten, das Pferd wurde nach einigen Wochen
eingespannt. Seitdem ist das Thier vollkommen gesund. —
Aus der ursprünglichen Eingusspneumonie entstanden an¬
scheinend Lungencavernen und Pyämie; die Periorchitis puru-
lenta resp. ichorosa wird metastatisch erfolgt sein.
Nageltritt mit Necrose des Hufbeins.
Von Distr.-Thierarzt Hoohstein, Lauf.
Vor vier Wochen hatte sich ein werthvolles, schweres
Brauerpferd hinten links einen rostigen Drahtstift einge¬
treten und nach Entfernung desselben durch den Knecht
noch vier Wochen lang Dienst gethan, ohne zu lahmen.
Am 8. November ging es dann stocklahm, beim Nach¬
schneiden in der medialen Strahlfurche in der Gegend
der Strahlpitze quoll übelriechende Brandjauche im Bogen
hervor. Da das Pferd sich in der Folge sehr widersetzlich
zeigte, wurde es am 10. November geworfen und der ganze
Hornstrahl und Theile der Sohle gegen die Zehe zu, soweit
sie sich unterminirt zeigten, entfernt. Ein Stichkanal wurde
nicht gefunden. An der Strahlspitze wurden Huflederhaut und
Zellstrahl necrotisch, so dass schliesslich das Hufbein, da wo
sich die Beugesehne anheftet, in einer pfenniggrossen Aus¬
dehnung freilag. Die freiliegende ursprünglich weisse Huf¬
beinfläche wurde schwarz, sehnige Fetzen von der elastischen
Hautplatte und der Hufbeinbeugesehne stammend, stiessen
sich ab. Es wurde 14 Tage lang eine tägliche, sorgfältige
Reinigung mit Scheere und scharfem Löffel, ausgiebige des-
inficirende Irrigationen, Glutol und Druckverband angewendet.
Am 4. Dezember wurde der Hufbeinsequester mit einem an¬
haftenden 3 cm breiten und 1 cm langen Stück der Beuge¬
sehne entfernt; das Knochenstück ist gleichseitig dreieckig,
2 cm breit und hoch, an der dicksten Stelle 3 mm dick. Yon
diesem Tage an verschwand der üble Geruch, Eiterung
wurde geringer, Patient ging nur noch unmerklich lahm. Der
Substanzverlust (eine haselnussgrosse Höhlung) füllte sich bald
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291
mit gesunden Granulationen. Am 19. Dezember wurde das
Pferd mit einem Deckeleisen beschlagen und geht seitdem.
Operation eines Hengstfohlens mit Hodensackdarmbruch.
Von Thierarzt Mer kl e, Wolnzach.
Ein 1^2 jähriges Hengstfohlen hatte linkerseits einen
ca. 1 V 2 mannsfaustgrossen Hodensackdarmbruch, der schon
längere Zeit durch alle möglichen Sympathiemittel, Binden
und Bandagen zur Reposition zu bringen versucht wurde, je¬
doch vergebens. Auf mein Anrathen liess sich der Eigen-
thümer zur Operation bewegen. Das Fohlen wurde Tags
vorher fast gar nicht und nur mit Mehltrank gefüttert. Bei
der Operation selbst wurde dasselbe wie bei der gewöhnlichen
Castration im Stadel auf die mit Stroh gut bedeckte Tenne
niedergelegt und mit Aether und Chloroform zu gleichen Theilen
narcotisirt. Hierauf wurde der linke Fuss wie bei der Castra¬
tion ausgebunden, das Fohlen auf den Rücken gelegt, die
beiden Yorderfüsse und der rechte Hinterfuss zusammen-
gebunden, mit einem Seile über einen Querbalken am obern
in die Höhe gezogen und festgehalten, die ganze Umgegend
des Bruches mit Sublimatwasser desinficirt, hierauf das Scrotum
über dem Hoden gespalten und von der Tunica vaginalis
communis nach oben so weit als möglich getrennt, dann in
letztere selbst, um den Bruchinhalt (es waren lauter Dünn¬
darmschlingen) zu sehen, eine kleine, seitliche Oeffnung ge¬
macht, hierauf das Hengstfohlen am Schweife von zwei
Männern unter schüttelnden und rückenden Bewegungen in
die Höhe gehoben, während ich von der seitlichen Oeffnung
aus mit dem Finger die Darmschlingen in die Bauchhöhle
zurüekschob und zurück hielt und ein Gehilfe unter schrauben¬
förmigem Drehen des Hodens und der Scheidenhaut den
Bauchring schloss. Nun wurde eine gebogene, mit Creolin
bestrichene Kluppe so hoch als thunlich angelegt und Hode
mit Ueberzug unter der Kluppe abgeschnitten. Nach noch¬
maliger Desinfection der ganzen Operationsstelle und ihrer
Umgebung konnte die Operation als glücklich beendet be¬
trachtet und das Fohlen entfesselt werden. Bis zur Wieder-
erwachung aus der Narkose verging ein Zeitraum von V 2 Stunde.
Nach zwei Tagen wurde die Kluppe entfernt und der Heilungs-
process sich selbst überlassen. Das Fohlen ist unter diätetischen
Oautelen wie ein anderer Castrat geheilt.
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Tollwuth der Hunde.
Von Bezirksthierarzt Huber, Pfaffenhofen.
In einem Falle ist der erkrankte Hund entwichen und
wurde in einem benachbarten Wald offenbar kurz vor seinem
Verenden von einem Jäger erschossen, nachdem bereits
Lähmungserscheinungen eingetreten waren. Der Verlauf der
Krankheit charakterisirte sich hauptsächlich durch ein scheues,
furchtsames Benehmen. Der Sectionsbefund bestätigte die
Diagnose „Tollwuth“. In dem andern Falle handelte es
sich um einen herrenlosen Hund, der in der Stadt Pfaffen¬
hofen durch das auffallend veränderte Benehmen den Ver¬
dacht der Tollwuth erregt hatte, auf mefn specielles Anrathen
und in meinem Beisein lebend eingefangen und auf hiesiger
Wasenstätte contumacirt. Das Einfangen konnte — selbst¬
verständlich mit den grössten Vor sich tsmassregeln — ohne
besondere Gefahr für die Menschen bewerkstelligt wer¬
den, da der Hund sich bereits im letzten Krankheitsstadium,
dem der Paralyse befand. Er erlag der Seuche auch
schon 12 Stunden nach erfolgter Contumacirung. Trotedem
bei der Obduction des fraglichen Hundes nicht alle
Merkmale resp. pathologischen Veränderungen vorgefunden
wurden, die dieser Krankheit eigen sind — es fanden sich
keinerlei Fremdkörper im Magen und Darmkanal, allerdings’
aber auch keine normalen Speisereste — so musste doch die
im Leben gestellte Diagnose auf Tollwuth — aufrecht er¬
halten werden. Um aber in Anbetracht der Wichtigkeit der
Sachlage volle Gewissheit zu erhalten, wurde der Kopf des
fraglichen Hundes noch am selben Tage, an welchem die
Section stattgefunden, unter den gebotenen Vorsichtsmassregeln
dem kgl. preussisohen Institute für Infectionskrankheiten in
Berlin mit dem Ersuchen eingesandt, mit der Gehirnmasse
Impfversuche anstellen und das Resultat derselben bekannt
geben zu wollen. Diesem Ansuchea wurde bereitwilligst ent¬
sprochen und mitgetheilt, dass die sämmtlicben geimpften
Kaninchen (4 Stück) schon nach 11—13 Tagen unter den
charakteristischen Erscheinungen der Tollwuth erkrankt und
gestorben sind. Die rasche Uebertragung der Seuche auf
die geimpften j Thiere dürfte darauf hindeuten, dass das Ge¬
hirn des somit thatsächlich an Tollwuth verendeten Hundes
eine hochgradige Virulenz besessen hat.
Lugol’sche Lösung bei Lebercirrhose der Pferde.
Von Bezirksthierarzt Huber, Pfaffenhofen.
Einem hiesigen Pferdemetzger wurde im Monate Dezember
von einem Oekonomen des Bezirkes ein 6jähriges Pferd zum
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293
Ahschlacbten zugeführt. Die zunächst nur wegen der beab¬
sichtigten Schlachtung vorgenommene Untersuchung ergab, dass
Pferd ausgesprochene Erscheinungen der Sch Weinsberger
Krankheit — Lebercirrhose — zeigte: schlechter und alienirter
Appetit, Uehirndepressionserscheinungen, Flankenathmen, An-
lehncu des Kopfes an die Wand, schwankende Bewegungen,
sdbmptzig gelbröthliche Augenschleimhäute etc. Nachdem das
im gefunden Zustande auf mindestens 600 Mark zu bewerthende
PfercJ pur einen Schlachtwerth von 30 Mark hatte, Hess sich der
Besitzer auf Zureden und unter der ihm zugestandenen Beding¬
ung, dass im Falle einer nicht eintretenden Besserung die Be-
bandluQfg kostenlos sei, zu einem Kurverfabren herbei. Es wurde
dem Patienten nun in Zwischenräumen von drei zu drei Tagen
vier intratracheale Injectioneu der Lugol’schen Jodlösung zu
je 25 gr, I. e. im ganzen 100 gr, applicirt. Die Wirkung
war eine geradezu auffallend günstige. Schon nach den ersten
drei Tagen war eine merkliche Besserung eingetreten, der
Appetit nach normalem Futter steigerte sich, die Bewegung
und das Qensorium wurde freier, die verfärbten Schleimhäute
heller, der Athem ruhiger. Nach jedesmaliger Einspritzung
war^wa* öfteres Husten bemerkbar und nach Schluss des
Kur Verfahrens trat ein geringgradiger Jodismus auf, aber
b$ide Zufälle verloren sich wieder alsbald. Nach zwölf
Tagen, konnte daB fragUche Pferd als geheilt dem Besitzer
zurückgestellt werden. Derselbe verwendet es seitdem wieder
zur Arbeit, ohne dass bis heute ein Rückfall eingetreten
wäre. Die Nachkur bestand in der Verabreichung von
grösseren^ (Staben von Carlsbader Salz mit Gentianapulver und
Aloe und in der Aenderung der Futtermittel. Nach der
As&muese erhielt qu. Pferd nämlich bis zu seiner Erkrankung
meist auf Sumpfwiesen gewachsenes Heu. Nachdem auch
Sauer—Geisenfeld mit dem gleichen Verfahren im verwichenen
Jahre in zwei Fällen einen Radical-Heilerfolg verzeichnen
konnte, besteht umsomehr Veranlassung zur Fortsetzung der
Versuche.
Vergiftung mit Chilisalpeter.
Von Distr.-Thierarzt Zink, Sesslacb.
Nachdem vielfach von der Landbevölkerung behauptet
wird, dass das Streuen des Kunstdüngers von grossem Ein¬
fluss ist auf den Verlauf der Maul- und Klauenseuche,
dieselbe sogar verursachen soll, so dürfte die Thatsache er¬
wähnenswerte sein, dass von zwei Besitzern die Vergiftung
ihrer Ziegen durch Chilisalpeter mit Maul- und Klauenseuche
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294
verwechselt wurde. Bei Untersuchung derselben speichelten
dieselben stark, zeigten Schwäche und Hinfälligkeit, trippelten
desshalb hin und her und waren nicht dazu zu bewegen,
irgend etwas zu sich zu. nehmen. Das Fehlen jedoch, der
' charakteristischen Blasen auf der Maulschleimhaut und an den
Klauen, das Aufgeblähtsein des Hinterleibs, der Verlauf der
Krankheit, sowie die Anamnese sicherten die Diagnose äuf
Vergiftung mit Chilisalpeter.
Hämorrhagische Gastroenteritis.
Von Distr.-Thierarzt Braun, Sohesalitz.
Im Frühjahr kamen in der Schesslitzer Schafheerde
mehrere Erkrankungsfälle vor, die sehr rasch tödtlich
verliefen. Die erkrankten Schafe zeigten tympanitische
Auftreibung, Durchfall, Hinfälligkeit, Schwanken, Zittern,
pochenden Herzschlag, Verdrehen der Augen, im Ganzen
also das Bild der Vergiftung; die angewandten Heilmittel
waren ohne Erfolg. Die Section ergab hämorrhagische Gastro¬
enteritis. Ueber die Ursache dieser Erkrankungen war ich
mir im Anfang nicht klar, bis sich herausstellte, dass die
Wiesen, welche als Weide benützt wurden, mit künstlichem
Dünger (Kalisalzen) bestreut waren; einzelne Schafe hatten,
wahrscheinlich angelockt durch den salzigen Geschmäck’ des
ausgestreuten Düngemittels, zuviel davon aufgenommen und
dadurch die Krankheit acquirirt.
Gehirnentzündung bei einem Mutterschweine.
Von Distr.-Thierarzt Kahn, Glonn.
Die Erscheinungen waren hier folgende; Mittelhoch¬
gradiges Fieber, Zittern am ganzen Körper, Dreh- und
Kreisbewegungen genau wie bei der Drehkrankheit des
Kindes, Anstossen mit dem Kopfe an die Wand und epi-
leptiforme Krämpfe. Die Futteraufnahme war nicht voll¬
ständig sistirt; Kotabsatz normal. Da kalte Umschläge um
den Kopf,' die Anwendung von Bromkalium und subcutane
Injectionen von Morphium nur vorübergehende Besserung
brachten, die Krankheitserscheinungen immer heftiger auf¬
traten, Hess ich das Thier schlachten. Bei Vornahme der
Fleischbeschau fand ich eine starke Hyperämie der Piagefässe,
fleckige hämorrhagische Röthung der weichen Gehirnhaut und
Ansammlung einer gelbröthlichen Flüssigkeit zwischen Pia
und Dura. Die Gehirnsubstanz selbst war ödematös ge¬
schwellt. Alle sonstigen Organe waren normal.
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295
Carbolverglftung beim Hunde.
Von Bezirks-Thiorarzt Schmidt, Kulmbach.
Ein Rattenfänger hatte sich einen Hautriss zugezogen.
Der Besitzer wusch die Wunde mit dem gewöhnlichen Carbol-
wasser, wie es in den Apotheken abgegeben wird, aus
(2 1 /* °/o). Etwa eine Stunde nach dem Auswaschen begann
der Rattenfänger zu zittern und zu taumeln und stürzte
schliesslich vollständig zusammen. Dabei traten Muskel¬
zuckungen bei völliger Bewusstlosigkeit auf. Der Anfall
soll 5—6 Minuten gedauert haben. Zwei Tage später wurde
an der verletzten Extremität eine ausgebreitete, trockene
Gangrän der Cutis constatirt, welche auch auf die andere
vordere Extremität überging. Die mumificirten Hautstücke
wurden durch demarkirende Entzündung im Verlauf der
nächsten acht Tage abgestossen, worauf Heilung eintrat.
Schlachtbefund einer Kuh.
Vom städt. Schlachthausthierarzt Ammer Schläger, Aschaffenburg.
Der Metzger St. schlachtete eine dreijährige gut gemästete
Kuh. Nieren und Beckenfett, die Muskulatur der Hinter¬
schenkel und der Lendenparthie sind sehr stark serös
infi4rirt, die Beckendrüsen beiderseits bis zu Faustdicke ver-
grössert. Die Beckenarterien, Schenkelarterien, die Kreuzbein¬
arterien und ihre Verzweigungen sind fortlaufend mit einem
braunrothen organisirten Thrombus in ihrer ganzen Weite
gefüllt. Die Kuh machte vor ihrer Schlachtung einen gesunden
Eindruck und war über zwei Stunden weit marschirt, ohne
Beschwerden zu zeigen. (Aus den Jahresberichten bayerischer
Thierärzte.)
Referate.
lieber einen Fall von Augenentzündung beim Pferde, ver-
ursacht durch eine in der vorderen Augenkammer lebhaft
umherschwimmende Filarie, berichtet Monod. Er entfernte
die letztere nach Cocainisirung des Auges, indem er an der
untersten Stelle die Cornea punktirte, worauf zugleich mit
den ersten Tropfen humor aqueus ein Ende der Filarie her¬
vorquoll, die dann leicht vollends zu entfernen war. Die
Entzündung des inneren Auges, sowie die Punctionswunde
heilten sodann in kurzer Frist unter einem mit Borsäurelösung
getränkten Verband ab.
(Recueil de m6d. vet. 15. März 1901.)
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296
Die therapftütitthe Verwerthang das Lichts. Die That-
sache, dass ein schwer mit-Rheumatismus behafteter Arbeiter
sich plötzlich vollständige geheilt sah, nachdem er zwei Tage
in der Nähe einer intensiven. elektrischen Lichtquelle be¬
schäftigt gewesen, zog die Aufmerksamkeit Gareault’s auf
sich. Man hat dann festgestellt, dass Anteile von Gicht und
Rheumatismus bei daran leidenden Leuten aufhörten, sobald
sie in Werken arbeiteten, in welchen elektrische Lötungen
vorgenommen wurden, womit starke Lichtausstrahlung ver¬
bunden ist. Garuault bat sich dann näher mit der Frage be¬
schäftigt und festgestellt, dass das warme und kalte Licht
bei einer gewissen Anzahl von Affectionen mit grossem Er¬
folg angewandt werden kann und zwar bei chronischen Muskel-
und Gelenkrheumatismen, Krampfadergeschwüren, Racheri-
und Mandelentzündungen, chronischen Katarrhen der Nase
und des Ohres, bei Ozäna und Taubheit.
(Aoademie des soienoes, Sitzung vom 3 Deo. 1900.)
MultiloculäreDermoidcyste im Netze einee Pferdes. Petit
zeigte in der Sitzung der Anatomischen Gesellschaft zu Paris
am 16. November 1900 eine solche Cyste vor. Es handelte
sich um einen diakusähnlich abgeplatteten, 10 cm im Durch¬
messer haltenden JWior, in welchem sich mehrere kleine
Höhlen befanden, die vor* einem theils honigähnlichen, teils'
mit Wagenschmiere vergleichbaren Inhalt erfüllt waren* In
einer derselben entdeckte man ausserdem eine Portion 25 bis
30 cm langer, an der Wand festsitzender, aufgerollter Haare,
(ßeo. de m£d. rät. 15. März 1901.)
Druse auf den Menschen übertragbar? Ein Kutscher,
der von seinen drusekranken Pferden angesteckt worden sei,
wurde von Schöler der Berliner Medicinischen Gesellschaft
vorgestellt. Die Krankheit characterisirte sich durch Ge¬
schwüre, au der Augensohleimhaut, Uebelkeit, Kopf- und
Gliederschmerzen, Fieber, sowie Husten mit spärlichem Aua-
wurf. —r,Die Mitteilung ist jedenfalls mit Vorsicht aufzunehmen.
(Med. Wocheiwchr. 20. März 1901.)
Schmidt—Kulmbäch und Dr. Simader,
Aphorismen über die französische Pferdezucht, (lila-
strirte landwirtschaftliche Zeitung Nr. 26, 1901.) Im Fe¬
bruar I. J. berichtete der Geh. Oberregierungsrath Dr. Lydtiu
in der Sitzung der Thierzuchtabteilung der deutschen Land«-
wirtschaftsgesallsehaft unter Anderem, dass die französische
Gestütsverwaltung zur Erzeugung von Remonten für die Be-
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rktetnüaehimg Von Offizieren and Mannschaften^der französischen
leichten Reiterei hauptsächlich nur das anglo-arabische
Blut benützt und zwar deswegen, weil man unter den frähzö-
Bischer Voltbluthengsfcen die zur Halbblutzucht geeigneten
Formen nicht mehr findet. Die französische Geatiitsverwaltuifg
beabsichtigt ferner, die Zucht des Arbeitspferdes nicht mehr
unmittelbar zu beeinflussen. Kittmeister Ton Ploetz, welcher
über den Dydtin'schen Yortrag berichtet, erklärt, er wisse
genau, das; die französische Qestiitsverwaltung lediglich das
Bestreben habe, die Zucht der Halbblüter direkt zu fördern,
die: Halbblutzucht dagegen durch ein praktisches Prä-
miirungd verfahren den Privatleuten in die Hände
zu spielen. Ueber die Maulthierzucbt in Frankreich theilte
L, das Folgende mit : Die zur Maulthierzucht in Frankreich
verwendeten Stuten fuhren die Bezeichnung mulassiöres. ’ Da
die Eselsheogste mit Blutpferden wenig und eine'schlechte
Nachzucht liefern, so werden sie vorzugsweise mit Stuten
gepaart, die weder arabisches' doch englisches, noch auch
anglonormannischea Blut besitzen. Map verwendet zur Maul-
thierzacht vorzugsweise die gemeinen Landstuten von Poitou
UitA von der Vend6e,, welche sich durch bedeutende Wider-
ridthöha* laugen Kopf, kurzen Hals, breiten und tiefen Rumpf,
abschüssige, vierschrötige Crdupe und starke Beine auszeiohneu.
Dunkle Farben werden ;vorgezogen, namentlich Kappen sind
beliebt. Hengste dieser Gruppe (race mulassiere) erreichen
Höhen bis 1,75 m und bei Stuten steht das Höhenipass nicht
unter l$$m. Stuten, die sich vorzugsweise zur Maultbier*»
zucht eignen, werden theuer bezahlt. Eselhengate und Esel¬
stuten, welche hauptsächlich im Poitou und besonders im v
Departement Deux-Sevres gehalten werden * und hauptsächlich,
zur Zucht von Eselshengsten für. die; Maultfiierzucht bestimmt
sind, sind überaus starke, bis zu 1,53 m hohe Thiere. A.
Bacteriologischer Feriencursus für Thierärzte.
Am pathologisch-anatomischen Institute der Thierärztlichen
Hochschule zu München findet für.Herren Thierärzte in
der Zeit ?om 19. mit 29. Angust d. J. ein Unterrichts-
cnrsus in Bacterlelogie mit Berücksichtigung der ein¬
schlägigen Gebiete ans der pathologisch-anatomischen ,
Histologie unter Leitung des Herrn Prosectors Dr. J. Mayr
und unter Beihilfe des Herrn Assistenten Ernst statt.
Da» lu b. itaotsmlnisterinm des Innern ist, Me in '
frühren Jahren bereit, denjenigen Herren Bezirksthierärzten, =
welche den Nachweis erbringen, dass sie seitens der k. Thier¬
ärztlichen Hochschule zum Curse zagelassen worden sind, und
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298
dass sie denselben vollständig durchgemacht haben, auf An¬
suchen einen angemessenen Zuschuss in den Kosten der
Reise und des Aufenthaltes in München zu gewähren.
Anmeldungen sindbis Inch 1. August zu richten
an Herrn Pros. Dr. Mayr, Thierärztliche Hoch¬
schule zu München.
Beginn des Cursus: Montag den 19. August
Vormittags 9 Uhr im anatomischen Hörsaäle.
Die Ertheilung des Unterrichtes erfolgt unentgeltlich;
Farbstoffe und Mikroskope werden vom Institute gestellt; in¬
dessen ist es für die Theilnehmer am Curse von Vortheil,
wenn sie ein eigenes gutes Mikroskop mitbringen. Pincetten,
Zupfnadeln und ähnliche Utensilien sind mitzubringen, oder
sie können auch im Institut zum Ankaufspreise bezogen werden,
v München, den 6. Juni 1901.
Die Direktion der k. bayer. Thierärztlichen Hochschule:
A1 b r e c h t.
Büchernotiz.
Das von Professor Dr. Schneidern ühl in Kiel verfasste
Werk „Die Protozoen als Krankheitserreger des Menschen und
der Hausthiere* (Leipzig)-ist von Professor Dr. Marco ne in
Neapel ins Italienische übersetzt worden und soeben im Buch¬
handel erschienen.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 5. Juni 1901.
a) M a u 1 - u n d K 1 a u e n-S e u c h e.
Oberbayern: 3 Gern. (3 Geh.); Oberpfalz: 3 Gern.
(4 Geb.); Oberfranken: 3 Gern. (4 Geb.); Mittelfranken:
8 Gern. (37 Geb.); Schwaben: 4 Gern. (17 Geh.).
b) Schwein es e'u che (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (1 Geb.) ; M i 11 e 1 f r a n k e n: 2 Gern*
(2 Geh.).
Personalien.
Zu Bezirksthierärzten wurden ernannt vom 1. Juli d. J. an: Di«
striktsthierarzt Hyacinth Abele von Roth a/S. (approb. 1877) in Regen
(Niederbayern). Distriktstbierarzt Martin Beck von Heidenheim a/H.
(approb. 1887) in Schongau (Oberbayern). Ruhestandsversetzung:
Der Kgl. Kreisthierarzt Johann Friedrich Engel in Bayreuth wurde auf-
Ansuchen wegen zurückgelegten 70. Lebensjahres in den dauernden Ruhe¬
stand versetzt und demselben in wohlgefälliger Anerkennung seiner lang-t
jährigen, treuen und erfolgreichen Dienstleistungen der 'Verdienstorden
vom heiligen Michael IV. Klasse verliehen.
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Bekanntmachung.
Die Prftfnng behufs Erlangung der Function eines amtlichen
Thierarztes in Bayern im Jahre 1901. Laut Bekanntmachung des k.
Staatsminißteriums des Innern vom 8. Juni d. Je. (M. Arntsbl. S. 253)
ist der Beginn der besagten Prüfung auf Montag den 7. Oktober 1. Js.
festgesetzt.
Die ZulassungsgeBuohe sind bis zum 1. August 1. Js. beim k. Btaats-
mini8terium des Innern einzureiohen. Dem Gesuche ist beizulegen:
a) das Zeugniss über bestandene Approbationsprüfung;
b) ein Zeugniss der Distriktspolizeibehörde über den Leumund;
c) der Naohweis über eine mindestens zweijährige Berufsausübung.
Das Gesuch hat zugleioh die Adresse für die Zustellung des Ad¬
missionsdekretes zu enthalten.
Siehe Näheres über diese Prüfungen in dem thierärztlichen Taschen¬
kalender von Albrecht und Bürchner pro 1901, II. Theil, S. 3.
Der Unterzeichnete glicht einen
Assistenten.
Eintritt bis zum 1. August. Biete Wohnung, Frühstück und 100 Mark
per Monat.
Merkt, k. Bezirksthierarzt in Kempten.
CO
Creolin-Hufsehmiere.
Diese Salbe, enthaltend ä 1 /« %
Creolin, ist aus den besten Rohstoffen
hergestellt. Die anerkannt ausserordent¬
liche Wirksamkeit des Creolin als im
höchsten Maasse bacterienzerstörendes
Desinficiens, befähigt es nicht allein Hufe
vor Krankheiten zu schützen, sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
Es empfiehlt gich daher in allen Fällen
Creolin-Hufsehmiere
auggchliegglich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund«: Die gründliche Desinfection der Pferde¬
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten von grösserer Wichtigkeit,
als die thierärztliche Behandlung kranker Thiere.
Die Wortmarke „Creolin“ ist als Waarenzeichen geschützt. Ich warne
vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreoht und Ph. J. Göriug.
45. Jahrgang. München, den 25. Juni 1901.
Nr. 26.
Inhalt: Merkle, Zwerchfellzerreissung beim Pferde. — Seltene Ursache
zur Entstehung von Tetanus. — Weigenthaler, Muskelrheumatismus
beim Pferde. — Munkenbeck, Eiterige Leptomeningitis cerebrospinalis
^^i>ei einem 16jährigen Fuchs-Wallach. — Winkler, Darmentzündung
durch Chilisalpeter. — Referate. — Bücherschau. — Personalien. —
Inserate.
Zwerchfellzerreissung beim Pferde.
Von Thierarzt Merkle, Wolnzach.
Ein volljähriger Wallach mittleren Gewichts hatte an¬
geblich bis zum Erkrankungstage niemals Krankheitssymptome
gezeigt. Als derselbe eines Nachmittags mit einem andern
Pferde einen schwer mit Holz beladenen Wagen vom Platze
ziehen sollte, war er, durch Schläge aufs äusserste angetrieben
und sich vergeblich anstrengend, plötzlich niedergestürzt. Der
von diesem Moment an nicht mehr zuverlässige Bericht gibt
an, das Pferd sei freiwillig aufgestanden, habe nun aber nicht
mehr anziehen wollen, sei in den Stall gebracht worden und
habe sich hier bald niedergelegt. Um etwa 5 ! /s Uhr Abends
lag das Pferd regungslos, unfähig zu irgend einer Bewegung
mit schlaff auf den Hals zurückgesuukenem Kopfe. Der
Augapfel blieb bei Berührung der Cornea mit dem Finger¬
bewegungslos, nur die Lider zuckten; Pupille vergrössert,
Nasenschleimhaut blass. Puls an der .Kinnbackenarterie kaum
fühlbar, nicht stark beschleunigt. Der Herzschlag pochend
und schwirrend. Die Mastdarmtemperatur 40,5° C. Die
Athmung erfolgt stossweise, beschleunigt, unter äusserster An¬
strengung. Nach 10—15 Athemzügen wechselt die Dyspnoe
mit völliger Apnoe ab. Die Pausen, während welcher die
Athmung sistirt ist, werden immer länger, der Herzschlag
immer schwächer und um sechs Uhr tritt der Tod ein. Aus
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302
dem Befund der am nächsten Morgen ausgeführten Section
ist Folgendes hervorzuheben: Der ISährzustand des Cadavers
ist ein ziemlich guter. Aus der Bauchhöhle fliesst beim
Oeffnen derselben eine nicht gemessene ca. 2 Liter betragende
Menge schmutzigrother, gerinnselfreier, wässeriger Flüssigkeit.
Die Äbtheilungen des Dickdarms aussen weissgrau, kaum
halbgefüllt mit dünnbreiigem Futter, resp. Kotmasseu, Dünn¬
darm fast leer, sonst ebenso, und beide ohne jede Abnormität.
Nieren normal. Leber von mittlerer Grösse, gelbbraun, etwas
brüchig. Magen gross und, ziemlich voll breiigen Futters,
unter welchem ziemlich viel ganze Maiskörner; Magen¬
wandungen stark, Serosa und Mucosa von normaler Be¬
schaffenheit. Einzelne Theile des Omentum, bez. Dünndarm¬
gekröses haben verschieden starke Injectionsröthe, Nach
Entfernung des Darms zeigt sich das Zwerchfell derartig
zerrissen, dass die ganze Brusthöhle von hinten her zu über¬
sehen ist. Der Riss geht durch den Rippentheil des Zwerch¬
fells vom Schaufelknorpel links bis gegen die Pfeiler hinauf,
rechts etwa bis zur Hälfte. An den Rippen und dem Schaufel¬
knorpel hängen nur noch die zerfetzten Reste der Muskel¬
bündel, während der ganze sehnige Theil (bei auf dem
Rücken liegenden Cadaver) mit der daran befestigten Leber
nach unten gesunken ist. Die Ränder des Risses sind kantig,
der Stamm der Zwerchfellsvene ist da, wo er aus dem Fleisch-
theil Zusammentritt, ebenfalls durchriasen und leer. Die
Brusthöhle enthält keine Flüssigkeit. Die Lungen unvoll¬
ständig zusammengefallen, schwach knisternd und schwach
elastisch; Schnittfläche glatt, feucht, schwarzroth, beim Druck
von blutiger Flüssigkeit überronnen. Herz gross, schlaff,
scheinbar erweitert, mit weissen Gerinnseln gefüllt. Pleura
in der Nachbarschaft des Zwerchfells theilweise stark injicirt.
Der Tod des Pferdes ist demnach eingetreten in Folge einer
Zwerchfellzerrei8sung, deren Entstehung auf zweierlei Weise
gedacht werden kann. Sie kann entstanden sein, als das
Pferd im Moment äusserster Kraftanstrengung zufällig stürzte;
indem auch die Bauchpresse in heftiger Thätigkeit und das
Zwerchfell aufs straffste gespannt war, wurde dieses beim
Sturze von dem plötzlichen Stoss des Erdbodens, bezw. der
Eingeweide, besonders des vollen Magens getroffen und da¬
durch gesprengt. Andererseits ist es auch möglich, dass das
misshandelte Thier unter plötzlicher krampfhafter Anspannung
der Bauchpresse sich in’s Geschirr geworfen hat, dass dadurch
das Zwerchfell zerrissen wurde und das Thier plötzlich zu¬
sammenbrach.
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303
Seltene Ursache zur Entstehung von Tetanus.
Yon Thierarzfc Merkle, Wolnzach.
Zu einem dreijährigen Hengste unter der Anamnese ge¬
rufen , dass derselbe seit zwei Tagen nicht mehr fressen
könne, häufig, aber nur mit grossen Beschwerden frisches
Wasser aufnehme, fand ich ausser der Bestätigung der Anam¬
nese das ausgebreitetste Bild von Starrkrampf: ängstlichen
Blick, allgemeinen Schweissausbruch, Fieber, vollständigen
Trismus, steife Haltung des Halses und am Kehlkopfe bei
Druck grosse Schmerzen. Eine Verletzung. oder Wunde
konnte nirgends gefunden* werden. Auch der Eigentümer
konnte sich auf Befragen nicht erinnern, dass das Thier je¬
mals verletzt worden sei. Patient wurde in einem Stadel¬
viertel in eine Hängematte verbracht, ihm stets frisches
Wasser, un.d Grünfutter vorgesetzt, Chloroforminhalationen und
zwei Injectionen von Lysollösung subcutan gemacht; schon
am andern Tage ging Patient zu Grunde. Bei der Section
ergab sich eine Verletzung durch eine Kornähre, welche sich
im Luftsacke eingekeilt hatte.
Muskelrheumatismus beim Pferde.
Von Bez.-Thierarzt Weigentrhaler, Starnberg.
Herr Distriktsthierarzt Schmitt in Seefeld führt in
seinem pro 1899 erstatteten Berichte an dieser Stelle einen
Fall von acutem Muskelrheumatismus bei einem sehr werth¬
vollen Pferde des Herrn Grafen T. an, bei welchem die
Anamnese dahin ging, dass das Pferd schwach auf den Hinter¬
füssen sei und Harnverhaltung zeige. Bei der von ihm vor¬
genommenen Untersuchung des Pferdes habe er an diesem
steifen Gang, Anschwellung und Schmerzhaftigkeit der Musku¬
latur, vermehrte Puls- und Athemfrequenz, sowie Harn¬
verhaltung feststellen können. Der später abgesetzte Harn
soll von heller Farbe und dicklicher Consistenz gewesen sein.
Der fragliche Patient erhielt innerlich grössere Salolgaben,
wurde mit Campherspiritus frottirt und war nach 14 Tagen
wieder zum Dienste verwendbar. Diesem Falle, den Distrikts¬
thierarzt Schmitt als eine besonders bemerkenswerthe Er¬
krankung anführt, die von ihm bei Pferden noch niemals
beobachtet worden, kann ich ca. 25 im vergangenen und
ebensoviel in jedem einzelnen vorhergehenden Jahre behandelte
Fälle anfügen • denn dieser Krankheitszustand kommt unter
den von Schmitt beobachteten und beschriebenen Erschein¬
ungen bei Pferden mindestens ebenso häufig, als die Hämoglo¬
binurie, die sog. schwarze Harnwinde, vor, mit der sie auch
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304
die grösste Aehnlichkeit in ihrem Auftreten und Verlaufe hat.
Bei dieser ist allerdings der Urin schwarztintenartig, dunkel¬
braun oder schokoladefarbig, bei jener gelb und von dicker,
syrupähnlicher, fadenziehender Beschaffenheit. Die beiden
Krankheitszustände treten aber nicht allein unter nahezu
gleichen Symptomen auf, auch ihre Entstehung beruht nach
meinen Erfahrungen auf denselben vorbereitenden Ursachen
und dem gleichen Hauptfaktor, nämlich Erkältung, wodurch der
Ausbruch der Krankheit ohne bemerkenswerthe Vorboten plötzlich
eintritt. Auch im ganzen Krankheitsverlaufe ist eine Ver¬
schiedenheit nicht gegeben, indem oft schon nach wenigen
Stunden Genesung oder Tod erfolgt. Ich habe auch stets
die beiden Krankheitszustände gleich behandelt und bei beiden
bald günstigen, bald ungünstigen Erfolg gesehen.
Eiterige Leptomeningitis cerebrospinalis bei einem
16jährigen Fuchs-Waliach.
Von Bez.-Thierarzt Munke übeck, Regensburg.
Ein Pall von Genickkrampf bei einem 16 jährigen Fuchs-
Wallach eines grossen Gutes gelangte zur thierärztlichen Be¬
handlung. Das Thier legte im Beginne der Erkrankung
heftige Schlingbeschwerden an den Tag, wobei dasselbe den
in der Maulhöhle stark angesammelten Schleim vergeblich zu
schlucken versuchte, so dass derselbe in langen Strammen
aus der Maulhöhle abfloss. Dabei senkte das Thier den
Kopf fast bis auf den Boden und war zum Emporheben des¬
selben nicht zu bringen. Bei der Berührung der Genick¬
gegend wird Schmerz geäussert, welche, wie auch der Vor¬
kopf, vermehrt warm befunden wird. An den Gesichtsmuskeln
treten Krämpfe von minutenlanger Dauer auf, welche eine
Erschlaffung und Hinfälligkeit zur Folge haben. Die Futter¬
aufnahme ist vollständig unterdrückt und die sichtbaren
Schleimhäute sind stark geröthet. Die Temperatur betrug
zwischen 40 und 40,7° C. Eisumschläge am Kopfe, eine
scharfe Einreibung in der Genickgegend, Infusionen von
Chloralhydrat führten den erwünschten Erfolg nicht herbei,
das Thier verendete am siebenten Tage, nachdem Kreuz¬
lähmung hinzugetreten war. Die Section ergab ausgesprochene
eiterige Leptomeningitis des Gehirnes und Anfangstheiles des
Rückenmarkes.
Darmentzündung durch Chilisalpeter.
Von Bez.-Thierarzt Winkler, Grafenau.
Auf einem Oekonomiegute wurde die Weide mit Chili¬
salpeter gedüngt. Circa acht Tage später, ehe noch Regen-
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305
wetter eingetreten war, weideten dort ca. 15 Stuten, 30 Pohlen
und 20 Rinder. Drei Rinder erkrankten unter Erscheinungen
grosser Schwäche, die sich schon nach kaum 1 j 2 Stunde bis
zum Unvermögen zu stehen steigerte, heftigem Pochen des
Herzschlages, Appetitlosigkeit, Durchfall und Schlafsucht.
Ich traf die drei Thiere bereits todt an. Die Section ergab
leichte catarrhalische Darmentzündung und völlige Ungerinn¬
barkeit des hellrothen Blutes. Diese drei Rinder hatten an
der v Stelle, an welcher der Salpeter aus den grossen Säcken
in kleinere umgeleert worden war, geleckt und zwar in so
gieriger Weise, dass sie den Boden aufwühlten.
Referate.
Die Arsenikverbindungen finden nach Blot verhältnis¬
mässig viel zu wenig Anwendung. Einzig die arsenige Sgure
wird ab und zu gegen Eingeweidewürmer und bei Dämpfigkeit
gebraucht. Bl. lenkt nun die Aufmerksamkeit auf das arsenig-
saure Natron, welches er bei Anämien und Cachexien der
Pferde mit grossem Erfolge gab. Er behandelte damit viele
Pferde im Sudan, welche im Gefolge von .sumpffieberähnlichen
Affectionen sehr heruntergekommen waren. Aber auch bei
Schwächezuständen, die nur durch Ueberanstrengung oder
Futtermangel hervorgerufen waren, hatte er befriedigende
Resultate. Gegeben wurde das Mittel zumeist in Form der
Pearson’schen Lösung, einer Tinktur, die fünfmal so stark
ist als die Fowler’sche, in derselben Weise wie diese in auf-
und absteigenden Dosen. Gewöhnlich begann er mit 40 Centi-
grammen des Salzes in wässeriger Lösung; jeden Tag wur¬
den 10 cgr zugefügt, bis 2 gr erreicht waren; diese Dosis
hielt man nunmehr einige Tage, um darnach in derselben
Weise wieder nach und nach zur ursprünglichen Gabe zurück¬
zukehren. — Bl. sah stets nur günstige Wirkungen uud nie¬
mals üble Zufälle bei dieser Kur.
(Reo. de med. vet. 15. März 1901.)
Schmidt—Kulmbach und Dr. Simader.
Missbildung im Hühnerei. (Aus dem Jahresbericht des
grossherz* Bez.-Thierarztes Kohlhepp in Bretten.) In einem
24 Tage lang bebrüteten Ei fand sich ein Junges mit voll¬
ständig ausgebildetem Kopf, Hals und Rücken, vier Flügeln
und vier Füssen. Die beiden vorderen Füsse kamen aus der
Gegend der Schlüsselbeine heraus, die entsprechenden Flügel
unmittelbar über denselben; auch Flügel und Füsse waren
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«306
vollkommen ausgebildet. („Mittheilungen d. Vereins bad.
Thierärzte“ 1901, Nr. 4.)
Stang-Pfersdorff: Zur Empfänglichkeit der Schweine für
Geflügelcholera, ln einem Qehöft verendeten schnell und
unerwartet mehrere Truthühner, Hühner und Schweine -zur
gleichen Zeit. Während die Section des Geflügels das typische
Bild der Hühnercholera ergab, zeigte sich bei jener der Schweine
nichts als ein leichter Milztumor und nur in einem, Fall auch
eine ausgesprochene hämorrhagische Gastritis. Durch eia-
gehende bacteriologische Untersuchungen konnte nun festgesteüt
werden, dass sämmtliche Thiere mit dem Bacillus der Ge¬
flügelcholera inficirt und auch an dieser Seuche verendet
waren. („Deutsche thierärzl. Wochenschr.“ 1901, Nr. 14.)
# Eigentümliche Applicationsweise des Brenneisens bei
den Arabern. Der französische Thierarzt Vallord berichtet
über einen Fall, der ein starkes Pferd mit veralteter Ver¬
dickung der Bepgesehnen betraf, welche allen gewöhnlichen
Mitteln Trotz geboten hatte. Zunächst stellte man das Thier
an drei Tagen Morgens und Abends je zwei Stunden lang
in fliessendes Wasser, am vierten Tage wurde dann die kranke
Partie sorgfältig geschoren und in der Weise skarificirt, dass
die einzelnen, rautenförmig angebrachten Einschnitte etwa
1,5 cm weit von einander entfernt waren. Hierauf wurde mit
Olivenöl eingerieben und mit dem sofort erhitzten Brenneisen
punktförmig so lange auf die Skarifikationen eingewirkt, bis
der nöthige Effekt erzielt war. Als das Pferd sechs Wochen
später dem Verfasser wieder zu Gesicht kam, war die Ver¬
dickung völlig verschwunden und nur eine Anzahl leichter
Narben zurückgeblieben. (Ibidem.)
Behmer: Hornleiter für Schafböcke. Um die namentlich
bei Merinoböcken häufig auftretende Enghörnigkeit nnd damit
den mit so unangenehmen Folgen verbundenen Druck auf
den Hinterkopf zu beseitigen, empfiehlt der Verfasser einen
gebogenen, mit feinen Schraubenwindungen versehenen Eisen¬
stab anfertigen zu lassen. Auf den Windungen laufen leichte
Schraubenmuttern, die kleine Scheiben gegen die von dem
Stab durchbohrten Hörner pressen. Eine andere Hornzwinge
besteht darin, dass sich an Stelle der Scheiben vor der
Schraubenmutter ein Klauenring verschieben lässt, dessen
scharfe Zacken in die Hörner getrieben werden. („Deutsche
landwirthschaftliche Thierzucht 1 * 1901, Nr. 13.)
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307
Verkeilung des Fleck- urtd Braunviehes iii, ier Schweiz.
Vom gesammten Rindviehbestande der Schweiz von l;30ß,096
Stück entfallen auf die Fleckviehrasse'761,3$1 Stücke auf die
“Braunviehrasse 510,400 Stück; det Rest von; ä4,91ä Stück
gehört anderen, zum Theih unbestimmbaren Schlägen an. Io
den Gegenden mit vorwiegender Braunviehhaitung hat sich
die Stückzahl von 1886 bis 1896 um -3,42°:/o v in^den „Gegdii-
den mit Fleckviehhaltung um 8,77 °/'a vermehr ^(Ibidem:), ,
Hink: Haftpflicht der Thierärzte nach dem ft.'G.Efc Per
Thierarzt ist zum Schadenersatz verpflichtet, w.enrf er es bei
der Behandlung eines Patienten an der von ihm 'zu verlähgeh-
den Sachkunde und Geschicklichkeit’ fehlen „lasst flg 276 ;
Abs. 1), ebenso auch, wenn Hilfsperspnehj deren‘er sfch z,^.
bei einer Operation bedient,., durch : sein, VerscfruT^eg,Ty n-
fall züstösst. (§ 823.) Yerscftulden*der'Personen, qer$# v 'ejr
sich* zur Erfüllung seiner Yerpfliclitungen Tbedient .(Assistentep,
Wärter), hat er nach § 278 in gleichemJ
wie eigenes Verschulden. Duron 'ijß "S33,
stimmt, dass derjenige, der ein Thier* Hält bl^w;.<i^
über ein Thier durch Vertrag^ fiat
Schaden verantwortlich ist, den dasselbe yprur^
die Haftpflicht der Thierärzte*ei^ ^ein¬
gehende' sein kann, räth Hink,“ sich^ 'durch eine.
versicherung zu schützen und empfiehlt Sie zu den 7> A^tgemeiheh
deutschen Yersicherungsverein in,, Stuttgart“.B } ei I^inzel-
Versicherung in Bezug auf alle * oben 7 : äng^üHirtöh ^Punkte
würde jährlich ein Betrag von^ zu^nhtrlchtbn^Sdlm
3er sich aber durch Dividenden- tiiid 'Räbittgewfhthng-'h'^ch
erheblich erniedrigt. („Mittheilüngen des Vereins Hjädisöher
"Thierärzte“ 1901, Nr. 4.) ’
... • • . X r.v.T
• * ' • nli .2:uVul
Extrauterine Schwangerschaft. bei dcr Ziege. ^Ai^^deim
Jahresbericht des grossherz. Bez.-Thierar^es lvoh lhe pp.ip
Bretten.) R. wurde za einer Ziege gerufepj weil
sehr geschwollen war. Die Untersuchung l ergab d^a,
handensein eines Bauchbruches hinter dem Euter, in den ein
Junges eingetreten war, das mittels des Ka&er^Qhmtt0Si?tfebend
entfernt wurde* Im Uterus wurde hiabeL fnäckh^n^^eä^b
Junges gefühlt, das auf dem nämlichem Wfcg lebend: zur Wdt
befördert werden konnte. Das Mutterthier, das sdbüm seit
einigen Tagen Wehen gezeigt hatte, iwurde getötöfc (Ibidem])
, ■ ... •: • ;• v < ^ HUindberJi
v. l ,i 'i■' i ;.■ l• s.\: ‘ "» -—:• i xC I ;/5
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308
G. Minxevitch: Ueber Bauchnaht nach Köliotomien. (Cen¬
tralblatt für Gynäkologie Nr. 12, 1901.) Um der Frage
näher zu treten, welches die beste Methode der Bauchnaht
nach Köliotomien beim Menschen sei, hat Verfasser mikro¬
skopische Untersuchungen der nach Köliotomien entstandenen
Hautnarben angestellt. Er fand in 19 Fällen, von welchen
11 mit Massennaht und 8 mit Etagennaht operirt worden
waren, dass dann, wenn die Bauchdecken keine besonderen
Anomalien darboten, der Massennaht vor' der Etagennaht ent¬
schieden der Vorzug zu geben sei; man müsse nur am Haut¬
rande ein-, am Peritonealrande ausstechen, Muskel und Fascien
weiter vom Bande entfernt mitfassen. Als Nähm&terial wurde
ausschliesslich Seide verwandt. Diese Massennaht hat nach
dem Verfasser vor der Etagennaht eine Reihe von Vortheilen
voraus. Einmal sei die Gewebsernährung besser garantirt;
man treffe keine „todten Räume", die Gewebe seien weniger
Insulten ausgesetzt, es würden bei dieser einfachen Naht
nicht eine Menge Fremdkörper in die Wunde gebracht, die
eine Quelle der Eiterung und Reizung werden können. V.
gibt also der Massensutur den Vorzug, vorausgesetzt, dass
die Bauchdecken von mittlerer Dicke sind; bei auffallend
dünnen und sehr dicken Bauchdecken soll nach ihm die
Etagennaht in gemischter Form Anwendung finden, so dass
eine Naht die Bauchdecken ganz umfasst, die andere die
muskulo-aponeurotische Schichte.
Freudweiler: Nachtheilige Erfahrungen bei der subcutanen
Anwendung der Gelatine als blutstillendes Mittel. In zwei
Fällen von hämorrhagischer Nephritis des Menschen mit all¬
gemeiner Neigung zu Blutungen — es fanden solche auch
aus den Genitalien statt — hatte die subcutane Einver¬
leibung von 3, beziehungsweise 2 g Gelatine den nega¬
tiven Erfolg, dass eine ganz bedenkliche Hämaturie und
Hämoglobinurie mit Verschlimmerung der Albuminurie ein¬
trat. V. glaubt desswegen, dass die Anwendung von Gelatine¬
einspritzungen bei Nierenerkrankungen contraindicirt sei.
(Ibidem Nr. 12.)
Vollbrecht: Seifenspiritus in fester Form zur Haut- und
Händedesinfection. Das in fester Form aus hochprocentigem
Alkohol und Mandelseife gewonnene Mittel lässt sich wie ge¬
wöhnliche Seife in Stücke schneiden (auch als Cream in
Tuben). Mit steriler Bürste und dieser Seife werden die
Hände 5 Minuten lang ohne Verwendung von Wasser be¬
arbeitet. Dieses Verfahren wirkt angeblich so sicher wie das
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309
Fürbringer’sche und das v. Miculicz'sche (officineller Seifen¬
spiritus), ohne die Hände schlüpfrig zu machen. Das Präparat
ist billig. Angezündet kann es auch zum Ausglühen von In¬
strumenten benützt werden. (Ibidem Nr. 13.) A.
Dollar: Das Rennthier als Schlachtthier. In Irlemarken,
im östlichen Norwegen, hat ein Züchter Nibbs Bohnen eine
Gesellschaft gegründet, behufs Aufzucht von Rennthieren; das
dazu bestimmte Terrain ist bergig und umfasst eine Fläche
von 17000 ha. Nach dem Berichte des Consuls der Ver¬
einigten Staaten in Bergen besitzt die Gesellschaft gegen¬
wärtig 2400 Thiere und kann diesen Stock auf 4000 bringen.
Dieselbe beabsichtigt jährlich 1000 Rennthiere zu schlachten
und das Fleisch ins Ausland, speciell nach Frankreich zu
schicken. (Veterinarian 1900, Bull. Vöt. 1900.)
Hobday: Mangel der Hoden beim Pferde. Bei einem
zweijährigen Pferde, bei welchem weder Hoden gefunden,
noch Erektionen jemals beobachtet worden waren, wurde die
Kryptorchidenoperation vorgenommen, ohne dass jedoch trotz
IVa ständigen Suchens eine Spur von Hoden oder etwas
ähnlichem gefunden werden konnte. Das Thier krepirte
einige Stunden später. Bei der Section fand man einen atro¬
phischen Penis; an der Unterfläche der Lenden befanden sich
Samenstränge, die jedoch beide ganz kurz und dünn waren
und in kleine Fett-Träubchen ausliefen. Professor Fadyean
fand bei mikroskopischer Untersuchung nur Fettgewebe, keine
Hodenelemente. Der Operateur hatte diese Pseudotestikel
wohl konstatirt, aber ihre Grösse und Consjstenz hatten ihn
über ihre Natur vollkommen irregeführt; ausserdem ver¬
hinderte die Kürze der Samenstränge ein Hervorziehen und
Untersuchen am Lichte. (Bull. Vet. 1900.)
Daviaud: Pneumatosis cystica externa. Bei einer un¬
gefähr zweijährigen Sau, die einmal geferkelt hatte, war
einige Tage vor der Untersuchung am Kopfe eine ziemlich
beträchtliche Schwellung aufgetreten. D. konstatirte ober dem
linken Ohr, unmittelbar an der Basis der Ohrmuschel be¬
ginnend, einen doppelt faustgrossen gespannten Tumor. Die
Palpation zeigte weder harte Abschnitte noch Fluktuation,
dagegen ausgeprägte Crepitation an allen Stellen. Diagnose:
Gascyste. Bei der Punction strömt abscheulich riechendes
Gas aus; bei der Spaltung und Auspressung der Geschwulst
zeigt sich deren Inneres vollkommen leer, ohne eine Spur von
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310
Eiter oder Öranulatiöhsgewebe. Ueber die Herkunft der
Schwellung War nichts feötzustellen. (Ibidem.) E. A.
Bücherschau.
Cömpettdiutf* der Äraneimittellelire für Thierärzte von
Otto Regenbögen, Professor an der thierärztlichen Hoch¬
schule in Berlin. Verlag von August Hirschwald —Berlin 1901.
. Däs ^CoQipendfum ist zunächst für die Studirenden zur Vor¬
bereitung auf die prüfüpg in der , Arzneimittellehre bestimmt.
Bei der Eintheilung der Arzneimittel hielt sich der Verfasser
an ihre physiologische und therapeutische Zusammengehörigkeit und
theilt sie demgemässein itiörtlich wirkende Mittel, Abführmittel,
wurmabtreibende Mittel ? Brechmittel u. s, w. Ausser den im
Arzneibuche für das deutsche Reich aufgeführten Mitteln bespricht
V. noch mehrere andere wichtige Arzneimittel, welche derzeit in
der Thierheilkuhde Anwendung 'finden; endlich sind dem Compen-
dftim am Schlüsse tiooh die Tabellen B und C des deutschen
Arzneibuches sowie eine Löslichkeitstabelle beigegeben.
— In ühersiehtlicher, knapper, klarer Weise behandelt Verfasser
die DärStellung, Zusammensetzüng, die Bestandtheile, Eigenschaften,
Wirkung und Anwendung der Arzneimittel. Bei Besprechung der
pflanzlichen Arztfeimittel ist auch je die Stammpflanze angegeben.
Da das Cornpendium den Studirenden den Kern dessen, was
Sie über die Arzneimittellehre wissen müssen, bietet, Wird es
ibneti an sieb ein sehr willkommener Rathgeber sein; zudem er¬
leichtert es ihnen aber * auoh das Studium des umfassenden muster¬
haften Werkes über Arzneimittellehre von Fröhner.
; Wenn der V.'sagt, „das Cornpendium dürfte sich aueb zur
söhtfellon InfötmatiOri für praktische Thierärzte eignen^, so möchten
Wir; corrlgirend bemerken; dass es sich gerade auch für den Prak¬
tiker zu diesem Zwecke vorzüglich empfiehlt. * ^ A. ;
Personalien.
^ bio erste Assistentensielle an der chirurg. Klinik der kgl. thierärztl.
Hochschule München wurde dem Thierarzte Ant. Kircher aus Ober-
ftäüsen Und die zweite Assistentenstelle an dieser Abtheilung dem Thier¬
arzte Julius Beck aus Weissenbrunn in widerruflicher Weise übertragen.
Ap der thiet^rztl .fjochschule München haben die Approbationsprüfung
bestanden die Herren; Bq h m e Guido aus Kaisheim, L i n d n e r Heinrich
äuq Nürnberg, Rem me le Adolf aus Burghausen und Wall Josef aus
Sämter. Gestorben in Hofheim (Unterfranken) Distriktsthierärzt, a. D.
Lorenz Diefz ini 71. Lebensjahre.
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311
Einladung
Die ordentliche Generalversammlung des Thierärztlichen Vereins von
Oberbayern findet am
Sonntag, den 14. Juli 1901, Vormittags 9 Uhr
im grossen Saale der Restauration des Schlacht- und Viehhofes in Mün¬
chen statt, zu deren Besuch titl. Herren Collegen hiemit eingeladen werden.
Ta,g r esordjn'LLXig r :
1. Erstattung des Rechenschaftsberichtes,
2. Standesangelegenheiten,
3. Vornahme der Wahlen,
4. Wünsche, Anträge, Mittheilungen aus der Praxis,
5. Besichtigung der neueren Anlagen im Schlacht- und Viehhofe.
Die Vorstandschaft des Thierärztlicheu Vereins von Oberbayern.
Schmutterer.
Bekanntmaoli'u.ng.
Die Stelle des Bezirksthierarztes für das mit 1. Oktober d. Js. neu
zu errichtende Bezirksamt in Mainburg wird hiemit zur Bewerbung aus¬
geschrieben.
Die Gesuchsteller haben ihre an das k. Staatsrainistorium des Innern
zu richtenden und gemäss § 8 der K. Allerh. Verordg. v. 20. Juli 1872
„das Civilveterinärwesen betr. u zu belegenden Gesuche bis längstens
14. Juli <1. Js.
bei der ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein-
zureiohen.
Junger Thierarzt, S.-S. 1900 approbirt, schon als Assistent u Ver¬
treter thätig, sucht ab 1. oder 15. Juli a c. Stelle als Assistent bei einem
Herrn Bezirksthierarzt. Gefl. Off. u. L. Sch. beförd. d. Exped. d. Bl.
Hache zum sofortigen Eintritt einen approbirten Herrn als
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Biete Wohnung, Frühstück und 100 Mark pro Monat.
H. Pletzer, Bezirksthierarzt in Schwabmtinchen.
Jung approbirter Thierarzt sacht per sofort Stellung als
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3
werden den Herren Thierilrzten zu kostenfreiem
Versuch übergehen; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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C a« t rf r% a n g e znr Kryptoreliiden-
Operation nach Degive * 18.50
Irrigator nach Dreymann 26.50
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et 1
Verantwortliche Redaktion : M. Alb recht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. 0. Red.
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WocttähiStffirift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
• herausgegebeu von
M. Albreoht und Pli. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 2. Juli 1901. Nr. 27.
Inhalt: Direktor Wilhelm von Frioker f. —.Ritzer, Ein Herniotom für
den inneren Bruch des Ochsen, *— Referate. — Bücherschau. — Per-
. eonalien. —- Inserate.
Direktor Wilhelm von Fricker i.
ln der letzten Stunde vor dem Mittag des 8. Juni umstand
eine grosse Trauerversammlung das offene Grab des am Abend
des 5. Juni nach kurzem Krankenlager verstorbenen Direktors
Wilhelm von Fricker, der während 40 Jahren als Lehrer
an der thierärztlichen Hochschule zu Stuttgart gewirkt und
dieselbe 25 Jahre hindurch als Yorstand geleitet hatte. Sein
Sehn und seine Tochter, sein Schwiegersohn, der jetzige
Direktor Dr. Sussdorf, seine Enkel und Verwandten, eine
grosse Zahl theilnehmender Freunde, Kollegen und Schüler
aus Nah und Fern, fast das ganze Lehrerkollegium und die
gesammte Studentenschaft der thierärztlichen Hochschule waren
dem reich mit Blumen bedeckten und lorbeerumkränzten
Sarg gefolgt, um ihren Gefühlen herzlicher Liebe, treuer An¬
hänglichkeit und dankbarer Verehrung Ausdruck zu geben,
die sie für den Verstorbenen hegten und über das Grab
hinaus bewahren. Zahlreiche Kränze wurden auf seiner
letzten Buhestätte niedergelegt, so im Namen des Lehrer¬
kollegiums, ferner der Assistenten, der verschiedenen Korpo¬
rationen und der Bediensteten der thierärztlichen Hochschule;
auch der badische, württembergische und oberschwäbische
thierärztliche Verein, denen der Verstorbene als Ehrenmit¬
glied angehörte, hatten Vertreter gesandt und Kranzspenden
gewidmet.
JDer Name Fricker ist aufs epgste mit der Geschichte
der Stuttgarter thierärztliehen Hochschule verbunden. Durch
schwere Zeiten und während vieler Stürme hat er sie wacker
geführt, unverrückt dem einen Ziele zusteuernd, die thier-
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314
ärztliche Bildungsstätte den akademischen durchaus gleich*
zustellen. Unablässig war er in Schrift und Wort eingetreten
für die Verlängerung der Studienzeit, für die Erhebung der
Thierarzneischulen zu Hochschulen, für die Erhöhung der
Vorbildung zum thierärztlichen Studium. Gerade die Frage
der Einführung der Maturität als Vorbedingung für die Jünger
dieser Wissenschaft war es, welche ihn in ^letzter Zeit ganz
besonders beschäftigte. Gelegentlich der Feier seines 70. Ge¬
burtstages, an dem ihm von so vielen Seiten Ehrungen und
Glückwünsche zu Theil wurden, sprach er es aus, es möchten
sich doch Alle dann, wenn die Zeit des Triumphes gekommen
und die Maturitas eingeführt sei, seiner erinnern und denken:
„Der alte Fricker hat’s gewollt 1 *.
Gleich wie die Förderung der Interessen der Wissen¬
schaft, so lag Fricker auch diejenige des Standes stets am
Herzen. Wie der Senior des Lehrerkollegiums der thier¬
ärztlichen Hochschule und der Sprecher desselben am Grab,
Geh. Hofrath Prof. Dr. Schmidt, hervorhob, war es Fricker,
der in kritischer Zeit, als sich in Württemberg eine Spaltung
in eine höhere und niedere Klasse von Thierärzten zu voll¬
ziehen drohte, sich mit der ganzen Kraft seines Einflusses
dieser Strömung entgegenstellte und den Antrag auf Aus¬
bildung niederer Thierärzte über Bord warf.
Fricker war eine echt schwäbische, urwüchsige und
knorrige Kernnatur, fern von aller Ziererei und Zimperlich¬
keit. Ein unbeugsamer Wille, ein zähes Festhalten an dem
einmal gefassten Entschluss waren ihm eigen; mannhaft und
ohne Rücksicht auf Widerspruch, zuweilen mit explosiver
Gewalt schaffte er sich Geltung. Mochte er auch, hingerissen
von seinem lebhaften Temperament, hie und da empfindlich
und reizbar, selbst verletzend sein, so folgte auf solchen Ge¬
wittersturm bald der mildernde Sonnenschein, unter dessen
Einfluss er nicht nur zu vergessen, sondern auch zu versöhnen
wusste. Hervorragend war sein geselliges Talent; meister¬
haft beherrschte er die Sprache: ob er sie nun zu gebundener
Rede zwang oder zu schlagendem Witz, zu treffender Ironie
oder gar heissendem Sarkasmus ausholen liess. Ganz be¬
sonders aber huldigte er der Poesie, mit den Werken der
Klassiker war er auf’s innigste vertraut und viele Stellen
aus denselbeo hatte er dauernd in seinem Gedächtniss fest¬
gehalten.
Der Lebensgang des Verstorbenen war folgender: Wilhelm
Fricker war am 22. Oktober 1824 zu Stuttgart geboren. Er
durchlief das dortige Gymnasium, um nach Erlangung des
Reifezeugnisses der X. Klasse sich im Jahre 1845 dem Stu-
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315
dium der Thierheilkunde an der Stuttgarter Thierarzneischule
zuzuwenden. Nach erlangter Approbation im Jahre 1847
besuchte er noch zwei Semester lang die Berliner Thier¬
arzneischule und legte nach seiner Rückkehr von dort die
sog. „wissenschaftliche Prüfung“ in der Thierheilkunde bpim
Kgl. Medicinalkollegium ab. Bis zum Jahr 1859 prakticirte
er als Thierarzt in seiner Vaterstadt, indem er gleichzeitig
die Stelle eines Stadtthierarztes versah. Im Herbst desselben
Jahres Wurde er mit dem Titel eines Unterlehrers als Pro¬
sektor und klinischer Assistent an der Thierarzneischule an¬
gestellt. Im Jahre 1864 wurde er provisorischer Haupt¬
lehrer, 1864 definitiv mit dem Titel „Professor“. 1874 er¬
nannte ihn das K. Ministerium zum Vorstand der Schule und
verlieh ihm im Jahr 1882 den Titel „Direktor“. In dieser
Stellung verblieb er bis zum 1. Mai 1889, worauf er um
seine Pensionirung bat.
Zahlreich sind die Ehrungen, welche Fricker während
seiner langen Lebensbahn zufielen. Er war korrespondirendes
bezw. Ehrenmitglied vieler Vereine; mehrere Orden zierten
seine Brüst. Beim Scheiden aus der Stellung eines Direktors
der thierärztlichen Hochschule wurde ihm das Ehrenkreuz
der Württembergischen Krone verliehen, eine Auszeichnung,
durch die er in den persönlichen Adelsstand erhoben wurde.
Prof. Dr. Zwick.
Ein Herniotom für den inneren Bruch des Ochsen.
Von Bezirksthierarzt Ritzer in Teuscbwitz.
Zur Durchtrennung, Zerreissung des den Ueberwurf bezw.
die Darmumschnürung bedingenden Samenstrangrudimentes
musste man sich bisher entweder des Bistouri cache oder
eines halbscharfen Hakens bedienen.
Wer jedoch die Operation des öfteren vornahm, der
wird wohl wissen, dass gerade bei Abschnürungen durch das
linksseitige Rudiment die Einbringung des Bistouris nur unter
grosser Gefahr für das Thier vor sich geht, ja manchmal so¬
gar in Folge der vorgelagerten Darmschlingen geradezu un¬
möglich ist.
Weniger Schwierigkeiten verursacht in solchen Fällen die
Einführung des Hakens. Derselbe wird, der Innenfläche des
Armes fest anliegend, gegen die Hand vorgeschoben und
unter dem Rudimente so fixirt, dass der hakenförmige scharfe
Theil durch die Finger geschützt wird; hierdurch ist eine
Verletzung der gespannten Darmtheile leicht zu vermeiden.
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316
Nun wird der Haken langsam angezogen, das Rudiment,
welches, falls es mit dem Darme bereits verklebt sein sollte,
vorher von diesem gelöst werden muss, hierdurch gespannt
und zur Zerreissung gebracht. Das Zerren des Rudimentes
verursacht jedoch dem Thiere Schmerzen, wesshalb es nach
dem Operateur ausschlägt. Hierdurch wird derselbe manch¬
mal gezwungen, auszuweichen, und um Verletzungen des
Darmes zu verhüten, den Haken nachzulassen.
Um diese Schmerzen zu mindern oder gar zu verhüten,
schabte ich mit dem Fingernagel das auf dem Haken liegende
Rudiment durch, ein Verfahren, das mehrere Minuten in An¬
spruch nimmt und bei dem der Fingernagel regel¬
mässig mehr oder weniger einreisst.
Vor etwa sechs Monaten ereignete sich nun
gar bei einer solchen Operation ein Zwischenfall,
der mir die mangelhafte Einrichtung des bisherigen
Hakens klar zeigte.
Als ich nämlich nach Einsetzung des Hakens
das Rudiment durchtrennen wollte, schlug das
äusserst widerspenstige Thier trotz festen Vixirens
derart nach mir aus, dass ich, um einer Verletzung
zu entgehen, rasch zurück weichen musste, wobei
sich der Haken ohne Führung vollständig her¬
auszog.
Zum Glücke war durch die plötzliche Be¬
wegung des Thieres das Rudiment geplatzt und
eine Verletzung des Darmes, welche doch sehr
leicht hätte erfolgen können, nicht eingetreten.
Hieraus ersah ich nun deutlich die Unzulänglich¬
keit des Instrumentes. Denn während man einer¬
seits die Umschlingung wohl löst, besteht ander¬
seits die Gefahr, trotz grösster Vorsicht einen Darm
zu verletzen und so die Nothschlachtung des Thieres
zu bedingen.
Ich construirte daher ein Instrument, bei dessen
Benutzung eine Verletzung des Darmes geradezu
ausgeschlossen ist.
Es besteht aus drei Theilen, die wie die
Theile der Haarseilnadel genau ineinander zu
schrauben sind.
Das Messertheil besteht aus zwei genau auf¬
einander passenden, mit je einem hakenförmigen Ausschnitte
versehenen Theilen, deren einer eine Rinne besitzt zwecks
Aufnahme des in derselben gleitenden Messers, der andere
schliesst die Rinne nach oben ab, ist aber leicht abnehmbar,
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317
wodurch eine rasche und eingehende Reinigung des Messers
ermöglicht wird. Das Messer kann durch Druck auf einen
mit einer Feder in Verbindung stehenden Knopf nach vorne
geschoben werden. Die Schneide des Messers liegt der Haken¬
öffnung entgegen gesetzt.
Anwendung des Instruments: Ist die Schlinge gefunden,
das event. verklebte Rudiment am Darme selbst gelockert,
so wird das geschlossene Instrument mit der Knopfseite dem
Arme anliegend eingeführt. Ist der Messertheil in der Hand¬
fläche angelangt, so wird das Messer soweit zurückgeschoben,
dass die Hakenöffnung frei wird. In diese wird nun das Ru¬
diment eingelegt, das Messer soweit vorgeschoben, dass die
seitliche Hakenöffnung geschlossen ist — durch diese Manipu¬
lation ist jedes Eindringen eines Darmstückes ausgeschlossen
— und nun das Instrument ganz an — oder besser noch
unter — den abgeschnürten Darmtheil gebracht und das
Messer soweit vorgeschoben, bis die Feder in der oberen
Ausbuchtung des Einschnittes einschnappt. Das Rudiment
ist durchschnitten und der Darm frei.
Ich habe das Instrument bereits in drei Fällen benutzt
und beim Durchschneiden des Rudimentes keinerlei Schmerzens-
äusserungen von Seiten der Thiere wahrgenommen.
Bei Ueberwürfen hat es den weiteren Vortheil, dass das
bei Anwendung des einfachen Hakens hie und da eintretende
Losreissen an einem Ende, was dann die nachträgliche Durch¬
trennung des Rudimentes in Folge Fehlens des nothwendigen
zweiten Fixpunktes unmöglich macht, nicht eintreten kann.
In einem Falle habe ich das Rudiment rechts und links
durchschnitten und das abgeschnittene Mitteltheil entfernt.
(Bei Operation des Ueberwurfs empfiehlt es sich, nicht
nur das die Umschlingung bezw. Abschnürung bedingende
Rudiment zu entfernen, sondern auch gleich nach dem Rudi¬
mente der andern Seite zu fahnden und, falls es gelockert ist
oder frei hängt, auch dieses sofort zu durchschneiden, wodurch
ein späterer Ueberwurf völlig ausgeschlossen ist.)
Alle unliebsamen Vorkommnisse sind bei Benutzung des
oben beschriebenen Herniotoms, von dem ich hoffe, dass es
manchem Collegen, besonders in Franken, wo der Ueberwurf
sehr häufig zur Operation gelangt, willkommen sein wird,
völlig ausgeschlossen.
Die Firma Hauptner-Berlin, der ich hiermit für das
freundliche Entgegenkommen und ihre Bemühungen bei Her¬
stellung des Modells meinen Dank ausspreche, berechnet für
das vorzüglich gearbeitete Instrument: 11 Mk. 50 Pfg.
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318
Referate.
Zur Behandlung der periodischen AugenentzOndung des
Pferdes. Der Verfasser, der schon früher bekannt gegeben
hat, dass er den Erreger der Mondblindheit gefunden habe,
empfiehlt das ja schon in manch anderer Hinsicht so werth¬
volle Jodkalium in täglichen Dosen von 25—30 gr per os
zur wirksamen Bekämpfung obigen Leidens. In einem Spe¬
cialfalle war ein sehr reichliches eiteriges Exsudat in der
vorderen Augenkammer bei einem mit einem frischen Anfall
behafteten Pferd im Verlaufe von 48 Stunden unter dieser
Behandlung völlig resorbirt worden.
(Dr. Dor, Reo. de m6d. ?6fc. SO. März 1901.)
Ueber die Bildung von Antikörpern. Leclainche und
Vallöe haben Kaninchen eine Zeit lang intravenöse Einspritz¬
ungen von eiweisshaltigem Harn gemacht und festgestellt,
dass das Serum dieser Thiere dann die auffällige Eigenschaft
annahm, dass es, mit solchem Harn gemischt, das Eiweiss
ausfällte. (Unter denselben Bedingungen entsteht ein Nieder¬
schlag bei Mischung mit eiweissfreiem Harn ebensowenig, als
ein solcher durch normales Kaninchenserum im eiweisshaltigen
Harn verursacht wird.) Diese specifische, durch die Behand¬
lung erworbene Fähigkeit des Serums erstreckt sich aber nur
auf bestimmte pathologische Flüssigkeiten und nur auf die¬
jenigen Eiweissarten, welche zur Präparation der Versuchs¬
tiere benützt wurden.
(Soo. de biologie, Sitzung vom 19. Jan. 1901.)
Schmidt—Kulmbach und Dr. Simader.
Trouette de Dellys: 13 Fälle von Vergiftung durch Ranun-
culaceen. T. (in AlgierJ wird zu einem Eingeborenen ge¬
rufen, der 11 von den 12 Kühen seines Stalles verloren hat.
Bei der Heimkehr von der Weide hatten einzelne der Thiere
nur schwer gehen können; drei von ihnen, die nur mit grosser
Mühe in den Stall kamen, legten sich, um nicht mehr
aufzustehen; der Tod trat innerhalb zwei Tagen ein, während
deren man eine blutige Diarrhoe beobachtetet Acht andere
Thiere gingen in derselben Weise zu Grunde; das letzte
zeigte zur Zeit der Untersuchung alle Symptome einer toxischen
Gastroenteritis. Die Wiese, auf der die Kühe geweidet hatten,
war bedeckt von Ranunkeln: R. acris, R. sceleratus, R. bul-
bosus. An dem Tage, wo die Kühe dorthin getrieben worden
waren, bedeckte Wasser das Terrain, und an dessen Ober¬
fläche schwammen nur die Ranunkelblätter, welche die hung-
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319
rigen Thiere daher in grosser Menge frassen. Ein Bind
eines Europäers krepirte, nachdem es die nämlichen Symptome
gezeigt hatte: bei der Autopsie fand man im Wanste eine
enorme Menge Banunkelblätter. Bev. möd. de l’Afrique du
Nord. Bull. V6t. 1900.
Pamboukis: Beobachtungen über die Wuth. Die Unter¬
suchungen von N o c a rd und B o u x haben seit langem er¬
wiesen, dass der Speichel von wüthenden Hunden 24 Stunden,
und vielleicht 48 Stunden vor dem Auftreten irgend welcher
Veränderung in dem Benehmen des Thieres virulent ist.
Ein Hund „kann alle äusseren Zeichen der Gesundheit zeigen,
fressen, munter und zuthunlich sein wie gewöhnlich und trotz¬
dem in seinem Maul bereits das Wuthgift tragen.“ In der
Praxis wäre es angfczeigt, in Hinsicht auf Ansteckung alle Bisse
als inficirt anzusehen, welche sechs oder sieben Tage vor dem
Auftreten von Wutherscheinungen bei dem heissenden Hunde
zugefügt worden waren. Eine Beobachtung des Dr. P., die
so beweiskräftig ist wie ein Laboratoriumsexperiment, zeigt,
dass der Speichel acht Tage vor den ersten Erscheinungen
der Wuth virulent sein kann. Eine Frau wird gebissen von
einem Hunde, welcher während der folgenden acht Tage
keine Zeichen der Krankheit aufweist; am achten Tage zeigen
sich die Erscheinungen der Tollwuth. Die gebissene Person,
welche sich der Pasteur’schen Impfung nicht unterzogen hatte,
stirbt 69 Tage nach dem Bisse. Ann. de Hnst. Pasteur,
Bull. V6t. 1900.
Zschokke: Malignes Oedem beim Pferde. (Schweizer*
Arch. f. Thierheilkunde 1901, S. 20.) Bei einem Pferd, das
wegen eines Nageltrittes am linken Vorderfusse in Behand¬
lung gestanden hatte (Abscessbildung, Incision, schnelle Wieder¬
herstellung), trat am dritten Tage nach Wiedereinstellung in
die Arbeit, neun Tage nach Entstehung des Nageltrittes
Appetitlosigkeit und Lahmheit der linken Vordergliedmasse
ein. Hufwunde, Huf, Metacarpus waren ohne pathologische
Veränderungen. Dagegen fand sich in der Höhe des Ell¬
bogengelenks eine halbfaustgrosse, äusserst derbe, sehr schmerz¬
hafte Geschwulst ohne Spuren einer äusseren Läsion. Schon
im Verlauf dos ersten Tages rapide Ausdehnung der Ge¬
schwulst über die Schulter, Temperatursteigerung auf 40,5°,
allgemeine Körperschwäche. Bei Palpation zeigte sich am
Abend Knistern, sodass die Diagnose mit Wahrscheinlichkeit
auf Rauschbrand oder malignes Oedem gestellt wurde. Tod
in der zweiten Nacht. Die Section ergab hochgradiges ent-
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7*sr. '
320
zündliches Oedem des subcutanea und intermuskulären Ge¬
webes, durchsetzt mit feinen Gasblasen; nirgends Eiter oder
Gangrän; acute Schwellung der Lymphdrüsen auf der inneren
Seite des linken Armbeins; innere Organe ohne Besonder¬
heiten. Färbung des Oedemsaftes und Impfversuche (Kanin¬
chen) ergaben, dass es sich um den Bacillus des malignen
Oedeiha handelte. Als Infeetionsweg war mit grösster Wahr¬
scheinlichkeit die Huf wunde anzusehen. A.
Williams : Drei Fälle von geheiltem Rotz. Im Dezember
1893 wird Rotz bei zwei geschlachteten Pferden konstatirt;
eine Stute (Nr. 6), die in Contact mit ihnen war, zeigte im März
1894 sehr charakteristische Symptome; im Juli desselben
Jahres erscheint sie beinahe geheilt; zu dieseir Zeit wurde ihr
Nebenpferd (Nr. 7) und eine andere Stute (Nr. 8) der Mallein¬
probe unterzogen. Nr. 6 und 7 wurden als rotzig erkannt;
Nr. 8 zeigte keinerlei Reaction. Die zwei kranken Stuten,
deren Allgemeinzustand ziemlich befriedigend war, wurden
isolirt und unter Beobachtung gestellt Unter einer anderen
Anzahl von Thieren, die auf einem demselben Eigenthümer
gehörigen und einige Kilometer entfernten Hofe sich befanden,
war früher Rotz aufgetreten. Im Frühjahre 1895 zeigte ein
dreijähriges Pferd die Symptome einer abgeschwächten Form
der Krankheit (Nr. 9). Die drei Thiere wurden zusammen
auf eine kleine abgesonderte Weide gegeben, mit hinreichen¬
dem Schutz gegen Witterungsunbilden, bei genügender Nahr¬
ung und fliessendem reinen Wasser. Nr. 6 wurde fortdauernd
besser, und im März 1895 war das Thier vollkommen ge¬
heilt, wie auch die kurz nachher vorgenommene Mallein-
Injection bewies. Nr. 7 zeigte klinische Symptome zu keiner
Zeit der Erkrankung. Im Jahr 1896 machten beide Thiere
Nr. 6 und 7 wieder ihre gewöhnliche Arbeit; Nr. 8, welches
Thier nicht reagirt hatte, blieb unverändert gesund. Nr. 9
zeigte von Anfang an ersichtliche Besserung; im Verlaufe des
Sommers verschwanden alle Symptome, um nicht wieder auf¬
zutreten; die im nächsten Jahre vorgenommene Malleinprobe
zeigte, dass die Heilung vollständig war. Seit dieser Zeit
wurde auf dem Gute kein Fall von Rotz mehr beobachtet.
The Veterinarian, Bull. Vet. 1900.
Conroy: Hernia scrotalis vesicae. Der Stier, um welchen
es sich handelte, war vor zwei Tagen angekommen, frass
nicht, leckte Steine ab und verzehrte Lehm, den Urin setzte
er in kleinen Quantitäten ab. Beim Niederlegen verweilte er
längere Zeit auf den Knieen, um sich schliesslich äusserst
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321
vorsichtig niederzulegen. Im Liegen floss der Urin unwill¬
kürlich ab. C. fand das Thier stehend; wenn man es be¬
wegte, etiess es heisere Hustenstösse aus. Bespiration 40,
Puls 70, Temperatur 40,2; über den beiden Lungen stellen¬
weise gedämpfter Schall und Bronchialathmen, alle Mägen
mit Futter gefüllt. Die linke Seite des Skrotum war in
seinem obersten Theile vergrössert, die Yergrösserung er¬
streckte sich nicht bis nach unten. Die Schwellung fluktuirte,
der Hoden erschien kleiner als der andere. Während der
manuellen Untersuchung war Urin abgegangen. Bei der
hierauf vorgenommenen rectalen Untersuchung konnte C. die
Blase nicht finden und vermuthete daher eine Blasenhernie.
Nachdem eine nochmalige Bectaluntersuchung die Blase nicht
in der Bauchhöhle hatte auffinden lassen, wurde der Hirte
angewiesen, das Skrotum zu comprimiren, wobei C. deutlich
durch den weiten Inguinalring einen flüssigkeitsgefüllten
Back ein Stuck weit hereindringen fühlte, und Urin durch die
Urethra abging. Darnach erschien die Diagnose gesichert.
Auf Grund der Anamnese, nach welcher ein Abführmittel
eingeschüttet worden war, wurde aus den Lungenerscheinungen
eine Bronchopneumonie diagnosticirt. Die Prognose wurde
ungünstig gestellt; das Thier krepirte am dritten Tage. Die
Section zeigte nach Eröffnung des Skrotums in diesem die
Blase, theilweise mit den Skrotalhüllen verwachsen. Der
Testikel dieser Seite war atrophisch. Die Lungen und Bron¬
chialdrüsen enthielten alte tuberkulöse Yeränderungen. Die
Magen waren mit Futter angeschoppt. Auf einer Seite zeigte
sich Entzündung des Nierenbeckens. (Yeterinarian, Mai 1901.)
Allen: Leukämie bei der Katze. Das Thier hatte seit
10 Tagen nichts mehr gefressen und war stark herunter¬
gekommen. Es wurde konstatirt ausgesprochener Marasmus,
Anorexie, andauernde Diarrhoe und häufiges Erbrechen.
Während der Untersuchung zeigte sich das Thier äusserst
schwach und verfiel öfters in kollapsartigen Zustand. Nase
trocken, Puls fadenförmig. Die Behandlung bestand in der
Verabreichung von Stimulanzen und Tonicis; der Tod trat
nach vier Tagen ein. Die Section ergab Folgendes: Milz
5 l /2 Zoll lang, grösste Breite 1 Zoll; beim Durchschneiden
war die Schnittfläche gespickt mit Geschwülstchen von der
Grösse eines grossen Stecknadelkopfes, wahrscheinlich Lymph-
adenome. Mesenterialdrüsen vergrössert, Leber und Brust¬
organe normal. Magen und Eingeweide vollständig leer.
Ueber den Blutbefund wird keine Angabe gemacht. (Veteri-
narian, Mai 1901.) E. A.
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322.
Bucherschau.
Die animalischen Nahrungsmittel. Ein Handbuch zu ihrer
Untersuchung und Beurtheilung für Thierärzte, Aerzte ? Sanitäts¬
beamte, Eichter und Nahrungsmitteluntersuchungsämter von
Professor Dr. Schneidemühl in Kiel. Mit zahlreichen Ab¬
bildungen. II. Abtheilung. Verlag bei Urban und Schwarzen¬
berg in Berlin und Wien. 1900.
Die zweite Abtheilung des Buches handelt zunächst über
einige Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Thiere bei
betrügerischen Unterschiebungen. Damit scbliesst der allgemeine
Theil des Werkes ab und es folgt der erste Abschnitt des be¬
sonderen Th eiles, in welchem die Untersuchung der Schlacht-
thiere im Leben und die für die Fleischverwerthung dabei zu be¬
rücksichtigenden Erkrankungen besprochen werden. Der folgende
zweite Abschnitt behandelt das gewerbsmässige Schlachten und
Zerlegen der Thiere, und im dritten Abschnitte wird die normale
Beschaffenheit der einzelnen Organe der verschiedenen Schlacht-
thiere erörtert.
Bei der Beurtheilung der zweiten Abtheilung des Schneide-
mühl’schen Werkes, das 191 Druckseiten umfasst, auf welchen
Kleindruck in bedeutendem Masse zur Anwendung kam, können
wir nur wiederholen, was wir bei der Recension der ersten Ab¬
theilung gesagt haben:
„Die übersichtliche, bündige, dem praktischen Bedürfnisse in
jeder Richtung angepasste Darstellung des Inhaltes des Werkes
stempeln dasselbe zu einem willkommenen, werthvollen Ratbgeber
für alle Sparten, für welche es bestftnmt ist, besonders für die
Herren Collegen.“ A.
Personalien.
Der kgl. Bezirksthierarzt Heinrich Herbst in Vilshofen (Nieder¬
bayern) wurde auf Ansuchen in den zeitlichen Ruhestand auf die Dauer
eines Jahres versetzt, die Bezirksthierärzte Friedrich Voltz in Nörd-
lingen und Johann Munier in lllertissen zu pragmatischen Bezirksthier-
ärzten ernannt.
Suche Ende Juli oder Anfangs August auf vierzehn Tage einen
approbirten Herrn als
Vertreter.
Offerte nebst Gehalts-Ansprüchen erbeten.
Sigl, Distriktsthierarzt, Ptfttmes«
Asgistenten-Qesnch.
Die Assistentenstelle bei Unterzeichneten ist bis 1. August wieder
zu besetzen. Approbirte Herren bitte ich, sich mit mir schriftlich in Ver¬
bindung zu setzen. M. Brüller, k. Bez.-Thierarzt, Lindau.
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323
JBolsa.rLrLtrriaclx'u.rLgr.
Die diesjährige ordentliche Generalversammlung des Tierärztlichen
Kreisvereins von Niederbayern wird am Sonntag den 28. Juli d. Js. bei
Weinwirth Hochgrassl in Straubing, prftcis 10 Uhr beginnend, abge¬
halten, wozu die verehrlichen Ehren- und Vereinsraitglieder und sonstige
Collegen, insbesondere die dem Vereine nooh nicht ungehörigen Thier¬
ärzte von Niederbayern höfliohst eingeladen werden.
Tsigresoxdjn.VLaa.gr :
1. Bericht des Vorstandes über die Vereinsthätigkeit des ab¬
gelaufenen Jahres;
2. Neuwahlen ;
3. Vortrag des Herrn Schlachthofdirektors Heiss „Ueber Bau
und Einrichtung moderner Sohlachthöfe tt , hernach gemein¬
schaftlicher Besuch des neuen Sohlaohthofes von Straubing.
Der Vereins-Ausschuss.
Unterzeichneter sucht Ende Juli oder Anfangs August approbirten
VT Vertreter
auf 14 Tage. Dient, Distriktsthierarzt, Greding (Mittelfr.).
Junger Thierarzt, S.-S. 1900 approbirt, schon als Assistent u. Ver¬
treter thätig, sucht ab 1. oder 15. Juli a. c. Stelle als Assistent bei einem
Herrn Bezirksthierarzt. Gefl. Off. u. L. Sch. beförd. d. Exped. d. Bl.
Greolin-Hufschmiere.
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liche Wirksamkeit des Creolin als im
höchsten Maasse bacterienzerstörendes
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vor Krankheiten zu schützen, sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
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ausschliesslich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund«: Die gründliche Desinfection der Pferde¬
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten von grösserer Wichtigkeit,
als die thierärztliche Behandlung kranker Thiere.
DieWortmarke „Creolin“ ist als Waarenzeichen geschützt. Ich warne
vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen eind an Pni****
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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' . " ‘0 :
Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreoht und Ph. J. ööring.
45. Jahrgang. München, den 9. Juli 1901. Nr. 28.
Inhalt: Albreoht, Plötzlich entstandene beiderseitige Thrombose der
Beckenarterien und der linken Darmbeinarterie beim Pferde, — Re¬
ferate. — Bücherschau. — Personalien. — Inserate.
Plötzlich entstandene beiderseitige Thrombose der Becken¬
arterien und der linken Darmbeinarterie beim Pferde.
Von Professor Albreoht.
Ein mittelschweres, vierjähriges Zugpferd, Stute, des L.
in M., welches seit Wochen sehr wenig zu arbeiten hatte und
gut gefüttert worden war — dasselbe sollte zum Verkaufe
in recht gute Condition gebracht werden — sollte aushilfs¬
weise zur Fortbewegung eines Botenfuhrwerkes auf eine nur
kurze aber grösstentheils bergaufführende Wegstrecke als
Vorspannpferd benützt werden.
Das angeblich bislang vollkommen gesunde, arbeitstüchtige,
stallmuthige Thier zog während der Dauer einer halben Stunde
ganz vorzüglich, worauf es plötzlich anfing, mit einer Hinter¬
gliedmasse leicht zu lahmen. Allmählig steigerte sich die
Lahmheit.
Der Knecht des Eigenthümers liess halten und unter¬
suchte in dem Glauben, das Thier habe einen Nagel ein¬
getreten, den Huf; da sich nichts vorfand, wurde weiter ge¬
fahren. Nach Umfluss von fünf Minuten hatte sich das Lahm¬
gehen derart gesteigert, dass das Thier mit der betreffenden
Gliedmasse stark zusammenknickte und gestürzt wäre.
Das Pferd wurde jetzt ausgespannt und im Schritte nach
Hause geführt.
Die Entfernung von der Behausung des Besitzers betrug
knapp eine halbe Stunde. Während der Dauer des Marsches
fing das Pferd an, auch an der vordem Gliedmasse zu lahmen,
schwitzte uüd athmete stark. Am Ende des Rückweges war
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das Lahmen so stark geworden, dass das Thier nur noch mit
Mühe auf den Beinen in den Stall gebracht werden konnte.
Im Stalle vermochte sich das Pferd nur mehr kurze Zeit
stehend zu erhalten. Nach der Beschreibung war es dem
Tbiere nicht mehr möglich, den Backbeingelenks- und Knie¬
gelenkswinkel offen zu halten; das Verhalten desselben mit
den Hintergliedmassen war demnach so wie bei Pferden, die
an Hämoglobinaemie leiden.
Am nächsten Morgen zur Behandlung gerufen, zweifelte
ich nicht im Mindesten, dass das Thier an diesem Leiden
laborire und ordinirte demgemäss. Urin war mir nioht vor¬
gelegt worden. Das Thier selbst zu untersuchen, war mir an
diesem Tage nicht möglich. Am nächsten Tage erhielt ich
die Mittheilung, dass das Pferd stehen könne; es stehe aber
je nur kurze Zeit, wechsle während des Stehens häußg mit
den Beinen, athme sehr rasch und schwitze; im liegenden
Zustande verhalte sich das Thier ebenfalls sehr unruhig.
Der. von dem Boten mitgebrachte Urin — er stammte vom
vorigen Tage — zeigte eine in geringem Grade ins Braune
spielende Farbe, reagirte alkalisch und enthielt nur eine
minimale Menge Sediment; er war ei weissfrei.
Die an diesem Tage von mir vorgenommene Unter¬
suchung lieferte Resultate, die im Zusammenhänge mit der
Beschaffenheit des Urines die Unrichtigkeit der zuerst ge¬
stellten Diagnose bekundeten.
Ich traf das Thier am Boden auf der Seite liegend, un¬
ruhig, stark athmend und schwitzend. Die Kruppenmuskulatur
zeigte nicht die mindeste Schwellung. Das Pferd nahm am
Boden etwas Heu. Beim Anrufen zum Aufstehen vermochte
es unschwer sich auf die Unterbrust zu drehen und bei nur
mässiger Beihilfe durch Zug am Schweife konnte das Pferd
auf die Beine gebracht werden.
Die Pulsfrequenz betrug 90 kräftige Schläge p. M. Die
Zahl der Athemzüge stellte sich auf 40—46 in der Minute,
der Herzschlag war pochend;,es konnten aber weder abnorme
Herztöne per Auscultation, noch eine Herzhypertrophie durch
Percussion nachgewiesen werden. Die Auscultation der
Lungen ergab hochgradig vermehrtes Vesiculärathmen, unter¬
mischt mit niedergradigem, nur schwer hörbarem Knister¬
rasseln. Percussion der Lungen normal.
Die Futteraufnahme war, wie bereits oben bemerkt, nur
mässig, dagegen zeigte das Pferd viel Durst. Die Mast¬
darmtemperatur war auf nur 39,2° C. angestiegen.
Mit Rücksicht auf die von dem Eigentümer beschriebene
Art der Bewegung der Hintergliedmassen, welche sich vor-
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zugsweise durch das Unvermögen der Backbeine, Hüft- und
Kniegelenk offen zu erhalten, bekundete, und demnach auf
eine damals bestandene Parese der Glütäen und Kniescheiben¬
strecker zurückgeführt werden musste, war man bemüssiget,
auf eine Erkrankung des Rückenmarkes .o<fer seiner Adnexe zu
schliessen oder auf Störungen in der Blutzufuhr zu den hintern
Gliedmassen. Bei dem Pehlen der pathognomonischen Erschein¬
ungen der Hämoglobinaemie war die Diagnose auf dieses
Leiden nicht mehr fundirt.
Die Untersuchung der vom Rectum aus zugänglichen
Gefässe ergab nun in der That auch den folgenden Befund:
Die beiden Beckenarterien, sowie die linke Darmbein-
artorie fühlten sich relativ fest an und gaben dem palpirenden
Finger nur wenig nach; eine besondere Ausdehnung dieser
Gefässe konnte nicht festgestellt werden, dagegen erwies sich
der Puls sehr klein. Es handelte sich bei dem Pferde also
um eine Thrombose der vorgenannten Gefässe.
Der abgenommene gelbbraun gefärbte Urin war sehr
schleimig, reagirte alkalisch und enthielt jetzt eine bedeutende
Menge Eiweiss.
Der mir am Abend dieses Tages überbrachte Urin gab
bei der Untersuchung mit Guajactinktur und ozonisirtem Ter¬
pentinöl die Blutfarbstoffreaction. Harncylinder oder andere
corpusculäre Gebilde — von Calciumcarbonatkrystallen ab¬
gesehen — konnten bei der mikroskopischen Untersuchung
in dem Harne nicht gefunden werden.
Auf mein Anrathen wurde das Pferd am nächsten Tage
an einen Pferdemetzger verkauft und sofort getödtet.
Ich konnte die Section des Thieres selbst nicht vor¬
nehmen, Hess mir aber Herz und Aorta inclus. des Stammes
der vorderen Gekrösarterien, sowie die thrombosirten Gefässe
zusenden.
In den beiden Beckenarterien und in der linken Darm¬
beinarterie fand sich ein zusammenhängender, in der Länge
von 3 cm spitz bis in die Aorta hineinragender Thrombus,
welcher an dem proximalen Theile auf die Länge von 10 cm
wandständig, von hier ab gegen die distalen Enden zu —
welche ebenfalls kegelförmig waren — eine circuläre Beschaffen¬
heit aufwies.
Der grösste Theil des wandständigen Thrombus war vtfn
grauröthlicher Farbe, ziemlich dicht und adhärirte dem Ge-
fässlumen ziemlich fest. An der Contactstelle war die Intima v
verdickt und uneben. Die dem Gefässlumen zugekehrte
Partie dieses Thrombus hatte eine gelbrothe Farbe und
weiche Beschaffenheit. Diese Schichte konnte von der wand-
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ständigen leicht abgehoben werden; eine etwas dunklere
gelblich-rothe. Farbe hatten die Pfropfe, welche sich an den
proximalen Theil des Thrombus anschlossen; sie konnten
leicht yon der Intima abgehoben werden und diese selbst
zeigte an den Agglutinationsflächen keine besondere makro¬
skopische Veränderung.
Bei der Untersuchung des Herzens und der Gefässe konnte
kein pathologischer Zustand nachgewiesen werden, insbesondere
vermisste man ein Aneurysma oder den Strongylus armatus
in der vorderen Gekrösarterie.
Nach dem Sectionsbefunde lag im concreten Falle eine
bereits ältere Thrombosirung vor, durch welche aber die
Funktion der Hintergliedmassen nicht beeinträchtigt worden war.
Auf dem Boden dieses alten Thrombus und an diesen
sich distal anschliessend, entwickelte sich durch eine nicht
aufgeklärte Ursache ein frischer Thrombus, welcher die Blut¬
zufuhr zu den Hintergliedmassen in dem Masse beein¬
trächtigte, dass diese auch im Ruhezustände des Thieres
ihren Dienst versagten.
Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass sich auch
die bei dem Pferde beobachtete Dyspnoe, sowie die Unruhe¬
erscheinungen des Thieres unschwer durch die acut auf¬
getretene Ausdehnung der Thrombose erklären lassen. Weniger
klar ist das Auftreten von Hämoglobin im Urine am dritten
Tage nach der Erkrankung des Thieres. Es kann nicht
schlechtweg angenommen werden, dass die Hämoglobinreaction
des Harnes durch Drucksteigerung in die hintere Aorta be¬
dingt war; eher müsste man in diesem Falle an einen myo-
genen Ursprung des Hämoglobins denken. Eine grosse
Ähnlichkeit hat der vorstehend besprochene Fall von Throm¬
bose mit der von Vennerholm 1 ) mitgetheilten Beobachtung
einer plötzlichen Entstehung von Cruralisthrombose beim Pferde.
Ausser Dienstversagung der Hintergliedmassen und hoch¬
gradigen Athembeschwerden konstatirte V. noch das Vor¬
handensein von Kolikerscheinungen.
Referate.
Ueber einen interessanten Fall von Hämoglobinurie. Ein
Pferd war zur Vornahme einer Operation niedergelegt worden.
Diese und der Verband beanspruchten ungefähr 5 /4 Stunden,
während welcher sich das Pferd derart abarbeitete, dass der
Operateur sich auf einen Wirbelbruch gefasst machte. Das
*) Tidskr. f. Yetrmed. 1893. B. XII, p. 4.
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329
Pferd stand jedoch auf und es zeigte sich beim Zurückführen
in den Stall nur eine geringgradige Steifigkeit. Am andern
Morgen aber fand man das Thier mit allen Symptomen der
Hämoglobinurie am Boden liegen. — Es scheint zweifellos,
dass die übermässigen Muskelcontractionen den Anstoss zum
Ausbruch der Krankheit gegeben haben.
ti)ag68, Rec. de med. vet. 30. Marz 1901.)
Verschiedene Beispiele von subnormaler Temperatur. Bei
einem zehn Jahre alten Esel mass man zu verschiedenen
Zeiten mit verschiedenen Thermometern 33—34,5° Körper¬
temperatur bei 10 Athemzügen und 40 Pulsschlägen. Ein
mit heftiger Kolik behafteter Ochse hatte verschiedentlich ge¬
messen 35—36° Mastdarmtemperatur. Zur Kontrolle des
Thermometers wurden auch die Nachbarthiere gemessen und
diese zeigten 38—38.4°. Ein tuberkuloseverdächtiger Ochse
wurde init Tuberculin geimpft und hatte zu dieser Zeit 38,6°
Körperwärme. Im Verlaufe der zweistündlich vorgenommenen
Messungen sank diese bis auf 36° und blieb so fortwährend.
Auf Nocard’s Rath erklärte Cantiget den Ochsen für tuberkulös.
(Cagny und Cantiget, Rec. de med. vet. 31. März 1901.)
Die Pocken- und die Aphthenseuche. Bouland machte die
Beobachtung, dass in einer Reihe von Fällen bei allgemeiner
Verbreitung der Maul- und Klauenseuche bestimmte Bestände
verschont blieben öder in auffallend milder Weise durchseuchten.
Dabei fiel ihm auf, dass er in diesen Ställen beinahe regel¬
mässig Pocken feststellen konnte. Es scheint ihm darnach,
dass von der Pockenseuche befallene Thiere gar nicht oder
nur sehr leicht an Aphthenseuche erkranken. — Würde sich
dies bestätigen, so hätte man eine werthvolle Handhabe, den
Verheerungen der Maul- und Klauenseuche Einhalt zu thun %
(Repertoire de police sanitaire vSterinaire. September 1900.)
Die Anwendung des Wasserstoffsuperoxyds. Desoubry
und Cagny empfehlen das Wasserstoffsuperoxyd als ein ganz
vorzügliches Antiseptikum und Hämostatikum. Speciell bei
Eiterungen sei es unersetzbar. Bei oberflächlichen Läsionen
wende man es am besten per Spray an; bei Fisteln etc. be¬
nütze man es zum Ausspritzen. Auch zur Desinfection des
Uterus sei das Mittel sehr probat; jedoch ätzt das gewöhn¬
liche, im Handel vorkommende Wasserstoffsuperoxyd (eine
wässerige Lösung von J0—12 Volumenprocenten H 2 0 2 )
Schleimhäute zu sehr und man verdünnt es daher zu diesem Be-
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330
hufe mit 3 Theilen Wasser. Besten Erfolg habe man auch
bei der Behandlung von Widerristfisteln.
(Rec. de med. v6t. 30. April 1901.)
Gestielte cystöse Polypen an der Vorderfläche der Epi¬
glottis beim Pferde. In der Sitzung der societö centrale de
med. vet. am 28. März 1901 referirte Almy über drei der¬
artige yon ihm beobachtete und behandelte Fälle. Es waren
jeweils fluktuirende, mit einer schleimigen Masse gefüllte,
50 - 60 gr schwere Neubildungen, welche von der Pharynx¬
schleimhaut überzogen waren und zweifellos aus stark ver-
grösserten Schleimdrüsen bestanden, deren Ausführungsgang
sich verstopft hatte. In allen drei Fällen hatte A. die Ge¬
schwülste durch Eingehen mit der Hand durch die Maulhöhle
nachgewiesen und auch auf diesem Wege mittels des Ekra-
seurs leicht exstirpirt, nachdem vor der Untersuchung chloro-
formirt und ein Maulgatter eingelegt, auch wegen eventueller
Erstickungsgefahr vorsichtshalber die Tracheotomie vorge¬
nommen worden war.
Die Erscheinungen bestanden in plötzlich, während des
Fressens besonders, auftretender Athemnot, welche mit Schling¬
beschwerden verbunden war, so dass Theile des Futters zur
Nase heraus kamen. Der ganze Anfall war gewöhnlich nach
wenigen Minuten vorbei, jedenfalls sobald der Tumor wieder
eine andere Lage eingenommen hatte. Das gleichzeitige Be¬
stehen von respiratorischen und digestiven Störungen brachte
A. auf den Gedanken einer Neubildung, die durch irgend
welche Veranlassung verlagert, plötzlich Athmung und Ab¬
schlucken behinderte.
In der anschliessenden Diskussion brachten Benjamin
und Butel ähnliche Fälle zur Kenntniss. Letzterer wies
wiederholt auf die unumgängliche Nothwendigkeit der Tracheo¬
tomie hin, indem ihm ein Pferd, das nicht tracheotomirt
war, direkt nach dem Abwerfen erstickte: der Polyp hatte
sich dabei so unglücklich verlagert, dass der Luftweg völlig
versperrt war.
(Rec. de med. vet. 30. April 1901.)
Schmidt—Kulmbach und Dr. Simader.
Briot: Ein Fall von Polydactylie beim Pferde. (Comptes
rendus de la Soc. de Biöl. Paris, 1898, S. 460.) Die Fälle
von Vielzehigkeit beim Pferde sind ziemlich selten und von
besonderem Interesse sowohl vom phylogenetischen als vom
morphologischen Standpunkte aus. Das Pferd, von welchem
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331
B. berichtet, stammt aus den Prärieen von Südamerika und
ist ein Mustang. Das Thier zeigt an den Yorderfüssen eine
gut entwickelte innere Zehe, die Hauptzehe ist normal ent¬
wickelt, mit Röthe und Huf, ohne die Deviationen, welche
bei dieser Art von Anomalien häufig sind. Nach innen und
etwas oberhalb vom Fessel der Hauptzehe befindet sich eine
kleinere zweite Zehe mit Krone und Huf, die den Boden
nicht erreicht; der Huf wird von Zeit zu Zeit zugeschnitten.
Die beiden Füsse sind symmetrisch und die beiden Innenzehen
stören das Pferd nur wenig beim Gehen, da die Hufe sich
kaum reiben. Mittels Radiographie wurde festgestellt, dass
die Zehe in der That dem zweiten Zehenglied entspricht. Am
Karpus ist nichts Besonderes wahrzunehmen; der zweite Meta¬
karpalknochen ist viel stärker entwickelt als im normalen
Zustande und erreicht die Länge des Metakarpus 111. An
seinem unteren Ende setzt er sich gegen die Hauptzehe ab
und an jene schliessen sich drei Phalangen, deren erste die
längste ist und von welchen die beiden distalen in den Huf
eingeschlossen sind. — Die Analogie der Anordnung dieser
Zehe mit der zweiten Zehe des Hipparion ist eine schlagende,
besonders interessant ist der durch die Radiographie erbrachte
Nachweis, dass auch an diesem überzähligen Gliede sich wie
an der Hauptzehe zwei kleine Sesamknochen befinden. Der
Metakarpus 1Y ist ohne Besonderheiten, ebenso die Hinter¬
extremitäten. Schliesslich weist B. darauf hin, dass die bisher
beobachteten Fälle von Polydactylie beim Pferd in auffällig
grösserer Zahl aus Amerika als aus Europa stammen. Dabei
ist noch weiter von besonderen* Interesse, dass die ameri¬
kanischen Fälle häufiger als die europäischen eine Deforma¬
tion der Hauptzehe vermissen lassen und so sich vielmehr
dem Ahnentypus nähern. „Wovon ist dieser Umstand be¬
dingt? Rührt er davon her, dass das in Amerika eingeführte
Pferd wild lebt? oder sollte es sich daraus erklären, dass, wie
manche Autoren wollen, das amerikanische Pferd, als ein¬
geborene Rasse, jüngeren Ursprungs wäre, als das europä¬
ische Pferd und demgemäss auch die Fälle von Rückschlag
dort zahlreicher und „typischer“ wären?“
Nlegnin: Helminthiasis der Harnorgane beim Hund. Yer-
minöse Erkrankungen des Harnapparates sind beim Hunde
ebenso selten als gefährlich und werden fast ausschliesslich
erzeugt durch Strongylus gigas; derselbe siedelt sich meist
in einer Niere an, die er allmählich zerstört, indem er seinem
Wirth gleichzeitig qualvolle Schmerzen verursacht. Manchmal
wird die Nierenkapsel durchbrochen und der Wurm gelangt
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332
iii die ;JPearitotieaJböhle^ So beschrieb Plasse einen Fall, in
welche«» Ätei Exemplare von Strongylus gigas bei einem
Hunde, rin derselben Niete »ith .angesiedelt hatten; der eine
von.; ihnen hatte das Organ ■ durchbrochen und war in die
Bauchhöhle gefallen. Manch mal wandert der Wurm in die
Ureteren und gelangt so . üaa idie Blase ; in seltenen Fällen
k&ou er auch durth die Harnröhre nach aussen gelangen.
Lacoste veröffentlicht den interessanten Fall eines Hundes,
welcher , aus der Harnröhre 1 einen Strongylus von Federkiel¬
dicke und 40 cm lang entleerte. Wenn der Wurm diesen
Weg einschlägt, findet eroftein Hinderniss in der Nähe des
Penisknochens; er bohtfc sinh alsdann ins Zellgewebe ein
und erzeugt bald yor; bald hinter den Hoden eine Geschwulst,
in der; er fortfäbrt, inmitten des Eiters, dessen Ausscheidung
seine Anwesenheit erzeugt, zu wachsen. ln diesem Falle
genügt die Punktion der Geschwulst, um das Austreten des
Parasiten und die Heilutig des Patienten zu ermöglichen.
M. hat zweimal die Anwesenheit des Strongylus gigas bei
Hunden kouötatirt, deren Gesundheit dadurch keine Einbusse
erlitt, Das erstemal fand er ein enormes Exemplar in der
Bauchhöhle eines Versucfcshundes, der vollkommen gesund
war. An keinem Organe fanden sich Läsionen. Das zweite¬
mal fand M: iü einer Geschwulst einer Zitze bei einer Hündin
ein 60 cm langes, in vielen Windungen eingerolltes weibliches
Exemplar eines Strongylus. Eine Diagnose dieses Parasiten
beim lebenden Hund ist unmöglich. (L’Eleveur, Bull. Vet.
1900.)
Thompson: Fibrom dos Herzens bei einer Stute. Eine
neunjährige Stute, welcher eben in der Schmiede der Vorder-
fuss aufgehoben werden soll, stürzt plötzlich nach vorwärts
und fällt zusammen, sie schlägt krampfhaft um sich, erhebt
sich dann nach einigen Augenblicken, noch schwankend. Nach
einiger Zeit will man wieder einen Yorderfuss aufheben:
zweiter Sturz. Man führte das Thier in den Stall und verab¬
reichte ihm Leinöl. Herbeigerufen, konstatirte Th. Folgendes:.
Kopf hängend, Ausdruck stumpf, Athmung kurz, Puls kaum fühl¬
bar, Conjunctivalschleimhaut livid und injicirt; Temperatur 38,3;
die geringste Erlegung droht einen'neuen Anfall hervorzu¬
bringen. Da vor kurzem das Futter gewechselt worden, wurde
eine Störung von* Seite des Verdauungskanals angenommen
und das Thier entsprechend behandelt. Die Stute schien sich zu
bessern und wurde während einiger Tage im Schritte geführt.
Am 19. Tag kam eine neue Attacke und diesmal wurde Di¬
gitalis, dann Jod-Eisen und Ammoniumcarbonat ohne Erfolg
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*333
gegeben. Nach Abfluss einer - Woche ging* dae* Thier zu
Grunde. Die Autopsie zeigte * einen soM grossen fibrösen
Tumor, der im linken HerZöhfr oberhalb der Mitralis sasa;
fibröse Züge setzten sich in-die Wand der Lungenvenen fort.
Die Grösse dieser fibrösen^ Massen ist ebenso überraschend
als die lange Dauer der Krankheit j der Puls war successive
von 28 auf 18 Schläge ^er Minute gefallen. - (The ’Vel
Journ. Febr. 1900. Bull. Vet. 1900.) B, A. ^
Notiz: Vorprüfung dei^iH6£^zte. Bayern hat beim
Bundesrath den Antrag eii^gebrjacht, die Vorschriften über
die Prüfung der Thierär^te, dahin abzuändern v daps die
Zulassung zur Prüfung bedingt* wird durch den Nachweis des
Reifezeugnisses von einem deutschen humani*
stischen oder Realgyirinäsium. In einer dom Antrag
beigefügten ausführlichen Begründung wird darauf hingewiesen,
dass die Einführung der Gymnasialreife als Bedingung für
das Studium der Thierarzneikünde seit geraumer Zeit eine
wiederkehrende Forderung der thierärztlichen Stande&ver-
tretungen und auch der landwirthschaftlichen Kreise bildet.
Stand der Thierseuchen m Bayern am 30. Juni 1901.
a) Bq tjZ <.(Wurm)^
Niederbayeru: Grafenau 1 ,Gem* Oeb.) ; MitteJfra »k en-
Weissenburg 1 Gmd. (1 Geh.); Schwaben: Augsburg 1 Gmd.
(l Geh.) J J'K . '-4i r * . . • •; 4 ■ ;
b) Maul- und iKrha^^ nt S ;r;
Oberbayern: 2 Gern. (2 Geh.);* 0 b e r p f a 1 z: 2 Gern.
(7 Geh.); Oberfranken: 3 Mittelfra^ken:
5 Gern. (10 Geb.); Unterfranken? (1 Gbb.); Schfaäbfeh:
3 Gern. (14 Geh.);
c) Schweineseut he (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (1 Geb.); Pfalz: 1 Gmd. (J Geb.);
Mittelfranken: 1 G ern. (1 r> , ,
Bücherschau.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der
Veterinär-Medicin. Herausgegeben von Br. E Heuberger,
Dr. Schütz und Dr. Baum. 20. Jahrgang. (Jahr 1900.)
Berlin 1901. Verlag von August Hirschwald, BeHin NW.,
Unter den Linden Nr. 68. *
Der unter Mitwirkung einer Reihe bewährter Fachmänner
herausgegebene neue Jahrgang des bekannter^ Quellen Werkes für
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334
Veterinär-Medicin ist wieder in bekannter Form und Ausstattung
erschienen. Das Berichtsmaterial ist pro 1900 auf 267 Seiten
sehr übersichtlich zusammengestellt und durch sorgfältig bearbei¬
tetes Inhalts-Verzeichniss und alphabetisches Sachv und Namen¬
register dem Nachschlagenden leicht zugänglich gemacht. Das
Buch kann auch heuer wieder als nie versagendes Nachschlage-
buch den Herren Collegen zur Anschaffung bestens empfohlen
werden. Görinfg.
Personalien.
Der k. Kreisthierarzt Hopf in Regensburg wurde von der bisher
ira Nebenamte bekleideten Stelle des 1. städtischen Thierarztes daselbst
auf Ansuchen enthoben; der bisherige II. städtische Thierarzt und Schlacht¬
hofverwalter Hubert Hüttner in Regensburg ist in die I. städtische
Thierarztstello vorgerückt, die für den städtischen Schlachtviehhof zu
Regensburg neu errichtete thierärztliche Assistentenstelle wurde dem Di¬
striktsthierarzte Georg Schopperl in Wörth a. D. übertragen. Die
Stelle des Bezirksthierarztes für das Bezirksamt Regen wurde dem Di¬
striktsthierarzte H. Abele in Roth a/S.. und die erledigte Stelle des
Bezirksthierarztes für das Bezirksamt Schongau dem Distriktsthierarzte
M. Beck in Heidenheim, beiden in widerruflicher Eigenschaft, verliehen.
G-auverband. 2NToxd.fxa,aa3s:en.
Die nächste Zusammenkunft findet am Sonntag den
21. Juli 1. Js. Nachmittags 2 Uhr in Lichtenfels statt, wozu
hiemit freundliche Einladung ergeht. Hohenleitner.
Ferien-Operations-Cars für Thierärzte.
Ich beabsichtige in der Zeit vom 26. bis incl. 31. August 1. Js. einen
Operations-Curs für Thierärzte an der Chirurgischen
Klinik der Thierärztlichen Hochschule abzuhalten.
Anmeldungen zu demselben bitte ich bis zum 15. August au
mich gelangen zu lassen, wie ich zu näherer Auskunft über die Einzel¬
heiten and das Honorar jeder Zeit bereit bin. , 1(2)
München, 29. Jnni 1901.
Imminger, k. Professor.
Thierarzt,
1899 approb., sucht von 1. August bis 20. September Vertretung oder
Assistenz. Off. u. C. P. an die Exped. d. Bl. 1(2)
Huche ab 17. incl. 31. August einen approbirten Herrn als
INF" Vertreter. “Ufi
Biete freie Wohnung, Frühstück, Fuhrwerk und 5 Merk pro die.
Fritz Hteger, Bezirksthierarzt, Zusmarshausen.
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' 335
Selsaa3.xituaa.clivLzis:.
t)ie Stelle de« Bezirksthierarztes für das k. Bezirksamt Vilshofen
ist in Erledigung gekommen.
Bewerber haben ihre an das k. Staatsministerium des Innern zu
richtenden und gemäss § 8 der Allerhöchsten Verordnung vom 20. Juli
1872 -das Civilveterinärwesen betr.“ zu belegenden Gesuche bis längstens
£7. Juli d. Ja.
bei der ihnen vor gesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein¬
zureichen.
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4(13)
5au\Aner-lnstrunicn5
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen ^
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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Photographien d. thierärztl. Hochschulen vervielfältigt worden und
werden einzeln abgegeben. Diese Photogr. entspr. d. Taf. d. Bilder¬
werkes u. bilden einen vornehmen Wandschmuck.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. GottesWinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richteo. D. Red.
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für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
H. Alh|*eoht und Ph. J. Goring.
45. Jahrgang. München, den 16. Juli 1901. Nr. 29-
Inhalt: Albrecht, Die Thierausstellung der deutschen Landwirthsohafts-
geBellsobaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901. — Referate. — Per¬
sonalien. — Inserate.
Die Thierausste ,,i jng de** deutschen Landwirthschafts-
gesellschaft in Halle a. d, Saale im Juni 1901.
Von Professor Albrecht.
Bei der XV. Wanderausstellung der deutschen Land-
wirthschaftsgesellschaft in Halle war die Thierausstellung mit
t 342 Pferden, 1076 Rindern, 688 Schafen, 459 Schweinen und
134 Ziegen beschickt.
A. Pferde,
: Die Pferde gliederten sich in 2 Hauptgruppen: a) ßeit-
; und Wagenpferde (deutsche Edelzucht) und b) Arbeitspferde.
I Die Gruppe a war gesondert in die Abtheilungen: leichter
Reit- und Wagenschlag, starker Reit- und Wagenschlag und
j Kutschschlag (Karossiers); die Gruppe b zerfiel in Pferde
j Ton der Form der rheinisch-belgischen (auch französischen
; und ähnlichen) Schläge und die zweite Abtheilung umfasste
\ Shires, Schleswiger-, Norier-, Dänen- und ähnliche Arbeits-
| Schläge.
| Die Contingente zu der Gruppe a hatten Mecklenburg,
die holsteinischen Elbmarschen, Oldenburg, Pommern, Branden-
f bürg, dann einzelne Züchter aus dem Herzogthum Anhalt und
aus der Rheingegend geliefert. Ostpreussen hatte nicht aus¬
gestellt, hannoveranische Pferde waren nur durch einige
Exemplare vertreten.
Innerhalb der Gruppe b figurirten in erster Linie Bel¬
gier (87 Stück), Shires (53 Stück), die Schleswiger (17 Stück).
Die Shires stammten grösstentheils aus Sachsen-Altenburg
| und aus der Provinz Sachsen.
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1. Reit- und Wagenpferde.
Eine bedeutende Anzahl (5217) Reit- und Wagenpferde
hatte Mecklenburg und zwar vorzugsweise Breem—Mieren¬
dorf geliefert.
Mecklenburg nahm früher eine hervorragende Stelle in
der deutschen Pferdezucht ein. Yor ca. 60 Jahren fand aber
ein bedeutender Rückschlag der Mecklenburger Zucht statt,
veranlasst durch verschiedene Umstände, der Hauptsache nach
wohl durch zu umfassende systemlose Verwendung von Vollblut.
Die Halle’sche Ausstellung zeigte, dass Mecklenburg wieder
auf gutem Wege ist, seinen Ruf als Quelle eines gut funda-
mentirten, kräftigen Wagenpferdes zurück zu erobern. Der
grösste Theil der Thiere wies die Zuchtfarbe auf, dann
folgten braune und einige Rappen. Die Fuchsfarbe war be¬
sonders unter den von Breem—Mierendorf ausgestellten Pferden
stark vertreten.
Edel in den Formen, sind die Pferde kräftig gerümpft,
haben durchwegs hübsche Köpfe und Hälse, gut entwickelte
Widerriste; die Rücken fand ich bei einigen Thieren etwas
matt, aber nicht zu lang.
Die leicht geneigte Croupe zeigt eine genügende Länge
und Breite bei ausreichender Bemuskelung. Mehrere Aus¬
stellungs-Objecte aus Mecklenburg waren im Unterfusse zu fein.
Oldenburg hatte ca. 20 Exemplare des schweren Kutsch¬
pferdes ausgestellt. Braune mit einer einzigen Ausnahme
(ein Rappe).
Die ausgestellten Thiere bekundeten entschieden einen
vorzüglichen Stand der Zucht des schweren Wagenpferdes in
Oldenburg. Wenn man das Oldenburger Kutschpferd zu An¬
fang der 80er Jahre gekannt hat, und dasselbe vergleicht
mit den Thieren, welche der Verband der Rodenkirchner
Züchter ausstellte, so ist man erstaunt über die Fortschritte
in der Zucht dieses Pferdes, zumal als dieselbe staatlicher-
seits nicht durch aufgestellte Staatsbeschäler, sondern lediglich
durch ein streng durchgeführtes Körgesetz und durch staat¬
liche Prämiirungen beeinflusst wird.
Anfangs der 80er Jahre sah ich unter den Oldenburger
Pferden noch eine Reihe, an welcher man schmale Köpfe mit
einer verhältnissmässig langen Gesichtspartie, einen zu nied¬
rigen und zu kurzen Widerrist, ein relativ langes Mittelstück,
zu leichte Schienbeine und im Gegensätze hiezu zu breite
und dazu vielfach noch platte Hufe zu bemängeln hatte.
Von all’ diesen Fehlern wiesen die ausgestellten Pferde
auch nicht einen einzigen wieder auf.
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339
Sie zeichneten sich bei einem entsprechend breiten und
tiefen und dabei wohl proportionirten Körperbau und gutem
Fundamente durch eine seltene Conformität, sowohl nach
Farbe als Bau aus.
Zu erwähnen ist besonders auch die respektable Grösse,
der gute Halsansatz und Aufsatz, die hübsche ovale Croupe
bei gutem Schweifansatze. Die letztgenannten Eigenschaften
kommen den Oldenburger Pferden, besonders bei der Be¬
wegung insoferne zu gute, als sich durch dieselben das Bild
der Thiere im Wagen sehr hübsch gestaltet. Bei der Be¬
wegung zeigen sie zudem die heute gewünschte hohe Action
bei entsprechender Raumnahme, somit Alles, was man von
einem modernen schweren Kutschpferde verlangen kann.
Der Verband der Pferdezüchter in den Holsteinischen
Marschen (Elmshorn) hatte 17 Pferde, darunter 11 braune
Pferde, 3 Füchse, 2 Rappen, 1 Schimmel ausgestellt.
Die Thiere sind leichter und dabei edler als die Olden¬
burger. Ich habe holsteinische Marschpferde früher wieder¬
holt gesehen und glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich
annehme, dass dieses Pferd überhaupt in der letzten Zeit
edler und temperamentvoller geworden ist.
Die Frage, ob noch eine umfassendere Verwendung von
edlem Blute im Zuchtrayon des schleswig-holsteinischen Marsch¬
pferdes zulässig sein dürfte, ohne dass das Material an Masse
eine zu weitgehende Einbusse erleiden würde, möchte ich
nicht bejahen.
Sehr edles elegantes Halbblut (26 Stück, 14 Braune,
10 Füchse, 2 Rappen) hatte der Pferdezuchtverein Prignitz —
Ruppin-Havelland (Brandenburg) ausgestellt. So ausge¬
glichen wie die Oldenburger waren aber weder diese Thiere
noch die holsteinischen Marschpferde. Mehrere Pferde des
brandenburgischen Pferdezuchtvereines waren entschieden zu
fein in den Röhren.
2. Arbeitspferde.
Der Verband Schleswig er Pferde zuchtvereine hatte
17 Pferde, 8 Braune, 5 Rappen und 4 Füchse, ausgestellt.
Ich habe die Ueberzeugung, dass die von diesem Vereine
ausgestellten Thiere — sie sind unter Vorzugs weiser Ver¬
wendung dänisch-jütischer Pferde gezüchtet — bei jedem Be¬
sucher, der sich für Pferde interessirte, einen sehr guten
Eindruck hinterlassen haben.
Diese mittelschweren Arbeitspferde sind tief und breit
gebaut, gut geschlossen in der Lende, kräftig und stramm im
Rücken. Die Croupe ist bei entsprechender Länge und Breite
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840
wohl geformt, also nicht so abschüssig, wie man es bei
schweren Arbeitsschlägen so häufig findet. Kopf und Hals
sind proportionirt; der erstere nicht plump, wie man ihn nicht
selten bei Dänen sieht. Dabei zeigten die Pferde ein vorzüg¬
liches Fundament. Ich glaube, dass diese Pferde in der Zu¬
kunft unter den mittelschweren Arbeitspferden eine hervor¬
ragende Stellung einnehmen werden.
Weniger imponirten die von dem Pferdezuchtvereine
Sachsen-Altenburg und aus der Provinz Sachsen
ausgestellten 48 Shires (24 Braune, 10 Füchse und 14 Rappen).
Bei einer Anzahl der ausgestellten Thiere vom gleichen
Alter konstatirte man zu bedeutende Verschiedenheit in Be¬
zug auf die Masse; bei andern war die Mittelhand relativ
lang und in der Flanke nicht gut geschlossen; andere* Shires
waren im Rücken nicht genügend stramm; der Behang an
der Röhre verdeckte bei mehreren einen verhältnissmässig
leichten Unterfuss.
Ausgezeichnet gebaut waren die vom Landgestüte Kreuz
ausgestellten 4 Shire-Hengste.
Eine erste Stelle unter den Arbeitspferden nahmen die
hauptsächlich aus der Rheinprovinz, dann aus der Provinz
Sachsen ausgestellten Belgier (nach dem Kataloge 87
Stück) ein.
Bei einer geringen Zahl der ausgestellten Thiere, vor¬
zugsweise Braune und Füchse, hatte man plumpe Köpfe und
kurze, überladene Hälse zu tadeln.
Im Uebrigen erwies sich der Bau fast bei allen belgischen
Ausstellungsobjecten als vortrefflich, insbesondere konnte man
die bei Belgiern häufig zu tadelnde kurze und zu sehr ge¬
neigte Croupe nur bei ein paar der vorgezeigten Thiere
feststellen. Das Fundament war, zumal auch in den oberen
Partien der Vordergliedmassen, vorzüglich. Ich bezweifle,
ob die in Halle ausgestellten Belgier in Bezug auf Quali¬
tät — ich will nicht sagen in Bezug auf Masse — den
zu uns importirten Originalbelgiern nicht, vollkommen eben¬
bürtig waren.
Auch die ausgestellten Ardenner, 9 Stück (7 Braune
und 2 Füchse), waren recht gut gebaute Thiere.
Interessant war die Vorführung je eines Viererzuges
Shires (Rappen) und Belgier (Füchse).
Die Thiere gingen an einem Jagdwagen im Trabe. Ten¬
denz war wohl, einmal die Pferde im Geschirre zu zeigen,
dann aber auch die leichte Lenkbarkeit der Pferde, die Halt¬
ung derselben und die Raumnahme während einer schnelleren
Bewegung vorzuführen.
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341
Bei vorzüglicher Haltung trabten die Pferde im Ver¬
hältnis zu ihrer Körpermasse leicht und mit Action, kamen
verhältnismässig rasch vom Platze und erwiesen sich als
vorzüglich eingefahren; Volten und Achtertouren mit relativ
kurzem Diameter machten die Thiere tadellos, man darf sagen
mit Eleganz. (Fortsetzung folgt.)
Referate.
Neuere Untersuchungen Ober Maul- und Klauenseuche.
Von Thierarzt Lindner.
Die Forschungen, welche in den letzten drei Jahren
durch das kaiserliche Gesundheitsamt, durch die königlich
preussische Kommission (Leiter: Professor Löffler) und durch
die von der Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen
in Halle eingerichtete Thierseuchenforschungsstation (Leiter:
Thierarzt Hecker) angestellt wurden, bezweckten neben dem
weiteren Ausbau unserer Kenntnisse über den Ansteckungen
stoff im Einzelnen vor Allem die Auffindung eines Schutz¬
impfungsverfahrens.
Dia Bemühungen, den Erreger der Maul- Und
Klauenseuche zu züchten, wurden eifrig fortgesetzt, ohne
jedoch zu einem Ergebniss zu führen.
Die Uebertragung der Seuche gelingt nach unseren
jetzigen Kenntnissen, sobald der infectionstüchtige Erreger
auf irgend eine Art in das Blut gebracht wird; ebenso kommt
es zur Erkrankung durch Aufnahme des Erregers von der
Schleimhaut der oberen Nasenpartieen aus, sei es, dass er
an diese Stelle von oben her aus dem Bindehautsack oder
von unten her über die Schleimhaut der unteren Nasengegend
hinweg gelangt ist. Die letztere scheint in unversehrtem Zu¬
stand sich zur Aufnahme des Ansteckungsstoffes weniger zu
eignen, wenigstens führten Bestäubungsversuche mit lymphe-
haltigen Flüssigkeiten im kaiserlichen Gesundheitsamt keine
Erkrankung herbei. Auch die Aufnahme des Erregers durch
die Verdauungsorgane scheint zur Ansteckung zu genügen,
wenngleich die von Löffler herbeigeführte Uebertragung der
Krankheit durch Einführung Lymphe enthaltender Gelatine¬
kapseln in den Magen im kaiserlichen Gesundheitsamt nicht
gelang. Von der unverletzten äusseren Haut ist es nur die
Gegend des Klauenspaltes, welche dem Erreger das Ein¬
dringen gestattet; vielleicht spielen aber auch hier geringe
Risse in der Haut oder ein stellenweises Fehlen der Oberhaut
eine vermittelnde Rolle.
Die erneuten Untersuchungen nun über die Aus¬
scheidungsstellen des Ansteckungsstoffes aus dem
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G< ogle
34a
Thierkörper haben bestätigt, dass nur dort, wo sich Blasen
gebildet haben, der Erreger den Körper verlässt und zwar
nur kurze Zeit nach dem Platzen derselben.
Auch die seither gemachten Feststellungen über die
Widerstandsfähigkeit derLymphe gegenäussere
Einflüsse wurden durch die Untersuchungen des kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes bestätigt. Die Frage, wie hoch die
Milch in Molkereien erhitzt werden muss, damit durch die
zurückgegebene Magermilch die Seuche nicht verschleppt
wird, wurde auf Grund zahlreicher Versuche dahin erledigt,
dass eine 1—2 Minuten dauernde Erhitzung auf 85° mit so¬
fortiger Abkühlung auf etwa 20° genügt, die Milch unschäd¬
lich zu machen; unter 85° darf aber nicht hinunter gegangen
werden; auf 81,5° erhitzte Milch vermochte eines von drei
Versuchsthieren noch anzustecken; die Krankheitserscheinungen
zeigten sich hier erst am 14. Tage und waren sehr milde.
Düngerhaufen, die eine Zeit lang geschichtet waren,
bieten wegen der in ihnen herrschenden hohen Temperatur
kaum noch eine Gefahr, wohl aber ist der in den Ställen
liegen bleibende Dünger noch wochenlang als verdächtig an¬
zusehen. Die Ansteckungsgefahr bei Wiederbenutzung ver¬
seucht gewesener Ställe wird nur durch die gewohnheits-
mässige Durchführung hygienischer Massnahmen beseitigt:
möglichst viel Licht in die Ställe und möglichst häufige
gründliche Reinigung derselben unter Anwendung von viel
Wasser.
Von den vielen angepriesenen Heilmitteln prüfte das
kaiserliche Gesundheitsamt die Salzsäure (als Vertreterin der
Gruppe der Mineralsäuren), das Jodkali und den Lyding’schen
Aphthentheer mit dem Erfolg, dass sich ein Einfluss der
beiden ersten Mittel auf Ausbruch und Verlauf der Krankheit
nicht feststellen liess. Auch der Lyding’sche Aphthentheer
konnte den Ausbruch der Seuche nicht verhüten, wohl aber
schien er die Klauenwunden wohlthuend zu beeinflussen, eine
Wirkung, die sich aber auch durch den billigeren, leichter
und sparsamer anzuwendenden Holztheer erzielen lässt. Im
kaiserlichen Gesundheitsamt werden die kranken Thiere in
der Weise behandelt, dass ihnen mehrmals am Tage die
Klauen gründlich abgespült und dann mit gereinigtem Holz¬
theer eingepinselt werden. Die Streu wird jeden Tag ge¬
wechselt. Bei diesem Vorgehen sind trotz der hochgradigen
Giftigkeit der zeitweise verwendeten Lymphe Nachkrankheiten
an den Klauen in den letzten zwei Jahren äusserst selten ge¬
wesen.
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343
Eine Reihe von Gründen liess den Weg gangbarer er¬
scheinen, durch Schutzimpfung dem Krankheitserreger den
Boden für seine Entwicklung zu entziehen; über passive und
aktive Schutzimpfung wurden desshalb eingehende Unter¬
suchungen ausgeführt.
Was zunächst die passive Schutzimpfung betrifft,
so wurde ermittelt, dass man mit dem Serum von Thieren,.
denen man in bestimmten Zeiträumen immer grössere Mengen
von Krankheitsstoffen in den Körper brachte, eine gewisse
Einwirkung auf den Verlauf der lnfection ausüben kann, und
dass es in vielen Fällen gelingt, durch Vorbehandlung mit
solchem Blutwasser empfängliche Thiere eine Zeit lang über¬
haupt gegen Ansteckung zu schützen. Nirgends ist es aber
bis jetzt gelungen, die Werthigkeit des Serums so zu steigern,
dass die in Frage kommenden empfänglichsten Thierarten,
vor Allem die Rinder, durch Einspritzung praktisch verwert¬
barer Mengen von Serum mit Sicherheit vor nachträglicher
Ansteckung längere Zeit bewahrt werden können. Wenn
deshalb die passive Schutzimpfung für eine allgemeine Seuchen¬
tilgung kaum brauchbar sein dürfte, so ist sie doch bei hoch¬
trächtigen Kühen und Schweinen und ganz jungen Kälbern
und Ferkeln zu empfehlen, um sie über die Zeit hinwegzu¬
bringen, in welcher die ersteren häufig verwerfen, die letzteren
leicht eingehen.
In der letzten Zeit hat nun Löffler mitgetheilt, dass es
ihm in Gemeinschaft mit Dr. Uhlenhuth gelungen sei, die
Werthigkeit des Serums so zu steigern, dass die Einspritzung
von 0,2—0,5 ccm per kg Ferkel diese Thiere 4 — 8 Wochen
lang gegen Ansteckung schütze; bei Rindern erstrecke sich
aber der Schutz nur auf 14 Tage, selbst wenn einem Thiere
von 61)0 kg Gewicht 240 ccm Serum eingespritzt würden.
In einfacherer Weise als durch Impfung hat Professor
Winkler (Giessen) den gefährdeten Thieren einen passiven
Schutz zu verleihen gesucht; er stellte folgende Hypothesen
auf: „1. die Milch von Kühen, welche mit Maul- und Klauen¬
seuche behaftet sind, besitzt immunisirende Eigenschaften.
Auf 75—85° erhitzt, ist dieselbe nicht mehr infectiös, enthält
aber wirksame Schutzstoffe. 2. Die Milch von Kühen, welche
die Seuche überstanden und somit aktive Immunität erlangt
haben, wirkt ebenfalls immunisirend. 3. Im Inkubations¬
stadium der Maul- und Klauenseuche sind in der Milch bereits
Schutzstoffe vorhanden. 4. Magermilch, Buttermilch und Molken
von an der Seuche erkrankten Kühen und solchen, welche
die Seuche überstanden haben, enthalten ebenfalls Schutzstoffe.
5. Die Milch seuchekranker Kühe auf 100° x / 4 Stunde lang
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344
erhitzt, verliert ihre immunisirende Eigenschaft, indem die
Schutzstoffe durch das anhaltende Kochen zerstört werden.
6. Die Dauer der durch Milchfütterung herbeigeführten passiven
Immunität lässt sich bis jetzt noch nicht genauer bestimmen.
Durch fortgesetzte Fütterung mit Milch aktiv immuner Kühe
kann die passive Immunität beträchtlich verlängert werden.
Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass die durch Milch¬
fütterung erzielte passive Immunität durch ein weiteres Ver¬
fahren in aktive Immunität übergeführt werden kann.“ Mit
Punkt 5 stimmen die Versuche des kaiserlichen Gesundheits¬
amtes überein; soweit die übrigen Punkte in der zur Ver¬
fügung stehenden kurzen Zeit geprüft werden konnten, er¬
wiesen sie sich als nicht zutreffend.
Die aktive Schutzimpfung nun, bei der die Krank¬
heitsstoffe selbst dem Thierkörper einverleibt werden, hat
auch noch zu keinem Erfolg geführt. Da Schutzimpfungen
in seuchefreien Ställen natürlich nicht mit virulentem Material
ausgeführt werden können, lag es nahe, das Virus durch
physikalische Einwirkungen so abzuschwächen, dass es den
Körper nur mehr zur Bildung von Schutzstoffen anregt. Aber
da es schon schwer hält, die Giftigkeit frisch gewonnener
Lymphe genauer festzustellen, und da die einzelnen Lymphe¬
proben sich denselben Einwirkungen gegenüber ungleich ver¬
halten, musste das Vorgehen in dieser Richtung aufgegeben
werden.
Es war ein glücklicher Gedanke von Löffler, in ähn¬
licher Weise wie bei der Impfung gegen Rinderpest, zu
versuchen, ansteckungstüchtige Lymphe und fertige Schutz¬
stoffe gleichzeitig auf den zu schützenden Körper einwirken
zu lassen. (Seraphthin.) Ueber die damit vorgenommenen
Schutzimpfungen lauteten die Berichte Anfangs günstig, bald
aber häuften sich die Mittheilungen, dass durch die Impfung
die Seuche hervorgerufen worden sei. Die angestellten Er¬
mittelungen ergaben, dass hiezu Lymphe verwendet worden
war, die das zugesetzte Serum nicht nur nicht ihrer Infectiosität
zu berauben, sondern auch nicht einmal abzuschwächen ver¬
mochte.
Dass dem ganzen Verfahren ein brauchbarer Gedanke
zu Grunde liegt, darf als sicher angesehen werden; dass es
jedoch noch nicht reif für die praktische Verwendung ist,
liegt daran, dass wir für die Wirkung der beiden verwen¬
deten Stoffe keinen genügenden Massstab besitzen. Die Maul¬
und Klauenseuchelymphe ist leider ein Stoff, dessen Giftigkeit
nicht allein bei jedem Seuchenausbruch verschieden ist, son¬
dern sich auch bei den wissenschaftlichen Versuchen in kurzer
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I
345
Zeit ändert, und Versuchstiere, an denen in zuverlässiger
Weise der Grad der Giftigkeit festgestellt werden könnte,
kennen wir zur Zeit nicht. Nach Mittheilungen Löfflers auf
dem internationalen thierärztlichen Congress zu Baden-Baden
glaubte er in jungen Ferkeln derartige Thiere gefunden zu
haben, was aber nach den von Heeker und im kaiserlichen
Gesundheitsamt gemachten Erfahrungen nicht zutrifft.
Die Forschungen der nächsten Zeit werden sich demnach
in erster Linie auf die Gewinnung eines Ansteckungsstoffes
mit gleichbleibenden Eigenschaften und auf die Gewinnung
eines Massstabes für dieselben zu erstrecken haben; erst,
wenn diese Vorfragen gelöst sind, kann man daran denken,
durch aktive Schutzimpfungen eine allgemeine Seuchentilgung
in Angriff zu nehmen.
Neue Methode zur Eierkonservirung. Dr. Maggiorani
wendet folgende Behandlung an: Man legt die Eier in Milch,
welcher l°/o Formalin zugesetzt ist, auf je nachdem drei, vier,
fünf, sechs Monate, und entnimmt sie derselben, wenn sie
verkauft oder verschickt werden sollen. Ein Liter Milch
reicht für 30 bis 36 Eier. (Nuovo Ercolani, Bullet. Vet.
Mai 1901.) __
Chorea nach Influenza. Ein Pferd zeigte zwei Tage
nachdem es anscheinend von Influenza genesen war, Kontrak¬
tionen der Muskeln der oberen Halsgegend und des Orbicularis
oris und palpebrarum. Allen führt die Erscheinungen auf
Herzschwäche zurück; das Thier genas auf Verabreichung
von Digitalis unter geregelter Diät und Ruhe innerhalb vier
Tagen. (Vet. Record. Bull. V6t. Mai 190 L.)
Tuberkelbacillen in der Milch. Galtier stellte experi¬
mentelle Untersuchungen über die Frage an, ob eine an
Tuberkelbacillen reiche Milch durch eine etwa 5—6 Minuten
dauernde Erhitzung auf 70, 75, 80, 85° mit Sicherheit sterilisirt
werden kann. Er findet, dass nach dieser Zeit die Virulenz
der Milch nur abgeschwächt wird; ihre intraperitoneale In-
jection beim Meerschweinchen bringt bei einer gewissen Zahl
der Versuchsthiere eine verschieden schnell sich entwickelnde
Tuberkulose hervor. Ist die Milch 5—20 Minuten lang auf
75° erhitzt worden, so vermag die wiederholte Verbitterung
von genügend inficirter Milch Tuberkulose hervorzurufen.
(Compt. rend. Soc. Biol. Paris 1900.)
Fütterung mit milzbrandsporenhaltigem Futter. N i k o 1 s ky
fütterte Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen, Mäuse mit
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346
I
Nahrung, welche mit Milzbrandsporen versetzt war. Er fand,
dass die Erkrankung sich hierbei ebenso schnell als bei
anderen Infectionsweisen entwickelt. Die Sporen gedeihen im
Darm und dringen durch die Schleimhaut in Lymph- und
Blutgefässe. (Ann. Inst. Pasteur, Bd. 14, Veterinarian April
1901.)
Strychninvergiftung einer Hündin, Behandlung mit grossen
Atropin- und Morphindosen. Das vergiftete Thier (6,75 kg
schwer) erhielt zunächst 4 Granula zu je 0,5 mg Atropinum
valerianicum ohne Erfolg; hierauf Subcutaninjection von 0,01
Atropinum sulfuricum und ebensoviel Morphinum hydrochlo-
ricum; nach 10 Minuten, da keine Besserung eintrat, die¬
selbe Dose. Nach einer Stunde begannen die Krämpfe
nachzulassen, 6 Stunden nach Beginn der Behandlung ver¬
mochte das Thier, noch schwankend, zu gehen und war am
nächsten Tage vollkommen geheilt. (Journ. de Lyon u. Bull.
V6t., Mai 1901.) E. A.
Personalien.
Die erledigte Stelle des Bezirksthierarztes za Wertingen (Schwaben)
wurde dem Distriktsthierarzte Karl Hass in Marktbreit (Unterfranken)
verliehen. — An der thierärztlichen Hochschule München haben die Fach¬
prüfung bestanden die Herren: Alois Braun aus Fiegenstall, Alfred
Zarder aus Ichenhausen, Franz Luferseder aus Engelsberg, Franz
Mack aus München, Hans Scherg aus Pleinfeld und Josef Seidl aus
Bottendorf.
Bekanntmachung.
Die ordentliche Generalversammlung des Thierärztliohen Vereine« von
Mittolfranken pro 1901 findet am Freitag, den 9. August 1. Js., von Vor¬
mittags 10 Uhr an in der Maxfeld-Restauration zu Nürnberg statt.
Ta,g r esord.n\xxigr:
1. Rechenschaftsbericht, Rechnungsablage, Aufstellung de« Vor*
anschlages und Besprechung von Vereinsangelegenheiten.
2. Wahl des Ausschusses nach § 32 der Statuten.
3. Vortrag des Herrn Distriktsthierarztes Dorn in Markterlbaoh
über „Anwendung und Wirkung der Jodvasogene und des Ar¬
gentum oolloidäle“.
4. Ueber Standesangelegenheiten. Referent: K. Bezirksthierarzt
Hollenbach in Neustadt a/A.
5. Etwaige Mittheilungen aus der Praxis. n Wün«ohe und Anträge.
Neustadt a/A., den 10. Juli 1901.
Hollenbacb, Vorstand.
Für die Zeit vom 15.—31. August 1. J. event. auch sofdrt suche
9C approb. College»
als Vertreter.
PÖhlmann, k. Bezirksthierarzt, WonsledeL
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347
Tliierarsst,
1899 approb., sucht von 1. August bis 20. September Vertretung oder
Assistenz. Off. u. C. P. an die Exped. d. Bl. 2(2)
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vor Krankheiten zu schützen, sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
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ausschliesslich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund«: Die gründliche Desinfection der Pferde¬
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten von grösserer Wichtigkeit,
als die thierärztliche Behandlung kranker Thiere.
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vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
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5 Pfund-Dosen per Stück Mk. 4.60
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Ich beabsichtige in der Zeit vom 26. bis incl. 31. August 1. Js. einen
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Klinik der Thierärztlichen Hochschule abzuhalten.
Anmeldungen zu demselben bitte ich bis zum 15. Angast an
mich gelangen zu lassen, wie ich zu näherer Auskunft über die Einzel¬
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Imminger, k. Professor.
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Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. 0 . Red.
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Wochenschrift
für • • . ■>
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albreoht und Ph. J. Gering.
45. Jahrgang. Münched, den 23. Juli 1901. Nr; 30.
Inhalt: Albrecht, Die Thierausstellung der deutschen Landvrirthsohafts-
gesellschaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901 (Fortsetzung.) — Zur
Kenntnis der SchilddrQsenfunktioii (Referat). — Personalien. — Inserate.
Die Thierausstellung der deutschen LandwirthschaftSr
gesellschaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901.
Von Professor Albreoht.
(Fortsetzung.)
. B. Binder.
Die ausgestellten Rinder, nach dem Kataloge 1160 Stück,
waren abgetheilt in a) schwarzbunte Tieflandschläge, 70°/o
der ausgestellten Rinder (Ostfriesen, Jeverländer, Ost- und
Westpreussen, Pommern, Posen u. s. f.), b) Wesermarschschlagj
c) rothbunte Tieflandschläge des Rheinlandes und Westfalens,
d) rothbunte holsteinische Schläge, e) rothes schleswigisches
Milchvieh, f) rothe Ostfriesen, g) rothbunte Ostfriesen und
h) andere Niederungsschläge. Die Gebirgs- und Höhenschläge,
ungefähr 30 °/o der ausgestellten Rinder, gliederten sich in
a) grosses Fleckvieh mit hellem Pigment, b) gelbe einfarbige
Höhenschläge, c) graubraunes Gebirgsvieh, d) einfarbig rothes
und rothbraunes Vieh des Höhenlandes, e) Roth und Braun¬
blässen und f) Pinzgauer.
1. Tieflandschläge.
Diese Abtheilung umfasste 748 Stück, wovon das Gros,
553 Stück, dem schwarzbunten Niederungsvieh und der Rest,
195 Stück, dem rothbunten und rothen Niederungsvieh an¬
gehörten.
Die erste Stelle unter dem ausgestellten Niederungsvieh
nehmen die schwarzbunten Tieflandschläge, in erster Linie
die Ostfriesen, Jeverländer, Ost- und Westpreussen und Pom-
jnerri ein,
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Die Ostfriesen, Jeverländer und Ostpreussen wiesen im
Ganzen kaum nennenswerthe Unterschiede im Bau auf.
Hübsche, wohl proportionirte, keineswegs im Gesichts-
theile lange und im Ganzen schmale Köpfe, wie man sie
mehrfach den Thieren der Primigeniusrassegruppe zuvindicirt,
sah man fast bei allen Ausstellungsobjekten. Der massig
lange Hals mit stark gefalteter Haut und mit nur wenig
Triel zeigte einen schön ausgeglichenen Uebergang in den
Kopf und die Brust. Stock kräftig, Rippenwölbung gut.
Rückenlinie fast durchwegs vorzüglich. Becken breit, leicht
geneigt, fast tafelförmig, gut bemuskelt mit nur mässig vor¬
tretenden lateralen Darmbeinwinkeln und grossem Abstande
der Gesässbeinhöcker.
Die Gliedmaassenmuskulatur fand man allenthalben sehr
gut entwickelt, die Gelenkwinkel und die Stellung normal.
Dabei erwiesen sich die Gliedmassen nicht plump, gerundet,
sondern trocken gebaut.
Das schwarze Haarkleid herrschte durchwegs vor. Die
grössere Zahl der Thiere zeigte am Kopfe einen Stern. Die
Gliedmassen waren auf verschiedener Höhe weiss, dessgleichen
die Schwanzquaste und die untere Partie des Schwanzes, die
Scham schwarz. Die umfangreichen, schön geformten Euter
sind helL gefärbt. Auffallend war der fast bei allen Thieren
grosse, breite, sogenannte leierförmige Milchspiegel.
Die gerade bei den so milchergiebigen Tieflandschlägen
im Allgemeinen — also nicht nur bei den schwarzbunten
Schlägen — auftretende grosse Ausdehnung des zudem scharf
abgegrenzten Milchspiegels hält mich Vorläufig noch ab, die
von Zürn und Anderen aufgestellte Behauptung, der Milch¬
spiegel sei ohne Bedeutung für die Beurtheilung des Rindes
als Melkthier, voll zu acceptiren. Dabei mag eingeräumt
sein, dass manche andere sogenannte Milchzeichen — vor
Allem die Beschaffenheit des Euters selbst — von grösserer
Dignität für die angegebene Beurtheilung sind, als der Milch¬
spiegel.
Bei der Besichtigung der vorbezeichneten schwarzbunten
Tieflandschläge musste man besonders erstaunt sein über die
Leistungen der ostpreussischen Züchter, bei welchen die
züchterische Thätigkeit bei Weitem nicht so lange nach einem
bestimmten Systeme auf zielbewusster Bahn schreitet, als bei
den Züchtern Oldenburgs und Ostfrieslands.
Der Wesermarschschlag unterscheidet sich von den vorigen
Schlägen, wenn überhaupt, durch etwas gerundetere Formen,
eine relativ stärkere Bemuskelung des Rückens, der Lende
und des Kreuzes und vielleicht durch einen etwas stärkeren
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351
Knochenbau. Bezüglich der Qualität im Allgemeinen war gegen¬
über den anderen schwarzbunten Schlagen kein Unteraehied
festzustellen. '
Auch die rothbunten Schläge des Rheinlandes, Ostfries¬
lands, dann der Wilstermarscher, Dithmarscher, Elbmarscher,
Breitenburger- und Anglerschlag wiesen fast ausschliesslich
vorzügliche Thiere auf; besonders gut hatte der Elbmarscher
Yiehzuchtverein ausgestellt.
Einen recht guten Eindruck machten die Breitenburger
und Angler in ihrer Art als Milchviehschläge. Die eben-
massig gebauten, mittelschweren rothbunten Thiere — die
meisten waren dunkelroth, rothbunt — zeigten in der Be¬
schaffenheit der Haut, der Stärke des Skeletes, den Dimensions¬
verhältnissen des Beckens, dann in der Beschaffenheit des
Euters, des Milchspiegels so recht den echten Typus der
Melkthiere.
Bei den einfarbig braunroth gefärbten Thieren des Angler¬
schlages fielen besonders auf die edle trockene Form des
mässig langen Kopfes, die an allen Theilen der Gliedmassen
scharf markirte Beschaffenheit derselben, die feine Haut und
desgleichen die feine Behaarung, die im Yerhältniss zur
Körpermasse grossen wohl geformten Euter.
Dabei muss allerdings bemerkt werden, dass in der Des-
cendenz des Anglerviehes einiges unbeschadet des typischen
Milchviehcharakters der Thiere dieses Schlages verbesserungs-
fähig wäre, so z. B. die starke seitliche Abdachung des
Kreuzes, die schwache Bemuskelung der Gliedmassen, be¬
sonders der Hinterschenkel u. a.
Besondere Vorzüge der ausgestellten Vollblut- und Land¬
shorthorns, im Ganzen 16 Stück, gegenüber dem auf den
anderen Ausstellungen der deutschen Landwirthschaftsgesell-
schaft vertretenen Shorthorn konnte ich nicht feststellen.
2. Gebirgs- und Höhenschläge.
In dieser Abtheilung, bestehend aus 336 Stück, war das
sogenannte Fleckvieh mit hellem Pigment mit 143 Thieren
vertreten.
Weitaus die Elite an Material hatte für die letztgenannte
tJnterabtheilung wiederum Baden durch den Verband, der
oberbadischen Zuchtgenossenschaften geliefert. Die Thiere
der zweitbesten Qualität fanden sich unter den Ausstellungs¬
objekten der hessischen Züchtervereinigungen.
Sowohl männliche als weibliche Thiere der aus Ober¬
baden stammenden Simmenthaler zeigten eine gewiss seltene
Ausgeglichenheit in Bezug auf Farbe und Form.
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352
Bei vorzüglicher Brusttiefe und Brustwölbung eine auf¬
fallend gerade Rücken-Lenden-Kreuzlinie, Hessen die Thiere
an Körperlänge nichts zu wünschen übrig; die letztere
basirte sich vorzüglich auf eine gut gestreckte Vor- und
Hinterhand. Die Körpermasse der Thiere, speciell die Grösse,
Breite und Tiefe der Jungthiere, im Verhältniss zum Alter,
liess auf eine vortreffliche Wüchsigkeit schliessen. Dabei
wiesen die Thiere keinen groben, sondern einen relativ leichten
Knochenbau auf. Die kräftig bemuskelten Gliedmassen waren
korrekt gestellt.
Hatten die badischen Simmenthaler bereits früher ge¬
legentlich von Ausstellungen der deutschen Landwirthschafts-
gesellschaft ihr vorzügliches Leistungsvermögen als Zugthiere
dargelegt, so wiesen bei der diesmaligen Ausstellung eine
Reihe von Kühen im Baue sowohl, als durch die Milchzeichen,
besonders durch wohlgeformte, grosse Euter, auf eine be¬
deutende Leistung als Melkthiere hin.
Man muss den badischen Züchtern um so mehr An¬
erkennung für ihre Leistungen zollen, als sie in ihren Zucht¬
territorien keineswegs über besonders hervorragende, die
züchterische Thätigkeit an sich fördernde, natürliche Aussen-
verhältnisse verfügen.
In der Abtheilung „gelbe, einfarbige Höhenschläge“
hatten besonders die Zuchtverbände Unter- und Mittelfranken
für gelbes Prankenvieh Thiere in Sicht gebracht, die sich
durch Wüchsigkeit, Ebenmässigkeit, Conformität, zum grossem
Theile auch durch ausgeprägte Ausgeglichenheit bezüglich der
Farbe, gute Stellung der Gliedmassen und Gängigkeit aus¬
zeichneten. Bei früheren Ausstellungen war zu tadeln ein
verhältnissmässig hoher, zu weit nach vorn beginnender Schwanz¬
ansatz, sowie eine grobe Schwanzrübe, dergleichen ein ein¬
gebundener Unterschenkel. Diese Fehler scheinen faßt voll¬
kommen ausgemerzt zu sein.
Das graubraune Gebirgsvieh war nur durch einen Bullen,
2 Kühe und 2 Kalbinnen repräsentirt.
Bei der Bewerthung des Bullens übten die Preisrichter
wohl die äusserst zulässige Nachsicht bezüglich der Beur¬
teilung weisser Flecken im Haarkleide,
In der Gruppe rothes und rotbraunes Yieh sah man
Thiere des Voigtländer-, Harzer-, Waldecker- und Vogels¬
bergerschlages vertreten.
In dieser Gruppe waren ebenfalls zum grossen Theile
4 »ehr gute Thiere ausgestellt. Erfreulicherweise hat der Voigt¬
länder Herdbuchverein bei der Concurrenz recht gut ab¬
geschnitten.
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353
Aufgefallen waren mir in dieser Gruppe die von den
Züchtern des Waldeck'schen Rindviehschlages zur Concurrenz
gebrachten Thiere, sowohl Bullen als Kühe. Bei im All¬
gemeinen korrektem Bau wiesen diese Thiere eine Wücbsigkeit
auf, wie man sie sonst innerhalb der Schläge des rothen und
rothbraunen Yiehes des Höhenlandes nicht zu sehen gewöhnt
ist. Es war dieses um so auffallender, als weder Klima ijoch
Boden des Zuchtgebietes des Waldecker-Schlages der Ent¬
wicklung des Rindes in der Richtung nach Masse besonders
förderlich sind.
Da mich der Schlag besonders interessirte, war ich beim
Melken der Kühe anwesend und überzeugte mich, dass auch
die Leistung nach dieser Richtung eine sehr respektable war.
Aus der Qualität der geringen Zahl der aus Waldeck aus¬
gestellten Thiere lässt sich nicht auf die Eigenschaften des
Schlages im Ganzen schliessen. Würde das Gros der Thiere
dieses Schlages analoge Eigenschaften nach den beiden ge¬
dachten Richtungen aufweisen —- die vorzügliche Zugtüchtig¬
keit der Waldecker ist längst bekannt — so könnte man den
Züchtern des Schlages gratuliren und beifügen, dass der
letztere berufen ist, in absehbarer Zeit an der Spitze der
rothen, einfarbigen Schläge des Mittelgebirges zu marschiren.
In der Gruppe Roth- und Braunblässen waren 7 Thiere
des Wittgensteinerschlages aus Westfalen ausgestellt. Die
gelbrothen Thiere mit weissem Kopfe sind unseren Kelheimern
ähnlich. Der verhältnissmässig leichte Knochenbau, die feine
Haut, die gut entwickelten Euter, weiche die Kühe auf¬
wiesen, lassen schliessen, dass dieser Schlag gute Milchthiere
liefert.
Allgemeines Interesse erregten die vom Verbände zur
Reinzucht der Pinzgauerrinder ausgestellten Pinzgauer.
Unter den Bullen stand ein im Jahre 1892 geborener
Bulle der königlichen Gutsverwaltung Herrenwörth, welcher
sich seit seiner nunmehr bald acht Jahre dauernden Verwendung
als Zuchtthier vorzüglich bewährt hat. Der Bulle soll auch
weiter zur Zucht benützt werden.
Unter den ausgestellten 16 Stücken wiesen besonders
die Kühe einen vortrefflichen Körperbau und gute Milch¬
zeichen auf, und es war nicht zu verkennen, dass der Ver¬
band für die Zucht des Pinzgauerviehes in Bayern seit
der Ausstellung in Rosenheim bedeutende Fortschritte ge¬
macht hat. (Schluss folgt.)
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354
Referat.
Zur Kenntniss der Schilddrüsenfunktion bringt eine vor
Kurzem publicirte Arbeit von F. Blum (Virch. Arch.
Bd. 62) neue Beiträge. Die Ansicht, welche Blum schon in
mehreren Arbeiten vertrat und für welche er in der vor¬
liegenden neue Stützen beibringt, unterscheidet sich haupt¬
sächlich in zwei Punkten von der jetzt geläufigen Anschauung.
Einmal ist Bl. nicht der Meinung, dass die Schilddrüse einer
Art von innerer Secretion vorstehe, sondern dass ihre Auf¬
gabe darin bestehe, einen im Organismus gebildeten Giftstoff
zu neutralisiren, und dass das Jodothyrin nicht den eigentlich
specifischen Bestandteil der Drüse darstelle. Ferner ver¬
sucht Blum nachzuweisen, dass der in Frage stehende Gift¬
stoff der Nahrung entstamme und wahrscheinlich durch die
Thätigkeit von Mikroben im Darmkanal gebildet werde. Das
freie Gift bezeichnet Bl. daher als Enterotoxin. Yon der
Begründung dieser Anschauungen seien die wesentlichsten
Punkte referirt:
Dass das Jod zur Funktionsfähigkeit der Thyreoidea
nicht unbedingt notwendig ist, zeigt der Umstand, dass
Schilddrüsen von saugenden Thieren, obwohl sie bei diesen
in lebhafter Thätigkeit sich befinden, keine Spur von Jod ent¬
halten; dass nicht etwa das Jodothyrin oder ein anderer jod¬
haltiger Eiweisskörper nach innen secernirt werde, hat Bl.
dadurch nachgewiesen, dass Blut und Lymphe, welche als
Abfuhrwege allein in Betracht kommen, bei allen Unter¬
suchungen völlig joafrei waren. Das Jodothyrin ist nach Bl.
ein Zwischenprodukt bei der Jodirung der toxischen Eiweiss¬
substanz durch die specifische Thätigkeit der Drüse. Das
gebundene Gift, von Blum Thyreotoxalbumin genannt,
wurde durch frühere und neuere Versuche von Bl. als ein
specifisches Gift erwiesen. Bei den Versuchen stellte sich die
interessante Thatsache heraus, dass es sowohl eine erworbene
als eine natürliche Immunität gegen das Schilddrüsen¬
gift gibt. Während 80°/ 0 der Versuchstiere die charakteri¬
stischen Stoffwechselstörungen (Fetteinschmelzung, Eiweiss¬
zerfall, Wasserverlust) nach Einverleibung von Schilddrüsen¬
substanz zeigten, blieben 20°/o davon unbetroffen. Andere
reagirten ursprünglich in der typischen Weise, um allmählig
gegen ziemlich grosse Dosen unempfindlich zu werden. So
wurde ein Hund, der ursprünglich gegen das Gift von 20
Schilddrüsen empfindlich war, später nur mehr durch den
Extrakt von 40 Drüsen, schliesslich auch durch diese Menge
nicht mehr alterirt. Als später diesem Hund die Schilddrüsen
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355
entfernt wurden, starb er nach wenigen Tagen an Tetanie:
die Unempfindlichkeit gegen das gebundene Gift vermochte
also nicht die Schädigung durch das „freie Gift“ (s. u.) aus¬
zugleichen oder abzuschwächeu. Umgekehrt erwiesen sich
Thiere, die gegen das freie Gift immun waren (s. u.), bis auf
ein einziges, gegen das Thyreotoxalbumin sehr empfindlich.
Nur eines der gegen Thyreotoxalbumin immunisirten Thiere
überstand die Entfernung der Schilddrüse und blieb gesund.
Den Satz, dass das freie, in der Schilddrüse zu
neutralisirende Gift in der That aus dem Darmkanal
stamfne, begründet Bl. in sehr interessanter Weise. Schon
Horsley hatte die Versuchstiere nach ihrer Widerstands¬
fähigkeit gegen die Entfernung der Schilddrüse in vier Typen
eingetheilt, welche gleichzeitig in Ernährung und Stoffwechsel
sich stark unterscheiden: 1. Keine* Kachexie bei Vögeln und
NageVn; 2. langsame Entwicklung der Kachexie bei Wieder¬
käuern, Einhufern; 3. mässige, aber sichere Kachexie bei
Menschen, Affen; 4. schwerste Kachexie bei Fleischfressern.
Blum hat nun den Einfluss der Nahrung bei Hunden durch
wochen- und monatelange Fütterungsversuche geprüft und
dabei konstatirt, dass bei Fleischfütterung eine enorme Sterb¬
lichkeit bestand (96°/o todt, zumeist an acuter Tetanie, inner¬
halb 2—12 Tagen), i während bei Milchkost >40ft/ 0 über 20
Tage, und 30°/o bei dauernder Beibehaltung der Milchnahrung
dauernd gesund blieben. Jene Thiere, welche bei Fleisch-
fütterang über den 20. Tag hinaus gesund blieben (4°/o),
erwiesen sich auch dauernd gesund, waren also gegen die bei
Fleischfütterung auftretende Intoxication immun. 1 )
Ein weiterer Beweis für die besondere Intensität der
Intoxication bei Fleischfütterung ergab sich daraus, dass Ver-
suchsthiere nach längerer Milchfütterung, wenn sie in Stoff¬
wechsel-Gleichgewicht gekommen waren, bei plötzlichem Ueber-
gange zur Fleischkost mehr oder weniger rasch in charakteri¬
stischer Weise zu Grunde gingen. Langsameren Untergang
bewirkte eine allmählige Ersetzung der Milchfütterung durch
Fleisch; solche Thiere gehen oft erst nach vielen Wochen
oder Monaten entweder im Anschluss an periodisch wieder¬
kehrende Krampfanfälle oder in langsam fortschreitender
Kachexie zu Grunde.
Sind die Giftstoffe in der Nahrung präformirt oder
nicht? Dass die Extractivstoffe des Fleisches nicht das
Gift darstellen, beweisen Versuche, in welchen Milchthiere,
*) Stets wurde schon 10—15 Tage vor der Thyreoectomie die
gleiche Ernährung wie nachher angewendet.
Di( *ed '
Google
356
mit Fleischextract neben der Milch gefüttert, gesund blieben,
und erst bei Fleischfütterung zu Grunde gingen, sowie der
Umstand, dass auch Fütterung mit ausgekochtem Fleische die
charakteristischen Erscheinungen und Tod nach sich zog.
Dass das intacte Fleischei weiss an sich toxisch wirke,
ist äusserst unwahrscheinlich, es muss also angenommen
werden, dass dasselbe bei seiner Wanderung durch den Or¬
ganismus an irgend einer Stelle giftige Eigenschaften annimmt.
Verschiedene Beobachtungen weisen darauf hin, dass der
Magen darmkanal der Ort der Giftbildung sei: da auch
von den Milcbthieren noch mehr als die Hälfte rapid und
ebenso wie die Fleischthiere nach der Thyreorecktomie zu
Grunde geht, muss das aus der Milch entstehende Gift im
Wesentlichen von derselben Art und ebenso stark als das
Fleischgift sein; die Giftbildung bei Milchnahrung dürfte
hauptsächlich nur der Menge nach geringer sein. Am nächsten
liegt hier die Erklärung, dass die stärkere Darm.fäulniss
bei Fleischnahrung, im Gegensatz zu der geringeren bei
Milchnahrung (Milchbacterien können sogar die Eiweissfäulniss
im Darm herabsetzen) das entscheidende Moment darstelle.
Verschiedene mit wechselnder Mischung der Nahrung ge¬
machte Versuche deuten auch darauf hin, dass die Giftbild¬
ung je nach der Nahrung in ihrer Menge schwanken kann.
Versuche an Säuglingen von Fleisch-, sowie von
Milchhunden ergab, dass dieselben nach Exstirpation der
Schilddrüse in typischen Krämpfen eingingeu, dass also in
früher Entwicklungszeit ein Immunisirungsvermögeu gegen
Enterotoxin, wie es sonst bei Milchnahrung in einer grossen
Zahl von Fällen eintrat, noch nicht besteht. Eine Substitution
der Thyreoidea durch die Thymus, die mehrfach behauptet
wurde, ist demnach nicht gegeben.
„Der Kampf zwischen den Giften, die vom Darm her den
Körper bedrohen, auf der einen Seite, und den Reserve -
kräften — dem Immunisirungsvermögen — des thyreopriven
Organismus auf der anderen Seite prägen dem ganzen wechsel¬
vollen Bilde (den Erscheinungen nach Schilddrüsenexstirpation
Ref.) den Stempel auf. Bei der Fleischnahrung ist durch die
Einwirkung virulenter Mikroben auf einen offenbar vorzüglichen
Nährboden der Ansturm der Toxine am heftigsten; darum
unterliegen fast alle so ernährten thyreopriven Thiere. Die
wenigen überlebenden aber besitzen einen ganz erheblichen
Schutz gegen Enterotoxin in ihrem Blute. Bei mehr als der
Hälfte der Milchthiere ist die Sachlage eine ähnliche, indem
auch bei ihnen reichlicher Gift gebildet wird, als der Organis¬
mus zu bewältigen vermag; bei ca. 1 /io der Thiere jedoch ist
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357
der Verlauf weniger stürmisch“, und 30°/o der Milchthiere
bleiben in der That, sei es von Anfang an, sei es nach einigen
Krankheitstagen, gesund.
Auch die experimentelle Prüfung auf Immunkörper
gegen die Enterotoxine ergab positive Resultate. Es
wurde schwererkrankten Fleischthieren Blutserum von dauernd
und bei jeder Fütterung gesunden thyreopriven Thieren sub-
cutan injicirt. In vielen' Fällen gelang es, wenn die Injektion
einige Stunden vor dem voraussichtlichen Ableben gemacht
wurde, Abschwächung der Erscheinungen und Heilung zu er¬
zielen. Bl. w beschreibt ausführlicher einen Fall, in welchem
ein mit Serum behandeltes Fleischthier im Ganzen 59 Tage
die Schilddrüsen-Exstirpation überlebte und sich in Hinsicht
auf Gewicht u. s. w. im Anschluss an die Serumbehandlung
überraschend erholte, dann bei Aussetzung der Behandlung
einem langsam fortschreitenden Verfall unter Krampfanfällen
erlag. Aus diesen und den bei Milchthieren ähnlichen Er¬
gebnissen schliesst Bl., dass das Blut von thyreopriven ge¬
sunden Thieren einen nachweisbaren Heilwerth gegenüber den
krankmachenden Enterotoxinen, aliter dass es immunisirende
Substanzen besitzt.
Von charakteristischen Organ veränderungen, welche
der Thyreorectomie folgen, hebt Bl. ausser den schon früher
beschriebenen Veränderungen im Centralnervensystem auch
die anscheinend regelmässig vorhandenen hochgradigen Degene¬
rationserscheinungen an den Nieren hervor, welche sowohl das
Parenchym als namentlich das interstitielle Gewebe betreffen.
Mit der Einschränkung, dass die Thierversuche nicht
ohne Weiteres auf den Menschen übertragen werden dürfen,
gibt Bl. schliesslich einige hypothetische Auseinandersetzungen
über die vermuthliche Bedeutung der Schilddrüse für
den Menschen und das Wesen der durch ihre Erkrankung
oder sonstige Insufficienz bedingten Störungen. „Wir sehen
den Organismus in einem beständigen Kampf mit Giften, die
ihn vom Darme her bedrohen. Die Schilddrüse — aber
sicher nicht dieses Organ für alle Gifte allein — ist vermittels
ihrer grossen Attractionskraft gegenüber einem oder einigen
dieser Gifte in normalen Zeiten seine Wehr und Waffe ; sie
selbst belädt sich dabei mit den Giften, verändert sie und
vernichtet sie allmählich unter Benutzung der oxydativen
Kräfte des Körpers. Erlahmt die Thyreoidea oder wird sie
in einer ihrer Funktionen gestört, so kommt es zu einer
Ueberschwemmung des Organismus mit dem betreffenden Gifte.
Vermag sie z. B. die freien Toxine nicht mehr zu fesseln,
dann häufen sich diese im Körper an und es entstehen
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358
möglicherweise durch verschiedene, sonst von der Schilddrüse
aufgegri^ene Gifte bedingt, die thyreoprive Tetanie, das
Myxödem oder der Cretinismus oder auch, wie meine Thier¬
versuche zeigten, andere Affektionen des Centralnervensystems,
besonder^ solche mit periodisch wiederkehrenden Krampf¬
anfällen und fernerhin gewisse Formen von degenerativer
Nierenerkrankung; vielleicht gehört auch die Urämie hierhin,
die dann nicht erst durch die Nierenstörung, sondern durch
eine beide Prozesse bedingende Intoxication hervorgerufen wäre.
Ist die Fähigkeit der Giftbindung bei der Schilddrüse
zwar noch vorhanden, entgleiten ihr jedoch die gebundenen
Gifte vor ihrer völligen Unschädlichmachung, so gelangen die
Thyreotoxalbumine in den Kreislauf und zur Einwirkung auf
den Organismus. Dieser Schilddrüsenstörung dürfte mit hoher
Wahrscheinlichkeit der Thyreoidismus, auch der des Morbus
Basedowii entsprechen.
Streng genommen handelt es sich im ersteren Falle nicht
um wahre Autointoxicationen, sondern nur um die ungehin¬
derte Invasion von Darmgiften, die wahrscheinlich bakteriellen
Umsetzungen entstammen; im zweiten Falle jedoch, wo das
von der Thyreoidea schon umgearbeitete Gift abnormer Weise
durch eine Insufficienz des Organismus in den Kreislauf Über¬
tritt, kommt es zu einer wahren Autointoxication durch das
Thyreotoxalbumin“. - E. A.
Notiz; Bezüglich der Führung dermitakademischen
Graden verbundenen Titel bestimmt eine Königl. Aller¬
höchste Verordnung vom 12. ds., was folgt: „§ 1. Bayerische
Staatsangehörige, die ausserhalb des Deutschen Reiches einen
akademischen Grad erwerben oder erworben haben, bedürfen
zur Führung des damit verbundenen Titels die Genehmigung
des Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulan¬
gelegenheiten. Das Gleiche gilt für Nichtbayern, die in Bayern
ihren Wohnsitz haben oder in Bayern zu Erwerbszwecken sich
aufhalten. § 2. Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem Tage
ihrer Verkündigung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft.
Personen, welche vor diesem Zeitpunkt einen akademischen Grad
ausserhalb des Deutschen Reiches erworben haben, haben die
erforderliche Genehmigung binnen 3 Monaten einzuholen.“
Personalien.
Der Eontrollthierarzt Friedrich Wegerer in Simbach a/I. wurde
zum Bezirksthierarzte in Reichenhall ernannt; die Stelle des Eontroll¬
thierarztes in Simbach a/I. wurde dem geprüften Thierarzte Erwin Gut¬
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359
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Verantwortliche Redaktion: M. Al brecht.
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Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D Red.
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für
Thierheilkuude und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreoht und Ph. J. Gering.
45. Jahrgang. München, den 30. Juli 1901. Nr. 31.
Inhalt: Weiskopf, Auftreten der Influenza in einem grosseren Pferde-
bestande Augsburgs. Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversamm¬
lung des thierärztlichen Kreisyereins von Schwaben und Neuburg. —
Albreoht, Die Thierausstellung der deutschen Landwirthsohaftsgesell-
schaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901. (Fortsetzung.) — Bericht
* über die 56. Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereines von
Schwaben und Neuburg 1. Juli 1901. — Viehseuchen-Nachrichten. —
Inserate.
Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferde-
bestände Augsburgs.
Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversammlung des thierärztliohen
Kreisvereines von Schwaben und Neuburg.
Von Kreisthierarzt W e iskop f.
Meine Herren! Wenn ich es im Anschlüsse an die Aus¬
führungen des Herrn Vorredners unternehme, auch auf diesen
Gegenstand einzugehen und das Auftreten der Influenza im
hiesigen Landgestüte bespreche, so geschieht es in der Ab¬
sicht, meine Ansicht über das Wesen der Seuche näher zu
entwickeln.
Die Influenza sowohl in der Form der Pferdestaupe oder
Rothlaufseucbe, als auch in der Form der Brustseuche befällt
sehr häufig mit einer gewissen Vorliebe die werthvollen
Pferdebestände in Gestüts-, Militär-, Pferdebahn-, Post-,
Brauereistallungen etc. Wenn daher in einer solchen Stallung
plötzlich ein einzelnes Pferd an Erscheinungen erkrankt,
welche der Influenza ähnlich sind, so denkt man sofort an
diese Krankheit, wenn man auch beim ersten Fall meist nicht
berechtigt ist, die Diagnose bestimmt auf Influenza zu stellen.
— Am 26. Oktober v. Js. erkrankte ein Hengst im hiesigen
Landgestüt unter influenza-ähnlichen Erscheinungen. Da in
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1
362
grösseren Pferdebeständen alljährlich einzelne Krankheitsfälle
Vorkommen, welche hinsichtlich der Erscheinungen und des
Verlaufs eine auffallende Congruenz mit der Influenza auf¬
weisen, ohne dass jedoch bei den übrigen Pferden des Stalles
eine Erkrankung folgt, so können unmöglich solche Fälle
sofort als der Influenza angehörig bezeichnet werden. Um
so weniger ist dies der Fall, wenn, wie es häufig vorkommt,
nicht gerade die charakteristischen Kennzeichen der Seuche
bei dem ersterkrankten Pferde des Stalles vorhanden sind.
Da im vorliegenden Falle lediglich hohes Fieber bestand, so
war einigermassen bezüglich des wirklichen Vorliegens der
Influenza Zweifel, wenn auch nur ein geringer. Es wurde
daher die Diagnose auf „Infektionsfieber“ gestellt und wurden
vorerst weitere Erkrankungen abgewartet. Der fragliche
Hengst genas nach 14 Tagen, ohne dass neue Erkrankungen
aüfgetreten wären, verfiel aber einige Tage darauf in eine
heftige Tendovaginitis am linken Vorderfusse. Mit dem Auf¬
treten dieser Metastase stand die Diagnose „Influenza“ mit
Bestimmtheit fest, die Annahme vom Vorliegen der Influenza
wurde hiedurch bestätigt. — Wenn einmal bestimmt aus¬
gesprochen werden kann, hier liegt mit Rücksicht auf die
charakteristischen Erscheinungen Influenza vor, so bleibt es
auch nicht bei dem einzigen Falle, es gesellen sich noch
neue Fälle hinzu. Ich habe dies vorausgeschickt, um zu be¬
weisen, dass es rathsam erscheint, nicht jeden ersten Fall
von Pneumonie, Pleurasie etc. in einem grösseren, abge¬
schlossenen, bisher seuchenfreien Stalle als Influenza anzusehen
und immer noch einen weiteren Fall abzuwarten. Am 13. No¬
vember erkrankte wieder ein Hengst, welchem am 20. No¬
vember die Erkrankung zweier Hengste folgte u. s. f.
Bei manchen Kranken zeigten sich zuerst gewisse Vor¬
boten, welche in verminderter Munterkeit oder wenig be¬
gieriger Futteraufnahme bestanden; die Pferde erschienen ge¬
rade nicht krank, aber die Wärter glaubten eine Veränderung
im Verhalten zu erkennen. Bei anderen Hengsten stellten
sich die Krankheitserscheinungen plötzlich ein, nachdem sie
am Tage vorher oder Vormittags oder Nachmittags noch voll¬
ständig gesund erschienen, recht munter waren, auch keine
erhöhte Körpertemperatur vorher hatten. Die Letztere zeigte
dann erhebliche Höhe, während wieder bei anderen Patienten,
obwohl sichtlich sehr erkrankt, anfangs noch wenig vermehrte
Temperatur bestand und dieselbe allmählich anstieg. Der
Ausbruch der Krankheit gab sich durch unterdrückte Futter¬
aufnahme oder durch Traurigkeit oder hochgradigen Schüttel¬
frost, in einem Falle durch Kolikerscheinungen, öfter durch
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Eingenommenheit des Kopfes kund. Bei sehr vielen Patienten
konnte grosse Hitze am Yorderhaupte, welche 5—7 Tage an¬
hielt, bemerkt werden. Einzelne Kranke stützten den Kopf
auf den Barren, hatten stieren Blick und zeigten kollerähnliche
Erscheinungen in geringem Grade. Der Puls war Anfangs
meist niedrig, nahezu normal, stieg mit der Zunahme der
übrigen Krankheitssymptome langsam, während die Körper¬
temperatur bereits hochgradig erhöht war, zeigte dann 80 bis
90 Schläge und bei einigen Patienten mehrere Tage 95 bis
100 Schläge und darüber; er war dann schwach, klein, kaum
fühlbar, hielt sich umgekehrt längere Zeit recht hoch, wenn
schon die Temperatur wieder gefallen war. — Die Athmung
erschien bei den Patienten mit wenigen Ausnahmen anfangs
wenig, bald jedoch bedeutend beschleunigt; es zeigten sich
dann 40, 50, 60 Athemzüge. Das Athmen war oberflächlich;
es hielt das schnelle Bauchathmen öfter 14 Tage an und
verlor sich erst allmählich, während die Körpertemperatur
längst gefallen war. Der Husten war in der ersten Zeit des
Herrschens der Seuche selten, später konnte er häufiger
wahrgenommen werden und wurde dann mehrmals hinter¬
einander in kurzen, heftigen Stössen heryorgebracht. Bei
zwei Hengsten bestand starke Reizung des Kehlkopfes und
der Luftröhre mit fortgesetzt heftigem Husten.
Schmerzen auf der Brustwand wurden beim Berühren,
bei Druck nicht beobachtet, dagegen bestand vielfach erhöhte
Temperatur an der Ybrderbrust oder der Brustwand. — Die
Conjunctiva war hochroth oder gelbroth gefärbt, die Nasen¬
schleimhaut normal oder hochgeröthet, die Maulschleimhaut
schmutzig gelb gefärbt. Bei mehreren Patienten bestand
Thränen der Augen, bei wenigen wurde Nasenausfluss und
zwar entweder rothgelber oder catarrhalischer wahrgenommen.
Mit Ausnahme von zwei Kranken (mit letalem Ausgange)
war die Futteraufnahme nicht sehr beeinträchtigt; bei zahl¬
reichen Patienten war jedoch ein bis zwei Tage lang recht
verminderter oder aufgehobener Appetit vorhanden. Probe¬
weise dargereichter Jlafer wurde gewöhnlich aufgenommen,
dagegen kein Kleienmtter, an welches zwar die Hengste auch
nicht gewöhnt waren. Die halbe Ration Heu wurde während
des Tages oder der Nacht allmählich, wenn auch langsam,
verzehrt. Im Allgemeinen behielten die gemeineren Hengste
ihren Appetit besser bei, als die edleren. Der Koth war
meist verzögert, klein geballt, bei zwei Patienten von wässer¬
iger, bei einem von blutiger Beschaffenheit. Der Harn hatte
Anfangs eine braune Farbe, war dick-, fadenziehend und
wurde später hell, wässerig und in fortgesetzt reichlichen, den
Wärtern auffallenden Mengen abgesetzt.
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364
Bei der Auskultation wurde bei einer grossen Anzahl von
Patienten rauhes Geräusch, Rasseln, verstärktes bronchiales
Athmen oder Reibungsgeräusch, Knarren ein- oder beider¬
seitig wahrgenomraen. Bei mehreren schwer kranken Hengsten
war auffallend deutliches Plätschern am siebenten oder achten
Tage hörbar, welches plötzlich verschwand, worauf umfang¬
reiche Oedeme am Bauche, Schlauche, Hodensack oder an
der Unterbrust auftraten. — Bei manchen Patienten zeigten
sich gleich Anfangs, bei den meisten am fünften bis sechsten
Tage grosse Schwächezustände; dieselben waren kaum auf
die Seite hinüber zu bringen, schwankten im Hintertheile oder
taumelten bedenklich. — Anfangs waren ödematöse Infiltra¬
tionen der Conjunctiva, des Unterhautbindegewebes an der
Brust, am Bauche, an den Gliedmassen etc. häufige, in den
Vordergrund tretende Erscheinungen, wesshalb auch die Diag¬
nose auf „Rotblaufseucheform“ gestellt wurde. — Bei einem
Hengste gesellten sich zu den Krankheitssymptomen noch die¬
jenigen des Petechialfiebers und bei einem anderen diejenigen
der Nesselsucht. Ein Hengst zeigte auch im weiteren Krank¬
heitsverlaufe Kolikerscheinungen, während bei einem anderen,
wie bereits erwähnt, die Krankheit mit Kolik ihren Anfang
nahm. — Ein Hengst Hess bedeutende Störungen im Cerebro¬
spinalsystem erkennen, welche anfangs vorwiegend koller¬
artig waren, später mehr das Rückenmark betrafen, und sich
in schwankendem, gespreiztem Gang, Unvermögen zu gehen
oder aufzustehen dokumentirten.
Von 89 Hengsten erkrankten 64, von welchen zwei zuerst
nur kurze Zeit und leicht von der Krankheit betroffen wurden
und später neuerdings erkrankten. In einigen Fällen traten
erst 8 — 14 Tage nach der Genesung Nachkrankheiten in
Form von Sehnenentzündungen auf, von welchen zwei sehr
hartnäckiger Art waren und eine sich dreimal wiederholte.
In zwei Fällen bestand Fieber in geringem Grade noch 14 Tage
lang fort, worauf sich die Nachkrankheiten einstellten. Vier
Hengste waren einen, zwei, drei und vier Tage krank und
zwar gegen Ende der Seuche, was jedenfalls im Schwächer¬
werden des Ansteckungsstoffes seinen Grund hatte. Das an¬
fangs sehr heftige Auftreten der Seuche und die damit ver¬
bundenen Todesfälle, der günstige Verlauf nach Erkrankung
der ersten 20 Hengste, sowie das allmähliche Erlöschen der
Seuche finden ja auch hierin ihre Erklärung. — Die Hengste,
bei welchen die Seuche abortiv verlief, Hessen nachher wenig
Auffälliges wahrnehmen und konnten nach einigen Tagen
wieder geritten werden.
Von den 64 erkrankten Hengsten sind zwei in Folge der
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365
Krankheit und ein Hengst in Folge starker Aufregung an
Herzapoplexie während der Genesung verendet. Verschont
blieben 25 Hengste; unter den letzteren befanden sich fünf
Hengste, welche bereits im Jahre 1892/93 von der Seuche
befallen waren. Von den Erkrankten war ein Hengst (Tegy ver)
auch im Jahre 1892/93 von der Seuche neun Tage lang,
jedoch nicht hochgradig, ergriffen. Bei letzterem betrug die
Krankheitsdauer zwar nur vier Tage. Bei der früheren
Epizootie erkrankten 44 Hengste von 90, von welchen sieben
umgestanden sind. Das einmalige Ueberstehen der Seuche
macht sonach nicht in allen Fällen immun. — Das Leiden
erwies sich bei bilateralem Ergriffensein der Lunge und bei
sonstigen Complicationen als sehr hochgradig und es war
dementsprechend die Prognose einige Zeit zweifelhaft. Die
Lungen und das Herz waren in sehr vielen Fällen hoch¬
gradig ergriffen. Oefter war nur eine Lunge, die Pleura
nicht oder nur wenig entzündlich verändert. (Schluss folgt.)
Die Thieraussteliung der deutschen Landwirthschafts-
gesellschaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901.
Von Professor Albreoht.
(Fortsetzung statt Schluss.)
C. Schweine, Schafe und Ziegen.
1. S ch weine.
•
Die Schweine (nach dem Kataloge 435 Stück) gliederten
sich in folgende Gruppen: a) Weisse Schweine mit aus¬
gesprochenem Edelschweintypus (182 Thiere); b) schwarze
Schweine mit ausgesprochenem Berksbire-Typus (24 Stück);
c) Landschweine unveredelt (19 Stück); d) veredelte Land¬
schweine mit ausgesprochenem Landschweintypus und Tam-
worth (179 Stück); e) Schweine, die nicht den a—d be¬
zeichnten Zuchtzielen angehören (31 Stück).
In der Gruppe a hatten besonders die bekannten Schweine¬
züchter Mecklenburg — Liebnicken (Ostpreussen), Meyer—
Friedrichswerth (Thüringen), Hofmann — Hofgübl (Hessen),
Ungewitter—Kühren (Hannover), Kreutz—Gandersheim (Braun¬
schweig) vortrefflich ausgestellt.
Es konnte konstatirt werden, dass die genannten deutschen
Hochzüchter den von den Consumenten derzeit gestellten Po-
stulaten, kräftigere Skeletbildung und im Speciellen eine
weniger feine, weniger kurze Kopfbildung mit weniger con-
caver Profillinie, sowie der weiteren Forderung einer nicht
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1
366
y
zu feinen Schwarte mit guter Behaarung Rechnung zu tragen
bemüht sind. Da die vorgenannten züohterischen Reform¬
bestrebungen erst neueren Datums sind, konnte es nicht be¬
fremden, wenn man noch bei einer Anzahl der Ausstellungs¬
objekte der besprochenen Gruppe Mopsköpfe beobachtete.
In der zweiten Gruppe „schwarze Schweine mit aus¬
gesprochenem Berkshire-Typus“ hatte Brauer—Tenever die
grösste Zahl von Thieren ausgestellt, unter welchen sich auch
die besten Ausstellungsobjekte dieser Gruppe befanden.
Die Gruppe c war vertreten durch das hannover-braun-
schweigisehe Landschwein.
1 Diese Thiere mit ihrer charakteristischen Färbung: Kopf,
Hals und Hintertheil, bezw. der Schwanzansatz schwarz, der
übrige Theil des Rumpfes gelbweiss, sind recht gut gebaut,
entsprechend tief und breit mit gutem Fundamente.
Der relativ lange Kopf mit gerader Profillinie weist
darauf, dass bei diesen Schweinen der Landschweintypus
conservirt ist. Der kräftige Hals mit gutem Uebergange in
die Brust und in den Kopf, der nur wenig convexe Rücken
und die nur mässig geneigte Croupe zeigen an, dass bei
diesem Landschweinschlag hauptsächlich dem gewöhnlichen
Landschweine, z. B. auch dem oberbayerischen, anhaftende |
Fehler im Baue zu einem grossen Theile beseitigt sind.
In der Gruppe d „veredelte Landschweine mit aus¬
gesprochenem Landschweintypus“ waren am zahlreichsten ver¬
treten das Hoyaer Schwein (Hannover), .das westfälische
Landschwein, das veredelte Marschschwein, das Budjadinger
Schwein, das Meissner Schwein. * Wie bei früheren Aus¬
stellungen hatte der Minden—Ravensburger Zuchtverband
wieder vorzügliche Schweine zur Ausstellung gebracht; sehr
gutes Material fand sich auch unter den Ausstellungsobjekten
der Hoyaer und der Genossenschaft zur Züchtung des Budja¬
dinger Schweines. Einen recht guten Eindruck machten die
sog. Ronnenburgerschweine. Dieser Schlag, ein Produkt der
Neuzeit, dürfte eine Zukunft haben. Die ausgestellten Thiere
hatten viel Rumpf, wiesen bei genügend Adel einen kräftigen
Knochenbau auf. Die Zuchtgenossenschaft der Meissner hat
sich, wie an den ausgestellten zu sehen war, angelegen sein
lassen, die getadelte feine Constitution der Thiere, welche
unter Anderem besonders auch durch die leichte Schwarte
und ungenügende Behaarung zum Ausdrucke kam, zu ver¬
bessern. Ob die Zucht auf noch andere Richtungen Ver¬
besserungen erfahren hat, möge dahin gestellt bleiben. Ich
bezweifle es.
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367
Die paar ausgestellten Tamwortbs haben wohl Nie¬
manden imponirt.
Interessant waren fünf aus Westpreussen ausgestellte
altenglische Landschweine, welche unter der Bezeichnung
„Cornwallschweine“ figurirten. Die schwarzen Schweine mit
fast gerader Profillinie, mit weit nach vorwärts hängenden
Ohren waren sehr tief und breit bei mässiger Körperlänge.
Knochenbau sehr kräftig.
Bei vergleichender Beurtheilung dieser Thiere lediglich
nach dem Exterieur mit dem zweiten Landschweine Englands,
dem Tamworthschweine, musste man dem ersteren den Vor-
zug geben. • (Schluss folgt.)
Bericht über die 56. Generalversammlung des thier¬
ärztlichen Kreisvereines von Schwaben und Neuburg«
Abgehalten am 1. Juli 1901 zu Augsburg.
Zur 56. Generalversammlung des thierärztlichen Kreis¬
vereines von Schwaben und Neuburg hatten sich im Land¬
rathssaale des k. Regierungsgebäudes 33 Mitglieder aus allen
Gauen Schwabens sowie ein Ehrenmitglied und verschiedene
Gäste eingefunden,
K. Bezirksthierarzt Junginger begrüsste mit herzlichen
Worten die so zahlreich Erschienenen und eröffnete um
9 1 /* Uhr die Sitzung, indem er bekannt gab, dass von Seite
hoher k. Kreis-Regierung Herr k. Kreisthierarzt W e i s k o p f
zu den Verhandlungen abgeordnet sei.
Der Verein hat durch den Tod ein hervorragendes Ehren¬
mitglied, der thierärztliche Stand einen eifrigen zielbewussten
Kämpen für Hebung unserer Standesverhältnisse verloren,
nämlich Herrn Direktor Wilhelm vonFricker, der in einem
Alter von 76 Jahren nach äusserst erspriesslicher Thätigkeit
in Stuttgart verstorben ist. Stets werden auch die Thierärzte
Schwabens seiner gedenken und ihm ein ehrendes Andenken
bewahren. v
Aus dem Kreise verzogen sind die Herren : k. Kreis¬
thierarzt Schneider—Würzburg, k. Bezirksthierarzt Denn-
hart—Traunstein, städt. Bezirksthierarzt Meier—Landsberg,
Bezirksthierarzt G a r r e c h t—Karlstadt und Bezirksthierarzt
Sch ü tz—Oberviechtach.
Mit Herrn k. Kreisthierarzt Schneider ist aus dem
Verein ein langjähriges, eifriges, vielverdientes Vereinsmitglied
ausgeschieden. Das unbegrenzte Vertrauen seiner Collegen
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hatte ihn während vieler Jahre in den Ausschuss und an die
Spitze des schwäbischen Kreisvereines gestellt. Auch er wird
den schwäbischen Thierärzten unvergesslich bleiben, möge er
in dem schönen Würzburg auch seiner schwäbischen Collegen
nicht vergessen.
Wegen Krankheit bezw. unaufschiebbarer Berufsgeschäfte
hatten sich entschuldigt die Herren: k. Bezirksthierärzte
Mu n i e r—Illertissen, S c h w ä b e 1—Dillingen, Stege r—Zus-
marshausen, W a n k m i 11 er—Memmingen, Distriktsthierarzt
S c h m i d t—Weissenhorn und Distriktethierarzt L i c h n e r—
Türkheim. Aus dem Vereine ausgetreten ist Corpsstabs¬
veterinär Hemberger.
Dem Vereine beigetreten sind die Herren Distriktsthier¬
ärzte: Eichner—Nesselwang, Fäustle—Buchloe, Ober-
wegner—Oettingen, Schricker—Grönenbach sowie Militär¬
veterinär Kramer-—Neu-Ulm und prakt. Thierarzt Wist—
Kempten, so dass dem Vereine nunmehr 7 Ehrenmitglieder
und 54 Mitglieder angehören.
I. Vorstand Jungin ge r gibt sodann noch weiters be¬
kannt, dass der Vereinsausschuss einstimmig beschlossen hat,
das vielverdiente, eifrige Vereinsmitglied, Herrn k. Bezirks¬
thierarzt Un giert-Füssen der Generalversammlung zur Er¬
nennung als Ehrenmitglied vorzuschlagen. Dieser Antrag
fand allseitige freudige Zustimmung und wird sonach dieser
seit vielen Jahren bewährte College mit allen Stimmen zum
Ehrenmitglied ernannt.
Tiefgerührt ob dieser unerwarteten Ueberraschung dankt
Unglert, indem er versicherte, dass er stets gerne den Ver¬
sammlungen beigewohnt und nach wie vor beitragen werde,
so viel in seinen Kräften steht, die Vereinsinteressen zu pflegen
und zu fördern.
K. Bezirksthierarzt Engel referirt daran anschliessend
über die Beschlüsse des Ausschusses betr. Statutenänderung,
dreijährige Wahlperiode, Zusammensetzung des Ehrengerichtes,
direkte Wahl des Vereinsausschusses, welche Vorschläge die
Annahme von Seite der Generalversammlung fanden.
Ueber Unfall- und Haftpflicht-Versicherung berichtete in
gedrängter Kürze Herr k. Zuchtinspektor Dr. Greither—
Donauwörth, der auch die Vereins-Abrechnung bekannt gab.
Nach Revision der Rechnung und der Belege wurde dem
Kassier Decharge ertheilt.
Die hierauf für die Wahlperiode 1901—1904 vorgenommene
Wahl des Vereins-Ausschusses ergab:
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I. Vorstand: k. Bezirksthierarzt Junginger—Mindelheim,
II. Vorstand: k. Bezirksthierarzt Engel—Kaufbeuren,
I. Schriftführer: k. Bezirksthierarzt Dr. Mitteldorf—Donau-
wörth,
II. Schriftführer: k. Bezirksthierarzt E hrle—Oberdorf,
Kassier: k. Zuchtinspektor Dr. G r e i t h e r—Donau¬
wörth.
Als Ersatzmänner wurden gewählt:
k. Bezirksthierarzt Sch wenk—Augsburg,
städt. Bezirksthierarzt Stroh—Augsburg.
In den Obermedicinal-Ausschuss abgeordnet wird Herr
k. Kreisthierarzt Weiskopf—Augsburg, als dessen Stell¬
vertreter k. Bezirksthierarzt Jun ginger—Mindelheim. — Zum
„Deutschen Veterinärrath“ delegirt wird der k. Bezirksthier¬
arzt Dr. MitteIdor f—Donauwörth.
Damit ist die Tagesordnung für innere Vereinsangelegen¬
heiten erschöpft und erhielt das Wort Distriktsthierarzt Grub er
zu seinem Vortrage über: „Influenza der Pferde im Distrikte
Obergünzburg“.
Reichlicher Beifall für diesen interessanten und ein¬
gehenden Vortrag entlohnte den Herrn Vortragenden für seine
instruktiven Ausführungen.
Anschliessend hieran ergreift das Wort Herr k. Kreis¬
thierarzt Weiskopf—Augsburg, um in längerem, freiem Vor¬
trage an der Hand zahlreichen statistischen Materials in be¬
kannter meisterhafter Weise sich der Aufgabe zu entledigen:
„Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferdebestande
Augsburgs“. (Siehe erster Artikel.)
Hochinteressant waren diese Mittheilungen, gesammelt in
vieljähriger Praxis, gestützt auf Erfahrung, genaueste Beob¬
achtung und Untersuchung der einzelnen Fälle, boten sie eine
Fülle der schätzenswertesten Winke und Rathschläge für
den Praktiker sowohl in Bezug auf Diagnose, als auch Thera¬
pie und Prophylaxis. Herzlichster Dank wurde desshalb dem
Herrn Referenten im Namen der Versammlung für diese zeit-
gemässen ungemein instruktiven Ausführungen durch den
l. Vorstand zum Ausdrucke gebracht.
Nach kurzer Debatte über Classificirung der einzelnen
Krankheitsbilder nach ihren klinischen Erscheinungen, als:
Influenza, Brustseuche, Skalma, wurde die Versammlung
um 12V4 Uhr geschlossen. Ein gemeinschaftliches Diner
vereinigte sämmtliche Theilnehmer im Hotel zum weissen
Lamm.
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370
Nachmittags wurde der neuerbaute Schlacht- und Viehhof
besichtigt, dessen Einrichtungen vollste Anerkennung fanden.
Ein Abendschoppen im Hotel zum „Bayer. Hof“ beschloss
den so schön und würdig verlaufenen Tag und viel zu früh
nahte die Stunde der Trennung. Auf freudiges Wiedersehen
im nächsten Jahrei Dr. Mitteldorf.
Notiz. Durch Versuche, welche Professor Koch mit
Professor Schütz von der thierärztlichen Hochschule Berlin
während der Dauer von zwei Jahren ausführte und deren
Resultat K. auf dem Tuberkulose-Gongress in London mit¬
theilte, scheint festgestellt zu sein, dass die Tuberkulose des
Menschen auf Rinder durch die gewöhnlichen Arten der
Infektion nicht übertragbar ist, und dass die Tuberkulose der
Menschen und der Rinder verschieden ist. Als Consequenz
dieser Versuchsergebnisse hält K. für höchst unwahrscheinlich,
dass die Tuberkulose durch den Genuss von Fleisch, Milch etc.
der Rinder beim Menschen hervorgerufen werden könne.
Professor Lister äusserte in der Diskussion die An¬
schauung, dass aus der Nichtübertragbarkeit der Tuberkulose
des Menschen auf das Rind noch nicht mit Sicherheit zu
schliessen sei, dass umgekehrt die Rindertuberkulose nicht
auf den Menschen übertragen werden könne. Diese wichtige
Frage sei durch weitere Untersuchungen zu prüfen. A.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 15. Juli 1901.
a) Rotz (Wurm):
Schwaben: 1 Gmd. (1 Geh.);
b) Maul- und Klauen-Seuche:
Oberbay ern: 4 Gern. (1 Geh.) ; Oberpfalz: 2 Gern. (4 Geh.);
Oberfranken: 4 Gern. (4 Geh.); Mittelfranken: 3 Gern.
(17 Geh.); Schwaben: 3 Gern. (9 Geh.);
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 2 Gern. (2 Geh.); Mittelfranken: 1 Gern.
(1 Geh.); Unterfranken: 1 Gmd. (2 Geh.); Schwaben:
1 Gmd. (1 Geh.).
F ür Besucher des Operations-Curs sind wieder Zimmer zu vermiethen
bei Frau Thierarztensw. Deschelmayer, Kurfürstenstr. 3/IH L
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371
Bekanntmachung.
Die diesjährige Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereins
der Oberpfalz und von Regensburg findet am Sonntag, den 11. August,
Vormittags 10 Uhr im Hotel „Grüner Kranz“ zu Regensburg statt mit
darauffolgendem gemeinsamen Mittagsmahle.
Tagresozcbvcua-gr:
1. Schlichtung der Vereins-Angelegenheiten.
2. Vortrag des Herrn k. o. Professors der thierärztlichen Hoch¬
schule in München, J. Imming er. (Thema Vorbehalten.)
3. Mittheilungen aus der Praxis.
Hiezu werden die sämmtlichen Herren Vereinsmitglieder und Collegen
mit dem Bemerken freundlichst eingeladen, dass sich Tags vorher ein¬
findende Herren Mittags 2 Uhr und Abends nach 7 Uhr im Restaurant
„Central“ treffen. Die Vorstandschaft.
DBe3s:aiiirLti3cisic2i"a.iigr-
Die Stelle eines Kontrollthierarztes am Bahnhofe und Landwege
Simbach a/Inn ist erledigt.
Bewerber um diese Stelle haben ihre vorschriftsmassig zu belegenden
Gesuche bis zum
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bei der ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein¬
zureichen.
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Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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V. 1
Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 6. August 1901. Nr. 32.
Inhalt: Weiskopf, Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferde-
bestande Augsburgs. Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversamm-
lung des thierärztliohen Ereisvereins von Sohwaben und Neuburg.
(Fortsetzung.) — Albreoht, Die Thierausstellung der deutschen Land-
wirthsohaftsgesellschaft in Halle a. d. Saale im Juni 1901. (Schluss.)
— Die Uebertragbarkeit menschlicher Tuborkulose auf Rinder. (Re¬
ferat.) — ßacteriologischer Feriencursus für Thierarzte. — Personalien.
— Inserate.
Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferde-
bestande Augsburgs?
Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversammlung des thierärztlichen
Kreisvereines vbn Schwaben und Neuburg.
Von Kreisthierarzt W e i s k o p f.
(Forts, statt Schluss.)
Insgesammt hatten die Patienten 614 Krankheitstage.
Die Schwerkranken, welche sehr stark abgemagert waren,
bedurften längere Zeit zur Erholung. Dämpfigkeit ist in
keinem Falle zurückgeblieben. — Am 3. Februar 1901 trat die
letzte Erkrankung auf und am 15. Februar nahm die Seuche,
welche sonach 112 Tage andauerte, ihr natürliches Ende.
Yon den beiden umgestandenen Hengsten zeigte der erste
eine YergrÖsserung der Leber, der Milz, Erweiterung der
rechten Herzkammer und Anfüllung mit starken Fibrinmassen,
Exsudat im Herzbeutel, geringgradige Entzündung der linken
Niere. Beim zweiten Hengste bestand hämorrhagische, lobäre
Pneumonie, Hepatisation und Necrose der linken Lunge; miss-
färbige, übelriechende Flüssigkeit in der Brusthöhle, gering¬
gradiges Ergriffensein der rechten Lunge. Es waren sonach
der Circulätions-, sowie der Kespirations-Apparat, desgleichen
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374
der Digestions-Apparat ergriffen, und es bestand bei vielen
Kranken das Bild der Brustseuche, bei andereu das der Roth-
laufseuche. Beim dritten in der Reconvalescenz plötzlich ge¬
storbenen Hengste war das Epicardium schwarzroth getiegert
und es erstreckte sich die schwarzrothe Durchtränkung tiefer
in die Herzmuskulatur.
Specifische Mittel zur Heilung der Influenzaformen sind
zur Zeit nicht bekannt. Die verdächtigen und ersterkrankten
Hengste wurden aus Gründen der Vorsicht sofort separirt;
gleichzeitig wurde eine gründliche Reinigung und eingehende
Desinfektion der Stallung vorgenommen, diese in achttägigen
Zwischenräumen wiederholt und für Eintritt von frischer Luft
in reichlichem Masse Sorge getragen. Das ganze Augenmerk
wurde darauf gerichtet, den Ansteckungsstoff zu vernichten,
zu vermindern und abzuschwächen, und damit Neuausbrüche
zu verhüten, die Ausbildung eines hohen Grades der Krank¬
heit, Gomplicationen, Nachkrankheiten und letale Ausgänge
möglichst zu vermeiden. Das weitere Heilverfahren bestand
nahezu in allen Fällen in der Applikation von Senfbrei-
Umschlägen auf die Brustwandungen, welche nicht selten
wiederholt wurden. Die Wirkungen derselben waren meist
eclatante; es traten verschieden starke Anschwellungen auf
der Brustwand oder an der Unterbrust auf, die erhöhte Ath-
mung verminderte sich meist hiebei und das Allgemeinbefinden
erwies sich als ein besseres. — Scharfsalben, in zwei Fällen
angewendet, Hessen im Stiche. — Hierauf wurden Priessnitz’sche
Wicklungen um den Thorax, alle drei Stunden erneuert,
fortgesetzt so lange applicirt, als noch die Temperatur ge¬
steigert war. Als innerliches Mittel kam Natr. borac. in
kleineren Dosen täglich mehrmals im Trinkwasser zur An¬
wendung, wodurch weiche Kothentleerung und reichliche Diu¬
rese erzielt wurde. — Bei grosser Herzschwäche musste Alko¬
hol innerlich verabreicht oder in den Mastdarm infundirt
werden. Ebenso wurden bei allgemeiner Schwäche Nähr-
klystiere in den Mastdarm, desgleichen bei recht hoher Tem¬
peratur Infusionen von kaltem Wasser in den Mastdarm
applicirt. — Die Nachkrankheiten, welche lediglich externer
Art waren, fanden den Umständen entsprechende Behandlung.
Der InfektionsstofF der Rothlaufseuche ist noch nicht
bekannt. Auch derjenige der Brustseuche ist zur Zeit nicht
sicher nachgewiesen. Der Schütz'sche Coccus ist zwar bei
der Brustseuche regelmässig zu finden, aber nach derzeitiger
Kenntniss nicht als Ursache der Seuche zu betrachten.
Dass durch den Deckakt Stuten noch nach vielen Mo¬
naten angesteckt werden, wie angenommen wird, ist sicher
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375
irrig. In zwei Seucbenperioden sind die Hengste alsbald nach
kaum recht überstandener Krankheit auf die Stationen ver¬
bracht, aber nicht ein Fall von Uebertragung der Seuche
wahrgenommen worden. Der Ansteckungsstoff beider Formen
soll direkt von Pferd zu Pferd durch Yermittelung der aus-
geathmeten Luft, also direkt in die Lungen und von da in
das Blut übergehen, wobei zugegeben wird, dass die Infection
auch durch Zwischenträger, sowie wahrscheinlich vom Dige¬
stionsapparate aus erfolgen kann.
Bei unseren Seuchenperioden erkrankten die Pferde nicht
der Reihe nach, sondern bald oben, bald unten in der grossen,
weit ausgedehnten Stallung, wobei die nebenstehenden Pferde
sehr häufig verschont wurden, selbst solche, welche von
Wärtern verpflegt wurden, die zugleich schwerkranke Hengste
zu verpflegen hatten. (Schluss folgt.)
Die Thierausstellung der deutschen Landwirthschafts-
gesellschaft in Halle a. d, Saale im Juni 1901.
Von Professor Alb recht.
(Schluss.)
2. Schafe.
Unter den 688 ausgestellten Schafen waren 302 Stück
Merinos, 276 Stück englische Fleischschafe; der Rest bestand
aus deutschen Schlägen.
Die für Concurrenz in Wolle ausgestellten Schafe waren
abgetheilt in solche mit Tuch wolle, Stoffwolle und Kammwolle.
Die englischen Fleischschafe waren vertreten durch 36 Stück
Shropshires, 108 Stück Hampshires und 132 Oxfordshires.
In der Gruppe „Fleischschafe“ concurrirten auch eine Anzahl
„Merinofleischschafe“.
In der Abtheilung „feine Tuchwolle“ hatten vorzüglich
ausgestellt die Hochzüchter Maass—Kenzlin und Gadegast —
Oschatz.
Unter den Ausstellungsobjekten „Merinofleischschafe“
hatten Eissfeldt—Kötzschau, Osterland - Salzfurth, Rockstroh—
Münchenlohre mächtige Thiere mit schönen geschlossenen
Yliessen vorgeführt.
Unter den englischen Downschafen fehlten die Southdown.
Die Schlag-Unterschiede im Baue der drei ausgestellten
Downschläge, deren Repräsentanten sich durchwegs durch die
bekannten parallellopipedischen Rumpfformen auszeichneten
und ausgeprägte Frühreife und Massfähigkeit anzeigten, fand
ich keineswegs in sehr typischer Weise ausgeprägt. Selbst die
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376
für „Shropshiredown“ angegebenen Schlagcharakter „sehr
schmales Nasenbein, spitze Schnauze und Falten nach den
Augenwinkeln“ traten nur bei einigen Thieren dieses Schlages
scharf hervor. Fast möchte man sich fragen, ob es im Laufe
der Zeit nicht dazu kommen werde, die englischen Schwarz¬
kopfschläge in einen Schlag zusammen zu fassen.
Von deutschen Bassen und Schlägen hatten Papst—Burg¬
stadt das Frankenschaf ausgestellt. Ostfriesische Milchschafe
waren durch den ostfriesischen Milchschafzuchtverein zur Stelle
geschafft worden und zwar in recht guten Exemplaren.
Eine allseitige und zwar verdiente Anerkennung wurde
den Ausstellern des ßöhnschafes : Hobler—Ketten und Tann—
Seeleshof zu Theil.
3. Z i e g e n.
Die Ziegen waren in zwei Gruppen: Schweizer Schläge
und deren Kreuzungen und deutsche Landschläge aufgestellt.
In der ersten Gruppe, 116 Thiere, waren mit Ausnahme
von einigen Exemplaren des Guggisberger und Starkenburger
Schlages nur Thiere des Saanenschlages vertreten. Das beste
Material in dieser Gruppe hatten die Ziegenzuchtvereine
Albig, Hähnlein und Wintersheim aus Hessen ausgestellt. :
Die Frage, ob sich die Reinzucht der Saanenziege tei
uns auf die Dauer bewähren wird, halte ich nach den Ein¬
drücken, welche ich in der Ziegenausstellung gewonnen habe,
noch keineswegs für spruchreif. Die Anzahl hervorragender
Saanenziegen war nach meinem Dafürhalten eine beschränkte.
Das Material für die zweite Gruppe, 19 Stück, hatte der
Ziegenzuchtverein Langensalza (Provinz Sachsen) geliefert.
Diese Ziegen waren durchwegs sehr ähnlich den Thieren des
Saanenschlages, nur etwas leichter.
Durch entsprechende Wahlzucht; geeignete Fütterung und
besonders Bewegung der Nachzucht müsste es unschwer sein,
den Langensalzaer Schlag den* Schweizer Saanenschlag gleich¬
wertig zu züchten.
Referate.
Oie Uebertragbarkeit menschlicher Tuberkulose auf Rinder.
Referat über den Vortrag von Professor Koch auf dem internationales
Tuberknlose-Congresse in London.
Ein genaueres Eingehen auf die von Koch aufgestellte
Behauptung, welche in der letzten Woche so allgemeines Auf¬
sehen erregte, wird erst möglich sein, wenn der genauere
Bericht der Sitzungen vorliegt. Im Folgenden sollen desshalb
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377
nur die wesentlichsten Punkte der Mittheilung und der bisher
in der Diskussion geltend gemachten Gesichtspunkte wieder¬
gegeben werden.
Die neue Thatsache, welche Koch und Schütz fest¬
stellten, ist die, dass mit Reinkulturen aus menschlichen tuber¬
kulösen Organen Rinder durch keinen der gewöhnlichen In¬
fektionsmodi angesteckt werden können. Diese Feststellung
scheint mit einem im Jahre 1879 von Bollinger ausgeführten
Versuche im Widerspruche zu stehen, welchem es gelang,
durch Impfung tuberkulöser Produkte vom Menschen auf ein
Kalb echte Perlsucht hervorzurufen. Der Widerspruch ist
indess vielleicht nur ein scheinbarer: es ist nicht undenkbar,
dass die aus Kultur genommenen Bacillen sich in Hinsicht
auf Virulenz wenn auch nur geringgradig, verändern, und dass
diese Veränderung genügt, um die negativen Ergebnisse der
neuen Versuche zu erklären. In den bisher uns zu Gesichte
gekommenen Mittheilungen ist nur von Reinkulturen, nicht
von direkter Uebertragung tuberkulöser Organstückcheri die
Rede. Wir müssen desshalb über diesen Punkt unser Urtheil
verschieben; ebenso über die in den bisherigen Mittheilungen
gleichfalls nicht besprochene Frage, ob unter den Versuchen
auch solche mit Erzeugung . künstlicher Prädisposition des
Rindes (allgemeine Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit
durch Erkrankungen, schlechte Ernährung etc.) ausgeführt
wurden. Dass der Organismus des Rindes jedenfalls keinen
besonders günstigen Boden für menschliche Tuberkelbacillen
darstellt, geht auch aus dem Bollinger’schen Versuche her¬
vor, in welchem nicht rasch ausgebreitete Tuberkulose, son¬
dern Perlsucht erzeugt wurde, wie ja die Tuberkulose des
Rindes überhaupt nach Verlauf und Produkten den Eindruck
macht, dass es sich bei derselben entweder um primäre bio¬
logische Verschiedenheiten des Infectionserregers (Koch, Schütz)
oder um besondere durch den „Nährboden“ und die speci-
fische Reaktionsfähigkeit des Gewebes bedingte Abweichungen
in seinem Verhalten handle. Die Frage bleibt zunächst also
offen, wie sich das Rind bei eventueller künstlicher Steigerung
der Disposition gegenüber dem Bacillus der menschlichen
Tuberkulose verhalten würde.
Aber sehen wir, den übereinstimmenden Autoritäten des
Meisters der Bacteriologie und Listers vertrauend, die Ex¬
perimente Kochs als beweiskräftig an, so fragt sich weiter:
was folgt daraus für die Uebertragbarkeit der Rindertuberkulose
auf den Menschen? Dass es im allgemeinen nicht tuberkulöse
Patienten sind, welche unsere Rinder anstecken, wissen wir
zur Genüge; wesentlich ist für uns die Frage, ob der Tuberkel-
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378
bacillus von dem Rinde aüfden Menschen übertragbar ist.
Es bleibt, wie auch diese zweite und wichtigere, dem Experi¬
mente unzugängliche Frage entschieden werden wird, das
Verdienst Kochs, daraufhin geführt zu haben, dass das bisher
in stillschweigendem Einvernehmen als einheitliches gefasste
Problem der Tuberkuloseansteckung zwischen Mensch und
Thier in zwei Fragen zerfällt: Sind die Thiere Von dem
Menschen aus ansteckbär? und: kann der Mensch von dem
Thiere her angesteckt werden; hier speciell: kann er auf
intestinalem Wege (Milch, Fleisch etc.) inficirt werden?
Ueber den zweiten Punkt erfahren wir aus Koch’s Ver¬
suchen nichts. Koch selbst ist allerdings der Meinung, durch
indirekte Beweise diese Lücke seiner Argumentation ergänzen
zu können. Er sagt:
„Es ist wohlbekannt, dass Milch und Butter, die in
grossen Städten consumirt werden, grosse Massen Bacillen
thierischer Tuberkulose in lebendem Zustand enthalten, wie
zahlreiche Experimente mit solchen Produkten an Thieren
bewiesen haben. Die meisten Bewohner solcher Städte con-
sumiren in der That solche lebendige und durchaus viru¬
lente Bacillen thierischer Tuberkulose und führen damit
unfreiwillig das Experiment aus, das wir nicht machen können.
Wenn die Bacillen thierischer Tuberkulose im Stande wären,
Menschen zu inficiren, so müssten unter den Bewohnern
grosser Städte, insbesondere den Kindern, viele Fälle von
Tuberkulose Vorkommen, die durch die Verzehrung von
Nahrungsmitteln mit Tuberkelbacillen erzeugt wären. Und
die meisten Aerzte glauben, das sei wirklich der Fall. That-
sächlich ist dem nicht so. Dass ein Fall von Tuberkulose
durch Nahrungsmittel erzeugt ist, könnte mit Sicherheit nur
dann angenommen werden, wenn der Darm zuerst leidet —
d. h. wenn sogenannte primäre Tuberkulose des Darms ge¬
funden wird. Aber solche Fälle sind äusserst selten. Unter
vielen Tuberkulose-Fällen, die nach dem Tod untersucht wur¬
den, kann ich mich nur erinnern, zwei Fälle primärer Darm-
Tuberkulose gesehen zu haben. Unter dem grossen Sektions¬
material der Berliner Charite kamen in fünf Jahren zehn
Fälle primärer Darm-Tuberkulose vor. Unter 933 Tuber¬
kulosefällen an Kindern im Kaiser und Kaiserin Friedrich-
Hospital fand Baginsky keinen Fall von Darm-Tuberkulose
ohne gleichzeitige Erkrankung der Lungen und Bronchien.
Unter 3104 Sektionen an tuberkulösen Kindern beobachtete
Biedert nur 16 Fälle primärer Darm-Tuberkulose. Ich könnte
noch viele statistische Angaben derselben Art citiren, die alle
zweifelsohne zeigen, dass primäre Darm-Tuberkulose besonders
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379
unter Kindern eine relativ seltene Krankheit ist, und von den
wenigen angeführten Fällen ist es keineswegs ausgemacht,
dass sie durch Infection mit thierischer Tuberkulose erzeugt
waren. Sie können gerade so gut durch die weit verbreiteten
Bacillen menschlicher Tuberkulose erzeugt sein, die auf dem
einen oder anderen Weg in den Darm gelangten, z. B. durch
Verschlucken des Mundspeichels. Bisher konnte Niemand in
einem solchen Fall sicher entscheiden, ob die primäre Darm-
Tuberkulose menschlichen oder thierischen Ursprungs sei.
Wir haben nun* ein Mittel der Diagnose dafür. Wir brauchen
nur die im tuberkulösen Material gefundenen Tuberkelbacillen
in Reinkultur zu kultiviren und dann durch Einimpfung in
Thiere festzustellen, ob sie zu thierischer Tuberkulose ge¬
hören. Seit einem halben Jahr habe ich mich mit Unter¬
suchungen dieser Art beschäftigt, aber angesichts der Selten¬
heit der fraglichen Krankheit war die Zahl der Fälle, die ich
untersuchen konnte, nur klein. Das bisherige Ergehn iss
dieser Untersuchungen spricht aber nicht für die
Annahme, dass thierische Tuberkulose im Men¬
schen vorkommt. Wenngleich die wichtige Frage,
ob der Mensch für thierische Tuberkulose über¬
haupt empfänglich ist, noch nicht absolut ent¬
schieden ist und eine absolute Entscheidung
weder heute noch morgen zulässt, so kann map
droch schon jetzt sagen: Wenn eine solche Em¬
pfänglichkeit überhaupt besteht, so ist doch eine
solche Ansteckung menschlicher Wesen nur ein
sehr seltener Fall. Ich würde die Ausdehnung einer
Ansteckung durch Milch und Fleisch tuberkulösen Viehes
jedenfalls kaum für grösser halten als die erblicher Ueber-
tragung und es scheint mir daher nicht räthlich, be¬
sondere Massnahmen gegen sie zu treffen“. (Ber.
d. Münch. Neuest. Nachr. Nr. 348.).
Das klingt gewiss sehr beweisend. Aber es ist eben am
Ende doch statistisches Material und thut nur die längst be¬
kannte Seltenheit, nicht die Unmöglichkeit der Darminfection
durch Genuss tuberkulöser Nahrungsmittel von neuem dar.
Ausserdem gibt es andere Feststellungen, welche für die
gegentheilige Anschauung sprechen. Professor B o 11 i n g e r führt
in einer Mittheilung in der Allgemeinen Zeitung Nr. 202
hierüber Folgendes an:
„Die Tuberkulose der vielfach mit Kuhmilch ernährten
Kinder, namentlich in den ärmeren Volksklassen, kommt in
Wirklichkeit viel häufiger vor, als gewöhnlich angenommen
da dieselben sehr häufig in den schwer zugänglichen
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380
Lymphdrüsen im Brustkorb und in der Bauchhöhle sich lokali-
sirt. Professor Heller in Kiel hat festgestellt, dass in fast
der Hälfte aller Fälle von Tuberkulose der Kinder sich Tuber¬
kulose der Gekrösdrüsen nachweisen Hess, also jener Ab¬
schnitte des Lymphapparates, die von Keimen, die vom Darm
aus in den Körper eindringen, in erster Linie passirt werden
müssen, wobei der Darm selbst in der Regel nicht erkrankt
ist. Professor Heller schliesst daraus, dass die Milch tuberku¬
löser Kühe bei der Kindertuberkulose die Hauptrolle spiele.
In der pädiatrischen Poliklinik zu München (Professor Seitz)
wurde statistisch nachgewiesen, dass bei 68 Procent der be¬
handelten tuberkulösen Kinder die Eltern frei von Tuberkutew
waren und auch in ihrer Jugendzeit niemals verdächtige Symp¬
tome geboten hatten; solche Kinder müssen die Tuberkulose
anderweitig — durch Verkehr mit tuberkulösen Patienten
oder durch intestinale Infektion (Fütterungstuberkulose) —
acquirirt haben“.
In ähnlichem Sinne sprach sich Professor M. Fadyean,
dem sich Nocard anschloss, in der Sitzung vom 25. Juli in
London aus.
Hiernach muss also die Angelegenheit nach dieser Seite
als keineswegs spruchreif angesehen werden, und man wird
eher bedauern müssen, dass durch die Mittheilung Koch’s die
Frage in einem so unreifen Stadium der breiten Oeffentlichkeit
unterbreitet worden ist, wo sie nicht verfehlt hat und weiter¬
hin nicht verfehlen wird, Verwirrung zu stiften und ohne hin¬
reichenden Grund der so mühsam in Gang gebrachten Be¬
kämpfung der Tuberkulosegefahr an einem hygienisch und
wirtschaftlich gleich wichtigen Punkte — in der Nahrungsmittel¬
frage — neue Hindernisse zu bereiten. Es ist dies umsomehr
zu fürchten, als Professor Koch selbst angeblich erklärt hat,
er halte alles Geld, das zum Schutze des Publikums gegen
Fleisch und Milch von tuberkulösem Vieh ausgegeben wird,
für hinausgeworfen und würde selbst kein Bedenken tragen,
tuberkulöses Fleisch und tuberkulöse Milch zu geniessen.
Man wird vielleicht einwenden, dass das oben geäusserte
Bedenken, welches von Lister sofort im Anschluss an Koch’s
Vortrag hervorgehoben wurde, der Begründung entbehre: wie
soll, wenn die Tuberkulose von dem Menschen nicht auf das
Rind übertragen werden kann, Rindertuberkulose auf den
Menschen übertragbar sein? Wir wissen indessen aus ver¬
schiedenen Beispielen, dass dieser Schluss durchaus nicht
stringent ist. Professor Bollinger führt 1. c. als eine analoge
Erfahrung das Verhalten vom Menschen und Rind gegen Variola
an: die durch Variola-Verimpfung erzeugte Vacime liefert die
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381
gutartige Impflymphe. Es könnte sein, dass in ähnlicher Weise
men8ehliehe Tuberkelbacillen im Rindskörper eine Abschwächung
erleiden und so auch bei der eventuellen Wiederübertragung
auf den Menschen einen grossen Theil ihrer Virulenz verloren
hätten. Hieraus würdo sieh die bei der grossen Häufigkeit
der Rindertuberkulose auffallende Seltenheit der menschlichen
primären Darmtuberkulose wohl verstehen lassen (Bollinger).
Noch näher liegt es vielleicht, an das Beispiel der Vogel¬
tuberkulose zu erinnern. Sie wurde 1884 von Koch für
identisch mit der Säugethiertuberkulose erklärt; im Jahre 1890
bestätigte Koch den von verschiedenen Autoren (Strauss, Rivolta
u. A.) gezogenen Schluss, dass beide Erkrankungen spezifisch
verschiedener Natur seien. Und heute ? Heute findet N o c a r d,
dass die abdominale Tuberkulose des Pferdes von einem mit
dem Bacillus der Vogeltuberkulose identischen Bacillus erzeugt
werde (während man bei der Brusttuberkulose des Pferdes
den gewöhnlichen Bacillus der Säugethiertuberkulose antrifft);
oder derselbe Nocard zeigt, dass man durch monatelange in¬
traperitoneale Züchtung in Collodiumsäckchen, die in der
Bauchhöhle vom Meerschweinchen eingeschlossen werden, Tu¬
berkelbacillen des Menschen für Vögel infektiös machen und
durch ihre Verimpfung typische Vogeltuberkulose erzielen kann;
umgekehrt wiesGarino nach, dass das angeblich gegen Vogel¬
tuberkulose völlig refraktäre Meerschweinchen bei intraperi¬
tonealer Impfung an umschriebener Bauchfelltuberkulose zu
Grunde geht u. s. w. Mit anderen Worten : wir sehen die
Wahrscheinlichkeit, dass die Erreger der Säugethier- und Vogel¬
tuberkulose nur Varietäten einer und derselben Species sind,
wieder ausserordentlich gesteigert, so gut wie erwiesen, nachdem
lange Zeit hindurch ihre specifische Verschiedenheit sicher ge¬
schienen hatte. Wer bürgt uns dafür, dass wir nicht nunmehr wie¬
der einen ähnlichen Wandel in den Ansichten über die Zusammen¬
gehörigkeit des Bacillus der menschlichen und Rindertuberkulose
erleben? Diesmal handelt es sich aber nicht um eine „Doktor¬
frage“, sondern um eine in praktischer Hinsicht eminent wichtige,
um eine „Geldbeutel- und Magenfrage“, bei der ganz Europa
engagirt ist. Die tuberkulösen Granulome zeigen bei den
verschiedenen Thierspecies bei aller Uebereinstimmung im
Ganzen so auffällige Verschiedenheiten im Einzelnen, dass
man schon daraus, wie oben für die Rindertuberkulose bemerkt
wurde, auf eine Verschiedenheit in dem jeweiligen biologischen
Verhalten der Erreger wird schliessen müssen: soll man nun
deshalb so viel verschiedene Arten annehmen als es verschiedene
Formen tuberkulöser Neubildungen gibt? oder wird es, solange
nicht weitere Untersuchungen Klarheit schaffen, richtiger sein,
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382
bei der Annahme eines einheitlichen, nur mehr oder weniger
variirenden Virus zu verbleiben? Wie lange hat man sich
angesichts der auffälligen Unterschiede der sog. skrophulösen
Lymphdrüsentuberkulose des Menschen dagegen gesträubt,
dieselbe der Tuberkulose s. str. zuzurechnen, und auch heute
noch wird man gezwungen sein, entweder eine Abschwäcbung
der Infektionserreger oder die Besonderheiten des Vegetations¬
milieus als Ursache dieses besonderen Verhaltens anzunehmen.
Aber es handelt sich augenscheinlich nur um Variationen,
nicht um tiefere Verschiedenheiten; und unter geeigneten Ver¬
hältnissen verhalten sich der „ Bacillus der Skrophulose“ und
„Bacillus der Tuberkulose“ eben identisch. Die speziellen
Bedingungen aber, welche diese Aenderungen im biologischen
Verhalten, speziell in Hinsicht auf Infektionstüchtigkeit, ver¬
schulden, sind uns für den Fall der Skrophulose heute so wenig
klar bestimmbar als für den Fall der Vogel- oder für die
Rindertuberkulose. So lange wir hierüber keine genauere
Kenntniss besitzen, wird es immer wieder gut sein, sich der
Thatsache zu erinnern, dass der Verlauf aller Infektionen nicht
blos dürch den Mikroben, sondern wesentlich durch die Eigenart
des betreffenden Organismus mitbedingt wird. Auch für die
Frage der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Rind
wird es nothwendig sein, nachdem nun das „x“ wieder ein¬
mal in den Vordergrund getreten ist, auch wiederum das „y“,
hier den „lebenden Nährboden“, zu studiren, der eben doch
von den künstlichen immer wesentlich verschieden bleibt und
Vielleicht dort Aufklärurigen zu bieten im Stande sein wird,
wo einseitig bakteriologische Betrachtung zur Statuirung prin*
zipieller Unterschiede, neuer Arten oder Rassen der Bak¬
terien etc. schreiten zu müssen glaubt.
Angesichts dieses Standes der Angelegenheit wird man
es jedenfalls begrüssen dürfen, dass der Tuberkulosekongress
in seiner Schlussresolution es zwar den Regierungen dringend
ans Herz legt, sofort eine Untersuchung der Koch’schen
Theorie zu veranlassen, aber gleichzeitig räth, in den Vor-
sichtsmassregeln gegen infizirtes Fleisch und infizirte Milch
nicht nachzulassen. Hoffen wir, dass erneute Untersuchungen
die wichtige Frage bald zu einer definitiven Lösung führen.
E. A.
Bacteriologischer Feriencursus für Thierärzte,
Zu dem am pathologisch-anatomischen Institute der Thier¬
ärztlichen Hochschule zu München vom 19.—29. August statt-
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383
findenden Unterrichtscurse haben sich 36 Herren Thierärzte
gemeldet, es konnten jedoch nur 32 Plätze besetzt werden.
Die Liste der Anmeldungen ist nun geschlossen.
München, den 1. August 1901.
% Dr. Jos. Mayr, Prosector.
Personalien.
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bestanden die Herren: Schneck Josef aus Vöhringen und Stein meier
Franz aus Staffelstein. — Promotionen: An der Veterinärmedicinischen
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Verantwortliche Redaktion: M. A 'recht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
\
\- Y
für ^
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 13. August 1901.
Nr. 33.
Inhalt: Weiskopf, Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferde-
bestande Augsburgs. Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversamm¬
lung des thierärztliohen Kreisvereins von Schwaben und Neuburg.
(Schluss.) — Ehrenhard, Mohn Vergiftung bei Rindern. — Gutbrod,
Scirrhus des Labmagens bei einem Ochsen. — Eckart, Enzootisoher
Abörtus bei der Ziege. — Taenia dentioulata beim Rinde. — Kritzer,
Jodkali-Infusionen bei Gebärparese. — Referate. — Personalien. —
Inserate.
Auftreten der Influenza in einem grösseren Pferde-
bestände Augsburgs.
Vortrag, gehalten auf der 56. Generalversammlung des thierärztlichen
Kreisvereines von Schwaben und Neu bürg.
Von Kreisthierarzt W e i s k o p f.
(Schluss.)
Wenn die Ansteckung allein veranlassend wäre, so müssten
eher die nebenstehenden Pferde erkranken, was häufig nicht
der Fall ist, indem die Krankheit sprungweise sich ausbreitet.
Es sind daher sicher noch andere Faktoren bei der Entstehung
der Seuche betheiligt, wie fehlerhafte, sanitäre Zustände im
Stalle, z. B. die vorhandenen Mulden, die Jaucheabzüge, wo¬
durch die Zersetzungsprocesse begünstigt werden; ferner das
Sinken des Grundwassers und die Vegetation pathogener
Keime in der Erdschichte während des Sommers, die Tem¬
peratur- Differenz zwischen Grundluft und Stallluft und die
hierdurch erfolgende Circulation der Grundluft und die Be¬
wegung der Keime im Herbste und Winter in die wärmere
Stallluft. Der Umstand, dass gerade gewisse Oertlichkeiten
von der Seuche bevorzugt werden und in diesen so zahlreiche
Erkrankungen auftreten, spricht dafür, dass besondere, im
Stalle liegende und die Ausbreitung der Seuche begünstigende
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386
Verhältnisse vorhanden sein müssen. Der Ausbruch der
Seuche im Winter, woselbst die Pferde unter dem Einflüsse
der Stallluft sich befinden, spricht ebenfalls hiefür.
Anfangs waren bei dieser Invasion mehr die Erscheinungen
der Rothlaufseuche, später die der Brustseuche und gegen
Ende der Seuche wieder mehr diejenigen der Rothlaufseuche
vorherrschend. Merkwürdigerweise behaupten auch die Autoren,
dass zur Rothlaufseuche die Brustseuche und zu dieser
wieder die Rothlaufseuche sich gesellen könne. Diese Beob¬
achtung habe ich gleichfalls wiederholt gemacht und zwar im
Feldzuge 1870 mit mehreren 100 Pferden, im Jahre 188 L bei
110 Trambahnpferden hier, in den Jahren 1882—1884 bei
circa 400 Pferden dahier, daun im Jahre 1892 bei 44 Land¬
gestütshengsten. In ein und demselben Stalle waren bald
die Erscheinungen der Brustseuche, bald die der Rothlauf¬
seuche im Leben wie bei der Sektion festzustellen. Das
häufige Nebeneinander-Auf treten beider Formen wäre ein
eigentümliches Verhalten derselben! Wir bemerken, dass
Fieber, Puls, Husten, Athmung, Verdauungsstörungen, Er¬
griffensein der Augen, Körperhaltung, Urinabsonderung so
häufig bei beiden Formen keine besonderen Unterschiede auf-~
weisen, wenigstens nicht grössere, als dies schon bei einzelnen
mit der Rothlaufseuche oder der Brustseuche behafteten Pfer¬
den an und für sich der Fall ist^ Wir beobachten bei beiden
Formen ausnahmsweise die Herzaffektionen, die Gehirn-und
Rückenmarkserscheinungen, die gleichen Complikationen und
Nachkrankheiten und, wenn wir die Symptome beider Formen
einander gegenüberstellen, so finden wir, dass die Symptome
beiden Formen angehören. Die leichteren Grade der Brust¬
seuche weisen das gleiche Bild wie bei der Rothlaufseuche
auf und die schweren Grade der Rothlaufseuche gehen mit
Erscheinungen einher, wie sie bei der Brustseuche vorge¬
funden werden. Fälle, die für Rothlaufseuche angesehen
wurden, weisen bei der Sektion Erscheinungen der Brust¬
seuche auf und umgekehrt. Die Autoren behaupten nun, dass
auch bei der Rothlaufseuche Lungen- und Brustfell-Erkrank¬
ungen Vorkommen können. Auch- die Dauer der Krankheit
und die Bakteriologie sollen für die Verschiedenheit beider
Seuchen massgebend sein. Wir können aber bei einer grossen
Anzahl von brustseuchekranken Pferden ebenfalls eine kurze
Dauer beobachten. Was die Bakteriologie betrifft, so ist
hierüber nach dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft
nichts Bestimmtes nachgewiesen.
In Erwägung aller dieser Thatsachen bin ich zu dem
Standpunkte gelangt, dass beide Formen identisch sind* gerade
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38?
so wie der Rotz- und Hautwurm, welche früher als verschie¬
dene Krankheiten galten, oder wie die Schweineseuche und
Schweinepest, welche ich schon in ausgeprägtester Form bei
ein und demselben Schweine feststellen konnte. Je nach der
Beschaffenheit des Ansteckungsstoffes, der Entwicklungsstufe
und Quantität des aufgenommenen Ansteckungsstoffes, den
örtlichen Verhältnissen und besonderen Umständen, welche
der Weiterentwicklung des Ansteckungsstoffes günstig sind,
wird die eine oder, andere Lokalisation und sonach die eine
oder andere Form hervorgerufen. In praktischer, polizeilicher
und statistischer Hinsicht besteht auch ohnedies kein Unter¬
schied zwischen den einzelnen Formen der Influenza. Zur
Prüfung und Klärung dieser Frage wird sich noch Gelegen¬
heit bieten und durch die Auffindung des Krankheitserregers
mit Hilfe der Bakteriologie wird der Beweis der Identität
beider Formen noch erbracht werden.
Was die geschilderten Krankheiten in Obergünzburg be¬
trifft, so muss ich bemerken, dass hier Erscheinungen auf¬
geführt werden, die sich mit dem Begriff Influenza nicht
vollständig decken. Es verläuft zwar die Influenza in ver¬
schiedenen Jahren und an verschiedenen Orten wieder ver¬
schieden. Aber immerhin bietet sie doch ein bestimmtes
typisches Bild. Hier wurden aber Erscheinungen erwähnt,
so die häufigen und sich wiederholenden Kolikanfälle, die
Gehirnwassersucht etc., welche der Influenza nur ausnahms¬
weise eigen sind, und ich bin daher der Ansicht, dass in
Obergünzburg eine anderweitige, lediglich lokale Infektions-
Krankheit vorlag.
Mohnvergiftung bei Rindern.
Von Bezirksthierarzt Ehrenhard, Ingolstadt.
Im Juni wurde ich in einen Stall gerufen, in dem kurze
Zeit nach der Abendfütterung zwei Ochsen, drei Kühe und
ein Jungrind unter folgenden Symptomen erkrankten: Die
Thiere wurden plötzlich unruhig, brüllten beständig, suchten
sich von der Kette loszureissen, wollten aufeinander losstürzen,
verdrehten Augen, Kopf und Hals und blieben unter heftigen
Convulsionen einige Zeit am Boden liegen. Als ich zwei
Stunden später die Thiere untersuchte, waren dieselben voll¬
ständig ruhig.
Die Ursache der Erkrankung fand sich bei der Unter¬
suchung des Klees, indem dieser massenhaft mit wildem,
meist verblühtem Mohn vermischt war. Es war desshalb
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388
auch ein vor 14 Tagen abgenommenes Saugkalb, das keinen
Klee gefressen hatte, vollkommen gesund geblieben.
Scirrhus des Labmagens bei einem Ochsen.
Yon Distriktsthierarzt Gutbrod, Moosburg.
Ein Ochse erkrankte an Indigestion, die rasch zur Ab¬
magerung führte; eigentümlich waren öftere Brechbeweg¬
ungen. Da sich der Zustand unter allmähliger Auftreibung
verschlimmerte und das Thier anämisch wurde, wurde es ge¬
schlachtet. Es zeigte sich nun, dass der Labmagen am
Uebergang zum Duodenum auf Faustdicke ringsum zu einer
homogenen, speckigen, beim Schneiden knirschenden, gelb¬
grünlichen, an ihrem höchsten Punkt etwas arrodirten Masse
angeschwollen war, die den Pylorus vollständig abschnürte.
Die mikroskopische Untersuchung ergab ein reines Epithel¬
lager, das hie und da von Bindegewebs- und elastischen Fasern
durchzogen war; drüsige Anordnung war nicht zu erkennen.
Enzootischer Abortus bei der Ziege.
Yon Distriktsthierarzt Eckart, Otterberg.
Zur Untersuchung einer Ziege, die soeben abortirt hatte,
wurde ich mit folgender Anamnese gerufen: Vor zwei Jahren
hatte von den zwei zum zweiten Mal trächtigen Ziegen der
Besitzerin keine ein ausgebildetes Junges gebracht. Dem
Abortus ging bei jedem Thiere Beeinträchtigung des Allgemein¬
befindens, bestehend in Appetitstörung und geringerer Munter¬
keit voraus, worauf in 5—20 Stunden, also ziemlich gleichzeitig,
Fehlgeburt erfolgte.
Die Untersuchung der Ziege, welche nach Aussage der
Besitzerin ungefähr */2 Stunde vor meinem Eintreffen im
Stalle verworfen hatte, ergab ausser einer gewissen Mattigkeit
und verminderter Fresslust keine Anhaltspunkte; gleich negativ
war die eingehende Besichtigung der zwei todten, im dritten
Entwicklungsstadium befindlichen Jungen. Den Abend vorher
hatte die ändere Ziege, welche einige Wochen länger trächtig
war, zwei Zicklein verworfen.
Das Futter, welches noch in der Krippe war und aus
Resten von Mehl, Kartoffeln und Wasser zu bestehen schien,
hatte einen eigenthümlichen, beinahe widerlichen Geruch, den
ich mir erst erklären konnte, als mir die Frau den Brunnen
zeigte, aus dem sie nach ihrer Erklärung nur für das Yieh
Wasser nehme, da öfters Jauche aus der nahen Abortgrube
über- und dann in den Brunnen hineinlaufe; derselbe bestand
aus einem in den felsigen Boden eingehauenen Loch mit
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389
kleiner Quelle. Ich glaube nun, in dem Wasser die Ursache
des Verwerfens suchen zu dürfen; doch wurden beide Ziegen
leider geschlachtet, so dass eine Beobachtung darüber, ob die
Thiere bei Vermeidung des inficirten Wassers auch verwerfen
würden ; nicht möglich war.
Taenia denticulata beim Rinde.
Von Distriktstkierarzt Eckart, Otterberg.
Zu einem Rind gerufen mit der Anamnese, dass es trotz
guter Fütterung und Pflege eher ab- als zunehme, fand ich
bei der Untersuchung die Erscheinungen einer Indigestion:
Die Futteraufnahme zeigte Unregelmässigkeiten, das Wieder¬
kauen geschah seltener, die Wanstbewegungen waren verlang¬
samt, der Kothabsatz war verzögert, der Koth selbst trocken.
Dabei zeigte der theilnahmslose Patient rauhes Haarkleid,
die Ohren und Hörner fühlten sich kühl und der Nasenspiegel
trocken an. Während der achttägigen Behandlung auf Magen¬
katarrh war das Befinden bald besser, bald schlechter. Bei
der Schlachtung nun fanden sich Bandwürmer (Taenia denti-
eulata) in grosser Zahl, theils einzeln, theils zu förmlichen
Knäueln verbunden und das Lumen des Darmes theilweise
ausfüllend. Auffallend war, dass im Kothe keine Bandwurm¬
glieder gefunden wurden.
JodkalMnfusionen bei Gebärparese.
Von Distriktsthierarzt Kritzer, Blieskastel.
Die Behandlung der Gebärparese bei Kühen führe ich
seit März 1899 nach der Methode von Schmidt-Kolding aus.
(S. die Tabelle.) Unter neun auf diese Weise behandelten
Thieren genasen sieben. Bei Nr. I, bei der auch die zweite
Infusion keinen Erfolg zeitigte, setze ich das negative Resultat
auf Rechnung des hohen Alters des Thieres und der ver¬
späteten Behandlung (nach 24 Stunden). Nr. VII kam auch
erst 12 Stunden nach Beginn der Krankheit in Behandlung,
eine zweite Infusion war auch hier erfolglos. Eine zweite
Infusion mit Erfolg ist dagegen bei Nr. IX zu verzeichnen;
diese wurde 24 Stunden nach der ersten Infusion ausgeführt,
während bei Nr. I und VII die zweite Infusion erst 48 Stun¬
den nach der ersten gemacht wurde, da eine geringe Besser¬
ung zu verzeichnen war. Es dürfte sich desshalb empfehlen,
wenn die Thiere 12 Stunden nach der Infusion noch Krank¬
heitserscheinungen — auch geringgradige — zeigen, gleich
eine zweite Infusion folgen zu lassen. Nachtheile, wie Euter¬
entzündungen traten in keinem Falle auf; das Gesammtresultat
ist ein höchst befriedigendes.
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391
Referate.
Tuberkelbacillen in der Kuhmilch als mögliche Quelle
der menschlichen Tuberkulose. Im Folgenden referiren wir
die wesentlichsten Gesichtspunkte aus den von Professor M.
Fadyean unter dem Eindruck der Koch’schen Mittheilung am
folgenden Tage gehaltenen Rede. F. betrachtet als die wesent¬
lichsten Stützpunkte der Koch’schen These die folgenden drei:
1. Die bei Rindertuberkulose gefundenen Bacillen sind
für Rinder und andere Hausthiere viel virulenter als die
Bacillen, welche in Fällen menschlicher Tuberkulose gefunden
werden. 2. Dieser Unterschied ist so ausgesprochen und
konstant, dass er als Unterscheidungsmerkmal beider Arten
von Infektionserregern dienen kann, selbst für den Fall, dass
gelegentlich der Bacillus der Rindertuberkulose als Ursache
menschlicher Tuberkulose gefunden werden sollte. 3. Die
intestinale Infektion des Menschen ist so selten, dass aus diesem
Grunde Massregeln gegen die von Seite der Rindertuberku¬
lose drohenden Gefahr keinesfalls getroffen zu werden brauchen.
F. bemerkt gegen den ersten Punkt, dass derselbe nichts
gegen die Virulenz von Rindstuberkulosebacillen für den
Menschen beweist: denn dieselben sind nicht nur für das
Rind, sondern auch für Meerschweinchen, Pferde, Hunde,
Schweine, Schafe pathogen und schon aus diesem Grunde kt
es höchst unwahrscheinlich, dass sie für den Menschen allein
nicht pathogen sein sollten. Der zweite Punkt ist nicht be¬
weisend, da die Virulenz des von dem Rinde auf den Men¬
schen übergegangenen Bacillus durch diese Passage verringert
worden sein kann. Gegen den dritten Punkt citirt F. die
Resultate zweier statistischer Arbeiten aus zwei der grössten
Kinderspitäler in England: Dr. Still vermochte an dem
Sectionsmaterial eines Londoner Kinderspitals 29, l°/ 0 der
Fälle von Kindertuberkulose auf primäre Darmtuberkulose
zurückzuführen; Dr. Shennan in Edinburgh 28,1 °/ 0 . Die
beiden Statistiken umfassen 547 Fälle, die Diagnosen sind
sicher gestellt. Nach diesen Zahlen ist primäre Darmtuberku¬
lose bei Kindern nicht nur nicht selten, sondern geradezu häufig.
Im Weitern bespricht F. die Schwierigkeit, die intestinale
Entstehung der Tuberkulose durch Milchgenuss einwandsfrei
nachzuweisen. Er erwähnt dabei die Feststellung von R.
Thorne-Thorne (1898), welcher fand, dass die Lungen¬
tuberkulose der Erwachsenen in England im Laufe der letzten
30 Jahre deutlich zurückgegangen ist, entsprechend den
besseren hygienischen Bedingungen, während dagegen die
Tuberkulose intestinalen Ursprungs für alle Lebensalter
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392
kaum sich verringert hat, und bei den Kindern unter einem
Jahr sich eine merkliche Steigerung in der Tuberkulose-
Mortalität gezeigt hat. Die letztere ist vielleicht (nach
Thorne-Thorne) auf Zunahme der Kuhmilchernährung der
Säuglinge zurückzuführen. Freilich ist dabei, wie F. hervor¬
hebt, schwer zu verstehen, wesshalb alsdann Kinder zwischen
ein und fünf Jahren nicht gleichfalls jetzt häufiger an Tuberku¬
lose erkranken als früher. — Dass die durch Milch über¬
tragene Tuberkulose nicht allzuhäufig ist, erklärt sich, wie
F. anführt, sehr wohl daraus, dass nach seiner Erfahrung die
Fälle von ausgesprochener Eutertuberkulose ungefähr 2 °/ 0
aller Kühe in England betreffen (während F. ungefähr 3O 0 / o
tuberkulosekranker Rinder überhaupt rechnet). Da die Keime
der infektiösen Milch ausserdem in der Regel durch Mischung
mit der Milch anderer Kühe stark verdünnt werden, so erklärt
sich die geringe Zahl wirklich nachweisbarer Fälle von Darm¬
tuberkulose des Menschen wohl auch ohne die Annahme einer
tiefer greifenden Verschiedenheit zwischen dem Erreger der
Rinder- und demjenigen der menschlichen Tuberkulose.
F. gelangt daher zu dem Schlüsse, dass zwar eine
genauere Abschätzung der durch intestinale Infektion mit
Milch etc. gesetzten Gefahren für den Menschen nicht gegeben
werden kann, dass die Gefahr aber sicher als eine thatsächlich
bestehende angesehen und bekämpft werden muss.
In seiner Besprechung der vorgeschlagenen Massregeln
zur Bekämpfung der Rindertuberkulose ist F. ziemlich skep¬
tisch. Der Hauptschaden liegt in der Unkenntniss der Gefahr
seitens der Laien und in dem Mangel an gesetzlichen Vor¬
schriften , welche den Eigenthümer zwingen, wenigstens in
Fällen von ausgesprochener Eutertuberkulose oder vorge¬
schrittener Allgemeintuberkulose die betreffende Milch vom
Consum fernzuhalten. Allgemeine Ausführung der Tuberkulin¬
impfung kann wegen des Kostenpunktes und wegen der mög¬
lichen Täuschungen nicht empfohlen werden, ebensowenig
dürfte regelmässig wiederholte Untersuchung der säramtlichen
Milchkühe zum Ziele führen. Leichter durchzuführen, wenn
auch nicht so durchgreifend in der Wirkung, würde die An¬
zeigepflicht von Eutererkrankungen und Verbot des Verkaufs
der Milch von jeder Kuh mit Zeichen von Euter- oder klini¬
scher Tuberkulose sein. Jedenfalls müssen Massregeln gegen
die Rindertuberkulose sobald und so eingreifend als möglich
durchgeführt werden, auch wenn dieselbe für den Menschen
weniger gefährlich als angenommen sein sollte.
In seinem Schlusssatz betont F., dass jedenfalls die In¬
halation der menschlichen Tuberkelbacillen die Hauptquelle
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393
menschlicher Tuberkulose darstellt; „aber wir dürfen gleich¬
zeitig nicht den Milchhändlern das Recht zugestehen, uns
Tuberkelbacillen in der Milch zu verkaufen, selbst wenn wir
sicher wären, dass wir, ähnlich wie Koch’s Yersuchsschweine,
nichts zu fürchten hätten ausser der Entwicklung „kleiner
Knoten hier und da in den Lymphdrüsen“ unseres Halses
und „von etlichen grauen Tuberkeln“ in unseren Lungen“.
(Veterinarian August 190t.)
Uebertragung der Tuberkulose zwischen Mensch und
Rind. Zu dem Referate in der vorigen Nummer ist aus dem
ausführlichen Berichte über Koch’s Vortrag noch Folgendes
nachzutragen. Die Versuche schildert Koch folgendermassen :
„Eine Anzahl von jungen Rindern, welche als frei von Tuberku¬
lose gelten konnten, war auf verschiedenen Wegen durch
Reinkulturen von Tuberkelbacillen, die von tuberkulösen
Menschen gewonnen worden, inficirt worden. Einige bekamen
das tuberkulöse Sputum Schwindsüchtiger in die oberen Luft¬
wege direkt einverleibt, in anderen Fällen wurden die Tu¬
berkelbacillen oder das Sputum unter die Haut oder in die
Bauchhöhle oder in die Halsvenen injicirt. Bei sechs Thieren
wurde tuberkulöses Sputum fast täglich 6—8 Monate hindurch
der Nahrung beigesetzt. Vier Thiere athmeten wiederholt
grosse Quantitäten Bacillen ein, welche im Wasser verrührt
worden waren, das dann in der Luft zerstäubt wurde. Keines
dieser Thiere — es waren ihrer neunzehn — zeigte Symptome
der Krankheit, und sie gewannen sogar beträchtlich an Ge¬
wicht. Sechs bis acht Monate nach Beginn der Experimente
wurden sie getödtet. In ihren Eingeweiden wurde keine Spur
von Tuberkulose gefunden. Nur dort, wo die Injectionen er¬
folgt waren, zeigten sich kleine Eiterherde, in welchen Tu¬
berkelbacillen gefunden wurden. So wurden bei den Ver-
suchsthieren durch lebende Bacillen der menschlichen Tuberku¬
lose genau dieselben Erscheinungen hervorgerufen, wie durch
todte Bacillen, Sie waren also absolut unempfänglich für
dieselben. Es folgt daraus die ungemein wichtige Thatsache,
dass die Tuberkulose der Menschen nicht identisch ist mit
der Rindertuberkulose, und dass die bisherige Annahme von
der Uebertragbarkeit der Tuberkulose unserer Hausthiere auf
den Menschen hinfällig ist“.
Die Kontrollversucbe (an Schweinen, Eseln, Schafen,
Gänsen) ergaben, dass dieselben bei Verfütterung von Rinder¬
tuberkulosebacillen ziemlich schwere Veränderungen in den
Lungen zeigten, bei sechs mit Schwindsüchtigen-Sputum ge¬
fütterten Schweinen fanden sich nur die oben von M. Fadyean
citirten Herde.
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394
Wie Ref. in Nr. 31 der Wochenschrift darzuthun ver¬
suchte, sind die Schlussfolgerungen Koch's auch dann hinfällig,
wenn die absolute Nichtinficirbarkeit des Rindes durch mensch¬
liche Tuberkulose erwiesen sein sollte.
Die nunmehrigen Untersuchungen werden jedenfalls vor
Allem an drei Punkten einsetzen müssen: 1. Da der Nachweis,
welchen Koch und Schütz für die Bacillen menschlicher Tuberku¬
lose geliefert haben, dass das Rind schwer oder nicht empfäng¬
lich für dieselben ist, für die Tuberkulose des Schweines
oder Pferdes etc. noch nicht erbracht ist, obwohl diese mit
Rindertuberkulose leicht infiicirt werden können, wird es sich
zunächst darum handeln, auch für diese den Koch’schen Versuch
nachzuahmen. Wie, wenn nun z. B. die Bacillen der Schweine¬
tuberkulose gleichfalls das Rind nicht inficiren sollten —?
2. Wie dem Referenten auf Nachfragen von verschiedenen
Seiten mitgetheilt wurde, sind anscheinend sicher gestellte
Fälle von Leichentuberkelinfektionen bei Fleischern, Schlacht¬
hofangestellten, Wasenmeistern beobachtet worden. — Wenn
diese Angabe sich bestätigt, so liegt hier das von uns nicht
ausführbare Experiment von der Natur gemacht vor, und
wird es sich jedenfalls dringend empfehlen, jeden derartigen
Fall sofort mitzutheilen und bakteriologischer Prüfung zu
unterwerfen. 3. Werden die Versuche Koch’s selbst noch in der
verschiedensten Weise v a r i i r t werden müssen. Vor allem wird
hier einerseits Steigerung der Virulenz der Bacillen menschlicher
Tuberkulose (eventuell indirekte Uebertragung über andere
Hausthiere), andererseits Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit
der Versuchstiere ins Auge gefasst werden müssen. E. A.
Pferdebestände in Europa. Daily News und Graphic
veröffentlichen folgende Zusammenstellung über die Zahl der
vorhandenen Pferde:
Frieden:
Krieg:
Frankreich . . .
. . . 143,000
400,000
Italien . . . .
. . 45,000
80,000
England . . .
. . . 19,000
70,000
Deutschland . .
. . . 125,000
400,000
Russland . . .
. . . 140,000
450,000
Oesterreich . . .
. . . 78,000
250,000
(Bull. V6t., Mai 1901.)
Personalien.
Die Distriktsthierarztstefle in Hollfeld (Oberfranken) wurde dem
prakt. Thierarzte Theodor Mayr in Ziemetahauaen übertragen. — Die
Stelle des Bezirksthierarztes für das neuerriohtete Bezirksamt Mainburg
(Niederbayern) wurde vom 1. Oktober 1. Ja. an dem Distrfiktsthierarzte
Friedrich Bauer in Mainburg übertragen.
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395
Assfstenten-Cresuch.
Wegen Einberufung meines jeweiligen Herrn Assistenten zum Militär
suche ich bis Mitte September event. bis Anfangs Oktober Ersatz auf
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G. Bernhard, Distriktsthierarzt, Thannhausen, Schwaben.
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396
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
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Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gottes Winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Aibrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
für
Thierheilknnde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
M. Alhreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 20. August 1901. Nr. 34.
Inhalt: Dr. Mayr, Zur Kasuistik der Aloewirkung beim Pferde. — Schneider,
Fraktur des Sprungbeins beim Pferde. — Diem, Multiple Hautab-
scesse beim Pferde. — Karl, Darminvagination bei der Kuh: Lapara-
tomie. — Sallinger, Katarrhalfieber des Rindes. — Referate. —
Amtsthierftrztliche Prüfung. — Inserate.
Zur Kasuistik der Aloewirkung beim Pferde.
Von Dr. Jos. Mayr, Prosector.
(Aus der ambulatorischen Klinik der k. Thierärztlichen Hochschule zu
München.)
Bei einem Chaisenpferde einer Herrscbaftsstallung, sieben¬
jähriger, dunkelbrauner Halbblutwallach, war auf eine Pille,
bestehend aus 2,0 Acid. arsenicos., 25,0 Aloes pulv. mit grüner
Seife eine beträchtliche Menge von Eingeweidewürmern ab-
gegangen. Die Parasiten wurden als weibliche und einige
männliche Exemplare von Oxyuris curvula bestimmt. Irgend
welche Belästigung oder Beeinträchtigung des Nährzustandes
hatten sie dem Pferde nicht verursacht, nur wurde es vom
Eigenthümer als unangenehm empfunden, wenn, was wieder¬
holt vorkam, bei der Ausfahrt einige an die Haut in der
Umgebung des Afters angetrocknete Exemplare sich präsen-
tirten. Die Wirkung der Aloe war als wiederholte, ausgiebige
Entleerung von theilweise zerfallenem, mit den Würmern
untermischtem Kothe nach ca. 18 Stunden eingetreten. Die
Pille stammte aus der Apotheke. An den folgenden Tagen
gingen noch einige Nachzügler ab, alsdann blieb der Mist
rein und zwar auch dann noch, als durch Eingabe von V» kg
künstlichen Karlsbader Salzes für eine abermalige Darm¬
entleerung gesorgt worden war.
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398
Inzwischen entdeckte der Reitknecht in den Abgängen
des Reitpferdes, einer englischen, zehnjährigen Fuchsstute,
ein grosses Exemplar von Ascaris megaloceph., weiblich, 31 cm
lang. Dazu bemerkte der Eigenthümer, dass sich das Pferd
schon seit einiger Zeit nicht mehr so gut nähre und matter
geworden sei. Er wünschte zur Wurmkur wennmöglich An¬
wendung desselben Mittels und war mit einer höheren Dosir-
ung einverstanden. Verordnet wurde diesmal eine Pille zu
3,0 Acid. arsenicos. und 40,0 Aloe mit einer Reservepille
desselben Inhaltes für den Fall, dass das Eingeben der ersten
bei dem etwas widerspenstigen Pferde misslingen sollte. Die
übliche Diät und Stallruhe wurde angeordnet und die Appli¬
kation einer Pille auf Mittag des folgenden Tages angesetzt,
zu welcher Zeit dann auch durch das geübte Personal das
Eingeben besorgt wurde. — Beim Abendbesuche des Appli¬
kationstages, ca. fünf Stunden nach der Eingabe, meldete mir
nun zunächst der Eigenthümer, das nachlässig hochgebundene
Pferd habe die Strohstreu seines Standes zur Hälfte auf¬
gefressen — das Thier war ja schon am Tage zuvor auf
halbe Ration gesetzt worden und hatte heute noch kein Futter
bekommen —, und von den Stallbediensteten erfuhr ich, was
der Eigenthümer bestätigte, dass beim Eingeben Alles sehr
gut abgelaufen sei; verloren sei gar nichts gegangen und sie
hätten beide Pillen eingegeben; letztere seien ja kleiner
gewesen, als die in der vergangenen Woche dem Wagen¬
pferde gegebene, während doch die Dosis diesmal eine stär¬
kere sein sollte.
In der Apotheke wurde mir die Mittheilung, dass, wie
verordnet, abgegeben worden sei.
Das Pferd hatte also 80,0 Aloe mit 6,0 Arsenik er¬
halten.
Die sich anschliessende Untersuchung ergab: Im Be¬
nehmen des Thieres ist nichts Auffallendes zu bemerken.
Gemistet hatte es nicht, der letzte Koth war Vormittags, frei
von Würmern, abgesetzt worden; T. 37,9; P. 32; A. 16;
Qualität und Rhythmus des Pulses ohne Besonderheiten, der¬
selbe setzte, wie unter normalen Verhältnissen bei diesem
Pferde, nach der 4.—6. Welle einen Schlag aus. Die Pu¬
pille ist nicht erweitert. Die Stalltemperatur betrug 25° C.,
es war der Abend eines heissen Julitages. Das Pferd erhält
nun die inzwischen aus der Apotheke eingetroffene Latwerge
mit 60,0 Eibischwurzel- und 40,0 Malvenblätter-Pulver, von
welcher beim Eingeben ein kleiner Bruchtheil verloren geht,
da sich das Thier störrisch benimmt. Einige Zeit hernach
frisst es mit Appetit drei Liter Haber und etwas Heu.
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399
Zwischen neun und zehn Uhr abends ist der Befund
noch der gleiche, wie vor drei Stunden. Auch die Nacht
hindurch verhielt sich das Thier ruhig.
In der Frühe des folgenden Tages, etwa 15 Stunden
nach der Einverleibung, beginnen die Entleerungen; der Koth
ist zunächst noch locker geballt; das Thier bleibt ruhig. Be¬
fund gegen sieben Uhr vormittags (nach 18 Stunden): T. 38.8;
A. 20, P. 28; die Intermissionen fallen auf den 8.—9. Puls-
schlag.
Das Pferd nimmt nun sechs Liter Mehltrank, dem 30,0
Leinsamenpulver beigemengt sind, und etwas Heu zu sich und
bekommt zwei Stunden hernach zwei Flaschen (zu je 1 1)
Eibischthee, aus 100,0 der gepulverten Wurzel bereitet, ein-
geschtittet; Haber wird verschmäht.
Befund nachmittags zwischen ein und zwei Uhr, 24 Stun¬
den nach der Applikation, heisser Julitag: T. per rectum:
37.8; A. 22; P. 28; der Puls setzt wie vormittags oder erst
nach der zwölften Puls welle aus. Die Kothentleerungen haben
sich einigemale wiederholt, die Dejekte sind zerfallen und
zum Theil wässerig.
Die Pausen zwischen den einzelnen Entleerungen werden
nun immer kürzer, die jedesmal abgesetzfen Mengen immer
geringer, aber wässeriger. Gegen den Abend stellen sich
leichte Koliken ein, dünnflüssiger Koth und auch reines
Wasser werden im Bogen abgesetzt, dabei gehen regelmässig
Gase ab. In der Nacht nimmt die Unruhe des Thieres zu,
nur einigemale hat es eine kurze, wenige Minuten andauernde
Ruhepause, während welcher es matt und theilnahmslos im
Stande steht. In der Zeit nach acht Uhr bis nach Mitter¬
nacht haben die Rectalentleerungen von Wasser mit wenig
Koth und von Gasen in der Art zugenommen, dass sie fast
keine Pausen mehr zwischen sich lassen; von V 2 4—5 Uhr
morgens endlich tritt etwas Ruhe ein und das abgemattete
Thier legt sich nieder, erhebt sich aber dann wieder unter
neuen, weniger heftigen Belästigungen, welche bis gegen sieben
Uhr vormittags währen. Yon da ab wird das Pferd ruhiger,
die Ausleerungen erfolgen seltener und mit Abgang von we¬
niger Wasser, und etwa um zwölf Uhr mittags kommen die
Fäces ohne Wasser, wenn auch noch weich und klein geballt,
zum Vorscheine, zugleich benimmt sich das Thier nun gegen
das Eingeben von Medikamenten wieder sehr renitent, was
die Nacht zuvor nicht der Fall gewesen war.
Die drastische Wirkung hatte also nicht ganz 24 Stunden
angehalten.
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400
Während dieser letzten 24 Stunden hatte die Körper¬
temperatur nur geringe Schwankungen gezeigt: abends, .mit
dem Einsetzen der Koliken: 38.1° C.; in der Frühe, als
Ruhe eingetreten war, 38.0°; mittags dieses Tages: 37.8°.
Puls und Athmung hatten wohl während der heftigen Anfälle
in der Nacht eine Steigerung ihrer Frequenz aufgewiesen,
beruhigten sich aber schon gegen den Morgen, zugleich mit
dem Nachlassen der übrigen Symptome, wieder. Zwischen
ein und zwei Uhr nachmittags, also 48 Stunden nach der
Applikation, als der Koth leicht geballt erschien, war, neben
der angegebenen Temperatur von 37.8° C., der Stand der
Athmung 20, der des Pulses 28; dieser setzte nach dem
12.—15. Schlage aus.
Die Therapie während dieser 24 Stunden hatte in ab¬
wechselnden Gaben von Mehltrank bis zu 61 in einer Mahl¬
zeit unter Zuthat von Leinsamenmehl wie oben und von etwas
Heu einerseits, sowie in den Eibisch-Thee-Eingüssen anderer¬
seits bestanden. Die Menge des innerhalb dieser Zeit nach
und nach verabreichten Thees betrug ca. 10 1. Ausserdem
hatte das Thier gegen nachts elf Uhr, also während der
Periode der heftigsten Diarrhöe, 15,0 Tannoform in Emulsion
mit Gummischleim, Syrup und Wasser eingeschüttet erhalten.
Mit dem Nachlassen der Aloe Wirkung, wie erwähnt gegen
Mittag des zweiten Tages nach dem Tage der Applikation,
stellte sich der Appetit des Pferdes nach Haber wieder ein,
von welchem es zunächst nur geringe Mengen (2—3 1) mit
Heu neben Mehltrank ohne Leinsamen vorgesetzt erhielt. Die
Theegaben unterblieben von nachmittags an, zumal auch das
Thier sich heftig widersetzte.
Der Befund am Abende war derselbe wie mittags. In
der Nacht ruhte das Pferd.
Yom folgenden Tage ab konnte das gewöhnliche Futter,
Haber mit etwas Heu, in halber Ration verabreicht werden.
Bei der Untersuchung gegen */2 2 Uhr nachmittags zeigten
sich: T. 37.8; A. 16, P. 32, letzterer aussetzend wie unter
gewöhnlichen Verhältnissen in der Ruhe. Der Mist kommt
gross — wenn auch noch etwas locker geballt — zum Vor¬
scheine. Am Abende wird das Pferd eine Stunde geführt.
Mässige Bewegung vor- und nachmittags bei noch ver¬
minderter Futterration wurde auch für den vierten Tag nach
dem Applikationstage angeordnet. In der Frühe des fünften
Tages wurde das Thier wieder geritten.
Die Untersuchungsbefunde hatten nichts Bemerkenswerthes
mehr aufgewiesen.
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401
Pupillenerweiterung oder Knoblauchgeruch der Fäces als
Arsenikwirkung konnte im ganzen Verlaufe nicht bemerkt
werden.
Der Abgang von Ascariden oder irgend eines anderen
Helminthen war seit Beginn der Kur nicht mehr erfolgt.
Fraktur des Sprungbeins beim Pferde.
Von Distriktsthierarzt Schneider, Murnau.
Ein ausgekoppelter eiserner Kippwagen einer Feldbahn
stiess einem Pferde so unglücklich auf den rechten Hinter-
fuss, dass ein Bruch des Sprungbeines erfolgte. Das Pferd
zeigte sehr grosse Schmerzen und stand nur auf drei Beinen;
an der Bruchstelle hörte man deutliche Krepitationsgeräusche.
Dem mit grosser Mühe in den nahen Stall verbrachten Thiere
wurde ein durch Holzschienen verstärkter Immobilisirungs-
verband aus Wasserglas angelegt und zwar so, dass die
Wunde am Sprunggelenk frei blieb, die antiseptisch behandelt
wurde. Ausserdem wurde das Pferd in eine Gurt eingestellt;
bereits nach fünf Tagen belastete es den verletzten Fuss und
konnte, als nach drei Wochen der Verband abgenommen
wurde, ziemlich gut gehen, ohne merklich zu lahmen. Nach
sechs Wochen wurde das Thier zum ersten Mal verwendet;
jetzt geht es ohne Störung wieder im schweren Zug. (Jahres¬
bericht bayerischer Thierärzte.)
Multiple Hautabscesse beim Pferde.
Von DiBtriktsthierarzt Diem, Burghausen.
Bei einem Pferde zeigten sich schon seit drei Monaten mul¬
tiple Hautabscesse an verschiedenen Körperstellen, als ich es in
Behandlung bekam. Da die lokale Behandlung — Einreiben
der den Abscessen vorausgehenden Geschwülste mit Jodjod¬
kalisalbe, Ausspritzen mit Creolinwasser — nicht zum Ziele
führte, liess ich dem Thiere täglich zweimal je 3,0 Kal. jodat.
ins Trinkwasser, ausserdem täglich dreimal ein Esslöffel fol¬
genden Pulvers geben: Acid. arsenicos. 5,0, Natr. bicarbonic.
300,0, Fruct. Junip. 200,0, Sem. Foenugraöc. 200,0, Fruct.
Foenic. 100,0. Nach vierzehn Tagen zeigten sich die Ge¬
schwülste bedeutend kleiner und hörte die Abscessbildung auf;
nach zwei Monaten waren nur noch die Narben vorhanden.
(Ibidem.) _
Darminvagination bei der Kuh: Laparatomie.
Von Bezirksthierarzt Karl, Wertingen.
Bei einer Kuh wurde Darminvagination durch die Lapa¬
ratomie beseitigt. Das Thier zeigte einen vollen Tag heftige
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402
Kolikschmerzen, und stellte ich auf blutige Darmabgänge hin
die Diagnose, ohne dass es möglich gewesen wäre, dieselbe
bei der vorgeschrittenen Trächtigkeit des Thieres durch Mast-
darmexploration zu bestätigen. Nach Reinigung und Des¬
infektion der rechten Bauchwandung wurde der Bauchschnitt
gemacht und ein grosser Theil des Dünndarmes mit der etwa
einen Meter langen Invagination nach aussen gebracht. Die
Lösung gelang nur durch Auspressen des eingeschobenen
Theiles; die anfangs angestellten Ausziehversuche waren ganz
erfolglos und hätten nur zu Darmzerreissung geführt. Die
Genesung erfolgte, trotzdem der invaginirte Darm bereits
stark cyanotisch und die Bauchhöhle mit röthlich gefärbter
Flüssigkeit angefüllt war, die im Verlauf der Operation
grösstentheils abfloss. (Ibidem.)
Katarrhalfieber des Rindes.
Von Distriktsthierarzt Sallinger, Windsbach.
Im Jahre 1899 kamen vier Fälle von Catarrhalfieber des
Rindes zur Behandlung. Bei sämtlichen wurde Heilung er¬
zielt durch innerliche Verabreichung von 20—25 gr Lysol in
Spiritus und Wasser, durch Inhalation von Wasserdämpfen und
Pix. liqu. und 01. Tereb. äa, kalte Güsse und Umschläge auf
den Kopf, sofortige Entfernung aus dem Stalle und Unter¬
bringung in einem luftigen Raum; die Thiere wurden dabei
sehr warm zugedeckt. Nur bei einem Ochsen trat Erblinden
ein. Interessant dürfte der Fall sein, dass ein Besitzer seinem
erkrankten 2 1 /* jährigen Ochsen die Dosis von 75 gr Lysol statt
innerhalb drei Tagen in 24 Stunden verabreichte, was eine
auffallend rasche Besserung herbeiführte. Bei meinen früheren
Behandlungsweisen mit Antifebrin u. a. hatte ich nie Erfolge.
(Ibidem.)
Referate.
Ueber Menschen- und Rindertuberkulose.
In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft
vom 24. Juli 1901 behandelte R. Virchow die Mittheilungen
Koch’s vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus.
Er bezweifelt nicht, dass durch die Untersuchungen von Koch
und Schütz in der That der Beweis dafür geliefert worden
ist, dass Infektionsmassen aus menschlichen Schwindsuchts¬
produkten bei den Versuchsthieren keinerlei der Perlsucht
ähnliche Erscheinungen erzeugten. Er hält aber den von
Koch gemachten Rückschluss hinsichtlich der Uebertragung
von dem Rinde auf den Menschen für zu weitgehend und
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403
weist auf Fälle hin, in welchen eine solche Uebertragung
äusserst wahrscheinlich schien. „Wir haben in der That von
Zeit zu Zeit einmal einen solchen Fall in der Charitö gehabt,
und es sind auch einige Präparate gesammelt worden, bei
denen eine sehr ungewöhnliche Erscheinung von peritonealer
Tuberkulose vorlag, bei denen namentlich so massenhafte
Wucherungen sich fanden, wie sie sonst beim Menschen nicht
vorzukommen pflegen. Wir haben jeden solchen Fall als ein
Verdachtsmoment betrachtet und betrachten ihn noch so. Ich
halte es also für möglich, dass die Negation von Koch viel¬
leicht künftig sich wird widerlegen lassen.
Dann fährt Virchow fort: „Dagegen finde ich kein Be¬
denken, anzuerkennen, was Koch auf Grund der neuen Ex*
perimente in seinem Bericht in der in Häkchen gedruckten
These gesagt hat: „Mit Genugthuung spreche ich die Be¬
hauptung aus, dass sich die Menschentuberkulose von der
Rindertuberkulose unterscheidet, und dass sie auf die Rinder
nicht übertragen werden kann.“
Hier sind aber zwei Thesen zu einer einzigen ver¬
einigt, nämlich die Verschiedenheit der beiden Tuberkulosen
von einander und die Frage ihrer Uebertragungsmöglichkeit.
Was diese letztere an betrifft,' so habe ich Ihnen schon mit-
getheilt, dass die vorgelegten Objekte dafür sprechen. Was
den anderen Punkt anbetrifft, dass beide sich unterscheiden,
so ist dabei das sehr sonderbare Verhältnis hervorgetreten,
dass, nachdem meine alte These, die eben dahinging, dass sie
sich unterschieden, durch die Schule von Koch lange Zeit
hindurch mit einer gewissen Verachtung behandelt worden ist,
— und ich als geduldiger Mensch in diese Beurtheilung mich
gefügt habe, — es für mich nichts gerade Ueberraschendes
hatte, zu hören, dass Herr Koch sich jetzt überzeugt hat,
dass das zwei verschiedene Dinge sind. Ich habe freilich nie
verstanden, dass man die Identität beider behaupten konnte.
In dieser Beziehung möchte ich bemerken: ich denke mir,
man kann nichts eine Tuberkulose nennen, wobei nicht Tuberkel
in derjenigen Form entstehen, wodurch sie sich pathologisch¬
anatomisch als wirkliche Tuberkel erweisen, aber es darf nicht
jedes Ding, in dem Tuberkelbacillen Vorkommen, ohne Weiteres
Tuberkel genannt werden. Auf dieser Verwechselung beruht
meiner Meinung nach ein grosser Theil der Schwierigkeiten,
welche für das Publikum und besonders auch für die Aerzte
entstanden sind. Denn wenn man sich nicht genau darüber
verständigen konnte, was man einen Tuberkel nennen will, so
war es unmöglich, auf die Dauer eine klare und allgemein
verständliche Darstellung zu geben.
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404
In dieser Beziehung darf ich wohl Ihnen gegenüber
nochmals betonen, dass nach meinen Vorstellungen ein Tuberkel
nicht blos ein Ding ist, worin Tuberkelbacillen sind, sondern
welches auch aus Zellen zusammengesetzt ist, die wir Tuberkel¬
zellen nennen können, das heisst also, dass in dem Tuberkel
ein Organismus vorliegt, ein Gewachsenes, ein aus dem Körper
selbst Hervorgewachsenes, mag es auch entstanden sein durch
den Reiz von Tuberkelbacillen. Aber die Tuberkelbacillen
selber sind kein konstituirendes Element in demselben, sondern
das konstituirende Element müssen Zellen sein, welche aus
dem lebenden Körper selbst hervorgegangen sind. Sie wer¬
den sich erinnern, dass ich früher hier zu wiederholten Malen
die Unterschiede zwischen blos bacillären Produkten und wirk¬
lich tuberkulösen hervorgehoben habe. Ich will das nicht
noch einmal wiederholen, aber für mich hat die Unterscheidung
allerdings nichts Neues. Ich kann nur sagen, gegenüber der
langen Zeit, die seitdem vergangen ist — Sie müssen bedenken,
dass mehr als zehn Jahre darüber hingegangen sind, wo man
sich, wie Koch selbst jetzt sagt, einer Täuschung hingegeben
hat — wenn man das nun nicht wieder zehn Jahre lang zu¬
lassen will, so wird man sich wohl entschliessen müssen, mit
grösserer Sorgfalt die verschiedenen Dinge auseinanderzubringen
und nur die wirklich pathologischen Tuberkel und nicht die
blos bakteriologischen in den Vordergrund der Betrachtung
zu stellen.
Die Schwierigkeiten in der Deutung liegen ja wesentlich
darin, dass man glaubte, ein mit den betreffenden Bakterien
versehenes Gebilde ohne Weiteres einen Tuberkel nennen zu
können. Auf diese Weise sind nicht blos die Perlsucht des
Rindviehs und der Lupus des Menschen mit in den Vorder¬
grund der Betrachtung gekommen, sondern, was noch viel
auffallender war, sogar die anatomische Warze, weil zufälliger¬
weise einmal hie und da in dem mikroskopischen Schnitte
aus einem anatomischen Auswüchse der Haut ein Tuberkel¬
bacillus sich gefunden hat. Diese Deutung muss natürlich
zunächst aufhören. Man muss sich darüber klar sein, dass
es nicht bloss bacilläre Tuberkel und bacilläre Hepatisationen
gibt, sondern auch nicht bacilläre, und dass nicht jedes Ding,
in welchem ein Bacillus ist, sofort Tuberkel genannt werden
darf. Man muss vielmehr jeden Tuberkel als ein organisches
Gebilde betrachten, welches herausgewachsen ist aus den Be¬
standteilen des Körpers. Das wollte ich bei dieser Gelegen¬
heit besonders betonen.
Da ich nun die Ehre habe, zu der Prüfungskommission
hinzugezogen zu sein, welche die weiteren Versuche kon-
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405
trolliren soll, so verspreche ich hiermit, dass ich mich bemühen
will, mit möglichster Strenge auf dieser Unterscheidung zu
beharren, damit Sie künftighin nicht wieder in die Schwierig*
keit kommen, die sich in den letzten Jahren vollzogen hat.
Das Publikum im Grossen wird ja dabei recht gut fahren,
und ich werde mich freuen, wenn es sich wirklich bestätigt,
dass die Tuberkelbacillen des Rindes nicht so häufig durch
Milch und Fleisch und wer weiss was sonst in den mensch¬
lichen Körper übergehen, wie man es jetzt gewöhnlich ge¬
schildert hat. Mir schien das immer etwas übertrieben zu
sein. Ich habe mich dadurch nie hindern lassen, Milch zu
trinken oder Fleisch zu essen, dass ich die Möglichkeit an¬
erkennen musste, dass vielleicht ein Bacillus drin Bässe. Aber
ich war auch immer der Meinung, dass es auf einen oder den
anderen Bacillus nicht ankommt, und dass, wenn man nicht ein
gewisses Quantum davon in seinen Körper hineinbefördert, die
Gefahr nicht gross ist. Aber diese Frage der Quantität ist
bis jetzt überhaupt von den Bakteriologen noch fast gar nicht
behandelt worden. Sie thun immer so, wenn sie nur einen
Typhusbacillus finden oder einen Cholerabacillus, als genüge
das, um daraus ohne Weiteres unendliche Millionen von an¬
deren Bacillen der gleichen Art hervorgehen zu lassen. Wir
müssen ein wenig vorsichtiger werden, meine Herren, und,
wie gesagt, ich persönlich, soweit ich mitwirken kann, ver¬
spreche Ihnen, mit möglichster Sorgfalt darauf zu halten, dass
auch der anatomische Tuberkel zu seinem vollen Recht kommt,
und dass wir künftig uns wohl hüten, anatomische und bak¬
teriologische Dinge zusammenzuwerfen“. (Berliner klinische
Wochenschrift Nr. 31, 1901.).
Garino: Fibrosarcom des Stierhoderis. Die Hoden (zu¬
meist ist der rechte betroffen) nehmen an Grösse zu und ver¬
wachsen mit der bedeckenden Haut, ihre Form verändert sich
nicht. Beim Einschneiden erkrankter Hoden sieht man das
Drüsengewebe vollständig in einer weisslichen 2—3 cm dicken
Bindegewebsmasse eingeschlossen, auf deren Yergrösserung
allein die Volumszunahme des Organs beruht. Bei mikro¬
skopischer Untersuchung zeigt- dieses letztere sich aus Binde¬
gewebe mit reichlichen Kernen und Gefässen zusammengesetzt;
die Drüse selbst ist von reichlichen polymorphen Zellen mit
einem oder mehreren Kernen durchsetzt. Bald ist das
Drüsengewebe vollständig, bald nur theilweise durch das sarco-
matöse Gewebe ersetzt, manchmal nekrotisirt und erweicht.
(Periorchitis et Orchitis chron.? Ref.). Nach G. muss die an¬
gegebene Erkrankung von der Sarcocele unterschieden werden,
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406
welche nach Cruzel von unvollkommener Torsion des Samen-
Stranges bei der Bistournage herrührt. Während diese sich
nur bei Arbeitsthieren findet, konstatirte G. die genannten
Tumoren auch bei Zuchtstieren. Aetiologie unbekannt. (Clin.
Vet., Bull. Yet. Mai 1901.)
Gebärmutter- und Scheidenvorfall bei einer Kuh. Das
Organ war während einer kalten Märznacht 14 Stunden prola-
birt gelegen. Nach sorgfältiger Reinigung und Waschung mit
Creolinlösung Reposition, Uterusspülung mit Creolinlösung,
Chloralhydrat und Tinctura opii innerlich; Anlegung einer
Bandage. Die Kuh blieb einige Tage lang sehr schwach,
genas aber dann vollkommen. (Conroy, Veterinarian, Mai
1901.) E. A.
Amtsthierärztliche Prüfung.
Zu der am Montag den 7. Oktober 1. Js iu München
beginnenden amtsthierärztlichen Prüfung wurden vom k. Staats¬
ministerium des Innern 46 Thierärzte zugelassen. Die Prüfungs¬
kommission besteht aus dem k. Landesthierarzte Oberregier¬
ungsrath Göring als Vorsitzenden und den Mitgliedern Dr.
med. Kitt, o. Professor der k. Tbierärztlichen Hoch¬
schule, Schwarzmaier, k. Kreisthierarzt an der k. Re¬
gierung, Kammer des Innern, von Oberbayern, von Wolf,
k. Corpsstabsveterinär und veterinärärztlicher Konsulent der
k. Inspektion der Kavallerie, sämmtliche in München, und
Engel, k. Bezirksthierarzt in Kaiserslautern. Der erste
Prüfungsabschnitt (7. und 8. Oktober 1. Js.) wird im grossen
Landrathssaale des Regierungsgebäudes, die beiden andern
Abschnitte werden in den einschlägigen Instituten der k.
Thierärztlichen Hochschule abgehalten werden.
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Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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Thierheilkuude und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
her&usgegebeu von
Ä. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 27. August 1901. Nr. 35.
Inhalt: Gruber, Influenza der Pferde im Distrikte Obergflnzburg. —
Referate. — Viehseuchen-Nachrichten. — Bucherschau. — Inserate.
Influenza der Pferde im Distrikte Obergiinzburg.
Von Distriktsthierarzt Gruber, Obergflnzburg.
Unter den Pferden des nördlichen Theiles des Amts¬
gerichtsbezirkes Obergünzburg herrscht seit August 1898 die
Influenza, welche bald in grösserem, bald in kleinerem Um¬
fange, bald heftiger, bald milder verlaufend auftrat.
Wie bekannt, wurde der ursprüngliche Sammelbegriff
„Influenza“ durch Dieckerhoff als „Pferdestaupe“ und früher
schon durch Falke als eigentliche „Influenza“ näher präci-
sirt und diese Krankheit als „Influenza“ strenge von der
nun als „Brustseuche“ benamsten Erkrankung unter¬
schieden. Es ist auffallend, dass diese beiden Krankheiten so
lange unter einem Namen geführt werden konnten, während
doch das klinische Bild ein so völlig verschiedenes ist. Bei
der „Influenza“ ist vornehmlich der Digestionsapparat und
das Centralnervensystem, bei der „Brustseüche“, wie schon
der Name sagt, vorzüglich der Respirationsapparat erkrankt.
Schütz belegte die Influenza mit dem Namen „Rothlaufseuche“,
eine Bezeichnung, welche wegen der rothlaufartigen Schwell¬
ungszustände charakteristisch gewählt ist. Weniger geeignet
erscheint der durch Lustig eingeführte Name „Darmseuche“.
Während bei dem erstmaligen Auftreten eines Influenza¬
falles die sichere Erkennung der Krankheit einige Schwierig¬
keit bietet, ist man sich bei Wiederholung sofort über die
Art der Erkrankung klar.
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410
Anamnese: Die Pferdebesitzer kommen meist mit der
Angabe, dass ihr Pferd nicht mehr recht fresse, matt und
humorlos sei, gegen den Barren schiebe, „studire“, leichte
oder starke Kolik zeige, oft zum Harnen sich anstelle, bei
Bewegung schwankenden Gang zeige, am Unterbauche ge¬
schwollen sei.
Befund: Bei der Untersuchung ergibt sich, dass die
Thiere mehr oder minder hohes Fieber zeigen, wobei der
Puls beschleunigt oder auch sogar verlangsamt, fadenförmig,
oftmals unregelmässig aussetzend sich erweist. Die Pferde
sind sehr eingenommen, zeigen auffallende Mattigkeit, aus den
Augenwinkeln träufelt mehr oder minder eitriges Sekret. Die
Fresslust ist meist völlig aufgehoben, oftmals geht der Beginn
des Leidens mit Kolik einher. Die nervösen Erscheinungen
können so hochgradig gesteigert sein, dass die Thiere schlaf¬
süchtig dastehen oder auch wie bei akuter Gehirnwassersucht
und Gehirnentzündung Anfälle von Raserei bekommen. Die
Entleerungen sind spärlicher, der Koth meist klein geballt,
glänzend oder beschleimt. Auf Urin drängen die Pferde
häufig; er ist gelbröthlich. Dieses ofte Harnen ist geradezu
charakteristisch. Offenbar ist dieser Zustand*auf einen Nieren-
und Blasenkatarrh zurückzuführen. Durch Schwächung der
Circulationsorgane stellen sich umfangreiche Schwellungen am
Schlauche, Unterbauch und Unterbrust ein. Selbe sind
schmerzlos und teigig, oft auch sehr schmerzhaft. Faust¬
grosse Löcher brechen mitunter in die Geschwulst. Hieraus
entleert sich seröse und eitrige Flüssigkeit. Einige Pferde
zeigen am ganzen Körper rosenkranzartige, rundliche oder
unregelmässige Venenstauungen.
Von Seite des Respirationsapparates zeigt sich weniger
Auffälliges. Die Athmung ist zumeist angestrengt. Aus der
Nase flie8st etwas seröses Sekret. Die Lunge ist katarrha¬
lisch afficirt.
Verlauf: Nach dem Lehrbuche von Friedberger-
Fröhner beträgt die durchschnittliche Dauer der Krankheit
6—10 Tage, nur in schweren Fällen 2—3 Wochen. Bei den
im Distrikte Obergünzburg aufgetretenen Influenzafällen ist
die Krankheitsdauer eine durchweg längere gewesen ; nur
wenige Fälle genasen rasch. Es stellten sich oftmals hart¬
näckige cerebrale oder spinale Lähmungserscheinungen ein,
auch hielten die Magen-Darmerkrankungen, wie auch die
durch Herzschwäche bedingten Stauungsschwellungen oft durch
Wochen und Monate an.
Sectionsbefund: Wiederholt hatte ich Gelegenheit,
an Influenza verendete Pferde zu seciren, theils allein, theils
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411
mit ■ Herrn k. Bezirksthierarzt Ehrle zu Markt-Oberdorf.
Hiebei zeigten sich dem klinischen Befunde entsprechende
Veränderungen. War die Haupterkrankung im Yerdauungs-
cf/oT(öqP
JA/
JA/
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Strnitma^
&£g}enH)ot
kanale, so gewahrte man im Magen und Darme die Schleim¬
haut geschwollen und glasig getrübt, von umfangreichen Röth¬
ungen und einzelnen Blutungspunkten durchzogen. An der
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412
Propria der Leber, dem Bauchtheile des Zwerchfelles, am
Peritonäura zeigten sich mm bis mehrere cm lange Filamente;
Nieren und Harnblase Hessen äusserlich schon Veränderungen
erkennen, noch mehr waren sie im Parenchym verändert.
Gehirn und‘Rückenmark waren durchfeuchtet, in den Gehirn¬
ventrikeln oftmals Flüssigkeitsansammlungen. Das Herz war
meist brüchig und dilatirt, die Lunge catarrhalisch afficirt.
In der Unterhaut fand sich seröses Stauungstranssudat.
Behandlung: Die Behandlung der Pferde erfolgte nach
den allgemeinen Grundsätzen der Therapie und war im
Wesentlichen eine symptomatische. Mit guter Wirkung glaube
ich die Fowler’sche Arsenlösung angewendet zu haben, wovon
die Pferde täglich Früh und Abends */ 2 —1 Esslöffel auf
Brot gereicht erhielten. Von grosser Bedeutung halte ich auch
die Anwendung von Frottation und Massage, wie die Zu¬
führung guter frischer Luft und mässige Bewegung.
Prognose: Was die Prognose betrifft, so kann ich mich
nach den gemachten Erfahrungen den günstigen Resultaten,
wie sie im Handbuche von Friedberger-Fr öhner aufgeführt
sind, nicht anschliessen. Wenn auch die Mortalitätsziffer mit
4—6°/o zutreffend sein dürfte, so sind die Folgekrankheiten
der Influenza oft derart, dass sie vollständige Unbrauchbar¬
keit der Pferde in sich schliessen. Mehrere Pferde mussten
abgeschafft werden, weil selbe eine dauernde Parese der
Nachhand beibehielten, oder an hochgradiger Schwerathmig-
keit leidend blieben. Diese Dämpfigkeit muss auf Erkrankung
der bezüglichen Athmungsnerven zurückgeführt werden; denn
sie stellte sich gerade nach Ueberstehen einer hochgradigen,
nervösen Influenza ein, ohne dass sich im Verlaufe der Krank¬
heit eine besondere Lungenaffektion bemerklich gemacht hätte.
Auch wurde oftmals die Influenza durch ihre häufigen Reci-
diven sehr lästig. Es ist nämlich als sicher erwiesen anzu¬
nehmen, dass das einmalige Ueberstehen der Krankheit meist
nicht Immunität verleiht, wie im Handbuche von Friedberger
zu lesen ist, sondern dass grösste Geneigtheit zu Wieder¬
holungen besteht.
0ertliche Verbreitung: Der erste Fall des In¬
fluenza-Ausbruches begegnete mir zu Anfang August 1898
auf dem Va Stunde von Obergünzburg entfernten Gute Reich¬
holz. Trotz sorgfältigster Erhebungen konnte ich nicht er¬
mitteln, von woher die Seuche eingeschleppt worden war.
Weder in Reichholz noch sonstwo in den benachbarten Ort¬
schaften war früher diese Krankheit bekannt. Schon nach
einigen Tagen traten zwei Erkrankungen in dem von Reich-
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413
holz */* Stunde entlegenen Weiler Willofs in Erscheinung.
Diese beiden Fälle setzten hochgradigst ein und führten zum
Tode der Pferde, Während das eine Pferd hochgradiges Er¬
griffensein des Digestionsapparates unter zeitweisen heftigen
Kolikerscheinungen wahrnehmen liess, liess das andere Pferd
des Nachbarbauern fast ausschliesslich nur die nervösen Stör¬
ungen erkennen. Unter den Symptomen der akuten Gehirn¬
wassersucht ging dieses Thier schon am zweiten Tage ein.
Willofs wurde pun Standquartier für die Seuche, ln jedem
Gehöfte der etwa 14 Pferdebauern hielt sie Einkehr und be¬
fiel meist alle Pferde. Im dortigen Bräuhause stehen zwölf
Pferde. Hievon ist nur eines heftig erkrankt. Die übrigen
Pferde blieben scheinbar gesund. Auf genaue Nachfrage er¬
fuhr ich jedoch, dass auch die anderen Pferde mitunter eine
Mahlzeit nicht gefressen hätten und am Wagen sehr matt
gewesen seien. Diese Pferde seuchten somit leicht durch.
Das erkrankte Pferd hat während der letzten drei Jahre
fünfmal Rückfälle erlitten und verendete vor vierzehn Tagen,
wobei die Herzschwäche und die 40—50 cm tiefen Schwell¬
ungen am Unterbauche den Tod herbeiführten. — Yon Willofs
breitete sich schon nach einigen Wochen die Krankheit nach
den benachbarten Orten Wielans und Heissen aus. In beiden
Weilern sind Pferde verendet, hierunter zwei Fälle mit hoch¬
gradigen cerebralen Erscheinungen. Eine dieser Sektionen
wurde auch durch Herrn k. Bezirksthierarzt Ehrle vorge¬
nommen, wobei trotz des ausschliesslich in die Augen fallen¬
den klinischen Befundes der akuten Gehirn Wassersucht doch
hochgradige pathologische Veränderungen im Darmkanal und
besonders im Ürogenitalapparat konstatirt wurden.
Weiterhin dehnte sich die Influenza nach entfernter ge¬
legenen Orten, wie Eglofs, Wölfs, Holzstetten und Eggenthal-
Blöcktach aus. Auch iu Ebersbach gelangten zwei Fälle zur
Beobachtung, welche die Pferde eines Gastwirthes betrafen,
bei dem die Bauern von Heissen ihre Pferde einzustellen
pflegten«
In Obergünzburg traten vier Fälle in Erscheinung; hie¬
von drei im Heiss’schen Anwesen. Da das Gut Reichholz
uftd das Heiss’sche Anwesen in einer Hand ruhen, so geschah
die Ansteckung durch die Pferde von Reichholz. In Günzach,
Immenthal und Untrasried wurden nur einzelne Fälle beob¬
achtet. Auch mein Pferd erkrankte, wenn auch nur in leichter
Weise. Es war durch zwei Monate fast dienstuntauglich, er¬
müdete und schwitzte sehiv rasch, zeigte schlechten Appetit
ufcd litt oft an leichten Kolikanfällen. -
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Im Ganzen unterstanden ca. 80 bis 90 Herde in den
letzten Jahren wegen Influenza meiner Behandlung* Manche
Thiere erkrankten wiederholt in Rückfällen. Zehn Pferde
verendeten in Folge der Seuche. Etwa vier Pferde wurden
durch Lährtmngszustände und Athmungsbeschwerden unbrauch¬
bar. Während im Sommer und Winter die Krankheit mehr
sistirte,: setzte sie im Frühjahr und Herbst wieder stärker ein.
Zur Zeit ist wieder ein Aufflackern der Seuche bemerkbar,
indem wieder drei Fälle in meine Behandlung kamen. Ein
rückfällig erkranktes Pferd verendete. Obige 80—90 Fälle
betreffen nur die von mir behandelten Pferde, während doch
auch viele Thiere durch Pfuscher behandelt wurden oder
wegen leichter Erkrankung gar nicht zur Behandlung oder
Beobachtung kamen.
Aetiologie: Die fraglichen, hauptsächlich durch die
Influenza betroffenen^ Weiler und Gehöfte liegen etwa 100 bis
120 m über der Thalsohle der Günz auf einem unregelmässigen,
selbst wieder von Thaleinschnitten durchfurchten Plateau.
Die Stallverhältnisse liegen dort wie im übrigen Distrikte.
Meist befinden sich unter den Pferdeständen Yersitzgruben,
in anderen Fällen sogenannte Geschäle zur Aufnahme der
Jaucheflüssigkeit; Nur wenige Stallungen sind massiv betonirt.
Die Wasserverhältnisse sind meist gut geregelt, indem
das Trinkwasser für Menschen und Thiere direkt durch
Röhren von einer Quelle zuläuft oder durch Widder aus dem
Thalabhange heraufgepumpt wird. Es finden sich zwar auch
noch etliche Pumpbrunnen, die aber wenig in Benützung ge¬
zogen werden. Die Bodenverhältnisse und die daraus ent-
spriessenden Futterarten sind gleich denen im' übrigen Di¬
strikte. Somit ist die Ursache, warum gerade auf dieser
Höhe die Krankheit so hartnäckig sich behauptet, nicht erklärt.
Meine Ansicht geht dahin, dass die Krankheit schon
vor etwa acht Jahren eingeschleppt wurde, indem ich bereits
vor vier Jahren einen Influenzafall zu Gesicht bekam, der in
einem etwa eine Stunde von Willofs gelegenen Hofe auftrat.
Fragliches Pferd lag bereits in den letzten Zügen. Der Be¬
sitzer erzählte mir, dass er seit drei Jahren; vier Pferde, an
dieser Sucht verloren habe. Tierärztliche Hilfe nahm der
Bauer nicht in Anspruch, sondern Hess seine Pferde durch
einen vielbeschäftigten Pfuscher behandeln. Dieser sagte ihm,
es handle sich um Fferderothlauf. Die Stallverbältnisse dieses
Bauern waren sehr schlechte. Aus den Versitzgruben stiegen
faulige, morastige Dünste empor, welche sich beim Umgraben
so steigerten, dass die Grabenden es kaum aushielten. Der
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41$
Bauer lies* den ganzen Stall auf Anraten umbauen und
betoniren. Seitdem erkrankte kein Pferd mehr.' Somit dürften,
die Versitzgruben einen günstigen Nährboden; für das Conta-
gium darstellen.
Ein durch manche Autoren angenommener Zusammen¬
hang zwischen menschlicher und Pferdeinfluenza konnte nie
beobachtet werden, indem die Seucheninvasiouen ganz unab¬
hängig yoh einander erfolgten.
Referate.
Clin; Coccobacillus bei der periodischen Augenentzündung
des Pferdes. CI. untersuchte die steril aufgefangene Vor-
kammerflüssigkeit des Auges von Pferden, die an periodischer
Augenentzühdung litten, mikroskopisch und in Kultur. Mi¬
kroskopisch fand er zahlreiche kurze, isolirte oder zu zweien
aneinandergereihte Bacillen, die oft an den Enden geschw ollen
waren und im Inneren &baen hellen Raum zeigten. Die Aus¬
saaten auf Nährboden btieben beim Zutritt von Luft steril,
während man bei Sauerstoffabschluss üppige Kulturen erhielt,
die alsdann nach mehrfachen Passagen durch Nährböden sich
in allen Medien, auch in Gegenwart von Luft weiter entwickelten
und je nach dem Nährboden verschiedenes Verhalten zeigten.
Es handelt sich um Bacterium coli.. Injection des Inhaltes der
vorderen Augenkammer eines mondblinden Pferdes in ein
gesundes Auge bringt keine Veränderung hervor; die Injec¬
tion der Kulturen erzeugt alle Symptome periodischer Augen¬
entzündung. (Presse vöt. Bull. V6t. 1900.)
Barbaro: Die Hämaturie des Rindes. Nach den Untersuch¬
ungen von B. scheint diese Krankheit verursacht zu werden durch
eine in den rothen Blutkörperchen enthaltene protoplasmatische,
Masse; diese Massen, zu 3—4 in demselben Blutkörperchen
enthalten, sind bald rund, bald unregelmässig, manchmal ver¬
längert, am einen, Ende zugespitzt und am anderen abgerundet.
Wahrscheinlich geschieht die Uebertragung der Krankheit
durch Futter von sumpfigen Wiesen. Die Temperatur wechselt
zwischen 3tf und 41,5°, die sichtbaren Schleimhäute nind blass,
Korrektion beschleunigt, Appetit und Wiederkauen, verringert
oder aufgehoben, der Urin kaffeefarben, reich an Eiweiss und
Hämoglobin. Der Verlauf der Krankheit ist im Allgemeinen
ein schneller, der Tod kann innerhalb 2—8 Tagen eintreten;,
selten tritt Genesung ein. Die Behandlung bestand iq tra-
chealen Injectionen von 3 g Ohiuinum hydrobromicum, 6 g
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416
Antipyrin, 30 g Aqua dest.; alle 8, 12 oder 24 Stunden zu
wiederholen. Ausserdem Enzianschnaps, Natriumbicärbonat,
Natriumsülfatj Eisensulfat. Diese Behandlung brachte bei
neun Thieren unter zwölf Heilung. (Nuovo Ercolani. Bull.
V6t. 1900.)
Warneson: Ueber die Immunität nach erstmaliger Maul¬
und Klauenseucheerkrankung. W. berichtet über drei Be¬
obachtungen von Recidiven der Maul- und Klauenseuche. In
einem ersten Falle zeigten die Kühe acht Tage nach Ablauf
der ersten Attake von Neuem sämmtliche Symptome der
Krankheit. Auf einem anderen Gute vergingen zehn Monate
zwischen dem erst- und zweitmaligen Auftreten der Seuche;
auch hier wurden die das erste Mal befallenen Thiere von
Neuem betroffen. In einem dritten, Falle endlich wurden die
gleichen Thiere dreimal von Maul- und Klauenseuche heim¬
gesucht: das erste Recidiv trat */* Jahr nach Beendigung der
ersten Erkrankung, das zweite fünf Monate später auf. Die
das dritte Mal befallenen Kühe zeigten indes nur eine sehr
milde Form der Krankheit mit vollständiger Heilung im Ver-,
lauf von 4—5 Tagen. (Röpert. de Pol. San. Bull. Yet. 1900.)
Mertel: Der Milzbrand des Hundes. Die natürliche
Immunität des Hundes gegen Milzbrand kann bekanntlich
versagen unter verschiedenen experimentell bereits untersuchten
Bedingungen (z. B. Exstirpation der Milz, Wasserentziehung,
intravenöse Injection einer Aufschwemmung von Holzkohle etc.).
M^ ist es gelungen ein Virus zu erhalten, welches auch
die wenigst empfänglichen Hunde bei Verimpfung todtet. Eine
Herabsetzung der Resistenz wird bei erwachsenen Hunden
erreicht durch vorherige subcütane Injectionen mit Phloridzin
oder Pyrogallol; bessere Resultate lassen sich erzielen bei
Hünrden, welche an experimentell erzeugter oder an gewöhn¬
licher Wuth leiden. Bei diesen letzteren ist nach einer ersten
Passage die'Verimpfung von Hund zu Hund immer erfolg¬
reich; der in seiner Virulenz gesteigerte Bacillus kann als¬
dann 71°/o der geimpften erwachsenen Hunde tödten. Im
Gegensatz dazu bleiben bei Thieren, welche Phloridzin oder
Pyrogallol erhalten haben, die aufeinanderfolgenden Passagen
immer schwierig auszuführen. Eine Erhöhung des Milzbrand-
virus, das vom Rinde herstammt, wirkt in gleicher Weise
nach Passage durch den Organismus des normalen erwach¬
senen Hundes j die Virulenz des Bacillus wird dadurch ge-
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417
nirgend gesteigert, um einen ziemlichen Procentsatz der Hunde
zu tödten. Unter diesen Bedingungen ist nach 30—36 Paar
sagen das Yirus für alle geimpften Hunde pathogen. Nicht
alle Hunderassen sind für dieses durch den Thierkörper ge¬
führte Yirus gleich empfänglich, am meisten sind dies die
Luxushunde. Während die Strassenhunde in einem Procentsatz
von 44 zu Grunde gehen, variirt derselbe zwischen 64,6 und
86% bei den Pudeln. Unter den Thieren derselben Rasse
sind die gelben und weissen Individuen empfänglicher als die
schwarzen. Die jungen und sehr alten Hunde sind gleichfalls
für das durch den Thierkörper geführte Yirus empfänglicher
als Hunde im mittleren Alter. Dieses Yirus ist ausserdem
pathogen für Taube und Katze und seine Virulenz für Kanin¬
chen und Meerschweinchen ist gesteigert (Malm). Der durch
zahlreiche Hundekörperpassagen in seiner Yirulenz erhöhte
Bacillus hat tiefgreifende morphologische Yeränderungen er¬
fahren, er ist kürzer und gedrungen und es fehlen lange
Tilamente in den flüssigen Medien. (311) Ann. Inst. Pasteur
1900. Bull. V4t. 1900.
Das Eisenbähnfieber bei den Kühen. Nach Estor sind
Kühe, welche während ihres Transportes lange in den Wagen
verweilen mussten, besonders zur heissen Jahreszeit und wenn
die Kühe trächtig bezw. fett sind, einer besonderen Affektion
unterworfen. Sie werden unruhig, schlagen mit dem Schweif
und sind stark erschöpft. Der Puls ist sehr beschleunigt,
meiöt regelmässig, die Temperatur schwankt zwischen 38,9
und 39,4, die Athmung wird beschleunigt und erschwert. Der
Durst ist beträchtlich, Nahrungsaufnahme und Kothabsatz
aufgehoben; manchmal treten Wehen ein. Der Urin enthält
ein wenig Eiweiss, das Euter ist elastisch und weich, die
Milch normal, Sensibilität und Psyche nicht gestört. Wenn
die Thiere nicht geschlachtet werden, so tritt einige Tage
vor dem Tode ein Lähmungszustand mit vollkommenem Ver¬
lust des Bewusstseins wie bei der Gebärparese auf; die
Händler pflegen natürlich die Thiere dann rasch schlagen zu
lassen. Bei der Sektion findet man wenig Veränderungen.
Nur die Nieren sind vergrössert, zeigen rothe Flecken, die
Schnittfläche ist trüb und in der Rinde grauroth gefärbt. Die
Muskeln der Lendenregion sind ödematös und von alkalischer
Reaktion, ebenso ist das verlängerte Mark ödematös; zwischen
harter Hirnhaut und Pia mater findet man eine gelbliche
seröse Flüssigkeit. Das Fleisch kann zum Genüsse zugelassen
werden. E. hält es für ausgemacht, dass die Muskelbeweg¬
ungen für die trächtigen Kühe während des Transportes
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448
die Hauptursftcke des Leidens sind. Wahrscheinlich handelt
es sich um einfe Anhäufung yon toxischen Stoffen im Muskel,
welche durch dife Ermüdung und vielleicht die Erkältung er*
zeugt sind. Die Erkrankung wäre demnach als eine Primär-
erkrankung der Muskeln mit sekundärer Krankheit des Nerven¬
systems anzusebfen. (Mod. Zooiatro. Bull. Vet. 1900.)
Beitrag zur Tuberkulöse des Pferdes. Babe beschreibt
einen Fäll, in welchem ein siebenjähriger Wallach eine aus¬
schliessliche Lokalisation von Lymphdrüsentuberkulose auf die
submaxillaren, subparotidealen und oberen Halslymphdrüsön
zeigte. (Yolum der Drüsen von Wallnuss- bis Zitronengrösse.)
Alle übrigen Organe waren frei von tuberkulösen Veränder¬
ungen. Etwa ein Jahr vor der Schlachtung war eine anfangs
geringe Athembeschwerde und Schwellung der Parotisgegend
aufgefallen; die Schlachtung erfolgte wegen hochgradig ge¬
steigerter Dyspnoe. (Zeitschr. f. Fleisch- und Milchhygiene,
Mai 1901.) ___ E. A.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 15. August 1901.
a) Rotz (Wurm):*
Schwaben: Augsbürg 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche:
Oberbayern: 3 Gern. (10 Geh.); Oberpfalz:.2 Gern. (2 Geh.);
Oberfranken: 2 Gern. (3 Geh.); Schwaben: 6 Gern.
(17 Geh,).
o) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayefn: 1 Geöi. (1 Geh:); Niederbayern: 2 Gmd.
(2 Geh.); Oberpfalz : 1 Gmd. (1 Geh.); TJnterfrank e n«
2 Gmd. (2 Geh.).
BUcherschau.
Atlas der Anatomi6 des .Pferdes. Von Dr. med. vet.
Reinold Sohmaltz, Professor der Anatomie an der thier-
ärztlichen Hochschule Berlin, 1901. Verlag von Riohard
Sohoetz.
Der vorliegende erste Band des Atlas der Anatomie des
Pferdes stellt in der ersten Hälfte eine erweiterte uod verbesserte
Auflage des bereits eingebürgerten Atlas der Gliedmassenknoohen
des Pferdes dar, welchen der Verfasser im Jahre 1898 herausgab.
Die zweite Hälfte; enthält in gleicher Darstellung das Rumpf¬
skelett.
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Die in Steindruck gegebenen Abbildungen der 23 Tafeln (von
Uwira) stellen, wie wohl den meisten Lesern aus eigner Anschauung
bekannt sein dürfte, nach Naturtreue und künstlerischer Voll¬
endung das Vollkommenste dar, was bisher in dieser Hinsicht
geschaffen worden ist.
Ein besonderer Begleitungstext fehlt, statt dessen sind über¬
all die Benennungen an den Figuren selbst in extenso angegeben.
Die Benennung ist die lateinische und hält sich in der Hauptsache
an die Festsetzungen der Badener Commission.
Der Atlas soll in vier Theilen erscheinen: Der zweite Theil
wird die Muskeln, der dritte die Eingeweide ausser jenen des
Kopfes enthalten, der vierte den Kopf behandeln. Der Preis be¬
trägt nur 12 Mark. A.
Creolin-Hufschmieri.
Diese Salbe, enthaltend Ä 1 /* %
Creolin, ist aus den besten Rohstoffen
hergestellt. Die anerkannt ausserordent¬
liche Wirksamkeit des Cre/)lin als im
höchsten Maasse bacterienzerstörendes
Desinficiens, befähigt es nicht allein Hufe
vor Krankheiten zu schützen, sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
Es empfiehlt sich daher in allen Fällen
Creolin-Hufschmiere
ausschliesslich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund«: Die gründliche Desinfection der Pferde¬
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten ron grösserer Wichtigkeit,
als die thierärztliche Behandlung kranker Thiere.
Die Wortmarke „Creolin“ ist als Waarenzeichen geschützt. Ich warne
vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
William Pearson, cremon 8, Hamburg.
Preise der Creolin-Hufschmiere:
1 Pfund-Dosen per Stück Hk. 1.50 2 Pfund-Dosen per Stück Hk. 2.50
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5 Pfund-Dosen per Stück Hk. 4.50
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H. HAUPTNER, Berlin NW.
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Weltausst. Paris 1900: Grand Prix u. Gold. Med.
Lysoförm ungiftiges, nicht ätzendes, neues Antisepticum k Ko. 3,50 ü
Bacillol offen und in Originalpackung.
Cirlutolstifte mit 50°/o Glutol 10,0 = 80/$.
Eserin snlf. 10 Dos. 0,1 = 4 J/L — /$ frei.
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und alle Vet.-Medikamente in zuverlässigen Qualitäten empfiehlt billigst
Fabrik chem. pharm. Praep. von Dr. H. Unger, WÜrzblirg.
Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
FUr die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
AI b r e c h t, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 3. September 190t. Nr. 36.
Inhalt: 40jähriges Dienst-Jubiläum des kgl. Bezirksthierarztes Hollen-
baoh in Neustadt a/A. — Mölter, Der Fleisohoonsum Münchens. —
Höchstem, Perlsucht beim Pferde. — Ruch, Fremdkörper in der Milz.
— Referate. — Personalien. — Inserate.
40 jähriges Dienst-Jubiläum des kgl. Bezfrksthierarztes
Hollenbach in Neustadt a/A.
Am 22. August feierte der Herr Bezirksthierarzt Hollen-
bach in Neustadt a/A. sein 40jähriges Dienstjubiläum.
Bei dem Ehrenfeste, welches im Schildknecht’schen
Gartensaal© zu Neustadt a/A. stattfand, schilderte zunächst
der kgl. Bezirksamtmann Herr S t e g n e r die ausgezeichneten
Verdienste des Jubilars als Thierarzt und als Beamter, ins¬
besondere seine Leistungen auf dem Gebiete der Landwirt¬
schaft, speciell der Viehzucht im Amtsbezirke, dann seine
aufopfernde selbstlose Thätigkeit im Interesse des Gemein¬
wohles überhaupt.
Im Namen des landwirthschaftlichen Vereines und des
Stammzuchtvereines Neustadt überreichte alsdann der Herr
Bezirksamtmann als Vorstand beider Vereine dem Gefeierten
eine meisterhaft hergestellte Adresse, deren Inhalt die her¬
vorragenden Verdienste des Jubilars um den landwirthschaft¬
lichen und Stammzuchtverein und die Dankeserstattung für
die Leistungen desselben im Interesse dieser beiden Vereine
und der öffentlichen Wohlfahrt zum Gegenstände hat.
Herr Distriktsthierarzt Dorn (Markt-Erlbach) gedachte
der Verdienste des Jubilars als Mitvbrkämpfer zur Besserung
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422
der thierärztlichen Standesinteressen und feierte ihn als
Muster wissenschaftlicher und praktischer Berufstätigkeit.
Der Vorstand des Gemeindekollegiums, Herr Dietz,
brachte die Verdienste des Gefeierten um die gemeindlichen
und wirthschaftlichen Verhältnisse der* Stadt, Herr Landrath
Hofmann dessen Verdienste um die Verminderung der Ge-
währschaftsprocesse im Bezirke und um die landwirtschaft¬
liche Winterschule in Neustadt zum Ausdrucke, während der
Landtagsabgeordnete, Herr Deininger, im Namen der Land¬
bürgermeister dem Jubilar für seine stets milde, alle Härte
sorgfältig meidende Thätigkeit bei polizeilichen Geschäften
als beamteter Thierarzt dankte. Herr Gymnasiallehrer Mors*
heuser gedachte endlich mit warmen Worten der trefflichen
Gattin des Jubilars.
Alle Ansprachen, auf welche der Jubilar dankend ant¬
wortete,. gipfelten in dem Wunsche, es möge dem Herrn
Bezirksthierarzte Hollenbach noch recht lange vergönnt
sein, seine so segensreiche Thätigkeit im Bezirke zu entfalten.
Wir freuen uns von Herzen darüber, dass die Verdienste
des vortrefflichen Gollegen, den wir und mit uns jeder Berufs¬
genosse, welcher ihn kennt, hochschätzen, eine so allseitige
Anerkennung gefunden haben, und schliessen uns innig dem
Wunsche an, es möge der verehrte College noch recht viele
Jahre froh und freudig in ungetrübter Gesundheit in seinem
Berufe wirken und seiner Familie und dem thierärztlichen
Stande erhalten bleiben. A.
Der Fleischconsum Münchens.
Vom etädt. Oberthierarzt Mölter.
Die Bezugsgebiete des Münchener Schlachtvibh-Marktes
erstrecken sich zunächst auf Ober- und Niederbayern, die
Oberpfalz und Schwaben. Früher kamen auch viele gut ge¬
mästete, aber oft recht alte Ochsen aus norddeutschen Zucker¬
fabriken zum Markte und im Jahre 1890 bot sich den Markt¬
besuchern das seltene Bild dar, hornlose Shorthorn-Ochsen
aus Amerika, ostfriesische Mastochsen und langhörnige graue
Steppenochsen aus Italien auf dem Münchener Schlachtvieh-
Markt aufgestellt zu sehen. Mit Gestattung der Einfuhr von
Schlachtvieh aus Oesterreich-Ungarn mussten alle diese Zu¬
fuhren aus weiter Ferne der Concurrenz der meist jungen und
vorzüglich gemästeten österreich-ungarischen Schlachtwaare
weichen, so dass zur Zeit nahezu 80 °/ 0 der in München ge¬
schlachteten Ochsen aus Oesterreich Ungarn stammen, während
ein grosser Theil des dem Münchener Markte zugeführten
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423
bayerischen Schlachtviehs wieder nach dem industriereichen
Westen Deutschlands exportirt wird. Die grösste Anzahl und
die beste Qualität von Kälbern, Schweinen und Schafen
liefert Schwaben, dann folgen Ober- und Niederbayern und
die Oberpfalz. Aus Franken, insbesondere vom Nürnberger
Markte, und aus Norddeutschland werden ziemlich viele Schweine
dem Münchener Markte zugeführt. Dem erhöhten Bedarfs
entsprechend, ist auch die Marktfrequenz mit geringen Schwank*
ungen fortwährend gestiegen und die Bezugsgebiete mussten
sich naturgemäss allmählich erweitern. Es ist gewiss von
Interesse, hier einen kurzen Ueberblick über die Zunahme
der Bevölkerung Münchens zu geben, um die hiedurch be¬
dingte Steigerung des Bedarfes zu veranschaulichen. Münchens
Einwohnerzahl betrug im Jahre 1580 = 20,000, 1688 =
26,000, 1783 = 37,841, 1801 = 40,450, 1805 = 45,000,
1810 = 40,638, 1830 = 77,802, 1843 = 81,290, 1852 =
94,380, 1861 = 130,222, 1871 = 169,693, 1875 = 193,024,
1880 = 230,023, 1885 = 261,901, 1890 = 349,024, 1895 =
407,307, 1900 = 500,000.
Die Marktfrequenz bezifferte sich im ersten Vollbetriebs¬
jahre des Münchener Schlachtviehhofes (1879) auf:
im Jahre Grossvieh
1879 52,656
1900 102,091
Kälber
151,470
257,200
Soh weine
91,616
302,693
Schafe und
Ziegen
11,600
36,067
Lämmer und
Kitze
7,007
22,804
Gesammtzahl
= 314,349 Stück
- 720,855 „
Die Auftriebsziffer hat sich demnach während des Zeit*
raumes von 22 Jahren mehr als verdoppelt und mit ihr ist
auch der Export von Schlachtvieh beträchtlich gestiegen.
Durch sachgemässe Massregeln ist es nämlich gelungen, den
Grossviehmarkt in den letzten Jahren constant seuchenfrei zu
erhalten und hiedurch einen geregelten Export an die grösseren
Schlachthöfe, insbesondere an jene des westlichen Deutschlands,
allmählich einzuführen und zu erhalten.
Auch die Schlachtfrequenz ist, von einigen Schwankungen
abgesehen, in steter Zunahme begriffen und zwar wurden ge¬
schlachtet :
im Jabre Groesvieh
1879 44,699
1900 75,740
K&lber Scheine ^'“° d
149,97 t 82,966 20,248 —
236,743 236,939 36,115 5,603
Pferde Geflammt
629 = 298,513
1,753 = 592,893
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424
Während 22 Jahren ist demnach die Schlachtzitfer beirri
Grossvieh um rund 31,000, bei den Kälbern um 87,000,
bei den Schweinen um 146,000, bei den Schafen um 16,000
und bei den Pferden um 1124 Stücke gestiegen und die Ge-
sammtzahl der Schlachtungen hat sich innerhalb dieser Periode
nahezu verdoppelt. Im Vergleiche zur Bevölkerungsmehrung
aber hat der Consutn von Rind- und Kalbfleisch ab-, jener'
voni Schweinefleisch bezw. Würsten beträchtlich zugenommen.
Aussergewöhnliohe Schwankungen in der Zahl der Schlacht¬
ungen waren in den Jahren 1888, 1890, 1893 und 1900 zu
constatiren.
Das Ausstellungsjahr 1888 mit der Centenarfeier brachte
starken Fremdenzutluss nach München und damit eine an¬
sehnliche Vermehrung der Schlachtungen, vornehmlich von
Kälbern und Schweinen; im Jahre 1890 wurden etwa 12,000
Schafe mehr geschlachtet als im Vorjahre, welche grössten-
theils nach Paris exportirt wurden, und im Jahre 1893 kamen
wegen der durch anhaltende Trockenheit verursachten Putter-
noth viele Jungrinder und ca. 33,000 Kälber mehr zur
Schlachtung als im Vorjahre.
ln Folge . Verbots der Einfuhr von Schweinen und.
Schweineflfeisch aus Oesterreich-Ungarn nahm die Zufuhr an
Schweinen vom Jahre 1896 beträchtlich ab und erst im Jahre
1900 v konnte die einheimische Produktion der wachsenden
Nachfrage genügen, wobei allerdings häufig recht hohe Preise
angelegt werden mussten. Die von den Händlern wiederholt
gemachten Versuche, Schweinefleisch aus Hamburg, Holland
und schliesslich (nach Aufhebung des Verbotes) aus Oester¬
reich einzuführen, erwiesen sich im Hinblick auf den hohen
Eingangszöll als undurchführbar und brachten den Unter¬
nehmern meist beträchtlichen Nachtheil.
Dagegen hat die Einfuhr roher Eingeweide, namentlich
von Milzenj aus sehr vielen deutschen Grossstädten, ja aus-
Holland und Dänemark, woselbst diese Waare als mensch-
liehe Nahrung weniger Verwendung findet, ganz erheblich
zugenommen. Dieselbe betrug im Jahre 1900 rund 340,000 kg.
und zwar das 15 fache des Jahres 1895. Dazu kommen noch
rund 42,000 kg Speck, welcher ausschliesslich aus Wien;
stammte. Die Einfuhr rohen Fleisches ist nickt bedeutend^.
Wohl aber jene von Dauerwürsten, Haar- und Federwild, Ge¬
flügel, Fischen u. s. w.
Berechnet man das Schlachtgewicht eines Ochsen mit
300 kg, einer Kuh mit 2Ö0 kg, eines Stiers mit 160 kg, eines
Jungrinds mit 120 kg, eines Kalbes 40 kg, eines Schweines
mit 45 kg, eines Schafes mit 20 kg und eines Pferdes mit
Di< zed by UjOOQle
425
235 kg, so ergeben sich für den Consum folgende Ziffern
pro 1900:
Ochsenfleisch
9*499 200 kg, pro Kopf 19,00 kg
24,95 %
Kuhfleisch
3*867 400 „ „
n
7,74 „
—
10,16 ,,
Stierfleisch
1*891680 „ „
n
3,78 „
—^
4,97 „
Jungrind
1‘555 440 „ „
»
3,11 „
=
4,08 „
Kalbfleisch
9*460800 „ „
»
18,92 „
—
24,85 „
Schweinfleisch 10*667 205 „ „
»)
21,34 „
——
28,02 „
Schaffleisch
722 060,, „
n
1,44 „
——
1,90 „
Pferdefleisch
407 490 „ .
n
0,81 „
=
1,07 „
in Summa
38‘071 275 kg, pro
Kopf 76,14 kg
1=
100%
Im Jahre 1895, in welchem die vorletzte Volkszählung
stattfand, betrug der Fleischconsum pro Kopf 74,88 kg, in den
Jahren 1896, 97, 98 und 99 dagegen war derselbe auf ca.
79,68 — 79,77 — 78,55 und 79,72 berechnet worden. Da
indess, nach dem Ergebniss der Volkszählung im Jahre 1900
zu schliessen, in diesen vier Jahren die Bevölkerungsziffer
offenbar zu niedrig angenommen war, so darf auch für diese
Jahre die Consumziffer richtiger auf ca. 75—76 kg festgesetzt
werden, und wäre die Annahme irrig, aus den bisherigen
Berechnungen im Jahre 1900 einen merklichen Rückgang des
Consums folgern zu wollen. Hiebei darf schliesslich jedoch
nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Jahre 1900 durch das
Oberammergauer Passionsspiel der Fremdenverkehr in ver¬
stärktem Masse nach München gelenkt und dadurch eine
nicht unerhebliche Steigerung des Consums bedingt wurde.'
Perlsucht beim Pferde.
Von Distriktsthierarzt Hochstein, Lauf.
Am 4. September wurde ein Pferd wegen Hustens unter¬
sucht. Aus den Symptomen: trockener, schmerzhafter Husten,
gering vermehrte Athmung (20), seröser Nasenausfluss, ver¬
schärftes Bläscbenathmen, Fieberfrei heit* ergab sich das Vor¬
handensein von Bronchialkatarrh. Nach einigen Tagen schein¬
bare Besserung. Am 2. Oktober schwere Allgemeinerkrankung,
Temperatur 40,5, Athmung 60, schwacher Puls, Dämpfung
m der unteren Hälfte beider Brustseiten, an diesen Stellen
kein Athmungsgeräusch, AppetitmangeL Behandlung auf
Lungenentzündung. Fieber hielt sich sechs Tage zwischen
40,5 und 39,5. Am 8. Oktober Fieber verschwunden,/All¬
gemeinbefinden und Futteraufnahme besser, die Athmungs-
beschwerden nahmen eher zu als ab, Dämpfung blieb ber
stehen, so dass ein chronisch destruirender Prpcess ift‘ den
Lungen angenommen wurde. Da der Ernährung8zu$taud, bfci
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426
guter Fresslust immer mehr zurückging, wurde das Pferd am
19. Oktober getödtet und in den Nürnberger Schlachthof ver¬
bracht. Nach Mittheilungen der Herren Collegen bot sich
das Bild der Lungen- und Perlsucht, wie man es beim Rind
nicht schöner sehen kann; starke Auflagerungen aufLungen-
und Rippenpleura, disseminirte miliare bis kirschkerngrosse
' Tuberkel im Lungenparenchym, ferner Leber- und Milz¬
tuberkulose.
Das 6—7 jährige Pferd war l 1 /^ Jahr im Besitz des
Metzgermeisters M. und bis vor ca. 1 U Jahr vollkommen ge¬
sund und munter, von da ab zeitweiser Husten und Appetit¬
störung. Die Entwicklungszeit dürfte also */* Jahr gedauert
haben. Zu erwähnen ist noch, dass das Pferd in einem stock¬
finsteren, dumpfen Kuhstall untergebracht war; seit ca. einem
halben Jahr stand neben ihm eine Kuh, die viel hustete und
höchst tuberkuloseverdächtig war.
Fremdkörper in der Milz.
Von Distriktsthierarzt Ru oh, Altdorf.
Ich wurde zu einer Kuh gerufen, die schon seit einigen
Stunden stark athmend und stöhnend im Stalle lag und durch¬
aus nicht zum Aufstehen zu bringen war; das Stöhnen war
besonders stark bei den Aufhebeversuchen und bei Druck in
die linke Hinterrippengegend; Puls 90—100, sehr schwach«
Da das Thier sehr gut genährt war, wurde es geschlachtet.
Hiebei fand man nun einen 12 cm langen Bretternagel, welcher
die Magenwand durchwandert und die Milz an einer daumen-
nagelgrossen Stelle, die mit etwas geronnenem Blut um¬
geben war, angebohrt hatte.
Referate.
Pulverisirter Sublimat bei der Behandlung von Nagei¬
tritten. Bournay empfiehlt das Sublimat in gepulvertem
Zustande in die Wunde einzuführen', er verfährt in folgender
Weise: das Pferd wird wie zum Beschlagen gehalten, man
entfernt vorsichtig das Eisen, schneidet den Huf tief zu und
nimmt eine Zone von 7—8 cm im Durchmesser um das Loch
weg, durch welches der Fremdkörper eingedrungen ist. Dann
wird, falls man nicht den Yerlaufsweg der Wunde bereits
kennt, vorsichtig sondirt, und dann mittels der Hohlsonde eine
entsprechende Quantität des pulverförmigen Sublimats bis zum
Grund der Wunde eingeführt. Dieses Verfahren wird 2—3 mal
und noch öfter wiederholt, ausserdem wird ein trockener Um-
igitizeä by Google
427
schlag gemacht. B. hat seit drei Jahren an 18 Thieren diese
Behandlungsweise in Anwendung gebracht und stets ohne
Operation Heilung erzielt. (Rev. de Toulouse. Bull. Vet.
1900.)
Uterusvorfall und Inversion der Blase bei einer Stute.
Conroy wurde zu einer vierjährigen Stute, welche einen
Monat zu früh gefohlt hatte, zur Hilfeleistung gerufen. Er'
fand das Thier liegend, den Uterus vorgefallen und auf dem
Boden. Bei seiner Annäherung sprang das Thier auf und
lief ums Haus herum. Nach dem Wiedereinfangen legte man
der Stute ein Tau um den Hals, Hess sie sich wieder legen,
band dann die Hinterfüsse zusammen und Hess den Kopf von
ein paar Leuten niederhalten. Dann wurde eine Dosis Chloro¬
form und von Tinctura opii gegeben, ihre Hinterfüsse auf
eine harte Strohschütte aufgezogen und das vorgefallene
Organ mit lauwarmer Creolinlösung gewaschen. Ein mit
heisser Creolinlösung gesättigtes Tuch wurde alsdann an den
Uterus gelegt und von zwei Leuten gehalten. C. reponirte
das Organ langsam, führte die Hand ein und versuchte es in
seine normale Lage auszudehnen. Dann wurde eine warme
Krücke eingeführt und von einem Gehilfen fixirt, während C.
eine Injection von warmer Creolinlösung machte. Jetzt wurde
die Blase invertirt und C. reponirte sie, indem er seine Hand
durch die stark erweiterte Harnröhre einführte; da die Blase
noch ein zweites Mal theilweise umgestülpt wurde, hielt er
seine Hand an die Harnröhre, änderte die Lage der Krücke
eine Zeit lang und gab der Stute ein zweites Mal Chloro¬
form und Tinctura opii. Schmerz und Pressen hörten nun
bald auf, C. machte eine reichliche Creolininfusion, und als
die Anästhesie genügend schien, gab er der Stute zu saufen
und Hess sie aufstehen. Weitere Ausspülungen wurden nicht
gemacht. Obwohl der Uterus sechs Stunden lang vorgefallen
gewesen war, genas die Stute vollkommen. (Yeterinarian,
Mai 1901.)
Melanotisches Fibrom am Knie einer Kuh. Das Thier
war neun Jahre alt, die Geschwulst war angeblich von Ge¬
burt an vorhanden gewesen. Als die Kuh zum letztenmale
kalbte, hatte der Tumor die Grösse einer Pflaume; seitdem
wuchs er langsam und hinderte schliesslich dadurch, dass das
Tbier beim Gehen gegen das andere Bein etc. anschlug. Der
Tumor war von dunkelrother Farbe und hing an der Innen¬
seite des Kniees der Kuh an einem ungefähr drei Zoll langen
und ungefähr zehn Zoll im Umfang messenden Stiele. Er
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428
war bereits in Zerfall begriffen und fühlte eich im Qanzen
«ehr hart und rauh an. Die Entfernung erfolgte in der
Weise, dass zunächst ein Schnitt in die Mitte der Geschwulst
gemacht wurde; aus derselben ergoss sich eine Menge Blut.
Nach dem Aufhören der Blutung wurde die Geschwulst in
zwei grossen Stücken entfernt und ausserdem alle verdächtigen
Theile der Carpalbänder und Sehnenscheiden ausgeschnitten.
Cauterisation, Verband mit Werg, das mit Liquor ferri ge¬
tränkt war und durch Binden festgehalten wurde. Der Eigen¬
tümer erhielt eine adstringirende und antiseptische Flüssig¬
keit mit dem Aufträge, täglich zweimal auszuwaschen. Die
Wunde heilte vollständig in einem Monat. Die Geschwulst
wog zwanzig Pfund, der grösste Durchmesser betrug zehn
Zoll, der grösste Umfang vierzig Zoll. Die mikroskopische
Untersuchung ergab die obige Diagnose. (Conroy, ibidem.)
Magenruptur bei einer Stute. Allen fand das Thier
sehr unruhig, mit stark beschleunigtem Puls und Schmerz¬
haftigkeit des Abdomens. Die Diagnose wurde vermutungs¬
weise auf Colonanschoppung gestellt. Therapie: Sedativa
und Clysmen. Am folgenden Tage lag das Pferd sehr viel,
streckte die Vorderfüsse gerade aus, im Maule Schaum, Con-
junctiven wenig injicirt, Puls klein und beschleunigt. Rectale
Untersuchung ergab ausgesprochene Anschoppung des Colon.
Einige harte Kothballen wurden entfernt. Antispasmodica
und Morphin in regelmässigen Zwischenräumen. Das Thier
krepirte an demselben Tage. Bei der Section fand sich in
der Bauchhöhle reichliches Futter und die Erscheinungen
acuter Peritonitis; der Magen zeigte eine durchgehende und
eine unvollständige Ruptur, beide an der grossen Kurvatur
in der Richtung derselben; die durchgehende Ruptur im unteren
Theile der vorderen Fläche, die unvollständige unten an der
Hinterfläche des Magens. Die Schleimhaut zeigte keine be¬
sonderen Veränderungen. Im Colon Massen von hartem
Koth, sowie von Sclerostoma tetracanthus und üxyuris curvula
sowie eine Anzahl Nägel und ziemlich viel Kies. (Veteri¬
nären, April 1901.)
Ferkelfressen der Schweine. Es wird empfohlen, die
Ferkel mit Genever zu überstreuen, wodurch die Mütter den
Appetit an den Jungen verlieren. Ein anderes gutes Mittel
soll darin bestehen, zur Zeit der Geburt in die Ohren der
Mutterthiere eine Mischung von 1—3 Theilen Opiumtinktur
und 10—12 Theilen Kampheralkohol zu giessen. Die Säue
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429
lassen dann während der Betäubung die Ferkel an’s Gesäuge
kommen. (Gaz. Agric. Nr. 42, 19UU.)
Lesage untersuchte die Resorption des Blutes aus der
Bauchhöhle bei einem Hunde, welchem eine Fistelöffnung des
Duct. thor. angelegt war und 20U ccm seines Karotisblutes
iutraperitoneal injicirt wurden. Nach dreiviertel Stunden be^
ginnt die Lymphe leicht rosafarben zu werden, nach einer
Stunde ist sie stark roth und enthält sehr zahlreiche freie
Blutkörperchen von normalem Aussehen; phagocytär aufge¬
nommene Blutkörperchen fehlen. Dagegen finden sich bei
Thieren, welche vor 36—38 Stunden dieselbe Operation durch¬
machten, in der Lymphe des Duct. thor. Leukocyten (sowohl
ein- als vielkernige) mit einem oder mehreren Erythrocyten,
einzelne völlig angestopft in mässiger Anzahl. (Comptes rend.
Soc. Biol. Paris 1900.)
Vioform (Jodchloroxy chinolin) empfiehlt Dr. Kr ecke in
München als Ersatzmittel für Jodoform. Dasselbe erwies sich
in bakteriologischen Versuchen, welche Tavel anstellte, dem*
Loretin und Jodoform in Hinsicht auf die direkte entwicklungs¬
hemmende Wirkung weit überlegen; subcutan wird es von
Thieren in relativ grossen Dosen vertragen, inttaperitonal in-
jicirt ist seine tödtliche Dosis ungefähr gleich derjenigen des
Jodoforms. Als Streupulver, als Vioform-Gaze (50 g V.,
200 g Glycerin, 200 g sterilisirten Wassers, 100 g Alkohol
zur Emulsion verrührt, mit welcher die Gazebinden getränkt
werden), erwies es sich bei allen nicht tuberkulösen Wunden
dem, Jodoform überlegen, bei tuberkulösen demselben eben¬
bürtig. Zur Injection (Vioform-Glycerin-Emulsion) eignet es
sich weniger wegen der starken chemotaktischen Wirkung
(sterile Eiterung). Eczem oder andere auffallende Neben¬
wirkungen wurden auch bei langdauernder Verwendung (z. B.
bei Ulcera cruris) nicht beobachtet, ebensowenig unangenehme
Allgemeinwirkungen. Das Pulver ist völlig geruchlos.
(Münchener Mediz. Woehenschr. Nr. 33. 1901.)
Personalien.
'Die Funktion des zweiten Assistenten an der chirurgischen Klinik
der thierärztlichen ^Hochschule München wurde dem Thierarzte Franz
Mack aus München in widerruflicher Weise übertragen.
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430
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An der. K. thierärztlichen Hochschule in Hänchen
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vom 15.—19. Oktober; Anfang der Vorlesungen: 21. dess. Mts. Satz¬
ungen, Lehrplan, Prüfungsvorschriften und Jahresbericht können gegen
Einsendung von 90 Pfg. durch das Anstalts-Sekretariat bezogen werden.
München., den 28. August 1901.
Derz. Direktor: .A. lbr ec!h.t.
3Se3sa<rixitrn.a,cIb.ta.ng'-
An der thierärztlichen Hochschule München ist die Assistenten-
Stelle am pharmakologischen Iostitute zu besetzen.
Mit dieser Stelle ist ein Funktionsgehalt von 1500 Mark, ausserdem
Wohnung, Beheizung und Beleuchtung verbunden. Gesuche um Ueber-
tragung der Funktion sind
bis zum 14. September 1. Jg.
an die Direktion cfcer Hochschule zu richten.
München, den 28. August 1901.
Tih-ier&rztlicih-e Hocliscliule.
Derz. Direktor: Al brecht.
Im Verlag von J. Gotteswinter, München, Theatinerstr. 18, ist er¬
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K. Gestütsdirektor in Achselschwang.
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Bekanntmachung.
Die Stelle des Bezirkstbierarztes für den Verwaltungs-Bezirk
Bogen ist in Erledigung gekommen.
Bewerber um diese Stelle haben ihre an das k. Staatsministerium
des Innern zu richtenden und gemäss § 8 der Allerhöchsten Verordnung
vom 20. Juli 1872 „das Givilveterinärwesen betr.“ zu belegenden Gesuche
bis längstens 22. September 1. Js.
bei der ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierung, Kammer des Innern, ein¬
zureichen.
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Collegen gegen Uebernabme der Apotheke abzugeben. Offert, u. T. R.
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Digitized by LjOOQie
431
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§ Crlntolstifte mit 50°/o Glutol 10,0 = 80^. %
Eserin snlf. 10 Dos. 0,1 = 4A — frei. 2
1 ff 10 fl 0,08 —— 3 n 80 ^ frei. ?
fe „ „ 10 „ 0,05 ~ 3 „ — * frei. <9
y Eysol. 1 Postflasohe 5 Ko. incl. Gefäss = 9 M>. 50 g
I Creolin ftcht Pearson 5 Ko. Bo. incl. Gefäss — 6 „ 50 „ |
I und alle Yet.-Medikamente in zuverlässigen Qualitäten empfiehlt billigst |
1 Fabrik chem. pharm. Praep. von Dr. H. Unger, Würzburg.
Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von, J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D Red.__
Mit einer Beilage von Richard Schoetz in Berlin NW., Luisen¬
strasse Nr. 36, Deutscher Veterinär-Kalender für das Jahr 1902 betr.
/Google
S5v$\g?
Wochenschrift
i für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner *
herausgegeben von
M. Al brecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 10. September 1901. Nr. 37.
Inhalt: Bolz, Seuohenhafte Gehiruerkrankung bei Pferden. (Borna’sohe
Krankheit?) — Thum, Behandlung der Diphtherie des Geflügels. —
Bolz, Behandlung der Huhnerdiphtberie. — Thum, Malignes Oedem
bei der Kuh. — Garreoht, Durchgehende Sprunggelenksgallen. —
Merkle, Abtragung eines Theiles der Zitze bei einer Kuh. — Schenk,
Krebs des 8iebbeins beim Pferde. — Garreoht, Behandlung von Steri¬
lität bei Stuten. — Diem, Sehnenverletzung beim Pferde. — Referate.
— Viehseuchen-Nachriohten. — Vorlesungen und praktische Uebungen
an der Königlichen Thierärztlichen Hochschule zu Hannover. Winter¬
semester 1901/1902. — Inserate.
Seuchenhafte Gehirnerkrankung bei Pferden. (Borna’sche
Krankheit?)
Von Bezirksthierarzt Bolz, Weissenburg.
Im Jahre 1899 trat bei jungen meist 2—4 jährigen
Pferden, selten älteren Thieren, während der Sommermonate
eine Krankheit auf, die mit der in Sachsen bereits seit län¬
gerer Zeit beobachteten sogenannten Borna’schen Krankheit
grosse Aehnlichkeit zu haben scheint.
Zuerst fielen in den angrenzenden Ortschaften der Be¬
zirke Eichstätt und Hilpoltstein junge Pferde massenhaft
einer äusserst rasch verlaufenden Gehirnkrankheit zum Opfer.
Von da aus verbreitete sich die Krankheit im Monat August
des Jahres 1899 zunächst in den an die obigen Bezirke an¬
grenzenden Orten. Diese lagen alle auf dem Hochplateau des
Jura; eine weitere Ausdehnung dieser Krankheit auf Orte
der Niederungen war nur in ganz vereinzelten Fällen zu be¬
obachten. Hatte diese Krankheit einmal in einer Ortschaft
Fuss gefasst, so konnte man regelmässig binnen einigen
Tagön sofort drei, vier und mehr solche Patienten im gleichen
Orte antreffen, was in nieder gelegenen nie der Fall war.
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Die Krankheit setzte stets mit hochgradigem Fieber —
70—90 Puls, 40,5—41,5 Rektaltemperatur ein; nach 24—25
Stunden machte sich eine intensiv rothgelbe Färbung aller
sichtbaren Schleimhäute, besonders der Conjunctiva bemerk¬
bar. Psyche war sofort getrübt, Gang schwankend, ausser¬
dem auch häufig starkes Thränen der Augen zu beobachten.
Hach zwei höchstens drei Tagen stellte sich vollkommener
Stumpfsinn ein, der sich hie und da vorübergehend bis zur
völligen Bewusstlosigkeit steigerte; die Thiere waren jetzt
nicht mehr im Stande, von der Stelle zu gehen, viele brachen
zusammen, ohne sich wieder erheben zu können. Die Fieber¬
erscheinungen gingen mit dem dritten Tage meist zurück.
Die allgemeine Stupidität dagegen nahm fortwährend zu und
meistens mit dem fünften, sechsten bis siebenten Tage (in
vereinzelten Fällen bis zum zwölften Tage) trat unter voll¬
ständigen Lähmungserscheinungen der Tod ein.
Die Obduktion ergab: streifig fleckige Röthung der weichen
Hirnhaut, gelbröthliches Exsudat zwischen der Pia und Arach-
noidea, auch in den Gehirnventrikeln fand sich meist gelb¬
liches Serum vor. Adergeflecht scheinbar ödematös geschwellt,
Hirnsubstanz auf der Schnittfläche gelblichen Glauz zeigend,
Consistenz normal; Herzbeutel und Epicardium mit Echymosen
besetzt. Darmkanal vollständig leer, intensiv gelblich gefärbt,
Leber braunroth, geschwellt, auf der Schnittfläche speckig,
Milz gleichfalls vergrössert, dunkel gefärbt, Parenchym brei¬
artig.
Der pathologische Befund in Gehirn, Herz, Leber und
Milz spricht dafür, dass man es in den beobachteten Fällen
sicher mit einer Infectionskrankheit zu thun hatte, und dieser
lnfectionsstoff scheint Stoffwechselprodukte im thierischen
Körper erzeugt zu haben, die in hervorragendem Masse auf
Gehirn und Rückenmark einwirkten. Wo dieser lpfections-
stoff zu suchen, ist vorläufig um so mehr in Dunkel gehüllt,
als Pferde von dieser Krankheit befallen wurden, die beständig
im Stalle aufgestellt waren und nur mit trockenem Futter
gefüttert wurden, ebenso aber auch Pferde, die sich meistens
im Freien aufhielten und nur frischen Klee erhielten; Pferde,
die nur Cisternenwasser und solche, die nur Quellwasser be¬
kamen, da die Cisternen in vielen Orten bereits leer standen.
Jeder medikamentöse Kur versuch, mit Ausnahme von subcu-
tanen Injectionen war bei diesen Thieren ausgeschlossen;
man musste sich auf symptomatische Behandlung beschränken,
die jedoch ohne jeglichen Erfolg blieb. Bei den letzten droi
zugegangenen Patienten wurden intravenöse Einspritzungen
versucht mit Collargolum (Argent. colloidale Cred^J 1:50,
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4ä5
und es gelang von den drei so behandelten Thieren zwei vom
jähen Tode zu retten; allein heute noch sind beide völlig
werthlose Geschöpfe. Das eine ist blind (Amaurosis) und
halbgelähmt im Hintertheil* das andere das Bild eines hoch¬
gradig chronischen Dummkollers. (Jahresbericht bayerischer
Thier ärzte.)
Behandlung der Diphtherie des Geflügels.
Von prakt. Thierarzt Thum, Köfering.
Ich behandelte heuer diese Krankheit auf einem grösseren
Geflügelhof bei fünf Truthennen. Die Krankheit trat nur als
croupös-diphtherische Entzündung der Nasenschleimhaut und
der Auskleidung der Cella infraocularis auf. Die Thiere
zeigten nach Aussage der Besitzerin plötzlich gesträubtes Ge¬
fieder, Hessen die Flügel hängen und blieben beim Futter¬
suchen hinter den anderen Thieren zurück; auch zeigten sie
schlechte Futteraufnahme.
Ich untersuchte die Thiere und fand bei sämmtlichen die
Nasenöffnungen mit schwarzen, eingetrockneten Massen be¬
deckt; nach Entfernung derselben Hess sich eine schleimige,
durchsichtige, dickliche Flüssigkeit durch die Nasenöffnüugen
ausdrücken. Zwei der Thiere zeigten ferner beiderseitig, drei
einseitig eine Auftreibung unter dem medialen Augenwinkel,
welche meist von der Grösse einer Haselnuss war. Bei
Druck auf diese Auftreibungen floss oben beschriebene Flüssig-
* keit ab. Bei zwei Thieren war die in dieser Geschwulst an¬
gesammelte Flüssigkeit so bedeutend, dass der harte Gaumen
auf einer Seite weit gegen die Maulhöhle gedrängt wurde.
Bei einem weiteren Thiere war in Folge der in der Cella
infraocularis riesig angesammelten harten Massen der Aug¬
apfel vorgedrängt.
Ich spaltete sämmtliche Geschwülste vollständig. Bei
vier Thieren entleerte sich oben beschriebenes glasiges Se¬
kret. Bei dem fünften Thiere konnte ich gelbe, trockene,
bröcklige Massen in Menge entleeren, welche aus lauter
dünnen, aufeinander geschichteten Membranen bestanden. Die
übrigen Schleimhäute, welche sich bei derartigen Erkrank¬
ungen — wie ich sie schon öfters sah und schon einmal in
meinem Jahresbericht ausführlich beschrieb — immer mit
grösseren und kleineren Wesen bedeckt zeigten, waren bei
sämmtlichen Thieren vollständig intakt. Die kranken Thiere
wurden separirt, die Stallung gründlich desinficirt. Die fünf
| erkrankten Thiere genasen. Die Behandlung bestand in täg-
| lichem Auspinseln der Cella infraocularis mit 1 °/o Lysol-
436
Glycerin. Weitere Erkrankungen kamen auf diesem Ge-
flügelbof nicht mehr vor.
Behandlung der Hühnerdiphtherie,
Von Bezirksthierarzt Bolz, Weiesenburg.
Bei Hühnerdiphtherie empfiehlt es sich vor Allem, die
noch gesund scheinenden Hühner von den kranken zu trennen
und in einer andern Abtheilung unterzubringen. Bei den
kranken Hühnern bewährten sich tägliche Einpinselungen der
Nasen- und Rachenhöhle, sowie des äusseren Gehörganges mit
l l 2 °/o iger Lysollösung und hierauf Einstäubungen mit Jodo¬
form oder Xeroform in Rachen- und Nasenhöhle, Darreichung
von Salzsäure im Getränke, weiche, saftige Nahrung. Allen¬
falls sich bildende Abscesse am Kiefer etc. sind frühzeitig zu
spalten und zu desinficiren. Ausserdem muss Stall und Lauf¬
platz peinlich rein gehalten, die Stallung mit 5°/o Antinonnin-
lösung gründlich übertüncht und für beständige Zufuhr frischer
Luft Sorge getragen werden.
Malignes Oedem bei der Kuh.
Von prakt. Thierarzt Thum, Köfering.
Ich behandelte eine Kuh (Holländer Race) an malignem
Oedem. Dieses erstreckte sich vom unteren Lid des linken
Auges über den ganzen Ober- und Unterkiefer bis zum Kehl¬
kopf. Die Perkussion der Geschwulst ergab einen tympani-
tischen Thon. Die Mastdarmtemperatur betrug 40,8 °; der
Appetit war fast ganz aufgehoben.
Ich machte am ersten Tage sechs bis auf die gesunde
Muskulatur reichende tiefe Einschnitte, welche je eine Länge
von 10—15 cm hatten. Nachdem das Allgemeinbefinden sich
am dritten Tage noch nicht gebessert hatte, machte ich
weitere vier Einschnitte senkrecht zu den ersteren. Die da¬
durch entstandenen, stark klaffenden Wunden liess ich stünd¬
lich mit hochprocentiger Lysollösung ausspülen. Am fünften
Tage waren Allgemeinbefinden und Appetit besser, das Thier
nahm schon flüssige Nahrung, mit Vorliebe Branntweinschlempe
zu sich, auch trat schon Wiederkauen ein.
Nach Verlauf von 14 Tagen, während welcher Zeit grosse
Mengen sulzigen Gewebes und nekrotischer Fetzen entfernt
wurden, traten gute Granulationen auf; die grossen Wunden
heilten sehr gut und rasch ohne Zurücklassung besonderer
Narben.
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Durchgehende Sprunggelenksgallen.
Von Distriktsthierarzt Garrecht, Thannhausen.
Durchgehende Sprunggelenksgallen bei neugeborenen
Fohlen wurden zweimal beobachtet und die Behandlung ge¬
wünscht. Anhaltende Bepinselungen mit unverdünnter Jödr
tinctur hatten keinen Erfolg, weshalb bei zunehmender Grösse
und vollständiger Gebrauchsunfähigkeit des Sprunggelenkes
zur Operation geschritten werden musste. Nach sorgfältiger
Reinigung des Operationsfeldes mit Seifenwasser wurde die
nach innen fixirte Galle angestochen, worauf das noch flüssige
Exsudat im Bogen zum Abflüsse kam. Durch die Trokar¬
hülse wurde sodann 50°/oige Jodtinctur eingespritzt, welche
Lösung nach gleichmässiger Yertheilung im Schleimbeutel
nach zehn Minuten wieder exfundirt wurde. Hierauf wurde
ein Druckverband in Form eines Gummistrumpfes angelegt.
Nach vier Tagen wurde diese Procedur wiederholt und war
in der Folge eine Füllung der Galle nicht mehr zu beob¬
achten und normale Gebrauchsfähigkeit des Gelenkes ein¬
getreten.
Abtragung eines Theiles der Zitze bei einer Kuh.
Von Thierarzt Merkle, Wolnzach.
Wegen Hartmelkens wurde eine Kuh etliche Tage vom
Besitzer mit einem (Kautschuk-) Milchröhrchen traktirt, wel¬
ches an einem Ende ohne Knopf war. Das Röhrchen ge¬
langte vollständig in den Zitzenkanal und wurde durch ein
eingeführtes zweites Milchröhrchen sehr hoch bis an den
Grund der Zitze und in den Milchbehälter hinaufgeschoben.
Ich wurde gerufen zum Zwecke der Herausnahme des Röhr¬
chens, was nur dadurch zu bewerkstelligen war, dass die
Zitze möglichst hoch oben quer abgeschnitten wurde. Darauf
gelang es mir mit vieler Mühe mittels einer feinen Kornzange
das zusammengerollte Kautschukröhrchen aus dem Milch¬
behälter zu entfernen.
Der gebliebene Stumpf der Zitze beträgt ca. 4 cm und
hat sich allmählich an der Schnittfläche soweit zusammen-
gezogen, dass nur eine kleine Oeffnung geblieben ist. Ich
erwartete nun, dass das betreffende Euterviertel bez. der
Milchsekretion zu Grunde gehen und der Milchkanal an der
Schnittfläche sich durch Verwachsung verschliessen werde.
Aber es trat der interessante Fall ein, dass das Euterviertel
ganz gesund blieb, normale, gleich ergiebige Milch secernirte,
dass die Milch nicht unfreiwillig aus der abgeschnittenen
Zitze abfloss, sondern von einer Melkzeit zur andern voll*
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kommen sich im Euter hielt. Sobald man an einer der vier
anderen Zitzen molk, lief die Milch aus dem Zitzensturapf
von selbst in den Melkkübel, und das Euterviertel entleerte
sich rasch und vollständig Dieser Zustand dauerte während
der ganzen Melkperiode gleichmässig fort, worauf man die
Kuh vergelten (trocken stehen) Hess und in die Mast ver¬
brachte.
Krebs des Siebbeins beim Pferde.
Von Distriktsthierarzt Schenk, Erkheim.
Zu einem Pferde, das nach Meinung des Besitzers Druse
haben sollte, gerufen, fand ich dasselbe in sehr abgemagertem
Zustande mit einer Temperatur von 39,5° vor; aus Maul und
Nase kam der specifische Geruch des Knocheneiters; das
Exkret, welches aus beiden Nasenhöhlen floss, war mit Blut¬
striemen vermengt. Die Nasenschleimhaut war so weit als
sichtbar, hyperämisch. Im Kehlgang befand sich eine harte,
wallnussgrosse Drüse, daneben eine gerade abscedirende, aus
der sich graugelber, missfarbiger Eiter entleerte.
Ich schloss auf eine chronische Kieferhöhlenentzündung
und rieth bei dem hohen Alter des Pferdes zur Schlachtung.
Diese wurde alsbald bethätigt; an dem an das pathologisch¬
anatomische Institut der thierärztlichen Hochschule München
gesandten Präparate wurde Krebs des Siebbeines konstatirt.
Behandlung von Sterilität bei Stuten.
Von Di8trikt8fchierarzt Garrecht, Thannhausen.
Während der Deckperiode 1899 wurden bei drei Stuten,
welche in den beiden vorhergehenden Jahren trotz deutlichen
und normalen Hervortretens der geschlechtlichen Aeusserungen
nach wiederholten Bedeckungen nicht aufnahmen, versuchs¬
weise je eine Stunde vor dem Deckakte 1000 gr einer
1 1 2 °/o igen Natr. bicarbonic. Lösung in die Vagina infundirt.
Die nächste Folge war jedesmal die Ausscheidung dicker,
zäher Schleimmassen aus der Vagina; eine Beunruhigung der
Thiere trat nicht ein. Alle drei Stuten wurden trächtig und
ist demnächstiges Abfohlen zu erwarten.
Sehnenverletzung beim Pferde.
Von Distriktsthierarzt Diera, Burghausen.
Ein Pferd erhielt mit der Mistgabel einen Stich dicht
über dem Krongelenk in der Fesselbeuge. Der Besitzer be¬
achtete die Verletzung nicht, bis das Pferd plötzlich die
Futteraufnahme versagte, den Fuss nicht mehr belastete und
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fieberte (40,8). Der Fuss (vorne linke) war vom Ballen bis
zum Garpalgelenk stark geschwollen und druckempfindlich;
aus der Wunde konnte man einige Tropfen klarer Flüssigkeit
ausdrücken. Nachdem der ganze Fuss in Sublimatwasser ge¬
badet war, konnte ich feststelleii, dass nicht nur die Sehnen¬
scheide, sondern auch die Sehne selbst verletzt war.
Ich liess nun zunächst täglich zweimal den Fuss in Sub¬
limatwasser gut baden und dann einen feuchtwarmen Sub¬
limatverband anlegen. Da jedoch Schmerzen und Schwellung
zunahm und auch das Fieber trotz Verabreichung von Anti-
febrin noch anhielt, entschloss ich mich am dritten Tag zur
Einführung des Subrlimatstiftes (nach Albrecht) und führte am
ersten Tag einen dünnen, am zweiten und dritten Tag einen
immer etwas stärkeren Stift ein, den ich jedesmal drei bis
vier Stunden liegen liess. In den ersten drei Tagen zeigte
sich keine weitere Besserung, am vierten Tag jedoch war
der Patient plötzlich fieberfrei und nahm wieder Futter auf;
die Schmerzen hatten bedeutend nachgelassen. Nun wurde
die Behandlung mit Sublimatbädern und Verband fortgesetzt,
da die Wunde geschlossen war. Nach 10 Tagen konnte man
nach dem Baden einen bleistiftdicken Aetzschorf entfernen;
die Sehnenscheide war geschlossen, das unterliegende Gewebe
schon in Granulation begriffen; ich legte dann einen Jodo¬
formverband an.
Nach weiteren vier Wochen stand das Pferd gut auf
dem Fuss, lahmte jedoch im Trab; die Sehne war kaum
merklich geschwollen. Wider meinen Willen bewegte der
Besitzer das Pferd, worauf die Lahmheit wieder stärker wurde
und die Sehne sich noch mehr verdickte. Ich liess desshalb
den Fuss stark blistern, doch war das Durchtreten jedesmal
schmerzhaft; das Pferd bekam desshalb einen orthopädischen
Beschlag, an der Zehe einen Schnabel und hinten hohe
Stollen, die allmählig durch kleinere ersetzt wurden.
Im Verlauf von zwei Monaten war so die Lahmheit voll¬
ständig verschwunden, die Sehne rein und ohne Verdickung.
Referate.
Behandlung der Wurmseuche bei Schafen und Rindern.
Peters empfiehlt zur Behandlung der Wurmseuche und zwar
sowohl gegen Strongylus contortus als gegen Strongylus filaria
die Verwendung von Kal. picronitricum. Da die Beschaffung
grösserer Mengen per Eisenbahn wegen der Explosionsgefahr
nicht ausführbar ist, liess P. das Salz in der Apotheke durch
Sättigung einer Lösung von Pikrinsäure in K 2 C0 3 herstellen.
Die 0,2 °/ 0 ige Lösung des Salzes wurde anfänglich theils
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durch tracheale Injection (5 g Lösung), theils perj>s appli-
cirt; es stellte sich indess weiterhin heraus, dass das Kal.
picronitr. auf die Lungenwurmseuche auch bei ausschliesslicher
Verabreichung per os heilend wirkt, wesshalb P. im letzten
Jahr mit Erfolg die stomachale Application von 40—50 g der
Lösung pro Thier anwendete. — Auch bei Lungenwurm¬
seuche der Rinder bewirkte mehrmalige intratracheale In¬
jection von 150—200 g der Lösung schnelle Besserung und
Genesung auch bei den schwer erkrankten Thiereri. (Zeit¬
schrift f. Fleisch- und Milchhygiene, Mai 1901.)
Seuchenartige Erkrankung von Tauben durch Heterakis
maculosa. Einem Brieftaubenzüchter waren mehrere Tauben
unter allgemeiner Abmagerung zu Grunde gegangen. Die
durch Messner vorgenommene Sektion des letztverendeten
Thieres ergab den Kropf, die Brustpartie des Schlundes,
Magen und Darmkanal vollgepfropft mit zahllosen Exemplaren
von Heterakis maculosa. Die Schleimhaut war hochgradig
anämisch. Zwei noch lebende ebenfalls erkrankte Tauben
erhielten daraufhin je 1 g Sem. arec., worauf die Thiere nach
Abgang reichlicher Würmer sich bald erholten. Gründliche
Reinigung des Stalles, Aenderung von Futter und Trinkwasser
sistirten die Erkrankung. (Ibidem.)
Werner untersuchte eine grössere Anzahl hydrotischer
und antihydrotischer Substanzen auf ihre chemotaktische Wirk¬
samkeit bei Kaninchen mittels der Capillarröhrchen-Methode.
Bo hl and hatte am Menschen, Edelstein mittels der In-
jectionsmethode am Kaninchen festgestellt, dass nach Verab¬
reichung von Antihydroticis deutliche Verminderung, nach
Verabreichung der Hydroticis deutliche Vermehrung der
Leukocyten sich einstellte. Werner fand im Wesentlichen
gleichfalls bei allen schweisstreibenden Mitteln starke Leuko-
cytenanlockung, bei den schweisshemmenden Substanzen keine
Leukocyteneinwanderung, mit Ausnahme von Agaricin, welches
noch in Dosen von 0,<)002g eine deutliche Hyperleukocytose
bewirkt, und vom Infus. Fol. Salviae (2—5°/o), welches stark
positiv chemotaktisch sich erwies. Die mikroskopische Unter¬
suchung der Pfropfe in den Capillaren zeigt dieselben fast
ausschliesslich aus Leukocyten zusammengesetzt, die manch¬
mal in einem feinen Fibrinnetz liegen (9—10 ständiges Ver¬
weilen der Capillaren in der Subcutis); bei Beobachtung auf
dem heizbaren Objekttisch (40° C.) lange Zeit hindurch
Körnerbewegung im Inneren und amöboide Bewegung, letz-
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tere meist nach dem Grunde der Röhrchen gerichtet. (Inaug.-
Diös. Bonn 1900.)
A. Hofmann: Die Rolle des Eisens bei der Blutbildung.
Zu diesem Thema zunächst einen neuen Beleg für die
rasche Resorption der anorganischen Eisensalze (die bekannt¬
lich ganz oder überwiegend im Duodenum erfolgt) durch den
Nachweis, dass bei allen eisengefütterten Versuchsthieren
nach kurzer Zeit Fe im Knochenmark, in Milz und Lymph-
drüsen abgelagert wird, welches auf dem Blutwege dahin
gelangt (mangelnde Ablagerung im Knochenmark der Unter¬
schenkelknochen bei Unterbindung der Art. und V. fern.).
Durch eine grössere Zahl weiterer Experimente (Fe-Fütterung
anaemisch gemachter Thiere) sucht H. die Anschauung zu
erhärten, dass das zugeführte Eisen nicht zur Haemoglobin-
bildung verwendet werde, sondern im Knochenmark — für
Milz und Lymphdrüsen konnte H. für die Versuchsthiere eine
Hyperplasie nicht nachweisen — einen Reiz auf dessen phy¬
siologische Thätigkeit ausübt (einigermassen ähnlich der Wirk¬
ling kleiner P-Mengen auf das Knochenwachsthum): und auch
diese Reizwirkung besteht nicht in einer Erhöhung der Pro¬
duktion von Blutelementen (keine stärkere Zellneubildung im
Knochenmarke der Fe-Thiere, eher relative Fettvermehrung
x in demselben), sondern in beschleunigter Reifung der Erythro-
plasten zu kernlosen Erythrocyten „und damit“ reichlichem
Eintritt der letzteren in die Blutbahn (beträchtliche Zunahme
der-circulirenden Erythrocyten bei Fe-Fütterung). „In Folge
der auf diese Weise drohenden Verarmung des Markes an
Parenchymzellen kann die ihm innewohnende Wachsthums¬
energie wieder neue Markzellen entstehen lassen“ etc. (in-
directer Einfluss der Fe-Fütterung). Der Effect der Fe-
Verabreichung scheint auch bei gesunden, nicht anaemischen
jungen Thieren dem Wesen nach der gleiche zu sein.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 31. August 1901.
a) Rotz (Wurm):
Schwaben: Augsburg 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche:
Oberbayern: 4 Gern. (33 Geh.); Mittel franken: 1 Gern.
(1 Geh.); Schwaben: 4 Gern. (15 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (1 Geh.); Pfalz: 1 Gmd. (1 Geh.);
Unter franken: 3 Gern. (3 Geh.).
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Vorlesungen and praktische Uebungen an der Königlichen
Thierärztlichen Hochschule zu Hannover.
Wintersemester 1901/1902.
1. Direktor, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Dam mann: Encyklo-
pädie und Methodologie der Thierheilkunde während der ersten beiden
Semesterwochen täglich von 9—10 Vormittags. — Diätetik (Hygiene),
3 ständig. — Ueber infektiöse Krankheiten, 1 ständig. — Die Thängkeit
des beamteten Thierarztes, 1 ständig. — Hygienische Demonstrationen, —
2. Professor Dr. Kaiser: Exterieur des Pferdes und der übrigen Arbeite-
thiere, 2 ständig. — Thierzuchtlehre und Gestütskunde, 4 ständig. —
Ambulatorische Klinik. — 3. Professor Ter eg: Physiologie II, 4 ständig.
— Physiologische Chemie, 2 ständig. — 4. Professor Dr. Arnold: An¬
organische Chemie, 6 ständig. — Chemische Fleisch- und Milchkontrolle
mit Demonstrationen, 1 ständig. — 5. Professor Boether: Anatomie der
Hausthiere, in der ersten Semesterhälfte 9 ständig, in der zweiten Se¬
mesterhälfte 6 ständig. — Anatomische Uebungen, täglich von 9—12 Uhr.
— Zoologie, 5 ständig. — 6. Professor Dr. Malkmus: Specielle Patho¬
logie und Therapie, 6 ständig — Propädeutische Klinik und Spitalklinik
für grössere Hausthiere (Medicinische Klinik), täglich von 10—12 Uhr. —
7. Professor Frick: Theorie des Hufbeschlages, 1 ständig. — Specielle
Chirurgie, 4 ständig — Propädeutische Klink und Spitalklinik für grossere
Hausthiere (Chirurgische Klinik), täglich von 10—12 Uhr. — Operations¬
äbungen, 4 ständig. — 8. Professor N. N.: Specielle pathologische Ana¬
tomie, 6 ständig. — Pathologisch-anatomische und pathologisch-histo¬
logische Uebungen, 6 ständig. — Pathologisch-anatomische Demonstra¬
tionen, je nach Material. — Obduktionen, täglich, je nach Material. —
9. Docent Dr. Ri e vel: Arzneimittellehre (Pharmakognosie und Pharmako¬
dynamik), 4 ständig. — Spitalklinik für kleine Hausthiere, täglich von
10—12 Uhr. — 10. Professor Haeseler: Physik, 5 ständig. — 11. Dr.
Behrens: Pharmakognosie und pharmazeutische Präparate, 2 ständig. —
Pharmazeutische Uebungen, täglich von 10—12 Uhr und 8—4 Uhr. —
12. Prosector Möller: Anatomisch-physiologisches Repetitorium, 3 stän¬
dig. — 13. Repetitor N. N.: Chemische Repetitorien, 3 ständig. — Phy¬
sikalische Repetitorien, 1.8tündig. — 14. Repetitor Voss ha»;e: Uebungen
in der chemischen und mikroskopischen Diagnostik, 1 ständig. — lo. Re¬
petitor Römer: Repetitorium der Chirurgie, 1 ständig. 16. Assistent
Seiler: Repetitorium der pathologischen Anatomie, 1 ständig. — 17.
Schlachtboi'direktor Rekate: Fleischbeschau-Curse auf dem Schlachthofe.
Zur Aufnahme als Studirender ist der Nachweis der Reife für die
Prima eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums oder einer durch
die zustäudige Central-Behörde als gleichstehend anerkannten höheren
Lehranstalt erforderlich.
Ausländer und Hospitanten können auch mit geringeren Vorkennt-
nissen aufgenommen werden, sofern sie die Zulassung zu den thierärztliohen
Staatsprüfungen in Deutschland nicht beanspruchen.
Nähere Auskunft ertheilt auf Anfrage unter Zusendung des Pro¬
gramms
Die Direktion der Thierärztlichen Hochschule.
Praktische Thierarztstelle, Südbayern, an strebsamen
Collegen gegen Uebernahme der Apotheke abzugeben. Offert, u. T. BL
an die thierärztliche Wochenschrift. 2 (2j
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Belsaaa.aa.trxxa.clxia.xig'- '
Die Stelle eines Distriktsthierarztes in Burghaslach
wird sieh am 1. Oktober erledigen. Mit dieser Stelle waren bisher jähr¬
lich 575 Mark feste Zuschüsse aus öffentlichen Kassen verbunden; die
regelmässigen Nebenbezüge betragen ungefähr 170 Mark.
Bewerber wollen ihre Oesache mit Zeugnissen
bin längstens 15. Oktober bei dem k. Bezirksamte
Scheinleld einreichen. Besonderes Gewicht wird darauf gelegt,
dass sich Bewerber der Prüfung behufs Erlangung der Funktion eines
amtlichen Thierarztes mit Erfolg unterzogen haben.
Scheinfeld, am 31. August 1901.
Köiiigrl. Bezixlsssunt-
Plauck.
Suche ab 21. September
"Vertreter
auf 3 Wochen. 1 (21
Engen Groll, Distrikts- und Controllthierarzt, Berchtesgaden.
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444
(Ä
V jyjMr werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
| Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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Photographien d. thierärztl. Hochschulen vervielfältigt worden und
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Fabrik chem. pharm. Praep. von Dr. H. Ungf0I\ Würzburg.
Verantwortliche Redaktion : M. A1 b r e c h t.
Expedition und Druck von J. Gotteswiüter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an ProfMSff
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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' für ■ V ' ^ r
Thierheilkunde und Yielizücht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. ööring.
45. Jahrgang. München, den 17. September 1901. Nr. 38.
Inhalt: Mitteldorf,- Mastdarm Vorfall und «Ruptur bei einer Stute während
der Geburt. — Loos, Wandernde Fremdkörper beim Rinde. — Tanu-
albin bei weisser Ruhr der Ferkel. — Kronacher, Sublimatvergiftung
beim Pferde. — Schenk, Uterustorsion bei der Stute. — Scheuring,
Behandlung der Gebärparese. — Referate. — Büoherschau. — In-
«erate.
Mastdarmvorfail und -Ruptur bei einer Stute während
der Geburt.
Von Bezirksthierarzt Mitteldorf, Donauwörth.
Mit dem Yorberichte, dass eine Stute seit sechs Stunden
in Wehen liege und die Geburt nicht vorwärts gehe, wurde
ich nach 0. gerufen. Ich begab mich sofort dorthin und
fand daselbst ein 8jähriges Oekonomiepferd, das so stark
drängte, dass bei jeder Wehe der Mastdarm unter lautem
Stöhnen des Thieres in Form eines Posthornes auf ca. 25 cm
in der Richtung nach oben vorgedrängt wurde. Ein Marin
suchte bei jeder Wehe denselben wieder zurückzudrängen.
Theile des Fohlens waren noch nicht sichtbar, auch schien
Geburtshilfe von Seite des Besitzers noch nicht versucht
worden zu sein. Das vorgefallene Mastdarmstück war höher
geröthet, theilweise cyanotisch verfärbt.
Das Thier erhielt sofort eine Morphiuminjection, das vor¬
gefallene Darmstück wurde nach gründlicher Reinigung repo-
nirt. Um abermaliges Vordrängen zu verhüten, hielt ein
Mann den Afterschliessmuskel mit der Hand geschlossen.
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass das Fohlen sich in
Seitenlage befand lind noch nicht in das Becken eingetreten
war; ale Eihäute waren bereits geplatzt.
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446
Während dieser Untersuchung nun drängte die Stute
plötzlich mit aller Macht, der Mastdarm schnellte hervor und
platzte; sofort zeigte sich auch eine Dünndarmschlinge, die
in einer Länge von ca. 50cm vorfiel; sie war mit dünnem
Futterbrei gefüllt, ihr Durchmesser betrug 8 cm. Mit dem Eintritt
der Ruptur hörte auch sofort das Drängen auf. Der vor¬
gefallene Hüftdarmtheil wurde mit 2°/oiger Lysollösung
abgeschwemmt und in ein leinenes, mit gleicher Lösung
getränktes Tuch eingehüllt. Hierauf wurde das Fohlen
ausgezogen, was ohne besonderes Drängen von Seite des
Mutterthieres geschah.
Jetzt erst konnte ich auf die Behandlung des unan¬
genehmen Zwischenfalles eingehen. Die vorgefallenen Darm-
partieen wurden noch etwas weiter hervorgezogen, von Blut
gereinigt und recht gründlich desinficirt. Sodann wurde das
Hüftdarmstück reponirt, das Mastdarmstück aber möglichst
weit hervorgezogen, oberhalb der Ruptur fixirt. Die Ruptur
nun war 15 cm lang, ihre Ränder — insbesondere in der
Muscularis — arg gefranst; von ihrem vorderen Rande aus
ging sie von der linken Seite nahezu im rechten Winkel
medialwärts nach unten, erstreckte sich jedoch theilweise
nur mehr auf die Schleimhaut. Nachdem mit der Scheere
vollständig glatte Ränder geschaffen waren, wurde mit der
stärksten Seide möglichst dicht die Darmnaht angelegt, hier¬
auf das Operationsfeld nochmals gründlich abgespült und der
Mastdarm reponirt. Zur grösseren Sicherheit wurde auch die
Plazenta entfernt und der Uterus ausgespült.
Die Untersuchung der Stute ergab hierauf: Puls 75,
klein und schnellend. Athmung 60, oberflächlich. Kleien¬
trank gerne aufgenommen.
Am ersten Tag nach der Operation zeigte das Thier
72 Pulse, klein und ziehend; Athmung 22. Kothabsatz ohne
besonderes Drängen. Uebelriechender Scheidenausfluss; be¬
ginnende Metritis. Darmnaht gut und dicht liegend, Schleim¬
haut mässig geschwollen. Behandlung der Metritis.
Zweiter Tag: Zustand unverändert. Infusioqen mit Lu-
gol’scher Lösung (1 Esslöffel auf 11 Wasser) in den Uterus.
Innerlich zweimal täglich Tart. stibiat.
Dritter Tag: Puls 74, Athmung 20. Fäces mit Schleim
überzogen, geballt. Sprunggelenke stark geschwollen, Gang
gespannt. Desinfection des Uterus, subcutane Aether-Campher-
injection, Einreiben der Tarsalgelenke nach vorheriger Massage
mit Aether und Ol. Tereb. ää.
Vierter Tag: Puls 65; klein, schwer fühlbar, Herz¬
schlag pochend. Athmung 16. Sprunggelenke abgeschwollen.
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Scheidenausfluss gering. Subcutane Aetherinjection. Fort¬
setzung der Infusionen.
Fünfter Tag: Puls 64, Athmung 12. Fäces normal.
Scheidenausfluss sistirt. Fresslust vorhanden.
Achter Tag: Puls 48, Athmung 12. Bedeutende Ab¬
magerung. Fresslust gesteigert. Uterus vollständig kontra-
hirt. Psyche frei. Patient bekommt nun etwas Rauhfutter
und dazu noch die Kleientränke wie bisher.
Zehnter Tag: Puls 44, kräftig und gleichmässig. Ath¬
mung 10. Als geheilt aus der Behandlung entlassen. (Jahres¬
bericht bayerischer Thierärzte.)
Wandernde Fremdkörper beim Rinde.
Von Distriktsthierarzt Loos, Volkach.
I. Eine Kuh bekam an der linken Brustwand hinter dem
Ellenbogenhöcker eine sehr schmerzhafte, etwa faustgrosse
Geschwulst, welche sich schliesslich von selbst öffnete und
übelriechenden Eiter entleerte. Beim Reinigen des Abscesses
stiess der Besitzer auf ein etwa 8 cm langes gebogenes Draht¬
stück, welches leicht zu entfernen war.
Nach Verlauf einiger Monate wurde ich zur Behandlung
der nicht heilen wollenden, sich im Gegentheile vergrössern-
den Geschwulst beigezogen. Ich fand eine mehr als kopf-
grosse Geschwulst, aus welcher übelriechender Eiter abfloss;
ein Fistelkanal war bis zum vorderen Rand der achten Rippe
zu verfolgen. Bei der folgenden Operation wurde die Ge¬
schwulst im Bereich der Fistel von oben nach unten durch
einen 30 cm langen Schnitt bis in die Tiefe gespalten und in
vier je faustgrossen Stücken entfernt. Die Wand des Fistel¬
kanales wurde soweit als möglich bis in den Bereich des
Interkostalmuskels der siebenten und achten Rippe lospräpa-
rirt und entfernt. Einige cm weit wurde nun auch noch das
Innere der Fistel wand mit dem scharfen Löffel gründlich aus¬
gekratzt. Zwecks Stillung der ziemlich bedeutenden Blutung
wurde die ganze Qeschwulsthöhle mit Watte tamponirt und
zehn Minuten lang stark komprimirt. Alsdann wurden etwa
80 gr Jodtinctur eingebracht, mit Watte tamponirt und die
Wunde nach Abtragung eines Hautsegmentes von fast 25 cm
Länge und 4—5 cm grösster Breite durch die Knopfnaht ver¬
schlossen.
Als nach zwei Tagen die Tampons herauögenommen
wurden, sah die Wunde ziemlich gut aus; es wurde dann
nur tägliche Reinigung mit abgekochtem Wasser angeordnet.
Nach Ablauf von drei Wochen war Heilung eingetreten.
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Das Drahtstück, das seinen Weg doch vom Magen aus
genommen haben musste, hat wunderbarer Weise seine Wan¬
derung vollzogen, ohne merkliche Störungen im Befinden der
Kuh zu verursachen.
II. Ein Ochse zeigte eingenommene Psyche, gestörte
Presslust, Abmagerung, Fieber, Obstipation und liess häufig
Schmerzäusserungen hören (Knirschen mit den Zähnen und
Stöhnen). Allmählig bildete sich in der Nabelgegend ein
Tumor aus, welcher auf Anwendung von Ungt. acre absce-
dirte und schliesslich verschwand. Das Thier erschien nun
wieder munter, zeigte Presslust und wurde wieder in Dienst
genommen. Ungefähr */4 Jahr darauf bildete sich an derselben
Stelle abermals ein zwei Faust grosser Tumor, welcher mit dem
Messer geöffnet wurde; hiebei kam eine Haarnadel zum Vor¬
schein, welche wahrscheinlich durch Wanst, Zwerchfell und
Bauchfell gewandert war, um nun unter Abscessbildung in der
Unterbauchwandung hervorzutreten. (Ibidem.)
Tannalbin bei weisser Ruhr der Ferkel.
Von Distriktsthierarzt Loos, Volkach.
Auf einem Gute waren 1898 drei Würfe, insgesammt
31 Ferkel, an der weissen Ruhr eingegangen. Im Januar
1899 brach die Krankheit wieder aus und zwar bei 'zwei
Würfen; einige Ferkel waren bereits eingegangen. Auf eine
zweimalige Gabe von Tannalb. veter. — eine Messerspitze
voll auf die Zunge — und nach Verminderung bezw. Ver¬
dünnung der vorher zu fett- und eiweissreichen Nahrung der
Mutterschweine verschwand die Krankheit ohne jeden weiteren
Verlust. (Ibidem.)
Sublimatvergiftung beim Pferde.
Von Bezirksthierarzt Kronaeher, Landsberg a. L.
Einem Bauern, dessen Pferd eine eiternde Hufwunde
hatte, gab ich eine Schachtel Angerer’scher Sublimatpastillen
für Hufbäder. Trotz Aufschrift und mündlicher Warnung
verwahrte er die Pastillen auf dem Brett des Stallfensters;
eines Morgens nun kam er mit der Meldung, dass das Pferd
losgekommen sei, die Schachtel mit den Pastillen zerbissen
und abgeschluckt habe.
Bei meiner Ankunft fand ich das Thier unter leichten
Kolikerscheinungen am Boden liegen; die Peristaltik war leb¬
haft. Temperatur 37,4; Puls 60; Athmung 18. Fresslust
ganz unterdrückt. Bei Untersuchung der Maulhöhle konnte
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* 449
ich keine verätzten Stellen wahrnehmen. Ich verabreichte
denpi Thiere nun 20 gr Kal. jodat., 150 gr Flor. Sulf. in Milch
verrührt, ferner eine grosse Tasse Eiweiss und in Zwischen¬
räumen grosfce Quantitäten Milch. Die Kolikerscheinungen
hörten iip/Laufe des Tages auf, doch nahm das Pferd weder
an diesem noch am folgenden Tag Futter zu sich, wohl aber
Geträhke. Am zweiten Tag wurde übelriechender, dünn-
breiiger bis dünnflüssiger Koth von graugrüner bis schwarz-
/grauer Farbe entleert; zur Säuberung des Darmes Hess ich
^ hierauf 350 gr Ol. Ricin. verabreichen. Am 4.—5. Tag nahm
der Koth allmählig seine normale Farbe und Consistenz wieder
an, Fresslust stellte sich ein und am achten Tag war das
Thier völlig wieder hergestellt, (ibidem.)
Uterustorsion bei der Stute.
Von Distriktsthierarzt Schenk, Erkheira.
Zu einer hochträchtigen Stute mit dem Vorbemerke ge¬
rufen, dass sie seit einem halben Tag Kolikerscheinungen zeige,
konnte man bei der Untersuchung per vaginam nur schwer
bis zum äusseren Muttermund gelangen und war eine aus¬
gesprochene recht8läufige Drehung des Uterus mit starker
Pulsation der rechten Uterusarterie zu konstatiren; bald nach
der Untersuchung traten kräftige Wehen auf.
Ich liess mir die Stute in den Stadel führen, ein Stroh¬
bett herrichten und wartete, bis sich das Pferd von selbst
nieder legte, was in einigen Minuten der Fall war. Dann
wurden die Hinterfüsse angeseilt und versucht, durch be¬
ständiges Rechtsdrehen die Torsion zu lösen, während ich
mit Hand und Arm in die Scheide einging. Die ersten
Wälzungen waren erfolglos; nach der fünften Drehung, nach
der ich eine Erleichterung des Zustandes ganz bestimmt
merkte, sprang die Stute plötzlich auf und als ich mit dem
Arm wieder in die Scheide einging, konnte ich konstatiren,
dass die Torsion vollständig gelöst war. Ich glaube sicher,
dass durch das plötzliche Aufspringen des Thieres die be¬
ginnende Aufdrehung vervollständigt wurde.
Zehn Minuten später kamen schon die prall gefüllten
Eihäute zum Vorschein. Da ich den Muttermund weit ge¬
öffnet vorfand, eröffnete ich die Eihäute und konnte nun
konstatiren, dass die beiden Vorderfüsse des Fohlens zurück¬
geschlagen waren. Ich zog den Kopf durch den Muttermund
und durch die starken Wehen wurde er dann auch aus der
Scheide herausgepresst. Nun wurde der Kopf exartikulirt,
die beiden Vorderfüsse hervorgeholt und so das Fohlen rasch
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450'
entwickelt. Die Lösung der Torsion und die Entwicklung
des Jungen waren für das Mutterthier nicht von Nachtheil.
(Ibidem.)
Behandlung der Gebärparese.
Von Distrsktsthiorarzt Soheuring, Weiler.
Die Geburtslähme des Rindes kam im Jahre 1899 in
94 Fällen zur Behandlung, die nach Schmid—Kolding aus¬
geführt wurde. Die Dosirung ist je nach dem Körpergewicht
und der Schwere der Erkrankung verschieden; in der Regel
wird die Dosis von 10,0 JK:0,5 J nicht überschritten. Aus¬
nahmsweise hat aber Berichterstatter auch schon 15,0 und
20,0 JK in obigem Verhältnis zu J applicirt. Ausser einem
geringgradigen Durchfall oder einem Schnupfen konnten un¬
angenehme Nebenwirkungen nicht beobachtet werden.
Geheilt wurden 71 Thiere, d. i. rund 75,5 °/o, was gegen¬
über dem früheren Resultat als ein günstiges bezeichnet
werden muss. Noch mehr Heilungen würden aber erzielt
werden, wenn die Oekonomen es unterliessen, den Patienten
allerlei einzuschütten. Thatsächlich wurde auch bei 16 von
den 23 nothgeschlachteten Thieren Fremdkörperpneumonie
konstatirt; in vier Fällen war eine Complikation mit Myositis
haemorrhagica des Oberschenkel- und Mittelfleisches vorhanden.
Da in der Litteratur schon des öfteren zu lesen war,
dass Zucker im Harn bei Geburtslähme prognostisch von
grossem Werth sei, untersuchte Berichterstatter 50 Urine,
die er selbst mit dem Catheter schwerkranken Kühen ent¬
nommen hatte, mittels eines „Gährungsröhrchens“ daraufhin.
In elf Fällen gelang der Nachweis, und zwar fanden sich in
drei Urinen 3 /4 °/o, in 5 Va —*/4 °/o und in den übrigen nur
Spuren. Alle Kühe, von denen die zuckerhaltigen Urine
stammten, genasen bis auf eine, die wegen einer Schluck¬
pneumonie geschlachtet wurde. Daraus erhellt zur Genüge,
dass Zucker im Harn von Thieren, die an Gebärparese leiden,
prognostisch keine üble Bedeutung hat. (Ibidem.)
Referate.
Nicolas, Courmont und Prat kommen bei Untersuchungen
über die Leukocytose bei der Diphtherie-Immunisirung zu
folgendem Resultat: die Immunisirung kann ohne jede Er¬
höhung der Leukocytenzahl, insbesonders der relativen und
absoluten Zahl der multinucleären erfolgen. Die Gesammtheit
der leukocytären Variationen im Verlauf der Immunisirung,
wie sie durch lnjection von genügend schwachen, allmählig
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45t
zunehmenden Toxindosen erzielt wird, würde eher Hypo-
leukocytose ergeben. Die totale oder auch nur die multi-
nucleäre Hyperleukocytose sind nicht nothwendig für die
Immunisirung. (Compt. rend. Soc. Biol. Paris 1900.)
Eine Anzahl interessanter Fälle von Abdominal- und
Uterusoperationen bei Hund und Katze beschrieb Hobday
im Journ. Comp. Path., 11. Band, S. 250. Wir referiren
hievon 1. die Operation eines Adenoms der Leber. Eine
8jährige Dinmont-Hündin wird von ihrem Eigenthümer ge¬
bracht mit der Vermuthung, dass sie im Uterus retinirte
Föten enthalte. Sie hätte vor vier Monaten werfen sollen
und ihr Abdomen hatte sich bis zu dieser Zeit allmählich ver-
grössert. Indessen war eine Geburt nicht erfolgt und das Ab¬
domen nahm an Umfang dauernd zu. Die Hündin zeigte sonst
keine besonderen Störungen, war sehr gefrässig, blieb jedoch
sehr mager. Die äussere Untersuchung ergab das Vorhanden¬
sein einer grossen höckerigen Masse, frei beweglich innerhalb
des Abdomens und dasselbe anscheinend zum grossen Theile
füllend. Die Probelaparotomie zeigte, dass es sich um einen
grossen Tumor handelte, der an der Unterseite eines der
Leberlappen sich ansetzte. Nach Unterbindung des basalsten
Stückes des Stiels wurde die Geschwulst stückweise (um einen
zu grossen Einschnitt in die Bauchwandung zu vermeiden) ab¬
getragen. Unglücklicherweise erfolgte eine starke Hämorr-
hagie, welche sich nicht beherrschen liess, und der Patient
starb an acuter Anämie noch während des Nahtschlusses.
Der Tumor war von weissgrauer Farbe, ziemlich hart, von
höckeriger Oberfläche, von der Grösse des Kopfes eines 3 bis
4jährigen Kindes, makroskopisch erwies er sich als Adenom.
2. Sechs Fälle vonHysterektomie während der Trächtig¬
keit. 1. Fall. Eine etwa 4 jährige Katze, welche nach der
Vermuthung des Eigenthümers Geschwülste im Bauche haben
sollte. Das Thier war kränklich und etwas dürr und zeigte
seit einiger Zeit unregelmässigen Appetit. Da H. Trächtig¬
keit vermuthete, examinirte er den Eigenthümer genau, erhielt
aber verneinende Antwort. Die Probelaparotomie ergab fünf
ungefähr fünf Wochen alte Föten, welche entfernt wurden.
Das Thier versagte nach der Operation alle Nahrung und
starb vier Tage später. Die Section ergab als Todesursache
Inanition. — 2. Fall. 15 Monate alte Katze. Im Uterus
fanden sich drei sieben Wochen alte Föten. Genesung. —
3. Fall. Ein Jahr alte Katze. Drei achtwöchentliche Föten
im Uterus. Genesung. — 4. Fall. 2 jährige Katze. Im
Uterus vier Föten; in Folge Abgleitens zweier Catgutnähte
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452
beträchtlicher Blutverlust. Am dritten Tage nach der Opera¬
tion fiel ein kleines Stück Netz herniös vor und wurde
excidirt. Am fünften Tage starb das Thier. Peritonitis. —
5. Fall. Yorkshire-Terrier. Fötale Dystokie. Das Thier
hatte lange schon Wehen gezeigt und war moribund, als die
Operation gemacht wurde. Dieselbe gelang, der Patient starb
zwei Stunden hernach. — 6. Fall. Rauhhaariger Terrier,
drei Jahre alt. Die Hündin war von einem grossen Hunde
gedeckt worden, und da sie schon bei einer früheren Ge¬
legenheit, als sie von einem kleinen Terrier belegt worden
war, eine Schwergeburt durchgemacht hatte, wurde an¬
genommen, dass sie wahrscheinlich nicht würde gebären
können. Die Föten waren sechs Wochen alt, die Hündin in
sehr guter Kondition. Die Ovarien und der ganze Uterus,
welcher vier grosse Föten enthielt, wurden abgetragen; am >
zweiten Tage nach der Operation bildete sich eine kleine
Netz-Darmhernie; die vorgefallenen Theile wurden sorgfältig
mit Chinosol gewaschen und zurückgebracht, die abdominale
Umgebung der Wunde sorgfältig gereinigt. Ungestörte Heil¬
ung innerhalb 14 Tagen.
H. verfährt bei der Operation in folgender Weise: Zu¬
nächst wird das Haar zwei oder drei Zoll nach links und
rechts von der Medianlinie zwischen Nabel und Symphyse
rasirt. Alsdann wird die Partie mit aseptischer Watte be¬
deckt und die Narkose begonnen. Die Instrumente sind ge¬
sotten, der Patient wird in Rückenlage mit gut ausgestreckten
Beinen gelegt, durch Haut- und Unterhaut-Fettgewebe wird
direkt in die Medianlinie ein Längsschnitt gelegt. Etwaige
Blutungen werden sorgfältig gestillt vor der Oeffnung der
Bauchhöhle. Das Peritoneum wird angestochen und auf¬
geschlitzt mittelst Skalpells, der Uterus wird vorgewälzt und
dicht unter der Vereinigung der beiden Hörner, sowie um
jedes Horn gerade oberhalb der Ovarien Ligaturen eingelegt;
es werden jedes Mal je zwei Ligaturen gemacht und zwischen
diesen durchschnitten. Die Stümpfe werden zurückgebracht,
die Abdominal-Wunde wird sorgfältig gereinigt und genäht.
Für das Peritoneum wurde in allen Fällen Silkwormgut-
Nähte verwendet, Muskel und Haut werden mittelst Seiden-
Nähten vereinigt. Abtrocknung, Auftragung von Orthoform-
Collodium 1; 8. Am 3.—4 Tage Entfernung der Nähte und
antiseptische Weiterbehandlung. Nur in einem Falle (6)
wurde eine Bandage in das Abdomen eingelegt.
H. empfiehlt für die meisten Fälle von Laparotomie bei
Hunden und Katzen den Schnitt in der Medianlinie aus fol¬
genden Gründen: 1. die Blutung ist geringer und fehlt oft
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453
fast ganz; 2. bei eventueller Eiteransammlung im Abdomen
ist bei dieser Lage der Wunde viel leichter genügende Drai¬
nage herzustellen; 3. die Wunde heilt schneller und besser;
4. für Fälle von Ovariotomie bedarf man nur einer Wunde,
die Wunde ist fast unsichtbar. — Was die Folgen der
Ovariotomie anlangt, so findet H., dass das häufig angegebene
Fett- und Trägewerden der Thiere nach der Operation durchaus
nicht die Regel ist und oft mehr dem zunehmenden Alter und
Mangel entsprechender Diät und Bewegung zuzuschreiben ist.
In einer Studie über die Lage und Reihenfolge der Ver¬
änderungen bei der Rinder-Tuberkulose gelangt M. Fadyean
zu folgenden Schlüssen: 1. der niemals fehlende Beweis für
Generalisation ist die Gegenwart von ungefähr gleich grossen
Knötchen, die durch das ganze Gewebe der Lunge verstreut
sind. 2. Sind die Lungen nicht untersuchbar, so bieten die
anderen Organe und der Cadaver im Allgemeinen für die
Untersuchung mit blossem Auge keinen sicheren Beweis da¬
für, ob Generalisation eingetreten ist, oder nicht. 3. ln Fällen
generalisirter Tuberkulose können Nieren, Leber, Milz (jedes
dieser Organe einzeln oder auch alle zusammen) von makro¬
skopischen Veränderungen frei sein, auch wenn die Lungen
Myriaden von mit blossem Auge sichtbaren embolischen Tu¬
berkeln zeigen,. 4. JD.ie makroskopischen Tuberkel, welche in
Leber, Milz, Nieren und in den Lymphdrüsen im Allgemeinen
getroffen werden, sind in der Regel auf lymphatische Infection
zurückzuführen (? Ref.) und geben keinen Beweis für Blut-
Infection. Die anscheinende Abwesenheit makroskopischer
oder mikroskopischer Veränderungen in irgend einem Organe
in Fällen generalisirter Tuberkulose kann durchaus nicht als
ein Beweis dafür angesehen werden, dass das betreffende Organ
von Tuberkel-Bacillen frei und zu menschlicher Nahrung
geeignet ist. (Ibidem.) E. A.
Bücherschau.
Veterinär-Kalender für das Jahr 1902. Unter Mitwirkung
von Geh. Rath, Prof. Dr. Dammann, Rechnungsrath H.
Dam mann, Prof. Dr. A. Eber, Prof. Dr. Edelmann,
Departement8thierarzt S. Holtzbauer, Ober-Medicinalrath
Dr. Johne, herausgegeben von Korpsrossarzt König. In
zwei Theilen. Berlin 1902. Verlag von August Hirscbwald,
N.W., Unter den Linden Nr. 68.
Der Veterinär-Kalender ist in der neuen Auflage einer durch¬
gehenden Revision und Umarbeitung unterzogen worden. Die
vorzügliche Redaktion des Kalenders, sein reicher Inhalt und an-
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454
genehmes schlankes Format sind besonders hervorzuheben. Das
Personai-Verzeichliiss ist mit besonderer Sorgfalt zusammengestellt.
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kann auch heuer wieder bestens empfohlen werden. Göring.
Deutscher Veterinär-Kalender für das Jahr 1902. Her¬
ausgegeben in zwei Theilen von Prof. Dr. R. Schmaltz. Mit
Beiträgen von Departementsthierarzt Dr. Arndt, Bezirksthier¬
arzt Dr. Ellinger, Dr. Eschbaum, Bezirksthierarzt
Hartenstein, Schlachthof-Direktor K o ch, Prof. D r. Schle¬
gel, Departementsthierarzt Dr. Steinbach, Marstall-Ober-
rossarzt Dr. Töpper. Berlin 1902. Verlag von Richard
Schütz, Louisenstrasse Nr. 36.
Der wegen seiner Reichhaltigkeit und praktischen Brauch¬
barkeit unter den deutschen Thierärzten stark verbreitete Kalender
ist für den gegenwärtigen Jahrgang in allen Theilen genau revidirt
und ergänzt. Das Kalendarium umfasst nicht nur das Jahr 1902,
sondern beginnt mit dem 1. September 1901, um die sofortige
Benützung des Kalenders zu ermöglichen. Das von der Verlags¬
buchhandlung beigegebene Personal-Verzeichniss ist wieder mit
grösster Sorgfalt zusammengestellt. Die buchhändlerische Aus¬
stattung ist die gleich vorzügliche geblieben. Der Kalender kann
auch heuer wieder bestens empfohlen werden. Göring.
Bericht über das Veterinär wesen im Königreiche Sachsen
für das Jahr 1900. Herausgegeben von der Königlichen
Commission für das Veterinärwesen zu Dresden. 45. Jahr¬
gang. Dresden 1901. G. Schönfeld’s Verlagsbuchhandlung.
Der neue Jahrgang des bekannten Jahresberichtes enthält wie
üblich eine sorgfältige Zusammenstellung und Bearbeitung des im
Berichtsjahre angefallenen Materials auf dem Gebiete des sächs¬
ischen Veterinärwesens, welches im Berichtsjahre durch die all¬
gemeine Einführung der allgemeinen Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau in Sachsen, sowie durch die Einrichtung einer Anstalt für
staatliche Schlachtviehversicherung eine wesentliche Erweiterung
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ganen. — Merkle, Lymphgefftsserkrankungen beim Pferde. — Book,
Stibium sulfurat. bei Asthma des Pferdes. — Referate. — Bücher-
schau. — Personalien. — Inserate.
lieber echte Verkalkungen in verschiedenen Organen.
Von Dr. Simader, bezirksthierärztlicher Assistent, Kulmbach.
In verhältnissmässig kurzer Zeit hatte ich Gelegenheit,
zwei interessante Fälle seltener Kalkeinlagerungen in Organe
zu sehen.
Im ersten Falle handelte es sich um eine solche in das
Stützgewebe der Lunge einer alten, sonst gesunden Kuh, in
welcher sich zackige und spitzige zarte Gebilde von weisser
Farbe fanden, die sich in Essig- und Salzsäure auflösten.
Um tuberkulöse Heerde konnte es sich schon um deswillen
nicht gebandelt haben, weil die korrespondirenden Lymph-
drüsen intakt waren; aber auch die Form, sowie der Mangel
von Verkäsung bewiesen deutlich, dass die Affection nicht
tuberkulöser Natur war. Ebensowenig aber war dieselbe
zooparasitären oder pflanzlich-parasitären Ursprungs, weil
dann sicher nach Auflösung der Kalksalze Ueberreste oder
sonstige Veränderungen zugegen gewesen wären, wogegen
sich hier nur das ursprüngliche Gewebe präsentirte. Es be¬
stand also eine primäre Einlagerung von Kalksalzen, wie sie
als sehr seltene Befunde schon von Ostertag und Kitt beim
Rinde bezw. Hunde beschrieben wurden.
Der zweite Fall betrifft ein ähnliches Vorkommniss im
Gekröse eines fetten Schweines. In diesem stiess ich mitten
1 im Fett auf grössere und kleinere, korallenförmig verästelte,
i fächerige und zackige knochenähnliche Einlagerungen; dabei
erwies sich das Thier im Uebrigen bei genauester Untersuchung.
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als völlig gesund. In Kitt's Diagnostik ist der Zustand unter
dem Namen ossificatio racemosa mesenterii erwähnt.
Echte Verkalkungen sind im Allgemeinen nicht gerade
häufige Erscheinungen; Gurlt und Ostertag notirten solche
des Bauchfells in Form von kleinen, höchstens linsengrossen,
flachen Erhabenheiten von weisser Farbe. Ostertag weist
ferner auf die in Schafnieren ab und zu vorkommenden Kalk¬
einlagerungen hin. Ebenso ist dergleichen in der Magen¬
wand beim Rinde, der dura mater des Gehirns beim Hunde
(Bonnet, Stoss und Kitt, Dexler), den Ovarien und der Schild¬
drüse bekannt geworden. Als zweifellos senile Erscheinungen
findet man sie verhältnissmässig nicht selten im Pferdeherzen
(rechte Vorkammer), weiterhin in den Gefässwänden, Rippen¬
knorpeln, im Knorpel des Kehlkopfs und der Luftröhre, sowie
in der Nasenscheidewand des Rindes. Ab und zu kann man
auch Verkalkungen von Narbengewebe (an Castrationsnarben,
Stollbeulen etc.) constatiren. Mit Recht traumatischen Ein¬
flüssen zugeschrieben werden die jedenfalls durch Quetsch¬
ungen verursachten Kalkeinlagerungen im Brustbeinpolster ge¬
mästeter Rinder und Schafe (prästernale Verkalkung Oster-
tag’s). Hierher gehören dann auch die den menschlichen
Exercirknochen analogen, beim Pferde gesehenen Verknöcher¬
ungen in Arm- und Schultermuskulatur. Schliesslich erwähnt
Kitt noch totaler Verkalkungen des Hoden bei Ziegen-,
Schaf- und Gemsböcken, sowie bei Stieren, welche zweifellos
als Endaffekte chronischer, durch Prellungen verursachter
Entzündungen zu betrachten sind.
Lymphgefässerkrankungen beim Pferde.
Von Thierarzt Merkle, Wolnzach.
Eine sehr edle dreijährige Stute war wegen einer schon
zwei Monate vorhandenen Blutgeschwulst am rechten Ober¬
schenkel in Behandlung gekommen. Der erstmalige nur 3 cm
lange Einschnitt hatte sich, nachdem eine grössere Menge von
blutigem Serum abgeflossen war, bald wieder geschlossen
und die Cyste war nach kurzer Zeit wieder grösser als vor¬
her. Ich sah mich desshalb veranlasst, die Geschwulst noch¬
mals zu entleeren und legte, um das abermalig rasche Ver¬
wachsen der Wundränder zu verhüten, nach Anbringung einer
Gegenöffnung am oberen Rande der Blutbeule ein dünnes
Eiterband ein. Nach einigen Tagen trat plötzlich eine starke
ödematöse Anschwellung der ganzen Gliedmaasse ein, die
Stute fieberte stark, zeigte grosse Schmerzen und die Fress¬
lust nahm rasch ab. In der Gegend des Kniees entstanden
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mehrere verschieden grosse Beulen, welche rasch abscedirten,
und nun stieg die Anschwellung des Schenkels empor bis an
die Scheide. Aus der statt des Eiterbandes eingelegten
Drainageröhre floss gelblicher schaumiger Eiter in grossen
Mengen, am Unterschenkel und am ganzen Sprunggelenke
entstand eine Menge kleiner, rundlicher Abscesse, welche an¬
fangs eineu erhöhten speckigen Rand zeigten und trotz der
sorgfältigsten antiseptischen Behandlung nur langsam ab¬
heilten. In der Umgebung der Scham entleerten sich grosse
Abscesse. Das Mittelfleisch, die Innenseiten der Oberschenkel
und das Euter wurden allmählig in Mitleidenschaft gezogen,
und ein Abscess nach dem anderen öffnete sich an diesen
Körpertheilen. Das Thier magerte rasch ab, die Lymph-
drüsen des Kopfes vergrösserten sich gleichfalls, die Kehl¬
gangs- und Unterzungendrüsen abscedirten; es trat eine auf¬
fallende Steifheit des Halses und des ganzen Körpers ein,
und der Tod erlöste endlich das bejammernswerthe Thier am
21. Tage der Erkrankung von seinem Leiden. Die Sektion
zeigte ausser den theils abgeheilten, theils frisch entleerten
Abscessen in dem Unterhautbindegewebe der zuerst ergriffenen
Körperstellen noch eine Anzahl kleinerer und grösserer
Eiteransammlungen im Verlaufe der grösseren Lymphgefäss-
stämme und Lymphdrüsen. Die grössten Abscesse befanden
sich in der Umgegend der Scheide, in den Leistendrüsen, in
den Psoasmuskeln, in der oberen Halsgegend, in der Um¬
gegend der Gelenke bis zur Köthe, kurz, es waren solche
Eiterherde im ganzen Körper zerstreut, so dass eine Infektion
im Verlaufe der grösseren Lymphgefässstämme stattgefunden
haben musste.
Im vorliegenden Falle ist die Entstehung der ausgebrei¬
teten Lymphgefässentzündung auf einen vorhanden gewesenen
Eiterungs- resp. Jaucheherd zurückzuführen und deshalb un¬
schwer zu erklären. Anders verhält sich dies jedoch in einem
zweiten Falle: Eine vierjährige mittelschwere Stute erkrankte
einige Tage nach dem Belegen. Es stellte sich zuerst höhere
Röthung der Scheidenschleimhaut ein, verbunden mit einer
grossen einseitigen Anschwellung der Scham. Ausfluss von
Eiter oder Schleim war nicht vorhanden. Gar bald ge¬
sellten sich auch kleine Pusteln am Scheideneingang hinzu,
welche beinahe Veranlassung zur Verwechslung der Krank¬
heit mit dem Bläschenausschlag gegeben hätten. Die Schwell¬
ung im Umkreis der Scheide nahm rasch zu, und nach*
wenigen Tagen bildeten sich fluktuirende Stellen, welche rasch
abscedirten und sich nach kurzer Zeit wieder schlossen, beide
Hintergliedmaassen schwollen ödematös an, das Euter ent-
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zündete sieb, und es traten nun grössere Abscesse auf. Am
Mittelfleische, in dem Unterhautbindegewebe der Innenfläche
der Schenkel bis herab zum Sprunggelenk traten knoten¬
förmige Anschwellungen auf, welche ebenfalls abscedirten.
Die Kehlgangslymphdrüsen schwollen ebenfalls an, das Thier
magerte ab und zeigte hochgradiges Fieber, die Fresslust
war gering. Das Pferd äusserte die grössten Schmerzen, be¬
wegte sich steif und erholte sich nach längerer Krankheits¬
dauer nur ganz langsam wieder.
Da im gegebenen Falle der Hengst vollständig gesund
war und die Ursache zum Entstehen des Leidens doch im
Belegakte gesucht werden musste, so erkläre ich mir die In¬
fektion — denn nur eine solche konnte die Krankheit erzeugt
haben — dahin, dass der hochgradige Beizzustand, in welchem
die Schleimhaut bei vielen rossigen Stuten sich befindet,
namentlich dann, wenn der Belegakt sehr energisch aus¬
geführt oder wenn zufällig ein Schweifhaar mit in die Scheide
gezogen wird, zu geringgradigen Abschürfungen des Scheiden-
Epithels Veranlassung geben kann. Findet Zersetzung der
schleimig-eiterigen Secrete an solchen verletzten Stellen statt,
so können die Lymphgefässendigungen, welche daselbst liegen,
sich entzünden, und die Ursache zu weitergehenden Lymph-
gefässerkrankungen, zu welchen ja das Pferd von allen unseru
Hausthieren am meisten disponirt ist, ist somit gegeben.
(Jahresberichte bayerischer Thierärzte.)
Stibium sulfurat. bei Asthma des Pferdes.
Von Distriktsthierarzt Beck, Heidenheim.
Vor einigen Jahren untersuchte ich ein ca. fünfjähriges
Pferd, welches in auffallender Weise an chronischem Asthma
laborirte. Ich erklärte das Pferd für dämpfig, was zweifel¬
los jeder College auch gethan hätte. Das Pferd wurde in
ein benachbartes Dorf verkauft und zeigt heute keine Spur
mehr von Athembeschwerden. Das Gleiche war bei meinem
eigenen Pferde der Fall. Dasselbe hatte in den Monaten
Oktober und November einen so schweren Athem, dass ich
es, als für mich unbrauchbar — verkaufen lassen wollte.
Doch auf hohe Gaben von Stib. sulf. besserte sich der Zu¬
stand des Pferdes wieder vollständig.
Im Mai letzten Jahres ersuchte mich der Bauer N.,
sein neugekauftes Pferd auf Gewährsmangel zu untersuchen.
Ich konnte keinen Fehler an dem Thiere entdecken, auch
dessen Athmung war ruhig und regelmässig. Zwei Monate
später wurde es mir zugeführt, als an hochgradiger Athem-
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noth leidend. Auf Verabreichung von hohen Dosen von Stib.
sulfur. (ein Esslöffel voll pro die längere Zeit gegeben) wurde
das Pferd wieder vollkommen gebrauchsfähig. Nach vier
Monate andauernder Besserung stellte sich jedoch das alte
Lnngenleiden wieder ein, verschwand aber wieder, nachdem
neuerdings Stib. sulf. verabreicht wurde.
Ende November untersuchte ich eine achtjährige Stute
des Herrn Abg. L., welche trotz bester Fütterung auffallend
matt und. träge sei, sogar im Buhezustande schwitze und
starke Athemnoth zeige. — Die Untersuchung ergab das
Bild eines dämpfigen Pferdes. Ich verordnete ebenfalls * hohe
Gaben von Stib. sulf. und jetzt — Ende Februar — befindet
sich das Pferd wieder in vorzüglicher Constitution.
Daraus folgt, dass man bei der Diagnose Dampf
gar nicht vorsichtig genug sein kann, zumal dann, wenn das
Pferd sich im Haarwechsel befindet. (Ibidem.)
Referate.
Lebendgewicht des Schweines. Dasselbe soll erhalten
werden, indem man den Umfang der Brust und die Länge
des Thieres von der Schulterspitze bis zum Gesässbeinhöcker
misst; der Brustumfang wird quadrirt • und mit der Länge,
hierauf mit der Zahl 87,5 multiplicirt. (Gaz. Agric. Nr. 42
und Bull. Vet. 1900.)
Gesalzener Haber für Schweine. Für die Fälle, in
welchen Mastschweine die Fresslust verlieren, wird empfohlen,
täglich zwei Handvoll gesalzenen Haber zu geben, der in
folgender Weise zubereitet wird: man nimmt Haber für zwei
Tage, bringt ihn in ein Gefäss derart, das» immer eine
Lage Haberkörner und eine Lage Salz abwechseln, hernach
wird das Ganze etwas mit den Händen niedergedrückt und
ein wenig Wasser darübergegossen. Das Gefäss darf wegen
der Schwellung der Körner nicht zu stark gefüllt werden.
(Ibidem.) E. A.
Dr. Nathusius—Breslau: die Lage und Entwicklung der
deutschen Pferdezucht. (Illustrirte landwirthschaftl. Zeitung *
Nr. 62, 1901.) Verf. bezeichnet die Gesammtleistung der
deutschen Pferdezucht trotz der unverkennbaren Blüthe der¬
selben in einzelnen Landestheilen als eine sehr traurige, was
in der Thatsache, dass jährlich von deutschen Pferdeconsu-
menfen 70 Millionen mehr an das Ausland bezahlt werden,
l
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462
als die Producenten für ausgeführte Pferde einnehmen, seinen
Ausdruck finde.
Das Minus ist nach dem V. auf verschiedene Gründe
zurückzuführen. Als einen der schwerwiegendsten glaubt der¬
selbe die enorme Zunahme des Rübenbaues ansehen zu müssen,
wodurch der Bedarf an schweren Pferden in kolossalem
Masse gesteigert werde.
In Preussen berücksichtige der Staat bei allen Mass¬
nahmen in pferdezüchterischer Beziehung in erster Linie die
Remontirung der Armee. Wenn früher das Bedürfniss der
Kavallerie bezw. Artillerie und der Landwirthschaft Hand in
Hand gegangen sei, habe sich jetzt die Sachlage wenigstens
in verschiedenen Gegenden total geändert.
Nach der Ansicht des Verfassers ist allerdings vielfach
der Wunsch nach schwerem Hengstmaterial in Gegenden laut
geworden, wo eine schwere Zucht undenkbar ist. Auf der
anderen Seite ist man aber nach N. in vielen Fällen den
berechtigten Ansprüchen zu langsam nachgekommen. Der
kavalleristische Standpunkt vermag häufig bis heute noch nicht
die wirthschaftlichen Verhältnisse in ihrer Bedeutung zu
würdigen.
Nicht umstürzlerische Ideen sind es, so fährt V. fort,
welche für die Zukunft eine weitere Ausbreitung derschweren
Zucht wünschen, sondern es ist die Forderung von That-
sachen, die auf die Dauer sich gewaltsam Recht verschaffen
werden und zwar schliesslich um so rücksichtsloser, je weniger
sie selbst anfangs berücksichtigt worden sind.
Im Jahre 1894 waren in den preussischen Landgestüten
324 Kaltblütler aufgestellt, 1895 erst 334, 1896 343 gegen¬
über weit mehr als 2000 edlen Hengsten. Nach N. ist dieses
ein schreiendes Missverhältnis. Im Jahre 1898 sind in
Preussen 3000Ö schwere Fohlen geboren worden. Im gleichen
Jahre wurden aber 67000 schwere Pferde eingeführt.
Trotzdem begegnen die Züchter mit ihren Wünschen nach
mehr schweren Hengsten fast ausnahmslos dem lebhaftesten
Widerstande seitens der Gestütsverwaltung.
Wir geben die vorstehenden Ausführungen besonders
desshalb wieder, weil der Verfasser mit Recht als vorzüglicher
Kenner der deutschen, speciell der preussischen Pferdezucht-
Verhältnisse gilt.
Pferdestrohhüte. (Illustrirte landwirtschaftliche Zeitung
Nr. 63, 1901.) In Italien und Südfrankreich ist es seit langem
gebräuchlich, die Pferdeköpfe gegen die Sonnenstrahlen durch
einen sogenannten Pferdestrohhut zu schützen; im heurigen
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Sommer fand dieses Verfahren auch in Berlin Anwendung. Der
im Süden verwendete Pferdestrohhut ist zumeist aus Binsen- und
Strohgeflecht hergestellt und besitzt eine breite Krempe zur
Beschattung der Augen. Der bei der allgemeinen Omnibus¬
gesellschaft in Berlin eingeführte Strohhut ist aus rohem
Bastgeflecht gefertigt, hat einen halben Meter Durchmesser
und seine Krempe ist zum Schutze gegen Ausbrechen um¬
rahmt. Die Ohren des Pferdes werden durch für diese an
der Krempe angebrachte Oeffnungen gesteckt. Die Be¬
festigung des Huteä geschieht durch passend angebrachte
Bänder am Halse und am Kopfgestelle bezw. der Halfter.
An den Ohrlöchern am Hute finden sich zum Schutze der
Ohren Ohrkappen aus leichtem Baumwollstoffe.
Pferdezoll. Bis jetzt betrug der Pferdezoll für Pferde
unter zwei Jahren 10 Mark, für ältere Pferde 20 Mark. Nach
dem neuen Zolltarif soll sich der Einfuhrzoll nach dem Werthe
der Pferde abstufen. Für Pferde im Werthe von 300 Mark
soll er 30 Mark, für solche im Werthe von 300—1000 Mark
75 Mark betragen. Für Pferde von 1000—2500 ist ein Zoll¬
satz von 150 Mark und für Pferde, die einen Werth von
über 2500 Mark, ist ein solcher von 300 Mark festgesetzt.
Anmerkung des Referenten: Zweifelsohne wird der neue
Pferdezoll ein schwer wiegender Factor zu Gunsten der Ent¬
wicklung der vaterländischen Pferdezucht werden. Es muss
auch als richtig anerkannt werden, die Zollsätze nach dem
Werthe der Thiere festzusetzen. Sehr schwer dürfte es
allerdings werden, in jedem Falle die Werth grenzen der
Pferde festzustellen, und man muss begierig sein, zu erfahren,
nach welchem Modus dieses erfolgen soll.
Verminderung der Trockensubstanz der Milch mit dem
Alter derselben. (Pharmazeut. Centralhalle Nr. 16, 1901.)
Mit dem Fortschreiten des Alters der Milch findet ein be¬
deutender Verlust an Trockensubstanz derselben statt. Diese
Thatsache ist darauf zurückzuführen, dass in der Milch
bäcterielle Zersetzungsprodukte, sowie solche der Säure- und
Alkoholgährung entstehen, welche sich beim Eindämpfen der
Milch zur Bestimmung des Trockensubstanzgehaltes derselben
verflüchtigen.
Bestimmung geringster Mengen Eiweiss im Urin. (Ibidem.)
Es werden einige Cubikcentimeter Urin filtrirt; nun setzt man
zu dem in einem Reagensglase befindlichen Harne einige
Tropfen Sulfosalicylsäure; hierauf lässt man an der Wand
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des Reagensglases vorsichtig eine kleine Menge unvermiscbten
Harn herablaufen. Da sich nun der specifisch schwerere ge¬
mischte Harn unter dem Yergleichsharne befindet, kann eine
entstandene Trübung durch Vergleich beider Schichten mit
Sicherheit festgestellt werden.
Ueber die Giftigkeit der ausgeathmeten Luft. (Ibidem.)
Dr. Form aneck konnte durch eingehende Versuche fest¬
stellen, dass die ausgeathmete Luft an und für sich nicht
giftig ist. ln der Lunge entstehen beim Athmungsvorgange
Kohlensäure und Wasser. Die erstere ist nach F. nicht die
Ursache, dass in überfüllten, ungenügend gelüfteten Räumen
Personen unwohl und selbst ohnmächtig werden. Es rührt
dieses vielmehr von Ammoniak und dessen Salzen her. Diese
sind aber nicht normale Stoffwechselprodukte, sondern sie
entstammen nach den Ergebnissen der Versuche von F. der
Mundhöhle oder auch der Lunge tuberkulöser Menschen. Das
Ammoniak und besonders dessen Salze können nach F. in
Räumen äusserst giftig wirken; sie sind als Herzgifte im
engsten Sinne des Wortes aufzufassen. A.
Bücherschau.
Handbuch, der thierärztlichen Geburtshilfe von Dr. L.
Franck. Vierte, vollständig umgearbeitete Auflage, beraus-
gegeben von Professor M. Albrecht und Ober-Regierungsrath
Göring. Berlin, Paul Parey, 1901.
Das Franck’sche Handbuch der thierärztlichen Geburtshilfe
war von Anfang an eine der hervorragendsten Erscheinungen auf
dem Gebiete der thiermedieinischen Litteratur. Franck hatte es
meisterhaft verstanden, die geburtshilfliche Disoiplin in einem Buche
zusammen zu fassen, das als ein wir k 1 iches Handbuch sich er¬
wiesen und auch allgemein sich eingebürgert hat. — Es wird
nicht nur von den Jüngern der Thierheilkunde, sondern auch von
den eigentlichen Gynäkologen hochgeschätzt.
Seit dem Jahre 1876 sind dessbalb auch schon vier Auflagen
erschienen. Die neueste Auflage wurde von den Herren Albrecht
und Göring bearbeitet. — Und es ist ihnen gelungen, das Fragck’sche
Werk vollkommen auf der Höhe der Wissenschaft zu erhalten.
Dabei bat auch eine Umfangsvermehrung des Buches um ca.
sechs Druckbogen stattgefunden, ebenso ist eine Reihe von neuen
Abbildungen hinzugefügt.
Ein so vorzügliches Hand- und Lehrbuch wie das hier vor¬
liegende bedarf keiner weiteren Empfehlung, es ist und bleibt eine
echte Fundgrube sowohl für den Studirenden als auch für den
Praktiker.
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Die Herren Herausgeber widmen indess in der demnächstigen
Auflage doch wohl manchen Punkten noch eine weitere Be¬
trachtung.
So vermisse ich bei der Besprechung des „weichen Beckens w
eiae eingehendere Schilderung des anatomischen und physio¬
logischen Verhaltens der für die Expulsion des Fötus nicht un¬
wichtigen Fascien (Seite 15).
Die Lochien können in Gährung und Eäulniss übergehen, sie
werden aber und können auch nicht vom Uterus resorbirt werden,
wenn das die Innenfläche des Uterus schützende Plattenepithel
beim Partus unversehrt geblieben ist; — wohl aber kann durch
die inflcirten Lochien eine hacilläre Infection der Harnwege und
der Nieren entstehen, Pyelitis und Pyelonephritis im Gefolge
haben, deren gesammte Genesis von klinischem Interesse, bei Be¬
gutachtung von Handelsküken oft auch pro foro von Bedeutung
ist (Seite 189).
Bei den Blutflüssen aus den Genitalien dürfte auch der Be¬
obachtungen über Menstruation gedacht werden (Seite 229).
Weil der Scheidenvorfall häufig bei Handelskühen vorkommt
und desshalb auch Veranlassung zu gerichtlichen Verhandlungen
gibt, so erfordern die pathologisch-anatomischen Veränderungen,
welche je nachdem bald früher, bald später auf der Schleimhaut
der Scheide sich einstellen, eine entsprechende Würdigung. —
Uebrigen8 wird der Scheidenvorfall auch* nicht selten bei Sauen
beobachtet (S. 234).
Die aucli schon von Franck aufgestellte Behauptung, dass die
mit Scheiden Vorfall behafteten Kühe zu Fr uchthälter Vorfall neigen,
ist nicht zutreffend; bei solchen Kühen tritt gegen Erwarten zu¬
meist kein Uterusvorfall ein (S. 235).
„Fruchthälterbruch Hernia uteri 4 ist eine nutzlose Bezeich¬
nung, denn nicht der Uterus hat eine Hernia erlitten, sondern der
Uterus hat sich nur in den Biss der rupturirten Bauchmuskeln
gelagert. Hernia ventralis dürfte eine zutreffendere Bezeichnung
sein. — Dieses Leiden kommt übrigens auch bei Stuten und zu¬
weilen recht hochgradig vor (S. 237).
Mit Albrecht stimme ich darin überein, dass die meisten
Tragsackverdrehungen bei der Kuh erst während des Partus und
zwar im Stadium präparationis oder St. initiale entstehen. — Die
knieende Stellung der Kuh bei ihrem Niederlegen und Aufstehen
ist eine normale, dagegen ist es abnorm, wenn Kühe sich wie die
Pferde vom Lager erheben und dabei sich oft sehr abmühen;
gerade hiebei ist Gelegenheit zur Tragsackverdrehung gegeben
(S. 248).
Um die zu starken Wehen zu mässigen, hat man den Stuten
und Kühen, nicht selten mit offensichtlichem Erfolg, eine Flasche
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Branntwein verabfolgt; auch Wein und Rum sind verwendbar. —
Bei zu schwachen Wehen darf man an die Anwendung von
Hydrastin und Glycerin denken (S. 332).
Unter Benutzung von Hauptner’s Katalog lässt sich eine voll¬
ständigere Aufführung von geburtshilflichen Instrumenten, nament¬
lich auch deren Erfinder, geben (S. 335).
Das Einlegen von Eisstücken in den reponirten Uterus, um
das Drängen zu verhüten, ist nicht nur nutzlos, sondern auch mit
erheblicher Gefahr verbunden, denn es kann, wie die Erfahrung
lehrt, durch das Eis „örtlicher Tod — Nekrose“ veranlasst werden
(S. 515).
Obwohl die Besprechung der Euterkrankheiten ganz streng
genommen nicht in den Rahmen der Geburtshilfe gehört, da sie
auch unabhängig von der Geburt bezw. Trächtigkeit Vorkommen,
so ist es doch Usus geworden, diese Leiden in den Lehrbüchern
der Geburtshilfe abzuhandeln. Auch mit Recht 1 Denn wie das
anatomische Verhalten und das physiologische Produkt des Euters,
die Milch, hier regelmässig erörtert werden, so können mit
gleichem Rechte auch die pathologischen Processe und Zustände
der Milchdrüse eine Besprechung fordern. Der Kliniker und der
gerichtliche Sachverständige suchen wohl nicht ganz selten in dem
Handbuche der Geburtshilfe auch Rath und Aufschluss, wenn es
sich um Milchfehler und Euterfehler deckt; zu letzteren gehört
auch das Hartmelken und das spontane Auslaufen der Milch u. s. w.
(S. 626).
Hannover. Dr. Kaiser.
Personalien.
Gestorben: der ordentliche Professor der Thierheilkunde Dr. Fried¬
rich Eichbaum in Giessen, 49 Jahre alt.
An der Lehrschmiede der k. Thierärztliohen Hochschule in München
kommt die Assistenten-Stelle in Erledigung, welche alsbald wieder
besetzt werden soll.
Mit derselben ist ein Jahres-Gehalt von 1500 Mark und eine Ge¬
haltszulage von 120 Mark verbunden.
BewerbungBgesuche sind an die Direktion der k. thierärztlichen
Hochschule München einzureichen.
München, den 17. September 1901.
IKZgrl. Tliierärztliclie IHlocliscli'U.le.
Derz. Direktor beurlaubt.
Dr. Schlampp, kgl. Professor.
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SekazizitzxiaclivLzisr.
Bei hiesiger Gemeinde ist bis 1. November 1901 die Stelle des
Sehlachthausthierarzteg neu zu besetzen. Mit dieser Funktion
ist ein jährlioher Gehalt von 1000 Mark aus der Gemeindekasse, als
Schlachthausthierarzt und 1. Fleischbeschauer, und 400 Mark aus der
Bergwerkskasse für die tierärztlichen Funktionen bei dem Pferdebestande
des Bergwerkes, neben freier, geräumiger Wohnung im Sohlaohthause
verbunden.
Die Herren Reflektanten (ältere praktische Thierärzte erhalten den
Vorzug) werden hiemit eingeladen, ihre Gesuche unter Anlage der Appro¬
bationszeugnisse etc.
Ms längstens 1. Oktober 1901
in den Einlauf der unterfertigten Verwaltung zu bringen.
Penzberg, 16. September 1901.
Die Gemeindeverwaltung St. Johannisrain zu Penzberg.
Hutter, Bürgermeister.
Ul 1 mann, Sekretär.
Creolin-Hufschmiere.
syO Diese Salbe, enthaltend Ä 1 /* %
itya* Creolin, ist ans den besten Rohstoffen
hergestellt. Die anerkannt ausserordent-
—liehe Wirksamkeit des Creolin als im
höchsten Maasse bacterienzerstörendes
- Desinficiens, befähigt es nicht allein Hufe
vor Krankheiten zu schützen, sondern sie auch zu conserviren
und Hautverletzungen aller Art zu heilen.
Es empfiehlt sich daher in allen Fällen
Creolin-Hufschmiere
ausschliesslich zu verwenden.
Aus dem »Pferdefreund«: Die gründliche Desinfection der Pferde-
stallungen, oder was dasselbe bedeutet, die Vernichtung ansteckender
Krankheiten in ihrem Keime ist nicht selten von grösserer Wichtigkeit,
als die tbierärztlicbe Behandlung kranker Tbiere.
Die Wortmarke „Creolin“ ist als Waarenzeichen geschützt. Ich warne
vor Nachahmungen, die ich gerichtlich verfolge.
William Pearson, cremon 8, Hamburg.
Preise der Creolin-Hufschmiere:
1 Pfund-Dosen per Stück Mk. 1.50 2 Pfund-Dosen per Stück Mk. 2.50
he! 6 Dosen „ „ „ 1.25 bei 4 Dosen „ „ „ 2.25
5 Pfund-Dosen per Stück Mk. 4.50
bei 4 Dosen „ ,, ,, 4.—
franco Verpackung ab Fabrik.
Bel grösserer Abnahme billiger.
03
03
F ür Besucher des Staats-Examens sind wieder Zimmer zu vermiethen bei
Frau Amalie Des che lmay er, Thierarztensw., Kurfürstenstr. 3/III1.
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468
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
tröge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
Besonders empfohlen: Mk.
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Kolding. 2.50
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anstalten der Welt an der Jahrhundertwende« kostenfrei.
Einer Anregung aus thierörztl. Kreisen zufolge sind die Original-
Photographien d. thierärztl. Hochschulen vervielfältigt worden und
werden einzeln abgegeben. Diese Photogr. entspr. d. Taf. d.Bilder¬
werkes u. bilden einen vornehmen Wandschmuck.
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Verantwortliche Redaktion: M. Alb recht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
M. Albreoht und Ph. J. CJöring.
4ö. Jahrgang. München, den 1. Oktober 1901. Nr. 40.
Inhalt: Dr. Albreoht, Ueber Eklampsie der Hündinnen. — 54. ordent¬
liche Generalver8ammlnng des thierärztlichen Kreisvereines von Nieder¬
bayern, abgehalten am 28. Juli 1901 in Straubing. — Referate. —
Bücherschau. — Porsonalien. — Viehseuchen-Nachrichten. — Inserate.
Ueber Eklampsie der Hündinnen.
Von Professor Albreoht.
Dieses Leiden kommt bekanntlich besonders bei säugen¬
den Hündinnen vor. Es tritt in der Regel 8—14 Tage nach
der Geburt auf; mitunter aber erst längere Zeit nach der¬
selben.
F r i edB^gaj!i)_j3eobachtete——Aoif troton no ek—
50. Tage nach der Geburt. Dass sich die Krankheit längere
Zeit nach der Geburt einstellt, können wir durch eine Reihe von
Beobachtungen bestätigen, desgleichen machte ich mit Fried¬
berger und Druet 8 ) die Wahrnehmung, dass tragende Hün¬
dinnen mehrere Tage vor der Geburt eklamptische Anfälle
bekommen können. 3 ) Endlich beobachtete ich das Vorkommen
der Eklampsie bei Hündinnen während der Geburt 4 ) und
bei jungen Hündinnen, die überhaupt noch nicht tragend
waren.
Zunächst möge hier eine kurze Notiz über einen Fall
der letzteren Kategorie folgen, der mir jüngst zu Gesicht kam.
Von einer hiesigen Privatiere wurde mir im Januar d. Js.
x ) Specielle Pathologie und Therapie von Friedberger und Fröhner,
1892, 8. 152.
2 ) Ibidem.
8 ) Thierärztliche Geburtshilfe von Franck, 1901, S. 566.
4 ) Ibidem.
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ein elf Monate alter Seidenpinscher" mit der folgenden Anam¬
nese zur Behandlung vorgeführt:
„Das Thier war bis jetzt vollkommen gesund. Genau
vor zwei Monaten und drei Tagen, also vor etwa 63 bis
64 Tagen war das junge Thier stark brünstig. Die Brunst
lief ohne jeglichen Zufall normal ab.
Heute "(Targ der Consultation) nachmittags vier Uhr
streckte der Hund die Vorderbeine steif aus, richtete sie
sägebockähnlich auswärts nach beiden Seiten und konnte
nicht mehr stehen; Kopf und Hals wurden nach aufwärts und
etwas nach rückwärts gehalten. Dabei atbmete das Hündchen
‘sehr rasch und lechzte.
* Um sechs Uhr traten leichte Zuckungen ein, die sich
ällmählig steigerten. Futter wurde mittags noch mit Lust,
später nicht mehr aufgenommen.**
Nach diesen Mittheilungen zeigte der Hund zunächst die
Erscheinungen eines tonischen Krampfes, welcher sich vor¬
zugsweise auf die Vorhand beschränkte; nach zweistündigem
.Bestehen desselben gesellten sich hiezu clonische Krämpfe.
Als ich um acht Uhr abends das Thier untersuchte, zeigte
es clonisch-tonische Krämpfe, genau so, wie man sie an mit
Eklampsie behafteten säugenden Hündinnen beobachtet.
Die von der Besitzerin bei Beginn des Leidens wahrgenommene
-Richtung des Kopfes und Halses nach auf- und rückwärts
(Opisthotonus) bestand nicht mehr.
Ord.: 0,3 gr Chloral. hydratum in Lösung als Mastdarm-
clysma. Alsbaldige Besserung. Keine Recidive. Als mir
rlo»» Hund am nächsten Tage mittags vorgeführt wurde, zeigte
derselbe ausser einer gewissen Schwäche der Hinterhand
nichts Krankhaftes mehr.
Die Schwäche äusserte sich in der Weise, dass die Pa¬
tientin periodisch, nachdem sie je 10—12 Schritte gemacht
hatte, die Gelenkwinkel der Hintergliedraassen nicht voll¬
ständig zu öffnen vermochte, so dass das Thier beim Vorschieben
des Rumpfes mit den Hintergliedmassen die Croupe abwech¬
selnd stark nach der einen oder anderen Seite neigte. Nach
Umfluss von zwei Tagen war vollständige Restitution ein¬
getreten.
Man kann die bei dem Hunde beobachtete Eklampsie
kaum in Beziehung zum Geschlechtsleben des Thieres bringen.
Eigenthümlich ist aber in dem Falle doch die Thatsache, dass
t die Eklampsie bei dem Thiere gerade zu der Zeit auftrat, zu
welcher sie hätte werfen sollen, wenn es zur Zeit des ersten
Auftretens der Brunst befruchtet worden wäre. Vorerst muss
dieser Umstand als Zufall aufgefasst werden.
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471
Es treten indessen im Geschlechtsleben der Hündinnen
auch andere bis jetzt unerklärte Erscheinungen auf; ich er¬
innere an die an unserer Hochschule nicht selten zu beob¬
achtende Schwellung der Milchdrüsen mit Milchsekretion bei
güsten Hündinnen zu einer Zeit, zu welcher die Geburt ein¬
getreten wäre, wenn sie bei der letztverflossenen Brunst trächtig
geworden wären; dann an den von mir beobachteten Fall,
bei welchem eine Hündin alsbald nach der Castration das
sogenannte Einschiessen der Milch in derselben Weise zeigte,
als stünde sie unmittelbar vor der Geburt. 1 )
Unter diesen Umständen hätte es immerhin ein wissen¬
schaftliches Interesse, beim Auftreten der Eklampsie bei
güsten Hündinnen festzustellen, welche Zeit seit dem Auf¬
treten der letzten Brunst vergangen ist.
Während die gefürchtete Eklampsie des Weibes vorzugs¬
weise während der letzten drei Monate der Gravidität, ins¬
besondere aber bei der Geburt 2 ) vor kommt, seltener im
Wochenbette 3 ), beobachten wir beim Hunde umgekehrt die
häufigsten Fälle der Eklampsie nach der Geburt; am seltensten
treten sie während der Geburt auf.
Zur weiteren Ergänzung der Casuistik über die Eklampsie
des Hundes beschreibe ich nachstehend zwei Fälle, die
während der Geburt vorkamen.
Erster Fall.
Ein zur geburtshilflichen Station der Hochschule ge¬
brachter glatthaariger kleiner Pinscher, ein Jahr alt, hatte
laut Anamnese seit 24 Stunden kräftige Wehen.
Die Blase hatte sich vor acht Stunden gestellt. Vor
zwei Stunden war das Thier in thierärztliche Behandlung ge¬
geben worden.
Dem behandelnden Collegen wurde es aber nicht möglich,
den sehr grossen Fötus, welcher sich in der Beckeneinlage
präsentirte, zu entwickeln; als das Thier zur Schule gebracht
wurde, waren beide Hinterbeine ausgerissen.
Im Uebrigen war der Hund beim Zugänge noch kräftig,
wies eine Rectaltemperatur von 39,7° C. auf, bei einer Puls¬
frequenz von 130 vollen Schlägen p. M.
Es gelang bald die todtfaule grosse Frucht zu extra-
hiren. Fast unmittelbar, nachdem der Finger zur Unter-
*) Wochenschrift f. Thierheilkunde u. Viehzucht, 1899, S. 169.
*) Zwiesel, Lehrbuch der Geburtshilfe, 1895, 8. 425.
*) Ahlfeld, Lehrbuch der Geburtshilfe, 1898, S. 203.
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472
suchung in die Scheide eingeführt worden war, besonders
aber als an einem am Jungen befestigten Haken angezogen
wurde, traten Krämpfe ein, die sich dann während des Aus¬
ziehens der Frucht, welches sich beim Durchgang des grossen
Kopfes verzögerte, in hohem Masse steigerten und auch nach
der Geburt anhielten.
Der Hund lag auf der Seite mit gestreckten Beinen,
konnte nicht stehen und zeigte heftige Muskelzuckungen über
den ganzen Körper. Die Zahl der Athemzüge betrug etwa
80—90 p. M. Die Pulszahl konnte nicht festgestellt werden.
Die Rectaltemperatur betrug 39,9° C. und zwanzig Minuten
später 40,1° C.
Der Hund erhielt zunächst eine Morphiuminjection und
zwar mit Rücksicht auf sein geringes Körpergewicht nur 0,01 gr
Morphium.
Als nach 15 Minuten die Krämpfe nur wenig nachgelassen
hatten, wurden 0,7 gr Chloralhydrat in Lösung per rectum
applicirt.
Auch diese doppelte Medikation (Morphium und Chloral¬
hydrat) genügte nicht, die Krämpfe vollständig zum Ver¬
schwinden zu bringen. Es wurde daher nach weiteren zwölf
Minuten nochmal 0,5 Chloralhydrat infundirt und auch jetzt
dauerten die Krämpfe, obwohl in bedeutend geringerem Grade
fort, so dass wir uns veranlasst sahen, dem Thiere nach Um¬
fluss von weiteren zehn Minuten nochmal 0,5 gr Chloralhydrat
per rectum beizubringen. Erst jetzt trat vollständige Be¬
ruhigung ein.
Nachdem der Hund an diesem und am nächsten Tage
noch je zwei Uterusausspritzungen von Liqu. Cresoli saponat.
(2 °/o ig) erhalten hatte, war er ausser Gefahr.
Interessant waren mir in diesem Falle der hartnäckige
Fortbestand der eklamptischen Erscheinungen.
Bei solch’ kleinem Hunde genügt in der Regel eine In¬
fusion von 0,5 gr, selbst von 0,3 gr Chloralhydrat in den Mast¬
darm, um Sistirung der Krämpfe zu bewirken, während für
diese Patientin in Summa 1,7 gr des Mittels ausser einer
Morphiuminjection erforderlich waren.
Bemerkenswerth ist auch die Fortdauer der Krämpfe
nach der Geburt.
Bei eklamptischen Frauen beobachtet man nämlich, dass
die Krämpfe nach der Geburt aufhören oder doch sehr milde
auftreten . l ) (Fortsetzung folgt.)
J ) Ahlfeld, Lehrbuch der Geburtshilfe, 1898, S. 207.
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473
54. ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen
Kreisvereines von Niederbayern, abgehalten am 28. Juli 1901
in Straubing.
Die 54. Generalversammlung des thierärztlichen Vereines
von Niederbayern wurde in der Stadt Straubing abgehalten
und war von 23 Mitgliedern besucht, nämlich den Herren:
Bauer—Kelheim, Bauer—Landshut, Buhmann, Bern-
dorfer, Etzinger, Feser, Horn, Heiss, Hartl,
Kornberger, Lettl, Leimer, Martin, Merkle,
Münich,Saurer, Schauber, Schmid—Bogen, Schmid—
Fürstenzell, Siecheneder, Urban.
Als Delegirter der k. Kreisregierung wohnte der Ver¬
sammlung an Herr k. Kreisthierarzt Wimmer, zugleich
Mitglied des Vereines. Der Vereinsvorstand, k. Bezirksthier¬
arzt Horn, eröffnete die Versammlung, die im Hoch-
grassTschen Weinwirthshause tagte, unter freundlicher Be-
grüssung der Theilnehmer. Insbesondere begrüsste derselbe
den von der k. Kreisregierung abgeordneten Commissär, Herrn
Kreisthierarzt Wimmer, welcher das erste Mal in dieser
Eigenschaft der Versammlung an wohnte, brachte den Dank
des Vereines für die Abordnung in geziemenden Worten zum
Ausdrucke und bat, Herr Kreisthierarzt möge dem Vereine
in gleicher Weise anhänglich bleiben wie bisher.
Weiters referirt sodann derselbe über interne Vereins¬
angelegenheiten.
Der Verein zählt z. Zt. 27 Mitglieder, von denen 23 der
Versammlung an wohnten. Mehrere Mitglieder, sowie das
Ehrenmitglied Herr Bezirksthierarzt a. D. Gotteswinter,
hatten ihr Nichterscheinen entschuldigt.
Gestorben sind während des Vereinsjahres zwei Mitglieder,
nämlich Corpsstabsveterinär Hahn—Landshut und Bezirks¬
thierarzt Bergler—Rottenburg. Der Vorsitzende widmet
denselben ehrenden Nachruf, welchem sich die Versammlung
durch Erheben von den Sitzen anschliesst.
Neubeigetreten sind dem Vereine Merkle—Rottenburg,
Schmid—■ Fürstenzell und Hartl—Neukirchen.
Ausgeschieden durch Versetzung in andere Kreise sind
die Mitglieder Himmelstoss, Heichlinger und Wege rer.
Ein Antrag des Vorsitzenden, das langjährige, treue,
verdienstvolle Mitglied, Herrn Kreisthierarzt a. D. Volk, zum
Ehrenmitgliede zu ernennen, fand einstimmige Genehmigung.
Die vorgelegte Vereinsrechnung pro 1900/01 entziffert
eine Gesammtemnahme von 207,71 Mk. gegen eine Gesammt-
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474
ausgabe von 94,45 Mk., sodass ein Baarbestand von 113,26 Mk.
verbleibt. Die Rechnungsstellung wurde von zwei Mitgliedern
geprüft, richtig befunden und dem Cassier Herrn Saurer
Decharge ertheilt.
Der Vereinsbeitrag wird wie bisher auf 3 Mk. festgesetzt.
Die sodann in Folge Ablaufes der dreijährigen Wahl¬
periode vorgenommene, statutenmässige Wahl hatte folgendes
Ergebniss:
Vorstand: Bezirksthierarzt Hörn—Pfarrkirchen,
Sekretär: Bezirksthierarzt Siecheneder—Landshut,
Ca8sier: Bezirksthierarzt Saurer—Landshut.
Ausschussmitglieder: die Bezirksthierärzte Schau¬
be r—Landau und Buhmann—Deggendorf.
Gemäss § 12 Ziffer 6 der Satzungen werden gewählt:
a) in den Berathungsausschuss der Vereins-Ausschuss
und als weitere drei Ersatzmänner Schmid—Bogen,
Leimer und Heiss.
b) als Abgeordneter zum ObermedicinabAusschusse Herr
Kreisthierarzt Wimmer in Landshut und als dessen
Ersatz Bezirksthierarzt Horn in Pfarrkirchen.
c) als Delegirter in den deutschen Veterinärrath Herr
Kreisthierarzt Wimmer.
Als nächster Versammlungsort wurde Landshut bestimmt.
Nach Erledigung der Vereinsangelegenheiten hielt Herr
Schlachthofdirektor Heiss Vortrag über Bau und Einrichtung
des Schlachthofes in Straubing, der sichtliches Interesse fand.
Der Vorsitzende sprach dem Vortragenden für seine Liebens¬
würdigkeit und den ausführlichen Vortrag den Dank der Ver¬
sammlung aus.
Hierauf wurde die Versammlung geschlossen und unter
Führung des Herrn Direktors Heiss der Straubinger Schlacht¬
hof besichtigt. Sämmtliche Theilnehmer waren erstaunt über
die modernen, allen hygienischen Anforderungen entsprechen¬
den Einrichtungen und über die Reinlichkeit des Schlachthofes.
Straubing ist durch die Errichtung seines neuen Schlacht¬
hofes um eine Sehenswürdigkeit, deren Besichtigung nicht
nur von den Fachmännern, sondern von jedem Besucher
dieser Stadt nicht unterlassen werden soll, reicher geworden.
Die Besichtigung des Schlachthofes ist auf von der Yereins-
vorstandschaft gestelltes Ansuchen seitens des Stadtmagistrates
unentgeltlich gewährt worden. Um ein Uhr Mittag wurde
gemeinschaftliches Mittagsmahl im Hochgrassrschen Wein¬
hause eingenommen. Im Verlaufe desselben erhob sich Herr
Kreisthierarzt Wimmer zu einer kurzen Ansprache, in
welcher derselbe der Versicherung Ausdruck gab, dass er wie
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475
bisher dem Vereine treu bleiben und die Interessen desselben
nach Kräften vertreten werde. Seine Worte klangen aus in
ein Hoch auf das Blühen und Gedeihen des niederbayerischen
thierärztlichen Kreisvereines, in das sämmtliche Collegen be¬
geistert einstimmten.
Das Mahl wurde um drei Uhr aufgehoben und ein Nach¬
mittagsschoppen im Redlbacher-Keller hielt die Theilnehmer
der Versammlung noch bis zu den Abendzügen beisammen.
Sieche ne der, Sekretär.
Referate.
Schattenschirme für Ziehhunde. (Ulustrirte landwirth-
schaftliche Zeitung Nr. 63, 1901.) In heissen Ländern werden
die Ziehhunde gegen die sengenden Sonnenstrahlen durch
Schattenschirme geschützt. Der Hund geht in einer Gabel¬
deichsel, an welcher durch vier aufrechte leichte eiserne
Stangen ein Segelleinen üher dem Hunde ausgespannt ge¬
halten wird.
Dr. Böttcher: Gegenwärtige Preise der Futterwerthsein¬
heiten in den käuflichen Handelsfuttermitteln. (Ulustrirte
landwirtschaftliche Zeitung Nr. 67, 1901.) Zur Zeit stellt
sich nach einer Berechnung von Dr. Böttcher der Preis der
verdaulichen Futterwerthseinheit in den käuflichen Kraftfutter¬
mitteln wie nachstehend angegeben:
Amerikanisches Baum-
4
Maiskeimmelasse . .
4
11,2
wollsaatmehl . . .
8,3
Leinkuchen .
11,3
Mohnkuchen ....
8,3
Roggenkleie . . . .
11,5
Erdnusskuchenmehl . .
8,6
Blutmelasse . . . .
11,5
Sesamkuchen ....
8,6
Getr. Rübenschnitzel
11,8
Getr. Maisschlempe . .
8,6
Palmkernkuchen . .
11,9
Kartoffeln.
8,7
Weizenkleie . . . .
11,9
Getr. Getreideschlempe
8,9
Mais.
12,4
Reisfuttermehl . . .
9,8
Wicken .
12,5
Liebig’s Fleischmehl
9,8
Bohnen .
12,6
Maiskeimkuchen . . .
10,1
Melasse.
13,3
Malzkeime.
10,3
Futtererbsen . . . .
13,6
Biertrebermelasse . .
10,4
Torfmehlmelasse . . .
13,9
Rapskuchen ....
10,5
Weizen.
14,0
Palmkernmelasse . .
11,0
Roggen .
14,8
Getr. Biertreber . . .
11,2
Gerste.
15,4
Cokoskuchen ....
11,2
Hafer.
17,2
476
Anmerkung, de8 Referenten: Die Berechnung der Preise der verdau¬
lichen Futterwerthseinheit geschieht wie folgt: Es wird angenommen } dass
die verdaulichen N.-haltigen Nährstoffe und das verdauliche Fett je den
dreifachen Werth der stickstofffreien Nährstoffe haben. Der Gehalt der
Futtermittel an verdaulichen Nährstoffen ist durch Versuche festgeBtellt
worden und aus den Nährstofftabellen zu ersehen.
Man rechnet nun die Zahlen, welche den Gehalt an verdaulichen
N.-haltigen Nährstoffen und an verdaulichem Fett angeben, je dreimal und
zählt zu den beiden Produkten die Zahl, welche die verdaulichen N.-freien
Nährstoffe bezeichnet; mit der Gesammtsumrae dividirt man dann in die
Zahl, welche den Preis eines Centners der jeweiligen Futtermittel be¬
zeichnet. Der Quotient stellt den Preis der Futterwerthseinheit dar.
Gestielte cystöse Polypen an der Vorderfläche der Epi¬
glottis beim Pferde. In der Sitzung der societe centrale de
med. vet. am 28. März 190t referirte Almy über drei der¬
artige von ihm beobachtete und behandelte Fälle. Es waren
jeweils fluktuirende, mit einer schleimigen Masse gefüllte,
50—60 gr schwere Neubildungen, welche von der Pharynx¬
schleimhaut überzogen waren und zweifellos aus stark ver-
grösserten Schleimdrüsen bestanden, deren Ausführungsgang
sich verstopft hatte. In allen drei Fällen hatte A. die Ge¬
schwülste durch Eingehen mit der Hand durch die Maulhöhle
nachgewiesen und auch auf diesem Wege mittels des Ekra-
seurs leicht exstirpirt, nachdem vor der Untersuchung chloro-
formirt und ein Maulgatter eingelegt, auch wegen eventueller
Erstickungsgefahr vorsichtshalber die Tracheotomie vorge¬
nommen worden war.
Die Erscheinungen bestanden in plötzlich, während des
Fressens besonders, auftretender Athemnoth, welche mit Schling¬
beschwerden verbunden war, so dass Theile des Futters zur
Nase,heraus kamen. Der ganze Anfall war gewöhnlich nach
wenigen Minuten vorbei, jedenfalls sobald der Tumor wieder
eine andere Lage eingenommen hatte. Das gleichzeitige Be¬
stehen von respiratorischen und digestiven Störungen brachte
A. auf den Gedanken einer Neubildung, die durch irgend
welche Veranlassung verlagert, plötzlich Athmung und Ab¬
schlucken behinderte.
In der anschliessenden Diskussion brachten Benjamin
und Butel ähnliche Fälle zur Kenntniss. Letzterer wies
wiederholt auf die unumgängliche Nothwendigkeit der Tracheo¬
tomie hin, indem ihm ein Pferd, das nicht tracheotomirt
war, direkt nach dem Abwerfen erstickte: der Polyp hatte
sich dabei so unglücklich verlagert, dass der Luftweg völlig
versperrt war.
(Rec. de m6d. v6t. 30. April 1901.)
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477
Die Anwendung des Wasserstoffsuperoxyds. Desoubry
undCagny empfehlen das Wasserstoffsuperoxyd als ein ganz
vorzügliches Antiseptikum und Hämostatikum. Speciell bei
Eiterungen sei es unersetzbar. Bei oberflächlichen Läsionen
wende man es am besten per Spray an; bei Fisteln etc. be¬
nütze man es zum Ausspritzen. Auch zur Desinfection des
Uterus sei das Mittel sehr probat; jedoch ätzt das gewöhn¬
liche, im Handel vorkommende Wasserstoffsuperoxyd (eine
wässerige Lösung von 10—12 Yolumenprocenten H 2 0 8 )
die Schleimhäute zu sehr und man verdünnt es daher zu diesem
Behufe mit 3 Theilen Wasser. Besten Erfolg habe man auch
bei der Behandlung von Widerristfisteln.
(Rec. de m6d. v6t. 30. April 1901.)
»Schmidt—Kulmbach und Dr. Simader.
Bücherschau.
Grundzüge der bakteriologischen Diagnostik der thier-
ischen Infectionskrankheiten von Dr. Ernst Joe st,
Thierarzt, Leiter der bakteriologischen Abtheilung des pharma-
ceutischen Instituts Gans in Frankfurt a. M. Berlin, Verlag
v. R. Schoetz, Louisenstr. 36.
Die Brochüre von Jöest gibt auf 71 Seiten eine klar und
angenehm geschriebene Darstellung der allgemeinen bakteriologischen
Diagnostik. Der jedenfalls zeitgemässe Gedanke, die generellen
Gesichtspunkte dieser Disciplin unabhängig von der speciellen
Methodik auseinander zu setzen, hätte vielleicht im Titel mehr
hervorgehoben werden sollen; wer die Schrift mit der Absicht
kauft, etwa u. a. kurze Zusammenstellungen bakteriologischer
Methoden zu finden, wird enttäuscht sein. Im ersten Abschnitte
(bakteriologische Untersuchung) wird die Theorie der Färbung
nach Ansicht des Referenten etwas zu breit und auch etwas zu
dogmatisch vorgetragen, denn ein grosser Theii von demjenigen,
was Joest nach Ehrlich u. a. anführt, ist vorläufig unbewiesene
Hypothese. Ausdrücke wie „Intramolekulärspatien 14 und „Proto-
plasma-Molecüle“ (S. 8) würden besser vermieden.
Der zweite Abschnitt behandelt die verschiedenen Züchtungs-
verfahren, der dritte den Tbierversuch. In letzterem wird die
durch interessante Versuche von Radziewski neuerdings begründete
Anschauung von Cantani und Pfeiffer referirt, nach welcher auch
bei den „nicht toxischen“ Bakterien die Hauptsache der Infection
in einer Intoxikation des Organismus durch Giftstoffe liegt, welche
aus den regelmässig in Menge untergehenden Bakterien frei werden.
Hier, wie im fünften Abschnitte, benützt J. Ausdrücke, welche der
Ehrlich’schen Theorie der Immunisation entnommen sind, wie
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„Komplement“ und „Immunkörper“, ohne die Ehrlich’sche Theorie
selbst irgendwo eingehender zu besprechen, oder das Hypothetische
der Annahme hervorzuheben. Bei Besprechung der experimen¬
tellen Wuthdiagnose theilt F. eine Angabe von Dr. Marx mit,
nach welcher die intramuskuläre Infeotion der Versuchsthiere
(mit 1—5 ccm Bückenmarksemulsion) sich sehr empfiehlt, da
dieselbe sicher und einfach ist und auch bei angefaultem Material
noch ausgeführt werden kann.
Der vierte Abschnitt handelt von der diagnostischen Impfung
mit Bakterienextract, wobei das Mallein sowohl nach Baum, wie
nach Bewerthung seitens des Herrn Verfassers gegenüber dem
Tuberkulin unverdient schlecht wegkommt. Der fünfte Theil:
„Serodiagnostik“, hätte wohl sowohl nach der historischen Seite
als in der Darstellung des gegenwärtig Wichtigen mit Nutzen
ausführlicher gestaltet werden können.
Zum Schluss noch eine principielle Bemerkung: Wenn S. in
der Einleitung sagt: „Die Bakteriologie inaugurirte eine neue
Epoche, die aetiologische in der Medicin“ — so spricht er darin
eine nicht selten, zumal von bakteriologischer Seite vertretene
Meinung aus, welche aber nichts destoweniger falsch ist. Nicht
die Bakteriologie hat die aetiologische Bichtung in der Medicin
gebracht, sondern umgekehrt: sie ist eine der schönsten Früchte
dieser zu allen Zeiten in der wissenschaftlichen Medicin aufs
eifrigste gepflegten Bichtung. Aber gerade ein Vergleich der
grossen Erfolge, welche die Erforschung der infectiösen Krank¬
heitsursachen gezeitigt hat, mit der Gesammtmenge * der aetio-
logischen Fragen in der Pathologie zeigt, dass man nach wie vor
nicht daran denken darf, Krankheitsursachen mit Krankheits¬
erregern zu identificiren und überall da, wo man die Krank¬
heitsursache nicht kennt, ohne weiteres einen noch unentdeckten
Mikroben zu postuliren.
Hoffentlich gibt eine zweite Auflage dem Herrn Verfasser
bald Gelegenheit, durch Abstellung der angegebenen Mängel das
dankenswerthe Werkchen noch zweckentsprechender zu gestalten.
Dr. E. Albrecht.
Personalien.
Unter Beförderung zu Stabsveterinären wurden versetzt die Veterinäre
Amon vom 1. Ulanen-Regiment zum 9. Feld-Art.-Regmt., Schwarz-
trauber vom 1. Chev.-Rgmt. zum 10. Feld-Art.-Rgmt., Morhardt vom
Remontedepot Benediktbeuern zum 11. Feld-Art.-Rgmt. und Zix vom
5. Feld-Art.-Rgmt. zum 12. Feld-Art.-Rgmt. Weiter wurden versetzt die
Veterinäre Baumgarten vom 3. Feld-Art.-Rgmt. zum 9. Feld-Art.-Rgmt.,
Sippel vom 6. Feld-Art.-Rgmt. zum 10. Feld-Art.-Rgmt., Sobmid vom
2. Feld-Art.-Rgmt. zum 11. Feld-Art.-Rgmt., W eiss vom 4. Feld-Art.-
Rgmt. zum Remontedepot Benediktbeuern. Zu Unterveterinären des
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Friedensstandes wurden ernannt: die Unterveterinäre der Reserve Reinen-
eder (Augsburg) im 1. Chev.-Rgmt.; Zapf (Würzburgi im 5. Feld-
Art.-Rgmt., ferner die einjährig-freiwilligen Unterveterinäre Klotz rom
1» Trainbataillon im 1. Ulanen-Rgmt, Zimmermann vom 6. Feld-Art.-
Rgmt. im 4. Feld-Art.-Rgmt. und Guth vom 3. Feld-Art.-Rgrat. im
12. Feld-Art.-Rgrat. Die Funktion einen Ansintenten am pharmakologischen
Institute der tierärztlichen Hochschule wurde dem Thierarzte Armin
Fes er übertragen.
Stand dar Thierseuchen in Bayern am 20. September 1901.
a) Rotz (Wurm):
Schwaben: Augsburg 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul* und Klauen-Seuche:
Oberbayern: 5 Gern. (93 Geh.); M itt-e 1 franken : 1 Gern.
(1 Geh.); Schwaben: 2 Gera. (11 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gera. (1 Geh.); Pfalz: 1 Gmd. (1 Geh.);
Oberpfalz: 1 Gmd. (1 Geh.); 0 b e r fr au k e n : 1 Gmd.
(1 Geh.); Un terf r ank e n : 1 Gern. (1 Geh.).
Bei Unterfertigtem erledigt sich ab 15. Oktober oder 1. November
die Stelle eines
MF*" Assistenten.
Dieselbe eignet sich nur für einen sehr fleisnigen Collegen, der leistungs¬
fähiger Radfahrer und tüchtiger Fussgänger ist.
Heiclilinger, kgl. Bezirksthierarzt, Bruck bei München
Tannalbin veterin. (Knou)
prompt und sicher wirkendes Mittel
gegen Durchfälle der Pferde, Fohlen, Rinder, Kälber etc.
Brochüren mit den Berichten hervorragender Thierärzte, Gestüts-
17(26) Verwaltungen etc. zu Diensten.
Verkauf durch die Drogenhandlungen und Apotheken
Knoll & Co., chem. Fabrik, Ludwitrshafen a Rh
MF"" .A.pproToirter Tliierarzt
(1899), sncht stelle als Assistent an einem Schlachthof einer
bayerischen Stadt. Gefl. Offerten werden unter M. 40 an die Expedition
des Blattes erbeten. • 1 (2)
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480
werden den Herren Thieriirzten zu kostenfreiem ^
Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
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Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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Thierheilkuude und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 8. Oktober 1901. Nr. 41.
Inhalt: Dr. Albreeht, Ueber Eklampsie der Hündinnen. Schluss. —
53. Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereines der Ober¬
pfalz, abgehalten zu Regensburg am 11. August 1901. — Referate. —
Personalien. — Viehseuehen-Nach richten. — Inserate.
Ueber Eklampsie der Hündinnen.
Von Professor Albreeht.
(Schluss.)
Zweiter Fall.
Abgesehen davon, dass in diesem Falle* die Eklampsie
vor der Geburt auftrat und während derselben fort-
bestand, weist er auch in einzelnen Erscheinungen Abweich¬
ungen von dem gewöhnlichen Verlauf des Leidens bei Hün¬
dinnen auf.
Ein weiblicher zwei Jahre alter Pinscher wurde der
geburtshilflichen Station der thierärztlichen Hochschule mit
der Anamnese zugeführt, dass bereits bei der letzten Geburt
die drei Jungen, mit welchem das Thier damals trächtig ging,
an unserer Station mittelst Kunsthilfe entwickelt werden
mussten.
Vor drei Wochen habe der Hund kurz andauernde
Krämpfe gezeigt, die angeblich unter Bewusstlosigkeit des¬
selben verliefen; hiebei sei aus den Geschlechtsorganen eine
geringe Quantität einer grünen Flüssigkeit abgegangen. Ohne
jegliche Behandlung sei alsbald Besserung eingetreten und
seit dieser Zeit habe sich im Befinden des Thieres nichts
Abnormes gezeigt. Heute (Tag des Zuganges) beobachte man
an dem Hunde geringere Munterkeit und grosse Neigung zum
Schlafen.
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482
Nach den von der Eigenthümerin weiter gemachten An¬
gaben über die Zeit, zu welcher das Thier belegt worden, konnte
berechnet werden, dass die Tragezeit noch nicht abgelaufen
war. Nach dieser Berechnung sollte die Geburt erst etwa
nach Ablauf von vier Tagen erfolgen. Die Beschaffenheit
der Scham und des Gesäuges sprachen auch für diese Auf¬
fassung. Da die Eigenthümerin des Hundes jedoch bemerkte,
dass das Thier auch bei der vorigen Geburt einige Tage vor
Ablauf der Tragezeit geworfen habe, wurde dasselbe zur Be¬
obachtung aufgenommen.
Die Untersuchung ergab: kleines, ziemlich gut genährtes
Thier mit schmalem Becken und nach allen Richtungen
stark ausgedehntem Abdomen. Die Zahl der Pulse beträgt
120 bis 130 Schläge p. M. AthemzügC zählte man 35—40 in
der Minute. Die Exspiration geschah unter leisem Stöhnen.
Die Futteraufnahme ist gut. Ausscheidungen können nicht
beobachtet werden. Die Bewegung des Thieres erfolgt schwer¬
fällig. Dasselbe zeigt überhaupt wenig Lust zur Bewegung,
sondern liegt meistens. Die Psyche ist frei. Die Mastdarm¬
temperatur beträgt 38° C. Die Körperoberfläche ist gleich-
massig warm, die Nase feucht und kühl.
Am nächsten Tage beträgt die Pulsfrequenz nur mehr
100 Schläge, die Athemfrequenz 30 Athemzüge p. M. Bei
der Exspiration hört man auch jetzt noch ab und zu leises
Stöhnen. Die Percussion ergibt im ganzen Umfange des
Percussionsfeldes hellen Schall, die Auskultation an beiden
Brustwandungen vermehrtes Yesiculärathmen.
Die Neigung zur Futteraufnahme ist geringer als am
vorigen Tage. Der Kotb ist von normaler Farbe und Consi-
stenz, aber sehr übelriechend. Die Foeten sind bei der Palpa¬
tion des Bauches deutlich fühlbar; auch fühlt man die Be¬
wegung der Jungen. Aeussere und innere Körpertemperatur,
sowie die Erscheinungen im Bewegungsleben des Thieres sind
so wie gestern, nur mit dem Unterschiede, dass sich bei der
Bewegung ausser Schwerfälligkeit auch eine gewisse Schwäche
kund gibt.
Am dritten Tage der Beobachtung zeigt öich der Hund
bewegungsfähiger und munterer und zeigt mehr Lust zur
Futteraufnahme. Die übrigen Erscheinungen wie gestern.
Am vierten Tage morgens sechs Uhr fand man den
Hund schreiend auf seinem Lager. Kopf und Hals werden
durch Muskelkontraktionen bald rechts, bald links nach der
Seite gezogen. Die Mastdarmtemperatur steht nur auf 36° C.;
die Nase ist kühl und feucht, die Körperoberfläche gleich-
massig kühl. Die Zahl der Pulse beträgt 100—.120, die
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483
Zahl der Athemzüge 45 p. M. Die Exspiration geschieht
wieder unter leisem Stöhnen.
Die nachfolgenden Aufzeichnungen wurden durch meinen
damaligen Coassistenten, den jetzigen Herrn Distriktsthier-
arzt Lenz gemacht, welcher das Thier nunmehr unünter*
brochen beobachtete.
Nach der Verabreichung einer Infusion von 0,5 Chloral*
hydrat in den Mastdarm hörten die Krämpfe auf.
Bei der Untersuchung um l j 2 10 Uhr vormittags lag
das Thier zunächst ruhig; aber schon die durch die in Folge
der Untersuchung ^ veranlasste Lageveränderung desselben
hatte das Wiederauftreten von Zuckungen im Gefolge. Die
Krämpfe waren tonisch-klonische und betrafen die gesammte
Körpermuskulatur. Geringgradig erschien die Rückenmusku¬
latur in krampfhafter Thätigkeit zu sein, hochgradig die
Extremitätenmuskulatur.
Die beiden Kiefer waren wie bei starkem Trismus auf¬
einander gepresst und nach Zwischenzeiten von je einigen
Sekunden wurde der tonische Krampf der Kiefermuskulatur
durch starke Zuckungen gesteigert, welche besonders an den
muscul. temporal, wahrgenommen werden konnten.
Athemzüge 60, Pulse 130»—140 p. M. Die Bewegungen
der Seitenbrustwandungen sind durch den Krampf, wohl im
Zusammenhänge mit theilweiser Hemmung der Coordination
der Athembewegungen ad maximum erschwert. Die Mast¬
darmtemperatur beträgt nur 36° C.
Es wurde nun 1,0 g Chloralhydrat als Mastdarmclysma
verabreicht. Unmittelbar nach dieser Procedur, eigentlich
schon während derselben trat Athmungsstillstand ein. Man
leitete sofort künstliche Respiration ein und zwar vorzugs¬
weise durch Ausführung der Schulz’schen Schwingungen, wo¬
mit man den Wiedereintritt der Athmung erzielte. Die An¬
wendung von Qhloralhydrat bewirkte wiederum alsbaldigen
Nachlass der Krämpfe und ruhige ergiebige Athmung.
Um 12 Uhr traten die Krämpfe indessen wieder auL
Auf eine subcutane Injection von Morphium 0,02 sistirten sie
alsbald.
Die Mastdarmtemperatur stand auch jetzt nur auf 36° C.;
trotz der wiederholt aufgetretenen starken Muskelarbeit war
also eine Steigerung derselben nicht erfolgt.
Man hielt es daher für angemessen, die Eigenwärme des
Thieres durch Wärmezufuhr zu steigern.
Zu diesem Zwecke brachte man die Patientin in ein
warmes Bad von 45° C. Das Wasser wurde während der
halbstündigen Dauer des Bades auf dieser /Temperaturhöhe
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484
erhalten. Trotz der anhaltenden Wärme Wirkung auf das Thier
stieg aber dessen Innenwärme nicht an.
Erämpfe traten während des Badens und nach demselben
zunächst nicht mehr auf. Die Zahl der Athemzüge stellte
sich während der Applikation des Bades auf 40, nach dem
Bade auf 25 p. M. Die Pulszahl betrug nach dem Bade
80—90 in der Minute.
Im Verlauf des Nachmittags bis Abends erhielt der Hund
noch dreimal je ein warmes Bad von x /2 ständiger Dauer
und in der Zwischenzeit wurden Umschläge mit in warmes
Wasser getauchten Tüchern um den Leib gemacht. Auch
durch diese ständige Wärmezufuhr zur Patientin konnte eine
Steigerung der Eigenwärme derselben nicht bewirkt werden.
Um sieben Uhr bemerkte man den Eintritt leichter
Wehen. Krämpfe waren nicht mehr eingetreten.
Um acht Uhr bekam der Hund wieder ein Bad; ausser¬
dem wurde Aether subcutan injicirt, endlich Hess man während
der Dauer des Bades einen mässig gespannten Inductionsstrom
auf das Thier einwirken.
Nach Umfluss dieses Verfahrens constatirte man ein An¬
steigen der Mastdarmtemperatur auf 38°.
Um zehn Uhr bekam der Hund wieder einen eklamp-
tischen Anfall. Beruhigung trat auf Anwendung von Chloral-
hydrat binnen kurzem ein.
Um zwölf Uhr Athmung ruhig. Zahl der Athemzüge
30, Zahl der Pulse 110 p. M. Mastdarmtemperatur 37,2.
Um ein Uhr hatte sich die Blase gestellt. Da das Thier
keine Wehen zeigte, wurde sie gesprengt und unter Anwend¬
ung von Haken und Zange ein totes aber sonst normal be¬
schaffenes Junge entwickelt. Bewegung der noch im Tragsack
vorhandenen Früchte konnte nicht mehr festgestellt werden.
Der Tod derselben erfolgte wohl durch Behinderung der
Athemthätigkeit des Mutterthieres durch. Asphyxie.
Während der Hilfeleistung trat wiederum ein eklamp-
tischer Anfall ein. Die Mastdarmtemperatur betrug 37° C.
Nach der Entfernung dieser Frucht verminderten sich die
Krämpfe.
Eine halbe Stunde später war die Innenwärme des Hundes
auf 36,3° C. gesunken.
Um drei Uhr war ein zweiter Foetus vorgetreten. Während
der Zeit von 1—3 Uhr hatten die Krämpfe in sehr mässigem
Grad© fortbestanden. Das Thier war jetzt sehr matt, der
Puls konnte an der Conralis kaum mehr gefühlt werden und
betrug etwa 90 Schläge p. M. Trotz der Schwäche steigerten
sich aber während der Touchirungen wiederum die Krämpfe.
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Es scheinen demnach bei an Eklampsie leidenden Hunden
Reizungen des Genitalschlauches eklamptische Anfalle aus-
lösen zu können oder doch bereits vorhandene Krämpfe zu
steigern.
Nach viertelstündigem Zuwarten wollte man auch die
zweite Frucht entwickeln. Während der Arbeit beobachtete
man plötzliches Aufhöreu der Krämpfe und einige Minuten
später war der Tod des Thieres fast unmerklich eingetreten.
Bei der Section fanden sich im Tragsacke noch drei
normal beschaffene Früchte. Der Uterus selbst zeigte keinen
pathologischen Befund.
Die Lungen waren hochgradig hyperämisch und in
massigem Grade ödematös.
Mit Rücksicht auf die bei der Section von an Eklampsie
gestorbenen Frauen constatirten pathologischen Befunde im
Harnapparate wurde dieser eingehend besichtigt. Es konnte
an ihm aber nichts Auffälliges gefunden werden, abgesehen
davon, dass sich in dem der Blase entnommenen Urine eine
geringe Menge Eiweiss fand. Die Zuckerreaction ergab der
Harn nicht.
Im Allgemeinen war demnach das Sectionsergebniss des
Cadavers ein negatives.
Bei der Aufzählung der Krankheitssymptome des Thieres
wurden die Ergebnisse der Temperaturmessungen besonders
deswegen genau angeführt, weil sie im Gegensätze stehen zu
jenen, welche man sonst bei an Eklampsie leidenden Hunden
wahrnimmt.
Im Uebrigen möge hier erwähnt sein, dass ich bei an
Eklampsie leidenden Hunden nie besonders hohe Tempera¬
turen constatiren konnte; die Mastdarmtemperatur steigt nach
meinen Wahrnehmungen trotz der starken Muskelthätigkeit
kaum je über 40,5° C. an.
Dagegen beobachtete allerdings Professor L e 11 m a n *)
bei einer an Eklampsie leidenden Hündin eine Innenwärme
von 43,0° C.
Nach Winkel 2 ) steigt bei Frauen die Temperatur mit
jedem Anfalle. Ob das Ansteigen der Temperatur Folge der
starken Muskelthätigkeit oder ob es auf Intoxikation zurück¬
zuführen ist, darüber sind die Ansichten noch getheilt. ln
unserem Falle konnte ein Ansteigen trotz der hochgradigen
Krampferscheinungen nicht wahrgenommen werden. Aller¬
dings muss hier gesagt werden, dass bei dem Hunde kurze
^ Berliner thierärztliche Wochenschrift' 1897, S. 217.
*) Winkel, Geburtshilfe, 1893, S. 542.
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486
Zeit nach dem Zugänge zur Station so ziemlich alle Er¬
scheinungen auf einen starken Rückgang der Lebensenergie
deuteten, vielleicht mit Ausnahme der Herzactionen, welche
sich bis gegen Ende des Leidens kräftig erwiesen.
Eine Erklärung, wodurch der Temperaturabfall bei dem
Thiere veranlasst wurde, haben wir nicht. , _
Auffallend war, dass derselbe bei dem ersten eklamp-
tischen Anfalle auftrat. Fast möchte man glauben, dass dieser
und die subnormale* Temperatur durch die gleiche Ursache,
vielleicht durch eine toxische Substanz bedingt waren.
Bemerkenswerth ist, dass die Innanwärme der Patientin
durch dauernde und umfassende Wärmezufuhr absolut nicht
gesteigert werden konnte. Es schien* als sei das cerebrale
Wärmecentrum nur für niedrige Körperwärme eingestellt.
Die Mittheilung der Eigenthümerin, dass die Hündin
etwa dreieinhalb Wochen vor Ablauf der Tragezeit einen
Krampfanfall hatte, lässt schliessen, dass eklamptische Anfälle
bei trächtigen Hunden schon vor Beginn des letzten Dritt-
theils der Gravidität auftreten können.
Wenn die Beobachtung der Besitzerin richtig war, dass
während des von ihr beschriebenen Krampfanfalles eine grüne
Flüssigkeit aus den Geburtswegen abging, so würde dieses
die Annahme rechtfertigen, dass der Abgang von Fruchtwasser
bei graviden Hündinnen — die grüne Flüssigkeit konnte
wohl nur Fruchtwasser gewesen sein — nicht immer ein Vor¬
zeichen für den Eintritt von Abortus ist und dass trotz Läsion
eines Eihautsackes der Fötus zu normaler Entwicklung ge¬
langen kann. Sämtliche vier Föten waren nämlich aus¬
getragen und regelmässig entwickelt.
53. Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereines
der Oberpfalz, abgehalten zu Regensburg am
11. August 1901.
Sonntag den 11. August, vormittags 10 Uhr, fand in
Regensburg im Hotel „Grüner Kranz 1 * die 53. General¬
versammlung des thierärztlichen Kreisvereines der Oberpfalz
statt, an der sich eine grössere Anzahl oberpfälzischer Thier¬
ärzte und als Gast der k. Bezirksthierarzt Münich—Strau¬
bing betheiligte.
Als Vertreter der k. Regierung beehrte die Versammlung
Herr k. Kreisthierarzt Hopf durch seine Theilnahme.
Zur besonderen Ftfier des Tages — galt es ja, des
40 jährigen thierärztlichen Berufsjubiläums unseres auch über
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die Grenzen des Regierungsbezirkes hinaus in Fachkreisen
hochgeschätzten und verehrten Herrn Kreisthierarztes würdig
zu gedenken — hatte Herr k. ord. Professor Imming er—
München ein Referat übernommen und war demzufolge mit
seinem I. klinischen Assistenten zur Versammlung erschienen.
Nach Begrüssung der erschienenen Collegen und Gäste
gedachte der I. Vorsitzende des oberpfälzischen thierärztlichen
Kreisvereines, k. Bezirksthierarzt Schil ffarth—Stadtamhof,
in kurzer aber warmer Rede der grossen Verdienste und
Schätzungswerten Eigenschaften des k. Kreisthierarztes wäh¬
rend dessön langen Wirkens als Thierarzt, Beamter und
Vorgesetzter und übermittelte seitens des Kreisvereins und
Namens vieler Collegen als Ehrengabe ein Ergebenheits-
Diplom.
Das Andenken des verstorbenen k. Bezirksthierarztes
Bergler—Rottenburg, der jahrelang als treuer Gast sich an
den oberpfälzischen thierärztlichen Kreisveröammlungen be¬
theiligte, ehrte die Versammlung durch Erheben von den
Sitzen.
Die Erledigung der Tagesordnung begann mit Feststellung
der Präsenz.
Die Denkschrift des k. Bezirksthierarztes A. Frank—
Kusel, betr. die Organisation des bayerischen Civilveterinär-
wesens, wurde unter die Anwesenden vertheilt.
Weiterhin referirte der I. Vorsitzende über „Haftpflicht¬
versicherung der Thierärzte“; derselbe wurde ermächtigt zum
Vertrags-Abschlüsse mit jener Versicherungs-Anstalt, welche
die günstigsten Bedingungen einräumt, nachdem eine grössere
Anzahl von Vereinsmitgliedern sich zur Versicherungsnahme
bereit erklärte.
Eine Zuschrift des niederbayerischen thierärztlichen Kreis¬
vereins bringt Kenntniss von der Verletzung der Standes¬
interessen durch ein Mitglied des oberpfälzischen Kreisvereins.
Zur Untersuchung dieses Falles hat nach § 25 der Satzungen
das Ehrengericht zusammenzutreten.
Aufgenommen in den Verein wurden auf Ansuchen die Be¬
zirksthierärzte : Sc hütz—Oberviechtach, Petzenhauser—
Kemnath; der Distriktsthierarzt Miller—Wörth a. D.; der
Schlachthausthierarzt Schöpperl—Regensburg.
Der Verein zählt demnach 26 aktive Mitglieder.
Dem k. ord. Professor Imminger—München wurde
mit Rücksicht auf sein längeres Wirken in der Oberpfalz und
seine treue Anhänglichkeit an den oberpfälzischen thierärzt¬
lichen Kreisverein, insbesondere aber aus Dankbarkeit für
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seine fruchtbaren Anregungen mittelst lehrreicher Vorträge
und Operationen gelegentlich der Kreisversammlungen ober¬
pfälzischer Thierärzte die Ehrenmitgliedschaft des Vereines
angeboten und von ihm auch angenommen.
Der Verein zählt demnach 3 Ehrenmitglieder.
Nach Revision der Rechnung und Belege wurde dem
Cassier Decharge ertheilt und hierauf der bisherige Vereins¬
ausschuss einstimmig wiedergewählt, nämlich:
als Vorsitzender: k. Bezirksthierarzt Schilffarth—
Stadtamhof,
als Schriftführer: Zuchtinspektor St au tn er—Weiden,
als Cassier: k. Bezirksthierarzt Lehner—Parsberg.
Damit waren die Vereinsgeschäfte erledigt.
Es ergriff nun das Wort Herr Professor Imminger,
welcher, nachdem er bereits vor der Versammlung ein Pferd
an Strahlkrebs unter grösserer Theilnahme von Vereinsmit¬
gliedern operirt hatte, nun in klar fasslicher Ausführung sich
über den Strahlkrebs und dessen operative Heilung sowie
über die Ursachen der Lahmheiten bei Rindern und Pferden
verbreitete. Die Exaktheit der Imminger’schen Operationen
ist so allbekannt, dass es Ueberhebung wäre, darüber an
dieser Stelle in breiterem Rahmen berichten zu wollen.
Der durch den I. Vorsitzenden dem Herrn Referenten
übermittelte Dank war sichtlich allen Theilnehmern aus dem
Herzen gesprochen. Damit war die Tagesordnung erledigt.
Während des gemeinsamen Mittagtisches feierte Herr
Professor Imminger seinen früheren Vorgesetzten und nun¬
mehrigen Freund, Herrn Jubilar Hopf, in humorvoll-ernster
Rede, insbesondere betonend, derselbe möchte den ober¬
pfälzischen Thierärzten noch lange als Vorgesetzter erhalten
bleiben, worauf Herr Kreisthierarzt Hopf sofort in sehr
heiterer Stimmung schlagfertig erwiderte.
Die Versammlung und die damit verbundene Feier ver¬
liefen würdig und sichtlich wirkungsvoll. Deshalb auf freudiges
„vollzähliges“ Wiedersehen im nächsten Jahre! Stautner.
Referate.
Nachweis von Indican im Harne. (Pharmazeut. Central¬
halle Nr. 17, 1901.) Die Violettfärbung des mit Chloroform
behandelten Harnes verschwindet auf Zusatz von einem Tropfen
Natriumthionsulfatlösung.
Connochie: Acuter Rheumatismus, metastatische Endo¬
karditis. Eine fünf Jahre alte Kuh zeigte plötzlich starkes
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Hinken der linken Hinterextremität mit heftigem Fieber.
Nach viertägiger Behandlung verschwindet das Hinken, um
dann an der rechten Hinterextremität aufzutreten; das Fieber
nimmt zu, es tritt leichte Diarrhoe ein. Die Vorderglied-
massen werden gleichfalls in Bälde befallen, und es stellt sich
sehr frühzeitig Dekubitus ein. Anschwellung besteht auf der
Höhe der Achillessehne und an den Extensorensehnen der
Vordergliedmassen. Nach 14 tägiger Krankheitsdatier wurde
das Thier, da die Diarrhoe nicht aufhörte und Erscheinungen
von Lungenkongestion sich einstellten, geschlachtet. Die
Autopsie zeigte charakteristische Gelenkveränderungen. In
der hinteren Hohlvene fand sich in der Höhe der Leber ein
derber Thrombus, welcher die Yene fast vollständig verstopfte
und sich ins rechte Herzohr erstreckte. Die Herzklappen
waren mehr oder weniger bedeckt mit ähnlicher Masse, be¬
sonders die beinahe obliterirte dreizipfelige Klappe; die Wände
des rechten Ventrikels waren sehr stark verdickt; die throm¬
botische Masse war zwischen dem Muskelbalken überall ver¬
filzt. Zu bemerken ist, dass trotz dieser Veränderungen keine
Unregelmässigkeit in der Herzaction noch Venenpuls während
der Krankheit zu constatiren war. (Vet. Journ. Bull. Vet.
1900.) A.
Williams: Seuchenhaftes Verwerfen bei der Stute. W.
wurde in einen Stall gerufen, in welchem sich 25 der An¬
nahme nach trächtige Zuchtstuten befanden; eine einzige
wurde in leichter Arbeit verwendet, sämmtliche standen unter
guter Pflege. Die Arbeitsstute abortirte zuerst im November
1895, hierauf zu verschiedenen Zeitpunkten drei andere Stuten.
Am 7. Februar 1896 wurde W. zu einer Stute gerufen,
welche seit einigen Stunden Wehen gehabt hatte. Die Ei¬
häute, schon stark zerfallen und verfärbt, hingen aus der
Scheide; der Fötus war in fehlerhafter Lage, konnte aber in
richtige Lage gebracht und ziemlich leicht ausgezogen werden.
Er war glatt und schien ungefähr acht Monate alt zu
sein. Nach beendeter Geburt wurde der Uterus voll¬
kommen mit Carbolwasser desinficirt, die Stute schien zu¬
nächst zu genesen; sie krepirte indess plötzlich in der Nacht
vom 8./9. Februar. Nur die Genitalorgane zeigten patho¬
logische Veränderungen. Der Uterus war hart, voluminös
und enthielt eine grosse Menge trüber fötider Flüssigkeit.
Cervix und Scheide enthielten dagegen ein schmutzig gelbes,
dickes, übelriechendes, croupöses Exsudat. Die Stute hatte
inmitten von 15 anderen trächtigen Thieren gefohlt; man ent¬
fernte sofort diese letzteren, und jedes bekam eine Vaginal-
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infüsion mit 1 °/oo Sublimatlösung. Ausserdem wurden jeden
Tag die Schwanzwurzel, Vulva, Perineum etc. mit derselben
Lösung gewaschen. Während der Nacht des 26./27./28. Fe¬
bruar äbortirten drei Stuten, ohne dass irgend welche auf¬
fallende Erscheinungen vorangegangen wären; die kranken
wurden isolirt, die Föten, Eihülleft, Stroh etc. sorgfältig ent¬
fernt und verbrannt, die Stände durch Schwefelsäuredämpfe
desinficirt; und dann leer gelassen. Ausserdem verdoppelte
man die prophylaktischen Waschungen. Einige Zeit nachher
abortirte eine Stute, welche mit den kranken nicht in Contakt
gewesen war, in gleicher Weise; obwohl man den Uterus
sehr sorgfältig desinficirt hatte, entstand innerhalb 24 Stunden
Metritis, die indess bald der Behandlung wich. Von da an
hörten die Abortusfälle auf, die Stuten, welche der Ansteckung
entgangen Waren, fohlten ohne Störung ab. Das Ergebniss
der eingeleiteten antiseptiachen Behandlung, die beobachteten
Symptome und das Allgemeinrerhalten der Krankheit zeigten,
dasc es sich um eine Affection der Eihäute und des Fötus
handelte; die Ansteckung geschah durch die Scheide, in
gleicher Weise -wie bei der Kuh. Bei denjenigen Stuten,
welche nach-Einleitung der prophylaktischen Behandlung noch
abofctirten, kann man annehmen, dass die infectiöse Noxe die
Eihäute schon befallen hatte. Im folgenden Jahre trat Ver¬
werfen nicht ein. Die Quelle der Ansteckung konnte nicht
sicher festgestellt werden, aber der Besitzer hatte Thiere aus
einem Gut gekauft, dessen Stallung um 1891 inficirt gewesen
war, und vielleicht ist die Erklärung in dieser Richtung zu suchen;
übrigefts zeigt sich die Erkrankung ziemlich häufig auf den
Gütern der betreffeftdeft Gegend. (Amer. Vet. Review, Bull,
m 1900.) - - , .V E; A. ..
Personalien.
Der k. Bezirksthierarzt Karl Hohenleitner—Kronach wurde zura
Kreisthierarzte bei der k. Regierung von Oberfranken in Bayreuth befördert.
— Auszeichnungen beim diesjährigen Centraliandwirthschaftsfesle: die gol ¬
dene Vereinsdenkmünze erhielten: Seibert Theodor, k. Bezirks¬
thierarzt in Pirmasens; Albert Stephan, k. Bezirksthierarzt in Gerolz-
hofenr Die grosse silberne V er einsdenk münze erhielten: Bürch-
ner Hermann, k. Bezifksthierarzt in LandsbeFg a/L.; It tarn ei er,
Distriktsthierarzt in Wassertrüdingen; Merkt Ferd., k. Bezirksthierarzt
in Kempten. Die kleine silberne .Vereinsdenkmünze erhielten:
Heieok Ludwig, Distriktsthierarzt in Haag; Streitberg, Distriktsthier¬
arzt in Pappenheim; Sallinger, Distriktsthierarzt in Windsbach; Krug
Heinrich, k. Bezirksthierarzt in BrQokenau. Ehrende Erwähnung:
Eq kart Albert, Diatriktsthierarzt in Annweiler.
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Manl- and Klauenseuche ln Schlaeht- und Viehhöfen.
Es ist gemeldet: am 1. Oktober der Ausbruch zu Mainz; am
2. Oktober das Erlftschen zu Mainz.
TTereixa. ZEPfälzer Tliierä,rzte.
Die 59. ordentliche Generalversammlung findet am Samstag, den
12 . Oktober vormittags 9 Uhr, im Gasthause zur alten Pfalz
zu Neustadt a/H. statt; hiezu sind sämtliche Vereinsmitglieder
höflichet eingeladen; andere Collegen sind als Gäste sehr erwünscht.
Ludwigshafen, den 25. September 1901.
Thomas, I. Vorstand.
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suche ich (am liebsten zum sofortigen Eintritt) Ersatz auf längere
Zeit. Offerte nebst Gehaltsansprüchen von approbirten Herren erbittet
A. Huber, k. Bezirksthierarzt, Pfaffenhofen a. Ilm.
Am 1. November erledigt sich die
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492
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Expedition und Druck von J. Gott es winter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Profess®
Alb recht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. D. Red.
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albreoht und Pi. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 15. Oktober 1901. Nr. 42.
Inhalt: Gutbrod, Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Zimmerer,
Pyelonephritis baoillosa. — Erbrechen beim Pferde. — Infectiöse
Conjuuctivo-Keratitis beim Rind. — Ittam&yer, Croupöse Darment¬
zündung bei einem Pferd. — Markert, Incubationsdauer des Tetanus.
— Fremdkörper im Schlunde. — Referate. — Viehseuchen-Naohrichten.
—Inserate.
Kurze Mittheilungen aus der Praxis.
Von Distriktsthierarzt Gutb r od in Moosburg.
Bradycardie als Begleitsymptom epileptischer Anfälle.
Anv.8. September heurigen Jahres wurde ich zu einer
12 jährigen braunen Stute des schweren Schlages, die bereits
vier Fohlen gehabt hatte, von dem Wirthschaftspächter S. in
Isareck geholt mit folgendem Vorbericht.. Das Thier sei
selbst gezogen und bis vor drei Monaten nie krank gewesen.
Damals sei es während der Arbeit am Bierwagen plötzlich
zusammengestürzt, habe dabei um sich geschlagen, gezappelt,
stark geschwitzt; nach fünf Minuten sei das Thier aufgesprungen
und wieder vollkommen gesund gewesen. Vor sechs, vier
und drei Wochen seien gleiche Anfälle aufgetreten, und beim
letzten, vor drei Wochen, habe der Wasenmeister R. dem
Thiere stark zur Ader gelassen. Vor acht Tagen habe es
wieder einen Anfall gehabt und heute früh einen sehr schweren
im Stall. Während aber das Pferd nach den Anfällen bisher
immer wieder vollständig gesund und gebrauchsfähig geworden
&ei y stehe es jetzt apathisch im Stall und fresse nichts mehr.
Ich Untersuchte das Pferd zwei Stunden nachdem letzten
Anfall. Das sehr kräftig gebaute, wohlgenährte Thier steht
apathisch, wie betäubt im Stande. Das ganze Haarkleid ist
verklebt mit Schweiss, zwischen den Vorder^ und den Hinter-
Digitized by *^.ooQle
494
schenkein ist nochJkilter, pappige^^^^ fühlen. Auf
der linken Widerrfst&eite findet sich ferne ^Wei Hand grosse,
umschriebene, massig harte Schwellung, ebenso an der rechten
Schulter und etwas über der rechten Kniefalte. - Die Schwell¬
ungen sind vermehrt wärüi, ihre Berührung Schmerzhaft,
offenbar herrührend von Läsionen während des letzten Anfalles.
Die sichtbaren Schleimhäute sind ziemlich blass, in den
Augenwinkeln etwas glasiges Sekret. Oörneareflex vollkommen
erhalten, Sensibilität überall normale
Appetit .fehlend, Defacation normalt Peristaltik.. leicht
unterdrückt. Harnabsatz vorhanden, Harn dunkelbierbraun
mit reichlichem Sediment. Auffällig ist nun das Resultat der
Pulsuntersuchung. Der Puls ist nämlich an beiden Maxiilar-
arterien nur zwölf Mal in der Minute zu fühlen, sodass ich
zuerst an mangelnden oder aussetzenden Puls dachte. Die
Zählung wurde oftmals mehrere Minuten lang fortgesetzt,
auch von einem anwesenden Gutsverwalter kontrollirt, ergab
aber stets das gleiche Resultat. Der Puls war voll, lang¬
sam ziehend, die Arterie weich und schlaff. Dabei war am
unteren Drittel des Halses ein periodisches Anschwellen der
Jugularis deutlich zu sehen. Herzschlag links schwach zu
fühlen, beiderseits die Herztöne rein und getrennt zu hören,
ebenfalls zwölf Mal in der Minute. Percussion und Ausculta-
tion der Brusthöhle ergab normale Verhältnisse. Die Athmung
erfolgte ruhig 20—24 Mal in der Minute mit costo-abdomi-
nellem Typus. Die Mastdarmtemperatur betrug 38,6°.
Die Diagnose wurde auf Epilepsie gestellt, mit Rücksicht
auf den jetzigen Zustand vielleicht verursacht durch einen
Gehirntumor, die Prognose als ungünstig bezeichnet.
Therapie: Verbringen des Patienten in eine luftige Tenne
mit viel Streu (die Bewegung erfolgte leicht; während aber
mein Pferd wieherte, verhielt sich Patient indolent); kalte
Umschläge über den Kopf.
Nachmittags hatte sich das Befinden nicht geändert. Der
Puls blieb auf zwölf in der Minute stehen. Etwas Heu
Wurde aufgenommen, kein Wasser. Nachts elf Uhr ein neuer
Anfall, dem das Thier erliegt.
Auf der Wasenstätte konnte erst 36 Stunden später Nach¬
schau gehalten werden. An den obenbezeichneten Schwell¬
ungen finden sich schwache Blutergiessungen in das Unter-
hautzellgewebe, eine ebensolche Sugillation in die rechte
Nierenkapsel. Alle Organe vollkommen gesund, Herzkammern
und -Klappen normal. Der Kopf war gespalten, aber dessen
Organe bereits von Hunden angefressen, sodass nichts mehr
gefunden werden konnte.
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495
Die Ursache der Bradykardie und der epileptischen An¬
fälle lag wahrscheinlich in einer Gehirnveränderung nahe dem
Vaguscentrum.
Encephalomalacia fusca beim Rinde.
Am 13. Juni wurde ich zu einer 5 jährigen rothscheckigen
Landkuh des 0. in Mooshäusl geholt mit der Anamnese, die
Kuh habe die Drehkrankheit. Das Thier soll seit mehreren
Wochen zunehmeude Störungen des Bewusstseins und der
Bewegung gezeigt haben, sodass sie zuletzt zur Arbeit nicht
mehr verwendet werden konnte. Ich fand das mässig gut
. genährte Thier im Stall stehend, den Kopf ganz nach der
linken Seite abgebogen haltend, das linke Auge geschlossen,
leicht thränend, das linke Ohr schlaff hängend. So soll das
Thier seit mehreren Tagen dastehen und von Zeit zu Zeit
sollen dazu Erregungszustände gekommen sein, während
deren das Thier schon zweimal zusaramengestürzt sei. Wäh¬
rend des Hinausfiihrens hielt die Kuh den Kopf in gleicher
Weise, hob die Vorderfüsse eigenthümlich hoch und drängte
immer nach links, wobei sie beim Uebersteigen der Schwelle
umzustürzen drohte. Corneareflex war auf beiden Augen vor¬
handen; beim Verbinden des rechten Auges mit einem Tuch
zeigte das Thier zwar keine weitere Anomalie, es schien aber,
als sei das Thier links blind. Die Percussion der Gehirn -
höhle ergab ein negatives Resultat. Appetit war etwas
wechselnd, das sonstige Allgemeinbefinden sehr gut, ins¬
besondere fehlte Fieber.
Auf mein Anrathen wurde die Kuh geschlachtet und
fand sich ziemlich in der Mitte der vorderen Seite der Vier¬
hügel ein erbsengrosser rostbrauner, schmieriger Herd, in
dessen Umgebung gelbbraunes Exsudat in kleiner Menge lag.
Von Coenurusblasen oder -Gängen keine Andeutung. Die
übrigen Organe alle gesund.
Pyelonephritis bacillosa.
Von Bezirksthierarzt Zimmerer, Hersbrnok.
Beobachtet in vier Fällen nach der Geburt. In drei
Fällen erfolgte Schlachtung nach 14 bis vier Wochen. Beim
vierten Falle, bei welchem die betreffende Kuh vier Tage
nach normaler Geburt unter Kolikanfällen, die drei Tage
dauerten, erkrankte, erfolgte die Schlachtung am fünften Er¬
krankungstag, nachdem mit dem Harne, der zuerst blutig
roth war, gallertartige, mit Blut und Eiter vermischte Massen
ahgingen, in welchen eine Unmasse Bacillen der Pyeloneph-
496
ritte, wenige Strepto- und Diplococcen gefunden wurden. Die
Fleischbeschau ergab: Beide Nieren waren um das Doppelte
yergrössert, hatten das bekannte fleckige Aussehen, Ecchy-
mosen und grössere Blutlachen unter der Propria, Mark¬
schichte stark hyperämisch, Nierenbecken und Harnleiter er¬
weitert und verdickt, Papillen sämtlich ulcerös, Kelche er¬
weitert mit krümelig schmierigem Inhalt. Schleimhaut der
Blase geschwollen mit rundlichen, ulcerösen, inkrustirten Stellen.
Uterus gut retrahirt, im trächtig gewesenen Horne ca. ein
Liter chocoladebraune Flüssigkeit, sonst normal. (Jahresbericht
bayerischer Thierärzte.)
Erbrechen beim Pferde.
Von Bezirksthierarzt Zimmerer, Hersbruck.
Das Fohlen stand traurig da, beschleunigter Puls, und
Athmung. Das Thier zitterte, die Nasenlöcher waren etwas
beschmutzt. Während der Untersuchung erfolgte unter würgen¬
den , den Körper erschütternden Bewegungen, wobei der
Hinterleib aufgezogen war, Erbrechen, d. h. aus Maul- und
Nasenlöchern entleerte sich eine grünliche, mit Futtermassen
vermengte Flüssigkeit. Ich liess dem Pferde Priessnitzwickel
um den Hinterleib machen, nachdem es isolirt worden war.
Innerlich wurde Morphin gegeben. Am andern Tag war das
Pferd munter, zeigte Appetit. Es wurde dem Besitzer ge-
rathen, das Thier diät zu halten, und nicht mustern zu lassen.
Nachtheilige Folgen hatte das Erbrechen nicht.
Auch Distriktsthierarzt Höchst ein beobachtete Er¬
brechen bei einem ca. 15 jährigen Wallachen. Fragliches
Pferd erkrankte innerhalb sieben Wochen fünfmal an Kolik.
Die Anfälle waren jedesmal sehr heftig und dauerten ca. einen
halben Tag. Dieselben waren regelmässig von Erbrechen be¬
gleitet. Nach würgenden, den ganzen Körper erschütternden,
die Halsmuskel krampfhaft contrahirenden Bewegungen ent¬
leerte sich aus Maul und Nase eine grünliche, mit Futter
vermischte, sauer riechende Flüssigkeit. Der letzte Anfall
endete tödtlich. Die Section ergab intra vitam erfolgte Magen¬
ruptur, Zwerchfellriss, Vorfall eines Theiles Netz in den
Brustraum. Netztheile waren mit Brustfell und Herzbeutel eng
verwachsen. Der Zwerchfellriss war für zwei Finger passir-
bar, hatte vernarbte Ränder, welche den prolabirten Netzstrang
umfangen hielten und mit ihm fest verlöthet waren. (Item.
Infectiöse Conjunctivo-Keratitis beim Rind.
Von Bezirksthierarzt Zimmerer, Hersbruck.
Das Leiden begann damit, dass eines, meist aber beide
Augen wässerten, wobei die Lider geschlossen wurden
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Conjunctivitis. — Dieselbe verschwand mitunter ohne Residuen.
Meist aber zeigte sich nach einigen Tagen eine starke Trüb¬
ung der Cornea, die zum Theil weiss, theils gelblich aussah.
In einigen Fällen verschwand die Trübung bald, sie war
mehr oberflächlich; in anderen war die ganze Hornhaut ge¬
trübt. Es bildeten sich in einzelnen Fällen Geschwüre, die
nach einigen Wochen unter Narbenbildung abheilten. Das
Sehvermögen war zumeist vorübergehend aufgehoben. Nach
Verlauf von einigen Wochen trat bei den meisten Patienten
Heilung ein, wobei einzelne Hornhautflecken zurückblieben.
In einigen Fällen stellte sich jedoch Blindheit ein. Die
Krankheit ergriff meist sämtliche Thiere eines Stalles und
zwar in der A.rt, dass in der Regel das danebenstehende Thier
erkrankte; doch trat die Krankheit auch sprungweise auf.
Die Ursache konnte nicht festgestellt werden, immerhin war
es auffällig, dass diese Krankheit während des Weidetriebes
ausbrach. Es ist zu vermuthen, dass die Ursache im Futter
lag, weil die Weideplätze im Ueberscbwemmungsgebiet der
Pegnitz liegen. Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass
in vielen anderen Orten des Pegnitzgebietes, die auch in
diesem Ueberscbwemmungsgebiet liegen, diese Krankheit nicht
beobachtet wurde. In den meisten Fällen wurde thierärzt¬
liche Hilfe nicht verlangt, bei der Behandlung wurden
desinficirende Augenwasser verordnet. (Item.)
Croupöse Darmentzündung bei einem Pferd.
Von DistriktBthierarzt Ittamayer, Wassertrüdingen.
Das Pferd zeigte Erscheinungen einer leichten Verstopfungs¬
kolik. Es erhielt Tart. stibiat. mit Natr. sulfur., dann Calomel
mit pulv. Calam. aromatic. und da keine Besserung eintrat,
wieder Calomel mit Ol. Lini. Am vierten Tage trat eine
Verschlimmerung ein; aus dem Mastdarm floss eine röthliche,
jauchige Flüssigkeit, später etwas flüssiges und geronnenes
Blut-; das Pferd erhielt Oel und schleimige Mittel. Am
zehnten Tag entleerte das Pferd ein l l /2 m langes blutrothes,
röhrenförmiges dichtes croupöses Gerinnsel, welches vom
Eigenthümer für ein Stück Darm gehalten wurde. Darauf
trat sofort Besserung ein. (Item.)
Incubationsdauer des Tetanus.
Von Bezirksthierarzt Marker t, Bergzabern.
Im Jahre 1899 beobachtete ich das beinahe gleichzeitige
Auftreten von drei Starrkrampferkrankungen in einer Ge¬
meinde; alle drei Patienten, ein Rind, ein Fohlen und ein
_
tmm
_
498
achtjähriges Pferd, verendeten. Der letzte Pall ist deshalb
von Interesse, weil die Incubationsdauer genau festgestellt
werden konnte/ Am 7. März nämlich fuhr dem Pferd ein
Wagenrad über den äusseren Kronrand des linken Vorder-
fusses, so dass eine grosse Quetschwunde entstand. Am
8. März wurde von mir die Wunde sorgfältig gereinigt, mit
l°/ooigem Sublimat gründlich desinficirt, Jodoform aufgeblasen
und lege artis verbunden. Das Allgemeinbefinden war bei
dieser Behandlung ein sehr gutes, Granulationsgewebe trat
auf, das Lahmen war minimal. Da traten plötzlich am
20. März die ersten Symptome des Starrkrampfes in Gestalt
des Trismus auf, bald folgte auch Opistothonus. Die Incuba¬
tionsdauer betrug also 13 Tage. Am siebenten Tag verendete
das Pferd. (Item.)
Fremdkörper im Schlunde.
Von Bezirksthierarzt Mark er t, Bergzabern.
Einer 36 Wochen trächtigen Kuh blieb eine Rübe im
Schlund stecken, in Folge dessen hochgradige Blähsucht ein¬
trat. Da die Auftreibung den höchsten Grad erreicht hatte
und die Kuh sich der Einführung des Schlundrohres energisch
widersetzte/ galt es rasch zu handeln, weshalb ich ihr den
Troikar in den Vormagen stiess und die Gase so entweichen
liess. 24 Stunden später war die Rübe im Schlund so er¬
weicht, dass sie von selbst in den Magen hinabglitt und die
Troikarhülse nun wieder entfernt werden konnte. Abortus
trat merkwürdiger Weise nicht auf, sondern fünf Wochen
nachher brachte die Kuh ein gesundes Kalb zur Welt. (Item.)
Referate.
Jewell: Laparotomie bei der Hündin mit Ovariotomie und
Exstirpation des graviden Uterus und Zerreissung der linken
Niere. Bei der Laparotomie konstatirte J., dass die acht
Monate alte Hündin seit ca. sieben Wochen trächtig war.
Beim Hervorholen des linken Uterushornes verletzte er die
mit herausgezogene linke. Niere; die beiden Ovarien wurden
hierauf abgetragen und der Uterus exstirpirt. Das Thier
genas vollständig trotz ziemlich starken Blutverlustes.* (Am.
Vet. Rev. und Bull. Vet.; August 1901.)
Jasma: Ein Fall von Heilung der Lyssa beim Hunde.
Eine fünfjährige englische Setterhündin biss am 21. Dezember
vorigen Jahres mehrmals eine einjährige, von ihr abstammende
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Hündin; ebenso zu wiederholten Malen auf der Jagd, am
23. Dezember. Am Abend dieses Tages wurden die Zeichen
der stillen Wuth constatirt, am 25. das Thier getödtet. Die
kleine Hündin zeigte am 23. Januar 1901 die Symptome der
stillen Wuth und vermochte während des ganzen Tages
weder das Maul zu schliessen noch zu saufen; am 24. war
der Zustand der gleiche. Am 25. wurde J. benachrichtigt,
dass die Hündin ein Stück Fleisch genommen hatte; darauf¬
hin gab ihr J. 0,6 Calomel. Am Nachmittag Besserung des
Allgemeinzustandes. Am 26 frass und trank die Hündin
mit einiger Schwierigkeit, zwei Tage später zeigte sie keine
Krankheitszeichen mehr. (Ibidem.)
Fettick: Eudermol (salicylsaures Nicotin). Ein neues Mittel
gegen Räude. F. empfiehlt das Eudermol, welches sich in
Wasser gut löst und mit Fett zu Salben sich verreiben lässt,
gegen Sarcoptesräude auf Grund von neun Versuchen, von
welchen acht mit Heilung endeten. Anwendung in Form der
l°/o igen Salbe; bei ausgebreiteter Räude partieenweises gründ¬
liches Einreiben; nach dem Einreiben des ganzen Körpers
2—3 Tage Pause, Abwaschen mit lauwarmem Wasser und
Seife, nach 1—2 tägiger Pause erneutes Einreiben u. s. w.
Zur Vermeidung von Vergiftungen eventuell Anlegung eines
Kragens; die Umgebung von Maül und Augen sind mit 15 bis
20°/o Perubalsam zu behandeln. Unter vier Fällen von Acarus-
räude wurden zwei geheilt. Hier wurden gleichzeitig Bäder
mit 2°/ 0 Creolin-, 2—4°/o Kal. sulfurat.-Lösung verwendet.
Das Salz entfaltet die günstige antiparasitäre Wirkung des
Nicotins und ist gleichzeitig wenig giftig. Besonders fiel das
schnelle Erweichen und Ablösen der Krusten und das Nach¬
lassen der acuten Entzündungserscheinungen und des Juck¬
reizes auf. — Das Eudermol färbt die Haare nicht und ist
geruchlos. Leider ist es ziemlich theuer: 1 g kostet ca.
3,75 Mk. (Zeitschr. f. Thiermedicin, 5. Bd., S. 291.) E. A.
Almy und Nocard: Zur Diagnose versteckter Lahmheiten.
(Recueil de m6d. veterin. 28 Febr. 1901.) A. und N. em¬
pfehlen das von Dassoville zuerst in Anwendung gebrachte
Verfahren zur Auffindung schwer zu diagnosticirender Lahm*
heiten: Es werden 0,3—0,4 g Cocain, muriat. gelöst in 20 bis
30 Gramm Aq. destill. im Verlaufe der beiden Plantarnerven
nach vorhergegangener sorgfältigster Desinfection der Injec-
tionsstelle eingespritzt. Verschwindet nach ungefähr 20 Mi¬
nuten die Lahmheit, so befindet sich der Sitz der Lahmheit
unterhalb der Injectionsstelle; besteht das Lahmgehen fort,
500
so macht man zwei weitere Injectionen. An den Vorder¬
beinen werden diese im Verlaufe des Medianus und Ulnaris
und an den hinteren Gliedmassen im Verlaufe des Tibialis
und Peronaeus gemacht. Geht das Pferd nach 20 Minuten
nicht mehr lahm, so ist nach N. der Sitz des Leidens zwischen
der oberen und Unteren Injectionsstelle (in der Regel in der
vorderen bezw. hinteren Fusswurzel). Bleibt die Lahmheit
nach diesen Injectionen bestehen, so ist der Sitz der Lahm¬
heit in der Schulter, bezw. in der obersten Parthie der Hinter¬
gliedmasse zu siichen.
Anderlung: Ersatz der Hundegespanne durch Navarros-
gespanne. (Landwirtschaftliche Presse Nr. 71, 19ul. ). V.
empfiehlt die Gespanne mit spanischen Navarrospferden an
Stelle der Hundegespanne. Der Pferdeschlag findet sich im
nördlichen Spanien, vorzugsweise in Navarra, Gatalonien und
Valencia. Die Thiere haben ungefähr die Grösse eines
starken Esels, sind gewöhnlich einfarbig, meistens schwarz,
dunkelbraun, braun und erreichen ein Alter von 16—20
Jahren. Schon im zweiten Lebensjahre können sie zum
Zuge verwendet werden, sind verhältnissmässig kräftig und
von lebhafter Gangart. Dabei sind die Pferdchen von sanfter,
ruhiger Gemütsart und bleiben an dem Orte, wohin sie ge¬
stellt werden, ruhig stehen. Ein weitere schwerwiegende
gute Eigenschaft der ThierchOn ist deren Genügsamkeit; sie
werden in Spanien hauptsächlich mit Stroh (Mais- und Gersten¬
stroh), dann auch Heu- und Grünfutter ernährt. Körner
(Gerste) werden nur von bemittelten Eigentümern, welche
die Pferde als Luxusthiere halten, gefüttert Der Preis pro
Stück beträgt zur Zeit 0 0—120 Mk. Der Hauptmarkt findet
in Pamplona (Königreich Navarra) am 10.—14. Juli statt.
Ueber die Akklimatisation sfähigkeit der Navarrapferde,
eine sehr wichtige Frage, macht der V. keine Mitteilung.
Seltene Fruchtbarkeit einer Kuh. (Ibidem.) In der
Versuchs Wirtschaft der Provinzial - Ackerbauschule Ebstorf
warf eine Kuh innerhalb ei n es Jahres und einigen Tagen
fünf Kälber. Das Thier ist kaum drei Jahre alt. Im
Monat August des Vorjahres brachte dasselbe Zwillingskälber
und vor Kurzem Drillinge. Im ersten Jahre lieferte die Kuh
3000 Liter Milch und stand von dem letzten Kalben nur
sechs Wochen trocken. Die Kälber wurden drei Wochen
vor Ablauf der typischen Tragezeit geboren. Sämtliche Kälber,
sowie die Kuh sind gesund und gedeihen vortrefflich. Jedes
der letzten drei Kälber wog 70 ®. Die Kuh ist in der Ver-
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suchswirthschaft aufgezogen und hatte vor dem Kalben eia
Gewicht von 105U ®.
Schmid-Iden: Ergebnisse der Peptonfütterung an Pferden
und Ochsen. (Landwirtschaftliche Presse, Nr. 72, 1901.)
V. suchte festzustellen, ob sich bei der Fütterung der Pferde
der Haber und Mais durch Peptonfutter ersetzen lasse und
welche Mengen Peptonfutter Pferde vertragen. Yor dem
Versuche wurden die Pferde gewogen und hierauf in zwei
Abtheilungen aufgestellt. Jede bestand aus 15 Pferden. Die
Pferde hatten pro Stück ein Durchschnittsgewicht von acht
Doppelcentner.
Bisher wurde pro Stück gefüttert 4 kg Haber, 5 kg Mais
und 1 g Palmkernkuchen-Melasse.
Am 14. J.uli wurde zunächst sämtlichen Pferden die
Melasse entzogen und durch Peptonfutter ersetzt. Drei Thiere
nahmen erst nach drei Tagen das Peptonfutter vollständig
auf; die übrigen sofort anstandslos. Vom 21. Juli an erhielten
Abtheilung I:
4 kg Haber ä 14,0 Pf. = 56,0 Pf.
5 „ Mais k 12,5 „ = 62,5 „
1 „ Peptonfutter ä 12,0 „ = 12,0 „
” 130,5 Pf.
Abtheilung II:
2 kg Haber k 14,0 Pf. = 28,0 Pf.
3 „ Mais k 12,5 „ = 37.5 w
3 „ Peptonfutter k 12,0 n = 36,0 „
101,5 Pf.
Die sämtlichen Pferde mussten Mähmaschinenarbeit ver¬
richten; sie wurden im Wechsel vor die Plattform und vor
den Selbstbinder gespannt; die Arbeit dauerte von früh vier
Uhr bis abends acht Uhr, für die Plattform und für den
Selbstbinder meistens von morgens acht Uhr bis abends acht
Uhr. Von beiden Abtheilungen wurde das gleiche Arbeits¬
quantum erledigt.
Um festzustellen, ob sich der Haber ganz ersetzen lässt,
erhielt Abtheilung II vom 20. Juli an an Stelle der 2 kg
Haber 1 kg Peptonfutter, während Abtheilung I wie bisher
gefüttert wurde. Diese Fütterung wurde bis zum 5. August
fortgesetzt.
Es trat weder bei der einen noch bei der
anderen Abtheilung der Pferde eine Verminder-
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ung der Leistungsfähigkeit und ebensowenig eine
Verminderung des Körpergewichtes ein.
Nunmehr ersetzte man den Haber durch Mais, Pepton¬
futter wurde fortgegeben. Sämtliche Pferde bekamen vom
5. August ab pro Stück 4 kg Peptonfutter und 3 kg Mais und
vom 12. August an 4 kg Haber und 3 kg Peptonfutter. Er¬
folg wie oben.
Auch die Kutsch- und Reitpferde erhielten Peptonfutter.
Zwei Jucker im Gewicht von 4 Doppelcentner bekamen 2 kg
Haber und 1 kg Peptonfutter gegen 4 kg Haber. Die Thiere
sind leistungsfähiger als zuvor.
Gegenwärtig ersetzt V. bei seinen sämtlichen Reit- und
Kutschpferden 2 kg Haber durch 1 kg Peptonfutter. Condition
und Leistungsfähigkeit der Thiere ist vorzüglich. Koliken
kamen nicht vor.
Fohlen, die bisher 4 kg Haber erhielten, bekommen z. Z.
2 kg Haber und 1 kg Peptonfutter. Ergebniss dieser Fütter¬
ung bis jetzt günstig. Weiterer Bericht später, desgleichen
über die Fütterung von Schweinen und Jungvieh mit Pepton¬
futter ; auch bei diesen Hausthierarten scheint sich die Pepton¬
fütterung zu bewähren.
Bei der Fütterung von Zugochseh ersetzte der Verfasser
je 2 kg Maisschrot durch 1 kg Peptonfutter. Die Thiere er¬
lebten weder in Bezug auf die Leistungsfähigkeit noch be¬
züglich des Körpergewichtes eine Einbusse. A.
Anmerkung des Referenten: Peptonfutter besteht aus dem
Blute von Schlachtthieren. Das Blut wird, nachdem es gekocht worden,
mit dem Inhalte des Magens geschlachteter Schweine vermischt. Diese
werden bis etwa zwei Stunden vor Beginn des Marktes mit Gerste ge?
füttert. Beim Schlachten enthält der Magen noch den grössten Theil der
nicht verdauten Gerste, ferner Ptyalin und Magensaft. Duroh Vermischen
dieses Chymus mit Blut, bei 40° C. wird das Eiweiss des Blutes in Pepton
übergeföhrt. Rach erfolgter Peptonisirung wird dem Gemisctie eine kleine
Menge Häcksel aus bestem feinem Heu zugegeben. Hierauf kocht man
die Masse während der Dauer von zwei Stunden, und dann wird sie bei
entsprechender Temperatur getrocknet.
Das Peptonfutter eignet sich besonders als Zugabe zu stärkemehl¬
haltigem Futter, Dasselbe enthält nämlioh 51 °/o Ei weisskörper. 100 kg
Kartoffel und 30 kg Peptonfutter weisen ein Rährstoffverhältniss von
1:4,4 auf.
Giessen. Die durch den Tod des Professors Eichbaum
erledigte Professur für Anatomie an der Veterinäranstalt wird
voraussichtlich bis zum Beginn des Wintersemesters wieder
besetzt werden. Andernfalls wird durch eine geeignete Hilfs¬
kraft dafür gesorgt werden, dass die Vorlesungen für Veterinär-
mediciner keine Lücke aufweisen.
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Stand der Thierseuehen in Bayern am 30. September 1901.
- v • 1. '? * ■ ^ . N ' - ‘ ' * ’ . ' • ’
a) Botz (Wurm):
Schwaben: Augsburg 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche:
Oberbayern: 9 Gern. (81 Geh.); Niederbayern: 1 Gmd.
(1 Geh.); Oberpfalz: 2 Gmd. (2 Geh.); Mittelfranken:.
4 Gern. (20 Geh.); Schwaben: 3 Gern. (15 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 2 Gern. (2 Geh.); Pfalz: 1 Gmd. (1 Geh.);
M i tt e 1 f r au k e n : 1 Gmd. (1 Geh.).
Bekanntmadiung'.
In Folge Krankheit ist die Stelle des Distriktsthierarztes
im Markte \Valdkirchen erledigt. Bewerber um diese Stelle, deren
Besetzung dem Distriktsausschusse Vorbehalten wird, wollen sich unter
Vorlage der Zeugnisse schriftlich melden. Bisherige Bezüge pro Jahr:
700 Mark aus Kreisfond, 172 Mark aus Distriktsfond und 100 Mark für
Vornahme der Fleischbeschau.
Wolfstein, 6. Oktober 1901.
ZKZöxiigrL. BezixlssaoxLt.»
Gleissner.
Der Unterzeichnete sucht einen
0#“- -Ä- ssistenten
und erbittet Offerte mit Angabe der Ansprüche.
J. JEhrle, k. Bezirksthierarzt, Markt-Oberdorf.
\
Distriktsthierarzt Rahn—Glonn sneht einen
IMP Assistenten **^1
zum sofortigen Eintritt.
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504
j^gttptner-lnstraniei^
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
^ Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten, t*"“
Besonders empfohlen: Mk.
JEmbryotom nach Pflanz.54.50
Euterharpune nach Ostertag . . . . 2.75
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Jßrustj, Rücken-, Schweif-Fesselband 25.75
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Operation nach Degive 18.50
Irrigator nach Dreymann ....... 26.50
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anstalten der Welt an der Jahrhundertwende« kostenfrei.
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Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Fiir die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Alb recht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. D. Red. .
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Wochenschrift
für
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 22. Oktober 1901. Nr. 43.
Inhalt: Dr. Mayr, Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher und
Ärzte in Hamburg vom 22.-28. September 1901. (Abtheilung 26; Thier¬
heilkunde.) — Voltz, Thrombose der rechten Achselarterie. — Aigner,
Peromelie beim Kalbe. — Merkle, Puerperale Septichämie bei einer
Stute. — Voltz, Innere Verblutung im Anschluss an den Deckaikt.
— Hub, Actinomykoße beim Kalb. — Merkle, Harntröpfeln beim
Fohlen. — Referat. — Personalien. — Inserate.
Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher lind Ärzte
in Hamburg vom 22.-28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thier hei lkun de.)
Bericht von Prosektor Dr. Mayr.
Die Organisation der diesjährigen Versammlung hatte
eine wichtige Vereinfachung dadurch erfahren, dass die Zahl
der wissenschaftlichen Abtheilungen auf 27 reducirt worden
war, und zwar 11 in der naturwissenschaftlichen und 16 »in
der medicinischen Hauptgruppe -— gegenüber z. B. der
71. Versammlung zu München mit ihren 37 Abtheilungen
(17:20). Die Betheiligung aus Nah und Fern war eine über¬
aus rege, wurde doch die Zahl der Besucher (Herren und
Damen) auf ca. 6000 geschätzt. Dementsprechend war denn
auch das Arbeitspensum angeschwollen, das in etwa 600 Vor¬
trägen erledigt wurde.
Die Abtheilung für Thierheilkunde war als die 26. der
grossen medicinischen Hauptgruppe, wie seither üblich, ein¬
verleibt. In ihrem Einführenden, Herrn Staatsthierarzt Völlers,
und den Schriftführern, den Herren Polizeithierärzten Leutsch
und D r. Rink, hatte sie eine thätige und geschäftsgewandte
Vorstandschaft gefunden. Die Mitgliederzahl in dieser unserer
506
Sektion belief sich auf ca. 50 Herren: Arup—Hamburg;
Briese—Zeven; Dieckerhoff—Berlin; Drews—Ahrens¬
burg ; Eber 1 ein—Berlin;' Eiler—Flensburg; Franzen-
b u r g—Altona; G1 a g e—Hamburg; G r o e n i n g—Hamburg;
Hamelau—Hamburg; Hein rieh—Hamburg; Hell—Al¬
tona ; H e r t z—Harburg; J a c o b s e n—Bahrenfeld; J e n s e n—
Itzehoe ; J e s s — Charlottenburg; I m m i ng e r. — München;
Junginger—Mindelheim; K a bi tz—Hannover; Kantoro-
w i c z — Charlottenburg; K n e s e— Hamburg; K ö 11 i s c h —
Hamburg; Kühn—Schwerin; Kuhnau—Hamburg; Lampe—
Hamburg; Leut sch—Hamburg; Lindberg stud. med. vet.—
Hamburg; L ü p k e—Stuttgart; Maas s—Hamburg; Mar¬
te n s—Sängerhausen; Mayr — München; N o a k—Leipzig;
Peter—Angermünde; Peters — Schwerin; Peterse n —
Seegeburg; R i c h t e r—Siegburg; R i n k—Hamburg; R u s e r—
Kiel; Saake—Wolfenbüttel; Sahling—Harburg: Schütt¬
ler—Oberndorf (oste); Sticker—Berlin; Stoedter—Ham¬
burg; Sussdorf—Stuttgart; Thomsen—Flensburg; Thun—
Kellinghusen (Holst.); Tokishige—Tokio (Berlin); Völ¬
lers—Hamburg; Zain—Hamburg; Ziegenbein Albert—
Wolmirstedt; Ziegenbein August—Aschersleben (= 52
Theilnehmex).
Für die Verhandlungen in der Abtheilung waren mit
Rücksicht auf die für die allgemeinen Sitzungen festgesetzten
Stunden angesetzt: Montag nachmittags, Dienstag vor- und
nachmittags; Mittwoch und Donnerstag nachmittags. Zu Be¬
ginn waren 14 Vorträge angekündigt und in die Tagesordnung
eingesetzt, von welchen jedoch zwei ausfielen, da die betr.
Herren Referenten (Ho f fm an n—Stuttgart: „Deutsche Pferde¬
zucht“ und Kaiser—Hannover: „Die Ursachen des Kalbe¬
fiebers“) am Erscheinen verhindert waren. Die hiedurch
entstandene Lücke im Programm konnte durch einen nach¬
träglich angekündigten Vortrag von Mayr—München in etwas
ausgefüllt werden.
Die Abtheilung tritt an ihre Arbeit heran: Montag nach¬
mittags 3 Uhr; Vorsitzender: Geh. Rath Prof. Dr. Diecker-
hoff (Berlin); Vortragende: 1. Lüpke (Stuttgart): „Die
neue Geflttgelseuche u . Die Verbreitung durch Norddeutsch¬
land über Braunschweig, Hannover, Oldenburg etc. erfolgte
durch Transporte von der Braunschweiger Geflügelausstellung
(„Braunschweiger Geflügelseuche“), während die Einschleppung
nach dem Süden, speciell Württemberg, mehr von Italien aus
geschah. Das Auftreten der Seuche ist mit einer solch ver¬
heerenden Wirkung unter dem betr. Geflügelstande verbunden,
dass wir bis jetzt hierin ihr kaum eine andere Seuche an die
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507
Seite stellen können. L. führte mit seinem Mitarbeiter, Herrn
C. Depperich, ca. 130 Sectionen aus. Hinsichtlich
des klinischen Bildes besteht Aehnlichkeit mit der Ge¬
flügelcholera, doch tritt letztere nie in solchem Grade ver¬
heerend auf. Ein Hauptcharakteristikum der neuen Seuche
bilden der blitzartige Tod und die sehr schnelle totale Ver¬
nichtung aller Invividuen. Die Krankheitssymptome
sind: Kamm stark blutgefüllt, blaurot geschwollen, heiss;
zäher weisser Schleim in Schnabel und Nase; Schwerathmig-
keit (weites Oeffnen des Schnabels beim Athmen und röchelnde
Athemzüge); Koth in geringer Menge und dünnflüssig, dunkel¬
grün oder grauweiss; Eierproduction sistirt. Des Weiteren:
Die Thiere sind matt, wanken und taumeln, suchen schattige
Plätze auf und sitzen, den Kopf an die Vorderbrust gedrückt,
in einer Ecke; die Thiere fallen oft plötzlich todt von den
Sitzstangen (ein Hahn verendete während des Krähens).
Uebertragung: Von Thier zu Thier oder durch die Ab¬
gänge oder durch Futter als Zwischenträger; auch Sperlinge
und Tauben können Zwischenträger abgeben. Anatomisches
Bild: oft nicht exakt, stets sind die Symptome, am
Verdauungstraktus vorhanden. Im Drüsenmagen ist
eine geringe Menge graugelben, breiigen Futters; in der
Schleimhaut, die Defekte aufweisen kann, sind conische Er¬
hebungen mit geröthetem Gipfel; aus den Ausführungsgängen
kann man weisse Pfropfe ausdrücken. Am Dünndarm: sub¬
seröse Gefässinjection, Schleimhaut diffus (selten fleckig) ge-
röthet, Inhalt schiefergrau bis grün. Dickdarm: seltener er¬
griffen, hierund da entzündet (sogar Kloakennekrose beobachtet),
blutüberzogener Koth. Weitere Befunde sind: Katarrh der
oberen Luftwege; Milzschwellung, Leber- und Nierenveränder¬
ungen; Herz am wenigsten afficirt (nur zweimal endo-
kardiale Blutungen); Blut stets geronnen und nicht
dickflüssig. Des Ferneren: Bauchfell nie erheblich ver¬
ändert, aber doch bei l ja der Thiere erkrankt und abnormer
Inhalt in der Leibeshöhle. Verimpfung gelingt auf Hühner
subcut. mittelst Blut und Organstücken (besonders Nieren);
Kaninchen, Mäuse, Tauben bleiben gesund. Infections-
erreger mit Sicherheit noch nicht nachgewiesen (von Bel-
fanti und Zenoni im Jahre 1899 ein bewegliches, anaerob¬
wachsendes Stäbchen beschrieben). Behandlung: vorläufig
nur veterinärpolizeiliche Massregeln.
2. Eberlein (Berlin): „lieber die chronische, deformirende
Entzündung der Zehengelenke des Pferdes (mit Demon¬
stration): Mit den einfachen Distorsionen der Zehengelenke
bildet die chronische, deformirende Entzündung die
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508
häufigste Erkrankungsform derselben, am Kronengelenk von
alters her als Schale bezeichnet. E. fügt hiezu nun noch
eine Fesselgelenks- und Hufgelenksschale. Die Ent¬
wicklung dieser chronischen Entzündung erfolgt fortschreitend
entweder, und zwar in der Regel, von innen nach aussen,
(centrifugal) oder (seltener) in umgekehrter Richtung (centri-
petal) oder durch Uebergreifen von einem Gelenke auf das
andere. E. unterscheidet folgende Formen: 1. artikulare
Schale (marginal, central, total); 2. periartikuläre Schale
(cirkulär, partiell); die partielle hinwiederum kann sein: lateral,
bilateral, medial, volar oder plantar, dorsal. Redner ver¬
breitet sich noch eingehend über Ursache (causa interna:
Beschlagfehler, fehlerhafte Schenkel- und Zehenstellung; causa
externa: traumatischer Natur), sowie über Symptome, Diagnose
und Differentialdiagnose, Therapie und Prognose. Den Vor¬
trag erläutern zahlreiche Abbildungen und sehr interessante
Präparate. (Fortsetzung folgt.)
Thrombose der rechten Achselarterie.
Von Buzirkrtthierarzt Voltz, Nördlingen.
Der Fall dürfte um deswillen zu registriren sein, weil
er in Heilung ausging. Ein Händler hatte im Tauschwege
von einem Bauern eine 4 jährige Stute mittelschweren Schlages
eingetauscht, die nach Angabe schulterlahm sein sollte. Bei
der Untersuchung hatte ich folgendes Ergebniss:
Im Stande der Ruhe und massigen Bewegung im Schritt
war Lahmheit nicht nachzuweisen. Nach zehn Minuten langer,
rascher Bewegung wurde das Pferd auf dem rechten Vorder-
fuss unsicher, es stolperte, schleppte das Bein nach und war
schliesslich unfähig, dasselbe aufzustützen. Dabei war die
Athmung beschleunigt, Puls sehr frequent, auch stellte sich
Schweissausbruch ein. Der rechte Fuss fühlte sich kühl an,
war ganz empfindungslos und der Puls an der Schienbein¬
arterie unfühlbar. Nach ^ständigem Ausruhen verschwanden
diese Erscheinungen. Die Prognose war, da intermittirende
Schulterlahmheit vorlag, verursacht durch Thrombose der
Achselarterie, schlecht zu stellen. Ich konnte dem Händler
nur den Rath geben, abzuwarten, vielleicht dass im Lauf
der Zeit durch Gefässneubildung, collateralo Gefässerweiter-
ung Besserung eintreten würde. Der Händler war damit
einverstanden. Zunächst blieb das Pferd vier Wochen stehen
und wurde abwechselnd durch Massage des ganzen rechten
Vorderfusses und durch Priessnitzwickel um die Schulter be¬
handelt. Von der fünften Woche an Hess ich das Thier täglich
dreimal im Schritt bewegen und steigerte die Bewegungs-
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509
dauer von zehn Minuten in den nächsten vier Wochen bis
auf je 3 /4 Stunden. Bewegungsstörungen traten dabei nicht
auf. Von da ab wurde das Pferd weiter acht Wochen täglich
je IV 2 —2 Stunden zu leichter Arbeit verwendet. Ein in¬
zwischen mehrmals unternommener Versuch rascher Trab¬
bewegungen hatte insofern ein günstiges Resultat, als erst
nach 40 Minuten die eingangs erwähnten Erscheinungen in
vermindertem Masse sich bemerkbar machten und nach fünf
Minuten vollständig verschwanden. In den nächsten zwölf
Wochen kam dann das Pferd immer mehr zur Arbeit, auch
zu schwerer Arbeit, schliesslich täglich 4—5 Stunden. Nach
dieser Zeit, also nach sieben Monaten, war dann auch bei
einer eine Stunde dauernden Trabbewegung der rechte Vorder-
fuss vollständig sicher. Das Pferd wird nun seit drei Monaten
zu jeder Arbeit verwendet, ohne Nachtheil. Es darf dem¬
nach mit Recht von einer Heilung gesprochen werden.
(Jahresberichte bayerischer Thier ärzte.)
Peromelie beim Kalbe.
Von Distriktsthierarzt Aigner, Türkheim.
Ich wurde mit dem Vorbericht gerufetf, dass eine Kuh
ein Kalb mit sechs Füssen zur Welt gebracht habe, dass das¬
selbe bis jetzt (8 Stunden p. part.) noch nicht aufgestanden
sei und, zur Mutter verbracht, nicht saufe. Man habe stark
ziehen müssen, um das Kalb, welches gleich mit vier Füssen
auf einmal kam, zu Tage zu fördern.
Die Untersuchung des Kalbes ergab einen sehr schönen
Fall von Polymelie. In der Höhe der oberen Ränder der
beiden Schulterblätter und mit dem rechten Schulterblatt¬
knorpel allem Anschein nach innig verbunden, war ein drittes
Schulterblatt von vollständig normaler Grösse herausgewachsen,
das «einen normalen Oberarm trug, mit dem zwei Vorarm¬
knochen in mangelhafter Gelenkverbindung standen, deren
proximale Enden zwar dicht bei einander lagen, aber nicht
mit einander verwachsen waren, deren distale Enden weit
von einander abstanden und sich je in eine vollkommen nor¬
male Unterextremität fortsetzten.
Da die Untersuchung eine Fraktur am Halse des zu
viel gebildeten Schulterblattes ergab und ausserdem noch ins
Auge gefasst werden musste, dass das Kalb unter dem nicht
unbedeutenden Gewicht (6 %) der beiden überflüssigen Vorder¬
extremitäten in seinem Wohlbefinden gestört und die Er¬
nährung ungünstig beeinflusst werden könnte, entschloss ich
mich zu einem operativen Eingriff. Mittels Zirkelschnittes
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510
durchtrennte ich die Haut in der Höhe des unteren Drittels
des Oberarmknochens, unterband die gesamte Muskulatur an
der Frakturstelle und schnitt zwischen den abgezogenen Bruch¬
enden durch. Der auf diese Weise erhaltene, die Fraktions¬
stelle überragende Muskelstumpf wurde hierauf zur Ver¬
hinderung einer Blutung noch sorgfältig abgenäht und die
Haut mittels der umschlungenen Naht gut vereinigt. Eine
dichte Compresse von Carbolwatte schützte die Operations¬
stelle vor Verunreinigung von aussen.
Die Operation wurde von dem Kalbe sehr gut ertragen;
als man dasselbe nach Verlauf von vier Stunden wieder zur
Mutter brachte, soff es mit grosser Gier. Die Bewegungs¬
fähigkeit war allerdings in den ersten fünf Tagen nur eine
mittelmässige, später jedoch wurde sie vollkommen normal.
Was die Operationsstelle selbst anbelangt, so schien in den
ersten zwei Tagen eine Heilung per primam zu erfolgen,
denn die Wundränder waren fest mit einander verklebt und
keine* Spur von Exsudat vorhanden. In der Folge jedoch
kam es zu massiger Exsudation, die Nähte wurden stellen¬
weise gelöst, die Exsudatmassen ausgedrückt, sowie die nekro¬
tischen Muskeltheilchen des abgenähten Muskelstumpfes ent¬
fernt und Ausspülungen mit 1 % Lysollösung gemacht. Nach
17 Tagen war die Operationsstelle normal verheilt, das Kalb
gedieh gut und wurde vier Wochen alt im Gewicht von
158 % an den Metzger verkauft. (Ibidem.)
Puerperale Septichämie bei einer Stute.
Von Thierarzt Merkle, Wolnzach.
Am 30. März 1899 wurde ich behufs Geburtshilfeleistung
zu einer Stute edlerer Abkunft geholt. Vorberichtlich be¬
standen die Wehen erst ein paar Stunden. Der Eigenthümer
hatte die Geburt entwickeln wollen, hatte es aber aufgegeben,
als er die fehlerhafte Lage und Haltung des Fötus richtig
erkannte. Letzterer befand sich nämlich in Steissendlage bei
normaler Stellung; beide Hintergliedmassen waren in den
Tarsalgelenken gebeugt. Wie sich nachträglich herausstellte,
bestand ausserdem noch eine fehlerhafter Haltung des Kopfes.
Es gelang mir, beide Hintergliedmassen nach einander nach
hinten auszustrecken. Trotzdem erforderte die Extraction
des Fötus noch bedeutende Kraftentwicklung. An dem Kopfe
des bereits todten grossen Fohlens machte sich eine sichel¬
förmige Beugung des Vorder- und Hinterkiefers nach der
linken Seite bemerkbar, woraus auf eine seitliche Kopfhaltung
innerhalb des Uterus zu schliessen war. Die Nachgeburt war
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511
zurückgeblieben. Am folgenden Tage hatte man an dieselbe
ohne mein Wissen ein Stück Ziegelstein gebunden und so das
Abreissen des aus der Scheide heraushängenden Theils der
Eihäute bewirkt.
Am 1. April wurde ich requirirt, da die Stute innerlich
krank sei. Das Thier zeigte starke Eingenommenheit und
Hinfälligkeit. Puls SO p. M. Mastdarmtemperatur 40,1° C.
Respiration wenig beschleunigt, Appetit ziemlich schlecht.
Bei der manuellen Untersuchung der Vagina und des Uterus
fand sich in letzterem ein Theil der Nachgeburt. Dieselbe
war in Fäulniss übergegangen und verbreitete einen äusserst
widrigen Geruch. Daneben befand sich in der Gebärmutter
eine grössere Quantität Jauche. Die Diagnose wurde hier¬
nach auf puerperale Septichämie gestellt.
E 3 wurde sofort zur gründlichen Ausrieselung des Uterus
mittels Gummischlauchs geschritten und darauf Irrigationen
mit Sublimatlösung (15 gr auf 1 Eimer Wasser) verordnet.
Im Uebrigen wurden nur diätetische Massregeln getroffen. Am
folgenden Tage war der Zustand der Patientin ein noch be¬
denklicherer. Bei abermaliger Untersuchung der Gebärmutter
fand sich im vorderen Ende ein etwa handgrosses nachträglich
gelöstes Stück der Nachgeburt vor. Ausserdem enthielt der
Uterus eine beträchtliche Menge Jauche, die durch das Irri-
gireir nicht oder doch nur sehr langsam entfernt werden
konnte. Ich nahm deshalb einen Fensterschwamm zu Hilfe
und hatte in verhältnismässig kurzer Zeit die ganze Gebär¬
mutter ausgetrocknet. Die Sublimatirrigationen wurden fort¬
gesetzt. Am 8. April war der Krankheitszustand kaum noch
besorgnisserregend. Die Temperatur war bis 38,8° C. her¬
untergegangen. Pulsfrequenz 48, Bewegung freier, Appetit
gut, Muttermund wenig geöffnet. Am 4. JJai war die Stute
vollkommen gesund und zeigte sich rossig.
Den günstigen Verlauf dieser beim Pferde so gefährlichen
Krankheit glaube ich hauptsächlich der von Professor Dr.
Vogel empfohlenen Anwendung des Sublimats zuschreiben
zu müssen. (Ibidem.)
Innere Verblutung im Anschluss an den Deckakt.
Von Bezirksthierarzt Voltz, Nördlingen.
Eine 17jährige Stute des leichten Schlages, die zehn
Fohlen hatte, wurde neuerlich zum Hengst geführt. In der
Früh hatte die Stute noch tadellos die Feldarbeit verrichtet,
auch den Weg zur Beschälstation, 2 km, in bester Condition
zurückgelegt. Zum Deckakte wählte sich der Besitzer den
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schwersten und feurigsten Hengst aus. Beim ersten Auf¬
sprung des Hengstes kam die Stute mit dem Hintertheil zu
Fall (nach der Schilderung nahm sie hundesitzige Stellung
ein), jedoch erhob sie sich sofort wieder nach Lösung der
Spannseile. Ein zweiter Sprung beendete den Deckakt. Nach
1 h 8tündigem Zuwarten auf der Beschälplatte führte der Be¬
sitzer seine Stute heim. Hier schien ihm das Thier nicht so
munter zu sein wie vorher. Etwa nach zwei Stunden stellten
sich Schwächeerscheinungen ein, insbesondere der Nachhand.
Die Stute stürzte zusammen und kam hinten nicht mehr hoch.
Der Besitzer dachte an „Kreuzschlag“, Haemiglobinämie und
erbat meine Hilfe. Bei meiner Ankunft kennte ich nur fest¬
stellen, dass das Thier am Verenden sei. Beim Antreiben
machte es den Versuch, sich mit dem Vordertheil zu erheben,
sank aber sofort wieder zurück. Die Schleimhäute waren
blass, Puls und Herzschlag nicht mehr deutlich fühlbar, die
Temperatur betrug 35° C. Die Kruppenmuskulatur fühlte
sich weich an. Bei Untersuchung durch den Mastdarm er¬
schienen die Eingeweide mässig nach rückwärts gedrängt.
Ich stellte die Diagnose auf innere Verblutung, verursacht
durch Ruptur eines grösseren Gefässes. Während meines
Verweilens verendete die Stute Die zwölf Stunden nach dem
Tode erfolgte Section bestätigte die Diagnose: Die Körper¬
muskulatur erschien nach Abnahme der Haut blassrosa. Die
Bauch- und Brusteingeweide waren dicht in Blutgerinnsel ein¬
gebettet. Herz, sowie die grossen Gefässstämme, auch die
übrigen Organe waren nahezu blutleer. Bei Untersuchung
der hinteren Aorta fand sich an der Abzweigungsstelle der
linken Nierenarterie ein etwa 3 mm langer, etwas gezackter
Querriss vor. Bei späterer, mikroskopischer Untersuchung
eines Theiles der Rissstelle fiel ein gewisser Mangel an ela¬
stischen Fasern der Tunica media auf. Der Riss war un¬
zweifelhaft beim Niederstürzen der Stute entstanden. Bemerkt
sei noch, dass zwischen Niederstürzen und Verenden eine Zeit
von vier Stunden lag. (Ibidem.)
Actinomykose beim Kalb.
Von Distriktsthierarzt Hub, Seeg.
Am 9. Dezember 1900 wurde ich zu dem vier Wochen
alten Kalb des Oekonomen H. in S. gerufen mit dem Be¬
merken, dass dasselbe sehr stark athme. Bei meiner Ankunft
hörte ich das Röcheln schon vor der Stallthüre. Bei Unter¬
suchung ergab sich Folgendes: Das Kalb athmet mit weit
vorgestrecktem Kopf und aufgeblähten Nasenlöchern mit stark
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abdominalem Typus und Hervordrängen des Afters ca. 60 Mal
in der Minute und erzeugt hiebei ein weit hörbares Geräusch.
Die Temperatur beträgt 38,9°, Puls 90 kräftige Schläge.
Auskultation und Perkussion der Brust- und Bauchhöhle: nichts
Anormales. Die Palpation des Kehlkopfes ist äusserst schmerz¬
haft, die Schwellung gering, die Auskultation ergibt pfeifende
und rasselnde Geräusche. Der Appetit ist gut, das Kalb
fährt mit Gier in die Milch, doch ist das Abschlucken fast
unmöglich. Mit Mühe wird ein Liter aufgenommen. Da auch
die Untersuchung der Maulhöhle nichts ergab, stellte ich die
Diagnose auf Laryngo-Pharyngitis, verordnet« ein linimentum
volatile und alle zwei Stunden eine Creolininhalation. Die
Krankheitserscheinungen verschwanden hierauf sehr rasch.
Schon am dritten Tage war das Röcheln nur sehr selten und
schwach hörbar und wurden pro Mahlzeit drei Liter Milch
ohne Mühe aufgenommen. Nach zwei weiteren Tagen konnte
das Thier ausser Behandlung gegeben werden. Acht Tage
später wurde ich wieder gerufen und fand den gleichen Befund
wie vorher. Ich glaubte, es sei ein Rückfall eingetreten in
Folge Erkältung und liess sofort wieder mit Inhalationen be¬
ginnen. Da auch ziemlich starke Schwellung des Kehlkopfes
bestand, liess ich Priessnitzwickel anwenden. Nach drei Tagen
gesellte sich dazu noch schmerzhafter Husten. Befriedigend
war nur die verhältnissmässige Munterkeit und Mobilität des
Thieres, die normalen Ergebnisse der Auskultation und Per¬
kussion der Lunge und die Nahrungsaufnahme (8 1). Da
die Kehlkopfschwellung noch bestand, wurden an Stelle von
Priessnitzwickeln Eisumschläge verordnet. Danebeu liess ich
Eisstückchen schlucken und Morphium mit Eidotter verrührt
auf die Zunge streichen. Aber ohne Erfolg. Das Krankheits¬
bild hatte sich sogar verschlimmert, Athmung geschah stoss-
weise, der After wurde stark hervorgedrängt, Husten war
häufig und quälend, die Augen lagen in den Höhlen. Es
wurde nun Rath zur Schlachtung ert.heilt.
Bei der Fleischbeschau ergab die Besichtigung des Kehl-
und Schlundkopfes eine hochgradige Entzündung der ganzen
Schleimhaut, dieselbe war enorm geschwollen und zu schlott¬
rigen Wülsten verdickt, die den Kehlkopf verengten. Beim
Einschneiden erwies sich die Schleimhaut saftreich. Bei
tieferem Einschneiden kam man auf zahlreiche Eiterherde von
Linsen-, Erbsen- und Haselnussgrösse, die in allen Theilen des
Kehlkopfes anzufinden waren. Der in denselben enthaltene
Eiter war von gelber Farbe und von honiger, dicklicher Be¬
schaffenheit. Mikroskopisch betrachtet enthielt er zahlreiche
Actinomycesrasen.
Co
514
Der Grund zu dieser Infection dürfte in dem Abschlucken
eines starren Streuhalmes und dadurch erfolgter Verwundung
der Schlundschleimhaut zu suchen sein, da das Kalb trotz
Maulkorb öfters Streu frass. (Ibidem.)
Harntröpfeln beim Fohlen.
Von Thierarzt Merkle, Wolnzach.
Einen eigenthümlichen Fall von Harntröpfeln beim Fohlen
möchte ich kurz erwähnen. Nach genauer Versicherung und
bestimmter Aussage des Eigenthümers will derselbe erst nach
vier Wochen dieses Leiden beobachtet haben. Ich fand
bei der Untersuchung, da das fragliche Hengstfohlen zu¬
fälligerweise strahlte, dass neben dem normalen Harne auch
ein federkielstarker Strahl aus dem Bauchringe abfloss. Ich
Hess das Fohlen niederlegen und habe den Stumpf des
Urachus mit der allgemeinen Decke soweit als angängig unter¬
bunden. Vier Tage war nun von dem Harntröpfeln nichts
mehr zu beobachten; von da ab stellte sich der alte Zustand
wieder ein. Ich liess das Fohlen wiederholt niederlegen,
umstach nun den Urachus tief und unterband mit einer Castrir-
schnur. Daraufhin trat nach 14 Tagen vollständige Heil¬
ung ein. (Ibidem.)
Referat.
lieber Margarinebereitung bringt der „Bayerische Senn*
mehrere der Strassburger „Schwarzen Zeitung“ entnommene
Mittheilungen, nach welchen wenigstens in Paris die Margarine
in gründlichen Abscheu veranlassender Weise hergestellt wird.
Im Nordwesten von Paris besteht ein Unternehmen, bei
welchem aus den Pariser Restaurants die Speisereste auf¬
gekauft und in grossen Fässern aufbewahrt werden; die Reste
bestehen aus einem Gemische von Fleischtheilen, Knochen,
Brot, Rüben, Kraut, Kartoffeln etc. Im Sommer gährt der
Inhalt der Fässer zu einer dicken Masse. Diese wird in
grossen Kesseln unter Zugabe von Wasser gekocht. Hiebei
entwickelt sich ein unsagbar ekelhafter Gestank, welcher die
Umgebung verpestet. ln der ganzen Umgebung müssen
Thüren und Fenster geschlossen werden. Das Fett, welches
sich auf der Oberfläche der Kessel ansammelt, wird verpackt,
und der Margarinefabrik zugeschickt, welche die Masse reinigt,
klärt, und die köstliche wohlschmeckende Margarine ist fertig
zum Consum. — Zwischen den zwei Brücken von Clichy und
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515
Saint-Quen befinden sich eine Reihe von aus Balken ge¬
zimmerten Flössen, die in den Lauf der Seine hineinragen.
An den Flössen bleibt hängen, was der Strom bringt: Hunde,
Katzen, Ratten, anderes Aas, Speiseüberreste etc. Zweimal
des Tages wird diese Masse durch ein Boot abgeholt und in
grossen Kesseln gekocht. Das ausgekochte Fett wird ab¬
geschöpft und zur Margarinefabrikation verwendet. — Professor
Girard am agronom. Institut in Paris hat zu alle dem noch
bewiesen, dass viele zur Margarinefabrikation verwendete
Fette nur einer Höchstwärme von 50 Procent unterworfen
werden, eine Wärme, welche nicht ausreichend ist, Krank¬
heitskeime zu zerstören. — Professor Piper—Chicago fand
bei der Untersuchung der Ölmargarine in dieser Bacillen und
Professor Taylor konnte in der Magarine Spuren von Fleisch¬
fasern nachweisen. A.
/ _
Notiz: In der Sitzung am 3. Oktober hat der Bundes¬
rath den Antrag Bayerns, betreffend die Forderung der
Maturität zum Studium der Veterinärmedicin an den zuständigen
Ausschuss überwiesen.
Personalien.
Der Assistent an der Lehrschmiede der thierärztlichen Hochschule
München, Dr. Moser, wird auf Ansuchen vom 1. November 1. Js. an
seiner Funktion enthoben und diese Stelle dem Thierarzte August Vande-
roth aus Laffeld übertragen.
ZBefea-rm.tm.a-cla.-o.n.g'.
Die diesjährige Generalversammlung des thierärztlichen Kreisvereines
von Unterfranken findet am Samstag den 26. Oktober 1901,
vormittags 9 1 /a Uhr beginnend, im Bahnhofhotel zu Würzburg statt.
rrsigresord.rLVLÄgr:
1. Erledigung innerer Vereinsangelegenheiten, Vorstandschafts-
wahl etc.
2. Mittheilungen aus der Praxis.
3. Wünsche und Anträge.
Für die Tags vorher ankommenden Herren Collegen diene zur Kennt-
niss, dass von abends 8 Uhr ab Zusammenkunft im Bahnbofhötel statt-
findet, woselbst auch gute Wohnung genommen werden kann. Sämtliche
Herren Vereinsmitglieder, sowie die Herren Collegen werden freundüchst
eingeladen. Die Vorstandscliaft.
Mittelfränkische Gauversammlnng
am Mittwoch, den 13. November 1. Js. nachmittags 2 Uhr
im Künstlerzimmer der Restauration zum „Krokodil“ in Nürnberg.
Alle Collegen willkommen. A. A.: Hollenbacb.
Digitized by 5le
516
werden den Herren Thierärzten zm kostenfreiem
w Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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Photographien d. thierärztl. Hochschulen vervielfältigt worden und
! werden einzeln abgegeben. Diese Pliotogr. entspr. d. Taf. d. Bilder¬
werkes u. bilden einen vornehmen Wandschmuck.
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1* d. Hochschule Mk. 15.25.
H. HAUPTNER, Berlin NW.
Telegr.-Adr.: „Veterinaria“.
Weltansst Paris 1900; Granit Prix u. Hol! IM
Verantwortliche Redaktion: M. Albrecht.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/1, zu richten. D. Red.
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Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Qöring.
45. Jahrgang. München, den 29. Oktober 1901. Nr. 44.
Inhalt: Dr. Mayr, Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher und
Ärzte in Hamburg vom 22.—28. September 1901. (Abtheilung 26: Thier¬
heilkunde.) Fortsetzung. — Widenmayr, Vergiftung durch Pilze. —•
Generalversammlung des tbierärztliehen Vereines von Oberbayern.
. Referat. — Viehseuchen-Nachrichten. — Personalien. — Inserate.
Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Hamburg vom 22.-28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thier heil künde.)
Bericht von Prosektor Dr. Mayr.
(Fortsetzung.)
Montag: 3. Imminger (Mönchen): „Ueber Harnstein¬
operationen beim Rindvieh“. Vortrag folgt in dieser Wochen¬
schrift als Originalbericht des Herrn Vortragenden.
Dienstag. Vorsitzender vormittags Direktor Professor
Dr. Sussdarf (Stuttgart), nachmittags Professor Imminger
(München), Vortragende, vormittags: t. Dieckerhoff
(Berlin): „Die intravenöse Injection von Arzneipräparaten bei
den Haussäugethieren“. Ein geschichtlicher Rückblick zeigt
uns, dass . diese Applikationsmethode schon über 100 Jahre
alt ist. Sie gerieth aber ausser Uebung einerseits, weil an¬
fänglich die Technik der Applikation (H e 1 p e r ’scher Trichter)
eine unvollkommene war, andererseits, weil man, besonders
seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf das absprechende Urtheil
Gerlach’s hin, sie für besonders gefährlich hielt. Als
Nachtheile der Injection sind geltend gemacht worden:
1. das Eindringen von atmosphärischer Luft in
518
dieVenen, durchwelcheasphyktischeZufälle
verursacht werden sollten; 2. die reizende
Wirkung der Arzneisubstanzen auf die Ve¬
nenwandung und die hiedurch veranlasste
Thrombose der Ye non; 3. die Folgen einerin¬
korrekten Ausführung der Operation. Diese
Punkte werden der Reihe nach behandelt, (ad 1): In der
Klinik von D. ist in den letzten vier Jahren mehrere tausend¬
mal zu therapeutischen Zwecken die intravenöse Injection von
Arzneipräparaten bei Pferden ausgeführt worden. Hiebei
wurden aber durch Lufteintritt in die Venen niemals lebens¬
gefährliche Zufälle erzeugt. Es ist unzweifelhaft, dass die
Mittheilungen der thierärztlichen Autoren über schwere oder
todtliche Folgen des Lufteintrittes in die Venen auf Irrthura
beruhen. D. glaubt auf Grund seiner Versuche und der in
der Litteratur niedergelegten Erfahrungen, insbesondere auch
der Versuche von C. H. Hertwig, die Gefährlichkeit der
intravenösen Injection in Folge von Lufteintritt bestimmt in
Abrede stellen zu können. Nichtdie eingedrungene
Luft, sondern die Wirkung des Medikaments
ist jeweils-- die Ursache des Todes. Das
W es entliehe liegt in der Concentration des
stark wirkenden Medikamentes. So kann ein
gewisses Quantum eines stark wirkenden Mittels in Verdünn¬
ung mit wenig Wasser eine schädliche, ja todtliche Wirkung
äussern, während die gleiche Dosis desselben Medikamentes,
in Verdünnung mit relativ viel .Wasser in die Vene injicirt,
sich als vollständig unschädlich erweist. Es wird z. B. die
übliche Dosis des Chlorbariums (0,5—1,25 je nach Grösse
des Thietes), wenn sie in mindestens 20,0 Wasser gelöst zur
Einspritzung gelangt, niemals eine gefährliche Wirkung auf
das Herz ausüben, wogegen bei einer Auflösung in nur
4—5,0 Wasser Gefahr bestehen kann. Eine intravenöse
Dosis von 2,0 Chlorbarium in 4—5,0 Wasser kann den Tod
in 1—3 Minuten zur Folge haben, während dasselbe Quan¬
tum des Mittels einem mittelgrossen Pferde ohne Gefahr in
fraktionirten Dosen innerhalb eines Tages injicirt werden
känn. Die Theildosen ihrerseits sind aber
für die Therapie nicht blos als Präventiv¬
mittel gegenüberden üblenZufällen bei der
Applikation von Werth, sondern verdienen
auch deshalb Berücksichtigung, weil sie die
schmerzhaften Darmcontraktionenauf einem
niedrigen Grade belassen, während durch
die grossen Dosen etwa 10—15 Minuten lang
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519
heftige Schmerzempfindungen hervorgö-
rufen werden.
Hinsichtlich der reizenden Wirkung auf die
Yenenintima (Punkt 2 s. oben) wird ausgefübrt, dass
besonders Lösungen mit ausgesprochen alkalischer
Reaktion sich nicht eignen, da sie schwer heilbare
Thrombose hervorrufen. Bei saurer Reaktion bleibt
die Yenenwandung dann noch intakt und wir bekommen
keine Thromben, wenn die Acidität nur in einem ganz ge¬
ringen Grade vorhanden ist. Spirituslösungen sowie dünne
alkalische Lösungen und nicht concentrirte Säuren können wohl
ein bis zweimal ohne Nachtheil eingespritzt werden, aber bei
mehrfacher Wiederholung erzeugen sie Venenentzündung und
Thrombose. Fälschlich wurde in neuerer Zeit behauptet,
dass durch die wiederholten Einstiche mit der Kanüle eine
Entzündung der Venenwandung und Thrombose hervorgerufen
werde. Ueber die Ausführung der Operation (zu
Punkt 3) glaubt Redner hinweggehen zu dürfen. Er er¬
innert nur daran, dass die Ausführung sehr erleichtert wird,
wenn das Thier ruhig steht (Nasenbremse!); ferner soll nach
der Injection und vor der Entfernung der Kanüle die Vene
nochmals comprimirt und etwas Blut aus derselben abgelassen
werden. Hieduroh wird vermieden; dass Reste der Arznei in
das Gewebe um die Vene gelangen, was bei der Reiz Wirkung
der meisten Mittel lästige Entzündung des Bindegewebes zur
Folge haben kann.
Die für die Veneninjection sich eignenden Arzneimittel
sind bis jetzt nicht zahlreich. Die Anwendung betrifft haupt¬
sächlich nur Pferde und (seltener) Rinder. Mittel, welche
mit gutem Erfolge subcutan angewandt werden können, also
Eserin, Arecolin, Pilocarpin, sollen nicht für die intravenöse
Methode verwerthet werden; für letztere kommen in Betracht:
1. C h 1 o r b a r i u m: für kolik kranke Pferde, am z wöck-
mässigsten in Bruchdosen von 0,25 in mindestens 10—15,0
Wasser; die sonstige, nicht fraktionirte Dosirung verlangt je
nach Grösse des Pferdes 0,5—1,25 in mindestens 20,0 Wasser.
2. Dollargolum (Argentum colloidale Cred 6):
gegen die Blutfleckenkrankheit und einige andere Leiden,
erzeugt bei Pferden in grösseren Dosen eine vorüber¬
gehende erhebliche Steigerung der Bluttemperatur unschäd¬
lichen Charakters. Die Tagesdosis für ein mittelgrosseö Pferd
beträgt 2,0. Das Mittel muss täglich bis zum Ablauf der
specifischen Krankheit angewandt werden. Die Dauer des
specifischen Stadiums bei Morbus maculosus beträgt in schweren
Fällen gewöhnlich 12 Tage, in vielen Fällen aber nur 5 bis
520
8 Tage. Nach Ablauf dieser Zeit entstehen keine blutigen
Herde mehr. Herstellung des Präparates bei Heyden in
Radebeul bei Dresden. 3. Tartarus stibiatus: gibt
neutrale Lösungen, die ohne Bedenken angewandt werden
können. Das Mittel hat aber bei Pferden nicht die Wirkung,
die ihm seit 100 Jahren zugeschrieben wird. Vielleicht lässt
es sich beim Rinde gegen die Indigestionen anwenden. Redner
beabsichtigt, die Dosis des Brechweinsteins für die Venen-
injection genauer festzustellen und therapeutische Versuche
beim Rinde anzustellen. 4. Natrium aceticum: die
stark alkalische Reaktion der Lösung muss nach Thunlichkeit
abgestumpft werden. Anwendung in Dosen bis zu 20,0 in
40,0 Wasser bei Pferd und Rind behufs Herstellung der
normalen Beschaffenheit des Blutes, die im Verlaufe mehrerer
Allgemeinerkrankungen durch Herabsetzung der Alkalescenz
beeinträchtigt wird. — Die besprochene Applikationsmethode
ermöglicht eine exaktere Dosirung und eine schnellere Wirkung
der Mittel als jede andere Art der Einverleibung. Sicherlich
werden sich auch noch mehr geeignete Präparate finden lassen
und so wird diese Methode sich in der Praxis der Thierärzte
zweifellos ihren Platz behaupten.
Eine Diskussion im Anschluss an die bis jetzt
gehaltenen Vorträge war nicht erfolgt. w (Fortsetzung folgt.)
Vergiftung durch Pilze.
Von Distriktsthierarzt Widenmayr, Bargau.
Im Monat Mai wurde ich nach 0. gerufen mit der An¬
gabe, dass zwei Kühe erkrankt seien. Bei meiner Ankunft
fand ich eine Kuh in soporösem Zustand vollständig theil-
nahmslos am Boden liegen. Der Besitzer theilte mir mit,
dass dieselbe am Abend vorher schlecht, am heutigen Tage
gar nichts gefressen und eine gewisse Schwäche in der Nach¬
hand gezeigt habe. Sie habe sich vor zwei Stunden nieder¬
gelegt, sei völlig reaktionslos und überhaupt nicht mehr zum
Aufstehen zu bewegen. Das Thier hatte den Kopf in die
linke Seite geschlagen. Der Puls ist schwach fühlbar und
drahtförmig. Die Mastdarmtemperatur hochfieberhaft, beträgt
41,5° C. Aus dem Mastdarm selbst wird übelriechender
Koth von dünnflüssiger Beschaffenheit abgepresst. Ausserdem
besteht leichtes Speicheln und eine vollständige Lähmung des
Schlundkopfes. Die aus der Maulspalte herausgezogene Zunge
wird nicht mehr zurückgezogen. Da das eine Thier nicht
mehr zu retten war, wurde versucht, das zweite, an der
gleichen Krankheit leidende Thier zu retten. Aber auch hier
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521
waren alle therapeutischen Massnahmen vergebens, und unter
den gleichen Symptomen verendete das zweite Thier 16 Stun¬
den später als das erste. Eine weitere Kuh und ein Jung¬
rind der gleichen Stallung zeigten keinerlei Krankheits¬
erscheinungen. Auch der zweite Fall, bei dem ebenfalls von
drei im Stalle befindlichen Kühen zwei zu Verlust gingen,
verlief unter den gleichen Symptomen. Die Section der be¬
treffenden Thiere ergab das Bild der Magen- und Darm¬
entzündung in den verschiedenen Stadien. Besonders fanden
sich bedeutende und zahlreiche Hämorrhagien auf Magen- und
Darmschleimhaut, die vielfach gelockert war und geschwürähn¬
liche Substanzverluste aufwies. Der Darminhalt war miss¬
farbig, theilweise auch blutig. Lymphdrüsen waren geschwollen
und stark durchfeuchtet. Die Leber zeigte fettige Degene¬
ration. Am Herzmuskel von zwei Thieren konnte starke
Ecchymosirung wahrgenommen werden. Das Blut zeigte sich
dunkelfarbig, die Gerinnung trat sehr langsam ein. Die
Untersuchung der Futtervorräthe ergab besonders im zweiten
Fall, dass mehrere Garben Haferstroh mit Schimmelpilzen
bedeckt waren und wie mit Reif überzogen aussahen. (Jahres¬
berichte bayerischer Thierärzte.)
Generalversammlung des thierärztlichen Vereines von
Oberbayern.
Die Generalversammlung des thierärztlichen Vereines von
Oberbayern pro 1900—1901 fand am 14. Juli im grossen
Saale der Restauration des Schlacht- und Viehhofes in München
statt und war von 42 Mitgliedern besucht, nämlich den Herren :
Bach 1— Grassau, Bürchner—Landsberg, Dennhardt—
Traunstein, Eder — Erding, Ehrenhardt—Ingolstadt,
Fischer—Tölz, Gasteiger—Wolfratshausen, Göbel Val.—
München , Günther — München, Gutbrod — Moosburg,
Halter—Rottenbrucb, H eich 1 inge r—Bruck, H eieck—Haag,
Herrnann—Isen, Hi 11 erbrand—Wasserburg, Himmei¬
st oss—Dachau, Hofe r — Friedberg, Ki derle — Prien,
Krempl—Rosenheim, Lanke s—Indersdorf, Leibin ge r—
Tegernsee, Lismeister—Dorfen, Dr. Mayer—München,
Miller—München, Nopitscb—Traunstein, Notz—Freising,
P a s t e—Ingolstadt, Rasberge r—Garmisch, Rasthofe r—
Aindling, Reindl—Rosenheim, Rötzer—Miesbach, Sigl
Ed.— München, Schmutterer—Ehersberg,Schneider Gg.—
Murnau, Sepp—Egling, St uff ler—Mühldorf, Dr. Vogl—
München, Waldmann—Laufen, Weigenthaler—Starn¬
berg, Wiespauer—Traunstein, Witzei—Trostberg.
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522
Der Vereins Vorstand, k. Bezirktsthierarzt Sch mutterer,
eröffnete die Versammlung unter freundlicher Begrüssung der
Theilnehmer und Dankeserstattung dem Herrn Schlachthof¬
direktor Magin für Besorgung des Lokales sowie die freund¬
liche Bereitwilligkeit zur Besichtigung des Schlachthofes.
Hierauf fuhr derselbe fort:
Meine Herren! Mit freudigem Stolze haben wir in den
letzten Tagen die Blättermeldung gelesen, dass Bayern im
Bundesratke den Antrag gestellt habe, als Vorbedingung für
das Studium der Thierheilkunde das Absolutorium eines huma¬
nistischen oder Realgymnasiums zu fordern. Mit Freude er*
füllt uns diese Nachricht, weil hiedurch ein seit langen Jahren
gehegter Wunsch der deutschen Thierärzte einen guten Schritt
der Erfüllung näher gerückt ist, mit Stolz dürfen wir die
Kunde begrüssen, weil unser engeres Vaterland Bayern
sich dadurch an die Spitze unserer Bestrebungen gestellt hat
und dafür den Dank aller deutschen Thierärzte erntet.
Aber nicht nur die Thatsache, dass gerade Bayern diesen
Antrag gestellt hat, erfüllt uns mit Freude, mehr ehrt uns
noch die Begründung desselben. Ist es in dieser doch aus¬
gesprochen, dass die z. Z. von den Studirenden der Thier¬
heilkunde geforderte allgemeine Vorbildung nicht mehr im
Einklänge steht mit der hohen Stufe, welche die thierärztliche
Wissenschaft erreicht, und mit der Bedeutung, welche, der
thierärztliche Stand, insbesondere soweit der beamtete Thier¬
arzt in Betracht bommt, durch seine stetig sich mehrenden
und in die wirthschaftlichen Verhältnisse tief eingreifenden
Berufsaufgaben gewonnen hat, und dass die Anforderungen,
welche das Studium der Thiermedicin heutzutage stellt, denen
jedes anderen Hochschulstudiums gleichen.
Nachdem wir eine derartige Anerkennung unserer Leist¬
ungen Seitens unserer höchsten Stelle erfahren haben, dürfen
wir wohl auch für unsere zukünftige Stellung im Staats-
Organismus eine unseren Wünschen entsprechende Regelung
erhoffen.
Dass gerade Bayern sich unserer Sache im Bundesrathe
angenommen hat, danken wir wohl in erster Linie dem Ein¬
drücke der Rede eines edlen Sprossen unseres geliebten
Herrscherhauses, des Prinzen Ludwig von Bayern.
Dankbarkeit beseelt daher aufs Neue unsere Gefühle für
das Haus Wittelsbach und dieser wollen wir Ausdruck geben
durch den Ruf :
„Unser erhabener Regent und Herr, des
Königreichs Bayern Verweser, Prinz-Regent
Luitpold, Er lebe hoch“.
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523
Die Versammlung stimmte freudig und begeistert in den
Ruf ein.
Nunmehr wurde in die Tagesordnung eingetreten und
führte der Vorsitzende Folgendes äus:
Nach Mittheilung der k. Regierung von Öberbayern be¬
findet sich Herr k. Kreisthierarzt Schwarzmaier z. Z. in
Urlaub, so dass die Abordnung eines Regierungs-Commissärs
nicht erfolgen konnte.
Ihr Nichterscheinen bei der Versammlung haben 1 ent¬
schuldigt die Herren: Al brecht, Blaim, Diem, Ernst,
Göring, Magin, Mayer—Landsberg, Molitor, Oskar,
Eahn, Trommsdorff, Wagenhäuser und Windisch.
Der Verein zählt z. Z. 3 Ehren-, 100 ordentliche und
12 ausserordentliche Mitglieder.
Gestorben sind während des Vereinsjahres die Ehren¬
mitglieder Herr Hofrath Hahn, weiland Direktor der
thierärztlichen Hochschule München, Herr Direktor a. D. der
thierärztlichen Hochschule Stuttgart von Fr ick er und die
ordentlichen Mitglieder Herren Bezirksthierärzte Hermann-
München, Kuffner — Weifheim und S tinglwagner—
Reichenhall. Der Vorsitzende widmet denselben ehrenden
Nachruf, welchem sich die Versammlung durch Erheben von
den Sitzen anschliesst.
Dem Vereine sind 14 Mitglieder neu beigetreten und in
Folge Versetzung bezw. Beförderung 9 Mitglieder ausge¬
schieden. ?
Weiters referirte der Vorstand unter Bezugnahme auf
den Bericht in Nr. 6 1. Js. der thierärztlichen Wochenschrift
über die Delegirten-Versammlung in Nürnberg und deren
Beschlüsse. Da die Einladung zur Delegirten-Versammlung
zu spät ergangen sei* um vorher eine Generalversammlung
oder auch nur Ausschusssitzung abzuhalten, haben die Dele-
girten des thierärztlichen Vereines von Oberbayern ihr Votum
vorbehaltlich der Zustimmung einer späteren Generalversamm¬
lung abgegeben.
Die Beschlüsse der Delegirten-Versammlung kamen, so¬
weit es sieh um Vorlage der Denkschrift handelt, bisher nicht
zur Ausführung, weil der Ausschuss unseres Vereines in Ein¬
vernahme mit dem Pfälzer Vereine der Ansicht war, dass
mit Rücksicht auf die in der Schwebe befindliche Frage der
Vorbildung vorerst deren Erledigung abzuwarten sei.
Nach eingehender und lebhafter Debatte wurde das bis¬
herige abwartende Verhalten der Vorstandschaft einstimmig
gebilligt und der Beschluss gefasst:
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524
1, eine Einreichung der Denkschrift hat bis zur erfolgten
Entscheidung der Vorbildungsfrage «u unterbleiben, und
2. nach erfolgter Entscheidung ist unter Beiziehung
weiterer Mitglieder durch den Ausschuss eine Um¬
arbeitung der Denkschrift vorzunehraen. Die um¬
gearbeitete Denkschrift ist einer Generalversammlung
zur weiteren Beschlussfassung vorzulegen.
Ein Antrag des Vorsitzenden, „die Dienstverhältnisse der
Militärveterinäre des Beurlaubtenstandes, hier die Beförderung
zum Stabsveterinäre betr. u , wurde nach eingehender Debatte
ebenfalls bis nach Erledigung der Vorbildungsfrage zurück¬
gestellt. Ferner wurde ein Antrag des k. Bezirksthierarztes
Hi 11 erbrand—Wasserburg, „den Verkehr mit Arzneimitteln
ausserhalb den Apotheken betr.“ (K. Allerh. Verordg. vom
15. März 1901), nach längerer Diskussion als nicht nothwendig
erachtet.
Der Vorsitzende gab hierauf bekannt, dass der Vereins¬
ausschuss mit dem „Allgemeinen deutschen Versicherungs¬
verein in Stuttgart“ bezüglich der Haftpflicht- und Unfall¬
versicherung einen Vertrag mit weitgehendsten Begünstig¬
ungen für seine Mitglieder abgeschlossen hat.
Die vorgelegte Vereinsrechnung wurde durch zwei Mit¬
glieder geprüft, richtig befunden und dem Vereinskassier,
Herrn k. Bezirksthierarzt Waldmann—Laufen, Decharge
ertheilt.
Der Vereinsbeitrag pro 1901/1902 wurde auf drei Mark
festgesetzt.
Bei der nun folgenden Wahl wurde der bisherige Vereins¬
ausschuss einstimmig wieder gewählt, nämlich als
Vorstand: k. Bezirksthierarzt Schmutterer—Ebersberg,
Sekretär: „ „• Eder—Erding,
Kassier: „ „ Waldmann—Laufen,
als Verwaltungsausschussmitglieder: Schlachthofdirektor Ma-
gin—München und k. Veterinär Sigl—München, als deren
Ersatzmänner: k. Bezirkethierarzt Stuffler—Mühldorf und
k. Bezirksthierarzt Hillerbrand—Wasserburg; als Ab¬
geordneter für den Obermedicinal-Ausschuss k. Bezirksthier¬
arzt Bürchner—Landsberg und als dessen Stellvertreter k.
Bezirksthierarzt G ü n t h e r—München.
Grosses Interesse erregten die von Herrn Oberthierarzt
M ölt er vorgezeigten und erläuterten Photographien, welche
Herr Professor H o f m a n n—Stuttgart im Schlacht- und Vieh¬
hofe Münohen mit dem Röntgen-Strahlen-Apparate ange¬
fertigt hatte.
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525
Hierauf wurde die Versammlung geschlossen und fand
unter Führung des Herrn Oberthierarztes Molt er eine ein¬
gehende Besichtigung der Kühlanlagen des Schlachthofes statt.
An dieser Stelle sei Herrn Oberthierarzt M ö 11 e r für
seine eingehenden und klaren Erklärungen bezüglich der An¬
lagen innigst gedankt.
Die Mehrzahl der Versammlungstheilnehmer fand sich zu
einem Mittagessen beim Augustiner zusammen, und rasch ver¬
rannen die paar Stunden des trauten Zusammenseins.
Auf ein fröhliches Wiedersehen im nächsten Jahre!
Schmutterer, Vorstand. Eder, Sekretär.
Referat.
Martin: Vollkommene Amaurose in Folge von doppel¬
seitigem, acutem Glaukom. Ein Manöverpferd blieb plötzlich
stehen und war nicht mehr vorwärts zu bringen; mit Mühe
führte man es in den Krankenstall. Die Untersuchung der
Augen ergab die Ursache dieses eigenthümlichen Verhaltens.
Augenlider und beide Pupillen sind stark erweitert, sehr
excentrisch und nach oben verzogen; das Augenwasser der
vorderen Kammer ist wolkig getrübt, die Tension des Bulbus
stark gesteigert; leichter Druck auf den Augapfel erzeugt
lebhaften Schmerz, die Cornea ist für Berührung völlig
unempfindlich. Ophthalmaskopisch zeigen sich die Medien
völlig durchsichtig; die Retinalgefässe sind unscharf begrenzt,
das Sehvermögen ist völlig aufgehoben. Diagnose: Voll¬
ständige Amaurose in Folge von doppelseitigem, akutem Glau¬
kom. — Im Verlaufe von etwa einem Monat war völlige
Atrophie der rechten Papille und links beginnende Papillar-
atrophie und Iritis vorhanden. (Rec. d’Alfort, Bull. Vet.
Aug. 1901.)
Notiz. Nach einer Mittheilung der Berliner tbierärztlichen
Wochenschrift erachtet der preussische Cultusminister die Ein¬
führung des Abiturientenexamens als Vorbedingung zum Studium
der Thierheilkunde als ziemlich gesichert.
Personalien.
Der Kontrollthierarzt Johann Lang in Kufstein wurde auf An¬
suchen yom 1. November 1. Js. an zum Bezirktsthierarzte in Bogen (Nieder¬
bayern) ernannt. Die Stelle des Kontrolltbierarztes am Bahnhof Kufstein
mit dem Wohnsitze in Kufstein wurde dem bezirksthierärztlichen Ver¬
weser Karl Bau so her in Bogen in der Eigenschaft eines Verwesers
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526
Überträge. ProfeSsorDr. Ba u m—Dresdenhateinen Ruf als ordent¬
licher Professor für Thieranatomie an die Universität Giessen erhalten,
denselben aber abgelehnt.
Stand der Thierseuchen in Bayern am 20. Oktober 1901.
a) Rotz (Wurm):
Niederbayern: Straubing Stadt 1 Gmd. (1 Geh.); Pfalz:
Bergzabern 1 Grmd. (1 Geb.); Schwaben: 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- undKlauen-Seuche:
Oberbayern: 13 Gern. (160 Geh.); Niederbayern: 1 Gmd.
(3 Geh.); Pfalz: 9 Gmd. (19 Geh.); Mittelfranken: 6 Gmd.
(110 Geh.); Unterfranken: 7 Gern. (8 Geh.); Schwaben:
2 Gern. (21 Geh.).
o) Schweineseuche (Schweinepest):
Ob er bayern: 1 Gern. (I Geh.); Ober pF alz: 1 Gmd.
(1 Geh.); Unter franken: 2 Gmd. (2 Geh.).
Junger Thierarzt
1900 approbirt', sucht Assistenz bei einem Herrn Bezirksthierarzt.
Gefl. Offert, unt. Ii. Seh. .beförd. die Ezped.
Die Stelle des
Direktors des Schlacht- und Viehhofes
zu Köln wird voraussichtlich in nächster Zeit vakant.
Das AnfangsgehaTt der Stelle beträgt 5500 Mk. und steigt alle drei
Jahre mit Alterszulagen von je 400 Mk. bis zum Höchstbetrage von
7500 Mk. Für Dienstwohnung kommen 15°/o des Anfangsgehaltes in Ab¬
zug. Unter Umständen kaim auch ein höheres Anfangsgehalt gewährt
werden.
DiQ Anstellung des Direktors erfolgt auf gegenseitige dreimonatliche
Kflndigung, jedoch mit Ruhegehaltsberechtigung und Anspruch auf Wittwen-
und Waisen Versorgung.
Privatpraxis ist nicht gestattet.
Bewerber, welche sich in der Leitung grösserer Schlacht- und Yieh-
hofanlagen möglichst schon bewährt haben, wollen ihre Meldungen nebst
Lebenslauf und Zeugnissen bis zum
6* November ds. Js.
dem Unterzeichneten einreiohen.
Köln, den 14. Oktober 1901.
ID er OToerTo-Cirgrermelster:
Becker.
Tliierarzt,
1900 approb., »lieht Vertretung; oder Assistenz. Gefl. Off. a.
K. 7 an die Kxped. ,..
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527
An der medicinischen Klinik der k. Tierärztlichen Hoch -
schule Manchen erledigt sich ab 1. November curr. die zweite
Anistenten-Sltelle.
Mit derselben ist ein Jahresgehalt von 1080 Mark und eine Zu*
läge von 60 Mark verbunden.
Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche (versehen mit Zeug¬
nissen etc.) bei der Direktion der k. Thierärztlichen Hochschule dahier
einreiohen.
München, den 21. Oktober 1901.
IE^g-1. Tlxlex&xztliclie KCoclxsclrvxle.
Derz. Direktor: A 1 b r e c h t.
Thierärztlicher Kreis-Verein von Oberfranken.
Die diesjährige Generalversammlung findet am Sonntag den 8. No¬
vember 1. J. vormittags 11 Uhr im Hotel „3 Kronen 44 in Bamberg statt,
wozu hiemit freundliche Einladung an die Herren Vereinsmitglieder und
sonstige Oollegen ergeht.
Ta,gresox<äxnaxxgr:
1. Interne Vereinsangelegenheiten. Ergänzungswahlen der Vor¬
standschaft eto. Geschäftliche Mittheilungen.
2. „Zur Sch ficht frage*.
3. Mittheilungen aus der Praxis, Wünsche und Anträge.
Nach der Versammlung findet im Hotel „3 Kronen“ gemeinsames Mittag¬
essen statt.
Die Vorstandsohaft:
Engel, Cassier. Mark, Schriftführer.
Bels:airL3atxrLSiolx“CirLgr-
Die Stelle des Zuchtinspektors bei dem Zuchtverbande für
Fleckvieh in Unterfranken, mit dem Wohnsitze in ABchaffenburg^ ist vom
1. Januar 1902 ab zu besetzen.
Gehalt 3500 Mk. ? Reiseaversum 1500 Mk. jährlich.
Qualifikationsbedingungen: der Nachweis über gehörige praktische
Kenntnisse in Thierzuchtangelegenheiten und entsprechende wissenschaft¬
liche Bildung, und zwar der letzteren entweder durch die Beibringung des
Fähigkeitszeugnisses zur Erlangung der Funktion eines amtlichen Thier¬
arztes in Bayern oder durch Vorlage des Absolutoriums einer höheren
landwirtschaftlichen Lehranstalt.
Bewerber wollen ihre Gesuche mit Lebenslauf und Zeugnissen
bis längstens IO. November 1. Js.
an den Unterfertigten einreiohen.
Unterbessenbach bei Hösbach (Unterfr.), 25. Oktober 1901.
HI epp,
Vorsitzender des provisorischen Zuchtverbandsaussohusses.
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528
werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortbeile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen UDd Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
Besonders empfohlen: Mk.
Embryotom nach Pflanz .54.50
Enterliarpnne nach Ostertag. 2.75
Amerikanischer Emascnlator . . . 26.50
Klanenscheere nach Masch.18.—
Brnst-, Rücken-, Schweif-Fesselband 25.75
Castrlrxange zur Kryptorchiden-
Operation nach Pegive.18.50
Irrigator nach Dreymann.26.50
Tlierniometerlialter nach Dr. Smolian . 18.—
Instrumenten-Kataloer 1900 “:?• Biiderwerk .we
- - -■ Thierärzthchen Lehr¬
anstalten der Welt an der Jahrhundertwende» kostenfrei.
Einer Anregung aus thierärztl Kreisen zufolge sind die Original-
Photographien d. thierärztl. Hochschulen vervielfältigt worden und
werden einzeln abgegeben. Diese Photogr. entspr. d. Tsf. d.Bilder-
I Werkes u. bilden einen vornehmen Wandschmuck.
. Ein Carton ca. 60X75 cm gross m. Namenaufdruck
1 i * d. Hochschule Mk. 15.25.
lg* H. HAUPTNER, Berlin NW.
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Verantwortliche Redaktion : M. Albrecht.
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Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
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M. Albreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 5. November 1901. Nr. 45.
Inhalt: J. Imminger, Ueber Harnsteinoperation beim Rind. — Hupfauf,
Leoksuoht bei Fohlen. — Engel, Eklampsie puerperal». — Dr. Mayr,
Die 73. Versammlung deutsoher Naturforscher und Arzte in Hamburg
rom 22.—28. September 1901. (Abtheilung 26: Thierheilkunde.) Fort¬
setzung. — Referate. —r BQoherschau_Inserate.
Ueber Harnsteinoperation beim Rind.
(Vortrag, gehalten auf der 73. Versammlung deutsoher Naturforscher
‘ und Ärzte.)
Von Professor J. Imminger.
Meine Herren! Wenn ich zu Ihnen über eine jedem
Praktiker wohlbekannte Operation spreche, so geschieht es,
weil ich während meiner langjährigen praktischen Thätigkeit
bei diesem Leiden eine Anzahl von Beobachtungen gemacht
habe, welche in der Litteratur zum grossen Theil keine Er¬
wähnung gefunden haben.
Sie wissen, dass das Steinleiden bei Bindern vielfach an
gewisse Oertlichkeiten gebunden ist, wobei es bezüglich der
Bodenformation ganz gleich ist, ob es sich um primäre Ge-
birgsformation oder um Jura handelt. Dann sah ich das
Leiden in regnerischen Jahren häufiger auftreten als in trocke¬
nen. Betroffen werden Thiere jeden Alters. Sie können Harn¬
steine finden bei Kälbern im Alter von acht Wochen; nur
zeigt hier der Stein eine weisse, grauweisse, mehr weiche Be¬
schaffenheit, fühlt sich rauh an und lässt deutlich erkennen,
dass er aus vielen kleinen Stücken zusammengesetzt ist. Es
ist ja eine bekannte Thatsache, dass auch beim Menschen im
embryonalen Zustande schon Sedimente von ähnlicher Be¬
schaffenheit im Nierenbecken sich vorfinden können. Bei
älteren Bindern können Sie Steine finden, welche einen papier-
dünnen, aus Melanin oder aus Blutfarbstoff gebildeten Ueber-
zug zeigen, welcher in Folge von Blutungen in die Blase
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m
entstanden sein dürfte. Die glatten glänzenden Steine, wie
sie am häufigsten vorgefunden werden, entstehen jedenfalls
’Sobon in der Niere. Untersucht man solche, so bestehen sie
nahezu ausschliesslich aus Ca CQ 3 , einzelne enthalten daneben
Spuren von Magnesiumcarbonat, dagegen fehlen Oxalate,
Cystin, Nitrate und Ammoniumsalze. Wenn Nitrate nicht
nachgewiesen werden können, so ist es doch nicht aus¬
geschlossen, dass die Aufnahme von Nitraten in den Oxganis-
mus möglicherweise die Ursache solcher Steinbildungen ab¬
geben kann; denn ich sah in Gehöften, in denen salpeter-
haltiges, beziehungsweise durch Jauche verunreinigtes Wasser
benützt wurde, das Leiden weit häufiger auftreten. Nach Be¬
hebung dieser Umstände wurden an den betreffenden Orten
Steinbildungen nicht mehr beobachtet.
Bezüglich der Feststel 1 ung des Leidens werden manch¬
mal Umstände übersehen, welche einen ungünstigen Ausgang
bedingen trotz der Operation, -für den dann die -Schuld dem
Thierarzte zugeschoben wird. Bei Thieren, welche per rectum
manuell untersucht werden können, ist die Feststellung der
vollständigen Intaktheit der Blase eine conditio sine qua non.
Hier ist in erster Linie darauf zu sehen, ob die Blase nöch
keine beginnende Ruptur zeigt. Nach meinen Beobachtungen
findet die Berstung der Blase an der dorsalen Wand statt.
Man kann in solchen Fällen bei noch völlig gespannter Harn¬
blase finden, dass die Muskelschichte der Blase bereits ge¬
borsten ist, die Schleimhaut der Blase sich in die Oöffnung
durch die Rissränder vordrängt, um mit dem serösen Ueberzug
der Blase noch einige Zeit dem bestehenden Harndrucke
- Stand zu halten. Werden nun solche Thiere behufs Vor¬
nahme der Operation niedergelegt, so kann man erleben,
dass während dieser Manipulation die Blase vollständig berstet.
Gerade dieses Vorkommniss hat manche Praktiker veranlasst,
die Operation am stehenden Thiere vorzunehmen, ein Ver¬
fahren, welches ich unter keinen Umständen billigen kann.
Nicht minder verwerflich erscheint mir die Entleerung der
Blase durch Punktion, da, wenn die Dorsalwand der Harn¬
blase noch völlig intakt ist, die Steinoperation bei entsprechen¬
der Nachbehandlung von Erfolg ist.
Warum gerade die Blase hier an dieser noch vom Bauch¬
fell überzogenen Stelle bricht, ist mir nicht ganz klar. Es
könnte möglicherweise der Grund darin zu suchen sein, dass
die untere Blasenmuskulatur durch den fortwährend aus¬
zuhaltenden Druck eine stärkere Entwicklung besitzt als die
der oberen Wand; es ist ja wie die Anatomen selbst zugeben,
die Muskulatur der Blase noch höchst unvollständig unter-
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531
sucht. Als eine eigentümliche Beobachtung möchte ich ferner
registriren, dass die Form der Blase eine ganz verschiedene
sein kann; während nämlich in den meisten Fällen die mit
Harn gefüllte Blase eine bimförmige Beschaffenheit hat und
ganz über den vorderen Beckenrand der Bauchhöhle zu sich
befindet, gibt es wieder Fälle, bei welchen die gespannte
Blase mehr im Becken liegen bleibt und eine nahezu walzen¬
förmige Beschaffenheit zeigt.
Was nun den Sitz des Steines betrifft, so ist er wohl
in den meisten Fällen vor der S förmigen Biegung zu finden;
doch kann es Vorkommen, dass sehr rauhe und verhältniss-
mässig grosse Steine sich 2—3 Finger breit vor Beginn der
Biegung einkeilen. Ja es kann auftreffen, dass grosse Steine
gleich im Anfangstheil der Harnröhre stecken bleiben. Rauhe
Steine verursachen vielfach keinen vollständigen Verschluss
der Harnröhre, demzufolge man hier lange Zeit Harntröpfeln
wahrnehmen kann.
Differentialdiagnostisch ist die Pyelonephritis zu
berücksichtigen, beziehungsweise der Ueberwurf des Ochsen.
Hier sieht man auch leichte Unruheerscheinungen und bei
ersterem Leiden Spannung der Blase; doch ein Abtasten der
linken Niere und zum Theil die an einzelnen Stellen regel¬
mässig sich vorfindende derbe Beschaffenheit der Blase^
längere Zeit der Krankheit wie Abmagerung lassen keinen
Zweifel zu. Bezüglich des Ueberwurfes wird eine genaue
rectale Untersuchung Aufschluss geben. Bei solchen Thieren,
welche wegen ihrer Jugend per rectum nicht untersucht werden
können, hat man als Anhaltspunkt für das Steinleiden die
trockene Beschaffenheit des Haarpinsels; auch ist es bei ein¬
zelnen feinhäutigen Thieren möglich, den Stein, wenn er vor
der S förmigen Biegung sitzt, von aussen durchzufühlen.
Betrachte ich die verschiedenartigen Operations-
methoden, wie sie bei diesem Leiden gemacht wurden, so
habe ich die Vornahme derselben im Stehen der Thiere als
nicht geeignet verworfen. Bei allen solchen Thieren, be¬
sonders wenn sie älter und kräftig entwickelt sind, ist zwar
die Entfernung des Steines keine schwierige, aber Harn¬
infiltrationen sind unausbleiblich, und es rufen diese nach¬
träglich oft derartig hochgradige Störungen hervor, dass solche
Thiere späte* dann, dazu meist noch völlig abgemagert, ge¬
schlachtet werden müssen, indem die von der Infiltration be¬
troffenen tiefsten Stellen am Bauche gewöhnlich in grösserem
Umfange nekrotisch werden trotz vorgenommener Incision.
In früherer Zeit wurden bei solchen Ereignissen einfach der
Penis handbreit unter dem After abgeschnitten, eine Opera-
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532
tion, die nicht blos als unschön, sondern geradezu als roh
bezeichnet werden muss. Wenn in neuerer Zeit empfohlen
wurde, den Afterrutenmuskel abzuscheiden, damit die S för¬
mige Biegung verschwindet, welche als Ursache des Zurück¬
haltens des Steines betrachtet wurde, so kann ich auch diesem
Verfahren in keiner Weise das Wort reden.
Es handelt sich in erster Linie um den Site und um die
Grösse des Steines. Ebeuso ist die Form bezw. das Vor¬
handensein von Rauhigkeiten und Kanten dafür massgebend,
dass derselbe, wenn die S Biegung zum Verschwinden ge¬
bracht wird, nach aussen gelangen kann. Jeder Praktiker,
der öfters schon mit diesem Leiden zu thun hatte, dürfte be¬
obachtet haben, dass in manchen Fällen der Stein mehrere
Finger breit oberhalb der S Biegung sitzen kann.
Versucht man nun nach gemachtem Hautschnitt und
herausgenommenem Penis durch Zug die S Biegung zum Ver¬
schwinden zu bringen und den Stein in der Harnröhre ab¬
wärts zu schieben, so gelingt dies nur ausnahmsweise. Man
kann sogar, wenn man die Harnröhrenschleimhaut näher be¬
trachtet, sehen, dass die Schleimhaut auf eine grössere Strecke
weit oberhalb der S Biegung hämorrhagisch infiltrirt ist, ein
schwarzrothes Aussehen besitzt, was auf die starke Einkeilung
des Steines zurückzuführen ist. Sitzt der Stein in Felge
seiner Grösse im Anfangstheil des Penis, so ist es überhaupt
nicht möglich, denselben anders als auf operativem Wege zu
entfernen. Wenn weiter gesagt wird, dass man nach Durch¬
schneidung des Afterrutenmuskels den Stein einfach sich selbst
überlassen solle, so ist das so wenig zutreffend als die erste
Behauptung, da, wenn das Leiden bereits länger besteht,
Blasenlähmung eintritt, und das um so eher, je weniger aus-
debnungsfähig die Blase selbst ist, wie dieses bei der
genannten walzenförmigen Blasenform wahrgenommen werden
kann. Hier genügt es auch nicht, den Stein einfach zu ent¬
fernen, weil man ungeachtet dessen noch Blasenberstung am
nächsten oder einem der folgenden Tage beobachten kann.
Sobald also das Leiden länger besteht, genügt nioht mehr die
Herausnahme des Steines allein, vielmehr ist die Hauptauf¬
gabe die Behebung der Blasenlähmung. Erst dann wird die
Operation von Erfolg begleitet sein. Wenn nun ältere Prak¬
tiker behaupten, dass bei Blasenlähmung keine Hilfe mehr
möglich sei, so muss ich dies verneinen, da bei entsprechender
Behandlung auch diese gehoben werden kann. Ob nach
Durchschneidung des Afterrutenmuskels Nachtheile für das
betreffende Thier entstehen, ist mir aus Erfahrung nicht be¬
kannt. Immerhin haben wir die Aufgabe, darauf zu achten,
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533
dass die Thiere nicht, wie vielfach angegeben, nothgeechlachtet,
sondern als Arbeitsthiere verwendet werden können.
(Schluss folgt.)
Lecksucht bei Fohlen.
Von Distriktsthierarzt Hupfauf, Babenhausen,
Bei zwei Fohlen, die zusammen in einem Laufstand
waren, konstatirte ich Lecksucht. Sie verriethen durch starkes
Belecken und Benagen des Holz Werkes und der Wände Leck¬
sucht. Die Thiere seihst waren stark abgemagert, das Haar¬
kleid rauh und struppig, die sichtbaren Schleimhäute blass,
die Entleerungen sehr trocken. Durch Verabreichung von
grösseren Mengen Kochsalz, gemischt mit phosphorsaurem
Kalk, trat innerhalb vier Wochen Heilung ein. (Jahresberichte
bayerischer Thierärzte.)
Eklampsia puerperaiis.
Von Bezirksthierarzt Engel, Kauf beuten.
Beim Oekonomen D. in O. war eine Kuh unter aus¬
gesprochenen Erscheinungen der E. p. erkrankt. Nach der
Behandlung mit Infusioneu von 10,0 Kal. jod., gelöst in 11
Wasser, in das Euter nebst Injection von 0,5 Coffein, natr.-
salicylic. und 0,1 Eserin, sulfur. trat nach ca. sechs Stunden
bedeutende Besserung ein, das Thier stand auf und nahm
ieine reichliche Menge Putter. ln der folgenden Nacht
traten die Krankheitserscheinungen in gleicher, aber noch
heftigerer Weise ein. Es wurden nochmals sowohl Infusion m
das Euter als die Injection applicirt und wurde das Thier
geheilt. (Ibidem.)
Die 73, Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Hamburg vom 22.-28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thierheilkunde.)
Bericht von Prosektor Dr. Mayr.
(Fortsetzung.)
2. Jess (Charlottenburg): „Mittheilungen über Immuni-
sirungsversuche“. J. gibt eine Uebersicht über die z. Z.
bestehenden Theorien der Immunisirungslehre. Es gelingt
ihm, dieses schwierige Thema in übersichtlicher und fesselnder
Weise zu behandeln. Zur Erklärung der Antitoxine scheint
ihm die Ehrlich’sche Seitenkettentheorie die beste
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534
und geistreichste Annahme zu vertrefen. Redner gibt nun
bekannt, dass es ihm nach vielen Misserfolgen seit einem
Jahre zusammen mit Dr. Piorkowski gelungen sei, ein
Geflügelcholera-Serum zu gewinnen, welches z. Z.
recht befriedigende Resultate gebe und das wohl bis in einigen
Wochen den Herren Collegen zur Verfügung gestellt werden
könne. Auch bezüglich der Druse erzeugen genannte Herren
ein Serum; das bei den Versuchsthieren stets zuverlässige
Resultate liefert. Die Wirkung wird noch erhöht, wenn man
den Thieren vor Einspritzung des Immunserums normales
Pferdeblutserum injicirt. J. streift zum Schlüsse noch die
neuesten Forschungen auf dem Gebiete der specifischen Sera
für Körpersäfte oder Zellen, ein Wissenschaftszweig, welcher
trotz seines so sehr theoretischen Anstriches dennoch für
gerichtliche Medicin und Thierheilkunde gewaltiges Interesse
darbietet.
Diskussion: J. Mayr (München):
Die Ehrlich ’acbe Seitenkettentheorie wurde von Büchner
(München) auf das Entschiedenste bekämpft. Zur Charakterisirung der
Alexine dürfte auch jene Annanme Erwähnung verdienen, welche in ihnen
in erster Linie Substanzen vom Wesen der proteolytischen Enzyme sieht.
Hierüber verbreitet sich M. noch des Näheren. Alsdann fährt er an,-
dass an der Münchener Hochgchule durch Kitt und ihn schon seit längerer
Zeit Arbeiten zur Herstellung eines Hühnercholera-Immunseruins im Gange
seien, die aber bis jetzt zu einem vollständig befriedigenden Resultate
nicht geführt hätten. Die Prüfung des Serums erstrecke sich auch auf
Tauben und gerade die letzteren scheinen der Immunisirung besondere
Schwierigkeiten in den Weg zu legen. M. fragt an, ob mit dem Jess’schen
Serum eine befriedigende Immunisirung auch der Tauben gelinge, worauf
J. antwortete, mit ihrem Serum erzielten sie bis jetzt bei allen ihren
Versuchsthieren eine Immunität bis zu sechs Wochen. Mayr: Wenn dies
sich auch auf Tauben bezieht, dann halte ich das Serum für sehr gut und
brauchbar. J.: Wir benützen zur Serumgewinnung ein Fohlen und legen
gerade auf die Jugendlichkeit des Versuchsthieres grossen Werth. Viel¬
leicht wurde ferner zu München nicht auch neben dem Immunserum
noch normales Serum eingespritzt. M.: Wir benützten sowohl ältere wie
jüngere Thiere (Kuh, Kalb, Schaf). Die Schutzkraft unseres Serums prüfen
wir schon seit Langem stets sowohl für sich allein, als auch im Vereine
mit Injectionen von normalem Serum (auf diese Methode machte be¬
kanntlich zuerst Wassermann aufmerksam!) und ferner noch von
Bakterienproteinen (abgetoteten Bacterienleibern). Wir stehen noch mitten
in unseren Versuchen.
3. Mayr (München): „Zur Histologie der retinirten Hoden
beim Pferde und einiger Hodentumoren u . Dem Vortragenden
war es in erster Linie darum zu thun, den histologischen
Typus für die retinirten Hoden, die ja so sehr die Neigung
aben zu degeneriren oder in Tumoren auszuarten, aufzufinden.
Es gelang ihm dies an einigen (von Imminger—München
erhaltenen) Exemplaren. Makroskopisch gaben diese normale
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535
Verhältnisse wieder, nur dass sie von abnorm weicher Gon-
sistenz waren. Mikroskopischer Befund: der
epitheliale Theil stimmt in dem ausführenden Kanal¬
werk (Rete testis, Ductuli efferentes, Ductus epididymidis)
vollständig mit dem Befunde am normalen Hoden überein,
nur dass eben kein Sperma sich vorfindet. Die Abweichung
vom Normalen zeigt sich erst in den samenproducirenden
Kanälchen. Hier trifft man nicht das charakteristische mehr¬
schichtige Epithel an, sondern nur eine, höchstens noch
eine unvollständige zweite Zellenlage. Das Epithel bleibt
auf die Periode der Vermehrung beschränkt (Spermatogonien),
ob es in die des Wachsthums eintritt (Spermatocyten I. Ord¬
nung) ist schon fraglich, und weiter bringen es die Zellen
überhaupt nicht. Von einer Samenreifung fand sich keine
Spur vor. Das Epithel ist aber immerhin in regster Pro¬
duktion begriffen. Die Zellen gehen Veränderungen ein, in
welchen sie die Form der Becherzellen (cfr. Darm, Luftröhre)
annehmen. Der Inhalt einer solchen Becherzelle ist aber
nicht schleimiger Natur, denn er reagirt auf keine einzige
der vielen Arten der Schleimfärbung, sondern dürfte eiweiss¬
artig sein. Er ergiesst sich in das Lumen und die Samen¬
kanälchen füllen sich so mit einer schaumigen, eiweisshaltigen
Flüssigkeit. Neben dem drüsigen Theile des Hodenparenchyms
verdient die bindegewebige Stützsubstanz Be¬
achtung. Hier trifft man überall zwischen den Tubulis auf
Gruppen und Stränge eingelagerter Zellen von epithelartigem
Habitus. Diese Gebilde erwiesen sich als die sogenannten
Zwischen zellen desHodens, auch Interstitial-
zellen oder L e y d i g ’sche Zwischensubstanz ge¬
nannt. Auch im Mediastinum des Hodens sind sie, theilweise
als mächtige Zellkomplexe, zu finden. Sie enthalten regel¬
mässig, aber bei den einzelnen Hoden in verschiedener Reich¬
haltigkeit, ein braunes Pigment, das eisenhaltig ist. Hin¬
sichtlich der Zwischensubstanz folgt nun ein Ueberblick über
die einschlägige, ziemlich umfangreiche Litteratur, woraus
hervorgeht, dass diese Zellen seit ihrer Auffindung durch
L e y d i g vor ca. 50 Jahren sich schon die allerverschieden¬
sten Deutungen gefallen lassen mussten. M. tritt sodann der
Frage näher, ob diese Substanz nicht vielleicht bei den Hoden¬
tumoren, und vor allem bei den Deformitäten von retinirten
Hoden eine Rolle spielen sollte. Zu diesem Zwecke unter¬
suchte er eine grössere Anzahl von Hodenveränderungen von
Hausthieren aus der so reichhaltigen Sammlung des patho¬
logisch-anatomischen Institutes der Münchener thierärztlichen*
Hochschule. Dabei ergab sich, dass bei mehreren Veränder-
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536
ungen sarkomatöser oder carcinomatöser Natur jene Zellen
nicht mit,Sicherheit nachgewiesen werden konnten, so .auch
nicht bei einem gewaltigen Tumor eines
retinirten Pferdehodens. Allein es fanden
sich auch Hodenveränderungen vor, bei
welchen die Zellen in solcher Zahl sich
zeigten, dass ihnen eine besondere Bedeut¬
ung für die betreffenden Drusenerkrank-
ungen wohl beizumessen sein dürfte. Vor¬
tragender nannte und beschrieb: ein Hodensarkom vom
Hunde; eine Hodenhypertrophie vom Pferde; eine käsige
Nekrose vom Schweine (die Organmasse zwischen den nekro¬
tischen Herden besteht fast nur aus solchen Zellen, Drüsen¬
substanz fehlt ganz); einen atrophischen, frei in der Bauch¬
höhle gelegenen Pferdehoden (enthält fast ausschliesslich die
Zwischenzellen).
Die Idee e in er Be iziehung der Z w i s ch e n -
zellen zu Hodenerkrankungen ist aber nichit
neu und ferner kennt man noch eine Be-
z i e h u n g d i e s e r Z eile n z u A 11 g e m ein e rkra nk -
u n gen o h n e g 1 e i c h z e i t i ge Hodenve rä n d e*r -
UQgen (bei chronischer Phthise, Krebscachexie, syphilitischer
Cachexie, bei einem 50 jährigen Potator). Zu den heim
Menschen gemachten Beobachtungen (W a 1 d e y &r, V i r -
c h o w, Hans e m a n n) gesellt sich auch das Thierexperi-
mept: Jacobson (1879) erzeugte traumatische Hoden-
entzündupgen mittels Durchführens von Drahtstiften durch
Hoden von Hunden und studirte hieran das Verhalten ;der
Zwiachensubstanz. — Den Ausführungen des Redners dienten
mehrere Abbildungen mikroskopischer Präparate zur Er¬
läuterung. Auf den Vortrag folgte eine Demonstration zahl¬
reicher einschlägiger mikroskopischer Präparate. (Ende der
Vormittagssitzung.) (Schluss folgt.)
Referate.
Morey: Atresie des Anus beim Hunde. Ein kleiner,
ein Monat alter Hund wird an die thierärztliche Hochschule
zu Lyon gebracht mit der Angabe, derselbe leide an hart¬
näckiger Obstipation. Der Bauch ist etwas aufgetrieben; als
man die Rektaluntersuchung vornehmen will, wird der Mangel
des Anus entdeckt. Die Operation wurde in der Weise ge¬
macht, dass der Damm in der Medianlinie incidirt und das
‘ Bindegewebe gespalten wurde. In 2 cm Tiefe liegt die stark
angefüllte Ampulla recti vor. Das Rectum wird herab-
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gezogen und an zwei seitlichen Stellen durch je eine Naht fixirt;
die nunmehrige Incision fördert reichlich Meconium und Koth
zu Tage. Vereinigung der Rektalschleimhaut mit der Haut;
Tamponade mit Watte, Sublimatabwaschungen. Innerhalb
acht Tagen erfolgte völlige Herstellung. (Rec. d’Alfort, Bull.
Vet. Aug. 1901.) E. A.
Nahrungsmittel aus Blut. Bei den aus Blut hergestellten
Nährpräparaten ist die leichte Zersetzbarkeit, sowie auch die
Veränderung im Geschmack ein Uebelstand. Nach einem
neuen Verfahren wird aus Blut direkt ein Nahrungsmittel mit
Hilfe des elektrischen Stromes hergestellt, das längere Zeit
unzersetzt aufgehoben werden kann, ohne sich im Aussehen,
Geruch und Geschmack zu verändern. Man scheidet das
Fibrin wie üblich aus dem thierischen Blute aus, verdünnt
letzteres mit Wasser und lässt einen schwachen gespannten
Strom darauf einwirken. In dem Präparat bleiben alle Nähr¬
stoffe des Blutes fast unverändert. Das getrocknete und ge¬
pulverte Nährmittel enthält 76% Eiweiss und 5% mineralische
Bestandtheile. (Bericht des Patent- und technischen Bureau
Lüders in Görlitz. Deutsche landw. Thierzucht Nr. 41, 1901.)
Strobmehl. Als Aufsaugungsstoff für Melasse, Schlempe
u. dergl. hat man Stroh bisher nicht mit Erfolg benützt.
Nach einem neuen Verfahren, welches unter Patentschutz
steht, wird Stroh auf Reisswölfen oder Desintegratoren zer¬
rissen, in feine, lockere Fasern zertheilt, und mit Melasse,
Pulpe, Geläger u. dergl. vermischt. In so vorbereitetem
Zustande nimmt Stroh das fünf- und mehrfache seines Ge¬
wichtes an Feuchtigkeit auf. Es ist dadurch möglich, unter
Verwendung von Stroh und Melasse ein transportfähiges,
haltbares und kräftiges Futtermittel herzustellen. (Ibidem.)
Ein Zebragestüt „Trakehnen“ hat der frühere Leutnant
von Bronsart in Deutsch-Ostafrika bei Mbuguni angelegt.
Wie er nach der Münchener „Allg. Ztg. a einem Münchener
Freunde mitgetheilt hat, gelang es ihm im Juni, eine Herde
von 400 Zebras zu fangen, die er allerdings bis auf 22 wieder
in Freiheit setzte, weil er vorläufig nicht mehr unterzubringen
und zu verpflegen vermochte. Bronsart behauptet, dass seine
Versuche, die Zebras einzufahren, besten Erfolg gehabt haben
und die Zebras sich theils allein, theils mit Eseln zusammen¬
gespannt, als durchaus brauchbare Zugthiere erwiesen haben.
(Ibidem.) A.
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538
Die Eisen-Zügel. Es gibt Pferde, die, sonst leidlich ge¬
ritten, die widerwärtige Gewohnheit haben, öfters „stehen zu
bleiben“ und anstatt vorwärts zu gehen, „rückwärts kriechen“.
Dazu wählen diese Thiere gewöhnlich gefährliche Stellen,
tiefe Gräben etc. Hiergegen sind die Eisenzügel von vor¬
züglichster Wirkung, sowie auch bei „Stätigkeit“, beim
„Steigen“ (zur Verhütung des Ueberschlages), oder auch um
das „Refüsiren vor dem Sprunge“ zu verhindern. Diese Zügel,
den gewöhnlichen Zügeln ganz ähnlich, werden statt der
Trensenzügel eingeschnallt. Sie sind inwendig mit einer Eisen¬
schiene versehen, welche ziemlich bis zur Hand des Reiters
reicht. In dem Augenblicke, wo das Pferd die erstgenannte
Unart auszuführen sucht, fasst jede Hand einen dieser Zügel
und „schiebt“ hierdurch das Pferd vorwärts. Diese Eisen¬
zügel bewirken dann dasselbe, als wenn man zu Fuss das
Pferd an den Trensen-Zügeln vorwärts zieht. Es ist gewiss
einleuchtend, dass das Thier hierdurch beim „Zurückkriechen“
aufgehalten wird und während es „Stätigkeit“ äussern will,
doch vorwärts gehen muss; ebenso beim „Steigen“ so vor¬
gebracht wird, dass es kaum in die Höhe kommen, viel
weniger sich überschlagen kann. Diese vorwärts treibenden
Griffe rechtzeitig vor dem Sprunge angewandt, vermeiden das
„Refüsiren“ leicht begreiflicherweise ebenfalls, und sind diese
Eisenzügel daher von nicht zu unterschätzendem Werthe.
Ein hoher Offizier, dessen sonst ausgezeichnetes Pferd die
Mucke hatte, ab und zu stehen zu bleiben und rückwärts zu
kriechen, war mir sehr dankbar für diese Zügel. Er hatte
nie mehr Schwierigkeiten mit seinem Pferde, das er sonst
doch hätte abschaffen müssen. Er versicherte mir, dass
nach und nach schon bei der geringsten Andeutung zum
Schieben das Pferd sofort willig vorwärts trat, so dass eigent¬
lich dieser Fehler fast gar nicht mehr existire. Diese Zügel
mit gleichfarbigem Leder des Zaumes überzogen, sind von
gewöhnlichen Zügeln gar nicht zu unterscheiden. (P. Täschner,
Pferdefreund, 1901, Nr. 27.) A.
Etat der thierärztlichen Hochschule München. Im Etat
der thierärztlichen Hochschule sind für die XXVI. Finanz¬
periode neu postulirt: 1. die Summen zur Beförderung eines
ausserordentlichen Professors zum ordentlichen und zur An¬
stellung eines ausserordentlichen Professors für die ambula¬
torische Klinik; 2. die Mittel zur Anstellung von zwei weiteren
Assistenten und 3. von drei weiteren Dienern.
Im sachlichen Etat der Hochschule werden mehr ge¬
fordert 23,600 Mark. Darunter figuriren als grössere Summen
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339
ein jährlicher Mehrbedarf von 6000 M*rk für die chirurgische
Klinik, ein jährlicher Bedarf von 3000 Mark für die ambula¬
torische Klinik .und ein jährlicher Mehrbedarf von 10,400 Mark
für Begieausgaben. Zur Ausführung kleinerer Bauten und
Verbesserungen an vorhaadenen älteren Gebäuden sind 32,000
Mark zur Genehmigung beantragt. Zur Grunderwerbung be¬
hufs Ausführung -weiterer nothwendiger Bauten sind in den
Stat eingestellt 500',000 Mark. A.
Buchemhau.
Lehrbuch der Anatomie der Hausthiere mit besonderer
Berücksichtigung des Pferdes. Vollständig neu bearbeitet von
i&r. Paul Martin, Professor an der Thierarzneisebnle in Zürich,
Stuttgart 1901. Verlag von Schickhardt & Ebner.
. Das Werk tritt.an Stelle des in erster und zweiter Auflage
$on.Leyh, in dritter und vierter Auflage von Franck und in fünfter
Auflage von Martin herausgegebenen Handbuches der Anatomie
der.Hausthiere. Es erscheint in .zehn Lieferungen, von welchen
bereits drei aüsgegeben sind.
Die erste Lieferung enthält zunächst eine kurze bündige
Darstellung der Entwicklungslehre. Daran reiht sieh eine TJeber-
aäoht' über die histologischen . Beatandtheile des Körpers. Nun die
Besprechung der Systeme und zwar zuerst die /Entwicklungs¬
geschichte des Skelettes, welche in der zweiten Lieferung fortgesetzt
wird- Weiter wird in dieser Lieferung die Anlage und Ausbildung
der Muskulatur und der Organe des Darm- und Atbmungssystems
behandelt. In der dritten Xieferung wird die Besprechung dieses
umfangreichen Themas fortgesetzt. Daran schliesst sich in dieser
Xieferung die Besprechung des Harn- und Geschlechtssystems.
Wie wir aus dem vorstehend kurz angeführten Inhalts¬
verzeichnis ersehen, befasst sich das Martin’sohe Werk ausser
.mit der makroskopischen Anatomie auch mit der Histiologie und
der Entwicklungsgeschichte. Verdienen diese beiden letzteren
Punkte schon an sich alle Anerkennung, so gebührt dem Ver¬
fasser noch besonders um deswillen ganz besonderer Dank, weil
er diese beiden. Gegenstände in.ausserordentlich fasslicher, übersicht¬
licher Weise darstellt.
Die Illustrationen sind durchwegs vortrefflich.
Die bis jetzt erschienenen Lieferungen — wohl die am
schwierigsten zu bearbeitende Abtheilung des Werkes — liefern
genügende Belege dafür, dass das Buch eine Zierde der zoo-
tomiseben Litteratur werden wird. A.
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540
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werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem M
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
M. Albrecht und Ph. J. Goring.
45. Jahrgang. München, den 12. November 190 L. Nr. 46.
Inhalt: 70. Geburtstag des Herrn Geheimrathes, Obermedioinalrathes und
Unirersitatsprofessors Dr. 0. von Yoit. — Das Heilverfahren bei der
Maul- und Klauenseuche nach der Methode Baccelli. — Das Auftreten
der bösartigen Maul- und Klauenseuche in Bayern im Jahre 1901. —
Merkt, Acute Ruhr. — Referate. — Amts tierärztliche Prüfung in
Bayern. •— Yiehseuchen-Naohriohten. — Personalien. — Inserate.
70. Geburtstag des Herrn Geheimrathes, Obermediclnal-
rathes und Universitätsprofessors Dr. C. von Voit.
Am 31. Oktober 1. Js. feierte der Geheimrath und Ober-
medicinalrath Universitätsprofessor Dr. Carl v. Yoit seinen
70. Geburtstag.
Die thierärztliche Hochschule hatte besondere Veranlass¬
ung, bei dieser Gelegenheit des grossen Gelehrten in Ver¬
ehrung und Dankbarkeit zu gedenken.
Das was die thierärztlichen Hochschulen und die Thier-
ärzte in Bezug auf die Vorbildung zum Studium der Thier¬
heilkunde anstreben, wurde durch C. von Voit in seinem
Berichte an das königlich bayerische Cultusministerium schon
vor mehr als dreissig Jahren als dringende Noth wendigkeit
bezeichnet.
Das Studium der Thierheilkunde, so sagte Voit unter
Anderem damals, muss auf wissenschaftlicher Basis begründet
werden; die Thierheilkunde ist so weit vorgerückt, dass sie
ein Zweig der Naturwissenschaften geworden ist. Die Thier-
arzneischule des Staates darf nur eine wissenschaftliche An¬
stalt sein, es darf in ihr keine rohe Empirie getrieben werden.
Ein Thierarzt ohne die Kenntnisse, welche ihm die Wissen¬
schaft bietet, ist in unseren Tagen kein Thierarzt mehr,
sondern ein Pfuscher.
I Sonden
/Google
542
Voit bezeichnte, es im Jahre 1870 ule .halbe Massregel
in Bayern, nur die Reife; für; die dritte Klasse eines Gymna¬
siums als Vorbedingung zum Studium der Thierheilkunde zu
verlangen, wie dieses im norddeutschen Bunde der Fall sei.
Ihr hielt^es schon* damals, für notwendig, die bayerische Thier?
arzneischule auf irgend eine Weise mit einer Hochschule in
gewisse Verbindung zu bringen und deswegen für das zweck-
mässigste, als Vorbildung zum Studium der Thierheilkunde an
der bayerischen Thierarzneiscbule die Reife für die Universität
oder das Polytechnikum mit dem Absolutorium eines huma¬
nistischen oder Realgymnasiums festzusetzen. Die Reffe für,
die' Hochschule sei, so führte Voit aus, für den Thierarzt
ebenso erforderlich wie für den Mediciner, Ingenieur, Archi¬
tekten, Forstbeamten etc.
Die allgemeinen Naturwissenschaften, insbesondere Chemie
und Physik, auch Zoologie und Botanik, sollten für den Thier¬
arzt in derselben Ausdehnung wie für den Mediciner geführt
werden.
Die grundlegenden naturwissenschaftlichen Fächer sollten
nicht neben der Physiologie docirt werden, wie es an der
Thierarzneischule der Fall sei, sondern das Studium derselben
müsse jenem der Physiologie vorher geben; es sei untunlich, ■
die Vorträge über diese Fäeher-einem Docenten zu über¬
tragen. . Jedes dieser Fächer erfordere eine eigene Lehrkraft.
Da es aber vorläufig nicht durchführbar erscheine, an der
Tbierarzneischule je einen eigenen Professor für Chemie,
Physik etc. mit den unumgänglich nothwendigen Sammlungen
und Apparaten aufzustellen, so sei angezeigt, die Ausbildung
in diesen Fächern einer der Münchener Hochschulen zu über¬
tragen. Daraus erwachse auch für die Thierarzneischule der
Vortbeil, mit der einen oder anderen Hochschule in Ver¬
bindung zu treten.
Als absolut unumgänglich für eine gedeihliche Ent¬
wicklung der Thierarzneischule bezeichnete Voit schon vor
dreisBig Jahren die Notwendigkeit, Fachprofessuren zu schaffen.
Die Veterinärmedicin, so erklärte er schon damals, sei zu
umfangreich geworden, als dass eine Kraft das ganze Gebiet
oder auch nur mehrere Doctrinen der Thierheilkunde in dem
Umfange und mit der Gründlichkeit beherrsche wie es für
eine erspriessliche Lehrtätigkeit notwendig sei.
Auf Grund dieser und anderer Darlegungen, welche eine
Reorganisation der Thierarzneischule betrafen, zeigte das
königlich bayerische Staatsministerium schon im Jahre 1871
die Geneigtheit, auf die reorganisatorischen Ideen Voits ein¬
zugehen.
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r
543
Die Errichtung von Fachprofessuren ist zum grösseren
Theile durchgeführt, und wären die Bestimmungen der Ge¬
werbeordnung des norddeutschen Bundes in Bayern nicht in
Kraft getreten, so würde bei uns höchst wahrscheinlich schon
längst die Maturität als Vorbildung zum Studium der Thier¬
heilkunde gefordert worden sein. —
Im Verlaufe der vergangenen dreissig Jahre hat der Herr
Geheimrath Dr. von Voit der Thierheilkunde und der nun¬
mehrigen thierärztlichen Hochschule seine wohlwollenden Ge¬
sinnungen treu bewahrt und bei mehrfachen Gelegenheiten
zum Ausdrucke gebracht.
In welchem Masse die Forschungen des Gelehrten auf
dem Gebiete der Hygiene, Physiologie, besonders auf jenem
der Ernährungsphysiologie, der Thierheilkunde zu gute kamen,
braucht hier nicht weiter erörtert zu werden.
Im Bewusstsein des grossen Dankes, welchen die thier¬
ärztliche Hochschule München dem Herrn Geheimrathe schuldet,
benützte der Lehrkörper derselben den Anlass seines 70. Ge¬
burtstages, um dem Jubilare durch eine Deputation die Glück¬
wünsche und die Gefühle der Dankbarkeit und Verehrung
auszusprechen. A.
Das Heilverfahren bei der Maul- und Klauenseuche
nach der Methode Baccelti.
Nach Mittheilungen in der Tages- und Fachpresse sind
auf Anordnung des k. italienischen Ministers für Landwirt¬
schaft, Herrn A. Baccelli, in Born eingehende Versuche zur
Heilung der Maul- und Klauenseuche vorgenoramen worden,
welche ein sehr günstiges Resultat ergeben haben sollen.
Das Heilverfahren besteht bekanntlich in der intravenöseu
Verwendung von Sublimat bei kranken Thieren. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass das Mittel bei der bösartigen Form der
Seuche thatsächlich einen Erfolg zu erzielen im Stande ist,
da es Erfahrungssache ist, dass bei der bösartigen Seuche die
Thiere erst im Rekonvalescentenstadium, wenn die Blasen an¬
fangen abzuheilen, also etwa am fünften oder sechsten Tage
nach Beginn der Seuche zu Grunde gehen. Es beruht dies
darauf, dass das im Säftestrom kreisende Gift auf die Musku¬
latur des Herzens in der Weise einwirkt, dass eine Entartung
der Muskelfasern zu Stande kommt, welche zu ihrer Ent¬
wicklung eine Reihe von Tagen erfordert. Von der mehr
oder weniger grossen Ausdehnung solcher Entartung bängt
es ab, ob der Herzmuskel den an ihn gestellten Anforder¬
ungen noch zu genügen vermag und sich allmählig erholt
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544
oder ob er gelegentlich versagt und die Thiere dann an
akuter Herzinsuffizienz plötzlich zu Grunde gehen. Vielleicht
vermag die im Wege der intravenösen Einspritzung in den
Blutstrom gelangte Sublimatlösung das hier kreisende Seuchen-
gift unschädlich zu machen. Angesichts der in Italien ein-
gezogenen Erkundigungen über die Wirkung des Baccelli’schen
Heilverfahrens erscheint es veranlasst, dass letzterem auch
in Deutschland geeignete Beachtung zugewendet werde.
Das k. Staatsministerium des Innern hat denn auch durch
Entschliessung vom 6. November 1. Js. angeordnet, dass aus
Anlass des Auftretens der bösartigen Maul- und Klauenseuche
in Bayern in mehreren Regierungsbezirken dieses Heilverfahren
versuchsweise in Anwendung zu bringen ist. Zunächst ist
von dem genannten Verfahren bei einzelnen von der bös¬
artigen Form der Seuche betroffenen Orten in Mittelfranken
mit thunlichster Beschleunigung Gebrauch zu machen und
sind zu diesem Behufe zunächst die Bezirksthierärzte in
Weissenburg a/S. und Gunzenhausen, sowie der Distriktsthier¬
arzt in Heidenheim a/H. entsprechend angewiesen worden.
Für die intravenöse Verwendung von Sublimat sind
folgende Dosen bestimmt: für a) Jungvieh 2—4, b) aus¬
gewachsene Thiere 4—6, c) schwere Bullen und Ochsen
6—8 Centigramm Sublimat pro Thier und Tag.
Die Anwendung vorstehender Dosen geschieht in Form
einer Einspritzung in die Jugularvene und ist hiefür folgende
Lösung zu verwenden: Hydrarg. bichlorat. 1,0, Natr. chlorat.
7,0, Aqu. dest. 100,0.
In einem Gramm dieser Lösung ist demnach ein Centi¬
gramm Sublimat enthalten.
Vor der Einspritzung ist die Jugularvene durch An¬
legung eines Bandes wie beim Aderlässe zum Anschwellen
zu bringen; mit Beginn der Einspritzung ist die Unterbindung
zu beseitigen, damit die Lösung ohne Verlust von Flüssigkeit
in die Blutbahn gelangen kann.
Die für eine Einspritzung erforderliche Menge von
Snblimatlösung ist je nach Alter und Schwere des Thieres
zu verabreichen und, je nachdem die Krankheit dem Heil¬
mittel Widerstand leistet, in Zwischenräumen von 24 Stunden
zu wiederholen. Baccelli gibt an, dass in der Regel eine
dreimalige Einspritzung innerhalb dreier Tage genügt, nach
Umständen aber noch weitere Einspritzungen nothwendig
werden können. Für Rindviehstücke, welche im Verlaufe des
Heilverfahrens verenden, wird Entschädigung für den Werth
des Thieres aus der Staatskasse gewährt.
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545
Das Heilverfahren soll nur im Einverständnisse mit dem
betheiligten Viehbesitzer in Anwendung kommen in Gemeinden,
in welchen das Auftreten der bösartigen Maul- und Klauen¬
seuche amtsthierärztlich festgestellt ist, und bei solchen Thieren,
welche bereits an der Seuche erkrankt sind. Vor Einleitung
des Heilverfahrens hat der zur Vornahme der Heil versuche
ermächtigte Thierarzt den Verkaufswerth eines jeden Thieres,.
an welchem das Verfahren versucht werden soll, im Einver¬
nehmen mit dem Viehbesitzer festzustellen. Die Versuche
der Anwendung des Heilverfahrens erfolgen für die Vieh¬
besitzer kostenlos; den zur Vornahme der Versuche ermächtigten
Thierärzten wird eine angemessene Vergütung aus der Staats¬
kasse gewährt. Gg.
Das Auftreten der bösartigen Maul- und Klauenseuche
in Bayern im Jahre 1901.
Die Maul- und Klauenseuche ist in der zweiten Hälfte
des Juli 1901 im Bezirke Schrobenhaüsen (Oberbayern) plötzlich
in bösartiger Form aufgetreten. Die ersten Todesfälle er¬
eigneten sich in der Gemeinde Sandiszell; die Seuche griff in
gleicher Bösartigkeit alsbald auf Viehbestände der nahen Ge¬
meinde Schorn, k. Bezirksamts Neuburg a. D., über, so dass
auch hier bereits am 25. Juli d. Js. Todesfälle vorgekommen
sind. Die ersten Erscheinungen der Seuche scheinen in den
beiden Ortschaften in ihrer Natur nicht erkannt worden zu
sein, oder sie sind verheimlicht worden; jedenfalls hatte die.
Seuche, bis sie den Behörden zur Kenntniss kam, Zeit, sich
zu verbreiten. Trotz der weitgehendsten Massnahmen hat
die Seuche im Bezirke Schrobenhaüsen weiter um sich ge¬
griffen, so dass bis Ende Oktober 1. Js. in zehn Gemeinden
des Bezirkes 182 Rindviehstücke der Seuche erlegen waren.
Die Seuche hat dann 1 auch noch im September 1. Js. auf
einige Ortschaften des benachbarten Bezirkes Aichach über¬
gegriffen, so dass auch hier einige Rindviehstücke der Seuche
erlegen sind.
Von dem am 4. September 1. Js. in Ingolstadt abgehaltenen
Viehmarkte wurden durch einen Händler aus Ellingen zehn
Rinder nach Ellingen und Weissenburg a/S. (Mittelfranken)
verbracht und dadurch die Seuche in bösartiger Form in den
Bezirk Weissenburg eingeschleppt. Am 9. September wurde
die Seuche in der Stadt Weissenburg amtsthierärztlich fest¬
gestellt. Bis zum 21. Oktober d. Js. wurden in Weissenburg
19 Gehöfte verseucht; zwölf Rinder sind der Seuche erlegen
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546
davon sechs in einem Gehöfte. Unterm 21. September d. Js.
wurde die Seuche in der benachbarten Ortschaft Schmal¬
wiesen, etwas später in den Ortschaften Massenbach und
Weimersheim amtsthierärztlich festgestellt. Bis zum 21. Ok¬
tober d. Js. waren in Schraalwiesen 18, in Massenbach 17
und in Weimersheim zwölf Rindviehstücke an der Seuche
gefallen. Während am 29. Oktober die Seuche in Massen¬
bach und Schmalwiesen als erloschen betrachtet werden
konnte, hat sich dieselbe in Weimersheira weiter ausgebreitet
und ist daselbst die Zahl der Todesfälle auf 20 gestiegen.
Am 16. September d. Js. gelangte eine Kuh aus Schmal¬
wiesen, vor der amtsthierärztlichen Feststellung der Seuche,
in den weiteren Handel. Die betreffende Kuh wurde in an¬
scheinend gesundem Zustand auf dem Yiehmarkte in Berolz-
heim, Bezirksamts Dinkelsbühl, an den Viehhändler L. in
Heidenheim, Bezirksamts Günzenhausen, verkauft und einem
Transporte angeschlossen, welcher auf den am 25. Septem¬
ber 1. Js. in Nördlingen (Schwaben) abgebaltenen Yiehmarkt
dirigirt wurde. Eine Kuh des Transportes wurde in Oettingen,
Bezirksamts Nördlingen, als krank zurückgelassen und der
nunmehr anscheinend gesunde Transport nach Nördlingen ge¬
bracht und daselbst verkauft. Durch diesen Transport wurde
die Seuche durch anscheinend gesunde Thiere nach Oehriögen
und Braunsbach (Württemberg) und in mehrere Bezirke der
Pfalz, sowie nach Ingolstadt verschleppt. Die Seuche brach
an diesen Orten überall in bösartiger Form aus. In der Pfalz
waren am 2. November 1. Js. bereits 17 Gemeinden von der
Seuche betroffen, 14 Stück Grossvieh und ein Kalb der
Krankheit erlegen. In Ingolstadt sind zwei Kühe an der
Seuche gefallen. Verhängnisvoller erwies sich der Heiden-
heimer Viehtransport für die Gemeinden Ostheim und West¬
heim, Bezirksamts Gunzenhausen. Der berüchtigte Trieb be¬
rührte Ostheim am 24. September 1. Js. Am 24. Oktober 1. Js.
waren in dieser Gemeinde 45 Ställe von der Seuche ergriffen
und ein Verlust von 37 Rindviehstücken eingetreten. Die
Seuche hat inzwischen auf die benachbarte Gemeinde West¬
heim übergegriffen und einen Verlust von 30 Rindviehstücken
in 37 Gehöften verursacht.
Die Ursachen der Weiter Verbreitung der Seuche in den
vorstehend genannten Fällen sind zumeist auf den Personen¬
verkehr, dann auf die Verheimlichung der Seuchenausbrüche,
gemeinsamen Weidetrieb, Verwendung von Rindviehgespannen
zur Feldarbeit und insbesondere auf den gewissenlosen Handel
mit inficirten, noch gesund scheinenden Viehstücken zurück¬
zuführen. Die veterinärpolizeilichen Massnahmen haben sich
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547
vielfach als machtlos zur Verhinderung der Seuchenausbreitung
erwiesen. _ Gg.
Acute Ruhr.
Von Bezirkstbierarzt Merkt, Kempten.
Acute Ruhr mit blutigem Durchfall ergriff oft mehrere
Thiere eines Stalles und kam überhaupt häufig vor. Auch
bei mindergradigem Fieber erfolgte, wenn nicht rechtzeitig
entsprechende Behandlung eingeleitet wurde, oft rasch der
todtlicbe Ausgang. Die Behandlung bestand nur in Verab¬
reichung von Tannoform (50 g auf vier Dosen), ausserdem
Entziehung aller Nahrung ausser Brennsuppe. Stets war der
Erfolg ein überraschender, und Tannoform ist in solchen
Fällen ein vorzügliches und in Berücksichtigung des Erfolges
ein nicht zu theures Heilmittel. Ebenso wirksam ist es beim
Durchfall der Saugkälber und Fohlen. (Jahresber. bayer.
Thierärzte.)
Referate.
Zum Heilverfahren bei Maul- und Klauenseuche nach
Baccelli. Baccelli 1 ) macht hinsichtlich der intravenösen
Injection einer SubKmatlösung behufs. Heilung der Maul- und
Klauenseuche folgende Angaben: in der Injectionsfiüssigkeit
soll enthalten sein — und zwar zu einer Injection: für
Kälber 2—4 Centig., für erwachsene Thiere 4—6 Centig.,
für Stiere 6—8 Centig. Sublimat. Die Lösung soll ferner
für 1 Centig. Sublimat 75 Milligramm Kochsalz enthalten.
(La soluzione doveva contenere per ogni centigrammo di
sublimato 75 milligrammi di cloruro di soda.) Die Menge
des zur Lösung von Sublimat und Kochsalz nöthigen Wassers
ist nicht angeführt.
1. G. C o 8 c o (S. 14), der das Verfahren von Baccelli
erprobte, nahm zu einer Injection eine Lösung folgender
Zusammensetzung:
Sublimat 0,04—0,06 g
Kochsalz 0,075 g
Wasser 6,0 g.
Er machte drei Tage hintereinander je eine Injection. Prophy¬
laktisch (S. 15) injicirto er zwei Centigramm Sublimat, nach
zwölf Stunden erfolgte nochmals eine Injection derselben Menge.
2. Croce dott. Giovanni (S. 19) stellte seine Versuche
mit Lösungen an von der Zusammensetzung:
*) Baccelli: Discorso inaugturale XI. Congresso Nazionale di Medioina
interna (Pisa, 27.—30. Oktober 1901) S. 7.
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Sublimat 1,0 g
Kochsalz 1,0 g
Wasser 100,0 g.
Kühen injicirte er von dieser Lösung 3—4 g (entsprechend
nahezu 0,03—0,04 Sublimat und 0,03—0,04 Kochsalz), Ochsen
4—6 g (entsprechend nahezu 0,04—0,06 g Sublimat und
0,04—0,06 Kochsalz). Er machte an drei aufeinanderfolgen¬
den Tagen je eine lnjection.
3. Dott. Augusto Ciannetti (S. 31) endlich arbeitete
mit Lösungen, welche diese Zusammensetzung hatten:
Sublimat 0,05 g
Kochsalz 0,75 g
Wasser 10,0 g.
Die Zusammensetzung der Injectionstiüssigkeiten, welche
die letztgenannten Praktiker verwendet haben, lässt hin¬
sichtlich des Verhältnisses von Sublimat zu Wasser und Koch¬
salz eine Einheitlichkeit nicht erkennen; aus der gebrauchten
Lösung im Falle 2 ergibt sich das Verhältnis von Sublimat
und Wasser von 1:100.
Sublimatlösungen im Verhältniss 1: 100 Wasser benützt
man auch zuweilen zu subcutanen Injectiönen in der Menschen¬
heilkunde; in diesem Falle erhält aber die Lösung einen
Zusatz von 10 g Kochsalz. Baccelli hebt in seiner Vorschrift
hervor, dass die Injectionsfliissigkeit für 1 Centigramm Subli¬
mat 75 Milligramm Kochsalz enthalten soll; es ergibt sich
daher nach dem Verhältniss von 1 Sublimat: 100 Wasser
folgendes:
Sublimat 1,0 g
Kochsalz 7,5 g
Wasser 100,0 g.
1 Gramm dieser Flüssigkeit enthält somit annähernd 1 Centi¬
gramm Sublimat und 0,075 Kochsalz.
Die Receptformel würde lauten:
Rp.! Hydrargyr. bichlorati 1,0
Natrii chlorati 7,5
Aq. dest. 100,0
M. D. S. Zur intravenösen lnjection.
Prof. Dr. Brandt.
Generalisirte Sarcomatose bei einer Kuh. Eine Kuh
hatte sich in Folge einer heftigen Contusiön ein Hämatom
am rechten äusseren Darmbeinwinkel zugezogen. Die Ge¬
schwulst wurde gespalten und entsprechend behandelt; sie
vertheilte sich aber nicht und zeigte keinen Heiltrieb. * Nach
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drei Monaten war ein Tumor von der Grösse zweier Menschen¬
köpfe entstanden, welcher an der Basis 35 cm Durchmesser
hatte und von tiefen, unregelmässigen Furchen und Kissen
voll übelriechenden Eiters durchzogen war. Die Neubildung
wurde ohne viel Schwierigkeit exstirpirt, obwohl sie schlecht
abgegrenzt sich zwischen die Muskulatur bineinzog; unter
dem Mikroskop erwies sie sich als ein Sarkom von schwamm¬
igem Gefüge. Wegen fortwährender Wucherung der Ge¬
schwulst war die Operationswunde nicht zur Heilung zu
bringen, die Kuh ging an Entkräftung ein und bei der Sektion
zeigte sich generalisirte Sarcomatose aller Parenchyme.
(Hendrickx, Annales de möd. vöt. Feb. 1901.)
Petit beschreibt Sarkombildung in beiden Nieren der
Katze. In der linken fanden sich nur einige wenige Knoten,
wogegen die rechte mindestens um das Dreifache vergrössert
und von höckeriger Oberfläche war. Die histologische Unter¬
suchung ergab ein Spindelzellensarkom. — (Da einige Zeit
vorher bei der Katze ein nicht näher bestimmter Tumor aus
der Milchdrüse exstirpirt worden war, so ist an Metastasen¬
bildung zu denken.)
(Rec. de möd. vet. 30. Juli 1901.)
Strychnin zur Behandlung der Tuberkulose. Nachdem
Ga Ui er eine ausgesprochene Verlangsamung der Entwicklung
der Tuberkulose bei Hasen beobachtet hatte, welche einer
Behandlung mit Strychnin und Arsenik unterworfen worden
waren, machte er Versuche, um festzustellen, ob die Tuber¬
kulose mit diesen Mitteln etwa heilbar sei. Dabei zeigte
sich jedoch, dass es nicht gelingt, der Krankheit Einhalt zu
thun, sondern dass eben nur die Entwicklungszeit verlängert
wird. — Bei dieser Gelegenheit weist G. auf die günstigen
Erfolge hin, welche mit 10—20 Centigrammen Strychninsulfat
pro dosi im Trinkwasser bei herabgekommenen Pferden zu
erzielen sind.
(Journal de möd. yöt. et de zootechnic. Jan. 1901.)
Zwillinge bei der Stute. Das Vorkommen von Zwillings¬
geburten bei Stuten ist sehr selten; nachCornevin 1:1000.
In dem Falle von Porcheret brachte eine Stute ein Maul¬
thierfüllen und ein Pferdefohlen zur Welt, nachdem sie seiner
Zeit an demselben Tage von einem Pferdehengst und einem
Eselhengst gedeckt worden war. Beide Fohlen gediehen bestens.
(Journal de inöd. vöt. et de zoot. Oec. 1900.)
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550
Das Piroplasma equi. In Südafrika, besonders Transvaal,
lässt sich im Blute der Pferde häufig ein 1—l ?l /a Micra grosser
Parasit, das Piroplasma equi, nachweisen. Sie sitzen inner¬
halb der rothen Blutkörperchen, zumeist zu mehreren, selten
jedoch über vier an der Zahl in einem der letzteren. Mit
der bekannten horse sickness hat das Piroplasma nichts zu
thun, doch findet man ab und zu beide Affectionen an einem
Thiere. (Laveran, Soo. de biol. 20. Apr. 1901.)
DrHiinge bei einer Kalbin. Friez berichtet von einer
Erstlingskuh, welche drei lebendige Kälber geboren hat. Diese
hatten die Grösse eines mittleren Hundes und wogen 33 bezw.
35 und 36 Pfund. (Recueil. 15. Aug. 1901.)
Schmidt—Kulrabach und Dr. Simader.
Amtsthierärztliche Prüfung in Bayern.
Zu der in der Zeit vom 7. bis 18. Oktober 1. Js. in
München abgehaltenen amtsthierärztlichen Prüfung waren
vom K. Staatsministerium des Innern 46 Thierärzte zugelassen
worden; zehn Kandidaten erklärten vor Beginn der Prüfung
ihren Rücktritt, einer trat während der Prüfung zurück; die
35 Kandidaten, welche die Prüfung vollständig ablegten,
haben dieselbe bestanden, und zwar 19 mit der Kote II =
sehr gut, 16 mit der Note III = gut.
Verze Iclmiss
der Thierärzte, welche die im Jahre 1901 abgehaltene Prüfung behufs
Erlangung der Function eines amtlichen Thierarztes bestanden haben:
1. Be fei ein Karl, Veterinär im K. 2. Schweren Reiter-Regiment
in Landshut; 2. Opel Ferdinand, städtischer Thierarzt in Markneukirohen
(Sachsen); 3. Thienel Max, Veterinär im K. 6. Chevauxlegers-Regiment
in Bayreuth; 4. Simader Dr. med. yet. Paul, bezirksthierärztlioher Assi¬
stent in Kulmbaoh; 5. Ebersberger Philipp, Distriktsthierarzt in
Weihern; 6. Probst Georg, Distriktsthierarzt in Heidenheim a. H.;
7. Mayer Otto, Distriktsthierarzt in Oberammergau; 8. Bayer Franz,
bezirksthierärztlioher Assistent in Lindau; 9. Wucher Dr. med. yet.
Oskar, praktischer Thierarzt in Neuburg a. D ; 10. Schrick er Karl,
Distriktsthierarzt in Grönenbach; 11. Kirsten Friedrich, Veterinär im
K. 2. TJlanen-Regiment in Ansbach; 12. Zeiller Jakob, Veterinär im
K. 5. Chevauxlegers-Regiment in Saargemünd; 13. Rotheraund Johann,
Distriktsthierarzt in SohnaitBee; 14. Ade Alfred, Distriktsthierarzt in
Weismain; 15. Kränzle Eduard, Assistent an der K. thierärztlichen
Hochschule in München; 16. Bress Valentin, Distriktsthierarzt in Schonen¬
berg (Pfalz); 17. Jakob Heinrich, Assistent an der K. thierärztlichen
Hochschule in München; 18. Ohler Karl Wilhelm, praktischer Thierarzt
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in Neustadt a. H.; 19. Deimler Konrad, städtischer Thierarzt in Dres¬
den; 20. Auer August, approbirter Thierarzt in Pforzheim; 21. Poetzsch
äuge, praktischer Thierarzt in Haiuiohen (Sachsen); 22. Hub Ludwig
Distriktsthierarzt in Seeg; 23. Haaek Karl, praktischer Thierarzt m
Höchst im Odenwald (Hessen); 24; K ür sehn er Karl, einjährig-freiwilliger
Uaterveterinär im K. 1. Ulanen-Regiment in Bamberg; 25. Qeissler
Ertist Arthur, praktisoher Thierarzt in Werdau i. 8.; 26. Rabus Fritz,
Distriktsthierarzt in Pirmasens; 27. Lee hie Rudolf, praktischer Thier¬
arzt in Plaitling; 28. Ei ebner Friedrich, Distriktsthierarzt in Nessel¬
wang; 29. Herrmänn Wilhelm, praktischer Thierarzt in Isen; 30/ Meyer
Hass, Distriktsthierarzt in Hornbach (Pfalz); 31. Wind Otto, Distrikts¬
thierarzt in Pfaffenhausen; 32. Duetsoh Nikolaus, bezirksthierärztlioher
Assistent in Landshut; 33. Korber Friedrich, praktischer Tbierarzt in
D^chsbaoh,; 34. Seide rer Johann Georg/ praktisoher Thierarzt in Lech¬
hausen; 35. Schaffer Anton, praktischer Thierarzt in Weitnau. .
Stand der Thierseuchen in Bayern am 5. November 1901.
a) Rotz (Wurm):
Schwaben: Augsburg 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauen-Seuche:
Oberbayern: 23 Gern. (304 Geh.); Pfalz: 16 Gmd. (68
Geh.); Oberpfalz: 1 Gmd. (lGeh.); Oberfranken: 1 Gmd.
(1 Geh.); Mittelfranken: 10 Gmd. (136 Geh.): Unter¬
franken: 8 Gmd. (13 Geh.); Schwaben: 4 Gern. (25 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (1 Geh.); U n te rfra n k en: 1 Gern.
(1 Geh.).
Personalien.
Professor Dr. Paul Martin an der Thierarzneisohule in Zürich
wurde als ordentlicher Professor für Thieranatomie an die Universität
Giessen berufen. Der seitherige Assistent an der chirurgischen Klinik der
thierärztliohen Hochschule München, Franz Mack aus München, wurde
auf Ansuchen seiner Funktion enthoben und diese dem approbirten Thier¬
arzte Eduard Schnug aus München in widerruflicher Weise übertragen.
Zur geil. Beachtung.
Der Schluss des Artikels „Ueber Harnsteinoperation beim Rind tt und
die Fortsetzung des Artikels „Die 73. Versammlung deutscher Natur¬
forscher und Ärzte etc.“ folgen in nächster Nummer.
Gauversammltuig der Thierärzte des Chiemgaues.
Am Sonntag den 94. November Nachmittags 2 Uhr findet
in Traunstein im Hotel Traunsteiner Hof (Bahnhofstrasse) eine
Gau Versammlung der Thierärzte des Chiemgaues statt,
wozu alle Collegen freundlickst einladen. Dennliardt. Nopitsch.
r lerarzt, 1900 approbirt, sucht Assistenten-Stelle oder Vertretung.
Gefl. Off. erb. unt. A. 22 an die Exped. d. Blattes.
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552
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werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
^ Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen ~
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Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten.
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für ,
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebea von
M. Albreoht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 19. November 1901. Nr. 47.
Inhalt: J. Imminger, Ueber Harnsteinoperation beim Rind. Schluss. —.
Merkt, Schafräude. — Streitberg, Abtrennung eines Darmstückes und
Verblutung bei einer Kuh. — Dr. Mayr, Die 73. Versammlung deutscher
Naturforscher und Ärzte in Hamburg vom 22.—28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thierheilkunde.) Fortsetzung. — Referate. — Bücher¬
schau. — ViehBeuchen-Nachrichten. — Personalien. — Inserate.
Ueber Harnsteinoperation beim Rind.
(Vortrag,'gehalten auf der 73. Versammlung deutscher Naturforscher
und Ärzte.)
Von Professor J. Imminger.
(Schluss.)
Mein Verfahren der Steinoperation besteht darin, dass
nach vorausgegangener genauer Untersuchung der Blase,
soweit dies möglich ist, das Thier auf weichem Strohlager
langsam niedergeschnürt und nach Vereinigung der vier Füsse
unter Durchziehung einer Stange, welche nach vorwärts auf
dem Boden aufsteht, nach rückwärts von zwei kräftigen Ge¬
hilfen auf der Schulter in die Höhe gehoben wird. Hierauf
wird nach Reinigung des Operationsfeldes unmittelbar hinter
dem Scrotum ein ca. 15 cm langer Hautschnitt gemacht, das
darunter liegende Fett- und Bindegewebe vollständig heraus-
präparirt, dann der Penis hervorgezogen, der Sitz des Steines
festgestellt und vor dessen Entfernung vom Sitz des Steines
nach abwärts alles auf dem Penis aufgelagerte Bindegewebe
abpräparirt, solange mit der Pincette solches noch abgezogen
werden kann. Ist dies geschehen, so wird erst der Stein
entfernt und zwar erfolgt der Einschnitt in die Harnröhre auf
der Seite, wo selbe in den kavernösen Körper übergeht. Ist
der Stein entfernt, so kann man sehen, dass sofort eine kleine
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Googl
554
Menge Urin sich entleert, doch je länger die Spannung der
Blase gedauert hat, desto weniger Urin entleert sich. Die
Einführung einer Sonde ist äusserst schwierig und führt zu
keinem Ziel. Hat man das Thier in Narkose, so kann man
vom Mastdarm aus durch Druck auf die Blase am ehesten
eine annähernde Entleerung derselben zu Stande bringen.
Aber auch dies gelingt nicht immer, da durch allzu starken
Druck sich sofort blutiger Harn einstellt. Ich habe mich in
letzter Zeit gar nicht mehr bemüht, im Liegen des Thieres
unmittelbar nach der Operation eine vollständige Entleerung
der Blase herbeizuführen, sondern ich Hess das Thier, nach¬
dem ich die Hautwunde so genäht hatte, dass nach vorne zu
eine ca. 3 cm lange Oeffnung vorhanden blieb, aufstehen und
versuchte die Blase im Stehen zu entleeren. Die Blase voll¬
ständig zu entleeren ist nach länger andauernder Füllung
überhaupt nicht möglich. Die Wunde in der Harnröhre selbst
wird nicht genäht, es wäre das auch völlig zwecklos, da hie¬
durch höchstens Strikturen der Harnröhre hervorgerufen bez.
später neue Harnstörungen hervorrufen werden, die zu er¬
neuter Operation zwingen.
Treten bei operirten Thieren Harninfiltrationen ein, so
muss in all diesen Fällen die Operation als misslungen be¬
zeichnet werden, da bei vollständiger Herausnahme des den
Penis umgebenden Bindegewebes in der angegebenen Weise
wie dies früher schon Meissl betont hat, jede Harninfiltration
ausgeschlossen ist.
Zur Behebung der Blasenlähmung hat man mit der Hand
in den Mastdarm einzugehen und einen vorsichtigen Druck
auf den Grund der Blase auszuüben. Hiedurch wird bei
Thieren Harndrang erzeugt und bei jedesmaliger Vornahme
dieser Manipulation, welche die ersten beiden Tage mindestens
täglich acht- bis zehnmal zu geschehen hat, regelmässig eine ge¬
ringe Menge Harn entleert. Hat aber die Parese schon über
24 Stunden gedauert, so ist man fast durchwegs nicht im
Stande, durch Druck auf die Blase eine vollständige Ent¬
leerung derselben herbeizuführen. Diesen Zustand, den
Meissl als gefährlich bezeichnet, kann man aber durch häufiges
Eingehen in den Mastdarm und leichten Druck auf die Blase
regelmässig beseitigen. Bei den ersten Versuchen (zwei- bis
dreimal) darf man jedoch den Druck nicht mit den Finger¬
spitzen ausüben, sondern so viel wie möglich mit der flachen
Hand, weil sonst Blutungen beobachtet werden können. Da
nun der behandelnde Thierarzt nicht in der Lage ist, sich den
ganzen Tag über dem Thiere zu widmen, so habe ich in
derartigen Fällen, in denen eine Harnverhaltung längere Zeit
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555
bestanden hatte, eine Person mit kleiner Hand ausgewählt
und dieser das Verfahren gezeigt. Dem von Meissl an¬
gegebenen Vorschlag, die Thiere nach der Operation führen
zu lassen, kann ich nicht beipfiichten, weil bei bestehender
Blasenlähmung auf diese Weise kein Harndrang hervor¬
gerufen wird.
Weiters ist zu beachten, dass den Thieren keine Flüssig¬
keit gereicht wird. Ich liess den an Harnstein operirten
Thieren, bei welchen Blasenlähmung bestand, l /2 Liter Bier
geben, am zweiten Tag ein Liter, dagegen Wasser gar
keines. Da nun in Folge des grossen Durstes die Thiere
oft schlecht oder gar nicht fressen, so sind die Besitzer darauf
aufmerksam zu machen, dass sie diese Symptome nicht als
beängstigende ansehen sollen. Werden Blasenlähmungen auf
diese Weise behandelt, so kann man sehen, dass die Thiere
schon am dritten Tage in Zwischenpausen freiwillig geringe
Menge Harn absetzen, was noch dadurch begünstigt werden
kann, dass man mit den Fingern unterhalb des Afters am
Penis etwas reibt. Sobald die Thiere anfangen, spontan
Harn abzusetzen, können ihnen grössere Quantitäten Wasser
verabreicht werden, jedoch ad libitum erst vom fünften bis
sechsten Tag an.
Schafräude.
Von Bezirksthierarzt Merkt, ICerapten.
Ein aus 326 Stück bestehender Schafbestand kam aus
Württemberg auf ein im Bezirk befindliches Pachtgut. Weit
über die Hälfte der Schafe war hochgradig räudekrank und
sehr vernachlässigt. Sämtliche Thiere wurden einem drei¬
maligem Badeverfahren unterworfen. Das erste Bad bestand
aus Tabakabkochungen mit Zusatz von Pottasche, Soda und
Creolin, das zweite und dritte aus 3°/o Bacillollösung mit
Zusatz reiner Pottasche. Das Verfahren wurde aufs pünkt¬
lichste ausgeführt, alle Borken ausgebürstet und die stark er¬
griffenen Schafe gezeichnet und in gesondertem Haufen ge¬
halten. Die Heilung gelang vollständig und dauernd, nur ein
Stück ist nach dem Baden verendet. (Jahresberichte bayer¬
ischer Thierärzte.)
Abtrennung eines Darmstückes und Verblutung bei
einer Kuh.
Von Disfcriktsthierarzt Streitberg, Pappenheim.
Eine Kuh hatte am Mittag gekalbt und bis dahin keinerlei
Gesundheitsstörungen gezeigt. Am Abend war die Nach-
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556
gebürt noch nicht abgegangen. Das Thier verweigerte jede
Nahrungsaufnahme, zeigte sinkende Temperatur, nicht fühl¬
baren Puls und tumultuösen Herzschlag. Ohne eine Er¬
klärung für diesen Zustand finden zu können (die Untersuchung
der Geburtswege ergab vollständig normale Verhältnisse),
mahnte ich zur Vorsicht und liess das Thier die Nacht über
bewachen. Morgens sechs Uhr stürzte die Kuh, welche sich
von Abends acht Uhr an nicht mehr gelegt hatte, plötzlich
zusammen und drohte zu verenden. Der Wärter konnte mit
dem bereit gehaltenen Messer noch rechtzeitig den Schlacht¬
schnitt machen. Die Sektion ergab: ein ca. 20cm langes
Stück Hüftdarm mit Blutgerinnseln gefüllt, schwarzroth ge¬
färbt, lag frei in der Bauchhöhle, welche mit Blut und Futter¬
mitteln angefüllt war. Es ist zu vermuthen, dass eine Darm-
invagination beim Geburtsakte oder durch das in Folge Zurück¬
bleibens der Nachgeburt veranlasste Drängen erfolgt ist,
welche zur Darraruptur führte. (Ibidem.)
Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Hamburg vom 22.-28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thierheilkunde.)
Bericht von Proaektor Dr. Mayr.
(Fortsetzung statt Schluss.)
Dienstag nachmittags 1 Uhr: 1. Kantorowicz
(Berlin): „Verwendbarkeit der Chloroform-Sauerstoff-Narkose
beim Hunde“: Gerade wir Thierärzte können eine Narkose
mit vollkommener Erschlaffung der Muskulatur bei dem aktiven
Widerstande unserer Thiere wohl noch besser brauchen als
die Humanmediciner. Nun ist es aber bekannt, dass nach
der Statistik auf ca. 2000 Chloroformnarkosen, auf ca. 5000
Aethernarkosen und ca. 7500 Aether-Chloroformnarkosen je
ein Todesfall entfällt. Dazu kommen noch die unangenehmen
Wirkungen der Chloroformnarkose, wie unruhige Athmung,
Erbrechen, starke Speichelabsonderung, Nephritiden etc. So¬
nach dürfte es wohl am Platze sein, auf eine neue Art, die
Sauerstoff-Chloroform-Narkose (Michaelis, H.
Wohlgemuth) hinzuweisen. Wohlgemuth publicirte seine
Erfahrungen, die er in 300 Narkosen beim Menschen ge¬
sammelt hat: Fast kein Excitationsstadium; Röthung der
Häute, Schleimhäute; Verlangsamung des Pulses; Eintritt der
Narkose bei Männern in 5—12, bei Frauen und Kindern in
3—7 Minuten ; Erbrechen selten; vermehrte Speichelsekretion
nicht vorhanden; üble Nachwehen (Kopfschmerz, Uebelkeit,
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557
hysterische Anfälle) fehlen. Diese neue Methode ver¬
suchte nun K. auch beim Thiere, speciell an
Hunden und zwar mit gutem Erfolge. Redner
hat den Apparat den thierärztlichen Bedürfnissen durch
mehrere praktische Aenderungen angepasst. Zur Narkose
verwandte er Chloroform und Aether ää. Er konstatirte an
den narkotisirten Thieren: kurzes Excitationsstadium, voller
und verlangsamter Puls, ruhige Athmung, ziemlich reichliche
Speichelabsonderung, Erbrechen und Stuhlabgang nur zwei¬
mal bei den Versuchen beobachtet, Erwachen beschleunigt mit
Hilfe der Sauerstoffinhalation, Verbrauch an Chloroform gering.
K. demonstrirt hierauf den Apparat. Dieser
ist in der Art konstruirt, dass aus dem den verdichteten
Sauerstoff enthaltenden Eisencylinder das Gas unter Controlle
eines Gasdruckmanometers in einen Glasapparat und von da
durch einen Schlauch weiter zum Patienten geleitet wird. In
dem Glasapparat wird dem Sauerstoff das Narcoticum tropfen¬
weise beigemischt, so dass es mit fortgerissen werden kann.
Derselbe besteht im Prinzipe aus zwei übereinander liegenden
Glaskugeln, deren obere das Narcoticum enthält, das von
hier durch eine mittels Hahnen verschliessbare Verbindungs¬
röhre in die untere Kugel auf einen Gazebauschen gelangt.
Diese untere Kugel empfängt ausserdem noch durch eine
Einströmungsöffnung den Sauerstoff und gibt ihn durch eine
Austrittsröhre wieder an den Schlauch weiter, der zum Patienten
führt. Für die Applikation der Mischung an die Patienten
hat K. eigene Masken mit Ausathmungsventil construirt. Zur
Wiederbelebung schaltet man den Apparat mit dem Narcoticum
aus und leitet den Sauerstoff direkt zum Thiere.
Zum Schlüsse wurde die Leistungsfähigkeit des Apparates
an einem Teckelbastard vorgeführt.
Diskussion: Imminger (München).
Er liält den Apparat für complicirt und warnt vor Geldopfern, da
man sich auch mit Morphium, Schleich’schen Siedegemischen helfen könne.
Er habe übrigens auch schon viele Hunde chloroformirt.
3. Sticker (Berlin): a) „Ueber den Krebs der Thiere“.
b) „Demonstration der drei Arten von Sclerostomum armatum“.
Ad a: Dieser interessante Vortrag ist inzwischen bereits im
Wortlaute erschienen in Deutscher thierärztlicher
Wochenschrift von Malkmus lauf. Jahrg. Nr. 42
und 43. Ich bin aus diesem Grunde des Referates über
denselben enthoben. In der Diskussion zu diesem Vor¬
trage sprachen: E b e r 1 ei n (Berlin) und J. Mayr (München).
E b e r 1 e i n : Traumatische Einflüsse sind bei der Entstehung des
Krebses nicht von der Hand zu weisen (zwei Fälle von Carcinomen an
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558
den Geschlechtstheilen einer Stute, öfteres Vorkommen derselben an der
Vorhautschleimhaut bei Hunden). Die Uebertragung von Caroinomen war
mittele Troikars erfolgreich. Mayr: Zur Statistik des primären Magen-
carcinoms beim Hunde, das Redner unter den vielen Tausenden von an
den verschiedenen Hochschulen secirten Hunden nur einmal registriren
konnte, kann M. einen weiteren Fall anführen. Er citirt eine dies¬
bezügliche Mittheilung von Professor Parascandolo zu Neapel, die
in einer Anfangsnummer des laufenden Jahrganges der Wochenschrift für
Thierheilkunde und Viehzucht von Albrecht-Göring erschienen ist. 1 ) Ferner
erinnert M. unter Bezugnahme auf die von St. angeführten Hypothesen
über die Krebsursache auch an die Hofe raschen Untersuohungen be¬
züglich des Vorkommens einer krebsartigen Hauterkrankung bei Fischen.
Ad b. Von Sclerost. armafc. sind mehrere Arten zu
unterscheiden. St. nennt und demonstrirt 1. edentatum,
2. bidentatura, 3. quadridentatum. Die wichtigste
Rolle bei der Entwicklung des Aneurysmas spielt Sclerost.
armat. bidentatum.
Mittwoch nachmittags 3 Uhr; Vorsitzender: Professor Dr.‘
Eberl ein (Berlin); Vortragende: 1. Sussdorf (Stutt¬
gart): „Die Homologien in der Ausgestaltung der einzelnen
Abschnitte des Dickdarmes und der Gefässvertheilung an
demselben bei den kurz- und langdarmigen Säugethieren“.
Die Colon-Verhältnisse des Menschen lassen sich unschwer
auf die kurzdarmigen Säugethiere übertragen; allein nicht so
leicht gelingt dies bei Unseren langdarmigen Hausthieren. So
erklärt es sich, dass die einzelnen Theile des Grimmdarmes
durch die Anatomen vielfach von einander abweichende Be¬
nennungen erfahren haben; auch französische Anatomen geben
z. B. der Beckenflexur ohne jede Berechtigung den Namen
Colou transveräum. Die Entwicklungsgeschichte zeigt uns nun
Folgendes: Unser Grimmdarm beim Pferde mit
seinen verschiedenen Lagen (rechte untere, linke
untere, linke obere, rechte obere, welche durch drei Krümm¬
ungen, die untere Zwerchfellskrümmung, die Beckenflexur,
die obere Zwerchfellskrümmung untereinander verbunden sind),
entspricht dem Colon ascendens des Men¬
schen; in dem „Uebergangsstück in den Mastdarm“, das
von rechts nach links vor der Arteria meaent.
sup. vorüberzieht, haben wir das Colontrans*
versum zu erblicken und dieses geht natürlich in das
Colon descendens über, welch’ letzteres wir somit in dem
hier sich anschliessenden Darmtheile zu suchen haben. Das
Colon descendens umfasst nun unser lang¬
ausgezogenes, schlingenbildendes „Rectum“
J ) Die Arbeit: Magencarcinora bei einem Hunde etc.
v. Prof. Dr. Parascandolo in Neapel. Wochenschr. f. Thierh. u.
Viehz. 1901, Nr. 5, 6, 7.
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559
bis zu dessen Beckentheil hin. Die Verhältnisse
bei Wiederkäuern und Schweinen sind ganz analog gestaltet:
Beim Wiederkäuer ist das Colon ascendens
in der Ebene der Darmscheibe zur spiraligen Einrollung ge¬
bracht, deren Centrura mit der Beckenflexur der Einhufer
homolog ist. Nach dem Austritt aus der Spirale gelangt der
Darmtheil unter Bildung einer weiteren Schleife zur Art.
mesent. sup. hin und ist hier als Colon transversum
zu bezeichnen, indem er in scharfer Knickung cranial von
diesem Gefässe in das beckenwärts verlaufende Rohr um¬
biegt. Dieses letztere, in gerader Richtung zum Becken¬
eingang sich hinziehende Darmstück entspricht dem Colon
descendens des Menschen.
Im Anschluss hieran wird vorgeschlagen, für die
Spiralwindungen des Colon ascend. der Wie¬
derkäuer an Stelle der unpassenden Be¬
nennungen „concentrisch“ und „excentrisch“
zu setzen: „centripetal“ und „c e n t r i f u g a 1“.
B e i m S c h w e i n e ist das C o 1. a s c e n d. in schrauben¬
artigen Windungen zu dem bienenkorbartigen Convolut auf¬
gebaut, das in der Aussenlage die centripetalen, in der Innen¬
lage die centrifugalen Windungen und in der Basis die Um¬
biegungsschleife („Beckenflexur“) enthält. Nach dem Verlassen
dieses Convolutes zieht sich das Colon auch hier als Colon
transversum von rechts an der Art. mesent. super,
vorbei nach links hinüber und wendet sich sodann als C o 1 o n
descendens dem Becken zu: Das Rectum haben
wir jeweils erst im Becken zu suchen.
Die Homologie erstreckt sich in gleich
einfacher Weise auch auf die öefäss Ver¬
hältnisse dieser Darmtheile. Die bezüglichen
Gefässverhältnisse bei Mensch und Hund (bezw. bei kurz-
darmigen Thieren) lassen sich unschwer in Einklang zu
einander bringen. Bei den langdarmigen Hausthieren haben
wir in der Hüft-Blind-Grimmdarmarterie
(Pferd) die Arteria ileo-colica der kurzdarmigen Thiere
als Ast der Art. mesent. sup. zu suchen; sie wird aber, da
die Blinddarmversorgung für sie eine Hauptaufgabe darstellt,
zur Art. ileo-coeco-colica. Die Art. c o 1 i c a
m e d i a sodann ist uns repräsentirt durch die Grimm-
mastdarmarterie und die Art. colica dextra
durch die untere Grimmdarmarterie. Zu diesen
Aesten aus der Arter. mesenter. sup. gesellt sich beim kurz¬
darmigen Thiere noch die Arter. colica sin. aus dem
Stamme der Art. mesent. inferior und diese finden wir hin-
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56G
wiederum bei den langdarmigen Thieren in dem ersten ab¬
steigenden Aste der Art. mesenter. inf., der einerseits dem
Colon descendens entlang verläuft, andererseits in Anastomose
mit der Art. col. media (Grimmmastdarmarterie) tritt.
Die überaus eingehenden und interessanten Ausführungen
wurden an der Hand einer Reihe die Verhältnisse klar wieder¬
gebender Tafeln gemacht.
Diskussion: J. Mayr, Sticker,der Vortragende.
Dieselbe enthielt der Hauptsache nach die einmüthige Zu¬
stimmung zu den Ausführungen des Vortragenden.
2. Peter (Angermünde): „Die Tuba Eustachiana des
Pferdes im normalen und pathologischen Zustande“. Redner
hat bereits in einer früheren Arbeit die Pferdetuba in ihren
normalen topographisch-anatomischen Verhältnissen beschrieben
(Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXIII), worauf zunächst kurz
eingegangen wird. Unser Hauptinteresse erregen die Aus¬
führungen P.’s über. den Luftsack. Derselbe zerfällt in
eine kleine laterale und eine grosse mediale Ab¬
theilung. Während die laterale in der Form einer seitlich
zusammengedrückten Pyramide fast ganz vom Unterkiefer
bedeckt (Basis am M. pterygoideus int., Spitze am äusseren
Gehörgang) ist und daher für chirurgische Eingriffe nicht in
Betracht kommt, verdient die grosse mediale Abtheilung
um so mehr Beachtung. Sie dehnt sich von der hinteren
Wand des Schlundkopfes bis hinüber zum Atlas und Occiput
aus und man kann so von einem pharyngealen und occipi-
talen Theile sprechen. In ihrer medialen Wandung berührt
sie den symmetrisch gelegenen Luftsack der anderen Seite an
einer verhältnissmässig kleinen Fläche in der Mittelebene des
Kopfes, während im übrigen die Luftsäcke durch Muskeln etc.
von einander geschieden sind. Lateralwärts folgen ebenfalls
Muskeln, und ferner Parotis und Haut, bezw. sie grenzt an
den grossen Zungenbeinast und die laterale (kleine) Abtheilung.
Luftsack und Tube sind von einer Schleimhaut mit geschichtetem
Flimmerepithel ausgekleidet, welche beim Luftsacke in der
Submucosa tubulöse Drüsen beherbergt. — Die geschilderten
makroskopischen und mikroskopischen Verhältnisse werden
durch Demonstration vorzüglich gelungener Präparate (so
Wachsausgüsse der Luftsäcke), bezw. durch Abbildungen ver¬
anschaulicht. — Für den Luftsackschn i11 ist nur die
mediale Abtheilung in ihrer lateralen, mit Muskeln be¬
deckten Fläche zugänglich, daher ist auch nur für diese Ab¬
theilung eine genügende Entleerung von Rrankheitsprodukten
und ausreichende Applikation von Arzneimitteln zu erhoffen,
während die laterale hiebei kaum erreicht werden kann.
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561
Redner verbreitet 8ich des Weiteren noch in eingehender Weise
über die in der Litteratur niedergelegten Methoden der
Luftsackeröffnung und fernerhin über die patho¬
logischen Zustände der Tuba und des Luftsackes.
Er führt an: Meteorismus (symptomatisch bei catarrha-
lischer Veränderung der Tubenschleimhaut, selbständig
in Folge von Lähmung der Tubenmuskulatur [unheilbar]); die
Günther’sche Katheterisirung des Luftsackes bei Katarrhen etc.
ist als wenig zweckmässig nunmehr ganz verlassen worden.
Als weitere Krankheitszustände werden genannt: Retention
von Futter und Eiter, ulcerative und nekrotische
Prozesse in der Wandung des L. (eventuell Verblutung
im Anschlüsse hieran), Pilzwuoherungen auf der Luft¬
sackschleimhaut und Geschwulst bi 1 düngen im Luftsacke,
die von benachbarten Organen ausgingen u. a. m.
Diskussion: Eberlein, Sussdorf, der Vor¬
tragende.
E. fand unter ca. 50 000 Pferden nur einmal eine Erkrankung des
Luftsackes. S< erwähnt die neue Nomenklatur einiger im Vorträge ge¬
nannter Muskeln und fuhrt noch einiges über die Wirkung der Tuben¬
muskulatur an. (Schluss folgt.)
Referate.
Menschen- und Rindertuberkulose. In einer Besprechung
der Koch’schen Rede erinnert Professor Zschokke daran,
dass schon vor 18 Jahren Professor Pütz durch einwands¬
freie Versuche die Nichtübertragbarkeit menschlicher Tuber¬
kulose auf das Rind dargethan hat. Während Pütz durch
Injection stark tuberkulöser Sputa in den Oberkiefer und in
die Lunge vom Pferd, sowie unter die Schulterhaut des
Schweines örtliche tuberkulöse Erkrankungen erhielt, konnte
er beim Kalb keine Tuberkulose erzeugen, trotzdem er ein
Thier viele Wochen lang mit tuberkulösen Menschenlungen
fütterte, ein zweites, drittes und viertes subcutan und intra¬
pulmonal mit grossen Dosen (12—18 ccm) zerriebener tuber¬
kulöser Lunge impfte, und obwohl er 35—177 Tage Zeit
liess zur Entwicklung der Krankheit. (Pütz, Ueber die Be¬
ziehungen der Tuberkulose des Menschen zur Tuberkulose der
Thiere. Enke, Stuttgart 1883. Schweizer Archiv, 1901,
S. 209).
Protargollösungen. In Nr. 45 der Münchener Medicinischen
Wochenschrift macht Jes io n ek darauf aufmerksam, dass die
bekannten guten Wirkungen des Protargols bei ' Gonorrhoee
sehr von der Herstellungsart der Lösungen abhängen. Warme
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Lösungen, Glycerin-Wasser-Lösungen verwirft er und empfiehlt
nur die Auflösung in kaltem Wasser. Am besten verfährt
man in der Art, dass man bei Zimmertemperatur auf die
Oberfläche des Wassers eines gewöhnlichen Schoppenglases
mit 7 cm Weite 1,0 Protargol möglichst fein durch Aufpudern
vertheilt, dann ohne umzurühren das Pulver sich lösen lässt
und nun die Wassermenge auf */4 Liter bringt; man hat
dann nach ca. 10—12 Minuten eine 0,4°/ 0 ige Lösung von
klarer hellbrauuer Farbe. Schon nach 12 ständigem Stehen
am Lichte und in der Luft tritt dunklere Färbung auf in
Folge beginnender Zersetzung der Lösung. E. A.
Bücherschau.
Die Hufkrankheiten des Pferdes, ihre Erkennung, Ver¬
hütung und Heilung für Thierärzte und Studirende der
Thierheilkunde von F. Gutenäcker, Professor an der thier¬
ärztlichen Hochschule München. Mit 106 in den Text ge¬
druckten Abbildungen. Stuttgart, Verlag von Ferd. Enke 1901.
Preis 12,50 Mk.
Der Inhalt des 475 Druckseiten umfassenden Werkes ist in
sechs Kapitel eingetheilt. Im ersten Kapitel behandelt der V.
die Krankheiten der Lederhaut, im zweiten die Krankheiten der
Knochen des Hufes; das dritte Kapitel umfasst die Krankheiten
des Hufgelenkes, das vierte und fünfte jene der Sehnen des Hufes
und des Hufknorpels; das Schlusskapitel handelt von den krank¬
haften Zuständen der Hornkapsel.
Die Disposition bei der Besprechung der einzelnen Krank¬
heiten lautet: Begriff, Vorkommen, Aetiologie der Krankheit,
pathologische Anatomie, Symptome, Diagnose, Prognose des Leidens,
Prophylaxis und Therapie.
Jeder der vorstehenden Punkte ist in dem Buche eingehend,
klar und leichtverständlich abgehandelt.
Das Werk stellt nicht das Produkt der emsigen Thätigkeit
eines fleissigen Compilators dar, sondern bringt eine Menge
interessanter für die Praxis verwerthbarer Beobachtungen, Er¬
fahrungen sowie Ergebnisse von Untersuchungen, welche der
Verfasser selbst gemacht hat. Abgesehen von der Originalität
eines grösseren Theiles des Inhaltes des Werkes zeichnet sich das¬
selbe noch durch eine umfassende Angabe der Litteratur, durch
eine Reihe geschichtlicher Notizen sowie durch Besprechung wichtiger
Hufkrankheiten vom forensischen Standpunkte aus.
Ausgezeichnet sind ferner die dem Buche beigegebenen,
durch den Künstler Dirr ausgeführten Abbildungen, Dieselben
sind ausschliesslich Originale und wurden nach Präparaten der
Sammlung der Münchener Lehrschmiedeu gefertigt.
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Daa Grutenäoker’sohe Werk ist eine Zierde der thierärztlichen
Litteratur und wir zweifeln nicht daran, dass das auch buch¬
händlerisch vortrefflich ausgestattete Buch bei der eminenten Be¬
deutung, welche die Kenntniss der Hufkrankheiten und des Huf-
besohlages für den Thierarzt haben, bei Studirenden der Thier¬
heilkunde und besonders bei den Collegen eine weite Verbreitung
finden wird. A.
Maul- und Klauenseuche in Schlacht- und Yiehhofen.
Es ist gemeldet: am 7. November der Ausbrueh zu Magdeburg:
am 9. November das Erlöschen zu Magdeburg.
Personalien.
Befördert zu Stabsveterinären d. L. II die Veterinäre Wille und
Dr. Vogel (I München); zu Veterinären der Reserve die Unterveterinäre
der Res. Zeeh (Hof) und Eiehner (Kempten). Dick, Unterveterinär
der Res. als Unterveterinär beim 3. Chev.-Regt. in den aktiven Dienst
übernommen.
Verein Müncliener Tlileräurzte,
Einladung zur I. Monats Versammlung, Donnerstag: den 21* No¬
vember Abends 8 Uhr, im Restaurant „Platzl“ (Normanneneaal).
Tagresordjn.iiÄgr:
1. Herr k. Direktor und ordentl. Professor M. Albrecht:
a) „Ueber einen Fall von Thrombose heim Pferde“;
b) „Kurse Mitthellungen über einen Fütterungsversuoh mit
Maisbrand“.
2. Vereinsangelegenbeiten.
I. A.: Dr. Mayr, Sohriftfflhrer.
Sm* K- Bezirksthierarzt Brachinger—Schweinflirt *VK
sucht zum sofortigen Eintritt einen approbirten Herrn als
Assistenten auf längere Zeit, der womöglich schon vertreten hat. Rad¬
fahrer bevorzugt. Fuhrwerk zur Verfügung. 1
Tliierarzt,
Militär ged.* sucht baldigst Assistenz bei beschäftigtem H. Bezirks¬
thierarzt ev. Vertretung. Gefl. Off. erbeten sub Nr. lOO Obergünzburg
postlagernd.
ApproMrter Thierarzt
zur Uebernahme einer guten Praxis mit Fixum sofort gesucht.
Offerten an die Bxped. d. Bl. 1 (2)
Uebernebme 1 (2)
UF"* Vertretung oder Assistenz
am liebsten auf längere Zeit. Offerten mit Gehaltsangabe bittet man zu
richten an: Herrn. Köhl, Bensheim (Hessen).
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564
r^ptncr-lnstrumcnS
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M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 26. November 1901. Nr. 48.
Inhalt: Dr. Dieokerhoff, Ueber die der Pferde-lnfluenza zugereobneten
einzelnen Krankheiten des Pferdes. — Dr. Mayr, Die 73. Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte in Hamburg vom 22.—28. Sep-
tember 1901. (Abtheilung 26: Thierheilkunde.) Schluss, — Vieh-
seuoh en- Nach ri oh ten. — Personalien. — Inserate.
lieber die der Pferde-Influenza zugerechneten einzelnen
Krankheiten des Pferdes. 1 )
Von Professor Dr. Dieokerhoff zu Berlin.
Aus sich selbst ergibt sieb, dass die sorgfältige Unter¬
scheidung der bei den Hausthieren auftretenden selbstständigen
Krankheiten eine wesentliche Aufgabe für die Ausbildung der
practischen Thierheilkunde ist. Die im Alterthum versuchte
Kennzeichnung der allgemeinen Krankheiten des Menschen
und der Thiere als „Fieber“ und die Eintheilung derselben
nach den symptomatischen und ätiologischen Merkmalen der
fieberhaften Krankheitsfälle hat für die Pathologie keinen
ausreichenden Erfolg gehabt. Bekannt ist auch, dass die ver¬
schiedenen medicinischen Systeme eine befriedigende Um¬
schreibung der selbständigen allgemeinen Krankheiten nicht
ermöglichen konnten. Die neuere medicinische Forschung hat
dargethan, dass die Auseinanderhaltung der fieberhaften Krank¬
heiten nur zu begründen ist:
1. auf die Erfahrungen der Klinik und der thierärztlichen
Praxis;
2. auf die Ergebnisse der pathologisch-anatomischen und
pathologisch-histologischen Untersuchung der kranken
Organe;
3. auf die Resultate der bacteriologischen Erhebungen.
Vortrag, gehalten auf der 53. Versammlung des Vereins mecklen¬
burgischer Thierärzt»4n Rostock.
566
Fürdie I n f 1 u e n z a - F r a g e
hat die bacteriologische Forschung bisher so gut wie voll¬
ständig versagt. Dass sich bei der Brustseuche oder genuinen
Lungenentzündung in den Lungen Bacterien finden, welche
der Gattung S tr e p t o eo c c u 8 angehören, ist zwar für das
Verständniss der Krankheit als einer erysipelatösen Phlegmone
(Erysipelas phlegmonosum) von grossem Interesse,
erledigt aber die Frage nach der Natur des Ansteckungs¬
stoffes noch nicht. Nicht bekannt ist insbesondere das Agens,
durch welches die Krankheit sich zuweilen sehr leicht auf
den grösseren Theil eines Pferdebestandes überträgt, in anderen
Fällen aber seine Wirksamkeit schon einbüsst, bevor noch
mehr als eiü oder mehrere Pferde afficirt wurden. Auch
gegenwärtig lässt sich deshalb die Trennung der angeblichen
Influenza-Krankheiten des Pferdes nur auf Grund der klinischen
Erfahrungen uud der in der thierärztlichen Praxis gemachten
Beobachtungen durchführen. Eine. Unterscheidung kann in
manchen Fällen der pathologisch-anatomische Befund gewähren.
Indess ist hierbei nicht zu übersehen, dass, wenn eine Lungen¬
entzündung längere,Zeit gedauert und schon zu Folgezuständen
geführt hat, gewöhnlich die Zugehörigkeit des Leidens zu
einer bestimmten Krankheitsform aus dem Sectionsergebniss
nicht mehr mit Sicherheit demonstrirt werden kann;
Dass der früher allgemein üblich gewesene Brauch, eine
Reihe von fieberhaften allgemeinen Krankheiten des Pferdes
zu der vermeintlichen Einheit der Influenza zusammenzustellen,
unthunlich und auch nachtheilig ist, habe ich seit 20 Jahren
in meinen Schriften nachgewiesen. Die Nothwendigkeit einer
sorgfältigen Trennung zwischen diesen Krankheiten hat sich
in den letzten Jahren auch darin geltend gemacht, dass wegen
der Brustseuche eine Präventivbehandlung mit Blutserum ver¬
sucht wird. Bereits im Jahre 1880 und später mehrfach
habe ich die Unterschiede zwischen der Brustseuche und der
Pferdestaupe nach dem Krankheitsverlaufe und dem Sections-
ergebnisse klargestellt. Nichtsdestoweniger werden beide Krank¬
heiten noch oft mit einander verwechselt. Aus Irrthum wird
insbesondere die Brustseuche nicht selten in einem grösseren
Pferdebestande diagnosticirt, in welchem die Pferdestaupe
herrscht. Ich will die Möglichkeit nicht bestreiten, dass dem
Blutserum eines Pferdes, welches die typische (genuine) Pneu¬
monie (Brustseuche) überstanden hat, immunisirende Eigen¬
schaften anhaften können. Immerhin mag sich daher durch
die Injection solchen Serums bei einem Pferde für kurze Zeit
die Disposition zur Erkrankung an der Brustseuche aufheben
lassen. Es ist aber nicht anzunehmen, dass sich das Blut-
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567
serum eines Pferdes, welches kurz vorher an der Pferdestaupe
(Leuma) gelitten hat, zur Präventivbehandlung gegen diese
Seuche oder gegen die typische Lungenentzündung mit Vor¬
theil wird verwenden lassen. Hiernach liegt auf der Hand,
dass, wenn Pferde gegen die Brustseuche mit Serum präventiv
behandelt werden sollen, zunächst die Diagnose der Seuche
bei dem Pferde, von welchem das Blutserum gewonnen werden
soll, mit Sicherheit hat festgestellt sein müssen.
Aus der Gruppe der Influenza-Krankheiten der Pferde
lassen sich nach der klinischen Erfahrung unterscheiden :
1. Die Brustseuche, echte Lungenent¬
zündung, Pneumonia contagiosa.
2. Die Pferdestaupe (Leuma).
3. D i e S c a 1 m a.
4. Der acute ansteckende Kehlkopf-
catarrh des Pferdes.
5. Eine infectiöse Schlundkopfentzünd¬
ung.
6. Der endemische Husten des Pferdes.
Von diesen Krankheiten besitzen die unter 1 und 2 ge¬
nannten eine allgemeine Bedeutung; sie sind auch am besten
in der practischen Thierarzneikunde bekannt. Da ich beide
Krankheiten in meinem Lehrbuche der speciellen Pathologie
und Therapie vollständig beschrieben habe, so kann ich mich
in diesem Vortrage auf einige diagnostische Bemerkungen
beschränken.
(Schluss folgt.)
Die 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Hamburg vom 22.-28. September 1901.
(Abtheilung 26: Thierheilkunde.)
Bericht von Prosektor Dr. Mayr.
(Schluss.)
Zu den im Eingänge aufgeführten Congresstheilnehmern
unserer Sektion hatten sich im Laufe der Verhandlungstage
noch folgende Herren hinzugesellt: Boninghaus—Altona;
Bosse— Hamburg; D ix—Bahrenfeld; Ha g e m a n n—Bonn;
Räbiger—Halle; Struve—Altona; Witt—Sonderburg (im
ganzen also 59 Theilnehmer).
Letzter Sitzungstag Donnerstag (26. IX.) nachmittags
2 Uhr: Vorsitzender: Professor Lüpke (Stuttgart); Vor-
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tragende: 1. Räbiger (Halle): „Der ansteckende Scheiden¬
katarrh der Rinder“. Andere Bezeichnungen für diese Krank¬
heit sind: „Knötchenausschlag der Scheide der Kühe? (Jsep-
poni 1887); „Vaginitis verrucosa“ (Trommsdorf- 1894);
„Ansteckender Scheiden- und Gebärmutterkatarrh“ (F r ö h n e r—
Hünfeld 1895 und Martens—Sangerhausen 1898); „Colpitis
granularis infectiosa“ (E Hing er 1899); „Granulöser, an¬
steckender Scheiden- und Gebärmutterkatarrh des Rindviehs“
(Georges—Gotha 1899). Zu obigen Autoren gesellen sich
noch Dieckerhoff (1894) und Oster tag (1898 bezw. 1901)
mit ihren grundlegenden Arbeiten.* Der Vortragende hat in
Mission der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen
nach eingehenden, im hygienischen Institut von Professor
Ostertag—Berlin gepflogenen Vorstudien in Thüringen, in
den Harzlandschaften, in der Altmark und anderen Gebieten
eine grosse Anzahl von Rindern an Scheidenkatarrh be¬
handelt.
Schon Professor Ostertag hat das’Vorkommen des Er¬
regers in der kranken Scheidenschleimhaut und deren patho¬
logischem Sekrete constatirt und desgleichen die biologisch
und morphologisch wichtigen Daten gegeben: Aerobier;
Diplo- und kurzer Streptococcus; färbt sich nicht nach Gram;
unbeweglich; Wachsthum auf Glycerinagar, Bouillon und Urin¬
agar; für Färbung des Sekretes oder der Ge websschnitte ist
besonders Löffler’s Methylenblau geeignet; Uebertragung auf
künstlichem Wege gelingt leicht durch Einspritzen einer
Kultur in die Scheide, worauf nach einigen Tagen die Er¬
krankung folgt; die natürliche Ansteckung erfolgt durch den
Scheidenausfluss; inficirt wird nur das Rind. Bullen
dienen als Zwischenträger, ohne jedoch im Allgemeinen dabei
sichtbar zu erkranken. Als Name für den Erreger wird in
Vorschlag 1 gebracht: „Str epto coccus vaginitis bovis
Ostertag“.
Der Vortragende gibt nun ein Bild des Krankheits¬
verlaufes und bespricht im Anschlüsse hieran die Differential¬
diagnose (Bläschenausschlag, der jedoch auch bei Pferd,
Schaf, Ziege, Schwein vorkommt).
Zur Therapie wird angeführt: Vor der Behandlung
hat gründliche Stallreinigung und Desinfection (der
Wände bis Manneshöhe) zu erfolgen uud damit muss in
wöchentlichen Wiederholungen bis nach Beendigung des
Seuchenganges fortgefahren werden. Nach Untersuchung des
Bestandes erfolgt Abtheilung der Rinder in drei
Gruppen, so dass wenigstens eine körperliche Berührung
der einzelnen Gruppen und Beschmutzung mit Jauche ver-
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hindert wird; Eintheilung der erkrankten Thiere in eine
Gruppe von trächtigen und nich t träc h ti gen; Stellung
der Gruppe der gesunden so, dass z. B. diö Jauche
nicht zu ihr hin, sondern von ihr weg zu den kranken Thieren
fliesst. Der Bullen wird zu den nichtträch tigen
kranken Thieren hingestellt. Bei sämtlichen ßindern
erfolgt nun Desinfection der Scham und Umgebung, des
Schwanzes mit Schwanzquaste. Bei den gesunden wird
von Zeit zu Zeit eine Untersuchung des Gesundheitszustandes
vorgenommen. Die Gruppe der kranken, tragen*
den Thiere muss mit möglichst reizlosen Mitteln nach
dem Gesichtspunkte behandelt werden, das Leiden auf die
Scheide zurückgedämmt und von der Gebärmutter fern zu
halten, um Abortus zu vermeiden. Die eigentliche Behand¬
lung erfolgt erst nach der. Geburt , alsdann natürlich eine
Zeitlang unter Aufwendung von entsprechend grösseren Men¬
gen der Spülflüssigkeit, im Uebrigen wie bei der folgenden
Gruppe. Diese letztere, die Gruppe der kranken
nichttragenden Kühe, bekommt täglich desinficirende
Ausspülungen mit sich anschliessender Tamponade; beim
Bullen wird der Haarpinsel entfernt und alsdann der Schlauch
täglich zweimal irrigirt.
R. bespricht nun noch die in Betracht kommen¬
den Arzneimittel hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Dies¬
bezüglich würde er dem lchthargan (1 °/oo in Wasser
leicht löslich) den ersten Platz einräumen, wenn es nicht
zu theuer wäre (1 gr = ca. 25 Pfg.). Aber zur Tamponade
ist es trotzdem vorzüglich geeignet (l Liter einer 1 °/oo
Lösung genügt zur Tränkung von 20—25 Tampons). In der
Wirksamkeit von Lysol oder Creolin bei absoluter Reiz¬
losigkeit stehen sodann Septoform, Bacillol,
Ly so form, diese wie Lysol und Creolin in 2—3°/o Lös¬
ungen angewandt.
Nach langer Krankheitsdauer können die Knötchen, auch
nachdem Heilung eingetreten ist, persistiren, ohne dass dann
noch Gefahr für das Thier selbst (Conception und Trächtig¬
keit) oder für andere Thiere besteht; der Ansteekungsstoff
ist abgetödtet. Die Untersuchung des Bullen auf die durch
ihn allenfalls noch bestehende Ansteckungsgefahr kann mittels
eines Probesprunges auf eine nachweisbar gesunde Kuh ge¬
macht werden. Diese letztere würde schon nach wenigen
Tagen eine Infection durch den Deckakt anzeigen. Schliesslich
wird als Name für diesen ansteckenden Scheidenkatarrh des
Rindviehes yorgeschlagen: „Vaginitis granularis
i n f e c t i o s ä b o v i 8“.
570
Diskussion: Kantorowicz (Berlin).
K. hält es für zweckdienlicher, an Stelle der vorgeschlagenen Tam¬
pons Pessarien zu verwenden.
2. Mayr (Mönchen): „Ueber die Verjährung bei Ver-
äusserungen von Handelsvieh“. Dieser Vortrag ist bereits
für den Druck eingereicht und wird demnächst als Abhand¬
lung erscheinen in der Deutschen thierärztlichen
Wochenschrift von Malkmus (Hannover).
Diskussion: Kantorowicz, Witt, Lüpke,
der Vortragende.
Dieselbe bewegte sich in der Anfuhrung interessanter Fälle auB der
Mängelgewähr bezw. Besprechung dieser durch Lüpke (Stuttgart) und den
Vortragenden.
3. Glage (Hamburg): „Die Bedeutung der flüchtigen
Schwefelverbindungen der Muskulatur für die Fleischhygiene“.
In der Muskulatur finden sieb reichlich Schwefelverbindungen,
die theils in den Ei weisskörpern, theils in den Extractiv-
stoffen locker gebunden sind und leicht als flüchtige Schwefel¬
verbindungen, besonders in Form des Schwefel Wasserstoffes
und des Methylmerkaptans abgeschieden werden können. Die
Gewinnung der Schwefelverbindungen glückt stets durch
Kochen oder Zusatz von Säuren, auch werden dieselben frei
bei der Verdauung, der trockenen Destillation, dem Verbrennen
des Fleisches und beim Schmelzen mit Kali. Ein Unterschied
zwischen dem frischen Fleische und den conservirten Waaren
besteht hiebei nicht. Oftwerden flüchtige Schwefel¬
verbindungen aus den Fleisch waaren auch
ohne jegliche Behandlung frei und täuschen
dann durch den auftretenden Gestank leicht
Fäulniss vor. Hiebei fehlen aber, wie das
Mikroskop zeigt, die Bakterien völlig. Auf
der anderen Seite freilich ist ja für viele Bakterienarten die
Fähigkeit der Schwefelwasserstoffbildung nachgewiesen und so
betrachtet man denn auch besonders bei derFleisch-
fäulniss eine a u s s e r g e w ö h n 1 i c h stürmische
Abscheidung der Schwefelverbindungen. Im
Verlaufe dieses Processes kommt es weiterhin bei gleich¬
zeitiger Sauerstoffeinwirkung zur Grünfärbung unter
Bildung von Schwefelmethämoglobin und zwar bei frischem
Fleische stets, bei den conservirten Waaren jedoch nur
ausnahmsweise. Die letzteren zeigen vielmehr in der Regel
ein abweichendes Verhalten des Muskelfarbstoffes, so ist z. ß.
daB eigentümliche blasse Roth der gekochten, gepöckelten
Waaren (des gekochten Schinkens) in Schwefelwasserstoff-
Sauerstoff unveränderlich. Das genannte Roth kann nicht,
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571
wie allgemein angenommen wird, durch Kochen mit Salpeter
erzeugt werden, sondern nur durch Kochen mit Kaliumnitrit.
Das letztere bildet sich aus dem Salpeter auf Grund der Re-
ductionskraft der Muskulatur. Bei den rohconservirten
Waaren gelingt es des ferneren, durch Verwendung von
Schwefelwasserstoff - Sauerstoff das Grauwerden der
Würste nachzumachen. Uebereinstimmend damit deuten
die Beobachtungen in der Praxis an, dass dieses Grauwerden
von der postmortalen Bildung flüchtiger
Schwefelverbindungen abhängig ist. Glage
hat versucht, zur Verhütung des Grauwerdens
der rohen Waaren die besten rothfärbenden
Pöckelsalze ausfindig zu machen. Es zeigte sich hiebei,
dass der Salpeter als solcher nicht wirkt, dass vielmehr nur
die Reductionsprodukte desselben, vermutlich besonders das
Stickoxyd in Frage kommen. Der Salpeter kann auch durch
Rohrzucker oder Phosphate ersetzt werden.
Zum Schlüsse demonstrirt Redner mehrere sehr hübsche
an die K a i s e r 1 i n g’sche Blutfarbstoffconservirung erinnernde
Präparate, um die Rothfärbung durch die genannten Salze zu
veranschaulichen. Die Präparate waren mit Hilfe von Phos¬
phat oder Nitrit hergestellt und in Formalin-Gelatine
eingebettet.
Nach einem Dankesworte des Einführenden der Ab¬
theilung, Herrn Staatsthierarzt Völlers, an die Anwesenden,
worauf College Herr Dr. Kantorowicz mit dem Aus¬
drucke des Dankes der Versammlung an die Vorstandschaft
antwortet, gibt der Vorsitzende dieser Schlusssitzung, Herr
Professor L ü p k e , noch in anschaulicher Weise einen kurzen
Ueberblick über die in der Sektion geleistete Arbeit und
schliesat sodann die diesjährigen Sitzungen unserer Abtheilung.
Nachwort.
Es wäre wohl ein Zeichen von Undankbarkeit, wollte ich
von diesen denkwürdigen Congresstagen Abschied nehmen,
ohne wenigstens mit einigen wenigen Worten all dessen zu
gedenken, was von der stolzen und reichen Wirthin aufgeboten
worden war, um auch die arbeitsfreie Zeit ihren Gästen un¬
vergesslich zu machen. Senat und Bürgerschaft, wissenschaft¬
liche Institute und Handelsgesellschaften, Geistes- und Geld¬
aristokratie hatten sich die Hand gereicht, um die Pläne der
Gastherrin verwirklichen zu helfen. Und auch nur eine Stadt
wie Hamburg, mächtig und schön, dürfte sich unterfangen,
hierin alle früheren Rivalinen schlagen zu wollen. Dabei hatte
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572
die meteorologische Warte das für Hamburg so seltene präch¬
tigste Herbstwetter besorgt, so dass die Stadt gleich bei der
ersten Veranstaltung des Blumencorsos auf der schimmernden
Alster am Sonntag Nachmittags (22. IX.) die Bewunderung
und das Entzücken der Tausende von schauenden Gästen wach¬
rufen konnte. Kaum hatte alsdann die intensive Geistesarbeit
eingesetzt, da erwies sich die Gastgeberin zugleich als fürsorg¬
liche Mütter: So bewirthete sie schon am Dienstag Abend (24. IX.)
den einen Theil der Gäste in den Festräumen des Rathhauses
und dem anderen Theile hatte sie gastliche Tafel bei der
handelsmächtigen Hamburg-Amerika -Paketf ah r t-
Gesellschaft besorgt. Diese letztere entführte ihre ca.
tausend „Naturforscher“ nach dreien ihrer grossen Ozean¬
dampfer, die zufällig gerade im Hafen lagen: In dem zum
prunkvollen Speisesaal umgewandelten Zwischendeck fand sich
die unübersehbare Tafelrunde zu ausgewähltem Mahle zusammen,
und als sie sich hernach in die übrigen Räume des Colosses
zerstreute und über das Promenadedeck ergoss, Warteten ihrer
alle die für den Binnenländer so interessanten Details der Ein¬
richtung eines solchen Luxus- oder Auswandererschiffes. In¬
sonderheit der Blick von der Rampe des oberen Promenade¬
decks aus über den lichterbesäeten Hafen und den dunklen
Mastenwald hin dürfte allen unvergesslich bleiben.
Hamburg besitzt sodann Institute, auf die es stolz sein
kann, so seine Krankenhäuser, hygienischen Institute, Heilstätte
für Lungenkranke, Begräbnisstätten (Ohlsdorf), Wasserfiltration
auf der Kaltenhofe, Schlacht- und Viehhofanlagen, Verbren-
nungs- und Desinfektionsanstalten, das Naturhistorische Museum,
zoologischer und botanischer Garten, Theater; sie alle standen'
für den Besuch der Congresstheilnehmer offen und mit diesen
öffentlichen Einrichtungen wetteiferten in gastfreundschaftlichem
Entgegenkommen die grossartigen Privatetablissements, so die
Werft von Bio hm & Voss, Kunstvereine etc. Für die
Besichtigung der Scblachthof- und Viehmarktanlagen war in
unserem SektioDsprogramm ein eigener Vormittag angetzt worden,
und unter der liebenswürdigen Führung der Herren Polizei¬
thierärzte Kühn au, Knese und Dr. Stoedter bot sich’
daher reichliche Gelegenheit, diese mustergültigen Anlagen,
wie den Centralviehmarkt, die Schlachthöfe, das Kühlhaus, den
Conturaazschuppen, den Viehhof „Sternschanze“, in Augenschein
zu nehmen. (Mittwoch, den 25. IX.).
Schliesslich (Freitag, den 27. IX.) sollten wir die Stadt
auch noch in ihrer Machtfülle kennen lernen, als Handels¬
metropole, als Königin der Meere, als welche sie nur über
London und New-York noch nicht gesiegt hat. Die
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573
Ru ndfahrt durch sämmtliche Hafenanlagen,
wobei alle Schiffe im Schmucke der „Beflaggung bis über die
Toppen“ standen, enthüllte dem Auge ein Bild von unbeschreib¬
licher Grossartigkeit. Die Rundfahrt setzte sich in einem
Dampferausflug nach dem lieblichen Blankenese fort und
die Rückfahrt von hier am Abende nach eingetretener Dunkel¬
heit gestaltete sich zu einer Art von Triumphzug für die
Dampferflotte, welche die Gäste wieder elbeaufwärts zur gast¬
lichen Stadt führte. Die stattlichen Schiffe selbst fuhren
inmitten eines Schwarmes festlich beleuchteter, das Geleite
gebender Privatboote und so ging es vorüber an dem vom
magischen Glanze künstlicher Lichteffekte feenhaft überstrahlten
Ufer und zurück zum Hafen, der nun unter dem Einflüsse
seines Nachtzaubers die Phantasie mit einem Bilde von un¬
heimlicher Majetät erfüllte. Es war eine märchenhafte Nacht.
Tags darauf (Samstag, den 28. IX.) nahm man Abschied
von der Stadt. Die vorgesehenen grösseren Ausflüge führten
die nun getrennte Schaar der Congresstheilnehmer theils nach
Kiel und Lübeck, theils auf Dampfern des Nord-
d e u t 8 c h e n Lloyd zu erheblich ermässigten Preisen nach
unserm kleinen, aber idyllisch schönen Helgoland. Die
so trotzig inmitten der stürmischen Nordsee ihren Platz be¬
hauptende Insel mit dem „grünen Land, der roten Kant und
dem weissen Sand“ hat es wohl mehr als einem der Besucher
angethan.
So fand die Arbeitswoche einen schönen Abschluss. Die
Theilnehmer kehrten mit mannigfachen Geistesschätzen und
mit herrlichen Erinnerungen bereichert zur Heimath zurück.
Und hiezu gab die Stadt jedem Congressmitgliede noch werth¬
volle Andenken mit: Ein über 600 Seiten umfassendes
Prachtwerk: „Hamburg in naturwissenschaft¬
licher und medizinischer Beziehung“ ward vom
E. H. Senat gewidmet; das Medizinalcollegium spendete den
ärztlichen Theilnehmern eine stolze Publikation: „die Ge¬
sundheitsverhältnisse Hamburgs im 19. Jahr¬
hundert“; und eine weitere Arbeit: „dieallgemeinen
Krankenhäuser etc*“ als Band der Jahrbücher wurde
vom Krankenhaus-Collegium als Geschenk übermittelt. Ein
praktischer Führer durch H. und ein Lieder¬
buch sind vom Festausschüsse obigen Gaben angefügt worden;
und endlich soll auch des silbernen Festzeichens, in
der Hamburger Münze geprägt, untfer den werthvollen Er¬
innerungszeichen nicht vergessen werden.
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Notiz« Am 20. November fand in den Räumen des Münchener
Kindl-Kellers eine Versammlung der Studirenden der Universität, der
technischen and thierärztlichen Hochschale statt, welcher eine grosse Zahl
Professoren der genannten drei Hochschulen anwohnten. Die Versammlung
gab einstimmig eine energische Protesterklärung ab gegen die beleidigenden
Aeusserungen des englischen Ministers Ghamberlain über die deutsche
Kriegsführung und Manneszucht. A.
Maul* und Klauenseuche in Schlacht- und Yiehhöfen. .
Es ist gemeldet: am 12. November der Ausbrucb zu Mainz; am
13. November das Erlöschen zu Mainz.
Personalien.
An der thierärztlichen Hochschule München haben das Approbations-
examen bestanden die Herren: Fröhlich Alphons aus München, Wildt
Rudolph aus München und Loy Karl aus Landshut.
Seüsa.im.tzna.clx'ULns'.
Erledigt die Stelle des Bezirksthierarztes für das Bezirks¬
amt Esehenbach. Bewerber um diese Stelle haben ihre vorschrifts-
mässig belegten Gesuche bis
14. Dezember 1901
bei den ihnen Vorgesetzten k. Kreisregierungen, Kammern des Innern, ein¬
zureichen.
Regensburg, den 14. November 1901.
K. Regierung der Oberpfalz und you Regensburg,
Kammer des Innern.
gez. v. Lutz.
^£ergrentlieirci-
Erledigte Distrikts- und Stadt-Thierarztstelle.
Die Stelle des Distrikts- und Stadtthierarztes in Breglingen ist
in Folge Erkrankung des seitherigen Inhabers sofort neu zu besetzen.
Derselbe bezieht jährlich an Wartgeld von der Amtskorporation Mergent¬
heim 450 Mark und von der Stadtgemeinde Breglingen einschliesslich der
Belohnung für die örtliche Vieh- und Fleischbeschau daselbst und für die
thierärztliohe Berathung der Gemeinden des oberen Bezirks 267 Mark.
Hiezu kommen noch die Gebühren für die Vornahme der Schafschsu im
oberen Bezirk. Die Ausübung der thierärztliohen Praxis ist ihm freigegeben.
Bewerber um diese Stelle wollen ihre mit Zeugnissen belegten Meld¬
ungen bis zum 1. Dezember ds. Js. hieher einreichen.
Mergentheim, den 20. November 1901.
K. OToerstro/t-
Hüffner.
HW K. Bezirksthierarzt Brachinger—Schweinfurt
Bucht zum sofortigen Eintritt einen approbirten Herrn als
Assistenten auf längere Zeit, der womöglich schon vertreten hat. Rad¬
fahrer bevorzugt. Fuhrwerk zur Verfügung. 2
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Approbirter Thierarzt
zur Uebernahme einer guten Praxis mit Fixum sofort gesucht*
Offerten an die Exped. d. Bl. 2 ( 2 )
Uebernehme 2 (2)
Vertretung oder Assistenz *"UU
am liebsten auf längere Zeit. Offerten mit G^haltaangabe bittet man zu
richten an: Herrn. K$hl, Bensheim (Hessen).
bei Innerer Anwendung durchaus bewährtes Mittel gegen
die Durchfalle von Pferden, Kuben, Rindern, Kälbern, Schweinen
und gegen Hundestaupe.
Insbesondere wirksam gegen die Durchfälle der Sangkälber.
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praxis in tausenden von Fällen erprobtes Wundlieilmittel.
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576
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für
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albrecht und Ph. J. Oöring.
45. Jahrgang. München, den 3. Dezember IDOL. Nr. 49*
Inhalt: Prof. Dr. Dieckerhoff, Ueber die der Pferde-Influenza zugerechneten
einzelnen Krankheiten des Pferdes. Schluss. — Deinhard, Ätresia
Uteri congenitalis. — Gelenkverletzung beim Pferde. — Versammlung
der Thierärzte des Chiemgaues. — Referat. — Böcherschau. —
Personalien. — Viehseuchen-Nachrichten. — Inserate.
Ueber die der Pferde-Influenza zugerechneten einzelnen
Krankheiten des Pferdes.')
Von Professor Dr. Dieckerhoff zu Berlin.
(Schluss.)
1. Di e Brustseuche ist eine typisch verlaufende
fibrinöse Pneumonie und Pneumo-Pleuresie. Sie kennzeichnet
sich als eine acute Phlegmone, die sich regelmässig mit
hämorrhagischen Lungeninfarkten verbindet, aber nicht zur
Eiterung führt. Die Krankheit ist auch unter dem Namen
der echten (genuinen) Lungenentzündung bekannt und kann
als eine erysipelatöse Phlegmone (Erysipelas phiegmonosum)
definirt werden. Wenn man von den hämorrhagischen Lungen¬
infarkten mit ihren Folgen absieht, so lassen "sich die anato- ’
mischen Merkmale des entzündlichen Processes ilu den Lungen
mit der Phlegmone des Unterschenkels (Einschuss] beim Pferde
und mit der phlegmonösen Mauke vergleichen. Diese acuten
und infectiösen Entzündungen der Subcutis sind bekanntlich
auch nicht eitriger Natur. Bei denselben kommt es wie bei
der genuinen Lungenentzündung der Pferde zur Abscess-
bildung nur in Ausuahmefällen, die so selten sind, dass sie
2 ) Vortrag, gehalten auf der 53. Versammlung de« Vereins mecklen¬
burgischer Thierärzte in Rostock.
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578
für die Definition der Krankheit unberücksichtigt bleiben
können.
Hinsichtlich der Ansteckungsfähigkeit verhält sich die
Brustseuche sehr verschieden. Seit vielen Jahrzehnten ist
bekannt, dass zuweilen ein grösserer Pferdebestand mehrere
Monate hindurch von der Krankheit nicht befreit wird. Ebenso
bekannt ist aber auch, dass mitunter von einer grösseren
Zahl von Pferden, die in einem Stalle stehen, die Krankheit
nur ein oder einige Thiere befällt, obschon es zur Ansteckung
an Gelegenheit nicht mangelt.
Verschieden ist auch die Entwicklungszeit der Krankheit,
auf welche die Mitwirkung von Hilfsursachen (Erkältung, An¬
strengung, Ermüdung auf längeren Transporten) von wesent¬
lichem Einflüsse sein kann.
Die Diagnose ist von dem allgemeinen und localen
Befunde abhängig; von entscheidendem Werthe sind die
nachweisbaren krankhaften Zustände in den Lungen. Es
gibt zwar Fälle, in welchen sich die Pneumonie erst am
2.—3. Krankheitstage durch die Auscultation und Percussion
der Brustorgane mit Sicherheit erkennen lässt. Trotzdem
ist grundsätzlich festzuhalten, dass, wenn bei der physikalischen
Untersuchung die Symptome der Pneumonie sich nicht be-
merklich machen, aus den allgemeinen Erscheinungen auf das
Vorhandensein der Brustseuche nicht mit Sicherheit geschlossen
werden kann.
2. Die Pferdestaupe (Leuma), die seit einem
Jahre in Deutschland wieder in grosser Verbreitung herrscht,
hat bekanntlich in den wesentlichsten allgemeinen Eigen¬
schaften eine grosse Aehnlichkeit mit der Influenza des
Menschen. Dass aber beide Krankheiten nicht identisch sind,
folgt aus der Thatsache, dass Personen sich durch unmittel¬
bare und anhaltende Berührung mit leumakranken Pferden
nicht inficiren. Es ist auch niemals beobachtet worden, dass
die Influenza des Menschen auf ein Pferd übertragen sei.
Nicht in allen Krankheitsfällen zeigen sich sämmtliche
Symptome der Seuche. Mehr noch als bei anderen zusammen¬
gesetzten Krankheiten der Thiere wird bei der Leuma be¬
obachtet, dass in manchen Fällen einzelne Erscheinungen ganz
fehlen oder nur in sehr geringer Entwicklung bestehen. In-
dess wird hierdurch die Diagnose weniger erschwert als durch
die häufige Complication der Seuche mit einer Lungenent¬
zündung. Dieser Umstand hat bekanntlich die Autoren in
der Mitte des 19. Jahrhunderts veranlasst, die genuine
Lungenentzündung (Brustseuche) mit der Pferdestaupe zu
identificiren. Es wurde angenommen, dass in jedem Falle
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zunächst eine Verunreinigung des Blutes entstehe, welche in
einem fieberhaften Allgemeinleiden ihren Ausdruck finde, und
dass darauf die Störung sich in den Brust- oder Bauchorganen
localisire. Eine solche Localisation sollte in den Lungen mit
Einschluss der Pleura am häufigsten geschehen (pneumo¬
nische, pleuritische oder pectorale Form der Influenza). Ich
will nicht in Abrede stellen, dass man berechtigt war, von
Formen der Pferdeseuche zu sprechen, namentlich wenn die
an derselben erkrankten Pferde gleichzeitig von einer Lungen¬
entzündung oder von anderen Complicationen betroffen wur¬
den. Aber es handelt sich in den gedachten Fällen von
Lungenentzündung niemals um einen Niederschlag der im
Blute befindlichen impuren Stoffe in die Lungen, sondern
lediglich um die Ausbildung einer acuten Entzündung, welche
durch die Anhäufung des Blutes, die ödematöse Infiltration
und die hämorrhagische Infarcirung der Lungen herbeigeführt
wird. Am meisten entsteht die Lungenentzündung als Compli-
cation dieser Pferdeseucbe, wenn das Pferd im Initial¬
stadium der Erkrankung zu einer anstrengenden Arbeit heran¬
gezogen wird.
Auch bei der Influenza des Menschen tritt sehr häufig
eine acute Pneumonie als Complication auf. Bemerkenswerth
ist aber das abweichende Verhalten dieser Pneumonie von
derjenigen, welche sich bei den an der Leuma erkrankten
Pferden oft entwickelt. Während die Influenza-Pneumonie
des Menschen sich regelmässig als eine catarrhalische Ent¬
zündung kennzeichnet, hat die Leuma-Pneumonie des Pferdes
in den meisten Fällen einen hämorrhagischen und fibrinösen
Charakter. Dieser Umstand erschwert sehr oft die Aufgabe
des Thierarztes, die Brustseuche und die Pferdestaupe aus¬
einander zu halten. Auf denselben dürfte auch die oft aus¬
gesprochene irrthümliche Behauptung zurückzuführen sein,
dass in einem grösseren Pferdebestand viele Pferde gleich¬
zeitig von der Leuma und von der Brustseucbe ergriffen
worden seien.
Die wichtigsten Motive für die Diagnose geben die
Krankheitssymptome, unter diesen besonders die ödematöse
Schwellung der Subcutis und der Conjunctiva, sowie die
allgemeine Schwäche des kranken Pferdes. Bei den in
geringem Grade afficirten Pferden fehlen aber die ödematösen
Schwellungen sehr oft. Leicht verständlich ist, dass die
Verbreitung der Seuche auf die in der Nachbarschaft stehen¬
den Pferde für die Diagnose einen grossen Werth hat. Nicht
minder kann in der nachweisbaren Herkunft des kranken
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Pferdes aus einem verseuchten Bestände ein wesentliches diag¬
nostisches Moment liegen
Den Krankheitserreger aufzufinden und zu cultiviren ist
der bacteriologischen Forschung bis jetzt dicht gelungen.
Dass die Pathogenese der Seuche viel Analogie mit der
Rinderpest darbietet, dass ferner der Ansteckungsstoff auch
im Blute vorhanden ist und mit der Blutcirculation in alle
Organe des Körpers gelangt, habe ich schon in meiner Mono¬
graphie 1882 nachgewiesen. Durch subcutane und intra¬
venöse Injection des Blutes von einem leumakranken Pferde
kann man die Seuche auf ein gesundes Pferd übertragen.
Aber in der gewöhnlichen Praxis lässt sich dies Mittel zur
Sicherstellung der Diagnose nicht anwenden. Es bleibt daher
nur die besondere Rücksicht auf die Symptome übrig, deren
Zustandekommen durch die im Blute circulirenden specifischen
Toxine herbeigeführt wird; ihre bedingende Ursache beruht
im Wesentlichen auf einer Paresis der vasomotorischen Apparate
in den Blutgefässen verschiedener Organe.
3. Die Scalma kommt nur in einzelnen Stallungen
vor, befällt aber zuweilen längere Zeit hindurch alle durch
Zukauf beschafften und eingestellten fremden Pferde. Während
die Leuma eine „Landseuche“ und die genuine Pneumonie
oder Brustseuche eine „Ortsseuche“ darstellt, characterisirt
sich die Scalma als eine „Stallseuche“. Wenn die letztere
aber einmal herrscht, ist sie schwer auszurotten. Ich habe
z. B. beobachtet, dass seit vielen Jahren in den Stallungen
einer grossen Brauerei trotz wiederholter und gründlicher
Desinfection die Scalma immer wieder die meisten der neu
zugekauften Pferde befiel. Da die frisch eingestellten Handels¬
pferde vorzugsweise von der Seuche ergriffen werden, so
bilden sich manche Besitzer und besonders die thierärztlichen
Pfuscher ein, dass die Thiere deshalb erkranken müssten,
weil sie sich an die neuen Verhältnisse noch nicht gewöhnt
hätten; die Erkrankung sei ein Acclimatisationsfieber.
Die Krankheit ist fieberhafter Natur, aber von sehr un¬
gleichem Verlaufe. Vorübergehend kann das Fieber ,nach-
lassen. Es stellt sich aber nach anstrengendem Gebrauche
der Thiere von Neuem ein. Der gesammte Verlauf der
Krankheit dehnt sich nicht selten auf mehr als zwei Monate
aus. Bei sorgfältiger Pflege genesen die meisten scalma-
kranken Pferde vollständig. Die Behandlung lässt sich nur
nach symptomatischen Indicationen bestimmen. Es ist mir
bis jetzt nicht gelungen ein Mittel aufzufinden, dessen An¬
wendung den Verlauf der Krankheit abzuschneiden vermöchte.
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581
4. Der acute ansteckende Ke hlkopfcatarrh
des Pferdes (infectiöser Catarrh der Luftwege).
Diese Krankheit kommt in den grösseren Pferdebeständen,
namentlich unter den Militärpferden zuweilen zum Ausbruch.
Sie ist auch iü der thierärztlichen Litteratur mehrfach be¬
schrieben worden. Ich habe dieselbe wiederholt in grösseren
Pferdebeständen beobachtet. Sie setzt mit Fieber, starkem
Hustenreiz und Schmerzempfindung im Kehlkopf ein. Das
Fieber verliert sich nach 1 bis 2 Tagen, aber die Reiz¬
barkeit des Kehlkopfes erhält sich oft zehn bis vierzehn Tage
hindurch. Der lästige Husten beeinträchtigt auch bis zu
seiner Abheilung den Dienstgebrauch der Reitpferde. Dauernde
Nachtheile hat aber die Krankheit im Uebrigen nicht.
5. Die infectiöse Schlundkopfentzündung.
Mit diesem Namen soll nicht die durch Erkältung und die im
Verlaufe der Druse herbeigeführte Entzündung der Rachen¬
schleimhaut bezeichnet sein, obwohl es sich bekanntlich auch
bei diesen Krankheiten um eine Infection handelt. Ich habe
vielmehr die Krankheitsfälle im Sinn, bei welchen das Pferd
eine leichte fieberhafte Steigerung der Körpertemperatur,
geringe Pulsfrequenz, allgemeine Ermüdung und Schluck¬
beschwerden bei der Aufnahme des Trinkwassers bekundet,
auch wenig Appetit auf Futter hat und beim Druck auf den
Schlundkopf Schmerzempfindung zu erkennen gibt. Diese Er¬
krankung des Pferdes kommt nur vereinzelt vor. Ich habe
dieselbe in meiner Klinik wiederholt constatirt bei Pferden,
welche die Leuma mit regelmässigem Verlaufe überstanden
hatten. Die Dauer der Affection dehnt sich auf zehn bis
fünfzehn Tage aus. Da die Pferde aber keine Athembeschwerde
zeigen, so empfiehlt sich die exspectative Behandlung. Sämmt-
liche Fälle, die ich behandelte, heilten bei guter Pflege der
Pferde vollständig ab.
6. Der endemische Husten der Pferde. Auf
einer durch miasmatische Einflüsse bedingten krankhaften
oberflächlichen Reizung der Kehlkopfschleimhaut beruht der
chronische Husten, der von den Rennstallbesitzern besonders
gefürchtet wird. Denn die Rennpferde verlieren durch diese
Erkrankung erheblich an Energie und können deshalb nicht
laufen. Im Uebrigen ist dieser Husten nicht lebensgefährlich.
Die Dauer desselben kann sich aber auf zwei bis vier Monate
erstrecken. Zuweilen erfolgt die Abheilung auch früher.
Junge Vollblutpferde, welche zum Trainiren nach den Ort¬
schaften gebracht werden, in welchen unter den Pferden der
chronische Husten herrscht, werden von der Affection ge¬
wöhnlich ergriffen. Dass aber das Leiden durch eine vorüber-
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582
gehende Berührung zwischen kranken und gesunden Pferden
sich übertrage, wird nicht beobachtet. Wegen seines infec-
tiösen Characters und der jahrelangen Erhaltung der Ursachen
des chronischen Hustens in den einmal verseuchten Stallungen
wird von den meisten Sportsmen und Trainern die Zu¬
gehörigkeit desselben zur Pferdeinfluenza angenommen. Viele
Interessenten der Rennställe pflegen zu sagen: „Die Affection
hat etwas influenzaartiges an sich“. In Wirklichkeit steht
aber die Krankheit weder mit der Brustseuche noch mit der
Pferdestaupe in causalem Zusammenhänge. Zur Behandlung
der an chronischem Husten leidenden Pferde dient die ener¬
gische Ventilation des Stallraums und thunlichst die Unter¬
bringung der Thiere in einem hochgelegenen Stalle. Auch
die täglich zu wiederholende Desinfection mit Formalindämpfen
wird vielfach gerühmt.
Bei der seit beinahe hundert Jahren in der thierärztlichen
Litteratur hervorgetretenen und unter den Pferdebesitzern
auch jetzt noch herrschenden Neigung, die in ihrer Aetiologie
unklaren fieberhaften Allgemeinaffectionen des Pferdes denn
Influenzabegriff zu unterstellen, dürfte es schwierig sein, die
in ihren Grundzügen hier vorgetragene Unterscheidung von
sechs selbständigen Infectionskrankheiten des Pferdes zur all¬
gemeinen Anerkennung zu bringen. Nichtsdestoweniger sollten
sich die Thierärzte der Aufgabe nicht entziehen, diese Krank¬
heiten nach ihren besonderen Eigenschaften sorgfältig zu be¬
achten. Denn aus der Kenntniss ihrer Unterschiede ergeben
sich für die Prognose sowie für die Therapie wesentliche
Momente. Allerdings erschwert sich die Aufgabe dadurch,
dass diese Krankheiten nicht allmonatlich oder alljährlich
unter den Pferden sich zeigen, auch in manchen Gegenden
so gut wie garnicht Vorkommen. Selbst in grossen Städten
pflegt die eine oder die andere von den hier beschriebenen
sechs Krankheiten gewöhnlich nur einige Monate sich zu er¬
halten oder ein Jahr hindurch und dann wieder für längere
Zeit nicht mehr aufzutreten. Trotzdem bin ich der Ueber-
zeugung, dass bei sorgfältiger und objectiver Prüfung der
Krankheitsfälle sich die Diagnose mit genügender Sicherheit
durchführen lässt.
Atresia Uteri congenitalis.
Von Bezirksthierarzt D e i n h ar d , Krumbaob.
Eine Kalbin, die wegen Nichtträchtigkeit gemästet worden
war, litt seit einigen Tagen an Harnbeschwerden, die sich so
verstärkten, dass thierärztliche Hilfe in Anspruch genommen
werden musste. Eine Untersuchung durch die Scheide konnte
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583
nicht vorgenommen werden, da der Scheideneingang voll¬
ständig verschlossen war und kaum noch ein Katheter eingeführt
werden konnte. Eine Einführung des Instrumentes in die
Harnröhre war unmöglich. Die Rektaluntersuchung, bei der
das Thier sich wie rasend geberdete, ergab eine Füllung der
Harnblase ad maximum, die so bedrohlich schien, dass jeden
Augenblick eine Berstung bei der Unruhe des Thieres zu
befürchten war. Da das Rind ohnehin fett war und bald ge¬
schlachtet werden sollte, liess ich es sofort schlachten. Die
Obduktion ergab, dass die Blase jedenfalls beim Zusammen¬
stürzen geborsten war. Die Harnröhre war so obliterirt,'
dass keine Stricknadel hindurchzuführen war. Ein Tragsack
wat nur rudimentär vorhanden; desgleichen waren die Scheiden¬
wände, in ihrer ganzen Ausdehnung vollständig verwachsen.
Wir haben es jedenfalls mit einer congenitalen Atresie des
Uteruskanales zu thun, in deren Gefolge auch die Harnröhre
nahezu ganz obliterirte.
Gelenkverletzung beim Pferde.
Yon Bezirksthierarzt Deinhard, Krambach.
In einem Falle waren bei einer ungemein heftigen Parade
bei einer Thalfahrt einem jüngeren Pferde die radialen Seiten-
bänder des Röthengelenkes des linken Hinterfusses vollständig
gerissen worden und die Gelenkenden so getrennt, dass das
Fussende scheinbar bloss noch an der Haut aufgehängt war.
Trotz der Aussichtslosigkeit auf Wiederherstellung des nicht
besonders werthvollen Thieres entschloss ich mich auf Bitten
des Besitzers, dem ich die lange Dauer der Krankheit in
Aussicht stellte, einen Contentivverband anzulegen, indem
ich das Fussende durch gekreuzte Gurtenstücke in den Gips¬
verband mit hinein zu fixiren versuchte. Das Thier hielt sich
wochenlang ganz vorzüglich in einer Hängematte und nach
Abfluss von nicht ganz drei Monaten war die Heilung soweit
vorgeschritten, dass das Pferd mit allerdings noch etwas
steifem Fesselgelenk benützt werden konnte.
Versammlung der Thierärzte des Chiemgaues.
Die auf den 24. November a. c. nach Traunstein ein-
berufene Versammlung der Thierärzte des Chiemgaues, zu
welcher dreizehn Collegen erschienen waren, nahm trotz der
ominösen Zahl „dreizehn“ einen äusserst animirten Verlauf.
Es ist dies umsomehr zu begrüssen, als solche Gau-
versaramlungen welche sich in den übrigen Regierungsbezirken
so gut eingebürgert haben, bisher in Oberbayern fehlten.
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584
Das zur Debatte gestellte Thema „Seuchenhaftes Vei>
werfen beim Rindvieh“ gab zu einer lebhaften Diskussion
'Veranlassung, in deren Verlaufeinsbesondere College Reind 1
seine reichen Erfahrungen und seine Behandlungsmethode er¬
örterte. Die sämmtlichen Collegen waren darüber einig, dass
die hauptsächlich von Professor Ostertag vertretene Ansicht,
dass die Seuche zumeist nur durch den Bullen verbreitet wird
(cf. Nr. 27, Schriften des Deutschen Milchwirthschaftlichen
Vereines), nicht zutrifft, nachdem erwiesen ist, dass in vielen
Fällen selbst schon bei vierteljährigen weiblichen Thieren die
krankhaften Veränderungen, wie solche im Verlaufe der
Seuche auftraten, in der Scheide nachzuweisen sind. Ausser¬
dem wurde auch ein ganz instruktiver Fall erörtert, nämlich
dass die Seuche in einem vorher in dieser Richtung voll¬
ständig gesunden Viehbestände, dessen Bullen für fremde
Thiere nie benützt worden, durch trächtige Kalbinuen ein¬
geschleppt wurde, welche aus einem Stalle kamen, in welchem
seuchenhaftes Verwerfen ausgebrochen war. Die vorhandenen
Bullen sind mit den neu eingestellten Kalbinnen in gar keine
Berührung gekommen.
Dieser Fall beweist also klar, dass die Seuche ohne
Vermittelung der Bullen weiter verbreitet wurde.
Des Weiteren wurde auch die Heilung der Maul- uud
Klauenseuche nach der „Methode Baccelli“ besprochen und
es gewann die Ansicht die Oberhand, hier eine zuwartende
Stellung einzunehmen.
Zum Schlüsse wurde der allseitige Wunsch bekundet,
die Gauversammlung in einem vierteljährigen Turnus ab¬
zuhalten, und wollen wir nur hoffen, dass der thatkräftige
Zug, der jetzt vorhanden ist, nie erlahmen möge.
Die nächsten Versammlungsorte werden jeweils in der
Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht bekannt ge¬
geben. 1. A.: Nopitsch.
Referate.
Die bayerische Landes-Pferdeversicherungsanstalt um-
fasst bereits 306 Pferdeversicherungsvereine. Die meisten
dieser Vereine erstrecken sich über ganze Amtsbezirke. Das
Versicherungskapital beziffert sich auf 17 Millionen. Im
Verlaufe des ersten Geschäftsjahres wurden mit einer Summe
von 338,221 Mk. 908 Pferdeverluste entschädigt. An Kolik
verendeten 258 Pferde, an Hämoglobinämie 39, an Druse 30,
an Gehirnentzündung 107, an Lungenkrankheiten 29 Pferde.
In Folge von Hufkrankheiten traten 65, durch Schlagen,
Stürzen und andere Unglücksfälle 297 Verluste ein. A.
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585
Zur chirurgischen Behandlung der traumatischen Peri-
carditis. In einer interessanten Studie bespricht Moussu
die Möglichkeit und Rentabilität eines operativen Eingriffs
bei der exsudativen Herzbeutelentzündung des Rindes —
nicht zu kurativen Zwecken, sondern um eine bestmögliche
Yerwerthung des Fleisches der zu schlachtenden Thiere zu
erzielen. Er geht davon^aus, dass in Folge der regelmässig
vorhandenen Oedeme und serösen Infiltrationen das Fleisch
als höchst unappetitlich und zumeist als hochgradig verdorben
zu erachten sei, während dasselbe dem Metzger überlassen
werden könne, wenn es gelänge, die Stauungsprodukte vor
dem Schlachten zum Verschwinden, d. h. zur Resorption zu
bringen. Da nun die Oedeme und Infiltrationen eine Folge
des auf dem Herzen, speciell den Vorkammern lastenden
Exsudats sind, kalkulirte Moussu, dass durch die Entleerung
desselben mittelst Punktion oder Incision des Herzbeutels die
Cirkulation wieder frei und die Stauungserscheinungen be¬
hoben werden könnten.
So einfach nun die Ausführung theoretisch erschien, so
schwierig gestaltete sich dieselbe in der That. Sowohl nach
der Punktion wie nach der Incision des Pericards durch die
Brustwand hatte M. jedes Mal Misserfolge, die zweifellos durch
sekundäre septische Pleuritis verursacht waren. Auch der
Versuch der Entleerung der Flüssigkeitsansammlung im Herz¬
beutel nach Trepanation des Brustbeins erwies sich als praktisch
undurchführbar.
Erst folgende Methode führte zu günstigem Ausgang und
zur Erreichung des gesteckten Zieles. Etwas links von der
Medianlinie, in dem Ausschnitt zwischen dem durch die falschen
Rippen gebildeten Bogen und dem Hals des Schaufelknorpels
wird eine ca. 20 cm lange tiefe Incision durch den ganzen
Brustboden gemacht, bis mit dem Finger der direkt darauf¬
liegende, meist prall gefüllte Herzbeutel zu fühlen ist. Nun
wird dem Finger entlang ein mindestens 25 cm langer und
5 mm breiter Trokar in die Spitze des Herzbeutels schief
nach vorwärts und oben 3—4 cm tief eingestossen und durch
diesen das Exsudat in Mengen bis zu vier Liter abgelassen.
Der Erfolg ist eklatant und hält tage-, ja wochenlang
an. Die Oedeme verschwinden in Kürze, die Athmung wird
bedeutend leichter und der Appetit hebt sich auffallend. —
Da die krankmachende Ursache natürlich fortbesteht, kann
von einer anhaltenden Besserung keine Rede sein; immerhin
sei das Fleisch des einige Tage nach dem Eingriff geschlachteten
Thieres von augenfällig besserer Qualität als zuvor.
(Rec. de med. v6t. 15. Ang. 1901.)
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586
Sarcom im Oünndarm des Pferdes mit Lymphangitis und
Erkrankung der Mesenterialdrüsen, ln der Wand des Dünn¬
darms sass eine gestreckte, ovale platte Geschwulst; die ent¬
sprechenden Lymphdrüsen sind bis zum Umfang eines Kopfes
vergrössert, sehr hart und knotig. Die Lymphgefässe präsen-
tiren sich als weissliche, unter sich anastomosirende, harte,
rosenkranzförmige Stränge, welche die Neubildung im Darm
mit den veränderten Drüsen verbinden. Die nähere Unter¬
suchung ergab nicht etwa, wie man vermuthet hatte, einen
Epithelkrebs, sondern ein Rundzellensarkom.
(Petit, Reeueil 30. Juni 1901.)
Schmidt—Kulmbach Und Dr. Simader.
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Praktische Ziegenzucht. Anleitung zur Zucht, Ernährung,
Pflege und Behandlung der Hausziege von A. Lang, gross-
herzogl. Landwirthschaftslehrer in Darmstadt. Mit 2$ Text¬
abbildungen. Preis 50 Pfg. Leipzig 1901. Verlagsbuchhandlung
Richard Carl Schmidt & Co.
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schaftlichen Betriebe, besonders für ärmere Gegenden, hat sich in
den letzten Jahren immer mehr und mehr Bahn gebrochen. Eine
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Drei Kapitel handeln über den Ziegenstall, die Erzeugnisse
der Ziegenzucht und Förderungsmittel derselben.
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den praktischen Ziegenzüchter vorzüglich geeignete Schrift sehr
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Personalien.
Der praktische Thierarzt Rudolf Artmann in Weilersbach, Be¬
zirksamts Kaiserslautern, ist nach Gelsenkirchen in Westfalen verzogen.
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587
Stand der Thierseuchen in Bayern am 19 . November 1901 .
a) Kotz (Wurm):
Schwaben} Augsburg 1 Gmd, (1 Geh.).
b) Maul- und K 1 a u e n - S e u c h ,e :
Oberbayern: 25 Gern.* (255 Geh.); Pfalz: 17 Gmd. (136
Geb.); Mittel franken: 12 Gmd. (175 Geh.); Unter¬
franken: 7 Gmd. (18 Geh.); Schwaben: 2 Gern. (3 Geb.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 1 Gern. (I Geb.); Unterfranken: 1 Gern.
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Digitized by v^ooQie
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M. Albrecht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 10. Dezember 1901. Nr. 50.
Inhalt: Pomayer, Eine wahrBoheinliche Vergiftung durch Runkelrüben¬
blätter. — Hubs, Therapeutische Mittheilungen. — Referate. —
Bücherschau. — Inserate.
Eine wahrscheinliche Vergiftung durch Runkel¬
rübenblätter.
Von Thierarzt Pomayer.
Der Bauer Br. in Landsberg a. L. verabreichte am
5. September seinen sechs Kühen mit der Morgenration (ge¬
mischte Fütterung) zum ersten Male als Zugabe Runkelrüben¬
blätter. Nach der Aufnahme standen die Thiere vom übrigen
Futter längere Zeit zurück. Mittags frassen wieder alle;
um 3 Uhr wurde nur bemerkt, dass eine mit chronischer
Indigestion behaftete Kuh „koppte tt , was aber, weil die Kuh
mit dieser Untugend behaftet war, weiter nicht auffiel. Um
5 Uhr wurde dieses Thier todt und eine trächtige Nachbarkuh
am Verenden gefunden. Eine dritte Kuh verweigerte bald
darauf das Futter (88 regelmässige, mittelstarke Pulsschläge,
25 Athemzüge per Minute, linke Flanke etwas aufgetrieben,
Peristaltik unterdrückt, über Koth und Harn konnte nichts
berichtet werden.) Die übrigen drei Kühe schienen gesund
zu sein.
Nach der Anamnese lag zweifellos Vergiftung durch die
Rübenblätter vor. Alle Thiere erhielten sogleich Mittelsalze
in Leinsamenschleim und wurden tüchtig mit warmem Essig
frottirt (mit Wiederholung). Am nächsten Vormittag war
die Gefahr beseitigt.
Die sofort vorgenommene Sektion ergab: Bei beiden
Thieren Gastro - Enteritis haemorrhagica (diffuse Capillar-
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590
blutungen, Labraagenschleimhaut dunkelroth, Chymus choko-
ladefarben, dünnflüssig); seröse Häute, die übrigen Organe,
Gehirn und Rückenmark in allen Theilen normal.
Die Rüben entstammten einem mit Gerbereiabfällen ver¬
setzten Düngerhaufen (1:6 mit Erde gemischt). Die Blätter
waren am Abend vorher eingebracht und zeigten sich in
keiner Weise’ verdorben. In hiesiger Gegeüd werden sie
selten verfüttert.
Anmerkung. Durch Vermittlung des Herrn Collegen Pomayer
erhielt ich 10,5 Pfund Rübenblätter der Sorte, von welchen die Kühe ge¬
fressen hatten, zugesandt.
Eine Ziege, 64 Pfund schwer, bekam die Blätter, an welchen weder
makro- noch mikroskopisch etwas Abnormes festzustellen war, innerhalb
zweier Tage als alleiniges Futter. Das Thier zeigte nicht die Spur von Krank-
.heitserscheinungen, insbesondere keine Digestionsstörungen (Diarrhoe etc.).
Eine zweite Ziege erhielt einen weingeistigen Auszug aus den
Rübenblättern als Einguss; auch diese Ziege blieb vollkommen gesund.
Wir halten es für zweifelhaft, ob die Rübenblätter Schuld an den
Erkrankungen waren. Albrecht.
Therapeutische Mittheilungen.
Bacillol. Als Antisepticum in der Wundbehandlung ist
1 °/ 0 Bacillol-Lösung genügend kräftig und ist mehrmaliges
Ausspritzen im Tage bei Wunden vorzunehmen. Die Aus¬
spritzung mit stärkeren Lösungen halte ich nicht für an¬
gebracht, vorausgesetzt, dass nicht eine Reizung des Granula¬
tionsgewebes beabsichtigt ist. Mit salbigen Constituentien
vermengt ist das Aufträgen auf Wunden, geschwürigen Stellen,
Geschwülsten, Abscessen etc. von guter Wirkung, weil es
auch mit Oelen gemischt hiebei verbraucht werden kann.
Die 1—2°/o Lösung in Wasser von der je nach Bedarf
nöthigen Temperatur ist klar, weshalb das Aseptischmachen
der Instrumente hierin anderen Lösungen von Desinfektions¬
mitteln vorzuziehen ist. Das Brennen der Hände nach An¬
wendung von Carbolsäure- oder Lysollösungen kommt hier
in Wegfall, ebenso das Schlöpfrigwerden der Instrumente
und Hände. Bei Retentio secundinarum, bei Uterusverletz-
ungem, Fluor albus und infectiösen Vaginitiden ist dasselbe
schon längere Zeit in Anwendung und kann ich Erfolge hie-
mit bestätigen. Die Vertriebsfirma Franz Sauder in Ham¬
burg stellt gerne Proben den Collegen zur Verfügung, so dass
weitere Versuche mit Freuden zu begrüssen und von Interesse
wären. (Huss, Distrikts-Thierarzt, Marktbreit.)
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591
Dermatol wurde mehrmals bei Gelenkwunden von Pferden
zur Anwendung gebracht und konnte rasche Heilung hiedurch
erzielt werden, zumal es nicht reizt wie Jodoform, anscheinend
rascher trocknet und nicht die übermässigen Granulationen er¬
zeugt wie letzteres. Die bei Gelenkwunden tieferer Art im
Ueberma8s bestehende Synovia-Absonderung, deren Sistirung
keineswegs rasch erfolgt, wurde im gegebenen Pall nach
einigen Tagen verändert und liess bald nach, so dass die
Umgebung der Wunde trocken erschien und der Wundkanal
sich bald schloss. Bei Druckschäden heftigen Grades mit
ziemlicher Sekretion kommt die trocknende Eigenschaft einer
Dermatol-Salbe oder eines derartigen Streupulvers zur vollen
Geltung.
Das Einblasen, resp. Aufstäuben von Dermatol bei Horn¬
hautaffektionen, Geschwüren, beim Vorhandensein nicht zu
alter Fleckchen und Sternchen auf der Cornea, bringt Hell¬
werden und Heilung. Einem grossen Hofhund, der sich von
der Kette befreit hatte, war eine tüchtige Ladung Vogeldunst
applicirt worden, und er war so in den Kopf getroffen worden,
dass beide Augen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es
waren auf dem einen Auge fünf, auf dem anderen sechs
Treffpunkte zu verzeichnen, die mehrfach fleckige Trübungen
auf der Cornea zurückliessen. Ich wollte Calomel anwenden,
wählte aber Dermatol, da ich dasselbe dem Hundebesitzer
wegen seiner Ungiftigkeit eher anvertrauen konnte. Die
täglichen Einstäubungen brachten schon nach drei Tagen eine
merkliche Aufhellung der Trübungen zu stände, die Conjunc¬
tivitis ging zurück, ebenso die Schwellung der Lider und in
verhältnissmässig kurzer Zeit waren die Hornhautverletzungen
verschwunden, beide Augen wurden wieder hell und klar.
(Derselbe.)
Tannoform, von dessen äusserlicher Anwendung ich hier
nicht sprechen will, bewährt sich bei Durchfällen der Pferde
und Kälber. Ich liess dasselbe mit Roth wein verabreichen
und gebrauche es hauptsächlich bei heftiger Diarrhoe der
Kälber und den vielfach unrichtigerweise als Kolikanfälle be¬
handelten profusen Darmkatarrhen der Pferde. In hoch¬
gradigen derartigen Fällen liess ich noch Opium beimengen.
In der geschilderten Art verwende ich jetzt Tanocolum veteri-
narium versuchsweise, das dem Tannoform sehr ähnlich sieht
und auch in denselben Fällen wie Tannoform gute Dienste
leistete. (Derselbe.)
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592
Sozojodol, d. h. Kal. sozojodolic. and Natr. sozojodolic.,
sowohl pur ‘als mit Borsäure, Amylum, Sacchar. lact. wurde
äusserlich des öfteren mit gutem Erfolg zur Anwendung ge¬
bracht und zwar bei stark sezernirenden Wunden mit reich¬
licher Eiteransammlung, bei acuten Katarrhen, Otitis interna,
Ekzem bei Hunden, Herpes tonsuxans, bei Rindern mit
einer Mischung von Vaselin auch an Stelle des nicht mehr
beliebten Jodoforms. (Derselbe.)
Referat«.
Nasenbluten. Desoubry berichtet, dass bei einer acht¬
jährigen Stute nach leichter Bewegung vor einem Coupe ohne
äussere Veranlassung plötzlich sehr heftiges Nasenbluten auf¬
getreten sei. Er wies nach, dass das Thier mit einer Aorten-
insufficienz behaftet war. Die Auskultation ergab kaum hör¬
baren zweiten Herzton, dagegen ein diastolisches Geräusch;
dabei war der Puls hüpfend. D. weist anschliessend auf
verschiedene andere Fälle hin, in welchen im Anschluss an
Herzaffektionen Nasenbluten beobachtet worden war. —
(Zweifelsohne sind Nasenblutungen nicht selten kardialen
Ursprungs. Zumeist aber handelt es sich dabei doch um
traumatische Läsionen, dann um tuberkulöse, gangränöse oder
rotzige Processe in den Nasen- und Kopfhöhlen. Auch bei
acuten und chronischen Lungenleiden beobachtet man Epi-
staxis, ferner bei Hunden, die mit Kropf behaftet sind. Bei
Pferden kommt das Blut häufig aus der Nasenschleimhaut,
aus Angiomen; öfters sieht man die Erscheinung bei Kon¬
gestionen nach anstrengender Arbeit, besonders in zu engen
Kummeten. Schliesslich ist Rhinorrhagie bei Infectionskrank-
heiten ab und zu erwähnt. Ref.).
(Reo. de m6d. v6t. 30. Juli 1901.)
lieber tuberkulöse Pericarditis beim Hunde. Nach Petit
(und bekanntlich auch nach Cadiot) ist die Tuberkulose des
Hundes ein sehr häufiges Vorkommniss. Sehr oft findet man
dabei auch das Pericardium befallen, nach Petit in ziemlich
der Hälfte aller Fälle. Jedoch kommt auch ab und zu pri¬
märe Tuberkulose des Herzbeutels vor. Dabei ist eine seröse,
eine hämorrhagische und eine adhäsive Form zu unterscheiden.
Eiterung wird nicht beobachtet.
(Recueil, 30. Juni 1901.)
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593
Noch ein Fall von subnormaler Temperatur. Ein Pferd
war durehgegangen und derart heftig an einen Baumstamm
angerannt, dass es bewusstlos liegen blieb. Nach Hause
transportirt, zeigte sich die Mastdarmtemperatur auf 33° 0.
gesunken. Sie stieg innerhalb zweier Tage, nach welchen
das Thier starb, wieder auf 37°. — (Bekanntlich beobachtet
man solche Collapstemperaturen gegen das tödtliche Ende
bei schweren Vergiftungen, bei Ikterus, Anämie und sonstigen
Leiden, besonders auch nach grossen Blutverlusten. Nach
Friedberger-Fröhner liegt die Minimalgrenze bis zu 20° unter
der Norm; bei Hungerversuchen an Thieren wurde von
Chossat festgestellt, dass die Temperatur sich bis um 16°
erniedrigte. D. Ref.)
(Guillemain & Cadix. (Recueil, 30. Aug. 1901.)
Fissur und Fraktur des Oberarms durch Muskelkon^
traktion. Ein Pferd hatte sich eines Tags vor einem schweren
Fuhrwerk sehr angestrengt, ohne dass sich aber zunächst
irgend welche Folgen zeigten. Trotzdem musste das Thier
sich hiebei eine Fissur des rechten Oberarmes zugezogen
haben, denn andern Tags entstand plötzlich während einer
leichten Bewegung ohne irgend eine Verlassung ein kompleter
Bruch. (Lagriffoul, Recueil, 30. Juni 1901.)
Behandlung von Hornspalten. Zur Behandlung von
Hornspalten hält man im Allgemeinen für wesentlich, dass
gesorgt wird für 1. Fixirung der Spaltränder, 2. Anregung
des Hornwachsthums, 3. Ausschneiden des Tragrands unter
der betreffenden Stelle. Peuch hält die unter 2 und 3 ge¬
nannten Punkte für bedeutungslos und kurirt seit zehn Jahren
mit bestem Erfolge Hornspalten nur durch Anwendung der
bekannten Fixirungsmethode der Spaltränder mittelst eines
Hufnagels. — (Auch Barrier empfiehlt das Verfahren als
das Beste zur Zeit existirende in seinem Referat obiger Ab¬
handlung im Recueil. D. Ref.)
(Journal de möd. vet. et de zoot. Dec. 1900.)
Schmidt—Kulmbach und Dr. Simader.
Hirschfeld: lieber die Entstehung der Blutplättchen
(Virchows Archiv Bd. 166, H. 2). H. stellte eingehende
Untersuchungen über diese Frage an, aus welchen er die
folgenden Schlüsse zieht:
1. Die Blutplättchen entstehen zweifellos aus den rothen
Blutkörperchen;
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2. immer nur eine beschränkte Zahl der letzteren liefert
das Material zur Plättchenbildung;
3. diese Plättchen entstehen im Innern einzelner Erythro-
cyten, wo sie als endoglobuläre Plättchen, eventuell
in mehrfacher Zahl in der Mitte der Zelle liegen und
das Centrum der Delle einnehmen;
4. diese endoglobulären Plättchen verlassen an einer,
seltener an zwei oder mehreren Stellen der Blut¬
körperchen durch ein in dessen peripherischer Um¬
hüllung entstehendes Loch und werden so zu freien
Blutplättchen;
5. Die Entstehung von den Blutplättchen ähnlichen Ge¬
bilden aus Leucocyten steht fest, kommt aber im nor¬
malen Blute selten vor, häufiger im leukämischen.
Deetjen (Virchows Archiv Bd. 164, 2. H.) behauptet,
die Blutplättchen seien vollwerthige aus Kern und Proto-
plasmen bestehende Zellen, welche einer amöboiden Bewegung
fähig seien.
Hirschfeld kann die amöboide Bewegung der Plättchen
bestätigen, doch fand er dieselbe sehr träge; von der Exi¬
stenz eines Kernes und eines Zellleibs konnte sich H. indes
bisher nicht überzeugen.
Milchmelasse, ein neues, sehr beachtenswerthes Futter¬
mittel. (Deutsche landwirthschaftliche Thierzucht Nr. 46,
19UI.) Die Milchcentrale hat in Berlin ein für die Land¬
wirtschaft sehr brauchbares Futter, nämlich die Milchmelasse,
in grösseren Quantitäten geschaffen; dasselbe besteht aus
Quark und Melasse, ist für alles Vieh zu gebrauchen und
kann verfüttert werden:
pro Tag und erwachsenes Rind bis 5 © an Stelle von
Kraftfutter,
pro Tag und Pferd bis 5 © an Stelle von Hafer,
pro Tag und Schwein bis 3 © an Stelle von Kleie,
2 © Milchmelassefutter ersetzen 5 © Baumwollensaatmehl,
2 © Milchmelassefutter ersetzen 2 © Mais oder Hafer.
Der hohe Futterwerth wird erklärt durch die leichte Ver¬
daulichkeit des in der Magermilch enthaltenen Käsestoffes
und durch die Milchsäure, welche die Nährstoffe der anderen
Futtermittel im thierischen Magen schnell zur Lösung bringt.
Bei einem Gehalt von 15°/o fett- und stickstoffhaltigen
Stoffen und bei ca. 24°/o Zucker kostet das Procent fett- und
stickstoffhaltiger Stoffe in dem Milchmelassefutter = 24 Pfennig,
während das Procent in der Weizenkleie bei dem heutigen
Preise von 5 Mark pro 50 kg = 31V* Pfennig kostet.
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595
Der Näbreffekt des Milchmelassefutters ist aber sehr viel
grösser, was auf die gute Wirkung des Käsestoffes und der
Milchsäure zurückzufübren ist.
Um störrische Ochsen zum Aufstehen zu bringen, em¬
pfiehlt die Oesterreichisch-Ungarische Viehverkehrszeitung als
ganz harmloses und sofort sicher wirkendes Mittel, den Thieren
Erde in die Nasenlöcher einzubringen. Das ungewohnte Ge¬
fühl, so sagt der Berichterstatter, jagt den Thieren einen so
gewaltigen Schreck ein, dass sie sofort unter heftigem Niesen
aufspringen und sich Luft schaffen.
Wir zweifeln nicht, dass das Mittel probat ist, besonders
dann, wenn die Nasenöffnungen mit Erde vollgepfropft werden,
geben aber zu bedenken, dass sich in der Erde häufig Oedem-
bacillen und Tetanusbacillen finden.
Wie leicht könnte durch das empfohlene Verfahren, bei
welchem selbst eindringende Läsionen der Nasenhöhlenschleim¬
baut gewiss nicht ausgeschlossen sind, bei den so behandelten
Ochsen malignes Oedem und Starrkrampf hervorgerufen werden,
wodurch ihnen das Aufstehen wohl alsbald ganz verleidet
werden würde. A.
A. M. Bergmann: Rennthierpest und Rennthierpest¬
bacillen. I. In Fortsetzung einer vorläufigen Untersuchung,
welche Professor Lundgren an dem von einem krepirten
Rennthier gewonnenen Untersuchungsmaterial begonnen und
bei welcher derselbe eine Bacillenart gefunden hatte, stellte
B. weitere Untersuchungen über die Biologie und Infektions¬
tüchtigkeit dieses Bacillus an und gelangte dabei zu folgenden
Ergebnissen:
Der Rennthierpestbacillus ist ein 1,6—4,8/* langes und
0,7—0,8 /* breites eigenbewegliches Stäbchen mit abgerundeten
Enden. Häufig enthält er in der Nähe des einen Endes eine
gewöhnlich 1,6—1,7/* lange und 0,8—0,9/i breite Spore,
welche gelegentlich auch ganz polar oder in der Mitte liegt.
Meist liegen die Stäbchen vereinzelt. Sie färben sich nach
Gram. In den Versuchsthieren variiren die Stäbchen und
bilden häufig grosse Scheinfäden, welche mit denjenigen des
malignen Öedems grosse Aehnlichkeit haben. Die Bacillen
wachsen in allen gewöhnlichen Nährböden, besser bei An-
als bei Abwesenheit von 0. In Gelatine wachsen sie als
grauweisse, körnige, allmählig verflüssigende, H f S bildende
Culturen. Bezüglich der übrigen Cultureigenschaften siehe
Original.
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596
Die Rennthierpest tritt naeh Wolff und Lun dg re n iu
einer akuten und einer perakuten Form auf; während
bei der letzteren (häufigeren) Krankheitserscheinungen nicht
zur Beobachtung gelangen, zeigt sich bei der ersteren das
ßennthier unruhig, schwankt, die Augen treten vor, Conjunc-
tiven geröthet, Fresslust und Wiederkauen hören auf, hoch¬
gradiger Durst, erschwertes und beschleunigtes Athmen,
manchmal geringer Husten; kurz vor dem Tode zuweilen
blutiger Ausfluss aus der Nase; zuweilen begrenzte An¬
schwellungen an verschiedenen Körpertheilen; selten An¬
schwellung des Bauches oder Vorfall des Mastdarmes. Die
kranken Thiere verbreiten einen widerlichen Gestank. —
Durch Impfung erzeugt, hat die Erkrankung folgenden
Verlauf: Fressen und Wiederkauen hören nach einigen Stunden
auf; nach zehn Stunden subcutanes Emphysem an der Impf¬
stelle, Schmerzhaftigkeit, Lahmen der betreffenden Extremität,
Das Emphysem breitet sich aus, das Thier vermag nicht mehr
aufzustehen. Conjunotiva injicirt, Nase trocken, warm, Athmen
erschwert, später stark beschleunigt und röchelnd; Ausfluss
hellrothen Schaumes aus den Nasenlöchern. Koma, Exitus
unter Verlangsamung des Pulses und terminalem Abfall der
zuerst gesteigerten Temperatur.
Von pathologisch-anatomischen Veränder¬
ungen scheinen die folgenden charakteristisch zu sein;
Hochgradige Anschwellung des unangenehm säuerlich riechen¬
den Cadavers in Folge massenhafter Gasbildung in der Sub¬
cutis (bei geringer Flüssigkeitsansammlung), im Herzfleisch
und in den Nieren, ausserdem (bei einem geimpften Rennthier)
intramuskulär, subpleural, in der Schleimhaut des Larynx,
den subepi- und subendokardialen Blut- und Lymphbahnen,
unter dem parietalen Peritoneum und ganz besonders reichlich
unter der Nierenkapsel. In den Nasenlöchern blutiger Schaum.
An der Lungenpleura geringe Fibrin-Ausscheidung, blutig-
seröser* Inhalt der Pleurahöhlen; Lungen leicht ödematös.
Fibrinöse Pericarditis kommt vor. In der Bauchhöhle gleicher
Flüssigkeitsinhalt wie in der Brusthöhle. Magen-Darmschleim¬
haut normal. Leber in einem Falle sehr angeschwollen,
graugelb, Schnittfläche etwas marraorirt, trüb, im anderen
Versuchsfall bläulich - braun, von normaler Grösse und
Zeichnung. Die Milz in letzterem Falle gleichfalls von
normaler Grösse, in dem von Lundgren secirten an¬
geschwollen, dunkelroth, stark mit Gasen gefüllt, weich.
Nieren angeschwollen, im Zustande trüber Schwellung, mit
reichlicher Gasentwicklung. Blutungen in der Muskulatur
fehlen oder kommen nur vereinzelt vor. Die Bacillen finden
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597
sich in der Subcutis, im Blute, in den Transsudaten, Leber
und anderen Organen. L
Für die Differentialdiagnose kommen flausch¬
brand, malignes Oedem, Bradsot und eventuell Maul- und
Klauenseuche in Betracht. Für Bauschbrand ist charakteri-
sirend das Vorhandensein der hämorrhagischen Muskelinfil¬
tration gegenüber der reichlichen Gasinfiltration nicht blos
im gesammten intramuskulären und subcutanen Bindegewebe,
sondern auch in den inneren Organen, welche die Renn¬
thierpest kennzeichnet. In den Culturen unterscheidet sich
der Rennthierpestbacillus durch seine Bevorzugung der 0-
baltigen Nährmedien gegenüber der Anaerobie des B. sarcem-
physematos. — Die Bradsot zeichnet sich durch die heftige
hämorrhagische Labmagen-Entzündung aus, mit welcher sie
beginnt, der Br.-Bacillus ist obligat anaerobisch. — Das
maligne Oedem tritt sporadisch, die Rennthierpest enzoo-
tisch auf. Bei ersterer Erkrankung ist das Oedem, bei
letzterer die Gasentwicklung vorherrschend. Die Oedem-
bacillen sind obligat anaerob, der Rennthierpestbacillus fakul¬
tativ anaerob; ferner bilden letztere in Agar Säure, erstere
nicht — Was die Impfungen betrifft, so inficirt der Renn¬
thierpestbacillus Katzen, Ratten, Tauben, nicht aber der
Rauschbrandbacillus; die Bradsot ist pathogen für Schweine
und Hühner, nicht so Rennthierpest; Schweine, Hunde,
Kaninchen sind für malignes Oedem, nicht aber für Renn¬
thierpest empfänglich. (Zeitschrift für Thiermedicin, 5. Bd.,
8. 241 f.) E. A.
Bücherschau.
Die animalischen Nahrungsmittel. Ein Handbuch zu ihrer
Untersuchung und Beurtheilung für Thierärzte, Aerzte, Sanitäts¬
beamte, Richter und' Nahrungsmitteluntersuohungsämter von
' Professor Dr. Georg Schneidemübl in Kiel. Mit zahlreichen
Zeichnungen. III. Abtheilung (Lief. 9—12). Preis 4 M. 80 Pf.
Verlag bei Urban & Schwarzenberg in Berlin und Wien.
Diese Abtheilung umfasst - den letzten Theil des III. Ab¬
schnittes des Werkes „normale Beschaffenheit und die wichtigsten
Veränderungen für die Beurtheilung der Athmungsorgane, der
Organe des Kreislaufes, des Harn- und Geschlecbtsapparates, des
Nervensystems und die Veränderungen der Lymphdrüsen bei den
verschiedenen Sohlachtthieren“. Daran schliesst sich der IV. Ab¬
schnitt: Untersuchung und Beurtheilung des Geflügels, Wildprets,
der Fische und anderer als Nahrungsmittel verwendeter Thiere;
den Schluss bildet die Besprechung der thierischen Parasiten der
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schlacbtbaren Thiere, welche für die Beurtheilang des Fleisches
von Wichtigkeit sind (Würmer, parasitische Arthropoden-, Proto¬
zoen. Von den letzteren sind bereits behandelt die Myxosporidien
und die Coccidien.)
Bei der Beurtheilung der III. Abtheilnng können wir nur
wiederholen, was wir hei der Becension der anderen Abtheilungen
des Werkes sagten.
Die einzelnen Abschnitte dieses Theiles sind wiederum mit
einem ausserordentlichen Fleisse und vorzüglich bearbeitet worden.
Der Interessent findet auch in dieser Abtheilung der Schneide-
mühl’schen Arbeit in allen Fragen über die normalen und ab¬
normalen Zustände der vorstehend aufgeführten animalischen Nahr¬
ungsmittel eingehenden Bescheid.
Besonders anerkannt muss werden die gediegene Bearbeitung
des Kapitels n Untersuchung, Beurtheilung der Fische“.
Bei der grossen Bedeutung der Fische als Volksnahrungs¬
mittel hat der Verfasser diesem Kapitel eine naturgeschichtliche
Beschreibung der als Nahrung in Frage kommenden Fischarten
eingefügt und besonders aber alle wichtigen Erscheinungen an¬
gegeben, deren Kenntniss den Laien in den Stand setzen, sich vor
der Erwerbung verdorbener und kranker Fische zn hüten. Zahl¬
reiche gute Abbildungen dienen zum Verständniss des übrigens
an sich schon genügend klaren Textes.
Als eine weitere sehr erwünschte Eigenschaft der besprochenen
III. Abtheilung ist endlich noch zu bezeichnen die umfassende
Litteraturangabe. A.
O-a.'a.'ver'toa-nci IbTord-framlren.-
Die nächste Zusammenkunft findet am Donnerstag,
26- Dezember (zweiter Weihnachtsfeiertag) nachmittags 2 Uhr
im H6tel „Anker“ zu Lichtenfels statt, wozu hiemit
freundlichst einladet.
Eulmbach. Schmidt.
Suche sofort einen
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auf 14 Tage. Wohnung, FrühetQok und 5 Mark pro Tag. Fuhrwerk.
Distriktsthierarzt Orth, Arnstein.
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611
Personalien.
Die Stelle den Distriktsthierarztee in Sesslach, k. B.-A. Staffelstein,
warda dem Thierurzte Karl Kürschner übertragen. — Der Bezirks-
thierarzt Ludwig Braun in Stadtsteinach ist auf Ansuchen nach Kronach
versetzt. — Die beiden Bezirksthierärzte Buhmann in Deggendorf und
Sch w ai m air in Hassfurt sind zu pragmatischen Bezirksthierärzten er¬
nannt. — Todesfall: Der k. Bezirksthierarzt Tretzel in Eschenbaoh
(Oberpfalz) ist am 12. November 1. Js. im 67. Lebensjahre gestorben.
"Vereiaa. Tliiersbrzt©-
Einladung zur II. MonatBvergammlung, Donnerstag den
19« Dezember Abends 8 Uhr, im Restaurant „Platzl“ (Normannensaal).
Tsug^esord^iVLÄgr:
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Wochenschrift
fjir
Thierheilkunde und Viehzucht
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegebeu von
M. Albreeht und Ph. J. Göring.
45. Jahrgang. München, den 24. Dezember 1901. Nr. 52.
Inhalt: Zur gefälligen Beachtung! — Schönte, Sectionsergebnisee bei
Sohweinerothlauf. — Zur Bekämpfung der Rindertuberkuloae. —
Das Heilverfahren bei Maul- und Klauenseuche naoh der Methode
Baccelli. — Referat. — Personalien. — Offene . Correspondenz. —
Inserate.
ZZvlt grefa,lligren Beaiditvixigr I
Für diejenigen Herren Leser, welche die Wochenschrift
durch die Post beziehen, geht mit dieser Nummer das
Abonnement zu Ende. Zur Vermeidung von Unterbrechungen
in der Zusendung empfiehlt es sich, das Abonnement für das
I. Semester 1902 bei der nächsten Postanstalt baldigst zu
erneuern. In den daselbst aufliegenden amtlichen Zeitungs¬
katalogen ist die Wochenschrift für Bayern unter Nr. 863,
in der Preisliste des Reichsgebietes unter Nr. 8252, für
Oesterreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Sectionsergebnisse bei Schweinerothlauf.
Von Bezirksthierarzt Schönle, Pegnitz.
Ich hatte Gelegenheit zwei Schweine, die ungefähr
drei Monate vorher die Rothlauf-Seuche überstanden hatten,
zu seciren. Das eine war ein ca. zwei Jahr altes Zucht¬
schwein, das andere ein */2 Jahr altes, zur Mast aufgestelltes
Schwein. Beide Thiere blieben nach überstandener Krankheit
in ihrem Wachsthum zurück, das ältere Schwein crepirte,
das andere wurde bald darauf geschlachtet. Beide Cadaver
waren mager, zeigten fast gar kein Fett, über den ganzen
Körper war eine fast gleichmässig starke, venöse Stauung.
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614
Bei Eröffnung der Bauchhöhle zeigte sich in beiden Fällen
ungefähr 250,0 trübgelbes Serum, das Bauchfell war graulich
gefärbt, an dem Aeusseren der Gedärme nichts Abnormes,
dagegen die Schleimhaut der Dickdärme schiefergrau, fest
anzufühlen, etwas verdickt, die Harnblase bei dem älteren
Schwein klein, die Wandung fast um das Vierfache verdickt. Die
Leber war in beiden Fällen blass, kleiner wie im normalen Zu¬
stande (Schrumpfungszustand) beim Durchschneiden knirschend,
Hypertrophie des Bindegewebes, Durchschnittsflächen dunkel-
braunroth, an der Peripherie mehr verblassend. An der Ober¬
fläche der Nieren waren neben kleineren, graulichen, ein-
gezogenen Flecken mehrere länglich gezogene, schmutzig
weisse Linien; die Nieren etwas verkleinert, Nierenbecken und
Harnleiter erweitert, prall gefüllt mit dicklichem Schleim.
Am meisten pathologische Erscheinungen zeigten die
Herzen betreffender Thiere, besonders das des älteren Schweines;
dieselben schienen kleiner und derber wie im gesunden Zu¬
stande, der Herzbeutel verdickt, etwas trübes Serum in dem¬
selben. Bei Eröffnung der rechten Herzkammer des älteren
Sehw'eines fand sich starkes braunes Gerinnsel, welches sich in
langen Zügen auch aus dem Vorhofe herausziehen liess; unter
demselben waren, flach und fest auf dem Endocardium an¬
liegend, graubraune, schon organisirte Gerinnsel, welche nur
schwer von der Unterlage zu entfernen waren. Vom Grunde
der dreizipfligen Klappe aus, an deren Flächen sich nach
unten ziehend und frei in das Lumen der rechten Kammer
hereinreichend, war eine Neubildung, in Gestalt und Form
einer halbreifen Johannisbeere genau ähnlich, vorhanden.
Der Structur nach enthielt diese Neubildung sehr zellreiches
Granulationsgewebe. Weiter waren auf dem Endocardium beider
Herzen und beider Kammern noch mehrere, mohnkorn-bis linsen¬
grosse Erhöhungen. Ebenso waren die Klappenränder in den
linken Kammern und die halbmondförmigen Klappen verdickt,
an ihren Rändern wulstig, uneben. Die Lungen waren derb
und fleischig anzufühlen. Die Gekrösdrüsen waren in beiden
Fällen vergrössert und zeigten fibröse Hypertrophie.
Die Bänder und Synovialkapseln an verschiedenen Ge¬
lenken (Sprunggelenke, Ellenbogengelenke, theilweise Hüft¬
gelenke) waren schwielig, verdickt, mit einzelnen körnigen
Einlagerungen. Bei Eröffnung der Gelenke zeigte sich der
Synovialüberzug an manchen Stellen rauh, wie gelockert, an
einzelnen Stellen mit Substanzverlust, letzteres besonders bei
dem alten Schweine an den Zwischengelenksknorpeln der
Hinterbeingelenke.
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I
615
Zur Bekämpfung der Rindertuberkulose.
Ueber den Vortrag, den Professor Emil v. Behring
am 11. d. M. gemäss den Bestimmungen der Nobel-Stiftung
in der Akademie der Wissenschaften zu Stockholm gehalten
hat, veröffentlicht die „Nat.-Ztg.“ nachstehenden Bericht:
Redner weist nach, dass die Serumtherapie ein Novum in der
Heilkunde und ein Fortschritt in der Heilkunst ist. Besonders
betont er, dass die Serumbehandlung der Diphtherie nicht
cellulare, sondern humorale Therapie ist. Man könne über¬
zeugter Cellularpatholog sein und müsse jetzt doch zugeben,
dass die besten Heilmittel dadurch wirken, dass sie die im
Blute befindlichen Schädlichkeiten unschädlich machen. Auf
die Zellen des kranken und kraukheitsbedrohten Menschen
übt das Heilserum gar keinen Einfluss aus, weder einen
nützlichen, noch einen schädlichen. Während die Diphtherie¬
serum-Therapie durch Anti : Körper Nutzen schafft, sehen wir,
dass die Jenner’sche Pockenimpfung und die Pasteur’schen
Schutzimpfungen durch Iso-Körper wirksam sind. Man kann
hier von einer Iso-Therapie reden. Auch bei der Serum¬
therapie spielt die Iso-Therapie eine wichtige Rolle, insofern
als sie unumgängliche Voraussetzung ist für die Gewinnung
der Anti-Körper. Statt das Wesen der Iso-Therapie an der
Diphtheriegiftbehandlung von Pferden auseinanderzusetzen,
wo heutzutage kaum noch etwas Neues zu sagen ist, zieht
Redner vor, von der isotherapeutischen Behandlung zum
Zwecke der Rindertuberkulose-Bekämpfung zu
sprechen. An vielen Beispielen wird zunächst gezeigt, dass
der landläufige Virulenzbegriff bei der Tuberkulose einer
Correktur bedarf. Beim Milzbrand konnte Pasteur von
virulent und abgeschwächt sprechen, ohne Rücksicht zu nehmen
auf die Frage, für welche Thierart die Virulenz (Giftigkeit)
und die Schwächung behauptet sind. Bei der Tuberkulose
dagegen kann es Vorkommen, dass beispielsweise ein für Meer¬
schweinchen vollständig abgesclnvächter Tuberkelbacillenstamm
noch ziemlich virulent ist für Kaninchen und noch stark virulent
für Pferde; ferner dass ein für Meerschweinchen stark viru¬
lenter Stamm für Rinder sehr viel weniger virulent ist, als
ein für Meerschweinchen weniger gefährlicher Stamm u. s. w.
Das Wichtigste ist nun, dass im Rinderversuch die immuni-
sirende Wirksamkeit der für Rinder schwachvirulenten
Tuberkelbacillenstämme festgestellt werden konnte. Die
Rinder-Immunisirung wird am besten durch direkte Ein¬
spritzung des relativ unschädlichen Stammes in die Blutbahn,
im Uebrigen aber nach denselben Principien ausgeführt, die
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616
Pasteur für die Milzbrand-Immunisirung von Schafen auf¬
gestellt hat. Die von Menschen stammenden Tuberkelbacillen,
wenn sie lange Zeit im Laboratorium auf künstlichem Nähr¬
boden fortgezüchtet sind, verhalten sich für Rinder wie ein
Vaccin zum verderblichen Virus. Frisch aus dem Menschen
herausgezüchtet, besondera aber auch, wenn man sie durch
Ziegenkörper hindurchgeschickt hat, besitzen sie für Rinder eine
hohe Virulenz. „Nachdem die Möglichkeit der Tuberkulose-
Immunisirung von Rindern durch meine Marburger Versuche
bewiesen ist, tritt jetzt die Aufgabe an uns heran, durch be¬
sondere Versuche zu erforschen, in welcher kürzesten Zeit, mit
welchem Mimlestmass von Schädigung für das zu immuni-
sirende Thier und mit welchem Mindestmass an finanziellen
Opfern der Tuberkuloseschutz von Rindern in der Praxis zu
erreichen ist. Ich habe zur Erforschung dieser Verhältnisse
Unterkunftsräume und Weideplätze für eine grosse Rinderzahl
mir verschafft und ich gedenke, den mir durch die Nobel-
Stiftung zugeflossenen grossen Geldpreis dazu zu verwenden,
um in umfangreicherer Weise als bis jetzt den Beweis für
die Möglichkeit und praktische Durchführbarkeit einer Be¬
kämpfung der Rindertuberkulose auf dem Wege der Pasteur¬
schen Schutzimpfung zu führen. Es wird mir zur besonderen
Ehre und Freude gereichen, wenn Einer oder der Andere
unter Ihnen meine Marburger Arbeiten und Einrichtungen an
Ort und Stelle persönlich kennen lernen wollte, um dann
gleichzeitig zu sehen, wie ich nach meinen Kräften bemüht
sein will, entsprechend der Absicht des edlen Stifters Alfred
Nobel das allgemeine Wohl zu fördern. Ich brauche wohl
nicht erst noch besonders hinzuzufügen, dass die Bekämpfung
der Rindertuberkulose nur eine Etappe bedeutet auf dem Wege,
der schliesslich zur wirksamen Verhütung der Menschen-
tüberkulose führen soll Ich wollte aber hier nicht Hoffnungen
aussprechen, sondern Thatsächliches berichten. Und als That-
säche glaube ich Ihnen die Rindertuberkulose-Immunisirung
berichten zu dürfen.“
Das Heilverfahren bei Maul- und Klauenseuche nach
der Methode Baccelli.
Die italienische Presse veröffentlichte in letzter Zeit ein
Urtheil des Professors Lanz ilotti-Buonsanti, Direktors
der k. Veterinärschule in Mailand, über das Baccelli’scbe
Heilverfahren.
Danach haben die an erkrankten oder auch nur erste
Symptome der Erkrankung zeigenden Kühen gemachten Ein-
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Spritzungen einen günstigen Erfolg gehabt. Die Dosis sei
yon 5 Centigramm bis auf 7 1 h erhöht und schliesslich all¬
gemein in einer Stärke von 10 Centigramm angewendet wor¬
den. Die Einspritzungen, in der Regel 2—3 an der Zahl,
habe man in Zwischenräumen von je 24 Stunden gegeben.
Professor L. zählt folgende Gründe für den Erfolg dieses
Heilverfahrens auf:
1. Es trägt dazu bei, die Temperatur zu verringern und
mildert so den lnfectionsprocess;
2. von wenigen Ausnahmen abgesehen, koupirt es die lo¬
calen Erscheinungen insbesondere an den Klauen, an
welchen die Blasen, wenn sie sich selbst überlassen
blieben, aufbrechen. Bei diesem Heilverfahren aber
verursache sie, ohne jegliche locale Behandlung, weder
das Ablösen der Klauen noch andere Complicationen;
3. die Thiere zeigen keine wichtigen Krankheitserschein¬
ungen, versagen nicht das Futter und geben nur ganz
unbedeutend weniger Milch.
Vorstehende Angaben des Herrn L. decken sich nicht in
allen Fällen mit den in Bayern angestellten Versuchen zur
Erprobung des Verfahrens. Gg.
Bemerkungen zu nachstehender Cebersicht.
1. Die Heilversuche nach Baccelli wurden nur in solchen Ort¬
schaften vorgenommen, in welchen die bösartige Maul- und Klauen¬
seuche herrschte.
2. Yon den mit der Vornahme der Heilversuche betrauten 12 Thier-
irzten sprechen 8 dem‘Baccelli’schen Verfahren jeden Heilwerth
ab, 3 erachten die Brauchbarkeit des Verfahrens z Z. als zum
Mindesten noch zweifelhaft und nur einer der Versuchsleiter —
der k. Bezirksthierarzt Markert in Bergzabern urtheilt durch¬
aus günstig über die Wirkung der Behandlung nach Baccelli.
3. Die Sublimatdosen bewegten sich je nach Körpergrösse und Alter
der Thiere zwischen 2 bis 6 1 /* Centigramm, am häufigsten wurden
Einspritzungen mit je 4 und 5 Centigramm Sublimat angewendet.
4. Bei mehreren Thieren, welche auf die Behandlung Besserung er¬
kennen liessen, traten 6—14 Tage später schwere Rückfälle mit
verschiedenen Nachkrankheiten der Seuche (Herzveränderungen,
Euterentzündungen, Abscesse) auf.
3 Thiere erkrankten an Quecksilbervergiftung mit Ausgang in Ge¬
nesung.
Viele Thiere bekamen an der Einstichstelle der Jugularvene schmerz¬
hafte Schwellungen, einige auch ausgedehntere Entzündung der Vene. Gg.
618
1
Ueber
über die in Bayern in der Zeit vom
an gestellten
• mit
Baccelli’schen Heilverfahren I
Nr.
- Gemeinde
Vor An¬
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des Heil¬
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gefallen
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an
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5.
Mischelbach . .
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10.
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11.
Weimersheim
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Westheim . . .
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619
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Rinder
m
Referat.
Das Betäuben der Schweine mittelst Schussapparates.
Quadekker empfiehlt zum Betäuben der Schweine einen
dem Stoff sehen Grossviehschussapparat nachgebildeten kleinen
Schussapparat aus Messing (Patronen von 0,5 g Ladung),
welcher an über 10,000 Stück Schweinen aller Grössen
sich vortrefflich bewährte. Qu. hebt Folgendes hervor:
1. Die Betäubung ist vollkommen. Das Thier fällt nach
dem Schuss sofort, und in diesem gefühllosen Zustand
des Thieres kann das Abstechen und die Blutentziehung
erfolgen.
2. Nach sachgemässem Abstechen (man stiebt hier die
Carotis und Jugularis an) blutet das Schwein sehr gut
aus. Es ist absolut kein Unterschied in quantitativer
Hinsicht zu sehen zwischen einem geschossenen und
einem geschlagenen Schwein.
3. Nur ausnahmsweise durchfliegt die Kugel die Fleisch-
theile bis zu den Nackenmuskeln, verlässt aber niemals
das Thier. Dass die Kugel seitlich austritt, ist hier
noch nie vorgekommen.
4. Die Handhabung des Apparates ruht hier, wie in den
meisten Schlachthäusern, ausschliesslich in den Händen
des Hallenmeisters, wodurch eine Gefährdung der
im Schlachthofe verkehrenden Personen gänzlich aus¬
geschlossen ist.
. 5. Von den 10,000 Schüssen ist ungefähr ein Procent
fehlgegangen, weil der Apparat zu hoch angesetzt
wurde und die Kugeln nicht durch das dicke Schädel¬
dach dringen konnten, sondern im Knochen sitzen
blieben. Die meisten dieser Fehlschüsse kamen im
Anfang vor, als der Hallenmeister noch nicht ganz
mit den verschiedenen Kopfformen der Schweine vertraut
war. Seitdem aber sind Fehlschüsse eine Ausnahme.
6. Sind Fehlschüsse eine Seltenheit, so haben die¬
selben auch sonst keine Nachtheile im Gefolge. Das
Geschoss durchdringt dann die Schädelknochen nicht,
sondern bleibt in denselben stecken. Die Thiere ver¬
halten sich dabei völlig ruhig, und letzteres kann wohl
als ein Beweis dafür angesehen werden, dass in diesem
Falle schmerzhafte Gefühle die Thiere nicht quälen.
7. Wenn die Hallenmeister ein wenig geübt sind, können
sie in kurzer Zeit eine grosse Anzahl Schweine be¬
täuben.
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621
8. Q. lässt die Schweine mit einem Hinterbeine an einen
Ring, welcher sich an der Mauer der Schlachthallo
befindet, anbinden und das Hintertheil des Schweines
niederdrücken, so dass das Thier sitzt, sich aber auf
die Vorderbeine stützt. Der Hallenmeister setzt sich
seitwärts vom Kopf und hält den Schussapparat vor
den Kopf des Schweines, am untersten Theil der Stirn¬
höhle ziemlich fest an und zwar mit der Schussrichtung
nach dem Rückgrat. Die Schädelhöhle beim Schwein
ist verhältnissmässig klein und das Schädeldach, wenig¬
stens bei älteren Schweinen, sehr stark. Setzt man
den Apparat zu hoch an, bleibt die Kugel im Schädel¬
dach sitzen, während beim richtigen Ansetzen des
Apparates die Kugel ins Gehirn dringt und sich in den
Knochen des Kopfes oder den Nackenmuskeln fängt.
9. Auf diese Weise ist die Vorbereitung für das Schiessen
keineswegs eine Thierquälerei, weil das Thier ruhig
niedersitzt.
10. Die Kosten der Munition berechnen sich für ein Schwein
auf ungefähr 5 Pfennige.
11. Probeweise sind auch Kälber mit dem Schussapparat
betäubt worden. Auch hiebei wirkte Stoffs Schuss¬
apparat sicher.
12. Der Apparat soll jeden Abend in allen Theilen gut
gereinigt werden und nach 10,000 Schüssen zum Fabri¬
kanten zum Erneuern des Laufes geschickt werden.
13. Die Munition ist nicht schwer. Probeweise hat Q.
selbst Schweine mit dem starken Grossviehapparat be¬
täuben lassen, ohne Nachtheile davon zu sehen.
14. Auch Hunde sind mit dem kleinen Schussapparat für
Schweine getödtet worden und auch hiebei blieb die
Kugel im Thiere. (Zeitschrift für Fleisch- und Milch¬
hygiene Nr. 1, 1901, S. 17.)
Personalien.
An der thierärztlichen Hochschule München haben die Approbations¬
prüfung bestanden die Herren: Anton Blömmert aus Gemünden, Kon-
rad Do Hinge r aus Bayreuth und Adam Winter aus Hammelburg.
Offene Correspondenz.
Antwort an den k. Bezirksthierarzt Herrn N. in $. Sie haben an¬
gefragt, bis wann die neuen Vollzugsbestimmungen zum -Reichsfleisoh-
beschaugesetze in Kraft treten, und ob durch dieselben Städte mit einer
bestimmten Einwohnerzahl zur Erbauung von öffentlichen Schlachthäusern
gezwungen werden können. Die Frage kann dabin beantwortet werden,
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622 .
dass der Termin für das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen noch nicht
bekannt geworden ist, dass jedoch bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass die erwähnten Bestimmungen nicht wohl vor dem 1. April 1902 er¬
lassen und in Vollzug gesetzt sein werden. Zum zweiten Theil der Anfrage
wird bemerkt, dass die Vollzugsvorschriften einen Zwang zur Erbauung
von Schlachthäusern nicht wohl enthalten können, nachdem im Gesetze
selbst die nöthige Grundlage für eine derartige Zwangsbestimmung nicht
gegeben ist. D' e
Der Unterzeichnete sucht einen
ssistenten
auf längere Zeit. Bevorzugt würde ein College, welcher die amtsthier-
ärztliohe Prüfung bestanden hat. Eintritt bis 1. Jauuar 1.902. Offerte
mit Angabe der Ansprüche an
G. Neidhart, k. Bezirksthierarzt, Günzburg a/D.
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623
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Dr. med. W. IMeckerhofF,
Geheimem Regierungs-Rath und Professor an der Thierärztl. Hochschule in Berlin.
Dritte verbesserte und vermehrte Auflage.
Preis: gebunden H. 25,—.
"7"orwort.
Seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche
Reich sind die Parteien im Handelsverkehr mit Hausthieren anf die Ver¬
einbarung besonderer Abreden über die Mängelgewähr und auf die sorg¬
fältige Beachtung des formellen Rechts angewiesen. Da die Auslegung
der Abreden den Processgeriohten obliegt und da die Ansprüche auf
Mängelgewähr vor den Amtsgerichten verhandelt und in der Berufungs¬
instanz durch die Landgerichte endgiltig erledigt werden, so wird eine
einheitliche feste Rechtsprechung auf diesem schwierigen Gebiete nicht zu
erreichen sein. Den Sachverständigen, welche die Parteien bei der Mängel¬
rüge oder auch sohon beim Abschlüsse der Handelsgeschäfte zu berathen
haben, liegt demnach die Pflicht ob, sich nicht bloss mit den formellen
Vorschriften wegen der Hauptmängel, sondern auch mit der rechtlichen
Tragweite der Abreden genau bekannt zu machen. Bei der Bearbeitung
der neuen Auflage dieses Lehrbuches bin ich deshalb bemüht gewesen,
die Darstellung der im Handelsverkehr üblichen Vorbehalte und Zusicher¬
ungen zu ergänzen, sowie auf die inzwischen bekannt gewordenen Ansichten
juristischer Autoren und auf die Entscheidungen der Processgerichte auf¬
merksam zu machen. — Nicht minder ist die Beschreibung der gesetzlichen
und der vertraglichen Gewährmängel einer genauen Durchsicht unterzogen
und vielfach vervollständigt worden.
Das Verständniss für die Begutachtung technischer Streitfragen aus
dem Gebiete der Thierarzneikunde lässt sich am wirksamsten durch das
Studium von Gutachten und Obergutachten über streitige Rechtsfälle för¬
dern. Aus diesem Grunde habe ich mich zu einer erheblichen Vermehrung
der gutachtlichen Schriftsätze entschlossen. Zweckmässig erschien mir
auch, die Sammlung als besondere Abtheiiung dem Lehrbuche anzuhängen.
In derselben sind 68 gutachtliche Schriftsätze mitgetheilt, die sämmtlich
von mir in streitigen Fällen erstattet wurden. Neben den 21 schon in der
2. Auflage dieses Lehrbuches enthaltenen Gutachten sind 7 gutachtliche
Schriftsätze, die ich früher in der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift
veröffentlichte, wegen ihres inBtructiven Werthes .übernommen worden.
Die übrigen 40 Gutachten und Obergutachten wurden neu hinzugefügt.
Damit glaube ich, den vielfach an mich herangetretenen Wünschen ent-
gegengekommen zu sein. — Nicht ohne Grund habe ich bei der Auswahl
der Gutachten die Untugenden des Pferdes reichlich bedacht. Aber auch
von den anderen Mängeln der Hausthiere sind manche schwierige Fälle
besprochen. loh hoffe, durch die in diesen Schriftsätzen niedergelegte Kritik
meinen Fachgenossen eine Anregung zum Studium der bei Pferden und
Rindern vorkommenden Mängel und zur objectiven Darstellung der Gut¬
achten gegeben zu haben.
Gegen frankirte Einsendung des Betrages erfolgt die Zusendung franko.
Buchhandlung für Medicin und Naturwissenschaften
Berlin N.W., . von
Luisenstrasse Nr. 36. Richard Schoetz.
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werden den Herren Thierärzten zu kostenfreiem
Versuch übergeben; es ist dies einer der vielen
Vortheile bei directem Verkehr mit der Fabrik. Dieselbe hat in
Deutschland weder Filialen noch Vertreter. Anfragen und Auf¬
träge sind deshalb stets direct an die Fabrik zu richten. Mk.
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verfahren, ohne Metalltheile 10 g 8.50, 20 g 11.—
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Operation nach Degive.18.50
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ärzten übersandt werden. Photographien des Bilderwerkes auf
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Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
Für die Redaktion bestimmte Sendungen sind an Professor
Albrecht, Veterinärstr. 6/i, zu richten. D. Red.
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