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WOCHENSCHRIPT
DES
VEREINES ZUR BEFÖRDERUNG DES GARTENBAUES IN DEN KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN
GÄRTNEREI uno PFLANZENKUNDE.
Redigirt
dem (Genenal-Sekretär des Vereines,
Professer Dr. KAREL -KOCH.
XV. Jahrgang.
BERLIN.
VERLAG VON WIEGANDT & HEMPEL.
1872.
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Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preassischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No.l. Berlin, den 6. Januar 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen Garten in Neapel. Gerardia pedicularia L. und querei-
folia Pursh. (2 neue Zierblumen.)
Sonntag, den 7. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver-
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden.
Ein Spaziergang Wochenschrift nachsichtig und schreiben Sie da,
N: a: : wo meine Feder doch nicht mit erwarteter Fertig-
duch ven prinzlic) Hligliano-Colonna gen keit das so zu schildern vermochte, als ein ei
Jarten in Jleapel. terer und mehr gewandter Kollege es gethan hätte,
Briefliche Mittheilung es meiner Ungeübtheit zu. Zur Orientirung selbst
sende ich Ihnen noch 4 Photographien, damit Sie
mich hier und da noch besser verstehen können.
Se. Hoheit Fürst Stigliano-Colonna war Bis jetzt hat Neapel, so zu sagen, im Inneren
über den Beifall sehr erfreut, welchen die Ihnen | der Stadt nur zwei schöne, breite Strassen, die
zugesandten Photographien über Ansichten seines | Toledo (jetzt Via Roma) mit ihren himmelhohen,
Gartens in dem Berliner Gartenbauvereine hervor- | prächtigen Palästen, und die Revista di Chiaja,
gebracht haben, und spricht Ihnen für deren Be- | mit ihren herrlichen Aussichten, zuerst auf die am
sprechung in der Wochenschrift für Gärtnerei und | Meeresufer mit genannter Strasse parallel laufenden
Pflanzenkunde seinen Dank aus. Die 5 Photo- | Villa-Nationale, und dann auf das schöne endlose
grapbien konnten nur Bruchstücke eines Gartens | Meer mit seinen Inseln und seiner überaus reizen-
geben, der wohl ohne Zweifel zu den schönsten | den Begrenzung zur Rechten und Linken. Hier
gehört, den Neapel, ja, den Italien überhaupt in , nimmt natürlich der Vesuv den ersten und besten
landschaftlicher Hinsicht besitz. Man hat hier | Platz ein.
eine Reihe der schönsten Blattpflanzen, welche in Wenn nun der Besucher Neapels auf den mit
Deutschland nur in Kalt- und Winterhäusern ge- | Lavasteinen gepflasterten Strassen sich müde gelau-
deihen, im Freien benutzt, um damit landschaftliche | fen und müde gesehen und in eine der zahllosen,
Bilder unter einem Himmel und unterstützt schon | engen und schmutzigen Nebenstrassen, z. B. in die
von einer südlichen Vegetation, hervorzurufen, | Strada Cavallerizza, die das gleiche Schicksal trägt,
welche gewiss ihre Wirkung auf den nordischen | obwohl sie im sogenannten aristokratischen Viertel
Gärtner und Pflanzenliebhaber nicht verfehlen werden. | Neapels liegt, gelangt ist, so hält der Wanderer
Dieser Beifall ihrer Berliner ermuthigt mich, | sofort unwillkührlich an, weil dem Auge hier plötz-
den Versuch zu machen, Ihnen und den Lesern | lich ein wirklich imposanter Anblick geboten wird.
der Wochenschrift auf die Weise eine Idee von | Doch was man sieht, sagt, dass hier nur der An-
der ganzen Anlage zu geben, indem ich Ihnen hier- | fang von etwas noch Schönerem beginne, und dass
mit „Einen Spaziergang durch den prin- | noch andere und grössere Genüsse, durch eine
lich Stigliano-Colonna’schen Garten zu | Pforte abgeschlossen und gedeckt, weiter im Innern
Neapel“ mittheile. Seien Sie und die Leser der | eines Gartens geborgen werden. Zum Glück
von Wenz. Krupper, Obergärtner daselbst.
braucht man nicht, gleich einem Tantalus, jene
peinigenden Qualen des Unerreichbaren auszustehen,
denn auf die Bitte um Einlass wird jedem Frem-
den sehr gern dieser gewährt. Es mögen demnach
alle die, welche für Naturschönheiten in dieser
Weise einen Sinn haben und so glücklich sind,
einmal den schönsten Fleck Europa’s, Neapel, er-
schauen zu dürfen, von dieser freundlichen Erlaub-
niss Gebrauch machen.
Betrachten Sie gefälligst „Entrata del Giardino.“
Fremde sind es hauptsächlich, welche den Garten
besuchen und durchaus zufriedengestellt verlassen.
Neapolitaner und Italiener überhaupt haben weniger
Sinn für Naturschönheiten und gehen meist gleich-
gültig vor ihnen vorüber; dagegen ist ihnen ein
hoher Sinn für Kunst eigen. Es gilt dieses vor
Allem von den Damen. Diese sind es auch, welche
den brillant eingerichteten prinzlichen Palast mit
seinen kostbaren und seltenen Alterthümern, denen
sich auch Werke von den neueren und neuesten
Künstlern anschliessen, den Vorzug geben und dem
Schönsten, was Neapel, ja wie gesagt, Italien in
gärtnerisch -landschaftlicher Hinsicht besitzt, kaum
einige Minuten widmen.
Gern erinnere ich mich der auch bewunderten An-
lagen und Gärten, welche bei Berlin und Potsdam mit
der Meisterhand eines Fürsten Pückler-Muskau oder
Lenne, man möchte sagen zum T'heil aus Nichts
— denn als solches muss man manche der trauri-
gen Sandschollen in der Mark erklären — hervor-
gerufen wurden, ich erinnere mich auch noch der
damals ın Berlin vorhandenen schönen Privatgärten,
welche ebenfalls vielfach von Fremden besucht und
bewundert wurden, wie des Borsig’schen, der bei-
den Reichenheim’schen Gärten, wo mir vor nun
längerer Zeit schon das Vergnügen wurde, Ihre
persönliche Bekanntschaft zu machen , u. s. w,,
ich habe auch sonst in Deutschland wohl die be-
rühmtesten Gärten und Anlagen kennen gelernt,
aber alle diese bieten etwas Anderes, wenn auch
selbst hier und da Unübertroffenes: im Garten des
Fürsten Stigliano-Colonna stand ein ganz an-
‚deres Material zu Gebote. Ein Material, was man
in Berlin nur dürftig aus Kalt- und Winterhäusern,
hier und da auch bei grossen Ausstellungen kennen
gelernt hat, hier aber unter dem mildem Klima
des neapolitanischen Himmels fröhlich im Freien
gedeiht und kaum einmal durch rauhe Wintertage
in seiner Vegetation gestört wird.
Der Eindruck, ganz besonders für den Pflanzen-
kenner und Gärtner, ist deshalb überraschend. Man
sieht zahllose Pflanzenformen, wie wir sie bei uns
nur in Gewächshäusern vorführen können, in Boskets
und zu Gruppen verwandt. Es ist aber auch die
Schönheit der Einzel-Pflanzen. Vermag je eine Pince-
nectia, eine Palme u.s. w. sich in ihrer
Schönheit so zu entwickeln, wie hier
Neapel! Und doch hat der Gärtner
ebenfalls seine Leiden. Auch er lässt sich nach
mehrern günstigen Wintern in Sicherheit lullen
und vergisst es gänzlich, dass auch Neapel seine
verhältnissmässig harten Winter besitzt. Der Mensch
strebt einmal in seinen Wünschen immer weiter.
Wie glücklich wäre man bei Ihnen, wenn man die
in Deutschland zarteren Nadelhölzer in strengen
Wintern retten könnte; bei uns leiden diese jn
den härtesten Wintern nicht. Man ist aber nicht
mit ihnen allein zufrieden. Man will auch sub-
tropische, selbst tropische Pflanzen im Freien haben.
Man pflanzt sie auch und ist glücklich, wenn sie
bei einigen milden Wintern gedeihen, aber eben
so traurig, wenn sie dann plötzlich dem rauhen
Wetter unterliegen. Ich habe zu verschiedenen
Malen den Thermometer in höher gelegenen und
weniger geschützten Gärten auf 6, in den tiefer
und besser gelegenen hingegen selbst bis auf 3
und 4 Grad Kälte fallen sehen. Zum Glück dau-
ert dieses aber nicht lange; denn sonst würden
die Nachwehen noch ganz anders empfunden wer-
den, als es der Fall ist. Die Pflanzen erholen
sich, wenn sie weniger empfindlich sind, rasch
wieder, als wenn gar nichts vorgefalleu wäre.
Wir haben hier mehr mit dem Sommer zu
kämpfen, da 6 lange Monate in der Regel eine
fürchterliche Hitze herrscht. Dass das Holz nicht
reif wird, wie bei Ihnen, kommt bei uns nicht vor,
deshalb erträgt es auch mehr Kälte in Italien und
erfriert nicht so leicht. Viele empfindliche Pflan-
zen ertragen bei leichter Bedeckung auch diese
Kälte. Im Gegentheil ist bisweilen eine fast der des
Sommer gleiche Temperatur, die bisweilen den rau-
hen Wintertag plötzlich zum schönsten Frühling
umwandelt, Ursache, dass gelbe Flecken auf den
Blättern im Frühjahr erscheinen, diese wohl auch
überhaupt gelblich werden.
Doch wollen wir jetzt zunächst einen Blick auf
den Vorhof werfen. Zur Seite stehen vier Schinus
Molle, eine sumachähnliche Pflanze, die in Deutsch-
land oft im Gewächshause kultivirt wird. Die
schlanken und herabhängenden Aeste, Zweige und
Blätter, letztere von herrlichem frischem Grün,
später die blassrothen Beeren, ebenfalls herabhän-
gend, stellen allerliebste Bäumchen dar. Sie sind
als Einzelpflanze von grossem Effekt und lassen
sich leicht verwenden. Um sie herum ziehen sich
vier Fuss breite Rabatten, welche mit Kaladien,
Farfugium grande, Panicum, Acanthus, Evonymus
etc. bepflanzt sind, während die mit der Marmor-
Colonnade parallel laufenden Rabatten Coleus,
Achyranthes u. s. w. enthalten. Alle haben zu
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ihrer fassung halbrunde gusseiserne Stäbe mit
Epheu belaubt. Sie können sich leicht vorstellen,
welchen Effekt die Marmor-Colonnade mit(gegen8000)
Coleus im Vordergrunde und dem maigrünen Rasen
im Hintergrunde hervorrufen muss. Wir treten
hervor und werden gleichsam von einem etwas ge-
bogenenen Exemplar einer sonst stattlichen Dattel-
palme (Phoenix dactylifera), dem eigentlichen Ver-
treter der schon warmen (subtropischen) Länder,
begrüsst. Es ist zu bedauern, dass diese Pilanze
doch in Unteritalien nur sparsam angepflanzt ist,
trotzdem sie, sobald sie einmal ordentlich Wurzel
gefasst hat, ohne alle weitere Pflege und fast in
jeder Bodenart gut gedeiht. Grössere Exemplare
von 100 und mehr Fuss Höhe sind sehr selten.
Welch schöner Kontrast zwischen ihr und
einem stolzen, eleganten und ohngefähr nur 30
Fuss entfernten Exemplare der Podocarpus mucro-
nata. Sie ist ernst und gemessen. Kräftig und ge-
drungen steht ihr über 2 Fuss Durchmesser ent-
haltender Stamm. Ihre weit ausstrebende Krone
mit den gedrungenen Aesten und einer blaugrünen
Blättermasse erinnern einigermaassen an das nor-
dische Vaterland. Blicken wir vor uns, und des
Gartens höchste Zierde, eine Araucaria Cunninghami
glauca, von der ich Ihnen eine Photographie sen-
dete, präsentirt sich unseren Augen. Schnurgrade
erhebt sie sich in unbeschreiblicher Majestät bis zu
einer Höhe von 60 Fuss. Diese Araucaria Cun-
ninghami ist unstreitig die schönste Konifere, weil
sie bei einer wundervollen Eleganz und Haltung
auch noch das Grossartige präsentirt.
Einem Koniferen-Freunde mag es schwer wer-
den, sich zu trennen. Links schlagen wir unsern
Weg ein und gelangen zu einem halbrunden Bos-
ket, was mit Laurus indica, im Centrum 50 Fuss
hoch, bepflanzt ist, dagegen bieten sich Abies Pin-
sapo und Nordmanniana, Thuja Lobbii und aurea,
Orangenbäume, Daturen, Clerodendron u. s. w., als
Einzelpflanzen zerstreut, im Vordergrunde den
Blicken des Beschauers dar.
Koniferen, gemischt mit Orangenbäumen, scheint
Ihnen wohl eine eigenthümliche Zusammenstellung.
Sie ist wenigstens pikant, macht aber Wirkung bei
Gruppirungen. Wenn Ihnen die Photographie mit
der Alsophila australis, wie sie hier auf einem
völlig freien Platze steht, so sehr gefallen hat, so
müssten Sie diese erst in der Natur sehen. Sie
würde auf Ihr empfängliches .Gemüth eine ganz
andere Wirkung hervorrufen! Ich erlaube mir zu
bemerken, dass das Baumfarn nicht 8—9, sondern
25—30 völlig entwickelte Blätter besitzt.
Ich komme zur Latania borbonica, von der Sie
ebenfalls eine Photographie erhalten haben. Sie
ist 14 Fuss breit und 13 Fuss hoch, d.h. bis an
die Blattspreiten, und nimmt sich mit dem grossen
Reichthum an Blättern, sowie durch ihr gedrängtes
Wachsthum, ganz vorzüglich aus. Da diese Palme
ein staunenswürdiges rasches Wachsthum besitzt
und schon in so kurzer Zeit eine der schönsten
Dekorationspflanzen geworden ist, so lässt sich mit
der Zeit noch mehr erwarten.
Wir verfolgen immer noch denselben Weg nach
links und gelangen zu einem Laubengange, der,
ein Rechteck bildend, 60 Fuss lang, 12 Fuss breit,
16 Fuss hoch ist und hier den Garten begrenzt.
Das Gerüst des Laubenganges ist aus Holz ange-
fertigt, das Dach aber gewölbt, die dem Garten
zugewandten zwei Vorderseiten sind mit 4 Fuss breiten,
10 Fuss hohen ausgebogenen Fenstern versehen.
Ihr Inneres ist abwechselnd mit Blumenampeln und
Vogelkäfigen geschmückt, Die Belaubung ist durch
Passiflora, Solanum jasminiflorum, Bignonien, Ipo-
moea Learei und mexicana, sowie durch einige
andere Schlinggewächse, hergestellt. Ein Judasbaum,
Cerecis Siliquastrum, steht zur Seite und hat eine
Höhe, dass er noch hoch den Laubengang über-
ragt. Er stellt nicht einen Strauch, wie meist bei
uns, sondern einen schönen, kronenartig gezogenen
Baum mit weit ausgebreiteten Aesten in der Weise
dar, dass er im heissen Sommer auch vorzüglichen
Schatten verleiht.
Derselbe Rasenplatz, auf dem die Latania bor-
bonica als Einzelpflanze steht, zieht sich bis zu den
genannten Vorderseiten des obigen Laubenganges hin.
Als besonderes Ornament desselben hat man hier
einen künstlichen chinesischen Schirm angebracht,
der ganz und gar mit der schönen Passionsblume,
welche auch bei uns als Passiflora Imp£ratrice Eu-
genie beliebt ist, allmählig überzogen wurde. Wenn
man weiss, dass wohl das ganze Jahr hindurch die
reizenden Blüthen sich entfalten und nicht weniger
ein herrlich-grünes Laub vorhanden ist, so kann
man sich den Reiz denken, der immer geboten
wird.
Wenn wir durch den Laubengang gehen, ver-
folgen wir den eingeschlagenen Weg weiter. Er
zieht sich in einem grossen Halbkreise, wo man
dann wieder links das besprochene Bosket zu sehen
bekommt, herum. Rechts stehen dagegen auf dem
Rasenplatze wiederum als Einzelpflanzen: Chamae-
rops humilis, Cephalotaxus drupacea und Cupressus
torulosa (majestica). Nun erst gelangt man zu
einem kolossalen Eucalyptus, dessen Stamm 11 Fuss,
sage eilf Fuss Umfang besitzt. Damit sind wir
auch wiederum in der Nähe der Latania borbonica.
Hier steht auch das bereits von Ihnen in der
Wochenschrift beschriebene Exemplar der Dattel-
palme mit einer Stammhöhe von 30 Fuss, mit Krone
hingegen von 45 Fuss. Zwischen dieser Palme und
einer Schirmpalme (Chamaerops humilis), ebenfalls
von stattlichem Ansehen, wollen wir nun unsern
Weg fortsetzen. Diese Chamaerops humilis hat
einen Stamm von 21 Fuss Höhe, mit der Krone
ist die Pflanze aber 26 Fuss hoch. Sie hat zwar
eine schräge Haltung, aber eben dieser Umstand
macht sie besonders malerisch.h Es kommt noch
dazu, dass sie auf einem etwas erhöhten Stand-
punkte steht. Ein Exemplar wie dieses dürfte wohl
kaum in Italien noch zu finden sein, denn der
Stamm ist nicht allein untadelhaft, auch die sehr
dichte, volle, überaus schöne Blätterkrone möchte
überhaupt ihres Gleichen suchen. In ihrer Nähe
steht eine zwergige Thuja pygmaea, welche in Nea-
pel eben so gut gedeiht, wie im Norden.
Nicht weit davon befindet sich die schöne
Araucarıa Bidwilli, welche Sie aus der Photo-
graphie kennen. Mit der damals schon ansehnlichen
Chamaerops humilis wurde sie vor ohngefähr 10
Jahren als in sehr mittelmässiger Grösse ausge-
pflanzt. Nachdem sie Wurzel gefasst, man möchte
sagen, an ihrem Orte recht heimisch geworden ist,
wetteifert sie mit ihrem stolzen Nachbar an Schön-
heit und möchte vielleicht ihn bald überflügeln.
Ihr Wuchs ist vom allergenauesten Ebenmaass. Sie
bildet eine wunderschöne Pyramide mit fast un-
unterbrochener Vegetation. Damit sticht die junge
Vegetation mit ihrem weit helleren Laube zu ihrem
Vortheile von dem dunkelgrün-glänzenden älteren
Theile der Pflanze ab. Alle, die den Garten be-
suchen, können diese reizende Konifere nicht ge-
nug bewundern.
Wir hören das Plätschern eines Springbrunnens
und eilen diesem zu. Mitten in einem Bassin von
20 Fuss Durchmesser und 5% Fuss Tiefe steht auf
einer Vesuvsteingruppe ein Knabe aus Bronze an-
gefertigt und hat zu seinen Füssen Sphinxe, wäh-
rend zu Häupten eine Meermuschel in den ver-
schiedensten Strahlenformen ausläuf. Auf der
Oberfläche des Wassers schwimmen aber zum Theil
Nelumbium-Blätter, zum Theil ragen sie, von schlan-
ken Stielen getragen, mit anderen Pflanzen, wie
Thalia dealbata, Crinum amabile u. s. w. aus den
Fluthen des Wassers hervor. Zwei chinesische
Enten beleben, hin und her rudernd, das feuchte
Element. Ihnen hat man ein Häuschen gebaut,
was mit der eben beschriebenen Gruppe in Ver-
bindung steht.
Die Gruppe, nicht weniger aber das Entenhäus-
chen, ist von einer kleinblättrigen Liane umrankt,
als wäre sie gleichsam mit einem grünen Schleier
umzogen, der die eigentliche Gestalt allenthalben
durchblicken lässt. Es ist eine Mühlenbeckia, eine
Pflanze aus der Familie der Polygonaceen, also un-
serer Knöterichpflanzen, welche aber mit denselben
nichts weiter, als denselben Bau in Blüthe und
Frucht, gemein hat. Ich erinnere mich der Pflanze
noch aus dem botanischen Garten in Berlin und
ahndete damals allerdings nicht, welchen Effekt die
Pflanze bei solcher Anwendung macht. In dem
unregelmässig zusammengesetzten Gestein sind in
den leeren Lücken dazwischen einige Exemplare
der Richardia africana (Calla athiopica) angebracht.
Keine Pflanze passt wohl in der Nähe von Gruppen
bei Wasserparthien so sehr, als diese bei uns beliebte
Zimmerpflanze. Die grossen kelchähnlichen Blüthen
von weisser Farbe, unterstützt von dem saftigen
Grün, haben etwas Edles. Obwohl es im Gesteine
selbst ganz trocken ist, empfangen sie doch von
unten so viel Feuchtigkeit, dass sie während der
grössten Sommerhitze von früh bis Abend vortreff-
lich gedeihen und dankbar blühen,
In der Nähe des Springbrunnens ist eine Gruppe
mit diesem in Harmonie dagegen aber ganz verschie-
den von denen, welche ich bis jetzt beschrieben.
Es sind das Kolokasien, Kaladien, Gynerien, Pa-
pyrus-Stauden, Hedychien, Klarinettenrohr (Arundo
Donax), die ächte Zuckerpflanze (Saccharum offiei-
narum), mehre Bananen oder Musen u. s. w., welche
hier in freundlicher Harmonie zusammengestellt
sind. Auserdem stehen noch links von der Fon-
taine Pincenectia glauca, und rechts Dasylırion
glaucophyllum, beide von grosser Schönheit und
daher auch von besonderem Effekte.
Von der Fontaine aus wird auch insofern dem
Auge ein neuer Genuss geboten, als in der Ferne
die kolossalen Steinmassen der Festung St. Elma
sichtbar werden. Wer sollte nicht von diesem am
höchsten gelegenen, einst Neapel mit Hunderten
von Feuerschlünden bedrohenden Zwing-Uri gelesen
oder gehört haben? Doch die Zeiten haben sich
geändert. Jetzt bietet die früher mit Recht gefürch-
tete Veste durch ihre hohe Lage eine der schönsten
Aussichten über die Stadt und die ganze Umgegend
Neapels und kann in Frieden nnd ohne Gefahr be-
treten werden-
Wir setzen auf demselben Wege unsere Wan-
derung fort. Das bereits besprochene Bosket bei
der Laube ist ziemlich gross, denn es hat erst vor
dem Gartenhause sein Ende. Seine Zusammen-
setzung ist bier etwas verschieden von der, wie
wir sie früher angaben, denn nur eine Konifere,
Cupressus glauca pendula, ist vorhanden, während
ausserdem immergrünes Gehölz die Masse bildet:
Citronen, Mandarinen, Laurus Camphora, Pittosporum
undulatum, Akazien, Rhapholepis, Quercus glabra,
Strelitzia Reginae u.s. w. Umfasst wird sie hier
von Baumpäonien und Musen, vor denen wiederum
Canna’s, Papyrus-Stauden, Panicum n. s. w. ange-
pflanzt sind. (Schluss folgt.)
Gerardia pedicularia L. und quercifolia Pursh.
2 neue Zierblumen,
mit Abbildungen.
Haage und Schmidt in Erfurt haben uns
die Abbildungen zweier Zierblumen aus Nordamerika
zugesendet, welche wohl die Beachtung der Garten-
besitzer, nicht weniger aber auch der Gärtner,
verdienen. Wir erlauben uns daher, noch mehr
auf dieselbe aufmerksam zu machen, als bereits
durch die Bekanntmachung ihrer europäischen
Eigenthümer geschehen ist, indem wir eine Beschrei-
bung sowohl, als eine Geschichte von ihnen geben.
Es ist eigenthümlich, dass ein Genus, wie das der
Gerardien ist, trotzdem es eine grosse Anzahl
schöner Blumen enthält, in unsern Gärten nicht
vertreten ist, obwohl Verwandte anderer Geschlechter,
die ebenfalls in Nordamerika zu Hause sind und
dort ziemlich dieselbe Verbreitung haben, wie die
Penstemons, bereits zu den beliebtesten Zierblumen
gehören und sogar schon durch gärtnerische In-
telligenz zu einer grösseren Vollkommenheit ge-
bracht wurden.
Die meisten Gerardien, und zumal die mit
grossen und orangenfarbigen oder gelben Blüthen,
wie die beiden eben zu besprechenden, wachsen
keineswegs an entlegenen Orten der Vereinigten
Staaten Nordamerika’s, sondern bilden auf den
dortigen Wiesen, oder Prärien, wie man jene ge-
wöhnlich zu nennen pflegt, häufig wachsende Pflanzer,
wie etwa die Klappertöpfe (oder Alectorolophus-
Arten) oder die Läusekräuter (Pedicularis-Arten) bei
uns. Schon Linn kannte beide, ebenso wie sein
gärtnerischer, gleichfalls berühmter Zeitgenosse in
England, Philipp Miller. Es unterliegt wohl
keinem Zweifel, dass auch beide Gerardien in der
Mitte des vorigen Jahrhunderts, wenigstens in Eng-
land, kultivirt wurden und vielleicht sogar später
auch nach Deutschland kamen.
Der treue Nachbilder des Ph. Miller’schen
Garten-Lexikons, der zu Ende des vorigen und in
diesem bis in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts
in Eisenach lebende Hofgärtner und später Professor,
Friedrich Gottlieb Dietrich, scheint beide
Gerardien, oder doch wenigstens die eine, nicht
allein gekannt, sondern auch kultivirt zu haben.
Beide Arten halten nach ihm im freien Grund
und Boden des Gartens aus, müssen aber bei der
Aussaat besonders sorgfältig behandelt werden.
Von Gerardia quercifolia berichtet er, dass der
Same keine lange Keimkraft habe, weil er rasch
austrockne, und alsbald an Ort und Stelle gesäet
werden müsse. Die jungen Pflänzchen vertragen
auch das Verpflanzen nicht und sind sorgfältig mit
Erde auszuheben. Am Besten sei es deshalb, sie
gleich an Ort und Stelle auszusäen. Später scheinen
beide Pflanzen wiederum aus den Gärten ver-
schwunden zu sein, bis sie nach Sweet vom Neuen
im Anfange der zwanziger Jahre in den Gärten
Englands eingeführt wurden, ohne aber daselbst
eine lange Dauer gehabt zu haben.
Haage und Schmidt haben sich um ihre
erneuete Einführung ein besonderes Verdienst er-
worben. Wollen wir hoffen, dass beide Gerardien
jetzt länger in unsern Gärten aushalten und gleich
den Penstemons, Chelonen, Calceolarien und anderen
Maskenblütblern ebenfalls noch einer Vervoll-
kommnung entgegen geführt werden, um einen
dauernden Schmuck unserer Gärten zu bilden.
Lebend hat Linn& die beiden Gerardien nicht
gesehen, sondern er erhielt sie getrocknet durch
Gronovius aus der Clayton’schen Sammlung
virginischer Pflanzen. Clayton war der erste,
der uns in pflanzlicher Hinsicht Virginien kennen
lehrte und auch genannte Pflanzen entdeckte. Den
Genus-Namen Gerardia hatte schon der königliche
Botaniker Ludwig XIV., Plumier, zu Ehren des
Engländers Gerard, eines Wundarztes, der in
der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts einem berühmten
Garten in England (des Lords Burleigh) vorstand
und eine später von Johnston brauchbarer ge-
machte allgemeine Geschichte der Pflanzen bear-
beitet hat, ertheilt.
Die Gerardien gehören mit unserem einhei-
mischen Löwenmaul (Antirrhinum), dem Leinkraute
(Linaria), dem Wachtelweizen (Melampyrum), dem
Läusekraute (Pedicularis), dem Fingerhute (Digitalis)
u. 8. w., sowie den ausländischen Salpiglottis,
Collinsien, Gauklerblumen (Mimulus), Pentstemon’s,
Calceolarien u. s. w. in die Familie der Masken-
blüthler oder Scrophulariaceen. Nicht alle, sondern
sogar die wenigsten zu dieser Familie gehörigen
Pflanzen haben, wie das Löwenmaul, ächte Masken-
blumen, wo nämlich die Oeffnung der Blume durch
die Oberlippe, gleichsam wie durch ein Visir bei
einem Helm, geschlossen ist. Viele Maskenblüthler
besitzen im Gegentheil sogar Blumen, wo die
Oeffnung nicht geschlossen ist, bei einigen, wie
z. B. bei Salpiglottis, Browallia u. s. w., die Blumen
sogar fast völlig flach sind. Die Unregel-
mässigkeit in den Blumen einiger Geschlechter ist bis-
weilen sehr gering, so dass z. B. bei Veronica
diese einzig darin besteht, dass der unterste Ab-
schnitt kleiner ist.
Die Maskenblüthler kommen ausserdem noch
darin mit einander überein, dass sie nur 4, selten
2 Staubgefässe besitzen und ihr 2fächriger Frucht-
knoten sich in eine Kapsel umwandelt. Am nächsten
stehen sie den Akanthaceen, einer Familie, welche
nur ausländische, aber bei uns in den Gärten in
&
Gerardia pedieularia L.
reichlichster Anzahl kultivirte Pflanzen enthält und Bei den Maskenblüthlern ist dagegen eine
sich durch eigene spitze, die Saamen tragende | mittelstaudige Placenta in der Kapsel vorhanden,
Haken (Retinacula) innerhalb der Kapseln leicht | der die zahlreichen Saamen aufsitzen. Ausserdem
unterscheidet. haben die Arten genannter Familie nur zum Theil
Pursh.
1a
N
ia quereifoli
Gerard
gegenüberstehende Blätter, während diese Stellung
bei den Akanthaceen nur vorkommt.
Es ist eigenthümlich, dass bei den Maskenblüthlern,
wenn die Kapsel durch Längsspalten in den Fächern
sich öffnet (Capsula loculicida), auch die Unterlippe
in der Knospe der Oberlippe aufliegt und diese
deckt, wenn die Oeffnung der Kapsel aber durch
Reissen und Trennen der Scheidewände geschieht
(Capsula septicida), umgekehrt die Oberlippe in der
Knospe der Unterlippe auflieg. Bentham, dem
wir die letzte Monographie der Maskenblüthler in
de Candolle’s Prodromus verdanken, hat zuerst auf
diese Eigenthümlichkeit aufmerksam gemacht und
sie zur Eintheilung genannter Familie in 2 grosse
Gruppen benutzt. Natürlich sind freilich die beiden
Gruppen nicht, da die ähnlichsten Pflanzen im
Systeme dadurch weit auseinander gestellt werden.
Unsere Gerardien gehören zu der ersten Gruppe.
In dem Genus Gerardia waren früher sehr
verschiedene Pflanzen der Alten und Neuen Welt
vereinigt. Dem bereits schon genannten Mono-
graphen der Maskenblüthler, Bentham, verdanken
wir es aber, dass alle fremden Elemente heraus
genommen und in anderen Geschlechtern unterge-
bracht wurden, so dass es jetzt nur noch aus
gegen 30 amerikanischen Pflanzen besteht, die haupt-
sächlich in den gemässigten Zonen wachsen oder
wenigstens auf den höheren Terrassen der subtro-
pischen und tropischen Länder, wo nur ein mildes,
nicht heisses Klima vorhanden ist. Die früher
ebenfalls zu Gerardia gerechneten Pflanzen des tro-
pischen und heissen Amerika’s sind ebenfalls ent-
fernt worden; man hat aus diesen das Genus
Esterhazya gebildet.
Manche Gerardien halten auf gleiche Weise,
wie einige Penstemons und Chelonen, im freiem
Grund und Boden unserer Gärten aus, andere da-
gegen müssen in Töpfen gezogen und gegen
Kälte geschützt werden. Alle sind krautartig und
dauern mehre Jahre, können aber auch als 2jährige
Pflanzen behandelt werden. Sommergewächse giebt
es unter ihnen nicht.
Die Gerardien in dem Umfange, wie man sie
jetzt auffasst, zeigen zweierlei Typen, die auch von
den meisten Botanikern als besondere Genera
aufgestellt wurden. Die einen haben rothe Blumen
und ungetheilte Blätter, während diese bei den andern
fiederspaltig oder doch wenigstens gelappt erscheinen.
In diesem Falle besitzen die Blumen auch eine
gelbe oder blassorangenrothe Farbe. Zu dieser
letzteren Gruppe gehören wiederum unsere beiden
Gerardien: pedieularia und quercifolia. Als Genus
führt diese Gruppe den Namen Dasystoma (d. h.
behaarter Mund), weil die Innenseite der Krone
behaart ist.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
| Knospe deutlich hervor.
Was zunächst die erste der beiden genannten
Arten, die Gerardia oder Dasystoma pedicu-
larıum anbelangt (S.6.), so hat siein der That eine
grosse Aehnlichkeit, besonders hinsichtlich der
Blätter, mit manchen Arten des bei uns einhei-
mischen Genus Pedicularis, so dass sie ihren Namen
wohl verdient. Sie kann unter Umständen die
Höhe eines Fusses erreichen, bleibt aber in der
Regel niedriger. Der Stempel verästelt sich und
wird damit um so breiter. Behaarung ist in der
Regel nur sehr schwach vorhanden, kann aber
unter Umständen auch mehr hervortreten. Die
doppelfiederspaltigen Blätter haben am unteren
Theil des Stengels eine Länge von ziemlich 2 Zoll
und stehen auch ausserdem einander gegenüber.
Aus ihrem Winkel kommen die bis 15 Zoll langen
Blüthen einzeln und auf dünnen, sowie behaarten
Stielen von Zoll-Länge hervor und stehen aufrecht.
Die 5 tiefgehenden Kelchabschnitte sind meist
blattartig gelappt und stehen schliesslich mehr oder
weniger von der wenig längeren, nach oben sich
erweiternden Kronröhre ab. Auch sie sind mit
langen Haaren besetzt. Die Oberlippe der Krone
besteht aus 2 breiten Lappen und ist etwas zurück-
geschlagen, während die sehr breite und 3lappige
Unterlippe meist nur wagerecht absteht. Beide
Lappen haben in aufrechter Stellung eine Länge
von 7 bis 9 Linien.
Gerardia oder Dasystoma quercifolium
(S.7.)soll dieselbe Pflanze sein, welche Linn&alsRhi-
nanthus virginicus beschrieben hat. Sie scheint
meist grösser zu werden, als die vorige Art, bei
geringer Verästelung erscheint siejedoch weniger breit.
Sie ist durchaus unbehaart, der Stempel ist sehr oft
wie mit einem röthlichen Reife überzogen. Die
unteren, meist doppelfiederspaltigen Blätter sind in
die Länge gezogen und bisweilen selbst 3 und 4
Zoll lang. Nach oben am Stengel werden sie ein-
fach - fiederspaltig und verschmälern sich in einen
ansehnlichen Stiel, bis sie in der Nähe der Blüthen
mehr oder weniger deckblattartig erscheinen. Damit
wird ein grosser Blüthenstand gebildet, der mit den
zahlreichen, gelben Blüthen sich reizend ausnimmt.
Diese stehen in der Regel zu 3 bis 4 auf
einem gemeinschaftlichen Stiele und werden noch
von besonderen kleinen Deckblättern umgeben.
Ihre Grösse beträgt über 1 Zoll. Der kurze
glockenförmige Kelch hat 5 lanzettförmige Abschnitte,
die kaum die Hälfte der wenig nach oben sich er-
weiternden, aber etwas gekrümmten Kronröhre er-
reichen. Der Saum ist weit regelmässiger, als bei
G. pedicularia, auch kürzer, und steht wenig ab.
Die 5 einzelnen Abschnitte sind rundlich und
treten ale Ober- und Unterlippe nur in der
Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L, Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
e: Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
2. 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Berlin, den 13. Januar
No.
Inhalt: Einige Worte über das Kombiniren der Pflanzen. Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen Garten
in Neapel. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde, — Ueber Fasciation der Pflanzen.
Einige Worte über das ombiniren der Samen.
In Frankreich bringt Carri®re das Kombiniren
der Samen wiederum zur Sprache. Unter diesem
Ausdrucke versteht man ein Verfahren, wornach
man ähnlich, wie in der Landwirthschaft, zweierlei
Damen dicht nebeneinander in den Boden, resp. in
den Topf bringt, weil man die Ueberzeugung hat,
dass durch das Keimen des Einen das Keimen des
Andern erleichtert wird, oder weil man weiss, dass
beiderlei Samen beim Keimen und Wachsen sich
nicht gegenseitig beeinträchtigen, sondern das Eine
ebenso gut gedeiht, als wenn das Andere gar nicht
vorhanden wäre.
Vor einigen und dreissig Jahren, noch mehr
aber in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhun-
derts, war dieses Kombiniren zweier verschiedener
Samen, welche beim Keimen sich nicht beeinträch-
tigen, in Thüringen und in Sachsen, weniger bei
dem gelernten Kunstgärtner, als vielmehr bei dem
gewöhnlichen Land- und Krautgärtner und bei dem
Blumenliebhaber sehr gebräuchlich. Alle, besonders
feinere und schwerkeimenden Samen, auch solche,
welche eine lange Zeit liegen müssen, bevor sie
keimen, wie Rosen-Samen, wurden oft mit einem
andern leicht keimenden Samen dicht nebeneinander
in die Erde gelegt; man machte wohl auch in die-
sem letzteren einen Schnitt, um den feineren Samen
mit seinem unteren Ende in die Spalte zu stecken.
Die Pflanze, deren Samen man sich gleichsam als
Vehikel dabei bediente, war gewöhnlich der Hafer.
Auch in i'rankreich scheint man das Haferkorn
bei den kombinirten Aussaaten den Vorzug gege-
ben zu haben.
Wir erinnern uns noch aus der ersten Jugend,
die 40, ja selbst 50 Jahre zurückliegt, also einer
Zeit, wo Verbindungen mit überseeischen Ländern,
besonders im Innern Deutschlands, noch keineswegs
so leicht wie jetzt angeknüpft werden konnten,
dass man besonders ausländische Samen, welche
Blumenliebhaber damals begierig aus den Kaffee-
und aus den Reissäcken heraussuchten, oder von
damit handelnden Kaufleuten erhielten, stets in Ge-
meinschaft mit Haferkörnern sorgsam unter die Erde
brachte und, sobald der betreffende ausländische
Samen über der Erde erschien, das Haferpflänzchen
mit Aufmerksamkeit abschnitt. Untersuchte man
in diesem Falle das keimende Pflänzchen etwas
näher, so war es bisweilen interessant zu sehen,
wie schnell das Würzelchen Aeste gebildet hatte,
oder auch Adventiv-Würzelchen entstanden waren,
welche das Haterkorn umgaben.
Es ist eigenthümlich, dass wir seit dieser ersten
Jugend in Deutschland nichts wieder von dem
Kombiniren zweier verschiedener Samen vernommen
haben, und dass uns das Verfahren völlig aus dem
Sinnegekommen war. Gärtnerischen Freunden, welche.
wir hier um Auskunft ersuchten, war es dagegen völ-
lig unbekannt. Das Verfahren scheint in Deutsch-
land demnach nur in einigen Gegenden bekannt
gewesen zu sein. Wie weit es in Frankreich in
Anwendung gebracht wurde, wissen wir nicht, da
2
10
aus Carriere’s kleiner Abhandlung darüber nichts |
hervorgeht. |
Das Verfahren selbst scheint uns aber interessant,
ja selbst wichtig genug zu sein, um ihm hier einige
Zeilen zu widmen; vielleicht ist auch der Eine oder
der Andere der Leser damit vertraut und vermag
über seine Anwendung mehr Auskunft zu geben,
als wir jetzt im Stande sind. Wir erinnern uns
nur, dass dergleichen schwer keimende Samen, wenn
man sie zugleich mit einem leichter keimenden in
die Erde brachte, sich rascher und besser entwickel-
ten, als wenn sie allein in die Erde gesteckt wurden.
Carritre behauptet dieses besonders von feineren
Samen und nimmt beispielsweise Buddleja curviflora,
mit deren Samen er vergleichende Versuche, und
zwar für das Verfahren sprechend, angestellt hat.
Auch wir möchten das Verfahren unseren prak-
tischen Gärtnern zum Versuche empfehlen. Dass
Pflanzen gegenseitig zu einander gewiesen sind und
andere sich im Gegentheil abstossen, deshalb nicht
leicht nebeneinander vorkommen, ist eine bekannte
Thatsache. Die Ursache dieser doppelten Erschei-
nung mag wohl hauptsächlich in der Art und Weise
der Ernährung der einzelnen Pflanzenarten liegen.
Hier haben fast nur die sogenannten mineralischen
Stoffe: Kali, Phosphor, Kalk u. s. w., eine Bedeu-
tung, da Kohlensäure und Ammoniak, zum grossen
Theile auch Wasser, allenthalben vorhanden sind.
Jede Pflanze hat ihre eigenthümliche Art‘ der
Ernährung in der Aufnahme bestimmter minerali-
scher Stoffe; je mehr gewisse Arten sich darin
gleichen, um so mehr werden sie sich Nahrung
wegnehmen und in der Ernährung stören. Da die-
selbe Art in allen ihren Individuen eine annähernd
gleiche Ernährung hat, so würden eine Menge In-
dividuen, sobald sie dicht nebeneinander stehen,
bald einander stören, insofern nicht Vorkehrungen
getroffen würden. In der Natur gibt es sehr we-:
nige sogenannte gesellige Pflanzen, die dicht neben-
einander gut gedeihen; in der Regel ist die Vege-
tation auf Wiesen und sonstigen natürlichen Stand- |
orten möglichst mannigfaltig. Wir sehen uns bei
unseren Massenproduktionen (bei Getreide, Kartof-
feln, Hülsenfrüchten u. s. w.) stets gezwungen, den
Boden vorher richtig zu bearbeiten und dann, wenn
eine Kulturpflanze abgeerndtet ist, womöglich eme |
andere Pflanze mit anderen Nahrungsansprüchen
auf dieselbe Stelle zu bringen. Darauf beruht die
Wechselwirthschaft des Landwirthes.
Es gibt aber auch Pflanzen, welche in der Er-
nährungsweise sich wesentlich von der anderer un-
terscheiden, diese, neben einander wachsend, selbst
dadurch unterstützen können, dass siez. B. durch Auf-
schliessung von unlöslichen Salzen in der Erde
neue Nahrung zuführen. Auch diesen Umstand
weiss die Landwirthschaft zu ihrem Vortheil anzu-
wenden, indem sie oft neben der Oberfrucht zugleich
noch eine Unterfrucht in die Erde bringt. So
sieht man häufig rothen Klee im ersten Jahre un-
ter Roggen. In Württemberg geschah es früher
häufiger, dass Mohrrüben unter Roggen gesäet
wurden und man nach der Roggen-Erndte noch eine
Mohrrüben-Erndte hatte.
Aehnlich mag es sich auch beim Kombiniren
zweier Sämereien verhalten. Ohne Zweifel kommt
aber noch ein zweiter, vielleicht gewichtigerer _
Grund dazu. Ausländische, besonders feine Säme-
reien kommen hier unter anderen klimatischen Ver-
hältnissen in den Boden; besonders ist die äussere
Luft eine andere. Sollte demnach der zweite ein-
heimische und bereits an andere Verhältnisse ge-
wöhnte Samen, da er rasch und alsbald keimt,
nicht mit seinen ersten Blättchen auch schon der
ersten Entwickelung des ausländischen Samens einen
gewissen Schutz verleihen können ? Möglicherweise
wird ferner durch den Austausch und durch die
Umbildung der aufgespeicherten Nahrungsstoffe des
ersten Samens der andere Samen schliesslich leich-
ter bedingt, ebenfalls mit seinen Reservestoffen den
Austausch und damit den Anfang der neuen Vege-
tation zu beginnen. Vielleicht begünstigt auch die
freiwerdende Wärme beim Keimen des ersten das
Keimen des letzteren ?
Es sind dieses Fragen, die unserer Ansicht nach
keineswegs sehr schwer zu beantworten sind. Auf
jeden Fall müssten aber doch schon vorher ver-
gleichende Versuche stattfinden, ob das Verfahren
überhaupt den Erfolg gibt, wie man behauptet.
Wir haben viele Beispiele, dass ein Verfabren im
gewöhnlichen Leben lange Zeit als richtig und
erfolgreich anerkannt wird und doch, sobald sich
der Ernst der Wissenschaft damit beschäftigt,
schliesslich als falsch nachgewiesen worden ist.
Ein Spaziergang
durch den prinzlid Stigliano:Cofonna’fgen
Karten in Neapel.
3riefliche Mittheilung
von Wenz. Krupper, Obergärtner daselbst.
(Schluss.)
Die erwähnten Mandarinen-Bäumchen verdienen
in allen italienischen Gärten die grösste Berück-
sichtigung, weil sie auch in mancherlei Weise Ver-
wendung finden. Deun hinsichtlich ihrer schönen
Form, ihrer prächtigen Belaubung, aber noch mehr
wegen ihrer wohlsclmeckenden Früchte, die wegen
ihres feinen Aromas allen andern Orangen vorge-
zogen werden, bieten sie so viel dar, wie nicht leicht
ein anderes Gehölz. Dazu kommen ihre sehr leichte
Kultur und die üppigste Vegetation, welche sie in
einer kräftigen, etwas lehmigen Erde und auf son-
nigem Standort machen.
Vor dem Gartenhause befindet sich ein nach vorn
spitz zulaufender Rasenplatz mit 4 einzelnen Pflan-
zen. Unter ihnen ist eine Pincenectia tuberculata,
welche nun seit Monaten, ohne ein Zeichen von Vor-
oder Rückwärtsgehen gegeben zu haben, dieselbe
geblieben ist, zu nennen, sowie ferner eine dritte
Dattelpalme in kräftigster Gesundheit, eine breit
gewachsene Librocedrus chilensis, endlich eine
5 Fuss hohe Yucca quadricolor, welche bereits seit
6 Jahren auf derselben Stelle steht.
. Das Gartenhaus selbst ist im französischen Stil
erbaut und schliesst auch ein geräumiges Lokal für
alles, was der Gärtner an Geräthen, Instrumenten
und überhaupt an Utensilien gebraucht, in deutscher
Ordnung ein. Hier ist alles blank und sauber und
bekommt seinen bestimmten Ort angewiesen. Rechen,
Hacken, Spaten, Sägen, Spritzen u. s. w. sehen Sie
in bester Qualität. Ein besonderer Schrank nimmt
der Arbeiter Kleider auf, ein Tisch dagegen dient
für Anfertigung von Bouquets und allerhand Blu-
menarbeiten; wiederum an einem besonderen Ort
findet man Hammer, Nägel, Draht, Etiketten u. s. w.
Stühle und Bänke fehlen schliesslich ebenfalls nicht,
um hier und da benutzt zu werden.
Seitwärts führt eine Thür in das Marmorbad,
geschmückt mit nachgebildeten pompejanischen Ma-
lereien, der Fussboden wird aber von pompejani-
scher Mosaik bedeckt.
Hinter beiden eben genannten Räumen zieht
sich noch ein schmaler Raum weit dahin. Hier
werden die grösseren Utensilien, Grasmaschinen,
grössere Spritzen, Siebe u. s. w. aufbewahrt.
Eine halbrund-laufende Treppe führt aufwärts
nach dem Pflanzen-Salon und beginnt an einer Fel-
sengruppe, wozu das Material der feuerspeiende
Vesuv geliefert hat. Sempervivum, Mesembrianthemum,
Agaven sind zwischen dem Gestein gepflanzt, wäh-
rend ein Exemplar der interessanten Kürbispflanze
(Sechium edule) geniessbare Früchte darbietet. In
der Rundung selbst steht eine chinesische Trauer-
Cypresse (Cupressus funebris) und füllt den ganzen
Raum mit ihren Tausenden von Aesten und Zwei-
gen aus. Die Vorderseiten oben wie unten sind
mit Spalieren versehen, wo Buginvilleen (Bu-
gainvillea’s), Tecoma jasminoides existiren, Banks-
rosen fast das ganze Jahr ihre Blüthen entfalten.
Die wirkliche Schönheit der Buginvilleen kann man
bei uns in geschlossenen Gewächshäusern gar nicht
beurtheilen. In dem Klima Neapels muss man den
Buginvilleen-Reiz blos hier geniessen, den reichen,
ich möchte auch sagen, unverwüstlichen Flor schauen.
%1
Fünf 4% Fuss breite und 8 Fuss hohe Thüren
führen in das Innere des Pflanzen-Salons von 50 Fuss
Länge, 21 Fuss Breite und 16 Fuss Höhe. Fein-
gearbeitete Spaliere bedecken auch hier die Wände, ..
um allerhand Schlingpflanzen aufzunehmen; leider
gedeihen hier, wo trockene Luft und, wenig Licht
keinen guten Einfluss auf die Vegetation aus-
üben, aber nur wenig Arten, die ausserdem noch
oft ersetzt werden müssen. Dass eine kleine Fontaine
nicht feblt, kann man sich denken.
An den Pflanzen-Salon schliesst sich ein grosses
Gewächshaus von 180 Fuss Länge, 20 Fuss Breite
und 17 Fuss Höhe an, zu dem man auf 6 Stufen wieder
herabsteigt. Eine Wasserheizung gibt die Möglich-
keit, den grossen Raum auch zu erwärmen. Dieses
Gewächshaus ist ein eigentlicher Wintergarten, wie
man ihn ebenfalls bei uns haben könnte. Da sehen
Sie weder Stellagen, noch Brustbretter. Die Pflan-
zen stehen einzeln und zu Gruppen vereinigt im
freien Boden, und geschlungene Wege führen den,
der hier im Winter und bei regnerischem oder kal-
tem Wetter lustwandelt, zu Ruhe- und Aussichts-
punkten. Selaginella denticulata deckt den Boden, wo
keine anderen Pflanzen stehen, und ersetzt das Raygras
bei uns im Freien. Eine Marmor-Fontaine und
verschiedene Stein- und Felsengruppen tragen zur
Mannigfaltigkeit nicht wenig bei. Von oben hängen
Ampeln, mit allerhand Blumen geschmückt, und
Orchideen in viereckigen Körben herunter. Unzäh-
liche Farue haben im Hintergrunde an der Wand
von selbst gekeimt und bedecken jetzt fast allein
die sonst nackte Fläche, nach vorn hingegen an den
Pfeilern und Fenstersparren wuchern in reichlicher
Fülle eine Reibe von Schlinggewächsen, wie Passions-
blumen, Stephanotis, Echites u. s. w.
Von den besseren Pflanzen, welche in diesem
Wintergarten vorhanden sind und bereits grosse Di-
mensionen einnehmen, will ich nur erwähnen:
Rhapis flabelliformis, Chamaedorea desmoncoides,
Ernesti Augusti, glaucifolia, Sabal princeps, Areca
rubra und lutescens, Oreodoxa ventricosa, Seaforthia
elegans, Carludowica palmata, Zamia Lehmanni,
Dioon edule, Cycas cireinalis, Furcraea Giesbrechtii,
dreierlei Conoclinium, Hunderte von prächtigen Poin-
siettia pulcherrima, Dracaenea Draco cannaefolia,
umbraculifera, nitida, marginata, indivisa u. s. w,
Aralia Sieboldii, Acrostichum grande, Alsophila
australis, Asplenium dimorphum, Nivus avis, nigrum,
luridum, ferner Baeckia chrysophylla, Euphorbia
cereiformis, Franeisceen, Hedychium coronarium, Hi-
manthophyllum miniatum, verschiedene Maranteen
und Musen, Pandanus utilis und Monstera Lennea
(Philodendron pertusum) stets in Blüthe und Frucht.
Alle diese Pflanzen bleiben den Winter über
nur im Wintergarten und werden dann im Früh-
2*+
12
jahr ins Freie gebracht zu 1 Gruppe beim Palast
und zu 3 anderen bei dem beschriebenen Laubengang.
Das Gewächshaus selbst befindet sich auf einer
12 Fuss hohen Terrasse, welche nicht durch Böschung,
sondern durch eine Mauer abfällt. Eine 14 Fuss
breite Rosengruppe, Hunderte remontirender Arten
enthaltend, zieht sich der Mauer entlang und ist nach
vorn von Lonicera aureo-reticulata und Alternan-
theren eingefasst. Die Mauer selbst ist mit Banks-
rosen und Buginvillien überzogen.
Es bleiben mir noch eine Anzahl interessanter
und schöner Pflanzen übrig, die zu nennen unser
Spaziergang durch den Garten keine Gelegenheit
gab, ich hole demnach das Versäumte nach. Eine
Cycas revoluta von zwar nur 33 Fuss Höhe und
14 Fuss Durchmesser hat nicht weniger als 172 Blät-
ter. Ein anderes zweites Exemplar von solcher
Schönheit und Blattfülle möchte weder in Italien, |
noch sonst existiren. Nicht weit davon steht eine
Zamia glauca, 2 Fuss Stammhöhe, 13 Fuss Stamm-
Durchmesser, fast rund, mit 28 Blättern. Sie wird |
alsbald der Liebling aller Fremden, welche den
Garten besuchen, denn ein gleiches, so wunderbares
und in der Pflanzenwelt so seltenes Kolorit möchte
ebenfalls kaum wo anders gesehen worden sein.
Einen grossen Eucalyptus babe ich schon er-
wähnt, ich komme zu einem andern. Sie werden
gehört haben, dass diese Riesenbäume grade in
Neapel viel durch den Wind zu leiden haben und,
wenn sie gross geworden sind, allmählig ihre Schön-
heit‘ verlieren. Das ist nun bei dieeem Exemplar
nicht der Fall gewesen, im Gegentheil hat die Be-
laubung dieselbe Reize behalten, welche jugendliche
Bäume darbieten. Eben deshalb trägt er viel zur
Verschönerung des Gartens bei. Ein halbes Jahr
lang steht dieser Baum in Blüthe, ist aber immer
mit unzähligen Früchten bedeckt, die uns schon
grosse Massen von Samen geliefert haben.
Rechts von diesem Prachtbaume steht eine
Cycas eircinnalis mit 23 Fuss Stammhöhe, $ Fuss
Stammdurchmesser und mit ‚16 Blättern versehen.
Sie nimmt sich um so schöner aus, als sie sich
mitten auf einem grossen Rasenplatze befindet, der
nur durch Gruppen von Salvia splendens var. com-
pacta unterbrochen wird. Auf demselben grossen
Rasenplatze steht auch ein prächtiges Exemplar
des Dioon edule von 5 Fuss Stammhöhe und 1 Fuss
Durchmesser, sowie weiter hin nach einem Bosket
zu eine Musen-Gruppe.e Wendet man sich nach
dem Palaste zu, so gelangt man alsbald zu einem
Bosket aus Kamellien bestehend. Wenn diese im
ersten Frühjahre, wo vielleicht in Deutschland noch
Schnee den Boden bedeckt, zu gleicher Zeit Tau-
sende von Blumen entfaltet haben, wird ein An-
blick geboten, wie ihn der Nordländer nicht kennt.
|
Weiter will ich auf eine besonders hohe Dracaena
indivisa und auf ein prächtiges Bambusrohr auf-
merksam machen, um nun auch noch eines Exem-
plares der Corypha australis zu gedenken. Es ist
eine kräftige Pflanze, deren Stamm * Fuss im
Durchmesser hat und 35 Blätter trägt.
Wir stehen wieder an dem Palaste mit seiner
schönen Marmor- Fontaine. Die Marmor- Treppe,
welche zu ihm führt, hat rechts und links an ihrem
Geländer als Schlingpflanze zur Bedeckung: Rhyn-
chospermum jasminoides und Luzuriaga corymbosa.
“Wieder Blicke zur Seite wendend, sehen wir
von Neuem auf der einen 2 interessante Gruppen,
von denen die eine durch einen Chamaedorea
glaucifolia von 25 Fuss Höhe besonderen Effekt
macht, während die auf der anderen fast nur aus
Kamellien und Gardenien besteht. Aus ihr ragt
aber ein stattliches Exemplar von Eugenia australis,
gewiss von 50 Fuss Höhe, hoch hervor.
Schliesslich komme ich noch zu einer Art Glas-
palast, der wohl manchem Leser der Wochenschrift
gefallen möchte.
Er ist nur vonEisen undGlas gebaut. Die Thüren
sind zum Schieben eingerichtet, das Dach ist ge-
wölbt, der Fussboden aber mit weiss und schwar-
zeın Marmor getäfelt, den Wänden hat man die Farbe
des pompejanischen Rothes gegeben und sind dann
mit einem feinen spanischen Rohr-Spalier überzogen
worden. Ampeln, Vogelkäfige, in welchen letzteren
zum Theil lustige Kanarienvögel durch ihren Gesang
erfreuen, hängen von oben herab. Rings herum
stehen roth- und weiss- oder grün- und weissgerän-
derte oder karrirte Töpfe und Kästchen, sowie
schöne hölzerne, aber mit Schnitzwerk versehene
Pflanzenkasten in Rautenform. Zwei grosse eben-
falls viereckige und besonders prachtvoll geschnitzte
Sockel unterbrechen auf beiden langen Seiten in
der Mitte. Der eine trägt ein schlafendes Kind,
von weissem Marmor angefertigt, was der kunst-
sinnige Fürst selbst modellirt hat, während der an-
dere ebenfalls einen Fischerknaben, der eine Schild-
kröte an der Schnur leitet, ebenfalls aus weissem
Marmor angefertigt, enthält. In der Mitte des
Glaspalastes steht ein pompejanischer Blumentisch
von seltener Schönheit und deshalb grossem Werthe.
Stühle mit allen Bequemlichkeiten, ein, aus den
verschiedenen bekannten Marmorsorten zusammen-
gesetzter runder Tisch mit venetianischer Blumen-
vase, eine Anzahl von Kandelabern u. s.w. schmücken
ausserdem den inneren Raum. Damit dieser Glas-
palast in kleinem Massstabe ebenfalls während
des Winters eintretender rauher Tage vielleichtbesucht
werden kann, befindet sich auch ein Ofen darin.
Von dieser Art Glaspalast führen 4 grosse und
breite Thüren in das Innere des Palastes, und zwar
15
unbedingt in das prachtvollste und geschmackvollste
Appartement Neapels.
gehört nicht mehr in den Bereich des Gärtnerischen,
den Inhalt zu beschreiben gehören auch andere und
sachversändige Männer.
Dass der Boden des Gartens auch bewegt ist
und diese Bewegungen erst durch die Kunst her-
vorgerufen wurden, werden Sie wohl schon an und
für sich errathen haben. Sämmtliche Wege werden
auf das Sauberste gehalten und sind ganz glatt.
Aus den nahen Steinbrüchen rings um Neapel
nimmt man die Abfälle dazu und stampft sie fest
und glatt. Der Rasen macht in den Monaten Juni,
Juli, August und September enorme Mühe, wenn
man ihn nur einigermassen grün erhalten will.
5 und mehr Monate fällt bisweilen kein Tropfen
Regen, dagegen ist er in den Wintermonaten aber
prachtvoll. Die starken Taue;,
enden wollende Giessen.
Allerlei
aus der Gärtnerei und mer |
I.
Die grossen Verheerungen der Weinlaus (Phyl-
loxera vastratrix) in Frankreich haben bereits auch |
die Aufmerksamkeit unserer Behörden auf diesen
Gegenstand hingelenkt; man hat mit Recht ernst- |
lich gewarnt, junge Weinpflanzen u. s. w. aus Frank-
reich zu beziehen, damit diese schrecklichen Feinde
des Weinstockes, die den lange Zeit gefürchteten
Weinpilz (Oidium Tuckeri) noch an Intensität ihrer
Wirkung übertreffen, nicht etwa auch in Deutsch-
land eingeführt werden. In Betreff dieser Krank-
heit selbst verweisen wir auf das, was wir früher
darüber gesagt haben.
Nach den Berichten aus den
ländern Frankreichs sind die Verheerungen der
Weinlaus alle Jahre bedeutender geworden. Auf
grossen Weinfeldern sind bisweilen sämmtliche Wein-
stöcke abgestorben, auf anderen haben diese bereits
einen so kränklichen Zustand erhalten, dass das
Absterben sicher ist. Alle Mittel, welche man vor-
geschlagen und ins Werk geführt hat, haben nicht
einmal zeitweilig geholfen. Das Absuchen der
Blätter, besonders derer, auf denen die die jungen
Weinläuse einschliessenden Gallen vorhanden sind,
hilft nicht viel, da die gefährlichen Thiere sich
ebenfalls in der Erde befinden und sich daselbst
eben so gut vermehren können, als in den Gallen.
Das rasche Ausreissen der plötzlich erkranken-
den Weinstöcke kann nicht in der Weise geschehen,
die wir dann fast |
jede Nacht haben, unterstützen sehr viel das nie |
südlichen Wein- |
dass alle mit der Weinlaus behafteten Wurzeln und
Doch was hier vorhanden, | Würzelchen zu gleicher Zeit entfernt werden. Ein
Quadrat- Meter Erde ist doch das geringste, was
man zugleich entfernen müsste. Wo will man nun
aber, auch wenn das Debel einmal nur einiger-
massen vorhanden ist, genug neue und fruchtbare
Erde herbekommen, um die weggenommene zu er-
setzen? Was würde es auch für Mühe und Geld
kosten, um die weggenommene Erde zu reinigen,
damit sie später wieder verwendet werden könnte.
Das Anwenden scharfer Mittel: des Petroleums,
der Karbolsäure, des Bisulfats von Kalk u. s. w.
ist bier, wie bei anderen Gelegenheiten, eine sehr
bedenkliche Sache. Wendet man diese scharfen
Stoffe in geringer Menge an, so helfen sie gar
nichts oder doch nur wenig. Die dicht unter der
Oberfläche sich aufhaltenden Weinläuse werden
vielleicht getödtet, aber die Individuen, welche sich
etwas tiefer befinden, setzen ungestört ihre Ver-
heerungen fort. Wendet man aber solche Massen
der scharfen Stoffe an, dass die Weinläuse in grösse-
rer Tiefe ebenfalls getödtet werden, so kann man
sicher sein, dass auch die Weinstöcke getödtet sind.
Ein viertes Mittel, was man endlich vorgeschla-
gen hat, ist, unsere Weinrebe auf die amerikanische
Vitis Labrusca zu veredeln, weil deren Wurzeln
nicht angegriffen werden sollen. Ob es sich wirk-
lich so verhält, müssten noch zuvor weitere Versuche
angestellt werden; sollte es sich aber in der That
bestätigen, so würde eine Regenerirung der Art sehr
viele Mühen und Kosten beanspruchen. Es müsste
auch damit rasch angefangen werden, da es viele
Jahre bedürfen würde, ehe eine solche Regenerirung
vollständig durchgeführt wäre. Auf jeden Fall
möchte sie wenigstens da anzuwenden sein, wo das
alsbald zu erwähnende, als untrüglich angegebene
Mittel nicht zur Anwendung kommen kann.
Dieses letzte Mittel ist von Louis Faucon,
Eigenthümer in Graveson (Departement der Rhöne-
Mündungen) empfohlen und bereits, wenigstens nach
dem dem landwirthschaftlichen Minister in Paris am
18. September vorigen Jahres zugegangenen Be-
richte, mit Erfolg in Anwendung gebracht worden.
Das Mittel ist sehr einfach und besteht darin, dass
die Weinfelder in der Winterzeit kürzere oder län-
gere Zeit unter Wasser gesetzt werden. In Süd-
Fraukreich und besonders in dem Departement, wo
Louis Faucon wohnt, und in anderen Niederun-
gen, wo Wasser zum Ueberschwemmen vorhanden
ist, kann es leicht geschehen, für Deutschland frei-
lich, wo die Weinrebe fast nur an Bergen und
Höhen kultivirt wird, hat das Mittel dagegen gar
keine Bedeutung. Immerhin ist es interessaut, da-
bei zu erfahren, dass der Weinstock nicht, wie
viele andere Gehölze, bei Ueberschwemmungen em-
14
pfindlich ist, sondern im Gegentheil noch dabei ge-
deiht. Faucon erzählt selbst, dass in allen Fällen,
wo er seine Weinfelder überschwemmt hatte, oder
wo es auf seinen Rath von anderen Winzern ge-
schehen war, sich die Weinstöcke von der durch
die Weinläuse hervorgerufenen Schwäche und Kränk-
lichkeit rasch erholten und üppiger selbst trieben,
als es bei sonst gesunden Weinstöcken, die nicht
überschwemmt worden waren, der Fall war.
Carriedre, Inspektor des Arboretums im Jardin
des plantes zu Paris, bringt in einer der letzten
Nummern der Revue horticole (S. 508.) eine interes-
sante Erscheinung zur Sprache, welche er an einem
Süss-Kirschbaume (Prunus Avium) beobachtet haben
will. Darnach seien plötzlich von diesem Baume
Zweige des Sauer - Kirschbaums hervorgekommen.
Bei der lebhaften Phantasie und der nicht stets sorg-
fältigen Beobachtung, die leider der sonst als Gärt-
ner mit Recht anerkannte erste Herausgeber der
Revue horticole in seinen Veröffentlichungen sich
oft hat zu Schulden kommen lassen, möchte man
die angegebene Thatsache zwar nicht ganz bezwei-
feln, aber doch wünschen, dass sie, da dergleichen Er-
scheinungen, wenn sie einmal sich gezeigt haben,
sich auch wiederholen, durch einen gewissenhafteren
Beobachter und Forscher noch etwas genauer un-
tersucht, resp. festgestellt würde.
Dass ein Gehölz ohne Weiteres Zweige einer
anderen, wenn auch noch so verwandten Art, her-
vorbringt, widerspricht allen dem, was die Wissen-
schaft darüber festgestellt hat, eine solche Thatsache
machte sie selbst zu Schanden. Es wäre dasselbe,
als wenn ein Pfirsichbaum etwa plötzlich Kirschen
hervorbrächte oder, um uns etwas derb auszudrücken,
als wenn eine Hündin plötzlich Katzen zur Welt
brächte. Entweder hatten die Blätter der vermeint-
lichen Sauerkirschzweige nur die äussere Form der
Sauerkirschblätter, was uns das Wahrscheinlichste
ist, zumal Carridre der von diesen Zweigen her-
vorgebrachten Früchte gar nicht gedenkt, oder der
vermeintliche Süsskirschenbaum war einer der Blend-
linge, wie wir von P. Avium und acida in den so-
genannten Glaskirschen und Amarellen in grosser
Anzahl haben, und schlug, wie man sagt, plötzlich
mit einigen Knospen zurück. Wir hätten demnach
dieselbe interessante Erscheinung, wie bei dem so
viel besprochenen Cytisus Adami, wo das Zurück-
schlagen in beide Sammeltern: Cytisus Laburnum
und atropurpureus, gewöhnlich ist.
Carriöre hat auch glücklich herausgebracht,
dass der Sauerkirschbaum nicht aus Asien stammt,
wie man gewöhnlich annimmt. Bei einiger Literatur-
Kenntniss hätte er dieses längst wissen können, zu-
mal er unsere Dendrologie zur Zeit, als sie erschien,
recensirt hat. Wie genau Carri®re zu seiner Be-
urtbeilung sich mit dem Inhalte der Dendrologie
bekannt gemacht hat, ersieht man daraus, dass er
gar nicht weiss, dass in diesem von ihm recensirten
Buche bereits mit Bestimmtheit nachgewiesen ist,
was er jetzt behauptet. Im pontischen Gebirge, von
wo die Kirschen nach Rom gebracht sein sollen,
wächst wohl der Süss-, nicht aber der Sauerkirsch-
baum.
Wenn Carri®re weiter vermuthet, dass der
Sauerkirschbaum vermutblichaus Nordamerika stamme
und sich auf seine Cerasus nana beruft, so legt er
hier ebenfalls Unkenntniss der nordamerikanischen
Flor an den Tag.
Belle Angevine d. h. Schöne von Anjou, heisst
bekanntlich eine Birn, auf welche man erst seit den
vierziger Jahren aufmerksam wurde. Seit langer
Zeit wurde sie schon im Westen Frankreichs, be-
sonders in Anjou, angebaut und war früher unter
mehren Namen, die alle aber ihren Ursprung nicht
andeuten, bekannt. So heisst sie auch Bolivar,
Royale d’Angleterre, Duchesse de Berry d’hiver,
Belle de Bruxelles u.s. w. In Frankreich selbst
wird sie als Kochbirn betrachtet, obwohl bei uns
in Deutschland ihr Geschmack der Art ist, dass
mancher Feinschmecker sie gern geniesst. Ihren
Ruhm verdankt sie übrigens auch nicht ihrem guten Ge-
schmacke, sondern vielmehr ihrer Grösse und ihrem
Gewichte, die beide wiederum Veranlassung geben,
dass die Birn in Frankreich stets einen hohen Preis
besass und noch besitzt.
Es kommt noch dazu, dass es in Paris und
auch sonst im Westen Europa’s Mode wurde, bei
grossen Gastmälern mit grossen Schaufrüchten zu
prangen. Diese Schaufrüchte werden nicht gegessen,
sondern nur bewundert. Die Delikatessen-Händler
vermiethen deshalb dergleichen Schau - Exemplare
der Belle Angevine zu dem hohen Preise von 5
bis 7 Frank das Stück, je nach der Grösse. Be-
sonders ansgezeichnete Schaufrüchte werden daher
auch sehr hoch verkauft. Im Anfange des vorigen
Jahres wurden auf einem Boulevard zu Paris 7
Birnen der Belle Angevine von seltener Schönheit
und Grösse ausgestellt und schliesslich um den
Preis von 150 und selbst 175 Frank angeboten.
Es wird erzählt, dass der Besitzer auch wirklich
diese Summe erhalten habe. 20 Frank für eine
besonders schöne Belle Angevine ist übrigens kein
seltener Preis.
Ein Gärtner in der Nähe von Paris erzieht
alle Jahre eine bestimmte Anzahl solcher Schaustücke
der Belle Angevine heran, die er regelmässig das
Stück mit 10 Frank bezahlt erhält. Ein anderer
löst für wenige, aber allerdings vorzüglich gezogene
Früchte alljährlich die Summe von 300 Frank.
Früchte von 3 Pfund sind bei solchen Verkäufen
15
keine Seltenheit; man will aber selbst deren gezo-
gen haben, die 5 Pfund wogen.
In der Abhandlung über die babylonische
Trauerweide ist unter Anderm mitgetheilt, dass der
damalige Gouverneur von St. Helena, General
Beatson, Versuche gemacht habe, englische Ge-
hölze auf genannter Insel einzuführen. Wenn die
meisten derselben auch Anfangs zu gedeihen schienen,
so sind sie doch fast sämmtlich allmählig wiederum
zu Grunde gegangen. Der jetzige Gouverneur von
St. Helena, Admiral Charles Elliot, macht eben-
falls Anpflanzungen, aber anderer Art, indem er
an ein warmes Klima gewöhnte Pflanzen auf seiner
Insel zu akklimatisiren sucht. J. D. Hooker hat
ihm zur Unterstützung und Durchführung seiner
Pläne einen tüchtigen Gärtner, Chalmers, zuge-
sendet.
° Der Anfang der schon gemachten Anpflanzungen
scheint zu glücken. Seit mehrern Jahrzehnten
bereits bemühen sich die Engländer in ihren Kolo-
nien, wo ihnen einigermassen das Klima geeignet
scheint, Chinarinden-Bäume einzuführen und haben
auch in verschiedenen Ländern, so in Ostindien,
nicht geringe Resultate gewonnen. So wurden auch
auf St. Helena Versuche damit angestellt, die eben-
falls zu gelingen scheinen. Aber nicht alle Arten
Cinchonen gedeihen daselbst, sondern nur C. succi-
rubra und offieinalis. Von diesen sind bereits 500,
von jener 300 Bäumchen auf der Insel vorhanden.
Bei dem grossen Bedarf der Chinarinde als Arznei-
mittel und bei dem unverantwortlichen Leichtsinn,
mit dem die Peruaner noch fortwährend ihre China-
wälder verwüsten und sich selbst um ihren National-
reichthum bringen, müssen wir den Engländern
besonders dankbar sein, wenn sie auf Ersatz dieses
wichtigen Arzneimittels denken.
Wir haben schon mehrmals auf Weiden-Kul-
turen aufmerksam gemacht und kommen jetzt wie-
der auf sie zurück, wo eine englische Brochüre
vor uns liegt. Ihr Verfasser heisst William Sca-
ling und nennt sich seit 10 Jahren Korbmacher
Ihrer Majestät der Königin und der Königlichen
Familie. Aus diesem Büchelchen ersehen wir, dass
die Weiden-Kultur in England noch eine ganz an-
dere Ausdehnung hat, als in Deutschland, wo nur
einzelne grosse Kulturen, wie z.B. an der Elbe
bei Wittenberge und bei Harburg vorhanden sind.
Jeder Gärtner und jeder Landwirth bedarf ein
wohlfeiles Binde-Material, was ihm die Weide am
besten und bequemsten liefert; wie Viele gibt es
aber nicht, welche dieses kaufen und jährlich eine
nicht unbedeutende Summe dafür verausgaben.
Da wir für alle Bodenarten Weiden haben,
welche darauf gedeihen, so braucht man bei einiger
Auswahl nicht ängstlich um den Erfolg zu sein. |
Niederungen, Fluss- und Bachufer sind aber beson-
ders geeignet. Auf diese Weise, wie bei uns be-
trieben, ist die Weiden- Anpflanzung in der Regel
nur eine Nebensache, ın England hat man aber
Gegenden, wie in der Grafschaft Nottingham, wo
die Kultur der Weiden Hauptsache geworden ist,
auf gutem Boden geschieht und eine nicht unbe-
deutende Einnahme bringt.
Nach Will. Sealing bringt der englische Acre,
also 1% preussische Morgen, mit starken und harten
Weiden bepflanzt, jährlich eine Einnahme von 21
Pfund und, werden auch die Stangen geschält, von
25 Pfund. Mit Korbweiden bepflanzt hat man da-
gegen nur von dem Acker eine Einnahme von
173, resp. wenn die Ruthen geschält werden, von
22 Pfund. Der Acker gibt an Gewicht 6 Tonnen
härtere und 7 bis 7% Tonnen weichere, also Korb-
Weiden. Wir wiederholen, dass bei dieser ratio-
nellen Weiden-Kultur der Boden stets bearbeitet
worden ist und fortwährend bearbeitet wird, wie
jeder andere für Getreide, Hackfrüchte u. s. w. Vor
Allem wird er von Unkraut rein gehalten und in
gewissen Zeiträumen gedüngt.
W. Scaling legt seine Weidenstecklinge quer
in den Boden, so dass die nach oben stehenden
Knospen grade nach oben wachsen können, die
nach unten stehenden hingegen verkümmern. Wenn
man den Steckling, wie es gewöhnlich geschieht, mit
dem unteren Theile in die Erde steckt, so erhalten
alle Triebe eine Krümmung an der Basis, welche
der Güte der Ruthe mehr oder weniger Abbruch
thut, insofern man nicht oberhalb der Krümmung
schneidet. Im diesem Falle hat man aber wieder
Verlust an der Länge der abgeschnittenen Ruthe.
Da man bei wagerecht in die Erde gelegten Weiden-
Stecklingen bis Zur Erde schneiden kann, s0 ragt
ferner auch nach der Erndte nichts heraus, was
bei demin England gewöhnlich mit derEgge gemach-
ten Lockern des Bodens, aber auch beim Düngen,
nicht stören könnte,
Nicht weniger als über 7,000 englische Acker
werden jenseits des Kanales nur in dem eigentlichen
England zu rationeller Weiden-Kultur benutzt. Da-
mit ist aber der Bedarf, abgesehen von den kleinen,
nebenher betriebenen Kulturen, die ebenfalls in
grosser Anzahl vorhanden sind, für England noch
keineswegs gedeckt, es müssen noch 4 bis 5,000
Tonnen Weiden jährlich vom Auslande eingeführt
werden. Aus Norddeutschland kommt nur wenig,
desto mehr aber aus Frankreich, Belgien und Hol--»
land. Die aus dem letzten Lande sind am schlech-
testen, weil die Ruthen in dem dortigen Marsch-
boden zn geil geworden sind. Durch diese Einfuhr
von Weiden in England gehen jährlich gegen 5,000
Pfund Sterling aus dem Lande. Ausserdem werden
16
aber noch aus den genannten Ländern jährlich für
nahe 48,000 Pfd. Strl. Körbe u. dergl. bezogen.
Wir haben bereits in der Abhandlung über die
bereiften Weiden aufmerksam gemacht, dass diese,
nebst den meisten andern baumartigen Weiden und
unter den Buschweiden die Purpur- und Bachweiden,
einen intensiven Bitterstoff in Folge des reichlichen
Gehaltes an Salicin besitzen. Dieser Umstand gibt
diesen Weiden noch eine andere Verwendung, die
besonders Gutsbesitzern mit Wildstand zu empfehlen
ist. Bekanntlich benagen Rehe, besonders zur Win-
terzeit, gern die Rinde der Gehölze, so lange sie
grün sind und fressen die Spitzen ab. Man ist leider
deshalb gezwungen, zum Schutze allerhaud Vorkeh-
rungen zu treffen, oder muss Anpflanzungen von Ge-
hölzen, die man gern gehabt hätte, aufgeben.
Das beste Mittel gegen derlei Beschädigungen
von Gehölz-Anpflanzungen ist eine Hecke von der-
gleichen bitterschmeckenden Weiden. Am besten
sind die Purpur- und Bachweiden deshalb, weil
hier auch die Blätter den intensivsten bitteren Ge-
schmack haben.
Ueber Fasciation der Pflanzen.
Von Dr. Sorauer in Proskau.
Beschäftigt mit dem Studium der Krankheiten
unserer kultivirten Pflanzen, finde ich eine Bemer-
kung in dem auch in diesen Blättern besprochenen
Buche (Masters: Vegetable Teratology), welche
verdient, von den Züchtern allgemeiner beachtet |
zu werden. Der Verfasser citirt eine Beobachtung
vonMoquin-Tandon im Bulletin der botanischen Ge- |
sellschaft in Paris (VII,881) nach welcher die Fasciation
von Cirsium sich durch Samen theilweise fortgepflanzt
hat. Wir verstehen bekanntlich unter Fasciation
eine plötzlich auftretende Missbildung von Stengeln
krautartiger oder holziger Pflanzen. Die gewöhn-
lich im Querschnitt kreisrunden oder nahezu kreis-
runden Stengel werden breit und bandartig und
die auf ihrer Spitze entstehenden Blumen bilden
einen zusammenhängenden Kamm. Unsere Kultur-
pflanze, der Hahnenkamm (Celosia cristata), ist das
jedem Gärtner bekannte beste Beispiel. Wir erin-
nern uns, dass bei magerer. Kultur‘ und ungenügen-
der Wärme die Kämme der Celosien sich spalten
und in einzelnen kleineren Aesten unregelmässig
weiter wachsen. Dies dürfte zunächst den Beweis
liefern, dass eine solche Verbänderung überhaupt
nichts weiter ist, als eine Verschmelzung einer An-
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
’
zahl von Zweigen, die aus Knospen entsprungen
sind, welche sich an Stelle einer einzigen Gipfel-
knuspe sehr zahlreich in gleicher Höhe entwickelt
haben.‘) Wir sehen, dass durch eine überreiche
Nahrung dieser Zustand erhalten und weiter aus-
bildet werden kann, wissen, dass derselbe durch
Samen für 1 bis 2 Generationen erblich bleibt und
finden nun in der Literatur Beispiele, die auch die
Erblichkeit dieses Zustandes bei wilden Pflanzen
darthun. Es liegt also für die Praxis die Anregung
nahe, bei unsern Florblumen und einigen Gemüsen
nach dieser Richtung hin zu züchten. Namentlich
bei niedrig bleibenden Stauden, die für Parterre’s
benutzt werden, würde eine solche kammartige Ver-
breiterung der blühenden Stengel mit Freuden be-
grüsst werden und für die Züchter keineswegs un-
rentabel sein. Diese Züchtungsrichtuug dürfte um
so mehr zu empfehlen sein, da die Fasciation be-
reits bei vielen Pflanzen beobachtet worden ist.
Aus eigener Erfahrung nenne ich eine Anthemis,
Viola odorata, Taraxacum offhiciale, Bellis perennis,
Zinnia elegans, Primula veris, Hyacinthus orientalis.
Es bleibt schliesslich die Frage, auf welche Weise
man vorgehen könnte, um unsere Florblumen anzu-
regen, solche Verbänderungen zu bilden. Der
Theorie nach dürfte dies geschehen durch alle solche
Mittel, welche die Endknospe an ihrer Entwickelung
hindern und deren Achselknospen zum Austreiben
bringen.
Vermuthlich gehört dazu, dass das künstliche
Zurückhalten einer Endknospe kurz vor der ein-
tretenden Rulieperiode einer Pflanze beginne, damit
durch die Störung die angelegten Seitenknospen
erstarken; wenn dann plötzlich bei eintretendem
Erwachen des Triebes vermehrte künstliche Wärme
' und reiche Nahrungszufuhr ein üppiges Entfalten
der vorbereiteten Knospen hervorrufen, dann liegt
die Möglichkeit einer Verschmelzung der dicht bei
einander entspringenden Triebe nahe.
Sollte aber auch die Praxis vorläufig nicht dahin
gelangen, willkürlich solche Fasciationen zu erziehen,
| so wird es doch immer nützlich sein, den zufällig
entstehenden Missbildungen dieser Art die Aufmerk-
samkeit zuzuwenden und solche durch Samen zur
Vermehrung zu bringen.
1) Unserer Erfahrung nach entsteht die Fasciation keines-
wegs durch das Zusammenwachsen mehrer Achsen, sondern
wird durch andere Ursachen bedingt. Beispiele am Baldrian,
an der weissen Lilie, an der Fichte, an Weiden und an Eschen,
wo sie am Häufigsten vorkommen, sprechen dagegen.
Die Redaktion.
Druck der €. Feister'schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
ee ——
Berlin, den 20. Januar
No. 3. 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt; Die Producte des Feld- und Gartenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. August
1871, nebst einigen Bemerkungen über Land- und Gartenbau in Schweden überhaupt. Von Dr. Wittmack. — Die Mo-
nocotylen der Flore des serres et des jardins de l’Europe, Tom XVIII.
Par Louis van Houtte.
Sonntag, den 28. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver-
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden.
Die Produkte des Je: und Yarlenbaues
auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen-
burg vom 1. bis 5. August 1871,
nebst einigen Bemerkungen über Land- und
Gartenbau in Schweden überhaupt.
Von Dr. Wittmack.
schaftlichen Ausstellung in Gothenburg, welche mit
der 13. allgemeinen schwedischen landwirthschaft-
lichen Versammlung verbunden war, ragte ausser
den Sektionen für Viehzucht, Fischerei und Maschinen-
wesen ganz besonders auch die Gartenbau-Ausstel-
lung hervor, weniger durch die Zalıl der Ausssteller
als durch das geschmackvolle Arrangement. Hatte
man doch das am schörsten belegene Lokal auf
dem grossen 17 Tonnen (ca. 35 Morgen) grossen
Ausstellungsplatze, ein hohes Kreuzgebäude von
100 Fuss Länge und Breite und 30 Fuss Tiefe,
für die Garten- und Feldprodukte bestimmt.
Rund um das aus Brettern gezimmerte Haus,
auf dessen innere Einrichtung weiter unten zurück-
zukommen ist, waren auf Etageren die verschiede-
nen Sorten von Getreide, sonstige Sämereien, sowie
auch Sämlinge von Forstpflanzen in Kasten, Proben
von Taback in Töpfen etc. ausgestellt, während
das Innere hauptsächlich für die Gartenproducte
im engeren Sinne bestimmt war.
Um zunächst beim Getreide stehen zu bleiben,
so war davon verhältnissmässig wenig vorhanden,
da die neue Erndte noch nicht eingetreten war. In-
dess . boten manche der ausgestellten Proben ihres
| mittleren (der Eicheuregion) gebaut.
Unter den einzelnen Abtbeilungen der landwirth-
Ursprunges aus dem höheren Norden wegen viel
Interesse, und regten zugleich zu weiteren Nach-
forschungen über die Verbreitung des Getreides in
Schweden überhaupt an.
Der Weizen wird in nicht unbedeutender Menge
im südlichen Schweden (der Buchenregion) und im
Gewöhnlich
nimmt man den Dalself, 60—61 Grad nördlicher
Breite, als die Grenze an, einzeln findet man ihn
aber noch viel höher. So wurden nach Andersson,
dessen trefflicher Apercu de la vegetation et des
plantes cultivees de la Su2de, Stockholm 1867,
mir von dem Dr. Bolle freundlichst zur Verfügung ge-
stellt wurde, im Jahre 1865: 7 Tonnen äca. 14 Hecto-
liter in Jemtland 62—65 Grad, 3 Tonnen in Wester-
botten und Norbotten, 64—69 Grad, gewonnen.
Andersson sah in guten Jahren Weizen in 1,000
Fuss Meereshöhe bei Quickjock in Luleamarken,
ca. 66 Grad, am Fuss der höchsten skandinavischen
Alpen kultivirt. In Dalekarlien geht der Winter-
weizen bis Falun, 61 Grad, 400 Fuss überm Meeres-
spiegel, der Sommerweizen dagegen bis Näs, 800
Fuss überm Meeresspiegel.
Der meiste Weizen wird in Östgothland ge-
baut, dann folgen Schonen, Södermanland, Stock-
bolm n. s. w.
Der Roggen ist die Hauptbrotfrucht und fast
über das ganze Land, hauptsächlich aber im mitt-
leren Schweden, verbreitet. Als Polargrenze sieht
"man gewöhnlich den Angermannaelf an, ein Fluss,
der ein sehr fruchtbares Gebiet durchzieht, und an
dessen Ufern der Ort Nyland in ca. 624 Grad
3
18
nördlicher Breite liegt, der dem bekannten Nyländer
Roggen den Namen gegeben. In Dalekarlien geht
der Winterroggen bis zum Thale Elfdal (61° 5%)
in einer Höhe von 630 Fuss und der Sommer-
roggen noch bis Idre (61° 56‘) in 1,530 Fuss
Meereshöhe. An den Küsten der Ostsee zieht
sich die Kultur des Roggens bis nach Haparanda
hinauf, und geht westwärts und nordwärts in den
Flussthälern in’s Innere des Landes bis 67° 56‘
in einer Entfernung von 13 bis 14 Meilen von der
Küste. Man kultivirt ihn noch in Storsand und
Storbacken in Lulea-Lapmarken in einer Höhe von
ungefähr 1000 Fuss. Noch weiter nördlich gedeiht
er nur in günstigen Lagen, giebt aber gleichwohl
in Norrland gewöhnlich reiche Erndten. Aus Wester-
und Norbotten sah man denn auch mehrfach Pro-
ben auf der Ausstellung. So von Oefver-Törnea,
Pajada Kengisbruk (fast 67 Grad, also jenseit des
Polarkreises) von Pitea, (65° 19° 13‘) Lutea etc.
Das landwirthschaftliche Museum in Berlin besitzt
Proben von schwedischem Getreide, das bereits in
den Aehren erfroren. Selbstverständlich ist solches
künstlich getrocknet, wie fast alles Getreide in den
nördlichen Gegenden. — In Norrland wird der
Roggen im Anfang Juli gesäet, keimt oft schon
in sechs Tagen, aber reift erst in einem vollen
Jahre.
Obenan stehen in Bezug auf Roggenbau Schonen,
Ostgothland, Calmar-Län in dem sonst unfrucht-
baren Smaland, Södermanland etc.
Die Gerste gedeiht gleich dem Hafer in Norr-
land, dem Lauf der Flüsse folgend, bis 68° 38%,
und nur an der durch den Golfstrom so warmen
Westküste Norwegens sind noch höhere Polargrenzen
der Gerste, 70 Grad, bekannt. Doch nicht blos
in nördlicher, sondern auch in westlicher Richtung
steigt die Gerste von der Ostsee aus die Flussthäler
hinan bis in die subalpine Region, wo sie gewöhn-
lich noch ziemlich gut in einer Höhe von 900 Fuss
reif. Andersson sah in Lulea-Lapmarken oberhalb
der Koniferen-Region in einer Höhe von 1,350 Fuss
Felder mit vollkommen reifer Gerste. In den
alpinen Gegenden von Jemtland geht sie eben so
hoch, und in Dalekarlien reift sie im Kirchspiel
Idre (61° 56°) in 1530 Fuss Meereshöhe. — Auf
der Ausstellung waren Proben von Jockmock am
Luleaelf, von Pitea, Oefverkalix und ähnlichen nahe
dem Polarkreis gelegenen Orten. Es wird sowohl
6 und 4zeilige, als auch zweizeilige gebaut, und
scheint auch hier die letztere sich immer mehr ein-
zubürgern. Bekannt ist, dass die Gerste schlecht-
hin „Korn“ genannt wird, ein Beweis, dass sie
wenigstens früher die Hauptfrucht war.
Als Exportartikel ist vor Allem der Hafer zu
nennen, der in ausserordentlicher Menge, aber erst
mehr in neuerer Zeit, kultivirt wird. Auf allem
eben dem Walde oder Moore abgerungenen Terrain
ist er ja auch fast die einzig mögliche Frucht.
Ebenso ist er fast das einzige Getreide in den un-
fruchtbaren Gegenden von Wermland und Smaland.
Berühmt ist der Wisingöer schwarze Hafer von
der Insel (Oe) Wisingoe im Wetter-See, wie denn
überhaupt die Gegend zwischen diesem und dem
Wenern-See, sowie westlich von letzterem die Läne
Skaraborg und Elfsborg, den meisten Hafer produ-
eiren. Die Polargrenze des Hafers fällt etwa
mit der des Roggens zusammen, in Dalekarlien er-
reicht er bei Sarna, 61° 40° eine Meereshöhe von
ca. 1,500 Fuss.
Die Erbsen gehen in Schweden bis zur Grenze
des Weizens, in Dalekarlien gedeihen sie bei der
Kapelle von Transtrand 61° 6‘ in einer Höhe von
420 Meter; in Norbotten finden sie sich längs der
Küste. Pferdebohen werden im südöstlichen und
mittleren Schweden gezogen, in den Gärten geht
die grössere Varietät so hoch wie die Kartoffel,
d. h. in der alpinen Region bis in einer Höhe von
420 Meter. Der Buchweizen wird fast nur in der
Buchenregion kultivirt und ist auch da oft unsicher,
der gemeine hält besser aus als der tatarische.
Die Kartoffeln reichen bis zur Grenze der
Kultur überhaupt, d. bh. bis zur Birkenregion in
420—480 Meter. In Norrland werden sie Ende
Mai oder Anfangs Juni gepflanzt und gegen Ende
September geerndtet. Die frühen englischen Sorten
brauchen in Schweden 60 Tage, die Fluke’s und
die sächsischen Zwiebelkartoffeln 120—130 Tage,
die schwedischen (Swartsjöer) 180 Tage zu ihrer
Entwickelung.
Es dürfte vielleicht nicht unangemessen sein,
an dieser Stelle einige nähere statistische Nachrich-
ten über Schwedens Ackerbauverhältnisse anzu-
führen.
Schweden, ein Land mit 3,865 schwedischen
oder ca. 8,026 geographischen Quadratmeilen und
mit nur 4,159,000 Einwohnern hat an Kulturland
nach den Berichten von 1865, reducirt von Frisch
in geographischen Quadratmeilen:
Acker. Natürl. Kultur- Theil
Wiesen. land. des Areals
182,588. 439,952. fast 4.
in Götarike: 257,364.
(südl. Schweden).
in Svearike: 131,255.
(mittl. Schwed.).
in Norrland:
(nörd]. Schwed.).
Totalin Schwed. 422,246
le
.
80,855. 2 12,110.
100,807. 133,434.
32,627.
. 364,250. 785,496. fast 1.
Der Acker macht darnach wenig über z'5 des
Ganzen aus, und wenn auch diese Angaben offen-
19
bar zu niedrig sind, und, wie Frisch meint, vielleicht Getrbiden. Hals 1.40% 34001182 72,280;106-
um 20pCt. erhöht werden können, so geben sie Fiillgenfrüchte a. Ya & irrt 108,200;
doch einen Beweis der geringen Ausdehnung des Kartoffeln . . hc 260,000;
Kulturlandes. Andere Neiszelfrüchte ns 13,800.
Einen genaueren Ueberblick giebt Andersson Hutterpllanzen2 en sararre 1,100,000;
in folgender Weise. Faserpflanzen . . 5 30,110.
Schwedens Oberfläche beträgt nach Abzug der Andere ökonomische che : 11,500.
Seen und Wasserläufe 81,355,853 Tonnenland Brachland . . Ehen. 740, 000.
(1 Tonneland = 0,49374 Hectare — 1,933 Magde- Den besten Weberblick über die erhalten
burger Morgen; 11,157,5 Tld. = 1 geographische | der einzelnen Läne (Regierungsbezirke) erhält man
Quadratmeile). Davon kommen auf: durch folgende Anbau-Tabelle nach Tonnenland:
Schwed.
Total-
Län. Quadrat-| Weizen. Roggen. Gerste. Hafer. | Mengkorn.
Meilen. Tonnenland,
StOCKRolmyazr er, ae 61 49,410 221,310 89,251 168,876 23,853 552,200
Al 35,633 | 236,781 | 156,281 64,190 33,020 | 515,905
Sodermanland. un ae une 51 63,131 275,975 40,007 171,566 13,060 564,739
Oestergötlandun Dr san] 88 74,234 | 334,960 | 112,572 | 199,930 | 185,153 | 1,006,849
Jonkepe ya er ne 171188 3,512 | 118,405 46,490 | 349,970 24,242 | 542,619
Kronoberäig min. Malie Alben: 73 969 102,386 114,940 178,114 21,588 417,997
Cal DBRRERLE 07ER. AR RAR rg 22,277 | 298,614 | 149,671 | 111.063 2,140 | 683,765
a ea „20 21,628 81,345 66,876 13,739 4,268 | 187,855
Dlekinsien Aa Irene | 425 8,097 75,796 56,774 | 110,018 | 11,000 | 261,685
Christians, 5 bt 54 26,482 | 227,305 | 254,776 | 330:537 | 59,602 | 898,702
NEO =... gg 64,511 | 344,491 | 667,375 | 588,953 | 179,027 | 1,844,357
Ballandlere nn no 2... 41 10,315 99,833 51,489 179,732 27,941 469,310
Ghikenhuren..... dl. 742 15,879 87,274 91,455 | 396,578 29,884 | 621,070
Diisborsks msn a. > 103 16,548 132,723 50,167 556,380 45,083 800,901
oe nl, |. 007 40,579 | 233,551 46,254 | 632,978 29,427 | 982,789
A 133 7,100 112,130 10,300 380,000 7,000 516,530
15 TOT A NE 70 28,921 261,082 42,410 253,606 18,833 604,852
NMeemanland Uhl u, .7. 54 28,176 205,795 47,937 160‘414 23,860 466,182
once an | 28% 3,750 | 107,908 50,265 | 260,019 66,576 | 488,815
Bereporen ya a er 1,095 51,028 | 165,394 82,056 61,493 | 361,066
Norı land a Er TER, 191 23 19,584 157,335 10,763 11,107 168,812
erkand' cr 2. Mich 10 ann Da 411 8 5,817 43,359 996 2,614 52,794
Westerbotteny#".: 1%, 2 #0 W. : 477 3 2,618 55,397 351 | 618 58,987
Norman. nr tsleh als 858 a 4,149 65,901 32 a 70,082
*) 1 Tonnenland — 0,49374 Hectare — 1,933 Magde- | wöhnlich rechnet man 114 Sgr., 8 schwed. Thlr. = 3 preuss.
burger Morgen. Thlr. 1 schwed. Fuss = 0,2969 Meter = 0,946 rheinl.
Seit 1858 ist in Schweden fakultativ und seit 1863 | Fuss; 1 schwed. Pfund — 425,,, Gramme; 1 schwed.
obligatorisch das Decimalsystem eingeführt; nur das alte | Kubikfuss (Hohlmaass) 26,,,, Liter oder 22,55, preuss.
Flächenmaass „Tonnenland‘“ ist noch gesetzlich erlaubt. | Quart. 1 Tonne Getreide — 6,, Kubikfuss — 164,883
1 schwedischer Thlr. — 100 Oere = 11 Sgr. 5,, Pf., ge- | Liter.
35
2
Folgende Tabelle giebt die Aussaat- und Erndte-
menge in Tonnen & ca. 1,65 Hectoliter — fast
genau 3 preuss. Scheffel an:
Aussaat: Erndte:
Weizen . 76,337 Tonnen 522,312 Tonn.
Roggen . 565,694 55 3,640,760 „
Gerste . . 466,305 > 2.602.048. 2,
Hafer . 1,214,555 5 5,501,361 „
Mengkorn 171,426 55 881.389. 7°,
Erbsen 69,321 > DU DD,
Bohnen etc.. 10,932 5 43,320 ,„
Buchweizen . 945 4 A809 25,
Kartoffeln . 1,369,249 Me 8,434,645 ,„
Diese Zahlen sind dem sehr eingehenden 5 jäh-
rigen Bericht von 1861—1865 entnommen, und
stellt sich die Durchschnitts-Erndte der angeführten
Gegenstände zusammen auf 21,928,870 Tonnen.
Im Allgemeinen rechnet man seit 1850 auf einen
0
jährlichen Getreide-Ueberschuss von ca. 14 Tonnen,
während vor nicht 100 Jahren jährlich 600,000
Tonnen eingeführt werden mussten.
' Aus den Angaben über die Ausfuhr von 1860
bis 1869 ergiebt sich aber, mit fast alleiniger Aus-
nahme des Hafers, dessen Ausfuhr-Quantum von
6,303,609 im Jahre 1860 auf 11,155,606 Cubik-
fuss stieg, sich also fast verdoppelt hat, eine ver-
hältnissmässig bemerkenswerthe Abnahme gegen den
Anfang des Decenniums. Dies erklärt sich daraus,
dass Schweden nach und nach aus der Reihe der
rein Körner producirenden Länder heraustritt und
sich immer mehr auf die Viehzucht wirft.
Ueber die, das gärtnerische Publikum mehr
interessirende Ein- und Ausfuhr von Sämereien etc.
giebt nachstehende nach dem Bericht des Königl.
Kommerz-Kollegiums pro 1869 zusammengestellte
Tabelle Aufschluss:
Einfuhr.
1860 | 1861 | 1862 | 1863 | 1864 1865 | 1866 | 1867 | 1868 | 1869
Bohnen. . Pfd, 3,425 16,755 39,391 359,243 460,297 430,875) 295,958) 717,253) 616,683) 353,471
Diverse Samen, ausser 'Pfd.1,831,754| 1,707,783 2,152,148| 1,332,592| 2,159,635| 1,893,870
Kanariensamen, Thlr.‘| 770,147 | 845,556 | 712,128 | 1,026,388.,4 "|09,505| 122.678] 127,055| 96,377| 138,5821 126,748
Seebeschädigt . Thlr. | 11,742 — 4,665 262 2,006) 23,054 — Er > 8,649
Früchte undBeeren excl
Apfelsiuen Chr. 1,346 557 2,744 3,170 2,647 1,341 1,475 1,948 3,251 2,603
Bäume, frische . Thlr. | 7,559 | 33,637 | 21,253 15,117 13,969, 17,557| 10,014| 11,387| 15,581l 8,046
Ausfuhr.
| 2 Pfd. 136,355] 336,097 153,353] 413,985] 520,553) 400,177
Diverse Samen . Thlr. 86,564 | 168,790 | 170,638 | 100,543 Chf. 66.085 220.652 186,746 41,434 35,731 34,143
Früchte und Beeren,
frische . Chf. | 8,914 2,554 | 2,294 690) 3,632 1,735, 3,815 3,004 3,519] 3,145
Für das Jahr 1869 befinden sich in dem er- Einfuhr: Ausfuhr:
wähnten Berichte des Commerz-Kollegiums detaillir- | Gras, unverarbeitet Otr. 1,412. =
tere Angaben, darnach betrug die Einfuhr etc. do. gefärbtes Pfd. 23,414. 702.
Einfuhr: Ausfuhr: | Natürliche Blumen . Thlr. 208. _
Ei Seen Chf. 1987. ati Getrocknete doPne- Thlr. 1,562. —
Beinsamen,... +; . Ch: 111,212. 1,000... | BlumenzuichelnE re
do. seebeschädigt. Thlr. 8,649. — Grünwaaren, frische . Ctr. 1,452. Er
Zuckerrübensamen Pfd. 15,439. — Doch zurück zur Ausstellung! — Von Futter-
Kanariensamen. . . Pfd. 92,868. -_ samen war hauptsächlich Kleesamen ausgestellt und
do. seebeschädigt. Thlr. 222. — namentlich der sogenannte schwedische oder Bastard-
Klee- u. Annat-Gras- klee (Trifolium hybridum). Seinen englischen Namen
samen, 2. Pfd. 1,735,108. 399,136. | Alsike hat er von dem Pfarrdorf Alsike in Stock-
Rüben- und Rapssaat Cbf. 13,539. 23,092. | holmslän in der Nähe von Upsala. — Stockholms-
Blumen- und andere län und Upsala (Upland) sind auch die Hauptgegen-
‚Garten-Sämereien 4. Eid. 94,877. 565. | den seiner Kultur, obwohl er fast überall gebaut
Nicht specificirt Pfd. 48,446. 476. | wird, und gleich dem Trifolium pratense, medium etc.
21
bis in Norrbotten hinauf gedeiht. Ebenso hoch
gehen auch Phleum pratense, Alopecurus pratensis
und Dactylis glomerata, sowie Vicia sativa u. a.
Als Bezugsquellen für Trifolium hybridum sind zu
nennen: Berg u. Ghyllander in Orebro, C. A. Ha-
gendal in Oerebro, Henrik Lemann in Sörby und
Salaholm ete. Uebrigens würden die Handelsgärt-
ner und Samenhändler in den Seestädten, z. B.
C. P. Lange in Gothenburg, Liepe (ein Deutscher)
in Gothenburg, die Hillersjöoer Garten-Aktien-Gesell-
schaft (J. H. Gotschalk in Stockholm) event. auch
der Director des Garten-Vereins in Gothenburg,
Herr Löwegreen, gewiss gern als Vermittler dienen.
Vielleicht liesse sich auch ein Tauschgeschäft mit
schwedischem Klee und deutschem Zuckerrüben-
samen, der jetzt in Schweden viel gebraucht wird,
einrichten.
Die übrigen Sämereien boten kein besonderes
Interesse dar. Dagegen muss hier auf die vorzüg-
lich kultivirten Tabackspflanzen aufmerksam ge-
macht werden. Man sollte kaum glauben, dass in
Schweden so viel Taback gebaut wird, als man
das in den Haugtgegenden seiner Kultur Stock-
holmslän und Malmöhnslän sieht. In ersterem wur-
den im Ö5jährigen Durschschnitt 600 Ctr., im letz-
teren sogar 12,527 Ctr gewonnen, demnach Total
13,127 Ctr. Meist sind es übrigens die Umgegen-
den grösserer Städte, die dazu benutzt werden, weil
dort viel Dung zu haben ist. — Besonders hervor-
zuheben sind die auf der Ausstellung vorgelegten
Tabacksblätter, Virginia und Stockholmer Sorte
vom Commissions- Landmesser J. E. Landström in
Pitea: 65° 19° 13, und Storstrand. Dieser Aus-
steller erndtete 1869 in Storstrand auf 240 Quadrat-
fuss circa 80 Pfd. Blätter und reife Samen, die
freilich durch den bald eintretenden Winter litten.
Wenn auch nur als Merkwürdigkeit, so verdient
doch diese Thatsache, dass auf über 65 Grad nörd-
licher Breite der Taback reift, Erwähnung.
Vorzügliche Kultur zeigten auch die Sämlinge
von Fortgewächsen, namentlich die des Hofinten-
danten G. v. Scheele in Göteborg und Kilanda,
Jägermeister Trithiof Segerdahl in Alvestad u. a.
— Im Anschluss daran fanden sich Querschnitte
von nordischen Waldbäumen in verschiedener Höhe,
sowie Bauholz, Dachschindeln u. s. w.
Eine Sammlung Sämereien, circa 600 Sorten,
in 2 Kästen, namentlich Bohnen und Erbsen aus
dem botanischen Garten in Proskau, von A. Sswens-
son eingesandt, war leider auf dem Transport in
Unordnung gerathen. Bei dieser Gelegenheit dürfte
darauf hinzuweisen sein, dass Kästen mit Fächern
sich für eine Ausstellung nur dann empfehlen, wenn
jede einzelne Probe für sich eingewickelt ist. Wenn
man anch glaubt, dass der Deckel so fest schliesst,
dass die Sämereien etc. nicht durcheinander ge-
rathen können, so lehren häufige Beispiele, dass
das nur selten der Fall. — Unter den mehr wissen-
schattlichen Sammlungen sind anzuführen eine An-
zahl von Saat- und Futterpflanzen auf 59 Grad
nördlicher Breite und 30 Grad östlicher Länge
von dem Director Stenström in Karlstad und
Gardsjö, ein Herbarium von 103 Arten schwedischer
ökonomischer Gewächse (Preis 15 Thlr. = 5 Thlr.
182 Sgr.) von Dr. A. P. Winslow in Gothenburg
und ein grösseres Herbarium von Dr. G. A. Tize-
lius in Stockholm und Upsala. Es enthielt 70
Wiesengräser und 100 Futtergewächse.
(Fortsetzung folgt.)
Die Monoecotylen der Flore
des serres et des jardins de ’Europe.
Tom. XVII.
Par Louis van Houtte.
Der vorliegende 18. Band des bekannten illustrir-
ten Pflanzen- und Blumenwerkes bringt dieses Mal
weit weniger Originalien als früher; den bei Wei-
tem grössten Theil der abgebildeten Pflanzen haben
wir bereits besprochen. Nichts desto weniger behält
auch dieser nun 18. Band seinen grossen Werth,
besonders was die bildlichen Darstellungen anbe-
langt, die in der That nichts zu wünschen übrig
lassen, und schliesst sich den vorausgegangenen an.
Wenn wir uns zunächst den Monoktoylen zuwenden,
so sind die Orchideen mit Vorliebe behandelt.
Oncidium splendidum A. Rchd (tab. 1825) ver-
dient wegen seiner Schönheit den Beinamen. Aus
den eirunden, kaum 1 Zoll im Durchmesser ent-
haltenden Knollen kommt nur ein dickliches und
an der Basis zusammengefaltetes Blatt von 6 Zoll
Länge und im oberen Drittel fast 1 Zoll Breite
hervor, während der eben so lange, an dessen Basis
hervorkommender Stiel wiederum mit einer gleich-
langen Aehre aus 5 bis 7 entferntstehenden Blüthen
bestehend erscheint. Die grossen, denen des O. ti-
grinum ähnlichen Blüthen haben die 14 bis 1% Zoll
breite Lippe von gelber Farbe nach unten stehend,
die 5 ziemlich gleichen, über 1 Zoll langen und
4 Linien- breiten Blumenblätter befinden sich dage-
gen nach oben und haben eine braune, aber durch
grüne Zeichnung unterbrochene Farbe. Die Orchidee
stammt aus Guatemala.
Oncidium Liminghii Ed. Morr. (tab. 1827) aus
Caraccas haben wir besprochen. (12. Jahr. 175.)
Oncidium fuscatum Rchb. (tab. 1831) wurde
22
von Reichenbach zuerst Miltonia Warszewiczii
genannt, der Name aber wiederum eingezogen, da
Miltonia als selbständiges Genus nicht mehr von
ihm anerkannt wird. Es scheinen aber als Miltonia
Warszewiezii zweierlei Pflanzen in den Gärten zu
existiren, da nach Veitch (vergl.13. Jahrg. 158)
die Pflanze van Houtte’s eine andere ist. Die den
sehr wellenförmigen, fast krausen Blumenblättern
gegenüberstehende grosse Lippe von weisser Farbe,
aber an der Basis ausserdem mit einem grossen,
braunen Flecken versehen, ist zwar am oberen Ende
zweilappig, besitzt aber ausserdem eine umgekehrt
eirunde Gestalt und ist über 14 Zoll lang. Die
Zoll langen und ebenfalls braunen Blumenblätter
besitzen dagegen eine weisse Spitze.
Oneidium Lanceanum Lindl. (tab. 1842)
wurde bereits von John Henry Lance, dessen Na-
men die Orchidee trägt, in Surinam, also in der
holländischen Guiana, im Jahre 1834 entdeckt, und
gehört zu den schönsten und eigenthümlichsten
Arten dieses Geschlechtes.. Anstatt der Schein-
knollen macht sie zablreiche und dicke Adventiv-
wurzeln, mit denen sie sich anhält und treibt aus
einem sehr verkürzten Stengel mehre dicke, mit
grossen braunen Punkten wie besäete Blätter von
Fuss Länge und 3 Zoll Breite, so wie grade in die
Höhe stehend. Die zahlreichen und 2 Zoll im
Durchmesser entbaltenden Blüthen bilden eine Art
Rispe und haben eine fleischrothe, oben sehr breite
Lippe, während die länglichen und ursprünglich
weissen Blumenblätter dicht getigert und ge-
fleckt sind.
Oncidium varicosum Lindl. gehört eben-
falls zu den Orchideen, die sich schon seit einigen
Jahrzehnten in unseren Gewächshäusern befinden
und hinlänglich bekannt sind, neuerdings ist aber
eine Form durch Veitceh in London in den Han-
del gekommen, wo die grösseren Blüthen an der
Basis der Lippe die kammartigen Anhängsel in ge-
ringerer Anzahl haben. Diese Form hat den Bei-
namen Rogersii (zu pag. 150) erhalten.
Cattleya Eldorado Lind (1826) wurde erst
im vorigen Jahrgange (S. 120 und 326) von uns
besprochen.
Ebenso ist Cattleya labiata Lindl. (tab. 1893)
eine der seit langer Zeit in einer Reihe von For-
men kultivirten Arten, die wegen ihrer Schönheit
von je die Aufmerksamkeit der Blumenliebhaber
auf sich gezogen hat. Die hier dargestellte gehört
zu den grossblühenden und wird von van Houtte
für die ursprüngliche ©. labiata erklärt.
ZAygopetalum Wallisii Lind. et Rchb. (tab.
1828 gehört ohne Zweifel ebenfalls zu den schöne-
ren Orchideen, welche Wallis entdeckt hat und
durch Linden in den Handel gebracht wurde.
Ihr schliesst sich die nicht minder reizende Z. trium-
phans an. Aus einem kurzen, zahlreiche Adventiv-
wurzeln treibenden Wurzelstock kommen viele
schmal-elliptischer Blätter von 9 bis 12 Zoll Länge
und 12 bis 15 Linien Breite auf einer dünnen
Scheinzwiebel stehend hervor, während daneben eine
einzige, 3 Zoll im Durchmesser euthaltende Blüthe
ohne besonders entwickelten Stiel ihren Ursprung
hat. Die 5 rundlichen und weissen Blumenblätter
mit violetter Spitze umgeben regelmässig die weisse
und violette Columella, während unten die kleinere
violette Lippe den Kreis schliesst.
Laelia praestans Rchb. (tab. 1900) ist eine
bei uns hinlänglich bekannte Orchidee, die mehr-
fach in der Wochenschrift (7. Jahrg. S. 51 und
8. Jahrg. S. 348) erwähnt wurde, verdient aber
ihre erneute Empfehlung.
Dendrobium taurinum Lindl. gehört nicht
weniger zu den schon länger bekannteren und be-
liebteren Orchideen, die noch von Cuming, dem
Forscher der Philippinen in botanischer Hinsicht,
entdeckt wurde. Sie macht einen mit breitläng-
lichen, umfassenden und dicklichen Blättern besetz-
ten Stengel, der nach oben mit einer reichblüthigen
und grossen Aehre sich endigt und mit diesem
eine Höhe von 3 Fuss und mehr erhalten kann.
Die 3 äusseren Blumenblätter haben eine weisse
Farbe, sind länglich-lanzettförmig, laufen nach unten
in einem gemeinschaftlichen Sporn aus und schla-
gen sich etwas zurück, während die beiden band-
förmigen und violetten innern grade in die Höhe
stehen und schliesslich sich, gleich einem Horne bei
einigen Stieren, in einigen Spiralen winden. Dieser
Umstand hat Veranlassung zur Benennung gegeben.
Die mit den Rändern nach oben geschlagene Lippe
besitzt eine röthlich-violette Farbe.
Phalaenopsis Lowii Lindl. (tab. 1910) darf
nicht mit Th. Lobbii Hort. (d. h. intermedia Lindl.)
verwechselt werden. Sie wurde bereits von uns
im Jahre 1862 (s. 7. Jahrg. d. Wochenschrift 8.
278) empfohlen und beschrieben.
Vanda Batemanni Lindl. (tab. 1921) ist be-
reits in der Wochenschrift wenigstens genannt,
wenn auch nicht beschrieben worden, und wurde
zuerst unter dem Namen Fieldia lissochiloides
Gaud. veröffentlicht. Sie kommt auf den Molukken
und Philippinen vor und gehört zu den grösseren
Arten, welche einen Stengel mit 2 Reihen Blättern
besitzen, zwischen denen die Blüthenstiele hervor-
kommen. Die schmal-elliptischen und ziemlich dicken
Blätter haben oft eine Länge von gegen 2 Fuss.
Die Blüthenähre überragt meist noch die Blätter
um ein Viertel. In der Knospe und vor der Ent-
faltung auf der Unterfläche der Blumenblätter ha-
ben sie eine rothe Farbe, während die Innenfläche
23
x
der letzteren hellgelb, aber wiederum roth gefleckt
erscheint. Die längliche und schmale Lippe ist
klein und biegt sich etwäs nach vorn. Der Durch-
messer der Blüthe beträgt 2 Zoll und mehr.
Trichopilia crispa Lindl. var. marginata ist
in Berlin und sonst eine bekannte Orchidee, die
besonders auf den Ausstellungen des Vereins zur
Beförderung des Gartenbanes vielfach gesehen und
bewundert wurde.
Cypripedium Schlimii Rchb. (tab. 1907),
früher als Selenipedium Schlimii Rchb. mehrfach
in den Gewächshäusern unserer Blumenliebhaber,
ist bereits im 10. Jahrgange (S. 271) ausführlich
besprochen worden. Ebenso ist C,barbatam Lindl.,
von dem van Houtte die grossblühende Form ab-
gebildet hat (tab. 1879), in dem 9. Jahrgange
(S. 221) in einem grossen Exemplare erwähnt
worden.
Als letzte Orchidee ist eine der buntblätterigen
Petolen: Anecochilus Dawsonianus St. Low
(tab. 1830) abgebildet, Auch sie haben wir bereits
besprochen (12. Jahrg. 108).
Wir gehen nun zu den übrigen Monokotylen,
und zwar zunächst zu den lilienartigen im weiteren
Sinne über. Blandfordia Ounninghami Lindl. (tab.
2820) gehört zu den Liliaceen, die keine Zwiebel
bilden, in der äusseren Gestalt mit diesen aber weit
weniger übereinstimmen, als mit denen, welche Zwie-
beln haben. Mit ihren grossen und trichterförmigen
Blüthen von rother Farbe ist Blandfordia Cunning-
hami jetzt um so mehr zu empfehlen, als ihr Preis
bereits ein geringerer ist, als vor einigen Jahren.
Uebrigens ist die Pflanze in der Wochenschrift
besprochen (12. Jahrg. S. 116).
Thyssanotus proliferus Lindl. (tab. 1911)
stellt eine ächte Asphodelee mit büschelförmigen
Wurzeln dar und schliesst sich unmittelbar der bereits
im 10. Jahrg. der Wochenschrift (S.127) besprochenen
Th. Patersoni an. Zwischen den binsenähnlichen,
mit einer Rinne versehenen und aufrechtstehenden
Blättern entspringt ein allgemeiner Blüthenstengel
mit zahlreichen, doldenförmig gestellten Blüthen an
der Spitze. Die einzelnen Blüthen bestehen aus
einem 3blätterigen grünen Kelch und aus einer
grossen, dunkelvioletten, ebenfalls 3blätterigeu Krone,
deren Rand mit grossen, seidenähnlichen Wimpern
versehen ist. Besonders wenn sie sich Mittags ent-
falten, bieten sie einen wunderschönen Anblick dar.
Vaterland ist Neuholland.
Lachenalia luteola
eine schon im vorigen Jahrhundert kultivirte ächte
Liliacee mit Zwiebel, welche wahrscheinlich nichts
weiter ist, als eine weniger in 3 Farben erscheinende
L. tricolor, der sie deshalb auch an Schönheit nach- |
steht. Während die oberen, noch weniger entwickel-
Jacg. (tab. 1873) ist
ten Blüthen anfangs ganz roth sind und allmälig
von oben nach unten hellgelb werden, haben die
unteren überhaupt diese Farbe angenommen, er-
scheinen dagegen aber wiederum an der Spitze
grün.
Von Lilium tigrinum, der bekannten Tiger-
lilie, besitzt der von uns mehrfach erwähnte Lilien-
liebhaber, Max Leichtlin in Karlsruhe, eine Form,
welche sich durch ihre Grösse nicht weniger, als
durch ihren Blüthen-Reichthum auszeichnet. Mit
der näheren Bezeichnung „splendens“ hat sie
van Houtte in den Handel gebracht und auch
von ihr eine bildliche Darstellung in seiner „Flore
des serres (pag. 48) gegeben. Sie soll bis 6 Fuss
hoch werden. In unserer Monographie der Lilien
haben wir ihrer ebenfalls Erwähnung gethan (13.
Jahrgang S. 363).
Hemerocallis disticha Donn (nicht Don,
tab. 1891) verdient Verbreitung und wurde des-
halb auch schon von uns empfohlen (12. Jahrgang
S. 52). Obwohl sie in der Weise, wie sie jetzt
von Belgien aus über das übrige Festland verbrei-
tet ist und kultivirt wird, ein Kunstproduct dar-
stellt, so haben wir doch noch keine Gelegenheit
gehabt, sie in ihrer ursprünglichen Form zu sehen.
Die halbgefüllten und weit offenen Blüthen haben
zahlreiche gelbe Blätter mit rother Basis und nicht
geringe Aehnlichkeit mit einer grossblühenden und
ebenfalls halbgefüllten Tulpe.
Trieyrtis (?) sp. fol. striatis (tab. 1820) be-
ginnt den 18. Band der Flore des serres. Ob die
Pflanze eine Trieyrtis ist, oder nicht vielleicht eine
Commelina? muss als Frage so lange unbeantwortet
bleiben, als wir Blüthen gesehen haben. Bis jetzt
kennen wir nur nach der von van Houtte gegebenen
Abbildung zahlreiche aufrechte Stengel von gegen
6 Zoll Höhe, deren elliptische und scheidenartig
umfassenden, grünen Blätter durch weisse Längs-
streifen sich auszeichnen.
Alstroemeria tricolor Hook. und pallida
Grah. (tab. 1882) sind zwei sehr nahestehende
Arten eines von allen übrigen Amaryllidaceen durch
knollige Wurzeln sich auszeichnenden Geschlechtes.
Sie stammen aus Chili und möchten in Ländern,
wie am Rhein, in Belgien u. s. w. selbst im Freien
ı fortkommen, insofern man sie in harten Wintern
überdeckt. Leider werden die Alströmerien bei
uns keineswegs mehr in der Weise angewendet,
als sie es verdienen. In Töpfen gezogen, blühen
sie fast die ganze gute Jahreszeit hindurch und
können deshalb auf Freitreppen, auf Terrassen etc.
eine sehr gute Verwendung finden. Ausser den
von uns schon in den beiden letzten Jahrgängen
der Wochenschrift empfohlenen beiden Arten:
N. aurantiaca Don (13. Jahrg. 8. 379) und
24
Coldasii (14. Jahrg. 8. 77) sind es besonders
noch A. tricolor Hook. (pulchra Sims), welche
am besten bei uns gedeihen. Diese und pallida,
haben weisse, aber allmälıg in ein zartes Rosa
übergehende Blumenblätter, von denen die beiden
mehr nach innen stehenden, bei A. pallida orange-
farben gestrichelt erscheinen, bei A. tricolor ausser-
dem aber noch mit einem unregelmässigen Querbande
im oberen Theil versehen sind.
Hyacinthenliebhaber finden in der bildlichen
Darstellung von 3 der schönsten und noch seltenen
Hyacynthenblumen in der That einen Genuss
(tab. 1834 u. 1835), da in der Abbildung die Schön-
heit möglichst getreu wiedergegeben ist.
Van Speyk gehört zu den grossblühenden
und gefüllten; ihre Farbe ist helllila. Eben so ge-
füllt und eben so gross sind die Blumen bei Venus,
die Farbe ist aber weiss. Endlich ist die tiefdunkel-
blaue, aber einfach blühende Sorte mit weissemAÄuge
dargestellt, welche den Namen Lord Melville
führt.
Von Beaucarnea recurvata Lem. hat van
Houtte die Zeichnung eines schön gezogenen
Exemplars (zu S. 26) gegeben, aber ohne Blüthe.
Wir haben erst vor Kurzem ein Exemplar be-
sprochen, was sich im Freien des Gartens des Für-
sten Stigliano-Colonna in Neapel befindet und
daselbst noch in Blüthe steht. Wir bemerken
schliesslich, dass das Genus Beaucarnea zu denen
gehört, welche leichtsinnig aufgestellt sind. Ein-
geführt wird die Pflanze als eine Pincenektie, in
der That ist sie aber nichts als ein Dasylirion.
Dracaena Reginae Veitch (zu pag. 104)
wurde zuerst im Jahre 1867 in Paris als Dr. re-
galis ausgestellt; dann erschien sie im nächsten
Jahre wiederum und zwar in einem schöneren
Exemplare zu Gent (11. Jahrgaug S. 166, 14. Jahr-
gang S. 11). Sie blüht eben unter der Pflege des
Obergärtners Perring in Pankow und erlanbt des-
halb ihre nähere Bestimmung. Bisher haben wir
geglaubt, dass sie eine der Cordyline Sieboldii ähn-
liche Form der Cordyline Eschscholtziana Mart. sei,
jetzt uns aber überzeugt, dass sie zur ächten Cor-
dyline Terminalis (Dracaena) L. gehört, denn sie
besitzt lange weisse Blüthen, also nicht violette,
wie die übrigen verwandten Arten.
Doryanthes excelsa Corr. (tab. 1912) ist
eine interessante Agavee aus Neuseeland, welche
auch bei uns (im Garten des verstorbenen Kom-
merzienrathes Reichenheim) geblüht hat und
ausserdem in stattlichen Exemplaren schon auf meh-
rern Ausstellungen bisweilen gesehen worden ist.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Wir haben mehrmals schon über sie berichtet (vgl.
8. Jahrg. S. 203, 12. Jahrg. 8. 54).
Cochliostemma Jacobianum Ü. Koch und
Lind. (tab. 1837) sahen wir zuerst auf der inter-
nationalen Ausstellung zu Paris und wurde auch
von uns zuerst beschrieben (10. Jahrg. 322).
Dichorisandra musaica ©. Koch et Lind.
(zu pag. 52) gehört ebenfalls zu den Pflanzen,
welche wir zuerst beschrieben haben (im 9. Jahrg.
S. 346), aber auch zu denen, welche der bekannte
Reisende Wallis entdeckt und Linden in Brüssel
eingeführt hat. Noch vor Kurzem haben wir ein
schönes Exemplar dieser Pflanze auf einer der letz-
ten Ausstellungen des Vereins zur Beförderung des
Gartenbaues in Berlin gesehen.
Ueber die buntblättrige Commelina deficiens
Hook. (tab. 1824) haben wir schon einige Mal Mit-
theilung gemacht (12. Jahrg. 191). Wir bemerken
noch dazn, dass wir sie im vorigen Sommer auch
in dem Garten des bekannten Blumenfreundes
de Cannart d’Hamale in Mecheln gesehen haben.
Hier war sie aus der grünen Form, welche selbst
den starken Winter von 18370 zu 1871 ausgehal-
ten hatte, zum Theil ebenfalls buntblättrig ge-
worden.
Ptychosperma Alexandrae Ferd. Müll.
(tab. 1916) verdanken wir dem eifrigen Director
des botanischen Gartens in Melbourne auf Neu-
holland und gehört zu den schönsten, aber auch
für unsere Kulturen zu empfehlenden Palmen. Im
Vaterlande erreicht sie eine Höhe von 70 bis 80
Fuss und giebt, wenn sie meist einzeln vorkommt,
mit ihrem schlanken, geringelten Stamme einen
wunderschönen Anblick, sonst wächst sie aber im
dichten Gesträuch, aus diesem weit herausragend.
Die keineswegs breite Krone besteht aus zahl-
reichen Blättern von gegen 8 bis 10 Fuss Länge.
Ihre 1 bis 1% Fuss langen Fiederblättchen haben
nur die Breite von kaum 1 Zoll und besitzen eine
schöne saftgrüne Farbe. Unter der Krone hängen
die fusslangen Blüthen-, resp. Frucht-Rispen herab.
Ueber diese Palme ist bereits im 1. Jahrgange
der Wochenschrift (S. 144) gesprochen worden.
Rhapis flabelliformis L. fol. luteo-vitta-
tis (tab. 1844) ist eine im hohen Grade zu em-
pfehlende Form der aus China stammenden Palme.
Die 5 grünen Blättchen der fächerförmigen
Blätter sind der Länge nach mit 3 bis 5 gelben
Streifen versehen und geben der bekannten, in
unseren Zimmern gut gedeihenden Palme ein eigen-
thümliches Aussehen.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
=
Berlin, den 27. Januar
No. 4. 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: 536. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 7. Januar. — Die Producte des Feld- und Gar-
tenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. August 1871, nebst einigen Bemerkun-
gen über Land- und Gartenbau in Schweden überhaupt.
Von Dr. Wittmack. (Fortsetzung.)
Sonntag, den 28. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver-
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden.
936. Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, |
am 7. Januar.
Der Vorsitzende, Geheime Oberregierungsrath
Knerk, referirte über die Thätigkeit des Vereins
im vergangenen Jahre und wünschte, dass der Ver-
ein auf gleiche Weise ferner gedeihen und seinen
Zwecken eben so rüstig als bis jetzt entsprechen
möge. Dazu bedürfe der Verein der Unterstützung
aller seiner Mitglieder, ganz besonders sei es aber
nothwendig, dass der Wochenschrift mehr praktische
und reingärtnerische Abhandlungen zugehen, als es
bis jetzt leider der Fall ist. Er lege deshalb dieses
den gärtnerischen Mitgliedern des Vereins dringend
an das Herz.
Leider habe er neben sehr erfreulichen Mit-
theilungen, welche das Innere des Vereins betreffen,
auch sehr betrübte zu machen. Vier, zum grössten
Theil seit langer Zeit dem Vereine angehörende
Mitglieder, welche mehre Jahrzehente ihm ange-
hört und seine Interessen in ihrer Sphäre kräftig
vertreten haben, sind gestorben, und zwar der
Stadtälteste und Direktor der städtischen Gasanstalt,
Baerwald, Oberhofgärtner Theodor
bis wenige Jahre vor seinem Tode dem königlichen,
jetzt kaiserlichen Garten zu Schönhausen bei Ber-
lin vorstehend, und der Banquier Alexander
Mendelssohn im hohen Alter, während Kunst-
und Handelsgärtner Priem im kräftigsten Mannes-
alter einer bösartigen Krankheit unterlag. Aber
Nietner,
+ drohe.
auch dieser nahın bis an seinen Tod an allen Be-
strebungen des Vereins den thätigsten Antheil.
Garteninspektor Bouch& machte auf die Ver-
tilgung der Eiernester der sogenannten Schwamm-
raupe, Bombyx dispar, aufmerksam, deren häufiges
Erscheinen in diesem Jahre wahrscheinlich sei, und
unsere Obstbäume, Eichen, Rüstern u. s. w. be-
Lasse man die Eier, die sich in Mauern,
Zäunen und an der Ost- und Südseite von Baum-
stämmen und besonders auf der Unterseite fast wage-
recht abstehender Aeste finden, jetzt abfegen, so
gehen sie noch im Laufe des Winters durch Schnee
und Regen zu Grunde.
In Folge der früheren Mittheilungen in der Wo-
chenschrift über Lygeum Spartum hatte Insp. Bouch®
die Pflanze zur Ansicht aufgestell. Es ist ein
binsenartiges Gras mit pfriemenförmigen, unmittel-
bar aus dem Rhizom aufsteigenden Blättern, dessen
| Aehren zweiblüthig und von einer breiten Scheide
umgeben sind. Inspektor Bouche& kultivirte dasselbe
schon seit 40 Jahren und habe gefunden, dass es
schon bei einer länger anhaltenden niedrigen Tem-
peratur von nur 3 Grad Wärme in Gewächshäusern
leide, so dass es unmöglich sein möchte, es bei uns
im Freien zu kultiviren.
Gleichzeitig hatte er auch ein anderes Gras, des-,
sen Samen er auch unter der Bezeichnung „Esparto-
Gras“ erhalten habe, zur Ansicht gebracht, welches
sich von jenem durch das Vorhandensein kurzer
Halme und flacher Blätter unterschied. Es frage
sich nun, ob dieses Gras nicht auch in Nord-Afrika
E
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heimisch sei und zur Papierfabrikation verwendet
werde. Vielleicht ist es Stipa tenacissima, das zweite
in den Mittelmeerländern, besonders zu feinern
Flechtarbeiten benutzte Gras?
Ferner theilte Inspektor Bouch€@ noch mit, dass
bekanntlich schon seit zwei Jahren nicht allein die
Johannis- und Stachelbeer-Sträucher, sondern auch
andere Arten der Gattung Ribes von der soge-
nannten Stachelbeer-Raupe in der Weise heimge-
sucht werden, dass die Erndten der Früchte voll-
ständig verloren gingen. Das Thier zerstöre näm-
lich mit einer ausserordentlichen Gefrässigkeit in
kurzer Zeit alle Blätter, so dass alsdann die Früchte,
des Schattens und Schutzes beraubt, sehr bald ab-
fallen, oder wenn ebenfalls ein Theil daran bleibt,
diese sauer, dickhäutig und fadeschmeckend bleiben.
Er habe verschiedene Mittel, als Bestreuen mit
Kalk, pulverisirtem Taback oder Asche, Räuchern
mit Taback oder Insektenpulver, um sie zu ver-
tilgen, angewendet, aber stets ohne Erfolg. So
häufig das Thier auch vorkomme, so finde man
doch in keinem pomologischen Werke ein Mittel
zur Vertilgung angegeben; höchstens wird Abschüt-
teln und Tödten empfohlen. In der Wochenschrift
sei zwar im vorigen Jahrgange (S. 303) von den
Stachelbeerfeinden die Rede gewesen, es würde
auch ein Vertilgungsmittel, nämlich das Pulver der
weissen Niesswurz, empfohlen. ‘Es sei aber hier
nur von den Raupen des Stachelbeerspanners, Geo-
metra Grossulariata die Rede, nicht aber von der
Larve des Tenthredo Grossulariae oder Nematus
ventricosus, die viel bedeutendere Verheerungen an-
richte.
Eben so wenig sei bisher über die Lebensweise
dieser vermeintlichen Raupe etwas mitgetheilt. Um
die Lebensweise derselben kennen zu lernen, habe
er eine Partie Larven eingesperrt und dabei beob-
achtet, dass sie sich bis zu einer Tiefe von 3 Zoll
nnter der Erdoberfläche verpuppen, aus denen schon
theilweis im August die vierflüglichen, vollständig
entwickelten Insekten ausschlüpften, während die
übrigen erst im folgenden Frühlinge zur Entwicke-
lung gelangen. Die Männchen sind ganz schwarz,
während die etwas diekeren Weibchen einen gelb-
lich orangefarbenen Leib haben. Sehr bald nach
der Begattung legt das Weibchen die Eier an den
Triebknospen ab. Im Frühlinge erscheine das Thier
nicht auf einmal, sondern er habe in einem Zeit-
raume von vier Wochen immer wieder junge, so
eben erst ausgekommene Larven gefunden, was die
Vertilgung ungemein erschwere und zur gründ-
lichen Zerstöruug der Blätter viel beitrage. Auch
habe er beobachtet, dass das Thier im vorigen
Jahre mindestens 3 Generationen durchgemacht
habe, wovon die beiden letzten allerdings viel
schwächer und weniger zahlreich als im Frühling
auftraten.
In Folge der in der Erde stattfindenden Ver-
puppung scheine es ihm zur Vertilgung angemessen,
die Erde im Herbst in der Nähe der Sträucher in
einer Tiefe von 4—6 Zoll fortzunehmen und auf
der Erdoberfläche dünn auszustreuen, damit die
Puppen durch Frost und Nässe getödtet werden.
Die durch Fortnahme der Erde unter den Sträu-
chern entstandenen Vertiefungen sind mit anderer
Erde auszufüllen. Da die Larven träge und zur
Erde gefallen sehr unbehülflic! sind, so kann man
annehmen, dass sie sich auch zur Zeit der Ver-
puppung nicht weit vom Strauche entfernen, son-
dern nur in dessen Nähe in die Erde kriechen.
Auch ein tiefes Vergraben der in der Nähe der
Sträucher fortgenommenen Erde würde ein wirk-
sames Vertilgungsmittel sein.
Eindlich legte Inspektor Bouch€ zwei Proben
einer Masse zur Befestigung der Wege in Gärten
vor. Zur Herstellung dieser Masse wurden feine
zerkleinerte Schlacken, wie sie beim Verbrennen
der Steinkohlen zurückbleiben, sogenannte Stein-
kohlen-Asche, verwendet. Die damit zu befestigenden
Wege werden zuerst gehörig eingeebnet und zwar
3 Zoll unter der normalen Höhe und Wölbung
derselben, darüber breitet man die Steinkohlen-Asche
aus, ohne sie festzuschlagen, und giesst die Zwischen-
räume mit einer Üementmasse aus. Nachdem die
Masse etwas fest geworden ist, lasse man 2 Zoll
Erde darüber bringen und tüchtig mit Wasser be-
giessen, damit der Cement unter dem Einfluss von
Feuchtigkeit, langsam erhärte. Zu den vorgelegten
Proben waren: bei der einen 4 Theile Sand und
1 Theil Portland -Cement, bei der andern diese
Mischung im Verhältniss von 5 zu 1 angewendet.
Der ersten Mischung ist ohne Zweifel der Vorzug
zu geben, weil die Masse, die man mit dem Na-
men ÜConcret bezeichnen kann, fester wird. Hin-
sichtlich der Kosten könne er noch keine Angaben
machen, weil er vor einem und einem halben Jahre
erst eine kleine Probe in Platten von 13 Fuss im
Quadrat gemacht habe, und sich die Herstellungs-
kosten erst bei grösseren Versuchen werden fest-
stellen lassen. Diese Platten lagen auf einem Wege,
der täglich betreten und zum Karren benutzt wurde,
in derselben Höhe der Oberfläche, ohne dass sie
gelitten hatten. Noch zweckmässiger würde es bei
Anfertigung dieses Cements sein, die Steinkohlen-
Asche vor dem Auftragen in einem Kasten hin-
reichend mit Cement zu vermischen und alsdann
auszubreiten, oder auch, wie bei Betanschüttungen,
trocken mit der Steinkohlenasche zu vermengen und
nach dem Auftragen tüchtig und wiederholt mit
Wasser zu begiessen.
27
Da sich zwischen den Schlacken immer auch
wirkliche Asche befindet, die aber der Verbindung
hinderlich sein könnte, so muss diese vorher durch
Aussieben entfernt werden.
Ueber die ausgestellten Pflanzen berichtete
ebenfalls Garteninspektorr Bouch@. Ausser den
zur Verloosung unter die anwesenden Mitglieder
vorhandenen Blumentöpfen hatte nur Obergärtner
König aus dem Garten des Geheimen Kommerzien-
rathes Raven in Moabit eine Schaupflanze der
Erica melananthera ausgestellt. Es war wie-
derum ein Exemplar, wie man es vor 2 Jahrzehn-
ten bisweilen auf Ausstellungen sah, wıe sie leider
aber in der neuesten Zeit kaum noch hier und da
einmal herangezogen werden. Die Pflanze befand
sich in einem 1lzölligen Topfe und hatte einen
Durchmesser von 23 Fuss. Reichthum von Blüthen
zeichnete das Exemplar besonders aus. Der Schau-
pflanze wurde von Seiten der Preisrichter der Mo-
natspreis zugesprochen.
Garteninspektor Bouch@ legte weiter einen
sogenannten Angurien-Kürbis (Cucurbita melano-
sperma) vor und machte von Neuem auf ihn auf-
merksam. Er wurde gegen das Jahr 1850 durch den
botanischen Garten in Berlin eingeführt und ver-
breitete sich auch in den Berliner und Potsdamer
Gärten, aber auch ausserdem in Deutschland. Wäh-
rend die Pflanze ausserordentlich weit rankt und
allerhand Gegenstände rasch überzieht, ist die mehre
Jahre dauernde und hübsch aussehende, weil grün
und weiss marmorirte Frucht, im Winter aufgestellt,
ebenfalls eine Zierde.
Der Generalsekretär, Professor Koch, legte
den Bericht des kaiserlichen Hofgartendirektors
Antoine in Wien über seinen sommerlichen Auf-
enthalt in London, wohin er auf die Aufforderung
der Gartenbau-Gesellschaft in Wien von Seiten
Oesterreichs geschickt worden war, vor und machte
besonders auf die darin enthaltenen Mittheilungen
über Heizung und Ventilation aufmerksam. Da er
selbst zu ihrer Beurtheilung nicht die nöthigen
Kenntnisse zu haben meinte, so ersuchte er irgend
ein praktisches Mitglied unter den Anwesenden, für
ihn die Berichterstattung zu übernehmen. Näheres
hierüber wird demnach in der nächsten Versamm-
lung am 27. Januar erfolgen.
Der Schriftführer des Gartenbau-Vereins in
Bremen, H. Ortgies, hatte in Folge einer Be-
sprechung der letzten Obstausstellung in London
im vorletzten Allerlei des vorigen Jahrganges der
Wochenschrift (S. 375) die Mittheilung gemacht,
dass, so schlecht auch im Allgemeinen die Obsterndte
in Deutschland ausgefallen sein möge, man an einzel-
nen Orten doch auch vorzügliche Obstausstellungen
gehabt hätte. So wäre eine solche vom 30. Sep-
tember bis 2. Oktober in Bremen gewesen, welche
an Quantität und Qualität der Londoner nicht
nachgestanden. Professor Koch fügte dem hinzu,
dass die mit einer Zusammenstellung von Früchten
verbundene Ausstellung von Pflanzen und Sämereien
in Wien am 7. October ebenfalls sehr reich an
Obst gewesen wäre. Er behalte sich vor, in einer
der nächsten Nummern der Wochenschrift aus-
führlicher über beide ÖObstausstellungen zu be-
richten.
Professor Koch machte Mittheilungen über
die im März 1873 stattfindende grosse internatio-
nale Pflanzenausstellung in Gent. Genannte Stadt
habe den ältesten Gartenbau-Verein auf dem Fest-
lande und sei von jeher eine Stätte für Pflanzen-
und Blumen-Kultur gewesen. Wenn auch in jedem
Jahre regelmässig von Seiten des dortigen Garten
bauvereins Ausstellungen veranstaltet werden, so wird
doch alle 5 Jahre noch eine besondere und grössere
in’s Leben gerufen, welche die in dieser Zeit ge-
machten Fortschritte in der Gärtnerei vollständi-
ger vor die Augen führen soll. Die letzte fan
im März 1868 statt (vergl. den Bericht darüber
im Jahrgange der Wochenschrift S. 155). Wenn
schon «diese letzte, sowohl durch ihren Inhalt, als
durch ihre Ausdehnung, die Aufmerksamkeit der
Anwesenden im hohen Grade in Anspruch nahm,
so wird die vom März 1873 es gewiss nicht min-
der thun und jene vielleicht noch an Grossartig-
keit übertreffen. Man trifft schon jetzt Vorberei-
tungen, um ein den jetzigen Ansprüchen nach-
kommendes Lokal für die Ausstellung zu erhalten.
Professor Koch legte wiederum 4 Photogra-
phieen aus dem Garten des Fürsten Stigliano Co-
lonna in Neapel vor und machte auf einige in die-
sem sich befindliche interessante Pflanzen aufmerk-
sam. Von dem schönen Garten selbst hatte er ausser-
dem von dessen Obergärtner, Wenc. Krüpper,
eine Beschreibung erhalten, die bereits in der ersten
Nummer der Wochenschrift von diesem Jahre zum
grossen Theil veröffentlicht ist, in der zweiten
Nummer aber zu Ende geführt ist.
Weiter sprach Professor Koch über die von
Haage und Schmidt neu eingeführten beiden
Gerardien und empfahl sie, gleich den Pentste-
mons u. 8. w., Liebhabern und Gartenbesitzern.
Dann machte derselbe Mittheilungen über den er-
freulichen Aufschwung der Gärtnerei in den Nie-
derlanden. Holland sei von Alters her das Land
der Blumen gewesen und hätte sich diesen Ruf seit
Jahrhunderten erhalten, bis in den ersten 3 und 4
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts der Handel mit
Pflanzen und Blumen abnahm und die Gärtnerei,
wenigstens nicht in der Weise wie früher, vorwärts
ging. Wesentlich mag wohl die Trennung Belgiens
4*
28
von dem eigentlichen Holland, wohin sich der Han-
del zunächst mit neuen Einführungen alsbald ge-
zogen hatte, dazu beigetragen haben. Seit meh-
‚, rern Jahren werden aber wiederum, besonders von
Seiten Haarlem’s und Boskoop’s, grosse Anstrengun-
gen gemacht, um den früheren Ruf wieder zu er
langen.
Bis jetzt hatten die Niederlande keine eigent-
liche gärtnerische Zeitschrift. Die Flore des serres
für die Niederlande, welche de Vriese in Leiden
angefangen und Witte 5 Jahre hindurch fortge-
führt hatte, war 1861 wiederum eingegangen. Die
Nothwendigkeit, die blumistischen Neuigkeiten durch
entsprechende Organe bekannt zu machen, wurde
bald fühlbar. Im vorigen Herbste erschien zuerst
das Album van Elden oder Haarlem’s Flora in
kolorirten Abbildungen und wurde bereits zu Ende
des vorigen Jahrganges der Wochenschrift ange-
zeigt. Von dieser gärtnerischen Erscheinung legte
Professor Koch jetzt das erste Heft vor, worin
die schöne gefüllte Tulpe: Rex rubrorum mit bunt-
gerandeten Blättern, in ausgezeichnetem Farbendruck
dargestellt war.
Eine zweite Zeitschrift wird der Chef des be-
kannten Garten-Etablissements Krelage u.,Sohn,
ebenfalls in Haarlem, leider ın holländischer, uns
Deutschen meist zu wenig verständlicher Sprache
herausgeben. Es führt den Titel „Gartenbau: Illu-
strationen“ (de Tuinbouw-Illustratie) und wird in
vierteljährlicben Heften erscheinen. Es sollen bier
neue, seltene oder interessante Pflanzen bildlich
durch Holzschnitte im Text gedruckt dargestellt
werden und eine vollständige Beschreibung erhal-
ten. Ausserdem werden allerhand mit der Gärt-
nerei in Verbindung stehende Gegenstände, wie
Anleitung über Aufstellung von Pflanzen, Blumen-
parterres, neue oder seltene Obstgehölze und Pflan-
zen, sowie Gemüse, ferner Instrumente u. s. w. ab-
gehandelt werden. Da das Etablissement von Kre-
lage seit dem Jahre 1811 existirt, so liegen natür-
lich auch zahlreiche Erfahrungen vor, welche eben-
falls der Zeitschrift von Zeit zu Zeit zu Gute
konmen sollen.
Bei der Verbreitung dieser Gartenbau-Illustra-
tionen scheint man weniger das Ausland, als viel-
mehr die Niederlande im weiteren Sinne, d.h. Hol-
land und Belgien, in’s Auge gefasst haben, denn
nur Subscribenten aus beiden Ländern haben ein
Anrecht auf Prämien, welche aus verschiedenen
Sämereien, Zwiebeln oder Knollen bestehen. Der
Jahrgang kostet 3 holländische (oder süddeutsche)
Gulden.
Mit diesen Gartenbau -Illustrationen steht eine
praktische Garten-Zeitschrift in Verbindung, welche
der bekannte Inspektor des botanischen Gartens in
Leiden, H. Witte, redigirt und den Namen Sem-
pervirens führt. Es wird ebenfalls in holländischer
Sprache geschrieben, giebt gar keine Abbildungen,
sondern (nach der ersten Nummer) nur kurze Auf-
sätze über allerhand gärtnerische Gegenstände. Sie
ist das Organ der Königl. Niederländischen Garten-
baugesellschaft Linnaeus.. Jede Woche erscheint
ein Bogen in Klein-Quart. Der Jahrgang, direkt
bei der Verlagshandlung D. B. Centen in Amster-
dam bestellt, kostet 4 Gulden, durch die Post in
Holland bezogen: 4 Gulden 90 Cents, in Belgien
dagegen 5 Gulden 70 Cents.
Mommerzienrath H. Arnoldi in Gotha hatte
an den Professor Koch die plastische Nachbildung
des in Thüringen beliebten Maischwammes, Agari-
cus Pomonae, in einem besonders grossen und auch
gelungenen Exemplare gesendet. Die Lamellen auf
der Unterfläche des Hutes waren so deutlich vor-
handen, als man sie irgend nur bei einem natür-
lichen Schwamme sehen kann. Die Masse, aus der
die Arnoldi’schen Schwämme (vergl. vorig. Jahrg.
d. Woch. 8. 363) angefertigt werden, besteht nach
Arnoldi keineswegs, wie in dem Berichte über
die Sammlung nachgebildeter Schwämme oder Pilze
irrthümlich gesagt worden ist, aus Gyps, sondern
aus Papier-mach@e. Nur eine solche weiche Masse
kann mit Vortheil zu dergleichen Nachbildungen
benutzt werden und hat ausserdem den Vortheil
einer geringeren Zerbrechlichkeit.
Es wurde dem schon früher Gesagten noch er-
gänzend hinzugefügt, dass die Arnoldi’sche Samm-
lung nachgebildeter Schwämme in Lieferungen aus-
gegeben wird, und zwar in jedem Jahre 3 und 4
derselben. Die Lieferung, 12 bis 18 Stück ent-
haltend, soll, einschliesslich den Karton und die Be-
schreibung, 2% Thaler kosten. Einzelne Exemplare
von Schwämmen werden zu 6 Sgr. berechnet.
Ausser von E. W.Arnoldı kann man diese plasti-
schen Nachbildungen auch durch die Hofbuchhand-
lung von E. F. Thienemann in Gotha beziehen.
Wenn früher die Art und Weise der Aufstellung
auf dem Boden des kastenähnlichen Kartons als
unpraktisch gerügt wurde, so theilt jetzt der Ver-
fertiger mit, dass diesem Uebelstande bereits da-
durch abgeholfen ist, dass der Boden, worauf die
Pilze auf kleinen Klötzchen festgestellt sind, sich
abnehmen lässt und dadurch ein leichterer und
hellerer Anblick geworden ist.
Professor Koch legte die 1. Lieferung eines
Kryptogamen-Herbars, was die thüringischen und
überhaupt norddeutschen ächten und unächten Farne
enthält und von den Herausgebern einer andern
plastischen Pilz-Sammlung: Apotheker v. Löseke
und Lehrer F. A. Bösemann in Hildburghausen,
jetzt neben dieser ebenfalls in den Handel gebracht
29
worden ist, vor. Die einzelnen Arten dieser Farne
sind leicht auf Papier befestigt und richtig benannt.
Die erste Lieferung der Sammlung besteht aus 13
ächten Farnen, aus 5 Lykopodiaceen und aus 4
Equisetaceen. Bei dem Interesse, was gerade die
weniger bekannten Kryptogamen haben, dürften
dergleichen Sammlungen ihre Kenntniss sehr er-
leichtern.
Baumschulbesitzer Wartenberg in Braunau
machte in einer brieflichen Mittheilung auf die
Wichtigkeit der Baumwärter für unsere öffentlichen
Obstanpfanzungen aufmerksam. Er sei im ver-
fossenen Jahre in Württemberg und auch in dem
pomologischen Institute in Reutlingen gewesen und
habe sich dort noch mehr davon überzeugt, dass
die Heranziehung solcher Baumwärter weit vortheil-
hafter für die Provinz und für die Landbewohner
als die gelehrten Gärtner, die leider nur zu leicht
vorkämen, weil auf dem Lande ihren Ansprüchen
nicht oder nur ungenügend entsprochen werden
könnte. Obstbau sei etwas, was, wenn es ordent-
lich betrieben würde, Geld einbringe. So lange
unsere Bauern bei ihren Anpflanzungen aber nicht
durch geschickte Baumwärter unterstützt würden,
könnten bei der allgemeinen Unkenptniss der Land-
bewobner von der Behandlung der Obstbäume auch
die Anpflanzungen nicht gedeihen. Soll dieses der
Fall sein, so müssten die Obstbäume auch bestän-
dig von sachkundiger Seite beaufsichtigt werden.
Die Anstellung eines Baumwärters, dem zu gleicher
Zeit die Aufsicht über die öffentlichen Anpflanzun-
gen überwiesen wird, koste einem Kreise wenig
Geld, was schon bald durch reichlichen Ertrag der
Obstbäume ersetzt würde.
Professor Koch machte wiederholt auf die
grossen Verheerungen, welche die Weinlaus (Phyl-
loxera vastatrıx) namentlich im Süden Frankreichs
hervorruft, aufmerksam und warnt, Weinfechser etc.
aus Frankreich zu beziehen. Wenn, wie es scheint,
die Weinlaus auch ein warmes Klima verlangt und
sie bei unseren harten Wintern, insofern sie nicht
dann vielleicht tiefer geht, wo sie mehr geschützt
wird, erfrieren würde, so ist und bleibt es immer
eine gefährliche Sache, sobald wir sie einmal in
Deutschland haben. Wem an guten auch richtig
benannten Rebenarten liegt, braucht sich auch kei-
neswegs nach Frankreich zu wenden, sondern kann
sie in bester Gesundheit und Kraft mitten in
Deutschland beziehen. Der bekannte Rebenken-
ner und Weinzüchter, Stadtrath Thränhardt
in Naumburg a. S., besitzt bekanntlich ein grosses
Sortiment und hat eben ein Verzeichniss der von
ihm abgebbaren und am meisten zu empfehlenden
Sorten ausgegeben.
Dr. Filly machte nach einer Abhandlung des
ı damit in Verbindung stehenden
ı einen Reifen wagerecht ausgebreitet werden.
General Pleasonton Mittheilungen über den Ein-
fluss des violetten Lichtes auf das Wachsthuw des
Weinstockes, der Schweine und der Stiere. Diese
Mittheilungen werden des Interesses halber als ein
besonderer Artikel in der Wochenschrift abgedruckt
werden.
Von Seiten des Vorstandes des landwirthschaftli-
chen Central-Vereines des Herzogthums Braunschweig
war angefragt worden, welche Absichten der Ver-
ein zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin über
die Abhaltung der 6. Versammlung deutscher Po-
mologen und Obstzüchter in diesem Jahre habe?
Die Beantwortung wurde dem für diese Versamm-
lung bereits ernannten Ausschusse überwiesen.
Professor Koch legte die beiden ersten Hefte
der illustrirten Berichte über Gartenbau vor, welche
unter der Leitung und Verwaltung des pomologi-
schen Institutes zu Ringelheim und des Professors
Rodigas in Gent herausgegeben werden. Die
Ausstattung dieser Berichte ist in hohem Grade
elegant. Druck und Papier, ganz besonders aber
die Abbildungen lassen nichts zu wünschen übrig.
Diese illustrirten Berichte sind zu gleicher Zeit in
drei Sprachen: der deutschen, englischen und fran-
zösischen Sprache, auf 3 Spalten neben einander
gedruckt. Bei den ganz ausserordentlichen Opfern,
welche hier in pekuniärer Hinsicht gebracht werden,
ist zu wünschen, dass diese Berichte auch einen
diesen entsprechenden Absatz haben. Um diesen
aber möglichst zu erhalten, würde es nothwendig
sein, dass im dem, was gebracht wird, eine bessere
Auswahl stattfände. Es sieht ın der That bisweilen
aus, so wie bei der Darstellung der Berliner soge-
nannten Brenn-Palme, der Curculigo recurvata, als
hätte man überhaupt nur eine Abbildung geben
wollen. Eine mehr wissenschaftliche und demnach
auch gediegene Behandlung der Berichte, welche
zu gleicher Zeit den Bedürfnissen entspräche und
mit der Zeit vorwärts ginge, wäre im Interesse die-
ser eleganten Zeitschrift für Gärtnerei sehr wün-
schenswerth.
Aus Rathenow hatte ein Obstfreund, L. Merkel,
Öbergärtner der Ed. Borchmannschen Baumschulen
zu Rathenow, einen Artikel eingesendet, der ein
Mittel enthielt, um das Erfrieren der Obstblüthen
im Frühjahre zu vermeiden. Es soll, wenn Frost
im Anzuge ist oder des Nachts wahrscheinlich wird,
langes, sogenanntes Schüttenstroh an dem oberen
Ende einer langen Stange, welche den Obstbaum’
oder wenigstens die zu schützenden Aeste wenig
überragt, befestigt und dann aufgestellt auf einem
Drahtring oder
Hat
es vorher geregnet, so ist es gut, durch Schütteln
den Baum erst von dem anhängenden Wasser zu be-
30
freien, umgekehrt soll das Stroh selbst etwas ange-
feuchtet werden. Legt man das Stroh vor dem
Gebrauche in eine konzentrirte Salz- oder Alaun-
lage und lässt es dann trocknen, so ist es noch
besser.
Munst- und Handelsgärtner Späth theilte mit,
dass er, und zwar in kürzester Zeit, grosse Sen-
dung von allerhand Lilien, ganz besonders aber
von Lilium auratum, aus Japan erwarte und dass
er bereit sei, diese besonders in grösseren Partieen
und um billige Preise weiter abzugeben. Es möch-
ten daher diejenigen, welche darauf reflektiren, mit
ihm sich in Verbindung setzen. Dieser Umstand gab
dem Inspektor Bouch& Gelegenheit über den Ein-
fluss des vorigen Sommers auf die Lilien überhaupt
zu sprechen. Wenige Sommer möchten existirt
haben, welche so nachtheilig auf die Entwickelung
der Lilien gewirkt hätten, als der vorige. Er habe
besonders durch die Freundlichkeit des bekannten
Lilien-Liebhabers,Max Leichtlin in Karlsruhe, auch
die neuesten amerikanischen Arten erhalten und auf
diese Weise eine ansehnliche Sammlung von Lilien
zusammengebracht. Dass viele von ihnen im Ver-
lauf des Sommers ausgegangen seien, gebe er der
feucht-kalten Witterung hauptsächlich Schuld.
Die Produkte des Je: und Yarlenbaues
auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen-
burg vom 1. bis 5. August 1871,
nebst einigen Bemerkungen über Land- und
Gartenbau in Schweden überhaupt.
Von Dr. Wittmack.
(Fortsetzung).
Indem ich mich jetzt zur Ausstellung der spe-
cielleren Gartenbau-Producte selbst wende, kann ich
mich hier um so kürzer fassen, als in Bezug auf
Details die Ausstellung sich nicht sehr von den
unsrigen unterschied.
Die eigentliehen Gartenbau-Gegenstände (Gruppe
VIII) waren eingetheilt in sieben Abtheilungen:
I. Getriebene Gemüse. II. Früchte der Saison.
III. Blumen und Blattpflanzen, wobei 4 Klassen:
1. Klasse: Topfgewächse, 2. Klasse: Freilandpflan-
zen, 3. Klasse: abgeschnittene Blumen, 4. Klasse:
Blattpflanzen zu Gruppen für’s freie Land, denen
auch die für Gewächshäuser geeigneten beigeordnet
waren. IV. Bäume und Sträucher mit 3 Klassen.
1. Klasse: die Früchte etc. selbst. 2. Klasse:
Fruchtsäfte. 3. Klasse: essbare Schwämme. VI.
Medicinische und technische Pflanzen. VII. Modelle
und Zeichnungen zu Gewächshäusern und Anlagen.
War im Allgemeinen, wie schon gesagt, die
Zahl der Aussteller in einzelnen dieser Abtheilun-
gen auch keine sehr grosse, da das Ganze eben
nur einen Zweig der landwirthschaftlichen Aus-
stellung bildete, so war dennoch das‘ Haus ganz
gefüllt, und sogar ein Theil der Gehölze etc. musste
noch vor demselben untergebracht werden. Sowohl
durch das vorzügliche Arrangement des Director's
Löwegreen, sowie auch die von Lange, wie durch
die Qualität der meisten ausgestellten Gegenstände
wurde dem Besucher volle Befriedigung gewährt.
Beim Eintritt in das Haus wurde man zunächst
durch den echt nordischen Charakter desselben
überrascht. Die ganze Decke war mit grünen
Fichtenästen ausgeschmückt, die dicht nebeneinan-
der tropfsteinartig von der Decke herabhingen,
dem Auge gleichsam einen nordischen Wald in der
Höhe darbietend. Zugleich war dadurch auch ein
gewisses Halbdunkel und eine ausserordentlich kühle
angenehme Temperatur hergestellt, zumal die Tannen-
reiser auch besprengt wurden. Wie der Director
Löwegreen mir nachher mittheilte, hatte man diese
Dekoration eigentlich nur aus Noth gewählt, da
das Dach ursprünglich zu hoch war und die Räume
dann zn schmal erschienen sein würden. Es war
deshalb 10 Fuss unter dem Dach dies zweite Dach
aus Tannenreisern hergerichtet worden, jedenfalls
eine höchst originelle und hübsche Idee!
Der mittlere Theil des Hauses, die Längsachse
des Kreuzes so zu sagen, war theils von Gruppen
immergrüner Gehölze und anderer Dekorations-
pflanzen, theils von getriebenen Obstbäumen und
Weinstöcken eingenommen. Den Hauptantheil hatte
in ersterer Hinsicht die Gartengesellschaft in Gothen-
burg (Director Löwegreen), in letzterer Herr James
Dicksou, ein Gothenburger Kaufmann, und dessen
Obergärtner James Loney, (ein Engländer). Vor
Allem fielen des letzteren Zwergobst und ferner
Weinstöcke in Töpfen in die Augen, deren Trau-
ben von einer solchen Schönheit waren, wie man
sie nur in den besten Treibereien Englands sieht.
Die Querachse des Gebäudes diente einserseits
zur Aufnahme der Pelargonien, Fuchsien, Gloxinien
u. s. w., andererseits für Coleus, Achyranthes, Orchi-
deen u. s. w., fast alles in trefflicher Kultur. Von
den Ausstellern nennen wir besonders noch S. Lund-
Leiberg in Gothenburg (Pelargonien, Fuchsien,
Nelken, Reseda, Rosen), Obergärtner Wulf in Göte-
borg und Lagklarebäck (Rosen), Carl Fr. Anders-
son in Gothenburg (Bouquets und andere Blumen-
dekorationen), sowie James Loney, C. P. Lange u.
Director Löwegreen (Blattpflanzen). Interessant
waren endlich zwei Schmarotzerpflanzen: Orobanche
Hederae Vauch. und Cuscuta compacta, vom bota-
nischen Garten in London.
Obstbäume waren besonders von der Hillersjöer
sl
Gartenbau-Genossenschaft und L. D. Grangvist in
Lerum und Aspenäs, Zierbäume von derselben und
von Direktor Löwegreen, ausländische harte Ge-
hölze ausserdem von Lund-Leiberg ausgestellt.
Essbare Schwämme waren, da die Jahreszeit für
frische nicht geeignet, meist nur eingemacht vor-
handen. Für medicinische und technische Pflanzen
hatte sich nur ein Bewerber, ©. P. Lange in Göte-
borg und Lyckan, gefunden.
Unter den ausgestellten Modellen und Zeich-
nungen u. s. w. verdienen Erwähnung die Modelle
von Beards Patent-Glasspalier, von Rendell’s Treib-
kasten und von einem Vermehrungshause, alle
3 von James Loney, dem Öbergärtner von
Dickson in Oefveras ausgestellt, eine Karte über
die Parkanlagen beim Schloss Karlsholm in Christian-
stadslän von O. Hüttig in Göteborg und Betala,
dem jetzigen Director des pomologischen Instituts
in Geisenheim, ferner von A. Jenssen in Christia-
nıa und Grönland und m. a. — Ganz besonders
müssen aber mehrere Werke mit Abbildungen von
dem Professor N. J. Andersson in Stockholm
genannt werden:
1) Sein Werk, betitelt: „Unsere besten essbaren
Schwämme“ mit einer grossen Tafel in Farben-
druck. Diese Arbeit hat den Zweck, auf die
grosse Wichtigkeit der Schwämme für die Ernäh-
rung des Menschen aufmerksam zu machen, ein
Gegenstand, der glücklicherweise bei uns neuerdings
auch wieder mehr Beachtung findet.
2) „Unsere besten essbaren Flechten,“ 1. Auflage
mit getrockneten Exemplaren. 2. Auflage mit einer
Farbentafel.
3) „Zwanzig botanische Wandtafeln“ für den
Unterricht in Gartenbauschulen.
4) Fünf grosse, in Rouleaux-Manier ausgeführte
„Vegetations-Bilder‘ für denselben Zweck. Diese
Abbildungen hängen auch in der botanischen Ab-
theilung des vortrefflich geordneten naturgeschicht-
lichen Reichsmuseums in Stockholm.
5) „Schwedens Vegetation und kultivirten Ge-
wächse mit 4 dazu gehörigen grossen Karten über
die Getreideproduktion und die Verbreitung der Kultur-
gewächse, ausgeführt auf der von der Gesellschaft für
wechselseitigen Unterricht herausgegebenen grossen
Karte von Schweden.
Allem Anschein nach sind diese Karten eine
vergrösserte Ausführung der bereits in dem Ein-
gangs erwähnten Apercu vorhandenen kleineren.
Vom Öberintendanten C. Holst in Christiania
und Ladegaardsöen war eine Flechtensammlung, be-
gleitet von einer geologischen und einer Höhen-
Karte etc., ausgestellt.
Nach dieser Besichtigung der Ausstellung lohnt
es sich, das unmittelbar daneben belegene Etablisse-
ment des Gothenburger Gartenvereins, einer
Aktiengesellschaft, in Augenschein zu nehmen,
Es ist dies ein schöner, fast parkartiger Garten
in englischem Stil gehalten, der hauptsächlich als
Vergnügungslokal dient. Er wurde auf dem Platze
der ehemaligen Wälle errichtet und giebt dem Be-
sucher eine bequeme Gelegenheit, sich von der
grossen Sorgfalt einen Begriff zu verschaffen, die
auf gärtnerische Anlagen in Schweden verwendet
wird, freilich bis jetzt meist nur von Seite der be-
güterten Klassen.
Der Garten wurde 1842 angelegt, umfasst ca.
17 Tonnen Land (ca. 35 Morgen), und bietet eine
reiche Fülle mit einander abwechselnder Bosquets,
Rasenplätze und Blumenpartieen. Unmittelbar da-
neben fliesst ein Kanal, der ehemalige Stadtgraben,
welcher nicht wenig zur Belebung des Ganzen bei-
trägt. Eine hübsch gebaute Restauration, sowie
eine Musikhalle daneben sorgen für leibliche und
geistige Genüsse. Der Director des Gartens, der
schon mehrmals genannte Löwegreen, ist, wie
alle neueren Anlagen des Gartens beweisen, unab-
lässig bemüht, noch schönere Partieen anzulegen,
und das Alte entsprechend umzuwandeln. In die
Augen fallend ist besonders der vortreffliche Rasen,
den man hier, wie vielfach in Schweden, in einer
Schönheit findet, wie ihn nur die englischen Parks
und vielleicht bei uns der Babelsberger Park bie-
ten. Es ist das natürlicherweise mit eine Folge
des See-Klima’s, welches auch gestattet, das Gras
mit Rasenscheer-Maschinen abzuschneiden. (In Go-
thenburg war es die neuere Maschine von Williams,
die sich auch im landwirthschaftlichen Museum be-
findet.) In Folge der verhältnissmässig milden Tem-
peratur kommen in Gothenburg auch eine grössere
Zahl von Gehölzen, die bei uns kaum aushalten,
ganz gut durch den Winter, wie denn ja überhaupt
Gothenburg (57° 42°) bekannt ist wegen der gün-
stigen Vegetationsverhältn’sse.. Im letzten Winter
war freilich die Kälte fast ebenso gross, wie bei
uns, sie betrug im Dezember und Januar bis 33 Gr.
Cels. (26,4 Gr. Reaum.), im Februar und März
15—25 Gr. Cels. (12—20 Gr. Reaum.), während
die mittlere Jahrestemperatur + 6,93 Gr. ist.
Man deckt dort gewöhnlich die Pflanzen nicht
vor Februar und März, weil dann meistens erst die
grösste Kälte eintritt, in diesem Jahre aber fing
man eben wegen des abnormen Winters etwas früher
an. Auch in Gothenburg ist man äusserst vor- *
sichtig bei dem Abdecken, da nur zu leicht durch
späte Nachttröste die Pflanzen leiden.
Von Koniferen, die vollkommen hart in Gothen-
burg sind und ohne Decke aushalten, notirte ich:
Abies alba M. (ein 5jähriges Exemplar 8° hoch),
Abies balsamea Loud. Abies Menziesii, Abies Nord-
32
manniana Loud., Abies orientalis Poir., Abies pec-
tinata, Abies Pichta; ferner Cephalotaxus Fortunei,
Cupressus Lawsoniana und fast alle Cupressus, Ju-
niperus Sabina, sinensis und squamata, Picea ex-
celsa var. norwegica (von Peter Smith in Berge-
dort bei Hamburg erhalten!), Pinus austriaca Host,
Cembra L., pennsylvanica, T'huja gigantea, orien-
talis, orientalis var. aurea, Warreana (die beste von
allen) etc.
Dagegen ist empfindlich: Abies Smithiana Loud.,
amabilis, grandis, nobilis etc. Letztere war im
Winter mit einer Bastmatte gedeckt, erfror aber
nach dem Abdecken im unteren Theil gegen Ende |
Mai, wo plötzlich in der Nacht eine Kälte von 5 Gr.
Cels. eintrat. Podocarpus wäre vielleicht gut ge-
blieben, wenn er nicht auch zu früh abgedeckt
wäre. Ferner müssen gedeckt werden: 'Taxus ad-
pressa, hybernica, pyramidalis, Tsuga Lobbii.
Die Wellingtonie, ein schönes Exemplar, 1860
ausgepflanzt und damals 1, jetzt 12 Fuss hoch,
seit der Zeit ohne Decke, ist diesen Winter an den
unteren Zweigen ziemlich erfroren, hat aber voll-
ständig wieder ausgetrieben.
Noch empfindlicher sind Abies cilicica (cepha-
lonica) und Pinsapo, Cryptomeria elegans und ja-
ponica, sowie Juniperus suecica.
Pinus Strobus, die im südlichen Schweden, in
Schonen, ziemlich gut gedeiht, kommt im Gothen- |
burger Garten nicht fort und erhält leicht weisse
Läuse; ebensowenig gedeiht Larix decidua.
scheinlich passt Beiden der schwere blaue Thon,
aus welchem dort der Boden besteht, nicht, da sie
nach Andersson sonst im mittleren Schweden
deihen.
An Laubhölzern sind die Ahorne, wenigstens
die feineren, fast alle etwas empfindlich. Acer Ne-
gundo z. B. bleibt immer strauchartig. Dagegen
ist Prunus triloba ganz hart, ebenso eine Trauer-
weide, die als Salix babylonica hier geht, nach Pro-
fessor Koch’s Untersuchungen aber Salıx elegantissima
ist. Eine andere Weide, Salıx dasyclados Wim,.,
ist nicht nur ein schöner Zierbaum, sondern auch
in ökonomischer Hinsicht wichtig, da sie die Stelle
der Korbweide vertritt. Die gröberen Korbarten
werden alle daraus hergestellt, während zu den fei-
neren massenhaft Weidenruthen aus Deutschland
importirt werden.
Neu war für mich eine Pirus prunifolia var.
pendula, eine aus dem Garten des landwirthschaft-
lichen Experimentalfeldes bei Stockholm verbreitete
hübsche Varietät, deren Zweige sich zur Erde nei-
gen nnd lang hinkriechen. Der Preis beträgt in
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Wahr- |
ge- |
| Stockholm pro Stück 1 Rthlr. schwed. — 114 Sgr.
Interessant war es, eine Anzahl Evonymus na-
na M.B. zu sehen, die ohne alle Decke im Freien
ausgehalten hatten, was sich wohl durch die hohe
Schneedecke erklärt. Director Löwegreen hatte
auch sogar Evonymus japonicus im Freien, nur um-
bunden, gut überwintert und will im nächsten Jahre
ihn ganz ohne Schutz durchzubringen versuchen.
Das schöne ÖOrangerie- und Palmenhaus stand
diesen Augenblick ziemlich leer, da die meisten
Pflanzen zur Dekoration in der Ausstellung ver-
wendet waren.
Aufmerksamkeit erregte eine Sammlung von
4—500 Rosen im freien Lande, desgleichen die
zahlreichen Georginen, die Direktor Löwegreen von
Deegen in Köstritz bezieht. Es waren im Garten
nicht weniger als 18,000 in diesem Jahre aus Steck-
lingen gezogen worden, da sie einen Haupthandels-
artikel bilden. Ebenso waren Pelargonien, von
denen jährlich 6—8000 Skarlett-Pelargonien ver-
kauft werden, noch zahlreich vertreten. Desgleichen
eine grosse Anzahl Weinstecklinge, von denen auch
6— 8000 abgesetzt werden, etc. etc.
Die Baumschulen zeigten alle eine gute Kultur,
namentlich zeichneten die Koniferen sich durch ein
kräftiges Wachsthum aus.
(Schluss folgt.)
Pomologisches Institut
in Reutlingen.
Das Sommerhalbjahr für die höhere Lehr-
Anstalt für Pomologie und Gartenbau,
sowie für die Garten- und ÖObstbauschule
beginnt den 4. März und dauert bis Ende Sep-
tember; zugleich nimmt der 2% Monate dauernde
Kursus für Baumwärter seinen Anfang, wel-
cher am 18. Mai geschlossen wird.
Die in dieser Zeit vorzutragenden Lehrfächer
sind: Theorie des Gartenbaues, Obstbaumzucht,
Baumschnitt, Pomologie, Weinbau, Landschaftsgärt-
nerei, Blumenzucht, Gemüsebau, Botanik, Agrikul-
tur-Chemie, Entomologie, Buchführung, Plauzeichnen.
Statuten stehen gratis zu Diensten.
Dr. Eduard Lucas.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13,
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 5. 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Berlin, den 3. Februar
Inhalt: Zwei Obstausstellungen des verflossenen Herbstes: I. Die Obstausstellung in Bremen. II. Die Obstausstellung in Wien.
— Die Produkte des Feld- und Gartenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. Au-
gust 1871, nebst einigen Bemerkungen über Land- u. Gartenbau in Schweden überhaupt. Von Dr. Wittmack. (Schluss.)
— Einige Nachträge zur Trauerweide, sowie zur Artischocke, resp. Kardene. — Palmen- und andere Sämereien aus
Martinig ue, Bm
Zwei Obstausstellungen
des verflossenen Herbstes.
Wir haben im vorigen Jahrgange der Obstaus- |
stellung in London gedacht (S. 375) und über den |
Reichthum an Obst, der vorhanden, gesprochen.
Dass zum grossen Theil, besonders in Norddeutsch-
land, unsere Obsterndte missrathen war, wird wohl
auch der Berichterstatter der Bremer Obstausstel-
lung zugeben müssen. Dass bei jeder Misserndte
es stets, besonders feineres Obst von Formenbäu-
men und Topforangerie, giebt, ist natürlich, weil
dergleichen Obst unter specieller Aufsicht und unter
grossem Schutze heranreift. Wenn solches Obstauch,
und selbst in Menge vorhanden ist, so kann doch
immer auch eine Misserndte, wie im vorigen Jahre,
existiren. Von Misserndten kann überhaupt nur bei
Massen-Produktionen, also bei Kulturen im Freien
und im Grossen, die Rede sein. Ichkannin einem
Garten vorzügliche Frühkartoffeln und deren selbst
in Menge heranziehen und doch hat vielleicht der
Landmann auf seinen Feldern eine schlimme Miss-
erndte. Bei der Obstausstellung in London handelte
es sich hauptsächlich um Obst für den grossen
Markt; dieses konnten die Engländer auch nach
dem in der Wochenschrift gegebenen Bericht über
den Ausfall der Obsterndte mehr und besser herbei-
schaffen, als wir in Deutschland. Die 6. Versamm-
lung deutscher Pomologen und ÖObstzüchter in
Braunschweig ist nur allein deshalb ausgefallen,
weil fast sämmtliche Pomologen, Superintendent
| Oberdieck an der Spitze, meinten, dass eine
Ausstellung von Obst, wo hauptsächlich auch die
grossen Kulturen vertreten sind, nicht möglich sei.
Nichtsdestoweniger legen die Obstausstellungen
in Bremen und Wien ein lautes Zeugniss ab, dass
unser deutscher Obstbau sich in den letzten Jahren
ausserordentlich gehoben haben muss, wenn bei
Misserndten noch solche Obstausstellungen, wie sie in
Bremen und Wien stattgefunden haben, noch mög-
lich sind. Wir sind den Berichterstattern sehr dank-
bar und glauben im Interesse des Obstbaues selbst
zu handeln, wenn wir die schriftlichen Mittheilun-
gen des Schriftführers des Gartenbauvereines in
Bremen und die bereits im Gartenfreunde, dem
Organe des Gartenbauvereins in Wien, veröflent-
lichten Berichte des Vicepräsidenten Prof. Dr. Fenzl
zur weiteren Kenntniss bringen.
I.
Die Obstausstellung in Bremen.
Soeben ersehe aus Ihrer mir so lieben Wochen-
schrift bei dem inter. Referate über die Obstaus-
stellung in Kensington, dass „eine solche in Deutsch-
land wegen totaler Misserndte unmöglich gewesen
wäre.* Ich bin in der glücklichen Lage, Ihnen
mittheilen zu können, dass wir in unserm kleinen
Freistaat eine sehr schöne Öbstausstellung gehabt
haben,*) die freilich weniger durch die Menge des
*) Oberdieck sagte mir: „sie gab mir so reiches Material,
dass ich daraus mein ‚‚bestes Buch‘‘ anzufertigen hoffe.‘
5
34
Obstes, ale vielmehr durch dessen Schönheit und
vollkommene Ausbildung der meisten Früchte, die
an Zwergbäumchen erzogen waren, Werth erhielt.
Das Obst von Topfbäumchen von Warneken
war so ausgezeichnet, dass es den Vergleich mit
französischen Früchten sehr wohl ertragen konnte.
Wir waren so glücklich, solche Vergleichung an-
stellen zu können, denn Andr@ Leroy in Angers
hatte uns 900 Birnen in 380 Sorten, dazu noch
einige Quitten, Mispeln gesandt. Die Gebrüder
Baltet, welche in England. solche Triumphe ge-
feiert, hätten uns auch gern gegeben, wenn neben
dem, was für England bestimmt war, noch würdige
Ausstellungsfrüchte übrig geblieben wären. Da-
gegen hatten Baumann u. Sohn in Bollviller
(Elsass) uns geliefert, was sie bei der Misserndte
nur hatten auftreiben können: 44 Sorten Birnen
und 12 Weintrauben. Müllerklein in Karlstadt
a. M. in Bayern hatte 30 Sorten Birnen, 36 Sor-
ten Aepfel und 3 Sorten Pfirsiche (neben sehr
schön gezogenen Formenbäumen) gesandt. General-
Konsul Lürman bewarb sich mit 98 Sorten zehn-
mal, die Gebrüder Begemann mit 79 Sorten
sechsmal. Aus dem Garten der Taubstummen-An-
stalt waren 94 Birnen- und 38 Apfelsorten geliefert.
Es, waren ungefähr 20 Aussteller von Obst, die
beinahe 1,200 Partieen geliefert hatten, vorhanden.
Von Pfirsichen und Pflaumen, die in London
ohne Bedeutung waren, sah man bei uns herrliche
Exemplare und von ersteren ganze Körbe voll.
Als Beispiel, wie Einzelne unter den Ausstel-
lern bemüht waren, nur Vorzügliches und Werth-
volles zu liefern, führe ich an, dass um den ersten
Preis: 36 Birnensorten zu 3 Stück, drei Bewerber
sich eingefunden hatten, von denen ein Jeder die
Aufgabe so meisterhaft gelöst hatte, dass die Preis-
richter (unser Altvater der Pomologen, der Super-
intendent Oberdieck, an der Spitze, dann In-
spektor Palandt aus Hildesheim und Joh. Depken
von bier) nach langem Hin- und Herschwanken
sich schliesslich genöthigt sahen, wenigstens Zweien
einen ersten Preis zu geben und dem Dritten den
zweiten.
Die Ausstellung im Allgemeinen — es waren
auch Pflanzen und Gemüse vertreten — hatte 62
Aussteller, unter diesen 17 Auswärtige; von den
48 Preisaufgaben waren so viele gelöst, dass 31
silberne Medaillen und 92% Louisd’or vertheilt wor-
den sind. Ausserdem wurden noch als Extrapreise
19 silberne Medaillen und eine ehrenvolle Aner-
kennung zugesprochen.
Aus den monatlichen Mittheilungen des Kieler
Gartenbau-Vereins ersehe ich auch, dass dort eben-
falls eine recht gelungene Obstausstellung gehal-
ten ist.
H. Ortgies, Schriftführer.
IT%
Die Obstausstellung in Wien.
Keine der bisher von der Gartenbau-Gesellschaft
gegebenen Herbstausstellungen brachte eine solche
Fülle edler Obstsorten zur Schau, als die diesjäh-
rige, was um so anerkennungswerther erscheint, als
die diesjährigen Witterungsverhältnisse sich nichts
weniger als vortheilhaft für diesen Zweig der Gärt-
nerei gestaltet hatten. x
Mit Ausschluss aller Sortimente unbenannter
Obstsorten, welche man gering berechnet auf 200
Nummern veranschlagen kann, wurden von speciell
benannten Sorten nahe an 1,300 Nummern, im
Ganzen somit 1,500 Nummern, in mindestens 6,000
Exemplaren ausgestellt. Eine Ausstellung, von der
man, abgesehen von der Qualität der Sorten, nicht
wird behaupten können, dass sie eine ärmliche war.
Aber auch in letzterer Hinsicht liess sie nur wenig
zu wünschen übrig. Neben den älteren Sorten be-
gegnete man einer gar nicht unbedeutenden Anzahl
anderer neuester Einführung und besonderer Güte.
Wohl aber fehlte beinahe durchgehends das Heer
gemeinen Obstes, dessen Nichterscheinen an diesem
Orte man übrigens nicht zu bedauern hat. Man
trifft solches zur Genüge auf unseren Märkten.
Allerdings würde letzteres ein treueres Bild der
Obstproduktion unseres Landes geliefert haben, als
die diesjährige Obstausstellung, und sicher hätten
Aussteller solcher Sorten nicht versäumt, gehäufte
Teller davon auszustellen, während der Züchter
edler oder neuer Obstsorten oft selbst nicht im
Stande war, zum ersten Male mehr als ein Paar
Stücke zur Schau zu stellen. Welche pekuniären
Opfer zudem noch jeder Aussteller feiner Obstsor-
ten brivgt, wissen die Wenigsten, und begreift nur
Derjenige, welchem die hohen Preise bekannt sind,
die Frucht- und Delikatessenhändler für ein Stück
dem Producenten ohne Widerrede zahlen, und wie
selten ausgestellte Stücke zu verwerthen sind.
Wem die Zahl von 24 Ausstellern viel zu un-
bedeutend für eine solche Ausstellung erscheint, so
mag derselbe in Hinblick auf den Zweck, welchen
derartige Schaustellungen haben, und den Erfolg,
welchen sie auf die Obstbau treibenden Klassen
der Bevölkerung üben sollen, immerhin Recht ha-
ben. Das Mehr bleibt stets sehr erwünscht, nur
lässt es sich nicht so leicht beschaffen, als Manche
wähnen. Noch vor wenigen Jahren schätzte sich
die Gesellschaft glücklich, wenn sich mehr als fünf
35
Aussteller feinerer Obstsorten einfanden, gegenwär-
tig hat sich deren Zahl verdrei- und vervierfacht.
Dabei ist weder die Zahl, noch der Betrag der
Preise gestiegen, wohl aber die Einsicht der be-
triebsamen Züchter, durch Schaustellung ihrer Pro-
dukte sich einen grösseren und lukrativeren Markt
zu verschaffen, und zwar nicht blos für ihre Früchte,
sondern auch für die Nachzucht der Bäume, welche
diese geliefert haben. Der Vorwurf billiger Re-
klame, den man ihnen aus ihrem regelmässigen Er-
scheinen auf den Ausstellungen macht, erscheint
ebenso lächerlich, als das ihnen unterschobene Mo-
tiv der Jagd nach Preisen gemein. Durch die
Mannigfaltigkeit und Güte ihrer ausgestellten Er-
zeugnisse bestimmten sie Viele zur Anzucht von
edleren Obstsorten und fördern damit direkt die
von der Gesellschaft angestrebte Verbreitung der-
selben in den wohlhabenderen Kreisen der Bevöl-
kerung. Durch ihr regelmässiges Erscheinen auf
den Ausstellungen bewähren sie sich als solide Fir-
men und fordern nachgerade durch ihr Auftreten
andere zur Mitbewerbung heraus. Die Preise,
welche sie sich dabei erwerben, sind wahre Ehren-
preise, denn ihr Geldeswerth ist selten so bedeu-
tend, dass er die Hälfte, oft nicht einmal diese,
der für die Beschickung der Ausstellung ausgeleg-
ten Kosten deckt. Die Reklame, die diese Aus-
steller auf diesem Wege üben, ist die berechtigtste,
die ehrenhafteste und vortheilhafteste, sowohl für
die Zwecke der Gesellschaft, als wie für die des
Staates. Aufgabe der Gartenbau-Gesellschaft be-
züglich der Obstbaumzucht bleibt immer nur die
Förderung der verfeinerten, höheren Obstzucht, mit
der sich der einfache Landwirth gar nicht oder nur
selten zu befassen im Stande ist. Die ihm förder-
lichen Kenntnisse dafür zu verschaffen und zu ver-
breiten, bleibt Aufgabe der Landwirthschaft.
Zurückkehrend auf unsere diesjährige Obstaus-
stellung, zeigte sich ein fühlbarer Mangel an spät
reifenden Steinobstsorten und Tafeltrauben, während
bei den Herbst- und Winterbirnen die Zahl der
Nummern 400, bei den Aepfelsorten die von 650
weit überstieg. Als die sortenreichste Sammlung
erwies sich die des freiherrlich Geymüller’schen
Schlossgärtners Illenberger aus Hollenburg in Un-
terösterreich; als die korrektest-bestimmte und eti-
kettirte von allen die von Kienast aus dem Garten
des Stiftes St. Florian in Oberösterreich; als die
ausnehmend feine und seltene Sorten von Birnen
und Trauben aufweisende: die des Privaten Filipp
Pokorny, alle von ÖOriginalstämmen gewonnen,
welche derselbe aus den renommirtesten Quellen
in Frankreich bezog und seit mehrern Jahren auf
seinem Besitze zu Trautmannsdorf in Unteröster-
reich erfolgreich kultivirt. An diese Sammlungen
schlossen sich, an Mannigfaltigkeit und Vorzüglich-
keit der Sorten unter einander wetteifernd, die
von Bachrath, Bruckner, Fitzner, Jrasek, v. Mer-
tens, Peikert, Rosenthal, Russwurm, Schilhan, Ske-
bra und Swoboda’s Neffe an. Sehr erfreulich war
die sich jährlich mehrende Betheiligung ungarischer
Züchter an unserer Ausstellung, namentlich die Be-
schiekung derselben mit 80 Trauben durch den
landwirthschaftlichen Klub in Pressburg.
Sehr belehrend und für die Meisterschaft der
betreffenden Aussteller sprechend, erschienen die
von den Züchtern Bachrathy, Bruckner, Hengel jun.
und namentlich von Schilhan ausgestellten Form-
bäume, sowie die von Rosenthal und Kienast ein-
gesendeten, mit Früchten beladenen Topfobst-
bäumchen.
Vollkommen berechtigt erscheinen die von Fach-
männern erhobenen Klagen über die theils falsche,
theils verschiedenartige und dadurch verwirrende
Nomenklatur der Fruchtsorten.
Dieser Uebelstand macht sich übrigens auf allen
Ausstellungen, auch in anderen Ländern, geltend,
und ist erfahrungsmässig sehr schwer zu beseitigen.
Eine Erörterung der Ursachen dieser Kalamität und
der Mittel, ihr zu begegnen, wäre hier nicht am
Platze. Dasselbe gilt auch von den mitunter sehr
groben orthographischen Schnitzern in der Etiket-
tirung nicht blos des Obstes, sondern auch der
Gemüse und Pflanzen. Hier fehlt es zumeist an
der elementaren Bildung der Aussteller und ihrer
Hülfsorgane. Sie aufzusuchen und zu verbessern,
kann dem so vielfach in Anspruch genommenen
Ausstellungs-Comit@ nicht zugemuthet werden.
Prof. Dr. Ed. Fenzl, Vicepräsident.
Die Produkte des Se: und Yarlendaues
auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen-
burg vom 1. bis 5. August 1871,
nebst einigen Bemerkungen über Land- und
Gartenbau in Schweden überhaupt.
Von Dr. Wittmack.
(Schluss).
Die Treibereien von James Dickson in Oefve-
ras bei Gothenburg:
Was man in Berlin leider noch so wenig ver- .
steht und erst in allerneuester Zeit mehr zu kulti-
viren beginnt: das ‚„Sommerwohnen“, das betreibt
man in Gothenburg, einer Stadt von 60,000 Ein-
wohnern, wie auch in Stockholm und Kopenhagen,
par excellencee.e. Man scheint sich hier ein Muster
an Paris und namentlich an London genommen zu
5*
36
haben. Eine beträchtliche Anzahl von Kaufleuten
wohnt in den zahlreichen Badeörtern an der Küste
auf den oft schön bewaldeten Felseninseln, den
Scheeren; des Nachmittags geht's per Dampfschiff
hinaus und des Morgens wieder hinein. Ein ande-
rer Theil wohnt mehr in der Nähe der Stadt und
die ganze Umgegend zeigt daher eine grosse An-
zahl von Villen. Einzelne wohnen auch weiter hin-
aus, in Partilled und Jonsered, den beiden nächsten
Eisenbahn-Stationen, und alle Theilnehmer der
Ausstellung werden mit Entzücken des schönen
Abends in Jonsered gedenken, wo sie sich, nach-
dem unten an der brausenden Sävea die schöne
Villa von Dickson, und die grossartige Spinnerei
und Segeltuchfabrik von Tibson und Söhne besich-
tigt waren, hinauf zur reizenden Besitzung von
Gibson begaben.
Hier bot sich von der hoch oben an den steilen
Ufern des Aspen-Sees belegenen prächtigen Villa
eine Aussicht dar, die fast der auf den Achensee
in Tyrol zu vergleichen wäre. Die schwedische
Gastfreundschaft ist berühmt, sie machte sich auch
hier, wie überall, in der glänzendsten Weise geltend.
Fast jede Villa übrigens ist auf's Eleganteste
eingerichtet, als hervorragendste von allen dürfte
aber wohl die des schon erwähnten Besitzers James
Dicekson in ÖOefveras zu betrachten sein, kaum
eine halbe Stunde von Gothenburg belegen. Es
ist hier nicht der Ort, das Innere der Villa zu be-
schreiben; es soll hier nur von dem schönen Park
und den berühmten 'Treibereien die Rede sein. Da
der Park an einem steilen Berge belegen ist, so
bat es viele Mühe gekostet, überall die nöthige
Erde hinzuschaffen. Hier, wie vielfach um Gothen-
burg, tritt der nackte Fels zu Tage, und bei der
sonst hübschen Lage Gothenburg’s ist -es immerhin
als ein Mangel zu betrachten, dass die Berge des
saftigen Grüns entbehren, besonders an den nach
dem Thale des Göthaflusses liegenden Seiten. Erst
in neuester Zeit hat man Versuche gemacht, die-
selben wieder zu bewalden, aber leider ist öfter
von ruchloser Hand manch junger Baum wieder
abgeschnitten und als Brennholz benutzt worden.
Der gemeine Schwede, insbesondere der Bauer,
kann sich noch immer nicht von dem Gedanken
entwöhnen, dass jeder ihm zunächst stehende Baum
auch als Brennholz dienen müsse.
Dickson kaufte vor 6 Jahren den höchsten
von den seiner Besitzung benachbarten Felsen, wenn
mir recht berichtet wurde, für 60,000 schwedische
Thaler (ca. 22,500 Thlr. preuss.) an, legte einen
Weg hinauf und machte sich so einen der schön-
sten Aussichtspunkte der Umgegend zugänglich.
Eine Inschrift an der höchsten Spitze meldet, dass
auf diesem Platze die Sonnenfinsterniss am 28. Juli
1851 von dem Königlichen Astronomen G. B. Airy
von Greenwich beobachtet wurde. Es würde zu
sehr ermüden, den schönen Park und die sonstigen
Anlagen zu beschreiben, nur wenige Worte aber
mögen über die wahrhaft grossartigen und dabei
äusserst eleganten Treibereien gesagt werden. Diese
liegen nicht im Park selbst, sondern auf der an-
deren Seite der Villa, jenseit der Landstrasse. Von
dem Berge herab hat man eine gute Uebersicht
über dieselben. Zwei ca. 100 Fuss lange, 35 Fuss
breite und 18 Fuss hohe, parallel neben einander
liegende Häuser aus Eisen und Glas bilden die
Längsachse, hinter ihnen und zur Seite liegen nie-
drige Häuser quer dagegen. Jene beiden ersteren
dienen, das eine zur Zucht von feinen Birnen,
Aepfeln und frühen Kirschen, das andere zu der
von Pfirsichen, Nektarinen, Aprikosen und feinen
Pflaumen. Durch die Mitte jedes Hauses führt ein
Weg und ihm zur Seite sind in geraden Reihen
fast alleeartig die edelsten Sorten der genannten
Früchte in Form von Hochstämmen, Pyramiden,
Spalier- und Zwergbäumen angepflanzt. Nach den
gütigen Mittheilungen Dickson’s eignen sich von
Birnen dort am besten: William’s Christbirne, Du-
chesse d’Angoul&me, Beurr@ Bachelier, B. superfin,
B. Boussoch, Winter-Nelis, Marie Louise, Louise
bonne d’Avranche, Huysch Victoria und Bergamot,
Bergamot d’Esperen, Beurre Dumont etc. Von
den kleineren Häusern sind vier von je 40 Fuss
Länge, 15 Fuss Breite und 15 Fuss Höhe (an der
Rückwand), sowie drei andere von je 36x16x15
Fuss für die Weinkultur bestimmt, und wenn schon
auf der Ausstellung der Dickson’sche Wein in
Töpfen allgemeines Aufsehen erregt hatte, so musste
man hier noch mehr erstaunen, als durchweg sämmt-
liche Stöcke voll der herrlichsten, fast noch grösse-
ren Trauben hingen. Es waren nur wenige Sorten,
besonders: Muscat of Alexandria, Black Hamburgh
(Hambro), Lady Downs Seedling und Forsters
Seedling, Escholoda superba, Sweetwater, blauer
Frontignan, Raisin de Calabre, die in den mit
Wasserheizung versehenen Häusern bequem Platz
hatten. Jetzt sind, wie mir Dickson mittheilt, Royal
Ascot, Mrs. Pinco? Madrofield? Coun und Forsters
Seedling gepflanzt, um die nicht gut gedeihenden
Golden Hamburgh, Royal Vineyard, West St. Peter
und Hamburgh Muscat zu ersetzen. Ausserdem
finden sich noch zwei Ananashäuser, das Frucht-
haus von 45 Fuss Länge, 20 Fuss Breite und 12
Fuss Höhe, das Vermehrungshaus 80 x15x%9 Fuss,
sowie ein Haus für Erabeeren, in welchem auch
Pfirsiche, Feigen, Wein in Töpfen ete. Die Haupt-
sorten sind Queen, Jamaika und Cayenne. Hinter
den Häusern ist dann noch ein ziemlich grosses
Quartier, wo ca. 300 schwedische und ca. 300 fran-
_ zösische und englische Obstsorten im Freien gezo-
gen werden. Dies wurde erst vor 4—5 Jahren
eingerichtet. Um einen Begriff von der Grösse
des Ganzen zu geben, mögen hier nur noch die
Maasse der vorderen Häuser gegeben werden. Das
Palmen- und Formhaus ist 28 Fuss lang, 22 Fuss
breit und 30 Fuss hoch, das Warmhaus 45x 18x11
Fuss, das Kalthaus 75x24x24 Fuss, das Haus
für Gruppenpflanzen (bedding plants) ca. 62x12x8
Fuss, das zum Treiben der Blüthenpflanzen im
Winter 38x 12x8 Fuss, 2 kleinere Kalthäuser
neben der Eingangshalle zur Wohnung je 18x 9x 16
Fuss, das Champignonhaus 20x15x10 Fuss. —
Für Melonen, Gurken etc. sind pro Jahr ca. 60
Fenster Mistbeete erforderlich.
Das ganze Areal betrug anfänglich nur 9, seit
6 Jahren aber 46 schwed. Tonnenland ä& 1,933 Mor-
gen. Davon kommen auf Obst- und Küchengarten
4 T., auf den Pleasureground und die daneben be-
findlichen Gewächshäuser 12 T., das übrige ist
Gras- und Ackerland. Im Garten sind ausser dem
Obergärtner 8 jüngere Gärtner, sowie 12 Arbeiter
angestellt, welche letztere freilich auch die Feld-
arbeit mit übernehmen müssen.
Nach dieser Darlegung der Gartenbau-Verhält-
nisse von Gothenburg bedarf es für die des übri-
gen Schwedens nur weniger Worte.
In Stockholm sehen wir es fast ganz ähnlich.
Die zahlreichen Inseln im Mälar-See, der überaus
lebhafte Verkehr mit Dampfschiffen nach allen Rich-
tungen verlocken den Stockholmer fast noch mehr,
wie die Bewohner anderer schwedischer Städte, auf
dem Lande sich eine Villa zu erbauen. Es ist das
auch verhältnissmässig viel leichter, als bei uns, da
die meisten ganz von Holz konstruirt werden. In
Stockholm selbst, wie überhaupt in den grösseren
Städten, ist es wegen der grossen Feuersgefahr jetzt
nicht mehr gestattet, Häuser aus Holz zu errichten,
während in kleineren Städten und auf den Dörfern
es noch sehr viel Sitte ist. Auf den Dörfern
berrscht dabei ein braunrother, in den Städten
meist ein weisser oder doch heller Anstrich vor.
Stockholm’s Umgebungen sind deshalb so ma-
lerisch, weil fast überall sich Wasser und Wald
finden; man würde aber irren, wenn man sich vor-
stellte, von Stockholm aus die grosse Wasserfläche
des Mälar-See’s oder seines östlichen Ausflusses in
die Ostsee, den sogenannten Saltsjö (Salzsee) ganz
überblicken zu können, die vielen Inseln und In-
selchen lassen das nicht zu. Uebrigens hat man
nicht nöthig, jeden in den Reisehandbüchern ver-
zeichneten Punkt zu besuchen, da der Charakter
der Gegend an den verschiedenen Stellen ziemlich
derselbe bleibt. Die deutschen Handbücher über
Schweden und Dänemark haben überhaupt oft mit
37
sehr starken Farben aufgetragen, viel mehr eigent-
lich als die schwedischen und dänischen.
Zu den schönsten Partieen Stockholm’s gehört
unstreitig der Thiergarten, vis-A-vis der Stadt an
der Saltsjö belegen. Hier ist einestheils der schöne
Blick auf Stockholm, andererseits aber für den
Pflansenliebhaber ganz besonders die Ueppigkeit
der Baumvegetation fesselnd. Fast befremdend er-
scheint es dem, der auf der Eisenbahn nach Stock-
holm in Smaland zum Theil höchst rauhe, mit Stei-
nen besäete Einöden oder dichte Nadelwälder pas-
sirt hat, hier wieder den herrlichsten Laubschmuck
zu sehen. Ganz besonders sind es die Eichen, die
im 'Thiergarten in zahlreichen und kräftigen Exem-
plaren sich finden. Ist es doch, als wollte dieser
Baum, ehe er eben nördlich von Stockholm seine
Polargrenze erreicht, noch einmal zeigen, welche
Urkraft in ihm steckt.
Die natürliche Grenze der Quercus pedunculata
Willd. ist nach Andersson die Dalself und unge-
fähr der 61. Breitengrad, kultivirt geht sie bis
Sundsvall in Medelpad (62 Grad 20 F.). Quercus
sessiliflora Sm. reicht nur bis zum 58% Grad. An-
dersson hält es, nebenbei bemerkt, für sicher, dass
Linne unter Quercus Robur unsere Quercus pedun-
culata verstanden habe. Sehr in die Augen fallend
ist es, wie die Kurven, welche die Polargrenze der
in Schweden bezeichneten Bäume, z. B. in Anders-
son’s Apercu, alle an der Ostseite sich weiter nach
Norden hinaufziehen, als an der Westseite des Lan-
des. So z. B. geht Quercus pedunculata nur im
Osten bis zum 61. Grade nördlicher Breite, wäh-
rend sie im Westen noch etwas unter dem 60.
Grade bleibt. Es erklärt sich dies hauptsächlich
daraus, dass im mittleren und nördlichen Schweden
an der Ostküste sich Wasser findet, während an
der Westseite das Gebirge sich hinzieht. Es wird
das um so eklatanter, je weiter man nach Norden
geht. Die Esche z.B. reicht westlich nur bis fast
zum 60. Grade, östlich aber bis zu 61 Gr. 45 F.,
die Linde westlich bis zum 60., östlich bis 63% Gr.,
der spitzblätterige Ahorn (Acer platanoides) macht
eine Ausnahme, indem er fast quer durch’s Land
bis zum 6353 Grad reicht. Welchen Einfluss das
Wasser überhaupt, nicht blos das Meer, ausübt,
geht auch daraus hervor, dass die Kurve der Eiche
am Wenern-See plötzlich eine fast um 3 Grad nach
Norden vorspringende Ausbiegung macht.
Den allerdeutlichsten Beweis liefert
Buche, die nur den südlichen Theil Schwedens be-
wohnt. Ihre Polargrenze reicht gerade umgekehrt,
wie die fast aller übrigen Bäume, im Westen wei-
ter hinauf (59. Grad) als im Osten (57. Gr. 5 F.),
jedenfalls erstlich, weil das südliche Schweden an
beiden Seiten von der See umgeben ist, und zwei-
aber die .
tens, weil die Westküste dem grossen Weltmeere
näher liegt, und im Kattegat und Skagerack so zu
sagen mehr oceanische Luft weht. — Schweden
lässt sich klimatisch leicht in drei Regionen theilen,
die etwa den alten politischen Eintheilungen Göta
rike, Swea rike und Norrland entsprechen. Es
sind dies:
1) Die Region der Buchen und Weissbuchen,
2) die der Eichen, 3) die der Grau-Elsen (Alnus
incana L.), der Koniferen und der Birken.
Die Buchenregion ist, wie schon erwähnt, zu-
gleich die Hauptregion des Weizens und des Buch-
weizens, sowie des Nussbaumes, des Weinstockes
(nicht im Grossen) und überhaupt der meisten in
Deutschland gedeihenden Pflanzen.
In der Eichenregion bildet der Roggen die
Hauptfrucht; der Weizen und die Erbsen erreichen
für grössere Kulturen ihre Polargrenze, ebenso ist
es mit, den Obstbäumen und den meisten Gemüsen.
Hier ist zugleich der Hauptverbreitungsbezirk des
specifisch schwedischen Baumes, der Sorbus scan-
dica (bis 62% Grad, kultivirt bis Pitea (65 Grad
19 F. 13 Z.)
In der Region der Grauerlen, der Koniferen
und Birken nimmt die Grauerle mehr das Littoral-
gebiet auf einer Breite von 9—12 Meilen ein, dann
folgen unermessliche Koniferenwälder (Pinus syl-
vestris und Picea excelsa) bis zur Kette der Kjö-
len, während die Birke fast der einzige Repräsen-
tant der Baumvegetation auf den Abhängen der
Alpen selbst ist. Ueber sie hinauf steigen noch
einige Weiden (Salıx phylicifolia, lapponum, glauca
und lanata), und ganz oben auf den höchsten Al-
penregionen finden sich Salıx myrsinites L., ar-
buscula, ovata, polaris, herbacea und reticulata. —
Ausserdem kommen in der dritten Region an Bäu-
men vor: Taxus baccata, Sorbus aucuparia, Prunus
Padus und die Espe oder Zitterpappel, Populus
tremula, welche in Lappland bis zur oberen Grenze
der Kiefer geht.
Schweden sehr häufig, oft kleine Gehölze bildend ;
sie erreicht auch ansehnliche Dimensionen (50 —60
Fuss Höhe und 2 Fuss Durchmesser). Höchst
wichtig ist die Espe, weil sie das hauptsächlichste
Material für die schwedischen Zündhölzer liefert,
und welch enorme, stets noch wachsende Menge
hiervon abgesetzt wird, kann man schon ermessen,
wenn man die unzähligen Kisten mit „Tändstickor®
in den Seehäfen liegen sieht. Noch deutlicher geht
das aus der folgenden Uebersicht der Ausfuhr von
Streichhölzern hervor:
1860: Thlr. & 114 Sgr.: 433,745.
1861: , A 311,056.
1862: , 4 294,841.
1863: 457,177.
Die Zitterpappel ist in ganz,
38
1864: Pfund: 1,687,245.
1865: „ 2,229,354.
1866: ,„ 2,958,626.
1867: „ 83,352,652.
1868253021, 0 8/717,908:
1869: „ 4,634,484.
Kehren wir von dieser Abschweifung nach Stock-
holm zurück, so ist ausser dem Etablissement des
Gartenvereins, welches sich jetzt auch im T'hier-
garten befindet, während es von 1838 an bis in
die neueste Zeit in der Stadt lag, noch der Baum-
schule des Experimentalfeldes der landwirthschaft-
lichen Akademie, ca. 5 Stunde von der Stadt, zu
gedenken. Das Experimentalfeld oder die Muster-
farm, wenn man will, steht unter der Leitung des
thätigen, bei allen Deutschen durch sein freund-
liches Entgegenkommen in gutem Andenken stehen-
den Intendanten Juhlin-Dannfelt, des Mannes, der
einen Hauptantheil an dem Zustandekommen und
an dem Arrangement der Gothenburger Ausstellung
hat; die Baumschule aber ist einem tüchtigen Baum-
züchter zur speciellen Leitung übergeben. Sie war
eine der ersten, wenn nicht überhaupt die erste in
Schweden und sollte ihre Hauptaufgabe darin be-
stehen, gute Gehölze einzuführen und zu verbrei-
ten. Jetzt wird sie mehr nur als lohnende Neben-
anlage der Wirthschaft beibehalten, hat aber ihren
ersten Zweck dabei durchaus nicht aus den Augen
verloren. Sie verbreitet noch jetzt viele Bäume
und Sträucher, und sie regulirt vor allen Dingen
die Preise, indem die anderen Baumschulen genö-
thigt werden, zu verhältnissmässig eben so niedrigen
Preisen zu verkaufen. Interessant war hier beson-
ders die reiche Sammlung von Sorbus-Arten und
Varietäten, an deneu überhaupt ja Skandinavien so
reich ist.
Im Allgemeinen sind in Schweden noch wenig
Baumschulen, meist aber ist mit den landwirth-
schaftlichen Lehranstalten eine solche verbunden.
In Ultuna bei Upsala herrscht die schöne Sitte,
dass jeder Zögling 20 Bäume pflanzen muss. Be-
sonders gross ist die Baumschule des landwirth-
schaftlichen Instituts zu Alnarp bei Lund, in wel-
cher früher der jetzige Direktor des pomologischen
Instituts in Geisenheim, Hüttig, thätig war. An
die Volksschulen in Malmöhuslän wurden aus dieser
Baumschule bereits 24,000 Stück Bäume für Schul-
gärten unentgeltlich abgegeben. Im östlichen Schwe-
den scheint man mit der Errichtung von Schulgär-
ten noch nicht so weit gekommen zu sein, wie
denn überhaupt das Ganze erst ein Gedanke der
neuesten Zeit ist.
Lobenswerth ist auf dem Experimentalfelde bei
Stockholm das Streben, die Abhänge der Berge zu
bepflanzen. Die Erde wird 18 Zoll tief umgegra-
39
ben, dann 2—3 Jahre mit Kartoffeln bestellt und
darauf mit Obstbäumen besetzt.
Wenn hier von Bergen die Rede ist, so muss,
um Missverständnissen vorzubeugen, darauf hinge-
wiesen werden, dass eigentlich Berge im südlichen
und mittleren Schweden fast gar nicht vorkommen,
die höchsten sogenannten Berge im südlichen Schwe-
den sind nur 800 Fuss hoch, die meisten nicht
über 400. Das ganze Land mit Ausnahme des
allersüdlichsten Theiles (Schonen) ist aber felsig,
indem sehr häufig die nackten Gesteine (viel Gneis)
zu Tage treten.
Ein eigentliches Gebirgsland findet sich nur in
Norrland, wo dasselbe im nördlichsten Theile, ge-
wissermassen eine Hochebene bildet; ferner in klei-
neren Verhältnissen in Smaland im mittleren Schwe-
den, südlich von Stockholm. Es ist auch eine un-
richtige Vorstellung, wenn man sich denkt, dass
das Kjölen-Gebirge (ein Name, der an Ort und
Stelle fast unbekannt ist) eine eigentliche Grenze
zwischen Schweden und Norwegen bilde. Das
ganze Land steigt vielmehr terrassenartig von der
Ostsee nach dem atlantischen Ocean zu an uud er-
reicht hier in den schroffen Felsgebirgen an den
norwegischen Fjords, seine höchsten Punkte. Nur
in den nördlicheren Theilen kann man wirklich von
einer Grenze durch die Kjölen sprechen.
Ein Ausflug nach Upsala zu der Stätte, wo
Linn€ geweilt, sollte den Aufenthalt in Stockholm
beschliessen. Man fährt am angenehmsten per
Dampfboot auf dem Mälar dorthin, wobei man noch
einmal Gelegenheit hat, die zahlreichen Inseln und
Inselchen des See’s zu betrachten. In der grossen
Domkirche zu Upsala, einer der grössten Kirchen
Schwedens, ist Linn@s Grab. Ein einfacher Lei-
chenstein unter der Orgel an der linken Seite zeigt
die Stelle, während ein Bronze-Relief des berühm-
ten Mannes in einer Seitenkapelle sein Andenken
lebhafter in die Erinnerung bringt. Ich eilte wei-
ter, um noch den alten botanischen Garten zu
sehen, in welchem er thätig war; doch das halb-
mondförmige ehemalige Orangeriegebäude daselbst
ist jetzt Eigenthum der Östgothen, einer studenti-
schen Landsmannschaft. (Die Landsmannschaften
oder Nationen, denen jeder Student beitreten muss,
besitzen alle Häuser, in denen sie ihre Zusammen-
künfte ete. abhalten.)
Das Haus vis-A-vis aber, in welchem Linn@ ge-
lebt, wird jetzt vom Zeichen- und vom Fechtlehrer
der Universität bewohnt und die Studenten sagten
mir, dass es ganz umgebaut sei. Nach Hammarby,
dem etwa eine Meile von Upsala gelegenen Orte
zu gehen, wo Linn namentlich während der Fe-
rienzeit so viel geweilt, fehlte mir aber die Zeit.
Dort soll noch sein Haus ganz so eingerichtet sein,
wie es zu seinen Lebzeiten war, und auch das Audı-
torium oben auf einem Berge mit seinem Stuhl und
den Bänken für die Zuhörer ist noch so erhalten.
Einzelne Reliquien von ihm finden sich auch in
der Privatsammlung von Christian Hammer in By-
ström’s Villa. Seine Sammlungen aber sind be-
kanntlich von seiner Wittwe nach England ver-
kauft worden, und man erzählt, dass, als sie hin-
überbefördert wurden, der König Gustav III., der
zu der Zeit gerade in Italien war, ein Schiff nach-
gesandt habe, um sie noch zurückzuholen — je-
doch vergebens, denn das mit den Schätzen be-
ladene Schiff hatte bereits einen zu grossen Vor-
sprung.
Einige Nachträge
zur Trauerweide, sowie zur Artischocke, resp. Kardone.
Elofgärtner Jäger in Eisenach theilt uns über
die Geschichte der Bepflanzung des Grabes Napo-
leons auf St. Helena noch Einiges mit, was wir
zur Vervollständigung der verschiedenen Angaben
über diesen Gegenstand noch zur Kenntniss brin-
gen wollen. Als im Jahre 1840 der Sarg mit der
Asche Napoleons von St. Helena nach Paris ge-
bracht wurde, hatte ein alter Kammerdiener des
Kaisers einige Zweige eines Baumes, der auf oder
wohl vielmehr an dem Grabe stand, mitgebracht
und vertheilte sie als Trauerweide unter Bekannte
und Freunde. Unter Anderem erhielt auch der
bekannte Botaniker Delessert in Paris, der vor
Kurzem erst gestorben ist, einen Zweig. Deles-
sert fand augenblicklich, dass dieser Zweig nicht
der Trauerweide, sondern einer neuholländischen
Akazie angehöre. Man schloss damals schon hier-
aus und maehte es vielfach in französischen Zei-
tungen bekannt, dass die babylonische Trauerweide
gar nicht auf Helena existirt habe. Hofgärtner
Jäger in Eisenach schreibt uns, dass er damals
in Frankreich sich aufgehalten und sogar sich in
dem Hause Delessert’s befunden habe, als der
Zweig der Acacia, die er für A. vestita erklärt,
von dem Kammerdiener Napoleons I. vertheilt
wurde.
Man braucht nicht den geringsten Zweifel in
diese Mittheilung zu setzen; dass aber die Trauer-
weide damals gar nicht auf St. Helena existirt habe,
geht jedoch nicht im Geringsten aus dieser Mit-
theilung hervor. Warum könnten denn nicht beide
Gehölze zu gleicher Zeit auf St. Helena sein?
Das Vorkommen der Trauerweide vom Jahre 1810
bis in die vierziger Jahre auf genannter Insel ist
amtlich konstatirt, also selbst bestimmter noch fest-
40
gestellt, als die Angabe eines Kammerdieners.
Wahrscheinlich existirt auch Acacia vestita jetzt,
wo nach unserem neuesten Berichte grossartige An-
pflanzungen ganz anderer Art auf St. Helena ge-
schehen sind, nicht mehr daselbst.
Ferner giebt uns Hofgärtner Jäger sehr in-
teressante Mittheilungen in gärtnerischer Hinsicht
über das Verhalten der Kardonen und Artischocken
zu einander und bezweifelt, dass beiderlei Pflanzen
in einander übergehen.
sind nach ihm wesentlich verschieden. Es scheint,
als wenn wir in dem, was wir früher über beide
Pflanzen (S. 382) gesagt haben, uns nicht ganz
deutlich ausgedrückt hätten, so dass Missverständ-
nisse bei den Lesern entstanden sind; es sei uns
deshalb erlaubt, noch einmal auf diesen Gegenstand
zurückzukommen.
Artischocken und Kardonen sind aus einer und
derselben Pflanze, einer Distelart, hervorgegangen
und gehen beide fortwährend, wenn man sie sich
unter günstigen Umständen, wie z. B. Nordafrika
darbietet, ganz überlässt, ziemlich rasch in diese
wilde Form zurück. Sehr tüchtige Botaniker ha- |
ben es bereits für Afrika zunächst bestätigt. Auf
gleiche Weise sind Blaukohl, Kohlrabi und Blu-
menkohl aus einer und derselben wilden Pflanze
(der Brassica oleracea) durch Jahrhunderte uner-
müdlich fortgesetzte Kultur entstanden und gehen,
wie wohl jeder Gärtner sich überzeugt hat, eben-
falls ziemlich rasch in die wilde Pflanze wieder
über. Dass Blaukohl in Kohlrabi und diese in
Blumenkohl übergeht, wird wohl ebenso Niemand
beobachtet haben, als dass aus der Artischocke eine
Kardone geworden ist. Es ist von uns sehr be-
stimmt ausgesprochen worden, dass Jahrhunderte
erforderlich waren, um bei der prinzipiell verschie-
denen Aufgabe der Züchtung und bei der gehöri-
gen Wahl von Samen- oder Mutterpflanzen all-
mählig Artischocke und Kardone in der Vollkom-
menheit entstanden, wie wir sie jetzt haben. Viel-
leicht wäre es möglich, aus einer völlig in die
wilde Form zurückgeschlagenen und in diesem Zu-
stande lange Zeit verharrten Artischocke allmählig
und bei unausgesetzter Beobachtung und strenger
Wahl, gewiss aber erst nach einer sehr langen
Zeit, eine Kardone hervorzurufen! Es wäre dies
aber ein zeitraubendes und zu nichts führendes
Beginnen.
Neu war uns die Mittheilung des Hofgärtners
Jäger, dass es eine Sorte von Kardonen giebt,
welche in der Umgegend von Läon angebaut wird
und durch Samen sich fortpflanzt. Diese Art von
Kardonen und Artischocken |
| tet wird.
Vermehrung ist zwar selten, kommt aber doch dem-
nach vor. Warum sollte dieses aber auch nicht
möglich sein, sobald darauf eine lange Zeit gezüch-
Hat man doch einige in ihren Farben
so sehr wandelbare Stiefmütterchenformen ziemlich
konstant gemacht. Warum sollte es nicht mit den
Kardonen gehen? Es kommt bei der Kultur stets
darauf an, welche Methode früher zum Ziele führt.
Da Samenpflanzen heranzuziehen mehr Zeit bean-
sprucht, als Triebe von der Pflanze abzunehmen,
so zieht man die letztere Art der Vermehrung vor.
Palmen- und andere Sämereien
aus Martinique.
Seit längerer Zeit befindet sich ein deutscher
Gärtner auf der westindischen Insel Martinique und
macht von hier aus Ausflüge in die benachbarten
Länder Mexiko’s, Central- und Südamerika’s, um
Sammlungen von lebenden Pflanzen und von aller-
hand Sämereien für botanische Gärten und Han-
delsgärtnereien anzulegen. Ausserdem ist er im
Stande, von allen auf Martinique kultivirten Pflan-
zen, besonders Palmen und tropischen Fruchtbäu-
men, Samen frisch zu sammeln und zur Verfügung
zu stellen. Liebhabern und Gärtnern in Deutsch-
land, welche dergleichen Sämereien wünschen, ist
er gern bereit, die Samen folgender Palmen um
beistehende Preise zu liefern. Damit diese Samen
aber frisch ankommen und ihre Keimfähigkeit sich
erhalten, ist es nothwendig, die Samen nicht früher
zu sammeln, als sie abgesendet werden können.
Es geht deshalb an alle die, welche darauf reflek-
tiren, die Bitte, ihre Bestellungen rechtzeitig, und
zwar bei dem Herrn Lehrer Behne, Albrecht-
strasse No. 5 in Berlin, zu machen. Derselbe ist
auch bereit, specielle Auskunft zu geben.
Zunächst werden angeboten franco bis zum
nächsten europäischen Hafen:
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Areca oleracea = et HE
Areca Catechu = I: sr
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Thrinax elegans ” 1.1. na Os
Syagrus cocoides y 2 rs
Acrocomia selerocarpa > Dun RUN RG
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91
Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preassischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 6. Berlin, den 10. Februar 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Ludwig Leopold Liebig. Eine biographische Skizze. — Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachsthum des
Weinstocks, der Schweine und der Stiere. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Vereins-Mitglieder.
II. — Samen-Ofterte für
Ludwig Leopold Liebig.
Eine biographische Skizze.
Ludwig Leopold Liebig wurde am 6. Ja-
nuar 1801 zu Schwedt a. O., wo sein Vater einige
städtische Aemter bekleidete, geboren, verbrachte
seine Lehrzeit im dasigen Schlossgarten und wandte
sich in seinem 18. Jahre nach Berlin, um seiner
Militärpflicht als Freiwilliger der Gardejäger zu ge-
nügen. Nach Verlauf seines Dienstjahres trat er
als Gehülfe auf der Pfaueninsel ein, und erwarb
sich dort die besondere Liebe und Achtung des
später als Oberhofgärtner in Charlottenburg ver-
storbenen Fintelmann und dessen Gattin. Hier
lernte er auch seinen langjährigen Freund, den ihm
im vorigen Jahre im Tode vorangegangenen Gustav
Adolf Fintelmann kennen, mit dem er auf Reisen
mehrfach zusammen lebte, so z. B. in München,
Paris und Düsseldorf.
In letzterer Stadt erwarb er sich die Zufrie-
denheit des Garteninspektor Weihe in hohem Grade,
und da zu jener Zeit der Lieutenant Waeber in
Dresden sein bereits in weitverbreitetem Rufe stehen-
des Etablissement in eine Handelsgärtnerei umzu-
wandeln beabsichtigte, schlug Weihe, im Verein
mit Gartendirektor Otto in Berlin, Liebig hierzu
vor. Die Empfehlung scheint gewichtig gewesen
zu sein, denn Waeber wies seinem neuen Ober-
gärtner, ohne ihn gesehen zu haben, 3000 Thlr.
in Cöln an, mit dem Auftrage, Belgien und Eng-
land zu bereisen und dort neue und seltene Pflan-
zen einzukaufen. Liebig verliess im Mai 1832
Cöln und begab sich nach Lüttich, wo er bei Ma-
koy allein für 2500 Frs. kaufte. Nachdem er
Brüssel und Gent besucht, ging er nach England
und Schottland, und kehrte, das Interessanteste,
was er jenseits des Kanals gefunden, mit sich füh-
rend, über Hamburg nach Deutschland zurück.
Wie viel für einzelne Pflanzen ausgegeben wurde,
geht daraus hervor, dass er z. B. Camella candi-
dissima mit 200 Frs., Rhododendron campanulatum
und barbatum mit je 10 Pfd. St. und Telopea spe-
ciosissima mit 12 Pfd. St. bezahlte.
In Dresden brachte er in kurzer Zeit das Wae-
ber’sche Gartenetablissement, welches vorher durch
häufigen Wechsel seiner Obergärtner gelitten hatte,
zu einem für die damalige Zeit bedeutenden Auf-
schwunge. Nach etwa 5 Jahren indess starb W ae-
ber, der Fortbestand des Etablissements kam in
Frage, und das ausgedehnte Grundstück wurde zum
Kauf ausgeboten. Es fand sich indess kein Käu-
fer für das Ganze. Nur dem Rufe der strengen
Rechtlichkeit und seiner gärtnerischen Befähigung
verdankte es Liebig, dass ihm, obgleich er mit-
tellos war, der Theil des Grundstückes, welcher die
eigentliche Gärtnerei enthielt, von den Erben käuf-
lich, fast ohne Anzahlung, überlassen wurde. War
nun das Unternehmen für die damalige Zeit, wo
der Pflanzenhandel noch bei weitem nicht zu der’
Blüthe gelangt war, die er seitdem durch die so
sehr erleichterten Verkehrsverhältnisse erreicht hat,
ein sehr gewagtes, so waren es namentlich zwei
Männer, der Prinz Rohan auf Sichrow und Baron
Hügel in Wien, welche besonders dadurch, dass sie
6
42
manche der vorhandenen grossen und werthvollen
Pflanzen akquirirten, den Anfang erleichterten. So
bezahlte u. A. der Letztere eine grosse Camellia
alba plena am Spalier und eine Araucaria Cun-
ninghamii mit je 300 Thlrn. Kamen auch in der
Folge noch Zeiten schwerer Anfechtung, wie die
Jahre 1848 und 1849, so überwand Liebig’s rast-
loser Fleiss und vor Allem seine stets bewährte
Ehrenhaftigkeit alle Klippen, und sein Name wird
seit Langem in der ganzen Gärtnerwelt mit hoher
Achtung genannt.
Liebig’s Verdienste um die Gartenkultur im
Allgemeinen, sowie besonders um den heutigen
Stand der Gärtnerei in Dresden müssen hoch an-
geschlagen werden. Er und der verstorbene Trau-
gott Jacob Seidel waren die Ersten, welche Ka-
mellien, Azaleen und Rhododendren in grossen
Massen heranzogen, welche durch Einführung und
Erfindung neuer Kulturmethoden den Grund legten
zu der heutigen Blüthe der Gärtnereien Dresdens.
Versendet doch "Dresden seine Kamellien und Aza-
leen durch ganz Mittel- und Nord-Europa, ja über
den Ocean hinüber. Könnten wir Zahlen aufwei-
sen, so würde man staunen über die Dimensionen,
welche dieser Export, durch die Eisenbahnen er-
leichtert, heutigen Tages angenommen hat. Es
würde sich zeigen, dass selbst Gent in Bezug auf
die Menge der Produktion dieser Pflanzen über-
Hügelt ist.
Liebig’s schaffendem Geiste genügte eine be-
ständige Reproduktion des Vorhandenen nicht; es
drängte ihn, das Bestehende zu vervollkommnen.
Mit besonderer Vorliebe und mit Glück betrieb er
die Anzucht neuer Blendlinge aus künstlich be-
fruchtetem Samen. Er war der erste Gärtner auf
dem Kontinent, und blieb lange Zeit der Einzige,
welcher neue Formen von chinesischen (indischen)
Azaleen erzog. Was er darin bis auf die neueste
Zeit geleistet, ist bekannt genug. Es waren be-
sonders die frühblühenden Sorten und die reinen
leuchtenden Farben, welche er zu vervollkommnen
strebte. Seine Züchtungen Blanchard, Ida, Fidelio,
werden von jedem Treibgärtner als die frühesten
geschätzt, und die neueren, von ihm herrührenden
Formen: Hermann Seidel, Dante, Rothkäppchen,
Eduard Barlow, Liebig’s superba werden ihren her-
vorragenden Platz in jeder Sammlung noch lange
behaupten; sie bildeten wiederholt Bestandtheile von
Sammlungen auf Berliner Ausstellungen.
Auch die Hybridisirung anderer Pflanzen be-
trieb Liebig mit Glück und Geschick. Unter
den Eriken, von denen er seiner Zeit über 300
Arten und Spielarten kultivirte, sind die von ihm
gezüchteten E. verticillata Rohani und E. ventri-
cosa rosea elegans so schön, dass man bedauern
muss, diese reizenden Formen nicht mehr in den
Gärten zu finden. Die Vervollkommnung der Epa-
eris durch Samenzucht, dieser so äusserst dankbaren
Blüthensträucher des Kalthauses, liess sich Liebig
bis auf die allerneueste Zeit angelegen sein.
Sein Lilium lancifolum superbum erregte na-
mentlich auch den Beifall des Berliner Vereins zur
Beförderung des Gartenbaues bei Gelegenheit eines
Besuches in Dresden vor ca. 9 Jahren, uad ist
noch heute die brillanteste Spielart dieser Gattung.
Als 1858 die von Linden in den Handel ge-
brachte Begonia Rex Aufsehen erregte, gehörte
Liebig ebenfalls zu den Ersten, welche diese,
wenn auch nur vorübergebend, Epoche machenden
Blattpflanzen durch neue Formen bereicherte.
Die von ihm herrührenden Rhododendron-For-
men zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie
schon als kleine Pflanzen reichlich blühen; es war
die Folge davon, dass Liebig zu seinen Befruch-
tungen stets die leichtblühendsten Sorten verwendet
hatte. Dies sollte besonders in Deutschland, wo
man diese Pflanzen vorzugsweise im Topfe, und
nicht, wie in England und Belgien, im freien Lande
kultivirt, beachtet werden. Besonders zeichnen sich
hier aus: Rh. Gabriele Liebig, Rosamunde, Ru-
dolph, Alexander Potemkin, spectabile. Die wohl-
riechenden Rh. suave und Üomet sind aus Kreu-
zungen des Rh. formosum und Edgworthii hervor-
gegangen.
Die durch die Verschiedenheit und Zierlichkeit
ihrer Formen und Farben sich so sehr auszeich-
nenden neuholländischen Pflanzen kultivirte Liebig
ebenfalls lange Zeit mit grosser Liebe; man kann
sagen, mit Wehmuth entschloss er sich nur allmä-
lig, die Zucht derselben einzuschränken und theil-
weise anfzugeben, als diese Zierden der Gärten
unbegreiflicherweise im Handel keinen Absatz mehr
fanden. Wenn dann und wann englische Gärtner
auf Reisen diese Pflanzen zu Gesicht bekamen, so
staunten sie oft Acacien, Kennedyen, Pultenaeen,
Chorozemen gleich zu vielen Hunderten in Vorrath
zu finden.
Bis zum Herbst vorigen Jahres waltete der
unermüdete Mann in seinem Wirkungskreise, als
ihn im Oktober ein Gehirnschlag traf, von dem er
sich nicht wieder erholte. Er starb am 20. Ja-
nuar d. J., betrauert von Allen, die ihn kannten,
als ein Vorbild in Einfachheit und Redlichkeit, in
Fleiss und Willenskraft.
43
Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachs-
thum des Weinstocks, der Schweine und der
Stiere.
Unter Ueberreichung einer Druckschrift, ver-
fasst vom General A. J. Pleasonton: „Einfluss
der blauen Farbe des Himmels auf die Entwicke-
lung des animalischen und thierischen Lebens“
wurde in der Sitzung der Pariser Akademie der
Wissenschaften vom 20. November a. p. naclıstehen-
der wunderbarer Brief von A. Po&y an Elie de
Beaumont verlesen:
„Der General Pleasonton hat seit dem Jahre
1861 sich sehr interessanten Versuchen über den
Einfluss der von violett gefärbten Gläsern durch-
gelassenen Sonnenstrahlen auf die Entwickelung der
Pflanzen und Thiere gewidmet. Im April 1861
wurden von 30 verschiedenen Traubensorten ein-
jährige Stecklinge von etwa 7 Mm. Dicke in ein
Gewächshaus mit violetten Glasfenstern gepflanzt.
Bereits nach wenigen Wochen waren die Mauern
bis zur Decke mit Blättern und Zweigen bedeckt.
Im September desselben Jahres besichtigte Robert
Buist die Weinstöcke des Generals und gestand,
„„dass er während der seit einer Reihe von 40
Jahren in England und Schottland in der Kultur
des Weinstocks und anderer Pflanzen gesammelten
Erfahrungen niemals ein gleich wunderbares Wachs-
thum gesehen habe.“ «
„Die Weinstöcke des Generals waren nur erst
5 Monate gewachsen und besassen trotzdem schon
eine Länge von 45 Fuss und am Boden eine Dicke
von 1 Zoll. Im September des nächsten Jahres
zur Zeit als die Weinbeeren sich zu färben und
zu reifen begannen, kam R. Buist wieder zum
Besuch und schätzte den Ertrag der Stöcke an
Trauben auf 1200 Pfund. General Pleasonton
bemerkt, dass ein aus einem jungen Triebe ent-
standener Weinstock 5—6 Jahre gebraucht, um
eine einzige Beere zu erzeugen, während diese
Weinstöcke unter der Wirkung der violetten Licht-
strahlen schon vom zweiten Jahre an einen so be-
merkenswerthen Ertrag hätten geben können. Schon
im Jahre 1863 gaben die Stöcke etwa 10 Tonnen
(20,000 Pfd.) Trauben, frei von aller Krankheit.
Einige Weinzüchter hatten gleich anfangs behaup-
tet, dass diese Stöcke sich schnell durch eine so
überreiche Produktion erschöpfen würden; — aber
sie haben seit 9 Jahren fortgefahren, dieselben Er-
träge zu liefern neben einem nicht minder ausser-
ordentlichen Triebe von Holz und Belaubung.
„Durch diesen Erfolg ermuthigt, hat der Ge-
neral ähnliche Versuche mit Schweinen angestellt.
Am 3. November 1869 brachte er 3 kleine weib-
liche Schweine und einen Eber in einen Raum,
dessen Dach aus violetten Gläsern bestand, ein
gleiches Loos von Schweinen in einen Raum mit
weissen Gläsern. Die 8 Schweine waren im Durch-
schnitt 2 Monate alt, das erste Loos wog im Gan-
zen 1675, das zweite 203 Pfd. Sie wurden durch
dieselbe Person verpflegt, mit demselben Futter in
ähnlicher Menge und Güte und zu denselben Ta-
gesstunden versehen. Am 4. Mai 1871 wurden
die 6 weiblichen Schweine gewogen, und man er-
hielt folgendes Ergebniss:
Im violetten Licht. Im weissen Licht,
3. November 1869 1227 Prfd: 144 Pfd.
4. Mai 1870 . DO, 530-2 5
Zunahme 398 Pfd. 336 Pfd.
„Der Vergleich der beiden Eber lieferte ein
entsprechendes Ergebniss.
„Ein junger Alderneystier, geboren am 26. Ja-
nuar 1870, der so schwächlich war, dass es schien,
er werde nicht aufgezogen werden können, wurde
gleichfalls der Einwirkung der violetten Lichtstrah-
len ausgesetzt. Schon nach 24 Stunden war eine
merkbare Veränderung eingetreten; das Thier wurde
am 31. März und am 20. Mai gemessen und war
innerhalb dieser 50 Tage 5 Zoll grösser geworden.
Am 1. April war der Stier, 14 Monate alt, einer
der schönsten seiner Art geworden.
„Man sieht, dass General Pleasonton, ohne
die Untersuchungen zu kennen, welche von Robert
Hunt unter der Patronage der britischen Gesell-
schaft zur Beförderung der Wissenschaften von
1840— 1347 ausgeführt sind, zu denselben prakti-
schen Schlüssen gekommen ist, wie jener Gelehrte.
In meinem ersten Berichte, welchen ich im Jahre
1869 an das Agrikultural-Departement (landwirth-
schaftliche Abtheilung) zu Washington über den
„Einfluss der klimatischen, atmosphärischen und
terrestrischen Agentien in der Landwirthschaft“ er-
stattet habe, habe ich alle Arbeiten beleuchtet,
welche mit Bezug auf die Wirkung des Lichtes
auf die Pflanzen ausgeführt worden sind. Mehre
Stellen aus Hunt’s Arbeiten bestätigen die Erfah-
rungen des Generals Pleasonton; man findet da-
selbst z. B., dass, wenn die jungen Pflanzen im
blauen Lichte vegetiren, sie eine Kraftfülle und
ein äusseres Ansehen annehmen, welches demjeni-
gen von Pflanzen sehr überlegen ist, die in anders
farbigen oder in weissem Lichte vegetiren; daher’
empfiehlt er den Gebrauch blauer Mittel bei der
Pflanzung von Stecklingen, weil sie die Entwicke-
lung der Bewurzelung befördern. Ohne Kenntniss
der Ursache haben einzelne Gärtner die blauen
Kobaltgläser mit Erfolg benutzt. Man weiss übri-
gens seit Messe, Ingenhouss, Senebier,
6*
44
Michellotti und Anderen, dass die leuchtenden
Strahlen (des Sonnenspektrums) dem Keimen schäd-
lich sind, während dasselbe von den chemischen
Strahlen erheblich gefördert wird. Es sind beson-
ders die violetten Strahlen, deren der General sich
bedient hat, welche unter allen Strahlen des Son-
nenspektrums den kräftigsten chemischen Einfluss
ausüben. Was die Anwendung dieser Methode auf
die Entwickelung der T'hiere betrifft, so habe ich
niemals eine Erfahrung darüber gefunden.“
Da sich in der gelehrten Körperschaft der Pa-
rıser Akademie — wie wenigstens der in den
Comptes rendus vorliegende Bericht ergiebt —
Niemand gefunden hat, der zu der vorstehenden
Mittheilung etwas zu bemerken gehabt hätte, so
dürfen wir es nicht unterlassen, näher darauf ein-
zugehen.
Wir haben im Jahrgange 1865 des Wochen-
blattes der Annalen, No. 28, eine Darstellung‘ der
Ergebnisse der Untersuchungen über die Wirkung
des farbigen Lichtes auf die Pflanzen veröffentlicht,
indem wir die bis dahin erlangten Resultate zu-
sammenfassten, die auch heute noch als richtig all-
seitig anerkannt werden, aber mit den vorstehenden
Mittheilungen in vielfachem Widerspruch stehen.
(Vergl. auch den Vortrag des Dr. Cohn: „Ueber
den Einfluss des Lichtes auf das Pflanzenwachs-
thum“ im Wochenblatte der Annalen von 1871,
No. 50 u. 51.)
Aus allen bisherigen Versuchen ergiebt sich,
dass die rothen, orange und gelben Strahlen die
Kohlensäure fast eben so kräftig zersetzen, als das
weisse Licht, also Material für den Aufbau der
Pflanze schaffen; blau und violett wirken dagegen
nur schwach Kohlensäure zersetzend.. Die Ent-
wickelung der oberirdischen Pflanzentheile findet
nach dem Hervortreten der Keimstengel über die
Erde immer schneller und stärker statt im orangen
als im blauen Lichte. Haben die jungen Pflanzen
ihre Reservestoffe aufgezehrt, so entwickeln sie sich
im blauen Lichte nicht weiter, genau so, wie es
bei Ausschluss alles Lichtes der Fall ist. Krüm-
mung der Pflanzen tritt im orangen Lichte nie-
mals ein, wohl aber im blauen Lichte.
Diese von Sebastian Poggoli, Guillemin,
Jul. Sachs und Anderen gemachten Beobachtun-
gen stehen im direkten Widerspruch mit den an-
geblichen Beobachtungen des Generals Pleason-
ton, die ausserdem in den Angaben über die wahr-
haft wunderbaren Wirkungen, welche das violette
Licht gehabt haben soll, so viel Unwahrscheinliches
enthalten, dass es vor der Hand gerathen erschei-
nen dürfte, der Mittheilung nicht allzu grossen
Werth beizulegen. Wenn Pöey am Schluss seiner
Mittheilung zur Bestätigung darauf verweist, dass
es längst und allgemein bekannt sei, wie die leuch-
tenden Strahlen nachtheilig für die Keimung sind,
so vergisst er ganz und gar, dass die physiologi-
schen Vorgänge bei letzterer und bei dem späteren
Wachsthum ganz verschiedener Art sind. Kurz
lassen sie sich dahin kennzeichnen, dass bei der
Keimung schon vorhandene organische Stoffe nur
umgeformt werden, bei dem Wachsthum aber aus
anorganischen organische neu gebildet werden
müssen.
Die Versuche mit den Thieren sind nicht der
Art, dass sie eine Diskussion erfordern.
In der Sitzung der Pariser Akademie am 18. De-
zember v. J. wurde von P. Bert eine Arbeit über
den Einfluss verschiedener Farben auf das Wachs-
thum der Pflanzen vorgelegt (Compt. rend. Bd. 73
No. 25), deren Ergebnisse keineswegs für die Rich-
tigkeit der Erfahrungen des Generals Pleasonton
sprechen. Derselbe hatte Pflanzen aus 25 ver-
schiedenen Familien verschiedenen Lichtstrahlen
ausgesetzt und glaubt, aus den gemachten Beob-
achtungen den Schluss ziehen zu dürfen, „dass alle
Farben, jede für sich genommen, für das Wachs-
thum schädlich sind; dass aber ihre Vereinigung
in denjenigen Verhältnissen, wie sie das weisse
Licht erzeugen, für die Gesundheit der Pflanzen
nothwendig ist.“
Wir können dieser Auffassung nur beistimmen.
C. Filly.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pfianzenkunde.
Ir
In England hat man Abutilon-Kreuzungen ge-
macht, indem man die Blüthen des Abutilon vexil-
larrum mit dem Blumenstaube des buntblätterigen
A. Thompsoni befruchtete. Während sonst, wenig-
stens bei den meisten in Kultur befindlichen Pflan-
zen, die männliche Pflanze hauptsächlich auf die
Farbe einwirkt, ist hier das Gegentheil der Fall
gewesen: von den 4 erhaltenen Blendlingen hat
nur ein einziger auf den Blättern an einzelnen
Stellen eine schwache grünlich-gelbliche Färbung
gezeigt, bei den anderen sind die Blätter durchaus
grün geblieben.
Diese Thatsache ist um so interessanter, als
auch sie bestätigt, dass buntblätterige Pflanzen, zu
Kreuzungen gebraucht, nur selten buntblätterige
Blendlinge hervorbringen.. Der Verfasser der Mit-
theilungen über die Kreuzu ngsversuche, Anderson
Henry, ist in diesem speciellen Falle der Ansicht,
45
dass die Erscheinung des Buntblätterigen ebenfalls,
wenigstens zum grossen Theil, in Folge eines un-
gesunden Zustandes oder einer schlechten Säfte-
mischung der Pflanze entstanden sei. Dagegen
spricht jedoch, dass das buntblätterige Abutilon
Thompsoni keineswegs das Ansehen eines schwäch-
lichen Gehölzes hat, wie es bei anderen buntblätte-
rigen Pflanzen der Fall ist, sondern im Gegentheil
ein kräftiges Wachsthum zeigt. Dieses kräftige
Wachsthum des Abutilon Thompsoni ist auch die
Ursache, dass es wenigstens in England viel im
Freien verwendet wird. Sehr hübsch soll sich un-
ter Anderem der buntblätterige Blüthenstrauch zwi-
schen Koniferen ausnehmen.
Zis ist neuerdings den Ursachen des Buntblätte-
rigen, d. h. der eigentlichen Panachirung (nicht des
ursprünglichen und natürlichen Buntseins), ausser-
dem aber noch vielfach nachgeforscht worden, ohne
irgend aber zu einem Resultate gekommen zu sein.
Man hat dabei die Ueberzeugung gewonnen, dass
die Ursachen des Buntseins noch mannigfaltiger
sind, als man bisher glaubte. So sind z. B. zwei
Fälle in England vorhanden, die: sich einander zu
widersprechen scheinen. Bei einer Douglas-Tanne
kommen nämlich im Frühjahre die jungen Triebe
fast ganz weiss heraus und beginnen einige Monate
später allmälig von unten nach oben grün zu wer-
den, so dass am Schlusse Septembers sämmtliche
Blätter diese Farbe angenommen haben.
Umgekehrt befindet sich in einer anderen An-
lage eine Eiche, deren Blätter im ersten Frühjahre
im schönsten Grün prangen, wie aber der Hoch-
sommer herankommt und neue Triebe entstehen,
haben an diesen die Blätter eine weisse Farbe.
Der Anblick dieser Eiche im Herbste soll ganz
eigenthümlich, wenn auch nicht gerade schön sein,
da das einzelne Weiss zwischen dem Grün sich
nicht gut ausnimmt und auch nicht massig genug
ist, um einen Total-Eindruck hervorzurufen. Da-
gegen nimmt sich die Douglas-Tanne im Frühjahr
und im Sommer in ihrem weissen Glanze bis zu
ihrer Umwandlung sehr gut aus.
Im nächsten Jahre wird die Königliche Garten-
baugesellschaft in London ihre grosse Provinzial-
Ausstellung in Birmingham abhalten. Die früheren
in Manchester, in Oxford und namentlich in diesem
‚Jahre in Nottingham, haben so bedeutende Erfolge
gehabt, dass es im Interesse der Gesammt-Gärtne-
rei wünschenswerth ist, dass dergleichen provinzielle
Ausstellungen im grossartigen Maassstabe im Innern
des Landes tortgesetzt werden.
Dergleichen Unternehmungen werden in Eng-
land wesentlich durch Gemeinsinn unterstützt. Kein
Volk macht, wenn es das allgemeine Beste betrifft,
so viel Anstrengungen, als das englische. Während
es bei uns nicht selten bei dergleichen gemeinnützi-
gen Unternehmungen an opferfreudigen Männern
fehlt, finden sich dergleichen in England immer
vor, obgleich weder pekuniäre noch andere Vor-
theile, wie bisweilen bei uns, damit verbunden sind.
Kaum wurde der Beschluss gefasst, dass im
nächsten Jahre die grosse Provinzial-Ausstellung
von Pflanzen u. s. w. in Birmingham sein soll, so
traten auch schon eine Reihe einflussreicher Männer
von freien Stücken zusammen, um die Angelegen-
heit in die Hand zu nehmen. Und fortwährend
melden sich Männer der Geburts- und Geldaristo-
kratie, welche ihren Beistand, resp. auch ihr Geld
anbieten. Eine Sammlnng von Geldmitteln, aus
denen man besondere Preise noch zur Verfügung
stellen soll, hat begonnen.
Der Referent in dieser Angelegenheit in Gar-
dener’s Chronicle macht darauf aufmerksam, dass
man sich keineswegs mit der Ausstellung als solche
allein genügen lassen solle, man müsse daran denken,
sie noch auf eine andere Weise für Gärtner und
Laien mehr nutzbar zu machen, als es bisher der
Fall gewesen. Nach ihm genügt es nicht, dass die
neuesten Pflanzen und die vorzüglichsten Schau-
Exemplare vorgeführt werden, Gärtner und Lieb-
haber müssen auch Gelegenheit haben, sich unter
einander kennen zu lernen, und durch gegenseitige
Mittheilungen ihre Kenntnisse zu vermehren. Ein
steifes Banquet, wie es leider nur zu oft abgehal-
ten worden, gebe nur selten Veranlassung zu ge-
genseitigen Bekanntschaften. Dazu gehöre ein un-
gezwungenes Zusammenleben in einem Lokal, wo
zu bestimmten Stunden, am besten des Abends,
Gärtner und Laien sich ohne alle Etikette einfin-
den und mit einander verkehren.
Zins unserer schlimmsten Unkräuter, zum Glück
weniger in Gärten, als unter dem Getreide, ist die
Ackerdistel. Es ist nur gut, dass sie wenigstens
einen Nutzen hat, der in den Dörfern, wo man
sich mit Gänsezucht beschäftigt, auch hinlänglich
ausgebeutet wird: die Ackerdistel ist nämlich ein
vorzügliches Nahrungsmittel für Gänse und trägt
zu deren Gewichtszunahme wesentlich bei. Leider
vermehrt sich aber die Ackerdistel so rasch, dass
sie, irgendwo eingenistet, kaum wieder ausgerottet
werden kann. Sie macht unterirdische, oft tief-
gehende Stolonen, von denen der kleinste Theil
schon im Stande ist, wiederum eine ganze Pflanze
hervorzubringen. z
Obwohl das unverwüstliche Wachsthum der
Ackerdistel diesseits und jenseits des Kanales hin-
länglich bekannt ist, so wollte doch ein Engländer
die Verhältnisse ihres Wachsthums ganz genau ken-
nen lernen und pflanzte deshalb ein Exemplar in
seinen Garten. Dazu nahm er ein 2 Zoll langes
46
Stück eines solchen Stolo. Es geschah dieses im
April, und im November wog bereits der unter-
irdische Theil der Pflanze allein nicht weniger als
4 Pfund. Dabei hatte die Pflanze Stengel von
5 Fuss Höhe getrieben. Ein unterirdischer Stolo
besass sogar 8 Fuss Länge. Trotz aller Mühe,
die sich der Engländer, nachdem er seine Versuche
abgeschlossen hatte, schliesslich gab, die Pflanze
nun auch wiederum aus seinem Garten fortzuschaf-
fen, ist es ihm nicht gelungen. Im anderen Früh-
jahre hatte er wiederum 40—60 junge Pflanzen.
Es möchte wohl Jahre lange unausgesetzte Auf-
merksamkeit dazu gehören, das Unkraut vollstän-
dig wieder auszurotten.
In England wird eine Fuchsie für das freie
Land empfohlen. Sie führt den Namen Fuchsia
Riccartori und gehört zu den besten Herbst-
blühern. Seit 11 Jahren befinden sich 20 Pflanzen
im freien Grund und Boden einer Obstbaum-Ra-
batte, ohne dass sie selbst in den härtesten Win-
tern nur einigermassen geschützt worden wären.
Man hatte in dieser Zeit die interessante Beob-
achtung gemacht, dass, wenn man den Boden
rings um die Pflanze während der Winterzeit etwas
mit Laub deckte, die Blüthen frübzeitiger zum
Vorschein kamen, als es sonst der Fall war.
Die einzelnen Exemplare hatten in der Zeit
von 11 Jahren eine bedeutende Höhe erhalten und
sich nach allen Seiten reichlich verästelt. Ihr
Durchmesser betrug nicht weniger als 6—8 Fuss.
Uns ist diese Fuchsia Riccartori völlig unbekannt;
sie scheint aber zu den grossblühenden zu gehö-
ren. Dass einige Fuchsien, deren Vaterland Chili
und selbst das noch südlichere Patagonien ist, nicht
sehr empfindlich gegen Kälte sind, wusste man
früher mehr als jetzt. Die alte Fuchsia coccinea
sowie die jetzt sie vertretende F. patagonica, ertra-
gen in ihrem Vaterlande mehre Grad Kälte; frei-
lich sind sie dann meist schon frühzeitig im Jahre
mit Schnee bedeckt. Vor 30 und 40 Jahren waren
beide Blüthensträucher in kleinen Städten Thürin-
gens und Sachsens sehr verbreitet. Den Winter
über wurden sie gewöhnlich in den Keller oder
an irgend einen einigermassen frostfreien und ge-
schlossenen Raum gesteckt, ohne dass man sich in
der Zeit bis zum Frühjahre sonst weiter um sie
bekümmerte.
Die Fuchsien sind wegen ihres Blüthenreich-
thums, der schon zeitig im Sommer beginnen kann
und andauert bis der Frost kommt, für das freie
Land nicht genug zu empfehlen. Hochstämmig
herangezogen und mit anderen Blüthensträuchern
nehmen sie sich abwechselnd oder in Form von unten
an verästelten Sträuchern in Boskets, besonders aber
zwischen dunkellaubigem Nadelholz, vorzüglich aus
und geben dem Garten etwas Fremdartiges. In
früheren Zeiten wurden sie für den Park bei Wei-
mar zu hohen Sträuchern herangezogen und zu
Gruppen, welche mit anderen, besonders Gruppen
aus hochgezogenen Scharlach-Pelargonien bestehend,
abwechselten.
Ihr Gebrauch ferner zu Ampeln ist bekannt
und in Säulengängen, in Fluren, an den Fen-
stern u. 8. w. nicht genug zu empfehlen. Wir
sahen vor mehrern Jahren dergleichen Ampeln an
einzeln stehenden Platanen und Eichen angebracht.
Diese Bäume standen unweit des Ausganges, aber
mehr seitlich vom Hause in einem zwar landschaft-
lich gehaltenen, aber doch mit einem sehr reichen
Pleasureground versehenen Garten und boten unter
ihrem dichten Laubdache den Bewohnern des Hau-
ses, besonders des Nachmittags und des Abends,
einen angenehmen Aufenthalt dar. Welchen rei-
zenden Anblick die in grösserer Anzahl vorhande-
nen Fuchsien-Ampeln, von den fast horizontal ab-
stehenden Hauptästen herunterhängend, machten,
kann man sich gar nicht denken.
In dem letzten Allerlei des vorigen Jahrganges
haben wir (S. 406) auf die in der letzten Zeit in
grösserer Anzahl erschienenen gärtnerischen An-
zeigeblätter aufmerksam gemacht und auch der in
Berlin erscheinenden deutschen Reichs-Öffertenzei-
tung, verlegt und herausgegeben von Klar und Thiele,
gedacht. Diese hat jetzt insofern eine Erweite-
rung erhalten, als sie das Beiblatt einer rein gärt-
nerischen Zeitschrift, welche den Namen „Berliner
Blätter für Gärtnerei und Landwirthschaft“ führt,
und zu gleicher Zeit auch nur ein Mal im Monat
ausgegeben wird, bildet. Das Abonnement auf
diese beiden Zeitschriften ist der Jahrgang 13 Thlr.
Die erste Nummer liegt uns vor, erlaubt aber
noch kein Urtheil. Die beiden darin enthaltenen
Aufsätze: „Die gegenseitigen Beziehungen zwischen
der Handels- und Privatgärtnerei“, und „praktische
Anwendung der Witterungskunde in der Gärtnerei
und Landwirthschaft“, sind zwar fern davon, auf
Wissenschaftlichkeit Anspruch zu machen, werden
aber doch zur weiteren Ausbildung des nicht auf
besonders höhere Bildung Anspruch machenden
Gärtners, besonders auf dem Lande, beitragen. Für
diese ist die Sprache und Ausdrucksweise ver-
ständlich.
Unter dem Namen „Deutsches Gärtner-Vereins-
Blatt, Organ sämmtlicher Gärtner-Vereine Deutsch-
lands“ giebt seit dem 1. Januar der Baumgärtner
Graebner im pomologischen Institut zu Ringel-
heim eine Zeitschrift heraus, welche alle Monate
in einem halben Bogen erscheiuen soll. Der Preis
für 6 Druckbogen im Jahre beträgt 15 Sgr. und
ist dieser Betrag im Voraus zu zahlen. Wenn
47
wir den Prospekt recht verstehen, so soll dieses
Blatt insofern ein Organ für kleinere Gartenbau-
und Gärtner-Vereine sein, als diese ihre Verhand-
lungen hier unentgeltlich gedruckt erhalten können.
Es wäre hiermit ein Mittel geboten, dass viele der-
gleichen Vereine sich ihre geringen Einnahmen, die
siesonst durch den Druck ihrer leider zum grossen
Theil werthlosen Verhandlungen fast verausgaben,
erhalten und zu besseren Zwecken verwenden
können.
Ein solches Blatt, wie der Herausgeber des
deutschen Gärtner- Vereins-Blattes im Auge hat,
könnte wohl, wenn es allseitig benutzt und gut
redigirt würde, manche Vortheile bieten. Die klei-
neren Vereine sparten, wie gesagt, nicht allein die
Druckkosten ihrer Verhandlungen, sondern es käme
auch das Gute aus ihnen zur weiteren Kenntniss von
Pflanzen- und Blumenliebhabern. Es würden ausser-
dem die zerstreut durch ganz Deutschland existi-
renden und sonst meist völlig unbekannten Vereine
bekannter und kämen mit einander mehr in Be-
rührung. Es könnte schliesslich sich ein Austausch
der Gedanken entwickeln, freilich müssten — wie
bereits angedeutet — dergleichen Verhandlungen
durch die Redaktion sehr gesichtet werden, denn
was bisweilen — man verzeihe uns den Ausdruck
— für Unsinn dabei zu Tage gefördert wird, wird
der, der sich einigermassen damit vertraut gemacht
hat, beurtheilen können. Die Eitelkeit, seinen Na-
men und seine Weisheit gedruckt zu sehen, über-
windet bei vielen Menschen die Gefahr, sich be-
lächelt zu sehen.
Wenn wir uns auch keineswegs gegen eine
solche Zeitschrift für kleinere Gärtnervereine aus-
sprechen, so würden wir doch vorziehen, dass klei-
nere und grössere Gartenbauvereine das Wichtigste
und Interessanteste aus ihren Verhandlungen in
ihren Lokalblättern abdruckten, damit es hier zu-
nächst zur weiteren Kenntniss des Pflanzen und
Blumen liebenden Publikums des Ortes, wo der
Verein seinen Sitz hat, gelangte. Da dergleichen
Gegenstände in der Regel lokale Bedeutung haben,
so ist eine weitere Verbreitung meist werthlos.
Wir erwähnen schliesslich noch, dass die deutsche
Gartenzeitung in Erfurt aus Mangel an Theilneh-
mern eingegangen ist. Erfurt, dieser besonders für
Samenbau wichtige Ort, hat damit kein Organ
mehr. Leider war aber auch die deutsche Garten-
zeitung nicht das, was sie hätte sein sollen, wenn
sie ihre Aufgabe erfüllt hätte. Sie wollte die In-
teressen aller deutschen Gärtner vertreten und ver-
lor damit das Naheliegende, die Vertretung der In-
teressen der wichtigen und eines Vertreters wohl
würdigen Erfurter Gärtnerei aus dem Auge. Be-
durften ihrer auch nicht die grossen und bekannten
Gärtnereien Erfurt’s, da deren Ruf an und für sich
schon weithin, selbst in überseeische Länder, sich
erstreckt, so wäre es doch für die kleineren, sowie
für das Ganze, gut gewesen, wenn z. B. nur über
bestimmte Kulturen von Florblumen, Gemüsen etc.
Nachricht gegeben worden wäre, wenn man bis-
weilen die geschichtliche Vervollkommnung der
einen oder anderen in Erfurt besonders gezüchteten
Florblume darin gefunden hätte. Erfurt bietet so
viel Interessantes das ganze Jahr hindurch dar,
dass es vollständig eine Gartenzeitung auszufüllen
im Stande gewesen wäre.
In Metz haben Simon Louis freöres, die be-
kannten Besitzer einer der grössten Baumschulen,
ebenfalls.mit Anfang dieses Jahres eine neue Zeit-
schrift herausgegeben. Diese Zeitschrift hat einen
ganz speciellen Zweck für einen bestimmten Theil
der Gesammt-Gärtnerei, nämlich für Baumkunde im
weiteren Sinne, d. h. einschliesslich die Pomologie.
Zeitschriften pomologischen Inhalts haben wir be-
reits in Deutschland, Frankreich, England u. s. w.
zur Genüge, dagegen fehlt uns eine Zeitschrift
speciell für Dendrologie. Die im Freien bei uns
aushaltenden Gehölze haben jetzt, wo Verschöne-
rungen allenthalben vorgenommen werden, selbst
kleine Städte, wenigstens in Deutschland, ihre Ver-
schönerungs-Vereine besitzen, eine solche Bedeutung
erhalten, dass es wohl noth thut, dass für sie ein
besonderes Organ geschaffen wird. Es kommt auch
die immer noch wachsende grosse Anzahl von Ge-
hölzen dazu. Wir wünschen nur, dass eben des-
halb die Herausgeber der „Revue de l’arboriculture*,
wie diese Zeitschrift sich nennt, vorzugsweise auf
diesem Gegenstande der speciellen Gehölzkunde, der
Pomologie aber in geringerem Grade ihre Aufmerk-
samkeit widmeten. Bei dem grossen Material an
Gehölzen, was den Herausgebern zur Verfügung
steht und bei den Anstrengungen derselben, fort-
während alles Neue zu erlangen, möchten auch
nur Wenige im Stande sein, ein solches Journal
herauszugeben, wie sie.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht ver-
säumen, auf ein pomologisches Werk wiederum auf-
merksam zu machen, was wir früher mehrmals
schon in der Wochenschrift anerkennend besprochen
haben. Es ist dieses „le Verger“, d. i. der Obst-
garten, herausgegeben von Mas, eine Sammlung
unserer Obstfrüchte in kolorirten Abbildungen und
vorzüglichen Beschreibungen. In der letzten Hin- °
sicht schliesst sich dieses vorzügliche Werk unserem
illustrirten Handbuche von Oberdieck, Jahn und
Lucas an und hat dieselbe Bedeutung für Frank-
reich, wie dieses für Deutschland.
Es wurde im Jahre 1865 begonnen und bis
zum Jahre 1870 fortgesetzt. Da brach der für
48
Frankreich so unheilvoll gewordene Krieg aus und
mit vielem Anderen wurde auch das Erscheinen des
Mas’schen Verger unterbrochen. Sechs Jahrgänge
sind erschienen und jeder ist noch zu 25 Francs
(63 Thlr.) zu beziehen. Wie wir vernommen ha-
ben, wird jetzt wieder eifrig daran gearbeitet, da-
mit das vorzügliche Werk schliesslich zu Ende ge-
führt wird. Es erscheinen noch 4 Jahrgänge oder
Bände, so dass mit dem Jahre 1875 das Ganze
ein Abgeschlossnes bildet.
In einer Versammlung der Akademie der Na-
turwissenschaften in Philadelphia übergab Meehan
eine männliche und eine weibliche Pflanze der Cuphea
leiantha, die beide von Stecklingen eines und des-
selben Exemplares hervorgegangen waren. Dieses
Beispiel würde darauf hindeuten, dass das Geschlecht
bei den Pflanzen bei der Entwickelung erst sehr |
spät zum Ausdruck kommt. Cuphea leiantha ge-
hört allerdings zu den Pflanzen, welche durch Ver-
kümmerung diöcisch werden. Es wäre demnach
auch die Frage zu beantworten, ob auch bei ächt
diöcischen Pflanzen, wo männliche und weibliche
Blüthen sich wesentlich von einander unterscheiden,
wie z. B. bei Weiden, Pappeln, Atriplex u. s. w.
ebenfalls dergleichen Fälle vorkommen, wo die
Stecklinge eines und desselben Exemplars weiblich
und männlich werden können ?
Dass polygamische Pflanzen, wie Ahorn, einmal |
zahlreiche fruchtbare und dann in einem anderen
Jahre zahlreiche unfruchtbare Blüthen hervorbrin-
gen können, davon haben wir uns mehrmals über-
zeugt. In der Landesbaumschule zu Alt-Geltow
bei Potsdam befanden sich früher Exemplare des
Acer obtusatum und neapolitanum, welche bisweilen
nur fruchtbare Blüthen trugen und deshalb im
Herbste dicht mit Früchten beladen waren, wäh-
rend man dann mehre Jahre hintereinander nur
männliche Blüthen fand, so dass sich im Herbste
auch nicht die Spur von Früchten zeigte.
Auf der Halbinsel Yucatan (Mexico) existiren
sehr viele unterirdische Gewässer, Wenn diese
völlig von der äusseren Luft abgesperrt sind, so
fehlt auf und an ihnen alle Vegetation, hat aber
die Luft und vielleicht auch das Licht etwas Zu-
tritt, so soll sich an den Rändern der eingeschlosse-
nen Teiche, wie auch in den Felsenklüften, bis-
weilen eine üppige Pflanzenwelt entwickeln. Ganz
besonders sind es Farne, welche hier gedeihen.
Eigenthümlich ist das Vorkommen einer Vanille
in diesen unterirdischen Räumen. Ihre Früchte
sind so geschätzt, dass sie in Valladolid zu Markte
gebracht, für ziemlich hohe Preise verkauft werden.
Während sonst zur Erreichung eines feinen Aro-
ma’s bei unseren Früchten Sonnenlicht gehört und
jene, wo dieses fehlt, weniger schmackhaft sind,
wird hier in den vom Lichte mehr oder weniger
abgesperrten Höhlen gerade bei fast völliger Ent-
ziehung des Lichtes ein sehr feines Aroma erzeugt.
Allerdings scheint die Vanillen-Pflanze selbst nicht
direktes Sonnenlicht zu lieben, da auch sie in schat-
tigen Wäldern wächst.
Im Florist und Pomologist wird wiederum auf
eine Wasserrose aufmerksam gemacht, welche früher
wo die Liebhaberei für derlei Blumen bei uns
grösser war, wie jetzt, mannigfach kultivirt wurde,
meist aber im Gewächshause, obwohl sie im Freien
sehr gut aushält. Es ist dies eine der kleinen Ar-
ten, welche in den Vereinigten Staaten Nordame-
rika’s die grosse Verbreitung von Kanada im Nor-
den bis Karolina im Süden besitzen und wegen
ihrer Schönheit, fast noch mehr wegen ihres an-
genehmen Geruches, nicht genug und zwar zur
Kultur im Freien, empfohlen werden können. Es
ist dieses Nymphaea odorata Ait.
Im Freien bleibt sie in der Regel kleiner und
ihre rundlichen Blätter haben kaum mehr als 2 Zoll
im Durchmesser, während diese im Gewächshause
meist den doppelten Durchmesser besitzen. Ihre
Unterfläche hat ein rothbraunes Ansehen, während
die Oberfläche glänzend und gesättigt grün er-
scheint. Sie kommen aus einem verhältnissmässig
sehr dicken Wurzelstock hervor. Die Blüthen ha-
ben eine weisse Farbe; es giebt aber auch eine
Abart, wo diese rosaroth gefärbt sind.
Hat man im Garten einen Teich oder sonst
ein grosses Bassin zur Verfügung, so thut man
am besten, die Pflanze nahe am Rande in eine
Tiefe von nur 6-—-9 Zoll einzusenken und den
Raum von unten bis dahin mit losen Felsstücken
auszufüllen. Es ist auch gut, wenn man mit Stei-
nen einen besonderen Raum in der Weise für die
Wasserrose absperrt, dass das Wasser stets hin- und
herfluthen kann. Gewöhnlich beginnt die Blüthen-
| flor dieser reizenden Wasserrose im Monat Juli und
dauert den ganzen August hindurch.
Samen-Offerte für Vereins-Nitglieder.
Wie alljährlich sind auch in diesem Jahre in
dem Versuchsgarten geerndtete Blumen- und Ge-
müse-Samen, sowie solche von ökonomischen Ge-
wächsen an Mitglieder des Vereins abzugeben. Ver-
zeichnisse sind vom 17. Februar ab von dem Ge-
neral-Sekretär zu erhalten. C. Bouch&.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
L7
Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Kari Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den 17. Februar
No. 7. 1872.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: 537. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues am 28. Januar. — Ueber Beschädigung der Saug-
wurzeln durch Erkältung und Trockenheit.
Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, C. Bouche.
957. Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues,
am 283. Januar.
Da der Vorsitzende, Geh. O.-Reg.-R. Knerk,
amtlich verhindert war, zu erscheinen, so übernahm
dessen Stellvertreter, Garten-Inspektor Bouche&,
den Vorsitz. Von Seiten des Obergärtners König
waren aus dem Garten des Geheimen Kommerzien-
rathes Raven&@ eine Anzahl selbst aus Samen ge-
zogener Amaryllis ausgestellt, welche den gärtneri-
schen Ansprüchen an diese seit vielen Jahren schon |
beliebte Zwiebelpflanze des Warmhauses nicht allein
nachkamen, sondern zum Theil sich auch durch
besondere Schönheit auszeichneten. Eben deshalb
erhielten sie später von Seiten der Preisrichter den
Monatspreis zugesprochen.
Aus dem Garten des Geheimen Kommerzien-
rathes Raven& hatte Öbergärtner König ferner
das blühende Exemplar eines Haemanthus, von
welchem durch den Akklimatisations-Verein Zwiebeln
aus Port-Natal bezogen waren, ausgestellt. Diese
Pflanze hatte einen über 2 Fuss hohen und nur
am unteren Theil mit rothen Punkten besetzten,
grünlich-weissen Stengel und an dessen Spitze einen
von 4 blutrothen und glockenförmig zusammenge-
neigten Hüllblättern umgebenen Kopf ebenfalls ro-
ther Blüthen. Die eigentlichen Laubblätter waren
noch nicht hervorgekommen, schienen aber eine
sehr breite Gestalt zu haben und nur auf 2 Seiten
zu stehen. Ohne Zweifel ist es der vor gegen
zwanzig Jahren ungefähr eingeführte Haemanthus
natalensis.
Ausserdem waren aus dem Versuchsgarten des
Vereines 80 Blumentöpfe zur Verloosung unter die
Mitglieder vorhanden.
Der Kaufmann Fritz Sponnagel (Hermsdor-
ferstrasse 4. 5.) machte Mittheilungen über einen
von ihm zusammengesetzten Leim zum Bestreichen
der Bänder an Obst- und andern Bäumen, um diese
dadurch gegen das Aufkriechen von allerhand In-
sekten-Weibchen, welche ihre Eier nur in Laub-
oder Blüthenknospen legen und dadurch zu grossen
Beschädigungen, wenn nicht Verwüstungen Veran-
lassung geben, zu hindern. Dieser Leim hat einen
grossen Vorzug vor den bis jetzt empfohlenen Sor-
ten, dass er einestheils sehr wohlfeil ist: 2% Sgr.
das Pfund, fassweise noch billiger, und selbst bei
grossen Anpflanzungen ohne grosse Kosten ange-
wendet werden kann, anderntheils, dass er eine sehr
lange Zeit hindurch klebrig bleiben soll und kei-
neswegs, wie es mit allen übrigen empfohlenen
Leimsorten der Fall ist, schon alle 14 Tage, höch-
stens nach 3 oder 4 Wochen, erneuert werden muss,
Dieser letztere Umstand allein giebt, wenn er sich
bewahrheiten sollte, dem Sponnagel’schen Leime °
einen sehr grossen Werth.
Inspektor Bouch@ hält diese Leimringe für
sehr wichtig. Seine Anwendung gegen den Frost-
schmetterling käme allerdings zu spät. Er empfehle
den Leim dagegen gegen den Kiefernspinner, der
sich so ausserordentlich in den letzten Jahren ver-
7
50
mehrt hätte, dass nicht allein die Kiefern-Anpflan-
zungen im Freien, sondern auch sämmtliche Nadel-
hölzer in Gärten, und selbst in den Gewächshäu-
sern die Araucarien, bedroht wären. Es werde
nicht mehr lange dauern, dass die Raupen des Kie-
fernspinners aus ihren Winterquartieren unter Moos,
Laub und Rasen hervorkommen und die Bäume
erklimmen. Solche milden Winter sind der Ent-
wickelung dieser schädlichen Thiere im hohen Grade
zuträglich.
Dr. Wittmack suchte bei dieser Gelegenheit
nachzuweisen, dass das Weibchen des sogenannten
Blüthenbohrers nicht allein im Frühlinge vorhanden
ist und Eier in die Blüthenknospen legt, sondern
oft schon im Spätherbstte am Stamme aufwärts
kriecht. Lehrer Becker in Jüterbog habe ihm
dergleichen Weibchen, welche zu dieser Zeit auf
solchen mit Leim bestrichenen Bändern im Herbste
gefangen worden waren, zur Verfügung gestellt.
Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d. 8.
machte Mittheilungen über den Weinbau in Elsass-
Lothringen. Er erscheine ihm von solcher Wich-
tigkeit, dass er unsere volle Aufmerksamkeit in An-
spruch nehmen müsse. Nach den 1848 gesammelten
statistischen Nachrichten sınd im Elsass allein 24,000
Hektaren, also 96,000 Morgen Land mit Reben
bepflanzt, während die sämmtlichen preussischen
Provinzen (Meisenheim, Kurhessen und Nassau na-
türlich eingeschlossen) erst 87,779 Morgen Wein-
land besitzen. Dazu kommt noch, dass die Elsasser
Weinberge in unglaublicher Weise die Erträge der
deutschen Weinländer übersteigen und statt 7 Eimer
den Morgen das Doppelte gewähren sollen. Die
Durchschnitts-Erträge sind, auf 1,500,000 Eimer
berechnet, ein Quantum, was für den deutschen
Weinhandel als wahre Weinüberschwemmung wir-
ken muss und denselben wesentlich modifiziren
könnte.
Die frühere Kaiserlich französische Regierung hat
im Allgemeinen viel für Hebung des Anbaues des Lan-
des, besonders für Landwirthschaft, aber auch für
Weinkultur gethan. Dr. Guyot, einer der intelli-
gentesten Reben- und Weinkenner Frankreichs,
wurde beauftragt, über die verschiedenen Provinzen
des früheren Landes genaue und umfassende Be-
richte auszuarbeiten. Mit Ausnahme des Elsasses und
Lothringens liegen diese Berichte bereits vor. Ueber
sie ist früher auch in der Wochenschrift berichtet
worden (vergl. Jahrg. 11, S. 109). Nur durch
solche Berichte erhält man nach dem Stadtrathe
Thränhardt erst einen Begriff über die Zustände
des Weinbaues eines Landes. Es muss daher auch
jetzt, wo das deutsche Reich wiederum in den Be-
sitz eines alten deutschen Weinlandes, des Elsasses,
gekommen ist und dadurch in der Produktion von
Wein eine weit grössere Bedeutung erhalten hat,
der deutschen Reichsregierung daran liegen, der-
gleichen Berichte auch über die deutschen Wein-
länder und ganz besonders über Elsass zu besitzen.
Wir wissen bis jetzt noch nichts von der dortigen
Behandlungsweise des Weinstockes, nichts von den
im Elsass angebauten Rebsorten und ebenso nichts
über den Werth der erzeugten Produkte. Bis jetzt
wurde der Elsass von Frankreich aus auch in Be-
treff seines Weinbaues sehr stiefmütterlich behan-
delt; wird ihm nun die Aufmerksamkeit zugewen-
det, welche die preussischen, besonders rheinländi-
schen Weinländer erhalten, so unterliegt es keinem
Zweifel, dass bei voraussichtlich grösserem Absatze
man sich auch im Elsass zur Anfertigung besserer
Weine mehr Mühe geben wir. Wenn man auch
ferner aus Bordeaux und Burgund gewöhnliche und
vorzügliche Weine beziehen wird, so möchten doch,
wie man sich allmälig an die Elsasser Weine gewöhnt
hat und diese bei besserer Kultur in ihrer Güte ge-
steigert werden, dieselben ebenfalls bei niedrigeren
Preisen mehr Eingang finden.
Dr. Wittmack zeigte die Photographie von
zwei ästigen Roßgenähren. Die eine mit 16 Sei-
tenästen hatte das landwirthschaftliche Museum von
Dr. H. A. Meyer in Kiel erhalten, die andere
mit 10 Aesten von Hugo Gerlich auf Czellenzin
in Westpreussen. Wenn auch zwei- und dreigabelige
Aehren beim Roggen häufiger vorkommen, so sind
doch so viele Seitenäste sehr’ selten, Im vorigen’
Jahrhunderte erwähnt Beckmann derartige Fälle
(bis 29 Seitenähren) in seiner historischen Beschrei-
bung der .Chur- und Mark Brandenburg (I. Theil
1751 p. 861). Neuerdings hat Benno Martiny
in seiner Schrift über den mehrblüthigen Roggen
ebenfalls des ästigen Roggens gedacht.
Es scheint nicht blos besonders fruchtbarer Bo-
den auf die Astbildung Einfluss zu haben, sondern
auch grosse Winterkälte, denn während die beiden
pbotographirten Aehren nach den strengen Wintern
von 1869—70 resp. T0O—71 gefunden wurden,
erzählt Beckmann, dass nach dem Winter 1739-40
am meisten solche Missbildungen beobachtet seien.
Dieser Winter war aber so kalt, dass u. A. beim
heiligen Abendmahl der Wein im Kelche gefroren
sein soll!
Die Aeste solcher Aehren sind übrigens nichts
weiter, als eine entwickelte Achse der einzelnen
Aehrchen, welche man für gewöhnlich nur als klei-
nes Stielchen zwischen den beiden Blüthen, resp.
Körnern findet.*)
Dr. Wittmack zeigte ferner die Photographie
*) Näheres über diesen verästelten Roggen wird in dem
nächst erscheinenden Heft der Verhandlungen des botanischen
Vereins für die Mark Brandenburg zu finden sein.
einer von Grünig in Nieder-Neidnitz bei Sagan
eingeschickten abnormen Kohlrübe. Es hatten sich
bier an den Wurzelfasern, meist in Längsreihen
zertheilt, kleinere und grössere Knollen gebildet,
welche sich bei näherer Untersuchung als Adven-
tivknospen erwiesen. An einzelnen Stellen hatten
sie sogar angefangen, Blätter zu treiben. Eine
äussere Verletzung, Insektenstiche oder dgl., die als
Ursache dieser Erscheinung hätte gedeutet werden
können, liess sich nicht nachweisen, ebensowenig
war von einem Pilz eine Spur zu finden.
Geheime Ober-Regierungs-Rath Heyder machte
Mittheilungen aus einem dem Königlichen Ministe-
rıum für landwirthschaftliche Angelegenheiten ofü-
zieller Weise zugegangenen Bericht der von dem
französischen Kultus-Ministerium eingesetzten Kom-
mission über die in den südlichen Departements in
Frankreich, namentlich am Rhonefluss, immer mehr
zunehmende Krankheit des Weinstockes, welche
durch ein der Familie der Blattläuse angehöriges
Insekt, Phylloxera vastatrıx, hervorgerufen werde.
Das französische Ministerium hat für die Ent-
deckung eines unbedingt erfolgreichen Mittels gegen
diese Krankheit einen Preis von 20,000 Franes
ausgesetzt.“)
Garteninspektor Bouch& berichtete über die
Antoine’schen Mittheilungen über Gewächshaus-
Einrichtung, Ventilation u. s. w. aus England, welche
in der 20. und 21. Nummer des Gartenfreundes,
des Organes der Wiener Gartenbau-Gesellschaft, ab-
gedruckt worden sind. So dankenswerth sie auch
sind, so erschweren sie doch ungemein das Ver-
ständniss, dass kein Massstab dabei angegeben ist,
da man ohne diesen die Dimensionen nicht beur-
theilen kann.
Der Voice’sche Patent-Lüftungs-Apparat be-
steht darin, dass mittelst mehrer Zahnräder und
Zahnstangen, welche zunächst der Thür angebracht
sind, die oberste dreieckige Dachspitze entweder
ganz emporgeschraubt oder dass nach der äusseren
Luftströmung, deren direkten Eintritt man allen-
falls vermeiden wollte, die Dachspitze rechts ge-
schlossen und nur links geöffnet oder in entgegen-
gesetzter Weise das Lüften bewerkstelligt werden
könnte.
In seinem Princip ist dieser Lüftungs-Apparat
ganz zweckmässig, weil die Lüftung, besonders des
oberen Theiles, im äussersten Gipfel des Gewächs-
*) Ueber diese Weinlaus ist in der Wochenschrift schon oft
berichtet worden, zuletzt S. 13 u. 29. Die letzte grössere Ar-
beit über die Naturgeschichte der Phylloxera vastatrix ist von
dem Professor der Botanik in Montpeillier, Planchon, in Ge-
meinschaft mit dem ebenfalls daselbst lebenden deutschen Ge-
lehrten J. Liehbtenstein, in dem Bulletin des agrieulteurs
de France, und zwar im Novemberhefte des Jahres 1869 abge-
druckt worden.
|
|
51
hauses stattfinden kann, so dass eine Ansammlung
von stagnirender Wärme, die so sehr zum Verspil-
lern der Pflanzen und zur Vermehrung des Unge-
ziefers beiträgt, vollständig beseitigt wird. Nach
des Ref. Ansicht dürfte diese Lüftungsart neu sein,
um so mehr, da auch die durch Zahnstangen nach
aussen aufhebbare Luftklappe, der Windrichtung
entsprechend, gestellt werden kann, nicht so die Lüf-
tung der senkrecht stehenden Fenster durch Zahn-
stangen, welche schon seit vielen Jahren hier an-
gewendet wird. Im Allgemeinen aber haben sich
die Zahnstangen, welche sich vermittelst der Zahn-
räder bewegen lassen, nicht besonders bewährt, weil
sie in Folge des Quellen des Holzes und des Rostes
nicht lange Zeit genau in einander eingreifen und
schliesslich ungangbar werden.
Der Richardson’sche Lüftungs-Apparat ist
ohne Massstab schwer einer Beurtheilung zu unter-
ziehen. Hier wird das ganze Dachfenster bis zu
einer Höhe von beiläufig 8 Zoll in jeder beliebigen
Entfernung mit Leichtigkeit durch einen Hebel
emporgehoben. Es geschieht dieses von der Mitte
des Rabmens aus durch die Bewegung einer Eisen-
stange (des Hebels), welche aus dem mit Löchern
versehenen eisernen Halbkreise in beliebige Höhe
gestellt werden kann. Oben und unten am Fen-
sterrahmen sind bewegliche Eisenspangen, welche
beim Gebrauche der mittleren Hebestange mithelfen,
das Fenster zu heben oder zu senken, um es zu-
gleich so fest zu halten zu vermögen, dass es der
Macht des Windes vollkommen widersteht.
Die Idee ist recht gut, weil das Heben der
Fenster durch die drei Eisen, von denen 2 das
Fenster mit den Sparren verbinden und das dritte
ein Theil des Hebels ist, ermöglicht wird, und Luft
in Menge einströmen kann. Nimmt man die Höhe
der Plinthe nur auf 3% Fuss an, so haben doch
die Fenster eine Länge von gegen 20 Fuss; um
diese aber zu heben, gehört eine nicht geringe
Kraft dazu, welche wohl so lange angewendet wer-
den kann, wie Fensterrahm und Sparre sich noch
in gutem Zustande befinden. Wie aber Fäulniss
des Holzes eintritt, so dürfte jedenfalls das Auf-
heben der Fenster einzustellen sein.
Ein damit verbundener unangenehmer Zustand
ist, dass die Gabel, und besonders die eiserne Quer-
stange, das Haus verunzieren, aber auch der Pflan-
zenaufstellung hinderlich sind, denn jedes Luftfen-
ster müsste doch zwei solcher Hebel haben.
Rendle’s thönerne Halbeylinder oder Protek-
tors dienen dazu, dass sie wenige Zoll in die Erde
versenkt, in Reihen aufgelegt werden und entweder
niedrig gehaltene, horizontal gezogene Weinreben
in sich aufnehmen, oder dass sie, wenn sie an dem
der Erde zugewendeten Theile in Zwischenräumen
7*
52
mit Löchern von einigen Zoll Durchmesser ver-
sehen sind, zur Kultur des Salates, vorzugsweise
aber für Erdbeeren verwendet werden können. Auf
dem oberen offenen Theile des Halbeylinders ruht
im Falz versenkt eine Glastafel in schiefer Lage.
Eben solche rinnenartige Apparate sind bei an
Trillagen gezogenen Pfirsich- und Aprikosenbäumen
zu gebrauchen. Hier muss jedoch eine Vorrichtung
zum Anschrauben vorhanden sein.
Da Ref. nicht ermitteln kann, wie gross der
Querschnitt des E. Rendle’schen Protektors ist, so
ist ihm auch die Einrichtung nicht klar. Werden
die Thonrinnen mit Erde gefüllt oder nicht? Wie
sind die Glastafeln abzuheben, wenn sie nicht zer-
brechen sollen? Soll keine Lüftung stattfinden ?
Bei dem durch heisses Wasser erhitzten Röh-
rensystem, mittelst dessen die äussere atmosphärische
Luft daselbst erwärmt und in die inneren Räume
geführt werden kann, geht ein von “aussen durch
die Mauer gelegtes Rohr in den Raum eines dop-
pelten Oylinders, der durch das heisse Wasser zwi-
schen den beiden Cylinderwänden warm gemacht
wird. Dadurch, dass dieser Zwischenraum mit dem
heissen Wasser rechts und links (also nach beiden
Seiten hin) in einiger Entfernung plötzlich ab-
schliesst, das Wasser aber durch 4 enge Röhren
in einen weiter liegenden anderen und gleichen
Doppel-Cylinder geführt wird und dort wiederum
den innersten Raum weiter erwärmt, dieser aber
allenthalben offen mündet, kann die warm gewor-
dene äussere Luft ausströmen und sich im Hause
weiter verbreiten. Das heisse Wasser erkältet sich
allmählig und geht vermittelst eines engen Rohres
in den Kessel zurück.
Dieses Röhren-System einer Wasserheizung zur
Einführung frischer atmosphärischer Luft und Er-
wärmung derselben dürfte nach dem Ref. nur in
ihrem ersten Abschnitte wirksam sein, weil die ein-
strömende äussere Luft schwerlich bis in die zweite
Abtheilung (d. h. in den anderen Doppelcylinder)
gelangen, sondern schon durch die Oeffnung zwi-
schen den mit Wasser gefüllten dünneren Heiz-
röhren entweichen wird. Wenn gesagt ist, dass
das Wasser schliesslich aus einem Doppelcylinder
in ein gewöhnliches Wasserheizungsrohr einmünden
kann, so möchte jedenfalls dieses Rohr im Verhält-
niss der Wassermenge, die sich in den Doppel-
eylindern und den damit verbundenen 4 Röhren
befindet, zu enge sein, um sie aufnehmen zu kön-
nen, ohne die Circulation zu hemmen.
An neuen Ideen fehlt es in der Regel bei auf
Ausstellungen zur Ansicht gebrachten Modellen von
Lüftungs- und Heizapparaten u. dergl. Dinge nicht.
Bevor aber deren Zweckmässigkeit nicht erst durch
längeren praktischen Gebrauch festgestellt ist, lässt
sich kein sicheres Urtheil abgeben.
Professor Koch theilte mit, dass der Verein
leider wiederum ein Mitglied verloren habe, der um
die Gesammtgärtnerei sich grosse Verdienste erwor-
worben habe. Am 20. Januar starb der Kunst-
und Handelsgärtner L. L. Liebig in Dresden.
Näheres darüber hat die vorige Nummer der Wochen-
schrift schon gebracht.
Weiter berichtete Professor Koch über den
Tod des Botanikers Berthold Seemann aus Han-
nover, aber schon seit seinen ersten Jugendjahren
in England lebend. Er starb mitten in seinen
Forschungen in Centralamerika am gelben Fieber.
Dr. Bolle, seit langer Zeit mit ihm auf das Engste
befreundet, hat es übernommen, nähere Mittheilun-
gen über sein ‘ganzes Leben, sowie über seine gärt-
nerische und botanische Thätigkeit zu bringen.
Der städtische Obergärtner Rönnekamp hatte
den fasciirten Ast einer Spiraea confusa (chamae-
dryfolia Hort. nec L.) vorgelegt. Nach Professor
Koch kommen dergleichen bandartige Stengel und
Aeste, wie er erst vor Kurzem mitgetheilt habe,
nicht selten vor. Er berufe sich auf das, was er
bereits früher darüber gesagt habe und füge diesem
nur noch hinzu, dass vorliegendes Beispiel beson-
ders gut zeige, dass ein solcher bandartiger Stengel
oder Ast keineswegs durch das Verwachsen neben
einander liegender Achsen entstanden sei, sondern
nur eine Monstrosität darstelle, wo die einzelnen
Gefässbündel (Vibrovasalstränge der neueren Bota-
niker) nicht in einem Kreise rings um das Mark,
sondern in einer Fläche sich entwickelt hätten.
Professor Koch übergab die illustrirten und
elegant hergestellten Abbildungen einiger Pflanzen
(Florblumen und Gemüse), welche Ernst Benary in
diesem Jahre in den Handel gebracht hat und machte
specielle Mittheilungen darüber. Diese werden in
einem besonderen Artikel in der Wochenschrift
veröffentlicht werden.
Der Samenhändler Keller in Darmstadt hatte
dem landwirthschaftlichen Museum ein Prachtwerk,
nämlich ein Herbarium der wichtigsten land- und
forstwirthschaftlichen Gräser, übergeben, was durch
Dr. Wittmack vorgelegt wurde. Die wichtigsten
Gräser waren zum grossen Theil in genügender
Vollkommenheit auf sehr grosse Bogen mit einem
Papierstreifen befestigt. Name, Standort u. s. w.
erschienen im saubersten, man möchte sagen;. ele-
ganten Drucke. Auch sonst fanden sich Verzie-
rungen in verschwenderischer Weise vor. Der
Verfertiger lässt das Werk auf seine Kosten an-
fertigen und wird es an Akademien, Geschäfts-
freunde u. s. w. vertheilen. In den Handel scheint
es nicht zu kommen.
53
Dr. Wittmack glaubt, dass durch derartige
auch das ästhetische Gefühl anregende Sammlungen
von Gräsern zur Kenntniss der Gräser mehr bei-
getragen würde, als durch die bekannten trockenen
Herbarien. Manche würden sich dadurch veranlasst
sehen, den Gräsern die ihnen gebührende Aufmerk-
samkeit zu schenken.
Dr. Bolle machte bei dieser Gelegenheit auf
die getrockneten Pflanzen des bekannten Botanikers
Hoppe in Regensburg aufmerksam, welche vor
einigen Jahrzehnten wegen ihrer Schönheit allge-
meines Aufsehen erregten und solchen Beifall fan-
den, dass sie später um hohe Preise verkauft wur-
den. Es waren besonders Alpenpflanzen, die auch
in ihrer Zusammensetzung künstlerischen Werth
besassen. Nach Prof. Koch wurden diese Hoppe-
schen getrockneten Pflanzen bisweilen noch durch
die von Fräulein Elisa Braig aus Triest, welche
um die Flor des Littorale viele Verdienste sich er-
worben hat und erst vor Kurzem gestorben ist,
übertroffen. Alle Botaniker waren bemüht, mit die-
ser Dame in Tauschverhältnisse zu treten.
Zendlich zeigte Dr. Wittmack noch Exem-
plare von Knaulgras, Dactylis glomerata, welche er
im vergangenen Sommer bei Marienlyst nahe Hel-
singör auf Seeland in Dänemark von einem Pilz,
der Sphaeria typhina Pers. (Polystigma typhinum
DC.) befallen, gefunden hatte, und verwies auf den
Artikel vom Prof. Jul. Kühn in Halle über die-
sen Pilz (s. vor. Jahrg. der Wochenschrift S. 36).
Ueber die kleine Abhandlung des Obergärtners
Merkel, welche in der vorigen Sitzung (s. S. 29)
dem Dr. Filly, Baumschulbesitzer Späth und
Garteninspektor Bouch& zur Berichterstattung über-
geben worden war, sprach zunächst Dr. Filly seine
Ansicht aus.
Das Mittel, was Merkel in der genannten Ab-
handlung vorgeschlagen, um Pflanzen gegen Ein-
wirkung der Nachtfröste zu schützen, wird, richtig
angewendet, in den meisten Fällen den Zweck er-
füllen, doch ist zu fürchten, dass dasselbe wegen
der Kosten und der damit verbundenen Arbeit,
wenigstens für grössere Anlagen, unanwendbar ist.
Die von dem Verf. gegebene Erklärung ist eine
solche, welche beweist, dass er mit den meteorolo-
gischen Vorgängen nicht sehr vertraut ist.
Durch Austrahlung entsteht Wärmeverlust, der
sich unter Umständen bis zum Frost steigert. Be-
fördert wird die Ausstrahlung durch unbedeckten
Himmel und durch Luftströmungen (Winde), welche
immer neue Luftschichten herbeiführen, während
ein mit Wolken bedeckter Himmel die Ausstrah-
lung vermindert, indem die von der Erde und den
auf ihr befindlichen Gegenständen ausgestrahlte
Wärme von den Wolken zum Theil reflektirt wird.
Eine gleiche Wirkung haben natürlich alle Decken,
womit ein gegen zu starke Ausstrahlung zu schützen-
der Körper versehen ist, demnach wird auch das
Schutzdach des Obergärtners Merkel bis zu einem
gewissen Grade nützen, besonders wenn es sich
nicht in zu grosser Ferne von dem zu schützenden
Baume u. s. w. befindet.
Gleichzeitig wird in der Abhandlung noch das
Schütteln der Bäume behufs besserer Befruchtung
vorgeschlagen, wogegen sich Nichts einwenden lässt.
In Summa sind beide Mittel nicht neu, und das
Neue, die versuchte Erklärung der Wirkung von
Strohdecken, ist unzureichend.
Dagegen bemerkte Baumschulbesitzer Späth
über das vom Obergärtner Merkel entdeckte neue
Mittel zum Schutze der Obstbaumblüthen gegen
Nachtfröste, dass die in der Abhandlung empfoh-
lenen Strohschirme schon seit sehr langer Zeit in
Anwendung gebracht werden. Die allgemeinste
Verbreitung haben sie bei den Spalierwänden ge-
funden. Seltener werden sie bei Pyramiden- und
Kesselbäumen angebracht, weil bei diesen die Her-
stellung und Befestigung der kleinen Schutzdächer
schon schwieriger ist. Man bedient sich derselben
in den meisten Zwergobstgärten, was dem Verfasser
der Abhandlung gar nicht bekannt zu sein scheint,
und erzielt dadurch in vielen Jahren recht gute
Erfolge, besonders wenn nur leichte Nachtfröste
die Blüthen der ungeschützten Bäume vernichten.
Sinkt dagegen die Temperatur unter 1—2 Grad,
so erweist sich dieser Schutz auch nicht mehr als
ausreichend. Gute Abbildungen derartiger Schutz-
dächer finden sich u. A. in M. A. du Breuil Cours
el&mentaire d’arboriculture. Paris 1857, Seite
981—983.
Für hochstämmige Obstbäume kann sie Baum-
schulbesitzer Späth gar nicht empfehlen, wie es
von Seiten des ÖObergärtners Merkel geschieht,
da sie für diese Baumform sehr solide ausgeführt
werden müssten, um nicht vom ersten Sturme weg-
gerissen zu werden und dadurch die Herstellungs-
kosten, dem immerhin zweifelhaften Gewinn gegen-
über, sich zu hoch belaufen möchten.
Garteninspektor Bouch€ hatte dem, was von
den beiden Berichterstattern eben gesagt worden
ist, nichts hinzuzufügen.
54
Ueber Beschädigung
der Saugwurzeln durch Erkältung und Trockenheit. |
Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin,
C. Bouche.
Die Pflanzen gegen Erkältung und Trocken-
heit der Saugwurzeln zu schützen, wird von einer |
grossen Zahl von Gärtnern und Laien nicht in dem
Grade gewürdigt und beachtet, wie es die Wich-
tigkeit des Gegenstandes erfordert; obgleich es
Jedem, der sich mit der Pflege von Pflanzen be-
schäftigt, einleuchten sollte, wie nachtheilig es ist,
wenn die Saugwurzeln durch irgend eine Veran-
lassung beschädigt und in ihren Funktionen gestört
oder wohl gar ganz unthätig gemacht werden.
Eine Menge von Pflanzen werden dadurch krank,
ohne dass in vielen Fällen ihr Pfleger eine Ahnung
von der Ursache der Erkrankung hat, oder schreibt
es auch wohl andern Umständen, dem Wasser, der
Erde u. =. w. zu.
Fast ausschliesslich sind es die äussersten Spitzen
der Wurzeln, die sogenannten Saugwurseln, Wur-
zelfasern, Radizellen, Fibrillen, welche, so lange sie
im Wachsthume begriffen sind, durch Papillen,
Saugschwämmchen und Härchen aus dem Boden
Feuchtigkeit und mit dieser Nahrungsstoffe für die
Pflanzen aufnehmen, während die älteren Theile,
mit einer stärkeren Oberhaut bekleidet, nur noch
wenig Feuchtigkeit aus der Erde aufnehmen, sich
aber frisch und in Thätigkeit erhalten müssen, um
als Leiter der von der Saugwurzel aufgenommenen
Feuchtigkeit und Nahrungstoffe dienen zu können.
Aus dem Vorhergesagten geht auch hervor, dass
die Saugwurzelspitzen viel empfindlicher gegen Un-
fälle sind, als die älteren oder ältesten Wurzeln
einer Pflanze.
Die älteren Theile der Wurzeln leiden daher
auch durch Erkältung und Trockenheit viel weniger
und nicht eo plötzlich in ihrer Gesammtheit als
die Saugwurzeln.
Jeder Gärtner wird die Erfahrung gemacht ha-
ben, dass im Herbst, Winter und Frühling oft ganz
plötzlich tropische Pflanzen erkranken und in vielen
Fällen zu Grunde gehen. Marantaceen rollen ihre
Blätter zusammen; Aletris fragrans und Carludovica
welken und lassen ihre Blätter schlaff herabhängen;
Cordylinen, Dracaenen und Palmen treiben im
Gipfel neue Blätter und Wedel mit trockenen oder
vergelbten Blattspitzen ; Pandanus’ werden herz- oder
stammfaul, welchem Symptome oft das Fleckigwer-
den der Blätter, die das Ansehen haben, als ob sie
mit heissem Wasser bespritzt seien, vorangeht; an
Furcrayen zeigen sich auf den jüngsten Blättern
eintrocknende Stellen; Melastomen, Begonien, Co-
leus, viele Acanthaceen und eine Menge anderer
Tropenpflanzen lassen schon im Laufe eines Tages
fast alle Blätter fallen oder welken wenigstens, wenn
nicht zu arg beschädigt; die buntblätterigen Cala-
dien welken plötzlich, in Folge dessen mindestens
die Gipfel der Knollen in Fäulniss übergehen; Cu-
curbitaceen, besonders Gurken und Melonen, be-
ginnen plötzlich an zu welken und sterben bald
ab; werden junge Samenpflanzen, z. B. Balsaminen,
Cucurbita, Momordica, Ipomoea, Ricinus, Melonen,
Gurken u. dgl. aus einem warmen Mistbeete her-
ausgenommen und auch nur 10—12 Stunden, selbst
in einem Warmhause, ohne Bodenwärme belassen,
so verwelken die Blätter und die zarten Stämmchen
beginnen zu schrumpfen; sogar sind manche unserer
Kalthauspflanzen dem plötzlichen Welkwerden aus
Mangel an Wärme unterworfen, z. B. Chironia,
Acacia Lophanta, Dombeya, manche Diosma- und
Phylica-Arten.
Achnliche Beobachtungen werden auch Pflan-
zenfreunde an den in Zimmern kultivirten Ge-
wächsen, oder an solchen, die an kalten Winter-
tagen, obgleich oberhalb eingehüllt, ohne auch die
Wurzel zu schützen, transportirt wurden, zu machen
| Gelegenheit gehabt haben.
Alle die so eben angegebenen Erscheinungen
beruhen meistens nur auf Erkältung der Wurzel-
spitzen; untersucht man auf diese Weise erkrankte
Pflanzen, bei denen nicht etwa Wassermangel vor-
handen war, so wird man finden, dass die Mehr-
zahl, in den meisten Fällen aber alle Saugwurzeln
abgestorben sind, wodurch auch die Zuführung von
Feuchtigkeit zu dem oberen Theile der Pflanze auf-
gehört haben muss.
Weniger empfindliche Pflanzen oder nur sehr
wenig erkältete, überstehen diese Beschädigung,
treiben nur eine Zeitlang verletzte Blätter oder
werden ihrer Gipfel beraubt, ohne abzusterben,
z. B. Cordyline Terminalis und deren Varietäten,
tropische Palmen, Carludovica, Maranta zebrina,
Phrynium, Chironia und Acacia Lophanta. Stark
durch Erkältung beschädigte Pflanzen oder solche,
die dagegen sehr empfindlich sind, z. B. Pandanus,
Palmen und Maranten aus sehr warmen Gegenden,
Freycinetia, einzelne Cordylinen, Dracaenen und
Aletris fragrans, Diosma und Phylica sind mit sel-
tenen Ausnahmen unrettbar verloren. Bei Panda-
nus, Freycinetia und Palmen tritt gewöhnlich nach
8—14 Tagen Herzfäule ein, weil in Ermangelung
der Saugwurzeln den noch sehr zarten und weichen,
tief im Gipfel befindlichen Blättern keine Feuch-
tigkeit zugeführt wird, ein Verwelken und endlich
Faulen eintritt. Viele Tropenpflanzen sind so em-
pfindlich gegen zu niedrige Temperatur, dass sogar
die Spitzen ihrer Lnftwurzeln leiden, wie man es
55
bei zu kalt stehenden Pandanus, Freycinetia, Aroi-
deen und Orchideen beobachten kann.
Ist man genöthigt, Pflanzen, die der Erkäl-
tung unterliegen, in kühlere Räume zu überwintern
oder der Dekoration halber dort unterzubringen,
80 müssen sie schon den Sommer vorher von dem
ihrem Wachsthum allerdings sehr zuträglichen wär-
meren Standorte nach und nach bis zu einem ge-
wissen Grade entwöhnt werden. Zur besseren Er-
haltung der Pflanzen unter solchen weniger günsti-
gen Temperaturverhältnissen trägt ein möglichst
spärliches Begiessen wesentlich bei; wollte man
unter diesen Umständen den Pflanzen ebenso reich-
lich Wasser geben, als in einer ihnen vollkommen
zusagenden Wärme, so würden sie noch schneller
zu Grunde gehen, weil eine im Verhältniss zur
Wärme zu grosse Feuchtigkeit des Ballens die Erde
noch mehr und schneller abkühlt.
Wie demnach eine entsprechende Gewöhnung
die Nachtheile der Wurzelerkältung vermindert, so
kann auch eine Verwöhnung durch mehr Wärme
schädlich sein und sind bisweilen Pflanzen, von
denen man es kaum vermuthen sollte, dagegen em-
pfindlich; bei hoher Temperatur getriebene Maiblu-
men und Hyazinthen welken bisweilen, wenn man
sie während einer Nacht einer Temperatur von nur
1—2 Grad Wärme aussetzt.
Die Veranlassung zur Erkältung der Saugwur-
zeln im Allgemeinen entsteht dadurch, wenn Pflan-
zen unter dem Einfluss von Bodenwärme oder im
Warmhause eine Menge neuer, sich gewöhnlich an
den Wandungen und dem Boden der Gefässe an-
sammelnder junger Saugwurzeln gebildet haben,
womit jederzeit auch ein üppigeres Wachsthum ver-
bunden ist, plötzlich einen Standort erhalten, der |
den Wurzeln auch nur 4-——-5 Grad Wärme weniger
bietet; bei sehr empfindlichen Pflanzen reichen,
wenn die Wurzelballen nass sind, schon 2 Grad
weniger bin, um eine Beschädigung herbeizuführen.
Nicht allein die Pflanzen in Gefässen, sondern
auch manche des freien Landes sind den Nachthei-
len der Wurzelerkältuug ausgesetzt, wenn bei ihrer
raschen Entwickelung durch anhaltend warmes
Wetter, während dessen auch warme Nächte vor-
herrschend waren, plötzlich kalte Nächte, in denen
das Thermometer bis auf +4 Grad sinkt, und
kühle Tage eintreten. Die seit einigen Jahren
beobachtete Krankheit der Gurken des freien Lan-
des hat nur ihren Grund in der Zerstörung der
Saugwurzeln in Folge zu niedriger Nachtwärme,
was ich in den letzten zwei Jahren zu beobachten
Gelegenheit hatte. Gurkenpflanzen, die Ende Juni
1870 bereits zu blühen begannen und Tages zuvor
noch frisch und kräftig wuchsen, welkten während
der Mittagszeit nach einer vorhergegangenen kalten
Nacht, in der das Thermometer bis + 6 Grad sank,
die Blätter wurden gelb und die Pflanzen starben,
obgleich bald wieder warmes Wetter eintrat, ab;
schon am zweiten Tage nach jener kalten Nacht
untersuchte ich die Wurzeln und fand, dass alle
jungen Spitzen bräunlich und verdorben waren.
Ein ähnliches Schicksal hatten im vorigen Jahre
die jungen Bohnenpflanzen, die in Folge anhaltend
kühler Witterung gelb wurden und nicht fort-
wuchsen; bei Untersuchung der Wurzeln fanden
sich auch diese meist beschädigt, während sich aus
dem Stamme schon wieder neue Saugwurzeln bil-
deten, wodurch sie sich unter dem Einfluss milde-
ren Wetters wieder erholten, aber gegen ihr nor-
males Wachsthum um 14 Tage bis 3 Wochen zu-
rückblieben. Dieselbe Beschädigung der Wurzeln
fand ich im Frühling und ım Herbste nach kalten
Nächten, d. h. ohne Reif oder Frost, an Coleus.
Die im freien Lande stehenden Gewächse kann
der Gärtner gegen solche Witterungs - Einflüsse
schwer schützen, wohl aber liegt es in seiner Hand,
die in Gefässen stehenden Pflanzen dagegen zu
bewahren, wenn er ein wachsames Auge auf seine
Pfleglinge hat.
Die Ursachen zur Erkältung der Saugwurzeln
bei in Gefässen stehenden Pflanzen sind besonders
durch folgende Umstände begründet: Am mannig-
fachsten leiden kleine Tropenpflanzen dadurch, dass
sie im Herbst, wenn sie die Mistbeete verlassen,
um in die Gewächshäuser gebracht zu werden, nicht
sogleich wieder an entsprechend warme Stellen,
in warmen Beeten u. s. w. aufgestellt und die
ı Töpfe eingesenkt werden, sondern gewöhnlich einige
Zeit ohne Weiteres stehen bleiben, und alsdann
während der Nacht, durch Mangel an Wärme, lei-
den. Ist ihre Unterbringung nicht sofort zu er-
möglichen, so sollte man wenigstens dafür sorgen,
dass die Häuser, in denen sie sich vorläufig befin-
den, gegen Abend noch um 1—2 Grad höher, als
die Tagestemperatur sein muss, erwärmt werden.
Sehr oft wird auch solchen Pflanzen dadurch Scha-
den zugefügt, dass man im Herbst, nachdem sie
in die Gewächshäuser geschafft sind, um Brenn-
material zu ersparen, zu wenig heizt, oder die Er-
wärmung auch aus vermeintlichem Mangel an Zeit
vernachlässigt wird. Vor dem Einräumen der Tro-
penpflanzen müssen daher schon vorher alle er-
wärmbaren Beete gehörig zubereitet sein, damit sie
ihren früheren Standort, durch Bodenwärme be-
günstigt, nicht vermissen. Während des Einräu-
mens und noch einige Wochen nachher lasse man
die Häuser, besonders zur Nachtzeit, lieber um
2—3 Grad wärmer heizen, als es sonst wohl nöthig
ist, damit Beete, Töpfe, Mauern, sowie alle andern
Gegenstände im Hause vollständig durchwärmt wer-
56
den. Vom Oktober bis Ende Januar bei der Er-
wärmung der Häuser für Tropenpflanzen Brenn-
material sparen zu wollen, ist eine T'horbeit, die
oft durch den Verlust sehr werthvoller Pflanzen
bestraft wird. Will man sparen, so vermindere
man das Heizen bei hellem Wetter von Mitte Fe-
bruar ab, wo durch die zunehmende Tageslänge
die Pflanzen sich sclıon wieder mehr kräftigen und
durch mehr Sonnenschein und die damit in Ver-
bindung stehende reichlichere Erwärmung der Ge-
wächshäuser während des Tages entschädigt werden.
Sehr oft wird auch die Erkältung durch mangel-
hafte Beaufsichtigung des Heizens der Gewächs-
häuser herbeigeführt, wenn die Heizer nachlässig
sind und nicht rechtzeitig für die Wiederholung
des Heizens sorgen; denn mannigfacher Schaden
entsteht dadurch, dass das in den Häusern zulässige
Minimum von + 10 oder 9 Grad noch um einige
Grade, also bis vielleicht auf — 7 oder wohl gar
6 Grad sinkt. Zuweilen ist auch die mangelhafte
Beschaffenheit der Gewächshäuser selbst daran
Schuld, denn sind diese bei strenger Kälte nicht
hinreichend bedeckt, oder sind die Heizapparate
nicht ausreichend, so ist es sehr schwer, dieselben
bei strenger Kälte und heftigem Winde gegen all-
zustarke Abkühlung zu verwahren. Eine Menge
von Gärtnern sind, wenn sie die Pflanzen während
der Wintermonate reinigen, umstellen oder die er-
wärmbaren Beete erneuern, zu unvorsichtig und
fahrlässig, indem sie Tropenpflanzen ohne Weiteres
auf den kalten Fussboden des Hauses stellen oder
wohl gar über Nacht darauf stehen lassen. Der
Erdboden ist zu kalt, es tritt dadurch eine zu starke
Abkühlung des Wurzelballens und auch dadurch
Erkältung der Saugwurzeln ein. Pandanus, Ma-
ranta zebrina, Carludovica-Arten und verschiedene
Palmen erleiden schon, wenn sie auch nur eine
Nacht auf dem kalten Fussboden ständen, eine Be-
schädigung der Wurzeln. Hedysarum (Desmodium)
gyrans leidet, wenn es unter dem Einfluss von Bo-
denwärme gepflegt wurde, wobei es bekanntlich
während des Winters am besten gedeiht, auch nur
einige Stunden auf kalter Erde stehend, so stark,
dass es welkt und nachher die Blätter abwirft.
Ebenso nachtheilig ist es den Tropen- und empfind-
lichen Kalthauspflanzen, wenn ihre Wurzeln durch
nicht festes Schliessen der Fenster oder der Schei-
ben von Zugluft berührt werden, wie es bei den
Pflanzen, die man auf die Fensterbretter der Zim-
mer stellt, so sehr häufig vorkommt, oder wenn die
Gefässe mit Eisen in Verbindung oder in zu grosser
Nähe desselben stehen, welches im Stande ist, eine
Menge Kälte von aussen nach innen zu leiten; ein
Eisenstab von 0,653 Centimeter —= 4 Zoll Dicke,
ist, wenn er mit der äusseren Luft in Verbindung
steht, bei heftiger Kälte im Stande, einer in einem
Blumentopfe stehenden Pflanze so viel Kälte zuzu-
führen, dass die Erde gefriert.
Will man die im Zimmer zu ziehenden Tropen-
pflanzen gegen Erkältung der Wurzeln schützen,
so sorge man dafür, dass alle Fensterfugen voll-
ständig dicht sind, dass die Pflanzen auf besondere
Brettchen mit darunter befindlichen Leisten gestellt,
und zur Nachtzeit in die Mitte des Zimmers ge-
bracht werden.
Ob eine Pflanze die Erkältung der Saugwur-
zeln überlebt oder nicht, hängt nicht allein von
ihrer natürlichen Beschaffenheit, sondern auch von
der Eigenschaft ab, ob sie geneigt ist, sehr bald
wieder neue Saugwurzeln zu bilden oder nicht.
Pflanzen mit fleischigen Stengeln, die bekanntlich
längere Zeit ohne Wurzeln vegetiren können, scha-
det die Beraubung der Saugwurzeln nicht. Am
empfindlichsten sind alle Tropenpflanzen mit sehr
einfachen, fast gar nicht verästelten Wurzeln, die,
wenn sie zerstört sind, sich auch nur sehr langsam
wieder bilden, wie die Pandanus und die meisten
| Palmen; unter den letzteren giebt es Arten, die
selbst bei hoher Bodentemperatur und der sorg-
samsten Pflege keine Seitenwurzeln treiben, sondern
nach einer Beschädigung der Saugwurzelspitzen so
lange kränkeln, bis sich aus der Stammbasis neue
Adventiv-Wurzeln bilden. ä
Sind Pflanzen durch Erkältung der Wurzeln
krank geworden, und ist noch Hoffnung zu ihrer
Erhaltung vorhanden, so stelle man sie zunächst
in einen möglichst feuchten warmen Raum, damit
die noch vorhandenen Blätter nicht genöthigt sind,
noch Feuchtigkeit an die trocknere Luft durch
Ausscheiden abzugeben und die Pflanze vor Er-
schöpfung bewahrt werde; nach einigen Tagen
nehme man sie aus dem Gefäss heraus, entferne
die beschädigten Wurzeln, lockere die älteren auf
und pflanze sie in frische Erde, ganz abgesehen
von der Jahreszeit, in der die Erkrankung statt-
fand, und gebe ihr wieder einen feuchten, warmen
Standort; sind es Pflanzen, die die Neigung haben,
aus der Stammbasis, wie die Palmen, Musa u. dgl.
neue Adventiv-Wurzeln zu bilden, so umgebe man
sie an dieser Stelle mit Moos, welches feucht ge-
halten werden muss.
(Schluss folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmmer-Strasse No. 91.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
No. 8. Berlin, den 24. Februar 1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Eingetretener Hindernisse halber findet die nächste Versammlung erst Sonntag den 10. März statt.
Inhalt: Theodor Nietner IV., Oberhofgärtner in Schönhausen. — Ueber Beschädigung der Saugwurzeln durch Erkältung und
Trockenheit.
Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, C. Bouche&.
(Schluss.) — Der Weinbau in
Niederösterreich. — Ueber das Kombiniren von Samen, resp. über gemischte Saaten.
Theodor Nietner IV,,
Oberhofgärtnuer in Schönhausen.
Kurz vor dem Schlusse des vorigen Jahres
starb ein Veteran der preussischen Hofgärtner,
Theodor Nietner IV., einer der intelligentesten
und tüchtigsten Praktiker seiner Zeit. Neben der
Lenn&@’schen, der Fintelmann’schen und der
Sello’schen Gärtnerfamilie steht nicht weniger be-
deutsam die Nietner’sche da. Wie Friedrich der
Grosse bei der Wahl seiner Generäle, Minister und
Staatsbeamten die brauchbarsten Männer rasch heraus
fand, so nicht weniger bei der Wahl seiner Gärt-
ner. Die preussischen Hofgärtner waren im vori-
gen Jahrhunderte ähnliche Beispiele für Förderung
der gesammten Gartenkunst und haben einen grossen
Einfluss auf die Bildung der Gärtner in der Pro- |
vinz ausgeübt. Von dem, was wir jetzt an Gar-
tenanlagen bei Berlin und Potsdam sehen, sind die |
Anfänge zum grossen Theil im vorigen Jahrhun-
derte von den Vätern und Grossvätern derer, denen
Jetzt zum Theil noch die Königlichen Gärten an-
vertraut sind, entstanden.
Als die Künigin Elisabeth, Gemahlin Friedrich
des Grossen, Schönhausen mit Schönholz zu ihrem |
Aufenthalte angewiesen erhielt, wurde ein tüchtiger
Gärtner aus Sagan in Schlesien berufen, um nach |
einem bereits vorgelegten Plane Verschönerungen
besonders in dem Schlosse Schönhausen anzulegen.
Dieser Gärtner war Joseph Nietner I., Gross-
vater des eben verstorbenen Theodor Nietner IV.
Er verheirathete sich mit der Tochter von J. Sa-
muel Sello, dem ebenfalls kurz vorher berufenen
Planteur, wie damals die Hofgärtner genannt wur-
den, in Sanssouci. Als er in den neunziger Jahren
starb, trat sein ältester Sohn Christian Nietner II.
an seine Stelle und blieb auch nach dem Tode
der Königin Elisabeth im Jahre 1796 in Schön-
hausen bis zu seinem im Jahre 1821 erfolgten
Tode.
Dem zweiten Sohne Friedrich Nietner III.
wurde dagegen die Aufsicht über die Anlagen des
in der Nähe von Schönhausen liegenden zweiten
Schlosses Schönholz übertragen. Leider wurde
dieses aber nach dem Tode der Königin Elisabeth
alsbald verkauft und Nietner III. mit sehr geringer
Pension entlassen. Erst im Jahre 1810, als der
Hofgärtner Salzmann in Sanssouci starb und
Louis Sello, Sohn von J. Samuel Sello und
Vater der beiden in Sanssouci und am Neuen Pa-
lais fungirenden Hofgärtner Hermann und Emil
Sello, von Caput an der Havel aus dahin ver-
| setzt wurde, trat er an dessen Stelle daselbst als
Planteur.
Von Christian und Friedrich Nietner
wurden die beiden ältesten Söhne Theodor und
Eduard ebenfalls Gärtner. Als in dem Jahre‘
1813 sich das deutsche Volk erhob, um die fran-
zösische Fremdherrschaft abzuschütteln, da waren
es auch die beiden jungen Nietner’s, welche eben-
falls die Waffen ergriffen und den gemeinsamen
Feind bis tief in das Innere des eigenen Landes
verfolgten. Zurückgekehrt traten sie wiederum als
8
58
einfache Gärtner in Königlichen Dienst. Ueber
Theodor Nietner, dem 4. Hofgärtner seines
Namens, werden wir besonders berichten, da er es
ist, der am 28. Dezember in der Nähe seines gleich-
namigen Sohnes in Charlottenhof bei Potsdam von die-
ser Welt abberufen wurde. Es sei uns aber vorher
erlaubt, die anderen Hofgärtner, insoweit sie Nach-
kommen des ersten Joseph Nietner sind, noch
aufzuführen und so eine vollständige Uebersicht
über die heutige Nietner’sche Gärtnerfamilie zu
geben.
Eduard Nietner, der fünfte dieses Namens
und Vetter von Theodor Nietner, trat im Jahre
1831 als Hofgärtner in Monbijou ein und ver-
tauschte seine Stelle 1835 mit der sogenannten
Melonerie, d. h. den Königlichen Treibereien in
Sanssouci. Er hatte aber noch einen jüngeren Bru-
der, der ebenfalls Gärtner geworden war, Wilhelm
Nietner VI. 1838 trat dieser als Hofgärtner in
Schwedt ein und folgte seinem Bruder, als dieser
1859 starb, in dessen Stelle in Sanssouci. -
Nur ein Sohn von Theodor Nietner IV,
der denselben Namen führte und nun als der VII.
bezeichnet werden muss, trat in Königliche Gärt-
nerdienste, während ein anderer, Johannes Niet-
ner, zwar ebenfalls Gärtner geworden war, aber
1850 von London aus nach der Insel Ceylon ging
und sich noch daselbst befindet. Theodor Niet-
ner nahm dagegen, als der erste Krieg gegen
Dänemark ausbrach, zunächst an diesem Antheil.
1866 wurde er zum Hofgärtner auf dem Orangerie-
und Pfingstberg ernannt, nahm aber später, als
1869 der Hofgärtner Morsch in Charlottenburg
starb, dessen Stelle ein. Ausser diesem befindet
sich schliesslich jetzt noch ein Sohn von Eduard
Nietner V., der denselben Namen führt und nun
ale Eduard Nietner VIII. bezeichnet werden
muss, in Königlichen Diensten. Dieser machte den
Feldzug gegen Frankreich mit und ist jetzt im
Marly-Garten bei Potsdam, dem Lieblings-Aufent-
halte Friedrich Wilhelm IV., beschäftigt.
Wir kehren jetzt zu unserem eben verstorbenen
Oberhofgärtner Theodor Nietner IV. zurück.
Er wurde am 2. Dezember 1790 in Schönhausen
geboren und hat daher das hohe Alter von 81 Jah-
ren erreicht. Als ein befähigter Knabe mit offenem
Kopfe ergab er sich mit regem Eifer gleich anfangs
der Gärtnerei und suchte sich nach allen Seiten
hin Kenntnisse zu verschaffen. Auf dem Gymna-
sium des grauen Klosters zu Berlin erhielt er seine
erste Vorbildung, um dann mit Nutzen bei dem
Hofgärtner des Prinzen Reuss-Schleiz, der Hofmar-
schall war und in Berlin einen schönen Garten
besass, Noack mit Namen, die Gärtnerei praktisch
zu erlernen.
Kaum aus der Lehre entlassen, war ihm schon
die Heimath zu enge geworden. Er sehnte sich
hinaus in die grosse weite Welt, um auch ander-
wärts die Gärtnerei kennen zu lernen. Nach da-
maliger Sitte ergriff der kaum 20jährige Jüngling
den Wanderstab und war muthig genug, um sein
Augenmerk nach Paris zu richten. Die glänzende
Kaiserstadt befand sich damals auf ihrem Kulmi-
nationspunkte, nicht allein als Stadt des Luxus und
der Ueppigkeit, auch hinsichtlich der Wissenschaft
und Kunst war sie eine Quelle für diejenigen,
welche sich diesen ergeben hatten. Es ist zu be-
dauern, dass aus jener Zeit eines fast zweijährigen
Aufenthaltes in Paris keine Aufzeichnungen mehr
von ihm vorhanden sind, denn ein so empfänglicher
junger Mann, wie Theodor Nietner war, hatte
gewiss interessante Beobachtungen über die damalı-
gen gärtnerischen Zustände in der französischen
Residenz gemacht. Gegen das Ende des Jahres
1811 kehrte er wieder nach Hause zurück.
Als im Jahre 1813 vom Könige Wilhelm III.
der bekannte Aufruf zur Befreiung des Vaterlandes
vom fremdländischen Joche erschien, verliess er
seine stille Gärtnerei und eilte zu den Fahnen des
Lützow’schen Freikorps, an allen schweren Käm-
‚ pfen, welche dieses zu bestehen hatte, Antheil neh-
mend. Er hatte sich dem späteren Wirklichen Ge-
heimen Rathe v. Beuth, einem der Gründer
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues
in Berlin, angeschlossen und zog mit diesem nicht
allein zum zweiten Male in Paris ein, sondern kehrte
schliesslich auch mit ihm zurück.
Die freie Zeit, welche ihm nach der Entlassung
aus dem Militärdienste in der Heimath wurde, be-
nutzte Theodor Nietner hauptsächlich zur Er-
weiterung seiner wissenschaftlichen Kenntnisse. Er
hörte an der Universität in Berlin verschiedene
naturwissenschaftliche Vorlesungen und fand an
einem dritten Sohne des Hofgärtners Louis Sello
in Sanssouci, der sich später im Auftrage des bo-
tanischen Gartens nach Brasilien begab, um Pflan-
zen zu sammeln, leider aber daselbst beim Ueber-
setzen über einen Fluss verunglückte und ertrank,
einen anderen jungen Mann, der gleiches Streben
mit ihm besass.
Auf die Fürsprache von Lichtenstein, dem
er bei der ersten Anlegung des jetzigen zoologi-
schen Museums wesentliche Unterstützung gewährt
hatte, und von Link, der wenige Jahre vorher an
die Stelle Willdenow’s getreten war, erhielt
Theodor Nietner vom Könige Friedrich Wil-
helm III. Unterstützung zu einer Reise, um sich
weiter auszubilden. Im August 1817 ging er zu-
nächst nach Wien, wo damals Gärtnerei und Bo-
tanik blühten und viele Gärtner und Botaniker ihre
599
Aüsbildung erhalten haben.
dem blauen reinen Himmel Italiens liess ibn aber
schon bald Wien verlassen und nach dem Süden
seine Schritte wenden.
Da seine beschränkten Mittel ihm nicht erlaub-
ten, sich theurer Fuhrwerke zu bedienen, so ging
er zu Fusse das ganze lange Italien hindurch und
gönnte sich erst Ruhe, als er in Neapel ankam
und bei dem deutschen Gartendirektor Dehnhardt
eine freundliche Aufnahme fand. Doch war sein
Bleiben auch hier nicht lange. Er ergriff von
Neuem den Wanderstab, um auf dieselbe Weise
wie er nach Neapel gekommen war, zum zweiten
Male ganz Italien zu Fuss zu durchwandern und
schliesslich die Alpen zu überschreiten. Er ging
jedoch keineswegs nach Berlin, resp. nach Schön-
hausen zurück, sondern erwählte jetzt Holland, was
damals zwar keineswegs mehr auf der hohen Stufe
der Gärtnerei stand, aber fortwährend sich noch
eines grossen Rufes, besonders in der Blumenzwie-
belgärtnerei, erfreute, als das Land seiner Wünsche.
Dass er in Holland eine Schwester verheirathet
hatte, mochte ebenfalls zu seinem Entschlusse bei-
getragen haben.
Holland scheint unsern jungen Gärtner nicht
lange gefesselt zu haben, denn er ging nach kur-
zem Aufenthalte wiederum weiter, und zwar nach
England, von dessen Handels- und Privatgärtnereien
er viel Gutes gehört hatte. Das Glück wollte ihm
wohl, denn er fand ın dem berühmten Garten-
Etablissement von Lee in Hammersmith bei Lon-
don eine freundliche Aufnahme. Leider erhielt er
aber gerade da, wo er eben angefangen hatte, eine
umfassendere Kenntniss von den Zuständen der
englischen Gärtnerei zu nehmen, die Nachricht von
dem schweren Erkranken seines Vaters. So ver-
liess er sehr ungern England und eilte rasch der
Heimath zu.
Zu Hause angekommen, unterstützte er den
kranken Vater in der Ausübung seiner Geschäfte
bis zu seinem Tode, der im Jahre 1821 eıfolgte.
Lenn& hatte damals dem Königlichen Hofgärtner
insofern eine höhere Bedeutung gegeben, als er das
Institut der Obergärtner, aus deren Zahl von nun
an nur Hofgärtner erwählt werden sollten, einrich-
tete. Aber erst nach einem gründlichen Examen
konnten junge Gärtner hier eintreten. Unser Theo-
dor Nietner war der erste, welcher das Examen
noch in demselben Jahre ablegte und ein gutes
Zeugniss erhielt. Hierauf wurde er als erster
Obergärtner im Neuen Garten angestellt, bald dar-
auf vertrat er aber den alten Planteur Sello in
Sanssouci, bis dieser starb. Nun erst wurde er
zum Hofgärtner von Paretz ernannt,
In Zurückgezogenheit lebte Theodor Nietner
Die Sehnsucht nach |
10 volle Jahre ın Paretz. Er verheirathete sich
gleich anfangs mit ‘einer Tochter des Hofgärtners
Louis Sello. Die grosse Abgeschlossenheit und
Einsamkeit war jedoch nicht für einen so strebenden
Mann, wie der Hofgärtner Theodor Nietner,
er sehnte sich schon bald nach mehr geistigerem
Umgang, nach intelligenten Menschen, wie sie in
Paretz nicht vorhanden waren, er sehnte sich aber
auch nach einer anderen Thätigkeit, wie sie seiner
höheren gärtnerischen Bildung entsprach. Er war
zwar bereits schon im Jahre 1823, also ein Jahr
nach der Gründung, dem Vereine zur Beförderung
des Gartenbaues in Berlin als Mitglied beigetreten
und stand mit ihm in enger Verbindung. In den
Verhandlungen des Vereins befinden sich manche
werthvolle Aufsätze aus jener Zeit von ihm, welche
dauernden Werth besitzen. Doch es reichte nicht
aus, der Wunsch nach geistigerem Umgang wurde
dadurch keineswegs vollständig ausgeglichen. Glück-
lich war er daher, als er 1832 nach Schönhausen,
wo er die ersten Anfänge einer gärtnerischen Kennt-
niss in sich aufgenommen hatte, versetzt wurde.
Im Kreise seiner Jugendfreunde und in Ver-
bindung mit ebenbürtigen Kollegen schuf Theo-
dor Nietner sich rasch eine zufriedenstellende
Thätigkeit; er hatte hier nach allen Seiten hin Ge-
legenheit, sein Wissen theoretisch und praktisch
zu verwerthen. Mit grosser Liebe widmete er sich
vor Allem der Gemüsezucht und den Treibereien
und gab auch ein besonderes Buch darüber heraus,
was allseitig, selbst im Auslande, Anerkennung fand.
Später erschien seine Monographie der Erdbeeren.
Mit besonderer Vorliebe widmete er sich aber schon
bald der Kultur der Eriken, wo er Ausserordent-
liches geleistet hat. Nicht allein, dass er es ver-
stand, Schau-Exemplare im eigentlichsten Sinne des
Wortes heranzuziehen, er hatte auch die grösste
Sammlung von Eriken, die wohl je, wenigstens in
Deutschland, zusammengebracht wurde. Wenn die
geringen Mittel des Gartens nicht ausreichten, griff
er in den eigenen Beutel, um irgend eine seltene,
und wenn noch so kostspielige Art oder Form des
grossen Genus Erica zu akquiriren. Noch vor
1% Jahren, also im 80. Jahre seines Lebens, als
er in den Ruhestand versetzt und ein grosser Theil
seiner Lieblingspflanzen dem botanischen Garten zu
Berlin bereits überwiesen waren, ward es ihm gar
schwer, sich von ihnen zu trennen. Würde es der
Raum in diesen Blättern gestatten, ausführlicher in '
seine Wirksamkeit einzugehen, so könnte noch
manches Interessante dargeboten werden. Manches
hat er über einzelne Kulturen in Zeitschriften mit-
getheilt, vieles ist aber mit seinem Tode unterge-
gangen.
Dass Theodor Nietner bei den Ausstellungen
8*
60
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in
Berlin sehr thätig war, kann man sich denken.
Die Ausstellungen im Akademie-Gebäude, von denen
man noch jetzt gern spricht, erhielten fortwährend
reichliche Beiträge aus Schönhausen; aber auch
später, als der Verein mit seinen Ausstellungen von
Lokal zu Lokal wandern musste, war es wiederum
Theodor Nietner in Schönhausen, der bald eine
interessante Blume, bald eine Schaupflanze, bald
ein vorzügliches Gemüse oder getriebenes Obst zur
Verfügung stellte.
Endlich muss auch seiner Vorzüge als Lehrer
gedacht werden. Unwissenheit war ihm zuwider,
daher suchte er allenthalben Samen von Kenntnis-
sen auszustreuen, wo er günstigen Boden zu finden
glaubte. Er beschränkte sich dabei nicht allein auf
die jungen Leute, welche bei ihm die Gärtnerei
erlernen wollten, und auf die Gehülfen, welche aus
anderen Gärtnereien zu ihm kamen, er theilte auch
Laien mit. Selbst auf seine Tagelöhner suchte er
bildend und belehrend einzuwirken. So erhielten
auch diese, wenn sie gelehrig waren, mit der Zeit
einige Kenntnisse in der Gärtnerei.
Für seine jungen Gärtner arbeitete er in allen
gärtnerischen Zweigen besondere Hefte aus, nach
denen er zu bestimmten Stunden in der Woche
lehrte und die er die jungen Leute zur eigenen
Belehrung abschreiben liess. So streng er sonst
war und am allerwenigsten Unthätigkeit und Un-
wissenheit duldete, bisweilen auch leichte Vergehen
streng ahndete, so war er doch von seinen Unter-
gebenen nicht allein sehr geachtet, auch geliebt.
Er hat eine Reihe tüchtiger Gärtner herangezogen,
welche jetzt zerstreut im ganzen grossen Deutsch-
land leben und in seinem Geiste weiter wirken.
Als er im vorigen Jahre in den Ruhestand ver-
setzt wurde, verliess er Schönhausen, wo er so
lange gelebt und so viel gewirkt hatte, um in
Charlottenhof bei Potsdam, in der nächsten Nähe
der Familie seines ältesten Sohnes, eine Wohnung
zu beziehen. Er war seit vielen Jahren nicht in
Potsdam und Sanssouci gewesen. Arg von der
Gicht heimgesucht, liess er sich in einem Rollwagen,
so oft das Wetter es ihm erlaubte, herumfahren
und nahm an allen Veränderungen, die gemacht
worden waren, besonders an den neuen Anlagen
des feineren Obstbaues und der Erdbeerzucht grossen
Antheil. Da er wusste, dass die Frau Krorprin-
zessin vor Allem die Aroma feineren Hautberry’s
oder Moschus-Erdbeeren liebte, schrieb er eine Ab-
handlung über diese und überreichte sie der hohen
Dame.
Aber auch ausserdem war der ehrwürdige Greis
thätig. Er hatte noch die Absicht, seine Erfahrun-
gen im Gebiete der gesammten Gärtnerei zu sam-
meln und allmählig zur weiteren Kenntniss zu brin-
gen. Sie sollten in den Sitzungen des Gartenbau-
vereins in Potsdam zunächst erst vorgetragen wer-
den, um dann dem Drucke übergeben zu werden.
Da erreichte ihn nach kurzem Krankenlager plötz-
lich am 28. Dezember der Tod. Seine Sehnsucht
nach dem Orte, wo er das Licht der Welt erblickt
und die grösste Thätigkeit entfaltet hatte, nach
Schönhausen, hatte sich in der letzten Zeit vor sei-
nem Tode so gesteigert, dass er trotz aller An-
nehmlichkeiten, welche ihm durch die Nähe seines
Sohnes und dessen Familie in Charlottenhof gebo-
ten wurden, im Frühjahre doch wiederum nach
Schönhausen zurückkehren wollte. Das Geschick
wollte es anders. Auf seinen Wunsch brachte man
wenigstens die sterbliche Hülle nach Schönhausen,
um nun für immer neben seinen beiden Eltern und
seiner schon 1834 ihm vorausgegangenen Gattin
zu ruhen.
Ueber Beschädigung
der Saugwurzeln durch Erkältung und Trockenheit.
Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin,
©. Bouche.
(Schluss.)
Die Beschädigungen der Saugwurzeln, welche
durch allzugrosse Trockenheit herbeigeführt werden,
sind ebenfalls von den weitgehendsten Folgen be-
gleitet und die Ursachen des damit verbundenen
Kränkelns oder Absterbens der Pflanzen oft sehr
schwer zu ermitteln.
Wird den in Gefässen stehenden Pflanzen zu
wenig oder zu selten Wasser gereicht, so macht
sich dies gewöhnlich durch das Welken bemerkbar,
nur bei solchen, die mit festen, lederartigen Blät-
tern versehen sind und sich in der Rahezeit ihres
Wachsthums befinden, ist oberflächlich betrachtet
keine Veränderung der Blätter und Zweige wahr-
zunehmen, am allerwenigsten an allen Saftpflanzen,
obgleich auch einzelne derselben, z. B. Mesembrian-
themum’s, durch zu starkes Austrocknen inden Wur-
zeln leiden.
Werden die Wurzelballen der in Gefässen stehen-
den Pflanzen zu trocken, so vertrocknen die Saug-
wurzelspitzen, wodurch, wie bei Erkältung der Wur-
zeln, ebenfalls ein Stillstand in der Zuführung von
Feuchtigkeit und Nahrung veranlasst wird, und sich
an dem oberirdischen Theile der Pflanzen ähnliche
Krankheitssymptome wie bei der Beschädigung durch
Erkältung zeigen.
Bei vielen krautartigen Gewächsen, z. B. Salvia,
Heliotropium, Fuchsia, Cuphea, Pelargonium, be-
; 3
schränken sich die Nachtheile, welche durch das
Vertrocknen der Saugwurzeln entstanden, meist
darauf, dass die Pflanzen eine Menge der älteren
Blätter abwerfen und die zartesten Triebe vertrock-
nen, sich dennoch erhalten und fortwachsen, weil
diese Pflanzen die Fähigkeit zu besitzen scheinen,
auch durch ältere Wurzeltheile den Zweigen und
Blättern ein zur nothdürftigen Erfrischung hinrei-
chendes Quantum von Feuchtigkeit zuzuführen, ne-
benher aber auch die Eigenschaft haben, sehr bald
wieder neue Saugwurzeln zu ‚bilden, was bei man-
chen Pflanzen ansserordentlich schnell von Statten
geht; junge Kohlpflanzen, welche Abends behufs
des Auspflanzens in’s freie Land ausgezogen, über
Nacht in feuchte Erde eingeschlagen und begossen
werden, bilden oft schon bis zum andern Morgen
neue Saugwurzeln.
Weit empfindlicher dagegen sind viele neuhol-
ländische, kapische und indische Pflanzen mit sehr
feinen Faserwurzeln, z. B. Erica, Rhododendron,
Azalea und Farne, nicht minder leiden solche, deren
Wurzelspitzen zwar dicker, aber fleischiger sind,
wie bei Camellia, den meisten Proteaceen, Laurineen
und Magnolia; am allerempfindlichsten aber sind
Pflanzen mit einfachen Wurzeln, z. B. Palmen,
Pandancen, Dasylirion, Dracaena und Marantaceen.
Viele der genannten Pflanzen sterben in Folge des
Wassermangels nach wenigen Tagen ab, selbst
wenn sie sich auch nach wiederholtem Begiessen
wieder erfrischen, oder werden von lang andauern-
den Krankheiten befallen. Jedoch giebt es auch
Pflanzen, die, obgleich nieht zu den Saftgewächsen
gehörig, einen ungemein hohen Grad von Trocken-
heit ertragen, ohne dass ihre Wurzeln auch nur
im mindesten verletzt werden. Plectogyne varie-
gata und Pitcairnia dasylirioides können ohne zu
leiden mehrere Wochen im warmen Zimmer stehen,
ohne begossen zu werden; ebenso erträgt Agapan-
thus eine ungemein grosse Trockenheit.
Sind bei empfindlicheren Pflanzen die Saugwur-
zeln durch Mangel an Wasser vertrocknet, so tritt,
da es abgestorbene Organe sind, nach dem später
wiederholten Begiessen Fäulniss derselben ein, so
dass die Gärtner in den meisten solcher Fälle be-
haupten, das Absterben oder die Beschädigung einer
Pflanze sei nicht durch zu wenig, sondern durch
zu viel Begiessen entstanden, weil die Wurzeln ver-
fault seien.
Dass Pflanzen, welche im Begriff stehen, neue
Triebe zu entwickeln, gegen mangelhaftes Begiessen
am empfindlichsten sind, ist allbekannt und hat sei-
nen Grund darin, dass in dieser Periode ein grösserer
Bedarf an Feuchtigkeit nöthig ist, um die sich neu
bildenden Organe zu ernähren, und dass sich schon
einige Zeit vor dem neuen Triebe zahlreiche neue
Wurzeln bilden. Diesem Umstande ist es zuzu:-
schreiben, wenn Camellien, Laurineen und Magno-
lien nur krüppelhaft ausgebildete, braunfleckige
Blätter besitzen oder diese von den jungen Trieben
abwerfen, oder wenn Himalaya-Rhododendren an
Trockniss der jungen Blätter leiden; untersucht
man so erkrankte Pflanzen, so wird man finden,
dass ein grosser Theil der jungen Saugwurzeln faul
ist. Absichtlich zu trocken gewordene Pflanzen
haben mich hinlänglich darüber belehrt, dass der
Wurzelfäule in den meisten Fällen zu grosse Trocken-
heit der Wurzeln durch nachlässiges Begiessen vor-
herging. Diosmeen, Eriken, Pimelien, Gnidien und
Passerinen sterben, wenn sie im Sommer einige Male
stark welkten, oft nach wenigen Tagen ab; tritt
feuchte Witterung ein, so bleiben ihre Zweige und
Blätter noch längere Zeit frisch, sie erliegen aber
alsdann meistens der sogenannten Stammfäule. Eine
ähnliche Erscheinung tritt auch bei in Mistbeeten
ausgesäeten Levkoyen auf, wenn sie nach Ent-
wickelung des zweiten Blattes zu trocken geworden
sind; auf diese Weise erkrankte Levkoyenpflanzen
lassen sich oft noch erhalten, wenn man mässig
trockene Erde dazwischen streut und nass begiesst,
wodurch sie veranlasst werden, neue Wurzeln aus
dem Stamme zu bilden.
Pandanen, Palmen, Dracaenen und Dasylirien
werden durch das Vertrocknen der Saugwurzeln
herzfaul, weil die zarten, tief im Gipfel der Pflanze
befindlichen Herzblätter welken, sich aus Mangel
der fehlenden Zuleitungsorgane nicht wieder er-
frischen und nachher in Fäulniss übergehen.
Marantaceen rollen, wie bei der Erkältung der
Saugwurzeln, ihre Blätter ein und werden herzfaul;
in der Regel gehen auch alle älteren Blätter ver-
loren.
Sind Farnkräuter zu trocken geworden, so
leiden die jüngsten Wedel, oft aber geht auch, be-
sonders bei Baumfarnen, der Gipfel ganz verloren.
Bei den Proteaceen tritt noch ein anderer Um-
stand beim Trockenwerden der Wurzelballen hinzu,
der darin besteht, dass sich der Wurzelballen bei
zu starkem Austrocknen zusammenzieht, sich von
den Wandungen der Gefässe ablöst, und dadurch
der Zutritt trockener atmosphärischer Luft bewirkt
wird und die blosgelegten Wurzeln noch mehr der
Gefahr des Absterbens ausgesetzt sind.
Sehr oft wird auch den einmal zu trocken ge-
wordenen Wurzelballen nicht die gehörige Auf-
merksamkeit zu Theil, um sie wieder hinreichend
anzufeuchten, so dass mancher Gärtner aus Un-
kenntniss oder Trägheit es für hinreichend hält,
eine solche Pflanze nur einmal zu begiessen, was
aber in den meisten Fällen nicht ausreicht. Ist
ein Wurzelballen zu trocken geworden, so drücke
62
man, wenn er sich etwa von den Wandungen ge-
löst haben sollte, den Rand desselben fest an, ge-
schieht dies nicht, so nimmt er kein Wasser an
und bleibt fast so trocken wie zuvor; ferner über-
zeuge man sich, ob der Ballen auch wirklich voll-
ständig vom Wasser durchzogen ist, was sich durch
Aufheben des Topfes nach dessen Schwere oder
durch seitliches Anklopfen mit den Knöcheln leicht
Begiessen nicht aus, ihn vollständig zu durchfeuch-
ten, so ist es am besten, das Gefäss, wenn es nicht
eine zu zarte Pflanze birgt, bis zu seiner halben
Höhe in entsprechend warmes Wasser zu setzen.
Um durch Trockenheit vernachlässigte Pflanzen
wieder herzustellen, ist es am besten, sie nach voll-
ständiger Anfeuchtung des Ballens aus den Ge-
ausüben. Wir werden einige der besseren Sorten
Wein aus ÖOesterreich-Ungarn auch ferner noch
trinken, die wohlfeileren Weine möchten sich aber
nicht oder kaum auf dem Tische unseres Mittel-
standes einbürgern.
Es liegt uns ein Bericht über den Weinbau
zunächst in Niederösterreich vor, der von H. Goethe,
‚ seit dem vorigen Jahre Wanderlehrer für Weinbau
erkennen lässt; reicht ein mehre Male wiederholtes
in Klosterneuburg bei Wien, jetzt in gleicher Eigen-
‚ schaft in Graz, im Auftrage der dortigen Regie-
' rung verfasst wurde und wohl im Stande ist, alle
Befürchtungen unserer Weinproduzenten, selbst wenn
, zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn ein-
fässen herauszunehmen, die todten oder bereits fau-
ligten Wurzeln zu entfernen, in frische Erde zu
verpflanzen, wenn es die Jahreszeit irgend gestattet, |
und in einen feuchten geschlossenen Raum zu brin-
gen, wodurch am schnellsten die Erzeugung neuer
Saugwurzeln bewirkt wird, wenn dazu noch eine
Möglichkeit vorhanden ıst. Hat sich die Pflanze
erfrischt, beginnt sie wieder zu treiben und be-
merkt man die Bildung neuer Wurzeln, so ent-
wöhne man sie von der feuchten Luft und stelle
sie an ihren früheren Platz.
Der Weinbau in Niederösterreich.
In der letzten Versammlung des Vereines zur
Beförderung des Gartenbaues wurden vom Stadt-
rath Thränhardt in Naumburg a. d. S. einige
Mittheilungen über den Weinbau gemacht, die dar-
auf hindeuteten, welche Wichtigkeit derselbe wohl
in der künftigen Zeit haben möchte. Seit einigen
Jahren ist auch Oesterreich mit seinen Weinbau
treibenden Ländern von Neuem als grösserer Be-
werber im Absatz von Wein, zunächst im nordöst-
‚lichen Deutschland, eingetreten. Man fürchtete schon
von Seiten einiger deutschen Weinproduzenten, dass
Oesterreich- Ungarn für unsere Weinländer und
Weingegenden um so gefährlicher werden könnte,
als eine Art von Handelsvertrag mit einigen Er-
leichterungen für Einführung von Wein in den
damaligen deutschen Zollverein mit genanntem Dop-
pelreiche abgeschlossen wurde Wenn auch ohne
Zweifel seit wenigen Jahren etwas mehr Wein aus
Oesterreich-Ungarn bezogen wird, und man sich
allmählig an österreichischen Wein gewöhnen könnte,
so wird jetzt doch im Allgemeinen auch etwas mehr
Wein getrunken als früher; einen wesentlichen Einfluss
haben diese Erleichterungen auf den Weinhandel
aber nicht geübt und werden ihn auch zunächst nicht
mal die Zollschranken fallen sollten, zu beseitigen.
In den anderen Kronländern steht es mit dem Wein-
bau nicht besser. Und doch hat nach H. Goethe
zunächst Niederösterreich vorzügliche Weingegen-
' den, welche hauptsächlich zwischen dem 48. und
49. Breiten- und zwischen dem 34. bis 39. Län-
gengrade liegen.
Diese stellen zwar kein eigentliches Gebirgs-
land dar, aber doch sehr hügeliges Terrain mit zum
Theil diluvialen Ablagerungen, häufiger mit Kalk-
und Sandstein-, selten mit Urgesteins-Unterlage.
An Quellen fehlt es nicht. Selbst nördliche Lagen
| dieser bezeichneten Weingegenden geben bei mässi-
| ger Steigerung immerhin noch lohnende Erträge.
| Die Höhe, bis zu welcher gebaut wird, erreicht
| noch nicht 1000, sondern höchstens 900 Fuss über
dem Meeresspiegel, die jährliche Durchschnitts-
Temperatur beträgt dagegen 7—9 Grad R. Die
höchste Wärme ist selten 4 26, die niedrigste da-
gegen bisweilen — 18 Grad. Ueber die Fench-
tigkeits-Verhältnisse ist in dem Berichte leider nichts
gesagt, so wichtig sie auch für Beurtheilung des
Weinbaues sind; nach dem, was uns aber ausser-
dem darüber bekannt ist, müssen sie günstig sein.
Nach dem Berichte des Wanderlehrers Goethe
ist der Weinbau im Allgemeinen in den letzten
Jahren in Niederösterreich, aber auch sonst in Cis-
leithanien, sehr zurückgegangen, auch das Produkt
soll schlechter geworden sein. Man will, wie leider
auch anderswo, viel Wein gewinnen und denkt
dabei nicht an die Güte des Produktes. Einige
Misserndten, besonders die der letzten Jahre seit
1866, haben ausserdem sehr entmuthigt. Wenn
man schon früher weder den Rebenbau rationell
betrieb, noch das Produkt mit der nöthigen Auf-
merksamkeit behandelte, so hat diese Gleichgültig-
keit jetzt noch weit mehr zugenommen. Viele
Grundbesitzer haben daher ganz recht gethan, den
Weinbau mit dem Ackerbau zu vertauschen.
Die niederösterreichische Regierung hat zwar
in Klosterneuburg bei Wien für Wein-, weniger
für Obstbau eine Musterschule gegründet, welche
63
unter der vorzüglichen Leitung ihres Direktors
v. Babo, Sohn des bekannten Oenologen und dem
Vater ebenbürtig, sich auch in gutem Zustande be-
findet, einen grossen Einfluss hat sie aber noch
nicht auf die ländliche Weinbau treibende Bevöl-
kerung ausgeübt. Von mehrmaligem Abziehen der
Flüssigkeit, vom Klären u. s. w. hält man in Nie-
derösterreich nicht viel; man behält den Wein oft
mehre Jahre auf demselben Lager, ohne ihn nur
ein einziges Mal überzufüllen, bis man ihn ge-
braucht. i
Viel, sehr viel Schuld an dieser schlechten Be-
handlung der Reben und des Weins liegt an den |
Schulen und an der geringen Bildung, welche die
Kinder auf dem Lande erhalten. Die vielen Feier-
tage tragen ebenfalls nicht wenig dazu bei, dass
bisweilen selbst wichtige Arbeiten beim Weinbau
zur Zeit nicht ausgeführt werden. So lange nicht
hier Abhülfe geschafft wird, müssen Wein- und
Obstbau, ebenso wie Landwirthschaft, wenn auch
nıcht ganz darnieder liegen, so doch stets unter
dem Niveau des Fortschrittes bleiben.
Niederösterreich besitzt über 66,000 Joch Wein-
land, also das Joch zu etwas über 2% Morgen be-
rechnet, gegen 140,000 Morgen, und producirt auf
diesem Areal nicht weniger als 13 Millionen Eimer
Wein, der im Durchschnitte zu 53, in den besseren
Gegenden zu 7 und 8 Gulden verkauft wird. Aus-
geführt wird ausserordentlich wenig Wein, der
ganze Ertrag also fast im Lande selbst verzehrt.
Eine Quelle des Reichthums für das ganze Land
kann demnach die Weinproduktion um so weniger
sein, als sie nicht verhindert, dass viele ausländische,
nicht allein ungarische Weine, auch gewöhnlicher
Qualität, in Niederösterreich eingeführt werden.
Wie in Niederösterreich, so scheint es in Betreff
des Weinbaues in ganz Cisleithanien nicht besser
zu sein. Von den 50,000,000 Gulden, welche man
aus dem Verkaufe von Wein in Oesterreich selbst
löst, wird noch nicht für % Million im Auslande
verkauft. i
Die besten Weinberge, gewöhnlich auch in gu-
ter Lage, befinden sich südöstlich von Wien, bis
an die Leitha; am meisten wird aber in einem
Bezirke gebaut, wo die Ortschaften Feldsberg und
Retz mitten darin liegen. Es befinden sich hier
die günstigsten Lagen auf Lösboden, weniger auf
verwittertem Granit, im Ganzen ungefähr 30,000
Joch. Aber auch hier ist der Weinbau bedeutend
zurückgegangen. Das Joch mit gegen 10,000 Reb-
stöcken wird mit 2— 3,000 Gulden bezahlt. Wenn
hier die meisten Weine gewonnen werden, so er-
zielt man die besten Weine dagegen in einem an-
deren Distrikte von gegen 14,000 Joch, wo Krems
und Langenlois die Mittelpunkte bilden. Man ver-
kauft hier den Eimer Wein schon im Durchschnitt
zu 10 Gulden. In diesem Distrikte wird seit eini-
gen Jahren auch etwas Riessling angebaut.
Weit weniger Wein wird in den 3 anderen
Bezirken gebaut, am meisten noch (auf 4,240 Joch)
in dem von Gumboldtskirchen bei Wien, wo die
nahe Residenz ein Sporn ist, mehr Aufmerksamkeit
besonders auf die Weinbereitung zu verwenden.
Man macht hier sogar Spät- und Auslese und ziebt
mehrmals den Wein ab, um ihn flaschenreif zu
machen. Ein solcher Wein wird der Eimer selbst
| mit 50 und 60 Gulden verkauft. Daneben sieht
man aber auch viel auf Quantität, da man biswei-
len vom Joche bis 40: Eimer erzielt. In diesem
Bezirke liegt auch Vöslau, wo fast nur Rothwein
produeirt wird. Der Weingrosshändler Schlum-
berger in Wien hat hier seine Versuchs-Wein-
berge in vorzüglichstem Zustande, ohne dass aber
wiederum bis jetzt die umwohnenden Weinbauer
viel davon profitirt hätten. Der Boden des Be-
zirkes besteht meist aus Kalk.
Klosterneuburg und die daranstossenden Ort-
schaften bilden ebenfalls einen besonderen Bezirk
mit 1,746 Joch Weinland, das aus Kalk- und Di-
luvialboden besteht, und abgesehen von der bereits
erwähnten Wein- und Obstbauschule mit ihren aus-
gedehnten Marken und einigen Weinbergen, welche
vornehmen Leuten gehören und deshalb sich in
gutem Kulturzustande befinden, ohne Bedeutung
ist. Nur in Grinzing wird der Eimer im Durch-
schnitt mit 10—15 Gulden bezahlt. Neuerdings
hat man auch hier viel Riessling, der auch’ zu ge-
deihen scheint, verpflanzt,
Endlich ist noch Bruck an der Leitha als 5.
Distrikt zu nennen. Es sind hier die Weingärten
meist in der Ebene mit vorzüglichem Boden und
fast 2,000 Joch umfassend. Trotzdem erhält man,
allerdings bei der Massenerzeugung von 30—40
Eimer auf das Joch, für den Eimer nur bis 8 Thlr.
' Veber das Kombiniren von Samen.
resp. über gemischte Saaten.
Es sind der Redaktion der Wochenschrift in
Betreff der von uns angeregten Frage, ob ein Same,
der an und für sich schwer keimt oder schon alt
ist, durch Beigabe eines anderen gut und leicht
keimenden Samens besser zur Entwickelung kom-
men kann, zwei kleine Abhandlungen zugekommen,
welche das Interesse der Leser in Anspruch neh--
men dürften. Die erste dieser kleinen Abhandlun-
gen hat den Obergärtner Dressler in Berlin zum
Verfasser, während die zweite der Hofgärtner
Jäger in Eisenach verfasst hat.
64
I
Die in der Wochenschrift angeregte Frage, ob
das Kombiniren der Samen auch das Keimen sonst
schwer keimender oder alter Samen befördere, will
ich nicht direkt beantworten, da ich hierin noch
keine Versuche und Erfahrungen gemacht habe,
wohl aber möchte ich als Gärtner darauf hinwei-
sen, dass von Laien oft die Frage gestellt wird:
Ob es nicht gut sei, den geschnittenen Steckling
an der Basis zu spalten und ein Haferkorn hinein-
zuschieben, um hierdurch das Wurzelmachen zu
befördern? (Es handelt sich hier gewöhnlich um
die Vermehrung von Fuchsien, Rosengeranien, Ros-
marin etc.) Ich habe früher mit lächelnder Miene
dies für ganz überflüssig erklärt, bis ich später
doch einsah, welchen grossen Einfluss ein derartiges
Experiment unbedingt hat.
Wenn auch im Allgemeinen von Blumenlieb-
habern das Giessen nicht zu oft geschieht, ja im
Gegentheil, man immer mehr zu trockene, als zu
nasse Töpfe in den Zimmern antrifft, so ändert
sich dies jedoch, sobald ein Liebhaber Etwas säet
oder steckt. Hier kann man die Zeit nicht er-
warten, bis es keimt oder wächst, und aus diesen
Gründen glaubt man durch fleissiges Giessen das
Wachsen befördern zu können. Natürlich verdirbt
die zu nasse Erde sehr schnell und der Steckling
geht von unten auf in Fäulniss über, selbst wenn
er schon Wurzeln getrieben hatte. Hat man sich
dagegen eines Haferkorns bedient, so wird dies
sehr bald keimen und eine grosse Menge Wurzeln
entwickeln, welche sich in einem feuchten, selbst
nassen Boden sehr wohl fühlen. Natürlich bleibt
die Erde gut und dem Steckling ist dadurch be-
deutend länger Zeit gelassen, Wurzeln zu bilden.
Nachdem dies geschehen, wird die Haferpflanze
nach und nach entfernt. Dies ist meine Ansicht
von der Hülfe, welche das Haferkorn dem mit ihm
gepflanzten Steckling leistet. Sollte nicht ganz
dasselbe beim Aussäen zweier ungleich keimender
Samen eintreten?
Il.
Das in No. 2 der Wochenschrift gebrauchte
fremde Wort Kombiniren findet hoffentlich niemals
bei uns Eingang; es sei denn, dass junge Gärtner,
welche zuweilen nach fremden Ausdrücken haschen
um gelehrter zu erscheinen, es gebrauchen würden.
Doch der Name thut nichts zur Sache. Die Sache
ist eben, wie auch der Herausgeber der Wochen-
schrift bemerkt, zweierlei Art. Ich nenne die eine
Saat gemischte Saat, die andere Hülfs- oder Schutz-
saat. Die Mischsaaten sind überall sehr gebräuch-
lich, am meisten. in Gärten, wo mit dem Platze
gespart werden muss. Ein Beispiel, wie weit man
es treiben kann, ist früher einmal bei Beschreibung
des Gemüsebaues bei Hamburg in dieser Zeitschrift
mitgetheilt worden. Ich selbst säe, um ein erstes
Mistbeet auszunutzen, zugleich Karoten, Kohlarten
und Salat. Erst macht der Salat den Kohlpflanzen
Platz und nachdem auch diese entfernt sind, stehen -
die Karoten oft noch zu dicht. Zu den Schutz-
und Hülfssaaten zählen wir die von Roggen oder
Hafer zu Grassamen. Auch das Raigras ist als
schnell schattendes Gras den feineren jungen Grä-
sern nützlich. Manche Gärtner säen Levkoyen und
Sellerie zusammen und bekommen so gesunde Pflan-
zen. Ich denke, der Sellerie nimmt die überflüssige
Feuchtigkeit auf und schützt so als Ableiter die
Levkoyenpflanzen.
An eine chemische Einwirkung durch Keimen
des einen Samens auf die Entwickelung des andern
glaube ich nicht, aber sie gehört nicht zu den Un-
möglichkeiten. Es wäre daher sehr zu wünschen,
dass die Versuche, zu welchen Professor Koch
auffordert, angestellt werden. Derselbe scheint selbst
wenig Glauben zu haben.
Die interessanten Mittheilungen über das Ein-
fügen eines Samens in einen andern zeigen, dass
der Dilettanten-Aberglaube sich nicht blos auf Ros-
marin und Nelkensenker erstreckt. Noch jetzt stecken
die Dorfleute in den Rosmarinzweig, welcher Wur-
zeln schlagen soll, ein Gerstenkorn (nach neueren
Erfahrungen nicht Haferkorn). Dasselbe trägt sicher
zur schnelleren Bewurzelung bei, wenn auch anders,
als die „kombinirenden“ Leute meinen. Der Nutzen
liegt darin, dass das Korn den Spalt offen hält.
Dass je ein vernünftiger Gärtner sehr feinen
Samen mit Hafer vermischt säen könnte, scheint
mir unglaublich. Man denke sich die feinsten Sa-
men von Üalceolaria, Gloxinia u.a.m. mit Hafer
vermischt, es wäre ja lächerlich. Uebrigens keimt
die von Carriere zum Versuch benutzte Buddleja
curviflora an und für sich sehr gut und schnell bei
reiner Saat. Man wird aber allerdings gut thun,
Sand oder Erdstaub unter die Saat zu mischen,
da diese sehr dicht aufgeht.
Die Mitglieder des Vereines werden freundlichst ersucht, ihren Beitrag nebst Porto-Entschädigung (10 Sgr.
bei halbmonatlicher oder 20 Sgr. bei wöchentlicher Zusendung durch die Post) an die Kasse (Rentier Sonn-
tag, Alexandrinenstr. 51) recht bald zu zahlen.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
* Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift E-
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General -Sekretär des Vereines.
No. 9.
Berlin, den 2. März
1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 10. März, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver-
sammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt:
Die Benary’schen Neuheiten. —
Proskau.
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
III. — Pomologisches Institut in
Die Benary’schen Neuheiten.
Es liegt uns das Haupt-Samen-Verzeichniss von
Ernst Benary in Erfurt vor; zugleich haben
wir eine Anzahl von kolorirten Abbildungen, welche
das Schönste unter diesen neuen Einführungen dar-
stellen, erhalten. Sie mögen uns Gelegenheit ge-
ben, über sie zu sprechen. Ernst Benary ist
weit über die Grenzen unseres jetzt grossen Vater-
landes hinlänglich und vortheilhaft bekannt, als
dass einige Worte der Empfehlung ihm viel nützen
dürften; aber doch halten wir es für unsere Pflicht,
auch einmal aus seiner grossen Gärtnerei Einiges
mitzutheilen.
Wer in Erfurt gewesen und vielleicht an den
Wällen jenseits der Festung auf der Chaussde in
der guten Jahreszeit nach Gotha spazieren gegan-
gen ist, wird sich noch des grossen Reichthumes
blühender Florblumen erinnern, die hier nach Far-
ben und Wachsthum gesondert, weite Flächen ein-
nehmen und in bestimmter Ordnung nebeneinander |
gepflanzt sind.
Uebersieht man das Ganze mit Kennerblick,
oder auch nur mit Aufmerksamkeit, so wird neben
der Ordnung auch eine seltene Gewissenhaftigkeit
bemerkbar. Wem dieser Ausspruch unklar sein
sollte, dem theilen wir mit, dass auf den besagten
Beeten von den verschiedensten Florblumen Samen
für den Handel gezogen werden. Die Zeit, wo
man Levkoyen, Astern, Phlox u.s. w. in Rummel
kaufte und wo von einem und demselben Pflanzen-
Exemplar durch Aussaat Blumen von verschiedenen
Farben und Formen erhalten wurden, weil man die
in der Kultur entstandenen Abweichungen noch
nicht konstant zu machen verstanden hatte, ist
vorbei. Unsere heutigen Gärtner kultiviren weit
mehr, wie früher, wo es nur von Seiten einzelner
geistig bevorzugter Männer geschah, rationell; sie
wissen jetzt, was sie bei ihrer Anzucht von Samen
wollen. Der intelligente Gärtner strebt einem be-
stimmten Ziele zu, ein bestimmtes Prinzip zu
Grunde legend. Abweichungen von der ursprüng-
lichen Form und Farbe einer Florblume sind, in-
sofern sie Anspruch auf Schönheit machten, jetzt
durch die Ausdauer des Züchters konstant gewor-
den und müssen demnach aufmerksam behandelt,
vor Allem bei der Samengewinnung rein erhalten
werden, wenn sie sich nicht wiederum verschlech-
tern, resp. zurückgehen sollen.
Sorgsam überschaut der Gärtner deshalb die
Beete einer bestimmten Form oder einer bestimm-
ten Farbe, um darüber zu wachen, dass kein ver-
wandter Fremdling einer ähnlichen Sorte, aber auch
kein zurückgeschlagenes Exemplar vorhanden ist
und im letzteren Falle seinen schlechten, man
möchte sagen, unwürdigen Blumenstaub auf die
Narbe guter, um uns des Ausdruckes der Thier-
züchter zu bedienen, edler Pflanzen zur Befruch-
tung übertragen kann. Bei der Durchmusterung
aller einzelner Pflanzen werden die Exemplare, ,
welche den Ansprüchen nicht nachkommen, erbar-
mungslos herausgerissen. Je grösser dabei die
Sorgsamkeit und die Gewissenhaftigkeit ist, um so
mehr kann man auf die Güte der erhaltenen Samen
9
. 66
Vertrauen haben, um so mehr wird man aus dem
Samen den Anforderungen entsprechende Pflanzen
erziehen. Je geringer dagegen die Beete zur Sa-
mengewinnung gemustert und gesäubert wurden,
um so schlechter werden auch die erhaltenen Sa-
men, resp. die daraus erzogenen Pflanzen werden.
1. Phlox Heynbholdii cardinalis.
Unter den Neuheiten, welche Ernst Benary
offerirt, steht die neue Form des Phlox Heyn-
holdii, welcher er wegen ihrer brillantenen rothen
Färbung den Beinamen cardinalis gegeben .hat,
obenan. Wer in den 30ger Jahren sich noch der
kleinen niedlichen Phlox Drumondi, zu dem P.
Heynholdii als Abart gehört, wie es aus kaliforni-
schem Samen zuerst in England und dann auch
bei uns gezogen war, erinnert, wird kaum den Un-
terschied in dem Reichthum, in der Farbe der Blu-
men von damals und jetzt für möglich halten. Das
Feuer in der Farbe der Blume muss aber doch
schon unsern Vätern der Botanik bekannt gewesen
sein, da sie dem Fremdlinge gleich anfangs den
Namen Phlox, d. ı. Flammenblume, ertheilten.
Die Farbe der Blume ist ursprünglich schön
roth, aber keineswegs in der Weise feurig, wie
man sie seit Ende der 40ger Jahre durch Kultur er-
zogen hatte. Es liegen uns aus dieser Zeit Ab-
bildungen von Formen vor, welche die damaligen
Pflanzenliebhaber entzückten und auch den Beifall
verdienten, welchen sie erhielten. Aber doch steht
diese feurigroth blühende Form der 40ger und
50ger Jahre, da die Farbe nicht ganz rein war
und meist dem Auge, ohne ihm wehe zu thun,
nicht erlaubte, lange Zeit darauf zu sehen, der
jetzigen mit ihrer Intensität und Reinheit der Farbe
weit nach. Es liegt in der leuchtenden Farbe des
Benary’schen Phlox eine gewisse Ruhe, welche es
möglich macht, wenn auch nicht eine lange, so
doch eine kurze Zeit die Blume, ohne dass es un-
angenehm wird, zu betrachten.
Nach den Bemerkungen Benary’s ist Phlox
Heynholdii, und ganz besonders die vervollkomm-
nete cardinalis, ausserdem eine zu empfehlende
Sorte, dass sie kräftiger ist und deshalb den sich
oft einstellenden Unbilden des Wetters, vor Allem
anhaltendem Regen, besser widersteht. Wenn sie
auch wegen ihrer reichen Verästelung und ihres
Blüthenreichthums zu Gruppen- und Beetpflanzen
gut verwendet werden kann, so möchte sie viel-
leicht doch als Topfpflanze noch mehr den Vorzug
verdienen. Widmet man ihr bei der Anzucht nur
einige Aufmerksamkeit, so wird die Pflanze so
buschig, dass sie bald schon den Topf ringsum
überragt und, je nachdem dieser gross oder klein
ist und Nahrung giebt, einen Durchmesser von 3
bis 1 Fuss erhält. Da die Blüthendauer auch län-
ger sein soll, als bei den meisten anderen Sorten
der Phlox Drummondii, so verdienen solche mit
der Cardinalis-Form der Phlox Heynholdii bepflanzte
Töpfe vor Allem auf Treppen, in Fensterbrüstun-
ı gen u. s. w. verwendet zu werden.
2. Phlox Crystallpalast compacta.
Die kleinen Lobelien der Erinus-Gruppe wur-
den mit der Zeit Mode, wo man an Teppichbeeten
wiederum Gefallen hatte und dazu allerhand taug-
liche Pflanzen suchte. Eine mehr geeignete Pflanze
möchte es kaum geben, als Lobelia Erinus L., ein
Bewohner des südlichen Afrika’s. Sie wächst dort
auf Kalk- und Mergelboden und überdauert den
trockenen Sommer. Bei uns verhält sie sich wie
ein Sommergewächs, da sie gleich im ersten Jahre,
und zwar schon frühzeitig blüht, dauert aber auch
im Gewächshause aus, wird demnach damit eine
Staude, verliert jedoch in der Regel ihren Blüthen-
reichthum. Wenn wir früher (4. Jahrg. der Wo-
chenschr.S. 125) mitde Candolle die im Gewächs-
hause sich als Staude verhaltende Pflanze als eine
besondere Art unter dem Namen Lobelia bicolor
betrachtet haben, so berichtigen wir hiermit das
dort Gesagte.
In Neuholland wachsen unter gleichen Verhält-
nissen ähnliche kleine Lobelien. Von ihnen sind
einige ebenfalls eingeführt worden, ohne dass sie
aber für die Dauer gleichen Beifall, wie Lobelia
Erinus, erhielten. Am meisten ist es noch mit L.
ramosa Benth. der Fall. So schön diese Art auch
ist und so prächtige blaue Blumen sie auch besitzt,
so ist sie doch leider empfindlicher, als L. Erinus
mit allen ihren Formen. Wenn auch diese nicht
gerade selbst gegen die Sonne geschützt zu wer-
den braucht, so doch der Boden, auf dem sie steht.
Wird diesem durch direktes Sonnenlicht die Feuch-
tigkeit gänzlich entzogen, so verliert sie an ihrem
üppigen Wachsthum, geht wohl auch ganz zu
Grunde. Am besten gedeiht sie noch -in Massiv’s,
wo sie so dicht steht, dass der Boden nicht aus-
getrocknet werden kann.
Aus der Erinus-Gruppe sind es besonders zwei
Formenreihen, welche in England gezüchtet wur-
den und auch jetzt noch am meisten verwendet
werden. Die eine führt den Namen Orystallpalast,
weil sie in dem Garten, worin dieser steht, erzogen
und zuerst auch im Grossen angewendet wurde.
Sie blüht dunkelblau, hat aber einen weissen Schlund.
Wahrscheinlich ist sie nur eine vervollkommnete
Form der alten, schon in den 30ger Jahren vor-
handenen Lobelia speciosa der Gärten. Die
andere blüht weiss, ist aber blauer, und zwar auf
verschiedene Weise gezeichnet. Sie wurde anfangs
L. marmorata genannt, bis Paxton, der Erbauer
des Krystallpalastes, sie ebenfalls vervollkommnete
und bei seinen vielen genialen Anlagen, welche er,
besonders in England, in’s Leben gerufen hat, im
Grossen anwenden liess. Seitdem nannten die dank-
baren Gärtner diese vervollkommnete Form L.
Paxtoni.
Seitdem ist man in der Vervollkommnung der
Lobelien nicht stehen geblieben, namentlich ist in
England hauptsächlich durch Henderson sehr viel
dafür geschehen und auch erreicht. Wir sahen
bei unserer letzten Anwesenheit während der Som-
merzeit des vorigen Jahres in England bei einer
Ausstellung des Londoner Gartenbau-Vereines, wie
wir früher berichtet haben (s. vor. Jahrg. 8. 260)
vorzügliche neue Sorten, welche auch für unsere
Gärten zu empfehlen sind. Dass aber England
nicht allein berufen ist, etwas Vorzügliches heran-
zuziehen, haben wir schon oft Gelegenheit gehabt
auszusprechen. So hat Ernst Benary aus der
Krystallpalast-Reihe eine Form erzogen, welche
denen jenseits des Kanales würdig zur Seite steht
und von Seiten der Gärtner und Gartenbesitzer,
besonders bei Anlegung von Teppichgärten, alle
Empfehlung verdient.
Ernst Benary unterscheidet die von ihm ge-
züchtete Krystallpalast-Form mit der näheren Be-
zeichnung compacta, d. i. die gedrängte, weil
sie in der That nicht dichter wachsen kann. Die
Engländer haben zwar schon früher eine ähnliche
Form als compacta bezeichnet; diese steht aber
dem deutschen Erzeugniss nach. Lobelia Crystall-
palast Benary’s hat für den Züchter dadurch einen
besonderen Werth, dass sie selbst gegen lange an-
haltendes feuchtes Wetter nicht sehr empfindlich
ist und weniger abfault, als andere Formen. Die
Blüthen sind ziemlich gross und besitzen mit Aus-
nahme des weissen Schlundes eine intensive Ultra-
marinfarbe, welche zwischen dem sonstigen Dun-
kelgrün der Blätter angenehm absticht.
3. Mimulus hybridus tigrinus,
Die Eigenthümlichkeit der buntscheckigen Blu-
men, der bei uns Gauklerblumen, bei den Fran-
zosen Harlequin genannten Pflanze, meint man, soll
Veranlassung gegeben haben, das Genus, wohin sie
gehört, Mimulus, d. h. kleiner Mimos oder klei-
ner Gaukler zu nennen. Das ist aber so wenig
richtig, als die andere Ableitung, wonach Mimulus
aus dem griechischen Worte Mimo, d. i. Affe, aus
gleicher Ursache gebildet worden sei. Linn grün-
dete sein Genus Mimulus auf Mimulus ringens, den
er nur aus der Abbildung gekannt zu haben scheint,
und gab nach seiner Philosophia botanica den Na-
men wegen der maskenförmigen Krone. Die bunt-
.67
scheckigen Blumen des Linn& allerdings ebenfalls
aber nur wenig bekannten M. luteus scheinen erst
weit später in der Kultur entstanden zu sein, denn
bei allen im Vaterlande gesammelten Exemplaren,
welche wir zu untersuchen Gelegenheit hatten, war
die Krone genannter Pflanze entweder einfach gelb
oder im Schlunde mit nur einigen braunen Punk-
ten versehen.
Als Gartenblume wurde Mimulus luteus erst in
dem 3. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts mehr be-
nutzt. Wie die Gauklerblume schon im Vaterlande
zu Veränderungen geneigt ist, denn M. guttatus,
rivularis u. s. w. sind kaum Formen, so nicht we-
niger in der Kultur. Es kamen bei der Kultur
schon bald dergleichen mit grossen, hell- oder gold-
gelben Blumen, die besonders auf den Abschnitten
braun- oder rothpunktirt und selbst gefleckt erschie-
nen oder einen breiten braungezeichneten Rand be-
sassen, zum Vorschein und wurden alsbald der Ge-
genstand einer noch grösseren Vervollkommnung.
Auf der 1557. Tafel der Flore des serres hat
van Houtte eine Auswahl der vorzüglichsten
Zeichnungen in den Blumen gegeben, auf die wir
hinweisen wollen.
Man belegte gleich anfangs die Formen mit
hellgelber, fast weisser Grundfarbe mit dem Bei-
namen variegatus, während die anderen mit schöner
goldgelber Grundfarbe die Beinamen Smithii, Youngiüi
und Wilsonii führten. Waren die Flecken klein
und punktförmig, so erhielten die Formen die nähere
Bezeichnung punctatus und tigrinus, zeigten sie sich
aber gross, so wurden die Pflanzen schliesslich als
Mimulus maculatus in den Handel gebracht. Eine
solche Form mit meist 5 grösseren und braunen
Flecken auf den Abschnitten der grossen Blume
war schon in den zwanziger Jahren vorhanden und
sehr beliebt. Sie führte den Namen Mimulus
quinquevulnerus, d.h. Gauklerblume mit 5 Wunden.
Als später eine neue Art Mimulus cupreus aus
den Hochebenen Boliviens eingeführt wurde, die
kleine und kupferrothe Blumen hat, so eröffnete sich
den intelligenteren Gärtnern zur Neuzucht wiederum
eine Bahn, um durch Kreuzung mit dieser die
schon an und für sich grosse Mannigfaltigkeit der
Sorten noch mehr zu vermehren. Was man auf
diese Weise gezüchtet hat, führt gewöhnlich die
Bezeichnung hybridus; eine besonders schöne hat
man aber Mimulus pardinus genannt. Man besitzt
neuerdings auch insofern eine gefüllte Form, als,
indem der Kelch blumenkronartig geworden ist,
scheinbar eine Krone aus der anderen hervorkommt. -
Was nun schliesslich den von Ernst Benary
jetzt in den Handel gebrachten Mimulus hybridus
tigrinus anbelangt, so darf er nicht mit dem ver-
wechselt werden, den man in Fraukreich .unter
9*
68
diesem Namen besitzt und der ebenfalls jenseits | Pflanze, von der der Inspektor des botanischen
der Vogesen vielfach kultivirt wird. Dieser
dem bekannten M. pardinus ungemein nahe und
hat bei verschiedener (goldgelben, chamois, isabellen,
' d. Wochenschr. S. 330) ausgestellt hatte.
Nanking- u. s. w.) Grundfarbe, wie bei einem Pan-
ther, zahlreiche braunrothe Punkte, wie besäet.
Die Ernst Benary’sche Form ist dagegen aus
dem alten Mimulus quinquevulnerus hervorgegangen
und besitzt grosse Blüthen, wo die fast weisse
Grundfarbe durch grosse braune oder rothe, aber
unregelmässige Flecken unterbrochen ist. Von die-
sem Mimulus hybridus tigıinus besitzt Ernst Be-
nary in der Weise eine gefüllte Form, wie wir
bereits mitgetheilt haben. Die Engländer nennen
dergleichen gefüllte Formen Doppelhosen.
4. Amarantus atropurpureus Roxb.
Die Amaranten oder Fuchsschwänze waren, be-
vor der Wanderungstrieb des Menschen
leichte Kommunikationen, wie Eisenbahnen und
Dampfschiffe, mächtig unterstützt wurde und aus
allen Ländern der 5 Erdtheile unsere Gärten und
Gewächshäuser mit schönen Pflanzen und Blumen
bereichert wurden, viel angebaut, besonders auf dem
Lande und in kleineren Städten. Es
ders Amarantus caudatus L. und paniculatus L.,
zwei ostindische Arten, weniger der nordamerika-
nische A. hypochondriacus, welche leider, da sie
sich meist von selbst aussäeten, oft in grösserer
Menge im freien Grund der Gärten vorhanden
waren, als es dem Schönheitssinne entsprach. In
Töpfen hingegen wurden die sogenannten Papa-
geienfedern (Amarantus bicolor Nocca und tricolor
L.), durch Kultur vor längerer Zeit schon aus A.
melancholicus L. gezogene Formen, zum bunten
Schmuck verwendet.
Im vorigen Jahre brachten James Veitch
and Sons in London wiederum einen neuen Ama-
rant in den Handel, der mit Recht die Aufmerk-
samkeit der Liebhaber in Anspruch nahm und be-
reits auch bei uns auf dem Kontinente ist: Ama-
rantus salicifolius. Ob diese Pflanze übrigens wirk-
lich zu dem Genus Amarantus gehört, muss abge-
wartet werden. Die schmalen, langen und über-
hängenden Blätter weichen sehr von denen der
übrigen Amaranten ab und ähneln vielmehr denen
des früher in Berlin und im nordöstlichen Deutsch-
steht |
durch |
war beson- |
land viel zur Dekoration angebauten Helianthus |
salicifolius ©.
kleiner.
Jetzt bringt Ernst Benary einen anderen
Amarantus in den Handel, der auf den ersten An-
blick als solcher erkannt werden wird und nicht
weniger eine gute Akquisition darstellt. Es ist
A. atropurpureus Roxb., wiederum eine ostindische
et Dietr., nur ist die Pflanze weit
Gartens in Berlin, Bouch£, bereits in der Sep-
tember-Versammlung des Seren zur Beförderung
des Gartenbaues einige Exemplare (s. vor. Jahrg.
Bis jetzt
war er noch nicht in Kultur gewesen, der Mono-
graph der Amarantaceen in de Candolle’s Prodro-
mus, Moquin-Tandon, kannte ihn vor 12 Jah-
ren selbst so wenig, dass er ihn noch unter den
wenig bekannten Arten dieses ansehnlichen Ge-
schlechtes aufführte,
A. atropurpureus hat, wie der Name sagt, eine
dunkelrothe Farbe, und zwar nicht allein an den
zahlreichen Blüthenähren, sondern auch am Sten-
gel und auf der Unterfläche der Blätter, weniger
‚weil daselbst mehr röthlich-grün, auf der Oberfläche.
Er ähnelt am meisten im äusseren Ansehen dem
Amarantus caudatus, bleibt aber kleiner und wächst
gedrängter. Die Höhe beträgt 13% und 2 Fuss,
die Breite nur etwas weniger. Da er sich gleich
von der Basis an verästelt, so bildet er schliesslich
einen dichten Busch, dessen Aeste mit zahlreichen
und dicht gedrängt stehenden Blüthenähren von
2—23 Zoll Länge endigen. An der Spitze hän-
gen die obersten und längeren Aehren meist etwas
über, aber keineswegs in der Weise, wie es bei
A. caudatus der Fall ist.
Amarantus atropurpureus ist zu Gruppen sehr
geeignet, nicht weniger aber auch als Einzelnpflanze
auf Rabatten und aufRasen. Da er gegen Witterungs-
Einflüsse gänzlich unempfindlich ist, so hat er
hauptsächlich in rauhen Gegenden einen besonderen
Werth.
Ueber diesen Amarantus atropurpureus berich-
tete Garteninspektor Bouch&@ in der letzten Ver-
sammlung des Vereines noch Einiges, was wir hier
hinzufügen wollen. Es wurde von Seiten des bo-
tanischen Gartens im Jahre 1868 Samen aus Cal-
cutta, und zwar unter der Bezeichnung Celosia sp.,
bezogen. In den beiden ersten Jahren waren die
wenigen aus dem Samen erzogenen Pflanzen sehr
schwach; es machte viele Mühe, nur einige reife
Samen zu erzielen. Als davon aber später genug
vorhanden war, wurde er im Jahre 1870 zuerst
ins freie Land als Gruppenpflanze benutzt. Hier
entwickelte er sich prachtvoll und lieferte reichlich
Samen. Im Frühling 1871 erschienen im Freieu
eine Menge Pflänzchen in Folge des Samenausfalles,
also ein Beweis, dass der Same sich während des
Winters im Freien erhält und nicht, wie der vom
A. caudatus, erfriert.
.
5. Erfurter frühester Zwergblumenkohl.
Wenn wir schliesslich noch neben den neuen
Einführungen von Pflanzen eines nicht ganz neuen
> 2‘
69
Gemüses, des Erfurter frühesten Zwergblumenkohls,
gedenken, so ist nicht allein die schöne und kolo-
rirte Abbildung, welche davon uns Ernst Benary
zugesendet hat und auch für 10 Sgr. durch ihn
käuflich zu erwerben ist, die Veranlassung, sondern
noch mehr die Ueberzeugung, dass er im Auslande
nicht allein, sondern selbst im Inlande, viel zu wenig
bekannt ist, obwohl er unserer Ansicht nach von
keiner anderen Sorte übertroffen wird und unbe-
dingt das zarteste Gemüse darstellt, was es giebt.
Wenn man ihn bei einigermassen guter Zubereitung
geniesst, so ist er so zart, dass er auf der Zunge
wie Butter zergeht.
Unbedingt ist der Erfurter früheste Zwergblu-
menkohl noch besser, als der berühmte der Insel
Walchern, einer der seeländischen Inseln im Nor-
den des holländischen Festlandes.. Das Seeklima
soll hier zu seiner Entwickelung besonders günstig
sein. In England wird in den besseren Gemüse-
gärtnereien fast nur Samen des Blumenkohls der
Insel Walchern bezogen; ausserdem bildet aber
auch der Blumenkohl selber einen der bedeutend-
sten Handelsartikel nach dem Inselreiche.
Der Blumenkohl in Paris, der in der Regel
von Fremden sehr gerühmt wird, ist unserer An-
sicht nach in der Güte weit geringer und stets
etwas hart; es scheint selbst, als wenn der Pariser
und Franzose überhanpt ihn nicht so weich liebt,
wie wir. Neuerdings hat der Erfurter Blumenkohl
zwar ebenfalls in Paris Eingang gefunden, aber
weniger seiner Güte halber, als weil er sich besser
treiben lässt und in der Regel schon Mitte Mai
zum Kaufe angeboten wird.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
17%
Einer unserer besten Sträucher für grössere
Parthieen ist ohne Zweifel die Manna-Esche (Fraxi-
nus Ornus). Sie bildet von selbst nie einen Baum,
sondern kann nur künstlich dazu erzogen werden,
und schickt alsbald aus dem unteren Theil des
untersten und verkürzten Stammes mehre Haupt-
. äste gerade in die Höhe. Nur nach oben verästelt
diese sich und zwar ebenfalls nur wenig, sind aber
mit gefiedertem Laube von freudiggrüner Farbe
ziemlich dicht besetzt. Durch diesen Bau würde
die Manna-Esche allein stehend, wenn man nicht
künstlich nachhelfen würde, kein gutes Aussehen
haben, desto mehr und dann Effekt machend, ist
sie dagegen in grösseren Gehölzparthieen zu ver-
wenden.
Die Manna-Esche ist nicht allein ein Füllungs-,
sondern auch ein Blütbenstrauch. Sie bringt im Früh-
jahre grosse Rispen weisser Blüthen hervor, welche
im Gegensatz zu dem dunklen Grün des Laubes
um so mehr hervortreten und damit einen sehr
freundlichen Anblick darbieten. Eben dadurch
weicht sie, die deshalb auch den Namen Blüthen-
esche führt, wesentlich von der gewöhnlichen Esche
ab, deren unscheinliche Blüthen keine Blumenblät-
ter besitzen. Man hat die Manna-Esche wegen des
Vorhandenseins dieser weissen Blüthen zu einem
besonderen Genus, was den Namen Ornus führt,
erhoben und ihr selbst den Namen ÖOrnus vulgaris
gegeben.
Die Manna-Esche ist ein Bewohner des Südens
von Europa und des Orientes, hält aber unsere
Winter, insofern diese nicht zu kalt sind und nicht
zu lange dauern, sehr gut aus; höchstens friert sie
in ungünstigeren Gegenden mehr oder weniger,
selbst bis zur Wurzel, ab, schlägt aber im Früh-
jahre stets wieder aus. Von ihr gewinnt man in
Unteritalien, besonders aber auf Sicilien, die ofh-
einelle, als Arzneimittel gebräuchliche Manna, welche
wesentlich von der biblischen, als Nahrungsmittel
dienenden Manna verschieden ist.
Früher glaubte man, dass die Manna der Apo-
theker allein durch den Stich eines Insektes (der
Cicada oder Tettigonia Orni) in den Stamm der
Manna hervorgebracht würde. Es mag dieses auch
vor mehrern Jahrhunderten nur der Fall gewesen
sein, die Manna jedoch, welche jetzt noch beson-
ders auf Sicilien auf diese Weise gewonnen wird,
ı stellt eben nur eine sehr schlechte Sorte dar, welche
so geringen Werthes ist, dass sie gar nicht mehr
in den Handel kommt. Die gute, heutzutage noch
allein in unseren Apotheken vorkommende Manna
wird nur künstlich und immer durch Einschnitte
erhalten.
Professor Goeppert hat uns aus dem Berichte
des Dr. Langenbach, welcher in den letzten
Jahren einige Zeit auf Sicilien verweilte und dabei
Gelegenheit hatte, die Mannagewinnung an Ort und
Stelle zu beobachten, Einiges mitgetheill. Wenn
dieses auch keineswegs von den früheren Berichten
abweicht, im Gregentheil diese nur bestätigt, so
möchte doch für den Leser der Wochenschrift es
genehm sein, über dieses ornamentale Gehölz un-
serer Anlagen noch etwas zu erfahren, was für
dieses schöne Gehölz noch mehr Interesse erwecken .
dürfte.
Die Gewinnung der Manna hat eine grosse
Aehnlichkeit mit der Gewinnung des Terpenthins
in den Kiefernwäldern des Departements der Hei-
den (des Landes) südlich von Bordeaux in Frank-
reich. Hierüber hatten wir vor einigen Jahren,
nachdem wir selbst an Ort und Stelle Kenntniss
davon genommen hatten, in der Wochenschrift be-
richtet. Die Manna-Esche wird zur Manna-Gewin-
nung erst aus Samen erzogen. Die jungen. Pflänz-
chen bringt man nach Verlauf eines Jahres an die
bereits vorbereitete Stelle und pflanzt sie in mit
einer Eisenstange gemachte Löcher von 1% Meter
Entfernung so tief, dass noch ein geringer Theil
des Stammes ebenfalls eingesenkt wird. Erst nach
7—9 Jahren, wo aber in der Zwischenzeit
Boden alle Jahre von Neuem gelockert wird, be-
ginnt die Gewinnung von Manna in der Weise,
dass man vom Juli bis September mit einem schar- |
fen und gekrümmten Messer dicht über dem Boden
einen Querschnitt von einem Drittel des Umfanges
des Stammes bis auf das Holz macht. Aus der
Wunde quillt, je nachdem das Wetter warm ist,
ein dicklicher, anfangs brauner Saft hervor und
fliesst langsam am Stamme herunter, allmählig er-
starrend und eine feste Gestalt annehmend.
Dieser erstarrte Saft ist die Manna und er-
scheint als beste Sorte in Stangen oder Röhren.
Was darüber hinaus auf den Boden tröpfelt, oder
sonst an der Rinde kleben bleibt und mit einem
Messer abgekratzt wird, wird auf Blättern, beson-
ders der Öpuntien, aufgenommen und führt den
Namen Manna in Sorten. Während des Trocknens
nimmt die Manna allmählig eine weisse Farbe an.
Mit den Einschnitten fährt man nach Dr. Langen-
bach täglich fort und zwar dicht, ungefähr einen
Finger breit über der alten Stelle, bs man eine
gewisse, nicht mehr ergiebige Höhe erhalten hat.
Nun beginnt man wiederum auf einer anderen Seite
von unten und steigt mit dem Einschneiden allmäh-
lig abwärts. Ein guter Arbeiter soll von einem
Morgen bis Mittag, wo die Operation geschieht,
bis 1,000 Einschnitte machen können.
Auf einer Hektare (ungefähr 4 Morgen) stehen
5,000 Pflanzen, welche im Durchschnitt 90 Kilo-
gramme (also fast 2 Centner) liefern. Von dieser
Masse gehört nur der 20. Theil der Stangen-Manna
an, welche das Kilogramm mit 16 Liren (oder
Frank, also 4 'Thlr. 8 Sgr.) verkauft wird, wäh-
rend man für die Sortenmanna nur 63 Liren (ge-
gen 13 Thlr.) zahlt. Die Hektare, mit Manna-
Esche bepflanzt, giebt demnach über 640 Liren
(oder Frank), also etwas über 170 Tblr. Brutto-
Ertrag. Die Herstellung, Bearbeitung des Grund-
stückes wird einem Pächter übergeben und ihm
dafür die Hälfte des Ertrages zugesichert. Da ein
mit Manna-Eschen bepflanzter Acker 10—20 Jahre
benutzt werden kann, wobei allerdings die Erträge
sich später allmählig sehr verringern, so ist der
der
70
Netto-Ertrag für den Morgen im Jahre im Durch-
schnitt doch nur 17% Thaler, ein für Deutschland
schon bedeutender, für Sicilien hingegen geringer
Ertrag der Bodenrente.
Dieses mag auch die Ursache sein, dass die
Kultur der Manna-Esche in der letzten Zeit auf
Sicilien abgenommen, die der Apfelsinen dagegen
zugenommen hat. Die Kultur der letzteren im
Grossen soll ausserordentlich einträglich sein. Nach
den Mittheilungen des Dr. Langenbach wurden
allein in der Provinz Palermo während des Jahres
1854 nicht weniger als 4,466 Hektaren mit Apfel-
sinenbäumen bepflanzt. Diese gaben nicht weniger
als 16,077,600 Liren Ertrag. Von da an steigerte
sich die Kultur genannter Südfrüchte in der Weise,
dass im Jahre 1866 weit über die doppelte Anzahl,
nämlich 11,000 Hektaren mit Apfelsinenbäumen
bepflanzt waren und eine Summe von 39,600,000
Liren einbrachten.
Won dem Rittmeister v. Pfuel in Jahnsfelde
bei Müncheberg in der Mark sind uns nachträglich
noch Mittheilungen über die Folgen des vergan-
genen letzten Winters 1870—71 zugegangen, die,
obwohl etwas verspätet, doch noch Interesse haben
möchten und den früheren in diesen Blättern be-
reits mitgetheilten Thatsachen angereiht zu werden
verdienen. Rittmeister v. Pfuel schreibt uns:
„In_Folge verschiedentlicher Mittheilungen in
der Wochenschrift, betreffend die Wirkung des
Frostes auf die Bäume im Winter 1870—71, er-
laube ich mir auch einige Notizen beizutragen über
das Verhalten meiner Obstgehölze gegen besagten
Winter.
Die Obstbäume sind auf meinem Gute Jahns-
felde folgendermassen vertheilt:
1) In einem Gemüsegarten, der von allen Sei-
ten geschützt ist und sandigen, trockenen Boden
hat, befindet sich ein Zwergobstgarten mit 56 Py-
ramiden und in 3 Compartimenten nach Lepe£re-
scher Manier angelegt, 183 Contrespalierbäume und
39 (+ 15 anderortsstehende) Spalierbäume.
2) In einem Wirthschaftsgarten mit selır gutem,
etwas schwerem Boden, nach Norden und Westen
frei. Etwas nass zum Theil.
3) In einer Plantage in freier Lage, nur süd-
lich und südöstlich geschützt, nach Norden frei.
Mit gutem Boden an einer Wiese lehnend, an wel-
cher 116 Pflaumenbäume stehen.
4) In einer Allee mit 78 Sauer- und Süss-
Kirschen.
Es waren vorhanden:
An Aepfeln 124 Hochstämme,
An Birnen 148 %
An Pflaumen 248 =
° Latus 520 Hochstämme,
vi
Transport 520 Hochstämme,
An Kirschen 112 5
Verschiedene noch nicht tra-
gende Bäume 97 5
Summa 729 Hochstämme.
An Aepfeln 56 Pyramiden,
An Birnen 54 Spaliere,
An Pflaumen 183 Cordons,
Summa 293 Formenbäume.
Dazu 729 Hochstämme,
Summa 1022 Obstbäume überhaupt.
Hiervon sind erfroren:
a. Hochstämme: 10 Aepfelbäume,
21 Birnbäume,
24 Pflaumenbäume,
4 Kirschenbäume,
8 Birnbäume,
6 Aprikosenbäume,
3 Pfirsichbäume,
80 Aepfel- u. Birnbäume,
32 Aepfel- u. Birnbäume,
188 Obstbäume.
b. Spal'erbäume:
c. Cordons:
d. Pyramiden:
Summa
Die Pyramiden, Spaliere und Cordons waren
am Fuss mit kurzem Dünger bedeckt, die Spaliere
mit Tannenzweigen, theils auch mit Rohrmatten
vor dem Sonnenschein geschützt.
Der Frost hat in allen Abtheilungen sonst
gleichmässig geschadet. Ausser dieser nicht unbe-
deutenden Zahl erfrorener Obstbäume sind in den
Baumschulen noch 215 junge veredelte Stämme
und etwa 2% Schock Schmucksträucher erfroren.“*
Direktor Stoll in Proskau hat der Redaktion
nachträglich noch einige Reise-Erinnerungen des
vorigen Herbstes mitgetheilt, die, da sie eine Aus-
stellung in Danzig betreffen und Nachrichten von
den in der Nähe von Danzig liegenden Baumschu-
len von Proust geben, doch auf jeden Fall Inter-
esse für manche der Leser der Wochenschrift haben.
„In Proust hat der vorige Winter auch bedeu-
tenden Schaden, namentlich in den Baumschulen,
angerichtet. Die Vegetation ist dort aber eine so
üppige, dass Bäumchen, die bis nahe am Boden
abgeschnitten waren, Triebe von 6—7 Fuss ge-
macht haben. Wenn ich schon in Eldena, und
namentlich in Putbus, von dem ziemlich guten
Stande der Obstfrüchte überrascht wurde, so war
es in Proust noch viel mehr der Fall. Mehre
Bäume waren so sehr mit Früchten behangen, dass
sie gestützt werden mussten.
Interessant war es mir, gerade in einer Zeit
nach Danzig zu kommen, wo der dortige Garten-
bau-Verein eine Pflanzen-, Blumen- und Frucht-
Ausstellung veranstaltet hatte. Der grosse Saal
des Schützenhauses war für die Gewächse, ein
grosses Zimmer im ersten Stocke desselben Gebäu-
des für die Früchte und Gemüse in Anspruch ge-
nommen. Das Arrangement der Pflanzen, unter
welchen sich eine Menge wahrer Prachtexemplare
befanden, war von den Kunstgärtnern Raabe und
Schaefer äusserst geschmackvoll ausgeführt. Den
zu diesem Saale gehörenden Bühnenraum schmück-
ten ein prachtvolles Exemplar von Latania borbo-
nica, ferner sehr stattliche Rhapis Flabelliformis,
Dracaenen, Cordylinen, Farne (eine Nephrolepis pe-
stinata von seltener Grösse), Sonchezia nobilis,
Campylobotrys Giesbrechti, Caladien und andere
Blattpflanzen, wie prachtvoll gezogene Lorbeerbäume,
desgleichen mehre recht starke, in guter Kultur
stehende Koniferen, wie Thujopsis Cavendishii, Ou-
pressus Lawsoniana, Cryptomeria japonica, ebenfalls
vom Kunstgärtner Raabe zur Ausstellung gebracht.
Den Saal schmückten rechts und links vom
Eingange je eine, an den beiden Längsseiten mehre
recht imponirende Gruppen. Die 2 Hauptgruppen
an den Längsseiten des Saales enthielten manche
stattliche Pflanzen, wie Strelitzia Augusta, Cycas
revoluta, Chamaerops humilis, Dianella indivisa,
Clivia nobilis und mehre andere gute, starke Pflan-
zen, welche von den Handelsgärtnern Rathke,
Lenz, Raabe, Schaefer und Satzke ausge-
stellt waren. Den Fussboden des Saales zierten
dagegen mehre Blumenstöcke auf Moosteppichen,
die vorwiegend Fuchsien, Geranien, Heliotropien,
Achimenes, Cacteen und viele andere Dekorations-
pflanzen enthielten, deren Kulturzustand ohne Aus-
nahme nichts zu wünschen übrig liess.
Von Obst hatte Rathke das Meiste geliefert.
Er stellte aus: 39 Sorten Birnen, 20 Sorten Aepfel,
28 Sorten Pflaumen, 2 Sorten Kirschen, 1 Sorte
Quitten, 1 Sorte Mispel, 7 Sorten Haselnüsse und
mehre Weintrauben, die allerdings noch recht sauer
waren. Beachtenswerth war ferner die Sammlung
von Reiche in Danzig mit 16 Apfel-, 13 Birnen-
und 3 Pflaumen-Sorten.
Das Gemüse war im Verhältniss zu den ande-
ren Ausstellungsgegenständen nur in spärlichen
Massen vertreten; aber die ausserordentliche Grösse
und Vollkommenheit der Produkte gab Zeugniss
von der Vortrefflichkeit des Bodens, der in der
Nähe von Danzig in grossen Flächen für den Ge-
müsebau benutzt wird. Die Ausstellung gewährte
im Ganzen ein recht erfreuliches Bild; sie zeigte,
dass in Danzig mehr Sinn und Liebhaberei für das
Gartenwesen besteht, wie in vielen anderen nicht
weniger und noch stärker bevölkerten Städten.“
Weiter theilt uns Direktor Stoll in Proskau
über das unter ihm stehende pomologische Institut
mit, dass gegenwärtig 28 Zöglinge vorhanden sind.
72
Diese sind: aus Schlesien 9, Schleswig und Hol-
stein 7, Hannover 5, Brandenburg 3, Sachsen 2,
Rheinprovinz 1, Westphalen 1. Pommern, Posen
und Hessen-Nassau haben Niemand geschickt. Dass
die zwei letzten Winter sehr grossen Schaden in
den Obstpflanzungen angerichtet haben, habe ich
schon früher mitgetheilt. Ich habe von Birnen fast
ganze Quartiere zurückschneiden müssen. Jeden-
falls sind die Sorten für unsere Verhältnisse beson-
ders zu empfehlen, denen der Frost wenig ge-
schadet hat. Die besseren von diesen will ich auch
besonders zu verbreiten suchen.
Veber die Umwandlung von Pfahlwurzeln in
einen Stamm theilt uns Hofgärtner Jäger in Eise-
nach Folgendes mit:
„Die Seite 406 der Wochenschrift von 1871
mitgetheilte Umwandlung einer Pfahlwurzel in einen
Stamm ist gar nicht ungewöhnlich. Wer in ge-
birgigen Gegenden bewaldete Hohlwege und steile
Hänge aufmerksam betrachtet, sieht häufig solche
Wurzeln nicht nur einen Stamm, sondern auch |
Doppelstämme bilden, indem eine getheilte Wurzel
zum Stamm wurde. Es verwandelt sich jede Haupt-
wurzel in einen Stamm, wenn zufällig oder ab-
sichtlich der Boden um sie her entfernt wird. In
Hohlwegen geschieht das durch Nachrutschen der
Erde und durch Abschwemmen.
Auch der mitgetheilte Fall, dass ein auf einer
hohlen Weide stehender Baum seine Pfahlwurzel
zum Stamm umbildet, kommt oft vor. Ich kann
aber einen ganz andern Fall mittheilen, welchen
ich bereits vor 15 Jahren oder länger in der Zeit-
schrift „Natur“, wenn ich nicht irre, auch noch in
einer anderen Zeitschrift beschrieben habe. Ich
erwähne dies, weil dieser Baum seit 5 Jahren nicht
mehr vorhanden ist. Vor nun wenigstens 25 Jah-
ren sah ich zuerst hier am Wege nach der Wart-
burg, am sog. Schlossberge, 5 Minuten von der
Stadt eine Linde von etwa 4 Fuss Durchmesser.
Dieselbe war hohl, so dass die Kinder von einer
Seite hinein-, auf der andern hinauskrochen. Da
bemerkte ich in der Mitte eine Art Pfahl. Als
ich ihn näher untersuchte, fand ich eine damals
höchstens einen Fuss dicke senkrechte Wurzel. Der
Stamm hatte aus seinem oberen gesunden Holze
Wurzeln gebildet, welche sich von dem verfaulten
inneren Holze (Ho!zerde) nährten. Die stärkste
erreichte endlich den wirklichen Boden und stand,
nachdem die Baumerde durch die Versuche der
Kinder nach und nach aus dem hohlen Boden ent-
fernt worden war, endlich ganz frei da. Diese
innere Wurzel erstarkte nach und nach so, dass
die Kinder nicht mehr durchkriechen konnten, hatte,
als ich sie zuletzt sah, eine Stärke von mehr als
2 Fuss erreicht und schloss sich an die gut geblie-
benen äusseren Holzschichten an. Es hatte also
eine im Innern des hohlen Baumes gebildete Wur-
zel die Ausfüllung bewirkt. Leider wurde diese
Linde gefällt und ich erfuhr es erst nach Jahr und
Tag, sonst hätte ich einen Abschnitt erworben.
Ein ähnlicher Fall ist mir nur noch einmal vor-
gekommen. Ich kultivirte vor vielen Jahren eine
sehr grosse Foureroya gigantea. Einst kam mir
der unten wohl 1 Fuss starke Stamm verdächtig
vor. Als ich die Rinde untersuchte, war sie todt
und löste sich ab. Wie erstaunte ich aber, als ich
unter derselben ein förmliches Geschlecht weisser
Wurzeln fand, welche die Erde des Topfes erreicht
hatten und nun die Pflanze erhielten. Der ganze
Stamm war verfault. Was später aus ihm gewor-
den, weiss ich nicht. Er stand noch nach einem
Jahre, nachdem ich diese Entdeckung gemacht,
allerdings befestigt. Der Stamm des grossen Dra-
chenbaumes auf Teneriffa (Dracaena Draco) soll
auch aus Tausenden von Wurzeln bestanden haben.
Pomologisches Institut
ın
Proskau.
Das Sommer-Semester am Königlichen pomo-
logischen Institute zu Proskau in Schlesien beginnt
den 1. April.
Der Unterricht umfasst während des zweijähri-
gen Kursus aus dem theoretischen und praktischen
Gebiete: Mathematik, Physik, Chemie, Mineralogie,
Botanik, Zoologie, naturwissenschaftliche Begrün-
dung des Pflanzenbaues, Obstkultur, insbesondere
Obstbaumzucht, ‚die Lehre vom Baumschnitt, Obst-
bau, Obstkenntniss (Pomologie), Obstbenutzung,
Weinbau, Gemüsebau, Treiberei, Handelsgewächs-
bau, Gehölzzucht, Landschaftsgärtnerei, Plan- und
Früchtezeichnen, Feldmessen und Nivelliren, Buch-
führung, Bienenzucht und Seidenbau mit Demon-
strationen.
Anmeldungen zur Aufnahme haben unter Bei-
bringung der Zeugnisse schriftlich oder mündlich
bei dem unterzeichneten Direktor zu erfolgen.
Derselbe ist auch bereit, auf portofreie Anfrage
weitere Auskunft zu ertheilen. Stoll.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
F für ;
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General - Sekretär des Vereines.
No. 10. | i ar "Berlin, nn 9. Marz. ern en 1879.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
; des deutsch-österreichischen Post- Vereines.
Be den 10. März, ne 11 Pr Anger im Erenuslen Hauke "Wöhrenstr. 29) | eine von
sammlung des Vereines statt, wozu die geehrten er. en, RE:
Inhalt: Die Königliche Eben: Gerolischent in Hohen = Fahnen der Eatwickelung bei der Foheren Adanzen — Ober-
dieck und Lucas’ illustrirte Monatshefte für Obst- und Weinbau. . Jahrgang 1871. — Azalea sinensis Lodd. und
mollis Bl.
Die Königliche Be erhauGesellschrft den waren, gingen auch dieses Mal wiederum bei
dem Skrutinium hervor.
erste In dem Rathe führt der Prinz von Wales
Am 13. Februar feierte die Königliche Garten- den Vorsitz, die beiden anderen Mitglieder sind
bau-Gesellschaft in London ihr Jahresfest. Wie Arthur Grote und Andrew Murray. Vor-
in früheren Zeiten, so wurde auch dieses Mal von | sitzender im Vorstande ist der Herzog von Bucc-
Seiten des Rathes (Council) ein Bericht über die | leugh, Schatzmeister: John Hutton und Sekre-
Thätigkeit der Gesellschaft im vergangenen Jahre | tär: der Generalmajor Scott. Der letztere ist als
abgestattet. Wenn das Leben und die innere Thä- | einer der tüchtigsten Ingenieure bekannt und hat
tigkeit einer solchen Gesellschaft, welche ihre Wirk- | den Entwurf zur Albert Hall angefertigt.
samkeit nicht allein auf sich und ihre Umgebungen | Der Bericht sprach sich zunächst über die Fol-
beschränkt, sondern über ganz Grossbritannien, ja | gen der Verbindung mit den Leitern (Commissio-
selbst darüber hinaus ausdehnt, an und für sich | neers) der internationalen Ausstellung aus. Alle
Interesse für die Leser einer gärtuerisch-botanischen | Erwartungen wurden übertroffen, die Gesellschaft
Zeitschrift haben muss, so ist gerade der Bericht | hat aus dem Ueberschuss der Einnahmen der in-
über das vergangene Jahr besonders geeignet, zur | ternationalen Ausstellung eine runde Summe von
weiteren Kenutniss zu kommen. Der Bericht wurde | 5,000 Pfund Sterling (gegen 24,000 Thaler) er-
vom Assistent-Sekretär Fortune, dem berühmten | halten. Zum besseren Verständniss theilen wir mit,
China-Reisenden, verlesen. dass Grund und Boden der Gartenbaugesellschaft
Die Gartenbau-Gesellschaft hat als leitende Be- | in Süd-Kensington (London) im Jahre 1851 aus
hörden einen aus 3 Personen bestehenden oberen | den bedeutenden Erträgen der ersten internationalen
Rath (Council), sowie einen Vorstand, ebenfalls | Ausstellung erworben wurde, um für spätere Aus-
mit 3 Mitgliedern (Vorsitzender, Schatzmeister und | stellungen mitten in London passende und ausrei-
Sekretär). Ausserdem sind aber noch Stellvertreter | chende Räume zu haben. Von Seiten der Leiter
vorhanden, abgesehen davon, dass noch verschiedene | (Commissioneers) der Aktien-Gesellschaft, welche
Personen an den Geschäften und Arbeiten Antheil | sich behufs der ersten internationalen Ausstellung
nehmen. Diese letzteren werden aber nur ernannt, | gebildet hatte, wurde mit der Königlichen Garten-
während die Mitglieder des Rathes und des Vor- | baugesellschaft, welche damals nur in Chiswick bei-
standes an dem 13. Februar, als dem Tage, wo | London und auf dem Wege nach Kew ihren Sitz
die Gartenbau-Gesellschaft ins Leben gerufen wurde, | hatte, in der Weise eine Vereinigung herbeigeführt,
einer Neuwahl unterworfen werden. Dieselben | als der grösste Theil des angekauften Landes ihr
Mitglieder, welche im vorigen Jahre gewählt wor- | unter gewissen Bedingungen zur Benutzung über-
10
geben wurde. So entstand der Gartenbau-Gesell-
schaftsgarten mit den rings herum ihn einschliessen-
den Gebäuden. Da erst in dem vorigen Jahrgange
der Wochenschrift ausführlich darüber gesprochen
worden ist (S. 257) und auch über die von Seiten
der Ausstellungs-Gesellschaft aufgeführten Gebäude
für die jetzige 7 Jahre dauernde Ausstellung be-
richtet wurde, so können wir jetzt die Beschrei-
bung der dargebotenen Räumlichkeiten als bekannt
übergehen.
Obwohl beide Gesellschaften sich im innigsten
Zusammenhange befinden und auf einander ange-
wiesen sind, so hat doch jede ein besonderes Bureau
und eine besondere Kasse. Als daher im Mai des
vorigen Jahres der 7jährige Cyclus internationaler
Ausstellungen eröffnet wurde, war zwar das Bereich
der letzteren von dem von ihnen eingeschlossenen
Gartenbau-Gesellschaftsgarten abgeschlossen, es war
aber die Anordnung getroffen, dass jeder Fremde
74
mit Leichtigkeit aus dem Bereiche der einen Ge-
sellschaft in das der anderen gelangen konnte.
Die musikalischen Bewerbungen, welche die Aus-
stellungs- oder vielmehr noch eine dritte ebenfalls
mit ihr in nähere Verbindung getretene Gesellschaft,
nämlich der Cäcilien-Verein, mit ihrem Sitze der
im Norden anstossenden grossartigen Albert-Hall, |
ausgeschrieben hatte, fanden sogar in dem Garten-
bau-Gesellschaftsgarten selbst statt. Ebenso waren
die der Gartenbau Gesellschaft gehörigen Arkaden
der beiden langen Seiten des Gartens durch Gegen-
stände der internationalen Ausstellung zum grossen
Theil eingenommen. Für diese den Leitern der
internationalen Ausstellungen
günstigungen erhielt die Gartenbau-Gesellschaft von
dem Eintrittsgelde eines jeden Fremden, welcher
die Ausstellung besuchte, 1 Penny (10 Pfennige).
Wie gross deren Zahl gewesen muss, ersieht man |
aus der Summe von über 5,000 Pfund (gegen |
34,000 Thaler), welche in Folge dieses Zugeständ-
zugestandenen Ver- |
' endlich im Jahre 1870 aufgestellt wurde und da-
nisses am Ende der Ausstellung die Gartenbau-
Gesellschaft ausgezahlt erhielt.
Es muss jedoch bemerkt werden, dass dafür
manche anderen kleineren Einnahmen, welche in
früheren Jahren die Gartenbau -Gesellschaft aus
ihrem Garten gehabt, im letzten Jahre in Folge
der internationalen Ausstellung sich sehr verringert
hatten.
bestimmter Theile der Arkaden zu Separat-Ausstel-
lungen, zu Privatfesten u. s. w., sowie die Einnahme
Ss
De
| rief.
Ferner war und zwar in doppelier Weise der
Gartenbaugesellschaft ein Ausfall durch die Umge-
staltung des Chiswick - Gartens geworden. Seine
Unterhaltung hatte 1870 nur die Summe von etwas
über 1,300 Pfund gekostet, während im Jahre 1871
die Ausgaben über 2,000 Pfund betrugen. Um-
gekehrt hatte sich die Einnahme aus dem Verkaufe
von Pflanzen u. s. w. gegen früher verringert.
Diese betrug im Jahre 1870 nahe 600, im Jahre
1871 dagegen nur 350 Pfund.
Dass in deın Garten von Süd-Kensington sich
die Ausgaben gegen das Jahr 1370 bedeutend
höher stellen würden, war eine Sache, die voraus-
zusehen war. Es mussten, um mit der internatio-
nalen Ausstellung und deren Ausschmückungen sich
in einer Uebereinstimmung zu befinden, bedeutende
Anstrengungen gemacht werden. Während im
Jahre 1870 nur etwas über 2,350 Pfund für den
Garten ausgegeben wurden, betrugen die Ausgaben
im Jahre 1871 über 3,800 Pfund. Dazu kam,
dass neue Zelte für die Aufnahme von Pflanzen
während der eigenen Ausstellungen von Pflanzen
angefertigt wurden. Man hatte für 2 grosse Zelte
nicht weniger als 1,400 Pfund, von denen jedoch
im verflossenen Jahre erst 500 Pfund angezahlt
worden sind, bestimmt. Ferner war noch von Sei-
ten der Gartenbaugesellschaft eine alte Schuld ab-
zutragen. Bereits schon im Jahre 1861 war näm-
lich bei einem englischen Künstler eine Marmor-
gruppe für ein Wasserbassin bestellt worden. Ob-
wohl das Jahr darauf die Gruppe schon fertig war,
so schob sich doch aus uns unbekannten Ursachen
ihre Aufstellung von Jahr zu Jahr hinaus, bis sie
mit auch die Kosten von 500 Pfund im nächsten
Jahre zur Erledigung kamen.
Die Verbindung mit der internationalen Aus-
stellung machte es aber auch ferner nothwendig,
dass man alle 14 Tage Ausstellungen von Pflanzen
und Blumen mit erhöhten Ansprüchen ins Leben
Um diesen nachzukommen, war es wiederum
nothwendig, dass mehr Geld auf die Preise ver-
wendet wurde. Während im Jahre 1870 nahe an
1,500 Pfund dafür verausgabt wurden, machte sich
für das Jahr 1871 eine Summe von über 1,900
' Pfund nothwendig.
So betrug die Einnahme für Vermiethung
Es ist bereits mehrmals in der Wochenschrift
‚ über die Ausstellungen, welche die Königliche Gar-
für Ausgabe allgemeiner Eintrittskarten für den |
Garten, kaum etwas mehr als die Hälfte.
hatte man eine Einnahme von über 2,200, 1871
nur von nahe an 1,200 Pfund Sterling daraus ge-
habt. Es stellte sich demnach gegen das erste Jahr
der bedeutende Verlust von 1,000 Pfund heraus.
1870 ı
' Liebe zu Pfanzen und Blumen bei
|
|
|
|
tenbau-Gesellschaft von London seit 2 Jahren in
den Provinzen veranstaltet, gesprochen worden.
Es ist nicht zu leugnen, dass dadurch der Sinn für
den Landbe-
wohnern befördert wird, aber auch nicht weniger,
dass die Landesverschönerung im Allgemeinen da-
mit eine grosse Stütze erhält. Diese Neuerung Ist
75
unbedingt die wichtigste, welche von Seiten der
Gartenbaugesellschaft in London in den letzten
Jahren gemacht worden ist. Welchen Einfluss der-
gleichen ländliche Ausstellungen haben, ist auch
bei uns in Deutschland, wo der Verein zur Beför-
derung des Gartenbaues in Berlin die mit Obst- |
ausstellungen verbundenen allgemeinen Versamm-
lungen deutscher Pomologen und ÖObstzüchter in’s
Leben gerufen hat, durch die Erfahrung bestätigt |
worden. Die Bedeutung des Erfolges in Deutsch-
land ist um so höher anzuschlagen, als diese Aus-
stellungen und Versammlungen nur mit geringen
\ Unbequemlichkeiten, welche ihnen und ihren Fa-
Mitteln in’s Leben gerufen wurden.
Die erste dieser ländlichen Ausstellungen, welche
die Londoner Gartenbau-Gesellschaft im grossartigen
Maassstabe veranstaltete, war im Jahre 1870 in
der alten englischen Universitätsstadt Oxford. Man
hatte sich zwar auf einen nicht geringen Ausfall
vorbereitet, es stellte sich schliesslich aber dieser
doch nur sehr gering heraus. Im vorigen Jahre
gestalteten sich die Verhältnisse in Nottingham, wo |
die zweite ländliche Ausstellung in’s Leben gerufen |
worden war, noch weit günstiger, obwohl man keine
Kosten gescheut hatte, um sie möglichst glanzvoll
herzustellen.
schuss von 774 Pfund. Es
chen ihm Pflanzen und Blumen zu verschaffen ver-
mögen, ganz anders zu schätzen weiss, als im All-
gemeinen der Deutsche. Wenn man in Berlin oder |
einmal
in Deutschland überhaupt ausnahmsweise
10 Sgr. für den Besuch einer Pflanzenausstellung
zahlen soll, kann man sicher sein, dass sie nur
wenig besucht wird.
und halbe Guineen (zu 7 Thaler), um sich einen
geistigen Genuss, wie ihn Pflanzen-Ausstellungen
geben, zu verschaffen. Man werfe uns nicht ein,
dass jenseits des Kanales mehr Geld vorhanden ist,
viele reiche Leute, die Bürgerschaft ist ebenfalls
gegen früher weit begüterter. Der Grund des ge-
ringeren Besuches unserer Ausstellungen liegt darin,
dass die Empfänglichkeit für den höheren geistigen
Man hatte am Schluss einen Ueber-
ist dieses wiederum |
ein Beweis, dass der Engländer den Genuss, wel-
In England zahlt man ganze |
Genuss, den Pflanzen und Blumen zu geben ver- |
mögen, noch nicht bei uns Deutschen so geweckt
ist, als in England.
Die Zahl der Mitglieder der Londoner Garten-
baugesellschaft hat sich im Jahre 1871 gegen das
Jahr 1870 ziemlich gleich verhalten. 1870 betrug
die Einnahme aus den Beiträgen der Mitglieder
7,115, 1871 hingegen 7,177 Pfund. Auch jenseits
des Kanales ist trotz der unendlich günstigeren
Verhältnisse die Klage über geringe Theilnahme
an den Bestrebungen der Gartenbaugesellschaft all-
gemein. Um wie viel gerechter sind unsere Kla-
|
|
| gel
wir haben, besonders in Berlin, ebenfalls jetzt sehr |
gen in Deutschland, wo die Einnahmen des ersten
und grössten Gartenbau-Vereines in Berlin, der in
nicht 4 Monaten das Jubiläum seines 50Ojährigen
Bestehens feiern wird, aus den Beiträgen der Mit-
glieder noch nicht 2,000 Thaler, also ungefähr den
24. Theil dessen, was die Londoner Gartenbau-
Gesellschaft bezieht, betragen.
Unter diesen günstigen Verhältnissen, welche
eine Jahres-Einnahme von nahe 100,000 Thalern
wohl herstellen kann, hielt es der Rath der Lon-
doner Gartenbau-Gesellschaft für durchaus nothwen-
dig, dass in diesem Jahre den Mitgliedern für die
milien durch die Verbindung mit der Ausstellungs-
| Gesellschaft bei der Benutzung des Gartens und
seiner Arkaden im vorigen Jahre geworden waren,
eine Entschädigung in der Weise zu Theil würde,
dass ihnen der Besuch der Ausstellungsräume er-
leichtert werde. Der Rath hat zu diesem Zwecke
mit den Commissionneers oder Leitern der inter-
nationalen Ausstellung bereits Unterhandlungen an-
geknüpft, die zu einem befriedigenden Ende ge-
führt haben. Das Nähere wird er später zur Kennt-
niss der Mitglieder der Gartenbau - Gesellschaft
bringen.
(Schluss folgt.)
Formen der Entwickelung
bei den höheren Pflanzen.
Unter dieser Uebeischrift hat unser verehrter
Freund, Dr. Regel in Petersburg, einen Gegen-
stand zur Sprache gebracht, der für die Wissen-
schaft des Lebens der Pflanzen, also für die Phy-
siologie, nicht weniger aber für die gärtnerische
Praxis, von ungemeiner Wichtigkeit ist. Nach Re-
haben nämlich alle Pflanzen 2 Stadien in
ihrem Leben durchzulaufen, eins der Unfruchtbar-
keit und eins der Fruchtbarkeit. Diese beiden
Stadien zeigen bisweilen, wie bei dem Epheu, in
ihrer äusseren Erscheinung grosse Verschiedenhei-
' ten, so dass man meint, zweierlei Pflanzen vor sich
zu sehen; bisweilen gehen sie aber auch so un-
scheinlich in einander über, dass sie äusserlich gar
| nicht oder nur wenig bemerkt werden.
Dr. Regel ist geneigt, diese Stadien der Un-
fruchtbarkeit und Fruchtbarkeit mit dem sogenann-
ten Generationswechsel bei den niederer Pflanzen
und Thieren zu vergleichen. Das möchte aber
doch etwas anderes sein, da hier neben der ver-
schiedenen Form in der äusseren Erscheinung auch
für jedes Stadium eine besondere Fortpflanzung
vorhanden ist. Das Mutterkorn ist z. B. das Dauer-
mycelium eines mit Fortpflanzungsorganen versehenen
10*
76
Pilzes und bringt wiederum einen anderen Pilz mit
besonderen Fortpflanzungs-Organen hervor. Der
Rost auf dem Blatte eines Sauerdornes erzeugt
Sporen, die nur auf Roggen keimen und daselbst
einen anderen, in der Gestalt verschiedenen Rost
hervorbringen. Nachdem dieser Rost eine Zeitlang
Sporen, die wiederum Roggenrost erzeugen, her-
vorgebracht hat, kommen ım Herbste nur sogenannte
Teleutosporen hervor, welche überwintern, keimen
und aus abgeschnürten kleinen Sporen wiederum
den Anfang des Rostes bilden, der nur allein auf
Sauerdornblättern seine weitere Entwickelung er-
halten kann. Damit ist der Kreislauf einer und
derselben Pflanze vollendet und es beginnt ein
neues Individuum mit demselben Generations-
wechsel.
Die Pflanzen zu kennen, wo die Stadien der
Unfruchtbarkeit einer bestimmten Pflanze sich ver-
schieden von denen der Fruchtbarkeit verhalten,
ist für den praktischen Gärtner wichtig, um, da
die Stadien nicht immer gleichen gärtnerischen
Werth haben, bei Vermehrungen auch das Stadium
der Pflanze zu bekommen, was er will, weil es
allein gärtnerischen Werth hat. Macht er Steck-
linge aus dem Stadium der Unfruchtbarkeit, so hat
dieses weniger zu bedeuten, da in der Regel, wie
es scheint, bei dem fortschreitenden Wachsthume
des Individuums schliesslich auch hier das Stadium
der Fruchtbarkeit kommen wird. Rhynchosper-
mum jasminoides ist ebenso wie die Quisqualis-
Arten, in dem Stadium der Unfruchtbarkeit ein
aufrechtes Gehölz (vergl. 13. Jahrg. d. Wochen-
schrift S. 9), wie aber das Stadium der Frucht-
barkeit herankommt, wird aus dem aufrechten Ge-
hölz eine Liane. Der Gärtner wird, da ihm das
blühende Rhynchospermum oder die blühende Quis-
qualis lieber sind, als die einfach vegetirenden
Pflanzen, deshalb stets besser thun, wenn er allein
von der blühenden Pflanze Stecklinge macht. Auf
diese Weise erhält er wieder blühende Pflanzen.
Würde er ım Stadium der Unfruchtbarkeit Steck-
linge gemacht haben, so müsste erst bei diesen die
Zeit der Fruchtbarkeit abgewartet werden, bis man
blühende Exemplare erhält. Man würde hier eben-
falls zwar zum Ziele gelangen, aber Zeit verlieren.
Ganz anders verhält es sich mit den während
der Unfruchtbarkeit und Fruchtbarkeit verschiedenen
Pflanzen, wo der gärtnerische Werth im ersten
Stadium der Unfruchtbarkeit liegt. Macht man hier
in dem Stadium der Fruchtbarkeit Stecklinge, so
wird man nie und nimmer Pflanzen mit dem Sta-
dıum der Unfruchtbarkeit erziehen, so sehr man
sich auch Mühe giebt. Ficus scandens oder stipu-
laris unserer Gewächshäuser ist ganz vorzüglich
zum Ueberziehen besonders feuchter Wände, wenn
ı Epheu an.
diese sich auch im tiefsten Schatten befinden, und
wird bekanntlich, da die Liane auch bei dem Pflan-
zenliebhaber beliebt ist, vom Gärtner sehr vermehrt.
So lange die Pflanze an den Wänden emporklet-
tert, kommt sie nicht zur Blüthe, und wenn sie
Jahrzehnte, im Vaterlande vielleicht Jahrhunderte
auf diese Weise vegetirte. Sie wächst im tiefen
Schatten der Urwälder und überzieht daselbst die
stärksten Baumstämme mit sammt ihren Aesten so
dicht, dass deren Tod schliesslich die unausbleibliche
Folge ist. Kann dann vielleicht durch das Um-
stürzen des schliesslich verfaulenden Baumes Licht
und Luft direkt bis zur Pflanze gelangen, wie diese
nothwendig sind, wenn Ficus scandens blühen soll,
so geschieht in der Weise durch den Nachwuchs
dieser Liane eine Umänderung, dass der fadenför-
mige Stengel sich erstarkt, von der früheren Un-
terlage sich entfernt und fest und steif wird, von
nun an ein aufrechtes Gehölz bildend.. Im bota-
nischen Garten zu Berlin befinden sich dergleichen
aufrechte, eine Höhe von 10--12 Fuss besitzende
Sträucher der Ficus scandens mit dicken, leder-
artigen Blättern von 3 und 4 Zoll Länge, während
die Blätter der Kletterpflanze dünn und kaum 3 bis
1 Zoll lang erscheinen. Das ganze Jahr sieht man
reife und unreife Feigen, welche die Grösse einer
gewöhnlichen haben, wie es scheint, aber hart blei-
ben, an diesen Sträuchern in dem Stadium der
Fruchtbarkeit. Macht man hier Stecklinge, so er-
hält man nie die Liane wieder, sondern stets nur
einen Strauch, der keinen gärtnerischen Werth hat.
Dr. Regel führt als weiteres Beispiel unseren
Während dieser im jugendlichen Alter
ebenfalls eine Kletterpflanze ist, die rasch Mauern
oder den Boden überzieht, so löst sie sich, wenn
sie blühen will, von ihrer früheren Unterlage los,
verästelt sich in freier Luft und die bis dahin ge-
lappten Blätter werden länglich und ungelappt,
damit minder schön. Macht man von solchen blü-
benden Aesten Stecklinge, so erhält man keine
Kletterpflanze, sondern einen aufrechten Strauch,
aus dem ebenfalls nie und nimmer kletternde Zweige
hervorkommen. Der Gärtner hat diesen auf eben
angegebene Weise fortgepflanzten Epheu als He-
| dera arborea und arborescens in seinem Verzeich-
nisse, kann ihn aber nie benutzen, um Kletterpflan-
zen daraus zu erhalten. Will er diese haben, so
dürfen die Stecklinge nur im ersten Stadium der
Unfruchtbarkeit gemacht werden.
Wir besitzen noch eine andere Araliacee, welche
in dieser Hinsicht noch interessanter ist, aber um-
gekehrt gärtnerischen Werth nur als Blüthenpflanze
besitzt. Es ist dieses Tupidanthus calyptratus, früher,
als die Araliaceen in unseren Gärten noch beliebte
Dekorationspflanzen waren, eine unter dem Namen
17
Sciadophyllum pulchrum beliebte Art, über die wir
in der Wochenschrift oft berichtet haben. Es ist
unsererseits sogar auch, da vor 13 Jahren ein
Exemplar im botanischen Garten zu Berlin blühte,
von ihr eine ausführliche Beschreibung gegeben
worden (s. 2. Jahrg. S. 345). Wir konnten uns
damals, als wir die blühende Pflanze untersuchten
und überhaupt bis dahin nur Exemplare aus dem
Stadium der Fruchtbarkeit kennen gelernt hatten,
gar nicht denken, dass dieses Sciadophyllum pul-
chrum mit seinem baumartigen, ziemlich hohen
Stamme dieselbe Pflanze sei, welche im Stadium
der Unfruchtbarkeit am Felsen des Himalaya klet-
tert und von Hooker als Tupinanthus calyptratus
beschrieben wurde, so sehr uns auch bei der Ver-
gleichung des Blüthenbaues die Uebereinstimmung
der einzelnen Theile auffiel. Wir hielten sie des-
halb für eine neue, noch nicht beschriebene Pflanze
des Genus Tupidanthus und nannten sie wegen
ihres grossen Werthes zur Dekorationspflanze zu
Ehren des im vorigen Jahre verstorbenen Meisters
der schönen oder bildenden Gartenkunst: Tupidan-
thus Pückleri. Wir wurden von der Identität des
Sciadophyllum pulchrum unserer Gärten und des |
Tupidanthus calyptratus erst dann überzeugt, als |
wir in Kew Vergleiche anstellen konnten und ausser-
dem noch durch Hooker, der die Pflanze im
Vaterlande lebend gesehen, specielle Aufschlüsse
erhielten.
Es ist wahrscheinlich, dass auch andere Ara-
liaceen des Himalaya und Östindiens mit seinen
Inseln überhaupt auf gleiche Weise verschiedene
Formstadien der Unfruchtbarkeit und der Frucht-
barkeit besitzen, wie Tupidanthus calyptratus. Auf
jeden Fall ist es mit den meisten, vielleicht allen
Paratropia-Arten der Fall. Die Art, welche in der
Systematik jetzt den Beinamen parasitica führt, ist |
wahrscheinlich nichts weiter, als das Stadium der |
Unfruchtbarkeit irgend einer anderen Art. Nur
Beobachtungen an Ort und Stelle’können hier Auf-
schluss geben.
Ein weiteres Beispiel der äusserlichen Verschie-
denheit der beiden Stadien der Unfruchtbarkeit und
der Fruchtbarkeit ist das bei uns in den Gewächs-
häusern, besonders der botanischen Gärten, vielfach
kultivirte Daerydium oder Podocarpus Mai. Wer
sollte nicht diese in fadenförmigen, aber sehr ver-
zweigten Aesten überhängende Konifere von so
traurigem Ansehen, dass man sie wenigstens für
krank, wenn nicht gar für abgestorben hält, aus
unsern Kalthäusern kennen? Wer nicht enthusiasti-
scher Pflanzenliebhaber ist, kann nie begreifen, wie
man an solchen schlecht aussehenden Pflanzen Ge-
fallen haben und sie kultiviren kann.
Lange Zeit hielten wir diesen Podocarpus Mai
unserer Gewächshäuser nicht für die ächte Pflanze
d. N., da sie von den in botanischen Werken ge-
gebenen Beschreibungen im hohen Grade abwich.
In diesen ward sie nämlich als ein Baum angege-
ben mit schlankem, hohem Stamme, der eine Höhe
von 160, ja selbst bis 180 Fuss erreicht. Von
den im Alter und während des Stadiums der Frucht-
barkeit lang herabhängenden Aesten und Zweigen
wird aber in allen botanischen Werken nichts er-
wähnt. Erst nachdem wir hinlängliches Material
' zur Vergleichung hatten und Reisende in jenen
Ländern, wo Podocarpus Mai wächst (Neuseeland),
uns Mittheilungen über die Pflanze machten, haben
wir uns eines Besseren belehrt.
Da wir nur solche überhängende und stark ver-
zweigte Exemplare der genannten Pflanze kultivi-
ren, so geht zur Genüge daraus hervor, dass wir
nur Stecklings-, aber keine Samenpflanzen von
Podocarpus Mai in unsern Gewächshäusern be-
sitzen. Es wäre deshalb wohl wünschenswerth,
dass wir auch einmal direkt aus dem Vaterlande
Samen erhielten, um damit Exemplare in ihrem
ersten Jugend-Stadium heranziehen zu können.
Dergleichen Sämlingspflanzen würden gewiss ein
viel schöneres Ansehen haben und eine stattliche
Pflanze darstellen.
Wir wollen schliesslich noch ein Beispiel für
die Ungleichheit einer Pflanze in ihren beiden Sta-
dien der Unfruchtbarkeit und Fruchtbarkeit auf-
führen. Vor gegen 10 oder 12 Jahren wurde von
Cupressus funebris Samen eingeführt und man
brachte die daraus erzogenen Pflanzen in den Han-
del. Alle Exemplare hatten weiche Nadeln. Plötz-
lich erschienen aber an den Zweigen dafür schup-
penförmige Blätter auf beiden Seiten. Da zu
gleicher Zeit bei weiterem Wachsthum die ersten
nadelförmigen Blätter nach und nach abfielen und
die Pflanze damit das Ansehen eines Lebensbaumes
erhielt, so glaubten manche dieses Vorganges un-
kundige Gärtner eine plötzliche Umwandlung in
eine andere Art zu sehen, ja selbst Botaniker,
welche ihre Studien mehr in Büchern und Her-
barıen machten, meinten in diesen vermeintlichen
Uebergang einer Art in eine andere eine Stütze
für die Darwin’sche Theorie, dass es keine festen
Arten gebe, zu finden. Faktisch haben aber Le-
bensbäume, Sabinen, Cypressen und andere mit
schuppenförmigen Blättern versehene Üupressineen
in der ersten Jugend stets Nadeln und erhalten
erst in ihrem zweiten Stadium ihre Normalgestalt.
Es liessen sich leicht noch mehre Beispiele auf- °
führen. Es werden aber diese genügen, um die
Angaben Regel’s zu bestätigen. Unser geehrter
Freund geht aber zu weit, wenn er bei allen Pflan-
zen bestimmt abgegrenzte Stadien der Unfrucht-
78
barkeit und Fruchtbarkeit nachweisen will. Man
würde in diesem Falle gezwungen, schliesslich Un-
fruchtbarkeit bei den Pflanzen gleich mit Jugend
zu halten, Fruchtbarkeit wäre dagegen die Zeit der
Erndte im Leben einer Pflanze. Dass im Verlaufe
des Wachsthums, besonders die appendikulären
Theile, die Blätter, bei allen höheren Pflanzen
allmählig eine andere, wenigstens etwas verschie-
dene Gestalt annehmen, die ersten Samenblätter
anders aussehen, als die sogenannten Wurzel-, und
diese wiederum anders als die Stengel-, und noch
anders als die in der Nähe der Blüthe, ist hin-
länglich bekannt, und daher auch nicht nothwendig,
noch Worte darüber zu verlieren. Sobald beispiels-
weise bei Bromelien, bei den Guzmannien u. s. w.
die neuen Blätter anfangen, sich zu färben, dann
kann man sicher sein, dass der Blüthenstand bald
erscheint.
Wenn schon jede Pflanze an und für sich be-
stimmte Nahrungsmittel, besonders mineralische, in
gewissen Verbindungen bedarf, so ist dieses in er-
höhtem Grade dann der Fall, wenn die Befruch-
aber keine Früchte, resp. Samen hervor.
tung geschehen ist und Samen zur Fortpflanzung
‚, rohen Nahrungsmitteln ist in der Regel die Ur-
der Art gebildet werden sollen. In der Regel, und
dieses ist besonders auch bei den ausdauernden
Pflanzen der Fall, bereitet die Pflanze eine Vege-
tation vorher schon durch die Nahrungsmittel vor,
welche sie bei den späteren Neubildungen, beson-
ders für die der Samen, bedarf. Wir sehen dieses
namentlich bei den Zwiebelgewächsen und bei den
Stauden, hauptsächlich bei denen, welche knollige
Wurzelstöcke besitzen. Bei den ersteren erschei-
nen in der Regel die Blüthen früher als die Blät-
ter und nehmen behufs ihrer weiteren Ausbildung
zur Frucht die ersten und besten der aufgehäuften
Nahrungsmittel weg, so dass zur Ausbildung der
vegetativen Theile, also der Blätter, welche nach-
her sich entwickeln, nur die Ueberbleibsel dienen
und auch dazu hinreichen. Der Blumenzwiebel-
züchter weiss dieses sehr gut und schneidet deshalb
seine blühenden Hyazinthentrauben ab, bevor diese
verblühen, damit nicht unnütz Reservestoffe bei dem
Streben, Samen zu bilden, verzehrt werden und
diese damit der besseren Ausbildung der Zwiebel
zu Gute kommen.
Der Landwirth mähet seine Wiesen in der
zweiten Hälfte des Juni, um Johannis herum, wo
die meisten Gräser und Kräuter noch in Blüthe
stehen. Wartet er das Verblühen ab oder mähet
gar erst zur Samenreife, so hat sein gewonnenes
Heu weit geringeren Futterwerth. Der Forstmann
fällt ferner sein Holz im Walde während der Win-
terszeit, wo die im Sommer bereiteten und in den
Holzzellen aufgehäuften Nahrungsstoffe, besonders
reichliches Stärkemehl, noch nicht zur Verwendung
gekommen sind; thut er es, wo bereits die Knos-
pen anfangen zu schwellen, so erhält er leichteres
Holz, was auch geringen Brenn- und sonstigen
Werth hat.
Besondere Stadien der Unfruchtbarkeit und der
Fruchtbarkeit, wo die Pflanze ein ganz anderes,
also von einander abweichendes Ansehen hätte,
lassen sich in diesen Fällen nicht unterscheiden ;
die Pflanze verläuft hier ihren regelmässigen Gang
und blüht, resp. bringt Samen, sobald die dazu
nöthigen Nahrungsmittel vorhanden sind. Das kann,
je nach der Witterung, welche es leichter und
schwerer macht, in der Zeit etwas früher oder
später geschehen. Eine eigenthümliche Erscheinung
ist dabei, dass bisweilen die Pflanzen eine vorwal-
tende Neigung haben, die bereiteten Nahrungsstoffe
nicht oder doch nur weniger anzuhäufen, sondern
sie alsbald bei Neubildungen zur Verwendung zu
bringen. Dergleichen Pflanzen wachsen ohne Un-
terbrechung, werden üppig und gehen, wie man
im gewöhnlichen Leben sagt, ins Kraut, bringen
Ueber-
fluss an in der Erde dargebotenen sogenannten
sache einer solchen Unfruchtbarkeit. Sehr oft ist
man sich aber dabei der Gründe gar nicht bewusst
und alle angewandten Mittel, diesem Umstande, be-
sonders bei Obstbäumen, Weinreben u. s. w. abzu-
helfen, führen in der Regel zu keinem Resultate.
Umgekehrt ist es eine bekannte Erscheinung,
dass Pflanzen plötzlich blühen, wenn ihnen zu
wenig Nahrung geboten wird. Dergleichen Exem-
plare haben in diesem Falle meist ein kümmer-
liches Ansehen. Die wenigen vorhandenen Nah-
rungsstoffe werden nur in geringem Grade zur Aus-
bildung der vegetativen Organe verwendet, was
Ursache des küinmerlichen Ansehens ist. Die
Pflanze macht gleichsam ihre letzten Anstrengun-
gen, wo sie sich nicht als Individuum erhalten kann,
durch Frucht-, resp. Samenbildung wenigstens die
Art zu retten. Es ist diese gleichsam ein Beweis
für den Erhaltungstrieb der Art, welcher allen
Pflanzen und Thieren innewohnt. Unser Gummi-
| baum (Ficus oder Urostigma elasticum) blüht gut
gepflegt, besonders in Gewächshäusern, fast nie,
wohl aber findet man nicht selten kleine Feigen
in dem Winkel der Blätter bei Exemplaren, welche
man im Zimmer schlecht behandelt hat.
Sehr scharf treten die Zeiten der Unfruchtbar-
keit und Fruchtbarkeit bei den zweijährigen
Pflanzen auf, ohne dass aber eine Formverschieden-
heit in den vegetativen Theilen vorhanden ist. In
dem ersten Jahre hat die Pflanze als Aufgabe,
Nahrungsstoffe zu bilden und in gewissen Theilen
besonders der Wurzel, aufzuhäufen. Im zweiten
79
Jahre dagegen kommen diese zur Verwendung, um
Blüthen und Früchte zu bilden. Der Landwirth
hat diesen Umstand insofern zu seinem Vortbeile
ausgebeutet, als er die auf diese Weise im ersten
Jahre aufgehäuften Nahrungsmittel für sich in An-
spruch nimmt. Durch reichlicheres Darbieten roher
Nahrungsstoffe sucht er sogar die Bereitung fertiger
Nahrungsstoffe, besonders der bekannten Kohlen-
stoffhydrate, vor Alleın des Stärkemehles und des
Zuckers, zu vermehren, so dass ihm noch eine
reichere Ausbeute wird. Beispiele sind die Mohr-
rüben, Runkeln u. s. w. Da wir die Absicht haben,
über diesen Gegenstand noch ausführlichere Mit-
theilungen zu machen und dabei zu gleicher Zeit
auch über unsere Obstgehölze zu sprechen, so be-
halten wir uns vor, in einer folgenden Abhandlung
unsere Ansichten über diesen wichtigen Gegenstand
ausführlicher noch niederzulegen.
Oberdieck und Lucas’
illustrirte Monatshefte für Obst- und Weinbau.
17. Jahrgang 1871.
Wochen sind vergangen, seitdem wir uns vor-
genommen hatten, über eine Zeitschrift zu berich-
ten, welche bereits 17 Jahre lang mit Sachkennt-
niss und Energie einen der wichtigsten Zweige der
Gärtnerei deshalb, weil mehr eingreifend in Volks-
wohlfahrt und Nationalökonomie als die anderen,
vertreten hat. Eine Vertretung des Obst- und
Weinbaues durch eine Zeitschrift wurde schon in
der ersten Versammlung deutscher Pomologen und
Obstzüchter im Jahre 1853 zu Naumburg a. d. S.
erkannt. Als demnach unsere beiden Meister in
der Pomologie, Superintendent Oberdieck und
Dr. Lucas, zusammentraten, um dem fühlbaren
Bedürfnisse abzuhelfen, und im Jahre 1855 die
illustrirten Monatshefte für Obst und Weinbau her-
ausgaben, so war ausser den alle 3 und 4 Jahre
durch den Verein zur Beförderung des Gartenbaues |
in Berlin in’s Leben gerufenen, bereits genannten
allgemeinen Versammlungen deutscher Pomologen
und Obstzüchter nicht allein eine zweite Vereini-
“ gung derer, die sich für Obstkenntniss und Obst-
bau interessiren, geboten, sondern man hatte auch |
ein Organ, wo man sich aussprechen, wo man aber
auch belehren und belehrt werden konnte.
Schon die lange Zeit ihres Bestehens spricht
für den Werth der Zeitschrift; in gleicher Frische
arbeitet unser Veteran der Pomologen, Superinten-
dent Oberdieck, in allen Fächern der Pomologie
und des Obstbaues, und mit gleicher Rührigkeit
und Treue unterstützt ihn sein würdiger Sekundant
Dr. Lucas. Wenn man die ersten Jahrgänge
mit den letzten vergleicht, so hat man die Ge-
schichte des Fortschrittes in der Pomologie und im
Obstbau von damals und von jetzt. Es ist eine
erfreuliche Thatsache, dass eine bessere Kenntniss
der Obstsorten jetzt vorhanden ist, dass aber auch
der Obstbau rationeller betrieben wird.
. Und doch scheint es wiederum, dass der grosse
Eifer, welcher in der ersten Zeit der Pomologen-
Versammlungen herrschte, sich leider in der neuesten
Zeit etwas abgekühlt habe. Viel mögen die höchst
ungünstigen Witterungsverhältnisse und die enor-
men Verluste unserer Obstbaumschulen- und Obst-
plantagenbesitzer in diesen letzten Jahren dazu
beigetragen haben. Aber eben deshalb thut es
noth, von Neuem durch Wort und That auf die
staatswirthschaftliche Bedeutung, nicht weniger aber
auch auf die anderen angenehmen Seiten des Obst-
baues hinzuweisen und nicht allein Liebhaber in
ihrer Zuneigung zum Obstbau zu erhalten, sondern
auch ausserdem Laien dafür zu gewinnen.
Nichts ist mehr dazu geeignet, als eine specielle
Zeitschrift, zumal wenn diese sich, wie die von
Oberdieck und Lucas, bereits eines guten Ru-
fes erfreut. Pflicht ist es aber ausserdem eines
Jeden, der es ernstlich mit dem Obstbau meint,
die Zeitschrift mit ihren Erfahrungen und Kennt-
nissen möglichst zu unterstützen. Alle Länder und
Provinzen unseres jetzigen grossen Vaterlandes
müssen durch beitragende Pomologen und Obst-
züchter vertreten sein, denn nur dann erfüllt die
Zeitschrift auch ihren Zweck und wird mannigfaltig
und nach allen Seiten wirkend. Sie kann auch
dann nur der Ausdruck des deutschen Obstbaues
sein. Diejenigen aber, welche noch nichts beitra-
gen können, mögen sich wenigstens durch fleissiges
Lesen des Inhaltes der illustrirten Monatshefte be-
lehren, um später ebenfalls im Stande zu sein, zur
Belehrung etwas beizutragen.
Der volle Jahrgang 1871 der illustrirten Mo-
natsschrift liegt uns vor. Es möchte wohl am
besten sein, um den Werth dieser pomologischen
Zeitschrift erkennen zu lassen, über das, was sie
enthält, kurz zu berichten.
Damit der Inhalt übersichtlich wird, ist er in
besondere 12 Fächer eingetheil. Man kann sich
auf diese Weise bei rascher Durchsicht, wenn man
etwas sucht, leicht orientiren. Das erste Fach ent-
| hält die specielle Pomologie, ist also der streng
wissenschaftlichen Seite gewidmet. Es sind hier
meist Beschreibungen empfehlenswerther Aepfel
neuesten Ursprunges oder solcher, die noch wenig
verbreitet sind, enthalten; Beschreibungen von Birn-
und anderen Obstsorten kommen weniger vor, weil
der Apfel im eigentlichen Sinne des Wortes eine
80
deutsche Frucht ist und daher auch vor Allem Be-
rücksichtigung verdient. Die meisten Früchte sind
zugleich abgebildet, und zwar durch eine illustrirte
Darstellung, was ihre Kenntniss nicht wenig er-
leichtert. Unter den 21 Früchten, welche im
Jahrgauge 1871 beschrieben und meist auch ab-
gebildet wurden, sind allein 17 Aepfel.
Im zweiten Fache ist der praktische Obstbau
im Allgemeinen untergebracht. Nicht weniger als
17 Aufsätze sind von den verschiedenen Obstzüch-
tern, unter denen wir vor Allem den Pfarrer Fi-
scher in Kaaden, Dr. Lucas selbst und Hotgärt-
ner Jäger nennen wollen, verfasst.
wegen ihres allgemeineren Interesses auf die Ab-
handlungen über den Obstbau in der Landwirth-
schaft von Slaby, auf den Obstbau auf Wiesen
von Jäger u. s. w. aufmerksam. Zu dem 3. Fache
gehört Baumschnitt und Topfobstzucht mit 3 Ab-
handlungen, unter denen der Besuch eines Obst-
gartens in Tirlemont (Belgien) unsere Aufmerksam-
keit besonders in Anspruch nahm. Das 4. Fach,
was Weinbau enthält, ist leider dieses Mal leer
geblieben. Wir bedauern dieses um so mehr, als
der Weinbau jetzt, wo wir unser altes deutsches
Weinland, das Elsass, wiedererlangt haben, eine
weit grössere Bedeutung gegen früher erhalten hat.
Das 5. Fach ist dem Obst- und Rebschutz ge-
widmet. 8 kleinere Abhandlungen sind vorhanden.
Wir vermissen etwas über die im Süden Frank-
reichs bereits verheerend auftretende Weinlaus
(Phylloxera vastatrix).
Ueber Obsterndte und Obstbenutzung finden
wir im 6. Fache 4 interessante Artikel, 6 hingegen
in dem folgenden 7. Fache, welches Abhandlungen
über Geräthe und Materialien für Obst- und Wein-
bau enthält. Nicht weniger werden die 13 Ab-
handlungen des 8. Faches: Berichte über Reisen,
Ausstellungen, über den Stand der Obstkultur, das
Interesse der Leser in Anspruch genommen haben.
Die Abhandlungen des 9. Faches geben über die
Literatur des Jahres 1871 Aufschluss. Nicht we-
niger als 21 Werke sind besprochen worden.
In dem 10. Fache werden Nachrichten und
Bekanntmachungen des deutschen Pomologen-Ver-
eins und pomologischer Institute niedergelegt, dieses
Mal in 6 Berichten. Kurze Notizen und Mitthei-
lungen befinden sich im 11. Fache. Davon sind
dieses Mal 8 vorhanden. Endlich kommen Bio-
grapbieen und Personal-Nachrichten in dem 12.
Fache vor. Die wichtigsten Biographieen enthalten in
der Regel auch das Portrait, eine besonders werth-
volle Zugabe. Unter den Biographieen befinden
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Wir machen
sich dieses Mal auch die von Karl Fischer in
Kaaden, des verstorbenen Freiherrn v. Babo in
Weinheim, des verstorbenen Schnittspan in Darm-
stadt und des verstorbenen Courtin in Berg bei
Stuttgart.
Azalea sinensis Lodd. und mollis Bl.
Im Anfange der zwanziger Jahre erhielt Lod-
diges, einer der tüchtigsten und intelligentesten
Gärtner seiner Zeit und Herausgeber des Londoner
illustrirten Journals, the botanical cabinet, eine Frei-
lands-Azalee direkt aus China und nannte sie nach
ihrem Vaterlande Azalea sinensis. Sie steht der
A. pontica am nächsten, besitzt aber goldgelbe,
gegen den Rand sogar orangefarbige Blüthen von
einem grösseren Durchmesser, als sie irgend eine
andere Art besitzt. Wenn man schon in England
Sorge trug, die Azalea sinensis zu vervollkommnen,
so geschah es noch mehr in Belgien.
Dort, und zwar in Gent, lebte in den dreissiger
Jahren ein Bäcker, mit Namen Byls, der sich mit
Blumenzucht beschäftigte, darin Resultate erreichte
und schliesslich sein Handwerk aufgab, um seine
Zeit allein der Anzucht und der Vervollkommnung
von Blumen zu widmen. Eine besondere Vorliebe
hatte er für Azaleen, besonders für die des freien
Landes, und versuchte durch Kreuzung mit A. pon-
tica, aber auch mit den amerikanischen Arten (A.
viscosa, calendulacea und nuda) neue Formen zu
erziehen, welche in der Gärtnerwelt einen solchen
| Beifall erhielten, dass sie nach ihrem Züchter den
Namen Azalea Bylsiana erhielten. Diese Formen
wurden so beliebt, dass sie sich rasch über das
ganze Festland verbreiteten, in den vierziger, wie
im Anfange der fünfziger Jahre, in allen Gärten
von Bedeutung gezogen wurden und einen bedeu-
tenden Handelsartikel ausmachten.
So schön auch die Byls’schen Azaleen waren,
so mussten auch sie der Mode weichen. Sie ver-
schwanden allmählig wieder aus den Gärten und
in den sechziger Jahren suchte man sie bereits
darin vergebens. Doch das Alte kehrt, wenn auch
mit neuem Namen, oft wieder. Dieselbe Azalea
sinensis wurde vor nicht einem Jahrzehnte von
‚ englischen und russischen Reisenden auch in Japan
entdeckt, für schön befunden und, da man fand,
dass sie schon von Blume beschrieben worden war,
als Azalea mollis von Neuem eingeführt. In Eng-
land wie in Belgien erkannte man alsbald ihre Be-
deutung.
Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
| Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General - Sekretär des Vereines.
No. 11.
Berlin, den 16. März
1872.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Die bunten Färbungen der Pflanzen. — Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft in London. (Schluss.) — Die Dikoty-
len der Flore des serres et des jardins de ’Europe Tom. XVII. par L. van Houtte.
Die bunten Färbungen der Pflanzen.
Die Erforschung des Lebens der Pflanze und
seiner Erscheinungen hat in der neuesten Zeit so
viele Verehrer gefunden, die zugleich mit Geschick
und Schärfe untersuchen, dass es uns nicht auffallen
darf, wenn eine Entdeckung der andern so rasch
folgt, dass es schwierig ist, stets auf dem Niveau
der Wissenschaft zu bleiben. Es liegt nur die
Frist von 13 Jahren zwischen dem Erscheinen der
ersten Auflage von Sachs vorzüglichem Lehrbuche
und der zweiten, und welche Fülle von neueren
Beobachtungen und Resultaten bringt die letztere
im Vergleiche zur ersteren? Wer nur die erste
Auflage kennt, ist mit seinem Wissen schon ver-
altet. Seit dem Erscheinen der zweiten Auflage
ist wiederum dieselbe Zeit von 1% Jahren ver-
strichen und neue Geheimnisse im Leben der Pflan-
zen sind aufgeschlossen und neue Gesichtspunkte
gewonnen. Wenn auch nicht Alles, was an Re-
sultaten veröffentlicht wird, Anspruch auf Wahrheit
machen kann, nicht Alles Gold ist, was glänzt, so
sind doch manche Fortschritte von Bedeutung.
Vor Allem sind es die niederen Pflanzen, welche
wir unter dem Namen Algen und Pilze kennen
und welche zum Theil im Organismus der höheren
Pflanzen und Thiere eine wichtigere Rolle spielen,
als man bisher glaubte. Was zur Zeit der Oken-
Schelling’schen Naturphilosophie bisweilen errathen
wurde, scheint jetzt sich hier und da bewahrheiten
zu wollen. Die Dryaden und Hamadryaden, welche
nach einigen früheren Naturphilosophen den pflanz-
lichen und thierischen Körper nicht allein zu ihrer
Werkstätte erkoren hatten, sondern ihn sogar len-
ken sollten, scheinen in den Molekulen Darwin’s
etwas Aehnliches gefunden zu haben.
Wer hätte noch vor einigen Jahren für mög-
lich gehalten, dass eine grosse Klasse von Pflan-
zen-Organismen, welche über die ganze Erde ver-
breitet sind, plötzlich aus der Reihe selbstständiger
Geschöpfe erbarmungslos gestrichen werden könnten.
Und doch ist es so; die Flechten sind nach den
glänzenden Untersuchungen de Bary’s, Schwend-
ner’s, Baranetzky’s und Anderer nicht mehr
selbständige Pflanzen, sondern nur mehr oder we-
niger innige Verbindungen von Algen und Pilzen.
Die arbeitenden, weil mit Chlorophyll versehenen
Algen schaffen im Flechtenkörper die nöthigen
Nahrungsmittel für die Pilze, die. einzige grosse
Pflanzengruppe, welche nebst den Schmarotzern
keine näheren, d. h. zur Ernährung unmittelbar
dienenden Pflanzenstoffe bereiten, sondern diese,
um leben zu können, fertig zubereitet, anderen le-
benden oder todten, wenn auch bisweilen ganz zer-
fallenen Organismen entziehen.
Jeder Flechtenkörper besteht aus mehr oder
ıwinder in einander verfilzten Pilzfäden (Hyphen)
und aus niedrigen, in Form von kleinen runden
Zellen oder Fäden bestehenden Algen (Gonidien),
von denen doch jedes, trotzdem beide auf's Innigste
mit einander verbunden sind, ein eigenes Leben
führt und jedes seine eigenen Fortpflanzungen be-
sitzt. Wenn die Algen als Fäden vorherrschen
und die sie umschlingenden Pilzfäden in geringerer
11
Menge vorhanden sind, wie bei den Epheben und
Cönogonien, so ist der Zusammenhang dieser beiden
in 2 verschiedene grosse Pflauzenklassen gehören-
den Individuen leichter erkennbar, als da, wo die
Algenzellen oder Gonidien von den Pilzfäden dicht
umsponnen sind, in das Innere des Flechtenkörpers
gebracht werden und meist daselbst das sogenannte
Mark bilden. Am liebsten suchen sich die schma-
rotzenden Pilzfäden die ersten Stadien der in Form
von Anflügen und Polstern auf feuchtem Boden,
an Baumrinden vorkommenden Chroococcaceen und
Palmellaceen als Nährpflanzen aus.
Eine eigenthümliche, noch keineswegs von den
Physiologen ‘gewürdigte Erscheinung ist, dass in
diesem Falle die Algenzellen, und wenn sie noch
so viele Pilzfäden zu ernähren haben, durch eine
ziemlich dichte Umhüllung nach aussen von Licht
und Luft, die sonst allen Chlorophylizellen durch-
aus nothwendig sind, ganz und gar abgeschlossen
sind, in ihrer eigenen Entwickelung nicht gestört
werden und fortvegetiren, als hätten sie keine
schmarotzenden Pilze zu ernähren. Die Algenzel-
len bilden im Flechtenkörper keinen zusammen-
hängenden Körper und vermehren sich, wie die
Hefenzellen, freilich auf eine ganz andere Weise
fortwährend aus sich selbst.
Die in den letzten Jahren viel besprochene
Thatsache, dass Pfropfreiser des buntblätterigen
Abutilon Thomsoni auf eine grünblätterige Unter-
lage gebracht, daselbst buntblätferige Zweige be-
dingen können, wird von einigen Botanikern durch
eine Ansteckung erklärt, indem dasselbe, was die
nicht gefärbten Flecken auf den Blättern des A.
Thomsoni bedingt, sich in der Unterlage ebenfalls
ausbreitet und schliesslich in den Blättern der von
ihr hervorgebrachten Blätter an einzelnen Stellen
das Chlorophyll ebenfalls zerstört und dadurch die
bekannten weisslichen oder gelblichen Flecke auf
gleiche Weise, wie sie auf den Blättern des Edel-
reises vorhanden sind, hervorruft. Da man in der
heutigen Zeit des Materialismus stets etwas Fass-
liches haben will, so wäre die Annahme von klei-
nen selbständigen Körperchen, welche aus den
Blättern des Abutilon T'homsoni nach den Blättern
des 'T'riebes der Unterlage wanderten und das
Chlorophyll als solches daselbst zerstörten, keines-
wegs dem heutigen Standpunkte der botanischen
Wissenschaft sehr widersprechend.
Diese Ansicht scheint selbst durch die Ent-
deckung kleiner selbständiger Organismen in dem
Zeligewebe höherer Pflanzen, wo sie zwar nicht
Chlorophyll zerstören, sondern umgekehrt durch
dichte Einlagerung in den chloropbylifreien, mehr
im Innern liegenden Zellen eine bunte Färbung
hervorrufen, etwas näher gerückt zu werden. In-
2
teressant ist es, dass die Existenz dieser selbstän-
digen Körper im Zellgewebe höherer Pflanzen in
der allerneuesten Zeit von 2 ganz verschiedenen
Seiten, einmal in Deutschland, das andere Mal in
England, nachgewiesen ist. In beiden Fällen sind
es, wie gesagt, diese selbständigen Körper selbst,
welche eine abweichende Färbung hervorrufen, wäh-
rend bei ihrer Annahme in den weissen Flecken
der Blätter des Abutilon Thomsoni sie selbst nicht
allein das Chlorophyll zerstörten, sondern auch eine
helle Färbung haben müssten.
Was nun die Anwesenheit selbständiger Körper
im Innern der Zellen höherer Pflanzen anbelangt,
so hat Dr. Reinke in Göttingen, der sich in einer
morphologisch-systematischen Bearbeitung der Pauke-
pflanze (Gunnera scabra) befindet, als die Ursache
der grünlichen, meist dendridenartigen Flecken auf
dem sonst bräunlichen Stamm und auf den Blatt-
stielen einer Alge erkannt, der er einstweilen den
Namen Scytonema Gunnerae gegeben hat. In einer
Sitzung der Königlichen Gesellschaft der Wissen-
schaften in Göttingen, welche am 2. December v. J.
stattfand, hat Dr. Reinke darüber nähere Mitthei-
lungen gemacht, behielt sich aber noch vor, über
seine Resultate in einer besonderen Abhandlung
ausführlich zu sprechen.
Da die buntblätterigen Pflanzen in der Gärt-
nerei eine wichtige Rolle spielen, so muss natür-
lich Alles, was über diese wichtige Erscheinung
durch die Wissenschaft bekannt wird, für den Gärt-
ner nicht weniger als für den Laien von grossem
Interesse sein; wir theilen daher aus dem Berichte
über diese Sitzung Einiges mit und verweisen die,
welche sich weiter dafür interessiren, auf die dem-
nächst erscheinende Abhandlung.
Untersucht man nämlich eine Laubknospe der
mit einem dicken und verkürzten Stamme versehe-
nen Pauke-Pflanze, so findet man alle Zwischen-
räume mit einem durchsichtigen, klebrigen Schleim
erfüllt. Er wird von grossen, flach-tonnenförmigen
und ausgerandeten Driesen geliefert, die am Grunde
der Rückseite stehen. Der Schleim selbst entsteht
zunächst durch Aufquellen der Zellhäute dieser
Driesen und vermischt sich mit dem eiweissstoffigen
Zellinhalte. Die Auflösung der Zellhäute bleibt
aber hier nicht stehen, sondern schreitet in das
Parenchym des Stammes fort, aber nur an be-
stimmten Stellen, so dass dadurch Schleimkanäle
entstehen. Später schliesst sich beim Wachsen
die Wunde durch Wucherung des umgebenden Pa-
renchyms und vernarbt völlig.
In diesem Schleime befinden sich anfangs ausser
verschiedenen Pilzfäden auch die Fäden einer grü-
nen Alge, welche in die gebildeten Schleimkanäle
eindringt und diese ausfüllt. Hiermit noch nicht
83
zufrieden, wuchert sie weiter. Da die Parenchym-
zellen des Stammes zum Theil mit grossen Tüpfeln |
versehen sind, so kann auch die Alge um so leich-
ter in das Innere derselben eindringen und sie |
knäuelartig ausfüllen. Da nicht alle Zellen gleich-
mässig ergriffen werden, so entstehen dendriden-
artige Nester solcher Algen, die schliesslich, da bei
dem weiteren Wachsen neues Zellgewebe die Schleim-
kanäle ausfüllt, gänzlich eingeschlossen werden und
damit nicht weiter wachsen können, aber auch
nicht zu Grunde gehen. Da die Farbe der Ober-
fläche braun ist, die Algen aber eine grüne Fär-
bung haben, so entstehen die bereits erwähnten
dendridischen Zeichnungen.
Da auch Dr. Schmitz in Bonn bei der Un-
tersuchung der grünen Flecke auf sonst brauner
Oberfläche der Pauke-Pflanze dieselben Resultate
erhalten hat, so wird die Reinke’sche Beobachtung
weiter bestätigt.
Die zweite Pflanze, in der ebenfalls die bunte
Färbung durch selbständige, einfache Körper be-
dingt wurde, ist ebenfalls eine Gartenpflanze, näm-
lich ein Coleus. Der Gegenstand ist vorläufig im
ersten Hefte des Journals of botany, was früher
Berth. Seemann herausgegeben hat, jetzt aber
von dem Kustos Dr. Baker redigirt wird, zur Kennt-
niss gelangt.
Bis jetzt ist nur bekannt, dass die rothen Fär-
bungen des Ooleus durch eigenthümliche Organis-
men, welche aus vier von einer wasserhellen Um-
hüllung eingeschlossenen Körpern besteht, bedingt
sind... Weitere Untersuchungen, besonders Ent-
wickelungsgeschichten, aus denen man den ganzen
Hergang ersehen könnte, sind noch nicht gemacht
worden.
Der bekannte Forscher in der Pilzwelt, Ber-
keley, hat die Angabe bereits bestätigt und glaubt,
dass diese im Innern des Blattparenchyms lebenden
Organismen in der Nähe von Protomyces stehen
würden, während Andere sie dem eigenthümlicheu
Pilze, welcher zuerst von de Bary als Syntrichium
bekannt gemacht wurde, anreihen. Wir wollen
hoffen, dass wir recht bald, am liebsten durch einen
Forscher, wie Berkeley oder de Bary, etwas
Näheres erfahren und vor Allem eine Entwicke-
lungsgeschichte erhalten. Vielleicht giebt dann das
Resultat Veranlassung, dass den bunten Färbungen
der Pflanzen, und zwar besonders denen, welche
nicht natürlich, sondern erst durch die Kunst oder
vielmehr durch Zufall entstanden sind, von physio-
logisch-anatomischer Seite mehr Aufmerksamkeit zu-
gewendet wird, als es bisher geschehen ist und wir
schliesslich eine Aufklärung über die interessante
Erscheinung des Buntwerdens erhalten.
Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft
in London.
(Schluss.)
Von grösster Wichtigkeit für die Londoner
Gartenbau-Gesellschaft ist die Gründung eines be-
sonderen Lehrstuhls für Botanik und wissenschatft-
liche Gärtnerei auf ihre Kosten und Besetzung
desselben durch Thiselton Dyer, bisher Pro-
fessor der Botanik an der Universität Dublin. Das
Bedürfniss einer grösseren Wissenschaftlichkeit bei
allem dem, was von Seiten der Gartenbau-Geseli-
schaft geschieht, nicht weniger aber das Bewusst-
sein von der für die jetzige Zeit nicht mehr ent-
sprechenden Bildung der jüngeren Gärtner einer-
seits und der geringen Kenntniss der Laien, selbst
in den Anfangsgründen der Botanik andererseits,
hatte auf die Nothwendigkeit der Anstellung eines
besonderen Botanikers zur Belehrung hingeführt.
Die botanisch-gärtnerische Wissenschaft war zwar
bisher schon durch einen wissenschaftlichen Aus-
schuss (scientific committee), dem Berkeley, der
berühmte Forscher der kleinsten, das Leben höherer
Pflanzen gefährdenden Vegetabilien, nämlich der
schmarotzenden Pilze, bisher mit Umsicht und
Kenntniss vorgestanden hat, vertreten, die Mitglie-
der des Rathes glaubten aber, dass dieser Ausschuss,
so wirksam und erfolgreich er auch bisher gewesen
wäre, doch allein für die heutigen Ansprüche nicht
mehr ausreiche, dass vor Allem mehr Aufmerksam-
keit auf allgemeine Belehrung verwendet werden,
die Wissenschaft noch eine höhere Bedeutung er-
halten müsse. Das könne aber nach der Ansicht
des Rathes (couneil) nur durch einen besonderen
Lehrstuhl für Botanik und wissenschaftliche Gärt-
nerei geschehen.
Dem Professor der Botanik und wissenschaft-
lichen Gärtnerei bei der Königlichen Gartenbau-
Gesellschaft sind bei seiner Anstellung folgende
Instruktionen überwiesen worden:
1. Er hat alle wissenschaftlichen Arbeiten bei
der Gesellschaft, seien sie botanischer oder gärtne-
rischer Natur, auszuführen, er hat ferner mit gärt-
nerischen und botanischen Instituten und Eitablisse-
ments in Verbindung zu treten, vor Allem aber
die Korrespondenz mit den Gesellschaften und Ver-
einen, welche bisher mit der Königlichen Garten-
baugesellschaft in Verbindung standen, zu führen.
2. Allen Versammlungen und Ausstellungen
der Königlichen Gartenbau-Gesellschaft muss der
Professor beiwohnen und dabei das Wichtigste no-
tiren, auch über alle dabei vorkommenden Gegen-
stände von Bedeutung in einer herauszugebenden
Zeitschrift berichten. Eine der wichtigsten Auf-
Uli
84
gaben für ihn ist bei dieser Gelegenheit die vielen
falschen Namen der Pflanzen, welche bei Ausstel-
lungen gewöhnlich vorkommen, zu verbessern. An
jedem Donnerstage, wo der wissenschaftliche Aus-
schuss zusammentritt, hat er den Vorsitzenden zu
unterstützen.
zu bestimmenden Nachmittage in der Woche in
dem Bureau befinden, um jedem Mitgliede Aus-
kunft zu ertheilen, der auf seine Wissenschaft be-
zügliche Fragen an ihn stellt. Alle Veröffent-
lichungen der Gesellschaft müssen durch den Pro-
fessor geschehen. Nach den Anordnungen des
Rathes hat der Professor auch einen Cyclus von
Vorlesungen über gärtnerisch-wissenschaftliche Ge-
genstände zu halten, wo auch Nicht-Mitglieder zur
Theilnahme berechtigt sind. Endlich liegt ihm die
Sorge für die Bibliothek ob, wobei er zu gleicher
Zeit für ihre Vergrösserung sorgen muss.
3. In dem Versuchsgarten zu Chiswick hat
der Professor der Königlichen Gartenbau-Gesell-
schaft ebenfalls vor Allem für richtige Namen bei
den Pflanzen zu sorgen, er hat die wissenschaft-
lichen Versuche daselbst zu leiten, um dann über
die Resultate Bericht erstatten zu können. Auch
in Chiswick hat er an einem noch zu bestimmenden
Nachmittage in der Woche den dortigen Gärtnern,
sowie denen der Mitglieder, über bezügliche Fragen
Rede zu stehen, ganz besonders aber wiederum die
Namen der ihm gebrachten Pflanzen zu berichtigen.
Alle Monate hat er ferner über die in Chiswick
gemachten meteorologischen Beobachtungen Mitthei-
lung zu machen. Schliesslich liegt ihm ob, ein
besonderes Bureau (board) für die Chefs der ver-
schiedenen Kulturen einzurichten.
Es ist nicht zu leugnen, dass von Seiten des
Rathes (council) durch die Einsetzung eines beson-
deren botanisch-gärtnerischen Lehrstuhls den An-
sprüchen der heutigen Zeit, und ganz besonders
einer Metropole, wie London darstellt, nachgekom-
men wurde. Wir sind auch mit den einzelnen
Punktationen des Reglements einverstanden, begrei-
fen aber nicht, wie ein einzelner Mann, und wäre
er der tüchtigste Arbeiter und hätte selbst die aus-
reichendsten Kenntnisse, im Stande ist, diesem
Allen auf einmal nachzukommen. Wir kennen die
Bedeutung, die die Londoner Gartenbaugesellschaft
eingenommen hat, uns sind auch die grossen gärt-
nerischen Etablissements Londons und Englands
überhaupt bekannt, aber eben deshalb halten wir
es für unmöglich, dass ein einziger Professor allen
seinen hier specificirten Pflichten nachkommen kann.
Doch es wird hier gehen, wie anderswo; die
Ansprüche werden im Anfange nur in mässiger
Anzahl gemacht werden; man wird sich erst von
Seiten der Mitglieder an die neue Einrichtung ge-
wöhnen und der durch sie gebotenen Vortheile be-
wusst werden. Bis dieses geschieht, orientirt sich
auch der Professor in seinem neuen Berufe und
lernt damit seine Zeit auszunützen. Wird er nach
einer Zeit schliesslich so in Anspruch genommen,
Ferner muss er sich an einem noch
wie aus den Instruktionen hervorgeht und auch zu
wünschen ist, so möchte auch unterdessen das Be-
dürfniss sich herausgestellt haben, dass zunächst
wenigstens ein Assistent ihm beigegeben wird, der
vor Allem die materiellen Arbeiten, wie Aufsicht
der Bibliothek u. s. w. für ihn übernimmt, damit
er selbst mehr Musse erhält, um den geistigen Ar-
beiten obzuliegen und seine Kenntnisse zu ver-
werthen.
Die Gartenbaugesellschaft in London hat drei
Ausschüsse (committees), die wöchentlich ein Mal
zusammentreten und über das vorliegende Material
sprechen, resp. Beschluss fassen. Ueber den wis-
senschaftlichen Ausschuss, dem beizuwohnen wir
mehrmals die Ehre gehabt haben, ist in der Wo-
chenschrift mehrmals gesprochen worden. Ausser
dem tüchtigen Pilzkenner Berkeley sind als Mit-
glieder noch Andrew Murray, der bekannte
Entomolog, der aber auch durch sein grosses Werk
über die Verbreitung der Säugethiere ein bleiben-
des Andenken hinterlassen wird, und Maxwell
Masters, Nachfolger Lindley’s in der Heraus-
gabe des Gardener’s Chronicle, zu nennen. Dieser
wissenschaftliche Ausschuss hat durch die Errich-
tung eines besonderen botanisch-gärtnerischen Lehr-
stuhls ungemein gewonnen, so dass die Londoner
Gartenbaugesellschaft immer mehr das wird, wo-
nach sie vom Anfange ihrer Gründung an hinge-
strebt hat: eine Stätte für botanisch-gärtnerische
Wissenschaft.
In dem Ausschuss für Blumen und Pflanzen
(floral-departements) ist, wenn wir nicht irren,
Dr. Denny Vorsitzender. Der Ausschuss hat die
specielle Aufsicht über die Arbeiten im Chiswick-
und im Kensington-Garten. Für den letzteren
werden Pflanzen und Blumen in dem ersteren heran-
gezogen. Im Jahre 1871 wurden für Ausschmückung
des grossen Glashauses im Kensington-Garten allein
20,000, für die Ausschmückung des Gartens über-
haupt noch 50,000 meist grössere Pflanzen aus
dem Chiswicker Versuchsgarten geliefert. Ausser-
dem sind noch an Mitglieder 7,000 Pflanzen und
60,000 Samen-Pakete vertheilt worden.
In dem Ausschuss für Obst- und Gemüsezucht
(pomological department) präsidirt G. F. Wilson,
einer der eifrigsten Pflanzenliebhaber Englands und
selbst nicht weniger Fachmann. Der Chiswicker
Obstgarten hat auch bei uns in Deutschland eine
grosse Berühmtheit erlangt, sein Verzeichniss bis
in die neueste Zeit als eine Autorität gegolten.
05
Es wurden in Chiswick zur Vervollkommnung des
Obstes, besonders in früheren Zeiten, grossartige
Versuche gemacht, die auch nicht unbedeutende
Resultate lieferten.
In den beiden letzten Jahr- |
zehnten widmete man in Chiswick leider dem Obst- |
garten nur eine geringe Aufmerksamkeit; dieser
selbst ging zurück. Man hatte in der Beibehaltung
der verschiedenen Aussaaten keine Auswahl getrof-
fen und so häufte sich mit der Zeit ein so bedeu-
tendes Material an, dass man schliesslich das Ganze
nicht mehr beherrschen konnte. Man sah endlich
auch in England ein, was zuerst von Seiten der
allgemeinen Versammlung deutscher Pomologen und
Obstzüchter bei uns ausgesprochen worden war,
dass man sich in der Neuzucht des Obstes, wenn
auch nicht beschränken, aber doch strenge Auswahl
treffen müsse. Die vorhandenen Obstsorten im
Chiswickgarten wurden daher jetzt strenger geprüft,
das Schlechte weggeworfen und nur das Gute bei-
behalten. Man legte zu diesem Zwecke einen neuen
Obstgarten mit den dazu gehörigen Mauern an.
In diesem werden jetzt 400 Aepfel-, 350 Birn-,
300 Pflaumen-, 430 Kirschen-, 220 Reben- und
100 Feigen-Sorten kultivirt.
Ausser dem Obste wird in Chiswick aber auch
dem Gemüse grosse Aufmerksamkeit zugewendet.
Der Engländer ist allerdings im Allgemeinen kein
grosser Freund des Gemüses, mit Ausnahme der
Erbsen, ohne die er ebensowenig leben kann, . als
der Franzose. In der Vervollkommnung der Erb-
sen hat auch kein Volk so viele Verdienste sich |
Man darf sich deshalb |
erworben, als das englische.
nicht wundern, wenn im Chiswickgarten den Erb-
sen ebenfalls grosse Sorgfalt gewidmet wird. Ausser-
dem aber sind es die Kohlarten, welche in grosser
Anzahl in Chiswick kultivirt werden.
Aus dem Obstgarten wird an Mitglieder eben-
falls abgegeben, so im Jahre 1871 nicht weniger
als 60,000 Pakete mit Gemüsesamen, 4,500 Steck-
linge (ceuttings) von Feigen, Wein und anderen
Obstgehölzen, endlich noch 600 Feigensträucher.
Die Zahl der Pfropfreiser, welche vertheilt wurden,
ist nicht angegeben.
Die Dikotylen
der Rlore des serres et des jardins de l’Europe
Tom. XVIH.
par L. van Houtte.
Mangel an Raum hinderte uns bis jetzt, in dem
bereits in der 3. Nummerbegonnenen Berichte der
in dem 18. Bande des bekannten gärtnerischen pe-
riodischen Werkes der Flore des serres empfohlenen
Pflanzen weiter fortzufahren und die noch restirende
zweite Abtheilung der Dikotylen zur Kenntniss der
Leser der Wochenschrift zu bringen. Wie es bei
den Monokotylen der Fall war, so sind auch von
den Dikotylen bereits mehre derselben schon früher
ı in der Wochenschrift besprochen worden.
Wir beginnen mit Warmhauspflanzen. Von
diesen sind dieses Mal besonders Gesneraceen, und
zwar vor Allem Gloxinien, vertreten. Dieser
Schmuck unserer Gewächshäuser zu einer Zeit, wo
auch die freie Natur viel darbietet, ist um so wer-
ther, als die Gewächshäuser gerade in dieser Zeit
an blühenden Pflanzen arm sind. Dass in der
Anzucht neuer Formen und in der Vervollkomm-
nung der Blumen der Gloxinien auch Berlin grossen
Antheil genommen hat, ist von uns bereits früher
schon mehrmals gesagt worden; wir wollen jedoch
dabei die Verdienste Belgiens, und ganz besonders
L. van Houtte’s, dabei keineswegs verkennen.
Was dieser in Flore des serres abgebildet und als
neu empfohlen hat, verdient in der That die Be-
rücksichtigung der Blumenliebhaber.
Eine interessante Sorte (Tab. 1846) führt den
Namen Voie lactee, d. h. Milchstrasse, weil zahl-
reiche, im Roth leuchtende Punkte auf weissem
Grunde der Oefinung der Blume sich befinden;
sonst ist die Farbe des Saumes königs-, gegen den
Rand hin mehr himmelblau. Die Sorte gehört in
die Abtheilung derer, wo die Blumen ziemlich auf-
recht stehen. Da die Pflanzen ausserordentlich
reich blühen, so ist dieses noch ein besonderer
Gewinn.
Ida (Tab. 1878) nennt van Houtte eine an-
dere Gloxinie mit grossen, überhängenden Blumen.
Ihre Farbe ist milchweiss, der Rand der 5 Ab-
schnitte dagegen himmelblau schattirt. Lucie (Tab.
1885) heisst eine dritte Gloxinie mit überhängen-
den Blumen, wo der Saum ein purpurfarbiges Ka-
stanienbraun besitzt, was den weissen Schlund ein-
schliesst. Endlich hat (auf der 1918. Tafel) eine
Gloxinie mit ebenfalls überhängenden Blumen den
Namen Lion de Flandre (also Flandern’s Löwe)
erhalten. Ihre Farbe ist schön blau. Von dieser
Sorte besass L. van Houtte eine Pflanze, wo
nicht weniger als 34 Blumen auf einmal hervor-
kamen.
Nächst den Gloxinien sind es bekanntlich die
Nägelien und Plectopomen, über deren Vervoll-
kommnung und Manmnigfaltigkeit wir schon mehr-
mals berichtet haben und welche ebenfalls zu den -»
Lieblingsblumen van Houtte’s gehören. Schon
in dem vorigen 17. Bande der Flore des serres
hatten sie mit den Gloxinien besondere Rücksicht
erhalten (vergl. 14. Jahrg. d. Wochenschr. 8. 71).
86
Sie verdienen diese um
sammetartigen Blätter einen besonderen Reiz ver-
leihen. Auf der 1858. Doppeltafel ist eine beson-
ders buschig wachsende und reichlich blühende
Sorte mit lilafarbigem Saume der Blumen, während
der weisse Schlund dicht mit amarantfarbigen Punk-
ten versehen ist, dargestellt. Die Sorte hat den
Beinamen triumphans erhalten. Eine zweite Sorte
(auf der 1860. Tafel) führt den Beinamen suave-
voseum und stellt eine, liebliche Erscheinung dar.
Sie scheint nicht so buschig zu wachsen, als die
vorige, verdient aber. nichtsdestoweniger die Be-
rücksichtigung der Liebhaber. Dieser sehr ähnlich
ist eine dritte Sorte mit dem Beinamen Colibri
(Tab. 1967). Wären die lachsfarbigen Blumen
nicht zu gross, so wäre der Vergleich in der 'That
treffend, denn man könnte meinen, diese besonders
bei den Damen beliebten Vögelchen vor sich zu
sehen.
Aber auch die Achimenes sind mehrfach in
diesem 18. Bande vertreten. Sie ähneln den Plec-
topomen ungemein, haben aber im Allgemeinen
kleinere Blumen. Die Sorte, welche den Namen
Bleu, d. ı. blau, erhalten hat (Tab. 1872), verdient
ihren Namen, denn die Blumen prangen in der
T'hat im schönsten Blau. Die beiden andern Sor-
ten, welche abgebildet sind, gehören in die Abthei-
lung der Eucodonien, von denen wir früher eben-
falls mehrfach berichtet haben. Reizend ist die
Sorte, welche unter dem Namen nana multiflora
(Tab. 1895) abgebildet ist. Aus dem Winkel der
im dunkeln und sammetartigen Grün prangenden
und ziemlich grossen Blätter, welche gedrängt über
einander stehen, erheben sich die kurzen Trauben
trichterförmiger Blüthen, welche aussen eine schöne
rothe Farbe besitzen, im Schlunde aber und am
Saume auf zart rosarothem Grunde reichlich roth
punktirt sind. Die andere Eucodonie führt den
Beinamen diamantina (Tab. 1914). Die Farbe der
Blumen ist hier ein Purpurlila, mit Ausnahme des
Schlundes, der gelb punktirt ist. Diese Sorte blüht
ebenfalls reich, die Blätter haben aber nicht das
schöne Sammetartige, was jene Sorte auszeichnete.
Den Eucodonien und Plectopomen schliessen
sich die Tydäen an und wetteifern mit diesen an
Schönheit. Auch von ihnen ist früher mehrfach
berichtet worden. Die hier empfohlene und abge-
bildete Form führt den Namen Robert le diable
(Tab. 1903). Aus dem Winkel der ebenfalls auf
der Oberfläche sammetartigen Blätter kommen die
Blüthen einzeln hervor. Sie haben eine blutrothe
Farbe, die aber am Saume, und namentlich im
Schlunde, durch eine dichte dendridenartige, fast
schwarze Zeichnung unterbrochen ist.
Ueber Tapeinotes Carolinae Wavra (Tab. 1847)
so mehr, als auch die |
ist von uns bereits im 10. Jahrgange der Wochen-
| schrift (S. 246) gesprochen worden, ebenso über
Cyrtodeira chontalensis Seem. (Tab. 1984) im 11.
Jahrgange (S. 1101). Auf gleiche Weise haben
wir, als vor ein Paar Jahren Monolena primulae-
flora Hook. (zu pag. 162) eingeführt wurde, über
diese Pflanze, welche leider auf dem Festlande
nicht zu gefallen schien, berichtet (13. Jahrgang
S. 111, u. 14. Jahrg. S. 270).
Auch Begonien werden wiederum empfohlen,
so B. diversifolia Grah. (Tab. 1823), eine in Ber-
lin und überhaupt in Norddeutschland längst be-
kannte und beliebte Art, welche auch vielfach auf
die Märkte gebracht wird. Unter günstigen Ver-
hältnissen kann sie selbst ins Freie gebracht wer-
den. Sie gehört zu den einziehenden Arten, welche
aus einem knolligen Wurzelstocke einige wenig-
verästelnde Stengel treibt. L. van Houtte giebt
die Höhe zu einem Meter (also über 3 Fuss) an,
während sie bei uns nur 1 Fuss hoch wird. Aller-
dings ist die aus den Hochebenen Mexiko’s bei
uns eingeführte und kultivirte Pflanze eine Abart,
die in allen ihren Theilen kleiner bleibt, sich aber
sonst gar nicht unterscheidet. B. diversifolia zeich-
net sich ausserdem durch das Vorkommen von Zwie-
belchen in dem Winkel der unteren gestielten und
schief herzförmigen Blätter aus, während in dem
der oberen einige ziemlich grosse und rosarothe
Blüthen auf einem gemeinschaftlichen Stiele stehen.
Ueber Begonia rosaeflora Hook. (Tab. 1853)
ist so oft von uns gesprochen worden (zuerst im
11. Jahrg. S. 397, zuletzt im 14. Jahrg. S. 71),
dass wir nichts mehr hinzuzufügen haben.
Von Antigonum leptopus Hook. et Arn. haben
wir ebenfalls im vorigen Jahrgange (S. 121) eine
ausführliche Beschreibung und Abbildung gegeben.
Auf gleiche Weise ist die Passionsblume Tacsonia
quitensis Benth. var. eriantha schon oft in der
Wochenschrift besprochen worden (vgl. 13. Jahrg.
S. 189), ebenso wie die interessante Cobaea pen-
duliflora Karst. (Tab. 1821) bereits im 12. Jahrg.
S. 3538 wiederum in einer besonderen Abhandlung,
der eine Abbildung beigefügt ist, empfohlen wurde.
Schliesslich hat auch die schöne und nicht genug
zu empfehlende Allamanda nobilis Mast. (Tab. 1832)
im 12. Jahrgange (S. 107) eine Besprechung er-
halten, Aristolochia Duchartrei Andr& dagegen eben-
daselbst (aber S. 115).
Tropaeolum trieolorum Sweet (Tab. 1881) ist
eine bei uns so allgemein verbreitete und in fast
allen Ausstellungen in den verschiedensten Formen
gezogene Pflanze, dass wir sie wohl nicht näher
zu beschreiben brauchen.
Wir gehen zu den Kalthaus- und Freilandpflan-
zen über.
ee
87
Gunnera chilensis Lam. (Tab. 1897) wurde
vor einigen Jahren bei uns als Blattpflanze viel
im Freien angewendet, zumal sie bei guter Deckung
und nicht zu hartem Winter selbst in Norddeutsch-
land im Freien aushält. Mit der Abnahme zur
Liebe von Blattpflanzen scheint auch die Gunnera
wiederum aus den Gärten zu verschwinden, wenn
sie sich auch noch einige Jahre in der Provinz
erhalten sollte. Dass Linden in Brüssel vor eini-
gen Jahren durch eine neue, von ihm eingeführte
Art (G. manicata, s. 10. Jahrg. S. 132) wiederum
auf diese dekorative Pflanze aufmerksam gemacht
hat, ist von den Pflanzenliebhabern nicht weiter
berücksichtigt worden.
Spigelia marylandica L. (Tab. 1874) ist eine
in früheren Zeiten vielfach in den Gärten, aber
doch mehr in Töpfen als im freien Lande gezogene
Staude aus den südlichen Staaten Nordamerika’s,
die Empfehlung verdient. In einigen botanischen
Gärten möchte sie vielleicht mehr gefunden wer-
den; sie verlangt Haideboden. Aus der Wurzel
kommen mehre aufrechte und unverästelte Stengel
von 6—9 Zoll Höhe hervor und haben an ihrer
Spitze 2—5 über 1 Zoll lange Röhrenblüthen von
schönem Roth. Die länglich-lanzettförmigen oder
elliptischen Blätter stehen einander gegenüber, haben
keinen Stiel und sind, wie die ganze Pflanze, völlig
unbehaart.
Brugmansia sanguinea Don oder Datura san-
guinea R. et P. (Tab. 1883) gehört zu den baum-
artigen Stechäpfeln, die früher während der guten
Jahreszeit viel ins Freie gepflanzt wurden und als
Einzelpflanze mit den oft über $ Fuss langen ro-
then Blüthen sich vorzüglich ausnehmen. In Frank-
reich wird sie, ebenso wie die weissblühende Datura
arborea, noch viel auf diese Weise angewendet.
Da beide Pflanzen wenig Sorgfalt, ausser dass sie
während des Sommers im Freien viel Wasser haben
müssen, verlangen, im Winter dagegen, wo sie ihre
Blätter verlieren, nur an einem frostfreien Orte un-
tergebracht werden müssen, so sind sie Gartenbe-
sitzern nicht genug zu empfehlen.
Xanthoceras sorbifolia Bge. (Tab. 1899) ist
einer der schönsten Blüthensträucher, vielleicht für’s
treie Land auch in Norddeutschland, die in den
letzten Jahren eingeführt worden sind, und verdient
deshalb besonders von Gartenbesitzern und Dendro-
logen berücksichtigt zu werden. Zwar wurden
schon früher (S. 118) Notizen gegeben, zur Ver-
vollständigung fügen wir aber noch Einiges hinzu.
Der Strauch wächst in China und wurde von dem
Abbe Armand David, dem der botanische Gar-
ten ın Paris schon manche schöne Pflanze des
himmlischen Reiches verdankt, eingeführt. In die
Familie der Sapindaceen gehörig, ist er zwar ein
' Gestalt und sind am Rande grobgesägt.
Verwandter der Kölreuterien, der Rosskastanien
und Ahorngehölze, aber im Aeusseren doch ver-
schieden. Im Jahre 1870 blühte ein Exemplar
von 3 Fuss Höhe im freien Grunde des Jardin
des plantes. Die Blätter sind gefiedert und be-
stehen aus 7—9 Paar schmal-elliptischer und ge-
sägter Blättchen. Die weissen, in der Mitte hin-
gegen rothen Blüthen bilden in grosser Anzahl eine
vollständige Traube.
Ueber Desmodium penduliflorum Oudem. (Tab.
1888) ist erst vor Kurzem gesprochen worden (im
vor. Jahrg. S. 384), ebenso über Spiraea palmata
| Thunb. (Tab. 1851) in demselben Jahrgange (S.
220). Es folgen 2 Glockenblumen, von denen die
eine Campanula Rayneri Perpenti zwar schon früher
(S. 118) empfohlen worden ist, ohne dass sie eben
näher beschrieben wurde. Sie ähnelt der bekann-
ten Campanula carpathica, bleibt jedoch niedriger,
und lässt dieselbe Verwendung zu. Die schönen
grüngefärbten Blätter haben eine eirund-längliche
An der
Spitze der emporgerichteten Zweige befinden sich
1—3 blaue Blüthen von über 1 Zoll Durchmesser.
® Eine eigenthümliche Gestalt hat die Glocken-
blume (Tab. 1880), welche unter dem Namen C.
soldanellaeflora plena abgebildet ist. Sie gehört zu
den kleinen Glockenblumen aus der Gruppe unserer
C. rotundifolia und macht an der Basis Büschel
grösserer, namentlich breiterer Blätter, während die
am wenig-verästelten Stengel sehr schmal, fast
linienförmig sind. Das Abweichende sind jedoch
die zahlreichen, ebenfalls sehr schmalen Blumen-
blätter von bläulich-rother Farbe, aus denen haupt-
sächlich die Blüthe besteht.
. Unter dem Namen Macleya cordata yeddoensis
hat van Houtte (S. 163) unsere unter dem alten
Namen mehr bekannte Bocconia cordata abgebildet
(S. 164). Dass die japanische Pflanze in keiner
Hinsicht von der chinesischen sich unterscheidet,
haben wir bereits schon früher gesagt (10. Jahrg.
der Wochensch. S. 334).
Primula cortusoides amoena grandiflora (Tab.
1923) ist eine zu empfehlende Staude und auch
bei unseren Ausstellungen schon mehrfach gesehen
worden. Diese japanische Form der sonst sibirisch-
chinesischen Art, welche erstere in den Gärten als
P. amoena eingeführt wurde, hat von uns schon
so oft eine Besprechung erhalten, dass wir nichts
mehr zu ihrer Empfehlung hinzufügen können (vgl.
13. Jahrg. S. 359 u. 4135).
Primula intermedia (Tab. 1869) will William -
Bull in London durch Blendung zweier Alpen-
Aurikeln, der P. ciliata und minima, erhalten haben.
Wir möchten eher eine Aurikel als eins der Eltern
bezeichnen. Die ziemlich grossen und gesägten
88
Blätter sind eirund und in einen kurzen Stiel ver-
schmälert. Aus ihnen hebt sich der Stiel mit der
Dolde blaurother und mit einem weissen Auge ver-
sehener Blüthen.
Symphytum officinale L. fol. luteo-marginatis
(Tab. 1901) ist recht hübsch ohne Blüthenstengel,
wenn die grossen, breit-elliptischen Blätter am Rande
weit hinein in die Substanz des Blattes weisslich-
gelb gefärbt sind, sobald jener aber erscheint, ster-
ben diese meist ab oder erhalten doch ein schlech-
tes Ansehen. Auch diese Pflanze ist bereits er-
wähnt worden (im vor. Jahrg. S. 198).
Wir haben erst vor Kurzem neue Blüthenfor-
men des Mimulus luteus L. aufgeführt; wir sind
jetzt in den Stand gesetzt, auf eine Form aufmerk-
sam zu machen, wo die Blätter panachirt sind und
welche von van Houtte als Mimulus luteus foliis
variegatis abgebildet worden ist (Tab. 1822). Die
Pflanze scheint zahlreiche kurze Triebe zu machen,
deren Blätter durchaus von einem breiten, weisslich-
gelben, meist auch ins Hochrothe schimmernden
Rand umgeben sind.
Von Blüthensträuchern nennen wir zuerst ein
Pelargonium zonale, was van Houtte mit der
näheren Bezeichnung Madame Victor Le Febvre
(Tab. 1907) in den Handel gebracht hat. Es ge-
hört zu den Scharlach- oder Bouquet-Pelargonien
und hat kleine, am Ende der Zweige dicht ge-
drängte Blätter, zwischen denen sich der äusserste
Stiel mit der ebenfalls dicht gedrängten Dolde dun-
kelrosafarbiger Blüthen erhebt.
Camellia princesse Clotilde (Tab. 1849) wurde
von dem bekannten Kamellienzüchter Rovelli in
Palanza am Lago maggiore aus Samen erzogen.
Die Blume ist mittlerer Grösse und von dachziege-
ligem Bau; ihre Grundfarbe ist zwar weiss, wird
aber durch breite Bänder und Schmitzen von rother
Farbe vielfach unterbrochen.
Rhododendron Princess of Wales (Tab. 1854)
gehört zu den durch Kreuzung des Rh. maximum
und ponticum entstandenen Sämlingen, welche, in
einigem Schutze und in harten Wintern einiger-
massen gedeckt, selbst im Norden "Deutschlands
aushalten. Vorliegende Sorte wurde in England,
und zwar von Moritz Young, gezüchtet. Die
ziemlich grossen Blüthen haben eine weisse Grund-
farbe, die durch einen ziemlich breiten und vio-
letten Rand unterbrochen ist. Rh. Ange Vervaet
(Tab. 1870) ist dagegen aus dem Etablissement
von L. van Houtte in Gent hervorgegangen und
möchte nur eine veredelte Form des Rh. maximum
darstellen. In Belgien soll sie sehr gut im Freien
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 9.
aushalten. Die Blüthenköpfe nehmen sich in ihrer
Menge von Blüthen, mitten aus dem dunklen Grün
der Blätter herausragend, vorzüglich aus. Die
Farbe der ersteren ist fleischroth, was nach dem
Rande zu allmählich in Weiss übergeht, ausserdem
aber mit zahlreichen purpurrothen Punkten wie
besäet erscheint.
Es folgen 4 indische Azaleen. Leonie van
Houtte (Tab. 1856) zeichnet sich durch sehr grosse
einige Zoll im Durchmesser enthaltende Blüthen
von weisser Farbe aus. Madame Iris Le Febvre
(Tab. 1862) hat dagegen eine lebendige blutrothe
Farbe der recht hübsch gefüllten Blüthen. Ausser-
dem zeichnen sie sich noch durch ihre Grösse und
durch den Reichthum, in dem sie erscheinen, aus. -
Marie van Houtte (Tab. 1865) heisst dagegen
wiederum eine Azalee mit sehr grossen und ge-
füllten Blüthen, wo zwar die Grundfarbe weiss,
dieses aber durch rosa-lachsfarbige Schmitzen un-
terbrochen wird. Wenn der Herausgeber der Flore
des serres (auf der 1892. Tafel) noch eine vierte
Azalee unter dem Namen Maximilian abgebildet
hat, welche an Schönheit den anderen 3 bereits
empfohlenen Sorten nachsteht, aber immer noch
eine hübsche Erscheinung darbietet, so geschah es
deshalb, um seine Kunden darauf aufmerksam zu
machen, dass manche Sorten insofern inkonstant
sind, als sie nicht immer gleich gut blühen. Der-
gleichen Sorten werden im van Houtte’schen
Etablissement eine längere Zeit beobachtet und,
insofern sich diese Ungleichheit im Blühen nicht
verliert, selbst dann weggeworfen, wenn sie auch
in einzelnen Jahren noch so schön gewesen sind.
Revd. Dombrain (Tab. 1864) heisst eine Bour-
bonrose aus dem Etablissement des bekannten Ro-
senzüchters Margottin bei Paris. Es ist eine
grosse Blume von blutrother Farbe, die durch das
schöne, den Bourbon-Rosen überhaupt eigenthüm-
liche Grün der Blätter noch mehr gehoben wird.
Deutzia crenata flore albo pleno (Tab. 1850)
haben wir bereits (im 12. Jahrg. S. 245) ausführ-
lich besprochen und bemerken nur noch, dass diese
Deutzia der anderen aussen roth gefärbten Form
(extus rubra fl. pl.) nicht allein wegen ihrer grösse-
ren Schönheit vorzuziehen ist, sondern auch, weil
sie sich leichter treiben lässt, viel besser unsere
klimatischen Verhältnisse verträgt.
Hydrangea stellata prolifera (Tab. 1890) ist eben-
falls schon, und zwar in demselben Jahrg. (S. 3)
besprochen worden. In dem hier abgebildeten Exem-
plar sind die einzelnen Blüthen so dicht gefüllt, wie
wir es im Leben noch nicht gesehen haben.
Druck der ©. Feister’schen Buchdruckerei (L, Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
|
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General -Sekretär des Vereines.
No. 19. Ben den 23. Marz, 1879.
Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt; La ee horticole, redigee par Ed. Momen 1871. — - Ueber Tiaer iihekanuie Vorzüge beim Veredeln der Bäume,
— J. G. Beer's Grundzüge der Obstkunde.
La Belgique horticole.
Redigee par Ed. Morren.
1871.
Der Verfasser der Belgique horticole beschäf-
tigt sich eben mit einer Monographie der Bromelia-
ceen für die grosse von Martius begonnene Flora
brasiliensis; es ist dieses ein Umstand, der auf die-
sen Jahrgang einen noch grösseren Einfluss aus-
geübt hat, als auf den früheren. Die Bromeliaceen
wachsen nur in den warmen und heissen Ländern
Amerika’s und bilden zum grossen Theil Epiphyten,
also Pflanzen, welche an Bäumen sich ansiedeln
und deren Stamm, hauptsächlich aber die Stellen
zwischen zwei Aesten, einnehmen. Doch wachsen
auch nicht wenige in der Erde, besonders an feuch- |
ten Stellen, an den Ufern der Flüsse und Sümpfe,
und bilden daselbst bisweilen, wie es mit einigen
unächten Bromelien der Fall ist, um so undurch-
dringlichere Hecken, als die etwas fleischigen Blät-
ter an ihren Rändern mit stechenden Dornen be-
setzt sind. Nur wenige Arten machen einen Stamm,
wie Puya chilensis, und kommen, gleich den grossen
Fackeldisteln, den Yukken u. s. w., vereinzelt vor.
Die Blätter der Bromeliaceen sind nie haut-,
sondern am häufigsten pergamentartig, bisweilen
auch etwas fleischig und stehen in der Regel ge-
drängt zusammen; wenn aber der bis dahin ver-
kürzte Stengel zum allgemeinen Blüthenstiel sich
verlängert, werden sie allmählig kleiner oder kür-
zer, bilden sich auch zu sogenannten Schuppen-
blättern um. Bisweilen vergrössern sich diese ver-
kümmerten Blätter wiederum in der Nähe der
Blüthe und erhalten damit eine lebhafte, meist
rothe Farbe. Man nennt sie in diesem Falle Hoch-
blätter, auch wohl Deckblätter und Blumenscheiden
(Spathae). Wie diese sehr oft schon gefärbt sind,
so können auch die Blüthen eine in die Augen
fallende Farbe haben.
Die Bromeliaceen machen seitlich an der Basis
des verkürzten Stammes kurzgestielte Sprossen mit
dem Ansehen der Hauptpflanze. Diese blüht und
stirbt ab, während die Sprossen an der Seite selbst-
ständig werden. Nur in einigen wenigen Fällen
blühen kleinere Seitensprossen und der Hauptstamm
wächst weiter.
Es gab einmal eine Zeit, wo die Bromeliaceen,
besonders in Wien, Berlin und Brüssel besondere
Liebhaber hatten, welche grössere und kleinere
Sammlungen anlegten; aber auch ausserdem waren
sie beliebt und hatten vielerlei Verwendungen. Von
diesen war besonders zu empfehlen ihre Anpflan-
zung an der Hinterwand eines Gewächshauses, zu
gleicher Zeit mit anderen Epiphyten, wie Farne,
Aroideen u. 8. w.; es galt dieses besonders von den
Bromeliaceen, welche bunte Herzblätter haben, wie
viele echte Bromelien, Guzmannien u. s. w., sobald
die Blüthezeit herankommt. Leider hat diese Lieb-
haberei in der neuesten Zeit ungemein abgenom-
men. Nur in Paris schien sie sich, bis wenigstens
vor den Krieg, erhalten zu haben, da dort allge-
mein Bromeliaceen auf die Märkte kamen und vie-
len Abgang fanden. Ob es noch der Fall ist, das
12
90
wissen wir nicht. Es scheint ja in der jetzt noch
republikanischen Metropole Alles nach und nach
wiederzukommen, warum nicht auch diese Liebe. Am
allerwenigsten kann der Franzose Blumen entbehren.
Die Bromeliaceen, welche im Jahrgange 1871
der Belgique horticole besprochen und empfohlen
werden, gehören den Billbergien und Tillandsien
an. Es sind dieses 2 Genera, welche aus einer
Menge von Arten bestehen und bereits ein reich-
liches Kontingent für unsere Gewächshäuser gelie-
fert haben. Sie verdienen auch eine besondere
Aufmerksamkeit, zumal sie zu gleicher Zeit als
Blatt- und als Blüthenpflanzen benutzt werden kön-
nen. Bei beiden Geschlechtern bilden zum grossen
Theil die an der Basis zusammengedrängten und
einander gegenseitig umfassenden, pergamentartigen
Blätter einen aufrechten Becher, aus dem später der
Blüthenstiel sich erhebt; sie schlagen sich aber ober-
halb und zwar schon in der Mitte oder erst gegen
die Spitze hin in einen eleganten Bogen zurück.
Diese Blätter haben bald eine einfache, freudig-
oder auch grauweisslich-grüne Farbe, bald ist diese
jedoch durch weissliche Querbinden unterbrochen.
Da die Bromeliaceen ausser Wärme und Luftfeuch-
tigkeit keiner besondern Pflege bedürfen, so ge-
hören sie zu den dankbarsten Pflanzen unserer
Gewächshäuser.
Was die beiden Billbergien anbelangt, welche
Ed. Morren abgebildet hat, so gehören sie zu
der Gruppe der Arten mit überhängendem Blüthen-
stiele, wo die Deckblätter eine schöne rothe Farbe
besitzen und die Blumenblätter zurückgerollt sind.
Dieser letztere Umstand gab dem früheren Ver-
fasser der Illustration horticole, Professor Lemaire,
Veranlassung, ein neues Genus für die Arten zu
bilden, welche dergleichen zurückgerollte Blumen-
blätter haben: Helicodea (von Helix, was im Grie-
chischen etwas Gewundenes bedeutet). Beer, der
bekannte Wiener Monograph der Bromeliaceen,
nannte das Genus dagegen: ÜOremobotrys, wegen
der überhängenden Blüthentraube.
Alle hierher gehörigen Arten, selbst die mit |
grünlich-gelben Blüthen, sind zu empfehlen, die
mit violetten oder biauen Blüthen aber ganz be-
sonders, Zu diesen letzteren gehört vor Allem
die Art, welche Ed. Morren Billbergia Leopoldi
nennt (auf der 1. und 2. Tafel) und nach ihm die
richtige dieses Namens sein soll. Was wir als B.
Leopoldi früher beschrieben haben, hält Ed. Mor-
ren für die ächte B. vittata Brongn., welche zu-
erst in dem Portefeuille des horticulteurs (im 2.
Jahrg.‚/pag. 353), einem Werke, was wir leider
nie gesehen haben, beschrieben wurde. Soweit
sich aber aus der Abbildung erkennen lässt, ist
unsere B. Leopoldi genau dieselbe, welche Ed.
Morren hier abbildet, und keineswegs B. vittata
Brongn., welche der botanische Garten in Berlin
als Originalpflanze aus dem Jardin des plantes in
Paris erhielt und uns daher sehr gut bekannt ist.
Da wir die Pflanze schon früher besprochen und
beschrieben haben, so verweisen wir diejenigen da-
hin (9. Jahrg. S. 172), welche sich noch beson-
ders dafür interessiren.
B. vittata Brongn. (auf der 14. Tafel) ist wohl
die älteste aus dieser Gruppe in unseren Gewächs-
häusern und steht der vorigen ausserordentlich nahe.
Während hier die grossen Deckblätter eine men-
nig-rothe Farbe besitzen, ist diese bei B. Leopoldi
chenillenroth. Ausserdem hat der überhängende
Blüthenschaft bei der letzteren einen puderigen
Ueberzug, der aber keineswegs den anderen hier-
her gehörigen Arten in der Weise fehlt, wie Ed.
Morren glaubt. Beide Arten stehen übrigens ein-
ander so nahe, dass sie vielleicht gar nicht speci-
fisch verschieden sind.
Von den Tillandsien hat der gelehrte Heraus-
geber der Belgique horticole auch die bekannte
und von nns bereits mehrfach erwähnte T. Lindeni
E. Morr. gewählt, weil diese ausgezeichnete Art
bereits in einigen Abarten existirt. Einer der letz-
teren hat er den Beinamen B. Regeliana deshalb
gegeben, weil Dr. Regel sie zuerst beschrieb und
abbildete. Eine zweite Abart zeichnet sich durch
grössere Blumen aus und existirt in England. Sie
ist bereits in dem Jahrgange 1871 des floral Ma-
gazine mit der näheren Bezeichnung major bildlich
dargestellt worden. Die dritte Abart bringt noch
seitlich allgemeine Blüthenstiele hervor und ist von
Ed. Morren als luxurians näher bezeichnet wor-
den. Sie ist es, welche hier (auf der 20. Tafel)
abgebildet worden ist. Durch die grössere Anzahl
von allgemeinen Blüthenstielen gewinnt die Abart
nicht wenig an Werth.
Wenn man diese Tillandsie mit einer zweiten
vergleicht, welche unter dem Namen Tillandsia
staticaeflora Ed. Mor. beschrieben und (auf der
12. Tafel) abgebildet ist, so möchte man kaum
glauben, dass beide Pflanzen in ein und dasselbe
Genus gehören. Die Unähnlichkeit der Arten wird
in diesem grösseren Geschlechte noch bedeutender,
wenn man die kleinste Tillandsia, welche den Bei-
namen usneoides führt, weil sie, ähnlich unseren
Usnen oder Bartflechten, in den südamerikanischen
Urwäldern von den Aesten und Zweigen der Ur-
waldsbäume herunterhängt, und welche im Vater-
lande, jetzt aber auch in England, als Material zum
Stopfen und Füllen der Matratzen und Kissen ge-
braucht wird, mit der vielleicht grössten Art, welche
seit wenigen Jahren unter dem falschen Namen
Guzmannia imperialis in den Handel gekommen
91
ist, aber Tillandsia imperialis heissen muss, zusam-
menstell. Hier sind in der That zwei Extreme,
die aber durch zahlreiche, in der Form allmählig
in einander übergehende Arten verbunden werden.
T. staticaeflora steht der T'. usneoides näher
und hat in der äusseren Erscheinung das Ansehen
der von uns früher beschriebenen T. argentea, nur
dass die fusslangen und binsenförmigen Blätter blos
an der Basis mit grauweissen Schieferschuppen be-
setzt, sonst aber unbehaart sind. Auch der Blü-
thenstand ist insofern ein anderer, als er eine zu-
sammengesetzte und rispige Achre bildet, wo die
in zwei Reihen sich befindenden violettblauen Blü-
then weit auseinander stehen und sich nicht mit
den Deckblättern gegenseitig decken. Der Blü-
thenstand hat übrigens weniger eine Aehnlichkeit
mit den Statice-Arten, welche nach dem heutigen
Standpunkt der Wissenschaft in diesem Genus ge- |
blieben sind, als vielmehr mit denen, aus welchen
Boissier sein Genus Acantholimon gebildet hat.
Vom grössten Interesse sind die 3 Lykopodien,
welche in diesem Jahrgange der Belgique horticole
beschrieben und abgebildet wurden. Es sind Be-
wohner Mexiko’s, welche ein Reisender in jenen
Hochländern, Omer de Malzinne, daselbst, be-
sonders in der Umgegend von Cordoba, gesammelt
hat und stellen Epiphyten dar, welche hauptsäch-
lich an den Stämmen von Sapota-Arten vorkommen.
Nach Dr. Spring, dem gelehrten Verfasser einer
Monographie der Lykopodiaceen, unterscheiden sich
die Lykopodien, welche in Mexiko vorkommen, von
denen, welche in Brasilien wachsen, durch weit
längere, bisweilen selbst 1% Zoll lange und mit
zwei deutlichen Furchen versehene Blätter.
Repräsentant dieser letzteren ist die mexika-
nische Form des Lycopodium mandioccanum Raddi
(Tab. 6), welche uns zuerst als L. pithyoides Ch.
et Schl. bekannt wurde und in der That auch, wie
der letztere Beiname sagt, das Ansehen eines Säm-
lings irgend einer kleinen Pinus-Art besitzt. Ja-
kob Makoy in Lüttich, der die ganzen Samm-
lungen lebender Pflanzen von dem genannten Rei-
senden Omer de Malzinne erhalten hat, kulti-
virt sie bereits mit grossem Erfolge. Der grad-
aufrechte Stamm theilt sich in der Regel und hat
eine braune Farbe, die jedoch durch das Grün der
Ansatzstellen der langen und fadenförmigen Blätter
unterbrochen wird. Die Fruchtkapseln besitzen bei
dieser Art eine bedeutende Grösse.
Eine zweite Art
taxifolium Sw. (Tab. 7, Fig. 1—4), was selbst eine
noch grössere Verbreiterung besitzen soll, als L.
mandioccanum, da es auch auf den Antillen, auf
dem südwestlichen Hochlande von Amerika und
schliesslich auch sogar in ÖOstindien wachsen soll.
des Genus Lycopodium ist
|
|
Die Pflanze war schon früher in Kultur, und zwar
seit 1848 in Berlin. Sie erreicht die Höhe eines
halben Fusses und theilt sich mehrmals; im Vater-
lande soll sie aber bisweilen 1% Fuss hoch werden.
Die schmallinienförmigen Blätter bilden 3 Reihen
und stehen ziemlich weit ab, krümmen sich aber
wiederum etwas zurück. Ihre Farbe ist ebenfalls
ein schönes Grün, wie bei L. mandioccanum.
L. dichotomum Jacgq. heisst eine dritte Art die-
ses Geschlechtes, welche der Reisende Omer de
Malzinne aus Mexiko gebracht hat, und welche,
möglicher Weise aber doch verschieden von der
Hauptart, wenigstens eine interessante Abart der-
selben darstellen möchte. Die Pflanze scheint höher
als das ächte L. dichotomum zu wachsen und be-
sonders an der Basis breitere und herablaufende
Blätter zu haben. Auch erscheint der Rand bei
dieser mexikanischen Form nicht umgebogen, wie
es von Jacquin bei seiner Pflanze angegeben ist.
Wir bemerken übrigens, dass es noch verschiedene
Lykopodien giebt, welche den Beinamen dichotomum
führen und dass diese nicht mit der Jacquin’schen
Pflanze d. N. verwechselt werden dürfen. Der
Beiname dichotomum ist eigentlich ganz zu ver-
werfen, da alle Arten dieses Geschlechtes, wie auch
die verwandten Selaginellen, eine gabelästige Ver-
theilung besitzen.
Codiaeon variegatum (Tab. 8) heisst jetzt nach
der neuesten Monographie des Aargauers Müller
in de Candolle’s Prodromus unser altes Croton
pietum. Es mögen wohl Wenige sein, von denen
die bei uns in zahlreichen Formen gezogene Pflanze _
in Blüthen gesehen worden; bei denen, wo es aber
der Fall ist, werden sie keinen besonderen Gefallen
daran gefunden haben, denn die kleinen gelben,
resp. grünlichen Blüthen fallen nicht sehr in die
Augen. Sie sind getrennten Geschlechtes. Bei-
derlei Blüthen kommen aber an der Spitze der
Zweige, die männlichen zuerst, die weiblichen dar-
auf, hervor und bilden einige Zoll lange, meist
übergebogene Trauben.
Es sind aber bekanntlich nicht die Blüthen des
Croton pietum, welche den Gärtner und Liebhaber
bestimmen, die Pflanze in seinem Gewächshause zu
ziehen und ihr eine besondere Pflege zuzuwenden,
es sind vielmehr die schönen lederartigen Blätter,
deren Grün durch verschiedengeformte Flecken von
gelber Farbe unterbrochen wird. Bisweilen sind
dagegen die Ränder der Blätter breitroth oder
breitgelb gefärbt und die Mitte ist grün; es kom-
men aber auch Fälle vor, wo es umgekehrt der-
Fall ist. Ferner ist die Form der Blätter eben-
falls nicht immer dieselbe; sie kann sehr schmal
und umgekehrt sehr breit sein.
Diese bunten Färbungen haben Veranlassung
12*
‚92
gegeben, den ursprünglich nur ostindischen Strauch
seit sehr langer Zeit schon als Zierpflanze zu kul-
tiviren; eine so grosse Menge von Formen, als jetzt
in den Gewächshäusern vorhanden sind, hat es
aber zu keiner Zeit gegeben. Das grösste Ver-
dienst um Einführung derselben besitzt der leider
viel zu früh verstorbene John Gould Veitch
in London, der von seinen Reisen in Östindien und
auf den Inseln des grossen Oceans eine grosse
Anzahl der schönsten in Europa eingeführt hat.
Wir haben regelmässig über sie in den verschie-
denen Jahrgängen der Wochenschrift berichtet, so
dass wir wohl alle die, welche sich für diese Blatt-
pflanzen interessiren, dorthin verweisen können.
Viola cornuta L. (Tab. 9), eine Art Stiefmüt-
terchen, ist eine bekannte Alpenpflanze, welche vor
einem Jahrzehnte nur dem Botaniker Interesse ab-
zulauschen vermochte, jetzt aber eine der belieb-
testen Gartenpflanzen geworden ist. Wir sahen
von ihr die schönste Abart, welche den Beinamen
Perfection erhalten hat, vor nun 2 Jahren vor dem
Königlichen Schlosse in Schleissheim bei München
in der grossartigen Arabeske verwendet, welche
dort jährlich angelegt wird, und waren ganz er-
staunt, die bescheidene gelbe Blume jetzt in einer
solchen Vollkommenheit zu sehen. Da wir schon
früher (12. Jahrg. S. 310, und 13. Jahrg. S. 224)
über Viola cornuta berichtet haben, übergehen wir
alles Weitere.
Aceras hircina Lindl. (Tab. 10) heisst eine
höchst interessante Erdorchidee des südlichen und
mittleren Europa’s, die wohl verdient, dass ihr von
Seiten der Blumenliebhaber Aufmerksamkeit zuge-
wendet wird. Linn“ nannte das Genus, in das
er sie stellte, Satyrium, gleichsam Satyrpflanze, und
wies damit auf die Wirksamkeit der einem Bocks-
Hoden ähnlichen Knollen als Aphrodisiacum hin.
In der That wurden die Knollen auch in den
früheren Zeiten als solches gebraucht und sind
selbst den Landleuten in einigen Gegenden, wo
sie in besonderer Menge vorkommt, noch jetzt da-
für bekannt.
Die hier dargestellte Pflanze weicht in mehrern
Punkten von der, welche auch in Deutschland hier
und da vorkommt, ab und wurde von einem en-
thusiastischen Blumenfreunde in Lüttich, Pirlot
mit Namen, in der Nähe von Rom aufgefunden.
Er nahm Knollen von dieser abweichenden Form
mit in die Heimath und hat im vorigen Sommer
das Vergnügen gehabt, die Orchideen in Blüthe
zu erhalten. Die Schönheit derselben machte es
aber wohl wünschenswertb, dass die Form recht
vermehrt und dann weiter verbreitet werde.
Die Aceras- oder Loroglossum-Arten zeichnen
sich durch ihre sehr entwickelten Lippen aus, wäh-
rend die eigentlichen gewölbten Blumenblätter ihr
gegenüber eine Art Casquet bilden, ohne besondere
Schönheit und von grünlich-gelber Farbe. Die
Lippe besitzt an der Basis einen kurzen Sporn
und theilt sich dann alsbald in 3 Theile. Von
diesen ist der mittelste ganz schmal, kaum eine
Linie breit, aber über 2 und 3 Zoll lang. Am
oberen Ende findet nochmals eine Theilung statt.
Die beiden seitlichen Theile gleichen Gemsenhör-
nern, welche am vorderen Ende nach oben sich
krümmen, und haben nur die Länge von 8—9
Linien. Von gleicher Länge ist der keulenförmige
Fruchtknoten, der im Winkel eines sehr schmalen,
aber steifen Deckblattes von gegen Zoll Länge
steht. Ed. Morren hat dieser interessanten Ab-
art nach ihrem Fundorte den Beinamen romana
zugelegt.
Lathyrus odoratus L. (Tab. 11) ist unsere wohl-
riechende Wicke, Pois de senteur (wohlriechende
Erbse) der Franzosen, während die Engländer sie
wegen der schönen rothen Farbe Invisible scarlet
(d. i. unbesiegbares Scharlachroth) nennen. Es ist
eigenthümlich, dass man mit dem Vaterlande der
wohlriechenden Wicke noch nicht ganz im Klaren
ist. Sie soll auf Sicilien, aber auch auf Ceylon,
wild wachsen. Aus Sicilien wurde sie zuerst durch
den Franziskaner-Mönch Cupani, der Direktor
des botanischen Gartens des Fürsten della Catolica
war und Verfasser des bekannten Hortus catolicus
ist, ihres Wohlgeruchs halber in den Gärten ein-
geführt. Cupani schickte später auch Samen an
seinen Freund Commelin nach Amsterdam, von
wo sie weiter verbreitet wurde.
Diese wohlriechende Wicke aus Sicilien hat
eine mehr dunkelrothe Farbe. Es existirt aber
noch eine andere Form, wo die Blütben rosenroth
gefärbt sind. Diese ist es, welche aus Ceylon
stammen soll. Sollte nicht die sicilianische Abart
durch die Mauren aus Südasien erst nach Sicilien
gekommen sein und dort in der Kultur eine dun-
kelere Farbe angenommen haben? Man kann kaum
annehmen, dass dieselbe Pflanze, wenn auch ın 2
verschiedenen Formen, zu gleicher Zeit auf 2 von
einander so entfernten und auch sonst noch so ver-
schiedenen Inseln entstanden wäre.
Primula japonica A. Gr. (Tab. 12) haben wir
erst im vorigen Jahrgange besprochen (vor. Jahrg.
S. 195), so dass wir nichts mehr zu ihrer Empfeh-
lung zu sagen brauchen. Hoffentlich wird sie nun
auch in diesem Frühjahre auf dem Kontinente ihre
schönen Blüthen entfalten.
Auf der 16. und 17. Tafel ist der immer noch
räthselhafte Cytisus Adami Poit., über den in der
Wochenschrift mehrmals gesprochen worden ist,
abgebildet. Etwas Neues ist zwar nicht gebracht,
93
aber die darüber vorhandene Literatur erhält man.
hier vollständiger, als in irgend einer anderen Ab-
handlung über diesen Gegenstand. Die schönsten
Exemplare des ©. Adami haben wir in Köln und
in Donaueschingen gesehen. Aus dem letzteren
Orte besitzen wir einen verzweigten Ast, wo die
Mutterpflanzen mit dem Blendlinge regelmässig ab-
wechseln. _
Andromeda japonica Thunb. (Tab. 19) ist zwar
ein schon längst bekannter Blüthenstrauch, aber so
viel wir wissen, bis jetzt noch nicht sehr verbreitet
gewesen, obwohl das Jahr 1806 als das ihrer Ein-
führung angegeben wird. Jacob Makoy et Co.
in Lüttich haben sich daher ein besonderes Ver-
dienst um die Pflanze erworben, dass sie von Neuem
sie eingeführt haben und jetzt ın den Handel brin-
gen. Sie wird zwar in Lüttich noch ım Topfe
gezogen, wir zweifeln aber gar nicht daran, dass
sie, ebenso wie viele
selbst im Nordosten Deutschlands, wenn auch hier
im Winter gut gedeckt, gedeihet.
Andromeda japonica ist nach der jetzigen Ein-
theilung der Ericaceen, zu denen sie gehört, eine
Pieris und stellt, gleich den Verwandten aus dem |
Himalaya, einen hübschen Blüthenstrauch dar, des-
sen elliptisch-spatelförmigen Blätter gegen das obere
Ende der Zweige oft so gedrängt stehen, dass sie
einen Quirl zu bilden scheinen. Sie laufen in
einen kurzen Stiel aus und ihr Rand ist mit Aus-
nahme der Basis gesägt. Ihre Substanz erscheint
ziemlich hart, beide Flächen sind dagegen unbe-
haart.
ticole weiss abgebildet sind, werden sie von Thun-
berg roth angegeben. Sie bilden am Ende der
Zweige zusammengesetzte Aehren und nehmen sich
zwischen dem dunkeln Grün der Blätter vortheil-
haft aus.
Dichrotriehum Ternateum Reinw. heisst eine
Cyrtaudracee aus der Abtheilung der bekannteren
Didymokarpeen und wurde zuerst durch den ver-
storbenen Reinwardt, Direktor des botanischen
Gartens in Buitenzorg auf Java an de Vriese in
Leiden mitgetheilt. Dieser machte die Pflanze
schon im 3. Bande seiner Gartenbau-Flora (Tuin-
bouw-Flora) vom Jahre 1856 bekannt. Reinwardt
fand sie auf den Ternaten und gab ihr deshalb
den Beinamen Ternateum. Früher hatte sie übri-
gens schon Blume auf den Molukken entdeckt
und ihr den vorläufigen Namen Trommsdorffia elon-
gata gegeben.
D. Ternateum schliesst sich am meisten den
Aeschynanthus-Arten an und klettert, wie diese, an
Baumstämmen empor, kriecht aber auch zwischen
Moos aut dem Boden. Die Pflanze ist ein grosser
Gewinn für unsere Warmhäuser und befindet sich
andere japanische Gehölze, |
Während die Blüthen in der Belgique hor- |
‚ erscheint.
in den Gewächshäusern von Jacob Makoy in
Lüttich, von wo sie bezogen werden kann. Die
gegenüber stehenden Blätter sind einander sehr un-
gleich, indem das eine sich auf einem langen Stiele
befindet und eine herzförmig-längliche Gestalt hat,
während das andere dagegen sehr klein ist, einen
nur kurzen oder gar keinen Stiel besitzt und eirund
Beide sind aber unbehaart und haben
einen gezähnten Rand. Von besonderer Schönheit
sind die rothen Blüthen, welche an der Spitze des
allgemeinen und ziemlich langen Stieles eine Dolde
bilden, nicht aber aufrecht stehen, sondern gleich,
wie bei mehren Amaryllidaceen, z. B. den Himan-
thophyllen, überhängen und nach unten gerichtet
sind. Da sie oft zu 20 bei einander sind und eine
bis 1% Zoll lange Röhre bilden, so fallen sie sehr
in die Augen. Da sie ferner ohne Zweifel auch
tiefen Schatten vertragen, so können sie wohl mit
anderen dekorativen Epiphyten, als Aroideen, Bro-
meliaceen, Farnen u.s. w. an der hinteren Wand
besonders warmer Örchideenhäuser vortheilhaft an-
gewendet werden.
Ueber bisher unbekannte Vorgänge beim Veredeln
der Bäume.
Vom Geheimen Rath und Professor Dr. Goeppert in Breslau.
Bei meinen Untersuchungen über die inneren
Zustände der Bäume nach äusseren Verletzungen
kam ich selbstverständlich auch zur Betrachtung des
Einflusses, welchen die Veredlungsmethoden durch
Pfropfen, Oculiren und Copuliren auf dieselben
ausüben.
Wissenschaft und Praxis geben sonderbarer
Weise darüber wenig Aufschluss. Man spricht zwar
stets von der Nothwendigkeit, die einzelnen Theile
des Wildlings mit denen des Pfröpflings in genaueste
gegenseitige Verbindung zu bringen, um ihre Ver-
wachsung zu befördern; wie diese aber eigentlich
erfolgt, wird nirgends näher beschrieben. Ich habe
dies bereits vor 30 Jahren gefunden, aber freilich
nur beiläufig in meiner Schrift „Beobachtungen über
das Ueberwallen der Tannenstöcke“, Bonn, bei
Henry und Cohen, 1841. S. 25, erwähnt, welche
den Pomologen wohl nicht zu Gesicht gekommen
ist und Physiologen haben sich damit auch noch
nicht beschäftigt.
Bei Wiederholung meiner Untersuchung im
April 1871 erlangte ich dieselben Resultate: Auf
der vertikalen Fläche des Mutterstammes oder Wild- »
lings, wenn sie von der des Pfröpflings, Auges oder
Edelreises eng umschlossen wird, entwickelt sich
ein von den Markstrahlen ausgehendes Parenchym-
gewebe, welches mit dem des Pfröpflings in Ver-
94
bindung tritt und sich bei gut gelungener Opera-
tion so genau mit ihm vereiniget, dass man es mit
blossen Augen kaum zu erkennen vermag. Bei nur
zum Theil gelungener Verwachsung vertrocknet es,
oft schon nach wenigen Monaten, bräunt sich, er-
hält sich aber fortdauernd, so dass man es noch in
älteren Stämmen nachweisen kann. Gleichzeitig
mit der Bildung dieses intermediären oder Vernar-
bungsgewebes, wie ich es nenne, treten nun auch
die Kambiallagen des Pfröpflings und des Mutter-
stammes in innige Verbindung und verwachsen so
vollständig, dass man ihre Grenze nur im Längs-
schnitt, nicht im Querschnitt, an einer schwach wel-
ligen nach innen gerichteten Biegung der Holzfaser
bemerkt. Die nächsten Holzlagen folgen dieser
Richtung und da nun die sonst horizontal verlau-
fenden Markstrahlen auch von ihrer Lage abweichen,
wird bei weiterem Wachsthum eine für das unbe-
waffnete Auge schon sichtbare Begrenzung gebil-
det, die ich mit dem Namen Demarkationslinie be-
zeichne, und zwar als innere, da auch noch eine
äusserliche auf der Oberfläche an der Verwachsungs-
stelle befindliche Scheidungslinie vorhanden ist, die
der Richtung der inneren genau entspricht und
sich auch schon durch die Verschiedenheit der
Rinde beider verwachsenen Stämme bemerklich
macht. Alle über der Demarkationslinie vorkom-
menden Entwickelungen gehören dem Pfröpflinge,
alle darunter befindlichen dem Mutterstamme an.
Der Pfröpfling entwickelt sich vollkommen selbst-
ständig, behält seinen specifischen Charakter in der
Beschaffenheit seiner Blätter, Blüthen und Früchte
bei, ohne von dem Mutterstamme wesentlich beein-
flusst zu werden.
Der wegen seiner Blätterlosigkeit zur Assimi-
lation nicht befähigte Mutterstamm führt ihm nur
den durch seine Wurzeln aufgenommenen, soge-
nannten rohen Nahrungssaft zu, welchen der Pfröpf-
ling vermöge seiner Vegetationsorgane in assimi-
lirten Saft umwandelt und selben bei seiner Rück-
kehr an der oben erwähnten Demarkationslinie ihm
zur Aufnahme überlässt. Hier kaum aufgenommen
und nur durch eine anatomisch schwer bestimmbare
Grenze von dem Pfröpfling getrennt, erhält er
augenblicklich die Befähigung, die charakteristischen
Eigenthümlichkeiten des Mutterstammes zu bewir-
ken. Denn treibt der Mutterstamm Blätter, Blü-
then und Früchte, so stimmen sie ganz und gar
mit derjenigen Beschaffenheit in seinem ungepfropf-
ten Zustande überein. Ein sehr interessantes bis
jetzt noch niemals gewürdigtes Phänomen im Ge-
biete der Pflanzenkunde, fast ohne Gleichen!
Der Assimilationsprozess ist also bei dem Mut-
terstamm, wenn er ast- und blattblos war, ohne
die sonst so nöthige Mitwirkung der Blätter er-
folgt und jene einfache, anatomisch kaum nachweis-
' bare jedenfalls einer besonderen Organisation ent-
behrende Grenzlinie erscheint ausreichend, um die
beiden vereinigten, in ihren specifischen Eigenthüm-
lichkeiten, Früchten u. s. w. von einander so ver-
schiedenen Stämme getrennt zu halten. Diese ge-
genseitige Unabhängigkeit giebt sich auch häufig
noch durch das verschiedene Wachsthum kund, in-
dem bald der Mutterstamm oder auch der Pfröpf-
ling einen von einander verschiedenen Durchmesser
erreichen.
Nach den bisherigen Erfahrungen gelingen die
Veredelungsprozesse nur bei Pflanzen verwandter
oder einander doch nahestehender Familien; jedoch
fehlt es zur Zeit noch durchaus an grösseren, un-
ter Berücksichtigung aller Momente konsequent
durchgeführten Versuchsreihen, welche sicher auch
für die Praxis der gesammten Gärtnerei zu wich-
tigen Resultaten führen und insbesondere zur Ver-
breitung und Vermehrung neuer Einführungen sich
nützlich erweisen dürften.
Zur Illustration des Innern ist es nothwendig,
stets vom Mutterstamme auszugehen und mit einem
exakten Centrumlängsschnitt die Untersuchung zu
beginnen.
Erfahrungsmässig haben sich nun die durch die
verschiedenen Veredelungsprozesse einst gewonnenen
Formen und Sorten unserer Obstarten Jahrhunderte
lang unabhängig von ihren Mutterstämmen erhal-
ten; doch sind darüber gelegentlich auch Zweifel
erhoben worden. Dass die mehr oder weniger
kräftige Beschaffenheit des Mütterstammes den
Pfröpfling auch mehr oder weniger gut ernährt,
ist ohne Weiteres zugegeben, ein höherer Einfluss
auf die wesentlichen Eigenschaften des Pfröpflings,
Früchte u. dgl., mit Sicherheit nicht nachgewiesen.
Dagegen hat man schon seit 1700 zu wiederholten
Malen beobachtet, dass Pfröpflinge buntblätteriger
Pflanzen (Jasmin, Eschen) auch unter der Impf-
stelle im Mutterstamme das Hervorsprossen von
Zweigen mit gefleckten Blättern veranlassten.
Nun sieht man freilich häufig ganz zufällig an
alten, wie an jungen Bäumen plötzlich weiss ge-
fleckte Blätter hervorsprossen, wie ich erst in die-
sem Sommer an Eichen, Ulmen und Rosskastanien
höheren Alters, ja auch unter der Impfstelle einer
gewöhnlichen grünblätterigen Apfelbaumpfropfung
beobachtete und konnte man somit an ein ebenso
zufälliges Verkommen denken. Doch sind jene
Versuche von Anderen (Darwin, Morren, Linde-
muth, Reuter, Magnus und Bouch@) an anderen
Pflanzen mit gleichem Erfolge wiederholt worden.
Ehe man sich jedoch zu weiteren Schlusstolgen
veranlasst sieht, bitte ich, die Impfstellen erst mit
Rücksicht auf meine Ermittelungen näher unter-
95
suchen zu wollen. Immerhin meine ich, dass diese
Uebertragung der Panachirung, welche ich m vie-
len Fällen mit Bouch@e nur für einen pathologi-
schen Zustand halte, den alten bewährten Grund-
satz, dass in allen specifischen Merkmalen sich
Wildling und Pfröpfliing unabhängig von einander
erhalten, nicht zu erschüttern vermag.
Jene höchst merkwürdige innere Demarkations-
linie, welche man stets und sogar bei Veredelun-
gen ganz nahe verwandter Sorten antrifft, zeigt
ganz entschieden, welchen Werth die Natur auch
auf Erhaltung der Selbstständigkeit der Varietäten,
geschweige gar der Arten legt, denen man heut
keine Dauer mehr zuerkennen will.
Uebrigens bestätigte meine Arbeit auf’s Neue,
den schon vor einigen Jahren bei Gelegenheit der
Untersuchung über die Inschriften und Zeichen in
Bäumen, (Bresiau bei Morgenbesser 1869) gewon-
nenen Satz, dass jede äussere, durch die Rinde bis
in das Holz dringende, ungedeckt bleibende Ver-
letzung eine dauernde Spur derselben zurücklässt,
woraus sich denn auch für die gärtnerische Praxis
der Veredelung wenigstens einige vielleicht beach-
tungswerthe Resultate ergaben:
Die innigste Vereinigung wird durch die Co-
pulation erzielt; dann folgt die Okulation, zuletzt
erst das Pfropfen, und zwar am empfehlungswer-
thesten das Pfropfen unter die Rinde, weniger das
seitliche in das Holz, das mit dem Geisfuss, mit
dem Sattel, am wenigsten das in den Spalt, weil
hier zu viel Holzsubstanz ungedeckt bleibt, welchem
Nachtheil durch kein Verkleben mit Baumwachs
abgeholfen werden kann. Sie vertrocknet und ver-
hindert nur das Anwachsen, verrottet und lässt sich
ebenso, wie der obere Theil des Mutterstammes, in
den ältesten Stämmen noch erkennen. Die Schnitt-
fläche des Mutterstammes verwächst hier ebenso
wenig, wie die beim Okuliren, weil beide schon
längst vertrocknet, also nicht mehr organisch thätig
sind, ehe sie von den Ueberwallungsschichten über-
zogen werden können.
Jede, auch die leiseste Berührung der zum
Verwachsen bestimmten Schnittflächen ist zu ver-
meiden, weil
gungen der Markstrahlen verletzt werden, denen
die zur innigen Verwachsung so nöthige Bildung
des intermediären oder Vernarbungs-Gewebes ob-
liegt. Dieses Vernarbungsgewebe bildet sich auch
bei anderweitigen Verwachsungen und vermittelt
dieselbe. Der Nutzen möglichst kleiner Schnitte,
der Wahl wenig umfangreicher Stämme und Zweige
zu allen diesen Operationen ergiebt sich auch aus
diesen theoretischen Erfahrungen, wie so manches
Andere, von selbst, das die Praxis schon längst als
erspriesslich befunden hat.
hierdurch die äusserst zarten Endi- |
J. G. Beer’s
Grundzüge der Obstkunde.
Es sind uns schon mancherlei Bücher durch
die Hand gegangen, aber noch keins so eigenthüm-
lichen und durcheinander gewürfelten Inhaltes, als
dieses. Wir hatten das Buch schon einmal der
Redaktion, welche uns aufgefordert hatte, es für
die Wochenschrift zu besprechen, weil es sehr
schwierig ist, ein bestimmtes Urtheil abzugeben,
zurückgestellt, haben uns aber schliesslich doch
überreden lassen, unsere Ansicht darüber in diesen
Blättern mitzutheilen. Dieser Umstand ist auch
Ursache, dass die Beurtheilung erst jetzt stattfindet.
Der Verfasser ist ein grosser Pflanzen- und
Blumenfreund und war lange Zeit ein ausserordent-
lich thätiger Sekretär der Wiener Gartenbaugesell-
schaft. Bereits hat er sich durch mehre Schriften
über Orchideen und Bromeliaceen der wissenschaft-
lich-botanischen und praktisch-gärtnerischen Welt
bekannt gemacht. Auch hier herrscht viel Origi-
nalität; manches Gute, selbst auch Neue, ist darin
zu finden. Man sieht bei Durchlesung nur eines
der Bücher alsbald den Autodidakt, der etwas spät
sich eine wissenschaftliche Bildung zu verschaffen
suchte. Er beobachtet viel in der Natur, bisweilen
recht gut; leider fehlt aber dabei oft jene gedie-
gene Unterlage, die fast nur in der Jugend an-
geeignet wird.
Es ist uns mitgetheilt worden, dass der Ver-
fasser vorliegender Grundzüge schon seit langer
Zeit sich mit Obstbau und Obstkunde beschäftigt
hat; er muss auch ein Obstgartenbesitzer, worin er
behufs Bekräftigungen seiner Ansichten Versuche an-
gestellt hat, sein. Er hat auch Mancherlei gelesen
und studirt; dann merkt man wieder Unkenntniss
in den gewöhnlichsten Dingen. Was er durch
eigene Erfahrung oder durch Studium auf den
Obstbau bezüglicher und nicht bezüglieher Bücher
für gut und der Verbreitung werth gefunden,
scheint er auf Blättchen angemerkt, vielleicht auch
ı in einem besonderen dazu angelegten Notizbuche
gesammelt zu haben. Da er jetzt glaubt, für die
Herausgabe von Grundzügen der Obstkunde etwas
Vollständiges zu besitzen, ist Alles, was er sich
gesammelt, zu einer Art System zusammengelegt
worden, um in derselben Weise, also in kurzen,
abgerissenen Sätzen zu einem Ganzen vereinigt
und als Buch herausgegeben zu werden. Dass sich
trotz der eifrigen und sorgfältigen Sammlung doch
Lücken fanden, lässt sich denken; es werden daher
diese Lücken in zusammenhängender Rede ausge-
füllt. Viel Logik herrscht bei dieser Zusammen-
stellung nicht. Man findet oft dergleichen abge-
rissene Sätze, wo man sie nicht sucht, auch ziem-
96
lich dieselben, also Wiederholungen, an ganz ver- |
schiedenen Stellen.
Der Verfasser vorliegender Grundzüge speku-
lirt gern und ist, wie die fast meisten Autodidak-
ten, Naturphilosoph. Nach ihm z. B. sind die
Vegetabilien organische und lebendige Geschöpfe,
welche wie die Thiere den Gesetzen unterworfen
sind, geboren zu werden, sich allmählig zu ent-
wickeln, Samen zu produciren, welcher die Form
fortpflanzt und — endlich zu sterben.
Weise werden auch andere Sätze, welche wissen-
schaftlich sein sollen, abgefasst, z. B. die Lenticel-
Wichtigkeit noch nicht gehörig erkannt ist. Dann
heisst es in einem bald darauf folgenden Satze:
„Die Rinde ist das Produkt der anfänglich an der
grünen Oberfläche einzeln erscheinenden Lenticel-
len, welche sich schnell vermehren.“ Man sieht,
In dieser |
sprüche von Männern,
und Beobachtungen, mit der Aufgabe, einem Jeden
zu ermöglichen, Rath sich zu erholen, und einem
praktischen. Der wissenschaftliche Theil enthält
die Elemente der Botanik in Bezug auf Obstbau
in sehr eigenthümlicher Weise. Die Fragen: was
ist Obst? was ist Gemüse? werden durch Aus-
die Alles sind, nur keine
Botaniker oder Gärtner, beantworte. Welchen
Werth diese Aussprüche haben, kann man sich
denken: sie sind ohne Ausnahme unwissenschaft-
lich und auch sonst nicht zu gebrauchen. Wie
ı können, wenn auch noch so verdienstvolle Männer,
len sind wahrscheinlich Ausscheidungsorgane, deren
wie Adelung, Zedler, Sanders, Heinsius, Ersch
und Gruber, Lippold und Funk, wissenschaftliche
' Definitionen über die Begriffe Obst und Gemüse
dass dem Verfasser nicht allein die neuesten Un-
tersuchungen über diesen Gegenstand, sondern auch
die sehr alten, zum Theil völlig unbekannt gewe-
sen sind.
Nicht anders ist es bei praktischen Dingen.
Do will der Verfasser unter Räuber nur die soge-
nannten Wassertriebe, welche bekanntlich heut zu
Tage auch in gewissen Fällen zur Veredlung ge-
braucht werden, nur aus der Wurzel hervorkom-
wen lassen. Beim Veredeln werden die alten Me-
thoden des Pfeipfelns, Röhrelns u. s. w., deren man
seit langer Zeit sich nicht mehr bedient, (vielleicht |
aber noch in Oesterreich in Anwendung kommen,)
noch genau beschrieben, während das Neueste hier-
über, was Baltet in Troyes und Lucas in Reut-
lingen so übersichtlich zusammengestellt haben, dem
Verfasser völlig unbekannt zu sein scheint.
Der Verfasser sagt aber trotzdem auch in sei- |
nen Grundzügen manches Treffende und Wahre,
nur muss es herausgesucht werden.
zZEB.,
Wir erfahren
dass auch in Oesterreich, wie in Deutsch-
land, in den 30 ger Jahren allmählig der Obstbau
in Verfall gerieth, trotzdem Männer, wie Diel und
Sickler, Liegel und andere tüchtige Pomolo-
gen lebten und wirkten. In den 40ger Jahren
herrschte in der Nomenklatur des Obstes bereits
eine solche Verwirrung, dass die Früchte fast nur
Provinzial-Namen besassen. Es wurden zwar noch
Bäume fortwährend gepflanzt;
aber allmählig ihrem Schicksal, weil man glaubte,
dass die Obstbäume, wie die Bäume im Walde,
keiner weiteren Pflege bedürften.
Die Grundzüge der Obstbaukunde bestehen aus
3 Theilen: einem wissenschaftlichen,
man überliess sie
Grundsätze |
geben! Gleich im Anfange dieser Abtheilung er-
hält man eine etwas mangelhafte Aufzählung der
Obstpflanzen. Dann kommt dieselbe wieder in an-
derer Gestalt, und zwar zum Theil am Ende der-
selben Abtheilung, zum Theil (der Beerensträucher)
erst in der dritten praktischen Abtheilung.
Was den zweiten Theil: Grundsätze und Beob-
achtungen, anbelangt, so ist hier Alles ziemlich
bunt durcheinander zusammengestellt, was entwe-
der in die erste Abtheilung oder in die dritte ge-
hört. Am meisten wird über die Veredlung darin
gesprochen.
Die dritte oder praktische Abtheilung nimmt
an Raum so viel ein, als die beiden ersten zusam-
mengenommen. Sie beginnt mit 15 Fragen an
Obstbaumschulbesitzer, welche der Beantwortung
entgegensehen. Es folgen: Belehrung über Obst-
baumzucht nach den (?) neuesten Erfahrungen,
wiederum, aber ausführlich, die Lehre von dem
Veredeln mit einer beliebigen Auswahl der älteren,
weniger der neueren Methoden. Ueber die dabei
benutzten Instrumente und über Instrumente über-
haupt, welche bei dem Obstbau benutzt werden,
sucht man hier und sonst im Buche etwas verge-
bens. Nicht einmal der sonst in Süddeutschland
sehr beliebte Geisfuss wird erwähnt.
Ein Abschnitt über Knospen, einer über Obst-
baumschnitt mit der Behandlung des Formenbau-
mes, von dem die verschiedenen Methoden aufge-
führt werden, Obstbau an Eisenbahnen, Hülfs- und
Schutzmittel bei der Obstkultur und Krankheiten
bei den Obstbäumen machen den Schluss.
Da Holzschnitte überall den Text erläutern,
so gewinnt das Verständniss ungemein. Das Buch
selbst ist sehr elegant ausgestattet und lässt in die-
ser Hinsicht nichts zu wünschen übrig.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin,
Zimmer-Strasse No. 91.
Druck der C, Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes),
Berlin, Münz-Strasse No. 13.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch.
General-Sekretär des Vereines.
No.1. 20 Berlin,
Berlin, den 30. März.
182.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auclı franeo durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 7. April, Vormittags 1 Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No. 48, eine
Versammlung des Vereines
statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt:
Zeitigung des ÖObstes.
538. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues am 10. März. — Ueber Aufbewahrung und frühere
Von Rudolph Stoll in Eldena. — Dr. Lucas’ Jahrbuch für Pomologen etc. — Samen-Offerte.
938. Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues.
am 10. März.
Der Vorsitzende, Geh. O.-Reg.-R. Knerk, theilte
mit, dass wiederum eins der ältesten und thätigsten
Mitglieder, Geh. O.-Reg.-R. Pehlemann, durch den
Tod dem Vereine entrissen sei, und forderte die An-
wesenden auf, zu seinem Andenken sich zu erheben.
Aus 4 Gärten war ausgestellt, zunächst 2 Schau-
pflanzen, in einer Vollkommenheit. bisher
nur selten auf den Ausstellungen des Vereines ge-
sehen wurden und wie sie überhaupt in Deutsch-
land nur selten vorkommen mögen. Die eine war
ein Leucopogon CGunninzhami aus dem Garten
des Geh. Kommerzienrathes Dannenberger und
vom Öbergärtner Dressler in dieser Weise heran-
gezogen. Die dichte, mit weissen Blüthen wie be-
säete Krone hatte einen Durchmesser von 31/, Fuss,
während ihre Höhe nur 2 Fuss betrug. Sie wurde
von einem Stamme mit einer Höhe von 11, Fuss ge-
tragen. Das Gefäss, in dem sich die Schaupflanze
befand, hatte trotzdem Durchmesser
nieht ganz 1 Fuss.
wie sie
nur den von
Die andere Schaupflanze war eine Azalea amoena, |
und durch den Öbergärtner König im Garten des |
Weise |
Ravene in dieser
Wer das sperrige Wachs-
Geh. Kommerzienrathes
herangezogen worden.
thum dieser chinesischen Azalee kennt, wird um so ı
' mehr zu schätzen wissen, dass die abgerundete, aber
etwas von oben flach gedrückte Krone bei dem aus-
gestellten Exemplare so regelrecht gebaut war, als
man nur verlangen konnte. Es hatte einen Breiten-
Durchmesser von 2!/,, aber nur die Höhe von 11,
Fuss, und wurde von einem 13 Zoll hohen Stamm
getragen. : Der Querdurchmesser des Gefässes betrug
10 Zoll. Obwohl die Blüthen bei A. amoena kleiner
sind, als bei anderen sogenannten Indischen
Azaleen, so besitzen sie doch die schönste und leh-
hafteste Farbe unter ihren Verwandten. Warum sie
bei diesen Vorzügen doch im Allgemeinen so wenig
kultivirt wird, begreift man deshalb nicht.
den
Seit sehr langer Zeit hatte man auf Ausstel-
lungen des Vereines nicht eine solche Sammlunz
von Epaeris-Pflanzen gesehen, als jetzt der Univer-
sitätsgärtner Sauer gebracht hatte. Es waren 10
Töpfe, jeder mit einer stattlichen Pflanze von 1 bis
11, Fuss Höhe und 6—9 Linien Durchmesser. Neue
Sorten zwar nicht vorhanden — wo sollten
diese auch gezüchtet werden, wo die Epacrideen nicht
mehr zu den Modepflanzen gehören, hier und da so-
gar völlig in Vergessenheit gerathen sind —, die
waren
vorhandenen gehörten aber zu den auserlesenen der
früheren guten Zeit. Epacıis grandiflora superba,
Aspasia, Thisbe, Splendens, Pluto waren früher
immer beliebte Sorten, die in keinem einigermassen
Anspruch machenden Gewächshause fehlen durften.
Endlich verdankte man dem Kunst- und Handels-
13
zärtner L. Mathieu (Neue Grünstrasse 36) 4 blühende
Pflanzen: 3 Orchideen und eine Liliacee (im weiteren
Sinne). Unter den ersteren befand sich auch eine
Freilandpflanze, welche sich aber zum Treiben vor- |
Es war eine jener in der Form und
Insekten bisweilen
züglich eignet.
in der Farbe der Blüthen den
sehr ähnlichen Arten aus dem Genus Ophrys, welche
Linne unter dem Kollektiv-Namen ©. insectifera ver-
einigt hatte. Und in ‘der That ist eine Blüthe, be-
sonders der Art, welche später den Namen apifera,
d. h. der Bienentragenden erhalten hat, einer Biene
oder noch mehr einer Hummel ausserordentlich ähn-
lich. Bei anderen Arten, wie bei O. tenthredinifera,
myodes u. s. w. sind die Blüthen mit Wespen, Flie-
gen u. S. w. verglichen worden.
Die beiden anderen Orchideen waren exolische,
und zwar das bekannte Cypripedium villosum und
die mit kleinen Aehren grüngelber Blüthen versehene
Restrepia elegans.
Da sich Triteleia uniflora, die von L. Mathieu
ausgestellte Liliacee, wie es scheint sehr gut treiben
lässt, so schliesst sie sich vielen anderen Liliaceen,
wie Tulpen, Hyacinthen u. s. w. an, und. bedingt
zunächst aus dieser Familie eine grössere Mannig- |
faltigkeit.
Obergärtner Perring in Pankow machte auf
eine für Gärtnerei sehr brauchbare Haideerde, welche |
in einem Kiefernwalde bei Genthin an der Eisenbahn |
nach Magdeburg gefunden werde und zum Theil eine
Mächtigkeit von 12 Fuss habe, aufmerksam; da man
selbst in der Tiefe des Bodens, wo sie vorkomme,
noch zahlreiche Kiefernnadeln fände, so sei sie sei-
ner Ansicht nach ohne Zweifel erst, und zwar vor
nicht langer Zeit aus dieser entstanden. Nach dem
Obergärtner König in Moabit, der das Lager selbst
gesehen und daher die eben ausgesprochenen An-
gaben über die Mächtigkeit bestätigen konnte, sind
dagegen
der Oberfläche, auch tiefer im Boden, andere orga-
nische Reste gefunden, welche Veranlassung
gegeben haben mögen.
Auch Professor Koch glaubt, dass ein so mäch- |
tiges Lager Erde von 12 Fuss Durchmesser, selbst
wenn dieses nur an einzelnen Stellen in der Weise
vorhanden sei, nicht das Produkt der jetzt daselbst
vorhandenen Kiefern sein könnte. Der Stand der
Wurzeln der letzteren müsste alsbald Auskunft dar- |
über geben. Wahrscheinlich habe hier vor sehr
langer Zeit schon einmal ein Kiefernwald gestanden
und nach seiner Vernichtung mit seinen Wurzeln
zunächst Veranlassung zur Bildung dieser eigen-
‚ auch in ihrer Wirkung sehr verschieden.
neben zahlreichen Kiefernnadeln mehr auf
zur
Bildung dieser übrigens sehr brauchbaren Haideerde |
98
thümlichen Erde gegeben. Dergleichen alte Bestände
von Kiefern, 12 und 16 Fuss unter jetzt darüber be-
findlichen Torflagern habe er in der Lüneburger Haide
mehrmals gesehen.
Garteninspektor Bouch& kennt ebenfalls Haide-
Erde aus der Umgegend von Genthin, die sehr gut
zu verwenden sei; diese habe aber nur eine sehr
geringe Mächtigkeit. Die Haideerde ist im Allgemeinen
nach ihm in ihrer Zusammensetzung, und daher
Pflanzen,
welche Haideerde lieben, sind bald mehr für die eine,
bald mehr für die andere geeignet. Ein Theil der
ächten Haide-Pflanzen (Erica-Arten) verlangt z. B.
eine magere Haideerde, in der noch Kiefernnadeln
unzersetzt vorkommen können, ein anderer Theil
will dagegen eine kräftige Mischung haben, mehr
Torf- und Moorerde. Es wäre nach Inspektor Bouch&€
sehr zu wünschen, dass unsere Haideerden einer
genaueren Untersuchung unterworfen, dass vor Allem
Vergleiche, wie sie sich zu unseren Kulturpflanzen
verhalten, angestellt würden. Bis jetzt sind nur ver-
einzelte Arbeiten über diesen Gegenstand aus Bel-
sien bekannt.
Garteninspektor Bouch& machte Mittheilungen
über den in der letzten Versammlung des Vereines
(s. S. 49) besprochenen Leim des Fabrikanten Spon-
nagel zu Bändern an Bäumen, um die schädlichen
Insekten vom Aufkriechen am Stamme abzuhalten,
die sehr günstig lauteten. Der Leim ist ausser-
ordentlich wohlfeil — 21/, Sgr. das Pfund — und
bleibt weit länger klebrig, als alle die bisher von ihm
versuchten Sorten. Er ist auch bei dem allerdings
in der letzten Zeit nicht besonders starken Froste
nicht verhärtet, sondern klebrig geblieben. An einem
dicken Stamme einer Weihmuthskiefer angebracht,
waren manche Kiefernspinner-Raupen, welche sich
während warmer Stunden aım Tage aus ihrem Ver-
stecke herausgewagt und den Versuch, am Stamme
aufwärts zu kriechen, gemacht hatten, gefangen
worden.
Professor Koch legte 12 Portraits von be-
rühmten Gärtnern, von Pflanzenfreunden und von zu
der Gärtnerei in Beziehung stehenden Botanikern vor,
welche der Herausgeber des Gardeners Chronicle.
Dr. Masters, dem Vereine freundlichst zum Ge-
schenk gemacht hatte. Diese Portraits sind beson-
dere Abdrücke aus der genannten Zeitschrift. Seit
dem vorigen Jahre wurde mit ihrer Veröffentlichung
der Anfang gemacht. Dem Pflanzen liebenden und
Pflanzen heranziehenden Publikum in England wird
es gewiss angenehm sein, allmählig durch kurze
Lebensbeschreibungen, denen gute Abbildungen in
AH
99
Holzschnitten beigegeben sind, ınit den Männern,
welche jetzt sich um Pflanzen- und Blumenzucht,
| hört,
, vielfach mit ehemischen Studien beschäftist und
so wie um Gärtnerei überhaupt, verdient gemacht |
haben, bekannt zu werden. Aber auch für uns wird
es interessant sein, diese Männer, welche grosse
Verdienste, zunächst um englische Gärtnerei, haben,
um so mehr auch in Deutschland kennen zu lernen,
als bereits schon 2 vom Kontinente abgebildet sind
und später noch mehr abgebildet werden sollen.
Von diesen 13 Portraits sind 12 im vorigen
Jahrgange des Gardeners Chroniele abgedruckt wor-
den und zwar:
1. Joseph Dalton Hooker, Direktor des bo-
tanischen Gartens in Kew und ein Mann von solchen
Verdiensten, dass wir über ihn wohl nichts zu sagen
brauchen.
2. W. Wilson Saunders ist einer der gröss-
ten Pflanzenliebhaber, welche jetzt England besitzt,
aber auch ein kenntnissreicher Botaniker, welcher in
Gemeinschaft mit einem der Kustoden aın Königlichen
Herbar in Kew, Dr. Baker, das von uns bereits 2
Mal besprochene Refugium botanieum (13. Jahrg.
S. 293 und 14. Jahrg. S. 389) heraussibt.
3. M. J. Berkeley, einer der liebenswürdig-
sten Botaniker, welche wohl je existirt haben, und
srosser Blumen- und Pflanzenfreund. Obwohl dem
geistlichen Stande sich widmend, beschäftigte M. J.
Berkeley sich doch schon von erster Jugend an
hauptsächlich mit dem Studium der Natur, vor Allem
unter den Pflanzen mit den Kryptogamen. Er ist in
der wissenschaftlichen Abtheilung des Londoner
Gartenbauvereines Vorsitzender, bei der Londoner
Universität hingegen Examinator der Botanik. Da
wir einen solchen Mann auch bei uns als bekannt
voraussetzen dürfen, so gehen wir nicht weiter auf
die Beschreibung seines Lebens ein.
4. Deeaisne, Professor der angewandten Bo-
tanik und Mitglied der Akademie der Wissenschaften,
auch Direktor des Jardin des plantes in Paris, hat
durch seine Kenntnisse und durch seine eigenen
Verdienste sich vom einfachen Gärtner bis zu diesen
hohen Stellen emporgeschwungen. Durch die Heraus-
gabe des wenigstens den Pomologen bekannten Jar-
din fruitier hat er vor Allem die Obstkunde beför-
dert. Auch einen solchen Mann halhen
nieht nöthig, etwas hinzuzufügen.
über
5. G. J. Wilson, einer der grössten Pflanzen-
und Blumenliebhaber, die England gehabt hat und
noch hat, und der seine grossartigen Gärtnereien
selbst leitet. Er ist einer der Laien, welche sich
praktisch in Allem, was zur Kultur der Pflanzen ge-
wir | erworben.
' hortulani nihil a me alienum puto.“*
sich
ist
der Erfinder des Chishurst- Compound, eines der
besten Mittel gegen schädliche Insekten. G. J. Wil-
son kultivirt mit besonderer Vorliebe Orchideen und
unterriehtet haben. Ausserdem hat er
‚ Lilien, ausserdem hat er noch grosse Obstanpflan-
| sagen.
zungen und betreibt den Obstbau mit grosser Liebe.
Er war deshalb oft Vorsitzender des Obstausschusses
der Londoner Gartenbau-Gesellschaft, nimmt aber
auch ausserdem an dem Wirken der Londoner Gar-
tenbau-Gesellschaft den thätigsten Antheil.
6. Professor Dr. Gust. Reichenbach in Ham-
burg ist bekannt genug, um noch Worte über ihn zu
Er ist unbedingt der bedeutendste Orchideen-
kenner, hat aber auch dureh seine illustrirte deutsche
Flor, die schon sein Vater in Dresden begonnen hatte,
sich ein grosses Verdienst erworben. Durch seine
Bemühungen um die riehtige Benennung der Orchi-
deen bei den Liebhabern und in den Gärtnereien
Englands hat er sich besonders um England verdient
gemacht, ein Umstand, der ihm wohl auch die Ehre
verschafft hat, unter den ersten, deren Portrait ge-
seben wurde, zu sein.
7. Dr. David Moore begann zeitig seine Lauf-
bahn als Gärtner und hat bis zum Jahre 1838, wo
er zum Inspector des botanischen Gartens der Kö-
niglichen Gesellschaft in Dublin ernannt wurde, an
verschiedenen Orten Grossbritanniens mit grosser
Anerkennung als ÖObergärtner fungirt. Er ist aber
auch wissenschaftlich gebildet und wurde deshalh
auch in seinem speciellen Vaterlande Irland zum
Mitglied einer Commission ernannt, welche die geo-
logische Erforsehung Irlands zur Aufgabe hatte. Ferner
hat David Moore auch in botanischer Hinsicht sieh
durch wissenschaftliche Arbeiten, unter Anderem
durch die Cybele britanniea, bekannt gemacht. Er
ist übrigens wohl der erste, welcher tropische Orchi-
deen aus Samen heranzog. Ihm verdanken wir ferner
auch die Einführung des Pampas-Grases (Gynerium
argenteum).
8. S. Reynolds Hole ist wiederum wie Ber-
keley Geistlicher (Pfarrer in Caunton), hat aber sich
nicht allein um Förderung der Gärtnerei und der
Liebe zu Pflanzen, sondern hauptsächlich um Hebung
des ganzen Gärtnerstandes sehr grosse Verdienste
Sein Denkspruch ist: „Hortulanus sum,
Er selbst kul-
tivirt in seinem Garten viele Pflanzen und Blumen
und ist unablässig bemüht, auch Andere dazu zu
vermögen. Vor Allem liebt Hole aber die Rose und
beschäftigt sich mit ihrer Anzucht auf eine in der
That hingebende Weise. Sein in England berühmtes
13
100
Werk „a book about roses, d. h. ein Buch für Ro- | dern auch wissenschaftlicher Gärtner und hat sich
sen“ ist leider bei uns gar nicht bekannt.
9. Edward Joseph Lowe hat auf‘ einem an-
deren Felde der Pflanzenkultur sich im hohen Grade
verdient gemacht, nämlich um die der Farne. Ab-
zesehen von seinen grossen Werken über britische
und ausländische Farne, welche er veröffentlicht hat
und ihn als einen der bedeutendsten Farnkenner hin-
stellen, hat er für experimentale Botanik und für
Gärtnerei manches Neue gebracht. Wenn er auch
nicht der erste war, welcher vergleichende Aussaa-
ten mit reinen Farnen und mit Farnsamen machte.
denn diese wurden auch bereits vor nun 20 Jahren
in der Augustin’schen Gärtnerei der Wildpark-
station bei Potsdam durch den damaligen Obergärt-
ner, jetzigen Inspektor der Gärtnerlehranstalt in Sans-
souci, Wilh. Lauche, nach bestimmten Principien
ebenfalls gemacht und von uns einer wissenschaftlichen
Kontrole unterworfen, so sind sie doch von ihm in
an
weit grösserem Massstabe und viele Jahre hindurch
duichgeführt worden. Dass jetzt in England in dieser
Hinsicht die merkwürdigsten Formen, besonders unter
den einheimischen Arten, existiren und man eine Vor-
liebe dafür besitzt. verdankt man nur ihn.
Aber auch in anderen Wissenschaften hat Edw.
Jos. Lowe nieht weniger Ausgezeichnetes geliefert,
so vor Allem in der Meteorologie. Eben bereitet er
ein grösseres Werk über natural phenomena and
chronology of the season (d. i. über die natürlichen Be-
sebenheiten und die Chronologie der Jahreszeit) vor.
Wie es oft jenseits des Kanales der Fall ist, .so hat
auch Edw. Jos. Lowe, obwohl ein tüchtiger Ge-
lehrter, keineswegs ’eine gelehrte Stellung, sondern
ist Munieipal- und Grafschaftsbeamter in Nottingham,
wo er sich im vorigen Jahre um die grosse Pflanzen-
Ausstellung, nach allen Seiten hin Opfer bringend,
grosse Verdienste erworben hat.
10. James M’Nab, Inspektor des botanischen
Gartens in Edinburgh, hat unter der Leitung seines
Vaters, dem er in der Stelle nach dessen Tode im
Jahre 1849 folgte, eine vorzügliche gärtnerische und
botanische Erziehung erhalten. Mit seinem Freunde,
dem Handelsgärtner Robert Brown in Perth, machte
er eine botanische Reise nach Kanada und nach den
Vereinigten Staaten und brachte grosse Sammlungen
getrockneter und lebender Pflanzen nach der Hei-
math. Kaum zurückgekehrt, übernahm er die Leitung
des Gartens der kaledonischen Gartenbaugesellschaft
und behielt die Stelle bis zum Tode seines Vaters,
wo alsbald darauf dieser Garten mit dem botanischen
Garten in Edinburgh vereinigt wurde. James M’Nab
ist nieht allein einer der tüchtigsten Praktiker, son-
durch eine grosse Menge von Abhandlungen nach
fast allen Richtungen hin bekannt gemacht.
11. Dr. Robert Hogg, einer der thätigsten Mit-
glieder des Londoner Gartenbauvereins und in meh-
reren Aemtern desselben so beschäftigt, dass er die-
sem fast seine ganze Zeit widmet. Er erhielt, da er
sich für Medizin ausbilden wollte, schon in seiner
Jugend eine wissenschaftliche Bildung. Da er Bo-
tanik vor Allem liebte, widmete er sich auch alsbald
dieser allein, wendete sich aber mehir dem Praktischen
zu und suchte dessen Resultate der Wissenschaft zu-
zuführen. Er trat deshalb als Gärtner zuerst in der
berühmten Handelsgärtnerei von Peter Lawson in
Edinburgh, dann in den berühmten Obstbaumschulen
von Ronalds Brentford ein. Durch eine Reise
nach Frankreich, wo er in Paris bei den dortigen
Botanikern Kollegien hörte, am Rhein und nach Bel-
sien erweiterte er besonders seine pomologischen
Kenntnisse. Heimgekehrt wurde er Geschäftsinhaber
der leider ganz zurückgegangenen, früher aber sehr
berühmt gewesenen Obstbaumschulen von Brompton,
welche seit dem Jahre 1681 bis fast auf die neueste
Zeit Einfluss auf den englischen Obstbau
ausgeübt hatte, zog sich aber schon bald, da er bei
den Geschäftsinhabern nicht die nöthige
Energie fand, zurück, um nun auf andere Weise und
allein pomologischen Studien sich zu widınen. Was
er in der Pomologie geleistet, ist auch bei uns bekannt.
Er war es, der wit mehreren Freunden, wie Paxton,
Rivers u. s. w., die britische pomologische Gesell-
schaft gründete. Sein Fruit- Manual (Handbuch der
Obstfrüchte) ist ein klassisches Werk, was auch bei
uns bekannt ist.
12. James Bateman, wiederum einer der
liebenswürdigsten Pflanzen- und Blumenliebhaber, der
— um uns des Ausdruckes zu bedienen — in der
Liebe zu Pflanzen und Blumen völlig aufgegangen ist.
Mit den nöthigen Mitteln versehen, um dieser oft
kostspieligen Liebe auch zu genügen, begann er seine
särtnerische Laufbahn mit der Anzucht tropischer
Früchte in Knypersley in Staffordshire, und erfreute
sich der besten Resultate. Zu gleicher Zeit legte er
aber auch für die Kultur ausländischer Orchideen
eine besondere Vorliebe an den Tag. Er sandte
nieht nur einmal einen besonderen Gärtner nach De-
merara und Berbice, um von dort seine Lieblings-
pflanzen zu beziehen, sondern veranlasste auch sei-
nen Freund Ure Skinner, englischen Residenten
in Guatemala, Orchideen und andere interessante
oder schöne Pflanzen von dort nach Europa zu sen-
den. Bald hatte Bateman eine der grössten Orchi-
in
stossen
übrigen
x
101
deen-Sammlungen zusammen gebracht und machte
diese auch insofern der Wissenschaft dienstbar, dass
er ein kostspieliges Werk, die Abbildungen der schön-
sten Orchideen Guatemala’s betreffend, herausgab.
Das Glück wollte ihm wohl, denn als er sich ver-
heirathet hatte, fand er, dass seine Frau nicht we-
niger enthusiastische Pflanzen- und Blumenfreundin
war, mit ihrer Liebe aber in der bildenden Garten-
kunst gipfelte. Ein zweites Besitzthum, Biddulphs
Grange, gab alsbald das nöthige Terrain dazu her.
Die grossartigsten Schöpfungen wurden hier ins Le-
ben gerufen. Wer sieh speeiell für sie interessirt,
findet in den letzteren Jahrgängen des Gardeners
Chronicle reichlichen Stoff dafür. Leider vertrug
aber die Gemahlin Bateman’s nieht das Klima im
Norden von Staffordshire und sah sich mit ihrem Ge-
mahl gezwungen, nach London überzusiedeln. Einen
grossen Theil seiner Orchideen - Sammlung schenkte
er der Londoner Gartenbaugesellschaft. Seit einigen
Jahren lebt Bateman nun in London und sucht sich
auf die aufopferndste und liebenswürdigste Weise um
die Gärtnerei und namentlich um die Londoner Gar-
tenbaugesellsehaft, bald durch lehrreiche Abhandlun-
gen, bald durch Vorlesungen u. s. w. nützlich zu
machen. Ausserdem ist er bei verschiedenen Aem-
tern der Gartenbaugesellschaft im hohen Grade thätig.
In dem Jahrgang 1872 des Gardeners Chroniele
ist der Anfang mit einem Portrait des unglücklichen
Berthold Seemanün, der, in Guatemala auf einer |
botanisch - gärtnerischen Reise sich befindend, dem
gelben Fieber unterlag, gemacht worden.
haben wir bereits berichtet.
Inspektor Bouch& legte wiederum den faseiir-
ten Ast einer Esche vor, der die eigenthümliche Ge-
stalt einer Maurerkelle erhalten hatte. Die Esche
gehört nächst der Weide zu den Gehüölzen, welche
am häufigsten diese Abnormitäten zeigen.
Weiter theilte Inspektor Bouche& mit, dass er
von dem Direktor der öffentlichen Anlagen in New-
York verschiedene Sämereien eıhalten habe, und
zwar in solcher Menge, dass er auch noch an Lieb-
haber davon abgeben könne. Er werde hierüber
eine Anzeige machen und diese am Schluss
Nummer, wo der Bericht über diese Sitzung enthal-
ten sein wird, abdrucken lassen. Da von Seiten des
Darüber
bezeichneten Direktors in New - York zugleich der
Wunsch ausgesprochen sei, mit Deutschland in Ver-
bindung zu treten, namentlich um Tauschverhältnisse
herzustellen, so wird gewiss manchem Gartenliebhaber
und Gärtner ein solches Anerbieten willkommen sein.
Von Seiten der Bussey-Institution der Harvard-
Universität in Massachusetts (Nordamerika) war dem
der
Vereine der Wunsch ausgesprochen, in gegenseitige
Verbindung zu treten und vor Allem einen Austausch
der gegenseitigen Schriften herzustellen.
Professor Koch hatte über die grossen Verluste,
welche die berühmten Baumschulen in Boskoop (in
Holland) durch den Frost des vorjährigen Winters
erhalten, Mittheilung gemacht. Sie legten Zeugniss
ab, dass auch die Vegetation so günstig gelegener
Gegenden, wie Boskoop und das ganze Holland ist,
durch die starke und anhaltende Kälte der beiden
letzten Winter ungemein gelitten hat. Aber auch
dieser Winter, aus dem wir im Begriff sind, heraus-
zutreten, hat durch das Glatteis, was in den Tagen
vom 7. bis 9. December in Holland vorhanden
in Norddeutschland sich
war,
bei uns
Kälte zesteigert hatte.
buntblättrigen llex
aber zur grossen
ungemein geschadet. Alle
in Boskoop zum Theil zu
Grunde gegangen, zum Theil haben sie wenigstens
sehr gelitten; selbst einfache Aquifolium-Formen sind
sind
hier und da hart mitgenommen worden. Dagegen
hat die unter dem Namen bromeliaefolia bekannte
llex-Form gar nicht gelitten. Aukuba’s, Prunus lusi-
tanica und Laurocerasus sind zum Theil bis auf die
Wurzel erfroren, ebenso die sonst ausserdem in Hol-
land im Freien gedeihenden Formen und Blendlinge
des Rhododendron arboreunı. »
Dr. Filly theilte mit, dass von Seiten des Klubs
der Landwirthe beabsichtigt werde, hier in Berlin
eine passende Lokalität inmitten der Stadt zu gewin-
nen, um für die Zwecke des Klubs ein eigenes Local
zu erhalten. Jetzt habe er leider nur über sehr be-
schränkte Räume in seiner jetzigen Wohnung in der
Französischen Strasse zu verfügen. Mit grosser Li-
beralität hat bis jetzt der Klub der Landwirthe dem
Vereine zur Beförderung des Gartenbaues von Zeit
zu Zeit passende Räume zu den Sitzungen seiner
Ausschüsse zur Verfügung gestellt, es sei aber zu
wünschen, dass zwei Vereine, welche einander sehr
nahe stehende Zwecke verfolgen, überhaupt näher
zu einander stehen. Am Besten würde
schehen, wenn die Versammlungen, wie auch die
Zusammenkünlte, wenn auch nicht in denselben Räu-
men, so doch in demselben Hause geschehen könnten.
Da der Klub der Landwirthe durch Ausgabe von An-
theilseheinen zu 100 Thalern hofft, das nöthige Ka-
pital zum Ankauf eines nöthigen Hauses und zum
Umbau desselben ‚behuls seiner Zwecke zu erhalten,
dieses aler zu. beschleunigen
dieses ge-
wünscht, so werden
auch Mitglieder des Vereines zur Beförderung des
Gartenhaues ersucht, durch Ankauf solcher Antheil-
scheine sewichtige und zugleich nothwendige
Unternehmen zu unterstützen. Es kann dieses am
das
102
Bequemsten in dem jetzigen Lokale des Klul.s der
Landwirthe, Französische Strasse 48, durch Vermit-
telung des Oekonomierathes Noodt, Direktor des
Klubs, geschehen.
Am Schluss der Verhandlungen wurde den Epa-
eris-Formen des Universitätsgärtners Sauer der Mo-
natspreis zugesprochen.
Ueber Aufbewahrung
und frühere Zeitigung des Obstes.
Von Rudolph Stoll in Eldena.
Die Wichtigkeit, Obst zu konserviren, ist allsei-
tig so gewürdigt, dass es Eulen nach Athen tragen
hiesse, wollte ich mich darüber ausführlich aus-
sprechen. Wie viele Mittel sind schon empfohlen
worden! Bei dem Einen hat ein Mittel Erfolg ge-
habt, bei dem Andern ist es fehlgeschlagen. Mit
Recht möchte man fragen, worin liegen die Ursachen
des Gelingens auf der einen und das Misslingen auf |
der andern Seite? Wer kann sagen, welches Mittel,
welche Art der Aufbewahrung ist die beste und
sicherste zugleich ?
Da ich natürlich noch keine grossen Vorräthe
von Obst zu überwintern gehabt habe, so würde es
von meiner Seite anmassend erscheinen, wollte ich
hier guten Rath geben; aber doch habe ich mich in
der Welt etwas herumbewegt und Manches gesehen,
was Andern nicht vergönnt war. So bin
Zeit in Frankreich gewesen, wo Obst wohl am mei-
sten geachtet wird und man sich auch der Konser-
virung von Früchten mit Vorliebe widmet, ich habe
ferner auch Manches aus der alten und neuen Zeit
selesen, was darauf Bezug hat.
Das alte Rom, dessen Bewohner
sut zu leben obenan den
Feinschmeckern der republikanischen Hauptstadt an
der Seine nicht übertroffen wurden, hat uns über das
ich lange
in
standen und selbst von
Konserviren der Früchte ganz prächtige Lehren ge-
zseben, die noch heute Beachtung verdienen. So er-
zählt Plinius der Jüngere (im 15. Buch 16. Kap. sei-
ner Naturgeschichte) Folgendes:
„Die Obstböden sollen kalten
trockenen Orte angelegt werden; doch so, dass die
Fenster gegen Norden stehen und an heitern Tagen
seöffnet werden können. Die Südwinde müssen stets
abgehalten werden und dürfen nieht in das Innere
der Bodenräume eindringen. Aber auch starker
Nordwind ist schädlich und wird Ursache, dass das
an einem und
der Kunst |
Obst zusammenschrumpft. Für die Aepfel ist die
Zeit der Abnahme die Tag- und Nachtgleiche im
Heıbst, nicht vor dem fünfzehnten Tage des Mondes,
auch nicht vor der ersten Stunde. Das abgefallene
Obst ist vom gepflückten abzusondern und verlangt
besondere Aufmerksamkeit. Stroh, Matten und Spreu
sind die Gegenstände, auf die man es am besten legt.
Man hüte sich, es zu dicht an- oder gar aufeinander
zu legen.“
„Es müssen immer Zwischenräume bei den ein-
zelnen Früchten vorhanden sein, damit die frische
Luft alle bestreichen kann. Am längsten dauern die
harten Ameriner, während die Honigäpfel zeitig zu
Grunde gehen.“
Im nächsten Kapitel berichtet Plinius über ver-
schiedene Mittel, welche von den (zu Plinius Zeit)
neueren Schriftstellern empfohlen werden. Darnach
soll z. B. das Obst nur bei abnehmendem Monde und
nach 9 Uhr Morgens, wenn der Himmel heiter ist
und trockene Winde gehen, abgenommen werden.
Von trockenen Lagen darf das Obst, wenn es abge-
nommen wird, noch nicht vollkommen reif sein.
Ferner ist es gut, dass die feinsten Aepfel mit Gyps
oder Wachs überzogen werden, wenn sie sich länger
halten sollen. Viele haben ihr Obst in Gruben, welche
eine 2 Fuss hohe Grundlage von Sand haben. Hier
werden sie durch einen besonderen irdenen Deckel
nach oben abgeschlossen. Hierauf kommt aber noch
eine Schicht Erde.
Aus dem eben Angelührten geht nicht allein
hervor, dass die alten Römer das Obst hoch schätz-
ten, sondern auch, dass sie bei seiner Aufbewahrung
dasselbe Prineip zu Grunde legten, wie wir jetzt
noch: Abschliessung der Früchte von den die Ueber-
reife befördernden und die Fäulniss begünstigenden
Einflüssen. So setzt der Landmann, dem keine Obst-
keller und keine Böden zur Verfügung stehen, sein
Obst in Miethen auf, die er entweder mit Erde und
Stroh oder mit Blättern zudeckt. Wie er darauf
sekommen, ist leicht ersichtlich. Wer sollte nicht,
der auf dem Lande erzogen oder in einer grossen
Stadt zwar seboren ist, aber in einem Obstgarten
sich vielfach bewegen konnte, im Spätherbste und
selbst bisweilen im Winter unter einem Birn- oder
Apfelbaume, tief im abgefallenen Laube versteckt,
eine Frucht so schön und frisch gefunden haben, als
wäre sie eben vom Baume gefallen.
So oft ich im December 1870 vor Paris in Gär-
ten auf Posten stand, suchte ich unter dem abgefal-
lenen, zum Theil verwesten Laube oder unter den
niedrigen Buchs-Einfassungen nie vergebens nach
verborzenen Früchten. Es waren dies die einzigen
103
Früchte, welche ich während unseres längeren Aulf-
enthaltes vor Paris bekommen habe.
Doch die Miethen haben, wenigstens für feineres
Obst, ihre grossen Schattenseiten, weil das darin auf-
bewahrte Obst sehr leicht einen erdigen Geschmack
annimmt. Der einfache Landmann, dessen Gaumen
nicht sehr wählerisch ist, mag hierauf keinen grossen
Werth legen, für das Wirthschaftsobst, was meist
gekocht wird, ist ebenfalls der erdige Geschmack
gewiss auch von keiner Bedeutung, der an Besseres
sewöhnte Städter will aber etwas Feineres haben.
Für ihn ist die Unterbringung des Öbstes in Gebäu-
den eine Nothwendigkeit.
Nach meinen Beobachtungen mehr, als
meinen Erfahrungen, ist es vollkommen gleich, ob
das Obst in allerdings nur guten Kellern oder auf
Böden aufbewahrt wird, nur müssen. beide die nö-
thigen Erfordernisse haben. — Nachdem die Früchte
bei trockenem Wetter gepflückt sind, werden sie auf
eine dünne Unterlage gelegt. Angegangenes oder
sonst schlechtes Obst ist von vornherein zu entfer-
nen. Je luftiger der Aufbewahrungsraum ist, in desto
dickeren Lagen kann das Obst aufgeschüttet werden.
Es darf das Lager jedoch nie die Mächtiskeit von
25—30 Centimeter haben. Es betrifft dieses aber
nur geringeres oder Wirthschaftsobst. Feines Tafel-
obst, bei dem ausser der Güte auch noch die äussere
Schönheit in Betracht kommt, darf gar nicht über-
einander geschichtet werden, sondern jede Frucht
muss so liegen, dass womöglich keine die andere
berührt.
Papier, sowohl zum Schutz gegen Staub, als auch
zur Verhinderung der Ausdünstung darüber. Von 10
zu 10. Tagen muss das Obst durchgesehen und alles
Schlechte ohne Weiteres entfernt werden. Gegen
Kälte ist das Obst natürlich sorgfältig zu schützen.
Die geeignetste Temperatur ist 1—3° R. Fast eben
so schädlich ist in den Aufbewahrungsräumen Zug-
luft, da die durch dieselbe ausgetrocknete Atmosphäre
nach
Nach einigen Tagen legt man Stroh oder |
dem Obst zu viel Feuchtigkeit entzieht und auf diese |
Weise das Welken der Früchte befördert.
Das mehr oder weniger genaue Befolgen dieser |
Vorschriften hängt natürlich davon ab, welchen Werth
der Besitzer auf konservirtes Obst legt.
Wo der |
Preis, wie z.B. in Paris für Spätfrüchte ein so grosser
ist, dass ein schön erhaltenes Exemplar von der
Belle Angevine im Frühjahr bis zu 20 Frances bezahlt
wird, wird auch die grösste Sorgfalt angewendet.
Ein vorzügliches Mittel in Frankreich, um solche
werthvolle Früchte gegen Druck u. s. w. zu schützen,
ist eine Unterlage und ein Umgeben mit unserm Bär-
dappsamen (Lycopodium clavatum), allerdings im
trockensten Zustande. Da es ein schlechter Wärme-
‚ leiter ist, so erhält es auch eine regelmässige Tem-
peratur in der Frucht selbst.
In manchen Gegenden will man in allen Mona-
ten des Jahres Obst haben, so z. B. in Paris. Die
schlechteste Zeit, wo es am wenigsten gibt, ist im
Juni und Juli. Wenn auch einige Aepfel so lange
halten, so doch nicht Birnen, die aber der Franzose
serade liebt und haben will. Er sucht deshalb die
Zeit der Reife des Frühobstes so zu verkürzen, dass
er es 14 Tage bis 4 Wochen früher geniessen kann.
Das allbekannte Mittel ist, Frühobst schon unreif ab-
zupflücken und es dann im Stroh zur Nothreife ze-
langen zu lassen. Dergleichen frühzeitiges Obst wird
aber nie einen guten Geschmack haben und ist da-
her auch diese Methode, um sich früher Obst zu ver-
schaffen, ganz und gar zu verwerfen. Die frühzeitig
abgenommenen und nachreifenden Früchte werden
auch stets schlecht aussehen.
Ein anderes Mittel Obst früher zur
bringen ist bekanntlich das Ringeln, d. h. die ring-
förmige Entfernung der Rinde dicht unter der zur
früheren Reife zu bringenden Frucht, ist nur
kleinsten Maasse anzuwenden und kann deshalb gar-
nieht in Betracht gezogen werden. Es können die-
Reife zu
im
ses Privatleute thun, um Obst in geringer Menge
etwas frühzeitiger zu haben, für den Handel im
Grossen ist die Methode des Ringelns zu zeitraubend
und auch zu kostspielig.
Der Gegenstand, Obst früher reif zu machen,
hat auch mich lange beschäftigt und so kam ich
sehliesslich auf folgendes Verfahren:
Davon ausgehend, dass die Erwärmung der Erd-
sehieht, die unmittelbar die Wurzeln einer Pflanze
auf deren Thätigkeit einen beschleunigen-
den Einfluss ausüben und damit auch eine frühere
Reife aller Theile der Pflanze, mithin auch der
Früchte, hervorbringen müsse, ich einen
meiner Bekannten, der im Besitze eines Obstgartens
ist, ungefähr 8 Wochen vor der normalen Reife einer
frühen Birnensorte (ich glaube, es war die grüne
Sommer-Magdalene) die Erde rings um den Baun
in einem Durchmesser von 4—4'!/, Meter bis zu den
umsgiebt,
ersuchte
Wurzeln in die Tiefe so wegzunehmen, dass die-
selben nur noch von einer 5—6 Centimeter dicken
Schicht bedeckt und dass die Sonne daher
das zurück gebliebene Erdreich vollständig durch-
wärmen konnte. Die Resultate waren ganz erstaun-
lich. Nicht allein wurden die Früchte schon Mitte
Juli reif, sondern sie waren auch so saltig und
schmackhaft, wie ich sie fast nie gegessen.
Um den Versuch noch weiter auszuführen, ent-
waren
104
fernte ich bei einem Reineclauden -Baume die Erde
in der angegebenen Dicke nur auf der Nordseite.
Aber auch hier war die Folge, dass die Früchte auf
dieser Seite einige Tage eher reiften, als die gegen
Süden hängenden. Um Austrocknen des Erd-
reiches um die Wurzeln zu verhindern, muss aller-
dings sehr fleissiges Begiessen stattfinden.
Das sind meine Resultäte. Es wäre aber zu
wünschen, dass noch weitere Versuche gemacht wür-
den, um damit erst zu erfahren, in wie weit mein
Mittel das frühere Reifen der Früchte bedingt.
ein
Dr. Lucas’ Jahrbuch
für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde,
Neue Folge. 1. Jahrgang.
Am 1. Februar 1860 verliess Dr. Lucas seinen
bisherigen Wohnort in Hohenheim, um sich in Reut-
lingen, seinem jetzigen Wohnorte, niederzulassen
und daselbst das erste pomologische Institut zu grün-
den. Was schon längst, und zwar vor Allem in dem
an Obst so reichen Württemberg hätte geschehen
sollen, dureh einen Privatmann. Es war
damals eine günstige Zeit, denn die ersten
Pomologen -Versammlungen Deutschlands in Naum-
burg a. S. Gotha vom Jahre 1853 und 1857
hatten die alte Liebe zum Obste bei den Deutschen
wiederum erwachen lassen. Den 22. März 1860 be-
sannen die Vorlesungen über Obstbau in Reutlingen
mit 10 Zöglingen. Seitdem sind nun fast 12 Jahre
vergangen. Bis zum 30. August 1871 haben nicht
weniger als 596 Zöglinge in der Anstalt ihre pomo-
logische Bildung erhalten.
Diese Zöglinge waren nicht allein Württemberger,
wenn auch deren Zahl (182) am grössten erscheint,
aus allen deutschen Staaten befanden sich eine kür-
zere oder längere Zeit strebsame junge Männer in
Reutlingen, um den Obstbau rationell betreiben zu
lernen und dann, zurückgekehrt, eine der wichtigsten
Kulturen ihrer Heimath zu vervollkommnen. Wenn
seitdem der Obstbau in Deutschland ein wesentlich
anderer und besserer geworden ist, so unterliegt es
keinem Zweifel, dass dabei dem Direktor des pomo-
logischen Instituts in Reutlingen viel, sehr viel zu
verdanken ist.
Lucas gibt alljährlich ein Jahrbuch heraus, in
seschah
beiden
und
dem er Rechenschaft von seinem Institute ablegt.
Im Jahre 1870 wurde das erste Zehn ‘dieser Jahr-
|
|
|
|
|
bücher abgeschlossen und es liegt uns bereits der
erste Jahrgang deszweitenZehn vor, worin Bericht über
den Fortgang des pomologischen Institutes vom Sep-
tember 1870 bis dahin 1871 gegeben wird. Auch
dieser Jahrgang besteht ausser dem Beriehte aus
lehrreichen Abhandlungen über verschiedene Gegen-
stände des Obstbaues, von denen ein grosser Theil
von Zöglingen selbst angefertigt worden ist. Gerade
dieses selbständige Hervortreten der Zöglinge zeigt
uns am meisten, wie der Direktor bemüht ist, die
Jungen Leute geistig anzuregen und sie zum Denken
zu vermögen. Lucas lässt sie nicht nach der
Schablone arbeiten und auswendig lernen, sondern
die Zöglinge müssen sich der Gründe bewusst wer-
den, warum sie etwas aul diese und nieht auf eine
andere Weise thun.
Samen-Offerte.
Dem Königlichen botanischen Garten zu Berlin
sind durch den Direktor der öffentlichen Anlagen in
New-York die unten verzeichneten Samen mit dem
Bemerken zugegangen, dasjenige Quantum, welches
der hotanische Garten für seine Zwecke nicht ver-
wenden kann, dem Gartenbau-Verein zur Verthei-
lung unter die Mitglieder zu überlassen.
Die in grösseren Mengen vorhandenen Samen
sind:
Baccharis halimifolia,
Yucea filifera var. 1,
n hs var. 2,
A e var. 4,
“ = var. ,
Boceonia cordata, aus den westlichen Prairien.
Lobelia eardinalis, div. Varietäten.
Loelia Sp. Venezuela,
Calliearpa americana,
Prinos vertieillata.,
Magnolia glauca,
5 tripetala,
Rudbeckia fulgida,
Malvaviscus ealifornieus.
Die sich dafür interessirenden Mitglieder werden
daher gebeten, ihre Desideraten-Listen bis spätestens
' den 7. April an den Garten-Inspektor Bouche&
Berlin, Potsdamer Str. 75, gelangen zu lassen.
|
|
|
Hierbei eine Beilage, ein Anschreiben und das Nachtrags-
Programm enthaltend.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in
Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
es
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pfllaänzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
No. 14. Berlin, den 6. April Ei 1872.
Preis des Jahrganges 5% Thilr., N bei Bezug aM den Bue hlindel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch- SIERT Post-Vereines.
Sonntag, den 7. April, Vormittags u Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No, 48, eine
Versammlung des Vereines: statt, wozu die enchkjen Mitglieder eingeladen werden.
® ee an R u: = = ——
Inhalt: Ueber Verwendung Her ek während Be Bommere im Freien. Der Königl. Garten- eier Bouchd _
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. II. — Die neue Blumenhalle in London. — Artemisia Stelleriana und ihre Ver-
wendung. Vom Hofgärtner Jäger in Eisenach.
LLLL—————E EEE
Ueber Verwendung ı aus liebliehen Anblick, wenn sie verständig in Grup-
pen geordnet sind, so dass man die höher wachsen-
den in die Mitte pflanzt und die niedrigen, auf der
der Selaginelen während des Sommers im Freien. |
Vom Königl. Garten-Inspektor Bouche. | Erde kriechenden als Einfassung verwendet.
Da man oft in Verlegenheit ist, schattige Plätze | Ist man im Besitz einer reichliehen Nachzueht für
unter Bäumen oder in der Nähe von Gebäuden wäh- das folgende Jahr, so ist es am besten, sie Ende Mai,
rend des Sommers mit solehen Pflanzen zu besetzen, nachdem sie vorher hinlänglieh abgehärtet wurden,
die in Folge des Sehattens oder ihrer kurzen Dauer in den freien Boden auszupflanzen, und die Zweige
nur für kürzere Zeit einen angenehmen Anblick ge- der aufrecht wachsenden Arten etwas niedrig zu hal-
währen, so dürfte es wahrscheinlich Manchem will- ten, wodurch sie veranlasst werden, sich schneller
kommen sein, auf derartige Pflanzen aufmerksam | zu bestauden und die Gruppe früher zu füllen. Am
gemacht zu werden. besten gedeihen sie in recht lockerer, nicht zu sehr
Man kann zwar solche Plätze, auf denen oft verwester Lauberde, der man auch alte Holzbrocken
nieht einmal eine Rasenvegetation von Dauer ist, und Torfabfall beimengen kann, auch in alter, fast
mit Epheu, Vinca minor u. dergl. besetzen, oder sie verrotteter Lohe aus Lohbeeten gedeihen sie sehr
dureh bei uns im Freien ausdauernde Farne deko- gut. Da die Wurzeln nicht tief in den Boden ein-
riren, die aber leider schon oft in der zweiten Hälfte dringen, so braucht dieser nur 6—8 Zoll (1,6 bis
des Sommers abzusterben beginnen und unansehn- 2,1 Cm.) mit obiger Erde meliorirt zu sein. Da sie
lich werden; nicht selten bedient man sich auch | ferner gegen Trockenheit empfindlich sind, so müssen
verschiedener Arten von Saxifraga. Aber auch diese sie bei trockenem Wetter oft mit einer feinen Brause
werden sehr bald zu lang und unansehnlich, weil begossen werden. Will man sie recht üppig haben,
sie an ihren natürlichen Standörtern entweder an | so ist ein täglich, besonders zur Abendzeit zu wie-
sonnigen Stellen oder an schattigen Abhängen, nie- | derholendes Bespritzen der Pflanzen selbst und ihrer
mals aber unter einem diehten Laubdache von grossen | Umgebung sehr zu empfehlen, weil eine feuchte At-
Bäumen vorkommen. , mosphäre ihr Wachsthum sehr begünstigt.
Eine grosse Zahl von Arten der Gattung Selagi- Will man die Pflanzen im Herbst nieht opfern,
nella hingegen behagt sich an solehen Standörtern so können sie auch mit den Töpfen eingesenkt
nieht nur am besten, sondern gewährt auch durch ihr | werden.
{reudiges Grün und ihren zierlichen Wuchs einen über- Obgleich die Selaginellen meistens den tropischen
14
106
und subtropischen Gegenden unserer Erde angehören,
so habe ich im vorigen Jahre, welches keineswegs
sich durch besondere Wärme auszeichnete, es zum
ersten Male versucht, die Mehrzahl der Arten dieser
Gattung von Anfang Juni bis Ende August ins Freie
zu stellen, weil viele derselben, wenn sie während
des Sommers in den Gewächshäusern verbleiben, zu
lang und unansehnlich werden. Der Erfolg war ein
durchaus befriedigender; die Zweige blieben kurz,
die Pflanzen kräftigten sich dureh die freie Luft un-
gemein, zegen anhaltenden Regen durchaus
nicht empfindlich, und boten dureh ihr saftiges Grün
einen prächtigen Anblick Dureh diese Aul-
stellung war ein Platz, der sonst in Folge des tiefen
waren
dar.
Schattens während des Sommers kaum eine Spur !
von Vegetation bot — in zierlicher Weise dekorirt.
Dass Selaginella helvetiea, ein Bewohner unserer
Alpen, Kraussiana (hortensis), deren Vaterland nicht
festzustellen ist, und dentieulata, in Süd-Europa hei-
misch, bei uns während desSommers im Freien gut ge-
deihen, ist bekannt, dahingegen eignen sich auch fol-
sende Arten zur Dekoration im Freien: S. eaulescens,
euspidata, euspidata var. elongata (cordifolia), deliea-
tissima, erythropus, Galeottiana, inaequalifolia, inceres-
centifolia, Kraussiana var. Poulteri, Ludoviciana, Mar-
tensii, ferner Martensii var. compacta, Martensii var.
eompaeta variegata, Martensii var. divaricata, Martensii
var. flaceida, rubrieaulis, sarmentosa, serpens, steno-
phylla, und vitieulosa.
Andere Arten, als: S. apus und apus var. densa,
eiliata, haematodes und uneinata gediehen zwar an-
fänglich recht gut, schienen aber gegen die kühlen
Nächte des vorigen Sommers empfindlich zu sein
schon früher wieder in das Gewächs-
ich
und mussten
haus zurückgebracht werden; jedoch zweifele
nicht daran, dass sie in wärmeren Sommern eben-
falls im Freien werden stehen können.
Mit folgenden Arten, die meistens wärmeren Gegen-
den angehören, oder empfindlicher gegen trockene
Luft sind, habe ich noch keine Versuche gemacht,
sie während freien Lult auszu-
setzen: S. atroviridis, Breynii, eonvoluta, laevigata,
lepidophylla, Lobbii, Lyalli, Pervillei, pilifera, Poeppi-
Sollte der diesjährige
des Sommers der
siana, pubescens und faleata.
Sommer günstiger sein, so will ich auch, wenigstens
mit einigen derselben, ähnliche Versuche anstellen,
und seiner Zeit das Resultat mittheilen.
Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unerwähnt
lassen, dass auch die Mehrzahl der tropischen Farn-
kräuter, welche in den meisten Gärten während des
ganzen Jahres in den warmen Gewächshäusern unter-
halten werden, von Ende Mai bis Ende August im
Freien aushalten, wenn man ihnen einen schattigen.
gegen Wind geschützten Platz anweist. Die Wedel
entwickeln sich alsdann viel kräftiger und reichlicher, .
als in der eingeschlossenen Luft unserer Warm-
häuser, was zur Folge hat, dass sie auch viel besser
den Winter überstehen.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
II.
Wir haben am Schluss des vorigen Jahrganges
Mittheilungen über die projektirte Reise des Gärtners
Hildebrandt aus Bonn gemacht und sind jetzt im
Stande, weiter über ihn zu berichten. Gewiss wer-
den die Leser der Wochenschrift den kühnen Rei-
senden nach Zanzibar, also nach der Ostseite des
tropischen Afrika’s, um so mehr mit Theilnahme ver-
folgen, als er vielen Gefahren entgegengeht. Ist der
Osten Afrika’s wegen seines besseren Klima’s viel-
leicht auch nicht so gefährlich, als der Westen, wo
bereits manche Opfer dem Wissenschaftsdrange er-
legen sind, — wir erinnern nur an den Botaniker
Dr. Vogel aus Bonn und an Dr. Schönlein, den
Sohn des berühmten , "zuletzt in Berlin lebenden
Arztes gl. N., — die Gefahren mit den wilden Völ-
kern im Osten sind dagegen wahrscheinlich grösser.
Weder der englische, noch der portugiesische Arm,
die beide sonst sehr mächtig in Afrika sind, reicht
hier weit in das Innere des Landes. Es leben da-
selbst noch arabische Stämme, welche von Norden
her eingewandert sind und im Kampfe mit Negern
noch mehr verwilderten, als sie es schon früher
waren. Sie sind es vor Allem, welche die Euro-
päer hassen.
Hildebrandt hatte bereits im Herbste seine
Stelle im botanischen Garten aufgegeben, um sich auf
seine grosse Reise gehörig vorzubereiten. Leider
sind aber für diese Länder die Hülfsmittel zur Erken-
nung der dortigen Ländergebiete, selbst derer an der
Küste, ausserordentlich gering. Wir haben keine
Reisenden, welche von Zanzibar aus tief in das In-
nere des Landes einzudringen vermocht hätten. Um
desto mehr giebt es für unseren Reisenden zu ent-
decken und zu finden, um so grösser wird sein Ruhm
sein, wenn er.dereinst nach mehrern Jahren glück- "
lich heimkehrt.
Unser Reisender geht allein. Es hat dieses viel
für sich, besonders in solchen Ländern, wo noch gar
nichts geschehen ist. : Hier vermögen grossartige
Expeditionen nicht viel, wie wir dureh die Versuche
des Fräulein Tinne, wohl der unerschrockensten
und kühnsten Dame, welche je für Reisen existirt |
hat, und nieht weniger des Barons von derDecken
erfahren haben.
Allem grosses Misstrauen der Eingebornen tritt grossen
Expeditionen im Innern des Landes alsbald entgegen,
während einem Reisenden allein in der Regel weder
von dem Einen noch von dem, Andern so bedeu-
Mangel an Nahrungsmitteln und vor |
tende Hindernisse, als jenen, in den Weg gelegt |
werden. Der Engländer Livingstone, der nun
seit Jahren im Innern des südafrikanischen Central-
landes sich glücklich durchgeschlagen hat und von
Neuem eingedrungen ist, aber auch unsere Lands-
leute, der .verstorbene Barth aus Hamburg und
Rohlfs aus Bremen, sind Beispiele von glücklich |
durchgeführten Reisen einzelner Männer, welche un-
sere Behauptung bestätigen. Auch wir können, wenn
auch nicht in so glänzender Weise, aus Erfahrung
sprechen.
Hildebrandt befindet sich jetzt auf dem Weg
nach Alexandrien, vielleicht schon in Egypten.
ist am 5. März von Berlin abgereist und wollte di-
rekt nach der Ostküste Afrika’s gehen. Von Suez
aus geschieht die Weiterreise zu Schiffe im Rothen
Meere, und zwar längs der arabischen Küste nach
&Aden. Im nächsten Sommer hat Hildebrandt die
Absicht, einestheils der Somali - Küste, anderntheils
der Südküste Arabiens einige Aufmerksamkeit zuzu-
wenden, so dass er erst im August auf der Insel
Soceotora sein wird. Wie es heisst, soll von Seiten
der italienischen Regierung eine Expedition nach
dieser Insel unternommen werden, um möglicher
Weise sie (wohl mit Erlaubniss der Engländer) in
Besitz zu nehmen. Vielleicht könnte dann Hilde-
brandt sich dieser Expedition anschliessen, was
seine Forschungen wesentlich unterstützen würde.
Er |
So viel wir wissen, ist die Insel Soceotora bis jetzt
noch ziemlich unbekannt und wenigstens von keinem
Naturforscher untersucht worden. Bekannt ist nur,
dass eine der offizinellen Alo&e-Pflanzen dort wächst |
und ihren Namen von der Insel erhalten hat.
Erst im November gedenkt Hildebrandt in den
kleinen Küsten-Fahrzeugen, welche dort gehen, seine
Weiterreise nach Zanzibar anzutreten. Da diese
Fahrzeuge langsam gehen und oft an der Küste an-
halten, so hat er Gelegenheit, den einen oder ande-
ren Küstenstrich, von dem wir fast gar nichts wis-
sen, wenigstens etwas kennen zu lernen und uns
vielleicht Notizen darüber zu geben. In Zanzibar an-
sekommen,. wird er aber vor Allem.der Ruhe und
Erholung sehr bedürfen, aber auch um sich für die
|
|
Weiterreise zu orientiren. Bis nach Zanzibar liess
sich wohl die Reiseroute feststellen und auch durch-
führen, die eigentlichen Schwierigkeiten aber beginnen
erst jetzt. Hildebrandt muss vor Allem sich von
Eingebornen Nachrichten über das Innere des Lan-
des zu verschaffen suchen, dann einige Eingeborne
gewinnen, welche ihn begleiten wollen. Der Reise-
plan, in einem gänzlich unbekannten Lande, wird
nicht weit reichen. Er wird sich auf der Reise selbst
immer ändern, je nachdem es die Umstände verlan-
sen. Wie lange die Vorbereitungen dauern werden,
lässt sich jetzt gar nicht sagen. Wir wollen unserem
Reisenden vor Allem Gesundheit, weiteren Enthusias-
mus und Muth von ganzem Herzen wünschen.
Es ist uns vor Kurzem von dem Kunst- und
Handelsgärtner Oscar Liebmann in Dresden eine
kleine Teppichpflanze zugesendet worden, um uns,
da sie im Mai in den Handel gebracht werden soll.
darüber auszusprechen. Da mau von Jahr
zu Jahr zunehmenden Liebhaberei für Teppichpflan-
zen nach passenden Pflanzen sucht, so gehört aller-
dings die uns zugesendete zu denen, welche empfoh-
len werden können. Diese neue Teppichpflanze ist
eine noch mehr bunte Form eines im Süden Deutsch-
lands und im Süden überhaupt wachsenden Unkrau-
tes, der Oxalis cornieulata, nicht aber der ©. strieta,
welche mehr im Norden wächst und früher häufig
mit jener verwechselt wurde.
Wir haben schon seit länger als 20 Jahren eine
Abart dieses Unkrautes, wo die Blättehen, ähnlich,
wie bei der braunblättrigen Form unseres weissen
Klees (Trifolium repens), braun gefärbt sind. Warum
diese Form, wie auch der braunblättrige Klee, in den
letzten Jahren, mehr Teppichpflanzen gesucht
werden als fıüher, nicht mehr, oder wenigstens nur
auf dem Lande, verwendet wird, begreift man in der
That nicht, und zwar um so weniger, als beiderlei
Pflanzen ihrer Kultur keine Mühe machen,
als dass sie vielleicht in Kurzem zu dicht geworden
sind.
Die Liebmann'sche Form der braunblättrigen
Abart der O. eornieulata, welche erstere in den Gär-
ten den Beinamen OÖ. tropaeoloides (vergl. 1. Jahre.
d. Wochenschr. S. 95) erhalten hat, verdient unbe-
dingt den Vorzug vor der bekannten Hauptform. Sie
wurde von ihrem Besitzer im vorigen Jahre aus Sa-
men gezogen. Die Farbe der einzelnen Blättehen ist
bei der Form bald ein Rosa, bald ein Karmmoisin-
roth. Bisweilen haben die Blättchen
zur Hälfte diese rothe Farbe, während die andere
srün geblieben ist oder wohl auch weiss erscheint.
Es scheint, als wenn das Roth im Freien dunkler,
14”
bei der
Wo
bei
sar
aber auch nur
108
in dem Gewächshause dagegen heller würde. Grade
diese Abwechslungen in der Farbe geben der Pflanze
aber einen grösseren Werth.
Der früher in der Wochenschrift genannte Fran-
zose Eugen Simon
liebhaber und Blumenfreund zu
scheint ein grosser Pflanzen-
sein und hält sich,
wie wir bereits gemeldet haben, gegenwärtig in China
auf. Da er mit dem Jardin des plantes in fortwäh-
render Verbindung steht und von Zeit zu Zeit diesem
allerhand Sämereien u. s. w. aus China zusendet, so
hat dieses grossartige Pflanzen-Institut schon manche
interessante Pflanze, über welche die Revue horticole
bisweilen Mittheilungen gemacht hat, erhalten. Im
zweiten Hefte des diesjährigen Jahrganges genannter
Zeitschrift wird wiederum einer interessanten Pflanze
Erwähnung gethan, die auch unsere Aufmerksamkeit
in Anspruch nimmt. Es ist eine Birnsorte, welche
bereits in Paris Früchte getragen hat. Carriere, in
der Ertheilung neuer Namen für Formen unerschöpf-
lich, betrachtet auch dieses Birngehölz als eine be-
sondere Art nnd giebt ihm den Namen Pirus Si-
monii.
Für uns, die wir uns seit fast 4 Jahrzehnten mit
der Erforschung der Stammeltern unseres Obstes
wissenschaftlich beschäftigt haben, ist dieses chine-
grossem Interesse.
der Wochenschrift
sische Birngehölz natürlich von
Zum Verständniss für die Leser
bemerken wir, indem
das, was wir bereits im 1. Bande unserer Dendrologie
(S. 215) mitgetheilt haben, berufen, dass unsere jetzi-
sen Birnen-Sorten wahrscheinlich von 3 ursprünglich
nur in Asien wild wachsenden Arten des Geschlechtes
Pirus abstammen, dass dagegen die Birngehölze der
Wälder u. s. w. nur verwilderte Sorten, keineswegs
selbständige Aıten, wie Viele meinen, Von
diesen 3 ursprünglich wilden ‘Birnarten wächst die
eine im Norden des Orientes: P. elaeagrifolia,
und ist wohl die Mutterpflanze aller Birnsorten mit
sind.
langen Früchten, aber auch meist mit langen Blättern.
Die andere: P. persica, wächst vorherrschend im
Süden des Orientes
nach Persien hinein.
samotten und ähnliche Birnen mit rundlichen Früch-
ten, deren Stiel, wie bei dem Apfel, aus einer Ver-
tiefung seinen Ursprung nimmt. Bei dieser Art sind
auch die Blätter mehr rundlich oder wenigstens doch
breit-länglich und länglich - lanzettförmig. Ihr Rand
ist nur wenig oder, wie bei P. elaeagrifolia, gar nicht
Von ihr stammen unsere Ber-
sezähnt.
Die dritte Mutterpflanze unserer Birnengehölze
wächst ursprünglich wohl nur in China, kommt aber
verwildert sehr viel in mitteleuropäischen Wäldern,
wir zu gleicher Zeit uns auf
und erstreekt sieh ostwärts tief |
besonders im Westen Frankreichs, vor. Diese ver-
wilderte Pflanze hat von Gärtner den Namen P. Ach-
ras erhalten, ist aber von uns auch zur Bezeichnung
der wilden Pflanze benutzt worden. Die ehinesisch&
Kulturpflanze hat Lindley als P. chinensis be-
schrieben und abgebildet. Ausgezeichnet ist diese
Art durch die feine, mehr borstenförmige Bezahnung
der eirundlichen oder länglichen Blätter. Wenn Car-
ricre dieses Merkmal der chinesischen Birnen-Sor-
ten zuerst beobachtet haben will, so zeigt er wie-
derum, dass er nicht weiss, was in der Welt vor-
zeht. Sowohl Lindley, als wir (Dendrol. I,, 215)
haben bereits darauf hingewiesen. Exemplare der
im Westen Frankreichs wachsenden P. cordata Desv.,
einer Foım der P. Achras, hätten ihm ebenfalls sa-
sen können, dass die chinesische Birnart verwildert
in Frankreich vorkommt.
Von P. Achras stammen ohne Zweifel die meisten
und besten Birnsorten. Die Frucht hat in der Regel
eine Eiform, ihr Stiel liegt aber in keiner Veıtiefung.
Durch Kreuzung mit Sorten der P. elaeagrifolia einer-
seits und der P. persieca andererseits sind bereits so
viele Zwischenformen entstanden, dass es jetzt kaum
noch möglich ist, diesen einen bestimmten Platz in
der systematischen Botanik anzuweisen. Schwierig
macht die Sache ausserdem noch, dass bei der neuen
Sorte bisweilen vom Vater die Form der Frucht, vorm
der Mutter die Form des Blattes, oder umgekehrt,
übertragen wurde.
Pirus Simoniü besitzt die Blätter der ächten chi-
nesischen Birnart, nämlich eirund, auch etwas herz-
förmig oder nach oben in die Länge gezogen, am
Rande ausserdem mit den charakteristischen Wimper-
zähnen versehen, die Frucht hat dagegen die Form
einer Bergamotte, also wie die Frucht von P. persiea
beschaffen ist. Man möchte hieraus schliessen, dass
P. persica noch viel weiter nach Osten, vielleicht
selbst im chinesischen Hochlande im Westen ver-
breitet ist, vielleicht auch erst daselbst eingeführt
wurde. Es könnte dieses vielleicht in der Zeit ge-
schehen sein, wo die mehr westwärts wohnenden
Mongolen nach Osten vordrangen und den Thron des
him:nlischen Reiches einnahmen.
Wir bemerken schliesslich, dass die unrichtige
Sehreibart Pyrus im oder kurz nach dem Mittelalter,
wo man sich des „y“ häufig anstatt des „i“ bediente,
entstanden ist, aber der klassisch-lateinischen Sehreib-
art Pirus weichen muss.
Wir sind in Folge unserer kleinen Abhandlung
über Azalea mollis in der 10. Nummer der Wochen-
schrift von Gent aus dahin berichtigt worden, dass der
Züchter der ersten Formen der A. sinensis in ge-
un.
nannter Stadt, Byls, nie Bäcker, sondern gleich vom
Anfange ein sehr umsichtiger Handelsgärtner gewe-
sen ist. Es ist diese Angabe unsererseits ein Irr-
thum gewesen, den wir hiermit berichtigen wollen.
Er soll uns aber Gelegenheit geben, wo wir durch
die erneute Einführung der Azalea sinensis unter
dem Namen A. mollis, hauptsächlich durch L. van
Houtte in Gent, eine neue und von den anderen
verschiedene Reihe sogenannter Pontischer oder Frei-
land - Azaleen neben den früheren erhalten haben,
noch über diese im Allgemeinen zu sprechen und auf
die Verschiedenheit beider Reihen aufmerksam zu
machen.
Die hauptsächlich an der Küste des Schwarzen
Meeres wachsende Azalea pontica ist schon einige
Jahrhunderte in unseren Gärten kultivirt worden. Als
später die Indischen Azaleen von Neuem eingeführt
wurden, welche man nur in Töpfen zog, bekamen
jene mit den in Nordamerika wachsenden Arten, die
unterdess ebenfalls aus ihrem Vaterlande in Europa
eingeführt worden waren, den Namen der Freiland-
oder wohl auch der Pontischen Azaleen. Trotz der
Schönheit ihrer Blumen erhielten sie aber lange nicht
die Aufmerksamkeit der Pflanzenliebhaber, wie die
Indischen Azaleen. Erst in den zwanziger und noch
mehr in den dreissiger Jahren, wo man zuerst in
England, dann auch in Belgien, besonders in Gent,
durch Kreuzung der ächten Pontischen Azaleen mit
nordamerikanischen Arten schöne Sorten und
eine grössere Mannigfaltigkeit erzielt hatte, wurden
sie ebenfalls Lieblingsblumen. In England hatte man
hauptsächlich in dem damals berühmten Garten von
Spofford glänzende Resultate erlangt, noch glücklicher
war aber ein Liebhaber in Gent, der Bäcker Mortier.
Dieser Mortier war es hauptsächlich, der durch
Kreuzungen und Aussaaten die Blumen der Freiland-
Azaleen so sehr vervollkommnete und eine so grosse
Mannigfaltigkeit in den Blumen hervorrief, dass diese
in allen Pflanzen- und Blumenzucht treibenden Län-
dern Anerkennung fanden und vor Allem in England
allen andern, selbst den eigenen Erzeugnissen vor-
zezogen wurden. Die schönste erhielt den Namen
Rhododendron*) Mortieri (nicht Morterii, wie
zeschrieben ist) und wurde in dem bekannten illustrir-
ten Gartenwerke: British flower Garden von
(2. Reihe, 1. Band, 10. Tafel) abgebildet. Gewöhn-
lieh hatten im Handel aber alle Sorten diesen Namen
Sweet
*) Viele Botaniker vereinigen Azalea, weil die Arten in
ihrer Gesammtheit sehr schwierig von denen des Genus Rhodo-
dendron zu unterscheiden sind, mit diesem zu einem grossen ge-
meinschaftlichen Genus, wo Azalea nur eine Abtheilung bildet.
damit
oder sie befanden sich in England mit dem Namen
„hardy Ghent Azaleas“ in den Verzeichnissen.
Die Vervollkommnung dieser Azaleen wurde
aber in Gent noch weiter fortgesetzt; ganz besonders
beschäftigten sich die Gärtner van CGassel, Louis
und Alexander Verschaffelt, später Jean Ver-
schaffelt und neuerdings auch Louis van Houtte
mit Aussaaten und brachten vorzügliche Sorten in
den Handel. Dem letzteren war es schliesslich auch
selungen, eine Sorte mit gefüllten Blumen hervorzu-
bringen.
Durch Loddiges war im Anfange der zwan-
ziger Jahre eine Azalee direkt aus China eingeführt
worden, welche zwar ebenfalls die Blätter
und der A. pontieca nahe steht, aber grössere und
denen der Indischen Azaleen ähnliche Blumen besitzt.
Auch mit dieser Art wurden in England gleich an-
fangs Versuche angestellt, welche keinen
besonderen Resultaten führten. Glücklicher war man
dagegen auf dem Festlande, besonders in Belgien,
abwirft
aber zu
und zwar wiederum in Gent, damit. Hier warf es
jetzt der Handelsgärtner (nicht Bäcker) Byls, der
eine Reihe neuer Sorten erzog und in den Handel
brachte. Dem Züchter zu Ehren wurden sie als
Byls’sche Azaleen bezeichnet. Die schönste bil-
dete Ch. Morren (der Vater) in den damals von
ihn herausgegebenen Annales de la soeciete d’agri-
eulture et de botanique de Gand (Tom. 1., Tab. 27) ab.
Doch auch die Byls’schen Azaleen kamen in
Vergessenheit, während die Mortier’schen oder Gen-
ter Freiland-Azaleen, wenigstens in Belgien und Eng-
land, in Deutschland,
weniger Lieblingssträucher
‚ blieben und noeh sind.
Vor einigen Jahren kam, wie wir zur Zeit in
der Wochenschrift berichtet haben, eine dritte Azalee
mit abfallenden Blättern und grossen gelben Blüthen
direkt aus Japan, und zwar als Azalea mollis,
ein Name, den Blume der Pflanze schon im Jahre
1826 (freilich nach getrockneten Exemplaren) ge-
seben hatte, in den Handel. Sowohl der verstorbene
John Gould Veitch in London, als der russische
Reisende Maximowitsch, der jetzt als Botaniker
am botanischen Garten in Petersburg angestellt ist,
lernten den Blüthenstrauch in Japan, wo er ebenfalls
viel in Gärten kultivirt wird und in einer Reihe von
Formen existirt, kennen und fühıten
London, resp. in Petersburg ein. Maximowitsch,
dem ein grosses Material zu seinen wissenschaft-
lichen Untersuchungen zu Gebote stand, fand als-
bald, dass diese Azalea mollis von Azalea sinensis
nieht verschieden sei. Es muss demrfach auch die-
ser von Loddiges gegebene Name von nun an zur
ihn zuerst in
110
Bezeichnung der jetzt erwähnten Azalee gebraucht | beiden besseren Sorten kostet das als feines Hom-
werden, weil er ein Jahr früher (1825) gegeben ist,
als der Azalea mollis.
Wiederum war es Gent,
sächlich mit der Vervollkommnung dieses neu ein-
geführten Strauches beschäftigte. Louis vanHoutte
daselbst war es, der Kreuzungen anstellte, mit dem
erhaltenen Samen Aussaaten machte und zu glück-
lichen Resultaten gelangt ist. In dem vor Kurzem
uns zugekommenen 140.Verzeichnisse seines Etablisse-
ments sind bereits 20 verschiedene Soıten (S. 338)
aufgeführt worden. Abgesehen davon, dass
Blüthen der A. mollis, resp. sinensis, grösser sind.
als die der A. pontica und der Verwandten, sollen
alle Sorten sich auch nach van Houtte sehr leicht
treiben lassen.
Der Landwirth bedient sich der künstlichen
Düngmittel seit geraumer Zeit da, wo bei den ver-
mehrten grossen Kulturen und der dadurch beding-
ten Erschöpfung des Bodens der natürliche Dünger
nicht mehr ausreicht, mit grossem Vortheil; die peru-
anischen Guanolager, welche man noch vor 30 Jahren für
unerschöpflich hielt, werden in Kurzem in Folge des
srossen Bedarfs verbraucht sein; und doch wurde
dem Verlangen darnach noch keineswegs entsprochen.
Der Guano hat schliesslich einen beispiellos hohen Preis
erhalten. Vor 1 und. 2 Jahrzehnten fingen auch
Gäitner an, sich zur Erhöhung der Vegetation ihrer
kultivirten Pflanzen künstlicher Düngmittel zu be-
dienen. Hornspähne, in die Erde der Töpfe gethan
oder mit Wasser übergossen und nach einiger Zeit
dieses zum Begiessen oder zum Bespritzen benutzt,
wurden, nebst anderen künstlichen Düngmitteln
hier und da, viel benutzt. Seit einigen Jahren hört
man aber wiederum kaum noch etwas davon. Was
ist die Ursache dieser plötzlichen Einstellung von
wo man sich haupt-
die
Mitteln zur Erhöhung der Vegetation, wenn man
doch früher glänzende Erfolge gehabt hatte?
Es ist der Redaktion der Wochenschrift von
Seiten des Besitzers der Dampf-Knochenmehl- und
chemischen Düngerfabrik Ludwig Michaelis in
Gross-Glogau, ein Bericht über durch Gärtner und
Pflanzenliebhaber angestellte Versuche eines Knochen-
mehlpulvers zugegangen, aus dem Einiges zu ent-
nehmen für die Leser der Wochenschrift von Interesse
sein dürfte. Zugleich mag es uns Gelegenheit bieten,
von Neuem auf künstliche Düngmittel aufmerksam
zu machen. Dieses Glogauer Hornmehl hat einen
Stickstoffgehalt von 131/,
fast 4 pCt. Phosphorsäure.
Tagen in Wässer auf, während andere Präparate
der Art Von den
pCt., hingegen besitzt es
Es löst sieh binnen 14
zebrauchen.
längere Zeit hierzu
mehl bezeichnete Präparat 4!/,, das Düngpulver aber
51/, Thaler.
Da einige Gärtner, welche besonders Versuche
mit letzterem angestellt haben, auch den Lesern der
Wochenschrift bekannt sind, so werden wir hier auf
deren Angaben besonderes Gewicht legen. Garten-
inspektor Gireoud in Sagan bestreute ausgehungerte
Azaleen, nachdem die Erde angefeuchtet war, mit
dem Hornmehl im August und-spritzte nachher sehr
stark mit der Brause. Um eine feuchte Luft zu er-
halten, wurde von Zeit zu Zeit auch zwischen den
Töpfen gespritzt. Die Pflanzen erkräftigten sich un-
gemein und die Blätter erhielten eine dunkelgrüne
Farbe. Nachwirkung war ebenfalls sichtbar. Bei
wurzelächten Landrosen, welche in einem trockenen,
aber lehmigen Sandboden sich befanden, wurde
ferner das Pulver ebenfalls aufgestreut und darauf
leicht eingehackt. Der Boden erhielt fortwährend
die nöthige Feuchtigkeit. Bei Rosen in Töpfen liess
Inspektor Gireoud das Pulver sich in Wasser auf-
lösen und benutzte die Flüssigkeit als Guss. In
beiden Fällen fand ein recht kräftiges und üppiges
Wachsthum statt und die Sträucher blühten ausser-
ordentlich reich.
Hofgärtner Götz in Slawentzig in Oberschlesien
wandte das Hornmehl im Gemüsegarten an, der 2%
Sand und Y; Lehm enthält, indem er es bei feuch-
ter Witterung in die frisch gegrabenen Gemüseländer
einhackte. Die Erfolge waren ausserordentlich. Bei
anhaltender Trockenheit darf es jedoch nicht auf
leichtem Boden verwendet werden. Bei Topfpflanzen,
wo !/yo unter die Erde gemischt wurde, hält Hof-
särtner Götz das Hornmehl für das billigste und
nachhaltigste Düngmittel.
Hofgärtner Ickelsheimer in Kissingen wandte
das Hornmehl auf die Töpfe gestreut, aufgelockert
und begossen, nach 6—8 Tagen wieder aufgelockert,
bei allerhand weichholzigen Topfpflanzen, wie Helio-
trop, Fuchsien, Calceolarien, Begonien, aber auch
bei Fieus, an, und erhielt ebenfalls glänzende Re-
sultate, besonders bei Fuchsien grosse Blumen.
Hofgärtner Neumann endlich, auf Albrechts-
berg bei Dresden, wandte das Hornmehl im April
bei der Einsaat für Rasen und im Sommer zur Nach-
düngung, aber nur auf schlechten Stellen, an. Der
Boden war ein sandiger Gartenboden. Der Erfolg
war sehr sichtlich.
Man kultivirt in den Warmhäusern eine niedrig-
bleibende Pflanze von palmenähnlichem Ansehen
unter dem Namen Garludovica palmata. Die
sehönen grossen und handförmig getheilten Blätter
im
stehen auf sehr langen und schlanken Stielen und
tragen hauptsächlich dazu bei, dass die Art auch
eine der schönsten Dekorationspflanzen darstellt.
Carludovica palmata ist aber auch in ihrem Vater-
lande, den kolombischen Republiken und in Gua-
temala, eine der wichtigsten technischen Pflanzen und
beschäftigt eine grosse Menge von Leuten. Sie ist
nämlich die Pflanze, aus der die ächten Panamahüte
semacht werden, während man die schlechteren, die
auch bei uns nur einen geringen Preis haben, aus
Fasern verschiedener Schirmpalmen bereitet.
Die ächten und guten Panamahüte haben, da
sie nur aus den feinsten Mittelfasern der Blätter,
wenn diese sich noch nicht entfaltet haben, angefertigt
werden, sehr hohe Preise. Die besten werden in
Tolima bereitet. Hier wird das Stück
35 Thalern verkauft; ja einzelne Hüte werden sogar
bisweilen um den doppelten Preis bezahlt. Nächst-
dem kommen die Panamahüte von Antioquia, wo das
Stück 20 bis 24 Thaler kostet. Die schlechtesten
werden in Santander angefertigt. Hier zahlt man für
das ganze Dutzend sogar nur 5 bis 8 Thaler. Diese
Santanderhüte sind die gewöhnlichen, welche fast
nur zu uns nach Deutschland kommen und neben
aus Palmenblattfasern angefertisten Panamahüten um
die bekannten niedrigeren Preise verkauft werden.
Ausser dem Hafen Santa Martha ist es hauptsäch-
lich die Insel Cuba, wo sich der Handel mit Panama-
hüten konzentrirt. Im Jahre 1869 wurden
allein 2,249 Hüte nach Frankreich und 4,845 Hüte
nach England versendet.
Die neue Blumenhalle in London.
Paris und London haben ihre bestimmten Gegen-
den, wo Blumen und Blattpflanzen in Töpfen ver-
kauft werden, in Berlin ist es anders. Wenn hier
auch alle öffentlichen Plätze, auf denen 2 Mal in
der Woche Markt gehalten wird, ebenfalls an be-
stimmten Tagen reichlich mit Pflanzen und Blumen
besetzt sind, so findet man hier doch nur die weniger
sute Waare, den Ausschuss, wenn ich mich so aus-
drücken darf, die besseren und ausgesuchteren
Exemplare sind dagegen in den sogenannten Blumen-
läden, die oft in Kellern eine Stätte gefunden haben.
Diese Blumenläden sind eine eigenthümliche Er-
scheinung Berlins, wie sie keine andere Stadt, selbst
Deutschlands, aufzuweisen hat und zur Versehöne-
rung der breiten Strassen nicht wenig beitragen. Es
ist dieses besonders in den belebteren ,
von hier
z. B. der
Leipziger und Friedrichsstrasse, der Fall. Vor den
alten, nun abgetragenen Thoren nach Westen
hin, wo Vorgärtehen vorhanden sind, dienen diese
hier und da im Sommer zur Aufnahme der Pflanzen
und Blumen der Blumenhändler und tragen
Schönheit der ganzen Umgebung viel bei.
zur
Gerade
jetzt, wo das Frühjahr beginnt und Azaleen, Hya-
einthen, Tulpen, Seillen, Crocus u. s. w. in Massen
zum Verkaufe herangezogen werden, bietet vor Allem
die Potsdamer Strasse einen grossen Reiz für den
dar, der sieh für Blumen- und Pflanzenschmuck in-
teressirt.
In London gibt es nur einen grossen Blumen-
und Pflanzenmarkt, so ziemlich mitten in der Stadt.
ı Es ist der Coventgarden, nicht weit von der Themse
mit 25 bis |
und in dernächsten Nähe derbekannten St. Paulskirche,
ein seit JangerZeit berühmter und viel besuchter Ort, wo
und in dessen Nähe wohl die meisten Menschen täglich
zusammenkommen, und zwar höchsten
Ständen, so‘ wie aus den bürgerlichen Kreisen.
Früher ein Besitzthum der Westminster Abtei, hatte
aus den
der geräumige Platz den Namen Convents- Garten
(Covent-Garden) erhalten. Nach Aufhebung der
Klöster kam der Platz zuerst in den Besitz der Her-
zöge von Sommersett und 1552 in den der Herzöge
von Bedford, denen er noch gehört. In alten Zeiten
war er ein Weideplatz. Später siedelten sich aller-
hand Verkäufer hier an und erbauten auf ihre Waare
bezügliche Läden und Häuser.
es aber Gärtner,
Hauptsächlich waren
welche ihr Gemüse, ihre Früchte
und später auch ihre Blumen und Pflanzen feilboten
und dazu besonders die Mitte einnahmen,
ein Theil herum durch Art bedeckter
Kolonnaden mit anstossenden Gebäuden (Piazza’s)
verschönert wurde.
während
rings eine
Gerade dieser Theil war eine
Zeit lang der Aufenthalt der vornehmen Welt Lon-
dons; manche der grössten Würdenträger und sonst
der hohen Aristokratie Englands hatten hier ihren
zeitweiligen Aufenthalt.
Der Blumen-, Frucht- und Gemüse-Markt des
CGoventgardens nahm von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu,
ohne dass aber etwas geschah, weder für die Käufer,
noch für die Verkäufer. Man hatte sich allmählig
an die Unbequemlichkeiten eines urwüchsigen Zu-
standes gewöhnt, bis die neueste Zeit mit ihren An-
forderungen herankam. Es wurde zwar im Jahre 1831
ein Gebäude hergestellt, was aberkeineswegs entsprach.
Mit der Zeit wurden schliesslich die benutzten Räum-
lichkeiten so schlecht, dass, wie ein Berichterstatter
in Gardeners Chroniele sagt, der Aufenthalt in ihnen
für Menschen und Pflanzen
schlecht war. Endlich
und
sah der jetzige Besitzer. des
sleich ungesund
112
Goventgarden, der Herzog von Bedford, dass
dem abgeholfen werden müsste.
ein,
Es ist ein Vortheil der jetzigen Zeit, dass man
zwar oft lange Zeit gebraucht, um einen Uebelstand
einzusehen, wenn es aber einmal geschehen und es
zu einem Entschluss gekommen ist, so geht es auch
nun um so rascher. Was man will, ist dann oft mit
einer bewundernswerthen Schnelligkeit hergestellt. Es
wurden 3 Häuser am Coventgarden,
der Westseite
serissen.,
srossartiges Gebäude herbeizuschaffen.
stellt
welche jetzt überhaupt existiren mögen.
Bau, der dem Bedford,
den Erbauern, Ehre macht.
Das Gebäude nimmt einen Flächeninhalt von
16.000 Quadratfuss ein und ist eine Art Glaspalast,
hauptsächlich aus Eisen und Glas bestehend, was
und der Wellingtonstrasse
um zunächst den nöthigen Raum
an weg-
für ein
Es ist fertig
Blumenhallen
Es ist ein
aber
und eine der sehönsten dar,
Herzoge von auch
beides auf steinernen Grundmauern, aus Backsteinen
erbaut, ruht. An den Seiten hat nur eine Höhe
von 19 Fuss, während die des Daächfirstes 54 Fuss
es
beträgt. Den Eingang bildet eine der Giebelseiten
und liegt in der Richtung der Wellingtonstrasse.
Alles ist geschehen, um es im Gebäude Käufern und
Verkäufern bequem zu machen. Man kann für das
ganze Jahr sich einen bestimmten Stand miethen oder
man zahlt tageweise, so lange als es einem beliebt.
Tische und Stellagen sind zwar vorhanden, es ist
aber Jedem freigestellt, sich ausserdem einzurichten,
wie er will. Im Allgemeinen ist übrigens diese Blu-
ımenhalle nach den Markthallen in Paris angelegt.
(Schluss folgt.)
Artemisia_ Stelleriana
und ihre Verwendung.
Vom Hof-Gärtner Jäger in Eisenach.
Seite 390 der Wochenschrift von 1871 heisst
es in einem Auszuge des „Refugium botanieum” von
Artemisia Stelleriana: „ebenfalls ein Halbstrauch —.
Er muss bei uns gleich den Alpenpflanzen in Töpfen
sezogen werden” u. Ss. w. Dieselbe Pflanze wurde
sehon im 10. Jahrgange der Wochenschrift, Seite 84
besprochen, wobei erwähnt wurde, sie könne in der-
selben Weise verwendet werden, wie Centaurea ra-
zusina (eandidissima) u. a. was richtig
m., zanz
und zwar aul
ist. Da die neueste Erwähnung in diesen Blättern
von dieser Pflanze und deren Verwendung einen
ganz falschen Begriff gibt, ferner der Umstand, dass
mir erfahrene Gärtner sagten, sie hätten
Artemisia Stelleriana, ihrer Unbrauchbarkeit
zur Dekorationsgärtnerei wieder beseitigt, veranlasst
mich, an dieser Stelle diese Pflanze etwas näher zu
betrachten und ihren Werth Nutzen für
Dekoration festzustellen.
mehrere
wegen
und die
Zuerst muss bemerkt werden, dass A. Stelle-
riana eine vollkommen harte Staude ist, welche selbst
bei der grössten Kälte nicht leidet. Sie stirbt bis
auf den vielverzweigten liegenden Wurzelstock ab,
und treilt aus diesem eine Menge Stengel, wovon
der grösste Theil unfruchtbar ist, d.h. keine Blüthen
bekommt, für die Verwendung sehr vortheil-
haft ist. Pflanzt man ein bewurzeltes Stück in guten
Boden und lässt nur einen Stengel stehen, dann er-
reicht dieser bis zum Herbst eine Höhe von 3—4
Fuss frostfrei durchwintert, vielleicht
nicht absterben. Daraus erklärt sich der Irrthum
mit dem „Halbstrauch’”. Ohne künstliche Nachhülfe
werden die Stengel selten über 1 Fuss hoch, da sie
sich umlegen. Zu Teppichbeeten werden dieselben
noch niedriger entspitzt, verzweigen sich und bilden
bald eine dichte weisse Blüthenmasse. Die Blätter
sind unregelmässig eingeschnitten, meist halbgefiedert
oder leierförmig. Durch das Weiss schimmert ein
was
und würde,
wenig Grün.
Mit Ausnahme von Centaurea candidissima, wird
Artemisia Stelleriana von keiner zu Teppichbeeten
verwendeten Pflanze übertroffen, oder auch nur er-
reicht. Ich halte sie nächst der genannten Centaurea
für die beste weissblätterige grössere Pflanze. —Schmale
Zeichnungen von regelmässig künstlicher Form kön-
nen damit allerdings nicht gebildet werden. Für den
Teppichgärtner giebt es aber keine nützlichere, weisse,
höhere Teppichpflanze: und was im Vergleich
zu ÜCentaurea eandidissima abgeht, wird durch die
Leichtigkeit der Anzucht und Kultur ersetzt. Sie ist
unter den höheren Pflanzen das, was Cerastium to-
mentosum unter den niedrigen ist. Durch Theilung
und Stecklinge kann man von einer Pflanze in einem
Jahre Hunderte von Exemplaren heranziehen. Grössere
Beete nicht jedes Jahr umgepflanzt, wohl
aber im Frühjahr etwas aufgefüllt, indem die liegen-
den Stengel oft blos werden. Durch das Auffüllen
bewurzeln sich alle Triebe.
ihr
werden
Verlae von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
ochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
; Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
0 Berlin, den 13. April wa Dog anior= JRR)
No. 15.
Preis des Jahrganges 5% 'Ihlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen
Staaten und das Fest seines funfzigjahrigen
Bestehens. — Revue hortieole. 1870—71. — Die neue Blumenhalle in London. (Schluss.)
Der Verein | herzustellen. Bei der Empfänglichkeit des ganzen
deutschen Volkes für etwas Höheres, war ein Jahr
zur Beförderung des Gartenbaues schon genug, um in der Vereinigung gewerbthätiger
in den Königl. Preussischen Staaten Männer mit den Jüngern der Wissenschaft die grossen
und das Fest seines funfzigjährigen Bestehens. Vortheile für die u: = SI aunEn! Minister Frei-
herr v. Altenstein hatte sich hier kaum von den Vor-
Preussen wurde gross durch seine innere Ent- | theilen einer solchen Vereinigung überzeugt, als er.
wickelung. ‘Es hatte aber auch das Glück, zu jeder | ein grosser Verehrer der Pflanzenkulturen, nicht
Zeit Männer von besonderer Begabung zu besitzen,
welehe: sich diese innere Entwickelung vor Allem | daran dachte, den Gartenbau ebenfalls durch Ver-
angelegen sein liessen und bald nach dieser, bald | einigung praktischer Männer mit Theoretikern zu ge-
nach jener Seite hin zu fördern suchten. Das Stre- | meinschaftlichem Wirken dem Volke zugänglieher
weniger, als der botanischen Wissenschaft, auch
ben dieser Männer war, zunächst allen Einrichtungen | zu machen, aus dem vermehrten Anbau vom Obst
im. Staats- und Volksleben sichere, auf unumstöss- | und Gemüse die bereits - vorhandenen Nahrungs-
lichen Naturgesetzen fussende Grundlagen zu geben, | quellen zu erweitern und schliesslich auch dureh
dann erst aber auf diesen weiter zu bauen. In kei- | Verschönerung der nächsten Umgebung mit Pflanzen
nem anderen Staate stand und steht jetzt noch Volks- | auf die zemüthliehe Seite des Menschen einzuwirken.
bildung und Wissenschaft auf so hoher Stufe, als in Zu derselben Zeit, des Anlanges der zwanziger
Preussen, nirgends wurde und wird noch wissen- | Jahre, hielt sich zeitweilig der Freiherr v. Vincke,
schaftlichen Prineipien so sehr gehuldigt, als wiederum
Oberpräsident der Provinz Westphalen, in Berlin auf
in: Preussen. Zu diesen besonders begabten Män- | und verkehrte viel und oft mit dem Minister Frei-
nern »gehörte ‚ein halbes Jahrhundert zurück der | nerın v. Altenstein. Auch Fieiherr v. Vineke
Minister Freiherr v. Altenstein in Berlin. sehörte zu den bereits erwähnten Männern, welche
Im Jahre 1821 wurde der Verein zur Beförde- | sieh, ebenfalls bei grosser Begabung und bei vielen
rang des Gewerbfleisses in den Königl. Preussischen | Kenntnissen, der Volkswohlfahrt gewidmet hatten.
Staaten zu Berlin ins Leben gerufen. Zweck war | Für Alles das, was sein Freund und Gesinnungs-
wiederum, dem Gewerbfleisse rationelle Grundlagen | genosse Freiherr v. Altenstein ihm über seinen
‘zu geben und eine Verbindung der Praxis mit der | Plan hinsichtlich des Gartenbaues mittheilte und zur
Wissenschaft 'durch die ganzen preussischen Lande | Ausführung zu bringen gedachte, war er in hohem
15
114
Grade empfänglieh. Es wurden alsbald speciellere Be-
rathungen gepflogen über die Gründung eines Vereines,
der die Förderung des Gartenbaues in den Königlich
Preussischen Staaten sich zur Aufgabe setzensollte. An
Dr.
und &rosser Gartenfreund,
ein
ANn-
eine Art Statu-
sobald
ihnen nahm auch Granz auf Brusenfelde,
tüchtiger Landwirth
theil.
ten auszuarbeiten,
Dieser letztere übernahm es,
welche man, man noch
eine Reihe tüchtiger Männer zewonnen haben würde,
als Grundlage vorlesen wollte.
Damals existirte bereits schon jenseits des Ka-
nales, im Inselreiche, seit fast zwei Jahizehnten ein
Verein. der ebenfalls sieh zur Aufgabe gesetzt hatte,
den Gartenbau zur Volkssache zu machen, und in
bedeu-
tenden Erfolgen zekrönt worden war: Der Garten-
seiner Thätigkeit über ein ganzes Land mit
bau-Verein in London. Es waren hier eben-
falls, und zwar schon im Anfange dieses Jahr-
hunderts, eine Reihe von Männern, aus den vor-
nehmsten Ständen und aus dem Gelehrtenstande so-
wohl, wie aus der gärtnerischen Praxis, zusammen-
getreten, um Liebe zu Pflanzen und Blumen zu för-
dern, zu gleicher Zeit aber auch den Gärtnerstand
zu heben und ihn damit auch befähigter zu machen,
durch seine Kunst aul den Menschen veredelnd ein-
zuwirken.
in London stand in den
ziger Jahren auf der höchsten Höhe und hatte eine
so bedeutende Thätigkeit an den Tag gelegt und
konnte sich soleher Erfolge rühmen, dass es natür-
lich war, die Männer, welche in Berlin sich
zu gleichen Zwecken vereinigen wollten, sich mit
jenen jenseits des Kanales in Verbindung setzten
und sich Raths erholten. Auch der Verein zur Be-
förderung des Gartenbaues in den Königlich Preussi-
schen Staaten wollte der Vermittler der grösseren
Intelligenz in schon
Residenz der
Dieser Verein Zzwan-
wenn
damals rasch wachsenden
deutschen Kaiser mit den
Provinzen sein, er wollte ferner in allen diesen sich
Kenntniss von dem Zustande des Gartenbaues zu
veıschaffen suchen, das Gute, was in der einen vor-
handen, auch den übrigen zu Theil werden lassen, und
Das sollte,
beständigen Verkehr
die
der
späteren
umgekehrt die Mängel beider beseitigen.
in England,
sich durch das Wort,
veschehen.
Der Plan dieser Vereinigung, welche den
Zweck hatte, den Gartenbau in den Königl. Preussi-
wie dureh
aber auch durch Schrift,
zu
schen Staaten zu fördern, wurde allgemein mit
lreuden begrüsst, so dass man schon alsbald zu
seiner Gründung vorgehen konnte. Der damalige
Minister des Innern, v. Schucekmann, hatte eben-
‚ halben seinen Einfluss zur Geltung brachte.
unter
|
falls ein hohes Interesse für die Sache kund ge-
geben. Am 18. Juni 1822 wurden an Allerhöchster
Stelle die Statuten zur Bestätigung eingereicht und
schon am 4. Juli erfolgte die Kabinetsordre des
Königs Friedrich Wilhelm II., mit Privilegien, wie
sie wohl kaum je einem anderen Vereine be-
willigt worden sind. Der Verein bekam zu seinen Ver-
sammlungen ein Lokal, erhielt das Recht der Be-
nutzung botanischen Gartens, des Herbariums
und der dazu gehörigen Bibliotheken, durfte sich
eines öffentlichen Dienstsiegels bedienen und erlangte
schliesslich Portofreiheit.
Unter solehen Auspicien, zu denen später noch
die Uebernahme des Protektorates von Seiten König
Friedrich Wilhelms Ill. hinzukanı, konnte ein Verein,
dem in jeder Hinsicht bedeutende Krälte zu Ge-
bote standen, nicht allein gedeihen, er musste
auch sogar in der ersten Zeit seines Bestehens schon
nicht unbedeutende Erfolge haben. Gegen 100 Mit-
slieder fanden sich bereits bei seiner ersten Ver-
sammlung, am 1. December 1822, ein; ein Jahr
später war die Zahl der Mitglieder bereits auf 532
gestiegen. Diese ausserordentliche Zunahme hatte
man besonders der ausserordentlichen Thätigkeit des
Freiherrn v. Vincke zu verdanken, der bei seiner
xrossen Bekanntschaft durch ganz Preussen, auch allent-
Nicht
allein Personen aus allen Ständen traten bei und
betrachteten es als eine Ehre, Mitglied eines solchen
Vereines zu sein, selbst königliche Behörden, wie
die sämmtlichen Regierungen der Provinzen, der
Magistrat von Berlin u. s. w. erachteten es ebenfalls
nicht unter ihrer Würde, dem Vereine zur Beförde-
rung des Gartenbaues anzugehören.
Es dürfte um so mehr nicht ohne Interesse sein,
die Männer, welche hauptsächlich um die Gründung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues grosse
Verdienste sich erworben haben. nach Verlauf eines
halben Jahrhunderts etwas näher kennen zu lernen,
als viele von ihnen erst vor Kurzem gestorben sind
und manchem Leser der Wochenschrift noch im
besten Andenken stehen werden. Ausser den be-
reits genannten Männern sind aus der höheren Be-
amtenwelt noch 3 zu nennen, welche auf die rasche
Entwickelung des Vereines grossen Einfluss aus-
geübt haben: die Geheimen Öberfinanzräthe Ludolf
und Ransleben, so wie der Geheime Oberregie-
rungsrath Bethge. Letzterer und ersterer leiteten
den Verein als Vorsitzende manche Jahre.:
Unter, den Gelehrten stehen 2 Männer, lange
Zeit grosse Zierden der Berliner Universität: die
Professoren der Botanik, Link, und der.Chemie,
des
11
Hermbstädt, oben an. Von den praktischen
Gärtnern ist vor Allen der spätere General-Garten-
direktor Lenne&, ein Mann von seltenem Geiste und
noch grösserem Schönheitsgetfühle, zu nennen, ausser-
dem aber auch der damalige Inspektor des botani-
schen Gartens, Otto, so wie die beiden Hofgärtner
Ferd. Fintelmann und Braseh, ferner unter den
Handelsgärtnern nicht weniger als 3Bouche's und
der erst vor wenigen Jahren verstorbene Louis
Mathieu. Dazu kamen, ausser dem schon oben
genannten Dr. Cranz, noch der Gutsbesitzer Werk-
meister, der Justizrath Burchhardt in Lands-
berg a. d. W., der sich durch seine Monographie
der Haselnüsse ein bleibendes Verdienst erworben
hat, auch ausserdem ein bedeutender Obstkenner
war, und endlich der schlichte Berliner Bürger
Kecht, ein Lackirer seines Geschäftes, der aber
die Behandlung des Weinstockes, hauptsächlich um
sute Tafeltrauben zu erziehen, auf eine so rationelle
und auch erfolgreiche Weise betrieb, dass seine
Methode selbst am Rheine Anerkennung fand.
Wie aus dem eben Mitgetheilten ersichtlich ist,
kann man dem Verein zur Beförderung des Garten-
baues in den Königl. Preussischen Staaten keines-
wegs als eine Vereinigung von Zunftgenossen, also
hier von Gärtnern, wo nur deren Interessen
treten werden, betrachten: es nahmen Laien aus
allen Ständen, nicht weniger Gelehrte, Antheil, denn
Pflanzen- und Blumenzucht gehören allen Menschen,
wie jede Kunst. Wie die Kunstvereine demnach
zum Theil aus Laien bestehen, so war es auch bei
dem Vereine zur Beförderung des Gartenbaues der
Fall. Die Zahl der Laien ist sogar bei dem letzteren
von Anfang an überwiegend gewesen und ist es
noch. Unter 92 Männern, welche im Jahre 1823
ihm beitraten, befanden sich sogar nur 12 Gärtner.
Ein gleiches Verhältniss von Zunftgenossen und
Laien findet auch mehr oder weniger bei allen
Gartenbau-Vereinen des In- und Auslandes statt; es
wird auch so lange bleiben müssen, wenn gleiche
Erfolge, wie wir sie bis jetzt erhalten haben, er-
reicht werden sollen. Keineswegs schliesst dieser
Umstand aus, dass auch nur Gärtner zu einem Ver-
eine zusammentreten können, ihre Interessen
besser zu wahren. Da wo viele Fachgenossen zu-
sammenleben, wie in Berlin, kann es sogar ein ge-
Ver-
um
rechtfertigtes Bedürfniss werden. Eine solche In-
teressen-Vertretung mag wohl auch dem kühnen
Erfurter Projekt eines Vereines zur Beförderung des
Gartenbaues in Deutschland, was, ohne auch nur
im Geringsten über die nöthigen geistigen und ma-
teriellen Hülfskräfte verfügen zu können. über Nacht
5)
ins Leben serufen werden sollte, zu Grunde gelegen
haben.
Ein so reges Leben und eine so innige Theil-
nahme der Laien sowohl, wie der Fachgenossen, als
in dem eısten Jahrzehnte der Wirksamkeit des Ver-
eines zur Beförderung des Gartenbaues. wo aller-
dings noch keine Zerstreuung und Theilung der
Kräfte durch andere, namentlich landwirthsehaftliche
Vereine stattfand, herrschte, ist später bei aller An-
Trotz
aber auch
strengung nie wieder erreicht worden. aller
hat
ferner noch segensreich gewirkt und nicht unbedeu-
tende Resultate erreicht, die Nachwelt
anerkennen wird und auch anerkannt hat. Der Ver-
ein wirkt auch ferner noch bei seinen sehr geringen
Mitteln, er wird der Aufgabe ,
nun einem halben Jahrhunderte gestellt, auch weiter
treu bleiben. Doch
der ersten Zeit seines Bestehens zurück.
erschwerenden Umstände der Verein
die gewiss
welche er sieh vor
noch kehren wir nochmals zu
Wer die ersten Bände der Verhandlungen des
Vereines mit Aufmerksamkeit gelesen hat. wird auch
die Rührigkeit und die Aufopferung der Mitglieder,
aber auch die gelungene Durchführung alles dessen,
was man im Interesse des Gartenbaues be-
fand, bewundern. Laien, Gelehrte und Gärtner wett-
eiferten mit
Förderung des Gartenbaues. Jeder wollte
theile in der Kultur der Pflanzen u. s.
er durch wissenschaftliche Forschungen
für gut
damals einander in den Beiträgen zur
Vor-
., welche
die
W
dureh
lange Erfahrung bei seiner Behandlunz derselben er-
halten, auch dem Andern mittheilen.
verschiedenheiten
oder
Wo Meinungs-
durch
bisweilen selbst mehrfach wiederholte Gutachten aus-
seglichen. Wo dunkler Punkt
Gartenbau zu beleuchten war, wurden Aufgaben darü-
entstanden , wurden diese
irgend ein in den
ber zestellt, und denen, welche so slücklich waren,
sie auch nur annähernd zu lösen, bisweilen nicht
geringe Preise als Belohnung überreicht.
Die ersten Thaten.,
Beförderung des Gartenbaues
mit denen der Verein zur
hervortrat, waren die
Gründung einer Gartenbauschule und einer Landes-
von dem Professor
baumschule. Die erstere wurde
‘ Link als eine Nothwendiekeit, wenn der Gartenbau
Fortschritte machen sollte, bezeichnet. Nach ihm
war die geringe Bildung ausübender Gärtner das
hauptsächliehste Hinderniss für die Durchführung der
Vereinszwecke. Nur junge Leute, welche eine ihrer
Kunst entsprechende Bildung haben, können in den
Provinzen wirken und, besonders unter den Gutsbe-
Dann
vermögen sie auch insoweit ihren Einfluss zur Gel-
tung zu bringen, dass mehr Sorgfalt
sitzern, Liebe zu Pflanzen und Blumen fördern.
auf die Ver-
A*
15
116
sehönerung ihrer nächsten Umgebung verwendet
wird, dass ferner hübsche Gärten und Parks angelegt
werden.
Eine Landesbaumschule regte Lenne& Ein
längerer Aufenthalt in Paris hatte ihn mit den gross-
an.
artigen Anlagen des in Frankreich damals und auch
jetzt noch hochgeachteten Pflanzenliebhabers Sou-
da-
dureh auch Gelegenheit geboten, den Einfluss dieser
lange-Bodin bekannt gemacht. Es war ihm
Anlagen auf ganz Frankıeich zu beobachten.
In Deutschland , in
Baumschulen
wo den zwanziger Jahren
von irgend einer Bedeutung noch zu
den Seltenheiten gehörten, war das Bedürfniss um
desto grösser. Wollte man beispielsweise Wege mit
Alleen in nur einigermassen grossartigem Massstabe
anlesen oder bedeutende Pllanzungen in weitläufigen
Anlagen machen oder endlich grosse Obstgärten ein-
richten, so war es damals gar nicht möglich, das
Material oft
vieler Jahre, bevor es nur einigermassen gelang.
nöthige herbeizuschaflen; es bedurfte
Die Liberalität der Regierung bei der Gründung
In
ent-
dieser Anstalten ist nicht genug anzuerkennen.
wie weit diese Anstalten den Anforderungen
sprochen haben, liegt uns hier auseinander zu setzen
einen
die ganze Thätigkeit des
nicht unsere Absicht,
ausführlichen Bericht über
lern. Eben so ist es
Vereines zur Belörderung des Gartenbaues zu geben,
Vorarbeiten
der hätte
seschehen können, auch in diesen Blättern der hier-
Wir
wo das Fest seines 50jährigen Bestehens in
zumal es bei jetzt nicht genügenden
doch nicht in wünschenswerthen Weise
zu nöthige Raum fehlen würde. wollten nur
jetzt,
nicht 3 Monaten geleiert werden soll, indem wir über
der Entstehung des Vereines über
Thätigkeit Mittheilung machten, auf die
dieses Festes aufmerksam machen.
die Gründe und
seine erste
Wichtigkeit
Dieses Fest wird zunächst durch eine grosse
Pflanzen- und Blumen-Ausstellung verherrlieht. Durch
die Bemühungen des Vereins-Vorsitzenden ist bereits
ein ‚sehr günstiges Lokal in dem Garten und in der
zeräumigen Turnhalle des Wilhelms-Gymnasiums in
Dieser elegante Stadt-
oft schon besprochenen
der Bellevuestrasse gewonnen.
alle Häuser die
Vorgärtehen, meist mit den sehönsten Arrangements
von Pflanzen und Blumen geschmückt, besitzen, hat
ausserdem noch manche Vortheile, zu denen beson-
ders die nächste Nähe des Thiergartens gehört. Gute
hestaurationen, wo man ebenfalls im Freien ungestört
theil, wo
zubringen kann, befinden sich ebenfalls in der näch-
sten Nähe des Wilhelms - Gymnasiums. Ausser der
sehr geräumigen, heizbaren. und vortheilhaften Turn-
halle,. stehen noch 11), Morgen Terrain,. was mit
Jelten überspannt werden kann, zur Verfügung.
Die Ausstellung soll zunächst eine deutsche’ sein ;
es schliesst dieses aber keineswegs aus, dass aueh
Nicht-Deutsche sich betheiligen können, im Gegen-
theil wird es von Seiten des Vereines sehr gewünseht.
Es ist bereits gegen ‘das Ende des vorigen Jahres
ein Programm nebst einem Anschreiben ‚ namentlich
an alle deutschen Vereine von irgend einer Bedeu-
tung, versendet worden, wo die erste Kunde von dem
Feste sowohl, der Ausstellung gegeben
wurde. In diesem ersten Programme sind nur - die
Preise aufgenommen, welche der Verein aus seinen
Mitteln zur Verfügung gestellt hat. Sie betragen ins-
wie von
gesammt die runde Summe von 2000 Thalern. Vor
Kurzem ist ein zweites Programm, wiederum mit
einem besonderen Anschreiben, ausgegeben worden.
Darin werden nur die Preise aufgeführt: welehe der
hohe Protektor des Vereines, der Kaiser von Deutseh-
land und König von Preussen, die: Kaiserin-Königin,
die Königin - Wittwe, das hohe kronprinzliche Paar,
die Ministerien der geistlichen, Unterrichts- und Me-
dizinal-, so wie der landwirthschaftlichen- Angelegen-
heiten, und endlieh für Handel und Gewerbe, ferner
der Magistrat von Berlin und eine grosse Reihe yon
Pflanzenliebhabern freundlichst zur Verfügung gestellt
haben. Diese Preise bestehen zum Theil: ebenfalls
aus Geldpreisen, zum Theil aber auch aus goldenen.
silbernen und bronzenen Medaillen, :so wie endlich
aus verschiedenen Kunstgegenständen, so z. B. aus
Büsten unseres ritterlichen Kaisers. :
Zur Aufstellung der eingelieferten Pflanzen "und
Blumen in den Ausstellungsräumen ist zwar jeder
berechtigt, der Beiträge liefert, er muss sich- aber
den allgemeinen Anordnungen unterwerfen. „Den all-
gemeinen Plan wird ein besonderer Ausschuss, be-
stehend aus dem Hofgärtner Brasch und den Kunst»
und Handelsgärtnern Boese und. Jannoch, nicht
allein entwerfen, sondern auch die Ausführung, so
wie die ganze Anordnung übernehmen. Die Anmel-
dungen sind dagegen an den Kunst- und Handels-
särtner Hoffmann zu richten. Anfragen u. S. w.,
die Festausstellung oder auch nur das Fest betref-
fend, nimmt das Bureau der Geschäftsführung (Fran-
zösische Strasse 48) an.
Was das Fest selbst anbelangt, so findet Sonn-
tag, den 23. Juni, ein gemeinschaftliches Mittagsessen
in einem noch später zu bestimmenden Lokale statt,
nachdem vorher die eigentliche Fest-Sitzung im Lo-
kale des Klubs der Landwirthe abgehalten worden
ist. An einem. der darauf folgenden Tage wird
unter Leitung des Vorstandes eine Fahrt nach: Sans-
117
souci und den übrigen kaiserlich-königlichen Schlös-
sern sein. Was ausserdem noch zur Verherrlichung
des Festes geschieht, wird später durch ein beson-
deres Tageblatt veröffentlicht werden.
Revue hortiecole.
870 —I871.
Wir haben früher schon berichtet, dass mit der
Belagerung von Paris auch das Erscheinen der Revue
horticole eingestellt wurde. Das zweite September-
Heft ist das letzte, was im Jahre 1870 erschien. Nach
der Eröffnung der Stadt Paris, und zwar: am 1. April
des. nächsten Jahres, erschien wiederum ein Heft
senannter Zeitschrift. Leider brach aber alsbald der
Aufstand der Kommune aus; damit "wurde ihr Er-
scheinen von Neuem unmöglich gemacht.: Nachdem
endlich die Ruhe in Paris auf die Dauer hergestellt
war, wurde: auch am 1. Juli wiederum ein . erstes
Heft :der. Revue horticole ausgegeben. Von nun an
’%
bis zum:Schlusse des Jahres ist ihr Erscheinen nieht
mehr unterbrochen worden.. Beide Jahrgänge, 1870
und: 1871, sind bei den nicht wieder herzustellenden
Lücken von Seiten der Redaktion zu einem einzigen
etwas stärkeren Bande — denn es sind 7 Hefte. über
der gewöhnlichen Zahl von 24 Heften eines Jahres
ausgegeben — vereinigt worden.
Die Thätigkeit der Redaktion und. sämmtlicher
Mitarbeiter der Revue horticole, nieht weniger: als die
Ausdauer eben bezeichneter Männer, sind im hohen
Grade anzuerkennen.‘ Trotz aller Leiden und Ent-
behrungen, welche über die unglückliche Stadt Paris
verhängt worden waren, hatte das Interesse für Pflan-
zen und Blumen weder bei Gärtnern, noch bei Laien,
sänzlich aufgehört; der Gartenbau-Verein hielt selbst
während der grössten Stürme in der Stadt seine
Sitzungen und schien die allenthalben auftauchenden
Leidenschaften versöhnen zu wollen. Es liegen in
dem Journale des Pariser Gartenbau- Vereines Be-
richte vor, welche uns in dieser Hinsicht wahrhaft
in Erstaunen gesetzt haben. Unter solehen Umstän-
den gärtnerische Gegenstände zu verhandeln, dazu
zehört. eine Liebe zu Pflanzen und Blumen, wie wir
sie wohl allgemeiner verbreitet zu haben wünschten,
aber auch Muth.
Der Reichthum an Abhandlungen und :Bespre-
chungen ist in.diesem Doppel-Jahrgange derselbe ge-
blieben, wie in den früheren; auch Mannigfaltigkeit
aus den verschiedenen Gebieten der Gärtnerei findet
| Leider
man noch vor. Nur etwas, von dem wir wohl ge-
wünscht hätten; dass es bei dieser Gelegenheit an-
ders geworden wäre, ist leider ebenfalls geblieben:
Mangel an genügender Wissenschaltlichkeit , wie er
bei praktischen und theoretischen Gegenständen sehr
oft noch vorkommt. Ein soleher Mangel an Wissen-
schaftlichkeit ist besonders da empfindlich, wo Be-
lehrung und Aufklärung gegeben werden Die
Revue horticole ist, so viel wir auch rühmliche Aus-
nahmen, besonders in der pomologischen Abtheilung,
sestatten, hier gerade das Gegentheil des in London
erscheinenden Gardener’s Chronicle, wo man, abge-
sehen von der im Allgemeinen srösseren Gediegen-
heit der. grösseren Abhandlungen, sich
zur Aufgabe gestellt hat. die Leser ausserdem noch
zu belehren.
In Berichte
Pflanzen, welche in der Revue horticole nicht allein
eine Besprechung, sondern auch eine bildliche Dar-
stellung erhalten haben, beginnen
hölzen des freien Landes um
manche interessante Bemerkungen angeknüpit wer-
den können. Unter den Koniferen, welche bespro-
chen sind, ist zunächst die
Kaempferi(p. 609) zu nennen, ein Bewohner Japans.
soll.
es aueh
unserem über empfehlungswerthe
wir mit den Ge-
so lieber, als dabei
interessanteste Larix
hält-diese Lärche im Nordosten Deutschlands
nicht in der Weise aus, dass wir grosse Exemplare
heranziehen könnten, desto günstiger sind dagegen für
ihr Gedeihen die Rheinländer, Belgien und Holland. Wir
sahen im vorigen Sommer in dem früher Ambroise
Verschaffelt-, jetzt Linden’schen Etablissement in
Gent ein bis gegen 25 Fuss hohes Exemplar von
seltener Schönheit inmitten eines Grasstückes.
Dass die Natur bei der Ausscheidung von For-
men keine Sprünge macht, und dass diese, wo sie
scheinbar vorhanden sind, genauer Kenntniss
ausgeglichen werden, ist unsererseits schon oft aus-
gesprochen worden. Nur selten lassen sich deshalb
die Genera stieng von einander scheiden; sie gehen
meist in einander über. Wird doch selbst schliess-
lich die Unterscheidung von Juniperus in Thuja
(einschl. Biota), wenn man alle existirenden Aıten
umfassen will, nicht leicht. Die Abtheilung Strobus
des Pinus - Geschlechtes hat Zapfen, welche denen
der Rothtannen näher stehen ,
Kiefern.
bei
als denen der ächten
Während alle Lärchen auch bei der Samen-
reife noch festanhängende Zapfenschuppen besitzen,
so sind sie bei Larix Kämpferi, wie bei den Weiss-
tannen, abfallend. Wegen dieser allerdings auffälli-
sen Abweichung aber mit dem Engländer Gordon ein
neues Genus, halten wir
Pseudolarix, zu machen,
‚ trotzdem unsererseits deshalb für nicht sereehtfertigt,
are”
da Larix Kaempferi ausserdem Alles hat, was den
Lärchen eigenthümlieh ist.
Larix Kaempferi hat im vorigen Jahre in den
srossen Baumschulen von Andre Leroy in Angers
seblüht; schon vor einigen Jahren stattlichen
Bäume haben wir früher gesehen. Ein Exemplar,
setragen hat, besitzt eine
und trug in seinem
kleineren Aeste nicht
bis 300 Zapfen. Interessant ist, dass
die sich dagegen, am Ende
kurzer und seitlicher Aestehen gehäuft, nur an den
untersten horizontal abgehenden Aesten, die ohnge-
fähr 5 Fuss vom Boden entfernt sind, befinden.
Cupressus Mac-Nabiana (p. 155) ist eine
der C. macrocarpa (resp. Lambertiana) nahe stehende
die
nun Samen
von 16
Theile
weniger als 2
was bereits
Höhe
oberen
bis 17 Fuss,
am Ende der
männlichen Kätzchen
Cypresse des südlichen Kaliforniens, welche leider
unsere harten Winter nicht aushält, auch in den
Rheinländern nicht gut zedeihen will, dagegen im
herrlichen Klima Anjou’s, aber auch im südlichen
Tyrol, selbst schon in Bozen, eine ansehnliche Grösse
erhalten kann. Diese Cypresse hat, was wenige
Leser der Wochenschrift und selbst Laien und Gärt-
ner, die sie kultiviren, werden, die Eigen-
thümlichkeit, dass sie, besonders wenn man die ab-
wissen
geschnittenen Aeste und Zweige ins Wasser legt
oder die letzteren mit den Fingern zerreibt, einen
intensiven Reinetten-Geruch, der besonders im Zim-
mer angenehm aushaucht. Aber auch
ausserdem hat sie durch ihren gedrängten, aber nicht,
wie bei der gewöhnlichen Cypresse, schlanken, son-
Theile , breiten
sehr ist,
dern, besonders am unteren sehr
Wuchs einen Vorzug vor anderen Arten.
Von Gupressus Lambertiana (p. 191), die
nur eine Abart der C. macrocarpa darstellt und eben-
falls in Kalifornien, aber auch auf dem mexikanischen
Hochlande, wächst, ist jetzt eine interessante Abart
“entstanden, auf die wir Liebhaber aufmerksam machen
wollen. Wenn nämlich die Pflanze nur einigermassen
die Höhe von gegen 5 Fuss erhalten hat, hört die
Spitze des Stammes zu wachsen auf, dagegen ver-
sich die seitlichen Aeste und
schon bald die Mitte.
slänzenden braunen Beerenzapfen weniger eine rund-
grössern überragen
Auch haben die grossen und
liche, als vielmehr eine längliche Gestalt.
Unter dem Namen Tsuga Roezlii hat Car-
riere (p. 217) eine Schierlingstanne beschrieben,
welche Roezl in Kalifornien entdeekt hat und sich
durch abweichende Blattformen und Blattstellungen
so wesentlich von den übrigen Aıten der Tannen
unterscheidet, dass man weit eher eine Pinus Bank-
siana vor sich zu haben glaubt; der Zapfen lässt
hingegen gar keinen Zweifel, dass die Pflanze wirk-
lich eine Schierlingstanne darstellt. Die zahlreichen
Aeste hängen über und sind dieht mit nicht ent-
wickelten Zweigen besetzt, so dass es scheint, als
kämen zahlreiche Blätter, wie bei Pinus Banksiana
oder bei einer Deodara, aus einer S heide heıvor.
Wir hätten also hier einen Uebergang von den Tan-
nen zu den Lärchen und ächten Kiefern. Hoffentlich
wird die Kultur dieser eigenthümlichen Form einer
Sehierlingstanne später mehr Aulschluss geben.
Zu den schönsten Blüthensträuchern, die wir der
unermüdlichen Thätigkeit des vor einigen Jahren ver-
storbenen Siebold verdanken, gehören ohne Zwei-
fel die kleinfrüchtigen Apfelgehölze, welche unte:
den verschiedenen Namen von PirusKaido, Ringo,
Toringo und Floribunda eingeführt wurden. Wir
haben zwar in der Wochenschrift schon mehrmals
auf sie aufmerksam gemacht, aber doch vermisst
man sie fortwährend in Luxusgärten, wo sie vielfache
Anwendung finden könnten. In Frankreich scheinen
diese schönen Apfelgehölze ebenfalls wenig gewür-
digt zu werden, denn in der Revue horticole kommt
man ebenfalls auf sie zurück und empfiehlt vor Al-
lem Pirus oder Malus Floribunda und To-
ringo (p. 451), von Carriere fälschlich Torringo ge-
schrieben; P. Toringo ist mehr Strauch als Baum,
und zeichnet sieh vor ähnlichen. verwandten: Arten,
besonders der P. baccata, dadurch aus, dass zweierlei
Blätter vorhanden sind, so dass, wenn man die
Zweige mit verschiedenen Blättern getrennt vor sich
hat, man glauben muss, man hätte auch zweierlei
Arten vor sich. Während die fruchtbaren Jahresäste
mit elliptischen Blättern besetzt sind, erscheinen
diese bei den sogenannten Wasserreisern und an un-
fruchtbaren Zweigen 3lappig. P. Toringo ist nicht
allein schön, wenn die langen Aeste dicht mit Blü-
thendolden besetzt sind, sondern die erbsengrossen
Aepfel von gelbrother Farbe und ohne vom Kelch
sekrönt zu sein, haben im Spätsommer und im
Herbste ausserdem noch einen besonderen Reiz.
Pirus oder Malus floribunda (p. 591) äh-
nelt zwar. der P. Toringo, wird aber weit grösser,
und stellt umgekehrt mehr einen kleinen Baum, als
einen Strauch, dar. Er ist eine Form der P. specta-
bilis, vielleicht auch ein Blendling dieser mit P. To-
ringo oder auch mit P. baccata. Während der Blüthe-
zeit besitzt er wohl die grösste Aehnlichkeit mit der
Hauptform, blüht aber noch reichlicher. Zahlreiche,
ziemlich langgestielte Blüthen von anfangs dunkel
fleischrother, später allmählig heller, zuletzt fast ganz
weiss werdender Farbe, kommen aus seitlichen Knos-
pen hervor und sind an der Basis von einigen we-
N
nigen srünen Blättern umgeben. Wenn der ganze
Baum auf diese Weise fast ganz mit Blüthen bedeckt
ist, stellt er in der That einen Schmuck dar,
wenige Pflanzen ihn hervorzubringen vermögen.
Wir haben schon mehrmals der Eigenthümlich-
keit gedacht, wo eine Birn aus der andern hervor-
kommt oder wo mehrere Birnen aus einem fleischi-
wie
gen schalenförmigen Organ herauswachsen. Ein sehr |
instructives Exemplar dieser Art theilte uns im vo-
rigen Jahre Geheime Ratlı Heyder mit. Diese Er-
scheinung des Hervorwachsens einer Birn aus der
anderen erklärt sich, wie wir schon einige Mal in
der Wochenschrift berichtet haben, einfach dadurch,
dass das, was wir als Apfel und Birn geniessen,
keineswegs Frucht ist, sondern einen oben ausge-
höhlten Theil des Fruchtstieles. eben so wie bei der
Feige, darstellt. Während bei der Feige in dieser
Höhlung sich aber die Blüthen entwickeln, sind bei
dem Apfel oder bei der Birn nur die Früchte darin
eingesenkt und bilden so den sogenannten Kröbs.
Garriere hat in diesem Doppeljahrgange der
Revue horticole 2 Birnen abgebildet (p. 95 und 238),
wo die Stengelnatur des eigentlichen Fleisches der |
Aepfel und Birnen noch dadurch deutlicher nachge-
wiesen wird, weil aus der Schale ganze Blattzweige
und einzelne Blätter sich entwickelt haben. Derglei-
chen Früchte müssen ein ganz besonderes Aussehen
haben. Ueber die eine abgebildete Birn, welche er
aus Spanien erhalten, berichtet er nach ihm gemach-
ten Mittheilungen, dass der Baum, welcher diese ab-
normen Früchte hervorgebracht habe, in der Regel
alle Jahre damit besetzt sei. Man behauptet sogar,
dass diese Abnormität, wozu diese Birn gehöre, der
Sorte eigenthümlich sei.
Dieser Abnormität schliesst sich eine andere an,
welche einige Kirschen besitzen (pag. 112).
Kirschen sind, wie alles Steinobst, ächte Früchte,
deren Schale hier durch Umbildung blattartiger Organe
entstanden ist. Wer nur einigermassen mit mikro-
skopischen Untersuchungen vertraut ist, kann sich
hier sehr bald überzeugen. Die Kirschen aber,
welche in der Revue hortieole abgebildet sind, ha-
Die |
ben auf ihrem Scheitel die Ueberbleibsel eines Kel- |
ches, wie bei den Aepfeln und Birnen, sind dem-
nach in wissenschaftlicher Bedeutung keine Kirschen
mehr geblieben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass
diese Kirschen eine andere Entstehung haben müs-
sen, als die gewöhnlichen, und, ähnlich den Aepfeln
und Birnen, aus einem sogenannten unteren Frucht-
knoten hervorgegangen sind. Es ist zu bedauern,
dass keiner der Pariser Botaniker sich dieser inter-
essanten Erscheinung bemächtist hat, um wissen-
schaftliche Aulschlüsse zu geben. Leider scheint
Carriere, dessen Verdienste in gärtnerischer Hin-
sicht wir vollkommen anerkennen, doch nicht die
wissenschaftliche Ausbildung zu haben, welehe zu
solchen Untersuchungen durchaus nothwendig ist.
denn sonst hätte er nieht versäumt, auch den Blü-
then einige Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Diese Abnormität, eine Steinfrücht
Karpellarblättern hervorgegangen ist,
dieselbe Enstehung hat, wie Kernobst, wurde schon
im Jahre 1820 an einer Pfirsiche beobachtet und in
den Verhandlungen der Londoner Gartenbaugesell-
nicht
sondern
dass
aus
schaft (im 4. Bande, S. 512) beschrieben. Ein
gewisser Braddick hatte nämlich einen Pfirsich-
baum aus China erhalten, wo die sehr gut schmecken-
den Früchte eine von oben stark zusammengedrückte
Gestalt
Spitze etwas
besassen, ausserdem war die eigentliche
zeigte blattähnliche
Organe, ähnlich einem, wie bei dem Kernobste auf-
sitzenden Kelche. So interessant in
licher Hinsicht diese Beobachtung war, so verfiel
doch alsbald der Vergessenheit. Die
chinesische Pfirsiche (flat peach of China)
scheint abgestorben zu sein, ohne dass man Sorge
eingesenkt und
wissenschaft-
sie leider
flache
getragen hätte, ihre Vermehrung ins Auge zu fassen.
Um so erfreulicher ist es, dass dieselbe chine-
sische flache Pfirsiche. vor 52 in
England eingeführt wurde, neuerdings
nach Europa gekommen ist und
des plantes in Paris sich befindet.
in. der Revue hortieole (p. 111)
schreibung,
welche Jahren
von Neuem
bereits im Jardin
Garriere hat
von ihr eine Be-
dureh eine illustrirte Abbildung erläu-
tert, gegeben.
Diese flache Pfirsiche aus China wurde bereits
im Jahre 1857 durch den schon mehrmals genann-
ten Jesuiten-Prediger David in Peking (wenn
nicht irren) den botanischen Garten nach Paris
gesendet und existirt noch daselbst,
jetzt Früchte getragen zu haben, weil die sehr früh-
zeitig zum Blüthen regel-
mässig erfroren. Dagegen wurde ein Pfropfreis vor
mehreren Jahren schon an einen Liebhaber bei Lyon
mit Namen Luizet abgegeben ist auf seiner
Unterlage bereits so weit gediehen, dass es im vori-
wir
an
ohne aber bis
Vorschein kommenden
und
sen Jahre nicht allein geblüht, sondern auch Früchte
getragen hat. Ein Zweig mit Früchten wurde der
Redaktion der Revue horticole eingesendet und ist
zur oben erwähnten Abbildung benutzt worden.
(Schluss folgt.)
120
Die neue Blumenhalle in London.
(Schluss.) k
Für Fremde ist eine frühe Morgenstunde zur
Besichtigung am geeignetsten; am besten schon die
von 5 Uhr, denn da findet das interessante Drängen
und Treiben derer statt, welche die Produkte nicht
allein aus den entferntesten Stadttheilen Londons. wo
Blumen- und Gemüsezucht zetrieben wird, zum Ver-
nahe
Kisenbahn bringt in zahlreicher Menge beladene Wa-
sen mit Pflanzenprodukten aller Art, hauptsächlich
aus Kornwallis, aus Kent und
Inseln des Kanales.
kaufe darbieten wollen, sondern die liegende
von den englischen
So gross aber die Massen auch
sein mögen, welche von dort täglich kommen, so
reichen sie doch für die 3 Millionen Menschen, welche
die Riesenstadt bewohnen. noch nieht aus: Nord-
I'rankreich, besonders die Normandie , ausserdem
Holland, aber selbst noch entferntere Länder. wie
Spanien und Nordafrika, liefern hauptsächlich eben-
falls Gemüse zur Ernährung der Menschen. welche
l,ondon bewohnen.
Wenn schon jeder Wochentag überhaupt im
Allgemeinen Gelegenheit bietet, die geschäftige Thä-
tigkeit des Menschen auch nach dieser Seite hin zu
-bewundern, so sind es doch hauptsächlich die Tage
Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, wo die gröss-
ten Massen von Pflanzenprodukten herbeigeschafft
werden. Das Bringen und zum Theil alsbald Weiter-
karren der Waaren dauert in dieser Weise der höch-
sten Thätigkeit in der Regel bis 9 Uhr des Morgens.
Mit dieser Stunde wird es aber allmählig ruhiger: die
mit den Vulkans - Ge-
sieht höchstens noch
»rossen Wagen verschwinden
stalten. welche sie leiten: man
sehr kleine Handwagen, welche nur die auserwähl-
ten Kinder Flora’s herbeibringen
Töchtern Gärtner geleitet werden.
Schmutz, welcher bei der Ankunft der ersten grossen
und von Söhnen
und der
Massen unvermeidlich mitgebracht wurde, wird weg-
seschafltt und verschwindet, um von nun an bis zum
Abend einer grösseren Sauberkeit Platz zu machen.
Auch die Menschen, welche von nun an herum wan-
deln, haben andere Physiognomien, aufdere Kleider, '
Die eigentliehen Arbeiter und Tagelöhner haben sich
zurückgezogen; und nicht allein reinlieh, sondern so-
sar elegant zekleidete Verkäuferinnen, mehr, als Ver-
käufer, sind an ihre Stelle getreten und kommen
hauptsächlich Denen, welche Blumen oder Bouquets
kaufen wollen, freundlich entgegen. An die Stelle
des Durcheinanderschreiens und Rufens sind ruhige
Gespräche zwischen Käufer und Verkäufer getreten.
‚ heranzuziehen.
Aller
Wenn auch nach der Blumenhalle des Covent-
garden nur die sogenannten Marktblumen gebracht
werden, unter denen vor Allem Reseda, Lobelien.,
Verbenen, Galceolarien, Fuchsien, Pelargonien, Rosen
u. Ss. w. sich befinden, so trifft man doch auch bis-
weilen manche andere Blumen noch, welche der Zu-
fall hergeführt hat und auch das Interesse des Ken-
ners in Anspruch nehmen. Die Schönheit und gute
Kultur der hierher gebrachten Exemplare, wenn sie
auch nur Marktpflanzen sind, verdient Anerkennung.
Dergleichen schlecht gezogene Pflanzen, wie sie auf
die Märkte des Festlandes, bisweilen auch bei uns
in Berlin, aber noch mehr in Paris, gebracht werden,
sieht man nieht in London. Jede Resedapflanze des
Londoner Marktes erscheint in der Blumenhalle stets
als buschige Pflanze oder als Bäumehen, und würde
selbst auf jeder unserer deutschen Ausstellungen
Beifall finden.
Ganz im Widerspruch mit den sauber aussehen-
den Blumen stehen die meisten Gärtnereien, wo diese
Blumen und Pflanzen herangezogen werden. Man sollte
kaum glauben, dass von solehen Orten etwas Gutes
hervorgehen könne! Elende Baracken, welche nir-
zends fest geschlossen sind, oder umgekehrt, wo gar
keine Luftbewegung möglich ist, heissen Gewächs-
häuser, die Erde gemachte Löcher nennt man
Treibbeete. Wir haben, wenn auch in geringerem
Grade, dergleichen Zustände aber in Paris ebenfalls
gesehen, selbst in Berlin möchten sie sich hier und
da vorfinden. Es gehört eine grosse Kunst dazu,
solche vorzügliche Marktpflanzen an solehen Orten
Man darf sich aber nicht wundern,
wenn in London nicht selten unter diesen Umstän-
den es sich ereignet, dass urplötzlich eine solche
Gärtnerei von ‘durch Pilze bedingten Krankheiten
heimgesucht und in der kürzesten Zeit alles, was bis
dahin mit dem grössten Fleisse und mit äusserster
Sorgfalt herangezogen worden war, vernichtet wird.
Diese Unglücksfälle kommen besonders da-vor, wo
man ‘sieh der Lohe zur Erwärmung bedient. Ehe
man es ‘sich versieht, ist der gelbe schäumende Pilz
(Aethalium vaporarium deshalb genannt) vorhanden
und Alles geht zu Grunde. i
Diese Beobachtung, dass auch unter scheinbar
sehr ungünstigen Verhältnissen vorzügliche Kulturen
in
‚ hervorgehen können, sehen wir auch anderwärts.
Die ausgezeichneten Rosen bei der ersten inter-
nationalen Ausstellung in Mainz waren zum Theil in
armseligen Baracken: herangezogen worden.
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1 IH : '
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse IM. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschr ıft
Vereines zur Beförderung des Ferne in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfilanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 16. I Berlin, den 20. April PR 1879.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., Be bei Ben dureh den Buchhandel, als auch franceo durch alle Post- Anstalten
e des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 28. April, Vormittags a Uhr, Aindet- im „Klub der Landwirike), ann ‚Strasse: No. 48, eine
Wersezamlung des Vereines statt, wozu die geehrten Betaheden Suse tn
Inhalt: en ende ‚ Fracht- Erleie Den zur Pi: inzen- len in Berlin am 21. Juni er. betr. — Ueber den
Tod von Bäumen in Folge verspäteter Nachwirkung des Frostes. — Revue hortieole. 1870—71. (Schluss.)
Verfügung
des Königl. Ministeriums für Handel und Gewerbe,
sem der Sracht bei der am 21. Juni beginnenden Pilanzen-Ausftellung in Berlin betr.
Dem.Vorstande erwidere ich auf die Eingabe vom 13. d. M., dass ich geneigt bin,
zu Gunsten der ım Juni er. hierselbst zu veı akihänden Ausstellung von Pflanzen und
Blumen etc. dahin Anordnung zu treffen, dass die Ausstellungsgegenstände auf den Staats-
und unter Staatsverwaltung stehenden Eise nbahnen zum Normalfrachtsatze mit den Per-
sonenzügen befördert und, soweit dieselben unverkauft bleiben, demnächst auf Grund eines
bezüglichen Attestes des Ausstellungs-Oomites frachtfrei an den ursprünglichen Absendeort
zurücktransportirt werden. Auch will ich den Privat-Eisenbahn-V erwaltungen die Gewäh-
rung einer gleichen Vergünstigung empfehlen.
Die Benutzung der Conteh und Schnellzüge für die qu. Transporte zu gestatten,
ist dagegen nicht angängig.
Vor Erlass entsprechender Verfügung erwarte ich übrigens noch die Bezeichnung der
Adresse, an welche die den Ausstellungsgegenständen beizugebenden Frachtbriefe gerichtet
sein sollen, sowie die genauere Angabe des für die Ausstellung ın Aussicht genommenen
Zeitraums. Berlin, den 30. März 1872.
Der Minister für Handel, «ewerbe und öffentliche Arbeiten.
Im Auftrage: Weishau pt.
An \
den Vorstand des Vereins zur Beförderung des
(sartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten hier.
. Die Adresse der Frachtgegenstände, welche für die am 21. Juni beginnende Pflanzen - Ausstellung
bestimmt sind, ist:
An den Ausfchuß für die Pllanzen-Ausftellung
des Vereins zur Beförderung des HYartenbaues in Berlin, Hellevueflr.
Die Zeit, in der die Eisenbahn-Erleichterungen stattfinden, ist auf die Zeit vom 10. Juni bis zum
10. Juli bestimmt worden.
16
122
leber den Tod von Bäumen
in Folge verspäteter Nachwirkung des Frostes.
Von Prof. Dr. H. R. Goeppert,
Direktor des botanischen Gartens in Breslau.
In der 531. Versammlung des Vereines zur Be-
lörderung des Gartenbaues am 28. August d. v. J.
theilte Dr. Bolle mehre Beobachtungen von unge-
wöhnlich verspäteter Nachwirkung des Frostes
auf Acer obtusifohum und A. jJaponieum polymorphum
init, worüber ieh mir einige Bemerkungen erlaube,
da mir Aehnliches gleichfalls vorgekommen ist.
Bei unseren Obstbäumen zeigt sich als sicher-
stes Kennzeichen der Beschädigung durch Frost zu-
erst die Bräunung des Markeylinders, worauf die der
Markstrahlen und die der Rinde folgt,
man am augenscheinlichsten bei theilweise getödteten
inneren wie
langen Zweigen aus Längsscehnitten ersehen kann.
In Folge stärkerer Einwirkung fallen diese ver-
schiedenen Momente zusammen, so dass man sie in
der angegebenen Reihenfolge nicht mehr zu unter-
Bei Koniferen
diese Bräunung auf die Rmde, fehlt endlich wohl
bei dem durch Kälte getödteten
Das für die Stämme sehr nachtheilige
scheiden vermag. beschränkt sich
auch ganz, wie
Buchsbaume.
Aufspringen der Rinde erfolgt manchmal bis zu einer
Länge von 2 Fuss, wodurch, wie begreiflich, der
Stamm entblösst und die Kambialbildung
sehr an
diesen und den benachbarten Stellen in Folge schneller
Austrocknung ganz verhindert wird, wodurch Jüngere
Bäume endlich eingehen. Bei älteren, namentlich
Kirschen, Pflaumen, überhaupt Amygdaleen, gewäh-
ren diese unregelmässig aufgesprungenen, durch den
ausgetretenen schleimig-gummigen Saft in verschie-
denen Richtungen befestigten Rindenbruchstücke einen
zanz eigenthümlichen, ich möchte sagen, widrigen
Anblick, der diesen Bildungen den dennoch jeden-
falls höchst unpassenden Namen Baumkrebs ver-
schafft hat, der somit in Wahrheit als selbstständige
Krankheitsform gar nicht existirt. Uebrigens wirkt
diese durch Aufspringen der Rinde erfolgte Ent-
blössung zunächst viel nachtheiliger, als die tiefer
sehenden, sich bis in die Holzlagen hinein erstrecken-
den, auch durch Kälte erfolgenden Spalten, die so-
senannten Frostrisse, auf die ich hier nicht weiter
einzugehen beabsichtige.
Von der unter dem Schutze der Erde
Schnees befindlichen Wurzel
rungen wohl nur sehr selten Sie beginnen erst
über der Wurzel oder dem über dem Schnee
befindlichen Theile des Stammes und zeigen sich in
der Achse die Knospen
und des
sehen diese Verände-
aus.
über
der ganzen Länge bis in
| hinein, von deren Erhaltung nun die weitere Ent-
wiekelung abhängt. Eine gewisse Zahl derselben ist
durchaus nöthig, um nach ihrem Auswachsen in
Zweige und Blätter der für ‘das Wachsthum des
Stammes erforderlichen Kambialbereitung vorzustehen.
Zuweilen treiben nun solche beschädigte Stämme
noch aus; man sieht an versehiedenen Theilen des-
selben Zweige und Blätter, und giebt sich den besten
Hoffnungen hin; doch auf einmal, oft erst im August,
vertrocknen die Blätter und der Baum geht zu Grunde.
| Bei genauer Untersuchung des Inneren, wozu sich
| mir leider em ganz grossartiges Material im vorigen
Sommer darbot, sieht man, dass die bereits im Früh-
Jahre vorhandene theilweise Bräunung der Rinde sich
nur weiter ausgebreitet hat und überhaupt nur ein
sehr geringer Theil der Knospen unbeschädigt. ge-
blieben ist.
Ein im August 1871 auf genannte Weise plötz-
lich absterbender Birn-Spälierbaum hatte z. B. von
den vorhandenen 66 Knospen nur 8 ausgetrieben,
die-also allein nieht im Stande waren, das erforder-
liche Kambium zu bereiten. In glücklicheren Fällen
bedarf es dennoch oft mehrer Jahre, ehe der einst
erlittene Nachtheil überwunden - wird. Unter allen
Umständen ist sicher ein Theil des Stammes gleich
anfangs völlig getödtet worden.
Der allgemeine Tod erfolgt erst später, so zu
sagen, sekundär, nachdem die Hülfsmittel erschöpft
waren, welche die Natur anfänglich zur Besiegung
der Nachtheile, aber vergebens, aulgeboten hatte.
Krautartige Gewächse, wie die von mir zu dieser
Beweisführung einst in Versuch genommenen, dem
Frost überhaupt erliegenden Orchideen (Calanthe und
Phajus-Arten; Botan. Zeit. 1871) sterben sicher schon
während des Gefrierens, wie sich aus der hierbei
hervortretenden blauen, durch Indigobildung verur-
sachten Färbung ergiebt, die bekanntlich nicht in der
lebenden, sondern nur in der todten Pflanze statt-
findet.
Indem ich Dr. Bolle ersuche, meine Beobachtun-
gen gewissermassen als einen Kommentar zu den
seinigen zu betrachten, sehe ich mich aber noch
veranlasst, auf eine an derselben Stelle S. 301 ent-
haltene Bemerkung des Dr. Filly zurückzukommen:
Der Dr. Filly meint), dass der Schluss, den ich
aus der oben erwähnten Erscheinung bei genannten
Orchideen ziehe, nicht recht richtig sei, da durch
das Frieren in Folge der eingeschlossenen Feuchtig-
keit die Zellen gesprengt würden und damit bei den
Orchideen der bis dahin eingeschlossene weisse
Grundstoff des Indigo durch plötzlichen Zutritt der
Luft sich blau färben müsse. Dass durch das Spren-
sen einzelner Zellen einer Pflanze immer auch der |
Tod derselben herbeigeführt werde, widerspräche der
Erfahrung. Letztere ist insofern ganz richtig, als die
Zellen durch den Frost überhaupt nicht zersprengt
werden, wie ich bereits vor 42 Jahren nachgewiesen
habe, was von allen späteren Beobachtern bestätigt
und besonders in der neueren Zeit von Nägeli und
Julius Sachs noch dureh. interessante Versuche
weiter festgestellt worden ist. Unter diesen Umstän-
den kann ich mich natürlich auch nicht bewogen
fühlen, meine in Rede stehenden Schlussfolgen als
unrichtig zu betrachten.
Schliesslich nun noch die Bemerkung, dass unser
botanischer Garten gegenwärtig in seinem ganzen
Umfange in den Bereich der zur Erläuterung
der Baumvegetation bestimmten physiolo-
sisch-morphologischen Partie gezogen worden
ist, insofern sie nieht mehr nur aus todten, im Freien
aufgestellten Exemplaren besteht, sondern man auch
an lebenden Bäumen, zum Theil in Folge allmählig
herangereifter, vor Jahren angestellter Versuche von
ihren normalen und anomalen Verhältnissen geleitet,
durch genaue Bezeichnungen Einsicht nehmen kann,
wie von Beschaffenheit der Rinden- und Stammfrost-
risse, von Verwachsungen, Knollen- und Maserbil-
dungen, Rinden- und Holzwachsthum auf ent-
rindeten Stämmen, Wirkungen der sogenannten Ver-
edlungen auf Mutterstämmen, Pfropflingen u. s. w.
Revue horticole.
1870—1871.
(Schluss.)
Da wir eben eine Reihe von Abnormitäten bei
unseren Obstbäumen besprochen haben, wollen wir
auch des Interesses halber für diese Kulturpflanzen
noch einige andere Abweichungen von der Regel,
welche Carriere fleissig für diesen Doppelt - Jahr-
gang der Revue horticole gesammelt hat, erwähnen.
Interessant ist zunächst der Sämling einer Pfirsich-
Mandel, welcher, herangewachsen, so eigenthümliche
Blüthen hervorbrachte, dass Carriere wohl berech-
tigt war, diese Form als Amygdalus monstrosa
zu beschreiben. Die Blüthen haben bei diesem
Sämlinge so kleine Blumenblätter, dass sie von den
Kelehabschnitten an Länge übertroffen werden.
Staubgefässe sind gar nieht vorhanden, dafür haben
sich aber in der Mitte der Blüthe zahlreiche Stempel
gebildet, welche sich sämmtlich zu allerdings mehr
oder minder unvollkommenen Früchten entwickelt
haben. Dergleichen Fälle bei dem Steinobst, wo
mehre Stempel in einer Blüthe vorhanden sind, bil-
den keineswegs eine Seltenheit und sind früher schon
von uns besprochen worden. Sie kommen beson-
ders bei Arten mit halbgefüllten Blüthen, so bei der
sefüllten Süsskirsche, bei dem gefüllten Schwarzdorn
U. S. w. Bei dem sind
Abnormitäten der Blüthe
handen, dass sie die grössere Anzahl bilden. Bekannt-
lich kommen sie auch bei dem jetzt allgemein ver-
breiteten Blüthenstrauch Prunus triloba, der übrigens
nach Carriere Mandeln ähnliche Früchte haben
soll, vor.
Eine andere interessante Abnormität einer Pru-
nus-Art hat Carriere unter dem Namen Prunus
tenerrima beschrieben. Sie gehört wahrscheinlich
zu einer der vielen Abarten und Formen, welche
wir von der Haferpflaume (Prunus insititia) besitzen.
Vor. letzteren dergleichen
bisweilen so häufig vor-
Bei dieser P. tenerrima hat nämlich die Pflaume
keinen Stein und der Kern liegt in einer in der
Mitte befindlichen Höhlung. Nach wissenschaftlichen
Definitionen wäre demnach hier aus einer Steinfrucht
eine Beere geworden. Wahrscheinlich in Bezug auf
die dünne Haut, welche den Kern einschliesst, hat
diese durch die Frucht abnorme Prunus-Art den
Namen Prunus+tenerrima erhalten.
Unter dem Namen Prunus insignis hat end-
lich Carriere einen Sämling der Prunus spinosa
beschrieben, der bereits schmackhaftere Früchte be-
sitzt, als der gewöhnliche wilde Schwarzdorn. Auch
in der äusseren Erscheinung weicht dieser Sämling
von der Mutterpflanze ab und nähert sich mehr dem
der Pr. insititia. Carriere schliesst daraus, dass
unser Schwarzdorn allein die Mutterpflanze unserer
sämmtlichen Pflaumen-Sorten ist. Dass manche von
ihm stammen mögen, unterliegt wohl keinem Zwei-
fel. Ueber die Thatsache selbst und über das Her-
vorgehen dieses von der Mutterpflanze abweichenden
Sämlings lässt sich jetzt nichts weiter sagen, da jede
wissenschaftliche Untersuchung des Faktums fehlt.
Noch häufiger bilden sich andere Abnormitäten
bei den gefüllten Pfirsichen in sofern, als an der-
selben Pflanze in den Blüthen verschiedene Farben
vorhanden sind. Ein sehr interessanter Fall der Aıt
ist im vorigen Jahre in der dendrologischen Ab-
theilung des Jardin des plantes in sofern vorge-
kommen, als bei einer Persica versieolor, die
sprünglich weisse und rothgestreifte Blüthen besitzt,
ein Ast plötzlich nur weisse, ein anderer nur rothe
Blüthen hatte. Dieser abnorme Fall war um so auf-
fallender, als beide Aeste mit verschieden gefärbten
Blüthen an einer und derselben Stelle eines gemein-
16*
Ur=
124
schaftlichen älteren Astes ihren Ursprung besassen.
Dass bei gestreilten Blumen, und zwar nicht allein
bei Pfirsichen, auch bei anderen Pflanzen, wie bei
Rosen. Azaleen u. s. w., bisweilen einzelne Blüthen
ganz weiss, andere ganz roth sind, ist übrigens keine
seltene Erscheinung. Die berühmte York-Laneaster-
Rose beruht selbst auf dieser Eigenthümlichkeit und
besitzt in der Hervorbringung und
Blumen zugleich eine gewisse Konstanz.
weisser rother
Etwas Aehnliches beobachtete man seit einigen
Jahren, und zwar ebenfalls im Jardin des plantes zu
Paris, mit 2 anderen gefüllten Pfirsich-Sorten, welche
vor nicht sehr langer Zeit unter dem Namen Persieca
dianthiflora und rosaeflora durch den
kannten Reisenden Fortune direkt aus China ein-
zefühıt worden sind. Bei Exemplare
haben die Blüthen eine helle Fleischfarbe, während
bei der anderen dunkelroth gefärbt sind. Es
kam olt vor, dass bei der Pfirsiche wit helleren
Blüthen auch einige dunkelrothe und umgekehrt bei
dieser auch jene vorkamen. Im Jahre 1871 hatten
aber die Blüthen beider Pfirsichgehölze, die neben
einander stehen, eine und dieselbe Farbe.
Von diesen Abnormitäten kommen wir zu be-
stimmten Arten, und zwar aus derselben Familie der
Steinobstgehölze, welche Empfehlung verdienen.
Prunus prostrata Lab. (p. 371) haben wir in
südlichen Ländern des Orientes vielfach gesehen und
zwar in solcher Menge, besonders an Bergen, dass
bisweilen weite Strecken bedeckt wurden. Die lang-
gezogenen, auf dem Boden autfliegenden Aeste sind
im Frühjahre bisweilen ganz und gar mit Blüthen
bedeckt, so dass man die kleinen, allerdings um
diese Zeit noch wenig entwickelten Blätter fast gar
nieht sieht. Leider hält Pr. prostrata im Norden
Deutschlands nicht aus, wohl aber könnte man da-
für bei uns in Norddeutschland eine sehr ähnliche
zweite Pflanze, die ebenfalls auf dem Boden sich
ausbreitet und im Frühjahre mit rothen Blüthen
dieht besetzt ist, anwenden, da sie sicher unser
rauhes Klima verträgt. Es ist dieses die Pallassche
Amygdalus incana, welche aber jetzt Pru-
nus incana heissen muss und gewöhnlich auch
von Botanikern mit Prunus prostrata verwechselt
wird. Sie wächst in Transkaukasien und Sibirien
und befand sich früher häufiger in den Gärten.
Wir machen darauf aufmerksam, dass wir in den
Gärten noch eine dritte Prunus prostrata besitzen,
welehe weit mehr auf dem Boden sich ausbreitet,
als die beiden eben genannten Arten, aber weisse
Blüthen' besitzt. Wenn im ersten Frühjahre noch
vor dem Erscheinen der Blätter dieser kriechende
be-
dem einen
sie
Strauch dieht mit weissen Blüthen besetzt ist, hat
es in der That bisweilen das Ansehen, als wäre die ganze
Fläche mit Schnee bedeckt. Diese weissblühende
Prunus prostrata der Gärten wächst in Nordamerika
und ist schon von Linne als Prunus pumila (nicht
zu verwechseln mit Amygdalus pumila) beschrieben
worden. Sonst führt sie noch die Namen Prunus
Susquehanae Willd. und depressa Pursh. Die
weissblühende Prunus-Art mit einer der beiden roth-
blühenden Arten zusammengepflanzt, würde einen so
natürlichen Teppich geben, wie er nicht besser durch
die Kunst hergestellt werden könnte.
Den Obstgehölzen schliesst sich die chinesische
Götterpflaume (Diospyros Kaki Thunb.) an, welche
Carriere wiederum unter emem neuen Namen, und
zwar als D. costata (p. 410 mit einer sehr hübschen
Abbildung) veröffentlicht hat. Leider hält dieses
Obstzehölz bei uns nicht aus, während es an vielen,
auch. nördlich gelegenen Orten Frankreichs, eben so
in Südtyrol, sehr zut gedeiht, aber hinsiebtlich der
Früchte nicht besonders geachtet wird. Wir haben
keine also kein Urtheil
darüber abzugeben, kennen aber die aus dem Mor-
noch genossen, vermögen
zenlande (Diospyros Lotus L.), welche frisch das
Ansehen einer Reneklode besitzt. Als solche wird
sie aber nicht gegessen, sondern sie muss erst, ähn-
lich der Mispel, durch Liegen teig werden. Dann
hat sie eine grauschwarze Farbe und kommt unter
dem Namen der schwarzen Dattel (Karachurma) auf
die Märkte. Die chinesische Götterpflaume hat da-
gegen die Grösse und die Farbe einer Aprikose, nur
dass sie meist kantig erscheint — ein Umstand, der
Garriere bestimmte, seiner angeblich neuen Pflanze
den Beinamen costata zu geben. Wir bemerken
bei dieser Gelegenheit, dass sowohl die morgen-,
als die abendländischen Götterpflaumen (Diospyros
Lotus und virginiana) bei uns sehr gut aushalten und
stattliche kleine Bäume darstellen.
Als Juglans intermedia quadrangulata
hat Carriere eine Form der Juglans nigra beschrie-
ben und abgebildet (p. 494), wo die Früchte eben-
falls eine etwas viereckige Gestalt haben. Sie soll
aus dem Samen einer Juglans regia heterophylla, mit
der sie aber nichts gemein hat, hervorgegangen sein.
Wir bezweifeln es mit andern Botanikern. Wahr-
scheinlich gehörte der Same einer Juglans intermedia,
d. h. einem Blendlinge zwischen J. nigra und regia,
an und die daraus hervorgehende Pflanze ist, wie es
oft geschieht, in die eine der Stamm-Eltern zurück-
gegangen.
Raphiolepis ovata, ein Blüthenstrauch aus
Japan (S. 348), wird in der Revue horticole lür das
|
freie Land empfohlen. Leider hält er bei in
Norddeutschland aber nicht aus, bildet dagegen einen
brauchbaren Strauch für das Kalthaus. In den Rhein-
ländern möchte er für sein Gedeihen jedoch ein bes-
seres Klima finden, weshalb Versuche daselbst wün-
schenswerth sind. Die weissen Blüthen bilden, wie
bei den Felsenbiın- (Amelanchier-) Arten eine ei-
runde Traube, treten aber
Grün der Blätter mehr hervor.
Mai und Juni.
uns
aus dem lebendigeren
Sie erseheinen im
Abelia tritlora (p. 510 mit einer kolorirten |
Abbildung) ist gewiss die schönste dieses Geschlech-
tes aus der Familie der Caprifoliaceen, hält jedoch
noch weniger aus, als die anderen Arten, denn sie
wächst in Gebirgen Ostindiens.
ist sie aber wiederum wegen ihres Blüthenreichthu-
mes für das Kalthaus zu empfehlen. Zahlreiche röth-
lieh-weisse Blüthen stehen zu 3 zusammen, bilden
aber ausserdem am Ende der kurzen, rasch auf ein-
ander folgenden Zweige einen ziemlich dichten Blü-
thenstand.
Staphylea colchiea (p. 257) wächst im alten
Kolchis, d. h. im westlichen Transkaukasien, und
ähnelt der gewöhnlichen Pimpernuss (St. pinnata) un-
gemein, hat aber etwas grössere Blüthen von weisser
Farbe. Da der Strauch bei uns sehr gut aushält,
ist er zu Anlagen und in Gärten um so mehr zu
empfehlen.
Die gefüllte Abart des gemeinen falschen Jas-
mins (Philadelphus coronarius p. 305) ist bei uns
last gar nicht bekannt, so sehr sie auch Verbreitung
verdient. Die Blüthen haben das Eigenthümliche,
dass die Blumenblätter sich nie vollständig öffnen
und flach legen, so dass diese der ganzen Blüthe das
2
Nichts desto weniger |
Ansehen eines kleinen Röschens, oder noch mehr
das einer gefüllten Ranunkel, ertheilen. Möchte man
in unseren Gärten deshalb mehr Aufmerksamkeit auf |
diese Abart verwenden, als es bisher der Fall ge-
wesen ist!
Im Jardin des plantes zu Paris sind 2 Ampelo-
psis-Arten mit fleischigen Wurzeln direkt aus China ein-
geführt und in der Revue hortiedte (p. 16) als Ampelo-
psis tuberosa und napiformis beschrieben und
zum Theil abgebildet worden. Die gegebenen unzu-
reichenden Abbildungen, eben so wenig die Be-
schreibungen, haben es uns sehr schwierig gemacht,
sie näher zu bestimmen. Auf jeden Fall ist nach
unseren Vergleiehungen, die eine, von der Blätter ab-
gebildet sind, wohl kaum von Vitis serjanaefolia
(Ampelopsis) Bge, welche wir bereits in
Dendrologie (p. 558) aufgenommen haben, verschie-
den. Dass das grosse Genus Vitis, zu dem Ampe-
unserer
B)
lopsis nur als Subgenus gehört, auch Arten mit
knolligen Wurzeln besitzt, ist keineswegs so eine sel-
tene Erscheinung, als Garriere zu meinen scheint.
Beide Pflanzen, A. tuberosa und napiformis, sind
übrigens Schlinggewächse, die ohne Zweifel bei uns
aushalten, und daher empfohlen zu werden verdienen.
Der Attich (Sambucus Ebulus p. 197) ist
Deutschland in einigen Gegenden, wie in Frankreich,
in
eine wegen seiner grossen Vermehrung und Ausbrei-
tung berüchtigte Pflanze. Die unterirdischen Stengel
können in kurzer Zeit einen Garten auf eine Weise
verunreinigen, dass man meist grosse Mühe hat, sie
wieder wegzubringen. Bekanntlich sind die Stengel
krautartis und sterben im Herbste Garriere
hat den Versuch gemacht, den Stengel den Winter
durch zu erhalten; ist ihm allerdings,
wit einem Exemplare, selungen. Damit ist der Be-
weis geliefert, dass krautartige Stengel, welche sonst
im Herbste absterben, unter gewissen Umständen den
Winter hindurch sich erhalten und verholzen können.
Leider hat Carriere aber vergessen, mitzutheilen,
ob das durchwinterte Exemplar bereits im Sommer
geblüht und Früchte getragen, oder erst nur Blätter
hervorgebracht hatte? Ein sehr wichtiger Umstand.
Der Stengel dieses Individuums hatte zwar die Blätter
des vorigen Jahres verloren, dagegen aber am oberen
Ende weiter getrieben und neue Blätter hervorge-
bracht. Hoffentlich theilt er später mit, was weiter
daraus geworden ist.
Iberis gibraltarica (p. 330 mit einer illu-
strirten Abbildung) steht der bekannten, im nörd-
lichen Deutschland kaum im Freien aushaltenden
I. semperflorens sehr nahe, besitzt aber womöglich
noch grössere und violette Blüthen. Dass sie bei
uns im Freien aushält, bezweifeln wir, sie könnte
aber, eben so wie I. semperflorens, im Kalthause
kultivirt werden und würde wegen ihres Blüthenreich-
thums belohnen.
Unter dem Namen Pelargonium Triomphe
de St. Mande& (p. 310) hatte Chate in St. Mande
bei Paris während der letzten Ausstellungen des
dortigen Gartenbau-Vereines einen Sämling ausge-
stellt, der wegen seiner Schönheit, besonders der
grossen rothen Blüthen, Anerkennung verdient. Em-
pfohlen wird er noch dadurch, dass er, obgleich
den grossblühenden Sorten angehörig, im Sommer,
gleich den Bouquet- oder Scharlach-Pelargonien, ins
Freie gepflanzt werden kann. Er schliesst sich dem-*
nach dem bekannten, auch in der Wochenschrift
früher erwähnten Gloire de Paris an. Wir machen
Liebhaber um so mehr auf diese zugleich schöne
Sorte aufmerksam, als wir grossblühende Pelargonien
ab.
es aber nur
126
im Freien anzuwenden noch nicht gewohnt sind
und wir ihre Anwendung bis jetzt nur sehr verein-
zelt gesehen haben.
Hortensia Madame Me&zard (p. 57) schliesst
sich der Hydrangea stellata prolifera an und wurde
von dem Gärtner Me&zard in Rueil (Seine et Oise)
aus Samen erzogen. Sie gehört, wie der Schneeball
(Viburnum Opulus Fl. pl.), zu den sogenannten ge-
füllten Sorten und hat rosafarbene Blüthen. Diese
sind aber nicht allein wirklich gefüllt, d. h. sie be-
stehen sämmtlich nur aus zahlreichen Blumenblättern,
die geschlitzt-sewimpert sind, sondern es erhebt sich
ausserdem aus der Mitte der Blüthe noch ein kurzer
Stiel, der wiederum eine kleine, bisweilen auch
srössere Blüthe trägt.
Lyehnis speeiosa (p. 530 nebst einer illuminir-
ten Abbildung) und die Verwandten (grandiflora,
Senno, Haageana u. Ss. w.) sind in der Wochen-
schrift schon so oft besprochen worden, dass wir
hier uns wohl auf das früher Gesagte beschränken
können. Leider verschwinden diese reizenden ja-
panisch-chinesischen Lichtröschen aber wiederum all-
mählig aus den Gärten. Es ist dieses um so mehr
zu bedauern, als die Mannigfaltigkeit in der Farbe der
Blüthen, zum Theil auch in ihrer Form, besonders
durch die erfolgreichen Aussaatversuche des Inspek-
tors Bouche& in Berlin, bedeutend geworden
und dadurch ihre Verwendung eine grössere Aus-
dehnung hätte erhalten können.
Primula japonica (p. 571, ebenfalls mit einer
illuminirten Abbildung) haben wir erst im vorigen
Jahrgange (S. 135) besprochen.
Dolichos bieontortus Dur. (p.
interessante Bohnenpflanze aus Japan,
durch eine in 2 Kreise gedrehte Hülse, ein Umstand,
der auch Veranlassung zur Benennung gegeben hat,
auszeichnet. Leider scheint sie bei ihrer Kultur, trotz
ihres japanischen Ursprunges, viel Wärme zu ge-
brauchen. Sie musste selbst in Paris im Warmhause
ausgesäet werden und erhielt
Sommer einen
war
208) ist eine
welche sich
dann
besten Zeit im warmen Standort an
und doch wurden nur wenige Samen
Ausser den eigenthümlich gebildeten Hül-
einer Mauer;
zeerndtet.
sen möchte die Pflanze nur geringen Werth besitzen,
obgleich die grossen, violett, gelb und weiss gezeich-
neten Blumen in die Augen fallen, leider aber nur
die Dauer von wenigen Stunden am frühen Morgen
besitzen.
Hebeelinium urolepis DC. (p. 30 mit einer
illuminirten Abbildung) schliesst sich den bereits in
der Wochenschrift
Hebeclinium (resp. Conoelinium) an und sollte gleich
besprochenen Arten des Genus
Kopt.
während der
dem H. janthinum und maerophyllum viel mehr be-
nutzt werden, als es geschieht. Für Warmhäuser
bilden diese Körbehenträger als Blatt- und als Blüthen-
pflanzen zugleich einen grossen Schmuck, wenn man
ihnen nur einiger Maassen Sorgfalt zuwendet. In
Paris macht man zu diesem Zwecke im Sommer
Stecklinge, die dann im Frühjahre oder im Sommer
schon blühen.
Ageratum Lasseauxii (p. 90) schliesst sich
den bekannten Formen des bei uns im Freien viel
benutzten A. mexicanum an und wurde von dem ver-
unglückten Reisenden, dem Gärtner Lasseaux aus Pa-
ris, in Montevideo entdeckt. Wahrscheinlich verhält
sich dieses Ageratum in der Kultur den genannten
Formen gleich. Es scheint aber grösser zu werden
und eignet sich daher mehr zu Rabatten-Anpflanzun-
sen, wie man diese seit den Zeiten Ludwigs XIV.
in Frankreich liebt, die bei uns jetzt aber nur noch
sehr wenig Anwendung finden. Die Pflanze ver-
ästelt sich und breitet sich, da die Aeste nicht ge-
drängt stehen, im oberen Theile mehr aus. Die
Blüthenkörbehen besitzen eine rosenrothe Farbe und
kommen die ganze gute Zeit hindurch, bis Fröste
ihrem Leben ein Ende machen, zum Vorschein.
Justieia Lindeni (p. 250 mit einer illustrirten
Abbildung) wurde von einem gewissen Hahne direkt
aus Mexiko nach dem Jardin des plantes in Paris
gesendet, wo sie in einem temperüuten Hause kultivut
wurde. Sie schliesst sich den übrigen Justiecien an,
ist halbstrauehig und treibt aufrechte, wenig verästelte
Stengel mit ziemlich grossen, eirundlanzettlörmigen
Blättern. Die 3 Zoll langen Blüthen stehen wie ge-
wöhnlich an der Spitze der Zweige und bilden einen
Ihre Farbe ist ein schönes Gelb.
Von den 3 Begonien, welche in dem Jahrgange
1870/71 empfohlen ‚und abgebildet sind, haben wir
2 schon früher im 10. Jahrgange besprochen, näm-
lich B. inearnata (p. 267) (Seite 36), B. Liminghii
(hier Comte de Liminghe p. 350) (Seite 101.).. B.
magniliea (p. 27) wurde dagegen vor einigen Jahren
durch Linden in Brüssel in den Handel gebracht
und schliesst sich den grossblühenden Arten an,
welche wir seit einigen Jahren, zuerst durch James
Veiteh and Sons, aus dem mittel- und südameri-
kanischen Hochlande erhalten haben. Die Pflanze
ist strauchartig und hat auf der Oberfläche freudig-
xrüne, auf der Unterfläche dagegen bräunlich - rosa-
farbige Blätter. Die 11, Zoll langen Blüthen kommen
in grösserer Anzahl hervor und emeuern sich fast
das ganze Jahr hindureh. Ihre Länge beträgt über
1, bisweilen fast 11, Zoll.
Buddleja eurviflora (p. 337) hat aus Versehen
RN
bei der Bezeiehnung der schwarzen Abbildung den
Namen Begonia eurviflora erhalten. Wir haben den
Blüthenstrauch erst im vorigen Jahrganze (S. 325 u.
362) besprochen. Ein Gleiches ist mit Episeia tes-
sellata (p. 75) im 12. Jahrgange der Wochenschrift
(S. 181) geschehen, mit Pentas kermesina (p. 130)
im 9. Jahrgange (S. 142), mit Allopleetus vittatus
{p. 327), früher bieolor Lind., im vorigen Jahrganze
(S. 317).
Sutherlandia floribunda (p. 611 mit einer
illuminirten Abbildung) ist der Gartenname einer, wie
es uns scheint, schon beschriebenen Art dieses durch
seinen Blüthenreichthum ausgezeichneten kapischen
Geschlechtes, wahrscheinlich der S. fruteseens. Ein
Exemplar von 1'/; Fuss Höhe hat den. ganzen vori-
zen Sommer hindurch im Freien Vilmorin-
Andrieux et Co. in Paris geblüht und fiel wegen
seiner Schönheit auf. Vor länger als 1 und 2 Jahr-
zehnten, wo man noch Swainsonien deutschen
Gärten mit Vorliebe kultivirte, brachte man auch
Formen der S. frutescens in’s Freie und machte die
Bemerkung, dass sie in diesem Falle besonders
buschig wuchsen und reichlich blühten. Die rothen,
über Zoll langen Blüthen befinden sich, kurze Aehren
bildend, in dem Winkel der zefiederten, auf der
Unterfläche grauweissen Blätter.
Als Albizzia rosea hat Carriere eine Form der
bekannten Acacia (Albizzia) Julibrissin abgebildet,
welehe unserer Ansicht nach von der Hauptform dadurch
sich unterscheidet, dass sie nach den Angaben Carriere’s
härter ist und im freien Grund und Boden des Jardin
des plantes ohne alle Decke ausgehalten hat.
im Süden und Westen Frankreichs, so wie in Italien,
die schönen Bäume, besonders wenn sie im Sommer
mit wohlriechenden Blüthen bedeekt sind, gesehen,
wird auch ihren Werth zu schätzen wissen. Wenn
- diese Form nun auch gerade nicht im Norden Deutsch-
lands aushält, so gewiss im Norden des Bodensees,
in Baden und im Elsass. Wir machen deshalb Lieb-
haber darauf aufmerksam, mit dieser Form Kultur-
Versuche anzustellen.
Wallichia caryotoides (p. 184) ist von W.
porphyrocarpa, die wir ausführlich im 5. Jahrgange
der Wochenschrift (S. 17) beschrieben haben, nicht
verschieden und gehört zu den besten Strauchpalmen,
welche im Zimmer gedeihen, wenn man ihr nur
einiger Maassen Pflege angedeihen lässt. Wir wollen
sie daher wiederholt empfehlen.
Wir haben bereits im 13. Jahrgange (S. 340)
mitgetheilt, dass die männliche Pflanze der chine-
sischen Fächerpalme (Chamaerops excelsa) ein ver-
schiedenes Ansehen von der weiblichen besitzt. Es
bei
in
Wer
| jetzt bestätigt.
wird dieses durch eine Abbildung von Exemplaren
beider Geschlechter, welche Carriere in dem letzten
Jahrgange der Revue horticole (pag. 329) gegeben hat,
Selbst schon in dieser Miniatur-Zeich-
nung sieht man deutlich, dass die männliche Pflanze
dekorativer ist und weit eleganter erscheint. Interessant
ist ferner die Beobachtung, dass die männliche Pflanze
häufiger .vorzukommen scheint, als die weibliche.
Eine zweite Schirmpalme des Genus Chamaerops
wurde im Jahre 1839 direkt aus Ostindien im Jardin
des plantes zu Paris eingeführt und besitzt jetzt einen
Stamm von 10 Fuss Höhe und eine prächtige Krone
mit 15 Blättern. \
Griflfithii Lodd., worden.
Verlot; und Chef der
botanischen Schule des Jardin des plantes, glaubt,
Sie hat den Namen Chamaerops
ist aber nie beschrieben
der kenntnissreiche Gärtner
dass sie mit der neuerdings von Griffith in seinem
Palmenwerke beschriebenen und abgebildeten Ch.
Khasyana identisch sein möchte. Es könnte wohl
der Fall sein. Andererseits sieht die Palme der
Ch. excelsa so ähnlich, dass sie sehr leicht mit ihr
zu verwechseln ist.
Bowenia speetabilis (p. 315) ist eine Lieb-
habern nicht zu empfehlende Cycadee des südlichen
Afrika’s, auf die wir schon früher aufmerksam gemacht
haben (im 7. Jahrgange S. 51).
Aechmea Weilbachii (nicht Weilbachea, p. 171
mit einer illuminirten Abbildung) ist ohne Zweifel eine
der schönsten Arten des Geschlechtes Lamprococeus,
zu dem sämmtliche in den Gärten befindlichen Aechmeen
zsehören, und sollte in keinem Warmhause eines Lieb-
habers fehlen, zumal der blutrothe Blüthenstengel
eine Dauer von mehrern Monaten besitzt. Auch von
ihr haben wir früher schon Yim 9. Jahrgange S. 27)
gesprochen.
Androlepes Skinneri (p. 12) stammt aus Mexiko
und hat die Gestalt einer Billbergia.
hat in ihr den Typus eines neuen
leider aber, soviel wir wissen, den Charakter noch
nirgends veröffentlicht. Die Blüthe soll weiss und
unscheinlich Als Dekorationspflanze hat sie
denselben Werth, wie die Billbergien, die aber in
blühendem Zustande einen Vorzug haben.
Brongniart
Genus erkannt,
sein.
Ananassa bracteata (p. 47) wurde im Jahre
1820 durch Robert Barklay in England eingeführt
und unterscheidet sich von der wilden Ananaspflanze
durch schlaffere, mehr überhängende und am Rande
sehr dornige Blätter, welche in der Nähe der Blüthe,
wenn diese zum Vorschein kommt, eine rothe Farbe
besitzen. Dadurch erhält die Pflanze einen beson-
deren Werth zur Dekoration. Die Frucht soll zwar
essbar sein, aber nicht besonders schmecken.
128
Unter dem Namen Ananassa monstrosa(p.288)
hat Carriere eine in Frucht befindliche Ananaspflanze
beschrieben und abgebildet, wo die sogenannte Krone
oberhalb der Frucht fehlt. Sie wurde aus Samen
einer 8 Pfund schweren Frucht, welche aus Bahia
in Bordeaux eingeführt worden war, von einem Lieb-
haber, Lafont mit Namen, erzogen. Einen gärtne-
rischen Werth besitzt sie durchaus nicht.
Portea kermesina (p. 230 mit einer kolorirten
Abbildung) wurde im Jahre 1854 durch Marius
Porte, einem der eilrigsten Reisenden, in der bra-
silianischen Provinz Bahia entdeckt und nach dem
Jardin des plantes gesendet. Von hier wurde sie dem
botanischen Garten in Berlin mitgetheilt und wir lern-
ten sie kennen. Da eine blühende Pflanze uns alsbald
in den Stand setzte, ihre Diagnose festzustellen, so
haben wir mit Beibehaltung des von Brongniart
in Paris gegebenen Namens sie zuerst beschrieben.
Portea kermesina ist in beiderlei Hinsicht zu empfeh-
len: als Blatt- und Blüthenpflanze. Im Habitus den
Becher bildenden Billbergien sehr ähnlich, unterschei-
det sie sich durch ihre bräunliche Färbung und durch
den länglichen Blüthenstand.. Aus dem
Winkel der grossen Deckblätter von prächtiger rother
Farbe und bis 3 Zoll Länge ragen mehre violettblaue
Blüthen nur wenig hervor. Wenn die Pflanze alt ist,
scheint sie einen kurzen Stengel zu bilden.
Ueber Cypripedium Veitchianum haben
wir bereits im 8. Jahrgange - (S. 396) berichtet. In
dem jetzigen Doppeljahrgange der Revue horticole
sind 2 Formen derselben abgebildet und beschrieben
worden (p. 596). welche wohl ein weiteres Interesse
auch der Laien haben möchten. Das Genus Cypri-
pedium hat nur Arten, welche in der Erde wachsen,
hauptsächlich aber ausser Europa vorkommen. Nur
eine Art, welche im gewöhnlichen Leben Frauenschuh
schmalen
genannt wird. in der Uebersetzung des Wortes Cy-
pripedium aber Venusschuh heisst, ist auch in Mittel-
und in Südeuropa einheimisch und so schön, dass
sie kaum einer ausländischen nachstehen dürfte. Es
ist dieses Cypripedium Calceolus.
Alle Cypripedien zeichnen sieh bekanntlich durch
hohle
einem Pantoffel ähnlicher, als einem Schuhe, aussieht.
die eigenthümliche Unterlippe aus, welche
Es kommt ausnahmsweise vor, dass die Unterlippe
aber gar nicht zu dieser eigenthümliehen Ausbildung
gelangt und daher klein bleibt, anderntheils ist es
umgekehrt keine seltene Erscheinung, dass sie sich
doppelt bildet und damit eine Lippe in der andern
steckt. Die Gründe dieser Abweichung anzugeben,
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 9]
dazu ist unsere botanische Wissenschaft noch zu jung.
Dergleichen abnorm gebildete Blumen mit doppelter und
mit kleiner Lippe haben sieh im vorigen Jahre bei
einigen Exemplaren des in den Gewächshäusern be-
kannten Cypripedium Veitehianum ebenfalls gezeist
und sind in der Revue horticole abgebildet worden.
Vallota purpurea (in der Abbildung) und
srandiflora (in der Beschreibung p. 50) ist eine
der schönsten Amaryllidaceen mit prächtigen rothen
Blumen, die um so mehr Empfehlung verdient, als
sie in der guten Jahreszeit auch bei uns in’s Freie
gepflanzt werden kann und dann zur Verschönerung
des Gartens ungemein beiträgt. Wir haben schon
mehrmals über sie gesprochen und verweisen daher
Jetzt auf das früher Gesagte, bemerken jedoch schliess-
lich nur noch, dass die Redaktion der Revue hortieole
bei ihrer Nomenklatur mehr Sorgfalt ausüben möchte.
Unangenehm ist es im hohen Grade, wenn bei der Be-
schreibung ein anderer Name gebraucht wird, als unter
der Abbildung steht. Leider kommt diese Unachtsaımn-
keit in der Revue hortieole ziemlich häufig vor.
Unter dem Namen Nareissus calathinus
(p. 84) kultivirt man in den Gärten 2 verschiedene
Formen: die eine blüht weiss oder vielmehr schwach
hellgelb, die andere hingegen gelb. Beide verdienen
mit ihrem verlängerten Kranze (Corona) Empfehlung
und lassen sich auch treiben. Leider hat die [frühere
Liebhaberei für Nareissen, wie den 3 ersten
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts, besonders in Eng-
land, vorhanden war, ganz und gar aufgehört. Es
ist dieses um so mehr zu bedauern, als die Zahl der
sie in
Nareissen eine sehr grosse ist und sie eine Mannig-
faltigkeit darbieten, wie wenige andere Liliengeschlech-
ter. Ausserdem haben die Blumen wohl fast ohne
Ausnahme einen sehr angenehmen Geruch.
Nach der neuesten Bearbeitung von Baker, den
selehrten Custos am Königl. Herbar zu Kew bei Lon- -
don, existiren ächte Nareissus- Arten nur gegen 20;
was man sonst beschrieben hat, ist nur Abart oder
Form, welche letztere meist erst in der Kultur ent-
standen ist. Einer der frühern Bearl eiter der Nareissen,
Haworth, hat nicht weniger als 150 verschiedene
Nareissen beschrieben, Kunth dagegen nur 90.
Der in der Revue hortieole beschriebene N.
thinus bildet mit 2andern: N. Bulboceodium und Pseudo-
Nareissus, eine eigene Abtheilung und unterscheidet
sich mit diesen von den übrigen Nareissen sehr leicht
welche die eigentlichen
:ala-
dureh die grosse Corona,
Blumenkron-Abschnitte an Länge übeıtrifft oder doch
wenigstens gleich lang ist.
— Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
‚ für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
No. 227
1822.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franceo durch alle Post- Anstalten
SH 3 ’ g -
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 28. April, Vormittags 1 Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No. 48, eine
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: 539. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 7. April. — Die Frucht und ihre Bildung. —
Die Dracunculeen. — Anzeice.
| vortheilhaft durch grosse, herzförmige und fünflappige
PR. » 0 |
A l 339. ei sammlung e | Blätter aus, die in diesem Falle durch die Veredlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, mit A. Thompsoni eine fast durchaus grünlich-gelbe
am 7. April. Farbe erhalten hatten. Dieses durch den Garten-
Der stellvertretende Vorsitzende, Garteninspektor | gehülfen Lindemuth herangezogene buntblättrige
Bouche, theilte eine Verfügung des Königlichen | Abutilon ist weit schöner, als A. Thompsoni und
Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche | alle übrigen bisher von diesem erlangten Formen;
Arbeiten über die Erleichterungen mit, welche bei
der vom 21. bis 30. Juni stattfindenden Ausstelhung Noch steht diese Erscheinung der Uebertragung
von Pflanzen u. s. w. des Vereines den Ausstellern | der bunten Färbung durch Veredelung auf verwandte
es ist daher Liebhabern nicht genug zu empfehlen.
zunächst auf den Königlichen Eisenbahnen gewähıt | Pflanzen eben so isolirt da, als das plötzliche Her-
werden. Es wurde beschlossen, die Verfügung nicht | vorbrechen der elterlichen Pflanzen bei dem bekann-
allein in der Wochenschrift zur Kenntniss zu bringen, !) | ten Bohnenbaum-Blendling, Cytisus Adami. Bei den
sondern auch noch Extra-Abzüge zu machen und | Tausenden von Veredlungen, welche man mit ande-
selbige zu vertheilen. ren buntblättrigen Formen auf die grünblättrige Haupt-
Garteninspektor Bouch& berichtet über die | art gemacht hat, sind doch nur ausnahmsweise
Pflanzen, welche dieses Mal aus 4 Gärten ausgestellt | Uebertragungen der bunten Flecken auf die grüne
waren. Aus dem botanischen Garten hatte der Gar- | Unterlage beobachtet worden. Diese bunten Flecken
tengehülfe im botanischen Garten, Lindemuth, der | haben sich aber auch bisweilen da gezeigt, wo man
sich, um die eigenthümliche Erscheinung der Ueber- | mit keiner buntblättrigen, also mit einer grünen Form
tragung der bunten Zeichnung der Blätter vom Edel- | veredelt hatte. So viel steht fest, dass jeder Ein-
reis auf die Unterlage zu erklären, bereits grosse | grifl in das Leben der Pflanze, diese zu Missbildun-
Verdienste erworben hat, wiederum einen buntblätt- | gen und Abweichungen geneigt macht und vor Allem
rigen Abutilon ausgestellt, wo er A. Sellowianum, | buntblättrige Pflanzen dergleichen Eingriffen ihre Ent-
eine Art, welche bis jetzt bei den Versuchen noch | stehung verdanken.
nicht angewendet worden war, als Unterlage benutzt Sobald wir noch bessere Mikroskope erhalten
und ebenfalls einen vollständigen Erfolg erzielt hatte. | haben werden und die Unterscheidung der Zellen
Dieses neue buntblätterizge Abutilon zeichnet sich ‚ von nahe. verwandten Individuen vielleicht damit
!) Es ist dieses bereits in der vorigen Nummer geschehen. möglich wird, werden sich wohl die Ursachen dieser
17
>
Entweder
das das Buntblättrige bedingende Zell-
sewebe bei den Neubildungen im Kambium auch in
der Unterlage fort oder es ist dafür ein besonderer
Träger vorhanden, der von Zelle zu Zelle sich lort-
pflanzt. Wie wir neuerdings erfahren
schmarotzende Algen oder Pilze die bunten Färbun-
sen bei Gunnera chilensis und bei Coleus bedingen,
eigenthümlichen Erscheinung linden lassen.
setzt sich
haben, dass
so könnte auch hier sehliesslieh ebenfalls ein Schma-
rotzer existiren, der sich von dem das Grün der
Pflanze bildenden Chlorophyll ernährte und damit die
chlorophyllfreien Stellen auf den Blättern hervorrief.
Obergärtner Dressler hatte aus dem Garten
Geheimen Kommerzienrathes Dannenberger
eine der neuen Gesneraceen, Hypocyrta brevi-
des
und zwar im Jahre
wurde,
calyx, welche zuerst in Gent,
1868 als Gloxinia hypoeyrtillora,
Dass sie Beachtung von Seiten der Lieb-
ausgestellt
gebracht.
haber verdient und deshalb auch zu empfehlen ist,
haben wir schon früher mehrmals in der Wochen-
schrift ausgesprochen.
Weiter verdankte man dem Obergärtner König
aus dem Garten des Kommerzienraths Ravene& in
Moabit ein grosses, hochstämmig gezogenes Exemplar
aber schönen
Nicht weniger z0g man
alten bekannten , immer
indica alba. ein,
wirklich sagen, riesiges Exemplar des früher schon
viel zu Schaupflanzen benutzten Chorizema ilicifollum
der
könnte
die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Leider
sieht man jetzt dergleichen Schaupflanzen, welche
allerdings viele Jahre bedürfen, bevor sie eine solche
Grösse und Zucht erhalten, nur noch wenig; man
will heut’ zu Tage immer etwas Neues.
Der Universitätsgärtner Sauer hatte diese Schau-
pllanze zur Verfügung gestellt. Ausserdem verdankte
man aber noch Cypripedium eaudatum,
was immer wegen seiner sehr langen bandförmigen
Blumenblätter die Aufmerksamkeit der Liebhaber so-
ihm ein
wohl, als der Gärtner und Botaniker, auf sich ziehen
wird, so wie einige Niesswurz - Blendlinge, die er
neuerdings aus Helleborus guttatus und abchasicus
erzielt hatte. An Schönheit gaben den früher
vom Universitäts-Gärtner Sauer gezüchteten Blend-
sie
lingen nichts nach, übertrafen sie wohl zum Theil.
Professor Koch bunten Blätter der
bereits im Allerlei (S. 107) besprochenen Oxalis tro-
paeoloides des Kunst- und Handelsgärtneis Lieb-
legte die
mann in Dresden vor. Nach Garteninspektor Bouche&
mehre besonders kapische
Oxalis-Arten, wie O. filiformis, versieolor und inear-
nata, die Eigenthümlichkeit, dass die Blätter sich bis-
weilen bunt färben; die Färbung sei aber hier in der
haben auch exotische,
Azalea
Regel nicht konstant und wechsele oft, namentlich
sobald die Pflanzen eine andere Temperatur erhalten.
Nach brieflichen Mittheilungen, welche der Ge-
neralsekretär von Andre Leroy erhalten hatte, ar-
beitet dieser an der Fortsetzung seines grossen po-
mologischen Werkes trotz seines hohen Alters — er
zählt schon über 70 Jahre — rüstig weiter und wird
in Kurzem den 3. Theil, der nur die Acpfel enthalten
soll, veröffentlichen. Bereits sind die bildlichen Dar-
stellungen, welche das Werk in grosser Menge zieren,
fertig. Dieser dritte Band wird den deutschen Po-
mologen besonders interessant werden, da Andre
Leroy mit grosser Liebe auch die deutschen Sorten
studirt und, um eine übereinstimmende Nomenklatur
herzustellen, mit den französischen eilrig verglichen
hat. Es ist dieses, so viel wir wissen, in dieser
Weise noch von keinem andern französischen Pomo-
logen geschehen. Mit vieler Mühe, aber auch mit
nicht geringen Kosten hat Andre Leroy sich wäh-
rend seiner Bearbeitung deutsches Apfelobst zu ver-
schaffen gewusst; wir selbst haben ihn darin, so viel
als möglich, unterstützt und unter Anderem ihm auch
die grosse deutsche Apfelsammlung, welche wir wäh-
rend der grossen internationalen Industrie-Ausstellung
im Jahre 1867 in Paris von Reutlingen, wo damals
die 5. Versammlung deutscher Pomologen tagte, da-
hin gebracht hatten, später zur Verfügung gestellt.
Aus den Mittheilungen an Professor Koch geht
auch hervor, dass Andr& Leroy nach der Ver-
öffentliehung des 3. Theiles seines Dietionnaire de
pomologie auch die Steinfrüchte zu einem 4. Theile
bearbeiten wird, in so fern, wie er selbst schreibt,
zu dieser Bearbeitung ihm noch einige Jahre Ruhe
vergönnt sein werden.
Der Sekretär des Gartenbauvereines in Bremen
Ortgies hatte ebenfalls an Professor Koch einige
Mittheilungen von Interesse gemacht. Unter Ande-
rem war diesem die Abbildung eines fasciirten Tau-
sendschönchens (Bellis perennis fl. pl.) zugesendet
worden. Dergleichen Missbildungen kamen früher,
wo man diese Blume hauptsächlich zu Einfassungen
benutzte und $ie besonders auf dem Lande auch
viel verbreitet war, häufiger vor, wenn auch nicht,
oder wohl nur sehr selten, in so auffälliger Weise,
als die Ortgies’sche Abbildung zeigt. Der breite
faseiirte Blumenstiel des Tausendschönchens, denn
nur dieser zeigte die Missbildung, nahm sich hier
zwischen den anderen kleinen Blüthenkörbchen,
welche auf langem fadenförmigen Stiele sich befan-
den und kaum !/, Zoll im Durchmesser enthielten,
sanz eigenthümlich aus. Er hatte die Breite von 7
bis 9 Linien, aber nur die Länge von 2 Zoll. Das
Blüthenkörbchen selbst war völlig umgeändert und
besass die Form eines Hahnenkammes (Celosia cri-
stata). Es krümmte sich, gleich einem Wurm, von
unten nach oben bis zu einer Höhe von 2 Zoll. Die
rosafarbenen Blüthehen befanden sich nur auf der
Kante des Kammes. Würde man diese Abnormität
konstant machen können, so möchte sie ohne Zwei-
fel für den Garten ein Gewinn werden.
Hofgärtner Kirchhoff in Donaueschingen hatte
dem Generalsekretär Photographien zweier Orchideen
eingesendet, welche Zeugniss ablegten, dass man
auch in Deutschland, und zwar nicht allein in der
kaiserlichen Residenz, sondern auch in der Provinz
versteht, von diesen in der Kultur schwierigen Pflan-
zen Exemplare heranzuziehen, wie man sie nicht
grösser und schöner jenseits des Kanales finden
kann. Angraecum sesquipedale hatte auf der Photo-
sraphie nicht weniger, als 18 völlig entwickelte Blü-
then, während Dendrochilum glumaceum einige 50
Blüthenähren zeigte. Mit diesem Blüthenreichthum
müssen die Pflanzen einen grossen Eindruck machen.
Professor Koch übergab die Missbildung einer
Birn, welche er im vorigen Jahre durch die Freund-
lichkeit des Geheimen Oberregierungsrathes Heyder
erhalten hatte. Der Fruchtstiel hatte sich an seinem
oberen Theil in der Form einer wenig vertieften
Schale von 8 Linien Durchmesser erweitert und trug
am Rande einige normal entwickelte Blätter, während
aus der Mitte eine langgestreckte Bim von 2 Zoll
Länge und über 1 Zoll Breitendurchmesser, wo am
oberen Ende die Kelchhlätter mehr entwickelt erschie-
nen, als es sonst der Fall ist, sich erhoben hatte.
Zu gleicher Zeit zeigte Professor Koch ähnliche
Missbildungen in Zeichnungen, welche sich in der
Iievue hoıticole befanden, und berief sich auf das,
was er bereits in dem Berichte über genannte Zeit-
schrift (S. 119), diesen interessanten Gegenstand be-
treffend, gesagt hatte.
Nach Professor Koch sind dergleichen Missbil-
dungen für die Deutung bestimmter Organe, in die-
sem Falle der Frucht, ausserordentlich wichtig. Die
Botaniker sind nach ihm keineswegs über die Bil-
der Frucht in Uebereinstimmung. Während
die Einen behaupten, dass alle Fıüchte aus Blättern
sich bilden, sind Andere der Meinung, dass nur ein
Theil der Früchte aus Blättern entsteht, die übrigen
Früchte aber Stengelgebilde sind.
Da Professor Koch glaubte, dass eine kurze Er-
läuterung der Entstehung der Früchte auch das Inter-
esse der Anwesenden in Anspruch nehmen dürfte, zu-
mal dadurch auch ein besseres Veıständniss der vorge-
dung
lesten Missbildungen ermöglicht würde, so hielt er einen
längeren Vortrag darüber und suchte diesen durch
Vorlegen von allerhand Zeichnungen, sowie von ver-
schiedenen Früchten, noch verständlicher zu machen.
Der Vortrag wird in derselben Nummer der Wochen-
schrift, wo der Berichtüber die Versammlung abgedruckt
werden wird, zur weiteren Kenntniss gebracht werden.
Gartendirector Meyer besprach die in mehrern
Sitzungen des Vereines angeregte Frage über die
babylonische Weide. Dass diese, da sie bis jetzt
noch nicht in Babylonien gefunden worden sei und
Linne’s Angabe daher auf einem Irrthume beruhe,
auf einmal ihren Namen, an den sich Gärtner und
Laien gleich gewöhnt hätten, verlieren und diesen
mit einem später gegebenen Namen (Salix pendula
Much) vertauschen sollte, wolle ihm nicht recht ein-
leuchten. Die fortwährenden Neuerungen in der No-
ımenklatur der Pflanzen von Seiten der Botaniker
erschweren das Studium derselben ungemein und mache
ihre richtige Kenntniss Laien und Gärtnern gleich
schwer. So sehr er auch all’ den vielseitigen Nach-
forschungen des Professor Koch über das
liche Vaterland der babylonischen Weide Rechnung
trage, so sei doch Babylonien noch keineswegs so
eigent-
erforscht, dass man mit Bestimmtheit sagen könnte,
sie wüchse nicht der That
aber in Ländern mit ziemlich gleichen klimatischen
Verhältnissen, als diese Babylonien besitzt, und zwar
daselbst. Dass sie in
in Aegypten, wirklich wachse, habe er keinen Zwei-
fel. Er berufe sich auf 2 Autoritäten, welche das
Vorkommen der babylonischen Weide in Aegypten
bestimmt aussprechen, auf den Schweden Forskal
und auf den Fürsten Pückler-Muskau. Nament-
lich letzterer spreche an einer Stelle seiner Reise-
Erinnerungen aus Aegypten von dem grossen Ein-
druck, den eine Allee von babylonischen Weiden auf
ihn gemacht hätte.
Professor Koch erinnert sieh, so fleissig er auch
früher die Pücklerschen Werke nicht allein gelesen,
auch zum Theil studirt habe, dieser Stelle zwar nicht,
zweifelt aber nicht den Worten des Garten-
Direetors Meyer, dass sie wirklich vorhanden ist.
So hoch auch Fürst Pückler-Muskau als Garten-
wohl auch unbedinst in dem Fache
Niemand
nach
künstler steht,
der ästhetischen Gärtnerei noch von über-
troffen worden ist, so war er doch eben so wenig,
wie Lenne, Botaniker. Beide riefen ihre gross-
artigsten Wirkungen hauptsächlich durch Bewegungen
hervor und bedienten sich dabei nur der gewöhn-
lichsten Gehölze in so geringer Anzahl der Arten,
dass eben dadureh ihr Genie um so höher geachtet
werden muss. Wenn demnach Fürst Pückler-Muskau
in einer Allee von babylonischen Weiden spazieren
Rd
132
gegangen Sein will, so müsste diese Angabe um so
mehr erst durch sachverständige Botaniker bestätigt
werden, als in Aegypten und Syrien eine ähnliche
Weide (Salix Safsaf), welche in gewissen Fällen eben-
falls überhängende Aeste besitzt, wächst. Wie wenig
Zutrauen man bisweilen von Touristen ausgesproche-
nen Angaben schenken 'darl, beweist unter Anderem,
dass auch zwei Botaniker behauptet haben, dass die
babylonische Weide in Persien wachse. Nach Ein-
sicht von ihnen dort gesammelter Original-Exemplare
und nach genauer Vergleichung derselben fanden
aber nieht allein Professor Koch, sondern auch zwei
andere ausgezeichnete Botaniker, wohl
Edm. Boissier Genf und Professor Fenzl
Wien gelten werden, dass die Angabe der beiden
Reisenden nicht richtig war; denn die Weide des
als welche
in in
einen Reisenden stellte eine Form unserer gewöhn-
lichen S. alba, die des anderen S. persica dar.
Wie wir die babylonische Weide aus dem Oriente
erhalten haben, wissen wir eben so wenig, als woher
die Rosskastanie kommt? Geschichtlich kann die
Ausbreitung der letzteren nur bis nach Konstantinopel
verfolgt werden, während nach den gewissenhaften
Nachforschungen eines der bedeutendsten englischen
Gärtner, des Loudon, der zugleich einer der tüchtig-
sten Pflanzenkenner war, kein Zweifel darüber herr-
sehen kann, dass die babylonische Weide bestimmt
in China vorkommt. Ob ursprünglich oder nur kul-
tivirt? bleibt unentschieden. Wer ferner duch Blume
oder Siebold Exemplare einer Weide, welche Ersterer
als Salix Japonica beschrieben, erhalten hat, wird bei
der genauesten Vergleichung derselben mit unserer
ächten 5. babylonica keinen bemerkenswerthen Unter-
schied finden. Es muss demnach unsere babylonische
Weide auch in Japan wachsen.
Dr. Wittmack übergab eine Tafel mit bildlichen
Darstellungen, um bei dem Ankaufe von Gras- und
Klee-Sämereien sich vor Irrungen sicher zu stellen.
Zu Zwecke hatte die charakteristischen
Merkmale der einzelnen Samen in einer vergrösser-
diesem er
ten Zeichnung hervorgehoben und daneben die Sa-
men selbst in natura angebracht.
lich damit verfälschten oder nur verwechselten Samen
waren mit ihren charakteristischen Merkmalen eben-
falls dargestellt, so dass bei einer Vergleichung nicht
allein die Erkennung der falschen, sondern auch die
Kenntniss der ächten Samen erleiehtert wird.
Schliesslich theilte der Vorsitzende den Ausspruch
der Preisrichter mit; darnach hatte das Chorizema
des Sauer den
ilieifolium Universitäts - Gärtners
Monatspreis zugesprochen erhalten.
Auch die gewöhn-
. \ . .
Die Frucht und ihre Bildung,
Im gewöhnlichen Leben nennt man in der Regel
Frucht den Theil einer Pflanze, der zum Magazine
abgelagerter Nahrungsstoffe dient und gegessen wird;
deshalb spricht der Landwirth ganz allgemein von
der Kartoffelfrucht und versteht hierunter nieht etwa
(die eigentlichen Früchte, die Beeren, sondern die
unterirdischen Knollen, weil diese, nicht aber jene,
gegessen werden. In den meisten tropischen Län-
dern, besonders in Westindien, wird ein Baum aus
der Familie der Terpenthinpflanzen (Terebinthaceae),
Kaschubaum genannt (Anacardium oceidentale), kul-
tivirt, dessen Früchte eine giftige Schale besitzen,
aber auf einem fleischig gewordenen Fruchtstiele
stehen. Während man im Vaterlande die letzteren,
welche die Gestalt einer Birn haben und in der
Regel 2 Zoll lang sind, allein isst, werden die eigent-
lichen Früchte wegen scharfen Harzes
Arzneimittel benutzt. Nicht diese wirklichen Früchte
sind dem Volke auf Westindien die Früchte, sondern
der unter ihnen befindliche und fleischig gewordene
Stiel mit dem Geschmacke einer Pflaume.
Jedermann kennt
ihres als
Eıdbeere und sieht sie
ohne sich vielleicht davon
Rechenschalt gegeben zu haben, dass er hier zwar
die kleinen Früchtehen
die
auch wohl entstehen ,
Geniessen mit ver-
schluckt, dass das Fleischige aber, was die eigent-
liche Nahrung gibt, wiederum nicht Frucht ist, son-
dern der oberste Theil des knopfartig gebildeten
Fruchtstieles, der als sogenannter Fruchtboden in
die Blüthe hineingewachsen ist. Bei der Maulbeere
ist die eigentliche, aus dem Fruchtknoten hervor-
segangene Frucht wiederum sehr klein, wird aber
von einer fleischigen Hülle umgeben. Diese anfangs
hautartige Hülle, welche erst durch Aufnahme ven
Nahrungsstoflen fleischig geworden ist, stellt nichts
weiter dar, als den Kelch der Maulbeerblüthe. Eine
Anzahl solcher Kelche stehen mit der von ihnen ein-
seschlossenen Frucht an der Spitze eines allgemeinen
Stieles und bilden dicht gedrängt einen Kopf, den
wir im gewöhnlichen Leben die Maulbeere nennen
und als Frucht bezeichnen, der aber eine Vereinigung
vieler von ihrem fleischig gewordenen Kelche einge-
schlossener Früchte darstellt.
Bei der Ananaslrucht nehmen, ausser den ächten
Laubblättern, alle verschiedenen Theile eines Stengel-
sebildes mit einer Reihe von Blüthen mit deren
Deckblättern Antheil. Wir haben hier es mit einem
Blüthen-, resp. Fruchtstande zu thun, wo alle Theile
desselben: Deckblätter, Kelchblätter und der allge-
der mitten durch die Ananasfrucht
beim
meine Träger,
|
seht, fleischig geworden sind. Nur der eigentliche
Fruchtknöten verkümmert und an seiner Stelle er-
kennt man bisweilen noch dafür einige kleine Höh-
lungen rings um die Mitte innerhalb der Ananas.
Aehnlich verhält es sich mit der Brotfrucht, der
sogenannten Frucht der Artocarpus ineisa und in-
tegrifolia, zweier Bäume, welche mit dem Feigen-
und Maulbeerbaume in eine Familie gehören. Diese
Brotfrucht wird reif und unreif genossen. In der
Jugend ist sie milchig, später mehlig. Hier sind es
dagegen immer hauptsächlich die wahren Früchte,
welche dem Menschen die eigentliche Nahrung dar-
bieten, aber ausser ihnen nehmen noch dieselben Theile
an der Bildung der Brotfrucht, wie bei der Ananasfrucht,
Antheil. Hier steht aber diese unterhalb einer Blatt-
krone, die Brotfrucht hingegen ist sipfelständig. Zahl-
reiche Blüthen mit ihren Deckblättern befinden sich
bei dieser um das knopfähnliche Ende eines allge-
meinen Stieles und verwachsen während der Frucht-
reife so sehr mit einander, dass sie schliesslich einen
einzigen mehre Zoll im Durchmesser enthaltenden
Fruchtkörper, die eigentliche Brotfrucht, darstellen.
Nachdem wir den vagen Volksbegriff Frucht,
durch einige Beispiele erläuteıt, vorausgeschickt haben,
kommen wir zur wissenschaftlichen Bestimmung des
Wortes Frucht. Darnach gibt es gar keine andere
Definition, als: „Frucht ist der reifgewordene
Fruchtknoten, d. h. der in der Mitte
Blüthe stehenden Umhüllung eines oder
mehrer Eichen, welehe nach der Befruch-
tung sich zum Samen umgestalten.“ Diese
Umhüllung oder eigentliche Fruchtschale nimmt bei der
weiteren Entwickelung zur Frucht verschiedene For-
ınen an, sie wird hart (Nuss), fleischig (Beere), haut-
artig (Kapsel) u. s. w., und dient als Niederlage von
Nahrungsstoffen für die Pflanze, mehlig, fleischig oder
saftig geworden zur Nahrung auch des Menschen.
Bisweilen sind es aber die Einsehlüsse, d. h. die
Samen, in welchen die Nahrungsstoffe, besonders
veichliches Stärkmehl, sich anhäufen und deshalb ge-
nossen werden. Ein Beispiel ist die Haselnuss.
Wiederum kommt es, wenn auch nur selten, vor,
dass die Nahrungsstoffe sich weder in der Frucht-
schale, noch im Samen, sondern, wie bei den Maul-
beerfrüchtehen, in der bleibenden Blüthenhülle nieder-
einer
schlagen. Diese wird dann fleischig und dient als
Nahrung. Beispiele sind ferner die Früchte der Gaul-
theria procumbens, einer nordamerikanischen, aber
in England vielfach angebauten Ericacee, oder der
Silberweide (Elaeagnus), welehe im Oriente wegen
ihres mehligen Inhaltes gegessen werden. Die Blü-
thenhülle verwächst aber auch in andern Fällen mit
ı der Fruchthülle, ohne dass sich aber Nahrungsstoffe
in einer der beiden niederschlagen, sondern diese häu-
fen sich wiederum in dem Samen an. Ein Beispiel stellt
die stachliche Wassernuss (Trapa natans) dar.
Seitdem Goethe, der Entdecker — wenn wir
uns so ausdrücken dürfen — der sogenannten Pflan-
zen-Metamorphose, durch vielseitiges Studium in der
Natur fand, dass die höheren Pflanzen nur aus 2 von
einander verschiedenen Grundorganen, einem Träger
und einem Getragenen, aus Achse (oder Stengel)
und aus Blatt, bestehen und das letztere das Wesent-
liche ist, aus dem alle andern Organe sich heraus-
bilden, so wurde später diese Lehre auch auf den
Fruchtknoten oder auf die Frucht übergetragen. Man
fand in der That sehr häufig, dass wirklich Frucht-
knoten sich in Blätter aufgelöst hatten. Damit wurde
aber allgemein angenommen, dass alle Fruchtknoten
nichts weiter seien, als in Fruchtblätter (Karpellar-
blätter) umgewandelte blattartige Organe. Die We-
nigsten bekümmerten sich darum, ob es denn
wirklich so Man machte keine Entwickelungs-
geschichte verschiedenen Früchte, sondern
schloss von dem Einen auf Alles. Selbst da, wo
eine oberflächliche Untersuchung hätte lehren können,
dass nicht alle Früchte aus Blattgebilden entstehen,
sei.
der
verharrte man bei der angelernten Ansicht. Man
nahm zu allerhand Verwachsungen von Organen,
die nie getrennt gewesen waren, seine Zuflucht.
Seit länger als 3 Jahrzehnten haben wir in un-
seren Vorlesungen und sonst gegen diese Ansicht
gesprochen und die Behauptung aufgestellt, dass sehr
viele Früchte nicht aus blattartigen Organen entstan-
den, sondern Theile des Stengels sind. Seit weni-
gen Jahren treten auch Andere unserer Ansicht bei.
Bereits haben es auch tüchtige Botaniker, wie Sachs
in der neuesten Auflage seines nicht genug zu em-
pfehlenden Handbuches der Botanik, durch gewissen-
hafte Entwickelungsgeschichten auf das Evidenteste
nachgewiesen.
Wenn wir den Fruchtknoten in den verschiede-
nen Blüthen näher betrachten, so findet man, dass
die Blüthenhüllen ihn oder
am Rande seines Gipfels stehen. Im ersteren Falle
nennt ihn seit sehr langer Zeit einen oberen,
Da-
zwischen gibt es, wie man besonders bei den Saxi-
entweder einschliessen
man
im letzteren Falle einen unteren Fruchtknoten.
fragaceen sehen kann, eine Menge Beispiele, wo der
Fruehtknoten halb- oder nur zu eimem Viertel unter-*
ständig ist und der übrige Theil in die Blüthe hin-
einreicht.
Bei
Regel (nicht immer) blattartige Gebilde, aus denen
den oberen Fruchtknoten sind es in der
134
er entsteht, bei den unteren aber nie. Um diesen
aber auf gleiche Weise entstehen zu lassen, nahm
man botanischer Seits an, dass die Fruchtblätter bei
dem unteren Fruchtknoten mit den Kelchblättern ver-
wachsen wären. Der Ausdruck: „Kelch mit dem Frucht-
knoten verwachsen“ ist bei dem unteren Fruchtkno-
ten mit der Zeit so üblich geworden, dass es fast
kein systematisches Buch und keine Flora irgend
einer Gegend gibt, wo dieser durchaus falsche Aus-
druck für den unteren Fruchtknoten nieht vorkäme.
Es wird aber jeder Unbefangene bei-
stimmen, dass, wenn der Keleh mit dem Fruchtkno-
ten wirklich verwachsen ist, beide doch einmal ge-
trennt gewesen müssen. Jedes Verwachsen
setzt nach menschlicher Logik ein Getrenntsein vor-
aus. Bei dem unteren Fruchtknoten zeigt aber jede
nur einiger Maassen genaue Untersuchung, dass nie
eine Trennung ın 2 Theile: in einen Fruchtknoten
und in einen diesen umhüllenden Kelch, vorhanden
sewesen ist. Viele selbst sonst sehr tüchtige Bota-
niker geben dieses auch zu, beharren aber trotzdem
auf ihrer Ansicht, indem sie sagen, dass Keleh und
Fruchtknoten in
gewiss
sein
diesem Falle wenigstens in der
Idee als ursprünglich getrennt, später hingegen als
verwachsen betrachtet werden müssten, weil die
Blattnatur des Fruchtknotens ein Naturgesetz
Selbst der in diesen Tagen leider verstorbene Hugo
v. Mohl in Tübingen, ohne Zweifel einer unserer
sediegensten Botaniker, dem die Wissenschaft eine
zanze Reihe der wichtigsten Entdeckungen verdankt,
beharrte bei der Untersuchung der Umbelliferenfrucht,
welche ihn das Gegentheil von seiner Ansicht, näm-
sei.
lich kein Getrenntsein des Fruchtknotens in Kelch
und in den eigentlichen Fruchtknoten, finden liess,
doch bei seiner Ansicht, weil — wie er sich aus-
drückte — ausserdem der Fruchtknoten blattartizer
Natur sei, er auch hier aus Blättern ent-
standen sein müsse.
Um die Bildung des unteren Fruchtknotens, mit
demnach
der die der sogenannten Rosenfrucht, des Kernobstes
und der Feige vollständig übereinstimmt, zu verste-
hen, ist es auf die Art und
Weise des Wachsens der Pflanzen etwas näher ein-
Die Zelle, der
behält, selbst bei den höheren Pflanzen, immer noch
nothwendig, zuvor
zugehen. Anfang alles Lebendigen,
eine gewisse Selbständigkeit, während sie bei dem
Thiere diese vollständig verliert und in dem Ganzen
Man
und noch thätige Zellen von der Mutterpflanze will-
untergeht. kann bei den Pflanzen lebendige
kürlich trennen und sie bilden ausserhalb dieser,
wenn man ihnen sonst die nöthigen Lebensbedin-
zunzen zur Verfügung stellt, ein neues Individuum.
Die Zelle hat bei Pflanzen und Thieren stets nur
eine bestimmte Zeit, in der allein sie ihre Thätigkeit
entfaltet; während sie sich aber bei den Thieren
regenerirt, d. H. immer vom Neuen ersetzt, geschieht
dieses bei den Pflanzen nur ausnahmsweise und ohne
für ihr Leben von Bedeutung zu sein. Die pflanz-
liche Zelle, welche ihre Thätigkeit abgeschlossen hat,
wird nicht, wie bei dem Thiere, aufgesaugt, sondern
bleibt in der Regel in der Pflanze und dient längere
Zeit dauernden Individuen gleichsam als Gerüste, auf
dem die Entwiekelung gleicher neuer und lebens-
thätiger Zellen fast ohne Unterbrechung weiter ge-
schieht. Diese letzteren führen meist den Namen
Kambium und befinden sich hauptsächlich an der
Pflanze nach aussen, wo die Entfaltung ihrer chemisch-
physikalischen Thätigkeit, also ihre Wechselwirkung
nach aussen, auch am Besten und Leichtesten ge-
schehen kann.
Das Wachsthum bei den meisten Thieren geschieht
nach allen Seiten, bei den höheren Pflanzen haupt-
sächlieh nur nach einer Richtung hin, nach oben.
Das Thier bleibt in den meisten Fällen einfach, die
Pflanze hingegen bildet neue Zellen - Vereinigungen,
welche zwar mit der Mutterpflanze vereinigt bleiben,
aber doch eine Art selbständigen Lebens führen.
Diese Zellen-Vereinigungen bilden weiter entwickelt
und vergrössert die Aeste und Zweige. Jedes Pflanzen-
Individuum, aber ebenso die von ihm ausgegangenen
Aeste und Zweige, bestehen aus einem meist in die
Länge gezogenen Grundorgan, was man im gewöhn-
lichen Leben Stengel nennt, wissenschaftlich aber
als Achse bezeichnet wird. Dieses Grundorgan
wächst ebenfalls hauptsächlich nur an seinem oberen
Theile durch stete Neubildung von Zellen weiter und
verlängert sich damit. Seitlich gehen aber von ihm
meist flächenartige Gebilde ab, welche man Blätter
(in der Wissenschaft Appendikulärtheile) nennt
nur bis zu einem gewissen Grade ver-
grössern. Sie sind es, welche das zur Umbildung
des rohen, eben erst aufgenommenen Stoffes in den
eigentlichen Nahrungsstoff nothwendige Chlorophyll
hauptsächlich enthalten. Aus diesen Appendikulär-
theilen bilden sieh alle übrigen Pflanzenorgane, wie
durch ein-
und sich
man sagt, durch die Metamorphose, d. h.
fache Umwandlung, und zwar von den Kotyledonen
bis zu den Eihüllen.
Die Achse (Stengel, Ast oder Zweig) wächst,
in sofern sie nieht schliesslich verkümmert, so lange
nach oben weiter, bis die Zeit der Vermehrung des
Individuums auf geschlechtliicehem Wege kommt, mit
anderen Worten, bis eine Blüthe sich zeigt. Diese
reicht an dem obersten Theil der Achse soweit herab,
135
als Appendikulättheile bei den Vorbereitungen zu der
Vermehrung mitwirken. In der Regel besteht eine
Blüthe aus zwei Reihen metamorphosirter Blätter,
welche man Keleh und Krone nennt, und aus einer
oder mehreren anderen Reihen, welche eine ganz
eigenthümliche Umbildung erhalten und bestimmt sind,
die befruchtenden Zellen (den Blumenstaub, resp. die
Pollenschläuche) zu bilden. Es sind dieses die Staub-
sefässe. Endlich sind oft noch in der Mitte der
Blüthe metamorphosirte Blätter vorhanden, welche
als sogenannte Frucht- oder Karpellarblätter die Eichen,
d. h. die Anfänge der Samen, einschliessen und den
Stempel, dessen unterer meist rundlicher und hohler
Theil deshalb Fruchtknoten heisst, weil aus ihm die
Frucht entsteht, darstellen.
Der oberste Theil der Achse, auf dem die ge-
nannten metamorphosirten Blätter: Kelch, Krone,
Staubgelässe und Fruchtblätter, sich befinden, heisst
der Blüthenboden. Bei den meisten Blüthen nimmt
er keinen grossen Raum ein; bisweilen streckt sich
aber der Raum zwischen den einzelnen bestimmten
und eben genannten Reihen umgeänderter Blätter,
besonders zwischen Krone und Staubgelässe oder
zwischen diesen und dem Stempel etwas, so dass
dieser schliesslich gestielt erscheint und auch als
Stempelträger bezeichnet wird. Sind viele Stempel
in einer Blüthe vorhanden, so streckt sich wohl auch
der Blüthenboden zu ihrer Aufnahme weit mehr in
die Länge, wie es bei der Erdbeerblüthe, in noch
höherem Grade bei Myosurus minimus und bei den
Magnolien ist. In einigen Fällen wächst aber auch
der Blüthenboden zwischen den Fruchtblättern, die
also in diesem Falle nicht die Mitte einnehmen, weiter
und bildet in der Höhlung des Fruchtknotens den
Träger (Centralplacenta) der Eichen, resp. später der
Samen. Es ist dieses beispielsweise bei der Blüthe
der Primulaceen der Fall.
Es kommt aber auch vor, dass an dem eigent-
lichen Mittelpunkte des Gipfels einer Achse das
Wachsthum aufhört, während rings herum die neu
sich bildenden Zellen in die Höhe getrieben werden.
Es ist dieses eine Erscheinung, die schon bei den
Stempelgebilden der Farnkräuter vorkommt. Sobald
dieses der Fall ist, muss die eigentliche Mitte des
Gipfels einer Achse um so tiefer liegen, als Zellen
sich am Rande bilden und ringsum sich erheben.
Es entsteht damit eine Vertiefung, die anfangs nur
gering ist und auch schwach bleiben kann. Stehen
in dieser schwachen Vertiefung die Fruchtblätter zu
einem Stempel verwachsen, so. erhält man einen
halbunterständigen Fruchtknoten.
Ist diese Vertiefung aber bedeutend, so dass
sie mit dem sie einschliessenden Rande die Form
eines Bechers erhält, so befinden sich die Frucht-
blätter entweder in dieser oder sie stehen amı Rande,
die Oeffnung schliessend; in der Vertiefung selbst
haben dagegen die Eichen sich entwickelt. In bei-
den Fällen nennt man den Becher, sowohl mit den
eingeschlossenen Fruchtblättern, als auch, wenn
nur Eichen enthält, einen unteren Fruchtknoten.
Beispiele für den letzteren Fall sind die Stachel-
beere, für den ersteren die Rosenfrucht und das
Kernobst. DBeiderlei letzte Früchte unterscheiden
sich nur dadurch, dass die geschlossenen Frucht-
hlätter, resp. die Stempel, bei der Rosenfrucht an der
Wand des oben offenen Fruchtbechers befestigt sind,
ohne mit diesem oder unter sich zu verwachsen,
bei dem Kernobste hingegen verwachsen die Stempel
nicht allein unter sich, sondern auch mit der Wand
des Bechers, und bilden in dem Apfel das sogenannte
Kernhaus. Bei Cotoneaster (der Zwergmispel) ge-
schieht die Verwachsung der Fruchtknoten nicht
unter sich, sondern nur mit der Wand des Bechers.
er
Dergleichen becherartige Bildungen am Ende
einer Achse kommen aber auch ausserdem vor. So
ist die Feige eine solche Bildung. Sie unterscheidet
sich von dem unteren Fruchtknoten und dem Kern-
obst nur dadurch, dass in der Höhlung des Bechers
nicht Eichen oder Stempel eingeschlossen werden,
sondern die ganzen Blüthen (Staubgefässe, Stempel
und Blüthenhülle), sogar meist noch mit Deekblättern
versehen.
Eine eigenthümliche Einschliessung von Frucht-
blättern oder Stempeln, resp. Früchten in einer Höh-
lung kommt bei einigen, zu dem Genus Nelumbium
sehörigen Seerosen vor. Hier erweiteıt sich der
Blumenstiel plötzlich und bildet auf dem Gipfel eine
ebene Fläche von 1 Zoll und mehr Durchmesser.
Während ringsum auf der Fläche zahlreiche Blumen-
blätter und Staubgefässe stehen, entwickeln sich auf
ihr selbst die Fruchtblätter. In der Weise, als diese
ihre Ausbildung erhalten, erhebt sich bei der weite-
ren Entwickelung des Fruchtknotens zur Frucht rings-
um das Zellgewebe und schliesst die Früchte endlich
vollständig ein.
Es gibt endlich auch Stempel, resp. Früchte,
welche, trotzdem sie oberständig sind, doch nicht
aus Blättern entstanden sind. In diesem Falle wächst
die Achse, also die Spitze des Blüthenstieles, nach-
dem sich Kelch, Krone und Staubgefässe seitlich ge-
bildet haben, in der Länge weiter, wie bei Cappari-
daceen und Passifloraceen, und bildet schliesslich
durch Weiterwachsen am Rande (aber nicht der
Mitte), einen Becher, der die Eichen einschliesst und
186 _
an seiner Mündung durch kleine Fruchtblätter ge-
schlossen wird. Hier wird. der Fruchtknoten durch
einen Stiel in der Blüthe getragen. Bei den Liliaceen
geschieht dagegen die Bildung des Bechers alsbald
und der Fruchtknoten erscheint nicht gestielt.
Die Dracuneuleen,
Aroideen mit einem grossen Schirmblatte.
Eine interessante Aroidee der Abtheilung
der Dracunculeae erhielt der Chef des Luxemburg-
Gartens in Paris, Riviere, vor mehrern Jahren di-
rekt aus Cochinchina, wahrscheinlich daselbst im Hoch-
zebirge wachsend, und wurde von dem Direktor des
botanischen Gartens in Bordeaux, Durieu de Mai-
sonneuve, Amorphophallas Rivieri genannt.
Eigenthümlich ist die Anwendung, welche man jetzt
in Paris mit dieser Pflanze macht und wohl verdient,
dass auch sie bei uns nachgeahmt werde.
Zum besseren Verständniss werden wir uns aber
zuvor erlauben, über die ganze Abtheilung der Dra-
aus
euneuleen einige erläuternde Worte zu sagen.
Sämmtliche Arten haben die Eigenthümlichkeit,
dass sie im Frühjahre zuerst einen grossen Blüthen-
stand in Form eines Kolbens (Spadix), der von einer
grösseren oder kleineren Blüthenscheide (Spatha)
eingeschlossen wird, einem kürzeren oder län-
geren. Stiel hervorbringen. Dieser Kolben haucht in
der Regel einen so unangenehmen, möchte
wirklich bisweilen sagen, pestilenzialischen Geruch
aus, dass selbst Aasfliegen herbeigelockt werden,
um ihre Eier darauf zu legen. Dazu kommt noch
die braune, etwas unheimliche Farbe der Blüthen-
scheide.
Nach einer Dauer von 3 bis 10 Tagen fällt die
Blüthenscheide mit oberen Theile des
Blüthenkolbens ab und es entwickelt sich nur
untere Theil mit den Stempeln weiter, bis diese
schliesslich zur reifen und saltigen Frucht geworden
sind. Die wärmeren Gegenden stammenden
Arten bringen bei aber keine Früchte hervor;
es wird deshalb nicht nur der obere Theil des Kol-
bens abgeworfen, sondern auch der untere geht mit
auf
man
meist dem
aus
uns
dem ihn tragenden, bisweilen mehre Fuss hohen
Stiel alsbald zu Grunde.
Dafür erhebt sich dicht neben dem alten Blüthen-
stiel eine Blattknospe der Erde, sprengt ihre
Hüllen und es kommt ein einziges Blatt hervor, dessen
Stiel schliesslich einigen Arten zu einer
Länge von 8 und selbst 10 Fuss hoch werden kann.
aus
bei bis
N
der |
|
Er hat an der Basis oft 1 Zoll und mehr im Durch-
messer und ist, ähnlich wie bei einer Schlange oder
wie bei dem mythologischen Drachen, bunt gefärbt.
Diese bunte Färbung gab Linne Veranlassung zur
Benennung zweier hierher gehörigen Geschlechter:
Draeuneulus und Dracontium, während spätere Bo-
taniker noch die entsprechenden und darauf
züglichen Genera Sauromatum und Pythonium
stellten.
Dem Gipfel des langen Blattstieles liegt die viel-
fach zusammengesetzte Blattfläche auf und bildet
einen Schirm, der über 3 Fuss Durch-
messer besitzt und bis in den Herbst hinein grün
bleibt. Dann stirbt auch er ab und es beginnt für
die Pflanze die Zeit der Ruhe, indem sie sich auf
den der Erde Knollen zurückzieht.
Vorher sind jedoch in der eben vorausgegangenen
Vegetations-Periode die Blüthen- und Blattknospen,
aus denen im nächsten Frühjahre wiederum Blüthe
und Blatt hervorgehen, angelegt worden. Wenn auch
bei Hyaeinthen und anderen Liliaceen ganz gleiche
Verhältnisse, wie eben bei den Draceunculeen, geschil-
dert sind, vorkommen, so fallen diese doch keineswegs
bei den genannten Pflanzen so sehr in die Augen. '
Die Anwendung der Dracunculeen, und besonders
der Art, welehe den Namen Amorphophallus Rivieri
in Paris erhalten hat, besteht darin, dass sie während
der guten Zeit ins Freie, am besten auf ein nicht zu
grosses Rasenstück oder doch wenigstens in die Nähe
des Weges gepflanzt wird. Sowohl während der
Blüthenzeit,. als noch mehr wenn die grossen Blätter
sich entwickelt haben, nimmt sich die Pflanze, einzeln
be-
auf-
bisweilen
in befindlichen
oder bei dem nöthigen grossen Raume zu einer Gruppe
zusammengestellt, gut aus und trägt zur Mannigfaltig-
keit eines Gartens nicht wenig bei. Dass alle grossen
Amorphophallus-Arten, wie A. campanulatus, oder die
nur im warmen Amerika wachsenden Dracontien im
Freien gedeihen, möchten wir bezweifeln, da die
meisten von ihnen gegen anhaltende Feuchtigkeit in
der Luft, besonders bei kühler Temperatur sehr
empfindlich sind. Es müssten jedoch erst zu diesem
Zwecke Versuche gemacht werden.
(Sehluss folgt.)
In dem Versuchsgarten des Vereines sind zur
Vertheilung an Mitglieder besonders schöne Stief-
mütterchen (Viola tricolor - altaica maxima) erzogen
worden. Wer darauf reflektirt, wird ersucht, sich
bis zum 9. Mai bei dem Inspektor Bouche. im bota-
nischen Garten zu melden.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pllanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch.
General-Sekretär des Vereines.
Berlin,
No. 18.
A
1822.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Die Rüstern, eine monographische Skizze. — Die Feigenbäume Aegyptens. —
Die Dracuneuleen (Schluss).
Die Rüstern.
Eine monographische Skizze.
Kein Waldbaum, selbst die Eiche nicht, hat in
der Geschichte der grossen Kulturvölker Europa’s
von jeher eine so gewichtige Rolle gespielt, als der
Rüster. Behauptet man doch englischerseits, dass
der Name Ulme oder Elm von dem ältesten ge-
schichtlichen Volksstamme Europa’s, den Gälen, be-
reits für unsern Rüster gebraucht worden wäre. Und
in der That befindet er sich noch in allen europäi-
schen, selbst in den slawischen Sprachen. Nur die
germanischen Sprachen besitzen für den Baum aus-
serdem noch die ihnen eigenthümlichen Namen von
Rüster und Yper.
Bei den Griechen, welche das Wort Ulme gar |
nicht in ihrer Sprache haben und es durch Ptelea
ersetzen, war der Rüster trotzdem, wahrscheinlich
wegen der dunkelen Farbe der Blätter, den Göttern
und Bewohnern der Unterwelt geweiht. Achilles
setzte dem Vater seiner Andromache ein Denkmal in
einem Rüsterhain. Noch beliebter und weit mehr
angebaut war der Rüster bei den Römern, welche
ihn hauptsächlich benutzten, um die Weinrebe an
ihm emporklettern zu lassen. Ovid und Virgil nen-
nen ihn vielfach, besingen ihn aber auch in ihren
Schriften.
Der römische Rüster, Ulmus campestris, ist eine,
wie es scheint, nur südländische Art, während der
Bergrüster, U. scabra, obwohl er in unseren nordi-
schen Wäldern weit grösser und auch, man möchte
ten ihn in der Nähe ihrer Wohnungen an.
| breitung erhielt.
sagen, malerischer wächst, in gärtnerischer Hinsicht
während der früheren Zeit nie zu einer Bedeutung
gekommen zu sein scheint, sondern diese erst in der
neueren Zeit erlangt hat: Anders ist es in kulturge-
schichtlicher Hinsicht. Bei den alten Bewohnern Eng-
lands, den Gälen, scheint er ein heiliger Baum ge-
wesen zu sein, denn sie hingen beispielsweise die
Felle der von ihnen erlegten Wölfe an seinen Aesten
auf. Der Feldrüster war damals noch nicht jenseits
des Kanales eingeführt. Dass seine Einführung aber
frühzeitig geschah, unterliegt kaum einem Zweifel,
denn die Römer brachten mit der Zeit, als sie die
britischen Inseln dauernd besetzten, wahrscheinlich
ihren Lieblingsbaum, den Feldrüster, mit und pflanz-
Wie das
Land allmählig für den Feldbau mehr urbar gemacht
wurde, verschwanden die Wälder und demnach mit
ihnen auch der Waldrüster, während der: Feldrüster
von Jahrhundert zu Jahrhundert eine grössere Ver-
Bei seiner leichten Vermehrung durch
Wurzelschösslinge — in England trägt der Feldrüster
noch weniger keimfähigen Samen, als bei uns —
Natürlicher Weise
Vorkommen offene
Feld, während man ihn nirgend in Wäldern anpflanzte.
Deshalb erhielt er von Linn& auch den Namen Ul-
mus campestris, d. i. Feldrüster, während Philipp
Miller, sein Zeitgenosse in England, ihn, weil er
ihn für eine Kulturpflanze hielt, Ulmus sativa nannte.
Noch jetzt findet man ihn allenthalben jenseits des
Kanales nur in der Nähe von Dörfern und zu Alleen
18
konnte dieses leicht geschehen.
beschränkte sich sein aul das
an Wegen verwendet. Als der natürliche Garten-
styl in der Mitte des vorigen Jahrhunderts sich Bahn
brach, spielte der Feldrüster auch in den Parks der
grossen Grundbesitzer, wie in den öffentlichen An-
lagen, eine grosse Rolle.
In Frankreich war in der vorchristlichen Zeit
die Eiche der heilige Baum, unter dem die Druiden
ihre Altäre aufbauten. Ob U. campestris ursprüng-
lich, wenigstens im Osten und Westen Frankreichs,
vorkam oder ebenfalls erst von den Römern bei der
dauernden Besetzung des Landes eingeführt wurde,
lässt sich nicht mehr entscheiden, das Erstere möchte
aber, wenigstens für die mittleren und südlichen De-
partements, das Wahrscheinliche sein. Eine Bedeu-
tung erhielt der Feldrüster erst unter der Regierung
Franz I., welcher wahrscheinlich in Folge seines öf-
teren Aufenthaltes in Italien ihn hatte schätzen lernen.
Unter Heinrich IV. war es besonders Sully, welcher
für seine Verbreitung sehr viel gethan zu haben
scheint, denn nach 2 Jahrhunderten führten noch alte
Rüsterbäume, unter denen man sich Abends ver-
sammelte, den Namen Sully und Heinrich IV. Be-
sonders waren sie als Allee-Bäume viel verwendet.
Lenötre liebte unter Ludwig XIV. den Baum eben-
falls. Die früheren Rüster-Alleen bei Versailles und
Paris verdanken meist ihm ihren Ursprung.
Die Liebe zu dem Feldrüster als Alleebaum ging
damals auch auf die Holländer über und ist noch
im hohen Grade in genanntem Lande vorhanden. In
Deutschland wurde er dagegen weniger als Allee-
Baum benutzt; man pflanzte ihn aber vielfach neben
der Linde als Einzelpflanze an. Als solchen sieht
man ihn noch vielfach in und bei Dörfern, um eben
so des Abends als Ort der Zusammenkunft zu die-
nen, als die eben genannte Linde.
Feldrüster auch später in Deutschland zum Allee-
Baum benutzt, doch nirgends allgemein.
Als in den 60ger und 70ger Jahren Nordamerika
mehr erschlossen und eine Menge Gehölze, haupt-
sächlich durch des damaligen Oberforstmeister Wan -
senheims Vermittelung, in Deutschland, noch mehr
aber durch die Besitznahme eines Theiles von Nord-
amerika in England eingeführt wurden, kamen auch
die nordamerikanischen Rüster-Arten nach Europa,
um vielfach in Anlagen und Gärten verwendet zu
werden.
Erst weit später wurde man auf den einheimischen
Waldrüster aufmerksam und nahm ihn ebenfalls in
Kultur. Da er als einheimisches Gehölz gut gedieh,
sich auch durch Samen sehr leicht vermehren liess,
sich weit mehr aus, als die nord-
amerikanischen Arten und wurde schliesslich selbst
so breitete er
Doch wurde der -
138
vorherrschend. Die letzteren verloren sich sogar
allmählig immer mehr und wurden von Jahr zu Jahr
seltener, so dass sie sich jetzt nur noch hier und
da in einigen alten Anlagen bei uns in Deutschland
vorfinden.
Es ist mehr als wahrscheinlich, dass in der Zeit,
wo die europäischen und nordamerikanischen Arten
vielfach in Anlagen, Parks und Gärten kultivirt wur-
den, der Waldrüster sowohl mit dem Feldrüster, als
auch mit den nordamerikaniseben Arten durch Kreu-
zung mannigfache Verbindungen eingegangen hat
und wir jetzt eine Reihe zwischenstehender Formen
besitzen, welche eine feste Bestimmung der ächten
Arten oft illusorisch machen. Säet man jetzt Rü- -
stern-Samen, den man meist aus dem Südwesten
Deutschlands bezieht, aus, so erhält man unter den
Sämlingen eine grosse Menge unter einander sehr
verschiedener Formen, die aber doch zum grössten
Theile dem Waldrüster näher stehen, als dem Feld-
rüster. Dergleichen Formen herrschen jetzt in unse-
ren Anpflanzungen in der Regel vor.
Leider haben die Rüstern viele Feinde unter
den Insekten. Von ihnen ist ein Käfer, der den be-
zeichnenden Namen Seolytus destructor (d. h. der
Verwüster) erhalten hat, der gefährlichste. Im freien
Felde und noch mehr in Wäldern scheint er weniger
Verwüstungen anzurichten, als in grossen Städten,
wo eine eingeschlosseneLuft und verschiedene andere
Umstände seiner Vermehrung sehr günstig zu sein
scheinen. Am schlimmsten ist er in Paris und in
Versailles aufgetreten, indem er die schönsten Alleen
daselbst, und ausserdem viele einzeln stehende grosse
Bäume, zum grossen Theil ganz und gar zu Grunde
gerichtet hat. An die Stelle der Rüstern ist zum
Theil für Alleen die kanadische Pappel getreten,
während man in der Stadt Paris, weil keine Rüster
mehr gedeihen will, die Platane anpflanzt. Ob die-
ser schöne Baum, wenn er grösser geworden ist,
auch ferner noch gedeiht, müssen wir abwarten.
Nicht viel besser ist es in London, wo eben-
falls der beliebte Rüster zu Tausenden von herr-
lichen Bäumen zu Grunde gegangen ist. Man sieht
aber deren doch noch, z. B. im Hydepark und in
dem Kensington-Garten, wagt aber ebenfalls kaum
noch, neue Rüstern anzupflanzen. Die neueren
Parks, wie der Regent- und Battersee-Park, haben
fast gar keine Rüstern. Nicht besser ist es in Berlin,
wo nach und nach all’ die schönen und grossen
Rüstern, hauptsächlich durch die Verwüstungen des
Scolytus destructor, zu Grunde gegangen sind und
ferner noch zu Grunde gehen.
Nach dieser hauptsächlich geschichtlichen Aus-
139
-einandersetzung gehen wir auf das Systematische der
Rüsterbäume über. Die früheren Botaniker stellten
sie mit mehrern milchenden Pflanzen, hauptsächlich
Gehölzen, wie den Feigen, Maulbeerbäumen u. Ss. w.,
so wie mit einer Reihe von Kräutern, welche sich
zum Theil durch Brennhaare auszeichnen, zu einer
grossen Familie zusammen, der man zuerst wegen
der steifen und kurzen Haare hauptsächlich auf den
Blättern den Namen der Scharfblättler (Scabridae)
gab, und dann Urtieaceae nannte. Sie alle zeichne-
ten sich durch sehr kleine, gedrängt wachsende
Blüthen aus, welche nur eine unscheinliche, meist
srünlich-gelbliche Blüthenhülle besitzen. Bei einem
Theile der hierher gehörigen Arten befinden sich
Staubgefässe und Stempel in einer und derselben
Blüthe, bei einem anderen Theile sind die Blüthen
dagegen getrennten Geschlechtes.
Später hat man die Scharfblätter oder Urtica-
ceen in 3, 4 und 5 besondere Familien getheilt und
liess sich bei der Trennung mehr durch das äussere
Ansehen und durch die geographische Verbreitung,
als durch in der Blüthe und Frucht liegende Merk-
male, leiten. So bildeten die krautartigen oder halb-
strauchigen Pflanzen der Scharfblätter, welche zum
Theil auch Brennhaare besitzen und deren Blüthen
in unregelmässigen Knäueln gedrängt stehen, die
ächten Urtieaceen, während die milchenden, haupt-
sächlich aus Gehölzen bestehenden Arten mit eigen-
thümlichen, flachen, gewölbten, oder umgekehrt aus-
gsehöhlten Blüthenständen die Moraceen darstellten.
Man machte selbst, je nachdem die Samen Eiweiss
besitzen oder nicht, 2 Familien daraus, von denen die
eine wiederum den Namen Moraceen führte, während
die andere als Artokarpaceen (Brotfruchtbäume) be-
zeichnet wurde. Die dritte, resp. die vierte im Ver-
hältniss kleine Familie bilden die Ulmäaceen mit
Blättern, deren beide Hälften auf jeder Seite des
Mittelnervs nicht gleichmässig entwickelt sind.
Während die Blüthen der eigentlichen Urtieaceen
und Moraceen getrennten Geschlechtes sind, findet
man bei den Ulmaceen in der Regel Stempel und
Staubgefässe in einer und derselben Blüthe. Auch
diese Familie haben die Botaniker, je nachdem die
Früchte Flügel- oder Steinfrüchte sind, in 2 Familien,
in die der eigentlichen Ulmaceen und in die der
Geltidaceen zerlegt.
In pflanzengeographiseher Hinsicht wachsen die
Ulmaceen (im weiteren Sinne) allein in der nördlichen
zemässigten Zone, während die Moraceen (im wei-
teren Sinne) hauptsächlich nur in den heissen und
warmen Ländern der Alten und Neuen Welt vor-
kommen. Die eigentlichen Urtieaceen haben eine
grössere Verbreitung, besonders aber auf der nörd-
lichen Erdhälfte und unter den Tropen, wo jedoch
der grösste Theil von ihnen vertreten ist.
Wir beschränken uns hier auf die ächten Rü-
stern, die von dem Pariser Botaniker Spach in
2 Untergeschlechter gebracht sind, je nachdem die
Blüthen vor oder nach der Entfaltung der Blätter
zum Vorschein kommen. Wo das letztere der Fall
ist, hat Spach sein neues Genus Mieroptelea ge-
nannt, weil die hierher gehörigen Arten im Verhält-
niss zu den übrigen Rüstern, welche meist nur
srosse Bäume darstellen, nur klein bleiben. Auch
diese wenigen, vorherrschend in wärmern Ländern
wachsenden Arten übergehen wir hier.
Aechte Rüstern sind bis jetzt nur 6 bekannt,
von denen 4 in der Alten Welt, und zwar vorherr-
schend in Europa und Nordasien, 2 hingegen in der
Neuen Welt ursprünglich zu Hause sind. Betrachten
wir sie etwas näher.
1. Der Feldrüster, Ulmus campestris L.
Mit Ausläufer; Rinde später rissig, in langen
Stücken sich lösend; Blätter eirundlich oder fast
rautenförmig und zugespitzt, auf der Oberfläche (we-
nigstens in der Jugend) meist mit kurzen, scharf sich
anfühlenden Haaren besetzt; Knospen rundlich oder
eirundlich, etwas zusammengedrückt, mit 4 oder 6
Schuppen; Flügelfrüchte kurz gestielt, völlig unbe-
haart; Samen im oberen Theile der Frucht, dicht
unter einem tiefen Einschnitte.
In der sehr langen Zeit, in welcher sich der Feld-
rüster in Kultur befindet, haben sich eine Reihe ver-
schiedener Formen gebildet, welche zum Theil von
einigen Botanikern als selbständige Art betrachtet
worden sind. Eine eigenthümliche Erscheinung ist
zunächst, dass sich an den jüngern, 2 bis 4, selten
bis 6 Jahre alten Aesten bisweilen durch eine Wu-
cherung der Rinde Kork, ähnlich wie bei dem Feld-
ahorın (Acer campestre), bildet. Früher glaubte man,
dass die Rüstern mit Kork eine selbständige Art bil-
deten, zumal sie in diesem Falle meist niedrig, selbst
strauchartig sind und ein mehr röthliches Holz be-
sitzen. Wenn der Rüster eine bedeutende Höhe, wie
bei unseren Allee-Bäumen, erreicht, so besitzen die
Aeste fast nie Einer der Botaniker des vo-
rigen Jahrhunderts, Ehrhart, nannte deshalb den
Rüster mit Kork Ulmus suberosa, den aber ohne
Kork U. nuda. Der Korkrüster kommt hier und da
auch als U. fungosa vor.
Wahrscheinlich ist es aber doch, dass im Süden
Europa’s, im nördlichen Oriente und in Sibirien es
strauchige Rüstern gibt, die gewöhnlich Kork bilden
und doch eine selbständige, von unserem Korkrüster
182
Kork.
140
verschiedene Art darstellen. Eine solche befindet sich
jedoch bei uns noch nieht in Kultur,
Von dem Feldrüster kann man 3 Hauptabarten
unterscheiden. Die Abart mit kleinen, anfangs in der
Regel glatten Blättern ist in England sehr beliebt und
in einer Reihe von Formen vertreten, die auch nach
Deutschland gekommen sind. Die niedrigen, oft mit
Kork versehenen Formen übergehe ich, und bemerke
nur, dass sie sich sehr gut zu Hecken gebrauchen
lassen und hier und da, besonders in Mitteldeutsch-
land, auch dazu verwendet werden. Die kleinblätt-
rigen, nicht strauchartigen, also hohen Rüstern breiten
ihre Aeste entweder mehr nach den Seiten aus und
erhalten damit eine breite Krone oder die Aeste ste-
hen in einem geringen Winkel von dem Stamme ab
und die Krone hat mehr oder weniger das Ansehen
einer Pyramidenpappel.: Mit. breiten. Kronen waren
2 Rüster jenseits des Kanales besonders beliebt und
früher auch bei uns viel angepflanzt. Es sind dieses
U. sarniensis und cornubiensis, die Rüstern von
Jersey und ‘Cornwallis. Sonst haben die beiden
Rüstern auch die Namen U. parvifolia, mierophylla
und betulaefolia erhalten. .Zu Ende des vorigen
und zu Anfang dieses Jahrhundeiıts kamen sie auch
endlich in Deutschland als U. nemorosa Borkh. vor.
Der Pyramiden - Rüster führt, je nachdem die
Krone breiter oder schmäler ist,: den Namen Ulmus
strieta oder fastigiata. Vor einem Paar Jahr-
zehnten hat der Besitzer der früheren Rinz’schen
srossen Handelsgärtnerei in Frankfurt a. M. von der
letztern eine Form aus Samen gezogen, wo eine kurze
Verästelung des Stammes schon nahe dem Boden
begann, der Baum selbst nicht hoch wurde und ein
säulenförmiges Ansehen besass. Rinz legte ihr da-
mals deshalb auch den Beinamen monumentalis bei.
Eine ähnliche, aber mehr: monströse Form, die
eigentlich mehr durch Misshandlung der Menschen
entstanden ist, weil man sie als Schlagholz benutzte
und sie zu diesem Zwecke an Wegen anpflanzte, als
durch freies, natürliches Wachsthum, ist: Ulmus tor-
tuosa. Sie kommt besonders im Norden Frankreichs,
hauptsächlich in der Normandie vor. Die seitlichen
Aeste besitzen hier ein durch die öfteren Verstüm-
melungen hervorgerufenes knorriges Ansehen; es ent-
standen an den kurzen Aststummeln Knospen, die
zum Theil nicht zur Entwickelung kamen und dadurch
zur Bildung grösserer und kleinerer Auswüchse An-
lass gaben. Die Franzosen nannten diesen Rüster
deshalb ebenfalls Tortillard und bezahlten das ma-
serige und wimmerige Holz desselben um hohe Preise
als Nutzholz.
Während im Allgemeinen die Blätter des klein-
blättrigen Feldrüsters eine dünne Textur haben, be-
sitzt man doch auch Formen, wo diese härter und
dauerhafter ist. In England besitzt man sogar eine
Form, wo die sehr harten Blätter erst spät im Winter
abfallen und selbst bis zum Frühjahre, wenn wie-
derum neue Blätter kommen, dauern. Sie wird ge-
wöhnlich als U. virens bezeichnet.
Von der grossblättrigen Abart, welche übrigens
allmählig in die kleinblättrige übergeht und früher
oft unter dem Namen U. carpinifolia, also der
hainbuchenblättrigen, vorkam, gibt es keine hervor-
ragenden Formen. Sie ist es, welehe bei uns, be-
sonders in der Nähe von Dörfern, aber auch in
kleineren und grösseren Städten, seit alter Zeit viel
angepflanzt wurde und sich noch in Alleen u. s. w.
vielfach vorfindet. In den Niederlanden war sie be-
sonders beliebt und wurde von da als holländischer
Rüster (Ulmus hollandica) verbreitet. In Wäldern
habe ich sie nirgends gesehen, wohl aber in kleineren
Gehölzen, welche vereinzelt vorhanden sind oder
srösseren Wäldern sich anlehnen.
Die dritte Abart des Feldrüsters hat ebenfalls
ziemlich grosse Blätter, aber mit sehr schwacher oder
gar keiner Behaarung. Dieses ist die Ursache, warum
sie Phil. Miller unter dem Namen U. glabra als
selbständige Art beschrieb. Man hat sie in Deutsch-
land zwar ebenfalls, aber nur vereinzelt, während sie
jenseits des Kanals als Essex-Rüster (Ulmus exo-
niensis) eine grosse Verbreitung besitzt. Unter
diesem Namen hat man aber noch einen zweiten,
zum Waldrüster gehörigen Baum, wie wir später
sehen werden.
Von dem Feldrüster existiren einige buntblätt-
rige Sorten, die aber nie eine Bedeutung erhalten
haben. Nur eine macht eine Ausnahme und wurde
in Belgien von einem gewissen Rosseels zufällig
aus Samen erzogen; die ganzen Blätter besitzen hier
eine goldgelbe Farbe und der Baum scheint nur
niedrig zu bleiben. Sie hat von ihrem Züchter den
Beinamen aurea erhalten, während man sie in Eng-
land als U. Rosseelsii bezeichnet.
(Schluss folgt.)
Die Feigenbäume Aegyptens.
Das alte Land der Pharaonen befand sich vor
Tausenden von Jahren in einer bewunderungswür-
digen Kultur. Von ihm, wenn auch nicht direkt,
so doch indirekt durch die Verbindung mit den
oberen Nilländern, d. h. mit den abessinischen Ge-
birgen, verbreitete sich die Kultur nordwärts nach
Br
(den Ländern des Örientes und nach Griechenland.
Das Haupt-Getreide, was hier gebaut wurde, war da-
mals schon der Weizen. Gewiss hat man mehr Ur-
sache, das Vaterland des Weizens in den abessini-
sehen Gebirgen zu suchen, als in den südlichen Län-
dern des Orientes oder in Östindien.
Ob ausser dem eigentlichen Nilthale, was all-
jährlich dureh den Fluss aus den Gebirgen den be-
fruchtenden Schlamm erhielt, in jener uralten Kultur-
zeit noch Land zum Anbau vorhanden gewesen ist,
wissen wir nicht, bei der grossen Bevölkerung, welche
damals aber in Aegypten war, ist es wahrscheinlich.
Zum Theil mögen die Wüsten eben so späteren Ur-
sprunges sein, als die der heutigen Länder am un-
tern Euphrat und Tigris, also des alten Babyloniens.
Wie mit dem Verfalle des babylonischen Reiches
das früher so ungemein fruchtbare Land des untern
Euphrat und Tigris allmählig mit Gerölle und Flug-
sand überschüttet und damit zur Wüste umgewandelt
wurde, so mag es gewiss auch in Aegypten seit dem
Untergange der älteren Pharaonen mit einigen Ge-
senden gewesen sein.
So viel steht fest, dass die Vegetation der früh-
sten Zeit Aegyptens im Allgemeinen eine andere war,
wie jetzt; es geht dieses auch aus den Ueberbleibseln,
aus den ältesten Hieroglyphen, deutlich hervor, wo
auch pflanzenfressende Thiere verzeichnet sind, welche
man jetzt in dem eigentlichen Aegypten vergebens
sucht. Ist doch der Papyrus der Alten, der dereinst
in grösster Menge in Aegypten wuchs, fast ganz aus
Aegypten verschwunden! Mit andern Pflanzen ist es
gewiss ähnlich gegangen. Was sich aus jener vor-
seschichtlichen Zeit erhalten hat und was später in
Aegypten eingeführt wurde, näher zu bestimmen,
möchte Aufgabe von Naturforschern sein, die nach
allen Richtungen hin das Land erforscht haben und
uns manche Thatsache von den interessanten Wan-
derungen der Pflanzen bringen.
Zu den Bäumen des ältesten Aegyptens rechnen
wir die Sykomore, eine Art Feigenbaum mit glän-
zenden und lederartigen Blättern. Die Feigen dieses
Baumes, den Linne Ficus Sycomorus genannt hat,
sind keineswegs von der Güte, wie die des ächten
Feigenbaumes (Ficus Carica), wurden aber früher all-
semein vom Volke gegessen und bilden auch heut
zu Tage noch eine Nahrung der Aermeren. Nicht
weniger waren sie ein Arzneimittel und wurden, na-
mentlich bei entzündlichen Geschwüren ,
um diese zu zeitigen.
In der Revue horticole befinden sich einige fort-
laufende Artikel über die heutigen Gärten Aegyp-
tens von Delchevalerie, welche grosses Interesse
aufgelegt,
bäumen gemeinschaftlich hat,
besitzen und uns Gelegenheit gegeben haben, einige
Mittheilungen über die Feigenbäume Unter-Aegyptens
zu machen. Was zunächst die eben genannte Sy-
komore anbelangt, so besitzt sie selten einen graden
Stamm, sondern sie theilt sich kaum 1 bis 3 Fuss hoch
von dem Boden und wiederholt diese Theilung nach
oben verschiedene Mal, bis schliesslich der laub-
tragende Theil des Baumes kommt. Auf diese Weise
wird die Sykomore, wie man sich denken kann, sehr
breit und ihre Krone nimmt, wie wir alsbald schen
werden, einen bedeutenden Umfang ein.
Das Eigenthümlichste an diesem Baume ist, was
er allerdings auch mit sehr vielen anderen Feigen-
dass von den Haupt-
ästen zahlreiche Luftwurzeln senkrecht herabsteigen
und in den Boden eindringen, um
Pflanze, deren eigentliche Wurzel vielleicht kaum
den achten und zehnten Theil ernähren
ausserdem nöthige Nahrung zu geben. Diese Adven-
tiv-Wurzeln, wie man in der Wissenschaft dergleichen
aus dem Stamme oder
mende Wurzeln nennt,
stärker und vertreten in diesem. Falle nicht selten
den Hauptstamm, der bisweilen von selbst abstirbt
und oft schon abgehauen worden ist, ohne dass die
Pflanze dabei Schaden nahm.
Wir haben’ in unseren Zimmer-Kulturen eben-
falls Pflanzen, wo aus dem Stamme dergleichen Ad-
ventivwurzeln hervortreiben. die
bekannte Monstera Lennea (das alte Philodendron
pertusum). Wie oft ist nicht hier der Theil des
Stammes, der in die Erde herabsteigt, auf gleiche
Weise, wie bei der Sykomore, abgestorben? Die
Pflanze wird dann durch die in die Erde herabstei-
senden Adventiv- oder Luftwurzeln, man hier
ebenfalls sagt, ernährt. Das auffallendste Beispiel der
Art sahen wir in dem botanischen Garten in Lüttich.
Hier war es aber eine andere Aroidee, und zwar
das durch seine grossen Blätter ausgezeichnete Phi-
lodendron maerophyllum. Das Exemplar mochte den
Durchmesser von 6 bis 8 Fuss besitzen und
durch ein von der Decke eines ziemlich hohen Hau-
ses herabgehendes Seil in Schwebe erhalten.
Aus dem sedrängten Stamme kamen
eine Menge von Adventivwurzeln herab und waren
zum Theil vertrocknet, zum Theil aber hinab in den
Boden gedrungen. Einige dieser Adventiv-Wurzeln
hatten eine Länge von über 20 Fuss.
Delchevalerie erzählt, dass in einem Garten
der Insel Rhoda, wo früher das alte Kairo lag, eine
nur 30 Jahre alte Sykomore existirt, die trotz ihres
geringen Alters einen bedeutenden Umfang erreicht
der mächtigen
kann, die
den Aesten hervorkom-
Jahr zu Jahr
aus
werden von
Wir erinnern an
wie
war
der
kurzen und
hat. Es haben sich hier, von dem Dache der Krone
des Baumes ausgehend, so viele Adventiv-Wurzeln
gebildet, dass eine Art Galerien entstanden ist, unter
denen man spazieren gehen kann. Einige von diesen
Adventiv-Wurzeln sind so gross und stark geworden,
dass sie, Säulen gleich, die eigentlichen Stützen des
Baumes bilden. Aehnliche schöne und nicht minder
Junge Bäume sollen sich in Alexandrien, und zwar
in dem Garten des Khedive, befinden.
In Aegypten wächst, wie es scheint, schon seit
sehr langer Zeit auch der Feigenbaum der Pagoden
(Fieus bengalensis), und bildet wenn auch nicht
solche bedeutende Bäume, wie in dem eigentlichen
Vaterlande Ostindien, erhält aber eine solche Grösse,
dass selbst unsere stärksten Eichen und Linden ihnen
noch nicht gleichen. So existiren in einigen Gärten
des Nildelta’s einige Bäume des Pagoden-Feigen-
baumes zwar nur mit einer Höhe von ziemlich 100
Fuss, der Durchmesser der ausgebreiteten Laubkrone
beträgt aber noch um die Hälfte mehr, also gegen
150 Fuss. Welchen Schatten muss ein solcher Baum
geben? Es ist eigenthümlich, dass dieser mächtige
Baum sehr kleine Feigen hervorbringt. Sie sind
hochroth gefärbt und sollen kaum die Grösse einer
kleinen Wallnuss besitzen.
Die dicken und lederartigen Blätter des Pagoden-
Feigenbaumes ähneln denen unseres Gummibaumes
(Fieus elastica) und haben bei einer Breite von 4,
eine Länge von 6 Zoll. Da sie an den jüngeren
Aesten und Zweigen ziemlich dieht stehen, so bilden
sie auch in ihrer Gesammtheit durch die Krone ein
so diehtes Dach, dass man unter ihm gegen Regen
und Sturm vollständig gesichert ist. Es kommt noch
dazu, dass der Pagoden -Feigenbaum noch vielmehr
Adventiv- Wurzeln macht und diese viel leichter
stammähnlich werden, als bei der Sykomore. Die
Priester Ostindiens stellen deshalb unter diesem Baume
ihre Pagoden oder Götzenbilder auf, erbauen wohl
auch kleine Tempel und Häuser, in welchen letzteren
sie wohnen. Man glaubt unter Säulengängen sich zu
befinden, so regelmässig sind sie oft vorhanden.
Ein dritter Feigenbaum, den man aber zunächst
nur in Gärten findet und der wahrscheinlich erst vor
nicht sehr langer Zeit in Aegypten eingeführt sein
mag, ist unser Gummibaum (Fieus elastica). Wenn
er schon bei uns in den kleinen Exemplaren, wie
ihn unsere Zimmer nur aufzuweisen im Stande sind,
allgemein als Dekorationspflanze gefällt, welchen Ein-
druck würde er auf uns machen, wenn wir ihn, wie
in einigen Gärten Aegyptens, von einer Höhe von
60 Fuss und einer Laubkrone von entsprechender
könnten? Er bildet einen schönen
jreite sehen
Stamm, der in einer Höhe von 15 bis 20 Fuss sich
erst in einige starke Aeste zertheilt. Die Verästelung
bei dem Gummibaume ist nicht bedeutend, so dass die
Krone nie einen solchen Breitendurchmesser, wie bei
der Sykomore und bei dem Pagoden - Feigenbaume,
besitzt. Von diesen unterscheidet er sich auch da-
durch noch, dass er keine Adventiv-Wurzeln bildet.
Was den Namen Gummibaum, den dieser ur-
sprünglich ostindische Baum bei uns führt, anbelangt,
so hat er diesen mit Recht erhalten, weil aus dem
weissen Milchsafte, der herausfliesst, wenn man in
die Rinde schneidet, ächtes Gummi elasticum berei-
tet wird. Dieser Milchsaft ist allen Feigenbäumen
und allen zu der Familie der Moraceen gehörigen
Arten eigenthümlich und enthält stets Kautschuk oder
Federharz in seinem Milchsafte. Es kommt aber
ausserdem noch bisweilen ein so giftiger Stoff darin
vor, dass, davon eine Wenigkeit genossen, der Tod auf
das Rascheste herbeigeführt werden kann. Ein Beispiel
ist der berühmte Giftbaum auf Java, Antiaris toxicaria.
Noch 2 Bäume aus dem Geschlechte der Feige
sind es, welche in Aegypten wachsen, wahrschein-
lich aber erst in einer späteren Zeit eingeführt sind:
Fieus populeaster und cordifolia. Der letztere wird
allgemein zu Alleen und Avenues gebraucht und soll
in dieser Hinsicht einer der schönsten Dekorations-
bäume darstellen. Er: wächst gerade in die Höhe
bis zu einer Höhe von 60 bis 70 Fuss und soll auch
hinsichtlich der Form und der leichten Beweglichkeit
der Blätter eine Aehnlichkeit mit unserer kanadischen:
Pappel besitzen. Ausgezeichnet ist sein, gleich einer
Säule emporsteigender Stamm mit wenigen Haupt-
ästen, da die glatte Rinde eine weissliche Farbe besitzt,
und zu dem schönen Grün der Blätter einen eigen-
thümlichen Kontrast bildet.
” Wesentlich weicht von den meisten Feigenbäu-
men F. populeaster deshalb ab, weil er seine Blät-
ter abwirft und jährlich erneuert. Im äusseren An-
sehen, ganz besonders hinsichtlich seiner Blätter,
ähnelt er der F. cordifolia und wird auch in Aegyp-
ten auf gleiche Weise zu Alleen und Avenuen be-
nutzt. Er hat noch dadurch einen besonderen Reiz,
dass die Blätter gegen die Zeit ihres Abfallens all-
mählig sich braunroth färben und demnach hier im
Herbste ein Zustand eintritt, uns an manche
nordamerikanische Eichen, besonders aus der Gruppe
der Quereus palustris und rubra, erinnert.
Endlich wächst auch der gewöhnliche Feigen-
baum (Fieus eariea) in Gärten Unter-Aegyptens, hat
angeführten, eine or-
der
aber nirgends, wie die bereits
namentale Bedeutung.
143
Die Dracuneuleen,
Aroideen mit einem grossen Schirmblatte.
(Schluss.)
Was nun den Amorphophallus Rivieri noch in
botanischer Hinsicht betrifft, so möchte doch wohl
noch weiter untersucht und verglichen werden, ob
er in der That eine neue, noch nicht beschriebene
Art darstellt. Bekanntlich hat der letzte Monograph
der Aroideen, der verstorbene Gartendirector Schott
"in Wien, das Genus Amorphophallus in mehre Ge-
schlechter, die wohl zum grossen Theil der Kritik
unterliegen werden, getheilt. Würde man diese aber
annehmen, so gehört A. Rivieri in das Genus Brachy-
spatha, was an seiner kurzen Blüthenscheide sehr
leicht zu erkennen ist.
Eine zweite Art aus derselben Abtheilung der
Dracuneuleen wird in Paris unter dem Namen
Amorphophallus papillosus (p. 476 der Revue
hortieole) kultivirt, scheint aber im Sommer nicht im
Freien zu gedeihen. Woher die Art stammt, wird
nicht gesagt, wahrscheinlich ist sie aber aus den
heissen Ländern Südamerika’s eingeführt worden,
denn sie bedarf im Gewächshause einer Wärme von
15 bis 18 Grad (wohl Celsius). Sie müsste demnach
‚etwa in einem Palmenhause untergebracht werden.
Nach der Beschreibung in der Revue horticole
erhält der Blattstiel des A. papillosus eine Höhe von
6 Fuss und bedarf, wenn wir die Breite der Blatt-
fläche nur zu 3 Fuss annehmen wollen, für ihre freie
Entwickelung einen nicht geringen Raum. Liebhaber
nit kleinen Gewächshäusern können deshalb die
Pflanze nicht gebrauchen.
Der Blüthenstand hat einen so kurzen Stiel, dass
er aus der Erde selbst hervorzukommen scheint.
Eine sehr grosse Blüthenscheide schliesst den Kolben
nicht allein ein, sondern überragt ihn sogar mit dem
oberen und seitlich offenen Theil um das Dreifache.
Ein starker, höchst unangenehmer Geruch kommt aus
der Scheide hervor und vermag den Raum rings-
herum wahrhaft so zu verpesten, dass es unmöglich
ist, längere Zeit in der Nähe der Pflanze auszuhalten.
Wenn wir nicht irren, so ist dieser A. papillosus
ein Dracontium, was wir schon früher als Dr. aspe-
rum beschrieben haben und was vor mehrern Jahren
von Lemaire in der Illustration horticole den Namen
Amorphophallus vinosus erhalten hatte. Die
amerikanischen Dracontien unterscheiden sieh in bo-
tanischer Hinsicht durch die Anwesenheit von Zwit-
terblüthen am Kolben von den asiatischen Amorpho-
phallus-Arten.
H Die Dracontien bilden ohne Zweifel unter den
Draeuneuleen die interessantesten und grössten Arten
und sind, wie wir schon ausgesprochen haben, nur
auf die wärmern Länder Amerika’s beschränkt. Lange
Zeit kannten wir nur eine Art, welche nicht allein
schon Linne im Jahre 1737 im Garten zu Harte-
camp bei Leiden blühend sah und als Dracontium
polyphyllum (hort. Cliffort. 434) beschrieben hat,
sondern noch früher von dem Leidener Professor
Paul Hermann in seinem zu Ende des 17. Jahr-
hunderts erschienenen Paradisus batavus schon ab-
gebildet wurde. Linne verwechselte aber diese mit
einer anderen Art, welche in der Mitte des 17. Jahr-
hunderts in dem königlichen Garten von Hampten-
eourt beiLondon kultivirt wurde. Ihre Bekanntmachung
verdanken wir dem dortigen Gartendirector Plukenett.
(Almag. 52, Tab. 149, S. 1.) Als Dr. polyphyllum L.
sind demnach 2 Arten beschrieben.
Erst später, als man die Wichtigkeit des warmen
und heissen Amerika’s mit seinen Pflanzenschätzen
für unsere Gewächshäuser erkannte und botanische
Reisende, so wie Gärtner, die dortigen Länder in
dieser Hinsicht erforschten, wurden noch andere und
schönere Arten entdeckt.
Der erste Reisende und Gärtner, dem wir die
Einführung eines neuen Dracontium verdankten, war
Richard Schomburgk, der seinen Bruder Otto
auf dessen im Auftrage der englischen Regierung in
den Jahren 1840 bis 1844 unternommener zweiten
Entdeckungsreise in Guiana begleitete und jetzt Di-
reetor des bereits vor Kurzem besprochenen bota-
nischen Gartens in Adelaide auf Neuholland ist.
Dieses Draeontium hat Kunth in der Appendix des
Verzeichnisses der im botanischen Garten in Berlin
während des Jahres 1844 abgebbaren Pflanzen-
Sämereien als Dr. dubium beschrieben. Kunth
kannte nur die blühende, nicht aber die das Blatt
tragende Pflanze. Die Art mag wohl mit Recht ihren
Beinamen, der bekanntlich zweifelhaft bedeutet, er-
halten haben, da sie sich, wenigstens nach der Be-
schreibung, wesentlich von allen anderen Arten des
Genus Dracontium unterscheidet.
Die Blüthenscheide hat zunächst keinen, oder
nur einen kurzen, in der Erde bleibenden Stiel, wäh-
rend die einzelnen Blüthen eine 4- oder 5-blättrige
Blüthenhülle, aber 9 Staubgelässe haben sollen. Nach
unserer Ansicht kann diese Angabe nicht korrekt
sein und aus einer auf schlechtem Material
fussenden Untersuchung entstanden sein. Da weder
muss
lebende Pilanzen in Europa existiren, noch getrock-
| nete in irgend einem Herbarium vorhanden sind, so
ist wohl das Rathsamste, Dracontium dubium, so lange
244
nicht weiteres und besseres Material zur Verfügung ! Bull in England.
gestellt wird, auf sich beruhen zu lassen.
Eine vierte Art erhielt der botanische Garten in
Berlin vor 15 bis 20 Jahren aus Amsterdam, wo sie
als Dr. surinamense kultivirt wurde. Da dieser
Name sowohl von Paul Hermann, als auch von
Plukenett, für ihre beschriebenen Pflanzen benutzt
worden war, hielten wir es, um Verwechslungen zu
verhüten, für gerathen, den Namen ganz fallen zu
lassen und dafür den auf die rauhen Blatt- und
Blüthenstiele bezüglichen Namen Dracontium as-
perum zu geben. Diese ohne Zweifel aus Surinam,
also aus dem holländischen. Antheil der Guiana,
stammende Art, hat Professor Dr. Karsten in Wien
auch in den nördlichen Theilen Kolumbiens, und
zwar in Venezuela, entdeckt.
Dracontium asperum haben wir bereits im zwei-
ten Jahrgange der Wochenschrift (S. 257) beschrie-
ben und ihre Unterscheidung nach lebenden Exem-
plaren von dem nah verwandten Dr. polyphyllum
festgestellt. Es ist grösser und schöner, als dieses,
und möchte sich, als in höheren Regionen der Kor-
dilleren wachsend, vielleicht ebenso anwenden, als
Amorphophallus Rivieri. Dass sie durch Ambr.,
Verschaffelt in Gent wiederum als Amorpho-
phallus vinosus in den Handel gekommen ist,
haben wir schon früher mitgetheilt.
Wiederum ist es eine fünfte Art, welche von dem
Herausgeber des Gardener’s ChronieleDr. Masters als
Dracontium elatum beschrieben ist, und nicht
weniger die Aufmerksamkeit der Gartenbesitzer ver-
dient. Die Ehre, die Art bei uns eingeführt zu ha-
ben, gehört William Bull, einem der thätigsten
Handelsgärtner Englands. Dieser erhielt sie über
Sierra Leona, so dass man glaubte, dieses sei das
Vaterland der Aroidee, bis Dr. Masters nachwiess,
dass sie ebenfalls aus dem wärmeren Amerika stammte.
Auch über diese Art haben wir im vorigen Jahrgange
(S. 159) Bericht erstattet.
Endlich führte der leider auch den Anstrengun-
sen und dem gelben Fieber Central-Amerika’s unter-
legene Dr. Seemann eine Art ein und
nannte sie wegen ihrer grossen Dimensionen anfangs
Amorphophallus Gigas. Später glaubte er in
ihr den Typus eines neuen Geschlechtes gefunden
und gab der Aroidee den Nämen God-
winia Gigas. Unter diesem Namen befindet sie
neueren Pflanzen der Ver-
Mitgetheilt wurde
William
sechste
zu haben
sich bereits unter den
zeichnisse von Handelsgärtnereien.
von Dr. Seemann an
sie aber zuerst
| Laub-, Haide- und
Vaterland ist Nicaragua, wo sie in
dem Chontales-Gebirge im Jahre 1869 entdeckt wurde.
Sollte dieses Dracontium s. Godwinia Gigas sich
auf gleiche Weise während der guten Jahreszeit im
Freien verwenden lassen, wie Amorphophallus Ri-
vieri, So wäre es ein grosser Gewinn für’ unsere
Gärten. Man denke sich auf freiem Rasenstücke
z. B. ein Exemplar dieser Pflanze mit einem gleich einer
Schlange buntgefleckten Blattstiele von 10 Fuss und
oben, gleich einem Baldachin, noch einen Blattschirm
mit einem noch grösseren Durchmesser von über 13
Fuss ausgebreitet. Von der Spitze des Stieles gehen
mehre grosse Aeste wagerecht ab und sind wieder-
um vielfach getheilt, so dass schliesslich eine mehr-
fach zusammengesetzte Blattfläche entsteht.
Vor dem Blatte erscheint die Blüthenscheide mit
dem von ihr eingeschlossenen Blüthenkolben und ver-
schwindet, wie das Blatt mit ihrer Entwickelung be-
sinnt. Ihr 4 Zoll dicker Stiel hat eine Länge von
nur 3 Fuss, während sie selbst fast 2 Fuss lang wird
und über 11, Fuss im Durchmesser enthält. Sie
hat eine dicke, lederartige Textur und eine ins Blaue
schimmernde braune Farbe.
Was nun schliesslich noch die Kultur dieser
interessanten Pflanzen in Gewächshäusern anbelangt,
so ist sie sehr leicht... Wie sie im freien Lande zu
behandeln sind, muss erst die Erfahrung lehren.
Nach Riviere hat sein Amorphophallus die Sonne
sehr gut ausgehalten, was bei den im Topfe kulti-
virten Pflanzen, die wenigstens Halbschatten haben
müssen, nicht der Fall sein würde. Wasser, das diese
auch im Gewächshause viel bedürfen, wird ihnen im
Freien wohl ebenfalls in reichlicher Menge geboten
werden müssen. Man nimmt die Knollen, welche
allen Arten eigenthümlich sind, im Herbste, sobald
das Blatt abstirbt, aus der Erde, und hält sie nicht
zu sehr trocken. Anfang Februar verpflanzt man sie
in eine Mischung, welche aus gleichen Theilen von
Torferde besteht und einzelne
grössere Kiesstücke enthält. Es muss dieses ge-
schehen, damit das Wasser sich nicht ansammeln,
sondern leicht durchfliessen kann. Dieses ist durch-
aus nothwendig, damit keine Kohlensäure sich an-
häufen und auf die Thätigkeit der jungen Wurzel-
fasern störend einwirken kann. Es ist: deshall»
ausserdem noch gut, auf dem Boden des Topfes
srössere Torfstücke, welche das überflüssige Wasser
der oleren Erde an sich ziehen, auszubreiten. Am
besten die Knollen in einem warmen Mist-
beete angetrieben.
werden
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 19. | "Berlin, den 11. Mai. 1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franeo durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Es wird nochmals an die Mitglieder des Vereins die Bitte gestellt, sich behufs der Theilnahme an den
Festlichkeiten im Juni möglichst zeitig zu melden, damit die Anmeldungen später nicht etwa zurückgewiesen
werden müssen. Anmeldungs-Formulare sind zu jeder Zeit von dem General-Secretariate (Potsdamer Strasse 31a.)
und im Bureau des Clubs der Landwirthe (Französische Strasse 48) zu beziehen.
Inhalt: 540. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 28. April. — Die Rüstern, eine monographische
Skizze (Schluss). — Die Brandformen der Sorghum-Arten vom Professor Kühn in Halle a. d. S.
den Tagen vom 10. bis 13. Oktober in Braunschweig
>40. Versammlung stattfinden werde. Die Einladungen erfolgen von
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, Seiten des Vorstandes des landwirthschaftlichen Cen-
am 28. April. tralvereines im Herzogthum Braunschweig als ge-
Da der Vorsitzende durch amtliche Reisen ver- | schäftsführendem Vorstande. Von Braunschweig aus
hindert war, hatte der stellvertretende Vorsitzende, | geschieht deshalb auch die Verbreitung der Pro-
Garten-Inspektor Bouch&, den Vorsitz übernommen. | gramme. Um die Theilnahme an dieser 6. Versamm-
Er machte zunächst geschäftliche Mittheilungen, be- | lung deutscher Pomologen u. Ss. w. zu erhöhen, wer-
sonders über das im Juni stattfindende Jubelfest und | den ausserdem auch von Seiten des Vereines zur Be-
über die damit verbundene grössere Ausstellung. | förderung des Gartenbaues Aufforderungen zur Theil-
Vor Allem sei es wünschenswerth, dass die Anmel- | nahme erlassen. Es wurde zu diesem Zwecke be-
dungen zur Theilnahme von Seiten der Mitglieder an | schlossen, nicht allein das betreffende Programm in
den Festlichkeiten recht zeitig geschehen, damit auch | der Wochenschrift abzudrucken, sondern auch eine
hier die nöthigen Vorkehrungen im genügenden Um- | grössere Anzahl von Programmen noch in besonde-
fange getroffen werden können. Ferner werden | ren Abzügen herstellen zu lassen, um diese eben-
Kunst- und Handelsgärtner, so wie Besitzer grösserer | falls weiter zu verbreiten.
und kleinerer Gärten, nochmals aufgefordert, zur Er- Auf gleiche Weise legte Professor Koch das
höhung des 'Glanzes der Festausstellung durch Ein- | Special- Programm der Wiener Weltausstellung des
sendung von preiswürdigen Gegenständen, besonders | Jahres 1873 für Land- und Forstwissenschaft, für
von Pflanzen, möglichst beizutragen und ihre An- | Wein-, Obst- und Gartenbau vor. Von Seiten der
meldungen dem betreffenden Ausschusse, dessen | Königl. preussischen Landeskommission werde ein
Vorsitzender Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann | grosses Gewicht auf Obst- und Weinbau gelegt und
(Köpenickerstrasse 131) ist, baldmöglichst zukommen | sei die Absicht vorhanden, dafür einen besonderen
zu lassen. Vertreter zu ernennen. Ob auch für den Gartenbau
Professor Koch theilte mit, dass die 6. allge- | ein hesonderer Vertreter ernannt werde, wusste Pro-
meine Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und | fessor Koch nicht. Die Theilnahme würde hier
Weinzüchter, verbunden mit einer Obstausstellung, in | wahrscheinlich jedem Einzelnen überlassen. Wolle
19
146
der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Ber-
lin die Angelegenheit in die Hand nehmen, damit
zunächst der preussische Gartenbau in Wien in sei-
ner Gesammtheit vertreten sei,
jetzt die nöthigen Vorkehrungen treffen.‘ Da sich
so müsse er schon
jedoch bei den hierüber eröffneten Verhandlungen
eine grosse Majorität für Nieht-Theilnahme des Ver-
eines als solchen herausstellte, so wurde der Antrag
einer gemeinschaäftlichen Betheiligung fallen gelassen,
so wünschenswerth auch sein mochte, dass preussi-
sche Gärtner sich in Wien betheiligen.
Damit diejenigen Mitglieder des Vereines, denen
das Programm nicht zugegangen ist, wenigstens von
den näheren Bestimmungen zur Theilnahme Kennt-
niss erhalten, übernahm es Professor Koch in
der Wochenschrift, und zwar sehon in einer der
einen den Gartenbau betreffen-
ollieiellen
damit
Nummern,
dem
nächsten
Auszug
und die Gärtner
den aus Programm abzu-
drucken
machen.
Garten-Inspektor Bouche berichtete über die
ausgestellten Pflanzen, welche dieses Mal aus 2 Gär-
Beiderlei Einsendungen be-
näher bekannt zu
ten eingeliefeit waren.
standen hauptsächlich nur aus einer und derselben
Pflanze und zwar aus der im vorigen Jahrgange in
den Sitzungen des Vereines, so wie in der Wochen-
schrift, vielfach besprochenen Primula japoniea. : Das
eine Exemplar stammte aus dem botanischen Garten,
während die beiden anderen der Kunst- und Han-
delsgärtner Crass sen. geliefert hatte. Aus dem
botanischen Garten hatte aber ausserdem noeh Gar-
teninspektor Bouche Kosaria Barnimiana, eine
sehr interessante krautartige Moracee aus der Ab-
theilung der Dorstenien zur Verfügung gestellt. Sie
wächst in dem Njam-Njam-Lande im oberen Nil-
gebiet und wurde von Dr. Schweinfurt entdeckt.
Endlich srosse Anzahl
Pflanzen aus dem Versuchsgarten des Vereines vor-
handen, um durch das Loos unter die anwesenden
Mitglieder vertheilt zu werden.
Von Seiten des Vorsitzenden ein Aus-
schuss ernannt, der nöthigen Vorschläge zur
Wahl eines neuen Vorstandes bei der im Juni statt-
findenden Festversammlung sollte. Präsi-
dent v. Kries wurde als Vorsitzender mit dem Be-
merken ernannt, dass er ausser den beiden anderen
Mitsliedern, dem Kunst- und Handelsgärtner L.
Mathieu und dem Garteninspektor Gaerdt, nach
Bedürfniss noch andere Mitglieder dazu ziehen solle.
Professor Koch theilte ferner noch einige Pro-
gramme über von Gartenbau - Vereinen veranstaltete
So wird die Gartenbau-
war noch eine blühender
wurde
die
machen
Pflanzen- Ausstellungen mit.
Gesellschaft Flora in Dresden in den Tagen vom
5. bis 14. Juli im zoologischen Garten eine Sommer-
Ausstellung halten, die bei dem grossen Material,
was Dresden zu Gebote steht, besonders von Flor-
blumen und Blüthensträuchern jeder Art, viel ver-
spricht. diese Pflanzen sind es,
welche bei dieser Ausstellung im Vordergrunde stehen
werden. Es dürfte sich wohl, besonders für den
Laien, zumal bei den Annehmlichkeiten, welche Dres-
den ausserdem darbietet, lohnen, die Ausstellung zu
besichtigen. Zahlreiche Preise werden hoffentlich
diejenigen Gärtner, welche etwas Vorzügliches haben,
noch mehr bestimmen, sich zu betheiligen.
Grade senannten
Für jede
der ersten 15 Aufgaben sind eine goldene, eine grosse
kleine silberne Medaille den Preisriehtern
zur Verfügung gestellt, für 24 andere Aufgaben da-
segen
und eine
und eine kleinere silberne Me-
daille, sowie ein Diplom. Auch Kamellien und Aza-
leen als Handelspflanzen, in dem Zustande, wie sie
zum Verkauf gestellt werden, sind mit 4 kleinen sil-
bernen und 4 Diplomen bedacht worden. Für
geschnittene Blumen, besonders für Rosen, für Ar-
rangements abgeschnittener Blumen, für Früchte,
Gemüse, Garten-Utensilien und Instrumente sind eben-
falls vielfache Bewerbungen ausgeschrieben worden.
Nicht weniger wichtig und interessant wird die
Herbstausstellung in München ' werden. Sie wird am
22. September beginnen und den ganzen Monat hin-
durch dauern. Das Hauptgewicht ist hier auf Blatt-
und auf Schaupflanzen gelegt. Interessant ist die Auf-
gabe einer pflanzengeographischen Gruppe, wenn
auch schwierig, da sie nur durch grössere Gärten
ausgeführt werden kann. Aber doch werden Gruppen
von Haidepflanzen, Kappflanzen, Neuholländern, süd-
europäischen oder nordamerikanischen Gesträuchen
immerhin aufgestellt werden können. Die 41. Auf-
sabe, welche seit einiger Zeit in den Münchener Pro-
srammen regelmässig alle Jahre wiederkehrt, möchte
auch anderen Vereinen bei ihren Ausstellungen zu
empfehlen sein. Sie verlangt nämlich die grösste
Korrektheit der Nomenklatur auf den Etiketten. Wenn
in der Rechtschreibung der Pflanzennamen gegen
[rüher auch ungemein viel verbessert worden ist, so
eine grosse
ab-
wird doch noch von Seiten der Gärtner ungemein
viel dagegen gefehlt. Es wurde schliesslich von dem
Ref. noch bemerkt, dass man in München, wie meist
auch in Belgien und Frankreich, besondere Preise
für Handelsgärtner und besondere für Liebhaber,
resp. für deren Gärtner, besitzt. Es hat dieses Man-
ches für sich, da z. B. bei Schaupflanzen Handels-
särtner in der Regel weder den geeigneten Raum
haben, noch auch die nöthige Zeit, um besondere Aul-
147
merksamkeit einer Pflanze, zumal wenn ihr Verkauf
nieht lohnt, zuzuwenden.
Zu den thätigsten kleineren Gartenbau-Vereinen
gehört ohne Zweifel der in Frankfurt a.. 0. Er ver-
anstaltet alljährlich, bald im Frühjahre, bald im Som-
mer oder Herbste, Ausstellungen, die in Berück-
sichtigung der gegen grosse Städte, wie Berlin,
Hamburg, Frankfurt a. M. u. s. w. geringeren Hülfs-
mittel, bis jetzt in der Regel recht gut ausgefallen
sind und zur Verbreitung der Liebe zu Pflanzen und
Blumen in der Provinz nicht wenig beigetragen haben.
In der Erweckung und Verbreitung dieser Liebe steht
aber vor Allem der Beruf der Provinzial-Gartenbau-
Vereine. Die nächste Ausstellung des Vereines in
Frankfurt a. OÖ. wird im nächsten Herbste, und zwar
vom 21. bis 24. September, stattfinden.
Der Frankfurter Verein hat von Seiten des land-
wirthschaltlichen Ministeriums in Berlin für bestimmte
Aufgaben einige Medaillen zur Verfügung erhalten.
Von Wichtigkeit ist die, wo 40 Rosen in Töpfen
verlangt werden, da um diese Zeit Rosen in aus-
stellungslähigem Zustande herbeizuschaffen nicht un-
bedeutende Schwierigkeiten darbiete. Der Verein
selbst hat bei seinen gegebenen Aufgaben auf Markt-
und Zimmerpflanzen, sowie auf Koniferen, einen be-
sonderen Werth gelegt.
Der jetzige Vorsitzende des Verbandes früher
mitteldeutscher, jetzt deutscher Gartenbau - Gesell-
schaften, Dr. Pompper in Leipzig, hatte dem Pro-
fessor Koch die bis jetzt erschienenen Nummern
seiner Mittheilungen übersendet. Dieser Verband
wurde im Jahre 1863 in einer Versammlung, welche
von Seiten des Gaitenbau-Vereines in Dessau nach
Köthen berufen war, angeregt und bald darauf. auch
ausgeführt; die Leitung übernahm im Anfange der
Gartenbau-Verein in Magdeburg, später ging sie auf
den Gartenbau-Verein in Erfurt über und befindet
sich jetzt mit dem Vorsitze des Dr. Pompper seit
zwei Jahren in Leipzig. Bis zu dieser Zeit war es
nur ein Verband mitteldeutscher Gartenbau -Vereine.
Es wurden dieselben Grundsätze von ihm verfolgt,
welche dem ziemlich zu gleicher Zeit entstandenen
Verbande rheinischer Gäartenbau-Vereine zu Grunde
lagen: engeres Aneinanderschliessen der Vereine
durch jährlich sieh wiederholende und mit Ausstel-
lungen von Pflanzen und Blumen verbundene Ver-
sammlungen an vorher bestimmten, jährlich wech-
selnden Orten. Der hauptsächlichste Nutzen war,
dass bei solchen Zusammenkünlten Gärtner und Laien
sich gegenseitig besser kennen lernen und sich ihre
Gedanken leicht austauschen können. Dabei sollte
man zu gleicher Zeit durch die Ausstellungen von
den neuesten Einführungen, besonders unter der Zahl
der Florblumen und Sommergewächse, Kenntniss er-
halten. Dem ÖObste und Gemüse wendete man leider
bei diesen Zusammenkünften nur geringe Aufmerk-
samkeit zu. Erfreulich ist es auf jeden Fall, dass
diese Versammlungen des mitteldeutschen Verbandes
fleissig besucht wurden und sich in der That ein
ziemlich reger Austausch der verschiedenen Ansichten
bei den Theilnehmern kund that. Die Zahl der Ver-
eine, welche Antheil nahmen, hat fast alljährlich zu-
genommen und beträgt jetzt 17. Seit der Zeit, wo
der Nürnberger, also ein süddeutscher Gartenbau-
Verein sich anschloss, glaubte man den Namen Ver-
band mitteldeutscher in den deutscher Gartenbau-
Vereine umändern zu müssen.
Dass ein soleher Verband gut wirken und heil-
samen Einfluss ausüben kann, unterliegt nach Pro-
fessor Koch gar keinem Zweifel; es dürfen nur von
Seiten des vorsitzenden Vereines nicht die Zügel so
straff gezogen werden, dass es der eigenthümlichen
Entwickelung jedes einzelnen Gartenbau - Vereines
nicht schadet; dieser muss durchaus seine Individua-
lität bewahren. In der weiteren Entwickelung dieser
Individualität in der Kultur von Pflanzen liest ein
srosser Fortschritt für das Ganze. Von dem Gar-
tenbauverein dagegen, der die meiste Intelligenz be-
sitzt, und am meisten von dem, was er will, ergrif-
fen ist, wird auch die grösste Einwirkung auf die
anderen geschehen. Damit würde er auch der Ver-
ein sein, welcher den grössten Einfluss ausübt. Da-
mit würde er gewiss auch zum Vorsitzenden gewählt
werden und so lange es bleiben, als der geistige
Schwerpunkt nicht auf einen anderen Verein fällt. Das
verunglückte Erfurter Projekt hatte deshalb und we-
gen seiner in ihm enthaltenen Anmassungen von Hause
aus keine Lebenskraft, selbst wenn die nöthigsen
geistigen und materiellen Kräfte zu Gebote gestan-
den hätten.
Seitdem im vorigen Jahre der Verband deutscher
Gartenbauvereine sich regenerirt hat, sind von Seiten
des Vorsitzenden, Dr. Pompper in Leipzig, unter
dem Namen von Mittheilungen einzelne Blätter ge-
druckt und vertheilt worden. Diese Mittheilungen
sollten alles das, ausser dem Geschältlichen, enthal-
ten, was Interessantes und Wichtiges in dem Ver-
bande vorkommt, damit alle anderen Vereine und
deren Mitglieder auch hiervon rasch Kenntniss er-
hielten. Nach Professer Koch sind derlei Mitthei--
lungen, wenn sie entsprechend redigirt werden, schon
deshalb gerechtfertigt, weil sie allen Balast, wie er leider
in vielen gärtnerischen Zeitschriften des In- und Aus-
landes alljährig gebracht wird, über Bord wirft. Eine
195
Prüfungs-Kommission der einzelnen Vereine hätte in
diesem Falle das Wissenswerthe, was einer weiteren
Verbreitung durch die Mittheilungen aus irgend einem
Grunde unterworfen werden soll, zuvor erst reiflich
zu prüfen und dann dem Vorsitzenden des Verban-
des zur weiteren Beschlussnahme und Verbreitung
zu übersenden. Glaubt der Vorsitzende sich für be-
rufen, selbst auch ein Urtheil darüber zu haben, so
geschieht die Verbreitung ohne Weiteres, wo nicht,
so legt er es zuvor von Neuem nochmals Sachver-
ständigen zur Beurtheilung vor. Auf diese Weise
würde nur Brauchbares und Nützliches in den Mit-
theilungen enthalten sein, was gärtnerische Bildung
fördert.
Leider enthalten aber die übersendeten Mitthei-
lungen bis jetzt noch so wenig, dass, abgesehen von
den geschäftlichen Dingen, die leider bei fast allen
Vereinen in der Regel so viel Zeit in Anspruch neh-
men, dass das Wichtigere darüber vernachlässigt
wird, damit kaum der Zweck erfüllt werden möchte.
Wenn nun aber trotzdem der Vorsitzende der An-
sieht ist, dass diese Mittheilungen trotz der nicht ge-
ringen Anzahl bereits bestehender periodischer gärt-
nerischer Blätter zur wöchentlich regelmässig erschei-
nenden Zeitschrift erweitert werden müssten, da es
im Interesse des Verbandes liege, eine eigene Zeit-
schrift herauszugeben, so verkennt er seinen Stand-
punkt und überschätzt die Kräfte, die ihm zu Gebote
stehen. Das Material für 1 und gar 2 Bogen wö-
chentliceh herbeizuschaffen, ist, wenn man nicht un-
nützen, oft schon benutzten Balast bringen will, eine
ausserordentliche schwierige Aufgabe. Möge der
Vorsitzende des Verbandes daher zunächst bei sei-
nen Mittheilungen bleiben und darin gute und brauch-
bare Gegenstände zur weiteren Kenntniss bringen.
Professor Koch übergab Exemplare der in den
Vereinigten Staaten Nordamerika’s aul’Kartoffel-Feldern
sehr gefürchteten Colorado-Wanze. Dieses Insekt ist
keineswegs eine Wanze, sondern ein ziemlich grosser
Käfer, der den Namen Doriphora decemlineata erhal-
ten hat. Das Vorkommen dieses neuen Feindes der
Kartoffelpflanze gehört erst der neuesten Zeit an.
Die Colorado-Wanze erschien zuerst vor einem Paar
Jahren im Südwesten der Vereinig'en Staaten Nord-
amerika’s und zwar im Thale des Colorado-Stromes,
und verbreitete rasch die anstossenden
Staaten nordöstlich bis Ohio. Es sind aber
nicht allein die Kartoffeln, von deren Kraut die Colorado-
Wanze lebt, alle Pflanzen aus der Familie der Sola-
naceen werden gleichmässig von ihr ergriffen.
Die ersten Nachrichten , man über ihre
sich über
nach
welche
Verheerungen erhielt, waren, und zwar zunächst für
die Bewohner der Vereinigten Staaten, Schrecken
erregend. Man erzählte, dass diese Thiere so ge-
frässig und in soleher Menge vorhanden wären, dass
sie oft in einer einzigen Nacht bedeutende, mit Kar-
toffeln bepflanzte Striche völlig abgefressen und da-
mit verwüstet hätten. Dergleichen Berichte sind in
neuester Zeit nicht mehr erschienen, ein Umstand,
der wohl zu der Ansicht Veranlassung geben mag,
dass Vieles dabei auf amerikanische Weise über-
trieben wurde und dass demnach die Verheerungen
nicht in der Weise stattgefunden haben, wie man
aus den ersten Mittheilungen vermuthen musste. Auf
jeden Fall muss man aber, zunächst in Nordanıerika,
auf der Hut sein, damit dem vorhandenen Uebel
womöglich zeitig Schranken angelegt werden. Zu-
nächst ist zu hoffen, dass der gefürchtete Käfer nicht
mit Amerika verschifltem Getreide oder sonst
auf eine Weise nach Europa kommt und hier für
seine Gefrässigkeiten noch reichlichere Nahrung findet.
Professor Koch legte Wachholderbeeren vor,
welche nicht aus 3 fleischig-zgewordenen Schuppen,
wie es gewöhnlich der Fall ist, entstanden waren,
sondern deren & besassen. Derselbe hatte sie von
dem Professor Göppert in Breslau, dem sie wiederum
von einem Apotheker in Koblenz zugesendet worden
waren, erhalten. Nach den Mittheilungen dieses
Apothekers wurden dergleichen Wachholderbeeren in
sehr grosser Menge von Bauern ihm in seine Offizin
sebracht, und mussten demnach in der Umgegend
sesammelt sein. Die Frage, ob diese aus 6 ver-
wachsenen Schuppen bestehenden Beeren einer be-
sonderen Art oder nicht vielmehr einer in dieser
Hinsicht abweichenden Form des gewöhnlichen Wach-
aus
.holdesstrauches angehören, lässt sich nach Pıofessor
Koch für jetzt noch nicht beantworten.
Auflallend ist es auf jeden Fall, dass, mögen
die vorliegenden Wachholderbeeren einer selbstän-
digen Art oder nur einer Abart oder Form ange-
hören, von den vielen tüchtigen Botanikern der Rhein-
lande nicht Einer, selbst der durch seine genauen
Eıforschungen des Moselthales und der Eifel bekannte
Professor Wirtgen in Koblenz nicht, diese sonder-
bare Erscheinung von aus 6 Schuppen entstandenen
Wachholderbeeren bis jetzt beobachtet hat. Da sie,
wie gesagt, massenweise in eine Apotheke in Koblenz
gebracht wurden, so muss man auch voraussetzen,
dass dergleichen Sträucher, an denen diese Beeren
wachsen, keineswegs ım Moselgebiete selten sind
oder vereinzelt‘ vorkommen.
Obergärtner Dressler theilte mit, dass er in
diesem Winter seinen Rasenplatz mit grobgepulvertem
Guano bestreut und ausserordentlichen Erfolg gehabt
149°
habe, und fordert@ auf, dass auch andererseits damit |
Versuche gemacht werden möchten, damit man be-
stimmter erfahre, ob nur in Folge der gelinden und
an Schnee und Regen ziemlich reichen Witterung
dieser Erfolg gekommen sei. Dergleichen Anwen-
dungen von Guano waren von Seiten der anwesen-
den Gärtner nicht gemacht worden, wohl aber haben
Landwirthe auf Getreidefeldern während der Winter-
zeit Guano aufgestreut. Die Erfolge haben sich in
diesem Falle nieht gleichmässig erwiesen. In einzelnen
Fällen waren Erfolge sehr sichtbar, in anderen wie-
derum gar nicht. Es ist dieses ein Beweis, dass
hier noch andere Dinge, welehe zum Theil im Boden,
zum Theil in der Witterung liegen, Einfluss haben.
Garteninspektor Bouch& zeigte die im November
des vorigen Jahres durch Dr. Scehweinfurth aus
dem Njam-Njam-Gebiete in Afrika eingesandte Kosa-
ria Barnimiana und einige Dorstenia-Arten mit Blü-
then und Früchten, um daran im Anschluss an
den in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag des
Professors Koch über die Bildung der Feige, diese
auch an den damit nahe verwandten Gattungen Ko-
saria und Dorstenia zu erläutern. Die Früchte dieser
beiden Gattungen stellen gleichsam offene Feigen
dar, indem die Blüthen und Früchte in einem etwas
fleischigen Fruchtboden, der bald tellerförmig, bald
langgestreckt und. bei einigen Arten verästelt ist,
eingesenkt sind. Denke man sich nun, dass die
Ränder der tellerförmigen Dorstenia-Fruchtböden sich
allmählig in die Höhe heben und sich endlich nach
oben schliessen, so entstehe daraus dieselbe Frucht-
bildung, wie bei der Feige, indem sich die Blüthen
und Samen ebenfalls im Innern der Frucht befinden
werden. Die meisten Dorstenia-Arten besitzen einen
kurzen, etwas fleischigen, mit Schuppen besetzten
Wurzelstoek, der sich oft reichlich. verästelt. Nur
wenige Arten sind niedrige Sträucher mit holzigen
Stengeln; bei Kosaria hingegen finde man rundliche,
den Cyclamen ähnliche, fleischige Knollen, die nur dem
Scheitelpunkte Blätter und Blüthenstengel auftreiben.
Professor Koch ergreilt die Gelegenheit, um
auch seinerseits noch Einiges zu dem von ihm in
voriger Sitzung gehaltenen Vortrage hinzuzufügen
oder noch zu erläutern. Dieses geschah besonders
dureh darauf bezügliche Zeiehnungen, welche er zum
Theil selbst angefertigt hatte. Unter Anderen legte
er in der Entwickelung auf einander folgende Zeich-
nungen der Pflaume vor, wo die Blattnatur dieser
Frucht ausser Frage gestellt war, eben so der Erd-
beere und der Brotirucht. Aus diesen ging hervor,
dass man im ersteren Falle ein Stengelgebildv als
Erdbeere isst, im letzteren Fall aber einen verwach-
senen Fruchtstand mit allen seinen Theilen geniesst.
Aehnlich ist die Ananasfrucht, nur mit dem Unter-
schied, dass der Stengel sich zwischen den einzelnen
Früchten fortsetzt und wieder normal wird, indem er
eine Laubkrone an der Spitze trägt.
Garteninspektor Bouch& hielt einen längeren
Vortrag über das Beschneiden der Gewächshaus-
pflanzen, um sie zu naturgemässen, buschigen, reich-
blühenden Exemplaren heranzubilden. Da derselbe als
eine besondere Abhandlung späterin der Wochenschrift
erscheinen wird, wird hier jetzt darauf hingewiesen.
Garteninspektor Bouche Jegte endlich noch
Zweige von Glaskirschen und der Kirsche Hybride
de Laeken. (Reine Hortense) vor, wo fast alle Blü-
then - Knospen waren. Er habe anfangs
geglaubt, dass dieses der strengen Kälte von 20
Grad vom 11. zum 12.
Jahres zuzuschreiben sei,
zerstört
December des vorigen
nach Nachfor-
schungen habe sich aber ergeben, dass die Blüthen-
knospen nicht durch Frost, sondern durch die Rau-
pen des Frostschmetterlinges, Geometra brumata,
zerstört sind. Es fanden sieh innerhalb derselben an
einigen Stellen die nur einen Millimeter langen Räup-
chen vor. Auflallend ist es auf jeden Fall, dass die
Weibehen des Frostschmetterlings besonders die
Bastarde der Sauer- und Süsskirsche, also die Glas-
kirsche und Hybride de Laeken, so wie eimige ge-
füllt blühende Kirschen, die ebenfalls Mischlinge von
weiteren
sauren und süssen Kirschen zu sein scheinen, auf-
gesucht haben, um ihre Eier nur hier abzulegen.
Dicht daneben stehende Sauerkirschen, z. B. Ost-
heimer Weichsel- und Nattkirsche, sind davon nicht
befallen und blühen jetzt prachtvoll. Diese Auswahl
des Ortes, wo die Weibchen ihre Eier abgelegt haben,
geht so weit, dass an einem vor einigen Jahren um-
gepfropften gemeinen sauren Kirschbaum einzelne wilde
Zweige, die sich später gebildet haben und aus Versehen
daran geblieben sind, von den Raupen nicht im Ge-
ringsten ergriffen waren und reichlich blühten, wäh-
rend die mit Hybride de Laeken
Aeste desselben
Blüthe wahrnehmen liessen.
Die Malvasir-Kirsche, die ebenfalls zu den Glas-
kirschen gerechnet wird, und als Bastard zu betrachten
ist, aber hinsichtlich der Fruchtbildung und des Frucht-
stieles, abgesehen von der Faıbe der Frucht, mehr die
Eigenschaften der Sauerkirsche trägt, ist ebenfalls von
den Angriffen derGeometrabıumata verschontgeblieben.
Schliesslich von Seiten der Preisrichter
der Primula japonica des botanischen Gartens der
veredelten bereits
verzweigten Baumes kaum eine
wurde
‚Monatspreis zugesprochen.
150
.
Die Rüstern.
Eine monographische Skizze.
(Schluss.)
2. Der Waldrüster, Ulmus seabra Mill.
Ohne Ausläufer; Stamm ziemlich glatt, Rinde in
breiten Stücken abwerfend; Blätter rundlich oder um-
gekehrt eirund und in eine besondere Spitze ausgezo-
gen, auf der Obeıfläche scharf-, auf der Unterfläche
weichhaarig; Knospen rundlich oder eirundlich-spitz,
mit 6 bis 8 Schuppen; Früchte sehr kurz - gestielt,
völlig unbehaart; Samen in der Mitte liegend, fern
von dem seichten Einschnitte an der Spitze.
Ein wunderschöner Baum im Gebirge, der auch
ein hohes Alter zu erreichen scheint. Stämme von
4 und 5 Fuss Durchmesser und mit einer weitgrei-
fenden Laubkrone versehen, finden sich beispielsweise
im bayerischen Voralpen und im Schwarzwalde nicht
wenig vor. Wir haben selbst Eichen nicht male-
rischer gesehen, als diese Waldrüsteın. Und doch
sind sie von Seiten der Landschaftsgärtner erst sehr
spät in Anwendung gekommen! Es gilt dieses von
Deutschland, wie von Grossbritannien, wo sie, weil
sie in den Wäldern Schottlands in grosser Menge
wild wachsen, gewöhnlich den Namen des Schottischen
Rüsters führen. Wir haben sie weder in dem berühm-
ten, noch aus vorigem Jahrhundert stammenden Parke
von Harbke, noch in dem von Wörlitz bei Dessau,
gesehen. Es ist diese Vernachlässigung um so auf-
fallender, als der Waldrüster regelmässig keimfähigen
Samen hervorbringt, was in Betreff des Feldrüsters,
wie wir gesehen haben, nicht der Fall ist, also leicht
vermehrt werden konnte und jetzt auch vielfach durch
Aussaat vermehrt wird.
Leider ist es mir bisher nicht gelungen, nachzu-
weisen, zu welcher Zeit und von wo aus der Wald-
rüster zuerst in den Anlagen und zu Alleen häufiger
in Anwendung gebracht wurde. Es wäre aber inter-
essant, diesem nachzuforschen. Jetzt möchte es noch
Zeit sein. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die
beiden nordamerikanischen Arten weit eher bei uns
in Anlagen u. S. w. verwendet wurden, als der ein-
heimische Waldrüster. Geschichtlich lässt sich nach-
weisen, dass sie in den sechziger und siebenziger
Jahren des Jahrhunderts in
erösserer Kultur in Deutschland befanden, weit früher
vorigen sich bereits
als der Waldrüster allgemeiner in grösserem Maass-
stabe angewendet und durch ihn verdrängt wurden.
Da der Waldrüster verwandtschaftlich zwischen
dem nordamerikanischen und dem Feldrüster steht,
so war er auch um so mehr geeignet, mit diesen bei-
den Kreuzungen einzugehen. Die daraus hervorge-
|
gangenen Blendlinge mögen zum heil ein kräftiges
Ansehen gehabt und bei ihrem rascheren Wachs-
thume schnell Bäume gebildet haben, was bei den
nordamerikanischen Rüstern nicht in der Weise der
Fall war. Was Wunder demnach, wenn diese Blend-
linge, welche sämmtlich aber dem Waldıüster näher
standen, mit der Zeit, wo der Bedarf an Standbäumen
immer grösser wurde, auch bald in den Anpflanzun-
gen und Alleen, wie es jetzt allenthalben in Deutsch-
land der Fall zu sein scheint, vorherrschten. Die
ächten amerikanischen Rüstern verloren sich von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt mehr und mehr und dürften jetzt
nur noch einzeln in alten Anlagen und Parks vor-
kommen.
Der Waldrüster hat stets grössere und mehr
ungleichseitige Blätter, welche sich auf der Ober-
fläche auch sehr rauh anfühlen. Das ist bei dem
Feldrüster nicht der Fall. Der englische Florist
Smith unterscheidet von dem Waldrüster 2 Arten:
Ulmus montana und major. Bei der ersteren,
einem dem Feldrüster näher stehenden Baume, sind
die mehr rundlichen Blätter weniger rauh, die kurzen,
steifen Haare verlieren sich selbst an den jungen
Zweigen allmählig fast ganz. Die Knospen erscheinen
rundlich und verhältnissmässig klein. Dagegen sind
die Früchte ziemlich gross und verlaufen sich plötz-
lich in einen Stiel, den grössten Breitendurchmesser
im obersten Drittel habend. Bei U. major sind die
kürzer gestielten Blätter dagegen länger und rauher
und die Zweige verlieren ihre scharfen Haare nie.
Die Knospen haben eine nicht unbedeutende Grösse.
Endlich besitzen die länglichen kurzgestielten Früchte
den grössten Breitendurchmesser genau in der Mitte,
Die vielen Formen und Blendlinge des Wald-
rüsters hat man zum Theil sehr passend nach der
Form der Blätter genannt. So besitzt man eine U.
scabra, eorylifolia, tiliaefolia und urticaefolia, so wie
eine U. oblongata und seabra latifolia, ferner eine
trieuspis (d. h. 3spitzige), also Formen, welche sich
sehon durch ihre Namen bestimmen lassen. Ausserdem
ist die Gestalt des Baumes für die Benennung der
Formen massgebend gewesen, wie bei U. pyramidalis.
Zu dieser gehört auch eine englische Form, welche
wieder in Essex entstanden ist und ebenfalls (wie
eine Form des Feldrüsters) U. exoniensis heisst.
Es ist dieses ein sehöner monumentaler Baum, wel-
wird, die Rinz’sche monumentalis,
und auch nach dem Gärtner, der ihn 1826 aus
Samen erzog, den Namen Ulmus Fordii erhalten
hat. Aehnliche Baumformen mit weniger flachen, ja
selbst krausen Blättern werden unter den Namen
Dampieri, Ontariensis und erispa kultivirt.
cher höher als
151
Eine ebenfalls schöne, aber regelmässig gebaute
Form, hat die grossen Blätter braungrün, ja selbst
mattbraun gefärbt und nimmt sich als Einzelpflanze
vorzüglich aus. Ein solches Exemplar befindet sich
in dem Park von Muskau vor dem Hause des Park-
inspektors Petzoldt. Aehnliche Formen, aber mit
grösseren und sehr rauh sich anfühlenden Blättern
kultivirt man in Belgien als U. Pitteursii, in England
und sonst auch als U. gigantea. Bei dieser Form
verliert sich aber die braune Färbung häufig und
die Blätter sind dunkel-mattgrün. Dergleichen Exem-
plare haben gewöhnlich noch die nähere Bezeichnung
vegeta. Buntblättrige Formen giebt es sonst nicht.
Mit der bereits erwähnten U. erispa, einer Form
der U. exoniensis, - ist die Willdenow’sehe Pfianze
d. N. nicht zu verwechseln. Diese besitzt schmale
elliptische Blätter mit einer ziemlich harten Textur.
Ihre Farbe ist auf beiden Flächen ein Graugrün.
Eigenthümlich sind noch der tief eingeschnittene
Rand und die auf der Unterfläche sehr hervortreten-
den Hauptäste des Mittelnervs. Wo alle diese Merk-
male in geringerem Grade vorhanden sind, hat die
Form den Namen U. rugosa erhalten.
Interessante Formen sind ferner die Rüstern,
welche in den Verzeichnissen der Baumschulbesitzer
die Namen Ulmus americana alba und rubra
führen. Lange Zeit glaubten auch wir, dass diese
Formen erst aus Nordamerika uns zugeführt wären,
bis uns die Früchte und die Art und Weise der
Entfaltung der Knospen keinen Zweifel übrig liess,
dass sie ebenfalls gross- und rauhblättrige Formen
unseres Waldrüsters darstellen. Vielleicht sind sie
auch erst aus einer Kreuzung mit den Rüstern jen-
seits des grossen Oceans hervorgegangen? Sehr
oft beugen sich bei diesen Formen in der Jugend
die Aeste zurück oder stehen nur wagerecht ab. In
diesem Falle werden sie noch als pendula und
horizontalis näher bezeichnet.
Unter dem Namen U. viminalis und graecilis
wurde endlich 1817 eine eigenthümliche Form mit
schwachen, aber langen, bisweilen auch überhängen-
den Aesten in England gezüchtet, wo die einge-
schnitten-gesägten Blätter weit kleiner waren und oft
auch keine ebenen Flächen bildeten. Man könnte
geneigt sein, diese Form vielmehr für eine Form des
Feldrüsters zu halten, wenn der Stamm nicht eine
glatte Rinde hätte und im botanischen Garten von
Berlin nicht ein alter Baum existirte, der allmählig
in die ursprüngliche Art zurück zu gehen scheint.
Blüthen und Samen scheinen U. viminalis und graeilis
noch nicht getragen zu haben.
Von dieser U. viminalis ist aber eine noch kleinere
und von der Hauptart völlig abweichende und breit
wachsende Form entstanden, welehe den Namen U.
antarcetica besitz. Woher sie stammt, wissen wir
eben so wenig, als wer sie gezüchtet hat? Ueber-
sänge zur U. viminalis lassen gar keinen Zweifel
ihres Ursprunges übrig. Wie sie zu dem Namen
antaretica, d. h. in kältern Regionen der Südhemisphäre
wachsend, kommt, ist ebenfalls unbekannt. Man
schloss aber aus dem Namen, dass Patagonien das
Vaterland sein müsste, was durchaus unrichtig ist.
Die folgenden 4 Arten haben, so schön sie auch
sind, in der Landschaft keine Bedeutung erhalten und
werden deshalb hier auch nur ganz kurz abgehandelt
werden.
3. Ulmus peduneulata Fouge.
Bastrüster.
Ohne Stamm rissig;
Blätter länglich-zugespitzt, auf der Oberfläche später
Rother oder
Wurzelausläufer; wenig
slatt und unbehaart; Knospen lang, mit fast stechen-
der Spitze, aus zahlreichen Deckschuppen bestehend;
Früchte gestielt, am Rande gewimpert; Samen in der
Mitte, nieht bis zum breiten Ausschnitte reichend.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieser Baum
in Deutschland zu Hause ist und bis zum Ural öst-
lich reicht. Er ist unter mehrern Namen beschrieben
worden, so. als U. laevis Pall, U. ceiliata Ehrh.,
U. effusa Welld. u. U. oetandra Sckk. Der Rothe
Küster ist ein brauchbarer Baum, da er ein vorzüg-
liches, etwas röthliches Holz besitzt und sein Bast
ausserordentlich zähe ist, so dass dieser viel ge-
braucht wird. Besondere Formen haben wir von
ihm nicht kennen lernen.
4. Ulmus elliptiea €. Koch.
Rüster.
Ohne Wurzelausläufer; Stamm etwas
Blätter Jänglich, zugespitzt, auf der Oberfläche schart;
Knospen ziemlich gross, länglich, spitz, meist aus
8 Deckschuppen bestehend; Fruchtstiel halb so lang
als die Frucht; diese elliptisch, in der Mitte behaart;
Samen unterhalb der Mitte der Frucht, vom Aus-
schnitt weit entfernt.
Dieser schöne Rüster wurde im Jahre 1843 von
uns auf den Nordabhängen des armenischen Hoch-
Orientalischer
rissig;
landes, wo er waldartig sich ausbreitete, entdeckt
und bildet einen schönen Baum vom Ansehen des
Rothen Rüsters. Leider haben die von uns einge-
sendeten Samen nicht gekeimt und so befindet sich ,
der orientalische Rüster noch nieht in Kultur.
5. Ulmus americana L. Amerikanischer
Rüster.
Stamm sehr rissig; Blätter wenig ungleichseitig,
elliptisch, auf der Oberfläche gar nicht oder nur we-
nig scharf; Knospen länglich, spitz, aus 6 bis 8 Deck-
schuppen bestehend; Früchte gestielt, am Rande ge-
wimpert. Samen über der Mitte, den Ausschnitt fast
erreichend.
Ein hübscher, im Vaterlande meist freistehender
Baum, mit zwar nur kurzem Stamme, aber mit einer
um so sehöneren Krone, welche gewöhnlich durch
5 bis 7 Hauptäste gebildet wird. Die weichen, höch-
stens 4 Zoll langen Blätter haben vielmehr das An-
sehen der Blätter einer Hainbuche, als das der Blät-
ter eines Rüsters.
Bisweilen kommt hier Korkbildung vor, die aber
hauptsächlich nur nach 2 Seiten hin geschieht und
sich deshalb von der unseres Korkrüsters unterschei-
det. Die Form, welche dieses besitzt, ist auch als
selbständige Art betrachtet worden und.hat von Mi-
ehaux den Namen U. alata erhalten.
6. Ulmus fulva Mehx. Fuchsrothknospiger
Rüster.
Stamm rissig; Blätter sehr ungleichseitig, läng-
lich, aber mit einer gezogenen Spitze versehen, auf
der Obeıfläche sehr scharf; Knospen ıundlich, be-
haart, mit 6 sichtbaren Deekschuppen, unter denen
andere liegen, welche beim Entfalten eine fuchsrothe
Farbe haben; Früchte rundlich, sitzend, mit schwa-
chem Einschnitte; Samen in der behaarten Mitte.
Dieser Rüster steht allerdings dem Waldrüster
nahe, besitzt aber einen rissigen Stamm. Die scharfe
Behaarung auf der Oberfläche der Blätter scheint
hier nur durch Stern-, bei dem Waldrüster aber
dureh einfache Haare hervorgebracht zu werden. An
den fuchsrothen innern Knospenschuppen ist er im
ersten Frühjahre und an den in der Mitte behaarten
Früchten später leicht zu erkennen.
Die Brandformen
der Sorghum -Arten. Tilletia Sorghi Tulasne und
Ustilago eruenta J. Kühn.
Bei den Sorghum - Arten kommen zwei wesent-
lich veıschiedene Brandformen vor. Die eine Brand-
form lässt die Rispe in allen ihren Theilen unver-
die Fruchtknoten
bilden
ändert, nur unterliegen einer ab-
normen Entwickelung, es sich Brandkörner
aus, Ähnlich wie bei dem Steinbrand des Weizens.
Dies ist die von Tulasne als Tilletia Sorghi näher
hesehrielhene Form, welche bisher allein bekannt war,
Verlage von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. —
und die auch bei uns häufig dort vorkommt, wo man
Sorghum in einiger Ausdehnung kultivirt. — Dureh-
aus abweichend hiervon ist eine zweite Brandform
gebildet, die ich wegen der auffallenden Färbung.
welche sie der erkrankten Rispe ertheilt, Ustilago
eruenta genannt habe. Dieser Brandpilz erzeugt
kleine braunroth gefärbte Erhabenheiten, die entwe-
der von rundlicher oder länglicher Gestalt sind und
sich am oberen Theile des Stengels, hauptsächlich
aber an den Rispenästen, vorfinden. Sind diese ver-
einzelt damit besetzt, so erlangen sie ihre normale
Länge, kommen die Brandpustelehen aber häufig vor,
dann werden die Rispenäste mehr oder weniger ver-
kürzt, verdickt, mannigfach verkrümmt. Die Blüthen-
theile bilden sieh dann entweder gar nicht aus oder
werden ebenfalls von dem Parasiten verunstaltet.
Bei massigem Auftreten verschmelzen die Brandpu-
stelehen ineinander. Die an den Pustelchen enthai-
tenen Fortpflanzungsorgane oder Sporen sind eben-
falls von rother Farbe. Sie stimmen in der Grösse
mit den Sporen des Flugbrandes Ustilago Carbo zum
Theil überein, zum Theil sind sie etwas grösser.
Ihre Keimungsweise kommt ganz mit der des Flug-
brandes unserer Getreidearten überein; Farbe und
Art des Auftretens unterscheiden aber deutlich diese
beiden Brandformen. Ustilago eruenta erzog ich bei
einem auszedehnteren Anbau von Sorshum saecha-
ratum Jahre 1859. Es wäre mir von
Interesse, die letztere Brandart neuerdings im Leben
beobachten zu können, und deshall, will ich ver-
suchen, sie zu erziehen, indem ich Sorghun - Arten
möglichst verschiedener Herkunft eultivire. Um diese
zu erlangen, wende ich mich auf diesem Wege an
alle Samenhandlungen mit der Bitte, mir je 100 Gramm
Sorghum-Samen von jeder Art und von jeder Original-
Sendung zu schicken, welche sie von letzter Ernte
aus Orten Asiens oder Alrika’s eıhielten. Es würde
mir lieb sein, für jede einzelne Probe die Herkunft
mit zu erfahren; es sind mir die Proben aber auch
dann noch willkommen, wenn die Heimath nicht genau
im — nun
angegeben werden kann, sofern es nur Samen letzter
Ernte aus Oertlichkeiten ist, in denen regelmässig
und ausgedehnt Sorghum-Bau stattfindet. — Die Rech-
nung bitte ich der Sendung beizufügen.
Halle a./S., Anfang März 1872.
Professor Dr. Jul. Kühn,
Director des landwirthschaftl. Instituts
an der Universität.
Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
No. N. Berlin, den 18. Mai. u DR 182.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., en = Den durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 28. Mai, findet Abends 5 Uhr im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung des
Vereines statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Das en der 2. Gruppe der w elt- re Fa in Wien im Jahre 1873. Allerlei aus der Gi ärtnerei er
Pflanzenkunde V. — Die Grundlagen des Vogelschutz-Gesetzes. — Preis-Ausschreiben.
betheiligt hatten, so ist zwar der erste Theil des
Das Special-Programın
siebenjährigen Cyelus hinter den Erwartungen zurück-
der 2, Gruppe der Weltausstellung in Wien ' geblieben, es ist aber doch so viel Interesse dafür
im Jahre 1873. | vorhanden gewesen, dass nicht allein die Kosten
Land- und Forstwissenschaft, Wein-, Obst- | vollständig gedeckt wurden, sondern sogar noch
und Gartenbau. , Ueberschüsse vorhanden waren. Die diesjährige Aus-
Jedermann sagte sich, als die letzte Weltausstel- | stellung wird besser werden und Umfassenderes, aber
lung in Paris mit einem Glanze, wie er früher noch | auch Mannigfaltigeres in den Gegenständen, welche
nicht dagewesen, stattfand, dass damit die Reihe der ' an der Reihe sind, geben. Man hat sich englischer
Weltausstellungen geschlossen sei, weil noch grössere | Seits jetzt auch mehr Mühe gegeben, Bewohner des
Anstrengungen an Menschen und Geld nicht mehr Festlandes, vor Allem Deutschlands, zur grösseren
gemacht werden könnten. Das mächtige Inselreich, | Betheiligung heranzuziehen.
dem wohl unbedingt die grössten und umfassendsten Es war zwar schon seit Jahresfrist die Rede,
Hülfsquellen zu Gebote stehen, gab es auf, eine | dass trotz aller Bedenken man in Wien mit dem Ge-
Weltausstellung, wo Alles zu gleicher Zeit, wie in , danken umgehe, doch wieder eine Weltausstellung,
Paris und früher in London, vorhanden wäre, von | wo alle Gegenstände der Industrie und Kunst zu
Neuem ins Leben zu rufen, und fasste den glück- | gleicher Zeit vorhanden sein sollten, wieder ins Le-
lichen Gedanken der Theilung auch bei Ausstellungen ben zu rufen. Alle Bedenken, welche dage egen ge-
von industriellen Gegenständen. Was bisher auf ein | macht wurden, beseitigte man in Wien. Es wurde
Jahr zusammengedrängt war, wollte man auf 7 Jahre | von der As inbischen Regierung der vorgelegte
Ausstellung vertheilen. Man hoffte bei dieser Ver- | Plan gut geheissen. Trotz aller finanziellen Krisen
theilung um so mehr Erfolg und Nutzen, als sowohl | war das Geld in Kurzem herbeigeschafft oder doch
Aussteller, als Besucher, damit in den Stand gesetzt | wenigstens gedeckt. Wiederum ein Beweis, dass
wären, Sich um so specieller um die ausgestellten | ein Staat mit solchen Hülfsmitteln, wie Oesterreich,
Gegenstände zu bekümmern. ' keineswegs, selbst durch lange andauernde Missre-
Obwohl das vorige Jahr, wegen der damals noch | gierungen, nicht so leicht ruinirt werden kann, wie
drohenden Verhältnisse in Frankreich, keineswegs | man hier und da meint, dass im Gegentheil bei eini-
günstig war und weder Frankreich noch Deutschland | germassen guter Finanz - Wirthschaft sich auch in
in irgend erheblicher Weise sich jenseits des Kanales | Oesterreich Alles wieder zu Gunsten kehren kann.
20
154
So wird auch die Weltausstellung in Wien zunächst | jetzt darüber vernommen haben, deutet darauf hin.
nicht wenig dazu veranlassen, alle finanziellen, aber
auch spirituellen Kräfte anzuspannen, um den alten
Glanz des Kaiserstaats an der Donau wieder herzu-
stellen; sie wird die österreichische Industrie auch
heben und neue Absatzquellen eröffnen.
Untersuchen wir die Bedenken gegen das Ge-
lingen einer Weltausstellung, wo die letzte mit allem
Glanz des damals mächtigen französischen Kaiser-
reiches in Paris stattgefunden hatte, überhaupt etwas
näher, so geben wir im Voraus zu, dass ein solcher
Glanz und ein solches Zuströmen von Menschen, wie
es in Paris 1867 war, nicht in Wien stattfinden wird.
Weder die Herrscher von Japan und Cochinchina
werden Verwändte schicken, noch der Grosssultan
in Konstantinopel oder sein Stellvertreter in Kairo in
höchsteigener Person kommen, wie es 1867 in Paris
seschehen ist. Wir geben zu, dass dergleichen Per-
sönlichkeiten zur äusseren Verherrlichung der Aus-
stellung sehr viel beigetragen haben, der Werth der
Ausstellung ist dagegen durch sie auch nicht um
einen Deut vermehrt worden, in sofern man nicht
sie selbst oder doch wenigstens ihre kostbare Klei-
dung als zur Ausstellung gehörig betrachtet. In
Frankreich, wo leider eben fast Alles nur auf das
Aeussere gerichtet ist, war ein solcher Tand schon
für die Bewohner des Landes nothwendig, in einem
ursprünglich und noch jetzt vorherrschend deutschen
Staate verhält es sieh aber ganz anders. Hier treten
andere Berechtigungen heran und der äussere Glanz
ist nicht das Massgebende.
Trotz aller slawischen, besonders böhmischen
Umtriebe ist, wie gesagt, Oesterreich vorherrschend
auf das Deutschthum angewiesen, nur mit und unter
diesem wird Oesterreich gedeihen und blühen. So
wird auch das Deutsche bei der Leitung der Welt-
ausstellung hauptsächlich im Vordergrund stehen und
Deutsche Gediegenheit und
deutsche Wissenschaftlichkeit werden über äussere
zur Geltung kommen.
Dinge und über Flitterglanz den Sieg davontragen.
Wenn auch, was wir gern zugestehen wollen, 1867
bei der Weltausstellung in Paris der Wissenschaft
und besonders der Humanität ein hervorragender
Platz ebenfalls eingeräumt wurde, so war dieses doch
weniger aus tieferem inneren Drange geschehen, als
dass man hiermit sich schmücken wollte.
Wissenschaftlichkeit und wahre Humanität wer-
den — dessen sind wir gewiss — während des näch-
sten Jahres in Wien zur Grundlage dienen; damit
wird eine Ausstellung ins Leben gerufen werden,
wie sie in dieser Weise noch zu keiner Zeit vor-
handen gewesen sein möchte. Alles was wir bis
Deutschland, was in Paris noch in einzelne Länder
getrennt theilnahm und trotzdem Ruhm und Ehre
gehabt hat, wird sich dieses Mal in seiner Ge-
sammtheit, als Einheit betheiligen und damit eine
ganz andere Wirkung hervorrufen. Seine Bewohner
werden ihren Brüdern an der Donau bei ihrem grossen
Werke zur Seite stehen ; sie werden auf der Aus-
stellung ein deutliches Bild des geistigen und ge-
werblichen Lebens des Landes und seines Verkehrs
zu geben suchen. Aus diesem Bilde wird klar und
deutlich hervorgehen, wie so Grosses zu vollbringen
dem deutschen Volke möglich war.
l. Wein- und Obstban.
Das ganze Programm der Wiener Weltaus-
stellung hier mitzutheilen, liegt ausser unserem
Zwecke; wir geben selbst aus der zweiten Gruppe
nur die Theile, welche sich speciell auf Wein- und
Obstbau, so wie auf Gartenbau, beziehen, und. über-
lassen die anderen Theile für Land- und Forstwissen-
schaft den Blättern, welche sich speciell damit be-
schäftigen. Was zunächst den Obst- und Weinbau
anbelangt, so hat dieser Kulturzweig in national-
ökonomischer Hinsicht heut’ zu Tage eine solche
Wichtigkeit, dass die Leiter der Wiener Weltaus-
stellung ihm eine besondere Stelle anzuweisen für
nöthig fanden. Nach dem Programm soll ein ge-
treues Bild von dem Fortschritte dieser Kultur, so-
wohl was die Behandlung der Obst- und Wein-
pflanzen, als auch was die Verwendung und Ver-
vollkommnung der erhaltenen Produkte betrifft, ge-
geben werden. Es wird demnach die Ausstellung
für Obst- und Weinbau folgende Abtheilungen ent-
halten:
Allgemeine Bestimmungen.
1. Die Produkte von Baum- und Rebschulen,
wie Hochstämme, Zwergbäume, formirte Bäume aller
Art, nebst Wurzelreben, werden vom 1. bis 15. Ok-
tober ausgestellt, und zwar stehen für dieselben so-
wohl gedeckte Räume, als auch freies Land, zur
Verfügung.
2. Die Aufstellung von formirten Obstbäumen
kann entweder in Gefässen oder auch im freien
Lande geschehen; es hat jedoch ein jeder Aussteller
für die Pflege derselben während der Ausstellung
selbst Sorge zu tragen.
Auf gleiche Weise können auch Rebenerziehungs-
Methoden in lebenden Stöcken, welche ins freie Land
verpflanzt werden, zur Ausstellung gelangen, oder
wo es sich nur um die Aufstellung der Unterstützungs-
methoden handelt, wie z. B. Bepfählung, Draht-
155
rahmen, Lauben etc., werden selbige auch ohne Wein-
reben aufgestellt werden können. Die Ausstellung
dieser Gegenstände, welche sich also auf Schnitt-
und Erziehungsarten der Obstbäume und Weinreben
bezieht, findet vom 1. bis 15. Oktober, und zwar im
Freien, statt.
3. Werkzeuge und Maschinen für Obst- und
Weinbau, sowie besonders zur Kellerwirthschatft,
werden in der landwirthschaftlichen Geräthehalle der-
art untergebracht, dass die vergleichende Anschauung
möglichst erleichtert ist.
4. Frisches Obst und Trauben müssen je nach
der Reifezeit ausgestellt werden. Es finden deshalb
fünf Ausstellungen statt: Vom 1. bis 10. Mai: ge-
triebenes und frisch aufbewahrtes Obst.
Vom 15. bis 25. Juni: Beerenobst und Kirschen.
Vom 20. bis 30. August: Pflaumensorten und
Frühbirnen.
Vom 18. bis 23. September: Pflaumen, Herbst-
birnen und Aepfel.
Vom 1. bis 15. October: Trauben, Aepfel, Bir-
nen und Schalenobst.
Die vier ersten werden gemeinschaftlich mit den
temporären Ausstellungen für Gartenbau abgehalten
werden. Die letzte hingegen, als die grösste, wird
ausschliesslich dem Obst und den Trauben gewidmet
sein. Bei der letzteren ist eine Trennung von Wein-
und Tafeltrauben wünschenswerth. Ferner ist für
Aufstellung der Trauben-Sorten, welche zur Bereitung
der bekannten und renommirten Weine in jedem Lande
verwendet werden, Sorge zu tragen. Sollte eine
nach Zonen geordnete Obst-Ausstellung nicht durch-
führbar sein, so ist jedenfalls bei Beurtheilung der
Produkte auf die klimatischen Verhältnisse Rücksicht
zu nehmen.
5. Unter den Produkten aus Obst und aus Wein-
trauben wird der Wein besonderes Interesse in An-
spruch nehmen. Bei seiner Einsendung kann es
sich bei einer Weltausstellung nicht um Massenver-
tretung aus einem speciellen Gebirge handeln, sondern
es erscheint vielmehr geboten, dass solche nur durch
das beste Produkt repräsentirt wird.
Weine und diesem entsprechende Produkte, die
im Ausstellungsraume nicht gut erhalten bleiben und
auch im gewöhnlichen Verkehr in Kellern oder kühlen
käumen aufbewahrt zu werden pflegen, werden in
zwei Flaschen, die zur Beurtheilung des Preisgerichtes
nöthig sind, kostenfrei in eigens gemietheten Kellern
untergebracht werden.
Es steht den Ausstellern ausserdem frei, vor
der Beurtheilung durch das Preisgericht ihre Weine
in der oenochemischen Versuchsstation in Kloster-
u
neuburg einer chemischen Analyse, auf deren we-
sentliche Bestandtheile (Alkohol, Säure, Extraktiv-
stoff) unterziehen zu lassen. Die Analysen werden
gratis geliefert. Das internationale Preisgericht wird
zu entscheiden haben, ob und in wiefern die Re-
sultate dieser chemischen Untersuchung in Betracht
zu ziehen seien.
Demnach ist es nothwendig, dass ausser den
Flaschen, welche für die Ausstellung selbst bestimmt
sind, von jeder Sorte für das Preisgericht zwei, und
eventuell für die fakultative chemische Analyse zwei
weitere Flaschen eingesendet werden, jede natürlich
in besonderen Kisten, um alsbald für ihre Bestimmung
abgegeben zu werden. Auf der Kiste ist selbst-
verständlich, ausser der allgemeinen Adresse, die Be-
stimmung derselben ersichtlich zu machen. („Für
das Preisgericht“ und „für die Analyse“.)
Die zur Ausstellung gelangenden Flaschen müssen
entsprechend adjustirt sein; auf den Etiquetten ist
die Firma, das Land, der Ort, die Weinlage und
Jahrgang ersichtlich zu machen. Im Interesse der
Aussteller liegt es, diese Flaschen mit einer Flüssig-
keit zu füllen, die durch die Hitze des Sommers nicht
in Gährung kommt. Für die von dem internationalen
Preisgerichte zu verleihenden Auszeichnungen gelten
die in Punkt XIV des allgemeinen Programmes an-
gelührten Bestimmungen.
Damit auch Publikum ausgestellte
Weine kosten kann, wird eine besondere Kosthalle
errichtet, worüber Näheres späteren Bekanntmachungen
vorbehalten bleibt. Neben Traubenwein wird auch
Obstwein zur Ausstellung gelangen: Die Nebenpro-
dukte der Kellerwirthschalt, wie Oenanthäther, Wein-
stein ete. werden in der Abtheilung für Chemikalien
beurtheilt.
6. Alle Gegenstände, welche als Lehrmittel für
den Obst- und Weinbau - Unterricht dienen, ebenso
chemische und physiologische Präparate und Samm-
lungen aller Art, werden von den betreffenden An-
stalten und oenochemischen Versuchsstätionen am
zweckmässigsten in Kollektivausstellungen zur An-
schauung gebracht werden.
Besonderes Interesse werden mikroskopische Prä-
parate der Absätze bei kranken Weinen, ferner von
den kleinen Feinden, den Pilzkrankheiten der Wein-
reben bieten. Ebenso Apparate zur Untersuchung
der Weine, Erdsammlungen, Wasserkulturen von Re-
ben ete. Endlich sollen hier auch die Literatur, sta-
tistische Tafeln, Karten, Abbildungen, Modelle und
Nachbildungen von Obst und Trauben u. s. w.
Platz finden. (Schluss folgt.)
das grosse
20*
Bun
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pilanzenkunde.
V.
Die Festausstellung des Vereins zur Beförderung
des Gartenbaues, welche am 21. Juni beginnt und
am 90. wird, möchte wohl die
srossartigste werden, welche je in Berlin stattgefun-
den hat. So bequem gelegen und sonst auch passend
das Lokal: Garten und Turnplatz, nebst Turnhalle
des Wilhelms - Gymnasiums in der Bellevuestrasse,
einer der schönsten Strassen Berlins, welche den
Potsdamer Platz mit dem Thiergarten verbindet und
rechts und links die reizendsten und mit seltenem
Luxus ausgeschmückten Vorgärtchen besitzt, für eine
Pflanzen - Ausstellung auch ist, so wird doch schon
jetzt die Befürchtung ausgesprochen, dass der dar-
sebotene Raum die kommenden Pflanzenschätze nicht
sämmtlich so bequem aufnehmen würde, als es wün-
schenswerth sei. Wir sind keineswegs der Ansicht,
wenn wir auch den beschränkten Raum des Lokales
zugestehen, denn um so auserwähltere Gegenstände
wird man sehen. Alle die Lückenbüsser an Pflanzen,
welche nur des Füllens und Deckens halber bisher
auf Ausstellungen gebracht wurden, bleiben dieses
Mal natürlich weg. Auch Mittelmässiges, was olt nur
aus gleichem Zwecke einen Platz fand, darf nicht
aufgenommen werden. Ein Raum von 11; Morgen
Flächen-Inhalt kann schon etwas in sich fassen.
Wenn auch bei dieser Ausstellung die einzelne
Pflanze im Allgemeinen mehr als sonst (natürlich
hauptsächlich bei’ Einzel-Exemplaren, neuen Einfüh-
Ss. w.) berücksichtigt werden muss, so
dürfte trotzdem das ästhetische Moment doch auch
hier wiederum, wie bei allen Ausstellungen, welche
in Berlin stattgefunden haben, im Vordergrunde stehen.
Unser bekannter Gartenkünstler, Stadtgartendirector
Meyer, ist der Vorsitzende der Kommission für das
Arrangement: ihm stehen Garten-Inspektor Gaerdt,
einheimischen und fremden Pfianzenliebhabern als
Chef des durch seine Eleganz ausgezeichneten Bor-
sig’schen Gartens, und Öbergärtner Perring in
Pankow, von den beiden letzten Ausstellungen des
Vereins im Tattersall gewiss noch in gutem Andenken,
nebst den schon früher genannten eigentlichen Ordnern:
Brasch und die Kunst- und Handels-
Boese und Jannach, als Mitglieder zur
Der Plan, von dem Vorsitzenden entworfen
Plenum der Kommission berathen, ist im
Allgemeinen fertig und dürlte nur in Einzelheiten, je
nachdem was unvorbereitet gebracht wird, geringe
Aenderungen erleiden.
Juni geschlossen
rungen U.
Hofgärtner
särtner
Seite.
und im
|
|
Aber auch die Bau- und Materialien-Kommission,
mit Hofbaukontroleur Bohm als Vorsitzendem, und
dem Inspektor des botanischen Gartens, Bouch&
und dem früheren Stadtbaurath, jetzigen Direktor
Gerstenberg als Mitgliedern, ist mit der Kommission
für das Arrangement zusammengetreten und hat ihre
Pläne vorgelegt. Soviel wir davon erfahren haben,
sind auch diese gutgeheissen. Wir können einst-
weilen mittheilen, dass die Baukommission nicht
weniger ästhetischen Ansprüchen genügt hat und dass
demnach auch in dieser Hinsicht nur Tüchtiges ge-
leistet werden wird. Der Verein zur Beförderung
des Gaitenbaues scheut keine Kosten, um dieses Mal
eine Berlins besonders würdige Ausstellung ins Leben
zu rufen. Die Ausstellung soll zwar zunächst nur
eine deutsche sein, Ausländer sind aber als Gäste,
wie nicht weniger als Aussteller, sehr willkommen
und werden auch, wie wir wissen, in nicht geringer
Anzahl Theil nehmen.
Es ist vor Kurzem über die riesigen Bäume in
Aegypten aus dem Genus Ficus nach den Berichten
des ägyptischen Generalgartendirektors Delcheva-
lerie Mittheilung gemacht und dabei auch von der
Sykomore gesprochen worden. Wir erlauben uns,
noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukom-
men und ausser den früher genannten Sykomoren,
und zwar nach demselben Berichterstatter, noch auf
ein Exemplar aufmerksam zu machen, was neben
seiner eigenen Bedeutung als Baum auch ein ge-
schichtliches Interesse besitzt. Diese Sykomore be-
findet sich in Aegypten, und zwar in der nächsten
Nähe von Heliopolis, wo bekanntlich im Jahre 1799
unter Kleber die berühmte Schlacht der Franzosen
segen die Uebermacht der Mohammedaner stattfand.
In einem koptischen Garten des Dorfes Matarieh bildet
der Sykomoren-Baum den Mittelpunkt von 4 ins
Kreuz von ihm ausgehenden Alleen.
Der Baum muss sehr alt sein. Er besteht viel-
leicht nur noch zum Theil, in sofeın der nordwäıts
anstossende und wenige Fuss aus der Erde hervor-
ragende, bereits, wie es scheint, längst schon ab-
gestorbene Stumpf dereinst dazu gehört hat. Was
ausserdem noch vorhanden ist, besitzt nur auf der
einen Seite Rinde, während auf der anderen diese
längst geschwunden ist, dagegen abgestorbenes Holz
sichtbar wird, was weiter nach innen mit dem ge-
sunden Holze sichtbar wird, Trotz dieser Verstüm-
melung hat der Sykomoren-Stamm noch einen Umfang
von 7 bis 8 Meter, so dass der Durchmesser fast eben
so gross ist, als die nur 3 Meter betragende Höhe.
Leider hat der Stamm bereits von oben herab einen
tiefen Riss erhalten. Dass die Hauptäste des Baumes
157
ebenfalls eine nicht unbedeutende Stärke haben, kann
man sich denken. Die Verästelung ist ausserdem
aber kurz, so dass der Durchmesser, so wie die
sanze Höhe des Baumes nur 10 Meter beträgt.
Dieser Sykomorenbaum ist auf der Rindenseite
dieht mit Inschriften aller Art, welche Reisende der
früheren und jetzigen Zeit eingegraben haben, dicht
bedeckt. Er führt den Namen Baum der heiligen
Jungfrau, weil die Sage geht, dass er schon zur
Zeit der Geburt Jesu einen bedeutenden Umfang ge-
habt habe. Man erzählt, dass, als Herodes befahl,
alle seit Kurzem erst geborenen Kinder zu tödten,
Joseph und Marie mit ihrem Jesus-Kindlein die Flucht
ergriffen und unter dieser Sykomore, deren Aeste und
Zweige rings herum bis zur Erde reichten, ein sicheres
Asyl fanden. Erst als die Häscher, welche das ganze
Land durchspähten, zurückgekehrt waren, verliessen
sie ihren Aufenthaltsort und setzten ihre Flucht fort.
Die neue, durch die Weinlaus (Phylloxera va-
statrix) hervorgebrachte Weinkrankheit hat im vori-
sen Jahre im Süden Frankreichs leider grosse Fort-
schiitte gemacht. Ihr Centralpunkt scheinen Vaucluse
und die Rhone-Mündungen zu sein. Man hatte be-
fürchtet, dass sie sich auch nach Osten fortpflanzen
und hier zunächst die Weinberge Savoyens und Bur-
sunds angreifen würde. Das ist zum Glück bis jetzt
nicht oder doch:nur ausnahmsweise der Fall gewe-
sen. Ebenso sind noch keine Beispiele des Vorkom-
mens der Krankheit in der Champagne beobachtet
worden. Dass wir demnach für unsere Weinländer
am Rhein und an der Mosel, aber auch im Elsass,
wahrscheinlich nicht zu fürchten haben, ist ein Trost
für unsere Weinbauern, welehe schon an und für
sich mit dem Klima genug zu kämpfen haben. Da-
gegen schreitet die Krankheit nach dem Westen fort
und wüthet bereits in den Departements des Gard
und Herault, nähert sich also der spanischen Gränze.
Es bestätigt dieses, was mehrmals schon in der Wo-
chenschrift ausgesprochen worden ist, dass die ge-
fürchtete Weinlaus ein Thier des Südens ist und
allenthalben da, wo die Kälte tiefer in den Boden
eindringt, zu Grunde geht.
Neuerdings will ein Weinbauer in Lunel - Viel
ein Mittel gegen die Weinlaus und die von ihr her-
vorgerufene Krankheit entdeckt haben, was um so
grösseren Weıth besitzt, als es auch die Vegetation
des Weinstockes begünstigen soll. Alle bisher em-
pfohlenen Mittel gegen diesen Feind waren umge-
kehrt dem Weinstocke schädlich. Der Weinbauer,
Bon mit Namen, hält seine Zusammensetzung noch
geheim, die Versuche, welche aber damit gemacht
wurden, haben Erfolge gehabt. Es ist ein Pulver,
von dem für jeden Weinstock zur Vertilgung der
Weinlaus an den Wurzeln wenisstens 2 Pfund ge-
braucht werden muss. Man hat gefunden, dass es
besser ist, das Pulver trocken in der nächsten Nähe
des Weinstockes aufzustreuen und dann 20 bis 25
Liter Wasser darauf zu giessen, um es mit diesem
in die Nähe der mit der Laus behafteten Wurzeln
zu bringen, als dass man es zuvor in Wasser auf-
löst und mit diesem die Erde begiesst. Die beste
Zeit der Anwendung des Pulvers ist der Anfang des
Winters und sobald der Schnitt des Stockes vorge-
nommen werden soll.
Das schöne rothblühende Delphinium nudicaule
hat auch bei uns Eingang gefunden und verdient
auch wegen seiner leichteren Kultur (vergl. vorigen
Jahrg. der Wochenschr. S. 268) zu Anpflanzungen
im Freien nicht weniger, als in Töpfen, Empfehlung.
Interessant ist die Art und Weise seines Keimens.
Nach einem Berichte des bekannten, grade in gärt-
nerischen Dingen sehr gewandten Pariser Akademi-
kers Naudin, der sich seit längerer Zeit schon we-
sen seiner Kränklichkeit im Süden der Pyrenäen, in
Callioure, aufhält und daselbst sich mit allerhand
Kultur - Versuchen beschäftigt, weicht die Art und
Weise des Keimens genannter Pflanze wesentlich von
dem anderer Pflanzen ab. Nach ihm erhebt sich aus
dem Samen das sogenannte Stengelchen (die Plu-
mula) bis zu einer Höhe von 2 und 3 Centimetern
und trägt an seinem oberen Ende die beiden einan-
der gegenüberstehenden Samenblätter. Damit ist das
Wachsthum des Stengelchens vollendet. Es kommt
keine Verlängerung zwischen den Samenblättern her-
vor, dagegen entwickelt sich an dem Vereinigungs-
punkte des Stengels mit dem Würzelchen eine Knospe,
welche bald weiter wächst und damit den Anfang
der eigentlichen und bleibenden Pflanze bildet.
Niemand ist zu derlei Beobachtungen von wis-
senschaftlichem Interesse so sehr berufen, als der
Gärtner. Eben deshalb ist es wünschenswerth, dass
von Seiten der Gärtner, welche jährlich Hunderte
von verschiedenen Pflanzen aussäen, dem Keimen
mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird. Wahrschein-
lich ist diese Abweichung des Keimens bei Delphi-
nium nudieaule nieht die einzige.
Brongniart erklärt diese Erscheinung im Jour-
nal der Pariser Gartenbau-Gesellschaft (S. 154) durch
ein Zusammenwachsen der Stiele der Samenblätter, -
und Duchartre, der Redakteur des Journals, hält
diese Ansicht für die allein mögliche Erklärung. Ab-
gesehen davon, dass erst ein Zusammenwachsen
nachgewiesen werden müsste, ist das Vorkommen
von Knospen unterhalb der Samenblätter, also an der
158
ächten Wurzel, keineswegs eine ganz seltene Er-
scheinung und kann an Obst-, besonders Birnbäumen
bei genauer Untersuchung nicht so schwierig nach-
gewiesen werden. Es gab sogar früher in Schlesien
Öbstliebhaber, welche ihre Birngehölze durch Wur-
zelstecklinge, also durch Theile, welche sich unter-
halb der Samenblätter befinden, vermehrten. Unserer
Ansicht nach ist nicht das Vorkommen von Knospen
unterhalb der Samenblätter überhaupt etwas Neues,
sondern nur der Umstand, dass es bei Delphinium
nudicaule regelmässig geschieht.
Nach den Mittheilungen des Cercle professoral,
einer interessanten belgischen Zeitschrift für Pomologie
und für Gehölzkunde überhaupt, welche wir wegen
ihrer interessanten Abhandlungen halber nicht genug
empfehlen können, wird (S. 44 des vorigen Jahrgangs)
eines im Jahre 1842 noch in voller Kraft existirenden
Birnbaumes Erwähnung gethan, der nach einer dabei
befindlichen Inschrift im Jahre 1590 gegen eine Mauer
gepflanzt worden ist. Dieser Spalierbaum steht in
einem Garten zu Pollet bei Dieppe und nahm bereits
im Jahre 1842 einen Umfang von 30 Meter (also bei-
nahe von 100 Fuss) ein, besitzt aber nur eine Höhe
von etwas über 6 Meter. Der Stamın des Birngehölzes
selbst wird zu 1 Meter Stärke angegeben. Im Jahre
1842 trug er zwischen 3- bis 4000 Früchte. Nach
dieser Mittheilung, welche übrigens dem Journal der
Gartenbaugesellschaft von Rouen entlehnt wurde, ist
diese Sorte eine Sparbirn (poire d’Epargne).
Wenn nun schon dergleichen Formbäume, wie
das Spalier im Garten zu Pollet darstellt, geschicht-
lich ein Alter von wenigstens 250 Jahren erreichen,
um wie viel älter möchten aber Birnbäume werden
können, welche man der freien Natur überlässt und
in ihrem Wachsthum nicht beschränkt. Auch unsere
Waldbäume können unter gewissen Umständen ein
sehr hohes Alter erreichen. Man hatte sich eine Zeit
lang an die hauptsächlich von Forstmännern ausgehen-
den Angaben über das Alter unserer einheimischen
Gehölze, besonders der Waldbäume, nach denen diese
keineswegs ein so hohes Alter erreichen sollten, als
man in der Regel glaubt, gewöhnt und einigen berühm-
ten alten Bäumen mit allerhand Erklärungen das hohe
Alter abgesprochen: der Forstmann scheint sich da-
bei aber mehr auf seine, einer regelrechten Forstkul-
tur unterworfenen Waldbäume gestützt zu haben, als
dass er die hier und da befindlichen alten Stand-
bäume von Eichen, Linden u. Ss. w. einer genauen
Untersuchung unterworfen hätte. Es unterliegt keinem
Zweifel, dass einzelne Bäume, besonders Linden, ein
Alter von über 3- und selbst 500, vielleicht bis 800
und 1000 Jahr erreicht haben.
Dass selbst Birngehölze ein hohes Alter erreichen
können, ist schon früher bei Gelegenheit der Be-
sprechung der Melanchthon’s Birn in der Wochen-
schrift gesagt worden. Nach diesen Mittheilungen
existirt aus den Zeiten der Reformation in der Nähe
von Pirna im Königreich Sachsen noch der Original-
baum dieser sonst wenig verbreiteten, aber doch in
Thüringen und Sachsen vielfach kultivirten Birn-Sorte.
Dass aber auch Form- und vor Allem Spalierbäume
über 250 Jahre alt werden können, war uns neu.
Wer übrigens den sogenannten Potager (d. h. Ge-
müse-Garten) in Versailles, welcher jetzt unter der
vorzüglichen Leitung des jüngeren Hardy steht, be-
sucht hat, wird sich der alten Spalierbäume er-
innern, welche daselbst an Maueın gepflanzt sind.
Wenn wir uns nicht irren, wurde dieser Gemüse-
Garten zur Zeit Ludwig XIV. durch den berühmten
Gartenkünstler Lenötre angelegt; es ist uns daher
währscheinlich, dass Manche der jetzt noch im Potager
befindlichen Spalierbäume, denen man das graue Alter
ansieht, aus jener Zeit stammen.
Die Existenz eines 25djährigen Spalier-Birnbaums
giebt uns Gelegenheit, über die hier und da noch
geglaubte Annahme einer allmähligen Degeneration
unserer Obstgehölze. einige Worte zu sagen, obwohl
schon früher mehrmals in der Wochenschrift dagegen
gesprochen worden ist. Dass einige Sorten unseres
Obstes verloren gegangen sein mögen, unterliegt
eben so keinem Zweifel, wie es gewiss ist, dass So-
gar Thierarten, geschweige denn Thierracen, wie z.
B. der noch vor wenigen Jahren existirende Dachs-
hund, welche früher auf unserer Erde sich bewegten,
aufgehört haben zu existiren. Es vegetiren noch
eine Reihe vorzüglicher Obstsorten aus sehr alter
Vorzeit, wie der Borsdorfer Apfel, die gute Winter-
Christbirn u. s. w. trotz ihres mehre Jahrhunderte
umfassenden Daseins mit gleicher Kraft, wie zu
der Zeit, wo sie aus dem Samen’ entstanden sind.
Wenn man aber doch degenerirte Bäume hier
und da findet, so liegt der Grund in irgend einer
anderen Ursache, hauptsächlich in den Boden-Ver-
hältnissen. Degeneriren doch bei uns mehre der
neuesten in Frankreich und Belgien gezüchteten
Birnsorten eben so, man möchte sagen, selbst
noch mehr, weil sie von Haus aus zärtlicher sind
und unser rauhes Klima nicht ertragen.
Der pomologische Kongress in Frankreich, der
alle Jahre in einer andern Stadt zusammenkommt
und über Obstbau und Obstkenntniss verhandelt,
hatte im vorigen Jahre auch diese Frage der Dege-
neration unserer Obstsorten zur Sprache gebracht.
In dessen Folge wurde von dem Vorsitzenden des
159
Gartenbauvereines von Orleans, Porcher, eine hier-
auf bezügliche Abhandlung „etude sur la degene-
rescence ou l'exstinetion des anciennes varietes
fruitieres“ geschrieben, in welcher auch dieser tüch-
tige Pomolog und Obstzüchter aufs Entschiedenste-
die sogenannte Altersschwäche unserer Obstsorten
ableugnet. Dasselbe geschieht in einem Berichte,
den ein uns wohl bekannter und ebenfalls sehr
tüchtiger Obstzüchter und Obstkenner, Glady in
Bordeaux, in dem Journal der Pariser Gartenbau-
Gesellschaft von diesem Jahre (p. 179) giebt.
Die Grundlagen
des Vogelschutz - Gesetzes.
Die österreichische Regierung hat sich ein grosses
Verdienst um unsere Kulturpflanzen erworben, dass
sie bei der italienischen Regierung beantragte, die
Regierungen aller Länder, welche an dem Mittelmeere
liegen und daher von den Insekten fressenden Zug-
vögeln auf ihrer Reise von Afrıka nach dem Norden
zuerst besucht werden, zu gemeinschaftlichen Ver-
handlungen über deren Schutz aufzufordern. Die
italienische Regierung begriff die Wichtigkeit des Ge-
gsenstandes ebenfalls und zeigte sich bereit, einen
internationalen Kongress zu gemeinschaftlichen Be-
stimmungen nach Florenz zu berufen und die Mittel-
meerstaaten Frankreich und Spanien, so wie die
daranstossende Schweiz einzuladen, Abgeordnete zu
senden. Leider nahm nur die letztere Antheil. In
Frankreich waren es die noch kriegerischen Zustände,
welche eine Theilnahme nicht erlaubten, in Spanien
war man ebenfalls noch zu sehr mit inneren Ange-
legenheiten beschäftigt, glaubte auch, dergleichen Ge-
senstände der Thätigkeit der einzelnen
überlassen zu müssen.
Trotz dieser abschläglichen Rückäusserungen
zweier in dieser Angelegenheit wichtigen Länder trat
der Kongress in Florenz zusammen. Von Seiten
der italienischen Regierung wurde der bekannte Pro-
fessor Targioni-Tozzetti ernannt, während von
Seiten der österreichischen Regierung der mehrfach
in dieser Hinsicht schon thätig gewesene Pıofessor
Ritter v. Frauenfeld in Wien beauftragt wurde, den
Verhandlungen über die Grundlagen eines allgemeinen
Vogelschutz-Gesetzes in Florenz beizuwohnen.
Ritter von Frauenfeld hat freundlichst den
Bericht, welchen er dem österreichischen Minister
für Handel und Ackerbau übergeben hat, auch uns
zukommen lassen. Der Verein zur Beförderung des
Provinzen
Gartenbaues hat seit Jahren schon diesem wichtigen
Gegenstande, als seinen Zwecken entsprechend, durch
Wort und Schrift seine Aufmerksamkeit zugewendet.
Aber auch der Minister der landwirthschaftlichen An-
selegenheiten hat den Schutz der Insekten fressenden
Vögel in seine einflussreiche Hand genommen. In
Preussen möchte man überhaupt in dieser Hinsicht
am meisten energisch vorgegangen sein; es existiren
bereits eine Anzahl vorzüglicher Verordnungen zum
Schutz dieser Vögel. Wie traurig es dagegen in an-
deren Ländern aussieht, davon gibt leider Frankreich
das traurigste Beispiel. Vortreffliche Jagdgesetze zur
Schonung der dem Luxus und dem Vergnügen des
Menschen dienenden Jagdthiere gibt es zwar, aber
an den Schutz der unschuldigen, kleinen und noch
meist durch Gesang uns erfreuenden Thierchen denkt
Niemand. Wie oft haben wir in Frankreich unbärtige
Knaben, aber auch rohe Männer, mit den erbärm-
liehsten Schiessgewehren bewaffnet, zur Jagdzeit die
Fluren durchstreifend, gesehen, nur um die gefiederten
Sänger der Wälder und Fluren zu ermorden, da
ausserdem kein anderes Thier, am allerwenigsten ein
Jagdthier, weit und breit mehr zu finden war. Nichts
zeigt einen so tiefen Standpunkt der Moralität, als
ein solches Morden.
Darf man sich demnach noch wundern, wenn
kein Land Europens so arm an kleinen Vögeln,
als Frankreich, ist. Sowohl der Wald von Vincennes
und das Boulogner Holz bei Paris, als auch die An-
lagen um Versailles sind von ihnen verlassen. Da
hört man nicht, wie in den Berliner Anlagen und
Gärten, des Morgens und Abends den das mensch-
liche Herz erfreuenden Nachtigallenschlag. In den
Fluren der Dörfer Frankreichs ist die muntere Lerche
eine Seltenheit, während man sie bei uns, trotz der
früheren Verfolgungen, dem Lande
vernimmt. y
Wenn schon bei uns diesseits der Alpen, wo
sich die kleinen gefiederten Sänger niederlassen, um
zu brüten und damit für ihre Nachkommenschaft zu
sorgen, ihre Tödtung und das Wegfangen für unsere
Kulturen im hohen Grade schädlich ist, so muss es
in den Mittelmeerländern und in der Schweiz um so
mehr Nachtheile bringen, als es in grösserem Mass-
stabe geschieht und die dortigen Bewohner aus der
Tödtung der Vögel ein Handwerk machen, und diese,
trotz des geringen Werthes, für geringes Geld auf,
den Markt bringen. Solcher grossartigen Schläch-
tereien unserer gefeierten Sänger des Waldes und
Feldes geschehen leider in Italien im Jahre zwei Mal:
im Frühjahre, wenn die Zugvögel ermattet vom langen
Fluge über das Meer zuerst wieder festen Fuss fassen
allenthalben auf
können, und im Herbste, wenn sie, wohl genährt,
aus dem Norden wiederum dem Süden zueilen.
Wer im Frühlinge in Unteritalien oder auf Sizilien
gewesen ist und das unbarmherzige Todtschlagen der
armen, ermüdeten Thierchen gesehen hat, wird sich
gewiss mit Abscheu von einem solchen menschlichen
Gebahren, wie es hier stattfindet, abgewendet haben.
Wie wenig Nahrung vermag ein solches Thierchen
dem Menschen zu geben und wie viel Vögel müssen
erst todtgeschlagen werden, damit nur ein Mensch
nicht satt wird, sondern nur erst seinen Appetit stillt?
Leider ist diese eines gebildeten Menschen höchst
unwürdige Barbarei nicht eıst in neuerer Zeit ent-
standen, sie herrschte schon vor 2 Jahrtausenden und
länger. Bekanntlich hatten die Römer ralfinirte Fein-
schmecker, wie kein anderes Volk sie je gehabt und
wie sie kaum in Paris noch vorkommen. Wenn da-
mals aber dergleichen Menschen Tausenden von Nach-
tigallen die Zungen ausschneiden liessen, nur um ein
Appetit erregendes Vorgericht zu haben, so existiren
— zur Ehre der Menschheit sei es gesagt — der-
gleichen leichtsinnige Wütherige jetzt doch nicht mehr.
In Gemeinschaft mit Professor Targioni-Toz-
zetti hat Ritter v. Frauenfeld berathen. Beide sind
schliesslish zu folgenden Bestimmungen gekommen,
welche. sie ihren Regierungen übergeben wollten und
bereits nun übergeben haben.
1. Zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jede
Weise ist die Zerstörung der Nester, der Eier und
der jungen Vögel aller Art, in sofern sie nicht den
Menschen und Hausthieren Nachtheile bringen oder
ihren Wohnungen, dem Mobiliar und den Erndten
schädlich sind, zu untersagen.
2. Aufs Strengste ist die Jagd auf die Zeit’ zu
bestimmen, welche in Folge von Gewohnheit und
öffentlicher Meinung durch das Gesetz oder durch
provinzielle Verordnungen zwischen den 15. August
und 28. Fe!ruar, also zwischen den Anfang des
Herbstes und dem Ende des Winters, als erlaubt
gegeben ist, ihre Ausübung aber in jeder andern
Zeit zu verbieten.
3. Jeder Fang mit Schlingen, Sprenkeln, Kloben,
Schlageisen, Netzen, mit klebrigen Stoffen, mag eine
Eule dabei benutzt werden, oder nicht, ist untersagt.
4. Für die Jagd-Erlaubniss auf wilde, den Men-
Hausthieren schädliche Thiere
sind Regeln festzusetzen. Zu
schaftlichen Zwecken kann die Jagd jedoch weder
durch die Zeit, noch durch Verordnungen verboten
schen oder seinen
bestimmte wissen-
werden.
ve
5. Es sind ganz bestimmte Regeln für die Jagd
der Schwimm- und Sumpfvögel während des Früh-
jahrs, also im März, zu geben.
6. Verbot des Verkaufs von Nestern, Eiern und
jungen Thieren aller Art, jeder Zeit, so wie des
Wildpretes während der Zeit, wo keine Jagd er-
laubt ist.
Nach diesen vereinbarten Bestimmungen hat
Ritter v. Frauenfeld geglaubt, seinem Minister
zur Berücksichtigung vorzuschlagen:
1. Die Vorschriften für die landwirthschaftlichen
Stand-, -Strich- und Zugvögel sind getrennt und un-
abhängig von den Jagdvorschriften zu behandeln.
2. Das Fangen, Tödten, Verkaufen und Halten
dieser Vögel ist durchaus und zu jeder Zeit ver-
boten.
3. Der Markt ist in dieser Beziehung streng zu
überwachen.
4. Das Blenden der Vögel ist verboten.
5. Der Gelrauch des Vogelleims, von allerhand
Schlingen, Schlageisen, Kloben, Meisenstuben, Nach-
tigallnetzen, Vogelheerd ist unbedingt verboten.
6. Das Ausnehmen der Eier, Jungen, das Zer-
stören der Nester aller Vögel, mit Ausnahme der
schädlichen, ist verboten.
7. Für wissenschaftliche Zwecke kann die Be-
hörde einzelne bedingte Bewilligungen, aber nur von
Fall zu Fall, ertheilen.
Preis-Ausschreiben.
Für die Pläne zu der Anlage von zwei Fried-
höfen in der Nähe der Stadt Bremen von je etwa
15 Hectarfläche ist eine Öffentliche Coneurrenz unter
Auslobung von zwei Prämien von resp. Crt-Thaler
250 und 200 für jeden Friedhof ausgeschrieben,
Die Prämien werden von den Preisrichtern den
künstlerisch schönsten, zugleich den Programmen am
meisten entsprechenden und für die Ausführung vor-
theilhaftesten Plänen zuerkannt. Die prämiirten Pläne
bleiben Eigenthum der Deputation, welche die Aus-
führung sich vorbehält.
Programme, Situations-Karten und Bedingungen
sind von der Unterzeichneten zu beziehen. Die
Concurrenz-Pläne sind bis zum 22. Juni d. J. ein-
zuliefern.
Bremen, 27. April 1872.
Die Deputation wegen Verlegung der Begräbniss-
Anstalten,
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
es
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines,
No. 21. Berlin, Da,
1872.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchliandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 28. Mai, findet Abends 5 Uhr im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung des
Vereines statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Die neuholländischen Gummibäume. — Das Special-Programm der 2. Gruppe der Welt-Ausstellung in Wien im
Jahre 1873 (Schluss). — Die Weizenfliege. — Anzeige.
Di | lä dis | 6 il F | durch das äussere Aussehen, sondern auch durch
IE neunonanaschen kummmaume Blüthen und Früchte. Von den beiden Blüthenhüllen
(Eucalyptus). fehlt bei den Euealypten die innere und die 4 ur-
Als die Mode noch nicht in der Weise sich in | sprünglichen Blätter der äusseren verwachsen schon
der Gärtnerei zur Geltung gebracht hatte, wie seit | zeitig innerhalb der Knospe zu einer Art lederartigen
den letzten 3 und 4 Jahrzehnten, spielten die soge- | Deckels oder Mützchens, was die Staubgefässe und
nannten Neuholländer eine grosse Rolle, besonders die, wie bei unserem Kernobst in einer Höhlung (dem
in den Gärten der regierenden Fürsten, aber auch | Fruchtbecher) eingeschlossenen Fruchtknoten so lange
der reichen Grundbesitzer auf dem Lande. Man be- deckt, als die Befruchtung vor sich. gehen soll. Ist
sass für sie hohe Kalthäuser, um sie darin zu über- | die Blüthe bis dahin entwickelt, so löst sich die eben
wintern, und brachte sie während der guten Zeit im | besprochene Blüthenhülle an ihrer Basis ringsum und
Jahre ins Freie, um sie, in der Regel in der Nähe fällt als Deckel, resp. Mützchen ab. Damit werden
des Schlosses und überhaupt des Wohnhauses, zur die bis dahin eingeschlossenen Theile, Staubgefässe
Ausschmückung und Deckung der Mauern zu benutzen. und Griffel, frei. Die Staubbeutel können erst jetzt
Diese Neuholländer bestanden aber keineswegs, wie ihren Blumenstaub auswerfen. Die Narbe vermag
man aus dem Namen glauben sollte, nur aus immer- , dagegen diesen aufzunehmen und in Form sogenannter
grünen Gehölzen des fünften Erdtheiles, sondern auch | Pollenschläuche den Eichen nach innen zuzuführen.
verschiedene im äussern Ansehen ähnliche Pflanzen | Wegen dieser in Form eines Mützcehens abfallenden
Süd-Asiens und selbst Südeuropa’s und Nordafrika’s Blüthenhülle hat das Genus den Namen Eucalyptus,
wurden unter diesem gemeinschaftlichen Namen hier d. h. Schön-Mütze, erhalten.
und da kultivirt. | Vor einem halben Jahrhunderte wurde von Sei-
Es ist schon früher einmal von einer Gruppe ten der Hof- und Privatgärtner die grösste Sorge auf
der sogenannten Neuholländer, welche die holz- | diese Neuholländer verwendet; man sah auch Exem-
früchtigen Myrtaceen (die Leptospermeen) umfasst, | plare in der That in seltener Schönheit. Ihre Kul-
in der Wochenschrift (im 2. Jahrg. S. 249) die Rede | tur war in manchen Richtungen gerade entgegen-
gewesen. Die neuholländischen Gummibäume gehören | gesetzt der, wie man jetzt Blüthensträucher zu soge-
ebenfalls der grossen, besonders in warmen und , nannten Schaupflanzen heranzieht. Diese werden be-
semässigteren Ländern vorkommenden Familie der | kanntlich viel zurückgeschnitten und dadurch buschi-
Myrtaceen an, unterscheiden sich aber nicht allein | ger, hauptsächlich in die Breite gehend. Die wenige
21
162
Fuss hohen Pflanzen bedürfen kein hohes Haus.
Anders verhält es sich mit den sogenannten Neu-
holländern; diese dürfen gar nicht beschnitten wer-
den, insofern sie nicht ihre Schönheit verlieren sol-
len. Sie wachsen gerade in die Höhe und bedürfen
hoher Häuser, wie man sie früher auch hauptsäch-
lich hatte, jetzt aber nieht mehr liebt. Für ihre Be-
stimmung zum Decken von Wänden und Mauern bis
last zur Bel-Etage am Schlosse mussten die Gewächs-
häuser nothwendiger Weise auch höher sein.
In Töpfen gedeihen zwar die Neuholländer, be-
sonders wenn man sie oft und am besten etwas
zeitig im Jahre versetzt, ihnen eine gute, nahrhafte
Erde giebt und hauptsächlich im Sommer es nicht an
der gehörigen Feuchtigkeit fehlen lässt, sehr gut,
noch mehr aber — und das gilt vor Allem von den
neuholländischen Gummibäumen —
wenn man sie
in den freien Grund und Boden eines Kalthauses
bringt. Wir erinnern uns der herrlichen Eucalypten,
der ächten Akazien und der Casuarinen, welche zur
Zeit Karl August's, also im 2. und 3. Jahrzehnte von
diesem Jahrhunderte, in Belvedere bei Weimar in
einem sogenannten Winterhause sich befanden. Die-
ses Haus enthielt ausserdem noch verschiedene an-
dere Blüthensträucher frei in den Boden gepflanzt
und war in der Weise eingerichtet, dass es im Som-
mer auseinander genommen werden konnte, so dass
die darin enthaltenen Pflanzen, wenn dieses gesche-
hen, auch völlig unter freiem Himmel standen. Wer
Belvedere zu dieser Zeit, wo auch Goethe noch, der |
letzte und grösste der dortigen Dichter, bisweilen
herumwanderte und botanischen Studien oblag, be-
sucht hat, wird sich ferner auch noch der prächtigen
Orangenbäume erinnern, welche den grossen, von
fast halbmondförmigen Kalthäusern umschlossenen
Hofraum daselbst einnahmen.
Mit der Liebe zu den Neuholländern sind auch,
Liebhabern, die neuholländischen
Gummibäume fast ganz verschwunden; man sieht sie
fast nur noch in wissenschaftlichen Instituten: in bo-
tanischen Gärten.
wenigstens bei
So besitzt beispielsweise der bo-
tanische Garten zu Berlin deren auch eine grosse Reihe,
die grösste Sammlung befand sich aber vor einigen
Jahren in dem in der Nähe des Boulogner Wäldcehens
liegenden Jardin fleuriste in Paris, der damals fast
allein die zahlreichen öffentlichen Plätze und Squares
der kaiserlichen Residenz mit dem nöthigen Pflanzen-
Material besorgte.
Wenn früher die Mode die Neuholländer mehr
oder weniger aus den Gärten verdrängt hatte, so war
vor 10 Jahren doch auch die Mode Ursache, dass,
wenigstens die neuholländischen Gummibäume, wie-
‚Deschamps,
derum Aufnahme in den Gärten fanden. Von Berlin
aus hatte sich die Liebe zu einzeln stehenden, durch
schöne grosse Blätter ausgezeichneten sogenannten
Blatt- und Dekorationspflanzen allmählig weiter ver-
breitet und war auch über den Rhein und jenseits
der Vogesen gelangt. Grade Frankreich und vor
Allem Paris war es, wo die Liebe dazu rasch ihren
Höhepunkt erreichte. Besonders wurde sie durch
den damaligen Chef des Jardin fleuriste, Barillet-
gepflegt und damit allgemein ge-
macht.
Barillet suchte nach grösserer Mannigfaltigkeit
unter den Blattpflanzen und fand in dem schon längst
bekannten Eucalyptus Globulus, der aber erst da-
mals eingeführt worden war, um so mehr ein vor-
zügliches Material, als die Pflanze als Steckling sehr
leicht anwächst und schon im ersten Sommer eine
bedeutende Höhe erhalten kann. Ihre erste Anwen-
dung geschah bereits im Anfange der sechziger Jahre
(s. 5. Jahrg. S. 375). Da Barillet Verbindungen
mit Neuholland besass, so bezog er ausserdem noch
von dort Samen von anderen daselbst in grosser
Menge wachsenden Arten und säete diese im Jardin
fleuriste aus. Wer von da bis zur internationalen
Industrie - Ausstellung ım Jahre 1867 Paris besucht
hat, wird auch die zahlreich vertretenen neuhollän-
dischen Gummibäume daselbst gesehen haben. In
dieser letzten Zeit des Jahres selbst befand sich auch
während der internationalen Industrie-Ausstellung im
Jardin reserve, wenn wir uns nicht irren, von einem
Lyoner Liebhaber ausgestellt, eine Sammlung 3jähriger
Pflanzen, welche in der kurzen Zeit ihrer Existenz
eine Höhe von 20 bis 25 Fuss erhalten hatten.
Aber auch die Liebe zu Blattpflanzen im Freien
und zur Ausschmückung von Rasenplätzen hat, wenig-
stens bei uns in Deutschland, sehr abgenommen;
damit smd auch die neuholländischen Gummibäume
wiederum sehr in Vergessenheit gerathen. Da kommt
seit Kurzem ein neuer Impuls, um sie uns ins Ge-
dächtniss zurückzurufen. Dieser Impuls ist aber
nicht gärtnerischer, sondern rein botanischer und
geographischer Art. Er soll uns aber Gelegenheit
geben, auf diese interessanten Bäume noch einmal
aufmerksam zu machen und um so mehr uns sagen,
welche gewichtige Rolle sie auf dem fünften Erd-
theile spielen, als gerade die interessantesten Aıten
in botanischen Gärten meist kultivirt werden. Bis vor
einem Jahrzehnt wusste man nur von einem hierher-
gehörigen Baume etwas. Es war dieses Eucalyptus
resinifera, eine Art, von der ein adstringirender Stofl,
das sogenannte neuholländische Kino, stammt. Die-
ses Ausschwitzen eines Stoffes gab auch Veranlassung,
163
dass die Engländer in Neuholland den Baum neu-
holländischen Gummibaum nannten.
Als in der neueren Zeit die Kenntniss der Insel
Neuholland allmählig grösser wurde und ganz be-
sonders ihre botanische Erforschung durch unseren
Landsmann Müller, jetzt Direktor des botanischen
Gartens in Melbourne, im grösseren Massstabe ge-
sehah, vergrösserte sich die Zahl der bekannten
Arten des Genus Eucalyptus von Jahr zu Jahr; man
erfuhr dabei, dass auch sehr viele von ihnen für
das Land nicht weniger, als für unsere Technik,
so wie endlich für die Wissenschaft ungemein wichtig
waren. Nicht allein die Art, welche speeiell den
Namen des Gummi erzeugenden (Eucalyptus resini-
fera) führt, bringt gummi- und harzartige Stoffe her-
vor, eine ganze Reihe derselben liefern dergleichen.
Die abgesonderten Harze sind auch keineswegs immer
zusammenziehend, sondern weit häufiger gewürzhaft
und selbst zuckerreich, so dass sie zum Theil von
den Eingeborenen als Nahrung eingenommen werden
können. Von grossem Werth ist unter Anderem ferner
das Holz der meisten Arten, da einige Bäume nicht
allein die besten, dauerhaftesten und höchsten Mast-
bäume liefern, sondern auch als Bau- und Nutzholz
einen nieht unbedeutenden Handelsartikel bilden.
Endlich ist es die bedeutende Grösse und Höhe
einiger hierhergehörigen Bäume, welche seit einigen
Jahren unsere Aufmerksamkeit besonders das
Genus Eucalyptus gelenkt haben. Bis jetzt hielt man
bekanntlich die kalifornische Wellingtonie für den
höchsten Baum auf dieser Erde. Wie aber der Chim-
boraze auf den Terrassen Südamerika’s bereits schon
vor längerer Zeit als höchster Berg abgesetzt ist, so
erkennt man auch nicht mehr
Wellingtonie als höchsten Baum an.
(Schluss folgt.)
auf
die amerikanische
Das Special-Programm
der 2. Gruppe der Weltausstellung in Wien
im Jahre 1873.
und Forstwissenschaft, Wein-,
und Gartenbau.
(Schluss.)
II. Gartenbau,
Seit jener Zeit, in der der Gartenbau, aus den
engen Schranken einer blossen Kunstfertigkeit und
Liebhaberei heraustretend, sich zu einem lohnenden
Gewerbe emporgeschwungen, zählt derselbe zu einem
Faktor der National-Oekonomie, mit dem man aller-
wärts zu rechnen beginnt und dessen Wichtigkeit
Land- Obst-
man von Jahr zu Jahr mehr zu würdigen versteht.
Auf demselben Boden mit ihrer jüngeren Schwester,
der Landwirthschaft, erwachsen, hat der Gartenbau
früher noch, als diese, aus den verschiedenen Zwei-
sen der Naturwissenschaft Nutzen
Theorie der Pflanzenkunde ebenso sehr zefördert,
als Förderung von ihr erfahren. Im
Zusammenhange mit der Landwirthschaft hat er den
wesentlichsten Antheil an der rationelleren Behand-
lung des Bodens, so wie an der Kultur und Ver-
edlung seiner Erzeugnisse genommen. Viele seiner
Produkte zählen gegenwärtig schon zu den unent-
behrlichsten Genussmitteln und sind zu einem grossen
sezogen und die
untrennbaren
Theil in die Hand des Landwirthes übergegangen.
Tausend andere dienen als Gegenstände des Handels
zum Comfort des Lebens, zur Hebung der Volks-
bildung und Veredlung des Geschmackes. Man er-
misst nach der Ausbreitung und Intensität des Be-
triebes des Gartenbaues jetzt schon den Grad der
Kultur, auf welchem
und Ganzen steht.
Es ist deshalb eine ganz natürliche Erscheinung,
dass der Gartenbau mit seinen Erzeugnissen allent-
die Bevölkerung im Grossen
halben da auftritt, wo die Landwirthschaft ihre Pro-
dukte zur Schau stellt und dass auch er dort für die
seinigen einen Raum beansprucht, wo alle Länder
ihre Kunst- und Industrie-Erzeugnisse zum Frommen
der Wissenschaft und Wohles
Menschheit ausstellen.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass der Garten-
als Mitkonkurrent mit
des materiellen der
anderen des
menschlichen Wissens und der industriellen Thätiskeit
in die Schranken tretend, sich seine Preise errungen
hat. Seit dem erstmaligen Versuch, mit einer Welt-
ausstellung zugleich auch eine von Gartenbau-Erzeug-
nissen zu verbinden,
bau, Zweigen
wie dies vor einem Jahrzehnt
in London stattfand, haben beinahe Jahr für Jahr
internationale Gartenbau - Ausstellungen in einem
grossen Theile von Europa stattgefunden und den
Erwartungen, welche man daran geknüpft, nicht blos
vollkommen entsprochen, sondern auch ihren Nutzen
in unverkennbarer Weise erwiesen. Hierüber noch
ein Wort weiter zu verlieren, wäre geradezu überflüssig.
Die Betheiligung an derartigen Ausstellungen hat
seither entschieden zugenommen und ist eine weitere
Steigerung derselben zu gewärtigen. Im Interesse
der Theilnehmer liegt es daher, zu erfahren, welche
Gegenstände des Gartenbaues und unter welchen’
Bedingungen selbige auf dieser Ausstellung zu er-
scheinen haben. Beiden Forderungen soll durch nach-
stehende Bestimmungen entsprochen werden.
21”
164
Allgemeine Bestimmungen.
1. Selbstverständlich kann es sich bei einer
Ausstellung von Gegenständen des Gartenbaues im
Allgemeinen nur um Folgendes handeln:
a) Um lebende, wie getrocknete Pflanzen, oder
Tbeile derselben;
b) um praktische Darstellung von Kulturmethoden;
ec) um Gegenstände der Kunst und Industrie, in
so weit sie dem Gartenbau dienen
demselben abhängen.
2. Von trockenen Pflanzentheilen müssen aus
Opportunitäts-Gründen alle den Gartenbau betreffen-
den Sämereien, von lebenden frisches Obst und
Trauben (mit Ausnahme der getriebenen Sorten, so-
wie der exotischen geniessbaren Früchte) von der
Beurtheilung durch die für Gartenbau - Erzeugnisse
einzusetzende Kommission ausgeschieden und zum
Theil der landwirthschaftlichen, zum Theil der Obst-
und Weinbau-Sektion zugewiesen werden. Gleich-
wohl finden sie als Ausstellungs-Objekte ihren Platz
in dem der Gartenbau-Abtheilung zugewiesenen Raum.
3. Den Gartenbau-Geräthen wird ihr entsprechen-
der Platz unter der betreffenden Sektion der Land-
wirthschaft angewiesen.
4. Um sich ein Urtheil über den Stand des
Gartenbaues in den verschiedenen Ländern Europas
und ihre Leistungen innerhalb einer ganzen Vege-
tations-Periode bilden zu können, erscheint es uner-
lässlich, dass zwei Arten von Ausstellungen gegeben
werden, von welchen die eine, vorzugsweise für das
[freie Land berechnet und die verschiedenen üblichen
Kultur - Methoden zur Anschauung bringend, eine
permanente sein wird, während die andere in vier
temporäre, von kurzer Dauer, der Jahreszeit und ihren
Produkten entsprechende, zerfällt.
a) Die permanente Ausstellung würde den Zeitraum
vom 1. Mai bis Ende October umfassen;
b) die vier temporären werden einander in folgen-
den Zeiträumen ablösen:
Die erste derselben würde vom 1. Mai bis ein-
schliesslich 10. Mai;
die zweite vom 19.
25. Juni:
die dritte vom 20. bis einschliesslich 30. August;
die vierte vom 18. bis einschliesslich 23. Sep-
tember währen.
5. Dem zu Folge steht es jedem Aussteller frei,
sich bei einer oder bei mehrern dieser Ausstellungen
zu betheiligen.
6. Die Anmeldungen der inländischen Aussteller
für die Gartenbau-Ausstellung haben in Uebereinstim-
mung mit den im allgemeinen Reglement gegebenen
oder von
Juni bis einschliesslich
ı Bestimmungen vor dem 1. Juli 1872 bei den betreflen-
den Landes-Ausstellungs-Kommissionen zu erfolgen,
um vor dem 1. August 1872 dem General-Direktor
der Weltausstellung vorgelegt zu werden.
Die ausländischen Kommissionen haben die Aus-
stellerlisten vor 1. Januar 1873 dem General-Direktor
einzusenden.
In der Anmeldung hat der Aussteller anzugeben,
ob seine Objekte in die permanente Ausstellung oder
in eine der vier temporären einzureihen sind, und
im letzteren Falle, in welcher derselben er seine
Gegenstände auszustellen beabsichtigt.
Gleichzeitig hat der Aussteller anzugeben, welchen
Flächenraum er hiezu benöthigt? Zu dem Behufe wer-
den ihm eigene Formulare zugestellt, deren Rubriken
genau auszufüllen sind.
7. Die Gegenstände selbst müssen mindestens
drei Tage vor dem Beginn der betreffenden Aus-
stellung auf den Platz geliefert werden.
Ausstellern, welche sich an der permanenten
Ausstellung betheiligen wollen, bleibt die Art der
Durchführung ganz anheimgestellt und haben sich
dieselben hierüber mit der General-Direktion recht-
zeitig ins Einvernehmen zu setzen.
8. Für die Objekte des Gartenbaues wird, wenn
solche im Parke im Freien aufgestellt werden, sowohl
bei den permanenten, als auch bei jeder der tempo-
rären Ausstellungen, eine Platzmiethe von 1 fl. per
Quadrat-Meter erhoben. Im bedeckten Raume beträgt
die Platzmiethe für denselben Raum 3 fi.
9. Wie im allgemeinen Reglement (Punkt 11)
erwähnt ist, wird der General-Direktor bei den inlän-
dischen Transportanstalten für die Beförderung von
Ausstellungs -Objekten Transportbegünstigungen an-
streben. Die hierauf bezüglichen Resultate sowohl,
als auch die von den ausländischen Kommissionen
erlangten Tarifsreduktionen, werden seitens des Ge-
neral-Direktors vor dem 1. Juli 1872 bekannt ge-
geben werden.
10. Das Versetzen der auszustellenden Pflanzen,
sowie deren Pflege während der Ausstellungsdauer,
fällt dem Aussteller oder dessen Bevollmächtigten
zu und übernimmt der General-Direktor in dieser
Beziehung keine Verantwortung.
11. Vor Ablauf der seitens des Ausstellers be-
anspruchten Ausstellungsdauer können die Ausstel-
lungs-Gegenstände nur mit besonderer Bewilligung
des General-Direktors aus dem Ausstellungsraume
entfernt werden. Diese Bewilligung wird dann ohne
Weiteres erfolgen, wenn sich der Aussteller ver-
pfliehtet, die zurückgezogenen Gegenstände durch
andere passende zu ersetzen.
165
12. Die für eine der vorgenannten Zeitepochen
(siehe 4b.) angemeldeten Gegenstände sind von den
Ausstellern nach Ablauf des in der Anmeldung an-
gegebenen Zeitraumes unverzüglich zu entfernen,
widrigenfalls sie auf Kosten der Aussteller weg-
geräumt und verkauft werden. Wenn dann der Aus-
steller den Erlös nicht innerhalb dreier Monate nach
erfolgtem Verkaufe von dem General-Direktor rekla-
mirt, wird dies als Verzichtleistung auf den Betrag
betrachtet.
13. Die Aussteller können sich durch Agenten
oder durch ihre Landeskommissionen vertreten und
durch diese die Wegräumung und den Verkauf ihrer
Gegenstände besorgen lassen.
14. Die Ausstellungsgegenstände dieser Gruppe
werden, mit Ausnahme jener Fälle, in welchen die
Aussteller ihre Gegenstände nicht beurtheilt wissen
wollen (siehe XIV. des allgemeinen Programmes) der
Beurtheilung seitens eines internationalen Preisgerich-
tes unterzogen. Besondere Bestimmungen hierfür
werden später veröffentlicht werden.
15. Für die von dem internationalen Preisge-
richte zu verleihenden Auszeichnungen gelten die in
Punkt XIV. des allgemeinen Programmes angeführten
Bestimmungen.
16. Auf die, die Einsendung, Empfangnahme
und Aufstellung betreffenden, hier nicht behandelten
Fragen finden die Bestimmungen des Titels II. des
allgemeinen Reglements Anwendung.
Besondere Bestimmungen.
Es dürfte im Interesse der Aussteller liegen,
diejenigen Gegenstände bezeichnet zu sehen, auf
deren Ausstellung ein besonderer Werth gelegt wird;
nicht minder aber jene, auf welche aus sächlichen
und Opportunitätsgründen besonders Rücksicht ge-
nommen werden muss, deshalb erscheint bezüglich
der ersteren eine übersichtliche Zusammenstellung
nach natürlichen Gruppen, bezüglich der letzteren
aber eine solche nach den Zeitpunkten, in welchen
die Gegenstände zur Ausstellung kommen sollen, er-
wünscht.
Ein drittes Verzeichniss, umfassend eine Reihe
von Pflanzen-Ordnungen von besonderer Wichtigkeit
für die Blumisten, soll den Ausstellern zur Orienti-
rung bei der Wahl ihrer Gegenstände, in was immer
für einer Beziehung zu dem Inhalt der beiden vor-
hergehenden Uebersichten, dienen.
Alle drei Aufzählungen haben selbständlich nur
eine informative, keineswegs aber eine bindende Be-
deutung für den Aussteller.
A. Uebersicht der auszustellenden Gegenstände, nach Gruppen
geordnet.
I. Abtheilung.
Pflanzen in Töpfen oder im freien Lande.
1. Neu eingeführte, noch gar nicht oder erst kürz-
lich in Handel gebrachte aussereuropäische Pflanzen.
2. Zusammenstellungen technisch- wichtiger und
offieineller Pflanzen des Warm- und Kalthauses mit
Angabe ihrer Verwendung.
3. Sammlungen von Pflanzen aus verschiedenen
Ordnungen, in welchen jedes einzelne Exemplar sich
durch Grösse und Kulturzustand (als eigentliche Schau-
pflanzen) auszeichnen.
4. Sammlungen von Pflanzen, deren Arten sich
durch besondere Schönheit oder Eigenthümlichkeit
ihrer Formen auszeichnen. — Siehe Verzeichniss der
betreffenden Ordnungen sub C.
5. Sammlungen von Arten und Spielarten, welche
sich durch Färbung ihrer Blüthen, Blätter oder deren
Fülle auszeichnen. — Siehe Verzeichniss C.
6. Sammlungen von Warmhauspflanzen in Blüthe.
7. Sammlungen nicht in Blüthe stehender Warm-
hauspflanzen (sog. Blattpflanzen).
8. Sammlungen von Kalthauspflanzen in Blüthe.
9. Sammlungen nicht in Blüthe stehender Kalt-
hauspflanzen (sog. Blattpflanzen).
10. Sammlungen gut kultivirter Marktpflanzen in
möglichst kleinen Töpfen, besonders solche, welche
zu Hunderten in Handel kommen, wie Kamellien,
Azaleen, Eriken, Ficus, kleine Palmen-Arten, Dra-
caenen, Epiphyllum, Orangen, Granaten, Gardenien,
Pelargonien, Reseda, Rosen u. s. w. in beliebig vielen
Abarten und Formen; von jeder 6 Stück mit Angabe
des Preises für 100 Stück.
11. Sammlungen von Alpen-Pflanzen natürlich
gruppirt.
12. Sammlungen
aller Art.
13. Sammlungen von Dekorationspflanzen, welche
sich zur Kultur im Zimmer eignen, wie gewisse Pal-
men, Dracaenen, Pandanus etc.
14. Sammlungen von Dekorationspflanzen, ge-
eignet zur Aufstellung im Freien, auf dem Rasen
oder auf Postamenten, in Vasen u. dgl.
15. Teppich-Pflanzen, sogenannte, in Form eines
Blumenbeetes ausgestellt.
16. Wasserpflanzen in Aquarien.
17. Bäume und Sträucher neuer
Einführung für das freie Land.
18. Zierbäume und Sträucher mit rothen, gelben
und bunten oder zerschlitzten Blättern.
19. Trauerbäume.
dekorativer Schlingpflanzen
und neuester
166
20. Bäume für Parkanlagen, nicht über 8 Jahre
alte Sämlinge.
21. Neue, durch direkte künstliche Befruchtung
erzeugte Pflanzenformen, blühend oder nicht blühend,
nit Angabe der hierzu verwendeten Eltern-Pflanzen.
22. Neue Vermehrungs- oder Veredlungsweisen,
nachgewiesen an lebenden Pflanzen mit Angabe der
Methode und der Unterlage.
23. Durch Veredlung erzeugte bemerkenswerthe
Veränderungen an Pflanzen, mit Angabe der Unter-
lage, des Edelreises oder der aufgesetzten Knospe.
24. Neue Formen von Blumenbeeten, besetzt mit
dazu geeigneten Pflanzen.
II. Abtheilung.
Abgeschnittene Blumen.
l. Rosen in Sammlungen.
20 . die ausgezeichnetsten Formen.
3. „ bisher noch nicht ausgestellte, aus
Samen gezogene.
4. Stockrosen (Malven).
9. Nelken.
6. Viola-tricolor-Sorten.
7. Levkojen.
8. Perennirende Phlox-Sorten.
9. Georginen aller Art.
10. Astern aller Art.
11. Gefüllte Zinnia-Sorten.
12. Helichrysum-Arten und Formen.
13. Skabiosen.
14. Gladiolus-Sorten.
III. Abtheilung.
Pflanzen und Blüthen zu Dekorations-
zwecken verwendet.
1. Tafelaufsätze aus Blumen und Blättern ge-
bildet.
2. Schalen mit Blumen geschmückt für die Tafel.
3. Blumen-Arrangements für Tafeln.
4. Vasenbouquets.
5. Handbouquets in französischer Form.
6. rn in natürlicher Form.
7. Kopfputz (Coiffures).
$S. Brautkränze.
9. Blumenkörbe.
10. Kränze von 2 Fuss im Durchmesser.
11. Blumentische mit Pflanzen oder Blüthen ar-
rangirt.
IV. Abtheilung.
Getrocknete Pflanzentheile und Blumen zu
Dekorationszwecken.
1. Aus setrockneten Blumen und Blättern zu-
sammengesetzte Gegenstände aller Art.
2. Ziergräser und Immortellen, ungefärbt, in
Büscheln als Waare.
3. Ziergräser und Immortellen, gefärbt, in Bü-
scheln als Waare.
V. Abtheilung.
Blumen-Zwiebeln und Knollen aller Art als Waare.
VI. Abtheilung.
Gemüse — Schwämme.
VII. Abtheilung.
Exotische, frische Früchte.
1. Ananaspflanzen mit reifen Früchten.
2. Abgeschnittene reife Ananas.
3. Bananen, Mangos, Orangen etc.
4. Vanille.
5. Frucht-Aırangements aus exotischen und ein-
heimischen Früchten aller Art gebildet.
VIH. Abtheilung.
Getriebenes Obst aller Art.
(Siehe Nr. 2.)
2 IX. Abtheilung.
Darstellung der im Gartenbau angewendeten
neuen Kulturen.
X. Abtheilung.
Gartenanlagen, Zeichnungen und Modelle
von Objekten des Gartenbaues, Glashäuser,
; Bewässerung etc.
(Die Gartenbau-Geräthe finden bei den Gegen-
ständen der Gruppe 2. der allgemeinen Klassifika-
tion Platz.)
B. Zusammenstellung jener Gattungen und Arten von Pflanzen,
welche sich ihrer Blüthe- oder Reifezeit wegen für bestimmte
temporäre Ausstellungen besonders eignen, mit Einziehung
anderer für dieselbe Periode passender Gegenstände.
I. Für die erste Ausstellung vom 1. bis
10. Mai einschl.
Ausser vielen zur Zeit in Blüthe stehenden Ar-
ten aus den im Verzeichnisse C. angeführten Ord-
nungen; besonders:
1. Hyacinthen, Tulpen, Crocus, Nareissen etc.
(Handelsgärtnern, welche Sammlungen von
Blumenzwiebeln in freien Grund zu legen
beabsichtigen, werden im Herbste des
Jahres 1872 geeignete Plätze im Ausstel-
lungs-Lokale angewiesen.)
2. Aukuba-Formen, in Früchten.
3. Azalea- und Rhododendron-Arten und Varie-
täten in Blüthe.
4. Cantua- und Primula-Sorten in Blüthe.
Viola odorata und trieolor in Blüthe.
6. Kamellien, Pomaceen, Amygdaleceen und
Rosaceen in Blüthe.
S
167 b
7. Acacia- Arten und Neuholländer - Papiliona-
ceen in Blüthe.
8. Ueberwintertes Obst; getriebenes Obst und
Gemüse.
I. Für die zweite Ausstellung vom 19. bis
25. Juni einsehl.
Nebst vielen anderen Pflanzen besonders:
1. Caleeolaria-Sorten, krautartige, in Blüthe.
2. Cyclamen-Arten und Sorten in Blüthe.
3. Anemone-, Ranunculus-, Clematis -
Paeonia-Arten resp. Sorten in Blüthe.
4. Spiraeen ete.
5. Getriebene Gemüse und Beerenobst.
und
IM. Für die dritte Ausstellung vom
20. bis 30. August einschl.
Ausser vielen anderen zur Zeit in Blüthe ste-
henden Pflanzen namentlich:
°" 1. Gladiolen und Can a-Arten.
2. Salvia-, Ipomoea-, Phlox-, Habrothamnus-,
Cestrum-, Solanum-Arten, Compositen etc.
3. Allamanda- und Dipladenia-Arten.
4. Petunien, auf Nicotiana glauca veredelt, hoch-
stämmig von 5—6 Fuss Höhe.
. Begonien aller Art.
Violen und Malven.
7. Punica Granatum, schön gezogene Bäumchen
in Blüthe.
8. Einjährige und perennirende Pflanzen des
freien Landes in Töpfen gezogen.
9. Einjährige und perennirende Pflanzen des
freien Landes mit panachirten Blättern.
10. Gemüse und Frühobst aller Art.
ano
IV. Für die vierte Ausstellung vom 18. bis
23. September einschl.
Ausser manchen anderen, noch in Blüthe ste-
henden Pflanzen, besonders:
1. Lilium laneifolium.
2. Astern und Georginen aller Art in Töpfen,
als: grossblüthige, Zwerg- und Liliput-
Formen.
3. Blumenzwiebeln aller Art in
stande als Waare.
Gemüse. A
5. Getrocknete Pflanzentheile und Blüthen zu
Dekorationszwecken (siehe Nro. IV.).
ruhendem Zu-
>
Verwendbar in jeder der vier Ausstellungen
wären:
1. Farnkräuter, im Freien ausdauernde;
2. Agave-, Aloe- und Amaryllis-Arten ;
3. Dasylirion-, Beaucarnea-, Yucca- und Dra-
eaena-Arten;
v
Fieus- und Laurus-Arten (paarweise);
5. Viburnum Tinus, Rhamnus-, llex- und Buxus-
Arten;
6. Ixora-, Nerium-, Heliotropium- und Lantana-
Arten und Sorten in Blüthe;
Clerodendron -, Verbena-. Pentastemon-,
Phlox- und Eriea-Arten und Sorten in
Blüthe;
-8. Hydrangea-, Remontant-Nelken und Fuchsia-
Arten und Sorten in Blüthe;
9. Orangenbäume (paarweise);
[1
10. Pelargonien-Arten vom Cap d. g. H., mit
Ausschluss der in Europa gezüchteten
Blendlinge, in Blüthe;
11. Pelargonien-Sorten, Blendlinge und Formen
aller Art, einfach und gefüllt, als: engli-
sche, Odier, Zonale, Nosegay, Fancy und
buntblätterige in Blüthe;
12. Rosen-Sorten aller Art;
13. Champignon-Kulturen.
14. Abgeschnittene Blumen (Siehe No. II.)
15. Frische Pflanzen und Blüthen zu Dekorations-
Zwecken verwendet. (Siehe No. II.)
C. Verzeichniss der durch besondere Schönheit oder Eigen-
thümlichkeit ihrer Formen, Blüthen oder Früchte sich aus-
zeichnenden, bei der Wahl der auszustellenden Objekte be-
rücksichtigungswerthen Pflanzenordnungen:
Filices. Cyeadeae.
Lyeopodiaceae. Coniferae.
Commelinaceae. Ardisiaceae.
Liliaceae. Epacridaceae.
Iridaceae. Ericaceae.
Amaryllidaceae. Araliaceae.
Bromeliaceae. Crassulaceae.
Orchidaceae. Cephaloteae.
Aroideae. Anonaceae.
Seitamineae. Magnoliaceae.
Cannaceae. Dilleniaceae.
Musaceae. Nymphaeaceae.
Pandanaceae. Sarraceniaceae.
Palmae. Droseraceae.
Casuarinaceae. Passifloraceae.
Artocarpaceae. Cactaceae.
Moraceae (Fieus). Mesembrianthemaceae.
Laurinaceae. Malvaceae.
Daphnaceae. Guttiterae.
Proteaceae. Clusiaceae.
Nepenthacae. Meliaceae.
Lobeliaceae. Euphorbiaceae.
Rubiaceae. Terebinthaceae.
Apoeynaceae. Diosmaceae.
Ascelepiadaceae. Rutaceae.
168
Solanaceae. Melastomataceae. | Man sah bald ein, dass der Mensch, bevor er
Acanthaceae. Myrtaceae. nicht Kenntniss von der ganzen Lebensweise des In-
Bignoniaceae. Papilionaceae. sektes genommen und vor Allem bevor ihm der in-
Gesneraceae. Caesalpiniaceae. nere Zusammenhang unseres Getreides mit besagten
Primulaceae. Mimoseae. Fliegen nicht klar war, nichts thun könne. Eine
(Selbstverständlich sind Arten aus anderen Ord-
sie sieh ihren schönen oder in-
nach an die verzeichneten wür-
nungen, in sofern
teressanten Formen
dig anreihen, nicht ausgeschlossen.)
Unterschrieben ist das Programm von dem Prä-
sidenten der kaiserlichen Kommission, Erzherzog
Rainer und gegengezeichnet vom General-Direktor
Freiherrn v. Schwarz-Senborn.
Die Weizenfliege (Chlorops taeniopus).
Keine Thierklasse steht mit den Pflanzen in so
innigem Zusammenhange, als die der Kerfe oder In-
sekten. Sie sind es, welche zum allergrössten Theil
die Befruchtung bei den Pflanzen vermitteln und da-
durch deren Vermehrung möglich machen; umgekehrt
»ehören sie aber zu den grössten Feinden der Pflanzen-
welt und richten oft, besonders unter den Kultur-
Pflanzen, die grössten Verwüstungen an. Zu den
letzteren, also den Feinden unserer Kulturen, gehört
eine nicht unbeträchtliche Zahl kleiner Zweiflügler
oder Fliegen, die Chloropiden, welche ihre Eier auf |
junge Pflanzentheile legen, damit die bald auskriechen-
den Räupchen oder Maden von hier aus leicht in
das Innere der jungen Stengel gelangen können, um
ihre Verwüstungen durch Fressen der zaıteren Theile
zu beginnen.
Schon im vorigen Jahrhunderte wurde man in
Nordamerika durch das massenhafte Auftreten dieser
und die grossen Verwüstungen in
Viele Jahre
kleinen Fliegen
den Weizenfeldern in Schrecken gesetzt.
seitdem vernahm man nichts wieder, vielleicht nur
weil man dureh die grossen Ereignisse der darauf
folgenden Zeit zu sehr in Anspruch genommen war.
Erst in den letzten Jahrzehnten hörte man wiederum
aus einzelnen Gegenden Klagen über Verwüstungen
dieser Fliesen in unseren Getreidefeldern. Misserndten
waren natürlich die Folgen. Besonders heimgesucht |
wurden seit den letzten 4 Jahren Schlesien, Posen,
Galizien und Böhmen von einer besonderen Art,
welehe den Namen der bandfüssigen Weizenillieg
(Chlorops taeniopus) erhalten hat.
Reihe von Gelehrten und wissenschaftlich gebildeter
Praktiker versuchten es daher nicht umsonst, dieser
schwierigen Aufgabe möglichst zu entsprechen. So
liegt uns jetzt fast die ganze Naturgeschichte des
kleinen Thierehens auch ziemlich klar vor; es wurde
damit möglich, jetzt auf Mittel zu sinnen, ihren Ver-
wüstungen, wenn auch nicht ganz, so doch einiger-
maassen Einhalt zu thun und damit diese wenigstens
zu mildern. Wir machen aus der nicht geringen
Anzahl von Abhandlungen über diesen Gegenstand,
welche in der letzten Zeit hierüber erschienen sind,
auf 2 aufmerksam, besonders weil sie auch in einer
Weise geschrieben sind, dass sie Laien belehren
können.
Die eine dieser Abhandlungen erschien schon
1869 und wurde von Professor Cohn in Breslau
unter dem Titel: „Untersuchungen über In-
sekten-Schäden auf den schlesischen Ge-
treidefeldern Sommer 1869“ bearbeitet.
Wenn diese sich fast nur auf die lokalen Erschei-
nungen in Schlesien beschränkte, so ist die andere,
welche erst vor Kurzem erschienen ist und Professor
Max Nowicki in Krakau zum Verfasser hat, da-
segen ganz allgemein gehalten. Sie gibt eine sehr
genaue Geschichte der feindlichen Fliege und
schliesst mit einer Aufzählung von Mitteln, um dem
Uebel möglichst zu steuern. Gerade deshalb empfeh-
len wir die Abhandlung „über die Weizenver-
wüsterin Chlorops taeniopusMeig. und die
Mittel zu ihrer Bekämpfung” allen denen,
welche sich für diesen Gegenstand interessiren.
im
Anzeige.
Aus dem Versuchs - Garten des
stehen vom 27. Mai bis 8. Juni junge Pflan-
zen von Fuchsia, Verbena, Heliotropium, Cu-
phea, Gazania, Gnaphalium, Coleus, Alternan-
thera, Achgranthes, Pyrethrum golden feather
u. del. zur Vertheilung unter Mitglieder bereit.
Meldungen erbittet schleunigst der Garten - In-
spektor ©. Bouche, Potsdamerstr. 75.
Vereins
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 22. BRB Een 1 Tunis War mom mit non RD,
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
= - = — — = — >> Sr = =— — Tg
Inhalt: Sechste allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig. — Die neuholländischen
Gummibäume (Schluss). — Die blaue Hortensie.
Sechste allgemeine Versammlung
Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchler
in Braunschweig
vom 10. bis 13. October 1872
verbunden
mit. einer Obstausstellung.
Narnasın uns von der 5. Versammlung Deutscher Pomolosen, Obst- und Weinzüchter in
Reutlingen das Mandat ertheilt worden, die 6. Allgemeine Versammlung nach Braunschweig
zusammenzuberufen, wir uns auch behufs der erforderlichen vorbereitenden Schritte, insbeson-
dere der Entwerfung des Programms, mit der Section für Obstbau des Landwirthschaftlichen
Öentral-Vereins ım Herzogthume Braunschweig in Verbindung und Uebereinstimmung gesetzt
haben, beraumen wir die 6. Allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Wein-
züchter auf die Tage vom 10. bis 13. October d. J. in Braunschweig an und laden alle Po-
mologen, Obst- und Weinzüchter und alle Freunde und Förderer des Obst- und Weinbaues
zur Theilnahme an dieser Versammlung freundlichst ein, beziehen uns auch im Besonderen
auf das nachstehende Programm des Vorstandes des Landwirthschaftlichen Central-Vereins im
Herzogthume Braunschweig, welcher die allgemeine Geschäftsführung zu übernehmen die Ge-
fälligkeit gehabt hat.
Berlin, den 6. März 1872.
Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten.
Geh. Ober-Regierungsrath Knerk, Professor Dr. Karl Koch,
Vorsitzender. General - Secretair.
22
170
PROGRAMM.
Die Theilnehmer der vom Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen
Staaten hierher nach Braunschweig einberufenen 6. Allgemeinen Versammlung Deutscher Pomologen, Obst-
und Weinzüchter wollen sich die nachstehenden, die allgemeine Geschäftsführung betreffenden Bestimmun-
gen zur gefälligen Nachrieht und Nachachtung dienen lassen.
1.
11.
vl.
i.
Wer eine Wohnung vorher zu bestellen wünscht, wolle sich bis Ende September an Herrn
Finanzregistrator Steinmeyer hieselbst wenden und dabei bemerken, ob das Unterkommen in
einem Gast- oder Privathause gewünscht wird.
Am 9. und 10. October werden Mitglieder des Empfangs-Comites, kenntlich an einer weissen
Schleife im Knopfloche, beim Eintreffen der Eisenbahnzüge in der Bahnhofshalle bereit sein, die
Gäste zu empfangen und zu führen.
Das Aufnahmebureau befindet sich in Schrader’s Hötel (Gördelingerstrasse Nr. 7). Es wer-
den die Herren Gäste ersucht, sich daselbst möglichst zeitig einzuschreiben und gegen Erlegung
Eines Thalers die Mitgliedschaft zu erlangen. Zu gleicher Zeit wird eine srüne Schleife und eine
für alle Tage der Ausstellung geltende Einlasskarte ihnen ausgehändigt werden.
Täglich wird durch ein besonderes Blatt Alles, was mit der Versammlung resp. Ausstellung in
Verbindung steht, zur Kenntniss der Mitglieder gebracht; der amtliche Bericht wird ihnen später
zugesendet.
Alle Sitzungen der Versammlung finden in den Räumen des Altstadt-Rathhauses, alle gemein-
schaftlichen Mahlzeiten und geselligen Unterhaltungen in dem nahe gelegenen Schrader’s Hötel
statt. An beiden Orten werden die Bestimmungen in Hinsicht auf Zeiteintheilung, Tagesordnung
oder Veränderung derselben, insoweit sie nicht schon im Tageblatte der Versammlung enthalten,
durch Anschlag bekannt gemacht werden.
Anfragen und Wünsche, welche die 6. Versammlung deutscher Pomologen betreffen, sind an den
unterzeichneten Landes-Oekonomierath Griepenkerl zu richten.
A. Die Versammlune.
Am 9. October Abends 7 Uhr findet eine Vorversammlung in Scehrader's Hötel statt zur Be-
srüssung der pomologischen Freunde, zur vorläufigen Berathung über die Wahl der Präsidenten
und Schriftführer und zur Besprechung etwaiger Anträge.
Am 10. October Vormittags 11 Uhr wird die Versammlung im Saale des Altstadt-Rathhauses durch
den Vertreter des berufenden Vereins eröffnet. In dieser ersten Plenarversammlung wird Allgemein-
Geschäftliches verhandelt, Wahl der Präsidenten und der Schriftführer, Berathung und Beschluss-
fassung über Anträge, welche die Geschäftsordnung betreffen u. s. w.
Abends 6 Uhr findet in demselben Locale die 3. Generalversammlung des deutschen Pomologen-
Vereins statt, für welche die Tagesordnung in dem Organ desselben, den illustrirten Monatsheften
für Obst- und Weinbau, bekannt gemacht werden, auch in anderen Zeitschriften (Wochenschrift des
Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten, Mittheilungen des
landwirthschaftlichen Central-Vereins im Herzogthum Braunschweig, Section für Obstbau u. a.) er-
scheinen wird.
Am 11. October 11 Uhr allgemeine Sitzung, welche von 6 bis 8 Uhr Abends foıtgesetzt werden wird.
Am 12. October von 10 bis 11 Uhr Preisvertheilung in der Egydienkirche, um 11 Uhr dagegen
allgemeine Sitzung im Altstadt-Rathhause, in welcher Beschluss über die 7. allgemeine Versamm-
lung gefasst wird. Von 6 bis 8 Uhr Abends Fortsetzung und Schluss der Verhandlungen.
Am 13. October Morgens 7°), Uhr Exeursion nach Harzburg, zu welcher die Karten im Geschäfts-
bureau der Versammlung (Schrader's Hötel) Tags zuvor in Empfang genommen werden müssen,
Zur Verhandlung in den allgemeinen Versammlungen stehen:
1) Vortrag über die Entwiekelung der Obstfrüchte in morphologischer Hinsicht (Professor K. Koch).
2) Antrag auf Feststellung der pomologischen Terminologie (Direktor Dr. Lucas).
3) Antrag aul eine Bestimmung hinsichtlich der Benennung neu auftauchender Obstsorten (Medizinal-
rath Engelbrecht).
171
4) Welches ist das beste Verfahren in Bezug auf das Beschneiden der Krone und Wurzeln beim
Verpflanzen der Obstbäume? (Garteninspeetor Ad. Koch).
; 5) Was ist von dem Pineiren der Blätter — Pincement Grin — zu halten, resp. welche Erfahrung
hat man über dasselbe gemacht? (Baron v. Bose).
6) Welche Form der Obstbäume passt am besten für die Landstrassen und für grosse Pflanzungen
auf Aeckern und Weiden? (Direktor Dr. Lucas).
7) Welche Form von Obstbäumen passt am besten zur Anpflanzung an Eisenbahnen? (Baumschul-
besitzer Spaeth).
8) Welche Erfahrungen sind über die während der früheren Versammlungen deutscher Pomologen
empfohlenen Obstsorten gemacht, und welche von ihnen sind zum allgemeinen Anbau oder zu
dem in besonderen Gegenden und Lagen geeignet? (Superintendent Oberdieck).
9) Welche Steinobstsorten lassen sich für den Anbau im Grossen empfehlen? (Superintendent
OÖberdieck).
10) Sind in neuerer Zeit mit Sicherheit wahrgenommene Erfahrungen gemacht worden über den Ein-
fluss des Wildlings auf Abänderung der Form oder Güte oder der im Allgemeinen sich finden-
den reichen Tragbarkeit der aufgesetzten Sorte? (Superintendent Oberdieck).
11) Welche Tafeltrauben sind für den Anbau, namentlich in Norddeutschland, zu empfehlen? (Stadt-
rath Thränhardt).
12) Welche neu eingeführten Kernobstsorten haben sich in Norddeutschland werthvoll gezeigt?
a) Aepfel (Superintendent Oberdieck),
b) Birnen (Hofgarten-Inspektor Borchers).
13) Wie können die Obst-Mustergärten am besten zur Hebunk: des Obstbaues in Deutschland bei-
tragen? (Medizinalrath Engelbrecht).
14) Bericht über die Einrichtung einiger Obst-Mustergärten:
a) in Braunschweig (Geheimer Kammerrath Uhde),
b) in Geisenheim (General-Konsul Lade),
e) in Proskau (Garten-Direktor Stoll).
15) Bericht über die diesjährige Obstausstellung und ihre Resultate (Baron v. Bose).
16) Mittheilungen über den Obstbau einiger Gegenden Deutschlands:
a) Ostfriesland (Senator J. ten Doornkaat-Koolman),
b) Mecklenburg (Organist Müschen),
c) Schlesien (Professor Fickert),
d) Nassau (Geheimer Regierungsrath v. Trapp),
e) Brandenburg (Baumschulbesitzer Spaeth).
Die bei den einzelnen Punkten genannten Herren werden freundlichst ersucht, die Einleitung der-
selben gütigst übernehmen zu wollen.
B. Die Ausstellung.
I. Für die in der Egydienkirche stattfindende Ausstellung sind alle Sorten Obst und dessen Produkte,
Obstbäume, die dem Obstbaume dienenden Instrumente und Apparate bestimmt. Wir ersuchen
die Herren Obst-Aussteller, nur die werthvollen Sorten ihrer Gegend in etwa 3 bis 5 gut ent-
wickelten Exemplaren einzusenden und sich bei der Bezeichnung der Früchte der Namen des
Illustrirten Handbuches, soweit solche schon darin aufgenommen sind, zu bedienen.
II. Es ist wünschenswerth, dass pomologische, gärtnerische oder landwirthschaftliche Vereine sich
der Mühe unterziehen, Collektionen der in ihrer Gegend hauptsächlich gebauten werthvollen Obst-
sorten zusammenzustellen, wie sie schon von einigen wichtigen Obstgegenden in Aussicht gestellt,
worden sind, um hierdurch ein Bild des deutschen Obstbaues in seinen verschiedenen Gauen
zu bekommen.
II. Die Aussteller werden ersucht, den Umfang ihrer Sammlungen, namentlich auch die Anzahl der
auszustellenden Obstsorten bis zum 20. September dem pomologischen Ausschusse unter der
Adresse des Herrn Geheimen Kammerraths Uhde in Braunschweig anzumelden, um sofort für die
22”
172
Obstausstellung besonders gedruckte Formulare zur Anfertigung eines doppelten Verzeichnisses
zu erhalten. Das eine Exemplar dieses Verzeichnisses bekommen sie nach der Ausstellung,
soweit möglich, revidirt zurück, das andere bleibt zur Benutzung für den Ausstellungsbericht.
Die Herren Aussteller werden ersucht, die Verfügung über die von ihnen ausgestellten Gegen-
stände dem unterzeichneten Comite anzuzeigen, und wird dasselbe dafür sorgen, dass diese
Verfügung am zweiten Tage nach dem Schlusse der Ausstellung ausgeführt werde. Einzelne
Exemplare von Früchten dürfen für eine etwa zusammenzustellende Mustersammlung oder für
wissenschaftliche Untersuchungen den einzelnen Sammlungen entnommen werden.
IV. Die auszustellenden Gegenstände müssen die Adresse „An den Ausschuss für die Obstausstellung
in der Egydienkirche zu Braunschweig“ haben, und daselbst bis zum 7. October spätestens an-
gekommen sein. Das Auspacken und Aufstellen der Gegenstände wird zwar von Seiten des
Ausschusses gern besorgt, doch ist eine Betheiligung der Herren Aussteller selbst, wenigstens
beim Ordnen, sehr erwünscht.
V. Ein Ausschuss erfahrener Pomologen wird die ausgestellten Obstsammlungen durchsehen, erforder-
lichen Falls berichtigen, und über das Resultat der Ausstellung einen besonderen Bericht erstatten.
Wir ersuchen zunächst folgende Herren, die bisher an derlei Arbeiten bei früheren Versammlungen
Theil genommen haben, in diesen Ausschuss einzutreten, ohne dadurch Andere, welche sich
dazu berulen fühlen und Theil nehmen wollen, auszuschliessen:
Herr Hofgarten-Inspektor Borchers in Herrnhausen.
„ Baron v, Bose, früher auf Emmaburg, jetzt im Königreich Sachsen wohnend.
„ Senator J. ten Doornkaat-Koolman in Norden.
„ Medizinalrath Dr. Engelbreeht in Braunschweig.
„ Professor Dr. Fiekerl in Breslau.
„ Ober-Amtsrichter v. Hinüber in Moringen.
„ Bauinschulbesitzer Lorberg in Berlin.
„ . Pirektor Dr. Lucas in Reutlingen.
„ Hofgärtner Maurer in Jena.
„ Organist Müsehen in Belitz (Mecklenburg).
„ Superintendent Oberdieek in Jeinsen (Hannover).
„ Waisenhaus-Direktor Palandt in Hildesheim.
„ Lehrer Remagen in Niederbiber.
„ Oberförster Sehmidt in Blumberg bei Tantow, ohnweit Stettin. ®
„ Gutsbesitzer Siemering in Adolphshof.
„ Baumschulbesitzer Spaelh in Berlin.
„ Garten-Direktor Stoll in Proskau.
„ Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d. S.
„ Geheimer Regierungsrath v. Trapp in Wiesbaden.
Das Comite wird gebeten, sich in so viele Gruppen zu theilen, als erforderlich sind, um die
Durchsicht aller Sammlungen in den ersten zwei Tagen der Ausstellung zu vollenden.
VI. Zur Auszeichnung derjenigen Sammlungen, welche sich durch werthvolle Obstsorten, gute Ent-
wiekelung der Früchte im Verhältnisse zur Baumform, auf der sie erzogen sind, und richtige
Benennung auszeichnen, stellt der Braunschweiger Verein 10 silberne Vereinsmedaillen zur
Verfügung.
Ein besonders dazu ermanntes Preisrichteramt wird darüber entscheiden.
VII. Dem pomologischen Ausschusse liest es ob, eine Mustersammlung des besseren Obstes, vor Allem
die in den früheren Pomologen-Versammlungen empfohlenen Früchte zur speeiellen Kenntniss-
nahme des Publikums zusammenzustellen und zu diesem Zwecke die nöthigen Früchte mit An-
gabe des Bezuges aus anderen Sammlungen zu entnehmen.
Das Lokal der Ausstellung, die Egydienkirche, ist für die ganze Zeit den Mitgliedern der
Versammlung gegen Vorzeigung ihrer Mitgliedkarte geöffnet, dem Publikum aber nur von 11 Uhr
Vormittags bis 6 Uhr Abends gegen ein Eintrittsgeld von 5 Sgr.
173°
(. Weitere Zeit-Eintheilung.
Ausser der Exeursion nach Harzburg am Sonntag, den 13. October, sind kleinere Ausflüge in der
Nähe, namentlich in die Herzogliche Landesbaumschule intendirt, worüber das Nähere allemal im Tageblatt
oder durch Anschlag bekannt gegeben wird.
Im Allgemeinen sind die Morgenstunden von 7 bis 11 Uhr zum Besuch der Ausstellung, die Stun-
den von 11 bis 2 Uhr und von 6 bis 8 Uhr Abends zu den Versammlungen, die Stunden von 2 bis 4 Uhr
zum Mittagessen, von 4 bis 6 Uhr zu Ausflügen und von 8 Uhr Abends ab zur geselligen Unterhältung
bestimmt.
Braunschweig, den 31. Januar 1872.
Der Vorstand des Landwirthschaftlichen Central-Vereins im Herzogthum Braunschweig als geschäfts-
führender Vorstand für die 6. allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter.
Griepenkerl,
Landes-Oekonomierath.
Krüger,
Geheimer Kammerrath.
A. v. Girsewald,
Vice-Oberstallmeister.
Die neuholländischen Gummibäume
(Eucalyptus).
(Schluss.)
Da, wie bereits ausgesprochen, nicht wenige der
interessanteren und wichtigeren Arten des Geschlechts
Eucalyptus sich bei uns, so im botanischen Garten
zu Berlin, in Kultur befinden, so dürften wir wohl
die Aufmerksamkeit der Leser der Wochenschrift: in
Anspruch nehmen, wenn wir, so viel uns über die
verschiedenen neuholländischen Gummibäume bekannt
ist, hier in einer alphabetischen Aufzählung Mittheilung
machen.
1. Eucalyptus amygdalina scheint wohl der
höchste Baum zu sein, den man bis jetzt gefunden
hat, denn man hat Exemplare gesehen, die gegen
500 Fuss hoch waren und also noch den höchsten
Thurm der Welt, den des Münsters in Strassburg,
um 50 Fuss an Höhe übertreffen. Ein zweiter Rei-
sender fand einen anderen Baum von 480 Fuss,
während ein dritter zwar nur die Höhe von 385 Fuss
besass, aber an der Spitze abgebrochen war. Dieser
hatte ausserdem ungeheure Dimensionen. Sein grad
aufstrebender Stamm von 41 Fuss Umfang 6 Fuss
über dem Boden stieg ohne Ast senkrecht bis zu
einer Höhe von 295 Fuss; der erste Ast selbst be-
sass noch einen Durchmesser von 4 Fuss. Von hier
aus setzte sich die zum grossen Theil, wie es scheint,
abgebrochene Krone noch 90 Fuss fort, der Haupt-
stamm besass aber selbst hier noch 3 Fuss im
Durchmesser.
Das Holz, unter dem Kollektiv - Namen rothes
Gummiholz, den viele Eucalyptus-Hölzer führen, in
Neuholland bekannt und vielfach benutzt, gehört
zwar immer noch zu den besseren Sorten aus den
dortigen Wäldern, steht dem Holze anderer
Arten dieses Geschlechtes nach. Am häufigsten ge-
braucht man es wegen seiner harzigen Bestandtheile
und deshalb grösseren Widerstands-Fähigkeit gegen
Feuchtigkeit zu Schiffs-Planken. Da es sich leicht
spalten lässt, so liebt man es auch ausserdem zu
Schindeln, Brettern und ähnlichen Verwendungen.
Zu bemerken ist noch, dass der Baum, gleich den
meisten neuholländischen Gummibäumen, hinsichtlich
seiner Blätter sich ungemein veränderlich zeigt. Diese
stehen bald, und zwar in der Regel, einander gegen-
über, bald wechseln sie aber auch, und zwar meist
segen den oberen Theil der Zweige an einem und
demselben Baume häufig ab. Im letzteren Falle sind
sie bei E. amygdalina auch schmaler und ähneln
einiger Maassen denen des Mandelbaumes. Daher
ihre Benennung. Ausserdem sind die Blätter weit
grösser, namentlich breiter und stehen einander ge-
genüber, an ihrer Basis oft mit einander zusammen-
wachsend.
2. Eucalyptus eitriodora hat ihren Namen,
der wörtlich übersetzt „nach Citrone riechend“ be-
deutet, mit Recht erhalten, von allen neu-
holländischen Gummibäumen ist er derjenige, welcher
das am angenehmsten riechende ätherische Oel lie-
fert. Dieses Oel befindet sich hauptsächlich in kleinen
rundlichen Drüschen in der Substanz der Blätter ein-
gesenkt.
3. Eucalyptus colossea verdient ebenfalls“
ihren Namen, denn sie gibt an Grösse und Höhe der
E. amygdalina nichts nach. Bäume von 400 Fuss
Höhe sind keine Seltenheit. Hinsichtlich des Um-
fanges des Stammes scheint sie aber genannte Art
aber
denn
noch zu übertreffen. Ein Reisender erzählt, dass er
das Exemplar eines solchen Baumes gesehen habe,
wo der sehr dieke Stamm nicht allein ausgehöhlt,
sondern auch auf der einen Seite von Rinde ganz
entblösst war. Man wird sich von der Stärke dieses
Stammes einen Begriff machen können, da nach den
Berichten dieses Reisenden 3 Reiter nicht allein in
das Innere des Stammes reiten, sondern auch darin
umwenden konnten.
4. Eucalyptus diversicolor scheint der vo-
rigen Art nahe zu stehen und einen gleichen Massen-
stamm zu bilden. Bäume von 400 Fuss Höhe sind
auch bei ihr keineswegs eine Seltenheit. Wenn alle
'neuholländischen Gummibäume, besonders in der
Jugend, rasch wachsen, so ist es mit E. diversicolor
am meisten der Fall. Dieses, aber auch sein vor-
herrschend in die Breite sich erstreckendes Wachs-
thum sind Ursache, dass E. diversicolor jetzt haupt-
sächlich bei Melbourne angepflanzt wird und man
damit in kurzer Zeit Schatten gebende Alleen er-
halten hat. Aber auch zum Häuserbau soll das
Holz vorzüglich sein.
5. Eucalyptus gigantea gibt den beiden
eben genannten Gummibäumen an Höhe nichts nach,
wie man schon aus dem Beinamen ersehen kann.
Einen Vorzug besitzt die Art jedoch vor den anderen
Riesen dieses Geschlechtes noch dadurch, dass ihr
Holz eins der ausgezeichnetsten Nutzhölzer, beson-
ders für Tischler, darstellt. Unter dem Namen des
neuholländischen Mahagoniholzes kommt es jetzt auch
nach Europa und wird besonders in England zu
Meubles benutzt.
6- Eucalyptus Globulus führt in Neuholland
den Namen des Veilchenbaumes oder auch des blauen
Gummibaumes. Wenn wir nicht irren, hat die Art
ihren Vulgär-Namen von dem etwas nach Veilchen
riechenden Holze erhalten. In Raschwüchsigkeit soll
diese Art der E. diversicolor wenig nachstehen,
trotzdem aber ein vorzügliches und festes Holz, was
nach verschiedenen Richtungen hin in Anwendung
zebracht werden kann, liefern. Als Schiffsbauholz
übertrifft es auch das des Teak (Teetona grandis)
und unserer Eiche. Nach vergleichenden Messungen
trägt der Quadratzoll dieses Veilchenholzes 5 Pfund
mehr als das Teak- und 17!/, Pfund mehr als das
Eichenholz. Wegen der langen Stämme, welche zu
Gebote stehen, gebraucht man es besonders gern
bei grossen Schiffen zur Anfertigung eines Kiels bis
zu 120 Fuss Länge.
7. Eucalyptus gomphacephala gehört zu
neuholländischen Gummi-
den Zwergen unter den
bäumen, da sie nur höchstens 50 Fuss hoch wird.
Entgegengesetzt dem anderer Arten ist ihr Wachs-
thum sehr langsam und in dessen Folge das Holz
so dicht- und gedrängt-faserig, dass es sich schwie-
rig oder eigentlich gar nicht spalten lässt. Daher
benutzen es die Kunsttischler und Drechsler gern zu
ihren Arbeiten.
8. Eucalyptus Gunnii wächst zwar nicht in
Neuholland, sondern auf Vandiemensland, wird aber
jetzt in der Nähe von Melbourne ebenfalls viel ange-
pflanz. Man macht in den Baum Einschnitte, um
einen süsslichen Saft, der alsbald in reichlicher
Menge herausfliesst, zu erhalten. Aus ihm bereitet
man durch Gährung ein nicht allein kühlendes und
erfrischendes, sondern auch gelind abführendes Ge-
tränk, was nach den Berichten einiger Reisenden in
jenen Ländern das Bier vertreten soll.
9. Eucalyptus longifolia steht der E. resi-
nifera nahe und wird auf gleiche Weise, wie diese
alsbald zu besprechende Art, benutzt.
10. Eucalyptus mannifera hat ihren Namen
erhalten, weil zur Zeit, wenn der Baum blüht, die
Blätter in reichlicher Menge eine mannaartige Masse
in rundlichen Kügelchen liefern. Obwohl diese Manna
nicht sehr süss sein soll, wird sie doch von den
Eingeborenen allgemein gegessen. Man macht von
ihr auch ein Getränk, was einen angenehmen Ge-
schmack haben soll und deshalb beliebt ist.
11. Eucalyptus marginata übertrifft als
Schiffsbauholz noch das Holz der E. Globulus und
soll in jeglicher Hinsicht unverwüstlich sein. Wegen
seines grossen Reichthums an harzigen Stoffen greift
es nämlich kein Insekt, selbst nicht die gefürchteten
Ameisen und Schiffsbohrwürmer, an. Ebenso wider-
steht es allem Wechsel klimatischer Verhältnisse.
Dazu kommt noch, dass die gedrängten und vielfach
in einander greifenden Fasern das Holz so dicht
und fest wie Eisenholz machen.
12. Eucalyptus obliqua weicht wesentlich.
von den übrigen neuholländischen Gummibäumen
durch eine dicke Rinde ab, welche allgemein zum
Dachdecken gebraucht wird. Unter besonders gün-
stigen Umständen entwickelt sie sich bisweilen in
soleher Stärke, dass die. Eingeborenen sie zur An-
fertigung von Flössen benutzten.
13. Eucalyptus piperita
ein vorzügliches Bauholz, was auch als blaues
Gummiholz in den Handel kommt. Den Beinamen,
der auf den Pfeffer hindeutet, hat die Art erhalten,
weil die Früchte ein angenehmes Aroma besitzen,
und in Neuholland deshalb, ähnlich den Gewürz-
nelken, verwendet werden.
14. Auch Eucalyptuspopulifolia, eine früher
liefert wiederum
175
in Gewächshäusern bei uns ziemlich verbreitete Art,
liefert vorzügliches Bauholz.
15. Eucalyptus resinifera ist, wie bereits
im Anfange ausgesprochen wurde, die Mutterpflanze
eines hier und da zu feineren Gerbereien benutzten
adstringirenden Stoffes, der den Namen australisches
oder Botanybai-Kino führt. Behufs seiner Gewin-
nung machen die Eingeborenen Einschnitte in den
Stamm, in Folge dessen der oben bezeichnete Stoff
herausfliesst und an der Luft rasch erhärtet. Auch
bei dieser Art schwitzen die Blätter zur Zeit der
Blüthe einen mannaartigen Saft aus, der von den
Eingeborenen gewonnen und genossen wird. Das
Holz ist unter dem Namen rothes Gummiholz vom
Tischler und Drechsler, aber auch vom Zimmermann,
sehr gesucht.
16. Eucalyptus robusta macht zwar einen
sehr dicken Stamm, ihr Holz ist aber weder als
Bau- noch als Nutzholz zu verwenden, weil im In-
nern sich solche Massen von Harz erzeugen, dass
das Holz schliesslich zerreisst und nicht unbedeu-
tende Spalten sich bilden, die ganz und gar von
diesem hell- oder zinnoberrothen Harze ausge-
füllt sind.
17. Eucalyptus rostrata erreicht zwar nur
die Höhe von 100 Fuss, ihr Holz ist aber wiederum
eins der vorzüglichsten Bauhölzer, besonders auf
sumpfigem Boden, also für Wasserbauten und für
Schiffsbau. In dieser Hinsicht hält es sich dem der
E. marginata gleich. Wie das Holz von diesem
Baume von keinem Insekt oder Wurm angegriffen
wird, so auch das der E. rostrata. Besonders be-
nutzt man es wegen seiner Dauerhaftigkeit neuer-
dings gern zu Eisenbahn-Schwellen, da es 10 und
selbst 12 Jahre liegen kann, ohne dass es ersetzt zu
werden braucht.
18. Eucalyptus Sideroxylon
Beinamen, der Eisenholz bedeutet, wegen seines
schweren Holzes erhalten. Nicht allein von allen
neuholländischen Gummibäumen, sondern von allen
Bäumen der Vietoria-Kolonie überhaupt liefert diese
Art das härteste Holz. Dieses ist zwar wegen sei-
ner gedrängten und dichten Faser schwer zu bear-
beiten, was aber aus ihm bereitet wird, zeichnet sich
durch seine Dauerhaftigkeit aus. Abgesehen davon,
dass es deshalb auch gleich dem des vorigen Bau-
mes für Wasser- und Schiffsbau besonders geeignet
ist, wird es auch vom Drechsler allen übrigen Hölzern
vorgezogen und von diesem höher bezahlt.
hat seinen
Die blaue Hortensie.
Zu den interessantesten Erscheinungen im Leben
der Pflanzen gehört ohne Zweifel, dass die Blüthen
der Hortensien bisweilen plötzlich eine blaue Farbe
erhalten. Der bekannte Reisende Siebold scheint
vor nun fast 40 Jahren die erste blaublühende Hor-
tensie direkt aus Japan eingeführt zu haben; er hielt
sie aber für eine besondere Art und belegte sie mit
dem einheimischen Namen Hydrangea ÖOtaksa.
Sie wurde Anfang der sechziger Jahre vom Neuen
durch Siebold in den Handel gebracht. Handels-
särtner und Liebhaber machten aber nicht selten die
Beobachtung, dass sie bisweilen plötzlich, ohne dass
man sich eines besonderen Grundes bewusst gewesen
wäre, mit rothen Blüthen erschien. In der Wochen-
schrift ist über diese seltsame Erscheinung bereits
mehrmals gesprochen worden.
Das Wichtigste und zu gleicher Zeit für den
Standpunkt unserer jetzigen Physiologie Unerklärlichste
ist, dass scheinbar dieselbe Ursache bald blaue, bald
rothe Blüthen bedingen kann. So wurde uns bei-
. spielsweise mitgetheilt, dass, wenn man Hydrangea
Otaksa, also die vor Kurzem direkt aus Japan ein-
geführte blaublühende Hortensia, warm kultivire, die
Blüthen eine rothe Farbe erhielten. Umgekehrt be-
richtete mir aber dagegen ein anderer tüchtiger Gärt-
ner, dass er einmal Hydrangea Otaksa in freien
Grund und Boden gebracht hätte, wo zu seinem
srossen Erstaunen alle Blüthenköpfe roth geworden
wären. Diese Umänderung in der Farbe gab der
Gärtner in diesem Falle grade dem damals herr-
schenden kühlen Wetter Schuld, während der erste
Gärtner doch behauptete, dass Hydrangea Otaksa
nur, wenn sie kühl kultivirt würde, ihre blauen Blü-
then sich erhielt. Man sieht hieraus, dass nicht die
Temperatur, sondern andere Ursachen maassgebend
gewesen Sein Müssen. |
Bekanntlich ist man ziemlich allgemein der An-
sicht, dass eine Beimischung von Eisenspähnen in
der Erde, oder auch von ÖOcher, nach Anderen auch
von gepulvertem Thonschiefer,
Erzeugung blauer Blüthen bei den Hortensien gehe.
Veranlassung von
Wir erinnern uns noch aus der Zeit unserer Jugend,
wo man allgemein Eisenspähne der Erde in den
Töpfen, worin man Hortensien kultiviren wollte, zu-
setzte, um blaublühende Hortensien zu erhalten, und *
sie in der That auch jedes Mal eıhielt. Unterliess
man die Beigabe, so blieben die Blüthen roth. Was
vor einigen Jahrzehnten
ist heute nicht mehr.
aber regelmässig stattfand,
Zusatz von Eisenspähnen gab
den Hortensien, wenigstens in einer Reihe von Fällen,
die wir in den letzten Jahren zu beobachten Gelegen-
heit hatten, keine blauen Blüthen mehr. Ausserdem
ist es auf jeden -Fall noch eigenthümlich, dass man
blaublühende Hortensien jetzt kaum noch sieht, wäh-
rend sie vor 3 und 4 Jahrzehnten sehr gewöhnlich
waren. Es müssen demnach die Ursachen, - welche
zu den blaublühenden Hortensien Veranlassung ga-
ben, jetzt in geringerem Grade vorhanden sein, als
früher.
Wir haben auch irgendwo gelesen, dass Schwefel
ebenfalls blaublühende Hortensien hervorbringen soll.
Uns selbst -sind keine dergleichen Versuche bekannt.
Wir bemerken nur, dass Schwefeldampf rothe Rosen
in blaue umwandelt. Gewiss haben viele Leser der
Wochenschrift den Versuch einmal gemacht, den
Rauch des Tabaks, der bekanntlich geschwefelt wird,
auf eine blühende Rose zu blasen, und dann ge-
sehen, wie rasch deren rothe Farbe in Blau sich
umwandelt. Hier liegt jedoch eine direkte chemische
Veränderung zu Grunde, welche mit dem Vorkom-
men der blauen Hortensien nichts gemein zu haben
scheint.
Es liegt uns eine interessante Abhandlung über
blaue Hortensien vor, welche einen der tüchtigsten
Pariser Handelsgärtner, Bossin, zum Verfasser hat.
Wenn auch der Schluss der Abhandlung mit uns
vollkommen darin übereinstimmt, dass wir über das
Wie? gar nichts wissen, so sind doch einige ge-
sehichtliehe Momente darin enthalten, welche - das
Interesse der Leser der Wochenschrift in Anspruch
nehmen dürften, zumal sie im weiteren Kreise noch
nicht bekannt sind und zum Theil die bereits von
uns veröffentlichten Mittheilungen erweitern. (12.
Jahrgang. S. 1.)
Ueber den Namen Hortensie herrschen immer
noch die falschen Ansichten, dass der Blüthenstrauch
zu Ehren der holländischen Königin Hortensie gege-
ben worden sei, ziemlich allgemein. Richtig ist da-
gegen, dass er von Commerson, der bei der un-
glücklich endenden Expedition von Bougainville zu
Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
Botaniker war und im Jahre 1773 in Folge einer
schlechten Behandlung des damaligen Gouverneurs
von Isle de France starb, zu Ehren einer interessan-
ten Dame, der Frau eines berühmten Uhrmachers in
Paris, Hortense Lepaute, gegeben wurde. Diese
Dame entschloss sich, als ihr Gemahl aufgefordert
wurde, als Astronom an der Bougainville’schen Ex-
pedition Theil zu nehmen, diesen zu begleiten.
Thatsache ist ferner, dass sich die Hortensie
bereits unter den von Commerson gesammelten
Pflanzen befand, aber nieht von ihm lebend- in Eu-
ropa eingeführt wurde. Bossin scheint zur Ansicht
geneigt zu Sein, dass die Hortensie zuerst in Frank-
reich eingeführt und dass sie von dem zu Ende des
vorigen Jahrhunderts in Paris lebenden und sehr
angesehenen Gärtner Audebert zuerst verbreitet
wurde. Nach der Abhandlung im 12. Jahrgange der
Wochenschrift war sie aber zuerst in England und
kam von da später nach dem Festlande.
Bossin sagt übrigens selbst, dass die Horten-
sie gegen das erste Jahrzehnt dieses Jahrhun-
derts auf dem Festlande noch selten gewesen ist.
Der genannte Gärtner Audebert besass 1808 eine
Pflanze, deren Blüthenkopf so gross war, dass er
von einem Hute, wie er damals getragen wurde, nicht
bedeckt werden konnte.
Von welch’ ganz anderem Umfange haben wir
jetzt die Hortensienköpfe! Trotzdem erregte die in
dem Audebert'schen Garten blühende Hortensie
damals grosses Aufsehen und wurde um einen sehr
hohen Preis von einer grossen Blumenliebhaberin,
der Marquise von Tholozan, welche damals zu
Denonville im Departement der Eure und des Loir
einen berühmten Garten besass, gekauft. Das war
die erste blühende Hortensie, welche Bossin sah.
Die ersten blaublühenden Hortensien erregten zu
Ende der dreissiger Jahre, als sie in einer Sitzung
der Gartenbau-Gesellschaft in Paris ausgestellt wur-
den, mit Recht grosses Aufsehen. Ob sie damals
direkt aus Japan eingeführt oder von Siebold be-
zogen wurden, wird nicht gesagt. Bald darauf hatte
aber ein Blumenliebhaber, Moreau mit Namen, in
Lanvian bei Brest, das Glück, in seinem Garten unter
den mancherlei Hortensien, welehe er im Freien kul-
tivirte, auch zufällig blaue zu erhalten. Das Terrain,
auf dem sie entstanden waren, bestand aus unfrucht-
barer Thonerde. Wo diese durch gute Gartenerde
ersetzt wurde, erhielten die bis dahin blaublühenden
Hortensien wiederum ihre ursprüngliche rothe Farbe.
Umgekehrt wurden die Blüthen der Hortensien, welche
bis dahin im guten Boden roth geblüht hatten, blau-
blühend, wie man den Pflanzen wiederum magern
Thonboden gab. Am Interessantesten waren die
Versuche, wo auf der einen Seite einer Hortensie
gute, auf der andern magere Thonerde gegeben wurde,
weil hier auch die eine Seite des Exemplars rothe,
die andere blaue Blüthen besass.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des bartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pilanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 23. Berlin, den 8. Juni.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
IB.
Die Fest-Ausstellung beginnt am 21. d. M. im Garten des Wilhelms-Gymnasiums (Bellevue-Strasse 15), Festversammlung
und Festmahl finden hingegen am 23. im Englischen Hause (Mohren-Strasse 49) statt, während endlich am 25. die Festfahrt
nach Potsdam sein wird. Die hierauf bezüglichen Einladungen mit den näheren Bestimmungen werden zur Zeit den hiesigen
Mitgliedern mitgetheilt. Auswärtige, welche das Fest beehren wollen, werden ersucht, dieses im Bureau des Vereines (Klub
der Landwirthe, Französische Strasse 48) gefälligst anzuzeigen. Wer am Festmahl und an der Festfahrt Antheil nehmen
will, hat dem Herrn Schatzmeister, Rentier Sonntag (Alexandrinen-Strasse 5l) oder auf dem Bureau die Summe von 10, nur
für das Eine oder Andere dagegen die Summe von 6 Thalern vorher einzuzahlen. Wegen der nöthigen Vorbereitungen wird
freundlichst ersucht, die Einzeichnungen möglichst zeitig machen zu wollen.
Inhalt: Die Entstehung der Arten und der Darwinismus. — Illustration horticole, Jahrgang 1871.
Die Entstehung der Arten | dass en das Bedürfniss u der Erforschung
uns ferner liegender Gegenstände stets mehr vor-
und der Darwinismus. handen war, als der uns näher liegenden.
Vielseitig aufgefordert, meine Ansicht über die Die Astronomie war weit früher Gegenstand der
Entstehung der heutigen Pflänzenarten zu geben und | Forschung bei allen Kulturvölkern des Alterthums,
den lockeren Begriff dessen, was Art ist, auf eine |, als etwa Botanik und Zoologie. So verschieden
etwas sichere und bestimmtere Weise, als es jetzt | z. B. auch Granit und Porphyr schon auf den ersten
meist geschieht, zu beantworten, wollen wir ver- | Augenblick einem jetzt nur einigermassen gebildeten
suchen, dem Wunsche möglichst nachzukommen. | Menschen aussehen, so warfen doch die Alten zur
Wir gestehen jedoch gleich von vorn herein ein, | Zeit eines Plato Alles noch als Stein durcheinander
dass der Gegenstand der Frage noch lange nicht | und unterschieden nur nothdürftig die am auffallend-
reif genug vorliegt, um einigermassen wissen- | sten in der Form oder Farbe hervortretenden, tech-
schaftlich beantwortet werden zu können; wir kön- | nisch zu benutzenden Felsarten, wie Kalk u. s. w.
nen nur Ansichten, denen aber die strengwissen- | Die Frage, was ist Art (Species)? kann nicht
schaftliche Grundlage fehlt, aufstellen. ohne Entwickelungsgeschichte der ganzen Erde ge-
Der Mensch hat von Hause aus eine gewisse | löst werden. Eine möglichst genaue Kenntniss des
Sehnsucht nach Erklärung dessen, was die Sinne | jetzigen Zustandes unserer Erde ist aber eben so
noch nicht zu erfassen vermögen, bei dem höher | nothwendig. Da beide aber heut’ zu Tage noch
Gebildeten schliesst sich noch die Forderung eines sehr mangelhaft sind, so müssen wir uns einstweilen
sogenannten philosophischen Systems über den lo- | mit dem begnügen, was die exakten Wissenschaften |
gischen Zusammenhang und über den Ursprung aller | bis jetzt dafür geleistet haben. Die grossen Lücken,
Dinge an. Was Wunder demnach, wenn auch der | welche uns allenthalben dabei entgegentreten, müssen
Ursprung der Thiere und Pflanzen auf der Erde die | wir, und zwar nach der Art und Weise der Ausbil-
Aufmerksamkeit des gebildeten Menschen von jeher | dung unseres Geistes, durch Kombinationen und
in Anspzuch genommen hat! Es kommt noch dazu, | Schlüsse auszufüllen suchen. Dass nicht Jedermann
23
zur Beantwortung solcher schwierigen Fragen be-
rufen ist, versteht sich von selbst. Auf jeden Fall
wird dabei der am glücklichsten sein, der mit den
nach dieser Richtung hin gemachten wissenschaft-
lichen Resultaten am Meisten vertraut ist, ausserdem
aber die nöthige Schärfe des Geistes besitzt, die
vorhandenen Lücken aul eben ängegebene Weise
möglichst auszugleichen.
Dass dieses in allererster Reihe nur Männer,
deren Beruf es ist, nach der einen oder anderen
Richtung hin die Natur zu erforschen, also Natur-
forscher im eigentlichen Sinne des Wortes, vermögen,
versteht sich von selbst; am Meisten sind aber die
berufen, welche sich ganz specielle Kenntniss von
der jetzt existirenden organischen Welt nicht allein,
sondern auch von den Organismen, wie sie uns in
den Gesteinen aus einer weit früheren Zeit über-
liefert sind, verschafft haben. Je mehr man daher
Pflanzen und Thiere in der jetzigen und untergegan-
senen Welt kennt, sie in ihrem Erscheinen, die er-
steren auch in allen ihren Entwickelungsstufen, be-
obachtet hat, um so mehr wird man der Lösung der
Frage, was ist Art? näher kommen können.
Dass Viele, die weder genaue Kenntniss der
Pflanzen, noch der Thiere hatten, die lebende Natur
überhaupt nicht kannten, ebenfalls über den Ursprung
der Arten zu Sprechen sich berufen fühlten, hat die
Frage und. ihre Lösung auf eine Weise verwirrt,
dass es jetzt dem Laien noch schwieriger geworden
ist, sich aus dem Labyrinthe der verschiedensten
Ansichten herauszufinden. Wenn Einer den Beruf
zur Lösung in sich fühlen konnte, so war es gewiss
Darwin. Dieser ausgezeichnete Naturforscher hat
sich durch beharrliches Studium der Natur und durch
teisen, ‚auch in aussereuropäischen Ländern, nicht
weniger aber durch den Umgang mit hervorragenden
Männern der Praxis, hauptsächlich mit Landwirthen
und Gärtnern, sehr bedeutende Kenntnisse in den
Erscheinungen der Natur erworben.
Die Ansichten über die Entstehung der Art, in
sofern wir bei ihrer Betrachtung nur auf das, was
von Naturforschern darüber ausgesprochen ist, Rück-
sieht nehmen, gehen dahin, dass die Einen sagen,
alle Arten von Pflanzen und Thieren sind auf ein-
mal durch einen Akt der Schöpfung. fertig hervor-
während Anderen stufenweise Ent-
wickelungen der organischen Welt bis auf ihren heu-
segangen,, die
tigen Standpunkt annehmen. .
Der Vertreter letzten Ansicht, Darwin,
stützt sich dabei auf die fortdauernde Veränderlich-
keit. der Art, nicht weniger aber auf, die Entstehung
des heutigen Zustandes der Erde
der
und Ausbildung
178°
' ferner liegt.
| kamen
und ihrer Bewohner, der Pflanzen und Thiere. Dass
die Erde zunächst gleich Anfangs als etwas Fertiges
"in der Weise, wie sie jetzt-uns erscheint, vorhanden
gewesen ist, daran glaubt wohl kaum noch ein
Mensch, der eine den jetzigen ‚Ansprüchen nach-
"kommende Bildung erhalten hat. Sprieht sieh doch
in gleicher Weise schon die Mosaische Sage aus,
welche die Welt, d.h. die Erde mit ihren Umgebun-
gen, in 6. Tagen, die als Welttage gedacht werden
müssen und Milliarden von Jahren umfassten, ent-
stehen lässt.
Trotz unserer Kurzsichtigkeit und unseres nur
eine Spanne dauernden Lebens sehen wir, dass fort-
während neue Himmelskörper entstehen und:in ihrer
weiteren Entwickelung begriffen sind. Sollte dem-
nach nicht auch die Erde denselben Entwickelungs-
gang durchgemacht haben und einmal ebenfalls eine
Zeit in ihrer Geschichte gewesen sein, wo ein fester
Kern der Erde fehlte, wo weder Menschen noch
Thiere auf ihr wandelten, noch Pflanzen wuchsen?
Die Wissenschaft hat dafür Beweise in den ver-
schiedenen Schichtungen der Erde; je tiefer diese
liegen, um so weniger enthalten sie organische
Ueberreste und je unvollkommener in ihrer Zusam-
mersetzung sind diese im Vergleich zu den jetzigen
Thieren und Pflanzen. Sie werden aber umgekehrt
diesen um so ähnlicher, je näher sie. der heutigen
Oberfläche der Erde liegen, und können schliesslich
solchen gleiehen, welehe noch jetzt in gleieher Weise
existiren. Man kann es bei Pflanzen und Thieren
nachweisen, dass dieselben Arten an einer Stelle
der Erde untergegangen sind, an einer anderen da-
gegen noch existiren.
Nach dem, was wir eben ausgesprochen haben,
besitzen also die Pflanzen der ersten Vorzeit, aus
der wir noch Ueberreste besitzen, eine um so grössere
Verschiedenheit von denen, welche später entstan-
den sind, als die Zeit von deren Ursprunge ihnen
Die ersten Pflanzen und Organismen
überhaupt mögen selbst in ihrer Form sehr unbe-
stimmt gewesen sein.
bevor
Es bedurfte gewiss einer Zeit,
überhaupt bestimmte Formen zur Geltung
und damit Arten entstanden. Diese selbst
wurden um so mannigfaltiger, als allmählig die Ober-
fläche der ,Erde grössere Verschiedenheiten darbot.
Bei dieser stufenweisen Entwickelung sehen wir.
dass Organismen von ihren Umgebungen nicht allein
völlig abhängig sind, sondern jede Pflanze und jedes
Thier ist sogar ihr Produkt. Die Annahme dieses
Ausspruches schlösse aber noch keineswegs aus,
dass die Arten dabei doch als etwas Fertiges ent-
standen wären.
179
Diese Frage aber, sind die Organismen über- |
haupt gleich fertig aus einer Schöpfung hervorgegan- |
gen, oder sind sie erst nach und nach so geworden,
wie sie sich uns jetzt zeigen? kann, wie wir gleich
anfangs ausgesprochen haben, mit Bestimmtheit noch
nicht beantwortet werden, wenn auch die grosse
Wahrscheinlichkeit für die Ansicht einer allmähligen
Entwicklung spricht. Wichtiger dagegen und leich-
ter einer Lösung entgegenzuführen ist die Frage,
sind die jetzt vorhandenen Organismen als
Aıten bis zu einem bestimmten Absehlusse fertig,
mit anderen Worten, giebt es Arten, die so lange,
auch in ihrer Fortpflanzung, dieselben äusseren Er-
scheinungen zeigen, als unsere jetzigen Verhältnisse
und Zustände auf der Erde dieselben bleiben? Oder
verändern sich auch in unserer Zeit, wo die Ober-
fläche der Erde mit ihrer Umgebung eine gewisse
Konstanz erhalten hat, die Organismen fortwährend
in einer Weise, dass wir gar keine festbestimmten
Arten annehmen können?
Die Frage ist beantwortet, wenn wir annehmen,
was wir ausgesprochen, dass jeder Organismus der
Ausdruck seiner Verhältnisse ist. Bis jetzt ist kein
Beispiel bekannt, dass eine Pflanzenart in eine andere
übergegangen ist. Die Weizenkörner bei den Mu-
mien und den Pfahlbauten sind genau noch diesel-
ben, welche wir jetzt haben. Die in Frankreich und
Grossbritannien zugleich vorkommenden Pflanzen ha-
ben noch dasselbe Ansehen, als sie zu einer Zeit
gehabt haben müssen, wo beide Länder noch nicht
getrennt waren. So weit wir überhaupt geschichtlich
nachkommen können, sind die Arten stets diesel-
ben geblieben, wenn sich auch, wie bei den Kultur-
pflanzen, bisweilen der Formenkreis sehr erweitert hat.
Bei den grossen, die Verhältnisse durchaus um-
ändernden Umwälzungen der Erde, muss nach unse-
rer Ansicht jedes Mal die ganze organische Welt zu
Grunde gegangen sein. Dass die Organismen sich
neuen, wesentlich verschiedenen Verhältnissen an-
passen, akkommodiren könnten, wie Manche glauben,
widerspricht aller Erfahrung. Es haben sich bekannt-
lich schon seit längerer Zeit sogenannte Akklimati-
sations-Gesellsehaften, deren Aufgabe war, Pflanzen
und Thiere an andere Verhältnisse zu gewöhnen,
gebildet. Die Erfahrung hat gelehrt, dass ihre Ar-
beiten ohne Ausnahme umsonst gewesen sind. Auch
nicht das geringste Resultat ist aus ihren nach allen
Richtungen hin gemachten Versuchen hervorgegangen.
Dergleichen Gesellschaften sind wegen dieser Resul-
tatlosigkeit auch wiederum zum allergrössten Theil
eingegangen, oder ihre Thätigkeit hat eine andere
Richtung genommen. Wenn es demnach nicht ein-
mal möglich ist, jetzt Pflanzen an andere klimatische
Verhältnisse zu gewöhnen, um so weniger möchte
unsere Pflanzen- und Thierwelt noch existiren kön-
nen, wenn sich klimatische und Bodenverhältnisse
plötzlich durchaus umänderten.
Als noch jene riesigen Wälder von Schachtel-
halm- und Farn-Arten aus der Steinkohlenzeit exi-
stirten und die nicht minder riesigen Eidechsen in deren
Wäldern ihren Aufenthalt genommen hatten, war die
Oberfläche der Erde noch nicht so fest, wie heut zu
Tage; die Kalkberge der spätern Zeit existirten noch
nicht und es herrschte eine gleichmässigere Tempe-
ratur auf der ganzen Erde. Massen von Kohlensäure,
welche jetzt an den Kalk unserer Berge gebunden
ist, bewegten sich damals in freier Luft und konnten
den massigen Wäldern der damaligen Zeit die nö-
thige Nahrung geben. Wie die Pflanzen der Stein-
kohlen-Perioden diesen Umständen angepasst waren,
so würden sie heut’ zu Tage eben so wenig exi-
stiren können, als unsere jetzigen Pflanzen in je-
ner Urzeit.
Wie die Verhältnisse sich jetzt gestaltet haben,
sind für die Arten bestimmte Formen, die aber zu-
fälligem und unbedeutendem Wechsel unterworfen
sind, gegeben. Jede Art bewegt sich demnach in
einem Kreise dieser Formen, der, je nach den Ver-
hältnissen, grösser und geringer sein kann; aus die-
sem Kreise geht sie aber bei aller Mannigfaltigkeit
nicht heraus. Es ist ein Etwas, was wir das Spe-
eifische nennen wollen, aber wissenschaftlich nicht
weiter begründen können, was in der Art konstant
ist und bleibt, so lange nämlich der jetzige Zustand
der Erde nicht wesentlich verändert wird. Es möchte
diese Konstanz auch um so nothwendiger sein, als,
sobald man einmal wesentliche Veränderungen zu-
liesse, diese gar keine Grenzen finden würden. Es
möchte dann überhaupt wieder eine Zeit heraufbe-
schworen werden, wo die organische Form sich erst
zu entwickeln begann.
Die Art ist, wir wiederholen es, für unsere Zeit
beständig und geht, wenn die Verhältnisse auf un-
serer Erde sich durchaus umändern, unter, akkommo-
dirt sich, als Produkt dieser Verhältnisse, also nicht.
Wir haben, wie gesagt, kein Beispiel, wo eine Art in
eine andere übergegangen ist. Nicht alle Arten aber,
welche der Systematiker als solche bis jetzt aner-
kennt, sind wirkliche Arten. Zu ihrer Erkennung,
gehört das ganze Leben, die Entwickelungsgeschichte
von dem Embryo bis zum Absterben, das Kennen
und Erforschen aller Lebens - Stadien. Es ge-
nügt keineswegs ein einziger Zustand, wie er bei-
spielsweise in getrockneten Exemplaren des Herbar,
23°
Pe -
so sehr auch dessen Berechtigung als eine Ergänzung
anerkannt werden muss, gegeben ist.
Wie unsere klimatischen und Bodenverhältnisse
gewissen Schwankungen unterworfen sind, so nicht
weniger auch durch sie bedingt, die Arten. Je hart-
näckiger diese Schwankungen sind, um so länger
wird auch die durch sie hervorgerufene Veränderung
in der Art anhalten, bis zu einem bestimmten Punkt
selbst konstant werden. Jede Art existiıt in Folge
einer Reihe aufeinander folgender chemisch-physika-
lischer Gesetze, beherrscht durch andere, welche
wir nicht kennen und gewöhnlich als Lebensgesetze
bezeichnen. Wir möchten diese letzteren die speci-
fischen, d. h. in der Art selbst beruhenden Gesetze
nennen. Dass manche von ihnen später noch aus-
geschieden und den ebemisch-physikalischen unter-
geordnet werden müssen, unterliegt wohl keinem
Zweifel und beruht, dass es noch nicht geschehen
ist, nur auf unserer geringen Kenntniss von dem
Leben überhaupt.
Jede Art, mag sie Pflanze oder Thier sein, ent-
steht aus einer Zelle. In dieser Zelle beruht bereits
die Art und das Speeilische. Sie existirt als etwas
Selbständiges, welches sie im Kampfe mit der Aus-
senwelt, d. h. durch die eben bezeichnete Reihe
chemisch-physikalischer und nicht weniger durch die
sogenannten Lebensgesetze bedingter Prozesse, die
sich immerfort erneuern und verändern, kundthut.
Es entstehen dadurch gewisse, jeder Art eigenthüm-
liche Formen, die im Verlaufe ihrer Existenz, d. h.
ihres Lebens, sich Ändern können oder auch mehr
oder weniger sich gleich bleiben, bis die Art selbst
im Kampfe mit der Aussenwelt endlich unterliegt,
vorher aber durch Bildung neuer Anfänge, welche
dieselbe Reihe von Prozessen, d. h. denselben Le-
benslauf, durchmachen, dafür gesorgt hat, dass sie
als solche erhalten bleibt. Untergang d. h. Tod der
einzelnen Individuen gehört eben so sehr zum Be-
griff der Art, als die Fortpflanzung.
Je früher im Leben des Organismus, speciell
der Pflanze, ein Einfluss von aussen auf ein Indivi-
duum so nachhaltiger wird er
auch auf die Entwiekelung und auf die äussere Form
einwirken. Es wird dabei der Art
das Bestreben liegen, den fremden Einfluss möglichst
Im Anfange des Kam-
pfes wird es leichter sein, als später, wo der länger
andauernde Einfluss hartnäckiger geworden ist. Es
die kurze Dauer des Lebens
selbst mehrer nach einander existirender
ausgeübt wird, um
aber immer in
bald wiederum zu beseitigen.
kann schliesslich für
eines, ja
die Konstanz einer solehen Form-Verän-
Der-
Menschen,
derung bei einer Pflanzen-Art sich erhalten.
gleichen Fälle, die nicht selten vorkommen, sind es,
welche uns sehr leicht Scheinarten geben können.
Wir wollen versuchen, das hier Gesagte durch
Beispiele zu erläutern. Bei der Bildung der ersten
Zelle eines Individuums ist die Befruchtung für die
spätere äussere Form massgebend. So lange diese
durch den Pollenschlauch der eigenen Art geschieht, -
werden aus der ersten Zelle der Mutter vollständig
gleiche Individuen hervorgehen, wie aber ein Pollen-
schlauch einer anderen Art, deren Bildung und wei-
teren Entwickelung ähnlich ist, so dass eine Antheil-
nahme bei der Bildung des neuen Individuums mög-
lich wird, einwirkt, werden auch die chemisch-
physikalischen Prozesse mehr oder weniger für das
neue Individuum umgeändert werden; es wird sich
eine Reihe etwas verschiedener Prozesse bilden,
durch die das neue Individuum seinen Lebenslauf
auch in etwas verschiedener Weise durchmacht.
Dieses neue Individuum führt den Namen Blendling
oder Bastard (planta hybrida) und zeigt in der Regel
eine äussere Gestalt, welche gleichsam eine Verbindung
zwischen der von Mutter und von Vater herstellt.
Gewinnt man von einem solchen Blendlinge Samen,
was in der Regel nur ausnahmsweise geschieht, so
werden die daraus gezogenen Individuen, je nachdem
ihre ersten Zellen bei ihrer Entwickelung einen vor-
herrschenden Einfluss von Seiten der Mutter oder
von Seiten des Vaters gehabt haben, ein anderes
Ansehen erhalten. Benutzt man dergleichen Pflanzen
mit einem besonderen Typus zur weiteren Aussaat
und fährt damit mehre Generationen fort, so wird
dieser Typus um so konstanter werden, als Aus-
saaten auf einander geschehen sind. Es können
schliesslich alle Individuen einer Aussaat den be-
stimmten Typus besitzen, Damit ist eine Scheinart
entstanden, die, bei fortgesetzter Aufmerksamkeit des
Gärtners, der nur solche Individuen zur Gewinnung
von Samen benutzt, die den bestimmten Typus am
Meisten besitzen, von dem Botaniker, der ihre Ent-
stehung nicht kennt, als ächte Art betrachtet wird.
Es kann aber auch bei der Bildung der ersten
Zelle eines Individuums oder ihrer ersten wei-
teren Entwickelung irgend ein anderes Etwas einen
Einfluss auf die mehrmals bezeichneten Prozesse aus-
üben und dadurch auch mehr oder weniger bestim-
mend auf die Gestalt des neuen Individuums einwirken.
sich in derselben
bei
Dergleichen Individuen können
Gestaltung fortpflanzen, gehen in der Regel, wie
Darwin sich ausdrückt, im, Kampfe um's Dasein
aber allmählig wieder zu Grunde. Bisweilen erhalten
sie sich jedoch eine lange Zeit, bis schliesslich andere
Einwirkungen kommen, durch die dergleichen Schein-
181
arten wiederum in ihren ursprünglichen Zustand zu-
rückgehen.
Was hier (für uns) der Zufall thut, macht der
Gärtner, der bemüht ist, seine Blumen, Früchte und
Gemüse (nach menschlichen Begriffen) zu vervoll-
kommnen, absichtlich. Sobald er an irgend einem
Individuum seiner Kulturpflanze eine Abweichung
sieht, die nach seiner Ansicht nach irgend einer
Seite hin zu einer Vollkommenheit führen könnte, so
verfährt er auf gleiche Weise, wie es bereits in Be-
treff der Blendlinge gesagt worden ist. Sieht der
Gärtner z. B. bei einer Florblume in sofern eine
Geneigtheit zum Gefülltsein, dass das eine oder andere
Staubgefäss in ein Blumenblatt übergegangen ist, so
wählt er für die Gewinnung des Samens für eine
folgende Aussaat die Blüthen aus, welche das Ge-
neigtsein am Meisten besitzen. So verfährt er bei
den ferneren Aussaaten, bis er schliesslich eine ganz
gefüllte Blume erhalten hat. Da diese natürlicher
Weise keinen Samen hervorbringen kann, so ist der
Gärtner gezwungen, sich für seine weiteren Aussaaten
solcher Blüthen zu bedienen, wo die Umwandlung
nicht durchaus geschehen ist. Er wird deshalb eine
in diesem Sinne gefüllte Pflanze nie konstant machen
können.
Was anders istes, wo die Abänderung die äussere
Form der Blätter und Blüthen, oder auch die Farbe,
endlich aber den ganzen Habitus betrifft. Hier be-
sitzen wir eine Reihe ziemlich konstant gewordener
Abweichungen, also Scheinarten. Durch andauernde
Bemühungen von Seiten der Gäıtner ist es sogar
selungen, z. B. bei den Levkojen nicht allein die
Form mit dem Laekblatte konstant zu machen, son-
dern man erhält auch jetzt durch die Aussaat be-
stimmte Farben in den Blumen. Am Hartnäckigsten
widerstand in dieser Hinsicht lange Zeit den Be-
mühungen der Gärtner unser Stiefmütterehen (Viola
altaico-trieolor). Es ist noch gar nicht lange her,
dass man bei einer Aussaat alle möglichen Farben
und Zeiehnungen in der Blume erhielt und erhält sie
noch von nicht ausgewählten Samen. Wer aber jetzt
bestimmte Farben in den Blumen der Stiefmütterchen,
‚etwa behufs bestimmter Zeichnungen in seinen Teppich-
heeten, haben will, kann jetzt Samen kaufen, der
ihm, wenigstens zum allergrössten Theil, Pflanzen
mit der Farbe und Zeichnung, wie er sie haben
will, gibt.
Gartenbesitzer, welche sich ihr Gemüse selbst
heranziehen, begehen meistentheils den grossen Feh-
ler, dass sie die ersten Salatköpfe, die ersten Gurken,
welche sie heranziehen, auf den Tisch bringen. Diese
sind allerdings in der Regel die besten und wohl-
schmeckendsten. Dergleichen beste Salatköpfe, Gur-
ken u. s. w. bringen aber auch den Samen hervor,
der vor allen anderen nachreifenden bei einer Aussaat
die Pflanzen gibt, welche nach unserem menschlichen
Begriffe am vollkommensten sind. Die vielen Klagen,
welche wir namentlich auf dem Lande über schlech-
ten Salat u. s. w. nicht selten vernommen haben,
besitzen gewöhnlich hierin ihren Grund. Dergleichen
im Kampfe um’s Dasein sich erhaltene, also ziemlich
oder ganz konstante Abweichungen bilden unsere
Abarten erster Ordnung, welche, wie gesagt, leicht
für ächte Arten gehalten werden können und oft
auch gehalten werden. Dahin gehört ohne Zweifel
der grösste Theil unserer heutigen Arten, die bei
ihren natürlich auch grösseren Schwankungen in ihrer
äusseren Form leider oft genug zur Behauptung be-
nutzt wurden, dass die Arten der jetzigen Zeit in
einander übergehen.
Je später in der Entwickelung der Art die Ab-
weichung ihren Anfang nimmt, um so weniger wird
diese also sich bei Aussaaten erhalten oder, wie
man sich bisweilen auch ausdrückt, vererben, um so
mehr werden wir aber auch uns der Gründe bewusst
werden, durch die die Abweichung bedingt wurde.
Wenn eine gedrängt wachsende Alpenpflanze in
unsere nordische Ebene verpflanzt wird, so erhält
sie allmählig durch Aussaaten ein anderes, zunächst
weniger gedrängtes Ansehen. Dergleichen Pflanzen,
die zufällig, hauptsächlich mit den Flüssen, in die
Ebene kamen, sind oft schon als besondere Arten
beschrieben worden. Ranunculus nemorosus sieht
in der Ebene ganz anders, wie im Gebirge, wo er
sewöhnlich als R. aureus bezeichnet wird, aus. Salix
bicolor der Alpen möchte man wohl kaum für die-
selbe halten, welche in der Ebene wächst, wenn nicht
damit Aussaatversuche gemacht worden wären und
diese es bestätigt hätten. Dass unsere Kulturpflanzen
am Meisten der ursprünglichen
Form ist natürlich, da auch sie am
Meisten den Abweichungen von den natürlichen Ver-
hältnissen ausgesetzt sind.
Es ist in der -Natur die Einrichtung getroffen,
dass die Pflanze die Nahrung mit Hülfe sogenannter
anorganischer Stoffe bereitet und an bestimmten Or-
ten: in der Wurzel, dem Holze, der Frucht u. s. w.
ansammelt, damit sie zunächst zu den eigenen Neu-
bildungen zur Verwendung kommen. Diese Nahrungs-
stoffe dienen aber auch, und zwar einzig und allein, j
den Thieren zur Ernährung, also zu ihrer weiteren
Entwickelung und zum Aufbau ihres Körpers. Die
Pflanze arbeitet demnach dem Thiere nur vor. Es
liegt demnach im Interesse des Menschen, dergleichen
geneigt sind, von
abzuweichen,
ee.)
Pflanzen in ihren Arbeiten für die Anfertigung soleher
Stoffe zu unterstützen. Bei einigen Pflanzen ist es
ihm besonders gelungen; diese sind es, welche jetzt
im Grossen, also landwirthschaftlich, angebaut werden.
Das ganze Streben des Landwirthes geht auf diesen
einen Punkt hinaus.
Es darf nicht Wunder nehmen, dass bei manchen
Kulturpflanzen, welche viele Jahrtausende vielleicht
angebaut und dabei allen möglichen Einflüssen von
aussen unterworfen wurden, schliesslich die Umän-
derung in einer Weise stattfand, dass wir zuletzt
allen Zusammenhang mit der ursprünglichen Form
verloren haben. Es betrifft dieses ganz besonders
unsere Getreide - Aıten, wenigstens zunächst den
Weizen, während der Roggen wohl aus Secale fra-
sile, die Gerste aus einer zuerst von uns in den
westlich vom Kaspischen Meere gelegenen Ländern
entdeckten Art, von uns H. spontaneum genannt,
entstanden ist und Hafer noch im Oriente wild wächst.
Der Weizen ist das Getreide, was nach unseren Nach-
forschungen zuerst von dem grossen arabischen Volks-
stamme angebaut wurde und demnach in dessen
Stammlande gesucht werden muss. Leider hat man
sich noch gar nicht damit beschäftigt, dureh Aus-
saaten, aber in umgekehrter Weise, als Gärtner und
Landwirthe thun, um nach ihrem Begriffe möglichst
vollkommene Pflanzen zu erhalten, Versuche anzu-
stellen, indem man in diesem Falle grade den Sa-
men solcher Individuen zur Aussaat benutzt, welche
am wenigsten dem Verlangen des Landwirthes und
des Gärtners entsprechen, der ursprünglichen Art
dagegen in ihrer äusseren Erscheinung näher kommen.
Eine interessante Erscheinung ist, dass der
Weizen in einer grossen Menge von Formen existirt
und noch fortwährend neue Formen sich bilden,
während der Formenkreis des Roggens ein sehr be-
schränkter ist. Es beweist dieses die Thatsache,
dass manche Arten zu einem grossen Foımenkreise
geneigt sind, andere aber gar nicht. Ferner spricht
der Umstand, dass. der Weizen, obwohl er mehre
Jahrtausende schon Kulturpflanze ist, sich trotz sei-
nes grossen Formenkreises doch stets innerhalb des-
selben auch erhalten hat und kein Beispiel vorliegt,
dass er in den sonst sehr nah verwandten Roggen
übergegangen wäre.
Den Ursprung unserer Obstsorten zu ergründen,
ist uns dadurch leichter geworden, dass die Natur
selbst dafür Sorge getragen hat, durch hier und da
zufällig geschehene, sogenannte freiwillige Aussaaten
sie der ursprünglichen Form wieder näher zu führen,
Dergleichen zurückgegangene Obstsorten hat man irri-
ger Weise zu Pflanzen-Arten erhoben. Gewiss sind
unsere heutigen Obstsorten zum Theil durch Einflüsse
der Kultur entstanden, es unterliegt aber auch keinem
Zweifel, dass hier auch Blendlinge vorliegen. Es
gilt dieses besonders von dem Kernobste. Wir dür-
fen uns demnach gar nicht wundern, wenn wir bei
Aussaaten vom Kernobst Individuen mit allen mög-
lichen Formen von Blättern und Früchten erhalten,
welche die Unterscheidung von besonderen Apfel-
und Birn-Arten illusorisch machen. Der Pariser Aka-
demiker Decaisne hat hierüber höchst interessante
Versuche angestellt.
Ob unsere europäischen Weinreben aus einer
oder aus mehrern Arten entstanden sind, muss
noch weiter untersucht werden, wenn es auch wahr-
scheinlich ist, dass nur eine Art Mutterpflanze aller
unserer Rebensorten ist. Vor wenigen Jahren hat
man zur Lösung dieser Frage höchst schätzens-
werthe Versuche in Lyon und Montpellier gemacht.
Man hat auch hier gefunden, dass aus einer Aussaat
alle möglichen Formen der jetzigen Weinreben ent-
stehen können. Es scheint in der Natur ein beson-
deres Gesetz zu liegen, dass alle früher vorhanden
sewesenen Formen, welche einer Mutterpflanze, deren
Samen man zur Aussaat wählt, ihr vorangegangen
sind, deren Produkt sie schliesslich selbst geworden
ist, wiederum zum Vorschein kommen können. Man
hat dieses Gesetz mit dem Namen Atavismus be-
lest. Es möchte wohl im Stande sein, die Konstanz
unserer heutigen Arten vor Allem zu bekräftigen.
Der grössere oder kleinere Formenkreis, den eine
Art oder ein Komplex von einander nahe stehender
Arten besitzt, hängt von der Leichtigkeit der Einwir-
kung bestimmter Einflüsse ab. Wie es Arten gibt,
die bei allen klimatischen und Bodenverhältnissen in
ihrer äusseren Form keine Veränderungen zeigen, so
haben wir auch umgekehrt Aıten, die bei jedem
Wechsel ihres Standortes in ihrer äusseren Gestalt
wechseln. Ferner ist es den einzelnen Arten eigen-
thümlich, ob sie mit anderen nahe stehenden Arten
leicht Kreuzungen eingehen oder nicht. Es scheint
fast, als wenn Pflanzen, welche zu Veränderungen
geneigt sind, auch leicht Kreuzungen eingehen. Ist
dieses der Fall, so wird es fast unmöglich, die festen
Arten noch herauszufinden, es gehören wenigstens
lang andauernde und schwierige Untersuchungen da-
zu, sie festzustellen.
Als Beispiele hierfür mögen vor Allem die Rosa-
und Rubus-Arten dienen. Gewiss liegen beiden Ge-
schlechtern nur wenige Arten zu Grunde, es sind
aber durch den Einfluss der klimatischen und Boden-
Verhältnisse so viele Formen, die in einander über-
sehen, entstanden, dass es bis jetzt unmöglich ge-
wesen ist, zunächst für Rubus bestimmte Arten auf- !
zustellen. Die geringste Verschiedenheit im Klima
und Boden bedingt hier andere Formen. Es erklärt
dieser Umstand zur Genüge, dass jedes Land mit
seinen klimatischen und Boden-Verhältnissen auch
seinebesonderen Rubus-Formen besitzt, die zumgrossen
Theil in einem andern Lande nieht vorkommen. Die”
Sueht vieler Botaniker, sich durch Aufstellung neuer
Arten unsterblich zu machen, hat dieser Umstand
auch hinlänglich Gelegenheit geboten, neue Arten auf-
zustellen. Alle Floren der verschiedenen Länder und
selbst nur einzelner abgeschlossener Distrikte haben
solche Gelegenheiten gegeben. Die Zahl der be-
schriebenen mitteleuropäischen Brombeersträucher be-
trägt schon mehrere Hunderte. Weihe und Gottfr.
Nees von Esenbeek haben mit Aufstellungen zahl-
reicher Arten des Genus Rubus begonnen und viele
Andere in Deutschland, der Schweiz und Frankreich
sind ihnen später gefolgt.
Bei unseren wild wachsenden Rosen scheinen
Klima und Boden-Verbältnisse zwar ebenfalls auf das
Vorkommen von Formen Einfluss gehabt zu haben,
die Neigung zu Kreuzungen ist hier jedoch besonders
hervorzuheben. Dass die Blendlinge bei den Rosen
meist fruchtbar sind, hat zur Vermehrung der Formen
ebenfalls nicht wenig beigetragen.
Eine dritte Reihe von Pflanzen, deren Arten
formenreich sind, stellen die Disteln, vor Allem die
Cirsien, dar. Hier scheint eine grosse Neigung zu
Kreuzungen Ursache zu sein. Da hier aber die
Blendlinge meist keine keimfähigen Samen bilden, so
sterben sie bald wieder aus, und neue Blendlinge
mit anderen Formen treten an ihre Stellen. Bei den
Hieracien, welche bekanntlich ebenfalls sehr ändern,
scheinen weniger Blendlinge vorzukommen, als an-
dere äussere Verhältnisse, welche diese Form -Ver-
änderungen bedingen. Die Ab- und Anwesenheit
von. Stolonen bei den Hieracien scheint das un-
sicherste Merkmal zu sein, um hierauf eine Art zu
begründen.
Nach allem diesem, was wir mitgetheilt haben,
geht wohl unzweifelhalt hervor, dass so lange wir
dieselben klimatischen und Boden-Verhältnisse auf
unserer Erde besitzen, wir auch bei Pflanzen und
Thieren feste Arten, die keineswegs ineinander über-
sehen, haben. Die heutigen Zustände haben bereits
eine Konstanz angenommen. Da Pflanzen und Thiere, |
wie wir gleich anfangs ausgesprochen haben, das
Produkt dieser Zustände sind, so müssen die Arten
nothwendiger Weise ebenfalls konstant sein.
183
Illustration horticole.
Jahrgang 1871.
Die Einrichtung dieses 2. Jahrgangs der dritten
Reihe, oder des 18. überhaupt, ist dieselbe geblieben,
wie früher; wie früher so lässt auch jetzt die Aus-
stattung nichts zu wünschen übrig. Wenn wir wie-
derum, wie bei Gelegenheit der Besprechung des
letzten Jahrganges, viele der hier abgebildeten und
empfohlenen Pflanzen bereits in früheren Jahrgängen
der Wochenschrift besprochen haben, so liegt der
Grund auch dieses Mal ebenfalls weniger darin, dass
der 18. Jahrgang etwa weniger Neues enthält, als
vielmehr darin, dass wir die abgebildeten Pflanzen
schon, bevor sie in den Handel kamen, in dem Lin-
den’schen Etablissement selbst, zum Theil aber auch
bei Gelegenheit der letzten grösseren Ausstellungen
gesehen haben. Zu bedauern ist, dass mit der drit-
ten Reihe der Illustration hortiecole die Zählung der
Tafeln wiederum von vorn beginnt. Bei Citaten giebt
eine solehe Einrichtung sehr leicht zu Irrthümern An-
lass. Trotz der sehr langen Zeit, wo das botanical
Magazine besteht, wird hier in Betreff der Tafeln
weitergezählt.
Wir beginnen mit einigen Lianen des freien Lan-
des und der Gewächshäuser. Aristolochia bar-
bata Jaeg. (Tab. 63) zuerst von Linden als A.
dietyantha Duch. in den Handel gebracht, wurde
bereits im vo.igen Jahrgange der Wochenschrift (S.
278) besprochen. Eben so Haemadyetion
fulgens (Tab. 49), der Echites
hend (8. 167).
Zu den buntblättrigen Dioskoreen: D.
re-
nutans nahe. ste-
chryso-
phylla, melanoleuea, metallieca und retusa,
welche wir im vorigen Jahrgange (S. 158) empfoh-
len haben und in der Illustration horticole (Tab. 53)
abgebildet sind, kommen jetzt noch einige, auf die
Wir
haben sämmtliche ‘Arten in üppigster Vegetation im
wir nicht weniger aufmerksam machen wollen.
Linden'schen Etablissement gesehen und die Ueber-
zeugung gewonnen, dass sie zu den schönsten, bunt-
blättrigen Pflanzen gehören, welche wir in der Neu-
zeit erhalten haben. Die Blätter ähneln in Gestalt,
Farbe und Zeiehnung den Anecochilus-Arten unge-
mein, die Pflanzen sind aber nicht zwergige Kräuter,
sondern Lianen, wie alle übrigen Arten des Geschlechts
Dioscorea.
Die genannten Arten haben
näher bezeichnet, es bleibt uns demnach
wir bereits früher
nur noch
übrig, auch einige Worte über die noch nicht be-
sprochenen und hier bildlich dargestellten zu sagen.
ne
Dioscorea Sagittaria (Fig. 2) hat, wie der Name |! gensis eine dunkel- und Lady Caroline Nevill
sagt, pfeilfürmige Blätter. Ihre Oberfläche besitzt
eine grasgrüne Grundfarbe, die aber zwischen den
drei von der Basis nach oben gehenden Nerven durch
breite, silbergraue Bänder vertreten wird. D. Eldo-
rado (Fig. 5) erinnert etwas an die Zeichnung auf
den Blättern des Anecochilus Eldorado. Die Blätter
sind an der Basis herzförmig, ausserdem länglich-
lanzettförmig. Die Grundfarbe ist ein Lebergrün, wird
aber durch 9 silbergraue Bänder unterbrochen, welche
längs der 9 von der Basis aus entspringenden Nerven
sich erstrecken. Endlich ist noch D. prismatica
(Fig. 6) zu nennen, unbedingt die schönste von allen.
Die grossen und breiten Blätter sind herzförmig, haben
aber eine besondere, nicht sehr in die Länge gezogene
Spitze. Ihre Länge beträgt bisweilen fast !, Fuss,
ihre Breite dagegen oft 41), Zoll und selbst mehr.
Die Grundfarbe ist sammetgrün, aber unterbrochen
durch ein silbergraues Band längs des Mittelnervs,
während die 3 andern Nerven auf jeder Seite (nicht
auch ihre nächste Umgebung) dieselbe silbergraue
Farbe besitzen. Ausserdem sind noch die die Nerven
verbindenden Queradern mehr oder weniger roth
gefärbt. Endlich trägt zur Mannigfaltigkeit auch bei,
dass die Unterfläche der Blätter eine gleichmässige
braune Farbe besitzt.
Linden und Andre betrachten alle diese bunt-
blättrigen, zum Theil aber in der Form der Blätter
sehr verschiedenen Dioskoreen nur für Formen einer
und derselben Art, welcher sie den passenden Namen
D. multicolor (d. h. der vielfarbigen) geben.
Zu den grössten Errungenschaften des gärtne-
rischen Fleisses und des gärtnerischen Kunstsinnes
sehören ohne Zweifel die Formen und Blendlinge
derjenigen Waldreben, welche aus Clematis patens
(azurea) und lanuginosa von Japan und China ge-
züchtet sind. Den Reigen eröffnete der Engländer
Jaekman, später ‚trat aber auch der Engländer
Cripps mit gleichen glücklichen Resultaten in die
Schranken. Von den ersteren haben wir bereits
mehrmals in der Wochenschrift gesprochen. Sie sind
auch so verbreitet, dass wir zu ihrer Empfehlung
nichts mehr zu sagen brauchen.
Die Cripps’schen Waldreben übertreffen die
Jaekman’schen noch an Blumenpracht. Die schön-
sten 3 sind jetzt in der Illustration horticole (Tab. 50)
abgebildet worden. Sollten die Blumen in der That
so gross sein, als sie bildlich dargestellt sind, so
hätten sie !/, Fuss und mehr im Durchmesser. Star
of India besitzt eine purpurviolette, Tunbrid-
eine hellblaue Farbe.
Donicera Perieclymenum L. ist eine der
ältesten und beliebtesten Lianen oder Schlingpflanzen,
die auf dem Lande noch vielfach zur Verwendung
kommt. Bis jetzt war, so viel wir wissen, keine
buntblättrige Form im Handel; um so mehr ist dem-
nach eine zu empfehlen, welche Linden jetzt mit
der jnäheren Bezeiehnung aurea in der Illustration
horticole (Tab. 59) abgebildet hat. Die Blätter sind
kleiner, als bei der grünblättrigen Form, und haben
fast durchaus eine gelbliche Farbe.
Eine zweite beliebte Art des Subgenus Capri-
folium (Geisblatt, Jelängerjelieber in Mittel- und Süd-
Deutschland) ist die immergrüne Lonicera sem-
pervirens. Ihr nahe steht eine erst in der neueren
Zeit eingeführte Art, welche Lindley als Capri-
folium occidentale beschrieben hat, gewöhnlich
aber unter dem Namen Lonicera Brownii in den
Gärten vorkommt. Vor Kurzem haben Simon-
Louis freres in Metz eine ähnliche Form, welche
sie für eine Form der L. sempervirens halten, nach
unserer Ansicht aber wohl mehr ein Blendling dieser
mit oceidentalis darstellt, dieser sogar weit näher
steht, in den Handel gebracht. Sie ist reichblüthiger,
als beide Elternpflanzen, und überhaupt üppiger.
Die Farbe der unregelmässigen Blumenkronen ist
safrangelb. Linden hat ihr den Namen L. semper-
virens Planterierensis (Tab. 86) gegeben, weil
die Baumschulen von Simon-Louis freres, welche
in der Nähe von Metz liegen, als Plantieres bezeich-
net werden.
Von Blüthensträuchern finden wir zunächst in der
Illustration horticole die mehrmals besprochene Aza-
lea mollis Bl. (Tab. 68) in einer Form mit orange-
gefärbten Blüthen (vergl. vorigen Jahrg. d. Woch.
S. 264). Auch von Rosa Regeliana Lind. et Andr.
(Tab. 47) ist bereits berichtet worden (ebenfalls im
14. Jahrg. S. 196), dass sie nichts weiter ist, als die
alte bekannte R. ferox. Andre versucht zwar
in der neuesten Zeit, die Selbständigkeit seiner R.
Regeliana aufrecht zu erhalten, giebt aber nur Un-
terschiede von 2 Abbildungen einer und derselben
Art an, nicht von 2 Arten. Diese R. ferox Lawr.
stellt nach unserer Ansicht nicht einmal eine selb-
ständige Art dar und ist nur eine Form der R. ru-
gosa Thunb. (vergl. Koch’s Dendrologie 1. Band,
S. 238), einer in ganz Ost-Asien sehr verbreiteten
und wandelbaren Art.
(Schluss folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Juni. en.
Berlin, den 15.
No. 24. Be
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Die Fest-Ausstellung beginnt am 21. d. M. im Garten des Wilhelms-Gymnasiums (Bellevue-Strasse 15), Festversammlung
und Festmahl finden hingegen am 23. im Englischen Hause (Mohren-Strasse 49) statt, während endlich am 25. die Festfahrt
nach Potsdam sein wird. Die hierauf bezüglichen Einladungen mit den näheren Bestimmungen werden zur Zeit den hiesigen
Mitgliedern mitgetheilt. Auswärtige, welche das Fest beehren wollen, werden ersucht, dieses im Bureau des Vereines (Klub
der Landwirthe, Französische Strasse 48) gefälligst anzuzeigen. Wer am Festmahl und an der Festfahrt Antheil nehmen
will, hat dem Herrn Schatzmeister, Rentier Sonntag (Alexandrinen-Strasse 5l), oder auf dem Bureau die Summe von 10, nur
für das Eine oder Andere dagegen die Summe von 6 Thalern vorher einzuzahlen. An der Festfahrt können auch Damen
zu 4 Thlr. Antheil nehmen. Wegen der nöthigen Vorbereitungen wird freundlichst ersucht, die Einzeichnungen möglichst
zeitig machen zu wollen.
Jahrgang 1871 (Schluss). — Der Papau.
' geltende Bestimmung ausgeschlossen wären. Schliess-
v4. Versammlung ‚lich einigte man sich dahin, dass fortwährend Zeich-
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. | nungen von 10 Thalern für beide Festtage angenommen
am 28. Mai. ' werden sollten, dass aber auch gestattet würde, ent-
Da der Vorsitzende durch amtliche Reisen ver- | weder am Sonntag (den 23. Juni) an dem Festmahle
hindert war zu erscheinen, hatte der erste Stellver- | oder am Dienstag (den 25. Juni) an der Fahrt nach
treter, Garteninspektor Bouche&, wiederum den Vor- | Potsdam Theil zu nehmen. Für jeden der beiden
sitz übernommen. Bei der Verlesung des Protokolls | Tage sind höchstens bis zum 20. d. M. im Bureau
der letzten Sitzung theilte Dr. Filly nachträglich | der Fest - Ausstellung (Französische Strasse 48) die
noch mit, dass in dem Report der landwirthschaft- | nöthigen Karten für 6 Thaler einzulösen.
liehen Centralbehörde in Washington eine ausführ- | Es wurden, da in der Mai-Versammlung die ver-
liche Abhandlung über die Kolorado - Wanze ent- | schiedenen technischen Ausschüsse neu gewählt
halten sei. werden, die Wahlzettel vertheilt und nach einiger
Es war in Betreff des Stiftungsfestes der Antrag | Zeit behufs des Skrutiniums wiederum eingezogen.
eingebracht worden, dass es auch gestattet sein | Es gingen aus der Wahlurne hervor:
möchte, nur an einem der beiden Festtage Theil zu N 3 %
nehmen. Bis jetzt war man gezwungen, für beide | I. Ausschu & r0lst, Gemüse,ung
Tage die Summe von 10 Thalern zu zeichnen. Man Nutzpflanzen.
machte hauptsächlich darauf aufmerksam, dass Mit- 1. Baumschulbesitzer Spaeth, zugleich als Vor-
glieder durch irgend eine Ursache verhindert sein sitzender, ;
könnten, an beiden Festtagen Theil zu nehmen, ab- | . Baumschulbesitzer Lorberg,
gesehen davon, dass auch auswärts wohnende Mit- | . Kunst- und Handelsgärtner Boese,
glieder, welche vielleicht nur für den einen der . Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann,
beiden Tage nach Berlin kämen, durch die bisher . Hofgärtner Reuter auf der Pfaueninsel.
24
wm
ER
1. Ausschuss für Erziehung von Blumen
und für Treiberei.
—_—
Garteninspektor Gaerdt, zugleich als Vor-
sitzender,
Universitätsgärtner Sauer,
Garteninspektor Bouche,
Öbergärtner Haack,
Kunst- und Handelsgärtner Ritter.
rm
III. Ausschuss für Gehölzkunde und
bildende Gartenkunst.
1. Stadtgartendirektor Meyer zugleich als Vor-
sitzender,
2. Hofgärtner Brasch in Charlottenburg,
3. Holgartendirektor Jühlke,
4. Dr. Bolle,
5. Kunst- und Handelsgärtner Jannoch.
IV. Ausschuss für Revision der Kasse
und Bibliothek, sowie zur Entwerfung
eines Etats.
Präsident v. Kries, zugleich als Vorsitzender,
Geheimer Rath Maresch,
Kammergerichtsrath Vogel,
4. Kunst- und Handelsgärtner Mathieu,
5. Kammergerichtsrath Bratring.
Ausgestellt wurde dieses Mal nur von Seiten
des Königlichen botanischen Gartens, und zwar durch
Garteninspektor Bouche&, eine Gruppe blühender
Pflanzen, welche zur weiteren Verbreitung Empfeh-
lung verdienen. Es waren dieses Mal zum grössten
Theil Arten, die früher in den Gärten vielfach sich
vorfanden, leider aber in der letzten Zeit durch das
immer mehr überhand nehmende Streben nach dem
Neuen mehr oder minder daraus verschwunden sind.
Zu diesen jetzt noch in Gärten wenig gesehenen
Pflanzen gehören unter Anderem die niedrigen, auf der
Erde kriechenden und ausdauernden Phlox-Arten, be-
sonders Phl. setacea und subulata, die wegen ihres Blu-
menreichthums zu unseren jetzigen Arabesken-Beeten
nicht genug empfohlen werden können, Ausgestellt wa-
ren als Formen der zuerst genannten Art: Phlox Nel-
sonii mit etwas kleineren fleischlarbenen, und Phl.
Loudoni mit etwas grösseren rosafarbigen Blüthen,
neben der weissblühenden Abart, welche unter dem
Namen Phl. nivalis auch als eine selbständige Art
beschrieben ist.
Zu gleicher Verwendung möchte auch Trifo-
lium badium benutzt werden können, um so mehr,
als es sich buschig baut und die Blüthenköpfe in
ihren Farben insofern wechseln, als sie anfangs eine
gelbe, eine braune Farbe haben und sehr
lange dauern. Auch Erodium Manescavii mit
Nm
später
Seinen grossen rothen Blüthen ist Liebhabern, wenn
auch in anderer Weise, zu empfehlen. In Töpfen
gezogen und auf Terrassen, Treppenständern u. s. w.
aufgestellt, nimmt es sich um so besser aus, als die
Blüthen zwar an und für sich keine lange Dauer be-
sitzen, sich aber immerfort erneuern. Zu gleichen
Zwecken könnte endlich eine bisher noch nicht in
den Gäıten kultivirte Nelke aus der Gruppe des
Dianthus collinus dienen, welche im Orient wächst
und den Namen D. thymphresteos führt.
Von den früher so sehr beliebten kapischen
und Garten-Haiden waren ebenfalls einige ausgestellt,
welche man jetzt nur noch wenig sieht, obwohl sie
Empfehlung verdienen. Dahin gehören Erica ey-
lindrica, suaveolens, Hendersoni, fimbriata,
florida, hybrida und rubro-calyx. Ihnen
schliessen sich einige niedrigbleibende Leptospermen
an, welche ebenfalls sich kaum noch hier und da in
einigen Gärten von grösseren Grundbesitzern auf dem
Lande vorfinden, obwohl sie wegen ihrer leichten
Vermehrung und wegen ihrer geringen Pflege, welche
sie in Anspruch nehmen, auch für Handelsgärtner
eine Waare bilden könnten. Die in reichlichster
Anzahl hervorkommenden weissen Blüthen, welche
eine grosse Aehnlichkeit mit denen der Schlehe
haben, nehmen sich zwischen den nadelförmigen
Blättern sehr gut aus. Zu empfehlen sind in dieser
Hinsicht die beiden vom Inspektor Bouch& aus-
gestellten Arten Leptospermum aciculare und
stiphelioides.
Den Leptospermen schliessen sich die neuhol-
ländischen Polygalen an, welche ebenfalls früher in
reichlicher Auswahl kultivirt und hochgeachtet wur-
den, jetzt aber vernachlässigt werden. Ihre grossen
blaurothen, denen eines Schmetterlingsblüthler’s nicht
unähnlichen, Blüthen fallen zwischen dem schönen
Grün der Laubblätter sehr in die Augen und haben eine
lange Dauer. Besonders möchten wir auf die ausgestellte
P. latifolia aufmerksam machen. Endlich nennen
wir noch die Mitraria coccinea, welche man
doch noch hier und da sieht und mit ihren ziemlich
grossen und scharlachrothen Blüthen einen ausser-
ordentlichen Effekt macht. Sie gehört unbedingt zu
den schönsten, niedrig bleibenden Blüthensträuchern.
Professor Koch legte einige der letzten Helte
der 1llustration horticole vor. Bekanntlich ist diese
Garten-Zeitschrilft mit dem ganzen Etablissement von
Ambr. Verschaffelt in Gent in den Besitz des
Direktors Linden übergegangen. Damit hat auch
die Redaktion der Illustration hortieole in so fern eine
Aenderung erhalten, als Lemaire sie niederlegte
und Andre sie übernahm. Die Absicht des Be-
der Zeitschrift in sofern eine andere
Richtung zu geben, als der eigentlichen Gärtnerei
mehr Raum gewidmet werden sollte. Damit hörte
sie auf, wie bisher, eine einseitig-botanische Zeit-
sehrift zu sein. Es ist nicht zu leugnen, dass Lin-
den durch die Gewinnung Andr&'s den gärtneri-
sehen Werth seiner Zeitschrift heben wird. Andre
ist ein durchgebildeter und kenntnissreicher Mann,
der keineswegs auf dem einseitigen französischen
Standpunkte sich befindet, sondern auch für alles
Gute und Schöne, was ausserhalb Frankreichs vor-
handen ist, nicht allein Sinn besitzt, sondern sich es
aueh anzueignen sucht. Von Haus aus ist er Land-
schaftsgärtner und hat durch die Krönung seiner
Arbeit bei Gelegenheit der Konkurrenz für einen Park
in Liverpool sich auch im weiteren Kreise einen
Narnen gemacht.
Die beiden ersten Jahrgänge der 3. Reihe der
Illustration horticole, mit denen die Uebernahme sei-
ner Redaktion begonnen hat, sind noch in gleicher Weise,
wie früher, fortgesetzt worden; mit dem in diesem
Jahre begonnenen Bande ist aber eine Aenderung
in der Weise eingetreten, als jedes Heft mit einer
Chronique horticole beginnt. Hier wird mitgetheilt,
was Neues in der gäıtnerischen Welt vorgeht. Dann
folgt die Abbildung irgend einer neuen und zu em-
pfehlenden Pflanze mit deren Beschreibung. Frucht-
und Gemüsegarten erhalten, in so weit es wünschens-
werth oder gar nothwendig ist, ebenfalls Berücksich-
tigung; am Meisten wird jedoch, wie man es sich
wohl denken kann, den gärtnerischen Verschöne-
rungen Raum gewidmet. Es geschieht dieses
nicht allein durch Besprechungen über grössere
und kleinere Anlagen, über gärtnerische Arabes-
ken u. s. w., durch Anleitung zu allerhand Or-
namenten u. Ss. w., sondern auch dadurch, dass
auf ornamentale Pflanzen aufmerksam gemacht
wird. Am Schluss kommt in der Regel noch eine
Melange, d. h. ein Allerlei aus allen Theilen der ge-
sammten Gärtnerei. Dass allerhand erläuternde
Zeichnungen und Abbildungen zu empfehlender Pflan-
zen u. Ss. w. in den Text gedruckt werden, erhöht
den Werth der Zeitschrift. Für das, was die Zeit-
schrift bringt, ist der Preis von 6 Thalern, wofür
man sie franco zugesendet erhält, ein mässiger. Bei
der jetzigen Erleichterung von Einzahlung kleinerer
Summen durch sogenannte Postmandate ist es Lieb-
habern bequem gemacht, durch Anzahlung genannter
Summe an die Adresse von Bruylant-Christophe
et Co. in Brüssel, die Zeitschrift zu beziehen.
Professor Koch legte die Abbildung einer ei-
genthümlichen Wurzelbildung eines Rüsters, welche
sitzers war,
erstere sich in der 18. Nummer des Gardener's Chro-
niele (p. 603) befindet, vor und sprach über ähnliche
Bildungen, welche er hin und wieder beobachtet
hatte. Dieser Rüster befindet sich auf dem Rande
eines auf der einen Seite ziemlich steil abfallenden
Hügels, wo im Verlaufe einer längeren Zeit durch
Regengüsse allmählig so viel Erde abgeschwemmt
wurde, dass die nach dieser Seite hin liegenden
Wurzeln frei zu liegen kamen. Dadurch verloren
diese ihre ursprüngliche Wurzelnatur, umkleideten
sich zunächst mit einer korkigeren Rinde und wur-
den auch geneigt, Adventivknospen zu treiben. Diese
entwickelten sich zum Theil bis zu einer gewissen
Höhe selbst stammartig, oder gingen alsbald zu Grunde,
um anderen Platz zu machen, bis auch diese ein
gleiches Geschick hatten. Dadurch entstanden un-
endliche Missbildungen, welche wir bei Rüstern, be-
sonders aber bei Linden, häufig am Stamme sehen
und für den Tischler das beste Maserholz geben.
Je mehr besonders wagerecht laufende Wurzeln,
wenn diese in Folge des aufliegenden Gesteines nicht
tiefer eindringen können, frei werden, um so mehr
vergrössert sich das schliesslich im hohen Grade
unregelmässige Wurzelgeflecht und bietet, besonders
dem Künstler, etwas dar, wie es ihm bei regelrech-
tem Wachsthume nicht geboten wird.
auch hier der Fall gewesen.
Professor Koch erinnerte sich in Tyrol, und
zwar in der Nähe von Bozen, vor einigen Jahren
etwas Aehnliches gesehen zu haben. Hier war es
ebenfalls ein Rüster, der dicht an der Strasse am
Rande einer Schlucht stand. Der Stamm des Bau-
mes hatte den Durchmesser von gegen 4 Fuss und
war bereits so unterwühlt, dass er schon nach der
einen Seite überhing und vielleicht in wenigen Jah-
ren überstürzen wird. Das Wurzelgeflecht mit einer
Ausdehnung von gegen 30 Fuss bot um so mehr
ein pittoreskes Ansehen dar, als auch die dabei be-
findliehen isolirten Felsen zur Erhöhung der Schön-
heit beitrugen.
Wer den Park von Muskau besucht hat, wird
sich auch der mächtigen Eichen, welche noch aus
der alten Wendenzeit stammen sollen, erinnern. Sie
stehen zum Theil ebenfalls auf dem Rande der auf
der einen Seite das Neissethal einschliessenden Hü-
selwand und sind ebenfalls mehr oder weniger an
ihren Wurzeln frei gelegt worden. Wenn auch nicht
in der grossartigen Weise, wie die Abbildung in Gar-
dener’s Chroniele es darstellt, das freigelegte Wurzel-
geflechte sich dem Auge darbietet, so ist es doch
werth, dass künftige Besucher des Muskauer Parkes
darauf aufmerksam gemacht werden.
Dieses war
24°
Von Seiten des Garteninspektors Bouche@ und
des Dr. Bolle wurden ebenfalls Mittheilungen über
ähnliche Erscheinungen gemacht.
Garteninspektor Bouch& machte wiederum Mit-
theilungen über die Stachelbeerwespen, welche bei
uns, besonders im vorigen Jahre, sehr grosse Ver-
wüstungen angerichtet haben. Da die vollkommenen
Insekten (Nematus ventrieosus und Emphytus Gros-
sulariae) im Jahre leider zweimal kommen, einmal im
Frühlinge und einmal im Herbste, so sind sie um so
schädlicher. Die Puppen überwintern in der Erde
in einem mit Erdklümpchen gemischten Cocon. Wenn
man demnach in einer Zeit, wo ihre Anzahl notorisch
zugenommen hat, gegen den Winter hin die Erde
rings um die Stachel- und Johannisbeerbüsche weg-
nımmt und durch andere ersetzt, oder noch besser,
wenn man die Fruchtsträucher selbst vorsichtig her-
aushebt und sie von aller anhängenden Erde befreit,
entzieht man sie den im Frühjahre kommenden Alter-
raupen oder Maden.
Kunst- und Handelsgärtner Spaeth hatte bereits
im vorigen Jahre die Versetzung der besagten Sträu-
cher in andere Quartiere ausgeführt und war in des-
sen Folge von diesen Verwüstern in diesem Jahre
verschont geblieben. Auch Obergärtner Perring in
Pankow hatte dieselbe Erfahrung gemacht. Andern-
theils glaubte Obergärtner Rönnenkamp, dass das
Mittel der Verpflanzung, wenn man die Sträucher
nicht sehr weit wegbringen könne, nicht ausreichend
sein dürfte, da die kleinen Wespen in Folge ihres
Instinktes den neuen Ort wohl bald ausfindig machen
würden. Ein Jahr Beobachtung sei auch zu wenig,
da möglicher Weise auch andere Ursachen eingewirkt
haben könnten. Er habe beispielsweise im vorigen
Jahre seine Stachel- und Johannisbeersträucher nicht
versetzt und sei trotzdem in diesem Jahre ebenfalls
verschont geblieben. Das Entfernen der Erde, um
damit die Puppen zu tödten, sei auf jeden Fall aber
nach seiner Ansicht vortheilhafter, als das Versetzen
der Sträucher.
Professor K o ch legte Oberdieck’s neueste Schrift
„Beobachtungen über das Erfrieren der Gewächse,
und namentlich unserer Obstbäume in kalten Wintern,
nebst Erörterung der Mittel dagegen“ vor und theilte
mit, dass der Vorstand des deutschen pomologischen
Vereins beschlossen habe, das ausserordentlich nütz-
liche Werk unter dessen Mitglieder zu vertheilen.
Da es aber auch ausserdem im Handel ist und für
wenige Groschen bezogen werden kann, so ist es
Liebhabern und Besitzern von Obstgärten nicht genug
zum Ankaufe zu empfehlen. Professor Koch behält
sieh vor, noch ausführliche Mittheilungen darüber in
En:
der Wochenschrift zu machen und dabei zu gleicher
Zeit eine andere Abhandlung über diesen Gegenstand
„de l’action physiologique de la gel&ee sur les vege-
taux (über den physiologischen Einfluss der Kälte
auf die Pflanzen) par Emile Mer“, welche im
Bulletin der botanischen Gesellschaft von Frankreich
abgedruckt ist, zu berücksichtigen.
Professor Koch übergab eine Broschüre über
die Doppelwüchsigkeit bei den Weintrauben und über
Mittel, diese zu verhindern (la eoulure du raisin, ses
causes et ses eflets, moyens de l’empecher), welche
ihm der bekannte Pomolog Charles Baltet in
Troyes zugesendet hatte und berief sich auf seine
frühere Abhandlung über diesen Gegenstand. Auch
Inspektor Bouche stimmte der allgemeinen Ansicht
bei, dass die Witterung den grössten Einfluss auf
die Doppelwüchsigkeit ausübe. Eigenthümlich ist es
aber, dass von 2 neben einander stehenden, aber
verschiedenen Sorten angehörenden Weinstöcken in
einem und demselben Jahre oft die eine Doppel-
wüchsigkeit in den Beeren zeigt, während bei der
andern alle Beeren einer Traube gleich geformt sind.
Es mus demnach ausser der ungünstigen Witterung
doch noch etwas vorhanden sein, was diese Abnor-
mität befördert.
Garten-Inspektor Bouch& hielt einen Vortrag
wider das schädliche Beschneiden der schlecht ge-
wordenen Blätter bei Palmen, Dracänen, Gureuligo’s
u. Ss. w., der sich seinem frühern Vertrage über das
Beschneiden der Blüthensträucher anschloss. Da auch
dieser Vortrag ausführlich in der Wochenschrift ab-
gedruckt werden wird, enthalten wir uns hier des
Näheren.
Professor Koch legte den neuesten Katalog von
William Bull in London, Mitglied des Vereins, vor
und machte auf seine elegante Ausstattung, nicht
weniger aber auf seinen reichen Inhalt, vor A!lem
auf die darin enthaltenen neuen Einführungen, auf-
merksam. Eine nach einer Photographie vermittelst
der Lithographie angefertigte Darstellung des Inneren
des eigentlichen Schauhauses im W. Bull’schen Eta-
blissement, welche dem Kataloge nebst zahlreichen
Abbildungen von Pflanzen beigegeben ist, gibt eine
Ansicht nicht allein von dem Reichthume verschieden
gestalteter Arten, sondern auch von der vortrefflichen
Kultur derselben. Weil der Katalog des Vorzüglichen
nicht in geringer Anzahl enthält, behielt sich Professor
Koch vor, später noch ausfühllich darüber zu be-
richten.
Da Professor Koch gelegentlich dabei auf die
sehr grossen Kosten der Herstellung eines solchen
Kataloges, besonders bei grossen Auflagen, aufmerk-
189
sam gemacht hatte, theilte Kunst- und Handelsgärtner
Spaeth mit, dass man in England keineswegs so
grosse Auflagen der Kataloge, wie bei uns, macht;
man schicke sie in der Regel nur an seine bestimmten
Kunden, um diesen von dem neusten Zustande des
Etablissements Kenntniss zu geben. Um sich dagegen
im Allgemeinen bekannter zu machen, bediene man
sich der Anzeigen in betreffenden Zeitschriften. Das
geschehe jenseits des Kanales auf eine so umfassende
Weise, wie man bei uns sich gar nicht denken könne.
Professor Koch theilte mit, dass man in Paris
die Brunnenkresse jetzt auch während der Winters-
zeit künstlich treibe und sie daher zu jeder Zeit im
Winter haben könne. Trotzdem die Brunnenkresse kei-
neswegs zu den sogenannten amphibischen Pflanzen,
wie Nasturtium amphibium, Ranunculus aquatilis mit
den ähnlichen Arten u. s. w. gehört, so gedeiht sie
doch ohne Wasser und bei ziemlich trockener Be-
handlung in den Treibbeeten vorzüglich. In Paris
gehört die Brunnenkresse seit dem Jahre 1810, wo
sie durch einen französischen General aus Erfurt da-
selbst eingeführt wurde, zu den beliebtesten Sorten
Salat, so dass ein Bewohner dieser Weltstadt jetzt
kaum noch, ohne täglich seine Brunnenkresse zu
haben, leben kann.
In Berlin würdigt man den Werth der Brunnen-
kresse noch keineswegs hinlänglich, wie überhaupt
der Salat nicht die Rolle spielt, wie jenseits der Vo-
gesen und überhaupt in südlicheren Ländern, aber
auch in Grossbritannien. In Betreff der Benutzung
der Brunnenkresse als Salat und Gemüse, wie es in
Paris, aber auch in Thüringen geschieht, mag auch
darin ein Grund liegen, dass man in Berlin nur die
wilde Brunnenkresse unserer wenig fliessenden Bäche
und Gewässer auf den Markt bringt. Diese hat
weit härtere Blätter und keineswegs das angenehm
bittere Aroma, wie es vor Allem der Erfurter Brunnen-
kresse des sogenannten Dreienbrunnens eigen ist.
Bei dieser Gelegenheit kam noch zur Sprache,
dass manche ächte Wasserpflanzen unter gewissen
Umständen auch auf trockenem Boden wachsen, wenn
auch grade nicht gedeihen können. So fand Dr.
Bolle Nymphaea alba einmal auf ziemlich trocke-
nem Moorboden in Blüthe. Kunst- und Handels-
gärtner Boese berichtete umgekehrt von Mimulus
moschatus, dass er ihn im Posenschen in einem
Bache überwintert gefunden habe. Gleiche Ueberwin-
terung aber des Mimulus luteus, hatte Dr. Bolle
in der Grafschaft Glatz, Professor Koch in Hoch-
heim bei Erfurt beobachtet.
Illustration horticole.
Jahrgang 1871.
(Schluss.)
Auf die Verwendung der kleinen Liliput-
Chrysanthemen im freien Lande, besonders auf
Rabatten, haben wir schon oft aufmerksam gemacht.
wir ergreifen aber jetzt, wo uns 7 der neueren und
besseren Formen vorliegen (Tab. 87), gern wiederum
die Gelegenheit, um sie vom Neuen zu empfehlen.
Reizend nehmen sich die 10 Linien im Durchmesser
enthaltenden und etwas rundlichen Blüthenkörbchen
der Form aus, welche den Namen Madem. Autier
erhalten hat. Doppelt so gross, fast eben so gefärbt
und gebaut ist Aissa. Aurelien hat die Grösse
der ersteren, aber eine schwefelgelbe Farbe mit
weissen Spitzen an den äusseren und mit schwarzen
Streifen an den inneren Blüthehen. An Grösse und
Bau der Blüthenkörbehen ist Maurice Jougla, wo
die einzelnen Blüthenkörbchen eine braunrothe Grund-
farbe haben, aber goldgelb gerandet erscheinen,
Madame Gambu hat einen Durchmesser von
1!/, Zoll und ist mit Ausnahme der gelben Mitte ganz
weiss. Taida und Souvenir de Mr. Domage
gehören schon zu den grösseren Liliputformen, da
sie fast 2 Zoll im Durchmesser haben und den Astern
im Bau sehr ähnlich aussehen. Taida hat eine
weisse, Souvenir de Mr. Domage eine Nankingfarbe.
Das Verdienst, diese Chrysanthemen-Sorten aus Sa-
men gezogen und in den Handel gebracht zu haben,
sehört Madame Lebois in Toulouse.
Auch 3 neue Kamellien wurden in der Illu-
stration horticole abgebildet und empfohlen. Ves-
sillo dell’ Arno (Tab. 52) ist, wie die meisten
Sorten dieses beliebten Blüthenstrauches, italienischen
Ursprunges. Die Blume hat eine mittlere Grösse,
einen regelrechten, dachziegeligen Bau und eine
zarte Fleischfarbe, von dunkeln Längsstreifen unter-
brochen. Elvina Delli (Tab. 67) sleicht der vorigen
in der Grösse und im Bau, hat aber eine Rosafarbe.
deren Schönheit noch durch dunkele Aderung und
einen dunkelrothen Längsstreifen in der Mitte
erhöht wird. Italia unita (Tab. 81) darf man nicht
mit gleichnamigen Kamellien, welche früher schon
in den Handel gekommen sind, verwechseln. Diese
hat einen Durchmesser von 4 Zoll und besitzt bei
regelmässigem Bau eine blutrothe Farbe.
Wir gehen zu einigen Blüthensträuchern des
Warmhauses über. Die Plumieren sind schöne
Blüthensträucher aus der Familie der Apocyneen.
Dass besonders 2: Pl. alba und lutea, in Aegyp-
ten allgemein beliebt sind und zu 25 bis 30 Fuss
190°
hohen Pflanzen in den dortigen Gärten herangezogen
werden, haben wir schon früher einmal mitgetheilt
(13. Jahrg. 261). Es ist Linden, dem wir die er-
neute Einführung der Pl. lutea R. et P. verdanken.
Dieser Strauch ist auch ohne Blüthen als Blattpflanze
zu empfehlen, da die länglichen, 1 bis 1!/); Fuss
langen und einander gegenüber stehenden Blätter
eine prächtige grüne Farbe und eine lederartige Kon-
sistenz besitzen. Von grösserer Schönheit ist sie
freilich, wenn eine Doldentraube grosser B’üthen,
deren Saum fast 4 Zoll im Durchmesser hat, an der
Spitze der Aeste zum Vorschein kommt. Ihre
Farbe ist in der Mitte gelb, ausserdem aber weiss.
Vaterland der Plumiera lutea ist Peru.
Es sind bereits 13 Jahre verflossen, wo wir der
Lindenii rivalis, eines aus Guatemala stammenden
Blüthenstrauches aus der Familie der Rubiaceen, ge-
dachten (2. Jahrg., S. 84) und von ihr eine ausführ-
liche Beschreibung mittheilten. Trotz aller Empfeh-
lung, welche sie wegen ihrer leichten Blühbarkeit
und wegen ihrer blendend-weissen Blüthen mit lan-
ser und schlanker Röhre von 3 Zoll Länge, während
der flachaufliegende Saum einen Durchmesser von
21], Zoll besitzt, verdient, gelangte sie bis jetzt zu
keiner grossen Verbreitung. Im Gegentheil, sie wurde
bald wieder ganz und gar vergessen. Linden hat
sich deshalb ein ganz besonderes Verdienst um sie
erworben, dass er von Neuem auf sie aufmerksam
macht. (Tab. 74.)
Gloneriajasminiflora. Lind. et Andr. (Tab.
60) ist ebenfalls ein Blüthenstrauch aus der Familie
der Rubiaceen, wächst aber in Brasilien, und wurde
von dem unglücklichen Reisenden Libon, nach dem
wir eine Akanthacee, einen unserer jetzigen beliebte-
sten Blüthensträucher genannt haben (6. Jahrg. 265),
entdeckt. Von der Pflanze sind noch keine Früchte
bekannt, sie lässt sich daher noch nicht bestimmt
im Systeme unterbringen. Dass sie zu den Hyoti-
deen gehört, wie ihre Autoren meinen, bezweifeln
wir. Zunächst ist sie von diesen als der Typus
eines besonderen Genus, was zu Ehren vonLinden’s
Schwiegersohn, der jetzt dem früher Ambr. Ver-
schaffelt’schen Etablissement in Gent vorsteht,
den Namen Gloneria erhalten hat, genannt worden.
Die Pflanze hat den Habitus der ostindischen Ixoren
und Pavetten und möchte wohl auch zu gleichen
Zwecken empfohlen werden können. Sie besitzt im-
mergrüne, kurzgestielte, und länglich-lanzettförmige
Blätter von 4 Zoll Länge und im unteren Drittel von
2 Zoll Breite. Die Zoll langen, weissen Blüthen bil-
den in grösserer Anzahl und am Ende kurzer Zweige
sedrängte rundliche Traubendolden.
Carica erythrocarpa Lind. et Andr. (Tab.
51) ist ein Melonenbaum, den Wallis im Jahre 1863
aus Ecuador eingeführt hat und wahrscheinlich nur
eine verwildeıte Form der gewöhnlichen, in allen
tropischen Ländern angebauten Art darstellt. Diese
Pflanze soll sich gar nicht verästeln, was man übri-
gens bei allen Arten des Genus Carica beobachten
kann, und trägt rothe, mit einer besonderen Spitze
versehene Früchte. Diese gaben Veranlassung zur
Benennung, da sie ausserdem am Häufigsten eine
gelbe Farbe besitzen. Man isst die Baum-Melone
reif und unreif, bei der letzteren muss man jedoch
die Vorsicht haben, den etwas scharfen Milchsaft
vorher auszupressen. Ausser ihren essbaren Früch-
ten haben die Melonenbäume noch die Eigenthümlich-
keit, dass dieBlätter, um zähes Fleisch gewickelt, dieses
mürbe machen.
Diospyros KakiL. fill. var. costata (Tab.
176) ist ebenfalls wegen ihrer essbaren Früchte eine
Kulturpflanze wärmerer Länder, aber nur der süd-
lichen Provinzen und der Inseln Japans und Chinas,
so wie Ostindiens. Sie ist bereits in einer besonde-
ren Abhandlung der Wochenschrift über die Lotos-
pflaumen (12. Jahrg. S. 259) besprochen worden.
Darlingtonia californieca Torr. (Tab. 75)
haben wir in der letzten Zeit mehrmals zu erwähnen
und zu empfehlen Gelegenheit gehabt (14. Jahrg.
307, 329), so dass wir sie eben so, wie Primula
japonica Gr. (Tab. 69), welche erst vor Kurzem in
einigen schönen Exemplaren bei den letzten Ver-
sammlungen des Vereines ausgestellt worden war,
zuerst aber im vorigen Jahrgange der Wochenschrift
(S. 195) empfohlen wurde, hier übergehen können.
Dasselbe gilt von Utrieularia montana Jacq. (Tab.
64), welche einer Pingincula weit ähnlicher sieht,
als einer Utrieularia, und auch wie eine solche gleich
kultivirt werden muss. Ueber sie sind bereits im
vorigen Jahrgange (S. 199) ausführliche Mittheilungen
gemacht worden.
Wir gehen zu den Monokotylen über, von denen
die Lieblingspflanzen Linden’s, die Orchideen, in
diesem Jahrgange der Illustration horticole besonders
reich vertreten sind. Von ihnen sind aber ebenfalls
einige schon früher empfohlen, resp. besprochen
worden, so die fast ganz weissblühende Abart des
Cypripedium concolor, was Reichenbach zuerst
unter dem Namen C.niveum (Tab. 83) beschrieben
hat (vergl. 13. Jahrg. S. 126), ferner Odontoglos-
sum Hallii Lindl. (Tab. 58) und Wallisii Rchb.
(Tab. 56), über welche wiederum erst im vorigen
Jahrgange der Wochenschrift Mittheilungen (S. 79
und 182) gemacht wurden. Ausserdem sind aber
noch 2 Odontoglossen im 2. Jahrgange der neuen
Reihe der Illustration horticole beschrieben und ab-
gebildet, die neuerdings in den Handel gekommen
sind und noch keine Erwähnung in der Wochen-
schrift erfahren haben.
Odontoglossum roseumLindl. (Tab. 66) ist
zwar schon von Hartweg entdeckt, aber doch erst
durch unsern Landsmann Wallis im Jahre 1865
eingelührt worden. Sie wächst in Ecuador und ge-
hört zu den kleinen Arten dieses umfassenden Ge-
schlechtes; trotzdem kann sie Liebhabern nicht ge-
nug empfohlen werden. Sie bildet eiförmige Schein-
zwiebeln mit 2 schmalen, aber ziemlich dicken Blät-
tern. Aus ihrer Basis kommt die über fusslange
Aehre auf mittelmässig langem Stiele hervor und
trägt etwas entlernt die 5), Zoll im Durchmesser
enthaltenden Blüthen von rother Farbe.
Die Einführung des ächten Odontoglossum
luteo-purpureum Rchb. verdankt man Linden
selbst, der es während seines längeren Aufenthaltes
in den bolivischen Republiken in Neugranada ent-
deckte. Neuerdings wurde diese grossblühende Art
wiederum, und zwar in einer wenig abweichenden
Form, welche den Beinamen Sceptrum (Tab. 73)
erhalten hat, von Wallis eingeführt. Es ist eine
sehr schöne Aıt, welche Liebhabern nicht genug
empfohlen werden kann. Auch bei ihr sind eiförmige
Scheinknollen mit schmalen und dicklichen Blättern
vorhanden. Die 3 Zoll im Durchmesser enthaltenden
Blüthen bilden eine schlaffe Aehre und haben eine
goldgelbe Grundfarbe. Bei den 3 äusseren Blumen-
blättern wird diese, mit Ausnahme des Randes, durch
Purpurbraun ersetzt, während die beiden innern nur
purpurbraun gefleckt sind. Die goldgelbe, in der
Mitte aber purpurbraune Lippe ist weit kürzer, als
die Blumenblätter.
Houlletia ehrysantha Lind. et Andr. (Tab.
138) besitzt eirund-kegelförmige Scheinknollen mit
ziemlich breiten, elliptischen und genervien Blättern.
An ihrer Basis entspringt der kurze, rothe Blüthen-
stiel, mit 6 Blüthen im Durchschnitt eine rundliche
Aehre bildend. Die 5 goldgelben und braungefleckten
Blumenblätter sind etwas glockenlörmig zusammen-
geneigt und hängen über. Ihr Durchmesser beträgt
13), Zoll.
Gongora portentosa Lind. et Rehb. (Tab. 61)
wurde wiederum von Wallis, und zwar erst im
Jahre 1869, in Neugranada entdeckt. Aus den eiför-
migen Scheinknollen gehen elliptische, allmählig sich
aber in einen Stiel verschmälernde Blätter hervor.
Die zarten Blüthehen sind ziemlich lang gestielt und
bilden eine schlaffe Traube. Ihr Bau ist, gleich den
anderen Arten dieses Geschlechtes, in sofern unregel-
mässig und abweichend, als die 3 äusseren grau-
gelblichen und violetten Blumenblätter flach ausge-
breitet sind, während die beiden innern, hornartig
gestalteten und weit kleiner bleibenden mit ihrer
Basis der Griffelsäule angewachsen erscheinen. Ihnen
gegenüber befindet sich die ganz eigenthümlich ge-
staltete Lippe, zum grössten Theil gelb gefärbt.
Epidendron Frederiei-Guielmi Rehb. (Tab. 68)
verdankt Linden wiederum dem Detmolder Reisen-
den Wallis, der diese Orchidee im nördlichen Peru
auffand. Sie gehört zu den aufwärts steigenden, auf
beiden Seiten am Stengel mit elliptischen, fusslangen
und 4 Zoll breiten Blättern besetzten Arten. Die
grosse, eirundliche Aehre ist langgestielt und trägt
schlanke Blüthen mit schmalen Blumenblättern, wie
diese die meisten Epidendren besitzen. Ihre Farbe
ist durchaus karmoisin.
Der Papau.
Asimina triloba (Anona) L.
Wir erhielten vor einigen Tagen von dem Ober-
jägermeister Freiherrn v. Veltheim in Destedt bei
Braunschweig einen mit zahlreichen Blüthen bedeck-
ten Zweig des Papau’s unter dem Namen Anona
glabra. Da wir den Strauch bisher nur mit seinen
schönen grossen Blättern gesehen hatten, so waren
wir ausser Stande, mit Bestimmtheit auszusprechen,
ob hier eine besondere Art oder nur eine gross-
blättiige Form vorliegt; wir hielten sie möglicher
Weise für A. eonoidea, eine von Spach aufge-
stellte, uns aber völlig unbekannte Art. (Vgl. Koch’s
Dendrologie 1. Band S. 384.) Da der freundlichst
zugesendete Zweig in Blüthe uns möglich macht, über
die bisher nur oberflächlich bekannte A. glabra jetzt
ein bestimmtes Urtheil dahin auszusprechen, dass sie
ausser in den Grössenverhältnissen und der geringen
Behaarung in der Jugend, nicht von der ächten A.
triloba verschieden ist, so wollen wir zu gleicher Zeit
auch die Gelegenheit ergreifen, auf diesen hübschen
Blüthenstrauch, der leider aus vielen älteren Parks
in der neueren Zeit ganz verschwunden ist, in den
jetztigen Anlagen aber nicht mehr verwendet wird,
wiederum aufmerksam zu machen und ihn um so’
mehr zu empfehlen, als er keineswegs, wie in oben
eitirter Dendrologie gesagt ist, etwas empfindlich
gegen unsere klimatischen Verhältnisse ist, sondern
selbst harte Winter verträgt.
192 z
Der Papau wächst in den Vereinigten Staaten
Nordamerika’s, und zwar von Pennsylvanien und
Newyork südwärts bis Florida, und erstreckt sich
auch westwärts weit in das Innere des nordamerika-
nischen Kontinentes hinein. Ob er auch das Oregon-
Gebirge erreicht und dieses vielleicht übersteigt, wissen
wir nicht, da uns noch keine besondere Flor dieses
Staaten-Gebietes vorliegt. Er wächst in gemischten
Wäldern, aber nur auf gutem Boden, und erreicht
eine Höhe von 20 bis 30 Fuss bei einem mehr
strauch- als baumartigen Wuchse. Nach dem Be-
richte des Oberjägermeisters v. Veltheim hat das
Exemplar seines Parkes in Destedt eine Höhe von
segen 20 Fuss und wurde vor 44 Jahren gepflanzt.
Die Rinde des Strauches ist ganz glatt und hat eine
sraulich-weisse Farbe, das Holz dagegen zeichnet
sich durch grosse Leichtigkeit aus und ist fast
schwammig, so dass es zu nichts verwendet wer-
den kann.
Nach den uns bekannten Exemplaren baut der
Papau sich den japanisch - chinesischen Magnolien
ähnlich und hat auch einen gleichen Laubschmuck.
Die hautartigen Blätter besitzen einen kurzen Stiel
und haben eine Länge von 4 bis 6 Zoll, während
ihre Breite im obersten Drittel 1!/,; bis 2 Zoll beträgt.
Von diesem obersten Drittel verschmälert sich die
Blattfläche nach der Basis zu, während sie sich nach
oben abrundet, aber doch eine kurze und besondere
Spitze besitzt. In der Jugend sind die Blätter be-
haart, verlieren aber ihre Haare ziemlich rasch. Die
Oberfläche erscheint in diesem Falle glänzend. An
den Wassertrieben sind die Blätter in der Jugend
nicht selten rostfarben behaart. Aber auch diese
Behaarung verliert sich rasch.
Die Blüthen kommen aus besonderen Knospen
am vorjährigen Holze heraus, entweder kurz vor
oder zugleich mit den Blättern, und hängen auf zoll-
langem Stiele über. Sie bestehen aus einem grünen
und dreiblättrigen Kelche, der sich der glockenförmig
zusammengeneigten Blumenkrone von chokoladen-
brauner Farbe anlegt. Diese besitzt einen Durch-
messer von 11), bis 2 Zoll und besteht aus 6 in
2 Reihen befindlichen Blumenblättern.
Die innern sind noch einmal so gross, als die dunkler
gefärbten innern und haben eine Länge von 7 bis
10 Linien. Kugelförmig vereinigt stehen die kurzge-
stielten Staubgefässe, die 2 bis 4 Stempel ein-
schliessen, auf einem unbedeutenden Blüthenboden.
Interessant ist die weitere Entwickelung des
Blüthenbodens und der darauf befindliehen Stempel,
eirundlichen
von denen jedoch in der Regel nur einer zur völli-
sen Entwickelung kommt. Leider tragen unsere
Sträucher bei uns in der Regel keine Früchte; wir
haben wenigstens deren noch nicht gesehen. Der
nur wenige Linien lange Stempel streckt sich näm-
lich mit seinem Blüthenboden auf eine solche Weise,
dass er als Frucht schliesslich eine Länge von 21/3
Zoll, mit dem Durchmesser von 15 Linien, erhält. Er
sieht einer länglichen Pflaume nicht unähnlich "aus.
Wie diese ist die Frucht fleischig, schliesst aber meist
mehre, bisweilen jedoch auch nur einen Stein ein, und
wird von einer gelben Haut eingeschlossen. Nach Mi -
chaux soll die Frucht fade schmecken und nur von
Kindern gegessen werden, nach Asa Grey wird sie
aber in den Vereinigten Staaten allgemein genossen
und führt den Namen Custard-apple (Custard-Apfel).
Unter Custard verstehen die Engländer und engli-
schen Nordamerikaner eine mit Sahne angefertigte
Eierspeise.
Die Franzosen in Nordamerika nennen den Strauch
Asiminier oder Assiminier. Woher das Wort kommt,
haben wir nicht ergründen können. Bei den Einge-
borenen heisst er Papau oder Papaw. Der Beiname
triloba, d. h. dreilappig, bezieht sich auf die anfangs
an einem gemeinschaftlichen Stempel befindlichen
3 Früchte.
Was den Linne’schen Namen Anona, nach dem
auch die ganze Familie genannt ist, anbelangt, so
ist er südamerikanischen Ursprunges, und bedeutet
eine gewisse Pflanze. Linn& schreibt anfangs Anona,
später glaubt er das Wort latinisiren zu müssen und
schreibt Annona, weil die Früchte vieler Arten dieses
Geschlechtes gegessen werden. Annona bedeutet
bei den Römern Getreide und überhaupt Nahrunsgs-
mittel.
Der Papau gehört zur Familie der Anonaceen;
einer Familie, welche den Magnoliaceen nahe steht,
sich aber leicht durch die Abwesenheit von Neben-
blättern, welche bei der zuletzt genannten Familie
sich in der Knospe scheidenartig entwickeln und das
eigene Blatt einschliessen, unterscheiden. Bei beiden
Familien herrscht zwar in der Blüthe die Dreizahl
vor, bei den Anonaceen aber in so fern entschiedener,
als hier die Krone nur aus einem bestimmten dop-
pelten 3blättrigen Kreise besteht, während die Zahl
der Kronenblätter bei den Magnoliaceen in der Regel
grösser ist. Die Früchte sind ferner bei den letzte-
ren holzartige Balgkapseln, bei den ersteren dagegen
fleischig und schliessen grosse Samen, deren Eiweiss
von Furchen durchzogen ist, ein.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines. \
\
No. 23.
1872.
E
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. — Der Haus- und Landschaftsgarten. — Illustration horticole,
Jahrgang 1871 (Schluss). — Ausstellung des Gartenbau-Vereines in Halle a. S.
| Am nächsten steht die Pflanze den Helenien und
Bericht
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
Leider waren wir durch verschiedene Arbeiten
bisher so in Anspruch genommen, dass wir an die
Zusammenstellung und Bearbeitung der in dem letz-
ten Jahre eingeführten Pflanzen nicht kommen konn-
ten.» Um dieser aber seit vielen Jahren
unternommenen und Jährlich fortgesetzten Arbeit keine
Lücke zu verursachen, haben wir trotz der grossen
Schwierigkeiten und Mühen, welche ein solcher Be-
richt macht, schliesslich doch noch Zeit zu finden
gesucht, mehrseitigen Wünschen darnach zu genü-
sen. Wiederum, wie früher, so ist auch dieses Mal
das Hauptverzeichniss über Pflanzen und Samen von
Haage u. Schmidt in Erfurt, was in dieser Hin-
sicht einzig in Europa dasteht, zu Grunde gelegt
worden.
1. Acacia Lophantha discolor heisst eine
eigenthümliche Form der auch als Marktpflanze be-
liebten feinblättrigen Akazie mit dunkelgrünen und
schwärzlich-braun gezeichneten Blättern.
2. Actinella scaposa Nutt. das
nordwestliche Amerika, möchte aber kaum die Aulf-
merksamkeit der Liebhaber und Gartenbesitzer lange
Zeit auf sich ziehen. Es ist eine niedrige Staude
aus der Familie der Körbehenträger, mit silbergrauen,
später oft aber grüngewordenen und schmal- ellipti-
schen Blättern, die ziemlich dicht gedrängt stehen.
Zwischen ihnen kommen die verlängerten Blüthen-
stiele mit gelbstrahligen Blüthenkörbehen
in schon
bewohnt
hervor.
zsehört mit diesen in die Abtheilung der Heliantheen.
3. Mit der näheren Bezeichnung daphnites hat
William Bull eine Form des gewöhnlichen Frauen-
haares (Adiantum Gapillus Veneris) in den Han-
del gebracht, Fiederblättchen mit einander
verwachsen sind und am äussersten Ende eine hah-
nenkamma.tige Wucherung von 1%, bis 2 Zoll Durch-
Die Pflanze selbst hat Höhe
von über 1 Fuss und besitzt eine blaugrüne Färbung.
wo die
messer zeigen. eine
4. Agarista ealliopsidea DC. wurde bereits
vor 40 Jahren durch den bekannten Reisenden Dou-
des
entdeckt und
auch in Europa eingeführt, ohne jedoch die Aner-
zahlreiche Pflanzen
westlichen Nordamerika’s verdanken,
xlas, dem unsere Gärten
kennung zu finden, wie die nah verwandte und sehr
ähnliche Calliopsis tinetoria DC. (bicolor Rehb.) Wie
diese, ist sie ein Sommergewächs und bildet eine
durchaus unbehaarte Pflanze
mehrfach verästelte,
mit vielfach zertheilten Blättern. Die ziemlich gros-
sen und langgestielten Blüthenkörbehen haben eine
orangegelbe Farbe.
5. Agave Inghami hat Jean Verschaffelt
in Gent direkt aus Mexiko bezogen und wurde zu
Ehren eines Agavenliebhabers in Palermo Ingham
genannt.. Sie gehört zur Gruppe der A. univittata
und besitzt dunkelgrüne, glänzende Blätter mit zu-
sammenhängenden Dornen am Rande versehen. Der
sanzen Länge nach hat sie ebenfalls, wie eben ge-
nannte Pflanze, einen gelben Mittelstreifen.
Verschaffelt hat hiervon auch eine riesige Form,
25
Jean
welcher er deshalb auch den Beinamen gigantea
gegeben. Die Blätter besitzen nicht weniger als eine
Länge von 2 Fuss 5 Zoll.
6. Eine eigenthümliche Form der Agave Ver-
schaffeltii hat Jean Verschaffelt ferner eben-
falls in den Handel gebracht, wo die Blätter mehr-
lach gelbgestreift sind.
7. Endlich ist noch der Blendling zu bemerken,
den Jean Verschaffelt zwischen der A. univittata
und xylonacantha erzogen hat. Gestalt und Dornen
der Blätter sind, wie bei der letzteren, aber ein gel-
ber Streifen zieht sich auf der Oberfläche von der
Basis nach der Spitze.
8. Aloeasia Marshallii schliesst sich der
A. Jenningsii (10. Jahrg., S. 166) an und hat, wie
diese, grosse, schildförmige und freudig-grüne Blät-
ter, deren Mitte ein graues Silberband zeigt, während
zwischen den Hauptästen des Mittelnervs an dieses
anstossend purpurrothe Flecken von fast viereckiger
Gestalt sich befinden.
zogen.
sondern vielmehr der Remusatea vivipara, wenigstens
nach der im neuesten Verzeichnisse von William
Bull gegebenen Abbildung, anzugehören.
9. Amorphophallus amabilis und spe cta-
bilis nennt William Bull zwei Aroideen aus der
Gruppe der Draeunculeen, welche er aus dem tropi-
schen Afrika bezogen hat. Bei der ersteren Art ist
das vielfach-diehotomisceh zertheilte Blatt hellgrün,
bei der letzteren hingegen ausserdem noch mit brau-
nen und weissen Flecken. versehen. Wir haben keine
der beiden Aroideen gesehen und wissen demnach,
da über die Blüthen gar nichts gesagt wird, auch
nicht, ob sie wirklich zu dem Genus Amorphophallus
sehören und ob sie überhaupt neue Pflanzen sind.
10. Androscepia gigantea Brongn. ist eins
der schönsten des Warmhauses, was sich
den niedrigen Bambusgräsern anschliesst, und, wie
Besonders ornamen-
tal ist es, wenn sich die grosse Rispe mit den un-
Die vier
so genä-
Sie wurde aus Östindien be-
Uns scheint die Art keine Alocasia zu sein,
Gräser
diese, sieh ungemein verästelt.
sleichen Aehrehen entwickelt hat. unter-
sten Aehrchen sind männlieh und stehen
hert, dass sie für die übrigen eine Hülle zu bilden
scheinen. Vaterland sind die Molukken und Phi-
lippinen.
11. Antennaria Roezlii trägt den Namen
ihres Entdeckers und ist vielleicht A. margaritacea
R. Br. Alle Antennaria-Arten oder Katzenplötchen
bilden niedrige Stauden von silbergrauem Ansehen
und sind mit schmalen, meist an dem unteren Theile
Stengels Blättern versehen. Sie
haben völlig getrenntes Geschlecht, so dass einzelne
des befindlichen
Mitte
a
Pflanzen weiblich, andere männlich sind. Bei den
letzteren sind die Blüthenkörbehen meist weisslich,
bei den ersteren röthlich. Wahrscheinlich können
sie, ähnlich unseren Katzenpfötehen, als Immortellen
benutzt werden.
12. Anthurium eueullatum C. Koch fanden
wir zuerst vor 20 Jahren in den Gewächshäusern des
Hofgärtners H. Sello in Sanssouei bei Potsdam und
wird jetzt im Berliner botanischen Garten ebenfalls
kultivirt. Auch in Kew bei London ist es unter einem
falschen, uns nicht mehr erinnerlichen Namen. Diese
Aroidee ist eine der schönsten und brauchbarsten
Dekorationspflanzen, deren grosse herzförmig-lanzett-
förmigen Blätter über 1 und selbst 11, Fuss lang
werden und eine dicklederartige Textur besitzen.
Den Beinamen, der kappenartig bedeutet, hat die
Pflanze erhalten, weil die ohrähnlichen Verlängerungen
an der Basis der Blätter nach innen und oben ge-
bogen sind und dadurch eine kappenförmige Ver-
tiefung bilden. Regel hat A. cucullatum in dem
vorjährigen Jahrgange seiner vortrefflichen Gartenflor
(Tab. 702) abgebildet.
13. Antirrhinum assurgens soll eine den
Pentstemon - Arten ähnliche Belaubung haben und
ausdauernd sein. Mir ist diese Art des Löwenmaules
völlig unbekannt. Die Blüthen sind weiss, haben
aber eine schwach-hellgelbe Nuaneirung. Haage
und Schmidt in Erfurt empfehlen sie zu Felsen-
gruppen.
14. Aquilegia californica rosea-alba
plenissima gehört zur ursprünglich scharlachroth
blühenden A. eanadensis. Sie blüht ausserordentlich
voll und zeichnet sich durch rosafarbige, in der
aber weisse Blüthen aus. Ob A. olympica
mit blassblauer, fast weisser Blüthe von A. alpina
wirklich verschieden ist, müssen erst weitere Unter-
suchungen lehren.
15. Areca NengaBl. ist eine Palme Java’s,
welche in der Jugend einen ausserordentlich graziösen
und schlanken Wuchs besitzt und daher besonders
zu empfehlen ist. In diesem Zustande besitzt sie
noch einfache und an der Spitze getheilte Blätter,
während diese später gefiedert werden.
16. Arundinaria WightianaN. v. E. ist wie-
derum eine den Bambusgräsern sich anschliessende
Graminee, welche wohl gleiche Verwendung, wie
diese, erhalten kann. Uns ist sie nicht bekannt.
Sie wächst in Ostindien und gehört daher in das
Warmhaus.
17. Aplenium schizodon Moore wurde von
James Veiteh and Sons in London direkt aus
Neukaledonien eingeführt und stellt ein immergrünes
195
Farn mit aufrechten Blättern dar. Deren Konsistenz
ist mehr pergament- als lederartig. Auf einem schwarz-
braunen stielrunden Stiele von 3 Zoll Länge befindet
sich die 6 Zoll lange Blattfläche, aus 7 länglich-
linienförmigen Fiederblättchen von Zoll Länge und
9 Linien Breite bestehend. Nach der Basis zu ver-
schmälern sich die letzteren in einen Stiel und am
Rande sind sie scharf gesägt.
t8. Astragalus Marianus ist von dem bekann-
ten Reisenden Roezl aus Texas eingeführt und steht
dem A. Tenesseensis A. Gr. gewiss sehr nahe. Die
Pflanze soll über 2 Fuss hoch werden und sich gut
belauben; ob sie ebenfalls mit weissen Zottenhaaren
besetzt ist, wie eben genannte Pflanze, wird nicht
gesagt. Die violettblauen Blüthen bilden Köpfe.
19. Atragene capensis L. ist, wie der Name
sagt, ein Bewohner Südafrika’s und schliesst sich im
äusseren Ansehen den ächten Atragenen an, ist aber
im Bau der Blüthe eine Pulsatilla. Wie unsere Alpen-
Atragene, ist sie ein Halbstrauch mit an der Basis
holzigem Stengel, sonst aber krautartig. Die lang-
sestielten und meist doppeltgefiederten Blätter befinden
sich nur an der Wurzel, während sie am Stengel
hüllartig werden. Aus der Hülle selbst kommen
1 oder bisweilen 2 purpurviolette Blüthen hervor.
20. Balantium Sellowianum Presi wurde
von dem unglücklichen Berliner Reisenden Sello
(nieht Sellow),. der beim Durchsetzen eines Flusses
ertrank, entdeckt, aber weit später erst eingeführt.
Schöne Exemplare dieses Baumfarns haben wir bei
Jean Verschaffelt in Gent gesehen. Es ähnelt
zwar dem bekannten B. antareticum ungemein, unter-
scheidet sich aber doch zu seinem Vortheile.
21. Barleria Arnottiana N. v. E. wächst
auf der Insel Ceylon und gehört zu den schöneren
Arten dieses ziemlich umfassenden Akanthaceen-
Geschlechtes. Sie bildet krautartige, aufrechte Stengel
mit elliptischen und gegen 3 Zoll langen Blättern
besetzt. Aus dem Winkel der oberen kommen die
2 Zoll langen Blüthen von schöner blauer Farbe hervor.
22. Barleria diehotoma Roxb. wächst da-
gegen auf dem Festlande und steigt
sogar im Norden die Gebirge aufwärts. Sie ähnelt
zwar der vorigen und bildet, wie diese, eine auf-
rechte und krautartige Pflanze, zeichnet sich aber
durch besonders hervortretende Gabelung aus. Jeder
Ast endet mit einer kurzen und dicht gedrängten
Aehre schöner blauer Blüthen; ausserdem kommen
aber noch dergleichen in der Regel zolllange Blüthen
aus dem Winkel der oberen Blätter hervor. Die
übrigen leeren Blätter erlangen eine Länge von 3 Zoll,
stehen auf einem kurzen Stiel und sind elliptisch.
ostindischen
23. Begonia carminata nennt William Bull
in London einen Blendling der B. boliviensis, welcher
sich sehr wenig von der oft besprochenen Hauptart
unterscheidet und deshalb viel eher nur
darstellen möchte. Die Blüthen besitzen weniger eine
karmin-, als vielmehr eine lachsrothe Farbe, und die
sehr schiefen Blätter zeichnen sich durch kupfer-
braune Adern aus.
24. Begonia Chelsoni ist ein anderer Blend-
eine Form
ling der B. boliviensis, welchen James Veitch
„and Sons mit B. Sedeni erzogen haben. Die
sehr grossen Blüthen besitzen eine hellrothe Farbe
und erneuern sich fast das ganze Jahr hindurch bis
spät in den Winter hinein. Da der Blendling ausser-
dem gegen klimatische Einflüsse nicht empfindlich ist,
so kann er um so mehr empfohlen werden.
25. Begonia echinosepala Reg. wächst in
der brasilianischen Provinz Santa Cantharina und
ist jetzt durch den botanischen Garten in Petersburg
weiter verbreitet worden. Der Reisende Gautier
hatte sie daselbst direkt eingeführt.
Abtheilung Wageneria und stellt
Halbstrauch mit buschigem Wuchse und gegen 2 bis
4 Fuss Höhe dar. Die etwas fleischigen und schief-
länglichen Blätter sind auf der Oberfläche hellgrün,
auf der Unterfläche dagegen braun.
nicht grossen Blüthen bilden endständige
Sie gehört zur
einen hübschen
Die weissen,
und zu-
sammengesetzte Scheindolden und kommen das ganze
Jahr hindurch zum Vorschein.
26. Begonia Haageana ist eine der schönsten
Züchtungen, welche aus einer Befruchtung der B.
boliviensis mit B. Pearcei hervorgegangen ist
jetzt durch Haage und Schmidt in Erfurt in den
Handel gebracht wird. Sie bildet einen aufrechten,
ziemlich breiten Busch von 1, bis 2 Zoll Höhe und
lässt sich bei ihrer Unempfindlichkeit gegen klima-
und
tische Einflüsse sehr gut im Freien verwenden. Hier
blüht sie, bis Frost eintritt, in reichlichster Fülle.
Während der Blendling hinsichtlich der Belaubung
der B. Pearcei am Meisten ähnelt, hat sie mit B. bo-
liviensis die Form, Grösse und Farbe der Blüthen
gemein.
27. Begonia Richardsiana T. Moore wurde
von einem Liebhaber, Richards mit Namen, direkt
aus Südafıika bezogen. Sie gehört zu den zwer-
sigen und knolligen Arten und hat die grösste Ver-
wandtschaft mit B. Dregei oder wohl auch mit B.
suffrutieosa. Der sich sehr verästelnde Stengel ist
etwas fleischig und hat, wie die Blattstiele, eine
braunrothe Farbe. Die im Umkreise eirundlichen
Blätter sind 2 Zoll lang und 1!/,; Zoll breit
theilen sich anfangs in 2 Theile, von denen wieder-
25*
und
2
um ein jeder bis auf die Basis gespalten ist. Die
nach innen stehenden beiden Theile sind am läng-
sten und nur gezähnt, während die äusseren gelappt
erscheinen.
28.Blaberopus venenatusD(C. ist keineswegs
eine brasilianische Apocynacee, wie Haage und
Schmidt, welche die interessante Pflanze jetzt in
den Handel bringen, behaupten, sondern wächst in
Östindien- und ist wegen ihres Blüthenreichthums
und ihres hübschen Aeusseren zu empfehlen. Vor
20 Jahren befand sie sieh als Cyrtolepis longiflora
im botanischen Garten zu Berlin, wurde aber nie von
Handelsgärtnern beachtet. Sie macht aufrecht stehende
Aeste mit schmalen, elliptisch-lanzettförmigen, meist
zu 4 einen Quirl bildenden Blättern. Die langen, weissen
Blüthen stehen in der Regel zu 3 und haben einen
angenehmen Geruch, der eben so wenig schädlich
ist, als bei anderen giltisen Pflanzen, wie z. B. bei
unserem Seidelbast.
29. Brachysema melanopetalum gehört zu
den neuholländischen Schmetterlingsblüthlern mit ein-
fachen Blättern, deren wir bereits schon einige in
Kultur besitzen. Art unterscheidet sich in
doppelter Hinsicht den jetzt bekannten Arten
durch die eigenthümlich gefärbten Blüthen, deren
Blumenblätter dunkelkastanienbraun sind. Ausserdem
haben die Aeste und Zweige eine Neigung zum Win-
den. Die eirund-länglichen Laubb!ätter sind auf der
Unterfläche silbergrau.
30. Caladium sanguinolentum wurde zwar
von Linden direkt aus Brasilien eingeführt, scheint
aber doch nur zu den buntblättrigen Formen zu ge-
hören, welche wir seit länger als einem Jahrzehnte
schon in einer grossen Anzahl besitzen. Dieses Ca-
ladium hat schwarze Blattstiele, auf jeder Seite durch
Diese
von
einen weissen Streifen gezeichnet. Die Blattfläche
se!bst besitzt dagegen eine freudig grüne Farbe,
welche aber durch von der Mitte ausgehende weisse
Streifen und ausserdem durch zerstreute rothe Flecken
von unregelmässiger Gestalt unterbrochen wird.
31. Calochortus elegans Lindl. hat William
dem nordwestlichen Amerika
Am
Ende eines einfachen Stengels befinden sich 3 bis
5 weisse Blumen, srosse Blumen-
blätter an der Basis wenig zusammengeneigt sind.
Von dem im vorigen Jahrgange empfohlenen Calo-
chortus Leichtlini Hook. (S. 288) unterscheidet sich
diese Art durch den Mangel der purpurrothen Flecken
„uf den Blumenblättern.
Bull von Neuem
eingeführt und gehört zu den ächten Liliaceen.
aus
deren ziemlich
laciniata L. stammt
schon
32. Campanula aus
Griechenland und befand sich früher in den
Gärten. Sie ist wohl zu empfehlen. Es ist eine Staude,
welche bei uns aushält und einen ästigen Stengel
besitzt. Während dieser schwach behaart ist, er-
scheinen die Blätter völlig unbehaart. Von diesen
sind die unteren langgestielt und haben eine fieder-
spaltige Fläche, die grossen blauen und offenen
Blüthen bilden am Ende der Aeste laxe Trauben.
33. Cananga odorata Hook. bildet im Vater-
lande einen schönen Baum, zur Familie der Anona-
ceen gehörig, der wegen seiner grossen Blätter schon
eine hübsche Dekorationspflanze darstellt. Wahr-
scheinlich wird er in unseren Gewächshäusern aber
schwer zur Blüthe kommen, was um so mehr zu be-
dauern ist, als diese eine ansehnliche Grösse und
eine braune Farbe besitzen, ausserdem sich aber noch
durch Wohlgeruch auszeichnen.
31. Cardopatium corymbosum Pers. ist
eine Distel und ähnlich den ÖOnopordon-Arten als
Blattpflanze im Freien zu gebrauchen. Die grossen
fiederspaltigen Blätter haben dornige Lappen und
erhalten dadurch ein eigenthümliches Ansehen. Die
sanze Pflanze verästelt sich ungemein. Ob die
Pflanze übrigens, da die Mittelmeerländer das Vater-
land sind, bei uns aushält, muss noch erst durch
Versuche festgestellt werden.
35. Cassia alataLl. ist eine wohl ursprünglich
nur in Östindien, jetzt aber auch in den wärmeren Län-
deın Amerikas wachsende Staude aus der Familie
der Cäsalpiniaceen und zeichnet sich durch eine
schöne Belaubung aus. Die ganze Pflanze ist un-
behaart. Die gefiederten Blätter bestehen aus 8 bis
14 Paar umgekehrt-eirunden Blättchen und ähnelt in
sofern den breiten Sennesblättern unserer Apotheken.
Die ziemlich grossen Blüthen haben, wie fast. bei
allen Kassien, eine gelbe Farbe. Der Beiname
alata bezieht sich auf die krautartigen geflügelten
Hülsen. (Fortsetzung folgt.)
Der Haus- und Landschaftsgarten.
In dem eben uns zugegangenen Helte der vor-
züglich redigirten Regel’schen Gartenflora spricht sich
der als Gartenkünstler hinlänglich bekannte Hofgärtner
Jäger in Eisenach über die Anwendung der ge-
formten Obstbäume in einer besonderen Abhandlung
aus. (S. 118.) Wer in Eisenach und Umgegend ge-
wesen ist und sich vielleicht sogar längere Zeit daselbst
aufgehalten hat, wird der verständigen Hand des
genannten Gartenkünstlers fast auf jedem Schritt
begegnet sein. Man werfe uns nicht etwa ein, dass
es in der Umgegend von Eisenach, wo die Natur in
der That das Füllhorn ihrer Schönheiten auf das
197
Freigebigste gespendet hat, nicht viel bedeutet, wenn
ein Gartenkünstler etwas Vorzügliches leistet: wir
sind der entgegengesetzten Ansicht. Es ist umgekehrt
hier gerade sehr schwierig, wenn man nicht anstatt
zu verbessern, verbösern will. Man darf nur in der
Weise arbeiten, dass keine der gebotenen Schönheiten
verdeckt oder gar noch gründlich verdorben wird;
man muss dabei eine eigene Idee durchzuführen
durchaus vermeiden. Es gehört bei dem Schaffens-
drange, der bald in geringerem, bald in grösserem
Maassstabe jedem Menschen eigenthümlieh ist, um so
mehr in begabten Menschen sich vorfindet, viel Kraft
und Ueberwindung dazu, sich zu beherrschen, vor
Allem in solchen paradiesischen Gegenden, wie die
Umgebung von Eisenach darbietet. Man muss sich
Mühe geben, in den Geist der Natur sich versenken,
um irgendwo, wo ein Zufall, man möchte es auch
eine Laune nennen, dem deutlichen Hervortreten einer
Schönheit entgegensteht, verbessernd, aber nicht ver-
bösernd Hand anzulegen. Den ästhetischen Geist der
Natur einer Gegend zu erfassen, ist nicht so leicht,
als man gewöhnlich glaubt. Wenn auch weniger in
Eisenach, so doch in dem nahe gelegenen grossen
Fabrikdorfe Ruhla, und sonst sehr viel in andern
reizend gelegenen Gegenden haben wir leider oft
Gelegenheit gehabt, zu sehen, wie von Seiten solcher
Verbesserer bei dem besten Willen und bei aller
Mühe, zu verschönern, das Gegentheil bewirkt, bis-
weilen selbst gräuliche Umgestaltungen hervorgerufen
wurden. Sie wirkten wie ein Schlag aufs Auge.
Fürst Pückler kannte die Schwierigkeiten, in
einer schönen Gegend etwas zu thun, und that es
mit der allergrössten Vorsicht. Auch die Umgebung
von Eisenach hat ihm viel zu verdanken. Er hat
eine Reihe der grossartigsten An- und Fernsichten,
welche früher verdeckt waren oder aus irgend einer
anderen Ursache nicht zum Vorschein kommen konn-
ten, dem Auge offen dargelegt; niemals wagte er es
aber, einen eigenen Gedanken in Ausführung zu
bringen. Gerade in der Entsagung legte der unter
den glücklichsten Verhältnissen geborne und lebende
Fürst eine seltene Bescheidenheit an den Tag.
Da aber, wo die Natur wenig bot, wo diese
kräftig unterstützt oder wo etwas Neues geschaffen
werden musste, da fühlte sich der Fürst erst wahr-
haft wohl. In Muskau hatte er eine Reihe von Ein-
zelheiten, welche ihm zu festen Stützen für seinen
srossartigen Ideengang dienen konnten und welchen
er nun auch seine Umgestaltungen, um seltene Schön-
heiten ins Leben zu rufen, .anlehnte. Das Flussbett
der Neisse, die beiden das Thal auf den Seiten be-
sränzenden Höhen mit den alten riesigen Eichen aus
der alten Wendenzeit u. s. waren vor Allem ge-
eignet, ihn zu unterstützen und neuen Ideen Nahrung
zu geben. Ganz anders verhielt es sich in Branitz,
wo nur leere oder mit krüppelhaften, wenigstens nicht
srossen Kiefern bewachsene Sandfelder vorhanden
Ws
| waren, wo scheinbar nichts ihm geboten wurde, was
er als Stütze zu gebrauchen vermochte, dem er
hätte anlehnen können. Es musste aus ihm selbst
das Fundament zu seinen Anlagen geschaffen werden.
Das war, wie er uns oft sagte, grade das Element
für seinen Geist.
Warum hat Fürst Pückler
selegenen Ort,
nicht einen besser
wo ihm wenigstens etwas geboten
worden wäre, auserwählt? wurde ich oft gefragt.
Abgesehen seinem mächtigen Schaffensdrange
in einer Gegend, wo die Natur das härene Gewand
einer Stieimutter angelegt hatte, frage man die Be-
wohner von Kottbus und Umgegend, wie sie den
grossen Verdiensten des Fürsten Rechnung tragen?
Dass es möglich ist, selbst Einöden, wie die Um-
gegend von Branitz war, in freundliche Gegenden
umzugestalten, hat er glänzend gezeigt, damit aber
auch zur Nachahmung aufgestachelt. Man hat mit
Branitz gesehen, dass selbst die hässlichsten Gegen-
den der Verschönerung zugänglich sind und ihr mit
Erfolg unterworfen werden können. Auch sie sind
nicht ganz ohne Reize, wenn man sie nur aufzufinden
vermag; auch sie haben einzelne Stellen, die unter
gewissen Bedingungen hervorgehoben, Eindruck zu
machen nicht verfehlen.
Es gehörte allerdings der Geist eines
Fürsten Pückler dazu, um in solchen trostlosen Ein-
öden, wie Branitz war, dergleichen Stellen aufzufinden.
Er hat ihnen die Bedeutung zu geben veıstanden,
welche sie unter gewissen Umständen erhalten konnten.
von
auch
Wir gestehen offen, dass wir manchmal, wenn wir
bei Spaziergängern in der Umgegend von Branitz,
wo uns die Ehre der Begleitung zu Theil geworden
war, keineswegs im Anfange das Schöne herauszu-
finden vermochten, was der Fürst gefunden hatte. „Sie
sollen es schon finden, wenn meine Geadanken zu seiner
Hebung erst durchgeführt sein werden “ war gewöhnlich
die Antwort, sobald ich ungläubig schüttelte. Man
wird uns ob dieses Schüttelns vielleicht Mangel an
Bescheidenheit und Ehrerbietung einem solchen Manne
gegenüber, als Fürst Pückler war, zeihen. Der Fürst
gehörte aber zu den wenigen grossen Männern, welche
begründeten Widerspruch nicht allein vertrugen, auch '
verlangten. Er konnte unfreundlich werden, wenn er
nur entfernt eine Schmeichelei merkte,
dass er von jedem noch so
lernen könnte.
und meinte,
ungebildeten Gärtner
Der Fürst wollte seine Anlagen in Muskau und
Branitz nicht als etwas Abgeschlossenes haben, im
Gegentheil, diese mussten nach ihm unmittelbar in
die Umgebungen übergehen, mit ihnen in grösster
Harmonie stehen. Dadurch unterscheiden sich über-
haupt die Pückler- aber auch die Lenn&'schen
Anlagen wesentlich von den englischen Parks, be-
sonders den älteren in Schottland, wo diese zuerst
in ihrer eigenthümlichen Weise hergestellt wurden.
Hier musste sogar eine Mauer nach aussen absperren.
Man hüte sich aber, diese ächten englischen Parks,
von denen in dem sogenannten Englischen Garten
zu München noch ein, wenn auch leider sehr ver-
nachlässigtes Beispiel vorhanden ist, mit den späte-
ren Volksgärten oder gar mit den öffentlichen Parks
der Weltstadt London zu verwechseln; diese sind
sanz anderer Art und haben nichts mit ihnen zu
thun.
In der Nähe des Schlosses oder der Wohnung
des Besitzers erhält in sofern die Pückler'sche An-
lage, aber auch der englische Park, eine Umgestal-
tung, als der tiefe Schatten der Gänge, oder der
wolkenartig-bewegte Laubschmuck am Rande grosser
Wiesenflächen mit diesen verschwindet und der
blaue Himmel mehr zur Geltung kommt. Boskets
mit feinerem Laube, Blüthensträucher, geschorener
Rasen und schliesslich Blumenbeete zeigen die Woh-
nung des Besitzers an. Je nach dessen Reichthum,
oder nach dessen Ansicht, herrscht hier mehr oder
weniger Eleganz. Diese Verbindung des eigentlichen
Parkes mit der Wohnung des Besitzers nennt der
Engländer Pleasureground, ein Wort, was, wenn es
das, was es ist, ausdrücken soll, im Deutschen nicht
wieder zu geben und daher am Besten, wie manches
andere Fremdwort, beizubehalten ist.
Dieser Pleasureground hat eine grosse Umge-
staltung in der neuesten Zeit erhalten und ist aus
seiner Einfachheit herausgetreten, zumal auch hier
die gerade herrschende Mode in ihm ihren Sieg ge-
feiert hat. Im Allgemeinen ist er mannigfaltiger,
hauptsächlich bunter, aber auch eleganter geworden.
In ihm spiegelt sich die innere Einrichtung des Haus-
standes ab. Ist diese überladen, wie man es heut’
zu Tage liebt, so drängt auch in dem Pleasureground
Eins das Andere. Ein seltener Strauch und eine
seltene Blattpflanze folgt auf die andere. Wie man
oft in dem Boudoir vor lauter schönen Dingen und
Nippsachen nicht zur Ruhe kommt und ängstlich ist,
wenn man sich setzen will, um nicht etwa irgendwo
so sucht man vergebens in
mit seinem
Schaden anzurichten,
dem entsprechenden Pleasureground
durch zahlreiche Pflanzungen vielfach zertheilten Ra-
*
sen ein Plätzchen, um das herum man sich ein
Ganzes bilden könnte, ein Bild sich zu schaffen ver-
möchte.
Nicht minder findet sich diese Ueberfüllung und
diese Unruhe im Haus- und Vorgarten der heutigen
Zeit, der jetzt einen Pleasureground ohne Anlagen
und ohne Park darstellt. Man möchte, und wenn
der Hausgarten noch nicht den Umfang eines Mor-
sens umfasst, meist in ihm ebenfalls ein Stückchen
Park haben, sollten es auch nur einige Koniferen
sein, welche nfan als Einzelpflanzen gepflanzt hat.
Am schlimmsten sind solche Hausgärten bestellt, wo
man ausserdem auch noch das Schöne mit dem Nütz-
lichen verbinden möchte, ohne aber den Faden gefunden
zu haben, der Beides verknüpfen soll. Man sieht
geformte Obstbäume mitten auf Rasenplätzen, welche
von geschlungenen Wegen umgeben sind. Wir be-
sreifen unsern verehrten Freund Holgärtner Jäger
in Eisenach, wenn er sich dagegen ereifert und über
Mangel an Geschmack klagt.
Aber anderntheils sehen wir nicht ein, warum
man in einem bürgerlichen eleganten Hausgarten
nicht auch das Schöne mit dem Nützlichen verbinden
könnte. Wir haben im vorigen Jahrgange der
Wochenschrilt sogar auf einen solchen Garten, der
von einem Mitgliede des Vereins in Charlottenburg
angelegt wurde, aufmerksam gemacht; selbst Jäger
scheint dessen Berechtigung anzuerkennen. Ein
soleher Garten entspricht dem Bürgerlichen der
jetzigen Zeit, wo man auf einen gewissen Com-
fort Anspruch macht, ohne dass dadurch dem ur-
sprünglichen Einfachen und Gediegenen Abbruch ge-
than wird.
Man muss .nicht Alles auf einem kleinen Raume
haben wollen: Park, Obstgarten, Pleasureground und
Teppichbeete. Die letzteren als Veıtreter der Ver-
irrungen eines unnatürlichen Geschmacks, in dessen
Folge die weiblichen Glieder der Familie vor allem auch
ihren Körper in bunte Kleider hüllen, wo die Mode
seltene Widersprüche sanetioniıt hat, sind in jedem
bürgerlichen Hausgarten auszuschliessen; sie gehö-
ren dagegen in Vorgärtchen oder in die unmittelbare
Nähe der Wohnung einer fashionablen Familie, die
in den inneren Räumen, besonders in dem Boudoir
ihrer Wohnung sich abspiegelt und wiederum ausser-
halb der Ausdruck der bunten Teppichbeete wird.
Wie der Besitzer und seine Familie in Lebensweise
und Kleidung bereits von der Natur abgewichen
und damit in der äusseren Erscheinung Diener einer
vermeintlichen Kunst geworden sind, so kann und
muss auch die innere Einrichtung der Wohnung und
Nähe des Wohnhauses, wo alle Glie-
die nächste
19
der der Familie abgeschlossen von der übrigen Welt
zeitweilig sich aufhalten, dem entsprechend möglichst
künstlich, vor Allem reich an Farben ohne milde
Umgänge gehalten werden. In der Abhandlung über
Darwinismus in der 23. Nummer der Wochenschrift
sind alle organischen Geschöpfe das Produkt ihrer
Verhältnisse genannt worden, umgekehrt ist aber in
diesem Falle die innere Einrichtung der Wohnung
und der Luxus-Garten nur das Gepräge der Familie.
Es darf nieht anders sein, wenn nicht greller Gegen-
satz hervorgerufen werden soll.
Illustration horticole.
Jahrgang 1871.
(Sehluss.)
Wir gehen zu andern Monokotylen, und zwar
zunächst zu einigen Bromeliaceen, über.
Encholirion corallinum Lind. (Tab. 70) ist
eine Vriesia, oder da dieses Genus schliesslich nicht
bestehen kann, eine Tillandsia, wie schon Regel
richtig gesagt hat. Die ächten Encholirien sind in
jeglicher Hinsicht ganz andere Pflanzen, welche aber
leider schon seit geraumer Zeit mit den Tillandsien
verwechselt werden. Diese Art schliesst sich den
anderen grösseren Arten dieses Geschlechtes an und
hat mit diesen den Habitus einer Billbergia. Dass
dergleichen Pflanzen auch gute Dekorationspflanzen
im Zimmer sind, habe ich schon früher auszusprechen
Gelegenheit gehabt, zumal sie wenig Pflege bedürfen.
Aus der Mitte des aus auf der Unterfläche braun-
gefärbten Blättern bestehenden Bechers kommt bis
zu einer Höhe von 2 und 21), Fuss der mit 2 Reihen
gelber Blüthen besetzte allgemeine Blüthenstiel hervor.
Den Namen des korallenartigen hat diese Art von
der dunkelrothen Farbe der lederartigen und lange
Zeit bleibenden Deekblätter erhalten.
Bromelia Ferdinandae Ed. Morr. (Tab. 65)
wurde zu Ehren eines im September 1870 gebornen
Kindehens, einer Enkelin des allerdings um die Gärt-
nerei und Botanik höchst verdienstvollen Direktors
Linden genannt und ist wiederum eine der vielen
Einführungen von Gustav Wallis, der sie am
Amazonenstrome in der brasilianischen Provinz Para
auffand. Es ist eine ächte Bromelia, welehe in der
Nähe der Br. Karatas steht, aber geringere Dimen-
sionen annimmt. Die sehr stachliehen und in der
Regel zurückgebogenen Blätter sind am Rande mit
steifen Dornen besetzt und haben eine Länge von
2 bis 2!/, Fuss. Gewöhnlich stehen sie dicht ge-
drängt beisammen; wenn die Pflanze eben blühen
will, erhebt sich, abweichend, wie es bei Bromelia
Karatas der Fall ist, ein kurzer Stamm mit wenigen
kürzen und auf der Unterfläche leberbraunen
Blättern. Die Blüthen selbst sind unscheinlich, bil-
den einen dichten Kopf und stehen im Winkel von
eirund-lanzettlörmigen und oberhalb der Basis zurück-
sebogenen Deckblättern von rother Farbe.
Maranta arrecta Lind. et Andr. (Tab. 77)
ist die anfangs von Linden als M. setosa in den
Handel gebrachte und bereits von uns mehrmals, zu-
letzt im 12. Jahrgange (S. 168) beschriebene Maran-
tacee, welche aber zu dem Genus Phrynium gehört.
Dass der Name M. setosa schon früher für eine an-
dere verwandte Art vergeben ist zuerst von
uns an bezeichneter Stelle ausgesprochen worden.
Calathea oder Maranta Lindenii (Tab. 82)
wurde von Wallis entdeckt, zuerst und zwar
bereits im Jahre 1866 in der Wochenschrift von uns
beschrieben (19. Jahrg. 238), daher wir dorthin ver-
weisen können.
Verschaffeltia melanochaetes Wendl.
(Tab. 54, aber nur in schwarzer Abbildung) stellt
eine zweite, der V. splendida würdige Palme dieses
neueren Geschlechtes dar. Auch über sie ist bereits
im vorigen Jahrgange der Wochenschrift gesprochen
worden (S. 200).
Ferner haben wir über Welfia regia Wendl.
(Tab. 62) im 13. Jahrgange (S. 199) nach kleinen,
damals uns zu Gebote stehenden Exemplaren Mit-
theilung gemacht. Seitdem haben wir sie in grösse-
ren Exemplaren gesehen und damit ihre Schönheiten
noch mehr erkannt. Sie wurde im Jahre 1868 von
unserem Landsmann Gust. Wallis in Neugranada .
entdeckt und durch Linden in den Handel gebracht.
Im Vaterlande bildet sie einen kleinen von
schlankem Ansehen, etwas ähnlich den Seaforthien
und einigen Geonomen. Was der Palme aber einen
besonderen Reiz verleiht, braunrothe
Färbung, welche die ersten noch 2spaltigen Blätter
besitzen. ihre
war,
aber
Baum
das ist die
Später werden diese gefiedert und
schmalen Blättchen haben wenigstens in der ersten
Jugend auf ihrer Unterfläche noch einen braun-röth-
lichen Schein.
Geonoma Schottiana Mart. (Tab. 55) ist
zwar schon lange den Botanikern bekannt, aber erst
seit dem Jahre 1856 durch Porte aus Brasilien ein-
geführt. Sie wird ein eleganter, kleiner Baum vom
Ansehen der jetzt in den Gärten mannigfach kulti-
virten Cocos Weddeliana. Sie baut sich ausser-
ordentlich leicht, zumal die Blätter in nicht zu kurzen
Räumen auf einander folgen und eine lange Dauer
haben. Sie bestehen aus 20 bis 30 Paar ganz
200
schmalen, ausserdem in eine lange Spitze ausgezo- |
genen Blättehen.
Philodendron Daguänse Lind. et Andr. (Tab.
79) ist eine Aroidee, welche wir ebenfalls dem un-
ermüdlichen Forschergeiste unseres Landsmannes
Gust. Wallis verdanken. Er entdeckte sie
Rio-Dagua, ein Umstand, der Veranlassung zur Be-
nennung der Pflanze gab. Sie steht dem Ph. Lin-
denii sehr nahe; ob sie aber gerade ein Philoden-
dron ist, was übrigens ebenfalls von der zuletzt er-
wähnten Pflanze gilt, müssen erst weitere Beobach-
tungen lehren. Die herzförmigen und eirund-spitzen
Blätter besitzen nämlich nicht zahlreiche, einander
sleiche und parallel vom Mittelnerv aus seitlich ge-
hende Nerven, sondern es sind, ähnlich wie bei vie-
am
len Syngonien, starke und sich wiederum etwas ver-
ästelnde Hauptäste vorhanden, welche in den Rand
auslaufen. Wenn man erst die Blüthen kennen ge-
lernt hat, wird man wohl sicherer urtheilen können.
Wie bei Ph. Lindenii sind die meist röthlichen Blatt-
stiele mit zahlreichen Borsten dicht besetzt und ge-
ben der Pflanze ein eigenthümliches Ansehen. Da
Ph. Daguense gleich den meisten Syngonien, sehr
rasch wächst, so kann sie in Kurzem viel überziehen.
Philodendron calophyllum Brosn. (Tab. 76)
ist eine der interessantesten Arten dieses grossen Ge-
schlechtes. Zahlreiche Blätter von oft 3 Fuss Länge
(ohne den stielrundlichen Stiel von gegen 4 Zoll
Länge) entspringen aus der Wurzel und sind anfangs
von einer grünlichen, aber etwas marmorirten und
8 bis 16 Zoll langen Scheide umgeben. Da sie ziem-
lich aufrecht stehen und nur wenig nach aussen ge-
richtet sind, erhält die Pflanze eine grosse Aehnlich-
keit mit den Anthurien aus der Gruppe des A. acaule
und vielleicht noch mehr mit dem Nestfarn (Asple-
nium Nidus avis). Die lederartigen Blätter verschmä-
lern sich zwar nach der Basis zu, sind aber ausser-
dem elliptisch. Ihre grösste Breite beträgt 8 Zoll.
Aus der Basis eines jeden Blattes kommt ein allge-
meiner Blüthenstiel von 1 bis 11, Fuss Länge und
endigt mit einer aussen weissen, inwendig hingegen
blutrothen und um die Hälfte kürzeren Blumenscheide.
Der walzenlförmige, weisse Kolben hat ebenfalls die
Länge bis zu !, Fuss. Brongniart hatte diese Aroi-
dee anfangs als Ph. Prieureanum Schott bezeichnet.
Dieffenbachia imperialis Lind. Andr.
(Tab. 85) sahen wir zuerst während des vorigen
Sommers bei Gelegenheit einer Ausstellung des Lon-
doner Gartenbau-Vereins (s. vor. Jahrg. 261) in einer
Linden’schen Sammlung neuer Pflanzen. Sollte sie
et
jeden Fall ist aber der Bau etwas robust.
nicht eine Form der von uns zuerst beschriebenen
D. robusta, wo nur die Blätter mit zahlreichen, weiss-
lich-gelblichen Flecken besetzt sind, sein? Wie der
Stamm werden wird, lässt sich jetzt, wo wir noch
keine alten Pflanzen gesehen haben, nicht sagen. Auf
Die ziem-
lich langgestielten Blätter haben eine längliche Ge-
stalt und sind meist noch in eine verlängerte Spitze
ausgezogen, Die Länge der Blattfläche beträgt ziem-
lich 2 Fuss, während sie nur halb so breit ist.
Dracaena lutescens striata (Tab. 72) kam
als Dr. lutescens variegata im Jahre 1869 durch
Ambr. Verschaffelt in den Handel und wurde
bereits von uns im 12. Jahrgange (S. 127) erwähnt.
Seitdem haben wir genaue Kunde von ihr und sind
geneigt, sie für eine gedrängt- wachsende Form der
Dr. frutieosa, vielleicht für die Abart, welche Regel
als Dr. ensilolia var. Greigii bezeichnet, zu halten.
| Möglicherweise könnte sie auch eine Form unserer
ı Ausstellungen
Dr. arborea (Dr. Kochiana Reg.) sein. Die sehr schma-
len und elegant zurückgebogenen Blätter sollen auf
der wie mit Firniss überzogenen Oberfläche mit gelb
gelärbten Nerven versehen sein. Als Vaterland die-
ser auf jeden Fall interessanten Dracäne wird Ma-
dagaskar angegeben. ®
Ausstellung
des Gartenbau-Vereines in Halle a. 8.
Es ist eine erfreuliche Thatsache, wie sich die
in der Provinz von Jahr zu Jahren
' mehren und damit den Liebhabern von Blumen und
' Pflanzen Gelegenheit geboten wird, etwas Neues zu
| und bis zum 10. dauern,
sehen und damit meist auch später akqueriren zu
können. Wir erhalten eben ein Programm des Gar-
tenbau-Vereines in Halle a. S. und werden »ersucht,
Mittheilungen darüber zu machen. Wir entsprechen
sehr gern hiermit dem Wunsche.
Die Ausstellung wird am 6. September beginnen
und zwar in den Räumen
des Stadtschiessgrabens. Alles was im weiteren
Sinne zur Gärtnerei gehört. kann Ausstellungs-Gegen-
stand sein. Die hervorragendsten Gegenstände wer-
den gekrönt, die Preise sind aber zunächst erst
einer späteren Bekanntmachung vorbehalten. Es
wird ersucht, bis zum 15. August bei dem Rentier
Kanzler (Martinsberg 5a) die Anmeldungen dazu
einzusenden.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Te:
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Verzeichuiss der bei der Fest-Ausstellung vom 21. bis 30, Juni 1872 ertheilten Preise. — Bericht über die im letzten
Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung.)
Verzeiehniss InrAs Preise des Königlichen Handelsministerinms.
! Akt: a) Für eine Gruppe von Gewächshauspflanzen
der. bei der Fest - Ausstellung des Vereins zur der fortfallende Orchideenpreis von 100 Thlr.
Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Dee Bökinischen ee
Preussischen Staaten (Garten-Inspektor G. Bouche).
vom 21. bis 30. Juni 18572 bh) Für die Dekorirung einer Festtafel von 4
4 a es = SEE KL, Meter Länge mit abgeschnittenen Blumen
Gelegenheit der Feier seines 50jährigen Bestehens 50 Thlr
erteilten Preise. 1. J.C.Schmidt, Berlin, U. d. Linden 16,
A. Ehren-Preise. 2. Kommerzienrath Raven & (Obergärtner
1. Preis Seiner Majestät des Kaisers von Deutsch- Wilhelm König) 20 Thlr.,
land und Königs von Preussen. Für die grössten | ausserdem 1 Extrapreis von 30 Thlr.
Verdienste um die Ausstellung in ihrer Gesammt- e) Für ein Riesenbouquet, nicht unter 1!/, Me-
heit, neben den sonstigen der betreffenden Per- ter hoch, in einer Vase auf einem entsprechend
sönliehkeit von dem Preisrichter-Amt zuerkann- geschmackvoll dekorirten Untersatz 30 Thlr.
ten Preisen: Dem Gartengehülfen Emil Schulz im Kgl.
Die grosse goldene Medaille. botanischen Garten, Berlin.
Dem Kgl. botanischen Garten zu Berlin ı) Für ein Rosenbouquet 10 Thlr.
(Garten-Inspektor C. Bouche). IC. Schmidt, U.-d.Linden%6.
2. Preis Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Accessorische Preise.
Augusta. Für eine ästhetisch aufgestellte Gruppe | a) Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstrasse 177,
von Pflanzen 100 Thlr. | 8 Thlr.
Dem Kgl. Schlossgarten zu Monbijou (Hof- b) W.Grothe, Berlin, Friedrichstr. 46, 6 Thlr.
särtner Janke). 5. Preise des Königlichen Ministeriums für die land-
3. Preis Ihrer Majestät der Königin-Wittwe Elisabeth | wirthschaftlichen Angelegenheiten.
von Preussen. Für eine nur aus Palmen beste- | ß
hende Gruppe: I. Die grosse goldene Staats-Medaille:
Die Marmor-Büste Sr. Majestät des hochseligen Königs
Friedrich Wilhelm IV. von Preussen.
Dem Geh. Kommerzienrath Raven & (Ober- | (Obergärtner Haack) für die Gesammmt-
särtner Wilhelm König). ausstellung von Orchideen.
Der Frau Rittergutsbesitzerin Reicehen-
heim, Berlin.
9
“u
202
II. a) Eine silberne Medaille:
für eine aus mindestens 40 verschiedenen Arten be-
stehende Sammlung von 1—3jährigen Gehölzsämlin-
gen in guter Kultur. Von jeder Art müssen wenig-
stens 10 Sämlinge ausgestellt werden.
Den belaubten Gehölzsämlingen des Baum-
schulbesitzers Lorberg, Berlin.
b) Eine silberne Medaille:
für die besten Formenbäume aller Obstsorten. Die
Bewerber müssen wenigstens 6 Bäume in 6 verschie-
denen Formen aufstellen.
Baumschulbesitzer Späth, Berlin.
c) Eine bronzene Medaille:
für Erdbeeren.
Der Königl. Gärtner-Lehranstalt
Potsdam.
d) Eine desgleichen:
Dem Baumschulbesitzer Späth, Berlin.
e) Eine bronzene Medaille:
für hochstämmige Alleebäume.
Dem GrafenPückler zuBranitz bei Kottbus.
(Obergärtner Bleyer) und ausserdem ein
Extrapreis von 10 Thlr.
f) Eine bronzene Medaille:
für selbstgezüchteten Blumenkohl.
zu
Emil Kratz, Kunst- und Handelsgärtner |
Hochheim-Erfurt.
g) Eine bronzene Medaille:
für selbstgezüchtete Gurken.
Frau Rittergutsbesitzeriin Reichenheim,
Berlin, (Obergärtner Haack) für 1 Gurke
Marquis of Lorne.
6. Preise des Königlichen Ministeriums der geist-
lichen, Unterrichts- u. Medieinal-Angelegenheiten: |
a) Für eine ästhetisch aufgestellte Gruppe von
Kalthauspflanzen 50 Thlr.:
Dem Kgl. botanischen Garten, Berlin,
Garten-Inspektor ©. Bouche.
b) Für eine desgl. von Warmhauspflanzen:
1. Dem Geheimen Kommerzienrathe Ra-
vene (Obergärtner König): 50 Thlr.
2. Dem Königl. Universitätsgarten,
Berlin, Universitätsgärtner Sauer. Ex-
trapreis von 50 Thalern.
c) Für eine Gruppe von Nadelhölzern, welche
in Deutschland im freien Lande aushalten:
1. Jürgens u. 00., Baumschulbesitzer,
Nienstädten bei Altona, 50 Thlr.
2. Peter Smith u. Co., Baumschulbesitzer,
Hamburg und Bergedorf, 50 Thlr.
d) u. e) Für abgeschnittene Rosen 25 Thlr.
|
9. Preise
Davon:
Dem Kunst- und Handelsgärtner Wendt,
Berlin, Hasenhaide 9a., 15 Thlr.
dem Baumschulbesitzer Böhme (Ober-
gärtner Kiesewetter), Genthin, 10 Thlr.
Frl. Bertha Reuter, Forsthaus Garbe bei
Wittenberge, 1 Extrapreis 8 Thlr.
Preis der Stadt Berlin: Für ein Projekt zur Um-
wandlung des „kleinen Thiergartens“ zu Moabit
zu einer dem dortigen Stadttheile Berlins an-
gemessenen Parkanlage. Mit einem Grundplan,
einer Erläuterung und drei perspektivischen An-
sichten, für welche die Standpunkte und Gesichts-
linien auf dem Grundplane anzugeben sind,
100 Thir.:
Dein Stadt- Obergärtner Rönnenkamp,
Friedrichshain, Berlin.
I
8. Preis von einem Blumenfreund: Für einen Blumen-
korb oder derartiges Arrangement von
schnittenen Blumen 20 Thlr.:
Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstr. 177,
für einen Blumenkorh.
J. C. Schmidt, Berlin, Unter den Linden 16,
für einen Blumenkorb einen Extrapreis
10 Thlrn.
Ausserdem J. C. Schmidt, Berlin, Unter
den Linden 16, für zwei Arrangements
15 Thlr.
des Pankow - Schönhauser Gartenbau-
Vereins:
a) Für die schönste Rosengruppe von mindestens
hundert blühenden Exemplaren in mindestens
fünfzig Sorten 25 Thlr.
Dem Kunst- und Handelsgärtner H. Wendt,
Hasenhaide 8a, Berlin.
b) Für ‘die imponirendste Gruppe von fünfzig
Koniferen in Töpfen oder Kübeln in fünfund-
zwanzig Arten und Abarten 25 Thlr.
Dem Königl. botanischen Garten zu
Berlin. (Garten-Inspektor Bouche.)
Der Kgl. Garnison- Verwaltung zu
Moabit bei Berlin. (Obergärtner Nicolai.)
1 Ehrenpreis von 25 Thlrn.
c) Für die schönste Gruppe Araukarien in min-
destens sechs Arten und Abarten 25 Thlr.
Der Kgl. Garnison- Verwaltung zu
MoabitbeiBerlin. (Obergärtner Nicolai.)
d) Für die schönste Gruppe von buntblätterigen
Dekorationspflanzen des Warmhauses in fünl-
undzwanzig Sorten 15 Thlr. i
Geh. Kommerzien-Rath Dannen-
(Obergärtner Dressler.)
abge-
von
Herrn
bergen.
e) Für die schönste Gruppe von buntblätterigen
Dekorationspflanzen des Kalthauses, die sich
zur Aufstellung im Freien während des Som-
mers eignen, und von buntblätterigen Freiland-
pflanzen. zusammen in fünfundzwanzig Sorten
15 Thilr.
DemKunst- undHandelsgärtnerL.Mathieu,
Berlin.
Für das reichhaltigste und schönste Sortiment
Ziergräser 10 Thlr.
Dem Kgl. botanischen Garten zu
Berlin. (Garten-Inspektor C. Bouche.)
Für die reichhaltigste Sammlung von Frei-
landsfarnen 25 Thlr. ;
Dem Königl. botanischen Gaıten in
Berlin’ (Garten-Inspektor C. Bouche.)
Für die beste Pflanze, welche zu dekorativem
Zwecke während des Sommers als Solitair-
pflanze auf Rasen zu verwenden ist 10 Thlr.
Peter Smith & Co. in Bergedorf bei Ham-
burg. (Ein Exemplar einer Araukarie.)
10. Preis des Kommerzienrathes Gilka 4 Frdor.
Für die besten hochstämmigen Heliotropen.
Dem Obergärtner Hornemann.
h)
iT.
bei Waldenburg in Schlesien 10 Thlr.
Für abgeschnittene Sortiments-Bluimen.
a. Dem Kunst- und Handelsgärtner Wrede
in Lüneburg.
b. Dem Kunst- und Handelsgärtner Schwa-
necke in Oschersleben ein Extrapreis von
6 Thlr.
2 Breis/der Kraus CHR rREe in Potsdam:
Die bronzene Büste Sr. Majestät des Kaisers von
Deutschland und Königs von Preussen.
Für 6 Aprikosen-Sorten.
Herrn Eduard Meiche, Stadtgärtner in
Nagy-Beeskerek (im Banat Ungarn).
Preise des Herrn Geheimen Kommerzienraths L.
Ravene: ö
a. Für eine Gruppe von Gewächshaus-Farnen
25 Thlr.
Dem Königlichen botanischen Garten
in Berlin (Garten-Inspektor ©. Bouche).
b. Für einen Blumentisch. ohne Anwendung
abgeschnittener Blumen, 25 Thlr.
Öbergärtner Eggebrecht.
14. Preis des Geheimen Kommerzienraths Borsig:
Für einen Blumenstrauss, bestehend aus nur
in Deutschland einheimischen oder eingebür-
zerten ausdauernden und annuellen Pflanzen,
13.
Preis «des Fabrikbesitzers Hayn in Hermsdorf |
|
15.
16.
17.
18.
19.
20.
geschmackvoll geordnet, nicht auf Draht ge-
bunden, sondern mit den Stielen ins Wasser
reichend, 18 Zoll Durchmesser an der
Basis und zu Vasen verwendbar, 20 Thlr.
Der Wittwe Schmidt, Berlin, Friedrichs-
strasse 168.
Preis des Herrn Geheimen Kommerzienraths
v. Kulmiz, Ida- und Marienhütte bei Saarau:
Für abgeschnittene Sortiments Blumen 10 Thlr.
Dem Baumschulbesitzer Späth, Berlin (für
Anemonen).
Preis des Generalpächters Sucker in Arklitten
bei Gerdauen:
Für eine Haargarnirung von lebenden Blumen
10 Thlr.
Herrn Oskar Maschner, Berlin, Brücken-
strasse 19.
Preise von einigen Damen Berlins:
a. Für eine Haargarnirung von frischen Blumen
nebst entsprechendem Brust-Bouquet 2 Frd’or.
Herrn J. C. Schmidt, Berlin, Unter den
Linden 16.
b. Für einen geschmackvoll verzierten Blumen-
tisch mit Pflanzen, welche im Zimmer
aushalten, 2 Frd’or.
Dem Notar Lämmerhirt, Berlin (Ober-
gärtner Deppner).
ca.
cut
Preis von K.... — in Berlin:
Für einen Brautkranz von blühender Myrte
1 Frd’or.
J. 6. Schmidt, Berlin, Unter den Linden 16.
Preis des Kaufmanns R. E.... in Berlin:
Für einen Fruchtkorb mit Blumen dekorirt
2 Frd’or.
Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstr. 177.
B. Vereinspreise.
l. Gemischte Aufgaben.
Eine Alabaster-Vase.
Dem fürstlich Fürstenbergischen Holgarten zu
Donaueschingen (Hofgärtner C. Kirchhoff)
für neue Einführungen.
Schaupflanzen:
1. Für Aörides odoratum album, Frau Ritter-
gutsbesitzer Reichenheim (Öbergärtner
Haack). 25 Thir.
2. Für Vanda Batemanni, Frau Rittergutsbe-
sitzer Reichenheim (Öbergärtner Haack).
25 Thlr.
3. Clianthus Dampieri, dem Kunst- u. Handels-
särtner Maak, Schönebeck bei Magdeburg.
20 Thlr.
26”
10.
IT.
12.
16.
18.
19.
20.
22. Neue
. Alocasia euprea, dem Geh. Kommerzien- |
. Saccolabium Holfordianum, Frau
. Croton pietum, dem Gutsbesitzer Danneel
. Botryodendron macrophyllum, dem Kunst-
. Für Pelargonien, desgl., 10 Thlr.
. Für 3 Dracaena nutans, dem Kunst- und |
haide. 10 Thlı.
. Für 1 Fuchsia Venus de Medieis, dem
. Für 3 grossblumige Pelargonien, dem Ge-
rath Ravene&(Obergärtner König). 20 Thlr.
titter-
gutsbesitzer Reichenheim (Obergärtner
Haack). 10 Thlr.
bei Köthen
10 Thlr.
auf Görzig
König).
(Anhalt) (Carl
und Handelsgärtner Maak, Schönebeck
bei Magdeburg. 10 Thlr.
. Elaeocarpus eyaneus, dem Garten-Inspektor
Gireoud in Sagan. 10 Thlr.
. Anthurium Laucheanum, dem Königlichen
botanischen Garten in Berlin (Garten-
Inspektor Bouche). 10 Thlr.
Plectogyne variegata, dem Kunst- und
Handelsgärtner Sauerwald — Berlin.
10 Thlr.
Für 5 Fuchsien Venus de Medicis, dem
Geheimen Kommerzienrath Ravene, Berlin
(Obergärtner König). 10 Thir.
Für Calceolarien, dem Geheimen Kommer-
zienrath Ravene (Obergärtner König).
10 Thlr. |
Handelsgärtner Lehmfuhl in der Hasen-
Geheimen Kommerzien-Rath Ravene —
Berlin (König). 10 Thir. |
Für 1 Fuchsia Venus de Medieis, der Frau
Kommerzien-Rath Reichenheim (Ober-
gärtner Leidener). 10. Thlr.
heimen Kommeızien-Rath Ravene (Kö-
NIS) WLOTTNIT.
Für 1 Attalea compta, dem Geheimen
Ober-Hofbuchdrucker v. Deeker (Öber-
särtner Reichholtz). 10 Thlr.
Für 1 Balantium antareticum, der König-
lichen Garnison-Verwaltung Berlin (Ober-
gärtner Nicolai — Moabit). 20 Thlı.
Für 1 Oreopanax dactylifolia, dem Garten-
Inspektor Gireoud in Sagan. 10 Thlr.
. Für Maranta zebrina, dem Freiherrn von
Lotzbeek (Obergärtner Sonnenberg)
15 Thlr.
Einführungen und Zichtungen, noch nicht
in München.
in Berlin ausgestellt:
1:
Für 20 neue Einführungen dem Kunst-
23.
27.
28.
und Handelsgärtner Jean Verschaflelt
in Gent. 40 Thlr.
2. Für 4 neue Agaven demselben. 30 Thlr.
3. Für 10 neue Einführungen dem König-
lichen botanischen Garten (Garten-Inspektor
Bouche). ! 25; Thlr.
4. Für 8 neue Agaven dem General der In-
fanterie a. D. Jacobi, Excellenz. 20 Thlr.
. Für eine Nymphaea alba var. sphaero-
carpa, der Königlichen Gärtner-Lehranstalt
zu Potsdam. 15 Thlr.
6. Für 3 neu eingeführte Orchideen der Fıau
Rittergutsbesitzer Reichenheim (Ober-
särtner Haack). 15 Thlr.
7. Für eine Gruppe von neuen Einführungen
dem Garten-Inspektor Gireoud in Sagan.
15 Thlr.
8. Für ein, Lilium puberulum dem Kunst-
und Handelsgärtner L. Mathieu. 10 Thlr.
9. Für eine Echeveria scaphophilla dem Kunst-
und Handelsgärtner Jean Verschaffelt
in Gent. 10 Thlr.
Für eine Oxalis tropaeoloides roseo-picta
dem Kunst- und Handelsgärtner Lieb -
mann in Dresden. 10 Thlr.
Für eine neugezüchtete Centaurea dem
Kommerzienrath Heekmann (Obergärtner
Mäcker). 10 Thlr.
. Für 2 Rodanthe Mansglesii fl. pl. dem Kunst-
und Handelsgärtner Grasshoff in Qued-
linburg. 25 Thlr.
13. Für 1 Sammlung von Begonien-Sämlingen
dem Öbergärtner Eggebrecht. 15 Thlr.
Schlauchpflanzen.
1. Der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim
(Obergärtner Haack). 50 Thlr.
2. Für 2 Darlingtonien dem Universitätsgärtner
Sauer in Berlin ein Extrapreis von 50 Thlr.
Bepflanzte Ampeln.
Dem Geh. Kommerzien-Rath Ravene (Öber-
särtner König) für Amnpeln mit Fuchsien
5 Tlılr.
Arrangements.
Herrn Otto Rumpf, Königstrasse 4. u. 9,
20 Thlr.
Stauden in Blüthe.
Dem Königl. botanischen Garten in
(Inspektor Bouche). 10 Thlr.
Neue Sommergewächse in Blüthe.
Dem Geh. Kommerzien-Rath Dannenberger
in Berlin (Obergärtner Dressler). 5 Thlr.
Marktpflanzen-Gruppen.
[S)1
10.
137
Berlin
29.
32.
34.
205
I. Dem Kunst- und Handelsgärtner H. Ba-
ding, Andreasstrasse 32. 30 Thlr.
2. Dem Kunst- und Handelsgärtner OÖ. Lieb-
mann in Dresden. 20 Thlr.
3. Dem Kunst- und Handelsgärtner Ritter
(für Celosia). 10 Thlr.
Teppichpflanzen und Teppichbeete.
1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Adolph
Petzold in Dresden für Teppichpflanzen
30 Thlr.
2. Dem Kunst- und Handelsgärtner Leise-
sang zu Charlottenburg für ein Teppich-
beet 20 Thlr.
. Dem Kommerzien - Rath Heckmann in
Berlin (Obergärtner Maecker) für 1 Tep-
pichbeet 1 Extrapreis 20 Thlr.
Aquarien, Terrarien u. S. w.
1 Preis zu 10 Thlrn.
Dem Kunst- u. Handelsgärtner CarlBenda.
=
Aufgaben für Pflanzen aus bestimmten Familien
und Geschlechtern.
Orchideen in Blüthe.
Dem Kunst- und
10 Thlr.
Marantaceen.
Für 1 Gruppe in 19 Arten.
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene
(Obergärtner W. König). 25 Thlr.
Für 1 desgl. in 40 Arten.
Dem Garten-Inspektor Gireoud zu Sagan.
15 Thlr.
Lilien im weitesten Sinne.
1. Für Alstroemerien.
Dem Königlichen
Handelsgärtner Allardt
botanischen
2. Für Lilium auratum.
Dem Geheimen Kommerzienrath Ravene
(Obergärtner W. König). 10 Thlr.
Baumartige Lilien.
1. Für eine Gruppe dem
von Jacobi, Excellenz. 40 Thlr.
2. Für eine desgl. dem Königlichen botanischen
Garten zu Berlin (Garten-InspektorBouche).
30 Thaler.
Agaven General
Garten in |
Berlin (Garten-Inspektor Bouche). 15 Thlr.
3. Für 3 Dracaenen (D. Guilfoylei, Reginae
und nigro-rubra) dem Garten - Inspektor
Gireoud in Sagan. 10 Thlr.
4. Für Yucca reeurvata dem Maurermeister |
Paetow. 10 Thlr.
35.
36.
37.
38.
43.
44.
45.
46.
Cyeadeen.
1. Für eine Zamia niveo-lanuginosa dem Ge-
heimen Kommerzien-Rath Ravene& (Ober-
särtner König). 15 Thlr.
2. Für eine Macrozamia spiralis dem König-
lichen Geheimen Ober - Hofbuchdrucker
v. Decker (Öbergärtner Reichholtz).
10 Thlr.
Lorbeer.
Für 6 Standbäume dem Kunst- und Handels-
särtner Leisegang in Charlottenburg. 20
Thlr.
Orangen.
Dem Königlichen Schlossgarten zu Char-
lottenburg (Hofgärtner Brasch), für 6 Stand-
bäume. 20 Thlr.
Myrten.
Dem Kommerzien-Rath Gilka (Öbergärtner
Hornemann.) 10 Thlr.
Und 1 Extrapreis von 15 Thlr.
. Eriken.
Dem Kunst- und Handelsgärtner Plage zu
Schöneberg. 10 Thlr.
. Aukuben.
Dem Baumschulbesitzer Lorberg. 10 Th'r.
. Epheu.
Dem Baumschulbesitzer Spaeth. 10 Thlr.
. CGrotons.
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene.
(Obergärtner König.) 20 Thlr.
Gacteen.
1. Dem Dr. Poselger. 25. Thlr.
2. Dem Königl. botanischen Garten (Inspektor
Bouche.) 20 Thlr.
Crassulaceen.
1. Dem
für Kalosanthes.
Handelsgärtner Gude
10 Rhlr
und Handelsgärtner Lieb -
mann in Dresden für Echeverien. 10 Thlr.
Kunst- und
2. Dem Kunst-
Goleus.
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Raven«
(Obergärtner König). 10 Thlr.
Pelargonien.
1. Dem Dr. Hans Herrmann in Schöne-
40 Thlr.
2. Dem Brauerei-Direktor Busse für gross-
blumige und Odier-Pelargonien. 30 Thlr.
beck bei Magdeburg.
3. Demselben für Scharlach-Pelargonien. 20
Thlr.
4. Demselben für buntblättrige Pelargonien.
10 Thlr.
. Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene
ot
47.
48.
49.
. Caleeolarien.
206
(Obergärtner König)
sonien. 10 Thlr.
6. Dem Kunst- und Handelsgärtner Leise-
sang in Charlottenburg für gefüllte Pe-
largonien. 10 Thlr.
7. Dem Kunst- und Handelsgärtner J. Hör-
demann in Kassel für grossblumige und
für gefüllte Pelar-
Ödier-Pelargonien. 10 Thlr.
Fuchsien.
1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Gude.
25 Thlr.
2. Dem Geheimen Kommerzienrath Raven&
(Obergärtner König) für hochstämmige
Fuchsien. 15 Thlr.
3. Dem Obergärtner Eggebrecht für hoch-
stämmige Fuchsien. 15 Thlr.
4. Dem Kunst- und Handelsgärtner Neu-
mann in Schönebeck. 10 Thir.
Gesneraceen.
1. Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim
(Obergärtner Haack) für Gloxinien. 25
Thlr.
2. Dem Geh. Kommerzien-Rath Dannen-
berger(Öbergärtner Dressler) für ver-
schiedene Gesneraceen. 15 Thlr.
Hortensien.
1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Bading.
10 Thlr.
2. Demselben für Kronenbäumcehen. 10 Thlr.
3. Dem Kunst- und Handelsgärtner Petzold
in Dresden für neue Sorten. 10 Thlr.
Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim (Öber-
särtner Haack). 10 Thlr.
1. Phlox Drummondii.
Dem Kunst- und Handelsgärtner Bading.
10 Thlr.
. Reseda.
Dem Kunst- und Handelsgärtner O. Lieb-
mann in Dresden (Kugel- und Spalierform)
10 Thlr.
3. Stiefmütterchen (Viola altaico-tricolor).
Dem Kunst- und Handelsgärtner Wrede in
Lüneburg. 10 Thlr.
II. Obst und Gemüse.
. Obst.
Landesbaumschule in Alt-
Wrede) für
1. Der
Geltow
Königl.
(Garten - Inspektor
Kirschen. 30 Thlr.
2. Dem Königl. Melonerie-Revier in Potsdam
(Hofgärtner Buttmann) für Weintrauben
(Black d’Ingram). 20 Thlr.
3. Demselben für Pfirsiche. 20 Thlr.
4. Demselben für Aprikosen. 10 Thlr.
5. Demselben für 2 Pariser Glocken-Melonen.
10 Thlr.
6. Dein Königl. Marly- Gärtner in Potsdam
(Hofgärtner Nietner) für Melonen und
Pflaumen. 10 Thlr.
7. Dem Gartenbauverein zu Guben für Kir-
schen. 10 Thilr.
8. Demselben für Beeren-Obst ein
preis von 10 Thlrn.
9. Herrn v. d. Osten in Steglitz für Erd-
beeren. 5 Thlr.
Extra-
C. Ausserhalb des Programms.
55. Dem Königlichen botanischen Garten (Inspektor
Bouche£) für Selaginellen. 10 Thlr.
56. Der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim
(Obergärtner Haack). für Campanula-Medium-
Formen. 5 Thlr.
57. Der Frau Senatorin Jenisch in Flottbeck bei
Altona für selbstgewonnene Früchte der Vanilla
lutescens. 25 Thlr.
58. Dem Königlichen botanischen Garten (Inspektor
Bouche) für buntblättrige Abutilon, durch Ein-
tluss des KEdelreises auf die Unterlage gewonnen.
10 Thlr.
59. Dem Hofgärtner Reuter, auf der Pfaueninsel
bei Potsdam, für Bastardbildungen von Bohnen,
Mais ete. 10 Thlr.
60. Herrn Portrait- und Geschichtsmaler Kadersch
in Görlitz für Aquarelle 10 Thlr.
Bemerkung. Mehre Gegenstände, für welche
keine Konkurrenzen ausgeschrieben waren, sind von
dem Preisrichter- Amt zur Prämiirung mit einer sil-
bernen resp. bronzenen Staats-Medaille vorgeschlagen
worden. Da aber hierzu erst die Genehmigung Sr.
Excellenz des Herrn Ministers für die landwirthschaft-
lichen Angelegenheiten erbeten werden muss, So
bleibt die Veröffentlichung vorbehalten.
Noack, als Schriftführer.
Noack. &aerdt. Göppert.
Neumann. Lauche.
Krause. Eilner.
Booth. Meyer.
Münter, als Vorsitzender.
Kramer, Kolb. Wendland.
de Jonge van Ellemeet. Boettger.
Dippe. Haage. Starke. Bolle.
Schoch. Bohm. Haenel. Scehiebler.
Reinecke.
une De
ee re ee
20
Bericht -
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
(Fortsetzung.)
36. Cassia Blumenavia haben Haage und
Schmidt in Erfurt einen hübschen Blüthenstrauch
provisorisch genannt, von dem sie Samen durch den
bekannten Dr. Blumenau in Santa Catharina (Bra-
silien) erhielten. Sie empfehlen ihn im Sonmer ins
freie Land. Die grossen und
sollen eine schöne Belaubung besitzen, deren Reiz
noch durch die prächtigen goldgelben, etwas ins
Orangefarbene spielenden Blüthen erhöht wird.
87. Ceroxylum niveum Hort. (Diplothemium
:audescens Mart.) wird jetzt wiederum von Linden
in Brüssel empfohlen. Es ist unbedingt eine der
sehönsten Palmen, welche wir besitzen, und schliesst
sich, besonders in der ersten Jugend,
srossen Blätter noch nicht gefiedert, sondern ganz
sind, den Phönikophorien an. Sie wächst aber ge-
drungener und zeigt eine grössere Anzahl von Blät-
tern, welche später gefiedert werden, die schmalen
Fiederblättehen aber in grosser Anzahl rasch auf ein-
ander lolgend besitzen. Ihre Sehönheit wird noch
besonders dadurch bedingt, dass die Unterfläche eine
silbergraue Farbe hat.
38. Unter
oder des Cheiranthus annuus, also unserer be-
liebten Sommer-Levkoje, welche Beachtung der Lieb-
haber verdienen, steht die Viktoria-Sommer-Levkoje,
wo die
den neueren Formen der Matthiola
welche Haage und Schmidt aus Samen erzogen
haben und eben in den Handel bringen, obenan.
Nach Mittheilun-
zen sollen in jedem Kelche 2 Blumen, gleichsam wie
2 Augen sich befinden und eine kugelige Gestalt be-
sitzen. Da diese Form ausserdem 10-
busten Bau, grosse Verästelung und Blüthenreich-
thum auszeichnet, so mehr
pfehlen.
39. Eine andere Form der Levkoje ist jetzt un-
te rdem Namen M. autumnalis monstrosa in
Handel gekommen. Die sehr
Blüthen spitzen sich meist kegelförmig zu. Gewöhn-
lich kommt es aber noch vor, dass mitten auf dem
Centrum der Blüthe eine zweite mit ähnlichem Bau
sich erhebt.
40. Als Chenopodium pyramidale bringen
jetzt Haage und Schmidt in Erfurt eine riesige
Art des Gänsefusses in den Handel, da sie 2 bis 3
Meter, also bis gegen 10 Fuss hoch, werden soll.
In Wachsthum wird mit
Noch haben wir sie nicht gesehen.
sich durch
so ist sie um zu em-
den
STOSSEen, gefüllten
sie der Artemisia annua,
gefiederten Blätter |
-
‘
einem orientalischen Beifusse mit feiner Belaubung
verglichen. Sie wurde aus Manilla eingeführt.
41. Choisyaternata H.B. etK. ist ein mexi-
kanischer Strauch aus der Zanthoxyleen-Abtheilung
der Rutaceen und zeichnet sich durch starken Ge-
ruch in allen seinen Theilen aus. Er ist ohne alle
Behaarung. Die gegenüberstehenden Blätter bestehen
aus lederartigen und durchsichtig-punktirten Blätt-
chen und die prachtvollen weissen Blüthen befinden
sich, einen trichotomen Blüthenstand bildend, in dem
Winkel der oberen.
42. Cinnamomum pedunculatum N. v. E.
sehört zwar zu den Zimmetbäumen, hat aber das
Gewürzhafte in geringerer Menge in der Rinde.
Trotzdem wird diese Art in ihrem Vaterlande Japan
vielfach zur Gewinnung der Rinde benutzt. Es ist
ein mässiger Baum mit aufrechten Aesten und Zwei-
gen, welche mit langgestielten elliptischen und leder-
artigen Blättern besetzt sind. Neuerdings hat Lin -
den in Brüssel hiervon eine Abart mit panachirten
Blättern in den Handel gebracht.
43. Seitdem die grossblumigen Wandelblumen
oder Cinerarien mit der letzten internationalen In-
dustrie-Ausstellung des Jahres 1867 in Paris Beifall
sefunden haben, sind von Seiten deutscher
Handelsgärtner Versuche gemacht worden, in ihnen
eine noch grössere Vollkommenheit hervorzurufen.
Unter Anderen ist dieses Haage und Schmidt in
Erfurt gelungen.
auch
Eine solehe verbesserte Form wird
| jetzt mit der näheren Bezeichnung hybrida maxi-
ma in den Handel gebracht. Eine andere inte-
ressante Form ist die, oder, wie man gewöhnlich hier
sagt, die Blumenblätter, sich röhrenförmig zusammen-
legen; sie hat den Beinamen hybridastellata er-
halten. Eine dritte Form endlich besitzt die Zungen-
blüthehen, zwar kürzer, aber breiter, und ist als €.
hybrida den
worden.
pomponica in Handel gebracht
44. Costus hirsutissimus wurde durch den
ohnlängst verstorbenen Dr. Seemann aus Central-
William Bull
der jetzt die Pflanze in
Amerika an in London gesendet,
den Handel gebracht hat.
In wie weit diese Scitaminee von dem von Presl
beschriebenen Costus hirsutus aus Mexiko sich unter-
scheidet, ist uns nicht klar, auf jeden Fall steht er
ihm nahe und gehört, wie die übrigen Arten dieses
Geschlechtes, zu den besten ornamentalen Pflanzen
des Warmhauses.
Stengel.
Er macht alljährlich aufrechte
Seine breit-elliptischen und durchaus mit
zottigen, aber kurzen Haaren besetzten Blätter bilden
eine deutliche Spirale.
45. Collinsia violacea Nutt. bleibt noch kleiner,
208
als die bekannte, jetzt aber wieder vergessene C.
verna, und kann demnach zu Teppichbeeten, Ara-
besken -Pflanzungen u. s. w. sehr gut verwendet
werden. Leider ist nur ihre Dauer eine sehr kurze.
Sie verästelt sich und besitzt am unteren Theile ei- |
rundliche, am oberen hingegen längliche Blätter.
Die violetten Blüthen bilden zu 4 bis 6 Quirle und
nehmen den oberen Theil aller Zweige ein. Vater-
!ınd ist das südliche Nordamerika,
Staat Arkansas.
46. Combretum grandiflorum G. Don ist eine
Liane des tropischen West-Afrika und gehört des- |
halb in das Warmhaus. Hier ist es zum Umziehen
der Säulen, Sparren u. s. w. sehr gut zu gebrauchen.
Seine in der Jugend behaarten Blätter stehen
einander gegenüber, sind eirund -elliptisch und
zeichnen sich durch eine olivengrüne Farbe aus,
welche aber durch ein silbergraues, an den Aesten
(les Mittelnervs ausstrahlendes Band unterbrochen
ist. Auf der Unterfläche sind sie purpurbraun. Der
kurze und dicke Blattstiel ist eben so gefärbt. Die
scharlachrothen Blüthen bilden in dem Winkel der
Blätter, aber auch endständig, Aehren.
47. Corethrogyne spathulata Gray ist uns
unbekannt, steht aber gewiss der von Douglas ein-
seführten C. californiea nahe, und wächst, wie diese,
auf der Westseite Nordamerika’s. Sie gehört zu den
den Astern ähnlichen Körbchenblüthlern und dauert
Wird sie zeitig ausgesäet, blüht sie schon im
Sie verästelt sich und trägt zahlreiche
Während
aus.
ersten Jahre.
Blüthenkörbehen von 2 Zoll Durchmesser.
besonders der
‚lie Strahlenblüthehen eine violette Farbe besitzen,
ist die der Scheibe gelb. Im Durchschnitt beträgt
die Höhe der ganzen Pflanze höchstens 1 Fuss.
48. Corokia buddlejoides A. Cunn. gehört zu
den australischen Rhamnaceen und bildet einen bis
10 Fuss hohen Blüthenstrauch.
ihn in seiner Gartenflor empfiehlt (Tab. 679, 1. 2 bis
Nach Regel, der |
6), verlangt er keine besondere Pflege und ist leicht |
zu kultiviren. Die lederartigen und schmal-elliptischen
Blätter sind ganzrandig und haben eine freudig-grüne
Oberfläche, während die Unterflläche graufilzig ist.
Die kleinen, gelben Blüthen bilden endständige und
meist zusammengesetzte Doldentrauben.
49. Croton angustissimum ist von Cr. Joannis
(vor. Jahrg. d. Wochenschrift, S. 306) nicht ver-
sehieden.
50. Croton grande wurde von Will. Bull in
den Handel gebracht und stellt eine der kräftigsten
und haben,
Formen des vielgestaltigen Cadiaeon variegatum (Cro-
ton) L., wie jetzt der Dekorationsstrauch im Systeme
heisst, dar. Die 8 Zoll langen, in der Mitte fast vier
Zoll breiten und länglichen Blätter stehen auf einem
1 bis 11, Zoll langen Stiele und sind an dem Mit-
telnerv und seinem Hauptnerv schön gelb gefärht.
Ausserdem finden sich aber auch gelbe Flecken vor,
welche bei älteren Pflanzen mehr .hervortreten.
Stammt von den Südseeinseln.
51. Croton fucatum wurde dagegen aus Bombay
eingeführt und hat ebenfalls ein kräftiges Wachsthum.
Die Blattstiele der im oberen Theile breiteren Blätter
sind mit einem rothen Stiele versehen und haben
ausserdem gelbe Mittelnerven und eine eben so ge-
färbte Aderung.
52. Cuphea platycentron gehört ohne Zweifel
zu den schönsten der niedrig bleibenden Blüthen-
sträucher, der leider aber wiederum allmählig aus
den Gärten zu verschwinden scheint. Vielleicht wird
die Form mit goldgelb-umrandeten Blättern, welche
jetzt Haage u. Schmidt in den Handel bringen,
Ursache, dass man ihr wiederum mehr Aufmerksam-
keit zuwendet.
53. Cypripediumparviflorum Salisb. und pu--
bescens Willd. sind 2 Frauenschuharten Nordame-
rikas, welche unser einheimisches C. Calceolus ver-
treten und, wie diese, bei uns in Gärten Anwendung
Iinden können. Regel hat deshalb eın besonderes
Verdienst, dass er in seiner vorzüglichen Gartenflora
(auf der 700. u. 701. Tafel) neuerdings auf sie auf-
merksam gemacht hat. C. parviflorum besitzt
kleinere Blüthen, wie der Name sagt, aber auch die
ganze Pflanze ist schlanker, und zeichnet sich durch
schmalere und elliptisch-lanzettförmige Blätter aus.
Die 1!/, bis 1°, Zoll langen und schmalen Blumen-
blätter sind grünlich-röthlich gefärbt und die 7 bis
9 Linien im Durchmesser enthaltende Lippe besitzt
eine schöne, gelbe Farbe. C. pubescens wächst
dagegen gedrängt und hat einen robusteren Bau.
Die eirund-spitzen Blätter folgen rasch aufeinander
bei einer Breite von 2 im unteren Drit-
tel, eine Länge von 31, Zoll. Von den grün -roth
gefärbten Blumenblättern ist das oberste und unter-
ste weit breiter und von 5 Nerven durchzogen, wäh-
rend
die beiden seitlichen und spiralig gedrehten
zwar 3 Zoll lang, aber nur 3 Linien breit sind.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 13.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch.
General- Sekretär des Vereines.
No. 27. Berlin, den 6. Juli. 1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thhlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872, — Bericht über die im
letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung.) — 6. Obst- und Weinausstellung in Botzen.
Die Festausstellung
des Vereines zur Beförderung des &artenbaues
vom 21. bis 30. Juni 1872.
Fünfzig Jahre sind für einen Verein schon ein
hübsches Alter. Eine so lange Zeit kann dem Kritiker
Gelegenheit geben, sich auszusprechen, inwielern der
Verein seinem Zwecke entsprochen hat, wie weit
von ihm die Aufgaben erfüllt Der Verein
wurde vor fünfzig Jahren zwar durch Nichtgärtner
angeregt und ins Leben tüchtigsten
„ärtnerischen Kräfte der damaligen Zeit standen aber
ihm schon alsbald zur Seite und trugen dazu bei,
dass er nicht allein anfangs gleich Lebensfähigkeit
sind?
serufen, die
zeigte, sondern auch nach allen Seiten hin seine
Thätiekeit entfalten konnte. Der Verein ist nicht
eine Vereinigung allein von Gärtnern, also nicht al-
lein von Männern Berufes und demnach
auch nicht gleicher Interessen, Laien bilden
srosse Mehrzahl. Seine Aufgabe ist zunächst Ver-
edlun® und Vervollkommnung des Menschen, Bil-
dungsmittel dabei die Pilege der Blumen und Pflanzen.
Seit seinem fünfzigjährigen Bestehen war er deshalb
unablässig bemüht, einestheils Liebe zu Blumen und
andern-
gleichen
seine
Pflanzen zu erwecken und zu verbreiten,
theils aber auch den Gärtner zu heben.
des Gärtners ist vor Allem, Vermittler zwischen Laien
und Blumen zu sein. Als der Verein ins Leben ge-
rufen, war dieser Beruf noch keineswegs in der
Weise, wie es wünschenswerth ist, erkannt. Das
Glück wollte ihm wohl, da er auch zwei Männer zu
Der Beruf
seinen Mitgliedern zählte, die mit besonderer Beza-
bung die ästhetische Seite der Gärtnerei, die eigent-
liche Gartenkunst, praktisch durehführten: der Eine
als Organ dreier preussischer Könige, welche unab-
Mutter Natur
stiefmütterlich gespendet, Reize zu schaffen und des
Menschen Aufenthalt wohnlicher zu machen, der An-
reichlich
lässig bemüht waren, grade da, wo
dere, mit Glücksgütern versehen, zeigte
durch die That, dass der Mensch auch die vernach-
lässigtsten und eintönigsten Gegenden in paradiesische
Gefilde umzuwandeln vermag.
Das
Zeit der Existenz des Vereins die Hauptrolle; dureh
Alles,
berfaden gleich hindurch.
ästhetische Moment spielt in der ganzen
was er that, schlängelte sich dieses einem Sil-
Doch vermachlässigte er
auch keineswegs die praktische Seite der Gärtnerei,
und zwar um so weniger, als beständig tüchtige
Gärtner unter seinen Mitgliedern sich befanden, welche
durch Wort und Schrift zu Vor
Allem war es der Obstbau, welchem er seine sanze
belehren suchten.
besonders in den letzten beiden
Jahrzehnten, Hier
bedeutende Resultate erzielt zu haben.
Aufmerksamkeit,
widmete. darf er sich rühmen,
In einer Zeit, wo weder in der Landwirthschaft,
noch in der Industrie Ausstellungen gemacht wurden.
tief er schon dergleichen ins Leben. Sie fanden all- ,
zemeinen Beifall um so mehr Liebe
zur Pflanzen- und Blumenkultur, als sie in der Weise
öffentlich waren, Mit-
»lied bedurfte, um unentgeldlich Einlass zu erhalten.
und erweckten
dass es nur der Bitte an ein
Bei diesen Ausstellungen stand wiederum das
24
U)
ästhetische Moment obenan. Eben deshalb erfreuten
sie sich hauptsächlich eines grossen Rufes und wurden
sehr besucht. Dass sie einen grossen Einfluss auf
die heutige Richtung der Gartenkunst ausgeübt haben,
unterliegt keinem Zweifel. Wenn auch bei Franzosen
und Belgiern, neuerdings auch bei Engländern, dem
ästhetischen Prinzip bei Ausstellungen gehuldist wird,
so ist es doch nirgends in der Weise durchgeführt
worden, wie durch den Verein zur Beförderung des
Gartenbaues Berlin. Nicht durch Effektstücke
suchte man, wie jenseits der Vogesen, die Sinne
des weniger Gebildeten zu fesseln, sondern man er-
hielt, trotz der leider dazu geneigten Richtung unserer
in
Zeit, die Einfachheit und Reinheit einer edeln Gar-
tenkunst. Grade diese letzte Ausstellung legte hier-
von Zeugniss ab. Wenn demnach eine solche ge-
diegene Ausstellung, wie jetzige, bei dem nach Effekt
haschenden Publikum nieht den Anklang gelunden
hat, so dar! der Verein doch nicht bei späteren Aus-
stellungen von seinen Grundsätzen abgehen. Ist es
etwa in der Musik, in der Malerei u. s. anders?
In ästhetischer Hinsicht hat der Verein gewirkt, auch
die jetzige Ausstellung ist auf die Bildung des Her-
zens von Einfluss gewesen. Wer ein tieferes Inter-
esse hatte, besuchte sie und sie nicht unbe-
Iriedigt verlassen haben.
Obwohl von auswärts nur eine sehr geringe Be-
theiligung stattgefunden hatte — man hatte absicht-
lieh nichts dafür gethan, um ihr das Gepräge einer
W.
wird
Wohngebäude
schmack erbauten Halle, einen Anblick dar, der selbst
strenge Künstler zur Bewunderung hinriss. Die Kunst-
fertigkeit in Gruppirungen, welche bei den Ber-
liner Gärtnern kurz nach der Gründung des Vereines
schon anerkannt worden, verdient noch heut’ zu Tage
dieselbe Anerkennung. Dass aber auch der Inhalt
der Ausstellung zum Theil vorzüglich war und nicht
leicht übertroffen werden möchte, beweisen die Reichen-
heimschen Orchideen, die blühenden Schlauchpflan-
zen (Sarracenien) aus Donaueschingen, die Sammlun-
gen von Dickpflanzen u. Koniferen u. s. w.
Der zur Ausstellung benutzte Raum, der Garten
des Wilhelms - Gymnasiums in der Bellevuestrasse
No. 15 umfasste, ausser der grossen Turnhalle, ein
Areal von 11, Morgen, war aber, wenn auch grad-
linig, so doch dadurch unregelmässig und unvortheil-
halt, dass das prächtige Gebäude des Gymnasiums
auf der einen Seite ziemlich in der Mitte, das kleinere
des Direktors auf der anderen
oberen Ende vorsprang. Es wurden dadurch 2 un-
gleiche Hälften des ganzen Ausstellungsraumes gebil-
det. Ein Theil der oberen Hällte war in seiner gan-
zen Breite durch die bereits erwähnte offene Halle von
50 Fuss Tiefe eingenommen. Diese Halle, im einfachen,
aber edlen Style, hatte seitliches Oberlicht und trug in
anı
' jeglicher Hinsicht dazu bei, dass der Inhalt an Pfianzen
ächten Berliner Ausstellung zu erhalten — so gehört |
sie, und das betrifft wiederum vor Allem das ästhe-
tische Moment, zu den besten und eigenthümlichsten
Ausstellungen, die je, nicht allein in Berlin, sondern
auch sonst in Europa stattgefunden haben. Es ist
dieses ein Ausspruch, den zwei mit Ausstellungen
sehr vertraute Ausländer uns erst in diesen Tagen
ausgesprochen haben. Mögen andere grosse Aus-
stellungen durch Massen, durch Reichthum an Neu-
heiten oder durch Schaupflanzen sich ausgezeichnet
und ihr hierin den nicht bestreitbaren Rang abge-
laufen noch die Erfüllung
mancher frommen Wünsche ausgeblieben sein, bei den
haben, mag ausserdem
schwierigen Verhältnissen, die leider ausserdem ein-
wirkten, ist dasMögliche für die Ausstellung geschehen;
hat, ohne den Leistungen etwa nahe
treten zu wollen. vor Allem in ästhetischer Hinsicht
einen Triumph gefeiert, wie in gleicher Weise keine
Ab-
sesehen von dem Ganzen, was trotz des schwierigen
Terrains meisterhaft geordnet war, boten die grossen
Gruppen von Pflanzen, ganz besonders in dem Turn-
der offenen, mit vielem Ge-
sie anderen
andere grosse Ausstellung sich rühmen kann.
saale, aber auch in
und sonst nicht in geringster Hinsicht durch irgend etwas
beeinträchtigt, sondern im Gegentheil alles gehoben
wurde. Sie macht dem Baumeister alle Ehre und
kann allen denen, welche in der glücklichen Lage
sind, über grössere Gärten verfügen zu können, als
Muster und zur Belehrung dienen. Von der Mitte
des davor sich ausbreitenden freien, mit Gruppen
aller Art bepflanzten Stückes aus gesehen, bot diese
offene Halle mit ihrem mannigfachen Inhalte einen
stossen Genuss. Wenn wir etwas anders ge-
wünscht hätten, so war es die helle graue Farbe
der einfachen Draperie am Eingange, wo leider eine
gelbe Kante das Auge noch unangenehmer be-
rührte. Man hätte ein dunkeles Schiefer-, aber kein
blasses Grau nehmen sollen. Gelb verträgt sich
nicht mit Pflanzengrün. Die gelben Blumen auf
unseren Wiesen sind lebendiger
stimmten Formen.
Eine zweite sehr schmale offene Halle, oder
vielmehr ein breiter gedeckter Gang befand sich auf
der entgegengesetzten Seite des Einganges, also am
oberen Ende, und diente nur zur Aufstellung von
Tafeln, um die Früchte, Instrumente, in soweit sie
zum Gartenbau gehören, hauptsächlich aber die
Luxuspapiere (Manschetten u. s. w. für Bouquets)
u. s. w. aufzunehmen. Daran schloss sich ein auf
und geben keine be-
ee
der linken Seite angebautes kleines und wiederum
nach vorn gehendes Warmhaus, was von dem gros-
sen Gymnasiums-Gebäude so gedeckt wurde, dass
man es nur erst dann sah, wenn man der zweiten
oheren Hälfte des Ausstellungsraumes sich näherte.
Auf der anderen Seite, der Direktorialwohnung sich
anschliessend, befindet sich geräumige Turn-
halle.
Den Plan für die Ausstellung hat, mit Hinzu-
ziehung der 3 Ordner: Hofgärtner Brasch in Char-
lottenburg. Kunst- und Handelsgärtner Jannoch und
Boese, der Stadtgartendirektor Meyer entworlen.
Den gegebenen Verhältnissen der beiden genannten
monumentalen Gebäude und übrigen daran grenzen-
den Wohnhäuser nach konnte die ganze Anlage auch
nur architektonisch gehalten werden, d. h. es musste
die gerade Linie vorherrschen. Dass diese aber
doch nieht zu sehr vorwaltete und mit den grossen
Gruppen der offenen Halle und des Turnsaales im
Widerspruch stand, im Gegentheil allenthalben har-
dem Einen zum Andern
die
monischer Uebergang
vorhanden war, dass nirgends ein Sprung, wie wir
dergleichen Allem Anlagen
sehen, sich den Augen bemerkbar machte, das war
eben die Kunst des Meisters.
Von der Strasse führt ein langer Gang zwischen
zwei Mauern nach dem Gymnasium und dem ganzen
Ausstellungsraum. Schöne Lorbeer-Standbäume be-
tunden sich hier in kurzen Zwischenräumen aul bei-
den Seiten. Derselbe Weg setzte sich vor dem Gym-
nasium vorbei nach hinten zur zweiten und kleineren
Hälfte unmittelbar fort. Eine Gruppe von Kalthaus-
pflanzen des botanischen Gartens, davor die
Siegesgöttin Lebensgrösse und auf niedrigem
Postament aus der weithin bekannten Thonwaaren-
fabrik von March in Charlottenburg begränzten den
Weg. Diese Endpunkte machten gleich bei dem
Eintritte von der Strasse aus einen freudigen Ein-
druck.
Das Gymnasium bis 6 Fuss Ent-
fernung mit 2 Hamburger Sammlungen Koniferen in
Körben und in vorzüglicher Kultur gedeckt. Die
Exemplare hatten zwar eine verschiedene Höhe,
waren aber so gestellt, dass die hinteren von gegen
8 Fuss Höhe die Mauer vollständig deekten. Etwas
Passenderes als dergleichen dunkellaubige Koniferen
konnte nicht leicht zur Deckung benutzt werden.
Aufl der anderen Seite des Weges breitete sich die
vordere und grössere Hälfte mit den Rasenstücken,
Springbrunnen, Gruppen von Blüthen- und Blatt-
pflanzen, Teppichbeeten u. s. w. aus.
Einen besonders geeigneten Platz hatte Direktor
von
vor bei iranzösischen
in
selbst war
|
Meyer den Dicekpflanzen angewiesen. Sie
gleich am Eingange zwischen dem Wege und seit-
lich von der offenen Halle, etwas abgeschlossen von
waren
den übrigen Pflanzen, in d geschmackvoll geordneten
Gruppen aulgestellt.
Zum ersten Male fand sich hier ein Schmuck in
den Ausstellungsräumen vor, der bis jetzt bei Aus-
stellungen weder im Aus- noch im Inlande keines-
wegs in der Weise hinlänglich in Betracht gezogen
wurde, wie seine Bedeutung es verlangt. Die bil-
dende Gartenkunst, d. h. der ästhetische Theil der
Gesammtgärtnerei, kann sieh auch anderer Kunst-
segenstände bedienen, in sofern diese zur Erhöhung
Wenn
nun schon in grossen Parks und Anlagen Werke der
der Schönheit des Gesammtbildes beitragen.
plastischen Kunst deshalb mannigfach in Anwendung
kommen, so ist dieses noch mehr in Schmuckgärten,
in denen sich das Leben des Besitzers seiner
Familie abspiegeln soll, der Fall. Man sich
dabei allerdings hüten zu überladen. Plastische Ge-
und
muss
senstände, vor Allem lebensgrosse Figuren, ja selbst
Gruppen und Vasen, können je nach den Umständen
im Schmuckgarten angezeigt sein.
Die Frage, welches Material zu dergleichen plasti-
schen Gegenständen genommen werden soll. riehtet
sich vor Allem nach der Art und Weise des Schmuck-
sartens, aber auch nach der Lebensstellung und den
Vermögens-Verhältnissen des Besitzers. Es ist keine
Frage, dass Marmor und gute Bronze zwar stets das
beste Material für plastische Gegenstände sein und
bleiben werden; abgesehen von der Kostspieligkeit
werden diese, aus Marmor oder ächter Bronze ange-
fertigt, aber in einem Schmuckgarten keineswegs an-
gezeigt sein, da sie als Kunstgegenstände von Be-
deutung die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich ziehen
würden, der Schmuckgarten ihnen untergeordnet wäre.
Die Gartenkunst könnte in diesem Falle nur die Die-
nerin der plastischen Kunst sein, wie sie unter be-
stimmten Verhältnissen
Architektonik
Deshalb
elegantes
Gegenstände
auch nur als Dienerin der
in Anwendung kommen kann.
ist unserer Ansicht nach ein weniger
und kostspieliges Material für plastische
und kleineren Schmuck-
gärten angezeigt, damit sie nur als Attribute zur Er-
in grösseren
höhung der Schönheit einzelner Stellen des Schmuck-
gartens dienen. Es ist nicht zu leugnen, dass der
Thon, und zwar mit der ochergelben, weil nicht blen-
denden Farbe, dazu nicht weniger geeignet ist, als
die Blei-, weniger die Kupfer- und Messingfarbe, un-
Wir besitzen in unse-
rer Nähe 2 Künstler, welehe mit dem einfachen Ma-
Zink
ter den Bronze-Nachbildungen.
terial des ocherfarbigen Thones und der auf
Zi
212
basirenden Blei-Bronze aul eine Weise umzugehen
verstehen, dass sie mit Recht schon lange die ver-
diente Anerkennung erhalten haben. Die March-
sche Thonwaarenfabrik in. Charlottenburg und die
Kahle’sche Zinkwaarenfabrik in Potsdam haben in
ihren Kunstwerken eine Voll-
kommenheit erreicht, die wohl kaum noch etwas zu
den letzten Jahren in
wünschen übrig lässt. Bei zwar genauem Studium
der Antike haben sich die Besitzer der neueren
Richtung doch vorherrschend
beiden Fabriken
stellung
angeschlossen. Aus
ar Vorzügliches zur Pflanzen-Aus-
des Vereins zur Beförderung des Garten-
haues geliefert worden, um ihr einen erhöhten Glanz
zu verleihen. Doch auch die Gegenstände, welche
aus der Lippold'schen Zinkgiesserei (Linienstrasse
154a) hervorgegangen waren, wurden in ihrem Werthe
init Recht gewürdigt.
Was zunächst die plastischen Gegenstände aus
Thon anbelangt, so ist es ein glücklicher Gedanke
des Künstlers, dass das Ochergelb der Ständer oder
Postamente stets etwas heller ist, als das des Kunst-
zegenstandes. Dadurch
ab und wird von dem ersteren nicht beeinträchtigt.
Was für eine grossartige Wirkung ein nicht zu helles
Grün in verschiedenartigem Laube auf die Erhöhung
des Reizes der plastischen Figur und umgekehrt diese
auf das Grün ausübt, gaben hier mehre Beispiele
Veranlassung zu sehen.
Wir haben der lebensgrossen Viktoria, die einer
der Rauch’schen srossen Theil entnommen zu
schon gedacht. Sie im Hinter-
srunde vor einer Gruppe dekorativer Kalthauspflanzen.
Je ihr trat natürlich ihre eigene
Bedeutung um so mehr hervor: sie schien schliess-
zum
sein schien, stand
näher man kam,
lich das Pflanzliche zu beherrschen, während sie aus
der Ferne betrachtet nur als Attribut zur Erhöhung
der Reize der Pflanzen-Gruppe beitrug. Garteninspek-
tor Bouche hatte
Sammlung verschiedenlarbiger Alströmerien
an der Basis des Ständers seine
herum-
sruppirt, was ebenfalls nicht wenig beitrug, dass die
Figur noch mehr zur Geltung kam.
Eine, wir
kung machte im
möchten sagen noch grössere Wir-
oberen zrossen Rasenstücke, aber
Flora der
March’schen Fabrik, da die in einem halben Monde
seitlich gestellt, eine lebensgrosse aus
herumgruppirte Sammlung ornamentaler Kalthauspflan-
zen durch Hofgärtner Brasch mit kunstfertiger Hand
aufgestellt war. Beides: Flora und Pflanzen, hielten
Je nachdem man die Flora
ins Auge fasste,
schien die eine oder andere Hauptsache zu sein oder
nur zur Erhöhung der Reize des Andern zu dienen.
sich das Gleichgewicht.
oder die Gruppirung besonders
hebt sich der letztere mehr
{
Wir können nicht auf Alles eingehen, was von
Seiten der March’schen THonwaarenfahrik in Char-
lottenburg zur Verschönerung der diesjährigen Aus-
stellung eingesendet worden war, denn es würde beı
dem übrigen noch zu beschreibenden Material uns
schliesslich leider zu viel Raum einnehmen, aber doch
können wir nicht umhin, vor Allem auch auf die
lebensgrossen Knaben, welche hier und da aufgestellt
waren, aufmerksam zu machen.
verdienen
Dergleichen Figuren
in Sehmuckgärten von 1 und
1'/, Morgen empfohlen zu werden, denn sie machen
das Ganze lebendiger und bieten Punkte dar,
sich Bilder zu gruppiren.
besonders
um
Was die Zink-Gegenstände in Bleibronze anbe-
langt, so haben wir gar nicht geglaubt, dass die in
ihren Konturen leicht verschwimmende Bleifarbe
Grün sich wunderschön macht, als es hier der
Fall war. Dergleichen Figuren treten weit schärfer
im Grün, als sonst hervor und heben sich aus ihm
vortheilhaft Der kleine — wir möchten sagen
Roland — Knabe äuf der einen Seite des Einganges
zur offenen Halle und auf anderen der Knabe
ınit dem Fische sind Meisterstücke der plastischen
Kunst. Und wie wurde das Pflanzengrün hinter ihm
zur Geltung gebracht!
im
so
ab.
der
Nur eins müssen wir bedauern,
dass nämlich diese und die übrigen wahrlich ent-
zückend-schönen Figuren auf denselben Postamenten
standen, wie die aus Thon angefertigten. Man musste
bei der hellen Farbe der letzteren gegen seinen Wil-
len die Augen auf diese lenken und zog sie damit
von der eigentlichen Figur ab. Noch mehr trat dieser
Uebelstand bei den hochgestellten Vasen mitten im
Freien des oberen Ausstellungsraumes, wo zum Theil
prächtige Gruppen ausländischer Koniferen im Hinter-
»runde standen, hervor. Die schönen Vasen konnten
auf diese Weise ebenfalls nicht, wie wohl
verdient hätten, zur Geltung kommen.
Wir gehen zu den Teppichbeeten und Arabesken
über. Der Verein hatte sie bei seinen im Programm
sestellten Aufgaben, dem Zeitgeiste huldigend, be-
sonders ins Auge gefasst. Wir lieben sie im Allge-
ıneinen nicht und betrachten so wie die
jetzigen Moden, besonders der Damen, als eine Ver-
irrung des menschlichen Geschmackes, halten sie aber
trotzdem für unsere Zeit berechtigt. Wenn die vor-
nehme Dame in ihrem Boudoir sich in Aufstellung
der wundersamsten und mannigfachsten Nippsachen
gefällt und auch die Möbeln darin dem Kontraste
huldigen, so würde ein Schmuckgarten, in einem
edelen Style angelegt, nur missfallen können. Auch
muss in diesem Falle sein Rococo, wenn auch
xenildert, haben. Er hängt ebenso, wie alle anderen
sie es
sie, eben
er
213
Einrichtungen, von den Umgebungen ab und wird
um so schärfer in graden Linien hervortreten müssen,
als die Architektonik der Umgebung sie anzeigt. Um
so mehr diese Geltung hat und auf Alles ringsum
wirkt, um so weniger wird das Rein - Gärtnerische
hervortreten können.
Interessant war es, dass 2 Arabesken von kunst-
fertiger Hand angelegt waren, welche in ihrer Anlage
einander diametral gegenüberstanden. Beide legten
ein grosses Verständniss der Harmonie in den Pflanzen-
farben ab. Es war hier freundliches Begegnen der
einen Farbe zur anderen vorhanden. Die eine Ara-
beske bildete ein Viereck und war von dem Ober-
särtner Fr. Mäcker im Garten des Kommerzienrathes
Heckmann angelegt. Sie war für den Rasen be-
stimmt. Von schliesslich viereckiger Gestalt hatte
jede Seite ohngefähr eine Länge von 10 Fuss. Ein
segen 8 Zoll breiter Streifen mit braunrothem Sande
belegt, schloss gegen das grüne Rasenstück ab. Eine
sraue buschige Artemisia bildete den Mittelpunkt und
wurde von Kleinen Exemplaren der blutrothen Iresine
Lindeni eingefasst. Darum zogen sich wiederum
wiedrige Stecklingspflanzen der grauen Santolina
Chamaeeyparissus in einem und die rothblättriee
Alternanthera paronychioides in einem anderen Kreise.
Sehr niedrig gehaltene Kreise des Pyrethrum Gold-
feather und einer dunkelblauen Lobelia Erinus folgten.
Endlich schloss wiederum ein Kreis einer etwas an-
ders gelärbten Alternanthera. Graues Kenthiermoos
war benutzt, um die Kreisfigur viereckig zu machen,
diente aber nur, den Boden zu bedecken, während
etwas höhere, aber immer zwergige Pflanzen da-
zwischen Die Ecken hatte der
Künstler mit Gnaphalium Janatum ausgefüllt; ausser-
dem fanden sich aber in der gegen 8 Zoll breiten
und viereckigen Einfassung einige hübsche, aber sehr
niedrige Exemplare der Yucca quadricolor, Coleus
in Sorten und
angebracht waren.
verschiedenen
Pflanzen vor.
einige graublättrige
Die andere Arabeske, welche Obergärtner Leise-
zang in Charlottenburg dieht am Eingange der offenen
Halle in einem aus sogenannten Palmblättern haupt-
sächlich zusammengesetzten Oval mit Kunstfertigkeit
zusammengesetzt hatte, war mehr für einen von
ornamentalen Gebäuden eingeschlossenen Raum, wie
z. B. Klostergärten oder Paläste mit 2 Seitenflügeln
bieten, berechnet, für einen eigentlichen Schmuck-
zarten passte sie daher nicht. Wir haben nicht leicht
etwas gesehen, wo die Farben sich so schön ab-
sehoben hätten, als grade hier. Dergleichen Arabesken
sieht man noch und sah man früher
der Nähe von Palästen, besonders in Italien.
weit mehr in
I
Die Pflanzen spielten in dieser Arabeske natür-
lich hinsichtlich des Raumes eine untergeordnete Rolle,
da gewiss die Hälfte davon für mit Ziegelmehl und
aus Marmorstücken belegte Zeichnungen verwendet
worden, waren aber sehr gut gewählt. Der Raum
gestattet uns nicht, ausführlicher über sie zu berichten.
(Fortsetzung folgt.)
Bericht
über die im letzien Jahre eingeführten Pllanzen.
(Fortsetzung.)
54. Cyrtanthera chrysostephana gehört zu
den schönsten Arten dieses Akanthaceen-Geschlechtes
und hat ein elegantes Aeussere. Die gegenüber-
stehenden, elliptischen Blätter besitzen eine schöne,
srüne Farbe mit Ausnahme der Mittelrippe und ihrer
Hauptäste auf der Unterfläche, welche roth gefärbt
sind. Die goldfarbigen Blüthen bilden anı Ende des
Stengels und der Zweige zedrängte Traubendolden.
Da diese witten im Winter erscheinen und die Kultur
leicht ist, kann der Blüthenstrauch des Warmhauses
um so mehr empfohlen werden. Vaterland ist das
tropische Amerika.
55. Damaenorops palembanicus und pe-
riacanthus sind 2 der Abtheilung der Calameen
zugehörige Palmen aus Java, welche Will. Bull in
der neuesten Zeit eingeführt hat und welche wegen
ihrer Eleganz für Dekoration grossen Werth haben.
Die im Umkreise sehr breiten Blätter sind bei beiden
Arten geliedert, auf einander folgenden
Fiederblättehen haben aber eine ausserordentlich ge-
ringe Breite. Jung besitzen sie bei D. periacanthus
eine strohgelbe, bei D. palembanieus hingegen eine
die rasch
zimmtbräunliche Farbe. Ausgezeichnet sind die Dornen
an den Blattstielen, welche, besonders bei der zuerst
senannten Palme, oft eine ringförmige Stellung be-
sitzen und Veranlassung zur Benennung gegeben haben.
56. Dammara purpurascens stammt aus Neu-
seeland und möchte wohl eine Form der D. australis
Mit dieser gehört sie das Kalthaus. Die
sein. in
jüngern Aeste und Zweige haben eine braune Farbe,
während die breiten und 2 Zoll langen Blätter aul
auf der Unter-
Auch
diese Dammartanne hat William Bull jetzt in den
Handel gebracht.
der Oberfläche bräunlieh-olivengrün,
fläche hingegen blaugrün ‘gefärbt erscheinen.
57. Sowohl von DianthusHeddewigii, welche
neuerdings leider wiederum weniger angepflanzt wor-
den ist, als von D. imperialis, bringen jetzt Haage
und Schmidt in Erfurt 2 Zwergformen in den Handel,
auf die ihrer Schönheit
Brauchbarkeit aufmerksam machen wollen.
wir besonders wegen und
24
58. DieffenbachiaamazonicanenntLinden
in seinem letzten, eben ausgegebenen Verzeichnisse
eine neue Art dieses bereits durch zahlreiche Arten
und Formen in den Gärten vertretenen Aroideen-
Geschlechtes, welche am Amazonenflusse entdeckt
wurde. Sie erhält keine bedeutende Höhe, besitzt
aber ziemlich grosse, elliptisch-lanzettförmige Blätter,
deren zartes Grün durch eine weiss - gestrichelte
Mittelrippe und sonst durch hellgelbliche Flecken auf
der Oberfläche unterbrochen wird.
59. Auch die Zahl der buntblättrigen Dracaenen
oder vielmehr Gordylinen ist neuerdings wiederum um
einige vermehrt worden. Dracaenaexcelsa nennt
William Bull eine robuste und, wie der Name auch
sagt, ziemlich rasch hoch werdende Art mit breiten,
elliptisch - lanzettförmigen Blättern. Ihre Farbe ist
bronze - grün, wird aber am Rande durch Magenta-
roth unterbrochen. Bisweilen erstreckt dieses sich
auch weiter in die Blattfläche hinein. Sie wurde von
den Südsee-Inseln eingeführt.
60. Dracaena metallica hat nieht minder einen
robusten Wuchs, zeichnet sich aber durch dunkel-
srün-gelärbte und metallisch - glänzende Blätter von
über Fuss Länge :aus. Die 4 Zoll langen Blattstiele
erhalten später eine purpurbraune Farbe.
von den Samoon-Inseln.
61. Als Dracaena puleherrima hat jetzt Wil-
liam Bull wiederum eine Foım der breitblättrigen
Cordylinen in den Handel gebracht, welche er im vori-
sen Jahre als Dr. eoneinna bezeichnete. Der Um-
stand wahrscheinlich, dass dieser Name bereits für eine
ächte Dracaena vergeben war, hat die Umänderung
des Namens veranlasst. Wir fügen der bereits im
vorigen Jahrgange der Wochenschrift (S. 14) ge-
zebenen kurzen Bezeichnung dieser Form noch hinzu,
dass sie zu den schmalblättrigen mit schlankem Wuchse
gehört. Die überhängenden Blätter haben bei 12 bis
14 Zoll Länge eine Breite von fast 2 Zoll und laufen
von der Mitte aus allmählig in eine Spitze aus. Auf
ihrer Oberlläche sieht man oft rosafarbige Streifen,
die bisweilen mit weissen abwechseln. Bisweilen ist
auch die ganze Oberlläche rosafarben.
62. Draeaena splendens baut sich weit niedri-
ser, als die beiden vorher aufgeführten Arten, wächst
sedrängter und hat auch kleinere Blätter, welche bei
4 Zoll Breite 9 Zoll Länge besitzen. Sie bilden in
der Regel deutliche Spiralen und sind übergebogen.
Die Oberfläche ist zwar hronze- dunkelgrün gefärbt,
karmoisinrothe Streifen durchziehen sie aber hin und
wieder.
63. Dracaena sulcata ist eine ganz eigenthün-
liche Form von etwas gedrängtem Habitus, wo die
Sie stammt |
Blätter längs der Aeste des Mittelnervs mit einer
schwachen Furche versehen sind, ein Umstand, der auch
Veranlassung zur Benennung gegeben hat. Sonst be-
sitzen die Blätter keine bunte Färbung und sind auf
der Oberfläche besonders dunkel. Wie die vorige, so
ist auch diese auf einer der Südsee-Inseln gefunden
worden.
64. Dr. utilis nennt endlich William Bull
eine Form der Südsee-Inseln, welche nicht rothbraun
gefärbte Blätter hat und so die Mannigfaltigkeit der
buntblättrigen vermehrt. Wahrscheinlich ist es
ächte Cordyline Terminalis, deren Wurzel (oder wohl
vielmehr die unterirdischen Stolonen) von den Be-
wohnern der Sandwich-Inseln zwischen heissen Steinen
gebraten und dann gegessen wird. Der Beiname
utilis deutet wenigstens darauf hin, dass die Pflanze
im Vaterlande irgend eine Anwendung besitzt.
65. In Betreff der Dracaena Wisemani (14.
Jahrg. S. 307), welche wir im vorigen Jahre neben vie-
len anderen Neuheiten in dem grossartigen Etablisse-
ment von James Veitchand Sons in London sahen.
dass sie in dem eben ausge-
die
bemerken wir noch,
zebenen Verzeichnisse als Dr. Weismanni aufge-
führt wird. Der Mann, dessen Namen diese Form
entnommen, ist demnach kein Engländer, sondern ein
Deutscher. Auch gleicher Stelle genannte
Croton Wisemani muss Ur. Weismanni heissen.
66. Dracaena Saposchnikowi Reg. ist keine
buntblättrige Cudyline, sondern eine ächte Dracaena.
welche Regel in dem Garten eines Liebhabers in
Petersburg fand (Gartenfl. Tab. 705). Sie schliesst
sich der Dr. Hookeri (Rumphii Hook.) an und baut
sich wie diese, baumartig, einen kurzen, dicht mit
Blattnarben besetzten Stamm bildend. An der Spitze
stehen gedrängt bis 21/, Fuss lange, aber nur bis
2!/, Zoll breite, auf der Oberfläche flache, auf der
Unterfläche jedoch dureh einen hervorstehenden Mit-
telnerven ausgezeichnete Blätter ohne jede Färbung des
Randes. Die kleinen, grünlich-gelben Blüthen bilden eine
grosse, aber nur wenig hervorragende Rispe.
67. Echeveria abyssinica wurde während
des englisch-abyssinischen Krieges vom Major Leve-
son entdeckt und an Will. Bull mitgetheilt. Die
Pflanze besitzt ganz das Ansehen eines baumartigen
Sempervivum und gehört vielleicht auch, trotz der
rothen Blüthen, zu dem genannten Genus. An der
Spitze der flingerstarken Stengel und der Aeste be-
finden sich zahlreiche und spathelförmige Blätter von
3 bis 4 Zoll Länge rosettenartig gestellt.
68. Echeveria carinata ist dagegen
Blendling der bei uns jetzt hinlänglich bekannten E.
metallica mit atropurpurea. Ihre Blätter haben zwar
das an
ein
215
die Färbung der ersteren, sind aber grösser und
deutlich gekielt. Die Blüthen sind noch nicht bekannt.
69. Echium pomponieum ist jetzt von Charles
Huber et Co. in Hyeres eingeführt worden und stellt
eine riesige Natterzunge von 6 Fuss dar. Der ein-
fache Stengel soll fast von der Basis an mit Blüthen
besetzt sein. Dem Namen nach haben diese eine rothe
Farbe. Sollte es nicht E. altissimum Jaeg. sein?
70. Elaphoglossum Herminieri Moore ist
ein in Mittel- und Südamerika, wie es scheint, weit
verbreitetes Farn, was der erst vor Kurzem verstorbene
Dr. Seemann auf den Goldfeldern Central-Amerika’s
entdeckte und im lebenden Zustande nach Europa
versendete. Zu Ampeln ist es vorzüglich. Seine
ziemlich dicklichen und schmalen unfruchtbaren Blät-
ter verlaufen in einen Stiel und hängen über. Sie
haben einen silbergrauen Schein und werden in die-
ser Hinsicht mit einem Aale verglichen. Im Vater-
lande ist deshalb auch der Name der Pflanze: Aalfarn.
71. Eopepon aurantiaecus Naud. ist eine zweite
Art des in China vorkommenden Cueurbitaceen-Ge-
schlechtes Eopepon mit orangefarbenen Früchten.
Es ist eine hoch kletternde Art, welche deshalb Be-
achtung verdient. Ob sie aber aul gleiche Weise,
wie der vor einigen Jahren bei uns eingeführte E.
vitifolius gedeiht, ist eine Frage, die noch beantwortet
werden muss. Aus der knolligen Wurzel kommen
ınehre Stengel hervor und sind dieht mit hand-
besetzten Blättern besetzt.
72. Epaeceris impressa Lab. schliesst sich be-
kanntlich hinsichtlich ihrer Gestalt und der Kultur
den kapischen Haiden an und war noch vor we-
nigen Jahren einer der beliebtesten Blüthensträucher,
welche in einer grossen Anzahl von Formen heran-
gezogen wurden und besonders auf den Frühjahrs-
Ausstellungen einen Platz fanden. Regel hat sich
deshalb wiederum ein Verdienst um unsere ‘Gärten
erworben, dass er von Neuem auf diese Epaeris auf-
merksam macht und eine der schöneren, welche
wegen ihrer brennendrothen Blüthen den Beinamen
ardens erhalten hat, in seiner Gartenflor (Tab. 695,
Fig. 8) abgebildet hat.
75. Epidendron antenniferum Lindl. ist
zwar keineswegs eine neue Art dieses Geschlechtes,
wird aber kaum noch in den Gärten der Liebhaber
gefunden. Rözl hat sie vor Kurzem wieder in
Mexiko gefunden und dem botanischen Garten in Pe-
tersburg mitgetheilt. Dort hat sie geblüht und ist
von Regel in seiner Gartenflora (auf der 678. Tafel)
abgebildet worden. Kurze zahlreiche und zusammen-
gedrückte Stengel sind mit Scheiden besetzt, haben
aber an der Spitze 2 breit - elliptische und dicke
förmig
Blätter und endigen mit einer schlaffen, aber
stielten Aehre kleiner, grünlich-bräunlicher Blüthen.
welche sich dadurch auszeichnen, dass die beiden
oß_
Se
innern Blumenblätter eine fadenförmige Gestalt be-
sitzen. Liebhabern, welche nur über einen der
Pflanzenkultur knapp zugewiesenen Raum verfügen
können, ist diese Orchidee nicht zu empfehlen.
74. Episecia melittifolia Mart. war schon
Linne unter dem Namen Besleria melittifolia
bekannt, wurde aber zuerst von Plumier auf den
karibäischen Inseln entdeckt und auch eingeführt.
In den ersten Jahrzehnten diesem Jahrhundert
war sie vielfach in den Gärten, wurde aber immer
seltener, bis ‘sie nun von Neuem durch Bull in
London eingeführt ist und damit sieh im Handel be-
findet. Sie unterscheidet sich von den übrigen Arten
dieses Gesneraceen-Geschlechtes, dass sie einen auf-
rechten Wuchs besitzt. Die eirunden Blätter sind
auf der Oberfläche freudig - grün gefärbt und die
orangefarbenen Blüthen bilden in ihrem Winkel drei-
theilige Traubendolden.
75. Erythronium
steht zwar dem E. Dens canis an Schönheit nach,
ist aber doch zu empfehlen. Die langgestielten Blätter
sind elliptisch und haben keine Flecken, die einzeln
stehenden, überhängenden Blüthen besitzen
dagegen eine gelbe Farbe mit grünlicher Mitte. Ihr
Durchmesser beträgt 21, Zoll. Vaterland ist Nord-
Amerika.
76. Escallonia pulverulenta Pers.
immergrüner Blüthenstrauch aus Chili, der leider
aber, gleich den anderen Arten dieses ziemlich
grossen Sexifragaceen-Geschlechtes, bei uns nicht im
Freien aushält, aber trotzdem eine zu empfehlende
Pflanze des Kalthauses darstellt. Sie ist durchaus
behaart und hat kurzgestielte, breit-längliche Blätter.
welche in ihrer Jugend klebrig sind.
von
Nuttallianum R. et S.
etwas
ist ein
Die weisslichen
und kugeligen Blüthen bilden endständige Trauben.
77. Eudianthe pusilla Rehb. ist eine reich-
blühende Form der Eudianthe Coeli rosa Fenzl, welche
nur die Höhe eines halben Fusses erreicht und des-
halb besonders zu Arabesken, Beetpflanzungen u. S. w.
benutzt werden kann.
78. Unter dem Namen Euphorbia pandurata
haben Ch. Huber & Co. in Hyeres eine ohngefähr
1 Fuss hoch werdende Art in den Handel gebracht,
die wahrscheinlich zu den Poincsettien gehört. Die
Blätter besitzen die Gestalt einer Geige und werden
in der Nähe der Blüthen roth gefärbt. Wir haben
noch keine Gelegenheit gehabt, sie zu sehen, und
vermögen daher auch über ihren Werth noch nichts
zu sagen.
216
79. Fritillaria pudica Spreng. gehört zu den
kleineren Arten dieses Geschlechts, ist aber nichts
desto weniger zu empfehlen, Sie wächst im engli-
schen Nordamerika, aber auch im Quellengebiete des
Missouri und am Columbiafluss. Der Stengel erhält
kaum die, Höhe eines halben Fusses und
einigen schmalen, fast linienförmigen Blättern besetzt.
Die einzeln am Ende des Stengels stehende Blüthe
hängt über und hat eine gelbe Farbe (vergl. Regels
Gartenllora Tab. 679 Fig. 1).
850. Gardeniachartacea gehört, wie die be-
liebte G. Nlorida, in ein gemässigtes Haus und ist im
Queenslande zu Hause. Die elliptischen, bis 5 Zoll
langen Blätter sind ungestielt und zeichnen sich durch
hervorragende Adern aus. In der Regel stehen sie
zwar einander gegenüber, kommen aber auch quirl-
ständig vor, Die Blüthen befinden sich im Winkel der
Blätter und ihre beinahe eiförmige Röhre endigt mit
einem flachen Saum.
81. Gilialiniflora Benth. wurde durch Douglas
ans Kalifornien eingeführt und stellt ein zwar nie-
driges, aber ungemein buschig wachsendes Samen-
Sewächs dar, was sehr gut zu Beet- und Teppich-
Anpflanzungen zu gebrauchen ist, leider aber nur
eine kurze Dauer besitzt. Die Blüthen
ähneln denen des Linum tenuifolium.
32. Gilia lutea Steud. ist schon längst in den
Gärten als Leptosiphon aureus bekannt, leider
aber in letzteren Jahren allmählich wiederum
sehr selten geworden. Eigenthümlich ıst, dass
die gelbe Faıbe der Blumenkrone bisweilen in Rosa-
rvoth übergeht, ein Uebergang, der sonst der
Pflanzenwelt sehr selten ist. Eine solche Abart hat
Regel in seiner Gartenflor (Tab. 682) abgebildet.
Sie ist zu Arabesken. Teppichbeeten weit mehr als
vorige Art zu empfehlen. Aus nur an der Basis ver-
zweigten Stengeln kommen die langgestielten Blüthen
weissen
den
in
hervor. Wir machen darauf aufmerksam, dass sie
in England unter dem Namen Gilia mierantha
Stend. kultivirt und im Handel verbreitet wird.
(Fortsetzung folgt.)
b. Obst- und Weinausstellung
in Bozen.
Kine der schönsten und glücklichsten Lagen be-
sitzt Bozen, bereits jenseits des Brenner im südlichen
Wenn deshalb es werth ist,
Tyrol gelegen. schon
ist mit |
Bozen eimmal zu besuchen, so kommt jetzt noch der |
Umstand dazu, dass vom 21. bis 29. September da-
selbst eine Obst- und Weinausstellung, verbunden
zugleich mit einer Thierschau, stattfinden wird. Das
Bozener Obst ist durch seine Güte bekannt; seine
Rosmarinäpfel werden in allen grossen Städten Nord-
deutschlands, besonders in Berlin, feilgeboten und
sem gegessen. Die Bozener Trauben sind nicht
weniger bei uns beliebt. Endlich dürfen wir nicht
der Bozener eingemachten Früchte vergessen. Ueber-
haupt hat der Fruchthandel von ganz Deutschland
mit Bozen seit Kurzem eine grosse Bedeutung er-
halten, dass er an und für sich schon das Interesse
jedes Gebildeten in Anspruch nehmen dürfte. Die
Stadt Bozen war schon einmal gegen das Ende des
Mittelalters die Vermittlerin zwischen Deutschland und
Italien und wird sie der nahen Verbindung
Deutschlands mit Oesterreich und Italien hoffentlich
bald wieder sein. Eine solche Stadt dürfte mit ihren
zahlreichen Obst- und Weingärten wohl im Stande
sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Der Landwirthschalts- und Gartenbau-Verein in
bei
Bozen hat bereits nach allen Gauen des zrossen
Deutschlands Einladungen und Programme ihrer
6. Obst- und Weinausstellung gesendet und ladet ein.
„In der Ueberzeugung. dass diese Ausstellung“, so
heisst es in ihrem Einladungsschreiben, „gleich den
vorhergegangenen, der regen Theilnahme des in- und
ausländischen Publikums versichert sein darf, beehrt
man sich, die bezügliche Einladung mit der höflichen
Bitte entsprechende kostenfreie Verlautbarung
mitzutheilen.“ Die Redaktion der Wochenschrift fühlt
sich um so mehr veranlasst, diesem zu entsprechen,
als die Bewohner Bozens im hohen Grade zast-
freundschaftlich sind, ein Umstand, der nicht wenig
beiträgt, einen Aufenthalt daselbst angenehm zu machen.
Ihre ebenfalls in besagter Einladung ausgesprochenen
Worte: „Besucher von Nah und Fern werden will-
kommen geheissen und finden Fürsorge für bequemen
sind. wie Ref. dieses
dem Herzen der
um
und angenehmen Aufenthalt“,
aus eigener Erfahrung weiss,
Bozener gesprochen.
Als vor 2 Jahren die Naturforscher in Innsbruck
der Stadt Bozen zu einem
die Fahrt über
aus
sie von
Wer damals
tasten, wurden
Besuche eingeladen.
den Brenner nach durchaus deutschen Stadi
Bozen mitgemacht hat, wird sich noch der
sastfreien Aufnahme erinnern, welche Alle daselbst
fanden. Es war für die Bewohner äussersten
Südens, wo noch die deutsche Sprache in ihrer Rein-
heit klingt, ein grosses Fest, einmal wiederum die
deutschen Brüder des Reiches bewirthen zu können.
der
auch
des
Verlag von Wiegandt & Hempe! in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 28.
Berlin, den 18 Juli.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel,
als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872 ap).
— Cyperus
Braunii, eine neue Dekorationspflanze. — Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung).
3 | sie hier vorhanden waren, abgelenkt werden. Was
Ey Y
Die Festausstellung | anderes wäre es, wenn man etwa nur Epheu, Gummi
des Vereines zur Beförderung > Gartenbaues | oder Plecetogyne in den Topf brächte, um den gan-
vom 21. bis 30. Juni 1872.
(Fortsetzung.)
‚ Von den plastischen Gegenständen gehen
zu den »hier ausgestellten Ständern für Blumentöpfe
über, wie sie heut’ zu Tage die elegante Welt ver-
langt und der inneren Einrichtung eines Boudoirs
einer fashionablen vornehmen Dame entsprechen.
Dergleichen Ständer, aus Metall und zwar aus dem
Golde gleichen Messing angefertigt, waren aus 2
Berliner Fabriken, die lange schon eines erfreulichen
Rufes in Anfertigung von dergleichen Gegenständen
sieh rühmen können, in einer grösseren Auswahl
vorhanden und in der offenen Halle aufgestellt.
Hermann Drabandt Nachfolger (Kochstr. 7)
und Conrad Garbe & Co. (Schönebergerstr. 6)
sind die Namen der beiden Fabriken.
Diese ausgestellten Ständer, zu denen noch einige
Etageren für Pflanzen und Blumen kamen, waren
sehr leicht gehalten. Ausserordentlich sauber an-
gefertigte, feine Ketten von demselben Metall waren
angebracht und trugen zur Erhöhung der Leichtig-
keit, aber auch der Schönheit im Allgemeinen bei.
Auf Eins möchten wir dabei aufmerksam machen,
die Ständer haben die Aufgabe, schöne, hauptsäch-
lich blühende Pflanzen, etwa Rosenstöcke, Kamellien
u. S. w. zu tragen; sollen diese aber zur Geltung
kommen, so darf das Auge nicht durch die hübschen
Gemälde auf den Blumen- und Pflanzentöpfen, wie
|
|
|
wir |
auf dem Topfe zu
in diesem
zen Ständer mit den Gemälden
heben. Die eingesenkten Pflanzen wären
Falle Nebensache.
Diesen Ständern wollen die Aquarien und
Terrarien anschliessen, welche hauptsächlich Kunst-
und Handelsgärtner Benda (Magazinstrasse 16) in
srösserer Anzahl ausgestellt hatte. Sie boten eine
grosse Mannigfaltigkeit dar. Es ist nicht zu leugnen,
dass Benda für sie ein besonderes Verständniss
wir
und deshalb auch Anerkennung gefunden hat. Viele
sehen von ihm alljährlich in die Provinzen, obwohl
in der Residenz die Liebhaberei dafür in der neue-
sten Zeit sehr abgenommen hat.
Der Verein hatte bei seinen Aufgaben auch die
Dekorirung von Tafeln bei festlichen Mahlzeiten ins
Auge’ gefasst und aus der Summe, welche von Sei-
ten des Handels-Ministeriums hauptsächlich zur Ver-
fügung gestellt war, für eine solche Tafel einen Preis
von 50 Thalern ausgesetzt. 2 Bewerber hatten sich
Ihre Tafeln von 4 Meter Länge hefan-
einander in dem Turnsaale. Be-
kanntlich sind Franzosen bei dergleichen Ver-
zierungen Meister und wir Deutsche haben viel zu
lernen, bevor wir uns nur einigermassen deren feinen
Geschmack aneignen. Eben deshalb war Auf-
gabe, welche der Verein gestellt hatte, gerade be-
sonders zeitgemäss. Dass sie auch sehr schwierig
wird man wohl einsehen. Der Tafelschmuck
28
eingelunden.
den sich neben
die
die
war,
218
sollte vorhanden sein, durite aber für die Aufstellung
der Speisen und was sonst ein Gastmahl verlangt,
nicht den nöthigen Raum wegnehmen.
Die eine Tafel war unter der Hand eines Meisters
Mag der Besitzer des Gartens, von dem
aus das Arrangement geschah, der Geheime Kon-
merzienrath Ravene selbst, oder sein Obergärtner
W.König, die Tafel arrangirt haben, darauf kommt
es uns bier nicht an, eins steht stets fest, das Ar-
rangement war einfach und zweckentsprechend, die
Diese gegen
14 Fuss lange Tafel war für ein kleines Gastmahl,
was wohlhabender Grundbesitzer auf seinem
Landsitze seinen Freunden giebt, bestimmt. Die ein-
zelnen Couverts, denen sogar Karten mit dem Namen
der Theilnehmer beigelegt waren, standen mit kunst-
voll zusammengelegter Serviette rings um den Tisch,
=
arrangirt.
Idee, welche ihr zu Grunde lag, neu.
ein
5 Gläser in verschiedenen Gestalten für die nö-
thigen Weine davor. Ein einfaches kleines Bou-
quet aus gewöhnlichen, man möchte sagen, länd-
lichen Blumen angefertigt, ragte aus dem zum gros-
sen Theil von der Serviette gedeckten Champagner-
In der Mitte der Tafel standen Eta-
»eren für den Nachtisch und einige in Vasen ein-
gesteckte leichte Bouquets. Ausserdem zog sich,
der viereckigen Tafel entsprechend, ein sinnreich
zusammengesetzter Blumenschmuck aus linienförmigen
Theilen verschiedentlich vereinigt, der ganzen Länge
nach von nach unten. Diese linienförmigen
Theile bestanden aus fusslangen, von Glas ein-
sefassten Kanälen von 2 Zoll Höhe und Durchmesser
und enthielten die kurzstieligen Blumen in der Weise,
dass man allerhand beliebige Figuren von gegen 4
bis 5 Zoll Höhe zusammensetzen konnte.
/wischen diesen Figuren, den Tellern, Etageren
viel Raum vorhanden, dass
dieser jedem Bedürfnisse einer Tafel entsprach. Dem
Ganzen fehlte nichts weiter, als die Gäste, und die
Diener mit den Speisen; es hatte das Ansehen, als
Glase hervor.
oben
un. S. w. war noch so
sollte jeden Augenblick Platz genommen werden.
Die Tafel, welche der bekannten
kunstfertigen Hand des Kunst- und Haändelsgärtners
J. €. Schmidt (Unter den Linden 16) arrangirt war,
hatte der Aufgabe selbst zwar gar nicht entsprochen,
wohl aber einen anderen Gesichtspunkt ins Auge
gefasst. Es galt hier Tafelbouquets in verschiede-
nen Zusammenstellungen dem Auge vorzuführen. Auch
hier fanden sich die vollständigen Couverts auf der
gleich grossen Tafel vor, der übrige Raum war aber
von jenen so besetzt, dass kaum noch irgend etwas
die Tafel betreffendes Platz gefunden hätte. Das
Gastmahl als solches spielte daher eine Nebenrolle,
andere von
die Bouquets waren die Hauptsache. Es war wohl
nur die Gelegenheit ergriffen, den Gästen eine Aus-
wahl verschiedentlich zusammengesetzter Bouquets
für Tafeln vorzuführen. Wer würde leugnen wollen,
dass diese Bouquets in der That auch nicht weniger
einen feinen Geschmack, als eine seltene Kunstfertig-
keit des Verfertigers, an den Tag gelegt haben. Sie
lesten eben, wie die übrigen vorhandenen Bouquets,
zu gleicher Zeit Zeugniss ab, dass man gerade in
Berlin ihre Anfertigung mehr als irgend wo versteht.
Es ist interessant, dass der Name Schmidt in
Berlin für Blumenschmuck einen guten Klang besitzt,
denn- ausser J. C. Schmidt sind noch Gustav
Schmidt (Friedrichstr. 177) und die Wittwe Schmidt
(Friedrichstr. 168) zu nennen. Letztere hatte ein in
der That originelles Bouquet aus nur einheimischen
Blumen zusammengesetzt. Doch auch die übrigen
Bouquets und sonstigen Anlertigungen von Haargar-
nirungen u. S. w., welehe von Seiten der Kunst- und
Handelsgärtner Grothe (Friedrichstr. 46) und Os-
car Maschner (Brückenstr. 13) ausgestellt waren,
wurden anerkannt; es eılaubt uns leider nur nicht
der Raum, speciell auch auf sie einzugehen. Das-
selbe gilt von den Blumentischen und sonstigen Ar-
rangements, welche in grosser Anzalıl eingesendet
waren.
Wir wollen nur noch des Riesenbouquets von
1!/; Meter Höhe des Gehülfen Schulz im botani-
schen Garten gedenken, da er die von dem Vereine
gestellte Aufgabe entsprechend gelöst hatte. Es be-
stand nur aus Blumen und Gräsern des freien Gar-
tens und würde in einer Nische, z. B. im Hintergrunde
eines mit Menschen gefüllten grossen Raumes, nicht
weniger aber auf einer geschützten Terrasse, seitlich
an einer Freitreppe u. Ss. w., eine günstige Aufstel-
lung gefunden haben.
Seit Kurzem ist ein neuer Industrie-Zweig ent-
standen und hat bereits eine Ausbildung erhalten,
woran man vor wenig Jahren noch gar nicht dachte.
Wenn auch dieser Industriezweig der Luxus- und
Spitzen-Papiere, hauptsächlich von Manschetten für
Bouquets ebenfalls in Frankreich, besonders in Paris,
ihren Anfang nahm und jenseits der Vogesen rasch
Bedeutendes geleistet wurde, so ist man doch seit
Kurzem in der Eleganz nicht weniger, als im Reich-
thum der Zeichnungen, bei diesen Luxuspapieren auch
in der neuen Kaiserstadt Berlin zu einer nicht unbe-
deutenden Höhe gelangt. Berliner Luxuspapiere für
Bouquets u. S. w. beherrschen jetzt den deutschen
Markt und gehen selbst auch vielfach über die Mar-
ken des deutschen Reiches, selbst über den grossen
Ocean hinweg, bis nach Amerika.
219
Aus 2 Fabriken Berlins: B. Faderjahn (Inhaber
Fr. Ziegler, Ritterstrasse 16) und G. Demmler
(Prinzenstr. 86) waren in grosser Anzahl und Mannig-
faltigkeit dergleichen Papiere auf der Festausstellung
vorhanden und zogen vielfach die Aufmerksamkeit
derer, welche die Festausstellung besuchten und be-
sonders von auswärts gekommen waren, aul sich.
Welche Umgestaltung haben die Anlangs nur weissen
Papiere, welche noch vor einem Jahrzehnte die
Blumenstiele der Bouquets umfassten, erhalten? Es
ist nicht zu leugnen, dass man den Luxus vielfach
übertreibt, man kann aber nicht gegen den Strom
sehen. Vor Allem muss die Industrie der herrschen-
den Richtung Rechnung tragen. Man verlangt jetzt
auch zu den Bouquets feinere und seltenere Blumen,
wie Orchideen ete., und ist nicht mehr mit denen zufrie-
den, welehe man vor 30 und 20 Jahren noch allgemein
benutzte. Nicht selten kosten die Manschetten grössere
Summen, als die Bouquets. Dergleichen mit einen
Preise von einigen Friedrichsd’ors sind jetzt keines-
wegs so Selten, als man glaubt. Man hat uns erzählt,
dass zur Zeit der sogenannten Subskriptionsbälle,
welche während der Faschingszeit in Berlin gegeben
werden, bisweilen für Umfassung der Bouquets selbst
das feinste Spitzenpapier nicht für genügend erachtet
wurde, und dass man die Manschetten aus Brüsseler
und Valeneienner Spitzen anfertigte.
Die Bouquets und die übrigen diesen entspre-
chende Verwendung abgeschnittener Blumen waren
in so reichlicher Menge eingeliefert, dass die Tafeln
im Turnsaale bei Weitem zu ihrer Aufnahme nicht
ausreichten, es musste noch Raum für sie in der
srossen offenen Halle geschaflt werden. Diese Halle
mit ihrem Inhalte war in jeder Hinsicht gelungen,
die Blattpflanzengruppe im Hintergrunde trug aber
hauptsächlich dazu bei, um die Aufmerksamkeit der
Schauenden auf sie zu lenken. Es schien alles
Andere darin, selbst die einzeln weiter nach vorn
und seitwärts stehenden Palmen und Baumfarne, nur
dazu zu dienen, ihr mehr Glanz zu verleihen. Schirm-
und Fiederpalmen von untadelhaftem Ansehen und
in nieht geringer Mannigfaltigkeit bildeten die Grund-
lage dieser unserm Herrscherpaare gewidmeten Gruppe.
Zwischen genannten majestätischen Pilanzen ragten
die Marmorbüsten des hohen Protektors des Vereins:
des Kaisers, und der Kaiserin, hervor. Alles aus
der Gruppe zu nennen, was zu ihrer Verschönerung
beigetragen hatte, würde zu weit führen, es genüge
demnach die Mittheilung, dass von Seiten des Garten-
Inspektors Bouch& das Schönste und Beste zur
Verfüsung gestellt war, was der reiche Inhalt des
botanischen Gartens darbot.
Aufl beiden Seiten auf dem vorn mit Pelargonien-
Sortimenten besetzten grossen Rasenstücke, zwischen
dem und den grossen breiten und mit anderen Gruppen
und Pflanzen besetzten Tafeln der beiden seitlichen
Wände ein breiter Weg sich hinzog, standen die
bereits erwähnten Baumfarne (mehr nach hinten) und
Palmen (mehr nach vorn) und bildeten gleichsam den
Rahmen für die majestätische Alsophila
australis und Balantium antareticum hatte der Ober-
särtner Nicolai in der Königlichen Garnison -Ver-
waltung, in seltener Schönheit und besonders reich
mit Blättern versehen, aufgestellt. Ihm verdankte
man aber auch eine Palme, Rhapis flabelliformis, in
seltener Grösse und mit einem Reichthume von Blät-
tern, wie man wohl selten findet. Die zweite Palme
war eine Attalea compta und von dem Öbergärtner
Rechholtz aus dem Geheimen Ober-
Hofbuchdruckers v. Decker
Ausserdem hatte man noch ein schönes Exemplar
der Cycas eircinnalis aus dem Charlottenburger Schlosse
(Hofgärtner Brasch) und Phoenix sylvestris aus dem
botanischen Garten (Inspektor Bouche) angebracht.
Die 3 Gruppen Pelargonien im vorderen Theile
der offenen Halle waren in der Weise angebracht,
dass man die Scharlach - oder Bouquet- Pelargonien
für das freie Land auf beiden Seiten aufgestellt hatte,
während eine Gruppe Phantasie-Pelargonien von die-
sen umfasst wurde. Die letzteren waren ohne Aus-
nahme prächtige Schaupflanzen von ohngefähr 11/, Fuss
Durchmesser und gehörten Dr. Hans Hermann in
Schönebeck bei Magdeburg. Viele derer, welche jetzt
die Ausstellung besuchten, werden sich noch der
schönen Pelargonien erinnern, welche in gleicher Voll-
kommenheit der Väter des jetzigen Besitzers vor nun
10 und mehr Jahren alljährlich zu den Ausstellungen
des Vereines sendete und denselben Beifall, den die
jetzigen erhielten, einerndteten. Leider werden diese
kleinblüthigen Pelargonien keineswegs mehr in der
Weise kultivirt, wie früher: man gibt, wir wissen nicht
aus welchem Grunde? als Marktpflanze den gross-
blühenden den Vorzug.
Die anderen Pelargonien für das freie Land ge-
hörten dem Brauereibesitzer Busse und zeigten eine
Gruppe.
Garten des
zur Verfügung gestellt.
ausserordentliche Mannigfaltigkeit. Liebhaber hätten
hier Gelegenheit gehabt, nach ihrem Geschmacke
eine Auswahl zu treffen. Ausser diesen beiden Grup-
pen war aber noch aus demselben Garten eine Gruppe
buntblättriger Pelargonien in besonders gelungener
Auf- und Zusammenstellung hinsichtlich der Farben
vorhanden. Es ist nicht zu leugnen, dass man mit
diesen 3- und 4-farbigen Pelargonien für die Teppich-
beete und Arabesken, aber auch sonst, ein schönes
28”
Material in der neueren Zeit erhalten hat, wie man
es früher nicht besass. Wenn Lenötre, der Gründer
dieser jetzt noch verfeinertet Mode des Anfangs des
18. Jahrhunderts, zur Zeit Ludwig XIV., dieses Ma-
terial gehabt hätte, würde er sicher noch ganz an-
deren Effekt hervorgerufen haben.
Sehr hübsch nahm sich femer eme Gruppe
zwergiger Hahnenkämme (Celosia eristata), sämnitlich
in guter, gedrängter Kultur, aus. Um ihr schönes
Roth noch zu erhöhen, hatte ihr Besitzer kräftige
und reichlich blühende Nierembergien dazwischen
xepflanzt, deren violette Blumen das feurige Roth
der Hahnenkämme etwas milderten. Kunst- und Han-
delsgärtner Ritter (Markusstr. 12) hatte sie ausge-
stellt. Aber auch ausserdem verdankte man ihm noch
Gruppen abgerundeter Pflanzen von Hahnenkämmen
auf dem ersten grossen Rasenstücke im Freien.
Mehr im Hintergrunde befanden sich, ebenfalls
zu Gruppen zusammengestellt, Hortensien in schönen
Pflanzen, wie man sie in Berlin auf den Markt bringt
und zu verhältnissmässig geringem Preise verkauft.
Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreasstr. 32)
hatte sie ausgestellt. Von ihm waren auch hochge-
zogene Pflanzen desselben Blüthenstrauches vorhan-
den. Nach unserer Ansicht nahmen sich die nie-
drigen, buschigen Pflanzen aber besser aus, als die
hochgezogenen, da der meist 1 Fuss und mehr im
Durchschnitt habende Blüthenkopf auf dem sehlanken
Stamme zu leicht schwankt und auch zu ihm in keinem
Verhältnisse steht.
Einen besonderen Schmuck bildeten in der Nähe
dieser Hortensien auch 2 viereckige, eine Kugel tra-
zende Ständer von gegen 4 Fuss Höhe, welche durch-
aus von der bekannten Kletterpflanze des Warm-
hauses: Ficus stipularis oder seandens, bedeckt waren.
Der Obergärtner im Krolischen Lokal hatte sie her-
angezogen. Es ist nicht zu leugnen, dass diese durch
das Fieus-Laub mattgrün gewordenen Säulen in gross-
artigen Lokalen, wie das Kroil'sche ist, mannigfache
Verwendungen finden können, aber auch ausserdem
könnten sie in halb dunkelen Nischen und sonst auf-
gestellt werden.
Auf den Tafeln auf beiden, Seiten befanden sich
!er Bouch&’schen Mittelgruppe anschliessend noch
kleinere Gruppen, weiter nach vorn aber noch aller-
hand interessante Pflanzen, auch einige Neuheiten.
Ueber diese und jene können wir nur kurz berichten.
Unter ihnen nahm vor Allem eine Sammlung bunt-
blättriger Abutilons die Aufmerksamkeit des Botanikers
in Anspruch. Es ist Thatsache, dass ein buntblättriges
Abutilon, vor Allem das vor einigen Jahren von
James Veiteh and Sons in London eingeführte
20
A. Thompsoni, auf ein nicht buntblättriges Abutilon
veredelt, letzteres in den neuen Trieben buntblättrig
macht. In der Wochenschrift ist diese Thatsache
zuerst zur weiteren Kenntniss gekommen und seit-
dem vielfach über sie berichtet worden. In der neuesten
«Zeit hat der in Betreff dieser Pflanzen den Lesern
der Wochenschrift schon bekannte Gehülfe im bota-
nischen Garten zu Berlin, Lindemuth, diesen inter-
essanten, bis jetzt noch für Abutilon isolirt dastehen-
den Gegenstand in so fern einer weiteren Unter-
suchung unterworfen, als er Versuche angestellt hat,
in wie weit die Uebertragung der buntblättrigen Er-
scheinung auf andere Abutilon-Arten und Malvaceen
möglich ist. Das Resultat war, dass bei keinen an-
deren Malvaceen als Abutilon-Arten, eine Uehbertra-
zung geschieht, dass aber auch selbst nicht alle
Abutilon-Arten dazu geeignet sind. Bis jetzt haben
nur Abutilon esculentum Juss., insigne Planch., ve-
nosum Hook., megopotamieum Brongn. (vexillarium
Morr.), Sellowianum Reg., eine noch nicht bestimmte
Art aus Brasilien und (?) Sida Jangederiana (wahr-
scheinlich ebenfalls ein Abutilon) angenommen. Ver-
suche, das Buntblättrige anderer Pflanzen-Arten auf
nalı verwandte Pflanzen zu übertragen, sind ohne
Ausnahme misslungen. Dass Lindemuth sich durch
diese Versuche ein unbestreitbares Verdienst erwor-
ben hat, unterliegt keinem Zweifel; es wäre nur zu
wünschen, dass dieser Gegenstand, nachdem so viele
Ansichten und Vermuthungen darüber ausgesprochen
sind, auch nun einmal streng wissenschaftlich unter-
sucht würde. Leider scheint es, dass, nachdem er
auch in wissenschaftlicher Hinsicht sehr viel Aufsehen
semacht hat, er wiederum der Vergessenheit anheim
gegeben werden sollte!
Nächst dieser interessanten Aufstellung der bunt-
blättrigen Abutilon-Formen nahmen die Sämlinge von
Palmen, Cycadeen, Pandaneen u. s. w., welche Haage
u. Schmidt in Erfurt ausgestellt hatten, die Aul-
merksamkeit der Pflanzenliebhaber und Botaniker am
meisten in Anspruch. Unter diesen Sämlingen be-
fanden sich zahlreiche Arten, welche bis jetzt zu den
Seltenheiten gehören oder auch noch gar nicht im
Handel sich befinden.
Daneben hatte Kunst- und Handelsgärtner Hör-
demann in Kassel ein Sortiment grossblumiger Pe-
largonien eigener Züchtung aufgestellt. Man sieht,
dass die Anzucht von dergleichen Blüthensträuchern
nicht allein in Belgien, Frankreich und England Re-
sultate giebt; auch in Deutschland können diese,
wenn nur bei gehörigem Verständniss die nöthige
Sorgfalt gegeben wird, trotz der ungünstigeren Ver-
hältnisse erfolgen. Möchte nur der Besitzer dieser
u
‚Pelargonien, dessen Verdienste um die Anzucht neuer
Florblumen uns ausserdem vortheilhaft bekannt ist,
in seinen Versuchen weiter fortfahren.
Auf der andern Seite der offenen Halle hatte
man verschiedene Kalthauspflanzen neuester Einfüh-
rung aufgestellt. Man begegnete hier zuerst einer
Gruppe buntblättriger Pflanzen, welche man dem
Kunst- und Handelsgärtner Bacher in Pankow ver-
dankte. Unter diesen befanden sich mehre, die eine
weitere Verbreitung verdienen; so vor Allem Oxalis
tropaeoloides roseo-pieta. Als uns der Züchter die-
ser interessanten Neuheit, Kunst- und Handelsgärtner
Liebmann in Dresden, vor einigen Monaten einige
Blätter zur Ansicht schickte, haben wir nicht geglaubt,
dass die Pflanze solchen Effekt machen würde, als
es in der That der Fall ist, wo wir die beiden Exem-
plare, welche ausser dem von Bacher noch der Züch-
ter selbst ausgestellt hatte, gesehen haben.
Ueber die buntblättrige Peristrophe angustifolia
haben wir bereits bei den neuen Pflanzen des vori-
sen Jahrganges berichtet. Das hier ausgestellte Exem-
plar befand sich in einem Kulturzustande, der die
weitere Verwendbarkeit der Pflanze, besonders auch
im Freien, wünschenswerth macht. Wahrscheinlich
lässt sie sich auch zwergig und damit mehr buschig
heranziehen, um dann auch zu Teppicehbeeten und
Arabesken dienen zu können. '
Konnte man die 3 Gymnostachyen (argyroneu-
von, Pearcei und giganteum), welehe Kunst- und
Handelsgärtner Bacher ebenfalls ausgestellt hatte,
auch nicht mehr ganz neu nennen, so sind es doch
3 empfehlenswerthe Pflanzen des Warmhauses, deren
buntgezeichnete Blätter dem Laien stets gefallen wer-
den. Von den übrigen neuen, hauptsächlich bunt-
blättrigen Pflanzen erwähnen wir nur noch des Ama-
rantus salieifolius, welcher einigermassen an den jetzt
leider aus den Gärten verschwundenen Helianthus
salicifolius erinnert.
In der Nähe stand ein blühendes Exemplar des
noch ganz neuen Lilium puberulum aus Nordamerika,
was Kunst- und Handelsgärtner Louis Mathieu
ausgestellt hatte. Es gibt uns diese neue, erst vor
Kurzem eingeführte Art Gelegenheit, von Neuem auf
dieses nur aus dankbaren Blühern bestehendes Ge-
schlecht, wo hauptsächlich durch den Fabrikanten
Leichtlin in Karlsruhe und durch den Pflanzen-
sammler Roezl eine nicht geringe Anzahl direkt aus
ihrem Vaterlande jenseits des grossen Oceans bezogen
worden ist, aufmerksam zu machen. Nächst dem
botanischen Garten besitzt Louis Mathieu in Berlin
die vollständigste Sammlung von Lilien, zunächst in
Norddeutschland.
Hofgärtner Reuter auf der Pfauen-Insel bei
Potsdam hatte einige interessante Pflanzen ausgestellt.
Am meisten nahm eine Thuja oceidentalis die Auf-
merksamkeit der Kenner nicht weniger, als der Laien,
deshalb in Anspruch, weil sie im äusseren Ansehen
zwischen einer Thuja- und Juniperus-Art in der Weise
stand, als der Lebensbaum im oberen Theile seine
normale Gestalt sich erhalten, während der untere
Theil nadelförmige Blätter besass. Es erklärt sich
diese Eigenthümlichkeit aus dem Umstande, dass die
sade- und lebensbaumähnlichen Nadelhölzer in ihrer
Entwickelung 2 aufeinandeifolgende Stadien durch-
laufen. Junge Pflanzen besitzen anfangs, wie bei
dem gewöhnlichen Wachholder, abstehende Nadeln,
und zwar je nach der Art, längere oder kürzere Zeit,
später verschwinden diese und schuppenförmige Blät-
ter treten an ihre Stelle. Bei einigen Arten, beson-
ders bei Juniperus virginiana, kommt es aber auch
vor, dass besonders im Schatten stehende Zweige
und Aeste älterer Pflanzen wiederum, eben so wie
im ersten Lebensstadium, abstehende Nadeln treiben,
während die meisten übrigen die kleinen Blätter an-
liegend und schuppenförmig, wie im zweiten Lebens-
stadium, besitzen. Wir besitzen in der Chamaeeyparis
oder Retinospora squarrosa schon eine hinlänglich
bekannte Konifere, wo der Uebergang der nadel-
förmigen Blätter in schuppenförmige bei uns gar nicht
geschieht; man glaubt deshalb viel eher einen ächten
Wachholder, als eine Chamaeeyparis oder Retinospora
vor sich zu sehen. Da’er durch Stecklinge fort-
gepflanzt wird, so haben auch die dadurch heran-
sezogenen Exemplare das Ansehen des ersten Stadiums
behalten. Ferner ist zufälig eine Thuja oceidentalis
in Meaux ohnweit Paris entstanden, wo die nadel-
förmigen Blätter des ersten Lebensstadiums sich lange
Zeit erhalten haben. Man machte der Pflanze
durch Stecklinge Vermehrung und brachte auf solche
Weise diese eigenthümliche Erscheinung durch den
Verkauf der Stecklingspflanzen zur weiteren Kenntniss.
Wer den Ursprung nicht kannte, hielt dergleichen
Stecklingspflanzen, welche als Thuja Meldensis in
den Handel kamen, für einen Blendling der Thuja
oceidentalis mit irgend einer Juniperus-Art.
Was den buntblättrigen Kohl den
ebenfalls Hofgärtner Reuter ausgestellt hatte, so wird
dieser in einer grossen Anzahl von Formen in Frank-
reich allgemein kultivirt und vielfach zur Dekoration
verwendet. Er pflanzt sich auch durch Samen fort.
(Fortsetzung folgt.)
von
anbelangt,
222
Cyperus Braunii,
eine neue Dekorationspllanze,
Beschrieben von Vatke.
Pallide virens, dense caespitosus; stolonibus
brevissimis eulmisque e rhizomate articulato-tuberoso
pluribus strietis, obtuse triquetris, laevibus, lateribus
(in vivo) planis; foliis basalibus 2—4 tertiam culmi
partem involventibus, ad tertiam partem arreectis, inde
ad apicem recurvatis, herbaceis, planis, longe angu-
stato-aeuminatis, supra opacis, subtus glaucescenti-
bus, margine serrulato, ıetrorsum scabris; anthelae
effusae ter compositae radiis primariis pluribus elon-
satis, filiformibus, strictis, ramo uno alterove accessorio
capillari; ochreis oblique truncatis; involuero 11—13-
phyllo radios superante; phyllis interioribus ad me-
dium fere plus minus transverse undulato -plieatis;
spieis solitariis anthelatisve compressiuseulis, 5—20-
tloris, apicem versus angustatis, subobtusis; squamis
densiusculis, removendis subarrectis, ovato-lanceo-
latis, acutis, margine late scariosis, medio herbaceo-
carinatis, minute nervosis; staminibus 3, germine
lateribus impressis trigono; stylis 3.
Ein stattliches Gewächs, welches gewiss schon
manchem Leser der Wochenschrift auf der grossen
Ausstellung des Gartenbau - Vereines aufgefallen ist.
Aufgegangen aus Vegetabilienerde vom Port - Natal
im Garten des Kommerzienrathes Ravene (Ober-
särtner König), blühte dieser Cyperus im Berliner
botanischen Garten im Herbste des verflossenen Jahres
(1871). Professor Braun, mein hochverehrter Leh-
rer, gestattete mir die Untersuchung der Pflanze, die
sich als eine neue, sehr ausgezeichnete Art eıgab.
Sie soll deshalb seinen Namen führen.
Cyperus Braunii schliesst sich in der Tracht von
den Arten, die sich meines Wissens in Kultur be-
finden, zunächst an den bekannten Cyperus flabelli-
formis Rottb. (alternifolius der Gärten) an. Doch
verleiht die ausgebreitete Spirre mit den verlängerten
Strahlen unserer Pflanze ein eigenthümliches Ansehen.
Was ihre Stellung im Systeme betrifft, so er-
laube ich mir hier die Worte von Boeckeler zu
Varel, als Monograph der Gattung Cyperus rühmlichst
bekannt, aus einer zefälligen brieflichen Mittheilung
zu wiederholen.
Er schrieb mir: „Der kürzlich erhaltene Cyperus
Braunii ist wohl ohne Zweifel neu und eine ausge-
Art der Gruppe. Er. schliesst
sich zunächst den beiden afrikanischen Arten C.
albostriatus Schrad. und C. leptocladus Kth. an.“
Zur weiteren Charakterisirung der Pflanze diene
Die Laubblätter erreichen
zeichnete, hübsche
noch Folgendes. eine
Länge bis zu 4 Decim., so wie eine Breite bis zu
1,5 Centim. Die Aehren sind bis 1,5 Centim. lang,
aus einer 1 Millim. breiten Basis nach der Spitze zu
allmählieh verschmäleıt. Im lebenden Zustande sind
die Seitenflächen des Halmes eben, während im
trocknen die eine Seite tielrinnig erscheint. Die
Blattscheiden sind in der Jugend röthlich, im Alter
schwarzbraun.
Das Cypergras blüht sehr dankbar den grössten
Theil des Jahres, lässt sich durch Zertheilung leicht
vermehren und dürfte daher in den Gärten eine
schnelle Verbreitung finden.
Bericht
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
(Fortsetzung.)
83. Gravesia bertolonoides schliesst sich
den beiden bekannten Arten dieses Melastomateen-
Geschlechtes: margaritacea und guttata an, besitzt
aber eine andere Zeichnung auf den Blättern. Diese
haben nämlich eine sammetgrüne Oberfläche, welche
Nerven und Adern unterbrochen
ist breit-länglich, da ihre Länge
4, ihre Breite 21, Zoll beträgt. Die Pflanze erhebt
sich nur wenig bis zu einigen Zoll Höhe und wurde
von James Veitch and Sons in London einge-
führt. Vaterland ist wahrscheinlich Madagaskar.
84. Guilielmia utilis stellt eine hübsche Palme
von Costarica dar. Jung sind die Blätter, wie die
vieler anderen Palmen, an der Spitze 2theilig, spä-
ter werden sie leicht gefiedert. Nicht allein der
Stamm, sondern auch die Blattstiele und die Blatt-
rippen, sind mit zahlreichen Dornen besetzt. Die Sa-
men sollen in ihrem Vaterlande gegessen werden
und den Kastanien ähnlich schmecken.
85. GymnothrixjaponicaKth. schliesst sich der
im vorigen Jahrgange der Wochenschrift (S. 166) be-
sprochenen G. Jatifolia Presl an, wächst aber in Ja-
pan und hält deshalb vielleicht im Freien bei uns
aus. Sie gehört, gleich genannter Art, zu den Schmuck-
und Dekorationsgräsern. Wie bei vielen Paniceen,
sind hier die Blätter breiter und länger und hängen
später in einem eleganten Bogen über. Besonders
hübsch nimmt sich das Gras mit seinen grossen und
länglichen Aehren aus.
86. Von Gynerium argenteum, dem Pam-
pasgrase, hat man bekanntlich bereits eine Menge
Formen, welche sich auf die Färbung des unteren
Theiles der Blätter beziehen. Haage und Schmidt
durch silberfarbige
wird. Ihre Gestalt
223
in Erfurt bringen aber jetzt eine Form in den Han-
del, wo die Aeste der Blüthenrispe überhängen und
dadurch der ganzen Pflanze ein eigenthümliches An-
sehen geben. Für Norddeutschland möchte diese
Form nur eine geringe Bedeutung haben, da die
Blüthen daselbst nur in günstigen Jahren zur Ent-
wickelung gelangen.
87. Hamamelis japonica S. etZ. steht dem
bekannten Zauberstrauch (H. virginica) ausserordent-
lich nahe und entwickelt, gleich dieser, ihre gelben
Blüthen im Spätherbste oder selbst im Anfange des
Winters. Die Blätter sind aber hier mehr rundlich
und in der Jugend auf den Nerven und Adern der
Unterfläche mit Sternhaaren besetzt. Ob der Blü-
thenstrauch aber bei uns aushält, muss noch näher
untersucht werden.
88. Hesperis matronalis fl. albo pleno
war vor mehreren Jahrzehnten eine bis in die ent-
legensten Dörfer des mittleren Deutschlands, beson-
ders Thüringens, allgemein verbreitete Gartenblume,
sehört aber jetzt zu den Seltenheiten, so dass man
sie kaum noch in irgend einem Garten sieht. Und
doch verdient sie, gleich der Sommerlevkoje, An-
erkennung und Verbreitung. Sie ähnelt dieser auch
im Wachsthum und bildet kaum fusshohe und wenig
verästelte Pflanzen, deren Zweige fast ganz mit
weissen und wohlriechenden Blumen bedeckt sind.
Diese weisse und gefüllt blühende Abart unterscheidet
sich wesentlich von der violett- und einfach-blühen-
den Pflanze, welche 2 Fuss und selbst höher wird
und sich weitläufig verästelt. Vilmorin-Andrieux
in Paris haben diese nicht genug zu empfehlende Flor-
blume wieder von Neuem in den Handel gebracht.
89. Hippeastrum (Amaryllis)pyrrhochroum
ist vielleicht die kleinste ihres Geschlechtes und in
Brasilien zu Hause. Wenn dieser Ritterstern auch
deshalb nieht in der Weise imponirt, wie die übri-
sen Arten dieses Geschlechtes, so verdient er doch
wegen seiner brennend rothen Blumen Beachtung
und sollte in keiner Sammlung fehlen.
90. Humata Tyermani Moore ist eins der
sehönsten Farne, welche in neuerer Zeit eingeführt
sind, und ist wohl die grösste Art des Geschlechtes,
was sonst nur kleine Pflanzen umfasst. Die Blätter
haben eine deltaförmige Gestalt und sind dreifach
gefiedert. Da sie ausserdem eine lederartige Textur
besitzen, so ziehen sie auch nicht ein, d. h. dauern
mehrere Jahre. Die Länge und Breite (an der Basis)
der eigentlichen Blattfläche beträgt nur 7 Zoll. Die
Blätter selbst kommen aus einem mit weissen Spreu-
blättern besetzten Rhizom hervor. Im äusseren An-
sehen gleicht diese Humata den kleinblätterigen Da-
vallien, besonders der D. ballata und Griffithii. Sie
wächst im tropischen Westafrika und wurde von
Tyerman, nach dem sie genannt wurde, entdeckt
und eingeführt.
91. Als Impatiens Balsamina imperialis
(Kaiser-Balsamine) bringen Haage & Schmidt in
Erfurt eine neue Form mit grossen regelmässig ge-
bauten Blumen in den Handel. Ihre Farbe ist dun-
kelblau, wird aber durch weisse Flecken unterbrochen.
Andere neue Sorten sind die Viktoria-Zwerg-
balsamine mit verschieden gestrichelten Blumen
und die dreifarbige (tricolor). Die Blumen haben
bei der letzteren eine zarte, weiss-violette Farbe.
welche durch dunkelviolette und karmoisinrothe
Striche und Streifen unterbrochen ist.
92. Ixora Colei ist ein Blendling der I. eocei-
nea und alba, der in England herangezogen wurde.
Er zeichnet sich durch kräftigeren Wuchs und durelı
ein angenehmeres Grün der Blätter aus. Aus diesem
treten deshalb die blendend-weissen Blüthen um so
mehr hervor. Man muss bedauern, dass die Ixoren
in Deutschland so wenig Anklang finden, da sie un-
bedingt zu den schönsten und dankbarsten Blüthen-
sträuchern des Warmhauses gehören.
93. Kentia Canterburyana wurde auf Lord
Howe’s Insel im südaustralischen Ocean entdeckt
und gehört zu den kälter zu behandelnden Arten,
welche auch nicht gross werden und deshalb ganz
besonders zur Zimmerzucht geeignet erscheinen. Die
Blätter sind gefiedert und bestehen aus 7 schmal-
elliptischen Fiederblättchen, welche bei jugendlichen
Pflanzen nur bis 8 Zoll lang und 1 Zoll breit sind.
Wahrscheinlich ist K. Balmoreana H. Wendl,
welche jetzt Linden in Brüssel ebenfalls in den
Handel gebracht hat, dieselbe Palme.
94. Kentia Forsteriana steht der vorigen
Art dieses Geschlechtes sehr nahe und kommt auch
auf denselben Inseln vor. Sie unterscheidet sich
hauptsächlich durch einen eleganteren leichteren
Wuchs und durch hellgrün gefärbte Blattstiele, wäh-
rend diese bei Kentia Balmoreana vöthlich sind.
Linden in Brüssel ist es ebenlalls, der jetzt diese
Palme in den Handel gebracht hat.
95. Kohleria rupestris ist eine der letzten
Entdeckungen des in diesem Jahre verstorbenen
Dr. Berthold Seemann und wurde in dem Chan-
tales-Gebirge von Nicaragua aufgefunden. Sie
schliesst sich den übrigen Kohlerien an, von denen
die alte Gesneria ignorata wohl noch am Meisten
bekannt ist, an und ist auf gleiche Weise dicht be-
haart. Die schönen, in Trauben stehenden Blüthen
haben ausserhalb eine rothe, innerhalb eine gelbe
224
Farbe; letztere ist aber durch rothe Punkte unter-
brochen.
96. Kreysigia multifora Rehb. schliesst sich
den nordamerikanischen Uvularien an, gehört also
im weiteren Sinne zu den Liliaceen. Sie wächst
aber in Neuholland und muss deshalb im Topfe ge-
zogen und in das Kalthaus gestellt werden. Die
Pflanze war schon früher in Kultur, hat aber nie
eine grössere Verbreitung gefunden. Aus einem
vielköpfigen Rhizom kommen mehrere eckige Stengel
mit stengelumfassenden Blättern hervor. In ihrem
Winkel befinden sich die lilafarbigen Blüthen einzeln
oder zu zweien auf einem gemeinschaftlichen Stiele
von 1 Zoll Länge.
97. Laelia grandis Lindl. gehört ebenfalls zu
den älteren Gartenpflanzen, die aber allmählich sel-
tener geworden sind. Im vorigen Jahre hat ein
hübsches Exemplar im botanischen Garten zu Peters-
geblüht, von dem Regel in seiner Gartenflor
gute Abbildung gegeben hat (Tab. 698). Sie
aus der brasilianischen Provinz Bahia
demnach zu den kälter zu behandelnden
Arten. Wesentlich weicht sie von den übrigen Lae-
lien ab. Sie steht zwar den meisten übrigen Arten
an Schönheit nach, ist aber trotzdem zu empfehlen.
In der Regel ist der am Ende des dünn-länglichen
burg
eine
stammt
gehört
und
ı kannten
Scheinknollens zugleich mit dem Blatte hervorkom- |
mende Blüthenstiel nur 2blüthig. Die schmalen
ocherfarbigen Blumenblätter sind am Rande wellen-
förmig und haben eine Länge von über 2, aber nur
die Breite eines halben Zolles, die eben so lange
und fast gerade emporgerichtete Lippe ist dagegen
weiss und roth gestreift.
98. Von Larix hat Regel in seiner Gartenflora
(S. 99 des vorigen Jahrganges Tab. 684) eine Mo-
nographie gegeben, auf die wir die Leser der Wochen-
schrift um so mehr aufmerksam machen wollen, als
die Lärchenbäume nicht allein in forstlicher, sondern
auch in landscehaftlicher Hinsicht eine grosse Bedeu-
tung besitzen. Ihr wunderschönes Laub tritt in seiner
Frühjahre hervor;
später wird es dunkler. der Gartenilor ge-
gebenen des Lärchen-
baumes (Larix deeidua) mit einigen Formen, der L.
dahurieca und americana haben unt so mehr Werth,
als charakteristische Darstellungen des
äusseren Ansehens genannter Bäume geben. Regel
nimmt 8 Arten an. Es kann hier nicht unsere Auf-
gabe sein, speciell auf sie einzugehen. Liebhaber
verweisen wir auf die Abhandlung selbst, bemerken
hellgrünen Farbe besonders im
Die in
Abbildungen gewöhnlichen
sie auch
aber» ausserdem noch, dass die Lärchenbäume in
dem noch in diesem Jahre erscheinenden zweiten
Bande von Koch’s Dendrologie ausführlich abge-
handelt sind.
99. Lamprococcus coerulescens Reg. (Gar-
tenflora Tab. 694) wird im botanischen Garten zu
Berlin unter dem Namen Aechmea Lüddemanniana
kultivirt und wurde zum ersten Male auf einer der
Monats - Ausstellungen des Vereines zur Beförderung
des Gartenbaues im vorigen Jahre blühend ausge-
stellt (s. vor. Jahrg. d. Wochenschr. S. 218). Re-
gel möchte vielleicht Recht haben, wenn er meint,
dass diese Art richtiger zu Hophophytums gestellt
werden sollte, da sowohl die Deekblätter, wie auch
später die Früchte, keine rothe Farbe besitzen. Hin-
siehtlich ihrer Schönheit steht sie den übrigen Arten
dieses Geschlechtes, was in den Gärten gewöhnlich
als Aechmea aufgeführt wird, weit nach.
100. Von Lathyrus odoratus L., der soge-
nannten wohlriechenden Wicke, haben Haage und
Schmidt in neuester Zeit ausser der bereits be-
und verbreiteten „Kronprinzess von
Preussen“ noch eine Form unter dem Namen der
Feenkönigin erzogen, die unsere Aufmerksamkeit
im hohen Grade verdient. Die Fahne ist fleisch-
farben und weiss gerandet, während Schiffehen und
Flügel eine blendend weisse Farbe besitzen.
101. Lilium dalmatieum Maly (Catanii Vis.)
ist eine sehr interessante, vielleicht die schönste
Form unseres gewöhnlichen Türkenbundes, welche
an der Ostküste des adriatischen Meeres wächst und
durch den Fabrikanten Leichtlin in Karlsruhe, der
bekanntlich die grösste und beste Sammlung der
Lilien besitzt, eingeführt wurde. Die Lilie übertrifft
an Höhe den gewöhnlichen Türkenbund und zeichnet
sich durch purpurrothe Blüthen aus.
102. Lisianthus Oerstedii Gris. schliesst
sich dem bekannten L. Russellianus an und verdient
dieselbe Berücksichtigung, unterscheidet sich aber
wesentlich durch den etwas unregelmässigen Bau
der grünlich-gelben Blume, so wie durch die 5 un-
gleichen Staubgefässe. Er stellt eine 2jährige Pflanze
dar, welche in der Kultur doppelt so hoch als im
wilden Zustande wird und damit eine Höhe von
6 Fuss erreichen kann. An dem viereckigen Stengel
stehen die eirund-lanzettförmigen und 5- oder 7-ner-
vigen Blätter einander gegenüber. Die überhängen-
den Glockenblumen bilden einen nach einer Seite
gerichteten und gabelästigen Blüthenstand.
(Fortsetzung folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No ion. Berlin, den 20. Juli.
1812.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 30. Juli, Nachmittags: 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung
‚les Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30, Juni 1872 (Fortsetzung). — Bericht über die im letzten Jahre
eingeführten Pflanzen (Fortsetzung). — Berichtigung.
157 Gemeindebezirken und Einschluss der Ritter-
eng
Der Frostschaden güter auf einem Flächengehalt von 17,5;,; Quadratm.
an den Obstbäumen im Grossherzogihum Sachsen wurden durch den Frost getödtet 195,739 Stück
im Winter von 1870 zu 71. Obstbäume, nämlich 21,099 Apfelbäume, 12,643 Birn-
Vom Hofgärtner Maurer in Jena.*) bäume, 147,851 Zwetschenbäume, 259 Aprikosen-
Der Winter von 1870 zu 71 hat in unseren | bäume, 55 Pfirsichbäume, 4,810 Süsskirschbäume,
Obstbaumpflanzungen so unerhört gewüthet, dass es 2773 Sauerkirschbäume, 2,383 Wallnussbäume, 190
dem Grossherzoglichen hohen Staatsministerium nicht | Mispelbäume, 2,202 Verlust an Chausseen, Summa
unzweekmässig erschien, die von dem Unterzeichneten 195,739. Den grössten Verlust in diesem Verwaltungs-
vorgeschlagene Anfertigung von Verlustlisten im gan- | bezirk erlitt der Ort Wallichen durch das Absterhen
zen Grossherzogthum anzuordnen. Wenn nun auch von 8,050 Obstbäumen, während die Bäume in den
die Ausführung einer solchen Maassregel ihre Schwie- Fluren folgender 13 Gemeindebezirke unbeschädigt blie-
rigkeiten hat und auf ganz genaue Angaben der ben: Unterpörlitz, Stützerbach, Schöndorf, Roda. Ritters-
Verlustzahlen mit Sicherheit nicht gerechnet werden | dorf, Rettwitz, Obersynderstedt, Oberpörlitz, Maina,
kann, so ist es dennoch immerhin von hohem Inter- ' Kammerberg, Hassfeld, Breitenheerda, Grosslohma.
esse, sich durch eine solehe Zählung ein ungefähres B. Im II. Verwaltungsbezirke (Apolda) mit
Bild von den enormen Verlusten vorzuführen und 152 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter
die unausbleiblichen Folgen davon in Betracht zu | wurden aul einem Flächengehalt von 11,,,, Quadrat-
ziehen. Leider ist die Gesammtverlustzahl aller im meilen durch den Frost getödtet 326.405 Stück Obst-
ganzen Grossherzogthum getödteten Obstbäume eine bäume, nämlich 17,192 Apfelbäume, 11,306 Birn-
so bedeutende, dass wohl Niemand eine Ahnung da- bäume, 269,208 Zwetschenbäume, 2,444 Pflaumen-
von gehabt hat. Der Gesammtverlust beziffert sich bäume, 1,429 Aprikosenbäume, 438 Pfirsichbäume.
nämlich auf 601,845 Stück und vertheilt sich auf | 10,332 Süsskirschbäume, 2,785 Sauerkirschbäume,
sämmtliche Verwaltungsbezirke wie folgt: 10,569 Wallnussbäume, 658 Mispelbäume, Summa
A. Im 1. Verwaltungsbezirke (Weimar) mit | 326,405 Stück. Den grössten Verlust nicht allein in
diesem Verwaltungsbezirk, sondern im ganzen Gross-
” Der Nerfnsner warte gepgen re ee u herzogthum erlitt der Gemeindebezirk. Neuengönna
uns bereits in der 137. Nummer der Weimar’schen Zeitung ab- | = f 2
gedruckt; der Aufsatz ist so interessant, dass wir keinen An- | durch die Vernichtung von 10,439 Obstbäumen. Un-
stand nehmen, hn hier wiederum abzudrucken. Die Red, beschädigt blieben die Bäume in den Fluren folgender
29
ız
4 Gemeindebezirke, nämlich in Poppendorf, Coppanz,
Döhritschen, Schorba.
C. Im Il. Verwaltungsbezirk (Eisenach) mit
73 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter
aul einem Flächengehalt von 11,;,, Quadratm. wur-
den durch den Frost getödtet 23,624 Stück -Obst-
bäume, nämlich 2,935 Aepfelbäume, 1,451 Birnbäume,
15,559 Zwetschenbäume, 235 Pflaumenbäume, 41
Aprikosenbäume, 27 Pfirsichbäume, 2,593 Süsskirsch-
bäume, 498 Sauerkirschbäume, 479 Wallnussbäume,
6 Mispelbäume, Sa. 23,624 Stück. Den grössten Verlust |
erlitt in diesem Verwaltungsbezirk der Ort Bischofsroda
durch das Absterben von 3,105 Obstbäumen. Unbe-
schädigt blieben die Bäume in den Fluren folgender |
9 Gemeindebezirke: Eekardtshausen, Berka a. d. W.,
Dippach, Dankmarshausen, Gerstungen, Grossensee,
Untersuhl, Burekhardtshausen, Ettenhausen.
D. Im IV. Verwaltungsbezirk (Dermbach) mit |
75 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter
auf einem Flächengehalt von 10,7; Qua-
dratm. 7,361 Stück Obstbäume durch den Frost ge-
tödtet, nämlich: 1408 Apfelbäume, 1,002 Birn-, 2,637
Zwetschen-, 192 Pflaumen-, 1 Aprikosen-, — Pfir-
sich-, 1,522 Süsskirschbäume, 341 Sauerkirsch-, 258
Wallnuss-, — Mispelbäume. Sa. 7,361 Stück. Den
srössten Verlust in diesen Verwaltungsbezirk erlitt
der Ort Geismar durch das Absterben von 793 Obst-
x Unbeschädigt blieben die Bäume in folgen-
den 26 Ortschaften: Fischbach, Klings, Empferts-
hausen, Lenders, Möckritz, Neidhardtshausen, Stein-
berg, Buttlar, Gerstengrund, RBeinhards, Walthers,
Wenigentulft, Kaltennordheim, Franckenheim, Kalten-
westheim, Reichenhausen, Schafhausen, Unterweid,
Wohlmuthshausen, Zillbach, Weilar, Melpers, Ost-
heim, Sondheim, Stetten, Pferdsdort.
wurden
bäumen.
E. Im V. Verwaltungsbezirke (Neustadt). mit
167 Gemeindebezirken und Einschluss der Ritter-
züter auf einem Flächengehalt von 11,335 Quadratm.
wurden durch den Frost getödtet 48,716 Stück Obst-
bäume, nämlich: 4,318 Apfelbäume, 3,205 Birnbäume,
37,705 Zwetschenbäume, 2,085 Pflaumenbäume, 31
Aprikosenbäume, 57 Pfirsichbäume, 775 Süsskirsch-
bäume, 229 Sauerkirschbäume , — Wallnussbäume,
2 Mispelbäume. Sa. 48,716 Stück. Den grössten
Verlust erlitt die Gemeinde ÖOberrenthendorf durch
das Absterben von 4,326 Stück Bäumen. Unbeschädigt
blieben die Obstbäume in folgenden 14 Ortschaften,
als: in Bucha, Daumitzsch, Dreba, Grobengereuth,
Keila, Kleina, Laskau, Moderwitz, Neudeck, Posen,
Schmieritz, Tausa, Untendorf, Wenigenauma.
Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass der zweite
Verwaltungsbezirk am meisten und der vierte am
wenigsten gelitten hat. Von welcher Bedeutung diese
Verluste nieht bloss für einzelne Orte, sondern für
ganze Distrikte des Landes sind, wird sich in der
Kürze zeigen, namentlich wird der kleinere Landwirth
die ziemlich sicheren Einnahmen aus dem Frühobst
vermissen, wodurch gewöhnlich die laufenden Aus-
saben für den Hausstand gedeckt wurden. Aber
auch Wohlhabendere werden darunter zu leiden haben,
denn das Beispiel, dass auf den Ländereien einer
einzigen Pfarrei 18 Klaftern Scheitholz von Zwetschen-
bäumen gemacht wurden, steht nicht vereinzelt da.
Um nun näher auf die Ursachen dieses unerhörten
Falles einzugehen, gestatte ich mir Folgendes zu be-
merken: Obgleich sich bereits eine ansehnliehe Zahl
erfahrener und tüchtiger Fachmänner bemüht hat,
die eigentlichen Ursachen dieses furchtbaren Ereig-
nisses zu erforschen, so ist es dennoch Niemand ge-
lungen, sichere Nachweise über den ganzen Sach-
verhalt zu geben. Mich haben die aufmerksamsten
Beobachtungen eines leider so bedeutenden Materials
nur auf eine Menge von Widersprüchen und Unklar-
heiten geführt, die ich nachstehend folgen lassen will.
Im Allgemeinen nimmt man an, dass Obstbaumpflan-
zungen auf Anhöhen weniger als in Niederungen
und Thälern vom Frost leiden, allem der Verlust
von 10,569 Wallnussbäumen im zweiten Verwaltungs-
bezirke, die fast sämmtlich auf Anhöhen standen.
widerspricht dieser Behauptung. Ebenso glaubt man,
dass die zerstörenden Einwirkungen des Frostes aut
das Pflanzenleben sich nirgends mehr als’ in Niede-
rungen oder in der Nähe der Flüsse oder stehenden
Gewässer geltend machen, allein verschiedene, von.
mir beobachtete Fälle stimmen damit nicht überein.
So haben z. B. auf einem mir zugehörigen Grund-
stück die ganz in der Nähe des Ufers der Saale
stehenden französischen veredelten Pflaumen- und
| französischen Birnsorten nicht gelitten, während die
entfernter und geschützter stehenden Bäume total
erfroren sind. Eben so wenig lässt sich behaupten,
dass alte Bäume mehr als jüngere gelitten, denn
mehre Pflanzungen an unseren Chausseen und Ver-
bindungswegen und auf Gemeindeareal beweisen das
Gegentheil. Den Einwirkungen des Glatteises kann
man diese Verheerungen ebenfalls nicht zuschreiben,
weil oft in den exponirtesten Lagen, mitten unter
Massen todter Bäume, sich mehre völlig gesunde
Exemplare vorfinden. In Berücksichtigung aller dieser
Erfahrungen scheint der Hauptgrund dieser Zerstörun-
sen einfach in der langen Dauer so ausserordentlich
hoher Kältegrade und in der grösseren oder geringeren
Widerstandskraft jedes einzelnen Baumes zu liegen.
Die Festausstellung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues
vom 21. bis 30. Juni 1872.
(Fortsetzung.)
In dem Turnsaale waren die Wände
Weise von Gruppen eingenommen, dass 3 besonders
grosse die beiden Giebelseiten und die Mitte der
langen Hinterseite einnahmen. In der Aufstellung
soleher aus verschiedenen Dekorationspflanzen des
in der
Warmhauses, besonders von Palmen, Cyceadeen,
Pandaneen und Dracäneen, denen nur wenige andere
srossblättrige Pflanzen aus der grossen Zahl der
Dikotylen angereiht waren, haben unsere Berliner
Gärtner, wenn wir uns so aussprechen dürfen, einen
besonders glücklichen Griff. Man sage uns nicht,
dass mit gutem Materiale sich leicht zusammenstellen
lasse: dergleichen Pflanzen, wie wir eben angeführt
haben, besitzen in ihrer Einzelheit ihre Eigenthümlich-
keiten, denen Reehnung getragen werden muss. Eine
nicht geringe Aulgabe. Das Auge wird zu leicht,
wo dieses nicht geschieht, beleidigt.
Die 3 grössten Gruppen hatten Inspektor Bouche
aus dem botanischen Garten, Hofgärtner Janke aus
Monbijou und Obergärtner König aus dem Garten
des Geheimen Kommerzienrathes Raven& zusammen-
gestellt, ihnen schloss sich eine etwas minder grosse
Gruppe des Universitätsgärtners Sauer an. Da es
sich weniger um die einzelnen dazu benutzten Pflanzen,
obwohl sich auch manche seltene oder interessante
Art darunter befand, handelt, so übergehen wir in
diesem Berichte, durch Nennung einzelner Pflanzen
auch nur eine Auswahl zu treffen. Wir bemerken
nur, dass Inspektor Bouch& im freien Grund und
Boden der hintern Hälfte des Gartens ausserdem noch
eine Gruppe von Kalthauspflanzen, hauptsächlich aus
Neuholländern, Kapsträuchern und südeuropäischen
Gehölzen bestehend, ausgestellt hatte. Diese Gruppe
war um so interessanter, als sie an die frühere Lieb-
haberei genannter Pflanzen besonders grosser Grund-
hesitzer erinnerte.
Ferner verdankte man demselben Königlichen
Institute eine interessante Gruppe blühender Gewächs-
hauspflanzen. Liebhaber, denen zugleich auch die
Mittel zu Gebote stehen, solche Pflanzen zu kultiviren,
aber auch Handelsgärtner, denen es daran liegen
ınuss, eine grössere Mannigfaltigkeit ihren Käufern
darzubieten, hätten hier manche Art herausfinden
können, welche einer weiteren Verbreitung auch zur
Anzucht für Liebhaber werth ist. Es waren meistens
Kalthauspflanzen oder doch wenigstens solche, welche
nur eine mittlere Temperatur verlangen. Sämmtliche
Pflanzen besassen die geringe Höhe von höchstens
1!1/, bis 2 Fuss, waren meist buschig erzogen und
blühten reichlich.
Nicht weniger zog eine Gruppe von Marktpfilanzen,
welche Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreas-
strasse 32) hübsch zusammengesetzt hatte, die Auf-
merksamkeit der Besucher auf sich. Es waren blühende
und nichtblühende Pflanzen, zum allergrössten Theil
strauchartig, wie sie in Berlin, Charlottenburg und
in Potsdam massenweise herangezogen und in den
Handel gebracht werden, und zwar nicht etwa allein
zum Bedarf der neuerdings mächtig heranwachsenden
Kaiserstadt, sondern auch für den auswärtigen Export.
Ganz anderer Art war die kleine Gruppe von
Marktpflanzen, welche Kunst- und Handelsgärtner
Liebmann in Dresden reizend zusammengestellt
hatte. In der Mitte befand sieh das gefüllte Scharlach-
Pelargonium Avocat Gambetta im brennendsten Roth,
ringsherum das rosafarbige Pelargonium Marie Lemoine
und einige andere Sorten; auf Zwerggeorginen [olgte
dann das in Blättern eigenthümlich
Tropaeolum King of Tom Thumb schliesslich
die Form der blaublühenden Zwerg-Lobelie, welche
den Namen Kaiser Wilhelm erhalten hat. Wir machen
besonders auf das hier genannte Tropaeolum aul-
den selärbte
und
merksam, weil wir bis jetzt keine andere Sorte ge-
funden haben. wo einestheils die scharlachrothen
Blumen mitten dem eigenthümlichen Laube das
Grelle so verloren hatten, anderntheils das Laub aber
selbst sich in dem Grün des Rasens so angenehm
abhob, als hier.
Diesen Gruppen schloss sich eine dritte, eben-
falls kleinere an, welche man.dem Kunst- und Handels-
in
särtner Allardt verdankt. Es war eine Auswahl
von jenen Marktpflanzen, welche am Besten die
Zimmerluft vertragen und deshalb in geschlossenen
Räumen nicht so oft ersetzt werden Die
Gruppe aus dem Garten des Justizrathes Borchardt,
müssen.
| welche der Obergärtner Stephan zusammengestellt
hatte, enthielt ferner eine nicht geringe Anzahl von
Pflanzen Gewächshaus eines Liebhabers,
wie sie am Häuligsten vorkommen, in guter Kultur.
Endlich befand sich noch eine Gruppe gemischter
aus dem
Pflanzen in dem vordern Raume des Gartens. Sie
hatten sämmtlich bunte Blätter und waren in einer
"Weise, auch mit Rücksicht auf die Harmonie der
Farben, arrangirt, dass das Auge wohlgefällig darauf
ruhen konnte. Die Gruppe bestand aus nicht weniger
als aus 143 verschiedenen Arten und war von dem
Kunst- und Handelsgärtner G. Adolph Petzold in
Dresden eingesendet. Man muss bedauern, dass die
vor 10 Jahren noch weit verbreitete Liebe zu bunt-
23”
29
blättrigen Pflanzen sehr abgenommen hat: es finden
von ihnen nur noch die zwergigen Arten zu Teppich-
beeten, Arabesken u. s. w. Anerkennung.
Wir gehen, nachdem wir zuvor die vorhandenen
Gruppen Stauden und Sommergewächsen be-
sprochen haben, zu den Gruppen bestimmter Familien
und Geschlechter, aber mit Ausnahme derer, welche
ins Warmhaus Was Stauden
anbelangt, so waren hier der Königliche hbota-
von
sehören, über. die
nische Garten und die Handelsgärtnerei von Lo uis
Mathieu in die Schranken getreten. Leider haben
Stauden aufgehört, Lieblingspflanzen zu sein. Als
noch Rabatten an grossen viereckigen Beeten oder
an breiten Wegen der Parks gemacht und sauber
erhalten auch die Stauden um so
mehr in der Ordnung, als ihre Pflege und Erhaltung
Mühe Jetzt sind sie völlig in den
Hintergrund getreten und man sieht sie nur ausnahms-
weise noch in einigen Gärten. Eben deshalb wären
wurden, waren
keine machte.
Gruppen von ihnen auf dieser Ausstellung besonders
Neuem auf sie aufmerksam
Das ausserordentlich frühzeitige Jahr war
geeignet gewesen, von
zu machen.
aber leider nicht geeignet, bei der Ausstellung dieser
Stauden eine gute Auswahl zu treffen, da die meisten
und in der Regel auch die schöneren bereits ver-
blüht waren.
Derselbe ungünstige Umstand betraf auch die
neueren Sommergewächse, von denen nur eine Gruppe
von dem Obergärtner Dressler im Gaiten des Ge-
heimen Kommerzienrathes Dannenberger vorhan-
den war. Sie bestand aus Arten, die bereits in der
Wochenschrift besprochen worden waren. Von ein-
zelnen Sommergewächsen hatte nur Kunst- und Han-
delsgärtner Liebmann in Dresden sehr grosse und
sehöne Exemplare der Statice spieata ausgestellt.
Als zweijährige Pflanze waren vorzüglich kultivirte
Exemplare der grossblühenden Campanula Medium
des Obergärtners Haack aus dem Garten der Ritter-
utsbesitzerin Reıchenheim ausgestellt. Wir be-
dauern, dass Niemand Alpenpfianzen zu einer Gruppe
vereinigt ausgestellt hatte.
Die baumartigen Lilien, unter Dra-
zaren we-
denen wir
eäneen, Yukkeen und Agaveen verstehen,
nigstens in den letzteren ausserordentlich reichlich,
aber guter Kultur vertreten. Die Gruppen
der Agaveen aus dem Königliehen botanischen Garten
und Generallieutenants v. Jacoby enthielten
nicht eine Auswahl. es betrifft dieses na-
mentlich die letztere, fast sämmtliche bis jetzt be-
schriebene Arten, Abarten und Formen waren in
meist stattlichen Exemplaren vorhanden. General-
Lieutenant v. Jacoby, der würdige Nachfolger des
auch in
des
sondern,
superbiens (C. indivisa der Gärten) vorhanden.
Fürsten Salm-Dyek in der Kenntniss dieser Pflan-
zen, hat sich ein grosses Verdienst um diese bei
uns noch keineswegs hinlänglich gewürdigten Pflanzen
erworben, er die verschiedenen Formen fest
charakterisirte und mit Namen belegte. Diese Formen
unter bestimmte Arten zu vereinigen und den ganzen
Formenkreis dieser selbst festzustellen ist allerdings
eine schwierige Arbeit, die ihm noch bevorsteht.
Von Yukkeen hatte nur der Maurermeister Pae-
tow ein blühendes Exemplar der Y. recurvata ausge-
stellt. Ausserdem waren einige Dracänen, und zwar
zunächst 2 stattliche Exemplare der Dracaena oder
vielmehr Cordyline nutans, dieser in der Wochen-
schrift mehrfach besprochenen Abart der Cordyline
Der
Hofgärtner Brasch im königl. Garten zu Charlottenburg
hatte sie ausgestellt. Ausserdem waren vom Garten-
Inspektor Gireoud in Sagan noch 3 Schaupflanzen
von 3 neueren Formen der €. terminalis, welche zu
den schöneren gehören, nämlich Dr. Reginae, Guil-
foylei und nigro-rubra, vorhanden.
Wir schliessen hier gleich die anderen Dick-
pflanzen, und zwar zunächst die Kakteen, an. Wieder-
um war es der Königliche botanische Garten,
aber ausserdem ein enthusiastischer Liebhaber und
nicht weniger guter Kenner, Dr. Poselger, die auf
den Aufruf des Vereines in die Schranken getreten
waren. Dass unter solchen Umständen beide Samm-
lungen zu den besten gehörten, welche je ausgestellt
worden sind, unterliegt keinem Zweifel. Nicht we-
niger als 148 Arten hatte Inspektor Bouch&e zur
Verfügung gestellt, unter diesen 55 Mamillarien,
31 Cereen und 15 Echinocacten. Die Poselger'sche
Sammlung enthielt zwar nur 60 Arten, aber in vor-
züglicher Auswahl hinsichtlich ihrer Seltenheit oder
Neuheit. Es betrifft dieses besonders die Leuchten-
bergien und die Anhalonien.
Crassulaceen (mit Einschluss der Mesem-
brianthemen) in grosser Anzahl (85 Arten) hatte nür
Inspektor Bouche& zu einer Gruppe vereinigt. Reich
war sie an Mesembrianthemen (27) und an Semper-
viven (18). Grade diese beiden Genera haben grossen
särtnerischen Werth und werden trotzdem jetzt von
Liebhabern ungemein vernachlässigt. Die ersteren
wurden früher weit mehr verwendet. Es betraf be-
sonders die Arten, welche reichlich in brennenden
Farben blühen und eine passende Aufstellung in
Felsenparthieen fanden. Die Semperviven (im wei-
teren Sinne), und zwar nicht weniger die, welche im
Freien aushalten, als die, welche in grosser Menge
auf den Kanaren, Azoren u. Ss. w. wachsen und in
einem Kalthause untergebracht werden müssen, ge-
indem
A
2
hören zu den interessantesten Pflanzen, zumal sie | Sorge zetragen hätte, sie in die zweite Abtheilung
eine verschiedene Verwendung finden können.
machen besonders auf die tellerförmigen Arten von
oft Fuss Durchmesser der Rosetten, welehe auf vor
Kurzem genannten Inseln wachsen, aufmerksanı.
Einzelne Crassulaceen - Geschlechter und Arten
fanden sich auch aus einigen Handelsgärtnereien .vor.
Es waren besonders Echeverien. Diese unserer
Hauswurz (Sempervivum tectorum) zum Theil sehr
ähnlichen Pflanzen sind in neuester Zeit, seitdem ein
Paar interessante Arten aus Kalifornien und Mexiko
eingeführt worden waren, rasch Lieblinge geworden
und sind vor Allem zu Einfassungen geeignet. Dass
sie eine einzige Rosette fleischiger Blätter bilden und
ihren Stengel meist feuris - roth gefärbter Blüthen
rasch emportreiben, gibt einen besonderen
Werth. Kunst- und Handelsgärtner G. Adolph
Petzold und Oskar Liebmann in Dresden hatten
die am Meisten zu empfehlenden Arten in grösserer
Anzahl ausgestellt.
ihnen
Wir
Eine andere Crassulacee, zwar keineswegs erst
in der letzten Zeit bekannt geworden, sondern im
Gegentheil lange schon in Kultur und in Berlin als
Marktpflanze sehr viel herangezogen, ist die bekannte
CGrassula oder Kalosanthes eoceinea. Von solchen
Marktpflanzen hatte der Kunst- und Handelsgärtner
Gude (Hasenhaide 8a.) eine hübsche Gruppe zu-
sammengestellt, deren Blumen weithin leuchteten.
Dass die Farnen keineswegs bei uns in Deutsch-
land noch so beliebt sind, wie vor 20 und mehr
Jahren, wo man noch Liebhaber hatte, die von diesen
zur Dekoration nicht genug geschätzten Pflanzen
emsig zusammentrugen, was sie schaffen konnten,
ist leider eine nicht zu bestreitende Thatsache. In
England ist es anders, denn dort gibt es noch viele
Farn - Liebhaber. Und doch waren die Farnen in
2 grossen Gruppen auf der jetzigen Ausstellung vor-
handen, wie sie kaum schöner in England gesehen
werden können. Sie gehörten aber wiederum dem
botanischen Garten, unbedingt dem an Pflanzen
reichsten Institute des Festlandes, nicht einem Lieb-
haber. Nur der botanische Garten in Kew bei Lon-
don steht in Betreff der Menge von Pflanzen, welche
kultivirt werden, unübertroffen da und wird wohl bei
den günstigsten Verhältnissen, unter denen er be-
steht, seinen Ruf auch noch länger behaupten.
Von den beiden Farm-Gruppen
schen Gartens bestand die eine aus
sehiedenen Arten des Gewächshauses.
tiges reichbeblättertes Baumfarn würde gleichsam
einen Schirm gegen die brennenden Strahlen der
Sonne gebildet haben, wenn man nicht vorher schon
des botani-
127. ver-
Ein präch-
des Gartens, wenigstens in Halbschatten zu bringen.
Es sollte Niemand versäumen, auch an grössere
Wärme gewöhnte Farne während der zuten Jahres-
zeit ins Freie zu bringen, damit sie sich hier für
die ihrem Wachsthum ungünstige Zeit des Winters
möglichst erstarken können.
sehen, erlaubt uns weder
In das Einzelne einzu-
Zeit
noch Raum; wir
möchten aber darauf aufmerksam machen, dass
manche Arten sich unter diesen Farnen befanden,
welche im weiteren Kreise kaum bekannt sind und
doch eine grössere Verbreitung verdienen. Es gilt
dieses nicht weniger auch von der anderen Gruppe,
welche aus Freilandpflanzen bestand und 48 haupt-
sächlich Haupt-, weniger Abarten enthielt. Beson-
ders waren in dieser Gruppe einige nordamerikanische
Arten, welche zum Theil selbst in den reichsten
Sammlungen von Freilandpflanzen in England fehlen
möchten.
Ausser dieser Gruppe von Freilandfarnen war
noch eine zweite, aber kleinere vorhanden. welche
hauptsächlich "aus Formen des Aspidium Filix mas
und femina, so wie des Scolopendrium officinarum,
bestand. Kunst- und Handelsgärtner Wilhelm
Eberhardt in Genthin hatte sie ausgestellt.
Auch von Selaginellen war von Seiten des bo-
tanisechen Gartens eine hübsche Gruppe zu-
sammengesetzt, die fast die meisten Arten ufid For-
men dieses interessanten Geschlechtes enthielt, welche
bis jetzt beschrieben und in den Handel gekommen
sind. Die kleinen Pflänzchen zeigen zum Theil
sehr hübsche Formen, so dass auch Liebhaber,
welche in ihren Gewächshäusern nicht über viel
Raum zu verfügen haben, wenigstens einige kulti-
viren sollten. Im Sommer gedeihen sie, in Schat-
ten gebracht, vorzüglich.
Ferner nahm eine Gruppe von 33 Ziergräsern,
hauptsächlich aus Cyper- und Fenniggräsern (Cyperus-
und Panieum-Arten) bestehend, die Aufmerksamkeit
der Besucher in Anspruch.
selben
Auch sie war von den-
Institute durch den In-
spektor Bouche auf eine den Augen wohlgefällig«
Weise zusammengesetzt.
wissenschaftlichen
Ziergräser waren noch vor wenigen Jahren sehr
sesucht und dienten in kleineren und grösseren Gäl-
ten vielfach zum Schmuck, aber auclı
benutzt, um Bouquets aller Art leichter zu machen.
Jetzt hat man sich ‚wiederum auf Panmpasgras, Pani-
cum palmifolium, Cyperus alternifolius und auf wenige
andere beschränkt.
Obwohl für die hauptsächliehsten Blüthensträu-
und Florblumen der Jahreszeit
sie wurden
eher Aufgaben ge-
stellt waren, blieb doch eine Reihe derselben un-
gelöst, Von den Pelargonien haben wir zum Theil
schon gesprochen, es bleibt uns daher nur übrig,
über das, was von diesem von Seiten des Programmes
sehr begünstigten Blüthenstrauches noch vorhanden
war, nachträglich zu berichten. Zunächst verdankte
man dem Geheimen Kommerzienrath Raven& dureh
seinen Obergärtner König eine Gruppe gefüllter Bou-
uet- und Scharlach-Pelargonien. Welcher langen Zeit
und welcher Bemühungen von Seiten der Gärtner be-
(lurfte es, bevor man gefüllte Pelargonien erhielt!
Seit der kurzen Zeit von gegen 8 Jahren aber, wo
die ersten noch ziemlich unvollkommen in Nanzig
und in England zu gleicher Zeit entstanden, haben
diese gefüllten Pelargonien, bei bedeutender Vervoll-
kommnung der Blume, eine solche Verbreitung ge-
[unden, dass man sie bereits in den entlegensten
Theilen der Provinzen findet.
Ausser diesen beiden Gruppen verdankte man
noch den Kunst- und Handelsgärtnern Leisegang
in Charlottenburg und Bacher in Pankow hübsche
Gruppen buntblättriger Pelargonien.
Reichlich waren die Calceolarien vertreten.
besonders hübsch nahm sich die Gruppe des Kunst-
und Handelsgärtners Oscar Liebmann aus. Sie
bestand aus Sorten der krautartigen, während die
übrigen strauchartige waren. Als wahre Schau-
pflanzen mussten die letzteren aus dem Garten des
Geheimen Kommerzienrathes Raven& anerkannt
werden, da sie ohne Ausnahme buschige Exemplare
von 2 bis 21, Fuss Durchmesser bildeten. Doch
dürften die des Kunst- und Handelsgärtners J. C.
Sehmidt (Unter den Linden 16) nicht weniger An-
erkennung finden, als die des botanischen Gar-
tens, welche Inspektor Bouch& zur Verfügung ze-
stellt hatte.
Von Hortensien haben wir ebenfalls schon ge-
sprochen. Wir fügen nur noch hinzu, dass Kunst-
und Handelsgärtner S. Adolph Petzold in Dres-
den eine nicht allein hübsche, sondern auch instruk-
tive Sammlung der aus Japan stammenden Arten
und Abarten in 12 verschiedenen Exemplaren aus-
sestellt hatte, welche die Aufmerksamkeit der Be-
sucher vielfach auf sich Endlich hatte auch
Kunst- und Handelsgärtner Crass eine Gruppe biau-
hlühender Hortensien ausgestellt.
Leider war die Zeit der Rosen vorüber. So
reichlich auch diese schönsten aller Blüthensträucher
im Programm bedacht waren, so kärglich fanden sie
sich auf der diesjährigen Ausstellung vor. Nur eine
einzige Gruppe hochstämmiger Rosen hatte man ein-
Sie bestand aus 50 verschiedenen Sorten
Ganz
Z08.
sesendet.
Be.
und war vom Kunst- und Handelsgärtner W. Wendt
(Hasenhaide 9a.) zur Verfügung gestellt worden.
Reichlicher waren die abgeschnittenen Rosen
vorhanden. Leider sah man aber auch ihnen an,
dass ihre Zeit vorüber war und dass man sich nur
nit dem zu begnügen hatte, was übrig geblieben.
Und doch waren manche Blumen vorhanden, die noch
ihre volle Schönheit besassen und deshalb auch
Anerkennung fanden. Soleher Sortimente abge-
schnittener Rosen hatte wiederum W. Wendt, aus-
serdem aber Kunst- und Handelsgärtner F. Gude
(in der Hasenhaide 8a.), der Baumschulbesitzer M.
Böhme (früher W. Rogge) Genthin, Fräulein
Bertha Reuter im Forsthaus Garbe bei Wittenberge,
Buchdruckereibesitzer Heinieke und Rentier Altrock
in Witzleben bei Charlottenburg eingesendet.
Auch Fuchsien waren reichlich vertreten. Ein
Sortiment schöner Stecklingspflanzen von diesem
Jahre, wie sie zu Tausenden in Berlin auf den Markt
kommen und einen bedeutenden Handelsartikel bil-
den, hatte wiederum der schon mehrmals genannte
F. Gude ausgestellt. Hoch gezogen hingegen .waren
2 Sortimente vorhanden. Das eine gehörte dem
Öbergärtner Eggehbreeht aus dem Banquier Wage-
ner'schen Garten, das andere hingegen dem Ober-
gärtner König aus dem Garten des Geheimen Kom-
merzienrathes Ravene. Letzterem verdankte man
auch eine ziemlich hohe Fuchsien-Pyramide, reich
mit Blüthen bedeckt. Eine zweite hatle dagegen der
Öbergärtner Leidner aus dem Garten der Frau
Kommerzienräthin Reichenheim zur Verfügung ge-
stellt. Sie besass eine Höhe von 13 Fuss. Schliess-
lich gedenken wir endlich auch der schönen Form
President Gosselin der Fuchsia fulgens, welche Ober-
gärtner Hornemann dem Garten des Kom-
merzienrathes Gilka ausgestellt hatte.
Von den Coleus- Formen war nur eine ausge-
suchte Gruppe der besseren Sorten vorhanden und
von dem Öbergärtner König im Garten des Gehei-
men Kommerzienrathes Raven& hübsch gruppirt.
Eigenthümlich sahen dagegen die beiden hochstäm-
mig gezogenen Exemplare aus, welche wiederum
Öbergärtner Eggebrecht aus dem Banquier-Wage-
ner'schen Garten zur Verfügung gestellt hatte.
Eine sehöne Sammlung von Anemonen und Ra-
nunkeln hatte der Kunst- und Handelsgärtner Spaeth
(Köpenicker-Strasse 148) gebracht. Warum diese im
vorigen Jahrhunderte allgemein beliebten Florblumen
in Deutschland nieht mehr die frühere Anerkennung
finden wollen, begreift man nicht. Sie bedürfen
allerdings der Pflege, sie belohnen aber auch in einer
Weise, wie wenige andere Pflanzen.
in
aus
Phlox Drummondi gehört bekanntlich zu den
Florblumen, welche in der neuesten Zeit nicht allein
eine grosse Vervollkommnung in den Blumen, fast
noch mehr in der Mannigfaltigkeit der Farben erhalten
haben. Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreas-
str. 32) hatte eine Auswahl von 20 Sorten getroffen
und diese in 32 Exemplaren zu einer Gruppe vereinigt.
Allgemeinen Beifall fanden die in Kugel- und
Spalierform herangezogenen heseda-Pflanzen des
Kunst- und Handelsgärtners Oskar Liebmann in
Dresden. Mögen dergleichen Exemplare hier und da
in Berliner Privatgärten herangezozen werden, auf
den Berliner Märkten, ja selbst in den Blumenkellern,
sieht man sie leider nicht. Sollte in der That, wie
behauptet wird, der Berliner Blumenliebhaber sich
scheuen, für solche schön gezogene und wohlgefäl-
lige Blumen ein Paar Groschen mehr auszugeben?
Endlich waren noch aus der Reihe der Flor-
blumen die Stiefmütterchen (Viola altaico-trieolor)
vertreten, sowohl in Pflanzen, als in abgeschnittenen
Blumen. Die Vervollkommnung der Blumen scheint
bereits ihren Gipfel erreicht zu haben: wir haben
wenigstens schon seit mehrern Jahren nichts Neues
mehr gesehen. Trotzdem war die Schönheit und
Grösse einzelner Blumen anzuerkennen. Blühende
Pflanzen verdankte man den Kunst- und Handelsgärt-
nern Emil Kratz in Hochheim bei Erfurt und Wilh.
Eberhardt in Genthin, abgeschnittene Blumen da-
gegen den Kunst- und Handelsgärtnern Karl Schwa-
necke in Oschersleben und H. Wrede in Lüneburg.
Wir gehen zu den Pflanzen über, deren Werth
nicht in den Blüthen, sondern in den Blättern liegt
und die daher als Blatt- und Dekorationspflanzen
dienen. Kunst- und Handelsgärtner Sauerwald
(Friedrichsstr. 232) hatte zunächst eine Anzahl von
schöngezogenen Pleetogynen zu einer freundlichen
Gruppe zusammengestellt. Diese zwar bereits be-
werden, als es schon geschieht. Abgesehen davon,
dass sie ihre Stelle als Blattpflanze völlig ausfüllt,
so haben wir keine zweite Art, welche
Pflege verlangt und mit so geringem Anspruch an
Licht und Luft gedeiht. Als Zimmerpflanze ist Ple-
ctogyne durch keine zweite zu ersetzen. Wenn alle
anderen Pflanzen der Gruppe eines Zimmers allmäh-
lig zu Grunde gehen und weggeschaflt werden müssen,
hält in der Regel Pleetogyne allein noch aus. Es
silt dieses von der einfach grünen, so wie von den
buntblättrigen, die fast häufiger in dem Handel sich
vorfinden. Von einer solchen hatte Sauerwald
ausserdem noch ein Exemplar als Schaupflanze heran-
gezogen.
so wenig
Epheu war als Marktpflanze für Zimmerkultur
nicht vorhanden, obwohl gerade Berlin ein Ort ist.
wo dergleichen Exemplare in einzelnen Gärtnereien
zu Tausenden für den einheimischen Gebrauch und
für den Export herangezogen werden, dagegen hatte
Kunst- und Handelsgärtner Späth ein reichliches
Sortiment dieses Klettergewächses ausgestellt. In
Belgien sind die verschiedenen Formen, besonders
die buntblättrigen, sehr beliebt, bei uns sieht man
Sammlungen dagegen nur ausnahmsweise, so schön
sie auch sind und so mannigfache Verwendungen die
einzelnen Formen erhalten können.
Araliaceen waren zwar nicht in Gruppen vor-
handen, aber einzelne Exemplare von besonderer
Schönheit, so eine Oreopanax dactylifolia des Inspek-
tors Gireoud in Sagan, eine Aralia papyrifera des
Universitätsgärtners Sauer und endlich einige Exem-
plare des Botryodendron macrophyllum mit grossen,
schönen Blättern des Kunst- und Handelsgärtners
W. Mauck in Schönebeck bei Magdeburg.
Von Aukuben sah man eine ziemlich umfassende
Sammlung aus den Lorberg’schen Baumschulen in
22 Abarten. Schade, dass diese den Ilex gleich zu
verwendenden Sträucher Japan’s und des Himalaya
gegen unsere Witterungs-Verhältnisse etwas empfind-
lich sind und im nordöstlichen Deutschland sieh
nicht im Freien anwenden lassen. Wenn die weib-
lichen Pflanzen mit den scharlachrothen Beeren dicht
bedeckt sind — und das geschieht schon bei klei-
nen Exemplaren — so bieten sie einen Schmuck
dar, wie kaum ein anderes Gehölz.
(Sehluss folgt.)
Bericht
ı über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
liebte Blattpflanze sollte aber noch mehr verwendet |
(Fortsetzung.)
105. Macrozamia corallipes ist eine inter-
essante grössere Form der bekannten M. spiralis und
unterscheidet sich zu ihrem Vortheile durch die roth-
braunen, kurzen Stielechen der Fiederblättchen. Die-
ser Umstand hat auch Veranlassung zur Benennung
gegeben.
104. Die Zahl der Maranten bereits
und die eine erscheint schöner als die
andere; aber immer werden noch neue Arten und
Formen eingeführt. Neben Linden in Brüssel und
Gent und James Veitch and Sons in London ist
es jetzt auch William Bull, dem wir neuerdings
die Einführung einiger hübschen Arten verdanken.
Marante bellula verdient ihren Namen der lieb-
ist zwar
sehr gross,
er
lichen, wie man den Beinamen bellula übersetzen
könnte, da sie eine der kleinsten Arten darstellt.
Sie ähnelt der M. micans ungemein und verbindet
diese mit M. undulata. Die kleinen längliehen oder
elliptischen Blätter stehen auf kurzen Stielen dicht
xedrängt und haben auf der Oberfläche ein dunkles
Grün, was durch einen röthliehen Mittelnerv etwas
unterbrochen wird, die Unterfläche ist hingegen
braunroth gefärbt. Die Einführung aus Brasilien ver-
dankt man dem bekannten PflanzensammlerBaraquin.
105. Marantia Luciani hat aufrechte und
langgestielte Blätter und schliesst sich deshalb der
Gruppe an, zu der die längst bekannte M. vittata
zehört. Die länglich-lanzettförmigen, etwas härtlichen
Blätter sind zwar grün, aber ein grosser, silberweiss
selärbter Diskus nimmt die Mitte ein.
106. Maranta pruinata wurde von dein ver-
storbenen Dr. Seemann eingeführt und in Nikaragua
entdeckt. Sie gehört zu den gıösseren Arten und
hat gegen Fuss lange und 4), Zoll breite Blätter,
welche an der Spitze eines sehr langen und von
einem weissen Flaum überzogenen, aber rothpunk-
tirten Stiele stehen. Sie haben oben eine dunkel-
srüne Farbe, während die untere weit heller ist und,
besonders nach der einen Seite hin, einen bräunlichen
Schein zeigt.
107. Von der im Jahre 1867 eingeführten Ma-
ranta Wallisii hat Linden jetzt auch eine Abart
mit der näheren Bezeichnung discolor in den
Handel gebracht, wo die Aunkelgrüne Oberfläche
einen sammetartigen Schein besitzt, die Unterfläche
dagegen weinroth gefärbt erscheint.
108. Marcgravia paradoxa ist eine inter-
essante Pflanze, welche, ähnlich den Marcgravien, an
Mauern, Planken, Bäumen u. s. w. im Vaterlande
emporklettert und diese Gegenstände rasch überzieht.
Dr. Seemann hat sie kurz vor seinem Tode in
Niearagua entdeckt und an Bull gesendet, der sie
aber vielmehr für eine Pothos-Art hält. Leider haben
wir die Pflanze noch nicht gesehen, können demnach
auch nicht entscheiden, ob Seemann oder Bull
Recht hat. Die Nervatur und Textur der Blätter ist
hei beiden Geschlechtern aber so verschieden, dass
auch eine feste Bestimmung ohne Blüthen möglich
sein möchte. Die ungleich-herzförmigen Blätter haben
einen Durchmesser von 4 Zoll und endigen mit einem
scheidenartigen Stiel.
109. Monolopia major De. (Reg. Gartenfl.
Tab. 690) ist ein Körbehenträger aus der grossen
Abtheilung der Heliantheen und wurde unter dem
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin,
Namen Helenium Douglasii in den Gärten einge-
führt. Wenn sie wohl auch den Heliantheen zunächst
steht, so hat sie doch auch eine Aehnlichkeit mit
den Lasthenien, mehr noch mit den Dimorphoteken.
Vaterland ist Kalifornien. Monolopia major ist jährig
und treibt einen 1 bis 2 Fuss hohen und sich ver-
ästelnden Stengel mit langgestielten, gelbgefärbten
Blüthenkörbehen von 21, Zoll Durchmesser. Da wir
bereits dergleichen Pflanzen in Kultur haben, und zwar
ziemlich reichlich, dürfte ihre Akquisition nicht von
Bedeutung sein.
110. Ochrosia elliptica Labill. ist eine neu-
kaledonische Apacynacee mit dem entfernten Ansehen
eines Oleanders. Sie bildet einen buschigen Blüthen-
strauch mit lederartigen, dunkelgrünen und breit-
länglichen Blättern, welche meist zu 3 und 4 einen
Quirl bilden, seltener einfach gegenüberstehen. Die
präsentirtellerförmigen Blüthen bilden endständige
Traubendolden. (Fortsetzung folgt.)
»
Aufforderung.
„Von Seiten des Vorsitzenden der Gartenbau-
Gesellschäft „Feronia“ in Dresden, G. Adolph Petzold,
ist an die Mitglieder des Vereines zur Beförderung
des Gartenbaues die Bitte ausgesprochen, sich an
der vom 27. Juli bis 4. August stattfindenden Aus-
stellung von Pilanzen und Blumen in Dresden zu
Von Seiten der Redaktion der Wochen-
schrift, als dem Organe des Berliner Vereines, ist
diese Bitte der Aufforde-
rung zur weiteren Kenntniss zu
bringen, als die Gartenbau - Gesellschaft „Feronia“
sich bei der vom 21. bis 30. Juni stattgefundenen
Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Garten-
baues selbst durch mehre ihrer Mitglieder lebhaft be-
theiligt hatte. Es ist ausserden wünschens-
werth, dass die Gartenbau-Vereine der verschiedenen
Städte sich gegenseitig, besonders bei den Ausstel-
lungen, unterstützen und auch auf diese Weise in
betheiligen.
man um so mehr bereit,
um Betheiligung
aber
lebhaltem Verkehr mit einander bleiben.
Die Redaktion.
Berichtigung. Herr John Booth, Besitzer der
Flottbecker Baunischulen, theilt der Redaktion mit,
dass er nicht das ganze Protokoll des Preisrichter-
Amtes, sondern nur das der betreffenden Sektion, in
der er Preisrichter gewesen, unterschrieben habe.
Die Red.
Königgrätzer-Strasse I
Wochenschrift
es
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
a Berlin, gen, 2. J BE
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 30. Juli, Nachmittags 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt.
Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872 (Schluss).
— Bericht über
die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung).
Die Festausstellung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues
* "om 21. bis 30. Juni 1872.
(Schluss.)
bilden in einen
Myrten verschiedenen Formen
grossen Handelsartikel in Berlin, besonders auch für
den Export. Marktpilanzen von 1 und 11), Fuss
Höhe, wie sie einzelne Gärtner jährlich zu Tausenden
heranziehen, waren leider nicht vertreten, dagegen
hatte der Kommerzienrath Gilka durch seinen Ober-
särtner Hornemann 6 Myrtenbäume von über
13 Fuss Höhe, welche allgemein wegen ihrer Schön-
heit den Beifall der Zuschauer erhielten, ausgestellt.
Ferner waren dergleichen Standbäume von Lor-
beer und Orangen von seltener Schönheit von meh-
ıern Ausstellern zur Verfügung gestellt und von den
Ordnern zum Aufstellen an verschiedenen günstigen
Orten vortheilhaft benutzt worden. °.So stand ein
Theil auf beiden Seiten des langen Weges, der von
der Strasse nach dem eigentlichen Ausstellungsraum |
führte. Die Orangenbäume verdankte man dem Hof-
gärtner Brasch in Charlottenburg und waren der
schönen und berühmten Sammlung des Schlossgartens
daselbst entlehnt. Die Lorbeerbäume dagegen hatten
der Kunst- und Handelsgärtner Leisegang in Char-
lottenburg und der Gutsbesitzer Mosisch in Trep-
tow a. d. Spree geliefert. Von den erstern wurden
| das Paar
; 400 Thalern verkauft.
der stärksten und schönsten Bäume zu
Wir kommen schliesslich zu den Koniferen, die
wohl kaum bei einer andern, selbst bei einer inter-
ı nationalen Ausstellung in grösserer Schönheit vorhanden
gewesen sein möchten, als jetzt hier. Die grössten
Sammlungen von Freiland-Koniferen hatte man aus
Hamburg eingesendet. Sie bestanden zum grossen
Theil aus hohen Exemplaren in Körben eingepflanzt,
so dass sie alsbald mit diesen au Ort und Stelle
eingesetzt werden konnten. Sie waren benutzt, um
die Mauern des Gymnasiums zu decken, und erfüllten
| damit ihren Zweck. Die eine dieser grossen Samm-
| lungen gehörte F. J. C. Jürgens, Baumschulbesitzer
in Nienstädten bei Hamburg, die andere den Baun-
schulbesitzern Pet. Smith et Co. in Bergedorf bei
Näher einzugehen in das interessante Ma-
wir
Hamburg.
terial erlauben uns weder Zeit noch Raum, be-
merken nur noch, dass die Nomenklatur, die ganz
ı besonders bei den Koniferen gewöhnlich eine ver-
nachlässigte ist, bei beiden Samınlungen eine
gute war.
Eine dritte Sammlung hatte H.
Lorberg in Berlin (Schönhauser Allee 152) ausge-
stellt. Während in den beiden Hamburger Samım-
lungen die ächten Nadelhölzer oder Abietineen haupt-
sächlich vertreten waren, fanden sich diese in der
Lorberg’schen Sammlung nur durch einige Arau-
während von den
von Koniferen
ausserdem
30
karien vertreten vor.
234 .
50 Arten und Formen 37 den Cupressineen und 10 | Weise gewürdigt, als sie es verdient hatten. Baum-
den Taxineen angehörten. Schön waren die Cha-
maecyparissus-Arten resp. Formen, von denen etwa
die Hälfte als Retinosporen aufgeführt worden waren,
Die Gruppe von Koniferen des botanischen
Gartens, welche Inspektor Bouch&@ zusammenge-
stellt hatte, enthielt fast nur Arten, welche bei uns
in das Gewächshaus gehören und deshalb für Kenner
dieser ziemlich grossen Pflanzengruppe manches In-
teressante darboten. Es waren im Ganzen 56 Arten,
unter ihnen allein 9 Podokarpus-Arten vorhanden.
Endlich hatte der Obergärtner Nicolai im Gar-
ten der Königlichen Garnison-Verwaltung eine Gruppe
von 50 Exemplaren in 24 der interessanteren Arten,
hauptsächlich des Kalthauses, zu einer hübschen
Gruppe vereinigt; ausserdem verdankte man ihm
aber noch eine Gruppe von 9 Araukarien in 7 Arten,
resp. Formen. Einzelne Araukarien hatten ausser-
dem endlich noch in besonders schönen Exemplaren
die beiden Hamburger Baumschulbesitzer Peter
Smith et Co. und F. J. C. Jürgens zur Verfügung
sestellt und trugen als Einzelpflanzen zur Erhö-
hung der Schönheit der vordern Gartenhälfte nicht
wenig bei.
Zwischen dem Gewächshause für an grössere
Wärme gewöhnte Pflanzen, von denen alsbald ge-
sprochen werden soll, und der hinteren Seite des
Gymnasiums - Gebäudes befand sich der Raum für
Freiland-, einschliesslich Obstgehölze. Leider hatte
man sich hieran weit geringer betheiligt, als gewünscht
worden ist, da grade Baumschulbesitzern, welche etwas
eingesendet hätten, bei dem von ausserhalb zu erwar-
tenden Besuche der Ausstellung Gelegenheit geboten
worden wäre, sieh bekannter zu machen. Der Ober-
särtner Bleyer in dem reichsgräflich von Pückler-
schen Schlossgarten und Baumschulen von Branitz
bei Cottbus hatte Alleebäume in Exemplaren ausge-
stellt, welehe wohl kaum noch etwas zu wünschen
übrig lassen. Grade jetzt, wo gute Alleebäume sel-
tener geworden, von einzelnen Arten fast gar nicht
aufzutreiben sind, möchte Manchem es genehm sein,
diese Bezugsquelle in Branitz bei Cottbus zu wissen.
Von dem guten Zustande der Baumschulen und der
rationellen Behandlung der daselbst gezogenen Bäume
haben wir uns zu überzeugen mehrmals Gelegenheit
gehabt.
Sehr instruktiv waren die Sammlungen
von Sämlingen von Gehölzen aller Art, welche die
Baumsehulbesitzer Spaeth undLorberg ausgestellt
hatten. Leider wurden sie von den Anwesenden,
bei denen zum allergrössten Theile das Schöne dem
Nützlichen vorgezogen keineswegs in der
beiden
wurde,
schulbesitzer Späth (Köpenickerstrasse 148) hatte
ausserdem Formen-Obstbäume, besonders Spaliere,
in einer Vollkommenheit und Regelmässigkeit aus-
gestellt, wie man sie nicht häufig sieht, am Aller-
wenigsten im Handel Frankreichs. Jenseits der Vo-
gesen ist das Klima, hauptsächlich für Birngehölze,
weit günstiger als bei uns, diese selbst wachsen fast
von selbst. Man gibt sıch deshalb in Frankreich auch
im Allgemeinen gar nicht die Mühe bei ihrer Behand-
lung, wie sie bei uns nothwendig ist. Wir wollen
damit ausserdem der Anzucht der Formenbäfme in
Frankreich keineswegs nahe treten, da wir uns selbst
nochmals überzeugt haben, was Ausserordentliches
man daselbst leisten kann, sobald man ernstlich will,
und was auch von Einzelnen in dieser Hinsicht in
der That geleistet wird. Es geschieht dies aber
hauptsächlich nur von Seiten des Liebhabers, im
Grosshandel ist es anders, da verlässt man sich zu
sehr auf das günstige Klima.
Welche Pflege und Sorgfalt die Späth’schen
Formenbäume erhalten, aber auch was man auf dem
auswärts so sehr verschrienen Berliner unfruchtbaren
Boden heranzuziehen vermag, davon zeugte eine mit
den Wurzeln blossgelegte Birn-Pyramide. Ein solcher
Komplex gesunder und kräftiger Wurzeln, wie er
hier vorhanden war, vermochte wohl dem Stamme
die nötbige Nahrung zuzuführen, um, der vollkom-
mensten Ausbildung der Früchte allen Vorschub zu
leisten. Dergleichen Formenbäume, wie sie aus der
Späth’schen Baumschule hervorgegangen waren,
.erinnerten einiger Maassen an die 42 Pfund schweren
Kohlköpfe, welche bei Gelegenheit der 3. Versamm-
lung deutscher Pomologen und Obstzüchter im Jahre
1863 zu Berlin von einem Bauer in Rixdorf, in dessen
Nähe auch die Späth’schen Baumschulen sich zum
Theil befinden, ausgestellt wurden. Ein damals an-
wesender Ungar liess sich von uns nach Rixdorf
führen, um selbst den Boden, worauf dergleichen
Kohlköpfe gewachsen, zu sehen. „Bei solcher Be-
handlung des Bodens und bei solcher Kultur der
Pflanze“, rief er aus, „ist allerdings auch nur ein
solches Resultat möglich.“
Wir wollen nun in dem extra zu diesem Zwecke
erbauten Warmhause eintreten und über dessen rei-
chen, aber auch meist kostspieligen Inhalt berichten.
Den Glanzpunkt bildeten hier die Orchideen. Wenn
wir uns auf den Ausspruch eines Hamburger Orchi-
deenzüchters, dem auch England mit seinen grösse-
ren und kleineren Sammlungen von Orchideen sehr
bekannt ist, stützen, so möchte wohl kaum eine Aus-
stellung irgend wo existirt haben, wo von einem ein-
285
zigen Aussteller nicht allein eine so grosse Anzahl
von in gleicher Vollkommenheit ausgezeichneten Ar-
‘ten zur Verfügung gestellt worden wäre, sondern
auch wo die meisten sehr kräftigen Exemplare einen
solchen Reichthum von Blüthen entfaltet gehabt hätten,
als es hier der Fall war. Der Besitzer dieser Samm-
lung, einer der grössten Pflanzen-, besonders aber
Örchideenliebhaber, Rittergutsbesitzer Moritz Rei-
chenheim, war leider im besten Alter seines Lebens
erst kurz vorher gestorben und hatte nicht erlebt,
welchen Triumph und welche Anerkennung seine
Orchideen gefunden? Der jedoch, dem die Aufsicht
über den zwar nicht grossen Garten und die beiden
bescheidenen Gewächshäuser anvertraut war und
dem das Verdienst, den hier vorhandenen Orchideen
diese Vollkommenheit gegeben zu haben, zugesprochen
werden muss, ist der in der Wochenschrift früher
schon oft genannte Obergärtner Haack.
Wenn uns auch Zeit und Raum nicht erlauben,
so speciell, als es im Interesse des Gegenstandes
erwünscht sein möchte, in das reiche Material dieser
Sammlung einzugehen, so können doch nicht
umhin, wenigstens über Einiges Mittheilung zu machen.
wir
Die Hauptsammlung bestand aus 80 Orchideen, ohne -
Ausnahme starke und im Verhältniss grosse Exem-
plare; ausserdem waren aber noch einige Schau-
pflanzen und neue Arten besonders ausgestellt. Am
Meisten nahm ein 31 Fuss im Durchmesser ent-
haltendes Exemplar des Adrides odoratum album
die Aufmerksamkeit der Besucher in Anspruch. Es
mochten ohngefähr 15 bis 17 besondere Stengel
vorhanden sein, von denen ein jeder mit 4 oder
5 Fuss langen Trauben blühte.e. Wenn nun jede
Traube wenigstens 60 Blumen hatte, so bekommt
man für die ganze Pflanze die Summe von nahe
17,000 Blumen an einem Exemplare.
Nur wenig kleiner war ein Aörides odoratum
majus. Reizend nahm sich ein Saceolabium guttatum
mit fusslangen, dicht mit zart fleischfarbenen Blüthen
besetzt aus; ein anderes Exemplar der den Beinamen
splendens führenden Form hatte 15 Blüthenähren.
An einem 31), Fuss hohen Aörides faleatum zählte
man nicht weniger als 8 Blüthenähren. Vanda Bate-
manni war in einem 6 Fuss hohen Exemplare vor-
handen und trug einen 3 Fuss langen, senkrecht in
die Höhe gehenden allgemeinen Stiel mit nicht we-
niger als 17 grossen Blüthen. Von neueren und im
Allgemeinen noch selteneren Arten nennen wir An-
srecum javanicum, bereits eine ansehnliche Pflanze
mit kleinen weissen Blüthen geschmückt, Cypripedium
naevium mit der eigenthümlich gebildeten runden
Lippe und das noch hoch im Preise stehende Cy-
‚und der einem türkischen Pantoffel
pripedium laevigatum mit glänzenden grünen Blättern
nicht unähnlich
aussehenden Lippe,
Ausser diesen Orchideen verdankte dem
Reichenheim’schen Garten noch eine hübsche
Gruppe von Schlauchpflanzen, bestehend aus 5 Ne-
penthes-Arten und aus 4 Sarracenien in guter Kultur.
Die schönsten Sarracenien in Kultur, wir sie
kaum irgendwo in dieser Weise gesehen haben, und
zwar noch in Blüthe, hatte aber der fürstlich Für-
stenberg’sche Hofgärtner Kirchhof aus Donau-
eschingen ausgestellt. Sie zogen ganz besonders
die Blicke der Schauenden auf sich. Vom Universi-
tätsgärtner Sauer war dagegen eine junge Pflanze
ausgestellt, die er selbst aus durch Professor Koch
direkt aus dem Vaterlande erhaltenen Samen gezogen
hatte. Ausserdem aber hatte dieser 2 Exemplare
der Darlingtonia ealifornica von bedeutender Grösse
und untadelhaft in ihrer äusseren Erscheinung zur
Verfügung gestellt. Auch diese beiden Exemplare
hatte Sauer vor mehrern Jahren aus direkt impor-
tiitem Samen gezogen.
in 2 grossen Sammlungen waren die Maranta-
ceen vertreten. Die kleinere Sammlung des Ober-
gärtners König im Garten des Geheimen Kommer-
man
wie
zienrathes Ravene bestand fast nur aus grossen
Schaupflanzen, an denen man wohl die Schönheit
der einzelnen Arten beurtheilen konnte, die andere
aus einer weit grösseren Anzahl von Arten beste-
hende Sammlung hatte dagegen Inspektor Gireoud
in Sagan ausgestellt. Da die Marantaceen seit vielen
Jahren schon mit Vorliebe in der Wochenschrift be-
handelt und die neu eingeführten Arten alsbald be-
schrieben wurden, so können wir um so mehr über
das Einzelne hinweggehen.
Bromeliaceen sind schon längst aus der Mode
gekommen, nachdem die reizende Pitkairnie, welche
in den 30er Jahren wegen ihrer Schönheit den
Namen des in jener Zeit allgemein beliebten Ministers
v. Altenstein erhalten, auf die blumistischen Vor-
züge vieler Arten dieser Familie die Aufmerksamkeit
besonders gelenkt hatte. Im Anfange der sechsziger
Jahre erreichte die Liebe zu den Bromeliaceen den
höchsten Grad; in allen Ländern, wo Gärtnerei ge-
trieben wurde, lebten besondere Liebhaber für die
Arten dieser Familie. In Berlin wurde die Kultur
der Bromeliaceen ebenfalls mit besonderer Vorliebe
getrieben. Und jetzt, wo die Liebe zu ihnen seit einem
Jahrzehnt aufgehört hat, fand sich nur — eine ein-
zige Bromeliacee auf der ganzen Ausstellung vor.
Es war dieses ein stattliches Exemplar der in Form
eines kleinen Bäumehens gewachsenen Greigia spha-
30*
236
»alata, welche im botanischen Garten als stattliche
Dekorationspflanze herangezogen worden war.
Dagegen gehören immer noch zu den Liehlings-
pflanzen der Neuzeit die buntblättrigen Croton’s (Co-
diaeon variegatum), von denen Öbergärtner König
im Garten des Geheimen Kommerzienraths Ravene&
eine hübsche Sammlung 14 der schönsten
Formen in ziemlich grossen Exemplaren ausgestellt
hatte.
Die Gesneraceen haben sich als Lieblingspflanzen
ebenfalls schon seit langer Zeit eıhalten und ver-
dienen auch wegen der sehönen Blumen. oft aber auch
von
wegen der sammetartigen, gefärbten oder buntge-
zeichneten Blätter Anerkennung. Jetzt war es Ober-
särtner Haack, der aus dem Garten der Frau
Rittergutsbesitzer Reichenheim eine Gruppe aus
reiehblühenden Gloxinien zusammengesetzt hatte.
In der Anzucht schöner Gloxinien erfreuen sich die
Berliner schon seit geraumer Zeit eines guten Rufes.
Die andere Gesneraceen-Sammlung bestand aus Ty-
daeen, Achimenes und diesen Ähnlichen Pflanzen und
zeigte eine angenehme Mannigfaltigkeit in der Farbe
und in der Form der Blüthen. Man verdankte die
Gruppe dem ÖObergärtner Dressler im Garten des
Geheimen Kommerzienrathes Dannenberger.
Endlich haben wir, obgleich den Kalthauspflan-
zen angehörig, noch einer kleinen Gruppe kapischer
Haiden oder Eriken zu gedenken, die der Kunst-
und Handelsgärtner Plage in Neu-Schöneberg bei
Berlin gebracht hatte. Sie enthielt die Arten und
Abarten, welche in Berlin hauptsächlich als Markt-
pflanzen herangezogen werden.
Bevor wir schliesslich zu den neuen Einführun-
sen und Schaupflanzen, in soweit letztere noch nicht
besprochen worden sind, übergehen, müssen wir
noch zweier Gruppen von Warmhauspflanzen, welche
in diesem Gewächshause einen Platz gefunden hatten,
sedenken. Beide wetteiferten mit einander an Schön-
heit und Mannigfaltickeit zugleich. Die eine hatte der
Geheime Kommerzienrath durch
seinen Obergärtner Dressler auf eine Weise zu-
Dannenberzer
sammenstellen lassen, dass sie den Augen angenehm
erschien. Sie bestand aus 63 verschiedenen Pflanzen
in 76 Exemplaren. Die Gruppe hatte hauptsächlich
deshalb einen grossen Werth, weil sie vor Allem
aus der Reihe der buntblätterigen Pflanzen
Warmhauses das Neueste und Beste enthielt
Ueberblick über das Beste aus den
Jahren zu bekommen gestattete. Reich waren die
Marantaceen (mit 19) und die Kaladien (mit 14)
Arten resp. Formen vertreten, dann folgten die Akan-
thaeceen mit Fittonia, Eranthemum, Sanchezia, Grap-
des
und
einen letzten
tophyllum u. s. w., nebst einigen Melastomateen, wie
Sonerila und Gravesia-Arten.
Die zweite, aus 27 Arten bestehende, Gruppe‘
sehörte dem Geheimen Kommerzienrath Ravene,
‚der sie durch seinen Obergärtner König hatte zu-
sammenstellen lassen. Es waren meist grössere
Pflanzen, auch einige Palmen, Pandaneen und Dra-
cänen, ausserdein verschiedene Aroideen, besonders
Anthurien und Dieffenbachien, so wie die beiden
Melastomateen: Cyanophyllum magnificum und Sphae-
rogyne latifolia.
Schliesslich gedenken wir noch der ebenfalls
kleineren Gruppe buntblättriger Pflanzen, welche
Kunst- und Handelsgärtner L. Mathieu ausgestellt
hatte und manche schöne und zugleich interessante
Pflanze enthielt, welche die Aufmerksamkeit derer,
welche die Ausstellung besuchten, auf sich lenkte.
Die meisten der Schaupflanzen haben wir, wie
bereits gesagt, schon besprochen, wir übergehen
diese daher und erwähnen nur kurz noch der übri-
sen. Dem Rittergutsbesitzer Reus auf Bleckendorf
bei Egeln verdankte ınan eine Peristeria Humboldtii
mit 10 Blüthen, dem Freiherrn v. Lotzbeck’schen
Obersärtner Rob. Sonnenberg in München da-
gegen ein riesiges Exemplar der Maranta zebrina,
ausserdem aber noch eine prächtige Peperomia ar-
gyraea. Inspektor Gireoud in Sagan hatte ein
hübsches Exemplar der Elaeocarpus eyaneus, über
und über mit gefransten, weissen Blüthen bedeckt,
eine buntblättrige Peristrophe in Form eines grossen
buschigen Exemplares und einen reichlich blühenden
Clianthus Dampieri, so wie schliesslich ein hoch-
stämmiges Exemplar des Zwerg-Pelargoniums Miss
Pollock gebracht. Auch Kunst- und Handelsgärtner
Wilh. Maack in Schönebeck bei Magdeburg
hatte einen blühenden Clianthus Dampieri aus-
gestellt. Die beiden Exemplare der Dracaena
nutans des Kunst- und Handelsgärtners Lehm-
pfuhl waren stattliche Pflanzen. Wir bemerken,
dass keine anderen Dracäneen sich so gut für das
Auspflanzen ins Freie eignen, als die genannte Dra-
cäne, zumal wenn sie in der Regel bis unten be-
blättert ist.
Von Seiten des botanischen Gartens waren eben-
falls 2 stattliche Schaupflanzen: Anthurium Lauche-
anum und magnifieum durch den Inspektor Bouch&
ausgestellt worden. Endlich nennen wir noch einige
Schaupflanzen, die man dem Ravene'schen Ober-
gärtner König verdankte. Es waren dieses die in
der Kultur schwierige Leschenaultia formosa und
einige Phantasie-Pelargonien.
Was die neuen Einführungen anbelangt, so be-
B 237
fanden sich diese durch den Kunst- und Handels-
särtner Jean Verschaffelt in Gent in einer be-
sonderen Gruppe. welche aus 25 verschiedenen
Pflanzen bestand. Was zunächst die beiden Farne
Adiantum amabile und Todea Wilkeana anbelangt,
so sind diese bereits in der Wochenschrift bespro-
chen worden (12. Jahrg. 106 u. 14 Jahrg. 119). Wir
bemerken jedoch, dass sehr olt in der Wochen-
schrift Pflanzen schon lange vorher besprochen sein
können, bevor sie in den Handel kommen, da un-
sere Verbindungen mit den grössten auswärtigen
Handelsgärtnereien, namentlich mit denen von James
Veiteh and Sons in London, Linden in Brüssel
und Jean Verschaffelt in Gent uns in den Stand
setzen, dergleichen Pflanzen entweder an Ort und
Stelle zu besehen, oder durch die nicht genug an-
zuerkennende Liberalität genannter Besitzer behuls
wissenschaftliceher Kenntnissnahme uns unentgeldlich
zur Verfügung gestellt werden. Wir halten es für
unsere Pflieht dieses hier öffentlich anzuerkennen.
Was die Agaven: Leopoldi, Killischii und Per-
ringii, so wie Bonapartea (Agave) Hystrix, anbelangt,
so wird später von kompetenterer Seite darüber be-
riehtet werden. Ueber Veitchia (Kentia) Canterbu-
ryana ist erst vor Kurzem in dem Berichte über
neue Pflanzen (S. 223) Mittheilung gemacht worden.
Pandanus Vangeertii ist ohne Zweifel eine Form, viel-
leicht auch nur eine jugendliche Pflanze des P. uti-
lis, welche sich von dem vor einigen Jahren einge-
führten elegantissimus durch kürzere Blätter unter-
scheidet. Dracaena excelsa haben wir bereits früher
erwähnt (31. Jahrg. 134); eben so Dr. splendens (8.
214). Cordyline grandifolia aus Neu-Südwales scheint
dagegen eine eigenthümliche Art zu sein, über deren
Stellung aber zunächst sich nichts sagen lässt. Auch
Dieffenbachia Bausei ist im vorigen Jahrgange (S. 306)
besprochen worden. Ueber den neuen Calamus
lässt sich vor der Hand ebenfalls nichts sagen.
Aus der Gruppe der Pflanzen, wo die Samen
nackt sind und von keiner Fruchthülle eingeschlossen
werden (der Gymnospermen), war Zamia corallipes
vorhanden. Ueber sie ist erst unter den neuen
Pflanzen, aber als Macrozamia corallipes, gesprochen
worden. Dammara purpurascens ist wahrscheinlich
eine schmalblättrige Form der D. australis, deren
Grün sich zum Rothbraunen neigt. Retinospora obtusa
nana gracilis hat eine pyramidenlörmige Gestalt und
wächst ziemlich gedrängt. ‚Cryptomeria japonica fol.
eleg. var. zeichnet sich durch weisse Spitzen aus.
Von Apetalen war eine Fieus elegantissima vor-
handen, welche die Ficeus elegans (vergl. 14. Jahrg.
S. 159), welche im vorigen Jahre von William
Bull in London eingeführt wurde, darstellt. CGroton
Wisemani ist wiederum früher schon, und zwar
im vorigen Jahrgange (S. 307), besprochen worden.
Die Monopetalen waren in der Jean Ver-
schaffelt'schen Sammlung neuer Pflanzen nur durch
2 Pflanzen vertreten. Toxicophloea spectabi-
lis stellt eine ganz eigenthümliche Apoeynacee mit
länglichen und lederartigen Blättern dar, über die
wir im 19. Jahrgange (S. 197) berichtet haben. Sie
stammt aus Neusüdwales. Dass Clerodendron Bun-
gei eine im Freien aushaltende schöne Blattpflanze
ist, hat Gartendirektor Petzoldt in Moskau zuerst
nachgewiesen, interessant ist es daher, zu wissen,
dass jetzt eine Form mit bunten Blättern im Handel
ist und sich nach dem durch Jean Verschaffelt
ausgestellten Exemplare gut ausnimmt. Auch von
dem grossblättrigen Körbehenträger, Hebeelinium jan-
thinum, einer bekannten Warmhauspflanze, war durch
Jean Verschaffelt eine buntblättrige Form zur
Kenntniss gebracht worden.
Endlich bleiben noch 3 Polypetale zu nennen
albo-varie-
sagen, bis
übrig. Ueber den buntblättrigen Hibiseus
gatus lässt sich wohl nicht früher etwas
man nicht grössere Exemplare gesehen haben wird.
Ueber Paullinia thalietrifolia, von James Veıtch and
Sons zuerst in den Handel gehracht, wird in Kurzem
unter den neuen Pflanzen berichtet werden. Ueber
CGombretum grandiflorum (S. 308) ist dieses schon
geschehen.
Wir schliessen hier eine sehr interessante Pflanze,
welehe ebenfalls JeanVerschaffelt ausgestellt hatte,
an. Sie trug den Namen Echeveria scaphophylla und
soll ein Blendling der E. agavoides und linguaefolia
sein. Die ganze Pflanze war, ähnlich einer kleinen
gave, rosettenartig gebaut und hatte nicht 5 Zoll
im Durchmesser. Die linienförmig-länglichen, aber
zugespitzten Blätter besitzen eine glänzende, dunkel-
grüne Farbe und sind in der Mitte vertieft.
Man dass die Pflanzen des
Fürstlich Gartens in Donau-
eschingen, welche durch den Hofgärtner Kirchhof
eingesendet waren, erst nach der Preiszusprechung
anlangten und daher nieht dabei berücksichtigt wer-
den konnten. Nachträglich wurde ihnen jedoch, um
doch wenigstens die Anerkennung nicht zu versagen,
muss bedauern,
Fürstenberg’schen
ein Preis, der aus Mangel der Betheiligung nicht er-
theilt worden war, zugesprochen. Sämmtliche Pflan-
zen, wie wir bereits auch schon bei Gelegenheit des
Berichtes über die Schlauchpflanzen mitgetheilt haben,
erfreuten sich Kultur, man sie
nur selten findet.
Unter diesen Donaueschinger Pflanzen befanden
einer so guten wie
238
sich auch einige Neuheiten. Nepenthes Sedeni wurde
erst im vorigen Jahre durch James Veitch and
Sons in London eingeführt, und zwar aus wärmeren
Inseln der Südsee. Sie gehört zu den zwergigen
Arten und baut sich etwas buschig. Zahlreiche
Blätter (resp. Blattstiele) sind vorhanden und besitzen
einen schwach bräunlichen Anstrich. Sie sind in
der Mitte breit und verschmälern sich dann
stielartig, um am Ende die kleine kaum 2 Zoll lange
Kanne zu tragen. Da, wie es scheint, die Pflanze
nicht empfindlich ist, wird sie in England zur Auf-
stellung auf Tafeln empfohlen. .
Fieus sarapiquensis gehört zu den grossblättrigen
Feigenbäumen und ähnelt einerseits der F. macro-
phylla, anderseits der F. imperialis. Wie bei letz-
terem sind die Blätter auf beiden Flächen einfarbig
und haben eine herzförmige Basis. Dracaena Moorei
gehört zu den weniger neuen Formen der Cordyline
Terminalis, welche wir zuerst im 11. Jahrgange (S.
166) besprochen haben. Das vorhandene Exemplar
befand sich in einem vorzüglichen Kulturzustande.
Generallieutenant v. Jacobi hatte eine Gruppe
von 8 verschiedenen Agaven neuester Einführung
ausgestellt. Da sie bereits von ihm selber in seinen
Nachträgen zu den Agaven beschrieben sind, über-
sehen sie hier. Es waren Agave asperrima,
cochlearis, graeilis, Kellochii, linearis, subfaleata, tri-
angularis und Wallisii.
Auch von Seiten des botanischen Gartens
waren einige neuere und neueste Pflanzen vorhanden,
die aber ebenfalls zum Theil früher besprochen wor-
den sind. Es gehören hierher das rothblühende
Delphinium nudicaule (im vor. Jahrg. S. 268) und
Hydrangea stellata (im 12. Jahrg. S. 3). Chlorophy-
tum prodigiosum fol. var. ist eine zu empfehlende
Asphodelee mit weissumrandeten Blättern. Aber
auch mit den eine grosse Rispe bildenden Blüthen
nimmt die Pflanze sich gut aus. Panicum latani-
folium stellt, wie P. palmifolium, eine hübsche Blatt-
pflanze dar. Seubertia laxa ist ein niedlicher Körb-
chenträger, ähnlich unserem Gänseblümchen (Bellis
perennis), und Aralia spathulata schliesst sich den
übrigen einblättrigen Arten des Genus Pseudopanax
an. Euphorbia abyssinica Raeusch. gehört in die
Abtheilung der E. offieinarum und gehört demnach
zu den fleischigen und kaktusähnlichen Arten.
Von neuen Palmen hatten der Freiherr v. Lotz-
beek’sche ÖObergärtner Rob. Sonnenberg eine
nieht näher bestimmte Art, und Universitätsgärtner
Sauer eine Thrinax von elegantem Wuchse ausge-
stell. Dem Banquier Wagener’schen Obergärtner
Eggebrecht verdankte man dagegen eine Samm-
sehr
wir
lung von aus Samen gezogenen Kaladien und eine
zweite von eben dergleichen Begonien, die manche
Pflanze enthielten, die eine grössere Verbreitung ver-
dienen.
Ferner machen wir noch auf eine gefüllt blü-
hende Rhodanthe Manglesii aufmerksam, welche
Kunst- und Handelsgärtner Martin Grashoff aus
Quedlinburg erzogen hatte. Ohne Zweifel ist diese
unter den Sommergewächsen eine der besten Akqui-
sitionen. Endlich hatte Kunst- und Handelsgärtner
C. Oldenroth in Wriezen a. O. noch Stiefmütter-
chen mit bunten Blättern ausgestellt. In wie weit
diese vermehrungsfähig sind, muss die Zeit lehren.
Vielleicht gelingt es, dergleichen Pflanzen aus Sa-
men heranzuziehen und die Form damit konstant zu
machen.
Leider gestattete uns die kurze Zeit der letzten
Tage, wo wir die Ausstellung allein besuchen konn-
ten, nicht, auch noch die Früchte, Gemüse, Instru-
mente und was sonst als zum Gartenbau gehörig
ausgestellt war, genau zu besichtigen, um darüber
berichten zn war Manches darunter,
was besprochen zu werden verdiente.
Schliesslich verhehlen wir uns nicht, dass man-
cher Irrthum in unserer Berichterstattung sich ein-
gestellt haben kann. Ein grosser Theil des Berichtes
— und das betrifft besonders die ersten Abschnitte —
ist uns von sachverständiger Hand zugestellt worden,
der es vergönnt war, die Ausstellung in den ersten
Tagen zu sehen. Leider fanden sich später bei vielen
Einsendungen nur Nummern vor, die aber wiederum
nicht immer mit denen im gedruckten Verzeichnisse
übereinstimmten. Wir wollen hiermit keinen Vor-
wurf machen, da gerade in den letzten Tagen so
stürmisches Wetter war, dass viele Etiquetten und
Namen vom Winde weggerissen wurden und von un-
kundiger Hand bisweilen an unrechter Stelle wieder-
um angebracht worden waren.
Nachträglich theilen wir als ergänzend mit, dass
aus der Louis Mathieu’schen Gärtnerei eine sehr
reiche Betheiligung stattgefunden hatte. "Wegen
Mangel an Raum im Ausstellungslokale war es leider
nicht möglich gewesen, eine grosse Gruppe gemisch-
ter Pflanzen der Gewächshäuser, wie der Besitzer
es gewünscht hatte, zu einer einzigen imposanten
Gruppe zusammenzustellen. Ein grosser Theil von
ihnen wurde deshalb in dem Turnsaale, ein anderer
in der oflenen Halle zu besonderen Gruppen ver-
einigt, während andere der erwähnten Gruppe bunt-
blättriger Pflanzen des Kalthauses und des Freilan-
des eingereiht worden waren. Unter diesen befan-
den sieh besonders schöne Exemplare der Yucca
können. Üs
239
quadrieolor und eine reiche Sammlung buntblättriger
lunkien. Endlich waren schöne Dasylirien und
einige Dracänen der Mathieu’schen Gärtnerei als
Einzelpflanzen zum Theil vor der offenen Halle an-
gebracht.
Bericht
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
(Fortsetzung.)
11l. Ochthocharis Borneensis wird jetzt
von Haage und Schmidt eingeführt und ist uns
völlig unbekannt. Wir wissen demnach auch nicht,
wie diese Melastomatee mit kleinen hellfleischfarbenen
Blüthen sich zu der im vorigen Jahrgange (S. 181)
besprochenen Ochthocharis javanica verhält und ob
sie in der That auch verschieden ist.
112. Oenothera gigantea hat Rözl neuer-
dings aus Nordamerika eingeführt und soll die be-
deutende Höhe von 9 und 10 Zoll erhalten. Die
Farbe der Blumen ist hellgelb. Wahrscheinlich schliesst
sie sich der O. grandiflora Lam. und den übrigen
dieser sich anschliessenden und neuerdings einge-
führten Arten, welche bereits vielfach in Kultur
sind, an.
113. Oneidium hyphaematicum Rehb. fil.
(Reg. Gartenfl. Tab. 676) wurde von Linden aus
Ecuador eingeführt und steht dem 0. graminifolium
am Nächsten. Die länglichen und zusammengedrückten
Seheinzwiebeln tragen an ihrer Spitze ein einziges
elliptisches Blatt, während der dreimal so langeBlüthen-
stiel aus der Basis hervorkommt. Ueber die Hälfte
bildet dieser eine weitläufige Rispe 11, Zoll im
Durchmesser enthaltender Blüthen. Die 5 länglichen
und am Rande wellenförmigen Blätter haben fast
durchaus eine kastanienbraune Farbe, während diese
nur auf der Unterfläche der Unterlippe vorhanden ist;
die Oberfläche ist schön gelb gefärbt.
114. Oneidium ornithocephalum Lindl.
(Reg. Gartenfl. Tab. 689) erhielt der botanische Garten
in Petersburg direkt von Sta. Martha (Provinz Ocana
in Brasilien) und gehört zu den Arten, welche wegen
der kleinen Blüthen die Beachtung der Liebhaber
nicht besonders auf sich ziehen werden. Ausserdem
schliesst sie sich hinsichtlich des äusseren Ansehens
der vorigen Art an. Auf der Spitze der eirunden
Scheinzwiebel sitzt ein sehr schmales und in die
Länge gezogenes Blatt. Der schwache allgemeine
Blüthenstiel hat seine Aeste in ziemlich grossen Ent-
fernungen und biegt sich elegant über. Für den
Botaniker ist diese Art in sofern interessant, als die
unteren Blütlien der Aeste unfruchtbar und sehr klein
sind, während die oberen °®/, Zoll im Durchmesser
enthalten. Die Farbe beider ist gelb, aber unter-
brochen durch unregelmässige, hellbraune Flecken.
115. Ophiocaulon cissampeloides Mast.
kommt in den Gärten als Passiflora marmorea
vor und gehört zu den besten Schlingpflanzen des
Warmhauses. Als Vaterland wird das tropische
Westafrika angegeben. Es ist völlig getrennten Ge-
schlechtes. Die fast rundlich - nierenförmigen und
hautartigen Blätter der männlichen Pflanze haben ei-
nen Durchmesser von 2 und 3 Zoll und stehen auf
beinahe die Hällte kürzeren Stielen. Die dunkelgrüne
Farbe wird auf der Oberfläche oft durch weisse, die
blaugrüne auf der Unterfläche durch schwarze Flecken
unterbrochen. Aus dem glockenförmigen und tief-
Stheiligen Kelch ragen die 5 am Rande gewimperten
Blumenblätter kaum heraus. Die weibliche Pflanze
ist noch nicht bekannt.
116. Osbeckia aspera Wright wächst auf Cey-
lon und hat ihren Namen von‘ den steifen Haaren,
welche die ganze Pflanze bedecken, erhalten. Sie
bildet einen hübschen Strauch mit breit-elliptischen,
önervigen und auf beiden Flächen gleich-grünen Blät-
tern. Zahlreiche violette Blüthen bilden einen end-
ständigen Blüthenstand. Die Pflanze gehört zur Fa-
milie der Melastomateen.
117. Paneratium ornatum C. Bouche ist eine
ı Hymenoeallis, welche Roemer in seiner Monogra-
phie der Amaryllidaceen als H. rotata bezeichnet hat.
Sie schliesst sich den übrigen bekannteren Arten an
und besitzt länglich-lanzettliche, fusslange, aber nur
4 Zoll breite Blätter, mit einem deutlichen, 4 bis 6
Zoll langen Stiele, der bekanntlich den meisten an-
deren Arten dieses Geschlechtes fehlt. 6 bis 8 lang-
gestielte und weisse Blüthen bilden am Ende eines
zusammengedrückten allgemeinen Stieles eine Dolde
und verbreiten weithin einen angenehmen Geruch.
118. Pandanus ceramensis muss cerami-
cus Rumph heissen. Der Name bezieht sich auf die
ostindische Insel Ceram, wo Rumph die Art zuerst
beobachtete. Er gehört zu den zwergigen Arten mit
dunkelgrünen und elegant übergebogenen Blättern.
Nur am Rande und auf beiden Nerven der Oberfläche
befinden sich kleine, aber stechende Dornen, der her-
vortretende Mittelnerv auf der Unterfläche ist da-
segen unbewehrt. William Bull erhielt eine Pflanze
aus Neukaledonien, die aber vielleicht verschieden ist.
119. Panicum plicatum niveum. Wir ha-
ben bereits im vorigen Jahrgange der Wochenschrift
(S. 262) die weissgestreifte Abart des P. plieatum.
dessen richtiger Name aber P. palmifolium ist, er-
240
wähnt, jetzt hat man wiederum eine Abart mit der
näheren Bezeichnung niveum in den Handel ge-
bracht, wo fast das ganze Blatt eine weisse Farbe
besitzt.
120. Papaver setiferum DC. soll nach Eini-
gen die Mutterpflanze des Gartenmohnes sein und
wächst auf den Inseln an der Südküste Frankreichs
wild, wenn nicht vielmehr verwildert, da ohne Zwei-
el Östindien das Vaterland ist. Dieser Mohn unter-
scheidet sich nur durch röthlich- violette Blumen,
welche an der Basis einen schwarzbraunen Fleck
besitzen.
121. Paullinia thalietrifolia Juss. stammt
aus dem Innern Brasiliens und gehört zu den Sa-
pindaceen. Die Pflanze hat Neigung zum Klettern
und kann wegen ihres schönen, vielfach zusammen-
gesetzten Laubes, was in der Jugend braun heraus-
kommt, mannigfache Verwendung finden. Die klei-
nen und hellgefärbten Blüthen haben keine Bedeu-
tung. Die Pflanze war zwar längst bekannt, aber
bis jetzt noch nicht in Kultur. Eingeführt wurde sie
von James Veitch and Sons in London, welche
sie von dem verstorbenen Bowınan erhielten.
122. Penstemon vertieillatus Mart. et Gal.
schliesst sich dem bekannten P. eordatus und ova-
tus an und gehört zu den zu empfehlenden Stauden.
Während der Stengel behaart ist, sind die umfassen-
den, eirund-lanzettförmigen Blätter unbehaart. Die
etwas glockenförmige Blumenkrone hat eine violette
Farbe. Da nicht Nordamerika, sondern Mexiko das
Vaterland ist, so möchte kaum anzunehmen sein,
dass die Staude bei uns im Freien aushält.
123. Philodendron Roezlii ist eine von
Rözl in Neugranada entdeckte Art dieses grossen
Aroideen-Geschlechtes und gehört zu denen, welche
allerhand Gegenstände rasch überziehen. Die herz-
förmigen, gegen 4 und 5 Zoll im Durchmesser ent-
haltenden Blätter haben eine freudig-grüne Farbe und
zeichnen sich noch besonders dadurch aus, dass an
der Insertion des Blattstieles ein Büschel grüner
haarähnlicher Organe sich befindet.
124. Phormium nigro-punctatum ist eine
zwergige Form neuseeländischen Flachses mit
kaum 2 Fuss langen, aber elegant ausgebreiteten
Blättern. Sie unterscheidet sich ausserdem noch
dadurch, dass die Kanten der °/, Zoll breiten Blätter
dunkelbraunroth gefärbt sind, nicht aber punktirt,
wie man aus dem Namen vermuthen sollte.
125. Pithecolobium pruinosum Benth. ist
neuholländische Mimosacee, welche sich
des
eine an
L)
Schönheit den bekannteren Inga’s und Calliandren
anschliesst. Sie gehört zu den Arten, wo die Blät-
ter in Gestalt und Grösse von einander sehr ab-
weichen. In der Regel sind sie doppelt gefiedert
und die Fiedern bestehen aus 3 und 4 Paar Fieder-
blättchen von am Häufigsten 2 bis 3 Zoll Länge.
Die lang-herausragenden Staubgelässe haben eine
weisse Farbe und geben den in Köpfen beisammen-
stehenden Blüthen die Gestalt eines Reiherbusches.
126. Platanthera radiata wurde von Wil-
liam Bull aus Japau eingeführt, wird aber weder in
Siebold’s Verzeichnisse, noch in der Prolusio der
japanischen Flora von Miquel aufgeführt. Sollte
sie in der That eine selbständige neue Art oder
nicht vielmehr Platantlıera japonica Lindl. (die alte
längst beschriebene, aber bis jetzt noch nicht in den
Gärten kultivirte Orchis japonica, jetzt Habenaria ja-
ponica A. Gr.) sein? Sie wird ungefähr 8 bis 10
Zoll hoch und gehört gleich den übrigen Arten zu
den Erdorchideen. An jedem Stengel sollen 2 ziem-
lich grosse Blüthen von weisser Farbe sich befinden.
Nach William Bull muss man die Knollen in
Töpfe mit guter Drainage bringen. Man legt sie auf
eine Schicht von 2 bis 3 Zoll Erde und bedeckt sie
einfach mit Sumpfmoos (Sphagnum). _ Geschieht die-
ses im ersten Frühjahre, so hat man die Blüthen
im Mai.
127. Von Rhododendron Brookeanum
Low (vergl. 19. Jahrg. 239) haben James Veitch
and Sons jetzt eine Abart, wo schon 'sehr junge
Pflanzen blühen, mit der näheren Bezeichnung gra-
cile in den Handel gebracht. Die hellgelben Blü-
then sollen auch grösser sein und zu 10 bis 12 einen
Kopf bilden. Vaterland der Pilanze ist Borneo, wo
sie die dortigen Hochgebirge bewohnt. Dass sie
sehr frühzeitig im Jahre blüht, giebt ihr ebenfalls
einen Vorzug.
128. Rhododendron Edgeworthii Hook.
fil. ist eine der wenigen Sikkim-Alpenrosen, welche
eine weitere Verbreitung gefunden haben. Seit eini-
gen Jahren hat man eine Reihe von Formen, welche
die Hauptart an Schönheit oder Blüthenfülle über-
treifen, herangezogen und in den Handel gebracht.
Ein besonderes Verdienst um ihre Anzucht hat sich
©. Schulz in Hanau erworben. Sein neuestes, uns
vorliegendes Verzeichniss führt 7 verschiedene For-
men auf, von denen Frauenlob, wo die weisse Blume
mit starken, rothen Streifen versehen ist, besonders
empfohlen werden kann.
(Fortsetzung folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch.
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den Er August.
No. 31. 1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
? Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung).
Mittheilungen Dabei bildet sich an dem oberen Rande der Ringel-
t ' n : wunde eine dieke Wulst von Vernarbungsgeweben,
der pomologischen Versuchsstation zu Proskau.
| die der untere Rand nur in ganz geringem Maasse
l. Schälwunden und Ringelschnitt. zeigt, falls die Sehnittwunde nicht dieht über einem
Von Paul Sorauer in Proskau. | belaubten Aste ausgeführt worden ist. Ebenso bil-
Die Praxis sieht sich häufig veranlasst, bei der ' den sich, wie Hanstein vor einigen Jahren zezeigt,
ÖObstkultur den Ringelschnitt anzuwenden. Derselbe | nur oberhalb der Ringelstelle neue Wurzeln bei den-
wird entweder dadurch ausgeführt, dass das Messer | jenigen Pflanzen, denen selbstständige zerstreute Ge-
um die ganze Peripherie eines Zweiges einen ein- | fässbündel an der Markkrone fehlen.
fachen Einschnitt bis auf den Holzkörper macht, oder | Ferner beginnt die Belaubung des geringelten
aber dadurch erzeugt, dass 2 parallele Schnitte in | Zweiges früher; die Knospen desselben bilden sich
verschiedener Entfernung von einander am ganzen | leichter zu Blüthenknospen aus und die aus ihnen
Zweig- oder Stamm-Umfang gemacht und das zwi- | sich entwickelnden Früchte werden bei stark treiben-
schen demselben liegende Rindenstück entfernt wird. | dden Bäumen nieht so leicht abgeworfen, als an den
. Wird die Rinde in einer grösseren Ausdehnung | nieht gerinzelten Zweigen. Diese Früchte entwiekeln
(also z. B. auf !/, bis 2 Fuss) entfernt, so bezeich- | sich früher und vollkommener, was unlängst von
nen wir die Wunde nicht mehr als Ringel-, sondern | der oenologischen Versuchsstation bei dem Wein-
als Schälwunde. | stoeke gezeigt worden ist.
Der Einfluss, den die Entnahme einer Rinden- | Dieser letztgenannten Vortheile wegen wird das
partie am ganzen Stammumfang auf das Leben des | Ringeln vielfach angewendet; es ist im nassen kalten
Baumes ausübt, ist im Wesentlichen derselbe, gleich- | Sommer häufig geboten, um überhaupt einen Theil
viel, ob das Rindenstück gross oder klein ist. Seit | der Früchte zur Reife zu bringen. Die durch das
Duhamel und Knight sind dergleichen Ringelungs-
und Schälversuche vielfach wiederholt und in der | bedeutend. Man opfert nämlich in der Regel den
Praxis eingebürgert worden. Man findet, dass bei | geringelten Zweig, der oberhalb der Wunde sich be-
der Mehrzahl der geringelten Pflanzen ein bedeuten- | findet. Derselbe vertrocknet entweder noch in dem-
des Dickenwachsthum derjenigen Stammtheile ein- | selben oder in den folgenden Jahren, und man ist
tritt, welche oberhalb der Ringelstelle sieh befinden, | daher mit dem Ringeln auf solche Zweige beschränkt,
dass dagegen unterhalb derselben die Diekenzunahme | deren Entfernung für den Gesammthabitus des Bau-
des Stammes eine bedeutend geringere, ja beim Man- | mes nicht störend ist. Dass ein geringelter Zweig
gel belaubter Zweige eine kaum nachweisbare ist. | an Wassermangel zu Grunde geht, dürfte aus den
Ringeln hervorgerufenen Nachtheile sind aber sehr
o x
31
noch nicht veröffentlichten Analysen zu schliessen
sein, welche Dr. Marx bei den von mir an der Ver-
suchsstation Dahme vor zwei Jahren angestellten
Ringelungsversuchen an Crataegus und Pirus Malus
ausgeführt hat. Marx fand die Blätter oberhalb der
Ringelwunde stets wasserärmer und auch ärmer an
der Mehrzahl von mineralischen Bestandtheilen, als
diejenigen, welche an denselben Zweigen sich unter-
halb der Ringelstelle befanden. Mit diesem Wasser-
mangel in Zusammenhang zu bringen ist das kurz
nach dem Ringeln sich ändernde Aussehen der Blät-
ter oberhalb der Wunde.
Statt der dunkelgrünen Färbung werden die Blät-
ter gelblicher; im Sonnenlicht heben sich die Blatt-
ränder bedeutend nach oben, so dass das Blatt halh
gerollt erscheint. Bei manchen Pflanzen, z. B. bei
Aepfeln, entwickelt sich rother Zellsaft von der Mittel-
tippe aus, so dass manche Varietäten entfernt an die
Blattfärbung der Blutbuchen erinnern; hier und da
begegnet man an Kirschen und Pflaumen einzelnen
Blättern eigenthümlich
auch bei solchen Exemplaren
von blaugrünem Aussehen,
was vorkommt, bei
denen der Verband von der Veredlung
Die Ussache ist hier ein theilweises
Abheben der Epidermis von dem darunter liegenden
Parenchym. Die Blätter oberhalb der Ringelstelle
treten früher in die Herbstlärbung ein und das Holz
ist häufig. speeilisch schwerer, als unterhalb der Rin-
gelstelle. Diese Erscheinungen wiederholen
alljährlich, so lange der Zweig lebt.
nicht gelöst
worden ist.
sich
Gesen die allgemeine Erfahrung, dass die ge-
ringelten Zweige und geschälten Stämme nach kür-
zerer oder längerer Zeit absterben, sprechen aber
einzelne in der Literatur zerstreute Notizen, welche
Wiedererzeugung seschälten
Arbeiten von Trevi-
ranus und Meyen ersieht man, dass schon im Jahre
IT 2 ENonE
Rindenbildung
eine von Rinde an
Stämmen behaupten. Aus den
Bäume init
worden sind.
von Duhamel und Knight setzten solehe Neubildung
ausser Bei der Manipulation sollen nach
den geniunnten Autoren verschiedene Vorsichtsmaass-
Frisch geschälte neuer
beobachtet Versuche
Zweifel.
regeln angewendet werden. So versichert z. B. Frisch,
dass das Experiment immer gelinge, wenn man die
Zeit
blösste Oberfläche, auf welcher man den ausschwitzen-
der Sonnenwende dazu benutze und die ent-
den Saft mit einer Feder gleichmässig ausbreiten soll,
durch Leinewand und Kohrdecken gegen Sonne und
Wind schütze (Misc. Berol. Cont. Il. 26) nach Tre-
viranus (Phys. d. Gew. 1838, Bd. II, Abth. I, S. 222).
Duhamel umwand
Stroh.
ebenfalls die geschälten Stämme
mit Knight beobachtete einmal die Repro-
42
duktion von Rinde an einer Bergulme (Ulmus montana),
deren Stamm nicht umhüllt wurde; derselbe hält
aber schattigen Stand für erforderlich zur Neubildung.
Meyen (Neues Syst. d. Pfl.-Phys. 1837, S. 394) eitirt
die Beobachtungen von Werneck, wonach die Wieder-
erzeugung von Rinde nur dann gelingt, wenn das
Abschälen um Johanni geschieht, wo die Stämme
noch jung sind und die verwundete Stelle
sorgfältig durch einen hohl und nicht zu dieht an-
liegenden Verband Austrocknung geschützt
wird.“ Die Versuche Hartig und
Hanstein behandeln, so weit ich weiss, den Punkt
der Neubildung von
„sehr
gegen
neueren von
unde nicht; dagegen gebühıt
dem Direktor des hiesigen pomologischen Institutes,
Stoll, das Verdienst, seit einer Reihe von Jahren
Schälversuche mit positivem Erfolge an den ver-
schiedensten Bäumen wieder aufgenommen zu haben.
Direktor Stoll schälte junge und alte Bäume in der
Saftfülle im Frühjahr und hat jetzt noch Exemplare
aufzuweisen, bei denen dfe neugebildete Rinde von
der älteren ihrer Ausdehnung, ihrer
äusseren Beschaffenheit nach zu unterscheiden ist.
Die Hauptfrage für den Unterzeichneten lag nun
darin, ins Klare zu kommen, ob die Neubildung durch
eine modifizirte Ueberwallung von den Wundrändern
aus erfolgt, ob die Beleuchtung hindernd dem Vor-
sange in den Weg tritt, ob die verminderte Ver-
dunstung des blosgelegten Holzkörpers die Neubildung
beschleunigt und ob der Zustand der Saftfülle bei
dem Schälen erforderlich ist. Zur Beantwortung die-
ser Fragen wurden im Frühjahr zu verschiedenen
Tageszeiten mehre Wochen hindurch in Zwischen-
räumen von 3—6 Tagen junge Kirschstämme durch-
sehnittlieh von Daumenstärke geschält.*) Es wurden
nur solehe Bäume verwendet, deren Cambium in
energischer Neubildung begriffen, die sich also in
dem Zustande befanden, in welchem sich die Rinde
weder noch
Bei einem Theil der Stämme wurde
sorgfältig das Berühren der Schälstelle mit der Hand
leicht „löste.“
oder dem Instrumente vermieden, bei einem andern
Theile wurde die blosgelegte Oberfläche mit einem
Tuche abgerieben. Von beiden Theilen wurden einige
Exemplare mit ihren geschälten Stellen in beiderseits
verkittete Glaseylinder eingeschlossen, dieser
Gylinder wurde durch diek umwickeltes dunkles Papier
Von den unverhüllt gebliebenen Schäl-
einer
beschattet.
stellen wurden eine Anzahl von dem Zusammenhange
mit dem Wundrande (wo also die Rinde oben und
unten wieder begann) noch dadurch isolirt, dass das
jüngste Holz mit dem Messer bis auf das alte vor-
*) Das Schälen führte Gartengehülfe Kittel, Zögling des
pomologischen Institutes, aus.
245
jährige und letzteres selbst noch um ein Weniges ! Stamme gespeicherten Reservenahrung neue Rinde,
fortgeschnitten wurde.
Die Erfolge sind jetzt (am 1. Juli) folgende:
Von den ohne weitere Berührung der Schälwunde
verletzten Bäumen haben einige bereits eine grünlich-
selbe neue Rinde von nahezu ein Millimeter Dicke
gebildet. Von den ebenso vorsichtig geschälten,
aber an den beiden Enden der Schälwunde bis auf
das alte Holz abgekratzten Exemplaren sind 2 Bäume
mit etwas minder dieker und an einzelnen Stellen
nicht ganz geschlossener neuer Rinde bekleidet und
7 andere mit einer gleichmässig braun - gelblichen,
erst Y, Millimeter dieken Schicht überzogen. Die
abgekratzten Stellen sind ohne jegliche Neubildung
und äusserlich abgetrocknet. Ebenso verhalten sich
die Bäume dieser Versuchsreihe, deren Schälstellen
mit Cylinder umschlossen waren. Keiner von den
Bäumen, deren Schälstelle mit einem Tuche abge-
rieben oder mit der Hand abgewischt worden, hat
eine Spur neuer Rinde erzeugt; auch solche abge-
riebene Exemplare, deren Schälstelle von einem Glas-
eylinder umschlossen, gleichviel ob beschattet oder
nicht, sind ohne jegliche Neubildung von Rinde ge-
blieben. Einzelne Exemplare sind in allen Versuchs-
reihen unbekleidet zu finden. Die Ursache davon
suche ich in einer individuellen geringeren Kräftig-
keit solcher Bäume, deren Cambium zur Zeit des
Schälens in dem Zustande kräftiger Zellvermehrung
sich nicht mehr befand.
Für die erste der aufgestellten Fragen, ob die
innerhalb 5 Wochen erfolgte Neubildung von Rinde
als Ueberwallung von den Wundrändern aus ange-
sehen werden darf, liefern diejenigen Versuchsbäume
eine sichere Antwort, deren Schälstelle an den Wund-
rändern bis auf das alte Holz abgekratzt worden.
Hier liegt die neugebildete Rinde vollständig von der
alten durch 4 Centimeter lange trockene Stellen
isolirtt. Die neue Rinde kann sich hier
Kosten der in dem Holzeylinder befindlichen Reserve-
nahrung gebildet haben. Solche ist in Form von
kleinkörniger Stärke in den Markstrahlzellen nach-
weisbar.
Ich glaube somit Folgendes aus den Versuchen
schliessen zu dürfen: Nicht in allen Fällen zieht
Ringeln und Schälen der Stämme den Tod des
Zweiges oder Baumes nach sich. Wird. die Mani-
pulation zu der Zeit vorgenommen, in der die Rinde
des Baumes sich mit Leichtigkeit löst und wird da-
bei die Vorsicht beobachtet, dass die Ringelstelle
‘oder Schälwunde möglichst wenig berührt wird, so
bildet sich aus einer auf dem Holzeylinder stehen
gebliebenen eambialen Zellschicht auf Kosten der im
nur auf
deren erste Anfänge sich binnen 3 Tagen zeigen. *)
Ein Schutz der geringelten Stelle ist in keiner
Weise nöthig, da sich sowohl bei den amı Morgen,
sowie Mittags und Abends geschälten Bäumen neue
Rindenbildung zeigt. Die Neubildung erfolgt sowohl
bei heiterem Wetter, als auch bei bedecktem Himmel.
Zu bemerken ist jedoch, dass Direktor Stoll nach
seinen vieljährigen Erlahrungen die heisse Mittags-
zeit als die passendste für Ausführung der Manipu-
lation ansieht.
Für die Praxis haben diese Versuche, wie ich
slaube, Anspruch auf Berücksichtigung und mannig-
fache Wiederholung. Bei älteren Obstbäumen, die
fortwährend Holz bilden, ohne Fruchtansatz zu zeigen,
wird sich ein Schälen des Stammes gewiss empfeh-
len; ebenso wird der Ringelschnitt seinen Nachtheil
verlieren und ausgedehnterer Anwendung entgegen-
gehen.
deren Rinde eine technische Bedeutung hat, wie bei
der Eiche, den Chinarindenbäumen, Erlen, Kastanien,
Eschen, Faulbaum, Granate, Seidelbast, Quassia ete.
Vorzugsweise wird aber bei allen Bäumen,
o
das Augenmerk darauf zu richten sein, einen Schäl-
betrieb einzurichten, wie er für die Korkeiche existirt.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
VI.
Alle botanischen und gärtnerischen, aber auch
viele, und zwar gerade die am meisten verbreiteten
politischen Zeitschriften in England, wie die Times,
Daily news, Morning-Post u. s. w. nehmen an einem
Streite und Zerwürfnisse zwischen Dr. Hooker, dem
Direktor des botanischen Gartens in Kew, und A yr-
ton, dem Chef seiner vorgesetzten Behörde, thätigen
Antheil. Von Seiten der englischen Botaniker und
Gärtner, besonders der Mitglieder der Linn&@’schen
und der Gartenbau- Gesellschaft in London, haben
ferner Zusammenkünfte stattgefunden, um in Adressen
an Minister Gladstone gegen unberechtigte Eingriffe
Ayrton’s in die inneren Angelegenheiten des botani-
schen Gartens zu Kew zu protestiren, in anderen
Adressen aber dem Dr. Hooker ihr Bedauern aus-
zusprechen und ihn in seinem Widerstande gegen
ungerechtes Verfahren des Chefs der ihm vorgesetz-
ten Behörde zu ermuntern.
Es ist sehr zu bedauern, wenn der Chef eines
wissenschaftlichen Institutes mit der ihm vorgesetzten
Behörde in Konflikt kommt, da das Institut selbst
*) Eine anatomische Bearbeitung des Gegenstandes wird
später folgen.
31*
am Meisten darunter leidet. Niemand wird wohl ver-
kennen, dass einer Behörde das volle Recht zuste-
hen muss, die ihr untergebenen Institute zu bewachen
und, wenn nicht Alles in Ordnung ist, auch mit gan-
zer Strenge zu verfahren. Es ist selbst im Interesse
soleher Institute zu wünschen, dass dergleichen Be-
aulsichtigungen ernster, als es gewöhnlich leider der
Fall ist, stattfinden. Die grossen Summen, welche
vom Staate ausgesetzt werden, sind nur dann ge-
rechtfertigte, wenn ein solches Institut nach allen
Seiten hin seine Aufgaben erfüllt.
Wir kennen die Ursache des Zerwürlnisses zwi-
schen Dr. Hooker und Ayrton
um hierüber
zu haben,
nicht so genau,
ein selbständiges und richtiges Urtheil
unserer Ansicht nach muss aber jedem
Unpartheiischen der Zustand des Institutes selbst
Zeugniss ablegen, in wie weit die Eingriffe in die
Verwaltung Seiten Behörde
Das Publikun: selbst hat um
von der gereehtfertigt
so mehr Recht,
sein Urtheil über ein Institut auszusprechen. wenn
sind.
dieses, wie der botanische Garten in Kew, ein Ööl-
lentliches ist.
Der botanische Garten in Kew wurde bereits im
vorigen der Wochenschrift (S. 280) in
einer ausführlichen Abhandlung besprochen; wir kön-
daher
Jahrgange
Lesern
bekannt ist.
Seit der kurzen Zeit seines 30jährigen Bestehens hat
auch den
noch
nen voraussetzen, dass er
der Wochenschrilt einigermassen
der genannte Garten eine Höhe erreicht, wie kein
zweites Institut Art rühmen
kann. Die Ursachen dieses raschen Emporblühens
liegen hauptsächlich darin, dass der botanische Gar-
ten zu Kew das seltene Glück gehabt hat, 2 Direk-
toren nach einander an der Spitze zu haben, die
mit voller Hingebung die schwierige Aufgabe erfass-
der anderwärts sich
ten, mit seliener Sachkenntniss dem Garten vorstan-
den und keine Mühe, ja selbst kein Opfer scheuten,
um diesen zum ersten Institute der Welt zu machen.
Der botanische Garten in Kew ist kein Institut, was
nur der Wissenschaft allen zu Gute kommen soll,
sondern Jedermann soll darin Gelegenheit haben, an
den Segnungen der Wissenschaft Theil zu nehmen
und sich Kenntnisse in der botanischen und gärtne-
nischen Wissenschaft zu verschaffen.
Abhandlung ist
des Pflanzen
kums der Garten besucht wird,
In dieser unserer mitgetheilt,
wie sehr von Seiten liehenden Publi-
aber
auch Männer der Wissepschaft aus allen eivilisirten
allen Seiten hin benutzen.
Bei dem Publikum, wie bei den Gelehrten herrscht
daher nur die eine Stimme, dass der botanische Gar-
wie viel ihn
Ländern und zwar nach
ten in Kew den an ihn gemachten Ansprüchen na-h-
kommt und dass dem jetzigen Direktor, ebenso wie
seinem Vorgänger, dieser gute Zustand, in dem sich
der Garten belindet, hauptsächlich zu verdanken ist.
Wie kommt es nun, wo alle Welt seine volle
Zulriedenheit mit der Leitung des botanischen Gar-
tens in Kew ausspricht, der Chel der vorgesetzten
Behörde plötzlich, wie die Times mittheilt, dem Di-
rektor einen Verweis (reprimand) ertheilt und ihn
später mehrer Verpflichtungen enthebt? Näheres
darüber ist offiziell wenigstens noch nicht bekannt
geworden, es sind bis jetzt nur einzelne Massnahmen
des Chefs der vorgesetzten Behörde gelegentlich zur
öffentliehen Kenntniss Es wird unter
Anderem durch die öffentlichen Zeitschriften mitge-
theilt, dass Dr. Hooker die Nachricht, nach der er
sich nieht mehr um einen der wichtigsten Gegenstände
eines botanischen Gartens, um den Erwärmungs-Ap-
parat, nicht unmittelbar dureh
sondein dureh seiner Beamten
Als er bei dex Behörde selbst sich dar-
über beschwerte, da wurde er erst offiziell von der
Beaulsichtigung der Erwärmungs-Apparate enthoben.
Zur besseren Beurtheilung dieses Beschlusses der
vorgesetzten Behörde muss man wissen, dass die
Ausführung dieser Apparate dem jetzigen Direktor
sekommen.
zu kümmern habe,
seinen Chef,
erhalten.
einen
lrüher speziell übertragen worden war.
Als einen zweiten Eingriff in die Pflichten des
Direktors von Seiten der Behörde war, dass lür das
botanische Museum,’ dessen Errichtung recht eigent-
lich das Weık Dr. Hookers ist, eine Umgestaltung
beschlossen und Pläne und Anordnungen gemacht
wurden, ohne dem Dr. Hooker auch nur davon
Kenntniss zu Wiederum erfuhr dieser es
erst durch einen seiner Beamten.
Dr. Hooker ist bereits, wie berichtet wird, da
ihm von seiner eigentlichen Behörde kein Aufschluss
über die Gründe dieser neuen, ihn kompromittiren-
den Massnahmen gegeben wurde, über diese hinaus
geben.
an den Minister Gladstone mit einer Beschwerde
gegangen. Die Angelegenheit ist von diesem für
wichtig genug gehalten worden, einen Minister-
zu vernehmen. In diesem soll be-
dass Dr. Hooker, wie früher, Di-
Conseil darüber
schlossen sein,
rektor mit denselben Rechten. und Pflichten, aber
unter der Controle der Aufsichtsbehörde bleiben
solle. Ueber die Regelung des Zerwürlnisses ist
nichts gesagt. Dass Dr. Hooker sich Mit diesem
Ausspruche nicht beruhigt hat, ist wohl natürlich.
Wollen wır wünschen, dass die Missverständnisse,
welche vielleicht nur vorliegen, im Interesse des bo-
tanischen Gartens in Kew recht bald gelöst werden!
In dem eben ausgegebenen Helte (S. 200)
ch
der illustrirten Monatsschrik für Obst- und Weinbau
ist ein interessanter Aufsatz des Rektors Franz in
Oranienburg bei Berlin über Wurzel-Veredlung ent-
halten. Veranlassung dazu gab der Aufsatz eines
englischen Gärtneis John Seott in Gardener’s Chro-
niele (Jahrgang 1869. pag. 79) über denselben Ge-
gsenstand. Scott behauptet in diesem seinem Auf-
satze, dass, wenn ein Apfel auf einen Paradiesstamm
oder eine Birn auf Quitte veredelt würde, der künf-
tige Stamm oberhalb der Veredelungsstelle bei ihm
nie Wurzel geschlagen habe, selbst in dem Falle
nicht, wo er mehre Zoll hoch mit Erde angehäufelt
hatte. Er will zwar die Möglichkeit, dass doch Wur-
zeln sich bilden könnten, nicht in Abrede stellen,
seine vielen Erfahrungen sprächen aber dagegen.
Scherzhaft fügt Scott noch hinzu, dass er an die
Gärtner - Versorgungs - Anstalt in London für jedes
Beispiel, wo dergleichen Stämme Wurzeln geschla-
gen hätten, ein Pfund Sterling zahlen wolle.
Wenn Rektor Franz diese Angabe eines tüch-
tigen Gärtneis in England im Allgemeinen nicht be-
sreifen kann, da es in Deutschland eine bekannte
Sache sei, dass veredelte Aepfel- und Birnstämme
oberhalb der Veredelungsstelle, besonders wenn man
Erde anhäufle, sehr leicht Wurzeln bilden, so hat er
gewiss Recht. Wir können es ebenfalls aus der Er-
fahrung bestätigen. Das Wurzelschlagen oberhalb der
Veredelungsstelle wird noch begünstigt, wenn man
unter der Stelle, wo man Wurzeln haben will, ringelt.
Während der mit einem Kongresse verbundenen inter-
nationalen Pflanzen-Ausstellung zu Amsterdam wäh-
rend des Jahres 1865 hielt der früher oft erwähnte
Gärtner van Beucker aus Antwerpen einen Voıtrag
über das Ringeln behufs neuer Wurzelbildung. Er
empfahl bei Birnen in gewissen Fällen das Ringeln
oberhalb der eigentlichen Wurzel, um dafür andere,
und zwar oberflächliche Adventiv- Wurzeln zu er-
halten. Er übergab uns, dem damals die Ehre des
Vorsitzes während der Versammlung übertragen wor-
den war, ein darauf bezüglicbes Exemplar eines
Birnstämmehens, wo in der That die schönste Wurzel-
bildung in einem gleichmässigen Kranze
des Ringelns unterhalb der Stelle geschehen war.
Van Beucker empfiehlt diese oberflächliche Be-
wurzelung unserer Obstgehölze für Boden mit schlech-
tem Untergrunde, damit aus der Oberschicht die
nöthige Nahrung genommen werden kann. Wie olt
Aepfel- und Birnbäume, die bisher gediehen und
Früchte trugen, plötzlich erkranken und schliesslich
absterben, wenn ihre Wurzeln allmählig tiefer gehen
und schliesslich in einen schlechten Untergrund kom-
nien, ist eine bekannte Thatsache.
in Folge
Freilich kann ein
solches Verfahren, wo die Gehölze in dem Boden
einen schwachen Haltpunkt haben, nur bei Formen-
bäumcehen, die nicht gross werden und. bei denen
der Wind wenig oder gar keinen Einfluss hat, in
Anwendung kommen.
Wenn nun hier die Wurzelbildung im Allgemeinen
sar keinem Zweifel verhält es sich
vielleicht doch anders. nicht Wildlinge zur
Unterlage dienen, sondern Paradiesapfel und Quitte.
Beiderlei Gehölze bilden im
Bäume,
unterliegt, so
wenn
wilden Zustande keine
sondern nur Sträucher, welche fortwährend
Ausläufer machen. Dergleichen Ausläufer zieht man
bekanntlich in der Regel als Stämmehen heran und
gebraucht sie dann als Wildlinge für die geeigneten
Aepfel- und Birnsorten. Dergleichen Ausläufer bil-
den aber an ihrem unteren Ende sehr leicht Wurzeln,
was bei den
sewöhnlichen aus Samen gezogenen
Stämmen nicht der Fall ist. Sollte \emnach hier
nicht die grössere Neigung des Wildlings zur Wurzel-
bildung die Wurzelbildung des Edelstammes, wenn
auch nicht unmöglich, so doch schwierig machen ?
Nur Versuche könnten Aufschluss geben. Erleichteıit
würde wahrscheinlich die Wurzelbildung in diesem
Falle ebenfalls, wenn unterhalb der Stelle, wo man
sie haben will, geringelt würde.
Es möge uns erlaubt sein, noch aus einer zwei-
ten Abhandlung in der illustrirten Monatsschrift für
Obst- und Weinbau Mittheilung zu machen, um mög-
lichen Missverständnissen vorzubeugen. Der Gärtner
Ernst Lieb in der Ukraine empfiehlt zur Unterlage
für Aepfel den sogenannten Kirsch-Apfel (Pirus Malus
baccata). Wir stimmen keineswegs dieser Empfeh-
lung bei, glauben sogar, dass eine Unterlage der P.
baccata kaum zu
tauglich ist.
Schnurbäumehen oder Kordons
Die ächte P. baccata ist nur ein Strauch
und lässt sich zum Bäumechen schwierig heranziehen.
Wahrscheinlich versteht der Verfasser besagter Ah-
handlung aber gar nicht P.
baceata, sondern P.
prunifolia unter seinem Kirschapfel. Diese Verwechs-
lung ist in Russland, aber auch in Frankreich ziem-
lich allgemein und darin ihren Grund haben,
dass Philipp Miller, der zuerst die P. prunifolia
kennen unzweifelhaft als P. cerasifera,
(also als Kirschen tragenden Apfelbaum) beschrieb und
man später diesen Namen auf P. baceata übertrug.
Dass wirklich hier die Verwechslung stattgefunden
hat, geht auch daraus hervor, dass Ernst Lieb in
besagter Abhandlung ferner mittheilt, dass in Russ-
land die Früchte seiner P. baceata allgemein ein-
gemacht werden. Es
mag
lernte, sie
dieses aber nicht, wie
wir uns während unseres mehrmaligen Aufenthaltes
in Russland und Polen
sind
olt überzeugt haben, die
246
Früchte von P. baccata, sondern von P. prunifolia.
Die Früchte der ersteren haben nur die Grösse einer
Markerbse und zeichnen sich noch dadurch aus, dass
der Kelch. abfällt, während er bei P. prunifolia da-
segen auf der Frucht bleibt.
Beide Apfelgehölze befinden sich übrigens schon
seit sehr langer Zeit in Kultur und wurden neben
einander kultivirt. Es entstanden dadurch eine Reihe
von Blendlingen und Formen, die die Unterscheidung
beider Arten oft sehr schwierig machen und auch
einigen Botanikern Veranlassung zur Aufstellung be-
sonderer Arten gaben. Dergleichen Blendlinge sind
P. sphaerocarpa Wender und cerasifera Tausch (nee
Mill.), welche zum Theil ebenso als Unterlage benutzt
werden können, wie die ächte P. prunifolia.
In unserer Dendrologie haben wir ausführlich
über P. baccata und prunifolia und deren Blendlinge
und Formen gesprochen. Wer sich dafür interessirt,
den verweisen wir dahin (1. Band, S. 207 u. 210).
Aber auch über die Mutterpflanzen unserer verschie-
denen Aepfel, und besonders über den strauchartigen
Päradies- oder Splitt-Apfel (P. pumila), findet man
daselbst Aufschluss (S. 203).
Professor Dr. Münter theilt uns vor bereits
6 Wochen eine interessante Nachricht über Euca-
Iyptus Globulus mit, die wohl im Stande sein
möchte, auf diese als Blattpilanze im Freien leider
jetzt wiederum vernachlässigte Art aus einem neu-
holländischen Geschlechte der Myrtaceen von Neuem
unsere Aufmerksamkeit zu lenken. Wenn in
der Abhandlung über die Eukalypten Neuhollands,
welche in der 21. und 22. Nummer der Wochen-
schrift (S. 161) abgedruckt ist, nicht schon das, was
uns jetzt unser verehrter Freund mittheilt, erwähnt
haben, so gestehen wir ganz offen, dass uns eine
medizinische Anwendung der Blätter bei uns gegen
kaltes Fieber trotz des Umganges mit Aerzten und
Apotheken, von denen wir sonst über aus dem
Pflanzenreiche neu eingeführte Pflanzen regelmässig
in Kenntniss gesetzt werden, nicht bekannt war, wohl
aber wussten wir, dass man in Neuholland Blätter
und Rinden, aber auch den daraus gewonnenen ad-
stringirenden Stoff (das sogenannte neuholländische
Kino) mannigfach als tonisches Mittel gegen aller-
hand Krankheiten, auch gegen kalte oder intermit-
tirende Fieber, verwendet.
Nach unserem verehrten
Münter hat Dr. F. Lorinser, Primär-Arzt eines
Wiener Krankenhauses, die von den Blättern der
Eucalyptus Globulus gewonnene Tinktur zuerst, und
zwar mit grossem Erfolge, gegen kaltes Fieber in
Er ist deshalb der Meinung,
wir
Freunde Professor
Anwendung gebracht.
dass sie unser theures Chinin vollständig vertreten
könne. Die Blätter, welche zur Tinktur benutzt
wurden, hatte man Exemplaren entnommen, welche
von dem Apotheker Dr. Joh. Lomatsch in Wien
kultivirt worden waren.
Diese Angaben des Dr. Lorinser sind kurz
darauf durch den Professor Dr. Mosler in Greifs-
wald, dem wiederum Professor Dr. Münter das nö-
thige Material aus dem dortigen botanischen Garten
zur Verfügung gestellt hatte, bestätigt worden. Hun-
derte von Fieberkranken sind dureh die Tinktur der
Blätter der Eucalyptus Globulus wiederum hergestellt
worden, Nach Professor Münter hat man in der
besagten Tinktur einen vollständigen Ersatz des Chi-
nins erhalten.
Da wir einmal über Eucalyptus Globulus sprechen,
so wollen wir gleich noch Einiges über die mit ihr
gemachten Kultur - Versuche in wärmeren Ländern
mittheilen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieser
neuholländische Baum in Nordafrika und im südlichen
Italien, sowie auf Sizilien, vielleicht auch in einigen
Gegenden Süd-Frankreichs, gedeiht. In der Nähe
von Algier ist Eucalyptus Globulus bereits als Allee-
baum auch schon mit Vortheil benutzt worden. Sein
rasches Wachsthum macht ihn ganz dazu geeignet.
Forstlich ist er hingegen noch nirgends in Anwen-
dung gebracht; es wäre aber wohl zu wünschen, dass
auch nach dieser Richtung hin in genannten Ländern
Versuche angestellt_würden.
Von Italien wissen wir nur, dass Eucalyptus
Globulus in Gärten mannigfach kultivirt wird, zu Alleen
ist er hingegen noch nicht, so viel wir wissen, in
Anwendung gekommen. Wie weit die Kultur-Versuche
im Süden Frankreichs, besonders in der Nähe von
Lyon, gekommen sind, wissen wir nicht. Die früher
zehegten grossen Hoffnungen scheinen aber nicht in
Erfüllung gegangen zu sein, da seit dem Jahre 1867
nichts wieder darüber veröffentlicht wurde. Wir
haben nur aus den mancherlei Berichten, besonders
aus denen, welche von Naudin geschrieben sind,
entnommen, dass die letzten ungünstigen Winter
auch den Eukalypten sehr nachtheilig gewesen, diese
zum Theil gänzlich erfroren sind.
In der letzten Zeit ist uns die Mittheilung zuge-
kommen, dass der überaus thätige Generalsekretär
des Gartenbauvereines in Petersburg, Dr. Wolken-
stein, bedeutende Quantitäten von Samen der Eu-
calyptus Globulus direkt aus dem Vaterlande bezogen
hat, um in der Krim Kulturversuche damit zu machen.
Wir bezweifeln von vornherein, dass die Kultur-
Versuche zu Resultaten führen werden. Das Klima
ist daselbst viel zu ungleich, Hitze und Kälte wech-
247
seln oft rasch mit einander ab, als dass dergleichen
Pflanzen, wie die Eukalypten, gedeihen könnten.
Einen’solehen hohen Kältegrad, wie bisweilen Wochen
und selbst Monate lang in der Krim herrscht, ver-
tragen genannte Bäume ebenfalls nicht. Wenn auch
das russische Reich in seiner grossen Ausdehnung
die verschiedensten Klimata aufzuweisen hat, so
möchten doch nur die südlichen Länder an der
Westküste des Kaspischen Meeres,. wo man früher
auch Anbau-Versuche mit dem Zuckerrohr machte,
aber keine Resultate erhielt, dazu geeignet sein.
Bericht
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
(Fortsetzung.)
129. Rhododendron niveum Hook. fil. (Reg.
Gartenfl. Tab. 687) ist wiederum eine Sikkim-Alpen-
rose und hat ihren Namen von dem weissen Filz,
der die Blätter in der ersten Jugend, später aber
nur auf der unteren Fläche überzieht, erhalten. Die-
ser Umstand unterscheidet die Art hauptsächlich von
Rh. arboreum, das ausserdem aber höher wächst,
während Rh. niveum kaum die Höhe von 4 bis 6
Fuss erreicht. Eben deshalb möchte diese Alpenrose
in gewissen Fällen einen Vorzug vor zuletzt genann-
ter Art verdienen.
150. Rhodoleia Teysmanni Miqu. haben wir
bereits im 2. Jahrgange nach Mittheilungen Miquels
besprochen (S. 6). Damals kannte man aber diesen
Blüthenstrauch nur nach getrockneten Exemplaren,
seine Einführung ist dagegen erst jetzt geschehen.
Man verdankt sie Haage u. Schmidt in Erfurt.
Beide bekannte Rhodoleien, diese und Rh. Championi
Hook, welche letztere in China wächst, während
erstere auf Java zu Hause ist, sind sehr zu empfeh-
lende Blüthensträucher, welche im Aeussern eine
grosse Aehnlichkeit mit den Kamellien besitzen; nur
werden bei den Rhodoleien die einfachen Blüthen
durch Blüthenköpfe vertreten, wo die gefärbten und,
wie bei den Strahlenblumen der Körbcehenträger
(Compositae), strahlenden Blätter eines allgemeinen
Hüllkelches die Blumenblätter fingiren.
Schönheit des Blüthenstrauches ist die seit fast 2
Jahrzehnten eingeführte Rh. Championi zu keiner
weiteren Verbreitung gekommen. Wollen wir demnach
hoffen, dass die obwohl kleinblüthigere Rh. Teys-
manni Gelegenheit giebt, Liebhaber wiederum auch
auf Rh. Championi aufmerksam zu machen.
131. Roezlia granatensis Reg. (Gartenfl.
Tab. 706) steht den Monochaetum-Arten, von denen
einige früher mehr in Kultur waren, als jetzt, und
Trotz der
besonders zu Schaupflanzen für Ausstellungen heran-
sezosen wurden, sehr nahe. Sie bildet einen ziem-
lich weichen Blüthenstrauch der Melastomateen von
kaum mehr als 3 Fuss Höhe und wächst buschig.
Die auf beiden Seiten steifhaarigen Blätter sind breit-
elliptisch und werden der Länge nach von 5 bis 7
Nerven durchzogen. Ihre endständigen, rothen Blü-
then bilden gipfelständige Traubendolden. Vaterland
ist Neu-Granada.
132. Rodgersia japonica A. Gr. ist eine
eigenthümliche Saxifragacee, welche der bekannte
Reisende Maximowitsch in Wäldern Japans fand.
Sie bildet eine Staude von gegen 3 und 4 Fuss Höhe.
Die ziemlich grossen und handförmig-getheilten Blät-
ter kommen vollkommen entwickelt nur aus der
Wurzel oder dem untersten Theile des einfachen
Stengels, dessen oberster Theil eine schmale Rispe
bildet. Die kleinen weissen Blüthen fallen zwar an
und für sich wenig in die Augen, bieten aber in
ihrer Gesammtheit, wie die bekannte Hoteia Japo-
niea, einen angenehmen Anblick dar.
133. Saxifraga peltata Torr. ist eine riesige
Saxifragacee, welche jetzt von Froebel & Co. in
Neumünster bei Zürich in Handel gebracht wird und
in dem Sakramentothale in Kalifornien entdeckt wurde.
Da sie, wenigstens in der Schweiz, die harten Win-
ter von 1870 und 1871 ausgehalten hat, ist ihr Werth
als Staude so grösser. Die grossen, schirm-
förmigen Blätter von 1', bis 2 Fuss Durchmesser
werden im Vateıland allgemein gegen die Hitze der
Sonne gebraucht, ein Umstand, der zur Benennung
Sonnenschirm - Pflanze Veranlassung gegeben hat.
Die Blätter haben ausserdem eine dunkelgrüne, glän-
zende Farbe und eine derbere Textur. Die rosa-
farbigen Blüthen bilden einen traubendoldigen Blü-
thenstand und stehen auf 11, bis 2 Zoll langen Stie-
len. Da die Pflanze feuchte Stellen liebt, würde sie
besonders an Teichen, Ver-
wendung finden.
um
Bassins u. 5. w. eine
154. Saxifraga Maweana Baker ist eine neue
Art der handförmig-getheilten Steinbrechpflanzen
(subgen. Dactyloides) und wurde von einem Beglei-
ter Jos. Dalton Hooker’s auf seiner letzten Ex-
kursion nach Marokko, von George Maw, entdeckt.
Sie steht zwar der S. hypnoides nahe, besitzt aber die
srossen Blüthen der S. granulata und ist überhaupt
in allen ihren Theilen grösser. Die herz-nierenför-
migen,. aber fingerförmig-getheilten Blätter haben eine
Breite von 8 bis 9 Linien und sind mit dem breiten
bis 1!/; Zoll langen Stiel versehen.
135. Als Schizolobium sp. e Santa Gatha-
rina oder S. excelsum bringen. Haage und
248
Schmidt eine Cäsalpiniacee in den Handel, welche
Dr. Blumenau in Brasilien, seiner neuen Heimath,
entdeckt hat. Nach der von Haage u. Schmidt
zegebenen und ziemlich ausführlichen Beschreibung
möchte es kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese
Art Sch. glutinosum Tul. darstellt. Diese Art hat
die Eigenthümlichkeit, dass die jungen Aeste klebe-
rig sind. Die Pflanze wächst ziemlich rasch und
stellt bald einen schönen Baum Die grossen
und doppelt-gefiederten Blätter sollen eine Länge von
fast 5 Fuss (?), eine Breite hingegen von fast 3 Fuss (?)
dar.
besitzen und eine lebhaft-grüne Farbe haben. Die
einzelnen Fiederblättehen sind bisweilen bis 2 Zoll
lang, aber nur 9 bis 15 Linien breit. Die gelben
Blüthen bilden grosse Rispen.
136. Selaginella rubella Moore ist unbe-
kannter Herkunft und unterscheidet sich wesentlich
von den übrigen Arten dieses Geschlechts. Sie rankt
und schliesst sich mit seiner rothen Färbung der
blaugrünen S. caesia an, sonst Ähnelt sie auch der
S. Kraussiana (dentieulata der Gärten) in manchen
Stücken.
tirten Orchidee gefunden.
137. Sempervivum chrysanthum Hochst.
ist unter diesem Namen nirgends beschrieben worden.
Es gehört zu den davon abgezweigten Aeonien und
hat von Webb den Namen Aeonium leucople-
pharum erhalten, weil die dicken, spathelförmigen
Blätter am Rande steifhaarig, sonst aber völlig unbe-
haart sind. Der später sich entwickelnde Stengel
trägt an seiner Spitze eine ziemlich grosse Anzahl
selber Blüthen auf langen Stielen und eine Trauben-
dolde bildend. Vaterland ist Abyssinien.
138. Siphocampylos lantanifolius DC.
bildet eine krautartige Pflanze von höchstens 2 Fuss
Höhe und unterscheidet sich schon dadurch von den
übrigen Aıten dieses Lobeliaceen-Geschlechtes, welche
weiche Blüthensträucher darstellen. Sie wurde von
Caracas an William Bull in London gesendet. Die
eirund-elliptischen und kurzgestielten Blätter sind auf
der Unterfläche mit einem grau-braunen Filz über-
zogen und die weichhaarigen Aeste und Zweige en-
digen in doldentraubig-zusammengestellte Blüthen von
dunkeler weinrother Farbe.
139. Smilax asperal. var. punctata (Reg.
Gartenfl. Tab. 683) ist schon ziemlich lange in den
Gärten, wie wir auch bereits in der Aufzählung der
buntblättrigen Pflanzen (5. Jahrg. S. 78) mitgetheilt
haben. Leider hält diese südeuropäische Schling-
und Kletterpflanze bei uns nicht aus, sonst würde
Die Pflanze wurde zufällig an einer impor-
sie eine grössere Verbreitung verdienen. Im Kalt-
hause macht sie nicht Effekt genug, um anderen
Pflanzen Raum wegzunehmen. Die buntblättrige Sm.
aspera ist übrigens auf der Oberfläche der Blätter
mehr marmoriıt, als punktitt.
140. Von Solanum Capsieastrum, einem
Strauche, den wir wegen des Reichthums von korallen-
rothen Früchten nicht genug als Dekorationspflanze
empfehlen können, werden jetzt durch Haage und
Schmidt 2 Abarten in den Handel gebracht, auf
die hiermit machen. Die eine hat
bunte Blätter, die andere bleibt zwergig und erhält
nur eine Höhe von 4 bis 5 Zoll.
141. Solanum eiliatum Lam. ‘stellt einen
niedrigen, aufrechten Weichstrauch von höchstens
1!/, Fuss Höhe dar, verästelt sich vielfach und ist
mit graden Stacheln von hellgelber Farbe besetzt.
Ausserdem finden sich noch zerstreut einzelne Haare
vor. Die gestielten und eirund - länglichen Blätter
sind oft auf beiden Flächen, stets aber auf der untern,
mit grossen Stacheln besetzt, am Rande aber ge-
wimpeıit. Die überhängenden Blüthen sind nur zum
Theil fruchtbar und vergrössern nach der Befruchtung
den ebenfalls bestachelten Kelch. Die fast 1 Zoll im
Durchmesser enthaltenden Blüthen haben eine weisse,
die runden Beeren hingegen eine cochenillrothe Farbe.
Solanum eiliatum wächst in Brasilien.
142. Solanum ferox L. ist eine schöne Blatt-
pflanze und schliesst sich den übrigen zu diesem
Zwecke bereits in Gärten kultivirten Arten Da
sie sich ziemlich verästelt, wächst sie auch buschig.
Ein eigenthümliches Ansehen geben die gelben
Stacheln, welche die ganze Pflanze mehr oder weni-
ser bedecken und Veranlassung zur Benennung ge-
geben haben. Ausserdem sind aber die rundlichen
oder breit-länglichen, lang-gestielten und Sewimperten
Blätter noch mit sternförmigen Haaren besetzt. Ihre
Länge beträgt 6 und 7, ihre Breite aber nur 41), Zoll.
Der sehr grosse, zwar Stheilige, aber glockenförmig
zusammengeneigte Kelch wächst später noch weiter.
Auch an ihm finden sich Stacheln vor. Die Krone
ist kaum grösser. Vaterland soll Östindien sein.
143. Als Solanum haematocarpum bringen
Haage und Schmidt in Erfurt eine Art in den
Handel, welche aus Brasilien stammt und im äusseren
Ansehen dem S. pyracanthum ähnlich ist. Es unter-
scheidet sich durch doppelt grössere Blumen und
durch glänzende, blutrothe Beeren von der Grösse
einer Kirsche.
wir aufmerksam
an.
(Schluss folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
| Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Pr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den 10. A 1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
No. 32. ugust.
Bolle in Berlin an den Geh. Rath Göppert in Breslau. — Allerlei aus der Gärtnerei und
Inhalt: Aus einem Schreiben des Dr.
Pflanzenkunde VII. — Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Schluss).
Aus einem Schreiben berührender Zug tiefen inneren Leidens geht unläug-
2 5 } bar durch einen grossen Theil unserer aus etwas
des Dr. Bolle in Berlin an den Geheimen Rath milderen Klimaten stammenden Gehölze Auch in
nm a n . e a « B 3 =
Göppert in Breslau, diesem Frühling wieder zahlreiche Verluste, abnorm
den Tod von Bäumen durch Frost in Folge verspätete Vegetation, häufiges Misslingen des Ver-
verspäteter Nachwirkung betreffend.”) pflanzens. Starben, trotz anfänglichen kräftigen Aus-
Da ein eigenthümliches Missgeschick, trotz un- | treibens, schon im vergangenen Frühjahr und wiederum
serer gegenseitigen Versuche, uns zu sehen, mich | vom Johannistrieb an bis zum Spätherbst hin einzene
während Ihrer letzten Anwesenheit in Beılin des Vor- | Bäume und Sträucher bald langsamer, bald rascher
zugs einer Zusammenkunft mit Ihnen beraubt hat, | unter den Nachwehen übermässiger Frosteinwirkungen
wende ich mich jetzt zum zweitenmal schriftlich an | hin, so musste man mit Bestürzung bei Eintritt der
Sie, behufs der Besprechung eines Gegenstands, der, | wärmeren Jahreszeit d. J. gewahr werden, wie die
wie ich weiss, uns Beiden gleich sehr am Herzen | Aera dieser Unglücksfälle damit noch lange nicht
liegt: Ihnen als Physiologen und Anatomen, meinem | als geschlossen zu betrachten sei. -Wo nach Be-
bescheideneren Standpunkt als Objekt mit Vorliebe | schaffenheit von Knospen und Rinde bis zum April
betriebener Kulturen und specieller, im alten Sinne | hin auf ungestörte Gesundheit zu reehnen schien,
des Worts, botanischer Studien. Zu gleicher Zeit | täuschte der Anschein bei einer nur allzu erossen
bitte ich Sie, über meine ersten Mittheilungen, die | Zahl von Speeies oder Individuen, die man als selbst
Ausdauer der Koniferen bei uns betreffend, ganz nach | gegen die härtesten Winter unempfindlich erkannt
Belieben verfügen zu wollen. Die Wirkungen der | zu haben glaubte. Es würde zu weit führen, wenn
letztverflossenen, so furchtbar strengen Winter haben | ich mich in diesen Zeilen auf das Gebiet von Be-
uns überreichlichen Stoff zu B*trachtungen und Be- | flexionen wagen wollte, die mit den Stimmunsen
obachtungen dargeboten. Ich glaubte uns jetzt, nach | zusammenhängen, welche unser Gemüth unter dem
Verlauf von mehr als einem Jahre, über die Trag- | Druck dieser Dinge erleidet, oder wenn ich es ver-
weite deiseli en hinaus. Der Augenschein lehrt, dass | suchte, praktische Nutzanwendungen daraus abzuleiten.
ich stark im Irrthum war und dass die von Ihnen | Ich stelle mir in diesem Augenbliek nur die Aulgabe,
befürwortete und erläuterte Ansicht von einem lang- | Ihnen Bericht über hierher einschlagende Thatsachen
samen Absterben der Holzgewächse nach allzu hohen | zu erstatten, die im Bereich meiner Beobachtungen
Kältegraden sich in ungeahnt weitem Umfange be- | lagen. Es sind dieselben, wenn nicht ausschliesslich.
stätigt. Ein den Freund der Pflanzenwelt schmerzlich | so doch vorzugsweise auf dem Boden meiner kleinen,
*) Vergl. Nr. 16 der Wochenschrift S. 121. aber pflanzenreichen Insel Seharfenberg gemacht wor-
32
250
den, über deren Lage und Terrainbeschaffenheit ich
Sie als durch frühere Mittheilungen orientirt voraus-
setzen darf.
Rekapituliren wir zuerst noch etwas den Sommer
1871 Betreflendes.
Das erste Absterben, welches ich nach anschei-
nend durchaus normaler Belaubung erfahren musste,
war dasjenige einer sehr schönen seit 1868 stehen-
amerikanischen Buche (Fagus americana var.
Dieselbe erlag zu Anfang Juni binnen
weniger Tage. Ihre Wurzel lebt noch, hat jedoch
bis jetzt nicht wieder ausgetrieben. Ich lasse sie
stehen, denn mir sind Fälle von sehr spätem Wieder-
erwachen der Lebenskralt, unstreitig durch schlafende
Knospen am unteren Theil der Wurzel, bekannt. Ich
von
den
castaneaelolia).
erlebte einen solchen erst in diesem Frühjahr an
einem alten Goldregenbaum, den ich seit einem Jahre
für todt gehalten hatte und andere nach der Ver-
pflanzung an unserer Esche und an Diospyrus virginiana:
Im Spätherbst starben ab: Der ganze obere
Theil eines prachtvollen, auf dem Berge von Schar-
fenberg gepflanzten Exemplars von Tsuga Dougla-
sii, nur die untersten Zweige blieben lebendig und
so den Winter. Im Frühjahr versetzt,
war binnen Kurzem der ganze Baum ein Raub des
Todes. Nach meinen unmassgeblichen Beobachtun-
gen glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Dou-
slastanne bei uns auf trockenem Sandboden aın leich-
testen erfriert. Auf feuchtem Wiesengrund brachte
ihr der letzte Winter keinen anderen Nachtheil als
eine durchgehende starke Bräunung der Nadeln. Ein
im Frühjahr 1871 aus dem Kübel gepflanzter ziem-
lich starker Stamm derselben Art blieb, auf dem
Berg dicht neben der ausgegangenen in sehr trock-
ner Lage gepflanzt, nicht allein unversehrt, sondern
überdauerten
auch vollständig grün.
Grataegus Aronia, seit 1868 stehend und einmal
reichlich seine wohlschmeckenden gelben Früchte
getragen habend, vollständig todt, nach vorangegan-
zener etwas kränkelnder, aber doch Hoffnung ze-
bender Belaubung.
Ferner zwei allerdings erst im Herbst 1870 ze-
pflanzte starke (Buxus sempervirens
arborescens) ganz todt. Nur bis auf die Wurzel da-
gegen ein etwa 10 Fuss hoher schöner Nex Aqui-
folium, der lest angewurzelt die beiden harten Win-
ter überdauert hatte. Von anderen Stechpalmen
vertrocknete, sowohl bei der typischen Art, wie bei
der Form angustifolia, spät im Herbst der Haupt-
stamm mit allen seinen neugemachten Sommertrieben
bis tief nach abwärts
Im August schon hatte ich an sehr geschützter
Buchsbäume
Stelle, an einer Mauer meines Stadtgartens, den Ver-
lust einer vor siebzehn Jahren durch mich gepflanz-
ten Tecoma radicans zu beklagen. Ebenso erlag um
dieselbe Zeit erst der wenig jüngere Stamm einer
chinesischen Glyeine, nach vielfach wiederholtem,
stets vergeblichen Austreiben. Aeussere erkennbar
schädliche Einflüsse, die etwa den Froste und sei-
nen Nachwirkungen fremd gewesen wären, fehlten
augenscheinlich in allen diesen Fällen. Das Abster-
ben geschah von den oberen Theilen unten
zu und berubte augenscheinlich in einer der Kälte
zuzuschreibenden krankhaften Beschaffenheit des Zell-
gewebes.
nach
Ich komme nun zu den Opfern, welche erst der
erneuten, wenn auch abgeschwächten und für sich
allein durchaus unschädlich sein müssenden Einwir-
kung des letzten Winters erlagen, da ihre tief er-
schütterte Organisation auch nicht einmal dem leich-
ten Stosse dieses, mit seinen höchstens siebzehn
Graden kurz andauernder Kälte gewachsen war.*)
Zu den bittersten Verlusten zählt ein besonders
schöner und kräftiger Baum von Libocedrus decur-
rens (Thuja gigantea Nutt.), 1868 auf humosem, et-
was frischem Boden gepflanzt, der bei 6 Fuss Höhe
schon einen Stammdurchmesser von 3 Zoll erreicht
hatte. Bis zum Frühjahr war er grün und anschei-
nend kerngesund gewesen. Binnen wenigen Wochen
siechte er langsam und rettungslos hin, um jetzt als
Leiche dazustehen. Drei andere Bäume derselben
Art, auf trockenem Boden stehend, blieben unan-
setastet.
Von dem morgenländischen Lebensbaum (Thuja
orientalis) hatten viele mittelgrosse Exemplare im
Winter 70/71 zwar die meisten Zweige eingebüsst,
aber im Laufe des folgenden Sommers so kräftig
wieder ausgetrieben, dass sie zu keiner Besorgniss
Veranlassung gaben. Alle diese, in mehr oder we-
niger ausgesetzter Lage stehend, sind jetzt todt. In
sehr geschützter Exposition blieben einige davon, die
auch vorher vom Froste nicht gelitten hatten, am
Leben. Wie die Ersterwähnten erlag auch die Va-
rietät nepalensis. Die Form tätarica oder pyramida-
lis scheint jedoch glücklicher Weise gänzlich winter-
fest zu sein. In Scharfenberg ist sie dies sogar auf
etwas feuchtem Boden.
Juniperus oblonga pendula, der im vorigen Som-
mer nach starkem Zurückfrieren erst auls Neue aus-
treiben musste, ist wiederum bedeutend zurückge-
*) Ganz zu Beginn des Winters hatten wir eine, wenn
auch nur kurz andauernde Periode höheren Frostes, der nach
einigen Beobachtungen 21 Grad betragen haben soll, so dass
mithin auch dieser Winter zu den strengen gezählt werden muss.
251
gangen, sonst aber anscheinend gesund und bemüht,
das zweimal Verlorene wieder zu ersetzen.
Die Libanon- Ceder glaubte ich, wenn nicht als
Baum, wie England und Frankreich sich ihrer er-
freuen, so doch in Gestalt von Krummholz erhalten
zu können, indem an meinen mit grosser Sorgfalt
und unter Anwendung aller von Fintelmann em-
pfohlenen Vorsichtsmassregeln gepflanzten Bäumen,
die den Winter von 1869/70 gut überdauert hatten,
1870/71 die unteren Aeste am Leben geblieben waren.
Leider war selbst diese bescheidene Hoffnung noch
zu kühn gewesen. Den März hindurch noch mit
zrünen und frischen Nadeln, starben die durch Laub-
decke unten geschützt gewesenen Stämme bald darauf
völlig ab, so dass sich beim Herausnehmen selbst
die Wurzel als todt erwies. Die Atlas-Ceder da-
segen blieb, leicht in Rohr eingebunden, in etwas
weniger verstümmeltem Zustande am Leben.
Sehen wir nun, ob der Himalaya uns günstiger
sein wird, als der Libanon? Längst schon hatte ich
auf die Hoffnung verzichtet, die Deodara-Ceder ihre
sraciös zeneigte Krone die blauen Seen der
Mark beugen zu sehen. Aber gab es nicht zum Er-
satz andere Koniferen desselben Vaterlandes, die mit
fast gleicher Schönheit eine grössere Härte zu ver-
binden versprachen? Gehörten dazu nicht vor Allem
die beiden herrlichen Tannen Khutrow und Pindrow,
die in Scharfenberg so prachtvoll gediehen und von
denen die letztere sogar schon ihre seltsam dunkel-
blauen Zapfen getragen hatte? Von vielen Bäumchen
der Picea Khutrow hatte eine kleine Anzahl den
zweiten der hyperboräischen Winter, wenn auch nur
in verkrüppelter Zwerggestalt, überdauert. Auch
diese sind jetzt todt, bis auf zwei, welche ohne Decke
ihrem Schicksal überlassen, die eine in geschützter,
die andere in sehr exponirter Lage, gesund geblie-
ben sind.
Abies Pindrow, einst bei mir in ihrer vollendeten
Schönheit das würdige Seitenstück zu Khutrow, hatte,
abgefroren, aus der Wurzel einen kräftigen Trieb
wieder emporgesendet. Sie ist jetzt vollständig eine
Leiche, obwohl sie früher zu den schönsten Hoff-
nungen berechtigte und den ersten der harten Winter
ohne allen Schaden überstanden hatte.
Von meinen beiden überlebenden Wellingtonien
hat die grössere gar nicht, die kleinere nur wenig
zelitten. Diese und andere mir zu Gebote stehenden
Erfahrungen scheinen zu beweisen, dass die Kultur
dieses Riesen unter den Nadelhölzern in der Mark
Brandenburg unter besonders günstigen Bedingungen,
wenn nicht leicht und gesichert, so doch wenigstens
möglich ist.
über
Thuya ericoides hat an besonders exponirten
Stellen wieder eine Menge vom Frost getödteter
dürrer Aeste. Ganz kleine Pinsapos, die von der
Kälte gelitten hatten, sind auch im letzten Winter
wieder stark zurückgegangen, leben aber wenigstens;
ältere haben ohne alle Decke nicht weiter gelitten,
ähnlich wie Abies lasiocapa, die nur gebräunte Na-
deln und auch diese nicht in allen Fällen zeigt.
Der Gingko ist auch in diesen Winter wieder
in mehr herangewachsenen Stämmen unverletzt ge-
blieben. Die Zartheit Junger Exemplare beweist in-
dess der Fall eines etwa 4 Fuss hohen Bäumchens,
welches 1870/71 bis die Wurzel abfror, den
Sommer darauf von starken Schuss
machte, jetzt jedoch,todt zu sein scheint.
Von immergrünen Laubgehölzen, deren Zahl sich
auf
unten einen
bei uns auf ein so verschwindendes Minimum redu-
eirt, überlebten in Folge vorangegangenen Frost-
schadens dieses Frühjahr nicht: Magnolia grandiflora
vet. galissoniensis und Prunus lusitaniea. Beide hatten,
nach der schweren Prüfung, von unten wieder aus-
zetrieben und gaben Hoffnung zu ihrer Erhaltung, selbst-
redend unter Winterdecke. Vergeblich sehe ich mich
nach Lebenszeichen von Jasminum humile um; auch
Ruscus aculeatus lebt wohl nicht mehr; dagegen ve-
getiren um so kräftiger und üppiger der letzteren
beiden nahe Verwandte Ruscus Hyposlossum und
Jasminum fruticans.
Die Stechpalmen, welche das Holz ihrer neuge-
machten Tıiebe nicht reifen konnten, sind der Mehr-
zahl nach wieder sehr stark zurückgegangen. Immer
jedoch bleibt dies, wenn nicht ein Baum, so min-
destens ein Unterholz, welches wir vor Schlesien
voraus haben und eigentlich stärker und schöner
noch voraus haben sollten, da die Species kaum
zwölf Meilen von Berlin entfernt noch in ganz an-
sehnlichen Stämmen wild vorkommt.
Ulex europaens ist bedeutend und fast noch
mehr als nach dem strengsten der Winter zurück-
gefroren. Mahonia japonica hat sich gut gehalten.
Unter den Eriken steht, neben Erica vagens, Erica
earnea gesund und lebenskrältig da, auch hat sie,
nach zweijährigem Missrathen ihres schönen Früh-
lingsflors, zum ersten Mal wieder reich und voll ge-
blüht. Zum dritten Mal sehr stark zurückgegangen,
in vereinzelten Fällen sogar todt, ist der Kirsch-
Lorbeer (unter Decke), sind jüngere und schwächere
Exemplare von Rhododendron ponticum und maxi-
mum, ist endlich der schöne, halbimmergrüne Rham-
nus hybrida. Ein vergessenes Exemplar von Evo-
nymus japonieus ist unter der natürlichen Decke des
Laubfalls zwar heruntergefroren, treibt jedoch befiiedi-
32*
252
send wieder aus. Ganz unverletzt geblieben ist der
kleine bunte Evonymus graeilis (radicans, hort.).
Trotzdem ich, geehrter Herr Geheimrath, Ihre
Geduld sicher für heute sehon erschöplt zu haben
mir vorwerfen muss, will ich dennoch aueh noch
diejenigen laubabwerfenden Gehölze kurz namhaft |
machen, die im letztverflossenen Winter Anzeichen
besonderer Weichliehkeit gegeben haben.
Zu ihnen gehört in erster Reihe be-
dauernswerthem Grade die gemeine Catalpa; gerade
und in
bei dieser aber hat man speciellen Grund, an eine
Zeit vor segangene Läsion zu
glauben, da noch strengere Winter als der von 70/71
nicht zu gefährden Wie freute
ınan sich der nach der Kalamität übrig gebliebenen
Bäume dieser Art!
auch hinüber, darunter bei mir in Scharfenberg ein
seit längerer sich
sie sonst pflegen.
Jetzt sind die meisten von ihnen
Baum von wenigstens 4 Zoll Stammdurchmesser, eine
der Zierden meiner Anlagen. Was Wunder, wenn
zahlreiche auf dem Felde gruppenweis angepflanzte
Loos erdulden mussten
wenn in Sanssouci ein nahe an hundert Jahr alter,
vielstämmiger Prachtbaum, im vorigen Sommer noch
Exemplare dasselbe und
im Blüthenschmuck prangend, bis heut ohne Lebens-
zeichen dasteht! Nur verhältnissmässig wenige die-
ser herrlichen, breitblättrigen Bäume mit fast tropisch
zu nennendem Laub, scheinen gesund geblieben zu
sein und treiben normal aus. Dagegen haben selbst
kleine Stämmehen der chinesischen C. Bungei bei
mir und sonst in der Berliner Gegend nicht gelitten.
Ein anderer vielversprechender Baum des himm-
lischen Reichs, Castanea chinensis, von ‘der stärk-
sten Kälte bisher scheinbar unberührt, ist jetzt bei
uns plötzlich abgestorben, nachdem er noch vorher
seine Blattknospen geöffnet hatte. Desgleichen viele
noch nicht
ächte Kastanien,
jüngere, lange stehende gewöhnliche
besondeiıs solehe, die auf Sand-
boden gepflanzt waren. Von den Eichen erlagen,
sehwer zu erklärender Weise, nicht wenige Hoch-
und Niederstämme, der in Scharfenberg zahlreich
vertretenen Scharlacheichen (Quercus palustris, coC-
einea, ambigua, tinetoria) und eine sehr krältige ©.
imbriearia. Sehr empfindlich erwies sich die Varietät
atropurpurea unserer heimischen Eiche, während eine
zweite Form, die gelblaubige Concordia, ihr Laub
kränkelnd hervortrieb. Zu den wezcn mangelnder
Holzreife Arten
zähle ich: Gereis Siliquastrum, Morus alba jJaponica,
wiederum stark zurückge..orenen
Tamarix caspiea, Virgilia lutea (nur in einem Falle,
auf Sand), viele Ailantus, Mespikus grandiflora, mehrere
Sophoren, Goldregen (Cytisus. Laburnum, alpina, Al-
schingeri, Weldeni),. Gleditschia sinensis, Platanen,
Spiraea Lindleyana, Clematis flava und montana,
Broussonetia, Aprikosenbäume und die Mehrzahl der
Glycinen G. frutescens, (bis auf ein gigantisches Exem-
plar, das unversehrt dasteht) und deren Spielart Magni-
fica, sinensis brachybotrys rosea. Zu den vollständig
Vermissten rechnen sich: ein hochstämmiger Pfirsich-
baum (DoubleMontagne)und viele strauehartige, niedrig
veredelte Pfirsiche, einige junge Nussbäume, sehr viele
Remontantrosen, Liquidambar styraeiflua in vor Kur-
zem erst verpllanzten Stämmen, sehr viele Pllaumen-
bäume, zumal alternde, sowohl Zwetschen als Damas-
cenen, selbst gewöhnliche blaue Bauer - Pflaumen,
Buddleja eurviflora, Morus nigra, hochstämmig, nach-
dem er im verflossenen Sommer von unten auf wie-
der stark getrieben, Broussonetia var. disseeta, Celtis
australis (ziemlich starker seit 1868 stehender Baum;
vorigen Sommer schien er unversehrt), Evonymus
augustifolia, Prsh., meine beinahe sämmtlichen zahl-
reichen Kölreuterien, Planera erenata, mehrere Kugel-
akazien und Vitex Agnus castus (letzterer unter Decke.)
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pllanzenkunde.
VI.
In Lyon ündet in diesem Jahre eine internatio-
nale Industrie-Ausstellung, wo auch dem Gartenbau
Berücksichtigung zu Theil geworden ist, statt. Von
Bedeutung kann sie nicht sein, da man in den öl-
fentlichen Zeitungen fast nichts über sie ver-
nimmt; selbst was französischer Seite
ist ohne alle Bedeutung. Nach den
Nachrichten, welche von der Revue horticole über
das, was von Seiten der Gartenbau-Sektion geschieht,
segeben wurden, sind trotz der Anstrengungen und
Bemühungen, welche man sich gibt, bis jetzt noch
sar
das, von
sesagt wird,
keine besonderen Resultate erreicht worden.
Die Gartenbau-Ausstellungen in Lyon erneuern
sich, wie es bekanntlich’ auch bei der letzten Welt-
ausstellung in Paris während des Jahres 1867 der Fall
war, und auch jetzt noch in London bei der dorti-
sen Industrie - Ausstellung ist, alle 14 Tage durch
neue Einsendungen. Während aber in London alle
halbimonatlichen Ausstellungen in der Regel etwas
Neues, Seltenes oder doch Vorzügliches liefern, wie
man aus unseren vorjährigen Berichten ersehen kann
(14. Jahrg. der Wochenschr. S. 257), so ist hier. der
Inhalt mager und beschränkt sich hauptsächlich auf
neue Florblumen, auf deren Anzucht allerdings von
Seiten der Gärtner Süd-Frankreichs, da daselbst ein
253
vorzügliches Klima unterstützt, viel Sorgfalt verwen-
det wird.
Um ein Bild der Lyoner, alle 14 Tage sich
wiederholenden Ausstellungen zu geben, theilen wir
nach dem Berichte in der Revue horticole (S. 267)
den wesentlichen Inhalt der Ausstellung in der er-
sten Hälfte des Juli mit. Rosen sollten auch dieses
Mal die Hauptrolle spielen, waren aber ebenfalls, wie
an anderen Orten, schlecht vertreten. Man hofft in
Betreff der Remontanten dafür eine schöne September-
flor zu erhalten. Leider hatte ausserdem noch die
srosse Hitze das Ihrige beigetragen, um hier und da
die ausgestellten Florblumen in einem keineswegs
dem Auge erlreulichen Zustande erscheinen zu lassen.
Es betraf dieses vor Alleın die neuen Nelken und
Stiefmütteıchen des gerade in der Anzucht neuer
Formen von Florblumen mit Recht anerkannten Han-
delsgärtners Boucharlat Sohn, dagegen befanden
sich die neuen Pelargonien von Boucharlat Vater
in gutem Zustande und erhielten die verdiente An-
erkennung. Auch die grosse Sammlung verschiede-
ner Nelken, welche Chinart aus Lyon ausgestellt
hatte, soll Freunden dieser alten Florblume man-
ches Interessante dargeboten haben. Die Versuche
Megatieres durch Kreuzung unserer gewöhnlichen
Garten- und Federnelke etwas Neues hervorzurufen,
waren, wenigstens in ihrem Anfange, noch nicht ge-
slückt. Die Blüthen waren klein und unscheinlich,
die Pflanzen besassen aber ein ganz besonderes An-
sehen. Vielleicht wird später bei fortgesetzter Kul-
tur noch etwas daraus hervorgehen.
Gesneien hatte Dalliere in Gent ausgestellt,
leider waren aber die Blumen auf dem langen Trans-
porte während einer tropischen Hitze zum grossen
Theil verdoıben. Sehr gerühmt wird eine Samm-
lung der Hydrangea Otaksa, wo der Durchmesser
des Btüthenstandes 25 bis 30 Centimeter gehabt ha-
ben soll. Dergleichen Exemplare kann man in Ber-
lin auf dem Markte und besonders in den Blumen-
läden täglich sehen. Wir gedenken dabei eines an-
deren Exemplars der Hortensia, welche in Versailles
bei Gelegenheit einer Blumen-Ausstellung vorhanden
und in Form einer Pyramide von 1 Meter erzogen
worden war. Dieses Exemplar hatte nicht weniger
als 71 Blüthenstände, allerdings sämmtlich von sehr
seringem Durchmesser.
Von eigentlichen werthvollen Pflanzen, beson-
ders Neuheiten, war kaum etwas Nennenswerthes
vorhanden. Nur eine Sammlung von Dickpflanzen
verdiente einige Berücksichtigung. Auch Gemüse
fand sich nur wenig vor, Obst aber gar nicht.
Der Redaktion der Wochenschrift ist vor Kur-
zem die Abbildung der von uns zueıst beschriebenen
Fureraea Bedinghausi mit der Nachricht zuge-
sangen, dass der Besitzer eines Exemplars, was im
Jahre 1870 in Stuttgart blühte und allgemeine An-
erkennung fand, Samen erzogen hat, welchen er jetzt
in den Handel bringt. Der Gärtner heisst Hein-
rich Schneider und wohnt bei der Gasfabrik in
Stuttgart. Junge Pflanzen von etwa 20 Centimeter
(d. h. ohngefähr 8 Zoll) Höhe werden zu 1 Fl. 24
Xr. (24 Ssr.) angeboten, 50 Stück dagegen an Wie-
derverkäufer zu 60, 100 Stück endlich zu 100 Gul-
den abgegeben.
Die Mutterpflanze, wovon der Samen gewonnen
worden war, einen Umfang von 6 Meter.
Das Exemplar wurde. vor nun 12 bis 15 Jahren von
1özl eingeführt, andere befanden sich aber schon
früher im Privatbesitz des Agaven-Liebhabers Ton-
nel in Gent und scheinen selbst noch länger als
Beschorneria multiflora in dem Handel gewesen
zu sein. Als solche sahen wir sie zuerst auf einer
srösseren Ausstellung in Köthen, vor nun 10 Jahren.
Zu gleicher Zeit erhielten wir, nebst einer Zeichnung,
frische Blüthen von dem Handelsgärtner Beding-
haus in Mons und waren dadurch in den Stand ge-
setzt, sie genau zu untersuchen und unter dem Na-
men Fucraea Bedinghausi zu beschreiben (8.
6. Jahrg. der Wochenschr. S. 233.) Später kam sie
auch als Roezlia regia in den Handel.
Leider ist diese besonders in der Blüthe pracht-
volle Pflanze zu keiner eigentlichen Verbreitung ge-
kommen und daher noch selten. ° Wir ergreifen da-
her gern die Gelegenheit, wo sich eine günstize Ge-
besass
legenheit darbietet, sie zu erhalten, auf sie aufmerk-
sam zu machen. Vor fast einem Jahrzehnte
mächtigte sich ein Charlatan dieser Fuieraea und
verkaufte sie unter einem besonderen hochklingen-
be-
den Namen. Von einer Beschreibung begleitet, wo
die Pflanze als neu hingestellt wurde und hinsicht-
lich ihrer Schönheit alles Dagewesene weit über-
treffen sollte, kam sie in den Besitz einer Handels-
särtnerei, und zwar natürlich um einen ausserordent-
lich hohen Preis. Der neue Besitzer fand aber bald
dass er betrogen sei. So viel Werth auch die
Pflanze hatte, so war sie doch nicht neu. Diese»
stattzefundene Charlatanerie, welche zu einem lang-
wierigen Prozesse führte, beeinträchtigt aber keines-
wegs den Werth der Pflanze, die hauptsächlich noch
dadurch gewinnt, dass sie in der Kultur nicht
sehwierig ist und leichter als alle übrigen Furcraen
und Agaven blüht. In der guten Jahreszeit auf ein
Rasenstück ins Freie gebracht, nimmt sie sich mit
ihrer blaugrünen Färbung sehr gut aus.
254
Wir sind vielfach über die Mutterpflanze des
neuen und, wie immer, wenn es neu ist, unfehlbaren
Mittels gegen Krebs, des Kundurango, befragt
worden, ohne Auskunft darüber geben zu können.
Was uns davon zu Gesicht gekommen war, vermochte
nicht, auch nur annähernd, uns auf die Spur zu füh-
ren, wohin besagte Mutterpflanze wohl gehören könnte.
Triana in Paris und Reichenbach in Hamburg
sind glücklicher gewesen. Letzterer sah nicht allein
das ziemlich reiche Material Kundurango in Kew,
sondern erhielt auch ein vorzügliches Exemplar von
dem bekannten, jetzt in Deutschland sich aufhalten-
den Reisenden Rözl, der es selbst auf der West-
küste der Kordilleren gesammelt hatte. Wenn auch
beide Botaniker, Reichenbach, wie Triana, darin
übereinstimmen, dass die Kundurango-Pfllanze zu den
Asklepiadaceen gehört, so stimmen sie doch weder
hinsichtlich der Art, noch auch hinsichtlich des Genus
überein. Reichenbach nennt seine Mutterpllanze
Marsdinia Cundurago, Triana hält sie dagegen
für einen Gonolobus.
Es scheint übrigens, als wenn jetzt, wo jeder
Krebskranke, besonders in Amerika, von dem neuen
Arzneimittel Hülfe erwartet und demnach eine grösse e
Nachfrage darnach ist, als ächter Kundurango in den
Handel gekommen ist, noch andere Asklepiadaceen,
ja selbst ganz andere, davon verschiedene Pflanzen
unter diesem Namen verkauft werden. So theilt
Reichenbach in seinem in der botanischen Zeitung
(S. 551) abgedruckten Artikel nach Rözl mit, dass
man in Santa F& de Bogota behaupte, der Kundu-
rango sei nichts weiter, als das schon längst bekannte
Arzneimittel Guako, was bekanntlich von einer Liane
aus der Familie der Körbehenträger stammt, nämlich
von Mikania Guako, und eins der berühmtesten
Arzneimittel Amerika’s, besonders gegen Schlangen-
biss, darstellt.
Man weiss aus Erfahrung,
eine Krankheit in der Behandiung ist und je weniger
die menschliche Kunst dagegen zu machen vermag,
auch die Zahl der allmählig angewendeten Arznei-
mittel um so grösser wird. Gerade gegen Krebs, gegen
Biss toller Hunde und in Amerika gegen Biss giftiger
Schlangen hat man die meisten Mittel. Es ist ganz
natürlich, dass man bei dieser Hültlosigkeit gegen
besagte Krankheiten nach Allem greift, was geboten
wird. Leider spielt Charlatanerie und Sucht, Geld
zu gewinnen, ebenfalls eine grosse Rolle dabei. Man
darf sich deshalb nicht wundern, wenn von Zeit zu
Zeit immer wieder gegen diese Krankheiten ein neues
und, wie es denn stets heisst, auch unfehlbares
Mittel empfohlen wird, was so wenig hilft, als die
dass, je schwieriger
schon früher angewendeten Mittel, und oft schon nach
einigen Jahren wiederum in die Rumpelkammer ge-
worfen wird. Wahrscheinlich wird es dem Kundu-
ranzo, zu dem Reichenbach ebenfalls nur geringes
Vertrauen besitzt, ebenso ergehen; nach 10 Jahren,
vielleicht noch früher, spricht Niemand mehr von ihm.
Obwohl man schon früher verschiedene Arten aus
dem Genus Marsdenia entfernt hat, so unter Anderem
Grisebach die südeuropäisch-orientalische M. erecta,
Jetzt Cionura erecta, so begreift man doch noch, wie
auch Reichenbach richtig bemerkt, als Marsdenien
eine Reihe von im Bau der Blüthen verschiedene
Pilanzen. Aus der Beschreibung, wie sie Reichen-
bach gibt, scheint hervorzugehen, dass die Kun-
durango-Pflanze zwar einen Stamm, dessen Rinde
als Arzneimittel gesammelt wird, macht, aber die
Aeste und Zweige sind schwach und gebrauchen einer
Stütze, um empor zu steigen. Sie hat dieses dem-
nach mit anderen Asklepiadaceen, besonders mehrern
Cynanchum-Arten, gemein. Sie wächst mitten im
dichten Gebüsch, drängt sich durch und kommt oben
zum Vorschein. Nach Rözl heisst sie deshalb im
Vaterlande Bejugo de perro, d. h. Hunds -Schling-
pllanze.
Der Stamm soll die Stärke eines Armes erhalten
und bis 6 Fuss hoch werden, während die rund-
lichen oder länglichen Blätter auf kurzen Stielen
stehen und ein von feiner Behaarung etwas grau-
grünes Ansehen besitzen. Da Rözl, wie er uns
selbst mittheilte, bald wieder nach Amerika reisen
und seine gärtnerisch - botanischen Untersuchungen
fortsetzen wird, dürfen wir uns wohl der Hoffnung
hingeben, nicht allein noch weitere Auskunft über
diese interessante Pflanze zu erhalten, sondern auch
sie eingeführt zu sehen. Wenn wir ‘uns dureh ihre
Einführung auch nicht viel in gärtnerischer Hinsicht
versprechen, so werden doch die Gartenbesitzer,
die zugleich Liebhaber von dergleichen Pflanzen
sind, Gelegenheit finden, ihre Sammlung zu ver-
STÖSssern.
Ueber 100 Jahre kultivirt man in anseren Ge-
wächshäusern einen Blüthenstrauch aus China, der
wegen seines Blüthenreichthums den Namen Gar-
denia florida erhalten hat und wegen des ange-
nehmen Geruches, den die Blüthen verbreiten, zu
den dankbarsten Pflanzen unserer Kulturen gehört.
Man hat ihn in der Regel nur gefüllt, wo die blen-
dend weissen Blüthen zwischen dem saltigen Grün
des Laubes sieh sehr gut ausnehmen. Trotz aller
dieser Vorzüge, zu denen noch eine leichte Kultur
kommt, findet sich der Blüthenstrauch nicht in der
Weise verbreitet. wie man denken sollte. Auf den
Berliner Märkten findet man ihn beispielsweise selten.
Vor 20 und 30 Jahren existirte dagegen wohl kaum
eine Handelsgärtnerei, selbst in kleinen Städten der
Provinz, noch viel weniger ein Privatgarten, der
auch nur ein kleines Gewächshaus sich erbaut hatte,
wo nicht Gardenia florida kultivirt wurde.
* Vielleicht gelingt es uns, der hübschen und
dankbar blühenden Pflanze wiederum mehr Aulf-
merksamkeit zuzuwenden, wenn wir noch einiges
von ihr mittheilen, was Interesse für sie erweckt.
Unter dem Namen chinesischer Gelbbeeren befindet
sich nämlich ein Farbstoff in dem Handel, der nichts
weiter ist, als die Früchte der Gardenia florida,
welche direkt aus China eingeführt werden. Diese
slänzend-braunen, vom Kelche gekrönten und mit 4
bis 6 fast geflügelten Kanten versehenen Früchte
haben eine zeıbrechliche Schale, welche eine oran-
sengelbe Masse und die darinliegenden Samen ein-
schliesst. Diese Masse riecht nicht allein sehr stark
nach Safran, sondern der eigentliche Farbstoff ist
sogar nach Rochleder’s Untersuchung mit dem so-
genannten Crocin oder Polycehroit identisch. Wieder-
um ein Beispiel, dass dieselben chemischen Stoffe
bei den verschiedensten Pflanzen vorkommen können,
ohne auch nur die geringste Verwandtschaft anzu-
deuten. Das Vorkommen eines solchen Stoffes kann
sich aber auch nur auf ein bestimmtes Organ bei
einer und derselben Pflanze beschränken, während
man sonst bei dieser keine Spur davon findet. Wie
bekannt, besteht der Safran nur aus den Narben des
Crocus sativus, einer zu den Iridaceen gehörigen
Pflanze, während derselbe Farbstoff bei Gardenia
florida nur innerhalb der Fruchtschale vorkommt.
In keinem anderen Organe beider genannten Pflan-
zen findet man eine Spur des Croecins.
Bericht
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
(Sehluss.)
144. Spondias pleiogyna ist uns unbekannt,
aber unter diesem Namen jetzt von William Bull
in London eingeführt worden. Sie soll der bekannten.
in den Tropenländern ziemlich verbreiteten und wegen
ihrer essbaren Früchte angebauten S. mangifera ähn-
lich sein, wächst aber im Queensland, also in Neu-
holland; da sie deshalb in unseren Gewächshäusern
eine geringere Wärme verlangen dürfte, möchte sie
vor der eben genannten Art einen Vorzug haben.
Die an der Spitze der Zweige stehenden Blätter
sind gefiedert und haben eirund-lanzettförmige und
sanzrandige Blättchen. Die unscheinlichen Blüthen
bilden schmale Rispen.
145. Stangeria schizodon schliesst sich der
mehrfach in der Wochenschrift erwähnten St. paradoxa
an, ist vielleicht gar nicht verschieden. Sie scheint
durch einige grössere, vielfach eingeschnittene Zähne
abzuweichen. Bis jetzt sind nur junge Pflanzen von
William Bull in London zu beziehen, wo die Blätter
noch aus 3 Paar Fiederblättchen bestehen. Auch
diese Cycadee wurde, wie die andere dieses Ge-
schlechtes, von Port Natal eingeführt.
146. StenosiphoniumRussellianum N. v.E.
ist ein ostindischer Blüthenstrauch aus der Familie
der Akanthaceen. Seine eirunden Blätter sind unbe-
haart. Die langröhrigen Blüthen erweitern sich nach
oben trichterförmig und stehen einzeln oder büschel-
weise an einem gemeinschaltlichen allgemeinen Stiele,
gipfel- oder seitenständige Aehren bildend.
147. Stephanophysum Baihiri ist eine
andere uns völlig unbekannte Akanthacee. Die bis
jetzt bekannten Arten genannten Geschlechtes wach-
sen in Brasilien und stellen Weichsträucher oder
Kräuter mit gegenüberstehenden und gezähnten Blät-
tern dar. Aus deren Winkel kommen die langröhri-
sen Blüthen hervor und bilden Scheindolden.
148. Stevia suaveolens Lag. ist ein kraut-
artiger Körbehenträger aus der Abtheilung der Eupo-
torineen und bildet eine sich verästelnde Pflanze,
deren Aeste aber ziemlich grade in die Höhe gehen.
Die rautenförmig-lanzettlichen Blätter sind von 3 Längs-
nerven durchzogen und haben, wie viele andere dieses
Geschlechtes, einen aromatischen Geruch. Die weissen
Blüthenkörbehen bilden dichte Traubendolden.
149. Von 7 Arten des Akänthaceen-Geschlechtes
Strobilanthes bieten Haage und Schmidt in Erfurt
Samen an. sich diese hier aufgeführten
Arten von denen, welche William Bull vor einigen
Jahren in den Handel brachte (vergl. 11. Jahrg. d.
Wochenschr. 182), unterscheiden, vermögen wir nicht
zu sagen, da die letztern bisher keiner botanischen
Kontrole unterlagen und unter den angegebenen Na-
men wenigstens nicht beschrieben waren. Die Stro-
bilanthes-Arten stehen den Stephanophysen nahe und
gehören mit diesen in die Abtheilung der Ruellien.
7 von Haage und Schmidt aufgeführten
In wiefern
Von den 7
Arten sind 5 beschrieben.
Str. anceps N. v. E. bildet einen niedrigen
Weichstrauch mit ungleich-grossen,, unten behaarten
und eirund-lanzettförmigen Blättern und mit purpur-
violeiten Blüthen, während Str. cerinthoides N.
v.E. dem bekannten Str. Arnottianus Ähnlich erscheint,
nur weniger behaart ist, Str. pulcherrimus ist
uns völlig unbekannt und scheint noch nicht be-
schrieben zu sein. Str. rhamnifolius ist wohl
ButeraearhamnifoliaN.v.E. Hier ist der Stengel
im unteren Theile völlig unbehaart, im oberen aber
weissfilzig. Str. trifidus N. v. E. soll dem Str.
Heyneanus ähnlich sein und hat Stengel und Blätter
mit kurzen steifen Haaren besetzt. Str. vestitus
N. v. E. ist dagegen weich- und langhaarig. Str.
viscosus endlich kennen wir wiederum nicht. Dem
Namen nach ist die Behaarung klebrig. Sollte
es Str. glandulosus Bl. oder glutinosus N. v. E.
sein? Alle diese Strobilinthes - Arten wachsen
Ceylon.
150. Tilandsia gigantea Reg.
Rözl auf den westlichen Kordilleren des südlichen
Amerikas entdeckt und gehört zu den schönsten
Dekorations-Pflanzen mit allerdings für das Genus
riesigen Dimensionen. Aus dem von breiten Blättern
gebildeten Becher erhebt sich ein allgemeiner Blüthen-
wurde von
stiel von 13 Fuss Höhe, der aber wiederum eine
Blüthenähre von 10 Fuss trägt.
151. Turraya heterophylla Sm. ist eine
Meliacee Südafrika’s und bildet einen niedrigen und
ästigen Strauch mit ganzen und 3lappigen Blättern,
welche (nach William Bull) vor der Entfaltung der
Blüthen abfallen sollen. Diese haben eine weisse
Farbe und stehen in geringer Anzahl und gestielt im
Winkel der Blätter. Die Staubgefässe sind zu einer
Röhre vereinigt.
152. Uncaria Gambir Roxb.
scher Kletterstrauch aus der Familie der Rubiaceen
und hat in sofern eine Wichtigkeit, als ein adstrin-
sirender Stoff, welcher unter dem Namen Gambir
als eine Art Katechu sich im Handel befindet, von
ihm gewonnen wird. Die länglichen, lederartigen
und deshalb bleibenden Blätter sind ungestielt und
werden auf beiden Seiten an der Basis von Neben-
blättern begleitet. Die röhrig-trichterförmigen Blüthen
Vaterland ist
ist ein ostindi-
bilden winkelständige Köpfchen. die
östliche Küste Hinter-Indiens.
153. .Urtica caracassana Jacg. heisst jetzt
Urera ecaracassana Gris. und gehört zu der hol-
zigen Nesseln. Es ist eine zu empfehlende Blatt-
pflanze. welche im Sommer ins Freie gebracht, gleich
andern krautartigen Verwandten, besonders auf einem
Rasenstücke, Effekt machen kann. Die grossen, fast
einen Durchmesser enthaltenden Blätter sind an der
Basis bald herzförmig, bald abgerundet, haben eine
auf
256
dunkelgrüne Farbe und sind, ausser mit Brennhaaren,
noch mit kleinen Wärzchen, welche abfallende Haare
tragen, besetzt. Die rosafarbigen Blüthen bilden
dichotome Scheindolden und sind auf einem und dem-
selben Exemplare getrennten Geschlechtes. Der auf-
geblasene Kelch wächst nach der Befruchtung in
der weiblichen Blüthe weiter und wird schliesslich
fleischig.
154. Vanda eristata Lindl. (Reg. Gartenfl.
Tab. 680) wurde von Wallich in Ostindien entdeckt
und schon 1840 in englischen Gärten eingeführt, ist
aber immer selten geblieben. Wie bei den übrigen
Arten dieses vielfach und gern kultivirten Geschlechtes,
stehen die fleischigen und gekielten Blätter in 2 Reihen
und haben am oberen Ende einen scharfen Ausschnitt.
Auf kurzem gemeinschaftlichen und aus dem Winkel
der Blätter hervorkommenden Stiele befinden sich
nur 2 und 3 Blüthen. Die gelben Blumenblätter haben
sämmtlich eine gleiche längliche Gestalt, während
die rothgestreifte Lippe an ihrer Basis in einen Sporn
ausgezogen ist.
155. Veitchia Canterburyana ist dieselbe
Palme, welche wir früher unter dem Namen Kentia
Canterburyana aufgeführt haben.
156. Verbesina erocata Less. gehörte vor
einem Jahrzehente zu den auf Rasen beliebten, aber
aus den Gärten verschwundenen Blatt-
pflanzen aus der Familie der Körbchenträger (vergl.
4. Jahrg. 2353) und wird jetzt von Haage und
Schmidt in Erfurt von Neuem eingeführt.
157. Vestia Iyeioides Willd. ist ein chile-
nischer Strauch vom Ansehen eines Cestrum, wes-
halb er in den Gärten früher auch als Cestrum
vespertinum, bisweilen auch als Cantua foetida,
kultivirt wurde. Die gestielten, umgekehrt-eirunden
oder Jänglich - spathelförmigen Blätter sind etwas
fleischig, völlig unbehaart und haben einen ganzen
Rand. Die gelblich-grünlichen Blüthen befinden sich,
wie bei dem gewöhnlichen Bocksdorne (Lycium), in
dem Winkel der Blätter und auf besonderen kurzen
nach obef erweiterte
wiederum
Zweigen, haben eine lange,
Röhre und hängen über.
158. Wigandia floribunda hat seinen Namen
von dem Reichthum blauer Blüthen erhalten, welche
grosse Blüthenstände bilden. Sie ist ein Blendling
von W. caracassana und Vigieri und steht hinsicht-
lich des äusseren Ansehens und der Blattformen
zwischen beiden. Wie viele andere Blendlinge, so
blühet auch diese weit früher, als die beiden Mutter-
pflanzen.
Verlag von Wiegandt & Hempel‘in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15
®
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllianzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
Seneral-Sekretär des Vereines.
G l-Sekretär des Vereine
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 27. August, Nachmittags 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung
des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: 543. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 30. Juli. — Berichtigung über Agaven. —
Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer Kulturgewächse.
43. Versammlung ‚ bei der Festausstellung habe man die gestellte Auf-
; f R : sabe des Programmes nur deshalb nicht weiter be-
des Vereines. zur Beförderung des Gartenbaues, rathen, als es unmöglich sei, vom blossen Sehen
am 30. Juli. über die Brauchbarkeit der ausgestellten Etiketten
Da der Vorsitzende verreist war, übernahm | zu urtheilen. Dazu gehöre eine längere Zeit der
sein Stellverti. »r, Garteninspektor Bouche&, den | Beobachtung. Da auch Kunst- und Handelsgärtner
Vorsitz. Den grössten Theil der Sitzung füllten die- Louis Mathieu, der für die beste Lösung der
ses Mal innere Angelegenheiten aus. Von Seiten | Etikettenfrage einen Preis ausgesetzt hatte, den An-
des landwirthschaftlichen Ministeriums wurde auf | trag des Garteninspektors Bouche& unterstützte und
Vorschlag des Vorstandes dem Lithographen Gott- | sich bereit erklärte, denselben Preis auch fernerhin
hold Elssner in Löbau (Königr. Sachsen) für na- | zur Verfügung zu stellen, so wurde von der Ver-
turwissenschaftliche Anschauungsvorlagen eine sil- | sammlung beschlossen, die beiden Aussteller zu er-
berne Medaille für Landwirthschaft zugesprochen | suchen, dem Vorstande noch eine Anzahl solcher
und dieselbe ihm alsbald übersendet. Weiter machte | Etiketten zum Vertheilen an Gärtner zu Versuchen
der Garten-Inspektor Bouche hinsichtlich der Fest- _ zu übergeben. Garteninspektor Bouch&, Stadtgarten-
Ausstellung noch den Antrag, dass die beiden direktor Meyer und Öbergärtner Perring zeigten
Aussteller von Pflanzen - Etiketten: J. G. Müller, sich bereit, mit den ihnen übergebenen Etiketten dann
Emailleur in Alt-Schöneberg, und Hermann | Versuche anzustellen und im nächsten Frühjahre zu
Günther, Hof- Photograph, Berlin, ersucht wer- | berichten.
den möchten, dem Vereine noch eine Anzahl | Ausgestellt waren, abgesehen von einer grossen
von letzteren zur Verfügung zu stellen; damit ' Anzahl von Topfpfilanzen zur Verloosung aus dem
ihre Zweckmässigkeit erprobt werden könnte. Die Versuchsgarten des Vereines, zunächst vom Rentier
Etiketten - Frage sei eine so wichtige, dass der Paetow ein Lilium auratum mit 17 Blüthen. Es
Verein, nachdem er sie einmal auf die Anregung | war ein stattliches Exemplar, wie es, wenigstens in
des Kunst- und Handelsgärtners Louis Mathieu | Berlin, noch auf keiner Ausstellung vorhanden ge-
in die Hand genommen, sie nicht wieder aufgeben wesen, und was deshalb die Aufmerksamkeit der
könne, ohne sie auf irgend eine Weise zur Erledi- | Anwesenden in hohem Grade in Anspruch nahm.
sung zu bringen. Von Seiten des Preisrichter-Amtes || Mehre der Anwesenden fanden, dass die Blumen in
33
|
|
|
|
manchen Stücken sich von denen, wie man sie bis-
her gesehen, unterschieden. Dagegen wurde erwidert,
dass Lilium auratum keineswegs eine gute Art dar-
stelle, sondern erst nach sehr langer Kultur aus Li-
lium laneifolium der Gärten hervorgegangen sei, dass
es demnach, wie alle Blumen der Art, von Hause
aus zu Abänderungen geneigt sei. Prolessor Koch
theilte mit, dass er im vorigen Jahre bei einem Lieb-
haber in England ein mehre Quadratruthen umfassen-
des Beet mit Lilium auratum bepflanzt gesehen, wo
in der Form, noch mehr aber in der Farbenzeich-
nung eine grosse Mannigfaltigkeit in den Blumen ge-
herrscht habe.
Garteninspektor Bouche hatte aus dem botani-
schen Garten eine Anzahl blühender Pflanzen, welche
für Liebhaber und Gärtner Interesse hatten, ausge-
stellt. Zunächst war es eine Oxalis caprina mit
gefüllten Blumen; bisher haben wir in Gärten noch
keine gefüllt blühenden Oxalis-Arten gehabt. 0.
prina wächst in Südafrika, bedarf also keiner grossen
Wärme und Pflege im Winter. Zwischen den freu-
dig-grünen Blättern kommen die gelben Blüthen zwar
92
einzeln stehend, aber ziemlich reichlich hervor. Töpfe
mit dieser Oxalis-Art bepflanzt, können auf Terrassen,
an Freitreppen, Fensterbrüstungen u. s. w. vortheil-
haft angewendet werden. - Dr. Bolle fügte diesem
hinzu, dass auf Madeira eine andere südafrikanische
Oxalis- Art mit gelben Blüthen verwildert sei,
diese sich ebenfalls zum grossen Theile im gefüllten
Zustande befänden. Es sei dieses OÖ. cernua.
Eine zweite Pflanze der Sammlung des botani-
schen Gartens, welche Empfehlung verdient, war
Campanula Vidalii der Kanarischen Inseln. Sie
kann in Töpfen auf gleiche Weise Verwendung fin-
den. Obwohl sie bereits seit
wo
segen 15 Jahren ein-
seführt ist, hat sie doch keine allgemeine Verbreitung
Da sie mehrere Male früher
schon in der Wochenschrift besprochen worden ist,
verweisen wir hier auf das, was dort gesagt ist.
Eine dritte, durch ihre schönen rothen Blüthen aus-
gezeichnete Pflanze ist die etwas länger schon ein-
So
Aufsehen sie im Anlange machte, so ist sie doch
leider wiederum ganz und gar
gefunden. bereits
geführte Zauschneria ealifornica. grosses
aus den Gärten ver-
schwunden. Gleich den halbstrauchigen Salbei-Arten
mit blauen und rothen Blüthen, die trotz ihrer Schön-
heit und Mannigfaltigkeit ebenfalls heut zu Tage nicht
mehr in Gärten gesehen werden, ist sie zu Einfas-
sungen nicht weniger, als zu Beetpflanzungen, ganz
vorzüglich.
Unter den neueren Lobelien sind Lobelia picta
und Trentham blue besonders zu empfehlen; die
letztere hat eine grosse Aehnlichkeit mit der frühe-
ren L. Erinus azurea grandiflora. Diese Lobelien
gehören zu den besten Zwergpflanzen für Teppich-
beete und Arabesken und haben bereits bis in die
entferntesten Gegenden in den Provinzen eine Ver-
breitung gefunden.
Aus der Zahl einem wärmeren Klima angehören-
der Pflanzen der Sammlung des botanischen Gartens
nennen wir Aechmea coerulescens, welche vor
längerer Zeit schon der botanische Garten aus Pe-
tersburg erhielt. Wahrscheinlich ist Brasilien das
Vaterland. Wenn sie auch wegen ihrer porzellan-
blauen Blüthen keineswegs den Effekt macht, wie
die rothblühenden Arten genannten Geschlechts, so
verdient sie doch immerhin unsere Berücksichtigung.
Wir machen darauf aufmerksam, dass sämmtliche
Aechmeen der Gärten oder Lamprococeus-Arten auch
in dem Zimmer vorzüglich gedeihen, wenn man ihnen
nur einige Aufmerksamkeit zuwendet. Wir kennen
in Brüssel einen uns befreundeten Blumenliebhaber,
der neben Lamprococeus-Arten auch noch viele an-
dere Bromeliaceen in seinem Zimmer kultivirt. Auch
in Paris gehören Bromeliaceen zu den Lieblingspflan-
zen für Zimmer und finden sich stets auf den Blu-
menmärkten vor. Es sind ausserdem noch die Bill-
bergien und ächte Bromelien mit im bunten Herz
sitzenden Blüthenständen, welche hauptsächlich in
grosser Menge in Paris für Zimmerkultur herange-
zogen werden.
Von den anderen Warmhauspflanzen nennen wir
noch Jochroma eoceinea (Chaenestes gesneriflora).
mit einer Traube matt-scharlachrother und überhän-
sender Blüthen. Da sie schon im ersten Jahre blüht,
wenn man nur recht zeitig im Frühjahre Stecklinge
im Mistbeete macht, hat sie noch einen besonderen
Werth. Sehr hübsch nahm sich dagegen Naegelia
multiflora mit ihren schneeweissen Blüthen aus.
Schliesslich waren 8 verschiedene Achimenes-Sorten,
in den Zeichnungen der Blüthen mannigfach wech-
selnd, vorhanden. Schade, dass auch diese Flor-
blumen mehr aus den Gärten verschwinden.
Es ist jetzt auch eine Aufgabe der botanischen Gär-
ten, und besonders eines so grossartigen Institutes,
wie der botanische Garten in Berlin ist, dergleichen
Pflanzen der Gärten auch fernerhin zu kultiviren, da-
mit sie nicht ganz der Kultur verloren gehen. Man
muss bedauern, dass die Zahl der kultivirten Pflan-
zen allmählig so gross wird, dass man sie gar nicht
mehr oder doch nur in einer Weise aufnehmen kann,
dass sie wegen des beschränkten Raumes, der ihnen
in den Gewächshäusern geboten werden kann, sich
nicht ordentlich entwickeln Können.
immer
; 259
Kunst- und Handelsgärtner Boese hatte einige
neuere Kartoffeln ausgestellt:
1. Boueh&’s Sämling Nr. 1 ist eine feine
weisse Nierenkartoffel, etwas grösser als unsere be-
kannte lange Sechswochen-Kartoffel und ebenso früh-
zeitig. Sie ist viel reichtragender als diese und hat
auch ein etwas höheres Kraut.
2. Bowehe’s Sämling Nr. 36 desgleichen
eine feine weisse Nierenkartoffel und auch ähnlich
der langen Sechswochen -Kartoffel, doch im Allge-
meinen viel kleiner und bedeutend früher (mindestens
6 bis 10 Tage) reifend, eine Eigenschaft, welche bei
einer Frühkartoffel von allergrösster Wichtigkeit ist.
Das Kraut bleibt nur sehr klein.
Beide Sorten hat der Inspektor im botanischen
Garten zu Berlin, Bouche, vor gegen fünf Jahren aus
Samen von Paterson’s weissen Vietoria - Kartoffeln
gezüchtet. Sie wurden vom Kunst- und Handels-
gärtner Boese nach von ihm weiter fortgesetzter
Kultur unter etwa 40 Sorten für die besten erklärt.
In der 4jährigen Kulturzeit ist keine Pflanze der bei-
den Sorten erkrankt.
3. King of the Early,
wurde vor zwei Jahren, wie bereits früher in der
Wochenschrift berichtet wurde, aus Nordamerika ein-
geführt und zu hohen Preisen verkauft. Sie hat sich
gut bewährt, ist früh, trägt sehr reich, schmeckt gut
und wird gewiss die lange Sechswochen -Kartoffel
bald verdrängen.
4. Breese’s Peerless ist eine
weisse Kartoffel und erst im vorigen Jahre aus Nord-
Amerika eingeführt. Sie möchte, entgegengesetzt
dem, was in der Wochenschrift früher ausgesprochen
ist, keine grosse Zukunft haben. Sie trägt eben nicht
besser, als andere, und hat den grossen Nachtheil,
dass die Knollen entfernter vom Stocke sitzen, also
bei der Herausnahme grössere Mühe machen.
5. Die späte Rosen-Kartoffel ist erst in
diesem Jahre aus Nord-Amerika eingeführt worden.
Sie hat die guten Eigenschaften der jetzt schon mehr
verbreiteten frühen Rosen - Kartoffel, nur das sie
später und allem Anscheine nach reichtragender,
als jene, ist. |
6. Paterson’s früheste rothe Nieren-
Kartoffel ist ebenfalls eine sehr frühe, ziemlich roth
aussehende Sorte, welehe indess, wie es scheint,
einen etwas strengen Geschmack hat.
7. Eine noch unbestimmte Sorte fand
Kunst- und Handelsgärtner Boese im Frühjahr 1871
unter mehren Centnern der aus Nordamerika impor-
tirten Kartoffel „König der Frühen“ sehr abweichend
von den anderen. Die Knolle war ähnlich unserer
König der Frühen,
mittelfrühe
langen Sechswochen-Kartoffel, doch bedeutend grösser.
Sie wurde angebaut und gab eine Staude gegen
11/; Metzen der schönsten Kartoffeln, welche wiederum
sämmtlich in diesem Jahre ausgelegt wurden, um sie
weiter zu prüfen. Wie es scheint, zeigt sie sich als
sehr ertragreich, ist mittelfrüh und hat einen ziemlich
starken Wuchs. Endlich sitzen die Knollen in der
Nähe der Staude. Der Geschmack lässt an Feinheit
nichts zu wünschen übrig.
Garten-Inspektor Bouche legte einige reich-
beblätterte Stengel des Polygonum sacchalinense
vor und empfahl dessen Anbau als Dekorations-
Pflanze, besonders auf Rasen.
zu Berlin befinden sich Exemplare, welche eine Höhe
von 8 Fuss haben, die ganze Staude stellt dagegen
einen Busch von 13 Fuss Durchmesser dar. Da die
einzelnen Stengel und Zweige mit ihrem oberen Theile
nach vorn überhängen, so bildet sie einen Schirm,
unter dem 6 bis 8 Personen Schutz gegen die bren-
nenden Strahlen der Sonne finden Dieses
P. saechalinense verdient in jeglicher Hinsicht den
Vorzug vor dem schon länger bekannten P. euspi-
datum oder Sieboldij, dem es sonst sehr ähn-
Die Blätter sind bedeutend grösser und
im Durchschnitt nicht weniger als 1 Fuss
Unser Klima verträgt es ebenso und
nur empfindlich gegen Nachtfröste im
Frühjahre. Abgesehen von darauf erfolgten
Abfrieren der jungen Stengel hat es aber weiter
keinen andern Nachtheil, denn es entwickeln sich
aus neuen Knospen am unterirdischen kriechenden
Stengel andere Stengel, die bald schon die abge-
frorenen ersetzen.
Die Empfehlung des P. sacchalinense und euspi-
datum als Dekorations- Pflanze gab Gelegenheit, die
Vorzüge und Nachtheile des letzteren von verschie-
denen Seiten einer Kritik zu unterwerfen. Während
die Einen in gutem Gartenboden gegen seine Kultur
sich entschieden aussprachen, weil sie in Folge ihrer
unterirdischen Stengel resp. Wurzeln den Boden sehr
verunreinige, hielten Andere dies keineswegs für so
schlimm. Wiederum meinten Einige, dass die Pflanze
auch auf Sandboden vorzüglich sei, daher auch auf
Eisenbahn - Böschungen, zum Binden Sandes
u. s. w. empfohlen werden könne, dagegen behaupteten
Andere, die Erfahrung gemacht zu haben, dass Po-
lygonum euspidatum nur in den ersten Jahren üppig
wachse, aber dann, besonders in schlechtem Boden,
rasch nachlasse und verkümmere.
Dr. Bolle empfahl die Pflanze als Futter, da
sie auf seiner Havel-Insel (dem Scharfenberg) von
Kühen und Ziegen begierig gefressen worden sei.
35”
Im botanischen Garten
können.
lich ist.
haben
Durchmesser.
ist deshalb
dem
des
260
Es stimmte diese Angabe mit den Lobpreisungen des
bekannten Japan-Reisenden v. Siebold, dem wir
die Einführung der Pflanze verdanken, überein. In
Japan soll sie ein vorzügliches Pferdefutter sein. Als
aber gleich nach ihrer Einführung in Holland und
Deutschland Versuche damit gemacht wurden, stellte
es sich im Gegentheil heraus, dass kein Pferd, selbst
wenn man es vorher hungern liess, die Blätter an-
rührte. Da die Pflanze aber durchaus nützlich sein
sollte, kam später ein Händler auf den originellen
Gedanken, sie in der Zeit, wo die jungen Stengel
aus der Erde treten und in dieser Gestalt eine Aehn-
lichkeit mit essbarem Spargel besitzen, sie als ein
Surrogat dieses beliebten Gemüses zu empfehlen.
Mit grossen Lobpreisungen versehen, brachte man
nun P. cuspidatum als neues Gemüse in den Handel.
Trotz der Warnung in der Wochenschrilt und sonst
wurde die Pflanze viel gekauft und man sah sich
vom Neuen betrogen.
Kunst- und Handelsgärtner Boese legte zwei
Futterpllanzen vor und empfahl dieselben
hatte den Namen Vicia
sativa macrosperma, war aber die bekannte, im
Süden Frankreichs und in Spanien als Futterpflanze
wegen
ihres Ertrages. Die eine
angebaute Vieia narbonensis, welche sich von der
nahverwandten
dass
V. Faba nur dadurch unterscheidet,
die allgemeinen Blattstiele mit Ranken en-
Auch ist diese Pflanze oft als
Futterpflanze empfohlen, aber noch nicht zur Gross-
kultur gekommen.
Die andere Pflanze, Vicia hirsuta, hat mit der
ächten Wieke dieses Namens nichts gemein, sondern
ist die als Ervum hirsutum mehr bekannte und unter
dem Getreide, besonders in Mittel- und Süd-Deutsch-
land wachsende Pflanze.
digen. bei uns
Futterwerth hat sie gewiss,
sie wird wenigstens unter dem Häcksel, wenn sie
zulällig sich an den Halmen befindet, von dem Vieh
herausgesucht. Dass sie aber als Futterpflanze ange-
möchte man bezweifeln.
ähnliche
aul-
Diese wird namentlich im russi-
schen, aber auch im preussischen Polen viel ange-
baut, da die Samen nicht bitter schmecken
baut zu werden verdiente,
Bei dieser Gelegenheit
Pflanze, Vicia
merksam gemacht.
wurde aul eine
oder Ervum monanthos,
und als
Linsen gegessen werden.
Schliesslieh ist noch zu bemerken, dass die
Preisrichter den ausgestellten Kartoffeln des Kunst-
und Handelsgärtners Boese den Preis zusprachen.
Berichtigung über Agaven
vom General-Lieutenant v. Jacobi in Berlin.
In Nr. 25 der Wochenschrift ist in dem Artikel:
Bericht über die im letzten Jahre eingeführten
Pflanzen sub 7,
eines Blendlings erwähnt, den der Handelsgärtner
Jean Verschaffelt zu Gent aus einer Befruchtung
zwischen A. univittata Haw. und A. xylacantha Sim.
gewonnen haben will. Zum Zeugniss der Wahrheit
finden wir uns hier zu der Erklärung veranlasst,
dass nicht Herr Jean Verschaffelt, sondern der
Pflanzenliebhaber und Botanophyle Graf Kerchove
d’Ousselghem zu Gent diese Hybride erzeugt hat.
Im Sommer 1865 blühten bei demselben die beiden
genannten Agaven gleichzeitig, und um nun aus
diesem glücklichen Zusammentreffen Nutzen für die
Gärtnerei zu erzielen, rückte er die Kübel beider
Pflanzen dicht aneinander und band die Blüthenrispen
derselben zusammen, so dass sich dieBlumen derselben
gegenseitig befruchten mussten. Den von jeder der
beiden Pflanzen gesammelten Samen säete er dann
im Frühjahr 1866 aus und gewann auf diese Weise
einige tausend junger Pflanzen, die er theils an seine
Freunde verschenkte, theilweise auch Handelsgärtne-
reien abliess. Diejenigen Pflanzen dieser Art, welche
Jean Verschaffelt daher jetzt verkauft und für
ein von ihm erzeugtes Produkt ausgibt, stammen
sämmtlich aus dieser Quelle.
Gleichzeitig sei es gestattet, hier noch einiger
Pflanzen zu erwähnen, die Jean Verschaffelt
auf der diesjährigen hiesigen grossen Blumen - Aus-
stellung des Vereines zur Beförderung der Gärtnerei
und Pflanzenkunde als von ihm neu eingeführte
gaven ausgestellt hat. Er hat dieselben
A. Killischii,
A. Leopoldi,
A. Perringii,
Bonaparlia histrix nana
benannt.
Es sind dies aber nur in solern Neaheiten, als
dieselben allerdings hier am Ort noch nicht ausge-
stellt gewesen sind. Sie sind aber sämmtlich be-
reits vom General von Jacobi beschrieben und
benannt.
A. Killischii ist die vom General v. Jacobi
in den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft
für vaterländische Kultur pro 1870/71 als A. splen-
dens Hart. aufgeführte und beschriebene Pflanze,
von der sich übrigens auch bereits hier in den
Sammlungen des Barons Killiseh von Horn zwei
| schöne Exemplare befinden.
261
A. Leopoldii ist nichts als eine von den hun-
derten von Varietäten der weit verbreiteten und seit
mehr als zehn Jahren in unsern Gärten bekannten
A. Verschaffelti Lem.
A. Perringii ist eine etwas stärker bestachelte
Form der A. rigidissima Jacobi, welche bereits
in Nr. 23 Jahrgang 1869 der Wochenschrift für
Gärtnerei und Pflanzenkunde durch General v. Jacobi
beschrieben ist.
Die Bonapartia histrix nana ist die von
Dr. Kellack in London im Laufe der sechziger
Jahre eingeführte und von General v. Jacobi in
den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschalt
pro 1868/69 auf Seite 163 beschriebene A. echi-
noides.
Das frühzeitige Treiben und Blühen
unserer Kulturgewächse.
Es ist allgemein anerkannt, dass
Jahre die Witterung abnorm war. Da aber die Vege-
tation von der Witterung abhängig ist, so dürlte es
auch nicht auffallen, dass in der Entwickelung der
Pflanzen ebenfalls manche Erscheinung vorkam,
welche von den normalen Verhältnissen abweichend
erschien. Fine solche abnorme Erscheinung war
beispielsweise, dass die Runkeln und mit ihnen alle
rübenartigen Wurzeln noch in demselben Jahre zu
treiben anlingen, also etwas thaten, was erst im
nächsten Frühjahre geschehen sollte.
Dass ein solches frühzeitiges Treiben bei Kultur-
pflanzen für Landwirthschaft und Gärtnerei ausser-
ordentlich schädlich ist, liegt klar vor. Der Mensch
will bei genannten Pflanzen die Reservestoffe, welche
zu ihrer Entwickelung im nächsten Frühjahre die
nöthige Nahrung geben sollen, für sich benutzen.
Wenn die Rübe oder Knolle aber, in der die Re-
servestoffe aufgehäuft sind, schon im Herbste zur
Entwickelung der jungen Pflanze, d.h. zum Treiben,
Anstalten macht, so werden natürlich die Reserve-
stoffe zum Theil schon verzehrt, oder wenigstens so
umgeändert, dass sie nicht mehr dem Menschen zur
im vorigen
Nahrung dienen können. Es tritt natürlich "damit
ein nicht unbedeutender Verlust an Nahrungsstoff
für den Menschen oder sein Vieh ein. Der Mensch
sieht sich gezwungen, die getriebenen Rüben oder
Wurzeln, zum Theil wenigstens, wegzuwerfen, an-
statt sie aufzuzehren.
Die Landwirthe Schlesiens, über das Austreiben
ihrer Wurzeln bestürzt, wandten sich in ihrer Be-
sorgniss an Professor Dr. Cohn Breslau,
in um
wenigstens Aufklärung in dieser sonderbaren, ihnen
so schädlichen Erscheinung, wenn auch nicht Ab-
hülfe zu erbitten. Niemand konnte wohl auch mehr
im Stande sein, diese zu geben. Professor Cohn
hat hierauf in der Generalversammlung des Jandwirth-
schaftlichen Central-Vereines für Schlesien vom 21.
November v. J. über diesen interessanten Gegen-
stand einen Vortrag gehalten, er zugleich die
physiologischen Verhältnisse der Pflanze zum Ver-
ständniss dieser abnormen Erscheinung in der ihn
eigenen klaren Manier auseinandersetzte.
Dass wirklich im Jahre 1871 abnorme Witte-
rungsverhältnisse obwalteten, bewies Professor Cohn
zunächst aus den meteorologischen Beobachtungen,
welche Professor Galle regelmässig auf der König-
lichen Sternwarte in Breslau anstellt. Die Verthei-
lung von Regen und Wärme wich im genannten
Jahre von der, wie sie gewöhnlich vorkommt, un-
gemein ab. In den Monaten Juni und Juli erreicht
die Regenmenge in der Regel eine Höhe von 59,90
Pariser Linien, während sie im vorigen Jahre 119,,;
betrug. Umgekehrt zeigte die Regenmenge in den
Monaten August, September und Oktober, wo sie
sonst im Durchschnitt eine Höhe von 71,;, hat, nur
30,3,, also 41,,, Pariser Linien weniger. Also auch
in dieser Zeit herrschte gerade das umgekehrte Ver-
hältniss gegen früher.
Nicht weniger abnorm war es mit der Wärme
der Fall. Bis zum 10. August war bedeckter Him-
mel vorherrschend; es kam in dieser Zeit zu keiner
andauernd hohen Temperatur. Mit dem 10. August
trat aber eine ungewöhnliche Wärme welche
bis zum 7. September dauerte und nur am 16. und
17., so wie zwischen dem 27. und 31. August durch
kühlere Tage unterbrochen Der
Durchschnitt der Tageswärme wurde von 1 bis 6
Graden übertroffen. der 25.
August mit 18,;, anstatt der normalen Wärme von
13,; Grad, ausserdem aber noch die Tage vom 2.
wo
ein,
wurde. normale
Besonders heiss war
bis 7. September. Der 5. genannten Monats hatte
sogar ein Maximum von 25,, Grad und war mit dem
11. Juli der heisseste Tag im Jahre.
der mittleren Tagestemperaturen betrugen vom
August bis 8. September 449 anstatt 404,, Grad.
Dass die Vegetation im vorigen Jahre demnach
auch der würde,
war vorauszusehen; die Abweichungen selbst gingen
mit den Veränderungen der Witterung Hand
Hand. Eine dieser Abweichungen war auch das be-
reits erwähnte Streben der Wurzeln und Knollen, im
Herbste schon,
Da wir voraussetzen dürfen,
Die Summen
10.
von normalen Weise abweichen
in in
anstatt im Frühjahre auszutreiben.
dass dergleichen
262
Mittheilungen über das Leben der Pflanze auch den ! vorarbeiten. Wir nennen unter den Thieren die letz-
Gärtner und Laien interessiren, so stehen wir nicht
an, in der Wochenschrift diesen Gegenstand eben-
falls um so mehr zu besprechen, als wir oft ver-
sucht sind, von Zeit zu Zeit aus dem Leben der
Pflanze vom wissenschaftlichen Standpunkte aus Mit-
theilungen zu machen.
Pflanzen und Thiere ergänzen sich gegenseitig.
Die Pflanze arbeitet dem Thiere vor. Wenn das
Thier nach seinem Tode sich auflöst und in seine
ursprünglichen Bestandtheile zerfällt, wird der Pflanze
in diesen wieder eine Gelegenheit geboten, sich
durch Aufnahme neuer Stoffe weiter auszubilden.
Nur die Pflanze (mit Ausnahme der Pilze und Pflan-
zen-Schmarotzer) kann aus den Elementen, also aus
den einfachsten Stoffen die Nahrung bereiten,
sie das ganze organische Leben, also Pflanzen und
Thiere, zu seiner weiteren Entwickelung bedarf.
Diese Nahrung, oder die Wissenschaft ge-
wöhnlich in diesem Falle nennt, die nährenden Be-
standtheile der Pflanze, zu denen in erster Reihe die
sogenannten Kohlenstofl-Hydrate, Stärkemehl, Zucker,
Schleim u. s. w., so wie die sticksteflhaltigen Pro-
tein- oder Eiweissstoffe gehören, bildet die Pflanze
mit Hülfe des in den grünen Theilen, besonders in
den Blättern befindlichen Blattgrüns oder Chloro-
phylis und verbraucht sie nicht alsbald zu ihrer Aus-
bildung, sondern häuft sie zuerst an besonderen
Theilen an,: um sie gelegentlich zu verwenden.
Solche Stellen, wo dieses Aufhäufen der Nahrungs-
stofle in grösserer Menge geschieht, sind z. B. die
knolligen und rübenartigen Gebilde, das Holz bei
den Bäumen u. s. w. Man belegt diese Stellen
neuerdings im Allgemeinen wohl auch mit dem Na-
men von Magazinen, während man die darin enthal-
tene Nahrung dagegen Reservestoffe nennt.
Aber nicht die Pflanze bildet allein aus den Re-
servestoflen ihre Organe und vergrössert sich durch
deren Verwendung, auch das Thier ist gezwungen,
Stoffe in sich aufzunehmen, um sich weiter
entwickeln zu können. Aus diesen Reservestoffen
bildet das Thier sein Fleisch, aus den
ebenfalls darin enthaltenen anorgani-
schen Stoffen, wie Kalk u. s. w., entstehen die Knochen.
Wie es gibt, wie die Pilze und Schma-
rotzer, nährenden Pflanzentheile nicht
selbst bilden können, sondern diese anderen Pflan-
zen entnehmen, so haben wir auch Thiere, welche
wie
wie sie
diese
sein Fett,
sogenannten
Pflanzen
welche die
diese ihre ursprüngliche Nahrung nicht direkt den
Pflanzen entnehmen, sondern wiederum andere Thiere
sebrauchen, resp. verzehren müssen, welche ihnen
die Umwandlung der pflanzlichen Stoffe in thierische
teren Fleisch-, die ersteren Pflanzenfresser. Der
Mensch ist beides zugleich und. nährt sich, je nach
der Individualität, vorherrschend bald von pflanz-
lichen, bald von thierischen Stoffen.
Seitdem der Mensch überhaupt auf der Erde,
und speciell in einigen Ländern, sich auf eine Weise
vermehrt hat, dass die wildwachsenden Pflanzen
nicht mehr zu seiner und seines Viehes Nahrung
ausreichten, so sah er sich gezwungen, die Pflanzen,
welche vorherrschend ihm Nahrung darboten, in ihrem
Wachsthume zu begünstigen, schliesslich zu kultivi-
ren. Da auch dieses bei zunehmender Bevölkerung
nicht mehr ausreichte, so verwendete er auf seine
Kulturpflanzen in so fern noch eine besondere Auf-
merksanıkeit, als er ihnen mehr und zusagendere
Nahrung darbot, damit sie besser arbeiten, d. h. mehr
nährende Bestandtheile in den Magazinen niederschla-
gen und auf diese Weise anhäufen konnten. Indem
diese Aufmerksamkeit von Seiten des Menschen Jahr-
tausende lang fortgesetzt wurde, erhielten allmählig
unsere Kulturpflanzen die Vervollkommnung, wie wir
sie jetzt haben und wie sie uns jetzt die meisten
Nahrungsstoffe geben. Es ist dieses aber eine Ver-
vollkommnung im menschlichen, nicht im natürlichen
Sinne. Eben so wenig wie wir die abnorme Fett-
bildung bei dem Menschen nicht einen normalen Zu-
stand nennen können, eben so unzureichend ist es
vom natürlichen Standpunkte aus, wenn wir die Kar-
toffel unserer Tafel oder gar den Blumenkohl als den
orderttlichen Zustand der Pflanze betrachten wollten.
Dass die Pflanzen unter solchen Umständen, wo
auf sie Jahrtausende und zwar nach einer bestimm-
ten Richtung eingewirkt wurde, sich auch im äusse-
ren Ansehen allmählig ändern mussten, ist natürlich.
Diese Umänderung ist bei einigen Kulturpflanzen oft
in einer Weise geschehen, dass man die ursprüng-
liche Form der Pflanze gar nicht mehr kennt. Es
ist dieses namentlich mit unserem Getreide, wenig-
stens mit dem Weizen, und wohl auch mit dem Rog-
gen und der Gerste, der Fall. Der Pfirsichbaum ist
wahrscheinlich aus dem Mandelbaume entstanden.
Die anfangs wenig fleischige, später austrocknende
Fruchthülle der Mandelfrucht ist durch Jahrtausende
lange Kultur fleischig und damit zur Pfirsiche gewor-
den. Es ist dieses geschehen in einer Weise, dass
die Pfirsiche jetzt zu den Früchten gerechnet wird,
welche den feinsten Wohlgeschmack haben. Ich
habe auf meinen Reisen im Oriente Kirschbäume
und Weinstöcke gesehen, wo die Früchte so wenig
Fleisch besassen, dass man sie gar nicht geniessen
konnte. Nur die viele Jahrtausende anhaltende Kul-
Ben.
tur hat auch hier diese Umänderungen in genannten
Früchten, wie wir sie jetzt sehen, hervorgebracht.
So interessant es auch ist, sieh der wahrscheinlichen
Ursachen bewusst zu sein, wodurch diese Umände-
rungen hervorgerufen wurden, so würde es uns jetzt,
wenn wir es thun wollten, doch zu weit führen; wir
müssen uns auf Angaben über das Leben der Pflanze
überhaupt beschränken, wie wir es anfangs aus-
gesprochen haben. Auf jeden Fall behalten wir es
uns aber vor, diesen Gegenstand ebenfalls einmal in
diesen Blättern zu besprechen.
Abgesehen von der ersten Nahrung für das or-
sanische Leben unterscheidet sich die Pflanze aus-
serdem auch von dem Thiere dadurch, dass bei ihr
die Zelle, aus der Pflanzen und Thiere entstehen,
und welche daher beiden Reichen eigenthümlich ist,
eine grössere Selbständigkeit besitzt, dass sie in der
Pflanze nie in der Weise zum Besten des Ganzen
untergeht, wie bei dem Thiere. Man kann unter
gewissen Umständen aus jeder Pflanze eine Zelle,
oder doch wenigstens einen Zellenkomplex, wie das
Auge beim Okuliren, herausnehmen, gibt ihr oder
ihm die zu der weiteren Ausbildung nöthigen Bedin-
sungen, und sie entwickelt sich alsbald zum selbst-
ständigen Individuum, gleich als wäre dieses aus
Samen hervorgegangen. Nicht so beim Thiere, wo
nur bei den Polypen, manchen Würmern, wie z. B.
bei den Bandwürmern, Ablösungen bestimmter grös-
serer Theile behufs von Neubildungen von Indivi-
duen geschehen können.
Es gibt auch selbständige Pflanzen oder we-
nigstens Zustände von Pflanzen, wo das Individuum
nur aus einer einzigen Zelle besteht, wo demnach
diese alle organischen Funktionen der Ernährung
und Fortpflanzung übernimmt. Bei anderen Pflanzen
sind die verschiedenen Funktionen auf verschiedene
Zellen, die man dann Organe nennt, vertheilt. Der
Hefenpilz ist beispielsweise eine Pflanze, welche nur
aus einer Zelle besteht, diese muss alle Funktionen
des pflanzlichen Lebens verrichten. Die Zelle hat
also hier für die Erhaltung durch die Ernährung,
aber auch für die Vermehrung, d. h. für ihre Fort-
pfllanzung zu sorgen. Ihnen schliessen sich andere
Pflanzen an, welche nur aus wenigen Zellen beste-
hen, und hauptsächlich im Meere leben, um den dort
lebenden niederen und höheren Thieren ebenfalls als
Nahrung zu dienen.
Dergleichen Pflanzen sind unserer Ansicht nach
die echten Proletarier im Pflanzenreiche, und nicht
die Sommergewächse, wie unser verehrter Freund
und Kollege Professor Cohn meint. Sie allein leben
von der Hand in den Mund und vermehren sich ins
Unendliche, ohne für ihre Nachkommen auch nur im
Geringsten zu sorgen. Sie arbeiten ferner für An-
dere, indem sie als Nahrung dienen. Bei den ein-
Jährigen Pflanzen ist es wesentlich anders, wie wir
später sehen werden.
Je mehr Zellen eine Pflanze besitzt, um so mehr
werden sich diese bei der Verrichtung der Funktionen,
also in den zum Leben nothwendigen Arbeiten, theilen.
Die erste Theilung betrifft die Erhaltung des Indivi-
duums, also die Ernährung und die Erhaltung der
Art, also die Fortpflanzung. Dass die eigene Er-
haltung vorausgehen muss, ist natürlich, es folgen
die Vorbereitungen zur Erhaltung der Art deshalb
erst später. Viele Pflanzen schliessen, wenn durch
Bildung von Samen für die Erhaltung gesorgt ist,
ihr Leben ab und gehen damit zu Grunde. Man
nennt dergleichen Pflanzen Sommergewächse oder
annuelle Pflanzen, weil sie nur einen Sommer dauern.
Gärtner und Botaniker gebrauchen gewöhnlich für
sie das Zeichen der Sonne (©).
Das Leben der Sommergewächse ist deshalb so
kurz, weil, wenigstens in unseren Klimaten, der Win-
ter jedes Pflanzenleben, wenn nicht, wie wir alsbald
sehen, besondere Vorkehrungen getroffen werden,
unmöglich macht. Was anders ist es in den wär-
mern Ländern, wo keine Unterbrechung durch Kälte
stattfindet. Da gibt es Pflanzen, die eine lange Zeit,
selbst bis zu 6, 8 und 10 Jahren, bedürfen, ehe sie
durch Bildung von Samen für ihre Fortpflanzung ge-
sorgt haben, und dann erst absterben. Solche Pflan-
zen sind die Paradiesfeigen oder Musen, die Agaven
oder hundertjährigen Aloen, die Rieinus-Pflanzen u. s. w.
Der Name Sommergewächse oder annuelle Pflanzen
passt für diese Art Pflanzen nicht mehr. Man hat
deshalb für sie, aber auch für die ächten Sommer-
gewächse, in der Wissenschaft die treffende Benen-
nung monokarpische oder einfrüchtige, auch wohl
periodische Pflanzen, weil sie im Gegensatz zu den
polykarpischen oder vielfrüchtigen Pflanzen nur ein-
mal in ihrem Leben Früchte hervorbringen, und weil
ihr Leben nur aus einer einzigen Periode vom Keimen
bis zum Absterben besteht. Alle Pflanzen
wiederholen alljährlich einen neuen Lebenslauf, in
dem sieeblühen und Samen bringen.
Die Ursachen Zeit, welche
ausländischen Pflanzen bis zur Samenbildung be-
dürfen, schon jetzt zu sagen, ist nicht möglich, da
hierzu vorher noch eine grosse Menge von Vorfragen
von der Wissenschaft erledigt werden müssen. Man
könnte höchstens einen Grund in der grossen Mannig-
faltiskeit, welche die Natur bei der Hervorbringung
der verschiedenen Organismen an den Tag gelegt
anderen
der langen diese
264
hat, suchen. Anderntheils ist es riehtig, dass die
Nahrungsmittel, welche für die Hervorbringung der
Samen nothwendig sind, wenn ich mich so ausdrücken
darf, feiner sein müssen, als die, welche nur zur
Ernährung dienen. Dergleichen Pflanzen, welche in
der That zahllose Samen hervorbringen, wie die
Paradiesfeigen (bei welchen letzteren die Samen frei-
lich meist unfruchtbar sind) u. s. w., bedürfen da-
her auch zur Herbeischaffung der Nahrungsmittel eine
längere Zeit.
Martius, der geistreiche Reisende in Brasilien,
hat uns sehr interessante Beobachtungen über die
Agave americana gemacht, die wir hier zum besseren
Verständniss des eben Ausgesprochenen im Auszuge
mittheilen wollen. Schneidet man von dieser Agave,
sobald im Herz der Pflanze die erste Entwickelung
der Blüthe sich zeigt, dieses heraus, so entwickelt
sich in der ausgehöhlten Wunde eine so grosse Menge
einer zuckerigen Flüssigkeit, dass man täglich gegen
200 Kubikzoll (4 Kubikdezimeter) ausschöpfen kann.
Wenn man nun bedenkt, dass dieselbe Erzeugung
dieser zuckerigen Flüssigkeit mehre Monate lang ge-
schieht und man schliesslich von einer einzigen
Pflanze 1100 Kubik-Dezimeter erhält, so muss man
verwundert fragen, wo kommt diese Masse Nahrungs-
stoff auf einmal her? Weiss man aber, dass die
Pflanze seit mehrern Jahren schon behufs Herstellung
der Stoffe arbeitete, und diese in ihren Blättern auf-
häufte, um sie dann mit Hülfe des von ausserhalb
aufgenommenen Wassers zur Zeit der Blüthe zu ver-
wenden, so findet man einige Erklärung. Diese
Massen von Nahrungsstoffen erklären es auch, dass
im natürlichen, unverletzten Zustande die anfangs
unscheinliche Blüthenknospe in 4 bis 5 Tagen sich
zu einem 12 bis 16 Fuss hohen Blüthenstand ent-
wickeln kann.
Wenn das Leben unserer Sommergewächse auch
keineswegs lange währt, so dauert es doch auch
immer so lange, als zur Bildung der nöthigen feineren
Nahrungsstoffe für die Samen nothwendig ist. Auch
bei unseren Sommergewächsen werden die feineren
zur Bildung der Samen nothwendigen Stoffe vor der
Blüthezeit schön gebildet und in bestimmten Organen
um später benuzt zw werden.
Jedermann weiss. dass vor oder in der Blüthezeit
semachtes Wiesenheu nahrhafter ist, als solches, was
erst Juli bereitet wird. Wir stimmen deshalb
keineswegs, wie wir früher uns schon ausgesprochen
haben, mit unserem geehrten Freunde, Prof. Cohn,
überein, dass bei den Sommergewächsen die Nah-
niedergeschlagen ,
im
|
|
|
|
|
rungsmittel, welche für die Bildung der Samen noth-
wendig sind, erst dann, wenn sie gebraucht werden,
durch die Blätter bereitet werden. Lange schon vor-
her werden sie in den unteren Theilen der Pflanze,
besonders in den sogenannten Wurzelblättern und
selbst in Wurzelsprossen, wie beim Getreide, nieder-
geschlagen. Erst dann kommen sie wieder in Be-
wegung, wenn bereits die Vorkehrungen zur Anlage
der Samen getroffen sind und die Befruchtung in der
Blüthe geschehen ist. Im Frühjahre zeigt das Sommer-
Getreide eine grössere Anzahl von Sprossen, als zur
Zeit, wo die Samenbildung beginnt. Untersucht man
in der zuerst genannten Zeit die Basis der Pflanze,
so strotzen alle Sprossen mit ihren Blättern von
Nahrungsstoffen. Nach der Blüthe sieht man allmählig
einen Theil dieser Sprossen, welche keine Halme
bilden, sondern nur als Reserve dienten, missfarbiger
werden und schliesslich ganz vertrocknen. Um so
freudiger entwickeln sich die anderen Sprossen zu
Halmen, als ihnen Nahrung geboten wird.
Die meisten Sommergewächse beginnen schon
im Frühjahre ihren Lebenslauf und vollenden ihn im
Sommer. Sie bedürfen bei ihrer Samenbildung eine
grössere Wärme, weshalb diese zum grossen Theil
in die Monate Juni und Juli fällt. Es gibt aber auch
deren, welche erst später zu vegetiren beginnen, bei
gelindem Winter sich bis zum nächsten Frühjabre
erhalten und dann erst ihre Vegetation weiter fort-
setzen, um nun erst mit der Bildung von Samen
abzuschliessen. Diese Art monokarpischer oder
periodischer Pflanzen haben zum Theil regelmässig
zwei durch den Winter fest abgegrenzte Stadien in
ihrem Leben. In dem einen vegetiren sie nur, d.h.
sie vergrössern sich in der Weise, um zur Bildung
von Reservestoffen möglichst viel dazu nöthige Or-
gane, d. h. Blätter, zu haben. Wie die Temperatur
im Winter so niedrig wird, dass in der Vegetation
ein Stillstand eintritt. sind bereits auch die zur Bil-
dung des Samens nöthigen feinern Nahrungsstoffe
angelegt und bleiben reservirt, bis im Frühjahre die
weitere Entwickelung möglich wird. Neubildungen
zeschehen nun fast gar nicht mehr, sondern alle
Theile, welche bereits den Herbst vorher angelegt
waren, strecken sich nur durch Aufnahme von vor-
her fertigen Nahrungsstoffen. Hauptsache bleibt aber
in der Frühlingszeit die Bildung der Blüthe, resp. des
Samens, mit deren Erzeusung auch das Leben des
Individuums abgeschlossen ist.
(Schluss folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für -
Gärtnerei und Pfianzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
1 5 N -
No. 34. Berlin, den 24. August. 1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
.des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Dienstag, den 27. August, Nachmittags d Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung
Inhalt: Die beiden deutschen Eichen. — Die Feinde des Spargels. — Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer
Kulturgewächse (Schluss). — Gartenbau-Ausstellungen.
Die beiden deutschen Eichen.
Eine monographische Skizze.
Die Eichen gehören ohne Zweifel zu
sehönsten Wald- und Dekorationsbäumen, welche als
Winter- und Sommer-Eiche dem Forstmanne nicht
weniger, als dem Laien, hinlänglich bekannt sind.
Und doch möchte ihre Besprechung nicht ohne
Interesse sein. Eiche und Linde spielen schon in
der ältesten deutschen Geschichte eine grosse Rolle,
aber auch heut zu Tage ist die Eiche ausschliesslich
noch der Baum der Deutschen. Allenthalben zer-
streut in Deutschland findet man starke Eichen, über
deren Alter die Gelehrten uneinig sind. Während
die Einen ihnen höchstens ein Alter von 3 und 4
Jahrhunderten geben, versetzen Andere ihren Ursprung
wohl ein Jahrtausend zurück. Unter der Hermanns-
Eiche in dem Park von Muskau sollen schon in vor-
christlicher Zeit die heidnischen Wenden ihre Opfer
sehracht haben.
Wir haben vom Meere bis an die Alpen ursprüng-
lich einheimisch nur 2 Eichen, die bereits genannte
Winter- und die Sommer - Eiche, neuerdings steht
aber dem Landschaftsgärtner ein so mannigfaltiges
Material verschiedener Eichen zu Gebote, wie kein
anderes Geschlecht von Bäumen zu liefern vermag.
Süd-Europa, die Kaukasusländer, weniger Sibirien,
aber wiederum China und Japan, vor Allem aber
unseren
wir sie leider auch anderwärts,
Nordamerika, haben es uns geliefert. Damit ist aber
die Mannigfaltigkeit der Eichen noch keineswegs er-
schöpft. Unsere beiden einheimischen Eichen sind
in ihrer äusseren Gestaltung nicht weniger, als hin-
ausserordentlich zu Verände-
mit
sichtlich ihrer Blätter,
rungen geneigt und wir haben
reichliehe Anzahl von Formen und Abarten erhalten,
welche zum Theil so sehr von einander abweichen,
unähnlicher aussehen,
Diese grosse Mannigfaltigkeit
der Zeit eine
dass sie sich als oft reine
Arten unter einander.
erhöht den Werth dieser Bäume in landschaftlicher
Hinsicht ungemein. Wenn auch die Eichen in An-
lagen bereits vielfach in Anwendung kommen, so
doch nach unserer Ansicht keineswegs in der Weise,
wie es wünschenswerth Die Ursache liegt
hauptsächlich in dem Mangel einer genauen Kenntniss
des vorhandenen Materials.
Dieses ist nun der Grund, warum wir hier ver-
suchen wollen, den Leser um so mehr mit dem zu
Gebote stehenden Material der Eichen etwas vertrauter
als man auch hinsichtlich ihrer Benen-
wäre.
zu machen,
nung keineswegs sich in Uebereinstimmung befindet
und zum Theil eine Verwirrung vorhanden ist, wie
wo die Genera aus
vielen Arten bestehen, sehen. Selbst Winter- und
Sommer-Eiche, so leicht sie sich auch im Allgemeinen
unterscheiden lassen, werden sehr oft mit einander
Bei dieser Aufführung der zu Anlagen
34
verwechselt.
266
uns zu Gebote stehenden Eichen wollen wir uns Linne kannte für Nord- und Mittel-Europa an-
zunächst auf unsere beiden einheimischen Eichen | fangs nur eine Eiche, der er den Namen Quereus
beschränken und dann zu den übrigen Arten der
alten Welt übergehen. Vielleicht steht uns einmal
Zeit und Raum zu Gebote, um auch die Eichen Nord-
Amerikas einer Besprechung zu unterwerfen.
Man bringt die Eichen am Besten in 2 grosse
Abtheilungen, in solche, wo die Früchte, also die
Eicheln, noch in demselben Herbste ihre Reife er-
halten, demnach an diesjährigen Zweigen sich be-
finden, und in solche, wo sie im Herbste noch nicht
ihre vollständige Entwickelung bekommen haben,
sondern diese erst im nächsten Jahre erhalten. Die
reifen Eicheln befinden sich in diesem Falle an vor-
jährigen Aesten. Beispiele für die erste Weise der
Eicheln-Reife sind unsere beiden einheimischen Eichen,
für die andere Weise die mehr im Süden Deutsch-
lands u. s. w. wachsende Burgundische oder Tür-
kische Eiche.
Ein zweites Eintheilungs -Prinzip ist die Textur
der Blätter. Wir haben Eichen mit abfallenden und
Eichen mit den Winter über bleibenden und bisweilen
mehre Jahre dauernden Blättern. So leicht auch
dieser Unterschied scheinbar in Anwendung gebracht
werden kann, so schwierig ist es doch in der Praxis.
Wir haben nämlich Eichen, welche je nach der
Stärke des Winters oder auch je nach dem Standorte
im Süden oder Norden ihre Blätter schon im Herbste
oder spät im Winter, ja selbst im Frühjahre erst
verlieren. Es gibt Burgundische Eichen, welche mehr
oder weniger immergrün sind, während die Haupt-
art, gleich unseren beiden einheimischen Arten, ihre
Blätter schon im Herbste abwirlt. Wir haben ferner
Eichen, wie die Gall-Eiche, welche Blätter von so
harter Textur besitzen, dass man sie für immergrün
halten würde, wenn man nicht wüsste, dass sie ent-
weder im Anfange oder am Ausgange des Winters
je nach den zufälligen klimatischen Verhältnissen
abfallen.
Erste Abtheilung.
Eichen mit reifen Früchten an diesjährigen Zweigen.
l. Sommer- oderStiel-Eiche(QOuereusRoburl.).
Blätter kurz-gestielt oder fest sitzend, mit ohr-
ähnliehen Anhängseln an der Basis, im oberen Drittel
am Breitesten, in der Jugend bräunlich hervorkom-
mend, meist auch auf der Unterfläche unbehaart, auf
jeder Seite 4 durch breite Buchten getrennte Ab-
Blattstiel grün; Früchte an verlängerten
allgemeinen Stielen sitzend; Griffel kurz mit 3 eben-
kurzen Narben, kaum aus der Fruchtschale
sehnitte;
falls
herausragend.
Robur beilegte. Unter Robur verstanden die alten
Lateiner eine Eiche mit besonders hartem Holze.
Erst weit später fand Linne, dass mehr südlich
eine etwas abweichende Eiche wachse, welche er
aber nur als eine Abart betrachtete. Linn&’s gärt-
nerischer Zeitgenosse, Philipp Miller in England,
einer der ersten, welcher (im Jahre 1759) dieLinn&'sche
Nomenklatur annahm, hielt diese Abaıt aber bereits
für eine gute selbständige Art, von der er aber mit
Unrecht glaubte, dass sie, weil sie in England sehr
beliebt ist und vielfach verwendet wird; die Hauptart
der Linne’schen Qu. Robur sei. Er nannte sie des-
halb auch Quercus Robur, die andere aber, welche
er mit der Linn@’schen Abart verwechselte, Quereus
[emina.
Obwohl schon der englische Florist James Smith
im Jahre 1804 auf den Irrthum aufmerksam gemacht
hatte und für die auch in Schweden wachsende Eiche
| wiederum den Namen Qu. Robur hergestellt hatte,
verharrte man, besonders auf dem Kontinente, in dem
verzeihlichen Irrthum, indem man die Winter- (und
demnach nicht die Sommer-) Eiche als die ächte
Linn@’sehe Qu. Robur betrachtete. Erst in der neue-
sten Zeit haben einige Botaniker die ursprüngliche
Linn€’sche Benennung wiederum hergestellt. Da der
Millerrsche Name Qu. femina für die Sommer- oder
Stiel-Eiche nicht Beifall erhielt, so wurden ihr von
Botanikern verschiedene Namen beigelegt. So nannte
der Franzose Lamarck sie Quercus rTacemosa,
der Süddeutsche Franz. v. Paula-Schrank Ou.
fructipendula, der Norddeutsche Ehrhart endlich
Ou. pedunculata. Dieser letztere Namen ist es
hauptsächlich, der sich auf dem Kontinente einbür-
serte und auch jetzt noch allgemein in Anwendung
sebracht wird. Wir bemerken schliesslich noch, dass
der Engländer Salisbury die Benennung Ou. Robur
sanz und gar verwarf und für die Sommer-Eiche den
Namen Qu. longaeva (auf das lange Leben der
Eiche hinweisend), für die Winter-Eiche den Namen
Qu. sessiliflora einführte. Nur letzterer wurde
später allgemein angenommen.
Während schon die Väter der Botanik, besonders
aber der Baseler Joh. Bauhin, 2 verschiedene
Eichen unterschieden, hat der neueste Monograph
der Eichen, Alph. de Candelle, beide Eichen zu
einer Art vereinigt. Der italienische Florist Par-
latore ist ihm gefolgt. So schwierig die Unterschei-
dang beider Arten bei dem Schwanken, selbst der
gsewichtigsten Merkmale, bisweilen auch sein mas,
so möchte sie doch ein geübtes Auge, selbst ohne
Früchte, nicht leicht im Leben mit einander ver-
wechseln. Die vielen Uebergänge, die Andere, frei-
lich nach Herbariums-Exemplaren, beobachtet haben
wollen, sind uns im Leben nicht vorgekommen. Es
scheint selbst, als wenn die Eichen weit weniger ge-
neigt wären, unter einander Kreuzungen einzugehen,
als andere Gehölze, ganz besonders die Weiden.
Was man, besonders in Nordamerika in neuester
Zeit, besonders durch Dr. Engelmann in St. Louis
angeregt, für Blendlinge zwischen Eichen ausgiebt,
möchte nur Form sein.
Winter- und Sommer-Eiche haben ziemlich das-
selbe Wachsthum, obwohl in der Regel bei der
Winter-Eiche, besonders die untersten Aeste, weit
mehr wagerecht abgehen, als bei der Sommer-Eiche.
Eine Folge davon ist, dass die Laubkrone bei der
letzteren eine eirundliche, bei der ersteren eine ku-
gelrundliche Gestalt besitzt. Bei der Winter - Eiche
kann man in der Regel den Hauptstamm in der
Krone nicht weiter verfolgen, wohl aber meist bei
der Sommer-Eiche. Abgesehen von der eigenthüm-
lichen Form der Blätter bei beiden Eichen ist die
Färbung bei ihrer Entfaltung bei der Sommer-Eiche
bräunlich, bei der Winter - Eiche grün. Endlich ist
die gelbe Färbung der Blattstiele und zum Theil des
Mittelnervs bei der letzteren sehr bezeichnend. Wenn
man auf den Fruchtzustand ein grosses Gewicht legt,
hat man wohl im Allgemeinen Recht; wir haben
aber auf unseren verschiedenen Reisen, keineswegs
sehr selten, Winter-Eichen mit ziemlich langen, Som-
mer-Eichen hingegen mit sehr kurzen Stielen gefun-
den, so dass damit dieser Unterschied scheinbar
illusorisch würde.
Dass die Sommer-Eiche nach verschiedenen Rich-
tungen hin eine grosse Mannigfaltigkeit hat, ist be-
reits ausgesprochen. Dies ist bedingt durch klimati-
sche Verhältnisse, aber auch künstlich oder vielmehr
dureh Zufall entstanden. Wir wollen jetzt versuchen,
die hauptsächlichsten Formen, in so fern sie land-
schaftlichen oder gärtnerischen Werth besitzen, der
Reihe nach den Lesern der Wochenschrift vorzuführen.
1. Die grossfrüchtige Sommer- Eiche
scheint nur im Süden des Verbreitungsbezirkes dieser
Art vorzukommen, und zwar, wie es scheint, verein-
zelt auf der grossen Strecke vom Westen Frankreichs
bis zum ÖOriente. Wir fanden sie auf freiem Felde
in Anjou, und zwar einige Stunden von der Haupt-
stadt Angers entfernt, in Form grosser, prächtiger
Bäume vor nun wohl 10 Jahren. In Italien kommt
sie nur im früheren Königreiche Neapel vor, in der
europäischen Türkei ist sie noch nicht beobachtet,
wohl aber in der asiatischen, wo sie der Wiener
Reisende Kotschy aufland. Dieser hat sie in sei-
nem Prachtwerke über europäisch-orientalische Eichen
unter dem Namen Qu. Haas beschrieben und abge-
bildet. Der Beiname Haas ist der einheimischen Be-
nennung dieser Eiche entlehnt. Aber schon
Kotschy wurde sie von dem früheren Professor
Tenore in Neapel sogar unter 2 Namen veröffent-
licht, indem dieser eine Form, wo die Unterfläche
der Blätter etwas behaart ist, als besondere Aıt be-
trachtete. Seine beiden grossfrüchtigen Eichen heissen
Qu. brutia und Thomasii.
Im freien Lande unserer Anlagen und Gärten
haben wir die grossfrüchtige Eiche bis jetzt noch
nicht gesehen, zweifeln aber nicht, dass sie bei uns
aushält. Versuche würden es uns bald lehren.
Ziemlich grosse Exemplare befinden sich von ihr im
botanischen Garten zu Berlin, aber im Topfe. Blüthe
und Früchte haben sie noch nicht gebracht. Der
Baum nimmt sich, zumal er sehr reichlich zu tragen
scheint, mit letzteren, welche eine Länge von 1!/, bis
11, Zoll und einen Durchmesser von 9 Linien er-
halten können, sehr gut aus.
2. Die Form mit grossen Blättern, welche von
einigen Baumschulen als Qu. macrophylla in den
Handel gebracht ist, verdient kaum als solche ge-
nannt zu werden. Es sind üppig - stehende junge
Pflanzen, deren Sommertriebe hauptsächlich mit
Blättern von bedeutendem Umfange versehen sind.
Wie oft sieht man nicht auch solche grossblättrige
Formen bei Stockausschlägen.
3. Interessant ist die Pyramiden-Eiche (Ou. py-
ramidalis), welche schon in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts in den Pyrenäen gefunden und
von Lamarck als eine selbständige Art mit dem
Namen Qu. fastigiata beschrieben wurde. Ob die
bei uns vorhandenen Exemplare, wenigstens die-
jenigen, welche noch aus dem vorigen Jahrhunderte
stammen, Abkömmlinge dieser pyrenäischen Pflanzen
sind oder ob die Mutterpflanze ebenfalls bei uns in
Wäldern entstanden? vermögen wir nicht zu sagen.
Man behauptet wenigstens forstlicherseits, dass eine
Pyramiden-Eiche auch in einem Walde Thüringens
gefunden worden sei. Interessant ist, dass diese
merkwürdige Sommer-Eiche im Wuchse der Italieni-
schen Pappel oder der Cypresse zum Theil aus Sa-
men sich wieder fortpflanzt. Von einem prächtigen
60 Fuss hohen Baume der Pyramiden-Eiche in Wör-
litz bei Dessau werden alljährlich nicht wenig Pflanzen
aus Samen erzogen.
4. Mit der näheren Bezeichnung horizontalis
hat der Direktor des Parkes in Muskau, Petzold,
eine Eiche in Kultur, welche bis jetzt nur 5 Fuss
34"
vor
hoch geworden ist. Die Aeste entspringen ziemlich
aus einem Punkte und breiten sich nach allen Sei-
ten hin schirmförmig aus. Aechte Trauer-Eichen,
wo die Aeste und Zweige überhängen, gibt es zwar,
sind aber wenig verbreitet.
5. Im Odenwalde und
Wäldern Deutschlands haben bisweilen eine
Sommer-Eiche gesehen, welche strauchartig blieb.
Einzelne Aeste waren ausgetrieben, welche sich bis
zur Erde senkten und daselbst sich weiter ausbrei-
teten. Diese Eiche ist schon vor länger als 60 Jah-
ren von Bose in Frankreich beobachtet und unter
dem Namen Qu. viminalis beschrieben worden.
6. Der bekannte Forstmeister Bechstein hat
unter dem Namen Qu. hybrida einen vermeintlichen
Blendling der Sommer- und Winter-Eiche beschrie-
ben, wo die Früchte, wie bei der Winter-Eiche, fast
knäuelförmig sich an einem verkürzten allgemeinen
Stiele befanden, die Blätter sich aber von denen der
sonst hier und da in
wir
Sommer - Eiche nicht unterschieden. Dergleichen
Eichen haben wir ebenfalls bisweilen gefunden;
ausserdem hat aber unser verehrter Freund, Garten-
direktor Hentze in Kassel, uns reiehliches Material
solcher Eichen zur Verfügung gestellt. Wir halten
unsererseits dergleichen Bäume nicht für Blendlinge,
sondern für einfache Formen. (Fortsetzung folgt.)
Die Feinde des Spargels.
In Nr. 45 und 46 d. J. der „Annalen der Land-
wirthschaft in den Königl. preussischen Staaten“ ver-
öffentlieht Hr. Dr. Birnbaum einen Artikel über den
Spargelbau im Grossen, wobei derselbe beson-
ders auf die ausgedehnte Kultur dieses Gemüses in
der nächsten Umgebung der Stadt Braunschweig hin-
weist und Näheres die daselbst begründete
„Aktien - Spargelbau - Gesellschaft zu Braunschweig“
mittheilt. Solche Aktiengesellschaften wären auch
gewiss an manchen andern Orten mit Vortheil zu
errichten, da wir aber heute einen andern Gegenstand
näher berühren wollen, so verweisen wir alle sich
dafür Interessirenden aul den erwähnten Artikel und
auf das bei H. Sievers & Co. in Braunschweig 1869
gedruckte Gesellschafts-Statut.
Dr. Birnbaum kommt, nachdem die in
Braunschweig übliche Kulturmethode beschrieben hat,
auch auf die Feinde des Spargels zu sprechen und
führt ausser den Engerlingen besonders den Spar-
selkäfer und einen Pilz an. Ausserdem hätten, wie
wir hier gleich erwähnen wollen, noch die an eini-
sen Orten mitunter schädliche Gemüsewanze, Stra-
chia oleracea L. und die Sauerampfer-Blattlaus,
über
er
Aphis rumieis L., genannt werden können, Strachia
oleracea ist der bekannten Baumwanze ähnlich, aber
kleiner, nur 6%, mm. lang, meist blau oder grün,
glänzend; der Rand des Halsschildes, so wie eine
Linie in der Mitte des letzteren, desgleichen die Spitze
des Schildehens und zuweilen auch 2 Randflecken
desselben sind beim Männchen weiss, beim Weib-
chen blutroth; eben so ist der Rand der Flügeldecken
und ein Flecken am Innenwinkel derselben gezeich-
net. Aphis rumieis ist 2 mm. lang, hoch gewölbt,
dunkelroth oder schwarz, jederseits mit einer Reihe
Punkte versehen.
Die Verheerungen, welche die Spargelkäfer, Lema
asparagi L. (mit gelblichen Flügeldecken und rothem
Halsschilde; ausserdem auch Lema 12-punctata L.
mit rothen Flügeldecken) anstilten, sagt Dr. Birn-
baum, geschehen nicht allein durch den Käfer, son-
dern ganz vorzugsweise -durch dessen Larve. Der
Käfer benagt das Kraut und legt seine Eier an die
saftigen jungen Theile der Stengel und des Krautes.
Die auskriechenden Larven zerstören die von ihnen
angegriffenen Pflanzentheile gänzlich. Das einzige
Mittel, diesen Verheerungen Einhalt zu thun, ist das
Absuchen und Zerdrücken der punktirten Käfer, be-
vor sie Eier legten, und das Zerstören ihrer Brut.
Beim Absammeln muss man vorsichtig zu Werke
sehen, denn die Käfer fallen bei der geringsten Be-
wegung ab und verbergen sich in der Erde; doch
sehr bald kriechen sie an einer anderen Pflanze in
die Höhe und setzen daselbst ihre Eier ab oder fres-
sen weiter. Da die Singvögel uns am erfolgreich-
sten bei der Bekämpfung des Ungeziefers beistehen,
so sollte man sie hegen und pflegen, wo man nur kann.
Die durch Pilze herbeigefühite Krankheit beginnt
gewöhnlich Anfang August. Zunächst zeigen sich
auf den Stengeln oder dem Kraute kleine dunkel-
braune Fleckchen, die sich, rasch fortschreitend, in
einigen Tagen zu einer Länge von !/, bis Y, Cen-
timeter erweitern und endlich eine intensiv dunkle
Färbung annehmen; die Flecken sind von der zer-
platzten Oberhaut des Stengels umgeben und etwas
aufgetrieben. Beim genauen Untersuchen finden sich
in diesen länglichen Lagern unter der Oberhaut des
Spargels kleine, staubartige Sporen; dieselben häufen
sich hier so an, dass alsbald die Oberhaut zerplatzt
und die Sporen nach aussen treten. Diese Erschei-
nung ist der des Fleckenrostes nicht unähnlich; wir
wollen jedoch nicht behaupten, dass er es in diesem
Falle ist. Natürlich hat diese Störung an den ober-
irdischen Theilen der Pflanze auch einen ungünsti-
gen Einfluss auf die Wurzel derselben, die Pflanze
stirbt in Folge der Verletzung vorzeitig ab, die Wur-
zel entwickelt sich nicht genügend und im kommen-
den Frühjahre ist der Ertrag geringer.
In Folge dieses Artikels gab dann Prof. Kühn
in Nr. 52 der Annalen eine genaue Beschreibung der
Entwickelung des Pilzes, wobei er am Schluss auch
noch auf einen weiteren Feind, die Spargelfliege,
Ortalis fuminans, Meigen, aufmerksam macht.
Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes glauben
wir den Artikel des Herrn Prof. Kühn wörtlich mit-
theilen zu sollen und möchten wir namentlich das
darin empfohlene Verbrennen des Spargelstrohes zur
Bekämpfung des Pilzes dringend anrathen. Prof.
Kühn schreibt:
.. . Diese Pilzkrankheit des Spargels wird durch
eine Rostart, den Spargelrost, Puceinia Aspa-
ragi De &. hervorgerufen. Die schwarzbraunen
Flecke, welche Dr. Birnbaum treffend charakteri-
sirt, und die nicht selten in ungemein grosser Zahl
im Herbste an den Spargelstengeln und an deren
Verzweigungen auftreten, stellen den Höhepunkt in
der alljährliehen Entwickelung des Parasiten dar.
Mit ihrer Ausbildung schliesst eine Reihe von Wan-
delungen ab, die den Parasiten in so abweichenden
Formen erscheinen lassen, dass jede einzelne der-
selben früher als eine besondere Pilzart beschrieben
wurde. Untersucht man jene intensiv dunkel ge-
färbten Flecke näher, so findet man, dass ihre Ober-
fläche von einer kleinen Schicht dicht an einander
sedrängter, zweizelliger Körperchen gebildet wird,
welche unter dem Mikroskop rothbraun erscheinen.
Sie sind von länglicher Form, an der Spitze meistens
stumpf, selten zugespitzt, in der Mitte wenig ein-
seschnürt und an der Basis mit einem langen, eckigen,
ungefärbten Stiele versehen. Diese zweilächerigen,
sestielten Körper sind Fortpflanzungsorgane oder
Sporen des Pilzes, und zwar sind es diejenigen
Fortpflanzungsorgane desselben, welche die Funktion
haben, nach ihrer Ueberwinterung im unveränderten
Zustande seine Entwickelung im folgenden Jahre zu
vermitteln. Dieselben werden deshalb Dauersporen
oder Wintersporen genannt. Sie lösen sich nicht
von ihrer Unterlage, bleiben daher über Winter an
dem Stroh des Spargels. Hier, an dem Oıte ihrer
Entstehung, keimen sie auch im folgenden Jahre,
wenn höhere Temperatur und genügende Feuchtig-
keit ihre Entwickelung begünstigt. Es bildet dabei
jedes einzelne Fach der Sporen einen kurzen, ziem-
lich dieken, durch Querwände getheilten Keimschlauch,
der seitlich auf kleinen Stielchen bis vier ungefärbte,
rundliche Zellen erzeugt. Diese stellen eine besondere
Form von Fortpflanzungsorganen dar und werden
Sporidien genannt. Dieselben trennen sich nach
völliger Ausbildung ab und fallen auf den Boden
oder werden durch den Wind zerstreut. Finden sie
genügende Feuchtigkeit, so wachsen sie zu einem
dünnen Keimfaden aus, der bei ungeeigneter Unter-
lage bald abstirbt. Gelangt ein solches Sporidium
aber auf einen Spargeltrieb, dann dringt der Keim-
faden desselben durch die Membran in eine Ober-
hautzelle, gewinnt hier einen grösseren Durchmesser
und bildet Verzweigungen, welche, nach innen vor-
dringend, in den Zwischenzellgängen des benach-
barten Gewebes sich verbreiten. Das so entstandene
Fadengewebe oder Mycelium des Parasiten erlangt
jedoch nur eine beschränkte räumliche Ausdehnung,
nur eine mehr oder weniger grosse Partie des Zell-
gewebes der Nährpflanze wird von ihm umstrickt.
Diese den Parasiten bergende Stelle der Spargel-
pflanze erscheint bald dem blossen Auge als ein
gelblich gefärbter Fleck, auf dem nach kurzer Zeit
zunächst orangefarbene, punktförmige Erhabenheiten
und dann grössere Pustelehen entstehen, die sich zu
kleinen Schüsselchen oder Becherchen öffnen. In
diesem Entwickelungsstadium stellt der Parasit einen
Schüsselrost, ein Aecidium dar und ward auch
von dem Botaniker Lasch als eine besondere Aıt
dieser Pilzgattung, als Aecidium Asparagi be-
schrieben. Jene punktförmigen Erhabenheiten sind
die sogenannten Spermogonien, welche immer
in Begleitung der Aecidien auftreten und in ihrem
Innern kleine, eigenthümliche Körperchen, die Sper-
matien erzeugen; die kleinen Schüsselchen oder
Becherchen dagegen stellten die eigentlichen Ae-
eidienfrüchte dar. Diese sind dicht mit reihenweis
gebildeten Fortpflanzungsorganen, den Aecidien-
sporen, gefüllt. Die Hülle der Becherchen hat
einen aufgerichteten, unregelmässig gezahnten Rand;
die Sporen sind einzellig, von nicht ganz regelmässig
rundlicher Form, zartwandig
gelber Farbe. Sie treten bei ihrer Reife aus den
Becherchen aus und werden vom Winde zerstreut.
Gelangen sie wieder auf eine Spargelpflanze und ist
die Witterung ihrer Keimung günstig, dann treiben
sie einen mehr oder weniger gebogenen Keim-
schlauch, der durch eine von ihm erreichte Spalt-
öffnung in die darunter liegende Athemhöhle ein-
dringt und hier sich verzweigt.
und von lichtorange-
Die in die Zwischen-
zellgänge des benachbarten Gewebes eindringenden
Verzweigungen stellen nun wiederum ein mässig
weit verbreitetes Mycelium des Parasiten dar, das
eine Verfärbung der heimgesuchten Stelle hervorruft.
Aus diesem Mycelium bilden sich aber nicht wieder
Spermogonien und Aecidien, sondern es entsteht
durch dasselbe eine neue Sporenform. Unmittelbar
270
unter der Öberhaut verstricken sich die Mycelien-
fäden zu einem dichtgewebten Polster, auf dem Fa-
denenden sich emporrichten, welche an ihrer Spitze
die neuen Fortpflanzungsorgane erzeugen. Mit Er-
zeugung der letzteren wird die Oberhaut an der be-
fallenen Stelle gesprengt, nach völliger Reife lösen
sich die neugebildeten Sporen von den Fadenenden
oder Basidien, an welchen sie erzeugt wurden, ab
und quellen in Menge als eigentlicher „Roststaub“
an der aufgerissenen Oberhautstelle hervor. Der Pilz
stellt in diesem Stadium eine Form vor, welehe mit
der Pilzgattung Uredo übereinstimmt und wurde
auch früher als eine besondere Art derselben, als
Uredo Asparagi von Lasch beschrieben. Jetzt
weiss man, dass alle früher für selbstständige Arten
angesehenen Formen der Gattung Uredo nur be-
stimmte Entwickelungsstadien der Rostpilze darstellen,
und so zeigt auch eine genauere Untersuchung die
Zusammengehörigkeit von Uredo Asparagi und Puc-
einia Asparagi. Die Uredosporen des Spargel-
rostes sind von lichtgelbbräunlicher Farbe, diekwan-
dig, einzellig und von rundlicher Gestalt. Sie keimen
bei günstiger Witterung sehr leicht und bilden lange,
verzweigte Keimschläuche. Gelangen sie auf grüne
Theile einer Spargelpflanze, so dringen die Keim-
schläuche durch die Spaltöffnungen in das Innere
derselben und erzeugen hier wiederum ein Myce-
lium, das zunächst stets auf’s Neue Uredosporen pro-
dueirt. Da nun diese in grosser Menge gebildet
werden, sehr leicht keimen und bald auf’s Neue
entstehen, so erklärt sich die oft ausserordentliche
Verbreitung und das massenhafte Auftreten des
Spargelrostes recht wohl. Der Zeit ihrer Entwicke-
lung entsprechend werden die Uredosporen auch
wohl Sommersporen genannt. Während die Aeci-
dien die Neubildung des Rostes im Frühjahre ver-
mitteln, ist es die Funktion der Uredosporen, seine
massenhafte Verbreitung im Hochsommer und be-
sinnenden Herbste zu bewirken. Später hört ihre
Neubildung auf. An denselben Stellen nun aber, wo
die Uredosporen erzeugt wurden, entstehen nach
einiger Zeit die oben beschriebenen zweifächerigen
Wintersporen oder Puceiniensporen, welche erst
im nächsten Frühjahre keimen und die Rostbildung
von einem Jahre in das andere zu übertragen haben.
Mit ihrer Entstehung nehmen die anfangs licht ocker-
farbigen Rostfleeke jenes tiefschwarzbraune Ansehen
an, welches die befallenen Stellen des Spargelstrohes
im Spätherbste zeigt. — Obgleich die Puceinien-
sporen in grösster Menge erst gegen den Herbst hin
gebildet werden, so kann man den Beginn ihres Auf-
tretens doch schon im Monat Juli constatiren.
Zu
dieser Zeit hat zuweilen die Bildung von Aeeidien
noch nicht ganz ihren Abschluss erreicht; man kann
dann, wie ich es selbst wahrgenommen habe, an ein
und demselben Spargelstengel alle Entwickelungs-
formen des Parasiten: Spermogonien, Aecidien, Ure-
dosporen und Puceiniensporen beisammen vorfinden.
Bald jedoch vertrocknen nun auch die letzten Reste
der Aecidien und im August und September sind
lediglich Uredo- und Puceiniensporen zu finden; im
Spätherbst sind nur noch die letzteren vorhanden,
um zu überwintern und den Kreislauf der Entwicke-
lung im nächsten Jahre durch Bildung ihrer Spori-
dien auf’s Neue zu eröffnen.
Aus der Entwickelungsgeschichte dieses Schma-
rotzers ergeben sich die Maassnahmen zu seiner Be-
kämpfung. Es wird seine Neubildung im folgenden
Jahre um so mehr beschränkt werden, je vollkom-
mener es gelingt, die Puceiniensporen im Herbst zu
vernichten. Man schneide die absterbenden Spargel-
stengel dieht am Boden ab, verhüte ein Abbrechen
und Verstreuen der mit Rost behafteten Aestchen
und bewahre das Spargelkräutig an einem trockenen
Orte auf, um es zur Feuerung zu benutzen, oder
verbrenne das Spargelstroh schon auf dem Felde.
Man beachte ferner das erste Auftreten der Aecidien
und schneide, ehe die Aecidiensporen reifen, die
damit behafteten Stengel rechtzeitig ab. — Dagegen
ist eine Verwendung des Spargelstrohes zum Aus-
breiten auf die Spargelfelder, wie sie nach den Mit-
theilungen von Dr. Birnbaum in der Umgegend
von Braunschweig zum Theil in Ausführung kommt,
nicht zu empfehlen. Wenn auch das Stroh mit Bo-
den beworfen wird, so gelangen doch bei der Früh-
jahrs - Bearbeitung einzelne Theile des verrotteten
Strohes und damit Puceiniensporen nach oben, die
einer reichen, erneuten Rostbildung sicher Vorschub
leisten werden. — Je mehr der Spargelbau in einer
Oertlichkeit sich ausbreitet, um so wichtiger wird es,
rechtzeitig die Bekämpfung der Feinde desselben ins
Auge zu fassen; ihre Vermehrung geschieht sonst in
immer steigendem Verhältniss. Bei den thierischen
Feinden ist in den Schmarotzerkerfen (Iehneumoniden)
derselben doch noch eime Gegenwirkung gegeben,
die Ausbreitung der Pilzparasiten findet eine solche
beschränkende Einwirkung nicht. Corda, einer der
ausgezeichnetsten Beobachter der Pilze, bezeichnet
in dem 1840 edirten vierten Bande seiner Icones
fungorum den Spargelrost noch als „selten“ — jetzt
ist er wohl überall häufig, wo Spargelbau in einiger
Ausdehnung betrieben wird. In der Umgegend von
Halle tritt er alljährlich in Menge auf, namentlich auf
den zahlreichen Spargelfeldern der Fluren von Die-
271
mitz und Heideburg. Auch in Thüringen ist dieser
Parasit nach brieflicher Mittheilung des Herrn Dr.
Fleischhack in Armstadt erheblich verbreitet und
der Mykolog Fuckel zu Oestrich in Nassau be-
zeichnet ihn in dem 1863 edirten 4. Fase. seiner
Fungi rhenani ebenfalls als häufig. — Da dieser Pa-
rasit nur die Spargelpflanze bewohnt, so ist seine
Bekämpfung eine erleichterte; konsequente An-
wendung der eben empfohlenen Maassnahmen wird
die Häufigkeit seines Auftretens mit Sicherheit be-
schränken.
Den von Herrn Dr. Birnbaum genannten thie-
rischen Feinden des Spargels möchte ich noch einen
anfügen, der namentlich den jungen Spargelanlagen
verderblich wird. Es ist dies die Made der Spar-
selfliege, Ortalis fuminans Meigen, welche
in hiesiger Gegend und wahrscheinlich auch ander-
wärts zuweilen so häufig auftritt, dass nur wenige
Pflanzen einer Anlage gänzlich verschont bleiben.
Da die bereits im April erscheinende Fliege bis gegen
Ende Mai ihr Brutgeschäft beendigt, so kann sie auf
älteren Spargelfeldern nur die vereinzelt aufge-
schossten Triebe heimsuchen, auf jüngeren Anlagen
dagegen, auf denen der Spargel noch nicht gestochen
wird, bietet sich ihr für das Ablegen der Eier an
die Köpfe des eben hervorsprossenden Spargels
reiche Gelegenheit. Die auskriechenden Larven
dringen bald in den Stengel ein und nagen abwärts
gehende Gänge aus, die theils gerade hinabsteigen,
theils seitlich gewendet und gebogen sind. Diese
Gänge durchsetzen alle Gewebtheile des Stengels,
am häufigsten jedoch finden sie sich im Marke, das
bei Anwesenheit vieler Larven ganz in braunes
Wurmmehl umgewandelt wird. Die oft sehr zahl-
reichen Gänge erstrecken sich bis zur Basis des
Stengels, also bis zur Ansatzstelle desselben an der
Grundachse; in letztere selbst dringen die Larven
nicht ein. Häufig findet man die erwachsenen Lar-
ven an dem untersten Ende des Ganges, mit dem
Mundende abwärts gerichtet; in anderen Fällen sieht
man sie mehr aufwärts im Gange und dann in der
Regel in entgegengesetzter Lage. Diese Maden der
Spargelfliege sind von gelblich-weisser Farbe, haben
eine glatte, glänzende Oberfläche und eine walzen-
kurz vor
förmige, nur dem Mundende etwas ver-
jJüngte Gestalt. An letzterem befinden sich zwei
schwarze Nagehaken. Besonders charakteristisch
ist die Beschaffenheit des Hinterendes. Dasselbe
schliesst mit einer genau in der Achse des Körpers
liegenden runden, schwarz gefärbten, etwas ausge-
tieften Platte ab, auf welcher sich zwei kleine, dicht
neben einander gegen den Rand hin stehende, ge-
|
|
bogene hornartige Gebilde erheben.
Juni findet man die Maden schon zum Theil aus-
gewachsen in Gängen, die bereits die Basis des
Stengels erreichten; doch kommen zu derselben Zeit
auch noch jüngere, erst halberwachsene Exemplare
vor, deren Gänge minder tief sich erstrecken. So
Gegen Mitte
fand ich am 13. Juni d. J. in ein und demselben
Spargelstengel Maden, deren Länge 10 mm. und
selbst noch etwas darüber betrug, bei 2 mm. gröss-
ter Körperbreite und 1 mm. Breite der schwarzen
Stelle am Hinterende, während andere nur 8 mm.
und die kleinste nur 6 mm. Länge zeigten. Bei
letzterer war die Körperbreite 1 mm., die Breite der
schwarzen Stelle am Hinterende gleich 0,5 mm. —
Die Verpuppung der ältesten Larven beginnt von
Mitte Juni ab. Die Puppen sind nicht völlig gleicher
Länge; es beträgt dieselbe 7—7,5 mm., bei 2,5 mm.
srösster Breite. Sie sind an der Rückenseite gewölbt,
daher in der Mitte am breitesten. Ihre Farbe ist
gselbbraun, an der Spitze des Kopfendes dunkelbraun.
Am Hinterende sind sie mit einem kreisrunden
schwarzen Flecke versehen, auf dem seitlich eine
gleichfalls schwarz gefärbte Erhabenheit mit zwei
kleinen Hörnchen sich vorfindet. Die Puppen über-
wintern, und erst im April des folgenden Jahres
kommt die Fliege aus ihnen hervor. Die von diesen
Fliegenmaden heimgesuchten Stengel sind häufig
missgebildet und verbogen, es kommen jedoch die
Maden auch in Stengeln vor, welche derartige Er-
scheinungen nicht zeigen. Immer aber leidet die
Lebensthätigkeit der Pflanze durch diese Schmarotzer;
die Ernährung des Grundstockes ist eine minder
vollkommene, derselbe entwickelt sich weniger kräl-
tig, die spätere Nutzung wird dadurch beeinträchtigt.
Es ist deshalb zu rathen, bei Neuanlagen, welche
erbeblich durch die Fliegenlarven heimgesucht wur-
den, in den ersten zwei Jahren, in welchen das
Stechen des Spargels beginnt, schonend zu verfahren,
so dass man von Anfang Juni an mit dem Stechen
aufhört. Dann ist die Gefahr, welche durch die
Fliege droht, vorüber und die Anlage kräftigt sich
durch die frühzeitigen aufschiessenden Stengel noch
in den ersten Jahren der Nutzung, wenn sie nament-
lich dabei durch recht kräftige Düngung unterstützt
wird. — Es empfiehlt sich ferner, bis Ende Mai
auch auf älteren Spargelfeldern alle beim Stechen
übersehenen Stengel bald nach dem Aufschiessen
dicht am Boden abzuschneiden, so dass auf den ge-
nutzten Feldern die Maden nirgends zur vollen Ent-
wickelung gelangen können. Bei den jungen An-
lagen lä$st sich wenigstens einigermassen für die
Vertilgung dieses Feindes dadurch wirken, dass man
272
die heimgesuchten Stengel tief absticht, solald sie
segen den Herbst hin abzuwelken beginnen. Ein
radikales Mittel ist dies Verfahren freilich nicht, weil
die Puppen meist sehr tief im Stengel sitzen und
man sich hüten muss, den Grundstock zu beschädi-
sen. Da nun ausserdem die Stengel durch den Ma-
denfrass sehr morsch geworden sind, so verbleibt
meist eine grössere Zahl von Puppen in der Tiefe
zurück. Immerhin kann dadurch einigermassen die
Vermehrung der Spargelfliege gehemmt werden, die
wichtigste Massnahme bleibt jedoch — nicht zur
Verhütung des Uebels, wohl aber zur Beschränkung
der Folgen desselben — pflegliche Behandlung
in den ersten Nutzungsjahren, unterstützt
durch recht kräftige Düngung.
Das frühzeitige Treiben und Blühen
unserer Kulturgewächse,
(Schluss.)
Man nennt dergleichen Pflanzen zweijährige
oder bienne. Sie sind es hauptsächlich, welche im
Herbste reichlich mit Reservestoffen versehen werden
und daher auch am Meisten sich eignen, für Menschen
und für das Vieh zur Nahrung zu dienen. Schon
vor vielen Jahrtausenden hatte man dieses gewusst
und bei der zunehmenden Bevölkerung behufs der |
Kultur hauptsächlich auf sie seine Aufmerksamkeit
gewendet. Man vervollkommnete eine Anzahl von
solehen zweijährigen Pflanzen in der Weise, wie be-
reits schon im Allgemeinen mitgetheilt ist und erhielt |
damit eine Reihe von Kulturpflanzen, welche uns
jetzt unentbehrlich geworden sind. Wie weit man
es hier in der Massen-Erzeugung von Reserve- oder
Nahrungsstoffen gebracht hat, zeigen unsere heutigen
Mohrrüben, Runkeln u. s. w. Wenn man die Wur-
zeln von wilden Pflanzen untersucht und mit denen
von kultivirten vergleicht, so möchte man geneigt
sein, zwei ganz verschiedene Pflanzen vor sich zu
haben. Es kommt hier noch dazu, dass Mohrrüben
und Runkeln bei uns einjährige Pflanzen sind, in
milderen Klimaten sich aber meist zweijährig ver-
halten. Dort und nicht bei uns, mag auch die Um-
bildung der wilden Pflanze mit der holzigen Wurzel
in die mit einer fleischigen geschehen sein.
Nach dem, was wir aus dem Leben der Pflanze
mitgetheilt haben, wird es nun auch möglich, die
wahrscheinlichen Gründe anzugeben, welche im vo-
rigen Herbste das früh- und unzeitige Austreiben der
ı servestoffe zu verhindern,
haben,
Mohrrüben und Runkeln veranlassten. Zwischen der
Zeit ihrer Vegetation und ihrer Samenbildung be-
dürfen die genannten Pflanzen eine Zeit der Ruhe,
die ihnen durch den Winter geboten wird. In dieser
Ruhezeit haben sie die meisten Nahrungsstoffe und
werden vom Menschen als Nahrung benutzt. Wäh-
rend der wärmeren Juni- und Julitage wurde von
Seiten der Pflanzen nur für das Erkräftigen der ein-
zelnen Individuen gesorgt. Die Bildung ihrer Reserve-
stoffe geschieht dagegen gewöhnlich hauptsächlich
erst im Spätsommer und im Herbste.
Im vorigen Jahre waren die Witterungsverhält-
nisse, wie anfangs mitgetheilt ist, nicht wie gewöhn-
lich. Der Frühling war kurz. Feuchte Witterung
trat schon im Juni ein und dauerte fast bis zur
Hälfte des August. In dessen Folge begannen die
Mohrrüben- und Runkelpflanzen zur Einbringung
der Reservestoffe ihre Thätigkeit weit früher und
beendeten sie, als grosse Hitze und Trockenheit in
der zweiten Hälfte des August eintrat. Mit dieser
ı Zeit wurden wegen Mangel der nöthigen Feuchtigkeit
keine Reservestoffe gebildet. Damit war das erste
Stadium der Pflanze abgeschlossen. Die Ruhe, welche
sonst nur im Winter stattfindet, war bereits in der
Mitte August eingetreten. Als im Spätherbste wie-
derum Feuchtigkeit eintrat, so war es ganz natürlich,
dass viele Mohrrüben und Runkeln ihre zweite Ve-
getation, die der Samenbildung, begannen und da-
mit die Reservestofle veranlassten, aus ihren Maga-
zinen herauszutreten. Dadurch wurden Mohrrüben
und Runkeln, wie gleich anfangs gesagt, als Nahrung
für Menschen und Vieh unbrauchbar und der Land-
wirth erhielt durch das Austreiben genannter Wur-
Schaden. Das Abbrechen der
das Verbrauchen der Re-
das Einzige, was man
thun kann, mehr oder weniger werden aber doch
die Wurzeln bereits Verlust an Nahrungsstoff gehabt
abgesehen davon, dass bei fortdauernder
Feuchtigkeit neue Knospen austreiben, die man wieder
abbrechen muss.
Gartenbau - Ausstellungen.
In Bamberg vom 15.—17. Sept. Anmeldungen
bei Hrn. Sekretär Th. Gabler. — In Wirietzen a. O.
vom 15.—17. Sept. Anmeldungen bis zum 8. Sept.
bei Hrn. Rektor E. Gentz. — In Lübeck vom 26.—29.
Sept. (im Tivoli). Anmeldungen bis zum 16. Sept.
zeln einen
Triebe
grossen
ist zwar, um
| bei Hrn. Dr. Friedrich Grube, Stadtmauer beim Mühlen -
thor Nr. 736. |
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15
_ Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den
No. 35.
31. August.
Pflanzenkunde VII.
. . 1.
Die beiden deutschen Eichen.
Eine monographische Skizze.
(Fortsetzung.)
7. Eine eigenthümliche Form entstand im Jahre
1820 in einer englischen Baumschule zu Waterford
und erhielt nach ihren Besitzern, Fennessay and
Son, den Namen Qu. Fennessi. Die Blätter sind
deutlich gestielt und haben eine in die Länge ge-
zogene und oft vielfach geschlitzte Form, weshalb
der berühmte englische Baumzüchter Loddiges ihr
auch den Namen Ou. laciniata gab. Da an einem
und demselben Exemplare die Blätter
verschiedene Gestalt besitzen, bald fiederspaltig, bald
fast ganzrandig und weidenartig sind, so wurde sie
auch Qu. heterophylla, oder wohl auch, wenn
die letzteren vorherrschten, Ou. salieifolia genannt.
Interessant ist es, dass die Form mit vorherrschend
meist eine
fiederspaltigen Blättern schon vor ein Paar Jahr-
hunderten im einem Walde bei Jena aufgelunden
wurde. Auch Bechstein hat sie später in Thürin-
ven beobachtet und als Qu. rosacea bezeichnet.
Bisweilen sind die langgestreckten Blätter am
Rande vorherrschend ausgeschweilt oder leierförmig.
In diesem Falle hat man sie Qu. Iyrata genannt,
im ersteren hingegen, besonders wenn sie ausser-
dem noch sehr in die Länge gezogen sind, Qu. as-
plenifolia. Von ihr sowohl, wie von der oben
genannten Qu. salieifolia hat man auch Formen mit
überhängenden Aesten und Zweigen und bringt sie
[
mit der näheren Bezeichnung pendula in den Han-
del. Endlieh ist noch einer Form, die den Namen
Qu. disseeta führt, zu gedenken, wo die Blätter
am Rande ungleich-eingeschnitten oder ungleich-
fiederspaltig sind.
8. Es bleiben noch die buntblättrigen Formen
zu erwähnen übrig. Die mit gelb- oder weiss-um-
säumten Blättern (foliis aureo- oder argenteo-varie-
gatis) sind weniger beliebt, als die, welche durch-
aus gelb oder durchaus rothbraun gefärbt erscheinen.
Formen mit den ersteren wurden früher schon als
Ou. aurea in dem Handel geführt, neuerdings hat
man aber von Belgien aus eine Form als Qu. Con-
eordia wo, möchte der That
sagen, die ganze buschig- und kleinbleibende Pflanze
verbreitet, man in
eine schöne goldgelbe Farbe besitzt.
Unter den Formen mit rothbraunen Blättern gibt
es in Betreff der Intensität der Färbung verschiedene
Nuaneirungen, welche aber bisweilen an einem und
demselben Exemplare vorkommen und eine scharfe
Unterscheidung illusorisch machen. Im Handel füh-
ren Sie foliis atropurpureis und
eupreis, atrosanguinea,nigricans und selbst
Endlich der Form mit
selb- und weiss-gestreiften
Namen Qu. trieolor führt.
die Namen:
wir noch
Blättern,
nigra. gedenken
welche den
I. Die Winter-Eiche (Quereus sessiliflora
Salish.)
Blätter deutlich gestielt, ohne ohrähnliche An-
hängsel an der Basis, in der Mitte oder wenig ober-
35 '
274
halb derselben am breitesten, jung grün hervor-
kommend, meist auch auf der Unterfläche unbehaart,
in der Regel auf jeder Seite 5 durch schmale und
olt spitze Buchten getrennte Abschnitte; Blattstiel
gelb; Griffel deutlich entwickelt, aus der Fruchtschale
hervorragend, mit 3 kurzen Narben;
einem sehr kurzen Stiele
sitzend.
Den Namen Winter-Eiche hat dieser Baum walır-
scheinlich deshalb erhalten, weil die Blätter normal
„etwäs später abfallen, als bei der Sommer-Eiche,
meist aber durch plötzlich eintretenden Frost in der
Ausbildung des Gliedes, durch das sie sich lösen,
in der Ablösung verhindert werden, so dass sie olt
den ganzen Winter hindurch hängen bleiben und
erst im Frühjahre, durch andere Einflüsse bedingt,
abfallen. Wenn wir aber schon im September einen
Frost erhalten, der die Blätter vor der Ausbildung
des genannten Gliedes tödtet, so bleiben diese auch
bei der Sommer-Eiche und anderen Bäumen noch
lange Zeit in den Winter hinein hängen. Es ist
allgemeinen sedrängt
demnach keineswegs ein sicheres Merkmal, um die
Winter- von der Somimer-Eiche zu
den, die Blätter im Winter noch
hängen.
unterschei-
wenn am Baume
Wie die Sommer-Eiche zahlreiche Formen bildet,
so nicht weniger die Winter-Eiche. Die meisten
Formen und Abarten beziehen sich aber nur auf die
Verschiedenheit und Färbung der Blätter. Eine Form
mit überhängenden Aesten habe ich als pendula
nur in Angers gesehen. Wir wollen nun versuchen,
die Leser der Wochenschrift mit den hauptsächlich-
sten übrigen Formen der Winter-Eiche vertraut zu
machen.
1. Als Qu. Falkenbergensis ist vor einigen
und 20 Jahren eine Winter-Eiche durch die Flott-
becker Baumschulen in den Handel gekommen, welche
in einem Walde bei Falkenberg im Hannover’schen
aufgefunden wurde. Mag sie damals in der That in
einigen Stücken von der Hauptart abgewichen sein,
im Verlaufe der Kultur ist sie aber wieder zurück-
Was sich jetzt unter diesem Namen im
Handel befindet, unterscheidet sich von der Haupt-
art gar nicht.
2. Qu. Hartwissiana der Krim
und wurde von Steven zu Ehren des Direktors des
kaiserlichen Gartens in Nikita in der Krim genannt.
gegangen.
wächst in
Wir haben sie im Vaterlande gesehen und in ihrem
äusseren Ansehen keinen Unterschied von der, wie
sie bei uns in Wäldern wächst, gefunden. Nur die
Blätter der Unterfläche etwas behaart.
Eigenthümlich ist der Abart aber, dass die Früchte
waren auf
Früchte auf
meist einzeln auf nieht kurzen Stielen im Winkel der
Blätter stehen.
3. Hin und wieder findet man in Wäldern, auch
bei uns, noch mehr aber im Süden, Winter-Eichen,
wo der allgemeine Fruchtstiel ziemlich gestreckt ist,
so dass er ganz das Ansehen derer bei der Sommer-
Eiche besitzt. Schon Bechstein hat dergleichen
Bäume gefunden und beschrieb sie unter dem Na-
men Qu. decipiens. Er hielt sie für Blendlinge
mit Qu. Robur. Nach unserer Ansicht sind sie aber
ebenso wenig wie die Sommer-Eichen mit ziemlich
gedrängt stehenden und sitzenden Früchten, von de-
nen wir bereits gesprochen, aus einer Kreuzung
hervorgegangen, sondern sie stellen einfache For-
men dar.
4. Qu. conglomerata hat Persoon eine
Winter-Eiche genannt, wo die Eicheln in etwas grös-
serer Anzahl bei einander dicht gedrängt sitzen und
wo ausserdem die Unterfläche der Blätter mehr oder
weniger behaart ist. Diese eigenthümliche Eiche ist
aber eben so wenig, wie mancher Botaniker glaubt,
ein Blendling oder gar Verbindungsglied mit der
südländischen Qu. pubescens, sondern wiederum
nur Form. Dr. Schur, der sich sonst um die Flora
Siebenbürgens viel Verdienste erworben hat, jetzt
aber in Böhmen lebt, hat in seiner Neigung, mög-
lichst viel neue Arten zu machen, aus dieser Qu,
eonglomerata sogar 3 selbständige Arten gebildet,
die er Qu. polycarpa, condensata und axilla-
ris nennt. Qu. pallida Heufl. scheint ebenfalls
hierher zu gehören und hat ihren Namen von der
helleren (etwas graugrünen) Unterfläche der Blätter
erhalten.
5 Eine eigenthümliche Abart, vielleicht sogar,
wenn man Früchte gesehen haben wird, selbständige
Art, ist in den Baumschulen als Qu. Alganista-
nensis vorhanden. Dass sie wirklich aus Algani-
stan, dem Lande zwischen Persien und Ostindien,
stammt, möchte ich bezweifeln, da sie bei uns sehr
gut aushält, was sonst mit dort einheimischen Pflan-
zen nicht der Fall ist. Im äusseren Ansehen hat
sie das Ansehen einer Winter-Eiche, unterscheidet
sich aber wesentlich dadurch, dass die Blätter röth-
lich braun aus der Knospe hervorkommen.
6. Als Qu. aurea Wierh. ist eine in Ungarn
wachsende Eiche in Kultur, welche sich von der
Hauptart nur dadurch unterscheidet, dass die gelbe
Färbung nicht allein an den Blattstielen vorhanden
ist, sondern auch auf der Mittelrippe und deren Haupt-
ästen sich fortsetzt.
7. Qu. iberica Stev. haben wir im Vaterlande,
den südlichen Abhängen des kaukasischen Gebirges,
srosse Wälder bildend, gesehen. Da sie bei uns
etwas empfindlich ist, möchte sie vielleicht, ebenfalls
wie Afganistanensis, eine selbständige Art darstellen.
Die etwas grösseren Blätter sind weniger tief ge-
lappt und auf der Unterfläche meist weichhaarig, oft
auch mit einem eigenthümliehen schwach rostfarbe-
nen Schein versehen.
8. Qu. Eseulus L. steht der Qu. iberiea sehr
nahe und möchte vielleicht nur eine tiefer zelappte,
fast fiederspaltige Form bilden. Auch sie ist sehr
empfindlich gegen unsere klimatischen Einflüsse. In
den deutschen Baumschulen haben wir sie nur
sehr selten gesehen, obwohl sie fast alle Verzeich-
nisse aufführen. Qu. Dalechampii Ten. vermögen
wir nicht zu unterscheiden.
9. Auch von der gewöhnlichen Winter - Eiche
giebt es Formen mit tiefer geschlitzten, fast fieder-
derspaltigen Blättern. Wild findet man sie nicht sehr
selten in Frankreich, wo sie auch mit der näheren
Bezeichnung laeiniata und laciniosa beschrieben
wurde. Bisweilen gehen die Abschnitte bis zur Mittel-
rippe. Dergleichen Formen sind als Qu. peetinata
in den Hande! gebracht worden. Sind die Fieder-
lappen dabei sehr schmal, sanzen Blätter
aber mehr in die Länge gezogen, so haben die
Eichen den Namen Qu. filiei oder eomptoniae-
folia erhalten.
10. Umgekehrt sind die etwas mehr als gewöhn-
lich in die Länge gezogenen Blätter am Rande bis-
weilen sehr wenig gelappt. Eine solche Form ist
schon früher als Qu. sublobata Kit. beschrieben,
später als Qu. Geltowiensis in den Handel ge-
kommen. Qu. petiolata Schur gehört hierher. Der
deutsche Florist Wallroth fand eine Winter-Eiche
im Harz, wo die langen Blätter nur einen wenig aus-
die
seschweiften Rand besassen und nannte sie Qu.
mespilifolia. Durch Zufall entstand endlich eine
Form in Frankreich, wo die am Rande ausgeschweif-
ten Blätter besonders lang sind. Sie ist als Qu.
Louetti in den Handel gekommen und vertritt die
mit eben solehen Blättern versehene Sommer-Eiche,
welche wir als Qu. Fennessi kennen gelernt haben,
bei der Winter-Eiche.
11. Buntblättrige lormen
Frankreich resp. in Metz gesehen. Eine kultiviren
Simon-Louis freres daselbst unter dem Namen
Qu. variabilis, eine andere führt dagegen den
eigenthümlichen Namen Qu. lusitanica fol. var.
haben wir nur in
Zur Statistik des Obstbaues.
Von Dr. L,. Wittmack.
(Aus den Annalen der Landwirthschaft.)
Der Wunsch nach einer genaueren Statistik des
Obstbaues ist bereits zu wiederholten Malen kund
gethan, allein immer ist die Sache, als zu schwierig,
vertagt worden. Hauptsächlich ist es die Furcht,
die erhaltenen Zahlen möchten nicht absolut richtig
sein, die wohl bisher davon zurückgehalten hat; et-
was absolut Vollkommenes gibt es aber nicht, und
das Bessere ist überall der Feind des Guten. That-
sache bleibt immer, dass man nur auf Grund von
Zahlen, wenn auch selbst von nur annähernd riehti-
sen, eine bessere Uebersicht über den jeweiligen
Zustand der Obstkultur erlangen kann. Erst dann
wird sieh positiv herausstellen, was in dieser oder
jener Gegend gethan ist, und was in einer anderen
noch geschehen muss. Mit dem grössten Danke ist
es anzuerkennen, dass die verschiedenen Resierun-
sen in den letzten Jahren ausserordentlich viel zur
Hebung des Obstbaues gethan haben, es wäre aber
man annehmen,
mehr genug geschehen sei. Die Einsicht
wirthschaftliehen Weıthe des Öbstes ist
Weitem nicht in alle Kreise
braucht sieh nur
hören, um zu vernehmen, dass die Nachfrage nach
jungen Obstbäumen noch lange nicht so gross ist,
als man erwarten sollte, dass im Gegentheil viele
ein Fehlschluss, wollte dass nun-
von dem
bei
man
noch
sedrungen, und
in grösseren Baumschulen umzu-
Tausende junger Stämme noch der Käufer harren.
Es hat das namentlich seinen Grund darin,
man besonders in landwirthschalftlichen Kreisen den
Obstbau noch zu gering achtet und speciell die An-
pflanzung von Obstbäumen an Chausseen und
dass
Wesen aus verschiedenen Gründen nicht für
passend hält.
Als die wichtigsten der Bedenken gegen die-
sen Anbau im Grossen werden geltend gemacht: 1)
das rauhe Klima und die exponirte Lage mancher
Gegenden; 2) die Sehwierigkeit der Ueberwachung;
3) die Unsicherheit und Ungleichheit der Ernten und
der bei reichlichem Eıtrage sofort eintretende niediige
Preis; 4) endlich die Ansicht, dass das Obst als
Nahrungsmittel immerhin ein höchst untergeordneter
Gegenstand sei, da man namentlich im nördlichen
Deutschland einer kräftigeren Kost bedürfe.
Der erste dieser Punkte ist in landwirthschalt-
liehen und gärtnerischen Zeitschriften schon häufig
genug widerlegt worden. Die deutschen Pomologen-
versammlungen, die gärtnerischen Kongresse ete. haben
wiederholt Sorten bezeichnet, welche in den rauhesten
39*
N
Gegenden ganz gut gedeihen, und die Märkte der !
entlerntesten Orte Ostpreussens liefern den Beweis,
dass auch in dem dortigen Klima recht gutes Obst
gedeiht. Bauen doch auch weit nördlichere Länder,
Schweden und Norwegen, wenigstens in ihren süd-
lichen und mittleren Theilen, Obst in reichlicher
Menge, das sich dureh sein trefflliches Aroma, wie
alle dort gebauten Früchte, noch besonders
zeichnet.
Der zweite Punkt, die Kostspieligkeit und Schwie-
riskeit der Ueberwachung, fällt auch zum Theil fort,
wenn man nur eine Sorte — wo möglich eine, die
durch ihr Aeusseres nicht zu verlockend ist — in
srösserer Menge baut, oder doch solche Sorten, die
gleichzeitig reifen, damit der Obstpächter nicht nöthig
hat, wochenlang Wache zu halten, um das Abernten
vorzunehmen. Eine gleichmässige Waare in grosser
Quantität findet ausserdem einen viel besseren Markt
als eine Menge kleinerer Partieen in verschiedenen
Sorten. — Was übrigens den etwaigen Diebstahl
anbetrifft, so ist er jedenfalls nicht so gross als der
Holzdiebstahl, und Niemandenm wird es doch einfallen,
wegen der häufigen Holzdiebstähle keine Forsten
mehr anzulegen.
Die Unsicherheit der Ernten als der dritte
Punkt — lässt sich begreiflicherweise nicht durch
unsere Hand oder doch nur wenig abwenden. Die
zu leicht eintretende Ueberproduktion und der dann
zu sehr gedrückte Preis des frischen Obstes dürfen
aber nicht mehr als ein so grosses Hinderniss an-
gesehen werden, wenn man, wie es in Süddeutsch-
land, auch in manchen Gegenden von Mittel- und
Westdeutschland geschieht, das Obst besser zu nutzen
versteht, mit anderen Worten, wenn man bei reichem
Ertrage sich auf das Dörren des Obstes, auf die
Fabrikation von Mus (Kraut), von Obstwein und Obst-
essig legt, wozu jetzt durch Konstruktion guter Dar-
ren und guter Pressen viel mehr Gelegenheit als
früher geboten ist. Man wird dann nicht nöthig ha-
ben, sein Obst zu Spottpreisen loszuschlagen, kann
übrigens dasselbe ausserdem bei den jetzt so sehr
erweiterten Verkehrsinitteln auch oft im frischen Zu-
stande nach ferneren Gegenden gut verkaufen.
Dass endlich viertens das Obst nur ein minder
wichtiger Gegenstand der Volksnahrung ist, dürfte
ob
aus-
von Jedem zugegeben werden; er aber
wirklich von so ganz untergeordneter Bedeutung ist,
wie Manche annehmen, dürfte doch noch sehr zu
bezweifeln sein. — Da aber kommen wir wieder auf
_ den Anfang zurück, es fehlt uns an einer Statistik
des Obstbaues, wir wissen fast niehts über die Grösse
der Produktion.
wohl
Kaum sollte man es glauben, dass seit den Jah-
ren 1803—1805, wo Krug unter Zuhülfenahme der
sogenannten Kammertabellen eine Zählung der Obst-
bäume vornahm und die vorhandenen Lücken durch
gewissenhafte Schätzung ausfüllte, kein einziges Mal
der Versuch gemacht ist, die Zahl der Obstbäume in
Preussen festzustellen. Den freundlichen Mittheilun-
sen des Herrn Regierungsrathes Meitzen verdanke
ich die nachstehenden Krug’schen Zahlen nebst eini-
gen andern der in der Folge erwähnten. Sie sind
dem kürzlich erschienenen 3. Bande des Meitzen-
schen Werkes: „Der Boden und die landwirthschalt-
lichen Verhältnisse des preussischen Staates“ ent-
nommen. Krug berechnet die Zahl der tragbaren
Obstbäume im damaligen Preussen mit 5586 Quadrat-
Meilen auf 15,140,000 Stück, mithin auf 1 Quadrat-
Meile 2710. — Nehmen wir an, dass sich seitdem
die Zahl derselben ungefähr verdoppelt habe, ein
Schluss, zu dem man nach Analogie und nach Er-
wägung aller einschlagenden Verhältnisse wohl be-
rechtigt sein dürfte, so ergiebt das für den jetzigen
Umfang des Königreichs mit 6387 Quadratmeilen
34,617,540 oder in runder Summe 35 Millionen trag-
barer Obstbäume.
Rechnet man den Ertrag eines jeden Baumes
durehschnittlich nur zu !/, Zentner, so beträgt dies
7 Millionen Zentner, und den Zentner im Durchschnitt
der Jahre nur.zu 1 Thlr. geschätzt, erzielt einen
Werth von 7 Millionen Thalern. Der Preis von
1 Thaler dar! gewiss nicht als ein zu hoher ange-
sehen werden, da in Hamburg z. B. bei ganzen
Kahnladungen im 10jährigen Durchschnitt 1 Thir.
15 Sgr. per 1 Zentner Hamb. (112 Pfd.) gezahlt sind,
da ferner nach den Mittheilungen eines zuverlässigen
Kahnschiffers der 10jährige Durchschnittseinkaufspreis
in Böhmen sich für das sämmtliehe Obst auf 1Y, Thlr.
pr. alten preuss. Scheffel stellte. Ein Scheffel wiegt
aber selbst bei schwerem, festem Obst, z. B. Bors-
dorfer Aepfeln, nur ea. 85 Pfd., bei leichterem, z. B.
Hasenköpfen, nur 70—75 Pfd. — Die Preise sind
im letzten Herbste wegen der schlechten Ernte so
gestiegen, dass sie in Böhmen pro Scheffel 4 bis
8 Thlr., in Hamburg pro Zentner 5 Thlr. betrugen.
Wurden doch die feinen Tyroler Aepfel, die zum
ersten Male vorigen Winter die Schaufenster der Ber-
liner Fruchtläden in grösserer Menge schmückten
und sogar ganz neue Läden extra dafür erstehen
liessen, en detail mit 1, 11, bis 21/, Sgr. pro Stück,
selbst im Grossen mit bis 5 Thlr. pro 100 Stück
bezahlt.
Will man einen Staat mit Preussen vergleichen,
so eignet sich wohl keiner besser dazu als Württem-
Bee
berg, wo die Statistik des Obstbaues wohl am besten
in Deutschland durchgelührt wird.
Die Zahl der (tragbaren) Obstbäume belief sich
1852 daselbst auf 4,724,102 Kernobst- und 3,223,572
Steinobststämme, in Summa 7,947,674, also fast
8 Millionen, eine Zahl, die jetzt gewiss schon be-
deutend überschritten ist. Die Erträge waren im
Durchsehnitt der Jahre 1852—61 an Kernobst 4,297,925
Simri oder (nach Lucas) 1,719,170 Ztr., an Steinobst
771,709 Simri, (nach Lucas) 308,684 Ztr., zusammen
2,027,854 Ztr., pr. Baum demnach durchschnittlich
1), Ztr. oder bei einer Bevölkerung von 1,778,396
Köpfen pro Kopf 1,14 Ztr. Die Gemeinde Reutlingen
hatte 1860 auf 1850 Magdeb. Morgen 78,000 Obst-
bäume, mithin pro Morgen 42,2. Nehmen wir den
Zentner nur zu 1 Thlr., so erhalten wir als Werth
des produzirten Obstes ca. 2 Millionen Thaler. Dabei
ist aber nicht zu vergessen, dass das nur 354 Q.-M.
umfassende Württemberg ca. 18 mal so klein als
Preussen mit 6387 Q0.-M. ist, und wollte man für
letzteres Land dieselben Verhältnisse anlegen, so
müssten
in Preussen 144 Millionen Obstbäume an-
statt der angenommenen 35 Millionen stehen und
der Werth des Obstes bei nur !/; Ztr. Ertrag fast
29 Millionen Thlr. betragen. (Direkt pro Kopf, be-
rechnet nach württembergischem Maassstabe, würden
in Preussen bei 23,043,296 Einwohnern 27,409,357
Ztr. Obst produzirt werden müssen.) Niemandem
wird es einfallen, solche Anforderungen zu stellen,
die Verhältnisse in Württemberg, wo die Baumfelder-
wirthschaft in hohem Maasse verbreitet ist, sind ganz
andere als in Preussen; immerhin wird aber zuge-
geben werden müssen, dass der Unterschied zwischen
dem 144 Millionen betragenden „Soll“ und dem 35
Millionen umfassenden „Haben“ ein so grosser ist,
als dass nicht noch viel geschehen müsste, um das
Verhältniss zu einem etwas günstigeren werden zu
lassen. i
Man wird sagen: Das meiste sind nur Schätzun-
gen, es fehlen die positiven Zahlen. — Gut, so mö-
gen denn im Nachstehenden wenigstens einige Daten
segeben werden, aus denen einestheils die Bedeu-
tung des Obstbaues, anderntheils auch die Hebung
desselben hervorgeht.
Leider findet sich nicht viel brauchbares Mate-
rial; die Zollvereinslisten lassen uns fast gänzlich im
Stich, da sie z. B. in Pos. 9e2 das Obst mit an-
deren Gartengewächsen, essbaren Knollen, Hyazinthen-
zwiebeln ete. zusauımenwerfen, so dass nicht einmal
der Import und Export von Kartoffeln, die doch
noch weit wichtiger sind, sich ersehen lässt. Die
Zullbehörde würde wirklich der Wissenschaft wie der
Praxis einen grossen Dienst leisten, wenn sie diese,
wie manche andere Positionen theilen möchte. Es
bleibt für unsern Zweck nur die Pos. 25p 3: getrock-
netes und gebackenes Obst übrig, die begreiflicher
Weise nur einen geringen Anhalt bieten kann.
Es betrug (die älteren Zahlen nach Meitzen)
die Einfuhr v. Backobst die Ausfuhr
exel. Transit excel. Transit
im 10jährigen Durch-
schnitt
von 1822—33 pro Jahr 30,532 Ztr. 7,338 Zitr.
„. 1834—43 „ 29231. 9,325 ,„
„ 184453 „ 68,990 1233053
„. 1854—64 „ 163 15De,; 46,002
1867 za IIO-ASISER:
1868 ZPRD er 118,188 ,
1869 365,741 „ 95,398 „
1870 245,066 „, 63,606 _„,
Einen gewissen Anhalt geben auch die Verla-
dungstabellen der Eisenbahnen etc., welche von
Herrn Reg.-Rath Meitzen mit grossem Fleisse zu-
sammengetragen sind, um einmal von einem Jahre
(derselbe hat aus mancherlei Gründen das Jahr 1867
gewählt) ein anschauliches Bild der Verkehrsverhält-
nisse zu geben. Für unsere Zwecke genügen einige
dieser Zahlen.
Es wurden verladen:
Berlin-Potsdam-
Magdeburger
Bahn
Breslau - Posen-
Glogauer . h
Stargardt-Posen
Königl. Ostbahn
Oberschlesische
Bahn
Berlin-Anhalter
Bahn
Berlin-Hambur-
ser Bahn
An derZollgrenze
gegen Oester-
reich
ein }
Am Elbzollamt in
Wittenberge
singen elbab-
getrockn. Obst incl. frisches 23,686 Ztr.
30,855 „.
36,355 „
53,363 „
80,051 „
82,233 „
II
singen
193,438 „.
wärts 3 201,546 „
Bedenkt man, wie viele fleissige Hände thätig
sein müssen, um diese Massen in Umlauf zu bringen,
wie viele Käufer und Wiederverkäufer dabei parti-
eipiren, so darf man wohl, namentlich wenn man
diese Verhältnisse sich für ganz Deutschland aus-
malt, den Gegenstand für nicht so untergeordnet
278
halten. Schätzt doch Th. Fontane in anziehenden
Schilderungen von Werder und den Werderschen (in
den Sonntagsnummern der Vossischen Zeitung, Juli
1871) den Obst-Ertrag incl. Beerenobst dieses einen
Ortes nebst seinen Umgebungen auf jährlich eirca
1 Million preuss. Metzen von einem Werthe in Berlin
von ea. 280,000 Thlr. — Rechnet man den Durch-
schnittswerth des oben angeführten Backobstes auf
nur 10 Thlr., wobei das Verhältniss des Steinobstes
zum Kernobst (auf 8 Ztr. verkauftes getrocknetes
Steinobst erst 2 Ztr. getrocknetes Kernobst) bereits
mit berücksichtigt ist, so ergibt sich bei einer Durch-
schnittssumme von ca. 250,000 Ztr. eingeführtes
Backobst ein Kapital von 2,500,000 Thlr., das allein
dafür ins Ausland geht und das wir uns durch reich-
lichere Anpflanzung von Obstbäumen an Chausseen
zum grösseren Theile erhalten könnten. Dass ausser-
dem bei den jetzt so sehr entwickelten Verkehrs-
mitteln auch frisches Obst ein viel weiteres Absatz-
sebiet als früher findet, ist schon oben bemeiıkt
worden, und wie in den letzten Jahren schon an-
sehnliche Mengen frischen Obstes aus Schlesien und
den angrenzenden Provinzen nach Russland gehen
und wie andererseits von den unteren Elbgegenden,
namentlich dem sogenannten Altenlande im Hannö-
verschen, enorme Quantitäten über Hamburg ihren
Weg nach England finden, wie umgekehrt bereits
öfter grössere Quantitäten amerikanischer Aepfel in
Hamburg zum Verkauf kamen, so dürften sich auch
für andere noch manche Absatzquellen
finden lassen.
Gegenden
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pilanzenkunde.
vm.
In England sind wiederum 2 Knaben durch den
der rübenähnlichen Wurzeln der Oenanthe
einer Pflanze aus der Familie der Umbelli-
feren, die zum Glück bei uns in Deutschland nicht,
desto mehr jedoch in vorkommt,
vergiftet worden. Wenn Pflanze
bei uns nicht wächst, so doch eine nahe Verwandte,
der Wasserschierling (Cieuta virosa), auf dessen eben
so giftige Eigenschaften nicht genug aufmerksam ge-
Sein Name Volke:
bezeichnender
Genuss
erocata,
Grosshritanien
aber auch diese
macht werden kann. bei dem
eiltiger Wütherich, kann nicht
Auch bei dieser Pflanze ist die Wurzel am giltigsten
dem Sellerie ähnlich
gegessen, um
Häufiger
sein.
und wird bisweilen, da sie
riecht und schmeckt,
die Folgen hervorzurufen.
aus Versehen
nachtheiligsten
werden aber Kinder verleitet, die fleischigen, wenn
auch hohlen Stengel zu geniessen. Wir haben das
selbst früher einmal gesehen und zwar bei einem
Handelsgärtner in Mitteldeutschland, wo ein ziemlich
breiter Graben mit sehr viel Wasserschierlingpflanzen
quer durch ein diesem gehöriges Grundstück führte.
Zum Glück sind diese Stengel weniger giftig und das
Kind hatte eben erst angefangen, in den Stengel zu
beissen. In Norddeutsehland, besonders in Pommern,
ist der Wasserschierling an einzelnen Stellen sehr
verbreitet und man erzählte uns, dass durch den
Genuss der Stengel alljährlich Vergiftungszufälle vor-
kommen. Möchten doch Eigenthümer von Grund-
stücken, namentlich feuchter Wiesen und Gräben, in
denen Wasserschierling wächst, sich es angelegen
sein lassen, diese giftige Pflanze auszurotten.
In Paris hat das massenhafte Erscheinen eines
mückenähnlichen Insektes, der Bibio Marei, in sofern
grosses Aufsehen gemacht, als man glaubte. es sei
die Folge des oberflächlichen Begrabens von Leichen
während der Unglückstage im vorigen Jahre und
könnte schädliche Folgen für den Gesundheitszustand
der Stadt haben. Dieses Insekt, dem man im Deut-
schen gewöhnlich den Namen Haarmücke gibt, ist
aber eben so wenig den Menschen gefährlich. als der
den Gärtnern hinlänglich bekannte Bibio hortulanus,
und unterscheidet sich von diesem nur durch den
schwarzen Leib, der bei eben genannter Art eine
braune Farbe hat. Diese Haarmücken sind zwar
den Mücken verwandt, aber harmlose Thiere, die
man auch bei uns bisweilen in grosser Menge sehen
Am Allerwenigsten stechen sie, wie die äch-
ten Mücken. In manchen Gärtnereien in Paris hatte
die Made des Bibio Marci auch in sofern die Auf-
merksamkeit der Besitzer auf sich gelenkt, als sie
an einzelnen Stellen massenweise vorkam, so dass
man sie mit dem bekannten, hier und da plötzlich
erscheinenden Heerwurme vergleichen konnte.
Wahrscheinlich hat diese schwarzleibige Haar-
mücke dieselbe Lebensweise, wie die gewöhnliche,
deren Schaden in Gärten im Allgemeinen wohl über-
trieben werden der zweiten Hälfte des
April, sobald es freundliches Wetter wird, kommen
diese Mücken aus ihren rundlichen Löchern in der
Erde hervor. Nur wenn es sehr warm ist, fliegen
sie des Abends umher, sonst sitzen sie träge an
Grashalmen oder Pflanzenstengeln. Nach der Be-
gattung slirbt alsbald das Männchen und sobald nach
8 bis 10 Tagen das Weibchen die Eier in die Erde
gelegt hat, auch dieses.
Im Juli kriechen die Maden
sich von den feinen Wurzelfasern,
kann.
mag. In
aus und nähren
wie es scheint,
279
aber mehr von den eben absterbenden, als von de-
nen, welche noch in voller Kraft sind. Daher ist,
wie wir schon ausgesprochen haben, der Schade
unbedeutend, den sie verursachen. Pet. Friedr.
Bouch& behauptet jedoch dagegen, dass die ge-
wöhnliche Haarmücke der Gärten (Bibio hortulanus)
vielen Pflanzen, und besonders den Ranunkelknollen,
von denen sie sich nährten, sehr gefährlich sein
könnten und bei ihm stets grossen Schaden ange-
richtet hätten. In Holland, wo man der Anzucht der
Ranunkeln grosse Sorgfalt zuwendet, weiss man,
wenigstens nach den uns gemachten Mittheilungen,
jedoch nichts darüber und hat niemals, so sehr auch
diese Haarmücke daselbst verbreitet ist, von ihr be-
merkbaren Schaden gehabt.
Die Art und Weise der Kultur der Kartoffel
wird in Frankreich jetzt wieder vielfach debat-
ti. Nach einem Berichte in dem Journal der
Pariser Gartenbau-Gesellschaft (p. 265) hat ein ge-
wisser Ch. Royer nach verschiedenen Richtungen
hin vergleichende Kulturen angestellt. Darnach lie-
fern grössere Kartoffeln der Aussaat im Allgemeinen
zwar mehr Knollen, als die kleineren, geben aber,
da sie in der Regel auch weiter gepflanzt werden
müssen, aul einer gewissen Fläche Landes einen
geringeren Ertrag als diese. Hundert Kilo z. B. gros-
ser Kartoffeln zur Aussaat angewendet, geben we-
niger Resultat, als eben so viel Gewicht kleiner.
Koyer verlangt deshalb, dass man zur Aussaat nur
-Knollen unter mittlerer Grösse nehmen solle. Zu
gleicher Zeit macht er darauf aufmerksam, dass die
Kartoffelpfllanze zu 2 verschiedenen Zeiten Knollen
bilde, deren Ausbildung und daher auch deren Güte
verschieden sei. Der erste Ansatz von Knollen ge-
schieht im Frühjahre, der zweite im Hochsommer.
Die Knollen der zweiten Periode müssen von der
Aussaat ausgeschlossen werden. Man erkennt sie
leicht an der glatten Rinde, die Oberhaut der Knol-
len des ersten oder Frühlings-Ansatzes ist dagegen
rissig und mehr oder weniger aufgesprungen.
Wer nicht ganze Knollen legen will, sondern sie
‘zur Aussaat theilt, möge sich zuvor davon überzeu-
gen, welche Seite der meist etwas zusammengedrück-
ten Kartoffel bei ihrer Bildung in der Erde nach
oben gelegen hat. Nur auf der oberen Seite befin-
den sich die besten und kräftigsten, auf der ent-
gsegengesetzten unteren hingegen die am Wenigsten
ausgebildeten Augen. Royer verlangt daher, dass
die Knolle nicht der Quere nach, sondern in der
Weise geschnitten werde, dass die obere Hälfte mit
den guten Augen zur Saat, die untere dagegen zur
Fütterung benutzt werde.
Ferner hat Royer ebenfalls gefunden, dass das
Gipfel-Auge stets am Meisten geeignet sei, Resultate
zu liefern. Wo möglich müsse man deshalb die
Knospen immer so legen, dass die Gipfelknospe
nach oben zu liegen komme.
In den Blumenparterres des Louvre zu Paris
findet man jetzt, nach Noblet in der Revue horti-
ceole, die wilde weisse Wucherblume, Chrysan-
themum LeucanthemumL., mit sehr gutem Erfolg an-
statt des sonst üblichen Chrysanthemum frutescens
von den kanarischen Inseln verwendet. Ihre Kultur
ist höchst einfach: Man säet die Samen im Juni oder
Juli im Kasten, wie Salat oder Kohl aus, piquirt sie
nachher auf 15—20 Centimeter Entfernung und pflanzt
sie entweder noch im Herbst oder im nächsten Früh-
jahr an den beabsichtigten Stellen aus. — Die Blüthe-
zeit beginnt im Mai und dauert bis Juni; wenn man
dann die Pflanzen beschneidet, treiben sie bald
wieder neue Blüthenzweige. — Noblet hält es aber
für besser, sie jedes Jahr im Sommer durch Thei-
lung der Stöcke oder noch besser durch Samen zu
erneuern.
Ungleiche Vertheilung der Geschlechter hei
Ailanthus. Carriere giebt in der Revue horticole Nr.
12 die Abbildung einer interessanten Ailanthus glandu-
losa, welche sich in Sceaux bei Paris befindet. Der
Baum misst, 1 Meter vom Boden, ungefähr 2!/, Meter
im Umfang; der sehr gerade gewachsene Stamm hat
bis zu den ersten Aesten eine Höhe von 5—5!/, Me-
ter. Dort theilt er sich in 2 starke Aeste, die sich
dann weiter verzweigen. Der eine dieser Aeste und
zwar der stärkste und am meisten aufrecht stehende
trug im vorigen Herbst eine grosse Zahl von Früchten,
während der andere nichts als einige vertrocknete
Reste von männlichen oder weiblichen Blüthen hatte.
(Der betreffende Korrespondent konnte die Natur der-
selben nicht mehr erkennen.) Der Gärtner bemerkte,
dass alle Jahre sich dasselbe Verhältniss wiederhole. —
Nach dem Fall der Blätter bemerkt man überhaupt
bei verschiedenen Ailanthus-Exemplaren eine ausser-
ordentliche Mannichfaltigkeit in der Vertheilung der
Frucht. Einige sind
haben wenige, noch andere gar keine.
sanz damit beladen, andere
Die ersteren
zeisen wieder die Früchte entweder nur auf einzel-
nen Aesten oder auch an allen, selbst
sind sie entweder zerstreut oder wieder in einzelnen
Gruppen beisammen.
Solche Fälle, wo so zu sagen die eine Hälfte
des Baumes allein Früchte trägt, gehören aber zu
den interessantesten von allen.
Thujopsis dolabrata trägt bekanntlich sehr
selten bei uns keimfähigen Samen, um so erfreulicher
dann aber
R 280
ist es, zu hören, dass es Hrn. C. Verdier in Paris
gelungen ist, solchen zu gewinnen, und zwar von
einer nur 60 Centimeter hohen, aus Stecklingen ge-
zogenen Pflanze. Einige der Samen keimten und
zeigten die jungen Pflänzchen ganz den Charakter |
von Biota.
Primula japonica A. G., die wir im vorigen
Jahrgange S. 195 besprochen, ist in der Juli-Num-
mer dieses Jahres der Regel’schen Gartenflora ab-
gebildet. Den Besuchern unserer Vereinsversamn-
lungen war im Mai d. J. Gelegenheit gegeben, die
Pflanze auch lebend zu sehen. Die Einführung die-
ser schönen Primel, bei der die Blüthen in mehren
Quirlen übereinander stehen, verdankt man R. For-
tune, der von Hrn. W. Keswick in Hongkong
und Walsh, Hall & Co. in Yokohama Samen er- |
hielt und diese dem bekannten tüchtigen Gärtner
Bull betrieb die Kul-
im Sommer 1871 ein
W. Bull in London übergab.
tur so eifrig, dass er schon
ganzes Gewächshaus damit gefüllt hatte. In England
hat sie den Winter ohne Deckung im Freien ausge-
halten. Ob sie das auch bei uns thun
Die Blüthen, welche ursprünglich magenta-roth waren,
zeigen jetzt schon verschiedene Nuancen: lila, weiss,
karminroth, rosa u. S. w.
In
wird?? —
derselben Nummer bespricht Dr. Regel die
Kultur des bekannten Pancratium speciosum
Salisb. als Zimmerpflanze. Der Grund, dass man
die prächtige Pancratius - Lilie so wenig sieht, liegt
hauptsächlich daran, dass sich nur selten und auch
dann nur wenig Samen ausbildet und ausserdem erst |
bei älteren sehr starken Exemplaren junge Neben-
zwiebeln, ebenfalls nur in geringer Menge auftreten.
Die Nebenzwiebeln nehme man erst ab, wenn
sie genügend erstarkt sind und zwar in der Weise,
dass man mit einem zwischengeschobenen Falzbein
sie vorsichtig von der Mutterzwiebel (die das ganze
Jahr in Vegetation bleibt) abbricht. Die jungen Zwie-
beln werden dann sofoıt einzeln in Töpfe in eine
recht sandige lehmige Erde gepflanzt und unmittel-
bar um die Bruchfläche mit Sand umgeben.
So stellt man sie im geheizten Zimmer an’s sonnige
Fenster. Die beste Zeit zum Abnehmen ist das Frühjahr.
Die jungen Zwiebeln liegen 3—6 Monate, ehe
sie eine kräftige Vegetation zeigen; sie müssen wäh-
renddess, wie alle Zwiebelgewächse, vorsichtig
und erst dann, wenn die Erde gut ausgetrocknet
ist, begossen werden, da sonst leicht Fäulniss ein-
tritt. — Im nächsten Frühjahr pflanzt man sie in
srössere (nicht zu kleine) Töpfe mit lehmiger Rasen-
Erde und erzielt dann bald blühbare Zwiebeln. Das
stärkste Wachsthum zeigt sich im Spätsommer und
Herbst; man verpflanze sie dann aber nicht, da sie
dadurch sehr leiden, sondern warte damit bis zum
Mai oder Juni. — Die Pflanze liebt recht grosse
Gefässe, in denen man unten eine Lage Scherben”
zum Abfluss des Wassers anbringt. Während der
Wachsthumszeit verlangt sie viel Wasser, aber vor-
sichtig zugesetzt: auch flüssiger Dünger dürfte sehr
zu empfehlen sein.
Der Same bildet sich nur aus, wenn die blühende
Pflanze einen Platz am Fenster erhält und man den
reichlieh vorhandenen Blüthenstaub auf die Narbe
überträgt. Wie bei vielen Pflanzen. entwiekeln sieh
nicht alle der Anlage nach vorhandenen Samen-
knospen. Die Amaryllideen, zu denen Paneratium
gehöit, haben einen 3fächerigen Fruchtknoten und
in jedem Fach 2 Reihen an der Achse befestigter
Eier. Von diesen entwickeln sich bei Paneratium
anfänglich in jedem Fach nur je 2 grundständige,
später aber verkümmern auch diese 6 bis auf eins
(seltener 2) und das eine entwickelt sich nun zu
einem taubeneigrossen oder noch grösseren zwiehbel-
artigen Samen. Derselbe ınuss einige Monate liegen
bleiben, ehe man ihn aussäet. Das Keimen dauert
sehr lange.
Silybum eburneum Coss et D. R., die Ma-
riendistel mit elfenbeinweissen Stacheln, welehe un-
serer gewöhnlichen übrigens sehr ähnlich ist, wird
wieder als Dekorationspfllanze von Frankreich her:
empfohlen. Sie muss im Juni gleich an Ort und
Stelle in gewöhnliche gute Gartenerde gesäet werden
und zwar 1—1!/, Meter auseinander, da sich eine
ausserordentlich grosse Blattrosette schon im Herbst
entwickelt. Diese hält im Winter aus und trägt im
| Frühjahr einen kräftigen, verzweigten, mit rosa-farbe-
nen Köpfen besetzten Blüthenstengel. — Vilmorin
Andrieux & Co. in ihren Fleurs de pleine terre sa-
gen — und wohl mit Recht — dass sie im Winter
selbst in Paris schwer aushalte und gedeckt werden
müsse. Uebrigens erhält man, wenn man die Samen
im Frühjahr säet, für den ersten Sommer dadurch
sehr schöne Rosetten, da sie erst im nächsten Jahre
Blüthen treibt.
Lilium auratum soll nach Pynaert (im Bul-
letin d’Arboriceulture, Gent) die Fliegen aus den
Zimmern entfernen, oder sie wenigstens nieht mehr
lästig erscheinen lassen. — Jedenfalls eine angenehme
Zugabe zu den übrigen guten Eigenschaften der herr-
lichen Blume.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
es
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
-
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 36.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Statut der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau zu Geisenheim. — Das Rheinthal. — Gartenbau-Ausstellung
in Wrietzen. — Neu eingegangene Preis- Verzeichnisse.
Statut
der
Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau
em:
(Provinz Hessen-Nassan).
die Jandwirthschaftlichen Angelegenhei-
ten ist dem Verein zur Beförderung des Garten-
baues das eben zenannte Statut mit der Nachricht
zugegangen, dass obige Anstalt im Laufe des Mo-
nat Oktober d. J. eröffnet werden wird.
Nachdem erst vor wenigen Jahren im Osten
unseres Landes das pomologische Institut zu Pros-
kau bei Oppeln ins Leben getreten ist und sich in
der kurzen Zeit seines Bestehens zu einer so er-
{reulichen Blüthe emporgeschwungen hat, finden wir
in der Errichtung der Kgl. Lehranstalt für Obst- und
Weinbau zu Geisenheim einen neuen thatkräftigen
Beweis von dem Streben der Königlichen Staatsregie-
rung, den ÖObst- und Weinbau nach allen Kräften
zu fördern.
Das uns vorliegende Statut enthält 1) eine Ein-
leitung, 2) das Statut selbst und 3) eine Beschrei-
bung der Gärten, welche zu der Königlichen Lehr-
anstalt in Geisenheim gehören; es ist also mehr als
eine blosse Aufzählung von statutarischen Satzungen.
Die Einleitung sagt über Entstehung und
Bedeutung der Anstalt unter Anderem Folgendes:
Zu allen Zeiten hat die Königliche Staatsregie-
rung der Verbesserung und Verbreitung des Obst-
und Weinbaues ihre Aufmerksamkeit geschenkt. So
sorgfältig aber auch dieser Zweig der Landeskuültur
}
|
gepflegt wurde, so war es doch bis in die neueste
Zeit in Preussen nicht ausführbar, alle Obst- und
Traubensorten in soleher Vollkommenheit zu erzeu-
gen, in den meisten Theilen
und in manchen anderen Ländern der Fall ist.
Frankreichs
Seit-
wie dies
| her mussten preussische Gärtner, wenn sie die fei-
Von Seiten des König]. Ministeriums für
nere Obstkultur und überhaupt den Obstbau in seiner
Vollkommenheit kennen lernen wollten, das Ausland
besuchen.
Erst seitdem Nassau dem Königreich Preussen
angehört, auch der inländische Obst- und
Weinbau die glänzenden, in südlicher gelegenen Ge-
senden erzielten Resultate zu erreichen und selbst
vermag
| zu übertreffen.
Dass in dem von der Vorsehung so reich ge-
segneten Rheingau, dem Paradiese Deutschlands, alle
Bedingungen erfüllt sind, um den Obstbau in seiner
höchsten Vollkommenheit darzustellen, entging nicht
dem immer wachsamen Auge Seiner Majestät des
Königs und Seiner wohlwollenden Sorge für die neue
Provinz. Es wurde auf Allerhöchste Anregung von
dem Ministerium für die landwirthschaftlichen Ange-
legenheiten der Plan entworfen, im Rheingau eine
Anstalt zu errichten, mit der Aufgabe, durch Wort
und Vorbild den Obst- und Weinbau zu lehren und
zu fördern.
Als der für diesen Zweck im Rheingau geeig-
netste Ort wurde Geisenheim in Aussicht genommen,
weil eine von Geisenheim nach Berlin gelangte sehr
reichhaltige Obstkollektion allgemeine Bewunderung
erregt hatte, und den Obstausstellungen von Geisen-
heim in Erfurt, in Paris und in Hamburg erste Preise
zuerkannt worden waren, weil die Stadt Geisenheim
36
der Königlichen Regierung einen grossen Theil der
für die Institutszwecke erforderlichen Ländereien un-
entgeltlich zur Verfügung stellte, weil in Geisenheim
die. vor einer Reihe von Jahren angelegten pomolo-
gischen Gärten der Villa Monrepos belegen sind,
welche wegen ihres Umfangs und der Männichfaltig-
keit und vortrefllichen Behandlung des dort kultivir-
ten Obstes bis zu der Zeit, wo die eigenen Anlagen
der neuen Lehranstalt herangewachsen sein werden,
ein Lehrmittel abgeben, wie ein solches in Preussen
schwerlich wieder zu finden ist, und endlich weil
Geisenheim als Eisenbahn- und Damplschiflstation
und umgeben von blühenden Städten und im Som-
mer reich besuchten Kurorten einer in allen Bezie-
hungen durchaus günstigen Lage sich erlreut.
Geisenhein liegt am Fusse eines südlichen Ab-
Die Lage der Instituts-
nach Süden sanft abfallende Der
Boden daselbst besteht aus einer leicht theilbaren,
durchlässigen, fruchtbaren
hanges des Taunusgebirges.
särten ist eine
und tiefgründigen Erde,
in welcher alle Pflanzen gedeihen, und vornehmlich
die feineren (Haar-) Wurzeln eine vorzügliche Aus-
bildung erlangen.
Das für die Versuchsweinberge der Lehranstalt
in Aussicht genommene Areal befindet sich oberhalb
der pomologischen Gärten an einem Bergabhang in
suter Weinbergslage.
Unter so bewandten Umständen, nachdem alle
einschlägigen Verhältnisse in Geisenheim, ebenso wie
in anderen in Vorschlag gebrachten Orten der Pro-
vinz Nassau, wiederholt auf das Gründlichste unter-
sucht worden waren, und auch die Landesvertretung
sich für Geisenheim entschieden hatte, beschloss das
Ministerium für die Jandwirthschaftlichen Angelegen-
heiten, in Geisenheim die projektirte höhere Lehr-
anstalt zu errichten.
Die vielfachen Zwecke, welche dieselbe verfol-
sen wird, die weitgehenden Vortheile, welche sie
nicht nur dem Gärtnerstande, sondern auch dem
kleinen und grossen Grundbesitzer und den Gemein-
den, nicht weniger der Wissenschaft bringen soll,
erhellen aus dem nachfolgenden Statut.
Statut
der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau
zu Geisenheim.
allgemeine Einrichtung
Lehranstalt.
81.
Dieselbe soll, gegenüber anderen gärtnerischen
Zweck und der
Lehranstalten, vorzugsweise einen höheren und mög-
lichst vollkommenen Betrieb des Obst- und Wein-
2»
baues, sowie der ganzen Nutzgärtnerei, ge-
stützt auf naturwissenschaftliche Grundsätze, lehren
und darstellen.
Zu diesem Zwecke wird die Anstalt bestrebt sein,
durch eine musterhafte Behandlung der Baumschule,
der Muttergärten, der Prülungsschulen für neue Obst-
und Traubensorten, der Versuchs- Weinberge und
Gemüsekulturen, sowie durch wissenschaftliche For-
schungen auf dem Gebiete der Obst- und Weinkultur,
der Pomologie und Oenologie, zu möglichst vielseitiger
Belehrung Gelegenheit zu bieten, und zu möglichst
weitverbreiteter Nutzanwendung anzuregen.
82.
Die mit dem Institut verbundene Lehranstalt ver-
folgt die Aufgabe, in einem mehrjährigen, gründlichen
und systematischen Lehrgange solche Gärtner aus-
zubilden, welche öffentlichen Anstalten, grösseren
Privatgärten oder Handelsgärtnereien vorstehen sollen.
Ausserdem sollen in einem kürzeren Zeitraume
solche Gärtner, welehe zuvor schon mindestens zwei
Jahre in einer Handelsgärtnerei oder grösseren Privat-
gärtnerei gearbeitet haben, weitere — wesentlich
praktische — Ausbildung im Obst-, Wein-. und
Gemüsebau erlangen.
Endlich soll die Lehranstalt Obstgärtnern, Baum-
wärtern, Schullehrern, Landwirthen, Garten- und
Weinbergsbesitzern, und allen denen, welche sich in
der praktischen Ausübung des Obst- und Weinbaues,
sowie der Weinbehandlung vervollkommnen, oder
für ihre praktischen Anschauungen eine wissenschaft-
liche Grundlage gewinnen wollen, Gelegenheit bieten,
als Hospitanten der Anstalt diesen Zweck zu
erreichen.
893.
In Gemässheit dieser verschiedenen Zwecke ver-
einigt die Lehranstalt folgende 3 Unterrichts-Abthei-
lungen:
1. Lehrgang für die ordentlichen Zöglinge (Höhere
Lehranstalt).
2. Lehrgang für die Schüler der praktischen
Gärtnerei (Gärtnerschule).
3. Lehrgang für die Hospitanten.
1. Höhere Lehranstalt.
Die in diese Abtheilung aufzunehmenden Zög-
linge haben das Zeugniss beizubringen, dass sie die
Reife für Sekunda eines Gymnasiums oder einer
Realschule erster Ordnung erlangt haben. Vermögen
sie das nicht, so müssen sie sich durch ein an der
Realschule zu Geisenheim abzulegendes Tentamen
über den genügenden Grad ihrer Vorbildung aus-
weisen,
Ausserdem müssen die eintretenden Zöglinge mit
Be.
den ersten gärtnerischen Handgriffen und mit der
Handhabung der gewöhnlicheren gärtnerischen In-
strumente vertraut sein.
In den ersten drei Jahren nach Eröffnung der
Anstalt ist es gestattet, Zöglinge aufzunehmen, welche
die Tertia einer Schule des vorbezeichneten Ranges
mindestens ein halbes Jahr, oder wenn die Tertia
der betreffenden Schule aus mehreren Abtheilungen
besteht, ein volles Jahr mit Erfolg besucht haben.
Der Unterricht für die ordentlichen Zöglinge der
Lehranstalt umfasst:
a. Besründende Fächer:
Botanik, Chemie, Physik, Zoologie, Mine-
ralogie, Mathematik,
b. Hauptfächer:
Allgemeiner Pflanzenbau, Obstkultur, insbe-
sondere Obstbaumzucht, Obstbaumsehnitt
und -pflege, Obsttreiberei, Topfbaumzucht,
ÖObstkenntniss (Pomologie), Obstbenutzung,
Weinbau, insbesondere Rebenzucht, Reben-
kultur im Weinberg und im Garten, Trauben-
kenntniss (Oenologie), Weinbereitung und
Weinbehandlung,
Gemüsebau und Treiberei, Landschaftsgärt-
nerei und Gehölzzucht, Plan- und Frucht-
zeichnen, und Fruchtmalen, Feldmessen
und Nivelliren.
ec. Nebienfächer:
Gärtnerische Buchführung, Bienenzucht, Sei-
denbau.
Die vollständige Absolvirung dieses Lehrganges
erfordert zwei Jahre.
Ausserdem ist den Zöglingen Gelegenheit ge-
boten, sich in der französischen und englischen Sprache
auszubilden.
2. Lehrgang für praktische Nutzgärtner.
Die Schüler dieser Abtheilung müssen die Kennt-
nisse der Elementarschulen besitzen, das 16. Lebens-
Jahr zurückgelegt haben, und kräftig genug sein, um
alle vorkommenden Arbeiten im Freien mit Ausdauer
ausführen zu können.
Dieselben nehmen auch an dem theoretischen
Unterricht im allgemeinen Pflanzenbau, im Obst-,
Wein- und Gemüsebau Theil. Ihre Ausbildung ist
eine wesentlich praktische.
Die Dauer dieses Lehrganges ist eine einjährige.
3. Lehrkursus für Hospitanten.
Dieser Unterricht wird hauptsächlich in prak-
tischer Unterweisung und Uebung in den im Garten
und Weinberg vorkommenden Arbeiten bestehen
und deshalb in denjenigen Jahreszeiten ertheilt wer-
den, in welchen die wesentliehsten dieser Arbeiten
«
im Freien ausgeführt werden. Vorläufig sind dafür
drei Wochen im April, zwei Wochen im Juni und
vier Wochen im September und Oktober bestimmt.
Das Nähere darüber wird aus dem allgemeinen Lehr-
plan ersichtlich sein. s
Zum besseren Verständniss der praktischen De-
monstrationen sollen mit denselben Vorträge
Garten- und Weinbau im Allgemeinen, über Cir-
kulations-, Boden- und Düngerlehre, Krankheiten der
Gewächse im Garten und Weinberg, schädliche und
nützliche Thiere u. s. w. verbunden werden.
2eNoorträgse für das allgemeine Publikum.
Es ist endlich die Absicht, Männer der Wissen-
schaft und der Praxis zu populären Vorträgen in den
Räumen der Anstalt über Gegenstände anzuregen,
welche nicht allein auf die Gärtnerei, die Obst- und
Weinkultur Bezug haben, sondern dem. weiten Ge-
biet der Pflanzenkultur und Pflanzenkenntniss über-
haupt angehören. Wer derartige Vorträge zu halten
beabsichtigt, hat sich an den Direetor der Anstalt
zu wenden und mit diesem das Erforderliche über
Gegenstand und Zeit der Vorträge, über das von den
Hörern zu entriehtende Honorar und den ihm davon
zu gewährenden Theil zu verabreden.
S4.
Zu den Lehrmitteln der Anstalt gehören die
Baum- und Rebschulen derselben, die Muttergärten,
die Weinberge, der Obstpark, die Formschule, die
Treibhäuser und Mistbeete, das Naturalienkabinet, die
Modell- und Geräthesammlung, die Bibliothek, das
Obstkabinet.
über
S 5.
Der Unterricht wird von dem Direktor, dem
Öbergärtner und den ordentlichen und ausserordent-
lichen Lehrern der Anstalt ertheilt.
Das Nähere darüber wird aus dem allgemeinen
Lehrplan und den speciellen Stundenplänen ersicht-
lich sein. -
Dauer der Lehr- resp. Studienzeit, Aufnahme
in die Lehranstalt und Entlassung.
S 6.
Der Umfang und Inhalt der verschiedenen Dis-
eiplinen, verbunden mit den bei dem ÖObst- und
Weinbau vorkommenden Manipulationen, erfordert
für fähige und gut vorbereitete Zöglinge eine Ver-
theilung der Lehrgegenstände auf 4 Semester; we-
niger gut vorbereitete werden wohlthun, 5 bis 6 Se-
mester in der Anstalt zu verbleiben, wenn sie das
ihnen in derselben Gebotene mit Verständniss auf-
nehmen und mit Nutzen verwerthen wollen.
Die Aufnahme der Zöglinge und Schüler erfolgt
am 1. October jeden Jahres.
36*
284
Die Anmeldung zur Aulnahme erfolgt schriftlich
oder mündlich beim Direktor.
Jeder Eintretende muss das 16. Lebensjahr zu-
rückgelegt haben, und hat seinen Geburtsschein, das
Abgangszeugniss von der Schule und, falls er bereits
im Gartenbau praktisch beschäftigt gewesen ist, ein
Führungsattest von seinem Lehrherrn beizubringen.
Minderjährige und überhaupt noch nicht selbststän-
dige Personen haben ausserdem eine Erklärung
ihres Vaters oder Vormundes vorzulegen, wonach
dieser sich mit ihrem Eintritt in die Anstalt einver-
standen erklärt und sich verpflichtet, die Kosten ihres
Unterrichts zu tragen.
SR
Die ordentlichen Zöglinge der Anstalt (Abthei-
lung 1 des $ 3) sind verpflichtet, sich bei ihrem
Abgange von derselben einer Prüfung zu unterwerfen,
über deren Ausfall ihnen ein Zeugniss ertheilt wer-
den wird. Zu dieser Prüfung werden nur diejenigen
zugelassen, welche in der bezeichneten Abtheilung
der Anstalt mindestens 2 Jahre zugebracht haben.
Wer die Anstalt früher verlässt, hat keinen Anspruch
auf ein Abgangszeugniss; jedoch kann die Ertheilung
eines Zeugnisses, in welchem ein summarisches Ur-
theil über das von dem Abgehenden Erlernte, über
seinen Fleiss und seine Führung auszusprechen ist,
nach dem Ermessen des Direktors erfolgen, wenn
der Zögling nicht ausscheidet, sondern
durch äussere, von ihm nicht abhängende Umstände
gsenöthigt ist, die Anstalt zu verlassen.
Die Schüler der Abtheilung 2 (für praktische
Gärtnerei) haben nur dann Anspruch auf ein Ab-
gangszeugniss der letzteren Art, wenn sie mindestens
I Jahr der Anstalt angehört haben.
Näheres bestimmt das zu erlassende Prüfungs-
freiwillig
Reglement.
Honorare.
88.
Das Lehrhonorar ist beim Beginn eines jeden
Semesters pränumerando zu entrichten. Dasselbe
beträgt:
höheren Lehranstalt:
für das 1. und 2. Semester je 20 Thlr.
für das 3. und 4. Semester je 15° „
für das 5. und 6. Semester. je 10 . „
b. für die Schüler der praktischen Gärtnerei:
für das 1. und 2. Semester je 10 Thlr.
ce. Hospitanten mit Ausnahme der Schullehrer und
Baumwärter, Unterricht unent-
geltlich geniessen, haben sich über die Be-
ihrer Zulassung Zum Unterricht
a. für die: Zöglinge..der
welche den
dingungen
mit dem Direktor der Anstalt zu verständigen.
Die Aufnahme der Zöglinge und Schüler zu a.
und b. ist von der Zahlung für das erste Semester
abhängig; erfolgen die Vorauszahlungen für die spä-
teren Semester nicht pünktlich, d. h. innerhalb der
ersten 14 Tage des Semesters, so ist die sofortige
Entlassung des Nichtzahlenden zu gewärtigen.
89.
Eine Zurückerstattung der gezahlten Beträg
findet nur dann bis zur Hälfte statt, wenn der Austritt
ein ganz unverschuldeter und unvermeidlicher ist und
vor Ablauf der ersten Hälfte des Semesters stattfindet.
8 1.
Es bleibt vorbehalten, die Bedingungen festzu-
stellen, unter welchen einzelnen Eleven der Anstalt,
die sich durch Fleiss und sittliches Betragen aus-
zeichnen und,ihre Bedürftigkeit nachzuweisen ver-
mögen, die Honorarzahlung ganz oder theilweise er-
lassen werden kann. Die Zahl solcher Beneficiaten
kann aber nur eine beschränkte sein.
Sonstige Bestimmungen.
s& 11.
Die Zöglinge und Schüler der Anstalt haben
nicht nur während ihres Aufenthaltes in der Anstalt
selbst, auch ausserhalb derselben im Orte
Geisenheim sich eines sittlichen und anständigen Be-
tragens zu befleissigen, den Zweck ihrer Anwesen-
heit nicht aus den Augen zu lassen und den An-
ordnungen des Direktors und der übrigen Beamten
der Anstalt unbedingt Folge zu leisten. Thun sie
das nicht, so können sie unter Zustimmung des Cu-
ratoriums der Anstalt jederzeit entlassen werden.
Den Zöglingen, Schülern und Baumwärtern liegt
es ob, ausser den Unterrichtsstunden alle in den
Baumschulen und Pflanzungen vorkommenden Arbei-
ten nach Anweisung des Direktors oder des Fach-
lehrers zu verrichten.
sondern
$.,12.
Wohnung und Beköstigung gewährt die Anstalt
den sie Besuchenden nicht. Für Beides ist hin-
reichende Gelegenheit in der Stadt Geisenheim zu
finden.
khessort-Verhältnisse der Anstalt.
& 13.
Die Anstalt steht unter der unmittelbaren Auf-
sicht eines vom Minister für die landwirthschaftlichen
Angelegenheiten ernannten Curatoriunıs, in höherer
Instanz und in Verwaltungs -Angelegenheiten unter
der des Ministers für die landwirthschaftlichen An-
gelegenheiten. Berlin, am 31. Juli 1872.
Der Minister für die Jandwirthschaftl. Angelegenheiten.
v. Selchow.
u
Das Rheinthal.
Am Abend sass ich noch auf der Brühlschen
Terrasse an der Elbe in Dresden und am anderen
Morgen fuhr ich auf der schönen Brücke über den
breiten Rhein nach Mainz. Wie ganz anders waren
jetzt meine Gefühle, seitdem der ganze Rhein in sei-
nem Laufe nach Norden wiederum auf beiden Seiten
deutsch geworden war. Elbe und Rhein sind eben
so von Grund aus verschiedene Flüsse, wie die bei-
den Städte Mainz und Dresden, aber eins haben sie
gemein: die Schönheit ihrer Umgebungen. Während
man aber in Dresden meisterhalt verstand, die Reize,
welche Mutter Natur so reichlich gespendet, allent-
halben auch den Blicken derer, welche für dergleichen
besonders empfänglich sind, angenehm vorzuführen,
ist bei Mainz noch mancher schöne Punkt vorhan-
den, der verborgen liegt. Dresden ist seit Jahrhun-
derten der Sitz eines kunstsinnigen Fürstenhauses, in
Mainz herrschten Jahrhunderte lang Kirchenfürsten.
Was ist nicht Alles noch seitens der früheren Kur-
fürsten und jetzigen Könige von Sachsen für die
Versehönerung Dresdens geschehen. Schöne Gär-
ten und reizende Anlagen wurden ins Leben gerufen
und zum grossen Theil nicht ängstlich verschlossen,
sondern im Gegentheil mit grosser Liberalität zu je-
der Zeit am Tage dem Publikum geöffnet.
Nicht so in Mainz. Die geistlichen Herren der
Stadt, die dereinst mächtigen Kurfürsten, scheinen
keinen oder doch nur wenig Sinn für Naturschönhei-
ten gehabt zu haben. Für die Verschönerung der
Umgebungen der finsteren, weil enggebauten Stadt
geschah nicht das Geringste. Weder dem breiten
Flusse, noch den hohen Punkten mit ihren reizenden
Fernsichten wendete man auch nur die geringste
Aufmerksamkeit zu. Es wurde aber auch nicht bes-
ser, eher schlechter, als Mainz deutsche Bundesfestung
wurde. Darf man sich deshalb wundern, wenn auch
bei der Bevölkerung der Sinn für schöne Natur nicht
zur Entwickelung kam?
Diese Gleichgültigkeit gegen Naturschönheiten
hat sich aber in der neuesten Zeit völlig verloren
und ausserdem ist die Liebe zu Pflanzen und Blu-
men hinzugekommen. Seit vielen Jahren schon be-
steht in Mainz ein Gartenbau-Verein, der grosse Thä-
tiskeit entfaltete, nicht unbedeutende Ausstellungen
ins Leben rief und damit den erwachten Sinn für die
Natur und für die in ihr wachsenden Blumen und
Pflanzen erkräftiste und erweiterte. In Mainz war
es, wo zuerst eine grosse internationale Pflanzen-
und Blumenausstellung ins Leben gerufen wurde. Zu
diesem Gartenbau-Vereine ist neuerdings noch ein
Verschönerungs -Verein hinzugetreten, der sich die
Aufgabe gestellt hat, die Umgebungen der Stadt durch
Anpflanzungen zu verschönern, besonders aber die
schönsten Punkte in der Nähe nicht allein für Aus-
und Fernsichten zugänglicher zu machen, sondern
auch Spaziergängern die Möglichkeit zu geben, an
ihnen längere Zeit bequem zu verweilen. Es ist im
hohen Grade erfreulich, dass das Interesse der Main-
zer Bewohner für dergleichen Verschönerungen auch
durch freiwillige Beisteuer einen gewichtigen Nach-
druck erhält. Ein zu Gunsten der Verschönerungs-
Kasse an einem August-Abende veranstaltetes Con-
cert auf einem Punkte der Anlagen, wo man zu
gleicher Zeit eine Restauration errichtet, war ausser-
ordentlich besucht und hat hoffentlich eine gute Ein-
nahme gegeben. Anlagen bedürfen, wenn sie gut
unterhalten werden und ihren Zweck erreichen sol-
len, viel Geld. Es ist dieses eine Sache, welche
leider die Väter der Stadt aus dem Auge verlieren;
nichts kommt aber auch den Bewohnern so sehr zu
Gute, als sie. Vor Allem tragen sie zur Verbesse-
rung des Gesundheitszustandes bei.
Die Brühl’sche Terrasse in Dresden und die Ter-
rasse der Mainzer Anlage haben in so fern eine
srosse Aehnlichkeit, als ein grosser, schöner Fluss
unter ihnen dahinfliesst. Vermag auch die Mainzer
Terrasse als solche auch nur im Geringsten sich mit
der in Dresden zu messen, besonders was Eleganz
und Bequemlichkeit der Einrichtungen und die Schön-
heit der anliegenden Gebäude anbelangt, so bietet
sie doch in dem weit mächtigeren und weit belebte-
ren Strome etwas, was weit grossartiger ist. Gerade
bei Mainz scheint mir der Rhein besonders schön zu
sein. Man sieht die ungeheuren Wasserflächen von
Süd nach Nord ruhig dahinfliessen, als Symbol des
Friedens, den man vor Kurzem von Seite unserer
Nachbarn muthwillig brach. Zur Strafe sind aber
die Friedensbrecher für unwürdig erachtet worden,
noch ferner eine Seite des Rheines ıhr eigen zu nen-
nen. Der Rhein ist von Basel bis dahin, wo er
seine Sehönheit im Norden verliert, deutsch und wird
für immer deutsch bleiben.
Es versäume Niemand, besonders wer von Osten
und Norden unseres grossen Vaterlandes nach Mainz
kommt, diese Anlagen mit der Terrasse, auf der auch
eine ziemlich zufrieden stellende Restauration noch
Wünsche zu erfüllen im Stande ist, zu besehen.
Aber auch hier begnüge man sich nicht und ersteige
auf bequemem Wege den breiten Gipfel, wo die
Fernsieht noch einen ganz anderen Umfang gewonnen
hat. Auf diesem reizenden Punkte wurde der be-
rüchtigte Schinderhans hingerichtet, ein Umstand, der
”
286
ihm den Namen Schinderhansberg verschaffte. Möchte ı mässigte Preise für Hin- und Rückfahrten machen
man ihm doch einen andern Namen geben und damit
die Erinnerung an eine traurige Zeit, wenn auch nicht
erlöschen, doch wenigstens in den Hintergrund stellen.
Die Anlagen lassen Manches zu wünschen übrig,
so sehr ich der Sauberkeit und Ordnung, welche
daselbst herrscht, volle Rechnung trage. Es wird
schwer, ein festes Prinzip, was bei der Entwerfung
des Planes massgebend war, herauszufinden. Viel-
leicht ist es im Verlaufe der Zeit allmählig verloren
gegangen und man ist durch Vernachlässigung von
dem ursprünglichen Geiste abgewichen? Die Pflan-
zungen sind viel zu dieht und decken nicht selten
schöne Aussichtspunkte. Dasselbe geschieht hier
und da auch durch einzelne Bäume oder Boskets.
Möchte doch recht bald der richtige Künstler kommen,
um die Anlagen in ästhetischer Hinsicht zu relormi-
ren, bevor es zu spät wird und eine totale Um-
gestaltung sich nöthig macht.
Die Aussicht von der steil abfallenden Terrasse
ist wunderschön. Zu Füssen der breite Rhein mit
seinen vielen Schiffen, die auf- und abwärts fahren,
nur durch einen schmalen Strich Landes am Fusse
der Höhe, auf dem die Ludwigs - Eisenbahn - Gesell-
schaft ihre Fahrgleise bis zur Rheinbrücke gelegt
hat, getrennt. Darüber der Rheingau, die Perle des
preussischen Staates, und im Hintergrunde der Taunus
mit seinen bewaldeten Höhen, welche einerseits die
kalten Nordostwinde abhalten, andrerseits eine grössere
Feuchtigkeit bedingen. Das sind die beiden wichtig-
sten Momente, welehe die Fruchtbarkeit des Rhein-
gsaues bedingen und hauptsächlich wohl neben den
feuchten, vom Rheine genährten Niederschlägen Ur-
sache sind, dass der beste, am Höchsten geschätzte,
aber auch bezahlte Wein hier gewonnen wird.
Kein Ort ist so geeignet, den Mittelpunkt von
Ausflügen zu machen, als Mainz. Nach allen Seiten
hin bieten sich Wasser- und Eisenbahnwege dar, so
dass man bequem nach und nach alle schönern
Punkte der näheren und ferneren Umgebung besuchen
kann. Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt sind
schon fast in einer halben Stunde zu erreichen. Auf
den Schiffen kann man all’ die bekannteren und be-
rühmteren Orte des Rheingaues besuchen und, je
nachdem man es sich vorgenommen hat, sich daselbst
aufhalten. Die trotz der Menschenmenge grosse Ruhe
und Sicherheit, welche Einem entgegentritt, thut un-
endlich wohl, besonders, wenn man das Glück hat,
auch vom Wetter begünstigt zu sein. Wer Bäder
liebt, findet in dem nahen Schlangenbad, in Schwal-
hach, in Ems, in Soden, in Homburg, vor Allem aber
in dem nahen Wiesbaden seine Befriedigung. Er-
die Ausflüge billiger.
Ich wandte mich zuerst nach dem Süden, und
zwar nach der schönen Residenz der hessischen
Grossherzöge, nach Darmstadt. Die Stadt liegt zwar
flach in der fruchtbaren Rhein-Ebene, der Horizont
bietet aber von ihr aus, besonders nach Süden,
reizende Fernsichten. Vor längerer Zeit schon habe
ich angeregt, eine Vereinigung von grossen und klei-
nen Grundbesitzern zugleich mit Verschönerungs- und
Gartenbau-Vereinen herbeizuführen, welche sieh zur
Aufgabe macht, die nächsten Umgebungen der Woh-
nungen, resp. der Ortschaften durch. Anlagen mit.
Pflanzen und Blumen zu verschönern, dann aber
diese Verschönerungen möglichst weit auszudehnen,
so dass sie schliesslich mit anderen, die von anderer
Seite aus in Angriff genommen sind, zusammen-
kommen. Wir würden nicht, wie in England, abge-
schlossene Parks, sondern offene Anlagen erhalten,
die Jedermann zugänglich sind. Das ganze Deutsch-
land müsste ein einziger grosser Garten werden.
Aber auch diesen zusammenhängenden Verschöne-
rungen müsste eine Idee zu Grunde liegen. Es würde
dieses keineswegs hindern, dass jeder Grundbesitzer,
in der Nähe seiner Wohnung, der eigenen Geschmacks-
richtung huldigte. Meiner Ansicht nach muss an und
für sich die nächste Nähe der Wohnung bei Anlagen,
Parks u. s. w. das Gepräge des Besitzers tragen. Dann
würde man aus den Bepflanzungen um die Wohnung
herum auch die innern Einrichtungen der Wohnung
erkennen. Ferner von der Wohnung muss sich aber
die Anlage der Landschaft anschliessen, es müssen
hier die allgemeinen Ansichten der Kunst, hier speeciell
der Gartenkunst, massgebend sein, wie sie vor Allem
durch den Fürsten Pückler-Muskau ins Leben gerufen
wurden. Damit vermeidet man ein buntes Konvolut
verschiedener, vielleicht sogar entgegengesetzter Aus-
führungen.
Einen Anfang zu dergleichen Vereinigungen von
Anlagen und Parks findet man in der näheren und
weiteren Umgebung von Darmstadt. So lange dieser
Ort Residenz der hessischen Fürsten und Grossherzög
war, haben diese sich bemüht, die Umgebungen ihrer
zeitweiligen Aufenthaltsorte zu verschönern. Es ist
dieses stets in einer Weise geschehen, dass den
örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen wurde.
Dazu kommt allerdings noch, dass dieser ganze Theil
von Hessen, in dem Darmstadt liegt, einen grossen,
besonders mit Obstbäumen besetzten Garten, der sich
ohne Unterbrechung die ganze Bergstrasse entlang
bis nach Heidelberg hinzieht, darstellt. Was ich
hauptsächlich für das nördliche Deutschland herbei-
Bee”
führen möchte, ist in der That hier schon zum Theil
in Ausführung gebracht worden.
Darmstadt ist, wie bereits gesagt, eine schöne
offene Stadt, zum grössten Theil in regelrechtem
Style erbaut. Die Stadt hat viele Privatgärten, aber
auch einen grossherzoglichen Park, den sogenannten
Herrengarten, der dem Publikum geöffnet ist. Er ist
nicht gross und besitzt einige schöne Bäume. Die
Rasenflächen, hier und da kleinere Teiche mit guten
Konturen umgeben, werden gut und sauber erhalten,
ebenso die breiten und bequemen Wege. Eine Be-
schreibung von ihm zu geben, liegt mir fern.
Von interessanten Gehölzen fielen mir einige
Akazien, in der Form der Italienischen Pappel und
mit einer Höhe von 30 bis 40 Fuss, auf. Bei uns
in Norddeutschland sieht man diese schönen Pyra-
miden gar nicht, während sie im Süden keineswegs
selten sind und, wie es scheint, selbst aus Samen
entstanden sind. An der ganzen Bergstrasse habe
ich sie ınannigfach in stattlicher Höhe an verschie-
denen Stellen gesehen. Man sollte doch diese wirk-
lich schöne Form der Akazie im Norden Deutsch-
lands häufiger in Anwendung bringen.
Ein zweites Gehölz, was mich im Herrengarten
interessirte, war ein Exemplar der Kirschpflaume oder
Myrobalane. In solcher Stärke, wie es hier vorhan-
den, hatte ich selbst im Vaterlande (Transkaukasien)
keinen Baum gesehen. Der mit knorrigen Aus-
wüchsen dicht besetzte Stamm besass einen Durch-
messer von 21); Fuss und war nicht grade. Seine
Höhe betrug dagegen 30 Fuss. Die Myrobalane hat
in der neueren Zeit in sofern die Aufmerksamkeit der
Obstzüchter erregt, als sie eine gute Unterlage für
Pfirsiche und edle Pflaumen darbietet und, nament-
lich in Frankreich, viel benutzt wird. Wenn man
dagegen hier und da Prunus divarieata Led. als Un-
terlage vorzieht, so wusste man wohl nicht, dass
diese Pflaumenart die ursprüngliche wilde Form der
Pr. Myrobalanus L. oder cerasifera Ehrh. darstellt.
Endlich erwähne ich noch ein hübsches Exem-
plar des Judasbaumes (Cereis Siliquestrum L.). Es
hatte ebenfalls einen 2!/, Fuss im Durchmesser ent-
haltenden Stamm, während die Höhe 35, vielleicht
40 Fuss betrug. Am Bosporus hatte ich früher, noch
mehr aber auf der asiatischen Seite Konstantinopels,
in Skutari, ähnliche Exemplare von dieser Grösse
gesehen. Wenn im ersten Frühjahre die rothen
Blüthen den Baum, wenn er noch keine Blätter be-
sitzt, dicht bedecken, nimmt er sich reizend aus.
Noch an demselben Abende begann ich meine
weiteren Wanderungen auf der Bergstrasse. So nennt
man nämlich die Strasse, welche im breiten Rhein-
thale längs des Odenwaldes bis Heidelberg führt.
Wenn die Östseite des Rheines unterhalb Mainz
bis an die Höhen des Taunus, der sogenannte Rhein-
sau, früher eine Perle Deutschlands genannt wurde,
so verdient die Ostseite des Rheines oberhalb
Mainz bis dahin, wo der Neckar das Gebirge durch-
bricht und dem Rheine zufliesst, den Namen des
deutschen Kleinodes. Es ist eine nicht allein der
fruchtbarsten, sondern auch der bebautesten Ebenen,
welche Deutschland besitzt. Wie im Rheingaue der
Taunus im Osten den Horizont schliesst, so hier
der Odenwald
senden Burgen.
Auerbach und das daselbst befindliche Fürsten-
lager war das nächste Ziel, was ich mir gesteckt
hatte. In einer halben Stunde hatte mich der Dampf
in das freundliche Dorf gebracht. Der 2400 Fuss
hohe Melibokus (wenn wir uns richtig noch erinnern),
der höchste Berg des Odenwaldes, erhebt sich hier
und trägt auf seinem Gipfel einen runden Thurm,
von dem man einer prächtigen Aussicht
erfreut. Auf der einen Seite das ganze Schwabenland
mit seiner an Burgen und Schlössern reichen rauhen
Alp, auf der andern das ganze Rheinthal bis an die
Vogesen. Am Fusse des Melibokus erhebt sich ein
anderer, weit niedrigerer Bergkegel und trägt die
noch ziemlich erhaltenen Ruinen des Auerbacher
Schlosses.
Der Westabfall des ÖOdenwaldes unterscheidet
sieh dadurch von dem des Taunus, dass er plötzlich
geschieht und sich nicht erst in Hügel auflöst. Des-
halb erscheint auch der Odenwald grossartiger und
man befindet sich schon in kürzester Zeit im Gebirge,
während man beim Taunus längere Zeit bedarf. Es
ist dieses nirgends in der Weise mehr der Fall, als
bei Auerbach, wo das Dorf selbst sich längs eines
Baches bis an den Anfang eines einer Schlucht ähn-
lichen Thales hinzieht. Man begreift die hessischen
Grossherzoge, dass sie schon längst hier in dieser
engen Thalschlucht einen Ort der Luftfrische sich
zum zeitweiligen Aufenthalt gewählt haben, der so
viel darbietet, als irgend ein bewaldeter Grund eines
höheren Gebirges, selbst der Alpen darbieten kann.
Man begreift aber auch die Bewohner der Ebenen,
besonders der nordischen, sie während der
heissen Juli- und August- Tage bisweilen hierher
flüchten, um die ermatteten und geschwächten Glieder
zu erstärken und eine Luft einzuathmen, welche dem
sanzen Körper wohlthut. Seit wenigen Jahren wird
Auerbach vielfach von fremden Familien besucht,
welche einen kürzeren oder längeren Aufenthalt hier
| nehmen.
mit seinen vielen in Trümmern lie-
aus sich
wenn
Es ist bereits auch ein geräumiges Wirths-
288
haus entstanden, in dem man ein bequemes und
wohlfeiles Unterkommen finden kann.
Das eigentliche Fürstenlager bildet den Anfang
der bereits bezeichneten, ziemlich engen Schlucht, in
der ein krystallener Bach dahin fliesst. Matten, wie
sie nicht schöner im Hochgebirge sein können,
ziehen sich die Abhänge hinauf und werden an den
Seiten von hohen Bäumen begränzt. Aber auch an
dem oberen Ende zieht sich Hochwald dahin. Dass
die Kunst hier nichts gethan, versteht sich von selbst.
Einzelne schöne Bäume der nächsten Nähe sind frei-
gelegt und desto mehr zur Geltung gekommen. Blu-
menschmuck ist nirgends in einer Weise vorhanden,
dass er in den Vordergrund treten auch
Boskets mit Blüthensträuchern hat
Dagegen sind von verschiedenen schönen Koniferen
Exemplare angepflanzt, die Zeugniss ablegen, dass
hier Menschen aus den höchsten Ständen, wenn auch
nur zeitweilig, wohnen. Alles ist grossartig und im-
ponirend, nirgends aber barock und wild.
Die Matten erhalten sich natürlich an solchen
Orten von selbst und erscheinen die ganze Zeit hin-
durch im freudigsten Grün. Ob man absichtlich die
buntblühenden Stauden, wie man sie sonst findet,
aus ihnen entfernt hat oder ob ursprünglich schon
nur Gräser die Decke gebildet haben,
nicht zu sagen. Unter den verschiedenen auslän-
dischen Koniferen, welche man zerstreut auf den
Matten angebracht hatte, zeichneten sich besonders
Wellingtonien, die beiden riesigen Lebensbäume der
Nordwestküste Amerika’s (Thuja gigantea und Lobbii)
und’ die spanische Tanne (Abies Pinsapo) aus. Eine
Pflanze war es aber besonders, welche meine Auf-
merksamkeit auf sich zog, da ich sie am allerwe-
nigsten hier erwartet hatte. Es war dieses die auch
früher in der Wochenschrift vielbesprochene Opuntia
(Caectus) Rafinesqueana. Am ganzen Odenwalde ge-
deiht sie vorzüglich, ohne im Winter auch nur im
Geringsten zu leiden. Sie wächst sehr ähnlich der
gewöhnlichen Opuntia, wie man diese, besonders in
Südtyrol, jetzt vielfach findet, und bedeckt sich eben-
falls während des Frühjahrs dicht mit gelben Blüthen.
Opuntia Rafinesqueana scheint demnach noch im Süd-
westen Deutschlands das zu werden, was Opuntia
vulgaris im südlichen Tyrol darstellt.
(Sehluss folgt.)
könnte;
man vermieden.
vermag ich
Gartenbau- Ausstellung in Wrietzen.
Hinsichtlich der am 15.—17. Sept. in Wrietzen
a. Ö. stattfindenden Ausstellung (siehe Nr. 34 d. Bl.)
seht uns die Mittheilung zu, dass der Herr Minister
für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten 2—3
grosse Staats-Medaillen für Leistungen im Gartenbau
zugesagt hat; ausserdem werden in drei Abstufungen
16 Geldpreise vertheilt. Der Verein hat zugleich den
Wunsch ausgesprochen, dass Seitens des Vereines
zur Beförderung des Gartenbaues ein Pomologe de-
putirt" werde, um etwaige Falsa in der Bestimmung
der Obstsorten zu berichtigen.
Wir begrüssen diesen Wunsch mit grosser Freude,
da er ein neues Zeugniss dafür ablegt, welch reger
wissenschaftlicher Eifer sieh auch- in kleineren Ver-
einen zeigt.
Neu eingegangene Preis-Verzeichnisse
für Herbst 1872 und Frühjahr 1873.
Indem wir uns ev. weitere Mittheilungen über
die eingesandten Preis - Courante etc. vorbehalten,
geben wir vorläufig nur ein Verzeichniss derselben,
da es ja für die meisten unserer Leser einfach der
Erinnerung an diese oder jene Firma bedarf, um
schon zu wissen, was sie besonders hier oder dort
zu erwarten haben.
Joseph Baumann in Gent (Lorbeeren, Aza-
leen, Rhododendren, Camellien, Araucarien ete.).
Gebrüder Dittmar in Heilbronn, Württem-
berg (Garten- und Forstgeräthe).
August Gebhardt in Quedlinburg (Gemüse
und Blumen, Hyacinthen, neueste Reseda-Formen).
Haage u. Schmidt in Erfurt (Blumen - Zwie-
beln, Knollen-Gewächse, Erd-Orchideen, Palmen und
andere Warmhaus- resp. Kalthauspflanzen, Beeren-
Obst ete. — Wie immer äusserst reichhaltig).
F. C. Heinemann, grossherzogl. sächsischer
Hof-Lieferant in Erfurt (Blumen -Zwiebeln, Primula
japoniea- Samen, Rosen, Stiefmütterchen, hybride
Helleborus, Syringa. Obst).
J. G. Hübner in Bunzlau, Schlesien (Blumen-
Zwiebeln, Sämereien, Obst- und Zierbäume).
Simon Louis Freres in Plantieres bei Metz
(Nur Erdbeeren. Sehr reichhaltige Auswahl).
Vilmorin, Andrieux u. Co. in Paris (Blumen-
Zwiebeln, Knollen- Gewächse, Erdbeeren ete. Sehr
sorgfältige Auswahl).
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General- Sekretär des Vereines.
No. 37.
Berlin, den 14. September.
182.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
x des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: 544. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 27. August. — Das Rheinthal (Schluss). —
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde IX.
944. Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues,
am 27. August.
Da der Vorsitzende verhindert war zu erschei-
nen und Hr. Inspektor Bouche, als erster Stellver-
treter, wegen Unwohlseins den Vorsitz nicht führen
koennte, so übernahm Hr. Dr. Bolle die Leitung der
Versammlung.
Hr. Garten - Inspektor Bouche& theilte im An-
schluss an das Protokoll mit, dass von den betreffen-
den Etiquetten-Fabrikanten noch keine Etiquetten zur
Prüfung eingesandt seien.
Seitens des Ministeriums für die landwirthschaft-
lichen Angelegenheiten ist das Statut der im Laufe
des Oktobers d. J. zu eröffnenden höheren Lehran-
stalt für Obst- und Weinbau in Geisenheim über-
sandt und wird dasselbe dem General -Sekretär zur
Benutzung für die Wochenschrift zugestellt. (Ist be-
reits in Nr. 36 mitgetheilt.)
Der Gartenbau -Verein zu Wrietzen bittet, dass
ein Obstkenner zu seiner am 15. bis 17. September
d. J. stattfindenden Ausstellung von Seiten des Ver-
eines deputirt werde, um etwaige Falsa in den Be-
stimmungen zu berichtigen, und wird auf Vorschlag
des Herrn Ritter beschlossen, Herrn Lübeck in Freien-
walde zu ersuchen, als Vertreter des Vereines da-
selbst zu erscheinen.
Von den Herren Metz und Co., waren durch
Herrn Obergärtner Müller mehrere Exemplare von
Cannas ausgestellt, die sich auch durch ihren
Blüthenschmuck auszeichneten, während sonst be-
kanntlich die Cannas nur als Blattpflanzen verwerthet
werden. Es waren folgende Sorten: C. Bichorelli,
Blüthen dunkelscharlachroth, Brakteen und Stengel
ganz dunkel purpurn und stark bereift, namentlich
erstere; 6. Depute Henon, Perigonblätter unten
röthlich, oben schön hell goldgelb, Brakteen fahl
röthlich, Stengel und Kapsel grün, eine sehr em-
pfehlenswerthe Sorte; C. Jean Vandael, dunkel-
roth, Brakteen schmutzig purpurn, stark bereift; C.
Jacques Plantier, Perigonblätter röthlich, ins
Orangefarbige übergehend. Brakteen wie vorige,
Stengel grünlich purpurn; C. Senateur Chevreau,
lebhaft scharlachroth, Stengel fast grün, sonst wie
vorige. — Ausserdem hatte dieselbe Firma noch
einen sehr schönen blauen, dankbar blühenden Gea-
nothus hybridus, Gloire de Versailles,
gestellt.
Von Seiten des botanischen Gartens war
eine grössere Zahl in schönster Kultur stehender
Gewächse ausgestellt. Wir nennen darunter: Cyr-
thanthera magnifica Nees aus Brasilien, mit schön
dunkelfleischfarbigen Tast karmoisinrothen Blüthen,
Seutellaria inearnata Vent. aus Nordamerika, Klugia
Notoniana, eine schöne blau blühende Gesneracee, Til-
landsia discolor Hort., die schön dunkelviolett blühende
Diehorisandra ovata, Pilea grandis, Aphelandra bul-
lata, eine Acanthacee mit dunkelscharlachrothen in
Aehren stehenden Blüthen, ferner Clerodendron Bal-
fourii, ein herrlicher Blüthenstrauch resp. Schling-
pflanze, Billbergia Croyana, Coronilla rostrata, eine
niedliche Annuelle mit weissen, etwas röthlichen
Blüthen, Isotoma petraea Ferd. Müll., eine Lobeliacee
37
aus-
290
aus Neuholland, mit oval-lanzettlichen, sehr lang, aber
ungleich gezähnten Blättern und weissen Blüthen, der
wir freilich die Is. axillaris Lind. mit ihren schönen
blauen Blumen vorziehen möchten, sodann Tritonia
aurea, die nicht genug zu empfehlen ist, Bromelia
Ananas tricolor, welche durch die ostasiatische Ex-
pedition aus Singapore hier eingeführt wurde, sehr
schön, fast an eine Yucea erinnernd, und Struthiola
strieta Dan., eine Thymeleae. Ferner Beaufortia
splendens Baxter, einer der herrlichsten Neuhollän-
der und eine Reihe von Eriken: E. mammosa ver-
ticulata mit schönen grossen rothen Blüthen, E. ven-
ricosa Rohanii, ähnlich der vorigen, aber etwas
niedriger bleibend und die Blüthen ein wenig länger
und schmäler, E. 'margaritacea rubra, E. var. nana
und E. Bowiana mit ihren schönen grossen, blendend
weissen Blüthen. — Von Begonien waren 4 vorhanden:
B. Dregei (Augusta); B. Frogmore seedling, ein Bastard
B. nitida und B. incarnata purpurascens. — Inter-
tessant waren auch 3 Alternantheren, die Stammform
A. paronychioides und die beiden Varietäten A. par.
grandis mit 11.—2 Cm. breiten Blättern und A. par.
quadricolor. Beide Abarten sind in dem Garten der
Flora - Gesellschaft zu Köln erzogen. Als schöne
Blattpflanze führen wir noch die Dracaena Reginae
mit ihren breit ovalen Blättern, eine immer noch
ziemlich seltene Erscheinung an. Endlich dürfen
wir nicht zweier sehr zierlicher Gräser vergessen,
der Stipa elegantissima und eines Panicum (?) sp.
Schimper aus Abyssinien.
Im Anschluss an die in Nö. 34 der Wochen-
schrift besprochenen Feinde des Spargels zeigte’
Dr. Wittmack mit Puceinia Asparagi D.C. be-
fallene Spargelstauden, die er bei Berlin gefunden
und erläuterte kurz den Entwickelungsgang des Pil-
zes unter Vorzeigung mikroskopischer Präparate.
Desgleichen legte er Elymus arenarius mit dem
bekannten Brandpilz Ustilago hypodytes vor, ferner
eine zwar nur kleine, aber höchst merkwürdige
ästige Roggenähre (mit reifen Körnern). Der
oberste Theil des Halmes dieser Aehre zeigt eine
schwache Furche, die aber am obersten Knoten
stärker wird und deutlich auf eine Spaltung, resp.
Verdoppelung hinweist. An diesem Knoten entsprin-
sen auch zwei Blätter, anstatt des sonst immer nur
vorkommenden einen, und diesen beiden Tragblät-
ern entsprechend finden sich auch.zwei Aehren-
stiele.e. Der eine ist kurz, nur ca. 15 Mm. lang und
trägt eine 7 Cm. lange Aehre; der andere ist viel
länger (fast 10 Cm.) und trägt in kurzen Entfernun-
gen von einander 5 Aehren, von denen die längste
ca. 6 Cm., die kürzeste nur 2 Cm. lang ist. Diese
5 oberen Aehren bilden gleichsam eine nach 2 Sei-
ten entwickelte flache Rispe, während der untere
Stiel mit seiner Aehre als Ast des ganzen Halmes
erscheint. ’
Die Aechre wurde auf einem Felde bei Frehne
pr. Meyenburg in der Ostpriegnitz gefunden,
woselbst ausserdem noch viele Halme mit zwei- und
dreigabeligen Aehren vorkamen.
Von dem Ministerium für die Jandwirth-
schaftlichen Angelegenheiten war dem landwirth-
schaftlichen Museum ein Strang Seide des japani-
schenEichenspinnersBombyx Yama mai über-
seben, welche von dem Gutsbesitzer Johann Mach
in Slatenegg bei Rudolphswerth in Unterkrain, der
die Kultur dieses Seidenspinners mit gutem Erfolge
aus reprodueirten Grains im Grossen betreibt, ange-
kauft war. Das Ministerium hat eine grössere Quan-
tität erworben, um daraus probeweise Seidenstofle
herstellen zu lassen.
Endlich legte Dr. Wittmack einen dem Mu-
seum von Hrn. Dr. Sorauerin Proskau überwiesenen
seschälten Kirschstamm vor, wo sich direkt
aus dem Rest der stehen gebliebenen kambialen
Schicht ohne Ueberwallung neue Rinde gebildet
hatte und besprach ausführlicher die von Dr. Sorauer
angestellten, in Nr. 31 der Wochenschrift mitgetheilten
Versuche über Ringelung und Schälung.
Ueber diesen Gegenstand erhob sich eine längere
Debatte, in welcher von verschiedenen Seiten Bei-
spiele neuer Rindenbildung (ob aber ohne Ueber-
wallung?) mitgetheilt wurden. Ein sehr interessan-
ter Fall wurde von Hrn. Inspektor Bouche& mitge-
theilt, wo ein durch Frost beschädigter unten und
oben veredelter Birnbaum, in einer Stammhöhe von
6 Fuss ganz von seiner Rinde, die bereits im Ab-
sterben begriffen war, befreit wurde und eine Um-
hüllung von Lehm und Kuhmist erhielt. Der Baum
bildete nach einiger Zeit eine vollständig neue Rinde
wieder und trug wieder gut.
Herr Späth theilte ähnliche Versuche mit und
hält besonders mehrere Längsschnitte bei Bäumen,
deren Stamm unterhalb der Veredelungsstelle schwä-
cher ist als oberhalb, für zweckmässig, da sich dann
ein Gleichgewicht herstellt. Herr Inspector Bouch&
erwähnte bei dieser Gelegenheit, dass man in neue-
rer Zeit versucht habe, an Baumstämmen spiralig
aufsteigende Streifen von bald geringerer bald be-
deutenderer Breite aus der Rinde des Stammes her-
auszunehmen, um zu konstatiren, dass alsdann der
Saft nicht lothrecht aufsteigen könne, sondern ge-
zwungen sei, eine spiralige Richtung durch die stehen-
gebliebenen Rinden - Reste einzuschlagen; dass ein
x 291
solches Experiment den Baum nicht tödte, gehe
daraus hervor, dass man seit langer Zeit junge
Stämmchen präparire, um Spazierstöcke mit Windun-
gen zu erzielen. Werde hingegen, wie es oft aus
Muthwillen auf dem Lande geschehe, die Rinde in
einem 6—8“ breiten Ringe abgelöst, so gehen die
Bäume meist ein.
Dr. Bolle macht sodann auf die spiraligen Um-
schlingungen durch Lonicera perielymenum ete. auf-
merksam.
Herr Blume führt an, dass in Littauen die Bir-
kenstämme mit Kalkmilch spiralig bestrichen wür-
den, das Holz nehme an den Stellen dann eine dun-
kelbraune Farbe an und werde zu Stöcken etc.
sehr gesucht.
Herr Dr. Bolle zeigt hierauf den von Hrn. Boese
ausgelegten japanischen Bast vor (a Ctr. 26 Thlr.
von letzterem zu beziehen), welcher: schon auf der
diesjährigen Ausstellung des Vereines, wo Hr. Schwa-
necke in Oschersleben ihn vorgelegt hatte, grosses
Interesse erregte. Er lässt sich in die feinsten Strei-
fen zertheilen, ist äusserst zäh und dabei sehr weich,
so dass er sich zum Veredeln namentlich feinerer
Pflanzen, Rosen ete. sehr gut eignet. — Ueber die
Abstammung blieb man im Unklaren.
Herr Späth führt an, dass er als Bindematerial
beim Veredeln Typhablätter benutze, sie hätten
erstens den Vorzug der Billigkeit und zweitens hiel-
ten sie nur so lange, als sie halten müssten. Man
brauche nachher den Verband nicht loszuschneiden,
da die Typhablätter dann vergangen wären.
Herr Baurath Gärtner empfiehlt die Ranken von
Aristolochia als äusserst festes Bindematerial. Man
müsse sie erst trocknen und vor dem Gebrauch wie-
der in Wasser legen.
Herr Garten-Inspektor Bouche& theilt mit, dass
sich viele Gärtner zum Anbinden der jungen Wein-
reben der Binse Juneus glaucus und eflusus, sowie
SeripusLacustris und Tabernae montanus bedienen, die
ebenfalls für die Dauer eines Sommers ausreichen.
Herr Blume fragt an, ob es nicht möglich sei,
die Theerringe zum Abhalten der Schmetterlinge und
Raupen direkt auf den Bäumen anzubringen, ohne
Papierstreifen - Unterlage, da die Insekten oft unter
dem Papier emporkriechen. Er erwähnt dabei, dass
er zu dem Theer etwas Glycerin mische, damit er
länger klebrig bleibe.
Herr Inspektor Bouch& erwidert, dass er den
Zwischenraum zwischen Papier und Baum mit Moos
verstopfe. Ein direktes Auftragen sei schädlich.
Herr Reinecke führt an, dass in einer Anlage
alle Zwetschenbäume zu Grunde gegangen seien,
nachdem sie mit 4 Fuss breiten Ringen von (Stein-
kohlen-!) Theer umgeben waren.
Herr Perring fügt hinzu, dass er aus Noth in
frisch getheerte Mistbeetkästen habe Pflanzen ein-
setzen müssen und von diesen viele zu Grunde ge-
gangen seien.
Im Allgemeinen ist man von der Schädlichkeit
des Theers für die Pflanzen, insbesondere des Stein-
kohlentheers, überzeugt.
Die Debatte geht nun auf das Theeren von Holz-
werk ein. Herr Inspektor Bouche& hält alles Theeren
für überflüssig, da die Nässe alsdann nicht ausdunsten
kann und das Aufnehmen von Wasser in Folge der
Kapillarität des Holzes unvermeidlich sei, wenn es
der Feuchtigkeit ausgesetzt werde. Herr Lackner
dagegen ist der Ansicht, dass der Theer, wenn er
heiss aufgetragen werde und somit gut einziehen
könne, nütze. Herr Baurath Gärtner hält das Theeren
nur dann für angezeigt, wenn auch die Theile, die
auf einanderstossen, vorher getheert werden. Herr
Späth lässt ebenfalls besonders die Hirnseiten vor-
her mit Theer tränken. Herr Brix bemerkt, dass
das Theeren der Telegraphenstangen, wie vielfältige
Versuche ergeben haben, nichts nütze. Herr Blume
macht darauf aufmerksam, dass man in Russland das
Holzwerk mit einem Gemisch von Blut und Kalk
anstreiche. Der als Gast anwesende Herr Rosen-
thal aus Wien empfiehlt für Mistbeetfenster Wasser-
glasanstrich. Herr Inspektor Bouch& will aber auch
von diesem, sowohl von Natron-, als auch sogar von
Kali-Wasserglas keinen Erfolg gesehen haben, weil
beides durch Feuchtigkeit aufgelöst werde. Herr
Blume empfiehlt für solche Zwecke Kali-Wasserglas
in ganz normalem Zustande, in welchem es aber des
hohen Preises halber schwer zu haben sei.
Herr Dr. Bolle machte sodann auf einen mit
Früchten besetzten Zweig des Eleagnus angusti-
folius aufmerksam, den Herr Inspektor Bouche&
vorgelegt. Es ist höchst selten, dass dieses Ge-
hölz bei uns Früchte bringt und diese zeichnen
sich namentlich dadurch aus, dass sie mit ähnlichen
sternförmigen Schilferschuppen besetzt sind wie die
Blätter.
Zum Schluss verkündete der Vorsitzende das
Urtheil der Preisrichter, wonach den Pflanzen des
botanischenGartens derMonatspreis zugesprochen
wurde und fand alsdann eine Verloosung von Topf-
gewächsen statt.
37°
292
Das Rheinthal.
(Sehluss.)
Am anderen Morgen reiste ich in Gesellschaft
des Garten-Inspektors Schnittspahn in Auerbach,
eines Sohnes des vor einigen Jahren verstorbenen
Gartendirektors dieses Namens in Darmstadt, nach
Weinheim, schon im Grossherzogthum Baden |ie-
send, ab, um daselbst einen der interessantesten
Gärten des südwestlichen Deutschlands zu besuchen.
Er gehört einem enthusiastischen Liebhaber und
Kenner von Gehölzen, welche in Deutschland im
Freien aushalten, dem Freiherrn v. Berekheim.
Niemand versäume um so weniger dessen Anlagen
zu besehen, wenn er hierher kommt, als der Besitzer
selbst gern jedem Fremden, der für dergleichen An-
lagen Interesse hat, erlaubt, Alles in Augenschein zu
nehmen.
Es ist schon früher einmal von den Berckheim-
schen Anlagen in der Wochenschrift die Rede ge-
wesen, um so mehr nahmen sie da, wo ich vorbe-
reitet war, meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Wein-
heim liegt an und für sich so reizend, dass es wohl
jeden für Naturschönheiten empfänglichen Menschen
bestimmen könnte, einen, wenn auch nur kurzen
Aufenthalt hier zu nehmen. Hinter der Stadt eröff-
net sich ein Gebirgskessel, der einigermassen an das
Marienthal bei Eisenach erinnert. Die Wartburg wird
bei Weinheim durch die noch ziemlich erhaltene
Burg Windeck vertreten. Sie liegt auf einem abge-
rundeten Hügel, der den Anfang des lang sich hin-
ziehenden Wagenberges, eine der bedeutendsten
Höhen im Odenwalde, bildet.
Die Besitzung des Freiherrn v. Berekheim be-
sinnt im Hintergrunde der Stadt bereits auf der Höhe
mit dem in Burgmanier erbauten Schlosse. Der Gar-
ten beginnt dicht dahinter und kann von einem brei-
ten und bequemen Altane aus übersehen werden.
Er mag gegen 20 bis 25 Morgen umfassen und wird
von einer Mauer umschlossen. Der Garten selbst
ist eigentlich in seiner ganzen Ausdehnung ein Plea-
sureground und enthält schöne Rasenflächen, welche
durch bunte Arabesken oder Teppichbeete, durch
Boskets vorherrschend immergrüner Gehölze und
durch einzelne schöne Bäume unterbrochen werden.
Besonders sind es die letzteren, welche sich zum
grossen Theil durch Seltenheit auszeichnen. Lieb-
haber von Gehölzen werden hier einen Genuss haben,
wie er sich nicht häufig darbietet. Raum und Zeit
erlauben mir nicht in das Einzelne einzugehen; so
kann ich mich um so mehr auf die bereits früher in
der Wochenschrift abgedruckte Abhandlung berufen.
Für mich besass die eigentliche grosse Anlage
noch weit mehr Interesse. Freiberr v. Berekheim
hatte nach und nach das die Anhöhe aufsteigende
und hauptsächlich mit Castanea vesca bewachsene
Terrain, was verschiedenen Bewohnern der Stadt
Weinheim gehörte, gekauft und auf diese Weise einen
Waldkomplex von 70 Morgen arrondirt. Es war die-
ses der ganze Abhang nach dem bereits erwähnten
Kessel zu. Da von ihm aus reizende Punkte nach
dem gegenüberliegendem Wagenberge mit der Burg
Windeck im Anfange und in die Tiefe des Kessels
dargeboten wurden, so war das erste Bestreben des
Besitzers, diese den Lustwandelnden zur Ansicht zu
stellen. Auf diese Weise hat man, während man
im tiefen Schatten dahinwandelt, einen hohen Genuss.
Der untere Theil, der in dem Thalkessel sich
verliert, war ursprünglich Matte, Freiherr v. Berck-
heim hat ihn. aber der Kultur übergeben und mit
allerhand seltenen Koniferen bepflanzt, und zwar in
der Weise, dass die einzelnen Arten gleich grössere
Flächen einnehmen. Noch war die Anlage zu jung,
um sich ein getreues Bild von dem Effekt, den sie
gewiss schon in einem Jahrzehnt hervorrufen wird,
zu machen. Auf jeden Fall wird es aber das In-
teresse der Leser der Wochenschrift in Anspruch
nehmen, wenn ich ein Verzeichniss der interessante-
ren Koniferen, welche hier im Grossen angepflanzt
sind, gebe.
Unter den Kiefern war es hauptsächlich Pinus
Benthamiana, welche mich überraschte und welche ich
in so grosser Menge noch nirgends angepflanzt ge-
sehen hatte. Ausserdem nenne ich Pinus Lamber-
tiana, Jeffreyi, rigida, excelsa und Laricio. Von Tan-
nen fand ich die Spanische und Nordmanns-Tanne
(Abies Pinsapo und Nordmanniana), die Morindo des
Himalaya, die beiden Schierlingstannen (Abies cana-
densis und Douglasii), ferner Taxodium distichum und
sempervirens, Cryptomeria japonica, Gingko biloba,
Cupressus Lawsoniana und nutkana (Thujopsis bo-
realis), so wie Juniperus Shepherdii, eine Form der
J. chinensis, welche vor Kurzem James Veitch
and Sons in London eingeführt haben. An einer
anderen Stelle nahmen Abies nobilis, die drei Cedern
des Atlas, des Libanon und des Himalaya, so wie
Wellingtonien über 2 Morgen Fläche ein.
Freiherr v. Berekheim führte uns den Nach-
mittag nach Heidelberg, und zwar zu Wagen. Da-
mit hatte ich Gelegenheit, die Bepflanzungen und die
Beschaffenheit dieses Theiles des Rheinthales auf bei-
den Seiten etwas genauer zubesehen. Das schönste
Wetter begünstigte unsere rasche Fahrt, denn in
nieht weniger als 1 Stunde und 5 Minuten langten
293
wir an der Neckarbrücke an. Es kann nicht mein
Zweck sein, hier eine Beschreibung zu geben; so
oft ich aber auch hier zu Fuss oder später vermit-
telst der Eisenbahn gereist bin, jedes Mal war ich
einestheils von dem Reichthum des Bodens, andern-
theils nicht weniger aber auch von der Schönheit
der ganzen Gegend tief ergriffen. Ich konnte mich
in der That in die Obstwälder jenseits des kauka-
sischen Gebirges im Osten, wo ich vor einem Vier-
teljahrhundert gewesen war, versetzen, so dicht ge-
drängt standen zum Theil die Obstgehölze.
Während bei uns im Nordosten Deutschlands,
aber auch sonst, in diesem Jahre die Obsternte zum
Theil völlig fehlgeschlagen ist und wir daselbst kaum
einige Birnen erwarten dürfen, kann man im ganzen
Rheinthale, so weit ich es wenigstens gesehen, einer
fast mittelmässigen Obsternte entgegensehen. Birnen
und Pflaumen sind noch weit reichlicher, als die
Aepfel vorhanden. Mirabellen und Renekloden wer-
den eben in grosser Menge und zu wohlfeilen Prei-
sen zu Markte gebracht. Eigenthümlich war es. dass
plötzlich sehr schmale Striche kamen, wo die Bäume
ebenfalls keine Früchte trugen.
Wer sollte nieht die schönen Wallnussbäume
des Rheinthales kennen, oder wenigstens nicht deren
Früchte, welche durch ganz Deutschland fast in den
Handel kommen, gegessen haben! Leider werden
der Bäume alle Jahre weniger, denn nicht allein die
rheinischen Nüsse werden sehr gesucht, auch das
rheinische Nussbaumholz. Man erzählte mir, dass
besonders von Berlin jährlich Nutzholzhändler kom-
men, um die schönsten und stärksten Bäume aufzu-
kaufen und abzuhauen. Neue Anpflanzungen habe
ich nirgends gesehen. So wird das Rheinthal mit
der Zeit einen Schmuck verlieren, wie keine andere
Gegend in Deutschland besass.
Freiherr v. Berekheim führte mich in einige
Gärten von Heidelberg, wo ich schöne auswärtige
Bäume sah. Von Heidelberg zu sprechen, überlasse
ich Anderen, welche mit der Feder gewandter sind,
als ich. Dunkelheit brach eben ein, als ich wiederum
im Coupe eines Eisenbahn-Wagens sass und dunkele
Nacht herrschte um mich, als ich in Mainz anlangte.
Abwärts den Rhein vom Einfluss des Main, also
im eigentlichen Rheingau, ändert sich die Ostseite
des Ufers und hat ein von dem aufwärts, der Berg-
strasse entlang, verschiedenes Ansehen. Der Oden-
wald erhebt sich an der Bergstrasse ein Paar Stunden
entfernt aus der bis dahin ganz flachen Ebene, die
hier als Kulturland zu den fruchtbarsten Gegenden
Deutschlands gehört, und sieht eben deshalb viel
grossartiger aus, als der Taunus, der im Osten den
Rheingau schliesst. Er fällt nicht steil ab, sondern
Hügelreihen ziehen sich bis zum Rhein in freund-
licher Abwechslung und mit abgerundeten, oft ziem-
lich breiten Konturen. Im Norden, und zwar dicht
hinter Rüdesheim, geht aber das Gebirge bis an den
Fluss und schliesst hier den Rheingau. Beide Ge-
birge, Taunus und Odenwald, sind aber mit schönem
Walde bewachsen und geben dem Horizonte einen
dunkelen Hintergund.
Diese nach Osten und Norden abgeschlossene
Lage des Rheingaues verschafft ihm das milde Klima,
was, besonders während der Winterzeit, sich am
fühlbarsten macht und Ursache ist, dass viele Kranke
auch in den Wintermonaten in Wiesbaden, dem
Hauptorte des Rheingaues, gegen ihr Leiden Hülfe
suchen. Der verstorbene Medizinalrath Dr. Froriep
in Berlin, später in Weimar lebend, hatte sogar ein-
mal den Gedanken, grossartige Glashäuser in Wies-
baden zu erbauen, in denen, im Fall des Bedürfnisses,
auch geheizt werden konnte, um auch bei niedriger
Temperatur dem Kranken die Möglichkeit des Be-
wegens in, wenn auch nicht grade zu freier, doch
reiner Luft zu geben. Die Ventilation sollte so ein-
gerichtet werden, dass die Luft sich fortwährend
erneuern konnte und damit ein fast ununterbrochener
Luftwechsel vorhanden war.
Das milde Klima ist aber auch Ursache, dass
der Rheingau die am Höchsten bezahlten und, man
darf daraus schliessen, die am Meisten geschätzten
Weine liefert. Neben der gleichmässigeren, nie einen
hohen Grad einnehmenden Temperatur ist es aber
die Feuchtigkeit der Luft, welche das Gedeihen der
Weinrebe befördert. Beständig erheben sich aus
dem breiten Rheine, besonders am Abende, Wasser-
dünste und an den Wäldern des im Osten und Nor-
den begränzenden Taunus werden die Wolken be-
dingt, ihren feuchten Inhalt in tropfbar flüssiger
Weise oft zusammenzuziehen und als Nebel oder
Regen der Oberfläche des Bodens mitzutheilen.
Als vor einigen Jahren Regulirungen am Rhein-
strome vorgenommen werden sollten, widerstrebten
die Wein bauenden Bewohner der Gegend, wo die
Regulirung vorgenommen werden sollte, weil sie
fürchteten, dass jede Aenderung in den Terrain-
Verhältnissen der Güte ihrer Weintrauben und folge-
recht auch ihres Weines Abbruch thun könnte. Von
Seiten der Regierung wurde den Wünschen und
Klagen in sofern Rechnung getragen, als man nach
verschiedenen Richtungen hin Sachverständige berief.
Sie sah sich aus dieser Ursache genöthigt, noch eine
längere Zeit vorüber gehen zu lassen, bevor sie die
durchaus : nothwendige Regulirung des Flusses vor-
294
nehmen konnte, nachdem schliesslich die Sachver- !
ständigen sich zu ihren Gunsten entschieden hatten.
Seitdem ist die Regulirung’ geschehen und man hat
keine der Weinkultur und der Güte des Weines
nachtheiligen Folgen bemerkt. Die Bewohner der
Umgegend haben sich ebenfalls beruhigt.
Dass sich vom Taunus Hügel, allmählig bis zu
unbedeutender Höhe abfallend, bis an den Rhein
hinziehen, macht, wie bereits ausgesprochen, den
Rheingau wellenförmig, es werden an den günstig
gelegenen Abhängen die Stellen geboten, welche den
besten Wein liefern. Man hatte aber auch vor einem
Paar Jahrzehnten daran gedacht, die zunächst dem
Ufer liegenden niedrigen Hügel und das ganze Rhein-
ufer noch auf eine andere Weise zu verwerthen.
Bereits hatten sich einige reiche Leute hier ange-
siedelt, um, zurückgezogen von ihren Geschäften und
dem Geräusche der grossen Welt, in dieser reizen-
den und gesunden Gegend ihr Leben zu schliessen.
Wiesbaden war mit den übrigen nahen Bädern zu-
gleich ein Anziehungspunkt für Fremde geworden.
Der geistreiche frühere Gartendirektor Thele-
mann in Bieberich machte deshalb einmal den für
Kunstgenüsse empfänglichen, damals noch regieren-
den Herzog Adolph von Nassau aufmerksam, die am
Rheine liegenden Grundstücke bis nach Eltville hin
nach und nach zu erwerben zu suchen, um daselbst
einen Mittelpunkt für wohlhabende Leute, welche
sich aus dem geräuschvollen Geschäftsleben zurück-
ziehen oder von Haus aus unabhängig und von einer
schönen Gegend umgeben leben wollen, zu bieten.
Nassau sei ohne alle Industrie und für Ackerbau
keineswegs günstig, durch seinen Weinbau aber ein
Land des Luxus geworden. Die vielen Bäder, Wies-
baden an der Spitze, seien ausserdem sehr geeignet,
reiche und vornehme Leute anzuziehen. Man müsse
daher auch daran denken, zum Nutzen des Landes
diese Seite auszunutzen. Es wäre zu diesem Zwecke
keineswegs genug, Wiesbaden durch Anlagen mit
Bieberich zu verbinden, um dieses zu einer Vorstadt
der herzoglichen Residenz zu machen, man müsse
die Anlagen, nachdem man allmählig, soweit mög-
lich, das Terrain erworben hätte, bis nach Eltville
in derselben Weise fortsetzen. Reichen oder vor-
nehmen Leuten, welche sich fänden, um sich inner-
halb der Anlagen anzukaufen, müsse man, wenig-
stens im Anfange, alle Vortheile bieten, um ihnen ihr
Beginnen zu erleichtern.
Es wird Niemand leugnen können, dass dieser
Thelemann’sche Gedanke ein grossartiger war,
von dem man nur bedauern muss, dass er damals,
wo es noch Zeit war, nicht zur Ausführung gekom-
men ist. Bei dem jetzigen Aufschwunge, den das
ganze Nassau, hauptsächlich aber Wiesbaden, nimmt,
würde er, wenn die Regierung jetzt bis nach Eltville,
wenn auch nicht durchaus, so doch zum grossen
Theil über die Ufer des Rheines verfügen könnte,
noch weit mehr beigetragen haben, dass reiche Leute
sich niederliessen und Wiesbaden zur eigentlichen
Stadt des Luxus machten. Wiesbaden hat sich trotz-
dem seit der Umgestaltung der Dinge aber auf eine
Weise gehoben, wie es am Allerwenigsten die ge-
glaubt haben, welche die Annexion mit Missmuth
angesehen hatten und sie für einen Ruin der Stadt
und des Landes betrachteten.
Wer Wiesbaden seit 4 und 5 Jahren nicht ge-
sehen hat, wird eine Vergrösserung und eine Ver-
schönerung wahrnehmen, wie sie kaum eine zweite
Stadt des grossen Deutschlands, Berlin etwa ausge-
nommen, erfahren hat. Grund und Boden sind un-
gemein im Preise gestiegen. Für die Verschönerung
der Stadt und Umgegend ist zwar zunächst von
Seiten der Regierung nichts Neues geschehen, es
wird aber Sorge getragen, dass das Vorhandene
sauber erhalten und gut gepflegt wird. Ob dieses
aber für die Zeit genug ist? ist eine Frage, die ich
jetzt schon verneine.. Man muss wohl bedenken,
dass die Anlagen, und mit ihnen die dargebotenen
Bilder lebende sind, welche durch Wachsthum der
einzelnen Theile sich nicht allein vergrössern, son-
dern auch verändern. Es verhält sich inmitten der
lebenden Natur ganz anders, wie mit der Landschaft
des Malers, der etwas Fertiges und Abgeschlossenes
gibt. Seine Bäume wachsen nicht mehr; es kann
daher auch im Verlaufe der Zeit Licht und Schat-
ten sich im Bilde nicht mehr verändern. Die
Durch- und Aussichtspunkte bleiben hier dieselben
und können nicht, wie dort, zuwachsen. Bei der le-
benden Anlage ändert sich aber alles mit jedem
Jahre mehr oder weniger. Der Künstler ist gezwun-
gen, bisweilen, wenn auch nicht die ursprüngliche
Idee ganz aufzugeben, so doch wenigstens zu modi-
fiziren. Der Pinsel des Landschaftsgärtners bei der
fertigen Anlage ist nicht mehr, wie im -Anfange, der
Spaten und das zu pflanzende Gehölz, es tritt hier
das Beil, im geringeren Falle das Messer ein. Das
Gehölz der Anlage wird bald zu dick; es muss das
zu Viel herausgeschlagen, das Alte entfernt werden,
um frischem und deshalb auch freudigerem Grün
Platz zu machen.
Den Thelemann’schen Grundgedanken, be-
sonders bei der neueren nach Bieberich zu gelegenen
Anlage, kann man zwar immer noch durchschauen,
es ist aber höchste Zeit, dass an einigen Stellen
295
etwas geschieht. Die Regierung hat bis jetzt, so
viel mir wenigstens mitgetheilt wurde, gezögert, einen
besonderen Gartendirektor anzustellen; es möchte
aber doch nun bald nothwendig werden, wenn man
nicht einen allmäligen Verfall der ganzen Anlage
abwarten will. Dann müsste aber eine gänzliche
Umgestaltung, die viel Geld und Zeit kostet, eintreten.
Einstweilen hat man einen tüchtigen Landschafts-
gärtner aus Frankfurt mit der Aufsicht der Wies-
badener Anlagen beauftragt, der durch einen seiner
Gärtner auch Alles in bester Ordnung erhält. Von
Seiten der Aufsicht wird nach den derselben zur
Verfügung gestellten Mitteln den Pflichten vollständig
nachgekommen. Das genügt aber, wie bereits aus-
gesprochen, nicht, da keine wesentlichen Verände-
rungen vorgenommen werden dürfen. Möchte daher
die Regierung, ich wiederhole es, recht bald einen
tüchtigen Landschaftsgärtner, die leider nur sehr
selten sind, finden, um der ganzen Anlage einen
neuen Impuls zu geben.
Ich habe bereits ausgesprochen, dass Wiesbaden
hauptsächlich Luxus-Stadt ist, es müssen demnach
auch die Anlagen diesem entsprechen, ohne dabei
aber dem Bedürfnisse derer, die die Bäder gebrau-
chen, nach Schatten -Abbruch zu thun. Im Allge-
meinen ist zwar dieser Anforderung entsprochen
worden, aber doch müsste eine grössere und bessere
Auswahl in den Gehölzen geschehen. Es gilt dieses
besonders in der Nähe des Kurhauses, wo sich vor
Allem des Nachmittags und gegen Abend, die vor-
nehme und elegante Welt einfindet, und zwar die
Damen in eleganter Toilette. Dazu passen nicht die
düstern Laubhölzer unserer Wälder. Diese mögen
in der Ferne stehen, in der nächsten Nähe sind
aber Gehölze von leichtem Bau und hellem, mög-
lichst mannigfaltigen, hauptsächlich gefiederten Laube
nothwendig. Unsere Akazie mit ihren mannigfachen
Formen ist dazu einer der besten Bäume. Ausser-
dem sind Blüthenbäume, wie Magnolien, Sophoren,
auch unsere Rosskastanien u. Ss. w., vorherrschend
als Einzel-Exemplare, nicht weniger aber Boskets
mit feinen Gehölzen, hauptsächlich mit Blüthen- und
Fruchtsträuchern angezeigt.
Das Wasser hinter dem Kurhause ist in seinen
Ulerkonturen ausserordentlich gelungen, vor Allem
nimmt sich die darin befindliche grosse Insel mit
ihrer herrlichen Trauerweide gut aus. Es ist nicht
zu leugnen, dass kaum ein anderer Baum am Ufer
eines Gewässers einen grösseren Effekt hervorruft,
als beide Trauerweiden aus dem “äussersten Osten
Asiens. In Wiesbaden ist fast nur die alte Salix
babyloniea (jetzt, da sie in Babylonien weder wild,
Tu 0 a 0 U U
noch angebaut wächst, Salix pendula zu nennen)
vorhanden. Nur ein Exemplar der S. elegantissima
(S. Sieboldii der deutschen Gärten, S. Salomonis der
französischen Baumschulen) sah ich am Ufer bezeich-
neten Gewässers, sonst aber nirgends in den An-
lagen. Aber auch die dritte Trauerweide in den
Gärten, Salix americana pendula und S. nigra pen-
dula genannt, steht an diesem Gewässer und zwar
ein Exemplar von besonderer Schönheit. Sie bildet
eine gegen 10 Fuss im Durchmesser enthaltende
Laubkrone, auf eben so hohem Stamme. Wie diese
einheimische Weide — es ist eine hochveredelte S.
purpurea — zu dem Namen S. americana kommt,
da sie gar nicht in Amerika wächst, ja selbst nicht
einmal dort eingeführt ist, vermag ich nicht zu sagen.
Diese merkwürdiger Weise auch als S. Napoleonis
vorkommende Weide hat eine ganz andere Färbung,
als die beiden orientalischen oder japanischen
Trauerweiden, und nimmt sich mit dem bläulichen
Grün der Blätter und den oft rothen Zweigen, gegen
die helle Farbe der letzteren ganz eigenthümlich aus.
Auf der Eisenbahn gehend, kommt man nach
etwas mehr als einer halben Stunde nach dem durch
seine vorzüglichen Weine berühmten Geisenheim,
wo noch in diesem Jahre das zweite pomologische
Institut des preussischen Staates eröffnet werden
soll. Das Bedürfniss, wie für den Landbau, so auch
für den Garten-, hauptsächlich Obstbau, Lehr-Insti-
tute zur Heranbildung junger Leute vom Staate aus
anzulegen, war um so mehr erkannt worden, als
Proskau, wo vor wenigen Jahren das erste Institut
der Art ins Leben gerufen wurde, in der kurzen
Zeit seines Bestehens rasch einen Aufschwung nahm,
wie man ihn wohl kaum erwartet hatte. Proskau
liegst in einer rauhen Gegend, in Oberschlesien, und
scheint hauptsächlich dazu berufen zu sein, die Obst-
sorten kennen zu lernen, welche auch unter den
ungünstigsten Verhältnissen gedeihen. Durch die
Wahl des Gartendirektors Stoll, der früher Lehrer
an der landwirthschaftlichen Akademie daselbst ge-
wesen war, zum Leiter der Anstalt, hat die Regie-
rung einen glücklichen Griff gemacht. Die pomo-
logische Anstalt in Proskau hat bereits angefangen,
segensreich über ganz Schlesien zu wirken und den
bis dahin niederliegenden Obstbau zu heben.
Geisenheim liegt gegen Proskau in einer sehr
günstigen Lage, wie man aus der allgemeinen Schil-
derung des Rheingaues entnommen haben wird, und
vermag deshalb wohl wenigstens hinsichtlich des
Obstbaues selbst etwas zu leisten. Als Direktor ist
ein Schlesier, der lange Zeit einer Obstbauschule in
Schweden vorstand und den Lesern der Wochen-
296
schrift aus einigen gediegenen Aufsätzen bekannt
sein wird, Hüttig, ernannt worden. Man hatte von
Seiten der Regierung, als einmal bei ihr der Ent-
schluss feststand, am Rheine die zweite pomologi-
sche Anstalt ins Leben zu rufen, sich schliesslich
für Geisenheim entschieden.
Es existirt bereits in Geisenheim ein Obstgarten
des Generalkonsuls Lade, wie kaum ein zweiter in
ganz Deutschland sein möchte. Die feinere Obst-
zucht in Pyramiden, Spalieren und Schnurbäumcehen
(Kordons) wird hier vertreten, die Kultur des Wirth-
schafts-Obstes, hauptsächlich in Hochstämmen , ist
zum grossen Theil ausgeschlossen. Die besten Sor-
ten von allem Obste, was früher in Deutschland
schon kultivirt wurde und was neuerdings Belgien
und Frankreich geliefert hat, sind hier vertreten. Mit
dem Obstgarten steht ein Luxus-Garten in dem neue-
ren halb englischen, halb französischen Geschmacke
in Verbindung, der ebenfalls in grosser Sauberkeit
und Eleganz unterhalten wird und seines Gleichen
sucht. Hier steht auch das im eleganten Villenstyle
erbaute Wohnhaus des Besitzers.
Beiderlei Anlagen überraschten mich schon, als
ich zum ersten Male vor 5 Jahren in Geisenheim
war, durch den guten Zustand und durch die Er-
träge der einzelnen Obstgehölze, jetzt übertrafen sie
meine Erwartung noch bei Weitem mehr. Die frü-
her zum Theil noch jungen und auch hier und da
unansehnlichen Obstbäume waren jetzt herangewach-
sen und standen meist in einer Ueppigkeit da, wie
man sie nicht schöner denken kann. Es bezeugte
dieses nicht weniger den günstigen Boden, als auch
die gute Pflege der Bäume. Während bei uns
im Nordosten Deutschlands in diesem Jahre das
Kernobst völlig missrathen ist, sieht man hier im
Lade’schen Obstgarten eine Fülle der Früchte, wie
man sie in den günstigsten Jahren nicht besser sehen
kann. Es war ein grosser Genuss, den Obstgarten
durchzugehen und an Pyramiden, Spalieren, Obliques
und Kordons den Segen Gottes zu bewundern. Aepfel
fanden sich in geringerer Menge vor, Birnen dagegen
um desto mehr.
Das Statut der königlichen Lehranstalt für Obst-
und Weinbau zu Geisenheim hat man eben ausge-
seben. Die Eröffnung soll noch in diesem Jahre
geschehen. Von Seiten der Regierung ist alles ge-
than worden, um der Anstalt den gehörigen Nach-
druck zu geben. So weit das jugendliche Alter der
Anstalt mit ihren Bepflanzungen jetzt schon urtheilen
lässt, scheint das Grundstück zum grossen Theil
günstige Boden-Verhältnisse zu besitzen, namentlich
wenn noch mehr Sorge getroffen wird, das nöthige
Wasser herbeizuschaffen. Leider haben sich die
Verhandlungen mit einer benachbarten Gemeinde
über Ableitung aus einem Bache zerschlagen.
Das Institut zerfällt in 3 Abtheilungen: in eine
höhere Lehranstalt, in eine Gärtnerschule und in
einen Lehrgang für Hospitanten. Die eigentlichen
Zöglnge wohnen in der Anstalt. Für den Unter-
richt sowohl in der Theorie, wie in der Praxis, ist
nach allen Seiten hin hinlänglich gesorgt. Eine An-
zahl guter Lehrer ist oder wird noch für alle beson-
deren Fächer angestellt. Zum grössten Theil woh-
nen sie in Geisenheim selbst, wo für deren Unter-
bringung gesorgt wird, einige Wenige sind dagegen
ın dem nahen Wiesbaden ansässig. Wenn ich nicht
speciell eingehe und eine längere Beschreibung der
Anstalt gebe, so liegt der Grund darin, dass bereits in
Nr. 36 der Wochenschrift das Wesentlichste über die
Anlage des Ganzen nebst dem Statut mitgetheilt ist.
Mir lag es hier zunächst nur daran, auf die neue,
wissenschaftlich-begründete Obst- und Weinbauschule
des Rheingaues aufmerksam zu machen.
Allerlei ;
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
IX.
Peligot bezweifelt in einer kürzlich der Akade-
mie der Wissenschaften gemachten Mittheilung, dass
die Pflanzen, die an der See wachsen, wirklich Koch-
salz durch ihre Wurzeln aufnehmen. Er glaubt eher,
dass das Salz, welches man bei den Analysen ge-
funden hat, von dem äusserlich durch Wind und
Wasser den Pflanzen anhaftenden herstamme. Der
Gehalt an Salz in dem betreffenden Boden ist ver-
hältnissmässig sehr klein und obwohl er nicht die
gute(?) Wirkung des Kochsalzes als Düngungsmittel
verkennt, glaubt er doch, dass die Hauptwirkung wie
bei allen Chloriden, so besonders bei dem Chlor-
natrium, darin liege, dass es den phosphorsauren
Kalk auflöse.
Bei der Ausstellung der Newark - Stachelbeer-
Gesellschaft wog die mit dem 1. Preise gekrönte
Beere des Hrn. Wm. Clark in London 24 dwt. 14
gr. = ca. 43 Grammen oder ca. 23, Loth, die mit
dem 3. Preise belohnte von Hrn. Newton in Careless
18 dwt. 16 gr. = fast 32 gr. oder 2 Loth. — Das
beste „Pfund“ brachte Hr. Egglestone, es bestand
aus 15 Beeren! (Gard. Chr.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Befürderung des ee in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pilanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 38. Berlin, den 21. September. | 12.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl Te Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 29. September, Vormittags ll Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48,
Inhalt: Bericht über Versuche zur Prüfung des Eneharhen Ve sahen beim Anbau der & Artoffel, — En: ee von
Simon-Louis freres in Metz. — Kultur der hybriden Calceolarien. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde X.
3) Dieser Minderertrag zeigte sich nicht nur bei
Bericht | Gegenüberstellung der einzelnen Versuchsparcellen,
über Versuche zur Prüfung des Gülichschen Ver- | sondern tritt auch sehr augenfällig hervor bei Ver-
fährens beim Anbau der Kartoffel. ı gleiehung der gesammten nach Gülichs Methode an-
ı gebauten Fläche. Abgesehen von 337 Quadratruthen,
Von Prof. Jul. Kühn. ger ;
welche nach dem modifieirten Verfahren in Damm-
(1. Heft der Berichte aus dem physiologischen Laborato- |
| kultur behandelt wurden, kam auf 7/84, Morgen
rium und der Versuchsanstalt des lJandwirthschaftlichen Insti-
tuts der Universität Halle. — Halle, Buchhandlung des | die Gülichsehe Methode zur regelmässi-
Waisenhauses. 1872.) sen Ausführung mit Entfernungen von 3 und 4
Leider müssen wir es uns versagen, auf den | Fuss Hamburgisch = 10 [_]Fuss Preussisch. —
reichen Inhalt dieses Berichts, der ausser dem, was | Diese Fläche von 18!1/, Morgen ergab 124612,77 Pfd.
der Titel sagt, noch manche andere interessante | Erntegewicht und 115758,28 Pfd. an reingewasche-
Beobachtung über Kartoffelbau mittheilt, specieller | nen Kartoffeln. Hiernach berechnet sich ein Durch-
einzugehen; die Endresultate aber lassen wir folgen, | schnittsertrag der Gülichschen Methode pro Morgen
da sie von bleibendem Werth sind, wenn auch die | = 67,4 Centner Ermtegewicht und 62,6 Centner Rein-
Gülichsche Kartoffelkultur-Methode bereits jetzt an | gewicht. Der Durehschnitts-Ertrag der gesammten
den meisten Orten in das Meer der Vergessenheit | nach gewöhnlicher Methode kultivirten Fläche betrug
versenkt ist. aber anstatt dessen pro Morgen 121,2 Centner Ernte-
1) Durch das Gülichsche Verfahren werden | gewicht und 104,2 Centner Reingewicht. Hiernach
bei ein und derselben Kartoffelsorte von dem ein- | ist durehschnittlich der ganzen Versuchs-
selnen Stock in der Regel eine höhere Zahl grös- | fläche der Ertrag der Gülichschen Methode
serer, sehr schön und vollkommen entwickelter Knol- | um e 40 Procent niedriger als bei der ge-
len gewonnen. wöhnlichen Kultur. So ergiebt sich bei Ver-
2) Sämmtliche. bei unseren Versuchen geprüften | gleiehung der Erträge von Quadrat - Ruthen, wie
Kartoffelsorten, auch die‘von Gülich für seine Me- | bei dem Vergleich der Erträge ganzer Hufen stets
thode am meisten eı ohlenen Varietäten gaben | das gleiche Resultat. Dort bei Gartenkultur, hier
nach dem Gülichschen ®erfahren von der gleichen | bei dem umfassendsten comparativen Feldversuch
Fläche einen wenig& hohen Ertrag, als bei | dasselbe Ergebniss: durch die Gülichsche Me-
gewöhnlicher guter Kultur. thode von gleicher Fläche erheblich gerin-
38
298
gserer Ertrag! — Zu diesem Minderertrag ‘gesellt
sich nun noch die Wahrnehmung:
4) Das Gülichsche Verfahren hat sich nicht
als ein Schutzmittel gegen die Kartoffelkrankheit
erwiesen.
5) Das Gülichsche Verfahren kann daher nur
eine beschränkte Bedeutung beanspruchen. Es wird
Jort am Platz sein, wo es sich nieht darum handelt,
von einer bestimmten Fläche den höchsten Ertrag zu
erzielen, sondern wo es gilt: die einzelne Kar-
toffel zu möglichst reicher Vermehrung zu
bringen. Dies ist der Fall bei Ankauf neuer Sorten,
die nur in geringerem Saatquantum zu haben sind
oder für Bezug grösserer Mengen zu hoch im Preise
stehen; dies ist weiter der Fall bei Vermehrung von
Sämlingen, die weiterer Prüfung unterworfen werden
Für letzteren Zweck hat das Gülichsche Ver-
fahren um so grösseren Werth, als es trefllich ge-
eignet ist, dieEigenthümlichkeiten der Sorte
in Bezug auf zu erlangende Grösse und Qua-
lität der Knollen hervortreten zu
lassen.
6) Die in Bezug auf Ertragssteigerung des ein-
zelnen Stockes unbestreitbaren Erfolge der Gülich-
schen Methode ruhen zu einem wesentlichen Theile
in der frühzeitigen und sehr rationell ausgeführten
ersten Behäufelung. Diese erfordert aber nicht un-
bedingt den grossen Stockraum der Gülichschen
Methode, auch für das gewöhnliche Kultur-
verfahren ist frühzeitigeres und vollkom-
meneres Behäufeln anwendbar und empfeh-
lenswerth, als gemeinüblich ist.
7) Die vier Zoll tief ausgelegten Kartoffeln
saben die günstigsten Erträge; es wurden jedoch
auch bei sechs Zoll Tieflage noch höhere Ernten
pro Morgen erzielt, als durch das Gülichsche Verfahren.
8) Die bei unseren Versuchen gemachten Beob-
achtungen lassen eine grössere Tiefe bei dem Aus-
legen der Kartoffeln unbedenklich erscheinen, wenn
besondere Umstände dieselbe wünschenswerth machen.
Hiernach empfiehlt es sich, auf allen leichten,
offenen, zum baldigen Austrocknen geneig-
ten Böden das Auslegen bis zu einer Tiefe
6 Zoll auszuführen, dafür aber das auf
solehen Böden nicht vortheilhaft wirkende Häufeln
zu unterlassen.
9) Es hat sich bei unseren Versuchen als zweifel-
los sicher herausgestellt, dass bis zu einer gewissen,
für die einzelnen Sorten und für verschiedene Kraft-
sollen.
schneller
von
zustände des Bodens nicht gleichen Grenze der
Kartoffel-Ertrag pro Morgen um so mehr
steigt, je enger der Stockraum wird.
10) Entgegen der gewöhnlichen Auflassung, nach
welcher die Entfernungen um so weiter zu wählen
sind, je reicher der Boden ist, hat sich die engere
Reihenentfernung bei gleicher Sorte von um so gün-
stigerem Einfluss auf den Ertrag gezeigt, je höher
der Kraftzustand des Bodens, je stärker ge-
düngt worden war.
11) Bei einer Reihenweite von 0,6 Meter wird
für die meisten Verhältnisse je nach Bodenbeschaffen-
heit, Krafltzustand des Ackers und je nach den be-
sonderen Anforderungen der Varietät der angemes-
senste Stand in den Reihen wechseln zwischen 0,3
bis 0,5 Meter. f
12) Die Gefahren, welche unseren Kulturpflanzen
durch mannigfache Krankheitsformen , insbesondere
aber durch zahlreiche thierische Feinde dro-
hen, lassen auch, abgesehen von dem unter Nr. 9
hervorgehobenen Gesichtspunkt, nicht nur für die
Kartoffel, sondern auch in Rücksicht auf andere
Kulturpflanzen im Allgemeinen es räthlich erscheinen,
innerhalb der zulässigen Grenzen den dich-
teren Pflanzenstand und somit die grössere Saatmenge
zu bevorzugen. Zu enger Stand, zu dichte Saat
benachtheiligen die Ernte in Quantität und Qualität,
und sind ebenso fehlerhaft, wie zu dünne Saat. Es
silt für den einzelnen Fall nach Massgabe der Boden-
beschaffenheit, des Kraftzustandes, der Saatzeit und
nach den Anforderungen der Varietät die für voll-
kommene Entwickelung noch angemessene obere
Grenze festzustellen. Diese zu finden, ist im Allge-
meinen viel wichtiger, als die Ermittelung, bis wie
weit Verminderung der Saatmenge getrieben werden
kann. Nicht möglichste Samenersparniss,
sondern Verwendung des für rationelle Kultur
noch zulässigen grösseren Saatquantums.
ist die wirthschaftlich zweckentsprechendste Mass-
nahme. Jene Ersparniss geschieht auf Kosten der
Sicherheit des Ertrages.
13) Von ganz besonderem Einfluss auf Quantität
und Qualität des Ertrages, sowie in Beziehung aul
grössere oder geringere Neigung zum Erkranken hat
sich die Beschaffenheit der Varietät gezeigt.
14) Die Theorie von einer Degeneration der
Kartoffel überhaupt und der älteren Varietäten
insbesondere ist als unhaltbar abzuweisen. Die
Kartoffel ist in ihrem Produktions - Vermögen nicht
abgeschwächt, sie vermag heut noch dieselben
Maximalerträge zu geben wie früher. Die älteren
Varietäten sind nicht in höherem Grade dem Er-
kranken unterworfen; aus Samen neugebildete Sorten
erkrankten zum Theil in höherem Grade als alt-
bewährte. Von grösster Wichtigkeit ist sorgfältige
299
“——
Auswahl der Varietät, Anbau der ertragreichsten und !' Favier und sein Sohn Emil vor Allem dem gross-
widerstandsfähigsten Sorten. Da unter sonst gleichen
Umständen die Produktionskosten dieselben bleiben,
so ist der höhere und sichrere Ertrag der besseren
Varietät von wesentlichstem Einfluss auf die Renta-
bilität des Betriebes. Daher für jede einzelne Oert-
lichkeit Würdigung älterer anderwärts bereits
erprobter und Prüfung neuer Varietäten! —
Hier bietet sich nicht nur in Rücksicht auf Kartoffel-
sorten, sondern auch in Bezug auf Prüfung und
Würdigung der Varietäten anderer Kulturpflanzen eine
dankbare Aufgabe und ein reiches Feld gemeinsamer
Wirksamkeit für die Jandwirthschaftlichen Vereine.
Die Baumschulen
von Simon-Louis freres in Metz.
Zu den grössten Etablissements für Obst- und
Luxus-Gehölze gehören die Baumschulen der Ge-
brüder Simon-Louis in Metz. Vor einigen und
40 Jahren existiıtten aber 5 bedeutende Gärtnereien
mit Baumschulen, deren Besitzer den Namen Si-
mon führten. Ihre Gärtnereien sind jedoch einge-
sangen bis aul diese Eine, welche um desto mehr
Bedeutung erhalten und ihren Expoıt hauptsächlich
über ganz Frankreich und Deutschland erweitert hat.
Nicht allein der Samenhandel nahm rasch in erhöh-
tem Massstabe zu, auch das bis dahin bepflanzte
Terrain der Baumschulen vermochte bald den An-
forderungen nicht mehr zu entsprechen. So erwarb
sich der Besitzer anfangs der dreissiger Jahre in dem
an der Ostseite, dicht bei Metz, liegenden Dorfe
Plantieres ein neues Areal von gegen 160 Magde-
burger Morgen, die jetzt durchaus mit Gehölzen aller
Art, besonders mit Obstgehölzen, bepflanzt sind.
Der Besitzer hatte 2 Söhne, Jean Francois und
Louis, die bei der Uebernahme des Geschäfts nach
dem Tode ihres Vaters, um sich von den damals
zum Theil noch existirenden Besitzern von Gärt-
nereien ihrer Verwandten zu unterscheiden, die Firma
Simon-Louis freres annahmen. Der Beiname
Louis wurde dem Familiennamen der Mutter, welche
eine geborene Louis war, entnommen. Im Privat-
leben führten dagegen die beiden Brüder zu ihrer
Unterscheidung, indem sie sich ebenfalls den Namen
ihrer Frauen beilegten, die Namen Simon-Nice-
ville und Simon-Favier. Der Erstere ist seit
längerer Zeit schon gestorben. Sein einziger Sohn
Leon ist jetzt Theilnehmer des Geschäfts und leitet
hauptsächlich die Baumschulen, während Simon-
artigen Samengeschäfte vorstehen.
Uns interessiren hier zunächst nur die Baum-
schulen. Sie befinden sich, wie schon gesagt, im
Osten der Stadt Metz, auf der Höhe des Dorfes
Plantieres. Ein Bach trennt das 40 Hektaren (160
Magdeburger Morgen) umfassende Terrain in 2 un-
gleiche Theile. Auf der einen Seite befindet sich
ein leichterer und sandiger Lehmboden, auf der an-
deren hingegen wird die Oberfläche des Bodens von
einem lehmigen Kalkboden bedeckt. Drei Viertel des
Terrains wird für die verschiedenen Obstfrüchte in
Anspruch genommen und wiederum ist Hälfte
davon allein mit Birngehölzen bestanden. Birnen
sind bekanntlich das Obst, was in Frankreich, aber
auch schon jenseits des Rheines in Deutschland,
sehr beliebt ist und, ausser den Pfirsichen, allen an-
die
deren ÖObstfrüchten vorgezogen wird. Auf diese
Weise sind zwar nur 40 Morgen den Luxus-Gehöl-
zen gewidmet, die Sammlung ist aber sehr reich
und mannigfaltig, so dass sie sich mit jeder anderen
in Deutschland Es wird alljährlich
gut bearbeitetes Verzeichniss der Gehölze mit
der neuen Ein-
messen kann.
ein
kurzen Beschreibungen, besonders
führungen, ausgegeben und ist auch für 11/, Frank
(12 Sgr.) durch den Buchhandel zu beziehen.
Diese Sammlung Gehölzen hat
deutsche Dendrologie deshalb einen grossen Werth,
von für die
da man aus ihr ersieht, was für Gehölze in besseren
Klimaten Deutschlands noch fortkommen. Es er-
sänzt demnach das Verzeichniss der Flottbecker
Baumschulen bei Altona (James Booth und Söhne),
was hauptsächlich für Norddeutschland gilt; man
muss bedauern, dass die neuesten Verzeichnisse der
Flottbecker Baumschulen keineswegs mehr so reich-
haltig sind, wie früher, wo sie den berühmten Ver-
zeichnissen der nicht mehr existirenden Baumschulen
von Loddiges bei London zur Seite ‘standen, son-
dern nur die gangbaren Gehölze der grossen Samm-
lung aufführen.
Metz ist jetzt der am Meisten nach Westen vor-
geschobene Punkt Deutschlands und hat deshalb
schon ein milderes Klima, als der Osten; da es
aber eine grössere Höhe über dem Spiegel des
Meeres besitzt, als das benachbarte Trier und noch
mehr der Rheingau, die Bergstrasse und das ganze
badische Rheinthal, so ist der Winter in der Regel
etwas härter eine Reihe von Gehölzen
bisweilen, während diese in den genannten Gauen
ohne Schaden bleiben. Wir haben in diesen jetzt
Gehölze, besonders Koniferen, gefunden, welche in
Metz zwar an einigen Stellen und im Schutze eben-
und leidet
38”
300
u _
falls gut aussahen, sonst aber arg gelitten
die Erfahrungen, welche in dieser Hinsicht im letz-
ten abnormen Winter gemacht wurden. Die Tage
vom 9. bis 13. December sind für die Vegetation
des Westens, besonders Frankreichs und Hollands,
so verderbenbringend gewesen, als es seit sehr Jan-
ger Zeit nicht der Fall gewesen ist.
Man erzählte uns, dass die Besitzer mehrerer
Baumschulen bei Paris, besonders auf der Seite von
Sceaux, nachdem sie sich kaum von den Verheerun-
sen des Krieges und der Kommune einigermassen
erholt hatten und nun glaubten, wiederum einer
besseren Zukunlt entgegenzugehen, von dem Froste
der genannten December - Tage so hart betroffen
wurden, dass leider mehre von ihnen ihrem völligen
Untergange entgegengehen werden.
Gleich in der Nähe der Wohnung des vielen
Deutschen bekannten Obergärtners Thomas findet
man in den Baumschulen von Simon-Louis [reres
in Plantieres Verwüstungen der December - Tage in
einer Weise, wie wir sie im Nordosten Deutschlands
auch nicht einmal annähernd gehabt haben. Wel-
lingtonien, Nordmann’s Tanne, eine Reihe amerika-
nischer Kiefern, Chamaecyparis- Arten, aber auch
Laubgehölze, wie Catalpa syringaefolia u. a., haben
mehr oder weniger stark gelitten oder sind gänzlich
erfroren. Von Akebia quinata befand sich an einem
Hause ein Exemplar mit einem mehre Zoll im Durch-
messer enthaltenden Stamm, der im vorigen Decem-
bis zur Wurzel abgefroren ist, aus derselben
wiederum ausschlug. Auf einem Beet
mit ziemlich starken Exemplaren der härteren Abart
Galissoniensis der Magnolia grandillora waren diese
ebenfalls bis auf die Wurzel abgefroren, hatten aber
ebenfalls wiederum aus dieser getrieben. Ein star-
ich kein
zweites in Europa gesehen, war an einer Rothtanne
ber
aber (reudig
kes Exemplar der Hedera colchica, wie
über 20 Fuss hoch geklettert, und im vorigen De-
cember durchaus erlroren. Ganze Beete von Abies
Nordmanniana hatten ihren Bestand gänzlich verloren.
Obergärtner Thomas hat in dem eben erschie-
nenen Hefte seiner Revue d’arborieulture einen Ar-
tıkel über die Verheerungen, welche die December-
Tage unter den Koniferen angerichtet haben, ge-
schrieben. Der Artikel ist so interessant, dass wir
den Verfasser um Erlaubniss ersucht haben, in der
Wochenschrift ebenfalls diese Mittheilungen
Da wir der nächsten
Nummern bringen werden, uns deshalb
jetzt Mühe interessanten
Gegenstand hier noch weiter zu erörtern.
geben
zu dürfen. diese in einer
(fühlen wir
der uberhoben, diesen
hatten. |
Wir stützen uns dabei allerdings hauptsächlich auf
Während bei der Durchsicht der Koniferen in
den Baumschulen der Gebrüder Simon -Louis freres
der Vater Thomas unser freundlicher Begleiter
war, trat bei den Laubgehölzen der Sohn Thomas
an seine Stelle. Es gereichte uns zur Genugthuung,
alsbald wahrzunehmen, dass in Betreff der Namen
zum grossen Theil die Nomenklatur eingeführt ist,
welche in unserer Dendrologie zu Grunde gelegt ist.
Sobald der zweite Theil erschienen sein wird, was
wohl noch im Verlaufe dieses Jahres der Fall sein
möchte, soll auf gleiche Weise mit den hierin be-
schriebenen Gehölzen dieser Baumschulen fortgefah-
ren werden. Wenn auch in anderen Baumschulen
auf gleiche Weise verfahren würde — in wissen-
schaftlichen Instituten ist es ebenfalls zum grossen
Theil schon geschehen — so eıhielten wir in Kur-
zem, wenigstens bei der Gehölzkunde, eine Einheit
in der Nomenklatur, und Liebhaber, welche es sich
oft viel Geld kosten lassen, würden nicht mehr so
olt getäuscht.
Was zunächst die Laubhölzer, sowohl mit ab-
fallenden, als mit bleibenden Blättern, anbelangt, so
boten sie uns, man sich wohl denken kann,
manches Interessante dar; aber auch manches Neue
fanden wir, was uns bis jetzt unbekannt geblieben.
dass es für die Leser der
Wochenschrift ein besonderes Interesse haben dürfte,
wenn wir einige Mittheilungen machen, so stehen
wir nicht an, diese zu geben. Ich bediene mich der
alphabetischen Reihenfolge des belehrenden Verzeich-
nisses der Baumschulen von Simon-Louis freres.
Unter den Ahorngehölzen fanden wir zunächst
einige auf dem Hochgebirge wachsende Formen des
Acer Monspessulanum, welche als Acer cre-
tieum und sempervirens beschrieben sind und
durch die Kultur in der Ebene keine Veränderungen
in der Gestalt erlitten hatten. Es ist dieses eine
Beobachtung, welche wir auch im botanischen Gar-
ten in Berlin, wo dergleichen direkt von der Insel
Creta eingeführt wurden, gemacht haben. Solche
Formen werden hier in Metz als mierophylium kul-
wie
Da wir glauben, auch
tivirt. Als Acer hibernicum sahen wir eine Form,
welehe dem A. liburnicum sehr nahe stand. Sollte
der erste Name nicht ein Schreibfehler sein? Wäh-
rend bei uns im Nordosten Deutschlands die reizen-
den Formen des A. palmatum Thunb., wie sie
durch Siebold direkt und durch Ambr. Verschaf-
felt in Gent unter neuen Namen vor einigen Jahren
eingeführt wurden, nicht gedeihen wollen, sondern
meist ganz erlrieren, sind sie in Metz weniger, im
Rheinthale gar nicht empfindlich. Wir bedauern, sie
im letzteren, namentlich an der Bergstrasse, nur sehr
sol
vereinzelt gesehen zu haben, da sie allenthalben, wo
sie stehen, einen grossen Schmuck in unseren Gär-
ten bilden.
Unter den Rosskastanien verdient die Abart di-
gitata, welche wir zwar in unserer Dendrologie
erwähnt, aber noch nicht in Blüthe gesehen haben,
Berücksichtigung der Liebhaber. Sie bleibt niedrig
und hat ein eigenthümliches Ansehen. Während die
Blüthen der gefüllten Form der gewöhnlichen Ross-
kastanie bei uns in der Regel sich nicht vollständig
entfalten, geschieht es hier in Metz und überhaupt
in den Rheinländern in einer solchen Weise, dass
sie einer der beliebtesten Alleebäume geworden ist.
Alnus ealiforniea ist eine eigenthümliche Art,
welche sich den japanesischen Arten anschliesst,
und um so mehr unsere Aufmerksamkeit verdient,
als sie wenigstens in Metz auszuhalten scheint. Wir
behalten uns vor, über sie noch später zu berichten.
Amelanchier laneifolia ist eine Form der
A. canadensis, welche wegen ihrer grösseren Blät-
ter, hauptsächlich aber wegen der grossen, über-
hängenden Trauben, aus blendend weissen Blüthen
bestehend, den Vorzug verdient.
Unter den Formen der Amygdalus nana ver-
dient A. Gessleriana wegen ihres kräftigen Wachs-
thumes und ihrer weit grösseren Blüthen von rosen-
rother Farbe vor Allem Beachtung. Leider ist sie
in unserer Dendrologie übersehen worden. A. pe-
dunculata scheint leider in Deutschland nicht ge-
deihen zu wollen, denn sie ist auch während des
letzten Winters in Metz zu Grunde gegangen. Leider
hat auch die grosse Sammlung von Aukuben, welche
in den hiesigen Baumschulen vorhanden ist, während
des letzteren Winters so gelitten, dass die meisten
Formen bis zur Wurzel eıfroren sind. Doch haben
auch sie wiederum aus der Wurzel ausgeschlagen.
Unter den Berberis-Arten fiel uns ein Blendling
der B. Darwini und empetrilolia auf, der den Namen
B. stenophylla erhalten hat und deshalb nicht mit
der Pflanze d. N. aus dem Himalaya verwechselt
werden darf. Er wächst sehr buschig. Auffallend
war mir B. japonica mit ihrer stets grösser wer-
denden Abart Bealii, da beide, selbst während
der Decemberfröste, unversehrt geblieben waren; bei
uns wird sie ängstlich ım Kalthause aufbewahrt.
Auch im Rheinthale sah ich von ihr schöne grosse
Exemplare im Freien. Man sollte doch auch bei uns
Versuche damit anstellen, denn sie würde, besonders
in kleineren Gärten, ein Gewinn sein. Auch B.
slumacea (mit dem ältesten Namen B. nervosa
Pursh) war hier in schönen Exemplaren vorhanden.
Sie unterscheidet sich wesentlich von den anderen
Mahonien, indem die Deckblätter sich nach der Be-
fruchtung vergrössern, also nicht abfallen, und blatt-
artig werden. Nur die unteren von ihnen haben
Früchte in ihrem Winkel.
Unter den Buxus-Arten und Formen, welche
reichlich vertreten waren, befanden sich mehrere,
welche direkt aus China eingeführt waren und ein
von den bekannten Arten und Formen etwas Ab-
weichendes im Ansehen hatten. Es wird sich wohl
nicht früher etwas über sie sagen lassen, als sie ge-
blüht haben werden. Leider halten die reizenden
Fruchtsträucher des Geschlechtes Callicarpa, welche
wir im 2. Bande der Dendrologie empfohlen haben,
selbst in Metz nicht gut aus, vielleicht im südlichen
Rheinthale? Möchten doch hier Versuche ange-
stellt werden.
Der amerikanische Kastanienbaum (Casta-
nea americana) ist unbedingt schöner als der
europäisch-orientalische und unterscheidet sich ziem-
lich leicht, wenigstens im Leben, durch weit grössere
und nicht gerade abstehende, sondern stets über-
hängende Blätter. Die Früchte sind dagegen klei-
ner und haben einen süsseren Geschmack. Dass
C. americana in unseren Anlagen fast gar nicht zu
finden ist, muss man bedauern. Er kann in seiner
Weise Effekt zu machen, durch keinen anderen
Baum ersetzt werden.
Die Ceanothus-Arten sind neuerdings in
Frankreich Gegenstand besonderer Aulmerksamkeit
geworden, es betrifft dieses besondeis den C. ame-
ricanus und azureus. Man hat bereits eine Reihe
von Formen erhalten, die auch bei uns eine weitere
Verbreitung verdienten. Dahin gehören besonders
die, welche in den Baumschulen von Simon-Louis
freres erhalten wurden und wohl mehr dem C. azu-
reus angehören, aber sehr gut im Freien aushalten.
C. Lucie Simon und Marie Simon wurden
Jahre 1867 aus Samen erzogen. Erstere Form kann
unter Umständen eine Höhe von 6 Fuss erhalten und
brinst vom Juli an bis die Kälte einen Widerstand
im
entgegensetzt, zahlreiche Blüthenstände mit dem in-
tensivsten Azurblau hervor. Marie Simon bleibt un
die Hälfte niedriger, baut sich aber buschiger und
beginnt die Blüthezeit schon frühzeitiger. Die gros-
sen und reichlich erscheinenden Blüthenstände haben
eine fleischrothe Farbe. Weiss blüht die Form, welche
im Jahre 1859 in den Baumschulen erzogen worden
ist und den Namen C. corymbosus erhalten hat.
Ausserdem empfehlen wir noch die Form von Dau-
vesse, welche den Namen C. führt und
blau blüht.
GelaStrus Orixa, zuerst
maximus
als O. japonica von
302
Thunberg beschrieben, hält in Metz sehr gut aus,
es möchten daher auch bei uns Versuche damit an-
gestellt werden.
Gephalanthus angustifolius unterscheidet
sich von dem gewöhnlichen ©. oceidentalis nur durch
etwas schmälere Blätter. Der letztere war früher
sehr viel vorhanden, während man ihn neuerdings
nur noch ausnahmsweise in einzelnen Gärten findet.
Von den Kirschgehölzen, welche als ornamental
Empfehlung verdienen, steht Prunus Pseudo-
Cerasus obenan. Bei uns hat es, obwohl es Sie-
bold schon vor länger als 2 Jahrzehnten in den
Handel gebracht, noch keine Verbreitung erhalten.
Nachdem der Herausgeber der Revue horticole schon
einmal es mit Namen, nämlich als
GerasusSieboldii beschrieben hat, beschreibt er es
in einem der letzten Hefte wiederum als neue Pflanze,
und zwar mit dem Namen C. Lannesiana. Aber
auch ausserdem wird es in den Baumschulen auch unter
den Namen C. serrulata fl. pl. und hortensis
tl. pl. kultivirt. Man hat 2 Formen, indem die Blüthen
blendend weiss sind und so bleiben, oder später,
aber auch häufig gleich im Anfange, rosenroth werden.
Lonicera caprifolioides habe ich eine
interessante Art dieses Genus genannt, welche etwas
rankt und die Blätter in der Form derer der L. sem-
pervirens besitzt, Blüthen und Fıüchte hingegen denen
der ächten Xylosteum-Arten gleichen. Im botanischen
Garten zu Berlin wurde sie seit längerer Zeit als
Abelia splendens kultiviıt, in Frankreich hingegen
sahen wir sie bisweilen als Caprifolium Magne-
villeae, bei Lemoine in Nancy als C. Philomelae,
in den Boskooper Baumschulen in Holland als Loni-
cera Niagahalli, Simon-Louis freres
endlich als Chamaecerasus Niaquerillii und
als Lonicera spectabilis, aber auch als L. fra-
einem neuen
bei
srantissima.
Nach den allerdings zur Bestimmung nicht ge-
nügenden Exemplaren scheint Lonicera Webbiana,
welche in Metz vorzüglich aushält, doch von L. alpi-
gena, mit der Hooker und Thomson sie vereinigt
haben wollen, verschieden. Erst wenn uns Frucht-
und Blüthen-Exemplare zu Gebote stehen, vermögen
wir uns zu entscheiden.
Eine interessante Form der L. X ylosteum wird
in Metz mit der näheren Bezeichnung translucens
kultivirt, wo die weissen Früchte etwas durchsichtig
sind und damit ein eigenthümliches Ansehen erhalten.
Die Waldreben oder GClematis-Arten aus der
Abtheilung Viticella wurden hier in reichlichster Ab-
kultivirt und zeigten allenthalben den
Blüthenflor. Wenn sie auch zum Theil
wechslung
üppigsten
; haben und verdient weithin den Vorzug.
empfindlich gegen unsere Winter sind, so lassen sie
sich doch an Häusern, Mauern, Planken u. s. w. so
im Schutze anbringen, dass sie den Winter ohne
Gefahr aushalten. Von der ächten Cl. Vitieella ist
es besonders die grossblühende Cl. venosa oder
Francofurtensis, welche sich nicht allein durch grosse
violette Blüthen, sondern auch durch deren Fülle
auszeichnet. Von dieser und Cl. lanuginosa haben
Simon-Louis freres einen reizenden Blendling
erzogen, den sie Cl. splendida genannt haben, der aber
nicht mit einem andern d. N. verwechselt werden
darf. Einen anderen Blendling erzogen sie aus CI.
lanuginosa und patens mit wohl den grössten hell-
violetten Blüthen von 6 Zoll Durchmesser. Auf gleiche
Weise verdienen alle übrigen Formen und Blendlinge
der Cl. lJanuginosa und patens (azurea), welche an-
fangs durch Jackman, neuerdings durch John
Veitehand Sons in den Handel gebracht und von
uns bereits in der Wochenschrilt vielfach besprochen
worden sind, Empfehlung. Wir sahen hier aber auch
die alte, früher in Gewächshäusern mannigfach kul-
tivirte Cl. florida üppig blühend an der Mauer eines
Gewächshauses.
Coeeulus japoniecus, eine Schlingpflanze
Japans aus der Familie der Menispermaceen, hält in
Metz sehr gut aus und verdient deshalb, auch bei
uns angewendet zu werden.
Als Grataegus alnifolia kultivirt man in Metz
eine Art, welche von der von uns beschriebenen
Sorbus alnifolia verschieden sein muss, da sie,
gleich der Mispel, Steinfrüchte haben soll. Sie nimmt
sich gut aus, ist gar nicht empfindlich und verdient
von Seiten der Landschaltsgärtner Beachtung.
Neben dem von uns früher empfohlenen halb-
strauchigen Desmodium penduliflorum wird in
den Baumschulen von Simon-Louis freres noch
D. Dillenii kultivirt. Beide sind wegen ihres Blüthen-
reichthums zu eınpfehlen.
Elaeägnus reflexus ist bestimmt eine andere
Pflanze, als E. umbellatus (parvifolius Royle), mit
der wir sie im 2. Bande der Dendrologie vereinigt
Es biegen
sich hier die Aeste in einem Bogen zurück, haben
aber die Blätter wenig verschieden. In den Baum-
schulen von Simon-Louis freres kultivirt man
bereits 2 buntblättrige Formen, von denen die eine
Blätter mit goldgelbem Rande besitzt, während bei
der andern sich in der Mitte jedes Blattes ein gold-
gelber Fleck befindet. Besonders ist es die letztere,
welche zu empfehlen ist.
Helwingia ruseiflora ist zwar keineswegs ein,
hübscher Strauch, der aber doch hier und da An-
HB
wendung finden könnte, abgesehen davon, dass er
in keiner Gehölz-Sammlung fehlen sollte. Ihre Stel-
lung im Systeme ist noch keineswegs fest und wird
sie sogar von .mehrern Botanikern als der Typus
einer besonderen Familie betrachtet. Da man den
Strauch jetzt im Leben beobachten kann, wird es
nun eher gelingen, ihn unterzubringen.
Auch die Idesia polyearpa (Polycarpa Maxi-
mowitschii) hält bei uns aus und verdient um so
mehr Empfehlung, als sie ein schönes Laub besitzt
und auch Früchte hervorbringen soll, welche gegessen
werden können. Die Pflanze ist für den Liebhaber,
nicht weniger aber für den Botaniker um so inter-
essanter, als sie in die Familie der Bixaceae gehört,
welche bis jetzt noch nicht unter den Pflanzen des
freien Landes vertreten ist.
Unter den Juglans-Arten ist es J. mandschu-
rica, deren Blätter bedeutende Dimensionen einnehmen
und die als Dekorations-Pflanze ganz besonders die
Aufmerksamkeit des Liebhabers und Gärtners auf
sich zieht. In einigen Baumschulen wird sie auch
unter dem Namen J. macrophylla kultivirt. Aus
gleicher Ursache ist J. ailanthifolia zu empfehlen,
ein Gehölz, was wohl zu Pterocarya gehören möchte
und der Pt. caucasieca sich anschliesst. Bevor nicht
grössere Exemplare vorliegen, lässt sich keine Ent-
scheidung treffen. Es gilt dieses auf gleiche Weise
von Pterocarya laevigata, welehe neuerdings von
Simon-Louis freres eingeführt wurde und sich
hauptsächlich durch die oben dunkelgrünen und glän-
zenden Blätter von den ähnlichen Arten unterscheidet.
Pt. chinensis, ausgezeichnet durch die geflügelten
allgemeinen Blattstiele, ist dagegen wohl eine Rhus-
Art und vielleicht von Rh. Osbeckii gar nicht
verschieden.
Vom Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera)
ist in Metz eine interessante Form im Wuchse der
italienischen Pappel aus Samen erzogen, welche
demnächst mit der näheren Bezeichnung fastigiatum |
in den Handel kommen wird.
Maclura trieuspidata ist eine höchst inter-
essante Art dieses Geschlechtes, welche um so mehr
Beachtung verdient, als sie weit besser aushalten
soll, als die bekannte M. aurantiaca. Sie scheint
weit kleiner zu bleiben und hat auch kleinere, dun-
kelgrüne und oben glänzende Blätter. Die Dornen
im Winkel der Blätter machen den Strauch zu
Hecken sehr geeignet. Eben deshalb müssten zuvor
Versuche mit seiner Widerstandsfähigkeit gegen un-
sern rauhen Winter angestellt werden.
Nuttalia cerasiformis ist eine interessante
Amygdalacee, wo mehre Stempel in der Blüthe ent-
halten sind. Während der Strauch im Berliner bo-
tanischen Garten im Kalthause kultivirt wird, steht
er in Metz im Freien und hält die kältesten Winter
aus. Möchte man doch auch bei uns damit Versuche
anstellen!
In wie weit der chinesische Christdorn (Pa-
liurus lJucidus) von dem gewöhnlichen P. acu-
leatus sich unterscheidet, lässt sich nach den vor-
handenen Exemplaren noch nicht sagen, wenn auch
die Blätter eine dunkelere und etwas glänzende Ober-
fläche zu haben scheinen.
Podocytisus caramanicus sahen wir zum
ersten Mal in Blüthe. Es ist ein sehr zu empfehlen-
der Strauch von nur 2, höchstens 3 Fuss Höhe, der
trotzdem baumartig wächst und am oberen Theile
des Stammes nach allen Seiten ruthenförmige Zweige
mit schönen, gelben Schmetterlingsblüthen am Ende
absendet.
Salix Salomonis existirt in einem grossen
Baume den Baumschulen zu Metz und möchte
wohl unsere S. elegantissima sein. Er unterscheidet
sich nur durch einen schlankeren und weniger in
die Breite gehenden Wuchs; auch hängen die Zweige
nicht auf gleiche Weise senkrecht herab.
Der im Berliner botanischen Garten zufällig aus
P. balsamifera und canadensis entstandene Blend-
ling, den wir unter dem Namen P. hybrida Be-
rolinensis in der Wochenschrift beschrieben
haben, wird in den Baumschulen von Simon - Louis
freres vielfach als Alleebaum herangezogen. Durch
seine schlanke Laubkrone eignet er sich ganz be-
sonders dazu.
Endlich erwähnen wir noch der in Metz der
Kälte gut widerstehenden Abart der Genista alba
(Spartocytisus albus), auf die wir schon früher in
der Wochenschrilt aufmerksam gemacht haben. Sie
ist hier vielfach aus Samen erzogen worden und die
Sämlinge sind nicht weniger hart,
pflanzen. Es ist wünschenswerth, dass man auch
bei uns Norddeutschland mit diesem beliebten,
bis jetzt nur im Kalthause kultivirten Blüthenstrauche
Versuche im Freien macht. Er wäre, hielte er auf
gleiche Weise wie in Metz aus, für uns ein grosser
Gewinn.
in
als die Mutter-
in
Kultur der hybriden Calceolarien.
Lebas giebt in der Revue horticole eine An-
leitung zur Kultur der schönen, leider im Zimmer
weniger gedeihenden krautartigen Calceolarien-Pflan-
zen, die zwar im Allgemeinen nicht von der unsrigen
abweicht, aber doch Beachtung verdient. Die
304
flachen Töpfe oder Schalen, in denen die Aussaat
erfolgen soll, werden wenigstens zur Hälfte mit grob
zerkleinerter Haideerde gefüllt, diese mit fein ge-
siebter Gartenerde bedeckt und mit dem Boden eines
Blumentopfes ganz gedrückt. Man begiesst
hierauf so, dass die Erde durch und durch nass ist,
lässt sie ein wenig trocken werden, streut dann die
Samen, welche bei ihrer Kleinheit am besten mit
etwas Sand oder feiner Erde gemengt werden, oben
auf und drückt sie (mit einem glatten Brettchen oder
dergl.) an, ohne sie weiter zu bedecken. Hierauf
legt man eine Glasscheibe auf den Topf und bringt
ihn einen halbschattigen Ort in einem kalten
Mistbeetkasten oder Gewächshanse, sanz
nahe dem Glase. Sobald die jungen Pflanzen er-
scheinen, giebt man ein wenig Luft, später etwas
mehr.
Eine andere, fast vorzuziehende Methode besteht
darin, dass man die Samen auf sehr kiesel-
haltige, feine Erde wie vorher ausstreut und sie nach-
her in einem Mistbeetkasten so anbringt, dass das
Glas nur einige Centimeter von den Pflanzen entfernt
ist. Auf diese Weise werden die Pflanzen stämmiger
und kräftiger als die in Töpfen in der Wärme ge-
zogenen. Dasselbe Verfahren auch sehr
und chinesischen Primeln an-
eben
an
im aber
eine
lässt sich
zut bei Cinerarien
wenden.
Einerlei, welches Verfahren man eingeschlagen
hat, sobald die Pflanzen 3 oder 4 Blätter haben,
werden sie verpflanzt, entweder einzeln in Näpfehen
oder zu 3 oder 4 in Töpfe mit einem Rand von 10
bis 12 cm. Durchmesser. Man kann sie auch in
Schalen oder selbst in die blosse Erde, wie eben bei
der Saat angegeben, verpflanzen. — Zum Verpflanzen
nimmt man sandige Haideerde, der man ein wenig
Gartenerde zusetzen kann, die mit recht zergangenem
Strassenkehricht gemengt ist. — Im Herbst bringt
man die Pflanzen wieder alle in Töpfe und lässt sie
den Winter über einem Mistbeet oder auf den
Stellagen einem mässig warmen Gewächshause
stehen.
In beiden Fällen nahe als
möglich dem Glase stehen, was sehr wiehtig
Das
in
in
müssen sie so
ist, um ein Faulen der Blätter zu vermeiden.
Begiessen darf nur sehr mässig geschehen. — Da
die Caleeolarien den ganzen Winter weiter wachsen
(bei unserer Ueberwinterung Kalthause freilich
wenig), so müssen sie, sobald die Wurzeln sich am
3oden der Töpfe zeigen, sofort in etwas grössere
Töpfe verpflanzt werden, eine Operation, die man ja
im
|
|
|
nicht vergessen darf. So wie die Pflanzen und die
Jahreszeit weiter vorrücken, wird stärker und häufiger
gegossen und mehr Luft gegeben, Dinge, die man
in der Praxis am besten lernt. — Gegen die zahl-
reichen Blattläuse, die gerade die Calceolarien so
sehr befallen, hilft nichts als Räuchern mit Taback,
das man im Nothfall nach einigen Tagen wiederholt.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
X.
In der englischen Zeitung „Record“ wird nach
dem Gardener Chronicle den zahlreichen jungen nach-
geborenen Edelleuten empfohlen, Unterricht im Gar-
tenbau zu nehmen, um dann in der Umgegend gros-
ser Städte, wo reiche Leute ihre Gärten haben, gleich-
sam als Pflanzen-Doktoren auftreten zu können. —
Echt englisch! — Eine Privatschule für wissenschaft-
liche und praktische Gärtnerei besteht übrigens seit
1856 von John H. Hawley in Leamington, Warwick-
shire, unter dem Namen „Brunswick School“.
Zur Zeit der Obsternte giebt das Gardener Chro-
niele bekanntlich alljährlich ausführliche tabellarische
Uebersichten über den Stand der Obsternte in Eng-
land und’ wird dabei unterstützt durch eine ausser-
ordentlich grosse Zahl von Korrespondenten. Nach
allen Berichten stellt sich in diesem Jahr der Obst-
ertrag als ein sehr mangelhafter heraus und sucht
man die Hauptursache in den Frühjahrsfrösten, die
diesmal fast im ganzen Lande eintraten, sowie in den
späteren vielen Regenfällen. —- Auch die Kartoffel-
ernte ist schlecht ausgefallen und zeigt sich die
Krankheit fast überall.
Sechste allgemeine Versammlung
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter
ın
Braunschweig
vom .10.—13. October 1872,
verbunden
mit einer Obst-Ausstellung.
Wir machen unsere Leser ganz besonders dar-
auf aufmerksam, dass Wohnungs - Bestellungen bis
Ende September an Herrn Finanz-Registrator Stein-
meyer in Braunschweig zu richten sind und dass
dabei zu bemerken ist, ob das Unterkommen in einem
Gast- oder Privathause gewünscht wird.
Das Programm ist in Nr. 22 der Wochenschrift
d. J. vollständig abgedruckt.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den 28. September.
No. 3 182.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 29. September, Vormittags 1 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48,
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XI. — Literatur.
| machen wollte. Inzwischen glauben wir zunächst
Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. die Be ne NS ne bo nz
mittheilen zu sollen, da durch das Trocknen unserer
In den Mittheilungen der Sektion für Gartenbau | Ansicht nach, ähnlich wie beim Obst, erst die völlige
des landwirthschaftlichen Central- Vereines des Her- | Ausnutzung des olt so reichlich gewachsenen Ge-
zosthums Braunschweig finden wir die der Ham- | müses an manchen Örten sich ermöglichen lässt.
burger Garten - Zeitung entnommene Beschreibung | In der Nähe der Städte freilich finden wir bereits
zum Trocknen von Gemüse vom Kunstgärtner J. | eine blühende und äusserst lohnende Gemüsekultur;
Ganschow in Divitz (Neuvorpommern). Herr Gan- | da bleibt nichts mehr zu wünschen übrig, als nur
schow hat bereits auf verschiedenen Ausstellungen | für den Städter, dass es billiger sein möge. Auf
Proben seiner Erzeugnisse ausgestellt, die stets eine | dem eigentlichen platten Lande aber wird meist nur
vorzügliche Qualität bekundeten. Referent sah die- | so viel gebaut, als Jeder selber braucht; ja oftmals
selben zuerst in der Petersburger Ausstellung 1869, | säet der Gärtner noch viel zu viel an, oder wenig-
dann in demselben Jahre auch in Hamburg, und | stens nicht in den richtigen Perioden nach und nach,
hier waren es unter den 66 Sorten ausser dem ge- , so dass Alles auf einmal für die Küche da ist und
trockneten Gemüse namentlich die getrockneten | die Hausfrau wohl oder übel genöthigt ist, fast alle
Früchte, die die Aufmerksamkeit aller Anwesenden | Tage dasselbe Gemüse auf den Tisch zu bringen.
erregten. Viele der Leser erinnern sich vielleicht In allen solehen Fällen könnte man das über-
noch der Flaschen mit weitem Hals, die gleich links | flüssige Gemüse zweckmässig trocknen, an vielen
an dem einen Eingangsende der Halle standen, in \-Orten sogar eigens für diesen Zweck Gemüse an-
welcher die Sämereien, die Bouquets ete. ausgestellt | bauen. Es ist zwar nicht zu leugnen, dass das in
waren. Unter ihnen ragten besonders die Erd- und | Blechbüchsen conservirte Gemüse, wenn gut einge-
Himbeeren; die ganz ihre natürliche Farbe und, man | macht, einen besseren Geschmack behält — Einige
möchte fast sagen, ihre natürliche Grösse und Ge- | wollen das zwar auch bestreiten — immerhin ist
stalt behalten hatten, hervor; aber auch die anderen | aber nicht zu vergessen, wie viel billiger das Trock-
Obstsorten waren nicht weniger schön. — Wir wissen | nen kommt, wie viel weniger Raum das getrocknete
nicht, ob Hr. Ganschow beim Trocknen dieses | Gemüse einnimmt, wie viel besser und leichter. es
Obstes ein anderes Verfahren einschlägt als beim | sich hält, wie weniger wählerisch man deshalb in
Trocknen des Gemüses und würden ihm sehr dank- | der Wahl des Aufbewahrungsorts zu sein braucht
bar sein, wenn er darüber nähere Mittheilungen
und vor allen Dingen, wenn wir die Verhältnisse im
39
in,
Grossen betrachten, wie viel transportfähiger das ge-
trocknete Gemüse ist.
Unsere Nachbarn jenseits des Rheins, die doch
in Bezug auf Gemüse als Feinschmecker angesehen
werden Können, benutzen seit langer Zeit getrocknete
Gemüse, entweder in Tafelform oder in Schnitzeln,
namentlich als Julienne-Pulver, neben ihren vorzüg-
in Blechbüchsen eingemachten Gemüsen.
Eine grosse Quantität wird daselbst zur Verprovian-
tirung der Schiffe benutzt, die weiteste Anwendung
fanden sie aber im letzten Kriege, und wer weiss,
ob nicht die Gesundheitszustände in Paris während
der Belagerung noch schlimmer geworden wären,
wenn man nicht in grossen Massen getrocknete Ge-
müse vorher hineingebracht hätte, obwohl nicht zu
lichen,
vergessen ist, dass die während der Belagerung auf
den eingeschlossenen Territorien gebauten frischen
Gemüse auch einen nicht unbedeutenden Theil der
Nahrung ausmachten. — —
Ueber das Trocknen selbst
Ganschow folgendermaassen:
Um das Trocknen junger Küchengewächse, als
z. B. junge Erbsen, Schnittbohnen, rothe Beete (ein
Lieblingsgericht der Türken, und daher ein Handels-
artikel nach dem Orient), Mohrrüben, Sellerie, Spinat,
Petersilienblätter, Zwiebeln etc. ete. in zweckent-
spreehender Weise ausführen zu können, so ist, um
dabeı unabhängig von der Witterung zu sein, ein
besonders dazu eingerichteter Trockenschrank noth-
äussert sich Herr
wendig. Die Construktion eines solchen Schrankes
ist aber höchst einfach und wenig kostspielig. Man
kann, um die erforderlichen Hitzgrade in dem
Schrank zu erzielen, denselben entweder mit einem ge-
wöhnlichen, aber niedrig gesetzten sogenannten Zug-
ofen aus Mauersteinen oder durch einen besonderen
Apparat mittelst Heizröhren verbinden. Im ersteren
Falle wird der Ofen 86 em. hoch, 86 em. breit und
1 M. tief aufgeführt,. worauf man den von nicht kie-
nigem Tannenholze angelfertigten, etwa 1 M. hohen
Trockensehrank stellt. Der Schrank, welcher unten
natürlich des Bodens entbehrt, muss im Innern so
eingerichtet sein, dass man Auszüge darin anbrin-
worauf die zu trocknenden Vegetabilien
dünn ausgebreitet werden. Diese Auszüge oder
Hürden bekommen statt des Bodens ein Geflecht
von spanischem Rohr oder ein aus fein gesponnenen
Hanffäden gewirktes Netz, welches so dichtmaschig
gen kann,
gearbeitet sein muss, dass die feineren Gemüse
nieht durehfallen können. Damit nun nicht allein
die nöthige Trockenheit, sondern besonders auch
noch eine Lufteireulation in dem Schrank hergestellt
werde, welehe unumgänglich nothwendig ist, um die
Gemüse schnell welk zu machen und die aufsteigen-
den Dünste zu beseitigen, so ist bei der Konstruk-
tion eines solchen Trockenschrankes zu beachten,
dass ausserhalb desselben, an der Vorderseite eine
freie Spalte gelassen werde, durch welche die Luft
einströmt, und oben in dem Schrank zwei ca. 43 em.
lange, 92], em. Durchmesser haltende eylinderförmige
Röhren von Zink angebracht werden, durch welche
die Dünste sich entfernen können. Im Uebrigen
muss aber der Trockenschrank so dicht gearbeitet
sein, dass weiter keine Luft hinein- und heraus-
strömen kann, als an den bezeichneten Oeffnungen.
Im anderen Falle, wo die Hitze im Trockenschrank
mittelst Wasserheizung bewerkstelligt werden soll,
ist die Konstruktion des Schrankes etwas anders.
Man lässt denselben aus 3?/, em. starkem und wie
oben gesagt, nicht kienigem Tannenholze anfertigen.
Die lichte Höhe beträgt 1 M. 72 cm. und die
lichte Tiefe 81 cm., während die lichte Breite
1 M. 37 cm. beträgt. In einem solchen Schranke
befinden sich 16 Abtheilungen mit je 2 Rahmen
von 68 cm. lichtem Maass und 'aus 35 cm.
dieckem Tannenholz, welche ebenfalls mit einem
feinen aus Hanfläden gewirkten Netz überzogen sind.
Am Boden des Schrankes liegen die Heizröhren 46
em. vom unteren Rahmen entfernt. Die Luft strömt
hier durch einen feinen Spalt ein, erwärmt sich an
den Röhren, strömt aufwärts durch die Hürden und
die darauf ausgebreiteten Gemüse, um endlich oben
aus dem Schrank, mit Wasserdämpfen gesättigt,
durch eine Spalte in das Dunstrohr abzuziehen. Es
müssen während des Trocknens die einzelnen Rah-
men ölter im Schranke gewechselt werden, weil aus
den Gemüsen mehr oder weniger Wasserdämpfe ent-
fernt werden müssen, wozu die heisse Luft nöthig
ist. Daher werden die mit Gemüse versehenen
Rahmen bald näher an die erwähnten Heizrohre ge-
schoben, bald durch andere ersetzt, die dies noch
nöthiger haben.
Sei es nun, dass die zum Trocknen der Gemüse
nöthigen Hitzgrade durch einen wie oben beschriebe-
nen Öfen von Ziegelsteinen oder mittelst Röhren un-
ter dem Schranke erzielt werden, so erfüllen diese
Methoden zwar beide vollkommen ihren Zweck,
allein der Brennstoflersparniss wegen dürfte die so-
genannte Centralheisswasserheizung mittelst Röhren
den Vorzug verdienen. In letzter Beziehung kann
ich die Fabrik von Herrn G. Lisch in Schwerin
i./M. empfehlen; dieselbe hat ähnliche Anlagen zu
gleichem Zwecke in anderen Gegenden bereits ge-
macht, worüber Zeugnisse über zufriedenstellende
Ausführung bei der genannten Fabrik zur Einsicht
307
liegen, auch auf gefälliges Verlangen zugeschickt !
werden. (Vielleicht möchte auch die neue eiserne
transportable Obstdarre von Lucas nach einigen Mo-
difikationen sich zum Gemüsetrocknen eignen. D. R.)
Was nun die Behandlung der Gemüse vor dem
Trocknen anbelangt, so erstreckt sich dieselbe zu-
nächst über die sorgfältigste Reinigung derselben von
allem Schadhaften. Alle Küchenkräuter werden ohne
besondere Zubereitung einfach nur getrocknet und
demnächst sogleich vermittelst passender Durch-
schläge oder Siebe in einen solchen verkleinerten
Zustand gebracht, als man sie gewöhnlich in der
Küche gebraucht. Bei allen Küchenkräutern und
Blattgemüsen darf indessen kein zu hoher Hitzgrad
angewandt werden, während bei den Wurzelgemüsen
ein höherer Hitzgrad von ca. 45 bis 50 Gr. R. und
darüber erforderlich ist.
Dagegen müssen diejenigen Gemüse, die später
gekocht als Speise auf den Tisch kommen, ganz in
der Weise vor dem Trocknen zubereitet werden, wie
man frische Gemüse vor dem Kochen bearbeitet, je-
doch schneide man das Wurzelgemüse in ziemlich
dünne Scheiben, damit es schneller welk werde und
desto rascher vollständig trockne. Die grünen Schnitt-
bohnen präparirtt man am besten vorher erst mit An-
wendung von Natron und kochendem Wasser und
verfährt ‚dabei wie folgt: Nachdem die noch nicht
faserig gewordenen Bohnen gewöhnlich ge-
schnitten sind, hält man einen Kessel mit kochendem
Wasser bereit, thut die Bohnen hinein und setzt
gleichzeitig dem kochenden Wasser ein Stückchen
krystallisirttes kohlensaures Natron oder Soda zu,
lässt die Bohnen nur einmal in die Höhe kochen und
nimmt sie alsdann mit einem Durehschlage wieder
heraus, breitet sie auf Papierbogen auseinander, da-
mit die grösste Feuchtigkeit und Dünste etwas ab-
trocknen, und bringt sie darnach auf die Hürden des
Trockenschrankes, wo sie bei 45 bis 50 Gr. R. bald
trocknen. Indessen weicht das Verfahren, Kartoffeln
in Scheiben zu trocknen, von dem Vorhergehenden
etwas ab. Die rohen Kartoffeln werden gut rein ge-
waschen, geschält, in Scheiben geschnitten und diese
Schnitte sogleich in kochendes Wasser gethan, wo
sie so lange verbleiben, bis dieselben gar sind.
ist dies geschehen, was nur kurze Zeit daueıt, so
wie
werden sie herausgenommen, am besten mit Hülfe
eines Durchschlages, und auf mit Netzen bespannte
Rahınen gelegt, damit sie Äusserlich möglichst trocken
werden. Hierauf werden sie auf die betreffenden
Hürden des Trockenschrankes, der unterdessen ge-
hörig geheizt worden, gebracht und sogleich stark
getrocknet.
Man kann die getrockneten Gemüse Jahre lang
aufbewahren, ohne dass ihr Aroma verloren geht.
Auch lassen sich dieselben im gepressten Zustande
zum Verkauf bequem nach allen Gegenden der Welt
versenden.
Vor dem Gebrauch für die Küche lässt man die
trocken präparirten Gemüse einige Stunden in kal-
tem Wasser wieder aufquellen; die übrige Behand-
lung beim Kochen ist wie gewöhnlich.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
X.
Der bekannte Georginenzüchter A. Sieeckmann
in Köstritz hat das Glück gehabt, in der diesjährigen
Samenschule eine bis jetzt vollkommen konstante
hellgrüne Georgine (Liliput) zu gewinnen.
Die Differenzen in Kew nehmen noch immer das
Interesse aller botanischen und gärtnerischen Kreise
Englands in Anspruch. Sogar auf der grossen Ver-
sammlung der British association for the advance-
ment of science, entsprechend der Wanderversamm-
lung deutscher Naturforscher und Aerzte, wurde eine
Resolution eingebracht, dass der Vorstand alle ge-
eigneten Schritte thun möge, um eine Veränderung
in Kew zu verhindern. (Bekanntlich wollte Dr. Hooker
seine Entlassung nehmen, weil sein Untergebener
Ayrton, the Right Honourable, the first Commissioner
of Works ete., wie die Zeitungen ihn spöttisch mit
allen seinen Titeln bezeichnen, ihm vorgezogen wer-
den sollte.)
Eine interessante Preis-Vertheilung fand
kürzlich bei einer Hochzeit in England statt. Der Be-
sitzer eines Landgutes hatte 7 Preise für Feld-
blumen-Sammlungen ausgesetzt, von denen der
erste für ein richtig benanntes Sortiment bestimmt
war. Ihn erhielt die Lehrerin des Ortes, die anderen
6, für Bouquets, wurden an Kinder vertheilt, von
denen das kleinste noch auf dem Arm getragen
wurde.
Bekanntlich haben Duchartre, Prillieux
und Andere nachgewiesen, dass unter gewöhnlichen
Verhältnissen die Blätter der Pflanzen nicht das
Vermögen haben, Wasser oder Wasserdampf zu
absorbiren. So sehr das auch von Männern der
Praxis angezweifelt wurde, so haben doch erneute
Versuche die Thatsache nur bestätigt. Cailletel hat
nun kürzlich behauptet, dass die Blätter, so lange
39
308
als die Pflanzen genügende Wasserzufuhr durch die
| weist nach, dass R. sativus, der Rettig (nebst seiner
Wurzel erhalten, kein Wasser absorbiren, dass sie | Varietät radicula, dem Radieschen), ferner R. cau-
dies aber thun, so wie der Boden zu trocken wird,
und dadurch den Verlust ausgleichen. (G. Chr.)
In Waterers Gärtnerei zu Knap Hill, England,
finden sieh noch die ersten eingeführten Exemplare
von jetzt allgemein verbreiteten Pflanzen, so z. B.
Rhododendron die erste
Kalmia u. Ss. w. Es wäre interessant, bemerkt das
Gardener Chroniele hierzu, wenn der Besitzer über
diese Veteranen einige nähere Details veröffentlichte.
Können Deutschland auch nicht über viele
direkt eingeführte Pflanzen
aber doch gewiss wünschenswerth,
treffenden Besitzer, resp. Gärtner von ihren Veteranen
in der Wochenschrift Mittheilung machen wollten.
In Gärtnerei sollen auch _ treffliche
Exemplare von Glyptostrobus pendulus vorhan-
den sein. Sie sind auf Taxodium distichum veredelt,
von dem die Pflanze bekanntlich nach der Ansicht
der meisten neueren Botaniker nur eine Varietät ist
(vergl. Wochenschrift X1. Jahrgang. 1868, p. 309)
und deshalb von Parlatore auch T. dist. var. miero-
phyllum genannt wurde.
J. E. Howard berichtet, dass die
semachten Analysen von Chinarinden aus Java
höchst aufmunternd für die dortige Kultur sind. Cin-
chona Calisaya verspricht am meisten, €. officinalis
weniger, während C. suceirubra gerade für pharma-
ceutische Zwecke sich am meisten eignet. — Wir
bemerken bei dieser Gelegenheit, dass die Versuche
mit der Rinde von Eucalyptus globulus als Mittel gegen
das kalte Fieber, über die wir kürzlich Mittheilungen
des Herrn Prof. Münter machten, auch in Frankreich
gute Resultate ergeben haben.
Allen denen, welche den grossen Gaiten der
Kgl. Gartenbau-Gesellschalt in London zu Chiswick
kennen, wird es ausserordentlichem Interesse
sein, zu vernehmen, dass nach dem Gardener Chro-
nicle der Garten nicht eingehen wird, wie es erst
hiess, sondern dass er der Gesellschaft von dem
Besitzer, dem Herzog von Devonshire, zum grössten
Theil wieder überlassen ist. Das Arboretum, die
Wildniss und das sogenannte Kalifornien haben
aber aufgegeben werden Die berühmte
Sammlung von Obstbäumen ist reorganisirt und auf
einem Theil des früheren Arboretums neu gepflanzt,
was bei dem nassen Wetter sehr glücklich von
Statten gegangen ist. In Nr. 34 d. J. d. Gard. Chro-
niele findet sich der Plan des neuen Gartens.
Prof. H. Hoffmann bespricht in Nr. 26 der
bot. Zeitung den Bau der Raphanusfrüchte und
das erste catawbiense,
wir in
so wäre es
die be-
berichten,
wenn
derselben
von ihm
von
müssen.
datus, der geschwänzte Rettig, und Raphanistrum
Lampsana Gaertn., bekannter als Raphanus Rapha-
nistrum L., der Ackerrettig oder Hederich, welche
in Blatt und Blüthe keine konstanten Unterschiede
zeigen, auch selbst in den Früchten nicht so ver-
schieden sind, wie man bisher noch als einziges
Charakteristikum angenommen hatte. R. caudatus,
der, wie allen Praktikern bekannt, meist wieder in
den gewöhnlichen Rettig zurückschlägt und auch
häufig neben den langen Schoten ganz kurze zeigt,
bildet den Uebergang zwischen den vermeintlichen
beiden andern Arten. Es zeigen sich bei ihm näm-
lich in derselben Aussaat, abgesehen von der Länge,
zweierlei Früchte. Die einen sind ganz wie die des
gewöhnlichen Rettigs gebaut oder doch nur wenig
verschieden, die andern aber — und zwar kommen
diese an einzelnen Stöcken ausschliesslich vor —
zeigen deutlich gerippte Oberfläche wie bei
Raphanistrum und haben besonders noch das Ge-
meinsame mit denen des letzteren, dass sie im reifen
trockenen Zustande sich scharf in die Quere zer-
brechen lassen. Andererseits weichen sie durch
ihre bedeutendere Grösse und die längeren einge-
zogenen Stellen (Isthmen) zwischen den Samen etc.
etwas ah.
Gustav Wallis ist wiederum aus Brasilien
zurückgekehrt und hat, trotz der kurzen Abwesen-
heit, grosse Sammlungen schöner und interessanter
Pflanzen mitgebracht. Er schreibt uns unter Anderem
darüber:
„Von kurzer Dauer war freilich meine diesmalige
Abwesenheit nur, doch aber genügte die Frist, eine
ansehnliche Kollektion Pflanzen zu bewerkstelligen;
und so gebe ich mich aufs Neue und im Voraus
dem schmeichelhaften Vergnügen hin, das gesammte
gärtnerische, pflanzenliebende Publikum mit viel
Interessantem und Schönem bekannt machen zu
können. +
Meine neuen Findlinge gehören sowohl den Blatt-
pflanzen wie Orchideen, Palmen und noch verschie-
denen anderen Gruppen an.
In die Reihe der Blattpflanzen, die schon so viel
des Bewundernswürdigen bietet, wird — so darf ich
dreist verkünden — ein non plus ultra seiner Art
eintreten und, ein angestaunter Juwel, sich bald zu
Aller Liebling machen.
Das Glück war mir auch in solern günstig, als
man nun gewisse Blattpflanzen, die bisher nur in
kostspieligeren Warmhäusern kultivirt wurden, auch
in Kalthäusern wird bewundern können, wie z. B.
eine
{5}
Anthurium regale, Carludovieca etc.; wohlverstan-
den, nicht diese selbst, sondern rivalisirende neue
Arten.
Ebenso eine Martinezia aus kalten Höhen, die
noch den besonderen Reiz bietet, ihre Blätter nach
Fächerart zweizeilig zu tragen. Diese eigenthümliche
Palme, die Gruppen bildet, wodurch sie uni so male-
rischer wird, gleicht allerdings äusserlich mehr einem
Astrocaryum als einer Martinezia; dennoch muss ich
sie bis auf Weiteres zu letzterer oder
näher verwandt rechnen. Uehrigens ist dies nicht
die einzige neue Martinezia, die diese Reise brachte.
Eines guten Erfolges erfreute ich mich auch
hinsichtlich der schönen Kordilleren - Wachspalme
(Ceroxylon andicola), von der ich eine grosse An-
zahl guter, nun schon keimender Samen zu erlangen
vermochte. Möglich, dass bei nähern Beobachtungen
nach dem Keimen sich mehrere Arten (oder Abarten)
ergeben, da die aus verschiedenen Gegenden stam-
menden Samen eben so verschieden in Grösse sind.
derselben
Welchen Ansehens diese schöne Palme sich selbst
in ihrem Heimathlande erfreut, geht wohl daraus
hervor, dass sie im Vaterlande hin und wieder in
die Umgebungen der Häuser versetzt wird. Auch
sah ich sie in wärmere Gegenden übertragen, wo
sie aber bald verkümmert. Und doch zahlt
unglaubliche Preise dafür.
Aehnlich, wie hier, wird erst die Erfahrung fest-
stellen, ob ich nicht auch eine von Welfia regia
unterschiedene Art gefunden, weil die betreffenden
Stämme bedeutend niedriger, schwächer waren und
auch sie in geringerer Höhe trugen.
Unter den lriarteen befindet sich, ausser ande-
rem Kulturwürdigen, eine neue Wettenia, welches
Geschlecht bekanntlich die bestmalerischen Reprä-
sentanten ihrer Familie liefert. Neu ist ferner eine
schöne ‚leichte Thrinax, eine Hyospathe, vor Allem
aber ein sehr interessanter Phytelephas, dessen Fund
mich in Jubel versetzte; er trägt gelbe rundliche
Stiele und ist namentlich sein Korn abweichend von
den übrigen bekannten Arten. Phytelephas wollen
sich nicht recht einbürgern; diese neue aber dürfte
Palmen, wie Areca lutescens, mindestens gleich-
sestellt werden.
Doch es kann hier meine Absicht nicht sein,
eine Aufzählung all’ des Gefundenen zu geben; nur
Einzelnes, allgemeiner Interessirendes sollte einst-
weilen im Geleite meines so ergebenen wie freund-
lichen Grusses vorerst zu Ihrer Kenntniss gelangen.“
In dem Reiseberichte über die Bergstrasse ist
von dem vorzüglichen Klima die Rede gewesen,
welches am westlichen Abhange des Odenwaldes
man
bis an den Rhein herrscht; es dürfte daher im
Interesse der Leser sein, wenn wir hier noch einige
Ergänzungen, welche wir einer brieflichen Mittheilung
des Garten-Inspektors Schnittspahn in "Auerbach
an der Bergstrasse verdanken, hinzufügen. Es handelt
sich um einige bei uns in Norddeutschland als sehr
empfindlich bekannte Koniferen, welche dort aber
mehr oder weniger gut aushalten und während un-
serer Anwesenheit in Auerbach ein gutes und frisches
Aussehen hatten.
Während man allgemein glaubt, dass ältere und
grössere Exemplare südlich wachsender Gehölze bei
uns der Kälte leichter widerstehen, als jüngere und
kleinere, hat es sich mit Abies Morindo in Auerbach
umgekehrt verhalten. 5 ziemlich grosse Bäume ge-
nannter Tanne, welche bereits 20 Jahre aller Kälte,
auch des Jahres 1869/70, ohne alle Schädigung
widerstanden hatten, sind im Winter 1870/71 voll-
ständig erfroren, dagegen 4 und 8 Jahre alte Exem-
plare unversehrt geblieben. Sie befinden sich sämmt-
lich jetzt in der üppigsten Vegetation,
Auf gleiche Weise sind die 4 Cypressen: funebris,
chilensis, Mac-Nabiana und macrocarpa in demselben
verhängnissvollen Winter 1870/71 vollständig erfroren,
nachdem Jahre lang im Freien ausgehalten
hatten. Keineswegs durch dieses Missgeschick ab-
seschreckt, wird Garten -Inspektor Schnittspahn
seine Versuche mit diesen und ähnlichen Pflanzen
fortsetzen.
Eine längere Zeit ausgehalten, ohne auch nur
im Geringsten durch einen der Winter beschädigt
worden zu sein, haben folgende Koniferen: Cuning-
hamia sinensis, Cupressus Lawsoniana aurea, Podo-
carpus Maki, Thujopsis dolabrata, Podocarpus an-
dina, Koraiana, ehinensis Wall., ferruginea, Juniperus
attica, drupacea, chinensis, excelsa, Pinus Ayaca-
huite, Peuce, Lambertiana, densiflora, Jeflreyi, Bent-
hamiana, Lemoireana, Abies Brunoniana, Mertensiana,*
Alcoequiana, numidieca und Pindrow.
Hofgärtner Maurer in Jena, der sich um die
Beerenzucht bereits grosse Verdienste erworben und
eigentlich erst auf ihre Bedeutung aufmerksam ge-
macht hat, sandte uns vor nun 6 Wochen ein Sor-
timent der neuesten amerikanischen Him- und Brom-
beeren in Früchte tragenden Zweigen zu. Die Him-
beeren werden zwar bei uns hinlänglich gewürdigt,
nicht die Brombeeren. Kaum werden die
Früchte in einigen Gegenden, wie z. B. in Thürin-
sen, wo die Sträucher allenthalben wild wachsen,
in geringerer Menge auf die Märkte gebracht, so viel
wir wissen werden sie aber nirgends, wenigstens
nieht im Grossen, kultivirt. Anders verhält es sich
sie 7
aber
2, Mi
in den Vereinigten Staaten Nordamerika’s, wo man
nicht allein die Beeren der wildwachsenden Brom-
beersträucher eifrig für den Verkauf sammelt, son-
dern sich auch, besonders in den letzten 10 Jahren,
vielfach bemüht hat, einestheils durch Kultur, an-
derntheils durch Kreuzung, eine Reihe vorzüglicher
Sorten für die Kultur zu gewinnen. Man hat auch
Kreuzungen der Brombeere mit der Himbeere ge-
macht und ebenfalls günstige Resultate erlangt.
Hofgärtner Maurer ist dieses keineswegs ent-
sangen, im Gegentheil hat er sich bemüht, durch
seine Verbindungen, hauptsächlich mit dem intelli-
zsentesten Beerenzüchter, Fuller, in Nordamerika,
die besten Sorten und Blendlinge sich zu verschaffen
und zu vermehren. In dem erst ausgegebenen Ver-
zeichniss seines Beeren- und Schalen-Obstes befin-
den sich bereit$ 4 rothfrüchtige, 4 gelbfrüchtige und
5 braunfrüchtige Himbeersträucher aus Nordamerika.
Von den Brombeersträuchern ebendaher kannten wir |
bis Jetzt nur die bereits von uns schon vor mehre-
ren Jahren bekannt gemachte Lawton - Brombeere
und die sogenannte gelbe amerikanische, jetzt hat
Maurer deren nicht weniger als 11 verschiedene
Sorten und zwar 6 schwarz- und glänzend-früchtige,
3 schwarz- und bereift-früchtige und 2 gelb-früchtige
in Kultur. Diese sowohl, wie die Himbeersträucher,
sind zu 5 Sgr. die Sorte von ihm zu beziehen.
Die Sorten, welche Hofgärtner Maurer uns vor
Kurzem sendete, fand ich sämmtlich schmackhaft.
Sie schienen zum geringen Theil dem ächten ame-
rikanischen Himbeerstrauche (Rubus oceidentalis),
zum grösseren Theil dagegen Kulturformen des R.
strigosus oder auch Blendlinge der eben genannten
Arten zu sein. Als wohlschmeckend können wir die
ächte Himbeere: Hildreth purple, empfehlen. Golden
cap mit schöner goldgelber Farbe ist wahrscheinlich
ein Blendling, während Arnold’s Hybrid kein Blend-
"ling, sondern nur eine ausgezeichnete Sorte der R.
occidentalis sein möchte. Als Himbeerartige Brom-
beeren (nicht als Brombeerartige Himbeeren, wie
Maurer sie nennt) empfehlen wir die unbewehrte,
also ganz glatte, Lum everbearing, welche, wie auch
der Beiname sagt, vom Juni bis spät in den Herbst
hinein reichlich trägt, ferner American improved und
Gardener’s purple, beide mit grossen, glänzend-
schwarzen Früchten versehen.
Auf ‚meiner letzten Reise am Rhein, in Elsass-
Lothringen und in Schwaben habe ich durch den
Umgang mit intelligenten Gärtnern mannichfach Ge-
legenheit gehabt, Kenntnisse zu sammeln und inte-
vessante Beobachtungen zu machen,
nich noch von Zeit zu Zeit aussprechen werde. Zu-
über die ich | Gründe bewusst zu werden,
nächst will ich einen Umstand, das Verhältniss des
Edelreises zum Wildling betreffend, erwähnen. Es
kommen bei der Veredlungszucht so eigenthümliche
Thatsachen vor, dass es wünschenswerth wäre, dass
auch von anderen Botanikern, sowie von Gärtnern,
mehr hierauf geachtet würde, als es bis jetzt ge-
schehen ist. Am Meisten verdanke ich in dieser
Hinsicht den Obergärtnern Thomas, Vater und Sohn,
in Metz bei Simon-Louis freres.
Es ist bekannt, dass bisweilen Edelreiser auf
dem Aeusseren nach verwandten Gehölzen durchaus
nicht annehmen, während sie dagegen auf ferner
stehenden leicht anwachsen. Sollte trotz der äusse-
ren Aehnlichkeit das Gefüge des Holzes sich so ver-
schieden verhalten, dass die gegenseitigen Zellen
nicht eine Verbindung eingehen können, während
umgekehrt im Aeusseren ferner stehende Gehölze
ein um desto ähnlicheres Holzgefüge besitzen? Der
neuerdings im Amurlande entdeckte Ahorn, Acer
Grimala, gedeiht z. B. veredelt nicht auf A. tatari-
eum, mit dem ihm einige Botaniker sogar als Art
vereinigen, während er auf Acer Pseudo - Platanus
sehr gut anwächst. Laburnum ramentaceum (Cyti-
sus Weldeni) steht dem Laburnum vulgare (Cytisus
Laburnum) so nahe, dass Manche ihn nur für eine
Abart des letzteren halten. Prunus triloba, eine Art,
welche den Aprikosen näher steht, als den ächten
Pflaumen, wird in Metz allgemein auf die Bauern-
pflaume oder Quetsche veredelt.
In Betreff der buntblättrigen Gehölze kommt das
Eigenthümliche vor, dass die bunten Triebe keines-
wegs immer das ganze Jahr hindurch dauern und
bald im Anfange, bald aber auch später intensiver
gefärbt sind. Noch interessanter ist, dass es eine
Rothtanne giebt, welche nur iin Frühjahre mit ihren
jungen Trieben goldgelb gefärbt ist, während diese
später ihre grüne Farbe wieder erhalten. Umgekehrt
wird in den Verzeichnissen eine Quercus nova foliis
argenteo-pietis aufgeführt, welche das Eigenthümliche
besitzt, -dass die Blätter erst bei dem Sommertriebe
bunt erscheinen, während sie am Frühlingstriebe nur
grüne Blätter hervorbringen. Es gibt aber auch
buntblättrige Eichen, welche durchaus vom Frühjahre
bis in den Herbst hinein bunte Blätter besitzen.
Ferner ist es eine eigenthümliche Erscheinung,
dass, wenn man die Samen der beiden Taxbaum-
Abarten, welche als T. hiberniea und adpressa kul-
tivirt werden, aussäet, man oft buntblättrige Formen
erhält, während Samen gewöhnlicher Taxbäume der-
gleichen nur äusserst selten geben. Hier sich der
möchte wohl zu den
schwierigsten Aufgaben eines Physiologen gehören.
Ss
Und doch wird die Lösung einmal, wenn auch in
noch so später Zeit, der Wissenschaft gelingen.
In Nordamerika ist bekanntlich unsere Schwarz-
pappel (Populus nigra) hier und da verwildert, die
Bäume unterscheiden sich jedoch von den unsrigen
dadurch, dass die Blätter in der Jugend etwas be-
haart, aber auch noch später am Rande gewimpert
sind. Bekanntlich ist diese nordamerikanische Form
unter dem Namen Populus hudsoniea auch als eigene
Art beschrieben worden. Säet man Samen von die-
ser amerikanischen Abart aus, so erhält man sehr
oft unsere italienische oder Pyramiden-Pappel daraus.
Wir ergreifen die Gelegenheit, um die Leser der
Wochenschrift nochmals auf den interessanten Blend-
ling der Balsam- mit der kanadischen Pappel, wel-
cher zufällig im botanischen Garten zu Berlin ent-
standen ist und als Populus hybrida Berolinensis be-
schrieben wurde, aufmerksam zu machen. In Metz
wird er bereits als Alleebaum hoch geschätzt und
auf der italienischen Pappel veredelt.
Eine ganz besondere Eigenthümlichkeit ist, dass
die amerikanische Sumpf-Eiche (Quereus palustris)
in Metz nicht aus Samen gedeihen will, während sie
in anderen Gegenden sich aus Samen erziehen lässt.
Man veredelt sie deshalb auf unsere Winter-Eiche
(Quercus sessiliflora) und erhält auf diese Weise die
schönsten Bäume.
In Metz erhält man ferner sehr oft aus dem Sa-
men unserer gewöhnlichen Eberesche (Sorbus Aucu-
paria) Exemplare mit ganzen und halbgefiederten
Blättern, also Pflanzen, welche der Sorbus (resp.
Pirus) spuria gleichen. Bekanntlich ist diese erst
aus Schweden bei uns eingeführt und wird für einen
Blendling der Sorbus Aucuparia und Aria gehalten.
So wahrscheinlich dieses auch sein möchte, so
dürften doch noch erst Versuche damit angestellt
werden, ob man aus den Samen dieses vermeint-
lichen Blendlings auch Sorbus Aria, also die eine
der Elternpflanze, erhalten wird. So viel wir wissen,
ist dieses noch nicht erprobt. Unserer Ansicht nach
könnte hier auch nur eine Abart vorliegen. Bei
unserer gewöhnlichen Esche kommen in der soge-
nannten Fraxinus heterophylla und simplicifolia ähn-
liche Erscheinungen vor, ohne dass man hier für die
Erklärung seine Zuflucht zu einer Kreuzung genom-
men hätte.
Wir haben früher schon mitgetheilt, dass in
Metz eine Form des unter vielen Namen beschrie-
benen Blüthenstrauches am Häufigsten als Cytisus
albus oder multiflorus kultivirt wird, welche alle Un-
bilden des Winters erträgt- und im Freien aushält.
Diese Form unterscheidet sieh sonst von der Haupt-
art in nichts, der ganze Unterschied liegt also in der
grösseren Resistenz des Holzes gegen die Kälte.
Interessant ist nun, dass man in Metz von ihr aus-
gesäet und dadurch wiederum dieselbe den Winter
über aushaltende Form erhalten hat. Wir machen
Liebhaber von Blüthensträuchern im freien Lande,
welche ihre Sammlung vermehren wollen, auf diese
Form um so mehr aufmerksam, als sie den ganzen
Sommer, bis spät in den Herbst hinein, ihre weissen
Schmetterlingsblüthen entfaltet.
Bei unserer Anwesenheit in Strassburg besuch-
ten wir unter Anderem auch die früher mehrmals
besprochenen Baumschulen von Martin Müller.
Obwohl sie eine lange Zeit während der Belagerung
unter Wasser gestanden hatten, so ist der Schaden,
den sie dadurch erlitten, doch keineswegs bedeu-
tend, die Baumschulen befinden sich wenigstens jetzt
in einem vorzüglichen Zustande und lassen, zwmal
sie auch vorzüglich gepflest werden, nichts zu wün-
schen übrig. Ueber sie selbst werden wir noch an
anderer Stelle sprechen. Wir wollen aber etwas
aus der gewöhnlichen Pfllanzenzucht der Martin
Müller’schen Gärtnerei berichten, was. uns wenig-
stens, noch und deshalb auch manchem
Laien, vielleicht auch manchem Gärtner,
sein dürlte.
Verbenen.
Martin Müller schneidet nämlich von kräftigen
Pflanzen Stecklinge und steckt sie in Näpfe, welche
mit reinem Sande gefüllt sind, aber mit Wasser über-
neu war
unbekannt
Es betrifft die rasche Vermehrung der
sossen werden. Die Näpfe werden in ein Beet,
welches man mit einem Fenster deckt, gebracht.
So stehen sie in der heissesten Sonnenwärme, blei-
ben trotz der hohen Grade, welche bald unter dem
Fenster bemerkbar sind, frisch und wurzeln
mein rasch an. Nach kurzer Zeit schon
die angewurzelten Stecklinge verpflanzen
Willkühr Gebrauch davon machen.
unge-
kann
und
man
nach
Literatur.
Lucas, Dr. E., Auswahl werthvoller
Obstsorten nebst kurzer Angabe ihrer Merkmale
und Kultur. 4. Band. Wirthschafts-Obstsorten,
enthaltend 100 der zur Anpflanzung in den deutschen
Gärten geeignetsten Sorten. Mit 102 Holzschnitten.
Ravensburg, Eugen Ulmer. 1872.
Während in dem ersten Bande dieser Schrift
die besten Tafeläpfel, im zweiten die besten Tafel-
birnen, im dritten (noch unter der Presse befindlichen)
die besten Steinobstarten ihren
in edelsten Sorten,
sn
sowie die Kultur derselben besprochen werden, han-
delt es sich in dem vorliegenden vierten Bande um
das Obst für den allgemeinen Konsum, für das
Wiıthschaftsobst. Erst kürzlich ist in diesen Blättern
in dem Artikel „Zur Statistik des Obstbaues“ auf die
grosse Bedeutung des Obstes für Anpflanzung an
Strassen und Wegen, Eisenbahndämmen ete. auf-
merksanı gemacht und auf die verschiedenen Ein-
wendungen, die dieser Kultur im
näher eingegangen worden,
in diesem Weıke nun erhalten wir gerade nähere
Auskunft die auszuwählenden Sorten und die
Art ihres Anbaues. Eine kurze Inhaltsübersicht (die
leider in der Schrift fehlt) wird dem Leser zeigen,
wie
man sewöhnlich
Grossen entgezenstellt,
über
allseitig der Gegenstand ausserdem behandelt
ist. Der erste Hauptabschnitt behandelt kurz die
Kultur des ökonomischen Zwecken im
Allgemeinen, und zwar: 1) Den Begriff des Wirth-
schaftsobstes.. 2) Boden und Klima. 3) Die ver-
schiedenen Arten von ÖObstanlagen. 4) Beschaffen-
heit der Bäume für grössere Obstanlagen. 5) Zeit-
periode des Pflanzens. 6) Wahl und Bearbeitung
des Bodens. 7) Entfernung der Bäume oder Pflanz-
weite. 8) Verfahren beim Baumsatz. 9) Die Pflege
der Feld- und Strassenbäume in den nächsten Jah-
ren nach der Pflanzung. 10) Die Pflege der älteren
tragbaren Obstbäume. 11) Das Einernten des Obstes
in ökonomischen Anlagen. — Der zweite Hauptab-
schnitt giebt sodann die Beschreibung und Kultur
von 40 Apfel-, 35 Birn-, 10 Pflaumen- und Zwet-
schen, so 15 Kirschen- und Weichselsorten,
alle nach der Reifezeit geordnet; endlich folgt ein
alphabetisches Veızeichniss der 100 empfohlenen
Sorten. Die Holzschnitte sind die bekannten des
illustrirten Handbuches der Obstkunde von Öberdieck
und Lucas, dem sich auch die Art der Beschreibung
anschliesst.
Allen Denen, die sich für die Kultur des Obstes
im Grossen interessiren, namentlich auch den
Baumwärtern, ist das Buch warm zu empfehlen.
Fast in unmittelbarem Zusammenhange mit vor-
stehender steht die folgende Schrift:
Lucas, Die Eine gemein-
fassliche Anleitung zur wirthschäftlichen Verwendung
des Obstes. Zweite vielfach umgearbeitete und ver-
mehrte Auflage. Mit zahlreichen in den Text gedruck-
ten Holzschnitten. Ravensburg, Eugen Ulmer. 1872.
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses
Werkes im Jahre 1856 haben Wissenschaft und
Praxis auf dem Gebiete der Obstbenutzung grosse
Obstes zu
wie
aber
Obstbenutzung.
Fortschritte gemacht, wenn dieselben auch unserer
Ansicht nach nicht mit denen auf dem Gebiet der
Obstkultur und der Pomologie in gleichem Verhält-
niss stehen. Der Verfasser ist als einer der wacker-
sten Vorkämpfer auf dem Gebiete der Obstbenutzung
bekannt, er hat sich zum Beispiel seit Jahren
keine Mühe verdriessen lassen, besonders auf
die Konstruktion guter Darren Pressen, na-
mentlich ersterer Bedacht zu nehmen und
so finden denn auch in diesem Buche die
zweite Abtheilung: Das Trocknen oder Dörren des
Öbstes, und die vierte: Die Obstwein - Bereitung
und Darstellung anderer weinartiger Getränke, die
Essigbereitung,
und
aber
wir
die Branntweingewinnung aus Obst
in gebührender Weise ausführlich behandelt, mitunter
freilich, wie auch in den andern Abschnitten, unserer
Ansicht nach mit etwas zu vielen älteren Notizen
ausgestattet. — Von grosser Wichtigkeit verspricht
die neue transportable Lucas’sche eiserne Obst-
dörre zu werden und Referent überzeugte sich selber
von deren rascher Wärme - Entwicklung. Dieselbe
erinnert in ihrer Konstruktion etwas an die ebenfalls
abgebildete Dörre von Aichelin (Firma F. Flor) in
Stuttgart, welche auf der Petersburger Ausstellung
1869 aber bedeutend leichter
und eben transportabel. Das Modell befand sich mit
unter der grossen Sammlung der Lucas’schen Ge-
räthe auf unserer diesjährigen Ausstellung. Weitere
Proben in diesem Herbst werden ergeben, wie sie sich
im Grossen bewährt und werden wir alsdann Gelegen-
heit nehmen, sie ausführlicher zu beschreiben.
Die übrigen Abschnitte des Werkes enthalten
ebenfalls reiches Material. So handelt der erste von
den chemischen Bestandtheilen des ÖObstes, den
wichtigsten Obstsorten für ökonomische Zwecke, der
Obsternte, der Aufbewahrung des Winterobstes und
der Verpackung der zu versendenden Früchte; der
dritte von der Musbereitung, der fünfte endlich von
der Benutzung der Obstabfälle zur Oelgewinnung
und als Brennmaterial.
Die Strömung der gegenwärtigen Zeit ist: „Viel
Obst bauen.“ Allein wollen wir viel Obst bauen,
so müssen wir auch viel Obst nutzen. Die Kenntniss
von der besten Art der Obstnutzung ist jedoch,
namentlich im nördlichen Deutschland, noch weniger
verbreitet, als sie sollte. Wir wollen deshalb hoffen,
dass man in den betreffenden Kreisen, namentlich in
den landwirthschaftlichen Vereinen, durch die vor-
liegende Schrift einen neuen Impuls erhalte, diesen
Gegenstand mehr zu würdigen.
prämiirt wurde, ist
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
es
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur: “
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 4. Ben den 5. October.
1872.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Diejenigen geehrten Mitglieder, welche ihren Jahres-Beitrag noch nicht berichtigt haben, werden ersucht, den-
selben bis zum 31. October .d. J. an den Schatzmeister, Herrn Stadtverordneten Sonntag, Alexandrinenstrasse 5l hierselbst,
einzusenden. Nach dieser Zeit wird angenommen werden, dass dieselben die Einziehung per Postvorschuss wünschen.
Inhalt: Die Gärten Braunschweigs. — Die schönsten Pelargonien. — Preisverzeichnisse.
. f . | bis zu den dunkelsten Varietäten der Remontant-
Die Gärten Braunschweigs. xosen finden sich für alle Färbungen Vertreter und
Bei der bevorstehenden 6. allgemeinen deutschen | fast ohne Ausnahme in ganz ausgezeichneter Kultur.
Pomologen-Versammlung, die vom 10. bis 13. Okto- | Bei kräftigem gedrängten Wuchs mit tadelloser Be-
ber d. J. in Braunschweig stattfindet, glauben wir | laubung sind die meisten der Pflanzen mit Knospen
den gewiss zahlreichen Besuchern der Versammlung |; und Blütlien reichlich besetzt. Es werden hier keine
einen Dienst zu erweisen, wenn wir an dieser Stelle | wurzelächte, sondern meist auf dem Wurzelhals ver-
den Artikel des Herrn E. Bouche&, Garten-Ingenieur | edelte Stämmehen benutzt, welche jedenfalls einen
und Beamter des landwirthschaftlichen Centralvereins | reicheren Blüthenflor liefern, als erstere. Die An-
im Herzogthum Braunschweig, über die Gärten Braun-
schweigs reproduziren, den derselbe im März- und | auch bald in anderen Zweigen der Topfkultur gün-
Juni-Heft d. J. der „Mittheilungen der Sektion für | stigen Erfolg konstatiren lassen und sind es beson-
Gartenbau des landwirthschaftlichen Centralvereins | ders die Kulturen von Pelargonien, Azaleen, Camellien,
im Herzogthum Braunschweig“ veröffentlicht hat. | Eriken und der verschiedenen Teppichbeetpflanzen,
Wenn sich Braunschweig bisher hauptsächlich | welche bedeutenden Umfang annehmen und zu den
seinen gärtnerischen Ruf durch die vorzügliche Spargel- | günstigsten Erfolgen Hoffnung geben. Sind diesen
kultur erworben hat, so steht es doch in manch | Kulturen hier und da noch einzelne Umstände hin-
anderer Kultur anderen Städten nicht nach, ja man | derlich, wie z. B. die theuren Düngerpreise, der
möchte dreist behaupten können, dass es in einigen | Mangel an leichten Erdarten, an guten Töpfen u. Ss. w.,
Zweigen der Pflanzenzucht den Vorrang geniesst. | so werden auch diese bald als überwundener Stand-
Dies gilt besonders von seiner Rosenkultur, welche | punkt zu betrachten sein, und deshalb darf man in
hier in so ausgedehntem Maasse und mit so gün- | gärtnerischer Beziehung Braunschweig ein günstiges
stigem Erfolge betrieben wird, wie verhältnissmässig | Prognostikon stellen.
kaum an einem anderen Orte. Macht man zwischen Möge man. diese Abschweifung verzeihen, sie
Ostern und dem weissen Sonntage einen Gang durch | schien aber nothwendig, um die einzelnen Mängel
die Gewächshäuser unserer Handelsgärten, so wer- | zu motiviren, welche wohl hier und da zu rügen
den wir von den tausenden von Rosen überrascht, sein möchten, wenn man die Gärten Braunschweigs
welche die Stellagen in allen Stadien der Entwicke- | einer genaueren Beschauung würdigt. Es sei in
lung, in allen Farbenschattirungen schmücken. Von | dieser Beziehung noch bemerkt, dass auch die An-
den zarten Moosrosen und den zartgelben Theerosen | lage und Pflege der Rasenplätze im Allgemeinen
40
strengungen einzelner strebsamer Gärtner werden
314
Vieles zu wünschen übrig lassen und dass bis jetzt
nur einzelne kleine Gärten auch in dieser Hinsicht
als gutes Vorbild dienen können. Der Rasenkultur
wurde bisher lange nicht die Sorgfalt gewidmet,
welche allein zu günstigen Resultaten führen kann
und trat uns meist die Ansicht entgegen, als tauge
Boden und Klima nicht für Rasenanlage. Nach un-
serer Ansicht und Erfahrung liegt dieser Anschauung
indess durchaus keine Begründung unter, sondern
man hat sie einfach acceptirt, weil es in vielen Fäl-
len nicht gelungen war, ein günstiges Resultat zu
erzielen. Wir finden den Grund zu den meist
schlechten Rasenplätzen allein in der schlechten Vor-
bereitung des Bodens, in der falschen Auswahl der
Saat und in der schlechten späteren Pflege nach der
Keimung des Samens, und weisen deshalb auf den
kleinen Aulsatz in den Mittheilungen der Sektion für
Gartenbau im Il. Jahrg. pag. 11: „Ueber Anlage und
Pflege des Rasens“ hin.
Ehe wir zur Besichtigung einzelner Gärten gehen,
möge hier noch angedeutet werden, dass in ästhe-
tischer Beziehung bei den Anlagen dem schaffenden
Gärtner dadurch manche Schwierigkeiten geboten
werden, dass selbst in kleineren Gärten mit der An-
lage von parkartigen Partien auch die Anlage eines
Gemüsegartens verbunden werden soll, wodurch selbst-
verständlich das Schaffen eines einheitlich schönen
Bildes stets schwierig bleibt, weil es olt zur Unmög-
lichkeit wird, die nicht immer ästhetisch zu haltenden
Flächen des Gemüsegartens gegen die parkartigen
Anlagen hin anmuthig zu scheiden und zu verdecken.
Besucht ein Fremder Braunschweig mittelst der
Eisenbahn, so tritt ihm beim Verlassen des Zuges
gleich die freundliche Anlage des Bahnhofes vor
Augen, welche zu beiden Seiten der Halle die Plätze
schmückt. Auf wohlgepflegten Rasenplätzen finden
sich teppiehbeetartige Blumenpflanzungen zu einem
[reundlichen Bilde zusammengestellt, in dessen Mitte
Fontainen eine angenehme Frische verbreiten. Die
Pflanzungen werden unter spezieller Leitung des
Eisenbahngärtners Herrn Kreis mit grosser Sorgfalt
ausgeführt und gepflegt, die dazu nöthigen Pflanzen
diesem gebauten
Gewächshause angezogen. Zu den Pflanzungen der
Blumenbeete sind ausser Iresine, Gnaphalium, Cen-
taurea, Achyranthes u. s. w. besonders die Scarlet-
Pelargonien Lady Constance Grovenor (roth 30— 55
Centimeter hoch), Brillant (roth 30 —35 Centimeter
hoch), Cybister (roth 40 Centimeter hoch), Triomphe
de Paris (roth 30—36 Centimeter hoch), die gross-
doldige rosa Surpasse Beauty de Suresne und Prä-
sident Schaper (rosa 30—85 Centimeter hoch), sowie
in einem besonders zu Zwecke
die schöne Lobelia Blue King, gracilis rosea, speciosa
spectabilis, Stern von Ischl und andere in geschmack-
voller Zusammenstellung angewendet. Bemerkens-
werth ist als Einzelpflanze für Rasenplätze der sehr
zierliche, fast silbergrau-blättrige Euealyptus globulus,
welcher eine sehr angenehme Unterbrechung bietet.
Verlässt man den Eisenbahnhof und geht nach
dem Wilhelmithore über die Promenade am Hohen-
thore bis zum Petrithore, so sieht man an der mit
schattenden Kastanien, Linden und Platanen besetzten
Strasse, zu beiden Seiten freundliche Gärten, welche
freilich oft in recht wunderlichem Geschmack ange-
legt, doch zwischen den Häusern eine angenehme
Abwechselung bieten. Beklagenswerth ist es, dass
fast sämmtliche Gebäude unmittelbar an der Strasse
liegen, so dass es unmöglich ist, kleine Vorgärten
anzulegen, welche stets einer Promenade ein viel
freundlicheres Bild, der ganzen Strasse etwas Freieres
und Anmuthigeres geben. Nur bier und da findet
man selbst bis unmittelbar an die Strasse reichend
noch einige Gemüsegärten, doch verschwinden diese
mehr und mehr, seitdem stattliche Häuser an deren
Stelle treten.
Die früher am Wilhelmithore belegene Gärtnerei
von Franz Schelze ist seit einigen Monaten nach der
Goslar'schen Strasse übersiedelt und werden dort
wie in dem alten Grundstücke alle Arten von Markt-
pflanzen kultivirt.
Es sei hier noch des an der Wilhelmithor-Pro-
menade dicht am Hohenthore belegnen Degner’schen
Gartens Erwähnung gethan, welcher weniger in der
Form und Grundidee seiner Anlage etwas Hervor-
ragendes zeigt, als vielmehr wegen der Reichhaltig-
keit der in ihm vorhandenen Koniferen - Sammlung
bemerkenswerth ist. Ein stattliches Exemplar der
Wellingtonia gigantea, welches selbst die letzten har-
ten Winter, freilich in gutem Brettergehäuse, gut
überdauert hat, steht der Seite von schönen
Pflanzen der Thujopsis borealis, der Thuja Lawso-
niana, der verschiedenen Taxus u. s. w. Wie gesagt,
es sind weniger schöne Formen der ganzen Anlage,
welche eher einer Pflanzschule ähnlich sieht, sondern
die alle wohlgepflegten Pflanzen der verschiedensten
Arten von Koniferen, welche dem Auge auffallen.
Der dicht daran grenzende Platz vor dem Hohenthore
ist abwechselnd mit Hain- und mit rothblättrigen
Buchen bepflanzt; es kann nicht behauptet werden,
dass diese letzteren einen angenehmen Effekt hervor-
bringen, sie haben vielmehr etwas Düsteres und
durchaus nichts Anheimelndes gerade an dieser Stelle,
so verwendbar der Baum auch sonst ist.
Dicht vor dem Petrithore befindet sich in der
an
Pflegehausstrasse die ziemlich umfangreiche Gärtnerei
des Kunst- und Handelsgärtners Jul. Keffel, welcher
vorzüglich in kräftig erzogenen, gesunden und stets
reichblühenden Pflanzen der Gamellia, in älteren und
neuesten Sorten excellirt, der auch tüchtiger Kulti-
vateur von Rosen und Pelargonien ist, deren letztere
stets bei ihm in ausgezeichneten Exemplaren vertre-
ten sind. In der Gellerstrasse hat der Kunst- und
Handelsgärtner Fricke eine Gärtnerei, in welcher
neben Rosen und Pelargonien, besonders Pflanzen
zur Bepflanzung von Gruppen, wie Althernantheren,
Achyranthes, Verbenen u. dgl. mehr gezogen werden.
Bemerkenswerth ist bei ihm eine Anlage mit suc-
eulenten Pflanzen in einer Steingruppirung im freien
Lande, in welcher eine grosse Auswahl der schönen
Sedeen, Semperviveen und anderer zu finden sind.
Ein sehr zierlich gehaltener Garten, welcher in Bezug
auf Sauberkeit als Muster dienen kann, ist der ganz
in der Nähe des vorigen befindliche des Fabrikanten
W. Flagge. Etwas tief gegen die Strasse gelegen,
in seinem vorderen Theile aus einer einfachen Park-
partie, reich mit Koniferen besetzt, bestehend, an
welche sich der fast ganz verdeckte Gemüse- und
Obstgarten anschliesst, bietet der Garten stets von
der Strasse aus ein überaus freundliches Bild. Im
Sommer sind zwar junge, aber in vorzüglicher Kultur
befindliche Orangenbäumchen und zierliche Topf-
sewächsgruppen zu freundlicher Umrahmung des
Bildes aufgestellt. In den nahe liegenden Gärtnereien
der Kunst- und Handelsgärtner Ernst und E. Keffel
werden die verschiedenartigsten Marktpflanzen, wie
sie die Jahreszeit nothwendig macht, erzogen. Der
dieht am Petrithore belegene, früher v. Bülow’sche
Garten, der hinter dem von dem verstorbenen Ottmer
einfach entworfenen Hause, auf einer Seite von der
Oker begrenzt wird, enthält einzelne schöne alte
Bäume, wie z. B. eine prächtig geformte Blut-Buche
(Fagus sylvatiea fol. atropurpureis), einen gelb bunt-
blättrigen Ahorn (Acer platanoides L. var.), eine sehr
schön gebaute Trauerbuche (Fagus sylvatica var.
pendula), eine grosse Zahl prächtiger grosser Bäume
der rothblühenden Kastanien (Aesculus carnea Willd.),
welehe in ihrer Blüthezeit einen prachtvollen Anblick
gewähren. Ausserdem finden sich dort auch noch
alte Catalpen (Catalpa syringaeflora L.) und pracht-
volle Sträucher der rothblättrigen Haselnuss (Gorylus
tubulosa Willd. fol. atropurpureis).
Vom Petrithore aus nach dem Wendenthore hin
ist die Promenade mit schönen Platanen (Platanus
oceidentalis L.) bepflanzt, während weiterhin in der
Nähe der städtischen Mühle prächtige Gruppen von.
Ahorn (Acer eampestre L. und Acer Platanoides L.)
315
und anderem Laubholz ein
angenehmes Bild geben. Linker Hand sieht man
jenseits der Öker umschlossen eine hügelige
Insel mit gemischten Laubhölzern besetzt, während
unmittelbar an der Strasse die mit vielen alten Bäu-
men geschmückte Besitzung des Commerzienraths
OÖ. Loebbecke sich hinzieht. In anstossenden klei-
neren Gärten, welche von diesem grösseren Grund-
stücke nach und nach abgezweigt sind, findet man
herrliche Exemplare amerikanischer Eichen, von der
seschlitztblättrigen Ulme (Ulmus campestris L. var.
asplenifolia), der gesehlitztblättrigen Rothbuche (Fagus
sylvativa L. var. asplenifolia) und anderen. Auf der
Promenade selbst steht ein ziemlich altes, freilich zu
sehr im Druck gehaältenes Exemplar
(Salisburia adiantifolia Smith), ein leider in den letzten
Wintern zum Theil erfrorener Baum, die Paulownia
und ein besonders schönes und selten
abwechselnd mit Eichen
von
des Ginkgo
imperialis,
| starkes, etwa 10 Meter hohes Exemplar des Amber-
baumes (Liquidambar styraeiflua L.), welches in
seiner herbstliceben röthliehen Belaubung einen be-
sonderen Effect hervorbringt.
Der dem mit jungem Nadelholze bepflanzten
Anatomieberge gegenüber liegende Garten des Landes-
Oekonomieraths Griepenkerl bietet neben seiner rei-
zenden Lage viele Schätze an seltenen Gehölzen und
Obstbäumen. Das im italienischen Style erbaute Haus
ist von Rasenplätzen nach allen Seiten umgeben,
welche nach der Seite hin, wo die beiden Okerarme
zusammenfliessend den Garten begrenzen, mit grös-
seren Gehölzpartien besetzt sind, während die vor-
deren nur mit Einzelpflanzen geschmückt erscheinen.
Hervorzuheben sind besonders zwei sehr schöne,
2 und 3,5 Meter hohe, breit ausgelegte Exemplare
der kaukasischen Nordmanns - Tanne (Abies Nord-
manniana Lindl.), von der eine grosse Zahl jüngerer
Pflanzen hier und da im Garten zerstreut stehen.
Hübsche Pflanzen der Mammuthfichte (Wellingtonia
gigantea Lindl.), der Zwergtanne (Picea excelsa Lindl.
Glanbrasiliensis Lindl.), der nicht genug zu empfeh-
lenden, ausdauernden Cypresse (Cupressus Lawso-
niana Murr.), der Sumpf- Cypresse (Taxodium disti-
chum) und andere wechseln mit Laubhölzern ab,
oder sind mit gleichartigen zu Gruppen verschmolzen.
Besonderes Interesse gewährt Garten
aber durch die reiche Auswahl von Obst - Sortimen-
ten, wie Aepfeln, Birnen, Pflaumen, welche entweder
als Hochstämme oder in den verschiedensten Zwerg-
formen gezogen werden. Die Stellung der Birnen-
und Aepfel - Pyramidenbäume als Einzelpflanze auf
Rasenflächen bietet hier eine sehr angenehme Ab-
wechselung.
dieser
40*
316
Vor dem Wendenthore selbst liegen verschiedene |! sonderer Sorgfalt gepflegten Bäume hat zu günstigen
Besitzungen von Kunst- und Handelsgärtnern, deren
Hauptkulturen, in der Anzucht der verschiedensten
Marktpflanzen, Rosen u. s. w. bestehend, doch im
Allgemeinen nichts Hervorragendes bieten. Erst kürz-
lich hat sich der frühere Obergärtner A. Weinschenk
dort etablirt, es wird hoffentlich in einigen Jahren
unter seiner Leitung eine tüchtige Gärtnerei erstehen.
Die Promenade vom. Wenden- bis zum Fallers-
leberthore ist einfach mit Alleen besetzt, doch finden
sich zu beiden Seiten manche niedliche Gärten
zwischen oder hinter den Häusern eingestreut, so
dass auch dieser Theil der Promenade einen ange-
nehmen und schattigen Spaziergang bietet. Am Fal-
lersleberthore ist der zum Collegium Carolinum res-
sortirende botanische Garten, welcher unter Leitung
des botanischen Gärtners Ohm manche interessante
Pflanze bietet, welche jedoch mehr in Rücksicht auf
die wissenschaftlichen Zwecke, als in Bezug auf
Aesthetik Erwähnung verdienen, ohne dass letztere
etwa bei der Anlage noch Pflege des Gartens ausser
Beachtung gelassen wäre. Vor dem Thore befindet
sich die Handelsgärtnerei von F. Weinschenk, in der
man gut und kräftig kultivirte Marktpflanzen aller
Art, sowohl des Kalt- als auch des Warmhauses
findet. Die gegenüberliegende, früher sehr bekannte
Gärtnerei von H. Bewig, in der besonders viel Aza-
leen, Camellien und Rosen gezogen wurden, ist der
alles derartige vernichtenden Baulust zum Opfer ge-
fallen. Die Pflanzen sind dem Vernehmen nach von
A. Weinschenk angekauft. Weiter vor dem Thore
hinaus, nach Gliesmarode zu, befinden sich die
Gärten und Ländereien, in und auf welchen der Sa-
menhändler L. Markworth seine Sämereien erzieht.
Am Schlusse dieser Notizen soll auf den Samenbau
specieller eingegangen werden. Wendet man sich
von hier aus zur Linken, so kommt man zu dem in
der Kasernenstrasse belegenen herzoglichen Küchen-
garten unter Leitung des Hofgärtners Diko. In Be-
zug auf feinere Gemüse-Kultur ist dies für Braun-
schweig wohl die grösste Anlage, und man findet in
ihr sowohl die gewöhnlicheren im Freien gebauten,
als auch die zarteren in Gewächshäusern und Mist-
beetkästen zu kultivirenden Gemüse in reichlicher
Auswahl. Auch der Erdbeertreiberei liegt man hier
eifrig ob, und so sahen wir besonders im vorigen
Jahre ganz vorzügliche Exemplare in Töpfien, reich
mit Früchten beladen. Das auf demselben Grund-
stück befindliche, unter speeieller Leitung des Garten-
Inspektors Koch angelegte Kompartiment von Formen-
Obstbäumen, scheint leider von einem besonderen
Unstern verfolgt zu sein, nur ein Theil der mit be-
Erfolge geführt, so dass man wohl wünschen möchte,
es würde dieser Anlage erneute Aufmerksamkeit ge-
widmet, damit das viele vorhandene Gute erhalten
und vervollständigt werde.
Wendet man von dem herzoglichen Küchen-
garten seine Schritte der Stadt zu, überschreitet man
die Oker über eine Brücke, so gelangt man unmittel-
bar zum Theater, welches nach beiden Seiten hin,
sowohl nach dem Fallersleber- als auch nach dem
Steinthore zu mit grossartig projektirten Parkanlagen
umgeben ist. Auf ziemlich hügeligem Terrain, wel-
ches sich nach der Promenade und zur Oker auf
der anderen Seite angenehm abböscht, ziehen sich
in hübschen Linien gelegte Wege durch Rasenplätze,
welche durch niedrige Bosquetpflanzungen und alte
Bäume freundliche Umrahmung finden. Die in der
Parkanlage verwendeten Baumarten sind weniger
selten, es sind meist Akazien, Ahorn, Pappeln, Lin-
den und dergleichen, nur einzelne schöne Exemplare
der Blutbuche schmücken die Rasenflächen in der
Nähe des Fallersleberthores. Die Länge der Park-
anlagen bemisst sich etwa auf 1 Kilometer, während
die durehschnittliche Breite etwa 100 Meter beträgt.
Sehr hübsch präsentirt sich eine Gruppe von Weiden,
Salix viminalis, in der Nähe der Theaterbrücke, die
schlanken Zweige geben zu der Umgebung und in ihrer
Abspiegelung in der Okerfläche ein angenehmes Bild.
Betritt man die Stadt vom Theater aus durch
die gerade darauf mündende Steinstrasse, geht diese
bis etwa zu ihrer Hälfte hinunter, so gelangt man
über den Ritterbrunnen zur Linken in den herzog-
lichen Schlossgarten, welcher das zum Theil neu er-
baute Schloss auf seiner Nordseite begrenzt. Ein-
fach, den Raumverhältnissen angemessen, denn er
ist nieht gross, angelegt, sind es freundliche Rasen-
plätze mit einzelnen schönen Baumgruppen, die das
Auge angenehm berühren. Gleich der grössere Ra-
senplatz mit der Fontaine vor der nördlichen Front
des Schlosses bietet mit seinen wohlgepflegten grossen
Teppichbeeten in einfacher, aber geschmackvoller
Zusammenstellung ein ganz anmuthiges Bild, welches
durch die Aufstellung von Kübel- und Topfgewächsen»
besonders schöner Hortensien, an der Rampe des
Schlosses einen angenehmen Abschluss erhält. Von
dieser Rampe aus gesehen, überblickt man Rasen-
flächen, deren rechte Seite durch eine breite Allee
alter Kastanienbäume begrenzt und unterbrochen ist
durch ein selten schönes und altes Exemplar des
Chiecot- oder Schusserbaumes (Gymnocladus cana-
densis Lem.), welcher mit seinen grossen doppelt
gefiederten Blättern und bläulich grauen Zweigen ne-
317
ben einer stattlichen Blutbuche, und vor einer sehr
starken Platane einen prächtigen Effeet hervorruft.
Während des Sommers findet man in der Nähe die-
ser stattlichen Bäume eine Zusammenstellung von
herrlichen, gut kultivirten feineren Koniferen in Kü-
beln, welche unsere Winter im freien Lande nicht
aushalten. Erwähnt seien hiervon nur die herrlichen
Arten der Araucaria oder Schmuck-Tanne, Araucaria
excelsa R. Br., ein stattlicher Baum mit regelmässig
quirlförmig stehenden Aesten von der Norfolkinsel,
Araucaria Cuninghami Ait., aus Neuholland stam-
mend, und besonders Araucaria Bidwillii Hook., ein
sehr zierliches, in Australien heimisches Gewächs
mit üppigem Wuchse in saftig grüner Färbung. Eben-
bürtig ist eine sehr schöne, über 4 Meter hohe
Wellingtonia gigantea im Kübel, welche vom Rande
dieses an vollständig gleichmässig mit grünen Zwei-
gen bedeckt ist. Cryptomeria japoniea Don., Crypto-
meria Lobbii Hors. und die prächtige Cryptomeria
elegans Veitch. sind in schönen, gesunden Exemplaren
vertreten. Ueberhaupt ist die Sammlung von Koni-
feren eine sehr reiche und in durchgehend guter
Kultur befindliche. Es seien davon noch angetührt:
die schöne zierliche Grabcypresse der Chinesen,
Cupressus funebris Endl., welche im Vaterlande eine
Höhe von 16 bis 18 Meter erreicht und mit hängen-
den Zweigen besetzt sein soll. Hier findet sie sich
in schönen, schlank gewachsenen, etwa 3 bis 4 Meter
hohen Pflanzen. Der Pracht-Lebensbaum, Thujopsis
dolobrata Sieb. et Zuce., die aus Nordamerika stam-
mende zierliche Cypresse, Chamaecyparis nutkaensis
Spach. (Thujopsis borealis Fisch.), die eben so
schöne und ausdauernde Cypresse, Chamaeeyparis
Lawsoniana Parl (Cupressus Lawsoniana Murr.).
Verschiedene Arten von Retinospora, wie R. ericoi-
des Sieb. et Zuce., R. squarrosa Veitch und andere.
Ein recht hübsches Sortiment der hier sonst selten
gezogenen Odier-Pelargonien steht in guter Kultur,
es ist für die Zeit der Blüthe eine besondere Glas-
bedachung angebracht, unter welcher die Blumen
vor Regen geschützt, aber genügend Licht und Luft-
zug haben, um nicht vom Ungeziefer zu leiden. Die
für Braunschweig umfassendste Gewächshausanlage
besteht in einem grossen Orangerie-Hause mit fester
Decke und stehenden Fenstern, und einer daran
stossenden kalten Gewächshaus-Abtheilung für Aza-
leen, hinter welchen sich grössere Warmhauspflanzen
befinden, von denen nur eine hübsche Pflanze der
chinesischen Fächerpalme, Livistonia chinensis Mart.
(Latania borbonica Tom.) und die prächtige Panda-
nus utilis Bory, Erwähnung finden sollen. In einem
davorstehenden Warmhause werden eine grosse
Menge von verschiedenen Dekorationspflanzen, be-
sonders auch hübsche Bromeliaceen erzogen, und in
dem dahinter liegenden sehr praktisch eingerichte-
ten Vermehrungshause geschieht die Anzucht der in
vielen Tausenden zu Pflanzungen nöthigen Exem-
plare. Einige kleinere Gewächshäuser dienen zur
Kultur verschiedener Pflanzen. Erwähnenswerth ist
die jetzt in einem sehr guten Zustande befindliche
Orangerie; alle Bäume, welche vor etwa 7 Jahren
dem Absterben verfallen schienen, zeigen jetzt eine
sehr gesunde, dunkle und kräftige Belaubung, bei
meist guter Form der Krone. Hofgärtner Burmester,
welcher seit jener Zeit die Gärtnerei leitet, hat bei
leichter Erde besonders gesiebte Meilerkohlen
gegeben und für mässigen Guss gesorgt, und allem
Anscheine nach ist den sämmtlichen Bäumen bei
so fortgesetzter Kultur eine lange Lebensdauer bei
gleicher Güte des Ansehens vorauszusagen. Im
Sommer zieren sie die Front vor dem grossen Ge-
wächshause, und die besseren besonders den auf
der Ostseite liegenden Schlosshof.
Von diesem sich östlich wendend, gelangt man
durch das Steinthor in die Vorstadt, welehe von mehre-
ren Gärtnern bewohnt ist. Neuerdings hat sich in der
Helmstedter Strasse Kunstgärtner Tutenberg etablirt,
und beschäftigt sich neben Anzucht von verschiede-
nen Sortimentspflanzen mit Binden von Bouquets und
Kränzen. Mehr dem Augustthor nahe, in der Ber-
tramsstrasse, befindet sich die Gärtnerei von A. Bülte-
mann, dessen Hauptkulturen sich auf Rosen, Pelargo-
nien, Azaleen, Eriken und die verschiedenen Tep-
pichbeetpflanzen erstrecken. Erst im letzten Jahre
ist die Gärtnerei durch Anbau und Vergrösserung
von Gewächshäusern erweitert, alle Kulturen zeugen
von eifrigem Streben und tüchtiger Sachkenntniss.
Unweit davon liegt an der Campestrasse die Gärtne-
rei von Hillegeist, der neben Rosen, Pelargonien,
Azaleen und anderen Sortimentspflanzen, Freiland-
Rosen kultivirt. Der Kunstgärtner Haase zieht all-
jährlich auf einer nur kleinen Fläche kräftig ausge-
bildete Exemplare aller möglichen Ziersträucher zu
Parkpflanzungen heran und beschäftigt sich ebenso
mit der Anzucht hochstämmiger Rosen.
Die Gärtnerei von Th. Grabbe ist in Ausdeh-
nung des Geschäftes und in der Grösse der Ge-
wächshausanlagen die grösste Braunschweigs. Erst
vor zwei Jahren wurde von dem Besitzer eine
Dampfheizung angelegt, mit welcher die sämmtlichen
Gewächshausräume, Kalthäuser, Warmhäuser, Kon-
servirräume und Vermehrungshaus erwärmt werden.
Sind alle Zweige der Gärtnerei hier vertreten, so
sind es doch besonders Rosen, Kamellien, Azaleen,
318
Palmen und sonstige Dekorationspflanzen, so wie die
im Frühjahr nothwendigen Gewächse zur Bepflan-
zung von Gruppen, welche vorzugsweise kultivirt
werden. Eine grössere Gärtnerei, in der zur Früh-
jahrspflanzzeit die verschiedenen Arten von Gruppen-
Pflanzen, so wie Koniferen, Azaleen und Rhododen-
dron in Töpfen gezogen werden, welche zugleich
eine ziemlich umfangreiche Gehölz - Baumschule be-
sitzt, ist die von dem Hofsamenhändler W. Keflel
bei Eisenbüttel; der Besitzer hält besonders gute
Sortimente der leider so wenig zur
kommenden Iris, so wie gute Georginen und sorgt
überhaupt für Beschaffung von Neuheiten.
Neben diesen grösseren Handelsgärtnereien be-
stehen eine grosse Anzahl kleiner, welche auf be-
in kleinen Gewächshäusern
Verwendung
schränktem Raume und
Verkaufspflanzen, wie Fuchsien, Heliotrop, Verbenen,
Pelargonien, Azaleen und dergleichen erziehen. Das
Hauptgeschält der Braunschweiger Handelsgärtnereien
besteht in dem Binden von Bouquets und Kränzen,
und je nach der Ausdehnung des Geschäftes wird
diese Arbeit von den Besitzern oder deren Frauen
selbst, oder durch dazu besonders engagirte Binde-
rinnen besorgt. Ebenso liegt auch das Verkauls-
geschäft von Pflanzen hier fast allein in der Hand
der Gärtner, es existiren nicht wie in anderen gros-
sen Städten besondere Händler, welche die Sachen
aus den Handelsgärten auf eigenes Risiko zu weite-
rem Vertriebe aufkaufen, wenngleich die einzelnen
Handelsgärtner in der Stadt ihre Verkaufsstellen be-
sitzen. Da der Geschäftszweig des Bindens von
Bouquets und Kränzen hier eben so umfangreich
ist, so sind auch die Kulturen darauf gerichtet, ge-
nügendes Material heranzuziehen, während man auf
die Zucht einzelnen schönen und grösseren
Kulturpflanzen, wie dies in bedeutenden Städten
meist der Fall ist, wenig oder gar keinen Werth legt,
weil die Nachfrage nach ihnen eben gleich Null ist.
Hat die Lage der oben erwähnten Gärtnerei die
Schritte weit vor das Thor gelockt. so wird es noth-
wendig, wieder die Nähe der Stadt aufzusuchen, um
von
noch einige der bedeutendsten Anlagen kennen zu
lernen, doch sei es dem Referenten gestattet, vor-
her noch des ziemlich ausgedehnten und sehr schön
herzoglichen Parkes von Richmond Er-
wähnung zu thun. Herrliche Gruppen alter Bäume
weite Rasenflächen mit südlicher Ab-
dachung, auf Höhe das Schloss Richmond
steht. In der Abenddämmerung beschaut bietet sich
dem Beobachter ein reizendes Bild, welches in sei-
ner Ruhe und Stille eine ganz besondere Wirkung
Sehr lohnend ist die Fernsicht vom
selegenen
umsäumen
deren
hervorbringt.
Schlosse aus über einen weiten Teichspiegel und
daran stossende Wiesenflächen in das weite, rund-
um mit aller Sorgfalt bebaute Feldland, bis zu den
fernen Bergen des Harzes.
Kehrt man von Richmond aus durch eine pracht-
volle Lindenallee zur Stadt zurück, so liegt einem zur
Rechten die Besitzung des Kommerzienrath v. Voigt-
länder, welche auf einer Seite von der Campestrasse,
an der zweiten von der Wolfenbüttlerstrasse, an
der dritten Seite von der Oker begrenzt wird,
während die vierte mit.anderen Gärten zusammen-
stösst. Ein wohlgepflegter Park umgiebt das an der
Wolfenbüttlerstrasse stehende Wohnhaus und bietet
von dieser aus einen recht angenehmen Blick. Es
ist ein besonders sorgfältig gehaltener Rasen, , der
dem Beschauer hier auffällt und vorzüglich in den
ersten Sommermonaten ein saftiges Grün zeigt, das
aber später in ein etwas todtes Graugrün übergeht,
welches dem Auge weniger angenehm ist. Auf dem
ursprünglich sterilen Boden ist hier zur Rasenanlage
eine Schwingelart, Festuca Halleri Vill. Dee. ange-
wendet und hat sich auch gut bewährt, eine dichte
Bestaudung und Narbe gegeben, und möchte auch
zu weiterer Verbreitung auf dergleichen Boden zu
empfehlen sein, hätte sie eine saftigere Färbung.
Vor zwei Jahren wurde ein besonderer Obstgarten
mit Pyramiden-, Spalier- und Cordonbäumehen von
Aepfeln und Birnen angelegt, welche in diesem Jahre
zum Theil schon reichlich Früchte tragen. Eben so
ist eine ziemlich reichhaltige Obst-Orangerie vorhan-
den, welche jetzt in hübschen Exeniplaren reich-
liche und gute Früchte trägt. Ein Orangeriehaus,
ein Kalthaus für Kamellien und Azaleen, ein tempe-
rirtes Haus für verschiedene Blattpflanzen und eine
warme Abtheilung mit tropischen Gewächsen grenzen
Park und Obstformengarten neben welchem,
durch eine Mauer getrennt, die wohlgepflegten Mist-
beete liegen. Die nordwestliche Seite des Parkes
srenzt an einen grossen Gemüse- und daranstossen-
den Obstgarten, in welchem abwechselnd Hochstämme
und Pyramiden von Birnen, Aepfeln, Pflaumen und
Kirschen stehen.
Jenseit der Oker liegt der Garten des Apothe-
ker Herrn Tiemann, welcher in geschmackvoller
Form angelegt und gut gepflegt ist. Er lehnt sich
an den für Braunschweig als Aussichtspunkt wichti-
sen Mühlenberg, den er fast in seinem halben Um-
fange umschliesst. Erst in diesem Jahre ist von
dem Besitzer ein Gewächshaus fertig gestellt, wel-
ches besonders zum Konserviren und zur Anzucht
der verschiedenen Beetpflanzen dienen soll. Im
Garten finden sich hübsche und wohlgepflegte
ab,
319
Exemplare von seltenen Koniferen, welche im spä-
teren Alter gewiss guten Effekt machen werden. In-
teressant ist die Anlage am Abhange des Berges
für sueceulente Pflanzen, unter denen sich viele
hübsche und seltene Exemplare befinden.
Unmittelbar an diesen Garten stösst die Prome-
nade mit dem Monumentsplatze, in dessen Mitte sich
der Obelisk zum Andenken an die Gefallenen von
1812 —1814 erhebt, umgeben von grossen Rasen-
flächen, in deren Mitte Bassins mit Springbrunnen,
und an allen Seiten umrahmt von Doppelalleen von
Kastanien, deren Kronen bei der gar diehten Pflan-
zung dichtes Laubdach und kühlen Schatten bieten.
Neben der an dem Platze belegenen Trinkhalle, dem
Morgen-Vereinigungspunkt von Kranken und Gesun-
den aus allen Theilen der Stadt, erheben sich pracht-
volle Exemplare der Blutbuche, von denen man lei-
der wegen der recht überflüssigen Vorpflanzungen
von Gesträuchern aus der Ferne wenig bemerkt und
doch würden sie nach unserer Anschauung einen
prächtigen Anblick bieten, wenn sie als Baumriesen
auf freien saftigen Rasenflächen ständen. Geschlun-
gene Wege führen von hier aus bis zum Rande der
Oker, an deren Ufer sich ein selten schönes und
srosses Exemplar der zierlichen Sumpfeypresse,
Taxodium distichum Rich. (Cupressus disticha L.;
Schubertia disticha Mich.), einer Blätter abwerfenden
Konifere, befindet, welche in den Sümpfen Virginiens
wild wächst und unsere Winter sehr gut überdauert.
Besonderer Erwähnung ist noch der herzoglichen
Landesbaumschule zu thun, welche auf einer Fläche
von etwa 10 Hektaren unter speeieller Leitung des
Garten-Inspektor Koch jährlich Tausende von kräl-
tig und vorzüglich gezogenen Obstbäumen aller Art
produeirt. Sie ist mit einer Muster-Obstpflanzung
verbunden, um darin die Sorten genau zu prüfen
und dann erst weiter zu verbreiten.
Wendet man sich wieder dem Ausgangspunkte
der Wanderung zu, so erreicht man den dicht am
Augustthore belegenen Garten des Herrn Major Hol-
landt, welcher mit seinen grossen Rasenflächen und
alten Bäumen, so wie mit seiner herrlichen Fernsicht
über die Wiesen nach’Richmond zu einen durchaus
würdigen Eindruck macht. Finden sich auch weni-
ser seltene Exemplare in ihm, so sind doch viele
der alten Bäume von malerischer Schönheit, und in
seiner etwas veralteten Anlageweise giebt er ein an-
senehmes Bild der Ruhe und Behaglichkeit. Dicht
an der Promenade steht ein ziemlich starkes, etwa
12 Meter hohes Exemplar der zierlichen Hemlocks-
oder Schierlings - Tanne, Tsuja canadensis (Abies
canadensis Mohr), eine in Amerika einheimische
Konifere, mit leicht überhängenden Zweigen. Der
das in einfachem Style erbaute Wohnhaus nach der
Gartenseite hin umgebende freie Platz ist im Som-
mer mit gut gepflegten ÖOrangenbäumen bestellt,
welche dem Ganzen ein recht würdiges Aussehen
seben. Durch einen schmalen Okerarm getrennt
liegt der Eisenbahn-Park, eine früher der herzog-
lichen Eisenbahn, jetzt der städtischen Verwaltung
zugehörige Anlage, welche ein beliebter und ange-
nehmer Aufenthalt und Spaziergang für Fremde und
für Einheimische ist. Noch vor wenigen Jahren ein
ziemlich wild liegendes Terrain in stagnirenden
Sumpfflächen, wurde durch das schöpferische Talent
des Garten-Inspektor Koch ein in allen Verhältnissen
harmonischer und durchaus ästhetisch schöner Park,
mit angenehm geformter grosser Wasserfläche, schö-
nen freien Rasenplätzen und herrlichen Baumpartieen
geschaffen, dessen hinterer Stützpunkt der schlanke,
hoch hervorragende Thurm der städtischen Wasser-
werke ist. Seltenere Ziergehölze verschiedenster
Art sind als Einzel-Exemplare dem Bilde eingefügt
und werden in späteren Jahren bedeutend dazu bei-
tragen, die Schöpfung als eine dauernd schöne be-
stehen zu lassen. Es gehört freilich dazu, dass mit
kunstverständiger Hand, mit ästhetisch gebildetem
Geiste die jetzt nur als Schutz- und Deckmaterial zu
betrachtenden Pflanzungen gewöhnlicher Gesträuche
nach und nach entfernt werden. Ebenso nothwen-
dig ist es aber auch, dass die Rasenflächen, welchen
hier und da geschmackvoll projektirte Blumengruppen
eingefügt sind, einer besonders aufmerksamen Pflege
unterworfen werden, damit sie Jedem als ein Muster-
bild vorgeführt werden können; es dürfte also we-
niger der Ertrag der Flächen zu Futterwerth, als die
Aesthetik entscheidender Faktor sein. (Schluss folgt.)
Die schönsten Pelargonien.
In der Revue horticole vom 1. September d. J.
findet sich eine dankenswerthe Zusammenstellung
der schönsten Pelargonien-Sorten, die wir hier um
so lieber vollständig mittheilen, als die Zahl der Va-
rietäten so gross ist, dass selbst der Kenner Mühe
hat, die besten unter allen annoncirten herauszufinden.
1. Abtheilung. Grossblumige Pelargonien.
Argus, Armide, Beaumarchais, Cameleon,
Cybele, Ernest Duval, Jeanne Millot, Mr.
Hulot, Rameau, Ivonne.
Gefüllte Varietät. — Auguste Puhl.
Doppelte. — La Ville de Caen, Prince
of Novelties.
Mit welligen Blättern. — Iphigenie,
Patrie.
320
Englische Varietäten. Charles
Turner, Keepsake, Lady of the Lake,
Prince of Orange, Perikles.
2, Abtheilung. Alte, sehrschöne Sorten. —
Christoph Columbus, Gloire de France (Ze-
normand), Jeanne d’Arec, Mme Michaud, Mme
Thibaut, M. Le Play, M. Mazel, Ptolomäus
(Ptolome&e), Roseum, Surpasse-belle-Milanaise.
Phantasie- (Faney-) Pelargonien. —
Agrippa, Andromeda, Cloth of Silver, Deli-
cata, Edgar, Fanny Gair, F/ormosa, Lady
Carington, Lady Dorothy, Liberty, Mme Vilda
Marmion, M. Alfred Vigan, M. Ford, Mirella,
Princess Teck, Sylph, Sylvia, Vietor Hugo,
Vivandiere.
3. Abtheilung. Pelargonium zonale. Neue
Varietäten. — Belle Esquermoise, Claude
de la Meurthe, Deuil de la Lorraine, Em-
bleme, General Faidherbe, La France, Pa-
triote, President Grevy.
Aeltere Varietäten. — Anna Pützer,
Avocat Gambetta, Blanche d’Eshangues, Che-
vandier de Valdröme, de Lesseps, Duchesse
d’Aumale, Flambeau, Hermann Scheurer,
Indispensable d’Essones, Lady Kirkland,
Mme Dethos Bertrand, Mme Louis Courmont,
Marechal Vaillant, M. Licau, M. Thomas, M.
Zaubitz, Peabody, Prineesse de Trebizonde,
Stanstead, White Princess.
Doppelte. — Bouchärlat aine, Camelliae-
flora Glym, Incendie de Fontenay, Mme
Boutard, Mme Ch. Martine, Mme Ghebhard,
Mme Michel Buchmer, Mme Rudolphe Abel,
M. Gladstone, Vietoire de Lyon, Vietor Le-
moine, Wilhelm Pfitzer, William Rollisson.
Varietäten mit bunten Blumen.
a. Blätter weiss berandet mit schwa-
cher oder gar keiner Zone. — Bright
Star, May Queen, Queen of Queens, Stella
variegata.
b. Blätter weiss berandet und mit
bunter Zone. — Beauty of Guestwick,
Charming Bride, Excellent Glen Eyre Beauty,
M. M. John Clutton, M. M. Rousby, Silver
Cloud.
ec. Blätter gelb berandet und mit bun-
ter Zone. Archievement, Defiance,
Feur (?) Emily, Humming Bird, Lady Cul-
lum, Miss Batters, Miss Dunett, Miss
Watson, M. M. Headly, M. M. Joshua Dix,
M. M. Rutter, Queen Vietoria, Sir Robert
Napier, Victoria Regina.
d. Blättermitgelbem Grund und bronze-
farbiger Zone. — Champion, Crown
Prince, Imperatrice Eug£nie, Prima Donna,
Reine Victoria.
Pelargonium lateripes (mit epheuartigeh
Blättern), Album grandiflorum , V’Elegante,
Remarkable, Wiloii.
Selbstverständlich umfasst diese Liste noch lange
nicht alle Schönheiten, wie denn z. B. eine Anzahl
deutscher Arten noch fehlen, die wir vielleicht dureh
einen unserer Leser erhralten;; allein immerhin giebt die-
ses Verzeichniss speziell dem Liebhaber einigen Anhalt.
Preisverzeichnisse,
1) Verzeichniss von in- und ausländischen Wald-,
Obst- und Schmuckbäumen und Zier- und Obst-
sträuchern der Königlichen Landes- Baumschule bei
Potsdam. 1872/73.
Das diesmalige Verzeichniss weist, wenn es
auch äusserlich in dem Umfange (62 Seiten) genau
mit dem vorjährigen übereinstimmt, dennoch eine
grosse Zahl neuer Arten von Gehölzen auf und
können wir Gärtner und Liebhaber nicht genug auf
dasselbe aufmerksam machen. Liebhaber werden
auch noch besonders die Bemerkungen über den
Habitus der Pflanzen, ihren Standort ete. mit grossem
Dank entgegennehmen, ja wir glauben, dass sie
auch manchem Gärtner sehr willkommen sein werden.
2) Simon-Louis freres zu Plantieres bei Metz.
Obstbäume und Obstgehölze im weiteren Sinne.
Da wir erst kürzlich über die Baumschule dieser
Firma berichtet haben, so genügt der einfache Hin-
weis auf dieses Verzeichniss, welches zugleich das
4. Supplement zum ersten Theil des beschreibenden
Kataloges bildet.
3) Louis van Houtte, Gent.
Nr. 144. Azalea indica, Camellia, Rhododendron.
sog. Genter Azaleen, Azalea mollis ete. Sehr reich-
haltise und sorgfältige Auswahl. Viele Neuheiten.
4) Soupert u. Notting, Rosen - Gärtner in
Preis - Courant
Luxemburg. Remontirende Rosen. Ueber 1200 Sor-
ten. Die neuesten a 10—30 Fres.
5) Jules de Cock u. soeur, Gent, Faubourg St.
Lievin. Ornamentale Pflanzen, Palmen, Farne, Aza-
leen, Camellien, Rhododendren ete.
6) August Napol&on Baumann u. Söhne in
Bollweiler. Obst- und Zierbäume, Ziersträucher, pe-
rennirende freie Land-Pflanzen, Küchen-Gewächse ete.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des han in je Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den 12. October.
No. 4. 182.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., bei Dede dureh den Eorehndnadı
als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Diejenigen geehrten Mitglieder, De: Bio: pro 1872 Bon nicht, berichtigt Beet werden a, a
selben bis zum 31. October d. J. an den Schatzmeister, Herrn Stadtverordneten Sonntag, Alexandrinenstrasse 5l hierselbst,
einzusenden. Nach dieser Zeit wird angenommen werden, dass dieselben die Amzelune Ber EUBERUIERUIER Ban
Inhalt: 545. Versammlung des Vereines zur Beförderung des ©: arte en am 29. Septe anber, — SS: ee :h bei se w einbeere. —
. Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XII. — Ueber die Rhein-Regulirung.
94). Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues,
am 29. September 1872.
Der Vorsitzende, Geh. Ober- Regierungs - Rath
Knerk, ersucht zunächst nach Erledigung von ge-
schäftlichen Angelegenheiten die Versammlung, Ver-
treter für die deutsche Pomologen-Versammlung in
Braunschweig zu ernennen, und werden hierzu ausser
dem Prof. Koch die Herren Hoffmann und Späth
designitt.
Von dem Herrn Minister für die land-
wirthschaftlichen Angelegenheiten ist dem
Verein das neue Statut für die Königl. Gärtner-
Lehranstalt und die Landesbaumschule bei
Potsdam übersandt worden, um sich hinsichtlich der
die Stellung des Vereins zu diesen Anstalten be-
treffenden Festsetzungen zu äussern. Die Herren
Bouche&, Gaerdt, Lorberg, Meyer, Späth und
Vogel werden Seitens des Vorstandes ersucht, in
der nächsten Sitzung darüber zu berichten.
Der Vorsitzende macht alsdann die Mittheilung,
dass von den 10 von dem Herrn Minister für die
landwirthschaftlichen Angelegenheiten für die Fest-
ausstellung zur Verfügung gestellten bronzenen Me-
daillen (welche die Inschrift tragen „für Leistungen im
Gartenbau”) nur 6 für solche Leistungen im engeren
Sinne des Wortes verliehen seien, dass aber von
den Preisrichtern noch 7 Aussteller für diverse
Gegenstände zu einer bronzenen Medaille vorge-
| schlagen waren.
Aufl die Bitte des Vereins, zu den
verbleibenden 4 Medaillen noch 3 weitere hinzufügen
zu wollen, hat das Ministerium abschlägig geantwortet,
da die ausgestellten Gegenstände nicht als Leistun-
sen im Gartenbau im engeren Sinne des Wortes an-
gesehen werden könnten, und beschliesst deshalb
die Versammlung, um Niemanden zu bevorzugen,
die 4 noch übrigen Medaillen nicht zu vertheilen,
sondern den 7 Ausstellern Ehren - Diplome zuzu-
stellen.
Herr Inspektor Bouche& theilt darauf mit, dass
von den Etiketten-Fabrikanten bisher nur Herr
J. G. Müller, Emailleur in Alt-Schöneberg, solche
ur Prüfung eingesandt habe, Herr Hofphotograph
Günther noch nicht. Herr Perring bemerkt hier-
zu, dass die Müller’schen Etiketten sich bei Herrn
Krüger in Schöneberg sehr gut bewährt hätten;
derselbe habe solche bei Rosen benutzt, sie im ver-
sangenen Winter mit den Rosen in die Erde ein-
geschlagen und sie in diesem Frühjahr ganz wohl
erhalten gefunden. — Herr Inspektor Bouche& er-
kennt dies vollkommen an, wünscht aber, dass die
billigeren Günther’schen ebenfalls zum Versuch ein-
geschickt werden möchten.
Der Vorsitzende verliest darauf ein Dankschreiben
des Herrn Lithographen Gotthold Elsner in Löbau,
im Königreich Sachsen, für die ihm durch Vermitte-
lung des Vereins von dem Herrn Minister für die
landwirthschaftlichen Angelegenheiten verliehene sil-
berne Medaille Dr Wittmack macht noch-
4l
322
mals auf die vorzüglichen botanischen Abbildun-
gen von Elsner (Blüthen von Gräsern und andern
Pilanzen ete.) aufmerksam und theilt mit, dass Herr
Elsner die Absicht habe, die wichtigsten Pflanzen-
familien sämmtlich nach und nach in Abbildungen
herauszugeben Empfehlung dieser Tafeln
Seitens des Herrn Ministers für die geistlichen, Un-
terrichts- und Medieinal-Angelegenheiten behufs Ein-
führung derselben in die Schulen zu bitten.
Der Vorsitzende, Geh. Ober-Regierungs-
rath Knerk, erläuterte darauf, weshalb die sonst
in der Juni-Versammlung stattlindende Neuwahl des
Vorstandes verschoben sei, und führte als Haupt-
Bewesgrund an, dass alte Vorstand die Aus-
stellungsangelegenheit bis zur endlichen Regulirung
habe leiten sollen. In der Sitzung am
27. Oktober hoffe nun dem Vereine den voll-
ständigen Rechnungsabschluss vorlegen zu können
und würde dann in derselben Sitzung der neue Vor-
stand zu wählen sein. — Nach $ 26 der Statuten
wurde alsdann mittels Stimmzettel eine Kommission,
und um
der
nächsten
man
bestehend aus den Herren
Kunst- und Handelsgärtner Boese,
Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann,
Baumschulbesitzer Lorberg,
Kunst- und Handelsgärtner Matthieu,
Kammergerichtsrath Vogel,
erwählt, welche die Vorschläge für die Vorstandswahl
der Versammlung zu unterbreiten habe. Die Stimm-
zettel mit den Namen der von der Kommission vorzu-
schlagenden Personen werden denjenigen Vereinsmit-
gliedern, welche in Berlin und der Umgegend wohnen,
vor der Oktober - Versammlung zugesandt werden.
Herr Kunst- und Handelsgärtner Boese be-
richtet hierauf über die von ihm ausgestellten Ge-
müse. Die meiste Aufmerksamkeit erregte hierunter
ein ächter scharlachrother Melonen-Kürbis.
Derselbe hat einen Durchmesser von ca. 65 em., eine
Höhe von ca. 32 cm. und dabei das ausserordent-
liche Gewicht von 58%, Kilo. Schon daraus ist zu
schliessen, dass derselbe sehr fleischig sein muss
und eignet sich diese Sorte wegen ihres vorzüglichen
dicken Fleisches und wegen des melonenartigen Ge-
schmacks auch besonders gut zum Einmachen.
Ausserdem lag eine riesige Gurke von dersel-
ben Firma vor; es war die in England und auch bei
uns immer mehr Verbreitung findende Sorte: The
Marquis of Lorne. Die Exemplare hatten eine
Länge von ca. 75 cm., einen Durchmesser bis 8 cm.
und besassen, wie Ref. sich überzeugte, schon roh
genossen einen sehr angenehmen Geschmack. Sie
unterscheiden sich dadurch vortheilhalt von der frei-
lich noch viel riesigeren chinesischen Gurke (eigent-
lich wohl Kürbis) Sooli-Qua, deren Fleisch ziemlich
zähe ist. Die vorgelegte Gurke hat für die Haus-
frauen noch den Vortheil, dass sie, wie fast alle grös-
seren Sorten, wenig Kerne enthält, ein Umstand, der
andererseits freilich nur dazu beiträgt, den Samen
zu vertheuern. Herr Boese bemerkt noch, dass sie
nicht an der Erde liegen darf, sondern, wie alle lan-
gen Gurken, besser an einer Mauer gezogen wird
und machte zugleich auf die interessante Abbildung
eines ausserordentlich reich mit Früchten behangenen
Gurkenhauses in einer der letzten Nummern des Gar-
dener Chroniele aufmerksam.
Von landwirthschaftlichen Produkten hatte der-
selbe drei englische Sorten Futterrunkeln
ausgestellt, welche er hier auf ziemlich magerem
Boden kultivirt hatte und die doch eine bedeutende
Grösse zeigten. Vor allem war es die Improved
red Mammoth prize, eine rothe Varietät, welche
durch ihre Länge (75 cm.) auffiel; ausserdem waren
zwei runde sehr empfehlenswerthe Sorten: Warden
Örange Globe und Champion new yellow
intermediate, von 20 bis 25 em. Durchmesser,
vorhanden.
Den Gegenständen wurden später der Monats-
preis zugesprochen und überliess der Aussteller sie
freundlichst dem landwirthschaftlichen Museum.
Der Vorsitzende zeigte hierauf den Eingang einer
Sendung von Preisverzeichnissen der Kgl. Landes-
baumschule bei Potsdam an, die zur Vertheilung
an die Mitglieder bestimmt waren; gleichfalls lagen
diverse andere Preisverzeichnisse zur Ansicht aus.
Herr Notar Lämmerhirt legte mehrere vorzüg-
liche Exemplare von Birnsorten vor und erbot
sich, von einer ausserordentlich schönen Beurre&
sris den Mitgliedern zum Frühjahr Pfropfreiser
abzulassen. Eine andere von ihm übergebene Birne
schien allem Ansehen nach die Duchesse d’Angou-
leme zu sein, während eine dritte nicht bestimmbar
war, wie denn bekanntlich überhaupt das Bestimmen
von Obst nach einem einzigen Exemplar sehr schwierig
und unsieher ist, da Alter und Standort des Baumes,
sowie die Witterung oft auf die Form, die Farbe
und den Geschmack einen grossen Einfluss haben.
Herr Inspektor Bouch& macht darauf aufmerk-
sam, dass die Beurre gris, auf alten Bäumen er-
wachsen, eine glatte Schale zeige, während sie auf
jungen Bäumen oft rissig wird.
Herr Baumschulbesitzer Späth bemerkt, dass
die Beurre gris gar nicht so sehr zu empfehlen sei,
wie man nach einzelnen Früchten glauben könne;
die Bäume werden in der Regel krank und hat des-
neue
323
halb die deutsche Pomolozen-Versammlung von der
Empfehlung Abstand genommen. Derselbe theilt
ferner Beispiele von der Einwirkung des Standorts
auf die Bäume mit; Hardenponts Butterbirne z. B.
gedeiht auf Lehmboden vortrefflieh, während sie auf
Sandboden nicht fortkommt.
Herr Inspektor Bouch& erwähnt der merkwür-
digen Erscheinung, dass die Bergamotte Cras-
sanne bei uns, auf leichterem Boden, erst eine glatte
Sehale erhält, wenn der Baum 15—20 Jahre alt ist,
während in Halle selbst junge Bäume schon glatte
Früchte tragen, weil sie dort schweren Boden haben.
Er erinnert sodann daran, wie die Grumkower Birne
sieh sowohl in Gestalt und Geschmack nach Alter
und Standort des Baumes ändert. Den Einfluss
des Wildlings auf das Edelreis bei Obstbäumen
bestreitet derselbe.
Dagegen bemerkt Herr Obergärtner Reinecke,
dass Reineclauden, auf die sog. Ehestandspflaume
veredelt, einen schlechten Geschmack erhielten.
Herr Inspektor Bouch& weist zur Bekräftigung
seiner Ansicht, dass kein Einfluss zwischen Wildling
und Edelreis statthabe, darauf hin, dass sich nament-
lich im Wuchs oft merkliche Unterschiede zwischen
beiden zeigen. Er erwähnt eines Falles, wo auf die
Ehestandspflaume die Reineclaude und die alte Apri-
kosenpflaume veredelt seien; erstere bleibe, weil
saltloser, bekanntlich im Stamme weit dünner als die
beiden letzteren und die Folge war,denn auch, dass
die Bäume später alle abbrachen. Man veredele
doch auch Kirschen sehr viel auf Weichseln, welche
letztere sich durch ihr im frischen Zustande unan-
senehm (trocken freilich sehr angenehm) riechendes
Holz auszeichnen und man finde nie, dass das Holz
der Kirschen dann auch diesen Geruch erhielte, oder
sich der Geschmack verändere.
Herr Baumschulbesitzer Späth ist der Ansicht,
dass der Wildling wohl auf den Wuchs, nicht aber
auf den Geschmack einen Einfluss ausübe, Pfirsiche
für Töpfe werden auf Schlehen, Birnen auf Holz-
birnen veredelt, ohne dass sich im Geschmack der
edlen Früchte ein Anklang an die herben der Unter-
lagen finde. Für geringe, besonders kiesige Boden-
arten müsse man übrigens für Pfirsiche auch Scehle-
hen zur Unterlage wählen.
Herr Dr. Bolle bemerkt, dass belgische Pfirsiche
auf Schlehen veredelt, erfroren, während die Schlehe
selbst bekanntlich die strengsten Winter aushält.
Herr Mosisch jun. berichtet, dass man in Frank-
reich besonders deshalb die Schlehe als Unterlage
für Pfirsiche anwende, weil letztere auf ihr viel besser
als auf allen andern verwandten Bäumen annehme.
Herr Bouche& fügt hinzu, dass man oft auch die
Mirobalane anwende.
Nach Herrn Späths Aeusserungen sollen sich
die Schlehen, so trefflieh sie für Pfirsiche sind, für
Pflaumen nicht eignen, da die Bäume nicht dauer-
haft sind.
Zum Schluss fand eine Verloosung von 106 Topf-
pflanzen aus dem Garten des Vereines statt.
Samenbruch bei der Weinbeere.
Von Prof. H. Hoffmann in Giessen.
manchem Weinzüchter die
Erscheinung aufgefallen, dass mitunter bei ganz nor-
malen Trauben an einzelnen Beeren ein öder meh-
Gewiss ist schon
rere Samen mehr oder weniger über die Oberfläche
hervortreten, eine Abnormität, die Prof. Hoffmann
in Giessen treffend mit dem Namen des Samenbruchs
(Hernie) bezeichnet. Derselbe hat bereits im Februar
d. J. in Nr. 8 der botanischen Zeitung seine Unter-
suchungen über diesen Gegenstand mitgetheilt; jetzt
zur Zeit der Traubenernte halten wir es für zweck-
mässig, das Wesentlichste aus seiner Veröffentlichung
hier mitzutheilen.
Hoffmann bemerkte die Erscheinung zuerst in
dem ungewöhnlich heissen und trockenen Sommer
1868 Mitte Juli im botanischen Garten zu Giessen,
sowohl an Oesterreicher oder Sylvaner wie an Gut-
edel und auch an Vitis Labrusca, und sagt darüber:
Die Beeren waren am 13. Juli, wo die Erschei-
nung zuerst bemerkt wurde, eben halbwüchsig. Die
Mehrzahl derselben an den betreffenden Stöcken war
vollkommen normal; an einzelnen Trauben aber zeig-
ten sich 1—2 bis 10 Beeren von sonst durchaus
sutem Ansehen, unter 20 —40 ganz normalen, aus
welchen die Samen mehr oder weniger weit über
die Oberfläche hervorragten. Der vorgedrungene
Theil des Samens war glatt, prall, grün in’s Rothe
verfärbt, wie ein halbreifer Apfel, während die Bee-
ren selbst noch vollkommen grün waren. Als sehr
seltene Ausnahme nur fand sich, dass der Same an
seiner exponirten Gipfelpartie dunkelbraun verfärbt
welche Verlärbung sich auch etwas auf das
Gewebe ausgebreitet hatte; nur einmal
wurde beobachtet, dass die Schale des Samens
eariös oder nekrotisch angefressen war. In der
Regel war das Innere des Samens unvollkommen
ausgebildet, blieb weiterhin halbflüssig, oder ver-
trocknete, und bräunte sich mitunter, während die
Schale selbst ihre normale Härte zeigte. Doch kam
es auch gar nicht selten vor, dass der Sameninhalt
seine ganz normale Ausbildung mit Eiweiss und Em-
41*
war,
innere
.
324
bryo erlangte. Seine Form war öfters verändert,
indem sich eine Ausbiegung oder Wulst gerade an
der der perlorirten Epidermis-Partie entsprechenden
Stelle zeigte, was bei intakten Beeren niemals vor-
kommt. Der Grad dieser Dislokation war äusserst
verschieden, und. dieselben Verschiedenheiten zeig-
ten sich noch bei vollendeter Reife, welche bei den
mit der normalen Blaufärbung begleitet
abgesehen von
Sylvanern
war; die Beeren blieben prall und
geringerer Grösse — in jeder anderen Beziehung
völlig gesund, auch im Geschmacke in keiner Weise
verändert. Beim mindesten Grade der Aflektion
konnte man das Vordringen des Samens nur eben
bemerken, im extremen Falle aber trat er ganz ent-
blösst an die Oberfläche und seine Grösse war mit-
unter derjenigen der Beere gleich. Diese Fälle zeig-
ten zugleich durch die Kleinheit der Beere, dass die
Affektion auf frühen Lebensstufe ihren
Anfang nimmt. Die Stelle der Beerenoberfläche, an
welcher der Same vortrat, war bald da, bald dort,
bisweilen sogar an mehreren Orten zugleich; intakt
blieb nur der unterste Grund der Beere (am Frucht-
stiel); die organische Spitze (am Griffelrest) sah ich
nur einmal perforirt.
An der Ausbruchstelle oder dem Bruchrande
fand man den Samen oft ganz scharf angedrückt an
die perforirte Cutis (Fruchtschale, d. h. Epidermis
mit nächstfolgendem grosszelligen Parenchym); in
vielen Fällen aber war die Wunde klaffend, ja mit-
unter trichterförmig vertieft. Der Hof um die Per-
foration hatte eine, blass holzbräunliche Farbe und
zeigte unregelmässige Einrisse und braune Fetzen
der zerstörten und vertrockneten Epidermis, so wie
des gewulsteten, nächst unterliegenden Gewebes.
Beim Durchschneiden zeigte sich auf dem Quer-
schnitte stets eine Veränderung der Samenlage, viel
deutlicher noch auf dem Längsschnitte, und diese
einer sehr
Dislokation ging in einzelnen Fällen so weit, dass
der Same fast horizontal zu liegen kam. In allen
Fällen war seine Ansatzstelle und die Gefäss -Ver-
bindung an seinem Grunde unversehrt, wenn auch
bedeutend gehoben, oder seitwärts oder hinaufge-
schoben. — Die Zahl der Samen zeigte nichts Ab-
normes, sie schwankte zwischen der Normalzahl,
welche aber bei dieser Sorte sehr selten ausgebildet
wurde, abwärts — häufiger werdend — bis zu 1;
2 war der gewöhnlichste Fall.
Um die ersten Anfänge dieses Phänomens zu
studiren, liess ich mich von den holzfarbigen, ab-
gestorbenen Epidermisflecken leiten, welche an vielen
Beeren ohne Ektopie sich zeigten; durch ihre Aehn-
lichkeit mit dem Hofe des Bruchrandes lag nämlich
die Vermuthung nahe, dass zwischen ihnen und der
Dislokation des Samens ein ursächlicher Zusammen-
hang bestehen möchte. Diese Flecken sind fast
immer kreisförmig und schwanken in der Grösse von
!/g Mm. bis zu 1 oder 1!/, p. Lin. im Durchmesser.
Man findet dieselben schon an Beeren, welche erst
die Grösse eines kleinen Pfefferkorns erreicht haben.
In der That zeigte sich beim Durchschneiden sol-
cher fleckiger oder grindiger Beeren in vielen Fällen
eine mehr oder weniger weit lortgeschrittene Lage-
veränderung (oder der) Samens im Innern,
während allerdings wieder in anderen Fällen nichts
der Art bemerkt werden konnte. An ganz intakten
Beeren dagegen, deren ich aufs Gerathewohl einige
hundert von da an bis in den Herbst durehschnitten
habe, konnte ich niemals eine Andeutung der Ekto-
Hieraus dürfte sich ergeben, dass der
oben vermuthete Zusammenhang in der That be-
sründet ist.
Die erste Andeutung einer Aenderung der Sa-
men in den grindigen Beeren bestand darin, dass
dieselben nach der Richtung‘ des Grindes hin eine
Vorragung zeigten, ja selbst die Samenhöhle hatte
in einzelnen Fällen eine Ausbuchtung nach dieser
Seite hin, welche stärker war, als es die Protube-
ranz des Samens erforderte. Wenn auch der Same
des
pie finden.
offenbar einen Druck mit Vorwärtsschiebung aus-
führt, so spricht doch Alles dafür, dass dies nur se-
kundär stattfindet, und dass demselben ein spontanes
Schwinden der betreffenden äusseren Parenchym-
Partie der Beere vorhergeht, vergleichbar dem Um-
belliferen-Stengel, wenn er sich aushöhlt. Die mi-
kroskopische Untersuchung lässt indess in eben die-
ser Partie nichts Abnormes erkennen, wenigstens
nieht in der Struktur, Form und Grösse der Zellen,
wohl aber bisweilen in der Farbe. Die Frucht-
stiele sind stets ganz normal.
Die nächste Stufe war, dass der Same der Epi-
dermis sich mehr und mehr näherte. Endlich ver-
trocknet die Trennungsschicht, nachdem sie sich
braun verfärbt hat, oft in breiterer Ausdehnung. Von
aussen betrachtet, sieht man zu dieser Zeit an dem
Grinde die auseinander gewichenen Wundlefzen der
Epidermis; aus der Pustel tritt, wenig gewulstet, das
unterliegende Parenchym zu Tage, ebenfalls bleich
holzfarbig, mit einzelnen noch grünen Stellen da-
zwischen.
Was die Ursache dieser Erscheinung anlangt, so
sprach nach Obigem Alles dafür, dass es sich hier
in erster Instanz um eine Affektion der Epidermis
und des nächstfolgenden Gewebes handele; dass
diese aus irgend einem Grunde lokal absterbe und
zu wachsen aufhöre, dadurch ihre Elasticität ver-
liere, und so nicht länger im Stande sei, dem Sa-
men die genügende Spannung entgegenzusetzen, um
denselben bei dem Drucke des Wachsthums von
unten und von gegenüber in richtigem Maasse und
an richtiger Stelle zu halten. Ich sage: in richtigem
Maasse, denn es ist deutlich sichtbar, dass der Same
der herniösen Beeren relativ zu dem Fleische der
Beere oft viel zu gross ist, ja in manchen Fällen
erreicht derselbe ein Volumen, welches selbst abso-
lut genommen übertrieben scheint. Dass nicht der
Same primär drückend und perforirend wirkt, geht
daraus hervor, dass die Bruchöffnung bei Weitem
nicht immer scharf begrenzt ist, sondern in der Re-
gel einen mehr oder weniger grossen Hof von abge-
storbener Epidermis zeigt und zwar von einer Be-
schaffenheit, wie sie auch in vielen Fällen an davon
entfernten Stellen als Epidermis-Grind vorkommt.
Es galt hiernach durch künstliches Krankmachen
der Epidermis (Oberhaut) den Samenbruch hervor-
zurufen. Die ersten Versuche am 16. Juli 1868 und
an den folgenden Tagen scheiterten, weil die Mehr-
zahl der Beeren bereits halbwüchsig war, ein zwei-
ter Versuch wurde vom 8. August an an einer
zweiten Tracht von ganz jungen pfefferkorngrossen
Beeren an .denselben Stöcken vorgenommen, welche
man der aussergewöhnlich warmen Witterung des
Sommers zu danken hatte. Freilich blieben auch
hier mehrere Arten von Verletzung ohne Erfolg, so
z. B. das Ritzen der Oberhaut, das Abschneiden
flacher Schnittehen (Kugelsegmente), das Bestreuen
der Beeren mit Staub und Erdpartikelchen. Im er-
steren Falle bildete sich an den Wundrändern Kork-
gewebe und die Ritzen vernarbten, im zweiten ver-
schrumpften die meisten Beeren, nur wenige ver-
narbten, im dritten zeigte sich gar keine Wirkung.
Dagegen zeigte der Versuch, durch stärkere
Besonnung (Insolation) den Effekt zu erzielen, gute
Resultate.
Hoffmann sagt hierüber: Da die Erscheinung
spontan fast in allen Fällen nur an solchen Stellen
vorkam, wo die Sonnenstrahlen sehr stark auffielen,
und gerade die ungewöhnliche Sonnengluth dieses
Sommers hier anscheinend seit Jahren zum ersten
Mal das Phänomen zu Wege gebracht hatte, so lag
die Vermuthung nahe, dass die Insolation dabei eine
wesentliche Rolle spiele, dass eine partielle Aus-
trocknung oder Verbrennung hier stattfinden möge.
Vom 8. Juni an, wo die Vollblüthe des Weinstocks
stattfand, bis zum Ende des Monats, war der Sonnen-
schein so intensiv, dass er das Quecksilberthermo-
meter bis auf 37,50 R. erwärmte.
e
9)
Die seltenen Fälle, wo herniöse Beeren an be-
schatteten Stellen angetroffen wurden, liessen immerhin
die Erklärung zu, dass diese Stellen einige Wochen
vorher noch nicht durch Blätter versteckt, also gleich-
falls der Sonne ausgesetzt waren. Man konnte hierbei
daran denken, dass durch einzelne kleine Wasser-
tropfen, durch wiederholt vorgekommene Sprühregen
zur Zeit des intensivsten Sonnenscheines, eine Linsen-
wirkung wie durch ein Brennglas stattgefunden haben
möge. Vom physikalischen Standpunkte betrachtet,
ist ein soleher Vorgang durchaus möglich; es kam
also nur darauf an, wirklich auf diesem Wege eine
örtliche Versengung in's Werk zu setzen, einschliess-
lich der vermutheten Folge, nämlich der Dislokation
des Samens. Bringt man auf den Handrücken einen
Wassertropfen und lässt dann mittelst einer Sammel-
linse die Sonnenstrahlen im Brennpunkte durch diesen
Tropfen hindurch auf die Haut fallen, so empfindet
man sofort denselben empfindlich stechenden Schmerz,
als wenn die Haut ganz nackt und trocken wäre,
und zwar weit früher, als die ersten Zeichen einer
beginnenden Verdunstung des Tropfens bemerkbar
werden. Bringt man einen kleinen Wassertropfen
auf eine Trauben-Beere und lässt das Brennglas
2—10 Minuten auf die Stelle wirken, so entsteht
alsbald eine weissliche, opale Verfärbung der be-
treffenden Epidermis; 24 Stunden später sieht man
an. diesem Punkte einen braunen Fleck, der bald
danach schwarz wird. Die so geschwärzte Epidermis-
Partie liegt entweder flach auf, oder hebt sich all-
mählich mit schwacher Wölbung in die Höhe. Weiter-
hin bildet sich um diese Stelle ein blass holzbrauner
Hof, ungefähr von demselben Ansehen, wie wir ihn
oben kennen gelernt haben. Oft hat diese Opera-
tion die Folge, dass die Beere sich nicht weiter
entwickelt, vielmehr ohne zu verschrumpfen die der-
malige Grösse bis zu Ende beibehält; in anderen
Fällen verschrumpft dieselbe, oder fällt ab; in noch
anderen Fällen tritt eine wirkliche Dislokation des
Samens ein, entweder eben nur angedeutet, oder
vollständiger ausgebildet. Da trotz dem aufmerk-
samsten Suchen zu dieser Zeit (von der zweiten
Tracht nämlich, am 23. September) keine einzige
spontan herniöse Beere mehr aufgefunden werden
konnte (was auch für das Folgende gilt), so ist nicht
wohl gestattet, hier ein zufälliges Zusammentreffen
anzunehmen.. Eine Voraussetzung, durch
das Folgende bestätigt wird.
Es wurden nämlich zu wiederholten Malen auf
die jungen Beeren zweiter Tracht während des
heissesten Sonnenscheins ganz einfach Wasser-
tropfen gebracht, bald mit der feinen Brause, bald
welche
326
mit dem Finger. (Es verdient hierbei bemerkt zu
werden, dass die Insolation zu dieser Zeit sehr in-
tensiv war, so dass das Quecksilber - Thermometer
z. B. am 17. August auf 39,2° stieg.) In der Mehr-
zahl der Fälle diese Manipulation ohne alle
Wirkung; in einigen aber zeigte sich mehrere Wochen
später vollständig ausgebildete Hernie. In Allem bis in
das Kleinste zeigte sich eine vollständige Ueberein-
stimmung mit den Eingangs geschilderten Fällen von
spontan aufgetretener Hernie, und dieselbe Betrach-
tung, wie im vorigen Falle, schliesst den Verdacht
aus, dass wir es hier mit einem zulälligen Zusammen-
treffen zu thun haben.
blieb
Indess muss ich bemerken,
dass damit jedenfalls noch nicht Alles aufgeklärt war,
was hier in Frage kommt. Im Jahre 1869 nämlich
sind meine Versuche, künstliche Hernie zu erzeugen,
im Wesentlichen erfolglos geblieben. Sei es, dass
der (schwächere) Sonnenschein während der ent-
scheidenden Zeit den Erfolg versagte, oder dass
überhaupt der rechte Moment für die Operation nicht
getroffen wurde. Allem Vermuthen nach wurde der
Versuch, des vielfach kühlen und düsteren
Wetters, allzu lange verschoben. Die ersten Be-
sprengungen der: (1“' langen) Beeren mit Wasser
fanden am 4. Juli und weiterhin statt; es traten
braune Flecken auf, aber weiter nichts. Die ersten
Versengungen mittelst der Linse begannen am 19. Juli,
zu einer Zeit, wo bereits (diesmal sehr vereinzelt)
spontane Hernien in voller Ausbildung beobachtet
wurden. Diese Anbrennung geschah theils direkt,
theils durch einen aufgelegten kleinen Wassertropfen.
Vielfach hörte damit das weitere Wachsthum der
betreffenden Beere auf; in anderen Fällen wuchsen
die Beeren normal zur vollen Grösse und zeigten nur
einen kleinen, runden Brandfleck. In einigen wenigen
Fällen stellte sich eine stärkere Affektion ein: Ver-
schrumpfung eines grossen Theiles der Beere in der
Umgegend der gebrannten Stelle, so dass der Same
die (abgestorbene) Oberhaut berührte, doch ohne
deutliche Perforation, sowie ohne Dislokation. In
diesen Fällen war das trennende Fleisch zwischen
dem Samen und der Oberhaut durch den Schrum-
wegen
pfungsprozess geschwunden.
Die vegetative Entwickelung der Beeren war in
diesem Jahre weit früher abgeschlossen, als im
vorigen; zweites Blühen und damit zweiter Frucht-
ansatz wurde nirgends beobachtet.
Ein unmittelbares Anbrennen mit der Flamme
eines Zündhölzchens ergab (1868) nur sehr unbe-
friedigende Resultate, vermuthlich deshalb, weil die
Verletzung hier viel zu weit greift, und es nicht
ausführbar schien, dieselbe auf einen so kleinen Punkt
zu beschränken, wie dies bei der spontanen Ektopie
offenbar der Fall ist. In der Regel verschrumpften
die angesengten Beeren bald mehr oder weniger
vollständig, viele fielen weiterhin ab; einige aber,
bei denen die Verletzung nur sehr gering gewesen
war, zeigten in sofern wenigstens einen Anfang der
Dislokation, als der Same bis dieht an die gebräunte
Cutis vorgedrungen war, ohne jedoch dieselbe jemals
wirklich zu durchbohren.
Im Jahre 1870 nahm ich sehr bald nach dem
Abblühen zwischen dem 15. und 24. Juni (Vormittags
8 Uhr bei hellem Sonnenschein) bei 15 Trauben an
zahlreichen Beeren das Anbrennen mit der Linse
(ohne Wassertropfen) vor. Es entwickelte sich indess
bei keiner einzigen eine ächte, äusserlich sichtbare
Hernie des Samens; beim Durchschneiden der an-
gewachsenen Beeren aber ergab sich, dass in sehr
vielen Fällen einer der Samen thatsächlich in be-
sinnender Ektopie begriffen war, indem er an der
gesengten Stelle bis dicht an die Beerenschale sich
gestreckt und angedrückt hatte. (Die gesengten
Stellen zeigten einen schwarzen, runden Schorf von
1 Mm. Durchmesser, umgeben einem hellen,
erdfarbigen Rande.)
Auch in diesem Jahre traten an einigen Beeren
dieser und anderer Weinstöcke spontane Hernien
in früherer Weise auf, allerdings sehr spärlich. Die
Affektion zeigte sich zuerst Anfangs Juli; sie begann
mit einer erdfarbigen Schrunde oder rauhen Stelle
der Oberhaut, welche dann platzte; darauf wuchs
aus der Tiefe her der Samengipfel in die Lücke
hinein und füllte allmählich den sich proportional
erweiternden Riss mehr oder weniger genau aus.
Aus allem Diesem schloss ich, dass wir es im
vorliegenden Falle mit einer wirklichen Verbrennung,
ınit einem wahren Sonnenstich unter Mitwirkung des
Wassers, auf einer frühen Vegetationsstufe, zu thun
haben. Man kann, wie man sieht, das Phänomen
künstlich hervorrufen, allerdings unter der schwer zu
erfüllenden Voraussetzung, dass man gerade den
richtigen Grad der Verbrennung trifft. Ich will hin-
zufügen, dass man nach der Aussage eines erfahre-
nen Weinbauers am Rheine die Erscheinung künst-
lich auch dadurch erzeugen kann, dass man die
Weinreben im Juni oder Juli stark entblättert. Er
nannte sie den Sonnenbrand.
Im Jahre 1871 gelang es endlich, jeden Zweifel
über die Natur dieser merkwürdigen Affektion zu
heben, indem es in einer ganzen Reihe von Fällen
slückte, dieselbe künstlich zu erzeugen, und zwar
dureh Anbrennen mittelst der Linse, der Art, dass
der Sonnenstrahl durch einen auf die Jungen Beeren
von
327
gebrachten Wassertropfen geführt wurde. Diese Ope-
ration wurde am 14. Juli und den folgenden Tagen
an 8 eben abgeblühten Trauben vorgenommen, und
zwar bei jeder an beiläufig 10 Beeren, damals etwa
von 1 Lin. Länge. Das Sengen wurde theils längere,
theils kürzere Zeit fortgesetzt (1—4 Minuten); und
schon am 17. August waren 6 von den stärker ge-
brannten Beeren bereits deutlich mit Hernien ver-
schiedenen Grades versehen. Bei einer der Beeren
war der Same nun fast 1 Linie weit ausgetreten,
während die Beere nahezu ausgewachsen war; bei
einer anderen 2 Mm., und zwar war letzteres inner-
halb 2 Tagen geschehen, während sonst eine weit
längere — übrigens ungleiche — Zeit für das Zu-
standekommen einer Hernie erforderlich ist.
Bei mehreren Beeren, welche keine Hernie aus-
gebildet hatten, zeigte der Durchschnitt zu Ende
Augusts, dass an der betreffenden Seite sich nur
atrophische Eier statt richtiger Samen befanden, wie
dies so oft vorkommt, wodurch dann selbstverständ-
lıch das Protuberiren eines Samens aus rein inner-
lichen Gründen unmöglich gemacht wurde. — Das
Austreten des Samens, überhaupt der erste Anfang
der Hernie, trat stets — wie tägliche Beobachtung
zeigte — entweder unmittelbar neben dem schwar-
zen Brandschorfe (von 1 Mm. Durchmesser) auf,
oder in ihm selber, denselben zersplitternd und all-
mählich abstossend. Alle sehr schwach gebrannten
Beeren zeigten äusserlich nichts, oder nur Schlaff-
werden der Cutis; die zu stark gebrannten waren
nicht weiter gewachsen, sondern mehr oder weniger
bald durch Schrumpfung zu Grunde gegangen. Die
Verbrennung muss also eine ganz bestimmte Intensität
und Tiefe haben. — Spontane Hernie wurde bis da-
hin nicht beobachtet; sie trat sehr vereinzelt vom |
18. August an auf.
Angemerkt muss noch werden, dass Bena-
sung der Beeren durch Insekten, welche
Mitte Juli — also in ganz jugendlichem Zustande —
beobachtet wurde, bei einer einzelnen Beere gleich-
falls Veranlassung zu schwachem Samen-Vorfall gab,
während die übrigen Beeren verheilten und normal
auswuchsen. Selbst frühzeitigses Anschneiden mit
dem Messer kann mitunter ziemlich ähnliche Erschei-
nungen herbeiführen.
Es ist daraus zu schliessen, dass mechanische
Verletzungen der ÖOberhaut aus vielleicht mehreren
und verschiedenen Veranlassungen die Ursache der
Samen-Hernie abgeben und dass dabei die Versen-
sung durch die Sonne wohl in erster Linie steht. —
Wir möchten hierzu noch bemerken, dass der
von Masters in seiner Vegetable Teratology p. 183
|
abgebildete Fall, wo in Weinbeeren, die vor der
Reife aufplatzten, wieder kleine Beeren gefunden
wurden, die die Lage der Samen einnahmen, auch
hierher zu gehören scheint. Die Adventiv- Beeren
sind leider nicht durchschnitten gezeichnet, so dass
man nicht ersieht, ob sie wirklich mehrere Samen
enthielten oder nur einen; im ersteren Falle würde
es dann ein anderes Verhältniss sein; der ganzen
Abbildung nach scheint es aber dasselbe wie bei
Hoffmann.
Die sog. Doppelbeeren, die man mitunter
ebenfalls bei Weintrauben findet, gehören selbstver-
ständlich nicht hierher: diese entstehen meist da-
durch, dass sich auf einem gemeinsamen Stielchen
resp. innerhalb eines gemeinsamen Kelches zwei
Övarien, die späteren Beeren, ausbilden, ähnlich wie
dies bei Doppelkirschen ete. vorkommt.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
XI.
Seiner Zeit wurde in der Wochenschrift von
Seiten des Bremer Gartenbau-Vereines aufgefordert,
für neu anzulegende Friedhöfe Entwürfe für
deren Anlage einzusenden. Für die besten wurden
Preise ausgesetzt. Nach Privat-Mittheilungen sind 15
Entwürfe eingegangen. Von ihnen haben die beiden
von Karl Janke in Aachen den 1. Preis von 1500
Mark gewonnen, während die zweiten Preise von
600 Mark den Plänen von A. Hoof in Harbke bei
Helmstädt und von J. C. W. Heins in Bremen zu-
gesprochen wurden. Die Preisrichter waren Ober-
baurath Schröder, Hofgärtner Ohrt in Oldenburg
und Öbergärtner Nagel in Bremen. Die Kosten der
Ausführung sind auf 634,000 Mark veranschlagt.
Die Wiener Weltaustellung im nächsten Jahre
scheint grosse Dimensionen anzunehmen. Nach einer
uns zugekommenen Mittheilung ist die Betheiligung
Deutschlands 4 Mal grösser, als die bei der 1867 in
Paris. Es scheint Ehrensache der Deutschen bei
uns zu sein, die österreichische Weltausstellung in
ihrem Glanze möglichst zu erhöhen. Die Kaiser-
liche Gartenbau -Gesellschaft in Wien hat ein um-
fassendes Terrain erhalten, um gärtnerischer Seits
für Ausschmückung Sorge zu tragen; sie wird aber
auch zu verschiedenen Zeiten vier Pflanzen- und
Blumen-Ausstellungen veranstalten und für jede der-
selben ein besonderes Programm aufstellen, und zwar
mit allgemeiner Konkurrenz. Jedermann, auch ausser-
halb Oesterreich, kann sich nicht allein mit Produk-
ten aller Art aus dem Pflanzenreiche betheiligen, es
zwei
wird sogar von Seiten der Gartenbau-Gesellschaft in
Wien für jede Erleichterung gesorgt werden.
Von Seiten der Landeskommission für die Wiener
Ausstellung ist für Obst-, Wein- und Gemüsebau ein
besonderer Kommissär ernannt worden. Abgesehen
von dem Terrain für Betheiligung an den von Seiten
der Gartenbau-Gesellschaft in Wien festgesetzten
Ausstellungen durch Deutsche, hat die Central-Kom-
mission in Wien für Deuschland besonders noch 32
Quadratruthen zur Verfügung gestellt, auf denen zu-
nächst preussischer, wahrscheinlich aberauch deutscher
Seits die gangbarsten Kultur-Methoden der Weinrebe
im Grossen vorgelührt werden sollen. Dieser Auf-
stellung soll sich eine andere, welche die hauptsäch-
lichsten Kultur- Methoden der Weinrebe in Oester-
reich-Ungarn vorführt, anschliessen. Der bekannte
Pomolog Freiherr v. Babo steht hier an der Spitze.
. . .
Ueber die Rhein-Regulirung.
Betreffs der Rhein-Regulirung erhalten wir fol-
gende berichtigende Zuschrift, die wir bei der Wich-
tigkeit des Gegenstandes vollständig mittheilen:
Verehrliche Redaktion! In der Wochenschrift
vom 14. d. finden sich die folgenden Aeusserungen
über die Stromregulirungen im Rheingau:
„Als vor einigen Jahren Regulirungen am
Rheinstrome vorgenommen werden sollten, wi-
derstrebten die Wein bauenden Bewohner der
Gegend, wo die Regulirung vorgenommen wer-
den sollte, weil sie fürchteten, dass jede Aen-
derung in den Terrain-Verhältnissen der Güte
ihrer Weintrauben und folgerecht auch ihres
Weines Abbruch thun könnte. Von Seiten der
Regierung wurde den Wünschen und Klagen
in sofern Rechnung getragen, als man nach
verschiedenen Richtungen hin Sachverständige
Sie sah sich aus dieser Ursache ge-
nöthigt, noch eine längere Zeit vorübergehen
zu lassen, bevor sie die durchaus nothwendige
Regulirung des Flusses vornehmen konnte,
hachdem schliesslich die Sachverständigen sich
zu ihren Gunsten entschieden hatten. Seitdem
ist die Regulirung geschehen und man hat
keine der Weinkultur und der Güte des Wei-
nes nachtheiligen Folgen bemerkt. Die Be-
wohner der Umgegend haben sich ebenfalls be-
ruhigt.“
Offenbar haben Sie diese Information von
berief.
Je-
mand erhalten, welcher es weder mit der Wahrheit,
noch mit dem Rheingau gut meint. Es sind die
viel besprochenen Strombauten im Rheingau im No-
vember 1867 auf Befehl Seiner Majestät des Königs
sistirt und seitdem — Dank der Gerechtigkeit und
Weisheit unseres Kaiser-Königs — noch nicht wieder
aufgenommen worden. Die Verhandlungen über
diesen wichtigen Gegenstand sind überhaupt noch
nicht zu einem Abschluss gelangt. Ganz gewiss hat
man also noch keine der Weinkultur nachtheiligen
Folgen bemerkt! Aber beruhigt hat sich über
das Schicksal des Rheines im Rheingau noch Nie=
mand!
Die Rheingauer wissen nicht nur, dass sie der
weiten Wasserfläche im Süden ihrer Rebenhügel
die Güte ihrer Weine wesentlich verdanken; sie
wissen auch aus Erfahrung, dass die Verlandung —
nach vorausgegangener langjähriger Versumpfung —
eines grossen Theiles des Rheines den Gesundheits-
zustand des Rheingaues in der allerernstesten Weise
bedroht und dass diese Gegend, diese Lieblings-
stätte der Touristen aller Länder, die weite Wasser-
fläche und die malerischen Inseln nicht verlieren
kann, ohne von ihrer Schönheit viel einzubüssen.
Ueber das Alles ist kein vernünftiger Mensch im
Rheingau im Zweifel und zum grossen Theile sind
die Befürchtungen der Rheingauer für ihre Gesund-
heit und für ihren Weinbau in denjenigen Gutachten
als wohlbegründet anerkannt, welche die Regierung
von Sachverständigen eingezogen hat.
Was endlich die Unterstellung absoluter
Nothwendigkeit der hier gedachten Strombauten
im Rheingau betrifft, so würde eine Berichtigung
solcher Ansicht an dieser Stelle zu weit führen. Es.
mag hier nur noch einmal gesagt sein, was schon
so oft und von Tausenden ausgesprochen wurde:
dass die Ausführung der Strombauten im Rheingau,
wie solche im Jahre 1867 beabsichtigt war, und
überhaupt die Verringerung des Wasserspiegels da-
selbst bis auf 400 Metres Breite und darunter, eine
himmelschreiende Ungerechtigkeit gegen die Bewoh-
ner des Rheingaues zu Gunsten — nicht der Schiff-
fahrt, sondern nur einiger reichen Dampfschlepp-
schiflfahrts - Gesellschaften sein würde. Denn die
Personen - Dampfboote bedürfen dieser Rhein - Ver-
wüstungen nicht, und die Kleinschifflahrt, eben so.
wie die Flösserei wollen sie nicht!
Indem ich um Aufnahme dieser Zeilen in Ihr
geschätztes Blatt ersuche, zeichne ich mit vorzüg-
licher Hochschätzung L.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 2. Berlin, a 19, . October. 1872
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug dureh den Buchh andei, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch- Fir a Post-Vereines.
Sonntag, den 27. October, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die Bechrien Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Hof- Bartk- Bol Borenen! — Die Gen ren: eigs (Schluss). — Betheiligung des Cr zu
Danzig an der Säkularfeier in Marienburg. — Der Schlossgarten von Augny. — Ueber die winterliche Färbung immergrüner
Gewächse. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XII. — Die definitiven Ergebnisse der Obsternte in Bayern pro 1871.
6: : I ya B 2 ) 2 sich auch der Gärtnerei gewidmet hatte, im Kriege
Hof- arten- nspektoi OFERETS. gegen Frankreich zu verlieren, und ist dies um so
Am 28. September endete endlich der Tod die | mehr zu beklagen, indem derselbe jetzt eine wesent-
namenlosen Leiden unseres Freundes und Kollegen, | liche Stütze der Seinen ausmachen könnte.
des Hof-Garten-Inspektors Borchers, und können Der Verewigte war seit 1851 Vorstand der Kö-
wir dem lieben Gotte nicht dankbar genug sein, dass | nigliehen Obstbaum-Plantage zu Herrenhausen, Vor-
er ihn endlich erlösete. stands-Mitglied des Gartenbau-Vereins zu Hannover,
Der Verewigte hatte seit Jahren eine kleine Warze | mehrerer Gartenbau-, pomologischer und landwirth-
an der linken Seite der Backe, die er vor ungefähr | schaftlicher Gesellschaften korrespondirendes oder
einem Jahre durch Abschneiden selbst entfernt hatte. | Ehren-Mitglied.
Die entstandene Wunde wollte nicht wieder zuheilen Borcehers hat auf dem Gebiete der Garten-
und wurden sogenannte Hausmittel angewandt, die | Literatur viel geleistet und wusste er mit der Feder
das Uebel nur verschlimmerten. Als endlich ärztliche | umzugehen. Sein neuestes Werk: „Anleitung zur
Hülfe in Anspruch genommen wurde, hatte die Wunde | Vervollkommnung des Obstbaues ete.“ wird ihm ein
einen so bösartigen Charakter angenommen, dass die | bleibendes Denkmal unter den deutschen Pomologen
Doctoren das Uebel als Hautkrebs konstatirten. | sichern. Die Beschreibungen der einzelnen Obst-
Die Leiden, die unser Freund nun durchzumachen | Sorten zeugen von dem eisernen Fleisse und von der
hatte, sind der Art gewesen, dass meine Feder zu | grossen Ausdauer, mit der sich der Geschiedene für
schwach ist, sie zu beschreiben; nur das sei gesagt, | diese Sache interessirte.
dass Borchers halbes Gesicht, das linke Auge und Friede seiner Asche!
die halbe Nase buchstäblich vom Krebse zerfressen | Herrenhausen bei Hannover, den 4. Octbr. 1872.
und endlich der Schlund angegriffen wurde, in Folge W. Tatter, Hof-Gärtner.
dessen eine allmähliche Verhungerung statt fand.
Die Leiche umstanden eine Wittwe und vier un-
n P : | Te “ AN
versorgte Töchter, denen der Dahingeschiedene stets | Die Gär te N bı aunschw eigs E
ein liebevoller Gatte und sorgsamer Vater gewesen (Schluss.
ist. Die älteste Tochter ist in Kairo verheirathet. Ist so in kurzen Umrissen ein allgemeines Bild
Borchers hatte das schwere Geschick zu er- | der bedeutenderen Gärten Braunschweigs segeben,
tragen, seinen einzigen hoffnungsvollen Sohn, der | so möchten wir zum Schluss noch auf einen Umstand
|
42
330
aufmerksam maclten, der einer strengen Inbetracht-
nahme werth sein möchte. Sowohl in den grösse-
ren Parkanlagen als auch auf den Promenaden fin-
det der Beschauer auch nieht die geringste Bezeich-
nung zur Erkennung des Namens der Gesträuche
und Bäume, und doch ist gerade in der genauen
Bezeichnung der Gattung und Art, der Familie, des
Vaterlandes, des etwaigen Nutzens u. S. w. ein so
reiches Feld für das Studium geboten und so mancher
Baum würde einer genaueren Beachtung gewürdigt
werden, wenn dem Laien durch derartige Notizen
ein Anhalt geboten würde. Nirgends haben wir dies
so gut und lehrreich eingerichtet gefunden, als in
den öffentlichen Anlagen in Breslau, wo durch die
eifrigen Bemühungen des Geheimrath Professor Dr.
Göppert es gelungen, für jede, selbst unscheinbare
Pflanze eine Tafel mit obigen Angaben zu beschaffen.
Es ist wohl nicht zu läugnen, dass mit der Erken-
nung der Pflanzen, auch das Interesse dafür ein rege-
ganz entschieden würden viel weniger
der
res wird, un
Frevel und Zerstörungen an den Pflanzungen
öffentlichen Anlagen vorkommen, wenn dem grösse-
durch die eben angeregten Bezeich-
neues Feld der Beobachtung geöffnet
Die Kosten für Anschaffung der Tafeln und
die Bezeichnung derselben kaum in die
Waasschale fallen, wenn man den grossen Nutzen
ın Betracht zieht, welcher dadurch der Allgemeinheit
seschaffen wird.
Wie der Gartenbau in Bezug auf Blumenzucht,
Gemüsebau und Parkanlage in letzteren Jahren einen
merklichen Aufschwung in Braunschweig genommen,
so ist der Speecialität Braunschweigs, dem Spargel-
bau, gleichfalls ein bedeutendes Feld geboten, und
die gemachten und bereits projektirten Anlagen in
dieser Beziehung werden nicht unwesentlich zur all-
semeinen Wohlfahrt beitragen.
Aber auch der Samenbau, namentlich der der
ren Publikum
nungen ein
würde.
würden
Gemüse, ist in Braunschweig in würdiger Weise ver-
Renommee wird durch
verschiedene Aıt fort und fort be-
wahrt. Das grösste der Art ist das unter der Firma
E. €. C. Wrede seit Jahren
wenn auch nicht in so ausgedehntem eigenem An-
doch auf meh-
Morgen Theil
der Gemüsesamen erzielt. Die Samengeschälte von
L. Markworth, Fr. Scholkemeyer, Georg Kallmeyer
und Rust bauen auf entsprechenden Flächen für ihren
altbewährte
der
treten und das
Geschäfte
bestehende, welches,
bau, wie die Quedlinburger Geschäfte,
reren Hunderten von einen grossen
Bedarf und haben meist umfangreiche. Geschäfte.
Als Specialitäten des hiesigen Samenbaues sind be-
rüben, Braunsehweiger Cichorien, Winnigstedter Kopf-
kohl, Braunschweiger platter Weisskohl.
Sind hier viele Gärtnereien nicht speeiell auf-
geführt, so lag dies weniger darin, dass sie zu den
ganzen Bilde nicht passten, sondern weil der Rah-
men ein viel zu beschränkter war, um Alles zu nen-
nen; möge deshalb darin keine Nichtbeachtung oder
Zurücksetzung gefunden werden. Möchten diese apho-
ristischen Bemerkungen und Andeutungen aber dazu
beitragen, ein gemeinsameres und einheitlicheres
Streben und Zusammenwirken der hiesigen gärtneri-
schen Kräfte mehr und mehr zu entwickeln und da-
durch die Gärtnerei Braunschweigs zu grösseren
Emporblühen zu bringen. Bouche.
Betheiligung des Gartenbau-Vereins
zu Danzig
bei der Säkularfeier in Marienburg,
in den Tagen vom 12.—14. September cr.
Von Julius Radike, Danzig.
Der Grund, weshalb einzelne Vereins-Mitglieder
die Idee sofort lebhaft erfassten, den Verein bei der
Säkularfeier in Marienburg möglichst würdig auftreten
zu lassen, ist wol klar und einfach aufzufinden.
Der Danziger Gartenbau - Verein, durch den
Schreiber dieser Zeilen vor nun 15 Jahren begründet
und ins Leben gerufen, ist die einzige vereinigte
Körperschaft wirklicher Gärtner und Gartenfreunde in
der Provinz Westpreussen, und musste derselbe des-
halb, wollte er sich nicht ein Armuths-Zeugniss der
allerschlimmsten Art selbst ausfertigen, den aus allen
Theilen der Provinz in Marienburg zusammen strö-
menden Fremden Zeugniss ablegen, auf welcher Stufe
sieh die Garten-Kultur in den verschiedenen Zweigen
der Gärtnerei bei uns befinde und ob sie ebenbürtig
Schritt halte mit den längst anerkannten gärtnerischen
Leistungen der südlicheren Provinzen Deutschlands,
welche durch Klima, bessere Verbindungswege und
reichere Geldmittel weit mehr als unsere Heimath
bevorzugt sind.
Die dem Verein gestellte Aufgabe war um so
ehrenvoller, weil derselbe in Gemeinschaft mit anderen
Korporationen, diese mit ihren provinziellen Leistun-
sen und unser Gartenbau - Verein in seiner Weise
unserem allverehrten Landesheirscher, Sr. Majestät
dem Kaiser Wilhelm, beweisen sollte, welcher Grad
der Entwickelung auch auf dem Gebiete der Gärtnerei
unter der weisen Regierung der Hohenzollern sich in
der Provinz Westpreussen in dem Zeitraum von
hundert Jahren herausgearbeitet und gebildet habe
sonders zu betrachten: Braunschweiger lange Mohr- | und wie ein eifriges Streben nach immer edleren
331
Zielen auch in diesem fernen Gebiete des deutschen der lorbeergekrönte, grosse König seine ersten Re-
Vaterlandes nicht ruhe und raste, wie dies ja stets
jedes deutschen Mannes ehrliches und aufrichtiges
Bemühen gewesen ist und so Gott will zur Ehre der
deutschen Nation auch bleiben wird.
Wie sah es aber vor hundert Jahren in unserer
Provinz aus und was haben wir in unseren jüngeren
Jahren darüber gelernt?
Seit der unglücklichen Schlacht bei Tannenberg
im Jahre 1410 geht der deutsche Orden, der erste
Pfleger auch der Gartenkultur in unserer Provinz,
seinem unaufhaltsamen Untergange immer mehr ent-
gegen, nichts kann ihn mehr von der Unterdrückung
des damals so mächtigen Slawenreiches, des König-
reiches Polen, erretten. Als Bundesgenossen zogen
die Polen in unser Land ein, als Herren und Unter-
drücker behielten sie es. So schien denn Alles für
die deutsche Sache verloren, nur ein Brandenburger,
der Kurfürst Friedrich II., wusste wenigstens einen
Theil des Ordensstaates, die Neumark, vorläufig den
Polen zu entwinden. So ging es in stetem Kampfe
und Ringen auf und ab, und welche Leiden gerade
unsere Provinz unter dem knechtischen Druck der
polnischen Herrschaft ertragen hat, sehen wir am
deutlichsten daraus, wenn wir erfahren, dass, als
endlich am 27. September 1772 König Friedrich I.,
dem die Nachwelt den Beinamen des Grossen ge-
geben hat, nach ruhmvoller Beendigung der schlesi-
schen Kriege unsere Provinz dem Königreich Preussen
zurückerwarb und damit der deutschen Bildung und
Gesittung wieder erschloss, es erschrecklich in West-
preussen aussah. Ganze Dörfer und Städte waren
niedergebrannt und von den Einwohnern verlassen,
oder letztere erschlagen. Zerschossene und halb
niedergebrannte Wohnstätten, die keine Besitzer mehr
hatten, fanden sich nicht nur zu Dutzenden, sondern
zu 60—70 Stück in jeder kleinen Stadt. Auf dem
Lande glichen die gesegneten Fluren, besonders des
Weichsel- und Nogatthales, grossen, wüsten, ver-
wilderten Steppen, auf denen die stacheligen Disteln,
Kletten und andere Unkräuter sich längst als einzige
Kulturpflanzen breit gemacht hatten. Die von den
Ordensrittern sorgfältig bei allen von ihnen erbauten
Burgen und Städten angelegten Obstgärten waren
abgeholzt und zerstört und daneben sassen auf den
rauchenden Trümmern ihrer Wohnungen die
Verzweiflung gemarterten, in tiefem Hinbrüten ver-
sunkenen und in Stupidität verkommenen Bewohner
des Landes, schon längst gleichgültig und theilnahm-
los von dem Uebermass des Schmerzes und der
Schwere des Unglücks, welches sie ertragen mussten.
So sah es bei uns vor hundert Jahren aus, als
von
simenter in die alte Marienburg einrücken liess, und
mit ihnen deutsche Treue, Energie und Ausdauer
wie mit einem Schlage in diese wahrhaft schreck-
liche polnische Wirthschaft und Verkommenheit hin-
einpflanzte.
Zuerst ungläubiges Staunen der Bevölkerung,
dann bald neu erwachte und neu belebte Hoffnung
heftete sich an die neue, biedere Verwaltung, und
wenn der grosse König auch oft mit Gewalt und
strengem Gebot den verdummten Sinn der Bewohner
zwingen lassen musste, so dass z. B. jeder Bauer
eine bestimmte Stückzahl von Obstbäumen pflanzen
und gewisse Scheffel Kartoffeln aussetzen musste,
so können wir heute, nach hundert Jahren, diese
weise Energie nur dankbar anerkennen.
Diese und ähnliche Gedanken schwirrten dem
Schreiber dieser Zeilen durch den Kopf, als in der
Monatsversammlung vom 12. August c. der Antrag
gestellt wurde, dass eine Betheiligung des Vereins
bei der Säkulärfeier stattfinden möchte. Die Geld-
mittel, wenigstens die allernöthigsten, waren bald
dureh freiwillige Zeichnungen und durch einen Zu-
schuss, welchen die landwirthschaftliche Sektion uns
zur Verfügung stellte, gedeckt. Nun erliess der Vor-
stand Anschreiben an Gärtner, Gutsbesitzer und
Gartenfreunde in der Provinz mit der Bitte, sich
durch Einsendung freiwilliger Gaben an Obst und
Gemüse bei der dekorativen Aufstellung des Garten-
bau-Vereins zu Danzig bei den Festlichkeiten in
Marienburg zu betheiligen. Die Gärtner des Vereins
sagten besonders Sendungen zu, die sich noch ausser-
dem vornämlich auf dekorative Blattpflanzen und
abgeschnittene Blumen erstreckten. Bei der hierauf
folgenden Zusammenkunft eines Ausschusses, der
die näheren Details zu ordnen hatte, acceptirte man
eine von A. Lenz, Kunst- und Handelsgärtner zu
Danzig, vorgeschlagene Disposition für die Gartenbau-
Sektion, zu welcher Julius Radike in Danzig einen
detaillirten Entwurf gezeichnet hatte, den derselbe
mit Hilfe von Raabe demnächst neben der Feststrasse
in Marienburg zur Ausführung brachte. Die kurze
Beschreibung des Entwurfs und der Ausführung ist
folgende:
Auf zwei schrägansteigenden Stellagen, deren
vordere Höhe an der Feststrasse 3 Fuss betrug und
die bei einer Breite von 15 Fuss auf 4—41/, Fuss
anstieg und dabei je 100 Fuss auf jeder Seite der
Strasse diese einrahmte, waren vom Bahnhofe
Stadt zugewendet auf der linken Stellage 2 Statuen
auf hohen Podesten angebracht, von denen diejenige
der
der Flora sich aus einer Blumenschale, diejenige der
42”
332
Pomona sich aus einer reich mit Früchten geschmück-
ten Schale erhob. Zwischen den beiden Statuen war
im Hintergrunde ein Tableau von gärtnerischen Ge-
räthschaften plaeirt und davor eine Gruppe mannich-
lach geformter Zierkürbisse aufgestellt. Rechts und
links von beiden Statuen, den Enden dieser Stellage
zublickend, hatte man Pyramiden des schönsten Ge-
müses aufgethürmt. Gegenüber war eine ähnliche
Stellage von gleichen Dimensionen erbaut und die
Ausschmückung derselben in landschaftlich gärtne-
rischem Geschmack gehalten. Im Mittelpunkte der-
selben thronte zwischen Lorbeerbäumen, Palmen,
Dracaenen und ähnlichen Pflanzen die Büste des
Kaisers, geziert mit einem Lorbeerkranze. Rechts
und links weiter abstehend erhoben sich zwei statt-
liche Blattgruppen. Einen künstlichen Rasen hatte
man auf beiden Stellagen recht passend durch schö-
nes, grünes Moos erzielt und waren sowohl die
Kaiseıgruppe wie auch die beiden anderen, eben
erwähnten Blattgruppen durch eine symmetrische Ein-
fassung von in Töpfen gezogenen Pyrethrum Par-
thenium, fol. aureis variegatis; Alternanthera parony-
chioıdes und Lobelia erinoides abgegrenzt. Ausser-
dem befanden sich in 2 Nischen zwei Teppichbeete,
welche von abgeschnittenen Georginen, Astern und
sefüllten Zinnien nach Farben mosaikartig in gefälliger
Form auf feuchten Sand gelegt worden waren.
Von Interesse dürfte es sein, die Namen der
Einsender, die sich bei dieser patriotischen und
provinziellen Herstellung der Gartenbau-Sektion durch
reiche Einlieferungen von schönem Obst an Aepfeln,
Birnen, Pflaumen, Weintrauben, Pfirsichen, dann mit
Melonen und von sehr gut ausgebildetem Gemüse
an verschiedenen Kohlarten, Gurken, Zwiebeln, Porre,
Sellerie, Möhren, verschiedenen Rübenarten, Pastinak,
Bohnen, Erbsen ete. betheiligten. Es waren Ober-
särtner Goetze- Bellschwitz, Rittergutsbesitzer
Wächter- Janischau, Rittergutsbesitzer John-
Kl. Wattkowitz, Rittergutsbes. von Flottwell-
Lautensee, Rittergutsbesitzer Wienecke-Witto-
min, Rittergutsbesitzer Ruperti-Grubno, Ritter-
sutsbesitzer von Brauchitsch-Katz, Kommerzien-
Rath ©. R. von Frantzius-Danzig, Kommerzien-
Rath Böhm-Danzig, Baron von Paleske-Spen-
sawsken, Kunst- und Handelsgärtner Schulze-
Kulm, Kunst- und Handelsgärtner A. Rathke &
Sohn-Praust, Kunst- und Handelsgärtner A.
Lenz-Danzig, Garten - Inspektor Schondorff-
Oliva, Landschalftsgärtner Julius Radike-Dan-
zig, Kunstgärtner Raabe-Langfuhr, Kunst- und
Handelsgärtner Rohde-Öhra, Kunst- und Handels-
särtner Gebr. Reiche-Danzig, Kirchhofs-Inspek-
tor Ehrlich-Danzig, Kunst- u. Handelsgärtner M.
Raymann-Langfuhr, Kunst- und Handelsgärtner
Hummler-Elbing, Kunstgärtner Blendowski-
Holm bei Danzig, Kunst-Handelsgärtner Dahms-
Neustadt W. Pr.
Zu Anfang -der beiden Stellagen war je eine
Rotunde, durch besondere Flaggenstangen abgegrenzt,
angebracht; rechts in derselben hatte beim Einzuge
Sr. Majestät die Gartenbau -Deputation Aufstellung
genommen, während vis-a-vis in der anderen Ro-
tunde die Vereinsmitglieder Platz fanden.
Durch das Zusammenkommen der vielen wirk-
lich schönen Gemüse, Früchte und Pflanzen war es
denn auch möglich, eine dekorative Aufstellung der
Gartenbau-Sektion zu ermöglichen, wie dies für einen
Einzelnen niemals erreichbar
freundlichsten Anerkennungen
gewesen wäre. Die
fehlten daher auch
nicht und selbst die Allerhöchsten Herrschalten ha-
ben sich nach der an mich ergangenen Mittheilung
sehr beifällig über dies Arrangement ausgesprochen.
Es dürlte unter diesen Umständen wohl als kein
Fehlgriff anzusehen sein, wenn der Schreiber dieser
Zeilen am Sonnabend, den 14. September er. Vor-
mittags Sr. Majestät einen Lorbeerkranz neben der
Gartenbau-Sektion überreichte, als der Kaiser die
Feststrasse passirte, um. sich zur Parade der zwei-
ten Division zu begeben. Se. Majestät nahmen diese
Huldigung sichtlich erfreut auf und dankten huldvoll.
Schliesslich will ich allen denjenigen, die durch
ihre Einsendungen es möglich machten, ein so freund-
liches Bild in der Reihe der festlichen Ausschmückun-
gen in Marienburg zu schaffen, den wärmsten Dank
sagen.
Der Schloss-barten von Augny.
Zu den schönsten und interessantesten Gärten
bei Metz im nun deutschen Lothringen gehört der
Schlossgarten zu Augny, einem Verwandten der Be-
sitzer des grossen Garten-Etablissements von Simon-
Louis freres in Metz und Plantieres, dem Banquier
Emil Simon gehörig. Er liegt im Süden der Stadt,
gegen 1!/, Meilen entfernt. Hinter ihm und zur
Seite ziehen sich die Höhen von Gravelotte und
Prepat, welche der deutschen Tapferkeit ein Denk-
mal sind, wie wohl die Geschichte kaum ein anderes
aufzuweisen hat.
Deutsche Truppen lagen in dem Garten während
der Belagerung der bis dahin für unüberwindlich
gehaltenen Festung und fanden daselbst ein gutes
Unterkommen, was die meisten anderen Truppen-
theile leider lange Zeit entbehren mussten. Wer den
333
Garten früher nicht gesehen, wird nur wenig Spuren der
feindlichen Besetzung finden; man sieht Reste ab-
gehauener Bäume, während andere durch Stummel
weggenommener Aeste sich auszeichnen. Wer den
Garten aber früher gekannt, wird den Schmerz des Be-
sitzers gerade darüber begreifen. "Was hier von
Bäumen abgehauen oder doch wenigstens verstüm-
melt wurde, bestand aus seltenen ausländischen Ge-
hölzen und war erst wenige Jahre vorher mit Sorg-
falt angepflanzt und hatte trotz des südlicheren Vater-
landes der Gehölze freudig, man möchte sagen üppig
getrieben. Eben deshalb war der Garten von Augny
werthvoll.
Jeder Freund schöner und seltener Gehölze
wird aber mit dem Besitzer über diese Verwüstun-
gen trauern. Es ist der Fluch des Krieges, der aber
nicht deutscher Seits heraufbeschworen, sondern von
den Franzosen mit einem Uebermuth und mit einem
Leichtsinn, wie man kaum in der Geschichte kennt,
angefangen und geführt wurde. Genau dasselbe
was in dem Garten von Augny durch den Feind
geschah, wurde in Plantieres, ein Ort, der innerhalb
des Festungs-Rayons von Metz im Westen liegt,
durch französische Truppen ausgeführt. Hier und
dort dienten die breiten Aeste am unteren Theile
des Stammes, besonders ausländischer Nadelhölzer,
zum Decken der Baracken, unter denen die Soldaten
während des Krieges eine Zuflucht gegen Regen und
Wind suchten und zum Theil auch fanden.
Der Garten von Augny hat eine ansehnliche
Grösse und ist im natürlichen Style gehalten. Schöne,
zum Theil ziemlich umfangreiche Rasenflächen wech-
seln mit geschlossenen Anpflanzungen, in denen
sich einzelne schöne Waldbäume befinden, ab und
bieten an einzelnen Punkten hübsche Bilder dar.
Im Hintergrunde liegt das ziemlich geräumige Schloss,
vor dem es in früheren Jahren wahrscheinlich vetwas
geschmückter aussah, als jetzt, wo man in Frank-
reich leider zum Theil immer noch an einen nahen
Krieg glaubt. Blumenbeete und sonstige Verzierun-
gen durch Pflanzen, wie sie jenseits der Vogesen
sehr beliebt sind und gewiss auch früher hier vor
dem Schlosse vorhanden waren, fehlten jetzt. Nur
einige schöne Exemplare von seltenen Bäumen, be-
sonders Koniferen, kurze Alleen und zur Seite mehr
offene Stellen deuteten dagegen die
Nähe der menschlichen Wohnung an. N
Wir haben bereits bei der Beschreibung der
Baumschulen von Simon-Louis freres in Plan-
tieres bei Metz auch derjenigen Verwüstungen ge-
dacht, welche die schlimmen December-Tage des
vorigen Jahres in der Vegetation Frankreichs und
unmittelbare
überhaupt jenseits des Rheines ausgeübt haben, auch
hier fanden sie sich und zwar merkwürdiger Weise
vorherrschend weniger an zarteren als an härteren
Gehölzen vor. So steht eine kurze Allee von Tax-
odium sempervirens unweit des Schlosses, wo die
Bäume bereits eine nicht unbeträchtliche Höhe er-
reicht hatten, fast ohne Ausnahme abgefroren da,
und bietet ein trauriges Schauspiel dar. Doch war
die Wurzel, wie es schien, durchaus unversehrt ge-
blieben und zahlreiche Wurzelausschläge umgaben
den ausserdem todten Stamm.
Unter anderen seltenen oder interessanten Pflan-
zen, von denen wir noch zum Theil sprechen wer-
den, fanden sich auch eine interessante Trauer-
Sophore (Sophora pendula) vor. Die Laubkrone be-
stand aus 3 über einander sich befindlichen, etwas
ungleich geformten Etagen und der ganze auf einer
srossen Rasenfläche stehende Baum hatte eine nicht
unbeträchtliche Grösse. Diese Art der Erziehung
der Sophora in Etagen sahen wir auch an anderen
Orten und hat uns jedes Mal zugesagt. Möchte sie,
vor Allem in grösseren Parks, mehr Anwendung
finden, als es bis jetzt der Fall ist.
Vorherrschend unter den ausländischen Gehöl-
zen waren die Koniferen. Viele, die bei uns kaum
im Schutze und selbst gedeckt nicht aushalten, fan-
den sich im Schlossgarten zu Augny in stattlichen
Exemplaren vor, als gehörten sie hierher und stamm-
ten nicht aus fremden Ländern. Es betraf dieses
vor Allem einige langnadelige Kiefern. Exemplare
der Pinus Sabiniana, Benthamiana, Lam-
bertiana, wie sie hier von 20—25 und selbst 30
Fuss Höhe vorhanden sind, hatten wir kaum schö-
ner in England gesehen. Die frischen Triebe von
mehreren Fuss Länge und mit fusslangen Nadeln
besetzt, nahmen sich schön aus. Und nun 10 bis
20 an einem und demselben Exemplare, sämmtlich
in einer Entfernung, dass keiner den andern berührte.
Eigenthümlich war es, dass Einige von ihnen in den
Decembertagen des vorigen Jahres ungemein gelitten
hatten, während Andere dagegen auch nicht den ge-
ringsten Schaden zeigten.
Wir nennen noch als interessant und keines-
wegs im Freien bei uns (auch der südlichen Gaue)
sehr verbreitet: Pinus ponderosa, Coulteri, tu-
bereulata und densiflora, so wie die Fichte
Pinus maritima, welche sich aber auch unter dem
milderen Himmel von Metz sehr empfindlich zeigt.
Fremde Tannen waren ebenfalls in reichlicher
Anzahl vorhanden, nebst interessanten Formen unse-
rer beiden einheimischen. An derlei Formen beson-
ders reich ist bekanntlich unsere Rothtanne oder
334
Fichte (Abies excelsa). Die Zwerge, welche schon
vor längerer Zeit als Clanbrasiliana von England
aus bei uns auf dem Kontinente eingeführt worden
sind, haben bereits in unseren Gärten und Anlagen
eine grosse Verbreitung erhalten und wiederum zu
neuen Formen Veranlassung gegeben. So heisst be-
kanntlich der Zwerg dieses Zwerges Abies pyg-
maea, auch wohl hier und da Abies pumila.
Eine andere Form wird im Garten von Augny als
Abies excelsa nigra compacta kultivirt. Wäh-
rend die beiden zuerst genannten Formen eirundlich
oder rundlich sind, breiten sich hier die unteren
Aeste horizontal aus, die oberen verkürzen sich aber
so rasch, dass dadurch eine zwar kurz- aber breit-
pyramidenförmige Krone von kaum 2!/, Fuss Höhe
hervorgeht.
Bei einem anderen Exemplare betrug die ganze
Höhe des Gehölzes nur 1!/, Fuss, während die Ba-
sis eine Breite von fast 4 Fuss besass. Ein eigent-
licher Stamm war gar nicht sichtbar. Wenn schon
dieses Exemplar einen ganz eigenthümlichen Eindruck
auf uns machte, so war es noch mehr bei einem
dritten der Fall, wo die ganze Höhe kaum mehr als
3), Fuss betrug, die Breite aber über 3 Fuss. Sollte
man, nicht eingeweiht in die Formen-Veränderungen
unserer Kultur-Pflanzen, glauben, dass diese letzte
Form und der bis 150 Fuss hoch werdende Wald-
baum einer und derselben Art angehören? Es möchte
schon einem Gärtner und Botaniker schwer werden,
dem Laien sind es aber gewiss zwei hinlängliche
verschiedene Arten.
In Frankreich soll sich diese eigenthümliche
Form auch noch an anderen Stellen vorfinden, bei
uns in Deutschland haben wir sie aber nicht gese-
hen. Carriere hat sie als Abies tabulaeformis,
Seneclauze als Abies repens bezeichnet.
Von interessanten Tannen haben wir noch im
Garten von Augny im Freien gesehen die japanische
Abies polita mit sehr stechenden, ringsherum ge-
henden Nadeln und Abies Alcoquiana, wo die
kleineren Nadeln auf 2 Seiten stehen und auf der
Unterfläche eine blaugrüne Farbe besitzen. Von
Abies Menziesii war ein wunderschönes Exem-
plar vorhanden, ferner besass eine Abies Gordo-
niana eine Höhe von 24 Fuss. Zum ersten Mal im
Auch
nahm eine kleine Gruppe der schlankeren Form der
Freien sahen wir ferner Abies Hookeriana.
Rothtanne, welche den Beinamen fascieulata py-
ramidalis führt, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch,
ebenso eine Trauer-Edeltanne, wo die Aeste schon
dicht am Stamme eine Neigung nach abwärts be-
sassen. Merkwürdig mag diese Form sein, hübsch
ist sie aber sicher nicht. Interessant war die bereits
von uns früher besprochene Rothtanne, wo die jun-
sen Triebe im Frühjahre eine gelblich-weisse Fär-
bung haben, diese aber allmählich verlieren. Wir
gedenken auch eines schönen Exemplares der in
Plantieres zufällig aus Samen gezogenen pyramiden-
förmig gewachsenen Weisstanne, welche deshalb den
Beinamen pyramidalis strieta führt. Endlich fiel
uns eine Nordmanns-Tanne wegen ihrer sehr kur-
zen, aufrechtstehenden Nadeln auf.
Von andern Nadelhölzern bemerkten wir noch
eın schönes, ziemlich ansehnliches Exemplar der
japanischen Seiadopitys japonica; auch sahen
wir zum ersten Male die buntblättrige Wellingtonia
in Form eines stattlichen Bäumchens. Von beson-
derer Schönheit waren 3 Pyramiden der Thuja
Lobbii, sowie der Chamaeeyparis nutkaönsis
(Thujopsis borealis) und Lawsoniana von gegen
20 Fuss Höhe und in der Nähe des Schlosses stehend.
Figenthümlich waren die hochstämmigen Exemplare
der Thuja aurea und Fortunei. Wir möchten
diese Form wohl empfehlen, besonders als Einzel-
pflanze auf schönem Rasengrunde. Von Juniperus
virginiana fand sich ein altes Exemplar vor, wo
der Stamm nicht weniger als 3 Fuss im Durchmesser
besass. Auch die ächte Juniperus Oxycedrus
mit ihren grossen und stechenden Nadeln, sowie die
blaugrüne J. excelsa des Himalaya-Gebirges fan-
den sich in mehreren ziemlich grossen Exemplaren
vor. Die letztere nimmt sich auf offenen Stellen,
besonders aus der Ferne gesehen, ganz besonders
gut aus.
Zum ersten Male sahen wir die eigenthümliche
Form der Retinospora pisifera, welche jetzt von
Metz und Frankreich aus mit der näheren Bezeich-
nung filiformis in den Handel gekommen ist. Sie
ähnelt im Aeussern der bekannten Abart der Thuja
orientalis, welche schon lange in Kultur ist und eben-
falls den Beinamen filiformis führt, aber auch als
tlagelliformis bezeichnet wird, so sehr, dass sie selbst
bisweilen schwer zu unterscheiden ist.
Unter dem Namen Retinospora squarrosa
kommen 3 verschiedene Pflanzen in unseren Gärten
vor, die gewöhnlich langnadelig als Retinospora
juniperoides und kurznadelig als R. erieoides
Die erstere hat in der That
meist. längere Nadeln, aber nicht immer. Sie ist
kräftiger im Wuchse und zeichnet sich in grösseren
Exemplaren durch die ocher-orangenfarbigen Aeste
aus, die ihr eine entlernte Aehnlichkeit bisweilen mit
jugendlichen Pflanzen der Abart der Thuja oceiden-
talis, in den Gärten unter dem Namen Th. Wareana
bezeichnet werden.
335 °
bekannt, geben. Sie ist die ächte Retinospora
squarrosa und selbst am Rheine und an der Mosel
etwas empfindlich. Eigenthümlich ist der Taxus
baccata ericoides. Die viel kleinern Blätter brei-
ten sich hier nicht nach 2 Seiten aus, sondern stehn
ringsherum am Zweige. Die Pflanze wird nicht hoch,
sondern bleibt niedrig und wurde neuerdings erst
von Makoy in Lüttich in den Handel gebracht. Da-
gegen ist eine andere Art mit dichteren und kleineren
Nadeln, welche als ächte Retinospora ericoides
bezeichnet wird, gegen unsere rauhen Witterungs-
Verhältnisse fast völlig hart. Die dritte Art, welche
Carriere als R. eriecoides bezeichnet hat, stellt
nichts weiter dar, als eine Thuja oceidentalis, und
zwar im ersten jugendlichen Stadium, wo sie noch
keine anliegenden Blätter, sondern Nadeln besitzt.
Von andern Gehölzen, welche bedeckte Samen
haben, bemerkten wir einige schöne Trauer-Roth-
buchen. Man erzählte uns, dass dergleichen Bäume
in den Wäldern um Metz auch wild vorkämen. Da
die schöne, klein- und feinblättrige Abart der Gle-
ditschia triacanthos, welche in den Gärten den
Namen Gl. Bujeoti führt und hier in schönen
Exemplaren vorhanden war, bei uns wenig oder gar
nieht bekannt ist, machen wir darauf aufmerksam.
Als Einzelpflanze ist sie nicht genug zu empfehlen.
Endlich dürfte das Interesse der Leser in An-
spruch nehmen, dass die bei uns nur warm kultivirte
Marantacee: Thalia dealbata, in einem allerdings
sehr geschützten Teiche des Schlossgartens von
Augny schon mehre Jahre überwintert und in jedem
Frühjahre frisch ausgeschlagen hat.
Ueber die winterliche Färbung
immergrüner Gewächse.
Aus den Sitzungs-Berichten der physikalisch-
medieinischen Societät zu Erlangen (19. December
1871) sind in der botanischen Zeitung die Beobach-
tungen des Prof. Kraus (jetzt in Halle) über die
winterliche Färbung immergrüner Gewächse mitge-
theilt worden. Wir entnehmen daraus folgendes:
Aus Mohls Untersuchungen ist bekannt, dass
bei der Roth- und Braunfärbung im Freien über-
winternder Blätter die Chlorophylikörner (d. h. die
Körner welche den grünen Farbstoff enthalten) nicht
zerstört werden, sondern gewöhnlich neben denselben
im Zellsaft rother Farbstoff auftritt, oder aber (wie
bei den Nadelhölzern) bei intakt bleibender Form
der Körner eine bräunliche oder gelbliche Verfärbung
derselben eintritt.
Kraus dagegen fand, dass in einigen Fällen mit
der Verfärbung der Chlorophylikörner eine Zerstö-
rung der Form Hand in Hand geht.
In jedem Winter zeigen die kleinen Exemplare
von Buxus arborescens im botanischen Garten zu
Erlangen schmutzig rothbraune Blätter, welche im
Frühjahr dann wieder freudig grün werden. Die Ver-
färbung findet nur auf der Oberseite der Blätter statt
und nur an frei in die Luft ragenden Zweigen; die
Unterseite, wie die Oberseite von in den Büschen
verborgenen Blättern bleibt schön grün; auch alle
zufällig bedeckten Partien eines einzelnen Blattes ver-
färben sich nicht, während der ungedeckte Theil
dicht daneben scharf begrenzt braun wird.
Die anatomische Untersuchung ergab, dass die
dicht unter der oberen Epidermis der Blätter liegen-
den Pallisadenzellen, welche vorzugsweise das Chloro-
phyli enthalten, oft wolkig vertheilte lebhaft braun
oder kupferroth gefärbte Protoplasma-Massen ent-
hielten, in denen man wohl den (in den meisten Zellen
vorkommenden) Zellkern, nirgends aber Chlorophyll-
körner fand. In den darunter liegenden Sehichten
sind die Körner erst halb zerfallen und noch gelb-
srün oder bräunlichgelb gefärbt. Die Zellen des
mehr der Unterseite zugekehrten sog. Schwamm-
Parenchyms enthalten meist noch ganz unverletzte
Chlorophylikörner.
Ebendasselbe beobachtete Kraus Nadel-
hölzern, besonders schön bei Thuja occidentalis und
plicata, wo die Verfärbung auch auf die Oberseite
beschränkt bleibt; ferner bei Juniperus Sabina, bei
der Kiefer und bei der Rothtanne. Dagegen fand er,
in Uebereinstimmung mit Mohl, dass bei allen Ge-
wächsen, die sich im Winter röthen, z. B. Sedum,
Sempervivum, Sedum palustre, Mahonia und rothes
sog. Anthoeyan (Anthokyan) in ihren Zellen erzeugen,
sowie auch die grüne Rinde unserer Bäume (Pappel-
Linde) unverletzte Chlorophylikörner enthielten.
Da die Erscheinung alle Winter wiederkehrt, so
handelt es sich nicht um eine tödtliche Stö-
rung des Zelllebens, etwa um Erfrieren, son-
bei
dern um eine physiologische reparabele Erschei-
nung. Dies folgert Kraus auch aus seinen weiteren
Untersuchungen.
Von den Buxus-Zweigen stellte er einige ins
Wasser und nahm sie in die warme Stube ans Fenster.
Nach 3—5, höchstens 8 Tagen war die rothbraune
Färbung rasch einer grünen gewichen. Das Proto-
plasma der Zellen zeigte schon nach 1—2 Tagen
sich homogen, sammelte sich an den Wänden der
Zellen, und zerfiel dann wie bei der Chlorophylikorn-
Bildung im Dunkeln, durch Furchung in Körner, wo-
bei die rothe Färbung desselben Schritt für Schritt
* 336
zu einer gelbgrünen und schliesslich rein grünen
wurde, so dass nach Verlauf der angegebenen Zeit
die Wände mit lebhaft grünen, homogen erscheinen-
den, scharf umgrenzten Chlorophylikörnern belegt
waren.
Bei Thuja brauchte der gleiche Prozess 2—3
Wochen. Nach dieser Zeit zeigten sich in den Chloro-
phylikörnern sogar kleine Stärkekörnchen, die vorher
in der Zelle nirgends zu finden waren.
Da die Blätter in diesen Fällen nichts als die
Temperatur wechselten, so ist sicherlich die er-
höhte. Temperatur ‚alsı.die „Urs accherder
Wiederherstellung der verfärbten und ent-
formten Chlorophyllkörner anzusehen.
Andererseits wird dadurch auch nahe gelegt,
die eintretende Winterkälte als Ursache der
ZerstörungvonForm und Farbe der Chloro-
phyllikörner zu betrachten, zumal Kraus beob-
achtete, dass eine einzige Frostnacht genügt, um die
ganze Erscheinung des Zerfallens und Verfärbens bei
Buxus, Sabina und Thuja hervorzurufen.
Ein anderer Forscher, Askenasy, ist der An-
sicht, dass das Licht hierbei mitwirke, indem stets
die Lichtseite der Blätter die Erscheinung zeigt;
Kraus entgegnet dem, dass es diese Seite auch ist,
welche der Kältewirkung durch Strahlung
besonders ausgesetzt ist. _ Dass das Licht, wenig-
stens bei der Reparirung der Erscheinung, keinen
Antheil hat, geht daraus hervor, dass bei Buxus und
Thuja unter gleichen Bedingungen im Finstern ge-
haltene Zweige ihre Körner nach Form und Farbe
ebenso repariren, als ob sie am Licht stünden. —
Kraus will noch weiter untersuchen, ob der Chloro-
phyll-Farbstoff selber verändert ist, oder ob vielleicht
die Missfärbung von dem Auftreten eines ihn mas-
kirenden anderen Farbstofls herrührt.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pllanzenkunde.
XI.
Wie wir bereits schon früher in der Wochen-
schrift mitgetheilt haben, wird im nächsten Frühjahre
wiederum in Gent eine grosse Ausstellung von Pflan-
zen und Blumen, welche sich den früheren grossen
Pflanzen-Ausstellungen anschliessen
Wie uns privatim mitgetheilt wird,
internationalen
soll, stattfinden.
der belgischen Handelsgärtnereien wird Alles auf-
geboten, um den alten Glanz sich zu erhalten, wo-
möglich noch zu erhöhen. Vor Allen wird Linden
in Brüssel, der bekanntlich jetzt auch Besitzer des
einst berühmten und grossen Pflanzen-Etablissements
von Ambr. Verschaffelt in Gent ist, genannt.
Eben ist ein Reisender von ihm aus fremden Ländern
zurückgekehrt, der ganz besonders schöne Blatt-
pflanzen des Warmhauses nach Europa gebracht hat.
Aber auch von früheren Reisenden befindet sich ein
Reichthum neuer und seltener Pflanzen in den Lin-
den’schen Gewächshäusern in Brüssel, wie keine
zweite Gärtnerei, wenigstens auf dem Kontinente,
aufweisen kann.
Ausser Linden besitzt aber Belgien noch sa
manche grosse Gärtnerei, welche Beiträge liefern
wird. Wir nennen Louis van Houtte, Jean Ver-
schaffelt, Charles van Geert in Gent, Jacob
Makoy in Lüttich u. s. w.
Die definitiven Ergebnisse
Obsternte in Bayern pro 1871.
Die Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins
in Bayern veröffentlicht folgende Nachrichten über
die Obsternte nach Mittheilungen des königl. bayeri-
schen statistischen Bureaus.
Zahl der Bezirke mit:
i Ganz | |
Gänzlich 2 | ERS
miss- | SE | - Guter
ee (schlech- | mässiger hey: “ i
\obslerate | fe Obst- | Obsternte.| ar
' ernte. .
Oberbayern ... . Bet, 13 10 1
Niederbayern . . | 3 13 10 2
Piazers ER 9 3 1 _
Oberpfalz == =: | Mag enlsu 2 ==
Oberfranken... . | 23 7 — —
Mittelfranken... .| 12 | 1 2 —
Unterfranken ..| 30 SI —
Schwaben. ut Al ng nnA1Beil —
im Königreich. . | 114 34 | 3 3
Das traurige Bild, welches die Obsternte des
Jahres 1871 schon nach den vorläufigen Zusammen-
werden bereits ausserordentliche Vorkehrungen ge- | stellungen darbot, wird sohin durch die richtig ge-
troffen, um das reiche zu erwartende Material ge- | stellten und vervollständigten Nachweisungen leider
hörig aufstellen zu können. Aber auch von Seiten | noch mehr getrübt.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfianzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 43. Berlin, den 26. October. 1872.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 27. October, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48,
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Das gärtnerische Elsass. — Nachträgliche Bemerkungen zum Schutze der Obstbäume etc. vor schädlichen Insekten. —
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XIV. — Für Obstbaum-Besitzer.
H L e Wir kamen aus dem deutschen Lothringen und
Das gärtnerische Elsass. traten im Norden ein, um es längs des Vogesen-
Eine Skizze. | Gebirges, theils vom Dampfrosse vorwärts gebracht,
Im äussersten Südwesten unseres jetzt wieder | theils aber auch zu Wagen und selbst zu Fuss, bis
geeinigten deutschen Vaterlandes fliesst Vater Rhein, | nach dem äussersten Süden an der Schweizergrenze
nachdem er eine Zeit lang die Grenze zwischen | zu durchwandern. Das Wetter war ausserordentlich
Deutschland und der deutschen Schweiz gewesen, | günstig für uns, aber auch für die zahlreichen Rei-
mitten im breiten Thale, in der mittelrheinischen Tiet- | senden, welche die Schlachtfelder der Höhen von
ebene, und wird auf beiden Seiten von Gebirgen | Spichern, der Umgebungen von Metz und im Norden
begrenzt. Im Westen sind es die Vogesen mit der | des Elsass bei Weissenburg und Wörth besuchten,
4400 Fuss hohen Sultzer Kuppe, oder wie die Fran- | um schliesslich auch das noch zum geringen Theil in
zosen sagen, Ballon de Soultz, im Osten ist es nord- | Trümmern liegende Strasburg zu schauen. Gleich
wärts der Odenwald mit dem wegen seiner schönen | dem Badener Rheinlande ist Elsass eine Perle Deutsch-
Aussicht berühmten, aber nur gegen 1600 Fuss hohen | lands und bringt bei seiner grossen Fruchtbarkeit
Melibocus, im Süden hingegen der bedeutendere | alles das, was der Mensch an Nahrung bedarf: Ge-
Schwarzwald, wo der Feldberg sogar eine Höhe von | treide, Obst, Wein, Vieh u. s. w., in vorzüglicher
über 4600 Fuss erreicht. Die eine Hälfte der eben | Qualität und solcher Menge hervor, dass es auch
bezeichneten Tiefebene ist das schöne Badener Land, | nach andern weniger ergiebigen Ländern ausgeführt
die andere jenseits des hier schon breiten Flusses | werden kann.
das urdeutsche Elsass, beide von den den Schwa- Die Bodenkultur, befand sich im Elsass schon
ben nahverwandten Allemannen, einem der kräftig- | in alten Zeiten, gleich der Wissenschaft und Po&sie,
sten Volksstämme, bewohnt. Von einem Theile, und | auf hoher Stufe. Schon der Leibarzt Karls V., der
zwar dem nördlichen der diesseits des Rheines ge- | berühmte Botaniker Charles de Cluse, unter dem
legenen Tiefebene, haben wir bereits in einer früheren | Namen Clusius bekannter, spricht davon. "In Boll-
Skizze Mittheilungen gemacht, es sei uns nun erlaubt, | willer lebte damals ein edeles Rittergeschlecht, was
auch von dem am jenseitigen Ufer sich ausbreiten- | um die Bodenkultur des Landes, hauptsächlich aber
den Lande, dem Elsass, einige, wenn auch nur flüchtig | um Obst- und Weinbau, grosse Verdienste gehabt
gemachte Bemerkungen in gärtnerischer Hinsicht zur | hat. Leider starb das Geschlecht der Freiherren
Kenntniss der Leser der Wochenschrift zu bringen. von Bollwiller zwar schon im 17. Jahrhundert aus,
43
358
seine Nachfolger erkannten aber ebenfalls die Noth-
wendigkeit einer guten Kultur des Obstes und Wei-
nes und lührten vor Allem aus Holland, was im vo-
rigen Jahrlhunderte auch in Betrefl der Vervollkonm-
nung des Obstes sich einen bedeutenden Rul erwor-
ben hatte, Obstsorten ein. In
Bollwiller entstand der interessante Blendling einer
Birn mit der Arlsbeere (Sorbus Aria), welchen auch
Liune kannte und
ria in seiner 2. Mantissa (S. 244) beschrieb.
verschiedene gute
dem Namen Pirus Pollve-
Vor
ihm aber hat schon Johann Bauhin in seiner Ge-
unter
schichte der Pflanzen (l., S. 59) den besagten Blend-
ling unter dem Namen Pirus Pollvilleriana zur Kennt-
niss gebracht.
Im Norden des Elsasses wird viel Hopfen ge-
baut. Wenn das Strasburger Bier auch nie den
srossen Ruf des bayerischen Fabrikats erreicht hat,
so wurde es doch stets, besonders in Paris und
überhaupt in ganz Frankreich, hochgeschätzt. wWür
dieses Bier wurde hauptsächlich der nothwendige
Hopfen im Norden des Elsass gebaut. Wenn man
mit der Eisenbahn hier das Land durchfährt, sieht
man oft auf beiden Seiten umfangreiche Hopfenfelder.
Leider hätte in den letzten Tagen des August der
Sturm an einzelnen Stellen grosse Verwüstungen an-
gerichtet, besonders in dem Falle, wo man sich nicht
bei der Kultur der sonst gekräuchlichen Stangen,
sondern dafür des Drahtes bedient hatte und den
Hopfen in sogenannten Rahmen baute. Während auf
den Feldern, wo man die Pflanzen an Stangen kul-
tivirte, nur einzelne Exemplare mit den Stangen nie-
dergeworfen worden waren, sah man dagegen ganze
Reihen der Hopfenpflanzen an Drahtplanken auf der
Erde liegen, bisweilen selbst in einer Weise, dass
an eine Aufrichtung gar nieht mehr zu denken war.
Der Drahtbau des Hopfens, für den man vor eini-
gen Jahren schwärmte, scheint neuerdings, wenigstens
in einigen Hopfen-Gegenden, wiederum in Misskredit
sekommen zu sein. Ein Hopfenbauer in Franken
theilte uns mit, dass er den Drahtbau, so sehr er
auch früher dafür geschwärmt, in der neuesten Zeit
sanz und gar wieder aufgegeben habe. Ob die
Gründe, wenn auch nicht des Misslingens, so doch
der geringeren Erträge, nur für Franken gelten, oder
allgemeiner Natur sind, vermögen wir nicht zu ent-
Bei dem Weinbau, wie wir uns neuerdings
vielfach auf dieser letzten Reise überzeugt haben,
hat Drahtbau ungemeine Vortheile. Der
bekannte rationelle Weinbergsbesitzer Englerth in
bei Würzburg, dessen Rebenkulturen
vorzüglich sind, hat die Rebenkultur an Draht bereits
zilfern.
der aber
Randesacker
mit Vortheil im Grossen ausgeführt und wird allmäh-
lig seine sämmtlichen Weinberge in dieser Weise
umändern.
Das Münster von Strasburg erschaut man schon
lange vorher, ehe man in die nächste Nähe der alten
reien Reichsstadt kommt. Noch steht es in seiner
Pracht da, denn die Beschädigungen während der
Belagerung sind unbedeutend. Strasburg hat ganz
das Ansehen einer alten deutschen Stadt, etwa wie
Augsburg oder Regensburg. So bedeutende Handels-
gärtnereien es auch, wie Elsass überhaupt, besitzt,
sind doch an Pflanzen und Blumen
seine und öffentlichen Plätze. Nur einen
einzigen Blumenladen haben wir in der Stadt, und
zwar aul dem alten Fischmarkte, gefunden. Er ge-
hörte dem in Deutschland vortheilhaft als Obst- und
Baumzüchter bekannten Martin Müller. Nicht weit
von einem Thore befindet sich seine Gärtnerei bereits
besten Zustande. Während der Be-
lagerung stand das ganze Terrain unter Wasser und
so schmucklos
Strassen
wiederum im
man befürchtete, dass ein grosser Theil der Gehölze
zu Grunde gehen würde. Das ist nun nicht der Fall
gewesen. denn der ziemlich umlangreiche Garten hat
nur wenig Gehölze verloren und besitzt wiederum
sein freundliches Ansehen, wie vor der Belagerung.
Wir haben schon früher einmal der Martin
Müller’schen Gärtnerei in der Wochenschrift gedacht
und können aul das, was damals gesagt ist,
berufen. Wir wollen nur jetzt noch erwähnen, dass
der Garten besonders reich an schönen und inter-
essanten Koniferen ist. Wir sahen unter Anderem
ein Exemplar der Thuja strieta, was eine wenig in
die Länge gezogene Kugel bildete und 12 Fuss im
Durchmesser besass. Wir kennen nur eine Pflanze,
welche grösser ist, und vielleicht das grösste Exem-
plar, was überhaupt kultivirt wird, darstellt. Es be-
findet sich im Garten des Hofbuchdruckers Haenel
in Magdeburg.
Mitten in der Stadt liegt
Garten, dem als Gärtner ein Vetter von Martin
Müller vorsteht. So klein er auch ist, so zeichnet
er sich doch durch grosse Bäume aus, welche ur-
sprünglich fremden Ländern angehören. Auch hier-
über ist schon einmal in der Wochenschrift berichtet
worden. Die Belagerung hat keineswegs, wie man
früher in den Zeitungen mittheilte, traurige Folgen
für den Garten gehabt. Kein Baum hat durch das
Bombardement gelitten, denn alle standen Ende
August so kräftig da, als wäre unterdess gar nichts
geschehen. Die schöne Gingko biloba war auch
dieses Mal wiederum dicht mit den einer Mirabelle
nicht unähnlichen Samen bedeckt. Es ist dieses, so
viel wir wissen, das einzige Exemplar in Europa,
UNS
auch der botanische
re
was, weil ein weibliches Reis, welches unterdess
zum starken Ast geworden war, vor mehrern Jahren
auf einen männlichen Baum gepfropft wurde, reife
Samen hervorbringt (s. 10. Jahrg. S. 367).
Um desto mehr Schaden hatte die Belagerung
den Stauden des botanischen Gartens gebracht. Da
es an freien, wenigstens etwas abgeschlossenen
Plätzen in der Stadt fehlte, wo man seine Todten
hätte begraben können, so wurde der botanische
Garten während der Belagerung schon sehr zeitig
zum Begräbnissplatze gemacht. 1653 Todte wurden
allmählig hier begraben. Nur wenige von ihnen sind
seitdem von den Verwandten reklamirt und auf Kirch-
höfe gebracht worden. Man theilte uns mit, dass
man noch für die Herausnahme der übrigen Todten
durch die Angehörigen eine Zeit lang warten, dann
aber dafür sorgen würde, dass die hier begrabenen
Todten an passenden anderen Stellen in die Erde
gebracht werden. Damit wäre dann der botanische
Garten seinem ursprünglichen Berufe zurückgegeben.
Strasburg besitzt in seiner nächsten Nähe eine
der schönsten Anlagen, welche es überhaupt gibt.
Sie liegt bei Ruprechtsau, einem Vergnügungsorte
der Strasburger, und führt in der Regel den Namen
der Orangerie. Während sie früher in altfranzösischem
Style, und zwar durch den berühmten Gartenkünstler
Lenötre selbst, kurz nach der Besitznahme der Stadt
durch Ludwig XIV. hergestellt, sich befand, hat man
sie neuerdings mehr und mehr zu einer natürlichen
Anlage umgewandelt. In der Mitte der Anlage be-
finden sich die Gebäude zur Aufnahme der schönen
Orangenbäume und sonstigen Kalthauspflanzen wäh-
rend der Winterzeit und mehre breite Wege führen
von allen Seiten dahin. Man kommt ringsum aus
tiefem Schatten an die grosse offene Mitte, wo der
blaue Himmel nicht verdeckt wird und dem Lichte
der Sonne gestattet ist, die mannigfachen, mit ein-
ander abwechselnden Farben der Blumen deutlich
hervortreten zu lassen. Der offene Platz ist rings
um die Gebäude in breite Felder getheilt, welche
zwar mit Rasen besetzt sind, aber an einzelnen Stel-
len, besonders an den Ecken, Pflanzen--und Blumen-
sruppen, sowie einzelne Blüthensträucher und Blatt-
pflanzen zeigen. Das Ganze sowohl als die einzelnen
Gruppen waren geschmackvoll arrangirt. Da mehre
bei uns nicht weiter beachtete Pflanzen hier eine
vortheilhafte Anwendung gefunden hatten, 50 sei es
uns erlaubt, wenigstens einige derselben näher zu
bezeichnen.
Während Buddleja Lindleyana auch im Winter
bei uns im Freien kultivirt wird, hatte man sie hier,
zum 7 bis 8 Fuss hohen Strauche herangezogen, im
Kalthause und brachte sie nur während der guten
Jahreszeit mit dem Topfe in freien Grund und Boden.
Hier nahm sie sich sehr gut aus, da zahlreiche Aeste
an ihren Zweigen fusslange Aehren lilafarbiger Blüthen
trugen. Zur Erhöhung ihres Reizes trug ein Kranz
der Tritoma Uvaria in Blüthe nicht wenig bei. Diese
Affodilllilie (Asphodelacea), welche auch in England
| gehörig gewürdigt wird, sahen wir in Gärten des
Elsasses ausserdem noch viel verwendet. Bei uns in
Norddeutschland erkannte man vor 20 und 30 Jahren
ihre Schönheit, kultivirte sie aber nur in Töpfen. Ihr
eigentlicher Werth liegt jedoch keineswegs in der
Topfkultur, sondern in der Massen-Erziehung für das
freie Land. Die anfangs rothen, alsdann gelb sich
färbenden Blüthen bilden eine lange aufrechte Aehre
von Fuss Länge und mehr und fast den ganzen
Sommer hindurch vorhanden, da in dem Maasse, als
sie unten verblühen, oben weiter sich entfalten. Um
einen Kranz dieser Tritoma Blüthe hatte man
wiederum das reizende Panicum plieatum gepflanzt,
so dass die lebendigen Farben der Tritoma-Blüthen
um so mehr aus dem Grün des
breitblättrigen Grases hervortraten.
An andern Stellen war ein Fennichgras, Penni-
setum longistylum, benutzt. um kleinere Gruppen von
Blüthensträuchern in der Mitte und buntfarbige Kräu-
in
eben genannten
ter darum, einzuschliessen. Auch dieses Gras mit
seinem grossen, einem Sprengwedel nicht unähn-
lich aussehenden Blüthenstengel hat man im Xor-
den Deutschlands noch nicht in seinem Werthe er-
kannt.
Von anderen Blüthensträuchern war besonders
noch Habrothamnus elegans und Datura arborea,
meist in grossen, 6 bis 8 Fuss hohen Exemplaren,
angebracht. Der erstere ist mit seinen schönen,
rothen Röhrenblumen, welche einen ziemlich grossen,
aber schlaffen Blüthenstand an etwas überhängenden
Zweigen bilden, eine nicht ausser Acht zu lassende
Zierde auf dergleichen Schmuckbeeten. Da die mit
Habrothamnus-Pflanzen versehenen Gruppen mit
anderen wechselten, wo wiederum verzweigte Da-
tura-Sträucher mit fast fusslangen und weissen Blü-
then in der Mitte standen, so wurde damit eine an-
senehme Mannigfaltigkeit geboten. Ein besonders
buschiger Datura-Strauch mit zahlreichen Blüthen
versehen, befand sich ausserden: auf einem mit
Epheu umrankten Felsen-Postamente und war an
seinem untersten Theile von rothen 'Petunien um-
geben.
Wir erwähnen noch der hohen Fuchsien-Pyra-
miden, wo die Zweige am Stamme bis dicht über
der Erde sich befanden, diese selbst zum Theil be-
43* .
340
deckten. Reizend nahm sich auch eine Gruppe, nur
aus dem buntblättrigen Klarinetten-Rohre (Arundo
Donax fol. var.) bestehend, aus. Rothtannen waren
endlich an einzelnen Exemplaren von einer Schön-
heit vorhanden, dass sie darin der regelrecht ge-
wachsenen Araucaria excelsa nicht nachstanden.
Ausflüge, und kleineren
Städten an und in den Thälern der Vogesen mach-
ten, überzeugten uns,
die wir nach Dörfern
dass Blumenzucht keineswegs
den Lieblingsbeschäftigungen des Mittel- und
Bauernstandes im Elsass gehört. Auch die Gärten
der reicheren Fabrikbesitzer im mittleren und unteren
Elsass zeigten, wenigstens in soweit uns Gelegenheit
geboten wurde, sie kennen zu lernen, nicht die Sorg-
falt und Eleganz, wie wir sie hier
und auch im oberen Elsass fanden; Blumenschmuck
war hier im Allgemeinen gering, dagegen sahen wir
manche schöne Bäume und viele grüne Rasenflächen
und einfache Wiesen.
Anders wird es, wie angedeutet, im Süden des
Elsasses, wo auch nur der gute Wein wächst. Das
Gebirge der Vogesen wird hier mächtiger und tritt
zu
erwartet hatten
als ein grosses zusammenhängendes Ganze, dessen
vordere Höhen hier und da mit alten Schlössern
und Burgen besetzt sind, vor die Augen. Uns er-
schienen die Vogesen hier grossartiger, als der
Schwarzwald auf der diesseitigen Grenze der mittleren
Tiefebene des Rheines. Die Gegend von Schlett-
-stadt und noch mehr von Kolmar bis Mülhausen
bietet selbst dem, welcher nur auf der Eisenbahn
das Gebirge schauen kann, grossen Genuss, unendlich
srösser ist dieser aber dem, dem es die Zeit ver-
gönnt, längere Zeit daselbst zu verweilen und von
der grossen Strasse nach Westen zu kleinere oder
grössere Ausflüge zu machen.
Mit Kolmar beginnt das eigentliche industrielle
Elsass und erstreckt sich bis Mülhausen aufwärts.
Die Fabrikdörfer ziehen sich meist längs des Ge-
birges hin und haben in den letzten 20 Jahren eine
solche Ausdehnung erhalten, dass man oft nicht
weiss, wo das eme Dorf anfängt und das andere
aufhört. In der Mitte dieses Fabrikbezirkes liegt der
grösste Ort: Gebwiller oder Gebweiler, fast am Fusse
der anfangs genannten Sultzer Kuppe. Mülhausen
selbst, im Süden, nennt man nicht mit Unrecht die
Arbeiterstadt.
Auch im oberen Elsass scheint das Volk im
Allgemeinen als solches keine besondere Vorliebe
für Blumenzucht
zu haben, dagegen wird der Obstbau sehr gepflegt.
Kolmar und Mülhausen liegt das gleich
für schöne Gärten oder auch nur
Zwischen
wo aus hauptsächlich die Obstzucht durch das ganze
Land verbreitet wurde. Hier wohnte seit einem
Jahrhundeıte die Gärtner-Familie der Baumann'’s,
Jetzt in 2 Zweige getheilt, und übte auf den Obst-
bau des Landes vor Allem einen heilsamen Einfluss
aus. Da wir uns vorgenommen haben, über diese
interessante Gärtner-Familie speciell zu berichten, so
übergehen wir jetzt die Mittheilungen, welche wir
über sie erhalten haben, und behalten uns diese für
die nächste Zeit vor,
In wo wir uns auf einige
Tage niederliessen, um einestheils die grossartigen
Baumschulen daselbst, anderntheils die reizenden
Umgebungen mit den schönen Gärten kennen zu
Die hier wohnenden Fahrikbesitzer ver-
stehen es mehr als anderswo, sich das Leben mög-
lichst angenehm zu machen. sich meist
grosse, geschmackvolle und ihrer inneren Ein-
richtung bequeme Wohnungen, die den Namen der
Schlösser oft mehr verdienen, als die Chateaux im
Westen Frankreichs, erbaut und tüchtige Männer be-
rufen, um auch die nächsten Umgebungen mit Pflanzen-
und Blumenschmuck zu versehen. Diese Gärten sind
zum allergrössten Theile im neufranzösischen Style
angelegt, wie sie früher auch schon mehrmals in
der Wochenschrift beschrieben wurden, und werden
auf das Sauberste unterhalten. Grosse Rasenflächen,
herrliche Bäume, einzeln oder hainartig gepflanzt,
wenige, viel Schatten gebende Gehölzparthieen, da-
gegen zahlreiche Bepflanzungen von buntblättrigen
und Blüthenpflanzen in Form von Arabesken, Tep-
pichbeeten u. s. w., bisweilen auch ächte Pleasure-
grounds finden sich in freundlichen Abwechslungen
vor. Neben dem Aesthetischen und Schönen wird
aber auch dem Nützlichen volle Aufmerksamkeit zu-
gewendet, so dass Jedermann findet, was sein Herz
nur begehren kann. Der Obstbau steht hier auf
einer Höhe, wie wir ihn kaum in den günstigeren
Gauen Frankreichs gefunden haben.
Dem jetzigen Besitzer der alten Baumann’schen
Handelsgärtnerei, August Napoleon Baumann,
verdanken wir es, dass uns Gelegenheit und Erlaub-
niss gegeben wurde, die schöneren Gärten, beson-
ders in Gebwiller, kennen zu lernen. Vor Allem
fühlen wir uns seinem jüngeren Sohne verpflichtet,
da dieser uns auf allen Wanderungen freundlichst
begleitete. Nur auf diese Weise wurde es uns auch
möglich, Alles, und zwar immer nur das Ausgesuch-
tere, rasch und bequem zu schauen. Es würde zu
weit führen, wollten wir Beschreibungen der einzel-
nen Gärten geben, wir überlassen es einer sachver-
Bollwiller war es,
lernen.
Sie haben
in
im Anfange dieser Skizze erwähnte Bollwiller, von | ständigeren und auch gewandteren Feder; über Obst-
BEN:
und Weinbau wollen wir jedoch hier noch einige
Mittheilungen machen.
Der Obstbau wird mit ganz besonderer Vorliebe
getrieben und ist bereits auf eine sehr hohe Stufe
gebracht. Eine Eigenthümlichkeit ist, dass die Aepfel
nicht mehr im oberen Elsass gedeihen wollen, wäh-
rend sie in den früheren Zeiten bekanntlich in vor-
derster Reihe kultivirt wurden. Man gibt es haupt-
sächlieh dem Rauche der zahlreichen Fabriken schuld,
welche erst der neuesten Zeit angehören und damit
auch ihren schädlichen Einfluss ausüben konnten.
Andererseits ist es notorisch, dass die Engerlinge
mit besonderer Vorliebe die jungen Wurzeln der
Aepfelbäume im Elsass abfressen. Mehr als einmal
habe ich mich überzeugt, dass in einem Obstgarten
Birn-, Pfirsich- und Zwetschenbäume sowohl a)s
Hoch-, so wie als Formenbäume ein gesundes An-
sehen besassen, während die Aepfelbäume, vor
Allem in der Form des Zwergobstes, in Folge der
Beschädigung von Engerlingen mehr oder weniger
kränkelten und allmählig zu Grunde gingen. Dieses
Aussuchen der Apfelbaumwurzeln von Seiten der
Larven des Maikäfers fiel uns im Elsass um so mehr
auf, als in anderen Gegenden von diesen Feinden
des Obstbaues vorherrschend gerade weniger die
Wurzeln der Aepfel-, als vielmehr der Pfirsich- und
Birnbäume benagt wurden.
Die Birngehölze fanden sich in den Gärten des
oberen Elsasses hauptsächlich in diagonalen, hier
und da auch in Flügel- und in gewöhnlichen Pyra-
miden, ausserdem in verschiedenen Spalier- Formen
und in Schnurbäumchen (Kordons) vor und waren
fast durchaus auf eine Weise mit Früchten behangen,
wie es uns bis jetzt noch nicht vorgekommen war.
Es war dieses besonders bei den diagonalen Pyra-
miden, einer Form, welche wir nicht genug empfeh-
len können, der Fall. Sie sind in Deutschland ausser-
dem gar nicht, in Frankreich nur sehr wenig in An-
wendung gekommen und bestehen eigentlich aus 5
einander völlig gleichen Spindeln, von denen die eine
den Hauptstamm fortsetzt, während die 4 anderen
ins Kreuz stehen, anfangs fast wagerecht in einen
Bogen nach aussen gewendet sind und dann nach
oben, ein wenig und allmählig nach innen geneigt,
sehen, um sich schliesslich am oberen Ende zu ver-
einigen.
Am schönsten und am reichlichsten besetzt
fanden wir diese diagonalen Pyramiden in dem Gar-
ten des Fabrikbesitzers Frey in Gebwiller. Hun-
derte der grössten, schönsten und auch wohlschmek-
kendsten Früchte fanden sich an dergleichen Pyra-
ıniden vor, so dass man sie als übertragen ansehen
konnte. Es war uns in der That unbegreiflich, wie
der kleine, kaum 10 Fuss hohe und 4 bis 5 Fuss
unten im Durchmesser enthaltende Baum diese Menge
von Früchten ernähren konnte, ohne sich zu er-
schöpfen. Man hätte wenigstens meinen müssen,
dass für das nächste Jahr eine sehr geringe oder
eigentlich gar keine Erndte zu erwarten wäre. Und
doch ergab eine genauere Untersuchung der Bäume
wiederum zahlreiche Tragknospen für das nächste
Jahr. Dass die Kultur des Bodens unter diesen Ver-
hältnissen eine vorzügliche ist, kann man sich den-
ken. Nirgends sah man auch nur die Spur eines
Unkrautes. Der Boden wurde nicht allein oft ge-
lockert, auch mit nährenden Bestandtheilen versehen.
Der Weinbau wird an den Abhängen der Vor-
berge zwischen Kolmar und Mülhausen am stärksten
betrieben; allenthalben sieht man daselbst gut ge-
haltene Weinberge.
„In Gebwiller auf dem Kitterle,
In Thann auf dem Rangen,
In Türkheim auf dem Brandt
Wächst der beste Wein im Land“
singt das Volk des oberen Elsasses. Wir haben
Wein getrunken, der wohl zu den vorzüglicheren
Sorten gerechnet werden kann und bei noch besse-
rer Kellerei gewiss noch zu grossen Hofinungen be-
rechtigt. Elsass wurde als französische Provinz frü-
her in Betreff des Weinbaues, so wie in manchen
anderen Dingen, sehr stiefmütterlich behandelt. Das
benachbarte Burgund, so wie die Champagne, liessen
den Weinbau nicht allein im Elsass nicht aufkom-
men, sondern benutzten das Elsässer Produkt sogar
in ihrem Interesse, hauptsächlich um moussirende
Weine daraus zu bereiten. Daher kultivirte man im
Elsass weniger auf Qualität als auf Quantität.
Man darf sich deshalb auch nicht wundern, dass
der Wein im Elsass um so mehr einen sehr geringen
Preis besass, als er des hohen Zolles halber früher
in dem östlichen Nachbarlande nicht eingeführt werden
konnte. Die schlechteren Sorten wurden, wie es
wohl in allen Weinländern der Fall ist, im Lande
selbst getrunken, die Dienstboten erhielten ihn oder
man tauschte ihn gegen den sogenannten kleinen
Wein (petit vin) aus den westlich angrenzenden Pro-
vinzen ein. Dieser kleine Wein wird durch noch-
maliges Abziehen der Rückstände nach der Gährung
mit Benutzung von Wasser und Stärkezucker gewon-
nen und bietet in ganz Frankreich das gewöhnliche,
weil sehr wohlfeile Getränk der Armen dar.
Durch die veränderte politische Lage des Elsasses
haben sich hinsichtlich des Weinbaues die Umstände
wesentlich zum Vortheil geändert, die Zolllinie im
u
und die Weinhändler
die besseren Weine
Osten ist gefallen
kaufen
am Rhein
des Elsasses um so
eifriger auf, als am Rhein in diesem Jahre eine völlige '
Misserndte vorhanden ist. Gegen das vorige Jahr
wird der gute Wein im Elsass nach den Mittheilun-
gen eines Mainzer Weingrosshändlers bereits um das
Vierfache Zum Theil erhalten deshalb
jetzt die Dienstboten im Elsass von ihren Herrschaf-
ten keinen Wein mehr.
Unter den schönen, dem Luxus und dem Nutzen
zu gleicher Zeit gewidmeten Gärten, in die uns unser
freundlicher Führer, der junge Baumann, geleitete,
war auch der von Ollwiller, dicht am Fusse der Vo-
gesen reizend gelegen. Hier fanden sich noch 2
italienische Pappeln vor, welche als die ersten, im
Elsass gepflanzten, bereits ein Alter von 120 Jahren
besassen.
aufgekauft.
Beide erfreuten sich eines gesunden An-
sehens und mochten eine Höhe von 120 Fuss haben.
Der Durchmesser des im Umfange ungleichen Stam-
mes betrug 6 Fuss. In demselben Garten von Oll-
willer fand sich auch ein prächtiges Exemplar der
ächten Trauerweide am Rande eines Teiches vor.
Der kurze Hauptstamm hatte 3 Fuss im Durchmesser
und theilte sich bald in 6 starke Hauptäste.
Nachträgliche Bemerkungen
zum Schutz der Obstbäume ete. vor schädlichen
Insekten.
Von Ö©. Becker,
erstem Lehrer der Bürger -Mädchenschule in Jüterbog.
Alle Schmetterlinge sind im Raupenzustande
schädlich, ausgenommen Bombyx mori (Seidenwurm
als Raupe) und auch dieser in seinem Vaterlande.
Die ersten Raupen in den Gärten vertilgt man
Mitte März dadurch, dass man die grossen Raupen-
nester abschneidet. Diese entstehen durch die Raupen
des Goldschwanzes (Bombyx chrysorrhoea, Flügel
schneeweiss, die Spitze des Hinterleibes rostroth;
die Raupen grauschwarz, roth geadert). Sie zer-
fressen im Mai und Juni die Knospen und. Blätter
der Obstbäume, der verschiedensten Laubhölzer und
Rosen. Die jungen Raupen bereiten sich im August
eine Wohnung für den Winter an den zusammen-
gesponnenenZweigspitzen, die sie inwendig mit Seiden-
fäden ausfüttern und von aussen mit zahlreichen
Seidenfäden umwickeln, woran sie leicht zu erkennen
Das Abschneiden der Nester kann von Mitte
November bis Mitte März erfolgen. Gewöhnlich macht
die Polizeibehörde den Termin bekannt, bis zu wel-
chem dies geschehen muss. Am besten betheiligen
sind.
sich dabei 2 Personen, der mit dem Gebrauch der
Raupenscheere Vertraute und ein Kind, welches die
herabgefallenen, zu vernichtenden Nester sorgfältig
sammelt. (Vgl. Entomologie für Gärtner und Garten-
freunde von Dr. E. L. Taschenberg S. 223.)
Die gefrässigen Ringelraupen (von Bombyx
neustria, Ringelspinner), welche aus den schwer zu
findenden, an den dünnen Zweigen der Obstbäume
ringsum fest angeleimten Eiern (oft mehrere Hundert)
kriechen, sammeln sich Anfangs Mai an den Spitzen
der Zweige, später in Nestern in den Astgabeln in
einem leicht zu erkennenden Gespinnst (vgl. Oken,
Allgem. Naturgeschichte, 5. Bd., 3. Abth., S. 1150)
und können mit einem feuchten Lappen zerdrückt
werden.
Beide Raupen-Arten wandern. Deshalb bindet
man Mitte Mai starke, geleimte Papierringe um die
Bäume und bestreicht sie mit Brumata-Leim. Die
Raupen überkriechen den Leim nicht, sondern sam-
meln sich unterhalb der Ringe, wo sie leicht ver-
nichtet werden können.
In warmen, dunkeln, regen- und windfreien
Abenden des Juli und August fängt man viele den
Gartengewächsen schädliche Nachtschmetterlinge
und Motten im Garten, indem man einen Glas-
kasten, oder noch besser ein Einmacheglas von
etwa 1 Fuss Durchmesser und entsprechender Höhe
innerlich und äusserlich mit Brumata-Leim über-
streicht, und in die Mitte eine brennende Petroleum-
Küchenlampe stellt. Morgens wird das Glas herein-
geholt und in den Keller gestellt, danit die Tages-
hitze nicht austrocknend -auf den Leim wirkt. Ich
habe durch diese Vorrichtung in meinem Garten
eine Menge schädlicher Schmetterlinge (den Gold-
schwanz, die Gespinnstmotte, die Heckenschabe, die
Apfelbaum - Gespinnstmotte (Tinea malinella), sogar
einzelne Exemplare des Kiefernspinners (Bombyx
pini), die aus der nahen Waldung jedenfalls herbei-
geflogen waren, und die Nonne (Liparis monacha)
gefangen, und der Versammlung des Berliner Garten-
vereins im September 1871 zur Ansicht vorgezeigt.
Dies Verfahren gründet sich auf die Beobach-
tung, dass alle Nachtschmetterlinge, Motten etc. dem
Lichte zuflattern.
Besitzt man ein Gewächshaus oder Gartenhaus,
bestreicht daran einzelne Glasscheiben äusserlich
und innerlich mit Brumata-Leim und stellt eine Lampe
von Innen an die Scheiben, so wird man an warmen
Sommerabenden ebenfalls viele schädliche Nacht-
falter fangen. Das Glas lässt sich später durch
einen mit Baumöl getränkten Lappen reinigen.
Dass auf diese Weise auch Pelzmotten (Tinea
| Be
pellionella) und Kornmotten (Tinea granella) gefan-
gen werden können, leuchtet ein. Doch habe ich
mit deren Fangen noch keine Versuche gemacht,
weil es mir hier an Gelegenheit dazu fehlt.
Mit dem Brumata-Leim haben Justiz - Rath
Frantz in Fürth bei Nürnberg und der Obergärtner
des Prinzen Albrecht von Preussen Hoffmann in
Berlin die Ameisen von den ÖOrangerie-Bäumen ab-
gehalten.
Die Anweisung über die Vernichtung des Frost-
schmetterlings (Geometra brumata), des unbedingt
gefährlichsten Feindes unserer Obstbäume, und des
Blüthenbohrers (Anthonomus pomorum) habe ich
schon früher anderweit gegeben, doch gelingt der
Fang das erste Mal oft nicht vollständig. Erfahrung
bleibt auch hier die beste Lehrmeisterin. Die
Schmetterlinge kommen in verschiedenen Gegenden
auch zu verschiedenen Zeiten, in Schweden schon
Anfangs Oktober, in Norddeutschland Ende Oktober,
in der Nähe Berlins Anfangs November, in der Um-
gegend Wiens Mitte November, nach kühlem Som-
mer später, nach heissem früher, auf Gebirgen spä-
ter, in Ebenen zeitiger. Die Hauptmenge erschien
hier, 8 Meilen südlieh von Berlin, im Jahre 1856
den 6. November — im Jahre 1871 am 8. Novem-
ber; das Thermometer zeigte an diesem Tage ca.
— 8° R., nachdem schon einige Tage vorher Eis
gefroren war. An den Abenden solcher lauen No-
vembertage sieht man die Männchen lustig umher-
flattern und am anderen Morgen die Brumatabänder
mit daran klebenden Männchen und Weibchen be-
deckt.
Der Blüthenbohrer, welcher die Blüthen zu
Millionen verdirbt, indem er die Staubgelässe und
Fruchtknoten ausfrisst, soll nach Dr. Ratzeburgs
Forstinsekten im Frühjahr, wann der Safttrieb rege
wird, erscheinen; trotz jahrelanger, sorgfältiger Ver-
suche fing ich dennoch keinen Käfer, bis ich end-
lich zufällig Mitte November, nachdem ich die Ringe
noch einmal frisch überstrichen hatte, auf denselben
lebende, gefangene Käfer erblickte; dasselbe war im
Dezember, auch im Februar an nicht zu kälten Ta-
sen der Fall; die Käfer kriechen dann am Baum in
die Höhe und werden gefangen, an warmen Früh-
lingstagen fliegen sie an den Bäumen umher; ihr
Fang ist dann ganz unmöglich. Uebrigens über-
schreiten einige Käfer mit ihren kräftigen Schenkeln
den Leim, der eigens nur für den Frostschmetter-
ling präparirt ist; doch werden sie die Klebemasse
von den Füssen nicht wieder los, und können un-
möglich an die Baumknospen gelangen, um dort ihre
verderblichen Eier zu legen.
Will man sein Obst von Maden rein erhalten,
so bindet man Mitte Juli die Papierringe fest um den
Baum und überstreicht sie mit Brumata-Leim. Diese
Maden sind die Raupen der OÖbstschabe, des
Apfelwiceklers (Tortrix pomonana) und des Pflau-
menwicklers (Tortrix funebrana). — Der düstere
Falter des Apfelwicklers (Vorderflügel bläulich - grau
mit vielen feinen Querstrichen, am Aussenrande ein
grosser sammetschwarzer, inwendig etwas rothgoldig
schimmernder Fleck) ist schwer zu fangen, weil er
am Tage still sitzt, nur Nachts, meist im Juni, fliegt
und dann Seine (etwa 150) Eier. legt. Die kleinen
Raupen (Maden) bohren sich im Juli in die halb-
wüchsigen Früchte, verursachen das KFallobst und
verderben oft !/;, der Obsternte. Anfangs August
bis Mitte September lassen sich die Raupen an einem
Faden aus dem Obst herab (darum wird man weni-
ser Maden im herabgefallenen, wohl aber im abge-
pflückten oder abgeschüttelten Obst finden), kriechen
dann an den Obstbaum und an demselben hinauf,
um hinter Rindenschuppen oder in Rindenrissen in
einem weisslichen Gewebe, das mit Rindenspänchen
und anderem Abnagsel umkleidet ist, zu überwintern.
Gelangen nun die Raupen an den Brumata-Ring, so
können sie denselben nicht überkriechen, sondern
bleiben an ihm kleben; die meisten ziehen es nach
meiner Beobachtung vor, sich unter dem Ringe, wo
sie vor Feinden und Frost geschützt sind, zu ver-
bergen und einzuspinnen. Man löst nun den Ring
nach einem senkrechten Schnitt Anfangs Oktober,
oder, will man ihn noch Anfangs November zum
Fange der Frostschmetterlinge und Blüthenbohrer
benutzen, in der Zeit vom Dezember bis März ab,
und vernichtet die gewöhnlich unter einem Papier-
flecke sitzenden Maden. Schon jetzt, Mitte Septem-
ber, können sich die Herren, welche meinen Bru-
mata-Leim (1 Pfd. für etwa 30 Bäume hinreichend)
im vorigen Jahre angewendet haben, wenn die Ringe
bis jetzt sitzen geblieben sind, von der Richtigkeit
meiner Angabe an Bäumen, welche viel madiges
Obst hatten, überzeugen. ÖObstmaden, auf diese Art
gefangen, habe ich dem Garten-Director Dr. Lu-
cas in Reutlingen und dem Eug. Fürst, Redacteur
der Frauendorfer Blätter, zur Ansicht vorgelegt. Un-
ter den Ringen sammeln sich zugleich viele schäd-
liche Insekten, namentlich Ohrwürmer, die den Ge-
wächsen, besonders dem Blumenkohl, schaden; diese
vernichtet man mit einer scharfen Bürste oder einem
feuchten Lappen.
Dicht belaubte Bäume fangen den Regen auf
und lassen wenig Feuchtigkeit an die Wurzeln ge-
| langen; die Bäume vertrocknen und verkümmern oft.
344
Darum ist es rathsam, an trockenen Mai- und Juni-
tagen etwa 2 Fuss breite Löcher 2 Fuss vom Stamm
entfernt machen und in dieselben mehre Eimer
Wasser oder Jauche giessen zu lassen; letztere wird
schon von ihren scharfen Theilen durch den Erd-
boden absorbirt. Der Baum erhält durch dies Ver-
fahren mehr Kralt, die Früchte festzuhalten und freu-
diger zu wachsen.
Wer den Acker pflegt, den pflegt der Acker,
und wer den Obstbaum pflegt, dem ist er dankbar.
Du sollst die Bäume nicht verderben (und nicht
verderben lassen), denn du kannst davon
5. Mosis 20, 19. 20.
essen.
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
XIV.
Wir haben bereits mehrmals der kleinen Frucht-
Etiketten in Form und Grösse der Postmarken ge-
dacht, welche Professor Pynaert in Gent sich aus-
sesonnen hat und die die Kenntniss des Obstes un-
gemein erleichtern. Man sollte eigentlich keine Frucht
geniessen, deren Namen man nicht weiss. Erst
wenn eine grössere Sorten-Kenntniss im Publikum
vorhanden ist, wird man auch die besseren Früchte
mehr schätzen lernen. Nur in dem Falle, wo man
den richtigen Namen weiss, wird man sich auch die
Sorte verschaffen können. In der Regel schicken
aber die Hausfrauen, wenn sie bei einem Gastmahl,
was gegeben werden soll, gutes Obst haben wollen,
ihre Dienstboten auf den Markt oder gehen wohl
selbst dahin und kaufen, ohne Namen zu wissen,
Früchte, und zwar in der Regel solche, welche gut
aussehen. Ob diese aber auch gut schmecken, ist
eine andere Frage, die vor dem Kosten nicht beant-
wortet werden kann.
Viele Familien in Belgien, besonders solche,
welche selbst gutes Obst ziehen, kleben jetzt auf
alle ihre guten Früchte diese kleinen Etiketten mit
dem richtigen Namen und setzen das Obst so be-
nannt ihren Gästen vor. In der kurzen Zeit, wo
der Gebrauch dieser Etiketten eingeführt ist, hat die
Kenntniss der Sorten bei solchen Liebhabern un-
gemein zugenommen. Aber auch die Besitzer grösse-
rer Gasthäuser, wie die des Hötel royal und de
Vienne in Gent, haben diese Obst-Etiketten bei sich
eingeführt. Fremde, welche daselbst speisen, er-
halten die Birnen auf der Tafel nur etikettirt. Es
unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Mancher von
ihnen eine bestimmte Sorte, welche besonders gut
schmeckt, dann verlangt und dass diese damit auch
mehr verbreitet wird.
Ein Gärtner zu Genouilly im Departement Saone
und Loire, mit Namen Joseph Durousset erzählt in der
Revue hortieole den interessanten Fall, wo die Flachs-
seide unserer Wiesen (Cuscuta Epithymum) Beeren
an einem Weinstocke so überzogen hatte, dass bis
11, Fuss lange Fäden herabhingen. Da der Besitzer
dieser mit dem Schmarotzer behafteten Weinrebe,
um dem Boden mehr Nahrung zuzuführen, Erde von
einem Kirchhofe geholt hatte, so behaupteten alsbald
einige religiöse Fanatiker, dass diese Erscheinung
der Haare (— für diese hielt man die Fäden der
Flachsseide —) eine Strafe des Himmels sei. In
dem civilisatorischen Frankreich war es sogar mög-
lich, dass ein Schwindler eine mit der Flachsseide
belaftete Traube dem Besitzer abkaufte und als ein
grosses Wunder für Geld zeigte.
Eben erhalten wir die Nachricht, dass Franz
Baumann, Inspektor des botanischen Gartens zu
Jena, in seinem 80. Lebensjahre am 22. d. M. ge-
storben ist. Vor drei Jahren feierten wir noch sein
Dienst-Jubiläum, bei welcher Gelegenheit der Verein
zur Beförderung des Gartenbaues ihn zu seinem
Ehren-Mitglied ernannte (s. 12. Jahrg. 289 und 294).
Baumann ist auch noch einer der Wenigen, welche
mit Goethe in dessen letzten Jahren in Beziehung
stand. Manche Sommer wohnte Goethe in dem reizend
gelegenen Gärtnerhause zu Jena und liess sich von
dem damals jungen und strebsamen Gärtner die
neueren und interessanteren Pflanzen zeigen.
Für Obstbaum-Besitzer.
Auf den von dem Lehrer C. Becker in Jüter-
bog präparirten und von ihm zu beziehenden
Brumata-Leim,
durch welchen Anfangs November der entschie-
den gefährlichste Feind der Obstbäume, der Frost-
spanner (Geometra brumata), auch der Blüthen-
bohrer (Anthonomus pomorum), später die Obst-
made (Tortrix pomonana) vertilgt werden, machen
wir die betreffenden Obstbaum - Besitzer jetzt aul-
merksam. Die Red.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
„.
«
No. 4. Ka
Berlin, den 2. November.
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Beobachtungen über das Erfrieren vieler Gewächse ete. — Mittheilungen über,Gemüsekultur in Japan.
Beobachtungen
über das Erfrieren vieler Gewächse, und nament-
lich unserer Obstbäume,
Unter diesem Namen hat Superintendent Öber-
dieck in Jeinsen, der Nestor unserer Pomologen,
eine grosse Reihe höchst dankenswerther Beobach-
tungen über eine wichtige Erscheinung im Pflanzen- |
leben, über das Erfrieren namentlich unserer Obst-
bäume, gebracht, wofür wir ihm, zunächst vom prak-
tischen Standpunkte aus, nur danken können. Ein
Mann bereits sehr hoch in den siebenziger Jahren, |
und, obwohl er sich dem geistlichen Stande gewidmet
hatte, doch mit einer grossen Liebe zur Natur und mit
| terlande des Autors entzogen worden.
' erhielt zwar Erlaubniss,
einer seltenen Beobachtungsgabe versehen, hat hier
die Erfahrungen von über 5 Jahrzehenten nieder-
gelegt. Oberdieck war überdiess mehr als Dilettant
in der Gärtnerei. Was er besonders speciell in der
Pompologie geleistet, ist hinlänglich bekannt, um noch
besonders darauf hinweisen zu müssen.
OÖberdieck wurde schon in der ersten Zeit
seines langen Lebens, und zwar durch den starken
Winter von 1822 auf 1823, veranlasst, der Einwirkung
der Kälte auf die Pflanzen besondere Aufmerksam-
keit zuzuwenden.
der Wissenschaften zu Harlem gab ihn noch insofern
Gelegenheit, seine Ansichten darüber in einer beson- |
deren Abhandlung auszusprechen, als sie über die-
sen Winter und seinen Einfluss auf die Pflanzen
eine Preisschrift zur Konkurrenz ausgeschrieben
hatte. Die von Oberdieck eingesendete Abhand-
lung erhielt mit dem Beifall der Gesellschaft auch
den Preis. Leiler ist diese Preisschrift in’s Hollän-
dische übersetzt und dadurch der Kenntniss im Va-
Die niederländische Gesellschaft |
OÖberdieck
die Schrift auch in deut-
scher Sprache zu veröffentlichen, amtliche Geschäfte,
vor Allem eine bald darauf erfolgte Versetzung, und
wahrscheinlich auch der Wunsch, noch
an einzelnen Stellen zu ergänzen, resp. auch zu ver-
sie zuvor
.
bessern, hielten ihn aber von seinem Vorsatze bis-
her ab. So blieb sie selbst dem Manne, der gerade
das Erfrieren der Bäume die meisten wissen-
schaftlichen Beobachtungen gemacht hat, und nach
dem ebenfalls harten Winter von 1829/30 eine Ab-
handlung „über Wärmeentwickelung in den Pflanzen,
das Gefrieren und Schutzmittel
gegen” schrieb, dem Geheimen Mediecinalrathe und
Professor Dr. Göppert in Breslau, völlig unbekannt.
Um so mehr konnte Oberdieck mit grosser Ge-
nugthuung auf seine Schrift blicken, da er in Göp-
Abhandlung ziemlich dieselben Ansichten
über das Erfrieren der Pflanzen fand.
Oberdieck hat seine Beobachtungen über das
Erfrieren der Pflanzen bis die neueste Zeit fort-
gesetzt und ein genaues Tagebuch darüber geführt.
Besonders waren es aber die harten Winter von
1825/26, von 1837/38, von 1844/45 und 1870/71,
über
besonders über da-
pert's
in
welche ihm die meiste Gelegenheit dazu gaben.
Diese Beobachtungen sind in dem aus 108 Seiten
bestehenden Schriftchen, über das wir berichten
3 Annahmen über das Erfrie-
ren der Bäume sind es hauptsächlich, denen
darin entschieden entgegentritt. Man glaubt näm-
lich ziemlich allgemein, dass die Frühlingsfröste, die
thauende Sonne und das Glatteis die wichtigsten Fak-
toren Seien, welche das Erfrieren der Bäume herbei-
führen, eine Ansicht der Oberdieck nicht beipflichtet.
44
wollen, niedergelegt.
er
wc
Ehe wir zur Begründung der Oberdieck’schen
Ansichten in das Einzelne gehen, möchte es noth-
wendig sein, zum besseren Verständniss Einiges über
das Leben der Pflanze zu sagen und dann über das,
was bereits von Seiten der Wissenschaft über den
Einfluss der Kälte auf die Pflanzen überhaupt er-
forscht worden ist, Mittheilung zu machen. Es ist
dieses nothwendig, um die Beobachtungen und die
daraus gezogenen Schlüsse der Praktiker der
Wissenschaft in Einklang zu bringen.
mit
Die meisten Pflanzen sind keineswegs so einfach,
als man glaubt, sondern sie bestehen aus einer gros-
sen Anzahl anfänglich rundlicher Säcke, die man Zellen
nennt und die bei den höheren Arten verschiedene
Funktionen zur Erhaltung oder auch zur Fortpflan-
Diese Zellen
nur kurze Zeit beschränktes,Leben und müssen sich
immer wieder erneuern, ohne dass aber die abge-
zung ausüben. haben ein auf eine
wie bei den
dabei entfernt
Bei einem Theil der Pflanzen, welche wir
dienen diese todten Zellen sogar,
ähnlich den Knochen bei den Thieren, zum Gerüste
lebten und unbrauchbar gewordenen,
Thieren, durch besondere Prozesse
werden.
Gehölze nennen,
für das Individuum, um das herum sich die neuen,
Dieses
Gerüste ist das, was wir Holz nennen und in sofern
bei dem Einfluss der Kälte Pflanze
Wichtigkeit, es einen schlechten Wärmeleiter
darstellt und von der Kälte selbst fast gar nicht an-
lebensfähigen »Zellen wiederum entwickeln.
auf die von
als
gegriffen wird. Es sind nur die lebensfähigen, ent-
weder die erst in der Entwickelung begriffenen (Cam-
bial-) oder die eigentlichen Arbeits- Zellen, welche
von der Kälte beeinflusst werden. Je nachdem das
Holz schützt und sich zu den Lebens-Zellen verhält,
wird der Einfluss der Kälte stets verschieden sein,
eben so je nachdem die Arbeitszellen die eine oder
die andere, mehr oder weniger gegen die Kälte
Widerstand ausübende Funktion Der
Einfluss der Kälte auf die Pflanze ist demnach nicht
allenthalben ein gleicher und ist bei demselben In-
dividuum verschiedenen Stellen, aber auch zu
verschiedenen Zeiten, bald geringer, bald stärker.
Die Zelle führt in der Pflanze weit mehr ein
selbständiges Leben als bei dem Thiere, wo sie im
Ganzen untergeht, -und kann einzeln oder auch in
Verbindung mit mehrern durch Frost an einer Stelle
untergehen, während sie an einer anderen weiter
vegetirt. Jede Zelle lebt dadurch, dass ihr Inhalt,
besonders das stickstoffhaltige Protoplasma, mit der
Aussenwelt in beständigem Stoffwechsel steht. Das
aber geschehen, wenn das Medium für
abzugebenden Stoffe, das Wasser,
ausüben.
an
kann nur
die auf- und
flüssig ist. Das Wasser wird demnach bei dem Eır-
frieren auch stets die grösste Rolle spielen. Unter
Nullgrad ist kein Stoffwechsel in der Zelle möglich.
Für viele Pflanzen kann durch Kälte eine zeitweilige
Unterbrechung eintreten, ohne dass ihr Leben ge-
fährdet ist, für andere aber nicht.
Der Stoffwechsel ist bedingt durch die Ver-
wandtschaft der Molekule und Atome zu einander
und wird nicht durch die das Protoplasma ein-
schliessende Zellhaut gehindert. Aber nicht alle
Veränderungen, welche im Innern der Zelle vor-
kommen, vermögen wir durch die Verwandtschaft
der Stoffe zu einander zu erklären, es gibt noch
andere, die wir bis jetzt noch nicht kennen und die
durch eine uns noch dunkele Kraft, welche man
sewöhnlich als Lebenskraft bezeichnet, hervorge-
bracht wird. Diese Lebenskraft ist bei den ver-
schiedenen Arten auch verschieden und hängt von
der Spezifizität ab. Diese deshalb auch spezifische
senannte Kralt ist die Ursache, dass, wenigstens in
unserer jetzigen Periode, keine Art in die andere
übergeht.
Jeder Stöffwechsel, also auch der der Pflanze,
bedarf eine bestimmte Wärme, die sich in der Höhe
nach den verschiedenen Prozessen, aber auch nach
den verschiedenen Pflanzenarten richtet. Interessant ist
es, dass bei zu geringer Menge von Wärme sich in der
Regel dieselben Erscheinungen zeigen als bei zu grosser.
So lange das Zuviel oder das Zuwenig noch nicht
wesentlich auf die Veränderungen des Stoffwechsels
einwirken, wird die Zelle oder Pflanze noch eine
Zeit lang ihre Thätigkeit ausüben können, dauert
der Einfluss aber zu lange, so ist der Tod eben so
die Folge, als wenn das Zuviel oder Zuwenig als-
bald in der Weise wirkt, dass der nothwendige
Stoffwechsel unmöglich wird. Das Erfrieren, also
das Aufhören des Austausches des lebendigen Stoffes
in Folge einer geringen Temperatur, braucht keines-
wegs erst unter Nullgrad zu beginnen, bei tropischen
Pflanzen, wo eine grössere Wärme für den Stofl-
wechsel nothwendig ist, kann das Pflanzen -Indivi-
duum schon dann erfrieren, wenn das Minimum der
Wärme 3 oder 4 Grad beträgt, d. h. es stirbt unter
denselben Verhältnissen, wie eine andere nordische
Pflanze, wenn die Wärme bereits unter Null Grad
gefallen ist.
Wenn der Stoffwechsel durch Mangel der nöthi-
gen Wärme nicht mehr geschieht und damit der
Austausch zum Stillstand gebracht wird, so braucht
die Zelle oder die Pflanze noch nicht todt zu sein;
so lange nieht dadurch eine Umänderung der Stoffe
selbst geschieht, ist es auch nicht der Fall. Je
347
länger die Unterbrechung des Stoffwechsels dauert, | unter der Epidermis, welche aus fast trockenen Zel-
um so näher liegt aber die Gefahr des Erfrierens,
die Kälte einen hohen Grad erreicht
zumal wenn
hat und auch die Möglichkeit der Umänderung der
ruhenden Stoffe damıt gegeben ist. Bei den ver-
schiedenen Bäumen ist natürlich die Gefahr des
Erfrierens um so grösser, je leichter in den Zellen
die Stoffe durch Kälte verändert werden können.
Sobald nach Eintritt wiederum höherer Temperatur-
grade, also nach dem Aufthauen, der Stoffwechsel
auf gleiche Weise wiederum eintreten kann, wie er
früher stattfand, so schadet die Kälte nicht, ist der
Stoffwechsel aber nur mangelhaft, so kann unter ge-
wissen Umständen die Zelle, resp. die Pflanze all-
mählig wiederum in den normalen Zustand kommen.
Das Streben darnach ist ein Kränkeln, was schliess-
lich zur Gesundheit, aber auch zum Absterben füh-
ren kann.
Abgesehen von der bestimmten Wärme, welche
jede Pflanze bei ihrem Stoffwechsel gebraucht, und,
wenn sie nicht vorhanden ist, unter Umständen den
Tod herbeiführen kann, spielt das Wasser eine sehr
grosse Rolle bei dem Erfrieren. Das Wasser ist
nicht allein Nahrungsmittel der Pflanze, es ist auch,
wie bereits ausgesprochen ist, das Medium für die
meisten anderen Stoffe, welche für ihr Leben noth-
wendig sind. Wasser ist nicht allein im Innern der
Zelle in grösserer und geringerer Menge vorhanden
und enthält die Stoffe daselbst aufgelöst, es befindet
sich auch im Protoplasma, so wie in der Zellwan-
dung, wo eine gewisse Schicht die einzelnen Mole-
kule zu umgeben scheint, in grösserer und geıin-
gserer Menge.
Es ist eine physikalische Thatsache, dass Lö-
sungen, wenn Kälte auf sie einwirkt, Wasser ab-
scheiden, was gefriert, während die Mitte noch weich
bleibt, bis endlich auch diese bei noch niedrigerer
Temperatur hart werden kann. Das ist auch bei
dem Inhalte der Zellen der Fall. Je weniger Wasser
die Zellen enthalten, um so geringer ist die Gefahr
des Erfrierens. Geringe Spätfröste, welche zu einer
Zeit einwirken, wo bereits die Wurzeln Wasser auf-
senommen haben, um die Reservestoffe zur Ausbil-
dung der bereits angelegten Organe in Fluss zu
bringen, werden auf die dann weicheren Theile der
Pflanzen einen grösseren Einfluss’ ausüben, als oft
eine starke Winterkälte.
Aber auch die Zellwandung giebt, wie gesagt,
sobald Kälte eintritt, Wasser nach aussen ab. Die-
ses gefriert und setzt sich in Form von Eiskrystal-
len ringsum, und zwar um so mehr, als die Tempe-
ratur sinkt. Diese Eiskrystalle kommen besonders
len besteht und deshalb auch fast kein Wasser, was
gefrieren könnte, einschliesst, wahrnehmen und bil-
den bisweilen nicht unbedeutende Schichten. Sie
heben nicht selten die ganze Epidermis ab, welche in
diesem Falle nur noch lose umschliesst. Wie bei
den ausserhalb liegenden Zellen das nach aussen
tretende Wasser gefriert, so geschieht dieses auch
allmählig mit den weiter nach innen liegenden und
länger widerstehenden. Durch Kontraktion wird der
Raum, den die Zellen einnehmen, geringer. und es
zerreisst schliesslich das Zellgewebe. Das kann aber
auch geschehen durch in Folge ungleicher Einwir-
kung der Kälte bedingte Krümmungen. Bei plötzlıch
eintretender starker Kälte ist natürlich die Wirkung
rasch und es tritt olt ein plötzliches Reissen
Rinde, des Splintes und selbst auch des tiefer nach
innen liegenden Holzes, nicht selten mit einem lau-
verbunden, ein. Dergleichen Risse
nennt man Frostspalten. Wie der Frost nachlässt,
das Eis wieder zu Wasser wird und die Zellen mit
dem weicher werden sich wieder ausdehnen, schlies-
sen sich wieder. Ein erneutes
Zusammenwachsen dieser Frostspalten geschieht aber
nıe, wenn auch die neugebildeten Holzschichten sich
darüber legen und nach aussen mehr oder weniger
unkenntlich machen. Der Holzhändler hat jedoch in
der Regel seine Merkmale, welche ihn dergleichen
mit Frostspalten versehenes und deshalb einen ge-
ringeren Werth habendes Holz erkennen lassen.
Wenn der Frost allmählig aufhört und die Zelle,
resp. die Pflanze, nach und nach aufthaut, so kehrt
das nach aussen getretene und bis dahin gefrorene
Wasser wieder in das Innere zurück. Es treten
schliesslich die ursprünglichen Verhältnisse der Zelle
oder Pflanze wiederum in den normalen Zustand zu-
rück. In diesem Falle werden sich auch später keine
weiteren Folgen Geschieht das Aul-
thauen aber rasch, so kann das Wasser nicht so
schnell wiederum an die ursprünglichen Stellen zu-
rücktreten und verläuft sich deshalb in den Inter-
eellularräumen. Damit wird natürlich
Verhältniss in den Zellen nicht wieder hergestellt
und es können abnorme Zustände eintreten, welche
selbst den Tod der Zelle und der Pflanze hervorzu-
rufen im Stande sind. Ein schnelles Aufthauen ist
daher für die Pflanze wenigstens gefährlich, während
ein langsames unter Umständen gar keine Nachtheile
Dass hierbei ebenfalls viel
dem Lebensstadium
der
ten Geräusch
die Spalten auch
kundgeben.
das frühere
hervorzubringen braucht.
von der Pflanzenart und von
des Individuums abhängt, versteht sich von selbst.
Geheimer Medizinalrath Göppert in Breslau hat in
44* .
er,
dieser Hinsicht die interessantesten
Beobachtungen angestellt.
Bei der Selbständigkeit der Pflanzenzelle und
bestimmter Zellenkomplexe kann das Erfrieren auch
nur theilweise stattfinden, ohne dass deshalb der
Tod der Pflanze daraus folgt. Der Frost wirkt aber
bisweilen in der Weise fort, dass erkrankte oder fau-
lende Zellen, ähnlich wie bei der Herzfäule, ihren
Zustand auf die an sie grenzenden übertragen und
damit die ganze Pflanze krank machen und schliess-
lich selbst tödten. Zuerst wird im Sommerholze der
Markcylinder angegriffen, dann kommen bei älterem
Versuche und
Holze die Markstrahlen und schliesslich leidet das
um das Holz herum liegende Cambium. Je mehr
das Sommerholz ausreift, um desto mehr widersteht
es, weil trockener, der Kälte. In Nord-China trägt
der lange gute Herbst nicht wenig dazu bei, dass |
das Sommer-Holz gewisser Orangen-Gehölze, weil es
schliesslich sehr hart wird, trotz hoher Kältegrade
des Winters nicht erfriert.
Oft hat die Wurzel durch die Kälte gelitten,
während die Laubkrone unbeschädigt zeblieben ist.
In diesem Falle schlagen die Laubknospen des Ge-
hölzes aus und dieses gıünt, wie gewöhnlich, so
lange die im vorigen Jahre niedergelegten Reserve-
stoffe noch Material hergeben. Ist dieses aber auf-
gezehrt, so fängt die Pflanze zu kränkeln an und
stirbt bisweilen selbst ab. Wie oft hört man Klagen,
dass ein Gehölz bis in den Mai und Juni hinein sich
lebenskräftig erwiesen und dann plötzlich zu Grunde
gegangen In diesem Jahre ist es bei Rosen
vorgekommen, dass der wilde Stamm erfror, die aul-
sesetzte Edelkrone aber, welche während der Win-
terzeit in der Erde bedeckt war, keine Spuren des
Frostes zeigte. Da von unten auf keine Aufnahme
von Nahrungsstoffen geschehen konnte, so musste
leider endlich auch die ganze Pflanze zu Grunde gehen.
Betrachten wir nun die Erörterungen Ober-
dieek’s, ob die späten Frühlingsfröste (resp. frühen
Herbstfröste), die thauende Sonne und das Glatteis
sei.
wirklich so grossen Schaden thuen, als man häufig |
angenommen hat, etwas näher. Was zunächst die
späten Frühlings-, resp. die frühen Herbstfröste an-
belangt, so möchte Oberdieck ihre Wirkung doch
etwas unterschätzen? Darin hat er aber vollkommen
recht, dass starke und anhaltende Winter weit mehr
schaden, als diese, da in Folge der heftigen Kälte
die ruhenden Stoffe in den Zellen in der Regel be-
reits so weit verändert sind, dass der Stoffwechsel,
wenn milderes Wetter wiederum eintritt, nicht mehr
geschehen kann. Wir stimmen Göppert
dass der Tod einer Pflanze durch
normal
vollkommen bei,
die Kälte selbst augenblicklich geschehen kann, wenn
er sich auch erst für unsere Sinne nach dem Auf-
thauen kund gibt. Den Orchideen, wo die Erschei-
nung des Indigostoffes nach Frost als ein Zeichen
des Erfrierens angesehen werden kann, könnten wir
als Beispiele noch einige einheimische Knöterich-
Arten, vor Allem aber das chinesische Polygonum
tinetorium, hinzufügen.
Dass aber frühe Herbst- und späte Frühlingsfröste,
abgesehen von dem grossen Schaden, den sie durch
Vernichten der Erndte oft hervorbringen, auch die
Pflanzen ganz und gar tödten können, wenn im vor-
ausgegangenen Winter nur eine geringe Kälte ge-
herrscht hatte, davon haben wir viele Fälle erlebt.
Im vorigen Dezember, und zwar vom 9. bis 13., trat
plötzlich, nachdem auf gutes Herbstwetter ein warmer
Regen gefolgt und dadurch die Vegetation, besonders
immergrüner Gehölze, von Neuem erregt worden
war, heftige Kälte ein. Bei uns in Norddeutschland
war der dadurch entstandene Schaden zwar nicht
bedeutend, desto grösser aber in Holland, und vor
Allem in der Nähe von Paris. Dieser Frost ist allein
Ursache, dass das immergrüne Gehölz, vor Allem
llex und Aukuben, jetzt in sehr hohem Preise stehen.
Wir haben auch in Metz die Verwüstungen dieses
frühen Frostes gesehen und bereits darüber berichtet.
Fıüh- und Spätfröste tödten zwar in der Regel
die Gehölze nicht augenblicklich, machen sie aber
gegen äussere Einflüsse empfindlicher, so dass sie
oft noch im Verlaufe desselben Sommers zu Grunde
gehen können. Sie wirken um so schlimmer, wenn
sie sich wiederholen und damit die Lebenskräfte der
Gehölze nach und nach aufreiben. Dieses gibt auch
Öberdieck zu. Man plagt sich oft noch 1 und 2,
selbst 3 Jahre mit dergleichen Pflanzen, gibt sich
alle Mühe, sie am Leben zu erhalten und sieht sie
doch trotz aller Pflege nach und nach verkümmern.
Wäre es in diesem Falle nicht besser gewesen, sie
wären im Anfange gleich erfroren oder man hätte
sie alsbald weggeworfen!
Was den zweiten Punkt anbetrifft, auf den
Oberdieck ebenfalls bei dem Absterben von Pflan-
zen im Frühjahre kein Gewicht legt, die thauende
Sonne, so mag man auch hier im Allgemeinen zu
sehr der entgegengesetzten Ansicht sich hinneigen,
dass das schnelle Aufthauen aber schaden und unter
gewissen Umständen und bei bestimmten Gehölz-
Arten den Tod herbeiführen kann, unterliegt keinem
Zweifel. Wir haben die Möglichkeit einer Schädlich-
keit des raschen Aufthauens durch die Forschungen
der Wissenschaft, welche man neuerdings über das
Erfrieren der Zellen und Pflanzen gemacht hat, nach-
349
gewiesen und können jetzt darauf verweisen. Ober-
dieek hat bei der Untersuchung dieser Frage aber
weniger mit harten Gehölzen, als vielmehr mit weiche-
ren, einem wärmeren Klima angehörenden Pflanzen
seine Versuche angestellt und daher andere Resultate
erlangt. Wenn er selbst früher sagt, dass die Lev-
koje bei 7 Grad Kälte erfriert, so versteht es sich
von selbst, dass das langsamste Aufthauen sie in
diesem Falle nicht wieder erwecken kann. Eine
andere Frage wäre aber gewesen, wie sich eine
Levkojen-Pflanze, wenn sie lange Zeit eine Kälte
von 3 und 4 Grad ausgehalten hat, damit also noch
nicht erfroren war, und dann rasch aufthauete, spä-
ter verhielte?
Dass das plötzliche Schmelzen von Eis und
Schnee aul und an Bäumen diese tödtet, indem die
durch aufgesaugtes Wasser strotzenden Zellen in Folge
eines nachkommenden Frostes gesprengt würden, ist
allerdings eine jener Fabeln, welche ausserdem in
der Empyrie noch in Menge vorkommen. Der Frost
sprengt weder die Zellen der Pflanzen, noch die viel
weicheren der Thiere.
Was endlich den dritten Punkt, den man in der
Regel ebenfalls für eine Ursache des zu Grundegehens
der Gehölze hält, das Glatteis und den Rauhreif, an-
belangt, so geben wir Oberdieck völlig recht,
wenn er beide Faktoren unschuldig nennt. Auch
Göppert spricht sich in diesem Sinne aus, hält
sogar das Glatteis für ein Schutzmittel der Bäume.
Wie gefrornes Wasser auf einem Teiche gegen dessen
Ausfrieren und damit auch gegen das Erfrieren der
darin enthaltenen Fische schützt, so dient auch das
Glatteis an dem Stamme und an den Aesten nur als
schützende Decke. Es kann nur dann
wenn es sich allmählig in solcher Menge anhäuft,
dass die letzteren brechen. Wenn Oberdieck am
Schlusse der Beantwortung des dritten Punktes sagt,
dass, wo grosse Verluste von Obstbäumen vorge-
kommen sind, hauptsächlich die hohen Frostgrade
Schuld haben, so stimmen wir mit ihm vollkommen
überein.
Mittheilungen über Gemüsekultur
in Japan.
Unter dem Titel: „Fachmännische Berichte
über die österreichiseh-ungarische Expe-
dition nach Siam, China und Japan (1868—71),
im Auftrage des k. k. Handelsministeriums redigirt
und herausgegeben von J. Karl v. Scherzer, erstem
Beamten der Expedition, Stuttgart, 1872“, ist mit
dankenswerther Beschleunigung ein umfangreiches
schaden, -
Werk (494 Seiten) erschienen, welches hauptsächlich
über Handels-, Industrie- und Landwirthschaftsver-
hältnisse Indiens und Ostasiens Auskunft gibt, aber
auch Einiges für die Gärtnerei Interessante enthält.
Gern hätten wir eingehendere Berichte auch hierüber
entgegen genommen, da gewiss noch Manches in
China und Japan sich findet, was für uns von Be-
deutung wäre; so z. B. wären nähere Angaben über
die verschiedenen kultivirten Varietäten, eine ein-
gsehendere Schilderung der in den Gärten gezogenen
zahlreichen Gehölze und ihrer Kultur erwünschter
als den Artikel „Kunstgärtnerei“ streng
genommen in 4 Zeilen abgefertigt zu sehen; dennoch
glauben wir aber das Wenige, die ver-
schiedenen Zweige der Gärtnerei gesagt ist, unsern
Lesern nicht vorenthalten zu sollen. Wir eitiren
wörtlich, die Kürze ist also nieht unsere Schuld.
Hülsenfrüchte.
Weisse Erbsen (Jendo, bei Nagasaki Jendsu
genannt) werden im November gepflanzt und im Mai
geerndtet. — Grüne Erbsen (Sa-jendo) werden in der
Gegend von Yokohama Ende Oktober auf einem be-
sonderen Felde in Reihen 3—4 Zoll einander
in den Boden gelegt und im Mai geerndtet. — Rothe
Erbsen (Aka-jendo) werden ähnlich wie die vorher-
gehenden gepflanzt und geerndtet. Die letzteren wer-
den nur in reifem Zustande und weit häufiger als
die ersteren genossen.
Die Rossbohnen (Faba vulgaris, jap.: Sora-mame)
werden oft nur um die Feller herum im Oktober
gepflanzt und im Juni geerndtet. Die besten Samen
werden geröstet genossen, die schlechteren dagegen
semahlen und dem Vieh als Futter gegeben oder
auch zum Waschen der Hände statt der Seife gebraucht.
Die Atsuki-Bohnen (Phaseolus Atsuki*) werden
im südlichen Japan im April zusammen mit Asche
in Reihen gelegt und im Juli geerntet. Im mittleren
Japan, wo man sie viel baut, werden sie im Juni
gewöhnlich auf einem Weizenfelde, ohne Dünger ge-
pflanzt und im September geerndtet. Diese Bohnen
werden gekocht genossen und auch zur Bereitung
von Sulze verwendet.
Eine grüne Dolichos-Art (Dolichos unguieulatus
nach Thunberg) jap. Jaenari, wird im mittleren Ja-
pan im Juni um die Felder gepflanzt und Anfangs
Oktober eingesammelt. Eine Dolichos-Art (Dolichos
Soja), jap. Daidsu, wird im südlichen Japan im April
gepflanzt und im Juli geerndtet. Im mittleren Japan
pflanzt man dieselbe zwischen den Reihen eines sei-
ner Reife sich nähernden Weizens im Mai und
gewesen,
was über
von
*) Ist die im wärmeren Asien häufig gebaute Strahlenbohne,
Ph. radiatus L. Ref.
350
erndtet sie im September. Der Boden wird nicht ge-
düngt, die Pflanze begnügt sich mit dem bereits für
den Weizen dem Boden einverleibten Düngungs-
material. In der Regel erhält man von 6 Schio
(& 1,93, Liter?) auf 300 Tsubu (= !/;, Hectare) Feld
gepflanzt 120 Schio. Diese Dolichos-Art macht be-
kanntlich den Hauptbestandtheil der Würze „Soja”
und der Sulze „Misso” aus. (Wäre nur endlich ein-
mal die genauere Bereitung der Soja angegeben!
Alle Reisenden reden davon, aber Keiner beschreibt
das Verfahren. Ref.)
Eine schwarze Dolichos-Art, jap. Kuro- mame,
wird in der Gegend von Nagasaki auf einem mit
Asche gedüngten Boden im April gebaut und es
werden im mittleren Japan im Mai zwischen den
Weizenreihen je zwei Samen in ein Loch gelegt.
Sie wird im südlichen Japan im August oder Sep-
tember, im mittleren im Oktober geerndtet und ziem-
lich viel als Nahrung verwendet.
Eine rothe Dolichos-Art, Kintoki genannt, wird
im mittleren Japan Ende Mai gepflanzt und im Au-
gust eingesammelt. Sie wird gekocht gegessen oder
dem Reis beigemischt, um denselben roth zu färben.
Grüne Gemüse.
Von den Kohlarten baut man im südlichen Ja-
pan hauptsächlich den chinesischen, im mittleren
mehr den einheimischen Kohl. Man pflanzt ihn im
September und erndtet den ersteren in der Gegend
von Nagasaki im Januar und den letzteren gewöhn-
lich erst im Februar oder März. Lässt man ihn aus-
wachsen, so bekommt man im Mai Samen, aus denen
Oel gewonnen wird. Der Kohl wird entweder frisch
als Nahrung zubereitet oder in Fässern eingesalzen.
Der chinesische Kohl soll, wenn er noch frisch ist,
schmackhafter sein, als der einheimische, aber früher
als der letztere hart werden.
Spinat (Horendso) wird im Februar gesäet und
im April gekocht gegessen.
Lattich (Lactuca sativa), jap. Tsischa, wird
im mittleren Japan Anfangs April gesäet.
Die Wassermelone (Citrullus vulgaris), jap. Su-
ikwa,*) wird im südlichen und mittleren Japan im April
gepflanzt, während ihres Wachsthums zweimal mit
menschlichen Auswurlstoffen reichlich gedüngt und
die Frucht im Juli und August genossen.
Gurken, jap. Ki-uri, werden gewöhnlieh in dünne
Scheiben geschnitten und in dieser Form gebraten
genossen.
*) Dieser Name erinnert sehr an den der sog. chinesischen
Riesengurke (Kürbis) Sooli-Qua, wie überhaupt Qua oder Kwa
Kürbis zu bedeuten scheint; vergl. weiter unten.
Eine Eierpflanze (Solanum aethiopieum) jap.
Nassubi, mit dunkelpurpurrother, eiförmiger, ziem-
lich verlängerter Frucht wird im südlichen Japan
im Februar und im mittleren Anfangs April auf ein
Samenbeet gesäet, im Mai oder Juni, nachdem man
zuerst in die aufgehobenen Gruben Ochsendünger
gegeben, auf das Feld verpflanzt, bei ihrem weiteren
Wachsthum 2—3 Mal angehäufelt und dabei jedes-
mal mit menschlichen Auswurfstoffen gedüngt. Ihre
Früchte werden von Juni oder Juli bis Oktober ge-
sammelt und geschnitten in die Suppe gegeben.
Zwiebeln (Neghi) werden im mittleren Japan ein-
Jährig gebaut. Man säet den Samen im Februar,
düngt mehrmals den Boden und gräbt die Zwiebeln
im Oktober aus.
Ausserdem werden angebaut: der Huflattich
(Tussilago Petasites), jap. Fuku; der Löwenzahn
(Leontodon Taraxacum), jap. Lam-popo; Chenopodiun
album, jap. Akasa; Kürbis (Cueurbitia Pepo), jap.
Tokwa; Lagenaria hispida, jap. Jugawo; Cucumis
Melo, jap. Tenkwa; Tsuke-uri (Cucumis Conomon
Thunb.); Knoblauch, jap. O-nira; Zwiebel, jap.
Nira ete.
Wurzeln und Knollengewächse.
Die Ninsiwurzeln (Sium Ninsi), jap. Nindoin,
werden im südlichen Japan von Juni an auf einem
mit Ochsenmist gedüngten Boden gesäet und von
September bis April geerndtet. Im mittleren Japan
werden sie im April gesäet, mit einer dünnen Schicht
Erde bedeckt und an manchen Orten noch Reis-
hülsen darüber gestreut. Das Ausgraben geschieht
im Oktober.
Die gelben Rüben werden auf ähnliche Weise
angebaut.
Die im Japanischen „Daikon“ genannte Pflanze
ist Raphanus sativus. Auch diese wird, ähnlich wie
die meisten Kulturgewächse in Japan, in Reihen ge-
baut. Die Samen werden im südlichen Japan im
September und im mittleren im Oktober gesäet, in
der Gegend von Nagasaki mit Ochsendünger und
Erde leicht bedeckt und der Boden während der
ersten drei Monate mit menschlichen Ausleerungen
zweimal gedünst. Das Einsammeln findet schon im
Januar und Februar statt.
Die Lotusblume (Nelumbium speciosum), welche
wegen ihrer .essbaren Wurzel und Samen angebaut
wird, habe ich nur in der Gegend von Nagasaki und
auch hier nur an zwei Stellen gefunden.
Das Caladium esculentum, jap. Sato-imu, wovon
die Japaner 6 Varietäten (oder vielleicht auch Arten)
| unterscheiden, wird, wiewohl gewöhnlich in geringer
351
Ausdehnung, sowohl im südlichen als mittleren Ja-
pan, ziemlich allgemein gebaut. Dasselbe wird im
März oder April in mässig feuchten, mit menschlichen
Ausleerungen gedüngten Boden gepflanzt; die Pflan-
zen werden von Unkraut rein gehalten, zweimal mit
menschlichen Ausleerungen gedüngt und im Oktober
oder November ausgegraben.
Die Wurzelstöcke des Caladium geben immer
einen geringeren Ertrag als die süssen Kartoffeln ;
sie werden jedoch von den Japanern diesen letzte-
ren vorgezogen, sie nicht so süss schmecken
und werden daher auch theurer bezahlt.
Ausserdem werden schon während des Wachs-
thums dieser Pflanze die überflüssigen Blätter und
Blattstiele, und namentlich kurz vor dem Ausgraben
der Wurzelstöcke abgeschnitten, in kleine Stücke
getheilt, dann an der Sonne getrocknet und als Nah-
rung für den Winter aufbewahrt.
Die süssen Kartoffeln (Convolvulus Batatas), Jap.
Satsuma-imu, und zwar deshalb so genannt, weil sie
sich nach der Ansicht der Japaner von der südlich
gelegenen Provinz Satsuma, wohin sie zuerst ge-
bracht wurden, über das übrige Japan verbreitet
haben, werden im südlichen und mittleren Japan im
März gepflanzt, indem man kleine Knollen davon auf
einen gut gedüngten Boden reihenweise in zwei Fuss
von einander entfernte Löcher steckt. Die jungen
Pflanzen werden bis zum Mai oder Juni 2—3mal
mit menschlichen Auswurfstoffen gedüngt. Um diese
Zeit werden die am Boden liegenden, oft 8 Fuss
langen Pflanzen in kleinere Stücke (an manchen Orten
in fünf) zerschnitten und diese Stücke auf ein früher
sedüngtes oder ein frisch geräumtes Weizenfeld ge-
pflanzt. Jede Pflanze giebt 5—6 bis zu 5 Zoll lange
und 2!/, Zoll dicke Knollen, welche schon im Sep-
tember, wiewohl sie noch klein sind, zur Nahrung
verwendet, aber erst im Novembe
sraben werden.
Die gewöhnlichen Kartoffeln werden wenig ge-
baut und als gemeiner Nahrungsstoff angesehen.
Auf der Insel Yesso werden, zu Folge einer von
einem Reisenden gegebenen Mittheilung, gewöhnliche,
fast kugelrunde Kartoffeln mit gelblicher Rinde ge-
baut, die von den Eingebornen für einheimische ge-
halten werden.
Von den Wurzelgewächsen werden noch gebaut:
rothe Rüben (Tudisia) und Rüben, jap. Kabuna.
weil
gänzlich ausge-
Obstbaumzucht.
Obschon den Japanern ebenso gut wie den Chi-
nesen fast alle in Europa üblichen Veredlungsarten
der Bäume bekannt sind und von ihnen auch, na-
mentlich in der Kunstgärtnerei, geübt werden, so
erfreut sich doch weder bei den einen, noch bei den
anderen die Obstbaumzucht einer besonders sorg-
fältigen Pflege. Man könnte leieht daher versucht
sein, dies dem praktischen Sinn der genannten Völ-
ker zuzuschreiben, welche in dem zwar geschmack-
vollen, aber wenig nahrhaften, mit Mühe und Kosten-
aufwand produzirten Obste das Angenehme
durch das nutzlos Kostspielige nicht erkaufen wollen,
wüsste man nicht, mit welchem Aufwande von Ar-
beit und Kosten die nämlichen Völker die ebenfalls
nur zum Vergnügen dienende Kunstgärtnerei betrei-
ben. Es dürfte somit der Hauptsrund davon in der
Abneigung zu suchen sein, welche diese Völker mit
wenig Ausnahmen gegen alles Rohe empfinden, indem
sie selbst im heissesten Sommer statt kaltes Wasser
warmen Thee und sogar ihren Samschu und Saki
sewärmt trinken.
Von den japanesischen Obstbäumen verdienen
besonders folgende erwähnt zu werden:
Der Apfelbaum- mit kleiner Frucht, besonders
im westlichen Theile der Insel Nipon; der japane-
sische Birnbaum, jap. Nasi; der Pfirsichbaum (Amyg-
dalus Persica), jap. Momo; der Bergpfirsichbaum,
jap. Yama-momo; der Aprikosenbaum, jap. Andou;
der japanesische Aprikosenbaum (Armeniaca Mume),
jap. Mume; ein Pflaumenbaum, jap. Si-momo ge-
nannt; Prunus tomentosa, jap. Yusura; der Pome-
ranzenbaum, jap. Kan; der japanesische Mispelbaum,
jap. Biwa; die japanesische Dattelpflaume (Diospyros
Kaki), jap. Kaki; der Granatbaum, jap. Dsiakuro, und
der Kastanienbaum, jap. Kuri.
blos
Weinbau.
Man hat in Japan einheimische Weinreben, jap.
Budo genannt; aus ihren Beeren wird jedoch Kein
Wein bereitet, sondern sie werden nur gegessen.
Bei dem Örte Komakai, nicht weit von Kofu, der
Hauptstadt der Provinz Koschin , zieht man Wein-
reben auf 7—8 Fuss hohen, aus Gitterwerk gemach-
ten Geländen und baut darunter andere Nutzpflanzen.
Kunstgärtnerei.
Die japanische Kunstgärtnerei ist bekanntlich,
sehr ausgebildet und sowohl durch Mannichfaltigkeit
der Blüthengewächse, als auch durch Zwergbäume,
von denen z. B. 2—3 Jahre alte Fichten olt kaum
1 Fuss hoch sind, als auch durch schöne Farn-
kräuter ausgezeichnet. Es dürfte für die europäi-
schen Liebhaber dieser Erzeugnisse vielleicht nicht
ohne Interesse sein, zu erfahren, dass Herr Karl
Kramer (Sohn unseres verdienstvollen Obergärtners
Kramer. Klein-Flottbeck bei Altona. Red.) schon
352
seit einigen Jahren in Yokohama sich etablirt hat
und nicht nur mit den japanischen Kunstgärtnern
von Yeddo und Yokohama in Verbindung steht, son-
dern auch eigene, dazu abgerichtete Leute nach dem
Innern des Landes sendet und sich durch dieselben
Zier- und Nutzpflanzen verschafft, die er auf Bestel-
lung nach England und dem europäischen Kontinent
in besonderen Kisten verschickt. Vor der Versen-
dung werden die Gewächse wenigstens drei Mo-
nate lang in diesen Kisten in Erde gepflanzt, darin
immer mehr verschlossen und so eine Art
Winterruhe versetzt. (Wir haben bereits früher auf
diese Vermittelung hingewiesen und gar Manche un-
in
serer Leser werden die Gelegenheit schon benutzt
haben. Red.)
Die geeignete Jahreszeit zur Versendung von
lebenden Pflanzen, Zwiebeln und Samen ist der
Herbst und der Anfang des Winters. Die Bestellungen
werden gegen Wechsel oder eine Anweisung auf eine
Bank in Yokohama unter folgender Adresse ausge-
führt: „C. Kramer, care of W. H. Smith, Esq. Yoko-
hama United Club.“
Es folgt hier die Preisliste der wichtigsten Nutz-
und Zierpflanzen.
Morus alba, der weisse
Maulbeerbaum per 100 Stück 3,50 Doll.
Broussonetia papyrifera,
Papiermaulbeerbaum . u 3.0075
Edgeworthia papyrifera,
viel in den nördlichen
Provinzen zur Papier-
fabrikation gebraucht . 5 49301 3;
Quereus serrata, Eiche mit
abfallenden Blättern. . ” BU0E,
(Das beste Futter für
Yama-mai Spinner.)
Rhus succedanea, Wachs-
bat 2 Se a AO
Rhus vernieifera, Firniss-
baum eve ke 4,00 ,„
Thea viridis, der Thee-
Strauch 5 B: 20 DE
LaurusCamphora, Kamphbn-
baum Sir, net: MORE 2 3,00 125;
Planera acuminata, Jap.
Kiaki, welche ein weıth-
volles Bauholz giebt . N B,S02E,,
Diospyros Kaki, gepfropft
(die Frucht Persimon-
pflaume genannt) . . ” 10,00 ,„
japonica,
Cryptomeria japonica (vor-
zügliches Bauholz)
Chamaeeyparis (auch Reti-
nospora) obtusa (Bau-
per 100 Stück 3,50 Doll.
Kolzy ar „Nolan. 1”; H 3,00 „
Pinus Massoniana, die jJapa-
nesische Kiefer . .. . n 350. 15,
Larix leptolepis, der japa-
nesische Lärchenbaum,
wächst auf Höhen von
4000 bis 6000 Fuss . + 4,00 ,„
Abies. firmauersms 3 9.0071,
Cephalotaxus drupacea, mit
essbaren Nüssen. . . ß 5,00 ,„
Torreya nucifera i H 5,50 „
Chamaerops excelsa, eine
Palmenart, deren braune
Fasern zur Verfertigung
von Matten, Besen etc.
dienen!!!’ RZ MEHt. 4 30%
Camellia japoniea, ver-
schiedene Varietäten . BE 20,00 ,„
Acer (verschiedene Ahorn-
axtenyi'n»lUln Dos gar ” 15,00 „
Aukuba japonica, männ-
liche Pflanzen zum
Zwecke der Befruchtung i 5:00.55
Eine Kiste von ausgewähl-
ten Zierpflanzen .
Lilium auratum LEER
Eine Sammlung von 10 ver-
20-30 Stück 12,00
100 Zwiebeln 3,00
schiedenen Lilienarten . 100 ” 7.0088,
do. do. do. 200 „2 12:08:08:
do. do. do. 300 +, 20215,00.083
Eine Sammlung von Samen
japanesischer Sträucher:
20 verschiedene Arten 3,00 „
30 5 „ 5,00 „
Von den folgenden Gewächsen können jedem
Herbst Samen erhalten werden:
Abies Alcockiana, Abies firma, Abies polita,
Abies Tsuga, Cephalotaxus drupacea, Cryptomeri»
Cunninghamia sinensis, Larix leptolepis,
Pinus Massoniana, Podocarpus Maki, Chamaeeyparis:
(s. Retinospora) obtusa, Retinospora pisifera, Salis-
burya adiantifolia, Seiadopitys verticillata, Thuja fal-
cata, Thujopsis dolabrata, Torreya nueifera, Quer-
cus glabra, Quercus serrata, Rhus succedanea, Thea
Diospyros Kaki, Chamaerops excelsa, Japa-
Hanf, Oryza moöntana.
viridis,
nischer
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15..
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pfllanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 4.
Berlin, de 9. November.
182.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: -546. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues am 27. Oktober. — Der Obstbau an Eisenbahnen. —
Ueber blaue Hortensien. — Die Weinlaus.
346. Versammlung
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues,
am 27. Oktober.
Der grösste Theil der Sitzung wurde durch Er-
ledigung geschäftlicher Angelegenheiten ausgefüllt.
Da die Wahl des neuen Vorstandes, welche statuten-
mässig am Jahresteste geschehen soll, am Tage der
Feier desselben ausgesetzt und bis zur Oktober-Ver-
sammlung verschoben worden war, wurde sie jetzt
vorgenommen. Die Namen der von dem dazu ge-
wählten Ausschusse vorgeschlagenen Mitglieder des
neuen Vorstandes hatte man auf besondere Stimm-
zettel gedruckt und diese, ebenfalls nach den Sta-
tuten, an sämmtliche einheimische Mitglieder des
Vereines wenige Tage vorher gesendet. Da einige
Stimmzettel mit Namens -Unterschrift an das Bureau
des Vereines übergeben worden waren, entstand die
Prinzipienfrage, ob dieses zulässig sei oder ob nicht
vielmehr jedes stimmende Mitglied seinen Stimmzettel
in eigener Person abzugeben habe? Mit
Majorität entschied sich die Versammlung für das
Letztere, und zwar mit näheren Bestimmung,
dass dieser Modus auch für die späteren Wahlen
ınassgebend sein sollte.
Srosser
der
Der bisherige Vorsitzende, Geheime Oberregie-
rungsrath Knerk, hatte entschieden jede Neuwahl
abgelehnt. Nach erfolgtem Skrutinium
der Wahlu.ne hervor:
1. als Vorsitzender: Präsident
Kollegiums Oppermann,
Singen aus
des Revisions-
2. als 1. Stellvertreter: Garteninspektor Bouche,
3. als 2. Stellvertreter: Dr. Bolle,
4. als Generalsekretär: Professor Dr. Koch,
5. als Schatzmeister: Rentier Sonntag.
Professor Dr. Koch bat um Erlaubniss, erst in
Versammlung oder
Garten - In-
spektor Bouche&, der nicht anwesend war, schrift-
lich um eine Aeusserung ersucht werden sollte.
Der neuernannte Vorsitzende, Präsident Opper-
mann, überreichte im Namen den
Geheimen OÖber-Regierungsrath Knerk, der 14 Jahre
ihm segensreich vorgestanden hatte, als ein Zeichen
| seiner innigsten Verehrung und Dankbarkeit,
der nächsten seine Annahme
Niehtannahme auszusprechen, während
des Vereines
eine
mit Früchten aller Art belegte Fruchtschale.
Obergärtner Dressler hatte aus dem Garten
des Banquier Seelig eine Blüthe der Lasiandra
macrantha zur Ansicht übergeben.
schöne Melastomatacee
Diese wunder-
verdient ihren
wurde zuerst
Jahre 1868 während der internationalen Ausstellung
aus Brasilien
Namen. der grossblühenden und
im
in Gent durch Linden von Brüssel, und zwar gleich
in voller Blüthe, ausgestellt (s. 11. Jahrg. 166). Sie
ist bereits mehrmals in der Wochenschrift besprochen
Professor Koch theilte mit,
in einem Ge-
| und empfohlen worden.
| dass er während seiner letzten Reise
ı wächshause des Fürsten Fürstenberg zu Donau-
| = i a =
ı eschingen ein Exemplar der Lasiandra macrantha
| gesehen habe, was ziemlich umfangreich gewesen
und in voller Blüthe gestanden. Neuerdings ist eine
Abart nit der näheren Bezeichnung floribunda in den
Handel gekommen, die noch reiehblüthiger sein solle.
Nach Prof. Koch ist dieses aber nicht richtige, denn
| jede Lasiandra macrantha, wenn sie sich in guter
| Pflege befindet, blüht reiehlich.
45 x
E
Ausgestellt fanden sich nur Pflanzen aus dem
Versuchsgarten des Vereines vor, welche zur Ver-
!oosung unter die Mitglieder bestimmt waren und am
Ende der Sitzung auch verloost wurden.
sah
Dagegen
neueren und
Kartoffeln der Handelsgärtnerei von
Schiebler und Sohn in Celle. Professor Koch
machte die Anwesenden auf dieses Sortiment beson-
Sortiment der
aus
man ein grosses
neuesten
ders aufmerksam, da sein Besitzer von jeher sich
srosser Verdienste um die Einführung guter Sorten,
besonders aus England, erworben. Schiebler und
Sohn seien die ersten, welche auf die Paterson-
sehen Kartoffeln, wenigstens in Deutschland, aul-
merksam gemacht und besonders die jetzt allgemein
verbreitete Viktoria-Kartoffel hauptsächlich verbreitet
haben (vergl. 9. Jahrg. der Wochenschr. S. 20).
Unter den 34 Sorten, welche dieses Mal aus-
westellt waren, befanden sich für die Grosskultur
unter Anderem neben den beiden schon
kannten Farinosa
länger be-
und
auch Paterson’s rothe, Dalmahoy und Prolifie.
den Tafelkartoffeln nehmen die
Sorten: Algier’sche Futter-,
Unter
Paterson’schen Nie-
venkartoffeln, nicht allein wegen ihres Geschmackes,
sondern auch zum Theil
wiehtige Stelle
wesen ihrer Tragbarkeit,
Auf einer Quadratruthe
und
niger als 1 Scheffel, die blaue dagegen nur 47 Liter
eine ein.
hatten die früheste rothe die weisse nicht we-
segeben. Von der Kartoffel St. Johannis, so wie
von der Pariser Treib-, erhielten Schiebler und
2
Sohn sogar 1!/,, resp. 12); Schefliel. Zum Treiben
möchte auch die amerikanische Mandel- und Breese’s
Kartoffel Nro. 4 zu empfehlen sein. Besonders er-
tragsreich ist Late rose — übrigens gar nicht so
spät reifend, wie man dem Namen nach glauben
sollte —, da hiervon auf einer Onadratruthe sogar
2 Scheffel geerndtet wurden. Auch die Kartoffeln:
Climax und Breese’s peerless, mit 11/, Scheffel Er-
als sie
auch gut schmecken und nicht weniger zur Gross-
trag, verdienen um so mehr Berücksichtigung,
kultur empfohlen werden können.
Kar-
Grösse Alles
Es ist
zu bedauern. dass sie nicht gewogen worden waren,
um ihr Gewicht festzustellen.
freilich
Direktor Gerstenberg 2 Knollen
toflfeln vor, ihrer
übertrafen, was man bis dahin gezogen hatte.
legte
welche hinsichtlich
Die Pflanze, der man
alle und Pflege zugewendet, hätte
schliesslich einen Umfang von 7 Fuss erlangt.
Gutsbesitzer Ernst in Wittenfelde
bei Elbing hatte 2 Runkeln ausgestellt, von denen
sich die
SOrge
Schwaan
dureh Grösse auszeichnete
Die andere, welche nur 15 Pfund
wog, hatte merkwürdiger Weise, wenn man etwas
eine ebenfalls
und 25 Pfund wog.
Phantasie ınit zu Hülfe nahm, die Gestalt einer Gans.
Eine dritte noch schwerere, weil 33 Pfund wiegend,
hatte der Besitzer nicht eingesendet.
Schliesslich wurde von Seiten des Preisrichter-
Amtes dem Kartoflelsortimente von Schiebler u.
Sohn der Monatspreis zugesprochen.
Der Obstbau an Eisenbahnen.
Ist Deutschland auch lange noch nicht so über-
völkert, wie das himmlische Reich im Äussersten Osten
Asiens, wo man sich seit langer Zeit schon gezwun-
gen sah, den grossen Flüssen Land abzugewinnen,
indem man umfangreiche Flösse zur Aufnahme von
suter Erde für den Anbau von Gemüsen erbaute,
also sich auf dem Wasser schwimmende Gemüse-
Gärten schaffte, hat es im Gegentheil, besonders im
Östen, noch viele unfruchtbare und wüste Strecken
von bisweilen nicht unbedeutendem Umfange, welche
einer Befähigung für Kulturen entgegensehen, so ist
es immerhin doch von Werth, wenn ein Theil des
bereits den Kulturen entrissenen Terrains diesen
wieder zugeführt wird. Im Königreiche Württemberg
existiren jetzt über 150 Meilen Eisenbahnen, welche
nahe 1700 Hektaren, also 6800 Magdeburger Morgen
Fläche einnehmen und zum grossen Theil wenigstens
erst dem kulturfähigen Boden
Es liegen
entnommen wurden.
uns jetzt Vorschläge vor, wie dieser aul
oder andere Weise der Kultur wieder-
segeben wird.
Zwei der tüchtigsten Obstkenner und Obstzüchter,
Karl Baltet in Troyes und Dr. Ed. Lucas in
Reutlingen, haben bereits vor mehrern Jahren durch
die eine
besondere Abhandlungen den Obstbau an Eisenbahnen
Beide Männer leben allerdings in für
Obstbau günstigen Gegenden, besonders der Erstere.
In der Nähe von Troyes hat man, wie in Belgien,
empfohlen.
schon länger angefangen, die Eisenbahndämme mit
Zwergobst zu bepflanzen. Wie uns berichtet wird,
breiten sich dergleichen Anpflanzungen immer weiter
aus und bedingen bereits einen Wohlstand bei der
Bevölkerung, wie er früher nicht vorhanden war und
wie er sich zu vermehren verspricht. In Deutsch-
land, zumal im Württembergischen, aber auch inı
Hannoverschen, hat man zwar ebenfalls angefangen,
hier da Obstbau an den Eisenbahnen zu be-
treiben, ohne aber bis jetzt zu eigentlichen Resultaten
gekommen zu sein. Leider ist der Hofgartenmeister
Borchers, der im Hannoverschen die Bepflanzung
der Eisenbahnen auf den Wunsch der Regierung mit
besonderer Liebe in die Hand genommen hatte, ohn-
längst gestorben, und die Angelegenheit steht leider
und
Be
wiederum verwaist da; in Württemberg hingegen hat |
im Jahre 1869 die Regierung einen intelligenten, wenn
auch noch jungen Förster, mit Namen Magenau,
gewonnen, um damit vorzugehen.
Seitdem sind erst 3 Jahre verflossen und Revier-
förster Magenau ist bereits in einem Werkchen:
„Steigerungen der Erträge des nutzbaren Eisenbahn-
Areales, hauptsächlich durch Obstkultur“, mit seiner
Ansicht hervorgetreten. Resultate können allerdings
nach einer so kurzen Zeit von 3 Jahren noch nicht
vorliegen: Revierlörster Magenau spricht es auch
offen aus, er hat aber die Zeit’ redlich benutzt, um
sich nach allen Seiten hin zu orientiren, auch ausser-
halb seines engeren Vaterlandes sich zu diesem
Zwecke umgesehen, und ist schliesslich zu der An-
sicht gekommen, dass ein rationeller Obstbau auch
an den Eisenbahnen nicht allein rentabel sein müsse,
sondern auch ausserdem noch Vortheile bieten könne.
Natürlich gilt das, was er sagt, zunächst nur für
Württemberg, es hat aber im Allgemeinen so viel
Interesse, dass wir’nicht anstehen, aus dem Werk-
chen einige Mittheilungen zu machen.
Gewöhnlich liegt das ganze Terrain, was die
Bisenbahnen einschliesst, und zwar nicht allein die
beiden Dämme auf den Seiten, sondern auch oft noch
das übrige Terrain, was man bei der Erwerbung des
Ganzen mit in Kauf nehmen musste, unbenutzt da.
Nur hier und da sieht man fleissige Bahnwärter der-
sleichen brach liegendes Land mit allerhand Blumen,
aber auch, wenn es gross genug ist, mit Gemüse,
besonders mit Kaıtofleln bestellt. Die Eisenbahn-
Verwaltung selbst kümmert sich in der Regel gar nicht
darum, denn der Vortheil, den sie möglicher Weise
daraus ziehen könnte, ist zu unbedeutend gegen den,
den die Eisenbahnen selbst abwerfen; sie möchte
nebenbei auch für ihre Beamten fürchten, dass eine
besondere Beaufsichtigung der möglichen Kulturen von
Seiten ihrer Beamten diese von der Hauptsache, d. i.
«en Angelegenheiten der Eisenbahn, abziehen könnte.
Das Letztere braucht jedoch gar .nicht der Fall
zu sein, da auch bei Chausseen und sonstigen öffent-
lichen Wegen der mit der Beaufsichtigung betraute
Bau-Inspektor ebenfalls für Bepflanzungen der Wege
zu sorgen hat und bisweilen hier und da, besonders
wenn noch eine besondere Liebe dafür vorhanden
ist, sehr gut auch für die Wege sorgt. Wir haben
im Gegentheil meist gefunden, dass allenthalben da,
wo die Bepflanzungen an den Wegen sich in vor-
züglichem Zustande, wie z. B. bei Jena, befanden,
auch die Wege vorzüglich waren.
In dieser Hinsicht verdient auch das kleine
Braunschweiger Land genannt zu werden, wo alle
öffentlichen Wege hauptsächlich mit Obstbäumen be-
pflanzt sind. Es ist eine Freude, zu sehen, in welcher
Ordnung diese Bäume gehalten und
schön dabei die Wege sind?
Braunschweigischen besondere Baumwärter gehalten
und ein Wanderlehrer eıtheilt grade in der Zeit, wo
am Obstbaume möglicher Weise etwas zu thun gibt,
wie
im
werden
Freilich werden
in verschiedenen Gegenden Unterricht, an dem Jeder-
mann unentgeltlich Theil nehmen kann. Man hat
ausserdem noch die nachahmungswerthe Einrichtung
getroffen, einzelne Bäume an ärmere Bauern der dabei
liegenden Dörfer zu verpachten. Abgesehen davon,
dass die Bauern im Allgemeinen mehr zahlen, als
wenn die Bäume insgesammt verpachtet würden, so
haben diese noch ein besonderes Interesse daran,
dass die Bäume gut gehalten und hauptsächlich nicht
von Frevlern besehädigt werden, und führen deshalb
eine gute Aufsicht. Unter solchen Umständen lernt
überhaupt das niedere Volk auch den Werth eines
Obstbaumes erkennen.
Revierförster Magenau bespricht in seinem nur
85 Oktav-Seiten enthaltenden und daher wohl auch
nur wenige Groschen kostenden Werkehen zunächst
die verschiedenen Weisen, Eisenbahndämme zu be-
pflanzen. Diese gut und möglichst dauerhaft zu
haben, besonders, wo beweglicher Sand vorhanden
ist, ist sehr oft eine nicht leichte Aufgabe des bauen-
den Ingenieurs und nimmt nicht
Geld in Anspruch. Mag das Terrain sein, wie es
will, so muss die erste Sorge darauf gerichtet sein,
eine die Oberfläche möglichst bindende
narbe auf den Dämmen zu schaffen. Wo es irgend
geht, sucht man sich Samen der Kräuter und Gräser
zu verschaflen, welche auf gleichem Boden, beson-
bisweilen wenig
Pilanzen-
ders auf Wiesen und an Rändern, gedeihen und säet
sie aus. Im Anfange verlangen die Dämme schon
deshalb grosse Aufmerksamkeit, weil durch starken
Regen u. s. w. leicht Lücken in der Bewachsung
entstehen, welche alsbald wieder gedeckt werden
müssen, wenn man sich nicht bald weiteren Ver-
schlechterungen
Man bedient sich
und Entblössungen aussetzen will.
auch wohl der Luzerne und der
Esparsette, nicht des Klees, weil dieser eine nur
kurze Zeit dauert.
Dergleichen Anpflanzungen von Futterpflanzen
geben zwar eine kürzere oder längere Zeit Ertrag.
beuten aber oft leider nach 4—6 Jahren den Boden
schon so aus, dass sie selbst nicht mehr gedeihen,
und damit auch von Jahr zu Jahr geringeren Ertrag
geben. Haben sich unterdess allerhand Rain- und
Wiesenpflanzen anstatt der Futterkräuter angesiedelt,
so wird die Pflanzennarbe auf der Oberfläche um
45*
356
so fester werden, als diese sich in gutem Zustande
befinden. In der Regel geschieht dieses, wenn man
nicht zu Hülfe kommt, was nur ausnahmsweise der
Fall ist, aber nicht, und die Sommerhitze wirkt auf
eine Weise ein, dass bald ein aufsteigender Strom
ziemlich erhitzter Luft jedes erneute Emporschiessen
von Pflanzen ziemlich unmöglich macht. Hat man
in den ersten Jahren von solchen mit Wiesenpflan-
zen oder Futterkräutern besäeten Eisenbahndämmen
im Durchschnitt einen Reinertrag von ohngefähr 10
Thaler auf die Hektare gehabt, so nimmt dieser all-
mählig ab und hört schliesslich auf.
Auf schlechten Boden hat man im Württemberg-
schen und sonst die leicht und rasch wachsende
Akazie angebracht und damit die Dämme wenigstens
einiger Massen befestigt. Ferner pllanzte man Eichen
behufs der Rindenschälungen,. an und erhielt dabei
denselben Ertrag auf die Hektare, den die Futter-
kräuter abwarfen. Wo die Eichen gedeihen, mögen
sie zu diesem Zwecke vorzüglich sein. Sie brauchen
wenig Pflege und werden alle 15 Jahre abgetrieben,
ohne dass die Bepflanzung, mit Ausnahme
bedeutenden Stellen, erneut werden müsste.
Noch vortheilhafter haben
an un-
sich an Eisenbahnen
die Anpflanzungen von Weiden ergeben, da sie einen
bedeutend höheren Eıtrag liefern. Weiden, je nach-
dem man die passenden Arten wählt, gedeihen auch
an trocknen Stellen. Vor Allem ist es die Goldweide
(Salix vitellina), welche im Württembergschen all-
semein in Weinbergen, besonders als Einfassung, an-
gepflanzt und verbraucht wird. Der Bedarf an guten
Weiden behufs des Bindens, des Flechtwerkes, der
Anfertigung von Fassreifen u. Ss. w. ist, wenigstens
in Norddeutschland, sehr gross und ihr Anbau, wenn
er nur einiger Massen rationell betrieben wird, liefert
daselbst Erträge. Bei Witien-
berge (nicht Wittenberg) an der Elbe, dicht an der
Mecklenburgschen Grenze, wo die Berlin-Hamburger
Eisenbahn vorbeiführt, finden sich bedeutende Wei-
den-Anpflanzungen. zum Theil jn Verbindung mit
Eichenschälwaldungen, vor und geben nicht unbedeu-
nicht unbedeutende
tende Einnahmen von einem früher sterilen und wüst
liegenden Boden. Ebenso haben die Weiden-Anpflan-
zungen bei Harburg eine grosse Ausdehnung erhalten.
Derlei Weiden-Anpflanzungen würden, wenn sie
allenthalben an Eisenbahnen in Anwendung gebracht
werden sollten, ein sehr monotones und langweiliges
Ansehen geben.
kanntlich aber
Bei Geldfragen, wie hier, hört be-
alle Gemüthlichkeit auf. Von Seiten
der Eisenbahn-Verwaltungen würde deshalb, wie wir
fest überzeugt sind, gewiss der Landesverschönerung
kein Opfer gebracht werden, man würde allenthalben
Weiden-Anpflanzungen an den Eisenbahnen machen,
wenn sie nur viel Geld einbrächten und nicht Pflege
beanspruchten, die in der Regel nicht gegeben wird
und bei Mangel des Verstindnisses auch nicht gegeben
werden kann. Sie bringen zwar bei gehöriger Ab-
wartung erheblich mehr ein, als der Anbau von Futter-
kräutern und von Eichen behuls der Rindenschälungen,
aber in der Regel noch immer nicht genug, um dazu
zu verlocken, dass man sich noch mehr Mühe gibt.
Es kommt noch dazu, dass es grossen Eisen-
bahn-Verwaltungen wie dem Staate geht, sie dürfen
nebenbei keine industriellen Gewerbe treiben, weil
sie doch in diesem Falle nicht so wohlfeil verwalten,
als Privatpersonen, die ein ganz besonderes Interesse
dabei haben und für Füllung ihres eigenen, nicht
eines allgemeinen grossen Beutels, zu sorgen haben.
Wenn schliesslich Revierförster Magenau den
Obstbau bei Bepflanzung der Eisenbahnen, besonders
der Dämme, als die beste Rente gebend, empfiehlt,
so will auch er nieht, dass die Eisenbahn - Verwal-
tungen sich selbst mit der Bepflanzung und Pflege
von Obstbäumen beschäftigen; eben so verwirlt er,
dass das zur Verfügung stehende Terrain, in klei-
nere Strecken getheilt, an weniger Bemittelte ver-
pachtet werde, sondern nach ihm müssen die Be-
sitzer grösserer Güter oder Landstriche da, wo die
Eisenbahn durchgeht, die zu bebauenden Stellen,
und zwar gleich auf eine sehr lange Zeit, behufs der
Anlage von Obstbau in Pacht nehmen.
Dass auf diese Weise der höchste Ertrag für
Benutzung des an den Eisenbahnen zur Verfügung
stehenden Terrains erzielt würde, geben wir unbe-
dingt zu. Wir glauben aber auch ausserdem, dass
dem rationell betriebenen Obstbau noch eine Zukunft
bevorsteht und dass daher auch Alles thun
muss, ihn zu fördern. Was jedoch zunächst
den Obstbau an Eisenbahnen betrifft, so verlangt er,
wenn er im Grossen in Trieb gesetzt werden soll,
ein nicht unbedeutendes Anlage -Kapital, was erst
nach einer Zeit von wenigstens 10 Jahren anfängt
zu rentiren. Nicht jedem Grundbesitzer steht aber
für grosse, mit Obstbäumen zu bepflanzende Strecken
ein solehes Kapital zur Verfügung. Heut zu Tage
will und muss man rasch Geld verdienen. Man ar-
beitet nieht mehr für die Kinder, wie früher, sondern
zieht vor, diesen lieber gleich das baare Geld in die
Hand zu geben. Nach 10 und 20 Jahren verändern
sich auch oft die sozialen und landwirthschaftlichen Zu-
stände auf eine Weise, dass die besten Berechnungen
für die Zukunft zu Schanden werden können. Mit einem
fremden Boden gibt sich ferner der Landwirth keines-
man
um
wegs die Mühe, wie mit dem eigenen; dort will er
-
9)
7
a
noch rascher Vortheile aus dem Boden ziehen, da | nordöstlichen Deutschland, nicht in der Weise, um
es ihm gleichgültig ist, was derselbe nach ihm ab-
wirft. Der Obstbau rentirt aber um so mehr, je älter
Jie Bäume werden. Erst nach 20 und 30 Jahren
beginnt eigentlich erst der höchste Ertrag. Deshalb
kann nur ein Gutsbesitzer, der seinem Vater auf dem-
selben Terrain folgt und auch wünscht, dass das
Gut seiner Familie erhalten bleibt, nichts Besseres
und Einträglicheres thun, als wenn er alle nicht be-
nutzten Stellen seines Landes mit Obstbäumen be-
setzt, überhaupt Obstanlagen macht und sie fort-
während in gutem Stande erhält.
Diese späten Erträge der Obstbäume sind vor
Allem die Ursache der grossen Abneigung der Land-
wirthe besonders in Norddeutschland gegen Obst-
bau. Sollte in der Weise, wie Revierförster Mage-
nau in seinem Werkchen ausspricht, vorgegangen
werden, so müsste man vor Allem die Abneigung
der Landwirthe erst durch Belehrung und Aufklärung
zu beseitigen suchen. Das möchte schwer sein,
wenigstens aber noch eine geraume Zeit dauern. Es
müsste, da wir ebenfalls glauben, dass Eisenbahn-
dämme am belohnendsten mit Obstbäumen zu
pflanzen sind, unserer Ansicht nach die Eisenbahn-
Verwaltung selbst dergleichen Obstanlagen in die
Hand nehmen. Dadurch wird ihr Geschäftskreis nur
wenig erweitert. Der Ingenieur, welchem die Auf-
sicht auf einer bestimmten Bahnstrecke übertragen
wird, könnte ohne grosse Mühe durch einen sach-
verständigen Obstgärtner die Anpflanzung ausführen
lassen. Man nimmt dann einen sogenannten Baum-
wärter an, der vielleicht schon vom Kreise, in dem
‚ie Eisenbahnstrecke liegt, angestellt ist und für die
spezielle Beaufsichtigung sorgt, und überträgt diesem
die Beaufsichtigung. Kommt die Zeit der Erträge,
dann verpachtet man die ganze bebaute Strecke auf
ein oder mehre Jahre an Obsthändler oder angren-
zende Gutsbesitzer. Hauptsache ist dabei, dass der
Baumwärter ein geschickter Mann ist, weder Be-
schädigungen an den Bäumen duldet, noch diese
sich selbst überlässt, sondern allenthalben da nach-
hilft, wo es nothwendig ist. Nur auf diese Weise
haben wir mit Revierförster Magenau die völlige
Ueberzeugung, dass an den Eisenbahnen sich nicht
allein Anlage und Unterhaltung bezahlt machen, sondern
auch ausserdem noch ein nicht unbedeutender und
zufriedenstellender Ueberschuss erzielt wird.
Es sei uns jetzt gestattet, die Einwendungen,
welche selbst einige der tüchtigsten Landwirthe der
Rentabilität des Obstbaues entgegenstellen, etwas nä-
her zu betrachten.
1. Der Obstbau gedeiht bei uns, wenigstens im
be-
Erträge geben zu können, er ist nicht naturwüchsig,
hört man oft sagen. Dieser Vorwurf ist der hin-
fälligste von allen und widerspricht aller Erfahrung.
Im äussersten Osten unseres grösseren Vaterlandes
bis Tilsit hin werden Aepfel, besonders Parmänen,
Stettiner u. Ss. w. gezogen, welche denen der besten
Öbstgegenden an Qualität und im Aussehen gleichen.
Die Grummkower Birn ist ein Produkt des nordöst-
lichen Deutschlands, eben so wie der Danziger Kant-
apfel, zwei Früchte, welche sich den besten Birnen
und Aepfeln des Südens anschliessen.
Der Obstbau gedeiht nur dann nicht, wenn man
ihm nicht die nöthige Aufmerksamkeit, welche alle
Kulturpflanzen nach ihrer Weise verlangen, widmet.
Der ÖObstbaum ist kein Waldbaum, den man sich
überlässt, sondern unter gewissen Umständen, denen
man auch feınerhin bei der Kultur Rechnung tragen
muss, künstlich entstanden. Man muss nur in der
Auswahl der zu pflanzenden Bäume vorsichtig sein
und darf nach Boden- und klimatischen Verhältnissen
nur die Obstsorten wählen, von denen auch die Er-
fahrung gelehrt hat, dass sie gedeihen. Diel’s
Napoleon’s Butterbirn, so der Gravensteiner
und der Borsdorfer Apfel gedeihen auch in rauheren
Lagen und sind so vorzügliche Birnen und Aepfel,
dass wir beispielsweise recht gut Tottleben’s Birn
und den weissen Kallvill, oder andere ein günstigeres
Klima verlangende Früchte entbehren können.
Aber auch ausser den genannten Früchten ha-
ben wir für unsere Grosskulturen im nordöstlichen
Deutschland noch viele andere Aepfel, auch
Birnen, welche den Anbau reichlich belohnen. In
der Regel will man leider aber von Seiten der Guts-
besitzer nicht viel Geld anwenden,
Obstbau gleich von vorn herein für eine verlorene
Sache hält. Anstatt sich an eine gute und renom-
mirte Baumschule zu wenden, kauft man von herum-
ziehenden Händlern die schlechten Bäumehen, welche
diese erst als Rückstände ausgekaulfter Parzellen obi-
ser Baumschulen an sich gebracht haben, um we-
und
wie
aber
weil man den
nige Groschen und wundert sich dann, wenn diese
gar nicht oder mit Noth anwachsen und im letzteren
Falle verschiedenartigsten
tragen.
Früchte
Diese Früchte werden gewöhnlich als Be-
weis des Nichtgedeihens des Obstbaues gezeigt, an-
statt dass man sich schämen und lieber die Früchte
sammt den Bäumen alsbald wegwerfen sollte.
2. Man sagt ferner, der Obstbau
Wenn dieser Vorwurf schon
in olhstreichen
die verkrüppelt
rentire nicht.
durch das Gegentheil
Gegenden entkräftigt wird.
man nur bei denen,
so darf
welche ihn machen, die Obst-
bäume ansehen, in welchem traurigen Zustande sie
sich befinden. An der geringen Rentabilität sind
nicht die Bäume, sondern ihre Besitzer selbst wegen
der schlechten Pllege Schuld.
Ein nicht unwichtiger Faktor, wenigstens der
geringen Erträge grosser Anpflanzungen, ist ferner
das Vielerlei von Obstsorten, welche man anpflanzt.
Unsere Obstbaumschulen haben den grossen Fehler,
der leider von den Käufern, welche immer etwas
Neues haben wollen, sehr unterstützt wird, dass sie
zu viel, und hauptsächlich auch schlechte oder we-
nigstens
Durch diese zu grosse Mannigfaltigkeit wird ausser-
dem noch das Land der Baumschulen so beschränkt,
unpassende Sorten zur Verfügung stellen.
dass die wirklich guten Obstsorten in der Regel
nicht in grösseren Massen dargeboten werden kün-
nen und daher grosse Anpflanzungen einer Sorte
sar nicht möglich sind. Es ist dieses schr zu be-
dauern. Wenn man aus dem Obstbaue grosse Ren-
es durchaus nothwendig, dass
gute, besonders Wirthschafts-
absetzen kann, anbaut.
ten ziehen will, so ist
man nur wenige, aber
soıten, die man rasch
5 bis 10 Scheffel einer Sorte wird es in der Regel
schwer, gleich einen Käufer zu finden, hat man deren
aber hundert und tausend, so können sich Händler
darnach einrichten und haben regelmässig ihren Bedar!.
Sie gewöhnen das Publikum auch schliesslich an
eine bestimmte gute Sorte, weil man sie zu jeder
Zeit im Winter haben kann. Unter solchen Umstän-
den sieht sich leider der, welcher gleich grosse An-
lagen machen will, oft gezwungen, sich den Bedarf
selbst heranzuziehen.
Man muss endlich für die grossen Kulturen nur
solche Sorten in der Reifzeit ein-
ander mölichst nahe Am besten ist fest-
hängendes, durch sein Aeusseres nicht verlockendes
Winterobst, weil dieses die geringsten und daher
wohlfeilsten Bewachungskosten in Anspruch nimmt
und sich auch wegen seiner Dauerhaftigkeit leichter
verkauft. Ausserdem ist Steinobst, hauptsächlich
Kirschen und Bauerpflaumen oder Zwetschen, zum
Anbau an Eisenbahnen zu empfehlen, da auch diese
keine lange Bewachung verlangen. Sobald wegen
der in der Reife verschiedenen Sorten die Bewachung
2 und selbst 3 Monate dauern muss, so geht dürch
die Kosten der Bewachung wiederum ein nicht ge-
ringer Theil der Einnahme verloren.
Was schliesslich die Rentabilität des Obstbaues
in
wählen, welche
stehen.
selbst anbelangt, so werden wir später diese
einem besonderen Artikel ausführlicher besprechen,
als jetzt hier des beschränkten Raumes halber der
Fall sein könnte.
Für
3. Der Vorwurf des Obststehlens ist im nord-
östlichen Deutschland ein ganz gewöhnlicher und
leider auch gerechter. Diesem entgegen zu arbeiten
ist Aufgabe der Schule. Leider beschäftigt man sich
in unseren Landschulen oft viel zu sehr noch mit
abstrakten Dingen und versäumt, die Kinder in dem,
was nahe liegt, zu’'belehren. Bei den meisten Schu-
len befindet sich für den Lehrer ein Garten, wo Obst
und Gemüse zum Unterricht erzogen werden soll.
Es existiren auch noch, selbst schon aus dem vori-
sen Jahrhundeite, Verordnungen, welehe darauf hin-
weisen. Wolle man nur dergleichen Schul-Gärten in
Ordnung halten und bei dem Unterrichte die Kinder
in das Interesse ziehen, damit diese Obst- und über-
haupt Bäume achten lernen! Haben wir es erst da-
hin gebracht, dass in den Dörfern selbst Obst gebaut
wird und schliesslich eine Einnahme bildet
oder wenigstens zum häuslichen Gebrauche dienen
kann, so wird das Stehlen allmählig nachlassen und
schliesslich ganz aufhören.
Nicht weniger schadet der Frevel an Obstbäu-
men, besonders derer an der Landstrasse Auch
dieser würde bei besserer Erziehung der Kinder all-
mählig seltener werden und ebenfalls endlich nieht
mehr vorkommen. Der Frevel an Obst- und ande-
ren Bäumen ist übrigens nicht immer Bosheit des
Menschen, sondern vielmehr Nichtachtung fremden
Eigenthums oder mehr Muthwille. Wir rathen übri-
sens Jedermann, besonders wenn er an Landstrassen
Obstbäume besitzt, sobald ein junger Baum abge-
brochen ist, diesen alsbald zu entfernen und mög-
lichst rasch durch einen andern zu ersetzen, denn
auch der angeborene Nachahmungstrieb des Men-
schen macht sich hier in so fern bisweilen geltend,
als ungebildete und rohe Menschen, wenn sie einen
abgebrochenen Baum sehen, ebenfalls und zwar gleich
an dem nächsten ihren strafbaren Muthwillen gern zur
Geltung bringen und diesen ebenfalls abbrechen.
Ist in einer Gegend Obstbau vorhanden, so ist
es durchaus dass sogenannte Baum-
wärter angestellt werden. Man kann nicht von je-
dem Bauer verlangen, dass er mit der rationellen
Behandlung eines Obstbaumes vertraut ist, wenn wir
auch keineswegs daran zweifeln, dass er bei einiger
Liebe zum Obstbau es nach und nach erlernt. Dass
auch Wanderlehrer zur Beförderung des Obstbaues.
viel thun können, unterliegt ebenfalls keinem Zwei-
fel. Diese anzustellen ist die eigentliche Aufgabe
derjenigen Vereine, welche sich Beförderung des
Pflanzenbaues im Allgemeinen und im Speziellen zur
Aufgabe gestellt haben.
dieses
nothwendig,
-
.
Ueber blaue Hortensien.
Wir erhalten vom Hofgärtner Jäger in Eisenach
folgende Mittheilung:
„In Nr. 22 der Wochenschrift werden in einer
Abhandlung mit gleicher Ueberschrift einige That-
sachen bezweifelt, welche ganz sicher dastehen und
jüngere Gärtner nur irre führen können, während
ältere nicht begreifen, wie man überhaupt daran
zweifeln kann. Als Ursache müssen wir einige An-
gaben von Bossin (s. Wochenschrift S. 176) be-
trachten. Stände nicht schon in der Wochenschrift
1869 S. 2 ganz bestimmt, dass die ersten blauen
Hortensien schon in einem deutschen Gartenbuche
von 1808 erwähnt werden, so könnte ich bestätigen,
Jass sie nicht erst zu Ende der dreissiger Jahre bei
uns eingeführt worden sind, denn ich besinne mich,
dass sie Schon zu Ende der zwanziger Jahre auf
dem Blumenbrette eines Apothekers die allgemeine
Bewunderung errcegten. 1830 sah ich sie bereits bei
dem Handelsgärtner, bei welchem ich eine Vorlehre
senoss. Im Garten zu Belvedere bei Weimar, wo
ich 1831—1834 lernte, hatten wir bereits blaue Hor-
tensien in Menge und in grossen Exemplaren. Sie
wurden in einer eisenhaltigen Sumpferde gezogen,
welche auf einem Grundstücke des Gärtners Grauel
in Nordhausen gefunden wurde, standen aber zum
Theil noch in Kohlenmeilererde. Es muss deshalb
das künstliche Blaumachen schon damals eine un-
zweifelhafte Sache gewesen sein.
Es steht ausser allem Zweifel, dass Eisen die
Karbenwandlung hervorbringt, und zwar jetzt noch
eben so sicher, wie früher, was in der Wochenschrift
S. 176 bezweilelt wird. Wie die Färbung bewirkt
wird, und warum sie nur bei den Hortensien staätt-
findet, bleibt allerdings unerklärt. Ebenso ist es
sicher, dass Alaun ebenfalls die Hortensien blau färbt.
Die blaue Farbe hat sich höchst wahrscheinlich von
verschiedenen Arten dureh zufällige Anwendung von
eisenhaltiger Erde erzeust. Die S. 176 von Bossin
als Merkwürdigkeit aufgeführte Thatsache, dass die
Hortensie in Thonerde blau, in guter Gartenerde wie-
der rosenroth blüht, erklärt sich sicher aus dem Ei-
sengehalt der Thonerde. Es ist jedem Gärtner be-
kannt, dass beim Verpflanzen blauer Hortensien in
nicht eisenhaltige Erde die Blüthen im nächsten Jahre
lilaroth, später wieder ganz roth werden. Am West-
ufer des Lago maggiore bei Arona sah ich in allen
Gärten sämmtliche Horfensien (dort grosse Land-
sträucher) rein "blau blühen. So viel ich mich er-
innere, ist dort das Gebirge Thonschiefer oder
Glimmerschiefer. Dass nur Eisen und Alaun das
färbende Element bilden, zeigt der Umstand, dass
die Hortensie in der Kohlenmeilererde hiesiger Ge-
send, wo der Urboden sehr roth, also stark eisen-
haltig ist, blau werden, während dieselbe Erde aus
den weiter östlich liegenden Theilen des Gebirges nicht
dieselbe Wirkung ausüben soll. Die Kunst, die Hor-
tensien mit Bestimmtheit blau zu färben, ist also
nicht verloren gegangen, wird nur nicht mehr so wie
früher geübt, weil der Gärtner durch dıe rasch auf-
einander folgenden Neuheiten zur Vernachlässigung
alter schöner Kulturen geführt wird.“
Es thut uns sehr leid, unserem verehrten Freunde,
dem Hofgärtner Jäger, keineswegs in Allem, was
er hier ausgesprochen, beistimmen zu können. Wer
auf dem Felde der Wissenschaft arbeitet, geht bei
seinen Untersuchungen und noch mehr bei seinen
Aussprüchen etwas vorsichtiger und langsamer zu
Werke, kommt aber um desto sicherer zum Ziele.
Der Praktiker ist dagegen gar zu leicht von augen-
blicklichen Erfolgen eingenommen und hält diese nur
zu leicht für hinlänglich, um ein Urtheil aussprechen
Plötzlich bleiben aber unbegreil-
lichen Ursachen einmal die bisher gehabten Erfolge
aus und machen ihn rathlos. Grade bei den Kulturen
olt entgegengesetzte Methoden mit Erfolg
sekrönt. Wir wollen nur die Frage die Zeit
und über Art und Weise des Versetzens der
Obstbäume, welche noch vor kurzer Zeit, als die
Pomologen und Obstzüchter in Braunschweig tagten,
Veranlassung zu
erwähnen.
zu können. aus
werden
über
die
weitläufigen Verhandlungen gab,
Bei dem Einen ist die Herbstzeit, bei
dem Anderen die Frühlingszeit zum Verpflanzen am
Geeignetsten, der Eine will die zu versetzenden Obst-
bäume derb, der Andere gar nicht beschnitten haben.
Jeder beruft sich auf seine Erfolge und behauptet,
dass er bei dem entgegengesetzten Verfahren stets
keinen Erlolg gehabt habe. Wenn
einander entgegengesetzten
Beide bei
recht
dass
nun
ihrem Verfahren
so unterliegt es doch keinem Zweifel,
und dass von
diesen erst die Erfolge der Herbst- oder Frühlings-
Pflanzung, des scharfen oder möglichst geringen Be-
haben,
sanz andere Agentien mitsprechen,
schneidens abhängig ist.
Die Praxis hat allerdings
Hortensien die Erfahrung dass gewisse
Erden die blaue Farbe der Blüthe bedingen. Man
slaubte, dass das in der Erde enthaltene Eisen Ur-
in Betreff der blauen
gemacht,
sache sei und wurde noch in dieser Ansicht dadurch
bestätigt, dass Eisenspähne, welche bei dem Schmie-
den des Eisens abspringen und dann der Erde für
die Hortensien beigemischt werden, die blaue Farbe
bedingen. Andere hatten Erfolg
aber denselben
360
durch Anwendung von Alaun oder Holzkohle. In
beiden Fällen spielte das Eisen gar keine Rolle. Man
hätte schon hieraus ersehen sollen, dass andere
Faktoren massgebend sein müssen und dass das
Eisen u. s. w. nur ein untergeordnetes Element sein
kann. Die Ursache, welche Hofgärtner Jäger bei
dem Blauwerden der Hortensien annimmt, ist dem-
nach hinfällig. Wie wäre es sonst möglich, dass
eine und dieselbe Hortensien-Pflanze in einer und
derselben Erde, je nach der Temperatur-Verschieden-
heit, wie es nach dem Inspektor Gireoud der Fall
ist, bald blau, bald rath hlühen könnte! Wie wäre
es ferner möglich, dass die in Japan in allen Erden
konstant blaublühende Hydrangea Otaksa bei uns
mit der rothblühenden in dieselbe Erde gebracht
wird, doch eine lange Zeit ihre Farbe behält! Die
Japanesen kultiviren noch eine zweite, aber hellblau-
blühende Form, welche sie H. Azisai nennen und in
allen Erden, mögen diese vorherrschend Eisen ent-
halten oder nicht, blau blüht. Die Franzosen besitzen
endlich eine ziemlich in allen Erden konstant blau
blühende Hortensie, welche sie Imp£ratrice Eug£nie
genannt haben.
Öttolander zu Boskoop in Holland theilte uns
früher mit, dass die ursprünglich blau blühende H.
Otaksa in freien Grund und Boden seiner Baum-
schule gebracht, in der Regel roth blühe, wenn sie
aber kräftige Triebe mache und dann Blüthenstände
von nahe 3 Fuss bilde, die ursprünglich blaue Farbe
wieder hervortrete. (Vergl. 14. Jahrg. der Wochen-
schrift S. 69 und 256.) Ist etwa hier auch das
Eisen Ursache?
Nach diesen Beobachtungen tüchtiger Gärtner,
deren Richtigkeit ausser allem Zweifel liegt, sei es
uns erlaubt, die Behauptung unseres geehrten Freun-
des über den bestimmten Einfluss des Eisens auf
das Blauwerden der Hortensiablüthen einstweilen
noch in Frage zu stellen. Wir geben ihm aber darin
völlig Recht, dass wir über die eigentlichen Vorgänge
dieser Erscheinung noch gar nichts wissen. Es ist
dieses Aufgabe eines Physiologen, deren Lösung wir
vielleicht bald entgegensehen können. Leider, so viel
wir wissen, hat sich aber noch Keiner ernstlich mit
dieser Frage beschäftigt. Nur von Prof. Hoffmann
in Giessen sind, aber leider nicht ausreichende, Un-
tersuchungen darüber angestellt worden. Aus ihnen
ist aber weiter nichts hervorgegangen, als dass das
Blauwerden der Hortensienblüthen auf einem chemi-
schen Vorgange, der in der Aufnahme gewisser
Stoffe aus der Erde seinen Grund hat, beruht. In
wie weit und ob das Eisen dabei betheiligt ist, hat
nicht festgestellt werden können. Das Eisen ist ein
so verbreitetes Metall der Erde, dass es wohl nir-
sends fehlen und daher allenthalben aufgefunden
werden möchte. Es gehört auch zu den minerali-
schen Bestandtheilen, welche den Pflanzen nothwen-
dig sind. Nach Einigen soll es vor Allem bei der
Bildung des Blattgrüns eine grosse Rolle spielen.
Schliesslich wollen wir noch bemerken, dass
an der Sultzer Kuppe (Ballon de Soultz) in den
Vogesen eine vorzügliche Erde gefunden wird. in
der die Hortensien ebenfalls die schönste blaue Farbe
erhalten. Diese Erde wird nicht allein, da ausser-
dem alle Pflanzen in ihr vorzüglich gedeihen, im
Elsass sehr viel verwendet, sie ist sogar ein wichtiger
särtnerischer Handelsgegenstand geworden, der selbst
bis nach Nordamerika versendet werden soll.
“
Die Weinlaus (Phylloxera vastatrix).
Wie wir früher mitgetheilt haben, war ein Mittel
gegen die Weinlaus in Vorschlag gebracht worden,
was einigermassen, wenn auch nur für beschränkte,
nämlich tief liegende Gegenden, Abhülfe versprach:
die Weinfelder unter Wasser zu setzen. Die Ent-
deckung der geflügelten d. h. männlichen Thiere in
srösserer Menge auf dem Boden zu gewissen Zeiten
im Jahre scheint die nachhaltige Wirkung des Mittels
zu bestätigen. Die Ehre dieser Entdeckung gebührt
einem gewissen Faucon und dem Präsidenten des
landwirthschaltlichen Vereins des Herault (in Süd-
Frankreich) Gaston Bazille. Ersterer sandte näm-
lich während der heissen Tage des Spätsommers
einige geflügelte Weinläuse an den letzteren, der
nichts Eiligeres zu thun hatte, als sich an Ort und
Stelle zu begeben. Während die geflügelten Männ-
chen der Ameisen, Blattläuse u. 5. w. zwar ebenfalls
schwerfällig sind, sich aber doch der Flügel zum
Fliegen hier und da bedienen, ist dieses bei denen
der Weinlaus nicht der Fall. Sie bleiben auf der
Erde und auf den darauf wachsenden Gräsern und
kleinen Pflanzen und begatten sich hier wahrschein-
lich mit den ebenfalls daselbst herumlaufenden un-
geflügelten Weibchen. Beide bewegen sich ausser-
ordentlich rasch auf ihren Füssen, die männlichen
sind aber so klein, dass man sie nur mit scharfen:
Auge in der nächsten Nähe erblickt. Faucon und
Bazille waren gezwungen, sich auf den Boden aus-
zustrecken und fanden die gefürchteten Thiere bald
in srösster Menge.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91
. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 46. | Dan en 16, November. % 3 1822.
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., een bei Ben en den Buchhandel als auch nee durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: Sechste Mereeae von F nchten. u a Seion in Er = Ba Me — Anzeige.
|
? Seinige beitrug. Aber immerhin frugen wir uns,
Sechiste Ausstellung warum pflanzt man in Bozen zu Spaziergängen in
von Früchten und Wein Südtyrols in Bozen der Nähe keine Bäume an? Der fühlbare Mangel
vom 21. bis 29. September. an Schatten gebenden Bäumen ist vor Allem dem
Vor 3 Jahren berichteten wir, ziemlich um die- | Nordländer empfindlich. Kranke, wie sie sich im
selbe Zeit, in-gärtnerischer Hinsicht über unseren | nahen Meran aufhalten, gehen deshalb nieht gern
Aufenthalt in Bozen (12. Jahrg. der Wochenschrift | nach Bozen, obgleich dieses sonst die Annehmlich-
S. 312); wir haben wiederum Gelegenheit, über Bo- | keiten einer grösseren Stadt auch in grösserem
zen zu sprechen, da wir in Folge einer speciellen | Maasse darbietet und mehr Gelegenheit gibt, das ächt
Einladung des dortigen landwirthschaftlichen und | deutsche Volk der Tyroler in seinen guten Eigen-
Gartenbau-Vereins am Preisrichter- Amte bei einer | schaften kennen zu lernen.
Ausstellung von im südlichen Tyrol erzogenen Früch- Wir rügten schon vor drei Jahren diesen Man-
ten Theil zu nehmen, uns im letzten Drittel des Sep- | gel an Schatten gebenden Bäumen gegen unsere
tember-Monats fast eine Woche in der im Mittel- | Freunde: man hat aber leider noch keine Anstalten
alter und selbst noch ein Paar Jahrhunderte später | zur Abhülfe dieses Uebelstandes getroffen. Er ist
berühmten Stadt, welche damals den Handel zwi- | um so fühlbarer, als auch in Bozen, wie sonst in
schen Htalien und Deutschland vermittelte, aufhielten. | Südeuropa und noch mehr im ÖOriente, die mit den
Im Jahre 1869 herrschte noch im September | Häusern verbundenen Gärten durch hohe weisse
eine Wärme, welche nur zu deutlich uns kundthat, | Mauern abgesperrt sind und enge Wege zwischen
dass wir uns bereits jenseits der Alpen befanden. | sich haben, wo man ,; wenn die Sonne hoch steht
Es war kaum möglich, in der Mitte des Tages aus- | und man daselbst wandelt, olt der schwülsten Hitze
zugehen, wenigstens keine längere Exkursion zu | ausgesetzt ist. Wir sind völlig überzeugt, dass,
machen. So viel wir aber auch durch die Wärme, | wenn Bozen für die wärmere Jahreszeit einiger
selbst noch bisweilen in den späteren Nachmittags- | Massen Schatten gebende Spaziergänge hätte, der
stunden, litten, so wirkte die Schönheit einer gross- | Zudrang länger bleibender Fremder sich bedeutend
artigen, an Abwechslungen reichen Natur, wie sie | steigern würde. Weiter von der Stadt entfernt sind
selbst nur wenige andere Orte in Tyrol und in der | allerdings so viele Parthien, welche Schatten geben,
Schweiz in dieser Weise besitzen, doch so erhebend | dass wiederum die Auswahl grösser ist, als in Meran.
auf uns, dass wir auch dieses ‚kleine Ungemach gern Das letzte Drittel des Septembers in diesem
ertrugen, zumal der längere Umgang mit biedern | Jahre liess den Mangel an Schatten keineswegs füh-
und unterrichteten Bewohnern der Stadt auch das | len, ein Ereigniss, was selbst den Bozenern ausser-
46
362
gewöhnlich vorkam. Wir hatten geglaubt, dass wir
uns auf jener Seite der Alpen, nachdem wir auf der
Reise nach Bozen schon von Leipzig an Regen und
eine sehr niedere Temperatur, welche auf dem Bren-
ner den höchsten Grad erreichte, gehabt, und uns
eine Erkältung zugezogen hatten, einiger Massen
wieder erwärmen und damit erholen könnten. Wir
wurden leider gründlich getäuscht, denn es war und
blieb, einen einzigen Tag ausgenommen, auch in Bo-
zen, also jenseits der Wasserscheide, kalt und reg-
nerisch. Es thut uns dieses um so mehr leid, als
wir gern auch die Fortschritte im Obst- und Wein-
bau, welche sich in der Ausstellung auf eine erfreu-
liche Weise kund thaten, in den Gärten und an den
Bergen besser gesehen hätten, als es unter obwal-
tenden Umständen geschehen konnte.
Wir haben uns in unserem ersten Berichte da-
hin ausgesprochen, dass trotz alles vorzüglichen
Obstes in Südtyrol die Kultur der Bäume daselbst
keineswegs eine gute und erfreuliche genannt wer-
den könnte. Es seht Bozen und dem ganzen Süd-
tyrol, wie anderen sich eines gleichen glücklichen
und milden Klima’s erfreuenden Gegenden, beson-
ders des westlichen und südlichen Frankreichs: die
Natur ist auch ohne Zuthun des Menschen mit ihren
Erzeugnissen freigebig. Wollten wir in Norddeutsch-
land die Bäume so unbarmherzig behandeln, wie
zum Theil noch bei Bozen und in Südtyrol, so würde
es mit unseren Obst-Erndten schlecht stehen. Ueber
den Alpen, eben so in Frankreich, hat man gar kei-
nen Begriff, was man sich bei uns im Norden mit
dem Obstbaue für Mühe geben muss, wenn er nicht
allein Ertrag, sondern auch etwas Gutes geben soll.
Trotzdem erzieht man aber auch in Norddeutschland
in einzelnen Fällen Früchte, welche an Schönheit
und Wohlgeschmack denen aus Südtyrol nichts nach-
geben. Was hier das Klima versagt, muss die kunst-
fertige Hand des Obstgärtners ersetzen.
Noch denkt ein grosser Theil der Obst bauen-
den Südtyroler nicht daran, ihre Bäume, wenigstens
alljährlich, einmal zu reinigen und auszuschneiden.
Wenn aber schlechte oder dürre Aeste doch einmal
herausgeschnitten werden, so geschieht es in der Regel
nicht mit Vorsicht und dicht am Stamme, wie meist
bei uns, sondern man lässt noch einen halben Fuss
langen oder längeren Stummel stehen. Dieser Stum-
mel wird oft in seiner Mitte faul. Die Fäulniss dringt
allmählich tiefer ein, bis sie schliesslieh das Herz
des eigentlichen Stammes ergriffen hat und damit
den Baum krank, schliesslich todt macht. Diese lü-
derliche Weise des Wegnehmens der untauglich ge-
allein zu finden, man sieht sie leider auch in manchen
Obstgärten des mittleren und südlichen Deutschlands,
wo ihre Folgen natürlich noch nachtheiliger sind.
Uns schien überhaupt die Behandlung des Apfel-
baumes in Südtyrol im Allgemeinen nicht die natur-
gemässe. Dieser Umstand möchte auch der Grund
sein, warum man nur selten im Thale der Etsch
schöne Bäume sieht und warum diese auch in der
Regel kein hohes Alter erreichen. Der Apfelbaum
wächst bekanntlich ganz anders, wie der Birnbaum,
dessen Hauptstamm sich bis in die Krone fortsetzt.
Deshalb ist dieser auch zu Pyramiden weit mehr
geeignet, als jener. Bei dem Apfelbaum geht da-
gegen in der Regel die Fortsetzung des Hauptstam-
mes zeitig zu Grunde, es bilden sich dafür an
seiner Spitze einige Hauptäste, welche dicht beisam-
men stehen und nach allen Seiten sich entwickeln.
Die natürliche Form des Apfelbaumes ist daher die
Kesselform. Die meisten Aepfelbäume in der Um-
gegend von Bozen hatten aber nicht eine dieser einiger
Massen nahe stehende Form, sondern waren in der
Regel ähnlich dem Birnbaume erzogen.
In wärmeren Ländern gibt man im Allgemeinen
bei der Kultur dem Birnbaum den Vorzug vor dem
Apfelbaum. Ersterer verlangt auch ein günstigeres
Klima, während der Apfelbaum im kälteren Norden
mehr und besser gedeiht. In Frankreich ist, mit
Ausnahme des Nordens, wo wegen der Ciderberei-
tung sehr viel Aepfel herangezogen werden, und
einiger zarteren Sorten von Aepfeln, der Birnbaum
nebst der Pfirsiche das beliebteste Obst. Nicht so in
Südtyrol, wo man umgekehrt beim Obstbaue den
Aepfeln den Vorzug gibt und Birnen nur nebenbei
kultivirt. Sollte die Alpenluft hier einen besonderen
Einfluss ausüben? Während Borsdorfer und Graven-
steiner z. B. grade in Mittel- und Norddeutschland
das feinste Aroma haben und schon jenseits des
Thüringer Waldes geringer sind, in Frankreich so-
gar aber an Güte weit nachstehen, ist, wenigstens
der Borsdorfer, im südlichen Tyrol, aber schon in
Böhmen und in Oesterreich, ganz vorzüglich, in
Grösse und äusserem Ansehen sogar in der Regel
selbst noch im Vorzuge.
Die Aepfelbäume hatten in diesem Jahre auch
in Südtyrol, wie im südöstlichen Deutschland, wegen
eines schwärzlichen, kleinen, an den jungen Zweigen
und Blättern massenhaft auftretenden Pilzes, über
den noch in der Wochenschrift später gesprochen
werden wird, ein trauriges Ansehen. Zu der Pilz-
krankheit war noch mehrmals Hagelschlag gekom-
men, von dem noch hier und da Verwundungen
wordenen Aeste ist übrigens bei den Tyrolern nicht | aller Art sichtbar waren. Ausserdem hatte sich, beson-
363
ders an solchen verwundeten Stellen, die Blutlaus,
welche leider sich schon seit mehrern Jahren in
Südtyrol eingenistet hat, ebenfalls eingefunden und
trug nicht wenig bei, die schon an und für sich
stark angegriffenen Bäume noch mehr erkranken zu
machen. Endlich gehört auch die grosse, haupt-
sächlich bei uns am Holze der lebendigen Weiden-
stämme lebende Raupe des Weidenbohrers (Cossus
ligniperda) noch im Thale der Etsch zu den gefähr-
lichsten Feinden des Obstbaumes. Uns war diese Er-
scheinung neu, da der Weidenbohrer, so viel wir
wenigstens wissen, in Norddeutschland Obstbäume
nicht heimsucht. Trotz aller dieser Kalamitäten hatte
der landwirthschaftliche und Gartenbau - Verein in
Bozen eine Ausstellung veranstaltet, die zu den vor-
züglichsten gehört, die wir je gesehen haben. Man
sieht, dass ein solches für Obstbau günstiges Klima,
wie Tyrol besitzt, Alles zu überwinden vermag.
Es ist eine erfreuliche Thatsache, dass man in
Bozen nicht allein, sondern wie es scheint, im gan-
zen südlichen Tyrol, seit einigen Jahren bemüht ist,
diesen gerügten Uebelständen in der Kultur abzu-
helfen. Vor Allem ist es der Weinbau, aber nicht
weniger auch die Weinkellerei, welche nach unseren
eigenen Erfahrungen bedeutende Fortschritte gemacht
hat. Wir haben bei der Preiszusprechung, wenig-
stens an dem Kosten des Weines, Antheil genommen
und vorzügliche Tafelweine, von denen wir auch
später sprechen werden, getrunken.
Wenn man bisher von Seiten der Bewohner
Südtyrols dem Obst- und Weinbau so wenig Auf-
merksamkeit geschenkt hat, so liegt auch ein natür-
licher Grund vor. Nach Italien, wo selbst sehr viel
Wein gebaut wird, konnte man sein Produkt eben
so wenig ausführen, wie nach den übrigen öster-
reichischen Erbländern; nach Norden ging es noch
weniger, weil hier der hohe Zoll Schranken setzte.
So blieb nichts weiter zum Absatz übrig, als Nord-
tyrol, wo der geringe Wohlstand der Bewohner lei-
der aber keineswegs gestattete, für guten Wein und
Obst viel Geld auszugeben, man war daselbst mit
dem schlechtesten, weil wohlfeilen Getränke zufrie-
den. Man trinkt wohl unbedingt im Allgemeinen
den schlechtesten Wein in Nord-Tyrol.
Besser ist es schon mit dem Obste in Südtyrol
bestellt, da dieses im frischen Zustande keinen Zoll
zahlt und deshalb leichter nach Deutschland ausge-
führt werden kann. Der Markt südtyrolischen Obstes
erstreckt sich bereits bis Berlin, wo Delikatessen-
händler mit dergleichen, aber auch zum Theil mit
Weintrauben ihre Schaufenster schmücken und trotz
des natürlich hohen Preises Käufer anziehen. Mün-
dazu einen früher berühmten,
chen war früher eine Stadt, welche sich durch Feil-
bieten schlechten Obstes auszeichnete und wo umge-
kehrt gutes Obst zu den seltenen Dingen gehörte. Seit
einigen Jahren ist es anders geworden. Man erhält
hauptsächlich schöne wohlschmeckende Zwetschen
und Weintrauben um ziemlich niedrige Preise. Von
Aepfeln tyrolischen Ursprungs hat man selbst in
München eine ziemlich grosse Auswahl.
Da der Norden für Süd- Tyrol hinsichtlich des
Obstes und Weines das einzige Absatzland von
Bedeutung ist, so sind auch die Blicke aller Bozener
nach Deutschland gerichtet. Gewiss ist kein Wunsch
natürlicher und gerechter, als dass einmal die Zoll-
schranken zwischen Deutschland und den österreichi-
schen Erblanden fallen möchten. Da jetzt Deutsch-
land, wie ein sachkundiger Engländer erst vor Kur-
zem ausgesprochen hat, die Stütze des Freihandels
ist, Frankreich aber sich fast wie Russland abschliesst
und den schutzzöllnerisehen Ansichten bereits zum
Theil sich übergeben hat, da ferner Oesterreich - Un-
garn sich den freihändlerischen Ansichten mehr als
früher zuneigt, so wollen wir uns gern im Interesse
der Südtyroler, aber auch im eigenen, der Hoffnung
hingeben, dass recht bald die lästigen Zollschranken
zwischen den beiden auf einander gewiesenen gros-
sen Völkern ganz fallen, oder die Zölle wenigstens
bedeutend ermässigt werden. Es hat für jeden ächten
Deutschen stets etwas Unangenehmes, wenn er gegen
Deutsche die lästige Zollschranke gezogen sieht und
nicht einmal mit denen, die dieselbe Sprache reden
und gleich denken, kommuniziren kann. Ist am
Rheine gegen Elsass endlich die Zollschranke ge-
fallen, so mag sie auch gegen die durch und durch
deutschen Tyroler ebenfalls beseitigt werden.
Ehe wir zur Ausstellung selbst übergehen, sei
es uns erlaubt, zuvor noch mitzutheilen, dass eben
jetzt ein mit Gärtnerei verbundenes pomologisches
Institut in der nächsten Nähe von Bozen, und zwar
am Weinberlhofe zu St. Jacob, gegründet ist. Von
einem Privatmanne zwar ausgegangen, muss man
wünschen, dass auch die Regierung das Ihrige thut,
um es in seiner schwierigen Aufgabe zu unterstützen.
Wo eine rationelle Behandlung des Obstbaues im
Allgemeinen noch zu den frommen Wünschen gehört,
ist gewiss ein solches Institut nothwendig. Unter-
nehmer ist der auch in Deutschland, besonders durch
Handel mit Alpenpflanzen, längst bekannte Gärtner
Unterrainer in Innsbruck. Seine ursprüngliche
Gärtnerei besteht noch in Innsbruck, wenn wir nicht
irren, unter speeieller Leitung eines Solınes. Seit
2 Jahren hat er aber hier ein Filial gegründet und
nach dem Tode des
46*
Besitzers aber sehr vernachlässigten Obst-Garten ge-
wonnen. Mit der Gärtnerei ist auch das Institut ver-
bunden. Bereits sind grössere Baumschulen in einer
Weise angelegt, dass sie etwas zu versprechen schei-
nen. Unterrainer’s Töchter verfertigen mit sehr viel
Geschmack und mit Fertigkeit von kleinen getrock-
neten Alpenblumen, den Edelweis in der Mitte, aller-
hand künstliche Zusammensetzungen, welche sie in
der Mitte einer Enveloppe von starkem Papier und
ein sogenanntes, hier sehr flaches Kräuterkissen ein-
schliessend, anbringen. Diese Enveloppen erhält
man übrigens um billige Preise durch ganz Tyrol.
Hier und da, wie mir berichtet wurde, auch
Niederlagen von diesem Luxusartikel in einigen Städ-
ten Deutschlands vorhanden.
Ein weiterer Fortschritt in der- Obstkultur ist
die Anstellung besonderer Wanderlehrer. 50 viel
wir wissen, existirt aber ein solcher zunächst nur in
Trient und ist vom dortigen landwirthsehaftlichen
Vereine angestellt worden. Es ist ein tüchtiger, jun-
ger Gärtner, mit Namen Frank.
Wie sehr es den südtyrolischen Vereinen daran
liegt, mit auswärtigen, gleichen Zwecken nachgehen-
den Vereinen in Verbindung zu treten, wird man aus
früheren Berichten in der Wochenschrift über grös-
sere Ausstellungen, besonders pomologische, ersehen
haben. Der Bozener Verein hat seit der 2. Pomo-
logen-Versammlung in Gotha im Jahre 1857 an allen
folgenden Versammlungen regen Antheil genommen;
seine Obst-Sammlungen gehörten stets zu den bes-
seren und erhielten besondere Preise. Auch dieses
Mal befand sich der oben genannte Wanderlehrer
Frank während der 6. Pomologen-Versammlung am
10. Oktober in Braunschweig.
Um den Handel mit Obst nach Deutschland or-
dentlich zu betreiben, hat sich eine besondere Ex-
port-Gesellschaft Südtyroler Früchte gebildet, welche
die guten Früchte in Südtyrol zu kaufen bemüht ist
und nur solche in den Handel zu bringen sucht. Ausser-
dem giebt es aber noch einzelne Händler, welche
bereits einen ziemlich grossen Export nach den grös-
seren deutschen Städten besitzen. Wir nennen un-
ter Anderen die gewiss schon Vielen bekannte Hand-
lung von Johann Holzknecht in Bozen, die in
der Leipziger-Strasse zu Berlin bereits ein Filial be-
sitzt. Beständig sieht man hier am Schaufenster
Menschen, die das schöne Obst neugierig beschauen.
Besonders machen wir aber noch auf die Handlung
verwertheter, besonders kandirter und eingemachter
Früchte, von Marmeladen und Fruchtsäften von Jo-
seph Ringler’s Söhne in Bozen aufmerksam.
Auf sie werden wir später zurückkommen.
sind
Wenn der Tyroler Wein bei uns leider auch
noch dem Zoll unterworfen ist und damit sein Be-
zug nicht wenig theurer wird, so wollen wir doch
nicht unterlassen, auf Produzenten aufmerksam zu
machen, von deren guten Weinen wir uns selbst
überzeugt haben, also aus Erfahrung sprechen kön-
nen. Es sind dieses die Weingarten -Besitzer Jo-
seph Perger, früher Eigenthümer des Gasthofes
zur Traube in Bozen, und Leonhart Hölz] in Gries
(Firma: Franz Simon v. Fritz in Bozen). Aus-
serdem sind noch Andere vorhanden, deren Pro-
dukte zu erproben wir nur nicht Gelegenheit hatten.
Wir wollen jedoch die nennen, welche von Seiten
der Preisrichter die höchsten Preise zugesprochen
erhielten: Andreas Kirchebner, Dr. Joseph v.
Braitenberg. und Franz Tschurtschenthaler,
sämmtlich in Bozen.
Die Früchte des günstiger gelegenen Thalgebietes
der Etsch, in dem Bozen liegt, wurden von denen
der rauheren Lagen an den Bergen und in den Thä-
lern der höhern Nebenflüsse bei der Beurtheilung
geschieden. Aus den Sortimenten der letzteren trugen
die höchsten Preise für Obst im Allgemeinen: Kom-
munalverwalter Joh. Schuster in Schlanders, für
Aepfel: der landwirthschaftliche Verein in
Klausen, und für besonders hervorragende Leistungen
in der Obstkultur: Wittwe Karoline Baur den Sieg
davon, im Thalgebiete hingegen für Obst im Allge-
meinen: Georg Ritter v. Toggenburg in Bozen,
für Aepfel: Joseph Weger in Girlan, für Birnen:
Andreas Kirchebner in Bozen, für das schönste
und grösste Trauben -Sortiment: Wittwe Karoline
Baur, für sogenannte Südfrüchte: Andreas Kirch-
ebner, für Südfrüchte besonders schön auf einem
Tafelaufsatz arrangirt: wiederum derselbe, und end-
lich für Orangen und Limonen: Georg Ritter von
Toggenburg.
Die Ausstellung fand in 2 schönen, ziemlich
geräumigen Sälen der Handelskammer, welche über-
einander lagen, statt und war von Jos. Prucha,
Gärtner des Erzherzogs Heinrich, mit Unterstützung
des Vereinsgärtners Mader, auf eine so sinnige Weise
arrangirt worden, dass wir wohl wünschten, sie fände
Nachahmung. Das günstige Lokal, was unter An-
derem im Hintergrunde des unteren Saales noch einen
viereckigen, oben offenen und einem Klosterhofe nicht
unähnlichen Raum, geschmückt mit prächtigen tro-
pischen Pflanzen in wohlgelälliger Aufstellung enthielt,
mag viel zur Erhöhung des Eindruckes beigetragen
haben: man hatte aber auch ausserdem meisterhaft
verstanden, das sonst in Massen eintönige Ausstel-
| Jungs - Material von Früchten auf ächt künstlerische
365
Weise zu verwerthen. Mit Ausnahme einer grossen
Obst- und Wein- Ausstellung in Bordeaux, der wir,
wenn wir nicht irren, im Jahre 1863 beiwohnten,
hatten alle Obstausstellungen, auch die in“Paris und
London, schliesslich etwas ausserordentlich Lang-
weiliges. Die langen Tafeln, mögen sie flach oder
terrassenartig aufgebaut sein, sind, eben so wie die
Tische, und wenn sie mit noch so schönen Früchten
auf Tellern geschmückt werden, nicht im Stande, das
Monotone zu verdrängen, selbst wenn hinter ihnen
längs der Wand noch Pflanzen- und Blumentöpfe,
die in der Regel leider auch keineswegs zu den
ausgesuchteren gehören, stehen.
In den Ausstellungsräumen der Öbstausstellung
in Bozen war es anders. Die langen flachen oder
terrassirten Tafeln waren ganz vermieden, auch an
den Wänden. Hier standen längliche Tische mit
Fruchtvasen in der Mitte und getrennt von einander
durch angebrachte Gesimse oder kleinere Etageren,
während die Mitte der beiden Säle von grossen
Etageren oder anderen entsprechenden Vorrichtungen
eingenommen war.
Die Früchte selbst von einer Vollkommenheit,
wie sie durchaus nur in einem solchen günstigen
Klima, als Südtyrol besitzt, wachsen, lagen allerdings
ebenfalls auf Tellern, aber am Rande der Etageren-
Absätze hatte man einladende Trauben mit dem
Laube oder dergleichen, in der Mitte hingegen, den
Träger der Absätze deckend, allerhand Südfrüchte,
ebenfalls noch an den Zweigen, also mit Blättern
versehen, angebracht. Auf dem obersten und klein-
sten Absatze stand in der Regel eine Vase flach
oder in der etrurischen Form, auch ein sinnig ge-
flochtener Korb, gleichsam ein Pickenick (wir finden
in der That keinen bezeichnenderen Ausdruck) von
verschiedenen einladenden Südfrüchten enthaltend.
Man hatte meisterhaft verstanden, selbst den grossen
Früchten, wie Melonen, Pompelmus, riesigen Granat-
äpfeln u. s. w. etwas Leichtes zu geben. Jede dieser
Schalen, Vasen und Körbe hätte den alten holländi-
schen Meistern in Fruchtstücken Gelegenheit geben
können, ihre Kunst in Anwendung zu bringen.
Wir schliessen hier unseren Bericht und werden
nicht versäumen, wenn die nächste und siebente
Ausstellung von Früchten und Wein in Bozen statt-
findet, Kenner und Laien aufzufordern, dahin zu gehen.
Die Natur ist ausserdem in Tyrol so verschwenderisch,
die Menschen sind so bieder und brav, dass, wenn man
einigermassen vom Wetter begünstigt ist, man nach
allen Richtungen hin zufriedengestellt heimkehren wird.
Wir können aber nicht umhin, bevor wir schliessen,
den Leitern dieser schönen Ausstellung, vor Allem
aber dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem Vize-
präsidenten der Handelskammer Schuler in Bozen,
gewiss auch im Namen der vielen Fremden. welche
sich in der letzten Woche des Septembers in Bozen
befanden, aber auch dem Weinbergs-Besitzer Perger
den aufrichtigsten Dank auszusprechen.
Botanical Magazine.
Jahrgang 1871.
Ausnahmsweise ist dieses Mal die Zahl der be-
schriebenen Orchideen geringer als in früheren Jahr-
gängen. Trotzdem liebt der Engländer Orchideen eben
noch so wie früher. Einige Pflanzenliebhaber lassen
nach, andere dagegen beginnen ihre Vorliebe für die
eigenthümlichen Glieder dieser Familie zu entfalten.
Wiederum ist eine Form des beliebten und gross-
blumigen Onceidium tigrinum Llav. et Lex. (auf
der 5878. Tafel) dargestellt. Sie unterscheidet sich
durch grössere Blüthen von der Hauptart und wurde
zuerst von Duchartre, der sie im Jahre 1862 auf
einer Ausstellung des Gartenbau-Vereins in Paris
sah, unter dem Namen Oneidium splendidum
beschrieben. Vaterland sind Mexiko und Guatemala.
Die birnförmigen Scheinknollen von 2 bis 31, Zoll
Länge stehen gehäuft beisammen und haben nur ein
elliptisches und dickfleischiges Blatt von 1 bis 2 Fuss
Länge. Aus ihrer Basis kommt ein 2 Fuss langer
Stiel hervor, welcher eine Rispe 2 Zoll im Durch-
messer enthaltender Blüthen trägt. Die Grundfarbe
ist hellgelb, wird aber an den im Verhältniss zur
Lippe sehr kleinen Blumenblättern durch
Querbinden unterbrochen.
Dendrobium barbatulum Lindl. (Tab. 5918)
ist eine ostindische Orchidee, welche zwar schon seit
dem Anfange dieses Jahrhunderts in England einge-
führt, aber erst später (1830) durch Lindley und
Paxton festgestellt worden ist. Sie wurde mehr-
fach verkannt. Zunächst bildete Wisht unter die-
sem Namen eine Art ab, welche später den Namen
D. ehlorops erhielt, dann hat Bateman das im
botanical Magazine (Tab. 5444) früher schon bildlich
dargestellte D. barbatulum als falsch erkannt und D.
Fytceheanum genannt. Alle 3 Dendrobien haben
weisse Blüthen, deren Blumenblätter aber nur bei
dem ächten D. barbatulum breit elliptisch sind. Mehre
blattlose Stengel mit etwas zwiebelartig angeschwol-
lener Basis und von Fuss-Länge tragen in Zwischen-
räumen ziemlich aufrecht stehende Trauben von 3
bis 4 Zoll Länge und auf kurzen Stielen. Die ellip-
tischen Blätter von 3 bis 4 Zoll Länge befinden sich
nur an den Jungen Trieben.
braune
366
Epidendrum evecetum Hook. (Tab. 5902)
wurde von Purdie in den Bergen Neugranada’s auf-
gefunden und gehört deshalb zu den kalt zu kulti-
virenden Arten. Am nächsten steht die Art der erst
vor Kurzem eingeführten E. Lindeni Lindl. und ge-
hört mit dieser in die Abtheilung der schistochila
tuberceulata. Mehre 3 bis 4 Fuss lange Stengel ver-
ästeln sich und die Aeste sind nach oben zu mit
elliptischen, 4 bis 6 Zoll langen Blättern in 2 Reihen
besetzt. Besonders reizend nimmt sich die Pflanze
in Blüthe aus, da die Blüthentrauben von 4 bis 6
Zoll Länge und 3 bis 4 Zoll Breitendurchmesser eine
prächtige dunkelrothe Farbe haben.
Epidendron Pseud-Epidendron Rechb.
(Tab. 5929) stammt aus Neugranada und gehört zu
derselben Abtheilung. Wiederum befinden sich neben
einander mehre, an der Basis zwiebelartig verdickte
Stengel dicht bei einander, verästeln sich aber nicht.
Zwischen den 5 bis 7 Zoll langen Blättern am Ende
des Stengels kommt die wenig-blüthige Aehre her-
vor. Der oft 1 und 1!/, Zoll lange und sehr schlanke
Fruchtknoten hat dieselbe grüne Farbe, wie die über
Zoll langen und schmalen Blumenblätter, dagegen ist
die langgestreckte, oben sehr breite Lippe braun,
mit Ausnahme des gelben und gezähnelten Randes.
Megaclinium purpuratum Lindl. (Tab. 5936)
wächst im Osten des heissen Afrika’s und bildet ein
stielrundes Rhizom von der Stärke eıner Gänsefeder.
Am Ende der Aeste erheben sich die schmal - ellip-
tischen Scheinknollen von 11), bis 2 Zoll und endi-
gen mit einem Paar dunkelgrüner und elliptischer
Blätter, welche eine Länge von gegen 4 Zoll haben.
An ihrer Basis kommt der 10 bis 18 Zoll lange Sten-
gel hervor, dessen obere Hälfte blattartig erscheint,
eine braun gezeichnete Farbe besitzt und längs der
Mitte der einen Fläche die kleinen, nur wenige Li-
nien im Durchmesser besitzenden Blüthen trägt.
Deren weisse Farbe wird durch rothe Punkte unter-
brochen.
Drymoda pieta Lindl. (Tab. 5904) ist eine
der sonderbarsten und kleinsten Orchideen, welche
wir besitzen. Sie stammt aus Mergui auf der Ma-
laiischen Halbinsel und wurde von Griffith ent-
deckt, nach Kew dagegen durch Parish gesendet,
der sie in Moulmein fand. Die ganze Pflanze besteht
aus einem kreisförmigen Scheinknollen von 4 bis 6
Linien Durchmesser und sitzt an den Aesten ver-
schiedener Bäume meist reihenweise an. Aus seiner
Mitte entspringt der stadenförmige Stengel von 11,
Zoll Länge und trägt nur eine einzige Blüthe von 8
bis 12 Linien Durchmesser und weiss-grün-rothbun-
ter Farbe.
Eria extinetoria Hook. (Tab. 5910) schliesst
sieh im äusseren Ansehen vollständig der vorigen
an und wurde ebenfalls von Griffith, aber im Bir-
manenlande, entdeckt, die Ehre der Einführung ge-
hört aber wiederum Parish. Lindley hat sie
nach getrockneten Exemplaren als Dendrobium
extinetorium beschrieben. Die denen der Drymoda
pieta gleich grossen Scheinknollen sind mehr rund-
lich, aber von oben mehr oder weniger zusammen-
gedrückt. Die stadenförmigen Stengel sind etwas län-
ger, als bei eben genannter Pflanze, tragen aber eben-
falls an der Spitze nur eine etwas übergebogene
Blüthe von schwach-rosenrother Farbe.
Cypripedium niveum Rcehb. (Tab. 5922) —
haben wir bereits im 13. Jahrg. (S. 126) besprochen.
Sie möchte doch vielleicht von C. eoncolor, mit der
sie viel Aehnlichkeit besitzt, verschieden sein, da sie
nicht auf dem ostindischen Festlande, sondern nur
auf einer besonderen Inselgruppe zwischen Singa-
pure und der Insel Borneo, welche als die Tembe-
len-Gruppe bezeichnet wird, vorkommt.
Ophrys lutea Cav. (Tab. 5941) haben wir bei
Gelegenheit einer Abhandlung über Erd-Orchideen
des südlichen und mittleren Europa’s erwähnt und
empfohlen (13. Jahrg., S. 148). In der grössten An-
zahl werden diese Erd-Orchideen in Twickenham im
Garten des Grafen von Paris kultivirt und mit gros-
ser Liberalität weiter verbreitet. Ophrys lutea ist
keinesweges auf Spanien beschränkt, wie in besag-
ter Abhandlung gesagt wird, sondern wächst durch
sanz Südeuropa und geht selbst nach Kleinasien
über; ausserdem kommt sie aber auch in Nordafrika,
und zwar von Tunis bis Marokko vor. Im Ansehen
ähnelt sie den bekannteren Arten, welche früher den
Kollektivnanien Ophrys insectifera führten, besitzt
aber grüne, meist zusammengeneigte Blumenblätter
und eine gelbe Lippe mit dunkelbraunem Diskus.
Wir gehen zu den übrigen Monokotylen über.
Costus Malortieanus H. Wendl. (Tab. 5894)
gehört zu den schöneren Pflanzen, welche Hofgärt-.
ner H. Wendland in Herrenhausen bei Hannover
von seiner Reise nach Central-Amerika und Guate-
mala entdeckt hat. Genannt wurde sie zu Ehren:
des bekannten Hofmarschalls v. Malortie in Han-.
nover, eines grossen Pflanzen- und Blumen-Lieb-
habers, der grosse Verdienste um Hebung der Gärt-
nerei gehabt hat. Leider ist sie neuerdings wieder-
aus den Gärten verschwunden, so sehr sie auch als:
-Blatt- und Blüthenpflanze Empfehlung verdient. Viel
Aehnlichkeit hat sie mit C. pietus Don. Die ganze.
Pflanze ist mit langen Zottenhaaren besetzt. Sie-
macht einen 1 bis 3 Fuss hohen Stengel, der jedoch.
367
nur am oberen Theile mit eirundlichen, aber mit
einer Spitze versehenen Blättern von 8 bis 12 Zoll
Länge besetzt ist. Diese haben eine schöne dunkel-
srüne Farbe und breiten sich ziemlich flach aus.
Die Blüthen bilden einen kurzgestielten, eirund-läng-
lichen Kopf, aus dem sich immer nur einzelne, grosse
Blüthen von gelber Farbe, aber von rothen Streifen
unterbrochen, erheben und eine kurze Lebensdauer
haben.
Cureuma albiflora Thwait. (Tab. 5909) stellt
zwar eine recht hübsche Blatt- und Blüthenpflanze
dar, steht aber andern, bereits in Kultur befindlichen
Arten der Familie der Zingiberaceen nach. Das
Rhizom besteht, wie bei anderen Arten dieses Ge-
schlechtes, aus Büscheln knolliger Wurzeln, während
ein eigentlicher Stengel fehlt und nur scheinbar durch
die einander umschliessenden Blattscheiden gebildet
wird. Die eigentlichen Blattspreiten sind länglich,
aber mit einer besonderen Spitze versehen. Ihre
Länge beträgt 5 bis 7 Zoll. Aus der Mitte der Blät-
ter kommt der längliche Blüthenkopf, dessen weisse
Blüthen der Reihe nach sich entfalten, hervor.
Tillandsiaionantha Planch. (Tab. 5892) ist
eine interessante Bromeliacee von zwergigem Wuchse,
welche auch als Tillandsia oder Pityrophyllum
erubescens in den Gäiten vorkommt. Zahlreiche
reichblättrige und rosettenartige Triebe von 3 und
4 Zoll Höhe stehen an einem kleinen Wurzelstock
und stellen eine rundliche Pflanze dar. Die lanzett-
förmigen, steifen, aber meist etwas gekrümmten Blät-
ter erhalten zur Zeit der Blüthe eine schöne rothe
Farbe. Die Blüthen selbst kommen gedrängt an der
Spitze eines sehr verkürzten Stengels hervor, sind
blau- violett und werden von den Blättern einge-
schlossen.
Agaveixtlioides Ch. Lem. hat in Kew ge-
blüht und ist wohl von A. Ixtli verschieden, aber
doch sehr nahe stehend. Wir haben ihrer schon
früher gedacht (8. Jahrg., S. 111). Sie macht kei-
nen oder nur einen sehr kurzen Stengel und ist sehr
blattreich, da die Zahl der Blätter 30 und selbst 40
beträgt. Diese sind länglich-lanzettförmig und am
Rande mit kleinen und entfernt stehenden Dornen
besetzt, während die Spitze in einen starken Dorn
ausläuft. Ihre Länge beträgt 11, bis 2 Fuss. In
der Jugend haben sie eine blaugrüne Farbe. Aus
ihrer Mitte erhebt sich der 10 bis 12 Fuss hohe
Stengel mit kurzen Aesten, ähnlich wie bei A. ame-
ricana, armleuchter-artig. Die Blüthen haben eine
grüne Farbe.
Agave Bessereriana (nicht Besseriana, da
ihr Entdecker Besserer nicht Besser heisst, Tab.
5949) gehört zu den neueren Arten, welche aus
Mexiko direkt eingeführt wurden und von uns be-
reits mehrmals besprochen ist (zuletzt im 13. Jahr-
sang, 98). Im Ansehen ähnelt die Pflanze als solche
der A. ixtlioides, aber die kleinern, stets blaugrünen
Blätter haben in sofern eine andere Gestalt, als sie
auf beiden Flächen konvex sind. Ausserdem ver-
schmälern sie sich im unteren Drittel nicht unbedeu-
tend, während der obere Theil in einen sehr langen
und braunen Dorn ausläuft. Ausserdem befinden
sich aber noch am Rande ziemlich entfernt kleine,
braune und nach oben gekrümmte Dornen. Der 21;
Fuss hohe Schaft endigt mit einer kurzen Aehre
srüner Blüthen.
Bomarea chontalensis Seem. (Tab. 5729)
wächst auf dem Chontales- Gebirge Nikaragua’s und
wurde durch William Bull in London eingeführt.
Sie gehört zu den Amaryllidaceen mit beblättertem,
schwachem Stengel, der an andern Pflanzen oder
Gegenständen sich emporwindet. In der Regel wird
er einige Fuss hoch und hat die Stärke eines Feder-
kieles. Die elliptischen, von mehrern Nerven durch-
zogenen Blätter stehen nur an seinem Ende zu 4 und
5 in einem Quirl, von dem aus 4 oder 5 überhän-
sende Blüthenstiele, von 4 bis 6 fast glockenförmigen
und rothen Blüthen besetzt, entspringen. Diese haben
einen Durchmesser von 1!/, Zoll.
Crinum brachynema Herb. (Tab. 5937) wurde
aus Bombay eingeführt; es ist aber noch zweifelhaft,
ob es dieselbe Pflanze d. N. ist, welche 1842 bei
Loddiges blühte. Es gehört zu den grossen Arten
dieses Geschlechts und besitzt eine rundliche Zwiebel
mit dem Durchmesser eines Fusses. Die 1!/, bis 2
Fuss langen, aber nur 3!/, Zoll breiten Blätter sind
glänzend-grün und in der Mitte nicht gekielt. Sie
kommen erst lange Zeit nach der Blüthe hervor.
Diese sind wohlriechend, stehen zu 15 bis 20 auf
einem sehr zusammengedrückten Stiel von 8 bis 12
Zoll Länge und haben eine schmale und übergebogene
Röhre, sowie einen grossen, 2!/, bis 3 Zoll im Durch-
messer enthaltenden Saum. Ihre Farbe ist weiss.
Nerine pudica Hook. (Tab. 5901) blühte im
botanischen Garten von Kew, ohne dass man wusste,
woher sie stammt. Gleich der Guernsey -Lilie (N.
sarniensis) verdient sie Beachtung. Aus einer eiförmig-
länglichen Zwiebel kommen schmale, linienförmige
Blätter und in deren Mitte ein Stiel mit 6 bis 8 meist
horizontal-abstehenden, 1!/, Zoll langen und trichter-
förmigen Blüthen hervor. Ihre Farbe ist weiss, mit
einem rothen Streifen in der Mitte.
Amaryllis Rayneri Hook. (Tab. 5883) ist,
wie Hooker selbst berichtigt, von Amaryllis pro-
368
ceera Duch. (Hippeastrum procerum Lem.) nicht ver-
schieden und bereits früher (im 10. Jahrg. S. 344)
besprochen und empfohlen worden.
Xiphion junceum Klatt (Tab. 5890) ist Iris
jJuncea Dest., oder lusitanica Ker, eine auf trockenen
Hügeln Algeriens, Marokko’s, aber auch auf der Pyre-
näischen Halbinsel und in Italien wachsende Pflanze,
welche sich von andern Iris-Arten, gleich der Spa-
nischen Iris (Iris Xiphoides oder hispanica), durch
Anwesenheit einer Zwiebel (also keines Kuollens) und
durch den Mangel eines Bartes auf den äusseren
Blumenabschnitten unterscheidet. Durch die gelben
Blüthen weicht sie auch wesentlich von der genannten,
in wärmern Ländern viel kultivirten Pflanze ab.
Xiphium filifolium Klatt (Tab. 5928) steht
hingegen der ächten spanischen Iris mit ihren grossen,
violetten Blüthen weit näher und unterscheidet sich
hauptsächlich durch die dünnen und fadenförmigen
Blätter. An Schönheit übertrifft sie die vorige. Ent-
deckt wurde sie von Boissier in Spanien und als
Iris filifolia beschrieben.
Gladiolus dracocephalus Hook. (Tab. 5884)
ist eine interessante Art, welche in Port-Natal, also
in Südafrika aufgefunden wurde und wegen ihrer
breiten Blätter dem Gl. Papilio, wegen der Zeichnung
auf den Blüthen aber dem Gl. viperatus nahe steht.
Dass die letzteren trotz ihrer Grösse dem Auge wohl-
gefällig wären, kann man nicht sagen. Die 3 Ab-
schnitte der Oberlippe sind grünlich-gelb, aber ausser-
dem dunkelbraunroth-gestreift, die beiden der Unter-
lippe hingegen grün und roth-punktirt.
Massonia odorata Hook. (5891) wächst eben-
falls in Südafrika und ähnelt im äusseren Aussehen
und hinsichtlich der weissen Blüthenfarbe den kleinen
Örmnithogalum-Arten des Orientes, hat aber röhren-
förmige Blüthen, die zu 6 bis 10 eine dichte Dolden-
traube bilden und von 2 schmalen Blättern umgeben
werden. Die ganze Pflanze erreicht blühend nur
einige Zoll Höhe. i
Haemanthus tenuiflorus Herb. 8. coccineus
(Tab. 5881) wächst in Abyssinien und wurde bei
Gelegenheit der englischen Expedition dahin entdeckt.
3 oder 4 Blätter von 4 und 5 Zoll Länge kommen
im Herbst hervor und sind elliptisch, haben aber
lange Scheiden, welche einen Scheinstengel bilden.
Die rothen Blüthen bilden einen ziemlich dichten
Kopf und kommen im Frühjahre hervor. Ihre sehr
schmalen Blumenabschnitte breiten sich wagerecht
aus und sind gegen 8 Linien lang.
Anzeige.
Von der Wander- Versammlung der deutschen
Wein- und Obst-Producenten, welche bekanntlich im
laufenden Jahre statutenmässig gemeinschaftlich mit
der allgemeinen XXVIll. Versamınlung deutscher Land-
und Forstwirthe in München als Sektion für Wein-
und Obstbau getagt hat, ist aufEinladung der
Stadt Trier einstimmig beschlossen worden:
dass, da die Allgemeine Versammlung deut-_
scher Land- und Forstwirthe für 1873 in Hin-
sicht auf die Weltausstellung zu Wien ausfallen
solle, auch die Sektions-Versammlung der Wein-
und Obst-Producenten nicht im Jahre 1873 ab-
gehalten, sondern für ihre nächste selbststän-
dige XVI. Wander-Versammlung erst das Jahr
1874 mit dem Versammlungsorte Trier be-
stimmt werde.
Dieser von den Herren Wein-Producenten ge-
stellte Antrag fand umsomehr Anklang, als voraus-
sichtlich in Wien im September 1873 eine inter-
nationale Vereinigung der Wein - Producenten zum
Zwecke der Feststellung der Nomenklatur der Reb-
sorten und wahrscheinlich auch eine Versammlung
von Pomologen und ÖObstzüchtern stattfinden wird.
Ausserdem hat die VI. Versammlung des*deut-
schen Pomologen-Vereins unter dem Präsidium von
Oberdieck, C. Koch und Lucas beschlossen, ihre VI.
Versammlung gemeinschaftlich mit der schon gedach-
ten Wander-Versammlung für Wein- und Obstbau im
Jahre 1874 zu Trier abzuhalten und den ergebenst
Unterzeichneten ebenfalls mit ihrer Geschäftsführung
beauftragt.
Nachdem der Vorstand des für diesen Zweck
bereits konstituirten Trier'schen Fest- Comite’s sich
mit diesen vorstehenden Beschlüssen einverstanden
erklärt hat, bringe ich dieselben hiermit vorläufig zur
öffentlichen Kenntniss, indem ich zugleich an die ge-
ehrten betheiligten Zeitungs - Redaktionen die er-
gebenste Bitte richte, die Sorge für die weitere Ver-
breitung dieser Bekanntmachung gütigst zu über-
nehmen.
Trier, den 25. Oktober 1872.
Der Geschäftsführer der VI. Versammlung des
deutschen Pomologen-Vereins und der XV]. Sektions-
Versammlung der deutschen Wein- und Obst-
Producenten.
Beck,
Königl. preussischer Regierungs-Rath.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
des
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 41.
Berlin, den 23. November.
Is.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 1. December, Vormittags 1 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48,
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Die sechste Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig, vom 10. bis 13. Oktober. —
Botanical Magazine (Schluss).
Die sechste allgemeine Versammlung
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter
in Braunschweig,
vom 10. bis 13. Oktober 187%,
Nicht weniger als fünf Jahre lagen zwischen der |
5. und der 6. Versammlung deutscher Pomologen und
Obstzüchter, während der gewöhnliche, bisher ein-
gehaltene Turnus ein dreijähriger war. Die längeren
Zwischenräume von einer Versammlung zur anderen
unterscheiden diese Wander - Versammlungen der
Pomologen von den übrigen, welche alljährlich sich
in der einen oder andern Stadt Deutschlands ver-
sammeln. In diesen wird Neues vorgelegt. Die
Männer der Wissenschaft und der Praxis theilen mit,
was sie durch Forschungen oder Erfahrungen Posi-
tives gewonnen und geben den Jüngern eine Än-
regung, die sie zu Hause weiter
In den Pomologen -Versammlungen dagegen sollen
zunächst wichtige Fragen der Gegenwart verhandelt,
Aussprüche bestimmter Sätze gethan werden, um
nach 3 Jahren zu sehen, in wieweit das, was früher
gesagt wurde, sich bestätigt hat, ob die Aussprüche
ferner anzunehmen oder zu verwerfen sind.
Die längere Zeit zwischen der 5. und 6. Ver-
sammlung war durch äussere Ursachen bedingt wor-
den. 1870 standen wir inmitten eines harten Kampfes
mit unseren Erzfeinden, den Franzosen, 1871 herrschte
hingegen eine Misserndte, die wenig Erfolg versprach.
verarbeiten sollen.
Wenn nun trotzdem 1872, das Obst ebenfalls
wenig, nur strichweise gerathen war, die 6. Ver-
sammlung doch abgehalten wurde, so wollte man
die Zeit nicht weiter hinausschieben, um die Anhänger
der Pomologen-Versammlungen in ihrem Eifer nicht
erkalten zu lassen, auch um Gelegenheit zu
geben, im Interesse des Obstbaues sich gegenseitig
wieder zu finden und, abgesehen von den öffentlichen
Verhandlungen, die Gedanken einander auszutauschen.
Wenn auch eine verhältnissmässige kleine Anzahl
von nur 97 Mitgliedern, also noch nicht das volle
Hundert, sich eingefunden, namentlich der Süden und
Westen nur sehr spärlich vertreten war, Oesterreich
nur einen und Ungarn ebenfalls nur einen Pomologen
entsendet hatte, so waren doch die Verhandlungen
um so belebter und interessanter. Abweichend von
früherem Verfahren hatte der Vorstand des land-
wirthschaftlichen Central-Vereines in Braunschweig
als geschältsführender
wo
aber
Ausschuss auf besonderen
Wunsch die nöthigen Vorkehrungen allein übernom-
men, was wohl auch Ursache des geringen Besuches
war, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in
den königlich preussischen Staaten, dem 1867 in der
5. Versammlung zu Reutlingen das Mandat, die 6. Ver-
sammlung nach Braunschweig zu berufen, übertragen
worden war, dagegen nur im Allgemeinen eingeladen.
Auf jeden Fall war es zu bedauern, dass eine Be-
theiligung von Elsass -Lothringen, von Belgien, den
Niederlanden, Frankreich und Grossbritannıen, wie
BAR,
370
es in allen frühern Versammlungen der Fall gewesen,
nicht stattgefunden hatte. Grade wo man nur wenig
Obst aus Deutschland erwarten konnte, wären fremde
Früchte um so erwünschter gewesen, besonders um
auch hinsichtlich der ausländischen Früchte eine be-
stimmte Nomenklatur sich zu verschaffen, event. zu
wissen, unter welchen Namen werden vor Allem in
England unsere Aepfel kultivirt.
Die Versammlungen, aber auch die geselligen
Unterhaltungen, fanden im alterthümlichen Rathhause
statt, die Ausstellung hingegen war in der Aegidien-
kirche. Bessere und schönere Lokale konnte man
nicht haben. Es waren die ausgesuchtesten, welche
bis jetzt die Pomologen - Versammlungen und Aus-
stellungen, vielleicht mit Ausnahme des Kroll’schen
Lokals in Berlin, zur Verfügung gehabt haben. In
dem schönen grossen Saal sprach es sich während
der Sitzungen sehr gut und, wenn die Geselligkeit
begann, konnte man sich ungenirt unterhalten. Für
Speise und Trank war ebenfalls gut gesorgt. Da
Abends keinerlei Einladungen stattfanden, eine Ein-
richtung, welche wir bei allen Wander- Versamm-
lungen festgehalten haben möchten, so fanden sich
auch der grösste Theil, wenn nicht alle Mitglieder
der Wander-Versammlung ein und tauschten bis zur
späten Stunde ihre Ansichten aus. Weniger Werth
hatte man von Seiten des geschäftsführenden Aus-
schusses mit Recht auf die Mittagszeit gelegt. Man
speiste, in sofern man nicht eine Einladung erhalten,
wo man Lust hatte.
Schon den 9. Oktober fanden sich 54 Mitglieder
im Rathhaussaale zur geselligen Unterhaltung und
um sich gegenseitig bekannt zu machen, ein. Die
Eröffnung geschah aber erst den nächsten Tag durch
den Vertreter des Vereines zur Beförderung des
Gartenbaues in Berlin, Professor Koch, worauf der
Vorsitzende des landwirthschaftlichen Centralvereines
im Herzogthum Braunschweig, Landesökonomie-Rath
Griepenkerl, zugleich im Namen der Herzoglichen
Regierung, des Magistrates und des landwirthschaft-
lichen Anwesenden bewillkommnete.
Es wurde alsbald zur Wahl des Vorstandes und des
Bureau’s geschritten.
Landesökonomie-Rath Griepenker]
Vereines, die
*
wurde als Vorsitzender und
Direktor Stoll aus Proskau
zu seinem Stellveitreter ernannt, während der
Lehrer für Garten- und Weinbau in Keszthely
am Plattensee in Ungarn Belke,
Hildesheim und
Kammer-Kommissär Schönermark
Inspektor Palandt in
als geschäftsführende Sekretäre bezeichnet wurden.
Oekonomie-Rath Griepenkerl übernahm hier-
mit den Vorsitz und brachte zunächst in Anregung,
dass einestheils die Mitglieder zu bezeichnen wären,
welche sich mit der Berichtigung der Obstsorten zu
beschäftigen hätten, anderntheils wäre zur weiteren
Belehrung ein richtig benanntes Obstsortiment auf-
zustellen. Was den ersten Antrag anbelangte, so
wurden folgende Pomologen als Mitglieder eines be-
sonderen Ausschusses hierzu ernannt:
Medizinal-Rath Dr. Engelbrecht in Braun-
schweig,
Garten-Inspektor Koch im Pomologischen
Institut in Braunschweig,
Senator J. ten Doornkaat-Koolmann in
Norden,
Direktor Dr. Lucas in Reutlingen,
Lehrer Belke in Keszthely in Ungarn,
Organist Müschen in Belitz (Mecklenburg),
Garten-Inspektor Lauche in Sanssouei bei
Potsdam,
Garten - Direktor Stoll in Proskau (Ober-
schlesien)
Superintendent Oberdieck in Jeinsen (Han-
nover),
Inspektor Palandt in Hildesheim,
Oberförster Schmidt inBlumberg (Pommern),
Baumschulbesitzer Spaeth in Berlin und
Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d.S.
Diese hier genannten Mitglieder des Ausschusses
theilten sich selbst wiederum in 3 Sektionen, zu deren
Vorstehern Superintendent Oberdieck, Garten-
Direktor Dr. Lucas und Organist Müschen er-
wählt wurden.
Der Ausschuss. zur Aufstellung eines Normal-
Sortimentes bestand aus dem
Medizinal-Rath Dr. Engelbrecht,
Inspektor Koch, beide in Braunschweig, und
Wanderlehrer Arnold in Löhndorf (Rhein-
preussen).
Auf den Wunsch des Medizinalrathes Dr. Engel-
brecht wurde noch ein besonderes Sortiment von
Früchten zusammengestellt, welche sich zum Anbau
im Herzogthum Braunschweig besönders eignen.
Als Preisrichter wurden endlich bezeichnet:
Geheimer Kammer - Rath Uhde in Braun-
schweig,
Inspektor Palandt in Hildesheim,
Oberförster Schmidt in Blumberg,
Inspektor Lauche in Sanssouci und
37l
Senator ten Doornkat-Koolmann in
Norden.
Inspektor Palandt hatte einen Antrag gestellt:
„Der. deutsche Pomologen-Verein möge durch
seine Ausschuss- und andere Mitglieder in allen
Obstbau treibenden Gegenden Deutschlands, in. ähn-
licher Weise, wie Dr. Lucas in Württemberg in
seiner Schrift „Württembergs Obstbau”, die absolut
schlechten und uneinträglichen Sorten zusammen-
stellen, damit die Vorschläge des Vereines für Ver-
breitung besserer Obstsorten dadurch besonders be-
sründet werden können.”
Professor Koch machte darauf aufmerksam,
dass der Antrag, als an den Pomologen - Verein ge-
bracht, eigentlich gar nicht hierher gehöre. Jetzt
tage die Versammlung der deutschen Pomologen und
Öbstzüchter, während der Pomologen-Verein erst am
Abend eine Sitzung halte. Nichts desto weniger
wünsche er, dass hier darüber verhandelt werde, damit
zu gleicher Zeit auch das Verhältniss beider zu ein-
ander klar werde. Der Pomologen-Verein sei ein
würdiges Kind der Versammlungen deutscher Pomo-
logen, und in der 3. Versammlung zu Berlin im Jahre
1860 aus ihnen hervorgegangen. Während diese als
eine Wander-Versammlung gewöhnlich alle 3 Jahre
zusammenkomme, nach wenigen Tagen aber schon
wieder ihre Thätigkeit einstelle, sei der erstere ein
ständiger Verein, dessen Wirksamkeit nie stille stehe
und auch nicht stille stehen dürfe. In den Sitzun-
sen der Pomologen-Versammlungen komme Mancher-
lei vor, was zur Erledigung eine längere Zeit be-
dürfe und demnach nicht weiter berücksichtigt wer-
den könnte. Wenn dergleichen Gegenstände aber
von der Pomologen - Versammlung dem Pomologen-
Vereine zur Erledigung überwiesen würden, so be-
käme dieser alsbald eine bestimmte Thätigkeit und
würde damit auch eine grössere Wirksamkeit entfalten
können. Pomologen-Versammlungen und Pomologen-
Verein ständen in diesem Falle in einer Wechselwir-
kung, die dem Obstbaue nur förderlich sein könnte.
Bis jetzt haben die vom letzteren schon früher
ernannten Ausschüsse, wie Stadtrath Thränhardt
aus Naumburg richtig bemerkte, gar nichts gethan.
Ein solcher Antrag, wie der Palandt’sche, würde z.
B., von dem Pomologen-Verein in die Hand genom-
men, den Ausschussmitgliedern, wenn sie es ernst-
lich mit dem Obstbau meinen, für eine lange Zeit
eine nützliche Beschäftigung geben. Die schlechten
Sorten von Obst in ihren Bezirken heraus zu finden
und sie durch den Pomologen-Verein zur weiteren
Kenntniss zu bringen, ist eine Heil und Segen brin-
sende Aufgabe. Nichts hemmt die Verbreitung und
-
Beförderung des Obstbaues mehr als die vielen
schlechten Sorten, welche man anbaut.
Da die Anwesenden mit der Wichtigkeit des
Antrages sich einverstanden erklärten, wurde er dem
Vorstande des Pomologen-Vereines in seiner Abend-
Sitzung zur Erledigung übergeben.
Es wurde nun zur Verhandlung der schon im
Programme aufgestellten Anträge geschritten, nach-
dem Professor Koch gebeten hatte, ihm zu gestat-
ten, seinen angekündigten Vortrag über Entwicke-
lungs - Geschichte der Obstfrüchte erst den anderen
Tag halten zu dürfen. Den Antrag über Feststellung
einer pomologischen Terminologie begründete Dr.
Lucas. Von der Nothwendigkeit einer Ueberein-
stimmung in den Benennungen der Organe der ver-
schiedenen Obstbäume sei wohl Jedermann über-
zeugt, es handle sich hier aber vielmehr darum, die
nöthigen Männer der Wissenschaft und der Praxis
heraus zu finden, welche sich der nicht leichten Mühe
unterziehen wollen. Dass die Wissenschaft allent-
halben zu Grunde liegen müsse und namentlich auch
hier, unterliege keinem Zweifel. Aber auch intelli-
gente Praktiker müssten dazu gezogen werden. Die
Namen der verschiedenen Organe der Obstbäume sind
so zu wählen, dass sie allgemein verständlich werden.
Vor Allem thue Vereinfachung noth. Man habe oft für
ein Organ in den verschiedenen Erscheinungen ver-
schiedene Namen, umgekehrt seien für ein und das-
selbe mehre Namen vorhanden. Da der Antrag zur
Durchführung eine längere Zeit bedürfe, wurde vor-
geschlagen, jetzt die Verhandlung abzubrechen und
ihn dem Pomologen-Verein zu überweisen.
Der zweite Antrag auf eine Bestimmung über
die Benennung neu auftauchender Obstsorten, den
der Medizinalrath Dr. Engelbrecht gestellt hatte,
wurde ebenfalls dem Pomologen-Verein zur Erledi-
gung anheimgegeben.
Der dritte Antrag des Inspektors des pomologi-
schen Institutes Ad. Koch: welches ist das Ver-
fahren in Bezug auf das Beschneiden der Krone und
der Wurzeln beim Verpflanzen der Obstbäume?
wurde auf den Wunsch des Referenten auf den näch-
sten Tag verschoben.
Dagegen rief der vierte Antrag: was ist von
dem Pineiren der Blätter, Pincement Grin, zu halten,
resp. welche Eıfahrung hat man darüber gemacht?
eine grosse und lange dauernde Betheiligung hervor.
Als Resume der Verhandlungen, welche ausserdem
zu höchst interessanten Auslassungen über die Ent-
blätterung der Obstbäume, insbesondere der Wein-
reben, führten, ging hervor, dass bis jetzt nur we-
nige alte Erfahrungen, meistens günstiger Natur, vor-
47*
372
-
liegen, dass daher es durchaus nothwendig sei, be-
vor man zu einem Resultate gelange, erst weitere
Erfahrungen abzuwarten.
Damit wurde die erste Sitzung der 6. Versammlung
deutscher Pomologen und Obstzüchter geschlossen.
(Schluss folgt.)
Botanical Magazine.
Jahrgang 1871.
(Schluss.)
Haemanthus deformis Hook. unterscheidet
sich wesentlich von den übrigen Arten dieses Ge-
schlechts und wächst in Südafrika. 2 Paar in 2 Reihen
stehende und fast kreisförmige Blätter von 31/, bis
4 Zoll Durchmesser sind auf beiden Flächen behaart
und haben nur sehr kurze Scheiden. Zwischen ihnen
kommt der Kopf weisser Blüthen hervor und wird
von gegen 6 Jlänglichen, ebenfalls weissen, daher
blumen - blattartigen Deckblättern hüllartig einge-
schlossen.
Nothoseordum aureum Hook. (Tab. 5896)
ist eine interessante Liliacee aus der Abtheilung der
Allieen, welche von dem amerikanischen Botaniker
Kellogg zuerst als Bloomeria aurea beschrieben
wurde. Sie wächst in Kalifornien. Aus der kleinen,
rundlichen Zwiebel kommt nur ein langes grasähn-
liches Blatt von Fuss Länge und etwas fleischiger
Konsistenz hervor. Von gleicher Länge ist der ge-
rade in die Höhe steigende Stengel und trägt am
oberen Ende eine Dolde zahlreicher goldgelber
Blüthen. Die 6 länglichen Blumenblätter sind ziem-
lich flach ausgebreitet. Vaterland ist Kalifornien.
Milla capitata Bak. (Tab. 5912) ist ebenfalls
eine Liliacee aus derselben Abtheilung, welche von
Bentham zuerst als Brodiaea capitata beschrie-
ben wurde und ebenfalls in Kalifornien zu Hause
ist. Aus der länglichen Zwiebel kommen 2 gras-
ähnliche Blätter von über Fuss Länge hervor, zwi-
schen denen ein meist noch einmal so langer Stengel
sich erhebt. An seinem oberen Ende befinden sich
zahlreiche, trichterförmige Blüthen von blau-violetter
Farbe und haben noch einen besonderen kurzen
Stiel. Um sie herum bilden mehre Deckblätter von
derselben Farbe eine Art Hülle.
Arisaema concinnum Schott (Tab. 5914)
wurde von Hooker in Sikkim-Himalaya auf einer
Höhe von 6 bis 10,000 Fuss entdeckt und gehört
zu den einziehenden Aroideen. Das einzige Blatt
besitzt einen Stiel mit einer Länge von 1 und 2
Fuss und besteht aus zahlreichen, elliptisch-lanzett-
förmigen Blättchen von fast Fuss Länge. Rings her-
um stehend bilden sie eine Art Schirm. An der
Seite des Blattstieles kommt der bedeutend kürzere
Blüthenstiel hervor und trägt entweder männliche
oder weibliche Blüthen am unteren Theile eines
schmalen Kolbens, der von der Röhre der Blumen-
scheide fast ganz eingeschlossen ist. Der offene
Theil der letzteren ist unten breit, verschmälert sich
aber in eine langgezogene Spitze. Bei der männ-
lichen Pflanze ist er weiss- und dunkelviolett-, bei
der weiblichen weiss- und grüngestreift.
Arisaema curvatum Kth (Tab. 5931) wurde
von Schott auch als A. helleborifolium beschrieben
und gehört in dem östlichen Himalaya von Bhutan
an auf einer Höhe von 7 bis 9000 Fuss zu den ge-
wöhnlichen Waldpflanzen. Aus der knolligen Wurzel
von der Grösse einer Wallnuss kommen gewöhn-
lich 2 Blätter von 6 bis 10 Zoll Länge hervor, Der
Blattstiel ist blutroth-gefleckt, während die fussförmig-
getheilte Blattfläche den Durchmesser von 8 bis 12
Zoll besitzt. Die 8 bis 18 Blättehen sind Jänglich-
lanzettförmig. Der 2 bis 4 Fuss hohe Blüthenstiel
trägt am oberen Ende männliche und weibliche
Blüthen auf einem gemeinschaftlichen Kolben, der
zum Theil von einer bis 7 Zoll langen Scheide um-
geben wird. Diese öffnet sich nach oben, macht
seitlich eine Krümmung und hat, mit Ausnahme
des braunen Rückens und weisslicher Streifen an der
Röhre, eine grüne Farbe.
Philodendron Williamsii Hook. (Tab. 5899)
wächst im südlichen Brasilien und schliesst sich den
aufsteigenden Blattpflanzen dieses Geschlechtes an
Brauchbarkeit an. Der Stamm verästelt sich, scheint
aber nicht sehr hoch zu werden, und trägt die pfeil-
förmigen und lederartigen Blätter von 1 und 2 Fuss
Länge am oberen Theil rasch auf einander folgend.
Die Fuss lange und kurzgestielte Blumenscheide ist
nur an der Basis geschlossen, sonst offen und kahn-
förmig. Die äussere Seite ist grün, die innere weiss.
Der dieke Kolben hat ziemlich dieselbe Länge und
biegt sich etwas unter der Hälfte nach aussen.
Wir gehen zu den Dikotylen über und be-
sprechen zunächst einige Schlingpflanzen.
Aristolochia Duchartrei Andr. (Tab. 5880)
ist bereits im 12. Jahrgange der Wochenschrift (S.
115) ausführlich besprochen worden.
Chlorocodon Whitei Hook. (Tab. 5898) ist
eine Asklepiadacee Südafrika’s und gehört wegen
seiner aromatischen Wurzeln zu den gesuchtesten
Pflanzen der dortigen Bewohner, da diese sie für ein
ausgezeichnetes Magenmittel halten. An dem dünnen,
373
sich windenden Stengel stehen die grossen, breit- ! rühmte Pflanzenmaler Bauer, welcher die Flinders-
länglichen, aber mit einer Spitze versehenen Blätter
von 6 bis 10 Zoll Länge einander gegenüber und
sind auf beiden Flächen mit unscheinlichen Borsten
besetzt. Die weissen Blüthen haben einen rothen
Kranz und bilden in ziemlich grosser Anzahl eine
seitenständige Scheindolde. Ihr Durchmesser beträgt
ohngefähr 9 Linien.
Passiflora einnabarina Lindl. (Tab. 5911)
wurde bereits im 9. Jahrgange (S. 175) von uns
unter dem Namen Disemma coccinea besprochen
und gehört wegen ihrer schönen rothen Blüthen
unbedingt zu den schöneren Arten dieses Ge-
schlechtes.
Rhyncehosia Chrysocias Benth. (Tab. 5913)
wächst in Südafrika und gehört zu den Schling-
pflanzen aus der Familie der Schmetterlingsblüthler,
welche gleich den Kennedyen u. s. w. zu verwenden
sind. Nur die Basis des Stengels ist holzig, der
übrige Theil aber krautartig und behaart; eben so
die gedreiten Blätter mit 6 bis 12 Linien langen und
länglichen Blättchen. Aus dem Winkel der ersteren
entspringen die 3 Zoll langen Stiele mit 5 bis 8 gold-
gelben und 9 Linien im Durchmesser enthaltenden
Blüthen. ,
Paulliniathalictrifolia A. Juss. (Tab. 5879)
ist eine Schlingpflanze Brasiliens aus der Familie der
Sapindaceen, welche im Habitus einigermassen den
wenigen Schlingpflanzen aus der grossen Abtheilung
der Farne entspricht, wenigstens deuten die doppelt-
und selbst dreifach -gefiederten Blätter darauf hin.
Der Stengel ist holzig, erreicht aber doch nur die
Höhe von einigen Fuss. Während er von einem
sammetartigen Filz überzogen ist, sind die 6 bis 10
Zoll langen Blätter nur weichhaarig. Die kleinen,
breitlänglichen Blättchen haben am Rande ein Paar
oder doch nur wenige Kerbzähne und werden höch-
stens 6 bis 8 Linien lang. In dem Winkel der Blät-
ter befindet sich auf kurzem Stiel der zusammen-
sesetzte Blüthenstand, aus kleinen grünen Blüthen
bestehend.
Wir lassen die übrigen Gewächshaus - Pflanzen
folgen.
Meryta latifolia Seem. (Tab. 5932) heisst
jetzt eine bekannte, aber interessante Araliacee mit
srossen einfachen Blättern, welche noch vor wenig
Jahren eine beliebte Blattpflanze bildete und den ein-
fachen Stamm der Theophrasten besitzt. Sie wurde
bereits in der Wochenschrift, als sie zuerst durch
Linden als Botryodendron Jatifolium Endl.
in den Handel kam, empfohlen (5. Jahrg., S. 173)
und wächst auf der Insel Norfolk, wo sie der be-
sche Reise nach Australien mitmachte, entdeckte.
Der Inspektor des botanischen Gartens in Sidney,
Allan Cunningham, fand sie ebenfalls auf ge-
nannter Insel und sandte sie vor ungelähr 35 Jah-
ren nach Kew. Im Jahre 1866 hat sie daselbst ge-
blüht. Die kleinen, gelben Blüthen bilden an der
Spitze des einfachen Stammes und an einem gemein-
schaftlichen dicken Stiel zahlreiche längliche oder
eirunde Köpfe.
Plagianthus Lyallii Hook. fill. (Tab. 5935)
bildet einen kleinen Baum aus der Familie der Mal-
vaceen und wurde von Dr. Lyall in Neuseeland
entdeckt. Er steht dem Plagianthus pulchellus der
Gärten (9. Jahrg. d. Wochenschr., 143) sehr nahe
und stellt, wie dieser, einen Blüthenstrauch dar. Die
einen Zoll im Durchmesser enthaltenden und weissen
Blüthen stehen gewöhnlich zu 3 im Winkel der 2
bis 4 Zoll langen, herz-lanzettförmigen und grob-
gesägten Blätter und kommen in grosser Menge her-
vor. Er blüht im Januar.
Abutilon Darwinii Hook.
anderer Blüthenstrauch aus der
ceen, der aber, wie die meisten
ses umfangreichen Geschlechtes, in Brasilien wächst.
Er verästelt sich sehr und wird ziemlich hoch. Die
grossen, 4 bis 6 Zoll langen und 2 bis 4 Zoll brei-
ten Blätter haben eine herzförmige Basis und sind
am untersten und mittelsten Theil der Pflanze 5- und
7-, am obersten hingegen nur 3-lappig. In ihrem
Winkel stehen 1 bis 3 Blüthen auf kurzen, etwas
übergeneigten Stielen, sind breit-glockenförmig und
haben 1!/; bis 21/, Zoll im Durchmesser. Die rothen
Blumenblätter sind deutlich geadert.
Sphaeralcea miniata Spach (Tab. 5938) ist
die alte, seit dem Ende des vorigen Jahres einge-
führte Malva miniata Cav., von der man lange
nicht das Vaterland wusste, bis man wilde Pflanzen
im südlichen Brasilien und der Argentinischen
Republik auffand. In älteren Gärtnereien und in bo-
tanischen Gärten wird sie noch kultivirt. Sie bildet
einen niedrigen Blüthenstrauch von höchstens 4 Fuss
Höhe und hat 3 lappige, aber ausserdem unregel-
mässig-gezähnte und behaarte Blätter von höchstens
2 Zoll Länge. In ihrem Winkel befinden sich, die
scharlachrothen Blüthen zu 3 und 4, auf einem ge-
meinschaftlichen längeren Stiele stehend, und haben
segen 1 Zoll im Durchmesser.
Begonia erinita Oliv. (Tab. 5897) wurde durch
Veitch in London aus dem bolivischen Hochgebirge,
wo sie der bekannte Pflanzensammler Pearce fand,
eingeführt. Wir haben bereits der Begonien so aus-
(Tab. 5917) ist ein
Familie der Malva-
anderen Arten die-
in
374
gezeichnet schöne Arten und so viel, dass B. cri-
nita kaum Epoche machen dürfte und Verbreitung
finden wird. Doch bleibt sie immer eine der hüb-
scheren, die besonders Sammlern zu empfehlen ist.
Sie wird nur fusshoch, verästelt sich aber. Ihre
schiefen, eirund- oder herzförmig in die Länge ge-
zogenen Blätter werden höchstens 5 Zoll lang, wäh-
rend die hellrothen Blüthen einen Durchmesser von
11, Zoll haben und einen laxen Blüthenstand bil-
den. Die männlichen sind vier-, die weiblichen fünf-
hlättrig.
Darlingtonia californica Torr. (Tab. 5920)
haben wir in der letzten Zeit so oft besprochen (zu-
letzt 14. Jahrg. 307 u. 329), dass wir sie wohl jetzt
übergehen können.
Echidnopsis cereiformis Hook. fil. (Tab.
5930) ist eine für Botaniker sehr interessante, für
Pflanzenfreunde unschöne Pflanze aus der Familie
der Asklepiadaceen, wo sie sich den Stapelien an-
schliesst, auch als Stapelia eylindrica seit eini-
gen Jahren schon in England kultivirt wird, aber
einem Cactus resp. Cereus viel ähnlicher aussieht.
Das Vaterland ist noch unbekannt, sollte es aber
nicht Südafrika sein? Ein walzenförmiger, bis 9 Linien
im Durchmesser enthaltender Stengel steigt 1 bis 2
Fuss grade in die Höhe oder biegt sich von der
Mitte an wieder nach unten. Bisweilen kommen an
den Seiten auch gegliederte Aeste hervor. Ausser-
dem schnürt sich der Stengel in unbestimmten Zwi-
schenräumen etwas zusammen. 8 seichte Furchen
ziehen sich von oben nach unten und die dazwischen
liegenden Streifen sind in meist quadratische Felder
mit einer weissen Papille in der Mitte getheilt. Die
kleinen, gelben Blüthen stehen am oberen Theile des
Stengels in geringer Zahl dicht bei einander.
Diascia Barberae Hook. fill. (Tab. 5933) ist
eine Personate im Ansehen der bekannten Hemimeris-
Aıten. Wie diese, bildet sie einen 5 bis 6 Zoll hohen,
unbehaarten und wenig verästelten Stengel, welcher
unten mit eirund - länglichen, am Rande gekerbten
und einander gegenüberstehenden Blättern von 1 bis
1!/;, Zoll Länge besetzt ist, während er oder seine
Aeste nach oben mit einer Traube rother Blüthen
von 11%, bis 2 Zoll Durchmesser endigen. Die Krone
ist unregelmässig 2lippig, hat eine sehr entwickelte
Unterlippe und endigt nach hinten mit 2 Spornen.
Vaterland ist Südafrika.
Asystasia chelonioides Anders. (Tab. 5882)
ist eine ostindische Akanthacee und besitzt einen
ziemlich verästelten Stengel von nur 2 Fuss Höhe,
Die
kurzgestielten, ebenfalls einander gegenüberstehenden
der aber mit seiner Basis dem Boden aulfliegt.
und länglich-lanzettförmigen Blätter sind auf beiden
Flächen mit kurzen Haaren besetzt. Die violetten
Blüthen erscheinen am Rande weiss und haben
ausserdem einen weissen Streifen in der Mitte. Sie
bilden in geringer Zahl am Ende der Aeste eine ein-
seitige Traube. Während die Röhre kurz ist, er-
weitert sich der Saum rasch mehr oder weniger
glockenförmig. Aus Irrthum ist diese Pflanze, wie
später von Hooker selbst berichtigt wird, als A.
violacea beschrieben und abgebildet.
Beloperone eiliata Hook. (Tab. 5888) ist eine
Akanthacee, welche Seemann als Jacobinia eiliata
beschrieben hat und sich wahrscheinlich von B. vio-
lacea Planch. gar nicht unterscheidet. Sie bildet
eine wenig verästelte Pflanze von ohngefähr 2 und
3 Fuss Höhe und hat kurzgestielte, elliptisch-lanzett-
förmige und unbehaarte Blätter von 2 bis 3 Zoll Länge.
Die kurzgestielten Blüthen stehen in deren Winkel
oder auch am Ende der Aeste zu wenigen beisam-
men und haben eine violette Farbe. Die Länge der
Blumenröhre beträgt fast 1 Zoll, während der aus-
gebreitete, zweilippige Saum 7 bis 9 Linien im Durch-
messer besitzt. Vaterland ist Panama.
Eranthemum einnabarinumN.v.E. ß.ocel-
latum (Tab. 5921) ist eine schöne Akanthacee,
welche von Parish in Birma entdeckt und nach Kew
gesendet wurde. Die Pflanze wird bis 6 Fuss hoch,
bleibt aber in der Regel niedriger und verästelt sich
nur wenig. Die länglichen, aber zugespitzten Blätter
dieser Abart zeichnen sich durch hellrothe, bisweilen
auch nur röthlich-grüne Flecken auf der Oberfläche
aus und machen die Art zu einer hübschen Blatt-
pflanze. Das Ende der Aeste bildet eine einseitige
Aehre, an der die schönen, rothen Blüthen büschel-
weise sich befinden und eine Zoll lange Röhre, sowie
einen 1!/, Zoll im Durchmesser enthaltenden Saum
besitzen. -
Cyrtanthera chrysostephanaHook.F.(Tab.
5887) wurde durch William Bull in London direkt
aus Mexiko eingeführt und steht der ebenfalls mexi-
kanischen C. aurea N. v. E. am Nächsten. Gleich
den andern Arten dieses Akanthaceengeschlechtes
bildet auch diese Art einen Weichstrauch mit 4eckigen
Aesten und Zweigen. Die Oberfläche der elliptischen
und zugespitzten Blätter von 5 bis 6 Zoll Länge ist
zwar dunkelgrün, aber doch mit kleinen Härchen
besetzt, und zeichnet sich durch einen rothen Mittel-
nerv aus. Die goldgelben, 2 Zoll langen Röhren-
blüthen bilden an der Spitze der Zweige einen dich-
ten Büschel und sind nur von kleinen linienförmigen
Deckblättern umgeben.
Episcia ehontalensis Hook. F. (Tab. 3925) ist
375
bereits in der Wochenschrift als Cyrtodeira chon-
talensis Seem. beschrieben (s. 11. Jahrg. 119) und
wächst in den Gebirgen Nicaragua’s. Sie gehört,
gleich vielen anderen Gesneraceen, zu den kraut-
artigen Sträuchern, welche sich durch bunte Färbung
der Blätter auszeichnen. Während die Mitte der
länglichen Blattfläche grün ist, erscheinen der Rand
und die von ihm zwischen den Hauptästen des Mittel-
nervs sich nach der Mitte hinziehenden Verlänge-
rungen braun. In dem Winkel der Blätter befinden
sich blass - lilafarbige Blüthen von 1 bis 11, Zoll
Durchmesser einzeln oder gepaart.
Grevillea maerostylis F. Müll. (Tab. 5915)
gehört einem Protraceen-Genus an, was früher viel-
fach in Gärten vertreten war. Sie stammt aus dem
westlichen Australien und stellt einen hübschen ver-
ästelten Strauch dar. Die kurzgestielten oder sitzen-
den Blätter besitzen in Form und Grösse eine grosse
Aehnlichkeit mit denen der Crataegus monogyna (des
Weissdorns) und sind gewöhnlich unbehaart. Die
rothen und gelben Blüthen bilden am Ende der
Zweige und im Winkel der obersten Blätter Büschel
und haben eine zurückgeschlagene Blüthenhülle, so
wie einen sehr verlängerten Griffel.
Grevilleaintrieata Meissn. (Tab.5919) wächst
im südlichen Westaustralien, wo sie 1855 von
"T. Drummond entdeckt wurde. Der 6 bis 10 Fuss
hohe und sich vielfach verästelnde Strauch hat bis-
weilen überhängende Zweige. Die 4 bis 6 Zoll lan-
sen Blätter bestehen aus einer derben und festen
Spindel und aus 2 bis 4 Paar Blättchen von nadel-
förmiger Gestalt, aber wiederum in 3 eben so ge-
forte, aber am oberen Ende stechende Theile sich
lösend. Die gelben, kleinen Blüthen bilden im Win-
kel solcher Blätter und an der Spitze 1 bis 2 Zoll
lange und eirunde Köpfe. k
Utrieularia montana Jacqu. (Tab. 5923) ist
eine höchst interessante Pfianze aus der Familie der
Lentibulariaceen, weil sie das Ansehen einer Pin-
suieula und die Blüthen einer Utricularia besitzt. Sie
wächst weder im Wasser noch auf feuchten Wiesen,
sondern ist ein Epiphyt Westindiens, der im feuchten
Moose an alten Bäumen wächst. Die grossen Blüthen
haben eine weisse Farbe, die nur durch einen: gel-
ben Gaumen unterbrochen ist, und können leicht
mit denen epiphytischer Orchideen verwechselt wer-
den. Uebrigens ist über die Pflanze schon im vori-
sen Jahrgange (Seite 199) gesprochen worden.
Dorstenia Mannii Hook. F. (Tab. 5908) ist eine
sehr interessante Artokarpacee, welche unser Lands-
mann Gustav Mann aus Hannover am Old-Calabar
im tropischen Westafrika entdeckte. Der 6 bis 8
| 4 und 5 Zoll Jang.
Fuss hohe und einfache Stengel trägt am oberen
Ende einige breit-elliptische und fast ungestielte
Blätter von 4 bis 8 Zoll Länge und 21), bis 4 Zoll
Breite. Beide Flächen sind unbehaart, die obere.aber
besonders dunkel- und mattgrün. Die Blüthenlager
sind gestielt und oberhalb der Stelle am’Stengel, wo
Blätter gestanden, eingefügt. Sie erscheinen konvex,
haben einen Zoll im Durchmesser und besitzen am
Rande 10 bis 15 fadenförmige Organe.
Lithospermum Gastoni Benth. (Tab. 5926)
ist eine der interessantesten Asperifoliaceen der Py-
renäen, welche erst 1839 von dem Pastor Gaston
entdeckt wurde. Ein kurzer krautartiger Stengel
treibt an seiner Basis mehre aufrechte und einfache
Zweige von 6 bis 10 Linien Länge. Die lanzettförmi-
gen, etwas zurückgebogenen Blätter stehen dicht ge-
drängt und haben keine Behaarung. Die purpur-
violetten Blüthen befinden sich in dem Winkel der
obersten Blätter und bilden einen von ihnen einge-
schlossenen Kopf.
.Lithospermum petraeum A.DC. (Tab. 5942)
istein hübscher Halbstrauch aus Dalmatien und ver-
dient nicht weniger Beachtung, als die vorige Aıt.
Die Pflanze erreicht nur eine Höhe von 6 bis 8 Zoll
undtheiltsich alsbald in eineMenge gerade aufsteigender
Zweige, welche mit schmal-elliptischen und ungestiel-
ten Blättern besetzt sind. Reiche Haare bedecken
die ganze Pflanze. Die kleinen Blüthen bilden meist
rückwärts gerollte Aehren und sind anfangs roth,
werden aber schliesslich blau. Dass Lithospermum
petraeum und Gastoni bei uns. im Freien aushalten,
bezweifeln wir, auf jeden Fall ist es besser, sie im
Topfe zu ziehen.
Fucehsia sessilifolia Benth. (Tab. 5907)
wurde 1835 von Jameson in Quito entdeckt, 1842
fand sie auch Hartweg auf den Anden Boliviens.
Eingeführt wurde sie aber erst 1865 durch Ander-
son-Henry in Edinburgh. Der Blüthenstrauch wird
nur bis 6 Fuss hoch und ist durchaus unbehaart.
Die elliptischen, ungestielten und gezähnelten Blätter
stehen meist zu 3 und 4 in einem Quirl und sind
Die Zoll langen Blüthen bilden
eine ziemlich dichte und auf langem Zweige über-
hängende Rispe. Fruchtknoten und Kelchblätter sind
hell-, Biumenblätter blutroth.
des botanical
Magazine übrig, welche im Freien aushalten.
Rhododendron
Es bleiben uns noch die Pflanzen
(Azalea
mollis Bl. Tab. 5905) haben wir bereits vielfach be-
sprochen (zuletzt 14. Jahrg. S. 264), so dass wir zu
seiner Empfehlung nichts mehr zu sagen brauchen.
Prunus cerasifera Ehrh. (Tab. 5934) ist ein
sinense Sweet
376
in neuester Zeit auf dem Kontinente vielfach ver-
breiteter Baum, der als Prunus Myrobalana bei den
Baumschulbesitzern noch bekannter ist und vielfach
jetzt als Unterlage für feineres Steinobst gebraucht
wird. Dass sie nichts weiter, als eine kultivirte Pr.
divaricata darstellt und daher aus den Kaukasus-
ländern stammt, haben wir schon früher (5. Jahrg.
S. 285). ausgesprochen. Dort wird auch eine aus-
führliche Geschichte des Baumes gegeben.
Pogogyne Douglasii Benth. (Tab. 5886)
stellt eine einjährige Labiate aus Kalifornien dar und
zeichnet sich durch besonderes Aroma aller ihrer
Theile aus. Sie ist nur wenig verästelt, erreicht die
Höhe eines Fusses und mehr und hat in der Regel
gar keine Behaarung. Die spathelförmigen Blätter
verlaufen in einen Stiel, sind am Rande schwach ge-
kerbt und haben im Durchschnitt die Länge eines
Zolles. Die jung röthlichen, später purpurbraunen
Lippenblüthen bilden einen eiförmigen Kopf von Zoll-
Länge am Ende des Stengels und der Zweige.
Cirsium Grahami A. Gr. (Tab. 5885) ist eine
neumexikanische Distel, welche mehr das Ansehen
einer Serratula besitzt. Sie scheint zweijährig zu
sein, macht lange Zweige und kann schliesslich eine
Höhe von selbst 5 Fuss erreichen. Sie ist mit wol-
liger, aber abwischbarer Behaarung versehen. Ihre
elliptischen und sitzenden Blätter von ganzer Zoll-
Länge sind oberflächlich buchtig-gelappt und ihre
Abschnitte laufen in einen stechenden Dorn aus.
Das Blüthenkörbehen wird ebenfalls von stechenden
Schuppen umgeben und schliesst hochrothe Blüthen
ein.
Baptisia leucophoea Nutt. (Tab. 5900)
schliesst sich im äusseren Ansehen der bekannten
B. australis an, hat aber keine blauen, sondern weisse
Schmetterlings -Blüthen, und wächst in ganz Nord-
Amerika, wo sie trockene Stellen liebt. Die Pflanze
ist ausdauernd und wird höchstens 2 Fuss. Nicht
immer ist sie behaart. Die fest sitzenden Blätter
sind gedreit und die Blättehen schmal-elliptisch. Die
grossen, bis 11, Zoll langen Blüthen bilden end-
ständige und fusslange Trauben.
Primula japonica A. Gray (Tab. 5916) ha-
ben wir in letzter Zeit so oft besprochen (s. 14.
Jahrg. S. 195), dass wir zu ihrer Empfehlung nichts
mehr hinzuzufügen brauchen.
Androsace carnea L. var. eximia (Tab.
5906) wächst auf den Alpen der Schweiz, in Süd-
Frankreich und auf den Pyrenäen und gehört in die
sten Alpenpflanzen dar. Zahlreiche, schliesslich blü-
hende Rosetten, aus schmalen, linienförmigen und
am Rande gewimperten Blättern in grosser Menge
bestehend, bilden bis 9 und 12 Linien im Durch-
messer enthaltende Pflanzen. Auch die kleinen rothen
Blüthen sind dicht gedrängt und stehen-zu 5 bis
10 zusammen, einen kurzgestielten, die Rosette aber
überragenden Kopf darstellend.
Sedum glandulosum Mor. (Tab. 5924) hat
den Wuchs unserer gewöhnlichen beiden Mauer-
pfefferarten (Sedum acre und hexangulare), unter-
scheidet sich aber sehr leicht durch die drüsige Be-
haarung und durch die rothen Blüthen. Bis jetzt
wurde die kleine Dickpflanze nur in Sardinien beob-
achtet, wahrscheinlich kommt sie aber auch in Spa-
nien und zunächst auf den Pyrenäen vor.
Saxifraga longifolia Lap. (Tab. 5889) stammt
aus dem Hochgebirge der Pyrenäen und befindet
sich schon seit langer Zeit in den Gärten des Fest-
landes. Die Pflanze bildet eine einzige konvexe Ro-
sette von ohngefähr 4 bis 7 Zoll im Durchmesser.
Die verschiedentlich langen, lanzettförmigen und aus-
dauernden Blätter haben einen weissen Rand und
sind nur in der Jugend, so wie am Blüthenstengel,
mit schmierig-drüsiger Behaarung versehen. Dieser
besteht fast nur aus einer dichten, eiförmigen, 8
bis 12 Zoll hohen und 5 bis 7 Zoll im Durchschnitt
enthaltenden Rispe weisser Blüthen, in denen die
rothen Staubbeutel besonders in die Augen fallen.
Ueber Gilia liniflora Benth. (Tab. 5895) ha-
ben wir erst vor Kurzem (13. Jahrg. d. Wochenschr.
S. 144) gesprochen, so dass wir darauf verweisen
können.
Gilia achilleaefolia Benth. (Tab. 5930)
wurde 1833 von dem unglücklichen D. Douglas in
Kalifornien entdeckt und befindet sich schon sehr
lange in den Verzeichnissen der Samenhändler und
der botanischen Gärten, ohne dass sie aber, wie
andere Arten dieses Geschlechtes, eine grössere Ver-
breitung erhalten hätte. Sie steht der bekannteren G.
capitata am nächsten, ist aber in allen ihren Theilen
grösser, besonders in der Kultur, während sie im
Vaterlande kaum einige Zoll hoch wird und mehr
oder weniger gedrängt wächst. Die mehrfach-gefie-
derten Blätter haben sehr schmale Blättehen, die
aber auseinander spreizen und nicht, wie bei denen
der Schafgarbe (Achillea Millefolium), dicht beisam-
men stehen. Der dichte, rundliche und langgestielte
Blüthenkopf hat eine blaue Farbe. Sein Durchmesser
Familie der Primulaceen. Sie stellt eine der schön- | beträgt meist nur einen Zoll.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
für
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 48.
Berlin, den 30. ne
1872.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 1. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48,
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden.
Inhalt: Die sechste allgemeine Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig (Sehluss). —
Erfahrungen über den Nutzen des Brumata-Leim’s. — Dr. W. Ulrich internationales Wörterbuch der Pflanzen-Namen. —
Eingesandt nebst einer Erklärung der Redaktion.
Die sechste allgemeine Versammlung
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter
in Braunschweig,
vom 10. bis 13. Oktober 1872.
(Schluss.)
Den Abend fand die Generalversammlung des
deutschen Pomologen-Vereines statt. Es kann nicht
Aufgabe des Berichterstatters der 6. Versammlung
deutscher Pomologen und Obstzüchter sein, auch
hierüber ausführliche Mittheilungen zu machen, diese
werden in dem Organe des Pomologen -Vereins, in
der Monatsschrift für Obst- und Weinbau, niederge-
legt. Aber doch möchte Einiges aus der ersten
Sitzung, als genau im Zusammenhange mit der Po-
mologen-Versammlung stehend, hier von Interesse
sein. Professor Koch hatte den Antrag gestellt, die
7. Versammlung der deutschen Pomologen und Obst-
züchter nach Wien zu verlegen, und zwar gleich im
nächsten Jahre, weil daselbst zu gleicher Zeit eine
Weltausstellung stattfände. Da durch das geschäflts-
führende Vorstandsmitglied, Dr. Lucas, derselbe
Antrag im Namen des Prof. Koch auch für eine
Sitzung des Pomologen - Vereines gestellt war, so
glaubte mm ihn auch hier zur Verhandlung stellen
zu können. Professor Koch machte hierüber fol-
sende Mittheilungen:
Er habe sich in seiner Eigenschaft als Kom-
missär für Obst-, Wein- und Gemüsebau bei der
nächsten Weltausstellung in Wien mit verschiedenen
deutschen Gartenbau-Vereinen und mit Obst- und
Weinproduzenten in Verbindung gesetzt und sich die
Frage vorgelegt, auf welche Weise sei die Wiener
Weltausstellung für den Obst-, Wein- und Gemüse-
Bau am Meisten nutzbringend zu machen? In Folge
dessen habe er von mehrern Weinproduzenten die
Aufforderung erhalten, nach München, wo zu gleicher
Zeit mit der Wander-Versammlung der Land- und
Forstwirthe die Wander - Versammlung deutscher
Weinproduzenten tagen werde, zu kommen, und die
Frage in Betreff des Weinbaues zur weiteren ge-
meinschaftlichen Berathung vorzulegen. Er habe es
gethan und es sei von der Wander- Versammlung
deutscher Weinproduzenten beschlossen worden, die
Centralkommission des deutschen Reiches für die
Wiener Weltausstellung durch die Königl. Landes-
kommission in Berlin zu ersuchen, die Erledigung
zweier wichtiger Gegenstände des Weinbaues in die
Hand zu nehmen, resp. durch ihren Kommissär in
Ausführung bringen zu lassen.
Der erste Gegenstand betreffe die Nomenklatur
der verschiedenen Weinreben. Sie sei eben so in
Verwirrung, wie die des Stein- und Kernobstes, be-
vor der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in
Berlin die Angelegenheit in die Hand nahm. Die
Wiener Ausstellung solle nicht allein industrielle Pro-
dukte zur weiteren Kenntniss bringen, sie solle auch
in den verschiedenen Zweigen der Landwirthschaft
48
378
und der Technik belehren. Da nach zuvor einge-
zogener Erkundigung Raum zur Vorführung Jand-
wirthschaftlicher und namentlich gärtnerischer Kul-
turen im Wiener Ausstellungslokal vorhanden, so
wünsche man von Seiten der deutschen Weinprodu-
zenten, dass man von allen in Deutschland in grös-
serem Massstabe gezogenen hebenarten sogenannte
Korbreben im September, wo diese bereits auch er-
kennbare Trauben haben oder noch erhalten, nach
Wien sende, um daselbst eingepflanzt zu werden und
zur Kenntniss resp. Berichtigung durch die dort sich
einfindenden Oenologen zu kommen.
Der zweite Gegenstand betrefle die Kultur der
Weinreben.
die Entwickelung des Weinstockes weit mehr Ein-
fluss, als auf die anderen Obstgehölze. Dies sei der
Grund, warum die Behandlung der Weinrebe in den
verschiedenen Gegenden sich verschieden heraus-
stelle. Die Kulturmethoden der verschiedenen Wein-
länder aber kennen zu lernen, sei im hohen Grade
interessant und zugleich nützlich. Es wurde deshalb
in München durch die Wander-Versammlung deutscher
Weinproduzenten der Wunsch ausgesprochen, dass
im Herbste vollständig ausgewachsene Weinstöcke
behufs der Sendung nach Wien herauszuheben und
zu entblättern seien, um die betreffende Kulturmethode
daselbst den zahlreichen Besuchern der Weltausstel-
lung vorführen zu können.
Unter diesen obwaltenden Umständen der be-
sonderen Theilnahme der deutschen Weinproduzen-
ten möchte es gut sein, wenn auch von Seiten der
Pomologen und Obstzüchter der Wiener Weltaus-
stellung mehr Aufmerksamkeit gewidmet würde. Es
sei die Frage an ihn herangetreten, ob es nicht rath-
sam sei, die 7. Versammlung deutscher Pomologen
und Obstzüchter ebenfalls nach Wien zu verlegen.
Von Seiten der meisten Anwesenden wurde jedoch
gegen das Tagen einer wissenschaftlichen Versamm-
lung während einer Zeit, wo so Vielerlei die Auf-
merksamkeit der Anwesenden in Anspruch nehme
und gewiss nicht die nöthige Ruhe zu Verhandlun-
gen vorhanden sei, gesprochen und schliesslich der
Antrag abgelehnt. Da aber auf jeden Fall die Wie-
ner Weltausstellung und besonders die Zeit im Sep-
tember auch für den Pomologen vielerlei Interessan-
tes darbieten werde, auch trotzdem viele Pomologen
selbst nach Wien reisen werden, so wurde beschlos-
sen, dass einige Mitglieder des Vereines auf seine
Kosten nach Wien gesendet werden, um später aus-
führlıch zu berichten.
In derselben Sitzung geschah auch die Neuwahl
des Vorstandes. Die bisherigen Mitglieder: Super-
Bodenverhältnisse und Klima haben auf
intendent Öberdieck, Professor Koch und Direktor
Dr. Lucas, letzterer zugleich als Geschäftsführer,
wurden ersucht, ihr Amt auch ferner zu behalten.
Die zweite allgemeine Versammlung wurde Vor-
mittags um 11 Uhr mit einem Vortrage des Pro-
fessor Koch über die Entwickelung des Obstes in
morphologischer Hinsicht eröffnet. Einen Auszug
hier mitzutheilen ist wohl kaum möglich, da der
Vortragende selbst, wegen der ihm nur kurz zuge-
messenen Zeit, man möchte sagen, in aphoristischer
Weise sprach und nur das durchaus Nothwendige
hervorhob. In Bezug des von Dr. Lucas einge-
brachten Antrages, eine bestimmte pomologische
Nomenklatur, herzustellen, mächte Professor Koch
den pomologischen Verein, dem seine Erledigung
überwiesen worden war, darauf aufmerksam, dass
nur eine Nomenklatur, welche auf die Entwickelung
der verschiedenen Organe fusse, wissenschaftlichen
Werth haben Entwickelungsgeschichte be-
dürfe aber vieler Zeit; es möchte deshalb gut sein,
zeitig die betreffenden Männer zu suchen und wenn
gefunden, damit vorzugehen.
Man kam zur 4. Frage: „über das beste Verfahren
in Bezug auf das Beschneiden der Krone und der Wur-
zeln beim Verpflanzen.” Referent Inspektor Ad. Koch
hatte es übernommen, die Frage einzuleiten. Es
entspann sich alsbald eine rege Debatte, in der sich
die entgegengesetzten Ansichten zur Geltung brach-
ten. Die Einen hatten beim Verpflanzen der Obst-
bäume nur dann Erfolg gehabt, wenn sie möglichst
zurückgeschnitten hatten, während von Anderen be-
obachtet worden war, dass bei dem Verpflanzen der
Obstbäume diese, abgesehen von einem oft nöthigen
Ausschneiden, sich selbst überlassen werden müss-
ten, also nicht beschnitten werden dürften. Auf
Gründe konnten weder die Einen, noch die Anderen
sich stützen, da ihre Ansicht eben nur aus reiner
Erfahrung hervorging.
Revierförster Magenau aus Stuttgart ergriff die
Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass
bei der Beantwortung von dergleichen Fragen in der
Regel nie ein Resultat herauskomme,. In allgemeinen
Versammlungen könnte eine Lösung um so weniger
geschehen, als es sich hier nicht um Ansichten han-
könne.
delt, als vielmehr um wissenschaftliche Unter-
suchungen. In diesem Falle sei es Aufgabe von
allgemeinen Versammlungen, namentlich - aber des
deutschen Pomologischen Vereines, dahia zu wirken,
dass auch, gleich den landwirthschaftlichen, pomo-
logische Versuchs-Anstalten ins Leben gerufen wür-
den. Nach Professor Koch sei es auch nicht Sache
des Pomologischen Vereines, es zu thun, da dieser
379
keineswegs mit seinen Mitteln dergleichen Anstalten
in's Leben rufen könne. Allein dem Staate oder
reichen Privatleuten liege es ob, ersterer bei seinen
pomologischen Instituten Laboratorien u. s. w. zu er-
richten und tüchtige Männer der Wissenschaft her-
beizuziehen. Die Empyrie sei hier berufen, den letz-
teren sich zur Verfügung zu stellen, diesen sogar
hier und da den Weg zum schnelleren Ziele zu zei-
gen. Man müsse der Preussischen Regierung Dank
wissen, dass sie hier die Initiative ergriffen und be-
reits bei dem pomologischen Institute in Proskau
einen tüchtigen Pflanzen-Physiologen angestellt habe
und eben im Begriff sei, einen zweiten in Geisen-
heim anzustellen. Professor Koch wünschte nur,
dass diese Männer nicht in den oft vorkommenden
Fehler fallen, wenn auch nicht alle, doch möglichst
viele pflanzenphysiologische Fragen beantworten zu
wollen. Eine Frage sei gerade genug, um ihre Zeit
völlig auszufüllen. Noch wissen wir nichts über
Entwickelungsgeschichte der Früchte, über die Art
und Weise ihrer Ernährung und der Umbildung ihrer
Stoffe. Von der Veredlung kennen wir nur das
Oberflächlichste, denn noch hat die strenge Wissen-
schaft hierbei nichts gethan.
Die Verhandlung der 6. Frage der Tagesordnung,
„welche Form der Obstbäume passt am Besten für
die Landstrassen und für grosse Pflanzungen auf
Aeckern und Weiden”, wurde auf Vorschlag des
Dr. Lucas auf den nächsten Tag aufgeschoben.
Die 7. Frage endlich, „welche Form von Obstbäumen
passt am Besten zur Anpflanzung an Eisenbahnen”,
leitete Baumschulbesitzer Späth aus Berlin durch
einen längeren Vortrag ein. Damit wurde diese
zweite allgemeine Versammlung geschlossen.
Am 12. Oktober wurde schon um 10 Uhr das
Urtheil der Preisrichter, und zwar im Ausstellungs-
lokale der Aegidienkirche selbst mitgetheilt. Wir
wissen nicht, wie viel Pomologen ausgestellt hatten
und wie gross die Zahl der verschiedenen Sortimente
war, auf jeden Fall hatte man sich aber nur sehr
mässig betheiligt, trotzdem ‚wurden aber doch für
Obst 18 Preise ausgetheil. Wir sind fern davon,
den Preisrichtern in Braunschweig ob dieser Frei-
gebigkeit nahe treten zu wollen, wir fragen aber
einfach an, mussten alle diese Medaillen durchaus
ausgegeben werden? Wäre es nicht besser gewesen,
nur Wenigen Preise zuzusprechen, damit diese um
desto mehr Werth erhielten ?
Unsere Preisrichterei bei Pflanzen-Ausstellungen
befindet sich leider in einem traurigen Zustande.
Wenn man von Ausstellern selbst hört, dass man
nur ausstelle, um einen Preis zu erhalten, und wenn
man doch keinen erhält, alsbald erklärt, dass man
sich von nun an gar nicht mehr betheiligen wolle,
so wäre es besser, gar keine Ausstellungen von
Pflanzen mehr zu veranstalten. Wo das eigene In-
teresse mehr gilt, als das Ganze, da darf man auch
nichts erwarten. Unsere Pflanzen-Ausstellungen, vor
Allem aber die Art und Weise des Preissprechens,
bedürfen überhaupt einer gründlichen Revision.
Um 11 Uhr wurde die dritte allgemeine Ver-
sammlung eröffnet. Es wurde zuerst eine Anzahl
von Exemplaren einer Broschüre: „Steigerung der
Erträge des nutzbaren Eisenbahn-Areales hauptsächlich
dureh Obstkultur, mit specieller Berücksichtigung der
Württemberg’schen Verhältnisse”, verfasst vom Revier-
förster Magenau in Stuttgart, unter die Anwesen-
den vertheilt. Ueber diese Broschüre ist ausführlich
in der 46. Nummer der Wochenschrift gesprochen
worden. Es wurde hierauf über die 6. und 7. Frage,
über die beste Form von ÖObstbäumen für Land-
strassen, auf Aeckern und Weiden, so wie für Eisen-
bahnen verhandelt. Wir theilen hierüber mit, was
das während der Versammlung ausgegebene Tag-
blatt sagt, da wir leider gezwungen waren, schon
vorher Braunschweig zu verlassen.
Arnold, pomologischer Wanderlehrer für Rhein-
preussen, sprach sich nur für die pyramidale Form
der Obstbäume (Hochstämme) an Landstrassen, auf
Aeckern und Weiden aus, und hob hervor, dass
man nach den gemachten günstigen Erfahrungen im
Bezirke Trier die Absicht habe, diese Form bei allen
Landstrassen anzuwenden; Thränhardt, Stadtrath
in Naumburg, stimmte nicht unbedingt bei und will
nicht den ganzen Schwerpunkt auf die Erhaltung des
Mitteltriebes gelegt haben. Er spricht sich mehr für
Beibehaltung der in Thüringen üblichen Kesselform,
zumal bei weniger tiefgründigem, schlechtem Boden
aus; Hörlin, Pastor und Vertreter der Königl. Cen-
tralstelle für Landwirthschaft in Württemberg, hält
die Pyramidenform wegen des oft starken Schnee-
druckes z. B. am Schwarzwalde, der besseren Früchte
und der geringeren Schattenwerfung für besser;
Müschen, Organist in Belitz-Mecklenburg, empfiehlt
unbedingt die Pyramidenform, da die Bäume weni-
ser Krankheiten (Krebs) ausgesetzt seien; Reiss,
Apotheker in Peckelsheim in Westphalen, verwirft
für windige Gegenden Bäume mit ausgelichteter Krone,
zumal sich das Wurzelsystem der Bäume konform
der Krone flach entwickele oder tiefer gehe; Späth,
Baumschulenbesitzer in Berlin, verlangt die natürliche
Form, z. B. bei den Birn- und bei vielen Apfel-
sorten die der Pyramide durch den Schnitt zu unter-
stützen; Uhde, Geh. Kammer-Rath, zieht aus dem-
48* .
selben Grunde und weil die Früchte schöner und
wohlschmeckender seien, die Bäume weniger Schat-
ten werfen, stärkere Aeste treiben, auf Landstrassen
dem Beschädigen und Bestehlen nicht so ausgesetzt,
die Pyramidenform vor und hebt noch hervor, dass
die Bildung der Wurzeln hauptsächlich von 2 Mo-
menten, der Bodenbeschaffenheit und der Art und
Sorte der Bäume bedingt werde; Belke, Lehrer für
Garten- und Weinbau in Keszthely (Ungarn) stimmt
aus schon angeführten Gründen, namentlich des
Schneedruckes wegen, worunter die Kesselform vor-
zugsweise litte, auch für die Pyramide bei Bäumen
im Freien, behauptet jedoch, dass das Wurzelver-
mögen mit dem Schnitte der Krone nichts zu thun
habe, auch bessere Früchte wohl nicht erzielt wür-
den; Koch, Pastor in Nottleben, und v. Reuss,
Landrath in Lossen, hoben hauptsächlich hervor,
dass die Chausseen des Weges und nicht des Obstes
wegen da seien und die Kesselbäume den Wegen
und Nachbarn Schaden zufügten; Koch, Inspektor,
und Bouche&, Garteninspektor hierselbst, empfahlen
gleichfalls die Pyramidenform warm und gaben näher
an, was man unter Pyramidenschnitt in dem vor-
liegenden Sinne verstehe. Dr. Lucas empfahl in
seinem einleitenden Vortrage, entgegengesetzt den
Ansichten des verstorbenen Gartendirektors Bor-
chers zu Herrenhausen und Kreisbaumeisters Pa-
risius, dringend, als Grundform die Pyramide fest
zu halten, den Mittelast nicht heraus zu nehmen,
ferner dafür zu sorgen, dass sich die Seitenäste
gleichmässig ausbildeten, denn dann würden schöne
und dauerhafte Bäume, ähnlich den Birnbäumen mit
beschränkter Beschattung und eine gleiche Anzahl
guter Früchte erzielt werden. Wohl Alle hielten die
Pyramidenform für die beste. Der Boden könne
darauf wohl keinen Einfluss haben. Wenn einem
Baume das Herz genommen werde, heile die Wunde
schwer. Man könne ferner breite Kronen nach und
nach zu Pyramiden ziehen. Er empfehle hierzu die
Methode des Verjüngens, das Zurückschneiden Ende
August bis Mitte September möglichst pyramidal.
Der Präsident gab folgendes Resume: Die Ver-
handlung enthält eine vollständige Verurtheilung der
mehrfach empfohlenen Methode des Kesselschnitts,
d.h. der Ausschneidung des Mittelastes, um dadurch
eine verhältnissmässige Entwickelung der Seitenäste
hervorzurufen. Für die sog. Kessel- oder Schoppen-
form der Obstbäume an Chausseen, wie sie Pari-
sius vor einigen Jahren hier nannte, hat sich in
dieser Versammlung nicht ein einziger Redner erho-
ben. Der einzige Redner, welcher die Kesselform
empfahl, hatte nicht unsere Frage von der besten
30
Form der Obstbäume an Landstrassen, sondern seine
lokalen Verhältnisse vor Augen, lobte auch nicht
die Kesselform im Gegensatz zu der Pyramidalform.
— Als Vorzüge der Pyramidalform sind hervorge-
hoben: geringerer Schatten, grössere Festigkeit, Ver-
meidung zu starker Verwundung, Erzielung besserer
Früchte, geringere Nachtheile durch Schneedruck,
Sturm, nachbarlichen Schabernack, Diebstahl und
Ueberbürdung mit Früchten. Das sind so wichtige
Momente, die für die Pyramidalform an den Land-
strassen sprechen, dass es schwerlich künftig Je-
mand gelingen wird, dieselben gegen etwaige lokale
Vortheile der Kesselform in Schatten zu stellen.
Wahrscheinlich wird dieser Gegenstand nach den
eingehenden Erörterungen, denen Jeder mit grossem
Interesse gefolgt sein wird, für die Zukunft von der
Tagesordnung der pomologischen Versammlungen
verschwinden. Auf Wunsch des Baumschulbesitzers
Späth ist noch zu konstatiren, dass nach Ansicht
der Versammlung die Halbhochstammform der Bäume
an den Eisenbahnen als die zweckmässigste anzu-
sehen sei, womit auch diese Frage zum Austrage
gebracht ist.
Weiter nun wird auf Wunsch der Versammlung
über den Ort der nächsten 7. allgemeinen Versamm-
lung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter
gesprochen und beschliesst dieselbe einstimmig auf
Vorschlag von Dr. Lucas, Müschen, Thrän-
hardt, Engelbrecht, Hörling, v. Türk und
Griepenkerl, unter Angabe der dafür sprechen-
den Gründe, dass die nächste 7. Versammlung unter
Beseitigung der Mandatsverhältnisse des Vorstandes
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den
Königl. preuss. Staaten in zwei Jahren, also 1874,
in Trier tagen und der Regierungsrath Beck er-
sucht werden solle, die allgemeine Geschäftsführung
zu übernehmen, sowie für den Fall, dass in Trier
ein Hinderniss stattfinden sollte, dem Vorstand des
Pomologen-Vereines die Befugniss eingeräumt werden
solle, Ort und Zeit zu bestimmen.
Dann referirt auf Beschluss der Versammlung
Mediecinalrath Engelbrecht von hier über die 13.
Frage: „Wie können die Obst-Mustergärten am besten
zur Hebung des Obstbaues in Deutschland beitragen ?“
Es sei zweckmässig, alle noch nicht bis jetzt ver-
worfenen Sorten mit Sicherheit der Aechtheit in
Staatsanstalten heranziehen zu lassen. Dieselben
hätten mit einander in Verbindung zu treten und
wären aufzufordern, die Erfolge der Sorten nicht nur
auf ihren Grundstücken zu beobachten, sondern auch
in anderen Gegenden. Bei der Debatte betheiligten
sich Dr. Lucas, der den Schwerpunkt sowohl in
Zen.
das Sortiren, als hauptsächlich in die Kultur guter
Hochstämme legt und es für wünschenswerth hält,
in jeder Provinz einen Obstmustergarten einzurichten
und Obstbaumwärter anzustellen; Uhde und Öber-
dieck empfehlen vorzüglich die Anlage von Ver-
suchsstationen und die Erhaltung dessen, was ge-
schaffen sei, durch Bezeichnung der Bäume, Auf-
nahme von Situationsplänen ete.; Arnold brachte
zur Sprache, dass man beabsichtige, wie in Trier so
in jedem Kreise, ja in den einzelnen Gemeinden oder
bei Privatpersonen, Mustergärten zu errichten; Reiss,
Bouch& und Späth hoben dagegen die Ausbildung
von praktischen Leuten in Mustergärten und die An-
stellung von Aufsehern bei Staatsanstalten hervor.
Stoll versprach zur Verbreitung der empfohlenen
Sorten beizutragen, machte eine nähere Beschreibung
des dortigen Mustergartens und übergab einen spe-
ziellen Aufsatz der daselbst angebauten Sorten etc.
zur Aufnahme ins Protokoll.
Nachdem der Präsident noch die Einrichtung
der Abkürzung der Namen der Sorten auf den Eti-
ketten für zweckmässig erklärt hatte, gab derselbe
folgendes Resume:
„Es ist hervorgehoben, dass die Staats-Anstal-
ten vorzugsweise bestrebt sein sollen, die werth-
vollen Obstsorten in absolut richtiger Bezeichnung
zu erhalten, auch deshalb in Kommunikation mit den
andern gleichen Anstalten zu treten, um die Richtig-
keit zu kontroliren durch den Austausch von Früch-
ten und Reisern, dann aber auch die Abgabe der
einzelnen Sorten von der Passlichkeit derselben für
die betreffenden Gegenden soviel als irgend thunlich
abhängig zu machen. Von anderer Seite ist hervor-
gehoben, dass die Einrichtung der Mustergärten mög-
lichst zu decentralisiren, also nicht nur in den einzel-
nen Provinzen, sondern in möglichst viel verschie-
denen Localitäten dieselben anzulegen seien, ähnlich
wie das in der Rheinprovinz und besonders im Re-
gierungsbezirk Trier der Fall sei, damit die Verbrei-
tung der Mustersorten und die Ausmerzung schlech-
ter Sorten möglichst befördert werde, auch gewisser-
massen dem Reiserdiebstahl eine stillschweigende
Duldung angedeihen zu lassen. Vor allen Dingen
müssen die Regierungen und die Vereine für die Er-
haltung der Mustergärten und für die Anstellung von
Baumwärtern sorgen, welche die Pflege der Bäume
überwachen und dem Publikum auf rationelle Weise
mit Auskunftgeben u. s. w. zur Hand gehen.“
Zum Schluss der Sitzung wurde Stadtrath Thrän-
hardt aus Naumburg gebeten, über die 11. Frage:
Welche Tafeltrauben sind für den Anbau namentlich
in Norddeutschland zu empfehlen? nach seinen lang-
jährigen Erfahrungen zu referiren. Derselbe hebt
gegen 24 weisse und rothe Sorten namentlich her-
vor, welche sich durch vorzüglichen Geschmack,
Frühreife und Ertrag auszeichnen und eine kurze
Vegetationsperiode haben.
Der interessante Vortrag wird bestimmt, in der
am Abend 6 Uhr fortzusetzenden Versammlung dis-
kutirt zu werden.
In der 4. allgemeinen Versammlung Abends 6 bis
8 Uhr wurde Folgendes verhandelt:
Revierförster Magenau wird vom Präsidenten
zunächst aufgefordert, in Bezug auf seine Broschüre
über Anpflanzung des Eisenbahn-Areals mit Obst-
bäumen und Reben Näheres mitzutheilen. Derselbe
will es mehr den lokalen Verhältnissen überlassen,
Hochstämme, Halbhochstämme oder Spaliere an Eisen-
bahnen anzupflanzen. Es sei wegen der kolossal
grossen Ausdehnung des zu bepflanzenden Eisenbahn-
Areals eine Frage von unendlicher volkswirthschaft-
licher Bedeutung. Ein intensiver Betrieb der Obst-
und Rebenkultur sei für eine Eisenbahnverwaltung
durchzuführen von grosser Schwierigkeit; es liesse
sich die Nutzbarmachung des Areals durch Verpach-
tung desselben an tüchtige Kultivateure auf eine
ausreichende Reihe von Jahren erreichen. Der Kul-
tivateur finde höchst günstige Verhältnisse.
Es wird sodann zurückgegriffen auf die Frage 11,
welche Stadtrath Thränhardt in der dritten Sitzung
beantwortet hatte, und besonders nochmals von dem-
selben erörtert, welche Sorten und aus welchen
Gründen er sie für Freikultur, sodann welche er zur
Kultur an Mauern von früh- und spätreifenden Trau-
ben, und welche er noch zu Versuchen für geeignet
halte.
Bei der Diskussion betheiligte sich Garten -In-
spektor Koch, der mittheilte, dass hier mit früh-
reifenden Sorten die verschiedensten Versuche ge-
macht seien. Derselbe nennt die für hiesige Gegenden
als zweckmässig erprobten Sorten, sowie die Be-
dingungen ihres Gedeihens, und redet der mehr
richtigen Benennung der Sorten das Wort. Professor
Seelig von Kiel empfiehlt hauptsächlich die Malingre-
Trauben, weniger für Freikultur, als im Topfe und
an Gebäuden; Geheimer Kammerrath Uhde empfiehlt
bei der Ungunst unseres nordischen Klimas die
Madeleine Angevine im Vergleich mit anderen, die
hierselbst versucht sind. Inspektor Palandt hält
die Bestrebungen des Pomologen-Vereins, nicht zu
centralisiren, sondern zu lokalisiren, auch bei dieser
Frage für zweckmässig. Was für die eine Gegend
passe, passe nicht für eine andere.
Es theilen noch ihre Erfahrungen über den An-
382
bau passender Sorten für die verschiedenen Gegenden ı ihm bezeigte Nachsicht und spricht seine Anerken-
v. Türk, Oberdieck, Arnold, Uhde und Palandt
mit, Oberdieck bringt dabei das häufige sog. Rie-
seln des Diamants zur Sprache. Palandt glaubt
den Grund darin gefunden zu haben, dass bei dem-
selben bei dem wenigen Blumenstaub die Befruchtung
bei Regenwetter misslich sei. Künstliche Befruchtung
durch Zusammenbringen zweier Sorten sei ihm ge-
lungen. Dr. Lucas giebt ein ganz unfehlbares Mittel
gegen das Reissen des Diamants an, nämlich das
Ringeln, ehe die Beere sich bilden will und unter
der Traube. Rinde und Bast müssten durchschnitten
werden unmittelbar nach der Blüthe. Superintendent
Oberdieck giebt das Petroleum als Mittel gegen
die Feinde der Trauben, die Wespen, an. Dasselbe
wird in die Löcher gegossen.
Aus den Verhandlungen geht hervor, dass man
sich im Ganzen im Kreise der vom Referenten der
11. Frage empfohlenen Sorten bewegt hat.
Superintendent Oberdieck referirte sodann in
einem ausgedehnten Vortrage noch über die Frage 9:
Welche Steinobstsorten lassen sich für den Anbau
im Grossen empfehlen und verspricht das schriftlich
aufgesetzte Referat zum Aufnehmen ins Protokoll
einzusenden. Für den Vortrag wird ihm der Dank
der Versammlung dargebracht.
Vor dem Schluss der Verhandlungen wurden
noch folgende Anträge gestellt und von der Ver-
sammlung, einstimmig angenommen:
1) In Bezug auf die 13. Frage der Tagesord-
nung möge die Versammlung beschliessen,
den Medizinalrath Engelbrecht aufzufordern,
seine Ansichten in einer Denkschrift zum
Protokoll niederzulegen, die geeignet sein
wird, die Bestrebungen und Thätigkeit des
Pomologen-Vereins segensreich zu machen,
auch die Regierungen in den deutschen Län-
dern durch Zusendung eines Separatabdrucks
anzuregen, diese Bestrebungen zu unter-
stützen. Medizinalrath Engelbrecht übernimmt
diese Ausarbeitung.
In Bezug auf die noch auf der Tagesordnung
stehenden, nicht erledigten Fragen sind die
betreffenden Referenten schriftlich aufzufor-
dern, ihre Referate zur Aufnahme ins Protokoll
binnen 4 Wochen einliefern zu wollen.
Die Versammlung sagt einstimmig dem Präsi-
denten Dank für die umsichtige Leitung der Ver-
handlungen, die vielen Mühen, welche derselbe sich
gegeben hat, und bringt demselben ein dreimaliges
Hoch aus.
Der Präsident dankt der Versammlung für die
2)
nung aus für den Fleiss und die Ausdauer, den
Ernst und die Gediegenheit, die sie bei der Erörte-
rung der aufgestellten Fragen bewiesen. Die Ver-
sammlung sei zwar an Quantität nicht bedeutend
gewesen, um so bedeutender aber an Qualität.
Nachdem sodann noch dem Superintendenten
Öberdieck und denen, welche überhaupt den er-
schienenen Fremden freundlich entgegengekommen
seien, ein dreimaliges Hoch ausgebracht war, schliesst
der Präsident die Sitzung.
Erfahrungen
über den Nutzen des Brumata-Leim’s des Lelrers
0. Becker in Jüterbog.
Von J. Ganschow, Kunstgärtner in Diwitz bei Barth
in Pommern.
Die Obstbäume theilen mit den Hausthieren das.
gleiche Loos; sie haben die meisten Krankheiten und
die zahlreichsten Feinde. Zu den entschieden ge-
fährlichsten Feinden unserer Obstbäume gehört der
Frost-Schmetterling, Frostspanner, Spätling, Fresser,
Reifmotte, auch Spaniol (Geometra brumata) genannt.
Die bleich-grüne Raupe zerstört im April und Mai zu
Millionen die Knospen und Triebe der Obstbäume
und vernichtet dadurch fast die ganze Obsternte.
(Vergl. Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde
von Dr. €. L. Taschenberg, S. 275. Dr. Ratzeburg’s.
Forst-Insekten, Theil Il., S. 188.)
Der schmutzig braun-graue Spanner-Schmetter-
ling erscheint Anfangs November. Das Weibchen
kann seiner verkümmerten Flügel wegen nicht fliegen,
kriecht aber behend an lauen November-Abenden am
Stamme des Baumes hinauf und legt seine Eier (über
250) an die Knospen. Die Räupchen schlüpfen An-
fangs Mai, zuweilen schon früher aus, und sind Mitte
Juni vollständig entwickelt, nachdem sie die Bäume,
namentlich Apfelbäume, kahl wie Besenreis gefressen
haben.
Dann fangen wohl alte kränkliche Bäume an, sich
wieder zu belauben, treiben aber höchstens an der
Spitze der Zweige Blätter, nicht Schösslinge; junge
Bäume machen nur kleine schwächliche Triebe (Jo-
hannistrieb). Wegen dieser Schädlichkeit verdient
das Insekt von allen Obstzüchtern mit Nachdruck
verfolgt zu werden.
Früher wendeten einige Gärtner ete. den Theer
dazu an, den sie um die Baumstämme strichen; weil
aber der Theer die Bäume oft brandig macht, so ist
er nicht zu empfehlen.
385
Ich bezog daher, um meine Obstbäume vor jenen |
verderblichen Feinden zu retten, vom Lehrer C.
Becker in Jüterbog seinen von ihm präparirten
Brumata-Leim, und bestrich mit demselben am 3. No-
vember 1871 die um meine Bäume gebundenen Papier-
ringe. Schon am andern Morgen bemerkte ich an
den Ringen die Frostspanner-Schmetterlinge, die sich
natürlich vergebens bemühten, von der klebrigen Masse
los zu kommen; später waren die Ringe reichlich
mit diesen Feinden bedeckt. Der Erfolg an meinen
Bäumen war in diesem Sommer sichtbar.
Auch der Blüthenbohrer, ein Rüsselkäfer (An-
thonomus pomorum), der im November und Decem-
ber auf die Bäume kriecht, um in die Blüthen seine
Verderben bringenden Eier zu legen, deren daraus
entstehende Larven im Mai die Staubgefässe und den
Fruchtknoten zerfressen, wurde auf den Ringen ge-
fangen angetroffen.
Ich stehe nun nicht an, auf diesen Leim, der
bereits vom Berliner Verein zur Beförderung des
Gartenbaues für die preussischen Staaten, vom Garten-
bau-Verein für Neuvorpommern und Rügen, in der
Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins in Baiern
(Januarheft 1872) auf das Beste und Dringendste
empfohlen ist, alle Obstbaum-Besitzer aufmerksam zu
machen, überzeugt dass der Gebrauch ihnen Freude
gewähren und Nutzen schaffen wird. Die geringe
Ausgabe — 1 Pfund nebst Gebrauchs-Anweisung und
Probering I. Qualität 20 Sgr., II. Qualität 17 Sgr. —
für etwa 30 Bäume hinreichend — wird durch den
Erfolg reichlich aufgewogen.
Aber auch noch anderweit nutzbar ist dieser
Leim. Bestreicht man nämlich Mitte Mai die Papier-
ringe mit Brumata-Leim, so sammeln sich unterhalb
der Ringe die wandernden ‚schädlichen Raupen des
Goldschwanzes (Bombyx chrysorrhoea) und Ringel-
spinners (Bombyx neustria) und andere, und können
dort leicht vernichtet werden.
Endlich schützt der Leim auch gegen Obstmaden,
diese schädlichen und ekelhaften Gäste unseres Obstes.
Sie sind die Raupen der Obstschabe, Tortrix pomo-
nana. Ende Juli bis Anfangs September lassen sie
sich an einem Faden aus dem angestochenen ÖObste
herab, kriechen an den Baum und an demselben hin-
auf, um sich zwischen Rindenrissen etc. einzuspinnen
und dort zu überwintern.
Mitte Juni des künftigen Jahres erscheint der
düstere Falter, um seine Eier an das halbwüchsige
Obst zu legen (vgl. Leunis Synopsis Theil I., S. 257)
und oft ein Drittel der Früchte zu verderben.
Bestreicht man nun Ende Juli die Ringe der
Bäume, welche viel madiges Obst besitzen, mit Bru-
mata-Leim, so bleiben einzelne Maden darauf kleben;
die meisten aber ziehen es vor, sich unter den Ring
zu verkriechen, weil sie dort vor Feinden und Kälte
mehr geschützt sind. Ende September findet man
die Raupen in einem Gespinnst unter einem Papier-
fleck, wo sie leicht getödtet werden können.
Lehrer Becker hat solche Ringe mit den dar-
unter eingesponnenen Raupen dem Garten - Direktor
Lucas in Reutlingen und E. Fürst, Redakteur der
Frauendorfer Blätter, zur Ansicht eingesandt, und
durch dies einfache Mittel der Obstzucht einen be-
deutenden Dienst geleistet.
Nur wer seine Obstbäume vor ihren Feinden
schützt, kann auf reichlichere Obsternte rechnen.
Dr. W. Ulrich
internationales Wörterbuch der Pflanzen-Namen.
Wir gestehen, dass wir lange gezaudert haben,
unser Urtheil über vorliegendes Buch auszusprechen,
da wir Niemand zu nahe treten wollen, obwohl wir
immer die Sache von der Person trennen. Wir
wollen auch in diesem Falle kein Urtheil über vor-
liegendes Buch geben, sondern nur unsere Ansicht
über das Bedürfniss und wie es eingerichtet werden
müsste, aussprechen. Ein internationales Wörterbuch,
wenn es auch zunächst, wie das vorliegende, nur
auf drei, aber doch die wichtigsten Sprachen: die
deutsche, englische und französische, beschränkt ist,
müsste sich nur auf die einzelnen Floren Deutsch-
lands, Englands und Frankreichs beschränken. Aus-
ländische Pflanzen wären von vorn herein auszu-
schliessen: diese haben einen lateinischen und, in-
sofern sie im Vaterlande irgend eine Wichtigkeit be-
sitzen, einen einheimischen Namen, der gewöhnlich
von Reisenden, insofern diese nicht speciell Botaniker
sind, gebraucht wird. Würde man ein Buch besitzen,
wo man durch Nachschlagen erfahren könnte, wie der
wissenschaftliche, d. h. lateinische, Name einer sol-
chen unter dem einheimischen Namen aufgeführten
Pflanze ist, so würde der Leser einigermassen sich
zurecht finden und sich von der Pflanze einen Begriff
machen können.
Was das eigentliche internationale Wörterbuch
anbelangt, so liegt grade bei den drei wichtigsten
Völkern Europa’s in den ursprünglichen Pflanzen-
Namen zum grossen Theil so viel Poetisches und auf
das menschliche Leben Hinweisendes, es wird, wenig-
stens in England und Deutschland, so sehnsuchtsvoll
erwartet, dass, wenn das vorliegende entsprochen,
es gewiss freudigst begrüsst worden wäre. So er-
384
halten wir willkürlich aus- und inländische, inter-
essante und ganz gleichgültige Pflanzen, selbst Kryp-
togamen, in beliebiger Auswahl und sehen zu, ob das
wir suchen, zufällig vorhanden. Immerhin etwas,
wenn auch nicht viel.
.
Eingesandt
nebst einer Erklärung der Redaktion.
Herr Redakteur!
Ich finde in der 33. Nummer der Wochenschrift
über mich einen keineswegs wohlwollenden Artikel
des Herrn Generals v. Jacobi, den ich nieht ohne
Erwiderung lassen kann. Sie erlauben mir deshalb,
Herr Redakteur, dass ich in der nächsten Nummer
die darin aufgestellten Behauptungen berichtige.
Agave hybrida, von der Herr General v. Jacobi
spricht, wurde vom Herın de Kerchove d’Ous-
selghem auf seinem Schlosse zu Vosselaere ge-
züchtet, wie in seinem Artikel richtig behauptet wurde.
Es ist dieses aber etwas, was Jedermann schon weiss.
Ich kann demnach gar nicht begreifen, dass Herr
General v. Jacobi behauptet, die Züchtung dieses
Agaven-Blendlings mir angemasst und bei ihrem Ver-
kaufe ausgesprochen zu haben, dass er in meinem
Etablissement entstanden sei. In meinem Pflanzen-
Verzeichnisse Nr. 16, p. 13, steht bei Agave univit-
tata-xylacantha:
„Prächtiger Blendling (Hybride) zwischen A. uni-
vittata und xylacantha, im Aussehen zwischen beiden
stehend; Gestalt und Dornen der Blätter der A. xy-
lacantha; Oberfläche der Blätter glatt und glänzend,
wie bei A. univittata. Eine Varietät erster Ordnung.“
Wer wollte behaupten, dass in diesen Worten
auch nur die geringste Andeutung, ich masste mir
die Urheberschaft dieser Agave an, liegt? An keiner
anderen Stelle habe ich aber dieser Agave sonst ge-
dacht. Wohl aber steht in Nr. 25 der Wochenschrift,
wo von den neu eingeführten Pflanzen gesprochen
wird, dass diese Agave hybrida von Jean Ver-
schaffelt gezüchtet sei. Wo in aller Welt bin ich
aber für das verantwortlich, was Andere gesagt
haben?
Weiter in dem besagten Artikel über meine Aga-
ven, welche in der Fest-Ausstellung des Berliner
Gartenbau-Vereines ausgestellt waren (über A. Killi-
schii, Leopoldi und Perringii, sowie über Bonapartea
Hystrix compacta oder nana) heisst es, dass dieses
Dass diese werthvoll und interessant sind, geht dar-
aus hervor, dass jede einzelne Agave, welche ich
kurz vorher im Garten der Königlichen Gartenbau-
Gesellschaft in London ausgestellt hatte, von Seiten
der Preisrichter ein Certifikat erster Klasse erhielt,
dass sogar derselbe Herr Dr. Kellogg, den auch
Herr General v. Jacobi erwähnt, unter den Preis-
richtern sich befand, welche eine dieser Auszeich-
nungen der Bonapartea Hystrix compaeta zusprachen,
Alle diese Agaven wurden übrigens erst im Jahre
1872 direkt aus Mexico eingeführt und waren für
mich und Andere deshalb neu, weil wir bis dahin
diese Formen noch nicht gesehen hatten.
Jean Verschaffelt. ,
Erklärung der Redaktion.
Die Redaktion der Wochenschrift hatte im An-
fange der langen Abwesenheit des Redakteurs diese
Erwiderung auf einen Artikel des Generals der In-
fanterie a. D. v. Jacobi, die Agaven Jean Ver-
schaffelt's in Gent betreffend, erhalten und wurde
gleichzeitig ersucht, dieselbe in der Wochenschrift
aufzunehmen. Vor der Zurückkunft des Redakteurs
konnte dieses nicht geschehen. Wir thuen es jetzt
aber um so lieber, als in Betreff des ersten Punktes
ein Irrthum vorliegt, der nicht Jean Verschaffelt
trifft, sondern den Verfasser des Artikels der neuen
Pflanzen in der Wochenschrift, welcher glaubte, dass,
da der besagte Blendling der Agave univittata und
xylacantha durch das Etablissement Jean Ver-
schaffelt's eingeführt wurde, in diesem auch der
Blendling entstanden sein müsste. Dass Jean Ver-
schaffelt irgend wo ausgesprochen, er hätte den
Blendling erzogen, ist uns völlig unbekannt.
Was die direkt aus Mexico durch Jean Ver-
schaffelt eingeführten Agaven anbelangt, so ist
von Seiten des Generals v. Jacobi nur eine Be-
richtigung der neuen Namen gegeben; dass dieser
auch nur einen Zweifel gegen die direkte Einführung
von Seiten Jean Verschaffelt’s hegte, ist eben-
falls nirgends ausgesprochen worden. Es kommt sehr
häufig vor, dass Pflanzen, die als etwas Neues von
Seiten der Gärtner eingeführt werden, sich nach
wissenschaftlicher Untersuchung als schon beschrie-
ben herausstellen. Man kann von keinem Handels-
Gärtner verlangen, dass er gleich alle von ihm ein-
geführten Pflanzen kennt; er gibt die Namen vor-
läufig und überlässt es der wissenschaftlichen Kon-
trole, diese zu rektificiren oder die Pflanzen als neu
allbekannte Pflanzen seien, weil bereits beschrieben. | anzuerkennen.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
m»
A ochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenhaus in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pfianzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 49.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., il bei Beree een den Bichhandel
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Berlin, den T: December.
182.
als auch franco durch alle Post- Anstalten
Inhalt: K. Koch’s Dendrologie. — Zu Beantwortung der Frage über die Be = Topfpflanzen-K Kultur otorderhe hen Erdarte N. —
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XV.
K. Koch's Dendrologie.
2. Band, 1. Abtheilung.
Selten ist wohl ein Buch so erwartet worden,
als Koch’s Dendrologie. 3 Jahre sind bereits ver-
flossen, seitdem der erste Band veröffentlicht und
nach allen Seiten freundlichst begrüsst wurde. Jedes
erscheinende Werk nimmt meist das Bedürfniss für
sein Erscheinen in Anspruch, wenn es auch völlig
unnütz sein sollte. Koch’s Dendrologie hat es zwar
nicht ausgesprochen; dass sie jedoch wirklich nicht
allein ein Bedürfniss war, sondern dieses auch mög-
lichst ausgefüllt hat, ist aber allseitig anerkannt wor-
den. Um so sehnsüchtiger sah man deshalb in Deutsch-
land, wie im Auslande, dem Erscheinen auch des
zweiten Bandes, mit dem das ganze Werk schliessen
sollte, entgegen.
Eben ist der zweite Band erschienen,
nicht fertig, denn es fehlen 2 der wichtigsten Pflanzen-
Abtheilungen: die Kupuliferen, unter ihnen die Eichen,
und die Koniferen, ausserdem aber noch die wenigen
Monokotylen; zum Glück erfahren wir, dass nur ein
allerdings sehr unangenehmer Zufall den Druck plötz-
lich aufgehalten hat, bereits aber wieder beseitigt ist.
Um nicht die Ausgabe wenigstens dessen, was bereits
gedruckt ist, für dieses Jahr aufzuhalten, hat der
Verleger mit Zustimmung des Verfassers beschlossen,
einstweilen die erste Abtheilung auszugeben und die
zweite bis Ostern nachfolgen zu lassen.
Ueber die Brauchbarkeit und Empfehlung des
Werkes ist es wohl kaum nothwendig, noch etwas
zu Sagen; es ist dieses bei der Beurtheilung des
ersten Bandes bereits im In-, wie im Auslande, hin-
länglich ausgesprochen worden. In einer Zeit, wo
aber noch
durch ganz Deutschland ein
stosse und
Landesverschönerung
allgemeines Bedürfniss
Grundbesitzer
die Idee unseres grössten und geistreich-
Landschaftsgärtners, des Fürsten Pückler-
Muskau, unsere Parks und Anlagen mit den Um-
gebungen zu verbinden, allgemeinen Beifall gefunden
hat, ist es vor Allem gut, zu wissen, was uns über-
haupt an Gehölzen zu Gebote steht, um darnach
unsere Auswahl zu trefien. Werfen wir einen Blick
in die erste Abtheilung des zweiten Bandes, so
That zu der Ansicht kommen,
das Material sei im Verhältniss zum ersten Jahre
in der kurzen Zeit von 3 Jahren noch gewachsen.
Wenn schon in dem ersten Bande der Dendrologie
hier und da auf die traurige Verwirrung der Namen
in den meisten Baumschulen hingewiesen wurde, so
wird man wohl, wenn man sieht, dass bei den Ge-
hölzen, welehe im zweiten Bande beschrieben sind,
diese Verwirrung noch grösser ist, dem Verfasser
Dank wissen, dass er nicht allein der Wissenschaft
in der Bearbeitung völlig entsprochen, sondern auch
Mühen und Kosten nicht gescheut hat, von allen
einiger Massen wichtigen Baumschulen des In- und
Auslandes Kenntniss zu und die
dortigen Namen Dendrologie zu berichtigen.
Bei einigen Pflanzengruppen, wie bei den Weiden,
Eschen, Loniceren u. Ss. w., war es bisher fast nicht
mehr zum Durchkommen.
Dass der Verfasser nicht alle Fragen, die dabei
geworden ist,
kleine allenthalben Anpflanzungen
machen,
sten
möchte man in der
vorher nehmen
für seine
vorkamen, gelöst hat und Manches später noch
revidirt und verbessert werden muss, spricht er
selber aus, und wird Niemand auffallen. Um zu einem
Resultate zu gelangen, legt er den grössten Werth
49 .
auf die Gründung eines wissenschaftlichen Institutes,
weil diese Fragen zum Theil nur hier allein und aın
Raschesten gelöst werden können. Ein solches In-
‚stitut, wo alle die in der vorliegenden Dendrologie
beschriebenen Gehölze kultivirt und beobachtet wer-
den, hat aber noch eine zweite, nicht minder wich-
tige Aufgabe, nämlich: bekannt zu machen, mit dem,
was an Gehölzen vorhanden ist, aber nicht etwa
allein den Jünger der Wissenschaft, sondern Jeder-
mann, der sich überhaupt darin belehren will.
Allee - Bäume und Schmuckgehölze existiren bei-
spielsweise jetzt in einer Auswahl, wie nie vorher,
und sind keineswegs in der Weise dem grossen
Publikum bekannt, als wünschenswerth und im In-
teresse des Ganzen nothwendig ist.
besitzer hätten
Baumschul-
solchen Institute Gelegen-
heit, die oft falschen Namen ihrer Gehölze zu revi-
diren, ausserdem aber auch sich von dem grossen
Reichthum des Vorhandenen zu überzeugen.
Der Verfasser hat das Verdienst, höheren Orts
zuerst auf die Nothwendigkeit eines solchen dendro-
logischen Gartens aufmerksam gemacht zu haben.
Von Seiten der Regierung ist auch auls Zuvorkom-
mendste Geneigtheit zu erkennen gegeben worden,
ein solches Institut aus Staatsmitteln ins Leben zu
rufen, es scheiterten aber bisher alle Bemühungen,
zu diesem Zwecke bei Berlin ein passendes Terrain
zu finden. Soll ein dendrologischer Garten nämlich
seinen grössten Nutzen haben, so muss er an einem
Orte liegen, wo viele Menschen zusammenleben und
aus dem ganzen Deutschland zusammenkommen.
Ein solcher Ort kann nur Berlin sein. Es kommt
hier noch dazu, dass auch in Berlin alle Mittel, das
Institut auf der durchaus nothwendigen ‚Höhe der
Wissenschaftlichkeit zu erhalten, geboten sind. In
ihm wird am meisten Gelegenheit geboten, alle Ge-
hölze, welche im Freien bei uns aushalten, näher
kennen zu lernen. Nur auf diese Weise können Lieb-
haber nach ihren Bedürfnissen eine Auswahl treffen.
Ein Terrain, wo alle Gehölze, welche im gan-
zen Deutschland aushalten, so kultivirt werden, dass
sie sich nach allen Seiten hin gleichmässig entwik-
keln können, muss wenigstens ein Areal von 60 bis
80 Morgen haben. Dieses Areal bei Berlin zu kau-
fen, würde bei den ausserordentlich hohen Preisen
des Bodens kaum möglich sein. Fiskalisches Land
aber, was den grossen Bedürfnissen eines dendrolo-
gischen Gartens entsprechen würde, ist in der Nähe
Berlins gar nicht vorhanden, wohl aber besitzt die
Stadt Berlin selbst Grund und Boden, der völlig ge-
eignet sein dürfte, den Ansprüchen eines solchen
Institutes nach dieser Richtung hin nachzukommen.
in einem
386
Wie wir vernehmen, hat sich
bereits in dieser Angelegenheit an eine der städti-
schen Behörden vertrauensvoll gewendet und man
ist ihm freundlichst entgegengekommen.
Abgesehen davon, dass ein dendrologischer Gar-
ten in der Weise durchgeführt, wie er von dem Ver-
fasser der Dendrologie ins Auge gefasst ist, noch
nirgends in Europa, so sehr er auch Bedürfniss ist,
existirt und daher seine Errichtung nicht allein demr
ganzen preussischen Staate, als auch der Stadt Berlin
zur Ehre gereichte, würde er auch einem vielseitig
gefühlten Bedürfnisse abhelfen. Berlin ist in den letz-
ten Jahren auf eine Weise gewachsen, wie keine
andere Stadt, die Bevölkerung hat sich ungemein
vermehrt, so dass man um so mehr darauf bedacht
auch der Verfasser
sein muss, den Gesundheitszustand der bald eine
Million Einwohner zählenden Stadt zu verbessern.
Wenige grosse Städte haben leider eine so unvor-
theilhafte Lage mitten in einer sandigen oder sumpfi-
sen Gegend, wo das gleiche Niveau des Bodens
kaum die geringste Bewegung des Wassers gestattet,
wo die vorhandene Vegetation trotz Allem, was man
bisher dafür künstlich gethan hat, keineswegs eine
üppige, sondern vielmehr eine ziemlich ärmliche ge-
nannt werden muss. Nichts ist aber im Stande, den
Gesundheitszustand einer Stadt so zu verbessern,
als Anpflanzungen von Gehölzen.
Die Behörden der Stadt haben dieses wohl em-
pfunden und, namentlich in der letzten Zeit, keine
Kosten und Mühen gescheut, um in dieser Hinsicht
das Fehlende nachzuholen. Man hat einen der tüch-
tigsten Landschaftsgärtner gewonnen. Es sind bereits
von demselben Pläne von Anlagen zur Verbesserung
des Gesundheitszustandes, aber auch zur Verschö-
nerung der Stadt Berlin entworfen und zum Theil
ausgeführt, zum Theil erst genehmigt. Ein grosser
Park, der Humboldtshain, im Norden der Stadt, wird
wohl noch in diesem Jahre vollendet werden. Ist
dieses geschehen, so soll ein zweiter Park am Schle-
sischen Thore und von ziemlich demselben Umfange
in Angriff genommen werden.
Der vom Professor Koch projektirte dendrolo-
gische Garten wird zwar in erster Linie ein Institut
für Wissenschaft und höhere Gärtnerei werden, er
wird aber doch auch zu gleicher Zeit in sofern einem
öffentlichen Garten entsprechen, als er Jedermann zu
seiner Belehrung offen steht und dem Publikum nicht
geschlossen werden soll. Seine Wirkung auf den
Gesundheitszustand Berlins wird dieselbe sein, wie
die eines jeden anderen Parkes. Wollen wir daher
von ganzem Herzen wünschen, dass die bereits an-
seknüpften Verhandlungen unserer Regierung mit der
387
Stadt zu einer raschen Vereinigung führen, dass wir
recht bald neben dem Königlichen botanischen Gar-
ten noch ein zweites botanisch -wissenschaftliches
Institut haben, was den Bewohnern Berlins vielleicht
mehr zu Gute kommt und hauptsächlich den Gesund-
heitszustand der neuen Weltstadt fördert.
Durch die Koch’sche Dendrologie ist bereits auch
das Fundament für einen dendrologischen Garten ge-
geben; was darin kultivirt werden soll, ist im Buche
aufgezeichnet und registrirt. Die grösste Schwierig-
keit würde nur darin bestehen, die sämmtlichen
Gehölze herbeizuschaffen. Aber selbst über diese
Schwierigkeit wird man hinauskommen, da Professor
Koch mit den Besitzern aller bedeutenderen Baum-
schulen und Parks des In- und Auslandes in Ver-
bindung steht und von ihnen auch zum grossen
Theil die Zusicherung ihrer Unterstützung erhalten
hat. Allenthalben wird das Bedürfniss nach einem
solchen Institute seit dem Erscheinen der Koch-
schen Dendrologie mehr als je gefühlt.
Zur Beantwortung
der Frage über die bei der Topfpflanzen-Kultur
erforderlichen Erdarten.
Vom Garten-Inspektor Dotzauer.
In der Literatur, wo solche auf die für die eine
oder andere Pflanze passende Erdart eingeht, er-
scheinen im Allgemeinen die Angaben kaum anders,
als solche, die erfahrungs- und versuchsweise her-
vorgegangen sind, oder höchstens mit den Beobach-
tungen, die man über die Standortsverhältnisse ge-
macht hat, im Zusammenhange stehen.
Wodurch aber die Versuche sowohl, als auch
die Beziehungen der Pflanzen zu den Verhältnissen,
die ihr Auftreten oder Vorkommen bewirken, be-
dungen seien, darüber fehlt eine Behandlung, welche
die praktische Handhabung wirklich unterstützt und
fördert. Ja, man kann sagen, darüber fehlt das Ver-
ständniss eines klaren Begriffes über das, was als
das Wesentliche dabei in Betracht kommt und wirk-
lichen Anhalt gewährt. Denn eben so wenig wie
eine Begründung dadurch sich ergibt, dass die ge-
machte Erfahrung eine Behandlungsweise vorschrieb,
oder die Boden-Benennung, nach dem Befinden da,
wo die Pflanze im natürlichen Zustande wächst,
unfehlbare Sicherheit bietet, eben so wenig ist durch
Beides eine weitergehende Folgerung möglich. Wenn
man allen Werth auf die Kulturangaben in botani-
schen und Garten - Schriften legt, so vermisst man
die Erklärung, und da sie sich auf die einzelnen
Fälle beziehen, so ist über die Frage wegen der
Boden- oder Erdart im Allgemeinern die praktische
Handhabung, ist namentlich also der Gärtner anhalts-
los. Denn in Betracht des so umfangreichen, meist
schwer zugängigen literarischen Materials, der Menge
von Pflanzen, die das Gebiet der Topfkultur berührt,
und der daher für jene Angaben überall entstehen-
den Lücken, ist eine systematische Behandlung des
Gegenstandes nothwendig, die, es sei nicht gesagt
erschöpfend, doch annähernd für diese Frage eine
Grundlage gewährt.
Das Objekt hierzu leistet die Pflanze, da deren
Wesen die Bedingungen des Bodens erheischt. Die
Pflanze hat dafür drei beredte Theile: Wurzel,
Stamm und Blatt. Von diesen Theilen oder Orga-
nismen ist die Anschauung oder das Verständniss
der Lebensthätigkeit im Allgemeinen genügend. An
der Wurzel sind die jungen Spitzen der Verästelung
ihrer Feinheit oder Dieke nach, ist der schneller,
langsam oder überhaupt nicht erfolgende Uebergang
zur Holzbildung, ist die Ausgangsweise vom Wurzel-
stocke oder Stamme, je nachdem solche auf einen
Punkt konzentrirt, peripherisch oder von mehrern
Stellen zulässig ist, zu unterscheiden. Unter diesen
Unterscheidungen, die massgebend für den Ernäh-
rungsgang sind, tritt in Betracht, wie mehr oder
weniger leicht eine Stockung die Theile aflieirt und
wie mehr oder weniger langsam frische Entwicke-
lung der Wurzel eintreten kann und bei welchem
Einflusse der Ernährung unter Mitwirkung der ge-
sunden Theile jene möglich ist.
Wenn man für die Eigenthümlichkeiten der Wur-
zel die Repräsentation in der Cactuspflanze, in der
Konifere und in der Calla, im Pelargonium, in der
Gloxinia und Palme, in der Camellia, in Melastoma
und Leucadendron, auch in der Erika, in der Or-
chidee und Nepenthes zusammenstellt, so lässt sich
allerdings damit nicht erklären, wie die Zusammen-
stellungen in gleichen Bodenverhältnissen bei so ver-
schiedener Wurzelbildung sich einigen. Das Bedürf-
niss der Feuchtigkeit und Stoffentwickelung ist allen,
aber, wie jenes beschränkt oder erweitert wird, ist
doch nicht alleinige Sache der Wurzel. Der Erwägung
schliesst sich der Stamm mit den Blatt-Organen an.
Der Befähigung und der daraus hervorgehenden
Entwickelungskraft der Wurzel nach wird zwar das
Gestalten und Wachsthum des Stammes, der seiner
Konstruktion gemäss in den Haushalt des Stoffum-
satzes eingreifend, zu seiner eigenen Verkörperung
hilft, den Ernährungs -Zufälligkeiten zu widerstehen
und sie durch sich selbst zu regeln vermag, oder
ihnen erliegt. Je nachdem in der Organisation die
einfache, weiche und mit Saft erfüllte Zelle vor-
49* .
E98
herrscht, machen mit Luft durchzogene Räume, zähe
Gefässe und feste Holzmasse das Ergebniss der
Nährstoffbewegung und Kondensirung im Wege eines
raschen Vegetationsprozesses oder eines vom An-
fange an angebaähnten dichtern Verschlusses das
Individualitätswesen aus.
Wie die Wurzel dem allseitigen Bedürfnisse des
Wassers, also der Aufnahme desselben, dauernd ent-
sprechen soll, das kann nur in dem Verhältnisse mit
des
Zersetzungsaktes und das eigentliche Objekt des Ent-
erfolgen, in welchem die nächste Vermittelung
stehens und Werdens, also der Pflanzenstamm,
zu in diesem Sinne Rhizom, Knolle und Zwiebel ein-
zuschalten sind, entgegenkommt. Die bereits als
vorgeführten Pflanzen - Geschlechter und
Familien zeigen im Stamme solche Abweichungen,
vermöge deren verschiedene Bodenverhältnisse
WO-
Beispiele
be-
dungen erscheinen, während aber doch die Lebens-
Bedingnisse im Ganzen eine Uebereinstimmung da-
Zu diesem Ganzen gehört der dritte
Organismus, das Blatt. Dasselbe, als der Faktor des
in Anregung gelangten Lebens, steht mit einer Un-
ermesslichkeit von Form und Kombination zu seiner
Funktion. Jene aber mimdert sich für den Begrift
durch die in der Grösse, Zahl, Weichheit und Festig-
keit zu suchende Ausgleichung.
Die für das Gedeihen der Kulturpflanze in ge-
wissen Bodenverhältnissen kreisende Frage und Auf-
gabe erfordert dem Obigen zunächst ein Verständ-
niss des Bodens, nach der von ihm herzuleitenden
Wirkung, die für das praktische Ressort weder im
speziell Chemischen, noch im speziell Physikalischen
festzustellen, wohl aber von beiden Wissenschaften
zu erklären ist.
Wenn man sich zunächst und gewiss nicht ohne
Grund nur auf das Eine einlässt, dass der Kultur-
boden vegetabilischen Ursprungs, also Humusboden
für einräumen.
ist und seiner Substanz nach fortwährender Zer-
setzung unterliegt, so macht die dabei gewisser-
massen abgerundete Grenze doch weite Ausbuch-
tung. Die Entstehung aus Blättern, aus Holzabfällen
oder aus Wurzeln und aus ganzen Pflanzenbestän-
den geht mit der Vielseitigkeit der Eigenthümlich-
keiten der Pflanzenarten dadurch parallel, dass jene
aus jung gebildeten oder aus gereiften Theilen, im
überwiegenden oder gleichen Gemenge, durch kurze
oder langsame Zersetzung die Einseitigkeit aulhebt,
um so mehr, als dazu diejenigen Bodenarten kom-
men, die unter besonders langandauernd gewesener
Lagerung auf trockenem Wege entweder, oder auf
nassem, zu ihrer Perfektion gekommen sind. Die
| Laub-, Holz-, Haide-, Moor- und Torferde bekannten.
Sie werden aus Naturbeständen entnommen. Die
beiden ersten kann man auch durch Häufen des un-
verwesten Materials bereiten und haben den Vorzug,
dass man sicherer über das Material ist, dessen Pro-
dukt hinsichtlich der Holzerde einen wesentlichen
Unterschied darin hat, ob letztere aus Abfällen grü-
nen oder trockenen Holzes entstanden ist, da jene
zersetzter wird und sich kompakter zusammenfügt,
diese sich lockerer verhält. Ueber die Torferde
muss bemerkt werden, dass sie nach beiden Rich-
tungen hin, kompakt und locker sein kann,
[risch aus dem Naturzustande entnommen
ist, dass sie aber als getrocknete Krumen des Brenn-
torles der Durchlässigkeit «les Bodens dient, in wel-
cher Beziehung ihre Verwendung in dieser Abhand-
lung gemeint ist.
‘Diese Erdarten, die das unter sich gemeinschaft-
lich haben, für die Topfkultur eigen haben müssen,
dass ihre Bestandtheile in solchem Verwesungsver-
also
wenn sie
hältnisse sich befinden, in welchem die Einwirkung
des Wassers in dem Maasse, als es für die Pflanze
selbst erforderlich ist, auch eine anhaltende Quelle
der Stoffentwickelung und der Stoflverbindungen bie-
ten, unterscheiden sich der Art und Zersetzung nach.
In der einen will manche Pflanze entschieden nicht
gedeihen, in der andern wächst sie mehr oder we-
niger gut. Es hat dies seine chemische und physi-
kalische Erklärung, aber in der Praxis des Garten-
wesens kann die Beurtheilung sich nur darüber zu-
nächst verbreiten, in welchem Verhältnisse der
Wurzelbildung, dem Stamme und den Blättern nach
auf die Dichtigkeit und Lockerheit des Bodengefüges,
auf die schnelle und nachhaltende Entwickelungs-
Fähigkeit, auf die Vertheilung der Bindekraft kleiner
Bodentheilchen und der mittels grösserer Bodentheile
entstehenden Durchlässigkeit das Gewicht zu legen ist.
Die Wurzel bedarf, dass sie in dem betreffen-
den Boden sich heimisch fühlen und in ihn gern
eindringen kann. Ihre Absorptionskraft darf nur vom
Reize der Stoffentwickelung in dem Maasse ange-
spannt werden, als ihre Naturanlage und der Zu-
sammenhang mit Stamm und Blättern für alle Vege-
tationsmomente gestatten. Wenn ihrer Derbheit,
Feinheit und auch Empfänglichkeit der Boden zu-
sagend angepasst sein soll, so ist die Bündigkeit
und Durchlässigkeit im Bezuge des vom Stamme und
den Blättern des zur Zersetzung des Bodens und
zur Beschaffung der Stoffe beanspruchten Wassers
in Betracht zu ziehen.
In Hinsicht der, ob schnell und leicht anzure-
hier hauptsächlichen Arten des Bodens sind die als |, regenden Stoffentwickelung hat die Lauberde eine
389
Zeit lang Vorzug unter den genannten. Es ist aber |
ihre Nährkraft eine wenig andauernde, indem der
Verwesungs-Prozess, zwar der Art und Reife der
Blätter nach, leicht beschleunigt werden kann. Eine
Fähigkeit, bei vieler Feuchtigkeit dennoch vorhal-
tender Entwickelung zu genügen, der aus
grünem und vollsaftigem Holze entstandenen Erde
und bei der Moorerde zu suchen, mit welcher letz-
teren diejenige Torferde, die im vorgeschrittenen
Zersetzungsprozesse, frisch und im feuchten Zustande
ist, gleichbetrachtet werden kann. Die aus Abfällen
trockenen Holzes gewonnene Erde und die beim
Transportiren und Lagern des Brenntorfes sich er-
sebenden Krumen gewähren Erdarten, die langsam
aber auch lange der Stoffentwickelung entsprechen
und, mehr oder weniger zwar, im Ganzen die Feuch-
tiskeit besonders entlassen. (Fortsetzung folgt.)
Allerlei
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde.
XV.
In Süddeutschland hat die Larve der schwarzen
Blattwespe (Tenthredo adumbratus) in den letzten
Jahren sehr grossen Schaden gethan, aber weniger
an Birnen, Pflaumen und Kirschen, sondern vorherr-
schend an Aepfelbäumen. Einzelne Bäume sahen in
der That, als wir Elsass mit dem übrigen südwest-
lichen Deutschland in diesem Sommer und Herbste
besuchten, bisweilen schaurig aus. Und wo die ge-
nannte Larve noch einige Blätter unversehrt gelassen
hatte, war der schwärzliche Pilz, von dem ich früher
schon berichtet, gekommen, um die schönsten Bäume
zu verunstalten oder selbst erkranken zu machen.
Alle Blattwespen aus dem Geschlechte Ten-
thredo sind hauptsächlich unseren Kulturpflanzen,
vor allen den Obstgehölzen und den Rosen, sehr
schädlich. Wir haben ohnlängst von den grossen
Verwüstungen der Larve des Tenthredo Morio an
den Stachelbeerbüschen vernommen, unsere Rosen
haben auch in diesem Jahre sogar von 4 Arten die-
ses Geschlechtes (Rosae, pusillus, bipunctatus und Ae-
thiops), deren Larven sich bald von dem Fleische
der Blätter ernähren, bald aber auch in den jungen
Trieben leben und diese zum Absterben bringen,
nicht wenig gelitten. Interessant ist, dass die Larve
von T. Aethiops bei uns durch Ausfressen des Flei-
sches der Rosenblätter diese skeletisirt, während sie
in Nordamerika, von woher sie erst bei uns eingeführt
sein soll, hauptsächlich an den Blättern von Kirschen
und Quitten Schaden thun soll.
Doch wir kehren zu unserer im Süden Deutsch-
ist bei
lands in diesem Jahre verheerend aufgetretenen Larve
des Tenthredo adumbratus zurück. In Südtyrol schwe-
felt man seit ohngefähr 5 Jahren die Obstbäume, wie
man es früher bei der Weinrebe that und noch thut,
um den bekannten Weinpilz zu vertreiben, und hat
sefunden, dass die Obstbäume dann reichlichere und
bessere Früchte hervorbrachten. Es galt hier nicht
einen schädlichen Pilz zu vertreiben: man that es
nur, weil man die Erfahrung eines besseren Ertrages
gemacht hatte. Ein intelligenter Obstzüchter, " J.
Fichtner aus Atzgersdorf, wie uns im November-
heft der illustrirten Hefte für Obst- und Weinbau von
OÖberdieek und Lucas berichtet wird, kam nach
Südtyrol, um ebenfalls die Erscheinung des Schwe-
felns der Obstbäume wahrzunehmen. Als intelligen-
ter Landwirth begnügte er sich aber nicht mit der
einfachen Thatsache, sondern wollte auch die Gründe
der Wirkung des Schwefelns wissen. Kein Mensch
konnte ihm aber im ganzen südlichen Tyrol diese
auseinandersetzen.
Nach Hause zurückgekehrt, fasste J. Fiehtner
alsbald den Entschluss, an seinen Obstgehölzen in
Atzgersdorf ebenfalls Versuche mit dem-Schwefeln
anzustellen. Es wurden dieselben Apparate, welche
auf 2 und 3 Klaftern hohen Stangen befestigt werden,
um die Schwefelblüthe über und innerhalb der Kronen
der hohen Obstbäume sleichmässig in der Form einer
Staubwolke vertheilen zu können, angewendet.
Von J. Fichtner sind auch 2 solche Apparate
nach Klosterneuburg bei Wien an den dortigen Di-
rektor der Wein- und Obstbauschule Freiherrn v.
Babo behufs solcher Versuche, hauptsächlich aber um
dabei zu beachten, ob der Schwefel vielleicht einen
Einfluss auf Vernichtung von Larven und Raupen
ausübe, gesendet worden. Es war nämlich dem Be-
richterstatter in Südtyrol aufgefallen, dass die ge-
schwefelten Obstbäume wenig von Raupen leiden.
In dem Gemüsegarten zu Atzgersdorf wurde eine
Reihe älterer und jüngerer Birnbäume mit mehr oder
weniger Früchten besetzt zu dem Versuche mit dem
Schwefeln benutzt. Am 22. Juli war an den Bäumen
noch alles Laub grün, aber schon den Tag darauf
bemerkte man hie und da Larven des Tenthredo
adumbratus. Am 25. d. M. fanden diese sich schon
in solcher Menge vor, dass einzelne Blätter bereits
vollständig skeletisirt waren. Junge Bäume hatten
bereits zum Theil ein graubraunes Ansehen.
Am Abend desselben Tages wurden die Bäume
bei ruhiger Luft mit den zweckmässigen Apparaten
in eine Staubwolke gehüllt.e Die Schwefelblüthe be-
deckte alsbald die Blätter mit einem mehr oder we-
niger diehten Anfluge. Am andern Morgen fand
390
J. Fiehtner Massen der Larven des besagten Ten-
thredo todt und zum Theil vertrocknet auf den Blät-
tern liegen. In Folge dieser erfreulichen Wirkung
wurde nochmals an demselben Abende geschwefelt.
Was nicht früher schon den Tod gefunden hatte,
ging jetzt zu Grunde.
Schon einige Stäubehen der Schwefelblüthe
machen die Larve unruhig. Nach kaum einer Stunde
findet aber eine Häutung der Larve statt. Dieselbe
erhält anstatt einer olivenschwarzen Farbe eine gelbe.
Es dauert auch nicht lange, so ringen die Larven
mit dem Tode und, ehe man es sich versieht, ist
dieser eingetreten. Auffallend ist dabei das rasche
Vertrocknen der todten Larven.
Zufällig einige Bäume übersehen und
nicht geschwefelt worden. Es wurde nachträglich
noch gethan. Leider hatten aber die Larven schon
einen solchen Schaden gethan, dass die Blätter in
Masse abfielen. Wahrscheinlich werden nun auch
die daranhängenden Birnen zu keiner ordentlichen
Reife kommen und mehr oder weniger zusammen-
schrumpfen.
J. Fiehtner hat weitere Versuche mit den Lar-
ven anderer schädlicher Insekten über die Einwir-
kung des Schwefels gemacht, so mit der des grossen
Frostspanners (Geometra defoliaria) und mit der der
Birngespinnstwespe (Lyda pyri), aber auch mit Acker-
schnecken und mit Regenwürmern gemacht, sie haben
aber noch keine vollen Erfolge gegeben. Viel. mag
darin gelegen haben, dass man bei diesen schädlichen
Thieren erst wissen muss, wann sie gegen das
Schwefeln besonders empfindlich sind.
J. Fiehtner bemerkt noch, dass die Schwefel-
blüthe den Augen schädlich ist. Sind die Augen-
lider dabei etwa bestäubt worden, so müssen sie
vorsichtig abgewaschen werden, wenn man sich nicht
der Gefahr einer Augen - Entzündung aussetzen will.
Gut thut man daher, sich bei der Arbeit durch eine
Art dazu eingerichteter Brillen zu schützen.
Wir bemerken noch, dass die Larve des Ten-
thredo adumbratus oft auch in England grossen
Schaden thut. Nach Dr. Taschenbergs vorzüg-
licher Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde
gebraucht man jenseits des Kanales eine eigenthüm-
liche Mischung. Es werden 28 Pfund Artischoken-
blätter in gegen 48 Quart Wasser 1, Stunde lang
gekocht und wiederum nach !/; Stunde durchgeseiht,
um dann mit der Hälfte einer auf gleiche Weise zu-
bereiteten Abkochung von Tabacksblättern versetzt
zu werden. Hierauf wird 1 Metze ungelöschter Kalk
mit gegen 120 Quart Wasser gelöscht und die klare
Flüssigkeit ebenfalls zugegossen. Schliesslich kom-
waren
men noch 2 Pfund schwarze Seife und 1 Pfund
Schwefel hinzu. Bevor man diese Mischung brauchen
will, wird noch ein Drittel Wasser zugesetzt. 2 bis
6 Bespritzungen oder Waschungen mit dieser Flüssig-
keit sind hinlänglich, um einen Baum von dem
lästigen Insekte zu befreien.
In Nordamerika hat man ein einfacheres Mittel
zur Entfernung und Tödtung der Larven des Ten-
thredo Aethiops, indem man sich des gepulverten
ungelöschten Kalkes, der in sehr geringen Mengen
den Blättern aufgestreut wird, bedient. Sollte aber
hierbei nicht auch der betreffende Baum leiden ?
Niemand versäume als Liebhaber von Koniferen,
wenn er nach England kommt, auch den berühmten
Park von Dropmore zu besuchen. Dieser Park gibt
vor Allem das Bild eines ächten englischen Parks,
wie man sie leider jenseits des Kanales in ihrer
Reinheit keineswegs mehr sehr häufig findet, da auch
in England die Neuerungssucht bereits Manches ge-
than hat, um die ursprüngliche Idee mehr oder we-
niger zu verdrängen. Der Reisende findet in Drop-
more auch einen intelligenten und freundlichen Gärtner,
Frost mit Namen, der gern Liebhabern selbst zum
Führer dient und auch in seinem gastfreundlichen
Hause aufnimmt. Dort findet er auch in der liebens-
würdigen Wirthin eine grosse Verehrerin unseres
Schillers, dessen Bild als das einzige im Gastzimmer
hängt. Das englische Volk als solches kennt sonst
nur seinen Shakespeare und ausserdem vielleicht noch
den einen oder anderen einheimischen Dichter, von
fremden Dichtern weiss es wenig, auch +wohl gar-
nichts, am Allerwenigsten vermag es sich von ihnen
zu begeistern.
Das wellenförmige Terrain Dropmore’s ist vor-
theilhaft benutzt. Dunkele Wälder wechseln mit
srossen Wiesenflächen besonders da ab, wo breite
Thäler sich ausbreiten und umschriebene Bilder ge-
boten werden. Fernsichten ausserhalb des Parkes,
wie hauptsächlich Fürst Pückler in seinen gross-
artigen Anlagen Deutschlands liebte und meisterhaft
herzustellen wusste, fehlen in England durchaus.
Dafür legt man grösseren Werth auf dunkele Wald-
parthien, wo man sich von der übrigen Welt abge-
schlossener fühlt und sich mehr innern Betrachtungen
hingeben kann. So ist der Charakter des Engländers,
der sich in diesen seinen älteren Parks abspiegelt.
Der Engländer liebt aber auch grosse und
schöne Bäume, welche am Waldessaume stehen
oder allein auf grossen Wiesenflächen ihren impo-
nirenden Wuchs zeigen können. Ulmen, Eichen,
Platanen, vor Allem aber Gedern und andere aus-
ländische Koniferen liebt er als solche. Wir haben
391
in Frankreich sehr hübsche und umfangreiche Cedern
gesehen, sie standen aber in der Regel immer nur
einzeln oder zu wenigen beisammen, in England bil-
den sie dagegen oft gleich grössere und kleinere
Haine. In diesem Falle sieht man erst in der Mannig-
faltigkeit, der Art und Weise des Wachsthumes der
einzelnen Bäume, wenn auch sonst ein bestimmter Typus
in Allgemeinen vorherrscht, die Schönheit der Ceder.
Wahrhaft erhebend ist es, wenn man unter und
zwischen ihnen wandelt. Die starken Aeste am un-
teren Theil des Stammes senken sich oft bis zur
Erde herab und zwingen den, der hier wandelt, um
die flach ausgebreiteten Zweige herum zu gehen.
Ausser Cedern liebt aber der Engländer auch
andere Koniferen, vor Allem Tannen und Kiefern.
Das westliche Nordamerika, von Kalifornien nord-
wärts bis über das Oregon -Gebiet und das Felsen-
“ gebirge hinaus, hat ihnen besonders seit den dreissiger
Jahren -» wo der bekannte eifrige Sammler Douglas
hier war, viel Neues gebracht. Es wäre wohl in-
teressant, einmal England zu durchwandern, nur um
die schönsten Koniferen-Exemplare kennen zu lernen
und über sie Bericht zu erstatten. Da Gardener’s
Chroniele uns von Zeit zu Zeit Kunde davon gibt,
so würde zunächst schon genügen, aus ihm eine Zu-
sammenstellung der interessantesten Koniferen Eng-
lands zu machen.
Zu den beliebtesten Koniferen gehören vor
Allem die langnadeligen Kiefern. Wir haben erst
über dergleichen in unserem Berichte über den Park
von Augny bei Metz gesprochen. Das Klima ist
aber für dergleichen Bäume unendlich günstiger in
England, als im oberen Moselgebiete.e. Wenn man
hier nur Exemplare von 25 bis 30 Fuss Höhe sieht,
so findet man im Parke von Dropmore und anderswo
in England deren von 50, 60 und mehr Fuss Höhe
und demnach noch ganz anders imponirend.
Eben vernehmen wir, dass eine der interessan-
testen langnadeligen Kiefern, Pinus Lambertiana,
des nordwestlichen Amerika’s, besonders Kaliforniens,
bereits Zapfen angesetzt hat. Dergleichen Zapfen
spielen in Sammlungen wegen ihrer Grösse, die 11
Fuss und mehr unter Umständen betragen kann, eine
grosse Rolle. Wie ganz anders mögen sich nun
diese Zapfen an Bäumen von wenigstens 40 und 50
Fuss Höhe ausnehmen?
Bis jetzt waren der Beispiele, wo bei gegen-
Seitigen Befruchtungen und Blendungen ein Einfluss
des fremden Blumenstaubes nicht allein auf die neu
entstehenden Individuen, sondern auch auf Theile
des mütterlichen Körpers bemerkt worden war, sehr
wenig, denn der Mais mit seinen bunten Körnern
auf einem und demselben Kolben stand fast einzig
da. Die Beispiele aber von Florblumen, wo nach der
gegenseitigen Befruchtung die Blüthen anders ge-
färbt und zum Theil anders geformt erscheinen, kön-
nen unserer Meinung nach nicht hierher gezogen
werden, weil dergleichen Veränderungen durch Aus-
saaten von Florblumen auch ohne gegenseitige Be-
fruchtungen vorkommen, daher nicht durch diese,
wenn sie in Anwendung. gekommen sind, veranlasst
zu sein brauchen.
Ein neues Beispiel für die Einwirkung eines
fremden Blumenstaubes auf Theile der mütterlichen
Pflanze hat aber jetzt der Professor des botanischen
Gartens in Bordeaux, Durieu de Maisonneuve,
der bekannte Forscher Algeriens, in botanischer
Hinsicht geliefert. In Garten blühten zu
gleicher Zeit ein männliches Exemplar der Chamae-
rops excelsa und ein weibliches Exemplar der
Chamaerops humilis; er nahm deshalb den
Blumenstaub der ersteren und befruchtete damit die
Stempel der letzteren, indem er ihn auf die Narbe
auftrug. Die Früchte beider Zwergpalmen sind be-
kannt und haben eine rundliche oder nierenförmige
Gestalt, die Früchte aber, welche durch die Befruch-
tung der Ch. humilis mit dem Blumenstaube der Ch.
excelsa erzielt wurden, sind dagegen länglich und
einer Dattel nicht unähnlich. Sie haben bei 1 Centi-
meter Durchmesser eine Länge von 3 Centimeter.
Von den 25 Früchten, welche im Anfange vorhan-
den waren, sind nur 6 übrig geblieben. Wollen wir
hoffen, dass diese 6 noch an der Mutterpflanze hän-
senden Früchte zur vollständigen Reife gelangen und
einen keimfähigen Embryo erhalten. Gewiss ist es
interessant zu wissen, in welcher Weise die neuen
Pflanzen sich entwickeln werden
Wie wir früher bereits mitgetheilt haben, hat
die königliche Gärtnerlehranstalt in Gent eine durch-
greifende Reorganisation hauptsächlich dadurch auch
erfahren, dass nicht mehr der Chef einer wenn auch
srossen Handelsgärtnerei der Leiter der besagten
Anstalt ist, sondern in so fern einer strengeren und
wissenschaftlichen Beaufsichtigung und Leitung unter-
stellt wurde, als sie jetzt mit dem botanischen Garten
in Gent verbunden worden ist, und dessen Direktor,
Professor Kiekx, auch Direktor der Lehranstalt ist.
In der kurzen Zeit von nicht einem Jahre hat
sich die Anstalt schon sehr gehoben. Als am 8. Ok-
tober ein neuer Kurs eröffnet wurde, waren nicht
weniger als 24 Zöglinge vorhanden. So viel hatte
die Anstalt seit langer Zeit nicht gehabt. Abge-
sehen davon, dass von Seiten der Regierung Alles
geschehen ist, was eine solche Anstalt verlangt,
seinem
392
wenn sie ihren Zwecken entsprechen soll, hat sie
auch noch das Glück, vorzügliche und erfahrene
Lehrer, welche bei vielem empyrischen Wissen auch
hinreichende Wissenschaftlichkeit besitzen, um nach
beiden Seiten hin zu entsprechen, angestellt zu haben.
Männer wie Pynaert, Burvenich, Rodigasu. S. w.
haben sich bereits einen Namen gemacht, der über
die Grenzen des engeren Vaterlandes hinausgeht.
Nachdem in der
des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues über
den gerühmten Nutzen des Polygonum Sieboldii
(euspidatum) der Stab gebrochen worden .ist, wird
die Pilanze jenseits der Vogesen in einem Artikel
der Revue horticole (p. 893), der von Weber, dem
Inspektor des botanischen Gartens in Dijon, verfasst
worden ist, wiederum gerühmt und zu Küchenzwek-
ken empfohlen. Uns ist darin nur neu, dass die
Jungen Triebe, ähnlich dem Garten- und Sauerampfer,
eine angenehme Speise geben sollen. Wir haben
es nicht versucht, da wir von vorn herein bezwei-
feln, dass Jedermann an dergleichen Gemüse Gefal-
len finden sollte. Garten- und Sauerampler sind
schon nicht Jedermanns Speise. Dass ein guter
französischer Koch auch den ganzen Endzweigen des
Polygonum Sieboldii einen angenehmen Geschmack
beibringen Kann, wollen wir dabei jedoch nicht be-
zweifeln, die Verdienste fallen nur nicht dem neuen
Gemüse, sondern der Gewandtheit und Kunstlertig-
keit des Kochs zu.
Wenn aber die jungen Sprossen wiederum als
Surrogate des Hopfens oder gar des Spargels in
Frankreich empfohlen werden, so ist dieses ein
Schwindel für unser Nachbarland, der bereits in
Deutschland schon längere Zeit ausgespielt hat. Wir
haben in der That wenig Pflanzen, wo der Schwin-
del im Verlaufe der Zeit eine solche Rolle gespielt
hat, als Polygonum Sieboldii. Wer die Wochen-
schrift die letzten 10 und 12 Jahre durchgelesen hat,
wird sich der verschiedenen Schwindeleien, über die
berichtet wurde, erinnern. Wir machen aber noch-
mals darauf aufmerksam, denn möglicher Weise er-
scheint nach den lockenden Bekanntmachungen des
Inspektors im botanischen Garten zu Dijon die
Pflanze von Neuem in den Verzeichnissen französi-
scher Handelsgärtner in grosser oder wenigstens ge-
sperrter Schrift und wird als ein ganz neues und
vorzügliches Surrogat für den Spargel empfohlen.
Carriere, Redakteur der Revue horticole, em-
pfiehlt bei dieser Gelegenheit das Polygonun Sie-
boldi zum Garniren des
einer letzten Versammlungen
worunter hier wohl Strauchparthieen verstanden sein
möchten. Dass diese Anwendung bei uns gefallen
wird, bezweifeln wir ebenfalls. Der Franzose hat in
landschaftlicher Hinsicht eine ganz andere Richtung,
als wir Deutsche, Er sucht grossartige Ideen mit
möglichst viel Gegensätzen, man möchte fast sagen,
Sprüngen, auszuführen und bekümmert sich wenig
um das Einzelne. Um seine Strauch- und Gehölz-
parthieen zu machen, ist er in seiner Zusammen-
setzung gar nicht ängstlich, er nimmt dazu, was er
bekomnit, mag es passen oder nicht, immer grüne
und dergleichen mit abfallenden Blättern.
In der eısien Zeit der Anpflanzung füllt er wohl
auch, um doch einiger Massen zu decken, mit hohen
Gehölze
krautartigen Pflanzen. Als vor mehrern Jahren
Buttes- Chaumont in und der Park von Vincennes
bei Paris angelegt wurden, hatten wir oft Gelegen-
heit, zwischen jungen Bäumen, wie Eschen, Eichen
u. Ss. w., und allerhand Gesträuch, auch Sonnenrosen,
Stockmalven, ja selbst Blumenrohr (Canna) ange-
pflanzt zu sehen. Man brauchte dergleichen Pflanzen
auch, wie jetzt Carriere P. Sieboldii verwendet
haben will, als Einfassung.
Carriere macht noch darauf aufmerksam, dass
die harten Stengel des P. Sieboldii im Vaterlande
Japan auch benutzt werden, um die Kohle bei der
Bereitung des Schiesspulvers, anstatt der des Faul-
baumes (Rhamnus Frangula) und des Lindenholzes
bei uns, den übrigen Bestandtheilen beizumischen.
Endlich wollen wir noch bemerken, dass in
dekorativer Hinsicht, wo wir übrigens den etwaigen
Werth des P. Sieboldii durchaus nicht schmälern
wollen, sie von der nahverwandten P. Sacha-
liense, über die ebenfalls bereits mehrmals in der
Wochenschrift berichtet wurde, weit übertroffen wird.
Bei Gelegenheit der Fest-Ausstellung des
Gartenbau-Vereins im Juni d. J. ist das Februar-
Heft des ausgelegten Journal de la Societe Im-
periale et Centrale d’Horticulture, Paris 1859,
enthaltend eine Abbildung der Vanilla lutescens, ver-
loren gegangen.
Das Heft trägt auf dem Titel den eingepressten
Namen F. B. Kramer, Flottbeck, und wird ge-
beten, falls Jemand es vielleicht durch Zufall mit
andern Druckschriften, Katalogen etc. in seine Hände
bekommen haben sollte, dasselbe an Herrn Ober-
Gärtner F. B. Kramer, Flottbecker Park bei Altona,
Holstein, zurückzusenden, da demselben viel an die-
Unterholzes (soushbois), | sem Heft gelegen ist.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
| Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflianzenkunde.
Redakteur:
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
No. 50. Berlin, den 14. December. BE EEBR
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Enehnandel, als auch franco dareh ae Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 22. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, eine
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. Unter den zu berathenden
Gegenständen wird auch die Beschlussnahme über die künftige Gestaltung des Organes des Vereines stattfinden.
Inhalt: 547. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Ertenkues am 1% RT Zur Bene der Erage über
die bei der Topfpflanzen-Kultur erforderlichen Erdarten (Schluss). — Vilmorin’s illustrirte Blumen-Gärtnerei. — Anzeigen.
ruches, der ihr den Beinamen gratissima verschafft
IM. Versammlung hatte, sehr beliebt und wurde vielfach auf Aus-
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, | stellungen gesehen. Seitdem ist sie aus den Ge-
am 1. December. wächshäusern der Liebhaber fast verschwunden. Da
Von Seiten eines hohen Ministeriums der land- | sie sehr leicht aus Stecklingen wächst, kann sie
wirthschaftlichen Angelegenheiten wurde dem Ver- | rasch vermehrt werden.
eine eine grosse bronzene Medaille für Gartenbau Die Sammlung von verschiedenen Sorten des
zur Verfügung gestellt, um damit noch nachträglich | Cyelamen persicum erhielt nicht allein wegen der
der Anerkennung der Verdienste des Gartengehülfen | Schönheit und Kräftigkeit der Exemplare und der
Lindemuth im botanischen Garten um die eigen- | Blüthenfülle den Beifall der Anwesenden, sondern
thümliehe Erscheinung der Uebertragung des Bunt- | auch wegen der Jugend der einzelnen Pflanzen. Sie
blättrigen vom Abutilon Thompsonae auf an- | waren vom Kunst- und Handelsgärtner Liebmann
dere Abutilon-Arten vermittelst der Veredelung einen | in Dresden aus Samen, der erst am 8. December
Ausdruck zu verleihen. vorigen Jahres ausgesäet worden war, erzogen und
Abgesehen von den Blumentöpfen aus dem | besassen deshalb kaum das Alter eines Jahres. Nach
Versuchsgarten des Vereines, welche an die an- | Liebmann’s Mittheilungen gehört dem Pflanzen-
wesenden Mitglieder verloost wurden, waren noch | und Blumenhändler Richard Müller in Dresden
aus 5 verschiedenen Gärten Pflanzen eingeliefert, | das Verdienst, den Samen, der sich schon im äusse-
aus einem dagegen hatte man einen blühenden | ren Ansehen durch besondere Grösse ausgezeichnet
Zweig der Luculia gratissima übergeben, um | hatte, herangezogen zu haben. Der Züchter gibt sich
von Neuem auf diesen interessanten und dankbar | aber fortwährend noch Mühe, diese jetzt sehr belieb-
blühenden Blüthenstrauch des Warmhauses aufmerk- | ten Florblumen noch mehr zu vervollkommnen.
sam zu machen. Es war dieses von Seiten des Nach Prof. Koch sind die Cyelamen’s oder
Obergärtners Perring in Moabit geschehen. Luculia | Alpenveilchen schon seit sehr langer Zeit Lieblings-
gratissima ist eine ostindische Rubiacee aus der | blumen. Als, besonders unter Heinrich IV. und Lud-
Verwandtschaft der Chinapflanzen (Cinchonen) und | wig XIV., die Anfertigung von Gobelins im Grossen
wurde auch von Wallich als Cinchona gratissima | zu Paris betrieben wurde, existirten besondere Hof-
bezeichnet. Vor einem Jahrzehnt und mehr war sie | sticker, welche die Muster entwarfen und dazu sich
in Berlin, besonders wegen ihres angenehmen Ge- | vielfach neue Ideen aus dem Pflanzenreiche holten.
50
394 2
Die damaligen Königlichen Gärten zu Trianon, be- ! ten
sonders aber zu Blois, lieferten reichliches Material.
Die Zahl der Formen der Gyclamens, welche kulti-
virt wurden, betrug damals schon einige und 30.
Auch die Engländer liebten vor Zeiten die Cycla-
mens, aber nur der Blumen wegen, und kultivirten
sie, aus Parkinson’s Paradisus ersieht,
ebenfalls vielfach in den Gärten. Da vor 2 Jahren
eine Monographie dieser Florblumen in der Wochen-
wie man
schrift (13. Jahrg. S. 355) segeben ist, wurde auf
diese hingewiesen.
Kunst- und Handelsgärtner Neumann in
Schöneberg hatte 3 Exemplare der bekannten Be-
sonia floribunda ausgestellt, welche in der Art
und Weise der Kultur Beifall fanden. Das eine
Exemplar war zu einem breiten Spalier herangezogen,
während die beiden anderen Kronenbäumchen dar-
stellten. Von dem Besitzer war eine grössere An-
zahl solcher Exemplare während der Sommerzeit im
Freien, wo sie sehr gut gedeihen und stets reichlich
blühten, herangezogen worden. Sie hatten in diesem
Herbste einen solchen Beifall gefunden, dass sie in
kurzer Zeit verkauft worden waren.
Kunst- und Handelsgärtner Crass verdankte
man dagegen eine Anzahl der neuen China-Primeln,
welche vor einigen Jahren mit der Bezeichnung fim-
briata in. England in den Handel gekommen waren.
Abgesehen von ihrem buschigen Wuchse und dem
reichlicheren Blühen zeichnen sie sich dadurch aus,
dass die einzelnen Blumenblätter der einer chinesi-
schen Nelkenblüthe nicht unähnlich aussehenden
Blüthe am Rande gefranzt ist. Die ausgestellten Pflan-
zen waren aus englischen Samen erzogen worden.
Oberzärtner Koenig hatte aus dem Garten des
Geheimen Kommerzienrathes Ravene& in Moabit ein
Schau-Exemplar der Lechenaultia formosa her-
angezogen, was ohngefähr den Durchmesser eines
Fusses hatte und sehr buschig erschien. Die schönen
rothen und unregelmässigen Blüthen nahmen sich
inmitten der haideartigen Blätter sehr hübsch aus.
Die Pilanze wächst mit den anderen Arten dieses
Geschlechtes in Neuholland und gehört zu den Gar-
deniaceen.
Endlich verdankte man noch dem Obergärtner
Dressler aus-dem fıüher Dannenberger’schen,
jetzt Banquier Seelig’schen Garten ein blühendes
Sxemplar des Lamprocaccus Laurentianus,
der zuerst im 3. Jahrgang der Wochenschrift (S. 73)
beschrieben wurde. Es war die Abart mit schma-
len Blättern, welche früher schon als Aechmea
Weilbachii beschrieben worden war. Die Aech-
meen unserer Gärten mit den fleischigen rothen, sel-
blauen Beeren gehören übrigens nicht Aen
ächten Arten dieses Geschlechts, welche seitenstän-
dige Blüthenstände haben, an, sondern dem von
Beer in Wien aufgestellten Genus Lamprococeus.
Professor Koch legte die zweite Auflage von
Ed. Pynaert serres-vergers vor und empfahl das
Werk allen Denen, welche sich für Fruchttreiberei
interessiren, um so mehr, als dieser Zweig der Gärt-
nerei in Norddeutschland, mit Ausnahme von Ham-
burg, jetzt sehr darnieder liegt. In keiner grösseren
Stadt ist aber die Fruchttreiberei (Ananas ausge-
nommen) so sehr vernachlässigt, als in Berlin. Der
Verfasser vorliegenden Werkes ist Professor bei der
Königlichen Gärtner-Lehranstalt in Gent und erfreut
sich auch im Auslande eines nicht unbedeutenden
Rufes.
Die erste Auflage erschien im Jahre 1861 mit
dem Titel manuel theoretique et pratique de la cul-
ture forc&e des arbres [ruitiers, und fand gleich an-
fangs den Beifall, den das Werk verdiente. Seit den
verflossenen 11 Jahren, welche zwischen der 1. und
2. Auflage liegen, hat die Kunst der Fruchttreiberei
srosse Fortschritte gemacht, ein Umstand, der den
Verfasser auch veranlasste, sein Werk völlig umzu-
arbeiten. Da nicht weniger als 65 Holzschnitte den
Text erläutern, so ist seine an und für sich leichte
Sprache um so verständlicher.
Da man damit umgeht, in Proskau, und zwar
in dem dortigen pomologischen Institute, ein beson-
deres Haus für Fruchttreiberei zu bauen, so schlug
Professor Koch vor, das Werk dem dortigen Chef
der Anstalt, Direktor Stoll, zuzusenden, damit die-
ser von der neuen Erscheinung zunächst Kenntniss
nehme, aber auch um dem Vereine Bericht darüber
zu erstatten, hauptsächlich schliesslich um auf die
neuesten Verbesserungen in der Fruchttreiberei Lieb-
haber und Gärtner aulmerksam zu machen.
Von Seiten einer Handelsgärtnerei in Lüttich
war an den Generalsekretär geschrieben, um über
den Ursprung und die Bezugsquelle des sogenann-
ten japanischen Bastes, welcher von Hamburg aus
zum ersten Mal während der grossen Festausstellung
in Berlin vorhanden war, Näheres mitzutheilen. In
der Wochenschrift ist bereits mitgetheilt, dass dieser
Bast nach englischen Nachrichten die Oberhaut der
Sagopalme, Sagus taedigera, darstelle. Es wurde
übrigens schon in der Wochenschrift zweifelhaft hin-
gestellt, dass wirklich Japan das Vaterland des Bastes
sei. Händler nennen oft, um in ihrem Handelsartikel
keine Konkurrenz zu erhalten, eine falsche Bezugs-
quelle.
Dr. Wittmack theilte mit, dass derselbe Bast
j 395
sich bereits in dem landwirthschaftlichen Museum als
aus Angola an der afrikanischen Westküste stam-
mend befinde und wahrscheinlich auch die Oberhaut
palmenartiger Fiederblätter darstelle. In Angola
wachse Raphia angolensis, eine der Sagus taedigera
nahe stehende Palme, von der der Bast möglicher
Weise stammen könne. Noch sei er aber nicht im
Stande gewesen, vergleichende Untersuchungen an-
zustellen, da ihm bisher das dazu nöthige Material
gefehlt habe. Sobald dieses aber geschehen, werde
er weiter darüber berichten.
Nach ferneren Mittheilungen des Dr. Wittmack
hatte Obergärtner Kramer in Flottbeck bei Altona
den japanischen Bast ausgestellt. Aus Japan komme
er wahrscheinlich nicht, da Kramer’s in Yokohama
in Japan lebender Sohn ihn gewiss in einem seiner
vielen Briefe genannt haben würde, wenn er in Ja-
pan benutzt würde. Ein Hamburger Kaufmann hatte
diesen Bast im vorigen Jahre in England gefunden.
wohin er, man weiss nicht woher? als Ballast auf
einem Schiffe gekommen war. Er fand keinen Käu-
fer und wurde deshalb von seinem jetzigen Besitzer
für eine geringe Summe erworben. Da er ein vor-
zügliches Bindemittel darstellte, so wurde er alsbald
in den Handel gebracht.
Nach Kunst- und Handelsgärtner Wendt ist
dieser Bast nur im Freien zu gebrauchen, im Treib-
hause geht er sehr bald zu Grunde. Er warnte des-
halb, ihn daselbst zu gebrauchen.
Professor Koch legte ein anderes Bindemittel
vor, was in dem pomologischen Institute in Reut-
lingen beim Veredeln junger Obstpflanzen allge-
mein gebraucht wird. Es bestand aus viereckigen,
ohngefähr 3 Linien im Durchmesser enthaltenden
Bändern von meist verfilzter Baumwolle. Nach Dr.
Lucas sollen diese Bänder in Fabriken als Abfälle
weggeworfen und deshalb ohne weitere Kosten be-
zogen werden. Man bezweifelte jedoch in der Ver-
sammlung, dass es dergleichen Abfälle seien, son-
dern meinte, %lass diese Bänder extra zu diesem
Zwecke angefertigt würden. Wäre dieses jedoch
der Fall, dann würden sie viel zu theuer kommen.
Diese aus verfilzter Baumwolle bestehenden
Bänder haben den Vortheil, dass sie die Veredlungs-
stellen weder drücken, noch reiben, und dass sie
durch den Gebrauch nicht verderben, sondern immer
wieder von Neuem angewendet werden können. In
Reutlingen liest man diese Bänder nach dem Ge-
brauche wieder sorgfältig auf, um sie dann von
Neuem zu gebrauchen.
Der Gutsbesitzer v. Parpart-Pracobron auf
Schloss Teupitz hatte den Generalsekretär über eine
neue Methode in Schottland, Wein durch Heizung
des Bodens im Freien zu treiben, um Auskunft er-
sucht. Nach dieser Methode werden die Heizröhren
in der Erde vertheilt, wobei die Wurzeln der Reben
bisweilen eine Temperatur bis zu 33 Grad R. erhal-
ten. Die Pflanzen sollen sich bei dieser hohen
Wärme sehr wohl befinden und nicht allein auf das
Ueppigste wachsen, sondern auch reichlich Früchte
ansetzen. Wenn sich das Verfahren bewahrheitete,
so unterliegt es keinem Zweifel, dass für unsere
nordische, der Weinkultur im Allgemeinen sehr un-
günstige Lage sehr viel damit gewonnen wäre. Un-
günstige Witterungs -Verhältnisse würden unter die-
sen Umständen keineswegs mehr einen solchen nach-
theiligen Einfluss ausüben können.
Wenn auch Professor Koch gleich anfangs ge-
gen die Ausführung dieser Kulturmethode allerhand
Zweifel hegte, so glaubte er doch die Angelegenheit
der Versammlung vorlegen zu können, um möglicher
Weise etwas darüber zu erfahren. Aber auch in der
Versammlung war das Verfahren den Mitgliedern
unbekannt.
Der Inspektor des botanischen Gartens in Würz-
burg Salomon hatte dem Professor Koch über
srosse Exemplare der japanischen Gingko biloba in
Folge der Erwähnung dieser interessanten Konifere
bei Gelegenheit einer gärtnerischen Reise - Skizze im
Elsass Mittheilung gemacht. Darnach existiren noch
mehre Bäume in Deutschland, welche an Grösse und
Bedeutung dem in Strasburg nichts nachgeben dürf-
ten. Ein solcher befindet sich beispielsweise im
Garten des Würzburger Julius-Hospitales, der vom
Jahre 1695 bis 1858 botanischer Garten der Univer-
sität Würzburg war und von dem jetzigen botani-
schen Garten nur durch eine lange Mauer getrennt
ist. Seine Höhe beträgt über 60 Fuss, während die
Basis des Stammes über dem Boden einen Durch-
messer von 2 Fuss 8 Zoll besitzt. Seit 20 Jahren
trägt dieser Baum eine grosse Menge von Schein-
früchten (Samen).
Neben diesem Baume befindet sich noch ein
zweiter, dessen Gipfel im Jahre 1842 von einem
Blitzstrahle abgerissen wurde, der aber wahrschein-
lich zu gleicher Zeit angepflanzt worden ist. Er hat
einen 8 Fuss hohen Stamm und theilt sich an sei-
nem oberen Ende in einige ziemlich wagerecht ab-
stehende Aeste, so dass der ganze Baum ein schirm-
förmiges Ansehen erhalten hat. Da Inspektor Salo-
mon nichts davon sagt, dass er ebenfalls Schein-
früchte trägt, so vermuthen wir um so mehr, dass
es eine männliche Pflanze ist, als die Früchte des
ersten Baumes keimfähig sind und von 80 bis 100
50*
.
396
Samen, welche im vorigen Jahre ausgesäet sind,
zwei Drittel gekeimt haben. Ohne eine vorausge-
sangene Befruchtung würden die Samen taub gewe-
sen sein.
Beide Gingko-Bäume scheinen im zweiten oder
dritten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts angepflanzt
worden zu sein. Damals regierten Fürstbischöfe in
Würzburg, welche sich um die Wissenschalt man-
nichfache Verdienste erworben haben und für Pflan-
zen eine besondere Vorliebe besassen. Es existirt
aus dem Jahre 1721 noch ein gedrucktes Verzeich-
niss des Würzburger Gartens, herausgegeben von
Stesinger und Dereum, worin nicht weniger als
6000 seltene und nützliche Pflanzen aufgeführt wor-
den sind.
Interessant und wichtig zugleich ist, dass die
fleischige Umhüllung des nussartigen Kerns nach In-
spektor Salomon einen ausserordentlichen zusam-
menziehenden Geschmack besitzt. Ein Arbeiter im
Juliushospitale liess sich verleiten, dergleichen Schein-
[rüchte zu essen und erhielt einen heltigen Durch-
fall. In Japan wird das ölige Innere des Kerns da-
gegen von den Eingeborenen gegessen.
Professor Koch legte ein 2 Zoll fast im Durch-
messer enthaltendes Stück eines Rebenstammes vor,
an dem eine Weintraube sich ausgebildet hatte. Es
dürfte wohl sehr selten vorkommen, dass an so
altem Holze sich Trauben, die auch zur Reife kom-
men, sich entwickeln. Er hatte das Stück Holz mit
der Weintraube von dem früheren Statthalter von
Tyrol, Ritter Toggenburg.in Bozen, in dessen
Garten der Weinstock gestanden, erhalten.
Schliesslich wurde der Ausspruch der Preis-
richter mitgetheilt. Darnach. erhielten die Cycelamens
des Kunst- und Handelsgärtners Liebmann in Dres-
den den Monatspreis, den China-Primeln des Kunst-
und Handelsgärtners Crass wurde aber eine ehrende
Anerkennung zugesprochen.
Zur Beantwortung
der Frage über die bei der Topfpllanzen-Kultur
erforderlichen Erdarten.
Vom Garten-Inspektor Dotzauer.
(Schluss.)
In diese Verschiedenheiten des Verhaltens tritt
die Haideerde nach mancherlei Massgabe der Ent-
stehungsverhältnisse ein, sie ist daher sehr verschie-
und es ist das, was als Haideerde gilt,
sehr nach den Beziehungen abzuschätzen, durch
welche die Entwickelungsfähigkeit, das Bindevermö-
gen oder die Durchlässigkeit überwiegend wird.
denartig,
|
Diese Erdarten werden zwar theilweise in vielen
Fällen mit gutem Erfolge je für sich verwendet, ent-
sprechen aber mehr nur durch Vermischung, wozu
sich Gartenerde oder besser die aus dem Abraume
von Gartenunkraut gewonnene Erde und Sand als
wesentliche Bedürfnisse gesellen. Wichtig ist die
Dung-Erde, oft wird auch Lehm, Moos und Kohle
verwendet.
Wenn man bedenkt, dass in das dennoch enge
Gebiet dieser Erdarten und der damit anzustellenden
Mischungen, welche in der Natur durch die Verhält-
nisse des Unterbodens repräsentirt werden, die ge-
waltıge Menge von Pflanzenformen sich zusammen-
drängen soll, so ist nicht zu vergessen, dass die
Gesichtspunkte der Wurzelbildung und der von ihr
bedungenen Ernährung, dass die aus der Beschaflen-
heit des entstandenen Pflanzenkörpers und die aus
dem hierauf reagirenden Umsatz der Stoffe herzulei-
tenden Gesichtspunkte sich vielseitigst kreuzen und
verschmelzen. Daher können die heterogensten Ge-
wächsformen hierbei eine naturgesetzliche, in weni-
gen Kreisen das Ganze umfassende Zusammenstel-
lung finden.
Wenn also im Sinne der Topfkultur dem Cactus,
der Conifere und der Calla eine und dieselbe Mischung,
es sei gesagt Garten- oder Unkraut-Erde und eben so
viel Lauberde, oder Unkraut- und Torf- (Krumen)
Erde zu gleichen Theilen gegeben sei, so würde
noch eine Abweichung in dem mehr oder weniger
beizumengenden Sande stattfinden. Der Grundton
liegt hier in der Garten- oder Unkraut-Erde, welche
das Vertheilen des Wassers in den Räumen zwischen
kleinen Bodentheilchen und so auch das Festhalten
desselben bedingt; in diese Wirkung tritt die Laub-
erde bald mit ein. Je nach Erforderniss der beson-
deren Umstände und um die Bedeutung des Begies-
sens bei der Topfkultur nicht zu verkürzen, wird
durch Sand mehr oder weniger Durchlässigkeit nach
der Anschauung des Pflanzenwesens erforderlicher
erscheint, da hat die Eigenthümlichkeit der Torf-
krumenerde Vorzug vor der Lauberde. Ihr Gefüg
bildet weite Räume, wird aber vermöge der Garten-
erde zur Zersetzung angefacht. Die Thatsache bei
Cactus ist, dass von zarter, wenig oder doch allmäh-
lig erst verholzender Wurzel mehr mit Feuch-
tigkeit erfüllter als auf Holzbildung angewiesener
Stamm zu ernähren ist, der, wenn auch meist nur
durch sich und nicht durch erheblichen Blattbestand,
dennoch der durch die Einwirkung des Lichtes an-
seregten Ausscheidung mächtigen Vorschub leistet,
als auf Aneignung der Stoffe wirkt, dass also der
Boden für ein Verhältniss zu berechnen ist, welches
ein
397
das Wasser in Erheblichkeit vorhält, wozu nicht
nur das reichliche Mass der Gartenerde, ihres ver-
witterten Zustandes wegen qualifieirt, sondern wo
auch ihre vorgeschrittene Zersetzung aus bereits sich
verschliessender Quelle nur die Stoffe lösen lässt.
Durch die Conifere treten ganz andere Wachs-
thumsverhältnisse entgegen, denen doch erstere Er-
nährungsgrundlage zusagen und genügen soll. Für
einen oft zu besonderer Festigkeit gelangenden Stamm
ist eine viel verzweigte, kräftige, aber meistens bald
verholzende Wurzelbildung thätig, welches eine
trockne Rinde des Stammes, kleine, wenig Fläche an
und für sich bietende, dabei oft von einer glasartig
festen Oberhaut umschlossene Blätter gleichsam be-
schränken, wozu ein Boden, dessen Lösung durch
Festhalten des Wassers erst erfolgt, aus dem Grunde
der beschränkten Transspiration bei einer sonst mit
kräftiger Aufnahme-Thätigkeit ausgestatteten Wurzel
als Bedingung erscheint. Hinsichtlich der Calla tıitt
das Bedürfniss des Wassers weniger für Lösung der
Stoffe, als um der Ausscheidung bei erheblicher
. Blattfläche zu genügen, daher auch eine Hebung der
Bündigkeit des Bodens durch Weglassen oder Mäs-
sigen des Sandes hervor. Es ist eine Wurzel vor-
handen, die in bündigen Boden einzudringen vermag,
den Stamm auf einen Knollen, aus dem mit neuen
Knospen auch neue Wurzeln sprossen, redueirt, da-
her eine starke Stoffablagerung durch das Bilden
eines nicht umfangreichen Stamm-Körpers weniger
als die Verdunstung die Aufgabe der ansehnlichen
Blattflächen.
Für die Gruppirung des Pelargoniums, der Gloxinia
und Palme hat diejenige Bodenart die Bedeutung,
welche durch mässige Feuchtigkeit entwickelungs-
!ähig und nahrhaft sich erweist. Hier macht die
Basis des Bodenverhältnisses die Lauberde aus. Sie
mag mit dem Zusatze eines Drittels Gartenerde oder
mit gleichen Theilen Garten- und Torferde ausser
dem Sande verwendet werden, es ist eben das lei-
tende Prinzip, dass eine reichliche, bildungsfähige
Nährkralt nicht durch übermässige Feuchtigkeit an-
geregt zu werden braucht. Bei dem Pelargonium
zeigt sich eine’ Wurzel, die aufnahmefähig ist, die
stark und schnell verzweigt und bei einiger allmäh-
liger Verhärtung doch so viel Weichheit des Zell-
und Gefässgefüges behält, dass eine mächtige Be-
wegung der Nahrungsflüssigkeit im Gange bleibt.
Letzteres gilt auch vom Stamme und endlich nehmen
ebenfalls die Blätter mit reger Aktion und Reaktion
Theil; es ist aber hier nicht zu übersehen, dass die
Stoffablagerung nach kurzem Vegetationsvorgange auf
die Metamorphose zur Blüthe gerichtet ist. Für die
|
Gloxinia hat das aufgestellte Mischverhältniss, wäh-
rend im vorherigen Falle einige Bündigkeit des Bodens
angemessen ist, der zarten Wurzel wegen die Locker-
heit und Durchlässigkeit des Bodens im Auge, welchen
beiden durch die Verringerung der Lauberde und
durch den Zusatz von Torferde ohne Aufgeben der
Stoffentwickelung Genüge geleistet wird. Bei ganz
ausserordentlicher Abweichung der drei Organe ist
die Palme hier eingereiht. Da die Familie an Gestalt
und Ausdehnung der Theile im Ganzen oder Ein-
zelnen bevorzugt, an Verschiedenheiten auch reich
ist, so sind beide Mischungen für die Sache angethan.
der manche genauere gesuchte Abweichung nicht
vorenthalten sein dürfte. Die erkennbar kräftige.
dabei feste Wurzel, der feste, verhältnissmässig dünne
Stamm und überwiegend mächtige, doch in ihrem
Wesen zähe Blätter lassen folgern, dass erhebliches
Schwanken im Ernährungsgange nachtheilig wird, dass
also das Vertheilen des Wassers und ein anhalten-
des Lösen des Bodens die Aufgabe sei.
Für die folgenden Sätze, wo leitend ist, dass
bei gleichmässiger Feuchtigkeit die Wirkung auf das
Zersetzen des Bodens nicht überschwänglich erfolgen
könne, ist dieses in Holz- und Tort- (Torikrumen)
Erde gelegt, unter Vertheilen der Holzerde zwischen
solche aus trockenem und aus grünem Holze und
unter Zulassen einiger Verwendung von Lauberde,
wenn es mit der Organisation der Pflanze verträg-
licher, vielmehr von ihr gefordert erscheint. Für
Camellia, Melastoma und Leucadendron ist das Erd-
Verhältniss zu gleichen Theilen der Holz- und Torf-
erde, für Erica, Orchideen (epiphytische) und Nepenthes
zu zwei Theilen Torferde und einem Theile Holz-,
resp. Laub-Erde. Ein geringer Zusatz von Garten-
oder Unkraut-Erde ist bei vielen Arten, namentliel
auch für ältere und erstarkte Exemplare, nicht aus-
geschlossen.
Bezüglich der erstern Zusammenstellung ist die
Wurzel so beschaffen, dass sie, mehr oder weniger
stark, zu festem Holze wird, ist der Stamm, wenn
auch in vieler Verschiedenheit, doch meistens fester
Natur und sind die Blätter hart, krautartig weich und
von verschiedener Grösse.
Ueber die Erica ist besonders der Anspruch aul
Durchlässigkeit des Bodens, eines Bodens aber, der
der Zersetzung einigen Widerstand leistet, zu beachten.
Dıe Rücksicht auf ihre zarten und feinen, aber fest
werdenden Wurzeln bedingt bei der Härte und Fein-
heit des Stammes und der Blätter, dass die Durch-
lässigkeit des Bodens überall zu ihren Gunsten sei.
wozu die Beimischung von Sandkörnern hier
Besondern dienen kann, weil dadurch der feinen
im
398
Wurzel das Eindringen in den Boden erleichtert wird.
Die Orchideen nun würden, in Betreff der sogenannten
epiphytischen auch kaum zu obiger Einreihung stim-
men, und es ist hier und überhaupt für diese Familie
der Beobachtung ihrer Natur ein Spielraum zu über-
lassen. Indess der Anschein einer auf erheblichen
Wasserverbrauch hinzielenden Wurzel wird doch sehr
und oft von dem Stamme oder dem denselben reprä-
sentirenden Knollengebilde, von den theils festen,
theils wenigstens nicht besonders transpirationsfähigen
Blättern und von dem Umstande, dass die Wurzeln
oberhalb des Bodens hervortreten, modilizirt. Und
so, dass feuchte Atmosphäre bedungener erscheint,
als vom Boden festgehaltene Wassermenge. Aehn-
liches findet für Nepenthes statt; Wurzel und Blätter
entsprechen mächtiger Wasser-Absorption und Aus-
scheidung. Der Stamın aber führt darauf hin, dass
jener Befähigung nur bei einer erheblichen Durch-
lässigkeit des Bodens unbeschadet entsprochen wer-
den darf. Für die drei Abtheilungen ist also das
Uebergewicht eines durchlässigen Bodens nothwendig
und die engern Abweichungen beständen noch in
dem, dass nach den bereits gemachten Angaben für
erstere die Erdarten mürbe bearbeitet oder gesiebt,
für beide letzteren im groben Gemenge zusagen, für
Nepenthes die bündige Holzerde die anwendbarere ist.
Bei allen den genannten Mischungen fällt dem
Sande die Rolle zu, zur Durchlässigkeit zu helfen,
wozu die nähere Feststellung auf Pflanze und Boden
zurückgreift. Vereinzelt ist die Verwendung von
Lehm, Kohle und Moos. Rasenerde würde olt er-
spriesslich an Stelle der Garten- oder Unkraut-Erde
treten, ebenso die Düngererde, welche zugleich in
vielen Fällen zur Förderung der Kulturzwecke be-
kanntlich besondere Bedeutung hat.
Die folgenden Beispiele geben die Anschauung
von der Menge der zu gleicher Anforderung aus-
sestatteten Familien und Geschlechter.
1. a. 1 Theil Gartenerde und 1 Theil Lauberde,
ya 5 | „ Torferde.
Abientineae, Agave, Aloe, Amaıyllideae, Bombax,
Bonapartea, Brexiaceae, Bryophyllum, Cacalia, Cac-
teae, Calla, Connareae, Cassine, Casuarina, Ceratonia
Crassula, Cupressineae, Cussonia, Cyelamen, Cype-
raceae, Daphne, Datura, Deutzia, Dianthus, Dyckia,
Echeveria, Ehretia, Entelea, Ephedra, Erythrina, Eu-
comis, Euphorbia, Fontanesia, Forsythia, Gnetum,
Gramineae, Halleria, Hibiseus, Hoya, Jasminum, Ilex,
Ixia, Kaempferia, Laurus, Lilium, Lomatophyllum,
Melanoselinum, Melia, Melianthus, Mesembrianthemum,
Mespilus,, Nelumbium, Nymphaea, Orchis, Oxalis,
Pachyphytum, Pentstemon, Phillyrea, Phormium,
Photinia, Phytolacca, Pittosporum, Podocarpus, Poin-
settia, Psoralea, Punica, Rosmarinus, Sanseviera,
Seilla, Sedum, Sempervivum, Solanum, Soldanella,
Sparmannia, Stapelia, Statice, Stereulia, Strelitzia,
Styrax, Taxincae, Thalia, Ulex, Viburnum, Watsonia,
Yucea.
ll. a. 2 Theile Lauberde und 1 Theil Gartenerde,
b. 1 Theil Lauberde, 1 Theil Torferde und 1
Theil Gartenerde.
Abutilon, Achimenes, Adhatoda, Aechmea, Aga-
panthus, Aletris, Allopleetus, Alocasia, Alona, Al-
stroemeria, Amaryllis, Anona, Anthyllis, Aphelandra,
Apocynaceae, Araliaceae, Aristolochia, Aristotelia,
Aroideae, Artocarpeae, Arundo, Ascium, Asclepiadeae,
Beaumontia, Begonia, Benthamia, Berberis, Bignonia,
Billardiera, Billbergia, Bixa, Bouvardia, Brosimum,
Caesalpinia, Calathea, Calceolaria, Calonyetion, Ca-
Iycanthus, Canella, Canarina, Capparis, Carica, Cassia,
Catananche, Cecropia, Cedrela, Cerbera, Cestrum,
Charlwoodia, Chirita, Chironia, Chrysocoma, Chymo-
carpus, Cinchona, Cineraria, Cissus, Cistus, Citha-
rexylon, Citrus, Cleome, Clerodendron, Clianthus,
Glusiaceae, Cneorum, Cobaea, Coccoloba, Coflea, Co-
leus, Columnia, Combretun, Cordia, Cunonia, Cuphea,
Cycadaceae, Cyperaceae, Desmodium, Dieffenbachia,
Dorstenia, Dracaena, Eehites, Eranthemum, Euthales,
Exacum, Filices, Franeiscea, Francoa, Fuchsia, Gar-
denia, Gazania, Gesnera, Gloriosa, Gloxinia, Gna-
phalium, Gossypium, Guajacum, Heimia, Heliconia,
Helicteres, Heliotropium, Hemimeris, Hernandia, Hura,
Hydrangia, Hypericum, Hypocyrta, Jatropha, Iberis,
Indigofera, Jochroma, Irideae, Juanulloa, Justicia,
Lasiopetalum, Lavandula, Leonotis, Lobelia, Lychnis,
Magnolia, Mahernia, Manettia, Maranta, Methonica,
Mikania, Musaceae, Myoporum, Myrsine, Myrtus,
Nerium, Nierembergia, Niphaea, Oederia, Palmae,
Pandaneae, Passiflora, Pelargonium, Pentarrhaphia,
Phrynium, Phyllanthus, Piper, Pistacia, Pitcairnia,
Pleroma, Plumeria, Poineiana, Primula, Prionium,
Psidium, Puya, Ravenala, Rhodanthe, Rhodochiton,
Royena, Ruellia, Russelia, Sapindus, Salvia, Santolina,
Schotia, Seutellaria, Selaginella, Serissa, Simaruba,
Sinningia, Siphocampylos, Smilax, Sollya, Stephano-
tis, Streptocarpus, Stryelinos, Stylidium, Swainsonia,
Tamarindus, Tecoma, Tetranthera, Thunbergia, Tra-
descantia, Tropaeolum, Verbena, Vinea, Watsonia,
Zingiberaceae, Zygophyllum.
ll. a. 1 Theil Holzerde und 1 Theil Torferde,
beide, ; !, Theil Lauberde und
1 Theil Torferde.
Abelia, Abrus, Acacia, Aeschynanthus, Anigo-
zanthus, Arbutus, Ardisia, Banksia, Barbacenia, Bau-
399
hinia, Biophytum, Boronia, Bossiaea, Brachycome,
Brownia, Burchellia, Callistemon, Camellia, Car-
michaälia, Caryophyllus, Catesbaea, Centradenia, Cho-
rizema, Chrysophyllum, Cinnamomum, Citriobatus,
Clethra, Cleyera, Cliffortia, Clitorea, Codiaeum, Cor-
rea, Daviesia, Desmodium, Dillwynia, Dodonaea,
Drimys, Dryandra, Echites, Edwardsia, Escallonia,
Eucalyptus, Eugenia, Eupomatia, Eutaxia, Galacto-
dendron, Gareinia, Gardenia, Gnidia, Grevillea, Hakea,
Hardenbergia, Helipterum, Hibbertia, Hovea, Hyme-
naea, Illieium, Inga, 1sopogon, Ixora, Kennedya, Lep-
tospermum, Leucadendron, Malpighia, Mammea, Man-
sifera, Medinilla, Melaleuca, Melastoma, Mimosa, Mir-
belia, Muraltia, Myristica, Oxylobium, Phaenocoma,
Phylica, Physolobium, Pimelea, Platylobium, Poda-
Iyria, Podolobium, Polygala, Pomoderris. Protea, Pul-
tenaea, Quassia, Rondeletia, Sarracenia,. Swietenia,
Templetonia, Thea, Theobroma, Torenia, Viminaria,
Zyehia.
IV. a. 2 Theile Torferde und 1 Theil Holzerde,
7 : 1, Theil Holzerde und
1, Theil Lauberde.
Agathosma, Andromeda, Azalea, Baeckea, Ba-
rosma, Bauera, Beauforlia, Berzelia, Brunia, Calotham-
nus, Cephalotus, Dionaea, Diosma, Epacris, Erica,
Dracophyllum, Fabricia, Gaultheria, Ixora, Kalmia,
Leschenaultia, Leucopogon, Melaleuca, Menziesia,
Metrosideros, Nepenthes, Orchideae, Passerina, Pa-
vetta, Rhododendron, Rhodora, Stenanthera.
Es mag hieraus hervorgehen, dass einer selbst-
ständigen Beurtheilung, einem weiteren Eingehen
darauf Raum gelassen ist, indem auf dem Wege die-
ses Vertrautseins mit der Pflanze die Kenntniss in
vielen Beziehungen erweitert wird. Wenn und wo
die Vorlage eine Verbesserung gewinnt, ihr Kern
wird nicht verändert.
Unter den Pflanzen - Geschlechtern
werden wohl einzelne Arten für sich
Bedingungen beanspruchen.
Es ist wohl anzunehmen, dass subtile pflanzen-
physiologische Forschungen hierauf nutzbar und dass
im Kreise des Gartenwesens die Bestrebungen da-
für auf dieser Basis erweitert werden können. Un-
können und
besondere
zweifelhaft gewährt diese Behandlung eine Sicherheit |
der Kultur nicht nur der Leitung wegen, sondern
auch für Belehrung und Unterricht. Die einfache
Angabe, dass die und die Pflanze in der und der
Erdart wachse, kann dem Strebsamen nicht genügen,
weil die Begründung fehlt, bei welcher aber selbst
nach ungünstigem Erfolge doch schon die gegebene
Richtung zu neuem Versuche anspornend ist. Es
wird also immer die Erfahrung ihre Bedeutung be-
halten, nur siedelt sie dahin über, dass sie auf der
Grundlage einer allen Stufen zugängigen Beurtheilung
über das Wesen der Pflanzen und deren Theile sich
aufbaut. Davon ausgehend gewinnt das Begutachten
des Bodens eine andere Seite, da dasselbe nicht in
der Voraussetzung seiner Fruchtbarkeit gesucht wird,
sondern unter der Prüfung, dass er seiner Beschaflen-
heit, seinem Zusammenhange und seiner Entstehung
gemäss der Anforderung der bestimmten Pflanze
entspricht.
Bei jeglichem Eingehen hierauf selbst wird die
olt oberflächliche und unsichere Verrichtung der
Arbeiten, wozu besonders das Begiessen gehört.
mehr der Bedeutung nach betrachtet werden, weil
doch nicht gerade also nach der Anschauung allein
begossen werden möchte, wenn der Ballon der Topf-
pflanze trocken erscheint, sondern nach der die Aus-
führung in der Angemessenheit geschieht, welche die
Pflanze und der Boden bezeichnen.
Es liegt nahe, dass das Begiessen sich nicht
allein auf das augenblickliche Befinden der Pflanze,
sondern auf die auf jenes einwirkende Thätigkeit
des Pflanzenwesens und der Bodenentwickelung be-
ziehen sollte, dass die Erdart nur hiernach vollen
Nutzen schaffen kann.
Jenes wird aus Letzterem Berichtigung und
Sicherheit gewinnen und annehmen, je nachdem die
bekannte und neu eingeführte Pllanze durch sich
selbst, ihre Ernährungstheorie für die von der Zeit
getriebene Praxis der Kultur darlegend, die Förde-
rung zur Beantwortung der Erdfrage geworden ist.
U Ü) . “ °
Vilmorin’s illustrirte Blumen-Gärtnerei.
Uebersetzt von Dr. Grönland und Th. Rümpler.
Im Verlaufe von 9 Jahren hat das französische
Original genannten Werkes „les fleurs de pleine
terre“ 3 Auflagen gehabt und jedes Mal ist es in
gsrösserem Format und durch Zusätze ungemein be-
reichert von Neuem erschienen. Weil wir schon drei
Mal (bei jeder Auflage) von dem Buche gesprochen
haben, so. können wir voraussetzen, den
Lesern der Wochenschrift
fortwährend so viel Schlechtes und
telmässiges
übersetzt wird, haben wir uns lange Zeit gewundert,
dass kein spekulativer Buchhändler daran gedacht
hat, das vorzügliche Vilmorin’sche Werk, da wir in
dass es
bereits bekannt ist. Da
noch mehr Mit-
in’s Deutsche
aus dem Französischen
dieser Weise kein anderes haben, uns Deutschen
mundrecht zu machen.
Endlich liegt ein erstes Heft einer deutschen
Uebersetzung vor, welche die auf landwiıthschaft-
400
lichem Gebiete uns rühmlichst bekannte Verlags-
handlung von Wiegandt und Hempel in Berlin
durch Dr. Grönland, jetzt in Dahme, früher lange
Zeit in Paris lebend und erst durch den französischen
Krieg von dort vertrieben, und durch Th. Rümpler,
den Redakteur der früheren allgemeinen deutschen
Gartenzeitung in Erfurt, ausführen lässt. Wie das
Öriginalwerk, ist auch die Uebersetzung alphabetisch
geordnet. Auch schmücken dieselben leider nur zu
kleinen Abbildungen des Originals den Text der
Uebersetzung. Die Ausstattung ist zufriedenstellend,
so dass der Preis von 10 Sgr. für das Heft von
9 Bogen ein mässiger genannt werden kann.
Wie das Original, so besteht auch die Ueber-
setzung aus 2 Abtheilungen, von denen die erste
die Aufzählung der Florblumen des freien Landes,
die zweite aber Vorschriften zu ihrer praktischen
Anwendung enthält. Es ist diese zweite Abtheilung
besonders, welche wir Liebhabern, da sie gewöhn-
lich auf diesem Felde der Gärtnerei rathlos dastehen,
empfehlen. Vor Allem hat die Teppichgärtnerei
durch gelungene, in bunten Farben gegebene Zeich-
nungen -in dem Werke Ausdruck gefunden.
Wir wünschen aber doch, dass die beiden
Uebersetzer bisweilen etwas vom Texte abgingen,
um damit das Buch den deutschen Lesern angeneh-
mer zu machen. Blumenzucht muss allen Menschen,
Reichen, wie Armen, ein Bedürfniss, aber auch eine
Erholung von den überstandenen Arbeiten sein. Dazu
gehört aber, dass sie sich auch in den Benennungen
der Blumen heimisch fühlen. Während in dem fran-
zösischen Originale die alphabetische Reihenfolge nach
den französischen Benennungen geschieht, ist sie in
der Uebersetzung nach den lateinischen geschehen.
Warum nicht auch nach den deutschen? Für viele
anfangs fremde Florblumen sind bereits sinnige Na-
men eingeführt worden, wie z. B. Gedenkemein für
Omphalodes linifolia, so dass es wohl wünschens-
werth wäre, dass sie weiter bekannt würden. Die
in der Regel nur aus dem Lateinischen übersetzten
englischen und französischen Namen haben dagegen
uns Deutsche gar keinen Werth und könnten
„anz weggelassen werden. Warum haben die Ver-
B. für Agapanthus nicht den weit
passenderen Namen Liebesblume anstätt Schmucklilie
um so mehr gewählt, als er mit der Geschichte der
Pflanze im Zusammenhange_ steht.
allerdings als Synonym gebracht.
die ächt Benennung
für
fasser aber z.
Später wird er
Für Adonis wäre
deutsche Christusauge auch
besser gewesen.
Von den lateinischen Synonymen |
hätten sehr viele wegbleiben können, da doch keine
Vollständigkeit vorhanden ist und das Gedächtniss
nur unnütz belästigt wird.
In Betreff der Ableitungen der fremden Namen
wäre ferner hier und da eine sorgfältigere Bearbei-
tung, als sie das Original gegeben, zu wünschen
gewesen. Auch möchten wir den Erfurter Ueber-
setzer vorliegenden Werkes ersuchen, sich bisweilen
in Betreff der Kulturen bei seinen Landsleuten zu
erkundigen, da manche Kultur, welche in Frankreich
seboten ist, wegen der anderen klimatischen Ver-
hältnisse bisweilen in Deutschland nicht passt.
Man wird uns bei diesen gegebenen Winken bei
der weiteren Uebersetzung nicht missverstehen; wir
glaubten es im Interesse des Werkes selbst zu thun,
um es dadurch dem Publikum noch nützlicher zu
machen, als es ausserdem schon ist. Wir wieder-
holen, dass wir für unsere Florblumen kein geeig-
neteres Werk als dieses in Deutschland haben und
wir es demnach mit Fug und Recht empfehlen können.
Für Liebhaber alter Pflanzenwerke.
Eins der interessantesten Werke dieser Art aus
der ersten Hällte des vorigen Jahrhunderts ist des
Regensburger Apothekers Joh. Wilh. Weinmanns
Phytanthozoiconographia. Es besteht aus
4 starken Foliobänden mit schönen, grossen Abbil-
dungen der damaligen Gartenpflanzen. Leider haben
die Künstler, unter denen sich auch der bekannte
Maler Ridinger befand, dabei mehr ihren Stand-
punkt, besonders in Betreff der Farben, eingenommen,
als den der Natur. Dieses Werk ist der Redaktion
für den geringen Preis von 30 Thalern angeboten.
Liebhaber, welche sich für dergleichen Werke, aus
denen sich die Geschichte unserer Gartenpflanzen
am Besten studiren lässt, interessiren, mögen sich
an den jetzigen Eigenthümer Dr. Waltl in Passau
wenden.
Die K. Lehranstalt für Obst- und Weinbau
zu Geisenheim am Rhein
nimmt noch fortgesetzt Zöglinge auf. Der Direktor
der Anstalt ertheilt nähere Auskunft über die Auf-
nahme-Bedingungen und vermittelt die Unterkunlt
der Schüler.
Geisenheim, den 20. November 1872.
Für das Direktorium: ©. Hüttig.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgräfzer-Strasse 15.
Wochenschrift
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pflanzenkunde.
Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
Berlin, den 21. December.
No. J1.
Preis des Jahrganges 5%
Thlr., sowohl bei Dede durch) a Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Sonntag, den 22. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, eine
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. Unter den zu berathenden
Gegenständen wird auch die Beschlussnahme über 2 künftige Gestaltung des Organes des Vereines stattfinden.
Inhalt: Die nekalaiE des Obstbuumies End: seiner F Taentei — Die bl: und F orstprodukte n- ak ee im
Glaspalaste zu München.
Die Entwickelung des Obstbaumes
und seiner Früchte.
Ein Vortrag,
gehalten am 11. Oktober während der zweiten allgemeinen Sitzung
der 6. Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter
zu Braunschweig.
Meine Herren! Erschrecken Sie nicht,
ich mit meinem Vortrage ex ovo beginne, das heisst,
mit dem Ei oder der ersten Zelle, aus der jedes
organische Individuum entsteht, es ist aber eine
Nothwendigkeit, wenn ich verstanden sein will. Die
Pflanze ist viel einfacher als das Thier, also auch
in ihren Erscheinungen weit leichter aufzufassen.
Was wir von diesem aus dem Innern seines Lebens
wissen, haben wir zum Theil erst indirekt durch das
Studium der Pflanze erfahren.
Die ganze Pflanze ist bisweilen gar nichts wei-
ter, als eine einzelne Zelle, oder doch nur ein Kom-
plex mehr oder weniger selbständiger Zellen. Diese
Zelle lebt, d. h. sie hat im Innern einen eigenthüm-
lichen Körper, das Protoplasma, das beständig von
Aussen Stoffe einnimmt und andere nach Aussen
abgibt. Unter den Stoffen, aus denen das Proto-
plasma besteht, ist auch der beweglichste,
immerfort neue Verbindungen eingeht, der Stickstoff,
Die Haut, die ringsum das in einer dicklichen Flüs-
sigkeit befindliche Protoplasma einschliesst, existirt
wenn
weil er
nicht, die
für die in beiden befindlichen Stoffe, d. h. Luft und
Wasser können durch diese Haut ungehindert in die
Zelle ein- und austreten. Es ist demnach für die
Wechselwirkung des Protoplasma’s mit der Aussen-
welt ganz gleichgültig, ob die Zellhaut da ist oder
Veränderungen, durch Ein- und Ausgabe
doch vor. In neuester Zeit sind
diese Wechselwirkungen und die dadurch bedingten
bedingt, sehen
Bewegungen innerhalb der Zelle genau verfolgt wor-
den und man ist zu bewunderungswürdigen Resul-
taten gekommen. Man hat gefunden, dass die ver-
schiedenen Bewegungen verschiedene Zwecke haben.
Es würde zu weit führen, wollte ich weiter darauf
eingehen.
Jeder organische Körper, demnach auch die
Pflanze und speziell hier der Obstbaum, hat sein
Leben hindurch zwei Aufgaben. Er muss sich erstens
im Kampfe mit der Aussenwelt durch Einnahme und
Ausgabe von Stoffen so lange als möglich zu erhal-
ten suchen, mit anderen Worten. er muss sich er-
nähren. Zieht er schliesslich
Aussenwelt den. kürzeren, so ist er krank, geht er
darin unter, todt. Tritt das Letztere ein,
so hat der Körper als Individuum einer Art bereits
gesorgt, dass einzelne Zellen vorher sich ausschei-
den und selbständige Organismen werden,
um mit demselben Kampfe ein neues Leben beginnen.
Jeder lebende Körper muss also nicht allein sich er-
im Kampfe mit der
so ist er
die wieder-
nicht für die Luft, so wie nicht für das Wasser und | nähren, sondern auch seine Art zu erhalten suchen.
al
402
Diese beiden Aufgaben hat jeder lebende Kör-
per, auch die Pflanze, selbst wenn sie nur aus einer
einzigen Zelle besteht. In diesem Falle sieht man
keine Theilung der Arbeit. Wo die Pflanze aber
aus einer oder mehrern Zellen, oder gar aus Zellen-
Komplexen besteht, beginnt in so fern eine Theilung
der Arbeit, als bestimmte Zellen nur für die Ernäh-
rung, andere für die Erhaltung der Art, d. h. für die
Fortpflanzung, sorgen. Im letzteren Falle tritt auch
schon bald der Gegensatz des männlichen und weib-
lichen Prinzips, beides durch besondere Zellen ver-
treten, hervor. Es müssen hier in Kontakt tretende
Kräfte, an bestimmte Zellen gebunden, gleichsam
Oppositionen, vorhanden sein, die aufeinander ein-
wirken und dadurch etwas Neues hervorrufen.
(Redner erläutert durch Zeichnung an der Tafel
die Bewegung der ein- und ausgehenden Stoffe.)
Das ist eine Art der Fortpflanzung, die Zeu-
gung. Die andere ist einfacher. Hier werden nur
Zellen oder Zellenkomplexe vom mütterlichen Kör-
per abgestossen und existiren alsbald als besondere
Individuen. x
Wollen wir jetzt die Fortpflanzung der Art über-
haupt auf einige Minuten in den Hintergrund stellen
und uns zunächst wieder mit der Zelle und ihrer
Aufnahme von Stoffen behufs der Ernährung be-
schäftigen.
Wo die Pflanze aus einem grossen Komplex von
Zellen besteht, ist sie doch aus einer einzigen her-
vorgegangen. Aus der einen Zelle sind allmählig
mehre geworden, bis schliesslich das Individuum
vollkommen entwickelt war. Die Vermehrung der
Zellen findet durch gänzliche Neubildung (Tochter-
zelle) innerhalb einer alten (Mutterzelle) oder durch
Theilung des Zellraumes statt.
Die Neubildung von Zellen geschieht in der Re-
gel nur in den Organen der geschlechtlichen Fort-
pflanzung, und zwar durch Trennung des Protoplasma
in mehre Theile. Dabei bildet sich in jedem abge-
sonderten Theil eine neue Haut. Die alte Haut der
Mutterzelle wird dagegen aufgesaugt und verschwin-
det. Im anderen Falle der Vermehrung geschieht
diese dadurch, dass an der inneren Zellwandung
Scheidewände sich bilden und den ganzen Raum
durchgehen. Man nennt diese Vermehrung vorzugs-
weise die durch Theilung-
Die Theilung der Zellen geschieht hier anfangs
hauptsächlich senkrecht, später auch wagerecht. Dass
die Vergrösserung und Vermehrung der Zellen, resp.
Vergrösserung des Pflanzenkörpers, nur durch weitere
Aufnahme von mehr Nahrungsstoffen geschehen kann,
versteht sich eben so, als dass mehr aufgenommen,
als ausgegeben wird. Man. bezeichnet diese Mehr-
aufnahme, wobei nicht allein eine Vergrösserung,
sondern auch eine Vermehrung von Zellen geschieht,
als Wachsthum der Pflanze.
Sobald eine grössere Menge von Zellen in einem
Pflanzenkörper vorhanden ist, so beginnt Theilung
der Arbeit in der Ernährung. Bestimmte Zellen neh-
men nur Nährstoff aus dem Boden auf, andere ver-
arbeiten ihn, wiederum andere dienen als Magazin,
wo das Verarbeitete, d. h. die näheren Bestandtheile,
welche nun unmittelbar in die Pflanze übergehen
und zur Nahrung dienen, niedergelegt werden. Aus
diesen Magazinen werden die auflgespeicherten Nah-
rungsmittel endlich durch aus der Erde aufgenom-
menes Wasser in der nächsten Vegetation zu den
Organen, hauptsächlich zu den Knospen, den Trä-
gern und Anfängen der neu sich bildenden Organe,
geführt. Damit beginnt zunächst bei uns, wo das
Leben durch den Winter unterbrochen wird, die
neue Vegetation. Auf diese Weise sind, wie man
sieht, eine Reihe von Zellen, welche aber verschie-
dene Funktionen ausüben, Die Zellen
behalten dabei bisweilen nicht ihre ursprüngliche
Gestalt, sondern ändern diese, wachsen wohl auch
vorhanden.
zusammen und bilden dann sogenannte Leitzellen
oder Gefässe, neuerdings auch Fibrovasalstränge
genannt.
Sie können denken, wenn ein Baum von hun-
dert Fuss Höhe aus der Erde die rohe Nahrung aul-
nimmt, möchte es bei der gewöhnlichen Lage und
Stellung der Zellen lange dauern, bis der rohe Nah-
rungssaft aus einer Zelle zur andern bis zu den
Blättern gelangt, wo erst die schliessliche Verarbei-
tung dieses rohen Nahrungstoffes in die näheren
Bestandtheile geschieht, wenn nicht von der Natur
für ein rascheres Aufsteigen gesorgt wäre. Der
rohe Nahrungssaft hat an und für sich, entgegenge-
setzt dem Einfluss der Schwere, die Neigung, nach
oben zu gehen. Durch welche besondere Kraft dies
geschieht, wissen wir nicht, denn alle bisher ge-
gebenen Erklärungen reichen nicht aus. In seitliche
Organe, also z. B. in die unteren Aeste und Blätter,
kommt der aufsteigende Nahrungsstoff viel später,
als in die Spitze der Pflanze.
Wenn Sie eine Sonnenblume eine Zeitlang nicht
begiessen und recht austrocknen lassen, so dass
alle Blätter schlaff herunterhängen, und nun auf ein-
mal wieder Wasser geben, so werden Sie finden,
dass die obersten Blätter zuerst mit dem nöthigen
Wasser versehen sind und demnach wiederum in
die Höhe gehen, die unteren dagegen erst später steif
werden. Es wird dieser Umstand vielleicht einiger-
403
massen dadurch erklärt, dass in den äussersten
Spitzen einer Pflanze die Thätigkeit am lebendigsten
ist. Hier sind die Zellen am jüngsten und deshalb
auch im Kampfe mit der Aussenwelt am kräftigsten.
Die Jugend hat auch beim Menschen mehr Thatkraft,
als das Alter. Die tiefer liegenden Zellen sind, um
mich des vulgären Ausdrucks zu bedienen, mehr
oder weniger überarbeitet, d. h. im beständigen
Kampfe mit der Aussenwelt unterliegen sie endlich
mehr oder minder rasch.
Die Thätigkeit der Zellen wird um so geringer,
je länger sie schon gearbeitet haben. Schliesslich
hört sie ganz auf. Damit ist die Zelle für die Pflanze
todt. Bei den Thieren wird die abgenutzte Zelle
ausgeschieden, bei den Pflanzen aber, wenigstens
bei den höheren, wie den Obstbäumen, von denen
ich hier nur spreche, ist das nicht der Fall. Da
bleiben die Zellen als todte noch im Pflanzenkörper
zurück und dienen, ähnlich wie die Knochen bei den
höheren Thieren, zum Gerüst der Pflanze. Sie bil-
den das Holz der Bäume. Zwischen ihm und der
Rinde befinden sich die neu sich bildenden Zellen
als sogenanntes Cambium. Aus diesem werden
hauptsächlich sich wieder Leitzellen (Gefässe), welche
den rohen Saft aufwärts zu den Blättern führen, und
Holzzellen zur Aufnahme der in den Blättern berei-
teten näheren Bestandtheile, besonders des Stärkmehls,
bilden. Da diese Neubildungen zum Theil dem Holze
sich anlagern und schliesslich zu diesem werden, So
bilden sich alljährig Ringe: die Jahresringe. An die-
sen Jahresringen erkennen wir das Alter eines Obst-
baumes und das seiner Aeste. Der Zweig, als der
jüngste Ast, ist das verlängerte Auge, der erste Trieb.
Seine Leit- und Holzzellen, die den ersten Ring bil-
den, verdicken sich im Herbste und werden dann,
was man reif nennt. Je reifer das Holz geworden
ist, um so mehr widersteht es der Kälte.
Wenn wir einen Obstbaum hinsichtlich seiner
Zellen von unten nach oben betrachten, so finden
wir, dass die untersten Zellen die Wurzeln bilden.
Von diesen sind die feinen Fasern noch sehr jung
und bestehen aus thätigen Zellen, welche den rohen
Nahrungssaft, aber auch das nöthige Wasser, aufneh-
men. Weiter hinauf strecken sich die Zellen und
gehen nach und nach in die Leitzellen oder Gefässe
über. In diesen kommt der rohe Nahrungssaft rasch
in die Spitzen des Stammes, sowie seiner Aeste und
Zweige, welche letztere mit Blättern besetzt sind.
Die sogenannten Nerven und Adern führen ihn weiter
nach rundlichen Zellen, welche den rohen Saft bei
Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft umarbeiten.
Das Protoplasma hat in den Blättern eine grüne
Farbe und führt deshalb den Namen Chlorophyll oder
Blattgrün. Man belegt wohl auch nur einen Theil
des Protoplasma’s, und zwar den, von dem die Um-
arbeitung auszugehen scheint, mit diesem Namen.
Man glaubt, dass Eisen eine wichtige Rolle dabei spielt.
Bei der Zerlegung der Kohlensäure wird Koh-
lenstoff aufgenommen, aber nur wenn das Licht hin-
zutritt, der Sauerstoff hingegen wird frei. Auf diese
Weise wird durch die Pflanze die Luft für uns Men-
schen verbessert.
Es findet in Betreff des Athmens, womit man
diesen Akt der Zersetzung der Kohlensäure bei den
Pflanzen ebenfalls gern belegt, bei der Pflanze also
ein umgekehrter Process statt, als bei uns Menschen
und bei den Thieren. Wir athmen Kohlensäure aus,
indem dazu erst der Sauerstoff der Luft eingenom-
men und Kohlenstoff verbrannt wurde Es ist sehr
weise gesorgt, dass die Blätter eine Fläche bilden
und damit möglichst viele Zellen vom Lichte, das,
wie gesagt, bei der Zersetzung der Kohlensäure
durchaus nothwendig ist, beschienen werden können.
Wenn übrigens mit dem Begriffe Blatt sich bei
uns die Idee einer Fläche verbunden hat, so ist
letztere nicht immer absolut nothwendig. Blätter
können alle möglichen Formen haben. Es ist hier-
über eine Vorschrift von der Natur nicht gegeben.
Wir haben uns an diesen Begriff der Fläche gewöhnt,
weil es bei unsern Vegetabilien meist so ist. In Neu-
Holland haben die Blätter oft, wie bei uns die Nadel-
hölzer, eine Nadelform.
Die näheren Bestandtheile der Pflanzen bestehen
hauptsächlich aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasser-
stoff; man denkt sie sich aber auch als aus Kohlen-
stoff und Wasser (was aus Wasserstoff und Sauer-
stoff besteht) zusammengesetzt und nennt sie deshalb
auch Kohlenstoffhydrate. Es gehören hierher vor
Allem Stärkemehl, Zucker und Schleim, so wie die
Säuren und Oele. Einige haben aber auch ausser-
dem noch Stickstoff, wie z. B. die sogenannten Al-
kaloide.
Diese näher bezeichneten Stoffe werden aber,
wie schon gesagt, bei den höheren Pflanzen nicht
gleich benutzt, sondern erst in die früher schon er-
wähnten Magazinzellen gebracht. Das geschieht wie-
derum durch Leitzellen. Diese unterscheiden sich
aber wesentlich in ihrer Struktur von jenen, welche
den rohen Naährungssaft aufwärts führten, indem die
Scheidewände zweier über einander stehenden Zel-
len nicht aufgelöst, sondern nur durchlöchert werden.
Man nennt sie deshalb auch zum grossen Theil
Siebröhren.
Die Magazinzellen sind bei den Obst- und an-
Sl”
404
deren Bäumen hauptsächlich das Holz. Bei vielen
krautartigen und zweijährigen Pflanzen, wo gegen
den Winter hin die ganze überirdische Pflanze ab-
stirbt und sich auf einige dem unterirdischen Theile
(dem Wurzelstock oder der Wurzel) aufsitzende Knos-
pen beschränkt, finden sich oft besondere Organe
für die Aufnahme der eigentlichen Nährstoffe, die
sogenannten Knollen, Zwiebeln, Rüben u. s. w. vor.
M. H.! Sie haben vom Frühlingssaft und vom
Sommersalt gehört und auch selbst gesprochen. Das
ist der Salt, welcher aus den Magazinen, mit Hülfe
des durch die Wurzeln aufgenommenen Wassers, in
flüssiger Form zu den bestimmten Orten geführt wird,
um daselbst Neubildungen am Obstbaume für das
nächste Jahr anzulegen oder diese Neubildungen zur
weiteren Entwickelung zu bethätigen. Zwischen bei-
den Arbeiten liegt ein Zwischenraum von kürzerer
oder längerer Zeit, der hauptsächlich durch die Thä-
tigkeit der Chlorophylizellen in den Blättern ausge-
fült wird. Die Zeit des Frühlings- und Sommer-
saltes erkennt man, wenn die Rinde sich löst.
Der Frühlingssaft, d.h. der im vorigen Sommer
bereitete, in Magazinen aufgehäufte und erst im Früh-
ling flüssig gewordene Saft dient zur Ausbildung der im
Sommer vorher angelegten Knospen, der Sommer-
oder Johannisaft wird dagegen von den eisten Früh-
lingsblättern hergestellt und ebenfalls in Magazinen
niedergelegt, bis im Sommer die Zeit kommt, wo er,
ebenfalls durch aufgenommenes Wasser, flüssig wird
und hauptsächlich zur Anlage und ersten Entwicke-
lung der Knospe im Winkel der Blätter, nicht weni-
ger aber auch zur Ausbildung der Früchte dient.
Wenn also im Frühjahre die Blätter arbeiten,
so werden diese verarbeiteten Stoffe nicht etwa für
die bereits im vorigen Jahre angelegten Blüthen ver-
wendet, sondern niedergeschlagen, um erst im Juli
oder August, bisweilen schon gegen Ende Juni, ver-
braucht zu werden. Unterdess sind durch das Ver-
längern der Zweige neue Blätter mit grösserer Ar-
beitsbefähigung, die wieder dieselben Nährstoffe bil-
den, entstanden. Letztere werden aber wiederum
nicht alsbald verarbeitet, sondern dies geschieht erst
im Frühjahr.
Ich habe bereits der Knospe mehrfach Erwäh-
nung gethan. Ehe ich zur zweiten Hauptthätigkeit
der Pflanze, zu der Fortpflanzung (oder vielmehr
Erzeugung bei dem Obstbaume) übergehe, muss ich
doch noch einige Worte über diese und deren Ent-
stehung sagen. Die Pflanze ist, wie bereits schon
ausgesprochen ist, keineswegs immer ein einfaches
Individuum, sondern bei den Obstgehölzen in sofern
ein zusammengesetztes, als die einfache erste Pflanze,
wie sie aus dem Embryo hervorgeht, nlehbt so bleibt,
sondern später als Stamm der Träger von neuen
Individuen, die aus Knospen hervorgehen, wird. Jede
Knospe durchläuft in dem Zeitraume der sogenannten
guten Zeit im Jahre (Frühling, Sommer und Herbst)
denselben Lebenslauf durch, den ihr Träger durch-
gelaufen hat, und wird selbst wieder Träger von
Knospen.
Die Knospe entsteht seitlich oder ist die Fort-
setzung und das Ende des ersten Stammes oder der
Acste. Im ersteren Falle erheben sich kurz darauf,
nachdem das Blatt angelegt ist, im Winkel desselben
eine und mehre Zellen und bilden eine Aıt Warze.
Diese Warze verlängert sich wenig, wird aber an
ihrer Basis durch kleine verkümmerte Blätter (den
Knospenschuppen) umgeben, welche sie mit ihren
Neubildungen, d. h. lebensfähigen Anlagen ächter
Blätter, namentlich im Winter, gegen Kälte schützen.
Dass diese Knospen dann im Frühling, resp.
bisweilen zur Zeit des Sommersaltes, sich verlängern
(ausschlagen), ist ebenfalls bereits mitgetheilt worden.
Nun kommen wir zur zweiten Hauptthätigkeit
der Pflanze, zu der geschlechtlichen Fort-
pflanzung oder Zeugung. Ihre Organe nennt man
bei dem Obstbaume, wie bei jeder anderen höheren
Pflanze: Blüthe. Diese besteht aus Organen, welche
Träger des männlichen (Staubgefässe), und aus an-
dern, welche Träger des weiblichen Prinzipes sind
(Stempel, Fruchtknoten). Ausserdem finden sich aber
bei dem Obstbaume noch zweierlei Organe, von
denen die innern meist gefärbt,
die anderen grün sind, vor.
den Kelch, die ersteren die Blume oder Blumen-
krone. Alle diese Organe sind nichts weiter als
veränderte Blätter.
Die Blüthe wird auf gleiche Weise gebildet, wie
die Knospe und stellt bisweilen auch einzeln oder
zu mehrern vereinigt eine solche dar. Auch sie wird
von Knospenschuppen umgeben. Wir haben bei
manchen Pflanzen Blüthen- und Blattknospen. für sich,
bei anderen befinden sich Blätter und Blüthen in
einer und derselben Knospe. In diesem Falle stehen
die Blüthen entweder an der Spitze, oder in dem
Winkel der Blätter oder endlich an der Basis.
Zur Ausbildung der Blüthenknospe, ebenso wie
der Blattknospe, dient der im Sommer vorher in den
Holzzellen aufgehäufte Saft. Es kommt aber auch
vor, dass dieser nicht genügt und es mehre Jahre
dauert, bevor die Blüthe sich bildet und zur Frucht
sich entwickelt. Es ist dieses bei vielen Myrtaceen,
z. B. bei vielen Arten aus Neuholland mit holzigen
Früchten, aber auch bei unseren kultivirten Aepfeln
d. h. nicht grün,
Die letzteren bilden
405
und Birnen der Fall. Jedermann weiss, wie lange
ein Borsdorfer Apfel gebraucht, bevor er an seinem
Fruchtspiesse erscheint; ist er aber an dem Träger
einmal dagewesen, so kommen in der Regel bei
richtiger Vertheilung der Nahrungssäfte alljährig
neue Aepfel hervor. Dass man durch Beschneiden
der Zweige die Zeit verkürzen kann, ist bekannt. |
Man muss sich dabei nur hüten, dass die vermehrte
Nahrung nicht der Vegetation, sondern der Frucht-
bildung zu Gute kommt. Bei richtigem Verständniss
mit genauer Kenntniss der obliegenden klimatischen
Verhältnisse werden Fehlgriffe beim Beschneiden der
Obstbäume nicht leicht vorkommen.
Zu viel Nahrung, das weiss man aus Erfahrung,
macht schliesslich die Pflanze unfruchtbar. Es ist
demnach ebenso, wie bei den Thieren, wenn sie
zu viel zu fressen bekommen. Es liegt in der Pflanze,
dass sie, ehe sie abstirbt, für ihre Fortpflanzung
sorgt. Wenn sie wenig Nahrung bekommt, so dass
sie kaum existiren kann, so fängt sie sehr olt noch,
bevor sie zu Grunde geht, zu blühen an, um wenig-
stens vor ihrem Untergange durch Hervorbringung
von Früchten die Art zu erhalten. Unser Gummi-
baum (Ficus elastica) bringt in der Regel bei der
sorgsamsten Pflege in den Gewächshäusern kaum
eirimal Früchte hervor, während er in den Familien,
wo man ihn meist ungeschickt behandelt, ihn einmal
zu viel begiesst, das andere Mal zu wenig oder gar
nicht, wo er in der That ausserdem oft wahrhaft
malträtirt wird, nicht selten blüht, bevor
Grunde geht. y
Die Blüthenknospen befinden sich bei unserem
Kernobste am untersten Theile der Zweige, weil da-
selbst am meisten Nahrung in den Zellen abgesetzt
ist. Dass hier noch mehr Nahrung aufgehäuft wird,
dafür kann man künstlich, wiederum durch das Be-
schneiden der Zweige, sorgen. Um so besser die
Ablagerung geschieht, um so grösser und sicherer
wird die Erndte werden. Unter Umständen wird
bisweilen der hier aufgehäufte Nahrungsstoff durch
die Vegetation aufgezehrt. In diesem Falle kommen
die Fruchtaugen am unteren Theile des Zweiges
nicht zur Entwickelung, sie bleiben schlafend.
ist aber Aufgabe eines guten Obstgärtners, bei der
Behandlung dahin zu wirken, dass dieses nicht ge-
schieht und in der Vegetation und Fruchtbildung
stets eine bestimmte Harmonie vorhanden ist.
Es ist bekannt, dass man, wenn bei dem Feigen-
und Birnbaum am alten Holze sogenannte nackte
Stellen vorhanden, solche schlafenden Augen sucht,
und einen Schnitt, nicht unterhalb, wie bei dem
Ringeln, sondern oberhalb bis auf das Holz macht, |
er zu
sar
Es
um das Auge zur Thätigkeit, d. h. zum Austreiben
zu bringen. Dieses schlafende Auge sollte ursprüng-
lich zwar eine Blüthenknospe werden, es wird aber
in diesem Falle keine Blüthen-, sondern eine Laub-
knospe. Physiologisch ist diese höchst interessante
Erscheinung leider noch gar nicht erforscht, die
Thatsache den meisten Botanikern selbst sogar völlig
unbekannt.
Ich muss mich schliesslich noch kurz über den
Begriff Frucht aussprechen. Frucht ist in der
Wissenschaft der reifgewordene Fruchtknoten. Der
Fruchtknoten ist aber der Theil des Stempels in der
Blüthe, in dessen Innern die Eichen als erste An-
lagen des späteren, den Embryo einschliessenden
Samens sich befinden. Diese Höhlung wird entweder
durch Zusammenwachsen von Fruchtblättern gebildet
(oberer Fruchtknoten) oder stellt eine Versenkung
der Spitze des Blüthenbodens dar (unterer Frucht-
knoten).
Im gemeinen Leben nennt man dagegen Alles,
was gegessen wird, wie die Kartoffeln, Frucht, und
schliesst damit oft eine Menge ächter Früchte, weil
sie nieht gegessen werden, aus. Man hat in Ost-
und Westindien Bäume (Semecarpus oceidentalis und
Anacardium orientale), wo die eigentliche Frucht,
weil giftig, weggeworfen, dafür aber ein Theil des
Fruchtstieles, der fleischig geworden ist und ange-
nehm säuerlich schmeckt, von den Eingeborenen als
Frucht gegessen wird. Solcher vermeintlicher Früchte
besitzen wir nicht wenige.
Hier haben wir Erdbeere. Was Sie da
essen, ist nicht etwa die Frucht, sondern der oberste
fleischig gewordene Theil des Fruchtbodens, um den
herum die kleinen, Körnern gleichenden Früchtchen
eingesenkt sind. So ähnlich die Himbeere auch ist,
so werden hier doch die ächten Früchtehen, zu einer
Sammelfrucht vereinigt, gegessen. Was anders ist
es bei der Maulbeere, wo die Blüthenhüllen fleischig
geworden und das Essbare an der Frucht sind. Bei
der Feige essen wir ebenfalls den Fruchtboden.,
Dieser ist nur nicht konvex und verlängert, wie bei
der Erdbeere, sondern stellt eine Höhlung dar, von
der die Blüthen und Früchte eingeschlossen werden.
Grade so ist es bei dem Kernobste, nur dass in der
Höhlung nicht Blüthen, sondern Stempel eingesenkt
sind. Bei dem untern Fruchtknoten, z. B. bei der
Stachelbeere, erhalten sogar nur die Eichen in der
Höhlung ihre Entwickelung. Man isst hier, wie bei
der Feige, eigentlich nur den Blüthenboden.
Wenn aus dem Fruchtknoten die Frucht werden
soll, muss der Blumenstaub aus den Staubbeuteln
heraustreten und auf die Narbe, welche dem Frucht-
eine
*
406
knoten unmittelbar aufsitzt oder vermittelst eines
Stieles (des Griffels) mit diesem verbunden ist, fallen.
Es tritt aus jedem Staubkorn ein gestreekter Schlauch
(Pollenschlauch) heraus und begibt sich durch eine
besondere Röhre oder zwischen dem Zellgewebe
hindurch nach dem Innern der Fruchtknoten -Höhle,
um das dazu vorbereitete Eichen zu befruchten.
Dieses geschieht, indem der Pollenschlauch durch
das Keimloch des Eichen bis zu dem sogenannten
Embryosack, einer im Innern des Kernes liegenden
Zelle, vordıingt und in dieser die Bildung einer neuen
Zelle, welche der Anfang des Embryo’s ist, bedingt.
Ist die Befruchtung geschehen, so wird alles
von der Pflanze auf die weitere Entwickelung der
Frucht, resp. der Früchte gerichtet. Fast sämmt-
licher Nahrungstoff geht zur Frucht, während die
eigentliche Vegetation zwar nicht ganz stille steht,
aber doch kaum zu bemerken ist. Die Massen Nah-
rungsstoff, welche zur Ausbildung der Frucht und
vor Allem des Embryo’s nothwendig werden, sind
bei allen Pflanzen, auch bei dem Obstbaume, sehr
bedeutend.
M. H.! Ich sehe, dass ich schon sehr lange
gesprochen habe, es sind auch noch Andere da,
welche gehört werden sollen. Es möchte Zeit sein
zu Schliessen, obwohl die eigentliche Entwickelungs-
geschichte der Obstfrucht erst noch kommen müsste.
Bis jetzt habe ich mich mit Zeichnungen beholfen,
um verständlich zu werden, für die Entwickelungs-
geschichte gehört aber das Mikroskop, mit dem hier
zu operiren zu umständlich sein dürfte. Nehmen
Sie deshalb mit dem, was ich hier gegeben, fürlieb.
Die i
Holz- und Forstprodukten-Ausstellung
im Glaspalaste zu München
in der letzten Woche des Septembers.
Wer in der letzten Woche des Septembers in
München gewesen ist und an den Verhandlungen
der Land- und Forstwirthe, oder auch der zu einer
besonderen Sektion zusammengetretenen Obst- und
Gemüsezüchter, oder endlich der süddeutschen Wein-
produzenten Theil hatte Gelegenheit,
manches Interessante zu erfahren und nicht weniger
auch zu sehen, was den Gärtner und nicht weniger
den Botaniker in Anspruch zu nehmen geeignet war.
Der überaus rührige und, wo es sich um Belehrung
handelt, besonders thätige Gartenbauverein von
München hatte in den geschlossenen Räumen eines
genommen,
königlichen Schlosses, und verbunden mit dem so-
genannten Wintergarten, eine Ausstellung von Pflan-
zen und Blumen veranstaltet, die schon wegen des
eigenthümlichen Lokales, ornamentaler und prunkvoller
Zimmer in dem sie stattfand, Beachtung verdiente
und auch fleissig besucht wurde. In einem anderen
Lokale dagegen, und zwar in dem sogenannten Odeum,
befand sich eine Gemüse- und Obst-Ausstellung, von
der besonders die erstere unsere Aufmerksamkeit
wegen der Reinheit und Schönheit, nicht weniger
aber auch wegen der Güte der einzelnen Gemüse in
Anspruch nahm. Man erkannte es rasch, dass Mei-
ster in der Gemüsezucht, als welche man wohl die
Bamberger Gärtner nennen darf, hier das Beste ge-
bracht hatten, was auf ihren Fluren gewachsen. War
das Obst auch keineswegs so schön, als wir es bis-
weilen wo anders, namentlich noch zuletzt in Bozen,
gesehen, so hatten die Früchte doch den einen Vor-
zug, dass sie richtig benannt waren. Man hatte den
Dr. Lucas aus Reutlingen berufen, um, wo nöthig,
die richtige Nomenklatur herzustellen, ausserdem
aber ein Sortiment des in Altbayern gedeihenden
Kernobstes zur Kenntnissnahme und Belehrung zu
bringen. Wollte man doch allenthalben die gärtneri-
schen Ausstellungen nutzbarer machen! Gewöhnlich
wird auf Ausstellungen gebracht, was zufällig einiger
Massen ausstellungsfähig ist, man theilt Preise aus,
die keineswegs immer dem Verdienste zufallen, und
die Schauenden gehen in der Regel wieder so klug
daheim, wie sie gekommen sind.
Wir haben uns dieses Mal vorgenommen, weder
über Pflanzen und Blumen, noch über Obst und Ge-
müse zu berichten, sondern einmal aus dem engeren
särtnerischen Kreise etwas herauszugehen. Unser
Bericht betrifft aber ebenfalls Pflanzen, und zwar recht
gewöhnliche, wie sie besonders in Wäldern und auf
Mooren vorkommen, in der engsten Beziehung aber
zu den Menschen stehen. Nicht aber landwirthschaft-
liche Pflanzen sind es, über die wir sprechen wol-
len, sondern forstwissenschalftliche. Die grosse in-
ternationale Industrie- Ausstellung des Jahres 1867
in Paris bot zwar vielfach weit interessanteres und
mannigfaltigeres Material, als das was in der letzten
Woche des Septembers im Glaspaläste in München
vorhanden war, dar, aber keineswegs war sie So
belehrend.
Man hatte schon im Jahre 1870 in München die
Absicht gehabt, eine möglichst vollständige Darstel-
lung der Holzproduktion Bayerns durch eine Aus-
stellung zu geben, der bald darauf ausbrechende
Krieg liess es aber eben so wenig dazu kommen,
wie zu anderen nützlichen Unternehmungen. Das
*
BON,
einmal dazu ernannte Comite, bestehend aus dem
Generalsekretär Müller, dem Professor Naegeli,
dem Forstrath Rau und dem Garteninspektor Kolb,
wartete nicht umsonst auf günstigere Zeiten, denn
schon in diesem Herbste wollte die Versammlung
deutscher Land- und Forstwirthe in München tagen.
Wenn auch nicht zu gleicher Zeit, so fand doch das
dieses Mal am 29. September beginnende Oktober-
fest gegen das Ende der Dauer der Versammlung
ebenfalls statt. Es wurde rasch ein Programm aus-
gearbeitet, nach dem die auszustellenden Gegenstände
aus dem Pflanzenreiche in 8 Gruppen getheilt wur-
den. Mit Recht klagte man darüber, dass von Sei-
ten der Forstbehörden seibst so wenig Theilnahıne
gezeigt worden war.
Die Aufstellung war dem Inspektor des botani-
schen Gartens, Max Kolb, übertragen und geschah
auch in einer Weise, dass Jeder, mochte er Beleh-
rung suchen oder seinem ästhetischen Gefühle Rech-
nung getragen haben wollen, den schönen Raum des
Glaspalastes gewiss zufrieden gestellt verlassen hat.
Wenn wir darüber berichten wollen, so können wir
um so mehr nichts Besseres thuen, als den in der
Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereines abge-
druckten Bericht des Inspektors Kolb zu Grunde zu
legen, als wir uns die Erlaubniss dazu geholt haben.
Die ganze Ausstellung bestand, wie Max Kolb
in seinem Berichte sagt, aus 8 Gruppen. Es war
jedoch, als das Lehrreiche nicht ausser Acht ge-
lassen werden durfte und das Volumen der Gegen-
stände hierbei in Betracht zu ziehen war, nicht
immer möglich, dieselben in Reih und Glied zu ver-
einen, sondern es erwies sich eine abwechselnde
Darstellung für die Sache viel zweckmässiger und
instruktiver. So war es nun beispielsweise darum
zu thun, die wichtigsten Bäume in lebenden Exem-
plaren zu zeigen, um welche sodann die Baum-
scheiben der betreffenden Art oder Gattung aufgestellt
wurden. Sie gaben auf diese Weise einen lehrreichen
Beitrag über Blatt-, Stamm-, Rinde-, Quer- und Länge-
Schnitt und veranschaulichten das Ganze in der best-
möglichsten Weise. Dass durch diese Aufstellungs-
weise auch zur Verschönerung beigetragen wurde,
liegt ausser Zweifel. Nachdem mir namentlich er-
wünschbar schien, alles Einschlagende zur Vertretung
zu bringen, und ich zum Oeftern auf das „Selbst-
Suchen“ angewiesen war, darf ich nicht verhehlen,
dass die Organisation mit manchen Mühen verbun-
den war.
Die meisten Gegenstände waren auf Tischen
ausgebreitet und in Ermangelung eines Kataloges mit
deutlich gedruckten Zetteln auf holzfarbigem Papier
versehen. Bei den lebenden Bäumen war stets die
Vegetationsgrenze angegeben.
Mit der Gruppe der unbearbeiteten Hölzer nun
beginnend, nennen wir zuerst die im Vordergrund
des Ausstellungsraumes aufgestellten hervorragend-
sten Waldbäume Bayerns, als Fichte, Tanne, Föhre,
beide Eichen, Lärche, Erle, Esche, Buche, welche
in schön gewachsenen 20—25° hohen Exemplaren
in Wassergefässen aufgestellt und um welche nun
die Baumscheiben in angemessener Entfernung auf-
gestellt waren. Unter ihnen befanden sich auch
andere weniger wichtige Bäume, wie die Latsche,
der Faulbaum, Vogelbeerbaum, die deutsche Pappel
und andere.
Dank der warmen Unterstützung Sr. Excellenz
des Regierungs-Präsidenten v. Braun in Speyer
dem dortigen Forstamte eine Anzahl
hervorragender Baumscheiben eingesandt, deren vor-
treffliche Etiquettirung höchst interessante Aufschlüsse
gaben und daher auch allen Fachmännern ein Gegen-
stand besonderer Aufmerksamkeit waren.
Die zwei schönsten Eichen-Abschnitte dieser
Sammlung enthielten folgende Angaben:
Nr. 1 Stammhöhe: Nr. 1 27, Nr. 2 27 Meter.
Nutzbare Schaftlänge: Nr. 1 19, Nr. 2 16 Meter.
Mitteldurchmesser Nr. 1 0,84, Nr. 2 0,98 Meter.
Oberer Durchmesser Nr. 1 0,45, Nr. 2 0,64 Meter.
Scheibendurchmesser Nr. 1 1,06 Meter.
Gesammtholzzahl Nr. 1 36%),, Nr. 2 35 Ster.
Alter: Nr. 1 603, Nr. 2 338 Jahre.
In gleicher Weise waren sämmtliche aus der
Pfalz kommenden Bäume etiquettirt, wobei auch die
Vorsorge getroffen war, dass gemäss einer ange-
gebenen Linie, welche, von 10 zu 10 Jahres-Ringen
wurden von
gezogen, das Alter der betreffenden Baumscheibe
leicht verfolgen liessen.
Während nun die Pfalz die schönsten Eichen
vorführte, hatte der bayrische Wald nicht minder
Grund, auf seine schönen Föhren, Fichten und Tannen
stolz zu sein. So sahen wir aus dem Forstamte
Zwiesler Waldhaus einen 422 Jahre alten Fichten-
stamm, bei dem die Stammlänge 42 und die Schaft-
länge 27 Meter betrug. Als Standort war 3400 Pa-
riser Fuss über der Meeresfläche angegeben. Eine
225 Jahre alte Föhrenscheibe hatte v. Poschinger
ausgestellt, als deren Stammhöhe 21 Meter angegeben
waren. Eine Tannenscheibe von 366 Jahren mit
einem Durchmesser von 1,71 Meter war von dem-
selben Aussteller.
Den schönsten Lärchenstamm lieferte das Forst-
amt Zweibrücken, dessen Alter 111 Jahre und die
Länge 41 Meter zählte. — Birken, Buchen, Eschen,
408
Linden, Ulmen von gleichfalls hervorragender Stärke
waren in grösserer Anzahl vorhanden.
Der Handelsgärtner Velten von Speier hatte
mehrere Baumscheiben von seltenen Gartenbäumen,
wie die Bignonia, Trompetenbaum, Tulpenbaum und
andere eingesandt. Die Mehrzahl der ausgestellten
Gegenstände kam in den Besitz des hiesigen bota-
nischen Museums, wo sie zur Belehrung und zur
bleibenden Erinnerung an diese schöne Ausstellung
nun aufbewahrt werden.
Schliesslich sind noch zwei interessante Kiefern-
stämme sammt Wurzelstock zu nennen, die das
Forstamt Zweibrücken eingesandt hatte; dieselben
hatten 1,15 Meter tief in einer der dortigen Torf-
schichten gelegen und waren erst unlängst zu Tage
befördert worden.
Aus der Gruppe der zubereiteten Hölzer hatte
der bayerische Wald das Meiste und Beste geliefert.
Eine ganze Anzahl der vorzüglichsten Resonanz- und
Klaviatur - Hölzer, mit denen bekanntlich im baye-
rischen Walde ein grosser Handel getrieben wird,
hatten v. Poschinger aus Oberzwieselau und Max
Forster und Sohn in Zwiesler- Waldhaus aus dem
Forstamte Wolfstein-Freyung eingesandt. Jalousie-
holzdraht rund, viereckig, gerippt, auf das Feinste
gearbeitet, Zündholzdraht rund und gerippt in einer
Länge von 6 Meter, womit eine nicht unbeträchtliche
Einnahme wird und Absatzgebiete
Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Schweiz, Italien,
Frankreich, England und Schweden sind, waren in
einer seltenen Vollkommenheit vorhanden.
Zu dieser Rubrik gehören noch eine Menge an-
derer Gegenstände, welche gleichfalls aus Nieder-
bayern von mehreren Ausstellern eingesandt worden
waren, so die verschiedenen Bleistifthölzer, Stäbe
zur Pinselfabrikation, Federhalter, Leisten und Spie-
gelrahmen, Jalousiebrettchen, Siebreife, Buchen-,
Fichten- und Tannen-Schusterspäne, Schuhmacher-
stifte, Holzspäne für Futteralmacher, Schachtelholz
so dünn wie Papier geschnitten, ferner Fournirhölzer
in grösster Auswahl. Aber auch Hölzer, wie Spei-
chen, Deichseln, Wagenholz, Fassreifen u. s. w. fehl-
ten nicht. Vorzüglich schöne Winzertsstiefel waren
vom Kreisforstamt Speyer eingesandt.
Zu den künstlich gebogenen Hölzern kommend,
erzielt deren
hatte namentlich die erst vor kurzer Zeit gegründete
Fabrik von Seitz u. Comp. eine höchst interessante
Zusammenstellung in den verschiedensten Biegungen
ausgestellt. Die Ausstellungs-Gegenstände bestanden
vom rohen Buchenstamme an bis zum fertig polirten
3
Stuhle und zeigten den Fortgang der Fabrikation
durch die geschnittenen Bretter und gebogenen Theile
im Rohzustande. R
Das Buchenholz bildet das Hauptmaterial zur
Fabrikation und waren auch die meisten Stühle dar-
aus gemacht. Doch stand neben ihnen noch eime
Garnitur für Gartenmöbel, Tisch und Stühle aus
massivem Eichenholze. Ferner eine andere: Tische,
Fauteuils, Schaukelfauteuils, Stühle aus massivem
Nussbaumholz und 6 Stühle und 1 Fauteuil aus
Eschenholz; ein Umstand, der hervorzuheben ist,
da die übrigen gleichen Fabriken die letzteren Hölzer
nicht in dieser Weise zu behandeln verstehen.
Das Rohmaterial, hauptsächlich das Buchenholz,
wird theils aus dem bayerischen Wald, theils aus
unseren Gebirgsgegenden bezogen. Merkwürdiger
Weise übersteigt der’ Holzpreis hier zu Lande bei
Weitem jenen, den die Konkurrenten der genannten
Firma in Oesterreich oder im Erzgebirge anzulegen
haben, so dass die Konkurrenz mit einem dortigen,
älteren grösseren Etablissement sehr erschwert wer-
den dürfte. Der ganze Verlauf der Fabrikation vom
Schneiden der Stämme bis zum vollständigen Fertig-
machen geschieht hier in der Fabrik selbst.
In der vierten Gruppe sehen wir schon eine
ganze Menge der verschiedensten Industrie - Gegen-
stände, so vom Drechslermeister Merkl in München
eine grosse Anzahl Haus- und Küchengeräthe, wo-
bei namentlich erwähnt werden muss, dass der ge-
nannte Aussteller all’ die verschiedenen Holzarten
(25 an der Zahl) in kleineren Abschnitten ausgestellt
hatte, welche in seinem Fache mehr oder minder
zur Verwendung kommen und worunter einige der
seltenen wie: Evonymus europaeus und Sambueus
nigra wegen ihres bedeutenden Achsen-Durchmessers
als grosse Raritäten betrachtet werden dürfen.
Der Zimmermeister Niederhofer von hier
hatte einen neu gebauten Holzwagen ausgestellt,
auf welchem 20 Meter lange Balken ruhten, die in
mehrern Stücken wieder gesägt waren; ferner ein
Lastwagen vom Wagnermeister Hauck in Bogen-
hausen, der wegen mehrfacher Verbesserungen in der
Holz-, wie Eisen-Konstruktion besonders belobt wurde.
Schweizerei- und Haushaltungsgegenstände hatte
das Landesprodukten - Geschäft von Fleschhut in
Immenstadt in einer so reichen Auswahl, und so
schön gearbeitet ausgestellt, dass wir nicht erstaunt
waren zu hören, genannte Firma treibe einen ausser-
ordentlich grossen Exporthandel nach Norddeutsch-
land, Oesterreich und England. (Schluss folgt.)
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
E;
3 Wochenschrift
en zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten
Gärtnerei und Pilanzenkunde.
\ Redakteur:
er Professor Dr. Karl Koch,
General-Sekretär des Vereines.
E}
No. 52. H Berlin, den 28. December. 1872.
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch ee; uchbande), als auch Aneen durch alle Post- Anstalten
des deutsch-österreichischen Post-Vereines.
Inhalt: 548. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 22. December. — Die Holz- und Forstprodukten-
Ausstellung im Glaspalaste zu München (Schluss).
——————— EEE
dieses Organ auch Eigenthum des Vereines sein
J48. Versammlung müsse. Ferner war der Ausschuss der Ansicht, dass
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, | anstatt einer wöchentlichen Nummer monatlich ein
Am 02 December. Heft von 3 Bogen erscheinen solle. Beide Vorschläge
Es war dureh die Wochenschrift und sonst den | wurden angenommen. Um den Inhalt der Monats-
Mitgliedern des Vereines die Mittheilung zugekommen, | schrift möglichst werthvoll zu machen, wurde eine
dass in der heutigen Versammlung des Vereines | bestimmte Summe der Redaktion zur Verfügung ge-
hauptsächlich über die Gestaltung seines künftigen | stellt, um gute Aufsätze und sonstige Beiträge an-
Organes berathen werden sollte. Die Wochenschrift | ständig honoriren zu können.
für Gartenbau und Pflanzenkunde wurde im Jahre Die Redaktion wurde wiederum dem bisherigen
1858 von dem Professor Koch und dem vor einigen | Generalsekretär übertragen, aber zu gleicher Zeit
Jahren gestorbenen Hofgärtner Gust. Fintelmann wird noch eine Redaktions - Kommission von zwei
auf der Pfauen-Insel gegründet und'von Karl Wie- | Vereinsmitgliedern, unter Vorsitz des Vorstands-
sandt in Verlag genommen. Nach dessen Tode Direktors, bestehen. Deren Befugnisse sind haupt-
übernahm sie die Buchhandlung von Wiegandt u. sächlich, dafür Sorge zu tragen, dass die für die
Hempel. Im Jahre 1860 hatte der Verein zur Be- | verschiedenen Mitglieder des Vereines durchaus noth-
törderung des Gartenbaues (vergl. 3. Jahrg. S. 1) | wendige Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung der
beschlassen, die bisher von ihm herausgegebenen | Monatsschrift gewahrt werde. Der Verein zur Be-
Verhandlungen aufzugeben und die Wochenschrift ı förderung des Gartenbaues besteht aus ?/, Nicht-
für Gartenbau und Pflanzenkunde zu seinem Organe | Gärtner und aus Y, Gärtner. Auch die Ansprüche
zu machen. Als solches ist sie bis jetzt 13 Jahre | der ersteren sind zu berücksichtigen. Es muss für
Jlang geblieben. Die bisherigen Besitzer der Wochen- | Luxus- und Handelsgärtnerei, für bildende Garten-
schrift fassten jedoch den Beschluss, mit Ende dieses | kunst und Landesverschönerung, für Obst- und Ge-
Jahres sie eingehen zu lassen, und kündigten des- | müsebau gleichmässig in der Monatsschrift gesorgt
halb dem Vereine zur Beförderung des Gartenbaues werden. Anderntheils liegt es der Redaktions-Kom-
den Vertrag. | mission ob, den Werth der eingelieferten Aufsätze
Es war von Seiten des Vorsitzenden ein Aus- | und Beiträge zu prüfen und das Honorar zu bestim-
schuss ernannt worden, um die Frage eines Örganes men. resp. dieselben ganz und gar zurückzuweisen.
in Erwägung zu ziehen und geeignete Vorschläge zu | Das 1. Heft wird in der zweiten Hälfte des
machen, die in der heutigen Versammlung weiter | Januar erscheinen und an die Mitglieder des Vereines
besprochen event. angenommen werden sollten. Der | gesendet werden. Die Buchhandlung Wiegandt u.
Ausschuss hielt die Nothwendigkeit eines selbstän- | Hempel hat den Betrieb der nunmehrigen Monats-
digen Organes aufrecht, glaubte aber im Interesse | schrift auf gleiche Weise übernommen, wie früher den
des Vereines zu handeln, wenn er vorschlüge, dass | der Wochenschrift für Gartenbau und Pflanzenkunde.
92
410
Da sie im buchhändlerischen Betrieb ist, so können
auch Nichtmitglieder sie um den Preis von 4 Thalern
durch jede Buchhandlung oder auch durch die Post
beziehen.
Der Monatsschrift wird ein Anzeigeblatt
beigegeben. Darauf Reflektirende haben
sich deshalb mit der Firma Ernst Kühn
(Kronenstr. 37) in Berlin in Verbindung zu
setzen und bei dieser das Nähere zu: er-
fahren.
Die
Holz- und Forstprodukten-Ausstellung
im Glaspalaste zu München
in der letzten Woche des Septembers.
(Schluss.)
Ferner hatte Holzwaarenhändler Lutz von hier
eine ganze Anzahl der verschiedensten hölzernen
Werkzeuge und Holzschuhe ausgestellt.
Gemäss den mancherlei Gegenständen, welche
unter den verarbeiteten Hölzern allenthalben ge-
braucht werden, war diese Gruppe jedenfalls als die
Reichhaltigste zu nennen, denn ausser den im Pro-
gramm genannten Artikeln gab es noch eine Menge
von Waaren aller Art, wie Staffeleien, Messwerkzeuge,
Gewehrschäfte, Pfeifenröhren, Waschpressen u. S. w.,
welche alle sehr reichlich und gediegen vertreten
waren.
In derselben Rubrik stehen die Schnitz-
arbeiten, und zwar die gewöhnlichen, wie die feinen.
Dass die bekannten Nürnberger Waaren und Kinder-
spielsachen von den kleinsten Dingen angefangen nicht
fehlten, bedarf bei der grossen Einnahmequelle, welche
unsere Schwesterstadt mit diesem Artikel in diesem
Industriezweige erzielt, keiner weiteren Erklärung.
War die Anzahl der feinen Holzschnitzgegenstände,
welche aus Berchtesgaden durch die warme Befür-
wortung des Bezirksamtmanns, Baron v. Lurz, ein-
auch
sesandt waren, auch nicht gerade sehr reichhaltig,
so befanden sieh dagegen unter denselben einige
Objekte von hervorragender Kunst-Leistung, welche
den längst Ruf der Berchtesgadener
Schnitzkunst auf’s Neue bestätigten.
Die IV. Gruppe, welche das Flechtinaterial, Flecht-
werk, Lohrinde, Zaunmodelle und die verschiedenen
zur Fabrikation verwendeten Materialien im rohen, wie
im präparirten Zustande umfasste, enthielt eine Menge
von bekannten Gegenständen für Haus und Hof.
Die .Moorprodukte (zur V. Gruppe gehörend),
mit welchen namentlich unsere Kleingutsbesitzer eine
grosse Einnahme erzielen, waren reichlich vertreten.
Aus Haspelmoor, wo der Presstorf zuerst im Grossen
bekannten
fabrizirt und überhaupt die grössten Torfmengen jähr-
lich für die Staatseisenbahn geliefert werden, waren
die verschiedensten Torfimuster, nebst den mancherlei
Werkzeugen zur Torfbereitung eingesandt; desglei-
chen hatte Dr. Herold aus Feilenbach den in den
Wohnhäusern so beliebten Kugeltorf der Fabrik
Kolbermoor, Modeltorf, Presstorf, und gemahlene
Torfmulle ausgestellt.
Um auch über das Nachwachsen des Torfes
einen Beleg zu geben, wurden von zwei Plätzen im
Haspelmoor, wo der Torfstich vor 18 Jahren vor-
xenommen wurde, zwei Torfstösse aufgestellt, auf
welchen der Zuwuchs seit dieser Zeit 42 Centimeter
betrug, und die gegenwärtig darauf wachsenden
Pflanzen veranschaulichte. In einer kurzen hiermit
verbundenen Beschreibung waren die Pflanzen auf-
sezählt, welche die mittelbaren oder unmittelbaren
Torfbilder der dortigen Gegend sind.
Auch aus dem Pullinger Moos bei Weiden und
aus dem Forstrevier Mantel in der Oberpfalz waren
Torfmuster eingeschickt. Wiesenbaulehrer Bernatz
in Schleissheim hatte ferner ausser den verschiedenen
Moorprodukten auch einen für den Standort (Moor-
boden) riesigen Birkenstamm, mit all’ den mancherlei
Verwendungs-Gegenständen derselben, welche aus
dem Holze, der Rinde, dem Salte und den Blättern
bereitet werden, ausgestellt, bei welchen auch der
Wurzelstock beigelegt war. Aus ihm war zu er-
sehen, dass die Wurzelbildung der Bäume in dem
Moorboden eine ganz horizontale ist und dieselbe
kaum zwei Fuss in dem Boden geschieht.
Unter den von der Birke müssen wir, ausser
Wagner- und Reifholz u. s. w. gefertigten Gegen-
ständen, noch des Birkensaftes (welcher seit dem
Frühjahr von dem Aussteller aufbewahrt wurde),
der Birkenkohle und des aus den Blättern bereiteten
Farbstoffes, so wie der als Entluselungsmittel bekann-
ten Birkenkohle gedenken.
Der Holzkohlenhandel im bayerischen Hoch-
lande und deren Transport auf allen Wasserstrassen
desselben ist zu allgemein bekannt, um nicht auch
dieses Zweiges bildlich zu gedenken. Der Besitzer
der Pulverfabrik in Leutstetten, Felleisen, hatte die
Güte, einen grossen Kohlenmeiler (t/; der natürlichen
Grösse) aufzustellen, der parthieen weise in der Art lehr-
reich aufgebaut wurde, dass man von dem aulge-
schichteten Holze angefangen bis zur fertigen Kohle in
die verschiedenen Verwandlungen Einsicht nehmen
konnte. Von demselben Aussteller war auch der
ganze Prozess der Pulver-Fabrikation in Gläsern
mit den nöthigen Beschreibungen vorgeführt.
Bei den zur VI. Gruppe gehörenden Waldpro-
411
dukten, wozu die Lohkäse, die Kohlen, deren Ver-
wendung: Theer, Creosot, kurz Alles was durch oder
bei der Holzbearbeitung gewonnen wird, zu zählen
sind, nennen wir in erster Linie die ausgestellten
Gegenstände der hiesigen Gasfabrik, welche ausser
verschiedenen Stein- und Braunkohlen, deren Pro-
dukte (Theer, Dachpappe bis zur feinsten Anilin-
Farbe) auch die Holzgasbereitung mit den wieder
hieraus gewonnenen Produkten sich um die Aus-
stellung sehr verdient gemacht hat. Auf einer Ta-
belle war eine nähere Schilderung über den quanti-
tativen und qualitativen Prozess des aus Holz be-
reiteten Gases, wie über Holzessig und Creosot, ge-
seben. Wir dürfen übrigens auch hier die aus
Kolbermoor eingesandten Torfkohlen nicht übersehen.
Die Direktion der Zentralschule Weihenstephan
hatte die Güte, die vom Professor Nördlinger prä-
parirten Holzdurchschnitte einzusenden, welche in der
Weise aufgestellt wurden, dass der Besucher die Ob-
jekte recht leicht sehen und von der Mannigfaltigkeit
des anatomischen Baues der verschiedenen Holzarten
(190 Durchschnitte) sich überzeugen konnte.
Aus der Holzpapierfabrik von M. Schmidt in
Regenstein bei Cham waren eine grosse Anzahl von
Holzpapieren und Holzpappen ausgestellt, zu welchen
stets die keigemengte Quantität der Holzmasse be-
merkt war; es belanden sich unter denselben Pro-
dukte von 50—80 Prozent Holzstoffgehalt. Der Be-
lehrung halber hatte der Besitzer auch die Güte, die
Holzaıten, welche hierzu verwendet wurden, anzu-
seben. Ferner waren von ihm die Fichten- und
Aspenholzstoffe in dem Zustande (direkt vor) ihrer
Verwendung ausgestellt.
Die Bereitung des Papierstofles aus Holzfasern
ist bekanntlich eine Erfindung der neuesten Zeit und
sebührt die Ehre dieses glücklichen Gedankens Gott-
fried Keller in Krippen bei Schandau. Wohl we-
nige Artikel haben in verhältnissmässig kurzer Zeit
eine solche Bedeutung gefunden, wie der Holzstoff,
Seine Einführung und Erzeugung in grösserem Mass-
stabe wurde von den Papierfabrikanten mit Freude
begrüsst, denn der Zuwachs an Lumpen blieb weit
zurück hinter dem enorm gesteigerten Papierver-
brauch, so dass ohne diesen neuen Papierstoff sich
sehr bald ein bedenklicher Mangel an Rohmaterialien
eingestellt haben würde.
Wohl benützt man in neuerer Zeit als Ersatz
für Lumpen auch Tute (ein algierisches Gras),
Esparto, geringere Flachs- und Hanfsorten, auch
Stroh, doch bleibt die Holzfaser das bevorzugteste
Surrogat. Dieselbe wird durch Schleifapparat von
verschiedenem System hergestellt, unter denen die
von H. Völter in Heidenheim den ersten Rang ein-
nimmt. Allein auch der auf diese Weise geschliffene
Holzstoff kann, obwohl man bis zu 80 Prozent und
85 Prozent dem Hadernzeuge beimischt, nicht als
vollkommener Ersatz für denselben angesehen wer-
den. So kam man in neuester Zeit auf die Idee,
reinen Holzstofl (die Cellulose) auf chemischem Wege
herzustellen. Da hierbei die Faser des Holzes nicht
zerrissen, sondern nur durch chemische Agentien
von der Intercellular-Substanz geschieden wird, ohne
die Länge der Faser zu beeinträchtigen, so wird
hierdurch ein Stoff erzeugt, welcher ohne jede Bei-
mengung von Lumpen ein vorzüglich festes Papier
zu geben geeignet ist. Angesichts dieser Erfolge ist _
es unzweifelhaft, dass der Verbrauch des Holzstoffes
eine grosse und ungeahnte Zukunft hat, um so mehr
als man in England bereits angefangen hat, denselben
nieht nur zur Verarbeitung für Papier, sondern auch
zur Fabrikation von Kleiderstoffen, insbesondere zu
Tuchwaaren, zu verwenden.
Die grösste Mannigfaltigkeit bot wohl die VII.
Gruppe, welche eine Menge der verschiedenen forst-
wissenschaftlichen Gegenstände enthielt und als die
vollkommenste aller bezeichnet werden darf.
Auf besondere Veranlassung des Konservators
des Königl. botanischen Gartens und des botanischen
Museums, Professors Nägeli, wurden durch den
Präparator Kreuzpointner Zweige der einheimischen
Bäume und Sträucher eingelegt, und zwar in Blüthe
und Frucht, also mit besonderer Berücksichtigung
der verschiedenen Entwickelungsstadien. Eine aus
der Winterschule in Traunstein eingesandte bedeu-
tende Sammlung von Hölzern, in Form von Bücher-
einbänden, welche Rinde, Quer- und Längsschnitt,
roh und polirt, lehrreich ersehen liessen, wurde mit
diesem Herbarium in der Weise verbunden, dass
die jeweiligen Hölzer stets in die Nähe der getrock-
neten Pflanzen gestellt wurden.
An diese reihte sich nun die Sammlung der
verschiedenen Hölzer aus dem botanischen Museum,
die sich in jeder, Beziehung auszeichnete; ausser
vielen Quer- und Längsschnitten der verschiedenen
Holzarten befand sich darunter
für die Forstkunde.
Man konnte hier der Knopfbildung,
Astläule, Borkenbildung der verschiedenen Bäume,
Schäden und Krankheiten, Beschädigungen durch
Menschen und Thiere, Rindenkrebs, Misswüchse,
Einschnitte in die Bäume, Ueberwallen der Tannen-
stöcke u. Ss. w. finden, welche sehr viel Belehren-
des enthielten und so zu sagen eine Ausstellung für
sich gebildet haben würden.
allerlei Interessantes
Beweise
52*
412
Unter diesen zahlreichen Gegenständen befand
sich auch ein Wurzelstock einer alten Eiche, in dem
ein ziemlich grosser Stein eingewachsen war, wel-
chen König Ludwig I. bei Rom im Jahre 1833 ge-
funden und dem hiesigen Museum überschickt hat.
In mehrern Tafeln gab Dr. Engler eine interes-
sante Zusammenstellung der parasitischen Verheerer
der Pflanzenwelt, indem er die forstlich- und land-
wirthschaftlich-wichtigsten Pilze mit je der zugehöri-
gen Pflanze, auf welcher dieselben vorkommen und
die Krankheiten derselben bedingen, mit erläuternden
Zeichnungen über ihr Wachsthum zur Schau legte.
Wir sahen hier das Mycelium und die Sporenhildung
im inneren Gewebe lebender Pflanzen, wie sie bei den
Kartoffeln, Meerrettig und dem Getreide vorkommen.
Ist auch die Bedingung der Verbreitung, wie
uns die Tafeln zeigen, eine verschiedene bei den
verschiedenen Arten, so keimen dieselben doch
unter günstigen Umständen bisweilen auch auf an-
dern Individuen derselben Art. und infiziren diese
oft in kürzester Zeit und in grosser Anzahl. Nächst
dem Kartoffelpilze war auch der der Bohnen, des
Hafers, des Weinstockes, wie das Mutterkorn, mit
vortrefflichen Zeichnungen entwickelungsgeschichtlich
vorgeführt.
Die schädlichen Insekten wurden durch die be-
sondere Güte des K. Konservators, Professors von
Siebold, in zahlreichen Exemplaren ausgestellt, zu
welchen, in Gruppen getheilt, stets die lehrreichsten
und specielleren Eigenthümlichkeiten hinzugefügt
waren. Wir fanden alle Feinde der Forstwirthschaft
vertreten, so die Borkenkäfer, deren Larven durch
das Zerfressen der saltführenden Gewebe ganze
Wälder von Nadelhölzern, bisweilen auch Laub-
bestände, zerstören. Sie waren in den verschiedenen
Entwickelungs-Stadien unter Herbeiziehung der zer-
fressenen und zerstörten Baumstöcke sehr belehrend
dargestellt; an diese reihten sich die schädlichen
Nachtfalter aus der Familie der Spanner, von wel-
chen unsere Stachel- und Johannisbeer - Sträucher,
Hopfen etc. so häufig heimgesucht werden, des-
gleichen die Fichtenspanner, welche, wie bekannt, in
manchen Jahren und besonders in Norddeutschland
den gefürchteten Kiefernfrass bedingen, durch den
Tausende von Morgen Wald schon verwüstet wurden.
Von den Gallwespen (Cynips), welche durch
das Ablegen ihrer Eier in das Innere der Pflanzen-
sewebe die sogenannten Galläpfel erzeugen, war
eine grosse Anzahl vertreten.
Die Fächer- oder Blatthornkäfer (Lamellicornida),
wozu der mit Recht so gefürchtete Maikäfer gehört,
der als Larve (Engerling) die Baumwurzeln von na-
mentlich jungen Baumschulen verheert und als Kä-
fer die Blätter und Blüthen beschädigt und so dop-
pelten Schaden anrichtet, fielen um so mehr auf, als
auch Wiesenbaulehrer Bernatz die Güte hatte, die
Metamorphose dieses schlimmen Feindes in den ver-
schiedenen Stadien seiner vierjährigen Entwickelungs-
zeit vor Augen zu führen.
Auch die Schlupfwespen, welche zu den Ver-
tilgern schädlicher Insekten gehören, weil sie ihre
Eier in die Larven oder Puppen fast aller Insekten
legen, in Folge dessen diese zu Grunde gehen, fehl-
ten nicht.
Der Tagfalter, der in der Kohlzucht gefürchtet,
und bei den Rüben unter dem Namen Krautwurm
bekannt ist, war gleichfalls vertreten.
Die von allen Kultivateuren, namentlich von
Gärtnern gefürchteten Blattkäfer, wozu auch der Erd-
floh gehört, welche alle Organe der Pflanzen an-
greifen, so wie die sogenannten Ohrwürmer, Scha-
ben und Heuschrecken, welche bekanntlich die
grössten Verheerungen im Pflanzenbau verursachen
können, zogen die Aufmerksamkeit der Besucher auf
sich ; desgleichen die Rüsselkäfer, Cureulionen ete., von
denen bekannt ist, dass sie alle Theile der Pflanzen
von der Wurzel bis zum Samen bewohnen und zer-
stören, ferner der Bockkäfer, dessen Larven das
Innere der bereits gefällten Baumstämme, Bauhölzer
ete. zerfressen und so gleichfalls grossen Schaden
unter Umständen erzeugen können.
Wir haben noch die verschiedenen Motten, als
Harz-, Wachs-, Getreidemotten zu nennen, von de-
nen die einen in den jungen Trieben der Föhren
die Harzbeulen verursachen. Die gefürchtetsten aller
sind aber die Raupen der Getreidemotte, auch als
weisser Kornwurm bekannt, welche das aufgespei-
cherte Getreide zusammenspinnen und es der Art
ausfressen, dass nur die Bälge übrig bleiben, ferner
die Blattläuse, die durch das Aussaugen der Sälte
ganze Auswüchse bei den Pflanzen verursachen, wie
z. B. die Blasen an den Blättern der Ulmen und
Pappeln, in denen sich die Thiere in mehrern Ge-
nerationen entwickeln.
Schliesslich sind noch die Blattwespen, welche
an unseren Obstbäumen, Rosen u. s. w. grossen Scha-
den verursachen, einige Nachtschmetterlinge und auch
die Ameisen zu erwähnen, welch’ letztere durch das
Benagen der Früchte u. s. w. gleichfalls für die Kul-
tur nachtheilig sind.
Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.
Allgemeines Inhalts- Verzeichnis.
I.x Verzeichniss der Abhandlungen.
Beriehtigung über Agaven. 260.
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 13. 33. 44.
69. 106. 156. 243. 252. 278. 296. 504. 307. 327. 336. 344.
339.
Artemisia Stelleriana und ihre Verwendung.
gärtner Jäger in Eisenach. 112.
Der Papau, Asimina triloba (Anona). 191.
Die Festausstellung des Vereines zur Beförderung des Garten-
baues v. 21. bis 30. Juni 1872. 209. 217. 227. 233.
Verzeichniss der bei der Festausstellung v. 21. bis 30. Juni
1872 ertheilten Preise. 201.
Ministerialverfügung, Frachterleichterung zur Pflanzenaus-
stellung v. 21. Juni 1572 in Berlin betreffend. 121.
Ausstellung des Gartenbau-Vereines in Halle a./S. 200.
Die Produkte des Feld- und Gartenbaues auf der land wirth-
"schaftlichen Ausstellung zu Gothenburg v. 1. bis
5. August. Vom Dr. Wittmack. 17. 30. 35.
“artenbau-Ausstellung in Wriezen a./0. 288.
Die Holz- und Forstprodukten-Ausstellung im Glas-
palaste zu München in der letzten Woche des Septembers.
406.
Die 6. Ausstellung von Früchten und Wein Südtyrols in
Bozen v. 21. bis 29. September. 361. .
2 Ausstellungen des verflossenen Herbstes in Bremen und
Wien. 33.
Azalea sinensis Lodd. und mollis Bl. SO.
Ueber den Tod von Bäumen in Folge verspäteter Nachwirkung
des Frostes. 122.
Die Baumschulen von Simon Louis freres in Metz.
J. G. Beer’s Grundzüge der Obstkunde. 95.
299.
Belgique horticole von Ed. Morren 1871. 9.
Benary’sche Neuheiten. 69.
Die neue Blumenhalle in London. 111. 120.
Hofgarten-Inspektor Borchers. 329.
Botanical Magazine. Jahrgang 1371. 365. 372.
Die Brandformen der Sorghum-Arten: Tilletia Sorghi und
Ustilago cruönta. 152.
Kultur der hybriden Calceolarien. 808.
Cyperus Braunii, eine neue Dekorationspflanze. 222.
Entstehung der Arten und der Darwinismus. 177.
Die Dracunculeen. 136. 148.
Die beiden deutschen Eichen.
265. 273.
Eingesandt nebst emer Erklärung der Redaktion.
Das gärtnerische Elsass. Eine Skizze. 337.
Eine monographische Skizze.
334.
Vom Hof- |
| Die bunten Färbungen der Pflanze.
Zur Beantwortung der Frage über die bei der Topfpflanzen-
Kultur erforderlichen Erdarten, vom Inspektor Dotzauer.
337. 397.
Erfahrungen über den Nutzen des Brumata-Leimes. 382.
sl.
Ueber die winterliche Färbung immergrüner Gewächse.
Ueber Fasciation der Pflanzen. 16.
Die Feigenbäume Egyptens. 140.
Die Dikotylen der Flore des serres et des jardins de
l’Europe. Tom. XVII. par C. Vanhoutte. 55.
33.
Die Monokotylen der Flore des serres et des jardins de
l’Europe. Tom. XVII. par C. Vanhoutte. 21.
Formen der Entwickelung bei den höheren Pflanzen.
Die Frucht und ihre Bildung. 132.
7.
Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft m London.
Die Gärten Braunschweigs. 313. 329.
Der Schlossgarten zu Augny. 332.
Betheiligung des Gartenbau-Vereins in Danzig
Säkularfeier in Marienburg. 330.
Der Haus- und Landschaftsgärtner. 196.
Aufforderung der Gartenbau-Gesellschaft Feronia in
Dresden. 232.
Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. 305.
Mittheilungen über Gemüsekulturen in Japan.
74.83.
an der
349.
' Gerardia pedicularia L. und quercifolia Pursh. 5.
Die neuholländischn Gummibäume (Eucalyptus). 161. 173.
Die blaue Hortensie. 175.
Ueber blaue Hortensien. 359.
Illustration horticole, Jahrgang 1871. 183. 189. 199.
Bericht über die Versuche zur Prüfung des Gülich’schen Ver-
fahrens beim Anbau der Kartoffeln. Von Prof. Kühn.
DH:
K. Koch's Dendrologie. 355.
Einige Worte über das Kombiniren der Samen. 9.
Ueber das Kombiniren von Samen, resp. über gemischte
Saaten. 68.
Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachsthum des
Weinstock’s, der Schweine und Stiere. 43.
Ludwig Leopold Liebig. Eine biographische Skizze. 41.
Dr. Lucas Jahrbuch für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde.
Neue Folge. 1. Jahrgang. 104.
Theodor Nietner IV., Oberhofgärtner in Schönhausen. 58,
414
OÖberdiecks und Lucas’ illustrirte Monatshefte für Obst- und
Weinbau. 17. Jahrgang. 1871. 79.
Ueber Aufbewahrung und frühere Zeitigung des Obstes.
R. Stoll in Eldena. 102.
Von
Zur Statistik des Obstbaues. 275.
Die Entwickelung des Obstbaumes und seiner Früchte. Ein
Vortrag. 409.
definitiven Ergebnisse der Obsterndte in Bayern pro 1571.
336.
Frostschäden an den Obstbäumen im Grossherzogthum
Sachsen-Weimar. Vom Hofgärtner Maurer in Jena. 225.
Der Obstbau an den Eisenbahnen. 354.
Die
Die
Beobachtungen über das Erfrieren vieler Gewächse und na- |
mentlich der Obstbäume. 345.
Nachträgliche Bemerkungen zum Schutz der Obstbäume vor
schädlichen Insekten. Von Ü. Becker. 342.
Palmen und andere Sämereien aus Martinique. 40.
Die schönsten Pelargonien. 319.
Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen.
193. 207. 213. 222. 231. 239. 247. 255.
Pomologisches Institut in Reutlingen (Anzeige).
Pomologisches Institut in Proskau. 72.
Mittheilungen der pomologischen Versuchsstation m
Proskau. Vom Dr. Sorauer. 141.
Statut der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Wein-
bau zu Geisenheim. 281.
Das Specialprogramm der 2.
in Wien 1873. 153. 169.
Preisausschreiben zur Anlage von Friedhöfen bei Bremen.
160.
92.
Gruppe der Weltausstellung
Revue horticole. 1370—1871.
Das Rheinthal. 235. 292.
Die Rheinregulirung. 328.
Die Rüstern. Eine monographische Skizze.
11771232
138. 150.
Samenofferte an Mitglieder des Vereines. 104.
Ueber Verwendung der Selaginellen während des Sommers
im Freien. Vom Inspektor C. Bouche. 105.
Aus einem Schreiben des Dr. Bolle an den Geh. Rath Dr.
Göppert. 249.
Die Feinde des Spargel. 268.
|
Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen
Garten in Neapel. 1. 10.
Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer Kulturgewächse.
261. 272.
' Dr. Ullrieh's internationales Wörterbuch der Pflanzennamen.
333.
Ueber bisher unbekannte Vorzüge beim Veredeln der Bäume.
Vom Prof. Dr. Göppert. 93.
Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den
Königlich Preussischen Staaten und das Fest seines 50jäh-
rigen Bestehens. 114.
556. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Garten-
baues am 7. Januar. 25.
537. desgl. aın 28. Januar. 50.
598. desgl. am 10. März. 97.
| 539. desel. am 7. April. 129.
540. desel. am 28. April. 145.
| 541. 2. desgl. am 28. Mai. 185.
| 948. desgl. am 30. Juli. 257.
>44. desgl. aın 27. August. 289.
545. desgl. am 29. September. 321.
546. desg]. am 27. October. 353.
547. desgl. am 1. December 393.
548. desg]. am 22. December. 417.
Sechste allgemeine Versammlung deutscher Pomologen und
Weinzüchter in Braunschweig vom 10. bis 13. October 1372.
169. 370. 377.
Vilmorins illustrirte Blumengärtnerei. 399.
Die Grundlagen des Vogelschutz-Gesetzes. 159.
Anzeige der Wander-Versammlung deutscher Wein- und
Obstproducenten. 368.
Einige Nachträge zur Trauerweide, sowie zur Artischocke und
Kardone. Vom Hofgärtner Jaeger in Eisenach. 39.
Der Weinbau in Niederösterreich. 62.
Samenbruch der Weinbeere. Vom Prof. Hoffmann.
Die Weizenfliege (Chlorops taeniopus). 168.
Die Weinlaus (Phylloxera Vastatrix). 360.
Ueber Beschädigung der Saugwurzeln durch Erkältung und
Trockenheit. “Von €. Bouche. 54. 60.
323.
Il. Inhalt des Allerlei und der Verhandlungen des Vereines.
Abnormität bei einem Kirschbaum, Carriere beob-
achtet. 14.
Blendlinge von Abutilon-Arten. 44.
Das unverwüstliche Wachsthum der Ackerdistel. 45.
Ungleiche Vertheilung der Geschlechter bei Ailanthus glan-
dulosa. 279.
Das Album von van Eeden. 28,
Gärtnerische Anzeigeblätter. 47.
Ausschuss für Berathung des neuen Statutes für die Gärtner-
lehranstalt und Landesbaumschule. 321.
Ernennung des Ausschusses zur Wahl eines neuen Vor-
standes. 146. 322.
Die technischen Ausschüsse.
von
185.
Die grosse Provinzial-Ausstellung in Birmingham. 45.
Stoll: die Obstausstellung in Danzig. 71.
Die Obstausstellung in Bremen. 27.
Die Festausstellung des Vereins zur Beförderung des
Gartenbaues. 146.
Die Erleichterung auf den Eisenbahnen behufs der Fest-
ausstellung. 129.
Die internationale Ausstellung in Gent für 1873.
27. 336.
| Die Pflanzenausstellung in Lyon. 252.
Ausstellung des Gartenbau-Vereins in Dresden und
| München. 146.
Die Wiener Weltausstellung. 145. 327.
Ueber die neuesten Azaleen aus China. 109.
Ueber riesige Bäume, besonders Sykomoren in Egypten. 156.
Garten-Inspektor Baumann in Jena gestorben. 344.
Wartenberg: die Wichtigkeit der Baumwärter. 29.
Der japanische Bast. 291.
Von der Decken: illustrirte Berichte über Gartenbau. 29.
Besprechungen verschiedener Birnen. 323.
Die Missbildung einer Birne. 131.
Ein alter Spalier-Birnbaum bei Dieppe. 158.
Ueber das Vermögen der Blätter, Wasser oder Wasser-
dampf zu absorbiren. 307.
Die Blattwespen aus dem Genus Tenthredo. 389.
Die Konkurrenzen für eine Planpflanzung des Bremer Kirch-
hofes. 327.
Die Brunnenkresse in Paris. 189.
Das Schauhaus der Gärtnerei von William Bull. 188.
Abnorme Beispiele des Buntblättrigen. 45.
Neue Canna-Sorten. 289.
Die Cundurango-Pflanze. 254.
Eine dioeeische Cuphealeiiantha. 48.
Cuseuta Epithymum auf Weintrauben. 344.
Eine harte Abart des Cytisus albus. 311.
Das Keimen a rririum nudicaule. 157.
Einfluss fremden Blumenstaubes auf
Frucht. 391.
Pleasanton: Einfluss des violetten Lichtes
und Thiere. 29.
Ueber Einfluss des Wildlings auf das Edelreis.
Ausbildung der
auf Pflanzen
323.
Die Pflanzen-Etiketten von Müller und Günther. 257.
288. 321.
Die Tinktur der Eucalyptus-Blätter als Arzneimittel. 246.
”
Eine fasciirte Spiraea confusa von Rönnenkamp.
Missbildungen (Faseiation) bei Bellis perennis. 130.
Verheerungen des Frostschmetterlings an dem Kirsch-
baume. 149.
Ueber die Bildung des Fruchtknotens.
(Gebrauch der Fuchsien. 46.
52
Jo.
149.
Der Farbstoff in den Fruchtschalen der Gardenia florida. 255. |
415
Leim Bestreichen
zum der Bänder an Obstbäumen von
Sponnagel. 49. 98.
Ueber Degeneration von Obstbäumen. 158.
ı Merkel gegen das Erfrieren der Obstblüthen. 29. 53.
‚ Die Obsterndte in England.
ı Das pomolorische Institut zu Proskau.
304.
Die Pynaert’sehen Obst-Etiketten. 344.
Vergiftungen der Oenanthe erocata. 278.
Kirchhofs Photographien von Orchideen. 151.
Die Mutterpflanze der Panamahüte. 111.
Der Park von Dropmore bei London. 390.
Arnoldi’s plastische Nachbildungen von Pilzen. 28.
v. Loeseke und Boesemann Nachbildungen von Pilzen. 28.
Die Unterlage der Pirus baccata. 245.
Werth des Polygonum Sieboldii. 259. 392.
12.
| Die 12 Portraits von meist englischeu Gärtnern. 98.
Hoffmann über Raphanus-Früchte. 308.
Wittmack über ästige Roggenähren. 50. 290.
|
Die d’arborieulture Simon-Louis
47.
neue Revue
freres in Metz.
von
Bildliche Darstellungen von landwirthschaftlichen Sämereien
durch Wickmack. 132.
Die Schwammraupe (Bombyx dispar). 25.
' Die neuen von Eugen Simon aus China eingesendeten Ge-
}
Der Gartenbauverein in Frankfurt a. O. 147.
Die Mittheilungen Pomppers aus dem Verbande mittel-
deutscher Gartenbau-Vereine. 147.
Die allgemeine deutsche Gartenzeitung in Erfurt. 47.
Die Antoine’schen Mittheilungen über Gewächshausbau in
England. 51.
K ellers Prachtwerk eines
lichen Gräser. 52.
Guano auf Rasenplätzen. 149.
Riesengurke Marquis of Lorne. 322.
Herbariums der landwirthschaft-
Eine brauchbare Haideerde bei Genthin. 98.
Die Insel Helena und ihre Anpflanzungen. 15.
Reise des Gärtners Hildebrandt nach Zauzibar. 107.
Die neuesten amerikanischen Him- und Brombeeren.
Die Zerwürfnisse Hookers in Kew mit der
2412301:
309.
Regierung.
Die neue Illustration horticole. 187.
Die Kartoffeln von Schiebler u. Sohn in Celle.
Die Bouche&'schen Kartoffel-Sämlinge. 259.
Versuche über die Ertragsfähigkeit grosser und kleiner Knollen .
von Kartoffeln. 279.
Krelage: Gartenbau-Illustrationen. 28.
Dampf-Knochenmehl von Ludwig Michaelis.
Ueber einige harte Koniferen im Odenwalde. 309.
Der scharlachrothe Melonenkürbis. 322.
354.
110.
Die Gentner Lehranstalt für Gärtnerei. 391.
Andre Leroy und die Fortsetzung seines Obstwerkes.
Das Esparto-Gras (Lygeum Spartum). 25.
130.
Die Manna-Esche und die Gewinnung der Manna. 69.
Die vom landwirthschaftlichen Ministerium gestellten bron-
zenen Medaillen. 321.
Das Schwefeln der Obstbäume. 389.
' Louis freres in Metz.
hölze. 108.
Dendrologische Notizen aus den Baumschulen von Simon-
310.
Die Stachelbeerraupe. 26. 188.
Tauschverhältnisse mit dem Director der Anlagen in New-
york. 101.
Ueber die Theerringe an Obstbäumen.
Einfluss des Theerens. 291.
Samen der Thujopsis dolabrata.
Liebmann's neuestes Tropaeolum.
T ypha-Blätter als Bindematerial. 291.
291.
279.
107. 130.
2.
in unterirdischen
Die Ueberwallung geschälter Rinden.
Vorkommen von Farnen und Vanilla
Räumen von Yucatan. 48.
Le Verger von Mas. 47.
Verluste des Vereins durch den Tod von Mitgliedern. 25.
Vermehrung der Verbene nach Martin Müller in Strasburg. 311.
Die 6. Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter
in Braunschweig. 29. 145.
Eine aus 6 Schuppen bestehende Wachholderbeere.
Wahl des Vorstandes. 353.
Mittheilungen über Gustav Wallis. 308.
Die Colorado-Wanze in Nordamerika.
Masse zur Befestigung von Wegen. 26.
Die babylonische Weide. 131.
Will. Scaling Weidenkultur. 15.
Thränhardt über den Weinbau im Elsass.
Die Doppelwüchsigkeit der Weintrauben. 188.
Die Weinlaus (Phylloxera Vastatrix). 13. 29. 51. 157.
Die Folgen des Winters 1870/71 an den Obstbäumen
vom Rittmeister v. Pfuel.
148.
148. 185.
50.
, Eigenthümliche Wurzelbildungen an Rüstern und Eichen. 157.
Umwandlung von Pfahlwurzeln in einen Stamm.
Rektor Franz über Wurzel-Veredelung. 245.
73.
Im
Abelia splendens 302. triflora 125.
Abies Alcoquiana 334. excelsa nigra
compacta 334. excelsa pyramidalis 334.
Gordoniana 334. Hookeriana 334. Men-
ziesii 834. Morindo 309. pumila 334.
pygmaea 334. tabulaeformis 334.
Abutilon Thompsonae 44. 45. 129.
220. Darwini Hook. 372. Sellowianum
129.
Acacia Julibrissin 127.
color 195. vestita 39.
Acer creticum 300. palmatum 300. pla-
tanoides 37. sempervirens 300.
Aceras hireina Lindl. 92.
Achimenes S6.
Actinella scaposa Nutt. 193.
Adiantum Capillus daphnites 193.
Aechmea coerulescens 258. Weilbachii
127.
Aörides falcatum 235. odoratum album
235. odoratum majus 235.
Aesculus Hippocastanum digitatum 301.
Agarista caliopsidea DC. 193.
Agave Bessereriana 367. gigantea 194.
Inghami 193. ixtlioides Ch. Lem. 367.
Killischii 260. Leopoldi 260. Perringii
260. Verschafteltii 194. ö
Ageratum Lasseauxii 126.
Ailanthus glandulosa 279.
Albizzia rosea 127.
Allamanda nobilis S6.
Alloplectus bicolor 127. vittatus 127.
Alnus californiea 501.
Alocasia Marshallii 194.
Alstroemeria aurantiaca 24. Coldasii
24. pallida 24. pulchra 24. tricolor
Hook. 23. 24.
Amarantus atropurpureus Roxb. 68.
Amorphophallus amabilis 194. Gigas
144. papillosus 143. Rivierei 136. spec-
tabilis 194. vinosus 143. 144.
Ampelopsis napiformis Carr. 125. Ray-
neri Hook. 367. tuberosa Carr. 125.
Amygdalus incana 124. monstrosa 124.
Ananas bracteata 127. monstrosa Carr.
128.
Androlepis Skinneri 127.
Andromeda japanica T'hunb. 93.
Androsace camea L. 7. eximia 376.
Androscepia gigantea Brongn. 194. |
Anecochilus Dawsonianus Low 23.
Anemonen d0. |
Angrecum javanicum 235. sesquipedale |
131.
Anona glabra 191. triloba 191.
Antennaria Roezlii 194.
Anthurium cucullatum €. Koch 194.
Laucheanum 236. magnificum 236.
Antigonum leptopus Hook. et Arn. S6.
Antirrhinum assurgens 194.
Aphelandra bullata 259.
Aquilegia californica roseo-alba 194.
Aralia spathulata 238.
Araucaria Bidwilli 3. Cunninghami 4.
Areca Nenga Bl. 194.
Arisaema concinnum Schott 372.
vatum Kth. 392.
Aristolochia barbata Jacq. 183.
antha 183. Duchartrei S6. 372.
Artemisia Stelleriana 112.
Arundinaria Wightiana 194.
Azundo Donax fol. var. 340.
Asimina conoidea Spach 191.
191.
Lophantha dis-
cur-
diety-
triloba
| Campanula laeciniata L. 196.
416
Verzeichniss der Pflanzennamen.
Asplenium schizodon 194.
Astragalus Marianus 195.
Asystasia chelonioides Anders. 374. vio-
lacea 374.
Atragene capensis 195.
Aucuben 231.
Balantium Sellowianum Presl 195.
Baptisia leucophaea Nutt. 376.
Barleria dichotoma Roxb. 195.
Beaucarnea recurvata Lem. 24,
Beaufortia splendens 290.
Begonia carminata 195. Chelsoni 195.
erinita Oliv. 373. diversifolia 86. echino-
sepala Reg. 195. floribunda 394. Haa-
geana 195. incarnata 126. Liminghii
126. Richardsoniana Th. Moore 195.
rosaeflora 0.
Bellis perennis fl. pl. 130.
Beloperone ciliata Hook. 374.
Berberis Bealii 301. glumacea 301. ja-
ponica 301. nervosa 301. stenophylla
301.
Besleria Arnottiana N. v. E. 195.
Billbergia Leopoldii E. Morr. 90. vit- |
tata Brongn. 90.
Blaberopus venenatus DU. 196.
Blandfordia Cunninghami Lindl. 23.
Bocconia cordata S7.
' Bomarea chontalensis Seem. 367.
Bonapartea Hystrix nana 237. 260.
Botryodendron latifolium 373.
Bowenia spectabilis 127.
Brachysema melanopetalum 196.
Brugmansia sanguinea 87.
Buddleja curviflora 126.
339.
Buginvillea 11.
Lindleyana
Caladium sanguinolentum 196.
Calathea 230. 303.
Calla aethiopica 4.
Calochortus elegans 196.
nellaeflora plena 57. Vidallii 258.
Cananga odorata Hook. 196.
| Canna 289.
| Caprifolium Maenevilleae 302.
Philo-
melae 302.
Carpatium corymbosum Pers. 196.
Carludovica palmata 110.
| Cassia alata L. 196.
Blumenavia Haageana 207.
Castanea americana 301.
Cattleya Eldorado Lind. 22.
Lindl. 22.
Ceanotus azureus 259. hybridus 289.
Celastrus Orixa 301.
Celosia cristata 220.
labiata
| Cephalauthus angustifolius 302.
Lanne-
Cerasus hortensis fl. pl. 302.
Sieboldii
siana 302. serrulata 302.
302.
Cereis Siliquastrum 287.
Ceroxylon niveum 207.
Chaenestes gesneriflora 258.
Chamaerops excelsa 127. 391.
Chamaerops Griffithii 127. humilis 3.
4. 391. Khasyana 127.
Cheiranthus annuus 207.
| Chenopodium pyramidale 207.
Chlorocodon Whitei Hook 372.
Chlorophytum prodigiosum 238.
Choisya ternata H. B. K. 207.
Chrysanthemen 159,
Chrysanthemum frutescens 279. Leu-
canthenum 279.
Cicuta virosa L. 278.
Cinchona 15.
Cinerarien 207.
Cinnamonum pulverulentum 207.
Cirsium Grahami A. Gr. 376.
Clematis-Formen 184.
Clematis florida 302. lanuginosa 302.
‘ _splendida 302. Viticella 302.
Clerodendron Balfourei 289. Bungea-
num fol. var. 237.
Clianthus Dampieri 236.
Cobaea penduliflora 86.
Coceulus japonicus 302.
C gells ospermum Jacobianum Ü. Kgeh.
24. E
Cocos Welddeliana 199.
Codiaeon variegatum Müll. Arg. 91.
Coleus-Formen 230.
Collinsia violacea Nutt. 207.
Combretum grandiflorum G. Don 208.
Commeline deficiens Hook. 24.
CGordyline grandifolia 237.
Corethrogyne spathulata A. Gr. 208.
| Corokia buddlejodes A, Cunn. 208.
Coronilla rostrata 289.
Costus Malortieanus Wendl. 366.
| Crataegus alnifolia 302.
Crinum brachynema Herb. 367.
Croton 256. angustissimum 208. fueatum
208. grande 208. pietum 91. Wise-
mani 237.
' Cuceurbita melanocarpa 227.
Cuphea leiantha 48.
Cupressus funebris 11.
118. Lambertiana 118.
platycentron 208.
Mac Nabiana
' Curcuma albiflora Thwait. 367.
Cuscuta Epithymum 344.
ı Cycas circinnalis 12.
Cycelamen persicum 393.
ı Cynara Cardunculus 40. Scolymus 40.
solda- | (
ı Cypripedium caudatum 130.
Cyperus Braunii Vatke 222.
concolor
190. naevium 230. niveum 190. 368.
parviflorum Salisb. 208. pubeseens
Willd. 208. Schlimianum Rehb. 23.
Veitehianum 128.
| Cyrtanthera chrysostephana 213. 259.
magnifica 289.
Cyrtodeira chontalensis Seem. 375.
Cyrtolepis longiflora 196.
Damz-'norhops 213.
periacanthus 213.
Damara purpurascens 213. 257.
Darlingtonia californica 190. 235. 374.
Dasystoma quereifolium 8.
Datura arborea 339. sanguinea ST.
Delphinium nudicaule 157. 238.
Dendrobium barbatulum Lindl. 365.
chlorops 365. Fytchianum 365. glu-
maceum 131. taurinum Lindl. 22.
Desmodium penduliflorum Oudem. 87.
302.
Deutzia crenata fl. pl. SS.
Dianthus Hedwigiüi 213. imperialis 213.
tymphresteos 186.
Diascia Barberae Hook. 374.
Dichorisandra musaica C. Koch 24.
Dichrotrichon Ternateum Reinw. 93.
Dieffenbachia amazonica 214. impe-
rialis Lind. et Andr. 200.
palembanicus
Dioscorea chrysophylla 183. melanoleuca
183. metallica 153. multicolor 184.
prismatica 184. retusa 183. Sagittaria
134. “
Diospyros costata 124. Kaki 124. 190.
Diplothemium caudescens Mart. 207.
Dolichos bieontortus 126. unguienlatus
349.
Doryanthes excelsa Corr. 24.
Dort enia wäh: Hook. 375.
Dracaena concinna 214. excelsa 214.
indivisa 12. lutescens striata und va-
riegata 200. metallica 214. nutans
236. pulcherrima 214. regalis hort.
Paris. 24. Reginae Veitch 24. splen-
dens 214. 237. Saposchnikowi 214.
suleata 214. utilis 214. Weismanni
(Wisemanni) 214.
Dracontium asperum 143. dubium 143.
elatum 144. polyphyllum 143.
Drymoda pieta Lindl. 366.
#öcheveria abyssinica 214. agavoides
237. carinata 214. linguaefolia 237.
scaphophylla 237.
Echidnopsis cereiformis 374.
Echium pomponicum 215. \
Elaeagnus angustifoius 291. reflexus 302.
Wlaeocarpus eyaneus 236.
Elaphroglossum Herminieri T. Moore.
Encholirion corallinum Lind. 199.
Eopepon aurantiacus Naud. 215.
Epacris impressa 95. 215.
Epidendron antenniferum Lindl. 215.
evectum Hook. 366. Frideriei Guielmi
Rehb. 191. Pseud-Epidendron 366.
Episcia chontalensis Hook. 374. melitti-
folia Mart. 215. tessellata 127.
Eranthemum cinnabar. oeellatum 374.
Bria extinetoria Hook. 366.
Eriea-Varietäten 186. 236. 290. me-
lananthera 27.
Erodium Manescavi 156.
Erythronium Nuttallianum 215.
Esecallonia pulverulenta Pers. 215.
Eucalyptus 3. 12. 161. amygdalina
173. ceitriodora 173. colossea 173.
diversicolor 174. eigantea 174. Glo-
“ bulus 174. 246. gomphocephala 174.
Gunnü 174. longifolia 174. mannifera
174. marginata 174. piperita 174.
populifolia 174. resinifera 175. robusta
175. Sideroxylon 175.
Eudianthe pusilla Rchb. 215.
Euphorbia abyss. 239. pandnrata 215.
E'icus bengalensis 142. (' ica,. 142,
cordifolia 142. elastica 142. “slegans
(elegantissima) 237. populeaster 142.
sarapiguensis 258..Sycomorus 141. 156.
Fieldia lissochilioides Gaud. 23.
Fraxinus excelsior 37. Ornus 69.
Fritillaria pudica 216.
Fuchsia 230. Riecartorii 46.
Benth. 375.
Furceraea Bedinghausii C. Koch 253.
Grardenia chartacea 216. florida 254.
Genista alba (multiflora) 303.
Geonoma Schottiana Mart. 199.
Gerardia pedicularia L. 5. 6. querei-
folia Pursh 5. 7.
Gesneraceae 236.
Gilia achilleaefolia Benth. 376. liniflora
216. 376. lutea Steud. 216.
Gingko biloba 395.
Gladiolus dracocephalus Hook. 368.
sessilifolia
Gonolobus Cundurango Trian. 254.
| ZIabenaria japonica A. Gr. 240.
417
Gleditschia Bujeautii 335.
Glonera jasminiflora 190. |
Gloxinia 85. hypocyrtiflora 130.
Glyptostrobus pendulus 308.
Godwinia Gigas 144.
Gongora portentosa Lind. et Rehb. 191.
DDR)
ET
Gravesia bertolonoides
Grevillea intricata Meissn. 375. macro-
stylis F. Müll. 375.
Guilielmia utilis 222.
Gunnera chilensis 87.
Gymnostachyen 221.
Gymnothrix japonica
Gynerium argentenm var.
222.
922
Vis. 224. dalmaticum
tigrinum 23.
Lindenia rivalis 190.
Liquidambar styraciflua 315.
Liriodendron Tulipifera fastigiat. 303.
Lisianthus Oerstedii Gris 224.
Maly 224.
Lithospermum Gastoni Benth. 375.
petraeum A. DU. 375. er
Lobelia Crystallpalast 67. pieta 258.
Paxtoni 67. speciosa 66.
Lonicera caprifolioides 302. Niagalli
302. oceidentalis 134. Perielyme-
num 184. spectabilis 302. Web-
biana 302. Xylosteum translucens 302.
Luculia gratissima 393.
| Luzuriaga corymbosa 12.
Habrothamnus elegans 339.
Haemanthus deformis Hook. 373. tenui-
florus Herb. 3. coccineus 368.
Haemadycetion refulgens 183.
Hamamelis japonica S. et Z. 223.
Hebeclinium janthinum fol. var. uro-
lepis 126.
Helleborus — Blendlinge 130.
Helwingia ruseiflora 302.
Hemerocallis disticha Donn 23.
Hesperis matronalis fl. alb. pl. 223.
Hibiscus albo-variegatus 237.
‚ Hippeastrum pyrrhochroum 223.
ı Houlletia chrysantha Lind. et Andr. 191.
| Hypocyrta breviflora 130.
Hortensien 126. 220. 230. 359.
Humata Tyermani 223.
Hydrangea Otaksa 175. 253. stellata
prolifera SS.
eFJacobinia ciliata Seem. 374.
Iberis gibraltarica 125.
Idesia polycarpa 308.
Impatiens Balsamine imperialis 223.
Jochroma coceinea 258.
Iris filifolia Boiss. 368, juncea Desf. 368.
Isotoma petraea 28).
Juglans ailanthifolia 303. intermedia
quadrangulata 124. macrophylla 303.
mandschurica 308. |
Juniperus communis 149. excelsa 334.
ÖOxycedrus 334. Shepherdi 292.
Justicia Lindenii 126.
Ixora Colei 223.
Walosanthes cocceinea 229.
Kentia Balmoreana Wendl. 223.
terburyana Wendl. 223. 237.
Forsteriana 223.
Klugia Notoniana 289.
Kohleria rupestris 223.
Kosaria Barnimiana 146.
Kreysigia multiflora Rchb. 223.
Can-
256.
149. |
Lachenalia luteola Jaeq.
Laelia grandis Lindl. 224.
Rehb. 22. |
Lamprococeus coerulescens 224. Lau-
rentianus 394. |
Larix americana 224. dahurica 224. |
decidua 224. Kaempferi 117.
Lasiandra macrantha 352.
Latania borbonica 3.
Lathyrus odoratus L. 92. 224.
Leptospermum aciculare 156.
phelioides 186.
Leschenaultia formosa 236. 394.
Leucopogon Cunninghami 97.
Libocedrus chilensis 11.
Lilium auratum 257.
praestans
sti- |
250. Catanü |
‚ Lychnis speciosa 126.
| Lyeopodium dichotomum Jaeg. 91.
‚ı Lycopodium mandioccanum Raddi S1.
taxifolum Sw. 91.
Lygeum Spartum 25.
1
Macleya cordata Jeddoönsis 8
Maclura trieuspidata 303.
| Macrozamia corallipes 231. 237.
Malus floribunda 115. Toringo 118.
Malva nıniata (av. 373.
Maranta arrecta Lind. et Andr. 199.
bellula 231. Lindenii 199. Luciani 232.
pruinata 232. Wallisii 232. zebrina 236.
Marantaceae 235.
Marcgravia paradoxa 232.
Marsdenia Cunduraugo Rehb. 254.
Massonjia odorata Hook. 368.
Matthiola annua 207. autumnalis mon-
strosa 207.
Megaclinium purpuratum Lindl. 366.
Meryta latifolia Seem. 373.
| Milla capitata Bak. 372.
Miltonia Warszewiezii 22.
Mimulus hybr. tigr. 67. luteus 67. SS. 189.
Mitraria coccinea 156.
Monolopia major 232.
Monstera Lennea 141.
Mühlenbeckia 4.
Narcissus calathinus 128.
| Nasturtium officmale 189.
Nerine pudica Hook. 367.
Nepenthes Sedeni 238.
Nothoscordum aureum Hook.
Nuttallia cerasiformis 303.
Nymphaea alba 159. odorata Ait. 48.
Ochrosia elliptica Lab. 232.
Öchthocharis Bomeensis 239.
Odontoglossum Halli 190. luteo-
purpureum Rehb. 191. roseum Lind.
191. Sceptrum 191. Wallisii 190.
312.
| Oenanthe erocata 287.
Oenothera gigatea 293.
Oneidium fuscatum Rchb. 21. hyphae-
maticum 239. lanceolatum 21. Li-
minghii 22. ormnithocephalum 239.
splendidum Rehd 21. Duch. 365. ti-
grinum Llav. et Lex. 365. varicosum
Lindl. 22.
Ophiocaulon eissampeloides Mast. 239.
Ophrys apifera 98. insectifera L. 98.
lutea Cav. 366. myodes 98. ten-
thredinifira 98.
Opuntia Rafinesqueana 2SS.
Orchis japonica 240.
Oreopanax dactylifolium 231.
| Osbeckia aspera Wright 239.
Oxalis caprina 258. cernua 258. tro-
paeoloides 107. 130.
Paliurus lueidus 303.
Pancratium ornatum Bouch. 239. spe-
ciosum 280.
Pandanus ceramensis 295. Vangeertii
237.
Panicum latanifolium 235. plicatum ni-
veum 239.
& apaver setiferum DC. 240.
assiflora einnabarina Lind. 373.
peratrice Bug£enie 3.
Paullinia thalictroides 237. 240. 373.
Pelargonien 219. 220. 227. 319.
Pelargonium Triomphe de St. Maude
de pl..125:
Pennisetum longistylum 339.
Penstemon vertieill. Mart. et Gal. 240.
Pentas kermesina 127.
Peristrophe angustifolia 221.
Persica dianthiflora 124. rosaeflora 124.
Phalaenopsis Lobbii Lindl. 22
Philadelphus coronarius fl. pl. 125.
Philodendron calophyllum Brongn. 200.
Daguense Lind. et Andr. 200. Prieure-
anum Schott 200. Roezlii 240. Wil-
liamsii Hook. 372.
Phlox cardinalis 66. Urystallpalast com-
pacta 66. Drummondii 231. Loudoni
186. Nelsoni 186. nivalis 186.
Phoenix dactylifera 3.
Phormium nigropunetatum 240.
Pincenectia tubereulata 11.
Pinus Benthamiana 333. Coulteri 333.
Lambertiana 333. 391. ponderosa 333.
Sabiniana 333. tubereulata 333.
Pirus Achras 208. baccata 295.
sis 205, cordata 108. elaeagnifolia
108. floribunda 118. Kaido 118.
persica 10%. prunifolia 246. Ringo
115. Simonii 108. Toringo 11S.
Pitcairnia Altensteini 235.
Pithecolobium pruinosum Benth. 240.
Pithyrophyllum erusbescens 367.
Plagianthus Lyallii Hook. 57%
Platanthera radiata 240.
Pleetogyne variegata 231.
Plecetopomen S6. 2
Plumiera alba 180. lutea 189.
Podocarpus mucronatus 3.
Podocytisus caramanicus 308.
Pogogyne Douglasii Benth. 376.
Polycarpa Maximowitschii 303.
Polygala latifolia 186.
Iın-
chinen-
Polygonum Sieboldii 259. 392. sacha-
liense 259.
Polystigma typhinum DC. 53.
Populus hybrida Berolimensis 308.
nigra 311.
Primula chinensis fimbriata 394. cortu-
soides amoena S7.
149. 190. 280. 576. intermedia_S7.
Prunus Avium 14. cerasifera 287. 375.
depressa Pursh 124. divaricata Led.
376. incana 124. insignis 123. My-
robalanus 237. prostrata 124. pumila
124. Susquehanae Willd. 124. tenerrima
Carr. 124.
Pterocarya chinensis 305. laevigata 305.
Ptychosperma Alexandrae F. Müll. 24.
japonica 92. 126.
@uercus Aesculus C. 275. Affganista-
nensis 274. asplenifolia 273. aurea
Wierb. 273. 274. axillaris Schur 274.
brutia Ten. 247. Concordia 273. con-
densata Schur 274. conglomerata
Pers. 274. Dalechampii Ten. 275.
8
deeipiens Bechst. 274. Falkenber- | Stevia suaveolens Lag. 2 ;
gensis 274. fastigiata Lam. 267. | Strobilanthes N, v. E "255. cerin-
femina Mill. 266. HFennessi 273. | thoides N. v. E. 255. pulcherrimus 256.
fruutipendula Schrank 266. Haas rhamnifolius 256. trifidus N. v. E. 256.
Kotschy 267. Hartwissiana Stev. 274.
heterophylla 273. hybrida Bechst. 268.
iberica Stev. 274. lacianata 273. lon-
gaeva Salisb. 266. Louettii 275. 1y-
rata 273. wmacrophylla 267. mespili-
folia Wallr. 275. pallida Heuff. 274.
peduneulata Ehrh. 37. 266. petiolata
Schur 275. .polycarpa Schur 274.
pyramidalis 267. racemosa Lam. 266.
Robur L. 266. rosacea Bechst. 273.
salicifolia 268.
273. sublobata Kit. 275. Thomasiüi
Ten. 267. variabilis 275. viminalis
Bose 268.
Keanunculus 230.
Raphanus caudatus 308. Raphanistrum
308. sativus 308.
Raphia angolensis 395. taedigera 394.
Raphiolepis ovata 124.
teseda odorata 231.
Retinospora ericoides 334. juniperoides
354. pisifera filiformis 334. squarrosa
334.
Rhapis flabelliformis luteo-vittata 29.
Rhinanthus virginieus 8.
Rhodanthe Manglesii 238.
Rhododendron Brookeanum Low 240.
campanulatum 41. Edgeworthii Hook.
240. Mortierei 109. niveum Hook. 247.
Princess of Wales SS. sinense Sweet 375.
Rhodoleia Championi 247. Teysmanni
Migqu. 247.
Rhynchosia Chrysocias Benth. 3
' Robinia Pseudacaeia ns 987
' Selaginella 105.
ı Rodgersia japonica 247.
Roezlia granatensis 247.
Rosa 230, ferox 154. Regeliana 14.
gosa 184.
Salix babylonica 38. 131. Salomonis 303.
Sambucus Ebulus 129.
Sarracenien 23).
Saxifraga longifolia Lap. 576. Maweana
Bak. 247. peltata Torr. 247.
Schinus Molle 2.
Schizolobim excelsum 247.
Sedum glandulosum Mor. 376.
Apus 106. helvetica
rubella Th. Moore 248.
Sempervivum chrysanthum
248.
Seubertia laxa 238.
Silybum eburneum 250.
Siphocampylu lantanifolius DO. 248.
Smilax aspera punctata 248.
Solanum Capsicastrum 248.
Lam. 245. ferox 248.
carpum 248.
Sorbus alnifolia 302.
Spartocytisus albus 303.
Sphaeralcea miniata Spach 373.
Sphaeria typhina Pers. 53.
Spigelia marylandica 57.
Spiraea confusa 72.
Spondias pleiogyne 252.
Stangeria schizodon 255.
Stapelia eylindrica 374.
Staphylea colchica 124.
Stenosiphonium Russellianum N. o.
E. 255.
Stephanophysum Baihiri 255.
= Tuer ra
TUu-
Hochst.
ciliatum
haemato-
nz
sessiliflora Salisb. 266.
vestitus N. v. E. 256. viscosus 256.
Symphytum offieinale L. 88.
| Susberlan ditMerublense 127.
Tacsonia quitensis 86.
Tapeinotes Bro S6.
Telopea speciosissimna 41.
Thalia dealbata 335.
Thuja aurea 334 Fortunei 334. Lobbii
554. oceidentalis monstrosa 221.
Thujopsis dolabrata 27.
Thyssanotus proliferus Lindl. 23.
Tillandsia erubescens 367. gigantea 256.
jonantha Planch. 367. Lindenii E. Morr.
90. staticacllora E.Morr. 90. usneoides 90.
Toxicophloea spectabilis 237.
Trichopilia erispa var. marginata 23.
Tryeyrtis sp. fol. striatis 23.
Trifolium badium 186.
Triteleia uniflora 98.
Tritoma Uvaria 339.
Tsuga Roezlii 118.
Turraya heterophylla Sm. 356.
Ulmus alata Mchx. 152. americana L.
151. antarctica 151. campestris L.
157. 139. carpinifolia 140. eiliata
Ehrh. 151. cornubiensis 140. cory-
lifolia Hort. 150. crispa 150. Dam-
pieri 150. effusa Willd. 151. elon-
gata 150. Exoniensis 140. 150. fas-
tigiata 140. Fordii 150. fulva Mehx
152. fungosa 139. glabra Mill. 140.
gracilis 151. laevis Pall. 151. major
Sm. 15( montana Sm. 150. mo-
numentalis Rinz 140. nemorosa
Borkh. 140. nuda Ehrh. 139. oc-
tandra Schk. 151. Ontariensis 150.
peduneulata 151. Rosseelsii 140. ru-
gosa 151. sarniensis 140. sativa Mill.
137. scabra Mill. 150. strieta 140.
suberosa Ehrh. 139. tiliaefolia 150.
urticaefolia 150. viminalis 151. vi-
rens 140.
Uncaria Gambir Roxb. 256.
Urtica caracassana Jacq. 256.
Ustilago cruenta Kühn 152.
Utricularia montana Jacy. 190. 375.
Vallota purpurea 128.
Vanda Batemani Lindl.
Lindl. 256.
Veitchia Canterburyana 223. 237. 256.
Verbesina crocata Less. 256.
Verschaffeltia melanochaetes
199.
Vestia lycioides Willd. 256.
Vicia hirsuta 260. macrosperma 260.
monanthos 260.
[827
eristata
Wendl.
Viola altaico-trieolor 231. cornuta
1732
Weallicha caryotoides 127.
Welfia regia Wendl. 199.
Wigandia floribunda 256.
Xanthoceras sorbifolia Bge 37.
Xiphion filifolium Klatt 368. junceum
Klatt 368.
Yucca quadricolor 11. recurvata 228.
Zamia corallipes 237.
Zauschneria californica 258.
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