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Full text of "Wochenschrift des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde"

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WOCHENSCHRIPT 


DES 


VEREINES ZUR BEFÖRDERUNG DES GARTENBAUES IN DEN KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN 


GÄRTNEREI uno PFLANZENKUNDE. 


Redigirt 


dem (Genenal-Sekretär des Vereines, 


Professer Dr. KAREL -KOCH. 


XV. Jahrgang. 


BERLIN. 
VERLAG VON WIEGANDT & HEMPEL. 
1872. 


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Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preassischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 
General-Sekretär des Vereines. 


No.l. Berlin, den 6. Januar 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen Garten in Neapel. Gerardia pedicularia L. und querei- 
folia Pursh. (2 neue Zierblumen.) 


Sonntag, den 7. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver- 
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden. 


Ein Spaziergang Wochenschrift nachsichtig und schreiben Sie da, 
N: a: : wo meine Feder doch nicht mit erwarteter Fertig- 
duch ven prinzlic) Hligliano-Colonna gen keit das so zu schildern vermochte, als ein ei 
Jarten in Jleapel. terer und mehr gewandter Kollege es gethan hätte, 
Briefliche Mittheilung es meiner Ungeübtheit zu. Zur Orientirung selbst 
sende ich Ihnen noch 4 Photographien, damit Sie 
mich hier und da noch besser verstehen können. 
Se. Hoheit Fürst Stigliano-Colonna war Bis jetzt hat Neapel, so zu sagen, im Inneren 
über den Beifall sehr erfreut, welchen die Ihnen | der Stadt nur zwei schöne, breite Strassen, die 
zugesandten Photographien über Ansichten seines | Toledo (jetzt Via Roma) mit ihren himmelhohen, 
Gartens in dem Berliner Gartenbauvereine hervor- | prächtigen Palästen, und die Revista di Chiaja, 
gebracht haben, und spricht Ihnen für deren Be- | mit ihren herrlichen Aussichten, zuerst auf die am 
sprechung in der Wochenschrift für Gärtnerei und | Meeresufer mit genannter Strasse parallel laufenden 
Pflanzenkunde seinen Dank aus. Die 5 Photo- | Villa-Nationale, und dann auf das schöne endlose 
grapbien konnten nur Bruchstücke eines Gartens | Meer mit seinen Inseln und seiner überaus reizen- 
geben, der wohl ohne Zweifel zu den schönsten | den Begrenzung zur Rechten und Linken. Hier 
gehört, den Neapel, ja, den Italien überhaupt in , nimmt natürlich der Vesuv den ersten und besten 
landschaftlicher Hinsicht besitz. Man hat hier | Platz ein. 
eine Reihe der schönsten Blattpflanzen, welche in Wenn nun der Besucher Neapels auf den mit 
Deutschland nur in Kalt- und Winterhäusern ge- | Lavasteinen gepflasterten Strassen sich müde gelau- 
deihen, im Freien benutzt, um damit landschaftliche | fen und müde gesehen und in eine der zahllosen, 
Bilder unter einem Himmel und unterstützt schon | engen und schmutzigen Nebenstrassen, z. B. in die 
von einer südlichen Vegetation, hervorzurufen, | Strada Cavallerizza, die das gleiche Schicksal trägt, 
welche gewiss ihre Wirkung auf den nordischen | obwohl sie im sogenannten aristokratischen Viertel 
Gärtner und Pflanzenliebhaber nicht verfehlen werden. | Neapels liegt, gelangt ist, so hält der Wanderer 
Dieser Beifall ihrer Berliner ermuthigt mich, | sofort unwillkührlich an, weil dem Auge hier plötz- 
den Versuch zu machen, Ihnen und den Lesern | lich ein wirklich imposanter Anblick geboten wird. 
der Wochenschrift auf die Weise eine Idee von | Doch was man sieht, sagt, dass hier nur der An- 
der ganzen Anlage zu geben, indem ich Ihnen hier- | fang von etwas noch Schönerem beginne, und dass 
mit „Einen Spaziergang durch den prin- | noch andere und grössere Genüsse, durch eine 
lich Stigliano-Colonna’schen Garten zu | Pforte abgeschlossen und gedeckt, weiter im Innern 
Neapel“ mittheile. Seien Sie und die Leser der | eines Gartens geborgen werden. Zum Glück 


von Wenz. Krupper, Obergärtner daselbst. 


braucht man nicht, gleich einem Tantalus, jene 
peinigenden Qualen des Unerreichbaren auszustehen, 
denn auf die Bitte um Einlass wird jedem Frem- 
den sehr gern dieser gewährt. Es mögen demnach 
alle die, welche für Naturschönheiten in dieser 
Weise einen Sinn haben und so glücklich sind, 
einmal den schönsten Fleck Europa’s, Neapel, er- 
schauen zu dürfen, von dieser freundlichen Erlaub- 
niss Gebrauch machen. 

Betrachten Sie gefälligst „Entrata del Giardino.“ 
Fremde sind es hauptsächlich, welche den Garten 
besuchen und durchaus zufriedengestellt verlassen. 
Neapolitaner und Italiener überhaupt haben weniger 
Sinn für Naturschönheiten und gehen meist gleich- 
gültig vor ihnen vorüber; dagegen ist ihnen ein 
hoher Sinn für Kunst eigen. Es gilt dieses vor 
Allem von den Damen. Diese sind es auch, welche 
den brillant eingerichteten prinzlichen Palast mit 
seinen kostbaren und seltenen Alterthümern, denen 
sich auch Werke von den neueren und neuesten 
Künstlern anschliessen, den Vorzug geben und dem 
Schönsten, was Neapel, ja wie gesagt, Italien in 
gärtnerisch -landschaftlicher Hinsicht besitzt, kaum 
einige Minuten widmen. 

Gern erinnere ich mich der auch bewunderten An- 
lagen und Gärten, welche bei Berlin und Potsdam mit 
der Meisterhand eines Fürsten Pückler-Muskau oder 
Lenne, man möchte sagen zum T'heil aus Nichts 
— denn als solches muss man manche der trauri- 
gen Sandschollen in der Mark erklären — hervor- 
gerufen wurden, ich erinnere mich auch noch der 
damals ın Berlin vorhandenen schönen Privatgärten, 
welche ebenfalls vielfach von Fremden besucht und 
bewundert wurden, wie des Borsig’schen, der bei- 
den Reichenheim’schen Gärten, wo mir vor nun 
längerer Zeit schon das Vergnügen wurde, Ihre 
persönliche Bekanntschaft zu machen , u. s. w,, 
ich habe auch sonst in Deutschland wohl die be- 
rühmtesten Gärten und Anlagen kennen gelernt, 
aber alle diese bieten etwas Anderes, wenn auch 
selbst hier und da Unübertroffenes: im Garten des 
Fürsten Stigliano-Colonna stand ein ganz an- 
‚deres Material zu Gebote. Ein Material, was man 
in Berlin nur dürftig aus Kalt- und Winterhäusern, 
hier und da auch bei grossen Ausstellungen kennen 
gelernt hat, hier aber unter dem mildem Klima 
des neapolitanischen Himmels fröhlich im Freien 
gedeiht und kaum einmal durch rauhe Wintertage 
in seiner Vegetation gestört wird. 

Der Eindruck, ganz besonders für den Pflanzen- 
kenner und Gärtner, ist deshalb überraschend. Man 
sieht zahllose Pflanzenformen, wie wir sie bei uns 
nur in Gewächshäusern vorführen können, in Boskets 
und zu Gruppen verwandt. Es ist aber auch die 
Schönheit der Einzel-Pflanzen. Vermag je eine Pince- 


nectia, eine Palme u.s. w. sich in ihrer 
Schönheit so zu entwickeln, wie hier 
Neapel! Und doch hat der Gärtner 
ebenfalls seine Leiden. Auch er lässt sich nach 
mehrern günstigen Wintern in Sicherheit lullen 
und vergisst es gänzlich, dass auch Neapel seine 
verhältnissmässig harten Winter besitzt. Der Mensch 
strebt einmal in seinen Wünschen immer weiter. 
Wie glücklich wäre man bei Ihnen, wenn man die 
in Deutschland zarteren Nadelhölzer in strengen 
Wintern retten könnte; bei uns leiden diese jn 
den härtesten Wintern nicht. Man ist aber nicht 
mit ihnen allein zufrieden. Man will auch sub- 
tropische, selbst tropische Pflanzen im Freien haben. 
Man pflanzt sie auch und ist glücklich, wenn sie 
bei einigen milden Wintern gedeihen, aber eben 
so traurig, wenn sie dann plötzlich dem rauhen 
Wetter unterliegen. Ich habe zu verschiedenen 
Malen den Thermometer in höher gelegenen und 
weniger geschützten Gärten auf 6, in den tiefer 
und besser gelegenen hingegen selbst bis auf 3 
und 4 Grad Kälte fallen sehen. Zum Glück dau- 
ert dieses aber nicht lange; denn sonst würden 
die Nachwehen noch ganz anders empfunden wer- 
den, als es der Fall ist. Die Pflanzen erholen 
sich, wenn sie weniger empfindlich sind, rasch 
wieder, als wenn gar nichts vorgefalleu wäre. 

Wir haben hier mehr mit dem Sommer zu 
kämpfen, da 6 lange Monate in der Regel eine 
fürchterliche Hitze herrscht. Dass das Holz nicht 
reif wird, wie bei Ihnen, kommt bei uns nicht vor, 
deshalb erträgt es auch mehr Kälte in Italien und 
erfriert nicht so leicht. Viele empfindliche Pflan- 
zen ertragen bei leichter Bedeckung auch diese 
Kälte. Im Gegentheil ist bisweilen eine fast der des 
Sommer gleiche Temperatur, die bisweilen den rau- 
hen Wintertag plötzlich zum schönsten Frühling 
umwandelt, Ursache, dass gelbe Flecken auf den 
Blättern im Frühjahr erscheinen, diese wohl auch 
überhaupt gelblich werden. 

Doch wollen wir jetzt zunächst einen Blick auf 
den Vorhof werfen. Zur Seite stehen vier Schinus 
Molle, eine sumachähnliche Pflanze, die in Deutsch- 
land oft im Gewächshause kultivirt wird. Die 
schlanken und herabhängenden Aeste, Zweige und 
Blätter, letztere von herrlichem frischem Grün, 
später die blassrothen Beeren, ebenfalls herabhän- 
gend, stellen allerliebste Bäumchen dar. Sie sind 
als Einzelpflanze von grossem Effekt und lassen 
sich leicht verwenden. Um sie herum ziehen sich 
vier Fuss breite Rabatten, welche mit Kaladien, 
Farfugium grande, Panicum, Acanthus, Evonymus 
etc. bepflanzt sind, während die mit der Marmor- 
Colonnade parallel laufenden Rabatten Coleus, 
Achyranthes u. s. w. enthalten. Alle haben zu 


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ihrer fassung halbrunde gusseiserne Stäbe mit 
Epheu belaubt. Sie können sich leicht vorstellen, 
welchen Effekt die Marmor-Colonnade mit(gegen8000) 
Coleus im Vordergrunde und dem maigrünen Rasen 
im Hintergrunde hervorrufen muss. Wir treten 
hervor und werden gleichsam von einem etwas ge- 
bogenenen Exemplar einer sonst stattlichen Dattel- 
palme (Phoenix dactylifera), dem eigentlichen Ver- 
treter der schon warmen (subtropischen) Länder, 
begrüsst. Es ist zu bedauern, dass diese Pilanze 
doch in Unteritalien nur sparsam angepflanzt ist, 
trotzdem sie, sobald sie einmal ordentlich Wurzel 
gefasst hat, ohne alle weitere Pflege und fast in 
jeder Bodenart gut gedeiht. Grössere Exemplare 
von 100 und mehr Fuss Höhe sind sehr selten. 

Welch schöner Kontrast zwischen ihr und 
einem stolzen, eleganten und ohngefähr nur 30 
Fuss entfernten Exemplare der Podocarpus mucro- 
nata. Sie ist ernst und gemessen. Kräftig und ge- 
drungen steht ihr über 2 Fuss Durchmesser ent- 
haltender Stamm. Ihre weit ausstrebende Krone 
mit den gedrungenen Aesten und einer blaugrünen 
Blättermasse erinnern einigermaassen an das nor- 
dische Vaterland. Blicken wir vor uns, und des 
Gartens höchste Zierde, eine Araucaria Cunninghami 
glauca, von der ich Ihnen eine Photographie sen- 
dete, präsentirt sich unseren Augen. Schnurgrade 
erhebt sie sich in unbeschreiblicher Majestät bis zu 
einer Höhe von 60 Fuss. Diese Araucaria Cun- 
ninghami ist unstreitig die schönste Konifere, weil 
sie bei einer wundervollen Eleganz und Haltung 
auch noch das Grossartige präsentirt. 

Einem Koniferen-Freunde mag es schwer wer- 
den, sich zu trennen. Links schlagen wir unsern 
Weg ein und gelangen zu einem halbrunden Bos- 
ket, was mit Laurus indica, im Centrum 50 Fuss 
hoch, bepflanzt ist, dagegen bieten sich Abies Pin- 
sapo und Nordmanniana, Thuja Lobbii und aurea, 
Orangenbäume, Daturen, Clerodendron u. s. w., als 
Einzelpflanzen zerstreut, im Vordergrunde den 
Blicken des Beschauers dar. 

Koniferen, gemischt mit Orangenbäumen, scheint 
Ihnen wohl eine eigenthümliche Zusammenstellung. 
Sie ist wenigstens pikant, macht aber Wirkung bei 
Gruppirungen. Wenn Ihnen die Photographie mit 
der Alsophila australis, wie sie hier auf einem 
völlig freien Platze steht, so sehr gefallen hat, so 
müssten Sie diese erst in der Natur sehen. Sie 
würde auf Ihr empfängliches .Gemüth eine ganz 
andere Wirkung hervorrufen! Ich erlaube mir zu 
bemerken, dass das Baumfarn nicht 8—9, sondern 
25—30 völlig entwickelte Blätter besitzt. 

Ich komme zur Latania borbonica, von der Sie 
ebenfalls eine Photographie erhalten haben. Sie 
ist 14 Fuss breit und 13 Fuss hoch, d.h. bis an 


die Blattspreiten, und nimmt sich mit dem grossen 
Reichthum an Blättern, sowie durch ihr gedrängtes 
Wachsthum, ganz vorzüglich aus. Da diese Palme 
ein staunenswürdiges rasches Wachsthum besitzt 
und schon in so kurzer Zeit eine der schönsten 
Dekorationspflanzen geworden ist, so lässt sich mit 
der Zeit noch mehr erwarten. 

Wir verfolgen immer noch denselben Weg nach 
links und gelangen zu einem Laubengange, der, 
ein Rechteck bildend, 60 Fuss lang, 12 Fuss breit, 
16 Fuss hoch ist und hier den Garten begrenzt. 
Das Gerüst des Laubenganges ist aus Holz ange- 
fertigt, das Dach aber gewölbt, die dem Garten 
zugewandten zwei Vorderseiten sind mit 4 Fuss breiten, 
10 Fuss hohen ausgebogenen Fenstern versehen. 
Ihr Inneres ist abwechselnd mit Blumenampeln und 
Vogelkäfigen geschmückt, Die Belaubung ist durch 
Passiflora, Solanum jasminiflorum, Bignonien, Ipo- 
moea Learei und mexicana, sowie durch einige 
andere Schlinggewächse, hergestellt. Ein Judasbaum, 
Cerecis Siliquastrum, steht zur Seite und hat eine 
Höhe, dass er noch hoch den Laubengang über- 
ragt. Er stellt nicht einen Strauch, wie meist bei 
uns, sondern einen schönen, kronenartig gezogenen 
Baum mit weit ausgebreiteten Aesten in der Weise 
dar, dass er im heissen Sommer auch vorzüglichen 
Schatten verleiht. 

Derselbe Rasenplatz, auf dem die Latania bor- 
bonica als Einzelpflanze steht, zieht sich bis zu den 
genannten Vorderseiten des obigen Laubenganges hin. 
Als besonderes Ornament desselben hat man hier 
einen künstlichen chinesischen Schirm angebracht, 
der ganz und gar mit der schönen Passionsblume, 
welche auch bei uns als Passiflora Imp£ratrice Eu- 
genie beliebt ist, allmählig überzogen wurde. Wenn 
man weiss, dass wohl das ganze Jahr hindurch die 
reizenden Blüthen sich entfalten und nicht weniger 
ein herrlich-grünes Laub vorhanden ist, so kann 
man sich den Reiz denken, der immer geboten 
wird. 

Wenn wir durch den Laubengang gehen, ver- 
folgen wir den eingeschlagenen Weg weiter. Er 
zieht sich in einem grossen Halbkreise, wo man 
dann wieder links das besprochene Bosket zu sehen 
bekommt, herum. Rechts stehen dagegen auf dem 
Rasenplatze wiederum als Einzelpflanzen: Chamae- 
rops humilis, Cephalotaxus drupacea und Cupressus 
torulosa (majestica). Nun erst gelangt man zu 
einem kolossalen Eucalyptus, dessen Stamm 11 Fuss, 
sage eilf Fuss Umfang besitzt. Damit sind wir 
auch wiederum in der Nähe der Latania borbonica. 

Hier steht auch das bereits von Ihnen in der 
Wochenschrift beschriebene Exemplar der Dattel- 
palme mit einer Stammhöhe von 30 Fuss, mit Krone 
hingegen von 45 Fuss. Zwischen dieser Palme und 


einer Schirmpalme (Chamaerops humilis), ebenfalls 
von stattlichem Ansehen, wollen wir nun unsern 
Weg fortsetzen. Diese Chamaerops humilis hat 
einen Stamm von 21 Fuss Höhe, mit der Krone 
ist die Pflanze aber 26 Fuss hoch. Sie hat zwar 
eine schräge Haltung, aber eben dieser Umstand 
macht sie besonders malerisch.h Es kommt noch 
dazu, dass sie auf einem etwas erhöhten Stand- 
punkte steht. Ein Exemplar wie dieses dürfte wohl 
kaum in Italien noch zu finden sein, denn der 
Stamm ist nicht allein untadelhaft, auch die sehr 
dichte, volle, überaus schöne Blätterkrone möchte 
überhaupt ihres Gleichen suchen. In ihrer Nähe 
steht eine zwergige Thuja pygmaea, welche in Nea- 
pel eben so gut gedeiht, wie im Norden. 

Nicht weit davon befindet sich die schöne 
Araucarıa Bidwilli, welche Sie aus der Photo- 
graphie kennen. Mit der damals schon ansehnlichen 
Chamaerops humilis wurde sie vor ohngefähr 10 
Jahren als in sehr mittelmässiger Grösse ausge- 
pflanzt. Nachdem sie Wurzel gefasst, man möchte 
sagen, an ihrem Orte recht heimisch geworden ist, 
wetteifert sie mit ihrem stolzen Nachbar an Schön- 
heit und möchte vielleicht ihn bald überflügeln. 
Ihr Wuchs ist vom allergenauesten Ebenmaass. Sie 
bildet eine wunderschöne Pyramide mit fast un- 
unterbrochener Vegetation. Damit sticht die junge 
Vegetation mit ihrem weit helleren Laube zu ihrem 
Vortheile von dem dunkelgrün-glänzenden älteren 
Theile der Pflanze ab. Alle, die den Garten be- 
suchen, können diese reizende Konifere nicht ge- 
nug bewundern. 

Wir hören das Plätschern eines Springbrunnens 
und eilen diesem zu. Mitten in einem Bassin von 
20 Fuss Durchmesser und 5% Fuss Tiefe steht auf 
einer Vesuvsteingruppe ein Knabe aus Bronze an- 
gefertigt und hat zu seinen Füssen Sphinxe, wäh- 
rend zu Häupten eine Meermuschel in den ver- 
schiedensten Strahlenformen ausläuf. Auf der 
Oberfläche des Wassers schwimmen aber zum Theil 
Nelumbium-Blätter, zum Theil ragen sie, von schlan- 
ken Stielen getragen, mit anderen Pflanzen, wie 
Thalia dealbata, Crinum amabile u. s. w. aus den 
Fluthen des Wassers hervor. Zwei chinesische 
Enten beleben, hin und her rudernd, das feuchte 
Element. Ihnen hat man ein Häuschen gebaut, 
was mit der eben beschriebenen Gruppe in Ver- 
bindung steht. 

Die Gruppe, nicht weniger aber das Entenhäus- 
chen, ist von einer kleinblättrigen Liane umrankt, 
als wäre sie gleichsam mit einem grünen Schleier 
umzogen, der die eigentliche Gestalt allenthalben 
durchblicken lässt. Es ist eine Mühlenbeckia, eine 
Pflanze aus der Familie der Polygonaceen, also un- 
serer Knöterichpflanzen, welche aber mit denselben 


nichts weiter, als denselben Bau in Blüthe und 
Frucht, gemein hat. Ich erinnere mich der Pflanze 
noch aus dem botanischen Garten in Berlin und 
ahndete damals allerdings nicht, welchen Effekt die 
Pflanze bei solcher Anwendung macht. In dem 
unregelmässig zusammengesetzten Gestein sind in 
den leeren Lücken dazwischen einige Exemplare 
der Richardia africana (Calla athiopica) angebracht. 
Keine Pflanze passt wohl in der Nähe von Gruppen 
bei Wasserparthien so sehr, als diese bei uns beliebte 
Zimmerpflanze. Die grossen kelchähnlichen Blüthen 
von weisser Farbe, unterstützt von dem saftigen 
Grün, haben etwas Edles. Obwohl es im Gesteine 
selbst ganz trocken ist, empfangen sie doch von 
unten so viel Feuchtigkeit, dass sie während der 
grössten Sommerhitze von früh bis Abend vortreff- 
lich gedeihen und dankbar blühen, 

In der Nähe des Springbrunnens ist eine Gruppe 
mit diesem in Harmonie dagegen aber ganz verschie- 
den von denen, welche ich bis jetzt beschrieben. 
Es sind das Kolokasien, Kaladien, Gynerien, Pa- 
pyrus-Stauden, Hedychien, Klarinettenrohr (Arundo 
Donax), die ächte Zuckerpflanze (Saccharum offiei- 
narum), mehre Bananen oder Musen u. s. w., welche 
hier in freundlicher Harmonie zusammengestellt 
sind. Auserdem stehen noch links von der Fon- 
taine Pincenectia glauca, und rechts Dasylırion 
glaucophyllum, beide von grosser Schönheit und 
daher auch von besonderem Effekte. 

Von der Fontaine aus wird auch insofern dem 
Auge ein neuer Genuss geboten, als in der Ferne 
die kolossalen Steinmassen der Festung St. Elma 
sichtbar werden. Wer sollte nicht von diesem am 
höchsten gelegenen, einst Neapel mit Hunderten 
von Feuerschlünden bedrohenden Zwing-Uri gelesen 
oder gehört haben? Doch die Zeiten haben sich 
geändert. Jetzt bietet die früher mit Recht gefürch- 
tete Veste durch ihre hohe Lage eine der schönsten 
Aussichten über die Stadt und die ganze Umgegend 
Neapels und kann in Frieden nnd ohne Gefahr be- 
treten werden- 

Wir setzen auf demselben Wege unsere Wan- 
derung fort. Das bereits besprochene Bosket bei 
der Laube ist ziemlich gross, denn es hat erst vor 
dem Gartenhause sein Ende. Seine Zusammen- 
setzung ist bier etwas verschieden von der, wie 
wir sie früher angaben, denn nur eine Konifere, 
Cupressus glauca pendula, ist vorhanden, während 
ausserdem immergrünes Gehölz die Masse bildet: 
Citronen, Mandarinen, Laurus Camphora, Pittosporum 
undulatum, Akazien, Rhapholepis, Quercus glabra, 
Strelitzia Reginae u.s. w. Umfasst wird sie hier 
von Baumpäonien und Musen, vor denen wiederum 
Canna’s, Papyrus-Stauden, Panicum n. s. w. ange- 


pflanzt sind. (Schluss folgt.) 


Gerardia pedicularia L. und quercifolia Pursh. 
2 neue Zierblumen, 
mit Abbildungen. 


Haage und Schmidt in Erfurt haben uns 
die Abbildungen zweier Zierblumen aus Nordamerika 
zugesendet, welche wohl die Beachtung der Garten- 
besitzer, nicht weniger aber auch der Gärtner, 
verdienen. Wir erlauben uns daher, noch mehr 
auf dieselbe aufmerksam zu machen, als bereits 
durch die Bekanntmachung ihrer europäischen 
Eigenthümer geschehen ist, indem wir eine Beschrei- 
bung sowohl, als eine Geschichte von ihnen geben. 
Es ist eigenthümlich, dass ein Genus, wie das der 
Gerardien ist, trotzdem es eine grosse Anzahl 
schöner Blumen enthält, in unsern Gärten nicht 
vertreten ist, obwohl Verwandte anderer Geschlechter, 
die ebenfalls in Nordamerika zu Hause sind und 
dort ziemlich dieselbe Verbreitung haben, wie die 
Penstemons, bereits zu den beliebtesten Zierblumen 
gehören und sogar schon durch gärtnerische In- 
telligenz zu einer grösseren Vollkommenheit ge- 
bracht wurden. 

Die meisten Gerardien, und zumal die mit 
grossen und orangenfarbigen oder gelben Blüthen, 
wie die beiden eben zu besprechenden, wachsen 
keineswegs an entlegenen Orten der Vereinigten 
Staaten Nordamerika’s, sondern bilden auf den 
dortigen Wiesen, oder Prärien, wie man jene ge- 
wöhnlich zu nennen pflegt, häufig wachsende Pflanzer, 
wie etwa die Klappertöpfe (oder Alectorolophus- 
Arten) oder die Läusekräuter (Pedicularis-Arten) bei 
uns. Schon Linn kannte beide, ebenso wie sein 
gärtnerischer, gleichfalls berühmter Zeitgenosse in 
England, Philipp Miller. Es unterliegt wohl 
keinem Zweifel, dass auch beide Gerardien in der 
Mitte des vorigen Jahrhunderts, wenigstens in Eng- 
land, kultivirt wurden und vielleicht sogar später 
auch nach Deutschland kamen. 

Der treue Nachbilder des Ph. Miller’schen 
Garten-Lexikons, der zu Ende des vorigen und in 
diesem bis in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts 
in Eisenach lebende Hofgärtner und später Professor, 
Friedrich Gottlieb Dietrich, scheint beide 
Gerardien, oder doch wenigstens die eine, nicht 
allein gekannt, sondern auch kultivirt zu haben. 
Beide Arten halten nach ihm im freien Grund 
und Boden des Gartens aus, müssen aber bei der 
Aussaat besonders sorgfältig behandelt werden. 
Von Gerardia quercifolia berichtet er, dass der 
Same keine lange Keimkraft habe, weil er rasch 
austrockne, und alsbald an Ort und Stelle gesäet 
werden müsse. Die jungen Pflänzchen vertragen 
auch das Verpflanzen nicht und sind sorgfältig mit 
Erde auszuheben. Am Besten sei es deshalb, sie 


gleich an Ort und Stelle auszusäen. Später scheinen 
beide Pflanzen wiederum aus den Gärten ver- 
schwunden zu sein, bis sie nach Sweet vom Neuen 
im Anfange der zwanziger Jahre in den Gärten 
Englands eingeführt wurden, ohne aber daselbst 
eine lange Dauer gehabt zu haben. 

Haage und Schmidt haben sich um ihre 
erneuete Einführung ein besonderes Verdienst er- 
worben. Wollen wir hoffen, dass beide Gerardien 
jetzt länger in unsern Gärten aushalten und gleich 
den Penstemons, Chelonen, Calceolarien und anderen 
Maskenblütblern ebenfalls noch einer Vervoll- 
kommnung entgegen geführt werden, um einen 
dauernden Schmuck unserer Gärten zu bilden. 

Lebend hat Linn& die beiden Gerardien nicht 
gesehen, sondern er erhielt sie getrocknet durch 
Gronovius aus der Clayton’schen Sammlung 
virginischer Pflanzen. Clayton war der erste, 
der uns in pflanzlicher Hinsicht Virginien kennen 
lehrte und auch genannte Pflanzen entdeckte. Den 
Genus-Namen Gerardia hatte schon der königliche 
Botaniker Ludwig XIV., Plumier, zu Ehren des 
Engländers Gerard, eines Wundarztes, der in 
der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts einem berühmten 
Garten in England (des Lords Burleigh) vorstand 
und eine später von Johnston brauchbarer ge- 
machte allgemeine Geschichte der Pflanzen bear- 
beitet hat, ertheilt. 

Die Gerardien gehören mit unserem einhei- 
mischen Löwenmaul (Antirrhinum), dem Leinkraute 
(Linaria), dem Wachtelweizen (Melampyrum), dem 
Läusekraute (Pedicularis), dem Fingerhute (Digitalis) 
u. 8. w., sowie den ausländischen Salpiglottis, 
Collinsien, Gauklerblumen (Mimulus), Pentstemon’s, 
Calceolarien u. s. w. in die Familie der Masken- 
blüthler oder Scrophulariaceen. Nicht alle, sondern 
sogar die wenigsten zu dieser Familie gehörigen 
Pflanzen haben, wie das Löwenmaul, ächte Masken- 
blumen, wo nämlich die Oeffnung der Blume durch 
die Oberlippe, gleichsam wie durch ein Visir bei 
einem Helm, geschlossen ist. Viele Maskenblüthler 
besitzen im Gegentheil sogar Blumen, wo die 
Oeffnung nicht geschlossen ist, bei einigen, wie 
z. B. bei Salpiglottis, Browallia u. s. w., die Blumen 
sogar fast völlig flach sind. Die Unregel- 
mässigkeit in den Blumen einiger Geschlechter ist bis- 
weilen sehr gering, so dass z. B. bei Veronica 
diese einzig darin besteht, dass der unterste Ab- 
schnitt kleiner ist. 

Die Maskenblüthler kommen ausserdem noch 
darin mit einander überein, dass sie nur 4, selten 
2 Staubgefässe besitzen und ihr 2fächriger Frucht- 
knoten sich in eine Kapsel umwandelt. Am nächsten 
stehen sie den Akanthaceen, einer Familie, welche 
nur ausländische, aber bei uns in den Gärten in 


& 
Gerardia pedieularia L. 


reichlichster Anzahl kultivirte Pflanzen enthält und Bei den Maskenblüthlern ist dagegen eine 
sich durch eigene spitze, die Saamen tragende | mittelstaudige Placenta in der Kapsel vorhanden, 
Haken (Retinacula) innerhalb der Kapseln leicht | der die zahlreichen Saamen aufsitzen. Ausserdem 
unterscheidet. haben die Arten genannter Familie nur zum Theil 


Pursh. 


1a 


N 
ia quereifoli 


Gerard 


gegenüberstehende Blätter, während diese Stellung 
bei den Akanthaceen nur vorkommt. 

Es ist eigenthümlich, dass bei den Maskenblüthlern, 
wenn die Kapsel durch Längsspalten in den Fächern 
sich öffnet (Capsula loculicida), auch die Unterlippe 
in der Knospe der Oberlippe aufliegt und diese 
deckt, wenn die Oeffnung der Kapsel aber durch 
Reissen und Trennen der Scheidewände geschieht 
(Capsula septicida), umgekehrt die Oberlippe in der 
Knospe der Unterlippe auflieg. Bentham, dem 
wir die letzte Monographie der Maskenblüthler in 
de Candolle’s Prodromus verdanken, hat zuerst auf 
diese Eigenthümlichkeit aufmerksam gemacht und 
sie zur Eintheilung genannter Familie in 2 grosse 
Gruppen benutzt. Natürlich sind freilich die beiden 
Gruppen nicht, da die ähnlichsten Pflanzen im 
Systeme dadurch weit auseinander gestellt werden. 
Unsere Gerardien gehören zu der ersten Gruppe. 

In dem Genus Gerardia waren früher sehr 
verschiedene Pflanzen der Alten und Neuen Welt 
vereinigt. Dem bereits schon genannten Mono- 
graphen der Maskenblüthler, Bentham, verdanken 
wir es aber, dass alle fremden Elemente heraus 
genommen und in anderen Geschlechtern unterge- 
bracht wurden, so dass es jetzt nur noch aus 
gegen 30 amerikanischen Pflanzen besteht, die haupt- 
sächlich in den gemässigten Zonen wachsen oder 
wenigstens auf den höheren Terrassen der subtro- 
pischen und tropischen Länder, wo nur ein mildes, 
nicht heisses Klima vorhanden ist. Die früher 
ebenfalls zu Gerardia gerechneten Pflanzen des tro- 
pischen und heissen Amerika’s sind ebenfalls ent- 
fernt worden; man hat aus diesen das Genus 
Esterhazya gebildet. 

Manche Gerardien halten auf gleiche Weise, 
wie einige Penstemons und Chelonen, im freiem 
Grund und Boden unserer Gärten aus, andere da- 
gegen müssen in Töpfen gezogen und gegen 
Kälte geschützt werden. Alle sind krautartig und 
dauern mehre Jahre, können aber auch als 2jährige 
Pflanzen behandelt werden. Sommergewächse giebt 
es unter ihnen nicht. 

Die Gerardien in dem Umfange, wie man sie 
jetzt auffasst, zeigen zweierlei Typen, die auch von 
den meisten Botanikern als besondere Genera 
aufgestellt wurden. Die einen haben rothe Blumen 
und ungetheilte Blätter, während diese bei den andern 
fiederspaltig oder doch wenigstens gelappt erscheinen. 
In diesem Falle besitzen die Blumen auch eine 
gelbe oder blassorangenrothe Farbe. Zu dieser 
letzteren Gruppe gehören wiederum unsere beiden 
Gerardien: pedieularia und quercifolia. Als Genus 
führt diese Gruppe den Namen Dasystoma (d. h. 
behaarter Mund), weil die Innenseite der Krone 
behaart ist. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


| Knospe deutlich hervor. 


Was zunächst die erste der beiden genannten 
Arten, die Gerardia oder Dasystoma pedicu- 
larıum anbelangt (S.6.), so hat siein der That eine 
grosse Aehnlichkeit, besonders hinsichtlich der 
Blätter, mit manchen Arten des bei uns einhei- 
mischen Genus Pedicularis, so dass sie ihren Namen 
wohl verdient. Sie kann unter Umständen die 
Höhe eines Fusses erreichen, bleibt aber in der 
Regel niedriger. Der Stempel verästelt sich und 
wird damit um so breiter. Behaarung ist in der 
Regel nur sehr schwach vorhanden, kann aber 
unter Umständen auch mehr hervortreten. Die 
doppelfiederspaltigen Blätter haben am unteren 
Theil des Stengels eine Länge von ziemlich 2 Zoll 
und stehen auch ausserdem einander gegenüber. 
Aus ihrem Winkel kommen die bis 15 Zoll langen 
Blüthen einzeln und auf dünnen, sowie behaarten 
Stielen von Zoll-Länge hervor und stehen aufrecht. 

Die 5 tiefgehenden Kelchabschnitte sind meist 
blattartig gelappt und stehen schliesslich mehr oder 
weniger von der wenig längeren, nach oben sich 
erweiternden Kronröhre ab. Auch sie sind mit 
langen Haaren besetzt. Die Oberlippe der Krone 
besteht aus 2 breiten Lappen und ist etwas zurück- 
geschlagen, während die sehr breite und 3lappige 
Unterlippe meist nur wagerecht absteht. Beide 
Lappen haben in aufrechter Stellung eine Länge 
von 7 bis 9 Linien. 

Gerardia oder Dasystoma quercifolium 
(S.7.)soll dieselbe Pflanze sein, welche Linn&alsRhi- 
nanthus virginicus beschrieben hat. Sie scheint 
meist grösser zu werden, als die vorige Art, bei 
geringer Verästelung erscheint siejedoch weniger breit. 
Sie ist durchaus unbehaart, der Stempel ist sehr oft 
wie mit einem röthlichen Reife überzogen. Die 
unteren, meist doppelfiederspaltigen Blätter sind in 
die Länge gezogen und bisweilen selbst 3 und 4 
Zoll lang. Nach oben am Stengel werden sie ein- 
fach - fiederspaltig und verschmälern sich in einen 
ansehnlichen Stiel, bis sie in der Nähe der Blüthen 
mehr oder weniger deckblattartig erscheinen. Damit 
wird ein grosser Blüthenstand gebildet, der mit den 
zahlreichen, gelben Blüthen sich reizend ausnimmt. 

Diese stehen in der Regel zu 3 bis 4 auf 
einem gemeinschaftlichen Stiele und werden noch 
von besonderen kleinen Deckblättern umgeben. 
Ihre Grösse beträgt über 1 Zoll. Der kurze 
glockenförmige Kelch hat 5 lanzettförmige Abschnitte, 
die kaum die Hälfte der wenig nach oben sich er- 
weiternden, aber etwas gekrümmten Kronröhre er- 
reichen. Der Saum ist weit regelmässiger, als bei 
G. pedicularia, auch kürzer, und steht wenig ab. 
Die 5 einzelnen Abschnitte sind rundlich und 
treten ale Ober- und Unterlippe nur in der 


Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L, Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


e: Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


2. 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Berlin, den 13. Januar 


No. 


Inhalt: Einige Worte über das Kombiniren der Pflanzen. Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen Garten 
in Neapel. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde, — Ueber Fasciation der Pflanzen. 


Einige Worte über das ombiniren der Samen. 


In Frankreich bringt Carri®re das Kombiniren 
der Samen wiederum zur Sprache. Unter diesem 
Ausdrucke versteht man ein Verfahren, wornach 
man ähnlich, wie in der Landwirthschaft, zweierlei 
Damen dicht nebeneinander in den Boden, resp. in 
den Topf bringt, weil man die Ueberzeugung hat, 
dass durch das Keimen des Einen das Keimen des 
Andern erleichtert wird, oder weil man weiss, dass 
beiderlei Samen beim Keimen und Wachsen sich 
nicht gegenseitig beeinträchtigen, sondern das Eine 
ebenso gut gedeiht, als wenn das Andere gar nicht 
vorhanden wäre. 

Vor einigen und dreissig Jahren, noch mehr 
aber in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhun- 
derts, war dieses Kombiniren zweier verschiedener 
Samen, welche beim Keimen sich nicht beeinträch- 
tigen, in Thüringen und in Sachsen, weniger bei 
dem gelernten Kunstgärtner, als vielmehr bei dem 
gewöhnlichen Land- und Krautgärtner und bei dem 
Blumenliebhaber sehr gebräuchlich. Alle, besonders 
feinere und schwerkeimenden Samen, auch solche, 
welche eine lange Zeit liegen müssen, bevor sie 
keimen, wie Rosen-Samen, wurden oft mit einem 
andern leicht keimenden Samen dicht nebeneinander 
in die Erde gelegt; man machte wohl auch in die- 
sem letzteren einen Schnitt, um den feineren Samen 
mit seinem unteren Ende in die Spalte zu stecken. 
Die Pflanze, deren Samen man sich gleichsam als 


Vehikel dabei bediente, war gewöhnlich der Hafer. 
Auch in i'rankreich scheint man das Haferkorn 
bei den kombinirten Aussaaten den Vorzug gege- 
ben zu haben. 

Wir erinnern uns noch aus der ersten Jugend, 
die 40, ja selbst 50 Jahre zurückliegt, also einer 
Zeit, wo Verbindungen mit überseeischen Ländern, 
besonders im Innern Deutschlands, noch keineswegs 
so leicht wie jetzt angeknüpft werden konnten, 
dass man besonders ausländische Samen, welche 
Blumenliebhaber damals begierig aus den Kaffee- 
und aus den Reissäcken heraussuchten, oder von 
damit handelnden Kaufleuten erhielten, stets in Ge- 
meinschaft mit Haferkörnern sorgsam unter die Erde 
brachte und, sobald der betreffende ausländische 
Samen über der Erde erschien, das Haferpflänzchen 
mit Aufmerksamkeit abschnitt. Untersuchte man 
in diesem Falle das keimende Pflänzchen etwas 
näher, so war es bisweilen interessant zu sehen, 
wie schnell das Würzelchen Aeste gebildet hatte, 
oder auch Adventiv-Würzelchen entstanden waren, 
welche das Haterkorn umgaben. 

Es ist eigenthümlich, dass wir seit dieser ersten 
Jugend in Deutschland nichts wieder von dem 
Kombiniren zweier verschiedener Samen vernommen 
haben, und dass uns das Verfahren völlig aus dem 
Sinnegekommen war. Gärtnerischen Freunden, welche. 
wir hier um Auskunft ersuchten, war es dagegen völ- 
lig unbekannt. Das Verfahren scheint in Deutsch- 
land demnach nur in einigen Gegenden bekannt 
gewesen zu sein. Wie weit es in Frankreich in 
Anwendung gebracht wurde, wissen wir nicht, da 


2 


10 


aus Carriere’s kleiner Abhandlung darüber nichts | 
hervorgeht. | 

Das Verfahren selbst scheint uns aber interessant, 
ja selbst wichtig genug zu sein, um ihm hier einige 
Zeilen zu widmen; vielleicht ist auch der Eine oder 
der Andere der Leser damit vertraut und vermag 
über seine Anwendung mehr Auskunft zu geben, 
als wir jetzt im Stande sind. Wir erinnern uns 
nur, dass dergleichen schwer keimende Samen, wenn 
man sie zugleich mit einem leichter keimenden in 
die Erde brachte, sich rascher und besser entwickel- 
ten, als wenn sie allein in die Erde gesteckt wurden. 
Carritre behauptet dieses besonders von feineren 
Samen und nimmt beispielsweise Buddleja curviflora, 
mit deren Samen er vergleichende Versuche, und 
zwar für das Verfahren sprechend, angestellt hat. 

Auch wir möchten das Verfahren unseren prak- 
tischen Gärtnern zum Versuche empfehlen. Dass 
Pflanzen gegenseitig zu einander gewiesen sind und 
andere sich im Gegentheil abstossen, deshalb nicht 
leicht nebeneinander vorkommen, ist eine bekannte 
Thatsache. Die Ursache dieser doppelten Erschei- 
nung mag wohl hauptsächlich in der Art und Weise 
der Ernährung der einzelnen Pflanzenarten liegen. 
Hier haben fast nur die sogenannten mineralischen 
Stoffe: Kali, Phosphor, Kalk u. s. w., eine Bedeu- 
tung, da Kohlensäure und Ammoniak, zum grossen 
Theile auch Wasser, allenthalben vorhanden sind. 

Jede Pflanze hat ihre eigenthümliche Art‘ der 
Ernährung in der Aufnahme bestimmter minerali- 
scher Stoffe; je mehr gewisse Arten sich darin 
gleichen, um so mehr werden sie sich Nahrung 
wegnehmen und in der Ernährung stören. Da die- 
selbe Art in allen ihren Individuen eine annähernd 
gleiche Ernährung hat, so würden eine Menge In- 
dividuen, sobald sie dicht nebeneinander stehen, 
bald einander stören, insofern nicht Vorkehrungen 
getroffen würden. In der Natur gibt es sehr we-: 
nige sogenannte gesellige Pflanzen, die dicht neben- 
einander gut gedeihen; in der Regel ist die Vege- 
tation auf Wiesen und sonstigen natürlichen Stand- | 
orten möglichst mannigfaltig. Wir sehen uns bei 
unseren Massenproduktionen (bei Getreide, Kartof- 
feln, Hülsenfrüchten u. s. w.) stets gezwungen, den 
Boden vorher richtig zu bearbeiten und dann, wenn 
eine Kulturpflanze abgeerndtet ist, womöglich eme | 
andere Pflanze mit anderen Nahrungsansprüchen 
auf dieselbe Stelle zu bringen. Darauf beruht die 
Wechselwirthschaft des Landwirthes. 

Es gibt aber auch Pflanzen, welche in der Er- 
nährungsweise sich wesentlich von der anderer un- 
terscheiden, diese, neben einander wachsend, selbst 
dadurch unterstützen können, dass siez. B. durch Auf- 
schliessung von unlöslichen Salzen in der Erde 
neue Nahrung zuführen. Auch diesen Umstand 


weiss die Landwirthschaft zu ihrem Vortheil anzu- 
wenden, indem sie oft neben der Oberfrucht zugleich 
noch eine Unterfrucht in die Erde bringt. So 
sieht man häufig rothen Klee im ersten Jahre un- 
ter Roggen. In Württemberg geschah es früher 
häufiger, dass Mohrrüben unter Roggen gesäet 
wurden und man nach der Roggen-Erndte noch eine 
Mohrrüben-Erndte hatte. 

Aehnlich mag es sich auch beim Kombiniren 
zweier Sämereien verhalten. Ohne Zweifel kommt 
aber noch ein zweiter, vielleicht gewichtigerer _ 
Grund dazu. Ausländische, besonders feine Säme- 
reien kommen hier unter anderen klimatischen Ver- 
hältnissen in den Boden; besonders ist die äussere 
Luft eine andere. Sollte demnach der zweite ein- 
heimische und bereits an andere Verhältnisse ge- 
wöhnte Samen, da er rasch und alsbald keimt, 
nicht mit seinen ersten Blättchen auch schon der 
ersten Entwickelung des ausländischen Samens einen 
gewissen Schutz verleihen können ? Möglicherweise 
wird ferner durch den Austausch und durch die 
Umbildung der aufgespeicherten Nahrungsstoffe des 
ersten Samens der andere Samen schliesslich leich- 
ter bedingt, ebenfalls mit seinen Reservestoffen den 
Austausch und damit den Anfang der neuen Vege- 
tation zu beginnen. Vielleicht begünstigt auch die 
freiwerdende Wärme beim Keimen des ersten das 
Keimen des letzteren ? 

Es sind dieses Fragen, die unserer Ansicht nach 
keineswegs sehr schwer zu beantworten sind. Auf 
jeden Fall müssten aber doch schon vorher ver- 
gleichende Versuche stattfinden, ob das Verfahren 
überhaupt den Erfolg gibt, wie man behauptet. 
Wir haben viele Beispiele, dass ein Verfabren im 
gewöhnlichen Leben lange Zeit als richtig und 
erfolgreich anerkannt wird und doch, sobald sich 
der Ernst der Wissenschaft damit beschäftigt, 
schliesslich als falsch nachgewiesen worden ist. 


Ein Spaziergang 

durch den prinzlid Stigliano:Cofonna’fgen 
Karten in Neapel. 
3riefliche Mittheilung 


von Wenz. Krupper, Obergärtner daselbst. 
(Schluss.) 


Die erwähnten Mandarinen-Bäumchen verdienen 
in allen italienischen Gärten die grösste Berück- 
sichtigung, weil sie auch in mancherlei Weise Ver- 
wendung finden. Deun hinsichtlich ihrer schönen 
Form, ihrer prächtigen Belaubung, aber noch mehr 
wegen ihrer wohlsclmeckenden Früchte, die wegen 
ihres feinen Aromas allen andern Orangen vorge- 
zogen werden, bieten sie so viel dar, wie nicht leicht 


ein anderes Gehölz. Dazu kommen ihre sehr leichte 
Kultur und die üppigste Vegetation, welche sie in 
einer kräftigen, etwas lehmigen Erde und auf son- 
nigem Standort machen. 

Vor dem Gartenhause befindet sich ein nach vorn 
spitz zulaufender Rasenplatz mit 4 einzelnen Pflan- 
zen. Unter ihnen ist eine Pincenectia tuberculata, 
welche nun seit Monaten, ohne ein Zeichen von Vor- 
oder Rückwärtsgehen gegeben zu haben, dieselbe 
geblieben ist, zu nennen, sowie ferner eine dritte 
Dattelpalme in kräftigster Gesundheit, eine breit 
gewachsene Librocedrus chilensis, endlich eine 
5 Fuss hohe Yucca quadricolor, welche bereits seit 
6 Jahren auf derselben Stelle steht. 

. Das Gartenhaus selbst ist im französischen Stil 
erbaut und schliesst auch ein geräumiges Lokal für 
alles, was der Gärtner an Geräthen, Instrumenten 
und überhaupt an Utensilien gebraucht, in deutscher 
Ordnung ein. Hier ist alles blank und sauber und 
bekommt seinen bestimmten Ort angewiesen. Rechen, 
Hacken, Spaten, Sägen, Spritzen u. s. w. sehen Sie 
in bester Qualität. Ein besonderer Schrank nimmt 
der Arbeiter Kleider auf, ein Tisch dagegen dient 
für Anfertigung von Bouquets und allerhand Blu- 
menarbeiten; wiederum an einem besonderen Ort 
findet man Hammer, Nägel, Draht, Etiketten u. s. w. 
Stühle und Bänke fehlen schliesslich ebenfalls nicht, 
um hier und da benutzt zu werden. 

Seitwärts führt eine Thür in das Marmorbad, 
geschmückt mit nachgebildeten pompejanischen Ma- 
lereien, der Fussboden wird aber von pompejani- 
scher Mosaik bedeckt. 

Hinter beiden eben genannten Räumen zieht 
sich noch ein schmaler Raum weit dahin. Hier 
werden die grösseren Utensilien, Grasmaschinen, 
grössere Spritzen, Siebe u. s. w. aufbewahrt. 

Eine halbrund-laufende Treppe führt aufwärts 
nach dem Pflanzen-Salon und beginnt an einer Fel- 
sengruppe, wozu das Material der feuerspeiende 
Vesuv geliefert hat. Sempervivum, Mesembrianthemum, 
Agaven sind zwischen dem Gestein gepflanzt, wäh- 
rend ein Exemplar der interessanten Kürbispflanze 
(Sechium edule) geniessbare Früchte darbietet. In 
der Rundung selbst steht eine chinesische Trauer- 
Cypresse (Cupressus funebris) und füllt den ganzen 
Raum mit ihren Tausenden von Aesten und Zwei- 
gen aus. Die Vorderseiten oben wie unten sind 
mit Spalieren versehen, wo Buginvilleen (Bu- 
gainvillea’s), Tecoma jasminoides existiren, Banks- 
rosen fast das ganze Jahr ihre Blüthen entfalten. 
Die wirkliche Schönheit der Buginvilleen kann man 
bei uns in geschlossenen Gewächshäusern gar nicht 
beurtheilen. In dem Klima Neapels muss man den 
Buginvilleen-Reiz blos hier geniessen, den reichen, 
ich möchte auch sagen, unverwüstlichen Flor schauen. 


%1 


Fünf 4% Fuss breite und 8 Fuss hohe Thüren 
führen in das Innere des Pflanzen-Salons von 50 Fuss 
Länge, 21 Fuss Breite und 16 Fuss Höhe. Fein- 
gearbeitete Spaliere bedecken auch hier die Wände, .. 
um allerhand Schlingpflanzen aufzunehmen; leider 
gedeihen hier, wo trockene Luft und, wenig Licht 
keinen guten Einfluss auf die Vegetation aus- 
üben, aber nur wenig Arten, die ausserdem noch 
oft ersetzt werden müssen. Dass eine kleine Fontaine 
nicht feblt, kann man sich denken. 

An den Pflanzen-Salon schliesst sich ein grosses 
Gewächshaus von 180 Fuss Länge, 20 Fuss Breite 
und 17 Fuss Höhe an, zu dem man auf 6 Stufen wieder 
herabsteigt. Eine Wasserheizung gibt die Möglich- 
keit, den grossen Raum auch zu erwärmen. Dieses 
Gewächshaus ist ein eigentlicher Wintergarten, wie 
man ihn ebenfalls bei uns haben könnte. Da sehen 
Sie weder Stellagen, noch Brustbretter. Die Pflan- 
zen stehen einzeln und zu Gruppen vereinigt im 
freien Boden, und geschlungene Wege führen den, 
der hier im Winter und bei regnerischem oder kal- 
tem Wetter lustwandelt, zu Ruhe- und Aussichts- 
punkten. Selaginella denticulata deckt den Boden, wo 
keine anderen Pflanzen stehen, und ersetzt das Raygras 
bei uns im Freien. Eine Marmor-Fontaine und 
verschiedene Stein- und Felsengruppen tragen zur 
Mannigfaltigkeit nicht wenig bei. Von oben hängen 
Ampeln, mit allerhand Blumen geschmückt, und 
Orchideen in viereckigen Körben herunter. Unzäh- 
liche Farue haben im Hintergrunde an der Wand 
von selbst gekeimt und bedecken jetzt fast allein 
die sonst nackte Fläche, nach vorn hingegen an den 
Pfeilern und Fenstersparren wuchern in reichlicher 
Fülle eine Reibe von Schlinggewächsen, wie Passions- 
blumen, Stephanotis, Echites u. s. w. 

Von den besseren Pflanzen, welche in diesem 
Wintergarten vorhanden sind und bereits grosse Di- 
mensionen einnehmen, will ich nur erwähnen: 

Rhapis flabelliformis, Chamaedorea desmoncoides, 
Ernesti Augusti, glaucifolia, Sabal princeps, Areca 
rubra und lutescens, Oreodoxa ventricosa, Seaforthia 
elegans, Carludowica palmata, Zamia Lehmanni, 
Dioon edule, Cycas cireinalis, Furcraea Giesbrechtii, 
dreierlei Conoclinium, Hunderte von prächtigen Poin- 
siettia pulcherrima, Dracaenea Draco cannaefolia, 
umbraculifera, nitida, marginata, indivisa u. s. w, 
Aralia Sieboldii, Acrostichum grande, Alsophila 
australis, Asplenium dimorphum, Nivus avis, nigrum, 
luridum, ferner Baeckia chrysophylla, Euphorbia 
cereiformis, Franeisceen, Hedychium coronarium, Hi- 
manthophyllum miniatum, verschiedene Maranteen 
und Musen, Pandanus utilis und Monstera Lennea 
(Philodendron pertusum) stets in Blüthe und Frucht. 

Alle diese Pflanzen bleiben den Winter über 
nur im Wintergarten und werden dann im Früh- 


2*+ 


12 


jahr ins Freie gebracht zu 1 Gruppe beim Palast 
und zu 3 anderen bei dem beschriebenen Laubengang. 

Das Gewächshaus selbst befindet sich auf einer 
12 Fuss hohen Terrasse, welche nicht durch Böschung, 
sondern durch eine Mauer abfällt. Eine 14 Fuss 
breite Rosengruppe, Hunderte remontirender Arten 
enthaltend, zieht sich der Mauer entlang und ist nach 
vorn von Lonicera aureo-reticulata und Alternan- 
theren eingefasst. Die Mauer selbst ist mit Banks- 
rosen und Buginvillien überzogen. 

Es bleiben mir noch eine Anzahl interessanter 
und schöner Pflanzen übrig, die zu nennen unser 
Spaziergang durch den Garten keine Gelegenheit 
gab, ich hole demnach das Versäumte nach. Eine 
Cycas revoluta von zwar nur 33 Fuss Höhe und 
14 Fuss Durchmesser hat nicht weniger als 172 Blät- 
ter. Ein anderes zweites Exemplar von solcher 


Schönheit und Blattfülle möchte weder in Italien, | 


noch sonst existiren. Nicht weit davon steht eine 
Zamia glauca, 2 Fuss Stammhöhe, 13 Fuss Stamm- 


Durchmesser, fast rund, mit 28 Blättern. Sie wird | 


alsbald der Liebling aller Fremden, welche den 
Garten besuchen, denn ein gleiches, so wunderbares 
und in der Pflanzenwelt so seltenes Kolorit möchte 
ebenfalls kaum wo anders gesehen worden sein. 

Einen grossen Eucalyptus babe ich schon er- 
wähnt, ich komme zu einem andern. Sie werden 
gehört haben, dass diese Riesenbäume grade in 
Neapel viel durch den Wind zu leiden haben und, 
wenn sie gross geworden sind, allmählig ihre Schön- 
heit‘ verlieren. Das ist nun bei dieeem Exemplar 
nicht der Fall gewesen, im Gegentheil hat die Be- 
laubung dieselbe Reize behalten, welche jugendliche 
Bäume darbieten. Eben deshalb trägt er viel zur 
Verschönerung des Gartens bei. Ein halbes Jahr 
lang steht dieser Baum in Blüthe, ist aber immer 
mit unzähligen Früchten bedeckt, die uns schon 
grosse Massen von Samen geliefert haben. 

Rechts von diesem Prachtbaume steht eine 
Cycas eircinnalis mit 23 Fuss Stammhöhe, $ Fuss 
Stammdurchmesser und mit ‚16 Blättern versehen. 
Sie nimmt sich um so schöner aus, als sie sich 
mitten auf einem grossen Rasenplatze befindet, der 
nur durch Gruppen von Salvia splendens var. com- 
pacta unterbrochen wird. Auf demselben grossen 
Rasenplatze steht auch ein prächtiges Exemplar 
des Dioon edule von 5 Fuss Stammhöhe und 1 Fuss 
Durchmesser, sowie weiter hin nach einem Bosket 
zu eine Musen-Gruppe.e Wendet man sich nach 
dem Palaste zu, so gelangt man alsbald zu einem 
Bosket aus Kamellien bestehend. Wenn diese im 
ersten Frühjahre, wo vielleicht in Deutschland noch 
Schnee den Boden bedeckt, zu gleicher Zeit Tau- 
sende von Blumen entfaltet haben, wird ein An- 
blick geboten, wie ihn der Nordländer nicht kennt. 


| 


Weiter will ich auf eine besonders hohe Dracaena 
indivisa und auf ein prächtiges Bambusrohr auf- 
merksam machen, um nun auch noch eines Exem- 
plares der Corypha australis zu gedenken. Es ist 
eine kräftige Pflanze, deren Stamm * Fuss im 
Durchmesser hat und 35 Blätter trägt. 

Wir stehen wieder an dem Palaste mit seiner 
schönen Marmor- Fontaine. Die Marmor- Treppe, 
welche zu ihm führt, hat rechts und links an ihrem 
Geländer als Schlingpflanze zur Bedeckung: Rhyn- 
chospermum jasminoides und Luzuriaga corymbosa. 

“Wieder Blicke zur Seite wendend, sehen wir 
von Neuem auf der einen 2 interessante Gruppen, 
von denen die eine durch einen Chamaedorea 
glaucifolia von 25 Fuss Höhe besonderen Effekt 
macht, während die auf der anderen fast nur aus 
Kamellien und Gardenien besteht. Aus ihr ragt 
aber ein stattliches Exemplar von Eugenia australis, 
gewiss von 50 Fuss Höhe, hoch hervor. 

Schliesslich komme ich noch zu einer Art Glas- 
palast, der wohl manchem Leser der Wochenschrift 
gefallen möchte. 

Er ist nur vonEisen undGlas gebaut. Die Thüren 
sind zum Schieben eingerichtet, das Dach ist ge- 
wölbt, der Fussboden aber mit weiss und schwar- 
zeın Marmor getäfelt, den Wänden hat man die Farbe 
des pompejanischen Rothes gegeben und sind dann 
mit einem feinen spanischen Rohr-Spalier überzogen 
worden. Ampeln, Vogelkäfige, in welchen letzteren 
zum Theil lustige Kanarienvögel durch ihren Gesang 
erfreuen, hängen von oben herab. Rings herum 
stehen roth- und weiss- oder grün- und weissgerän- 
derte oder karrirte Töpfe und Kästchen, sowie 
schöne hölzerne, aber mit Schnitzwerk versehene 
Pflanzenkasten in Rautenform. Zwei grosse eben- 
falls viereckige und besonders prachtvoll geschnitzte 
Sockel unterbrechen auf beiden langen Seiten in 
der Mitte. Der eine trägt ein schlafendes Kind, 
von weissem Marmor angefertigt, was der kunst- 
sinnige Fürst selbst modellirt hat, während der an- 
dere ebenfalls einen Fischerknaben, der eine Schild- 
kröte an der Schnur leitet, ebenfalls aus weissem 
Marmor angefertigt, enthält. In der Mitte des 
Glaspalastes steht ein pompejanischer Blumentisch 
von seltener Schönheit und deshalb grossem Werthe. 
Stühle mit allen Bequemlichkeiten, ein, aus den 
verschiedenen bekannten Marmorsorten zusammen- 
gesetzter runder Tisch mit venetianischer Blumen- 
vase, eine Anzahl von Kandelabern u. s.w. schmücken 
ausserdem den inneren Raum. Damit dieser Glas- 
palast in kleinem Massstabe ebenfalls während 
des Winters eintretender rauher Tage vielleichtbesucht 
werden kann, befindet sich auch ein Ofen darin. 

Von dieser Art Glaspalast führen 4 grosse und 
breite Thüren in das Innere des Palastes, und zwar 


15 


unbedingt in das prachtvollste und geschmackvollste 
Appartement Neapels. 
gehört nicht mehr in den Bereich des Gärtnerischen, 
den Inhalt zu beschreiben gehören auch andere und 
sachversändige Männer. 

Dass der Boden des Gartens auch bewegt ist 


und diese Bewegungen erst durch die Kunst her- 


vorgerufen wurden, werden Sie wohl schon an und 
für sich errathen haben. Sämmtliche Wege werden 
auf das Sauberste gehalten und sind ganz glatt. 
Aus den nahen Steinbrüchen rings um Neapel 
nimmt man die Abfälle dazu und stampft sie fest 
und glatt. Der Rasen macht in den Monaten Juni, 
Juli, August und September enorme Mühe, wenn 
man ihn nur einigermassen grün erhalten will. 
5 und mehr Monate fällt bisweilen kein Tropfen 
Regen, dagegen ist er in den Wintermonaten aber 
prachtvoll. Die starken Taue;, 


enden wollende Giessen. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und mer | 


I. 
Die grossen Verheerungen der Weinlaus (Phyl- 


loxera vastratrix) in Frankreich haben bereits auch | 


die Aufmerksamkeit unserer Behörden auf diesen 


Gegenstand hingelenkt; man hat mit Recht ernst- | 


lich gewarnt, junge Weinpflanzen u. s. w. aus Frank- 
reich zu beziehen, damit diese schrecklichen Feinde 
des Weinstockes, die den lange Zeit gefürchteten 
Weinpilz (Oidium Tuckeri) noch an Intensität ihrer 
Wirkung übertreffen, nicht etwa auch in Deutsch- 
land eingeführt werden. In Betreff dieser Krank- 
heit selbst verweisen wir auf das, was wir früher 
darüber gesagt haben. 

Nach den Berichten aus den 
ländern Frankreichs sind die Verheerungen der 
Weinlaus alle Jahre bedeutender geworden. Auf 
grossen Weinfeldern sind bisweilen sämmtliche Wein- 
stöcke abgestorben, auf anderen haben diese bereits 
einen so kränklichen Zustand erhalten, dass das 
Absterben sicher ist. Alle Mittel, welche man vor- 
geschlagen und ins Werk geführt hat, haben nicht 
einmal zeitweilig geholfen. Das Absuchen der 
Blätter, besonders derer, auf denen die die jungen 
Weinläuse einschliessenden Gallen vorhanden sind, 
hilft nicht viel, da die gefährlichen Thiere sich 
ebenfalls in der Erde befinden und sich daselbst 
eben so gut vermehren können, als in den Gallen. 

Das rasche Ausreissen der plötzlich erkranken- 
den Weinstöcke kann nicht in der Weise geschehen, 


die wir dann fast | 
jede Nacht haben, unterstützen sehr viel das nie | 


südlichen Wein- | 


dass alle mit der Weinlaus behafteten Wurzeln und 


Doch was hier vorhanden, | Würzelchen zu gleicher Zeit entfernt werden. Ein 


Quadrat- Meter Erde ist doch das geringste, was 
man zugleich entfernen müsste. Wo will man nun 
aber, auch wenn das Debel einmal nur einiger- 
massen vorhanden ist, genug neue und fruchtbare 
Erde herbekommen, um die weggenommene zu er- 
setzen? Was würde es auch für Mühe und Geld 
kosten, um die weggenommene Erde zu reinigen, 
damit sie später wieder verwendet werden könnte. 
Das Anwenden scharfer Mittel: des Petroleums, 
der Karbolsäure, des Bisulfats von Kalk u. s. w. 
ist bier, wie bei anderen Gelegenheiten, eine sehr 
bedenkliche Sache. Wendet man diese scharfen 
Stoffe in geringer Menge an, so helfen sie gar 
nichts oder doch nur wenig. Die dicht unter der 
Oberfläche sich aufhaltenden Weinläuse werden 
vielleicht getödtet, aber die Individuen, welche sich 
etwas tiefer befinden, setzen ungestört ihre Ver- 
heerungen fort. Wendet man aber solche Massen 
der scharfen Stoffe an, dass die Weinläuse in grösse- 
rer Tiefe ebenfalls getödtet werden, so kann man 
sicher sein, dass auch die Weinstöcke getödtet sind. 
Ein viertes Mittel, was man endlich vorgeschla- 
gen hat, ist, unsere Weinrebe auf die amerikanische 
Vitis Labrusca zu veredeln, weil deren Wurzeln 
nicht angegriffen werden sollen. Ob es sich wirk- 
lich so verhält, müssten noch zuvor weitere Versuche 
angestellt werden; sollte es sich aber in der That 
bestätigen, so würde eine Regenerirung der Art sehr 
viele Mühen und Kosten beanspruchen. Es müsste 
auch damit rasch angefangen werden, da es viele 
Jahre bedürfen würde, ehe eine solche Regenerirung 
vollständig durchgeführt wäre. Auf jeden Fall 
möchte sie wenigstens da anzuwenden sein, wo das 
alsbald zu erwähnende, als untrüglich angegebene 
Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. 
Dieses letzte Mittel ist von Louis Faucon, 
Eigenthümer in Graveson (Departement der Rhöne- 
Mündungen) empfohlen und bereits, wenigstens nach 
dem dem landwirthschaftlichen Minister in Paris am 
18. September vorigen Jahres zugegangenen Be- 
richte, mit Erfolg in Anwendung gebracht worden. 
Das Mittel ist sehr einfach und besteht darin, dass 
die Weinfelder in der Winterzeit kürzere oder län- 
gere Zeit unter Wasser gesetzt werden. In Süd- 
Fraukreich und besonders in dem Departement, wo 
Louis Faucon wohnt, und in anderen Niederun- 
gen, wo Wasser zum Ueberschwemmen vorhanden 
ist, kann es leicht geschehen, für Deutschland frei- 
lich, wo die Weinrebe fast nur an Bergen und 
Höhen kultivirt wird, hat das Mittel dagegen gar 
keine Bedeutung. Immerhin ist es interessaut, da- 
bei zu erfahren, dass der Weinstock nicht, wie 
viele andere Gehölze, bei Ueberschwemmungen em- 


14 


pfindlich ist, sondern im Gegentheil noch dabei ge- 
deiht. Faucon erzählt selbst, dass in allen Fällen, 
wo er seine Weinfelder überschwemmt hatte, oder 
wo es auf seinen Rath von anderen Winzern ge- 
schehen war, sich die Weinstöcke von der durch 
die Weinläuse hervorgerufenen Schwäche und Kränk- 
lichkeit rasch erholten und üppiger selbst trieben, 
als es bei sonst gesunden Weinstöcken, die nicht 
überschwemmt worden waren, der Fall war. 
Carriedre, Inspektor des Arboretums im Jardin 
des plantes zu Paris, bringt in einer der letzten 
Nummern der Revue horticole (S. 508.) eine interes- 
sante Erscheinung zur Sprache, welche er an einem 
Süss-Kirschbaume (Prunus Avium) beobachtet haben 
will. Darnach seien plötzlich von diesem Baume 
Zweige des Sauer - Kirschbaums hervorgekommen. 
Bei der lebhaften Phantasie und der nicht stets sorg- 
fältigen Beobachtung, die leider der sonst als Gärt- 


ner mit Recht anerkannte erste Herausgeber der 


Revue horticole in seinen Veröffentlichungen sich 
oft hat zu Schulden kommen lassen, möchte man 
die angegebene Thatsache zwar nicht ganz bezwei- 
feln, aber doch wünschen, dass sie, da dergleichen Er- 
scheinungen, wenn sie einmal sich gezeigt haben, 
sich auch wiederholen, durch einen gewissenhafteren 
Beobachter und Forscher noch etwas genauer un- 
tersucht, resp. festgestellt würde. 

Dass ein Gehölz ohne Weiteres Zweige einer 
anderen, wenn auch noch so verwandten Art, her- 
vorbringt, widerspricht allen dem, was die Wissen- 
schaft darüber festgestellt hat, eine solche Thatsache 
machte sie selbst zu Schanden. Es wäre dasselbe, 
als wenn ein Pfirsichbaum etwa plötzlich Kirschen 
hervorbrächte oder, um uns etwas derb auszudrücken, 
als wenn eine Hündin plötzlich Katzen zur Welt 
brächte. Entweder hatten die Blätter der vermeint- 
lichen Sauerkirschzweige nur die äussere Form der 
Sauerkirschblätter, was uns das Wahrscheinlichste 
ist, zumal Carridre der von diesen Zweigen her- 
vorgebrachten Früchte gar nicht gedenkt, oder der 
vermeintliche Süsskirschenbaum war einer der Blend- 
linge, wie wir von P. Avium und acida in den so- 
genannten Glaskirschen und Amarellen in grosser 
Anzahl haben, und schlug, wie man sagt, plötzlich 
mit einigen Knospen zurück. Wir hätten demnach 
dieselbe interessante Erscheinung, wie bei dem so 
viel besprochenen Cytisus Adami, wo das Zurück- 
schlagen in beide Sammeltern: Cytisus Laburnum 
und atropurpureus, gewöhnlich ist. 

Carriöre hat auch glücklich herausgebracht, 


dass der Sauerkirschbaum nicht aus Asien stammt, 


wie man gewöhnlich annimmt. Bei einiger Literatur- 
Kenntniss hätte er dieses längst wissen können, zu- 
mal er unsere Dendrologie zur Zeit, als sie erschien, 
recensirt hat. Wie genau Carri®re zu seiner Be- 


urtbeilung sich mit dem Inhalte der Dendrologie 
bekannt gemacht hat, ersieht man daraus, dass er 
gar nicht weiss, dass in diesem von ihm recensirten 
Buche bereits mit Bestimmtheit nachgewiesen ist, 
was er jetzt behauptet. Im pontischen Gebirge, von 
wo die Kirschen nach Rom gebracht sein sollen, 
wächst wohl der Süss-, nicht aber der Sauerkirsch- 
baum. 

Wenn Carri®re weiter vermuthet, dass der 
Sauerkirschbaum vermutblichaus Nordamerika stamme 
und sich auf seine Cerasus nana beruft, so legt er 
hier ebenfalls Unkenntniss der nordamerikanischen 
Flor an den Tag. 

Belle Angevine d. h. Schöne von Anjou, heisst 
bekanntlich eine Birn, auf welche man erst seit den 
vierziger Jahren aufmerksam wurde. Seit langer 
Zeit wurde sie schon im Westen Frankreichs, be- 
sonders in Anjou, angebaut und war früher unter 
mehren Namen, die alle aber ihren Ursprung nicht 


andeuten, bekannt. So heisst sie auch Bolivar, 
Royale d’Angleterre, Duchesse de Berry d’hiver, 
Belle de Bruxelles u.s. w. In Frankreich selbst 


wird sie als Kochbirn betrachtet, obwohl bei uns 
in Deutschland ihr Geschmack der Art ist, dass 
mancher Feinschmecker sie gern geniesst. Ihren 
Ruhm verdankt sie übrigens auch nicht ihrem guten Ge- 
schmacke, sondern vielmehr ihrer Grösse und ihrem 
Gewichte, die beide wiederum Veranlassung geben, 
dass die Birn in Frankreich stets einen hohen Preis 
besass und noch besitzt. 

Es kommt noch dazu, dass es in Paris und 
auch sonst im Westen Europa’s Mode wurde, bei 
grossen Gastmälern mit grossen Schaufrüchten zu 
prangen. Diese Schaufrüchte werden nicht gegessen, 
sondern nur bewundert. Die Delikatessen-Händler 
vermiethen deshalb dergleichen Schau - Exemplare 
der Belle Angevine zu dem hohen Preise von 5 
bis 7 Frank das Stück, je nach der Grösse. Be- 
sonders ansgezeichnete Schaufrüchte werden daher 
auch sehr hoch verkauft. Im Anfange des vorigen 
Jahres wurden auf einem Boulevard zu Paris 7 
Birnen der Belle Angevine von seltener Schönheit 
und Grösse ausgestellt und schliesslich um den 
Preis von 150 und selbst 175 Frank angeboten. 
Es wird erzählt, dass der Besitzer auch wirklich 
diese Summe erhalten habe. 20 Frank für eine 
besonders schöne Belle Angevine ist übrigens kein 
seltener Preis. 

Ein Gärtner in der Nähe von Paris erzieht 
alle Jahre eine bestimmte Anzahl solcher Schaustücke 
der Belle Angevine heran, die er regelmässig das 
Stück mit 10 Frank bezahlt erhält. Ein anderer 
löst für wenige, aber allerdings vorzüglich gezogene 
Früchte alljährlich die Summe von 300 Frank. 
Früchte von 3 Pfund sind bei solchen Verkäufen 


15 


keine Seltenheit; man will aber selbst deren gezo- 
gen haben, die 5 Pfund wogen. 

In der Abhandlung über die babylonische 
Trauerweide ist unter Anderm mitgetheilt, dass der 
damalige Gouverneur von St. Helena, General 
Beatson, Versuche gemacht habe, englische Ge- 
hölze auf genannter Insel einzuführen. Wenn die 
meisten derselben auch Anfangs zu gedeihen schienen, 
so sind sie doch fast sämmtlich allmählig wiederum 
zu Grunde gegangen. Der jetzige Gouverneur von 


St. Helena, Admiral Charles Elliot, macht eben- 


falls Anpflanzungen, aber anderer Art, indem er 
an ein warmes Klima gewöhnte Pflanzen auf seiner 
Insel zu akklimatisiren sucht. J. D. Hooker hat 
ihm zur Unterstützung und Durchführung seiner 
Pläne einen tüchtigen Gärtner, Chalmers, zuge- 
sendet. 

° Der Anfang der schon gemachten Anpflanzungen 
scheint zu glücken. Seit mehrern Jahrzehnten 
bereits bemühen sich die Engländer in ihren Kolo- 
nien, wo ihnen einigermassen das Klima geeignet 
scheint, Chinarinden-Bäume einzuführen und haben 
auch in verschiedenen Ländern, so in Ostindien, 
nicht geringe Resultate gewonnen. So wurden auch 
auf St. Helena Versuche damit angestellt, die eben- 
falls zu gelingen scheinen. Aber nicht alle Arten 
Cinchonen gedeihen daselbst, sondern nur C. succi- 
rubra und offieinalis. Von diesen sind bereits 500, 
von jener 300 Bäumchen auf der Insel vorhanden. 
Bei dem grossen Bedarf der Chinarinde als Arznei- 
mittel und bei dem unverantwortlichen Leichtsinn, 
mit dem die Peruaner noch fortwährend ihre China- 
wälder verwüsten und sich selbst um ihren National- 
reichthum bringen, müssen wir den Engländern 
besonders dankbar sein, wenn sie auf Ersatz dieses 
wichtigen Arzneimittels denken. 

Wir haben schon mehrmals auf Weiden-Kul- 
turen aufmerksam gemacht und kommen jetzt wie- 
der auf sie zurück, wo eine englische Brochüre 
vor uns liegt. Ihr Verfasser heisst William Sca- 
ling und nennt sich seit 10 Jahren Korbmacher 
Ihrer Majestät der Königin und der Königlichen 
Familie. Aus diesem Büchelchen ersehen wir, dass 
die Weiden-Kultur in England noch eine ganz an- 
dere Ausdehnung hat, als in Deutschland, wo nur 
einzelne grosse Kulturen, wie z.B. an der Elbe 
bei Wittenberge und bei Harburg vorhanden sind. 
Jeder Gärtner und jeder Landwirth bedarf ein 
wohlfeiles Binde-Material, was ihm die Weide am 
besten und bequemsten liefert; wie Viele gibt es 
aber nicht, welche dieses kaufen und jährlich eine 
nicht unbedeutende Summe dafür verausgaben. 

Da wir für alle Bodenarten Weiden haben, 
welche darauf gedeihen, so braucht man bei einiger 


Auswahl nicht ängstlich um den Erfolg zu sein. | 


Niederungen, Fluss- und Bachufer sind aber beson- 
ders geeignet. Auf diese Weise, wie bei uns be- 
trieben, ist die Weiden- Anpflanzung in der Regel 
nur eine Nebensache, ın England hat man aber 
Gegenden, wie in der Grafschaft Nottingham, wo 
die Kultur der Weiden Hauptsache geworden ist, 
auf gutem Boden geschieht und eine nicht unbe- 
deutende Einnahme bringt. 

Nach Will. Sealing bringt der englische Acre, 
also 1% preussische Morgen, mit starken und harten 
Weiden bepflanzt, jährlich eine Einnahme von 21 
Pfund und, werden auch die Stangen geschält, von 
25 Pfund. Mit Korbweiden bepflanzt hat man da- 
gegen nur von dem Acker eine Einnahme von 
173, resp. wenn die Ruthen geschält werden, von 
22 Pfund. Der Acker gibt an Gewicht 6 Tonnen 
härtere und 7 bis 7% Tonnen weichere, also Korb- 
Weiden. Wir wiederholen, dass bei dieser ratio- 
nellen Weiden-Kultur der Boden stets bearbeitet 
worden ist und fortwährend bearbeitet wird, wie 
jeder andere für Getreide, Hackfrüchte u. s. w. Vor 
Allem wird er von Unkraut rein gehalten und in 
gewissen Zeiträumen gedüngt. 

W. Scaling legt seine Weidenstecklinge quer 
in den Boden, so dass die nach oben stehenden 
Knospen grade nach oben wachsen können, die 
nach unten stehenden hingegen verkümmern. Wenn 
man den Steckling, wie es gewöhnlich geschieht, mit 
dem unteren Theile in die Erde steckt, so erhalten 
alle Triebe eine Krümmung an der Basis, welche 
der Güte der Ruthe mehr oder weniger Abbruch 
thut, insofern man nicht oberhalb der Krümmung 
schneidet. Im diesem Falle hat man aber wieder 
Verlust an der Länge der abgeschnittenen Ruthe. 
Da man bei wagerecht in die Erde gelegten Weiden- 
Stecklingen bis Zur Erde schneiden kann, s0 ragt 
ferner auch nach der Erndte nichts heraus, was 
bei demin England gewöhnlich mit derEgge gemach- 
ten Lockern des Bodens, aber auch beim Düngen, 
nicht stören könnte, 

Nicht weniger als über 7,000 englische Acker 
werden jenseits des Kanales nur in dem eigentlichen 
England zu rationeller Weiden-Kultur benutzt. Da- 
mit ist aber der Bedarf, abgesehen von den kleinen, 
nebenher betriebenen Kulturen, die ebenfalls in 
grosser Anzahl vorhanden sind, für England noch 
keineswegs gedeckt, es müssen noch 4 bis 5,000 
Tonnen Weiden jährlich vom Auslande eingeführt 
werden. Aus Norddeutschland kommt nur wenig, 
desto mehr aber aus Frankreich, Belgien und Hol--» 
land. Die aus dem letzten Lande sind am schlech- 
testen, weil die Ruthen in dem dortigen Marsch- 
boden zn geil geworden sind. Durch diese Einfuhr 
von Weiden in England gehen jährlich gegen 5,000 
Pfund Sterling aus dem Lande. Ausserdem werden 


16 


aber noch aus den genannten Ländern jährlich für 
nahe 48,000 Pfd. Strl. Körbe u. dergl. bezogen. 

Wir haben bereits in der Abhandlung über die 
bereiften Weiden aufmerksam gemacht, dass diese, 
nebst den meisten andern baumartigen Weiden und 
unter den Buschweiden die Purpur- und Bachweiden, 
einen intensiven Bitterstoff in Folge des reichlichen 
Gehaltes an Salicin besitzen. Dieser Umstand gibt 
diesen Weiden noch eine andere Verwendung, die 
besonders Gutsbesitzern mit Wildstand zu empfehlen 
ist. Bekanntlich benagen Rehe, besonders zur Win- 
terzeit, gern die Rinde der Gehölze, so lange sie 
grün sind und fressen die Spitzen ab. Man ist leider 
deshalb gezwungen, zum Schutze allerhaud Vorkeh- 
rungen zu treffen, oder muss Anpflanzungen von Ge- 
hölzen, die man gern gehabt hätte, aufgeben. 

Das beste Mittel gegen derlei Beschädigungen 
von Gehölz-Anpflanzungen ist eine Hecke von der- 
gleichen bitterschmeckenden Weiden. Am besten 
sind die Purpur- und Bachweiden deshalb, weil 
hier auch die Blätter den intensivsten bitteren Ge- 
schmack haben. 


Ueber Fasciation der Pflanzen. 
Von Dr. Sorauer in Proskau. 

Beschäftigt mit dem Studium der Krankheiten 
unserer kultivirten Pflanzen, finde ich eine Bemer- 
kung in dem auch in diesen Blättern besprochenen 
Buche (Masters: Vegetable Teratology), welche 


verdient, von den Züchtern allgemeiner beachtet | 


zu werden. Der Verfasser citirt eine Beobachtung 


vonMoquin-Tandon im Bulletin der botanischen Ge- | 


sellschaft in Paris (VII,881) nach welcher die Fasciation 
von Cirsium sich durch Samen theilweise fortgepflanzt 
hat. Wir verstehen bekanntlich unter Fasciation 
eine plötzlich auftretende Missbildung von Stengeln 
krautartiger oder holziger Pflanzen. Die gewöhn- 
lich im Querschnitt kreisrunden oder nahezu kreis- 
runden Stengel werden breit und bandartig und 
die auf ihrer Spitze entstehenden Blumen bilden 
einen zusammenhängenden Kamm. Unsere Kultur- 
pflanze, der Hahnenkamm (Celosia cristata), ist das 
jedem Gärtner bekannte beste Beispiel. Wir erin- 
nern uns, dass bei magerer. Kultur‘ und ungenügen- 
der Wärme die Kämme der Celosien sich spalten 
und in einzelnen kleineren Aesten unregelmässig 
weiter wachsen. Dies dürfte zunächst den Beweis 
liefern, dass eine solche Verbänderung überhaupt 
nichts weiter ist, als eine Verschmelzung einer An- 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


’ 


zahl von Zweigen, die aus Knospen entsprungen 
sind, welche sich an Stelle einer einzigen Gipfel- 
knuspe sehr zahlreich in gleicher Höhe entwickelt 
haben.‘) Wir sehen, dass durch eine überreiche 
Nahrung dieser Zustand erhalten und weiter aus- 
bildet werden kann, wissen, dass derselbe durch 
Samen für 1 bis 2 Generationen erblich bleibt und 
finden nun in der Literatur Beispiele, die auch die 
Erblichkeit dieses Zustandes bei wilden Pflanzen 
darthun. Es liegt also für die Praxis die Anregung 
nahe, bei unsern Florblumen und einigen Gemüsen 
nach dieser Richtung hin zu züchten. Namentlich 
bei niedrig bleibenden Stauden, die für Parterre’s 
benutzt werden, würde eine solche kammartige Ver- 
breiterung der blühenden Stengel mit Freuden be- 
grüsst werden und für die Züchter keineswegs un- 
rentabel sein. Diese Züchtungsrichtuug dürfte um 
so mehr zu empfehlen sein, da die Fasciation be- 
reits bei vielen Pflanzen beobachtet worden ist. 
Aus eigener Erfahrung nenne ich eine Anthemis, 
Viola odorata, Taraxacum offhiciale, Bellis perennis, 
Zinnia elegans, Primula veris, Hyacinthus orientalis. 
Es bleibt schliesslich die Frage, auf welche Weise 
man vorgehen könnte, um unsere Florblumen anzu- 
regen, solche Verbänderungen zu bilden. Der 
Theorie nach dürfte dies geschehen durch alle solche 
Mittel, welche die Endknospe an ihrer Entwickelung 
hindern und deren Achselknospen zum Austreiben 
bringen. 

Vermuthlich gehört dazu, dass das künstliche 
Zurückhalten einer Endknospe kurz vor der ein- 
tretenden Rulieperiode einer Pflanze beginne, damit 
durch die Störung die angelegten Seitenknospen 
erstarken; wenn dann plötzlich bei eintretendem 
Erwachen des Triebes vermehrte künstliche Wärme 


' und reiche Nahrungszufuhr ein üppiges Entfalten 


der vorbereiteten Knospen hervorrufen, dann liegt 
die Möglichkeit einer Verschmelzung der dicht bei 
einander entspringenden Triebe nahe. 


Sollte aber auch die Praxis vorläufig nicht dahin 
gelangen, willkürlich solche Fasciationen zu erziehen, 


| so wird es doch immer nützlich sein, den zufällig 


entstehenden Missbildungen dieser Art die Aufmerk- 
samkeit zuzuwenden und solche durch Samen zur 
Vermehrung zu bringen. 


1) Unserer Erfahrung nach entsteht die Fasciation keines- 
wegs durch das Zusammenwachsen mehrer Achsen, sondern 
wird durch andere Ursachen bedingt. Beispiele am Baldrian, 
an der weissen Lilie, an der Fichte, an Weiden und an Eschen, 
wo sie am Häufigsten vorkommen, sprechen dagegen. 

Die Redaktion. 


Druck der €. Feister'schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


ee —— 


Berlin, den 20. Januar 


No. 3. 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt; Die Producte des Feld- und Gartenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. August 


1871, nebst einigen Bemerkungen über Land- und Gartenbau in Schweden überhaupt. Von Dr. Wittmack. — Die Mo- 


nocotylen der Flore des serres et des jardins de l’Europe, Tom XVIII. 


Par Louis van Houtte. 


Sonntag, den 28. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver- 
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden. 


Die Produkte des Je: und Yarlenbaues 


auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen- 
burg vom 1. bis 5. August 1871, 


nebst einigen Bemerkungen über Land- und 


Gartenbau in Schweden überhaupt. 
Von Dr. Wittmack. 


schaftlichen Ausstellung in Gothenburg, welche mit 
der 13. allgemeinen schwedischen landwirthschaft- 
lichen Versammlung verbunden war, ragte ausser 
den Sektionen für Viehzucht, Fischerei und Maschinen- 
wesen ganz besonders auch die Gartenbau-Ausstel- 
lung hervor, weniger durch die Zalıl der Ausssteller 
als durch das geschmackvolle Arrangement. Hatte 
man doch das am schörsten belegene Lokal auf 
dem grossen 17 Tonnen (ca. 35 Morgen) grossen 
Ausstellungsplatze, ein hohes Kreuzgebäude von 
100 Fuss Länge und Breite und 30 Fuss Tiefe, 
für die Garten- und Feldprodukte bestimmt. 

Rund um das aus Brettern gezimmerte Haus, 
auf dessen innere Einrichtung weiter unten zurück- 
zukommen ist, waren auf Etageren die verschiede- 
nen Sorten von Getreide, sonstige Sämereien, sowie 
auch Sämlinge von Forstpflanzen in Kasten, Proben 
von Taback in Töpfen etc. ausgestellt, während 
das Innere hauptsächlich für die Gartenproducte 
im engeren Sinne bestimmt war. 

Um zunächst beim Getreide stehen zu bleiben, 
so war davon verhältnissmässig wenig vorhanden, 
da die neue Erndte noch nicht eingetreten war. In- 
dess . boten manche der ausgestellten Proben ihres 


| mittleren (der Eicheuregion) gebaut. 
Unter den einzelnen Abtbeilungen der landwirth- 


Ursprunges aus dem höheren Norden wegen viel 
Interesse, und regten zugleich zu weiteren Nach- 
forschungen über die Verbreitung des Getreides in 
Schweden überhaupt an. 

Der Weizen wird in nicht unbedeutender Menge 
im südlichen Schweden (der Buchenregion) und im 
Gewöhnlich 
nimmt man den Dalself, 60—61 Grad nördlicher 
Breite, als die Grenze an, einzeln findet man ihn 
aber noch viel höher. So wurden nach Andersson, 
dessen trefflicher Apercu de la vegetation et des 
plantes cultivees de la Su2de, Stockholm 1867, 
mir von dem Dr. Bolle freundlichst zur Verfügung ge- 
stellt wurde, im Jahre 1865: 7 Tonnen äca. 14 Hecto- 
liter in Jemtland 62—65 Grad, 3 Tonnen in Wester- 
botten und Norbotten, 64—69 Grad, gewonnen. 
Andersson sah in guten Jahren Weizen in 1,000 
Fuss Meereshöhe bei Quickjock in Luleamarken, 
ca. 66 Grad, am Fuss der höchsten skandinavischen 
Alpen kultivirt. In Dalekarlien geht der Winter- 
weizen bis Falun, 61 Grad, 400 Fuss überm Meeres- 
spiegel, der Sommerweizen dagegen bis Näs, 800 
Fuss überm Meeresspiegel. 

Der meiste Weizen wird in Östgothland ge- 
baut, dann folgen Schonen, Södermanland, Stock- 
bolm n. s. w. 

Der Roggen ist die Hauptbrotfrucht und fast 
über das ganze Land, hauptsächlich aber im mitt- 
leren Schweden, verbreitet. Als Polargrenze sieht 


"man gewöhnlich den Angermannaelf an, ein Fluss, 


der ein sehr fruchtbares Gebiet durchzieht, und an 
dessen Ufern der Ort Nyland in ca. 624 Grad 


3 


18 


nördlicher Breite liegt, der dem bekannten Nyländer 
Roggen den Namen gegeben. In Dalekarlien geht 
der Winterroggen bis zum Thale Elfdal (61° 5%) 
in einer Höhe von 630 Fuss und der Sommer- 
roggen noch bis Idre (61° 56‘) in 1,530 Fuss 
Meereshöhe. An den Küsten der Ostsee zieht 
sich die Kultur des Roggens bis nach Haparanda 
hinauf, und geht westwärts und nordwärts in den 
Flussthälern in’s Innere des Landes bis 67° 56‘ 
in einer Entfernung von 13 bis 14 Meilen von der 
Küste. Man kultivirt ihn noch in Storsand und 
Storbacken in Lulea-Lapmarken in einer Höhe von 
ungefähr 1000 Fuss. Noch weiter nördlich gedeiht 
er nur in günstigen Lagen, giebt aber gleichwohl 
in Norrland gewöhnlich reiche Erndten. Aus Wester- 
und Norbotten sah man denn auch mehrfach Pro- 
ben auf der Ausstellung. So von Oefver-Törnea, 
Pajada Kengisbruk (fast 67 Grad, also jenseit des 
Polarkreises) von Pitea, (65° 19° 13‘) Lutea etc. 
Das landwirthschaftliche Museum in Berlin besitzt 
Proben von schwedischem Getreide, das bereits in 
den Aehren erfroren. Selbstverständlich ist solches 
künstlich getrocknet, wie fast alles Getreide in den 
nördlichen Gegenden. — In Norrland wird der 
Roggen im Anfang Juli gesäet, keimt oft schon 
in sechs Tagen, aber reift erst in einem vollen 
Jahre. 

Obenan stehen in Bezug auf Roggenbau Schonen, 
Ostgothland, Calmar-Län in dem sonst unfrucht- 
baren Smaland, Södermanland etc. 

Die Gerste gedeiht gleich dem Hafer in Norr- 
land, dem Lauf der Flüsse folgend, bis 68° 38%, 
und nur an der durch den Golfstrom so warmen 
Westküste Norwegens sind noch höhere Polargrenzen 
der Gerste, 70 Grad, bekannt. Doch nicht blos 
in nördlicher, sondern auch in westlicher Richtung 
steigt die Gerste von der Ostsee aus die Flussthäler 
hinan bis in die subalpine Region, wo sie gewöhn- 
lich noch ziemlich gut in einer Höhe von 900 Fuss 
reif. Andersson sah in Lulea-Lapmarken oberhalb 
der Koniferen-Region in einer Höhe von 1,350 Fuss 
Felder mit vollkommen reifer Gerste. In den 
alpinen Gegenden von Jemtland geht sie eben so 
hoch, und in Dalekarlien reift sie im Kirchspiel 
Idre (61° 56°) in 1530 Fuss Meereshöhe. — Auf 
der Ausstellung waren Proben von Jockmock am 
Luleaelf, von Pitea, Oefverkalix und ähnlichen nahe 
dem Polarkreis gelegenen Orten. Es wird sowohl 
6 und 4zeilige, als auch zweizeilige gebaut, und 
scheint auch hier die letztere sich immer mehr ein- 
zubürgern. Bekannt ist, dass die Gerste schlecht- 
hin „Korn“ genannt wird, ein Beweis, dass sie 
wenigstens früher die Hauptfrucht war. 

Als Exportartikel ist vor Allem der Hafer zu 
nennen, der in ausserordentlicher Menge, aber erst 


mehr in neuerer Zeit, kultivirt wird. Auf allem 
eben dem Walde oder Moore abgerungenen Terrain 
ist er ja auch fast die einzig mögliche Frucht. 
Ebenso ist er fast das einzige Getreide in den un- 
fruchtbaren Gegenden von Wermland und Smaland. 
Berühmt ist der Wisingöer schwarze Hafer von 
der Insel (Oe) Wisingoe im Wetter-See, wie denn 
überhaupt die Gegend zwischen diesem und dem 
Wenern-See, sowie westlich von letzterem die Läne 
Skaraborg und Elfsborg, den meisten Hafer produ- 
eiren. Die Polargrenze des Hafers fällt etwa 
mit der des Roggens zusammen, in Dalekarlien er- 
reicht er bei Sarna, 61° 40° eine Meereshöhe von 
ca. 1,500 Fuss. 

Die Erbsen gehen in Schweden bis zur Grenze 
des Weizens, in Dalekarlien gedeihen sie bei der 
Kapelle von Transtrand 61° 6‘ in einer Höhe von 
420 Meter; in Norbotten finden sie sich längs der 
Küste. Pferdebohen werden im südöstlichen und 
mittleren Schweden gezogen, in den Gärten geht 
die grössere Varietät so hoch wie die Kartoffel, 
d. h. in der alpinen Region bis in einer Höhe von 
420 Meter. Der Buchweizen wird fast nur in der 
Buchenregion kultivirt und ist auch da oft unsicher, 
der gemeine hält besser aus als der tatarische. 

Die Kartoffeln reichen bis zur Grenze der 
Kultur überhaupt, d. bh. bis zur Birkenregion in 
420—480 Meter. In Norrland werden sie Ende 
Mai oder Anfangs Juni gepflanzt und gegen Ende 
September geerndtet. Die frühen englischen Sorten 
brauchen in Schweden 60 Tage, die Fluke’s und 
die sächsischen Zwiebelkartoffeln 120—130 Tage, 
die schwedischen (Swartsjöer) 180 Tage zu ihrer 
Entwickelung. 

Es dürfte vielleicht nicht unangemessen sein, 
an dieser Stelle einige nähere statistische Nachrich- 
ten über Schwedens Ackerbauverhältnisse anzu- 
führen. 

Schweden, ein Land mit 3,865 schwedischen 
oder ca. 8,026 geographischen Quadratmeilen und 
mit nur 4,159,000 Einwohnern hat an Kulturland 
nach den Berichten von 1865, reducirt von Frisch 
in geographischen Quadratmeilen: 

Acker. Natürl. Kultur- Theil 
Wiesen. land. des Areals 
182,588. 439,952. fast 4. 


in Götarike: 257,364. 
(südl. Schweden). 

in Svearike: 131,255. 
(mittl. Schwed.). 
in Norrland: 


(nörd]. Schwed.). 
Totalin Schwed. 422,246 


le 
. 


80,855. 2 12,110. 


100,807. 133,434. 


32,627. 


. 364,250. 785,496. fast 1. 


Der Acker macht darnach wenig über z'5 des 
Ganzen aus, und wenn auch diese Angaben offen- 


19 

bar zu niedrig sind, und, wie Frisch meint, vielleicht Getrbiden. Hals 1.40% 34001182 72,280;106- 
um 20pCt. erhöht werden können, so geben sie Fiillgenfrüchte a. Ya & irrt 108,200; 
doch einen Beweis der geringen Ausdehnung des Kartoffeln . . hc 260,000; 
Kulturlandes. Andere Neiszelfrüchte ns 13,800. 
Einen genaueren Ueberblick giebt Andersson Hutterpllanzen2 en sararre 1,100,000; 

in folgender Weise. Faserpflanzen . . 5 30,110. 
Schwedens Oberfläche beträgt nach Abzug der Andere ökonomische che : 11,500. 
Seen und Wasserläufe 81,355,853 Tonnenland Brachland . . Ehen. 740, 000. 
(1 Tonneland = 0,49374 Hectare — 1,933 Magde- Den besten Weberblick über die erhalten 
burger Morgen; 11,157,5 Tld. = 1 geographische | der einzelnen Läne (Regierungsbezirke) erhält man 
Quadratmeile). Davon kommen auf: durch folgende Anbau-Tabelle nach Tonnenland: 

Schwed. 
Total- 
Län. Quadrat-| Weizen. Roggen. Gerste. Hafer. | Mengkorn. 

Meilen. Tonnenland, 

StOCKRolmyazr er, ae 61 49,410 221,310 89,251 168,876 23,853 552,200 
Al 35,633 | 236,781 | 156,281 64,190 33,020 | 515,905 
Sodermanland. un ae une 51 63,131 275,975 40,007 171,566 13,060 564,739 
Oestergötlandun Dr san] 88 74,234 | 334,960 | 112,572 | 199,930 | 185,153 | 1,006,849 
Jonkepe ya er ne 171188 3,512 | 118,405 46,490 | 349,970 24,242 | 542,619 
Kronoberäig min. Malie Alben: 73 969 102,386 114,940 178,114 21,588 417,997 
Cal DBRRERLE 07ER. AR RAR rg 22,277 | 298,614 | 149,671 | 111.063 2,140 | 683,765 
a ea „20 21,628 81,345 66,876 13,739 4,268 | 187,855 
Dlekinsien Aa Irene | 425 8,097 75,796 56,774 | 110,018 | 11,000 | 261,685 
Christians, 5 bt 54 26,482 | 227,305 | 254,776 | 330:537 | 59,602 | 898,702 
NEO =... gg 64,511 | 344,491 | 667,375 | 588,953 | 179,027 | 1,844,357 
Ballandlere nn no 2... 41 10,315 99,833 51,489 179,732 27,941 469,310 
Ghikenhuren..... dl. 742 15,879 87,274 91,455 | 396,578 29,884 | 621,070 
Diisborsks msn a. > 103 16,548 132,723 50,167 556,380 45,083 800,901 
oe nl, |. 007 40,579 | 233,551 46,254 | 632,978 29,427 | 982,789 
A 133 7,100 112,130 10,300 380,000 7,000 516,530 
15 TOT A NE 70 28,921 261,082 42,410 253,606 18,833 604,852 
NMeemanland Uhl u, .7. 54 28,176 205,795 47,937 160‘414 23,860 466,182 
once an | 28% 3,750 | 107,908 50,265 | 260,019 66,576 | 488,815 
Bereporen ya a er 1,095 51,028 | 165,394 82,056 61,493 | 361,066 
Norı land a Er TER, 191 23 19,584 157,335 10,763 11,107 168,812 
erkand' cr 2. Mich 10 ann Da 411 8 5,817 43,359 996 2,614 52,794 
Westerbotteny#".: 1%, 2 #0 W. : 477 3 2,618 55,397 351 | 618 58,987 
Norman. nr tsleh als 858 a 4,149 65,901 32 a 70,082 


*) 1 Tonnenland — 0,49374 Hectare — 1,933 Magde- | wöhnlich rechnet man 114 Sgr., 8 schwed. Thlr. = 3 preuss. 
burger Morgen. Thlr. 1 schwed. Fuss = 0,2969 Meter = 0,946 rheinl. 


Seit 1858 ist in Schweden fakultativ und seit 1863 | Fuss; 1 schwed. Pfund — 425,,, Gramme; 1 schwed. 
obligatorisch das Decimalsystem eingeführt; nur das alte | Kubikfuss (Hohlmaass) 26,,,, Liter oder 22,55, preuss. 
Flächenmaass „Tonnenland‘“ ist noch gesetzlich erlaubt. | Quart. 1 Tonne Getreide — 6,, Kubikfuss — 164,883 


1 schwedischer Thlr. — 100 Oere = 11 Sgr. 5,, Pf., ge- | Liter. 
35 


2 


Folgende Tabelle giebt die Aussaat- und Erndte- 
menge in Tonnen & ca. 1,65 Hectoliter — fast 
genau 3 preuss. Scheffel an: 


Aussaat: Erndte: 
Weizen . 76,337 Tonnen 522,312 Tonn. 
Roggen . 565,694 55 3,640,760 „ 
Gerste . . 466,305 > 2.602.048. 2, 
Hafer . 1,214,555 5 5,501,361 „ 
Mengkorn 171,426 55 881.389. 7°, 
Erbsen 69,321 > DU DD, 
Bohnen etc.. 10,932 5 43,320 ,„ 
Buchweizen . 945 4 A809 25, 
Kartoffeln . 1,369,249 Me 8,434,645 ,„ 


Diese Zahlen sind dem sehr eingehenden 5 jäh- 
rigen Bericht von 1861—1865 entnommen, und 
stellt sich die Durchschnitts-Erndte der angeführten 
Gegenstände zusammen auf 21,928,870 Tonnen. 
Im Allgemeinen rechnet man seit 1850 auf einen 


0 


jährlichen Getreide-Ueberschuss von ca. 14 Tonnen, 
während vor nicht 100 Jahren jährlich 600,000 
Tonnen eingeführt werden mussten. 


' Aus den Angaben über die Ausfuhr von 1860 
bis 1869 ergiebt sich aber, mit fast alleiniger Aus- 
nahme des Hafers, dessen Ausfuhr-Quantum von 
6,303,609 im Jahre 1860 auf 11,155,606 Cubik- 
fuss stieg, sich also fast verdoppelt hat, eine ver- 
hältnissmässig bemerkenswerthe Abnahme gegen den 
Anfang des Decenniums. Dies erklärt sich daraus, 
dass Schweden nach und nach aus der Reihe der 
rein Körner producirenden Länder heraustritt und 
sich immer mehr auf die Viehzucht wirft. 


Ueber die, das gärtnerische Publikum mehr 
interessirende Ein- und Ausfuhr von Sämereien etc. 
giebt nachstehende nach dem Bericht des Königl. 
Kommerz-Kollegiums pro 1869 zusammengestellte 
Tabelle Aufschluss: 


Einfuhr. 
1860 | 1861 | 1862 | 1863 | 1864 1865 | 1866 | 1867 | 1868 | 1869 
Bohnen. . Pfd, 3,425 16,755 39,391 359,243 460,297 430,875) 295,958) 717,253) 616,683) 353,471 
Diverse Samen, ausser 'Pfd.1,831,754| 1,707,783  2,152,148| 1,332,592| 2,159,635| 1,893,870 
Kanariensamen, Thlr.‘| 770,147 | 845,556 | 712,128 | 1,026,388.,4 "|09,505| 122.678] 127,055| 96,377| 138,5821 126,748 
Seebeschädigt . Thlr. | 11,742 — 4,665 262 2,006) 23,054 — Er > 8,649 
Früchte undBeeren excl 
Apfelsiuen Chr. 1,346 557 2,744 3,170 2,647 1,341 1,475 1,948 3,251 2,603 
Bäume, frische . Thlr. | 7,559 | 33,637 | 21,253 15,117 13,969, 17,557| 10,014| 11,387| 15,581l 8,046 
Ausfuhr. 
| 2 Pfd. 136,355] 336,097 153,353] 413,985] 520,553) 400,177 
Diverse Samen . Thlr. 86,564 | 168,790 | 170,638 | 100,543 Chf. 66.085 220.652 186,746 41,434 35,731 34,143 
Früchte und Beeren, 
frische . Chf. | 8,914 2,554 | 2,294 690) 3,632 1,735, 3,815 3,004 3,519] 3,145 
Für das Jahr 1869 befinden sich in dem er- Einfuhr: Ausfuhr: 
wähnten Berichte des Commerz-Kollegiums detaillir- | Gras, unverarbeitet Otr. 1,412. = 
tere Angaben, darnach betrug die Einfuhr etc. do. gefärbtes Pfd. 23,414. 702. 
Einfuhr: Ausfuhr: | Natürliche Blumen . Thlr. 208. _ 
Ei Seen Chf. 1987. ati Getrocknete doPne- Thlr. 1,562. — 
Beinsamen,... +; . Ch: 111,212. 1,000... | BlumenzuichelnE re 
do. seebeschädigt. Thlr. 8,649. — Grünwaaren, frische . Ctr. 1,452. Er 
Zuckerrübensamen Pfd. 15,439. — Doch zurück zur Ausstellung! — Von Futter- 
Kanariensamen. . . Pfd. 92,868. -_ samen war hauptsächlich Kleesamen ausgestellt und 
do. seebeschädigt. Thlr. 222. — namentlich der sogenannte schwedische oder Bastard- 
Klee- u. Annat-Gras- klee (Trifolium hybridum). Seinen englischen Namen 
samen, 2. Pfd. 1,735,108. 399,136. | Alsike hat er von dem Pfarrdorf Alsike in Stock- 
Rüben- und Rapssaat Cbf. 13,539. 23,092. | holmslän in der Nähe von Upsala. — Stockholms- 
Blumen- und andere län und Upsala (Upland) sind auch die Hauptgegen- 
‚Garten-Sämereien 4. Eid. 94,877. 565. | den seiner Kultur, obwohl er fast überall gebaut 
Nicht specificirt Pfd. 48,446. 476. | wird, und gleich dem Trifolium pratense, medium etc. 


21 


bis in Norrbotten hinauf gedeiht. Ebenso hoch 
gehen auch Phleum pratense, Alopecurus pratensis 
und Dactylis glomerata, sowie Vicia sativa u. a. 
Als Bezugsquellen für Trifolium hybridum sind zu 
nennen: Berg u. Ghyllander in Orebro, C. A. Ha- 
gendal in Oerebro, Henrik Lemann in Sörby und 
Salaholm ete. Uebrigens würden die Handelsgärt- 
ner und Samenhändler in den Seestädten, z. B. 
C. P. Lange in Gothenburg, Liepe (ein Deutscher) 
in Gothenburg, die Hillersjöoer Garten-Aktien-Gesell- 
schaft (J. H. Gotschalk in Stockholm) event. auch 
der Director des Garten-Vereins in Gothenburg, 
Herr Löwegreen, gewiss gern als Vermittler dienen. 
Vielleicht liesse sich auch ein Tauschgeschäft mit 
schwedischem Klee und deutschem Zuckerrüben- 
samen, der jetzt in Schweden viel gebraucht wird, 
einrichten. 

Die übrigen Sämereien boten kein besonderes 
Interesse dar. Dagegen muss hier auf die vorzüg- 
lich kultivirten Tabackspflanzen aufmerksam ge- 
macht werden. Man sollte kaum glauben, dass in 
Schweden so viel Taback gebaut wird, als man 
das in den Haugtgegenden seiner Kultur Stock- 
holmslän und Malmöhnslän sieht. In ersterem wur- 
den im Ö5jährigen Durschschnitt 600 Ctr., im letz- 
teren sogar 12,527 Ctr gewonnen, demnach Total 
13,127 Ctr. Meist sind es übrigens die Umgegen- 
den grösserer Städte, die dazu benutzt werden, weil 
dort viel Dung zu haben ist. — Besonders hervor- 
zuheben sind die auf der Ausstellung vorgelegten 
Tabacksblätter, Virginia und Stockholmer Sorte 
vom Commissions- Landmesser J. E. Landström in 
Pitea: 65° 19° 13, und Storstrand. Dieser Aus- 
steller erndtete 1869 in Storstrand auf 240 Quadrat- 
fuss circa 80 Pfd. Blätter und reife Samen, die 
freilich durch den bald eintretenden Winter litten. 
Wenn auch nur als Merkwürdigkeit, so verdient 
doch diese Thatsache, dass auf über 65 Grad nörd- 
licher Breite der Taback reift, Erwähnung. 

Vorzügliche Kultur zeigten auch die Sämlinge 
von Fortgewächsen, namentlich die des Hofinten- 
danten G. v. Scheele in Göteborg und Kilanda, 
Jägermeister Trithiof Segerdahl in Alvestad u. a. 
— Im Anschluss daran fanden sich Querschnitte 
von nordischen Waldbäumen in verschiedener Höhe, 
sowie Bauholz, Dachschindeln u. s. w. 

Eine Sammlung Sämereien, circa 600 Sorten, 
in 2 Kästen, namentlich Bohnen und Erbsen aus 
dem botanischen Garten in Proskau, von A. Sswens- 
son eingesandt, war leider auf dem Transport in 
Unordnung gerathen. Bei dieser Gelegenheit dürfte 
darauf hinzuweisen sein, dass Kästen mit Fächern 
sich für eine Ausstellung nur dann empfehlen, wenn 
jede einzelne Probe für sich eingewickelt ist. Wenn 
man anch glaubt, dass der Deckel so fest schliesst, 


dass die Sämereien etc. nicht durcheinander ge- 
rathen können, so lehren häufige Beispiele, dass 
das nur selten der Fall. — Unter den mehr wissen- 
schattlichen Sammlungen sind anzuführen eine An- 
zahl von Saat- und Futterpflanzen auf 59 Grad 
nördlicher Breite und 30 Grad östlicher Länge 
von dem Director Stenström in Karlstad und 
Gardsjö, ein Herbarium von 103 Arten schwedischer 
ökonomischer Gewächse (Preis 15 Thlr. = 5 Thlr. 
182 Sgr.) von Dr. A. P. Winslow in Gothenburg 
und ein grösseres Herbarium von Dr. G. A. Tize- 
lius in Stockholm und Upsala. Es enthielt 70 
Wiesengräser und 100 Futtergewächse. 


(Fortsetzung folgt.) 


Die Monoecotylen der Flore 


des serres et des jardins de ’Europe. 
Tom. XVII. 


Par Louis van Houtte. 


Der vorliegende 18. Band des bekannten illustrir- 
ten Pflanzen- und Blumenwerkes bringt dieses Mal 
weit weniger Originalien als früher; den bei Wei- 
tem grössten Theil der abgebildeten Pflanzen haben 
wir bereits besprochen. Nichts desto weniger behält 
auch dieser nun 18. Band seinen grossen Werth, 
besonders was die bildlichen Darstellungen anbe- 
langt, die in der That nichts zu wünschen übrig 
lassen, und schliesst sich den vorausgegangenen an. 
Wenn wir uns zunächst den Monoktoylen zuwenden, 
so sind die Orchideen mit Vorliebe behandelt. 

Oncidium splendidum A. Rchd (tab. 1825) ver- 
dient wegen seiner Schönheit den Beinamen. Aus 
den eirunden, kaum 1 Zoll im Durchmesser ent- 
haltenden Knollen kommt nur ein dickliches und 
an der Basis zusammengefaltetes Blatt von 6 Zoll 
Länge und im oberen Drittel fast 1 Zoll Breite 
hervor, während der eben so lange, an dessen Basis 
hervorkommender Stiel wiederum mit einer gleich- 
langen Aehre aus 5 bis 7 entferntstehenden Blüthen 
bestehend erscheint. Die grossen, denen des O. ti- 
grinum ähnlichen Blüthen haben die 14 bis 1% Zoll 
breite Lippe von gelber Farbe nach unten stehend, 
die 5 ziemlich gleichen, über 1 Zoll langen und 
4 Linien- breiten Blumenblätter befinden sich dage- 
gen nach oben und haben eine braune, aber durch 
grüne Zeichnung unterbrochene Farbe. Die Orchidee 
stammt aus Guatemala. 

Oncidium Liminghii Ed. Morr. (tab. 1827) aus 
Caraccas haben wir besprochen. (12. Jahr. 175.) 

Oncidium fuscatum Rchb. (tab. 1831) wurde 


22 


von Reichenbach zuerst Miltonia Warszewiczii 
genannt, der Name aber wiederum eingezogen, da 
Miltonia als selbständiges Genus nicht mehr von 
ihm anerkannt wird. Es scheinen aber als Miltonia 
Warszewiezii zweierlei Pflanzen in den Gärten zu 
existiren, da nach Veitch (vergl.13. Jahrg. 158) 
die Pflanze van Houtte’s eine andere ist. Die den 
sehr wellenförmigen, fast krausen Blumenblättern 
gegenüberstehende grosse Lippe von weisser Farbe, 
aber an der Basis ausserdem mit einem grossen, 
braunen Flecken versehen, ist zwar am oberen Ende 
zweilappig, besitzt aber ausserdem eine umgekehrt 
eirunde Gestalt und ist über 14 Zoll lang. Die 
Zoll langen und ebenfalls braunen Blumenblätter 
besitzen dagegen eine weisse Spitze. 

Oneidium Lanceanum Lindl. (tab. 1842) 
wurde bereits von John Henry Lance, dessen Na- 
men die Orchidee trägt, in Surinam, also in der 
holländischen Guiana, im Jahre 1834 entdeckt, und 
gehört zu den schönsten und eigenthümlichsten 
Arten dieses Geschlechtes.. Anstatt der Schein- 
knollen macht sie zablreiche und dicke Adventiv- 
wurzeln, mit denen sie sich anhält und treibt aus 
einem sehr verkürzten Stengel mehre dicke, mit 
grossen braunen Punkten wie besäete Blätter von 
Fuss Länge und 3 Zoll Breite, so wie grade in die 
Höhe stehend. Die zahlreichen und 2 Zoll im 
Durchmesser entbaltenden Blüthen bilden eine Art 
Rispe und haben eine fleischrothe, oben sehr breite 
Lippe, während die länglichen und ursprünglich 
weissen Blumenblätter dicht getigert und ge- 
fleckt sind. 

Oncidium varicosum Lindl. gehört eben- 
falls zu den Orchideen, die sich schon seit einigen 
Jahrzehnten in unseren Gewächshäusern befinden 
und hinlänglich bekannt sind, neuerdings ist aber 
eine Form durch Veitceh in London in den Han- 
del gekommen, wo die grösseren Blüthen an der 
Basis der Lippe die kammartigen Anhängsel in ge- 
ringerer Anzahl haben. Diese Form hat den Bei- 
namen Rogersii (zu pag. 150) erhalten. 

Cattleya Eldorado Lind (1826) wurde erst 
im vorigen Jahrgange (S. 120 und 326) von uns 
besprochen. 

Ebenso ist Cattleya labiata Lindl. (tab. 1893) 
eine der seit langer Zeit in einer Reihe von For- 
men kultivirten Arten, die wegen ihrer Schönheit 
von je die Aufmerksamkeit der Blumenliebhaber 
auf sich gezogen hat. Die hier dargestellte gehört 
zu den grossblühenden und wird von van Houtte 
für die ursprüngliche ©. labiata erklärt. 

ZAygopetalum Wallisii Lind. et Rchb. (tab. 
1828 gehört ohne Zweifel ebenfalls zu den schöne- 
ren Orchideen, welche Wallis entdeckt hat und 
durch Linden in den Handel gebracht wurde. 


Ihr schliesst sich die nicht minder reizende Z. trium- 
phans an. Aus einem kurzen, zahlreiche Adventiv- 
wurzeln treibenden Wurzelstock kommen viele 
schmal-elliptischer Blätter von 9 bis 12 Zoll Länge 
und 12 bis 15 Linien Breite auf einer dünnen 
Scheinzwiebel stehend hervor, während daneben eine 
einzige, 3 Zoll im Durchmesser euthaltende Blüthe 
ohne besonders entwickelten Stiel ihren Ursprung 
hat. Die 5 rundlichen und weissen Blumenblätter 
mit violetter Spitze umgeben regelmässig die weisse 
und violette Columella, während unten die kleinere 
violette Lippe den Kreis schliesst. 

Laelia praestans Rchb. (tab. 1900) ist eine 
bei uns hinlänglich bekannte Orchidee, die mehr- 
fach in der Wochenschrift (7. Jahrg. S. 51 und 
8. Jahrg. S. 348) erwähnt wurde, verdient aber 
ihre erneute Empfehlung. 

Dendrobium taurinum Lindl. gehört nicht 
weniger zu den schon länger bekannteren und be- 
liebteren Orchideen, die noch von Cuming, dem 
Forscher der Philippinen in botanischer Hinsicht, 
entdeckt wurde. Sie macht einen mit breitläng- 
lichen, umfassenden und dicklichen Blättern besetz- 
ten Stengel, der nach oben mit einer reichblüthigen 
und grossen Aehre sich endigt und mit diesem 
eine Höhe von 3 Fuss und mehr erhalten kann. 
Die 3 äusseren Blumenblätter haben eine weisse 
Farbe, sind länglich-lanzettförmig, laufen nach unten 
in einem gemeinschaftlichen Sporn aus und schla- 
gen sich etwas zurück, während die beiden band- 
förmigen und violetten innern grade in die Höhe 
stehen und schliesslich sich, gleich einem Horne bei 
einigen Stieren, in einigen Spiralen winden. Dieser 
Umstand hat Veranlassung zur Benennung gegeben. 
Die mit den Rändern nach oben geschlagene Lippe 
besitzt eine röthlich-violette Farbe. 

Phalaenopsis Lowii Lindl. (tab. 1910) darf 
nicht mit Th. Lobbii Hort. (d. h. intermedia Lindl.) 
verwechselt werden. Sie wurde bereits von uns 
im Jahre 1862 (s. 7. Jahrg. d. Wochenschrift 8. 
278) empfohlen und beschrieben. 

Vanda Batemanni Lindl. (tab. 1921) ist be- 
reits in der Wochenschrift wenigstens genannt, 
wenn auch nicht beschrieben worden, und wurde 
zuerst unter dem Namen Fieldia lissochiloides 
Gaud. veröffentlicht. Sie kommt auf den Molukken 
und Philippinen vor und gehört zu den grösseren 
Arten, welche einen Stengel mit 2 Reihen Blättern 
besitzen, zwischen denen die Blüthenstiele hervor- 
kommen. Die schmal-elliptischen und ziemlich dicken 
Blätter haben oft eine Länge von gegen 2 Fuss. 
Die Blüthenähre überragt meist noch die Blätter 
um ein Viertel. In der Knospe und vor der Ent- 
faltung auf der Unterfläche der Blumenblätter ha- 
ben sie eine rothe Farbe, während die Innenfläche 


23 


x 
der letzteren hellgelb, aber wiederum roth gefleckt 
erscheint. Die längliche und schmale Lippe ist 
klein und biegt sich etwäs nach vorn. Der Durch- 
messer der Blüthe beträgt 2 Zoll und mehr. 

Trichopilia crispa Lindl. var. marginata ist 
in Berlin und sonst eine bekannte Orchidee, die 
besonders auf den Ausstellungen des Vereins zur 
Beförderung des Gartenbanes vielfach gesehen und 
bewundert wurde. 

Cypripedium Schlimii Rchb. (tab. 1907), 
früher als Selenipedium Schlimii Rchb. mehrfach 
in den Gewächshäusern unserer Blumenliebhaber, 
ist bereits im 10. Jahrgange (S. 271) ausführlich 
besprochen worden. Ebenso ist C,barbatam Lindl., 
von dem van Houtte die grossblühende Form ab- 
gebildet hat (tab. 1879), in dem 9. Jahrgange 
(S. 221) in einem grossen Exemplare erwähnt 
worden. 

Als letzte Orchidee ist eine der buntblätterigen 
Petolen: Anecochilus Dawsonianus St. Low 
(tab. 1830) abgebildet, Auch sie haben wir bereits 
besprochen (12. Jahrg. 108). 

Wir gehen nun zu den übrigen Monokotylen, 
und zwar zunächst zu den lilienartigen im weiteren 
Sinne über. Blandfordia Ounninghami Lindl. (tab. 
2820) gehört zu den Liliaceen, die keine Zwiebel 
bilden, in der äusseren Gestalt mit diesen aber weit 
weniger übereinstimmen, als mit denen, welche Zwie- 
beln haben. Mit ihren grossen und trichterförmigen 
Blüthen von rother Farbe ist Blandfordia Cunning- 
hami jetzt um so mehr zu empfehlen, als ihr Preis 
bereits ein geringerer ist, als vor einigen Jahren. 
Uebrigens ist die Pflanze in der Wochenschrift 
besprochen (12. Jahrg. S. 116). 

Thyssanotus proliferus Lindl. (tab. 1911) 
stellt eine ächte Asphodelee mit büschelförmigen 
Wurzeln dar und schliesst sich unmittelbar der bereits 
im 10. Jahrg. der Wochenschrift (S.127) besprochenen 
Th. Patersoni an. Zwischen den binsenähnlichen, 
mit einer Rinne versehenen und aufrechtstehenden 
Blättern entspringt ein allgemeiner Blüthenstengel 
mit zahlreichen, doldenförmig gestellten Blüthen an 
der Spitze. Die einzelnen Blüthen bestehen aus 
einem 3blätterigen grünen Kelch und aus einer 
grossen, dunkelvioletten, ebenfalls 3blätterigeu Krone, 
deren Rand mit grossen, seidenähnlichen Wimpern 
versehen ist. Besonders wenn sie sich Mittags ent- 
falten, bieten sie einen wunderschönen Anblick dar. 
Vaterland ist Neuholland. 

Lachenalia luteola 
eine schon im vorigen Jahrhundert kultivirte ächte 
Liliacee mit Zwiebel, welche wahrscheinlich nichts 
weiter ist, als eine weniger in 3 Farben erscheinende 


L. tricolor, der sie deshalb auch an Schönheit nach- | 


steht. Während die oberen, noch weniger entwickel- 


Jacg. (tab. 1873) ist 


ten Blüthen anfangs ganz roth sind und allmälig 
von oben nach unten hellgelb werden, haben die 
unteren überhaupt diese Farbe angenommen, er- 
scheinen dagegen aber wiederum an der Spitze 
grün. 

Von Lilium tigrinum, der bekannten Tiger- 
lilie, besitzt der von uns mehrfach erwähnte Lilien- 
liebhaber, Max Leichtlin in Karlsruhe, eine Form, 
welche sich durch ihre Grösse nicht weniger, als 
durch ihren Blüthen-Reichthum auszeichnet. Mit 
der näheren Bezeichnung „splendens“ hat sie 
van Houtte in den Handel gebracht und auch 
von ihr eine bildliche Darstellung in seiner „Flore 
des serres (pag. 48) gegeben. Sie soll bis 6 Fuss 
hoch werden. In unserer Monographie der Lilien 
haben wir ihrer ebenfalls Erwähnung gethan (13. 
Jahrgang S. 363). 

Hemerocallis disticha Donn (nicht Don, 
tab. 1891) verdient Verbreitung und wurde des- 
halb auch schon von uns empfohlen (12. Jahrgang 
S. 52). Obwohl sie in der Weise, wie sie jetzt 
von Belgien aus über das übrige Festland verbrei- 
tet ist und kultivirt wird, ein Kunstproduct dar- 
stellt, so haben wir doch noch keine Gelegenheit 
gehabt, sie in ihrer ursprünglichen Form zu sehen. 
Die halbgefüllten und weit offenen Blüthen haben 
zahlreiche gelbe Blätter mit rother Basis und nicht 
geringe Aehnlichkeit mit einer grossblühenden und 
ebenfalls halbgefüllten Tulpe. 

Trieyrtis (?) sp. fol. striatis (tab. 1820) be- 
ginnt den 18. Band der Flore des serres. Ob die 
Pflanze eine Trieyrtis ist, oder nicht vielleicht eine 
Commelina? muss als Frage so lange unbeantwortet 
bleiben, als wir Blüthen gesehen haben. Bis jetzt 
kennen wir nur nach der von van Houtte gegebenen 
Abbildung zahlreiche aufrechte Stengel von gegen 
6 Zoll Höhe, deren elliptische und scheidenartig 
umfassenden, grünen Blätter durch weisse Längs- 
streifen sich auszeichnen. 

Alstroemeria tricolor Hook. und pallida 
Grah. (tab. 1882) sind zwei sehr nahestehende 
Arten eines von allen übrigen Amaryllidaceen durch 
knollige Wurzeln sich auszeichnenden Geschlechtes. 
Sie stammen aus Chili und möchten in Ländern, 
wie am Rhein, in Belgien u. s. w. selbst im Freien 


ı fortkommen, insofern man sie in harten Wintern 


überdeckt. Leider werden die Alströmerien bei 
uns keineswegs mehr in der Weise angewendet, 
als sie es verdienen. In Töpfen gezogen, blühen 
sie fast die ganze gute Jahreszeit hindurch und 
können deshalb auf Freitreppen, auf Terrassen etc. 
eine sehr gute Verwendung finden. Ausser den 
von uns schon in den beiden letzten Jahrgängen 
der Wochenschrift empfohlenen beiden Arten: 
N. aurantiaca Don (13. Jahrg. 8. 379) und 


24 


Coldasii (14. Jahrg. 8. 77) sind es besonders 
noch A. tricolor Hook. (pulchra Sims), welche 
am besten bei uns gedeihen. Diese und pallida, 
haben weisse, aber allmälıg in ein zartes Rosa 
übergehende Blumenblätter, von denen die beiden 
mehr nach innen stehenden, bei A. pallida orange- 
farben gestrichelt erscheinen, bei A. tricolor ausser- 
dem aber noch mit einem unregelmässigen Querbande 
im oberen Theil versehen sind. 

Hyacinthenliebhaber finden in der bildlichen 
Darstellung von 3 der schönsten und noch seltenen 
Hyacynthenblumen in der That einen Genuss 
(tab. 1834 u. 1835), da in der Abbildung die Schön- 
heit möglichst getreu wiedergegeben ist. 

Van Speyk gehört zu den grossblühenden 
und gefüllten; ihre Farbe ist helllila. Eben so ge- 
füllt und eben so gross sind die Blumen bei Venus, 
die Farbe ist aber weiss. Endlich ist die tiefdunkel- 
blaue, aber einfach blühende Sorte mit weissemAÄuge 
dargestellt, welche den Namen Lord Melville 
führt. 

Von Beaucarnea recurvata Lem. hat van 
Houtte die Zeichnung eines schön gezogenen 
Exemplars (zu S. 26) gegeben, aber ohne Blüthe. 
Wir haben erst vor Kurzem ein Exemplar be- 
sprochen, was sich im Freien des Gartens des Für- 
sten Stigliano-Colonna in Neapel befindet und 
daselbst noch in Blüthe steht. Wir bemerken 
schliesslich, dass das Genus Beaucarnea zu denen 
gehört, welche leichtsinnig aufgestellt sind. Ein- 
geführt wird die Pflanze als eine Pincenektie, in 
der That ist sie aber nichts als ein Dasylirion. 

Dracaena Reginae Veitch (zu pag. 104) 
wurde zuerst im Jahre 1867 in Paris als Dr. re- 
galis ausgestellt; dann erschien sie im nächsten 
Jahre wiederum und zwar in einem schöneren 
Exemplare zu Gent (11. Jahrgaug S. 166, 14. Jahr- 
gang S. 11). Sie blüht eben unter der Pflege des 
Obergärtners Perring in Pankow und erlanbt des- 
halb ihre nähere Bestimmung. Bisher haben wir 
geglaubt, dass sie eine der Cordyline Sieboldii ähn- 
liche Form der Cordyline Eschscholtziana Mart. sei, 
jetzt uns aber überzeugt, dass sie zur ächten Cor- 
dyline Terminalis (Dracaena) L. gehört, denn sie 
besitzt lange weisse Blüthen, also nicht violette, 
wie die übrigen verwandten Arten. 

Doryanthes excelsa Corr. (tab. 1912) ist 
eine interessante Agavee aus Neuseeland, welche 
auch bei uns (im Garten des verstorbenen Kom- 
merzienrathes Reichenheim) geblüht hat und 
ausserdem in stattlichen Exemplaren schon auf meh- 
rern Ausstellungen bisweilen gesehen worden ist. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 


Zimmer-Strasse No. 91. 


Wir haben mehrmals schon über sie berichtet (vgl. 
8. Jahrg. S. 203, 12. Jahrg. 8. 54). 

Cochliostemma Jacobianum Ü. Koch und 
Lind. (tab. 1837) sahen wir zuerst auf der inter- 
nationalen Ausstellung zu Paris und wurde auch 
von uns zuerst beschrieben (10. Jahrg. 322). 

Dichorisandra musaica ©. Koch et Lind. 
(zu pag. 52) gehört ebenfalls zu den Pflanzen, 
welche wir zuerst beschrieben haben (im 9. Jahrg. 
S. 346), aber auch zu denen, welche der bekannte 
Reisende Wallis entdeckt und Linden in Brüssel 
eingeführt hat. Noch vor Kurzem haben wir ein 
schönes Exemplar dieser Pflanze auf einer der letz- 
ten Ausstellungen des Vereins zur Beförderung des 
Gartenbaues in Berlin gesehen. 

Ueber die buntblättrige Commelina deficiens 
Hook. (tab. 1824) haben wir schon einige Mal Mit- 
theilung gemacht (12. Jahrg. 191). Wir bemerken 
noch dazn, dass wir sie im vorigen Sommer auch 
in dem Garten des bekannten Blumenfreundes 
de Cannart d’Hamale in Mecheln gesehen haben. 
Hier war sie aus der grünen Form, welche selbst 
den starken Winter von 18370 zu 1871 ausgehal- 
ten hatte, zum Theil ebenfalls buntblättrig ge- 
worden. 

Ptychosperma Alexandrae Ferd. Müll. 
(tab. 1916) verdanken wir dem eifrigen Director 
des botanischen Gartens in Melbourne auf Neu- 
holland und gehört zu den schönsten, aber auch 
für unsere Kulturen zu empfehlenden Palmen. Im 
Vaterlande erreicht sie eine Höhe von 70 bis 80 
Fuss und giebt, wenn sie meist einzeln vorkommt, 
mit ihrem schlanken, geringelten Stamme einen 
wunderschönen Anblick, sonst wächst sie aber im 
dichten Gesträuch, aus diesem weit herausragend. 
Die keineswegs breite Krone besteht aus zahl- 
reichen Blättern von gegen 8 bis 10 Fuss Länge. 
Ihre 1 bis 1% Fuss langen Fiederblättchen haben 
nur die Breite von kaum 1 Zoll und besitzen eine 
schöne saftgrüne Farbe. Unter der Krone hängen 
die fusslangen Blüthen-, resp. Frucht-Rispen herab. 
Ueber diese Palme ist bereits im 1. Jahrgange 
der Wochenschrift (S. 144) gesprochen worden. 

Rhapis flabelliformis L. fol. luteo-vitta- 
tis (tab. 1844) ist eine im hohen Grade zu em- 
pfehlende Form der aus China stammenden Palme. 
Die 5 grünen Blättchen der fächerförmigen 
Blätter sind der Länge nach mit 3 bis 5 gelben 
Streifen versehen und geben der bekannten, in 
unseren Zimmern gut gedeihenden Palme ein eigen- 
thümliches Aussehen. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


= 


Berlin, den 27. Januar 


No. 4. 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: 536. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 7. Januar. — Die Producte des Feld- und Gar- 
tenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. August 1871, nebst einigen Bemerkun- 


gen über Land- und Gartenbau in Schweden überhaupt. 


Von Dr. Wittmack. (Fortsetzung.) 


Sonntag, den 28. Januar, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver- 
sammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden. 


936. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, | 


am 7. Januar. 


Der Vorsitzende, Geheime Oberregierungsrath 
Knerk, referirte über die Thätigkeit des Vereins 
im vergangenen Jahre und wünschte, dass der Ver- 
ein auf gleiche Weise ferner gedeihen und seinen 
Zwecken eben so rüstig als bis jetzt entsprechen 
möge. Dazu bedürfe der Verein der Unterstützung 
aller seiner Mitglieder, ganz besonders sei es aber 
nothwendig, dass der Wochenschrift mehr praktische 
und reingärtnerische Abhandlungen zugehen, als es 
bis jetzt leider der Fall ist. Er lege deshalb dieses 
den gärtnerischen Mitgliedern des Vereins dringend 
an das Herz. 

Leider habe er neben sehr erfreulichen Mit- 
theilungen, welche das Innere des Vereins betreffen, 
auch sehr betrübte zu machen. Vier, zum grössten 
Theil seit langer Zeit dem Vereine angehörende 
Mitglieder, welche mehre Jahrzehente ihm ange- 


hört und seine Interessen in ihrer Sphäre kräftig 


vertreten haben, sind gestorben, und zwar der 
Stadtälteste und Direktor der städtischen Gasanstalt, 
Baerwald, Oberhofgärtner Theodor 
bis wenige Jahre vor seinem Tode dem königlichen, 
jetzt kaiserlichen Garten zu Schönhausen bei Ber- 
lin vorstehend, und der Banquier Alexander 
Mendelssohn im hohen Alter, während Kunst- 
und Handelsgärtner Priem im kräftigsten Mannes- 
alter einer bösartigen Krankheit unterlag. Aber 


Nietner, 


+ drohe. 


auch dieser nahın bis an seinen Tod an allen Be- 
strebungen des Vereins den thätigsten Antheil. 

Garteninspektor Bouch& machte auf die Ver- 
tilgung der Eiernester der sogenannten Schwamm- 
raupe, Bombyx dispar, aufmerksam, deren häufiges 
Erscheinen in diesem Jahre wahrscheinlich sei, und 
unsere Obstbäume, Eichen, Rüstern u. s. w. be- 
Lasse man die Eier, die sich in Mauern, 
Zäunen und an der Ost- und Südseite von Baum- 
stämmen und besonders auf der Unterseite fast wage- 
recht abstehender Aeste finden, jetzt abfegen, so 
gehen sie noch im Laufe des Winters durch Schnee 
und Regen zu Grunde. 

In Folge der früheren Mittheilungen in der Wo- 
chenschrift über Lygeum Spartum hatte Insp. Bouch® 
die Pflanze zur Ansicht aufgestell. Es ist ein 
binsenartiges Gras mit pfriemenförmigen, unmittel- 
bar aus dem Rhizom aufsteigenden Blättern, dessen 


| Aehren zweiblüthig und von einer breiten Scheide 


umgeben sind. Inspektor Bouche& kultivirte dasselbe 
schon seit 40 Jahren und habe gefunden, dass es 
schon bei einer länger anhaltenden niedrigen Tem- 
peratur von nur 3 Grad Wärme in Gewächshäusern 
leide, so dass es unmöglich sein möchte, es bei uns 
im Freien zu kultiviren. 

Gleichzeitig hatte er auch ein anderes Gras, des-, 
sen Samen er auch unter der Bezeichnung „Esparto- 
Gras“ erhalten habe, zur Ansicht gebracht, welches 
sich von jenem durch das Vorhandensein kurzer 
Halme und flacher Blätter unterschied. Es frage 
sich nun, ob dieses Gras nicht auch in Nord-Afrika 


E 


26 


heimisch sei und zur Papierfabrikation verwendet 
werde. Vielleicht ist es Stipa tenacissima, das zweite 
in den Mittelmeerländern, besonders zu feinern 
Flechtarbeiten benutzte Gras? 

Ferner theilte Inspektor Bouch€@ noch mit, dass 
bekanntlich schon seit zwei Jahren nicht allein die 
Johannis- und Stachelbeer-Sträucher, sondern auch 
andere Arten der Gattung Ribes von der soge- 
nannten Stachelbeer-Raupe in der Weise heimge- 
sucht werden, dass die Erndten der Früchte voll- 
ständig verloren gingen. Das Thier zerstöre näm- 
lich mit einer ausserordentlichen Gefrässigkeit in 
kurzer Zeit alle Blätter, so dass alsdann die Früchte, 
des Schattens und Schutzes beraubt, sehr bald ab- 
fallen, oder wenn ebenfalls ein Theil daran bleibt, 
diese sauer, dickhäutig und fadeschmeckend bleiben. 

Er habe verschiedene Mittel, als Bestreuen mit 
Kalk, pulverisirtem Taback oder Asche, Räuchern 
mit Taback oder Insektenpulver, um sie zu ver- 
tilgen, angewendet, aber stets ohne Erfolg. So 
häufig das Thier auch vorkomme, so finde man 
doch in keinem pomologischen Werke ein Mittel 
zur Vertilgung angegeben; höchstens wird Abschüt- 
teln und Tödten empfohlen. In der Wochenschrift 
sei zwar im vorigen Jahrgange (S. 303) von den 
Stachelbeerfeinden die Rede gewesen, es würde 
auch ein Vertilgungsmittel, nämlich das Pulver der 
weissen Niesswurz, empfohlen. ‘Es sei aber hier 
nur von den Raupen des Stachelbeerspanners, Geo- 
metra Grossulariata die Rede, nicht aber von der 
Larve des Tenthredo Grossulariae oder Nematus 
ventricosus, die viel bedeutendere Verheerungen an- 
richte. 

Eben so wenig sei bisher über die Lebensweise 
dieser vermeintlichen Raupe etwas mitgetheilt. Um 
die Lebensweise derselben kennen zu lernen, habe 
er eine Partie Larven eingesperrt und dabei beob- 
achtet, dass sie sich bis zu einer Tiefe von 3 Zoll 
nnter der Erdoberfläche verpuppen, aus denen schon 
theilweis im August die vierflüglichen, vollständig 
entwickelten Insekten ausschlüpften, während die 
übrigen erst im folgenden Frühlinge zur Entwicke- 
lung gelangen. Die Männchen sind ganz schwarz, 
während die etwas diekeren Weibchen einen gelb- 
lich orangefarbenen Leib haben. Sehr bald nach 
der Begattung legt das Weibchen die Eier an den 
Triebknospen ab. Im Frühlinge erscheine das Thier 
nicht auf einmal, sondern er habe in einem Zeit- 
raume von vier Wochen immer wieder junge, so 
eben erst ausgekommene Larven gefunden, was die 
Vertilgung ungemein erschwere und zur gründ- 
lichen Zerstöruug der Blätter viel beitrage. Auch 
habe er beobachtet, dass das Thier im vorigen 


Jahre mindestens 3 Generationen durchgemacht 
habe, wovon die beiden letzten allerdings viel 


schwächer und weniger zahlreich als im Frühling 
auftraten. 

In Folge der in der Erde stattfindenden Ver- 
puppung scheine es ihm zur Vertilgung angemessen, 
die Erde im Herbst in der Nähe der Sträucher in 
einer Tiefe von 4—6 Zoll fortzunehmen und auf 
der Erdoberfläche dünn auszustreuen, damit die 
Puppen durch Frost und Nässe getödtet werden. 
Die durch Fortnahme der Erde unter den Sträu- 
chern entstandenen Vertiefungen sind mit anderer 
Erde auszufüllen. Da die Larven träge und zur 
Erde gefallen sehr unbehülflic! sind, so kann man 
annehmen, dass sie sich auch zur Zeit der Ver- 
puppung nicht weit vom Strauche entfernen, son- 
dern nur in dessen Nähe in die Erde kriechen. 
Auch ein tiefes Vergraben der in der Nähe der 
Sträucher fortgenommenen Erde würde ein wirk- 
sames Vertilgungsmittel sein. 

Eindlich legte Inspektor Bouch€ zwei Proben 
einer Masse zur Befestigung der Wege in Gärten 
vor. Zur Herstellung dieser Masse wurden feine 
zerkleinerte Schlacken, wie sie beim Verbrennen 
der Steinkohlen zurückbleiben, sogenannte Stein- 
kohlen-Asche, verwendet. Die damit zu befestigenden 
Wege werden zuerst gehörig eingeebnet und zwar 
3 Zoll unter der normalen Höhe und Wölbung 
derselben, darüber breitet man die Steinkohlen-Asche 
aus, ohne sie festzuschlagen, und giesst die Zwischen- 
räume mit einer Üementmasse aus. Nachdem die 
Masse etwas fest geworden ist, lasse man 2 Zoll 
Erde darüber bringen und tüchtig mit Wasser be- 
giessen, damit der Cement unter dem Einfluss von 
Feuchtigkeit, langsam erhärte. Zu den vorgelegten 
Proben waren: bei der einen 4 Theile Sand und 
1 Theil Portland -Cement, bei der andern diese 
Mischung im Verhältniss von 5 zu 1 angewendet. 
Der ersten Mischung ist ohne Zweifel der Vorzug 
zu geben, weil die Masse, die man mit dem Na- 
men ÜConcret bezeichnen kann, fester wird. Hin- 
sichtlich der Kosten könne er noch keine Angaben 
machen, weil er vor einem und einem halben Jahre 
erst eine kleine Probe in Platten von 13 Fuss im 
Quadrat gemacht habe, und sich die Herstellungs- 
kosten erst bei grösseren Versuchen werden fest- 
stellen lassen. Diese Platten lagen auf einem Wege, 
der täglich betreten und zum Karren benutzt wurde, 
in derselben Höhe der Oberfläche, ohne dass sie 
gelitten hatten. Noch zweckmässiger würde es bei 
Anfertigung dieses Cements sein, die Steinkohlen- 
Asche vor dem Auftragen in einem Kasten hin- 
reichend mit Cement zu vermischen und alsdann 
auszubreiten, oder auch, wie bei Betanschüttungen, 
trocken mit der Steinkohlenasche zu vermengen und 
nach dem Auftragen tüchtig und wiederholt mit 
Wasser zu begiessen. 


27 


Da sich zwischen den Schlacken immer auch 
wirkliche Asche befindet, die aber der Verbindung 
hinderlich sein könnte, so muss diese vorher durch 
Aussieben entfernt werden. 

Ueber die ausgestellten Pflanzen berichtete 
ebenfalls Garteninspektorr Bouch@. Ausser den 
zur Verloosung unter die anwesenden Mitglieder 
vorhandenen Blumentöpfen hatte nur Obergärtner 
König aus dem Garten des Geheimen Kommerzien- 
rathes Raven in Moabit eine Schaupflanze der 
Erica melananthera ausgestellt. Es war wie- 
derum ein Exemplar, wie man es vor 2 Jahrzehn- 
ten bisweilen auf Ausstellungen sah, wıe sie leider 
aber in der neuesten Zeit kaum noch hier und da 
einmal herangezogen werden. Die Pflanze befand 
sich in einem 1lzölligen Topfe und hatte einen 
Durchmesser von 23 Fuss. Reichthum von Blüthen 
zeichnete das Exemplar besonders aus. Der Schau- 
pflanze wurde von Seiten der Preisrichter der Mo- 
natspreis zugesprochen. 

Garteninspektor Bouch@ legte weiter einen 
sogenannten Angurien-Kürbis (Cucurbita melano- 
sperma) vor und machte von Neuem auf ihn auf- 
merksam. Er wurde gegen das Jahr 1850 durch den 
botanischen Garten in Berlin eingeführt und ver- 
breitete sich auch in den Berliner und Potsdamer 
Gärten, aber auch ausserdem in Deutschland. Wäh- 
rend die Pflanze ausserordentlich weit rankt und 
allerhand Gegenstände rasch überzieht, ist die mehre 
Jahre dauernde und hübsch aussehende, weil grün 
und weiss marmorirte Frucht, im Winter aufgestellt, 
ebenfalls eine Zierde. 

Der Generalsekretär, Professor Koch, legte 
den Bericht des kaiserlichen Hofgartendirektors 
Antoine in Wien über seinen sommerlichen Auf- 
enthalt in London, wohin er auf die Aufforderung 
der Gartenbau-Gesellschaft in Wien von Seiten 
Oesterreichs geschickt worden war, vor und machte 
besonders auf die darin enthaltenen Mittheilungen 
über Heizung und Ventilation aufmerksam. Da er 
selbst zu ihrer Beurtheilung nicht die nöthigen 
Kenntnisse zu haben meinte, so ersuchte er irgend 
ein praktisches Mitglied unter den Anwesenden, für 
ihn die Berichterstattung zu übernehmen. Näheres 
hierüber wird demnach in der nächsten Versamm- 
lung am 27. Januar erfolgen. 

Der Schriftführer des Gartenbau-Vereins in 
Bremen, H. Ortgies, hatte in Folge einer Be- 
sprechung der letzten Obstausstellung in London 
im vorletzten Allerlei des vorigen Jahrganges der 
Wochenschrift (S. 375) die Mittheilung gemacht, 
dass, so schlecht auch im Allgemeinen die Obsterndte 
in Deutschland ausgefallen sein möge, man an einzel- 
nen Orten doch auch vorzügliche Obstausstellungen 
gehabt hätte. So wäre eine solche vom 30. Sep- 


tember bis 2. Oktober in Bremen gewesen, welche 
an Quantität und Qualität der Londoner nicht 
nachgestanden. Professor Koch fügte dem hinzu, 
dass die mit einer Zusammenstellung von Früchten 
verbundene Ausstellung von Pflanzen und Sämereien 
in Wien am 7. October ebenfalls sehr reich an 
Obst gewesen wäre. Er behalte sich vor, in einer 
der nächsten Nummern der Wochenschrift aus- 
führlicher über beide ÖObstausstellungen zu be- 
richten. 

Professor Koch machte Mittheilungen über 
die im März 1873 stattfindende grosse internatio- 
nale Pflanzenausstellung in Gent. Genannte Stadt 
habe den ältesten Gartenbau-Verein auf dem Fest- 
lande und sei von jeher eine Stätte für Pflanzen- 
und Blumen-Kultur gewesen. Wenn auch in jedem 
Jahre regelmässig von Seiten des dortigen Garten 
bauvereins Ausstellungen veranstaltet werden, so wird 
doch alle 5 Jahre noch eine besondere und grössere 
in’s Leben gerufen, welche die in dieser Zeit ge- 
machten Fortschritte in der Gärtnerei vollständi- 
ger vor die Augen führen soll. Die letzte fan 
im März 1868 statt (vergl. den Bericht darüber 
im Jahrgange der Wochenschrift S. 155). Wenn 
schon «diese letzte, sowohl durch ihren Inhalt, als 
durch ihre Ausdehnung, die Aufmerksamkeit der 
Anwesenden im hohen Grade in Anspruch nahm, 
so wird die vom März 1873 es gewiss nicht min- 
der thun und jene vielleicht noch an Grossartig- 
keit übertreffen. Man trifft schon jetzt Vorberei- 
tungen, um ein den jetzigen Ansprüchen nach- 
kommendes Lokal für die Ausstellung zu erhalten. 

Professor Koch legte wiederum 4 Photogra- 
phieen aus dem Garten des Fürsten Stigliano Co- 
lonna in Neapel vor und machte auf einige in die- 
sem sich befindliche interessante Pflanzen aufmerk- 
sam. Von dem schönen Garten selbst hatte er ausser- 
dem von dessen Obergärtner, Wenc. Krüpper, 
eine Beschreibung erhalten, die bereits in der ersten 
Nummer der Wochenschrift von diesem Jahre zum 
grossen Theil veröffentlicht ist, in der zweiten 
Nummer aber zu Ende geführt ist. 

Weiter sprach Professor Koch über die von 
Haage und Schmidt neu eingeführten beiden 
Gerardien und empfahl sie, gleich den Pentste- 
mons u. 8. w., Liebhabern und Gartenbesitzern. 
Dann machte derselbe Mittheilungen über den er- 
freulichen Aufschwung der Gärtnerei in den Nie- 
derlanden. Holland sei von Alters her das Land 
der Blumen gewesen und hätte sich diesen Ruf seit 
Jahrhunderten erhalten, bis in den ersten 3 und 4 
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts der Handel mit 
Pflanzen und Blumen abnahm und die Gärtnerei, 
wenigstens nicht in der Weise wie früher, vorwärts 


ging. Wesentlich mag wohl die Trennung Belgiens 
4* 


28 


von dem eigentlichen Holland, wohin sich der Han- 
del zunächst mit neuen Einführungen alsbald ge- 
zogen hatte, dazu beigetragen haben. Seit meh- 
‚, rern Jahren werden aber wiederum, besonders von 
Seiten Haarlem’s und Boskoop’s, grosse Anstrengun- 
gen gemacht, um den früheren Ruf wieder zu er 
langen. 

Bis jetzt hatten die Niederlande keine eigent- 
liche gärtnerische Zeitschrift. Die Flore des serres 
für die Niederlande, welche de Vriese in Leiden 
angefangen und Witte 5 Jahre hindurch fortge- 
führt hatte, war 1861 wiederum eingegangen. Die 
Nothwendigkeit, die blumistischen Neuigkeiten durch 
entsprechende Organe bekannt zu machen, wurde 
bald fühlbar. Im vorigen Herbste erschien zuerst 
das Album van Elden oder Haarlem’s Flora in 
kolorirten Abbildungen und wurde bereits zu Ende 
des vorigen Jahrganges der Wochenschrift ange- 
zeigt. Von dieser gärtnerischen Erscheinung legte 
Professor Koch jetzt das erste Heft vor, worin 
die schöne gefüllte Tulpe: Rex rubrorum mit bunt- 
gerandeten Blättern, in ausgezeichnetem Farbendruck 
dargestellt war. 

Eine zweite Zeitschrift wird der Chef des be- 
kannten Garten-Etablissements Krelage u.,Sohn, 
ebenfalls in Haarlem, leider ın holländischer, uns 
Deutschen meist zu wenig verständlicher Sprache 
herausgeben. Es führt den Titel „Gartenbau: Illu- 
strationen“ (de Tuinbouw-Illustratie) und wird in 
vierteljährlicben Heften erscheinen. Es sollen bier 
neue, seltene oder interessante Pflanzen bildlich 
durch Holzschnitte im Text gedruckt dargestellt 
werden und eine vollständige Beschreibung erhal- 
ten. Ausserdem werden allerhand mit der Gärt- 
nerei in Verbindung stehende Gegenstände, wie 
Anleitung über Aufstellung von Pflanzen, Blumen- 
parterres, neue oder seltene Obstgehölze und Pflan- 
zen, sowie Gemüse, ferner Instrumente u. s. w. ab- 
gehandelt werden. Da das Etablissement von Kre- 
lage seit dem Jahre 1811 existirt, so liegen natür- 
lich auch zahlreiche Erfahrungen vor, welche eben- 
falls der Zeitschrift von Zeit zu Zeit zu Gute 
konmen sollen. 

Bei der Verbreitung dieser Gartenbau-Illustra- 
tionen scheint man weniger das Ausland, als viel- 
mehr die Niederlande im weiteren Sinne, d.h. Hol- 
land und Belgien, in’s Auge gefasst haben, denn 
nur Subscribenten aus beiden Ländern haben ein 
Anrecht auf Prämien, welche aus verschiedenen 
Sämereien, Zwiebeln oder Knollen bestehen. Der 
Jahrgang kostet 3 holländische (oder süddeutsche) 
Gulden. 

Mit diesen Gartenbau -Illustrationen steht eine 
praktische Garten-Zeitschrift in Verbindung, welche 
der bekannte Inspektor des botanischen Gartens in 


Leiden, H. Witte, redigirt und den Namen Sem- 
pervirens führt. Es wird ebenfalls in holländischer 
Sprache geschrieben, giebt gar keine Abbildungen, 
sondern (nach der ersten Nummer) nur kurze Auf- 
sätze über allerhand gärtnerische Gegenstände. Sie 
ist das Organ der Königl. Niederländischen Garten- 
baugesellschaft Linnaeus.. Jede Woche erscheint 
ein Bogen in Klein-Quart. Der Jahrgang, direkt 
bei der Verlagshandlung D. B. Centen in Amster- 
dam bestellt, kostet 4 Gulden, durch die Post in 
Holland bezogen: 4 Gulden 90 Cents, in Belgien 
dagegen 5 Gulden 70 Cents. 

Mommerzienrath H. Arnoldi in Gotha hatte 
an den Professor Koch die plastische Nachbildung 
des in Thüringen beliebten Maischwammes, Agari- 
cus Pomonae, in einem besonders grossen und auch 
gelungenen Exemplare gesendet. Die Lamellen auf 
der Unterfläche des Hutes waren so deutlich vor- 
handen, als man sie irgend nur bei einem natür- 
lichen Schwamme sehen kann. Die Masse, aus der 
die Arnoldi’schen Schwämme (vergl. vorig. Jahrg. 
d. Woch. 8. 363) angefertigt werden, besteht nach 
Arnoldi keineswegs, wie in dem Berichte über 
die Sammlung nachgebildeter Schwämme oder Pilze 
irrthümlich gesagt worden ist, aus Gyps, sondern 
aus Papier-mach@e. Nur eine solche weiche Masse 
kann mit Vortheil zu dergleichen Nachbildungen 
benutzt werden und hat ausserdem den Vortheil 
einer geringeren Zerbrechlichkeit. 

Es wurde dem schon früher Gesagten noch er- 
gänzend hinzugefügt, dass die Arnoldi’sche Samm- 
lung nachgebildeter Schwämme in Lieferungen aus- 
gegeben wird, und zwar in jedem Jahre 3 und 4 
derselben. Die Lieferung, 12 bis 18 Stück ent- 
haltend, soll, einschliesslich den Karton und die Be- 
schreibung, 2% Thaler kosten. Einzelne Exemplare 
von Schwämmen werden zu 6 Sgr. berechnet. 
Ausser von E. W.Arnoldı kann man diese plasti- 
schen Nachbildungen auch durch die Hofbuchhand- 
lung von E. F. Thienemann in Gotha beziehen. 
Wenn früher die Art und Weise der Aufstellung 
auf dem Boden des kastenähnlichen Kartons als 
unpraktisch gerügt wurde, so theilt jetzt der Ver- 
fertiger mit, dass diesem Uebelstande bereits da- 
durch abgeholfen ist, dass der Boden, worauf die 
Pilze auf kleinen Klötzchen festgestellt sind, sich 
abnehmen lässt und dadurch ein leichterer und 
hellerer Anblick geworden ist. 

Professor Koch legte die 1. Lieferung eines 
Kryptogamen-Herbars, was die thüringischen und 
überhaupt norddeutschen ächten und unächten Farne 
enthält und von den Herausgebern einer andern 
plastischen Pilz-Sammlung: Apotheker v. Löseke 
und Lehrer F. A. Bösemann in Hildburghausen, 
jetzt neben dieser ebenfalls in den Handel gebracht 


29 


worden ist, vor. Die einzelnen Arten dieser Farne 
sind leicht auf Papier befestigt und richtig benannt. 
Die erste Lieferung der Sammlung besteht aus 13 
ächten Farnen, aus 5 Lykopodiaceen und aus 4 
Equisetaceen. Bei dem Interesse, was gerade die 
weniger bekannten Kryptogamen haben, dürften 
dergleichen Sammlungen ihre Kenntniss sehr er- 
leichtern. 

Baumschulbesitzer Wartenberg in Braunau 
machte in einer brieflichen Mittheilung auf die 
Wichtigkeit der Baumwärter für unsere öffentlichen 
Obstanpfanzungen aufmerksam. Er sei im ver- 
fossenen Jahre in Württemberg und auch in dem 
pomologischen Institute in Reutlingen gewesen und 
habe sich dort noch mehr davon überzeugt, dass 
die Heranziehung solcher Baumwärter weit vortheil- 
hafter für die Provinz und für die Landbewohner 
als die gelehrten Gärtner, die leider nur zu leicht 
vorkämen, weil auf dem Lande ihren Ansprüchen 
nicht oder nur ungenügend entsprochen werden 
könnte. Obstbau sei etwas, was, wenn es ordent- 
lich betrieben würde, Geld einbringe. So lange 
unsere Bauern bei ihren Anpflanzungen aber nicht 
durch geschickte Baumwärter unterstützt würden, 
könnten bei der allgemeinen Unkenptniss der Land- 
bewobner von der Behandlung der Obstbäume auch 
die Anpflanzungen nicht gedeihen. Soll dieses der 
Fall sein, so müssten die Obstbäume auch bestän- 
dig von sachkundiger Seite beaufsichtigt werden. 
Die Anstellung eines Baumwärters, dem zu gleicher 
Zeit die Aufsicht über die öffentlichen Anpflanzun- 
gen überwiesen wird, koste einem Kreise wenig 
Geld, was schon bald durch reichlichen Ertrag der 
Obstbäume ersetzt würde. 

Professor Koch machte wiederholt auf die 
grossen Verheerungen, welche die Weinlaus (Phyl- 
loxera vastatrıx) namentlich im Süden Frankreichs 
hervorruft, aufmerksam und warnt, Weinfechser etc. 
aus Frankreich zu beziehen. Wenn, wie es scheint, 
die Weinlaus auch ein warmes Klima verlangt und 
sie bei unseren harten Wintern, insofern sie nicht 
dann vielleicht tiefer geht, wo sie mehr geschützt 
wird, erfrieren würde, so ist und bleibt es immer 
eine gefährliche Sache, sobald wir sie einmal in 
Deutschland haben. Wem an guten auch richtig 
benannten Rebenarten liegt, braucht sich auch kei- 
neswegs nach Frankreich zu wenden, sondern kann 
sie in bester Gesundheit und Kraft mitten in 
Deutschland beziehen. Der bekannte Rebenken- 
ner und Weinzüchter, Stadtrath Thränhardt 
in Naumburg a. S., besitzt bekanntlich ein grosses 
Sortiment und hat eben ein Verzeichniss der von 
ihm abgebbaren und am meisten zu empfehlenden 
Sorten ausgegeben. 

Dr. Filly machte nach einer Abhandlung des 


ı damit in Verbindung stehenden 
ı einen Reifen wagerecht ausgebreitet werden. 


General Pleasonton Mittheilungen über den Ein- 
fluss des violetten Lichtes auf das Wachsthuw des 
Weinstockes, der Schweine und der Stiere. Diese 
Mittheilungen werden des Interesses halber als ein 
besonderer Artikel in der Wochenschrift abgedruckt 
werden. 

Von Seiten des Vorstandes des landwirthschaftli- 
chen Central-Vereines des Herzogthums Braunschweig 
war angefragt worden, welche Absichten der Ver- 
ein zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin über 
die Abhaltung der 6. Versammlung deutscher Po- 
mologen und Obstzüchter in diesem Jahre habe? 
Die Beantwortung wurde dem für diese Versamm- 
lung bereits ernannten Ausschusse überwiesen. 

Professor Koch legte die beiden ersten Hefte 
der illustrirten Berichte über Gartenbau vor, welche 
unter der Leitung und Verwaltung des pomologi- 
schen Institutes zu Ringelheim und des Professors 
Rodigas in Gent herausgegeben werden. Die 
Ausstattung dieser Berichte ist in hohem Grade 
elegant. Druck und Papier, ganz besonders aber 
die Abbildungen lassen nichts zu wünschen übrig. 
Diese illustrirten Berichte sind zu gleicher Zeit in 
drei Sprachen: der deutschen, englischen und fran- 
zösischen Sprache, auf 3 Spalten neben einander 
gedruckt. Bei den ganz ausserordentlichen Opfern, 
welche hier in pekuniärer Hinsicht gebracht werden, 
ist zu wünschen, dass diese Berichte auch einen 
diesen entsprechenden Absatz haben. Um diesen 
aber möglichst zu erhalten, würde es nothwendig 
sein, dass im dem, was gebracht wird, eine bessere 
Auswahl stattfände. Es sieht ın der That bisweilen 
aus, so wie bei der Darstellung der Berliner soge- 
nannten Brenn-Palme, der Curculigo recurvata, als 
hätte man überhaupt nur eine Abbildung geben 
wollen. Eine mehr wissenschaftliche und demnach 
auch gediegene Behandlung der Berichte, welche 
zu gleicher Zeit den Bedürfnissen entspräche und 
mit der Zeit vorwärts ginge, wäre im Interesse die- 
ser eleganten Zeitschrift für Gärtnerei sehr wün- 
schenswerth. 

Aus Rathenow hatte ein Obstfreund, L. Merkel, 
Öbergärtner der Ed. Borchmannschen Baumschulen 
zu Rathenow, einen Artikel eingesendet, der ein 
Mittel enthielt, um das Erfrieren der Obstblüthen 
im Frühjahre zu vermeiden. Es soll, wenn Frost 
im Anzuge ist oder des Nachts wahrscheinlich wird, 
langes, sogenanntes Schüttenstroh an dem oberen 
Ende einer langen Stange, welche den Obstbaum’ 
oder wenigstens die zu schützenden Aeste wenig 
überragt, befestigt und dann aufgestellt auf einem 
Drahtring oder 
Hat 
es vorher geregnet, so ist es gut, durch Schütteln 
den Baum erst von dem anhängenden Wasser zu be- 


30 


freien, umgekehrt soll das Stroh selbst etwas ange- 
feuchtet werden. Legt man das Stroh vor dem 
Gebrauche in eine konzentrirte Salz- oder Alaun- 
lage und lässt es dann trocknen, so ist es noch 
besser. 

Munst- und Handelsgärtner Späth theilte mit, 
dass er, und zwar in kürzester Zeit, grosse Sen- 
dung von allerhand Lilien, ganz besonders aber 
von Lilium auratum, aus Japan erwarte und dass 
er bereit sei, diese besonders in grösseren Partieen 
und um billige Preise weiter abzugeben. Es möch- 
ten daher diejenigen, welche darauf reflektiren, mit 
ihm sich in Verbindung setzen. Dieser Umstand gab 
dem Inspektor Bouch& Gelegenheit über den Ein- 
fluss des vorigen Sommers auf die Lilien überhaupt 
zu sprechen. Wenige Sommer möchten existirt 
haben, welche so nachtheilig auf die Entwickelung 
der Lilien gewirkt hätten, als der vorige. Er habe 
besonders durch die Freundlichkeit des bekannten 
Lilien-Liebhabers,Max Leichtlin in Karlsruhe, auch 
die neuesten amerikanischen Arten erhalten und auf 
diese Weise eine ansehnliche Sammlung von Lilien 
zusammengebracht. Dass viele von ihnen im Ver- 
lauf des Sommers ausgegangen seien, gebe er der 
feucht-kalten Witterung hauptsächlich Schuld. 


Die Produkte des Je: und Yarlenbaues 


auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen- 
burg vom 1. bis 5. August 1871, 


nebst einigen Bemerkungen über Land- und 


Gartenbau in Schweden überhaupt. 
Von Dr. Wittmack. 


(Fortsetzung). 


Indem ich mich jetzt zur Ausstellung der spe- 
cielleren Gartenbau-Producte selbst wende, kann ich 
mich hier um so kürzer fassen, als in Bezug auf 
Details die Ausstellung sich nicht sehr von den 
unsrigen unterschied. 

Die eigentliehen Gartenbau-Gegenstände (Gruppe 
VIII) waren eingetheilt in sieben Abtheilungen: 

I. Getriebene Gemüse. II. Früchte der Saison. 
III. Blumen und Blattpflanzen, wobei 4 Klassen: 
1. Klasse: Topfgewächse, 2. Klasse: Freilandpflan- 
zen, 3. Klasse: abgeschnittene Blumen, 4. Klasse: 
Blattpflanzen zu Gruppen für’s freie Land, denen 
auch die für Gewächshäuser geeigneten beigeordnet 


waren. IV. Bäume und Sträucher mit 3 Klassen. 
1. Klasse: die Früchte etc. selbst. 2. Klasse: 
Fruchtsäfte. 3. Klasse: essbare Schwämme. VI. 


Medicinische und technische Pflanzen. VII. Modelle 
und Zeichnungen zu Gewächshäusern und Anlagen. 
War im Allgemeinen, wie schon gesagt, die 


Zahl der Aussteller in einzelnen dieser Abtheilun- 
gen auch keine sehr grosse, da das Ganze eben 
nur einen Zweig der landwirthschaftlichen Aus- 
stellung bildete, so war dennoch das‘ Haus ganz 
gefüllt, und sogar ein Theil der Gehölze etc. musste 
noch vor demselben untergebracht werden. Sowohl 
durch das vorzügliche Arrangement des Director's 
Löwegreen, sowie auch die von Lange, wie durch 
die Qualität der meisten ausgestellten Gegenstände 
wurde dem Besucher volle Befriedigung gewährt. 
Beim Eintritt in das Haus wurde man zunächst 
durch den echt nordischen Charakter desselben 
überrascht. Die ganze Decke war mit grünen 
Fichtenästen ausgeschmückt, die dicht nebeneinan- 
der tropfsteinartig von der Decke herabhingen, 
dem Auge gleichsam einen nordischen Wald in der 
Höhe darbietend. Zugleich war dadurch auch ein 
gewisses Halbdunkel und eine ausserordentlich kühle 
angenehme Temperatur hergestellt, zumal die Tannen- 
reiser auch besprengt wurden. Wie der Director 
Löwegreen mir nachher mittheilte, hatte man diese 
Dekoration eigentlich nur aus Noth gewählt, da 
das Dach ursprünglich zu hoch war und die Räume 
dann zn schmal erschienen sein würden. Es war 
deshalb 10 Fuss unter dem Dach dies zweite Dach 
aus Tannenreisern hergerichtet worden, jedenfalls 
eine höchst originelle und hübsche Idee! 

Der mittlere Theil des Hauses, die Längsachse 
des Kreuzes so zu sagen, war theils von Gruppen 
immergrüner Gehölze und anderer Dekorations- 
pflanzen, theils von getriebenen Obstbäumen und 
Weinstöcken eingenommen. Den Hauptantheil hatte 
in ersterer Hinsicht die Gartengesellschaft in Gothen- 
burg (Director Löwegreen), in letzterer Herr James 
Dicksou, ein Gothenburger Kaufmann, und dessen 
Obergärtner James Loney, (ein Engländer). Vor 
Allem fielen des letzteren Zwergobst und ferner 
Weinstöcke in Töpfen in die Augen, deren Trau- 
ben von einer solchen Schönheit waren, wie man 
sie nur in den besten Treibereien Englands sieht. 

Die Querachse des Gebäudes diente einserseits 
zur Aufnahme der Pelargonien, Fuchsien, Gloxinien 
u. s. w., andererseits für Coleus, Achyranthes, Orchi- 
deen u. s. w., fast alles in trefflicher Kultur. Von 
den Ausstellern nennen wir besonders noch S. Lund- 
Leiberg in Gothenburg (Pelargonien, Fuchsien, 
Nelken, Reseda, Rosen), Obergärtner Wulf in Göte- 
borg und Lagklarebäck (Rosen), Carl Fr. Anders- 
son in Gothenburg (Bouquets und andere Blumen- 
dekorationen), sowie James Loney, C. P. Lange u. 
Director Löwegreen (Blattpflanzen). Interessant 
waren endlich zwei Schmarotzerpflanzen: Orobanche 
Hederae Vauch. und Cuscuta compacta, vom bota- 
nischen Garten in London. 

Obstbäume waren besonders von der Hillersjöer 


sl 


Gartenbau-Genossenschaft und L. D. Grangvist in 
Lerum und Aspenäs, Zierbäume von derselben und 
von Direktor Löwegreen, ausländische harte Ge- 
hölze ausserdem von Lund-Leiberg ausgestellt. 
Essbare Schwämme waren, da die Jahreszeit für 
frische nicht geeignet, meist nur eingemacht vor- 
handen. Für medicinische und technische Pflanzen 
hatte sich nur ein Bewerber, ©. P. Lange in Göte- 
borg und Lyckan, gefunden. 

Unter den ausgestellten Modellen und Zeich- 
nungen u. s. w. verdienen Erwähnung die Modelle 
von Beards Patent-Glasspalier, von Rendell’s Treib- 
kasten und von einem Vermehrungshause, alle 
3 von James Loney, dem Öbergärtner von 
Dickson in Oefveras ausgestellt, eine Karte über 
die Parkanlagen beim Schloss Karlsholm in Christian- 
stadslän von O. Hüttig in Göteborg und Betala, 
dem jetzigen Director des pomologischen Instituts 
in Geisenheim, ferner von A. Jenssen in Christia- 
nıa und Grönland und m. a. — Ganz besonders 
müssen aber mehrere Werke mit Abbildungen von 
dem Professor N. J. Andersson in Stockholm 
genannt werden: 

1) Sein Werk, betitelt: „Unsere besten essbaren 
Schwämme“ mit einer grossen Tafel in Farben- 
druck. Diese Arbeit hat den Zweck, auf die 
grosse Wichtigkeit der Schwämme für die Ernäh- 
rung des Menschen aufmerksam zu machen, ein 
Gegenstand, der glücklicherweise bei uns neuerdings 
auch wieder mehr Beachtung findet. 

2) „Unsere besten essbaren Flechten,“ 1. Auflage 
mit getrockneten Exemplaren. 2. Auflage mit einer 
Farbentafel. 

3) „Zwanzig botanische Wandtafeln“ für den 
Unterricht in Gartenbauschulen. 

4) Fünf grosse, in Rouleaux-Manier ausgeführte 
„Vegetations-Bilder‘ für denselben Zweck. Diese 
Abbildungen hängen auch in der botanischen Ab- 
theilung des vortrefflich geordneten naturgeschicht- 
lichen Reichsmuseums in Stockholm. 

5) „Schwedens Vegetation und kultivirten Ge- 
wächse mit 4 dazu gehörigen grossen Karten über 
die Getreideproduktion und die Verbreitung der Kultur- 
gewächse, ausgeführt auf der von der Gesellschaft für 
wechselseitigen Unterricht herausgegebenen grossen 
Karte von Schweden. 

Allem Anschein nach sind diese Karten eine 
vergrösserte Ausführung der bereits in dem Ein- 
gangs erwähnten Apercu vorhandenen kleineren. 

Vom Öberintendanten C. Holst in Christiania 
und Ladegaardsöen war eine Flechtensammlung, be- 
gleitet von einer geologischen und einer Höhen- 
Karte etc., ausgestellt. 

Nach dieser Besichtigung der Ausstellung lohnt 
es sich, das unmittelbar daneben belegene Etablisse- 


ment des Gothenburger Gartenvereins, einer 
Aktiengesellschaft, in Augenschein zu nehmen, 

Es ist dies ein schöner, fast parkartiger Garten 
in englischem Stil gehalten, der hauptsächlich als 
Vergnügungslokal dient. Er wurde auf dem Platze 
der ehemaligen Wälle errichtet und giebt dem Be- 
sucher eine bequeme Gelegenheit, sich von der 
grossen Sorgfalt einen Begriff zu verschaffen, die 
auf gärtnerische Anlagen in Schweden verwendet 
wird, freilich bis jetzt meist nur von Seite der be- 
güterten Klassen. 

Der Garten wurde 1842 angelegt, umfasst ca. 
17 Tonnen Land (ca. 35 Morgen), und bietet eine 
reiche Fülle mit einander abwechselnder Bosquets, 
Rasenplätze und Blumenpartieen. Unmittelbar da- 
neben fliesst ein Kanal, der ehemalige Stadtgraben, 
welcher nicht wenig zur Belebung des Ganzen bei- 
trägt. Eine hübsch gebaute Restauration, sowie 
eine Musikhalle daneben sorgen für leibliche und 
geistige Genüsse. Der Director des Gartens, der 
schon mehrmals genannte Löwegreen, ist, wie 
alle neueren Anlagen des Gartens beweisen, unab- 
lässig bemüht, noch schönere Partieen anzulegen, 
und das Alte entsprechend umzuwandeln. In die 
Augen fallend ist besonders der vortreffliche Rasen, 
den man hier, wie vielfach in Schweden, in einer 
Schönheit findet, wie ihn nur die englischen Parks 
und vielleicht bei uns der Babelsberger Park bie- 
ten. Es ist das natürlicherweise mit eine Folge 
des See-Klima’s, welches auch gestattet, das Gras 
mit Rasenscheer-Maschinen abzuschneiden. (In Go- 
thenburg war es die neuere Maschine von Williams, 
die sich auch im landwirthschaftlichen Museum be- 
findet.) In Folge der verhältnissmässig milden Tem- 
peratur kommen in Gothenburg auch eine grössere 
Zahl von Gehölzen, die bei uns kaum aushalten, 
ganz gut durch den Winter, wie denn ja überhaupt 
Gothenburg (57° 42°) bekannt ist wegen der gün- 
stigen Vegetationsverhältn’sse.. Im letzten Winter 
war freilich die Kälte fast ebenso gross, wie bei 
uns, sie betrug im Dezember und Januar bis 33 Gr. 
Cels. (26,4 Gr. Reaum.), im Februar und März 
15—25 Gr. Cels. (12—20 Gr. Reaum.), während 
die mittlere Jahrestemperatur + 6,93 Gr. ist. 

Man deckt dort gewöhnlich die Pflanzen nicht 
vor Februar und März, weil dann meistens erst die 
grösste Kälte eintritt, in diesem Jahre aber fing 
man eben wegen des abnormen Winters etwas früher 
an. Auch in Gothenburg ist man äusserst vor- * 
sichtig bei dem Abdecken, da nur zu leicht durch 
späte Nachttröste die Pflanzen leiden. 

Von Koniferen, die vollkommen hart in Gothen- 
burg sind und ohne Decke aushalten, notirte ich: 

Abies alba M. (ein 5jähriges Exemplar 8° hoch), 
Abies balsamea Loud. Abies Menziesii, Abies Nord- 


32 


manniana Loud., Abies orientalis Poir., Abies pec- 
tinata, Abies Pichta; ferner Cephalotaxus Fortunei, 


Cupressus Lawsoniana und fast alle Cupressus, Ju- 


niperus Sabina, sinensis und squamata, Picea ex- 
celsa var. norwegica (von Peter Smith in Berge- 
dort bei Hamburg erhalten!), Pinus austriaca Host, 
Cembra L., pennsylvanica, T'huja gigantea, orien- 
talis, orientalis var. aurea, Warreana (die beste von 
allen) etc. 

Dagegen ist empfindlich: Abies Smithiana Loud., 
amabilis, grandis, nobilis etc. Letztere war im 
Winter mit einer Bastmatte gedeckt, erfror aber 


nach dem Abdecken im unteren Theil gegen Ende | 


Mai, wo plötzlich in der Nacht eine Kälte von 5 Gr. 
Cels. eintrat. Podocarpus wäre vielleicht gut ge- 
blieben, wenn er nicht auch zu früh abgedeckt 
wäre. Ferner müssen gedeckt werden: 'Taxus ad- 
pressa, hybernica, pyramidalis, Tsuga Lobbii. 

Die Wellingtonie, ein schönes Exemplar, 1860 
ausgepflanzt und damals 1, jetzt 12 Fuss hoch, 
seit der Zeit ohne Decke, ist diesen Winter an den 
unteren Zweigen ziemlich erfroren, hat aber voll- 
ständig wieder ausgetrieben. 

Noch empfindlicher sind Abies cilicica (cepha- 
lonica) und Pinsapo, Cryptomeria elegans und ja- 
ponica, sowie Juniperus suecica. 

Pinus Strobus, die im südlichen Schweden, in 


Schonen, ziemlich gut gedeiht, kommt im Gothen- | 


burger Garten nicht fort und erhält leicht weisse 
Läuse; ebensowenig gedeiht Larix decidua. 
scheinlich passt Beiden der schwere blaue Thon, 
aus welchem dort der Boden besteht, nicht, da sie 
nach Andersson sonst im mittleren Schweden 
deihen. 

An Laubhölzern sind die Ahorne, wenigstens 
die feineren, fast alle etwas empfindlich. Acer Ne- 
gundo z. B. bleibt immer strauchartig. Dagegen 
ist Prunus triloba ganz hart, ebenso eine Trauer- 
weide, die als Salix babylonica hier geht, nach Pro- 
fessor Koch’s Untersuchungen aber Salıx elegantissima 
ist. Eine andere Weide, Salıx dasyclados Wim,., 
ist nicht nur ein schöner Zierbaum, sondern auch 
in ökonomischer Hinsicht wichtig, da sie die Stelle 
der Korbweide vertritt. Die gröberen Korbarten 
werden alle daraus hergestellt, während zu den fei- 
neren massenhaft Weidenruthen aus Deutschland 
importirt werden. 

Neu war für mich eine Pirus prunifolia var. 
pendula, eine aus dem Garten des landwirthschaft- 
lichen Experimentalfeldes bei Stockholm verbreitete 
hübsche Varietät, deren Zweige sich zur Erde nei- 
gen nnd lang hinkriechen. Der Preis beträgt in 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


Wahr- | 


ge- | 


| Stockholm pro Stück 1 Rthlr. schwed. — 114 Sgr. 


Interessant war es, eine Anzahl Evonymus na- 
na M.B. zu sehen, die ohne alle Decke im Freien 
ausgehalten hatten, was sich wohl durch die hohe 
Schneedecke erklärt. Director Löwegreen hatte 
auch sogar Evonymus japonicus im Freien, nur um- 
bunden, gut überwintert und will im nächsten Jahre 
ihn ganz ohne Schutz durchzubringen versuchen. 

Das schöne ÖOrangerie- und Palmenhaus stand 
diesen Augenblick ziemlich leer, da die meisten 
Pflanzen zur Dekoration in der Ausstellung ver- 
wendet waren. 

Aufmerksamkeit erregte eine Sammlung von 
4—500 Rosen im freien Lande, desgleichen die 
zahlreichen Georginen, die Direktor Löwegreen von 
Deegen in Köstritz bezieht. Es waren im Garten 
nicht weniger als 18,000 in diesem Jahre aus Steck- 
lingen gezogen worden, da sie einen Haupthandels- 
artikel bilden. Ebenso waren Pelargonien, von 
denen jährlich 6—8000 Skarlett-Pelargonien ver- 
kauft werden, noch zahlreich vertreten. Desgleichen 
eine grosse Anzahl Weinstecklinge, von denen auch 
6— 8000 abgesetzt werden, etc. etc. 

Die Baumschulen zeigten alle eine gute Kultur, 
namentlich zeichneten die Koniferen sich durch ein 
kräftiges Wachsthum aus. 


(Schluss folgt.) 


Pomologisches Institut 


in Reutlingen. 


Das Sommerhalbjahr für die höhere Lehr- 
Anstalt für Pomologie und Gartenbau, 
sowie für die Garten- und ÖObstbauschule 
beginnt den 4. März und dauert bis Ende Sep- 
tember; zugleich nimmt der 2% Monate dauernde 
Kursus für Baumwärter seinen Anfang, wel- 
cher am 18. Mai geschlossen wird. 

Die in dieser Zeit vorzutragenden Lehrfächer 
sind: Theorie des Gartenbaues, Obstbaumzucht, 
Baumschnitt, Pomologie, Weinbau, Landschaftsgärt- 
nerei, Blumenzucht, Gemüsebau, Botanik, Agrikul- 
tur-Chemie, Entomologie, Buchführung, Plauzeichnen. 

Statuten stehen gratis zu Diensten. 


Dr. Eduard Lucas. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


Berlin, Münz-Strasse No. 13, 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 5. 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Berlin, den 3. Februar 


Inhalt: Zwei Obstausstellungen des verflossenen Herbstes: I. Die Obstausstellung in Bremen. II. Die Obstausstellung in Wien. 


— Die Produkte des Feld- und Gartenbaues auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothenburg vom 1. bis 5. Au- 
gust 1871, nebst einigen Bemerkungen über Land- u. Gartenbau in Schweden überhaupt. Von Dr. Wittmack. (Schluss.) 
— Einige Nachträge zur Trauerweide, sowie zur Artischocke, resp. Kardene. — Palmen- und andere Sämereien aus 


Martinig ue, Bm 


Zwei Obstausstellungen 
des verflossenen Herbstes. 


Wir haben im vorigen Jahrgange der Obstaus- | 
stellung in London gedacht (S. 375) und über den | 


Reichthum an Obst, der vorhanden, gesprochen. 
Dass zum grossen Theil, besonders in Norddeutsch- 
land, unsere Obsterndte missrathen war, wird wohl 
auch der Berichterstatter der Bremer Obstausstel- 
lung zugeben müssen. Dass bei jeder Misserndte 
es stets, besonders feineres Obst von Formenbäu- 
men und Topforangerie, giebt, ist natürlich, weil 
dergleichen Obst unter specieller Aufsicht und unter 
grossem Schutze heranreift. Wenn solches Obstauch, 
und selbst in Menge vorhanden ist, so kann doch 
immer auch eine Misserndte, wie im vorigen Jahre, 
existiren. Von Misserndten kann überhaupt nur bei 
Massen-Produktionen, also bei Kulturen im Freien 
und im Grossen, die Rede sein. Ichkannin einem 
Garten vorzügliche Frühkartoffeln und deren selbst 
in Menge heranziehen und doch hat vielleicht der 
Landmann auf seinen Feldern eine schlimme Miss- 
erndte. Bei der Obstausstellung in London handelte 
es sich hauptsächlich um Obst für den grossen 
Markt; dieses konnten die Engländer auch nach 
dem in der Wochenschrift gegebenen Bericht über 
den Ausfall der Obsterndte mehr und besser herbei- 
schaffen, als wir in Deutschland. Die 6. Versamm- 
lung deutscher Pomologen und ÖObstzüchter in 
Braunschweig ist nur allein deshalb ausgefallen, 
weil fast sämmtliche Pomologen, Superintendent 


| Oberdieck an der Spitze, meinten, dass eine 


Ausstellung von Obst, wo hauptsächlich auch die 
grossen Kulturen vertreten sind, nicht möglich sei. 

Nichtsdestoweniger legen die Obstausstellungen 
in Bremen und Wien ein lautes Zeugniss ab, dass 
unser deutscher Obstbau sich in den letzten Jahren 
ausserordentlich gehoben haben muss, wenn bei 
Misserndten noch solche Obstausstellungen, wie sie in 
Bremen und Wien stattgefunden haben, noch mög- 
lich sind. Wir sind den Berichterstattern sehr dank- 
bar und glauben im Interesse des Obstbaues selbst 
zu handeln, wenn wir die schriftlichen Mittheilun- 
gen des Schriftführers des Gartenbauvereines in 
Bremen und die bereits im Gartenfreunde, dem 
Organe des Gartenbauvereins in Wien, veröflent- 
lichten Berichte des Vicepräsidenten Prof. Dr. Fenzl 
zur weiteren Kenntniss bringen. 


I. 


Die Obstausstellung in Bremen. 


Soeben ersehe aus Ihrer mir so lieben Wochen- 
schrift bei dem inter. Referate über die Obstaus- 
stellung in Kensington, dass „eine solche in Deutsch- 
land wegen totaler Misserndte unmöglich gewesen 
wäre.* Ich bin in der glücklichen Lage, Ihnen 
mittheilen zu können, dass wir in unserm kleinen 
Freistaat eine sehr schöne Öbstausstellung gehabt 
haben,*) die freilich weniger durch die Menge des 


*) Oberdieck sagte mir: „sie gab mir so reiches Material, 
dass ich daraus mein ‚‚bestes Buch‘‘ anzufertigen hoffe.‘ 


5 


34 


Obstes, ale vielmehr durch dessen Schönheit und 
vollkommene Ausbildung der meisten Früchte, die 
an Zwergbäumchen erzogen waren, Werth erhielt. 


Das Obst von Topfbäumchen von Warneken 
war so ausgezeichnet, dass es den Vergleich mit 
französischen Früchten sehr wohl ertragen konnte. 
Wir waren so glücklich, solche Vergleichung an- 
stellen zu können, denn Andr@ Leroy in Angers 
hatte uns 900 Birnen in 380 Sorten, dazu noch 
einige Quitten, Mispeln gesandt. Die Gebrüder 
Baltet, welche in England. solche Triumphe ge- 
feiert, hätten uns auch gern gegeben, wenn neben 
dem, was für England bestimmt war, noch würdige 
Ausstellungsfrüchte übrig geblieben wären. Da- 
gegen hatten Baumann u. Sohn in Bollviller 
(Elsass) uns geliefert, was sie bei der Misserndte 
nur hatten auftreiben können: 44 Sorten Birnen 
und 12 Weintrauben. Müllerklein in Karlstadt 
a. M. in Bayern hatte 30 Sorten Birnen, 36 Sor- 
ten Aepfel und 3 Sorten Pfirsiche (neben sehr 
schön gezogenen Formenbäumen) gesandt. General- 
Konsul Lürman bewarb sich mit 98 Sorten zehn- 
mal, die Gebrüder Begemann mit 79 Sorten 
sechsmal. Aus dem Garten der Taubstummen-An- 
stalt waren 94 Birnen- und 38 Apfelsorten geliefert. 


Es, waren ungefähr 20 Aussteller von Obst, die 
beinahe 1,200 Partieen geliefert hatten, vorhanden. 


Von Pfirsichen und Pflaumen, die in London 
ohne Bedeutung waren, sah man bei uns herrliche 
Exemplare und von ersteren ganze Körbe voll. 


Als Beispiel, wie Einzelne unter den Ausstel- 
lern bemüht waren, nur Vorzügliches und Werth- 
volles zu liefern, führe ich an, dass um den ersten 
Preis: 36 Birnensorten zu 3 Stück, drei Bewerber 
sich eingefunden hatten, von denen ein Jeder die 
Aufgabe so meisterhaft gelöst hatte, dass die Preis- 
richter (unser Altvater der Pomologen, der Super- 
intendent Oberdieck, an der Spitze, dann In- 
spektor Palandt aus Hildesheim und Joh. Depken 
von bier) nach langem Hin- und Herschwanken 
sich schliesslich genöthigt sahen, wenigstens Zweien 
einen ersten Preis zu geben und dem Dritten den 
zweiten. 


Die Ausstellung im Allgemeinen — es waren 
auch Pflanzen und Gemüse vertreten — hatte 62 
Aussteller, unter diesen 17 Auswärtige; von den 


48 Preisaufgaben waren so viele gelöst, dass 31 
silberne Medaillen und 92% Louisd’or vertheilt wor- 
den sind. Ausserdem wurden noch als Extrapreise 
19 silberne Medaillen und eine ehrenvolle Aner- 
kennung zugesprochen. 


Aus den monatlichen Mittheilungen des Kieler 
Gartenbau-Vereins ersehe ich auch, dass dort eben- 


falls eine recht gelungene Obstausstellung gehal- 
ten ist. 
H. Ortgies, Schriftführer. 


IT% 
Die Obstausstellung in Wien. 


Keine der bisher von der Gartenbau-Gesellschaft 
gegebenen Herbstausstellungen brachte eine solche 
Fülle edler Obstsorten zur Schau, als die diesjäh- 
rige, was um so anerkennungswerther erscheint, als 
die diesjährigen Witterungsverhältnisse sich nichts 
weniger als vortheilhaft für diesen Zweig der Gärt- 
nerei gestaltet hatten. x 

Mit Ausschluss aller Sortimente unbenannter 
Obstsorten, welche man gering berechnet auf 200 
Nummern veranschlagen kann, wurden von speciell 
benannten Sorten nahe an 1,300 Nummern, im 
Ganzen somit 1,500 Nummern, in mindestens 6,000 
Exemplaren ausgestellt. Eine Ausstellung, von der 
man, abgesehen von der Qualität der Sorten, nicht 
wird behaupten können, dass sie eine ärmliche war. 
Aber auch in letzterer Hinsicht liess sie nur wenig 
zu wünschen übrig. Neben den älteren Sorten be- 
gegnete man einer gar nicht unbedeutenden Anzahl 
anderer neuester Einführung und besonderer Güte. 
Wohl aber fehlte beinahe durchgehends das Heer 
gemeinen Obstes, dessen Nichterscheinen an diesem 
Orte man übrigens nicht zu bedauern hat. Man 
trifft solches zur Genüge auf unseren Märkten. 
Allerdings würde letzteres ein treueres Bild der 
Obstproduktion unseres Landes geliefert haben, als 
die diesjährige Obstausstellung, und sicher hätten 
Aussteller solcher Sorten nicht versäumt, gehäufte 
Teller davon auszustellen, während der Züchter 
edler oder neuer Obstsorten oft selbst nicht im 
Stande war, zum ersten Male mehr als ein Paar 
Stücke zur Schau zu stellen. Welche pekuniären 
Opfer zudem noch jeder Aussteller feiner Obstsor- 
ten brivgt, wissen die Wenigsten, und begreift nur 
Derjenige, welchem die hohen Preise bekannt sind, 
die Frucht- und Delikatessenhändler für ein Stück 
dem Producenten ohne Widerrede zahlen, und wie 
selten ausgestellte Stücke zu verwerthen sind. 

Wem die Zahl von 24 Ausstellern viel zu un- 
bedeutend für eine solche Ausstellung erscheint, so 
mag derselbe in Hinblick auf den Zweck, welchen 
derartige Schaustellungen haben, und den Erfolg, 
welchen sie auf die Obstbau treibenden Klassen 
der Bevölkerung üben sollen, immerhin Recht ha- 
ben. Das Mehr bleibt stets sehr erwünscht, nur 
lässt es sich nicht so leicht beschaffen, als Manche 
wähnen. Noch vor wenigen Jahren schätzte sich 
die Gesellschaft glücklich, wenn sich mehr als fünf 


35 


Aussteller feinerer Obstsorten einfanden, gegenwär- 
tig hat sich deren Zahl verdrei- und vervierfacht. 
Dabei ist weder die Zahl, noch der Betrag der 
Preise gestiegen, wohl aber die Einsicht der be- 
triebsamen Züchter, durch Schaustellung ihrer Pro- 
dukte sich einen grösseren und lukrativeren Markt 
zu verschaffen, und zwar nicht blos für ihre Früchte, 
sondern auch für die Nachzucht der Bäume, welche 
diese geliefert haben. Der Vorwurf billiger Re- 
klame, den man ihnen aus ihrem regelmässigen Er- 
scheinen auf den Ausstellungen macht, erscheint 
ebenso lächerlich, als das ihnen unterschobene Mo- 
tiv der Jagd nach Preisen gemein. Durch die 
Mannigfaltigkeit und Güte ihrer ausgestellten Er- 
zeugnisse bestimmten sie Viele zur Anzucht von 
edleren Obstsorten und fördern damit direkt die 
von der Gesellschaft angestrebte Verbreitung der- 
selben in den wohlhabenderen Kreisen der Bevöl- 
kerung. Durch ihr regelmässiges Erscheinen auf 
den Ausstellungen bewähren sie sich als solide Fir- 
men und fordern nachgerade durch ihr Auftreten 
andere zur Mitbewerbung heraus. Die Preise, 
welche sie sich dabei erwerben, sind wahre Ehren- 
preise, denn ihr Geldeswerth ist selten so bedeu- 
tend, dass er die Hälfte, oft nicht einmal diese, 
der für die Beschickung der Ausstellung ausgeleg- 
ten Kosten deckt. Die Reklame, die diese Aus- 
steller auf diesem Wege üben, ist die berechtigtste, 
die ehrenhafteste und vortheilhafteste, sowohl für 
die Zwecke der Gesellschaft, als wie für die des 
Staates. Aufgabe der Gartenbau-Gesellschaft be- 
züglich der Obstbaumzucht bleibt immer nur die 
Förderung der verfeinerten, höheren Obstzucht, mit 
der sich der einfache Landwirth gar nicht oder nur 
selten zu befassen im Stande ist. Die ihm förder- 
lichen Kenntnisse dafür zu verschaffen und zu ver- 
breiten, bleibt Aufgabe der Landwirthschaft. 
Zurückkehrend auf unsere diesjährige Obstaus- 
stellung, zeigte sich ein fühlbarer Mangel an spät 
reifenden Steinobstsorten und Tafeltrauben, während 
bei den Herbst- und Winterbirnen die Zahl der 
Nummern 400, bei den Aepfelsorten die von 650 
weit überstieg. Als die sortenreichste Sammlung 
erwies sich die des freiherrlich Geymüller’schen 
Schlossgärtners Illenberger aus Hollenburg in Un- 
terösterreich; als die korrektest-bestimmte und eti- 
kettirte von allen die von Kienast aus dem Garten 
des Stiftes St. Florian in Oberösterreich; als die 
ausnehmend feine und seltene Sorten von Birnen 
und Trauben aufweisende: die des Privaten Filipp 
Pokorny, alle von ÖOriginalstämmen gewonnen, 
welche derselbe aus den renommirtesten Quellen 
in Frankreich bezog und seit mehrern Jahren auf 
seinem Besitze zu Trautmannsdorf in Unteröster- 
reich erfolgreich kultivirt. An diese Sammlungen 


schlossen sich, an Mannigfaltigkeit und Vorzüglich- 
keit der Sorten unter einander wetteifernd, die 
von Bachrath, Bruckner, Fitzner, Jrasek, v. Mer- 
tens, Peikert, Rosenthal, Russwurm, Schilhan, Ske- 
bra und Swoboda’s Neffe an. Sehr erfreulich war 
die sich jährlich mehrende Betheiligung ungarischer 
Züchter an unserer Ausstellung, namentlich die Be- 
schiekung derselben mit 80 Trauben durch den 
landwirthschaftlichen Klub in Pressburg. 

Sehr belehrend und für die Meisterschaft der 
betreffenden Aussteller sprechend, erschienen die 
von den Züchtern Bachrathy, Bruckner, Hengel jun. 
und namentlich von Schilhan ausgestellten Form- 
bäume, sowie die von Rosenthal und Kienast ein- 
gesendeten, mit Früchten beladenen Topfobst- 
bäumchen. 

Vollkommen berechtigt erscheinen die von Fach- 
männern erhobenen Klagen über die theils falsche, 
theils verschiedenartige und dadurch verwirrende 
Nomenklatur der Fruchtsorten. 

Dieser Uebelstand macht sich übrigens auf allen 
Ausstellungen, auch in anderen Ländern, geltend, 
und ist erfahrungsmässig sehr schwer zu beseitigen. 
Eine Erörterung der Ursachen dieser Kalamität und 
der Mittel, ihr zu begegnen, wäre hier nicht am 
Platze. Dasselbe gilt auch von den mitunter sehr 
groben orthographischen Schnitzern in der Etiket- 
tirung nicht blos des Obstes, sondern auch der 
Gemüse und Pflanzen. Hier fehlt es zumeist an 
der elementaren Bildung der Aussteller und ihrer 
Hülfsorgane. Sie aufzusuchen und zu verbessern, 
kann dem so vielfach in Anspruch genommenen 
Ausstellungs-Comit@ nicht zugemuthet werden. 

Prof. Dr. Ed. Fenzl, Vicepräsident. 


Die Produkte des Se: und Yarlendaues 


auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in Gothen- 
burg vom 1. bis 5. August 1871, 


nebst einigen Bemerkungen über Land- und 


Gartenbau in Schweden überhaupt. 
Von Dr. Wittmack. 
(Schluss). 


Die Treibereien von James Dickson in Oefve- 
ras bei Gothenburg: 

Was man in Berlin leider noch so wenig ver- . 
steht und erst in allerneuester Zeit mehr zu kulti- 
viren beginnt: das ‚„Sommerwohnen“, das betreibt 
man in Gothenburg, einer Stadt von 60,000 Ein- 
wohnern, wie auch in Stockholm und Kopenhagen, 
par excellencee.e. Man scheint sich hier ein Muster 
an Paris und namentlich an London genommen zu 


5* 


36 


haben. Eine beträchtliche Anzahl von Kaufleuten 
wohnt in den zahlreichen Badeörtern an der Küste 
auf den oft schön bewaldeten Felseninseln, den 
Scheeren; des Nachmittags geht's per Dampfschiff 
hinaus und des Morgens wieder hinein. Ein ande- 
rer Theil wohnt mehr in der Nähe der Stadt und 
die ganze Umgegend zeigt daher eine grosse An- 
zahl von Villen. Einzelne wohnen auch weiter hin- 
aus, in Partilled und Jonsered, den beiden nächsten 
Eisenbahn-Stationen, und alle Theilnehmer der 
Ausstellung werden mit Entzücken des schönen 
Abends in Jonsered gedenken, wo sie sich, nach- 
dem unten an der brausenden Sävea die schöne 
Villa von Dickson, und die grossartige Spinnerei 
und Segeltuchfabrik von Tibson und Söhne besich- 
tigt waren, hinauf zur reizenden Besitzung von 
Gibson begaben. 

Hier bot sich von der hoch oben an den steilen 
Ufern des Aspen-Sees belegenen prächtigen Villa 
eine Aussicht dar, die fast der auf den Achensee 
in Tyrol zu vergleichen wäre. Die schwedische 
Gastfreundschaft ist berühmt, sie machte sich auch 
hier, wie überall, in der glänzendsten Weise geltend. 

Fast jede Villa übrigens ist auf's Eleganteste 
eingerichtet, als hervorragendste von allen dürfte 
aber wohl die des schon erwähnten Besitzers James 
Dicekson in ÖOefveras zu betrachten sein, kaum 
eine halbe Stunde von Gothenburg belegen. Es 
ist hier nicht der Ort, das Innere der Villa zu be- 
schreiben; es soll hier nur von dem schönen Park 
und den berühmten 'Treibereien die Rede sein. Da 
der Park an einem steilen Berge belegen ist, so 
bat es viele Mühe gekostet, überall die nöthige 
Erde hinzuschaffen. Hier, wie vielfach um Gothen- 
burg, tritt der nackte Fels zu Tage, und bei der 
sonst hübschen Lage Gothenburg’s ist -es immerhin 
als ein Mangel zu betrachten, dass die Berge des 
saftigen Grüns entbehren, besonders an den nach 
dem Thale des Göthaflusses liegenden Seiten. Erst 
in neuester Zeit hat man Versuche gemacht, die- 
selben wieder zu bewalden, aber leider ist öfter 
von ruchloser Hand manch junger Baum wieder 
abgeschnitten und als Brennholz benutzt worden. 
Der gemeine Schwede, insbesondere der Bauer, 
kann sich noch immer nicht von dem Gedanken 
entwöhnen, dass jeder ihm zunächst stehende Baum 
auch als Brennholz dienen müsse. 

Dickson kaufte vor 6 Jahren den höchsten 
von den seiner Besitzung benachbarten Felsen, wenn 
mir recht berichtet wurde, für 60,000 schwedische 
Thaler (ca. 22,500 Thlr. preuss.) an, legte einen 
Weg hinauf und machte sich so einen der schön- 
sten Aussichtspunkte der Umgegend zugänglich. 
Eine Inschrift an der höchsten Spitze meldet, dass 
auf diesem Platze die Sonnenfinsterniss am 28. Juli 


1851 von dem Königlichen Astronomen G. B. Airy 
von Greenwich beobachtet wurde. Es würde zu 
sehr ermüden, den schönen Park und die sonstigen 
Anlagen zu beschreiben, nur wenige Worte aber 
mögen über die wahrhaft grossartigen und dabei 
äusserst eleganten Treibereien gesagt werden. Diese 
liegen nicht im Park selbst, sondern auf der an- 
deren Seite der Villa, jenseit der Landstrasse. Von 
dem Berge herab hat man eine gute Uebersicht 
über dieselben. Zwei ca. 100 Fuss lange, 35 Fuss 
breite und 18 Fuss hohe, parallel neben einander 
liegende Häuser aus Eisen und Glas bilden die 
Längsachse, hinter ihnen und zur Seite liegen nie- 
drige Häuser quer dagegen. Jene beiden ersteren 
dienen, das eine zur Zucht von feinen Birnen, 
Aepfeln und frühen Kirschen, das andere zu der 
von Pfirsichen, Nektarinen, Aprikosen und feinen 
Pflaumen. Durch die Mitte jedes Hauses führt ein 
Weg und ihm zur Seite sind in geraden Reihen 
fast alleeartig die edelsten Sorten der genannten 
Früchte in Form von Hochstämmen, Pyramiden, 
Spalier- und Zwergbäumen angepflanzt. Nach den 
gütigen Mittheilungen Dickson’s eignen sich von 
Birnen dort am besten: William’s Christbirne, Du- 
chesse d’Angoul&me, Beurr@ Bachelier, B. superfin, 
B. Boussoch, Winter-Nelis, Marie Louise, Louise 
bonne d’Avranche, Huysch Victoria und Bergamot, 
Bergamot d’Esperen, Beurre Dumont etc. Von 
den kleineren Häusern sind vier von je 40 Fuss 
Länge, 15 Fuss Breite und 15 Fuss Höhe (an der 
Rückwand), sowie drei andere von je 36x16x15 
Fuss für die Weinkultur bestimmt, und wenn schon 
auf der Ausstellung der Dickson’sche Wein in 
Töpfen allgemeines Aufsehen erregt hatte, so musste 
man hier noch mehr erstaunen, als durchweg sämmt- 
liche Stöcke voll der herrlichsten, fast noch grösse- 
ren Trauben hingen. Es waren nur wenige Sorten, 
besonders: Muscat of Alexandria, Black Hamburgh 
(Hambro), Lady Downs Seedling und Forsters 
Seedling, Escholoda superba, Sweetwater, blauer 
Frontignan, Raisin de Calabre, die in den mit 
Wasserheizung versehenen Häusern bequem Platz 
hatten. Jetzt sind, wie mir Dickson mittheilt, Royal 
Ascot, Mrs. Pinco? Madrofield? Coun und Forsters 
Seedling gepflanzt, um die nicht gut gedeihenden 
Golden Hamburgh, Royal Vineyard, West St. Peter 
und Hamburgh Muscat zu ersetzen. Ausserdem 
finden sich noch zwei Ananashäuser, das Frucht- 
haus von 45 Fuss Länge, 20 Fuss Breite und 12 
Fuss Höhe, das Vermehrungshaus 80 x15x%9 Fuss, 
sowie ein Haus für Erabeeren, in welchem auch 
Pfirsiche, Feigen, Wein in Töpfen ete. Die Haupt- 
sorten sind Queen, Jamaika und Cayenne. Hinter 
den Häusern ist dann noch ein ziemlich grosses 
Quartier, wo ca. 300 schwedische und ca. 300 fran- 


_ zösische und englische Obstsorten im Freien gezo- 
gen werden. Dies wurde erst vor 4—5 Jahren 
eingerichtet. Um einen Begriff von der Grösse 
des Ganzen zu geben, mögen hier nur noch die 
Maasse der vorderen Häuser gegeben werden. Das 
Palmen- und Formhaus ist 28 Fuss lang, 22 Fuss 
breit und 30 Fuss hoch, das Warmhaus 45x 18x11 
Fuss, das Kalthaus 75x24x24 Fuss, das Haus 
für Gruppenpflanzen (bedding plants) ca. 62x12x8 
Fuss, das zum Treiben der Blüthenpflanzen im 
Winter 38x 12x8 Fuss, 2 kleinere Kalthäuser 
neben der Eingangshalle zur Wohnung je 18x 9x 16 
Fuss, das Champignonhaus 20x15x10 Fuss. — 
Für Melonen, Gurken etc. sind pro Jahr ca. 60 
Fenster Mistbeete erforderlich. 

Das ganze Areal betrug anfänglich nur 9, seit 
6 Jahren aber 46 schwed. Tonnenland ä& 1,933 Mor- 
gen. Davon kommen auf Obst- und Küchengarten 
4 T., auf den Pleasureground und die daneben be- 
findlichen Gewächshäuser 12 T., das übrige ist 
Gras- und Ackerland. Im Garten sind ausser dem 
Obergärtner 8 jüngere Gärtner, sowie 12 Arbeiter 
angestellt, welche letztere freilich auch die Feld- 
arbeit mit übernehmen müssen. 

Nach dieser Darlegung der Gartenbau-Verhält- 
nisse von Gothenburg bedarf es für die des übri- 
gen Schwedens nur weniger Worte. 

In Stockholm sehen wir es fast ganz ähnlich. 
Die zahlreichen Inseln im Mälar-See, der überaus 
lebhafte Verkehr mit Dampfschiffen nach allen Rich- 
tungen verlocken den Stockholmer fast noch mehr, 
wie die Bewohner anderer schwedischer Städte, auf 
dem Lande sich eine Villa zu erbauen. Es ist das 
auch verhältnissmässig viel leichter, als bei uns, da 
die meisten ganz von Holz konstruirt werden. In 
Stockholm selbst, wie überhaupt in den grösseren 
Städten, ist es wegen der grossen Feuersgefahr jetzt 
nicht mehr gestattet, Häuser aus Holz zu errichten, 
während in kleineren Städten und auf den Dörfern 
es noch sehr viel Sitte ist. Auf den Dörfern 
berrscht dabei ein braunrother, in den Städten 
meist ein weisser oder doch heller Anstrich vor. 

Stockholm’s Umgebungen sind deshalb so ma- 
lerisch, weil fast überall sich Wasser und Wald 
finden; man würde aber irren, wenn man sich vor- 
stellte, von Stockholm aus die grosse Wasserfläche 
des Mälar-See’s oder seines östlichen Ausflusses in 
die Ostsee, den sogenannten Saltsjö (Salzsee) ganz 
überblicken zu können, die vielen Inseln und In- 
selchen lassen das nicht zu. Uebrigens hat man 
nicht nöthig, jeden in den Reisehandbüchern ver- 
zeichneten Punkt zu besuchen, da der Charakter 
der Gegend an den verschiedenen Stellen ziemlich 
derselbe bleibt. Die deutschen Handbücher über 
Schweden und Dänemark haben überhaupt oft mit 


37 


sehr starken Farben aufgetragen, viel mehr eigent- 
lich als die schwedischen und dänischen. 

Zu den schönsten Partieen Stockholm’s gehört 
unstreitig der Thiergarten, vis-A-vis der Stadt an 
der Saltsjö belegen. Hier ist einestheils der schöne 
Blick auf Stockholm, andererseits aber für den 
Pflansenliebhaber ganz besonders die Ueppigkeit 
der Baumvegetation fesselnd. Fast befremdend er- 
scheint es dem, der auf der Eisenbahn nach Stock- 
holm in Smaland zum Theil höchst rauhe, mit Stei- 
nen besäete Einöden oder dichte Nadelwälder pas- 
sirt hat, hier wieder den herrlichsten Laubschmuck 
zu sehen. Ganz besonders sind es die Eichen, die 
im 'Thiergarten in zahlreichen und kräftigen Exem- 
plaren sich finden. Ist es doch, als wollte dieser 
Baum, ehe er eben nördlich von Stockholm seine 
Polargrenze erreicht, noch einmal zeigen, welche 
Urkraft in ihm steckt. 

Die natürliche Grenze der Quercus pedunculata 
Willd. ist nach Andersson die Dalself und unge- 
fähr der 61. Breitengrad, kultivirt geht sie bis 
Sundsvall in Medelpad (62 Grad 20 F.). Quercus 
sessiliflora Sm. reicht nur bis zum 58% Grad. An- 
dersson hält es, nebenbei bemerkt, für sicher, dass 
Linne unter Quercus Robur unsere Quercus pedun- 
culata verstanden habe. Sehr in die Augen fallend 
ist es, wie die Kurven, welche die Polargrenze der 
in Schweden bezeichneten Bäume, z. B. in Anders- 
son’s Apercu, alle an der Ostseite sich weiter nach 
Norden hinaufziehen, als an der Westseite des Lan- 
des. So z. B. geht Quercus pedunculata nur im 
Osten bis zum 61. Grade nördlicher Breite, wäh- 
rend sie im Westen noch etwas unter dem 60. 
Grade bleibt. Es erklärt sich dies hauptsächlich 
daraus, dass im mittleren und nördlichen Schweden 
an der Ostküste sich Wasser findet, während an 
der Westseite das Gebirge sich hinzieht. Es wird 
das um so eklatanter, je weiter man nach Norden 
geht. Die Esche z.B. reicht westlich nur bis fast 
zum 60. Grade, östlich aber bis zu 61 Gr. 45 F., 
die Linde westlich bis zum 60., östlich bis 63% Gr., 
der spitzblätterige Ahorn (Acer platanoides) macht 
eine Ausnahme, indem er fast quer durch’s Land 
bis zum 6353 Grad reicht. Welchen Einfluss das 
Wasser überhaupt, nicht blos das Meer, ausübt, 
geht auch daraus hervor, dass die Kurve der Eiche 
am Wenern-See plötzlich eine fast um 3 Grad nach 
Norden vorspringende Ausbiegung macht. 

Den allerdeutlichsten Beweis liefert 
Buche, die nur den südlichen Theil Schwedens be- 
wohnt. Ihre Polargrenze reicht gerade umgekehrt, 
wie die fast aller übrigen Bäume, im Westen wei- 
ter hinauf (59. Grad) als im Osten (57. Gr. 5 F.), 
jedenfalls erstlich, weil das südliche Schweden an 
beiden Seiten von der See umgeben ist, und zwei- 


aber die . 


tens, weil die Westküste dem grossen Weltmeere 
näher liegt, und im Kattegat und Skagerack so zu 
sagen mehr oceanische Luft weht. — Schweden 
lässt sich klimatisch leicht in drei Regionen theilen, 
die etwa den alten politischen Eintheilungen Göta 
rike, Swea rike und Norrland entsprechen. Es 
sind dies: 

1) Die Region der Buchen und Weissbuchen, 
2) die der Eichen, 3) die der Grau-Elsen (Alnus 
incana L.), der Koniferen und der Birken. 

Die Buchenregion ist, wie schon erwähnt, zu- 
gleich die Hauptregion des Weizens und des Buch- 
weizens, sowie des Nussbaumes, des Weinstockes 
(nicht im Grossen) und überhaupt der meisten in 
Deutschland gedeihenden Pflanzen. 

In der Eichenregion bildet der Roggen die 
Hauptfrucht; der Weizen und die Erbsen erreichen 
für grössere Kulturen ihre Polargrenze, ebenso ist 
es mit, den Obstbäumen und den meisten Gemüsen. 
Hier ist zugleich der Hauptverbreitungsbezirk des 
specifisch schwedischen Baumes, der Sorbus scan- 
dica (bis 62% Grad, kultivirt bis Pitea (65 Grad 
19 F. 13 Z.) 

In der Region der Grauerlen, der Koniferen 
und Birken nimmt die Grauerle mehr das Littoral- 
gebiet auf einer Breite von 9—12 Meilen ein, dann 
folgen unermessliche Koniferenwälder (Pinus syl- 
vestris und Picea excelsa) bis zur Kette der Kjö- 
len, während die Birke fast der einzige Repräsen- 
tant der Baumvegetation auf den Abhängen der 
Alpen selbst ist. Ueber sie hinauf steigen noch 
einige Weiden (Salıx phylicifolia, lapponum, glauca 
und lanata), und ganz oben auf den höchsten Al- 
penregionen finden sich Salıx myrsinites L., ar- 
buscula, ovata, polaris, herbacea und reticulata. — 
Ausserdem kommen in der dritten Region an Bäu- 
men vor: Taxus baccata, Sorbus aucuparia, Prunus 
Padus und die Espe oder Zitterpappel, Populus 
tremula, welche in Lappland bis zur oberen Grenze 
der Kiefer geht. 
Schweden sehr häufig, oft kleine Gehölze bildend ; 
sie erreicht auch ansehnliche Dimensionen (50 —60 
Fuss Höhe und 2 Fuss Durchmesser). Höchst 
wichtig ist die Espe, weil sie das hauptsächlichste 
Material für die schwedischen Zündhölzer liefert, 
und welch enorme, stets noch wachsende Menge 
hiervon abgesetzt wird, kann man schon ermessen, 
wenn man die unzähligen Kisten mit „Tändstickor® 
in den Seehäfen liegen sieht. Noch deutlicher geht 
das aus der folgenden Uebersicht der Ausfuhr von 
Streichhölzern hervor: 

1860: Thlr. & 114 Sgr.: 433,745. 


1861: , A 311,056. 
1862: , 4 294,841. 
1863: 457,177. 


Die Zitterpappel ist in ganz, 


38 


1864: Pfund: 1,687,245. 


1865: „  2,229,354. 
1866: ,„ 2,958,626. 
1867: „  83,352,652. 
1868253021, 0 8/717,908: 


1869: „  4,634,484. 

Kehren wir von dieser Abschweifung nach Stock- 
holm zurück, so ist ausser dem Etablissement des 
Gartenvereins, welches sich jetzt auch im T'hier- 
garten befindet, während es von 1838 an bis in 
die neueste Zeit in der Stadt lag, noch der Baum- 
schule des Experimentalfeldes der landwirthschaft- 
lichen Akademie, ca. 5 Stunde von der Stadt, zu 
gedenken. Das Experimentalfeld oder die Muster- 
farm, wenn man will, steht unter der Leitung des 
thätigen, bei allen Deutschen durch sein freund- 
liches Entgegenkommen in gutem Andenken stehen- 
den Intendanten Juhlin-Dannfelt, des Mannes, der 
einen Hauptantheil an dem Zustandekommen und 
an dem Arrangement der Gothenburger Ausstellung 
hat; die Baumschule aber ist einem tüchtigen Baum- 
züchter zur speciellen Leitung übergeben. Sie war 
eine der ersten, wenn nicht überhaupt die erste in 
Schweden und sollte ihre Hauptaufgabe darin be- 
stehen, gute Gehölze einzuführen und zu verbrei- 
ten. Jetzt wird sie mehr nur als lohnende Neben- 
anlage der Wirthschaft beibehalten, hat aber ihren 
ersten Zweck dabei durchaus nicht aus den Augen 
verloren. Sie verbreitet noch jetzt viele Bäume 
und Sträucher, und sie regulirt vor allen Dingen 
die Preise, indem die anderen Baumschulen genö- 
thigt werden, zu verhältnissmässig eben so niedrigen 
Preisen zu verkaufen. Interessant war hier beson- 
ders die reiche Sammlung von Sorbus-Arten und 
Varietäten, an deneu überhaupt ja Skandinavien so 
reich ist. 

Im Allgemeinen sind in Schweden noch wenig 
Baumschulen, meist aber ist mit den landwirth- 
schaftlichen Lehranstalten eine solche verbunden. 
In Ultuna bei Upsala herrscht die schöne Sitte, 
dass jeder Zögling 20 Bäume pflanzen muss. Be- 
sonders gross ist die Baumschule des landwirth- 
schaftlichen Instituts zu Alnarp bei Lund, in wel- 
cher früher der jetzige Direktor des pomologischen 
Instituts in Geisenheim, Hüttig, thätig war. An 
die Volksschulen in Malmöhuslän wurden aus dieser 
Baumschule bereits 24,000 Stück Bäume für Schul- 
gärten unentgeltlich abgegeben. Im östlichen Schwe- 
den scheint man mit der Errichtung von Schulgär- 
ten noch nicht so weit gekommen zu sein, wie 
denn überhaupt das Ganze erst ein Gedanke der 
neuesten Zeit ist. 

Lobenswerth ist auf dem Experimentalfelde bei 
Stockholm das Streben, die Abhänge der Berge zu 
bepflanzen. Die Erde wird 18 Zoll tief umgegra- 


39 


ben, dann 2—3 Jahre mit Kartoffeln bestellt und 
darauf mit Obstbäumen besetzt. 

Wenn hier von Bergen die Rede ist, so muss, 
um Missverständnissen vorzubeugen, darauf hinge- 
wiesen werden, dass eigentlich Berge im südlichen 
und mittleren Schweden fast gar nicht vorkommen, 
die höchsten sogenannten Berge im südlichen Schwe- 
den sind nur 800 Fuss hoch, die meisten nicht 
über 400. Das ganze Land mit Ausnahme des 
allersüdlichsten Theiles (Schonen) ist aber felsig, 
indem sehr häufig die nackten Gesteine (viel Gneis) 
zu Tage treten. 

Ein eigentliches Gebirgsland findet sich nur in 
Norrland, wo dasselbe im nördlichsten Theile, ge- 
wissermassen eine Hochebene bildet; ferner in klei- 
neren Verhältnissen in Smaland im mittleren Schwe- 
den, südlich von Stockholm. Es ist auch eine un- 
richtige Vorstellung, wenn man sich denkt, dass 
das Kjölen-Gebirge (ein Name, der an Ort und 
Stelle fast unbekannt ist) eine eigentliche Grenze 
zwischen Schweden und Norwegen bilde. Das 
ganze Land steigt vielmehr terrassenartig von der 
Ostsee nach dem atlantischen Ocean zu an uud er- 
reicht hier in den schroffen Felsgebirgen an den 
norwegischen Fjords, seine höchsten Punkte. Nur 
in den nördlicheren Theilen kann man wirklich von 
einer Grenze durch die Kjölen sprechen. 

Ein Ausflug nach Upsala zu der Stätte, wo 
Linn€ geweilt, sollte den Aufenthalt in Stockholm 
beschliessen. Man fährt am angenehmsten per 
Dampfboot auf dem Mälar dorthin, wobei man noch 
einmal Gelegenheit hat, die zahlreichen Inseln und 
Inselchen des See’s zu betrachten. In der grossen 
Domkirche zu Upsala, einer der grössten Kirchen 
Schwedens, ist Linn@s Grab. Ein einfacher Lei- 
chenstein unter der Orgel an der linken Seite zeigt 
die Stelle, während ein Bronze-Relief des berühm- 
ten Mannes in einer Seitenkapelle sein Andenken 
lebhafter in die Erinnerung bringt. Ich eilte wei- 
ter, um noch den alten botanischen Garten zu 
sehen, in welchem er thätig war; doch das halb- 
mondförmige ehemalige Orangeriegebäude daselbst 
ist jetzt Eigenthum der Östgothen, einer studenti- 
schen Landsmannschaft. (Die Landsmannschaften 
oder Nationen, denen jeder Student beitreten muss, 
besitzen alle Häuser, in denen sie ihre Zusammen- 
künfte ete. abhalten.) 

Das Haus vis-A-vis aber, in welchem Linn@ ge- 
lebt, wird jetzt vom Zeichen- und vom Fechtlehrer 
der Universität bewohnt und die Studenten sagten 
mir, dass es ganz umgebaut sei. Nach Hammarby, 
dem etwa eine Meile von Upsala gelegenen Orte 
zu gehen, wo Linn namentlich während der Fe- 
rienzeit so viel geweilt, fehlte mir aber die Zeit. 
Dort soll noch sein Haus ganz so eingerichtet sein, 


wie es zu seinen Lebzeiten war, und auch das Audı- 
torium oben auf einem Berge mit seinem Stuhl und 
den Bänken für die Zuhörer ist noch so erhalten. 
Einzelne Reliquien von ihm finden sich auch in 
der Privatsammlung von Christian Hammer in By- 
ström’s Villa. Seine Sammlungen aber sind be- 
kanntlich von seiner Wittwe nach England ver- 
kauft worden, und man erzählt, dass, als sie hin- 
überbefördert wurden, der König Gustav III., der 
zu der Zeit gerade in Italien war, ein Schiff nach- 
gesandt habe, um sie noch zurückzuholen — je- 
doch vergebens, denn das mit den Schätzen be- 
ladene Schiff hatte bereits einen zu grossen Vor- 


sprung. 


Einige Nachträge 
zur Trauerweide, sowie zur Artischocke, resp. Kardone. 


Elofgärtner Jäger in Eisenach theilt uns über 
die Geschichte der Bepflanzung des Grabes Napo- 
leons auf St. Helena noch Einiges mit, was wir 
zur Vervollständigung der verschiedenen Angaben 
über diesen Gegenstand noch zur Kenntniss brin- 
gen wollen. Als im Jahre 1840 der Sarg mit der 
Asche Napoleons von St. Helena nach Paris ge- 
bracht wurde, hatte ein alter Kammerdiener des 
Kaisers einige Zweige eines Baumes, der auf oder 
wohl vielmehr an dem Grabe stand, mitgebracht 
und vertheilte sie als Trauerweide unter Bekannte 
und Freunde. Unter Anderem erhielt auch der 
bekannte Botaniker Delessert in Paris, der vor 
Kurzem erst gestorben ist, einen Zweig. Deles- 
sert fand augenblicklich, dass dieser Zweig nicht 
der Trauerweide, sondern einer neuholländischen 
Akazie angehöre. Man schloss damals schon hier- 
aus und maehte es vielfach in französischen Zei- 
tungen bekannt, dass die babylonische Trauerweide 
gar nicht auf Helena existirt habe. Hofgärtner 
Jäger in Eisenach schreibt uns, dass er damals 
in Frankreich sich aufgehalten und sogar sich in 
dem Hause Delessert’s befunden habe, als der 
Zweig der Acacia, die er für A. vestita erklärt, 
von dem Kammerdiener Napoleons I. vertheilt 
wurde. 

Man braucht nicht den geringsten Zweifel in 
diese Mittheilung zu setzen; dass aber die Trauer- 
weide damals gar nicht auf St. Helena existirt habe, 
geht jedoch nicht im Geringsten aus dieser Mit- 
theilung hervor. Warum könnten denn nicht beide 
Gehölze zu gleicher Zeit auf St. Helena sein? 
Das Vorkommen der Trauerweide vom Jahre 1810 
bis in die vierziger Jahre auf genannter Insel ist 
amtlich konstatirt, also selbst bestimmter noch fest- 


40 


gestellt, als die Angabe eines Kammerdieners. 
Wahrscheinlich existirt auch Acacia vestita jetzt, 
wo nach unserem neuesten Berichte grossartige An- 
pflanzungen ganz anderer Art auf St. Helena ge- 
schehen sind, nicht mehr daselbst. 

Ferner giebt uns Hofgärtner Jäger sehr in- 
teressante Mittheilungen in gärtnerischer Hinsicht 
über das Verhalten der Kardonen und Artischocken 
zu einander und bezweifelt, dass beiderlei Pflanzen 
in einander übergehen. 
sind nach ihm wesentlich verschieden. Es scheint, 
als wenn wir in dem, was wir früher über beide 


Pflanzen (S. 382) gesagt haben, uns nicht ganz 


deutlich ausgedrückt hätten, so dass Missverständ- 
nisse bei den Lesern entstanden sind; es sei uns 
deshalb erlaubt, noch einmal auf diesen Gegenstand 
zurückzukommen. 

Artischocken und Kardonen sind aus einer und 
derselben Pflanze, einer Distelart, hervorgegangen 
und gehen beide fortwährend, wenn man sie sich 
unter günstigen Umständen, wie z. B. Nordafrika 
darbietet, ganz überlässt, ziemlich rasch in diese 


wilde Form zurück. Sehr tüchtige Botaniker ha- | 


ben es bereits für Afrika zunächst bestätigt. Auf 
gleiche Weise sind Blaukohl, Kohlrabi und Blu- 
menkohl aus einer und derselben wilden Pflanze 
(der Brassica oleracea) durch Jahrhunderte uner- 
müdlich fortgesetzte Kultur entstanden und gehen, 
wie wohl jeder Gärtner sich überzeugt hat, eben- 
falls ziemlich rasch in die wilde Pflanze wieder 
über. Dass Blaukohl in Kohlrabi und diese in 
Blumenkohl übergeht, wird wohl ebenso Niemand 
beobachtet haben, als dass aus der Artischocke eine 
Kardone geworden ist. Es ist von uns sehr be- 
stimmt ausgesprochen worden, dass Jahrhunderte 
erforderlich waren, um bei der prinzipiell verschie- 
denen Aufgabe der Züchtung und bei der gehöri- 
gen Wahl von Samen- oder Mutterpflanzen all- 
mählig Artischocke und Kardone in der Vollkom- 
menheit entstanden, wie wir sie jetzt haben. Viel- 
leicht wäre es möglich, aus einer völlig in die 
wilde Form zurückgeschlagenen und in diesem Zu- 
stande lange Zeit verharrten Artischocke allmählig 
und bei unausgesetzter Beobachtung und strenger 
Wahl, gewiss aber erst nach einer sehr langen 
Zeit, eine Kardone hervorzurufen! Es wäre dies 
aber ein zeitraubendes und zu nichts führendes 
Beginnen. 

Neu war uns die Mittheilung des Hofgärtners 
Jäger, dass es eine Sorte von Kardonen giebt, 
welche in der Umgegend von Läon angebaut wird 
und durch Samen sich fortpflanzt. Diese Art von 


Kardonen und Artischocken | 


| tet wird. 


Vermehrung ist zwar selten, kommt aber doch dem- 
nach vor. Warum sollte dieses aber auch nicht 
möglich sein, sobald darauf eine lange Zeit gezüch- 
Hat man doch einige in ihren Farben 
so sehr wandelbare Stiefmütterchenformen ziemlich 
konstant gemacht. Warum sollte es nicht mit den 
Kardonen gehen? Es kommt bei der Kultur stets 
darauf an, welche Methode früher zum Ziele führt. 
Da Samenpflanzen heranzuziehen mehr Zeit bean- 
sprucht, als Triebe von der Pflanze abzunehmen, 
so zieht man die letztere Art der Vermehrung vor. 


Palmen- und andere Sämereien 
aus Martinique. 


Seit längerer Zeit befindet sich ein deutscher 
Gärtner auf der westindischen Insel Martinique und 
macht von hier aus Ausflüge in die benachbarten 
Länder Mexiko’s, Central- und Südamerika’s, um 
Sammlungen von lebenden Pflanzen und von aller- 
hand Sämereien für botanische Gärten und Han- 
delsgärtnereien anzulegen. Ausserdem ist er im 
Stande, von allen auf Martinique kultivirten Pflan- 
zen, besonders Palmen und tropischen Fruchtbäu- 
men, Samen frisch zu sammeln und zur Verfügung 
zu stellen. Liebhabern und Gärtnern in Deutsch- 
land, welche dergleichen Sämereien wünschen, ist 
er gern bereit, die Samen folgender Palmen um 
beistehende Preise zu liefern. Damit diese Samen 
aber frisch ankommen und ihre Keimfähigkeit sich 
erhalten, ist es nothwendig, die Samen nicht früher 
zu sammeln, als sie abgesendet werden können. 
Es geht deshalb an alle die, welche darauf reflek- 
tiren, die Bitte, ihre Bestellungen rechtzeitig, und 
zwar bei dem Herrn Lehrer Behne, Albrecht- 
strasse No. 5 in Berlin, zu machen. Derselbe ist 
auch bereit, specielle Auskunft zu geben. 

Zunächst werden angeboten franco bis zum 
nächsten europäischen Hafen: 


Areca rubra 50 Stück 1 Thlr. 10 Sgr. 
Areca oleracea = et HE 
Areca Catechu = I: sr 
Arenga saccharifera „ Dir 2 
Geonoma Brongniarti 5 IE 
Caryota urens 5 Di, +1. 
Oreodoxa oleracea y Ir 56, 4 Kl 
Martinezia erosa n 27. .0200e 
Martinezia minor Z Pa \ 7 - 
Thrinax argentea 100, Stück 2 1, 2,2208 
Thrinax elegans ” 1.1. na Os 
Syagrus cocoides y 2 rs 
Acrocomia selerocarpa > Dun RUN RG 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 


Zimmer-Strasse No. 91 


Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preassischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 6. Berlin, den 10. Februar 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Ludwig Leopold Liebig. Eine biographische Skizze. — Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachsthum des 


Weinstocks, der Schweine und der Stiere. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Vereins-Mitglieder. 


II. — Samen-Ofterte für 


Ludwig Leopold Liebig. 


Eine biographische Skizze. 


Ludwig Leopold Liebig wurde am 6. Ja- 
nuar 1801 zu Schwedt a. O., wo sein Vater einige 
städtische Aemter bekleidete, geboren, verbrachte 
seine Lehrzeit im dasigen Schlossgarten und wandte 
sich in seinem 18. Jahre nach Berlin, um seiner 
Militärpflicht als Freiwilliger der Gardejäger zu ge- 
nügen. Nach Verlauf seines Dienstjahres trat er 
als Gehülfe auf der Pfaueninsel ein, und erwarb 
sich dort die besondere Liebe und Achtung des 
später als Oberhofgärtner in Charlottenburg ver- 
storbenen Fintelmann und dessen Gattin. Hier 
lernte er auch seinen langjährigen Freund, den ihm 
im vorigen Jahre im Tode vorangegangenen Gustav 
Adolf Fintelmann kennen, mit dem er auf Reisen 
mehrfach zusammen lebte, so z. B. in München, 
Paris und Düsseldorf. 

In letzterer Stadt erwarb er sich die Zufrie- 
denheit des Garteninspektor Weihe in hohem Grade, 
und da zu jener Zeit der Lieutenant Waeber in 
Dresden sein bereits in weitverbreitetem Rufe stehen- 
des Etablissement in eine Handelsgärtnerei umzu- 
wandeln beabsichtigte, schlug Weihe, im Verein 
mit Gartendirektor Otto in Berlin, Liebig hierzu 
vor. Die Empfehlung scheint gewichtig gewesen 
zu sein, denn Waeber wies seinem neuen Ober- 
gärtner, ohne ihn gesehen zu haben, 3000 Thlr. 
in Cöln an, mit dem Auftrage, Belgien und Eng- 
land zu bereisen und dort neue und seltene Pflan- 
zen einzukaufen. Liebig verliess im Mai 1832 


Cöln und begab sich nach Lüttich, wo er bei Ma- 
koy allein für 2500 Frs. kaufte. Nachdem er 
Brüssel und Gent besucht, ging er nach England 
und Schottland, und kehrte, das Interessanteste, 
was er jenseits des Kanals gefunden, mit sich füh- 
rend, über Hamburg nach Deutschland zurück. 
Wie viel für einzelne Pflanzen ausgegeben wurde, 
geht daraus hervor, dass er z. B. Camella candi- 
dissima mit 200 Frs., Rhododendron campanulatum 
und barbatum mit je 10 Pfd. St. und Telopea spe- 
ciosissima mit 12 Pfd. St. bezahlte. 

In Dresden brachte er in kurzer Zeit das Wae- 
ber’sche Gartenetablissement, welches vorher durch 
häufigen Wechsel seiner Obergärtner gelitten hatte, 
zu einem für die damalige Zeit bedeutenden Auf- 
schwunge. Nach etwa 5 Jahren indess starb W ae- 
ber, der Fortbestand des Etablissements kam in 
Frage, und das ausgedehnte Grundstück wurde zum 
Kauf ausgeboten. Es fand sich indess kein Käu- 
fer für das Ganze. Nur dem Rufe der strengen 
Rechtlichkeit und seiner gärtnerischen Befähigung 
verdankte es Liebig, dass ihm, obgleich er mit- 
tellos war, der Theil des Grundstückes, welcher die 
eigentliche Gärtnerei enthielt, von den Erben käuf- 
lich, fast ohne Anzahlung, überlassen wurde. War 
nun das Unternehmen für die damalige Zeit, wo 
der Pflanzenhandel noch bei weitem nicht zu der’ 
Blüthe gelangt war, die er seitdem durch die so 
sehr erleichterten Verkehrsverhältnisse erreicht hat, 
ein sehr gewagtes, so waren es namentlich zwei 
Männer, der Prinz Rohan auf Sichrow und Baron 
Hügel in Wien, welche besonders dadurch, dass sie 

6 


42 


manche der vorhandenen grossen und werthvollen 
Pflanzen akquirirten, den Anfang erleichterten. So 
bezahlte u. A. der Letztere eine grosse Camellia 
alba plena am Spalier und eine Araucaria Cun- 
ninghamii mit je 300 Thlrn. Kamen auch in der 
Folge noch Zeiten schwerer Anfechtung, wie die 
Jahre 1848 und 1849, so überwand Liebig’s rast- 
loser Fleiss und vor Allem seine stets bewährte 
Ehrenhaftigkeit alle Klippen, und sein Name wird 
seit Langem in der ganzen Gärtnerwelt mit hoher 
Achtung genannt. 

Liebig’s Verdienste um die Gartenkultur im 
Allgemeinen, sowie besonders um den heutigen 
Stand der Gärtnerei in Dresden müssen hoch an- 
geschlagen werden. Er und der verstorbene Trau- 
gott Jacob Seidel waren die Ersten, welche Ka- 
mellien, Azaleen und Rhododendren in grossen 
Massen heranzogen, welche durch Einführung und 
Erfindung neuer Kulturmethoden den Grund legten 
zu der heutigen Blüthe der Gärtnereien Dresdens. 
Versendet doch "Dresden seine Kamellien und Aza- 
leen durch ganz Mittel- und Nord-Europa, ja über 
den Ocean hinüber. Könnten wir Zahlen aufwei- 
sen, so würde man staunen über die Dimensionen, 
welche dieser Export, durch die Eisenbahnen er- 
leichtert, heutigen Tages angenommen hat. Es 
würde sich zeigen, dass selbst Gent in Bezug auf 
die Menge der Produktion dieser Pflanzen über- 
Hügelt ist. 

Liebig’s schaffendem Geiste genügte eine be- 
ständige Reproduktion des Vorhandenen nicht; es 
drängte ihn, das Bestehende zu vervollkommnen. 
Mit besonderer Vorliebe und mit Glück betrieb er 
die Anzucht neuer Blendlinge aus künstlich be- 
fruchtetem Samen. Er war der erste Gärtner auf 
dem Kontinent, und blieb lange Zeit der Einzige, 
welcher neue Formen von chinesischen (indischen) 
Azaleen erzog. Was er darin bis auf die neueste 
Zeit geleistet, ist bekannt genug. Es waren be- 
sonders die frühblühenden Sorten und die reinen 
leuchtenden Farben, welche er zu vervollkommnen 
strebte. Seine Züchtungen Blanchard, Ida, Fidelio, 
werden von jedem Treibgärtner als die frühesten 
geschätzt, und die neueren, von ihm herrührenden 
Formen: Hermann Seidel, Dante, Rothkäppchen, 
Eduard Barlow, Liebig’s superba werden ihren her- 
vorragenden Platz in jeder Sammlung noch lange 
behaupten; sie bildeten wiederholt Bestandtheile von 
Sammlungen auf Berliner Ausstellungen. 

Auch die Hybridisirung anderer Pflanzen be- 
trieb Liebig mit Glück und Geschick. Unter 
den Eriken, von denen er seiner Zeit über 300 
Arten und Spielarten kultivirte, sind die von ihm 
gezüchteten E. verticillata Rohani und E. ventri- 
cosa rosea elegans so schön, dass man bedauern 


muss, diese reizenden Formen nicht mehr in den 
Gärten zu finden. Die Vervollkommnung der Epa- 
eris durch Samenzucht, dieser so äusserst dankbaren 
Blüthensträucher des Kalthauses, liess sich Liebig 
bis auf die allerneueste Zeit angelegen sein. 

Sein Lilium lancifolum superbum erregte na- 
mentlich auch den Beifall des Berliner Vereins zur 
Beförderung des Gartenbaues bei Gelegenheit eines 
Besuches in Dresden vor ca. 9 Jahren, uad ist 
noch heute die brillanteste Spielart dieser Gattung. 
Als 1858 die von Linden in den Handel ge- 
brachte Begonia Rex Aufsehen erregte, gehörte 
Liebig ebenfalls zu den Ersten, welche diese, 
wenn auch nur vorübergebend, Epoche machenden 
Blattpflanzen durch neue Formen bereicherte. 

Die von ihm herrührenden Rhododendron-For- 
men zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie 
schon als kleine Pflanzen reichlich blühen; es war 
die Folge davon, dass Liebig zu seinen Befruch- 
tungen stets die leichtblühendsten Sorten verwendet 
hatte. Dies sollte besonders in Deutschland, wo 
man diese Pflanzen vorzugsweise im Topfe, und 
nicht, wie in England und Belgien, im freien Lande 
kultivirt, beachtet werden. Besonders zeichnen sich 
hier aus: Rh. Gabriele Liebig, Rosamunde, Ru- 
dolph, Alexander Potemkin, spectabile. Die wohl- 
riechenden Rh. suave und Üomet sind aus Kreu- 
zungen des Rh. formosum und Edgworthii hervor- 
gegangen. 

Die durch die Verschiedenheit und Zierlichkeit 
ihrer Formen und Farben sich so sehr auszeich- 
nenden neuholländischen Pflanzen kultivirte Liebig 
ebenfalls lange Zeit mit grosser Liebe; man kann 
sagen, mit Wehmuth entschloss er sich nur allmä- 
lig, die Zucht derselben einzuschränken und theil- 
weise anfzugeben, als diese Zierden der Gärten 
unbegreiflicherweise im Handel keinen Absatz mehr 
fanden. Wenn dann und wann englische Gärtner 
auf Reisen diese Pflanzen zu Gesicht bekamen, so 
staunten sie oft Acacien, Kennedyen, Pultenaeen, 
Chorozemen gleich zu vielen Hunderten in Vorrath 
zu finden. 

Bis zum Herbst vorigen Jahres waltete der 
unermüdete Mann in seinem Wirkungskreise, als 
ihn im Oktober ein Gehirnschlag traf, von dem er 
sich nicht wieder erholte. Er starb am 20. Ja- 
nuar d. J., betrauert von Allen, die ihn kannten, 
als ein Vorbild in Einfachheit und Redlichkeit, in 
Fleiss und Willenskraft. 


43 


Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachs- 
thum des Weinstocks, der Schweine und der 


Stiere. 
Unter Ueberreichung einer Druckschrift, ver- 
fasst vom General A. J. Pleasonton: „Einfluss 


der blauen Farbe des Himmels auf die Entwicke- 
lung des animalischen und thierischen Lebens“ 
wurde in der Sitzung der Pariser Akademie der 
Wissenschaften vom 20. November a. p. naclıstehen- 
der wunderbarer Brief von A. Po&y an Elie de 
Beaumont verlesen: 

„Der General Pleasonton hat seit dem Jahre 
1861 sich sehr interessanten Versuchen über den 
Einfluss der von violett gefärbten Gläsern durch- 
gelassenen Sonnenstrahlen auf die Entwickelung der 
Pflanzen und Thiere gewidmet. Im April 1861 
wurden von 30 verschiedenen Traubensorten ein- 
jährige Stecklinge von etwa 7 Mm. Dicke in ein 
Gewächshaus mit violetten Glasfenstern gepflanzt. 
Bereits nach wenigen Wochen waren die Mauern 
bis zur Decke mit Blättern und Zweigen bedeckt. 
Im September desselben Jahres besichtigte Robert 
Buist die Weinstöcke des Generals und gestand, 
„„dass er während der seit einer Reihe von 40 
Jahren in England und Schottland in der Kultur 
des Weinstocks und anderer Pflanzen gesammelten 
Erfahrungen niemals ein gleich wunderbares Wachs- 
thum gesehen habe.“ « 

„Die Weinstöcke des Generals waren nur erst 
5 Monate gewachsen und besassen trotzdem schon 
eine Länge von 45 Fuss und am Boden eine Dicke 
von 1 Zoll. Im September des nächsten Jahres 
zur Zeit als die Weinbeeren sich zu färben und 
zu reifen begannen, kam R. Buist wieder zum 
Besuch und schätzte den Ertrag der Stöcke an 
Trauben auf 1200 Pfund. General Pleasonton 
bemerkt, dass ein aus einem jungen Triebe ent- 
standener Weinstock 5—6 Jahre gebraucht, um 
eine einzige Beere zu erzeugen, während diese 
Weinstöcke unter der Wirkung der violetten Licht- 
strahlen schon vom zweiten Jahre an einen so be- 
merkenswerthen Ertrag hätten geben können. Schon 
im Jahre 1863 gaben die Stöcke etwa 10 Tonnen 
(20,000 Pfd.) Trauben, frei von aller Krankheit. 
Einige Weinzüchter hatten gleich anfangs behaup- 
tet, dass diese Stöcke sich schnell durch eine so 
überreiche Produktion erschöpfen würden; — aber 
sie haben seit 9 Jahren fortgefahren, dieselben Er- 
träge zu liefern neben einem nicht minder ausser- 
ordentlichen Triebe von Holz und Belaubung. 

„Durch diesen Erfolg ermuthigt, hat der Ge- 
neral ähnliche Versuche mit Schweinen angestellt. 
Am 3. November 1869 brachte er 3 kleine weib- 


liche Schweine und einen Eber in einen Raum, 
dessen Dach aus violetten Gläsern bestand, ein 
gleiches Loos von Schweinen in einen Raum mit 
weissen Gläsern. Die 8 Schweine waren im Durch- 
schnitt 2 Monate alt, das erste Loos wog im Gan- 
zen 1675, das zweite 203 Pfd. Sie wurden durch 
dieselbe Person verpflegt, mit demselben Futter in 
ähnlicher Menge und Güte und zu denselben Ta- 
gesstunden versehen. Am 4. Mai 1871 wurden 
die 6 weiblichen Schweine gewogen, und man er- 
hielt folgendes Ergebniss: 


Im violetten Licht. Im weissen Licht, 


3. November 1869 1227 Prfd: 144 Pfd. 
4. Mai 1870 . DO, 530-2 5 
Zunahme 398 Pfd. 336 Pfd. 


„Der Vergleich der beiden Eber lieferte ein 
entsprechendes Ergebniss. 

„Ein junger Alderneystier, geboren am 26. Ja- 
nuar 1870, der so schwächlich war, dass es schien, 
er werde nicht aufgezogen werden können, wurde 
gleichfalls der Einwirkung der violetten Lichtstrah- 
len ausgesetzt. Schon nach 24 Stunden war eine 
merkbare Veränderung eingetreten; das Thier wurde 
am 31. März und am 20. Mai gemessen und war 
innerhalb dieser 50 Tage 5 Zoll grösser geworden. 
Am 1. April war der Stier, 14 Monate alt, einer 
der schönsten seiner Art geworden. 

„Man sieht, dass General Pleasonton, ohne 
die Untersuchungen zu kennen, welche von Robert 
Hunt unter der Patronage der britischen Gesell- 
schaft zur Beförderung der Wissenschaften von 
1840— 1347 ausgeführt sind, zu denselben prakti- 
schen Schlüssen gekommen ist, wie jener Gelehrte. 
In meinem ersten Berichte, welchen ich im Jahre 
1869 an das Agrikultural-Departement (landwirth- 
schaftliche Abtheilung) zu Washington über den 
„Einfluss der klimatischen, atmosphärischen und 
terrestrischen Agentien in der Landwirthschaft“ er- 
stattet habe, habe ich alle Arbeiten beleuchtet, 
welche mit Bezug auf die Wirkung des Lichtes 
auf die Pflanzen ausgeführt worden sind. Mehre 
Stellen aus Hunt’s Arbeiten bestätigen die Erfah- 
rungen des Generals Pleasonton; man findet da- 
selbst z. B., dass, wenn die jungen Pflanzen im 
blauen Lichte vegetiren, sie eine Kraftfülle und 
ein äusseres Ansehen annehmen, welches demjeni- 
gen von Pflanzen sehr überlegen ist, die in anders 
farbigen oder in weissem Lichte vegetiren; daher’ 
empfiehlt er den Gebrauch blauer Mittel bei der 
Pflanzung von Stecklingen, weil sie die Entwicke- 
lung der Bewurzelung befördern. Ohne Kenntniss 
der Ursache haben einzelne Gärtner die blauen 
Kobaltgläser mit Erfolg benutzt. Man weiss übri- 
gens seit Messe, Ingenhouss, Senebier, 


6* 


44 


Michellotti und Anderen, dass die leuchtenden 
Strahlen (des Sonnenspektrums) dem Keimen schäd- 
lich sind, während dasselbe von den chemischen 
Strahlen erheblich gefördert wird. Es sind beson- 
ders die violetten Strahlen, deren der General sich 
bedient hat, welche unter allen Strahlen des Son- 
nenspektrums den kräftigsten chemischen Einfluss 
ausüben. Was die Anwendung dieser Methode auf 
die Entwickelung der T'hiere betrifft, so habe ich 
niemals eine Erfahrung darüber gefunden.“ 

Da sich in der gelehrten Körperschaft der Pa- 
rıser Akademie — wie wenigstens der in den 
Comptes rendus vorliegende Bericht ergiebt — 
Niemand gefunden hat, der zu der vorstehenden 
Mittheilung etwas zu bemerken gehabt hätte, so 
dürfen wir es nicht unterlassen, näher darauf ein- 
zugehen. 

Wir haben im Jahrgange 1865 des Wochen- 
blattes der Annalen, No. 28, eine Darstellung‘ der 
Ergebnisse der Untersuchungen über die Wirkung 
des farbigen Lichtes auf die Pflanzen veröffentlicht, 
indem wir die bis dahin erlangten Resultate zu- 
sammenfassten, die auch heute noch als richtig all- 
seitig anerkannt werden, aber mit den vorstehenden 
Mittheilungen in vielfachem Widerspruch stehen. 
(Vergl. auch den Vortrag des Dr. Cohn: „Ueber 
den Einfluss des Lichtes auf das Pflanzenwachs- 
thum“ im Wochenblatte der Annalen von 1871, 
No. 50 u. 51.) 

Aus allen bisherigen Versuchen ergiebt sich, 
dass die rothen, orange und gelben Strahlen die 
Kohlensäure fast eben so kräftig zersetzen, als das 
weisse Licht, also Material für den Aufbau der 
Pflanze schaffen; blau und violett wirken dagegen 
nur schwach Kohlensäure zersetzend.. Die Ent- 
wickelung der oberirdischen Pflanzentheile findet 
nach dem Hervortreten der Keimstengel über die 
Erde immer schneller und stärker statt im orangen 
als im blauen Lichte. Haben die jungen Pflanzen 
ihre Reservestoffe aufgezehrt, so entwickeln sie sich 
im blauen Lichte nicht weiter, genau so, wie es 
bei Ausschluss alles Lichtes der Fall ist. Krüm- 
mung der Pflanzen tritt im orangen Lichte nie- 
mals ein, wohl aber im blauen Lichte. 

Diese von Sebastian Poggoli, Guillemin, 
Jul. Sachs und Anderen gemachten Beobachtun- 
gen stehen im direkten Widerspruch mit den an- 
geblichen Beobachtungen des Generals Pleason- 
ton, die ausserdem in den Angaben über die wahr- 
haft wunderbaren Wirkungen, welche das violette 
Licht gehabt haben soll, so viel Unwahrscheinliches 
enthalten, dass es vor der Hand gerathen erschei- 
nen dürfte, der Mittheilung nicht allzu grossen 
Werth beizulegen. Wenn Pöey am Schluss seiner 
Mittheilung zur Bestätigung darauf verweist, dass 


es längst und allgemein bekannt sei, wie die leuch- 
tenden Strahlen nachtheilig für die Keimung sind, 
so vergisst er ganz und gar, dass die physiologi- 
schen Vorgänge bei letzterer und bei dem späteren 
Wachsthum ganz verschiedener Art sind. Kurz 
lassen sie sich dahin kennzeichnen, dass bei der 
Keimung schon vorhandene organische Stoffe nur 
umgeformt werden, bei dem Wachsthum aber aus 
anorganischen organische neu gebildet werden 
müssen. 

Die Versuche mit den Thieren sind nicht der 
Art, dass sie eine Diskussion erfordern. 

In der Sitzung der Pariser Akademie am 18. De- 
zember v. J. wurde von P. Bert eine Arbeit über 
den Einfluss verschiedener Farben auf das Wachs- 
thum der Pflanzen vorgelegt (Compt. rend. Bd. 73 
No. 25), deren Ergebnisse keineswegs für die Rich- 
tigkeit der Erfahrungen des Generals Pleasonton 
sprechen. Derselbe hatte Pflanzen aus 25 ver- 
schiedenen Familien verschiedenen Lichtstrahlen 
ausgesetzt und glaubt, aus den gemachten Beob- 
achtungen den Schluss ziehen zu dürfen, „dass alle 
Farben, jede für sich genommen, für das Wachs- 
thum schädlich sind; dass aber ihre Vereinigung 
in denjenigen Verhältnissen, wie sie das weisse 
Licht erzeugen, für die Gesundheit der Pflanzen 
nothwendig ist.“ 

Wir können dieser Auffassung nur beistimmen. 


C. Filly. 
Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pfianzenkunde. 
Ir 


In England hat man Abutilon-Kreuzungen ge- 
macht, indem man die Blüthen des Abutilon vexil- 
larrum mit dem Blumenstaube des buntblätterigen 
A. Thompsoni befruchtete. Während sonst, wenig- 
stens bei den meisten in Kultur befindlichen Pflan- 
zen, die männliche Pflanze hauptsächlich auf die 
Farbe einwirkt, ist hier das Gegentheil der Fall 
gewesen: von den 4 erhaltenen Blendlingen hat 
nur ein einziger auf den Blättern an einzelnen 
Stellen eine schwache grünlich-gelbliche Färbung 
gezeigt, bei den anderen sind die Blätter durchaus 
grün geblieben. 

Diese Thatsache ist um so interessanter, als 
auch sie bestätigt, dass buntblätterige Pflanzen, zu 
Kreuzungen gebraucht, nur selten buntblätterige 
Blendlinge hervorbringen.. Der Verfasser der Mit- 
theilungen über die Kreuzu ngsversuche, Anderson 
Henry, ist in diesem speciellen Falle der Ansicht, 


45 


dass die Erscheinung des Buntblätterigen ebenfalls, 
wenigstens zum grossen Theil, in Folge eines un- 
gesunden Zustandes oder einer schlechten Säfte- 
mischung der Pflanze entstanden sei. Dagegen 
spricht jedoch, dass das buntblätterige Abutilon 
Thompsoni keineswegs das Ansehen eines schwäch- 
lichen Gehölzes hat, wie es bei anderen buntblätte- 
rigen Pflanzen der Fall ist, sondern im Gegentheil 
ein kräftiges Wachsthum zeigt. Dieses kräftige 
Wachsthum des Abutilon Thompsoni ist auch die 
Ursache, dass es wenigstens in England viel im 
Freien verwendet wird. Sehr hübsch soll sich un- 
ter Anderem der buntblätterige Blüthenstrauch zwi- 
schen Koniferen ausnehmen. 

Zis ist neuerdings den Ursachen des Buntblätte- 
rigen, d. h. der eigentlichen Panachirung (nicht des 
ursprünglichen und natürlichen Buntseins), ausser- 
dem aber noch vielfach nachgeforscht worden, ohne 
irgend aber zu einem Resultate gekommen zu sein. 
Man hat dabei die Ueberzeugung gewonnen, dass 
die Ursachen des Buntseins noch mannigfaltiger 
sind, als man bisher glaubte. So sind z. B. zwei 
Fälle in England vorhanden, die: sich einander zu 
widersprechen scheinen. Bei einer Douglas-Tanne 
kommen nämlich im Frühjahre die jungen Triebe 
fast ganz weiss heraus und beginnen einige Monate 
später allmälig von unten nach oben grün zu wer- 
den, so dass am Schlusse Septembers sämmtliche 
Blätter diese Farbe angenommen haben. 

Umgekehrt befindet sich in einer anderen An- 
lage eine Eiche, deren Blätter im ersten Frühjahre 
im schönsten Grün prangen, wie aber der Hoch- 
sommer herankommt und neue Triebe entstehen, 
haben an diesen die Blätter eine weisse Farbe. 
Der Anblick dieser Eiche im Herbste soll ganz 
eigenthümlich, wenn auch nicht gerade schön sein, 
da das einzelne Weiss zwischen dem Grün sich 
nicht gut ausnimmt und auch nicht massig genug 
ist, um einen Total-Eindruck hervorzurufen. Da- 
gegen nimmt sich die Douglas-Tanne im Frühjahr 
und im Sommer in ihrem weissen Glanze bis zu 
ihrer Umwandlung sehr gut aus. 

Im nächsten Jahre wird die Königliche Garten- 
baugesellschaft in London ihre grosse Provinzial- 
Ausstellung in Birmingham abhalten. Die früheren 
in Manchester, in Oxford und namentlich in diesem 
‚Jahre in Nottingham, haben so bedeutende Erfolge 
gehabt, dass es im Interesse der Gesammt-Gärtne- 
rei wünschenswerth ist, dass dergleichen provinzielle 
Ausstellungen im grossartigen Maassstabe im Innern 
des Landes tortgesetzt werden. 

Dergleichen Unternehmungen werden in Eng- 
land wesentlich durch Gemeinsinn unterstützt. Kein 
Volk macht, wenn es das allgemeine Beste betrifft, 
so viel Anstrengungen, als das englische. Während 


es bei uns nicht selten bei dergleichen gemeinnützi- 
gen Unternehmungen an opferfreudigen Männern 
fehlt, finden sich dergleichen in England immer 
vor, obgleich weder pekuniäre noch andere Vor- 
theile, wie bisweilen bei uns, damit verbunden sind. 

Kaum wurde der Beschluss gefasst, dass im 
nächsten Jahre die grosse Provinzial-Ausstellung 
von Pflanzen u. s. w. in Birmingham sein soll, so 
traten auch schon eine Reihe einflussreicher Männer 
von freien Stücken zusammen, um die Angelegen- 
heit in die Hand zu nehmen. Und fortwährend 
melden sich Männer der Geburts- und Geldaristo- 
kratie, welche ihren Beistand, resp. auch ihr Geld 
anbieten. Eine Sammlnng von Geldmitteln, aus 
denen man besondere Preise noch zur Verfügung 
stellen soll, hat begonnen. 

Der Referent in dieser Angelegenheit in Gar- 
dener’s Chronicle macht darauf aufmerksam, dass 
man sich keineswegs mit der Ausstellung als solche 
allein genügen lassen solle, man müsse daran denken, 
sie noch auf eine andere Weise für Gärtner und 
Laien mehr nutzbar zu machen, als es bisher der 
Fall gewesen. Nach ihm genügt es nicht, dass die 
neuesten Pflanzen und die vorzüglichsten Schau- 
Exemplare vorgeführt werden, Gärtner und Lieb- 
haber müssen auch Gelegenheit haben, sich unter 
einander kennen zu lernen, und durch gegenseitige 
Mittheilungen ihre Kenntnisse zu vermehren. Ein 
steifes Banquet, wie es leider nur zu oft abgehal- 
ten worden, gebe nur selten Veranlassung zu ge- 
genseitigen Bekanntschaften. Dazu gehöre ein un- 
gezwungenes Zusammenleben in einem Lokal, wo 
zu bestimmten Stunden, am besten des Abends, 
Gärtner und Laien sich ohne alle Etikette einfin- 
den und mit einander verkehren. 

Zins unserer schlimmsten Unkräuter, zum Glück 
weniger in Gärten, als unter dem Getreide, ist die 
Ackerdistel. Es ist nur gut, dass sie wenigstens 
einen Nutzen hat, der in den Dörfern, wo man 
sich mit Gänsezucht beschäftigt, auch hinlänglich 
ausgebeutet wird: die Ackerdistel ist nämlich ein 
vorzügliches Nahrungsmittel für Gänse und trägt 
zu deren Gewichtszunahme wesentlich bei. Leider 
vermehrt sich aber die Ackerdistel so rasch, dass 
sie, irgendwo eingenistet, kaum wieder ausgerottet 
werden kann. Sie macht unterirdische, oft tief- 
gehende Stolonen, von denen der kleinste Theil 
schon im Stande ist, wiederum eine ganze Pflanze 
hervorzubringen. z 

Obwohl das unverwüstliche Wachsthum der 
Ackerdistel diesseits und jenseits des Kanales hin- 
länglich bekannt ist, so wollte doch ein Engländer 
die Verhältnisse ihres Wachsthums ganz genau ken- 
nen lernen und pflanzte deshalb ein Exemplar in 
seinen Garten. Dazu nahm er ein 2 Zoll langes 


46 


Stück eines solchen Stolo. Es geschah dieses im 
April, und im November wog bereits der unter- 
irdische Theil der Pflanze allein nicht weniger als 
4 Pfund. Dabei hatte die Pflanze Stengel von 
5 Fuss Höhe getrieben. Ein unterirdischer Stolo 
besass sogar 8 Fuss Länge. Trotz aller Mühe, 
die sich der Engländer, nachdem er seine Versuche 
abgeschlossen hatte, schliesslich gab, die Pflanze 
nun auch wiederum aus seinem Garten fortzuschaf- 
fen, ist es ihm nicht gelungen. Im anderen Früh- 
jahre hatte er wiederum 40—60 junge Pflanzen. 
Es möchte wohl Jahre lange unausgesetzte Auf- 
merksamkeit dazu gehören, das Unkraut vollstän- 
dig wieder auszurotten. 

In England wird eine Fuchsie für das freie 
Land empfohlen. Sie führt den Namen Fuchsia 
Riccartori und gehört zu den besten Herbst- 
blühern. Seit 11 Jahren befinden sich 20 Pflanzen 
im freien Grund und Boden einer Obstbaum-Ra- 
batte, ohne dass sie selbst in den härtesten Win- 
tern nur einigermassen geschützt worden wären. 
Man hatte in dieser Zeit die interessante Beob- 
achtung gemacht, dass, wenn man den Boden 
rings um die Pflanze während der Winterzeit etwas 
mit Laub deckte, die Blüthen frübzeitiger zum 
Vorschein kamen, als es sonst der Fall war. 

Die einzelnen Exemplare hatten in der Zeit 
von 11 Jahren eine bedeutende Höhe erhalten und 
sich nach allen Seiten reichlich verästelt. Ihr 
Durchmesser betrug nicht weniger als 6—8 Fuss. 

Uns ist diese Fuchsia Riccartori völlig unbekannt; 
sie scheint aber zu den grossblühenden zu gehö- 
ren. Dass einige Fuchsien, deren Vaterland Chili 
und selbst das noch südlichere Patagonien ist, nicht 
sehr empfindlich gegen Kälte sind, wusste man 
früher mehr als jetzt. Die alte Fuchsia coccinea 
sowie die jetzt sie vertretende F. patagonica, ertra- 
gen in ihrem Vaterlande mehre Grad Kälte; frei- 
lich sind sie dann meist schon frühzeitig im Jahre 
mit Schnee bedeckt. Vor 30 und 40 Jahren waren 
beide Blüthensträucher in kleinen Städten Thürin- 
gens und Sachsens sehr verbreitet. Den Winter 
über wurden sie gewöhnlich in den Keller oder 
an irgend einen einigermassen frostfreien und ge- 
schlossenen Raum gesteckt, ohne dass man sich in 
der Zeit bis zum Frühjahre sonst weiter um sie 
bekümmerte. 

Die Fuchsien sind wegen ihres Blüthenreich- 
thums, der schon zeitig im Sommer beginnen kann 
und andauert bis der Frost kommt, für das freie 
Land nicht genug zu empfehlen. Hochstämmig 
herangezogen und mit anderen Blüthensträuchern 
nehmen sie sich abwechselnd oder in Form von unten 
an verästelten Sträuchern in Boskets, besonders aber 
zwischen dunkellaubigem Nadelholz, vorzüglich aus 


und geben dem Garten etwas Fremdartiges. In 
früheren Zeiten wurden sie für den Park bei Wei- 
mar zu hohen Sträuchern herangezogen und zu 
Gruppen, welche mit anderen, besonders Gruppen 
aus hochgezogenen Scharlach-Pelargonien bestehend, 
abwechselten. 

Ihr Gebrauch ferner zu Ampeln ist bekannt 
und in Säulengängen, in Fluren, an den Fen- 
stern u. 8. w. nicht genug zu empfehlen. Wir 
sahen vor mehrern Jahren dergleichen Ampeln an 
einzeln stehenden Platanen und Eichen angebracht. 
Diese Bäume standen unweit des Ausganges, aber 
mehr seitlich vom Hause in einem zwar landschaft- 
lich gehaltenen, aber doch mit einem sehr reichen 
Pleasureground versehenen Garten und boten unter 
ihrem dichten Laubdache den Bewohnern des Hau- 
ses, besonders des Nachmittags und des Abends, 
einen angenehmen Aufenthalt dar. Welchen rei- 
zenden Anblick die in grösserer Anzahl vorhande- 
nen Fuchsien-Ampeln, von den fast horizontal ab- 
stehenden Hauptästen herunterhängend, machten, 
kann man sich gar nicht denken. 

In dem letzten Allerlei des vorigen Jahrganges 
haben wir (S. 406) auf die in der letzten Zeit in 
grösserer Anzahl erschienenen gärtnerischen An- 
zeigeblätter aufmerksam gemacht und auch der in 
Berlin erscheinenden deutschen Reichs-Öffertenzei- 
tung, verlegt und herausgegeben von Klar und Thiele, 
gedacht. Diese hat jetzt insofern eine Erweite- 
rung erhalten, als sie das Beiblatt einer rein gärt- 
nerischen Zeitschrift, welche den Namen „Berliner 
Blätter für Gärtnerei und Landwirthschaft“ führt, 
und zu gleicher Zeit auch nur ein Mal im Monat 
ausgegeben wird, bildet. Das Abonnement auf 
diese beiden Zeitschriften ist der Jahrgang 13 Thlr. 

Die erste Nummer liegt uns vor, erlaubt aber 
noch kein Urtheil. Die beiden darin enthaltenen 
Aufsätze: „Die gegenseitigen Beziehungen zwischen 
der Handels- und Privatgärtnerei“, und „praktische 
Anwendung der Witterungskunde in der Gärtnerei 
und Landwirthschaft“, sind zwar fern davon, auf 
Wissenschaftlichkeit Anspruch zu machen, werden 
aber doch zur weiteren Ausbildung des nicht auf 
besonders höhere Bildung Anspruch machenden 
Gärtners, besonders auf dem Lande, beitragen. Für 
diese ist die Sprache und Ausdrucksweise ver- 
ständlich. 

Unter dem Namen „Deutsches Gärtner-Vereins- 
Blatt, Organ sämmtlicher Gärtner-Vereine Deutsch- 
lands“ giebt seit dem 1. Januar der Baumgärtner 
Graebner im pomologischen Institut zu Ringel- 
heim eine Zeitschrift heraus, welche alle Monate 
in einem halben Bogen erscheiuen soll. Der Preis 
für 6 Druckbogen im Jahre beträgt 15 Sgr. und 
ist dieser Betrag im Voraus zu zahlen. Wenn 


47 


wir den Prospekt recht verstehen, so soll dieses 
Blatt insofern ein Organ für kleinere Gartenbau- 
und Gärtner-Vereine sein, als diese ihre Verhand- 
lungen hier unentgeltlich gedruckt erhalten können. 
Es wäre hiermit ein Mittel geboten, dass viele der- 
gleichen Vereine sich ihre geringen Einnahmen, die 
siesonst durch den Druck ihrer leider zum grossen 
Theil werthlosen Verhandlungen fast verausgaben, 
erhalten und zu besseren Zwecken verwenden 
können. 

Ein solches Blatt, wie der Herausgeber des 
deutschen Gärtner- Vereins-Blattes im Auge hat, 
könnte wohl, wenn es allseitig benutzt und gut 
redigirt würde, manche Vortheile bieten. Die klei- 
neren Vereine sparten, wie gesagt, nicht allein die 
Druckkosten ihrer Verhandlungen, sondern es käme 
auch das Gute aus ihnen zur weiteren Kenntniss von 
Pflanzen- und Blumenliebhabern. Es würden ausser- 
dem die zerstreut durch ganz Deutschland existi- 
renden und sonst meist völlig unbekannten Vereine 
bekannter und kämen mit einander mehr in Be- 
rührung. Es könnte schliesslich sich ein Austausch 
der Gedanken entwickeln, freilich müssten — wie 
bereits angedeutet — dergleichen Verhandlungen 
durch die Redaktion sehr gesichtet werden, denn 
was bisweilen — man verzeihe uns den Ausdruck 
— für Unsinn dabei zu Tage gefördert wird, wird 
der, der sich einigermassen damit vertraut gemacht 
hat, beurtheilen können. Die Eitelkeit, seinen Na- 
men und seine Weisheit gedruckt zu sehen, über- 
windet bei vielen Menschen die Gefahr, sich be- 
lächelt zu sehen. 

Wenn wir uns auch keineswegs gegen eine 
solche Zeitschrift für kleinere Gärtnervereine aus- 
sprechen, so würden wir doch vorziehen, dass klei- 
nere und grössere Gartenbauvereine das Wichtigste 
und Interessanteste aus ihren Verhandlungen in 
ihren Lokalblättern abdruckten, damit es hier zu- 
nächst zur weiteren Kenntniss des Pflanzen und 
Blumen liebenden Publikums des Ortes, wo der 
Verein seinen Sitz hat, gelangte. Da dergleichen 
Gegenstände in der Regel lokale Bedeutung haben, 
so ist eine weitere Verbreitung meist werthlos. 

Wir erwähnen schliesslich noch, dass die deutsche 
Gartenzeitung in Erfurt aus Mangel an Theilneh- 
mern eingegangen ist. Erfurt, dieser besonders für 
Samenbau wichtige Ort, hat damit kein Organ 
mehr. Leider war aber auch die deutsche Garten- 
zeitung nicht das, was sie hätte sein sollen, wenn 
sie ihre Aufgabe erfüllt hätte. Sie wollte die In- 
teressen aller deutschen Gärtner vertreten und ver- 
lor damit das Naheliegende, die Vertretung der In- 
teressen der wichtigen und eines Vertreters wohl 
würdigen Erfurter Gärtnerei aus dem Auge. Be- 
durften ihrer auch nicht die grossen und bekannten 


Gärtnereien Erfurt’s, da deren Ruf an und für sich 
schon weithin, selbst in überseeische Länder, sich 
erstreckt, so wäre es doch für die kleineren, sowie 
für das Ganze, gut gewesen, wenn z. B. nur über 
bestimmte Kulturen von Florblumen, Gemüsen etc. 
Nachricht gegeben worden wäre, wenn man bis- 
weilen die geschichtliche Vervollkommnung der 
einen oder anderen in Erfurt besonders gezüchteten 
Florblume darin gefunden hätte. Erfurt bietet so 
viel Interessantes das ganze Jahr hindurch dar, 
dass es vollständig eine Gartenzeitung auszufüllen 
im Stande gewesen wäre. 

In Metz haben Simon Louis freöres, die be- 
kannten Besitzer einer der grössten Baumschulen, 
ebenfalls.mit Anfang dieses Jahres eine neue Zeit- 
schrift herausgegeben. Diese Zeitschrift hat einen 
ganz speciellen Zweck für einen bestimmten Theil 
der Gesammt-Gärtnerei, nämlich für Baumkunde im 
weiteren Sinne, d. h. einschliesslich die Pomologie. 
Zeitschriften pomologischen Inhalts haben wir be- 
reits in Deutschland, Frankreich, England u. s. w. 
zur Genüge, dagegen fehlt uns eine Zeitschrift 
speciell für Dendrologie. Die im Freien bei uns 
aushaltenden Gehölze haben jetzt, wo Verschöne- 
rungen allenthalben vorgenommen werden, selbst 
kleine Städte, wenigstens in Deutschland, ihre Ver- 
schönerungs-Vereine besitzen, eine solche Bedeutung 
erhalten, dass es wohl noth thut, dass für sie ein 
besonderes Organ geschaffen wird. Es kommt auch 
die immer noch wachsende grosse Anzahl von Ge- 
hölzen dazu. Wir wünschen nur, dass eben des- 
halb die Herausgeber der „Revue de l’arboriculture*, 
wie diese Zeitschrift sich nennt, vorzugsweise auf 
diesem Gegenstande der speciellen Gehölzkunde, der 
Pomologie aber in geringerem Grade ihre Aufmerk- 
samkeit widmeten. Bei dem grossen Material an 
Gehölzen, was den Herausgebern zur Verfügung 
steht und bei den Anstrengungen derselben, fort- 
während alles Neue zu erlangen, möchten auch 
nur Wenige im Stande sein, ein solches Journal 
herauszugeben, wie sie. 

Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht ver- 
säumen, auf ein pomologisches Werk wiederum auf- 
merksam zu machen, was wir früher mehrmals 
schon in der Wochenschrift anerkennend besprochen 
haben. Es ist dieses „le Verger“, d. i. der Obst- 
garten, herausgegeben von Mas, eine Sammlung 
unserer Obstfrüchte in kolorirten Abbildungen und 
vorzüglichen Beschreibungen. In der letzten Hin- ° 
sicht schliesst sich dieses vorzügliche Werk unserem 
illustrirten Handbuche von Oberdieck, Jahn und 
Lucas an und hat dieselbe Bedeutung für Frank- 
reich, wie dieses für Deutschland. 

Es wurde im Jahre 1865 begonnen und bis 
zum Jahre 1870 fortgesetzt. Da brach der für 


48 


Frankreich so unheilvoll gewordene Krieg aus und 
mit vielem Anderen wurde auch das Erscheinen des 
Mas’schen Verger unterbrochen. Sechs Jahrgänge 
sind erschienen und jeder ist noch zu 25 Francs 
(63 Thlr.) zu beziehen. Wie wir vernommen ha- 
ben, wird jetzt wieder eifrig daran gearbeitet, da- 
mit das vorzügliche Werk schliesslich zu Ende ge- 
führt wird. Es erscheinen noch 4 Jahrgänge oder 
Bände, so dass mit dem Jahre 1875 das Ganze 
ein Abgeschlossnes bildet. 

In einer Versammlung der Akademie der Na- 
turwissenschaften in Philadelphia übergab Meehan 
eine männliche und eine weibliche Pflanze der Cuphea 
leiantha, die beide von Stecklingen eines und des- 
selben Exemplares hervorgegangen waren. Dieses 
Beispiel würde darauf hindeuten, dass das Geschlecht 


bei den Pflanzen bei der Entwickelung erst sehr | 


spät zum Ausdruck kommt. Cuphea leiantha ge- 
hört allerdings zu den Pflanzen, welche durch Ver- 
kümmerung diöcisch werden. Es wäre demnach 
auch die Frage zu beantworten, ob auch bei ächt 
diöcischen Pflanzen, wo männliche und weibliche 
Blüthen sich wesentlich von einander unterscheiden, 
wie z. B. bei Weiden, Pappeln, Atriplex u. s. w. 
ebenfalls dergleichen Fälle vorkommen, wo die 
Stecklinge eines und desselben Exemplars weiblich 
und männlich werden können ? 


Dass polygamische Pflanzen, wie Ahorn, einmal | 


zahlreiche fruchtbare und dann in einem anderen 
Jahre zahlreiche unfruchtbare Blüthen hervorbrin- 
gen können, davon haben wir uns mehrmals über- 
zeugt. In der Landesbaumschule zu Alt-Geltow 
bei Potsdam befanden sich früher Exemplare des 
Acer obtusatum und neapolitanum, welche bisweilen 
nur fruchtbare Blüthen trugen und deshalb im 
Herbste dicht mit Früchten beladen waren, wäh- 
rend man dann mehre Jahre hintereinander nur 


männliche Blüthen fand, so dass sich im Herbste 


auch nicht die Spur von Früchten zeigte. 

Auf der Halbinsel Yucatan (Mexico) existiren 
sehr viele unterirdische Gewässer, Wenn diese 
völlig von der äusseren Luft abgesperrt sind, so 
fehlt auf und an ihnen alle Vegetation, hat aber 
die Luft und vielleicht auch das Licht etwas Zu- 
tritt, so soll sich an den Rändern der eingeschlosse- 
nen Teiche, wie auch in den Felsenklüften, bis- 
weilen eine üppige Pflanzenwelt entwickeln. Ganz 
besonders sind es Farne, welche hier gedeihen. 

Eigenthümlich ist das Vorkommen einer Vanille 
in diesen unterirdischen Räumen. Ihre Früchte 
sind so geschätzt, dass sie in Valladolid zu Markte 
gebracht, für ziemlich hohe Preise verkauft werden. 


Während sonst zur Erreichung eines feinen Aro- 
ma’s bei unseren Früchten Sonnenlicht gehört und 
jene, wo dieses fehlt, weniger schmackhaft sind, 
wird hier in den vom Lichte mehr oder weniger 
abgesperrten Höhlen gerade bei fast völliger Ent- 
ziehung des Lichtes ein sehr feines Aroma erzeugt. 
Allerdings scheint die Vanillen-Pflanze selbst nicht 
direktes Sonnenlicht zu lieben, da auch sie in schat- 
tigen Wäldern wächst. 

Im Florist und Pomologist wird wiederum auf 
eine Wasserrose aufmerksam gemacht, welche früher 
wo die Liebhaberei für derlei Blumen bei uns 
grösser war, wie jetzt, mannigfach kultivirt wurde, 
meist aber im Gewächshause, obwohl sie im Freien 
sehr gut aushält. Es ist dies eine der kleinen Ar- 
ten, welche in den Vereinigten Staaten Nordame- 
rika’s die grosse Verbreitung von Kanada im Nor- 
den bis Karolina im Süden besitzen und wegen 
ihrer Schönheit, fast noch mehr wegen ihres an- 
genehmen Geruches, nicht genug und zwar zur 
Kultur im Freien, empfohlen werden können. Es 
ist dieses Nymphaea odorata Ait. 

Im Freien bleibt sie in der Regel kleiner und 
ihre rundlichen Blätter haben kaum mehr als 2 Zoll 
im Durchmesser, während diese im Gewächshause 
meist den doppelten Durchmesser besitzen. Ihre 
Unterfläche hat ein rothbraunes Ansehen, während 
die Oberfläche glänzend und gesättigt grün er- 
scheint. Sie kommen aus einem verhältnissmässig 
sehr dicken Wurzelstock hervor. Die Blüthen ha- 
ben eine weisse Farbe; es giebt aber auch eine 
Abart, wo diese rosaroth gefärbt sind. 

Hat man im Garten einen Teich oder sonst 
ein grosses Bassin zur Verfügung, so thut man 
am besten, die Pflanze nahe am Rande in eine 
Tiefe von nur 6-—-9 Zoll einzusenken und den 
Raum von unten bis dahin mit losen Felsstücken 
auszufüllen. Es ist auch gut, wenn man mit Stei- 
nen einen besonderen Raum in der Weise für die 
Wasserrose absperrt, dass das Wasser stets hin- und 
herfluthen kann. Gewöhnlich beginnt die Blüthen- 


| flor dieser reizenden Wasserrose im Monat Juli und 


dauert den ganzen August hindurch. 


Samen-Offerte für Vereins-Nitglieder. 


Wie alljährlich sind auch in diesem Jahre in 
dem Versuchsgarten geerndtete Blumen- und Ge- 
müse-Samen, sowie solche von ökonomischen Ge- 
wächsen an Mitglieder des Vereins abzugeben. Ver- 
zeichnisse sind vom 17. Februar ab von dem Ge- 
neral-Sekretär zu erhalten. C. Bouch&. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


L7 
Druck der €. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Kari Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 17. Februar 


No. 7. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: 537. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues am 28. Januar. — Ueber Beschädigung der Saug- 


wurzeln durch Erkältung und Trockenheit. 


Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, C. Bouche. 


957. Versammlung 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, 


am 283. Januar. 


Da der Vorsitzende, Geh. O.-Reg.-R. Knerk, 
amtlich verhindert war, zu erscheinen, so übernahm 
dessen Stellvertreter, Garten-Inspektor Bouche&, 
den Vorsitz. Von Seiten des Obergärtners König 
waren aus dem Garten des Geheimen Kommerzien- 
rathes Raven&@ eine Anzahl selbst aus Samen ge- 
zogener Amaryllis ausgestellt, welche den gärtneri- 


schen Ansprüchen an diese seit vielen Jahren schon | 


beliebte Zwiebelpflanze des Warmhauses nicht allein 
nachkamen, sondern zum Theil sich auch durch 
besondere Schönheit auszeichneten. Eben deshalb 
erhielten sie später von Seiten der Preisrichter den 
Monatspreis zugesprochen. 

Aus dem Garten des Geheimen Kommerzien- 
rathes Raven& hatte Öbergärtner König ferner 
das blühende Exemplar eines Haemanthus, von 
welchem durch den Akklimatisations-Verein Zwiebeln 
aus Port-Natal bezogen waren, ausgestellt. Diese 
Pflanze hatte einen über 2 Fuss hohen und nur 
am unteren Theil mit rothen Punkten besetzten, 
grünlich-weissen Stengel und an dessen Spitze einen 
von 4 blutrothen und glockenförmig zusammenge- 
neigten Hüllblättern umgebenen Kopf ebenfalls ro- 
ther Blüthen. Die eigentlichen Laubblätter waren 
noch nicht hervorgekommen, schienen aber eine 
sehr breite Gestalt zu haben und nur auf 2 Seiten 
zu stehen. Ohne Zweifel ist es der vor gegen 


zwanzig Jahren ungefähr eingeführte Haemanthus 
natalensis. 

Ausserdem waren aus dem Versuchsgarten des 
Vereines 80 Blumentöpfe zur Verloosung unter die 
Mitglieder vorhanden. 

Der Kaufmann Fritz Sponnagel (Hermsdor- 
ferstrasse 4. 5.) machte Mittheilungen über einen 
von ihm zusammengesetzten Leim zum Bestreichen 
der Bänder an Obst- und andern Bäumen, um diese 
dadurch gegen das Aufkriechen von allerhand In- 
sekten-Weibchen, welche ihre Eier nur in Laub- 
oder Blüthenknospen legen und dadurch zu grossen 
Beschädigungen, wenn nicht Verwüstungen Veran- 
lassung geben, zu hindern. Dieser Leim hat einen 
grossen Vorzug vor den bis jetzt empfohlenen Sor- 
ten, dass er einestheils sehr wohlfeil ist: 2% Sgr. 
das Pfund, fassweise noch billiger, und selbst bei 
grossen Anpflanzungen ohne grosse Kosten ange- 
wendet werden kann, anderntheils, dass er eine sehr 
lange Zeit hindurch klebrig bleiben soll und kei- 
neswegs, wie es mit allen übrigen empfohlenen 
Leimsorten der Fall ist, schon alle 14 Tage, höch- 
stens nach 3 oder 4 Wochen, erneuert werden muss, 
Dieser letztere Umstand allein giebt, wenn er sich 
bewahrheiten sollte, dem Sponnagel’schen Leime ° 
einen sehr grossen Werth. 

Inspektor Bouch@ hält diese Leimringe für 
sehr wichtig. Seine Anwendung gegen den Frost- 
schmetterling käme allerdings zu spät. Er empfehle 
den Leim dagegen gegen den Kiefernspinner, der 
sich so ausserordentlich in den letzten Jahren ver- 


7 


50 


mehrt hätte, dass nicht allein die Kiefern-Anpflan- 
zungen im Freien, sondern auch sämmtliche Nadel- 
hölzer in Gärten, und selbst in den Gewächshäu- 
sern die Araucarien, bedroht wären. Es werde 
nicht mehr lange dauern, dass die Raupen des Kie- 
fernspinners aus ihren Winterquartieren unter Moos, 
Laub und Rasen hervorkommen und die Bäume 
erklimmen. Solche milden Winter sind der Ent- 
wickelung dieser schädlichen Thiere im hohen Grade 
zuträglich. 

Dr. Wittmack suchte bei dieser Gelegenheit 
nachzuweisen, dass das Weibchen des sogenannten 
Blüthenbohrers nicht allein im Frühlinge vorhanden 
ist und Eier in die Blüthenknospen legt, sondern 
oft schon im Spätherbstte am Stamme aufwärts 
kriecht. Lehrer Becker in Jüterbog habe ihm 
dergleichen Weibchen, welche zu dieser Zeit auf 
solchen mit Leim bestrichenen Bändern im Herbste 
gefangen worden waren, zur Verfügung gestellt. 

Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d. 8. 
machte Mittheilungen über den Weinbau in Elsass- 
Lothringen. Er erscheine ihm von solcher Wich- 
tigkeit, dass er unsere volle Aufmerksamkeit in An- 
spruch nehmen müsse. Nach den 1848 gesammelten 
statistischen Nachrichten sınd im Elsass allein 24,000 
Hektaren, also 96,000 Morgen Land mit Reben 
bepflanzt, während die sämmtlichen preussischen 
Provinzen (Meisenheim, Kurhessen und Nassau na- 
türlich eingeschlossen) erst 87,779 Morgen Wein- 
land besitzen. Dazu kommt noch, dass die Elsasser 
Weinberge in unglaublicher Weise die Erträge der 
deutschen Weinländer übersteigen und statt 7 Eimer 
den Morgen das Doppelte gewähren sollen. Die 
Durchschnitts-Erträge sind, auf 1,500,000 Eimer 
berechnet, ein Quantum, was für den deutschen 
Weinhandel als wahre Weinüberschwemmung wir- 
ken muss und denselben wesentlich modifiziren 
könnte. 

Die frühere Kaiserlich französische Regierung hat 
im Allgemeinen viel für Hebung des Anbaues des Lan- 
des, besonders für Landwirthschaft, aber auch für 
Weinkultur gethan. Dr. Guyot, einer der intelli- 
gentesten Reben- und Weinkenner Frankreichs, 
wurde beauftragt, über die verschiedenen Provinzen 
des früheren Landes genaue und umfassende Be- 
richte auszuarbeiten. Mit Ausnahme des Elsasses und 
Lothringens liegen diese Berichte bereits vor. Ueber 
sie ist früher auch in der Wochenschrift berichtet 
worden (vergl. Jahrg. 11, S. 109). Nur durch 
solche Berichte erhält man nach dem Stadtrathe 
Thränhardt erst einen Begriff über die Zustände 
des Weinbaues eines Landes. Es muss daher auch 
jetzt, wo das deutsche Reich wiederum in den Be- 
sitz eines alten deutschen Weinlandes, des Elsasses, 
gekommen ist und dadurch in der Produktion von 


Wein eine weit grössere Bedeutung erhalten hat, 
der deutschen Reichsregierung daran liegen, der- 
gleichen Berichte auch über die deutschen Wein- 
länder und ganz besonders über Elsass zu besitzen. 
Wir wissen bis jetzt noch nichts von der dortigen 
Behandlungsweise des Weinstockes, nichts von den 
im Elsass angebauten Rebsorten und ebenso nichts 
über den Werth der erzeugten Produkte. Bis jetzt 
wurde der Elsass von Frankreich aus auch in Be- 
treff seines Weinbaues sehr stiefmütterlich behan- 
delt; wird ihm nun die Aufmerksamkeit zugewen- 
det, welche die preussischen, besonders rheinländi- 
schen Weinländer erhalten, so unterliegt es keinem 
Zweifel, dass bei voraussichtlich grösserem Absatze 
man sich auch im Elsass zur Anfertigung besserer 
Weine mehr Mühe geben wir. Wenn man auch 
ferner aus Bordeaux und Burgund gewöhnliche und 
vorzügliche Weine beziehen wird, so möchten doch, 
wie man sich allmälig an die Elsasser Weine gewöhnt 
hat und diese bei besserer Kultur in ihrer Güte ge- 
steigert werden, dieselben ebenfalls bei niedrigeren 
Preisen mehr Eingang finden. 

Dr. Wittmack zeigte die Photographie von 
zwei ästigen Roßgenähren. Die eine mit 16 Sei- 
tenästen hatte das landwirthschaftliche Museum von 
Dr. H. A. Meyer in Kiel erhalten, die andere 
mit 10 Aesten von Hugo Gerlich auf Czellenzin 
in Westpreussen. Wenn auch zwei- und dreigabelige 
Aehren beim Roggen häufiger vorkommen, so sind 
doch so viele Seitenäste sehr’ selten, Im vorigen’ 
Jahrhunderte erwähnt Beckmann derartige Fälle 
(bis 29 Seitenähren) in seiner historischen Beschrei- 
bung der .Chur- und Mark Brandenburg (I. Theil 
1751 p. 861). Neuerdings hat Benno Martiny 
in seiner Schrift über den mehrblüthigen Roggen 
ebenfalls des ästigen Roggens gedacht. 

Es scheint nicht blos besonders fruchtbarer Bo- 
den auf die Astbildung Einfluss zu haben, sondern 
auch grosse Winterkälte, denn während die beiden 
pbotographirten Aehren nach den strengen Wintern 
von 1869—70 resp. T0O—71 gefunden wurden, 
erzählt Beckmann, dass nach dem Winter 1739-40 
am meisten solche Missbildungen beobachtet seien. 
Dieser Winter war aber so kalt, dass u. A. beim 
heiligen Abendmahl der Wein im Kelche gefroren 
sein soll! 

Die Aeste solcher Aehren sind übrigens nichts 
weiter, als eine entwickelte Achse der einzelnen 
Aehrchen, welche man für gewöhnlich nur als klei- 
nes Stielchen zwischen den beiden Blüthen, resp. 
Körnern findet.*) 

Dr. Wittmack zeigte ferner die Photographie 


*) Näheres über diesen verästelten Roggen wird in dem 
nächst erscheinenden Heft der Verhandlungen des botanischen 
Vereins für die Mark Brandenburg zu finden sein. 


einer von Grünig in Nieder-Neidnitz bei Sagan 
eingeschickten abnormen Kohlrübe. Es hatten sich 
bier an den Wurzelfasern, meist in Längsreihen 
zertheilt, kleinere und grössere Knollen gebildet, 
welche sich bei näherer Untersuchung als Adven- 
tivknospen erwiesen. An einzelnen Stellen hatten 
sie sogar angefangen, Blätter zu treiben. Eine 
äussere Verletzung, Insektenstiche oder dgl., die als 
Ursache dieser Erscheinung hätte gedeutet werden 
können, liess sich nicht nachweisen, ebensowenig 
war von einem Pilz eine Spur zu finden. 

Geheime Ober-Regierungs-Rath Heyder machte 
Mittheilungen aus einem dem Königlichen Ministe- 
rıum für landwirthschaftliche Angelegenheiten ofü- 
zieller Weise zugegangenen Bericht der von dem 
französischen Kultus-Ministerium eingesetzten Kom- 
mission über die in den südlichen Departements in 
Frankreich, namentlich am Rhonefluss, immer mehr 
zunehmende Krankheit des Weinstockes, welche 
durch ein der Familie der Blattläuse angehöriges 
Insekt, Phylloxera vastatrıx, hervorgerufen werde. 
Das französische Ministerium hat für die Ent- 
deckung eines unbedingt erfolgreichen Mittels gegen 
diese Krankheit einen Preis von 20,000 Franes 
ausgesetzt.“) 

Garteninspektor Bouch& berichtete über die 
Antoine’schen Mittheilungen über Gewächshaus- 
Einrichtung, Ventilation u. s. w. aus England, welche 
in der 20. und 21. Nummer des Gartenfreundes, 
des Organes der Wiener Gartenbau-Gesellschaft, ab- 
gedruckt worden sind. So dankenswerth sie auch 
sind, so erschweren sie doch ungemein das Ver- 
ständniss, dass kein Massstab dabei angegeben ist, 
da man ohne diesen die Dimensionen nicht beur- 
theilen kann. 

Der Voice’sche Patent-Lüftungs-Apparat be- 
steht darin, dass mittelst mehrer Zahnräder und 
Zahnstangen, welche zunächst der Thür angebracht 
sind, die oberste dreieckige Dachspitze entweder 
ganz emporgeschraubt oder dass nach der äusseren 
Luftströmung, deren direkten Eintritt man allen- 
falls vermeiden wollte, die Dachspitze rechts ge- 
schlossen und nur links geöffnet oder in entgegen- 
gesetzter Weise das Lüften bewerkstelligt werden 
könnte. 

In seinem Princip ist dieser Lüftungs-Apparat 
ganz zweckmässig, weil die Lüftung, besonders des 
oberen Theiles, im äussersten Gipfel des Gewächs- 


*) Ueber diese Weinlaus ist in der Wochenschrift schon oft 
berichtet worden, zuletzt S. 13 u. 29. Die letzte grössere Ar- 
beit über die Naturgeschichte der Phylloxera vastatrix ist von 
dem Professor der Botanik in Montpeillier, Planchon, in Ge- 
meinschaft mit dem ebenfalls daselbst lebenden deutschen Ge- 
lehrten J. Liehbtenstein, in dem Bulletin des agrieulteurs 
de France, und zwar im Novemberhefte des Jahres 1869 abge- 
druckt worden. 


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51 


hauses stattfinden kann, so dass eine Ansammlung 
von stagnirender Wärme, die so sehr zum Verspil- 
lern der Pflanzen und zur Vermehrung des Unge- 
ziefers beiträgt, vollständig beseitigt wird. Nach 
des Ref. Ansicht dürfte diese Lüftungsart neu sein, 
um so mehr, da auch die durch Zahnstangen nach 
aussen aufhebbare Luftklappe, der Windrichtung 
entsprechend, gestellt werden kann, nicht so die Lüf- 
tung der senkrecht stehenden Fenster durch Zahn- 
stangen, welche schon seit vielen Jahren hier an- 
gewendet wird. Im Allgemeinen aber haben sich 
die Zahnstangen, welche sich vermittelst der Zahn- 
räder bewegen lassen, nicht besonders bewährt, weil 
sie in Folge des Quellen des Holzes und des Rostes 
nicht lange Zeit genau in einander eingreifen und 
schliesslich ungangbar werden. 

Der Richardson’sche Lüftungs-Apparat ist 
ohne Massstab schwer einer Beurtheilung zu unter- 
ziehen. Hier wird das ganze Dachfenster bis zu 
einer Höhe von beiläufig 8 Zoll in jeder beliebigen 
Entfernung mit Leichtigkeit durch einen Hebel 
emporgehoben. Es geschieht dieses von der Mitte 
des Rabmens aus durch die Bewegung einer Eisen- 
stange (des Hebels), welche aus dem mit Löchern 
versehenen eisernen Halbkreise in beliebige Höhe 
gestellt werden kann. Oben und unten am Fen- 
sterrahmen sind bewegliche Eisenspangen, welche 
beim Gebrauche der mittleren Hebestange mithelfen, 
das Fenster zu heben oder zu senken, um es zu- 
gleich so fest zu halten zu vermögen, dass es der 
Macht des Windes vollkommen widersteht. 

Die Idee ist recht gut, weil das Heben der 
Fenster durch die drei Eisen, von denen 2 das 
Fenster mit den Sparren verbinden und das dritte 
ein Theil des Hebels ist, ermöglicht wird, und Luft 
in Menge einströmen kann. Nimmt man die Höhe 
der Plinthe nur auf 3% Fuss an, so haben doch 
die Fenster eine Länge von gegen 20 Fuss; um 
diese aber zu heben, gehört eine nicht geringe 
Kraft dazu, welche wohl so lange angewendet wer- 
den kann, wie Fensterrahm und Sparre sich noch 
in gutem Zustande befinden. Wie aber Fäulniss 
des Holzes eintritt, so dürfte jedenfalls das Auf- 
heben der Fenster einzustellen sein. 

Ein damit verbundener unangenehmer Zustand 
ist, dass die Gabel, und besonders die eiserne Quer- 
stange, das Haus verunzieren, aber auch der Pflan- 
zenaufstellung hinderlich sind, denn jedes Luftfen- 
ster müsste doch zwei solcher Hebel haben. 

Rendle’s thönerne Halbeylinder oder Protek- 
tors dienen dazu, dass sie wenige Zoll in die Erde 
versenkt, in Reihen aufgelegt werden und entweder 
niedrig gehaltene, horizontal gezogene Weinreben 
in sich aufnehmen, oder dass sie, wenn sie an dem 
der Erde zugewendeten Theile in Zwischenräumen 


7* 


52 


mit Löchern von einigen Zoll Durchmesser ver- 
sehen sind, zur Kultur des Salates, vorzugsweise 
aber für Erdbeeren verwendet werden können. Auf 
dem oberen offenen Theile des Halbeylinders ruht 
im Falz versenkt eine Glastafel in schiefer Lage. 
Eben solche rinnenartige Apparate sind bei an 
Trillagen gezogenen Pfirsich- und Aprikosenbäumen 
zu gebrauchen. Hier muss jedoch eine Vorrichtung 
zum Anschrauben vorhanden sein. 


Da Ref. nicht ermitteln kann, wie gross der 
Querschnitt des E. Rendle’schen Protektors ist, so 
ist ihm auch die Einrichtung nicht klar. Werden 
die Thonrinnen mit Erde gefüllt oder nicht? Wie 
sind die Glastafeln abzuheben, wenn sie nicht zer- 
brechen sollen? Soll keine Lüftung stattfinden ? 


Bei dem durch heisses Wasser erhitzten Röh- 
rensystem, mittelst dessen die äussere atmosphärische 
Luft daselbst erwärmt und in die inneren Räume 
geführt werden kann, geht ein von “aussen durch 
die Mauer gelegtes Rohr in den Raum eines dop- 
pelten Oylinders, der durch das heisse Wasser zwi- 
schen den beiden Cylinderwänden warm gemacht 
wird. Dadurch, dass dieser Zwischenraum mit dem 
heissen Wasser rechts und links (also nach beiden 
Seiten hin) in einiger Entfernung plötzlich ab- 
schliesst, das Wasser aber durch 4 enge Röhren 
in einen weiter liegenden anderen und gleichen 
Doppel-Cylinder geführt wird und dort wiederum 
den innersten Raum weiter erwärmt, dieser aber 
allenthalben offen mündet, kann die warm gewor- 
dene äussere Luft ausströmen und sich im Hause 
weiter verbreiten. Das heisse Wasser erkältet sich 
allmählig und geht vermittelst eines engen Rohres 
in den Kessel zurück. 

Dieses Röhren-System einer Wasserheizung zur 
Einführung frischer atmosphärischer Luft und Er- 
wärmung derselben dürfte nach dem Ref. nur in 
ihrem ersten Abschnitte wirksam sein, weil die ein- 
strömende äussere Luft schwerlich bis in die zweite 
Abtheilung (d. h. in den anderen Doppelcylinder) 
gelangen, sondern schon durch die Oeffnung zwi- 
schen den mit Wasser gefüllten dünneren Heiz- 
röhren entweichen wird. Wenn gesagt ist, dass 
das Wasser schliesslich aus einem Doppelcylinder 
in ein gewöhnliches Wasserheizungsrohr einmünden 
kann, so möchte jedenfalls dieses Rohr im Verhält- 
niss der Wassermenge, die sich in den Doppel- 
eylindern und den damit verbundenen 4 Röhren 
befindet, zu enge sein, um sie aufnehmen zu kön- 
nen, ohne die Circulation zu hemmen. 


An neuen Ideen fehlt es in der Regel bei auf 
Ausstellungen zur Ansicht gebrachten Modellen von 
Lüftungs- und Heizapparaten u. dergl. Dinge nicht. 
Bevor aber deren Zweckmässigkeit nicht erst durch 


längeren praktischen Gebrauch festgestellt ist, lässt 
sich kein sicheres Urtheil abgeben. 

Professor Koch theilte mit, dass der Verein 
leider wiederum ein Mitglied verloren habe, der um 
die Gesammtgärtnerei sich grosse Verdienste erwor- 
worben habe. Am 20. Januar starb der Kunst- 
und Handelsgärtner L. L. Liebig in Dresden. 
Näheres darüber hat die vorige Nummer der Wochen- 
schrift schon gebracht. 

Weiter berichtete Professor Koch über den 
Tod des Botanikers Berthold Seemann aus Han- 
nover, aber schon seit seinen ersten Jugendjahren 
in England lebend. Er starb mitten in seinen 
Forschungen in Centralamerika am gelben Fieber. 
Dr. Bolle, seit langer Zeit mit ihm auf das Engste 
befreundet, hat es übernommen, nähere Mittheilun- 
gen über sein ‘ganzes Leben, sowie über seine gärt- 
nerische und botanische Thätigkeit zu bringen. 

Der städtische Obergärtner Rönnekamp hatte 
den fasciirten Ast einer Spiraea confusa (chamae- 
dryfolia Hort. nec L.) vorgelegt. Nach Professor 
Koch kommen dergleichen bandartige Stengel und 
Aeste, wie er erst vor Kurzem mitgetheilt habe, 
nicht selten vor. Er berufe sich auf das, was er 
bereits früher darüber gesagt habe und füge diesem 
nur noch hinzu, dass vorliegendes Beispiel beson- 
ders gut zeige, dass ein solcher bandartiger Stengel 
oder Ast keineswegs durch das Verwachsen neben 
einander liegender Achsen entstanden sei, sondern 
nur eine Monstrosität darstelle, wo die einzelnen 
Gefässbündel (Vibrovasalstränge der neueren Bota- 
niker) nicht in einem Kreise rings um das Mark, 
sondern in einer Fläche sich entwickelt hätten. 

Professor Koch übergab die illustrirten und 
elegant hergestellten Abbildungen einiger Pflanzen 
(Florblumen und Gemüse), welche Ernst Benary in 
diesem Jahre in den Handel gebracht hat und machte 
specielle Mittheilungen darüber. Diese werden in 
einem besonderen Artikel in der Wochenschrift 
veröffentlicht werden. 

Der Samenhändler Keller in Darmstadt hatte 
dem landwirthschaftlichen Museum ein Prachtwerk, 
nämlich ein Herbarium der wichtigsten land- und 
forstwirthschaftlichen Gräser, übergeben, was durch 
Dr. Wittmack vorgelegt wurde. Die wichtigsten 
Gräser waren zum grossen Theil in genügender 
Vollkommenheit auf sehr grosse Bogen mit einem 
Papierstreifen befestigt. Name, Standort u. s. w. 
erschienen im saubersten, man möchte sagen;. ele- 
ganten Drucke. Auch sonst fanden sich Verzie- 
rungen in verschwenderischer Weise vor. Der 
Verfertiger lässt das Werk auf seine Kosten an- 
fertigen und wird es an Akademien, Geschäfts- 
freunde u. s. w. vertheilen. In den Handel scheint 
es nicht zu kommen. 


53 


Dr. Wittmack glaubt, dass durch derartige 
auch das ästhetische Gefühl anregende Sammlungen 
von Gräsern zur Kenntniss der Gräser mehr bei- 
getragen würde, als durch die bekannten trockenen 
Herbarien. Manche würden sich dadurch veranlasst 
sehen, den Gräsern die ihnen gebührende Aufmerk- 
samkeit zu schenken. 

Dr. Bolle machte bei dieser Gelegenheit auf 
die getrockneten Pflanzen des bekannten Botanikers 
Hoppe in Regensburg aufmerksam, welche vor 
einigen Jahrzehnten wegen ihrer Schönheit allge- 
meines Aufsehen erregten und solchen Beifall fan- 
den, dass sie später um hohe Preise verkauft wur- 
den. Es waren besonders Alpenpflanzen, die auch 
in ihrer Zusammensetzung künstlerischen Werth 
besassen. Nach Prof. Koch wurden diese Hoppe- 
schen getrockneten Pflanzen bisweilen noch durch 
die von Fräulein Elisa Braig aus Triest, welche 
um die Flor des Littorale viele Verdienste sich er- 
worben hat und erst vor Kurzem gestorben ist, 
übertroffen. Alle Botaniker waren bemüht, mit die- 
ser Dame in Tauschverhältnisse zu treten. 

Zendlich zeigte Dr. Wittmack noch Exem- 
plare von Knaulgras, Dactylis glomerata, welche er 
im vergangenen Sommer bei Marienlyst nahe Hel- 
singör auf Seeland in Dänemark von einem Pilz, 
der Sphaeria typhina Pers. (Polystigma typhinum 
DC.) befallen, gefunden hatte, und verwies auf den 
Artikel vom Prof. Jul. Kühn in Halle über die- 
sen Pilz (s. vor. Jahrg. der Wochenschrift S. 36). 

Ueber die kleine Abhandlung des Obergärtners 
Merkel, welche in der vorigen Sitzung (s. S. 29) 
dem Dr. Filly, Baumschulbesitzer Späth und 
Garteninspektor Bouch& zur Berichterstattung über- 
geben worden war, sprach zunächst Dr. Filly seine 
Ansicht aus. 

Das Mittel, was Merkel in der genannten Ab- 
handlung vorgeschlagen, um Pflanzen gegen Ein- 
wirkung der Nachtfröste zu schützen, wird, richtig 
angewendet, in den meisten Fällen den Zweck er- 
füllen, doch ist zu fürchten, dass dasselbe wegen 
der Kosten und der damit verbundenen Arbeit, 
wenigstens für grössere Anlagen, unanwendbar ist. 
Die von dem Verf. gegebene Erklärung ist eine 
solche, welche beweist, dass er mit den meteorolo- 
gischen Vorgängen nicht sehr vertraut ist. 

Durch Austrahlung entsteht Wärmeverlust, der 
sich unter Umständen bis zum Frost steigert. Be- 
fördert wird die Ausstrahlung durch unbedeckten 
Himmel und durch Luftströmungen (Winde), welche 
immer neue Luftschichten herbeiführen, während 
ein mit Wolken bedeckter Himmel die Ausstrah- 
lung vermindert, indem die von der Erde und den 
auf ihr befindlichen Gegenständen ausgestrahlte 
Wärme von den Wolken zum Theil reflektirt wird. 


Eine gleiche Wirkung haben natürlich alle Decken, 
womit ein gegen zu starke Ausstrahlung zu schützen- 
der Körper versehen ist, demnach wird auch das 
Schutzdach des Obergärtners Merkel bis zu einem 
gewissen Grade nützen, besonders wenn es sich 
nicht in zu grosser Ferne von dem zu schützenden 
Baume u. s. w. befindet. 

Gleichzeitig wird in der Abhandlung noch das 
Schütteln der Bäume behufs besserer Befruchtung 
vorgeschlagen, wogegen sich Nichts einwenden lässt. 

In Summa sind beide Mittel nicht neu, und das 
Neue, die versuchte Erklärung der Wirkung von 
Strohdecken, ist unzureichend. 

Dagegen bemerkte Baumschulbesitzer Späth 
über das vom Obergärtner Merkel entdeckte neue 
Mittel zum Schutze der Obstbaumblüthen gegen 
Nachtfröste, dass die in der Abhandlung empfoh- 
lenen Strohschirme schon seit sehr langer Zeit in 
Anwendung gebracht werden. Die allgemeinste 
Verbreitung haben sie bei den Spalierwänden ge- 
funden. Seltener werden sie bei Pyramiden- und 
Kesselbäumen angebracht, weil bei diesen die Her- 
stellung und Befestigung der kleinen Schutzdächer 
schon schwieriger ist. Man bedient sich derselben 
in den meisten Zwergobstgärten, was dem Verfasser 
der Abhandlung gar nicht bekannt zu sein scheint, 
und erzielt dadurch in vielen Jahren recht gute 
Erfolge, besonders wenn nur leichte Nachtfröste 
die Blüthen der ungeschützten Bäume vernichten. 
Sinkt dagegen die Temperatur unter 1—2 Grad, 
so erweist sich dieser Schutz auch nicht mehr als 


ausreichend. Gute Abbildungen derartiger Schutz- 
dächer finden sich u. A. in M. A. du Breuil Cours 
el&mentaire d’arboriculture. Paris 1857, Seite 
981—983. 


Für hochstämmige Obstbäume kann sie Baum- 
schulbesitzer Späth gar nicht empfehlen, wie es 
von Seiten des ÖObergärtners Merkel geschieht, 
da sie für diese Baumform sehr solide ausgeführt 
werden müssten, um nicht vom ersten Sturme weg- 
gerissen zu werden und dadurch die Herstellungs- 
kosten, dem immerhin zweifelhaften Gewinn gegen- 
über, sich zu hoch belaufen möchten. 

Garteninspektor Bouch€ hatte dem, was von 
den beiden Berichterstattern eben gesagt worden 
ist, nichts hinzuzufügen. 


54 


Ueber Beschädigung 
der Saugwurzeln durch Erkältung und Trockenheit. | 


Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, 
C. Bouche. 

Die Pflanzen gegen Erkältung und Trocken- 
heit der Saugwurzeln zu schützen, wird von einer | 
grossen Zahl von Gärtnern und Laien nicht in dem 
Grade gewürdigt und beachtet, wie es die Wich- 


tigkeit des Gegenstandes erfordert; obgleich es 
Jedem, der sich mit der Pflege von Pflanzen be- 
schäftigt, einleuchten sollte, wie nachtheilig es ist, 
wenn die Saugwurzeln durch irgend eine Veran- 
lassung beschädigt und in ihren Funktionen gestört 
oder wohl gar ganz unthätig gemacht werden. 
Eine Menge von Pflanzen werden dadurch krank, 
ohne dass in vielen Fällen ihr Pfleger eine Ahnung 
von der Ursache der Erkrankung hat, oder schreibt 
es auch wohl andern Umständen, dem Wasser, der 
Erde u. =. w. zu. 

Fast ausschliesslich sind es die äussersten Spitzen 
der Wurzeln, die sogenannten Saugwurseln, Wur- 
zelfasern, Radizellen, Fibrillen, welche, so lange sie 
im Wachsthume begriffen sind, durch Papillen, 
Saugschwämmchen und Härchen aus dem Boden 
Feuchtigkeit und mit dieser Nahrungsstoffe für die 
Pflanzen aufnehmen, während die älteren Theile, 
mit einer stärkeren Oberhaut bekleidet, nur noch 
wenig Feuchtigkeit aus der Erde aufnehmen, sich 
aber frisch und in Thätigkeit erhalten müssen, um 
als Leiter der von der Saugwurzel aufgenommenen 
Feuchtigkeit und Nahrungstoffe dienen zu können. 
Aus dem Vorhergesagten geht auch hervor, dass 
die Saugwurzelspitzen viel empfindlicher gegen Un- 
fälle sind, als die älteren oder ältesten Wurzeln 
einer Pflanze. 

Die älteren Theile der Wurzeln leiden daher 
auch durch Erkältung und Trockenheit viel weniger 
und nicht eo plötzlich in ihrer Gesammtheit als 
die Saugwurzeln. 

Jeder Gärtner wird die Erfahrung gemacht ha- 
ben, dass im Herbst, Winter und Frühling oft ganz 
plötzlich tropische Pflanzen erkranken und in vielen 
Fällen zu Grunde gehen. Marantaceen rollen ihre 
Blätter zusammen; Aletris fragrans und Carludovica 
welken und lassen ihre Blätter schlaff herabhängen; 
Cordylinen, Dracaenen und Palmen treiben im 
Gipfel neue Blätter und Wedel mit trockenen oder 
vergelbten Blattspitzen ; Pandanus’ werden herz- oder 
stammfaul, welchem Symptome oft das Fleckigwer- 


den der Blätter, die das Ansehen haben, als ob sie 
mit heissem Wasser bespritzt seien, vorangeht; an 
Furcrayen zeigen sich auf den jüngsten Blättern 
eintrocknende Stellen; Melastomen, Begonien, Co- 


leus, viele Acanthaceen und eine Menge anderer 
Tropenpflanzen lassen schon im Laufe eines Tages 
fast alle Blätter fallen oder welken wenigstens, wenn 
nicht zu arg beschädigt; die buntblätterigen Cala- 
dien welken plötzlich, in Folge dessen mindestens 
die Gipfel der Knollen in Fäulniss übergehen; Cu- 
curbitaceen, besonders Gurken und Melonen, be- 
ginnen plötzlich an zu welken und sterben bald 
ab; werden junge Samenpflanzen, z. B. Balsaminen, 
Cucurbita, Momordica, Ipomoea, Ricinus, Melonen, 
Gurken u. dgl. aus einem warmen Mistbeete her- 
ausgenommen und auch nur 10—12 Stunden, selbst 
in einem Warmhause, ohne Bodenwärme belassen, 
so verwelken die Blätter und die zarten Stämmchen 
beginnen zu schrumpfen; sogar sind manche unserer 
Kalthauspflanzen dem plötzlichen Welkwerden aus 
Mangel an Wärme unterworfen, z. B. Chironia, 
Acacia Lophanta, Dombeya, manche Diosma- und 
Phylica-Arten. 

Achnliche Beobachtungen werden auch Pflan- 
zenfreunde an den in Zimmern kultivirten Ge- 
wächsen, oder an solchen, die an kalten Winter- 
tagen, obgleich oberhalb eingehüllt, ohne auch die 
Wurzel zu schützen, transportirt wurden, zu machen 


| Gelegenheit gehabt haben. 


Alle die so eben angegebenen Erscheinungen 
beruhen meistens nur auf Erkältung der Wurzel- 
spitzen; untersucht man auf diese Weise erkrankte 
Pflanzen, bei denen nicht etwa Wassermangel vor- 
handen war, so wird man finden, dass die Mehr- 
zahl, in den meisten Fällen aber alle Saugwurzeln 
abgestorben sind, wodurch auch die Zuführung von 
Feuchtigkeit zu dem oberen Theile der Pflanze auf- 
gehört haben muss. 

Weniger empfindliche Pflanzen oder nur sehr 
wenig erkältete, überstehen diese Beschädigung, 
treiben nur eine Zeitlang verletzte Blätter oder 
werden ihrer Gipfel beraubt, ohne abzusterben, 
z. B. Cordyline Terminalis und deren Varietäten, 
tropische Palmen, Carludovica, Maranta zebrina, 
Phrynium, Chironia und Acacia Lophanta. Stark 
durch Erkältung beschädigte Pflanzen oder solche, 
die dagegen sehr empfindlich sind, z. B. Pandanus, 
Palmen und Maranten aus sehr warmen Gegenden, 
Freycinetia, einzelne Cordylinen, Dracaenen und 
Aletris fragrans, Diosma und Phylica sind mit sel- 
tenen Ausnahmen unrettbar verloren. Bei Panda- 
nus, Freycinetia und Palmen tritt gewöhnlich nach 
8—14 Tagen Herzfäule ein, weil in Ermangelung 
der Saugwurzeln den noch sehr zarten und weichen, 
tief im Gipfel befindlichen Blättern keine Feuch- 
tigkeit zugeführt wird, ein Verwelken und endlich 
Faulen eintritt. Viele Tropenpflanzen sind so em- 
pfindlich gegen zu niedrige Temperatur, dass sogar 
die Spitzen ihrer Lnftwurzeln leiden, wie man es 


55 


bei zu kalt stehenden Pandanus, Freycinetia, Aroi- 
deen und Orchideen beobachten kann. 

Ist man genöthigt, Pflanzen, die der Erkäl- 
tung unterliegen, in kühlere Räume zu überwintern 
oder der Dekoration halber dort unterzubringen, 
80 müssen sie schon den Sommer vorher von dem 
ihrem Wachsthum allerdings sehr zuträglichen wär- 
meren Standorte nach und nach bis zu einem ge- 
wissen Grade entwöhnt werden. Zur besseren Er- 
haltung der Pflanzen unter solchen weniger günsti- 
gen Temperaturverhältnissen trägt ein möglichst 
spärliches Begiessen wesentlich bei; wollte man 
unter diesen Umständen den Pflanzen ebenso reich- 
lich Wasser geben, als in einer ihnen vollkommen 
zusagenden Wärme, so würden sie noch schneller 
zu Grunde gehen, weil eine im Verhältniss zur 
Wärme zu grosse Feuchtigkeit des Ballens die Erde 
noch mehr und schneller abkühlt. 

Wie demnach eine entsprechende Gewöhnung 
die Nachtheile der Wurzelerkältung vermindert, so 
kann auch eine Verwöhnung durch mehr Wärme 
schädlich sein und sind bisweilen Pflanzen, von 
denen man es kaum vermuthen sollte, dagegen em- 
pfindlich; bei hoher Temperatur getriebene Maiblu- 
men und Hyazinthen welken bisweilen, wenn man 
sie während einer Nacht einer Temperatur von nur 
1—2 Grad Wärme aussetzt. 

Die Veranlassung zur Erkältung der Saugwur- 
zeln im Allgemeinen entsteht dadurch, wenn Pflan- 
zen unter dem Einfluss von Bodenwärme oder im 
Warmhause eine Menge neuer, sich gewöhnlich an 
den Wandungen und dem Boden der Gefässe an- 
sammelnder junger Saugwurzeln gebildet haben, 
womit jederzeit auch ein üppigeres Wachsthum ver- 


bunden ist, plötzlich einen Standort erhalten, der | 


den Wurzeln auch nur 4-——-5 Grad Wärme weniger 
bietet; bei sehr empfindlichen Pflanzen reichen, 
wenn die Wurzelballen nass sind, schon 2 Grad 
weniger bin, um eine Beschädigung herbeizuführen. 

Nicht allein die Pflanzen in Gefässen, sondern 
auch manche des freien Landes sind den Nachthei- 
len der Wurzelerkältuug ausgesetzt, wenn bei ihrer 
raschen Entwickelung durch anhaltend warmes 
Wetter, während dessen auch warme Nächte vor- 
herrschend waren, plötzlich kalte Nächte, in denen 
das Thermometer bis auf +4 Grad sinkt, und 
kühle Tage eintreten. Die seit einigen Jahren 
beobachtete Krankheit der Gurken des freien Lan- 
des hat nur ihren Grund in der Zerstörung der 
Saugwurzeln in Folge zu niedriger Nachtwärme, 
was ich in den letzten zwei Jahren zu beobachten 
Gelegenheit hatte. Gurkenpflanzen, die Ende Juni 
1870 bereits zu blühen begannen und Tages zuvor 
noch frisch und kräftig wuchsen, welkten während 
der Mittagszeit nach einer vorhergegangenen kalten 


Nacht, in der das Thermometer bis + 6 Grad sank, 
die Blätter wurden gelb und die Pflanzen starben, 
obgleich bald wieder warmes Wetter eintrat, ab; 
schon am zweiten Tage nach jener kalten Nacht 
untersuchte ich die Wurzeln und fand, dass alle 
jungen Spitzen bräunlich und verdorben waren. 
Ein ähnliches Schicksal hatten im vorigen Jahre 
die jungen Bohnenpflanzen, die in Folge anhaltend 
kühler Witterung gelb wurden und nicht fort- 
wuchsen; bei Untersuchung der Wurzeln fanden 
sich auch diese meist beschädigt, während sich aus 
dem Stamme schon wieder neue Saugwurzeln bil- 
deten, wodurch sie sich unter dem Einfluss milde- 
ren Wetters wieder erholten, aber gegen ihr nor- 
males Wachsthum um 14 Tage bis 3 Wochen zu- 
rückblieben. Dieselbe Beschädigung der Wurzeln 
fand ich im Frühling und ım Herbste nach kalten 
Nächten, d. h. ohne Reif oder Frost, an Coleus. 
Die im freien Lande stehenden Gewächse kann 
der Gärtner gegen solche Witterungs - Einflüsse 
schwer schützen, wohl aber liegt es in seiner Hand, 
die in Gefässen stehenden Pflanzen dagegen zu 
bewahren, wenn er ein wachsames Auge auf seine 
Pfleglinge hat. 

Die Ursachen zur Erkältung der Saugwurzeln 
bei in Gefässen stehenden Pflanzen sind besonders 
durch folgende Umstände begründet: Am mannig- 
fachsten leiden kleine Tropenpflanzen dadurch, dass 
sie im Herbst, wenn sie die Mistbeete verlassen, 
um in die Gewächshäuser gebracht zu werden, nicht 
sogleich wieder an entsprechend warme Stellen, 


in warmen Beeten u. s. w. aufgestellt und die 


ı Töpfe eingesenkt werden, sondern gewöhnlich einige 


Zeit ohne Weiteres stehen bleiben, und alsdann 
während der Nacht, durch Mangel an Wärme, lei- 
den. Ist ihre Unterbringung nicht sofort zu er- 
möglichen, so sollte man wenigstens dafür sorgen, 
dass die Häuser, in denen sie sich vorläufig befin- 
den, gegen Abend noch um 1—2 Grad höher, als 
die Tagestemperatur sein muss, erwärmt werden. 
Sehr oft wird auch solchen Pflanzen dadurch Scha- 
den zugefügt, dass man im Herbst, nachdem sie 
in die Gewächshäuser geschafft sind, um Brenn- 
material zu ersparen, zu wenig heizt, oder die Er- 
wärmung auch aus vermeintlichem Mangel an Zeit 
vernachlässigt wird. Vor dem Einräumen der Tro- 
penpflanzen müssen daher schon vorher alle er- 
wärmbaren Beete gehörig zubereitet sein, damit sie 
ihren früheren Standort, durch Bodenwärme be- 
günstigt, nicht vermissen. Während des Einräu- 
mens und noch einige Wochen nachher lasse man 
die Häuser, besonders zur Nachtzeit, lieber um 
2—3 Grad wärmer heizen, als es sonst wohl nöthig 
ist, damit Beete, Töpfe, Mauern, sowie alle andern 
Gegenstände im Hause vollständig durchwärmt wer- 


56 


den. Vom Oktober bis Ende Januar bei der Er- 
wärmung der Häuser für Tropenpflanzen Brenn- 
material sparen zu wollen, ist eine T'horbeit, die 
oft durch den Verlust sehr werthvoller Pflanzen 
bestraft wird. Will man sparen, so vermindere 
man das Heizen bei hellem Wetter von Mitte Fe- 
bruar ab, wo durch die zunehmende Tageslänge 
die Pflanzen sich sclıon wieder mehr kräftigen und 
durch mehr Sonnenschein und die damit in Ver- 
bindung stehende reichlichere Erwärmung der Ge- 
wächshäuser während des Tages entschädigt werden. 
Sehr oft wird auch die Erkältung durch mangel- 
hafte Beaufsichtigung des Heizens der Gewächs- 
häuser herbeigeführt, wenn die Heizer nachlässig 
sind und nicht rechtzeitig für die Wiederholung 
des Heizens sorgen; denn mannigfacher Schaden 
entsteht dadurch, dass das in den Häusern zulässige 
Minimum von + 10 oder 9 Grad noch um einige 
Grade, also bis vielleicht auf — 7 oder wohl gar 
6 Grad sinkt. Zuweilen ist auch die mangelhafte 
Beschaffenheit der Gewächshäuser selbst daran 
Schuld, denn sind diese bei strenger Kälte nicht 
hinreichend bedeckt, oder sind die Heizapparate 
nicht ausreichend, so ist es sehr schwer, dieselben 
bei strenger Kälte und heftigem Winde gegen all- 
zustarke Abkühlung zu verwahren. Eine Menge 
von Gärtnern sind, wenn sie die Pflanzen während 
der Wintermonate reinigen, umstellen oder die er- 
wärmbaren Beete erneuern, zu unvorsichtig und 
fahrlässig, indem sie Tropenpflanzen ohne Weiteres 
auf den kalten Fussboden des Hauses stellen oder 
wohl gar über Nacht darauf stehen lassen. Der 
Erdboden ist zu kalt, es tritt dadurch eine zu starke 
Abkühlung des Wurzelballens und auch dadurch 
Erkältung der Saugwurzeln ein. Pandanus, Ma- 
ranta zebrina, Carludovica-Arten und verschiedene 
Palmen erleiden schon, wenn sie auch nur eine 
Nacht auf dem kalten Fussboden ständen, eine Be- 
schädigung der Wurzeln. Hedysarum (Desmodium) 
gyrans leidet, wenn es unter dem Einfluss von Bo- 
denwärme gepflegt wurde, wobei es bekanntlich 
während des Winters am besten gedeiht, auch nur 
einige Stunden auf kalter Erde stehend, so stark, 
dass es welkt und nachher die Blätter abwirft. 
Ebenso nachtheilig ist es den Tropen- und empfind- 
lichen Kalthauspflanzen, wenn ihre Wurzeln durch 
nicht festes Schliessen der Fenster oder der Schei- 
ben von Zugluft berührt werden, wie es bei den 
Pflanzen, die man auf die Fensterbretter der Zim- 
mer stellt, so sehr häufig vorkommt, oder wenn die 
Gefässe mit Eisen in Verbindung oder in zu grosser 
Nähe desselben stehen, welches im Stande ist, eine 


Menge Kälte von aussen nach innen zu leiten; ein 
Eisenstab von 0,653 Centimeter —= 4 Zoll Dicke, 
ist, wenn er mit der äusseren Luft in Verbindung 
steht, bei heftiger Kälte im Stande, einer in einem 
Blumentopfe stehenden Pflanze so viel Kälte zuzu- 
führen, dass die Erde gefriert. 

Will man die im Zimmer zu ziehenden Tropen- 


pflanzen gegen Erkältung der Wurzeln schützen, 
so sorge man dafür, dass alle Fensterfugen voll- 
ständig dicht sind, dass die Pflanzen auf besondere 
Brettchen mit darunter befindlichen Leisten gestellt, 
und zur Nachtzeit in die Mitte des Zimmers ge- 
bracht werden. 

Ob eine Pflanze die Erkältung der Saugwur- 
zeln überlebt oder nicht, hängt nicht allein von 
ihrer natürlichen Beschaffenheit, sondern auch von 
der Eigenschaft ab, ob sie geneigt ist, sehr bald 
wieder neue Saugwurzeln zu bilden oder nicht. 
Pflanzen mit fleischigen Stengeln, die bekanntlich 
längere Zeit ohne Wurzeln vegetiren können, scha- 
det die Beraubung der Saugwurzeln nicht. Am 
empfindlichsten sind alle Tropenpflanzen mit sehr 
einfachen, fast gar nicht verästelten Wurzeln, die, 
wenn sie zerstört sind, sich auch nur sehr langsam 
wieder bilden, wie die Pandanus und die meisten 


| Palmen; unter den letzteren giebt es Arten, die 


selbst bei hoher Bodentemperatur und der sorg- 
samsten Pflege keine Seitenwurzeln treiben, sondern 
nach einer Beschädigung der Saugwurzelspitzen so 
lange kränkeln, bis sich aus der Stammbasis neue 
Adventiv-Wurzeln bilden. ä 

Sind Pflanzen durch Erkältung der Wurzeln 
krank geworden, und ist noch Hoffnung zu ihrer 
Erhaltung vorhanden, so stelle man sie zunächst 
in einen möglichst feuchten warmen Raum, damit 
die noch vorhandenen Blätter nicht genöthigt sind, 
noch Feuchtigkeit an die trocknere Luft durch 
Ausscheiden abzugeben und die Pflanze vor Er- 
schöpfung bewahrt werde; nach einigen Tagen 
nehme man sie aus dem Gefäss heraus, entferne 
die beschädigten Wurzeln, lockere die älteren auf 
und pflanze sie in frische Erde, ganz abgesehen 
von der Jahreszeit, in der die Erkrankung statt- 
fand, und gebe ihr wieder einen feuchten, warmen 
Standort; sind es Pflanzen, die die Neigung haben, 
aus der Stammbasis, wie die Palmen, Musa u. dgl. 
neue Adventiv-Wurzeln zu bilden, so umgebe man 
sie an dieser Stelle mit Moos, welches feucht ge- 
halten werden muss. 


(Schluss folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmmer-Strasse No. 91. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


No. 8. Berlin, den 24. Februar 1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Eingetretener Hindernisse halber findet die nächste Versammlung erst Sonntag den 10. März statt. 


Inhalt: Theodor Nietner IV., Oberhofgärtner in Schönhausen. — Ueber Beschädigung der Saugwurzeln durch Erkältung und 


Trockenheit. 


Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, C. Bouche&. 


(Schluss.) — Der Weinbau in 


Niederösterreich. — Ueber das Kombiniren von Samen, resp. über gemischte Saaten. 


Theodor Nietner IV,, 


Oberhofgärtnuer in Schönhausen. 


Kurz vor dem Schlusse des vorigen Jahres 
starb ein Veteran der preussischen Hofgärtner, 
Theodor Nietner IV., einer der intelligentesten 
und tüchtigsten Praktiker seiner Zeit. Neben der 
Lenn&@’schen, der Fintelmann’schen und der 
Sello’schen Gärtnerfamilie steht nicht weniger be- 
deutsam die Nietner’sche da. Wie Friedrich der 
Grosse bei der Wahl seiner Generäle, Minister und 
Staatsbeamten die brauchbarsten Männer rasch heraus 
fand, so nicht weniger bei der Wahl seiner Gärt- 
ner. Die preussischen Hofgärtner waren im vori- 
gen Jahrhunderte ähnliche Beispiele für Förderung 
der gesammten Gartenkunst und haben einen grossen 


Einfluss auf die Bildung der Gärtner in der Pro- | 


vinz ausgeübt. Von dem, was wir jetzt an Gar- 


tenanlagen bei Berlin und Potsdam sehen, sind die | 


Anfänge zum grossen Theil im vorigen Jahrhun- 
derte von den Vätern und Grossvätern derer, denen 


Jetzt zum Theil noch die Königlichen Gärten an- 


vertraut sind, entstanden. 
Als die Künigin Elisabeth, Gemahlin Friedrich 


des Grossen, Schönhausen mit Schönholz zu ihrem | 


Aufenthalte angewiesen erhielt, wurde ein tüchtiger 


Gärtner aus Sagan in Schlesien berufen, um nach | 


einem bereits vorgelegten Plane Verschönerungen 
besonders in dem Schlosse Schönhausen anzulegen. 
Dieser Gärtner war Joseph Nietner I., Gross- 
vater des eben verstorbenen Theodor Nietner IV. 


Er verheirathete sich mit der Tochter von J. Sa- 
muel Sello, dem ebenfalls kurz vorher berufenen 
Planteur, wie damals die Hofgärtner genannt wur- 
den, in Sanssouci. Als er in den neunziger Jahren 
starb, trat sein ältester Sohn Christian Nietner II. 
an seine Stelle und blieb auch nach dem Tode 
der Königin Elisabeth im Jahre 1796 in Schön- 
hausen bis zu seinem im Jahre 1821 erfolgten 
Tode. 

Dem zweiten Sohne Friedrich Nietner III. 
wurde dagegen die Aufsicht über die Anlagen des 
in der Nähe von Schönhausen liegenden zweiten 
Schlosses Schönholz übertragen. Leider wurde 
dieses aber nach dem Tode der Königin Elisabeth 
alsbald verkauft und Nietner III. mit sehr geringer 
Pension entlassen. Erst im Jahre 1810, als der 
Hofgärtner Salzmann in Sanssouci starb und 
Louis Sello, Sohn von J. Samuel Sello und 
Vater der beiden in Sanssouci und am Neuen Pa- 
lais fungirenden Hofgärtner Hermann und Emil 
Sello, von Caput an der Havel aus dahin ver- 


| setzt wurde, trat er an dessen Stelle daselbst als 


Planteur. 

Von Christian und Friedrich Nietner 
wurden die beiden ältesten Söhne Theodor und 
Eduard ebenfalls Gärtner. Als in dem Jahre‘ 
1813 sich das deutsche Volk erhob, um die fran- 
zösische Fremdherrschaft abzuschütteln, da waren 
es auch die beiden jungen Nietner’s, welche eben- 
falls die Waffen ergriffen und den gemeinsamen 
Feind bis tief in das Innere des eigenen Landes 
verfolgten. Zurückgekehrt traten sie wiederum als 


8 


58 


einfache Gärtner in Königlichen Dienst. Ueber 
Theodor Nietner, dem 4. Hofgärtner seines 
Namens, werden wir besonders berichten, da er es 
ist, der am 28. Dezember in der Nähe seines gleich- 
namigen Sohnes in Charlottenhof bei Potsdam von die- 
ser Welt abberufen wurde. Es sei uns aber vorher 
erlaubt, die anderen Hofgärtner, insoweit sie Nach- 
kommen des ersten Joseph Nietner sind, noch 
aufzuführen und so eine vollständige Uebersicht 
über die heutige Nietner’sche Gärtnerfamilie zu 
geben. 

Eduard Nietner, der fünfte dieses Namens 
und Vetter von Theodor Nietner, trat im Jahre 
1831 als Hofgärtner in Monbijou ein und ver- 
tauschte seine Stelle 1835 mit der sogenannten 
Melonerie, d. h. den Königlichen Treibereien in 
Sanssouci. Er hatte aber noch einen jüngeren Bru- 
der, der ebenfalls Gärtner geworden war, Wilhelm 
Nietner VI. 1838 trat dieser als Hofgärtner in 
Schwedt ein und folgte seinem Bruder, als dieser 
1859 starb, in dessen Stelle in Sanssouci. - 

Nur ein Sohn von Theodor Nietner IV, 
der denselben Namen führte und nun als der VII. 
bezeichnet werden muss, trat in Königliche Gärt- 
nerdienste, während ein anderer, Johannes Niet- 
ner, zwar ebenfalls Gärtner geworden war, aber 
1850 von London aus nach der Insel Ceylon ging 
und sich noch daselbst befindet. Theodor Niet- 
ner nahm dagegen, als der erste Krieg gegen 
Dänemark ausbrach, zunächst an diesem Antheil. 
1866 wurde er zum Hofgärtner auf dem Orangerie- 
und Pfingstberg ernannt, nahm aber später, als 
1869 der Hofgärtner Morsch in Charlottenburg 
starb, dessen Stelle ein. Ausser diesem befindet 
sich schliesslich jetzt noch ein Sohn von Eduard 
Nietner V., der denselben Namen führt und nun 
ale Eduard Nietner VIII. bezeichnet werden 
muss, in Königlichen Diensten. Dieser machte den 
Feldzug gegen Frankreich mit und ist jetzt im 
Marly-Garten bei Potsdam, dem Lieblings-Aufent- 
halte Friedrich Wilhelm IV., beschäftigt. 

Wir kehren jetzt zu unserem eben verstorbenen 
Oberhofgärtner Theodor Nietner IV. zurück. 
Er wurde am 2. Dezember 1790 in Schönhausen 
geboren und hat daher das hohe Alter von 81 Jah- 
ren erreicht. Als ein befähigter Knabe mit offenem 
Kopfe ergab er sich mit regem Eifer gleich anfangs 
der Gärtnerei und suchte sich nach allen Seiten 
hin Kenntnisse zu verschaffen. Auf dem Gymna- 
sium des grauen Klosters zu Berlin erhielt er seine 
erste Vorbildung, um dann mit Nutzen bei dem 
Hofgärtner des Prinzen Reuss-Schleiz, der Hofmar- 
schall war und in Berlin einen schönen Garten 
besass, Noack mit Namen, die Gärtnerei praktisch 
zu erlernen. 


Kaum aus der Lehre entlassen, war ihm schon 
die Heimath zu enge geworden. Er sehnte sich 
hinaus in die grosse weite Welt, um auch ander- 
wärts die Gärtnerei kennen zu lernen. Nach da- 
maliger Sitte ergriff der kaum 20jährige Jüngling 
den Wanderstab und war muthig genug, um sein 
Augenmerk nach Paris zu richten. Die glänzende 
Kaiserstadt befand sich damals auf ihrem Kulmi- 
nationspunkte, nicht allein als Stadt des Luxus und 
der Ueppigkeit, auch hinsichtlich der Wissenschaft 
und Kunst war sie eine Quelle für diejenigen, 
welche sich diesen ergeben hatten. Es ist zu be- 
dauern, dass aus jener Zeit eines fast zweijährigen 
Aufenthaltes in Paris keine Aufzeichnungen mehr 
von ihm vorhanden sind, denn ein so empfänglicher 
junger Mann, wie Theodor Nietner war, hatte 
gewiss interessante Beobachtungen über die damalı- 
gen gärtnerischen Zustände in der französischen 
Residenz gemacht. Gegen das Ende des Jahres 
1811 kehrte er wieder nach Hause zurück. 

Als im Jahre 1813 vom Könige Wilhelm III. 
der bekannte Aufruf zur Befreiung des Vaterlandes 
vom fremdländischen Joche erschien, verliess er 
seine stille Gärtnerei und eilte zu den Fahnen des 
Lützow’schen Freikorps, an allen schweren Käm- 


‚ pfen, welche dieses zu bestehen hatte, Antheil neh- 


mend. Er hatte sich dem späteren Wirklichen Ge- 
heimen Rathe v. Beuth, einem der Gründer 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
in Berlin, angeschlossen und zog mit diesem nicht 
allein zum zweiten Male in Paris ein, sondern kehrte 
schliesslich auch mit ihm zurück. 

Die freie Zeit, welche ihm nach der Entlassung 
aus dem Militärdienste in der Heimath wurde, be- 
nutzte Theodor Nietner hauptsächlich zur Er- 
weiterung seiner wissenschaftlichen Kenntnisse. Er 
hörte an der Universität in Berlin verschiedene 
naturwissenschaftliche Vorlesungen und fand an 
einem dritten Sohne des Hofgärtners Louis Sello 
in Sanssouci, der sich später im Auftrage des bo- 
tanischen Gartens nach Brasilien begab, um Pflan- 
zen zu sammeln, leider aber daselbst beim Ueber- 
setzen über einen Fluss verunglückte und ertrank, 
einen anderen jungen Mann, der gleiches Streben 
mit ihm besass. 

Auf die Fürsprache von Lichtenstein, dem 
er bei der ersten Anlegung des jetzigen zoologi- 
schen Museums wesentliche Unterstützung gewährt 
hatte, und von Link, der wenige Jahre vorher an 
die Stelle Willdenow’s getreten war, erhielt 
Theodor Nietner vom Könige Friedrich Wil- 
helm III. Unterstützung zu einer Reise, um sich 
weiter auszubilden. Im August 1817 ging er zu- 
nächst nach Wien, wo damals Gärtnerei und Bo- 
tanik blühten und viele Gärtner und Botaniker ihre 


599 


Aüsbildung erhalten haben. 
dem blauen reinen Himmel Italiens liess ibn aber 
schon bald Wien verlassen und nach dem Süden 
seine Schritte wenden. 

Da seine beschränkten Mittel ihm nicht erlaub- 
ten, sich theurer Fuhrwerke zu bedienen, so ging 
er zu Fusse das ganze lange Italien hindurch und 
gönnte sich erst Ruhe, als er in Neapel ankam 
und bei dem deutschen Gartendirektor Dehnhardt 
eine freundliche Aufnahme fand. Doch war sein 
Bleiben auch hier nicht lange. Er ergriff von 
Neuem den Wanderstab, um auf dieselbe Weise 
wie er nach Neapel gekommen war, zum zweiten 
Male ganz Italien zu Fuss zu durchwandern und 
schliesslich die Alpen zu überschreiten. Er ging 
jedoch keineswegs nach Berlin, resp. nach Schön- 
hausen zurück, sondern erwählte jetzt Holland, was 
damals zwar keineswegs mehr auf der hohen Stufe 
der Gärtnerei stand, aber fortwährend sich noch 
eines grossen Rufes, besonders in der Blumenzwie- 
belgärtnerei, erfreute, als das Land seiner Wünsche. 
Dass er in Holland eine Schwester verheirathet 
hatte, mochte ebenfalls zu seinem Entschlusse bei- 
getragen haben. 

Holland scheint unsern jungen Gärtner nicht 
lange gefesselt zu haben, denn er ging nach kur- 
zem Aufenthalte wiederum weiter, und zwar nach 
England, von dessen Handels- und Privatgärtnereien 
er viel Gutes gehört hatte. Das Glück wollte ihm 
wohl, denn er fand ın dem berühmten Garten- 
Etablissement von Lee in Hammersmith bei Lon- 
don eine freundliche Aufnahme. Leider erhielt er 
aber gerade da, wo er eben angefangen hatte, eine 
umfassendere Kenntniss von den Zuständen der 
englischen Gärtnerei zu nehmen, die Nachricht von 
dem schweren Erkranken seines Vaters. So ver- 
liess er sehr ungern England und eilte rasch der 
Heimath zu. 

Zu Hause angekommen, unterstützte er den 
kranken Vater in der Ausübung seiner Geschäfte 
bis zu seinem Tode, der im Jahre 1821 eıfolgte. 
Lenn& hatte damals dem Königlichen Hofgärtner 
insofern eine höhere Bedeutung gegeben, als er das 
Institut der Obergärtner, aus deren Zahl von nun 
an nur Hofgärtner erwählt werden sollten, einrich- 
tete. Aber erst nach einem gründlichen Examen 
konnten junge Gärtner hier eintreten. Unser Theo- 
dor Nietner war der erste, welcher das Examen 
noch in demselben Jahre ablegte und ein gutes 
Zeugniss erhielt. Hierauf wurde er als erster 
Obergärtner im Neuen Garten angestellt, bald dar- 
auf vertrat er aber den alten Planteur Sello in 
Sanssouci, bis dieser starb. Nun erst wurde er 
zum Hofgärtner von Paretz ernannt, 

In Zurückgezogenheit lebte Theodor Nietner 


Die Sehnsucht nach | 


10 volle Jahre ın Paretz. Er verheirathete sich 
gleich anfangs mit ‘einer Tochter des Hofgärtners 
Louis Sello. Die grosse Abgeschlossenheit und 
Einsamkeit war jedoch nicht für einen so strebenden 
Mann, wie der Hofgärtner Theodor Nietner, 
er sehnte sich schon bald nach mehr geistigerem 
Umgang, nach intelligenten Menschen, wie sie in 
Paretz nicht vorhanden waren, er sehnte sich aber 
auch nach einer anderen Thätigkeit, wie sie seiner 
höheren gärtnerischen Bildung entsprach. Er war 
zwar bereits schon im Jahre 1823, also ein Jahr 
nach der Gründung, dem Vereine zur Beförderung 
des Gartenbaues in Berlin als Mitglied beigetreten 
und stand mit ihm in enger Verbindung. In den 
Verhandlungen des Vereins befinden sich manche 
werthvolle Aufsätze aus jener Zeit von ihm, welche 
dauernden Werth besitzen. Doch es reichte nicht 
aus, der Wunsch nach geistigerem Umgang wurde 
dadurch keineswegs vollständig ausgeglichen. Glück- 
lich war er daher, als er 1832 nach Schönhausen, 
wo er die ersten Anfänge einer gärtnerischen Kennt- 
niss in sich aufgenommen hatte, versetzt wurde. 

Im Kreise seiner Jugendfreunde und in Ver- 
bindung mit ebenbürtigen Kollegen schuf Theo- 
dor Nietner sich rasch eine zufriedenstellende 
Thätigkeit; er hatte hier nach allen Seiten hin Ge- 
legenheit, sein Wissen theoretisch und praktisch 
zu verwerthen. Mit grosser Liebe widmete er sich 
vor Allem der Gemüsezucht und den Treibereien 
und gab auch ein besonderes Buch darüber heraus, 
was allseitig, selbst im Auslande, Anerkennung fand. 
Später erschien seine Monographie der Erdbeeren. 
Mit besonderer Vorliebe widmete er sich aber schon 
bald der Kultur der Eriken, wo er Ausserordent- 
liches geleistet hat. Nicht allein, dass er es ver- 
stand, Schau-Exemplare im eigentlichsten Sinne des 
Wortes heranzuziehen, er hatte auch die grösste 
Sammlung von Eriken, die wohl je, wenigstens in 
Deutschland, zusammengebracht wurde. Wenn die 
geringen Mittel des Gartens nicht ausreichten, griff 
er in den eigenen Beutel, um irgend eine seltene, 
und wenn noch so kostspielige Art oder Form des 
grossen Genus Erica zu akquiriren. Noch vor 
1% Jahren, also im 80. Jahre seines Lebens, als 
er in den Ruhestand versetzt und ein grosser Theil 
seiner Lieblingspflanzen dem botanischen Garten zu 
Berlin bereits überwiesen waren, ward es ihm gar 
schwer, sich von ihnen zu trennen. Würde es der 
Raum in diesen Blättern gestatten, ausführlicher in ' 
seine Wirksamkeit einzugehen, so könnte noch 
manches Interessante dargeboten werden. Manches 
hat er über einzelne Kulturen in Zeitschriften mit- 
getheilt, vieles ist aber mit seinem Tode unterge- 
gangen. 

Dass Theodor Nietner bei den Ausstellungen 

8* 


60 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in 
Berlin sehr thätig war, kann man sich denken. 
Die Ausstellungen im Akademie-Gebäude, von denen 
man noch jetzt gern spricht, erhielten fortwährend 
reichliche Beiträge aus Schönhausen; aber auch 
später, als der Verein mit seinen Ausstellungen von 
Lokal zu Lokal wandern musste, war es wiederum 
Theodor Nietner in Schönhausen, der bald eine 
interessante Blume, bald eine Schaupflanze, bald 
ein vorzügliches Gemüse oder getriebenes Obst zur 
Verfügung stellte. 

Endlich muss auch seiner Vorzüge als Lehrer 
gedacht werden. Unwissenheit war ihm zuwider, 
daher suchte er allenthalben Samen von Kenntnis- 
sen auszustreuen, wo er günstigen Boden zu finden 
glaubte. Er beschränkte sich dabei nicht allein auf 
die jungen Leute, welche bei ihm die Gärtnerei 
erlernen wollten, und auf die Gehülfen, welche aus 
anderen Gärtnereien zu ihm kamen, er theilte auch 
Laien mit. Selbst auf seine Tagelöhner suchte er 
bildend und belehrend einzuwirken. So erhielten 
auch diese, wenn sie gelehrig waren, mit der Zeit 
einige Kenntnisse in der Gärtnerei. 

Für seine jungen Gärtner arbeitete er in allen 
gärtnerischen Zweigen besondere Hefte aus, nach 
denen er zu bestimmten Stunden in der Woche 
lehrte und die er die jungen Leute zur eigenen 
Belehrung abschreiben liess. So streng er sonst 
war und am allerwenigsten Unthätigkeit und Un- 
wissenheit duldete, bisweilen auch leichte Vergehen 
streng ahndete, so war er doch von seinen Unter- 
gebenen nicht allein sehr geachtet, auch geliebt. 
Er hat eine Reihe tüchtiger Gärtner herangezogen, 
welche jetzt zerstreut im ganzen grossen Deutsch- 
land leben und in seinem Geiste weiter wirken. 

Als er im vorigen Jahre in den Ruhestand ver- 
setzt wurde, verliess er Schönhausen, wo er so 
lange gelebt und so viel gewirkt hatte, um in 
Charlottenhof bei Potsdam, in der nächsten Nähe 
der Familie seines ältesten Sohnes, eine Wohnung 
zu beziehen. Er war seit vielen Jahren nicht in 
Potsdam und Sanssouci gewesen. Arg von der 
Gicht heimgesucht, liess er sich in einem Rollwagen, 
so oft das Wetter es ihm erlaubte, herumfahren 
und nahm an allen Veränderungen, die gemacht 
worden waren, besonders an den neuen Anlagen 
des feineren Obstbaues und der Erdbeerzucht grossen 
Antheil. Da er wusste, dass die Frau Krorprin- 
zessin vor Allem die Aroma feineren Hautberry’s 
oder Moschus-Erdbeeren liebte, schrieb er eine Ab- 
handlung über diese und überreichte sie der hohen 
Dame. 

Aber auch ausserdem war der ehrwürdige Greis 
thätig. Er hatte noch die Absicht, seine Erfahrun- 
gen im Gebiete der gesammten Gärtnerei zu sam- 


meln und allmählig zur weiteren Kenntniss zu brin- 
gen. Sie sollten in den Sitzungen des Gartenbau- 
vereins in Potsdam zunächst erst vorgetragen wer- 
den, um dann dem Drucke übergeben zu werden. 
Da erreichte ihn nach kurzem Krankenlager plötz- 
lich am 28. Dezember der Tod. Seine Sehnsucht 
nach dem Orte, wo er das Licht der Welt erblickt 
und die grösste Thätigkeit entfaltet hatte, nach 
Schönhausen, hatte sich in der letzten Zeit vor sei- 
nem Tode so gesteigert, dass er trotz aller An- 
nehmlichkeiten, welche ihm durch die Nähe seines 
Sohnes und dessen Familie in Charlottenhof gebo- 
ten wurden, im Frühjahre doch wiederum nach 
Schönhausen zurückkehren wollte. Das Geschick 
wollte es anders. Auf seinen Wunsch brachte man 
wenigstens die sterbliche Hülle nach Schönhausen, 
um nun für immer neben seinen beiden Eltern und 
seiner schon 1834 ihm vorausgegangenen Gattin 
zu ruhen. 


Ueber Beschädigung 
der Saugwurzeln durch Erkältung und Trockenheit. 
Vom Inspektor des Königl. botanischen Gartens zu Berlin, 
©. Bouche. 
(Schluss.) 


Die Beschädigungen der Saugwurzeln, welche 
durch allzugrosse Trockenheit herbeigeführt werden, 
sind ebenfalls von den weitgehendsten Folgen be- 
gleitet und die Ursachen des damit verbundenen 
Kränkelns oder Absterbens der Pflanzen oft sehr 
schwer zu ermitteln. 

Wird den in Gefässen stehenden Pflanzen zu 
wenig oder zu selten Wasser gereicht, so macht 
sich dies gewöhnlich durch das Welken bemerkbar, 
nur bei solchen, die mit festen, lederartigen Blät- 
tern versehen sind und sich in der Rahezeit ihres 
Wachsthums befinden, ist oberflächlich betrachtet 
keine Veränderung der Blätter und Zweige wahr- 
zunehmen, am allerwenigsten an allen Saftpflanzen, 
obgleich auch einzelne derselben, z. B. Mesembrian- 
themum’s, durch zu starkes Austrocknen inden Wur- 
zeln leiden. 

Werden die Wurzelballen der in Gefässen stehen- 
den Pflanzen zu trocken, so vertrocknen die Saug- 
wurzelspitzen, wodurch, wie bei Erkältung der Wur- 
zeln, ebenfalls ein Stillstand in der Zuführung von 
Feuchtigkeit und Nahrung veranlasst wird, und sich 
an dem oberirdischen Theile der Pflanzen ähnliche 
Krankheitssymptome wie bei der Beschädigung durch 
Erkältung zeigen. 

Bei vielen krautartigen Gewächsen, z. B. Salvia, 
Heliotropium, Fuchsia, Cuphea, Pelargonium, be- 


; 3 


schränken sich die Nachtheile, welche durch das 
Vertrocknen der Saugwurzeln entstanden, meist 
darauf, dass die Pflanzen eine Menge der älteren 
Blätter abwerfen und die zartesten Triebe vertrock- 
nen, sich dennoch erhalten und fortwachsen, weil 
diese Pflanzen die Fähigkeit zu besitzen scheinen, 
auch durch ältere Wurzeltheile den Zweigen und 
Blättern ein zur nothdürftigen Erfrischung hinrei- 
chendes Quantum von Feuchtigkeit zuzuführen, ne- 
benher aber auch die Eigenschaft haben, sehr bald 
wieder neue Saugwurzeln zu ‚bilden, was bei man- 
chen Pflanzen ansserordentlich schnell von Statten 
geht; junge Kohlpflanzen, welche Abends behufs 
des Auspflanzens in’s freie Land ausgezogen, über 
Nacht in feuchte Erde eingeschlagen und begossen 
werden, bilden oft schon bis zum andern Morgen 
neue Saugwurzeln. 

Weit empfindlicher dagegen sind viele neuhol- 
ländische, kapische und indische Pflanzen mit sehr 
feinen Faserwurzeln, z. B. Erica, Rhododendron, 
Azalea und Farne, nicht minder leiden solche, deren 
Wurzelspitzen zwar dicker, aber fleischiger sind, 
wie bei Camellia, den meisten Proteaceen, Laurineen 
und Magnolia; am allerempfindlichsten aber sind 
Pflanzen mit einfachen Wurzeln, z. B. Palmen, 
Pandancen, Dasylirion, Dracaena und Marantaceen. 
Viele der genannten Pflanzen sterben in Folge des 
Wassermangels nach wenigen Tagen ab, selbst 
wenn sie sich auch nach wiederholtem Begiessen 
wieder erfrischen, oder werden von lang andauern- 
den Krankheiten befallen. Jedoch giebt es auch 
Pflanzen, die, obgleich nieht zu den Saftgewächsen 
gehörig, einen ungemein hohen Grad von Trocken- 
heit ertragen, ohne dass ihre Wurzeln auch nur 
im mindesten verletzt werden. Plectogyne varie- 
gata und Pitcairnia dasylirioides können ohne zu 
leiden mehrere Wochen im warmen Zimmer stehen, 
ohne begossen zu werden; ebenso erträgt Agapan- 
thus eine ungemein grosse Trockenheit. 

Sind bei empfindlicheren Pflanzen die Saugwur- 
zeln durch Mangel an Wasser vertrocknet, so tritt, 
da es abgestorbene Organe sind, nach dem später 
wiederholten Begiessen Fäulniss derselben ein, so 
dass die Gärtner in den meisten solcher Fälle be- 
haupten, das Absterben oder die Beschädigung einer 
Pflanze sei nicht durch zu wenig, sondern durch 
zu viel Begiessen entstanden, weil die Wurzeln ver- 
fault seien. 

Dass Pflanzen, welche im Begriff stehen, neue 
Triebe zu entwickeln, gegen mangelhaftes Begiessen 
am empfindlichsten sind, ist allbekannt und hat sei- 
nen Grund darin, dass in dieser Periode ein grösserer 
Bedarf an Feuchtigkeit nöthig ist, um die sich neu 
bildenden Organe zu ernähren, und dass sich schon 
einige Zeit vor dem neuen Triebe zahlreiche neue 


Wurzeln bilden. Diesem Umstande ist es zuzu:- 
schreiben, wenn Camellien, Laurineen und Magno- 
lien nur krüppelhaft ausgebildete, braunfleckige 
Blätter besitzen oder diese von den jungen Trieben 
abwerfen, oder wenn Himalaya-Rhododendren an 
Trockniss der jungen Blätter leiden; untersucht 
man so erkrankte Pflanzen, so wird man finden, 
dass ein grosser Theil der jungen Saugwurzeln faul 
ist. Absichtlich zu trocken gewordene Pflanzen 
haben mich hinlänglich darüber belehrt, dass der 
Wurzelfäule in den meisten Fällen zu grosse Trocken- 
heit der Wurzeln durch nachlässiges Begiessen vor- 
herging. Diosmeen, Eriken, Pimelien, Gnidien und 
Passerinen sterben, wenn sie im Sommer einige Male 
stark welkten, oft nach wenigen Tagen ab; tritt 
feuchte Witterung ein, so bleiben ihre Zweige und 
Blätter noch längere Zeit frisch, sie erliegen aber 
alsdann meistens der sogenannten Stammfäule. Eine 
ähnliche Erscheinung tritt auch bei in Mistbeeten 
ausgesäeten Levkoyen auf, wenn sie nach Ent- 
wickelung des zweiten Blattes zu trocken geworden 
sind; auf diese Weise erkrankte Levkoyenpflanzen 
lassen sich oft noch erhalten, wenn man mässig 
trockene Erde dazwischen streut und nass begiesst, 
wodurch sie veranlasst werden, neue Wurzeln aus 
dem Stamme zu bilden. 

Pandanen, Palmen, Dracaenen und Dasylirien 
werden durch das Vertrocknen der Saugwurzeln 
herzfaul, weil die zarten, tief im Gipfel der Pflanze 
befindlichen Herzblätter welken, sich aus Mangel 
der fehlenden Zuleitungsorgane nicht wieder er- 
frischen und nachher in Fäulniss übergehen. 

Marantaceen rollen, wie bei der Erkältung der 
Saugwurzeln, ihre Blätter ein und werden herzfaul; 
in der Regel gehen auch alle älteren Blätter ver- 
loren. 

Sind Farnkräuter zu trocken geworden, so 
leiden die jüngsten Wedel, oft aber geht auch, be- 
sonders bei Baumfarnen, der Gipfel ganz verloren. 

Bei den Proteaceen tritt noch ein anderer Um- 
stand beim Trockenwerden der Wurzelballen hinzu, 
der darin besteht, dass sich der Wurzelballen bei 
zu starkem Austrocknen zusammenzieht, sich von 
den Wandungen der Gefässe ablöst, und dadurch 
der Zutritt trockener atmosphärischer Luft bewirkt 
wird und die blosgelegten Wurzeln noch mehr der 
Gefahr des Absterbens ausgesetzt sind. 

Sehr oft wird auch den einmal zu trocken ge- 
wordenen Wurzelballen nicht die gehörige Auf- 
merksamkeit zu Theil, um sie wieder hinreichend 
anzufeuchten, so dass mancher Gärtner aus Un- 
kenntniss oder Trägheit es für hinreichend hält, 
eine solche Pflanze nur einmal zu begiessen, was 
aber in den meisten Fällen nicht ausreicht. Ist 
ein Wurzelballen zu trocken geworden, so drücke 


62 


man, wenn er sich etwa von den Wandungen ge- 
löst haben sollte, den Rand desselben fest an, ge- 
schieht dies nicht, so nimmt er kein Wasser an 
und bleibt fast so trocken wie zuvor; ferner über- 
zeuge man sich, ob der Ballen auch wirklich voll- 
ständig vom Wasser durchzogen ist, was sich durch 
Aufheben des Topfes nach dessen Schwere oder 
durch seitliches Anklopfen mit den Knöcheln leicht 


Begiessen nicht aus, ihn vollständig zu durchfeuch- 
ten, so ist es am besten, das Gefäss, wenn es nicht 
eine zu zarte Pflanze birgt, bis zu seiner halben 
Höhe in entsprechend warmes Wasser zu setzen. 
Um durch Trockenheit vernachlässigte Pflanzen 
wieder herzustellen, ist es am besten, sie nach voll- 
ständiger Anfeuchtung des Ballens aus den Ge- 


ausüben. Wir werden einige der besseren Sorten 
Wein aus ÖOesterreich-Ungarn auch ferner noch 
trinken, die wohlfeileren Weine möchten sich aber 
nicht oder kaum auf dem Tische unseres Mittel- 
standes einbürgern. 

Es liegt uns ein Bericht über den Weinbau 
zunächst in Niederösterreich vor, der von H. Goethe, 


‚ seit dem vorigen Jahre Wanderlehrer für Weinbau 
erkennen lässt; reicht ein mehre Male wiederholtes 


in Klosterneuburg bei Wien, jetzt in gleicher Eigen- 


‚ schaft in Graz, im Auftrage der dortigen Regie- 
' rung verfasst wurde und wohl im Stande ist, alle 


Befürchtungen unserer Weinproduzenten, selbst wenn 


, zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn ein- 


fässen herauszunehmen, die todten oder bereits fau- 


ligten Wurzeln zu entfernen, in frische Erde zu 


verpflanzen, wenn es die Jahreszeit irgend gestattet, | 


und in einen feuchten geschlossenen Raum zu brin- 
gen, wodurch am schnellsten die Erzeugung neuer 
Saugwurzeln bewirkt wird, wenn dazu noch eine 
Möglichkeit vorhanden ıst. Hat sich die Pflanze 
erfrischt, beginnt sie wieder zu treiben und be- 
merkt man die Bildung neuer Wurzeln, so ent- 
wöhne man sie von der feuchten Luft und stelle 
sie an ihren früheren Platz. 


Der Weinbau in Niederösterreich. 


In der letzten Versammlung des Vereines zur 
Beförderung des Gartenbaues wurden vom Stadt- 
rath Thränhardt in Naumburg a. d. S. einige 
Mittheilungen über den Weinbau gemacht, die dar- 
auf hindeuteten, welche Wichtigkeit derselbe wohl 
in der künftigen Zeit haben möchte. Seit einigen 
Jahren ist auch Oesterreich mit seinen Weinbau 
treibenden Ländern von Neuem als grösserer Be- 
werber im Absatz von Wein, zunächst im nordöst- 
‚lichen Deutschland, eingetreten. Man fürchtete schon 
von Seiten einiger deutschen Weinproduzenten, dass 
Oesterreich- Ungarn für unsere Weinländer und 
Weingegenden um so gefährlicher werden könnte, 
als eine Art von Handelsvertrag mit einigen Er- 
leichterungen für Einführung von Wein in den 
damaligen deutschen Zollverein mit genanntem Dop- 
pelreiche abgeschlossen wurde Wenn auch ohne 
Zweifel seit wenigen Jahren etwas mehr Wein aus 
Oesterreich-Ungarn bezogen wird, und man sich 
allmählig an österreichischen Wein gewöhnen könnte, 
so wird jetzt doch im Allgemeinen auch etwas mehr 
Wein getrunken als früher; einen wesentlichen Einfluss 
haben diese Erleichterungen auf den Weinhandel 
aber nicht geübt und werden ihn auch zunächst nicht 


mal die Zollschranken fallen sollten, zu beseitigen. 
In den anderen Kronländern steht es mit dem Wein- 
bau nicht besser. Und doch hat nach H. Goethe 
zunächst Niederösterreich vorzügliche Weingegen- 


' den, welche hauptsächlich zwischen dem 48. und 


49. Breiten- und zwischen dem 34. bis 39. Län- 
gengrade liegen. 

Diese stellen zwar kein eigentliches Gebirgs- 
land dar, aber doch sehr hügeliges Terrain mit zum 
Theil diluvialen Ablagerungen, häufiger mit Kalk- 
und Sandstein-, selten mit Urgesteins-Unterlage. 
An Quellen fehlt es nicht. Selbst nördliche Lagen 


| dieser bezeichneten Weingegenden geben bei mässi- 
| ger Steigerung immerhin noch lohnende Erträge. 
| Die Höhe, bis zu welcher gebaut wird, erreicht 
| noch nicht 1000, sondern höchstens 900 Fuss über 


dem Meeresspiegel, die jährliche Durchschnitts- 
Temperatur beträgt dagegen 7—9 Grad R. Die 
höchste Wärme ist selten 4 26, die niedrigste da- 
gegen bisweilen — 18 Grad. Ueber die Fench- 
tigkeits-Verhältnisse ist in dem Berichte leider nichts 
gesagt, so wichtig sie auch für Beurtheilung des 
Weinbaues sind; nach dem, was uns aber ausser- 
dem darüber bekannt ist, müssen sie günstig sein. 

Nach dem Berichte des Wanderlehrers Goethe 
ist der Weinbau im Allgemeinen in den letzten 
Jahren in Niederösterreich, aber auch sonst in Cis- 
leithanien, sehr zurückgegangen, auch das Produkt 
soll schlechter geworden sein. Man will, wie leider 
auch anderswo, viel Wein gewinnen und denkt 
dabei nicht an die Güte des Produktes. Einige 
Misserndten, besonders die der letzten Jahre seit 
1866, haben ausserdem sehr entmuthigt. Wenn 
man schon früher weder den Rebenbau rationell 
betrieb, noch das Produkt mit der nöthigen Auf- 
merksamkeit behandelte, so hat diese Gleichgültig- 
keit jetzt noch weit mehr zugenommen. Viele 
Grundbesitzer haben daher ganz recht gethan, den 
Weinbau mit dem Ackerbau zu vertauschen. 

Die niederösterreichische Regierung hat zwar 
in Klosterneuburg bei Wien für Wein-, weniger 
für Obstbau eine Musterschule gegründet, welche 


63 


unter der vorzüglichen Leitung ihres Direktors 
v. Babo, Sohn des bekannten Oenologen und dem 
Vater ebenbürtig, sich auch in gutem Zustande be- 
findet, einen grossen Einfluss hat sie aber noch 
nicht auf die ländliche Weinbau treibende Bevöl- 
kerung ausgeübt. Von mehrmaligem Abziehen der 
Flüssigkeit, vom Klären u. s. w. hält man in Nie- 
derösterreich nicht viel; man behält den Wein oft 
mehre Jahre auf demselben Lager, ohne ihn nur 
ein einziges Mal überzufüllen, bis man ihn ge- 
braucht. i 

Viel, sehr viel Schuld an dieser schlechten Be- 


handlung der Reben und des Weins liegt an den | 


Schulen und an der geringen Bildung, welche die 
Kinder auf dem Lande erhalten. Die vielen Feier- 
tage tragen ebenfalls nicht wenig dazu bei, dass 
bisweilen selbst wichtige Arbeiten beim Weinbau 
zur Zeit nicht ausgeführt werden. So lange nicht 
hier Abhülfe geschafft wird, müssen Wein- und 
Obstbau, ebenso wie Landwirthschaft, wenn auch 
nıcht ganz darnieder liegen, so doch stets unter 
dem Niveau des Fortschrittes bleiben. 

Niederösterreich besitzt über 66,000 Joch Wein- 
land, also das Joch zu etwas über 2% Morgen be- 
rechnet, gegen 140,000 Morgen, und producirt auf 
diesem Areal nicht weniger als 13 Millionen Eimer 
Wein, der im Durchschnitte zu 53, in den besseren 
Gegenden zu 7 und 8 Gulden verkauft wird. Aus- 
geführt wird ausserordentlich wenig Wein, der 
ganze Ertrag also fast im Lande selbst verzehrt. 
Eine Quelle des Reichthums für das ganze Land 
kann demnach die Weinproduktion um so weniger 
sein, als sie nicht verhindert, dass viele ausländische, 
nicht allein ungarische Weine, auch gewöhnlicher 
Qualität, in Niederösterreich eingeführt werden. 
Wie in Niederösterreich, so scheint es in Betreff 
des Weinbaues in ganz Cisleithanien nicht besser 
zu sein. Von den 50,000,000 Gulden, welche man 
aus dem Verkaufe von Wein in Oesterreich selbst 
löst, wird noch nicht für % Million im Auslande 
verkauft. i 

Die besten Weinberge, gewöhnlich auch in gu- 
ter Lage, befinden sich südöstlich von Wien, bis 
an die Leitha; am meisten wird aber in einem 
Bezirke gebaut, wo die Ortschaften Feldsberg und 
Retz mitten darin liegen. Es befinden sich hier 
die günstigsten Lagen auf Lösboden, weniger auf 
verwittertem Granit, im Ganzen ungefähr 30,000 
Joch. Aber auch hier ist der Weinbau bedeutend 
zurückgegangen. Das Joch mit gegen 10,000 Reb- 
stöcken wird mit 2— 3,000 Gulden bezahlt. Wenn 
hier die meisten Weine gewonnen werden, so er- 
zielt man die besten Weine dagegen in einem an- 
deren Distrikte von gegen 14,000 Joch, wo Krems 
und Langenlois die Mittelpunkte bilden. Man ver- 


kauft hier den Eimer Wein schon im Durchschnitt 
zu 10 Gulden. In diesem Distrikte wird seit eini- 
gen Jahren auch etwas Riessling angebaut. 

Weit weniger Wein wird in den 3 anderen 
Bezirken gebaut, am meisten noch (auf 4,240 Joch) 
in dem von Gumboldtskirchen bei Wien, wo die 
nahe Residenz ein Sporn ist, mehr Aufmerksamkeit 
besonders auf die Weinbereitung zu verwenden. 
Man macht hier sogar Spät- und Auslese und ziebt 
mehrmals den Wein ab, um ihn flaschenreif zu 
machen. Ein solcher Wein wird der Eimer selbst 
| mit 50 und 60 Gulden verkauft. Daneben sieht 
man aber auch viel auf Quantität, da man biswei- 
len vom Joche bis 40: Eimer erzielt. In diesem 
Bezirke liegt auch Vöslau, wo fast nur Rothwein 
produeirt wird. Der Weingrosshändler Schlum- 
berger in Wien hat hier seine Versuchs-Wein- 
berge in vorzüglichstem Zustande, ohne dass aber 
wiederum bis jetzt die umwohnenden Weinbauer 
viel davon profitirt hätten. Der Boden des Be- 
zirkes besteht meist aus Kalk. 

Klosterneuburg und die daranstossenden Ort- 
schaften bilden ebenfalls einen besonderen Bezirk 
mit 1,746 Joch Weinland, das aus Kalk- und Di- 
luvialboden besteht, und abgesehen von der bereits 
erwähnten Wein- und Obstbauschule mit ihren aus- 
gedehnten Marken und einigen Weinbergen, welche 
vornehmen Leuten gehören und deshalb sich in 
gutem Kulturzustande befinden, ohne Bedeutung 
ist. Nur in Grinzing wird der Eimer im Durch- 
schnitt mit 10—15 Gulden bezahlt. Neuerdings 
hat man auch hier viel Riessling, der auch’ zu ge- 
deihen scheint, verpflanzt, 

Endlich ist noch Bruck an der Leitha als 5. 
Distrikt zu nennen. Es sind hier die Weingärten 
meist in der Ebene mit vorzüglichem Boden und 
fast 2,000 Joch umfassend. Trotzdem erhält man, 
allerdings bei der Massenerzeugung von 30—40 
Eimer auf das Joch, für den Eimer nur bis 8 Thlr. 


'  Veber das Kombiniren von Samen. 
resp. über gemischte Saaten. 


Es sind der Redaktion der Wochenschrift in 
Betreff der von uns angeregten Frage, ob ein Same, 
der an und für sich schwer keimt oder schon alt 
ist, durch Beigabe eines anderen gut und leicht 
keimenden Samens besser zur Entwickelung kom- 
men kann, zwei kleine Abhandlungen zugekommen, 
welche das Interesse der Leser in Anspruch neh-- 
men dürften. Die erste dieser kleinen Abhandlun- 
gen hat den Obergärtner Dressler in Berlin zum 
Verfasser, während die zweite der Hofgärtner 
Jäger in Eisenach verfasst hat. 


64 


I 


Die in der Wochenschrift angeregte Frage, ob 
das Kombiniren der Samen auch das Keimen sonst 
schwer keimender oder alter Samen befördere, will 
ich nicht direkt beantworten, da ich hierin noch 
keine Versuche und Erfahrungen gemacht habe, 
wohl aber möchte ich als Gärtner darauf hinwei- 
sen, dass von Laien oft die Frage gestellt wird: 
Ob es nicht gut sei, den geschnittenen Steckling 
an der Basis zu spalten und ein Haferkorn hinein- 
zuschieben, um hierdurch das Wurzelmachen zu 
befördern? (Es handelt sich hier gewöhnlich um 
die Vermehrung von Fuchsien, Rosengeranien, Ros- 
marin etc.) Ich habe früher mit lächelnder Miene 
dies für ganz überflüssig erklärt, bis ich später 
doch einsah, welchen grossen Einfluss ein derartiges 
Experiment unbedingt hat. 

Wenn auch im Allgemeinen von Blumenlieb- 
habern das Giessen nicht zu oft geschieht, ja im 
Gegentheil, man immer mehr zu trockene, als zu 
nasse Töpfe in den Zimmern antrifft, so ändert 
sich dies jedoch, sobald ein Liebhaber Etwas säet 
oder steckt. Hier kann man die Zeit nicht er- 
warten, bis es keimt oder wächst, und aus diesen 
Gründen glaubt man durch fleissiges Giessen das 
Wachsen befördern zu können. Natürlich verdirbt 
die zu nasse Erde sehr schnell und der Steckling 
geht von unten auf in Fäulniss über, selbst wenn 
er schon Wurzeln getrieben hatte. Hat man sich 
dagegen eines Haferkorns bedient, so wird dies 
sehr bald keimen und eine grosse Menge Wurzeln 
entwickeln, welche sich in einem feuchten, selbst 
nassen Boden sehr wohl fühlen. Natürlich bleibt 
die Erde gut und dem Steckling ist dadurch be- 
deutend länger Zeit gelassen, Wurzeln zu bilden. 
Nachdem dies geschehen, wird die Haferpflanze 
nach und nach entfernt. Dies ist meine Ansicht 
von der Hülfe, welche das Haferkorn dem mit ihm 
gepflanzten Steckling leistet. Sollte nicht ganz 
dasselbe beim Aussäen zweier ungleich keimender 
Samen eintreten? 

Il. 

Das in No. 2 der Wochenschrift gebrauchte 
fremde Wort Kombiniren findet hoffentlich niemals 
bei uns Eingang; es sei denn, dass junge Gärtner, 
welche zuweilen nach fremden Ausdrücken haschen 
um gelehrter zu erscheinen, es gebrauchen würden. 
Doch der Name thut nichts zur Sache. Die Sache 


ist eben, wie auch der Herausgeber der Wochen- 
schrift bemerkt, zweierlei Art. Ich nenne die eine 
Saat gemischte Saat, die andere Hülfs- oder Schutz- 
saat. Die Mischsaaten sind überall sehr gebräuch- 
lich, am meisten. in Gärten, wo mit dem Platze 
gespart werden muss. Ein Beispiel, wie weit man 
es treiben kann, ist früher einmal bei Beschreibung 
des Gemüsebaues bei Hamburg in dieser Zeitschrift 
mitgetheilt worden. Ich selbst säe, um ein erstes 
Mistbeet auszunutzen, zugleich Karoten, Kohlarten 
und Salat. Erst macht der Salat den Kohlpflanzen 


Platz und nachdem auch diese entfernt sind, stehen - 


die Karoten oft noch zu dicht. Zu den Schutz- 
und Hülfssaaten zählen wir die von Roggen oder 
Hafer zu Grassamen. Auch das Raigras ist als 
schnell schattendes Gras den feineren jungen Grä- 
sern nützlich. Manche Gärtner säen Levkoyen und 
Sellerie zusammen und bekommen so gesunde Pflan- 
zen. Ich denke, der Sellerie nimmt die überflüssige 
Feuchtigkeit auf und schützt so als Ableiter die 
Levkoyenpflanzen. 

An eine chemische Einwirkung durch Keimen 
des einen Samens auf die Entwickelung des andern 
glaube ich nicht, aber sie gehört nicht zu den Un- 
möglichkeiten. Es wäre daher sehr zu wünschen, 
dass die Versuche, zu welchen Professor Koch 
auffordert, angestellt werden. Derselbe scheint selbst 
wenig Glauben zu haben. 

Die interessanten Mittheilungen über das Ein- 
fügen eines Samens in einen andern zeigen, dass 
der Dilettanten-Aberglaube sich nicht blos auf Ros- 
marin und Nelkensenker erstreckt. Noch jetzt stecken 
die Dorfleute in den Rosmarinzweig, welcher Wur- 
zeln schlagen soll, ein Gerstenkorn (nach neueren 
Erfahrungen nicht Haferkorn). Dasselbe trägt sicher 
zur schnelleren Bewurzelung bei, wenn auch anders, 
als die „kombinirenden“ Leute meinen. Der Nutzen 
liegt darin, dass das Korn den Spalt offen hält. 

Dass je ein vernünftiger Gärtner sehr feinen 
Samen mit Hafer vermischt säen könnte, scheint 
mir unglaublich. Man denke sich die feinsten Sa- 
men von Üalceolaria, Gloxinia u.a.m. mit Hafer 
vermischt, es wäre ja lächerlich. Uebrigens keimt 
die von Carriere zum Versuch benutzte Buddleja 
curviflora an und für sich sehr gut und schnell bei 
reiner Saat. Man wird aber allerdings gut thun, 
Sand oder Erdstaub unter die Saat zu mischen, 
da diese sehr dicht aufgeht. 


Die Mitglieder des Vereines werden freundlichst ersucht, ihren Beitrag nebst Porto-Entschädigung (10 Sgr. 
bei halbmonatlicher oder 20 Sgr. bei wöchentlicher Zusendung durch die Post) an die Kasse (Rentier Sonn- 


tag, Alexandrinenstr. 51) recht bald zu zahlen. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 


Zimmer-Strasse No. 91. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


* Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift E- 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Redakteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General -Sekretär des Vereines. 


No. 9. 


Berlin, den 2. März 


1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 10. März, Vormittags 11 Uhr, findet im Englischen Hause (Mohrenstr. 49) eine Ver- 
sammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: 


Die Benary’schen Neuheiten. — 
Proskau. 


Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


III. — Pomologisches Institut in 


Die Benary’schen Neuheiten. 


Es liegt uns das Haupt-Samen-Verzeichniss von 
Ernst Benary in Erfurt vor; zugleich haben 
wir eine Anzahl von kolorirten Abbildungen, welche 
das Schönste unter diesen neuen Einführungen dar- 
stellen, erhalten. Sie mögen uns Gelegenheit ge- 
ben, über sie zu sprechen. Ernst Benary ist 
weit über die Grenzen unseres jetzt grossen Vater- 
landes hinlänglich und vortheilhaft bekannt, als 
dass einige Worte der Empfehlung ihm viel nützen 
dürften; aber doch halten wir es für unsere Pflicht, 
auch einmal aus seiner grossen Gärtnerei Einiges 
mitzutheilen. 

Wer in Erfurt gewesen und vielleicht an den 
Wällen jenseits der Festung auf der Chaussde in 
der guten Jahreszeit nach Gotha spazieren gegan- 
gen ist, wird sich noch des grossen Reichthumes 
blühender Florblumen erinnern, die hier nach Far- 
ben und Wachsthum gesondert, weite Flächen ein- 


nehmen und in bestimmter Ordnung nebeneinander | 


gepflanzt sind. 

Uebersieht man das Ganze mit Kennerblick, 
oder auch nur mit Aufmerksamkeit, so wird neben 
der Ordnung auch eine seltene Gewissenhaftigkeit 
bemerkbar. Wem dieser Ausspruch unklar sein 
sollte, dem theilen wir mit, dass auf den besagten 
Beeten von den verschiedensten Florblumen Samen 
für den Handel gezogen werden. Die Zeit, wo 
man Levkoyen, Astern, Phlox u.s. w. in Rummel 
kaufte und wo von einem und demselben Pflanzen- 
Exemplar durch Aussaat Blumen von verschiedenen 


Farben und Formen erhalten wurden, weil man die 
in der Kultur entstandenen Abweichungen noch 
nicht konstant zu machen verstanden hatte, ist 
vorbei. Unsere heutigen Gärtner kultiviren weit 
mehr, wie früher, wo es nur von Seiten einzelner 
geistig bevorzugter Männer geschah, rationell; sie 
wissen jetzt, was sie bei ihrer Anzucht von Samen 
wollen. Der intelligente Gärtner strebt einem be- 
stimmten Ziele zu, ein bestimmtes Prinzip zu 
Grunde legend. Abweichungen von der ursprüng- 
lichen Form und Farbe einer Florblume sind, in- 
sofern sie Anspruch auf Schönheit machten, jetzt 
durch die Ausdauer des Züchters konstant gewor- 
den und müssen demnach aufmerksam behandelt, 
vor Allem bei der Samengewinnung rein erhalten 
werden, wenn sie sich nicht wiederum verschlech- 
tern, resp. zurückgehen sollen. 

Sorgsam überschaut der Gärtner deshalb die 
Beete einer bestimmten Form oder einer bestimm- 
ten Farbe, um darüber zu wachen, dass kein ver- 
wandter Fremdling einer ähnlichen Sorte, aber auch 
kein zurückgeschlagenes Exemplar vorhanden ist 
und im letzteren Falle seinen schlechten, man 
möchte sagen, unwürdigen Blumenstaub auf die 
Narbe guter, um uns des Ausdruckes der Thier- 
züchter zu bedienen, edler Pflanzen zur Befruch- 
tung übertragen kann. Bei der Durchmusterung 
aller einzelner Pflanzen werden die Exemplare, , 
welche den Ansprüchen nicht nachkommen, erbar- 
mungslos herausgerissen. Je grösser dabei die 
Sorgsamkeit und die Gewissenhaftigkeit ist, um so 
mehr kann man auf die Güte der erhaltenen Samen 


9 


. 66 


Vertrauen haben, um so mehr wird man aus dem 
Samen den Anforderungen entsprechende Pflanzen 
erziehen. Je geringer dagegen die Beete zur Sa- 
mengewinnung gemustert und gesäubert wurden, 
um so schlechter werden auch die erhaltenen Sa- 
men, resp. die daraus erzogenen Pflanzen werden. 


1. Phlox Heynbholdii cardinalis. 


Unter den Neuheiten, welche Ernst Benary 
offerirt, steht die neue Form des Phlox Heyn- 
holdii, welcher er wegen ihrer brillantenen rothen 
Färbung den Beinamen cardinalis gegeben .hat, 
obenan. Wer in den 30ger Jahren sich noch der 
kleinen niedlichen Phlox Drumondi, zu dem P. 
Heynholdii als Abart gehört, wie es aus kaliforni- 
schem Samen zuerst in England und dann auch 
bei uns gezogen war, erinnert, wird kaum den Un- 
terschied in dem Reichthum, in der Farbe der Blu- 
men von damals und jetzt für möglich halten. Das 
Feuer in der Farbe der Blume muss aber doch 
schon unsern Vätern der Botanik bekannt gewesen 
sein, da sie dem Fremdlinge gleich anfangs den 
Namen Phlox, d. ı. Flammenblume, ertheilten. 

Die Farbe der Blume ist ursprünglich schön 
roth, aber keineswegs in der Weise feurig, wie 
man sie seit Ende der 40ger Jahre durch Kultur er- 
zogen hatte. Es liegen uns aus dieser Zeit Ab- 
bildungen von Formen vor, welche die damaligen 
Pflanzenliebhaber entzückten und auch den Beifall 
verdienten, welchen sie erhielten. Aber doch steht 
diese feurigroth blühende Form der 40ger und 
50ger Jahre, da die Farbe nicht ganz rein war 
und meist dem Auge, ohne ihm wehe zu thun, 
nicht erlaubte, lange Zeit darauf zu sehen, der 
jetzigen mit ihrer Intensität und Reinheit der Farbe 
weit nach. Es liegt in der leuchtenden Farbe des 
Benary’schen Phlox eine gewisse Ruhe, welche es 
möglich macht, wenn auch nicht eine lange, so 
doch eine kurze Zeit die Blume, ohne dass es un- 
angenehm wird, zu betrachten. 

Nach den Bemerkungen Benary’s ist Phlox 
Heynholdii, und ganz besonders die vervollkomm- 
nete cardinalis, ausserdem eine zu empfehlende 
Sorte, dass sie kräftiger ist und deshalb den sich 
oft einstellenden Unbilden des Wetters, vor Allem 
anhaltendem Regen, besser widersteht. Wenn sie 
auch wegen ihrer reichen Verästelung und ihres 
Blüthenreichthums zu Gruppen- und Beetpflanzen 
gut verwendet werden kann, so möchte sie viel- 
leicht doch als Topfpflanze noch mehr den Vorzug 
verdienen. Widmet man ihr bei der Anzucht nur 
einige Aufmerksamkeit, so wird die Pflanze so 
buschig, dass sie bald schon den Topf ringsum 
überragt und, je nachdem dieser gross oder klein 


ist und Nahrung giebt, einen Durchmesser von 3 


bis 1 Fuss erhält. Da die Blüthendauer auch län- 
ger sein soll, als bei den meisten anderen Sorten 
der Phlox Drummondii, so verdienen solche mit 
der Cardinalis-Form der Phlox Heynholdii bepflanzte 
Töpfe vor Allem auf Treppen, in Fensterbrüstun- 


ı gen u. s. w. verwendet zu werden. 


2. Phlox Crystallpalast compacta. 


Die kleinen Lobelien der Erinus-Gruppe wur- 
den mit der Zeit Mode, wo man an Teppichbeeten 
wiederum Gefallen hatte und dazu allerhand taug- 
liche Pflanzen suchte. Eine mehr geeignete Pflanze 
möchte es kaum geben, als Lobelia Erinus L., ein 
Bewohner des südlichen Afrika’s. Sie wächst dort 
auf Kalk- und Mergelboden und überdauert den 
trockenen Sommer. Bei uns verhält sie sich wie 
ein Sommergewächs, da sie gleich im ersten Jahre, 
und zwar schon frühzeitig blüht, dauert aber auch 
im Gewächshause aus, wird demnach damit eine 
Staude, verliert jedoch in der Regel ihren Blüthen- 
reichthum. Wenn wir früher (4. Jahrg. der Wo- 
chenschr.S. 125) mitde Candolle die im Gewächs- 
hause sich als Staude verhaltende Pflanze als eine 
besondere Art unter dem Namen Lobelia bicolor 
betrachtet haben, so berichtigen wir hiermit das 
dort Gesagte. 

In Neuholland wachsen unter gleichen Verhält- 
nissen ähnliche kleine Lobelien. Von ihnen sind 
einige ebenfalls eingeführt worden, ohne dass sie 
aber für die Dauer gleichen Beifall, wie Lobelia 
Erinus, erhielten. Am meisten ist es noch mit L. 
ramosa Benth. der Fall. So schön diese Art auch 
ist und so prächtige blaue Blumen sie auch besitzt, 
so ist sie doch leider empfindlicher, als L. Erinus 
mit allen ihren Formen. Wenn auch diese nicht 
gerade selbst gegen die Sonne geschützt zu wer- 
den braucht, so doch der Boden, auf dem sie steht. 
Wird diesem durch direktes Sonnenlicht die Feuch- 
tigkeit gänzlich entzogen, so verliert sie an ihrem 
üppigen Wachsthum, geht wohl auch ganz zu 
Grunde. Am besten gedeiht sie noch -in Massiv’s, 
wo sie so dicht steht, dass der Boden nicht aus- 
getrocknet werden kann. 

Aus der Erinus-Gruppe sind es besonders zwei 
Formenreihen, welche in England gezüchtet wur- 
den und auch jetzt noch am meisten verwendet 
werden. Die eine führt den Namen Orystallpalast, 
weil sie in dem Garten, worin dieser steht, erzogen 
und zuerst auch im Grossen angewendet wurde. 
Sie blüht dunkelblau, hat aber einen weissen Schlund. 
Wahrscheinlich ist sie nur eine vervollkommnete 
Form der alten, schon in den 30ger Jahren vor- 
handenen Lobelia speciosa der Gärten. Die 
andere blüht weiss, ist aber blauer, und zwar auf 
verschiedene Weise gezeichnet. Sie wurde anfangs 


L. marmorata genannt, bis Paxton, der Erbauer 
des Krystallpalastes, sie ebenfalls vervollkommnete 
und bei seinen vielen genialen Anlagen, welche er, 
besonders in England, in’s Leben gerufen hat, im 
Grossen anwenden liess. Seitdem nannten die dank- 
baren Gärtner diese vervollkommnete Form L. 
Paxtoni. 

Seitdem ist man in der Vervollkommnung der 
Lobelien nicht stehen geblieben, namentlich ist in 
England hauptsächlich durch Henderson sehr viel 
dafür geschehen und auch erreicht. Wir sahen 
bei unserer letzten Anwesenheit während der Som- 
merzeit des vorigen Jahres in England bei einer 
Ausstellung des Londoner Gartenbau-Vereines, wie 
wir früher berichtet haben (s. vor. Jahrg. 8. 260) 
vorzügliche neue Sorten, welche auch für unsere 
Gärten zu empfehlen sind. Dass aber England 
nicht allein berufen ist, etwas Vorzügliches heran- 
zuziehen, haben wir schon oft Gelegenheit gehabt 
auszusprechen. So hat Ernst Benary aus der 
Krystallpalast-Reihe eine Form erzogen, welche 
denen jenseits des Kanales würdig zur Seite steht 
und von Seiten der Gärtner und Gartenbesitzer, 
besonders bei Anlegung von Teppichgärten, alle 
Empfehlung verdient. 

Ernst Benary unterscheidet die von ihm ge- 
züchtete Krystallpalast-Form mit der näheren Be- 
zeichnung compacta, d. i. die gedrängte, weil 
sie in der That nicht dichter wachsen kann. Die 
Engländer haben zwar schon früher eine ähnliche 
Form als compacta bezeichnet; diese steht aber 
dem deutschen Erzeugniss nach. Lobelia Crystall- 
palast Benary’s hat für den Züchter dadurch einen 
besonderen Werth, dass sie selbst gegen lange an- 
haltendes feuchtes Wetter nicht sehr empfindlich 
ist und weniger abfault, als andere Formen. Die 
Blüthen sind ziemlich gross und besitzen mit Aus- 
nahme des weissen Schlundes eine intensive Ultra- 
marinfarbe, welche zwischen dem sonstigen Dun- 
kelgrün der Blätter angenehm absticht. 


3. Mimulus hybridus tigrinus, 


Die Eigenthümlichkeit der buntscheckigen Blu- 
men, der bei uns Gauklerblumen, bei den Fran- 
zosen Harlequin genannten Pflanze, meint man, soll 
Veranlassung gegeben haben, das Genus, wohin sie 
gehört, Mimulus, d. h. kleiner Mimos oder klei- 
ner Gaukler zu nennen. Das ist aber so wenig 
richtig, als die andere Ableitung, wonach Mimulus 
aus dem griechischen Worte Mimo, d. i. Affe, aus 
gleicher Ursache gebildet worden sei. Linn grün- 
dete sein Genus Mimulus auf Mimulus ringens, den 
er nur aus der Abbildung gekannt zu haben scheint, 
und gab nach seiner Philosophia botanica den Na- 
men wegen der maskenförmigen Krone. Die bunt- 


.67 


scheckigen Blumen des Linn& allerdings ebenfalls 
aber nur wenig bekannten M. luteus scheinen erst 
weit später in der Kultur entstanden zu sein, denn 
bei allen im Vaterlande gesammelten Exemplaren, 
welche wir zu untersuchen Gelegenheit hatten, war 
die Krone genannter Pflanze entweder einfach gelb 
oder im Schlunde mit nur einigen braunen Punk- 
ten versehen. 

Als Gartenblume wurde Mimulus luteus erst in 
dem 3. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts mehr be- 
nutzt. Wie die Gauklerblume schon im Vaterlande 
zu Veränderungen geneigt ist, denn M. guttatus, 
rivularis u. s. w. sind kaum Formen, so nicht we- 
niger in der Kultur. Es kamen bei der Kultur 
schon bald dergleichen mit grossen, hell- oder gold- 
gelben Blumen, die besonders auf den Abschnitten 
braun- oder rothpunktirt und selbst gefleckt erschie- 
nen oder einen breiten braungezeichneten Rand be- 
sassen, zum Vorschein und wurden alsbald der Ge- 
genstand einer noch grösseren Vervollkommnung. 
Auf der 1557. Tafel der Flore des serres hat 
van Houtte eine Auswahl der vorzüglichsten 
Zeichnungen in den Blumen gegeben, auf die wir 
hinweisen wollen. 

Man belegte gleich anfangs die Formen mit 
hellgelber, fast weisser Grundfarbe mit dem Bei- 
namen variegatus, während die anderen mit schöner 
goldgelber Grundfarbe die Beinamen Smithii, Youngiüi 
und Wilsonii führten. Waren die Flecken klein 
und punktförmig, so erhielten die Formen die nähere 
Bezeichnung punctatus und tigrinus, zeigten sie sich 
aber gross, so wurden die Pflanzen schliesslich als 
Mimulus maculatus in den Handel gebracht. Eine 
solche Form mit meist 5 grösseren und braunen 
Flecken auf den Abschnitten der grossen Blume 
war schon in den zwanziger Jahren vorhanden und 
sehr beliebt. Sie führte den Namen Mimulus 
quinquevulnerus, d.h. Gauklerblume mit 5 Wunden. 

Als später eine neue Art Mimulus cupreus aus 
den Hochebenen Boliviens eingeführt wurde, die 
kleine und kupferrothe Blumen hat, so eröffnete sich 
den intelligenteren Gärtnern zur Neuzucht wiederum 
eine Bahn, um durch Kreuzung mit dieser die 
schon an und für sich grosse Mannigfaltigkeit der 
Sorten noch mehr zu vermehren. Was man auf 
diese Weise gezüchtet hat, führt gewöhnlich die 
Bezeichnung hybridus; eine besonders schöne hat 
man aber Mimulus pardinus genannt. Man besitzt 
neuerdings auch insofern eine gefüllte Form, als, 
indem der Kelch blumenkronartig geworden ist, 
scheinbar eine Krone aus der anderen hervorkommt. - 

Was nun schliesslich den von Ernst Benary 
jetzt in den Handel gebrachten Mimulus hybridus 
tigrinus anbelangt, so darf er nicht mit dem ver- 
wechselt werden, den man in Fraukreich .unter 


9* 


68 


diesem Namen besitzt und der ebenfalls jenseits | Pflanze, von der der Inspektor des botanischen 


der Vogesen vielfach kultivirt wird. Dieser 
dem bekannten M. pardinus ungemein nahe und 


hat bei verschiedener (goldgelben, chamois, isabellen, 
' d. Wochenschr. S. 330) ausgestellt hatte. 


Nanking- u. s. w.) Grundfarbe, wie bei einem Pan- 
ther, zahlreiche braunrothe Punkte, wie besäet. 
Die Ernst Benary’sche Form ist dagegen aus 
dem alten Mimulus quinquevulnerus hervorgegangen 
und besitzt grosse Blüthen, wo die fast weisse 
Grundfarbe durch grosse braune oder rothe, aber 
unregelmässige Flecken unterbrochen ist. Von die- 
sem Mimulus hybridus tigıinus besitzt Ernst Be- 
nary in der Weise eine gefüllte Form, wie wir 
bereits mitgetheilt haben. Die Engländer nennen 
dergleichen gefüllte Formen Doppelhosen. 


4. Amarantus atropurpureus Roxb. 


Die Amaranten oder Fuchsschwänze waren, be- 
vor der Wanderungstrieb des Menschen 
leichte Kommunikationen, wie Eisenbahnen und 
Dampfschiffe, mächtig unterstützt wurde und aus 
allen Ländern der 5 Erdtheile unsere Gärten und 
Gewächshäuser mit schönen Pflanzen und Blumen 
bereichert wurden, viel angebaut, besonders auf dem 
Lande und in kleineren Städten. Es 
ders Amarantus caudatus L. und paniculatus L., 
zwei ostindische Arten, weniger der nordamerika- 
nische A. hypochondriacus, welche leider, da sie 
sich meist von selbst aussäeten, oft in grösserer 
Menge im freien Grund der Gärten vorhanden 
waren, als es dem Schönheitssinne entsprach. In 
Töpfen hingegen wurden die sogenannten Papa- 
geienfedern (Amarantus bicolor Nocca und tricolor 
L.), durch Kultur vor längerer Zeit schon aus A. 
melancholicus L. gezogene Formen, zum bunten 
Schmuck verwendet. 

Im vorigen Jahre brachten James Veitch 
and Sons in London wiederum einen neuen Ama- 
rant in den Handel, der mit Recht die Aufmerk- 
samkeit der Liebhaber in Anspruch nahm und be- 
reits auch bei uns auf dem Kontinente ist: Ama- 
rantus salicifolius. Ob diese Pflanze übrigens wirk- 
lich zu dem Genus Amarantus gehört, muss abge- 
wartet werden. Die schmalen, langen und über- 
hängenden Blätter weichen sehr von denen der 
übrigen Amaranten ab und ähneln vielmehr denen 
des früher in Berlin und im nordöstlichen Deutsch- 


steht | 


durch | 


war beson- | 


land viel zur Dekoration angebauten Helianthus | 


salicifolius ©. 
kleiner. 
Jetzt bringt Ernst Benary einen anderen 
Amarantus in den Handel, der auf den ersten An- 
blick als solcher erkannt werden wird und nicht 
weniger eine gute Akquisition darstellt. Es ist 
A. atropurpureus Roxb., wiederum eine ostindische 


et Dietr., nur ist die Pflanze weit 


Gartens in Berlin, Bouch£, bereits in der Sep- 
tember-Versammlung des Seren zur Beförderung 
des Gartenbaues einige Exemplare (s. vor. Jahrg. 
Bis jetzt 
war er noch nicht in Kultur gewesen, der Mono- 
graph der Amarantaceen in de Candolle’s Prodro- 
mus, Moquin-Tandon, kannte ihn vor 12 Jah- 
ren selbst so wenig, dass er ihn noch unter den 
wenig bekannten Arten dieses ansehnlichen Ge- 
schlechtes aufführte, 

A. atropurpureus hat, wie der Name sagt, eine 
dunkelrothe Farbe, und zwar nicht allein an den 
zahlreichen Blüthenähren, sondern auch am Sten- 
gel und auf der Unterfläche der Blätter, weniger 


‚weil daselbst mehr röthlich-grün, auf der Oberfläche. 


Er ähnelt am meisten im äusseren Ansehen dem 
Amarantus caudatus, bleibt aber kleiner und wächst 
gedrängter. Die Höhe beträgt 13% und 2 Fuss, 
die Breite nur etwas weniger. Da er sich gleich 
von der Basis an verästelt, so bildet er schliesslich 
einen dichten Busch, dessen Aeste mit zahlreichen 
und dicht gedrängt stehenden Blüthenähren von 
2—23 Zoll Länge endigen. An der Spitze hän- 
gen die obersten und längeren Aehren meist etwas 
über, aber keineswegs in der Weise, wie es bei 
A. caudatus der Fall ist. 

Amarantus atropurpureus ist zu Gruppen sehr 
geeignet, nicht weniger aber auch als Einzelnpflanze 
auf Rabatten und aufRasen. Da er gegen Witterungs- 
Einflüsse gänzlich unempfindlich ist, so hat er 
hauptsächlich in rauhen Gegenden einen besonderen 
Werth. 

Ueber diesen Amarantus atropurpureus berich- 
tete Garteninspektor Bouch&@ in der letzten Ver- 
sammlung des Vereines noch Einiges, was wir hier 
hinzufügen wollen. Es wurde von Seiten des bo- 
tanischen Gartens im Jahre 1868 Samen aus Cal- 
cutta, und zwar unter der Bezeichnung Celosia sp., 
bezogen. In den beiden ersten Jahren waren die 
wenigen aus dem Samen erzogenen Pflanzen sehr 
schwach; es machte viele Mühe, nur einige reife 
Samen zu erzielen. Als davon aber später genug 
vorhanden war, wurde er im Jahre 1870 zuerst 
ins freie Land als Gruppenpflanze benutzt. Hier 
entwickelte er sich prachtvoll und lieferte reichlich 
Samen. Im Frühling 1871 erschienen im Freieu 
eine Menge Pflänzchen in Folge des Samenausfalles, 
also ein Beweis, dass der Same sich während des 
Winters im Freien erhält und nicht, wie der vom 
A. caudatus, erfriert. 


. 


5. Erfurter frühester Zwergblumenkohl. 


Wenn wir schliesslich noch neben den neuen 
Einführungen von Pflanzen eines nicht ganz neuen 


> 2‘ 


69 


Gemüses, des Erfurter frühesten Zwergblumenkohls, 
gedenken, so ist nicht allein die schöne und kolo- 
rirte Abbildung, welche davon uns Ernst Benary 
zugesendet hat und auch für 10 Sgr. durch ihn 
käuflich zu erwerben ist, die Veranlassung, sondern 
noch mehr die Ueberzeugung, dass er im Auslande 
nicht allein, sondern selbst im Inlande, viel zu wenig 
bekannt ist, obwohl er unserer Ansicht nach von 
keiner anderen Sorte übertroffen wird und unbe- 
dingt das zarteste Gemüse darstellt, was es giebt. 
Wenn man ihn bei einigermassen guter Zubereitung 
geniesst, so ist er so zart, dass er auf der Zunge 
wie Butter zergeht. 

Unbedingt ist der Erfurter früheste Zwergblu- 
menkohl noch besser, als der berühmte der Insel 
Walchern, einer der seeländischen Inseln im Nor- 
den des holländischen Festlandes.. Das Seeklima 
soll hier zu seiner Entwickelung besonders günstig 
sein. In England wird in den besseren Gemüse- 
gärtnereien fast nur Samen des Blumenkohls der 
Insel Walchern bezogen; ausserdem bildet aber 
auch der Blumenkohl selber einen der bedeutend- 
sten Handelsartikel nach dem Inselreiche. 

Der Blumenkohl in Paris, der in der Regel 
von Fremden sehr gerühmt wird, ist unserer An- 
sicht nach in der Güte weit geringer und stets 
etwas hart; es scheint selbst, als wenn der Pariser 
und Franzose überhanpt ihn nicht so weich liebt, 
wie wir. Neuerdings hat der Erfurter Blumenkohl 
zwar ebenfalls in Paris Eingang gefunden, aber 
weniger seiner Güte halber, als weil er sich besser 
treiben lässt und in der Regel schon Mitte Mai 
zum Kaufe angeboten wird. 


Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
17% 


Einer unserer besten Sträucher für grössere 
Parthieen ist ohne Zweifel die Manna-Esche (Fraxi- 
nus Ornus). Sie bildet von selbst nie einen Baum, 
sondern kann nur künstlich dazu erzogen werden, 
und schickt alsbald aus dem unteren Theil des 
untersten und verkürzten Stammes mehre Haupt- 
. äste gerade in die Höhe. Nur nach oben verästelt 
diese sich und zwar ebenfalls nur wenig, sind aber 
mit gefiedertem Laube von freudiggrüner Farbe 
ziemlich dicht besetzt. Durch diesen Bau würde 
die Manna-Esche allein stehend, wenn man nicht 
künstlich nachhelfen würde, kein gutes Aussehen 
haben, desto mehr und dann Effekt machend, ist 


sie dagegen in grösseren Gehölzparthieen zu ver- 
wenden. 

Die Manna-Esche ist nicht allein ein Füllungs-, 
sondern auch ein Blütbenstrauch. Sie bringt im Früh- 
jahre grosse Rispen weisser Blüthen hervor, welche 
im Gegensatz zu dem dunklen Grün des Laubes 
um so mehr hervortreten und damit einen sehr 
freundlichen Anblick darbieten. Eben dadurch 
weicht sie, die deshalb auch den Namen Blüthen- 
esche führt, wesentlich von der gewöhnlichen Esche 
ab, deren unscheinliche Blüthen keine Blumenblät- 
ter besitzen. Man hat die Manna-Esche wegen des 
Vorhandenseins dieser weissen Blüthen zu einem 
besonderen Genus, was den Namen Ornus führt, 
erhoben und ihr selbst den Namen ÖOrnus vulgaris 
gegeben. 

Die Manna-Esche ist ein Bewohner des Südens 
von Europa und des Orientes, hält aber unsere 
Winter, insofern diese nicht zu kalt sind und nicht 
zu lange dauern, sehr gut aus; höchstens friert sie 
in ungünstigeren Gegenden mehr oder weniger, 
selbst bis zur Wurzel, ab, schlägt aber im Früh- 
jahre stets wieder aus. Von ihr gewinnt man in 
Unteritalien, besonders aber auf Sicilien, die ofh- 
einelle, als Arzneimittel gebräuchliche Manna, welche 
wesentlich von der biblischen, als Nahrungsmittel 
dienenden Manna verschieden ist. 

Früher glaubte man, dass die Manna der Apo- 
theker allein durch den Stich eines Insektes (der 
Cicada oder Tettigonia Orni) in den Stamm der 
Manna hervorgebracht würde. Es mag dieses auch 
vor mehrern Jahrhunderten nur der Fall gewesen 
sein, die Manna jedoch, welche jetzt noch beson- 
ders auf Sicilien auf diese Weise gewonnen wird, 


ı stellt eben nur eine sehr schlechte Sorte dar, welche 
so geringen Werthes ist, dass sie gar nicht mehr 


in den Handel kommt. Die gute, heutzutage noch 
allein in unseren Apotheken vorkommende Manna 
wird nur künstlich und immer durch Einschnitte 
erhalten. 

Professor Goeppert hat uns aus dem Berichte 
des Dr. Langenbach, welcher in den letzten 
Jahren einige Zeit auf Sicilien verweilte und dabei 
Gelegenheit hatte, die Mannagewinnung an Ort und 
Stelle zu beobachten, Einiges mitgetheill. Wenn 
dieses auch keineswegs von den früheren Berichten 
abweicht, im Gregentheil diese nur bestätigt, so 
möchte doch für den Leser der Wochenschrift es 
genehm sein, über dieses ornamentale Gehölz un- 
serer Anlagen noch etwas zu erfahren, was für 


dieses schöne Gehölz noch mehr Interesse erwecken . 


dürfte. 

Die Gewinnung der Manna hat eine grosse 
Aehnlichkeit mit der Gewinnung des Terpenthins 
in den Kiefernwäldern des Departements der Hei- 


den (des Landes) südlich von Bordeaux in Frank- 
reich. Hierüber hatten wir vor einigen Jahren, 
nachdem wir selbst an Ort und Stelle Kenntniss 
davon genommen hatten, in der Wochenschrift be- 
richtet. Die Manna-Esche wird zur Manna-Gewin- 
nung erst aus Samen erzogen. Die jungen. Pflänz- 
chen bringt man nach Verlauf eines Jahres an die 
bereits vorbereitete Stelle und pflanzt sie in mit 
einer Eisenstange gemachte Löcher von 1% Meter 
Entfernung so tief, dass noch ein geringer Theil 
des Stammes ebenfalls eingesenkt wird. Erst nach 
7—9 Jahren, wo aber in der Zwischenzeit 
Boden alle Jahre von Neuem gelockert wird, be- 
ginnt die Gewinnung von Manna in der Weise, 


dass man vom Juli bis September mit einem schar- | 


fen und gekrümmten Messer dicht über dem Boden 
einen Querschnitt von einem Drittel des Umfanges 
des Stammes bis auf das Holz macht. Aus der 
Wunde quillt, je nachdem das Wetter warm ist, 
ein dicklicher, anfangs brauner Saft hervor und 
fliesst langsam am Stamme herunter, allmählig er- 
starrend und eine feste Gestalt annehmend. 

Dieser erstarrte Saft ist die Manna und er- 
scheint als beste Sorte in Stangen oder Röhren. 
Was darüber hinaus auf den Boden tröpfelt, oder 
sonst an der Rinde kleben bleibt und mit einem 
Messer abgekratzt wird, wird auf Blättern, beson- 
ders der Öpuntien, aufgenommen und führt den 
Namen Manna in Sorten. Während des Trocknens 
nimmt die Manna allmählig eine weisse Farbe an. 
Mit den Einschnitten fährt man nach Dr. Langen- 
bach täglich fort und zwar dicht, ungefähr einen 
Finger breit über der alten Stelle, bs man eine 
gewisse, nicht mehr ergiebige Höhe erhalten hat. 
Nun beginnt man wiederum auf einer anderen Seite 
von unten und steigt mit dem Einschneiden allmäh- 
lig abwärts. Ein guter Arbeiter soll von einem 
Morgen bis Mittag, wo die Operation geschieht, 
bis 1,000 Einschnitte machen können. 


Auf einer Hektare (ungefähr 4 Morgen) stehen 
5,000 Pflanzen, welche im Durchschnitt 90 Kilo- 
gramme (also fast 2 Centner) liefern. Von dieser 
Masse gehört nur der 20. Theil der Stangen-Manna 
an, welche das Kilogramm mit 16 Liren (oder 
Frank, also 4 'Thlr. 8 Sgr.) verkauft wird, wäh- 
rend man für die Sortenmanna nur 63 Liren (ge- 
gen 13 Thlr.) zahlt. Die Hektare, mit Manna- 
Esche bepflanzt, giebt demnach über 640 Liren 
(oder Frank), also etwas über 170 Tblr. Brutto- 
Ertrag. Die Herstellung, Bearbeitung des Grund- 
stückes wird einem Pächter übergeben und ihm 
dafür die Hälfte des Ertrages zugesichert. Da ein 
mit Manna-Eschen bepflanzter Acker 10—20 Jahre 
benutzt werden kann, wobei allerdings die Erträge 
sich später allmählig sehr verringern, so ist der 


der 


70 


Netto-Ertrag für den Morgen im Jahre im Durch- 
schnitt doch nur 17% Thaler, ein für Deutschland 
schon bedeutender, für Sicilien hingegen geringer 
Ertrag der Bodenrente. 

Dieses mag auch die Ursache sein, dass die 
Kultur der Manna-Esche in der letzten Zeit auf 
Sicilien abgenommen, die der Apfelsinen dagegen 
zugenommen hat. Die Kultur der letzteren im 
Grossen soll ausserordentlich einträglich sein. Nach 
den Mittheilungen des Dr. Langenbach wurden 
allein in der Provinz Palermo während des Jahres 
1854 nicht weniger als 4,466 Hektaren mit Apfel- 
sinenbäumen bepflanzt. Diese gaben nicht weniger 
als 16,077,600 Liren Ertrag. Von da an steigerte 
sich die Kultur genannter Südfrüchte in der Weise, 
dass im Jahre 1866 weit über die doppelte Anzahl, 
nämlich 11,000 Hektaren mit Apfelsinenbäumen 
bepflanzt waren und eine Summe von 39,600,000 
Liren einbrachten. 

Won dem Rittmeister v. Pfuel in Jahnsfelde 
bei Müncheberg in der Mark sind uns nachträglich 
noch Mittheilungen über die Folgen des vergan- 
genen letzten Winters 1870—71 zugegangen, die, 
obwohl etwas verspätet, doch noch Interesse haben 
möchten und den früheren in diesen Blättern be- 
reits mitgetheilten Thatsachen angereiht zu werden 
verdienen. Rittmeister v. Pfuel schreibt uns: 

„In_Folge verschiedentlicher Mittheilungen in 
der Wochenschrift, betreffend die Wirkung des 
Frostes auf die Bäume im Winter 1870—71, er- 
laube ich mir auch einige Notizen beizutragen über 
das Verhalten meiner Obstgehölze gegen besagten 
Winter. 

Die Obstbäume sind auf meinem Gute Jahns- 
felde folgendermassen vertheilt: 

1) In einem Gemüsegarten, der von allen Sei- 
ten geschützt ist und sandigen, trockenen Boden 
hat, befindet sich ein Zwergobstgarten mit 56 Py- 
ramiden und in 3 Compartimenten nach Lepe£re- 
scher Manier angelegt, 183 Contrespalierbäume und 
39 (+ 15 anderortsstehende) Spalierbäume. 

2) In einem Wirthschaftsgarten mit selır gutem, 
etwas schwerem Boden, nach Norden und Westen 
frei. Etwas nass zum Theil. 

3) In einer Plantage in freier Lage, nur süd- 
lich und südöstlich geschützt, nach Norden frei. 
Mit gutem Boden an einer Wiese lehnend, an wel- 
cher 116 Pflaumenbäume stehen. 

4) In einer Allee mit 78 Sauer- und Süss- 
Kirschen. 

Es waren vorhanden: 


An Aepfeln 124 Hochstämme, 
An Birnen 148 % 
An Pflaumen 248 = 

° Latus 520 Hochstämme, 


vi 


Transport 520 Hochstämme, 
An Kirschen 112 5 
Verschiedene noch nicht tra- 
gende Bäume 97 5 


Summa 729 Hochstämme. 
An Aepfeln 56 Pyramiden, 
An Birnen 54 Spaliere, 
An Pflaumen 183 Cordons, 
Summa 293 Formenbäume. 
Dazu 729 Hochstämme, 


Summa 1022 Obstbäume überhaupt. 


Hiervon sind erfroren: 
a. Hochstämme: 10 Aepfelbäume, 
21 Birnbäume, 
24 Pflaumenbäume, 
4 Kirschenbäume, 
8 Birnbäume, 
6 Aprikosenbäume, 
3 Pfirsichbäume, 
80 Aepfel- u. Birnbäume, 
32 Aepfel- u. Birnbäume, 


188 Obstbäume. 


b. Spal'erbäume: 


c. Cordons: 
d. Pyramiden: 


Summa 


Die Pyramiden, Spaliere und Cordons waren 
am Fuss mit kurzem Dünger bedeckt, die Spaliere 
mit Tannenzweigen, theils auch mit Rohrmatten 
vor dem Sonnenschein geschützt. 

Der Frost hat in allen Abtheilungen sonst 
gleichmässig geschadet. Ausser dieser nicht unbe- 
deutenden Zahl erfrorener Obstbäume sind in den 
Baumschulen noch 215 junge veredelte Stämme 
und etwa 2% Schock Schmucksträucher erfroren.“* 

Direktor Stoll in Proskau hat der Redaktion 
nachträglich noch einige Reise-Erinnerungen des 
vorigen Herbstes mitgetheilt, die, da sie eine Aus- 
stellung in Danzig betreffen und Nachrichten von 
den in der Nähe von Danzig liegenden Baumschu- 
len von Proust geben, doch auf jeden Fall Inter- 
esse für manche der Leser der Wochenschrift haben. 

„In Proust hat der vorige Winter auch bedeu- 
tenden Schaden, namentlich in den Baumschulen, 
angerichtet. Die Vegetation ist dort aber eine so 
üppige, dass Bäumchen, die bis nahe am Boden 
abgeschnitten waren, Triebe von 6—7 Fuss ge- 
macht haben. Wenn ich schon in Eldena, und 
namentlich in Putbus, von dem ziemlich guten 
Stande der Obstfrüchte überrascht wurde, so war 
es in Proust noch viel mehr der Fall. Mehre 
Bäume waren so sehr mit Früchten behangen, dass 
sie gestützt werden mussten. 

Interessant war es mir, gerade in einer Zeit 
nach Danzig zu kommen, wo der dortige Garten- 
bau-Verein eine Pflanzen-, Blumen- und Frucht- 
Ausstellung veranstaltet hatte. Der grosse Saal 


des Schützenhauses war für die Gewächse, ein 
grosses Zimmer im ersten Stocke desselben Gebäu- 
des für die Früchte und Gemüse in Anspruch ge- 
nommen. Das Arrangement der Pflanzen, unter 
welchen sich eine Menge wahrer Prachtexemplare 
befanden, war von den Kunstgärtnern Raabe und 
Schaefer äusserst geschmackvoll ausgeführt. Den 
zu diesem Saale gehörenden Bühnenraum schmück- 
ten ein prachtvolles Exemplar von Latania borbo- 
nica, ferner sehr stattliche Rhapis Flabelliformis, 
Dracaenen, Cordylinen, Farne (eine Nephrolepis pe- 
stinata von seltener Grösse), Sonchezia nobilis, 
Campylobotrys Giesbrechti, Caladien und andere 
Blattpflanzen, wie prachtvoll gezogene Lorbeerbäume, 
desgleichen mehre recht starke, in guter Kultur 
stehende Koniferen, wie Thujopsis Cavendishii, Ou- 
pressus Lawsoniana, Cryptomeria japonica, ebenfalls 
vom Kunstgärtner Raabe zur Ausstellung gebracht. 

Den Saal schmückten rechts und links vom 
Eingange je eine, an den beiden Längsseiten mehre 
recht imponirende Gruppen. Die 2 Hauptgruppen 
an den Längsseiten des Saales enthielten manche 
stattliche Pflanzen, wie Strelitzia Augusta, Cycas 
revoluta, Chamaerops humilis, Dianella indivisa, 
Clivia nobilis und mehre andere gute, starke Pflan- 
zen, welche von den Handelsgärtnern Rathke, 
Lenz, Raabe, Schaefer und Satzke ausge- 
stellt waren. Den Fussboden des Saales zierten 
dagegen mehre Blumenstöcke auf Moosteppichen, 
die vorwiegend Fuchsien, Geranien, Heliotropien, 
Achimenes, Cacteen und viele andere Dekorations- 
pflanzen enthielten, deren Kulturzustand ohne Aus- 
nahme nichts zu wünschen übrig liess. 

Von Obst hatte Rathke das Meiste geliefert. 
Er stellte aus: 39 Sorten Birnen, 20 Sorten Aepfel, 
28 Sorten Pflaumen, 2 Sorten Kirschen, 1 Sorte 
Quitten, 1 Sorte Mispel, 7 Sorten Haselnüsse und 
mehre Weintrauben, die allerdings noch recht sauer 
waren. Beachtenswerth war ferner die Sammlung 
von Reiche in Danzig mit 16 Apfel-, 13 Birnen- 
und 3 Pflaumen-Sorten. 

Das Gemüse war im Verhältniss zu den ande- 
ren Ausstellungsgegenständen nur in spärlichen 
Massen vertreten; aber die ausserordentliche Grösse 
und Vollkommenheit der Produkte gab Zeugniss 
von der Vortrefflichkeit des Bodens, der in der 
Nähe von Danzig in grossen Flächen für den Ge- 
müsebau benutzt wird. Die Ausstellung gewährte 
im Ganzen ein recht erfreuliches Bild; sie zeigte, 
dass in Danzig mehr Sinn und Liebhaberei für das 
Gartenwesen besteht, wie in vielen anderen nicht 
weniger und noch stärker bevölkerten Städten.“ 

Weiter theilt uns Direktor Stoll in Proskau 
über das unter ihm stehende pomologische Institut 
mit, dass gegenwärtig 28 Zöglinge vorhanden sind. 


72 


Diese sind: aus Schlesien 9, Schleswig und Hol- 
stein 7, Hannover 5, Brandenburg 3, Sachsen 2, 
Rheinprovinz 1, Westphalen 1. Pommern, Posen 
und Hessen-Nassau haben Niemand geschickt. Dass 
die zwei letzten Winter sehr grossen Schaden in 
den Obstpflanzungen angerichtet haben, habe ich 
schon früher mitgetheilt. Ich habe von Birnen fast 
ganze Quartiere zurückschneiden müssen. Jeden- 
falls sind die Sorten für unsere Verhältnisse beson- 
ders zu empfehlen, denen der Frost wenig ge- 
schadet hat. Die besseren von diesen will ich auch 
besonders zu verbreiten suchen. 

Veber die Umwandlung von Pfahlwurzeln in 
einen Stamm theilt uns Hofgärtner Jäger in Eise- 
nach Folgendes mit: 

„Die Seite 406 der Wochenschrift von 1871 
mitgetheilte Umwandlung einer Pfahlwurzel in einen 
Stamm ist gar nicht ungewöhnlich. Wer in ge- 
birgigen Gegenden bewaldete Hohlwege und steile 
Hänge aufmerksam betrachtet, sieht häufig solche 


Wurzeln nicht nur einen Stamm, sondern auch | 


Doppelstämme bilden, indem eine getheilte Wurzel 
zum Stamm wurde. Es verwandelt sich jede Haupt- 
wurzel in einen Stamm, wenn zufällig oder ab- 
sichtlich der Boden um sie her entfernt wird. In 
Hohlwegen geschieht das durch Nachrutschen der 
Erde und durch Abschwemmen. 

Auch der mitgetheilte Fall, dass ein auf einer 
hohlen Weide stehender Baum seine Pfahlwurzel 
zum Stamm umbildet, kommt oft vor. Ich kann 
aber einen ganz andern Fall mittheilen, welchen 
ich bereits vor 15 Jahren oder länger in der Zeit- 
schrift „Natur“, wenn ich nicht irre, auch noch in 
einer anderen Zeitschrift beschrieben habe. Ich 
erwähne dies, weil dieser Baum seit 5 Jahren nicht 
mehr vorhanden ist. Vor nun wenigstens 25 Jah- 
ren sah ich zuerst hier am Wege nach der Wart- 
burg, am sog. Schlossberge, 5 Minuten von der 
Stadt eine Linde von etwa 4 Fuss Durchmesser. 
Dieselbe war hohl, so dass die Kinder von einer 
Seite hinein-, auf der andern hinauskrochen. Da 
bemerkte ich in der Mitte eine Art Pfahl. Als 
ich ihn näher untersuchte, fand ich eine damals 
höchstens einen Fuss dicke senkrechte Wurzel. Der 
Stamm hatte aus seinem oberen gesunden Holze 
Wurzeln gebildet, welche sich von dem verfaulten 
inneren Holze (Ho!zerde) nährten. Die stärkste 
erreichte endlich den wirklichen Boden und stand, 
nachdem die Baumerde durch die Versuche der 
Kinder nach und nach aus dem hohlen Boden ent- 
fernt worden war, endlich ganz frei da. Diese 
innere Wurzel erstarkte nach und nach so, dass 


die Kinder nicht mehr durchkriechen konnten, hatte, 
als ich sie zuletzt sah, eine Stärke von mehr als 
2 Fuss erreicht und schloss sich an die gut geblie- 
benen äusseren Holzschichten an. Es hatte also 
eine im Innern des hohlen Baumes gebildete Wur- 
zel die Ausfüllung bewirkt. Leider wurde diese 
Linde gefällt und ich erfuhr es erst nach Jahr und 
Tag, sonst hätte ich einen Abschnitt erworben. 
Ein ähnlicher Fall ist mir nur noch einmal vor- 
gekommen. Ich kultivirte vor vielen Jahren eine 
sehr grosse Foureroya gigantea. Einst kam mir 
der unten wohl 1 Fuss starke Stamm verdächtig 
vor. Als ich die Rinde untersuchte, war sie todt 
und löste sich ab. Wie erstaunte ich aber, als ich 
unter derselben ein förmliches Geschlecht weisser 
Wurzeln fand, welche die Erde des Topfes erreicht 
hatten und nun die Pflanze erhielten. Der ganze 
Stamm war verfault. Was später aus ihm gewor- 
den, weiss ich nicht. Er stand noch nach einem 
Jahre, nachdem ich diese Entdeckung gemacht, 
allerdings befestigt. Der Stamm des grossen Dra- 
chenbaumes auf Teneriffa (Dracaena Draco) soll 
auch aus Tausenden von Wurzeln bestanden haben. 


Pomologisches Institut 


ın 


Proskau. 


Das Sommer-Semester am Königlichen pomo- 
logischen Institute zu Proskau in Schlesien beginnt 
den 1. April. 

Der Unterricht umfasst während des zweijähri- 
gen Kursus aus dem theoretischen und praktischen 
Gebiete: Mathematik, Physik, Chemie, Mineralogie, 
Botanik, Zoologie, naturwissenschaftliche Begrün- 
dung des Pflanzenbaues, Obstkultur, insbesondere 
Obstbaumzucht, ‚die Lehre vom Baumschnitt, Obst- 
bau, Obstkenntniss (Pomologie), Obstbenutzung, 
Weinbau, Gemüsebau, Treiberei, Handelsgewächs- 
bau, Gehölzzucht, Landschaftsgärtnerei, Plan- und 
Früchtezeichnen, Feldmessen und Nivelliren, Buch- 
führung, Bienenzucht und Seidenbau mit Demon- 
strationen. 

Anmeldungen zur Aufnahme haben unter Bei- 
bringung der Zeugnisse schriftlich oder mündlich 
bei dem unterzeichneten Direktor zu erfolgen. 
Derselbe ist auch bereit, auf portofreie Anfrage 
weitere Auskunft zu ertheilen. Stoll. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 


Zimmer-Strasse No. 91. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


F für ; 
Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General - Sekretär des Vereines. 


No. 10. | i ar "Berlin, nn 9. Marz. ern en 1879. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
; des deutsch-österreichischen Post- Vereines. 


Be den 10. März, ne 11 Pr Anger im Erenuslen Hauke "Wöhrenstr. 29) | eine von 
sammlung des Vereines statt, wozu die geehrten er. en, RE: 


Inhalt: Die Königliche Eben: Gerolischent in Hohen = Fahnen der Eatwickelung bei der Foheren Adanzen — Ober- 
dieck und Lucas’ illustrirte Monatshefte für Obst- und Weinbau. . Jahrgang 1871. — Azalea sinensis Lodd. und 
mollis Bl. 


Die Königliche Be erhauGesellschrft den waren, gingen auch dieses Mal wiederum bei 
dem Skrutinium hervor. 
erste In dem Rathe führt der Prinz von Wales 
Am 13. Februar feierte die Königliche Garten- den Vorsitz, die beiden anderen Mitglieder sind 
bau-Gesellschaft in London ihr Jahresfest. Wie Arthur Grote und Andrew Murray. Vor- 
in früheren Zeiten, so wurde auch dieses Mal von | sitzender im Vorstande ist der Herzog von Bucc- 
Seiten des Rathes (Council) ein Bericht über die | leugh, Schatzmeister: John Hutton und Sekre- 
Thätigkeit der Gesellschaft im vergangenen Jahre | tär: der Generalmajor Scott. Der letztere ist als 
abgestattet. Wenn das Leben und die innere Thä- | einer der tüchtigsten Ingenieure bekannt und hat 
tigkeit einer solchen Gesellschaft, welche ihre Wirk- | den Entwurf zur Albert Hall angefertigt. 
samkeit nicht allein auf sich und ihre Umgebungen | Der Bericht sprach sich zunächst über die Fol- 
beschränkt, sondern über ganz Grossbritannien, ja | gen der Verbindung mit den Leitern (Commissio- 
selbst darüber hinaus ausdehnt, an und für sich | neers) der internationalen Ausstellung aus. Alle 
Interesse für die Leser einer gärtuerisch-botanischen | Erwartungen wurden übertroffen, die Gesellschaft 
Zeitschrift haben muss, so ist gerade der Bericht | hat aus dem Ueberschuss der Einnahmen der in- 
über das vergangene Jahr besonders geeignet, zur | ternationalen Ausstellung eine runde Summe von 
weiteren Kenutniss zu kommen. Der Bericht wurde | 5,000 Pfund Sterling (gegen 24,000 Thaler) er- 
vom Assistent-Sekretär Fortune, dem berühmten | halten. Zum besseren Verständniss theilen wir mit, 
China-Reisenden, verlesen. dass Grund und Boden der Gartenbaugesellschaft 
Die Gartenbau-Gesellschaft hat als leitende Be- | in Süd-Kensington (London) im Jahre 1851 aus 
hörden einen aus 3 Personen bestehenden oberen | den bedeutenden Erträgen der ersten internationalen 
Rath (Council), sowie einen Vorstand, ebenfalls | Ausstellung erworben wurde, um für spätere Aus- 
mit 3 Mitgliedern (Vorsitzender, Schatzmeister und | stellungen mitten in London passende und ausrei- 
Sekretär). Ausserdem sind aber noch Stellvertreter | chende Räume zu haben. Von Seiten der Leiter 
vorhanden, abgesehen davon, dass noch verschiedene | (Commissioneers) der Aktien-Gesellschaft, welche 
Personen an den Geschäften und Arbeiten Antheil | sich behufs der ersten internationalen Ausstellung 
nehmen. Diese letzteren werden aber nur ernannt, | gebildet hatte, wurde mit der Königlichen Garten- 
während die Mitglieder des Rathes und des Vor- | baugesellschaft, welche damals nur in Chiswick bei- 
standes an dem 13. Februar, als dem Tage, wo | London und auf dem Wege nach Kew ihren Sitz 
die Gartenbau-Gesellschaft ins Leben gerufen wurde, | hatte, in der Weise eine Vereinigung herbeigeführt, 
einer Neuwahl unterworfen werden. Dieselben | als der grösste Theil des angekauften Landes ihr 
Mitglieder, welche im vorigen Jahre gewählt wor- | unter gewissen Bedingungen zur Benutzung über- 
10 


geben wurde. So entstand der Gartenbau-Gesell- 
schaftsgarten mit den rings herum ihn einschliessen- 
den Gebäuden. Da erst in dem vorigen Jahrgange 
der Wochenschrift ausführlich darüber gesprochen 
worden ist (S. 257) und auch über die von Seiten 
der Ausstellungs-Gesellschaft aufgeführten Gebäude 
für die jetzige 7 Jahre dauernde Ausstellung be- 
richtet wurde, so können wir jetzt die Beschrei- 
bung der dargebotenen Räumlichkeiten als bekannt 
übergehen. 

Obwohl beide Gesellschaften sich im innigsten 
Zusammenhange befinden und auf einander ange- 
wiesen sind, so hat doch jede ein besonderes Bureau 
und eine besondere Kasse. Als daher im Mai des 
vorigen Jahres der 7jährige Cyclus internationaler 
Ausstellungen eröffnet wurde, war zwar das Bereich 
der letzteren von dem von ihnen eingeschlossenen 
Gartenbau-Gesellschaftsgarten abgeschlossen, es war 
aber die Anordnung getroffen, dass jeder Fremde 


74 


mit Leichtigkeit aus dem Bereiche der einen Ge- 


sellschaft in das der anderen gelangen konnte. 
Die musikalischen Bewerbungen, welche die Aus- 
stellungs- oder vielmehr noch eine dritte ebenfalls 
mit ihr in nähere Verbindung getretene Gesellschaft, 
nämlich der Cäcilien-Verein, mit ihrem Sitze der 


im Norden anstossenden grossartigen Albert-Hall, | 
ausgeschrieben hatte, fanden sogar in dem Garten- 


bau-Gesellschaftsgarten selbst statt. Ebenso waren 
die der Gartenbau Gesellschaft gehörigen Arkaden 
der beiden langen Seiten des Gartens durch Gegen- 
stände der internationalen Ausstellung zum grossen 
Theil eingenommen. Für diese den Leitern der 
internationalen Ausstellungen 
günstigungen erhielt die Gartenbau-Gesellschaft von 
dem Eintrittsgelde eines jeden Fremden, welcher 
die Ausstellung besuchte, 1 Penny (10 Pfennige). 


Wie gross deren Zahl gewesen muss, ersieht man | 
aus der Summe von über 5,000 Pfund (gegen | 


34,000 Thaler), welche in Folge dieses Zugeständ- 


zugestandenen Ver- | 
' endlich im Jahre 1870 aufgestellt wurde und da- 


nisses am Ende der Ausstellung die Gartenbau- 


Gesellschaft ausgezahlt erhielt. 
Es muss jedoch bemerkt werden, dass dafür 


manche anderen kleineren Einnahmen, welche in 


früheren Jahren die Gartenbau -Gesellschaft aus 
ihrem Garten gehabt, im letzten Jahre in Folge 
der internationalen Ausstellung sich sehr verringert 
hatten. 
bestimmter Theile der Arkaden zu Separat-Ausstel- 
lungen, zu Privatfesten u. s. w., sowie die Einnahme 


Ss 


De 


| rief. 


Ferner war und zwar in doppelier Weise der 
Gartenbaugesellschaft ein Ausfall durch die Umge- 
staltung des Chiswick - Gartens geworden. Seine 
Unterhaltung hatte 1870 nur die Summe von etwas 
über 1,300 Pfund gekostet, während im Jahre 1871 
die Ausgaben über 2,000 Pfund betrugen. Um- 
gekehrt hatte sich die Einnahme aus dem Verkaufe 
von Pflanzen u. s. w. gegen früher verringert. 
Diese betrug im Jahre 1870 nahe 600, im Jahre 
1871 dagegen nur 350 Pfund. 

Dass in deın Garten von Süd-Kensington sich 
die Ausgaben gegen das Jahr 1370 bedeutend 
höher stellen würden, war eine Sache, die voraus- 
zusehen war. Es mussten, um mit der internatio- 
nalen Ausstellung und deren Ausschmückungen sich 
in einer Uebereinstimmung zu befinden, bedeutende 
Anstrengungen gemacht werden. Während im 
Jahre 1870 nur etwas über 2,350 Pfund für den 
Garten ausgegeben wurden, betrugen die Ausgaben 
im Jahre 1871 über 3,800 Pfund. Dazu kam, 
dass neue Zelte für die Aufnahme von Pflanzen 
während der eigenen Ausstellungen von Pflanzen 
angefertigt wurden. Man hatte für 2 grosse Zelte 
nicht weniger als 1,400 Pfund, von denen jedoch 
im verflossenen Jahre erst 500 Pfund angezahlt 
worden sind, bestimmt. Ferner war noch von Sei- 
ten der Gartenbaugesellschaft eine alte Schuld ab- 
zutragen. Bereits schon im Jahre 1861 war näm- 
lich bei einem englischen Künstler eine Marmor- 
gruppe für ein Wasserbassin bestellt worden. Ob- 
wohl das Jahr darauf die Gruppe schon fertig war, 
so schob sich doch aus uns unbekannten Ursachen 
ihre Aufstellung von Jahr zu Jahr hinaus, bis sie 


mit auch die Kosten von 500 Pfund im nächsten 
Jahre zur Erledigung kamen. 

Die Verbindung mit der internationalen Aus- 
stellung machte es aber auch ferner nothwendig, 
dass man alle 14 Tage Ausstellungen von Pflanzen 
und Blumen mit erhöhten Ansprüchen ins Leben 
Um diesen nachzukommen, war es wiederum 
nothwendig, dass mehr Geld auf die Preise ver- 
wendet wurde. Während im Jahre 1870 nahe an 
1,500 Pfund dafür verausgabt wurden, machte sich 
für das Jahr 1871 eine Summe von über 1,900 


' Pfund nothwendig. 


So betrug die Einnahme für Vermiethung 


Es ist bereits mehrmals in der Wochenschrift 


‚ über die Ausstellungen, welche die Königliche Gar- 


für Ausgabe allgemeiner Eintrittskarten für den | 


Garten, kaum etwas mehr als die Hälfte. 
hatte man eine Einnahme von über 2,200, 1871 
nur von nahe an 1,200 Pfund Sterling daraus ge- 
habt. Es stellte sich demnach gegen das erste Jahr 
der bedeutende Verlust von 1,000 Pfund heraus. 


1870 ı 
' Liebe zu Pfanzen und Blumen bei 


| 
| 
| 
| 


tenbau-Gesellschaft von London seit 2 Jahren in 
den Provinzen veranstaltet, gesprochen worden. 
Es ist nicht zu leugnen, dass dadurch der Sinn für 
den Landbe- 
wohnern befördert wird, aber auch nicht weniger, 
dass die Landesverschönerung im Allgemeinen da- 
mit eine grosse Stütze erhält. Diese Neuerung Ist 


75 


unbedingt die wichtigste, welche von Seiten der 
Gartenbaugesellschaft in London in den letzten 
Jahren gemacht worden ist. Welchen Einfluss der- 
gleichen ländliche Ausstellungen haben, ist auch 
bei uns in Deutschland, wo der Verein zur Beför- 


derung des Gartenbaues in Berlin die mit Obst- | 


ausstellungen verbundenen allgemeinen Versamm- 
lungen deutscher Pomologen und ÖObstzüchter in’s 


Leben gerufen hat, durch die Erfahrung bestätigt | 


worden. Die Bedeutung des Erfolges in Deutsch- 
land ist um so höher anzuschlagen, als diese Aus- 


stellungen und Versammlungen nur mit geringen 
\ Unbequemlichkeiten, welche ihnen und ihren Fa- 


Mitteln in’s Leben gerufen wurden. 

Die erste dieser ländlichen Ausstellungen, welche 
die Londoner Gartenbau-Gesellschaft im grossartigen 
Maassstabe veranstaltete, war im Jahre 1870 in 
der alten englischen Universitätsstadt Oxford. Man 
hatte sich zwar auf einen nicht geringen Ausfall 
vorbereitet, es stellte sich schliesslich aber dieser 
doch nur sehr gering heraus. Im vorigen Jahre 


gestalteten sich die Verhältnisse in Nottingham, wo | 
die zweite ländliche Ausstellung in’s Leben gerufen | 


worden war, noch weit günstiger, obwohl man keine 
Kosten gescheut hatte, um sie möglichst glanzvoll 
herzustellen. 
schuss von 774 Pfund. Es 
chen ihm Pflanzen und Blumen zu verschaffen ver- 
mögen, ganz anders zu schätzen weiss, als im All- 


gemeinen der Deutsche. Wenn man in Berlin oder | 
einmal 


in Deutschland überhaupt ausnahmsweise 
10 Sgr. für den Besuch einer Pflanzenausstellung 
zahlen soll, kann man sicher sein, dass sie nur 
wenig besucht wird. 
und halbe Guineen (zu 7 Thaler), um sich einen 
geistigen Genuss, wie ihn Pflanzen-Ausstellungen 
geben, zu verschaffen. Man werfe uns nicht ein, 
dass jenseits des Kanales mehr Geld vorhanden ist, 


viele reiche Leute, die Bürgerschaft ist ebenfalls 
gegen früher weit begüterter. Der Grund des ge- 
ringeren Besuches unserer Ausstellungen liegt darin, 
dass die Empfänglichkeit für den höheren geistigen 


Man hatte am Schluss einen Ueber- 
ist dieses wiederum | 
ein Beweis, dass der Engländer den Genuss, wel- 


In England zahlt man ganze | 


Genuss, den Pflanzen und Blumen zu geben ver- | 


mögen, noch nicht bei uns Deutschen so geweckt 
ist, als in England. 

Die Zahl der Mitglieder der Londoner Garten- 
baugesellschaft hat sich im Jahre 1871 gegen das 
Jahr 1870 ziemlich gleich verhalten. 1870 betrug 
die Einnahme aus den Beiträgen der Mitglieder 
7,115, 1871 hingegen 7,177 Pfund. Auch jenseits 
des Kanales ist trotz der unendlich günstigeren 
Verhältnisse die Klage über geringe Theilnahme 
an den Bestrebungen der Gartenbaugesellschaft all- 
gemein. Um wie viel gerechter sind unsere Kla- 


| 


| 


| gel 
wir haben, besonders in Berlin, ebenfalls jetzt sehr | 


gen in Deutschland, wo die Einnahmen des ersten 
und grössten Gartenbau-Vereines in Berlin, der in 
nicht 4 Monaten das Jubiläum seines 50Ojährigen 
Bestehens feiern wird, aus den Beiträgen der Mit- 
glieder noch nicht 2,000 Thaler, also ungefähr den 
24. Theil dessen, was die Londoner Gartenbau- 
Gesellschaft bezieht, betragen. 

Unter diesen günstigen Verhältnissen, welche 
eine Jahres-Einnahme von nahe 100,000 Thalern 
wohl herstellen kann, hielt es der Rath der Lon- 
doner Gartenbau-Gesellschaft für durchaus nothwen- 
dig, dass in diesem Jahre den Mitgliedern für die 


milien durch die Verbindung mit der Ausstellungs- 


| Gesellschaft bei der Benutzung des Gartens und 


seiner Arkaden im vorigen Jahre geworden waren, 
eine Entschädigung in der Weise zu Theil würde, 
dass ihnen der Besuch der Ausstellungsräume er- 
leichtert werde. Der Rath hat zu diesem Zwecke 
mit den Commissionneers oder Leitern der inter- 
nationalen Ausstellung bereits Unterhandlungen an- 
geknüpft, die zu einem befriedigenden Ende ge- 
führt haben. Das Nähere wird er später zur Kennt- 
niss der Mitglieder der Gartenbau - Gesellschaft 


bringen. 
(Schluss folgt.) 


Formen der Entwickelung 


bei den höheren Pflanzen. 


Unter dieser Uebeischrift hat unser verehrter 
Freund, Dr. Regel in Petersburg, einen Gegen- 
stand zur Sprache gebracht, der für die Wissen- 
schaft des Lebens der Pflanzen, also für die Phy- 
siologie, nicht weniger aber für die gärtnerische 
Praxis, von ungemeiner Wichtigkeit ist. Nach Re- 
haben nämlich alle Pflanzen 2 Stadien in 
ihrem Leben durchzulaufen, eins der Unfruchtbar- 
keit und eins der Fruchtbarkeit. Diese beiden 
Stadien zeigen bisweilen, wie bei dem Epheu, in 
ihrer äusseren Erscheinung grosse Verschiedenhei- 


' ten, so dass man meint, zweierlei Pflanzen vor sich 


zu sehen; bisweilen gehen sie aber auch so un- 
scheinlich in einander über, dass sie äusserlich gar 


| nicht oder nur wenig bemerkt werden. 


Dr. Regel ist geneigt, diese Stadien der Un- 
fruchtbarkeit und Fruchtbarkeit mit dem sogenann- 
ten Generationswechsel bei den niederer Pflanzen 
und Thieren zu vergleichen. Das möchte aber 
doch etwas anderes sein, da hier neben der ver- 
schiedenen Form in der äusseren Erscheinung auch 
für jedes Stadium eine besondere Fortpflanzung 
vorhanden ist. Das Mutterkorn ist z. B. das Dauer- 
mycelium eines mit Fortpflanzungsorganen versehenen 


10* 


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Pilzes und bringt wiederum einen anderen Pilz mit 
besonderen Fortpflanzungs-Organen hervor. Der 
Rost auf dem Blatte eines Sauerdornes erzeugt 


Sporen, die nur auf Roggen keimen und daselbst 


einen anderen, in der Gestalt verschiedenen Rost 
hervorbringen. Nachdem dieser Rost eine Zeitlang 
Sporen, die wiederum Roggenrost erzeugen, her- 
vorgebracht hat, kommen ım Herbste nur sogenannte 
Teleutosporen hervor, welche überwintern, keimen 
und aus abgeschnürten kleinen Sporen wiederum 
den Anfang des Rostes bilden, der nur allein auf 
Sauerdornblättern seine weitere Entwickelung er- 
halten kann. Damit ist der Kreislauf einer und 
derselben Pflanze vollendet und es beginnt ein 
neues Individuum mit demselben Generations- 
wechsel. 

Die Pflanzen zu kennen, wo die Stadien der 
Unfruchtbarkeit einer bestimmten Pflanze sich ver- 
schieden von denen der Fruchtbarkeit verhalten, 
ist für den praktischen Gärtner wichtig, um, da 
die Stadien nicht immer gleichen gärtnerischen 
Werth haben, bei Vermehrungen auch das Stadium 
der Pflanze zu bekommen, was er will, weil es 
allein gärtnerischen Werth hat. Macht er Steck- 
linge aus dem Stadium der Unfruchtbarkeit, so hat 
dieses weniger zu bedeuten, da in der Regel, wie 
es scheint, bei dem fortschreitenden Wachsthume 
des Individuums schliesslich auch hier das Stadium 
der Fruchtbarkeit kommen wird. Rhynchosper- 
mum jasminoides ist ebenso wie die Quisqualis- 
Arten, in dem Stadium der Unfruchtbarkeit ein 
aufrechtes Gehölz (vergl. 13. Jahrg. d. Wochen- 
schrift S. 9), wie aber das Stadium der Frucht- 
barkeit herankommt, wird aus dem aufrechten Ge- 
hölz eine Liane. Der Gärtner wird, da ihm das 
blühende Rhynchospermum oder die blühende Quis- 
qualis lieber sind, als die einfach vegetirenden 
Pflanzen, deshalb stets besser thun, wenn er allein 
von der blühenden Pflanze Stecklinge macht. Auf 
diese Weise erhält er wieder blühende Pflanzen. 
Würde er ım Stadium der Unfruchtbarkeit Steck- 
linge gemacht haben, so müsste erst bei diesen die 
Zeit der Fruchtbarkeit abgewartet werden, bis man 
blühende Exemplare erhält. Man würde hier eben- 
falls zwar zum Ziele gelangen, aber Zeit verlieren. 

Ganz anders verhält es sich mit den während 
der Unfruchtbarkeit und Fruchtbarkeit verschiedenen 
Pflanzen, wo der gärtnerische Werth im ersten 
Stadium der Unfruchtbarkeit liegt. Macht man hier 
in dem Stadium der Fruchtbarkeit Stecklinge, so 
wird man nie und nimmer Pflanzen mit dem Sta- 
dıum der Unfruchtbarkeit erziehen, so sehr man 
sich auch Mühe giebt. Ficus scandens oder stipu- 
laris unserer Gewächshäuser ist ganz vorzüglich 
zum Ueberziehen besonders feuchter Wände, wenn 


ı Epheu an. 


diese sich auch im tiefsten Schatten befinden, und 
wird bekanntlich, da die Liane auch bei dem Pflan- 
zenliebhaber beliebt ist, vom Gärtner sehr vermehrt. 
So lange die Pflanze an den Wänden emporklet- 
tert, kommt sie nicht zur Blüthe, und wenn sie 
Jahrzehnte, im Vaterlande vielleicht Jahrhunderte 
auf diese Weise vegetirte. Sie wächst im tiefen 
Schatten der Urwälder und überzieht daselbst die 
stärksten Baumstämme mit sammt ihren Aesten so 
dicht, dass deren Tod schliesslich die unausbleibliche 
Folge ist. Kann dann vielleicht durch das Um- 
stürzen des schliesslich verfaulenden Baumes Licht 
und Luft direkt bis zur Pflanze gelangen, wie diese 
nothwendig sind, wenn Ficus scandens blühen soll, 
so geschieht in der Weise durch den Nachwuchs 
dieser Liane eine Umänderung, dass der fadenför- 
mige Stengel sich erstarkt, von der früheren Un- 
terlage sich entfernt und fest und steif wird, von 
nun an ein aufrechtes Gehölz bildend.. Im bota- 
nischen Garten zu Berlin befinden sich dergleichen 
aufrechte, eine Höhe von 10--12 Fuss besitzende 
Sträucher der Ficus scandens mit dicken, leder- 
artigen Blättern von 3 und 4 Zoll Länge, während 
die Blätter der Kletterpflanze dünn und kaum 3 bis 
1 Zoll lang erscheinen. Das ganze Jahr sieht man 
reife und unreife Feigen, welche die Grösse einer 
gewöhnlichen haben, wie es scheint, aber hart blei- 
ben, an diesen Sträuchern in dem Stadium der 
Fruchtbarkeit. Macht man hier Stecklinge, so er- 
hält man nie die Liane wieder, sondern stets nur 
einen Strauch, der keinen gärtnerischen Werth hat. 

Dr. Regel führt als weiteres Beispiel unseren 
Während dieser im jugendlichen Alter 
ebenfalls eine Kletterpflanze ist, die rasch Mauern 
oder den Boden überzieht, so löst sie sich, wenn 
sie blühen will, von ihrer früheren Unterlage los, 
verästelt sich in freier Luft und die bis dahin ge- 
lappten Blätter werden länglich und ungelappt, 
damit minder schön. Macht man von solchen blü- 
benden Aesten Stecklinge, so erhält man keine 
Kletterpflanze, sondern einen aufrechten Strauch, 
aus dem ebenfalls nie und nimmer kletternde Zweige 
hervorkommen. Der Gärtner hat diesen auf eben 
angegebene Weise fortgepflanzten Epheu als He- 


| dera arborea und arborescens in seinem Verzeich- 


nisse, kann ihn aber nie benutzen, um Kletterpflan- 
zen daraus zu erhalten. Will er diese haben, so 
dürfen die Stecklinge nur im ersten Stadium der 
Unfruchtbarkeit gemacht werden. 

Wir besitzen noch eine andere Araliacee, welche 
in dieser Hinsicht noch interessanter ist, aber um- 
gekehrt gärtnerischen Werth nur als Blüthenpflanze 
besitzt. Es ist dieses Tupidanthus calyptratus, früher, 
als die Araliaceen in unseren Gärten noch beliebte 
Dekorationspflanzen waren, eine unter dem Namen 


17 


Sciadophyllum pulchrum beliebte Art, über die wir 
in der Wochenschrift oft berichtet haben. Es ist 
unsererseits sogar auch, da vor 13 Jahren ein 
Exemplar im botanischen Garten zu Berlin blühte, 
von ihr eine ausführliche Beschreibung gegeben 
worden (s. 2. Jahrg. S. 345). Wir konnten uns 
damals, als wir die blühende Pflanze untersuchten 
und überhaupt bis dahin nur Exemplare aus dem 
Stadium der Fruchtbarkeit kennen gelernt hatten, 
gar nicht denken, dass dieses Sciadophyllum pul- 
chrum mit seinem baumartigen, ziemlich hohen 
Stamme dieselbe Pflanze sei, welche im Stadium 
der Unfruchtbarkeit am Felsen des Himalaya klet- 
tert und von Hooker als Tupinanthus calyptratus 
beschrieben wurde, so sehr uns auch bei der Ver- 
gleichung des Blüthenbaues die Uebereinstimmung 
der einzelnen Theile auffiel. Wir hielten sie des- 
halb für eine neue, noch nicht beschriebene Pflanze 
des Genus Tupidanthus und nannten sie wegen 
ihres grossen Werthes zur Dekorationspflanze zu 
Ehren des im vorigen Jahre verstorbenen Meisters 
der schönen oder bildenden Gartenkunst: Tupidan- 
thus Pückleri. Wir wurden von der Identität des 


Sciadophyllum pulchrum unserer Gärten und des | 
Tupidanthus calyptratus erst dann überzeugt, als | 


wir in Kew Vergleiche anstellen konnten und ausser- 
dem noch durch Hooker, der die Pflanze im 
Vaterlande lebend gesehen, specielle Aufschlüsse 
erhielten. 

Es ist wahrscheinlich, dass auch andere Ara- 
liaceen des Himalaya und Östindiens mit seinen 
Inseln überhaupt auf gleiche Weise verschiedene 
Formstadien der Unfruchtbarkeit und der Frucht- 
barkeit besitzen, wie Tupidanthus calyptratus. Auf 
jeden Fall ist es mit den meisten, vielleicht allen 
Paratropia-Arten der Fall. Die Art, welche in der 


Systematik jetzt den Beinamen parasitica führt, ist | 


wahrscheinlich nichts weiter, als das Stadium der | 


Unfruchtbarkeit irgend einer anderen Art. Nur 
Beobachtungen an Ort und Stelle’können hier Auf- 
schluss geben. 

Ein weiteres Beispiel der äusserlichen Verschie- 
denheit der beiden Stadien der Unfruchtbarkeit und 
der Fruchtbarkeit ist das bei uns in den Gewächs- 
häusern, besonders der botanischen Gärten, vielfach 
kultivirte Daerydium oder Podocarpus Mai. Wer 
sollte nicht diese in fadenförmigen, aber sehr ver- 
zweigten Aesten überhängende Konifere von so 
traurigem Ansehen, dass man sie wenigstens für 
krank, wenn nicht gar für abgestorben hält, aus 
unsern Kalthäusern kennen? Wer nicht enthusiasti- 
scher Pflanzenliebhaber ist, kann nie begreifen, wie 
man an solchen schlecht aussehenden Pflanzen Ge- 
fallen haben und sie kultiviren kann. 

Lange Zeit hielten wir diesen Podocarpus Mai 


unserer Gewächshäuser nicht für die ächte Pflanze 
d. N., da sie von den in botanischen Werken ge- 
gebenen Beschreibungen im hohen Grade abwich. 
In diesen ward sie nämlich als ein Baum angege- 
ben mit schlankem, hohem Stamme, der eine Höhe 
von 160, ja selbst bis 180 Fuss erreicht. Von 
den im Alter und während des Stadiums der Frucht- 
barkeit lang herabhängenden Aesten und Zweigen 
wird aber in allen botanischen Werken nichts er- 
wähnt. Erst nachdem wir hinlängliches Material 


' zur Vergleichung hatten und Reisende in jenen 


Ländern, wo Podocarpus Mai wächst (Neuseeland), 
uns Mittheilungen über die Pflanze machten, haben 
wir uns eines Besseren belehrt. 

Da wir nur solche überhängende und stark ver- 
zweigte Exemplare der genannten Pflanze kultivi- 
ren, so geht zur Genüge daraus hervor, dass wir 
nur Stecklings-, aber keine Samenpflanzen von 
Podocarpus Mai in unsern Gewächshäusern be- 
sitzen. Es wäre deshalb wohl wünschenswerth, 
dass wir auch einmal direkt aus dem Vaterlande 
Samen erhielten, um damit Exemplare in ihrem 
ersten Jugend-Stadium heranziehen zu können. 
Dergleichen Sämlingspflanzen würden gewiss ein 
viel schöneres Ansehen haben und eine stattliche 
Pflanze darstellen. 

Wir wollen schliesslich noch ein Beispiel für 
die Ungleichheit einer Pflanze in ihren beiden Sta- 
dien der Unfruchtbarkeit und Fruchtbarkeit auf- 
führen. Vor gegen 10 oder 12 Jahren wurde von 
Cupressus funebris Samen eingeführt und man 


brachte die daraus erzogenen Pflanzen in den Han- 


del. Alle Exemplare hatten weiche Nadeln. Plötz- 
lich erschienen aber an den Zweigen dafür schup- 
penförmige Blätter auf beiden Seiten. Da zu 
gleicher Zeit bei weiterem Wachsthum die ersten 
nadelförmigen Blätter nach und nach abfielen und 
die Pflanze damit das Ansehen eines Lebensbaumes 
erhielt, so glaubten manche dieses Vorganges un- 
kundige Gärtner eine plötzliche Umwandlung in 
eine andere Art zu sehen, ja selbst Botaniker, 
welche ihre Studien mehr in Büchern und Her- 
barıen machten, meinten in diesen vermeintlichen 
Uebergang einer Art in eine andere eine Stütze 
für die Darwin’sche Theorie, dass es keine festen 
Arten gebe, zu finden. Faktisch haben aber Le- 
bensbäume, Sabinen, Cypressen und andere mit 
schuppenförmigen Blättern versehene Üupressineen 
in der ersten Jugend stets Nadeln und erhalten 
erst in ihrem zweiten Stadium ihre Normalgestalt. 

Es liessen sich leicht noch mehre Beispiele auf- ° 
führen. Es werden aber diese genügen, um die 
Angaben Regel’s zu bestätigen. Unser geehrter 
Freund geht aber zu weit, wenn er bei allen Pflan- 
zen bestimmt abgegrenzte Stadien der Unfrucht- 


78 


barkeit und Fruchtbarkeit nachweisen will. Man 
würde in diesem Falle gezwungen, schliesslich Un- 
fruchtbarkeit bei den Pflanzen gleich mit Jugend 
zu halten, Fruchtbarkeit wäre dagegen die Zeit der 
Erndte im Leben einer Pflanze. Dass im Verlaufe 
des Wachsthums, besonders die appendikulären 
Theile, die Blätter, bei allen höheren Pflanzen 
allmählig eine andere, wenigstens etwas verschie- 
dene Gestalt annehmen, die ersten Samenblätter 
anders aussehen, als die sogenannten Wurzel-, und 
diese wiederum anders als die Stengel-, und noch 
anders als die in der Nähe der Blüthe, ist hin- 
länglich bekannt, und daher auch nicht nothwendig, 
noch Worte darüber zu verlieren. Sobald beispiels- 
weise bei Bromelien, bei den Guzmannien u. s. w. 
die neuen Blätter anfangen, sich zu färben, dann 
kann man sicher sein, dass der Blüthenstand bald 
erscheint. 

Wenn schon jede Pflanze an und für sich be- 


stimmte Nahrungsmittel, besonders mineralische, in 


gewissen Verbindungen bedarf, so ist dieses in er- 
höhtem Grade dann der Fall, wenn die Befruch- 


aber keine Früchte, resp. Samen hervor. 


tung geschehen ist und Samen zur Fortpflanzung 
‚, rohen Nahrungsmitteln ist in der Regel die Ur- 


der Art gebildet werden sollen. In der Regel, und 
dieses ist besonders auch bei den ausdauernden 
Pflanzen der Fall, bereitet die Pflanze eine Vege- 
tation vorher schon durch die Nahrungsmittel vor, 
welche sie bei den späteren Neubildungen, beson- 


ders für die der Samen, bedarf. Wir sehen dieses 


namentlich bei den Zwiebelgewächsen und bei den 


Stauden, hauptsächlich bei denen, welche knollige 


Wurzelstöcke besitzen. Bei den ersteren erschei- 
nen in der Regel die Blüthen früher als die Blät- 
ter und nehmen behufs ihrer weiteren Ausbildung 
zur Frucht die ersten und besten der aufgehäuften 
Nahrungsmittel weg, so dass zur Ausbildung der 
vegetativen Theile, also der Blätter, welche nach- 
her sich entwickeln, nur die Ueberbleibsel dienen 
und auch dazu hinreichen. Der Blumenzwiebel- 
züchter weiss dieses sehr gut und schneidet deshalb 
seine blühenden Hyazinthentrauben ab, bevor diese 
verblühen, damit nicht unnütz Reservestoffe bei dem 
Streben, Samen zu bilden, verzehrt werden und 
diese damit der besseren Ausbildung der Zwiebel 
zu Gute kommen. 

Der Landwirth mähet seine Wiesen in der 
zweiten Hälfte des Juni, um Johannis herum, wo 
die meisten Gräser und Kräuter noch in Blüthe 
stehen. Wartet er das Verblühen ab oder mähet 
gar erst zur Samenreife, so hat sein gewonnenes 
Heu weit geringeren Futterwerth. Der Forstmann 
fällt ferner sein Holz im Walde während der Win- 
terszeit, wo die im Sommer bereiteten und in den 
Holzzellen aufgehäuften Nahrungsstoffe, besonders 
reichliches Stärkemehl, noch nicht zur Verwendung 


gekommen sind; thut er es, wo bereits die Knos- 
pen anfangen zu schwellen, so erhält er leichteres 
Holz, was auch geringen Brenn- und sonstigen 
Werth hat. 

Besondere Stadien der Unfruchtbarkeit und der 
Fruchtbarkeit, wo die Pflanze ein ganz anderes, 
also von einander abweichendes Ansehen hätte, 
lassen sich in diesen Fällen nicht unterscheiden ; 
die Pflanze verläuft hier ihren regelmässigen Gang 
und blüht, resp. bringt Samen, sobald die dazu 
nöthigen Nahrungsmittel vorhanden sind. Das kann, 
je nach der Witterung, welche es leichter und 
schwerer macht, in der Zeit etwas früher oder 
später geschehen. Eine eigenthümliche Erscheinung 
ist dabei, dass bisweilen die Pflanzen eine vorwal- 
tende Neigung haben, die bereiteten Nahrungsstoffe 
nicht oder doch nur weniger anzuhäufen, sondern 
sie alsbald bei Neubildungen zur Verwendung zu 
bringen. Dergleichen Pflanzen wachsen ohne Un- 
terbrechung, werden üppig und gehen, wie man 
im gewöhnlichen Leben sagt, ins Kraut, bringen 
Ueber- 
fluss an in der Erde dargebotenen sogenannten 


sache einer solchen Unfruchtbarkeit. Sehr oft ist 
man sich aber dabei der Gründe gar nicht bewusst 
und alle angewandten Mittel, diesem Umstande, be- 
sonders bei Obstbäumen, Weinreben u. s. w. abzu- 
helfen, führen in der Regel zu keinem Resultate. 
Umgekehrt ist es eine bekannte Erscheinung, 
dass Pflanzen plötzlich blühen, wenn ihnen zu 
wenig Nahrung geboten wird. Dergleichen Exem- 
plare haben in diesem Falle meist ein kümmer- 
liches Ansehen. Die wenigen vorhandenen Nah- 
rungsstoffe werden nur in geringem Grade zur Aus- 
bildung der vegetativen Organe verwendet, was 
Ursache des küinmerlichen Ansehens ist. Die 
Pflanze macht gleichsam ihre letzten Anstrengun- 
gen, wo sie sich nicht als Individuum erhalten kann, 
durch Frucht-, resp. Samenbildung wenigstens die 
Art zu retten. Es ist diese gleichsam ein Beweis 
für den Erhaltungstrieb der Art, welcher allen 
Pflanzen und Thieren innewohnt. Unser Gummi- 


| baum (Ficus oder Urostigma elasticum) blüht gut 


gepflegt, besonders in Gewächshäusern, fast nie, 
wohl aber findet man nicht selten kleine Feigen 
in dem Winkel der Blätter bei Exemplaren, welche 
man im Zimmer schlecht behandelt hat. 

Sehr scharf treten die Zeiten der Unfruchtbar- 
keit und Fruchtbarkeit bei den zweijährigen 
Pflanzen auf, ohne dass aber eine Formverschieden- 
heit in den vegetativen Theilen vorhanden ist. In 
dem ersten Jahre hat die Pflanze als Aufgabe, 
Nahrungsstoffe zu bilden und in gewissen Theilen 
besonders der Wurzel, aufzuhäufen. Im zweiten 


79 


Jahre dagegen kommen diese zur Verwendung, um 
Blüthen und Früchte zu bilden. Der Landwirth 
hat diesen Umstand insofern zu seinem Vortbeile 
ausgebeutet, als er die auf diese Weise im ersten 
Jahre aufgehäuften Nahrungsmittel für sich in An- 
spruch nimmt. Durch reichlicheres Darbieten roher 
Nahrungsstoffe sucht er sogar die Bereitung fertiger 
Nahrungsstoffe, besonders der bekannten Kohlen- 
stoffhydrate, vor Alleın des Stärkemehles und des 
Zuckers, zu vermehren, so dass ihm noch eine 
reichere Ausbeute wird. Beispiele sind die Mohr- 
rüben, Runkeln u. s. w. Da wir die Absicht haben, 
über diesen Gegenstand noch ausführlichere Mit- 
theilungen zu machen und dabei zu gleicher Zeit 
auch über unsere Obstgehölze zu sprechen, so be- 
halten wir uns vor, in einer folgenden Abhandlung 
unsere Ansichten über diesen wichtigen Gegenstand 
ausführlicher noch niederzulegen. 


Oberdieck und Lucas’ 
illustrirte Monatshefte für Obst- und Weinbau. 
17. Jahrgang 1871. 


Wochen sind vergangen, seitdem wir uns vor- 
genommen hatten, über eine Zeitschrift zu berich- 
ten, welche bereits 17 Jahre lang mit Sachkennt- 
niss und Energie einen der wichtigsten Zweige der 
Gärtnerei deshalb, weil mehr eingreifend in Volks- 
wohlfahrt und Nationalökonomie als die anderen, 
vertreten hat. Eine Vertretung des Obst- und 
Weinbaues durch eine Zeitschrift wurde schon in 
der ersten Versammlung deutscher Pomologen und 
Obstzüchter im Jahre 1853 zu Naumburg a. d. S. 
erkannt. Als demnach unsere beiden Meister in 
der Pomologie, Superintendent Oberdieck und 
Dr. Lucas, zusammentraten, um dem fühlbaren 
Bedürfnisse abzuhelfen, und im Jahre 1855 die 
illustrirten Monatshefte für Obst und Weinbau her- 
ausgaben, so war ausser den alle 3 und 4 Jahre 


durch den Verein zur Beförderung des Gartenbaues | 


in Berlin in’s Leben gerufenen, bereits genannten 


allgemeinen Versammlungen deutscher Pomologen 


und Obstzüchter nicht allein eine zweite Vereini- 
“ gung derer, die sich für Obstkenntniss und Obst- 


bau interessiren, geboten, sondern man hatte auch | 


ein Organ, wo man sich aussprechen, wo man aber 
auch belehren und belehrt werden konnte. 

Schon die lange Zeit ihres Bestehens spricht 
für den Werth der Zeitschrift; in gleicher Frische 
arbeitet unser Veteran der Pomologen, Superinten- 
dent Oberdieck, in allen Fächern der Pomologie 
und des Obstbaues, und mit gleicher Rührigkeit 
und Treue unterstützt ihn sein würdiger Sekundant 


Dr. Lucas. Wenn man die ersten Jahrgänge 
mit den letzten vergleicht, so hat man die Ge- 
schichte des Fortschrittes in der Pomologie und im 
Obstbau von damals und von jetzt. Es ist eine 
erfreuliche Thatsache, dass eine bessere Kenntniss 
der Obstsorten jetzt vorhanden ist, dass aber auch 
der Obstbau rationeller betrieben wird. 

. Und doch scheint es wiederum, dass der grosse 
Eifer, welcher in der ersten Zeit der Pomologen- 
Versammlungen herrschte, sich leider in der neuesten 
Zeit etwas abgekühlt habe. Viel mögen die höchst 
ungünstigen Witterungsverhältnisse und die enor- 
men Verluste unserer Obstbaumschulen- und Obst- 
plantagenbesitzer in diesen letzten Jahren dazu 
beigetragen haben. Aber eben deshalb thut es 
noth, von Neuem durch Wort und That auf die 
staatswirthschaftliche Bedeutung, nicht weniger aber 
auch auf die anderen angenehmen Seiten des Obst- 
baues hinzuweisen und nicht allein Liebhaber in 
ihrer Zuneigung zum Obstbau zu erhalten, sondern 
auch ausserdem Laien dafür zu gewinnen. 

Nichts ist mehr dazu geeignet, als eine specielle 
Zeitschrift, zumal wenn diese sich, wie die von 
Oberdieck und Lucas, bereits eines guten Ru- 
fes erfreut. Pflicht ist es aber ausserdem eines 
Jeden, der es ernstlich mit dem Obstbau meint, 
die Zeitschrift mit ihren Erfahrungen und Kennt- 
nissen möglichst zu unterstützen. Alle Länder und 
Provinzen unseres jetzigen grossen Vaterlandes 
müssen durch beitragende Pomologen und Obst- 
züchter vertreten sein, denn nur dann erfüllt die 
Zeitschrift auch ihren Zweck und wird mannigfaltig 
und nach allen Seiten wirkend. Sie kann auch 
dann nur der Ausdruck des deutschen Obstbaues 
sein. Diejenigen aber, welche noch nichts beitra- 
gen können, mögen sich wenigstens durch fleissiges 
Lesen des Inhaltes der illustrirten Monatshefte be- 
lehren, um später ebenfalls im Stande zu sein, zur 
Belehrung etwas beizutragen. 

Der volle Jahrgang 1871 der illustrirten Mo- 
natsschrift liegt uns vor. Es möchte wohl am 
besten sein, um den Werth dieser pomologischen 
Zeitschrift erkennen zu lassen, über das, was sie 
enthält, kurz zu berichten. 

Damit der Inhalt übersichtlich wird, ist er in 
besondere 12 Fächer eingetheil. Man kann sich 
auf diese Weise bei rascher Durchsicht, wenn man 
etwas sucht, leicht orientiren. Das erste Fach ent- 


| hält die specielle Pomologie, ist also der streng 


wissenschaftlichen Seite gewidmet. Es sind hier 
meist Beschreibungen empfehlenswerther Aepfel 
neuesten Ursprunges oder solcher, die noch wenig 
verbreitet sind, enthalten; Beschreibungen von Birn- 
und anderen Obstsorten kommen weniger vor, weil 
der Apfel im eigentlichen Sinne des Wortes eine 


80 


deutsche Frucht ist und daher auch vor Allem Be- 
rücksichtigung verdient. Die meisten Früchte sind 
zugleich abgebildet, und zwar durch eine illustrirte 
Darstellung, was ihre Kenntniss nicht wenig er- 
leichtert. Unter den 21 Früchten, welche im 
Jahrgauge 1871 beschrieben und meist auch ab- 
gebildet wurden, sind allein 17 Aepfel. 

Im zweiten Fache ist der praktische Obstbau 
im Allgemeinen untergebracht. Nicht weniger als 
17 Aufsätze sind von den verschiedenen Obstzüch- 
tern, unter denen wir vor Allem den Pfarrer Fi- 
scher in Kaaden, Dr. Lucas selbst und Hotgärt- 
ner Jäger nennen wollen, verfasst. 
wegen ihres allgemeineren Interesses auf die Ab- 
handlungen über den Obstbau in der Landwirth- 
schaft von Slaby, auf den Obstbau auf Wiesen 
von Jäger u. s. w. aufmerksam. Zu dem 3. Fache 
gehört Baumschnitt und Topfobstzucht mit 3 Ab- 
handlungen, unter denen der Besuch eines Obst- 
gartens in Tirlemont (Belgien) unsere Aufmerksam- 
keit besonders in Anspruch nahm. Das 4. Fach, 
was Weinbau enthält, ist leider dieses Mal leer 
geblieben. Wir bedauern dieses um so mehr, als 
der Weinbau jetzt, wo wir unser altes deutsches 
Weinland, das Elsass, wiedererlangt haben, eine 
weit grössere Bedeutung gegen früher erhalten hat. 

Das 5. Fach ist dem Obst- und Rebschutz ge- 


widmet. 8 kleinere Abhandlungen sind vorhanden. 
Wir vermissen etwas über die im Süden Frank- 
reichs bereits verheerend auftretende Weinlaus 


(Phylloxera vastatrix). 

Ueber Obsterndte und Obstbenutzung finden 
wir im 6. Fache 4 interessante Artikel, 6 hingegen 
in dem folgenden 7. Fache, welches Abhandlungen 
über Geräthe und Materialien für Obst- und Wein- 
bau enthält. Nicht weniger werden die 13 Ab- 
handlungen des 8. Faches: Berichte über Reisen, 
Ausstellungen, über den Stand der Obstkultur, das 
Interesse der Leser in Anspruch genommen haben. 
Die Abhandlungen des 9. Faches geben über die 
Literatur des Jahres 1871 Aufschluss. Nicht we- 
niger als 21 Werke sind besprochen worden. 

In dem 10. Fache werden Nachrichten und 
Bekanntmachungen des deutschen Pomologen-Ver- 
eins und pomologischer Institute niedergelegt, dieses 
Mal in 6 Berichten. Kurze Notizen und Mitthei- 
lungen befinden sich im 11. Fache. Davon sind 
dieses Mal 8 vorhanden. Endlich kommen Bio- 
grapbieen und Personal-Nachrichten in dem 12. 
Fache vor. Die wichtigsten Biographieen enthalten in 
der Regel auch das Portrait, eine besonders werth- 


volle Zugabe. Unter den Biographieen befinden 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


Wir machen 


sich dieses Mal auch die von Karl Fischer in 
Kaaden, des verstorbenen Freiherrn v. Babo in 
Weinheim, des verstorbenen Schnittspan in Darm- 
stadt und des verstorbenen Courtin in Berg bei 
Stuttgart. 


Azalea sinensis Lodd. und mollis Bl. 


Im Anfange der zwanziger Jahre erhielt Lod- 
diges, einer der tüchtigsten und intelligentesten 
Gärtner seiner Zeit und Herausgeber des Londoner 
illustrirten Journals, the botanical cabinet, eine Frei- 
lands-Azalee direkt aus China und nannte sie nach 
ihrem Vaterlande Azalea sinensis. Sie steht der 
A. pontica am nächsten, besitzt aber goldgelbe, 
gegen den Rand sogar orangefarbige Blüthen von 
einem grösseren Durchmesser, als sie irgend eine 
andere Art besitzt. Wenn man schon in England 
Sorge trug, die Azalea sinensis zu vervollkommnen, 
so geschah es noch mehr in Belgien. 

Dort, und zwar in Gent, lebte in den dreissiger 
Jahren ein Bäcker, mit Namen Byls, der sich mit 
Blumenzucht beschäftigte, darin Resultate erreichte 
und schliesslich sein Handwerk aufgab, um seine 
Zeit allein der Anzucht und der Vervollkommnung 
von Blumen zu widmen. Eine besondere Vorliebe 
hatte er für Azaleen, besonders für die des freien 
Landes, und versuchte durch Kreuzung mit A. pon- 
tica, aber auch mit den amerikanischen Arten (A. 
viscosa, calendulacea und nuda) neue Formen zu 
erziehen, welche in der Gärtnerwelt einen solchen 


| Beifall erhielten, dass sie nach ihrem Züchter den 


Namen Azalea Bylsiana erhielten. Diese Formen 
wurden so beliebt, dass sie sich rasch über das 
ganze Festland verbreiteten, in den vierziger, wie 
im Anfange der fünfziger Jahre, in allen Gärten 
von Bedeutung gezogen wurden und einen bedeu- 
tenden Handelsartikel ausmachten. 

So schön auch die Byls’schen Azaleen waren, 
so mussten auch sie der Mode weichen. Sie ver- 
schwanden allmählig wieder aus den Gärten und 
in den sechziger Jahren suchte man sie bereits 
darin vergebens. Doch das Alte kehrt, wenn auch 
mit neuem Namen, oft wieder. Dieselbe Azalea 
sinensis wurde vor nicht einem Jahrzehnte von 

‚ englischen und russischen Reisenden auch in Japan 
entdeckt, für schön befunden und, da man fand, 
dass sie schon von Blume beschrieben worden war, 
als Azalea mollis von Neuem eingeführt. In Eng- 
land wie in Belgien erkannte man alsbald ihre Be- 


deutung. 


Druck der C. Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


| Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbanes in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General - Sekretär des Vereines. 


No. 11. 


Berlin, den 16. März 


1872. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Die bunten Färbungen der Pflanzen. — Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft in London. (Schluss.) — Die Dikoty- 
len der Flore des serres et des jardins de ’Europe Tom. XVII. par L. van Houtte. 


Die bunten Färbungen der Pflanzen. 
Die Erforschung des Lebens der Pflanze und 


seiner Erscheinungen hat in der neuesten Zeit so 
viele Verehrer gefunden, die zugleich mit Geschick 
und Schärfe untersuchen, dass es uns nicht auffallen 
darf, wenn eine Entdeckung der andern so rasch 
folgt, dass es schwierig ist, stets auf dem Niveau 
der Wissenschaft zu bleiben. Es liegt nur die 
Frist von 13 Jahren zwischen dem Erscheinen der 
ersten Auflage von Sachs vorzüglichem Lehrbuche 
und der zweiten, und welche Fülle von neueren 
Beobachtungen und Resultaten bringt die letztere 
im Vergleiche zur ersteren? Wer nur die erste 
Auflage kennt, ist mit seinem Wissen schon ver- 
altet. Seit dem Erscheinen der zweiten Auflage 
ist wiederum dieselbe Zeit von 1% Jahren ver- 
strichen und neue Geheimnisse im Leben der Pflan- 
zen sind aufgeschlossen und neue Gesichtspunkte 
gewonnen. Wenn auch nicht Alles, was an Re- 
sultaten veröffentlicht wird, Anspruch auf Wahrheit 
machen kann, nicht Alles Gold ist, was glänzt, so 
sind doch manche Fortschritte von Bedeutung. 
Vor Allem sind es die niederen Pflanzen, welche 
wir unter dem Namen Algen und Pilze kennen 
und welche zum Theil im Organismus der höheren 
Pflanzen und Thiere eine wichtigere Rolle spielen, 
als man bisher glaubte. Was zur Zeit der Oken- 
Schelling’schen Naturphilosophie bisweilen errathen 
wurde, scheint jetzt sich hier und da bewahrheiten 
zu wollen. Die Dryaden und Hamadryaden, welche 
nach einigen früheren Naturphilosophen den pflanz- 


lichen und thierischen Körper nicht allein zu ihrer 
Werkstätte erkoren hatten, sondern ihn sogar len- 
ken sollten, scheinen in den Molekulen Darwin’s 
etwas Aehnliches gefunden zu haben. 

Wer hätte noch vor einigen Jahren für mög- 
lich gehalten, dass eine grosse Klasse von Pflan- 
zen-Organismen, welche über die ganze Erde ver- 
breitet sind, plötzlich aus der Reihe selbstständiger 
Geschöpfe erbarmungslos gestrichen werden könnten. 
Und doch ist es so; die Flechten sind nach den 
glänzenden Untersuchungen de Bary’s, Schwend- 
ner’s, Baranetzky’s und Anderer nicht mehr 
selbständige Pflanzen, sondern nur mehr oder we- 
niger innige Verbindungen von Algen und Pilzen. 
Die arbeitenden, weil mit Chlorophyll versehenen 
Algen schaffen im Flechtenkörper die nöthigen 
Nahrungsmittel für die Pilze, die. einzige grosse 
Pflanzengruppe, welche nebst den Schmarotzern 
keine näheren, d. h. zur Ernährung unmittelbar 
dienenden Pflanzenstoffe bereiten, sondern diese, 
um leben zu können, fertig zubereitet, anderen le- 
benden oder todten, wenn auch bisweilen ganz zer- 
fallenen Organismen entziehen. 

Jeder Flechtenkörper besteht aus mehr oder 
ıwinder in einander verfilzten Pilzfäden (Hyphen) 
und aus niedrigen, in Form von kleinen runden 
Zellen oder Fäden bestehenden Algen (Gonidien), 
von denen doch jedes, trotzdem beide auf's Innigste 
mit einander verbunden sind, ein eigenes Leben 
führt und jedes seine eigenen Fortpflanzungen be- 
sitzt. Wenn die Algen als Fäden vorherrschen 
und die sie umschlingenden Pilzfäden in geringerer 


11 


Menge vorhanden sind, wie bei den Epheben und 
Cönogonien, so ist der Zusammenhang dieser beiden 
in 2 verschiedene grosse Pflauzenklassen gehören- 
den Individuen leichter erkennbar, als da, wo die 
Algenzellen oder Gonidien von den Pilzfäden dicht 
umsponnen sind, in das Innere des Flechtenkörpers 
gebracht werden und meist daselbst das sogenannte 
Mark bilden. Am liebsten suchen sich die schma- 
rotzenden Pilzfäden die ersten Stadien der in Form 
von Anflügen und Polstern auf feuchtem Boden, 
an Baumrinden vorkommenden Chroococcaceen und 
Palmellaceen als Nährpflanzen aus. 

Eine eigenthümliche, noch keineswegs von den 
Physiologen ‘gewürdigte Erscheinung ist, dass in 
diesem Falle die Algenzellen, und wenn sie noch 
so viele Pilzfäden zu ernähren haben, durch eine 
ziemlich dichte Umhüllung nach aussen von Licht 
und Luft, die sonst allen Chlorophylizellen durch- 
aus nothwendig sind, ganz und gar abgeschlossen 
sind, in ihrer eigenen Entwickelung nicht gestört 
werden und fortvegetiren, als hätten sie keine 
schmarotzenden Pilze zu ernähren. Die Algenzel- 
len bilden im Flechtenkörper keinen zusammen- 
hängenden Körper und vermehren sich, wie die 
Hefenzellen, freilich auf eine ganz andere Weise 
fortwährend aus sich selbst. 

Die in den letzten Jahren viel besprochene 
Thatsache, dass Pfropfreiser des buntblätterigen 
Abutilon Thomsoni auf eine grünblätterige Unter- 
lage gebracht, daselbst buntblätferige Zweige be- 
dingen können, wird von einigen Botanikern durch 
eine Ansteckung erklärt, indem dasselbe, was die 
nicht gefärbten Flecken auf den Blättern des A. 
Thomsoni bedingt, sich in der Unterlage ebenfalls 
ausbreitet und schliesslich in den Blättern der von 
ihr hervorgebrachten Blätter an einzelnen Stellen 
das Chlorophyll ebenfalls zerstört und dadurch die 
bekannten weisslichen oder gelblichen Flecke auf 
gleiche Weise, wie sie auf den Blättern des Edel- 
reises vorhanden sind, hervorruft. Da man in der 
heutigen Zeit des Materialismus stets etwas Fass- 
liches haben will, so wäre die Annahme von klei- 
nen selbständigen Körperchen, welche aus den 
Blättern des Abutilon T'homsoni nach den Blättern 
des 'T'riebes der Unterlage wanderten und das 
Chlorophyll als solches daselbst zerstörten, keines- 
wegs dem heutigen Standpunkte der botanischen 
Wissenschaft sehr widersprechend. 

Diese Ansicht scheint selbst durch die Ent- 
deckung kleiner selbständiger Organismen in dem 
Zeligewebe höherer Pflanzen, wo sie zwar nicht 
Chlorophyll zerstören, sondern umgekehrt durch 
dichte Einlagerung in den chloropbylifreien, mehr 
im Innern liegenden Zellen eine bunte Färbung 
hervorrufen, etwas näher gerückt zu werden. In- 


2 


teressant ist es, dass die Existenz dieser selbstän- 
digen Körper im Zellgewebe höherer Pflanzen in 
der allerneuesten Zeit von 2 ganz verschiedenen 
Seiten, einmal in Deutschland, das andere Mal in 
England, nachgewiesen ist. In beiden Fällen sind 
es, wie gesagt, diese selbständigen Körper selbst, 
welche eine abweichende Färbung hervorrufen, wäh- 
rend bei ihrer Annahme in den weissen Flecken 
der Blätter des Abutilon Thomsoni sie selbst nicht 
allein das Chlorophyll zerstörten, sondern auch eine 
helle Färbung haben müssten. 

Was nun die Anwesenheit selbständiger Körper 
im Innern der Zellen höherer Pflanzen anbelangt, 
so hat Dr. Reinke in Göttingen, der sich in einer 
morphologisch-systematischen Bearbeitung der Pauke- 
pflanze (Gunnera scabra) befindet, als die Ursache 
der grünlichen, meist dendridenartigen Flecken auf 
dem sonst bräunlichen Stamm und auf den Blatt- 
stielen einer Alge erkannt, der er einstweilen den 
Namen Scytonema Gunnerae gegeben hat. In einer 
Sitzung der Königlichen Gesellschaft der Wissen- 
schaften in Göttingen, welche am 2. December v. J. 
stattfand, hat Dr. Reinke darüber nähere Mitthei- 
lungen gemacht, behielt sich aber noch vor, über 
seine Resultate in einer besonderen Abhandlung 
ausführlich zu sprechen. 

Da die buntblätterigen Pflanzen in der Gärt- 
nerei eine wichtige Rolle spielen, so muss natür- 
lich Alles, was über diese wichtige Erscheinung 
durch die Wissenschaft bekannt wird, für den Gärt- 
ner nicht weniger als für den Laien von grossem 
Interesse sein; wir theilen daher aus dem Berichte 
über diese Sitzung Einiges mit und verweisen die, 
welche sich weiter dafür interessiren, auf die dem- 
nächst erscheinende Abhandlung. 

Untersucht man nämlich eine Laubknospe der 
mit einem dicken und verkürzten Stamme versehe- 
nen Pauke-Pflanze, so findet man alle Zwischen- 
räume mit einem durchsichtigen, klebrigen Schleim 
erfüllt. Er wird von grossen, flach-tonnenförmigen 
und ausgerandeten Driesen geliefert, die am Grunde 
der Rückseite stehen. Der Schleim selbst entsteht 
zunächst durch Aufquellen der Zellhäute dieser 
Driesen und vermischt sich mit dem eiweissstoffigen 
Zellinhalte. Die Auflösung der Zellhäute bleibt 
aber hier nicht stehen, sondern schreitet in das 
Parenchym des Stammes fort, aber nur an be- 
stimmten Stellen, so dass dadurch Schleimkanäle 
entstehen. Später schliesst sich beim Wachsen 
die Wunde durch Wucherung des umgebenden Pa- 
renchyms und vernarbt völlig. 

In diesem Schleime befinden sich anfangs ausser 
verschiedenen Pilzfäden auch die Fäden einer grü- 
nen Alge, welche in die gebildeten Schleimkanäle 
eindringt und diese ausfüllt. Hiermit noch nicht 


83 


zufrieden, wuchert sie weiter. Da die Parenchym- 


zellen des Stammes zum Theil mit grossen Tüpfeln | 


versehen sind, so kann auch die Alge um so leich- 


ter in das Innere derselben eindringen und sie | 


knäuelartig ausfüllen. Da nicht alle Zellen gleich- 
mässig ergriffen werden, so entstehen dendriden- 
artige Nester solcher Algen, die schliesslich, da bei 
dem weiteren Wachsen neues Zellgewebe die Schleim- 
kanäle ausfüllt, gänzlich eingeschlossen werden und 
damit nicht weiter wachsen können, aber auch 
nicht zu Grunde gehen. Da die Farbe der Ober- 
fläche braun ist, die Algen aber eine grüne Fär- 
bung haben, so entstehen die bereits erwähnten 
dendridischen Zeichnungen. 

Da auch Dr. Schmitz in Bonn bei der Un- 
tersuchung der grünen Flecke auf sonst brauner 
Oberfläche der Pauke-Pflanze dieselben Resultate 
erhalten hat, so wird die Reinke’sche Beobachtung 
weiter bestätigt. 

Die zweite Pflanze, in der ebenfalls die bunte 
Färbung durch selbständige, einfache Körper be- 
dingt wurde, ist ebenfalls eine Gartenpflanze, näm- 
lich ein Coleus. Der Gegenstand ist vorläufig im 
ersten Hefte des Journals of botany, was früher 
Berth. Seemann herausgegeben hat, jetzt aber 
von dem Kustos Dr. Baker redigirt wird, zur Kennt- 
niss gelangt. 

Bis jetzt ist nur bekannt, dass die rothen Fär- 
bungen des Ooleus durch eigenthümliche Organis- 
men, welche aus vier von einer wasserhellen Um- 
hüllung eingeschlossenen Körpern besteht, bedingt 
sind... Weitere Untersuchungen, besonders Ent- 
wickelungsgeschichten, aus denen man den ganzen 
Hergang ersehen könnte, sind noch nicht gemacht 
worden. 

Der bekannte Forscher in der Pilzwelt, Ber- 
keley, hat die Angabe bereits bestätigt und glaubt, 
dass diese im Innern des Blattparenchyms lebenden 
Organismen in der Nähe von Protomyces stehen 
würden, während Andere sie dem eigenthümlicheu 
Pilze, welcher zuerst von de Bary als Syntrichium 
bekannt gemacht wurde, anreihen. Wir wollen 
hoffen, dass wir recht bald, am liebsten durch einen 
Forscher, wie Berkeley oder de Bary, etwas 
Näheres erfahren und vor Allem eine Entwicke- 
lungsgeschichte erhalten. Vielleicht giebt dann das 
Resultat Veranlassung, dass den bunten Färbungen 
der Pflanzen, und zwar besonders denen, welche 
nicht natürlich, sondern erst durch die Kunst oder 
vielmehr durch Zufall entstanden sind, von physio- 
logisch-anatomischer Seite mehr Aufmerksamkeit zu- 
gewendet wird, als es bisher geschehen ist und wir 
schliesslich eine Aufklärung über die interessante 
Erscheinung des Buntwerdens erhalten. 


Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft 
in London. 
(Schluss.) 


Von grösster Wichtigkeit für die Londoner 
Gartenbau-Gesellschaft ist die Gründung eines be- 
sonderen Lehrstuhls für Botanik und wissenschatft- 
liche Gärtnerei auf ihre Kosten und Besetzung 
desselben durch Thiselton Dyer, bisher Pro- 
fessor der Botanik an der Universität Dublin. Das 
Bedürfniss einer grösseren Wissenschaftlichkeit bei 
allem dem, was von Seiten der Gartenbau-Geseli- 
schaft geschieht, nicht weniger aber das Bewusst- 
sein von der für die jetzige Zeit nicht mehr ent- 
sprechenden Bildung der jüngeren Gärtner einer- 
seits und der geringen Kenntniss der Laien, selbst 
in den Anfangsgründen der Botanik andererseits, 
hatte auf die Nothwendigkeit der Anstellung eines 
besonderen Botanikers zur Belehrung hingeführt. 
Die botanisch-gärtnerische Wissenschaft war zwar 
bisher schon durch einen wissenschaftlichen Aus- 
schuss (scientific committee), dem Berkeley, der 
berühmte Forscher der kleinsten, das Leben höherer 
Pflanzen gefährdenden Vegetabilien, nämlich der 
schmarotzenden Pilze, bisher mit Umsicht und 
Kenntniss vorgestanden hat, vertreten, die Mitglie- 
der des Rathes glaubten aber, dass dieser Ausschuss, 
so wirksam und erfolgreich er auch bisher gewesen 
wäre, doch allein für die heutigen Ansprüche nicht 
mehr ausreiche, dass vor Allem mehr Aufmerksam- 
keit auf allgemeine Belehrung verwendet werden, 
die Wissenschaft noch eine höhere Bedeutung er- 
halten müsse. Das könne aber nach der Ansicht 
des Rathes (couneil) nur durch einen besonderen 
Lehrstuhl für Botanik und wissenschaftliche Gärt- 
nerei geschehen. 

Dem Professor der Botanik und wissenschaft- 
lichen Gärtnerei bei der Königlichen Gartenbau- 
Gesellschaft sind bei seiner Anstellung folgende 
Instruktionen überwiesen worden: 

1. Er hat alle wissenschaftlichen Arbeiten bei 
der Gesellschaft, seien sie botanischer oder gärtne- 
rischer Natur, auszuführen, er hat ferner mit gärt- 
nerischen und botanischen Instituten und Eitablisse- 
ments in Verbindung zu treten, vor Allem aber 
die Korrespondenz mit den Gesellschaften und Ver- 
einen, welche bisher mit der Königlichen Garten- 
baugesellschaft in Verbindung standen, zu führen. 

2. Allen Versammlungen und Ausstellungen 
der Königlichen Gartenbau-Gesellschaft muss der 
Professor beiwohnen und dabei das Wichtigste no- 
tiren, auch über alle dabei vorkommenden Gegen- 
stände von Bedeutung in einer herauszugebenden 
Zeitschrift berichten. Eine der wichtigsten Auf- 


Uli 


84 


gaben für ihn ist bei dieser Gelegenheit die vielen 
falschen Namen der Pflanzen, welche bei Ausstel- 
lungen gewöhnlich vorkommen, zu verbessern. An 


jedem Donnerstage, wo der wissenschaftliche Aus- 


schuss zusammentritt, hat er den Vorsitzenden zu 
unterstützen. 
zu bestimmenden Nachmittage in der Woche in 
dem Bureau befinden, um jedem Mitgliede Aus- 
kunft zu ertheilen, der auf seine Wissenschaft be- 
zügliche Fragen an ihn stellt. Alle Veröffent- 
lichungen der Gesellschaft müssen durch den Pro- 
fessor geschehen. Nach den Anordnungen des 
Rathes hat der Professor auch einen Cyclus von 
Vorlesungen über gärtnerisch-wissenschaftliche Ge- 
genstände zu halten, wo auch Nicht-Mitglieder zur 
Theilnahme berechtigt sind. Endlich liegt ihm die 
Sorge für die Bibliothek ob, wobei er zu gleicher 
Zeit für ihre Vergrösserung sorgen muss. 

3. In dem Versuchsgarten zu Chiswick hat 
der Professor der Königlichen Gartenbau-Gesell- 
schaft ebenfalls vor Allem für richtige Namen bei 
den Pflanzen zu sorgen, er hat die wissenschaft- 
lichen Versuche daselbst zu leiten, um dann über 
die Resultate Bericht erstatten zu können. Auch 
in Chiswick hat er an einem noch zu bestimmenden 
Nachmittage in der Woche den dortigen Gärtnern, 
sowie denen der Mitglieder, über bezügliche Fragen 
Rede zu stehen, ganz besonders aber wiederum die 
Namen der ihm gebrachten Pflanzen zu berichtigen. 
Alle Monate hat er ferner über die in Chiswick 
gemachten meteorologischen Beobachtungen Mitthei- 
lung zu machen. Schliesslich liegt ihm ob, ein 
besonderes Bureau (board) für die Chefs der ver- 
schiedenen Kulturen einzurichten. 

Es ist nicht zu leugnen, dass von Seiten des 
Rathes (council) durch die Einsetzung eines beson- 
deren botanisch-gärtnerischen Lehrstuhls den An- 
sprüchen der heutigen Zeit, und ganz besonders 
einer Metropole, wie London darstellt, nachgekom- 
men wurde. Wir sind auch mit den einzelnen 
Punktationen des Reglements einverstanden, begrei- 
fen aber nicht, wie ein einzelner Mann, und wäre 
er der tüchtigste Arbeiter und hätte selbst die aus- 
reichendsten Kenntnisse, im Stande ist, diesem 
Allen auf einmal nachzukommen. Wir kennen die 
Bedeutung, die die Londoner Gartenbaugesellschaft 
eingenommen hat, uns sind auch die grossen gärt- 
nerischen Etablissements Londons und Englands 
überhaupt bekannt, aber eben deshalb halten wir 
es für unmöglich, dass ein einziger Professor allen 
seinen hier specificirten Pflichten nachkommen kann. 

Doch es wird hier gehen, wie anderswo; die 
Ansprüche werden im Anfange nur in mässiger 
Anzahl gemacht werden; man wird sich erst von 
Seiten der Mitglieder an die neue Einrichtung ge- 


wöhnen und der durch sie gebotenen Vortheile be- 
wusst werden. Bis dieses geschieht, orientirt sich 
auch der Professor in seinem neuen Berufe und 
lernt damit seine Zeit auszunützen. Wird er nach 


einer Zeit schliesslich so in Anspruch genommen, 
Ferner muss er sich an einem noch 


wie aus den Instruktionen hervorgeht und auch zu 
wünschen ist, so möchte auch unterdessen das Be- 
dürfniss sich herausgestellt haben, dass zunächst 
wenigstens ein Assistent ihm beigegeben wird, der 
vor Allem die materiellen Arbeiten, wie Aufsicht 
der Bibliothek u. s. w. für ihn übernimmt, damit 
er selbst mehr Musse erhält, um den geistigen Ar- 
beiten obzuliegen und seine Kenntnisse zu ver- 
werthen. 

Die Gartenbaugesellschaft in London hat drei 
Ausschüsse (committees), die wöchentlich ein Mal 
zusammentreten und über das vorliegende Material 
sprechen, resp. Beschluss fassen. Ueber den wis- 
senschaftlichen Ausschuss, dem beizuwohnen wir 
mehrmals die Ehre gehabt haben, ist in der Wo- 
chenschrift mehrmals gesprochen worden. Ausser 
dem tüchtigen Pilzkenner Berkeley sind als Mit- 
glieder noch Andrew Murray, der bekannte 
Entomolog, der aber auch durch sein grosses Werk 
über die Verbreitung der Säugethiere ein bleiben- 
des Andenken hinterlassen wird, und Maxwell 
Masters, Nachfolger Lindley’s in der Heraus- 
gabe des Gardener’s Chronicle, zu nennen. Dieser 
wissenschaftliche Ausschuss hat durch die Errich- 
tung eines besonderen botanisch-gärtnerischen Lehr- 
stuhls ungemein gewonnen, so dass die Londoner 
Gartenbaugesellschaft immer mehr das wird, wo- 
nach sie vom Anfange ihrer Gründung an hinge- 
strebt hat: eine Stätte für botanisch-gärtnerische 
Wissenschaft. 

In dem Ausschuss für Blumen und Pflanzen 
(floral-departements) ist, wenn wir nicht irren, 
Dr. Denny Vorsitzender. Der Ausschuss hat die 
specielle Aufsicht über die Arbeiten im Chiswick- 
und im Kensington-Garten. Für den letzteren 
werden Pflanzen und Blumen in dem ersteren heran- 
gezogen. Im Jahre 1871 wurden für Ausschmückung 
des grossen Glashauses im Kensington-Garten allein 
20,000, für die Ausschmückung des Gartens über- 
haupt noch 50,000 meist grössere Pflanzen aus 
dem Chiswicker Versuchsgarten geliefert. Ausser- 
dem sind noch an Mitglieder 7,000 Pflanzen und 
60,000 Samen-Pakete vertheilt worden. 

In dem Ausschuss für Obst- und Gemüsezucht 
(pomological department) präsidirt G. F. Wilson, 
einer der eifrigsten Pflanzenliebhaber Englands und 
selbst nicht weniger Fachmann. Der Chiswicker 
Obstgarten hat auch bei uns in Deutschland eine 
grosse Berühmtheit erlangt, sein Verzeichniss bis 
in die neueste Zeit als eine Autorität gegolten. 


05 


Es wurden in Chiswick zur Vervollkommnung des 
Obstes, besonders in früheren Zeiten, grossartige 
Versuche gemacht, die auch nicht unbedeutende 
Resultate lieferten. 


In den beiden letzten Jahr- | 


zehnten widmete man in Chiswick leider dem Obst- | 


garten nur eine geringe Aufmerksamkeit; dieser 
selbst ging zurück. Man hatte in der Beibehaltung 
der verschiedenen Aussaaten keine Auswahl getrof- 
fen und so häufte sich mit der Zeit ein so bedeu- 
tendes Material an, dass man schliesslich das Ganze 
nicht mehr beherrschen konnte. Man sah endlich 
auch in England ein, was zuerst von Seiten der 
allgemeinen Versammlung deutscher Pomologen und 
Obstzüchter bei uns ausgesprochen worden war, 
dass man sich in der Neuzucht des Obstes, wenn 
auch nicht beschränken, aber doch strenge Auswahl 
treffen müsse. Die vorhandenen Obstsorten im 
Chiswickgarten wurden daher jetzt strenger geprüft, 
das Schlechte weggeworfen und nur das Gute bei- 
behalten. Man legte zu diesem Zwecke einen neuen 
Obstgarten mit den dazu gehörigen Mauern an. 
In diesem werden jetzt 400 Aepfel-, 350 Birn-, 
300 Pflaumen-, 430 Kirschen-, 220 Reben- und 
100 Feigen-Sorten kultivirt. 

Ausser dem Obste wird in Chiswick aber auch 
dem Gemüse grosse Aufmerksamkeit zugewendet. 
Der Engländer ist allerdings im Allgemeinen kein 
grosser Freund des Gemüses, mit Ausnahme der 
Erbsen, ohne die er ebensowenig leben kann, . als 
der Franzose. In der Vervollkommnung der Erb- 


sen hat auch kein Volk so viele Verdienste sich | 
Man darf sich deshalb | 


erworben, als das englische. 
nicht wundern, wenn im Chiswickgarten den Erb- 
sen ebenfalls grosse Sorgfalt gewidmet wird. Ausser- 
dem aber sind es die Kohlarten, welche in grosser 
Anzahl in Chiswick kultivirt werden. 

Aus dem Obstgarten wird an Mitglieder eben- 
falls abgegeben, so im Jahre 1871 nicht weniger 
als 60,000 Pakete mit Gemüsesamen, 4,500 Steck- 
linge (ceuttings) von Feigen, Wein und anderen 


Obstgehölzen, endlich noch 600 Feigensträucher. 
Die Zahl der Pfropfreiser, welche vertheilt wurden, 


ist nicht angegeben. 


Die Dikotylen 
der Rlore des serres et des jardins de l’Europe 
Tom. XVIH. 
par L. van Houtte. 
Mangel an Raum hinderte uns bis jetzt, in dem 


bereits in der 3. Nummerbegonnenen Berichte der 
in dem 18. Bande des bekannten gärtnerischen pe- 


riodischen Werkes der Flore des serres empfohlenen 
Pflanzen weiter fortzufahren und die noch restirende 
zweite Abtheilung der Dikotylen zur Kenntniss der 
Leser der Wochenschrift zu bringen. Wie es bei 
den Monokotylen der Fall war, so sind auch von 
den Dikotylen bereits mehre derselben schon früher 


ı in der Wochenschrift besprochen worden. 


Wir beginnen mit Warmhauspflanzen. Von 
diesen sind dieses Mal besonders Gesneraceen, und 
zwar vor Allem Gloxinien, vertreten. Dieser 
Schmuck unserer Gewächshäuser zu einer Zeit, wo 
auch die freie Natur viel darbietet, ist um so wer- 
ther, als die Gewächshäuser gerade in dieser Zeit 
an blühenden Pflanzen arm sind. Dass in der 
Anzucht neuer Formen und in der Vervollkomm- 
nung der Blumen der Gloxinien auch Berlin grossen 
Antheil genommen hat, ist von uns bereits früher 
schon mehrmals gesagt worden; wir wollen jedoch 
dabei die Verdienste Belgiens, und ganz besonders 
L. van Houtte’s, dabei keineswegs verkennen. 
Was dieser in Flore des serres abgebildet und als 
neu empfohlen hat, verdient in der That die Be- 
rücksichtigung der Blumenliebhaber. 

Eine interessante Sorte (Tab. 1846) führt den 
Namen Voie lactee, d. h. Milchstrasse, weil zahl- 
reiche, im Roth leuchtende Punkte auf weissem 
Grunde der Oefinung der Blume sich befinden; 
sonst ist die Farbe des Saumes königs-, gegen den 
Rand hin mehr himmelblau. Die Sorte gehört in 
die Abtheilung derer, wo die Blumen ziemlich auf- 


recht stehen. Da die Pflanzen ausserordentlich 
reich blühen, so ist dieses noch ein besonderer 
Gewinn. 


Ida (Tab. 1878) nennt van Houtte eine an- 
dere Gloxinie mit grossen, überhängenden Blumen. 
Ihre Farbe ist milchweiss, der Rand der 5 Ab- 
schnitte dagegen himmelblau schattirt. Lucie (Tab. 
1885) heisst eine dritte Gloxinie mit überhängen- 
den Blumen, wo der Saum ein purpurfarbiges Ka- 
stanienbraun besitzt, was den weissen Schlund ein- 
schliesst. Endlich hat (auf der 1918. Tafel) eine 
Gloxinie mit ebenfalls überhängenden Blumen den 
Namen Lion de Flandre (also Flandern’s Löwe) 
erhalten. Ihre Farbe ist schön blau. Von dieser 
Sorte besass L. van Houtte eine Pflanze, wo 
nicht weniger als 34 Blumen auf einmal hervor- 
kamen. 

Nächst den Gloxinien sind es bekanntlich die 
Nägelien und Plectopomen, über deren Vervoll- 
kommnung und Manmnigfaltigkeit wir schon mehr- 


mals berichtet haben und welche ebenfalls zu den -» 


Lieblingsblumen van Houtte’s gehören. Schon 
in dem vorigen 17. Bande der Flore des serres 
hatten sie mit den Gloxinien besondere Rücksicht 
erhalten (vergl. 14. Jahrg. d. Wochenschr. 8. 71). 


86 


Sie verdienen diese um 
sammetartigen Blätter einen besonderen Reiz ver- 
leihen. Auf der 1858. Doppeltafel ist eine beson- 
ders buschig wachsende und reichlich blühende 
Sorte mit lilafarbigem Saume der Blumen, während 
der weisse Schlund dicht mit amarantfarbigen Punk- 
ten versehen ist, dargestellt. Die Sorte hat den 
Beinamen triumphans erhalten. Eine zweite Sorte 
(auf der 1860. Tafel) führt den Beinamen suave- 
voseum und stellt eine, liebliche Erscheinung dar. 
Sie scheint nicht so buschig zu wachsen, als die 
vorige, verdient aber. nichtsdestoweniger die Be- 
rücksichtigung der Liebhaber. Dieser sehr ähnlich 
ist eine dritte Sorte mit dem Beinamen Colibri 
(Tab. 1967). Wären die lachsfarbigen Blumen 
nicht zu gross, so wäre der Vergleich in der 'That 
treffend, denn man könnte meinen, diese besonders 
bei den Damen beliebten Vögelchen vor sich zu 
sehen. 

Aber auch die Achimenes sind mehrfach in 
diesem 18. Bande vertreten. Sie ähneln den Plec- 
topomen ungemein, haben aber im Allgemeinen 
kleinere Blumen. Die Sorte, welche den Namen 
Bleu, d. ı. blau, erhalten hat (Tab. 1872), verdient 
ihren Namen, denn die Blumen prangen in der 
T'hat im schönsten Blau. Die beiden andern Sor- 
ten, welche abgebildet sind, gehören in die Abthei- 
lung der Eucodonien, von denen wir früher eben- 
falls mehrfach berichtet haben. Reizend ist die 
Sorte, welche unter dem Namen nana multiflora 
(Tab. 1895) abgebildet ist. Aus dem Winkel der 
im dunkeln und sammetartigen Grün prangenden 
und ziemlich grossen Blätter, welche gedrängt über 
einander stehen, erheben sich die kurzen Trauben 
trichterförmiger Blüthen, welche aussen eine schöne 
rothe Farbe besitzen, im Schlunde aber und am 
Saume auf zart rosarothem Grunde reichlich roth 
punktirt sind. Die andere Eucodonie führt den 
Beinamen diamantina (Tab. 1914). Die Farbe der 
Blumen ist hier ein Purpurlila, mit Ausnahme des 
Schlundes, der gelb punktirt ist. Diese Sorte blüht 
ebenfalls reich, die Blätter haben aber nicht das 
schöne Sammetartige, was jene Sorte auszeichnete. 

Den Eucodonien und Plectopomen schliessen 
sich die Tydäen an und wetteifern mit diesen an 
Schönheit. Auch von ihnen ist früher mehrfach 
berichtet worden. Die hier empfohlene und abge- 
bildete Form führt den Namen Robert le diable 
(Tab. 1903). Aus dem Winkel der ebenfalls auf 
der Oberfläche sammetartigen Blätter kommen die 
Blüthen einzeln hervor. Sie haben eine blutrothe 
Farbe, die aber am Saume, und namentlich im 
Schlunde, durch eine dichte dendridenartige, fast 
schwarze Zeichnung unterbrochen ist. 


Ueber Tapeinotes Carolinae Wavra (Tab. 1847) 


so mehr, als auch die | 


ist von uns bereits im 10. Jahrgange der Wochen- 


| schrift (S. 246) gesprochen worden, ebenso über 


Cyrtodeira chontalensis Seem. (Tab. 1984) im 11. 
Jahrgange (S. 1101). Auf gleiche Weise haben 
wir, als vor ein Paar Jahren Monolena primulae- 
flora Hook. (zu pag. 162) eingeführt wurde, über 
diese Pflanze, welche leider auf dem Festlande 
nicht zu gefallen schien, berichtet (13. Jahrgang 
S. 111, u. 14. Jahrg. S. 270). 

Auch Begonien werden wiederum empfohlen, 
so B. diversifolia Grah. (Tab. 1823), eine in Ber- 
lin und überhaupt in Norddeutschland längst be- 
kannte und beliebte Art, welche auch vielfach auf 
die Märkte gebracht wird. Unter günstigen Ver- 
hältnissen kann sie selbst ins Freie gebracht wer- 
den. Sie gehört zu den einziehenden Arten, welche 
aus einem knolligen Wurzelstocke einige wenig- 
verästelnde Stengel treibt. L. van Houtte giebt 
die Höhe zu einem Meter (also über 3 Fuss) an, 
während sie bei uns nur 1 Fuss hoch wird. Aller- 
dings ist die aus den Hochebenen Mexiko’s bei 
uns eingeführte und kultivirte Pflanze eine Abart, 
die in allen ihren Theilen kleiner bleibt, sich aber 
sonst gar nicht unterscheidet. B. diversifolia zeich- 
net sich ausserdem durch das Vorkommen von Zwie- 
belchen in dem Winkel der unteren gestielten und 
schief herzförmigen Blätter aus, während in dem 
der oberen einige ziemlich grosse und rosarothe 
Blüthen auf einem gemeinschaftlichen Stiele stehen. 

Ueber Begonia rosaeflora Hook. (Tab. 1853) 
ist so oft von uns gesprochen worden (zuerst im 
11. Jahrg. S. 397, zuletzt im 14. Jahrg. S. 71), 
dass wir nichts mehr hinzuzufügen haben. 

Von Antigonum leptopus Hook. et Arn. haben 
wir ebenfalls im vorigen Jahrgange (S. 121) eine 
ausführliche Beschreibung und Abbildung gegeben. 
Auf gleiche Weise ist die Passionsblume Tacsonia 
quitensis Benth. var. eriantha schon oft in der 
Wochenschrift besprochen worden (vgl. 13. Jahrg. 
S. 189), ebenso wie die interessante Cobaea pen- 
duliflora Karst. (Tab. 1821) bereits im 12. Jahrg. 
S. 3538 wiederum in einer besonderen Abhandlung, 
der eine Abbildung beigefügt ist, empfohlen wurde. 
Schliesslich hat auch die schöne und nicht genug 
zu empfehlende Allamanda nobilis Mast. (Tab. 1832) 
im 12. Jahrgange (S. 107) eine Besprechung er- 
halten, Aristolochia Duchartrei Andr& dagegen eben- 
daselbst (aber S. 115). 

Tropaeolum trieolorum Sweet (Tab. 1881) ist 
eine bei uns so allgemein verbreitete und in fast 
allen Ausstellungen in den verschiedensten Formen 
gezogene Pflanze, dass wir sie wohl nicht näher 
zu beschreiben brauchen. 

Wir gehen zu den Kalthaus- und Freilandpflan- 
zen über. 


ee 


87 


Gunnera chilensis Lam. (Tab. 1897) wurde 
vor einigen Jahren bei uns als Blattpflanze viel 
im Freien angewendet, zumal sie bei guter Deckung 
und nicht zu hartem Winter selbst in Norddeutsch- 
land im Freien aushält. Mit der Abnahme zur 
Liebe von Blattpflanzen scheint auch die Gunnera 
wiederum aus den Gärten zu verschwinden, wenn 
sie sich auch noch einige Jahre in der Provinz 
erhalten sollte. Dass Linden in Brüssel vor eini- 
gen Jahren durch eine neue, von ihm eingeführte 
Art (G. manicata, s. 10. Jahrg. S. 132) wiederum 
auf diese dekorative Pflanze aufmerksam gemacht 
hat, ist von den Pflanzenliebhabern nicht weiter 
berücksichtigt worden. 

Spigelia marylandica L. (Tab. 1874) ist eine 
in früheren Zeiten vielfach in den Gärten, aber 
doch mehr in Töpfen als im freien Lande gezogene 
Staude aus den südlichen Staaten Nordamerika’s, 
die Empfehlung verdient. In einigen botanischen 
Gärten möchte sie vielleicht mehr gefunden wer- 
den; sie verlangt Haideboden. Aus der Wurzel 
kommen mehre aufrechte und unverästelte Stengel 
von 6—9 Zoll Höhe hervor und haben an ihrer 
Spitze 2—5 über 1 Zoll lange Röhrenblüthen von 
schönem Roth. Die länglich-lanzettförmigen oder 
elliptischen Blätter stehen einander gegenüber, haben 
keinen Stiel und sind, wie die ganze Pflanze, völlig 
unbehaart. 

Brugmansia sanguinea Don oder Datura san- 
guinea R. et P. (Tab. 1883) gehört zu den baum- 
artigen Stechäpfeln, die früher während der guten 
Jahreszeit viel ins Freie gepflanzt wurden und als 
Einzelpflanze mit den oft über $ Fuss langen ro- 
then Blüthen sich vorzüglich ausnehmen. In Frank- 
reich wird sie, ebenso wie die weissblühende Datura 
arborea, noch viel auf diese Weise angewendet. 
Da beide Pflanzen wenig Sorgfalt, ausser dass sie 
während des Sommers im Freien viel Wasser haben 
müssen, verlangen, im Winter dagegen, wo sie ihre 
Blätter verlieren, nur an einem frostfreien Orte un- 
tergebracht werden müssen, so sind sie Gartenbe- 
sitzern nicht genug zu empfehlen. 

Xanthoceras sorbifolia Bge. (Tab. 1899) ist 
einer der schönsten Blüthensträucher, vielleicht für’s 
treie Land auch in Norddeutschland, die in den 
letzten Jahren eingeführt worden sind, und verdient 
deshalb besonders von Gartenbesitzern und Dendro- 
logen berücksichtigt zu werden. Zwar wurden 
schon früher (S. 118) Notizen gegeben, zur Ver- 
vollständigung fügen wir aber noch Einiges hinzu. 
Der Strauch wächst in China und wurde von dem 
Abbe Armand David, dem der botanische Gar- 
ten ın Paris schon manche schöne Pflanze des 
himmlischen Reiches verdankt, eingeführt. In die 
Familie der Sapindaceen gehörig, ist er zwar ein 


' Gestalt und sind am Rande grobgesägt. 


Verwandter der Kölreuterien, der Rosskastanien 
und Ahorngehölze, aber im Aeusseren doch ver- 
schieden. Im Jahre 1870 blühte ein Exemplar 
von 3 Fuss Höhe im freien Grunde des Jardin 
des plantes. Die Blätter sind gefiedert und be- 
stehen aus 7—9 Paar schmal-elliptischer und ge- 
sägter Blättchen. Die weissen, in der Mitte hin- 
gegen rothen Blüthen bilden in grosser Anzahl eine 
vollständige Traube. 

Ueber Desmodium penduliflorum Oudem. (Tab. 
1888) ist erst vor Kurzem gesprochen worden (im 


vor. Jahrg. S. 384), ebenso über Spiraea palmata 
| Thunb. (Tab. 1851) in demselben Jahrgange (S. 


220). Es folgen 2 Glockenblumen, von denen die 
eine Campanula Rayneri Perpenti zwar schon früher 
(S. 118) empfohlen worden ist, ohne dass sie eben 
näher beschrieben wurde. Sie ähnelt der bekann- 
ten Campanula carpathica, bleibt jedoch niedriger, 
und lässt dieselbe Verwendung zu. Die schönen 
grüngefärbten Blätter haben eine eirund-längliche 
An der 
Spitze der emporgerichteten Zweige befinden sich 
1—3 blaue Blüthen von über 1 Zoll Durchmesser. 
® Eine eigenthümliche Gestalt hat die Glocken- 
blume (Tab. 1880), welche unter dem Namen C. 
soldanellaeflora plena abgebildet ist. Sie gehört zu 
den kleinen Glockenblumen aus der Gruppe unserer 
C. rotundifolia und macht an der Basis Büschel 
grösserer, namentlich breiterer Blätter, während die 
am wenig-verästelten Stengel sehr schmal, fast 
linienförmig sind. Das Abweichende sind jedoch 
die zahlreichen, ebenfalls sehr schmalen Blumen- 
blätter von bläulich-rother Farbe, aus denen haupt- 
sächlich die Blüthe besteht. 

. Unter dem Namen Macleya cordata yeddoensis 
hat van Houtte (S. 163) unsere unter dem alten 
Namen mehr bekannte Bocconia cordata abgebildet 
(S. 164). Dass die japanische Pflanze in keiner 
Hinsicht von der chinesischen sich unterscheidet, 
haben wir bereits schon früher gesagt (10. Jahrg. 
der Wochensch. S. 334). 

Primula cortusoides amoena grandiflora (Tab. 
1923) ist eine zu empfehlende Staude und auch 
bei unseren Ausstellungen schon mehrfach gesehen 
worden. Diese japanische Form der sonst sibirisch- 
chinesischen Art, welche erstere in den Gärten als 
P. amoena eingeführt wurde, hat von uns schon 
so oft eine Besprechung erhalten, dass wir nichts 
mehr zu ihrer Empfehlung hinzufügen können (vgl. 
13. Jahrg. S. 359 u. 4135). 

Primula intermedia (Tab. 1869) will William - 
Bull in London durch Blendung zweier Alpen- 
Aurikeln, der P. ciliata und minima, erhalten haben. 
Wir möchten eher eine Aurikel als eins der Eltern 
bezeichnen. Die ziemlich grossen und gesägten 


88 


Blätter sind eirund und in einen kurzen Stiel ver- 
schmälert. Aus ihnen hebt sich der Stiel mit der 
Dolde blaurother und mit einem weissen Auge ver- 
sehener Blüthen. 

Symphytum officinale L. fol. luteo-marginatis 
(Tab. 1901) ist recht hübsch ohne Blüthenstengel, 
wenn die grossen, breit-elliptischen Blätter am Rande 
weit hinein in die Substanz des Blattes weisslich- 
gelb gefärbt sind, sobald jener aber erscheint, ster- 
ben diese meist ab oder erhalten doch ein schlech- 
tes Ansehen. Auch diese Pflanze ist bereits er- 
wähnt worden (im vor. Jahrg. S. 198). 

Wir haben erst vor Kurzem neue Blüthenfor- 
men des Mimulus luteus L. aufgeführt; wir sind 
jetzt in den Stand gesetzt, auf eine Form aufmerk- 
sam zu machen, wo die Blätter panachirt sind und 
welche von van Houtte als Mimulus luteus foliis 
variegatis abgebildet worden ist (Tab. 1822). Die 
Pflanze scheint zahlreiche kurze Triebe zu machen, 
deren Blätter durchaus von einem breiten, weisslich- 
gelben, meist auch ins Hochrothe schimmernden 
Rand umgeben sind. 

Von Blüthensträuchern nennen wir zuerst ein 
Pelargonium zonale, was van Houtte mit der 
näheren Bezeichnung Madame Victor Le Febvre 
(Tab. 1907) in den Handel gebracht hat. Es ge- 
hört zu den Scharlach- oder Bouquet-Pelargonien 
und hat kleine, am Ende der Zweige dicht ge- 
drängte Blätter, zwischen denen sich der äusserste 
Stiel mit der ebenfalls dicht gedrängten Dolde dun- 
kelrosafarbiger Blüthen erhebt. 

Camellia princesse Clotilde (Tab. 1849) wurde 
von dem bekannten Kamellienzüchter Rovelli in 
Palanza am Lago maggiore aus Samen erzogen. 
Die Blume ist mittlerer Grösse und von dachziege- 
ligem Bau; ihre Grundfarbe ist zwar weiss, wird 
aber durch breite Bänder und Schmitzen von rother 
Farbe vielfach unterbrochen. 

Rhododendron Princess of Wales (Tab. 1854) 
gehört zu den durch Kreuzung des Rh. maximum 
und ponticum entstandenen Sämlingen, welche, in 
einigem Schutze und in harten Wintern einiger- 
massen gedeckt, selbst im Norden "Deutschlands 
aushalten. Vorliegende Sorte wurde in England, 
und zwar von Moritz Young, gezüchtet. Die 
ziemlich grossen Blüthen haben eine weisse Grund- 
farbe, die durch einen ziemlich breiten und vio- 
letten Rand unterbrochen ist. Rh. Ange Vervaet 
(Tab. 1870) ist dagegen aus dem Etablissement 
von L. van Houtte in Gent hervorgegangen und 
möchte nur eine veredelte Form des Rh. maximum 
darstellen. In Belgien soll sie sehr gut im Freien 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 9. 


aushalten. Die Blüthenköpfe nehmen sich in ihrer 
Menge von Blüthen, mitten aus dem dunklen Grün 
der Blätter herausragend, vorzüglich aus. Die 
Farbe der ersteren ist fleischroth, was nach dem 
Rande zu allmählich in Weiss übergeht, ausserdem 
aber mit zahlreichen purpurrothen Punkten wie 
besäet erscheint. 

Es folgen 4 indische Azaleen. Leonie van 
Houtte (Tab. 1856) zeichnet sich durch sehr grosse 
einige Zoll im Durchmesser enthaltende Blüthen 
von weisser Farbe aus. Madame Iris Le Febvre 
(Tab. 1862) hat dagegen eine lebendige blutrothe 
Farbe der recht hübsch gefüllten Blüthen. Ausser- 
dem zeichnen sie sich noch durch ihre Grösse und 


durch den Reichthum, in dem sie erscheinen, aus. - 


Marie van Houtte (Tab. 1865) heisst dagegen 
wiederum eine Azalee mit sehr grossen und ge- 
füllten Blüthen, wo zwar die Grundfarbe weiss, 
dieses aber durch rosa-lachsfarbige Schmitzen un- 
terbrochen wird. Wenn der Herausgeber der Flore 
des serres (auf der 1892. Tafel) noch eine vierte 
Azalee unter dem Namen Maximilian abgebildet 
hat, welche an Schönheit den anderen 3 bereits 
empfohlenen Sorten nachsteht, aber immer noch 
eine hübsche Erscheinung darbietet, so geschah es 
deshalb, um seine Kunden darauf aufmerksam zu 
machen, dass manche Sorten insofern inkonstant 
sind, als sie nicht immer gleich gut blühen. Der- 
gleichen Sorten werden im van Houtte’schen 
Etablissement eine längere Zeit beobachtet und, 
insofern sich diese Ungleichheit im Blühen nicht 
verliert, selbst dann weggeworfen, wenn sie auch 
in einzelnen Jahren noch so schön gewesen sind. 

Revd. Dombrain (Tab. 1864) heisst eine Bour- 
bonrose aus dem Etablissement des bekannten Ro- 
senzüchters Margottin bei Paris. Es ist eine 
grosse Blume von blutrother Farbe, die durch das 
schöne, den Bourbon-Rosen überhaupt eigenthüm- 
liche Grün der Blätter noch mehr gehoben wird. 

Deutzia crenata flore albo pleno (Tab. 1850) 
haben wir bereits (im 12. Jahrg. S. 245) ausführ- 
lich besprochen und bemerken nur noch, dass diese 
Deutzia der anderen aussen roth gefärbten Form 
(extus rubra fl. pl.) nicht allein wegen ihrer grösse- 
ren Schönheit vorzuziehen ist, sondern auch, weil 
sie sich leichter treiben lässt, viel besser unsere 
klimatischen Verhältnisse verträgt. 

Hydrangea stellata prolifera (Tab. 1890) ist eben- 
falls schon, und zwar in demselben Jahrg. (S. 3) 
besprochen worden. In dem hier abgebildeten Exem- 
plar sind die einzelnen Blüthen so dicht gefüllt, wie 


wir es im Leben noch nicht gesehen haben. 


Druck der ©. Feister’schen Buchdruckerei (L, Mewes), 
Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


| 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General -Sekretär des Vereines. 


No. 19. Ben den 23. Marz, 1879. 


Preis des Jahrganges 54 Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post-Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt; La ee horticole, redigee par Ed. Momen 1871. — - Ueber Tiaer iihekanuie Vorzüge beim Veredeln der Bäume, 


— J. G. Beer's Grundzüge der Obstkunde. 


La Belgique horticole. 


Redigee par Ed. Morren. 
1871. 


Der Verfasser der Belgique horticole beschäf- 
tigt sich eben mit einer Monographie der Bromelia- 
ceen für die grosse von Martius begonnene Flora 
brasiliensis; es ist dieses ein Umstand, der auf die- 
sen Jahrgang einen noch grösseren Einfluss aus- 
geübt hat, als auf den früheren. Die Bromeliaceen 
wachsen nur in den warmen und heissen Ländern 
Amerika’s und bilden zum grossen Theil Epiphyten, 
also Pflanzen, welche an Bäumen sich ansiedeln 
und deren Stamm, hauptsächlich aber die Stellen 
zwischen zwei Aesten, einnehmen. Doch wachsen 


auch nicht wenige in der Erde, besonders an feuch- | 


ten Stellen, an den Ufern der Flüsse und Sümpfe, 
und bilden daselbst bisweilen, wie es mit einigen 
unächten Bromelien der Fall ist, um so undurch- 
dringlichere Hecken, als die etwas fleischigen Blät- 
ter an ihren Rändern mit stechenden Dornen be- 
setzt sind. Nur wenige Arten machen einen Stamm, 
wie Puya chilensis, und kommen, gleich den grossen 
Fackeldisteln, den Yukken u. s. w., vereinzelt vor. 

Die Blätter der Bromeliaceen sind nie haut-, 
sondern am häufigsten pergamentartig, bisweilen 
auch etwas fleischig und stehen in der Regel ge- 
drängt zusammen; wenn aber der bis dahin ver- 
kürzte Stengel zum allgemeinen Blüthenstiel sich 
verlängert, werden sie allmählig kleiner oder kür- 
zer, bilden sich auch zu sogenannten Schuppen- 


blättern um. Bisweilen vergrössern sich diese ver- 
kümmerten Blätter wiederum in der Nähe der 
Blüthe und erhalten damit eine lebhafte, meist 
rothe Farbe. Man nennt sie in diesem Falle Hoch- 
blätter, auch wohl Deckblätter und Blumenscheiden 
(Spathae). Wie diese sehr oft schon gefärbt sind, 
so können auch die Blüthen eine in die Augen 
fallende Farbe haben. 

Die Bromeliaceen machen seitlich an der Basis 
des verkürzten Stammes kurzgestielte Sprossen mit 
dem Ansehen der Hauptpflanze. Diese blüht und 
stirbt ab, während die Sprossen an der Seite selbst- 
ständig werden. Nur in einigen wenigen Fällen 
blühen kleinere Seitensprossen und der Hauptstamm 
wächst weiter. 

Es gab einmal eine Zeit, wo die Bromeliaceen, 
besonders in Wien, Berlin und Brüssel besondere 
Liebhaber hatten, welche grössere und kleinere 
Sammlungen anlegten; aber auch ausserdem waren 
sie beliebt und hatten vielerlei Verwendungen. Von 
diesen war besonders zu empfehlen ihre Anpflan- 
zung an der Hinterwand eines Gewächshauses, zu 
gleicher Zeit mit anderen Epiphyten, wie Farne, 
Aroideen u. 8. w.; es galt dieses besonders von den 
Bromeliaceen, welche bunte Herzblätter haben, wie 
viele echte Bromelien, Guzmannien u. s. w., sobald 
die Blüthezeit herankommt. Leider hat diese Lieb- 
haberei in der neuesten Zeit ungemein abgenom- 
men. Nur in Paris schien sie sich, bis wenigstens 
vor den Krieg, erhalten zu haben, da dort allge- 
mein Bromeliaceen auf die Märkte kamen und vie- 


len Abgang fanden. Ob es noch der Fall ist, das 


12 


90 


wissen wir nicht. Es scheint ja in der jetzt noch 
republikanischen Metropole Alles nach und nach 
wiederzukommen, warum nicht auch diese Liebe. Am 
allerwenigsten kann der Franzose Blumen entbehren. 

Die Bromeliaceen, welche im Jahrgange 1871 
der Belgique horticole besprochen und empfohlen 
werden, gehören den Billbergien und Tillandsien 
an. Es sind dieses 2 Genera, welche aus einer 
Menge von Arten bestehen und bereits ein reich- 
liches Kontingent für unsere Gewächshäuser gelie- 
fert haben. Sie verdienen auch eine besondere 
Aufmerksamkeit, zumal sie zu gleicher Zeit als 
Blatt- und als Blüthenpflanzen benutzt werden kön- 
nen. Bei beiden Geschlechtern bilden zum grossen 
Theil die an der Basis zusammengedrängten und 
einander gegenseitig umfassenden, pergamentartigen 
Blätter einen aufrechten Becher, aus dem später der 
Blüthenstiel sich erhebt; sie schlagen sich aber ober- 
halb und zwar schon in der Mitte oder erst gegen 
die Spitze hin in einen eleganten Bogen zurück. 
Diese Blätter haben bald eine einfache, freudig- 
oder auch grauweisslich-grüne Farbe, bald ist diese 
jedoch durch weissliche Querbinden unterbrochen. 
Da die Bromeliaceen ausser Wärme und Luftfeuch- 
tigkeit keiner besondern Pflege bedürfen, so ge- 
hören sie zu den dankbarsten Pflanzen unserer 
Gewächshäuser. 

Was die beiden Billbergien anbelangt, welche 
Ed. Morren abgebildet hat, so gehören sie zu 
der Gruppe der Arten mit überhängendem Blüthen- 
stiele, wo die Deckblätter eine schöne rothe Farbe 
besitzen und die Blumenblätter zurückgerollt sind. 
Dieser letztere Umstand gab dem früheren Ver- 
fasser der Illustration horticole, Professor Lemaire, 
Veranlassung, ein neues Genus für die Arten zu 
bilden, welche dergleichen zurückgerollte Blumen- 
blätter haben: Helicodea (von Helix, was im Grie- 
chischen etwas Gewundenes bedeutet). Beer, der 
bekannte Wiener Monograph der Bromeliaceen, 
nannte das Genus dagegen: ÜOremobotrys, wegen 
der überhängenden Blüthentraube. 


Alle hierher gehörigen Arten, selbst die mit | 


grünlich-gelben Blüthen, sind zu empfehlen, die 
mit violetten oder biauen Blüthen aber ganz be- 
sonders, Zu diesen letzteren gehört vor Allem 
die Art, welche Ed. Morren Billbergia Leopoldi 
nennt (auf der 1. und 2. Tafel) und nach ihm die 
richtige dieses Namens sein soll. Was wir als B. 
Leopoldi früher beschrieben haben, hält Ed. Mor- 
ren für die ächte B. vittata Brongn., welche zu- 
erst in dem Portefeuille des horticulteurs (im 2. 
Jahrg.‚/pag. 353), einem Werke, was wir leider 
nie gesehen haben, beschrieben wurde. Soweit 
sich aber aus der Abbildung erkennen lässt, ist 
unsere B. Leopoldi genau dieselbe, welche Ed. 


Morren hier abbildet, und keineswegs B. vittata 
Brongn., welche der botanische Garten in Berlin 
als Originalpflanze aus dem Jardin des plantes in 
Paris erhielt und uns daher sehr gut bekannt ist. 
Da wir die Pflanze schon früher besprochen und 
beschrieben haben, so verweisen wir diejenigen da- 
hin (9. Jahrg. S. 172), welche sich noch beson- 
ders dafür interessiren. 

B. vittata Brongn. (auf der 14. Tafel) ist wohl 
die älteste aus dieser Gruppe in unseren Gewächs- 
häusern und steht der vorigen ausserordentlich nahe. 
Während hier die grossen Deckblätter eine men- 
nig-rothe Farbe besitzen, ist diese bei B. Leopoldi 
chenillenroth. Ausserdem hat der überhängende 
Blüthenschaft bei der letzteren einen puderigen 
Ueberzug, der aber keineswegs den anderen hier- 
her gehörigen Arten in der Weise fehlt, wie Ed. 
Morren glaubt. Beide Arten stehen übrigens ein- 
ander so nahe, dass sie vielleicht gar nicht speci- 
fisch verschieden sind. 

Von den Tillandsien hat der gelehrte Heraus- 
geber der Belgique horticole auch die bekannte 
und von nns bereits mehrfach erwähnte T. Lindeni 
E. Morr. gewählt, weil diese ausgezeichnete Art 
bereits in einigen Abarten existirt. Einer der letz- 
teren hat er den Beinamen B. Regeliana deshalb 
gegeben, weil Dr. Regel sie zuerst beschrieb und 
abbildete. Eine zweite Abart zeichnet sich durch 
grössere Blumen aus und existirt in England. Sie 
ist bereits in dem Jahrgange 1871 des floral Ma- 
gazine mit der näheren Bezeichnung major bildlich 
dargestellt worden. Die dritte Abart bringt noch 
seitlich allgemeine Blüthenstiele hervor und ist von 
Ed. Morren als luxurians näher bezeichnet wor- 
den. Sie ist es, welche hier (auf der 20. Tafel) 
abgebildet worden ist. Durch die grössere Anzahl 
von allgemeinen Blüthenstielen gewinnt die Abart 
nicht wenig an Werth. 

Wenn man diese Tillandsie mit einer zweiten 
vergleicht, welche unter dem Namen Tillandsia 
staticaeflora Ed. Mor. beschrieben und (auf der 
12. Tafel) abgebildet ist, so möchte man kaum 
glauben, dass beide Pflanzen in ein und dasselbe 
Genus gehören. Die Unähnlichkeit der Arten wird 
in diesem grösseren Geschlechte noch bedeutender, 
wenn man die kleinste Tillandsia, welche den Bei- 
namen usneoides führt, weil sie, ähnlich unseren 
Usnen oder Bartflechten, in den südamerikanischen 
Urwäldern von den Aesten und Zweigen der Ur- 
waldsbäume herunterhängt, und welche im Vater- 
lande, jetzt aber auch in England, als Material zum 
Stopfen und Füllen der Matratzen und Kissen ge- 
braucht wird, mit der vielleicht grössten Art, welche 
seit wenigen Jahren unter dem falschen Namen 
Guzmannia imperialis in den Handel gekommen 


91 


ist, aber Tillandsia imperialis heissen muss, zusam- 
menstell. Hier sind in der That zwei Extreme, 
die aber durch zahlreiche, in der Form allmählig 
in einander übergehende Arten verbunden werden. 

T. staticaeflora steht der T'. usneoides näher 
und hat in der äusseren Erscheinung das Ansehen 
der von uns früher beschriebenen T. argentea, nur 
dass die fusslangen und binsenförmigen Blätter blos 
an der Basis mit grauweissen Schieferschuppen be- 
setzt, sonst aber unbehaart sind. Auch der Blü- 
thenstand ist insofern ein anderer, als er eine zu- 
sammengesetzte und rispige Achre bildet, wo die 
in zwei Reihen sich befindenden violettblauen Blü- 
then weit auseinander stehen und sich nicht mit 
den Deckblättern gegenseitig decken. Der Blü- 
thenstand hat übrigens weniger eine Aehnlichkeit 
mit den Statice-Arten, welche nach dem heutigen 


Standpunkt der Wissenschaft in diesem Genus ge- | 


blieben sind, als vielmehr mit denen, aus welchen 
Boissier sein Genus Acantholimon gebildet hat. 

Vom grössten Interesse sind die 3 Lykopodien, 
welche in diesem Jahrgange der Belgique horticole 
beschrieben und abgebildet wurden. Es sind Be- 
wohner Mexiko’s, welche ein Reisender in jenen 
Hochländern, Omer de Malzinne, daselbst, be- 
sonders in der Umgegend von Cordoba, gesammelt 
hat und stellen Epiphyten dar, welche hauptsäch- 
lich an den Stämmen von Sapota-Arten vorkommen. 
Nach Dr. Spring, dem gelehrten Verfasser einer 


Monographie der Lykopodiaceen, unterscheiden sich 


die Lykopodien, welche in Mexiko vorkommen, von 
denen, welche in Brasilien wachsen, durch weit 
längere, bisweilen selbst 1% Zoll lange und mit 
zwei deutlichen Furchen versehene Blätter. 

Repräsentant dieser letzteren ist die mexika- 
nische Form des Lycopodium mandioccanum Raddi 
(Tab. 6), welche uns zuerst als L. pithyoides Ch. 
et Schl. bekannt wurde und in der That auch, wie 
der letztere Beiname sagt, das Ansehen eines Säm- 
lings irgend einer kleinen Pinus-Art besitzt. Ja- 
kob Makoy in Lüttich, der die ganzen Samm- 
lungen lebender Pflanzen von dem genannten Rei- 
senden Omer de Malzinne erhalten hat, kulti- 
virt sie bereits mit grossem Erfolge. Der grad- 
aufrechte Stamm theilt sich in der Regel und hat 
eine braune Farbe, die jedoch durch das Grün der 
Ansatzstellen der langen und fadenförmigen Blätter 
unterbrochen wird. Die Fruchtkapseln besitzen bei 
dieser Art eine bedeutende Grösse. 

Eine zweite Art 
taxifolium Sw. (Tab. 7, Fig. 1—4), was selbst eine 
noch grössere Verbreiterung besitzen soll, als L. 
mandioccanum, da es auch auf den Antillen, auf 
dem südwestlichen Hochlande von Amerika und 
schliesslich auch sogar in ÖOstindien wachsen soll. 


des Genus Lycopodium ist 


| 
| 


Die Pflanze war schon früher in Kultur, und zwar 
seit 1848 in Berlin. Sie erreicht die Höhe eines 
halben Fusses und theilt sich mehrmals; im Vater- 
lande soll sie aber bisweilen 1% Fuss hoch werden. 
Die schmallinienförmigen Blätter bilden 3 Reihen 
und stehen ziemlich weit ab, krümmen sich aber 
wiederum etwas zurück. Ihre Farbe ist ebenfalls 
ein schönes Grün, wie bei L. mandioccanum. 

L. dichotomum Jacgq. heisst eine dritte Art die- 
ses Geschlechtes, welche der Reisende Omer de 
Malzinne aus Mexiko gebracht hat, und welche, 
möglicher Weise aber doch verschieden von der 
Hauptart, wenigstens eine interessante Abart der- 
selben darstellen möchte. Die Pflanze scheint höher 
als das ächte L. dichotomum zu wachsen und be- 
sonders an der Basis breitere und herablaufende 
Blätter zu haben. Auch erscheint der Rand bei 
dieser mexikanischen Form nicht umgebogen, wie 
es von Jacquin bei seiner Pflanze angegeben ist. 
Wir bemerken übrigens, dass es noch verschiedene 
Lykopodien giebt, welche den Beinamen dichotomum 
führen und dass diese nicht mit der Jacquin’schen 
Pflanze d. N. verwechselt werden dürfen. Der 
Beiname dichotomum ist eigentlich ganz zu ver- 
werfen, da alle Arten dieses Geschlechtes, wie auch 
die verwandten Selaginellen, eine gabelästige Ver- 
theilung besitzen. 

Codiaeon variegatum (Tab. 8) heisst jetzt nach 
der neuesten Monographie des Aargauers Müller 
in de Candolle’s Prodromus unser altes Croton 
pietum. Es mögen wohl Wenige sein, von denen 
die bei uns in zahlreichen Formen gezogene Pflanze _ 
in Blüthen gesehen worden; bei denen, wo es aber 
der Fall ist, werden sie keinen besonderen Gefallen 
daran gefunden haben, denn die kleinen gelben, 
resp. grünlichen Blüthen fallen nicht sehr in die 
Augen. Sie sind getrennten Geschlechtes. Bei- 
derlei Blüthen kommen aber an der Spitze der 
Zweige, die männlichen zuerst, die weiblichen dar- 
auf, hervor und bilden einige Zoll lange, meist 
übergebogene Trauben. 

Es sind aber bekanntlich nicht die Blüthen des 


 Croton pietum, welche den Gärtner und Liebhaber 


bestimmen, die Pflanze in seinem Gewächshause zu 
ziehen und ihr eine besondere Pflege zuzuwenden, 
es sind vielmehr die schönen lederartigen Blätter, 
deren Grün durch verschiedengeformte Flecken von 
gelber Farbe unterbrochen wird. Bisweilen sind 
dagegen die Ränder der Blätter breitroth oder 
breitgelb gefärbt und die Mitte ist grün; es kom- 
men aber auch Fälle vor, wo es umgekehrt der- 
Fall ist. Ferner ist die Form der Blätter eben- 
falls nicht immer dieselbe; sie kann sehr schmal 
und umgekehrt sehr breit sein. 

Diese bunten Färbungen haben Veranlassung 


12* 


‚92 


gegeben, den ursprünglich nur ostindischen Strauch 
seit sehr langer Zeit schon als Zierpflanze zu kul- 
tiviren; eine so grosse Menge von Formen, als jetzt 
in den Gewächshäusern vorhanden sind, hat es 
aber zu keiner Zeit gegeben. Das grösste Ver- 
dienst um Einführung derselben besitzt der leider 
viel zu früh verstorbene John Gould Veitch 
in London, der von seinen Reisen in Östindien und 
auf den Inseln des grossen Oceans eine grosse 
Anzahl der schönsten in Europa eingeführt hat. 
Wir haben regelmässig über sie in den verschie- 
denen Jahrgängen der Wochenschrift berichtet, so 
dass wir wohl alle die, welche sich für diese Blatt- 
pflanzen interessiren, dorthin verweisen können. 

Viola cornuta L. (Tab. 9), eine Art Stiefmüt- 
terchen, ist eine bekannte Alpenpflanze, welche vor 
einem Jahrzehnte nur dem Botaniker Interesse ab- 
zulauschen vermochte, jetzt aber eine der belieb- 
testen Gartenpflanzen geworden ist. Wir sahen 
von ihr die schönste Abart, welche den Beinamen 
Perfection erhalten hat, vor nun 2 Jahren vor dem 
Königlichen Schlosse in Schleissheim bei München 
in der grossartigen Arabeske verwendet, welche 
dort jährlich angelegt wird, und waren ganz er- 
staunt, die bescheidene gelbe Blume jetzt in einer 
solchen Vollkommenheit zu sehen. Da wir schon 
früher (12. Jahrg. S. 310, und 13. Jahrg. S. 224) 
über Viola cornuta berichtet haben, übergehen wir 
alles Weitere. 

Aceras hircina Lindl. (Tab. 10) heisst eine 
höchst interessante Erdorchidee des südlichen und 
mittleren Europa’s, die wohl verdient, dass ihr von 
Seiten der Blumenliebhaber Aufmerksamkeit zuge- 
wendet wird. Linn“ nannte das Genus, in das 
er sie stellte, Satyrium, gleichsam Satyrpflanze, und 
wies damit auf die Wirksamkeit der einem Bocks- 
Hoden ähnlichen Knollen als Aphrodisiacum hin. 
In der That wurden die Knollen auch in den 
früheren Zeiten als solches gebraucht und sind 
selbst den Landleuten in einigen Gegenden, wo 
sie in besonderer Menge vorkommt, noch jetzt da- 
für bekannt. 

Die hier dargestellte Pflanze weicht in mehrern 
Punkten von der, welche auch in Deutschland hier 
und da vorkommt, ab und wurde von einem en- 
thusiastischen Blumenfreunde in Lüttich, Pirlot 
mit Namen, in der Nähe von Rom aufgefunden. 
Er nahm Knollen von dieser abweichenden Form 
mit in die Heimath und hat im vorigen Sommer 
das Vergnügen gehabt, die Orchideen in Blüthe 
zu erhalten. Die Schönheit derselben machte es 
aber wohl wünschenswertb, dass die Form recht 
vermehrt und dann weiter verbreitet werde. 

Die Aceras- oder Loroglossum-Arten zeichnen 
sich durch ihre sehr entwickelten Lippen aus, wäh- 


rend die eigentlichen gewölbten Blumenblätter ihr 
gegenüber eine Art Casquet bilden, ohne besondere 
Schönheit und von grünlich-gelber Farbe. Die 
Lippe besitzt an der Basis einen kurzen Sporn 
und theilt sich dann alsbald in 3 Theile. Von 
diesen ist der mittelste ganz schmal, kaum eine 
Linie breit, aber über 2 und 3 Zoll lang. Am 
oberen Ende findet nochmals eine Theilung statt. 
Die beiden seitlichen Theile gleichen Gemsenhör- 
nern, welche am vorderen Ende nach oben sich 
krümmen, und haben nur die Länge von 8—9 
Linien. Von gleicher Länge ist der keulenförmige 
Fruchtknoten, der im Winkel eines sehr schmalen, 
aber steifen Deckblattes von gegen Zoll Länge 


steht. Ed. Morren hat dieser interessanten Ab- 
art nach ihrem Fundorte den Beinamen romana 
zugelegt. 


Lathyrus odoratus L. (Tab. 11) ist unsere wohl- 
riechende Wicke, Pois de senteur (wohlriechende 
Erbse) der Franzosen, während die Engländer sie 
wegen der schönen rothen Farbe Invisible scarlet 
(d. i. unbesiegbares Scharlachroth) nennen. Es ist 
eigenthümlich, dass man mit dem Vaterlande der 
wohlriechenden Wicke noch nicht ganz im Klaren 
ist. Sie soll auf Sicilien, aber auch auf Ceylon, 
wild wachsen. Aus Sicilien wurde sie zuerst durch 
den Franziskaner-Mönch Cupani, der Direktor 
des botanischen Gartens des Fürsten della Catolica 
war und Verfasser des bekannten Hortus catolicus 
ist, ihres Wohlgeruchs halber in den Gärten ein- 
geführt. Cupani schickte später auch Samen an 
seinen Freund Commelin nach Amsterdam, von 
wo sie weiter verbreitet wurde. 

Diese wohlriechende Wicke aus Sicilien hat 
eine mehr dunkelrothe Farbe. Es existirt aber 
noch eine andere Form, wo die Blütben rosenroth 
gefärbt sind. Diese ist es, welche aus Ceylon 
stammen soll. Sollte nicht die sicilianische Abart 
durch die Mauren aus Südasien erst nach Sicilien 
gekommen sein und dort in der Kultur eine dun- 
kelere Farbe angenommen haben? Man kann kaum 
annehmen, dass dieselbe Pflanze, wenn auch ın 2 
verschiedenen Formen, zu gleicher Zeit auf 2 von 
einander so entfernten und auch sonst noch so ver- 
schiedenen Inseln entstanden wäre. 

Primula japonica A. Gr. (Tab. 12) haben wir 
erst im vorigen Jahrgange besprochen (vor. Jahrg. 
S. 195), so dass wir nichts mehr zu ihrer Empfeh- 
lung zu sagen brauchen. Hoffentlich wird sie nun 
auch in diesem Frühjahre auf dem Kontinente ihre 
schönen Blüthen entfalten. 

Auf der 16. und 17. Tafel ist der immer noch 
räthselhafte Cytisus Adami Poit., über den in der 
Wochenschrift mehrmals gesprochen worden ist, 
abgebildet. Etwas Neues ist zwar nicht gebracht, 


93 


aber die darüber vorhandene Literatur erhält man. 


hier vollständiger, als in irgend einer anderen Ab- 
handlung über diesen Gegenstand. Die schönsten 
Exemplare des ©. Adami haben wir in Köln und 
in Donaueschingen gesehen. Aus dem letzteren 
Orte besitzen wir einen verzweigten Ast, wo die 
Mutterpflanzen mit dem Blendlinge regelmässig ab- 
wechseln. _ 

Andromeda japonica Thunb. (Tab. 19) ist zwar 
ein schon längst bekannter Blüthenstrauch, aber so 
viel wir wissen, bis jetzt noch nicht sehr verbreitet 
gewesen, obwohl das Jahr 1806 als das ihrer Ein- 
führung angegeben wird. Jacob Makoy et Co. 
in Lüttich haben sich daher ein besonderes Ver- 
dienst um die Pflanze erworben, dass sie von Neuem 
sie eingeführt haben und jetzt ın den Handel brin- 
gen. Sie wird zwar in Lüttich noch ım Topfe 
gezogen, wir zweifeln aber gar nicht daran, dass 
sie, ebenso wie viele 
selbst im Nordosten Deutschlands, wenn auch hier 
im Winter gut gedeckt, gedeihet. 

Andromeda japonica ist nach der jetzigen Ein- 
theilung der Ericaceen, zu denen sie gehört, eine 


Pieris und stellt, gleich den Verwandten aus dem | 
Himalaya, einen hübschen Blüthenstrauch dar, des- 


sen elliptisch-spatelförmigen Blätter gegen das obere 
Ende der Zweige oft so gedrängt stehen, dass sie 
einen Quirl zu bilden scheinen. Sie laufen in 
einen kurzen Stiel aus und ihr Rand ist mit Aus- 
nahme der Basis gesägt. Ihre Substanz erscheint 
ziemlich hart, beide Flächen sind dagegen unbe- 
haart. 
ticole weiss abgebildet sind, werden sie von Thun- 
berg roth angegeben. Sie bilden am Ende der 
Zweige zusammengesetzte Aehren und nehmen sich 
zwischen dem dunkeln Grün der Blätter vortheil- 
haft aus. 

Dichrotriehum Ternateum Reinw. heisst eine 
Cyrtaudracee aus der Abtheilung der bekannteren 
Didymokarpeen und wurde zuerst durch den ver- 
storbenen Reinwardt, Direktor des botanischen 
Gartens in Buitenzorg auf Java an de Vriese in 
Leiden mitgetheilt. Dieser machte die Pflanze 
schon im 3. Bande seiner Gartenbau-Flora (Tuin- 
bouw-Flora) vom Jahre 1856 bekannt. Reinwardt 
fand sie auf den Ternaten und gab ihr deshalb 
den Beinamen Ternateum. Früher hatte sie übri- 
gens schon Blume auf den Molukken entdeckt 
und ihr den vorläufigen Namen Trommsdorffia elon- 
gata gegeben. 

D. Ternateum schliesst sich am meisten den 
Aeschynanthus-Arten an und klettert, wie diese, an 
Baumstämmen empor, kriecht aber auch zwischen 
Moos aut dem Boden. Die Pflanze ist ein grosser 
Gewinn für unsere Warmhäuser und befindet sich 


andere japanische Gehölze, | 


Während die Blüthen in der Belgique hor- | 


‚ erscheint. 


in den Gewächshäusern von Jacob Makoy in 
Lüttich, von wo sie bezogen werden kann. Die 
gegenüber stehenden Blätter sind einander sehr un- 
gleich, indem das eine sich auf einem langen Stiele 


befindet und eine herzförmig-längliche Gestalt hat, 


während das andere dagegen sehr klein ist, einen 
nur kurzen oder gar keinen Stiel besitzt und eirund 
Beide sind aber unbehaart und haben 
einen gezähnten Rand. Von besonderer Schönheit 
sind die rothen Blüthen, welche an der Spitze des 
allgemeinen und ziemlich langen Stieles eine Dolde 
bilden, nicht aber aufrecht stehen, sondern gleich, 
wie bei mehren Amaryllidaceen, z. B. den Himan- 
thophyllen, überhängen und nach unten gerichtet 
sind. Da sie oft zu 20 bei einander sind und eine 
bis 1% Zoll lange Röhre bilden, so fallen sie sehr 
in die Augen. Da sie ferner ohne Zweifel auch 
tiefen Schatten vertragen, so können sie wohl mit 
anderen dekorativen Epiphyten, als Aroideen, Bro- 
meliaceen, Farnen u.s. w. an der hinteren Wand 
besonders warmer Örchideenhäuser vortheilhaft an- 
gewendet werden. 


Ueber bisher unbekannte Vorgänge beim Veredeln 
der Bäume. 

Vom Geheimen Rath und Professor Dr. Goeppert in Breslau. 

Bei meinen Untersuchungen über die inneren 

Zustände der Bäume nach äusseren Verletzungen 


kam ich selbstverständlich auch zur Betrachtung des 
Einflusses, welchen die Veredlungsmethoden durch 


Pfropfen, Oculiren und Copuliren auf dieselben 
ausüben. 
Wissenschaft und Praxis geben sonderbarer 


Weise darüber wenig Aufschluss. Man spricht zwar 
stets von der Nothwendigkeit, die einzelnen Theile 
des Wildlings mit denen des Pfröpflings in genaueste 
gegenseitige Verbindung zu bringen, um ihre Ver- 
wachsung zu befördern; wie diese aber eigentlich 
erfolgt, wird nirgends näher beschrieben. Ich habe 
dies bereits vor 30 Jahren gefunden, aber freilich 
nur beiläufig in meiner Schrift „Beobachtungen über 
das Ueberwallen der Tannenstöcke“, Bonn, bei 
Henry und Cohen, 1841. S. 25, erwähnt, welche 
den Pomologen wohl nicht zu Gesicht gekommen 
ist und Physiologen haben sich damit auch noch 
nicht beschäftigt. 

Bei Wiederholung meiner Untersuchung im 
April 1871 erlangte ich dieselben Resultate: Auf 
der vertikalen Fläche des Mutterstammes oder Wild- » 
lings, wenn sie von der des Pfröpflings, Auges oder 
Edelreises eng umschlossen wird, entwickelt sich 
ein von den Markstrahlen ausgehendes Parenchym- 
gewebe, welches mit dem des Pfröpflings in Ver- 


94 


bindung tritt und sich bei gut gelungener Opera- 
tion so genau mit ihm vereiniget, dass man es mit 
blossen Augen kaum zu erkennen vermag. Bei nur 
zum Theil gelungener Verwachsung vertrocknet es, 
oft schon nach wenigen Monaten, bräunt sich, er- 
hält sich aber fortdauernd, so dass man es noch in 
älteren Stämmen nachweisen kann. Gleichzeitig 
mit der Bildung dieses intermediären oder Vernar- 
bungsgewebes, wie ich es nenne, treten nun auch 
die Kambiallagen des Pfröpflings und des Mutter- 
stammes in innige Verbindung und verwachsen so 
vollständig, dass man ihre Grenze nur im Längs- 
schnitt, nicht im Querschnitt, an einer schwach wel- 
ligen nach innen gerichteten Biegung der Holzfaser 
bemerkt. Die nächsten Holzlagen folgen dieser 
Richtung und da nun die sonst horizontal verlau- 
fenden Markstrahlen auch von ihrer Lage abweichen, 
wird bei weiterem Wachsthum eine für das unbe- 
waffnete Auge schon sichtbare Begrenzung gebil- 
det, die ich mit dem Namen Demarkationslinie be- 
zeichne, und zwar als innere, da auch noch eine 
äusserliche auf der Oberfläche an der Verwachsungs- 
stelle befindliche Scheidungslinie vorhanden ist, die 
der Richtung der inneren genau entspricht und 
sich auch schon durch die Verschiedenheit der 
Rinde beider verwachsenen Stämme bemerklich 
macht. Alle über der Demarkationslinie vorkom- 
menden Entwickelungen gehören dem Pfröpflinge, 
alle darunter befindlichen dem Mutterstamme an. 
Der Pfröpfling entwickelt sich vollkommen selbst- 
ständig, behält seinen specifischen Charakter in der 
Beschaffenheit seiner Blätter, Blüthen und Früchte 
bei, ohne von dem Mutterstamme wesentlich beein- 
flusst zu werden. 

Der wegen seiner Blätterlosigkeit zur Assimi- 
lation nicht befähigte Mutterstamm führt ihm nur 
den durch seine Wurzeln aufgenommenen, soge- 
nannten rohen Nahrungssaft zu, welchen der Pfröpf- 
ling vermöge seiner Vegetationsorgane in assimi- 


lirten Saft umwandelt und selben bei seiner Rück- 


kehr an der oben erwähnten Demarkationslinie ihm 
zur Aufnahme überlässt. Hier kaum aufgenommen 
und nur durch eine anatomisch schwer bestimmbare 
Grenze von dem Pfröpfling getrennt, erhält er 
augenblicklich die Befähigung, die charakteristischen 
Eigenthümlichkeiten des Mutterstammes zu bewir- 
ken. Denn treibt der Mutterstamm Blätter, Blü- 
then und Früchte, so stimmen sie ganz und gar 
mit derjenigen Beschaffenheit in seinem ungepfropf- 
ten Zustande überein. Ein sehr interessantes bis 
jetzt noch niemals gewürdigtes Phänomen im Ge- 
biete der Pflanzenkunde, fast ohne Gleichen! 

Der Assimilationsprozess ist also bei dem Mut- 
terstamm, wenn er ast- und blattblos war, ohne 
die sonst so nöthige Mitwirkung der Blätter er- 


folgt und jene einfache, anatomisch kaum nachweis- 


' bare jedenfalls einer besonderen Organisation ent- 


behrende Grenzlinie erscheint ausreichend, um die 
beiden vereinigten, in ihren specifischen Eigenthüm- 
lichkeiten, Früchten u. s. w. von einander so ver- 
schiedenen Stämme getrennt zu halten. Diese ge- 
genseitige Unabhängigkeit giebt sich auch häufig 
noch durch das verschiedene Wachsthum kund, in- 
dem bald der Mutterstamm oder auch der Pfröpf- 
ling einen von einander verschiedenen Durchmesser 
erreichen. 

Nach den bisherigen Erfahrungen gelingen die 
Veredelungsprozesse nur bei Pflanzen verwandter 
oder einander doch nahestehender Familien; jedoch 
fehlt es zur Zeit noch durchaus an grösseren, un- 
ter Berücksichtigung aller Momente konsequent 
durchgeführten Versuchsreihen, welche sicher auch 
für die Praxis der gesammten Gärtnerei zu wich- 
tigen Resultaten führen und insbesondere zur Ver- 
breitung und Vermehrung neuer Einführungen sich 
nützlich erweisen dürften. 

Zur Illustration des Innern ist es nothwendig, 
stets vom Mutterstamme auszugehen und mit einem 
exakten Centrumlängsschnitt die Untersuchung zu 
beginnen. 

Erfahrungsmässig haben sich nun die durch die 
verschiedenen Veredelungsprozesse einst gewonnenen 
Formen und Sorten unserer Obstarten Jahrhunderte 
lang unabhängig von ihren Mutterstämmen erhal- 
ten; doch sind darüber gelegentlich auch Zweifel 
erhoben worden. Dass die mehr oder weniger 
kräftige Beschaffenheit des Mütterstammes den 
Pfröpfling auch mehr oder weniger gut ernährt, 
ist ohne Weiteres zugegeben, ein höherer Einfluss 
auf die wesentlichen Eigenschaften des Pfröpflings, 
Früchte u. dgl., mit Sicherheit nicht nachgewiesen. 
Dagegen hat man schon seit 1700 zu wiederholten 
Malen beobachtet, dass Pfröpflinge buntblätteriger 
Pflanzen (Jasmin, Eschen) auch unter der Impf- 
stelle im Mutterstamme das Hervorsprossen von 
Zweigen mit gefleckten Blättern veranlassten. 

Nun sieht man freilich häufig ganz zufällig an 
alten, wie an jungen Bäumen plötzlich weiss ge- 
fleckte Blätter hervorsprossen, wie ich erst in die- 
sem Sommer an Eichen, Ulmen und Rosskastanien 
höheren Alters, ja auch unter der Impfstelle einer 
gewöhnlichen grünblätterigen Apfelbaumpfropfung 
beobachtete und konnte man somit an ein ebenso 
zufälliges Verkommen denken. Doch sind jene 
Versuche von Anderen (Darwin, Morren, Linde- 
muth, Reuter, Magnus und Bouch@) an anderen 
Pflanzen mit gleichem Erfolge wiederholt worden. 
Ehe man sich jedoch zu weiteren Schlusstolgen 
veranlasst sieht, bitte ich, die Impfstellen erst mit 
Rücksicht auf meine Ermittelungen näher unter- 


95 


suchen zu wollen. Immerhin meine ich, dass diese 
Uebertragung der Panachirung, welche ich m vie- 
len Fällen mit Bouch@e nur für einen pathologi- 
schen Zustand halte, den alten bewährten Grund- 
satz, dass in allen specifischen Merkmalen sich 
Wildling und Pfröpfliing unabhängig von einander 
erhalten, nicht zu erschüttern vermag. 

Jene höchst merkwürdige innere Demarkations- 
linie, welche man stets und sogar bei Veredelun- 
gen ganz nahe verwandter Sorten antrifft, zeigt 
ganz entschieden, welchen Werth die Natur auch 
auf Erhaltung der Selbstständigkeit der Varietäten, 
geschweige gar der Arten legt, denen man heut 
keine Dauer mehr zuerkennen will. 

Uebrigens bestätigte meine Arbeit auf’s Neue, 
den schon vor einigen Jahren bei Gelegenheit der 
Untersuchung über die Inschriften und Zeichen in 
Bäumen, (Bresiau bei Morgenbesser 1869) gewon- 
nenen Satz, dass jede äussere, durch die Rinde bis 
in das Holz dringende, ungedeckt bleibende Ver- 
letzung eine dauernde Spur derselben zurücklässt, 
woraus sich denn auch für die gärtnerische Praxis 
der Veredelung wenigstens einige vielleicht beach- 
tungswerthe Resultate ergaben: 

Die innigste Vereinigung wird durch die Co- 
pulation erzielt; dann folgt die Okulation, zuletzt 
erst das Pfropfen, und zwar am empfehlungswer- 
thesten das Pfropfen unter die Rinde, weniger das 
seitliche in das Holz, das mit dem Geisfuss, mit 
dem Sattel, am wenigsten das in den Spalt, weil 
hier zu viel Holzsubstanz ungedeckt bleibt, welchem 
Nachtheil durch kein Verkleben mit Baumwachs 
abgeholfen werden kann. Sie vertrocknet und ver- 
hindert nur das Anwachsen, verrottet und lässt sich 
ebenso, wie der obere Theil des Mutterstammes, in 
den ältesten Stämmen noch erkennen. Die Schnitt- 
fläche des Mutterstammes verwächst hier ebenso 
wenig, wie die beim Okuliren, weil beide schon 
längst vertrocknet, also nicht mehr organisch thätig 
sind, ehe sie von den Ueberwallungsschichten über- 
zogen werden können. 

Jede, auch die leiseste Berührung der zum 
Verwachsen bestimmten Schnittflächen ist zu ver- 
meiden, weil 
gungen der Markstrahlen verletzt werden, denen 
die zur innigen Verwachsung so nöthige Bildung 
des intermediären oder Vernarbungs-Gewebes ob- 
liegt. Dieses Vernarbungsgewebe bildet sich auch 
bei anderweitigen Verwachsungen und vermittelt 
dieselbe. Der Nutzen möglichst kleiner Schnitte, 
der Wahl wenig umfangreicher Stämme und Zweige 
zu allen diesen Operationen ergiebt sich auch aus 
diesen theoretischen Erfahrungen, wie so manches 
Andere, von selbst, das die Praxis schon längst als 
erspriesslich befunden hat. 


hierdurch die äusserst zarten Endi- | 


J. G. Beer’s 
Grundzüge der Obstkunde. 


Es sind uns schon mancherlei Bücher durch 
die Hand gegangen, aber noch keins so eigenthüm- 
lichen und durcheinander gewürfelten Inhaltes, als 
dieses. Wir hatten das Buch schon einmal der 
Redaktion, welche uns aufgefordert hatte, es für 
die Wochenschrift zu besprechen, weil es sehr 
schwierig ist, ein bestimmtes Urtheil abzugeben, 
zurückgestellt, haben uns aber schliesslich doch 
überreden lassen, unsere Ansicht darüber in diesen 
Blättern mitzutheilen. Dieser Umstand ist auch 
Ursache, dass die Beurtheilung erst jetzt stattfindet. 

Der Verfasser ist ein grosser Pflanzen- und 
Blumenfreund und war lange Zeit ein ausserordent- 
lich thätiger Sekretär der Wiener Gartenbaugesell- 
schaft. Bereits hat er sich durch mehre Schriften 
über Orchideen und Bromeliaceen der wissenschaft- 
lich-botanischen und praktisch-gärtnerischen Welt 
bekannt gemacht. Auch hier herrscht viel Origi- 
nalität; manches Gute, selbst auch Neue, ist darin 
zu finden. Man sieht bei Durchlesung nur eines 
der Bücher alsbald den Autodidakt, der etwas spät 
sich eine wissenschaftliche Bildung zu verschaffen 
suchte. Er beobachtet viel in der Natur, bisweilen 
recht gut; leider fehlt aber dabei oft jene gedie- 
gene Unterlage, die fast nur in der Jugend an- 
geeignet wird. 

Es ist uns mitgetheilt worden, dass der Ver- 
fasser vorliegender Grundzüge schon seit langer 
Zeit sich mit Obstbau und Obstkunde beschäftigt 
hat; er muss auch ein Obstgartenbesitzer, worin er 
behufs Bekräftigungen seiner Ansichten Versuche an- 
gestellt hat, sein. Er hat auch Mancherlei gelesen 
und studirt; dann merkt man wieder Unkenntniss 
in den gewöhnlichsten Dingen. Was er durch 
eigene Erfahrung oder durch Studium auf den 
Obstbau bezüglicher und nicht bezüglieher Bücher 
für gut und der Verbreitung werth gefunden, 
scheint er auf Blättchen angemerkt, vielleicht auch 


ı in einem besonderen dazu angelegten Notizbuche 


gesammelt zu haben. Da er jetzt glaubt, für die 
Herausgabe von Grundzügen der Obstkunde etwas 
Vollständiges zu besitzen, ist Alles, was er sich 
gesammelt, zu einer Art System zusammengelegt 
worden, um in derselben Weise, also in kurzen, 
abgerissenen Sätzen zu einem Ganzen vereinigt 
und als Buch herausgegeben zu werden. Dass sich 
trotz der eifrigen und sorgfältigen Sammlung doch 
Lücken fanden, lässt sich denken; es werden daher 
diese Lücken in zusammenhängender Rede ausge- 
füllt. Viel Logik herrscht bei dieser Zusammen- 
stellung nicht. Man findet oft dergleichen abge- 
rissene Sätze, wo man sie nicht sucht, auch ziem- 


96 


lich dieselben, also Wiederholungen, an ganz ver- | 


schiedenen Stellen. 

Der Verfasser vorliegender Grundzüge speku- 
lirt gern und ist, wie die fast meisten Autodidak- 
ten, Naturphilosoph. Nach ihm z. B. sind die 
Vegetabilien organische und lebendige Geschöpfe, 
welche wie die Thiere den Gesetzen unterworfen 
sind, geboren zu werden, sich allmählig zu ent- 
wickeln, Samen zu produciren, welcher die Form 
fortpflanzt und — endlich zu sterben. 
Weise werden auch andere Sätze, welche wissen- 
schaftlich sein sollen, abgefasst, z. B. die Lenticel- 


Wichtigkeit noch nicht gehörig erkannt ist. Dann 
heisst es in einem bald darauf folgenden Satze: 
„Die Rinde ist das Produkt der anfänglich an der 
grünen Oberfläche einzeln erscheinenden Lenticel- 
len, welche sich schnell vermehren.“ Man sieht, 


In dieser | 


sprüche von Männern, 


und Beobachtungen, mit der Aufgabe, einem Jeden 
zu ermöglichen, Rath sich zu erholen, und einem 
praktischen. Der wissenschaftliche Theil enthält 
die Elemente der Botanik in Bezug auf Obstbau 
in sehr eigenthümlicher Weise. Die Fragen: was 
ist Obst? was ist Gemüse? werden durch Aus- 
die Alles sind, nur keine 
Botaniker oder Gärtner, beantworte. Welchen 
Werth diese Aussprüche haben, kann man sich 
denken: sie sind ohne Ausnahme unwissenschaft- 
lich und auch sonst nicht zu gebrauchen. Wie 


ı können, wenn auch noch so verdienstvolle Männer, 
len sind wahrscheinlich Ausscheidungsorgane, deren 


wie Adelung, Zedler, Sanders, Heinsius, Ersch 


und Gruber, Lippold und Funk, wissenschaftliche 
' Definitionen über die Begriffe Obst und Gemüse 


dass dem Verfasser nicht allein die neuesten Un- 


tersuchungen über diesen Gegenstand, sondern auch 
die sehr alten, zum Theil völlig unbekannt gewe- 
sen sind. 

Nicht anders ist es bei praktischen Dingen. 
Do will der Verfasser unter Räuber nur die soge- 
nannten Wassertriebe, welche bekanntlich heut zu 
Tage auch in gewissen Fällen zur Veredlung ge- 
braucht werden, nur aus der Wurzel hervorkom- 
wen lassen. Beim Veredeln werden die alten Me- 
thoden des Pfeipfelns, Röhrelns u. s. w., deren man 


seit langer Zeit sich nicht mehr bedient, (vielleicht | 


aber noch in Oesterreich in Anwendung kommen,) 
noch genau beschrieben, während das Neueste hier- 
über, was Baltet in Troyes und Lucas in Reut- 
lingen so übersichtlich zusammengestellt haben, dem 
Verfasser völlig unbekannt zu sein scheint. 


Der Verfasser sagt aber trotzdem auch in sei- | 


nen Grundzügen manches Treffende und Wahre, 
nur muss es herausgesucht werden. 


zZEB., 


Wir erfahren 


dass auch in Oesterreich, wie in Deutsch- 


land, in den 30 ger Jahren allmählig der Obstbau 


in Verfall gerieth, trotzdem Männer, wie Diel und 
Sickler, Liegel und andere tüchtige Pomolo- 
gen lebten und wirkten. In den 40ger Jahren 
herrschte in der Nomenklatur des Obstes bereits 
eine solche Verwirrung, dass die Früchte fast nur 
Provinzial-Namen besassen. Es wurden zwar noch 
Bäume fortwährend gepflanzt; 
aber allmählig ihrem Schicksal, weil man glaubte, 
dass die Obstbäume, wie die Bäume im Walde, 
keiner weiteren Pflege bedürften. 

Die Grundzüge der Obstbaukunde bestehen aus 


3 Theilen: einem wissenschaftlichen, 


man überliess sie 


Grundsätze | 


geben! Gleich im Anfange dieser Abtheilung er- 
hält man eine etwas mangelhafte Aufzählung der 
Obstpflanzen. Dann kommt dieselbe wieder in an- 
derer Gestalt, und zwar zum Theil am Ende der- 
selben Abtheilung, zum Theil (der Beerensträucher) 
erst in der dritten praktischen Abtheilung. 

Was den zweiten Theil: Grundsätze und Beob- 
achtungen, anbelangt, so ist hier Alles ziemlich 
bunt durcheinander zusammengestellt, was entwe- 
der in die erste Abtheilung oder in die dritte ge- 
hört. Am meisten wird über die Veredlung darin 
gesprochen. 

Die dritte oder praktische Abtheilung nimmt 
an Raum so viel ein, als die beiden ersten zusam- 
mengenommen. Sie beginnt mit 15 Fragen an 
Obstbaumschulbesitzer, welche der Beantwortung 


entgegensehen. Es folgen: Belehrung über Obst- 
baumzucht nach den (?) neuesten Erfahrungen, 
wiederum, aber ausführlich, die Lehre von dem 


Veredeln mit einer beliebigen Auswahl der älteren, 
weniger der neueren Methoden. Ueber die dabei 
benutzten Instrumente und über Instrumente über- 
haupt, welche bei dem Obstbau benutzt werden, 
sucht man hier und sonst im Buche etwas verge- 
bens. Nicht einmal der sonst in Süddeutschland 
sehr beliebte Geisfuss wird erwähnt. 

Ein Abschnitt über Knospen, einer über Obst- 
baumschnitt mit der Behandlung des Formenbau- 
mes, von dem die verschiedenen Methoden aufge- 
führt werden, Obstbau an Eisenbahnen, Hülfs- und 
Schutzmittel bei der Obstkultur und Krankheiten 
bei den Obstbäumen machen den Schluss. 

Da Holzschnitte überall den Text erläutern, 
so gewinnt das Verständniss ungemein. Das Buch 
selbst ist sehr elegant ausgestattet und lässt in die- 
ser Hinsicht nichts zu wünschen übrig. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, 
Zimmer-Strasse No. 91. 


Druck der C, Feister’schen Buchdruckerei (L. Mewes), 


Berlin, Münz-Strasse No. 13. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch. 


General-Sekretär des Vereines. 


No.1. 20 Berlin, 


Berlin, den 30. März. 


182. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auclı franeo durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 7. April, Vormittags 1 Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No. 48, eine 


Versammlung des Vereines 


statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: 
Zeitigung des ÖObstes. 


538. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues am 10. März. — Ueber Aufbewahrung und frühere 
Von Rudolph Stoll in Eldena. — Dr. Lucas’ Jahrbuch für Pomologen etc. — Samen-Offerte. 


938. Versammlung 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. 


am 10. März. 


Der Vorsitzende, Geh. O.-Reg.-R. Knerk, theilte 
mit, dass wiederum eins der ältesten und thätigsten 
Mitglieder, Geh. O.-Reg.-R. Pehlemann, durch den 
Tod dem Vereine entrissen sei, und forderte die An- 
wesenden auf, zu seinem Andenken sich zu erheben. 

Aus 4 Gärten war ausgestellt, zunächst 2 Schau- 
pflanzen, in einer Vollkommenheit. bisher 
nur selten auf den Ausstellungen des Vereines ge- 
sehen wurden und wie sie überhaupt in Deutsch- 
land nur selten vorkommen mögen. Die eine war 
ein Leucopogon CGunninzhami aus dem Garten 
des Geh. Kommerzienrathes Dannenberger und 
vom Öbergärtner Dressler in dieser Weise heran- 
gezogen. Die dichte, mit weissen Blüthen wie be- 
säete Krone hatte einen Durchmesser von 31/, Fuss, 
während ihre Höhe nur 2 Fuss betrug. Sie wurde 
von einem Stamme mit einer Höhe von 11, Fuss ge- 
tragen. Das Gefäss, in dem sich die Schaupflanze 
befand, hatte trotzdem Durchmesser 
nieht ganz 1 Fuss. 


wie sie 


nur den von 


Die andere Schaupflanze war eine Azalea amoena, | 
und durch den Öbergärtner König im Garten des | 
Weise | 


Ravene in dieser 
Wer das sperrige Wachs- 


Geh. Kommerzienrathes 
herangezogen worden. 


thum dieser chinesischen Azalee kennt, wird um so ı 


' mehr zu schätzen wissen, dass die abgerundete, aber 


etwas von oben flach gedrückte Krone bei dem aus- 
gestellten Exemplare so regelrecht gebaut war, als 
man nur verlangen konnte. Es hatte einen Breiten- 
Durchmesser von 2!/,, aber nur die Höhe von 11, 
Fuss, und wurde von einem 13 Zoll hohen Stamm 
getragen. : Der Querdurchmesser des Gefässes betrug 
10 Zoll. Obwohl die Blüthen bei A. amoena kleiner 
sind, als bei anderen sogenannten Indischen 
Azaleen, so besitzen sie doch die schönste und leh- 
hafteste Farbe unter ihren Verwandten. Warum sie 
bei diesen Vorzügen doch im Allgemeinen so wenig 
kultivirt wird, begreift man deshalb nicht. 


den 


Seit sehr langer Zeit hatte man auf Ausstel- 
lungen des Vereines nicht eine solche Sammlunz 


von Epaeris-Pflanzen gesehen, als jetzt der Univer- 
sitätsgärtner Sauer gebracht hatte. Es waren 10 
Töpfe, jeder mit einer stattlichen Pflanze von 1 bis 
11, Fuss Höhe und 6—9 Linien Durchmesser. Neue 
Sorten zwar nicht vorhanden — wo sollten 
diese auch gezüchtet werden, wo die Epacrideen nicht 
mehr zu den Modepflanzen gehören, hier und da so- 
gar völlig in Vergessenheit gerathen sind —, die 


waren 


vorhandenen gehörten aber zu den auserlesenen der 


früheren guten Zeit. Epacıis grandiflora superba, 
Aspasia, Thisbe, Splendens, Pluto waren früher 


immer beliebte Sorten, die in keinem einigermassen 
Anspruch machenden Gewächshause fehlen durften. 
Endlich verdankte man dem Kunst- und Handels- 

13 


zärtner L. Mathieu (Neue Grünstrasse 36) 4 blühende 
Pflanzen: 3 Orchideen und eine Liliacee (im weiteren 
Sinne). Unter den ersteren befand sich auch eine 


Freilandpflanze, welche sich aber zum Treiben vor- | 


Es war eine jener in der Form und 
Insekten bisweilen 


züglich eignet. 
in der Farbe der Blüthen den 


sehr ähnlichen Arten aus dem Genus Ophrys, welche 


Linne unter dem Kollektiv-Namen ©. insectifera ver- 
einigt hatte. Und in ‘der That ist eine Blüthe, be- 
sonders der Art, welche später den Namen apifera, 
d. h. der Bienentragenden erhalten hat, einer Biene 
oder noch mehr einer Hummel ausserordentlich ähn- 
lich. Bei anderen Arten, wie bei O. tenthredinifera, 
myodes u. s. w. sind die Blüthen mit Wespen, Flie- 
gen u. S. w. verglichen worden. 

Die beiden anderen Orchideen waren exolische, 
und zwar das bekannte Cypripedium villosum und 
die mit kleinen Aehren grüngelber Blüthen versehene 
Restrepia elegans. 

Da sich Triteleia uniflora, die von L. Mathieu 


ausgestellte Liliacee, wie es scheint sehr gut treiben 


lässt, so schliesst sie sich vielen anderen Liliaceen, 
wie Tulpen, Hyacinthen u. s. w. an, und. bedingt 


zunächst aus dieser Familie eine grössere Mannig- | 


faltigkeit. 
Obergärtner Perring in Pankow machte auf 


eine für Gärtnerei sehr brauchbare Haideerde, welche | 
in einem Kiefernwalde bei Genthin an der Eisenbahn | 
nach Magdeburg gefunden werde und zum Theil eine 


Mächtigkeit von 12 Fuss habe, aufmerksam; da man 
selbst in der Tiefe des Bodens, wo sie vorkomme, 
noch zahlreiche Kiefernnadeln fände, so sei sie sei- 
ner Ansicht nach ohne Zweifel erst, und zwar vor 
nicht langer Zeit aus dieser entstanden. Nach dem 


Obergärtner König in Moabit, der das Lager selbst 


gesehen und daher die eben ausgesprochenen An- 
gaben über die Mächtigkeit bestätigen konnte, sind 
dagegen 
der Oberfläche, auch tiefer im Boden, andere orga- 
nische Reste gefunden, welche Veranlassung 


gegeben haben mögen. 


Auch Professor Koch glaubt, dass ein so mäch- | 


tiges Lager Erde von 12 Fuss Durchmesser, selbst 
wenn dieses nur an einzelnen Stellen in der Weise 
vorhanden sei, nicht das Produkt der jetzt daselbst 
vorhandenen Kiefern sein könnte. Der Stand der 


Wurzeln der letzteren müsste alsbald Auskunft dar- | 


über geben. Wahrscheinlich habe hier vor sehr 
langer Zeit schon einmal ein Kiefernwald gestanden 
und nach seiner Vernichtung mit seinen Wurzeln 
zunächst Veranlassung zur Bildung dieser eigen- 


‚ auch in ihrer Wirkung sehr verschieden. 


neben zahlreichen Kiefernnadeln mehr auf 


zur 
Bildung dieser übrigens sehr brauchbaren Haideerde | 


98 


thümlichen Erde gegeben. Dergleichen alte Bestände 
von Kiefern, 12 und 16 Fuss unter jetzt darüber be- 
findlichen Torflagern habe er in der Lüneburger Haide 
mehrmals gesehen. 

Garteninspektor Bouch& kennt ebenfalls Haide- 
Erde aus der Umgegend von Genthin, die sehr gut 
zu verwenden sei; diese habe aber nur eine sehr 
geringe Mächtigkeit. Die Haideerde ist im Allgemeinen 
nach ihm in ihrer Zusammensetzung, und daher 
Pflanzen, 
welche Haideerde lieben, sind bald mehr für die eine, 
bald mehr für die andere geeignet. Ein Theil der 
ächten Haide-Pflanzen (Erica-Arten) verlangt z. B. 
eine magere Haideerde, in der noch Kiefernnadeln 
unzersetzt vorkommen können, ein anderer Theil 
will dagegen eine kräftige Mischung haben, mehr 
Torf- und Moorerde. Es wäre nach Inspektor Bouch&€ 
sehr zu wünschen, dass unsere Haideerden einer 
genaueren Untersuchung unterworfen, dass vor Allem 
Vergleiche, wie sie sich zu unseren Kulturpflanzen 
verhalten, angestellt würden. Bis jetzt sind nur ver- 
einzelte Arbeiten über diesen Gegenstand aus Bel- 
sien bekannt. 

Garteninspektor Bouch& machte Mittheilungen 
über den in der letzten Versammlung des Vereines 
(s. S. 49) besprochenen Leim des Fabrikanten Spon- 
nagel zu Bändern an Bäumen, um die schädlichen 
Insekten vom Aufkriechen am Stamme abzuhalten, 
die sehr günstig lauteten. Der Leim ist ausser- 
ordentlich wohlfeil — 21/, Sgr. das Pfund — und 
bleibt weit länger klebrig, als alle die bisher von ihm 
versuchten Sorten. Er ist auch bei dem allerdings 
in der letzten Zeit nicht besonders starken Froste 
nicht verhärtet, sondern klebrig geblieben. An einem 
dicken Stamme einer Weihmuthskiefer angebracht, 
waren manche Kiefernspinner-Raupen, welche sich 
während warmer Stunden aım Tage aus ihrem Ver- 
stecke herausgewagt und den Versuch, am Stamme 


aufwärts zu kriechen, gemacht hatten, gefangen 
worden. 
Professor Koch legte 12 Portraits von be- 


rühmten Gärtnern, von Pflanzenfreunden und von zu 
der Gärtnerei in Beziehung stehenden Botanikern vor, 
welche der Herausgeber des Gardeners Chronicle. 
Dr. Masters, dem Vereine freundlichst zum Ge- 
schenk gemacht hatte. Diese Portraits sind beson- 
dere Abdrücke aus der genannten Zeitschrift. Seit 
dem vorigen Jahre wurde mit ihrer Veröffentlichung 
der Anfang gemacht. Dem Pflanzen liebenden und 
Pflanzen heranziehenden Publikum in England wird 
es gewiss angenehm sein, allmählig durch kurze 
Lebensbeschreibungen, denen gute Abbildungen in 


AH 


99 


Holzschnitten beigegeben sind, ınit den Männern, 
welche jetzt sich um Pflanzen- und Blumenzucht, 


| hört, 
, vielfach mit ehemischen Studien beschäftist und 


so wie um Gärtnerei überhaupt, verdient gemacht | 


haben, bekannt zu werden. Aber auch für uns wird 
es interessant sein, diese Männer, welche grosse 
Verdienste, zunächst um englische Gärtnerei, haben, 
um so mehr auch in Deutschland kennen zu lernen, 
als bereits schon 2 vom Kontinente abgebildet sind 
und später noch mehr abgebildet werden sollen. 


Von diesen 13 Portraits sind 12 im vorigen 
Jahrgange des Gardeners Chroniele abgedruckt wor- 
den und zwar: 

1. Joseph Dalton Hooker, Direktor des bo- 
tanischen Gartens in Kew und ein Mann von solchen 
Verdiensten, dass wir über ihn wohl nichts zu sagen 
brauchen. 

2. W. Wilson Saunders ist einer der gröss- 
ten Pflanzenliebhaber, welche jetzt England besitzt, 
aber auch ein kenntnissreicher Botaniker, welcher in 
Gemeinschaft mit einem der Kustoden aın Königlichen 
Herbar in Kew, Dr. Baker, das von uns bereits 2 
Mal besprochene Refugium botanieum (13. Jahrg. 
S. 293 und 14. Jahrg. S. 389) heraussibt. 

3. M. J. Berkeley, einer der liebenswürdig- 
sten Botaniker, welche wohl je existirt haben, und 
srosser Blumen- und Pflanzenfreund. Obwohl dem 
geistlichen Stande sich widmend, beschäftigte M. J. 
Berkeley sich doch schon von erster Jugend an 
hauptsächlich mit dem Studium der Natur, vor Allem 


unter den Pflanzen mit den Kryptogamen. Er ist in 
der wissenschaftlichen Abtheilung des Londoner 
Gartenbauvereines Vorsitzender, bei der Londoner 


Universität hingegen Examinator der Botanik. Da 
wir einen solchen Mann auch bei uns als bekannt 
voraussetzen dürfen, so gehen wir nicht weiter auf 
die Beschreibung seines Lebens ein. 

4. Deeaisne, Professor der angewandten Bo- 
tanik und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 
auch Direktor des Jardin des plantes in Paris, hat 
durch seine Kenntnisse und durch seine eigenen 
Verdienste sich vom einfachen Gärtner bis zu diesen 
hohen Stellen emporgeschwungen. Durch die Heraus- 
gabe des wenigstens den Pomologen bekannten Jar- 
din fruitier hat er vor Allem die Obstkunde beför- 
dert. Auch einen solchen Mann halhen 
nieht nöthig, etwas hinzuzufügen. 


über 


5. G. J. Wilson, einer der grössten Pflanzen- 
und Blumenliebhaber, die England gehabt hat und 
noch hat, und der seine grossartigen Gärtnereien 
selbst leitet. Er ist einer der Laien, welche sich 
praktisch in Allem, was zur Kultur der Pflanzen ge- 


wir | erworben. 


' hortulani nihil a me alienum puto.“* 


sich 

ist 
der Erfinder des Chishurst- Compound, eines der 
besten Mittel gegen schädliche Insekten. G. J. Wil- 
son kultivirt mit besonderer Vorliebe Orchideen und 


unterriehtet haben. Ausserdem hat er 


‚ Lilien, ausserdem hat er noch grosse Obstanpflan- 


| sagen. 


zungen und betreibt den Obstbau mit grosser Liebe. 
Er war deshalb oft Vorsitzender des Obstausschusses 
der Londoner Gartenbau-Gesellschaft, nimmt aber 
auch ausserdem an dem Wirken der Londoner Gar- 
tenbau-Gesellschaft den thätigsten Antheil. 

6. Professor Dr. Gust. Reichenbach in Ham- 
burg ist bekannt genug, um noch Worte über ihn zu 
Er ist unbedingt der bedeutendste Orchideen- 
kenner, hat aber auch dureh seine illustrirte deutsche 
Flor, die schon sein Vater in Dresden begonnen hatte, 
sich ein grosses Verdienst erworben. Durch seine 
Bemühungen um die riehtige Benennung der Orchi- 
deen bei den Liebhabern und in den Gärtnereien 
Englands hat er sich besonders um England verdient 
gemacht, ein Umstand, der ihm wohl auch die Ehre 
verschafft hat, unter den ersten, deren Portrait ge- 
seben wurde, zu sein. 

7. Dr. David Moore begann zeitig seine Lauf- 
bahn als Gärtner und hat bis zum Jahre 1838, wo 
er zum Inspector des botanischen Gartens der Kö- 
niglichen Gesellschaft in Dublin ernannt wurde, an 
verschiedenen Orten Grossbritanniens mit grosser 
Anerkennung als ÖObergärtner fungirt. Er ist aber 
auch wissenschaftlich gebildet und wurde deshalh 
auch in seinem speciellen Vaterlande Irland zum 
Mitglied einer Commission ernannt, welche die geo- 
logische Erforsehung Irlands zur Aufgabe hatte. Ferner 
hat David Moore auch in botanischer Hinsicht sieh 
durch wissenschaftliche Arbeiten, unter Anderem 
durch die Cybele britanniea, bekannt gemacht. Er 
ist übrigens wohl der erste, welcher tropische Orchi- 
deen aus Samen heranzog. Ihm verdanken wir ferner 
auch die Einführung des Pampas-Grases (Gynerium 
argenteum). 

8. S. Reynolds Hole ist wiederum wie Ber- 


keley Geistlicher (Pfarrer in Caunton), hat aber sich 


nicht allein um Förderung der Gärtnerei und der 
Liebe zu Pflanzen, sondern hauptsächlich um Hebung 
des ganzen Gärtnerstandes sehr grosse Verdienste 
Sein Denkspruch ist: „Hortulanus sum, 
Er selbst kul- 
tivirt in seinem Garten viele Pflanzen und Blumen 
und ist unablässig bemüht, auch Andere dazu zu 
vermögen. Vor Allem liebt Hole aber die Rose und 
beschäftigt sich mit ihrer Anzucht auf eine in der 
That hingebende Weise. Sein in England berühmtes 
13 


100 


Werk „a book about roses, d. h. ein Buch für Ro- | dern auch wissenschaftlicher Gärtner und hat sich 


sen“ ist leider bei uns gar nicht bekannt. 

9. Edward Joseph Lowe hat auf‘ einem an- 
deren Felde der Pflanzenkultur sich im hohen Grade 
verdient gemacht, nämlich um die der Farne. Ab- 
zesehen von seinen grossen Werken über britische 
und ausländische Farne, welche er veröffentlicht hat 
und ihn als einen der bedeutendsten Farnkenner hin- 


stellen, hat er für experimentale Botanik und für 
Gärtnerei manches Neue gebracht. Wenn er auch 


nicht der erste war, welcher vergleichende Aussaa- 
ten mit reinen Farnen und mit Farnsamen machte. 
denn diese wurden auch bereits vor nun 20 Jahren 
in der Augustin’schen Gärtnerei der Wildpark- 
station bei Potsdam durch den damaligen Obergärt- 
ner, jetzigen Inspektor der Gärtnerlehranstalt in Sans- 
souci, Wilh. Lauche, nach bestimmten Principien 
ebenfalls gemacht und von uns einer wissenschaftlichen 
Kontrole unterworfen, so sind sie doch von ihm in 


an 


weit grösserem Massstabe und viele Jahre hindurch 
duichgeführt worden. Dass jetzt in England in dieser 
Hinsicht die merkwürdigsten Formen, besonders unter 
den einheimischen Arten, existiren und man eine Vor- 
liebe dafür besitzt. verdankt man nur ihn. 

Aber auch in anderen Wissenschaften hat Edw. 
Jos. Lowe nieht weniger Ausgezeichnetes geliefert, 
so vor Allem in der Meteorologie. Eben bereitet er 
ein grösseres Werk über natural phenomena and 
chronology of the season (d. i. über die natürlichen Be- 
sebenheiten und die Chronologie der Jahreszeit) vor. 
Wie es oft jenseits des Kanales der Fall ist, .so hat 
auch Edw. Jos. Lowe, obwohl ein tüchtiger Ge- 
lehrter, keineswegs ’eine gelehrte Stellung, sondern 
ist Munieipal- und Grafschaftsbeamter in Nottingham, 
wo er sich im vorigen Jahre um die grosse Pflanzen- 
Ausstellung, nach allen Seiten hin Opfer bringend, 
grosse Verdienste erworben hat. 

10. James M’Nab, Inspektor des botanischen 
Gartens in Edinburgh, hat unter der Leitung seines 
Vaters, dem er in der Stelle nach dessen Tode im 
Jahre 1849 folgte, eine vorzügliche gärtnerische und 


botanische Erziehung erhalten. Mit seinem Freunde, 


dem Handelsgärtner Robert Brown in Perth, machte 


er eine botanische Reise nach Kanada und nach den 
Vereinigten Staaten und brachte grosse Sammlungen 
getrockneter und lebender Pflanzen nach der Hei- 
math. Kaum zurückgekehrt, übernahm er die Leitung 


des Gartens der kaledonischen Gartenbaugesellschaft 


und behielt die Stelle bis zum Tode seines Vaters, 
wo alsbald darauf dieser Garten mit dem botanischen 
Garten in Edinburgh vereinigt wurde. James M’Nab 
ist nieht allein einer der tüchtigsten Praktiker, son- 


durch eine grosse Menge von Abhandlungen nach 
fast allen Richtungen hin bekannt gemacht. 

11. Dr. Robert Hogg, einer der thätigsten Mit- 
glieder des Londoner Gartenbauvereins und in meh- 
reren Aemtern desselben so beschäftigt, dass er die- 
sem fast seine ganze Zeit widmet. Er erhielt, da er 
sich für Medizin ausbilden wollte, schon in seiner 
Jugend eine wissenschaftliche Bildung. Da er Bo- 
tanik vor Allem liebte, widmete er sich auch alsbald 
dieser allein, wendete sich aber mehir dem Praktischen 
zu und suchte dessen Resultate der Wissenschaft zu- 
zuführen. Er trat deshalb als Gärtner zuerst in der 
berühmten Handelsgärtnerei von Peter Lawson in 
Edinburgh, dann in den berühmten Obstbaumschulen 
von Ronalds Brentford ein. Durch eine Reise 
nach Frankreich, wo er in Paris bei den dortigen 
Botanikern Kollegien hörte, am Rhein und nach Bel- 
sien erweiterte er besonders seine pomologischen 
Kenntnisse. Heimgekehrt wurde er Geschäftsinhaber 
der leider ganz zurückgegangenen, früher aber sehr 
berühmt gewesenen Obstbaumschulen von Brompton, 
welche seit dem Jahre 1681 bis fast auf die neueste 
Zeit Einfluss auf den englischen Obstbau 
ausgeübt hatte, zog sich aber schon bald, da er bei 
den Geschäftsinhabern nicht die nöthige 
Energie fand, zurück, um nun auf andere Weise und 
allein pomologischen Studien sich zu widınen. Was 
er in der Pomologie geleistet, ist auch bei uns bekannt. 
Er war es, der wit mehreren Freunden, wie Paxton, 
Rivers u. s. w., die britische pomologische Gesell- 
schaft gründete. Sein Fruit- Manual (Handbuch der 
Obstfrüchte) ist ein klassisches Werk, was auch bei 
uns bekannt ist. 

12. James Bateman, wiederum einer der 
liebenswürdigsten Pflanzen- und Blumenliebhaber, der 
— um uns des Ausdruckes zu bedienen — in der 
Liebe zu Pflanzen und Blumen völlig aufgegangen ist. 
Mit den nöthigen Mitteln versehen, um dieser oft 
kostspieligen Liebe auch zu genügen, begann er seine 
särtnerische Laufbahn mit der Anzucht tropischer 
Früchte in Knypersley in Staffordshire, und erfreute 
sich der besten Resultate. Zu gleicher Zeit legte er 
aber auch für die Kultur ausländischer Orchideen 
eine besondere Vorliebe an den Tag. Er sandte 
nieht nur einmal einen besonderen Gärtner nach De- 
merara und Berbice, um von dort seine Lieblings- 
pflanzen zu beziehen, sondern veranlasste auch sei- 
nen Freund Ure Skinner, englischen Residenten 
in Guatemala, Orchideen und andere interessante 
oder schöne Pflanzen von dort nach Europa zu sen- 
den. Bald hatte Bateman eine der grössten Orchi- 


in 


stossen 


übrigen 


x 


101 


deen-Sammlungen zusammen gebracht und machte 
diese auch insofern der Wissenschaft dienstbar, dass 
er ein kostspieliges Werk, die Abbildungen der schön- 
sten Orchideen Guatemala’s betreffend, herausgab. 
Das Glück wollte ihm wohl, denn als er sich ver- 
heirathet hatte, fand er, dass seine Frau nicht we- 
niger enthusiastische Pflanzen- und Blumenfreundin 
war, mit ihrer Liebe aber in der bildenden Garten- 
kunst gipfelte. Ein zweites Besitzthum, Biddulphs 
Grange, gab alsbald das nöthige Terrain dazu her. 
Die grossartigsten Schöpfungen wurden hier ins Le- 
ben gerufen. Wer sieh speeiell für sie interessirt, 


findet in den letzteren Jahrgängen des Gardeners 


Chronicle reichlichen Stoff dafür. Leider vertrug 
aber die Gemahlin Bateman’s nieht das Klima im 


Norden von Staffordshire und sah sich mit ihrem Ge- 
mahl gezwungen, nach London überzusiedeln. Einen 
grossen Theil seiner Orchideen - Sammlung schenkte 
er der Londoner Gartenbaugesellschaft. Seit einigen 
Jahren lebt Bateman nun in London und sucht sich 
auf die aufopferndste und liebenswürdigste Weise um 
die Gärtnerei und namentlich um die Londoner Gar- 
tenbaugesellsehaft, bald durch lehrreiche Abhandlun- 
gen, bald durch Vorlesungen u. s. w. nützlich zu 
machen. Ausserdem ist er bei verschiedenen Aem- 
tern der Gartenbaugesellschaft im hohen Grade thätig. 

In dem Jahrgang 1872 des Gardeners Chroniele 
ist der Anfang mit einem Portrait des unglücklichen 


Berthold Seemanün, der, in Guatemala auf einer | 


botanisch - gärtnerischen Reise sich befindend, dem 
gelben Fieber unterlag, gemacht worden. 
haben wir bereits berichtet. 

Inspektor Bouch& legte wiederum den faseiir- 
ten Ast einer Esche vor, der die eigenthümliche Ge- 
stalt einer Maurerkelle erhalten hatte. Die Esche 
gehört nächst der Weide zu den Gehüölzen, welche 
am häufigsten diese Abnormitäten zeigen. 

Weiter theilte Inspektor Bouche& mit, dass er 
von dem Direktor der öffentlichen Anlagen in New- 
York verschiedene Sämereien eıhalten habe, und 
zwar in solcher Menge, dass er auch noch an Lieb- 
haber davon abgeben könne. Er werde hierüber 
eine Anzeige machen und diese am Schluss 
Nummer, wo der Bericht über diese Sitzung enthal- 
ten sein wird, abdrucken lassen. Da von Seiten des 


Darüber 


bezeichneten Direktors in New - York zugleich der 


Wunsch ausgesprochen sei, mit Deutschland in Ver- 
bindung zu treten, namentlich um Tauschverhältnisse 
herzustellen, so wird gewiss manchem Gartenliebhaber 
und Gärtner ein solches Anerbieten willkommen sein. 

Von Seiten der Bussey-Institution der Harvard- 
Universität in Massachusetts (Nordamerika) war dem 


der 


Vereine der Wunsch ausgesprochen, in gegenseitige 
Verbindung zu treten und vor Allem einen Austausch 
der gegenseitigen Schriften herzustellen. 

Professor Koch hatte über die grossen Verluste, 
welche die berühmten Baumschulen in Boskoop (in 
Holland) durch den Frost des vorjährigen Winters 
erhalten, Mittheilung gemacht. Sie legten Zeugniss 
ab, dass auch die Vegetation so günstig gelegener 
Gegenden, wie Boskoop und das ganze Holland ist, 
durch die starke und anhaltende Kälte der beiden 
letzten Winter ungemein gelitten hat. Aber auch 
dieser Winter, aus dem wir im Begriff sind, heraus- 
zutreten, hat durch das Glatteis, was in den Tagen 
vom 7. bis 9. December in Holland vorhanden 
in Norddeutschland sich 


war, 
bei uns 
Kälte zesteigert hatte. 
buntblättrigen llex 


aber zur grossen 
ungemein geschadet. Alle 
in Boskoop zum Theil zu 
Grunde gegangen, zum Theil haben sie wenigstens 


sehr gelitten; selbst einfache Aquifolium-Formen sind 


sind 


hier und da hart mitgenommen worden. Dagegen 
hat die unter dem Namen bromeliaefolia bekannte 


llex-Form gar nicht gelitten. Aukuba’s, Prunus lusi- 
tanica und Laurocerasus sind zum Theil bis auf die 
Wurzel erfroren, ebenso die sonst ausserdem in Hol- 
land im Freien gedeihenden Formen und Blendlinge 
des Rhododendron arboreunı. » 

Dr. Filly theilte mit, dass von Seiten des Klubs 
der Landwirthe beabsichtigt werde, hier in Berlin 
eine passende Lokalität inmitten der Stadt zu gewin- 
nen, um für die Zwecke des Klubs ein eigenes Local 
zu erhalten. Jetzt habe er leider nur über sehr be- 
schränkte Räume in seiner jetzigen Wohnung in der 
Französischen Strasse zu verfügen. Mit grosser Li- 
beralität hat bis jetzt der Klub der Landwirthe dem 
Vereine zur Beförderung des Gartenbaues von Zeit 
zu Zeit passende Räume zu den Sitzungen seiner 
Ausschüsse zur Verfügung gestellt, es sei aber zu 
wünschen, dass zwei Vereine, welche einander sehr 
nahe stehende Zwecke verfolgen, überhaupt näher 
zu einander stehen. Am Besten würde 
schehen, wenn die Versammlungen, wie auch die 
Zusammenkünlte, wenn auch nicht in denselben Räu- 
men, so doch in demselben Hause geschehen könnten. 
Da der Klub der Landwirthe durch Ausgabe von An- 
theilseheinen zu 100 Thalern hofft, das nöthige Ka- 
pital zum Ankauf eines nöthigen Hauses und zum 
Umbau desselben ‚behuls seiner Zwecke zu erhalten, 
dieses aler zu. beschleunigen 


dieses ge- 


wünscht, so werden 
auch Mitglieder des Vereines zur Beförderung des 
Gartenhaues ersucht, durch Ankauf solcher Antheil- 
scheine sewichtige und zugleich nothwendige 
Unternehmen zu unterstützen. Es kann dieses am 


das 


102 


Bequemsten in dem jetzigen Lokale des Klul.s der 


Landwirthe, Französische Strasse 48, durch Vermit- 
telung des Oekonomierathes Noodt, Direktor des 
Klubs, geschehen. 

Am Schluss der Verhandlungen wurde den Epa- 
eris-Formen des Universitätsgärtners Sauer der Mo- 
natspreis zugesprochen. 


Ueber Aufbewahrung 


und frühere Zeitigung des Obstes. 
Von Rudolph Stoll in Eldena. 


Die Wichtigkeit, Obst zu konserviren, ist allsei- 
tig so gewürdigt, dass es Eulen nach Athen tragen 


hiesse, wollte ich mich darüber ausführlich aus- 
sprechen. Wie viele Mittel sind schon empfohlen 


worden! Bei dem Einen hat ein Mittel Erfolg ge- 
habt, bei dem Andern ist es fehlgeschlagen. Mit 
Recht möchte man fragen, worin liegen die Ursachen 


des Gelingens auf der einen und das Misslingen auf | 


der andern Seite? Wer kann sagen, welches Mittel, 


welche Art der Aufbewahrung ist die beste und 
sicherste zugleich ? 
Da ich natürlich noch keine grossen Vorräthe 


von Obst zu überwintern gehabt habe, so würde es 
von meiner Seite anmassend erscheinen, wollte ich 
hier guten Rath geben; aber doch habe ich mich in 
der Welt etwas herumbewegt und Manches gesehen, 
was Andern nicht vergönnt war. So bin 
Zeit in Frankreich gewesen, wo Obst wohl am mei- 
sten geachtet wird und man sich auch der Konser- 
virung von Früchten mit Vorliebe widmet, ich habe 
ferner auch Manches aus der alten und neuen Zeit 
selesen, was darauf Bezug hat. 

Das alte Rom, dessen Bewohner 
sut zu leben obenan den 
Feinschmeckern der republikanischen Hauptstadt an 
der Seine nicht übertroffen wurden, hat uns über das 


ich lange 


in 


standen und selbst von 


Konserviren der Früchte ganz prächtige Lehren ge- 
zseben, die noch heute Beachtung verdienen. So er- 
zählt Plinius der Jüngere (im 15. Buch 16. Kap. sei- 
ner Naturgeschichte) Folgendes: 

„Die Obstböden sollen kalten 
trockenen Orte angelegt werden; doch so, dass die 
Fenster gegen Norden stehen und an heitern Tagen 
seöffnet werden können. Die Südwinde müssen stets 
abgehalten werden und dürfen nieht in das Innere 
der Bodenräume eindringen. Aber auch starker 
Nordwind ist schädlich und wird Ursache, dass das 


an einem und 


der Kunst | 


Obst zusammenschrumpft. Für die Aepfel ist die 
Zeit der Abnahme die Tag- und Nachtgleiche im 
Heıbst, nicht vor dem fünfzehnten Tage des Mondes, 
auch nicht vor der ersten Stunde. Das abgefallene 
Obst ist vom gepflückten abzusondern und verlangt 
besondere Aufmerksamkeit. Stroh, Matten und Spreu 
sind die Gegenstände, auf die man es am besten legt. 
Man hüte sich, es zu dicht an- oder gar aufeinander 
zu legen.“ 

„Es müssen immer Zwischenräume bei den ein- 
zelnen Früchten vorhanden sein, damit die frische 
Luft alle bestreichen kann. Am längsten dauern die 
harten Ameriner, während die Honigäpfel zeitig zu 
Grunde gehen.“ 

Im nächsten Kapitel berichtet Plinius über ver- 
schiedene Mittel, welche von den (zu Plinius Zeit) 
neueren Schriftstellern empfohlen werden. Darnach 
soll z. B. das Obst nur bei abnehmendem Monde und 
nach 9 Uhr Morgens, wenn der Himmel heiter ist 
und trockene Winde gehen, abgenommen werden. 
Von trockenen Lagen darf das Obst, wenn es abge- 
nommen wird, noch nicht vollkommen reif sein. 
Ferner ist es gut, dass die feinsten Aepfel mit Gyps 
oder Wachs überzogen werden, wenn sie sich länger 
halten sollen. Viele haben ihr Obst in Gruben, welche 
eine 2 Fuss hohe Grundlage von Sand haben. Hier 
werden sie durch einen besonderen irdenen Deckel 
nach oben abgeschlossen. Hierauf kommt aber noch 
eine Schicht Erde. 

Aus dem eben Angelührten geht nicht allein 
hervor, dass die alten Römer das Obst hoch schätz- 
ten, sondern auch, dass sie bei seiner Aufbewahrung 
dasselbe Prineip zu Grunde legten, wie wir jetzt 
noch: Abschliessung der Früchte von den die Ueber- 
reife befördernden und die Fäulniss begünstigenden 
Einflüssen. So setzt der Landmann, dem keine Obst- 
keller und keine Böden zur Verfügung stehen, sein 
Obst in Miethen auf, die er entweder mit Erde und 
Stroh oder mit Blättern zudeckt. Wie er darauf 
sekommen, ist leicht ersichtlich. Wer sollte nicht, 
der auf dem Lande erzogen oder in einer grossen 
Stadt zwar seboren ist, aber in einem Obstgarten 
sich vielfach bewegen konnte, im Spätherbste und 
selbst bisweilen im Winter unter einem Birn- oder 
Apfelbaume, tief im abgefallenen Laube versteckt, 
eine Frucht so schön und frisch gefunden haben, als 
wäre sie eben vom Baume gefallen. 

So oft ich im December 1870 vor Paris in Gär- 
ten auf Posten stand, suchte ich unter dem abgefal- 
lenen, zum Theil verwesten Laube oder unter den 
niedrigen Buchs-Einfassungen nie vergebens nach 
verborzenen Früchten. Es waren dies die einzigen 


103 


Früchte, welche ich während unseres längeren Aulf- 
enthaltes vor Paris bekommen habe. 

Doch die Miethen haben, wenigstens für feineres 
Obst, ihre grossen Schattenseiten, weil das darin auf- 
bewahrte Obst sehr leicht einen erdigen Geschmack 
annimmt. Der einfache Landmann, dessen Gaumen 
nicht sehr wählerisch ist, mag hierauf keinen grossen 
Werth legen, für das Wirthschaftsobst, was meist 
gekocht wird, ist ebenfalls der erdige Geschmack 
gewiss auch von keiner Bedeutung, der an Besseres 
sewöhnte Städter will aber etwas Feineres haben. 
Für ihn ist die Unterbringung des Öbstes in Gebäu- 
den eine Nothwendigkeit. 

Nach meinen Beobachtungen mehr, als 
meinen Erfahrungen, ist es vollkommen gleich, ob 
das Obst in allerdings nur guten Kellern oder auf 
Böden aufbewahrt wird, nur müssen. beide die nö- 
thigen Erfordernisse haben. — Nachdem die Früchte 
bei trockenem Wetter gepflückt sind, werden sie auf 
eine dünne Unterlage gelegt. Angegangenes oder 
sonst schlechtes Obst ist von vornherein zu entfer- 
nen. Je luftiger der Aufbewahrungsraum ist, in desto 
dickeren Lagen kann das Obst aufgeschüttet werden. 
Es darf das Lager jedoch nie die Mächtiskeit von 
25—30 Centimeter haben. Es betrifft dieses aber 
nur geringeres oder Wirthschaftsobst. Feines Tafel- 
obst, bei dem ausser der Güte auch noch die äussere 
Schönheit in Betracht kommt, darf gar nicht über- 
einander geschichtet werden, sondern jede Frucht 
muss so liegen, dass womöglich keine die andere 
berührt. 
Papier, sowohl zum Schutz gegen Staub, als auch 
zur Verhinderung der Ausdünstung darüber. Von 10 
zu 10. Tagen muss das Obst durchgesehen und alles 
Schlechte ohne Weiteres entfernt werden. Gegen 
Kälte ist das Obst natürlich sorgfältig zu schützen. 
Die geeignetste Temperatur ist 1—3° R. Fast eben 
so schädlich ist in den Aufbewahrungsräumen Zug- 
luft, da die durch dieselbe ausgetrocknete Atmosphäre 


nach 


Nach einigen Tagen legt man Stroh oder | 


dem Obst zu viel Feuchtigkeit entzieht und auf diese | 


Weise das Welken der Früchte befördert. 


Das mehr oder weniger genaue Befolgen dieser | 


Vorschriften hängt natürlich davon ab, welchen Werth 
der Besitzer auf konservirtes Obst legt. 


Wo der | 


Preis, wie z.B. in Paris für Spätfrüchte ein so grosser 


ist, dass ein schön erhaltenes Exemplar von der 
Belle Angevine im Frühjahr bis zu 20 Frances bezahlt 
wird, wird auch die grösste Sorgfalt angewendet. 
Ein vorzügliches Mittel in Frankreich, um solche 
werthvolle Früchte gegen Druck u. s. w. zu schützen, 
ist eine Unterlage und ein Umgeben mit unserm Bär- 


dappsamen (Lycopodium clavatum), allerdings im 


 trockensten Zustande. Da es ein schlechter Wärme- 
‚ leiter ist, so erhält es auch eine regelmässige Tem- 
peratur in der Frucht selbst. 

In manchen Gegenden will man in allen Mona- 
ten des Jahres Obst haben, so z. B. in Paris. Die 
schlechteste Zeit, wo es am wenigsten gibt, ist im 
Juni und Juli. Wenn auch einige Aepfel so lange 
halten, so doch nicht Birnen, die aber der Franzose 
serade liebt und haben will. Er sucht deshalb die 
Zeit der Reife des Frühobstes so zu verkürzen, dass 
er es 14 Tage bis 4 Wochen früher geniessen kann. 
Das allbekannte Mittel ist, Frühobst schon unreif ab- 
zupflücken und es dann im Stroh zur Nothreife ze- 
langen zu lassen. Dergleichen frühzeitiges Obst wird 
aber nie einen guten Geschmack haben und ist da- 
her auch diese Methode, um sich früher Obst zu ver- 
schaffen, ganz und gar zu verwerfen. Die frühzeitig 
abgenommenen und nachreifenden Früchte werden 
auch stets schlecht aussehen. 

Ein anderes Mittel Obst früher zur 
bringen ist bekanntlich das Ringeln, d. h. die ring- 
förmige Entfernung der Rinde dicht unter der zur 
früheren Reife zu bringenden Frucht, ist nur 
kleinsten Maasse anzuwenden und kann deshalb gar- 
nieht in Betracht gezogen werden. Es können die- 


Reife zu 


im 


ses Privatleute thun, um Obst in geringer Menge 
etwas frühzeitiger zu haben, für den Handel im 


Grossen ist die Methode des Ringelns zu zeitraubend 
und auch zu kostspielig. 

Der Gegenstand, Obst früher reif zu machen, 
hat auch mich lange beschäftigt und so kam ich 
sehliesslich auf folgendes Verfahren: 

Davon ausgehend, dass die Erwärmung der Erd- 
sehieht, die unmittelbar die Wurzeln einer Pflanze 
auf deren Thätigkeit einen beschleunigen- 
den Einfluss ausüben und damit auch eine frühere 
Reife aller Theile der Pflanze, mithin auch der 
Früchte, hervorbringen müsse, ich einen 
meiner Bekannten, der im Besitze eines Obstgartens 
ist, ungefähr 8 Wochen vor der normalen Reife einer 
frühen Birnensorte (ich glaube, es war die grüne 
Sommer-Magdalene) die Erde rings um den Baun 
in einem Durchmesser von 4—4'!/, Meter bis zu den 


umsgiebt, 


ersuchte 


Wurzeln in die Tiefe so wegzunehmen, dass die- 
selben nur noch von einer 5—6 Centimeter dicken 
Schicht bedeckt und dass die Sonne daher 
das zurück gebliebene Erdreich vollständig durch- 
wärmen konnte. Die Resultate waren ganz erstaun- 
lich. Nicht allein wurden die Früchte schon Mitte 
Juli reif, sondern sie waren auch so saltig und 
schmackhaft, wie ich sie fast nie gegessen. 

Um den Versuch noch weiter auszuführen, ent- 


waren 


104 


fernte ich bei einem Reineclauden -Baume die Erde 
in der angegebenen Dicke nur auf der Nordseite. 
Aber auch hier war die Folge, dass die Früchte auf 
dieser Seite einige Tage eher reiften, als die gegen 
Süden hängenden. Um Austrocknen des Erd- 
reiches um die Wurzeln zu verhindern, muss aller- 
dings sehr fleissiges Begiessen stattfinden. 

Das sind meine Resultäte. Es wäre aber zu 
wünschen, dass noch weitere Versuche gemacht wür- 
den, um damit erst zu erfahren, in wie weit mein 
Mittel das frühere Reifen der Früchte bedingt. 


ein 


Dr. Lucas’ Jahrbuch 
für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde, 


Neue Folge. 1. Jahrgang. 


Am 1. Februar 1860 verliess Dr. Lucas seinen 
bisherigen Wohnort in Hohenheim, um sich in Reut- 
lingen, seinem jetzigen Wohnorte, niederzulassen 
und daselbst das erste pomologische Institut zu grün- 
den. Was schon längst, und zwar vor Allem in dem 
an Obst so reichen Württemberg hätte geschehen 
sollen, dureh einen Privatmann. Es war 
damals eine günstige Zeit, denn die ersten 
Pomologen -Versammlungen Deutschlands in Naum- 
burg a. S. Gotha vom Jahre 1853 und 1857 
hatten die alte Liebe zum Obste bei den Deutschen 
wiederum erwachen lassen. Den 22. März 1860 be- 
sannen die Vorlesungen über Obstbau in Reutlingen 
mit 10 Zöglingen. Seitdem sind nun fast 12 Jahre 
vergangen. Bis zum 30. August 1871 haben nicht 
weniger als 596 Zöglinge in der Anstalt ihre pomo- 
logische Bildung erhalten. 

Diese Zöglinge waren nicht allein Württemberger, 
wenn auch deren Zahl (182) am grössten erscheint, 
aus allen deutschen Staaten befanden sich eine kür- 
zere oder längere Zeit strebsame junge Männer in 
Reutlingen, um den Obstbau rationell betreiben zu 
lernen und dann, zurückgekehrt, eine der wichtigsten 
Kulturen ihrer Heimath zu vervollkommnen. Wenn 
seitdem der Obstbau in Deutschland ein wesentlich 
anderer und besserer geworden ist, so unterliegt es 
keinem Zweifel, dass dabei dem Direktor des pomo- 
logischen Instituts in Reutlingen viel, sehr viel zu 
verdanken ist. 

Lucas gibt alljährlich ein Jahrbuch heraus, in 


seschah 
beiden 


und 


dem er Rechenschaft von seinem Institute ablegt. 
Im Jahre 1870 wurde das erste Zehn ‘dieser Jahr- 


| 
| 
| 
| 
| 


bücher abgeschlossen und es liegt uns bereits der 
erste Jahrgang deszweitenZehn vor, worin Bericht über 
den Fortgang des pomologischen Institutes vom Sep- 
tember 1870 bis dahin 1871 gegeben wird. Auch 
dieser Jahrgang besteht ausser dem Beriehte aus 
lehrreichen Abhandlungen über verschiedene Gegen- 
stände des Obstbaues, von denen ein grosser Theil 
von Zöglingen selbst angefertigt worden ist. Gerade 
dieses selbständige Hervortreten der Zöglinge zeigt 
uns am meisten, wie der Direktor bemüht ist, die 
Jungen Leute geistig anzuregen und sie zum Denken 
zu vermögen. Lucas lässt sie nicht nach der 
Schablone arbeiten und auswendig lernen, sondern 
die Zöglinge müssen sich der Gründe bewusst wer- 
den, warum sie etwas aul diese und nieht auf eine 
andere Weise thun. 


Samen-Offerte. 


Dem Königlichen botanischen Garten zu Berlin 
sind durch den Direktor der öffentlichen Anlagen in 
New-York die unten verzeichneten Samen mit dem 
Bemerken zugegangen, dasjenige Quantum, welches 
der hotanische Garten für seine Zwecke nicht ver- 


wenden kann, dem Gartenbau-Verein zur Verthei- 
lung unter die Mitglieder zu überlassen. 
Die in grösseren Mengen vorhandenen Samen 
sind: 
Baccharis halimifolia, 
Yucea filifera var. 1, 
n hs var. 2, 
A e var. 4, 
“ = var. , 


Boceonia cordata, aus den westlichen Prairien. 
Lobelia eardinalis, div. Varietäten. 
Loelia Sp. Venezuela, 
Calliearpa americana, 
Prinos vertieillata., 
Magnolia glauca, 

5 tripetala, 
Rudbeckia fulgida, 
Malvaviscus ealifornieus. 

Die sich dafür interessirenden Mitglieder werden 


daher gebeten, ihre Desideraten-Listen bis spätestens 
' den 7. April an den Garten-Inspektor Bouche& 
Berlin, Potsdamer Str. 75, gelangen zu lassen. 


| 
| 
| 


Hierbei eine Beilage, ein Anschreiben und das Nachtrags- 


Programm enthaltend. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in 


Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


es 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pfllaänzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


No. 14. Berlin, den 6. April Ei 1872. 


Preis des Jahrganges 5% Thilr., N bei Bezug aM den Bue hlindel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch- SIERT Post-Vereines. 


Sonntag, den 7. April, Vormittags u Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No, 48, eine 
Versammlung des Vereines: statt, wozu die enchkjen Mitglieder eingeladen werden. 


® ee an R u: = = —— 
Inhalt: Ueber Verwendung Her ek während Be Bommere im Freien. Der Königl. Garten- eier Bouchd _ 
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. II. — Die neue Blumenhalle in London. — Artemisia Stelleriana und ihre Ver- 


wendung. Vom Hofgärtner Jäger in Eisenach. 
LLLL—————E EEE 


Ueber Verwendung ı aus liebliehen Anblick, wenn sie verständig in Grup- 
pen geordnet sind, so dass man die höher wachsen- 
den in die Mitte pflanzt und die niedrigen, auf der 


der Selaginelen während des Sommers im Freien. | 


Vom Königl. Garten-Inspektor Bouche. | Erde kriechenden als Einfassung verwendet. 
Da man oft in Verlegenheit ist, schattige Plätze | Ist man im Besitz einer reichliehen Nachzueht für 


unter Bäumen oder in der Nähe von Gebäuden wäh- das folgende Jahr, so ist es am besten, sie Ende Mai, 
rend des Sommers mit solehen Pflanzen zu besetzen, nachdem sie vorher hinlänglieh abgehärtet wurden, 
die in Folge des Sehattens oder ihrer kurzen Dauer in den freien Boden auszupflanzen, und die Zweige 
nur für kürzere Zeit einen angenehmen Anblick ge- der aufrecht wachsenden Arten etwas niedrig zu hal- 
währen, so dürfte es wahrscheinlich Manchem will- ten, wodurch sie veranlasst werden, sich schneller 
kommen sein, auf derartige Pflanzen aufmerksam | zu bestauden und die Gruppe früher zu füllen. Am 
gemacht zu werden. besten gedeihen sie in recht lockerer, nicht zu sehr 

Man kann zwar solche Plätze, auf denen oft  verwester Lauberde, der man auch alte Holzbrocken 
nieht einmal eine Rasenvegetation von Dauer ist, und Torfabfall beimengen kann, auch in alter, fast 
mit Epheu, Vinca minor u. dergl. besetzen, oder sie verrotteter Lohe aus Lohbeeten gedeihen sie sehr 
dureh bei uns im Freien ausdauernde Farne deko- gut. Da die Wurzeln nicht tief in den Boden ein- 
riren, die aber leider schon oft in der zweiten Hälfte dringen, so braucht dieser nur 6—8 Zoll (1,6 bis 
des Sommers abzusterben beginnen und unansehn- 2,1 Cm.) mit obiger Erde meliorirt zu sein. Da sie 
lich werden; nicht selten bedient man sich auch | ferner gegen Trockenheit empfindlich sind, so müssen 
verschiedener Arten von Saxifraga. Aber auch diese sie bei trockenem Wetter oft mit einer feinen Brause 
werden sehr bald zu lang und unansehnlich, weil  begossen werden. Will man sie recht üppig haben, 
sie an ihren natürlichen Standörtern entweder an | so ist ein täglich, besonders zur Abendzeit zu wie- 
sonnigen Stellen oder an schattigen Abhängen, nie- | derholendes Bespritzen der Pflanzen selbst und ihrer 
mals aber unter einem diehten Laubdache von grossen | Umgebung sehr zu empfehlen, weil eine feuchte At- 


Bäumen vorkommen. , mosphäre ihr Wachsthum sehr begünstigt. 
Eine grosse Zahl von Arten der Gattung Selagi- Will man die Pflanzen im Herbst nieht opfern, 


nella hingegen behagt sich an solehen Standörtern so können sie auch mit den Töpfen eingesenkt 
nieht nur am besten, sondern gewährt auch durch ihr | werden. 


{reudiges Grün und ihren zierlichen Wuchs einen über- Obgleich die Selaginellen meistens den tropischen 


14 


106 


und subtropischen Gegenden unserer Erde angehören, 
so habe ich im vorigen Jahre, welches keineswegs 
sich durch besondere Wärme auszeichnete, es zum 
ersten Male versucht, die Mehrzahl der Arten dieser 
Gattung von Anfang Juni bis Ende August ins Freie 
zu stellen, weil viele derselben, wenn sie während 
des Sommers in den Gewächshäusern verbleiben, zu 
lang und unansehnlich werden. Der Erfolg war ein 
durchaus befriedigender; die Zweige blieben kurz, 
die Pflanzen kräftigten sich dureh die freie Luft un- 
gemein, zegen anhaltenden Regen durchaus 
nicht empfindlich, und boten dureh ihr saftiges Grün 
einen prächtigen Anblick Dureh diese Aul- 
stellung war ein Platz, der sonst in Folge des tiefen 


waren 


dar. 


Schattens während des Sommers kaum eine Spur ! 


von Vegetation bot — in zierlicher Weise dekorirt. 

Dass Selaginella helvetiea, ein Bewohner unserer 
Alpen, Kraussiana (hortensis), deren Vaterland nicht 
festzustellen ist, und dentieulata, in Süd-Europa hei- 
misch, bei uns während desSommers im Freien gut ge- 
deihen, ist bekannt, dahingegen eignen sich auch fol- 
sende Arten zur Dekoration im Freien: S. eaulescens, 
euspidata, euspidata var. elongata (cordifolia), deliea- 
tissima, erythropus, Galeottiana, inaequalifolia, inceres- 
centifolia, Kraussiana var. Poulteri, Ludoviciana, Mar- 
tensii, ferner Martensii var. compacta, Martensii var. 
eompaeta variegata, Martensii var. divaricata, Martensii 
var. flaceida, rubrieaulis, sarmentosa, serpens, steno- 
phylla, und vitieulosa. 

Andere Arten, als: S. apus und apus var. densa, 
eiliata, haematodes und uneinata gediehen zwar an- 
fänglich recht gut, schienen aber gegen die kühlen 
Nächte des vorigen Sommers empfindlich zu sein 
schon früher wieder in das Gewächs- 
ich 


und mussten 
haus zurückgebracht werden; jedoch zweifele 


nicht daran, dass sie in wärmeren Sommern eben- 
falls im Freien werden stehen können. 

Mit folgenden Arten, die meistens wärmeren Gegen- 
den angehören, oder empfindlicher gegen trockene 
Luft sind, habe ich noch keine Versuche gemacht, 
sie während freien Lult auszu- 
setzen: S. atroviridis, Breynii, eonvoluta, laevigata, 
lepidophylla, Lobbii, Lyalli, Pervillei, pilifera, Poeppi- 
Sollte der diesjährige 


des Sommers der 


siana, pubescens und faleata. 
Sommer günstiger sein, so will ich auch, wenigstens 
mit einigen derselben, ähnliche Versuche anstellen, 
und seiner Zeit das Resultat mittheilen. 

Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unerwähnt 
lassen, dass auch die Mehrzahl der tropischen Farn- 
kräuter, welche in den meisten Gärten während des 
ganzen Jahres in den warmen Gewächshäusern unter- 


halten werden, von Ende Mai bis Ende August im 


Freien aushalten, wenn man ihnen einen schattigen. 
gegen Wind geschützten Platz anweist. Die Wedel 
entwickeln sich alsdann viel kräftiger und reichlicher, . 
als in der eingeschlossenen Luft unserer Warm- 
häuser, was zur Folge hat, dass sie auch viel besser 
den Winter überstehen. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
II. 


Wir haben am Schluss des vorigen Jahrganges 
Mittheilungen über die projektirte Reise des Gärtners 
Hildebrandt aus Bonn gemacht und sind jetzt im 
Stande, weiter über ihn zu berichten. Gewiss wer- 
den die Leser der Wochenschrift den kühnen Rei- 
senden nach Zanzibar, also nach der Ostseite des 
tropischen Afrika’s, um so mehr mit Theilnahme ver- 
folgen, als er vielen Gefahren entgegengeht. Ist der 
Osten Afrika’s wegen seines besseren Klima’s viel- 
leicht auch nicht so gefährlich, als der Westen, wo 
bereits manche Opfer dem Wissenschaftsdrange er- 
legen sind, — wir erinnern nur an den Botaniker 


Dr. Vogel aus Bonn und an Dr. Schönlein, den 
Sohn des berühmten , "zuletzt in Berlin lebenden 


Arztes gl. N., — die Gefahren mit den wilden Völ- 
kern im Osten sind dagegen wahrscheinlich grösser. 
Weder der englische, noch der portugiesische Arm, 
die beide sonst sehr mächtig in Afrika sind, reicht 
hier weit in das Innere des Landes. Es leben da- 
selbst noch arabische Stämme, welche von Norden 
her eingewandert sind und im Kampfe mit Negern 
noch mehr verwilderten, als sie es schon früher 
waren. Sie sind es vor Allem, welche die Euro- 
päer hassen. 

Hildebrandt hatte bereits im Herbste seine 
Stelle im botanischen Garten aufgegeben, um sich auf 
seine grosse Reise gehörig vorzubereiten. Leider 
sind aber für diese Länder die Hülfsmittel zur Erken- 
nung der dortigen Ländergebiete, selbst derer an der 
Küste, ausserordentlich gering. Wir haben keine 
Reisenden, welche von Zanzibar aus tief in das In- 
nere des Landes einzudringen vermocht hätten. Um 
desto mehr giebt es für unseren Reisenden zu ent- 
decken und zu finden, um so grösser wird sein Ruhm 
sein, wenn er.dereinst nach mehrern Jahren glück- " 
lich heimkehrt. 

Unser Reisender geht allein. Es hat dieses viel 
für sich, besonders in solchen Ländern, wo noch gar 
nichts geschehen ist. : Hier vermögen grossartige 


Expeditionen nicht viel, wie wir dureh die Versuche 
des Fräulein Tinne, wohl der unerschrockensten 


und kühnsten Dame, welche je für Reisen existirt | 


hat, und nieht weniger des Barons von derDecken 
erfahren haben. 
Allem grosses Misstrauen der Eingebornen tritt grossen 
Expeditionen im Innern des Landes alsbald entgegen, 
während einem Reisenden allein in der Regel weder 
von dem Einen noch von dem, Andern so bedeu- 


Mangel an Nahrungsmitteln und vor | 


tende Hindernisse, als jenen, in den Weg gelegt | 


werden. Der Engländer Livingstone, der nun 
seit Jahren im Innern des südafrikanischen Central- 
landes sich glücklich durchgeschlagen hat und von 
Neuem eingedrungen ist, aber auch unsere Lands- 
leute, der .verstorbene Barth aus Hamburg und 


Rohlfs aus Bremen, sind Beispiele von glücklich | 


durchgeführten Reisen einzelner Männer, welche un- 
sere Behauptung bestätigen. Auch wir können, wenn 
auch nicht in so glänzender Weise, aus Erfahrung 
sprechen. 

Hildebrandt befindet sich jetzt auf dem Weg 
nach Alexandrien, vielleicht schon in Egypten. 
ist am 5. März von Berlin abgereist und wollte di- 
rekt nach der Ostküste Afrika’s gehen. Von Suez 
aus geschieht die Weiterreise zu Schiffe im Rothen 
Meere, und zwar längs der arabischen Küste nach 
&Aden. Im nächsten Sommer hat Hildebrandt die 
Absicht, einestheils der Somali - Küste, anderntheils 
der Südküste Arabiens einige Aufmerksamkeit zuzu- 
wenden, so dass er erst im August auf der Insel 
Soceotora sein wird. Wie es heisst, soll von Seiten 
der italienischen Regierung eine Expedition nach 
dieser Insel unternommen werden, um möglicher 
Weise sie (wohl mit Erlaubniss der Engländer) in 
Besitz zu nehmen. Vielleicht könnte dann Hilde- 
brandt sich dieser Expedition anschliessen, was 


seine Forschungen wesentlich unterstützen würde. 


Er | 


So viel wir wissen, ist die Insel Soceotora bis jetzt 


noch ziemlich unbekannt und wenigstens von keinem 
Naturforscher untersucht worden. Bekannt ist nur, 


dass eine der offizinellen Alo&e-Pflanzen dort wächst | 


und ihren Namen von der Insel erhalten hat. 

Erst im November gedenkt Hildebrandt in den 
kleinen Küsten-Fahrzeugen, welche dort gehen, seine 
Weiterreise nach Zanzibar anzutreten. Da diese 
Fahrzeuge langsam gehen und oft an der Küste an- 
halten, so hat er Gelegenheit, den einen oder ande- 
ren Küstenstrich, von dem wir fast gar nichts wis- 
sen, wenigstens etwas kennen zu lernen und uns 
vielleicht Notizen darüber zu geben. In Zanzibar an- 
sekommen,. wird er aber vor Allem.der Ruhe und 
Erholung sehr bedürfen, aber auch um sich für die 


| 
| 


Weiterreise zu orientiren. Bis nach Zanzibar liess 
sich wohl die Reiseroute feststellen und auch durch- 
führen, die eigentlichen Schwierigkeiten aber beginnen 
erst jetzt. Hildebrandt muss vor Allem sich von 
Eingebornen Nachrichten über das Innere des Lan- 
des zu verschaffen suchen, dann einige Eingeborne 
gewinnen, welche ihn begleiten wollen. Der Reise- 
plan, in einem gänzlich unbekannten Lande, wird 
nicht weit reichen. Er wird sich auf der Reise selbst 
immer ändern, je nachdem es die Umstände verlan- 
sen. Wie lange die Vorbereitungen dauern werden, 
lässt sich jetzt gar nicht sagen. Wir wollen unserem 
Reisenden vor Allem Gesundheit, weiteren Enthusias- 
mus und Muth von ganzem Herzen wünschen. 

Es ist uns vor Kurzem von dem Kunst- und 
Handelsgärtner Oscar Liebmann in Dresden eine 
kleine Teppichpflanze zugesendet worden, um uns, 
da sie im Mai in den Handel gebracht werden soll. 
darüber auszusprechen. Da mau von Jahr 
zu Jahr zunehmenden Liebhaberei für Teppichpflan- 
zen nach passenden Pflanzen sucht, so gehört aller- 
dings die uns zugesendete zu denen, welche empfoh- 
len werden können. Diese neue Teppichpflanze ist 
eine noch mehr bunte Form eines im Süden Deutsch- 
lands und im Süden überhaupt wachsenden Unkrau- 
tes, der Oxalis cornieulata, nicht aber der ©. strieta, 
welche mehr im Norden wächst und früher häufig 
mit jener verwechselt wurde. 

Wir haben schon seit länger als 20 Jahren eine 
Abart dieses Unkrautes, wo die Blättehen, ähnlich, 
wie bei der braunblättrigen Form unseres weissen 
Klees (Trifolium repens), braun gefärbt sind. Warum 
diese Form, wie auch der braunblättrige Klee, in den 
letzten Jahren, mehr Teppichpflanzen gesucht 
werden als fıüher, nicht mehr, oder wenigstens nur 
auf dem Lande, verwendet wird, begreift man in der 
That nicht, und zwar um so weniger, als beiderlei 
Pflanzen ihrer Kultur keine Mühe machen, 
als dass sie vielleicht in Kurzem zu dicht geworden 
sind. 

Die Liebmann'sche Form der braunblättrigen 
Abart der O. eornieulata, welche erstere in den Gär- 
ten den Beinamen OÖ. tropaeoloides (vergl. 1. Jahre. 
d. Wochenschr. S. 95) erhalten hat, verdient unbe- 
dingt den Vorzug vor der bekannten Hauptform. Sie 
wurde von ihrem Besitzer im vorigen Jahre aus Sa- 
men gezogen. Die Farbe der einzelnen Blättehen ist 
bei der Form bald ein Rosa, bald ein Karmmoisin- 
roth. Bisweilen haben die Blättchen 
zur Hälfte diese rothe Farbe, während die andere 
srün geblieben ist oder wohl auch weiss erscheint. 
Es scheint, als wenn das Roth im Freien dunkler, 

14” 


bei der 


Wo 


bei 


sar 


aber auch nur 


108 


in dem Gewächshause dagegen heller würde. Grade 
diese Abwechslungen in der Farbe geben der Pflanze 
aber einen grösseren Werth. 

Der früher in der Wochenschrift genannte Fran- 
zose Eugen Simon 
liebhaber und Blumenfreund zu 


scheint ein grosser Pflanzen- 


sein und hält sich, 


wie wir bereits gemeldet haben, gegenwärtig in China 


auf. Da er mit dem Jardin des plantes in fortwäh- 
render Verbindung steht und von Zeit zu Zeit diesem 
allerhand Sämereien u. s. w. aus China zusendet, so 
hat dieses grossartige Pflanzen-Institut schon manche 
interessante Pflanze, über welche die Revue horticole 
bisweilen Mittheilungen gemacht hat, erhalten. Im 
zweiten Hefte des diesjährigen Jahrganges genannter 
Zeitschrift wird wiederum einer interessanten Pflanze 
Erwähnung gethan, die auch unsere Aufmerksamkeit 
in Anspruch nimmt. Es ist eine Birnsorte, welche 
bereits in Paris Früchte getragen hat. Carriere, in 
der Ertheilung neuer Namen für Formen unerschöpf- 
lich, betrachtet auch dieses Birngehölz als eine be- 
sondere Art nnd giebt ihm den Namen Pirus Si- 
monii. 

Für uns, die wir uns seit fast 4 Jahrzehnten mit 
der Erforschung der Stammeltern unseres Obstes 
wissenschaftlich beschäftigt haben, ist dieses chine- 
grossem Interesse. 
der Wochenschrift 


sische Birngehölz natürlich von 
Zum Verständniss für die Leser 
bemerken wir, indem 
das, was wir bereits im 1. Bande unserer Dendrologie 
(S. 215) mitgetheilt haben, berufen, dass unsere jetzi- 
sen Birnen-Sorten wahrscheinlich von 3 ursprünglich 
nur in Asien wild wachsenden Arten des Geschlechtes 
Pirus abstammen, dass dagegen die Birngehölze der 
Wälder u. s. w. nur verwilderte Sorten, keineswegs 
selbständige Aıten, wie Viele meinen, Von 
diesen 3 ursprünglich wilden ‘Birnarten wächst die 
eine im Norden des Orientes: P. elaeagrifolia, 
und ist wohl die Mutterpflanze aller Birnsorten mit 


sind. 


langen Früchten, aber auch meist mit langen Blättern. 
Die andere: P. persica, wächst vorherrschend im 
Süden des Orientes 
nach Persien hinein. 
samotten und ähnliche Birnen mit rundlichen Früch- 
ten, deren Stiel, wie bei dem Apfel, aus einer Ver- 
tiefung seinen Ursprung nimmt. Bei dieser Art sind 
auch die Blätter mehr rundlich oder wenigstens doch 
breit-länglich und länglich - lanzettförmig. Ihr Rand 
ist nur wenig oder, wie bei P. elaeagrifolia, gar nicht 


Von ihr stammen unsere Ber- 


sezähnt. 

Die dritte Mutterpflanze unserer Birnengehölze 
wächst ursprünglich wohl nur in China, kommt aber 
verwildert sehr viel in mitteleuropäischen Wäldern, 


wir zu gleicher Zeit uns auf 


und erstreekt sieh ostwärts tief | 


besonders im Westen Frankreichs, vor. Diese ver- 
wilderte Pflanze hat von Gärtner den Namen P. Ach- 
ras erhalten, ist aber von uns auch zur Bezeichnung 
der wilden Pflanze benutzt worden. Die ehinesisch& 
Kulturpflanze hat Lindley als P. chinensis be- 
schrieben und abgebildet. Ausgezeichnet ist diese 
Art durch die feine, mehr borstenförmige Bezahnung 
der eirundlichen oder länglichen Blätter. Wenn Car- 
ricre dieses Merkmal der chinesischen Birnen-Sor- 
ten zuerst beobachtet haben will, so zeigt er wie- 
derum, dass er nicht weiss, was in der Welt vor- 


zeht. Sowohl Lindley, als wir (Dendrol. I,, 215) 
haben bereits darauf hingewiesen. Exemplare der 


im Westen Frankreichs wachsenden P. cordata Desv., 
einer Foım der P. Achras, hätten ihm ebenfalls sa- 
sen können, dass die chinesische Birnart verwildert 
in Frankreich vorkommt. 

Von P. Achras stammen ohne Zweifel die meisten 
und besten Birnsorten. Die Frucht hat in der Regel 
eine Eiform, ihr Stiel liegt aber in keiner Veıtiefung. 
Durch Kreuzung mit Sorten der P. elaeagrifolia einer- 
seits und der P. persieca andererseits sind bereits so 
viele Zwischenformen entstanden, dass es jetzt kaum 
noch möglich ist, diesen einen bestimmten Platz in 
der systematischen Botanik anzuweisen. Schwierig 
macht die Sache ausserdem noch, dass bei der neuen 
Sorte bisweilen vom Vater die Form der Frucht, vorm 
der Mutter die Form des Blattes, oder umgekehrt, 
übertragen wurde. 

Pirus Simoniü besitzt die Blätter der ächten chi- 
nesischen Birnart, nämlich eirund, auch etwas herz- 
förmig oder nach oben in die Länge gezogen, am 
Rande ausserdem mit den charakteristischen Wimper- 
zähnen versehen, die Frucht hat dagegen die Form 
einer Bergamotte, also wie die Frucht von P. persiea 
beschaffen ist. Man möchte hieraus schliessen, dass 
P. persica noch viel weiter nach Osten, vielleicht 
selbst im chinesischen Hochlande im Westen ver- 
breitet ist, vielleicht auch erst daselbst eingeführt 
wurde. Es könnte dieses vielleicht in der Zeit ge- 
schehen sein, wo die mehr westwärts wohnenden 
Mongolen nach Osten vordrangen und den Thron des 
him:nlischen Reiches einnahmen. 

Wir bemerken schliesslich, dass die unrichtige 
Sehreibart Pyrus im oder kurz nach dem Mittelalter, 
wo man sich des „y“ häufig anstatt des „i“ bediente, 
entstanden ist, aber der klassisch-lateinischen Sehreib- 
art Pirus weichen muss. 

Wir sind in Folge unserer kleinen Abhandlung 
über Azalea mollis in der 10. Nummer der Wochen- 
schrift von Gent aus dahin berichtigt worden, dass der 


Züchter der ersten Formen der A. sinensis in ge- 


un. 


nannter Stadt, Byls, nie Bäcker, sondern gleich vom 
Anfange ein sehr umsichtiger Handelsgärtner gewe- 
sen ist. Es ist diese Angabe unsererseits ein Irr- 
thum gewesen, den wir hiermit berichtigen wollen. 
Er soll uns aber Gelegenheit geben, wo wir durch 
die erneute Einführung der Azalea sinensis unter 
dem Namen A. mollis, hauptsächlich durch L. van 
Houtte in Gent, eine neue und von den anderen 
verschiedene Reihe sogenannter Pontischer oder Frei- 
land - Azaleen neben den früheren erhalten haben, 
noch über diese im Allgemeinen zu sprechen und auf 


die Verschiedenheit beider Reihen aufmerksam zu 


machen. 

Die hauptsächlich an der Küste des Schwarzen 
Meeres wachsende Azalea pontica ist schon einige 
Jahrhunderte in unseren Gärten kultivirt worden. Als 
später die Indischen Azaleen von Neuem eingeführt 
wurden, welche man nur in Töpfen zog, bekamen 
jene mit den in Nordamerika wachsenden Arten, die 
unterdess ebenfalls aus ihrem Vaterlande in Europa 
eingeführt worden waren, den Namen der Freiland- 
oder wohl auch der Pontischen Azaleen. Trotz der 
Schönheit ihrer Blumen erhielten sie aber lange nicht 
die Aufmerksamkeit der Pflanzenliebhaber, wie die 
Indischen Azaleen. Erst in den zwanziger und noch 
mehr in den dreissiger Jahren, wo man zuerst in 
England, dann auch in Belgien, besonders in Gent, 
durch Kreuzung der ächten Pontischen Azaleen mit 
nordamerikanischen Arten schöne Sorten und 
eine grössere Mannigfaltigkeit erzielt hatte, wurden 
sie ebenfalls Lieblingsblumen. In England hatte man 
hauptsächlich in dem damals berühmten Garten von 
Spofford glänzende Resultate erlangt, noch glücklicher 
war aber ein Liebhaber in Gent, der Bäcker Mortier. 

Dieser Mortier war es hauptsächlich, der durch 
Kreuzungen und Aussaaten die Blumen der Freiland- 
Azaleen so sehr vervollkommnete und eine so grosse 
Mannigfaltigkeit in den Blumen hervorrief, dass diese 
in allen Pflanzen- und Blumenzucht treibenden Län- 
dern Anerkennung fanden und vor Allem in England 
allen andern, selbst den eigenen Erzeugnissen vor- 
zezogen wurden. Die schönste erhielt den Namen 
Rhododendron*) Mortieri (nicht Morterii, wie 
zeschrieben ist) und wurde in dem bekannten illustrir- 
ten Gartenwerke: British flower Garden von 
(2. Reihe, 1. Band, 10. Tafel) abgebildet. Gewöhn- 
lieh hatten im Handel aber alle Sorten diesen Namen 


Sweet 


*) Viele Botaniker vereinigen Azalea, weil die Arten in 
ihrer Gesammtheit sehr schwierig von denen des Genus Rhodo- 
dendron zu unterscheiden sind, mit diesem zu einem grossen ge- 
meinschaftlichen Genus, wo Azalea nur eine Abtheilung bildet. 


damit 


oder sie befanden sich in England mit dem Namen 
„hardy Ghent Azaleas“ in den Verzeichnissen. 

Die Vervollkommnung dieser Azaleen wurde 
aber in Gent noch weiter fortgesetzt; ganz besonders 
beschäftigten sich die Gärtner van CGassel, Louis 
und Alexander Verschaffelt, später Jean Ver- 
schaffelt und neuerdings auch Louis van Houtte 
mit Aussaaten und brachten vorzügliche Sorten in 
den Handel. Dem letzteren war es schliesslich auch 
selungen, eine Sorte mit gefüllten Blumen hervorzu- 
bringen. 

Durch Loddiges war im Anfange der zwan- 
ziger Jahre eine Azalee direkt aus China eingeführt 
worden, welche zwar ebenfalls die Blätter 
und der A. pontieca nahe steht, aber grössere und 
denen der Indischen Azaleen ähnliche Blumen besitzt. 
Auch mit dieser Art wurden in England gleich an- 
fangs Versuche angestellt, welche keinen 
besonderen Resultaten führten. Glücklicher war man 
dagegen auf dem Festlande, besonders in Belgien, 


abwirft 


aber zu 


und zwar wiederum in Gent, damit. Hier warf es 
jetzt der Handelsgärtner (nicht Bäcker) Byls, der 


eine Reihe neuer Sorten erzog und in den Handel 
brachte. Dem Züchter zu Ehren wurden sie als 


Byls’sche Azaleen bezeichnet. Die schönste bil- 
dete Ch. Morren (der Vater) in den damals von 
ihn herausgegebenen Annales de la soeciete d’agri- 
eulture et de botanique de Gand (Tom. 1., Tab. 27) ab. 

Doch auch die Byls’schen Azaleen kamen in 
Vergessenheit, während die Mortier’schen oder Gen- 
ter Freiland-Azaleen, wenigstens in Belgien und Eng- 
land, in Deutschland, 


weniger Lieblingssträucher 


‚ blieben und noeh sind. 


Vor einigen Jahren kam, wie wir zur Zeit in 
der Wochenschrift berichtet haben, eine dritte Azalee 
mit abfallenden Blättern und grossen gelben Blüthen 
direkt aus Japan, und zwar als Azalea mollis, 
ein Name, den Blume der Pflanze schon im Jahre 
1826 (freilich nach getrockneten Exemplaren) ge- 
seben hatte, in den Handel. Sowohl der verstorbene 
John Gould Veitch in London, als der russische 
Reisende Maximowitsch, der jetzt als Botaniker 
am botanischen Garten in Petersburg angestellt ist, 
lernten den Blüthenstrauch in Japan, wo er ebenfalls 
viel in Gärten kultivirt wird und in einer Reihe von 
Formen existirt, kennen und fühıten 
London, resp. in Petersburg ein. Maximowitsch, 
dem ein grosses Material zu seinen wissenschaft- 
lichen Untersuchungen zu Gebote stand, fand als- 
bald, dass diese Azalea mollis von Azalea sinensis 
nieht verschieden sei. Es muss demrfach auch die- 
ser von Loddiges gegebene Name von nun an zur 


ihn zuerst in 


110 


Bezeichnung der jetzt erwähnten Azalee gebraucht | beiden besseren Sorten kostet das als feines Hom- 


werden, weil er ein Jahr früher (1825) gegeben ist, 
als der Azalea mollis. 

Wiederum war es Gent, 
sächlich mit der Vervollkommnung dieses neu ein- 
geführten Strauches beschäftigte. Louis vanHoutte 
daselbst war es, der Kreuzungen anstellte, mit dem 
erhaltenen Samen Aussaaten machte und zu glück- 
lichen Resultaten gelangt ist. In dem vor Kurzem 
uns zugekommenen 140.Verzeichnisse seines Etablisse- 
ments sind bereits 20 verschiedene Soıten (S. 338) 
aufgeführt worden. Abgesehen davon, dass 
Blüthen der A. mollis, resp. sinensis, grösser sind. 
als die der A. pontica und der Verwandten, sollen 
alle Sorten sich auch nach van Houtte sehr leicht 
treiben lassen. 

Der Landwirth bedient sich der künstlichen 
Düngmittel seit geraumer Zeit da, wo bei den ver- 
mehrten grossen Kulturen und der dadurch beding- 
ten Erschöpfung des Bodens der natürliche Dünger 
nicht mehr ausreicht, mit grossem Vortheil; die peru- 
anischen Guanolager, welche man noch vor 30 Jahren für 
unerschöpflich hielt, werden in Kurzem in Folge des 
srossen Bedarfs verbraucht sein; und doch wurde 
dem Verlangen darnach noch keineswegs entsprochen. 
Der Guano hat schliesslich einen beispiellos hohen Preis 
erhalten. Vor 1 und. 2 Jahrzehnten fingen auch 
Gäitner an, sich zur Erhöhung der Vegetation ihrer 
kultivirten Pflanzen künstlicher Düngmittel zu be- 
dienen. Hornspähne, in die Erde der Töpfe gethan 
oder mit Wasser übergossen und nach einiger Zeit 
dieses zum Begiessen oder zum Bespritzen benutzt, 
wurden, nebst anderen künstlichen Düngmitteln 
hier und da, viel benutzt. Seit einigen Jahren hört 
man aber wiederum kaum noch etwas davon. Was 
ist die Ursache dieser plötzlichen Einstellung von 


wo man sich haupt- 


die 


Mitteln zur Erhöhung der Vegetation, wenn man 
doch früher glänzende Erfolge gehabt hatte? 
Es ist der Redaktion der Wochenschrift von 


Seiten des Besitzers der Dampf-Knochenmehl- und 
chemischen Düngerfabrik Ludwig Michaelis in 
Gross-Glogau, ein Bericht über durch Gärtner und 
Pflanzenliebhaber angestellte Versuche eines Knochen- 
mehlpulvers zugegangen, aus dem Einiges zu ent- 
nehmen für die Leser der Wochenschrift von Interesse 


sein dürfte. Zugleich mag es uns Gelegenheit bieten, 


von Neuem auf künstliche Düngmittel aufmerksam 
zu machen. Dieses Glogauer Hornmehl hat einen 


Stickstoffgehalt von 131/, 
fast 4 pCt. Phosphorsäure. 
Tagen in Wässer auf, während andere Präparate 


der Art Von den 


pCt., hingegen besitzt es 
Es löst sieh binnen 14 
zebrauchen. 


längere Zeit hierzu 


mehl bezeichnete Präparat 4!/,, das Düngpulver aber 
51/, Thaler. 

Da einige Gärtner, welche besonders Versuche 
mit letzterem angestellt haben, auch den Lesern der 
Wochenschrift bekannt sind, so werden wir hier auf 
deren Angaben besonderes Gewicht legen. Garten- 
inspektor Gireoud in Sagan bestreute ausgehungerte 
Azaleen, nachdem die Erde angefeuchtet war, mit 
dem Hornmehl im August und-spritzte nachher sehr 
stark mit der Brause. Um eine feuchte Luft zu er- 
halten, wurde von Zeit zu Zeit auch zwischen den 
Töpfen gespritzt. Die Pflanzen erkräftigten sich un- 
gemein und die Blätter erhielten eine dunkelgrüne 
Farbe. Nachwirkung war ebenfalls sichtbar. Bei 
wurzelächten Landrosen, welche in einem trockenen, 
aber lehmigen Sandboden sich befanden, wurde 
ferner das Pulver ebenfalls aufgestreut und darauf 
leicht eingehackt. Der Boden erhielt fortwährend 
die nöthige Feuchtigkeit. Bei Rosen in Töpfen liess 
Inspektor Gireoud das Pulver sich in Wasser auf- 
lösen und benutzte die Flüssigkeit als Guss. In 
beiden Fällen fand ein recht kräftiges und üppiges 
Wachsthum statt und die Sträucher blühten ausser- 
ordentlich reich. 

Hofgärtner Götz in Slawentzig in Oberschlesien 
wandte das Hornmehl im Gemüsegarten an, der 2% 
Sand und Y; Lehm enthält, indem er es bei feuch- 
ter Witterung in die frisch gegrabenen Gemüseländer 
einhackte. Die Erfolge waren ausserordentlich. Bei 
anhaltender Trockenheit darf es jedoch nicht auf 
leichtem Boden verwendet werden. Bei Topfpflanzen, 
wo !/yo unter die Erde gemischt wurde, hält Hof- 
särtner Götz das Hornmehl für das billigste und 
nachhaltigste Düngmittel. 

Hofgärtner Ickelsheimer in Kissingen wandte 
das Hornmehl auf die Töpfe gestreut, aufgelockert 
und begossen, nach 6—8 Tagen wieder aufgelockert, 
bei allerhand weichholzigen Topfpflanzen, wie Helio- 
trop, Fuchsien, Calceolarien, Begonien, aber auch 
bei Fieus, an, und erhielt ebenfalls glänzende Re- 
sultate, besonders bei Fuchsien grosse Blumen. 

Hofgärtner Neumann endlich, auf Albrechts- 
berg bei Dresden, wandte das Hornmehl im April 
bei der Einsaat für Rasen und im Sommer zur Nach- 
düngung, aber nur auf schlechten Stellen, an. Der 
Boden war ein sandiger Gartenboden. Der Erfolg 
war sehr sichtlich. 

Man kultivirt in den Warmhäusern eine niedrig- 
bleibende Pflanze von palmenähnlichem Ansehen 
unter dem Namen Garludovica palmata. Die 
sehönen grossen und handförmig getheilten Blätter 


im 


stehen auf sehr langen und schlanken Stielen und 
tragen hauptsächlich dazu bei, dass die Art auch 
eine der schönsten Dekorationspflanzen darstellt. 
Carludovica palmata ist aber auch in ihrem Vater- 
lande, den kolombischen Republiken und in Gua- 
temala, eine der wichtigsten technischen Pflanzen und 
beschäftigt eine grosse Menge von Leuten. Sie ist 
nämlich die Pflanze, aus der die ächten Panamahüte 
semacht werden, während man die schlechteren, die 
auch bei uns nur einen geringen Preis haben, aus 
Fasern verschiedener Schirmpalmen bereitet. 

Die ächten und guten Panamahüte haben, da 
sie nur aus den feinsten Mittelfasern der Blätter, 


wenn diese sich noch nicht entfaltet haben, angefertigt 


werden, sehr hohe Preise. Die besten werden in 
Tolima bereitet. Hier wird das Stück 
35 Thalern verkauft; ja einzelne Hüte werden sogar 
bisweilen um den doppelten Preis bezahlt. Nächst- 
dem kommen die Panamahüte von Antioquia, wo das 
Stück 20 bis 24 Thaler kostet. Die schlechtesten 
werden in Santander angefertigt. Hier zahlt man für 
das ganze Dutzend sogar nur 5 bis 8 Thaler. Diese 
Santanderhüte sind die gewöhnlichen, welche fast 
nur zu uns nach Deutschland kommen und neben 
aus Palmenblattfasern angefertisten Panamahüten um 
die bekannten niedrigeren Preise verkauft werden. 
Ausser dem Hafen Santa Martha ist es hauptsäch- 
lich die Insel Cuba, wo sich der Handel mit Panama- 
hüten konzentrirt. Im Jahre 1869 wurden 
allein 2,249 Hüte nach Frankreich und 4,845 Hüte 
nach England versendet. 


Die neue Blumenhalle in London. 


Paris und London haben ihre bestimmten Gegen- 
den, wo Blumen und Blattpflanzen in Töpfen ver- 
kauft werden, in Berlin ist es anders. Wenn hier 
auch alle öffentlichen Plätze, auf denen 2 Mal in 
der Woche Markt gehalten wird, ebenfalls an be- 
stimmten Tagen reichlich mit Pflanzen und Blumen 
besetzt sind, so findet man hier doch nur die weniger 
sute Waare, den Ausschuss, wenn ich mich so aus- 
drücken darf, die besseren und ausgesuchteren 
Exemplare sind dagegen in den sogenannten Blumen- 
läden, die oft in Kellern eine Stätte gefunden haben. 
Diese Blumenläden sind eine eigenthümliche Er- 


scheinung Berlins, wie sie keine andere Stadt, selbst 


Deutschlands, aufzuweisen hat und zur Versehöne- 
rung der breiten Strassen nicht wenig beitragen. Es 


ist dieses besonders in den belebteren , 


von hier 


z. B. der 


Leipziger und Friedrichsstrasse, der Fall. Vor den 
alten, nun abgetragenen Thoren nach Westen 


hin, wo Vorgärtehen vorhanden sind, dienen diese 
hier und da im Sommer zur Aufnahme der Pflanzen 
und Blumen der Blumenhändler und tragen 
Schönheit der ganzen Umgebung viel bei. 


zur 
Gerade 
jetzt, wo das Frühjahr beginnt und Azaleen, Hya- 
einthen, Tulpen, Seillen, Crocus u. s. w. in Massen 
zum Verkaufe herangezogen werden, bietet vor Allem 
die Potsdamer Strasse einen grossen Reiz für den 
dar, der sieh für Blumen- und Pflanzenschmuck in- 
teressirt. 

In London gibt es nur einen grossen Blumen- 
und Pflanzenmarkt, so ziemlich mitten in der Stadt. 


ı Es ist der Coventgarden, nicht weit von der Themse 
mit 25 bis | 


und in dernächsten Nähe derbekannten St. Paulskirche, 
ein seit JangerZeit berühmter und viel besuchter Ort, wo 
und in dessen Nähe wohl die meisten Menschen täglich 
zusammenkommen, und zwar höchsten 
Ständen, so‘ wie aus den bürgerlichen Kreisen. 
Früher ein Besitzthum der Westminster Abtei, hatte 


aus den 


der geräumige Platz den Namen Convents- Garten 
(Covent-Garden) erhalten. Nach Aufhebung der 


Klöster kam der Platz zuerst in den Besitz der Her- 
zöge von Sommersett und 1552 in den der Herzöge 
von Bedford, denen er noch gehört. In alten Zeiten 
war er ein Weideplatz. Später siedelten sich aller- 
hand Verkäufer hier an und erbauten auf ihre Waare 
bezügliche Läden und Häuser. 
es aber Gärtner, 


Hauptsächlich waren 
welche ihr Gemüse, ihre Früchte 
und später auch ihre Blumen und Pflanzen feilboten 
und dazu besonders die Mitte einnahmen, 
ein Theil herum durch Art bedeckter 
Kolonnaden mit anstossenden Gebäuden (Piazza’s) 
verschönert wurde. 


während 
rings eine 
Gerade dieser Theil war eine 
Zeit lang der Aufenthalt der vornehmen Welt Lon- 
dons; manche der grössten Würdenträger und sonst 
der hohen Aristokratie Englands hatten hier ihren 
zeitweiligen Aufenthalt. 

Der Blumen-, Frucht- und Gemüse-Markt des 
CGoventgardens nahm von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu, 
ohne dass aber etwas geschah, weder für die Käufer, 
noch für die Verkäufer. Man hatte sich allmählig 
an die Unbequemlichkeiten eines urwüchsigen Zu- 
standes gewöhnt, bis die neueste Zeit mit ihren An- 
forderungen herankam. Es wurde zwar im Jahre 1831 
ein Gebäude hergestellt, was aberkeineswegs entsprach. 
Mit der Zeit wurden schliesslich die benutzten Räum- 
lichkeiten so schlecht, dass, wie ein Berichterstatter 
in Gardeners Chroniele sagt, der Aufenthalt in ihnen 
für Menschen und Pflanzen 
schlecht war. Endlich 


und 
sah der jetzige Besitzer. des 


sleich ungesund 


112 


Goventgarden, der Herzog von Bedford, dass 


dem abgeholfen werden müsste. 


ein, 


Es ist ein Vortheil der jetzigen Zeit, dass man 
zwar oft lange Zeit gebraucht, um einen Uebelstand 
einzusehen, wenn es aber einmal geschehen und es 
zu einem Entschluss gekommen ist, so geht es auch 
nun um so rascher. Was man will, ist dann oft mit 
einer bewundernswerthen Schnelligkeit hergestellt. Es 
wurden 3 Häuser am Coventgarden, 
der Westseite 
serissen., 
srossartiges Gebäude herbeizuschaffen. 
stellt 
welche jetzt überhaupt existiren mögen. 
Bau, der dem Bedford, 
den Erbauern, Ehre macht. 

Das Gebäude nimmt einen Flächeninhalt von 
16.000 Quadratfuss ein und ist eine Art Glaspalast, 
hauptsächlich aus Eisen und Glas bestehend, was 


und der Wellingtonstrasse 


um zunächst den nöthigen Raum 


an weg- 


für ein 
Es ist fertig 
Blumenhallen 
Es ist ein 
aber 


und eine der sehönsten dar, 


Herzoge von auch 


beides auf steinernen Grundmauern, aus Backsteinen 
erbaut, ruht. An den Seiten hat nur eine Höhe 
von 19 Fuss, während die des Daächfirstes 54 Fuss 


es 


beträgt. Den Eingang bildet eine der Giebelseiten 
und liegt in der Richtung der Wellingtonstrasse. 
Alles ist geschehen, um es im Gebäude Käufern und 


Verkäufern bequem zu machen. Man kann für das 
ganze Jahr sich einen bestimmten Stand miethen oder 
man zahlt tageweise, so lange als es einem beliebt. 
Tische und Stellagen sind zwar vorhanden, es ist 
aber Jedem freigestellt, sich ausserdem einzurichten, 
wie er will. Im Allgemeinen ist übrigens diese Blu- 


ımenhalle nach den Markthallen in Paris angelegt. 


(Schluss folgt.) 


Artemisia_ Stelleriana 
und ihre Verwendung. 


Vom Hof-Gärtner Jäger in Eisenach. 


Seite 390 der Wochenschrift von 1871 heisst 
es in einem Auszuge des „Refugium botanieum” von 
Artemisia Stelleriana: „ebenfalls ein Halbstrauch —. 
Er muss bei uns gleich den Alpenpflanzen in Töpfen 
sezogen werden” u. Ss. w. Dieselbe Pflanze wurde 
sehon im 10. Jahrgange der Wochenschrift, Seite 84 
besprochen, wobei erwähnt wurde, sie könne in der- 
selben Weise verwendet werden, wie Centaurea ra- 
zusina (eandidissima) u. a. was richtig 


m., zanz 


und zwar aul 


ist. Da die neueste Erwähnung in diesen Blättern 
von dieser Pflanze und deren Verwendung einen 
ganz falschen Begriff gibt, ferner der Umstand, dass 
mir erfahrene Gärtner sagten, sie hätten 
Artemisia Stelleriana, ihrer Unbrauchbarkeit 
zur Dekorationsgärtnerei wieder beseitigt, veranlasst 
mich, an dieser Stelle diese Pflanze etwas näher zu 
betrachten und ihren Werth Nutzen für 
Dekoration festzustellen. 


mehrere 
wegen 


und die 


Zuerst muss bemerkt werden, dass A. Stelle- 
riana eine vollkommen harte Staude ist, welche selbst 


bei der grössten Kälte nicht leidet. Sie stirbt bis 
auf den vielverzweigten liegenden Wurzelstock ab, 


und treilt aus diesem eine Menge Stengel, wovon 
der grösste Theil unfruchtbar ist, d.h. keine Blüthen 
bekommt, für die Verwendung sehr vortheil- 
haft ist. Pflanzt man ein bewurzeltes Stück in guten 
Boden und lässt nur einen Stengel stehen, dann er- 
reicht dieser bis zum Herbst eine Höhe von 3—4 
Fuss frostfrei durchwintert, vielleicht 
nicht absterben. Daraus erklärt sich der Irrthum 
mit dem „Halbstrauch’”. Ohne künstliche Nachhülfe 
werden die Stengel selten über 1 Fuss hoch, da sie 
sich umlegen. Zu Teppichbeeten werden dieselben 
noch niedriger entspitzt, verzweigen sich und bilden 
bald eine dichte weisse Blüthenmasse. Die Blätter 
sind unregelmässig eingeschnitten, meist halbgefiedert 
oder leierförmig. Durch das Weiss schimmert ein 


was 


und würde, 


wenig Grün. 

Mit Ausnahme von Centaurea candidissima, wird 
Artemisia Stelleriana von keiner zu Teppichbeeten 
verwendeten Pflanze übertroffen, oder auch nur er- 
reicht. Ich halte sie nächst der genannten Centaurea 
für die beste weissblätterige grössere Pflanze. —Schmale 
Zeichnungen von regelmässig künstlicher Form kön- 
nen damit allerdings nicht gebildet werden. Für den 
Teppichgärtner giebt es aber keine nützlichere, weisse, 
höhere Teppichpflanze: und was im Vergleich 
zu ÜCentaurea eandidissima abgeht, wird durch die 
Leichtigkeit der Anzucht und Kultur ersetzt. Sie ist 
unter den höheren Pflanzen das, was Cerastium to- 
mentosum unter den niedrigen ist. Durch Theilung 
und Stecklinge kann man von einer Pflanze in einem 
Jahre Hunderte von Exemplaren heranziehen. Grössere 
Beete nicht jedes Jahr umgepflanzt, wohl 
aber im Frühjahr etwas aufgefüllt, indem die liegen- 
den Stengel oft blos werden. Durch das Auffüllen 
bewurzeln sich alle Triebe. 


ihr 


werden 


Verlae von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


ochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 
; Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


0 Berlin, den 13. April wa Dog anior= JRR) 


No. 15. 


Preis des Jahrganges 5% 'Ihlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen 


Staaten und das Fest seines funfzigjahrigen 


Bestehens. — Revue hortieole. 1870—71. — Die neue Blumenhalle in London. (Schluss.) 
Der Verein | herzustellen. Bei der Empfänglichkeit des ganzen 


deutschen Volkes für etwas Höheres, war ein Jahr 
zur Beförderung des Gartenbaues schon genug, um in der Vereinigung gewerbthätiger 

in den Königl. Preussischen Staaten Männer mit den Jüngern der Wissenschaft die grossen 
und das Fest seines funfzigjährigen Bestehens. Vortheile für die u: = SI aunEn! Minister Frei- 
herr v. Altenstein hatte sich hier kaum von den Vor- 

Preussen wurde gross durch seine innere Ent- | theilen einer solchen Vereinigung überzeugt, als er. 
wickelung. ‘Es hatte aber auch das Glück, zu jeder | ein grosser Verehrer der Pflanzenkulturen, nicht 
Zeit Männer von besonderer Begabung zu besitzen, 
welehe: sich diese innere Entwickelung vor Allem | daran dachte, den Gartenbau ebenfalls durch Ver- 
angelegen sein liessen und bald nach dieser, bald | einigung praktischer Männer mit Theoretikern zu ge- 
nach jener Seite hin zu fördern suchten. Das Stre- | meinschaftlichem Wirken dem Volke zugänglieher 


weniger, als der botanischen Wissenschaft, auch 


ben dieser Männer war, zunächst allen Einrichtungen | zu machen, aus dem vermehrten Anbau vom Obst 
im. Staats- und Volksleben sichere, auf unumstöss- | und Gemüse die bereits - vorhandenen Nahrungs- 
lichen Naturgesetzen fussende Grundlagen zu geben, | quellen zu erweitern und schliesslich auch dureh 
dann erst aber auf diesen weiter zu bauen. In kei- | Verschönerung der nächsten Umgebung mit Pflanzen 
nem anderen Staate stand und steht jetzt noch Volks- | auf die zemüthliehe Seite des Menschen einzuwirken. 
bildung und Wissenschaft auf so hoher Stufe, als in Zu derselben Zeit, des Anlanges der zwanziger 
Preussen, nirgends wurde und wird noch wissen- | Jahre, hielt sich zeitweilig der Freiherr v. Vincke, 
schaftlichen Prineipien so sehr gehuldigt, als wiederum 


Oberpräsident der Provinz Westphalen, in Berlin auf 
in: Preussen. Zu diesen besonders begabten Män- | und verkehrte viel und oft mit dem Minister Frei- 


nern »gehörte ‚ein halbes Jahrhundert zurück der | nerın v. Altenstein. Auch Fieiherr v. Vineke 


Minister Freiherr v. Altenstein in Berlin. sehörte zu den bereits erwähnten Männern, welche 

Im Jahre 1821 wurde der Verein zur Beförde- | sieh, ebenfalls bei grosser Begabung und bei vielen 
rang des Gewerbfleisses in den Königl. Preussischen | Kenntnissen, der Volkswohlfahrt gewidmet hatten. 
Staaten zu Berlin ins Leben gerufen. Zweck war | Für Alles das, was sein Freund und Gesinnungs- 
wiederum, dem Gewerbfleisse rationelle Grundlagen | genosse Freiherr v. Altenstein ihm über seinen 
‘zu geben und eine Verbindung der Praxis mit der | Plan hinsichtlich des Gartenbaues mittheilte und zur 
Wissenschaft 'durch die ganzen preussischen Lande | Ausführung zu bringen gedachte, war er in hohem 

15 


114 


Grade empfänglieh. Es wurden alsbald speciellere Be- 
rathungen gepflogen über die Gründung eines Vereines, 
der die Förderung des Gartenbaues in den Königlich 
Preussischen Staaten sich zur Aufgabe setzensollte. An 
Dr. 

und &rosser Gartenfreund, 


ein 
ANn- 
eine Art Statu- 
sobald 


ihnen nahm auch Granz auf Brusenfelde, 


tüchtiger Landwirth 
theil. 


ten auszuarbeiten, 


Dieser letztere übernahm es, 


welche man, man noch 
eine Reihe tüchtiger Männer zewonnen haben würde, 
als Grundlage vorlesen wollte. 

Damals existirte bereits schon jenseits des Ka- 
nales, im Inselreiche, seit fast zwei Jahizehnten ein 
Verein. der ebenfalls sieh zur Aufgabe gesetzt hatte, 
den Gartenbau zur Volkssache zu machen, und in 
bedeu- 


tenden Erfolgen zekrönt worden war: Der Garten- 


seiner Thätigkeit über ein ganzes Land mit 


bau-Verein in London. Es waren hier eben- 
falls, und zwar schon im Anfange dieses Jahr- 
hunderts, eine Reihe von Männern, aus den vor- 


nehmsten Ständen und aus dem Gelehrtenstande so- 
wohl, wie aus der gärtnerischen Praxis, zusammen- 
getreten, um Liebe zu Pflanzen und Blumen zu för- 
dern, zu gleicher Zeit aber auch den Gärtnerstand 
zu heben und ihn damit auch befähigter zu machen, 
durch seine Kunst aul den Menschen veredelnd ein- 
zuwirken. 

in London stand in den 
ziger Jahren auf der höchsten Höhe und hatte eine 
so bedeutende Thätigkeit an den Tag gelegt und 
konnte sich soleher Erfolge rühmen, dass es natür- 
lich war, die Männer, welche in Berlin sich 
zu gleichen Zwecken vereinigen wollten, sich mit 
jenen jenseits des Kanales in Verbindung setzten 
und sich Raths erholten. Auch der Verein zur Be- 
förderung des Gartenbaues in den Königlich Preussi- 
schen Staaten wollte der Vermittler der grösseren 
Intelligenz in schon 
Residenz der 


Dieser Verein Zzwan- 


wenn 


damals rasch wachsenden 
deutschen Kaiser mit den 
Provinzen sein, er wollte ferner in allen diesen sich 
Kenntniss von dem Zustande des Gartenbaues zu 
veıschaffen suchen, das Gute, was in der einen vor- 
handen, auch den übrigen zu Theil werden lassen, und 
Das sollte, 
beständigen Verkehr 
die 


der 
späteren 


umgekehrt die Mängel beider beseitigen. 
in England, 
sich durch das Wort, 
veschehen. 

Der Plan dieser Vereinigung, welche den 
Zweck hatte, den Gartenbau in den Königl. Preussi- 


wie dureh 


aber auch durch Schrift, 


zu 


schen Staaten zu fördern, wurde allgemein mit 
lreuden begrüsst, so dass man schon alsbald zu 
seiner Gründung vorgehen konnte. Der damalige 


Minister des Innern, v. Schucekmann, hatte eben- 


‚ halben seinen Einfluss zur Geltung brachte. 


unter 


| 


falls ein hohes Interesse für die Sache kund ge- 
geben. Am 18. Juni 1822 wurden an Allerhöchster 
Stelle die Statuten zur Bestätigung eingereicht und 
schon am 4. Juli erfolgte die Kabinetsordre des 
Königs Friedrich Wilhelm II., mit Privilegien, wie 
sie wohl kaum je einem anderen Vereine be- 
willigt worden sind. Der Verein bekam zu seinen Ver- 
sammlungen ein Lokal, erhielt das Recht der Be- 
nutzung botanischen Gartens, des Herbariums 
und der dazu gehörigen Bibliotheken, durfte sich 
eines öffentlichen Dienstsiegels bedienen und erlangte 
schliesslich Portofreiheit. 

Unter solehen Auspicien, zu denen später noch 
die Uebernahme des Protektorates von Seiten König 
Friedrich Wilhelms Ill. hinzukanı, konnte ein Verein, 
dem in jeder Hinsicht bedeutende Krälte zu Ge- 
bote standen, nicht allein gedeihen, er musste 
auch sogar in der ersten Zeit seines Bestehens schon 
nicht unbedeutende Erfolge haben. Gegen 100 Mit- 
slieder fanden sich bereits bei seiner ersten Ver- 
sammlung, am 1. December 1822, ein; ein Jahr 
später war die Zahl der Mitglieder bereits auf 532 
gestiegen. Diese ausserordentliche Zunahme hatte 
man besonders der ausserordentlichen Thätigkeit des 
Freiherrn v. Vincke zu verdanken, der bei seiner 
xrossen Bekanntschaft durch ganz Preussen, auch allent- 
Nicht 
allein Personen aus allen Ständen traten bei und 
betrachteten es als eine Ehre, Mitglied eines solchen 
Vereines zu sein, selbst königliche Behörden, wie 
die sämmtlichen Regierungen der Provinzen, der 
Magistrat von Berlin u. s. w. erachteten es ebenfalls 
nicht unter ihrer Würde, dem Vereine zur Beförde- 
rung des Gartenbaues anzugehören. 

Es dürfte um so mehr nicht ohne Interesse sein, 
die Männer, welche hauptsächlich um die Gründung 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues grosse 
Verdienste sich erworben haben. nach Verlauf eines 
halben Jahrhunderts etwas näher kennen zu lernen, 
als viele von ihnen erst vor Kurzem gestorben sind 
und manchem Leser der Wochenschrift noch im 
besten Andenken stehen werden. Ausser den be- 
reits genannten Männern sind aus der höheren Be- 
amtenwelt noch 3 zu nennen, welche auf die rasche 
Entwickelung des Vereines grossen Einfluss aus- 
geübt haben: die Geheimen Öberfinanzräthe Ludolf 
und Ransleben, so wie der Geheime Oberregie- 
rungsrath Bethge. Letzterer und ersterer leiteten 
den Verein als Vorsitzende manche Jahre.: 

Unter, den Gelehrten stehen 2 Männer, lange 
Zeit grosse Zierden der Berliner Universität: die 
Professoren der Botanik, Link, und der.Chemie, 


des 


11 


Hermbstädt, oben an. Von den praktischen 
Gärtnern ist vor Allen der spätere General-Garten- 
direktor Lenne&, ein Mann von seltenem Geiste und 
noch grösserem Schönheitsgetfühle, zu nennen, ausser- 
dem aber auch der damalige Inspektor des botani- 
schen Gartens, Otto, so wie die beiden Hofgärtner 
Ferd. Fintelmann und Braseh, ferner unter den 
Handelsgärtnern nicht weniger als 3Bouche's und 
der erst vor wenigen Jahren verstorbene Louis 
Mathieu. Dazu kamen, ausser dem schon oben 
genannten Dr. Cranz, noch der Gutsbesitzer Werk- 
meister, der Justizrath Burchhardt in Lands- 
berg a. d. W., der sich durch seine Monographie 
der Haselnüsse ein bleibendes Verdienst erworben 


hat, auch ausserdem ein bedeutender Obstkenner 
war, und endlich der schlichte Berliner Bürger 
Kecht, ein Lackirer seines Geschäftes, der aber 


die Behandlung des Weinstockes, hauptsächlich um 
sute Tafeltrauben zu erziehen, auf eine so rationelle 
und auch erfolgreiche Weise betrieb, dass seine 
Methode selbst am Rheine Anerkennung fand. 

Wie aus dem eben Mitgetheilten ersichtlich ist, 
kann man dem Verein zur Beförderung des Garten- 
baues in den Königl. Preussischen Staaten keines- 
wegs als eine Vereinigung von Zunftgenossen, also 
hier von Gärtnern, wo nur deren Interessen 
treten werden, betrachten: es nahmen Laien aus 
allen Ständen, nicht weniger Gelehrte, Antheil, denn 
Pflanzen- und Blumenzucht gehören allen Menschen, 
wie jede Kunst. Wie die Kunstvereine demnach 
zum Theil aus Laien bestehen, so war es auch bei 
dem Vereine zur Beförderung des Gartenbaues der 
Fall. Die Zahl der Laien ist sogar bei dem letzteren 
von Anfang an überwiegend gewesen und ist es 
noch. Unter 92 Männern, welche im Jahre 1823 
ihm beitraten, befanden sich sogar nur 12 Gärtner. 
Ein gleiches Verhältniss von Zunftgenossen und 
Laien findet auch mehr oder weniger bei allen 
Gartenbau-Vereinen des In- und Auslandes statt; es 
wird auch so lange bleiben müssen, wenn gleiche 
Erfolge, wie wir sie bis jetzt erhalten haben, er- 
reicht werden sollen. Keineswegs schliesst dieser 
Umstand aus, dass auch nur Gärtner zu einem Ver- 
eine zusammentreten können, ihre Interessen 
besser zu wahren. Da wo viele Fachgenossen zu- 
sammenleben, wie in Berlin, kann es sogar ein ge- 


Ver- 


um 


rechtfertigtes Bedürfniss werden. Eine solche In- 
teressen-Vertretung mag wohl auch dem kühnen 


Erfurter Projekt eines Vereines zur Beförderung des 
Gartenbaues in Deutschland, was, ohne auch nur 
im Geringsten über die nöthigen geistigen und ma- 
teriellen Hülfskräfte verfügen zu können. über Nacht 


5) 


ins Leben serufen werden sollte, zu Grunde gelegen 
haben. 

Ein so reges Leben und eine so innige Theil- 
nahme der Laien sowohl, wie der Fachgenossen, als 
in dem eısten Jahrzehnte der Wirksamkeit des Ver- 


eines zur Beförderung des Gartenbaues. wo aller- 
dings noch keine Zerstreuung und Theilung der 


Kräfte durch andere, namentlich landwirthsehaftliche 
Vereine stattfand, herrschte, ist später bei aller An- 
Trotz 
aber auch 


strengung nie wieder erreicht worden. aller 
hat 
ferner noch segensreich gewirkt und nicht unbedeu- 
tende Resultate erreicht, die Nachwelt 
anerkennen wird und auch anerkannt hat. Der Ver- 
ein wirkt auch ferner noch bei seinen sehr geringen 
Mitteln, er wird der Aufgabe , 
nun einem halben Jahrhunderte gestellt, auch weiter 
treu bleiben. Doch 
der ersten Zeit seines Bestehens zurück. 


erschwerenden Umstände der Verein 


die gewiss 


welche er sieh vor 


noch kehren wir nochmals zu 

Wer die ersten Bände der Verhandlungen des 
Vereines mit Aufmerksamkeit gelesen hat. wird auch 
die Rührigkeit und die Aufopferung der Mitglieder, 
aber auch die gelungene Durchführung alles dessen, 
was man im Interesse des Gartenbaues be- 
fand, bewundern. Laien, Gelehrte und Gärtner wett- 
eiferten mit 
Förderung des Gartenbaues. Jeder wollte 
theile in der Kultur der Pflanzen u. s. 


er durch wissenschaftliche Forschungen 


für gut 


damals einander in den Beiträgen zur 


Vor- 
., welche 


die 
W 
dureh 
lange Erfahrung bei seiner Behandlunz derselben er- 
halten, auch dem Andern mittheilen. 
verschiedenheiten 


oder 


Wo Meinungs- 
durch 
bisweilen selbst mehrfach wiederholte Gutachten aus- 
seglichen. Wo dunkler Punkt 
Gartenbau zu beleuchten war, wurden Aufgaben darü- 


entstanden , wurden diese 


irgend ein in den 


ber zestellt, und denen, welche so slücklich waren, 


sie auch nur annähernd zu lösen, bisweilen nicht 


geringe Preise als Belohnung überreicht. 
Die ersten Thaten., 
Beförderung des Gartenbaues 


mit denen der Verein zur 


hervortrat, waren die 
Gründung einer Gartenbauschule und einer Landes- 
von dem Professor 


baumschule. Die erstere wurde 


‘ Link als eine Nothwendiekeit, wenn der Gartenbau 


Fortschritte machen sollte, bezeichnet. Nach ihm 
war die geringe Bildung ausübender Gärtner das 


hauptsächliehste Hinderniss für die Durchführung der 
Vereinszwecke. Nur junge Leute, welche eine ihrer 
Kunst entsprechende Bildung haben, können in den 
Provinzen wirken und, besonders unter den Gutsbe- 
Dann 
vermögen sie auch insoweit ihren Einfluss zur Gel- 
tung zu bringen, dass mehr Sorgfalt 


sitzern, Liebe zu Pflanzen und Blumen fördern. 
auf die Ver- 


A* 


15 


116 


sehönerung ihrer nächsten Umgebung verwendet 
wird, dass ferner hübsche Gärten und Parks angelegt 
werden. 

Eine Landesbaumschule regte Lenne& Ein 
längerer Aufenthalt in Paris hatte ihn mit den gross- 


an. 


artigen Anlagen des in Frankreich damals und auch 
jetzt noch hochgeachteten Pflanzenliebhabers Sou- 
da- 


dureh auch Gelegenheit geboten, den Einfluss dieser 


lange-Bodin bekannt gemacht. Es war ihm 


Anlagen auf ganz Frankıeich zu beobachten. 
In Deutschland , in 
Baumschulen 


wo den zwanziger Jahren 
von irgend einer Bedeutung noch zu 
den Seltenheiten gehörten, war das Bedürfniss um 
desto grösser. Wollte man beispielsweise Wege mit 
Alleen in nur einigermassen grossartigem Massstabe 
anlesen oder bedeutende Pllanzungen in weitläufigen 
Anlagen machen oder endlich grosse Obstgärten ein- 
richten, so war es damals gar nicht möglich, das 
Material oft 


vieler Jahre, bevor es nur einigermassen gelang. 


nöthige herbeizuschaflen; es bedurfte 


Die Liberalität der Regierung bei der Gründung 
In 
ent- 


dieser Anstalten ist nicht genug anzuerkennen. 


wie weit diese Anstalten den Anforderungen 


sprochen haben, liegt uns hier auseinander zu setzen 
einen 
die ganze Thätigkeit des 


nicht unsere Absicht, 


ausführlichen Bericht über 


lern. Eben so ist es 
Vereines zur Belörderung des Gartenbaues zu geben, 
Vorarbeiten 
der hätte 
seschehen können, auch in diesen Blättern der hier- 
Wir 
wo das Fest seines 50jährigen Bestehens in 


zumal es bei jetzt nicht genügenden 


doch nicht in wünschenswerthen Weise 


zu nöthige Raum fehlen würde. wollten nur 
jetzt, 
nicht 3 Monaten geleiert werden soll, indem wir über 
der Entstehung des Vereines über 
Thätigkeit Mittheilung machten, auf die 


dieses Festes aufmerksam machen. 


die Gründe und 
seine erste 
Wichtigkeit 

Dieses Fest wird zunächst durch eine grosse 
Pflanzen- und Blumen-Ausstellung verherrlieht. Durch 
die Bemühungen des Vereins-Vorsitzenden ist bereits 
ein ‚sehr günstiges Lokal in dem Garten und in der 
zeräumigen Turnhalle des Wilhelms-Gymnasiums in 
Dieser elegante Stadt- 
oft schon besprochenen 


der Bellevuestrasse gewonnen. 
alle Häuser die 
Vorgärtehen, meist mit den sehönsten Arrangements 
von Pflanzen und Blumen geschmückt, besitzen, hat 
ausserdem noch manche Vortheile, zu denen beson- 
ders die nächste Nähe des Thiergartens gehört. Gute 
hestaurationen, wo man ebenfalls im Freien ungestört 


theil, wo 


zubringen kann, befinden sich ebenfalls in der näch- 
sten Nähe des Wilhelms - Gymnasiums. Ausser der 
sehr geräumigen, heizbaren. und vortheilhaften Turn- 


halle,. stehen noch 11), Morgen Terrain,. was mit 
Jelten überspannt werden kann, zur Verfügung. 
Die Ausstellung soll zunächst eine deutsche’ sein ; 
es schliesst dieses aber keineswegs aus, dass aueh 
Nicht-Deutsche sich betheiligen können, im Gegen- 
theil wird es von Seiten des Vereines sehr gewünseht. 
Es ist bereits gegen ‘das Ende des vorigen Jahres 
ein Programm nebst einem Anschreiben ‚ namentlich 
an alle deutschen Vereine von irgend einer Bedeu- 
tung, versendet worden, wo die erste Kunde von dem 
Feste sowohl, der Ausstellung gegeben 
wurde. In diesem ersten Programme sind nur - die 
Preise aufgenommen, welche der Verein aus seinen 
Mitteln zur Verfügung gestellt hat. Sie betragen ins- 


wie von 


gesammt die runde Summe von 2000 Thalern. Vor 
Kurzem ist ein zweites Programm, wiederum mit 


einem besonderen Anschreiben, ausgegeben worden. 
Darin werden nur die Preise aufgeführt: welehe der 
hohe Protektor des Vereines, der Kaiser von Deutseh- 
land und König von Preussen, die: Kaiserin-Königin, 
die Königin - Wittwe, das hohe kronprinzliche Paar, 
die Ministerien der geistlichen, Unterrichts- und Me- 
dizinal-, so wie der landwirthschaftlichen- Angelegen- 
heiten, und endlieh für Handel und Gewerbe, ferner 
der Magistrat von Berlin und eine grosse Reihe yon 
Pflanzenliebhabern freundlichst zur Verfügung gestellt 
haben. Diese Preise bestehen zum Theil: ebenfalls 
aus Geldpreisen, zum Theil aber auch aus goldenen. 
silbernen und bronzenen Medaillen, :so wie endlich 
aus verschiedenen Kunstgegenständen, so z. B. aus 
Büsten unseres ritterlichen Kaisers. : 

Zur Aufstellung der eingelieferten Pflanzen "und 
Blumen in den Ausstellungsräumen ist zwar jeder 
berechtigt, der Beiträge liefert, er muss sich- aber 
den allgemeinen Anordnungen unterwerfen. „Den all- 
gemeinen Plan wird ein besonderer Ausschuss, be- 
stehend aus dem Hofgärtner Brasch und den Kunst» 


und Handelsgärtnern Boese und. Jannoch, nicht 
allein entwerfen, sondern auch die Ausführung, so 


wie die ganze Anordnung übernehmen. Die Anmel- 
dungen sind dagegen an den Kunst- und Handels- 
särtner Hoffmann zu richten. Anfragen u. S. w., 
die Festausstellung oder auch nur das Fest betref- 
fend, nimmt das Bureau der Geschäftsführung (Fran- 
zösische Strasse 48) an. 

Was das Fest selbst anbelangt, so findet Sonn- 
tag, den 23. Juni, ein gemeinschaftliches Mittagsessen 
in einem noch später zu bestimmenden Lokale statt, 
nachdem vorher die eigentliche Fest-Sitzung im Lo- 
kale des Klubs der Landwirthe abgehalten worden 
ist. An einem. der darauf folgenden Tage wird 
unter Leitung des Vorstandes eine Fahrt nach: Sans- 


117 


souci und den übrigen kaiserlich-königlichen Schlös- 
sern sein. Was ausserdem noch zur Verherrlichung 
des Festes geschieht, wird später durch ein beson- 
deres Tageblatt veröffentlicht werden. 


Revue hortiecole. 
870 —I871. 


Wir haben früher schon berichtet, dass mit der 
Belagerung von Paris auch das Erscheinen der Revue 
horticole eingestellt wurde. Das zweite September- 
Heft ist das letzte, was im Jahre 1870 erschien. Nach 
der Eröffnung der Stadt Paris, und zwar: am 1. April 
des. nächsten Jahres, erschien wiederum ein Heft 
senannter Zeitschrift. Leider brach aber alsbald der 
Aufstand der Kommune aus; damit "wurde ihr Er- 
scheinen von Neuem unmöglich gemacht.: Nachdem 
endlich die Ruhe in Paris auf die Dauer hergestellt 
war, wurde: auch am 1. Juli wiederum ein . erstes 
Heft :der. Revue horticole ausgegeben. Von nun an 


’% 


bis zum:Schlusse des Jahres ist ihr Erscheinen nieht 


mehr unterbrochen worden.. Beide Jahrgänge, 1870 
und: 1871, sind bei den nicht wieder herzustellenden 
Lücken von Seiten der Redaktion zu einem einzigen 
etwas stärkeren Bande — denn es sind 7 Hefte. über 
der gewöhnlichen Zahl von 24 Heften eines Jahres 
ausgegeben — vereinigt worden. 

Die Thätigkeit der Redaktion und. sämmtlicher 
Mitarbeiter der Revue horticole, nieht weniger: als die 
Ausdauer eben bezeichneter Männer, sind im hohen 
Grade anzuerkennen.‘ Trotz aller Leiden und Ent- 
behrungen, welche über die unglückliche Stadt Paris 
verhängt worden waren, hatte das Interesse für Pflan- 
zen und Blumen weder bei Gärtnern, noch bei Laien, 
sänzlich aufgehört; der Gartenbau-Verein hielt selbst 
während der grössten Stürme in der Stadt seine 
Sitzungen und schien die allenthalben auftauchenden 
Leidenschaften versöhnen zu wollen. Es liegen in 
dem Journale des Pariser Gartenbau- Vereines Be- 
richte vor, welche uns in dieser Hinsicht wahrhaft 
in Erstaunen gesetzt haben. Unter solehen Umstän- 
den gärtnerische Gegenstände zu verhandeln, dazu 
zehört. eine Liebe zu Pflanzen und Blumen, wie wir 
sie wohl allgemeiner verbreitet zu haben wünschten, 
aber auch Muth. 

Der Reichthum an Abhandlungen und :Bespre- 
chungen ist in.diesem Doppel-Jahrgange derselbe ge- 
blieben, wie in den früheren; auch Mannigfaltigkeit 
aus den verschiedenen Gebieten der Gärtnerei findet 


| Leider 


man noch vor. Nur etwas, von dem wir wohl ge- 
wünscht hätten; dass es bei dieser Gelegenheit an- 
ders geworden wäre, ist leider ebenfalls geblieben: 
Mangel an genügender Wissenschaltlichkeit , wie er 
bei praktischen und theoretischen Gegenständen sehr 
oft noch vorkommt. Ein soleher Mangel an Wissen- 
schaftlichkeit ist besonders da empfindlich, wo Be- 
lehrung und Aufklärung gegeben werden Die 
Revue horticole ist, so viel wir auch rühmliche Aus- 
nahmen, besonders in der pomologischen Abtheilung, 
sestatten, hier gerade das Gegentheil des in London 
erscheinenden Gardener’s Chronicle, wo man, abge- 
sehen von der im Allgemeinen srösseren Gediegen- 
heit der. grösseren Abhandlungen, sich 
zur Aufgabe gestellt hat. die Leser ausserdem noch 
zu belehren. 

In Berichte 
Pflanzen, welche in der Revue horticole nicht allein 
eine Besprechung, sondern auch eine bildliche Dar- 
stellung erhalten haben, beginnen 
hölzen des freien Landes um 
manche interessante Bemerkungen angeknüpit wer- 
den können. Unter den Koniferen, welche bespro- 
chen sind, ist zunächst die 
Kaempferi(p. 609) zu nennen, ein Bewohner Japans. 


soll. 


es aueh 


unserem über empfehlungswerthe 


wir mit den Ge- 


so lieber, als dabei 


interessanteste Larix 


hält-diese Lärche im Nordosten Deutschlands 
nicht in der Weise aus, dass wir grosse Exemplare 
heranziehen könnten, desto günstiger sind dagegen für 
ihr Gedeihen die Rheinländer, Belgien und Holland. Wir 
sahen im vorigen Sommer in dem früher Ambroise 
Verschaffelt-, jetzt Linden’schen Etablissement in 
Gent ein bis gegen 25 Fuss hohes Exemplar von 
seltener Schönheit inmitten eines Grasstückes. 

Dass die Natur bei der Ausscheidung von For- 
men keine Sprünge macht, und dass diese, wo sie 
scheinbar vorhanden sind, genauer Kenntniss 
ausgeglichen werden, ist unsererseits schon oft aus- 
gesprochen worden. Nur selten lassen sich deshalb 
die Genera stieng von einander scheiden; sie gehen 
meist in einander über. Wird doch selbst schliess- 
lich die Unterscheidung von Juniperus in Thuja 
(einschl. Biota), wenn man alle existirenden Aıten 
umfassen will, nicht leicht. Die Abtheilung Strobus 
des Pinus - Geschlechtes hat Zapfen, welche denen 
der Rothtannen näher stehen , 
Kiefern. 


bei 


als denen der ächten 
Während alle Lärchen auch bei der Samen- 
reife noch festanhängende Zapfenschuppen besitzen, 
so sind sie bei Larix Kämpferi, wie bei den Weiss- 
tannen, abfallend. Wegen dieser allerdings auffälli- 
sen Abweichung aber mit dem Engländer Gordon ein 
neues Genus, halten wir 


Pseudolarix, zu machen, 


‚ trotzdem unsererseits deshalb für nicht sereehtfertigt, 


are” 


da Larix Kaempferi ausserdem Alles hat, was den 
Lärchen eigenthümlieh ist. 

Larix Kaempferi hat im vorigen Jahre in den 
srossen Baumschulen von Andre Leroy in Angers 
seblüht; schon vor einigen Jahren stattlichen 
Bäume haben wir früher gesehen. Ein Exemplar, 
setragen hat, besitzt eine 
und trug in seinem 
kleineren Aeste nicht 
bis 300 Zapfen. Interessant ist, dass 
die sich dagegen, am Ende 
kurzer und seitlicher Aestehen gehäuft, nur an den 
untersten horizontal abgehenden Aesten, die ohnge- 
fähr 5 Fuss vom Boden entfernt sind, befinden. 

Cupressus Mac-Nabiana (p. 155) ist eine 
der C. macrocarpa (resp. Lambertiana) nahe stehende 


die 


nun Samen 
von 16 
Theile 


weniger als 2 


was bereits 
Höhe 


oberen 


bis 17 Fuss, 


am Ende der 


männlichen Kätzchen 


Cypresse des südlichen Kaliforniens, welche leider 
unsere harten Winter nicht aushält, auch in den 
Rheinländern nicht gut zedeihen will, dagegen im 
herrlichen Klima Anjou’s, aber auch im südlichen 


Tyrol, selbst schon in Bozen, eine ansehnliche Grösse 
erhalten kann. Diese Cypresse hat, was wenige 
Leser der Wochenschrift und selbst Laien und Gärt- 
ner, die sie kultiviren, werden, die Eigen- 
thümlichkeit, dass sie, besonders wenn man die ab- 


wissen 


geschnittenen Aeste und Zweige ins Wasser legt 
oder die letzteren mit den Fingern zerreibt, einen 


intensiven Reinetten-Geruch, der besonders im Zim- 
mer angenehm aushaucht. Aber auch 
ausserdem hat sie durch ihren gedrängten, aber nicht, 
wie bei der gewöhnlichen Cypresse, schlanken, son- 
Theile , breiten 


sehr ist, 


dern, besonders am unteren sehr 
Wuchs einen Vorzug vor anderen Arten. 
Von Gupressus Lambertiana (p. 191), die 
nur eine Abart der C. macrocarpa darstellt und eben- 
falls in Kalifornien, aber auch auf dem mexikanischen 
Hochlande, wächst, ist jetzt eine interessante Abart 
“entstanden, auf die wir Liebhaber aufmerksam machen 
wollen. Wenn nämlich die Pflanze nur einigermassen 
die Höhe von gegen 5 Fuss erhalten hat, hört die 
Spitze des Stammes zu wachsen auf, dagegen ver- 
sich die seitlichen Aeste und 
schon bald die Mitte. 


slänzenden braunen Beerenzapfen weniger eine rund- 


grössern überragen 


Auch haben die grossen und 


liche, als vielmehr eine längliche Gestalt. 


Unter dem Namen Tsuga Roezlii hat Car- 
riere (p. 217) eine Schierlingstanne beschrieben, 


welche Roezl in Kalifornien entdeekt hat und sich 


durch abweichende Blattformen und Blattstellungen 
so wesentlich von den übrigen Aıten der Tannen 


unterscheidet, dass man weit eher eine Pinus Bank- 


siana vor sich zu haben glaubt; der Zapfen lässt 


hingegen gar keinen Zweifel, dass die Pflanze wirk- 
lich eine Schierlingstanne darstellt. Die zahlreichen 
Aeste hängen über und sind dieht mit nicht ent- 
wickelten Zweigen besetzt, so dass es scheint, als 
kämen zahlreiche Blätter, wie bei Pinus Banksiana 
oder bei einer Deodara, aus einer S heide heıvor. 
Wir hätten also hier einen Uebergang von den Tan- 
nen zu den Lärchen und ächten Kiefern. Hoffentlich 
wird die Kultur dieser eigenthümlichen Form einer 
Sehierlingstanne später mehr Aulschluss geben. 

Zu den schönsten Blüthensträuchern, die wir der 
unermüdlichen Thätigkeit des vor einigen Jahren ver- 
storbenen Siebold verdanken, gehören ohne Zwei- 
fel die kleinfrüchtigen Apfelgehölze, welche unte: 
den verschiedenen Namen von PirusKaido, Ringo, 
Toringo und Floribunda eingeführt wurden. Wir 


haben zwar in der Wochenschrift schon mehrmals 
auf sie aufmerksam gemacht, aber doch vermisst 


man sie fortwährend in Luxusgärten, wo sie vielfache 
Anwendung finden könnten. In Frankreich scheinen 
diese schönen Apfelgehölze ebenfalls wenig gewür- 
digt zu werden, denn in der Revue horticole kommt 
man ebenfalls auf sie zurück und empfiehlt vor Al- 
lem Pirus oder Malus Floribunda und To- 
ringo (p. 451), von Carriere fälschlich Torringo ge- 
schrieben; P. Toringo ist mehr Strauch als Baum, 
und zeichnet sieh vor ähnlichen. verwandten: Arten, 
besonders der P. baccata, dadurch aus, dass zweierlei 
Blätter vorhanden sind, so dass, wenn man die 
Zweige mit verschiedenen Blättern getrennt vor sich 
hat, man glauben muss, man hätte auch zweierlei 
Arten vor sich. Während die fruchtbaren Jahresäste 
mit elliptischen Blättern besetzt sind, erscheinen 
diese bei den sogenannten Wasserreisern und an un- 
fruchtbaren Zweigen 3lappig. P. Toringo ist nicht 
allein schön, wenn die langen Aeste dicht mit Blü- 
thendolden besetzt sind, sondern die erbsengrossen 
Aepfel von gelbrother Farbe und ohne vom Kelch 
sekrönt zu sein, haben im Spätsommer und im 
Herbste ausserdem noch einen besonderen Reiz. 
Pirus oder Malus floribunda (p. 591) äh- 
nelt zwar. der P. Toringo, wird aber weit grösser, 
und stellt umgekehrt mehr einen kleinen Baum, als 
einen Strauch, dar. Er ist eine Form der P. specta- 
bilis, vielleicht auch ein Blendling dieser mit P. To- 
ringo oder auch mit P. baccata. Während der Blüthe- 
zeit besitzt er wohl die grösste Aehnlichkeit mit der 
Hauptform, blüht aber noch reichlicher. Zahlreiche, 
ziemlich langgestielte Blüthen von anfangs dunkel 
fleischrother, später allmählig heller, zuletzt fast ganz 
weiss werdender Farbe, kommen aus seitlichen Knos- 
pen hervor und sind an der Basis von einigen we- 


N 


nigen srünen Blättern umgeben. Wenn der ganze 
Baum auf diese Weise fast ganz mit Blüthen bedeckt 
ist, stellt er in der That einen Schmuck dar, 
wenige Pflanzen ihn hervorzubringen vermögen. 

Wir haben schon mehrmals der Eigenthümlich- 
keit gedacht, wo eine Birn aus der andern hervor- 
kommt oder wo mehrere Birnen aus einem fleischi- 


wie 


gen schalenförmigen Organ herauswachsen. Ein sehr | 


instructives Exemplar dieser Art theilte uns im vo- 
rigen Jahre Geheime Ratlı Heyder mit. Diese Er- 
scheinung des Hervorwachsens einer Birn aus der 
anderen erklärt sich, wie wir schon einige Mal in 
der Wochenschrift berichtet haben, einfach dadurch, 
dass das, was wir als Apfel und Birn geniessen, 
keineswegs Frucht ist, sondern einen oben ausge- 
höhlten Theil des Fruchtstieles. eben so wie bei der 
Feige, darstellt. Während bei der Feige in dieser 
Höhlung sich aber die Blüthen entwickeln, sind bei 
dem Apfel oder bei der Birn nur die Früchte darin 
eingesenkt und bilden so den sogenannten Kröbs. 
Garriere hat in diesem Doppeljahrgange der 
Revue horticole 2 Birnen abgebildet (p. 95 und 238), 


wo die Stengelnatur des eigentlichen Fleisches der | 


Aepfel und Birnen noch dadurch deutlicher nachge- 
wiesen wird, weil aus der Schale ganze Blattzweige 
und einzelne Blätter sich entwickelt haben. Derglei- 
chen Früchte müssen ein ganz besonderes Aussehen 
haben. Ueber die eine abgebildete Birn, welche er 
aus Spanien erhalten, berichtet er nach ihm gemach- 
ten Mittheilungen, dass der Baum, welcher diese ab- 
normen Früchte hervorgebracht habe, in der Regel 
alle Jahre damit besetzt sei. Man behauptet sogar, 
dass diese Abnormität, wozu diese Birn gehöre, der 
Sorte eigenthümlich sei. 

Dieser Abnormität schliesst sich eine andere an, 
welche einige Kirschen besitzen (pag. 112). 
Kirschen sind, wie alles Steinobst, ächte Früchte, 
deren Schale hier durch Umbildung blattartiger Organe 
entstanden ist. Wer nur einigermassen mit mikro- 
skopischen Untersuchungen vertraut ist, kann sich 
hier sehr bald überzeugen. Die Kirschen aber, 
welche in der Revue hortieole abgebildet sind, ha- 


Die | 


ben auf ihrem Scheitel die Ueberbleibsel eines Kel- | 


ches, wie bei den Aepfeln und Birnen, sind dem- 
nach in wissenschaftlicher Bedeutung keine Kirschen 
mehr geblieben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass 
diese Kirschen eine andere Entstehung haben müs- 
sen, als die gewöhnlichen, und, ähnlich den Aepfeln 
und Birnen, aus einem sogenannten unteren Frucht- 
knoten hervorgegangen sind. Es ist zu bedauern, 
dass keiner der Pariser Botaniker sich dieser inter- 
essanten Erscheinung bemächtist hat, um wissen- 


schaftliche Aulschlüsse zu geben. Leider scheint 
Carriere, dessen Verdienste in gärtnerischer Hin- 
sicht wir vollkommen anerkennen, doch nicht die 
wissenschaftliche Ausbildung zu haben, welehe zu 
solchen Untersuchungen durchaus nothwendig ist. 
denn sonst hätte er nieht versäumt, auch den Blü- 
then einige Aufmerksamkeit zuzuwenden. 

Diese Abnormität, eine Steinfrücht 
Karpellarblättern hervorgegangen ist, 
dieselbe Enstehung hat, wie Kernobst, wurde schon 
im Jahre 1820 an einer Pfirsiche beobachtet und in 
den Verhandlungen der Londoner Gartenbaugesell- 


nicht 
sondern 


dass 
aus 


schaft (im 4. Bande, S. 512) beschrieben. Ein 
gewisser Braddick hatte nämlich einen Pfirsich- 


baum aus China erhalten, wo die sehr gut schmecken- 
den Früchte eine von oben stark zusammengedrückte 
Gestalt 
Spitze etwas 


besassen, ausserdem war die eigentliche 
zeigte blattähnliche 
Organe, ähnlich einem, wie bei dem Kernobste auf- 
sitzenden Kelche. So interessant in 
licher Hinsicht diese Beobachtung war, so verfiel 
doch alsbald der Vergessenheit. Die 
chinesische Pfirsiche (flat peach of China) 


scheint abgestorben zu sein, ohne dass man Sorge 


eingesenkt und 


wissenschaft- 
sie leider 
flache 


getragen hätte, ihre Vermehrung ins Auge zu fassen. 

Um so erfreulicher ist es, dass dieselbe chine- 
sische flache Pfirsiche. vor 52 in 
England eingeführt wurde, neuerdings 
nach Europa gekommen ist und 
des plantes in Paris sich befindet. 
in. der Revue hortieole (p. 111) 
schreibung, 


welche Jahren 
von Neuem 
bereits im Jardin 
Garriere hat 
von ihr eine Be- 
dureh eine illustrirte Abbildung erläu- 
tert, gegeben. 

Diese flache Pfirsiche aus China wurde bereits 
im Jahre 1857 durch den schon mehrmals genann- 
ten Jesuiten-Prediger David in Peking (wenn 
nicht irren) den botanischen Garten nach Paris 
gesendet und existirt noch daselbst, 
jetzt Früchte getragen zu haben, weil die sehr früh- 
zeitig zum Blüthen regel- 
mässig erfroren. Dagegen wurde ein Pfropfreis vor 
mehreren Jahren schon an einen Liebhaber bei Lyon 
mit Namen Luizet abgegeben ist auf seiner 


Unterlage bereits so weit gediehen, dass es im vori- 


wir 
an 


ohne aber bis 


Vorschein kommenden 


und 


sen Jahre nicht allein geblüht, sondern auch Früchte 
getragen hat. Ein Zweig mit Früchten wurde der 
Redaktion der Revue horticole eingesendet und ist 
zur oben erwähnten Abbildung benutzt worden. 


(Schluss folgt.) 


120 


Die neue Blumenhalle in London. 


(Schluss.) k 

Für Fremde ist eine frühe Morgenstunde zur 
Besichtigung am geeignetsten; am besten schon die 
von 5 Uhr, denn da findet das interessante Drängen 
und Treiben derer statt, welche die Produkte nicht 
allein aus den entferntesten Stadttheilen Londons. wo 
Blumen- und Gemüsezucht zetrieben wird, zum Ver- 
nahe 
Kisenbahn bringt in zahlreicher Menge beladene Wa- 
sen mit Pflanzenprodukten aller Art, hauptsächlich 
aus Kornwallis, aus Kent und 
Inseln des Kanales. 


kaufe darbieten wollen, sondern die liegende 


von den englischen 
So gross aber die Massen auch 
sein mögen, welche von dort täglich kommen, so 


reichen sie doch für die 3 Millionen Menschen, welche 


die Riesenstadt bewohnen. noch nieht aus: Nord- 
I'rankreich, besonders die Normandie , ausserdem 
Holland, aber selbst noch entferntere Länder. wie 


Spanien und Nordafrika, liefern hauptsächlich eben- 
falls Gemüse zur Ernährung der Menschen. welche 
l,ondon bewohnen. 

Wenn schon jeder Wochentag überhaupt im 
Allgemeinen Gelegenheit bietet, die geschäftige Thä- 
tigkeit des Menschen auch nach dieser Seite hin zu 
-bewundern, so sind es doch hauptsächlich die Tage 
Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, wo die gröss- 


ten Massen von Pflanzenprodukten herbeigeschafft 
werden. Das Bringen und zum Theil alsbald Weiter- 


karren der Waaren dauert in dieser Weise der höch- 
sten Thätigkeit in der Regel bis 9 Uhr des Morgens. 
Mit dieser Stunde wird es aber allmählig ruhiger: die 
mit den Vulkans - Ge- 
sieht höchstens noch 


»rossen Wagen verschwinden 


stalten. welche sie leiten: man 


sehr kleine Handwagen, welche nur die auserwähl- 
ten Kinder Flora’s herbeibringen 
Töchtern Gärtner geleitet werden. 
Schmutz, welcher bei der Ankunft der ersten grossen 


und von Söhnen 


und der 
Massen unvermeidlich mitgebracht wurde, wird weg- 
seschafltt und verschwindet, um von nun an bis zum 
Abend einer grösseren Sauberkeit Platz zu machen. 
Auch die Menschen, welche von nun an herum wan- 


deln, haben andere Physiognomien, aufdere Kleider, ' 


Die eigentliehen Arbeiter und Tagelöhner haben sich 
zurückgezogen; und nicht allein reinlieh, sondern so- 
sar elegant zekleidete Verkäuferinnen, mehr, als Ver- 


käufer, sind an ihre Stelle getreten und kommen 
hauptsächlich Denen, welche Blumen oder Bouquets 
kaufen wollen, freundlich entgegen. An die Stelle 


des Durcheinanderschreiens und Rufens sind ruhige 
Gespräche zwischen Käufer und Verkäufer getreten. 


‚ heranzuziehen. 


Aller 


Wenn auch nach der Blumenhalle des Covent- 
garden nur die sogenannten Marktblumen gebracht 
werden, unter denen vor Allem Reseda, Lobelien., 
Verbenen, Galceolarien, Fuchsien, Pelargonien, Rosen 
u. Ss. w. sich befinden, so trifft man doch auch bis- 
weilen manche andere Blumen noch, welche der Zu- 
fall hergeführt hat und auch das Interesse des Ken- 
ners in Anspruch nehmen. Die Schönheit und gute 
Kultur der hierher gebrachten Exemplare, wenn sie 
auch nur Marktpflanzen sind, verdient Anerkennung. 
Dergleichen schlecht gezogene Pflanzen, wie sie auf 
die Märkte des Festlandes, bisweilen auch bei uns 
in Berlin, aber noch mehr in Paris, gebracht werden, 
sieht man nieht in London. Jede Resedapflanze des 
Londoner Marktes erscheint in der Blumenhalle stets 
als buschige Pflanze oder als Bäumehen, und würde 
selbst auf jeder unserer deutschen Ausstellungen 
Beifall finden. 

Ganz im Widerspruch mit den sauber aussehen- 
den Blumen stehen die meisten Gärtnereien, wo diese 
Blumen und Pflanzen herangezogen werden. Man sollte 
kaum glauben, dass von solehen Orten etwas Gutes 
hervorgehen könne! Elende Baracken, welche nir- 
zends fest geschlossen sind, oder umgekehrt, wo gar 
keine Luftbewegung möglich ist, heissen Gewächs- 
häuser, die Erde gemachte Löcher nennt man 
Treibbeete. Wir haben, wenn auch in geringerem 
Grade, dergleichen Zustände aber in Paris ebenfalls 
gesehen, selbst in Berlin möchten sie sich hier und 
da vorfinden. Es gehört eine grosse Kunst dazu, 
solche vorzügliche Marktpflanzen an solehen Orten 
Man darf sich aber nicht wundern, 
wenn in London nicht selten unter diesen Umstän- 
den es sich ereignet, dass urplötzlich eine solche 
Gärtnerei von ‘durch Pilze bedingten Krankheiten 
heimgesucht und in der kürzesten Zeit alles, was bis 
dahin mit dem grössten Fleisse und mit äusserster 
Sorgfalt herangezogen worden war, vernichtet wird. 
Diese Unglücksfälle kommen besonders da-vor, wo 
man ‘sieh der Lohe zur Erwärmung bedient. Ehe 
man es ‘sich versieht, ist der gelbe schäumende Pilz 
(Aethalium vaporarium deshalb genannt) vorhanden 
und Alles geht zu Grunde. i 

Diese Beobachtung, dass auch unter scheinbar 
sehr ungünstigen Verhältnissen vorzügliche Kulturen 


in 


‚ hervorgehen können, sehen wir auch anderwärts. 
Die ausgezeichneten Rosen bei der ersten inter- 


nationalen Ausstellung in Mainz waren zum Theil in 


armseligen Baracken: herangezogen worden. 


nuenenstl ; An A 


“r A en 77) \ .r 
1 IH : ' 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse IM. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschr ıft 


Vereines zur Beförderung des Ferne in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pfilanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 16. I Berlin, den 20. April PR 1879. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., Be bei Ben dureh den Buchhandel, als auch franceo durch alle Post- Anstalten 
e des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 28. April, Vormittags a Uhr, Aindet- im „Klub der Landwirike), ann ‚Strasse: No. 48, eine 
Wersezamlung des Vereines statt, wozu die geehrten Betaheden Suse tn 


Inhalt: en ende ‚ Fracht- Erleie Den zur Pi: inzen- len in Berlin am 21. Juni er. betr. — Ueber den 
Tod von Bäumen in Folge verspäteter Nachwirkung des Frostes. — Revue hortieole. 1870—71. (Schluss.) 


Verfügung 
des Königl. Ministeriums für Handel und Gewerbe, 
sem der Sracht bei der am 21. Juni beginnenden Pilanzen-Ausftellung in Berlin betr. 


Dem.Vorstande erwidere ich auf die Eingabe vom 13. d. M., dass ich geneigt bin, 
zu Gunsten der ım Juni er. hierselbst zu veı akihänden Ausstellung von Pflanzen und 
Blumen etc. dahin Anordnung zu treffen, dass die Ausstellungsgegenstände auf den Staats- 
und unter Staatsverwaltung stehenden Eise nbahnen zum Normalfrachtsatze mit den Per- 
sonenzügen befördert und, soweit dieselben unverkauft bleiben, demnächst auf Grund eines 
bezüglichen Attestes des Ausstellungs-Oomites frachtfrei an den ursprünglichen Absendeort 
zurücktransportirt werden. Auch will ich den Privat-Eisenbahn-V erwaltungen die Gewäh- 
rung einer gleichen Vergünstigung empfehlen. 

Die Benutzung der Conteh und Schnellzüge für die qu. Transporte zu gestatten, 
ist dagegen nicht angängig. 

Vor Erlass entsprechender Verfügung erwarte ich übrigens noch die Bezeichnung der 
Adresse, an welche die den Ausstellungsgegenständen beizugebenden Frachtbriefe gerichtet 
sein sollen, sowie die genauere Angabe des für die Ausstellung ın Aussicht genommenen 
Zeitraums. Berlin, den 30. März 1872. 


Der Minister für Handel, «ewerbe und öffentliche Arbeiten. 


Im Auftrage: Weishau pt. 
An \ 


den Vorstand des Vereins zur Beförderung des 
(sartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten hier. 


. Die Adresse der Frachtgegenstände, welche für die am 21. Juni beginnende Pflanzen - Ausstellung 
bestimmt sind, ist: 


An den Ausfchuß für die Pllanzen-Ausftellung 
des Vereins zur Beförderung des HYartenbaues in Berlin, Hellevueflr. 


Die Zeit, in der die Eisenbahn-Erleichterungen stattfinden, ist auf die Zeit vom 10. Juni bis zum 
10. Juli bestimmt worden. 


16 


122 


leber den Tod von Bäumen 


in Folge verspäteter Nachwirkung des Frostes. 
Von Prof. Dr. H. R. Goeppert, 
Direktor des botanischen Gartens in Breslau. 

In der 531. Versammlung des Vereines zur Be- 
lörderung des Gartenbaues am 28. August d. v. J. 
theilte Dr. Bolle mehre Beobachtungen von unge- 
wöhnlich verspäteter Nachwirkung des Frostes 
auf Acer obtusifohum und A. jJaponieum polymorphum 
init, worüber ieh mir einige Bemerkungen erlaube, 
da mir Aehnliches gleichfalls vorgekommen ist. 

Bei unseren Obstbäumen zeigt sich als sicher- 
stes Kennzeichen der Beschädigung durch Frost zu- 
erst die Bräunung des Markeylinders, worauf die der 
Markstrahlen und die der Rinde folgt, 


man am augenscheinlichsten bei theilweise getödteten 


inneren wie 
langen Zweigen aus Längsscehnitten ersehen kann. 
In Folge stärkerer Einwirkung fallen diese ver- 
schiedenen Momente zusammen, so dass man sie in 
der angegebenen Reihenfolge nicht mehr zu unter- 
Bei Koniferen 
diese Bräunung auf die Rmde, fehlt endlich wohl 
bei dem durch Kälte getödteten 
Das für die Stämme sehr nachtheilige 


scheiden vermag. beschränkt sich 


auch ganz, wie 


Buchsbaume. 
Aufspringen der Rinde erfolgt manchmal bis zu einer 
Länge von 2 Fuss, wodurch, wie begreiflich, der 
Stamm entblösst und die Kambialbildung 


sehr an 


diesen und den benachbarten Stellen in Folge schneller 


Austrocknung ganz verhindert wird, wodurch Jüngere 
Bäume endlich eingehen. Bei älteren, namentlich 
Kirschen, Pflaumen, überhaupt Amygdaleen, gewäh- 
ren diese unregelmässig aufgesprungenen, durch den 
ausgetretenen schleimig-gummigen Saft in verschie- 
denen Richtungen befestigten Rindenbruchstücke einen 
zanz eigenthümlichen, ich möchte sagen, widrigen 
Anblick, der diesen Bildungen den dennoch jeden- 
falls höchst unpassenden Namen Baumkrebs ver- 
schafft hat, der somit in Wahrheit als selbstständige 
Krankheitsform gar nicht existirt. Uebrigens wirkt 
diese durch Aufspringen der Rinde erfolgte Ent- 
blössung zunächst viel nachtheiliger, als die tiefer 
sehenden, sich bis in die Holzlagen hinein erstrecken- 
den, auch durch Kälte erfolgenden Spalten, die so- 
senannten Frostrisse, auf die ich hier nicht weiter 
einzugehen beabsichtige. 

Von der unter dem Schutze der Erde 
Schnees befindlichen Wurzel 
rungen wohl nur sehr selten Sie beginnen erst 
über der Wurzel oder dem über dem Schnee 
befindlichen Theile des Stammes und zeigen sich in 
der Achse die Knospen 


und des 


sehen diese Verände- 


aus. 
über 


der ganzen Länge bis in 


| hinein, von deren Erhaltung nun die weitere Ent- 
wiekelung abhängt. Eine gewisse Zahl derselben ist 
durchaus nöthig, um nach ihrem Auswachsen in 
Zweige und Blätter der für ‘das Wachsthum des 
Stammes erforderlichen Kambialbereitung vorzustehen. 
Zuweilen treiben nun solche beschädigte Stämme 
noch aus; man sieht an versehiedenen Theilen des- 
selben Zweige und Blätter, und giebt sich den besten 
Hoffnungen hin; doch auf einmal, oft erst im August, 
vertrocknen die Blätter und der Baum geht zu Grunde. 
| Bei genauer Untersuchung des Inneren, wozu sich 
| mir leider em ganz grossartiges Material im vorigen 
Sommer darbot, sieht man, dass die bereits im Früh- 
Jahre vorhandene theilweise Bräunung der Rinde sich 
nur weiter ausgebreitet hat und überhaupt nur ein 
sehr geringer Theil der Knospen unbeschädigt. ge- 
blieben ist. 

Ein im August 1871 auf genannte Weise plötz- 
lich absterbender Birn-Spälierbaum hatte z. B. von 
den vorhandenen 66 Knospen nur 8 ausgetrieben, 
die-also allein nieht im Stande waren, das erforder- 
liche Kambium zu bereiten. In glücklicheren Fällen 
bedarf es dennoch oft mehrer Jahre, ehe der einst 
erlittene Nachtheil überwunden - wird. Unter allen 
Umständen ist sicher ein Theil des Stammes gleich 
anfangs völlig getödtet worden. 

Der allgemeine Tod erfolgt erst später, so zu 
sagen, sekundär, nachdem die Hülfsmittel erschöpft 
waren, welche die Natur anfänglich zur Besiegung 
der Nachtheile, aber vergebens, aulgeboten hatte. 
Krautartige Gewächse, wie die von mir zu dieser 
Beweisführung einst in Versuch genommenen, dem 
Frost überhaupt erliegenden Orchideen (Calanthe und 
Phajus-Arten; Botan. Zeit. 1871) sterben sicher schon 
während des Gefrierens, wie sich aus der hierbei 
hervortretenden blauen, durch Indigobildung verur- 
sachten Färbung ergiebt, die bekanntlich nicht in der 
lebenden, sondern nur in der todten Pflanze statt- 
findet. 

Indem ich Dr. Bolle ersuche, meine Beobachtun- 
gen gewissermassen als einen Kommentar zu den 
seinigen zu betrachten, sehe ich mich aber noch 
veranlasst, auf eine an derselben Stelle S. 301 ent- 
haltene Bemerkung des Dr. Filly zurückzukommen: 

Der Dr. Filly meint), dass der Schluss, den ich 
aus der oben erwähnten Erscheinung bei genannten 
Orchideen ziehe, nicht recht richtig sei, da durch 
das Frieren in Folge der eingeschlossenen Feuchtig- 
keit die Zellen gesprengt würden und damit bei den 
Orchideen der bis dahin eingeschlossene weisse 
Grundstoff des Indigo durch plötzlichen Zutritt der 
Luft sich blau färben müsse. Dass durch das Spren- 


sen einzelner Zellen einer Pflanze immer auch der | 


Tod derselben herbeigeführt werde, widerspräche der 
Erfahrung. Letztere ist insofern ganz richtig, als die 
Zellen durch den Frost überhaupt nicht zersprengt 
werden, wie ich bereits vor 42 Jahren nachgewiesen 
habe, was von allen späteren Beobachtern bestätigt 
und besonders in der neueren Zeit von Nägeli und 
Julius Sachs noch dureh. interessante Versuche 
weiter festgestellt worden ist. Unter diesen Umstän- 
den kann ich mich natürlich auch nicht bewogen 
fühlen, meine in Rede stehenden Schlussfolgen als 
unrichtig zu betrachten. 

Schliesslich nun noch die Bemerkung, dass unser 
botanischer Garten gegenwärtig in seinem ganzen 
Umfange in den Bereich der zur Erläuterung 
der Baumvegetation bestimmten physiolo- 
sisch-morphologischen Partie gezogen worden 
ist, insofern sie nieht mehr nur aus todten, im Freien 
aufgestellten Exemplaren besteht, sondern man auch 
an lebenden Bäumen, zum Theil in Folge allmählig 
herangereifter, vor Jahren angestellter Versuche von 
ihren normalen und anomalen Verhältnissen geleitet, 
durch genaue Bezeichnungen Einsicht nehmen kann, 
wie von Beschaffenheit der Rinden- und Stammfrost- 
risse, von Verwachsungen, Knollen- und Maserbil- 
dungen, Rinden- und Holzwachsthum auf ent- 
rindeten Stämmen, Wirkungen der sogenannten Ver- 
edlungen auf Mutterstämmen, Pfropflingen u. s. w. 


Revue horticole. 
1870—1871. 


(Schluss.) 

Da wir eben eine Reihe von Abnormitäten bei 
unseren Obstbäumen besprochen haben, wollen wir 
auch des Interesses halber für diese Kulturpflanzen 
noch einige andere Abweichungen von der Regel, 
welche Carriere fleissig für diesen Doppelt - Jahr- 
gang der Revue horticole gesammelt hat, erwähnen. 
Interessant ist zunächst der Sämling einer Pfirsich- 
Mandel, welcher, herangewachsen, so eigenthümliche 
Blüthen hervorbrachte, dass Carriere wohl berech- 
tigt war, diese Form als Amygdalus monstrosa 
zu beschreiben. Die Blüthen haben bei diesem 
Sämlinge so kleine Blumenblätter, dass sie von den 
Kelehabschnitten an Länge übertroffen werden. 
Staubgefässe sind gar nieht vorhanden, dafür haben 
sich aber in der Mitte der Blüthe zahlreiche Stempel 
gebildet, welche sich sämmtlich zu allerdings mehr 
oder minder unvollkommenen Früchten entwickelt 


haben. Dergleichen Fälle bei dem Steinobst, wo 
mehre Stempel in einer Blüthe vorhanden sind, bil- 
den keineswegs eine Seltenheit und sind früher schon 
von uns besprochen worden. Sie kommen beson- 
ders bei Arten mit halbgefüllten Blüthen, so bei der 
sefüllten Süsskirsche, bei dem gefüllten Schwarzdorn 
U. S. w. Bei dem sind 
Abnormitäten der Blüthe 
handen, dass sie die grössere Anzahl bilden. Bekannt- 
lich kommen sie auch bei dem jetzt allgemein ver- 
breiteten Blüthenstrauch Prunus triloba, der übrigens 
nach Carriere Mandeln ähnliche Früchte haben 
soll, vor. 

Eine andere interessante Abnormität einer Pru- 
nus-Art hat Carriere unter dem Namen Prunus 
tenerrima beschrieben. Sie gehört wahrscheinlich 
zu einer der vielen Abarten und Formen, welche 


wir von der Haferpflaume (Prunus insititia) besitzen. 


Vor. letzteren dergleichen 


bisweilen so häufig vor- 


Bei dieser P. tenerrima hat nämlich die Pflaume 
keinen Stein und der Kern liegt in einer in der 


Mitte befindlichen Höhlung. Nach wissenschaftlichen 
Definitionen wäre demnach hier aus einer Steinfrucht 
eine Beere geworden. Wahrscheinlich in Bezug auf 
die dünne Haut, welche den Kern einschliesst, hat 
diese durch die Frucht abnorme Prunus-Art den 
Namen Prunus+tenerrima erhalten. 

Unter dem Namen Prunus insignis hat end- 
lich Carriere einen Sämling der Prunus spinosa 
beschrieben, der bereits schmackhaftere Früchte be- 
sitzt, als der gewöhnliche wilde Schwarzdorn. Auch 
in der äusseren Erscheinung weicht dieser Sämling 
von der Mutterpflanze ab und nähert sich mehr dem 
der Pr. insititia. Carriere schliesst daraus, dass 
unser Schwarzdorn allein die Mutterpflanze unserer 
sämmtlichen Pflaumen-Sorten ist. Dass manche von 
ihm stammen mögen, unterliegt wohl keinem Zwei- 
fel. Ueber die Thatsache selbst und über das Her- 
vorgehen dieses von der Mutterpflanze abweichenden 
Sämlings lässt sich jetzt nichts weiter sagen, da jede 
wissenschaftliche Untersuchung des Faktums fehlt. 

Noch häufiger bilden sich andere Abnormitäten 
bei den gefüllten Pfirsichen in sofern, als an der- 
selben Pflanze in den Blüthen verschiedene Farben 
vorhanden sind. Ein sehr interessanter Fall der Aıt 
ist im vorigen Jahre in der dendrologischen Ab- 
theilung des Jardin des plantes in sofern vorge- 
kommen, als bei einer Persica versieolor, die 
sprünglich weisse und rothgestreifte Blüthen besitzt, 
ein Ast plötzlich nur weisse, ein anderer nur rothe 
Blüthen hatte. Dieser abnorme Fall war um so auf- 
fallender, als beide Aeste mit verschieden gefärbten 
Blüthen an einer und derselben Stelle eines gemein- 

16* 


Ur= 


124 


schaftlichen älteren Astes ihren Ursprung besassen. 


Dass bei gestreilten Blumen, und zwar nicht allein 
bei Pfirsichen, auch bei anderen Pflanzen, wie bei 
Rosen. Azaleen u. s. w., bisweilen einzelne Blüthen 
ganz weiss, andere ganz roth sind, ist übrigens keine 
seltene Erscheinung. Die berühmte York-Laneaster- 
Rose beruht selbst auf dieser Eigenthümlichkeit und 
besitzt in der Hervorbringung und 
Blumen zugleich eine gewisse Konstanz. 


weisser rother 

Etwas Aehnliches beobachtete man seit einigen 
Jahren, und zwar ebenfalls im Jardin des plantes zu 
Paris, mit 2 anderen gefüllten Pfirsich-Sorten, welche 
vor nicht sehr langer Zeit unter dem Namen Persieca 
dianthiflora und rosaeflora durch den 
kannten Reisenden Fortune direkt aus China ein- 
zefühıt worden sind. Bei Exemplare 
haben die Blüthen eine helle Fleischfarbe, während 
bei der anderen dunkelroth gefärbt sind. Es 
kam olt vor, dass bei der Pfirsiche wit helleren 
Blüthen auch einige dunkelrothe und umgekehrt bei 
dieser auch jene vorkamen. Im Jahre 1871 hatten 
aber die Blüthen beider Pfirsichgehölze, die neben 
einander stehen, eine und dieselbe Farbe. 

Von diesen Abnormitäten kommen wir zu be- 
stimmten Arten, und zwar aus derselben Familie der 
Steinobstgehölze, welche Empfehlung verdienen. 
Prunus prostrata Lab. (p. 371) haben wir in 
südlichen Ländern des Orientes vielfach gesehen und 
zwar in solcher Menge, besonders an Bergen, dass 
bisweilen weite Strecken bedeckt wurden. Die lang- 
gezogenen, auf dem Boden autfliegenden Aeste sind 
im Frühjahre bisweilen ganz und gar mit Blüthen 
bedeckt, so dass man die kleinen, allerdings um 
diese Zeit noch wenig entwickelten Blätter fast gar 
nieht sieht. Leider hält Pr. prostrata im Norden 
Deutschlands nicht aus, wohl aber könnte man da- 
für bei uns in Norddeutschland eine sehr ähnliche 
zweite Pflanze, die ebenfalls auf dem Boden sich 
ausbreitet und im Frühjahre mit rothen Blüthen 
dieht besetzt ist, anwenden, da sie sicher unser 
rauhes Klima verträgt. Es ist dieses die Pallassche 
Amygdalus incana, welche aber jetzt Pru- 
nus incana heissen muss und gewöhnlich auch 
von Botanikern mit Prunus prostrata verwechselt 
wird. Sie wächst in Transkaukasien und Sibirien 
und befand sich früher häufiger in den Gärten. 

Wir machen darauf aufmerksam, dass wir in den 
Gärten noch eine dritte Prunus prostrata besitzen, 
welehe weit mehr auf dem Boden sich ausbreitet, 
als die beiden eben genannten Arten, aber weisse 
Blüthen' besitzt. Wenn im ersten Frühjahre noch 
vor dem Erscheinen der Blätter dieser kriechende 


be- 
dem einen 


sie 


Strauch dieht mit weissen Blüthen besetzt ist, hat 
es in der That bisweilen das Ansehen, als wäre die ganze 
Fläche mit Schnee bedeckt. Diese weissblühende 
Prunus prostrata der Gärten wächst in Nordamerika 
und ist schon von Linne als Prunus pumila (nicht 
zu verwechseln mit Amygdalus pumila) beschrieben 
worden. Sonst führt sie noch die Namen Prunus 
Susquehanae Willd. und depressa Pursh. Die 
weissblühende Prunus-Art mit einer der beiden roth- 
blühenden Arten zusammengepflanzt, würde einen so 
natürlichen Teppich geben, wie er nicht besser durch 
die Kunst hergestellt werden könnte. 

Den Obstgehölzen schliesst sich die chinesische 
Götterpflaume (Diospyros Kaki Thunb.) an, welche 
Carriere wiederum unter emem neuen Namen, und 
zwar als D. costata (p. 410 mit einer sehr hübschen 
Abbildung) veröffentlicht hat. Leider hält dieses 
Obstzehölz bei uns nicht aus, während es an vielen, 
auch. nördlich gelegenen Orten Frankreichs, eben so 
in Südtyrol, sehr zut gedeiht, aber hinsiebtlich der 
Früchte nicht besonders geachtet wird. Wir haben 
keine also kein Urtheil 
darüber abzugeben, kennen aber die aus dem Mor- 


noch genossen, vermögen 


zenlande (Diospyros Lotus L.), welche frisch das 
Ansehen einer Reneklode besitzt. Als solche wird 


sie aber nicht gegessen, sondern sie muss erst, ähn- 
lich der Mispel, durch Liegen teig werden. Dann 
hat sie eine grauschwarze Farbe und kommt unter 
dem Namen der schwarzen Dattel (Karachurma) auf 
die Märkte. Die chinesische Götterpflaume hat da- 
gegen die Grösse und die Farbe einer Aprikose, nur 
dass sie meist kantig erscheint — ein Umstand, der 
Garriere bestimmte, seiner angeblich neuen Pflanze 
den Beinamen costata zu geben. Wir bemerken 
bei dieser Gelegenheit, dass sowohl die morgen-, 
als die abendländischen Götterpflaumen (Diospyros 
Lotus und virginiana) bei uns sehr gut aushalten und 
stattliche kleine Bäume darstellen. 

Als Juglans intermedia quadrangulata 
hat Carriere eine Form der Juglans nigra beschrie- 
ben und abgebildet (p. 494), wo die Früchte eben- 
falls eine etwas viereckige Gestalt haben. Sie soll 
aus dem Samen einer Juglans regia heterophylla, mit 
der sie aber nichts gemein hat, hervorgegangen sein. 
Wir bezweifeln es mit andern Botanikern. Wahr- 
scheinlich gehörte der Same einer Juglans intermedia, 
d. h. einem Blendlinge zwischen J. nigra und regia, 
an und die daraus hervorgehende Pflanze ist, wie es 
oft geschieht, in die eine der Stamm-Eltern zurück- 


gegangen. 


Raphiolepis ovata, ein Blüthenstrauch aus 
Japan (S. 348), wird in der Revue horticole lür das 


| 


freie Land empfohlen. Leider hält er bei in 
Norddeutschland aber nicht aus, bildet dagegen einen 
brauchbaren Strauch für das Kalthaus. In den Rhein- 
ländern möchte er für sein Gedeihen jedoch ein bes- 
seres Klima finden, weshalb Versuche daselbst wün- 
schenswerth sind. Die weissen Blüthen bilden, wie 
bei den Felsenbiın- (Amelanchier-) Arten eine ei- 
runde Traube, treten aber 
Grün der Blätter mehr hervor. 
Mai und Juni. 


uns 


aus dem lebendigeren 


Sie erseheinen im 


Abelia tritlora (p. 510 mit einer kolorirten | 


Abbildung) ist gewiss die schönste dieses Geschlech- 
tes aus der Familie der Caprifoliaceen, hält jedoch 
noch weniger aus, als die anderen Arten, denn sie 
wächst in Gebirgen Ostindiens. 
ist sie aber wiederum wegen ihres Blüthenreichthu- 
mes für das Kalthaus zu empfehlen. Zahlreiche röth- 
lieh-weisse Blüthen stehen zu 3 zusammen, bilden 
aber ausserdem am Ende der kurzen, rasch auf ein- 
ander folgenden Zweige einen ziemlich dichten Blü- 
thenstand. 

Staphylea colchiea (p. 257) wächst im alten 
Kolchis, d. h. im westlichen Transkaukasien, und 
ähnelt der gewöhnlichen Pimpernuss (St. pinnata) un- 
gemein, hat aber etwas grössere Blüthen von weisser 
Farbe. Da der Strauch bei uns sehr gut aushält, 
ist er zu Anlagen und in Gärten um so mehr zu 
empfehlen. 

Die gefüllte Abart des gemeinen falschen Jas- 
mins (Philadelphus coronarius p. 305) ist bei uns 
last gar nicht bekannt, so sehr sie auch Verbreitung 
verdient. Die Blüthen haben das Eigenthümliche, 
dass die Blumenblätter sich nie vollständig öffnen 
und flach legen, so dass diese der ganzen Blüthe das 


2 


Nichts desto weniger | 


Ansehen eines kleinen Röschens, oder noch mehr 


das einer gefüllten Ranunkel, ertheilen. Möchte man 


in unseren Gärten deshalb mehr Aufmerksamkeit auf | 


diese Abart verwenden, als es bisher der Fall ge- 
wesen ist! 

Im Jardin des plantes zu Paris sind 2 Ampelo- 
psis-Arten mit fleischigen Wurzeln direkt aus China ein- 
geführt und in der Revue hortiedte (p. 16) als Ampelo- 
psis tuberosa und napiformis beschrieben und 
zum Theil abgebildet worden. Die gegebenen unzu- 
reichenden Abbildungen, eben so wenig die Be- 
schreibungen, haben es uns sehr schwierig gemacht, 
sie näher zu bestimmen. Auf jeden Fall ist nach 
unseren Vergleiehungen, die eine, von der Blätter ab- 
gebildet sind, wohl kaum von Vitis serjanaefolia 
(Ampelopsis) Bge, welche wir bereits in 
Dendrologie (p. 558) aufgenommen haben, verschie- 
den. Dass das grosse Genus Vitis, zu dem Ampe- 


unserer 


B) 


lopsis nur als Subgenus gehört, auch Arten mit 
knolligen Wurzeln besitzt, ist keineswegs so eine sel- 
tene Erscheinung, als Garriere zu meinen scheint. 
Beide Pflanzen, A. tuberosa und napiformis, sind 
übrigens Schlinggewächse, die ohne Zweifel bei uns 
aushalten, und daher empfohlen zu werden verdienen. 

Der Attich (Sambucus Ebulus p. 197) ist 
Deutschland in einigen Gegenden, wie in Frankreich, 


in 


eine wegen seiner grossen Vermehrung und Ausbrei- 
tung berüchtigte Pflanze. Die unterirdischen Stengel 
können in kurzer Zeit einen Garten auf eine Weise 
verunreinigen, dass man meist grosse Mühe hat, sie 
wieder wegzubringen. Bekanntlich sind die Stengel 
krautartis und sterben im Herbste Garriere 
hat den Versuch gemacht, den Stengel den Winter 
durch zu erhalten; ist ihm allerdings, 
wit einem Exemplare, selungen. Damit ist der Be- 
weis geliefert, dass krautartige Stengel, welche sonst 
im Herbste absterben, unter gewissen Umständen den 
Winter hindurch sich erhalten und verholzen können. 
Leider hat Carriere aber vergessen, mitzutheilen, 
ob das durchwinterte Exemplar bereits im Sommer 
geblüht und Früchte getragen, oder erst nur Blätter 
hervorgebracht hatte? Ein sehr wichtiger Umstand. 
Der Stengel dieses Individuums hatte zwar die Blätter 
des vorigen Jahres verloren, dagegen aber am oberen 
Ende weiter getrieben und neue Blätter hervorge- 
bracht. Hoffentlich theilt er später mit, was weiter 
daraus geworden ist. 

Iberis gibraltarica (p. 330 mit einer illu- 
strirten Abbildung) steht der bekannten, im nörd- 
lichen Deutschland kaum im Freien aushaltenden 
I. semperflorens sehr nahe, besitzt aber womöglich 
noch grössere und violette Blüthen. Dass sie bei 
uns im Freien aushält, bezweifeln wir, sie könnte 
aber, eben so wie I. semperflorens, im Kalthause 
kultivirt werden und würde wegen ihres Blüthenreich- 
thums belohnen. 

Unter dem Namen Pelargonium Triomphe 
de St. Mande& (p. 310) hatte Chate in St. Mande 
bei Paris während der letzten Ausstellungen des 
dortigen Gartenbau-Vereines einen Sämling ausge- 
stellt, der wegen seiner Schönheit, besonders der 
grossen rothen Blüthen, Anerkennung verdient. Em- 
pfohlen wird er noch dadurch, dass er, obgleich 
den grossblühenden Sorten angehörig, im Sommer, 
gleich den Bouquet- oder Scharlach-Pelargonien, ins 
Freie gepflanzt werden kann. Er schliesst sich dem-* 
nach dem bekannten, auch in der Wochenschrift 
früher erwähnten Gloire de Paris an. Wir machen 
Liebhaber um so mehr auf diese zugleich schöne 
Sorte aufmerksam, als wir grossblühende Pelargonien 


ab. 


es aber nur 


126 


im Freien anzuwenden noch nicht gewohnt sind 
und wir ihre Anwendung bis jetzt nur sehr verein- 
zelt gesehen haben. 

Hortensia Madame Me&zard (p. 57) schliesst 
sich der Hydrangea stellata prolifera an und wurde 
von dem Gärtner Me&zard in Rueil (Seine et Oise) 
aus Samen erzogen. Sie gehört, wie der Schneeball 
(Viburnum Opulus Fl. pl.), zu den sogenannten ge- 
füllten Sorten und hat rosafarbene Blüthen. Diese 
sind aber nicht allein wirklich gefüllt, d. h. sie be- 
stehen sämmtlich nur aus zahlreichen Blumenblättern, 
die geschlitzt-sewimpert sind, sondern es erhebt sich 
ausserdem aus der Mitte der Blüthe noch ein kurzer 
Stiel, der wiederum eine kleine, bisweilen auch 
srössere Blüthe trägt. 

Lyehnis speeiosa (p. 530 nebst einer illuminir- 
ten Abbildung) und die Verwandten (grandiflora, 
Senno, Haageana u. Ss. w.) sind in der Wochen- 
schrift schon so oft besprochen worden, dass wir 
hier uns wohl auf das früher Gesagte beschränken 
können. Leider verschwinden diese reizenden ja- 
panisch-chinesischen Lichtröschen aber wiederum all- 
mählig aus den Gärten. Es ist dieses um so mehr 
zu bedauern, als die Mannigfaltigkeit in der Farbe der 
Blüthen, zum Theil auch in ihrer Form, besonders 
durch die erfolgreichen Aussaatversuche des Inspek- 
tors Bouche& in Berlin, bedeutend geworden 
und dadurch ihre Verwendung eine grössere Aus- 
dehnung hätte erhalten können. 

Primula japonica (p. 571, ebenfalls mit einer 
illuminirten Abbildung) haben wir erst im vorigen 
Jahrgange (S. 135) besprochen. 

Dolichos bieontortus Dur. (p. 
interessante Bohnenpflanze aus Japan, 
durch eine in 2 Kreise gedrehte Hülse, ein Umstand, 
der auch Veranlassung zur Benennung gegeben hat, 
auszeichnet. Leider scheint sie bei ihrer Kultur, trotz 
ihres japanischen Ursprunges, viel Wärme zu ge- 
brauchen. Sie musste selbst in Paris im Warmhause 
ausgesäet werden und erhielt 
Sommer einen 


war 


208) ist eine 
welche sich 


dann 


besten Zeit im warmen Standort an 


und doch wurden nur wenige Samen 


Ausser den eigenthümlich gebildeten Hül- 


einer Mauer; 
zeerndtet. 
sen möchte die Pflanze nur geringen Werth besitzen, 
obgleich die grossen, violett, gelb und weiss gezeich- 
neten Blumen in die Augen fallen, leider aber nur 
die Dauer von wenigen Stunden am frühen Morgen 
besitzen. 

Hebeelinium urolepis DC. (p. 30 mit einer 
illuminirten Abbildung) schliesst sich den bereits in 
der Wochenschrift 
Hebeclinium (resp. Conoelinium) an und sollte gleich 


besprochenen Arten des Genus 


 Kopt. 


während der 


dem H. janthinum und maerophyllum viel mehr be- 
nutzt werden, als es geschieht. Für Warmhäuser 
bilden diese Körbehenträger als Blatt- und als Blüthen- 
pflanzen zugleich einen grossen Schmuck, wenn man 


ihnen nur einiger Maassen Sorgfalt zuwendet. In 
Paris macht man zu diesem Zwecke im Sommer 


Stecklinge, die dann im Frühjahre oder im Sommer 
schon blühen. 

Ageratum Lasseauxii (p. 90) schliesst sich 
den bekannten Formen des bei uns im Freien viel 
benutzten A. mexicanum an und wurde von dem ver- 
unglückten Reisenden, dem Gärtner Lasseaux aus Pa- 
ris, in Montevideo entdeckt. Wahrscheinlich verhält 
sich dieses Ageratum in der Kultur den genannten 
Formen gleich. Es scheint aber grösser zu werden 
und eignet sich daher mehr zu Rabatten-Anpflanzun- 
sen, wie man diese seit den Zeiten Ludwigs XIV. 
in Frankreich liebt, die bei uns jetzt aber nur noch 
sehr wenig Anwendung finden. Die Pflanze ver- 
ästelt sich und breitet sich, da die Aeste nicht ge- 
drängt stehen, im oberen Theile mehr aus. Die 
Blüthenkörbehen besitzen eine rosenrothe Farbe und 
kommen die ganze gute Zeit hindurch, bis Fröste 
ihrem Leben ein Ende machen, zum Vorschein. 

Justieia Lindeni (p. 250 mit einer illustrirten 
Abbildung) wurde von einem gewissen Hahne direkt 
aus Mexiko nach dem Jardin des plantes in Paris 
gesendet, wo sie in einem temperüuten Hause kultivut 
wurde. Sie schliesst sich den übrigen Justiecien an, 
ist halbstrauehig und treibt aufrechte, wenig verästelte 
Stengel mit ziemlich grossen, eirundlanzettlörmigen 
Blättern. Die 3 Zoll langen Blüthen stehen wie ge- 
wöhnlich an der Spitze der Zweige und bilden einen 

Ihre Farbe ist ein schönes Gelb. 

Von den 3 Begonien, welche in dem Jahrgange 
1870/71 empfohlen ‚und abgebildet sind, haben wir 
2 schon früher im 10. Jahrgange besprochen, näm- 
lich B. inearnata (p. 267) (Seite 36), B. Liminghii 
(hier Comte de Liminghe p. 350) (Seite 101.).. B. 
magniliea (p. 27) wurde dagegen vor einigen Jahren 
durch Linden in Brüssel in den Handel gebracht 
und schliesst sich den grossblühenden Arten an, 
welche wir seit einigen Jahren, zuerst durch James 
Veiteh and Sons, aus dem mittel- und südameri- 
kanischen Hochlande erhalten haben. Die Pflanze 
ist strauchartig und hat auf der Oberfläche freudig- 
xrüne, auf der Unterfläche dagegen bräunlich - rosa- 
farbige Blätter. Die 11, Zoll langen Blüthen kommen 
in grösserer Anzahl hervor und emeuern sich fast 
das ganze Jahr hindureh. Ihre Länge beträgt über 
1, bisweilen fast 11, Zoll. 

Buddleja eurviflora (p. 337) hat aus Versehen 


RN 


bei der Bezeiehnung der schwarzen Abbildung den 
Namen Begonia eurviflora erhalten. Wir haben den 
Blüthenstrauch erst im vorigen Jahrganze (S. 325 u. 
362) besprochen. Ein Gleiches ist mit Episeia tes- 
sellata (p. 75) im 12. Jahrgange der Wochenschrift 
(S. 181) geschehen, mit Pentas kermesina (p. 130) 
im 9. Jahrgange (S. 142), mit Allopleetus vittatus 
{p. 327), früher bieolor Lind., im vorigen Jahrganze 
(S. 317). 

Sutherlandia floribunda (p. 611 mit einer 
illuminirten Abbildung) ist der Gartenname einer, wie 
es uns scheint, schon beschriebenen Art dieses durch 
seinen Blüthenreichthum ausgezeichneten kapischen 
Geschlechtes, wahrscheinlich der S. fruteseens. Ein 
Exemplar von 1'/; Fuss Höhe hat den. ganzen vori- 
zen Sommer hindurch im Freien Vilmorin- 
Andrieux et Co. in Paris geblüht und fiel wegen 
seiner Schönheit auf. Vor länger als 1 und 2 Jahr- 
zehnten, wo man noch Swainsonien deutschen 
Gärten mit Vorliebe kultivirte, brachte man auch 
Formen der S. frutescens in’s Freie und machte die 
Bemerkung, dass sie in diesem Falle besonders 
buschig wuchsen und reichlich blühten. Die rothen, 
über Zoll langen Blüthen befinden sich, kurze Aehren 
bildend, in dem Winkel der zefiederten, auf der 
Unterfläche grauweissen Blätter. 

Als Albizzia rosea hat Carriere eine Form der 
bekannten Acacia (Albizzia) Julibrissin abgebildet, 
welehe unserer Ansicht nach von der Hauptform dadurch 
sich unterscheidet, dass sie nach den Angaben Carriere’s 
härter ist und im freien Grund und Boden des Jardin 
des plantes ohne alle Decke ausgehalten hat. 
im Süden und Westen Frankreichs, so wie in Italien, 
die schönen Bäume, besonders wenn sie im Sommer 
mit wohlriechenden Blüthen bedeekt sind, gesehen, 
wird auch ihren Werth zu schätzen wissen. Wenn 
- diese Form nun auch gerade nicht im Norden Deutsch- 
lands aushält, so gewiss im Norden des Bodensees, 
in Baden und im Elsass. Wir machen deshalb Lieb- 
haber darauf aufmerksam, mit dieser Form Kultur- 
Versuche anzustellen. 

Wallichia caryotoides (p. 184) ist von W. 
porphyrocarpa, die wir ausführlich im 5. Jahrgange 
der Wochenschrift (S. 17) beschrieben haben, nicht 
verschieden und gehört zu den besten Strauchpalmen, 
welche im Zimmer gedeihen, wenn man ihr nur 
einiger Maassen Pflege angedeihen lässt. Wir wollen 
sie daher wiederholt empfehlen. 

Wir haben bereits im 13. Jahrgange (S. 340) 
mitgetheilt, dass die männliche Pflanze der chine- 
sischen Fächerpalme (Chamaerops excelsa) ein ver- 
schiedenes Ansehen von der weiblichen besitzt. Es 


bei 


in 


Wer 


| jetzt bestätigt. 


wird dieses durch eine Abbildung von Exemplaren 
beider Geschlechter, welche Carriere in dem letzten 
Jahrgange der Revue horticole (pag. 329) gegeben hat, 
Selbst schon in dieser Miniatur-Zeich- 
nung sieht man deutlich, dass die männliche Pflanze 
dekorativer ist und weit eleganter erscheint. Interessant 
ist ferner die Beobachtung, dass die männliche Pflanze 
häufiger .vorzukommen scheint, als die weibliche. 
Eine zweite Schirmpalme des Genus Chamaerops 
wurde im Jahre 1839 direkt aus Ostindien im Jardin 
des plantes zu Paris eingeführt und besitzt jetzt einen 
Stamm von 10 Fuss Höhe und eine prächtige Krone 
mit 15 Blättern. \ 
Griflfithii Lodd., worden. 
Verlot; und Chef der 
botanischen Schule des Jardin des plantes, glaubt, 


Sie hat den Namen Chamaerops 
ist aber nie beschrieben 


der kenntnissreiche Gärtner 


dass sie mit der neuerdings von Griffith in seinem 


Palmenwerke beschriebenen und abgebildeten Ch. 
Khasyana identisch sein möchte. Es könnte wohl 
der Fall sein. Andererseits sieht die Palme der 


Ch. excelsa so ähnlich, dass sie sehr leicht mit ihr 
zu verwechseln ist. 

Bowenia speetabilis (p. 315) ist eine Lieb- 
habern nicht zu empfehlende Cycadee des südlichen 
Afrika’s, auf die wir schon früher aufmerksam gemacht 
haben (im 7. Jahrgange S. 51). 

Aechmea Weilbachii (nicht Weilbachea, p. 171 
mit einer illuminirten Abbildung) ist ohne Zweifel eine 
der schönsten Arten des Geschlechtes Lamprococeus, 
zu dem sämmtliche in den Gärten befindlichen Aechmeen 
zsehören, und sollte in keinem Warmhause eines Lieb- 
habers fehlen, zumal der blutrothe Blüthenstengel 
eine Dauer von mehrern Monaten besitzt. Auch von 
ihr haben wir früher schon Yim 9. Jahrgange S. 27) 
gesprochen. 

Androlepes Skinneri (p. 12) stammt aus Mexiko 
und hat die Gestalt einer Billbergia. 
hat in ihr den Typus eines neuen 
leider aber, soviel wir wissen, den Charakter noch 
nirgends veröffentlicht. Die Blüthe soll weiss und 
unscheinlich Als Dekorationspflanze hat sie 
denselben Werth, wie die Billbergien, die aber in 
blühendem Zustande einen Vorzug haben. 


Brongniart 
Genus erkannt, 


sein. 


Ananassa bracteata (p. 47) wurde im Jahre 
1820 durch Robert Barklay in England eingeführt 
und unterscheidet sich von der wilden Ananaspflanze 
durch schlaffere, mehr überhängende und am Rande 
sehr dornige Blätter, welche in der Nähe der Blüthe, 
wenn diese zum Vorschein kommt, eine rothe Farbe 
besitzen. Dadurch erhält die Pflanze einen beson- 
deren Werth zur Dekoration. Die Frucht soll zwar 
essbar sein, aber nicht besonders schmecken. 


128 


Unter dem Namen Ananassa monstrosa(p.288) 
hat Carriere eine in Frucht befindliche Ananaspflanze 
beschrieben und abgebildet, wo die sogenannte Krone 
oberhalb der Frucht fehlt. Sie wurde aus Samen 
einer 8 Pfund schweren Frucht, welche aus Bahia 
in Bordeaux eingeführt worden war, von einem Lieb- 
haber, Lafont mit Namen, erzogen. Einen gärtne- 
rischen Werth besitzt sie durchaus nicht. 

Portea kermesina (p. 230 mit einer kolorirten 
Abbildung) wurde im Jahre 1854 durch Marius 
Porte, einem der eilrigsten Reisenden, in der bra- 
silianischen Provinz Bahia entdeckt und nach dem 
Jardin des plantes gesendet. Von hier wurde sie dem 
botanischen Garten in Berlin mitgetheilt und wir lern- 
ten sie kennen. Da eine blühende Pflanze uns alsbald 
in den Stand setzte, ihre Diagnose festzustellen, so 


haben wir mit Beibehaltung des von Brongniart 


in Paris gegebenen Namens sie zuerst beschrieben. 
Portea kermesina ist in beiderlei Hinsicht zu empfeh- 
len: als Blatt- und Blüthenpflanze. Im Habitus den 
Becher bildenden Billbergien sehr ähnlich, unterschei- 
det sie sich durch ihre bräunliche Färbung und durch 
den länglichen Blüthenstand.. Aus dem 
Winkel der grossen Deckblätter von prächtiger rother 
Farbe und bis 3 Zoll Länge ragen mehre violettblaue 
Blüthen nur wenig hervor. Wenn die Pflanze alt ist, 
scheint sie einen kurzen Stengel zu bilden. 

Ueber Cypripedium Veitchianum haben 
wir bereits im 8. Jahrgange - (S. 396) berichtet. In 
dem jetzigen Doppeljahrgange der Revue horticole 
sind 2 Formen derselben abgebildet und beschrieben 
worden (p. 596). welche wohl ein weiteres Interesse 
auch der Laien haben möchten. Das Genus Cypri- 
pedium hat nur Arten, welche in der Erde wachsen, 
hauptsächlich aber ausser Europa vorkommen. Nur 
eine Art, welche im gewöhnlichen Leben Frauenschuh 


schmalen 


genannt wird. in der Uebersetzung des Wortes Cy- 
pripedium aber Venusschuh heisst, ist auch in Mittel- 
und in Südeuropa einheimisch und so schön, dass 
sie kaum einer ausländischen nachstehen dürfte. Es 
ist dieses Cypripedium Calceolus. 

Alle Cypripedien zeichnen sieh bekanntlich durch 
hohle 
einem Pantoffel ähnlicher, als einem Schuhe, aussieht. 


die eigenthümliche Unterlippe aus, welche 


Es kommt ausnahmsweise vor, dass die Unterlippe 
aber gar nicht zu dieser eigenthümliehen Ausbildung 


gelangt und daher klein bleibt, anderntheils ist es 


umgekehrt keine seltene Erscheinung, dass sie sich 
doppelt bildet und damit eine Lippe in der andern 
steckt. Die Gründe dieser Abweichung anzugeben, 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 9] 


dazu ist unsere botanische Wissenschaft noch zu jung. 
Dergleichen abnorm gebildete Blumen mit doppelter und 
mit kleiner Lippe haben sieh im vorigen Jahre bei 
einigen Exemplaren des in den Gewächshäusern be- 
kannten Cypripedium Veitehianum ebenfalls gezeist 
und sind in der Revue horticole abgebildet worden. 
Vallota purpurea (in der Abbildung) und 
srandiflora (in der Beschreibung p. 50) ist eine 
der schönsten Amaryllidaceen mit prächtigen rothen 
Blumen, die um so mehr Empfehlung verdient, als 
sie in der guten Jahreszeit auch bei uns in’s Freie 
gepflanzt werden kann und dann zur Verschönerung 
des Gartens ungemein beiträgt. Wir haben schon 
mehrmals über sie gesprochen und verweisen daher 
Jetzt auf das früher Gesagte, bemerken jedoch schliess- 
lich nur noch, dass die Redaktion der Revue hortieole 
bei ihrer Nomenklatur mehr Sorgfalt ausüben möchte. 
Unangenehm ist es im hohen Grade, wenn bei der Be- 
schreibung ein anderer Name gebraucht wird, als unter 
der Abbildung steht. Leider kommt diese Unachtsaımn- 
keit in der Revue hortieole ziemlich häufig vor. 
Unter dem Namen Nareissus calathinus 
(p. 84) kultivirt man in den Gärten 2 verschiedene 
Formen: die eine blüht weiss oder vielmehr schwach 
hellgelb, die andere hingegen gelb. Beide verdienen 
mit ihrem verlängerten Kranze (Corona) Empfehlung 
und lassen sich auch treiben. Leider hat die [frühere 
Liebhaberei für Nareissen, wie den 3 ersten 
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts, besonders in Eng- 
land, vorhanden war, ganz und gar aufgehört. Es 
ist dieses um so mehr zu bedauern, als die Zahl der 


sie in 


Nareissen eine sehr grosse ist und sie eine Mannig- 
faltigkeit darbieten, wie wenige andere Liliengeschlech- 
ter. Ausserdem haben die Blumen wohl fast ohne 
Ausnahme einen sehr angenehmen Geruch. 

Nach der neuesten Bearbeitung von Baker, den 
selehrten Custos am Königl. Herbar zu Kew bei Lon- - 
don, existiren ächte Nareissus- Arten nur gegen 20; 
was man sonst beschrieben hat, ist nur Abart oder 
Form, welche letztere meist erst in der Kultur ent- 
standen ist. Einer der frühern Bearl eiter der Nareissen, 
Haworth, hat nicht weniger als 150 verschiedene 
Nareissen beschrieben, Kunth dagegen nur 90. 

Der in der Revue hortieole beschriebene N. 
thinus bildet mit 2andern: N. Bulboceodium und Pseudo- 
Nareissus, eine eigene Abtheilung und unterscheidet 
sich mit diesen von den übrigen Nareissen sehr leicht 
welche die eigentlichen 


:ala- 


dureh die grosse Corona, 
Blumenkron-Abschnitte an Länge übeıtrifft oder doch 
wenigstens gleich lang ist. 


— Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
‚ für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


No. 227 


1822. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franceo durch alle Post- Anstalten 
SH 3 ’ g - 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 28. April, Vormittags 1 Uhr, findet im „Klub der Landwirthe”, Französische Strasse No. 48, eine 
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: 539. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 7. April. — Die Frucht und ihre Bildung. — 


Die Dracunculeen. — Anzeice. 


| vortheilhaft durch grosse, herzförmige und fünflappige 


PR. » 0 | 
A l 339. ei sammlung e | Blätter aus, die in diesem Falle durch die Veredlung 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, mit A. Thompsoni eine fast durchaus grünlich-gelbe 


am 7. April. Farbe erhalten hatten. Dieses durch den Garten- 

Der stellvertretende Vorsitzende, Garteninspektor | gehülfen Lindemuth herangezogene buntblättrige 
Bouche, theilte eine Verfügung des Königlichen | Abutilon ist weit schöner, als A. Thompsoni und 
Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche | alle übrigen bisher von diesem erlangten Formen; 
Arbeiten über die Erleichterungen mit, welche bei 
der vom 21. bis 30. Juni stattfindenden Ausstelhung Noch steht diese Erscheinung der Uebertragung 


von Pflanzen u. s. w. des Vereines den Ausstellern | der bunten Färbung durch Veredelung auf verwandte 


es ist daher Liebhabern nicht genug zu empfehlen. 


zunächst auf den Königlichen Eisenbahnen gewähıt | Pflanzen eben so isolirt da, als das plötzliche Her- 
werden. Es wurde beschlossen, die Verfügung nicht | vorbrechen der elterlichen Pflanzen bei dem bekann- 
allein in der Wochenschrift zur Kenntniss zu bringen, !) | ten Bohnenbaum-Blendling, Cytisus Adami. Bei den 
sondern auch noch Extra-Abzüge zu machen und | Tausenden von Veredlungen, welche man mit ande- 
selbige zu vertheilen. ren buntblättrigen Formen auf die grünblättrige Haupt- 

Garteninspektor Bouch& berichtet über die | art gemacht hat, sind doch nur ausnahmsweise 
Pflanzen, welche dieses Mal aus 4 Gärten ausgestellt | Uebertragungen der bunten Flecken auf die grüne 
waren. Aus dem botanischen Garten hatte der Gar- | Unterlage beobachtet worden. Diese bunten Flecken 
tengehülfe im botanischen Garten, Lindemuth, der | haben sich aber auch bisweilen da gezeigt, wo man 


sich, um die eigenthümliche Erscheinung der Ueber- | mit keiner buntblättrigen, also mit einer grünen Form 
tragung der bunten Zeichnung der Blätter vom Edel- | veredelt hatte. So viel steht fest, dass jeder Ein- 
reis auf die Unterlage zu erklären, bereits grosse | grifl in das Leben der Pflanze, diese zu Missbildun- 


Verdienste erworben hat, wiederum einen buntblätt- | gen und Abweichungen geneigt macht und vor Allem 
rigen Abutilon ausgestellt, wo er A. Sellowianum, | buntblättrige Pflanzen dergleichen Eingriffen ihre Ent- 
eine Art, welche bis jetzt bei den Versuchen noch | stehung verdanken. 

nicht angewendet worden war, als Unterlage benutzt Sobald wir noch bessere Mikroskope erhalten 
und ebenfalls einen vollständigen Erfolg erzielt hatte. | haben werden und die Unterscheidung der Zellen 


Dieses neue buntblätterizge Abutilon zeichnet sich ‚ von nahe. verwandten Individuen vielleicht damit 


!) Es ist dieses bereits in der vorigen Nummer geschehen. möglich wird, werden sich wohl die Ursachen dieser 


17 


> 


Entweder 
das das Buntblättrige bedingende Zell- 
sewebe bei den Neubildungen im Kambium auch in 
der Unterlage fort oder es ist dafür ein besonderer 
Träger vorhanden, der von Zelle zu Zelle sich lort- 
pflanzt. Wie wir neuerdings erfahren 
schmarotzende Algen oder Pilze die bunten Färbun- 
sen bei Gunnera chilensis und bei Coleus bedingen, 


eigenthümlichen Erscheinung linden lassen. 


setzt sich 


haben, dass 


so könnte auch hier sehliesslieh ebenfalls ein Schma- 


rotzer existiren, der sich von dem das Grün der 
Pflanze bildenden Chlorophyll ernährte und damit die 
chlorophyllfreien Stellen auf den Blättern hervorrief. 
Obergärtner Dressler hatte aus dem Garten 
Geheimen Kommerzienrathes Dannenberger 


eine der neuen Gesneraceen, Hypocyrta brevi- 


des 


und zwar im Jahre 
wurde, 


calyx, welche zuerst in Gent, 
1868 als Gloxinia hypoeyrtillora, 
Dass sie Beachtung von Seiten der Lieb- 


ausgestellt 
gebracht. 
haber verdient und deshalb auch zu empfehlen ist, 
haben wir schon früher mehrmals in der Wochen- 
schrift ausgesprochen. 

Weiter verdankte man dem Obergärtner König 
aus dem Garten des Kommerzienraths Ravene& in 
Moabit ein grosses, hochstämmig gezogenes Exemplar 
aber schönen 


Nicht weniger z0g man 


alten bekannten , immer 
indica alba. ein, 
wirklich sagen, riesiges Exemplar des früher schon 


viel zu Schaupflanzen benutzten Chorizema ilicifollum 


der 
könnte 


die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Leider 
sieht man jetzt dergleichen Schaupflanzen, welche 
allerdings viele Jahre bedürfen, bevor sie eine solche 
Grösse und Zucht erhalten, nur noch wenig; man 
will heut’ zu Tage immer etwas Neues. 

Der Universitätsgärtner Sauer hatte diese Schau- 
pllanze zur Verfügung gestellt. Ausserdem verdankte 
man aber noch Cypripedium eaudatum, 
was immer wegen seiner sehr langen bandförmigen 
Blumenblätter die Aufmerksamkeit der Liebhaber so- 


ihm ein 


wohl, als der Gärtner und Botaniker, auf sich ziehen 
wird, so wie einige Niesswurz - Blendlinge, die er 
neuerdings aus Helleborus guttatus und abchasicus 
erzielt hatte. An Schönheit gaben den früher 
vom Universitäts-Gärtner Sauer gezüchteten Blend- 


sie 


lingen nichts nach, übertrafen sie wohl zum Theil. 
Professor Koch bunten Blätter der 

bereits im Allerlei (S. 107) besprochenen Oxalis tro- 

paeoloides des Kunst- und Handelsgärtneis Lieb- 


legte die 


mann in Dresden vor. Nach Garteninspektor Bouche& 
mehre besonders kapische 
Oxalis-Arten, wie O. filiformis, versieolor und inear- 
nata, die Eigenthümlichkeit, dass die Blätter sich bis- 
weilen bunt färben; die Färbung sei aber hier in der 


haben auch exotische, 


Azalea 


Regel nicht konstant und wechsele oft, namentlich 
sobald die Pflanzen eine andere Temperatur erhalten. 
Nach brieflichen Mittheilungen, welche der Ge- 
neralsekretär von Andre Leroy erhalten hatte, ar- 
beitet dieser an der Fortsetzung seines grossen po- 
mologischen Werkes trotz seines hohen Alters — er 
zählt schon über 70 Jahre — rüstig weiter und wird 
in Kurzem den 3. Theil, der nur die Acpfel enthalten 
soll, veröffentlichen. Bereits sind die bildlichen Dar- 
stellungen, welche das Werk in grosser Menge zieren, 
fertig. Dieser dritte Band wird den deutschen Po- 
mologen besonders interessant werden, da Andre 
Leroy mit grosser Liebe auch die deutschen Sorten 
studirt und, um eine übereinstimmende Nomenklatur 
herzustellen, mit den französischen eilrig verglichen 
hat. Es ist dieses, so viel wir wissen, in dieser 
Weise noch von keinem andern französischen Pomo- 
logen geschehen. Mit vieler Mühe, aber auch mit 
nicht geringen Kosten hat Andre Leroy sich wäh- 
rend seiner Bearbeitung deutsches Apfelobst zu ver- 
schaffen gewusst; wir selbst haben ihn darin, so viel 
als möglich, unterstützt und unter Anderem ihm auch 
die grosse deutsche Apfelsammlung, welche wir wäh- 
rend der grossen internationalen Industrie-Ausstellung 
im Jahre 1867 in Paris von Reutlingen, wo damals 
die 5. Versammlung deutscher Pomologen tagte, da- 
hin gebracht hatten, später zur Verfügung gestellt. 

Aus den Mittheilungen an Professor Koch geht 
auch hervor, dass Andr& Leroy nach der Ver- 
öffentliehung des 3. Theiles seines Dietionnaire de 
pomologie auch die Steinfrüchte zu einem 4. Theile 
bearbeiten wird, in so fern, wie er selbst schreibt, 
zu dieser Bearbeitung ihm noch einige Jahre Ruhe 
vergönnt sein werden. 

Der Sekretär des Gartenbauvereines in Bremen 
Ortgies hatte ebenfalls an Professor Koch einige 
Mittheilungen von Interesse gemacht. Unter Ande- 
rem war diesem die Abbildung eines fasciirten Tau- 
sendschönchens (Bellis perennis fl. pl.) zugesendet 
worden. Dergleichen Missbildungen kamen früher, 
wo man diese Blume hauptsächlich zu Einfassungen 
benutzte und $ie besonders auf dem Lande auch 
viel verbreitet war, häufiger vor, wenn auch nicht, 
oder wohl nur sehr selten, in so auffälliger Weise, 
als die Ortgies’sche Abbildung zeigt. Der breite 
faseiirte Blumenstiel des Tausendschönchens, denn 
nur dieser zeigte die Missbildung, nahm sich hier 
zwischen den anderen kleinen Blüthenkörbchen, 
welche auf langem fadenförmigen Stiele sich befan- 
den und kaum !/, Zoll im Durchmesser enthielten, 
sanz eigenthümlich aus. Er hatte die Breite von 7 
bis 9 Linien, aber nur die Länge von 2 Zoll. Das 


Blüthenkörbchen selbst war völlig umgeändert und 
besass die Form eines Hahnenkammes (Celosia cri- 
stata). Es krümmte sich, gleich einem Wurm, von 


unten nach oben bis zu einer Höhe von 2 Zoll. Die 
rosafarbenen Blüthehen befanden sich nur auf der 


Kante des Kammes. Würde man diese Abnormität 
konstant machen können, so möchte sie ohne Zwei- 
fel für den Garten ein Gewinn werden. 

Hofgärtner Kirchhoff in Donaueschingen hatte 
dem Generalsekretär Photographien zweier Orchideen 
eingesendet, welche Zeugniss ablegten, dass man 
auch in Deutschland, und zwar nicht allein in der 
kaiserlichen Residenz, sondern auch in der Provinz 
versteht, von diesen in der Kultur schwierigen Pflan- 
zen Exemplare heranzuziehen, wie man sie nicht 
grösser und schöner jenseits des Kanales finden 
kann. Angraecum sesquipedale hatte auf der Photo- 
sraphie nicht weniger, als 18 völlig entwickelte Blü- 
then, während Dendrochilum glumaceum einige 50 
Blüthenähren zeigte. Mit diesem Blüthenreichthum 
müssen die Pflanzen einen grossen Eindruck machen. 

Professor Koch übergab die Missbildung einer 
Birn, welche er im vorigen Jahre durch die Freund- 
lichkeit des Geheimen Oberregierungsrathes Heyder 
erhalten hatte. Der Fruchtstiel hatte sich an seinem 
oberen Theil in der Form einer wenig vertieften 
Schale von 8 Linien Durchmesser erweitert und trug 
am Rande einige normal entwickelte Blätter, während 
aus der Mitte eine langgestreckte Bim von 2 Zoll 
Länge und über 1 Zoll Breitendurchmesser, wo am 
oberen Ende die Kelchhlätter mehr entwickelt erschie- 
nen, als es sonst der Fall ist, sich erhoben hatte. 
Zu gleicher Zeit zeigte Professor Koch ähnliche 
Missbildungen in Zeichnungen, welche sich in der 
Iievue hoıticole befanden, und berief sich auf das, 
was er bereits in dem Berichte über genannte Zeit- 
schrift (S. 119), diesen interessanten Gegenstand be- 
treffend, gesagt hatte. 

Nach Professor Koch sind dergleichen Missbil- 
dungen für die Deutung bestimmter Organe, in die- 
sem Falle der Frucht, ausserordentlich wichtig. Die 
Botaniker sind nach ihm keineswegs über die Bil- 
der Frucht in Uebereinstimmung. Während 
die Einen behaupten, dass alle Fıüchte aus Blättern 
sich bilden, sind Andere der Meinung, dass nur ein 
Theil der Früchte aus Blättern entsteht, die übrigen 
Früchte aber Stengelgebilde sind. 

Da Professor Koch glaubte, dass eine kurze Er- 
läuterung der Entstehung der Früchte auch das Inter- 
esse der Anwesenden in Anspruch nehmen dürfte, zu- 
mal dadurch auch ein besseres Veıständniss der vorge- 


dung 


lesten Missbildungen ermöglicht würde, so hielt er einen 


längeren Vortrag darüber und suchte diesen durch 
Vorlegen von allerhand Zeichnungen, sowie von ver- 
schiedenen Früchten, noch verständlicher zu machen. 
Der Vortrag wird in derselben Nummer der Wochen- 
schrift, wo der Berichtüber die Versammlung abgedruckt 
werden wird, zur weiteren Kenntniss gebracht werden. 

Gartendirector Meyer besprach die in mehrern 
Sitzungen des Vereines angeregte Frage über die 
babylonische Weide. Dass diese, da sie bis jetzt 
noch nicht in Babylonien gefunden worden sei und 
Linne’s Angabe daher auf einem Irrthume beruhe, 
auf einmal ihren Namen, an den sich Gärtner und 
Laien gleich gewöhnt hätten, verlieren und diesen 
mit einem später gegebenen Namen (Salix pendula 
Much) vertauschen sollte, wolle ihm nicht recht ein- 
leuchten. Die fortwährenden Neuerungen in der No- 
ımenklatur der Pflanzen von Seiten der Botaniker 
erschweren das Studium derselben ungemein und mache 
ihre richtige Kenntniss Laien und Gärtnern gleich 
schwer. So sehr er auch all’ den vielseitigen Nach- 
forschungen des Professor Koch über das 
liche Vaterland der babylonischen Weide Rechnung 
trage, so sei doch Babylonien noch keineswegs so 


eigent- 


erforscht, dass man mit Bestimmtheit sagen könnte, 
sie wüchse nicht der That 
aber in Ländern mit ziemlich gleichen klimatischen 
Verhältnissen, als diese Babylonien besitzt, und zwar 


daselbst. Dass sie in 


in Aegypten, wirklich wachse, habe er keinen Zwei- 
fel. Er berufe sich auf 2 Autoritäten, welche das 
Vorkommen der babylonischen Weide in Aegypten 
bestimmt aussprechen, auf den Schweden Forskal 
und auf den Fürsten Pückler-Muskau. Nament- 
lich letzterer spreche an einer Stelle seiner Reise- 
Erinnerungen aus Aegypten von dem grossen Ein- 
druck, den eine Allee von babylonischen Weiden auf 
ihn gemacht hätte. 

Professor Koch erinnert sieh, so fleissig er auch 
früher die Pücklerschen Werke nicht allein gelesen, 
auch zum Theil studirt habe, dieser Stelle zwar nicht, 
zweifelt aber nicht den Worten des Garten- 
Direetors Meyer, dass sie wirklich vorhanden ist. 
So hoch auch Fürst Pückler-Muskau als Garten- 
wohl auch unbedinst in dem Fache 
Niemand 


nach 


künstler steht, 


der ästhetischen Gärtnerei noch von über- 
troffen worden ist, so war er doch eben so wenig, 
wie Lenne, Botaniker. Beide riefen ihre gross- 
artigsten Wirkungen hauptsächlich durch Bewegungen 
hervor und bedienten sich dabei nur der gewöhn- 
lichsten Gehölze in so geringer Anzahl der Arten, 
dass eben dadureh ihr Genie um so höher geachtet 
werden muss. Wenn demnach Fürst Pückler-Muskau 
in einer Allee von babylonischen Weiden spazieren 


Rd 


132 


gegangen Sein will, so müsste diese Angabe um so 
mehr erst durch sachverständige Botaniker bestätigt 
werden, als in Aegypten und Syrien eine ähnliche 
Weide (Salix Safsaf), welche in gewissen Fällen eben- 
falls überhängende Aeste besitzt, wächst. Wie wenig 
Zutrauen man bisweilen von Touristen ausgesproche- 
nen Angaben schenken 'darl, beweist unter Anderem, 
dass auch zwei Botaniker behauptet haben, dass die 
babylonische Weide in Persien wachse. Nach Ein- 
sicht von ihnen dort gesammelter Original-Exemplare 
und nach genauer Vergleichung derselben fanden 
aber nieht allein Professor Koch, sondern auch zwei 
andere ausgezeichnete Botaniker, wohl 
Edm. Boissier Genf und Professor Fenzl 
Wien gelten werden, dass die Angabe der beiden 
Reisenden nicht richtig war; denn die Weide des 


als welche 


in in 


einen Reisenden stellte eine Form unserer gewöhn- 
lichen S. alba, die des anderen S. persica dar. 

Wie wir die babylonische Weide aus dem Oriente 
erhalten haben, wissen wir eben so wenig, als woher 
die Rosskastanie kommt?  Geschichtlich kann die 
Ausbreitung der letzteren nur bis nach Konstantinopel 
verfolgt werden, während nach den gewissenhaften 
Nachforschungen eines der bedeutendsten englischen 
Gärtner, des Loudon, der zugleich einer der tüchtig- 
sten Pflanzenkenner war, kein Zweifel darüber herr- 
sehen kann, dass die babylonische Weide bestimmt 
in China vorkommt. Ob ursprünglich oder nur kul- 
tivirt? bleibt unentschieden. Wer ferner duch Blume 
oder Siebold Exemplare einer Weide, welche Ersterer 
als Salix Japonica beschrieben, erhalten hat, wird bei 
der genauesten Vergleichung derselben mit unserer 
ächten 5. babylonica keinen bemerkenswerthen Unter- 
schied finden. Es muss demnach unsere babylonische 
Weide auch in Japan wachsen. 

Dr. Wittmack übergab eine Tafel mit bildlichen 
Darstellungen, um bei dem Ankaufe von Gras- und 
Klee-Sämereien sich vor Irrungen sicher zu stellen. 
Zu Zwecke hatte die charakteristischen 
Merkmale der einzelnen Samen in einer vergrösser- 


diesem er 
ten Zeichnung hervorgehoben und daneben die Sa- 
men selbst in natura angebracht. 
lich damit verfälschten oder nur verwechselten Samen 
waren mit ihren charakteristischen Merkmalen eben- 
falls dargestellt, so dass bei einer Vergleichung nicht 
allein die Erkennung der falschen, sondern auch die 
Kenntniss der ächten Samen erleiehtert wird. 
Schliesslich theilte der Vorsitzende den Ausspruch 
der Preisrichter mit; darnach hatte das Chorizema 
des Sauer den 


ilieifolium Universitäts - Gärtners 


Monatspreis zugesprochen erhalten. 


Auch die gewöhn- 


. \ . . 

Die Frucht und ihre Bildung, 

Im gewöhnlichen Leben nennt man in der Regel 
Frucht den Theil einer Pflanze, der zum Magazine 
abgelagerter Nahrungsstoffe dient und gegessen wird; 
deshalb spricht der Landwirth ganz allgemein von 
der Kartoffelfrucht und versteht hierunter nieht etwa 
(die eigentlichen Früchte, die Beeren, sondern die 
unterirdischen Knollen, weil diese, nicht aber jene, 
gegessen werden. In den meisten tropischen Län- 
dern, besonders in Westindien, wird ein Baum aus 
der Familie der Terpenthinpflanzen (Terebinthaceae), 
Kaschubaum genannt (Anacardium oceidentale), kul- 
tivirt, dessen Früchte eine giftige Schale besitzen, 


aber auf einem fleischig gewordenen Fruchtstiele 
stehen. Während man im Vaterlande die letzteren, 
welche die Gestalt einer Birn haben und in der 


Regel 2 Zoll lang sind, allein isst, werden die eigent- 
lichen Früchte wegen scharfen Harzes 
Arzneimittel benutzt. Nicht diese wirklichen Früchte 
sind dem Volke auf Westindien die Früchte, sondern 
der unter ihnen befindliche und fleischig gewordene 
Stiel mit dem Geschmacke einer Pflaume. 
Jedermann kennt 


ihres als 


Eıdbeere und sieht sie 
ohne sich vielleicht davon 
Rechenschalt gegeben zu haben, dass er hier zwar 
die kleinen Früchtehen 


die 
auch wohl entstehen , 
Geniessen mit ver- 
schluckt, dass das Fleischige aber, was die eigent- 
liche Nahrung gibt, wiederum nicht Frucht ist, son- 
dern der oberste Theil des knopfartig gebildeten 
Fruchtstieles, der als sogenannter Fruchtboden in 
die Blüthe hineingewachsen ist. Bei der Maulbeere 
ist die eigentliche, aus dem Fruchtknoten hervor- 
segangene Frucht wiederum sehr klein, wird aber 
von einer fleischigen Hülle umgeben. Diese anfangs 
hautartige Hülle, welche erst durch Aufnahme ven 
Nahrungsstoflen fleischig geworden ist, stellt nichts 
weiter dar, als den Kelch der Maulbeerblüthe. Eine 
Anzahl solcher Kelche stehen mit der von ihnen ein- 
seschlossenen Frucht an der Spitze eines allgemeinen 
Stieles und bilden dicht gedrängt einen Kopf, den 
wir im gewöhnlichen Leben die Maulbeere nennen 
und als Frucht bezeichnen, der aber eine Vereinigung 
vieler von ihrem fleischig gewordenen Kelche einge- 
schlossener Früchte darstellt. 

Bei der Ananaslrucht nehmen, ausser den ächten 
Laubblättern, alle verschiedenen Theile eines Stengel- 
sebildes mit einer Reihe von Blüthen mit deren 
Deckblättern Antheil. Wir haben hier es mit einem 
Blüthen-, resp. Fruchtstande zu thun, wo alle Theile 
desselben: Deckblätter, Kelchblätter und der allge- 
der mitten durch die Ananasfrucht 


beim 


meine Träger, 


| 


seht, fleischig geworden sind. Nur der eigentliche 
Fruchtknöten verkümmert und an seiner Stelle er- 
kennt man bisweilen noch dafür einige kleine Höh- 
lungen rings um die Mitte innerhalb der Ananas. 
Aehnlich verhält es sich mit der Brotfrucht, der 
sogenannten Frucht der Artocarpus ineisa und in- 
tegrifolia, zweier Bäume, welche mit dem Feigen- 


und Maulbeerbaume in eine Familie gehören. Diese 
Brotfrucht wird reif und unreif genossen. In der 
Jugend ist sie milchig, später mehlig. Hier sind es 


dagegen immer hauptsächlich die wahren Früchte, 
welche dem Menschen die eigentliche Nahrung dar- 
bieten, aber ausser ihnen nehmen noch dieselben Theile 
an der Bildung der Brotfrucht, wie bei der Ananasfrucht, 
Antheil. Hier steht aber diese unterhalb einer Blatt- 
krone, die Brotfrucht hingegen ist sipfelständig. Zahl- 
reiche Blüthen mit ihren Deckblättern befinden sich 
bei dieser um das knopfähnliche Ende eines allge- 
meinen Stieles und verwachsen während der Frucht- 
reife so sehr mit einander, dass sie schliesslich einen 
einzigen mehre Zoll im Durchmesser enthaltenden 
Fruchtkörper, die eigentliche Brotfrucht, darstellen. 
Nachdem wir den vagen Volksbegriff Frucht, 
durch einige Beispiele erläuteıt, vorausgeschickt haben, 
kommen wir zur wissenschaftlichen Bestimmung des 
Wortes Frucht. Darnach gibt es gar keine andere 
Definition, als: „Frucht ist der reifgewordene 
Fruchtknoten, d. h. der in der Mitte 
Blüthe stehenden Umhüllung eines oder 
mehrer Eichen, welehe nach der Befruch- 
tung sich zum Samen umgestalten.“ Diese 
Umhüllung oder eigentliche Fruchtschale nimmt bei der 
weiteren Entwickelung zur Frucht verschiedene For- 
ınen an, sie wird hart (Nuss), fleischig (Beere), haut- 
artig (Kapsel) u. s. w., und dient als Niederlage von 
Nahrungsstoffen für die Pflanze, mehlig, fleischig oder 
saftig geworden zur Nahrung auch des Menschen. 
Bisweilen sind es aber die Einsehlüsse, d. h. die 
Samen, in welchen die Nahrungsstoffe, besonders 
veichliches Stärkmehl, sich anhäufen und deshalb ge- 
nossen werden. Ein Beispiel ist die Haselnuss. 
Wiederum kommt es, wenn auch nur selten, vor, 
dass die Nahrungsstoffe sich weder in der Frucht- 
schale, noch im Samen, sondern, wie bei den Maul- 
beerfrüchtehen, in der bleibenden Blüthenhülle nieder- 


einer 


schlagen. Diese wird dann fleischig und dient als 
Nahrung. Beispiele sind ferner die Früchte der Gaul- 


theria procumbens, einer nordamerikanischen, aber 
in England vielfach angebauten Ericacee, oder der 
Silberweide (Elaeagnus), welehe im Oriente wegen 
ihres mehligen Inhaltes gegessen werden. Die Blü- 
thenhülle verwächst aber auch in andern Fällen mit 


ı der Fruchthülle, ohne dass sich aber Nahrungsstoffe 


in einer der beiden niederschlagen, sondern diese häu- 
fen sich wiederum in dem Samen an. Ein Beispiel stellt 
die stachliche Wassernuss (Trapa natans) dar. 


Seitdem Goethe, der Entdecker — wenn wir 
uns so ausdrücken dürfen — der sogenannten Pflan- 


zen-Metamorphose, durch vielseitiges Studium in der 
Natur fand, dass die höheren Pflanzen nur aus 2 von 
einander verschiedenen Grundorganen, einem Träger 
und einem Getragenen, aus Achse (oder Stengel) 
und aus Blatt, bestehen und das letztere das Wesent- 
liche ist, aus dem alle andern Organe sich heraus- 
bilden, so wurde später diese Lehre auch auf den 
Fruchtknoten oder auf die Frucht übergetragen. Man 
fand in der That sehr häufig, dass wirklich Frucht- 
knoten sich in Blätter aufgelöst hatten. Damit wurde 
aber allgemein angenommen, dass alle Fruchtknoten 
nichts weiter seien, als in Fruchtblätter (Karpellar- 
blätter) umgewandelte blattartige Organe. Die We- 
nigsten bekümmerten sich darum, ob es denn 
wirklich so Man machte keine Entwickelungs- 
geschichte verschiedenen Früchte, sondern 
schloss von dem Einen auf Alles. Selbst da, wo 
eine oberflächliche Untersuchung hätte lehren können, 
dass nicht alle Früchte aus Blattgebilden entstehen, 


sei. 
der 


verharrte man bei der angelernten Ansicht. Man 
nahm zu allerhand Verwachsungen von Organen, 


die nie getrennt gewesen waren, seine Zuflucht. 

Seit länger als 3 Jahrzehnten haben wir in un- 
seren Vorlesungen und sonst gegen diese Ansicht 
gesprochen und die Behauptung aufgestellt, dass sehr 
viele Früchte nicht aus blattartigen Organen entstan- 
den, sondern Theile des Stengels sind. Seit weni- 
gen Jahren treten auch Andere unserer Ansicht bei. 
Bereits haben es auch tüchtige Botaniker, wie Sachs 
in der neuesten Auflage seines nicht genug zu em- 
pfehlenden Handbuches der Botanik, durch gewissen- 
hafte Entwickelungsgeschichten auf das Evidenteste 
nachgewiesen. 

Wenn wir den Fruchtknoten in den verschiede- 
nen Blüthen näher betrachten, so findet man, dass 
die Blüthenhüllen ihn oder 
am Rande seines Gipfels stehen. Im ersteren Falle 
nennt ihn seit sehr langer Zeit einen oberen, 
Da- 


zwischen gibt es, wie man besonders bei den Saxi- 


entweder einschliessen 
man 
im letzteren Falle einen unteren Fruchtknoten. 


fragaceen sehen kann, eine Menge Beispiele, wo der 
Fruehtknoten halb- oder nur zu eimem Viertel unter-* 
ständig ist und der übrige Theil in die Blüthe hin- 
einreicht. 

Bei 
Regel (nicht immer) blattartige Gebilde, aus denen 


den oberen Fruchtknoten sind es in der 


134 


er entsteht, bei den unteren aber nie. Um diesen 
aber auf gleiche Weise entstehen zu lassen, nahm 
man botanischer Seits an, dass die Fruchtblätter bei 
dem unteren Fruchtknoten mit den Kelchblättern ver- 
wachsen wären. Der Ausdruck: „Kelch mit dem Frucht- 
knoten verwachsen“ ist bei dem unteren Fruchtkno- 
ten mit der Zeit so üblich geworden, dass es fast 
kein systematisches Buch und keine Flora irgend 
einer Gegend gibt, wo dieser durchaus falsche Aus- 
druck für den unteren Fruchtknoten nieht vorkäme. 

Es wird aber jeder Unbefangene bei- 
stimmen, dass, wenn der Keleh mit dem Fruchtkno- 
ten wirklich verwachsen ist, beide doch einmal ge- 
trennt gewesen müssen. Jedes Verwachsen 
setzt nach menschlicher Logik ein Getrenntsein vor- 
aus. Bei dem unteren Fruchtknoten zeigt aber jede 
nur einiger Maassen genaue Untersuchung, dass nie 
eine Trennung ın 2 Theile: in einen Fruchtknoten 
und in einen diesen umhüllenden Kelch, vorhanden 
sewesen ist. Viele selbst sonst sehr tüchtige Bota- 
niker geben dieses auch zu, beharren aber trotzdem 
auf ihrer Ansicht, indem sie sagen, dass Keleh und 
Fruchtknoten in 


gewiss 


sein 


diesem Falle wenigstens in der 
Idee als ursprünglich getrennt, später hingegen als 
verwachsen betrachtet werden müssten, weil die 
Blattnatur des Fruchtknotens ein Naturgesetz 
Selbst der in diesen Tagen leider verstorbene Hugo 
v. Mohl in Tübingen, ohne Zweifel einer unserer 
sediegensten Botaniker, dem die Wissenschaft eine 
zanze Reihe der wichtigsten Entdeckungen verdankt, 
beharrte bei der Untersuchung der Umbelliferenfrucht, 
welche ihn das Gegentheil von seiner Ansicht, näm- 


sei. 


lich kein Getrenntsein des Fruchtknotens in Kelch 
und in den eigentlichen Fruchtknoten, finden liess, 


doch bei seiner Ansicht, weil — wie er sich aus- 
drückte — ausserdem der Fruchtknoten blattartizer 
Natur sei, er auch hier aus Blättern ent- 
standen sein müsse. 


Um die Bildung des unteren Fruchtknotens, mit 


demnach 


der die der sogenannten Rosenfrucht, des Kernobstes 
und der Feige vollständig übereinstimmt, zu verste- 
hen, ist es auf die Art und 
Weise des Wachsens der Pflanzen etwas näher ein- 
Die Zelle, der 
behält, selbst bei den höheren Pflanzen, immer noch 


nothwendig, zuvor 


zugehen. Anfang alles Lebendigen, 


eine gewisse Selbständigkeit, während sie bei dem 
Thiere diese vollständig verliert und in dem Ganzen 
Man 


und noch thätige Zellen von der Mutterpflanze will- 


untergeht. kann bei den Pflanzen lebendige 


kürlich trennen und sie bilden ausserhalb dieser, 


wenn man ihnen sonst die nöthigen Lebensbedin- 


zunzen zur Verfügung stellt, ein neues Individuum. 


Die Zelle hat bei Pflanzen und Thieren stets nur 
eine bestimmte Zeit, in der allein sie ihre Thätigkeit 
entfaltet; während sie sich aber bei den Thieren 
regenerirt, d. H. immer vom Neuen ersetzt, geschieht 
dieses bei den Pflanzen nur ausnahmsweise und ohne 
für ihr Leben von Bedeutung zu sein. Die pflanz- 
liche Zelle, welche ihre Thätigkeit abgeschlossen hat, 
wird nicht, wie bei dem Thiere, aufgesaugt, sondern 
bleibt in der Regel in der Pflanze und dient längere 
Zeit dauernden Individuen gleichsam als Gerüste, auf 
dem die Entwiekelung gleicher neuer und lebens- 
thätiger Zellen fast ohne Unterbrechung weiter ge- 
schieht. Diese letzteren führen meist den Namen 
Kambium und befinden sich hauptsächlich an der 
Pflanze nach aussen, wo die Entfaltung ihrer chemisch- 
physikalischen Thätigkeit, also ihre Wechselwirkung 
nach aussen, auch am Besten und Leichtesten ge- 
schehen kann. 

Das Wachsthum bei den meisten Thieren geschieht 
nach allen Seiten, bei den höheren Pflanzen haupt- 
sächlieh nur nach einer Richtung hin, nach oben. 
Das Thier bleibt in den meisten Fällen einfach, die 
Pflanze hingegen bildet neue Zellen - Vereinigungen, 
welche zwar mit der Mutterpflanze vereinigt bleiben, 
aber doch eine Art selbständigen Lebens führen. 
Diese Zellen-Vereinigungen bilden weiter entwickelt 
und vergrössert die Aeste und Zweige. Jedes Pflanzen- 
Individuum, aber ebenso die von ihm ausgegangenen 
Aeste und Zweige, bestehen aus einem meist in die 
Länge gezogenen Grundorgan, was man im gewöhn- 
lichen Leben Stengel nennt, wissenschaftlich aber 
als Achse bezeichnet wird. Dieses Grundorgan 
wächst ebenfalls hauptsächlich nur an seinem oberen 
Theile durch stete Neubildung von Zellen weiter und 
verlängert sich damit. Seitlich gehen aber von ihm 
meist flächenartige Gebilde ab, welche man Blätter 
(in der Wissenschaft Appendikulärtheile) nennt 
nur bis zu einem gewissen Grade ver- 
grössern. Sie sind es, welche das zur Umbildung 
des rohen, eben erst aufgenommenen Stoffes in den 
eigentlichen Nahrungsstoff nothwendige Chlorophyll 
hauptsächlich enthalten. Aus diesen Appendikulär- 
theilen bilden sieh alle übrigen Pflanzenorgane, wie 
durch ein- 


und sich 


man sagt, durch die Metamorphose, d. h. 
fache Umwandlung, und zwar von den Kotyledonen 
bis zu den Eihüllen. 

Die Achse (Stengel, Ast oder Zweig) wächst, 
in sofern sie nieht schliesslich verkümmert, so lange 
nach oben weiter, bis die Zeit der Vermehrung des 
Individuums auf geschlechtliicehem Wege kommt, mit 
anderen Worten, bis eine Blüthe sich zeigt. Diese 
reicht an dem obersten Theil der Achse soweit herab, 


135 


als Appendikulättheile bei den Vorbereitungen zu der 
Vermehrung mitwirken. In der Regel besteht eine 
Blüthe aus zwei Reihen metamorphosirter Blätter, 
welche man Keleh und Krone nennt, und aus einer 
oder mehreren anderen Reihen, welche eine ganz 
eigenthümliche Umbildung erhalten und bestimmt sind, 
die befruchtenden Zellen (den Blumenstaub, resp. die 
Pollenschläuche) zu bilden. Es sind dieses die Staub- 
sefässe. Endlich sind oft noch in der Mitte der 
Blüthe metamorphosirte Blätter vorhanden, welche 
als sogenannte Frucht- oder Karpellarblätter die Eichen, 
d. h. die Anfänge der Samen, einschliessen und den 
Stempel, dessen unterer meist rundlicher und hohler 
Theil deshalb Fruchtknoten heisst, weil aus ihm die 
Frucht entsteht, darstellen. 

Der oberste Theil der Achse, auf dem die ge- 
nannten metamorphosirten Blätter: Kelch, Krone, 
Staubgelässe und Fruchtblätter, sich befinden, heisst 
der Blüthenboden. Bei den meisten Blüthen nimmt 
er keinen grossen Raum ein; bisweilen streckt sich 
aber der Raum zwischen den einzelnen bestimmten 
und eben genannten Reihen umgeänderter Blätter, 
besonders zwischen Krone und Staubgelässe oder 
zwischen diesen und dem Stempel etwas, so dass 
dieser schliesslich gestielt erscheint und auch als 
Stempelträger bezeichnet wird. Sind viele Stempel 
in einer Blüthe vorhanden, so streckt sich wohl auch 
der Blüthenboden zu ihrer Aufnahme weit mehr in 
die Länge, wie es bei der Erdbeerblüthe, in noch 
höherem Grade bei Myosurus minimus und bei den 
Magnolien ist. In einigen Fällen wächst aber auch 
der Blüthenboden zwischen den Fruchtblättern, die 
also in diesem Falle nicht die Mitte einnehmen, weiter 
und bildet in der Höhlung des Fruchtknotens den 
Träger (Centralplacenta) der Eichen, resp. später der 
Samen. Es ist dieses beispielsweise bei der Blüthe 
der Primulaceen der Fall. 

Es kommt aber auch vor, dass an dem eigent- 
lichen Mittelpunkte des Gipfels einer Achse das 
Wachsthum aufhört, während rings herum die neu 
sich bildenden Zellen in die Höhe getrieben werden. 
Es ist dieses eine Erscheinung, die schon bei den 
Stempelgebilden der Farnkräuter vorkommt. Sobald 
dieses der Fall ist, muss die eigentliche Mitte des 
Gipfels einer Achse um so tiefer liegen, als Zellen 
sich am Rande bilden und ringsum sich erheben. 
Es entsteht damit eine Vertiefung, die anfangs nur 
gering ist und auch schwach bleiben kann. Stehen 
in dieser schwachen Vertiefung die Fruchtblätter zu 
einem Stempel verwachsen, so. erhält man einen 
halbunterständigen Fruchtknoten. 

Ist diese Vertiefung aber bedeutend, so dass 


sie mit dem sie einschliessenden Rande die Form 
eines Bechers erhält, so befinden sich die Frucht- 
blätter entweder in dieser oder sie stehen amı Rande, 
die Oeffnung schliessend; in der Vertiefung selbst 
haben dagegen die Eichen sich entwickelt. In bei- 
den Fällen nennt man den Becher, sowohl mit den 
eingeschlossenen Fruchtblättern, als auch, wenn 
nur Eichen enthält, einen unteren Fruchtknoten. 
Beispiele für den letzteren Fall sind die Stachel- 
beere, für den ersteren die Rosenfrucht und das 
Kernobst. DBeiderlei letzte Früchte unterscheiden 
sich nur dadurch, dass die geschlossenen Frucht- 
hlätter, resp. die Stempel, bei der Rosenfrucht an der 
Wand des oben offenen Fruchtbechers befestigt sind, 
ohne mit diesem oder unter sich zu verwachsen, 
bei dem Kernobste hingegen verwachsen die Stempel 
nicht allein unter sich, sondern auch mit der Wand 
des Bechers, und bilden in dem Apfel das sogenannte 
Kernhaus. Bei Cotoneaster (der Zwergmispel) ge- 
schieht die Verwachsung der Fruchtknoten nicht 
unter sich, sondern nur mit der Wand des Bechers. 


er 


Dergleichen becherartige Bildungen am Ende 
einer Achse kommen aber auch ausserdem vor. So 


ist die Feige eine solche Bildung. Sie unterscheidet 
sich von dem unteren Fruchtknoten und dem Kern- 
obst nur dadurch, dass in der Höhlung des Bechers 
nicht Eichen oder Stempel eingeschlossen werden, 
sondern die ganzen Blüthen (Staubgefässe, Stempel 
und Blüthenhülle), sogar meist noch mit Deekblättern 
versehen. 

Eine eigenthümliche Einschliessung von Frucht- 
blättern oder Stempeln, resp. Früchten in einer Höh- 
lung kommt bei einigen, zu dem Genus Nelumbium 
sehörigen Seerosen vor. Hier erweiteıt sich der 
Blumenstiel plötzlich und bildet auf dem Gipfel eine 
ebene Fläche von 1 Zoll und mehr Durchmesser. 
Während ringsum auf der Fläche zahlreiche Blumen- 
blätter und Staubgefässe stehen, entwickeln sich auf 
ihr selbst die Fruchtblätter. In der Weise, als diese 
ihre Ausbildung erhalten, erhebt sich bei der weite- 
ren Entwickelung des Fruchtknotens zur Frucht rings- 
um das Zellgewebe und schliesst die Früchte endlich 
vollständig ein. 

Es gibt endlich auch Stempel, resp. Früchte, 
welche, trotzdem sie oberständig sind, doch nicht 
aus Blättern entstanden sind. In diesem Falle wächst 
die Achse, also die Spitze des Blüthenstieles, nach- 
dem sich Kelch, Krone und Staubgefässe seitlich ge- 
bildet haben, in der Länge weiter, wie bei Cappari- 
daceen und Passifloraceen, und bildet schliesslich 
durch Weiterwachsen am Rande (aber nicht der 
Mitte), einen Becher, der die Eichen einschliesst und 


186 _ 


an seiner Mündung durch kleine Fruchtblätter ge- 
schlossen wird. Hier wird. der Fruchtknoten durch 
einen Stiel in der Blüthe getragen. Bei den Liliaceen 
geschieht dagegen die Bildung des Bechers alsbald 
und der Fruchtknoten erscheint nicht gestielt. 


Die Dracuneuleen, 


Aroideen mit einem grossen Schirmblatte. 

Eine interessante Aroidee der Abtheilung 
der Dracunculeae erhielt der Chef des Luxemburg- 
Gartens in Paris, Riviere, vor mehrern Jahren di- 
rekt aus Cochinchina, wahrscheinlich daselbst im Hoch- 
zebirge wachsend, und wurde von dem Direktor des 
botanischen Gartens in Bordeaux, Durieu de Mai- 
sonneuve, Amorphophallas Rivieri genannt. 
Eigenthümlich ist die Anwendung, welche man jetzt 
in Paris mit dieser Pflanze macht und wohl verdient, 
dass auch sie bei uns nachgeahmt werde. 

Zum besseren Verständniss werden wir uns aber 
zuvor erlauben, über die ganze Abtheilung der Dra- 


aus 


euneuleen einige erläuternde Worte zu sagen. 

Sämmtliche Arten haben die Eigenthümlichkeit, 
dass sie im Frühjahre zuerst einen grossen Blüthen- 
stand in Form eines Kolbens (Spadix), der von einer 
grösseren oder kleineren Blüthenscheide (Spatha) 
eingeschlossen wird, einem kürzeren oder län- 
geren. Stiel hervorbringen. Dieser Kolben haucht in 
der Regel einen so unangenehmen, möchte 
wirklich bisweilen sagen, pestilenzialischen Geruch 
aus, dass selbst Aasfliegen herbeigelockt werden, 
um ihre Eier darauf zu legen. Dazu kommt noch 
die braune, etwas unheimliche Farbe der Blüthen- 
scheide. 

Nach einer Dauer von 3 bis 10 Tagen fällt die 
Blüthenscheide mit oberen Theile des 
Blüthenkolbens ab und es entwickelt sich nur 
untere Theil mit den Stempeln weiter, bis diese 
schliesslich zur reifen und saltigen Frucht geworden 
sind. Die wärmeren Gegenden stammenden 
Arten bringen bei aber keine Früchte hervor; 
es wird deshalb nicht nur der obere Theil des Kol- 
bens abgeworfen, sondern auch der untere geht mit 


auf 


man 


meist dem 


aus 
uns 


dem ihn tragenden, bisweilen mehre Fuss hohen 
Stiel alsbald zu Grunde. 


Dafür erhebt sich dicht neben dem alten Blüthen- 
stiel eine Blattknospe der Erde, sprengt ihre 
Hüllen und es kommt ein einziges Blatt hervor, dessen 
Stiel schliesslich einigen Arten zu einer 
Länge von 8 und selbst 10 Fuss hoch werden kann. 


aus 
bei bis 


N 


der | 


| 


Er hat an der Basis oft 1 Zoll und mehr im Durch- 
messer und ist, ähnlich wie bei einer Schlange oder 
wie bei dem mythologischen Drachen, bunt gefärbt. 
Diese bunte Färbung gab Linne Veranlassung zur 
Benennung zweier hierher gehörigen Geschlechter: 
Draeuneulus und Dracontium, während spätere Bo- 
taniker noch die entsprechenden und darauf 
züglichen Genera Sauromatum und Pythonium 
stellten. 

Dem Gipfel des langen Blattstieles liegt die viel- 
fach zusammengesetzte Blattfläche auf und bildet 
einen Schirm, der über 3 Fuss Durch- 
messer besitzt und bis in den Herbst hinein grün 
bleibt. Dann stirbt auch er ab und es beginnt für 
die Pflanze die Zeit der Ruhe, indem sie sich auf 
den der Erde Knollen zurückzieht. 
Vorher sind jedoch in der eben vorausgegangenen 
Vegetations-Periode die Blüthen- und Blattknospen, 
aus denen im nächsten Frühjahre wiederum Blüthe 
und Blatt hervorgehen, angelegt worden. Wenn auch 
bei Hyaeinthen und anderen Liliaceen ganz gleiche 
Verhältnisse, wie eben bei den Draceunculeen, geschil- 
dert sind, vorkommen, so fallen diese doch keineswegs 
bei den genannten Pflanzen so sehr in die Augen. ' 

Die Anwendung der Dracunculeen, und besonders 
der Art, welehe den Namen Amorphophallus Rivieri 
in Paris erhalten hat, besteht darin, dass sie während 
der guten Zeit ins Freie, am besten auf ein nicht zu 
grosses Rasenstück oder doch wenigstens in die Nähe 
des Weges gepflanzt wird. Sowohl während der 
Blüthenzeit,. als noch mehr wenn die grossen Blätter 
sich entwickelt haben, nimmt sich die Pflanze, einzeln 


be- 
auf- 


bisweilen 


in befindlichen 


oder bei dem nöthigen grossen Raume zu einer Gruppe 
zusammengestellt, gut aus und trägt zur Mannigfaltig- 
keit eines Gartens nicht wenig bei. Dass alle grossen 
Amorphophallus-Arten, wie A. campanulatus, oder die 
nur im warmen Amerika wachsenden Dracontien im 
Freien gedeihen, möchten wir bezweifeln, da die 
meisten von ihnen gegen anhaltende Feuchtigkeit in 
der Luft, besonders bei kühler Temperatur sehr 
empfindlich sind. Es müssten jedoch erst zu diesem 
Zwecke Versuche gemacht werden. 
(Sehluss folgt.) 


In dem Versuchsgarten des Vereines sind zur 
Vertheilung an Mitglieder besonders schöne Stief- 
mütterchen (Viola tricolor - altaica maxima) erzogen 
worden. Wer darauf reflektirt, wird ersucht, sich 
bis zum 9. Mai bei dem Inspektor Bouche. im bota- 
nischen Garten zu melden. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pllanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch. 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, 


No. 18. 


A 


1822. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Die Rüstern, eine monographische Skizze. — Die Feigenbäume Aegyptens. — 


Die Dracuneuleen (Schluss). 


Die Rüstern. 
Eine monographische Skizze. 
Kein Waldbaum, selbst die Eiche nicht, hat in 
der Geschichte der grossen Kulturvölker Europa’s 


von jeher eine so gewichtige Rolle gespielt, als der 


Rüster. Behauptet man doch englischerseits, dass 
der Name Ulme oder Elm von dem ältesten ge- 


schichtlichen Volksstamme Europa’s, den Gälen, be- 
reits für unsern Rüster gebraucht worden wäre. Und 
in der That befindet er sich noch in allen europäi- 
schen, selbst in den slawischen Sprachen. Nur die 
germanischen Sprachen besitzen für den Baum aus- 
serdem noch die ihnen eigenthümlichen Namen von 
Rüster und Yper. 


Bei den Griechen, welche das Wort Ulme gar | 


nicht in ihrer Sprache haben und es durch Ptelea 
ersetzen, war der Rüster trotzdem, wahrscheinlich 
wegen der dunkelen Farbe der Blätter, den Göttern 
und Bewohnern der Unterwelt geweiht. Achilles 
setzte dem Vater seiner Andromache ein Denkmal in 
einem Rüsterhain. Noch beliebter und weit mehr 
angebaut war der Rüster bei den Römern, welche 
ihn hauptsächlich benutzten, um die Weinrebe an 
ihm emporklettern zu lassen. Ovid und Virgil nen- 
nen ihn vielfach, besingen ihn aber auch in ihren 
Schriften. 

Der römische Rüster, Ulmus campestris, ist eine, 
wie es scheint, nur südländische Art, während der 
Bergrüster, U. scabra, obwohl er in unseren nordi- 
schen Wäldern weit grösser und auch, man möchte 


ten ihn in der Nähe ihrer Wohnungen an. 


| breitung erhielt. 


sagen, malerischer wächst, in gärtnerischer Hinsicht 
während der früheren Zeit nie zu einer Bedeutung 
gekommen zu sein scheint, sondern diese erst in der 
neueren Zeit erlangt hat: Anders ist es in kulturge- 
schichtlicher Hinsicht. Bei den alten Bewohnern Eng- 
lands, den Gälen, scheint er ein heiliger Baum ge- 
wesen zu sein, denn sie hingen beispielsweise die 
Felle der von ihnen erlegten Wölfe an seinen Aesten 
auf. Der Feldrüster war damals noch nicht jenseits 
des Kanales eingeführt. Dass seine Einführung aber 
frühzeitig geschah, unterliegt kaum einem Zweifel, 
denn die Römer brachten mit der Zeit, als sie die 
britischen Inseln dauernd besetzten, wahrscheinlich 
ihren Lieblingsbaum, den Feldrüster, mit und pflanz- 
Wie das 
Land allmählig für den Feldbau mehr urbar gemacht 
wurde, verschwanden die Wälder und demnach mit 
ihnen auch der Waldrüster, während der: Feldrüster 
von Jahrhundert zu Jahrhundert eine grössere Ver- 
Bei seiner leichten Vermehrung durch 
Wurzelschösslinge — in England trägt der Feldrüster 
noch weniger keimfähigen Samen, als bei uns — 
Natürlicher Weise 
Vorkommen offene 
Feld, während man ihn nirgend in Wäldern anpflanzte. 
Deshalb erhielt er von Linn& auch den Namen Ul- 
mus campestris, d. i. Feldrüster, während Philipp 
Miller, sein Zeitgenosse in England, ihn, weil er 
ihn für eine Kulturpflanze hielt, Ulmus sativa nannte. 
Noch jetzt findet man ihn allenthalben jenseits des 
Kanales nur in der Nähe von Dörfern und zu Alleen 


18 


konnte dieses leicht geschehen. 


beschränkte sich sein aul das 


an Wegen verwendet. Als der natürliche Garten- 
styl in der Mitte des vorigen Jahrhunderts sich Bahn 
brach, spielte der Feldrüster auch in den Parks der 
grossen Grundbesitzer, wie in den öffentlichen An- 
lagen, eine grosse Rolle. 

In Frankreich war in der vorchristlichen Zeit 
die Eiche der heilige Baum, unter dem die Druiden 
ihre Altäre aufbauten. Ob U. campestris ursprüng- 
lich, wenigstens im Osten und Westen Frankreichs, 
vorkam oder ebenfalls erst von den Römern bei der 
dauernden Besetzung des Landes eingeführt wurde, 
lässt sich nicht mehr entscheiden, das Erstere möchte 
aber, wenigstens für die mittleren und südlichen De- 
partements, das Wahrscheinliche sein. Eine Bedeu- 
tung erhielt der Feldrüster erst unter der Regierung 
Franz I., welcher wahrscheinlich in Folge seines öf- 
teren Aufenthaltes in Italien ihn hatte schätzen lernen. 
Unter Heinrich IV. war es besonders Sully, welcher 
für seine Verbreitung sehr viel gethan zu haben 
scheint, denn nach 2 Jahrhunderten führten noch alte 
Rüsterbäume, unter denen man sich Abends ver- 
sammelte, den Namen Sully und Heinrich IV. Be- 
sonders waren sie als Allee-Bäume viel verwendet. 
Lenötre liebte unter Ludwig XIV. den Baum eben- 
falls. Die früheren Rüster-Alleen bei Versailles und 
Paris verdanken meist ihm ihren Ursprung. 

Die Liebe zu dem Feldrüster als Alleebaum ging 
damals auch auf die Holländer über und ist noch 
im hohen Grade in genanntem Lande vorhanden. In 
Deutschland wurde er dagegen weniger als Allee- 
Baum benutzt; man pflanzte ihn aber vielfach neben 
der Linde als Einzelpflanze an. Als solchen sieht 
man ihn noch vielfach in und bei Dörfern, um eben 
so des Abends als Ort der Zusammenkunft zu die- 
nen, als die eben genannte Linde. 
Feldrüster auch später in Deutschland zum Allee- 
Baum benutzt, doch nirgends allgemein. 

Als in den 60ger und 70ger Jahren Nordamerika 
mehr erschlossen und eine Menge Gehölze, haupt- 
sächlich durch des damaligen Oberforstmeister Wan - 
senheims Vermittelung, in Deutschland, noch mehr 
aber durch die Besitznahme eines Theiles von Nord- 
amerika in England eingeführt wurden, kamen auch 
die nordamerikanischen Rüster-Arten nach Europa, 
um vielfach in Anlagen und Gärten verwendet zu 
werden. 

Erst weit später wurde man auf den einheimischen 
Waldrüster aufmerksam und nahm ihn ebenfalls in 
Kultur. Da er als einheimisches Gehölz gut gedieh, 
sich auch durch Samen sehr leicht vermehren liess, 
sich weit mehr aus, als die nord- 
amerikanischen Arten und wurde schliesslich selbst 


so breitete er 


Doch wurde der - 


138 


vorherrschend. Die letzteren verloren sich sogar 
allmählig immer mehr und wurden von Jahr zu Jahr 
seltener, so dass sie sich jetzt nur noch hier und 
da in einigen alten Anlagen bei uns in Deutschland 
vorfinden. 

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass in der Zeit, 
wo die europäischen und nordamerikanischen Arten 
vielfach in Anlagen, Parks und Gärten kultivirt wur- 
den, der Waldrüster sowohl mit dem Feldrüster, als 
auch mit den nordamerikaniseben Arten durch Kreu- 
zung mannigfache Verbindungen eingegangen hat 
und wir jetzt eine Reihe zwischenstehender Formen 
besitzen, welche eine feste Bestimmung der ächten 
Arten oft illusorisch machen. Säet man jetzt Rü- - 
stern-Samen, den man meist aus dem Südwesten 
Deutschlands bezieht, aus, so erhält man unter den 
Sämlingen eine grosse Menge unter einander sehr 
verschiedener Formen, die aber doch zum grössten 
Theile dem Waldrüster näher stehen, als dem Feld- 
rüster. Dergleichen Formen herrschen jetzt in unse- 
ren Anpflanzungen in der Regel vor. 

Leider haben die Rüstern viele Feinde unter 
den Insekten. Von ihnen ist ein Käfer, der den be- 
zeichnenden Namen Seolytus destructor (d. h. der 
Verwüster) erhalten hat, der gefährlichste. Im freien 
Felde und noch mehr in Wäldern scheint er weniger 
Verwüstungen anzurichten, als in grossen Städten, 
wo eine eingeschlosseneLuft und verschiedene andere 
Umstände seiner Vermehrung sehr günstig zu sein 
scheinen. Am schlimmsten ist er in Paris und in 
Versailles aufgetreten, indem er die schönsten Alleen 
daselbst, und ausserdem viele einzeln stehende grosse 
Bäume, zum grossen Theil ganz und gar zu Grunde 
gerichtet hat. An die Stelle der Rüstern ist zum 
Theil für Alleen die kanadische Pappel getreten, 
während man in der Stadt Paris, weil keine Rüster 
mehr gedeihen will, die Platane anpflanzt. Ob die- 
ser schöne Baum, wenn er grösser geworden ist, 
auch ferner noch gedeiht, müssen wir abwarten. 

Nicht viel besser ist es in London, wo eben- 
falls der beliebte Rüster zu Tausenden von herr- 
lichen Bäumen zu Grunde gegangen ist. Man sieht 
aber deren doch noch, z. B. im Hydepark und in 
dem Kensington-Garten, wagt aber ebenfalls kaum 
noch, neue Rüstern anzupflanzen. Die neueren 
Parks, wie der Regent- und Battersee-Park, haben 
fast gar keine Rüstern. Nicht besser ist es in Berlin, 
wo nach und nach all’ die schönen und grossen 
Rüstern, hauptsächlich durch die Verwüstungen des 
Scolytus destructor, zu Grunde gegangen sind und 
ferner noch zu Grunde gehen. 

Nach dieser hauptsächlich geschichtlichen Aus- 


139 


-einandersetzung gehen wir auf das Systematische der 
Rüsterbäume über. Die früheren Botaniker stellten 
sie mit mehrern milchenden Pflanzen, hauptsächlich 
Gehölzen, wie den Feigen, Maulbeerbäumen u. Ss. w., 
so wie mit einer Reihe von Kräutern, welche sich 
zum Theil durch Brennhaare auszeichnen, zu einer 
grossen Familie zusammen, der man zuerst wegen 
der steifen und kurzen Haare hauptsächlich auf den 
Blättern den Namen der Scharfblättler (Scabridae) 
gab, und dann Urtieaceae nannte. Sie alle zeichne- 
ten sich durch sehr kleine, gedrängt wachsende 


Blüthen aus, welche nur eine unscheinliche, meist 
srünlich-gelbliche Blüthenhülle besitzen. Bei einem 


Theile der hierher gehörigen Arten befinden sich 
Staubgefässe und Stempel in einer und derselben 
Blüthe, bei einem anderen Theile sind die Blüthen 
dagegen getrennten Geschlechtes. 

Später hat man die Scharfblätter oder Urtica- 
ceen in 3, 4 und 5 besondere Familien getheilt und 
liess sich bei der Trennung mehr durch das äussere 
Ansehen und durch die geographische Verbreitung, 
als durch in der Blüthe und Frucht liegende Merk- 
male, leiten. So bildeten die krautartigen oder halb- 
strauchigen Pflanzen der Scharfblätter, welche zum 
Theil auch Brennhaare besitzen und deren Blüthen 
in unregelmässigen Knäueln gedrängt stehen, die 
ächten Urtieaceen, während die milchenden, haupt- 
sächlich aus Gehölzen bestehenden Arten mit eigen- 
thümlichen, flachen, gewölbten, oder umgekehrt aus- 
gsehöhlten Blüthenständen die Moraceen darstellten. 
Man machte selbst, je nachdem die Samen Eiweiss 
besitzen oder nicht, 2 Familien daraus, von denen die 
eine wiederum den Namen Moraceen führte, während 
die andere als Artokarpaceen (Brotfruchtbäume) be- 
zeichnet wurde. Die dritte, resp. die vierte im Ver- 
hältniss kleine Familie bilden die Ulmäaceen mit 


Blättern, deren beide Hälften auf jeder Seite des 
Mittelnervs nicht gleichmässig entwickelt sind. 


Während die Blüthen der eigentlichen Urtieaceen 
und Moraceen getrennten Geschlechtes sind, findet 
man bei den Ulmaceen in der Regel Stempel und 
Staubgefässe in einer und derselben Blüthe. Auch 
diese Familie haben die Botaniker, je nachdem die 
Früchte Flügel- oder Steinfrüchte sind, in 2 Familien, 


in die der eigentlichen Ulmaceen und in die der 


Geltidaceen zerlegt. 

In pflanzengeographiseher Hinsicht wachsen die 
Ulmaceen (im weiteren Sinne) allein in der nördlichen 
zemässigten Zone, während die Moraceen (im wei- 
teren Sinne) hauptsächlich nur in den heissen und 
warmen Ländern der Alten und Neuen Welt vor- 
kommen. Die eigentlichen Urtieaceen haben eine 


grössere Verbreitung, besonders aber auf der nörd- 
lichen Erdhälfte und unter den Tropen, wo jedoch 
der grösste Theil von ihnen vertreten ist. 

Wir beschränken uns hier auf die ächten Rü- 
stern, die von dem Pariser Botaniker Spach in 
2 Untergeschlechter gebracht sind, je nachdem die 
Blüthen vor oder nach der Entfaltung der Blätter 
zum Vorschein kommen. Wo das letztere der Fall 
ist, hat Spach sein neues Genus Mieroptelea ge- 
nannt, weil die hierher gehörigen Arten im Verhält- 
niss zu den übrigen Rüstern, welche meist nur 
srosse Bäume darstellen, nur klein bleiben. Auch 
diese wenigen, vorherrschend in wärmern Ländern 
wachsenden Arten übergehen wir hier. 

Aechte Rüstern sind bis jetzt nur 6 bekannt, 
von denen 4 in der Alten Welt, und zwar vorherr- 
schend in Europa und Nordasien, 2 hingegen in der 
Neuen Welt ursprünglich zu Hause sind. Betrachten 
wir sie etwas näher. 

1. Der Feldrüster, Ulmus campestris L. 

Mit Ausläufer; Rinde später rissig, in langen 
Stücken sich lösend; Blätter eirundlich oder fast 
rautenförmig und zugespitzt, auf der Oberfläche (we- 
nigstens in der Jugend) meist mit kurzen, scharf sich 
anfühlenden Haaren besetzt; Knospen rundlich oder 
eirundlich, etwas zusammengedrückt, mit 4 oder 6 
Schuppen; Flügelfrüchte kurz gestielt, völlig unbe- 
haart; Samen im oberen Theile der Frucht, dicht 
unter einem tiefen Einschnitte. 

In der sehr langen Zeit, in welcher sich der Feld- 
rüster in Kultur befindet, haben sich eine Reihe ver- 
schiedener Formen gebildet, welche zum Theil von 
einigen Botanikern als selbständige Art betrachtet 
worden sind. Eine eigenthümliche Erscheinung ist 
zunächst, dass sich an den jüngern, 2 bis 4, selten 
bis 6 Jahre alten Aesten bisweilen durch eine Wu- 
cherung der Rinde Kork, ähnlich wie bei dem Feld- 
ahorın (Acer campestre), bildet. Früher glaubte man, 
dass die Rüstern mit Kork eine selbständige Art bil- 
deten, zumal sie in diesem Falle meist niedrig, selbst 
strauchartig sind und ein mehr röthliches Holz be- 
sitzen. Wenn der Rüster eine bedeutende Höhe, wie 
bei unseren Allee-Bäumen, erreicht, so besitzen die 
Aeste fast nie Einer der Botaniker des vo- 
rigen Jahrhunderts, Ehrhart, nannte deshalb den 
Rüster mit Kork Ulmus suberosa, den aber ohne 
Kork U. nuda. Der Korkrüster kommt hier und da 
auch als U. fungosa vor. 

Wahrscheinlich ist es aber doch, dass im Süden 
Europa’s, im nördlichen Oriente und in Sibirien es 
strauchige Rüstern gibt, die gewöhnlich Kork bilden 
und doch eine selbständige, von unserem Korkrüster 

182 


Kork. 


140 


verschiedene Art darstellen. Eine solche befindet sich 
jedoch bei uns noch nieht in Kultur, 

Von dem Feldrüster kann man 3 Hauptabarten 
unterscheiden. Die Abart mit kleinen, anfangs in der 
Regel glatten Blättern ist in England sehr beliebt und 
in einer Reihe von Formen vertreten, die auch nach 
Deutschland gekommen sind. Die niedrigen, oft mit 
Kork versehenen Formen übergehe ich, und bemerke 
nur, dass sie sich sehr gut zu Hecken gebrauchen 
lassen und hier und da, besonders in Mitteldeutsch- 
land, auch dazu verwendet werden. Die kleinblätt- 
rigen, nicht strauchartigen, also hohen Rüstern breiten 
ihre Aeste entweder mehr nach den Seiten aus und 
erhalten damit eine breite Krone oder die Aeste ste- 
hen in einem geringen Winkel von dem Stamme ab 
und die Krone hat mehr oder weniger das Ansehen 
einer Pyramidenpappel.: Mit. breiten. Kronen waren 
2 Rüster jenseits des Kanales besonders beliebt und 
früher auch bei uns viel angepflanzt. Es sind dieses 
U. sarniensis und cornubiensis, die Rüstern von 


Jersey und ‘Cornwallis. Sonst haben die beiden 
Rüstern auch die Namen U. parvifolia, mierophylla 
und betulaefolia erhalten. .Zu Ende des vorigen 


und zu Anfang dieses Jahrhundeiıts kamen sie auch 
endlich in Deutschland als U. nemorosa Borkh. vor. 

Der Pyramiden - Rüster führt, je nachdem die 
Krone breiter oder schmäler ist,: den Namen Ulmus 
strieta oder fastigiata. Vor einem Paar Jahr- 
zehnten hat der Besitzer der früheren Rinz’schen 
srossen Handelsgärtnerei in Frankfurt a. M. von der 
letztern eine Form aus Samen gezogen, wo eine kurze 
Verästelung des Stammes schon nahe dem Boden 
begann, der Baum selbst nicht hoch wurde und ein 
säulenförmiges Ansehen besass. Rinz legte ihr da- 
mals deshalb auch den Beinamen monumentalis bei. 

Eine ähnliche, aber mehr: monströse Form, die 
eigentlich mehr durch Misshandlung der Menschen 
entstanden ist, weil man sie als Schlagholz benutzte 
und sie zu diesem Zwecke an Wegen anpflanzte, als 
durch freies, natürliches Wachsthum, ist: Ulmus tor- 
tuosa. Sie kommt besonders im Norden Frankreichs, 
hauptsächlich in der Normandie vor. Die seitlichen 
Aeste besitzen hier ein durch die öfteren Verstüm- 
melungen hervorgerufenes knorriges Ansehen; es ent- 
standen an den kurzen Aststummeln Knospen, die 
zum Theil nicht zur Entwickelung kamen und dadurch 
zur Bildung grösserer und kleinerer Auswüchse An- 
lass gaben. Die Franzosen nannten diesen Rüster 
deshalb ebenfalls Tortillard und bezahlten das ma- 
serige und wimmerige Holz desselben um hohe Preise 
als Nutzholz. 

Während im Allgemeinen die Blätter des klein- 


blättrigen Feldrüsters eine dünne Textur haben, be- 
sitzt man doch auch Formen, wo diese härter und 
dauerhafter ist. In England besitzt man sogar eine 
Form, wo die sehr harten Blätter erst spät im Winter 
abfallen und selbst bis zum Frühjahre, wenn wie- 
derum neue Blätter kommen, dauern. Sie wird ge- 
wöhnlich als U. virens bezeichnet. 

Von der grossblättrigen Abart, welche übrigens 
allmählig in die kleinblättrige übergeht und früher 
oft unter dem Namen U. carpinifolia, also der 
hainbuchenblättrigen, vorkam, gibt es keine hervor- 
ragenden Formen. Sie ist es, welehe bei uns, be- 
sonders in der Nähe von Dörfern, aber auch in 
kleineren und grösseren Städten, seit alter Zeit viel 
angepflanzt wurde und sich noch in Alleen u. s. w. 
vielfach vorfindet. In den Niederlanden war sie be- 
sonders beliebt und wurde von da als holländischer 
Rüster (Ulmus hollandica) verbreitet. In Wäldern 
habe ich sie nirgends gesehen, wohl aber in kleineren 
Gehölzen, welche vereinzelt vorhanden sind oder 
srösseren Wäldern sich anlehnen. 

Die dritte Abart des Feldrüsters hat ebenfalls 
ziemlich grosse Blätter, aber mit sehr schwacher oder 
gar keiner Behaarung. Dieses ist die Ursache, warum 
sie Phil. Miller unter dem Namen U. glabra als 
selbständige Art beschrieb. Man hat sie in Deutsch- 
land zwar ebenfalls, aber nur vereinzelt, während sie 
jenseits des Kanals als Essex-Rüster (Ulmus exo- 
niensis) eine grosse Verbreitung besitzt. Unter 
diesem Namen hat man aber noch einen zweiten, 
zum Waldrüster gehörigen Baum, wie wir später 
sehen werden. 

Von dem Feldrüster existiren einige buntblätt- 
rige Sorten, die aber nie eine Bedeutung erhalten 
haben. Nur eine macht eine Ausnahme und wurde 
in Belgien von einem gewissen Rosseels zufällig 
aus Samen erzogen; die ganzen Blätter besitzen hier 
eine goldgelbe Farbe und der Baum scheint nur 
niedrig zu bleiben. Sie hat von ihrem Züchter den 
Beinamen aurea erhalten, während man sie in Eng- 
land als U. Rosseelsii bezeichnet. 

(Schluss folgt.) 


Die Feigenbäume Aegyptens. 


Das alte Land der Pharaonen befand sich vor 
Tausenden von Jahren in einer bewunderungswür- 
digen Kultur. Von ihm, wenn auch nicht direkt, 
so doch indirekt durch die Verbindung mit den 
oberen Nilländern, d. h. mit den abessinischen Ge- 
birgen, verbreitete sich die Kultur nordwärts nach 


Br 


(den Ländern des Örientes und nach Griechenland. 
Das Haupt-Getreide, was hier gebaut wurde, war da- 
mals schon der Weizen. Gewiss hat man mehr Ur- 
sache, das Vaterland des Weizens in den abessini- 
sehen Gebirgen zu suchen, als in den südlichen Län- 
dern des Orientes oder in Östindien. 

Ob ausser dem eigentlichen Nilthale, was all- 
jährlich dureh den Fluss aus den Gebirgen den be- 
fruchtenden Schlamm erhielt, in jener uralten Kultur- 
zeit noch Land zum Anbau vorhanden gewesen ist, 
wissen wir nicht, bei der grossen Bevölkerung, welche 
damals aber in Aegypten war, ist es wahrscheinlich. 
Zum Theil mögen die Wüsten eben so späteren Ur- 
sprunges sein, als die der heutigen Länder am un- 
tern Euphrat und Tigris, also des alten Babyloniens. 
Wie mit dem Verfalle des babylonischen Reiches 
das früher so ungemein fruchtbare Land des untern 
Euphrat und Tigris allmählig mit Gerölle und Flug- 
sand überschüttet und damit zur Wüste umgewandelt 
wurde, so mag es gewiss auch in Aegypten seit dem 
Untergange der älteren Pharaonen mit einigen Ge- 
senden gewesen sein. 

So viel steht fest, dass die Vegetation der früh- 
sten Zeit Aegyptens im Allgemeinen eine andere war, 
wie jetzt; es geht dieses auch aus den Ueberbleibseln, 
aus den ältesten Hieroglyphen, deutlich hervor, wo 
auch pflanzenfressende Thiere verzeichnet sind, welche 
man jetzt in dem eigentlichen Aegypten vergebens 
sucht. Ist doch der Papyrus der Alten, der dereinst 
in grösster Menge in Aegypten wuchs, fast ganz aus 
Aegypten verschwunden! Mit andern Pflanzen ist es 
gewiss ähnlich gegangen. Was sich aus jener vor- 
seschichtlichen Zeit erhalten hat und was später in 
Aegypten eingeführt wurde, näher zu bestimmen, 
möchte Aufgabe von Naturforschern sein, die nach 
allen Richtungen hin das Land erforscht haben und 
uns manche Thatsache von den interessanten Wan- 
derungen der Pflanzen bringen. 

Zu den Bäumen des ältesten Aegyptens rechnen 
wir die Sykomore, eine Art Feigenbaum mit glän- 
zenden und lederartigen Blättern. Die Feigen dieses 
Baumes, den Linne Ficus Sycomorus genannt hat, 
sind keineswegs von der Güte, wie die des ächten 
Feigenbaumes (Ficus Carica), wurden aber früher all- 
semein vom Volke gegessen und bilden auch heut 
zu Tage noch eine Nahrung der Aermeren. Nicht 
weniger waren sie ein Arzneimittel und wurden, na- 
mentlich bei entzündlichen Geschwüren , 
um diese zu zeitigen. 

In der Revue horticole befinden sich einige fort- 
laufende Artikel über die heutigen Gärten Aegyp- 
tens von Delchevalerie, welche grosses Interesse 


aufgelegt, 


bäumen gemeinschaftlich hat, 


besitzen und uns Gelegenheit gegeben haben, einige 
Mittheilungen über die Feigenbäume Unter-Aegyptens 
zu machen. Was zunächst die eben genannte Sy- 
komore anbelangt, so besitzt sie selten einen graden 
Stamm, sondern sie theilt sich kaum 1 bis 3 Fuss hoch 
von dem Boden und wiederholt diese Theilung nach 
oben verschiedene Mal, bis schliesslich der laub- 
tragende Theil des Baumes kommt. Auf diese Weise 
wird die Sykomore, wie man sich denken kann, sehr 
breit und ihre Krone nimmt, wie wir alsbald schen 
werden, einen bedeutenden Umfang ein. 

Das Eigenthümlichste an diesem Baume ist, was 
er allerdings auch mit sehr vielen anderen Feigen- 
dass von den Haupt- 
ästen zahlreiche Luftwurzeln senkrecht herabsteigen 
und in den Boden eindringen, um 
Pflanze, deren eigentliche Wurzel vielleicht kaum 
den achten und zehnten Theil ernähren 
ausserdem nöthige Nahrung zu geben. Diese Adven- 
tiv-Wurzeln, wie man in der Wissenschaft dergleichen 
aus dem Stamme oder 
mende Wurzeln nennt, 
stärker und vertreten in diesem. Falle nicht selten 
den Hauptstamm, der bisweilen von selbst abstirbt 
und oft schon abgehauen worden ist, ohne dass die 
Pflanze dabei Schaden nahm. 

Wir haben’ in unseren Zimmer-Kulturen eben- 
falls Pflanzen, wo aus dem Stamme dergleichen Ad- 
ventivwurzeln hervortreiben. die 
bekannte Monstera Lennea (das alte Philodendron 
pertusum). Wie oft ist nicht hier der Theil des 
Stammes, der in die Erde herabsteigt, auf gleiche 
Weise, wie bei der Sykomore, abgestorben? Die 
Pflanze wird dann durch die in die Erde herabstei- 
senden Adventiv- oder Luftwurzeln, man hier 
ebenfalls sagt, ernährt. Das auffallendste Beispiel der 
Art sahen wir in dem botanischen Garten in Lüttich. 

Hier war es aber eine andere Aroidee, und zwar 
das durch seine grossen Blätter ausgezeichnete Phi- 
lodendron maerophyllum. Das Exemplar mochte den 
Durchmesser von 6 bis 8 Fuss besitzen und 
durch ein von der Decke eines ziemlich hohen Hau- 
ses herabgehendes Seil in Schwebe erhalten. 
Aus dem sedrängten Stamme kamen 
eine Menge von Adventivwurzeln herab und waren 
zum Theil vertrocknet, zum Theil aber hinab in den 
Boden gedrungen. Einige dieser Adventiv-Wurzeln 
hatten eine Länge von über 20 Fuss. 

Delchevalerie erzählt, dass in einem Garten 
der Insel Rhoda, wo früher das alte Kairo lag, eine 
nur 30 Jahre alte Sykomore existirt, die trotz ihres 
geringen Alters einen bedeutenden Umfang erreicht 


der mächtigen 


kann, die 


den Aesten hervorkom- 
Jahr zu Jahr 


aus 
werden von 


Wir erinnern an 


wie 


war 


der 


kurzen und 


hat. Es haben sich hier, von dem Dache der Krone 
des Baumes ausgehend, so viele Adventiv-Wurzeln 
gebildet, dass eine Art Galerien entstanden ist, unter 
denen man spazieren gehen kann. Einige von diesen 
Adventiv-Wurzeln sind so gross und stark geworden, 
dass sie, Säulen gleich, die eigentlichen Stützen des 
Baumes bilden. Aehnliche schöne und nicht minder 
Junge Bäume sollen sich in Alexandrien, und zwar 
in dem Garten des Khedive, befinden. 

In Aegypten wächst, wie es scheint, schon seit 
sehr langer Zeit auch der Feigenbaum der Pagoden 
(Fieus bengalensis), und bildet wenn auch nicht 
solche bedeutende Bäume, wie in dem eigentlichen 
Vaterlande Ostindien, erhält aber eine solche Grösse, 
dass selbst unsere stärksten Eichen und Linden ihnen 
noch nicht gleichen. So existiren in einigen Gärten 
des Nildelta’s einige Bäume des Pagoden-Feigen- 
baumes zwar nur mit einer Höhe von ziemlich 100 
Fuss, der Durchmesser der ausgebreiteten Laubkrone 
beträgt aber noch um die Hälfte mehr, also gegen 


150 Fuss. Welchen Schatten muss ein solcher Baum 
geben? Es ist eigenthümlich, dass dieser mächtige 


Baum sehr kleine Feigen hervorbringt. Sie sind 
hochroth gefärbt und sollen kaum die Grösse einer 
kleinen Wallnuss besitzen. 

Die dicken und lederartigen Blätter des Pagoden- 
Feigenbaumes ähneln denen unseres Gummibaumes 
(Fieus elastica) und haben bei einer Breite von 4, 
eine Länge von 6 Zoll. Da sie an den jüngeren 
Aesten und Zweigen ziemlich dieht stehen, so bilden 
sie auch in ihrer Gesammtheit durch die Krone ein 
so diehtes Dach, dass man unter ihm gegen Regen 
und Sturm vollständig gesichert ist. Es kommt noch 
dazu, dass der Pagoden -Feigenbaum noch vielmehr 
Adventiv- Wurzeln macht und diese viel leichter 
stammähnlich werden, als bei der Sykomore. Die 
Priester Ostindiens stellen deshalb unter diesem Baume 
ihre Pagoden oder Götzenbilder auf, erbauen wohl 
auch kleine Tempel und Häuser, in welchen letzteren 
sie wohnen. Man glaubt unter Säulengängen sich zu 
befinden, so regelmässig sind sie oft vorhanden. 

Ein dritter Feigenbaum, den man aber zunächst 
nur in Gärten findet und der wahrscheinlich erst vor 
nicht sehr langer Zeit in Aegypten eingeführt sein 
mag, ist unser Gummibaum (Fieus elastica). Wenn 
er schon bei uns in den kleinen Exemplaren, wie 
ihn unsere Zimmer nur aufzuweisen im Stande sind, 
allgemein als Dekorationspflanze gefällt, welchen Ein- 
druck würde er auf uns machen, wenn wir ihn, wie 
in einigen Gärten Aegyptens, von einer Höhe von 
60 Fuss und einer Laubkrone von entsprechender 
könnten? Er bildet einen schönen 


jreite sehen 


Stamm, der in einer Höhe von 15 bis 20 Fuss sich 
erst in einige starke Aeste zertheilt. Die Verästelung 
bei dem Gummibaume ist nicht bedeutend, so dass die 
Krone nie einen solchen Breitendurchmesser, wie bei 
der Sykomore und bei dem Pagoden - Feigenbaume, 
besitzt. Von diesen unterscheidet er sich auch da- 
durch noch, dass er keine Adventiv-Wurzeln bildet. 

Was den Namen Gummibaum, den dieser ur- 
sprünglich ostindische Baum bei uns führt, anbelangt, 
so hat er diesen mit Recht erhalten, weil aus dem 
weissen Milchsafte, der herausfliesst, wenn man in 
die Rinde schneidet, ächtes Gummi elasticum berei- 
tet wird. Dieser Milchsaft ist allen Feigenbäumen 
und allen zu der Familie der Moraceen gehörigen 
Arten eigenthümlich und enthält stets Kautschuk oder 
Federharz in seinem Milchsafte. Es kommt aber 
ausserdem noch bisweilen ein so giftiger Stoff darin 
vor, dass, davon eine Wenigkeit genossen, der Tod auf 
das Rascheste herbeigeführt werden kann. Ein Beispiel 
ist der berühmte Giftbaum auf Java, Antiaris toxicaria. 

Noch 2 Bäume aus dem Geschlechte der Feige 
sind es, welche in Aegypten wachsen, wahrschein- 
lich aber erst in einer späteren Zeit eingeführt sind: 
Fieus populeaster und cordifolia. Der letztere wird 
allgemein zu Alleen und Avenues gebraucht und soll 
in dieser Hinsicht einer der schönsten Dekorations- 
bäume darstellen. Er: wächst gerade in die Höhe 
bis zu einer Höhe von 60 bis 70 Fuss und soll auch 
hinsichtlich der Form und der leichten Beweglichkeit 
der Blätter eine Aehnlichkeit mit unserer kanadischen: 
Pappel besitzen. Ausgezeichnet ist sein, gleich einer 
Säule emporsteigender Stamm mit wenigen Haupt- 
ästen, da die glatte Rinde eine weissliche Farbe besitzt, 
und zu dem schönen Grün der Blätter einen eigen- 
thümlichen Kontrast bildet. 

” Wesentlich weicht von den meisten Feigenbäu- 
men F. populeaster deshalb ab, weil er seine Blät- 
ter abwirft und jährlich erneuert. Im äusseren An- 
sehen, ganz besonders hinsichtlich seiner Blätter, 
ähnelt er der F. cordifolia und wird auch in Aegyp- 
ten auf gleiche Weise zu Alleen und Avenuen be- 
nutzt. Er hat noch dadurch einen besonderen Reiz, 
dass die Blätter gegen die Zeit ihres Abfallens all- 
mählig sich braunroth färben und demnach hier im 
Herbste ein Zustand eintritt, uns an manche 
nordamerikanische Eichen, besonders aus der Gruppe 
der Quereus palustris und rubra, erinnert. 

Endlich wächst auch der gewöhnliche Feigen- 
baum (Fieus eariea) in Gärten Unter-Aegyptens, hat 
angeführten, eine or- 


der 


aber nirgends, wie die bereits 
namentale Bedeutung. 


143 


Die Dracuneuleen, 
Aroideen mit einem grossen Schirmblatte. 
(Schluss.) 


Was nun den Amorphophallus Rivieri noch in 
botanischer Hinsicht betrifft, so möchte doch wohl 
noch weiter untersucht und verglichen werden, ob 
er in der That eine neue, noch nicht beschriebene 
Art darstellt. Bekanntlich hat der letzte Monograph 
der Aroideen, der verstorbene Gartendirector Schott 
"in Wien, das Genus Amorphophallus in mehre Ge- 
schlechter, die wohl zum grossen Theil der Kritik 
unterliegen werden, getheilt. Würde man diese aber 
annehmen, so gehört A. Rivieri in das Genus Brachy- 
spatha, was an seiner kurzen Blüthenscheide sehr 
leicht zu erkennen ist. 

Eine zweite Art aus derselben Abtheilung der 
Dracuneuleen wird in Paris unter dem Namen 
Amorphophallus papillosus (p. 476 der Revue 
hortieole) kultivirt, scheint aber im Sommer nicht im 
Freien zu gedeihen. Woher die Art stammt, wird 
nicht gesagt, wahrscheinlich ist sie aber aus den 
heissen Ländern Südamerika’s eingeführt worden, 
denn sie bedarf im Gewächshause einer Wärme von 
15 bis 18 Grad (wohl Celsius). Sie müsste demnach 
‚etwa in einem Palmenhause untergebracht werden. 

Nach der Beschreibung in der Revue horticole 
erhält der Blattstiel des A. papillosus eine Höhe von 
6 Fuss und bedarf, wenn wir die Breite der Blatt- 
fläche nur zu 3 Fuss annehmen wollen, für ihre freie 


Entwickelung einen nicht geringen Raum. Liebhaber 
nit kleinen Gewächshäusern können deshalb die 


Pflanze nicht gebrauchen. 

Der Blüthenstand hat einen so kurzen Stiel, dass 
er aus der Erde selbst hervorzukommen scheint. 
Eine sehr grosse Blüthenscheide schliesst den Kolben 
nicht allein ein, sondern überragt ihn sogar mit dem 
oberen und seitlich offenen Theil um das Dreifache. 
Ein starker, höchst unangenehmer Geruch kommt aus 
der Scheide hervor und vermag den Raum rings- 
herum wahrhaft so zu verpesten, dass es unmöglich 
ist, längere Zeit in der Nähe der Pflanze auszuhalten. 

Wenn wir nicht irren, so ist dieser A. papillosus 
ein Dracontium, was wir schon früher als Dr. aspe- 
rum beschrieben haben und was vor mehrern Jahren 
von Lemaire in der Illustration horticole den Namen 
Amorphophallus vinosus erhalten hatte. Die 
amerikanischen Dracontien unterscheiden sieh in bo- 
tanischer Hinsicht durch die Anwesenheit von Zwit- 
terblüthen am Kolben von den asiatischen Amorpho- 
phallus-Arten. 


H Die Dracontien bilden ohne Zweifel unter den 
Draeuneuleen die interessantesten und grössten Arten 
und sind, wie wir schon ausgesprochen haben, nur 
auf die wärmern Länder Amerika’s beschränkt. Lange 
Zeit kannten wir nur eine Art, welche nicht allein 
schon Linne im Jahre 1737 im Garten zu Harte- 
camp bei Leiden blühend sah und als Dracontium 
polyphyllum (hort. Cliffort. 434) beschrieben hat, 
sondern noch früher von dem Leidener Professor 
Paul Hermann in seinem zu Ende des 17. Jahr- 
hunderts erschienenen Paradisus batavus schon ab- 
gebildet wurde. Linne verwechselte aber diese mit 
einer anderen Art, welche in der Mitte des 17. Jahr- 
hunderts in dem königlichen Garten von Hampten- 
eourt beiLondon kultivirt wurde. Ihre Bekanntmachung 
verdanken wir dem dortigen Gartendirector Plukenett. 
(Almag. 52, Tab. 149, S. 1.) Als Dr. polyphyllum L. 
sind demnach 2 Arten beschrieben. 

Erst später, als man die Wichtigkeit des warmen 
und heissen Amerika’s mit seinen Pflanzenschätzen 
für unsere Gewächshäuser erkannte und botanische 
Reisende, so wie Gärtner, die dortigen Länder in 
dieser Hinsicht erforschten, wurden noch andere und 
schönere Arten entdeckt. 

Der erste Reisende und Gärtner, dem wir die 
Einführung eines neuen Dracontium verdankten, war 
Richard Schomburgk, der seinen Bruder Otto 
auf dessen im Auftrage der englischen Regierung in 
den Jahren 1840 bis 1844 unternommener zweiten 
Entdeckungsreise in Guiana begleitete und jetzt Di- 
reetor des bereits vor Kurzem besprochenen bota- 
nischen Gartens in Adelaide auf Neuholland ist. 
Dieses Draeontium hat Kunth in der Appendix des 
Verzeichnisses der im botanischen Garten in Berlin 
während des Jahres 1844 abgebbaren Pflanzen- 
Sämereien als Dr. dubium beschrieben. Kunth 
kannte nur die blühende, nicht aber die das Blatt 
tragende Pflanze. Die Art mag wohl mit Recht ihren 
Beinamen, der bekanntlich zweifelhaft bedeutet, er- 
halten haben, da sie sich, wenigstens nach der Be- 
schreibung, wesentlich von allen anderen Arten des 
Genus Dracontium unterscheidet. 

Die Blüthenscheide hat zunächst keinen, oder 
nur einen kurzen, in der Erde bleibenden Stiel, wäh- 
rend die einzelnen Blüthen eine 4- oder 5-blättrige 
Blüthenhülle, aber 9 Staubgelässe haben sollen. Nach 
unserer Ansicht kann diese Angabe nicht korrekt 
sein und aus einer auf schlechtem Material 
fussenden Untersuchung entstanden sein. Da weder 


muss 
lebende Pilanzen in Europa existiren, noch getrock- 
| nete in irgend einem Herbarium vorhanden sind, so 
ist wohl das Rathsamste, Dracontium dubium, so lange 


244 


nicht weiteres und besseres Material zur Verfügung ! Bull in England. 


gestellt wird, auf sich beruhen zu lassen. 

Eine vierte Art erhielt der botanische Garten in 
Berlin vor 15 bis 20 Jahren aus Amsterdam, wo sie 
als Dr. surinamense kultivirt wurde. Da dieser 
Name sowohl von Paul Hermann, als auch von 
Plukenett, für ihre beschriebenen Pflanzen benutzt 
worden war, hielten wir es, um Verwechslungen zu 
verhüten, für gerathen, den Namen ganz fallen zu 
lassen und dafür den auf die rauhen Blatt- und 
Blüthenstiele bezüglichen Namen Dracontium as- 
perum zu geben. Diese ohne Zweifel aus Surinam, 
also aus dem holländischen. Antheil der Guiana, 
stammende Art, hat Professor Dr. Karsten in Wien 
auch in den nördlichen Theilen Kolumbiens, und 
zwar in Venezuela, entdeckt. 

Dracontium asperum haben wir bereits im zwei- 
ten Jahrgange der Wochenschrift (S. 257) beschrie- 
ben und ihre Unterscheidung nach lebenden Exem- 


plaren von dem nah verwandten Dr. polyphyllum 
festgestellt. Es ist grösser und schöner, als dieses, 


und möchte sich, als in höheren Regionen der Kor- 
dilleren wachsend, vielleicht ebenso anwenden, als 
Amorphophallus Rivieri. Dass sie durch Ambr., 
Verschaffelt in Gent wiederum als Amorpho- 
phallus vinosus in den Handel gekommen ist, 
haben wir schon früher mitgetheilt. 

Wiederum ist es eine fünfte Art, welche von dem 
Herausgeber des Gardener’s ChronieleDr. Masters als 
Dracontium elatum beschrieben ist, und nicht 
weniger die Aufmerksamkeit der Gartenbesitzer ver- 


dient. Die Ehre, die Art bei uns eingeführt zu ha- 
ben, gehört William Bull, einem der thätigsten 


Handelsgärtner Englands. Dieser erhielt sie über 
Sierra Leona, so dass man glaubte, dieses sei das 
Vaterland der Aroidee, bis Dr. Masters nachwiess, 
dass sie ebenfalls aus dem wärmeren Amerika stammte. 
Auch über diese Art haben wir im vorigen Jahrgange 
(S. 159) Bericht erstattet. 

Endlich führte der leider auch den Anstrengun- 
sen und dem gelben Fieber Central-Amerika’s unter- 
legene Dr. Seemann eine Art ein und 
nannte sie wegen ihrer grossen Dimensionen anfangs 
Amorphophallus Gigas. Später glaubte er in 
ihr den Typus eines neuen Geschlechtes gefunden 
und gab der Aroidee den Nämen God- 
winia Gigas. Unter diesem Namen befindet sie 
neueren Pflanzen der Ver- 
Mitgetheilt wurde 
William 


sechste 


zu haben 


sich bereits unter den 


zeichnisse von Handelsgärtnereien. 
von Dr. Seemann an 


sie aber zuerst 


| Laub-, Haide- und 


Vaterland ist Nicaragua, wo sie in 
dem Chontales-Gebirge im Jahre 1869 entdeckt wurde. 

Sollte dieses Dracontium s. Godwinia Gigas sich 
auf gleiche Weise während der guten Jahreszeit im 
Freien verwenden lassen, wie Amorphophallus Ri- 
vieri, So wäre es ein grosser Gewinn für’ unsere 
Gärten. Man denke sich auf freiem Rasenstücke 
z. B. ein Exemplar dieser Pflanze mit einem gleich einer 
Schlange buntgefleckten Blattstiele von 10 Fuss und 
oben, gleich einem Baldachin, noch einen Blattschirm 
mit einem noch grösseren Durchmesser von über 13 
Fuss ausgebreitet. Von der Spitze des Stieles gehen 
mehre grosse Aeste wagerecht ab und sind wieder- 
um vielfach getheilt, so dass schliesslich eine mehr- 
fach zusammengesetzte Blattfläche entsteht. 

Vor dem Blatte erscheint die Blüthenscheide mit 
dem von ihr eingeschlossenen Blüthenkolben und ver- 
schwindet, wie das Blatt mit ihrer Entwickelung be- 
sinnt. Ihr 4 Zoll dicker Stiel hat eine Länge von 
nur 3 Fuss, während sie selbst fast 2 Fuss lang wird 
und über 11, Fuss im Durchmesser enthält. Sie 
hat eine dicke, lederartige Textur und eine ins Blaue 
schimmernde braune Farbe. 

Was nun schliesslich noch die Kultur dieser 
interessanten Pflanzen in Gewächshäusern anbelangt, 
so ist sie sehr leicht... Wie sie im freien Lande zu 
behandeln sind, muss erst die Erfahrung lehren. 
Nach Riviere hat sein Amorphophallus die Sonne 
sehr gut ausgehalten, was bei den im Topfe kulti- 
virten Pflanzen, die wenigstens Halbschatten haben 
müssen, nicht der Fall sein würde. Wasser, das diese 
auch im Gewächshause viel bedürfen, wird ihnen im 
Freien wohl ebenfalls in reichlicher Menge geboten 
werden müssen. Man nimmt die Knollen, welche 
allen Arten eigenthümlich sind, im Herbste, sobald 
das Blatt abstirbt, aus der Erde, und hält sie nicht 
zu sehr trocken. Anfang Februar verpflanzt man sie 
in eine Mischung, welche aus gleichen Theilen von 
Torferde besteht und einzelne 
grössere Kiesstücke enthält. Es muss dieses ge- 
schehen, damit das Wasser sich nicht ansammeln, 
sondern leicht durchfliessen kann. Dieses ist durch- 
aus nothwendig, damit keine Kohlensäure sich an- 
häufen und auf die Thätigkeit der jungen Wurzel- 


fasern störend einwirken kann. Es ist: deshall» 
ausserdem noch gut, auf dem Boden des Topfes 


srössere Torfstücke, welche das überflüssige Wasser 
der oleren Erde an sich ziehen, auszubreiten. Am 
besten die Knollen in einem warmen Mist- 
beete angetrieben. 


werden 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 19. | "Berlin, den 11. Mai. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franeo durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Es wird nochmals an die Mitglieder des Vereins die Bitte gestellt, sich behufs der Theilnahme an den 
Festlichkeiten im Juni möglichst zeitig zu melden, damit die Anmeldungen später nicht etwa zurückgewiesen 
werden müssen. Anmeldungs-Formulare sind zu jeder Zeit von dem General-Secretariate (Potsdamer Strasse 31a.) 
und im Bureau des Clubs der Landwirthe (Französische Strasse 48) zu beziehen. 


Inhalt: 540. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 28. April. — Die Rüstern, eine monographische 


Skizze (Schluss). — Die Brandformen der Sorghum-Arten vom Professor Kühn in Halle a. d. S. 


den Tagen vom 10. bis 13. Oktober in Braunschweig 
>40. Versammlung stattfinden werde. Die Einladungen erfolgen von 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, Seiten des Vorstandes des landwirthschaftlichen Cen- 
am 28. April. tralvereines im Herzogthum Braunschweig als ge- 
Da der Vorsitzende durch amtliche Reisen ver- | schäftsführendem Vorstande. Von Braunschweig aus 
hindert war, hatte der stellvertretende Vorsitzende, | geschieht deshalb auch die Verbreitung der Pro- 
Garten-Inspektor Bouch&, den Vorsitz übernommen. | gramme. Um die Theilnahme an dieser 6. Versamm- 
Er machte zunächst geschäftliche Mittheilungen, be- | lung deutscher Pomologen u. Ss. w. zu erhöhen, wer- 
sonders über das im Juni stattfindende Jubelfest und | den ausserdem auch von Seiten des Vereines zur Be- 
über die damit verbundene grössere Ausstellung. | förderung des Gartenbaues Aufforderungen zur Theil- 
Vor Allem sei es wünschenswerth, dass die Anmel- | nahme erlassen. Es wurde zu diesem Zwecke be- 
dungen zur Theilnahme von Seiten der Mitglieder an | schlossen, nicht allein das betreffende Programm in 
den Festlichkeiten recht zeitig geschehen, damit auch | der Wochenschrift abzudrucken, sondern auch eine 
hier die nöthigen Vorkehrungen im genügenden Um- | grössere Anzahl von Programmen noch in besonde- 
fange getroffen werden können. Ferner werden | ren Abzügen herstellen zu lassen, um diese eben- 
Kunst- und Handelsgärtner, so wie Besitzer grösserer | falls weiter zu verbreiten. 
und kleinerer Gärten, nochmals aufgefordert, zur Er- Auf gleiche Weise legte Professor Koch das 
höhung des 'Glanzes der Festausstellung durch Ein- | Special- Programm der Wiener Weltausstellung des 
sendung von preiswürdigen Gegenständen, besonders | Jahres 1873 für Land- und Forstwissenschaft, für 
von Pflanzen, möglichst beizutragen und ihre An- | Wein-, Obst- und Gartenbau vor. Von Seiten der 
meldungen dem betreffenden Ausschusse, dessen | Königl. preussischen Landeskommission werde ein 
Vorsitzender Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann | grosses Gewicht auf Obst- und Weinbau gelegt und 
(Köpenickerstrasse 131) ist, baldmöglichst zukommen | sei die Absicht vorhanden, dafür einen besonderen 


zu lassen. Vertreter zu ernennen. Ob auch für den Gartenbau 

Professor Koch theilte mit, dass die 6. allge- | ein hesonderer Vertreter ernannt werde, wusste Pro- 
meine Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und | fessor Koch nicht. Die Theilnahme würde hier 
Weinzüchter, verbunden mit einer Obstausstellung, in | wahrscheinlich jedem Einzelnen überlassen. Wolle 


19 


146 


der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Ber- 
lin die Angelegenheit in die Hand nehmen, damit 
zunächst der preussische Gartenbau in Wien in sei- 
ner Gesammtheit vertreten sei, 
jetzt die nöthigen Vorkehrungen treffen.‘ Da sich 


so müsse er schon 
jedoch bei den hierüber eröffneten Verhandlungen 
eine grosse Majorität für Nieht-Theilnahme des Ver- 
eines als solchen herausstellte, so wurde der Antrag 
einer gemeinschaäftlichen Betheiligung fallen gelassen, 
so wünschenswerth auch sein mochte, dass preussi- 
sche Gärtner sich in Wien betheiligen. 

Damit diejenigen Mitglieder des Vereines, denen 
das Programm nicht zugegangen ist, wenigstens von 


den näheren Bestimmungen zur Theilnahme Kennt- 
niss erhalten, übernahm es Professor Koch in 
der Wochenschrift, und zwar sehon in einer der 


einen den Gartenbau betreffen- 
ollieiellen 


damit 


Nummern, 
dem 


nächsten 
Auszug 
und die Gärtner 


den aus Programm abzu- 
drucken 
machen. 

Garten-Inspektor Bouche berichtete über die 
ausgestellten Pflanzen, welche dieses Mal aus 2 Gär- 


Beiderlei Einsendungen be- 


näher bekannt zu 


ten eingeliefeit waren. 
standen hauptsächlich nur aus einer und derselben 
Pflanze und zwar aus der im vorigen Jahrgange in 
den Sitzungen des Vereines, so wie in der Wochen- 
schrift, vielfach besprochenen Primula japoniea. : Das 
eine Exemplar stammte aus dem botanischen Garten, 
während die beiden anderen der Kunst- und Han- 
delsgärtner Crass sen. geliefert hatte. Aus dem 
botanischen Garten hatte aber ausserdem noeh Gar- 


teninspektor Bouche Kosaria Barnimiana, eine 
sehr interessante krautartige Moracee aus der Ab- 
theilung der Dorstenien zur Verfügung gestellt. Sie 
wächst in dem Njam-Njam-Lande im oberen Nil- 


gebiet und wurde von Dr. Schweinfurt entdeckt. 
Endlich srosse Anzahl 
Pflanzen aus dem Versuchsgarten des Vereines vor- 
handen, um durch das Loos unter die anwesenden 
Mitglieder vertheilt zu werden. 

Von Seiten des Vorsitzenden ein Aus- 
schuss ernannt, der nöthigen Vorschläge zur 
Wahl eines neuen Vorstandes bei der im Juni statt- 
findenden Festversammlung sollte. Präsi- 
dent v. Kries wurde als Vorsitzender mit dem Be- 
merken ernannt, dass er ausser den beiden anderen 
Mitsliedern, dem Kunst- und Handelsgärtner L. 
Mathieu und dem Garteninspektor Gaerdt, nach 
Bedürfniss noch andere Mitglieder dazu ziehen solle. 

Professor Koch theilte ferner noch einige Pro- 
gramme über von Gartenbau - Vereinen veranstaltete 
So wird die Gartenbau- 


war noch eine blühender 


wurde 
die 


machen 


Pflanzen- Ausstellungen mit. 


Gesellschaft Flora in Dresden in den Tagen vom 
5. bis 14. Juli im zoologischen Garten eine Sommer- 
Ausstellung halten, die bei dem grossen Material, 
was Dresden zu Gebote steht, besonders von Flor- 
blumen und Blüthensträuchern jeder Art, viel ver- 
spricht. diese Pflanzen sind es, 
welche bei dieser Ausstellung im Vordergrunde stehen 
werden. Es dürfte sich wohl, besonders für den 
Laien, zumal bei den Annehmlichkeiten, welche Dres- 
den ausserdem darbietet, lohnen, die Ausstellung zu 
besichtigen. Zahlreiche Preise werden hoffentlich 
diejenigen Gärtner, welche etwas Vorzügliches haben, 
noch mehr bestimmen, sich zu betheiligen. 


Grade senannten 


Für jede 
der ersten 15 Aufgaben sind eine goldene, eine grosse 
kleine silberne Medaille den Preisriehtern 
zur Verfügung gestellt, für 24 andere Aufgaben da- 
segen 


und eine 


und eine kleinere silberne Me- 
daille, sowie ein Diplom. Auch Kamellien und Aza- 
leen als Handelspflanzen, in dem Zustande, wie sie 
zum Verkauf gestellt werden, sind mit 4 kleinen sil- 
bernen und 4 Diplomen bedacht worden. Für 
geschnittene Blumen, besonders für Rosen, für Ar- 
rangements abgeschnittener Blumen, für Früchte, 
Gemüse, Garten-Utensilien und Instrumente sind eben- 
falls vielfache Bewerbungen ausgeschrieben worden. 

Nicht weniger wichtig und interessant wird die 
Herbstausstellung in München ' werden. Sie wird am 
22. September beginnen und den ganzen Monat hin- 
durch dauern. Das Hauptgewicht ist hier auf Blatt- 
und auf Schaupflanzen gelegt. Interessant ist die Auf- 
gabe einer pflanzengeographischen Gruppe, wenn 
auch schwierig, da sie nur durch grössere Gärten 
ausgeführt werden kann. Aber doch werden Gruppen 
von Haidepflanzen, Kappflanzen, Neuholländern, süd- 
europäischen oder nordamerikanischen Gesträuchen 
immerhin aufgestellt werden können. Die 41. Auf- 
sabe, welche seit einiger Zeit in den Münchener Pro- 
srammen regelmässig alle Jahre wiederkehrt, möchte 
auch anderen Vereinen bei ihren Ausstellungen zu 
empfehlen sein. Sie verlangt nämlich die grösste 
Korrektheit der Nomenklatur auf den Etiketten. Wenn 
in der Rechtschreibung der Pflanzennamen gegen 
[rüher auch ungemein viel verbessert worden ist, so 


eine grosse 


ab- 


wird doch noch von Seiten der Gärtner ungemein 
viel dagegen gefehlt. Es wurde schliesslich von dem 
Ref. noch bemerkt, dass man in München, wie meist 
auch in Belgien und Frankreich, besondere Preise 
für Handelsgärtner und besondere für Liebhaber, 
resp. für deren Gärtner, besitzt. Es hat dieses Man- 
ches für sich, da z. B. bei Schaupflanzen Handels- 
särtner in der Regel weder den geeigneten Raum 
haben, noch auch die nöthige Zeit, um besondere Aul- 


147 


merksamkeit einer Pflanze, zumal wenn ihr Verkauf 
nieht lohnt, zuzuwenden. 

Zu den thätigsten kleineren Gartenbau-Vereinen 
gehört ohne Zweifel der in Frankfurt a.. 0. Er ver- 
anstaltet alljährlich, bald im Frühjahre, bald im Som- 
mer oder Herbste, Ausstellungen, die in Berück- 
sichtigung der gegen grosse Städte, wie Berlin, 
Hamburg, Frankfurt a. M. u. s. w. geringeren Hülfs- 
mittel, bis jetzt in der Regel recht gut ausgefallen 
sind und zur Verbreitung der Liebe zu Pflanzen und 
Blumen in der Provinz nicht wenig beigetragen haben. 
In der Erweckung und Verbreitung dieser Liebe steht 
aber vor Allem der Beruf der Provinzial-Gartenbau- 
Vereine. Die nächste Ausstellung des Vereines in 
Frankfurt a. OÖ. wird im nächsten Herbste, und zwar 
vom 21. bis 24. September, stattfinden. 

Der Frankfurter Verein hat von Seiten des land- 
wirthschaltlichen Ministeriums in Berlin für bestimmte 
Aufgaben einige Medaillen zur Verfügung erhalten. 
Von Wichtigkeit ist die, wo 40 Rosen in Töpfen 
verlangt werden, da um diese Zeit Rosen in aus- 
stellungslähigem Zustande herbeizuschaffen nicht un- 
bedeutende Schwierigkeiten darbiete. Der Verein 
selbst hat bei seinen gegebenen Aufgaben auf Markt- 
und Zimmerpflanzen, sowie auf Koniferen, einen be- 
sonderen Werth gelegt. 

Der jetzige Vorsitzende des Verbandes früher 
mitteldeutscher, jetzt deutscher Gartenbau - Gesell- 
schaften, Dr. Pompper in Leipzig, hatte dem Pro- 
fessor Koch die bis jetzt erschienenen Nummern 
seiner Mittheilungen übersendet. Dieser Verband 
wurde im Jahre 1863 in einer Versammlung, welche 
von Seiten des Gaitenbau-Vereines in Dessau nach 
Köthen berufen war, angeregt und bald darauf. auch 
ausgeführt; die Leitung übernahm im Anfange der 
Gartenbau-Verein in Magdeburg, später ging sie auf 
den Gartenbau-Verein in Erfurt über und befindet 
sich jetzt mit dem Vorsitze des Dr. Pompper seit 
zwei Jahren in Leipzig. Bis zu dieser Zeit war es 
nur ein Verband mitteldeutscher Gartenbau -Vereine. 
Es wurden dieselben Grundsätze von ihm verfolgt, 
welche dem ziemlich zu gleicher Zeit entstandenen 
Verbande rheinischer Gäartenbau-Vereine zu Grunde 
lagen: engeres Aneinanderschliessen der Vereine 
durch jährlich sieh wiederholende und mit Ausstel- 
lungen von Pflanzen und Blumen verbundene Ver- 
sammlungen an vorher bestimmten, jährlich wech- 
selnden Orten. Der hauptsächlichste Nutzen war, 
dass bei solchen Zusammenkünlten Gärtner und Laien 
sich gegenseitig besser kennen lernen und sich ihre 
Gedanken leicht austauschen können. Dabei sollte 
man zu gleicher Zeit durch die Ausstellungen von 


den neuesten Einführungen, besonders unter der Zahl 
der Florblumen und Sommergewächse, Kenntniss er- 
halten. Dem ÖObste und Gemüse wendete man leider 
bei diesen Zusammenkünften nur geringe Aufmerk- 
samkeit zu. Erfreulich ist es auf jeden Fall, dass 
diese Versammlungen des mitteldeutschen Verbandes 
fleissig besucht wurden und sich in der That ein 
ziemlich reger Austausch der verschiedenen Ansichten 
bei den Theilnehmern kund that. Die Zahl der Ver- 
eine, welche Antheil nahmen, hat fast alljährlich zu- 
genommen und beträgt jetzt 17. Seit der Zeit, wo 
der Nürnberger, also ein süddeutscher Gartenbau- 
Verein sich anschloss, glaubte man den Namen Ver- 
band mitteldeutscher in den deutscher Gartenbau- 
Vereine umändern zu müssen. 

Dass ein soleher Verband gut wirken und heil- 
samen Einfluss ausüben kann, unterliegt nach Pro- 
fessor Koch gar keinem Zweifel; es dürfen nur von 
Seiten des vorsitzenden Vereines nicht die Zügel so 
straff gezogen werden, dass es der eigenthümlichen 
Entwickelung jedes einzelnen Gartenbau - Vereines 
nicht schadet; dieser muss durchaus seine Individua- 
lität bewahren. In der weiteren Entwickelung dieser 
Individualität in der Kultur von Pflanzen liest ein 
srosser Fortschritt für das Ganze. Von dem Gar- 
tenbauverein dagegen, der die meiste Intelligenz be- 
sitzt, und am meisten von dem, was er will, ergrif- 
fen ist, wird auch die grösste Einwirkung auf die 
anderen geschehen. Damit würde er auch der Ver- 
ein sein, welcher den grössten Einfluss ausübt. Da- 
mit würde er gewiss auch zum Vorsitzenden gewählt 
werden und so lange es bleiben, als der geistige 
Schwerpunkt nicht auf einen anderen Verein fällt. Das 
verunglückte Erfurter Projekt hatte deshalb und we- 
gen seiner in ihm enthaltenen Anmassungen von Hause 
aus keine Lebenskraft, selbst wenn die nöthigsen 
geistigen und materiellen Kräfte zu Gebote gestan- 
den hätten. 

Seitdem im vorigen Jahre der Verband deutscher 
Gartenbauvereine sich regenerirt hat, sind von Seiten 
des Vorsitzenden, Dr. Pompper in Leipzig, unter 
dem Namen von Mittheilungen einzelne Blätter ge- 
druckt und vertheilt worden. Diese Mittheilungen 
sollten alles das, ausser dem Geschältlichen, enthal- 
ten, was Interessantes und Wichtiges in dem Ver- 
bande vorkommt, damit alle anderen Vereine und 
deren Mitglieder auch hiervon rasch Kenntniss er- 
hielten. Nach Professer Koch sind derlei Mitthei-- 
lungen, wenn sie entsprechend redigirt werden, schon 
deshalb gerechtfertigt, weil sie allen Balast, wie er leider 
in vielen gärtnerischen Zeitschriften des In- und Aus- 
landes alljährig gebracht wird, über Bord wirft. Eine 


195 


Prüfungs-Kommission der einzelnen Vereine hätte in 
diesem Falle das Wissenswerthe, was einer weiteren 
Verbreitung durch die Mittheilungen aus irgend einem 
Grunde unterworfen werden soll, zuvor erst reiflich 
zu prüfen und dann dem Vorsitzenden des Verban- 
des zur weiteren Beschlussnahme und Verbreitung 
zu übersenden. Glaubt der Vorsitzende sich für be- 
rufen, selbst auch ein Urtheil darüber zu haben, so 
geschieht die Verbreitung ohne Weiteres, wo nicht, 
so legt er es zuvor von Neuem nochmals Sachver- 
ständigen zur Beurtheilung vor. Auf diese Weise 
würde nur Brauchbares und Nützliches in den Mit- 
theilungen enthalten sein, was gärtnerische Bildung 
fördert. 

Leider enthalten aber die übersendeten Mitthei- 
lungen bis jetzt noch so wenig, dass, abgesehen von 
den geschäftlichen Dingen, die leider bei fast allen 
Vereinen in der Regel so viel Zeit in Anspruch neh- 
men, dass das Wichtigere darüber vernachlässigt 
wird, damit kaum der Zweck erfüllt werden möchte. 
Wenn nun aber trotzdem der Vorsitzende der An- 
sieht ist, dass diese Mittheilungen trotz der nicht ge- 
ringen Anzahl bereits bestehender periodischer gärt- 
nerischer Blätter zur wöchentlich regelmässig erschei- 
nenden Zeitschrift erweitert werden müssten, da es 
im Interesse des Verbandes liege, eine eigene Zeit- 
schrift herauszugeben, so verkennt er seinen Stand- 
punkt und überschätzt die Kräfte, die ihm zu Gebote 
stehen. Das Material für 1 und gar 2 Bogen wö- 
chentliceh herbeizuschaffen, ist, wenn man nicht un- 
nützen, oft schon benutzten Balast bringen will, eine 
ausserordentliche schwierige Aufgabe. Möge der 
Vorsitzende des Verbandes daher zunächst bei sei- 
nen Mittheilungen bleiben und darin gute und brauch- 
bare Gegenstände zur weiteren Kenntniss bringen. 

Professor Koch übergab Exemplare der in den 
Vereinigten Staaten Nordamerika’s aul’Kartoffel-Feldern 
sehr gefürchteten Colorado-Wanze. Dieses Insekt ist 
keineswegs eine Wanze, sondern ein ziemlich grosser 
Käfer, der den Namen Doriphora decemlineata erhal- 
ten hat. Das Vorkommen dieses neuen Feindes der 
Kartoffelpflanze gehört erst der neuesten Zeit an. 
Die Colorado-Wanze erschien zuerst vor einem Paar 
Jahren im Südwesten der Vereinig'en Staaten Nord- 
amerika’s und zwar im Thale des Colorado-Stromes, 
und verbreitete rasch die anstossenden 
Staaten nordöstlich bis Ohio. Es sind aber 
nicht allein die Kartoffeln, von deren Kraut die Colorado- 
Wanze lebt, alle Pflanzen aus der Familie der Sola- 
naceen werden gleichmässig von ihr ergriffen. 

Die ersten Nachrichten , man über ihre 


sich über 


nach 


welche 
Verheerungen erhielt, waren, und zwar zunächst für 


die Bewohner der Vereinigten Staaten, Schrecken 
erregend. Man erzählte, dass diese Thiere so ge- 
frässig und in soleher Menge vorhanden wären, dass 
sie oft in einer einzigen Nacht bedeutende, mit Kar- 
toffeln bepflanzte Striche völlig abgefressen und da- 
mit verwüstet hätten. Dergleichen Berichte sind in 
neuester Zeit nicht mehr erschienen, ein Umstand, 
der wohl zu der Ansicht Veranlassung geben mag, 
dass Vieles dabei auf amerikanische Weise über- 
trieben wurde und dass demnach die Verheerungen 
nicht in der Weise stattgefunden haben, wie man 
aus den ersten Mittheilungen vermuthen musste. Auf 
jeden Fall muss man aber, zunächst in Nordanıerika, 
auf der Hut sein, damit dem vorhandenen Uebel 
womöglich zeitig Schranken angelegt werden. Zu- 
nächst ist zu hoffen, dass der gefürchtete Käfer nicht 
mit Amerika verschifltem Getreide oder sonst 
auf eine Weise nach Europa kommt und hier für 
seine Gefrässigkeiten noch reichlichere Nahrung findet. 

Professor Koch legte Wachholderbeeren vor, 
welche nicht aus 3 fleischig-zgewordenen Schuppen, 
wie es gewöhnlich der Fall ist, entstanden waren, 
sondern deren & besassen. Derselbe hatte sie von 
dem Professor Göppert in Breslau, dem sie wiederum 
von einem Apotheker in Koblenz zugesendet worden 
waren, erhalten. Nach den Mittheilungen dieses 
Apothekers wurden dergleichen Wachholderbeeren in 
sehr grosser Menge von Bauern ihm in seine Offizin 
sebracht, und mussten demnach in der Umgegend 
sesammelt sein. Die Frage, ob diese aus 6 ver- 
wachsenen Schuppen bestehenden Beeren einer be- 
sonderen Art oder nicht vielmehr einer in dieser 
Hinsicht abweichenden Form des gewöhnlichen Wach- 


aus 


.holdesstrauches angehören, lässt sich nach Pıofessor 


Koch für jetzt noch nicht beantworten. 

Auflallend ist es auf jeden Fall, dass, mögen 
die vorliegenden Wachholderbeeren einer selbstän- 
digen Art oder nur einer Abart oder Form ange- 
hören, von den vielen tüchtigen Botanikern der Rhein- 
lande nicht Einer, selbst der durch seine genauen 
Eıforschungen des Moselthales und der Eifel bekannte 
Professor Wirtgen in Koblenz nicht, diese sonder- 
bare Erscheinung von aus 6 Schuppen entstandenen 
Wachholderbeeren bis jetzt beobachtet hat. Da sie, 
wie gesagt, massenweise in eine Apotheke in Koblenz 
gebracht wurden, so muss man auch voraussetzen, 
dass dergleichen Sträucher, an denen diese Beeren 
wachsen, keineswegs ım Moselgebiete selten sind 
oder vereinzelt‘ vorkommen. 

Obergärtner Dressler theilte mit, dass er in 
diesem Winter seinen Rasenplatz mit grobgepulvertem 
Guano bestreut und ausserordentlichen Erfolg gehabt 


149° 


habe, und fordert@ auf, dass auch andererseits damit | 


Versuche gemacht werden möchten, damit man be- 
stimmter erfahre, ob nur in Folge der gelinden und 
an Schnee und Regen ziemlich reichen Witterung 
dieser Erfolg gekommen sei. Dergleichen Anwen- 
dungen von Guano waren von Seiten der anwesen- 
den Gärtner nicht gemacht worden, wohl aber haben 
Landwirthe auf Getreidefeldern während der Winter- 
zeit Guano aufgestreut. Die Erfolge haben sich in 
diesem Falle nieht gleichmässig erwiesen. In einzelnen 
Fällen waren Erfolge sehr sichtbar, in anderen wie- 
derum gar nicht. Es ist dieses ein Beweis, dass 
hier noch andere Dinge, welehe zum Theil im Boden, 
zum Theil in der Witterung liegen, Einfluss haben. 

Garteninspektor Bouch& zeigte die im November 
des vorigen Jahres durch Dr. Scehweinfurth aus 
dem Njam-Njam-Gebiete in Afrika eingesandte Kosa- 
ria Barnimiana und einige Dorstenia-Arten mit Blü- 
then und Früchten, um daran im Anschluss an 
den in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag des 
Professors Koch über die Bildung der Feige, diese 
auch an den damit nahe verwandten Gattungen Ko- 
saria und Dorstenia zu erläutern. Die Früchte dieser 
beiden Gattungen stellen gleichsam offene Feigen 
dar, indem die Blüthen und Früchte in einem etwas 
fleischigen Fruchtboden, der bald tellerförmig, bald 


langgestreckt und. bei einigen Arten verästelt ist, 
eingesenkt sind. Denke man sich nun, dass die 


Ränder der tellerförmigen Dorstenia-Fruchtböden sich 
allmählig in die Höhe heben und sich endlich nach 
oben schliessen, so entstehe daraus dieselbe Frucht- 
bildung, wie bei der Feige, indem sich die Blüthen 
und Samen ebenfalls im Innern der Frucht befinden 
werden. Die meisten Dorstenia-Arten besitzen einen 
kurzen, etwas fleischigen, mit Schuppen besetzten 
Wurzelstoek, der sich oft reichlich. verästelt. Nur 
wenige Arten sind niedrige Sträucher mit holzigen 
Stengeln; bei Kosaria hingegen finde man rundliche, 
den Cyclamen ähnliche, fleischige Knollen, die nur dem 
Scheitelpunkte Blätter und Blüthenstengel auftreiben. 

Professor Koch ergreilt die Gelegenheit, um 
auch seinerseits noch Einiges zu dem von ihm in 
voriger Sitzung gehaltenen Vortrage hinzuzufügen 
oder noch zu erläutern. Dieses geschah besonders 
dureh darauf bezügliche Zeiehnungen, welche er zum 
Theil selbst angefertigt hatte. Unter Anderen legte 
er in der Entwickelung auf einander folgende Zeich- 
nungen der Pflaume vor, wo die Blattnatur dieser 
Frucht ausser Frage gestellt war, eben so der Erd- 
beere und der Brotirucht. Aus diesen ging hervor, 
dass man im ersteren Falle ein Stengelgebildv als 
Erdbeere isst, im letzteren Fall aber einen verwach- 


senen Fruchtstand mit allen seinen Theilen geniesst. 
Aehnlich ist die Ananasfrucht, nur mit dem Unter- 
schied, dass der Stengel sich zwischen den einzelnen 
Früchten fortsetzt und wieder normal wird, indem er 
eine Laubkrone an der Spitze trägt. 

Garteninspektor Bouch& hielt einen längeren 
Vortrag über das Beschneiden der Gewächshaus- 
pflanzen, um sie zu naturgemässen, buschigen, reich- 
blühenden Exemplaren heranzubilden. Da derselbe als 
eine besondere Abhandlung späterin der Wochenschrift 
erscheinen wird, wird hier jetzt darauf hingewiesen. 

Garteninspektor Bouche Jegte endlich noch 
Zweige von Glaskirschen und der Kirsche Hybride 
de Laeken. (Reine Hortense) vor, wo fast alle Blü- 
then - Knospen waren. Er habe anfangs 
geglaubt, dass dieses der strengen Kälte von 20 
Grad vom 11. zum 12. 


Jahres zuzuschreiben sei, 


zerstört 


December des vorigen 
nach Nachfor- 
schungen habe sich aber ergeben, dass die Blüthen- 
knospen nicht durch Frost, sondern durch die Rau- 
pen des Frostschmetterlinges, Geometra brumata, 
zerstört sind. Es fanden sieh innerhalb derselben an 
einigen Stellen die nur einen Millimeter langen Räup- 
chen vor. Auflallend ist es auf jeden Fall, dass die 
Weibehen des Frostschmetterlings besonders die 
Bastarde der Sauer- und Süsskirsche, also die Glas- 
kirsche und Hybride de Laeken, so wie eimige ge- 
füllt blühende Kirschen, die ebenfalls Mischlinge von 


weiteren 


sauren und süssen Kirschen zu sein scheinen, auf- 
gesucht haben, um ihre Eier nur hier abzulegen. 
Dicht daneben stehende Sauerkirschen, z. B. Ost- 
heimer Weichsel- und Nattkirsche, sind davon nicht 
befallen und blühen jetzt prachtvoll. Diese Auswahl 
des Ortes, wo die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, 
geht so weit, dass an einem vor einigen Jahren um- 
gepfropften gemeinen sauren Kirschbaum einzelne wilde 
Zweige, die sich später gebildet haben und aus Versehen 
daran geblieben sind, von den Raupen nicht im Ge- 
ringsten ergriffen waren und reichlich blühten, wäh- 
rend die mit Hybride de Laeken 
Aeste desselben 
Blüthe wahrnehmen liessen. 
Die Malvasir-Kirsche, die ebenfalls zu den Glas- 
kirschen gerechnet wird, und als Bastard zu betrachten 
ist, aber hinsichtlich der Fruchtbildung und des Frucht- 
stieles, abgesehen von der Faıbe der Frucht, mehr die 
Eigenschaften der Sauerkirsche trägt, ist ebenfalls von 
den Angriffen derGeometrabıumata verschontgeblieben. 
Schliesslich von Seiten der Preisrichter 
der Primula japonica des botanischen Gartens der 


veredelten bereits 


verzweigten Baumes kaum eine 


wurde 


‚Monatspreis zugesprochen. 


150 


. 
Die Rüstern. 
Eine monographische Skizze. 
(Schluss.) 

2. Der Waldrüster, Ulmus seabra Mill. 

Ohne Ausläufer; Stamm ziemlich glatt, Rinde in 
breiten Stücken abwerfend; Blätter rundlich oder um- 
gekehrt eirund und in eine besondere Spitze ausgezo- 
gen, auf der Obeıfläche scharf-, auf der Unterfläche 
weichhaarig; Knospen rundlich oder eirundlich-spitz, 
mit 6 bis 8 Schuppen; Früchte sehr kurz - gestielt, 
völlig unbehaart; Samen in der Mitte liegend, fern 
von dem seichten Einschnitte an der Spitze. 

Ein wunderschöner Baum im Gebirge, der auch 
ein hohes Alter zu erreichen scheint. Stämme von 
4 und 5 Fuss Durchmesser und mit einer weitgrei- 
fenden Laubkrone versehen, finden sich beispielsweise 
im bayerischen Voralpen und im Schwarzwalde nicht 
wenig vor. Wir haben selbst Eichen nicht male- 
rischer gesehen, als diese Waldrüsteın. Und doch 
sind sie von Seiten der Landschaftsgärtner erst sehr 
spät in Anwendung gekommen! Es gilt dieses von 
Deutschland, wie von Grossbritannien, wo sie, weil 
sie in den Wäldern Schottlands in grosser Menge 
wild wachsen, gewöhnlich den Namen des Schottischen 
Rüsters führen. Wir haben sie weder in dem berühm- 
ten, noch aus vorigem Jahrhundert stammenden Parke 
von Harbke, noch in dem von Wörlitz bei Dessau, 
gesehen. Es ist diese Vernachlässigung um so auf- 
fallender, als der Waldrüster regelmässig keimfähigen 
Samen hervorbringt, was in Betreff des Feldrüsters, 
wie wir gesehen haben, nicht der Fall ist, also leicht 
vermehrt werden konnte und jetzt auch vielfach durch 
Aussaat vermehrt wird. 

Leider ist es mir bisher nicht gelungen, nachzu- 
weisen, zu welcher Zeit und von wo aus der Wald- 
rüster zuerst in den Anlagen und zu Alleen häufiger 
in Anwendung gebracht wurde. Es wäre aber inter- 
essant, diesem nachzuforschen. Jetzt möchte es noch 
Zeit sein. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die 
beiden nordamerikanischen Arten weit eher bei uns 
in Anlagen u. S. w. verwendet wurden, als der ein- 
heimische Waldrüster. Geschichtlich lässt sich nach- 
weisen, dass sie in den sechziger und siebenziger 
Jahren des Jahrhunderts in 
erösserer Kultur in Deutschland befanden, weit früher 


vorigen sich bereits 


als der Waldrüster allgemeiner in grösserem Maass- 
stabe angewendet und durch ihn verdrängt wurden. 
Da der Waldrüster verwandtschaftlich zwischen 


dem nordamerikanischen und dem Feldrüster steht, 


so war er auch um so mehr geeignet, mit diesen bei- 


den Kreuzungen einzugehen. Die daraus hervorge- 


| 


gangenen Blendlinge mögen zum heil ein kräftiges 
Ansehen gehabt und bei ihrem rascheren Wachs- 
thume schnell Bäume gebildet haben, was bei den 
nordamerikanischen Rüstern nicht in der Weise der 
Fall war. Was Wunder demnach, wenn diese Blend- 
linge, welche sämmtlich aber dem Waldıüster näher 
standen, mit der Zeit, wo der Bedarf an Standbäumen 
immer grösser wurde, auch bald in den Anpflanzun- 
gen und Alleen, wie es jetzt allenthalben in Deutsch- 
land der Fall zu sein scheint, vorherrschten. Die 
ächten amerikanischen Rüstern verloren sich von Jahr- 
zehnt zu Jahrzehnt mehr und mehr und dürften jetzt 
nur noch einzeln in alten Anlagen und Parks vor- 
kommen. 

Der Waldrüster hat stets grössere und mehr 
ungleichseitige Blätter, welche sich auf der Ober- 
fläche auch sehr rauh anfühlen. Das ist bei dem 
Feldrüster nicht der Fall. Der englische Florist 
Smith unterscheidet von dem Waldrüster 2 Arten: 
Ulmus montana und major. Bei der ersteren, 
einem dem Feldrüster näher stehenden Baume, sind 
die mehr rundlichen Blätter weniger rauh, die kurzen, 
steifen Haare verlieren sich selbst an den jungen 
Zweigen allmählig fast ganz. Die Knospen erscheinen 
rundlich und verhältnissmässig klein. Dagegen sind 
die Früchte ziemlich gross und verlaufen sich plötz- 
lich in einen Stiel, den grössten Breitendurchmesser 
im obersten Drittel habend. Bei U. major sind die 
kürzer gestielten Blätter dagegen länger und rauher 
und die Zweige verlieren ihre scharfen Haare nie. 
Die Knospen haben eine nicht unbedeutende Grösse. 
Endlich besitzen die länglichen kurzgestielten Früchte 
den grössten Breitendurchmesser genau in der Mitte, 

Die vielen Formen und Blendlinge des Wald- 
rüsters hat man zum Theil sehr passend nach der 
Form der Blätter genannt. So besitzt man eine U. 
scabra, eorylifolia, tiliaefolia und urticaefolia, so wie 
eine U. oblongata und seabra latifolia, ferner eine 
trieuspis (d. h. 3spitzige), also Formen, welche sich 
sehon durch ihre Namen bestimmen lassen. Ausserdem 
ist die Gestalt des Baumes für die Benennung der 
Formen massgebend gewesen, wie bei U. pyramidalis. 
Zu dieser gehört auch eine englische Form, welche 
wieder in Essex entstanden ist und ebenfalls (wie 
eine Form des Feldrüsters) U. exoniensis heisst. 
Es ist dieses ein sehöner monumentaler Baum, wel- 
wird, die Rinz’sche monumentalis, 
und auch nach dem Gärtner, der ihn 1826 aus 
Samen erzog, den Namen Ulmus Fordii erhalten 
hat. Aehnliche Baumformen mit weniger flachen, ja 
selbst krausen Blättern werden unter den Namen 
Dampieri, Ontariensis und erispa kultivirt. 


cher höher als 


151 


Eine ebenfalls schöne, aber regelmässig gebaute 
Form, hat die grossen Blätter braungrün, ja selbst 
mattbraun gefärbt und nimmt sich als Einzelpflanze 
vorzüglich aus. Ein solches Exemplar befindet sich 
in dem Park von Muskau vor dem Hause des Park- 
inspektors Petzoldt. Aehnliche Formen, aber mit 
grösseren und sehr rauh sich anfühlenden Blättern 
kultivirt man in Belgien als U. Pitteursii, in England 
und sonst auch als U. gigantea. Bei dieser Form 
verliert sich aber die braune Färbung häufig und 
die Blätter sind dunkel-mattgrün. Dergleichen Exem- 
plare haben gewöhnlich noch die nähere Bezeichnung 
vegeta. Buntblättrige Formen giebt es sonst nicht. 

Mit der bereits erwähnten U. erispa, einer Form 
der U. exoniensis, - ist die Willdenow’sehe Pfianze 
d. N. nicht zu verwechseln. Diese besitzt schmale 
elliptische Blätter mit einer ziemlich harten Textur. 


Ihre Farbe ist auf beiden Flächen ein Graugrün. 
Eigenthümlich sind noch der tief eingeschnittene 


Rand und die auf der Unterfläche sehr hervortreten- 
den Hauptäste des Mittelnervs. Wo alle diese Merk- 
male in geringerem Grade vorhanden sind, hat die 
Form den Namen U. rugosa erhalten. 

Interessante Formen sind ferner die Rüstern, 
welche in den Verzeichnissen der Baumschulbesitzer 
die Namen Ulmus americana alba und rubra 
führen. Lange Zeit glaubten auch wir, dass diese 
Formen erst aus Nordamerika uns zugeführt wären, 
bis uns die Früchte und die Art und Weise der 
Entfaltung der Knospen keinen Zweifel übrig liess, 
dass sie ebenfalls gross- und rauhblättrige Formen 
unseres Waldrüsters darstellen. Vielleicht sind sie 
auch erst aus einer Kreuzung mit den Rüstern jen- 
seits des grossen Oceans hervorgegangen? Sehr 
oft beugen sich bei diesen Formen in der Jugend 
die Aeste zurück oder stehen nur wagerecht ab. In 
diesem Falle werden sie noch als pendula und 
horizontalis näher bezeichnet. 

Unter dem Namen U. viminalis und graecilis 
wurde endlich 1817 eine eigenthümliche Form mit 
schwachen, aber langen, bisweilen auch überhängen- 
den Aesten in England gezüchtet, wo die einge- 
schnitten-gesägten Blätter weit kleiner waren und oft 
auch keine ebenen Flächen bildeten. Man könnte 
geneigt sein, diese Form vielmehr für eine Form des 
Feldrüsters zu halten, wenn der Stamm nicht eine 
glatte Rinde hätte und im botanischen Garten von 
Berlin nicht ein alter Baum existirte, der allmählig 
in die ursprüngliche Art zurück zu gehen scheint. 
Blüthen und Samen scheinen U. viminalis und graeilis 
noch nicht getragen zu haben. 

Von dieser U. viminalis ist aber eine noch kleinere 


und von der Hauptart völlig abweichende und breit 
wachsende Form entstanden, welehe den Namen U. 


antarcetica besitz. Woher sie stammt, wissen wir 


eben so wenig, als wer sie gezüchtet hat? Ueber- 
sänge zur U. viminalis lassen gar keinen Zweifel 
ihres Ursprunges übrig. Wie sie zu dem Namen 


antaretica, d. h. in kältern Regionen der Südhemisphäre 
wachsend, kommt, ist ebenfalls unbekannt. Man 
schloss aber aus dem Namen, dass Patagonien das 
Vaterland sein müsste, was durchaus unrichtig ist. 
Die folgenden 4 Arten haben, so schön sie auch 
sind, in der Landschaft keine Bedeutung erhalten und 
werden deshalb hier auch nur ganz kurz abgehandelt 
werden. 
3. Ulmus peduneulata Fouge. 
Bastrüster. 
Ohne Stamm rissig; 
Blätter länglich-zugespitzt, auf der Oberfläche später 


Rother oder 


Wurzelausläufer; wenig 
slatt und unbehaart; Knospen lang, mit fast stechen- 
der Spitze, aus zahlreichen Deckschuppen bestehend; 
Früchte gestielt, am Rande gewimpert; Samen in der 
Mitte, nieht bis zum breiten Ausschnitte reichend. 
Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieser Baum 
in Deutschland zu Hause ist und bis zum Ural öst- 
lich reicht. Er ist unter mehrern Namen beschrieben 
worden, so. als U. laevis Pall, U. ceiliata Ehrh., 
U. effusa Welld. u. U. oetandra Sckk. Der Rothe 
Küster ist ein brauchbarer Baum, da er ein vorzüg- 
liches, etwas röthliches Holz besitzt und sein Bast 


ausserordentlich zähe ist, so dass dieser viel ge- 
braucht wird. Besondere Formen haben wir von 


ihm nicht kennen lernen. 
4. Ulmus elliptiea €. Koch. 
Rüster. 
Ohne Wurzelausläufer; Stamm etwas 
Blätter Jänglich, zugespitzt, auf der Oberfläche schart; 
Knospen ziemlich gross, länglich, spitz, meist aus 
8 Deckschuppen bestehend; Fruchtstiel halb so lang 
als die Frucht; diese elliptisch, in der Mitte behaart; 
Samen unterhalb der Mitte der Frucht, vom Aus- 
schnitt weit entfernt. 
Dieser schöne Rüster wurde im Jahre 1843 von 
uns auf den Nordabhängen des armenischen Hoch- 


Orientalischer 


rissig; 


landes, wo er waldartig sich ausbreitete, entdeckt 
und bildet einen schönen Baum vom Ansehen des 


Rothen Rüsters. Leider haben die von uns einge- 
sendeten Samen nicht gekeimt und so befindet sich , 
der orientalische Rüster noch nieht in Kultur. 
5. Ulmus americana L. Amerikanischer 
Rüster. 
Stamm sehr rissig; Blätter wenig ungleichseitig, 
elliptisch, auf der Oberfläche gar nicht oder nur we- 


nig scharf; Knospen länglich, spitz, aus 6 bis 8 Deck- 
schuppen bestehend; Früchte gestielt, am Rande ge- 
wimpert. Samen über der Mitte, den Ausschnitt fast 
erreichend. 

Ein hübscher, im Vaterlande meist freistehender 
Baum, mit zwar nur kurzem Stamme, aber mit einer 
um so sehöneren Krone, welche gewöhnlich durch 
5 bis 7 Hauptäste gebildet wird. Die weichen, höch- 
stens 4 Zoll langen Blätter haben vielmehr das An- 
sehen der Blätter einer Hainbuche, als das der Blät- 
ter eines Rüsters. 

Bisweilen kommt hier Korkbildung vor, die aber 
hauptsächlich nur nach 2 Seiten hin geschieht und 
sich deshalb von der unseres Korkrüsters unterschei- 
det. Die Form, welche dieses besitzt, ist auch als 
selbständige Art betrachtet worden und.hat von Mi- 
ehaux den Namen U. alata erhalten. 


6. Ulmus fulva Mehx. Fuchsrothknospiger 
Rüster. 


Stamm rissig; Blätter sehr ungleichseitig, läng- 


lich, aber mit einer gezogenen Spitze versehen, auf 


der Obeıfläche sehr scharf; Knospen ıundlich, be- 
haart, mit 6 sichtbaren Deekschuppen, unter denen 
andere liegen, welche beim Entfalten eine fuchsrothe 
Farbe haben; Früchte rundlich, sitzend, mit schwa- 
chem Einschnitte; Samen in der behaarten Mitte. 

Dieser Rüster steht allerdings dem Waldrüster 
nahe, besitzt aber einen rissigen Stamm. Die scharfe 
Behaarung auf der Oberfläche der Blätter scheint 
hier nur durch Stern-, bei dem Waldrüster aber 
dureh einfache Haare hervorgebracht zu werden. An 
den fuchsrothen innern Knospenschuppen ist er im 
ersten Frühjahre und an den in der Mitte behaarten 
Früchten später leicht zu erkennen. 


Die Brandformen 
der Sorghum -Arten. Tilletia Sorghi Tulasne und 
Ustilago eruenta J. Kühn. 


Bei den Sorghum - Arten kommen zwei wesent- 
lich veıschiedene Brandformen vor. Die eine Brand- 
form lässt die Rispe in allen ihren Theilen unver- 
die Fruchtknoten 
bilden 


ändert, nur unterliegen einer ab- 


normen Entwickelung, es sich Brandkörner 


aus, Ähnlich wie bei dem Steinbrand des Weizens. 
Dies ist die von Tulasne als Tilletia Sorghi näher 
hesehrielhene Form, welche bisher allein bekannt war, 


Verlage von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — 


und die auch bei uns häufig dort vorkommt, wo man 
Sorghum in einiger Ausdehnung kultivirt. — Dureh- 
aus abweichend hiervon ist eine zweite Brandform 
gebildet, die ich wegen der auffallenden Färbung. 
welche sie der erkrankten Rispe ertheilt, Ustilago 
eruenta genannt habe. Dieser Brandpilz erzeugt 
kleine braunroth gefärbte Erhabenheiten, die entwe- 
der von rundlicher oder länglicher Gestalt sind und 
sich am oberen Theile des Stengels, hauptsächlich 
aber an den Rispenästen, vorfinden. Sind diese ver- 
einzelt damit besetzt, so erlangen sie ihre normale 
Länge, kommen die Brandpustelehen aber häufig vor, 
dann werden die Rispenäste mehr oder weniger ver- 
kürzt, verdickt, mannigfach verkrümmt. Die Blüthen- 
theile bilden sieh dann entweder gar nicht aus oder 
werden ebenfalls von dem Parasiten verunstaltet. 
Bei massigem Auftreten verschmelzen die Brandpu- 
stelehen ineinander. Die an den Pustelchen enthai- 
tenen Fortpflanzungsorgane oder Sporen sind eben- 
falls von rother Farbe. Sie stimmen in der Grösse 
mit den Sporen des Flugbrandes Ustilago Carbo zum 
Theil überein, zum Theil sind sie etwas grösser. 
Ihre Keimungsweise kommt ganz mit der des Flug- 
brandes unserer Getreidearten überein; Farbe und 
Art des Auftretens unterscheiden aber deutlich diese 
beiden Brandformen. Ustilago eruenta erzog ich bei 
einem auszedehnteren Anbau von Sorshum saecha- 
ratum Jahre 1859. Es wäre mir von 
Interesse, die letztere Brandart neuerdings im Leben 
beobachten zu können, und deshall, will ich ver- 
suchen, sie zu erziehen, indem ich Sorghun - Arten 
möglichst verschiedener Herkunft eultivire. Um diese 
zu erlangen, wende ich mich auf diesem Wege an 
alle Samenhandlungen mit der Bitte, mir je 100 Gramm 
Sorghum-Samen von jeder Art und von jeder Original- 
Sendung zu schicken, welche sie von letzter Ernte 
aus Orten Asiens oder Alrika’s eıhielten. Es würde 
mir lieb sein, für jede einzelne Probe die Herkunft 
mit zu erfahren; es sind mir die Proben aber auch 
dann noch willkommen, wenn die Heimath nicht genau 


im — nun 


angegeben werden kann, sofern es nur Samen letzter 
Ernte aus Oertlichkeiten ist, in denen regelmässig 
und ausgedehnt Sorghum-Bau stattfindet. — Die Rech- 
nung bitte ich der Sendung beizufügen. 
Halle a./S., Anfang März 1872. 
Professor Dr. Jul. Kühn, 
Director des landwirthschaftl. Instituts 
an der Universität. 


Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


No. N. Berlin, den 18. Mai. u DR 182. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., en = Den durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 28. Mai, findet Abends 5 Uhr im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung des 
Vereines statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Das en der 2. Gruppe der w elt- re Fa in Wien im Jahre 1873. Allerlei aus der Gi ärtnerei er 
Pflanzenkunde V. — Die Grundlagen des Vogelschutz-Gesetzes. — Preis-Ausschreiben. 


 betheiligt hatten, so ist zwar der erste Theil des 


Das Special-Programın 


siebenjährigen Cyelus hinter den Erwartungen zurück- 


der 2, Gruppe der Weltausstellung in Wien ' geblieben, es ist aber doch so viel Interesse dafür 
im Jahre 1873. | vorhanden gewesen, dass nicht allein die Kosten 

Land- und Forstwissenschaft, Wein-, Obst- | vollständig gedeckt wurden, sondern sogar noch 
und Gartenbau. , Ueberschüsse vorhanden waren. Die diesjährige Aus- 


Jedermann sagte sich, als die letzte Weltausstel- | stellung wird besser werden und Umfassenderes, aber 
lung in Paris mit einem Glanze, wie er früher noch | auch Mannigfaltigeres in den Gegenständen, welche 
nicht dagewesen, stattfand, dass damit die Reihe der ' an der Reihe sind, geben. Man hat sich englischer 
Weltausstellungen geschlossen sei, weil noch grössere | Seits jetzt auch mehr Mühe gegeben, Bewohner des 
Anstrengungen an Menschen und Geld nicht mehr  Festlandes, vor Allem Deutschlands, zur grösseren 
gemacht werden könnten. Das mächtige Inselreich, | Betheiligung heranzuziehen. 
dem wohl unbedingt die grössten und umfassendsten Es war zwar schon seit Jahresfrist die Rede, 
Hülfsquellen zu Gebote stehen, gab es auf, eine | dass trotz aller Bedenken man in Wien mit dem Ge- 
Weltausstellung, wo Alles zu gleicher Zeit, wie in , danken umgehe, doch wieder eine Weltausstellung, 
Paris und früher in London, vorhanden wäre, von | wo alle Gegenstände der Industrie und Kunst zu 
Neuem ins Leben zu rufen, und fasste den glück- | gleicher Zeit vorhanden sein sollten, wieder ins Le- 
lichen Gedanken der Theilung auch bei Ausstellungen ben zu rufen. Alle Bedenken, welche dage egen ge- 
von industriellen Gegenständen. Was bisher auf ein | macht wurden, beseitigte man in Wien. Es wurde 
Jahr zusammengedrängt war, wollte man auf 7 Jahre | von der As inbischen Regierung der vorgelegte 
Ausstellung vertheilen. Man hoffte bei dieser Ver- | Plan gut geheissen. Trotz aller finanziellen Krisen 
theilung um so mehr Erfolg und Nutzen, als sowohl | war das Geld in Kurzem herbeigeschafft oder doch 
Aussteller, als Besucher, damit in den Stand gesetzt | wenigstens gedeckt. Wiederum ein Beweis, dass 
wären, Sich um so specieller um die ausgestellten | ein Staat mit solchen Hülfsmitteln, wie Oesterreich, 
Gegenstände zu bekümmern. ' keineswegs, selbst durch lange andauernde Missre- 

Obwohl das vorige Jahr, wegen der damals noch | gierungen, nicht so leicht ruinirt werden kann, wie 
drohenden Verhältnisse in Frankreich, keineswegs | man hier und da meint, dass im Gegentheil bei eini- 
günstig war und weder Frankreich noch Deutschland | germassen guter Finanz - Wirthschaft sich auch in 
in irgend erheblicher Weise sich jenseits des Kanales | Oesterreich Alles wieder zu Gunsten kehren kann. 


20 


154 


So wird auch die Weltausstellung in Wien zunächst | jetzt darüber vernommen haben, deutet darauf hin. 


nicht wenig dazu veranlassen, alle finanziellen, aber 
auch spirituellen Kräfte anzuspannen, um den alten 
Glanz des Kaiserstaats an der Donau wieder herzu- 
stellen; sie wird die österreichische Industrie auch 
heben und neue Absatzquellen eröffnen. 

Untersuchen wir die Bedenken gegen das Ge- 
lingen einer Weltausstellung, wo die letzte mit allem 
Glanz des damals mächtigen französischen Kaiser- 
reiches in Paris stattgefunden hatte, überhaupt etwas 
näher, so geben wir im Voraus zu, dass ein solcher 
Glanz und ein solches Zuströmen von Menschen, wie 
es in Paris 1867 war, nicht in Wien stattfinden wird. 
Weder die Herrscher von Japan und Cochinchina 
werden Verwändte schicken, noch der Grosssultan 
in Konstantinopel oder sein Stellvertreter in Kairo in 
höchsteigener Person kommen, wie es 1867 in Paris 
seschehen ist. Wir geben zu, dass dergleichen Per- 
sönlichkeiten zur äusseren Verherrlichung der Aus- 
stellung sehr viel beigetragen haben, der Werth der 
Ausstellung ist dagegen durch sie auch nicht um 
einen Deut vermehrt worden, in sofern man nicht 
sie selbst oder doch wenigstens ihre kostbare Klei- 
dung als zur Ausstellung gehörig betrachtet. In 
Frankreich, wo leider eben fast Alles nur auf das 
Aeussere gerichtet ist, war ein solcher Tand schon 
für die Bewohner des Landes nothwendig, in einem 
ursprünglich und noch jetzt vorherrschend deutschen 
Staate verhält es sieh aber ganz anders. Hier treten 
andere Berechtigungen heran und der äussere Glanz 
ist nicht das Massgebende. 

Trotz aller slawischen, besonders böhmischen 
Umtriebe ist, wie gesagt, Oesterreich vorherrschend 
auf das Deutschthum angewiesen, nur mit und unter 
diesem wird Oesterreich gedeihen und blühen. So 
wird auch das Deutsche bei der Leitung der Welt- 
ausstellung hauptsächlich im Vordergrund stehen und 
Deutsche Gediegenheit und 
deutsche Wissenschaftlichkeit werden über äussere 


zur Geltung kommen. 


Dinge und über Flitterglanz den Sieg davontragen. 
Wenn auch, was wir gern zugestehen wollen, 1867 
bei der Weltausstellung in Paris der Wissenschaft 
und besonders der Humanität ein hervorragender 
Platz ebenfalls eingeräumt wurde, so war dieses doch 
weniger aus tieferem inneren Drange geschehen, als 
dass man hiermit sich schmücken wollte. 
Wissenschaftlichkeit und wahre Humanität wer- 
den — dessen sind wir gewiss — während des näch- 
sten Jahres in Wien zur Grundlage dienen; damit 
wird eine Ausstellung ins Leben gerufen werden, 
wie sie in dieser Weise noch zu keiner Zeit vor- 
handen gewesen sein möchte. Alles was wir bis 


Deutschland, was in Paris noch in einzelne Länder 
getrennt theilnahm und trotzdem Ruhm und Ehre 
gehabt hat, wird sich dieses Mal in seiner Ge- 
sammtheit, als Einheit betheiligen und damit eine 
ganz andere Wirkung hervorrufen. Seine Bewohner 
werden ihren Brüdern an der Donau bei ihrem grossen 
Werke zur Seite stehen ; sie werden auf der Aus- 
stellung ein deutliches Bild des geistigen und ge- 
werblichen Lebens des Landes und seines Verkehrs 
zu geben suchen. Aus diesem Bilde wird klar und 
deutlich hervorgehen, wie so Grosses zu vollbringen 
dem deutschen Volke möglich war. 


l. Wein- und Obstban. 


Das ganze Programm der Wiener Weltaus- 
stellung hier mitzutheilen, liegt ausser unserem 
Zwecke; wir geben selbst aus der zweiten Gruppe 
nur die Theile, welche sich speciell auf Wein- und 
Obstbau, so wie auf Gartenbau, beziehen, und. über- 
lassen die anderen Theile für Land- und Forstwissen- 
schaft den Blättern, welche sich speciell damit be- 
schäftigen. Was zunächst den Obst- und Weinbau 
anbelangt, so hat dieser Kulturzweig in national- 
ökonomischer Hinsicht heut’ zu Tage eine solche 
Wichtigkeit, dass die Leiter der Wiener Weltaus- 
stellung ihm eine besondere Stelle anzuweisen für 
nöthig fanden. Nach dem Programm soll ein ge- 
treues Bild von dem Fortschritte dieser Kultur, so- 
wohl was die Behandlung der Obst- und Wein- 
pflanzen, als auch was die Verwendung und Ver- 
vollkommnung der erhaltenen Produkte betrifft, ge- 
geben werden. Es wird demnach die Ausstellung 
für Obst- und Weinbau folgende Abtheilungen ent- 
halten: 

Allgemeine Bestimmungen. 

1. Die Produkte von Baum- und Rebschulen, 
wie Hochstämme, Zwergbäume, formirte Bäume aller 
Art, nebst Wurzelreben, werden vom 1. bis 15. Ok- 
tober ausgestellt, und zwar stehen für dieselben so- 
wohl gedeckte Räume, als auch freies Land, zur 
Verfügung. 

2. Die Aufstellung von formirten Obstbäumen 
kann entweder in Gefässen oder auch im freien 
Lande geschehen; es hat jedoch ein jeder Aussteller 
für die Pflege derselben während der Ausstellung 
selbst Sorge zu tragen. 

Auf gleiche Weise können auch Rebenerziehungs- 
Methoden in lebenden Stöcken, welche ins freie Land 
verpflanzt werden, zur Ausstellung gelangen, oder 
wo es sich nur um die Aufstellung der Unterstützungs- 
methoden handelt, wie z. B. Bepfählung, Draht- 


155 


rahmen, Lauben etc., werden selbige auch ohne Wein- 
reben aufgestellt werden können. Die Ausstellung 
dieser Gegenstände, welche sich also auf Schnitt- 
und Erziehungsarten der Obstbäume und Weinreben 
bezieht, findet vom 1. bis 15. Oktober, und zwar im 
Freien, statt. 

3. Werkzeuge und Maschinen für Obst- und 
Weinbau, sowie besonders zur Kellerwirthschatft, 
werden in der landwirthschaftlichen Geräthehalle der- 
art untergebracht, dass die vergleichende Anschauung 
möglichst erleichtert ist. 

4. Frisches Obst und Trauben müssen je nach 
der Reifezeit ausgestellt werden. Es finden deshalb 
fünf Ausstellungen statt: Vom 1. bis 10. Mai: ge- 
triebenes und frisch aufbewahrtes Obst. 

Vom 15. bis 25. Juni: Beerenobst und Kirschen. 

Vom 20. bis 30. August: Pflaumensorten und 
Frühbirnen. 

Vom 18. bis 23. September: Pflaumen, Herbst- 
birnen und Aepfel. 

Vom 1. bis 15. October: Trauben, Aepfel, Bir- 
nen und Schalenobst. 

Die vier ersten werden gemeinschaftlich mit den 
temporären Ausstellungen für Gartenbau abgehalten 
werden. Die letzte hingegen, als die grösste, wird 
ausschliesslich dem Obst und den Trauben gewidmet 
sein. Bei der letzteren ist eine Trennung von Wein- 
und Tafeltrauben wünschenswerth. Ferner ist für 
Aufstellung der Trauben-Sorten, welche zur Bereitung 
der bekannten und renommirten Weine in jedem Lande 
verwendet werden, Sorge zu tragen. Sollte eine 
nach Zonen geordnete Obst-Ausstellung nicht durch- 
führbar sein, so ist jedenfalls bei Beurtheilung der 
Produkte auf die klimatischen Verhältnisse Rücksicht 
zu nehmen. 

5. Unter den Produkten aus Obst und aus Wein- 
trauben wird der Wein besonderes Interesse in An- 
spruch nehmen. Bei seiner Einsendung kann es 
sich bei einer Weltausstellung nicht um Massenver- 
tretung aus einem speciellen Gebirge handeln, sondern 
es erscheint vielmehr geboten, dass solche nur durch 
das beste Produkt repräsentirt wird. 

Weine und diesem entsprechende Produkte, die 
im Ausstellungsraume nicht gut erhalten bleiben und 
auch im gewöhnlichen Verkehr in Kellern oder kühlen 
käumen aufbewahrt zu werden pflegen, werden in 
zwei Flaschen, die zur Beurtheilung des Preisgerichtes 
nöthig sind, kostenfrei in eigens gemietheten Kellern 
untergebracht werden. 

Es steht den Ausstellern ausserdem frei, vor 
der Beurtheilung durch das Preisgericht ihre Weine 
in der oenochemischen Versuchsstation in Kloster- 


u 


neuburg einer chemischen Analyse, auf deren we- 
sentliche Bestandtheile (Alkohol, Säure, Extraktiv- 
stoff) unterziehen zu lassen. Die Analysen werden 
gratis geliefert. Das internationale Preisgericht wird 
zu entscheiden haben, ob und in wiefern die Re- 
sultate dieser chemischen Untersuchung in Betracht 
zu ziehen seien. 

Demnach ist es nothwendig, dass ausser den 
Flaschen, welche für die Ausstellung selbst bestimmt 
sind, von jeder Sorte für das Preisgericht zwei, und 
eventuell für die fakultative chemische Analyse zwei 
weitere Flaschen eingesendet werden, jede natürlich 
in besonderen Kisten, um alsbald für ihre Bestimmung 
abgegeben zu werden. Auf der Kiste ist selbst- 
verständlich, ausser der allgemeinen Adresse, die Be- 
stimmung derselben ersichtlich zu machen. („Für 
das Preisgericht“ und „für die Analyse“.) 

Die zur Ausstellung gelangenden Flaschen müssen 
entsprechend adjustirt sein; auf den Etiquetten ist 
die Firma, das Land, der Ort, die Weinlage und 
Jahrgang ersichtlich zu machen. Im Interesse der 
Aussteller liegt es, diese Flaschen mit einer Flüssig- 
keit zu füllen, die durch die Hitze des Sommers nicht 
in Gährung kommt. Für die von dem internationalen 
Preisgerichte zu verleihenden Auszeichnungen gelten 
die in Punkt XIV des allgemeinen Programmes an- 
gelührten Bestimmungen. 

Damit auch Publikum ausgestellte 
Weine kosten kann, wird eine besondere Kosthalle 
errichtet, worüber Näheres späteren Bekanntmachungen 
vorbehalten bleibt. Neben Traubenwein wird auch 
Obstwein zur Ausstellung gelangen: Die Nebenpro- 
dukte der Kellerwirthschalt, wie Oenanthäther, Wein- 
stein ete. werden in der Abtheilung für Chemikalien 
beurtheilt. 

6. Alle Gegenstände, welche als Lehrmittel für 
den Obst- und Weinbau - Unterricht dienen, ebenso 
chemische und physiologische Präparate und Samm- 
lungen aller Art, werden von den betreffenden An- 
stalten und oenochemischen Versuchsstätionen am 
zweckmässigsten in Kollektivausstellungen zur An- 
schauung gebracht werden. 

Besonderes Interesse werden mikroskopische Prä- 
parate der Absätze bei kranken Weinen, ferner von 
den kleinen Feinden, den Pilzkrankheiten der Wein- 
reben bieten. Ebenso Apparate zur Untersuchung 
der Weine, Erdsammlungen, Wasserkulturen von Re- 
ben ete. Endlich sollen hier auch die Literatur, sta- 
tistische Tafeln, Karten, Abbildungen, Modelle und 
Nachbildungen von Obst und Trauben u. s. w. 
Platz finden. (Schluss folgt.) 


das grosse 


20* 


Bun 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pilanzenkunde. 
V. 

Die Festausstellung des Vereins zur Beförderung 
des Gartenbaues, welche am 21. Juni beginnt und 
am 90. wird, möchte wohl die 
srossartigste werden, welche je in Berlin stattgefun- 
den hat. So bequem gelegen und sonst auch passend 
das Lokal: Garten und Turnplatz, nebst Turnhalle 
des Wilhelms - Gymnasiums in der Bellevuestrasse, 
einer der schönsten Strassen Berlins, welche den 
Potsdamer Platz mit dem Thiergarten verbindet und 
rechts und links die reizendsten und mit seltenem 
Luxus ausgeschmückten Vorgärtchen besitzt, für eine 
Pflanzen - Ausstellung auch ist, so wird doch schon 
jetzt die Befürchtung ausgesprochen, dass der dar- 
sebotene Raum die kommenden Pflanzenschätze nicht 
sämmtlich so bequem aufnehmen würde, als es wün- 
schenswerth sei. Wir sind keineswegs der Ansicht, 
wenn wir auch den beschränkten Raum des Lokales 
zugestehen, denn um so auserwähltere Gegenstände 
wird man sehen. Alle die Lückenbüsser an Pflanzen, 
welche nur des Füllens und Deckens halber bisher 
auf Ausstellungen gebracht wurden, bleiben dieses 
Mal natürlich weg. Auch Mittelmässiges, was olt nur 
aus gleichem Zwecke einen Platz fand, darf nicht 
aufgenommen werden. Ein Raum von 11; Morgen 
Flächen-Inhalt kann schon etwas in sich fassen. 

Wenn auch bei dieser Ausstellung die einzelne 
Pflanze im Allgemeinen mehr als sonst (natürlich 
hauptsächlich bei’ Einzel-Exemplaren, neuen Einfüh- 
Ss. w.) berücksichtigt werden muss, so 
dürfte trotzdem das ästhetische Moment doch auch 
hier wiederum, wie bei allen Ausstellungen, welche 
in Berlin stattgefunden haben, im Vordergrunde stehen. 
Unser bekannter Gartenkünstler, Stadtgartendirector 
Meyer, ist der Vorsitzende der Kommission für das 
Arrangement: ihm stehen Garten-Inspektor Gaerdt, 
einheimischen und fremden Pfianzenliebhabern als 
Chef des durch seine Eleganz ausgezeichneten Bor- 
sig’schen Gartens, und Öbergärtner Perring in 
Pankow, von den beiden letzten Ausstellungen des 
Vereins im Tattersall gewiss noch in gutem Andenken, 
nebst den schon früher genannten eigentlichen Ordnern: 
Brasch und die Kunst- und Handels- 
Boese und Jannach, als Mitglieder zur 
Der Plan, von dem Vorsitzenden entworfen 

Plenum der Kommission berathen, ist im 
Allgemeinen fertig und dürlte nur in Einzelheiten, je 
nachdem was unvorbereitet gebracht wird, geringe 
Aenderungen erleiden. 


Juni geschlossen 


rungen U. 


Hofgärtner 
särtner 
Seite. 

und im 


| 
| 


Aber auch die Bau- und Materialien-Kommission, 
mit Hofbaukontroleur Bohm als Vorsitzendem, und 
dem Inspektor des botanischen Gartens, Bouch& 
und dem früheren Stadtbaurath, jetzigen Direktor 
Gerstenberg als Mitgliedern, ist mit der Kommission 
für das Arrangement zusammengetreten und hat ihre 
Pläne vorgelegt. Soviel wir davon erfahren haben, 
sind auch diese gutgeheissen. Wir können einst- 
weilen mittheilen, dass die Baukommission nicht 
weniger ästhetischen Ansprüchen genügt hat und dass 
demnach auch in dieser Hinsicht nur Tüchtiges ge- 
leistet werden wird. Der Verein zur Beförderung 
des Gaitenbaues scheut keine Kosten, um dieses Mal 
eine Berlins besonders würdige Ausstellung ins Leben 
zu rufen. Die Ausstellung soll zwar zunächst nur 
eine deutsche sein, Ausländer sind aber als Gäste, 
wie nicht weniger als Aussteller, sehr willkommen 
und werden auch, wie wir wissen, in nicht geringer 
Anzahl Theil nehmen. 

Es ist vor Kurzem über die riesigen Bäume in 
Aegypten aus dem Genus Ficus nach den Berichten 
des ägyptischen Generalgartendirektors Delcheva- 
lerie Mittheilung gemacht und dabei auch von der 
Sykomore gesprochen worden. Wir erlauben uns, 
noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukom- 
men und ausser den früher genannten Sykomoren, 


und zwar nach demselben Berichterstatter, noch auf 


ein Exemplar aufmerksam zu machen, was neben 
seiner eigenen Bedeutung als Baum auch ein ge- 
schichtliches Interesse besitzt. Diese Sykomore be- 
findet sich in Aegypten, und zwar in der nächsten 
Nähe von Heliopolis, wo bekanntlich im Jahre 1799 
unter Kleber die berühmte Schlacht der Franzosen 
segen die Uebermacht der Mohammedaner stattfand. 
In einem koptischen Garten des Dorfes Matarieh bildet 
der Sykomoren-Baum den Mittelpunkt von 4 ins 
Kreuz von ihm ausgehenden Alleen. 

Der Baum muss sehr alt sein. Er besteht viel- 
leicht nur noch zum Theil, in sofeın der nordwäıts 
anstossende und wenige Fuss aus der Erde hervor- 
ragende, bereits, wie es scheint, längst schon ab- 
gestorbene Stumpf dereinst dazu gehört hat. Was 
ausserdem noch vorhanden ist, besitzt nur auf der 
einen Seite Rinde, während auf der anderen diese 
längst geschwunden ist, dagegen abgestorbenes Holz 
sichtbar wird, was weiter nach innen mit dem ge- 
sunden Holze sichtbar wird, Trotz dieser Verstüm- 
melung hat der Sykomoren-Stamm noch einen Umfang 
von 7 bis 8 Meter, so dass der Durchmesser fast eben 
so gross ist, als die nur 3 Meter betragende Höhe. 
Leider hat der Stamm bereits von oben herab einen 
tiefen Riss erhalten. Dass die Hauptäste des Baumes 


157 


ebenfalls eine nicht unbedeutende Stärke haben, kann 
man sich denken. Die Verästelung ist ausserdem 
aber kurz, so dass der Durchmesser, so wie die 
sanze Höhe des Baumes nur 10 Meter beträgt. 
Dieser Sykomorenbaum ist auf der Rindenseite 
dieht mit Inschriften aller Art, welche Reisende der 
früheren und jetzigen Zeit eingegraben haben, dicht 
bedeckt. Er führt den Namen Baum der heiligen 
Jungfrau, weil die Sage geht, dass er schon zur 
Zeit der Geburt Jesu einen bedeutenden Umfang ge- 
habt habe. Man erzählt, dass, als Herodes befahl, 
alle seit Kurzem erst geborenen Kinder zu tödten, 
Joseph und Marie mit ihrem Jesus-Kindlein die Flucht 
ergriffen und unter dieser Sykomore, deren Aeste und 
Zweige rings herum bis zur Erde reichten, ein sicheres 
Asyl fanden. Erst als die Häscher, welche das ganze 
Land durchspähten, zurückgekehrt waren, verliessen 
sie ihren Aufenthaltsort und setzten ihre Flucht fort. 
Die neue, durch die Weinlaus (Phylloxera va- 
statrix) hervorgebrachte Weinkrankheit hat im vori- 
sen Jahre im Süden Frankreichs leider grosse Fort- 
schiitte gemacht. Ihr Centralpunkt scheinen Vaucluse 
und die Rhone-Mündungen zu sein. Man hatte be- 
fürchtet, dass sie sich auch nach Osten fortpflanzen 
und hier zunächst die Weinberge Savoyens und Bur- 
sunds angreifen würde. Das ist zum Glück bis jetzt 
nicht oder doch:nur ausnahmsweise der Fall gewe- 
sen. Ebenso sind noch keine Beispiele des Vorkom- 
mens der Krankheit in der Champagne beobachtet 
worden. Dass wir demnach für unsere Weinländer 
am Rhein und an der Mosel, aber auch im Elsass, 
wahrscheinlich nicht zu fürchten haben, ist ein Trost 
für unsere Weinbauern, welehe schon an und für 
sich mit dem Klima genug zu kämpfen haben. Da- 
gegen schreitet die Krankheit nach dem Westen fort 
und wüthet bereits in den Departements des Gard 
und Herault, nähert sich also der spanischen Gränze. 
Es bestätigt dieses, was mehrmals schon in der Wo- 
chenschrift ausgesprochen worden ist, dass die ge- 


fürchtete Weinlaus ein Thier des Südens ist und 
allenthalben da, wo die Kälte tiefer in den Boden 
eindringt, zu Grunde geht. 


Neuerdings will ein Weinbauer in Lunel - Viel 
ein Mittel gegen die Weinlaus und die von ihr her- 
vorgerufene Krankheit entdeckt haben, was um so 
grösseren Weıth besitzt, als es auch die Vegetation 
des Weinstockes begünstigen soll. Alle bisher em- 
pfohlenen Mittel gegen diesen Feind waren umge- 
kehrt dem Weinstocke schädlich. Der Weinbauer, 
Bon mit Namen, hält seine Zusammensetzung noch 
geheim, die Versuche, welche aber damit gemacht 
wurden, haben Erfolge gehabt. Es ist ein Pulver, 


von dem für jeden Weinstock zur Vertilgung der 
Weinlaus an den Wurzeln wenisstens 2 Pfund ge- 


braucht werden muss. Man hat gefunden, dass es 
besser ist, das Pulver trocken in der nächsten Nähe 
des Weinstockes aufzustreuen und dann 20 bis 25 
Liter Wasser darauf zu giessen, um es mit diesem 
in die Nähe der mit der Laus behafteten Wurzeln 
zu bringen, als dass man es zuvor in Wasser auf- 
löst und mit diesem die Erde begiesst. Die beste 
Zeit der Anwendung des Pulvers ist der Anfang des 
Winters und sobald der Schnitt des Stockes vorge- 
nommen werden soll. 

Das schöne rothblühende Delphinium nudicaule 
hat auch bei uns Eingang gefunden und verdient 
auch wegen seiner leichteren Kultur (vergl. vorigen 
Jahrg. der Wochenschr. S. 268) zu Anpflanzungen 
im Freien nicht weniger, als in Töpfen, Empfehlung. 
Interessant ist die Art und Weise seines Keimens. 
Nach einem Berichte des bekannten, grade in gärt- 
nerischen Dingen sehr gewandten Pariser Akademi- 
kers Naudin, der sich seit längerer Zeit schon we- 
sen seiner Kränklichkeit im Süden der Pyrenäen, in 
Callioure, aufhält und daselbst sich mit allerhand 
Kultur - Versuchen beschäftigt, weicht die Art und 
Weise des Keimens genannter Pflanze wesentlich von 
dem anderer Pflanzen ab. Nach ihm erhebt sich aus 
dem Samen das sogenannte Stengelchen (die Plu- 
mula) bis zu einer Höhe von 2 und 3 Centimetern 
und trägt an seinem oberen Ende die beiden einan- 
der gegenüberstehenden Samenblätter. Damit ist das 
Wachsthum des Stengelchens vollendet. Es kommt 
keine Verlängerung zwischen den Samenblättern her- 
vor, dagegen entwickelt sich an dem Vereinigungs- 
punkte des Stengels mit dem Würzelchen eine Knospe, 
welche bald weiter wächst und damit den Anfang 
der eigentlichen und bleibenden Pflanze bildet. 

Niemand ist zu derlei Beobachtungen von wis- 
senschaftlichem Interesse so sehr berufen, als der 
Gärtner. Eben deshalb ist es wünschenswerth, dass 
von Seiten der Gärtner, welche jährlich Hunderte 
von verschiedenen Pflanzen aussäen, dem Keimen 
mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird. Wahrschein- 
lich ist diese Abweichung des Keimens bei Delphi- 
nium nudieaule nieht die einzige. 

Brongniart erklärt diese Erscheinung im Jour- 
nal der Pariser Gartenbau-Gesellschaft (S. 154) durch 
ein Zusammenwachsen der Stiele der Samenblätter, - 
und Duchartre, der Redakteur des Journals, hält 
diese Ansicht für die allein mögliche Erklärung. Ab- 
gesehen davon, dass erst ein Zusammenwachsen 
nachgewiesen werden müsste, ist das Vorkommen 
von Knospen unterhalb der Samenblätter, also an der 


158 


ächten Wurzel, keineswegs eine ganz seltene Er- 
scheinung und kann an Obst-, besonders Birnbäumen 
bei genauer Untersuchung nicht so schwierig nach- 
gewiesen werden. Es gab sogar früher in Schlesien 
Öbstliebhaber, welche ihre Birngehölze durch Wur- 
zelstecklinge, also durch Theile, welche sich unter- 
halb der Samenblätter befinden, vermehrten. Unserer 
Ansicht nach ist nicht das Vorkommen von Knospen 
unterhalb der Samenblätter überhaupt etwas Neues, 
sondern nur der Umstand, dass es bei Delphinium 
nudicaule regelmässig geschieht. 

Nach den Mittheilungen des Cercle professoral, 
einer interessanten belgischen Zeitschrift für Pomologie 
und für Gehölzkunde überhaupt, welche wir wegen 
ihrer interessanten Abhandlungen halber nicht genug 
empfehlen können, wird (S. 44 des vorigen Jahrgangs) 
eines im Jahre 1842 noch in voller Kraft existirenden 
Birnbaumes Erwähnung gethan, der nach einer dabei 
befindlichen Inschrift im Jahre 1590 gegen eine Mauer 
gepflanzt worden ist. Dieser Spalierbaum steht in 
einem Garten zu Pollet bei Dieppe und nahm bereits 
im Jahre 1842 einen Umfang von 30 Meter (also bei- 
nahe von 100 Fuss) ein, besitzt aber nur eine Höhe 
von etwas über 6 Meter. Der Stamın des Birngehölzes 
selbst wird zu 1 Meter Stärke angegeben. Im Jahre 
1842 trug er zwischen 3- bis 4000 Früchte. Nach 
dieser Mittheilung, welche übrigens dem Journal der 
Gartenbaugesellschaft von Rouen entlehnt wurde, ist 
diese Sorte eine Sparbirn (poire d’Epargne). 

Wenn nun schon dergleichen Formbäume, wie 
das Spalier im Garten zu Pollet darstellt, geschicht- 
lich ein Alter von wenigstens 250 Jahren erreichen, 
um wie viel älter möchten aber Birnbäume werden 
können, welche man der freien Natur überlässt und 
in ihrem Wachsthum nicht beschränkt. Auch unsere 
Waldbäume können unter gewissen Umständen ein 
sehr hohes Alter erreichen. Man hatte sich eine Zeit 
lang an die hauptsächlich von Forstmännern ausgehen- 
den Angaben über das Alter unserer einheimischen 
Gehölze, besonders der Waldbäume, nach denen diese 
keineswegs ein so hohes Alter erreichen sollten, als 
man in der Regel glaubt, gewöhnt und einigen berühm- 
ten alten Bäumen mit allerhand Erklärungen das hohe 
Alter abgesprochen: der Forstmann scheint sich da- 
bei aber mehr auf seine, einer regelrechten Forstkul- 
tur unterworfenen Waldbäume gestützt zu haben, als 
dass er die hier und da befindlichen alten Stand- 
bäume von Eichen, Linden u. Ss. w. einer genauen 
Untersuchung unterworfen hätte. Es unterliegt keinem 
Zweifel, dass einzelne Bäume, besonders Linden, ein 
Alter von über 3- und selbst 500, vielleicht bis 800 
und 1000 Jahr erreicht haben. 


Dass selbst Birngehölze ein hohes Alter erreichen 
können, ist schon früher bei Gelegenheit der Be- 
sprechung der Melanchthon’s Birn in der Wochen- 
schrift gesagt worden. Nach diesen Mittheilungen 
existirt aus den Zeiten der Reformation in der Nähe 
von Pirna im Königreich Sachsen noch der Original- 
baum dieser sonst wenig verbreiteten, aber doch in 
Thüringen und Sachsen vielfach kultivirten Birn-Sorte. 
Dass aber auch Form- und vor Allem Spalierbäume 
über 250 Jahre alt werden können, war uns neu. 
Wer übrigens den sogenannten Potager (d. h. Ge- 
müse-Garten) in Versailles, welcher jetzt unter der 
vorzüglichen Leitung des jüngeren Hardy steht, be- 
sucht hat, wird sich der alten Spalierbäume er- 
innern, welche daselbst an Maueın gepflanzt sind. 
Wenn wir uns nicht irren, wurde dieser Gemüse- 
Garten zur Zeit Ludwig XIV. durch den berühmten 
Gartenkünstler Lenötre angelegt; es ist uns daher 
währscheinlich, dass Manche der jetzt noch im Potager 
befindlichen Spalierbäume, denen man das graue Alter 
ansieht, aus jener Zeit stammen. 

Die Existenz eines 25djährigen Spalier-Birnbaums 
giebt uns Gelegenheit, über die hier und da noch 
geglaubte Annahme einer allmähligen Degeneration 
unserer Obstgehölze. einige Worte zu sagen, obwohl 
schon früher mehrmals in der Wochenschrift dagegen 
gesprochen worden ist. Dass einige Sorten unseres 
Obstes verloren gegangen sein mögen, unterliegt 
eben so keinem Zweifel, wie es gewiss ist, dass So- 
gar Thierarten, geschweige denn Thierracen, wie z. 
B. der noch vor wenigen Jahren existirende Dachs- 
hund, welche früher auf unserer Erde sich bewegten, 
aufgehört haben zu existiren. Es vegetiren noch 
eine Reihe vorzüglicher Obstsorten aus sehr alter 
Vorzeit, wie der Borsdorfer Apfel, die gute Winter- 
Christbirn u. s. w. trotz ihres mehre Jahrhunderte 
umfassenden Daseins mit gleicher Kraft, wie zu 
der Zeit, wo sie aus dem Samen’ entstanden sind. 
Wenn man aber doch degenerirte Bäume hier 
und da findet, so liegt der Grund in irgend einer 
anderen Ursache, hauptsächlich in den Boden-Ver- 


hältnissen. Degeneriren doch bei uns mehre der 
neuesten in Frankreich und Belgien gezüchteten 
Birnsorten eben so, man möchte sagen, selbst 


noch mehr, weil sie von Haus aus zärtlicher sind 
und unser rauhes Klima nicht ertragen. 

Der pomologische Kongress in Frankreich, der 
alle Jahre in einer andern Stadt zusammenkommt 
und über Obstbau und Obstkenntniss verhandelt, 
hatte im vorigen Jahre auch diese Frage der Dege- 
neration unserer Obstsorten zur Sprache gebracht. 
In dessen Folge wurde von dem Vorsitzenden des 


159 


Gartenbauvereines von Orleans, Porcher, eine hier- 
auf bezügliche Abhandlung „etude sur la degene- 
rescence ou l'exstinetion des anciennes varietes 
fruitieres“ geschrieben, in welcher auch dieser tüch- 


tige Pomolog und Obstzüchter aufs Entschiedenste- 


die sogenannte Altersschwäche unserer Obstsorten 
ableugnet. Dasselbe geschieht in einem Berichte, 
den ein uns wohl bekannter und ebenfalls sehr 
tüchtiger Obstzüchter und Obstkenner, Glady in 
Bordeaux, in dem Journal der Pariser Gartenbau- 
Gesellschaft von diesem Jahre (p. 179) giebt. 


Die Grundlagen 
des Vogelschutz - Gesetzes. 


Die österreichische Regierung hat sich ein grosses 
Verdienst um unsere Kulturpflanzen erworben, dass 
sie bei der italienischen Regierung beantragte, die 
Regierungen aller Länder, welche an dem Mittelmeere 
liegen und daher von den Insekten fressenden Zug- 
vögeln auf ihrer Reise von Afrıka nach dem Norden 
zuerst besucht werden, zu gemeinschaftlichen Ver- 
handlungen über deren Schutz aufzufordern. Die 
italienische Regierung begriff die Wichtigkeit des Ge- 
gsenstandes ebenfalls und zeigte sich bereit, einen 
internationalen Kongress zu gemeinschaftlichen Be- 
stimmungen nach Florenz zu berufen und die Mittel- 
meerstaaten Frankreich und Spanien, so wie die 
daranstossende Schweiz einzuladen, Abgeordnete zu 
senden. Leider nahm nur die letztere Antheil. In 
Frankreich waren es die noch kriegerischen Zustände, 
welche eine Theilnahme nicht erlaubten, in Spanien 
war man ebenfalls noch zu sehr mit inneren Ange- 
legenheiten beschäftigt, glaubte auch, dergleichen Ge- 
senstände der Thätigkeit der einzelnen 
überlassen zu müssen. 

Trotz dieser abschläglichen Rückäusserungen 
zweier in dieser Angelegenheit wichtigen Länder trat 
der Kongress in Florenz zusammen. Von Seiten 
der italienischen Regierung wurde der bekannte Pro- 
fessor Targioni-Tozzetti ernannt, während von 
Seiten der österreichischen Regierung der mehrfach 
in dieser Hinsicht schon thätig gewesene Pıofessor 
Ritter v. Frauenfeld in Wien beauftragt wurde, den 
Verhandlungen über die Grundlagen eines allgemeinen 
Vogelschutz-Gesetzes in Florenz beizuwohnen. 

Ritter von Frauenfeld hat freundlichst den 
Bericht, welchen er dem österreichischen Minister 
für Handel und Ackerbau übergeben hat, auch uns 
zukommen lassen. Der Verein zur Beförderung des 


Provinzen 


Gartenbaues hat seit Jahren schon diesem wichtigen 
Gegenstande, als seinen Zwecken entsprechend, durch 
Wort und Schrift seine Aufmerksamkeit zugewendet. 
Aber auch der Minister der landwirthschaftlichen An- 
selegenheiten hat den Schutz der Insekten fressenden 
Vögel in seine einflussreiche Hand genommen. In 
Preussen möchte man überhaupt in dieser Hinsicht 
am meisten energisch vorgegangen sein; es existiren 
bereits eine Anzahl vorzüglicher Verordnungen zum 
Schutz dieser Vögel. Wie traurig es dagegen in an- 
deren Ländern aussieht, davon gibt leider Frankreich 
das traurigste Beispiel. Vortreffliche Jagdgesetze zur 
Schonung der dem Luxus und dem Vergnügen des 
Menschen dienenden Jagdthiere gibt es zwar, aber 
an den Schutz der unschuldigen, kleinen und noch 
meist durch Gesang uns erfreuenden Thierchen denkt 
Niemand. Wie oft haben wir in Frankreich unbärtige 
Knaben, aber auch rohe Männer, mit den erbärm- 
liehsten Schiessgewehren bewaffnet, zur Jagdzeit die 
Fluren durchstreifend, gesehen, nur um die gefiederten 
Sänger der Wälder und Fluren zu ermorden, da 
ausserdem kein anderes Thier, am allerwenigsten ein 
Jagdthier, weit und breit mehr zu finden war. Nichts 
zeigt einen so tiefen Standpunkt der Moralität, als 
ein solches Morden. 

Darf man sich demnach noch wundern, wenn 
kein Land Europens so arm an kleinen Vögeln, 
als Frankreich, ist. Sowohl der Wald von Vincennes 
und das Boulogner Holz bei Paris, als auch die An- 
lagen um Versailles sind von ihnen verlassen. Da 
hört man nicht, wie in den Berliner Anlagen und 
Gärten, des Morgens und Abends den das mensch- 
liche Herz erfreuenden Nachtigallenschlag. In den 
Fluren der Dörfer Frankreichs ist die muntere Lerche 
eine Seltenheit, während man sie bei uns, trotz der 
früheren Verfolgungen, dem Lande 
vernimmt. y 

Wenn schon bei uns diesseits der Alpen, wo 
sich die kleinen gefiederten Sänger niederlassen, um 
zu brüten und damit für ihre Nachkommenschaft zu 
sorgen, ihre Tödtung und das Wegfangen für unsere 
Kulturen im hohen Grade schädlich ist, so muss es 
in den Mittelmeerländern und in der Schweiz um so 
mehr Nachtheile bringen, als es in grösserem Mass- 
stabe geschieht und die dortigen Bewohner aus der 
Tödtung der Vögel ein Handwerk machen, und diese, 
trotz des geringen Werthes, für geringes Geld auf, 
den Markt bringen. Solcher grossartigen Schläch- 
tereien unserer gefeierten Sänger des Waldes und 
Feldes geschehen leider in Italien im Jahre zwei Mal: 
im Frühjahre, wenn die Zugvögel ermattet vom langen 
Fluge über das Meer zuerst wieder festen Fuss fassen 


allenthalben auf 


können, und im Herbste, wenn sie, wohl genährt, 
aus dem Norden wiederum dem Süden zueilen. 

Wer im Frühlinge in Unteritalien oder auf Sizilien 
gewesen ist und das unbarmherzige Todtschlagen der 
armen, ermüdeten Thierchen gesehen hat, wird sich 
gewiss mit Abscheu von einem solchen menschlichen 
Gebahren, wie es hier stattfindet, abgewendet haben. 
Wie wenig Nahrung vermag ein solches Thierchen 
dem Menschen zu geben und wie viel Vögel müssen 
erst todtgeschlagen werden, damit nur ein Mensch 
nicht satt wird, sondern nur erst seinen Appetit stillt? 

Leider ist diese eines gebildeten Menschen höchst 
unwürdige Barbarei nicht eıst in neuerer Zeit ent- 
standen, sie herrschte schon vor 2 Jahrtausenden und 
länger. Bekanntlich hatten die Römer ralfinirte Fein- 
schmecker, wie kein anderes Volk sie je gehabt und 
wie sie kaum in Paris noch vorkommen. Wenn da- 
mals aber dergleichen Menschen Tausenden von Nach- 
tigallen die Zungen ausschneiden liessen, nur um ein 
Appetit erregendes Vorgericht zu haben, so existiren 
— zur Ehre der Menschheit sei es gesagt — der- 
gleichen leichtsinnige Wütherige jetzt doch nicht mehr. 

In Gemeinschaft mit Professor Targioni-Toz- 
zetti hat Ritter v. Frauenfeld berathen. Beide sind 
schliesslish zu folgenden Bestimmungen gekommen, 
welche. sie ihren Regierungen übergeben wollten und 
bereits nun übergeben haben. 

1. Zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jede 
Weise ist die Zerstörung der Nester, der Eier und 
der jungen Vögel aller Art, in sofern sie nicht den 
Menschen und Hausthieren Nachtheile bringen oder 
ihren Wohnungen, dem Mobiliar und den Erndten 
schädlich sind, zu untersagen. 

2. Aufs Strengste ist die Jagd auf die Zeit’ zu 
bestimmen, welche in Folge von Gewohnheit und 
öffentlicher Meinung durch das Gesetz oder durch 
provinzielle Verordnungen zwischen den 15. August 
und 28. Fe!ruar, also zwischen den Anfang des 
Herbstes und dem Ende des Winters, als erlaubt 
gegeben ist, ihre Ausübung aber in jeder andern 
Zeit zu verbieten. 

3. Jeder Fang mit Schlingen, Sprenkeln, Kloben, 
Schlageisen, Netzen, mit klebrigen Stoffen, mag eine 
Eule dabei benutzt werden, oder nicht, ist untersagt. 

4. Für die Jagd-Erlaubniss auf wilde, den Men- 
Hausthieren schädliche Thiere 
sind Regeln festzusetzen. Zu 
schaftlichen Zwecken kann die Jagd jedoch weder 
durch die Zeit, noch durch Verordnungen verboten 


schen oder seinen 


bestimmte wissen- 


werden. 


ve 


5. Es sind ganz bestimmte Regeln für die Jagd 
der Schwimm- und Sumpfvögel während des Früh- 
jahrs, also im März, zu geben. 

6. Verbot des Verkaufs von Nestern, Eiern und 
jungen Thieren aller Art, jeder Zeit, so wie des 
Wildpretes während der Zeit, wo keine Jagd er- 
laubt ist. 


Nach diesen vereinbarten Bestimmungen hat 
Ritter v. Frauenfeld geglaubt, seinem Minister 


zur Berücksichtigung vorzuschlagen: 

1. Die Vorschriften für die landwirthschaftlichen 
Stand-, -Strich- und Zugvögel sind getrennt und un- 
abhängig von den Jagdvorschriften zu behandeln. 

2. Das Fangen, Tödten, Verkaufen und Halten 
dieser Vögel ist durchaus und zu jeder Zeit ver- 
boten. 

3. Der Markt ist in dieser Beziehung streng zu 
überwachen. 

4. Das Blenden der Vögel ist verboten. 

5. Der Gelrauch des Vogelleims, von allerhand 
Schlingen, Schlageisen, Kloben, Meisenstuben, Nach- 
tigallnetzen, Vogelheerd ist unbedingt verboten. 

6. Das Ausnehmen der Eier, Jungen, das Zer- 
stören der Nester aller Vögel, mit Ausnahme der 
schädlichen, ist verboten. 

7. Für wissenschaftliche Zwecke kann die Be- 
hörde einzelne bedingte Bewilligungen, aber nur von 
Fall zu Fall, ertheilen. 


Preis-Ausschreiben. 


Für die Pläne zu der Anlage von zwei Fried- 
höfen in der Nähe der Stadt Bremen von je etwa 
15 Hectarfläche ist eine Öffentliche Coneurrenz unter 
Auslobung von zwei Prämien von resp. Crt-Thaler 
250 und 200 für jeden Friedhof ausgeschrieben, 

Die Prämien werden von den Preisrichtern den 
künstlerisch schönsten, zugleich den Programmen am 
meisten entsprechenden und für die Ausführung vor- 
theilhaftesten Plänen zuerkannt. Die prämiirten Pläne 
bleiben Eigenthum der Deputation, welche die Aus- 
führung sich vorbehält. 

Programme, Situations-Karten und Bedingungen 
sind von der Unterzeichneten zu beziehen. Die 
Concurrenz-Pläne sind bis zum 22. Juni d. J. ein- 
zuliefern. 

Bremen, 27. April 1872. 

Die Deputation wegen Verlegung der Begräbniss- 
Anstalten, 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


es 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines, 


No. 21. Berlin, Da, 


1872. 
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchliandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 28. Mai, findet Abends 5 Uhr im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung des 
Vereines statt, wozu die Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Die neuholländischen Gummibäume. — Das Special-Programm der 2. Gruppe der Welt-Ausstellung in Wien im 


Jahre 1873 (Schluss). — Die Weizenfliege. — Anzeige. 


Di | lä dis | 6 il F | durch das äussere Aussehen, sondern auch durch 
IE neunonanaschen kummmaume Blüthen und Früchte. Von den beiden Blüthenhüllen 
(Eucalyptus). fehlt bei den Euealypten die innere und die 4 ur- 
Als die Mode noch nicht in der Weise sich in | sprünglichen Blätter der äusseren verwachsen schon 
der Gärtnerei zur Geltung gebracht hatte, wie seit | zeitig innerhalb der Knospe zu einer Art lederartigen 
den letzten 3 und 4 Jahrzehnten, spielten die soge- | Deckels oder Mützchens, was die Staubgefässe und 
nannten Neuholländer eine grosse Rolle, besonders die, wie bei unserem Kernobst in einer Höhlung (dem 
in den Gärten der regierenden Fürsten, aber auch | Fruchtbecher) eingeschlossenen Fruchtknoten so lange 
der reichen Grundbesitzer auf dem Lande. Man be- deckt, als die Befruchtung vor sich. gehen soll. Ist 
sass für sie hohe Kalthäuser, um sie darin zu über- | die Blüthe bis dahin entwickelt, so löst sich die eben 
wintern, und brachte sie während der guten Zeit im | besprochene Blüthenhülle an ihrer Basis ringsum und 
Jahre ins Freie, um sie, in der Regel in der Nähe fällt als Deckel, resp. Mützchen ab. Damit werden 
des Schlosses und überhaupt des Wohnhauses, zur die bis dahin eingeschlossenen Theile, Staubgefässe 
Ausschmückung und Deckung der Mauern zu benutzen. und Griffel, frei. Die Staubbeutel können erst jetzt 
Diese Neuholländer bestanden aber keineswegs, wie ihren Blumenstaub auswerfen. Die Narbe vermag 
man aus dem Namen glauben sollte, nur aus immer- , dagegen diesen aufzunehmen und in Form sogenannter 
grünen Gehölzen des fünften Erdtheiles, sondern auch | Pollenschläuche den Eichen nach innen zuzuführen. 
verschiedene im äussern Ansehen ähnliche Pflanzen | Wegen dieser in Form eines Mützcehens abfallenden 
Süd-Asiens und selbst Südeuropa’s und Nordafrika’s Blüthenhülle hat das Genus den Namen Eucalyptus, 
wurden unter diesem gemeinschaftlichen Namen hier  d. h. Schön-Mütze, erhalten. 
und da kultivirt. | Vor einem halben Jahrhunderte wurde von Sei- 
Es ist schon früher einmal von einer Gruppe ten der Hof- und Privatgärtner die grösste Sorge auf 
der sogenannten Neuholländer, welche die holz- | diese Neuholländer verwendet; man sah auch Exem- 
früchtigen Myrtaceen (die Leptospermeen) umfasst, | plare in der That in seltener Schönheit. Ihre Kul- 
in der Wochenschrift (im 2. Jahrg. S. 249) die Rede | tur war in manchen Richtungen gerade entgegen- 
gewesen. Die neuholländischen Gummibäume gehören | gesetzt der, wie man jetzt Blüthensträucher zu soge- 
ebenfalls der grossen, besonders in warmen und , nannten Schaupflanzen heranzieht. Diese werden be- 
semässigteren Ländern vorkommenden Familie der | kanntlich viel zurückgeschnitten und dadurch buschi- 
Myrtaceen an, unterscheiden sich aber nicht allein | ger, hauptsächlich in die Breite gehend. Die wenige 
21 


162 


Fuss hohen Pflanzen bedürfen kein hohes Haus. 
Anders verhält es sich mit den sogenannten Neu- 
holländern; diese dürfen gar nicht beschnitten wer- 
den, insofern sie nicht ihre Schönheit verlieren sol- 
len. Sie wachsen gerade in die Höhe und bedürfen 
hoher Häuser, wie man sie früher auch hauptsäch- 
lich hatte, jetzt aber nieht mehr liebt. Für ihre Be- 
stimmung zum Decken von Wänden und Mauern bis 
last zur Bel-Etage am Schlosse mussten die Gewächs- 
häuser nothwendiger Weise auch höher sein. 

In Töpfen gedeihen zwar die Neuholländer, be- 
sonders wenn man sie oft und am besten etwas 
zeitig im Jahre versetzt, ihnen eine gute, nahrhafte 
Erde giebt und hauptsächlich im Sommer es nicht an 
der gehörigen Feuchtigkeit fehlen lässt, sehr gut, 
noch mehr aber — und das gilt vor Allem von den 
neuholländischen Gummibäumen — 


wenn man sie 


in den freien Grund und Boden eines Kalthauses 
bringt. Wir erinnern uns der herrlichen Eucalypten, 


der ächten Akazien und der Casuarinen, welche zur 
Zeit Karl August's, also im 2. und 3. Jahrzehnte von 
diesem Jahrhunderte, in Belvedere bei Weimar in 
einem sogenannten Winterhause sich befanden. Die- 
ses Haus enthielt ausserdem noch verschiedene an- 
dere Blüthensträucher frei in den Boden gepflanzt 
und war in der Weise eingerichtet, dass es im Som- 
mer auseinander genommen werden konnte, so dass 
die darin enthaltenen Pflanzen, wenn dieses gesche- 
hen, auch völlig unter freiem Himmel standen. Wer 


Belvedere zu dieser Zeit, wo auch Goethe noch, der | 


letzte und grösste der dortigen Dichter, bisweilen 
herumwanderte und botanischen Studien oblag, be- 
sucht hat, wird sich ferner auch noch der prächtigen 


Orangenbäume erinnern, welche den grossen, von 
fast halbmondförmigen Kalthäusern umschlossenen 


Hofraum daselbst einnahmen. 

Mit der Liebe zu den Neuholländern sind auch, 
Liebhabern, die neuholländischen 
Gummibäume fast ganz verschwunden; man sieht sie 
fast nur noch in wissenschaftlichen Instituten: in bo- 
tanischen Gärten. 


wenigstens bei 


So besitzt beispielsweise der bo- 
tanische Garten zu Berlin deren auch eine grosse Reihe, 
die grösste Sammlung befand sich aber vor einigen 
Jahren in dem in der Nähe des Boulogner Wäldcehens 
liegenden Jardin fleuriste in Paris, der damals fast 
allein die zahlreichen öffentlichen Plätze und Squares 
der kaiserlichen Residenz mit dem nöthigen Pflanzen- 
Material besorgte. 

Wenn früher die Mode die Neuholländer mehr 
oder weniger aus den Gärten verdrängt hatte, so war 
vor 10 Jahren doch auch die Mode Ursache, dass, 
wenigstens die neuholländischen Gummibäume, wie- 


‚Deschamps, 


derum Aufnahme in den Gärten fanden. Von Berlin 
aus hatte sich die Liebe zu einzeln stehenden, durch 
schöne grosse Blätter ausgezeichneten sogenannten 
Blatt- und Dekorationspflanzen allmählig weiter ver- 
breitet und war auch über den Rhein und jenseits 
der Vogesen gelangt. Grade Frankreich und vor 
Allem Paris war es, wo die Liebe dazu rasch ihren 
Höhepunkt erreichte. Besonders wurde sie durch 
den damaligen Chef des Jardin fleuriste, Barillet- 
gepflegt und damit allgemein ge- 
macht. 

Barillet suchte nach grösserer Mannigfaltigkeit 
unter den Blattpflanzen und fand in dem schon längst 
bekannten Eucalyptus Globulus, der aber erst da- 
mals eingeführt worden war, um so mehr ein vor- 
zügliches Material, als die Pflanze als Steckling sehr 
leicht anwächst und schon im ersten Sommer eine 
bedeutende Höhe erhalten kann. Ihre erste Anwen- 
dung geschah bereits im Anfange der sechziger Jahre 
(s. 5. Jahrg. S. 375). Da Barillet Verbindungen 
mit Neuholland besass, so bezog er ausserdem noch 
von dort Samen von anderen daselbst in grosser 
Menge wachsenden Arten und säete diese im Jardin 
fleuriste aus. Wer von da bis zur internationalen 
Industrie - Ausstellung ım Jahre 1867 Paris besucht 
hat, wird auch die zahlreich vertretenen neuhollän- 
dischen Gummibäume daselbst gesehen haben. In 
dieser letzten Zeit des Jahres selbst befand sich auch 
während der internationalen Industrie-Ausstellung im 
Jardin reserve, wenn wir uns nicht irren, von einem 
Lyoner Liebhaber ausgestellt, eine Sammlung 3jähriger 
Pflanzen, welche in der kurzen Zeit ihrer Existenz 
eine Höhe von 20 bis 25 Fuss erhalten hatten. 

Aber auch die Liebe zu Blattpflanzen im Freien 
und zur Ausschmückung von Rasenplätzen hat, wenig- 
stens bei uns in Deutschland, sehr abgenommen; 
damit smd auch die neuholländischen Gummibäume 
wiederum sehr in Vergessenheit gerathen. Da kommt 
seit Kurzem ein neuer Impuls, um sie uns ins Ge- 


dächtniss zurückzurufen. Dieser Impuls ist aber 
nicht gärtnerischer, sondern rein botanischer und 


geographischer Art. Er soll uns aber Gelegenheit 
geben, auf diese interessanten Bäume noch einmal 
aufmerksam zu machen und um so mehr uns sagen, 
welche gewichtige Rolle sie auf dem fünften Erd- 
theile spielen, als gerade die interessantesten Aıten 
in botanischen Gärten meist kultivirt werden. Bis vor 
einem Jahrzehnt wusste man nur von einem hierher- 
gehörigen Baume etwas. Es war dieses Eucalyptus 
resinifera, eine Art, von der ein adstringirender Stofl, 
das sogenannte neuholländische Kino, stammt. Die- 
ses Ausschwitzen eines Stoffes gab auch Veranlassung, 


163 


dass die Engländer in Neuholland den Baum neu- 
holländischen Gummibaum nannten. 

Als in der neueren Zeit die Kenntniss der Insel 
Neuholland allmählig grösser wurde und ganz be- 
sonders ihre botanische Erforschung durch unseren 
Landsmann Müller, jetzt Direktor des botanischen 
Gartens in Melbourne, im grösseren Massstabe ge- 
sehah, vergrösserte sich die Zahl der bekannten 
Arten des Genus Eucalyptus von Jahr zu Jahr; man 
erfuhr dabei, dass auch sehr viele von ihnen für 
das Land nicht weniger, als für unsere Technik, 
so wie endlich für die Wissenschaft ungemein wichtig 
waren. Nicht allein die Art, welche speeiell den 
Namen des Gummi erzeugenden (Eucalyptus resini- 
fera) führt, bringt gummi- und harzartige Stoffe her- 
vor, eine ganze Reihe derselben liefern dergleichen. 
Die abgesonderten Harze sind auch keineswegs immer 
zusammenziehend, sondern weit häufiger gewürzhaft 
und selbst zuckerreich, so dass sie zum Theil von 
den Eingeborenen als Nahrung eingenommen werden 
können. Von grossem Werth ist unter Anderem ferner 
das Holz der meisten Arten, da einige Bäume nicht 
allein die besten, dauerhaftesten und höchsten Mast- 
bäume liefern, sondern auch als Bau- und Nutzholz 
einen nieht unbedeutenden Handelsartikel bilden. 

Endlich ist es die bedeutende Grösse und Höhe 
einiger hierhergehörigen Bäume, welche seit einigen 
Jahren unsere Aufmerksamkeit besonders das 
Genus Eucalyptus gelenkt haben. Bis jetzt hielt man 
bekanntlich die kalifornische Wellingtonie für den 
höchsten Baum auf dieser Erde. Wie aber der Chim- 
boraze auf den Terrassen Südamerika’s bereits schon 
vor längerer Zeit als höchster Berg abgesetzt ist, so 
erkennt man auch nicht mehr 
Wellingtonie als höchsten Baum an. 

(Schluss folgt.) 


auf 


die amerikanische 


Das Special-Programm 
der 2. Gruppe der Weltausstellung in Wien 


im Jahre 1873. 


und Forstwissenschaft, Wein-, 
und Gartenbau. 
(Schluss.) 
II. Gartenbau, 

Seit jener Zeit, in der der Gartenbau, aus den 
engen Schranken einer blossen Kunstfertigkeit und 
Liebhaberei heraustretend, sich zu einem lohnenden 
Gewerbe emporgeschwungen, zählt derselbe zu einem 
Faktor der National-Oekonomie, mit dem man aller- 
wärts zu rechnen beginnt und dessen Wichtigkeit 


Land- Obst- 


man von Jahr zu Jahr mehr zu würdigen versteht. 
Auf demselben Boden mit ihrer jüngeren Schwester, 
der Landwirthschaft, erwachsen, hat der Gartenbau 
früher noch, als diese, aus den verschiedenen Zwei- 
sen der Naturwissenschaft Nutzen 
Theorie der Pflanzenkunde ebenso sehr zefördert, 
als Förderung von ihr erfahren. Im 
Zusammenhange mit der Landwirthschaft hat er den 
wesentlichsten Antheil an der rationelleren Behand- 
lung des Bodens, so wie an der Kultur und Ver- 
edlung seiner Erzeugnisse genommen. Viele seiner 
Produkte zählen gegenwärtig schon zu den unent- 
behrlichsten Genussmitteln und sind zu einem grossen 


sezogen und die 


untrennbaren 


Theil in die Hand des Landwirthes übergegangen. 
Tausend andere dienen als Gegenstände des Handels 
zum Comfort des Lebens, zur Hebung der Volks- 
bildung und Veredlung des Geschmackes. Man er- 
misst nach der Ausbreitung und Intensität des Be- 
triebes des Gartenbaues jetzt schon den Grad der 
Kultur, auf welchem 
und Ganzen steht. 

Es ist deshalb eine ganz natürliche Erscheinung, 
dass der Gartenbau mit seinen Erzeugnissen allent- 


die Bevölkerung im Grossen 


halben da auftritt, wo die Landwirthschaft ihre Pro- 
dukte zur Schau stellt und dass auch er dort für die 
seinigen einen Raum beansprucht, wo alle Länder 
ihre Kunst- und Industrie-Erzeugnisse zum Frommen 
der Wissenschaft und Wohles 
Menschheit ausstellen. 
Es ist auch nicht das erste Mal, dass der Garten- 
als Mitkonkurrent mit 


des materiellen der 


anderen des 
menschlichen Wissens und der industriellen Thätiskeit 
in die Schranken tretend, sich seine Preise errungen 
hat. Seit dem erstmaligen Versuch, mit einer Welt- 
ausstellung zugleich auch eine von Gartenbau-Erzeug- 
nissen zu verbinden, 


bau, Zweigen 


wie dies vor einem Jahrzehnt 


in London stattfand, haben beinahe Jahr für Jahr 
internationale Gartenbau - Ausstellungen in einem 


grossen Theile von Europa stattgefunden und den 
Erwartungen, welche man daran geknüpft, nicht blos 
vollkommen entsprochen, sondern auch ihren Nutzen 
in unverkennbarer Weise erwiesen. Hierüber noch 
ein Wort weiter zu verlieren, wäre geradezu überflüssig. 
Die Betheiligung an derartigen Ausstellungen hat 
seither entschieden zugenommen und ist eine weitere 
Steigerung derselben zu gewärtigen. Im Interesse 
der Theilnehmer liegt es daher, zu erfahren, welche 
Gegenstände des Gartenbaues und unter welchen’ 
Bedingungen selbige auf dieser Ausstellung zu er- 
scheinen haben. Beiden Forderungen soll durch nach- 
stehende Bestimmungen entsprochen werden. 


21” 


164 


Allgemeine Bestimmungen. 

1. Selbstverständlich kann es sich bei einer 
Ausstellung von Gegenständen des Gartenbaues im 
Allgemeinen nur um Folgendes handeln: 

a) Um lebende, wie getrocknete Pflanzen, oder 

Tbeile derselben; 

b) um praktische Darstellung von Kulturmethoden; 

ec) um Gegenstände der Kunst und Industrie, in 
so weit sie dem Gartenbau dienen 
demselben abhängen. 

2. Von trockenen Pflanzentheilen müssen aus 
Opportunitäts-Gründen alle den Gartenbau betreffen- 
den Sämereien, von lebenden frisches Obst und 
Trauben (mit Ausnahme der getriebenen Sorten, so- 
wie der exotischen geniessbaren Früchte) von der 
Beurtheilung durch die für Gartenbau - Erzeugnisse 
einzusetzende Kommission ausgeschieden und zum 
Theil der landwirthschaftlichen, zum Theil der Obst- 
und Weinbau-Sektion zugewiesen werden. Gleich- 
wohl finden sie als Ausstellungs-Objekte ihren Platz 
in dem der Gartenbau-Abtheilung zugewiesenen Raum. 

3. Den Gartenbau-Geräthen wird ihr entsprechen- 
der Platz unter der betreffenden Sektion der Land- 
wirthschaft angewiesen. 

4. Um sich ein Urtheil über den Stand des 
Gartenbaues in den verschiedenen Ländern Europas 
und ihre Leistungen innerhalb einer ganzen Vege- 
tations-Periode bilden zu können, erscheint es uner- 
lässlich, dass zwei Arten von Ausstellungen gegeben 
werden, von welchen die eine, vorzugsweise für das 
[freie Land berechnet und die verschiedenen üblichen 
Kultur - Methoden zur Anschauung bringend, eine 
permanente sein wird, während die andere in vier 
temporäre, von kurzer Dauer, der Jahreszeit und ihren 
Produkten entsprechende, zerfällt. 

a) Die permanente Ausstellung würde den Zeitraum 
vom 1. Mai bis Ende October umfassen; 

b) die vier temporären werden einander in folgen- 
den Zeiträumen ablösen: 

Die erste derselben würde vom 1. Mai bis ein- 
schliesslich 10. Mai; 

die zweite vom 19. 
25. Juni: 

die dritte vom 20. bis einschliesslich 30. August; 

die vierte vom 18. bis einschliesslich 23. Sep- 
tember währen. 

5. Dem zu Folge steht es jedem Aussteller frei, 
sich bei einer oder bei mehrern dieser Ausstellungen 
zu betheiligen. 

6. Die Anmeldungen der inländischen Aussteller 
für die Gartenbau-Ausstellung haben in Uebereinstim- 
mung mit den im allgemeinen Reglement gegebenen 


oder von 


Juni bis einschliesslich 


ı Bestimmungen vor dem 1. Juli 1872 bei den betreflen- 


den Landes-Ausstellungs-Kommissionen zu erfolgen, 
um vor dem 1. August 1872 dem General-Direktor 
der Weltausstellung vorgelegt zu werden. 

Die ausländischen Kommissionen haben die Aus- 
stellerlisten vor 1. Januar 1873 dem General-Direktor 
einzusenden. 

In der Anmeldung hat der Aussteller anzugeben, 
ob seine Objekte in die permanente Ausstellung oder 
in eine der vier temporären einzureihen sind, und 
im letzteren Falle, in welcher derselben er seine 
Gegenstände auszustellen beabsichtigt. 

Gleichzeitig hat der Aussteller anzugeben, welchen 
Flächenraum er hiezu benöthigt? Zu dem Behufe wer- 
den ihm eigene Formulare zugestellt, deren Rubriken 
genau auszufüllen sind. 

7. Die Gegenstände selbst müssen mindestens 
drei Tage vor dem Beginn der betreffenden Aus- 
stellung auf den Platz geliefert werden. 

Ausstellern, welche sich an der permanenten 
Ausstellung betheiligen wollen, bleibt die Art der 
Durchführung ganz anheimgestellt und haben sich 
dieselben hierüber mit der General-Direktion recht- 
zeitig ins Einvernehmen zu setzen. 

8. Für die Objekte des Gartenbaues wird, wenn 
solche im Parke im Freien aufgestellt werden, sowohl 
bei den permanenten, als auch bei jeder der tempo- 
rären Ausstellungen, eine Platzmiethe von 1 fl. per 
Quadrat-Meter erhoben. Im bedeckten Raume beträgt 
die Platzmiethe für denselben Raum 3 fi. 

9. Wie im allgemeinen Reglement (Punkt 11) 
erwähnt ist, wird der General-Direktor bei den inlän- 
dischen Transportanstalten für die Beförderung von 
Ausstellungs -Objekten Transportbegünstigungen an- 
streben. Die hierauf bezüglichen Resultate sowohl, 
als auch die von den ausländischen Kommissionen 
erlangten Tarifsreduktionen, werden seitens des Ge- 
neral-Direktors vor dem 1. Juli 1872 bekannt ge- 
geben werden. 

10. Das Versetzen der auszustellenden Pflanzen, 
sowie deren Pflege während der Ausstellungsdauer, 
fällt dem Aussteller oder dessen Bevollmächtigten 
zu und übernimmt der General-Direktor in dieser 
Beziehung keine Verantwortung. 

11. Vor Ablauf der seitens des Ausstellers be- 
anspruchten Ausstellungsdauer können die Ausstel- 
lungs-Gegenstände nur mit besonderer Bewilligung 
des General-Direktors aus dem Ausstellungsraume 
entfernt werden. Diese Bewilligung wird dann ohne 
Weiteres erfolgen, wenn sich der Aussteller ver- 
pfliehtet, die zurückgezogenen Gegenstände durch 
andere passende zu ersetzen. 


165 


12. Die für eine der vorgenannten Zeitepochen 
(siehe 4b.) angemeldeten Gegenstände sind von den 
Ausstellern nach Ablauf des in der Anmeldung an- 
gegebenen Zeitraumes unverzüglich zu entfernen, 
widrigenfalls sie auf Kosten der Aussteller weg- 
geräumt und verkauft werden. Wenn dann der Aus- 
steller den Erlös nicht innerhalb dreier Monate nach 
erfolgtem Verkaufe von dem General-Direktor rekla- 
mirt, wird dies als Verzichtleistung auf den Betrag 
betrachtet. 

13. Die Aussteller können sich durch Agenten 
oder durch ihre Landeskommissionen vertreten und 
durch diese die Wegräumung und den Verkauf ihrer 
Gegenstände besorgen lassen. 

14. Die Ausstellungsgegenstände dieser Gruppe 
werden, mit Ausnahme jener Fälle, in welchen die 
Aussteller ihre Gegenstände nicht beurtheilt wissen 
wollen (siehe XIV. des allgemeinen Programmes) der 
Beurtheilung seitens eines internationalen Preisgerich- 
tes unterzogen. Besondere Bestimmungen hierfür 
werden später veröffentlicht werden. 

15. Für die von dem internationalen Preisge- 
richte zu verleihenden Auszeichnungen gelten die in 
Punkt XIV. des allgemeinen Programmes angeführten 
Bestimmungen. 

16. Auf die, die Einsendung, Empfangnahme 
und Aufstellung betreffenden, hier nicht behandelten 
Fragen finden die Bestimmungen des Titels II. des 
allgemeinen Reglements Anwendung. 


Besondere Bestimmungen. 


Es dürfte im Interesse der Aussteller liegen, 
diejenigen Gegenstände bezeichnet zu sehen, auf 
deren Ausstellung ein besonderer Werth gelegt wird; 
nicht minder aber jene, auf welche aus sächlichen 
und Opportunitätsgründen besonders Rücksicht ge- 
nommen werden muss, deshalb erscheint bezüglich 
der ersteren eine übersichtliche Zusammenstellung 
nach natürlichen Gruppen, bezüglich der letzteren 
aber eine solche nach den Zeitpunkten, in welchen 
die Gegenstände zur Ausstellung kommen sollen, er- 
wünscht. 

Ein drittes Verzeichniss, umfassend eine Reihe 
von Pflanzen-Ordnungen von besonderer Wichtigkeit 
für die Blumisten, soll den Ausstellern zur Orienti- 
rung bei der Wahl ihrer Gegenstände, in was immer 
für einer Beziehung zu dem Inhalt der beiden vor- 
hergehenden Uebersichten, dienen. 

Alle drei Aufzählungen haben selbständlich nur 
eine informative, keineswegs aber eine bindende Be- 
deutung für den Aussteller. 


A. Uebersicht der auszustellenden Gegenstände, nach Gruppen 
geordnet. 
I. Abtheilung. 
Pflanzen in Töpfen oder im freien Lande. 

1. Neu eingeführte, noch gar nicht oder erst kürz- 
lich in Handel gebrachte aussereuropäische Pflanzen. 

2. Zusammenstellungen technisch- wichtiger und 
offieineller Pflanzen des Warm- und Kalthauses mit 
Angabe ihrer Verwendung. 

3. Sammlungen von Pflanzen aus verschiedenen 
Ordnungen, in welchen jedes einzelne Exemplar sich 
durch Grösse und Kulturzustand (als eigentliche Schau- 
pflanzen) auszeichnen. 

4. Sammlungen von Pflanzen, deren Arten sich 
durch besondere Schönheit oder Eigenthümlichkeit 
ihrer Formen auszeichnen. — Siehe Verzeichniss der 
betreffenden Ordnungen sub C. 

5. Sammlungen von Arten und Spielarten, welche 
sich durch Färbung ihrer Blüthen, Blätter oder deren 
Fülle auszeichnen. — Siehe Verzeichniss C. 

6. Sammlungen von Warmhauspflanzen in Blüthe. 

7. Sammlungen nicht in Blüthe stehender Warm- 
hauspflanzen (sog. Blattpflanzen). 

8. Sammlungen von Kalthauspflanzen in Blüthe. 

9. Sammlungen nicht in Blüthe stehender Kalt- 
hauspflanzen (sog. Blattpflanzen). 

10. Sammlungen gut kultivirter Marktpflanzen in 
möglichst kleinen Töpfen, besonders solche, welche 
zu Hunderten in Handel kommen, wie Kamellien, 
Azaleen, Eriken, Ficus, kleine Palmen-Arten, Dra- 
caenen, Epiphyllum, Orangen, Granaten, Gardenien, 
Pelargonien, Reseda, Rosen u. s. w. in beliebig vielen 
Abarten und Formen; von jeder 6 Stück mit Angabe 
des Preises für 100 Stück. 

11. Sammlungen von Alpen-Pflanzen natürlich 
gruppirt. 

12. Sammlungen 
aller Art. 

13. Sammlungen von Dekorationspflanzen, welche 
sich zur Kultur im Zimmer eignen, wie gewisse Pal- 
men, Dracaenen, Pandanus etc. 

14. Sammlungen von Dekorationspflanzen, ge- 
eignet zur Aufstellung im Freien, auf dem Rasen 
oder auf Postamenten, in Vasen u. dgl. 

15. Teppich-Pflanzen, sogenannte, in Form eines 
Blumenbeetes ausgestellt. 

16. Wasserpflanzen in Aquarien. 

17. Bäume und Sträucher neuer 
Einführung für das freie Land. 

18. Zierbäume und Sträucher mit rothen, gelben 
und bunten oder zerschlitzten Blättern. 

19. Trauerbäume. 


dekorativer Schlingpflanzen 


und neuester 


166 


20. Bäume für Parkanlagen, nicht über 8 Jahre 
alte Sämlinge. 

21. Neue, durch direkte künstliche Befruchtung 
erzeugte Pflanzenformen, blühend oder nicht blühend, 
nit Angabe der hierzu verwendeten Eltern-Pflanzen. 

22. Neue Vermehrungs- oder Veredlungsweisen, 
nachgewiesen an lebenden Pflanzen mit Angabe der 
Methode und der Unterlage. 

23. Durch Veredlung erzeugte bemerkenswerthe 
Veränderungen an Pflanzen, mit Angabe der Unter- 
lage, des Edelreises oder der aufgesetzten Knospe. 

24. Neue Formen von Blumenbeeten, besetzt mit 
dazu geeigneten Pflanzen. 


II. Abtheilung. 
Abgeschnittene Blumen. 
l. Rosen in Sammlungen. 
20 . die ausgezeichnetsten Formen. 
3. „ bisher noch nicht ausgestellte, aus 
Samen gezogene. 
4. Stockrosen (Malven). 
9. Nelken. 
6. Viola-tricolor-Sorten. 
7. Levkojen. 
8. Perennirende Phlox-Sorten. 
9. Georginen aller Art. 
10. Astern aller Art. 
11. Gefüllte Zinnia-Sorten. 
12. Helichrysum-Arten und Formen. 
13. Skabiosen. 
14. Gladiolus-Sorten. 
III. Abtheilung. 
Pflanzen und Blüthen zu Dekorations- 
zwecken verwendet. 
1. Tafelaufsätze aus Blumen und Blättern ge- 
bildet. 
2. Schalen mit Blumen geschmückt für die Tafel. 
3. Blumen-Arrangements für Tafeln. 
4. Vasenbouquets. 
5. Handbouquets in französischer Form. 
6. rn in natürlicher Form. 
7. Kopfputz (Coiffures). 
$S. Brautkränze. 
9. Blumenkörbe. 
10. Kränze von 2 Fuss im Durchmesser. 
11. Blumentische mit Pflanzen oder Blüthen ar- 
rangirt. 
IV. Abtheilung. 
Getrocknete Pflanzentheile und Blumen zu 
Dekorationszwecken. 
1. Aus setrockneten Blumen und Blättern zu- 
sammengesetzte Gegenstände aller Art. 


2. Ziergräser und Immortellen, ungefärbt, in 
Büscheln als Waare. 

3. Ziergräser und Immortellen, gefärbt, in Bü- 
scheln als Waare. 


V. Abtheilung. 
Blumen-Zwiebeln und Knollen aller Art als Waare. 


VI. Abtheilung. 
Gemüse — Schwämme. 


VII. Abtheilung. 
Exotische, frische Früchte. 


1. Ananaspflanzen mit reifen Früchten. 

2. Abgeschnittene reife Ananas. 

3. Bananen, Mangos, Orangen etc. 

4. Vanille. 

5. Frucht-Aırangements aus exotischen und ein- 


heimischen Früchten aller Art gebildet. 


VIH. Abtheilung. 
Getriebenes Obst aller Art. 
(Siehe Nr. 2.) 


2 IX. Abtheilung. 
Darstellung der im Gartenbau angewendeten 
neuen Kulturen. 


X. Abtheilung. 
Gartenanlagen, Zeichnungen und Modelle 
von Objekten des Gartenbaues, Glashäuser, 
; Bewässerung etc. 
(Die Gartenbau-Geräthe finden bei den Gegen- 
ständen der Gruppe 2. der allgemeinen Klassifika- 
tion Platz.) 


B. Zusammenstellung jener Gattungen und Arten von Pflanzen, 

welche sich ihrer Blüthe- oder Reifezeit wegen für bestimmte 

temporäre Ausstellungen besonders eignen, mit Einziehung 
anderer für dieselbe Periode passender Gegenstände. 


I. Für die erste Ausstellung vom 1. bis 
10. Mai einschl. 

Ausser vielen zur Zeit in Blüthe stehenden Ar- 
ten aus den im Verzeichnisse C. angeführten Ord- 
nungen; besonders: 

1. Hyacinthen, Tulpen, Crocus, Nareissen etc. 
(Handelsgärtnern, welche Sammlungen von 
Blumenzwiebeln in freien Grund zu legen 
beabsichtigen, werden im Herbste des 
Jahres 1872 geeignete Plätze im Ausstel- 
lungs-Lokale angewiesen.) 

2. Aukuba-Formen, in Früchten. 

3. Azalea- und Rhododendron-Arten und Varie- 
täten in Blüthe. 

4. Cantua- und Primula-Sorten in Blüthe. 

Viola odorata und trieolor in Blüthe. 
6. Kamellien, Pomaceen, Amygdaleceen und 

Rosaceen in Blüthe. 


S 


167 b 


7. Acacia- Arten und Neuholländer - Papiliona- 
ceen in Blüthe. 

8. Ueberwintertes Obst; getriebenes Obst und 
Gemüse. 


I. Für die zweite Ausstellung vom 19. bis 
25. Juni einsehl. 

Nebst vielen anderen Pflanzen besonders: 

1. Caleeolaria-Sorten, krautartige, in Blüthe. 

2. Cyclamen-Arten und Sorten in Blüthe. 

3. Anemone-, Ranunculus-, Clematis - 
Paeonia-Arten resp. Sorten in Blüthe. 

4. Spiraeen ete. 


5. Getriebene Gemüse und Beerenobst. 


und 


IM. Für die dritte Ausstellung vom 
20. bis 30. August einschl. 
Ausser vielen anderen zur Zeit in Blüthe ste- 
henden Pflanzen namentlich: 
°" 1. Gladiolen und Can a-Arten. 
2. Salvia-, Ipomoea-, Phlox-, Habrothamnus-, 
Cestrum-, Solanum-Arten, Compositen etc. 
3. Allamanda- und Dipladenia-Arten. 
4. Petunien, auf Nicotiana glauca veredelt, hoch- 
stämmig von 5—6 Fuss Höhe. 
. Begonien aller Art. 
Violen und Malven. 
7. Punica Granatum, schön gezogene Bäumchen 
in Blüthe. 
8. Einjährige und perennirende Pflanzen des 
freien Landes in Töpfen gezogen. 
9. Einjährige und perennirende Pflanzen des 
freien Landes mit panachirten Blättern. 
10. Gemüse und Frühobst aller Art. 


ano 


IV. Für die vierte Ausstellung vom 18. bis 
23. September einschl. 
Ausser manchen anderen, noch in Blüthe ste- 
henden Pflanzen, besonders: 
1. Lilium laneifolium. 
2. Astern und Georginen aller Art in Töpfen, 
als: grossblüthige, Zwerg- und Liliput- 
Formen. 
3. Blumenzwiebeln aller Art in 
stande als Waare. 
Gemüse. A 
5. Getrocknete Pflanzentheile und Blüthen zu 
Dekorationszwecken (siehe Nro. IV.). 


ruhendem Zu- 


> 


Verwendbar in jeder der vier Ausstellungen 
wären: 
1. Farnkräuter, im Freien ausdauernde; 
2. Agave-, Aloe- und Amaryllis-Arten ; 
3. Dasylirion-, Beaucarnea-, Yucca- und Dra- 
eaena-Arten; 


v 


Fieus- und Laurus-Arten (paarweise); 
5. Viburnum Tinus, Rhamnus-, llex- und Buxus- 
Arten; 
6. Ixora-, Nerium-, Heliotropium- und Lantana- 
Arten und Sorten in Blüthe; 
Clerodendron -, Verbena-. Pentastemon-, 
Phlox- und Eriea-Arten und Sorten in 
Blüthe; 
-8. Hydrangea-, Remontant-Nelken und Fuchsia- 
Arten und Sorten in Blüthe; 
9. Orangenbäume (paarweise); 


[1 


10. Pelargonien-Arten vom Cap d. g. H., mit 
Ausschluss der in Europa gezüchteten 


Blendlinge, in Blüthe; 

11. Pelargonien-Sorten, Blendlinge und Formen 
aller Art, einfach und gefüllt, als: engli- 
sche, Odier, Zonale, Nosegay, Fancy und 
buntblätterige in Blüthe; 

12. Rosen-Sorten aller Art; 

13. Champignon-Kulturen. 

14. Abgeschnittene Blumen (Siehe No. II.) 

15. Frische Pflanzen und Blüthen zu Dekorations- 
Zwecken verwendet. (Siehe No. II.) 


C. Verzeichniss der durch besondere Schönheit oder Eigen- 

thümlichkeit ihrer Formen, Blüthen oder Früchte sich aus- 

zeichnenden, bei der Wahl der auszustellenden Objekte be- 
rücksichtigungswerthen Pflanzenordnungen: 


Filices. Cyeadeae. 
Lyeopodiaceae. Coniferae. 
Commelinaceae. Ardisiaceae. 
Liliaceae. Epacridaceae. 
Iridaceae. Ericaceae. 
Amaryllidaceae. Araliaceae. 
Bromeliaceae. Crassulaceae. 
Orchidaceae. Cephaloteae. 
Aroideae. Anonaceae. 
Seitamineae. Magnoliaceae. 
Cannaceae. Dilleniaceae. 
Musaceae. Nymphaeaceae. 
Pandanaceae. Sarraceniaceae. 
Palmae. Droseraceae. 
Casuarinaceae. Passifloraceae. 
Artocarpaceae. Cactaceae. 
Moraceae (Fieus). Mesembrianthemaceae. 
Laurinaceae. Malvaceae. 
Daphnaceae. Guttiterae. 
Proteaceae. Clusiaceae. 
Nepenthacae. Meliaceae. 
Lobeliaceae. Euphorbiaceae. 
Rubiaceae. Terebinthaceae. 
Apoeynaceae. Diosmaceae. 
Ascelepiadaceae. Rutaceae. 


168 
Solanaceae. Melastomataceae. | Man sah bald ein, dass der Mensch, bevor er 
Acanthaceae. Myrtaceae. nicht Kenntniss von der ganzen Lebensweise des In- 
Bignoniaceae. Papilionaceae. sektes genommen und vor Allem bevor ihm der in- 
Gesneraceae. Caesalpiniaceae. nere Zusammenhang unseres Getreides mit besagten 
Primulaceae. Mimoseae. Fliegen nicht klar war, nichts thun könne. Eine 


(Selbstverständlich sind Arten aus anderen Ord- 
sie sieh ihren schönen oder in- 


nach an die verzeichneten wür- 


nungen, in sofern 
teressanten Formen 
dig anreihen, nicht ausgeschlossen.) 

Unterschrieben ist das Programm von dem Prä- 
sidenten der kaiserlichen Kommission, Erzherzog 
Rainer und gegengezeichnet vom General-Direktor 
Freiherrn v. Schwarz-Senborn. 


Die Weizenfliege (Chlorops taeniopus). 


Keine Thierklasse steht mit den Pflanzen in so 
innigem Zusammenhange, als die der Kerfe oder In- 
sekten. Sie sind es, welche zum allergrössten Theil 
die Befruchtung bei den Pflanzen vermitteln und da- 
durch deren Vermehrung möglich machen; umgekehrt 
»ehören sie aber zu den grössten Feinden der Pflanzen- 


welt und richten oft, besonders unter den Kultur- 
Pflanzen, die grössten Verwüstungen an. Zu den 


letzteren, also den Feinden unserer Kulturen, gehört 
eine nicht unbeträchtliche Zahl kleiner Zweiflügler 
oder Fliegen, die Chloropiden, welche ihre Eier auf | 
junge Pflanzentheile legen, damit die bald auskriechen- 
den Räupchen oder Maden von hier aus leicht in 
das Innere der jungen Stengel gelangen können, um 
ihre Verwüstungen durch Fressen der zaıteren Theile 
zu beginnen. 

Schon im vorigen Jahrhunderte wurde man in 
Nordamerika durch das massenhafte Auftreten dieser 
und die grossen Verwüstungen in 
Viele Jahre 


kleinen Fliegen 
den Weizenfeldern in Schrecken gesetzt. 


seitdem vernahm man nichts wieder, vielleicht nur 
weil man dureh die grossen Ereignisse der darauf 


folgenden Zeit zu sehr in Anspruch genommen war. 
Erst in den letzten Jahrzehnten hörte man wiederum 
aus einzelnen Gegenden Klagen über Verwüstungen 


dieser Fliesen in unseren Getreidefeldern. Misserndten 
waren natürlich die Folgen. Besonders heimgesucht | 


wurden seit den letzten 4 Jahren Schlesien, Posen, 


Galizien und Böhmen von einer besonderen Art, 
welehe den Namen der bandfüssigen Weizenillieg 


(Chlorops taeniopus) erhalten hat. 


Reihe von Gelehrten und wissenschaftlich gebildeter 
Praktiker versuchten es daher nicht umsonst, dieser 
schwierigen Aufgabe möglichst zu entsprechen. So 
liegt uns jetzt fast die ganze Naturgeschichte des 
kleinen Thierehens auch ziemlich klar vor; es wurde 
damit möglich, jetzt auf Mittel zu sinnen, ihren Ver- 
wüstungen, wenn auch nicht ganz, so doch einiger- 
maassen Einhalt zu thun und damit diese wenigstens 
zu mildern. Wir machen aus der nicht geringen 
Anzahl von Abhandlungen über diesen Gegenstand, 
welche in der letzten Zeit hierüber erschienen sind, 
auf 2 aufmerksam, besonders weil sie auch in einer 
Weise geschrieben sind, dass sie Laien belehren 
können. 

Die eine dieser Abhandlungen erschien schon 
1869 und wurde von Professor Cohn in Breslau 
unter dem Titel: „Untersuchungen über In- 
sekten-Schäden auf den schlesischen Ge- 
treidefeldern Sommer 1869“ bearbeitet. 
Wenn diese sich fast nur auf die lokalen Erschei- 
nungen in Schlesien beschränkte, so ist die andere, 
welche erst vor Kurzem erschienen ist und Professor 
Max Nowicki in Krakau zum Verfasser hat, da- 
segen ganz allgemein gehalten. Sie gibt eine sehr 
genaue Geschichte der feindlichen Fliege und 
schliesst mit einer Aufzählung von Mitteln, um dem 
Uebel möglichst zu steuern. Gerade deshalb empfeh- 
len wir die Abhandlung „über die Weizenver- 
wüsterin Chlorops taeniopusMeig. und die 
Mittel zu ihrer Bekämpfung” allen denen, 
welche sich für diesen Gegenstand interessiren. 


im 


Anzeige. 


Aus dem Versuchs - Garten des 
stehen vom 27. Mai bis 8. Juni junge Pflan- 
zen von Fuchsia, Verbena, Heliotropium, Cu- 
phea, Gazania, Gnaphalium, Coleus, Alternan- 
thera, Achgranthes, Pyrethrum golden feather 
u. del. zur Vertheilung unter Mitglieder bereit. 
Meldungen erbittet schleunigst der Garten - In- 
spektor ©. Bouche, Potsdamerstr. 75. 


Vereins 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pllanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 22. BRB Een 1 Tunis War mom mit non RD, 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


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Inhalt: Sechste allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig. — Die neuholländischen 
Gummibäume (Schluss). — Die blaue Hortensie. 


Sechste allgemeine Versammlung 
Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchler 


in Braunschweig 
vom 10. bis 13. October 1872 


verbunden 


mit. einer Obstausstellung. 


Narnasın uns von der 5. Versammlung Deutscher Pomolosen, Obst- und Weinzüchter in 
Reutlingen das Mandat ertheilt worden, die 6. Allgemeine Versammlung nach Braunschweig 
zusammenzuberufen, wir uns auch behufs der erforderlichen vorbereitenden Schritte, insbeson- 
dere der Entwerfung des Programms, mit der Section für Obstbau des Landwirthschaftlichen 
Öentral-Vereins ım Herzogthume Braunschweig in Verbindung und Uebereinstimmung gesetzt 
haben, beraumen wir die 6. Allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Wein- 
züchter auf die Tage vom 10. bis 13. October d. J. in Braunschweig an und laden alle Po- 
mologen, Obst- und Weinzüchter und alle Freunde und Förderer des Obst- und Weinbaues 
zur Theilnahme an dieser Versammlung freundlichst ein, beziehen uns auch im Besonderen 
auf das nachstehende Programm des Vorstandes des Landwirthschaftlichen Central-Vereins im 
Herzogthume Braunschweig, welcher die allgemeine Geschäftsführung zu übernehmen die Ge- 
fälligkeit gehabt hat. 
Berlin, den 6. März 1872. 


Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten. 
Geh. Ober-Regierungsrath Knerk, Professor Dr. Karl Koch, 


Vorsitzender. General - Secretair. 


22 


170 


PROGRAMM. 


Die Theilnehmer der vom Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen 


Staaten hierher nach Braunschweig einberufenen 6. Allgemeinen Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- 
und Weinzüchter wollen sich die nachstehenden, die allgemeine Geschäftsführung betreffenden Bestimmun- 
gen zur gefälligen Nachrieht und Nachachtung dienen lassen. 


1. 


11. 


vl. 


i. 


Wer eine Wohnung vorher zu bestellen wünscht, wolle sich bis Ende September an Herrn 
Finanzregistrator Steinmeyer hieselbst wenden und dabei bemerken, ob das Unterkommen in 
einem Gast- oder Privathause gewünscht wird. 

Am 9. und 10. October werden Mitglieder des Empfangs-Comites, kenntlich an einer weissen 
Schleife im Knopfloche, beim Eintreffen der Eisenbahnzüge in der Bahnhofshalle bereit sein, die 
Gäste zu empfangen und zu führen. 

Das Aufnahmebureau befindet sich in Schrader’s Hötel (Gördelingerstrasse Nr. 7). Es wer- 
den die Herren Gäste ersucht, sich daselbst möglichst zeitig einzuschreiben und gegen Erlegung 
Eines Thalers die Mitgliedschaft zu erlangen. Zu gleicher Zeit wird eine srüne Schleife und eine 
für alle Tage der Ausstellung geltende Einlasskarte ihnen ausgehändigt werden. 

Täglich wird durch ein besonderes Blatt Alles, was mit der Versammlung resp. Ausstellung in 
Verbindung steht, zur Kenntniss der Mitglieder gebracht; der amtliche Bericht wird ihnen später 
zugesendet. 

Alle Sitzungen der Versammlung finden in den Räumen des Altstadt-Rathhauses, alle gemein- 
schaftlichen Mahlzeiten und geselligen Unterhaltungen in dem nahe gelegenen Schrader’s Hötel 
statt. An beiden Orten werden die Bestimmungen in Hinsicht auf Zeiteintheilung, Tagesordnung 
oder Veränderung derselben, insoweit sie nicht schon im Tageblatte der Versammlung enthalten, 
durch Anschlag bekannt gemacht werden. 

Anfragen und Wünsche, welche die 6. Versammlung deutscher Pomologen betreffen, sind an den 
unterzeichneten Landes-Oekonomierath Griepenkerl zu richten. 


A. Die Versammlune. 


Am 9. October Abends 7 Uhr findet eine Vorversammlung in Scehrader's Hötel statt zur Be- 
srüssung der pomologischen Freunde, zur vorläufigen Berathung über die Wahl der Präsidenten 
und Schriftführer und zur Besprechung etwaiger Anträge. 
Am 10. October Vormittags 11 Uhr wird die Versammlung im Saale des Altstadt-Rathhauses durch 
den Vertreter des berufenden Vereins eröffnet. In dieser ersten Plenarversammlung wird Allgemein- 
Geschäftliches verhandelt, Wahl der Präsidenten und der Schriftführer, Berathung und Beschluss- 
fassung über Anträge, welche die Geschäftsordnung betreffen u. s. w. 
Abends 6 Uhr findet in demselben Locale die 3. Generalversammlung des deutschen Pomologen- 
Vereins statt, für welche die Tagesordnung in dem Organ desselben, den illustrirten Monatsheften 
für Obst- und Weinbau, bekannt gemacht werden, auch in anderen Zeitschriften (Wochenschrift des 
Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Preussischen Staaten, Mittheilungen des 
landwirthschaftlichen Central-Vereins im Herzogthum Braunschweig, Section für Obstbau u. a.) er- 
scheinen wird. 
Am 11. October 11 Uhr allgemeine Sitzung, welche von 6 bis 8 Uhr Abends foıtgesetzt werden wird. 
Am 12. October von 10 bis 11 Uhr Preisvertheilung in der Egydienkirche, um 11 Uhr dagegen 
allgemeine Sitzung im Altstadt-Rathhause, in welcher Beschluss über die 7. allgemeine Versamm- 
lung gefasst wird. Von 6 bis 8 Uhr Abends Fortsetzung und Schluss der Verhandlungen. 
Am 13. October Morgens 7°), Uhr Exeursion nach Harzburg, zu welcher die Karten im Geschäfts- 
bureau der Versammlung (Schrader's Hötel) Tags zuvor in Empfang genommen werden müssen, 
Zur Verhandlung in den allgemeinen Versammlungen stehen: 
1) Vortrag über die Entwiekelung der Obstfrüchte in morphologischer Hinsicht (Professor K. Koch). 
2) Antrag auf Feststellung der pomologischen Terminologie (Direktor Dr. Lucas). 
3) Antrag aul eine Bestimmung hinsichtlich der Benennung neu auftauchender Obstsorten (Medizinal- 
rath Engelbrecht). 


171 


4) Welches ist das beste Verfahren in Bezug auf das Beschneiden der Krone und Wurzeln beim 
Verpflanzen der Obstbäume? (Garteninspeetor Ad. Koch). 

; 5) Was ist von dem Pineiren der Blätter — Pincement Grin — zu halten, resp. welche Erfahrung 
hat man über dasselbe gemacht? (Baron v. Bose). 

6) Welche Form der Obstbäume passt am besten für die Landstrassen und für grosse Pflanzungen 
auf Aeckern und Weiden? (Direktor Dr. Lucas). 

7) Welche Form von Obstbäumen passt am besten zur Anpflanzung an Eisenbahnen? (Baumschul- 
besitzer Spaeth). 

8) Welche Erfahrungen sind über die während der früheren Versammlungen deutscher Pomologen 
empfohlenen Obstsorten gemacht, und welche von ihnen sind zum allgemeinen Anbau oder zu 
dem in besonderen Gegenden und Lagen geeignet? (Superintendent Oberdieck). 

9) Welche Steinobstsorten lassen sich für den Anbau im Grossen empfehlen? (Superintendent 
OÖberdieck). 

10) Sind in neuerer Zeit mit Sicherheit wahrgenommene Erfahrungen gemacht worden über den Ein- 
fluss des Wildlings auf Abänderung der Form oder Güte oder der im Allgemeinen sich finden- 
den reichen Tragbarkeit der aufgesetzten Sorte? (Superintendent Oberdieck). 

11) Welche Tafeltrauben sind für den Anbau, namentlich in Norddeutschland, zu empfehlen? (Stadt- 
rath Thränhardt). 

12) Welche neu eingeführten Kernobstsorten haben sich in Norddeutschland werthvoll gezeigt? 

a) Aepfel (Superintendent Oberdieck), 
b) Birnen (Hofgarten-Inspektor Borchers). 

13) Wie können die Obst-Mustergärten am besten zur Hebunk: des Obstbaues in Deutschland bei- 
tragen? (Medizinalrath Engelbrecht). 

14) Bericht über die Einrichtung einiger Obst-Mustergärten: 

a) in Braunschweig (Geheimer Kammerrath Uhde), 
b) in Geisenheim (General-Konsul Lade), 
e) in Proskau (Garten-Direktor Stoll). 

15) Bericht über die diesjährige Obstausstellung und ihre Resultate (Baron v. Bose). 

16) Mittheilungen über den Obstbau einiger Gegenden Deutschlands: 

a) Ostfriesland (Senator J. ten Doornkaat-Koolman), 

b) Mecklenburg (Organist Müschen), 

c) Schlesien (Professor Fickert), 

d) Nassau (Geheimer Regierungsrath v. Trapp), 

e) Brandenburg (Baumschulbesitzer Spaeth). 

Die bei den einzelnen Punkten genannten Herren werden freundlichst ersucht, die Einleitung der- 
selben gütigst übernehmen zu wollen. 


B. Die Ausstellung. 


I. Für die in der Egydienkirche stattfindende Ausstellung sind alle Sorten Obst und dessen Produkte, 
Obstbäume, die dem Obstbaume dienenden Instrumente und Apparate bestimmt. Wir ersuchen 
die Herren Obst-Aussteller, nur die werthvollen Sorten ihrer Gegend in etwa 3 bis 5 gut ent- 
wickelten Exemplaren einzusenden und sich bei der Bezeichnung der Früchte der Namen des 
Illustrirten Handbuches, soweit solche schon darin aufgenommen sind, zu bedienen. 

II. Es ist wünschenswerth, dass pomologische, gärtnerische oder landwirthschaftliche Vereine sich 
der Mühe unterziehen, Collektionen der in ihrer Gegend hauptsächlich gebauten werthvollen Obst- 
sorten zusammenzustellen, wie sie schon von einigen wichtigen Obstgegenden in Aussicht gestellt, 
worden sind, um hierdurch ein Bild des deutschen Obstbaues in seinen verschiedenen Gauen 
zu bekommen. 

II. Die Aussteller werden ersucht, den Umfang ihrer Sammlungen, namentlich auch die Anzahl der 
auszustellenden Obstsorten bis zum 20. September dem pomologischen Ausschusse unter der 
Adresse des Herrn Geheimen Kammerraths Uhde in Braunschweig anzumelden, um sofort für die 

22” 


172 

Obstausstellung besonders gedruckte Formulare zur Anfertigung eines doppelten Verzeichnisses 
zu erhalten. Das eine Exemplar dieses Verzeichnisses bekommen sie nach der Ausstellung, 
soweit möglich, revidirt zurück, das andere bleibt zur Benutzung für den Ausstellungsbericht. 
Die Herren Aussteller werden ersucht, die Verfügung über die von ihnen ausgestellten Gegen- 
stände dem unterzeichneten Comite anzuzeigen, und wird dasselbe dafür sorgen, dass diese 
Verfügung am zweiten Tage nach dem Schlusse der Ausstellung ausgeführt werde. Einzelne 
Exemplare von Früchten dürfen für eine etwa zusammenzustellende Mustersammlung oder für 
wissenschaftliche Untersuchungen den einzelnen Sammlungen entnommen werden. 

IV. Die auszustellenden Gegenstände müssen die Adresse „An den Ausschuss für die Obstausstellung 
in der Egydienkirche zu Braunschweig“ haben, und daselbst bis zum 7. October spätestens an- 
gekommen sein. Das Auspacken und Aufstellen der Gegenstände wird zwar von Seiten des 
Ausschusses gern besorgt, doch ist eine Betheiligung der Herren Aussteller selbst, wenigstens 
beim Ordnen, sehr erwünscht. 

V. Ein Ausschuss erfahrener Pomologen wird die ausgestellten Obstsammlungen durchsehen, erforder- 
lichen Falls berichtigen, und über das Resultat der Ausstellung einen besonderen Bericht erstatten. 
Wir ersuchen zunächst folgende Herren, die bisher an derlei Arbeiten bei früheren Versammlungen 
Theil genommen haben, in diesen Ausschuss einzutreten, ohne dadurch Andere, welche sich 
dazu berulen fühlen und Theil nehmen wollen, auszuschliessen: 

Herr Hofgarten-Inspektor Borchers in Herrnhausen. 
„ Baron v, Bose, früher auf Emmaburg, jetzt im Königreich Sachsen wohnend. 
„ Senator J. ten Doornkaat-Koolman in Norden. 
„  Medizinalrath Dr. Engelbreeht in Braunschweig. 
„ Professor Dr. Fiekerl in Breslau. 
„  Ober-Amtsrichter v. Hinüber in Moringen. 
„  Bauinschulbesitzer Lorberg in Berlin. 
„ . Pirektor Dr. Lucas in Reutlingen. 
„  Hofgärtner Maurer in Jena. 
„ Organist Müsehen in Belitz (Mecklenburg). 
„  Superintendent Oberdieek in Jeinsen (Hannover). 
„ Waisenhaus-Direktor Palandt in Hildesheim. 
„ Lehrer Remagen in Niederbiber. 
„  Oberförster Sehmidt in Blumberg bei Tantow, ohnweit Stettin. ® 
„  Gutsbesitzer Siemering in Adolphshof. 
„  Baumschulbesitzer Spaelh in Berlin. 
„ Garten-Direktor Stoll in Proskau. 
„ Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d. S. 
„ Geheimer Regierungsrath v. Trapp in Wiesbaden. 
Das Comite wird gebeten, sich in so viele Gruppen zu theilen, als erforderlich sind, um die 
Durchsicht aller Sammlungen in den ersten zwei Tagen der Ausstellung zu vollenden. 

VI. Zur Auszeichnung derjenigen Sammlungen, welche sich durch werthvolle Obstsorten, gute Ent- 
wiekelung der Früchte im Verhältnisse zur Baumform, auf der sie erzogen sind, und richtige 
Benennung auszeichnen, stellt der Braunschweiger Verein 10 silberne Vereinsmedaillen zur 
Verfügung. 

Ein besonders dazu ermanntes Preisrichteramt wird darüber entscheiden. 

VII. Dem pomologischen Ausschusse liest es ob, eine Mustersammlung des besseren Obstes, vor Allem 
die in den früheren Pomologen-Versammlungen empfohlenen Früchte zur speeiellen Kenntniss- 
nahme des Publikums zusammenzustellen und zu diesem Zwecke die nöthigen Früchte mit An- 
gabe des Bezuges aus anderen Sammlungen zu entnehmen. 

Das Lokal der Ausstellung, die Egydienkirche, ist für die ganze Zeit den Mitgliedern der 
Versammlung gegen Vorzeigung ihrer Mitgliedkarte geöffnet, dem Publikum aber nur von 11 Uhr 
Vormittags bis 6 Uhr Abends gegen ein Eintrittsgeld von 5 Sgr. 


173° 


(. Weitere Zeit-Eintheilung. 


Ausser der Exeursion nach Harzburg am Sonntag, den 13. October, sind kleinere Ausflüge in der 
Nähe, namentlich in die Herzogliche Landesbaumschule intendirt, worüber das Nähere allemal im Tageblatt 


oder durch Anschlag bekannt gegeben wird. 


Im Allgemeinen sind die Morgenstunden von 7 bis 11 Uhr zum Besuch der Ausstellung, die Stun- 
den von 11 bis 2 Uhr und von 6 bis 8 Uhr Abends zu den Versammlungen, die Stunden von 2 bis 4 Uhr 
zum Mittagessen, von 4 bis 6 Uhr zu Ausflügen und von 8 Uhr Abends ab zur geselligen Unterhältung 


bestimmt. 
Braunschweig, den 31. Januar 1872. 


Der Vorstand des Landwirthschaftlichen Central-Vereins im Herzogthum Braunschweig als geschäfts- 
führender Vorstand für die 6. allgemeine Versammlung Deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter. 


Griepenkerl, 
Landes-Oekonomierath. 


Krüger, 
Geheimer Kammerrath. 


A. v. Girsewald, 
Vice-Oberstallmeister. 


Die neuholländischen Gummibäume 


(Eucalyptus). 
(Schluss.) 

Da, wie bereits ausgesprochen, nicht wenige der 
interessanteren und wichtigeren Arten des Geschlechts 
Eucalyptus sich bei uns, so im botanischen Garten 
zu Berlin, in Kultur befinden, so dürften wir wohl 
die Aufmerksamkeit der Leser der Wochenschrift: in 
Anspruch nehmen, wenn wir, so viel uns über die 
verschiedenen neuholländischen Gummibäume bekannt 
ist, hier in einer alphabetischen Aufzählung Mittheilung 
machen. 

1. Eucalyptus amygdalina scheint wohl der 
höchste Baum zu sein, den man bis jetzt gefunden 
hat, denn man hat Exemplare gesehen, die gegen 
500 Fuss hoch waren und also noch den höchsten 
Thurm der Welt, den des Münsters in Strassburg, 
um 50 Fuss an Höhe übertreffen. Ein zweiter Rei- 
sender fand einen anderen Baum von 480 Fuss, 
während ein dritter zwar nur die Höhe von 385 Fuss 
besass, aber an der Spitze abgebrochen war. Dieser 
hatte ausserdem ungeheure Dimensionen. Sein grad 
aufstrebender Stamm von 41 Fuss Umfang 6 Fuss 
über dem Boden stieg ohne Ast senkrecht bis zu 
einer Höhe von 295 Fuss; der erste Ast selbst be- 
sass noch einen Durchmesser von 4 Fuss. Von hier 
aus setzte sich die zum grossen Theil, wie es scheint, 
abgebrochene Krone noch 90 Fuss fort, der Haupt- 


stamm besass aber selbst hier noch 3 Fuss im 
Durchmesser. 
Das Holz, unter dem Kollektiv - Namen rothes 


Gummiholz, den viele Eucalyptus-Hölzer führen, in 


Neuholland bekannt und vielfach benutzt, gehört 


zwar immer noch zu den besseren Sorten aus den 
dortigen Wäldern, steht dem Holze anderer 
Arten dieses Geschlechtes nach. Am häufigsten ge- 
braucht man es wegen seiner harzigen Bestandtheile 
und deshalb grösseren Widerstands-Fähigkeit gegen 
Feuchtigkeit zu Schiffs-Planken. Da es sich leicht 
spalten lässt, so liebt man es auch ausserdem zu 
Schindeln, Brettern und ähnlichen Verwendungen. 
Zu bemerken ist noch, dass der Baum, gleich den 
meisten neuholländischen Gummibäumen, hinsichtlich 
seiner Blätter sich ungemein veränderlich zeigt. Diese 
stehen bald, und zwar in der Regel, einander gegen- 
über, bald wechseln sie aber auch, und zwar meist 
segen den oberen Theil der Zweige an einem und 
demselben Baume häufig ab. Im letzteren Falle sind 
sie bei E. amygdalina auch schmaler und ähneln 
einiger Maassen denen des Mandelbaumes. Daher 
ihre Benennung. Ausserdem sind die Blätter weit 
grösser, namentlich breiter und stehen einander ge- 
genüber, an ihrer Basis oft mit einander zusammen- 
wachsend. 

2. Eucalyptus eitriodora hat ihren Namen, 
der wörtlich übersetzt „nach Citrone riechend“ be- 
deutet, mit Recht erhalten, von allen neu- 
holländischen Gummibäumen ist er derjenige, welcher 
das am angenehmsten riechende ätherische Oel lie- 
fert. Dieses Oel befindet sich hauptsächlich in kleinen 
rundlichen Drüschen in der Substanz der Blätter ein- 
gesenkt. 

3. Eucalyptus colossea verdient ebenfalls“ 
ihren Namen, denn sie gibt an Grösse und Höhe der 
E. amygdalina nichts nach. Bäume von 400 Fuss 
Höhe sind keine Seltenheit. Hinsichtlich des Um- 
fanges des Stammes scheint sie aber genannte Art 


aber 


denn 


noch zu übertreffen. Ein Reisender erzählt, dass er 
das Exemplar eines solchen Baumes gesehen habe, 
wo der sehr dieke Stamm nicht allein ausgehöhlt, 
sondern auch auf der einen Seite von Rinde ganz 
entblösst war. Man wird sich von der Stärke dieses 
Stammes einen Begriff machen können, da nach den 
Berichten dieses Reisenden 3 Reiter nicht allein in 
das Innere des Stammes reiten, sondern auch darin 
umwenden konnten. 

4. Eucalyptus diversicolor scheint der vo- 
rigen Art nahe zu stehen und einen gleichen Massen- 
stamm zu bilden. Bäume von 400 Fuss Höhe sind 
auch bei ihr keineswegs eine Seltenheit. Wenn alle 
'neuholländischen Gummibäume, besonders in der 
Jugend, rasch wachsen, so ist es mit E. diversicolor 
am meisten der Fall. Dieses, aber auch sein vor- 
herrschend in die Breite sich erstreckendes Wachs- 
thum sind Ursache, dass E. diversicolor jetzt haupt- 
sächlich bei Melbourne angepflanzt wird und man 
damit in kurzer Zeit Schatten gebende Alleen er- 
halten hat. Aber auch zum Häuserbau soll das 
Holz vorzüglich sein. 

5. Eucalyptus gigantea gibt den beiden 
eben genannten Gummibäumen an Höhe nichts nach, 
wie man schon aus dem Beinamen ersehen kann. 
Einen Vorzug besitzt die Art jedoch vor den anderen 
Riesen dieses Geschlechtes noch dadurch, dass ihr 
Holz eins der ausgezeichnetsten Nutzhölzer, beson- 
ders für Tischler, darstellt. Unter dem Namen des 
neuholländischen Mahagoniholzes kommt es jetzt auch 
nach Europa und wird besonders in England zu 
Meubles benutzt. 

6- Eucalyptus Globulus führt in Neuholland 
den Namen des Veilchenbaumes oder auch des blauen 
Gummibaumes. Wenn wir nicht irren, hat die Art 
ihren Vulgär-Namen von dem etwas nach Veilchen 
riechenden Holze erhalten. In Raschwüchsigkeit soll 
diese Art der E. diversicolor wenig nachstehen, 
trotzdem aber ein vorzügliches und festes Holz, was 
nach verschiedenen Richtungen hin in Anwendung 
zebracht werden kann, liefern. Als Schiffsbauholz 
übertrifft es auch das des Teak (Teetona grandis) 
und unserer Eiche. Nach vergleichenden Messungen 
trägt der Quadratzoll dieses Veilchenholzes 5 Pfund 
mehr als das Teak- und 17!/, Pfund mehr als das 
Eichenholz. Wegen der langen Stämme, welche zu 
Gebote stehen, gebraucht man es besonders gern 
bei grossen Schiffen zur Anfertigung eines Kiels bis 
zu 120 Fuss Länge. 

7. Eucalyptus gomphacephala gehört zu 
neuholländischen Gummi- 


den Zwergen unter den 


bäumen, da sie nur höchstens 50 Fuss hoch wird. 


Entgegengesetzt dem anderer Arten ist ihr Wachs- 
thum sehr langsam und in dessen Folge das Holz 
so dicht- und gedrängt-faserig, dass es sich schwie- 
rig oder eigentlich gar nicht spalten lässt. Daher 
benutzen es die Kunsttischler und Drechsler gern zu 
ihren Arbeiten. 

8. Eucalyptus Gunnii wächst zwar nicht in 
Neuholland, sondern auf Vandiemensland, wird aber 
jetzt in der Nähe von Melbourne ebenfalls viel ange- 
pflanz. Man macht in den Baum Einschnitte, um 
einen süsslichen Saft, der alsbald in reichlicher 
Menge herausfliesst, zu erhalten. Aus ihm bereitet 
man durch Gährung ein nicht allein kühlendes und 
erfrischendes, sondern auch gelind abführendes Ge- 
tränk, was nach den Berichten einiger Reisenden in 
jenen Ländern das Bier vertreten soll. 

9. Eucalyptus longifolia steht der E. resi- 
nifera nahe und wird auf gleiche Weise, wie diese 
alsbald zu besprechende Art, benutzt. 

10. Eucalyptus mannifera hat ihren Namen 
erhalten, weil zur Zeit, wenn der Baum blüht, die 
Blätter in reichlicher Menge eine mannaartige Masse 
in rundlichen Kügelchen liefern. Obwohl diese Manna 
nicht sehr süss sein soll, wird sie doch von den 
Eingeborenen allgemein gegessen. Man macht von 
ihr auch ein Getränk, was einen angenehmen Ge- 
schmack haben soll und deshalb beliebt ist. 

11. Eucalyptus marginata übertrifft als 
Schiffsbauholz noch das Holz der E. Globulus und 
soll in jeglicher Hinsicht unverwüstlich sein. Wegen 
seines grossen Reichthums an harzigen Stoffen greift 
es nämlich kein Insekt, selbst nicht die gefürchteten 
Ameisen und Schiffsbohrwürmer, an. Ebenso wider- 
steht es allem Wechsel klimatischer Verhältnisse. 
Dazu kommt noch, dass die gedrängten und vielfach 
in einander greifenden Fasern das Holz so dicht 
und fest wie Eisenholz machen. 

12. Eucalyptus obliqua weicht wesentlich. 
von den übrigen neuholländischen Gummibäumen 
durch eine dicke Rinde ab, welche allgemein zum 
Dachdecken gebraucht wird. Unter besonders gün- 
stigen Umständen entwickelt sie sich bisweilen in 
soleher Stärke, dass die. Eingeborenen sie zur An- 
fertigung von Flössen benutzten. 

13. Eucalyptus piperita 
ein vorzügliches Bauholz, was auch als blaues 
Gummiholz in den Handel kommt. Den Beinamen, 
der auf den Pfeffer hindeutet, hat die Art erhalten, 
weil die Früchte ein angenehmes Aroma besitzen, 
und in Neuholland deshalb, ähnlich den Gewürz- 
nelken, verwendet werden. 

14. Auch Eucalyptuspopulifolia, eine früher 


liefert wiederum 


175 


in Gewächshäusern bei uns ziemlich verbreitete Art, 
liefert vorzügliches Bauholz. 

15. Eucalyptus resinifera ist, wie bereits 
im Anfange ausgesprochen wurde, die Mutterpflanze 
eines hier und da zu feineren Gerbereien benutzten 
adstringirenden Stoffes, der den Namen australisches 
oder Botanybai-Kino führt. Behufs seiner Gewin- 
nung machen die Eingeborenen Einschnitte in den 
Stamm, in Folge dessen der oben bezeichnete Stoff 
herausfliesst und an der Luft rasch erhärtet. Auch 
bei dieser Art schwitzen die Blätter zur Zeit der 
Blüthe einen mannaartigen Saft aus, der von den 
Eingeborenen gewonnen und genossen wird. Das 
Holz ist unter dem Namen rothes Gummiholz vom 
Tischler und Drechsler, aber auch vom Zimmermann, 
sehr gesucht. 

16. Eucalyptus robusta macht zwar einen 
sehr dicken Stamm, ihr Holz ist aber weder als 
Bau- noch als Nutzholz zu verwenden, weil im In- 
nern sich solche Massen von Harz erzeugen, dass 
das Holz schliesslich zerreisst und nicht unbedeu- 
tende Spalten sich bilden, die ganz und gar von 
diesem hell- oder zinnoberrothen Harze ausge- 
füllt sind. 

17. Eucalyptus rostrata erreicht zwar nur 
die Höhe von 100 Fuss, ihr Holz ist aber wiederum 
eins der vorzüglichsten Bauhölzer, besonders auf 
sumpfigem Boden, also für Wasserbauten und für 
Schiffsbau. In dieser Hinsicht hält es sich dem der 
E. marginata gleich. Wie das Holz von diesem 
Baume von keinem Insekt oder Wurm angegriffen 
wird, so auch das der E. rostrata. Besonders be- 
nutzt man es wegen seiner Dauerhaftigkeit neuer- 
dings gern zu Eisenbahn-Schwellen, da es 10 und 
selbst 12 Jahre liegen kann, ohne dass es ersetzt zu 
werden braucht. 

18. Eucalyptus Sideroxylon 
Beinamen, der Eisenholz bedeutet, wegen seines 
schweren Holzes erhalten. Nicht allein von allen 
neuholländischen Gummibäumen, sondern von allen 
Bäumen der Vietoria-Kolonie überhaupt liefert diese 
Art das härteste Holz. Dieses ist zwar wegen sei- 
ner gedrängten und dichten Faser schwer zu bear- 
beiten, was aber aus ihm bereitet wird, zeichnet sich 
durch seine Dauerhaftigkeit aus. Abgesehen davon, 
dass es deshalb auch gleich dem des vorigen Bau- 
mes für Wasser- und Schiffsbau besonders geeignet 
ist, wird es auch vom Drechsler allen übrigen Hölzern 
vorgezogen und von diesem höher bezahlt. 


hat seinen 


Die blaue Hortensie. 


Zu den interessantesten Erscheinungen im Leben 
der Pflanzen gehört ohne Zweifel, dass die Blüthen 
der Hortensien bisweilen plötzlich eine blaue Farbe 
erhalten. Der bekannte Reisende Siebold scheint 
vor nun fast 40 Jahren die erste blaublühende Hor- 
tensie direkt aus Japan eingeführt zu haben; er hielt 
sie aber für eine besondere Art und belegte sie mit 
dem einheimischen Namen Hydrangea ÖOtaksa. 
Sie wurde Anfang der sechziger Jahre vom Neuen 
durch Siebold in den Handel gebracht. Handels- 
särtner und Liebhaber machten aber nicht selten die 
Beobachtung, dass sie bisweilen plötzlich, ohne dass 
man sich eines besonderen Grundes bewusst gewesen 
wäre, mit rothen Blüthen erschien. In der Wochen- 
schrift ist über diese seltsame Erscheinung bereits 
mehrmals gesprochen worden. 

Das Wichtigste und zu gleicher Zeit für den 
Standpunkt unserer jetzigen Physiologie Unerklärlichste 
ist, dass scheinbar dieselbe Ursache bald blaue, bald 
rothe Blüthen bedingen kann. So wurde uns bei- 


. spielsweise mitgetheilt, dass, wenn man Hydrangea 


Otaksa, also die vor Kurzem direkt aus Japan ein- 
geführte blaublühende Hortensia, warm kultivire, die 
Blüthen eine rothe Farbe erhielten. Umgekehrt be- 
richtete mir aber dagegen ein anderer tüchtiger Gärt- 
ner, dass er einmal Hydrangea Otaksa in freien 
Grund und Boden gebracht hätte, wo zu seinem 
srossen Erstaunen alle Blüthenköpfe roth geworden 
wären. Diese Umänderung in der Farbe gab der 
Gärtner in diesem Falle grade dem damals herr- 
schenden kühlen Wetter Schuld, während der erste 
Gärtner doch behauptete, dass Hydrangea Otaksa 
nur, wenn sie kühl kultivirt würde, ihre blauen Blü- 
then sich erhielt. Man sieht hieraus, dass nicht die 
Temperatur, sondern andere Ursachen maassgebend 
gewesen Sein Müssen. | 
Bekanntlich ist man ziemlich allgemein der An- 
sicht, dass eine Beimischung von Eisenspähnen in 
der Erde, oder auch von ÖOcher, nach Anderen auch 
von gepulvertem Thonschiefer, 
Erzeugung blauer Blüthen bei den Hortensien gehe. 


Veranlassung von 
Wir erinnern uns noch aus der Zeit unserer Jugend, 
wo man allgemein Eisenspähne der Erde in den 
Töpfen, worin man Hortensien kultiviren wollte, zu- 
setzte, um blaublühende Hortensien zu erhalten, und * 
sie in der That auch jedes Mal eıhielt. Unterliess 
man die Beigabe, so blieben die Blüthen roth. Was 
vor einigen Jahrzehnten 
ist heute nicht mehr. 


aber regelmässig stattfand, 
Zusatz von Eisenspähnen gab 


den Hortensien, wenigstens in einer Reihe von Fällen, 
die wir in den letzten Jahren zu beobachten Gelegen- 
heit hatten, keine blauen Blüthen mehr. Ausserdem 
ist es auf jeden -Fall noch eigenthümlich, dass man 
blaublühende Hortensien jetzt kaum noch sieht, wäh- 
rend sie vor 3 und 4 Jahrzehnten sehr gewöhnlich 
waren. Es müssen demnach die Ursachen, - welche 
zu den blaublühenden Hortensien Veranlassung ga- 
ben, jetzt in geringerem Grade vorhanden sein, als 
früher. 

Wir haben auch irgendwo gelesen, dass Schwefel 
ebenfalls blaublühende Hortensien hervorbringen soll. 
Uns selbst -sind keine dergleichen Versuche bekannt. 
Wir bemerken nur, dass Schwefeldampf rothe Rosen 
in blaue umwandelt. Gewiss haben viele Leser der 
Wochenschrift den Versuch einmal gemacht, den 
Rauch des Tabaks, der bekanntlich geschwefelt wird, 
auf eine blühende Rose zu blasen, und dann ge- 
sehen, wie rasch deren rothe Farbe in Blau sich 
umwandelt. Hier liegt jedoch eine direkte chemische 
Veränderung zu Grunde, welche mit dem Vorkom- 
men der blauen Hortensien nichts gemein zu haben 
scheint. 

Es liegt uns eine interessante Abhandlung über 
blaue Hortensien vor, welche einen der tüchtigsten 
Pariser Handelsgärtner, Bossin, zum Verfasser hat. 
Wenn auch der Schluss der Abhandlung mit uns 
vollkommen darin übereinstimmt, dass wir über das 
Wie? gar nichts wissen, so sind doch einige ge- 
sehichtliehe Momente darin enthalten, welche - das 
Interesse der Leser der Wochenschrift in Anspruch 
nehmen dürften, zumal sie im weiteren Kreise noch 
nicht bekannt sind und zum Theil die bereits von 


uns veröffentlichten Mittheilungen erweitern. (12. 
Jahrgang. S. 1.) 
Ueber den Namen Hortensie herrschen immer 


noch die falschen Ansichten, dass der Blüthenstrauch 
zu Ehren der holländischen Königin Hortensie gege- 
ben worden sei, ziemlich allgemein. Richtig ist da- 
gegen, dass er von Commerson, der bei der un- 
glücklich endenden Expedition von Bougainville zu 
Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts 
Botaniker war und im Jahre 1773 in Folge einer 
schlechten Behandlung des damaligen Gouverneurs 
von Isle de France starb, zu Ehren einer interessan- 
ten Dame, der Frau eines berühmten Uhrmachers in 
Paris, Hortense Lepaute, gegeben wurde. Diese 
Dame entschloss sich, als ihr Gemahl aufgefordert 
wurde, als Astronom an der Bougainville’schen Ex- 
pedition Theil zu nehmen, diesen zu begleiten. 


Thatsache ist ferner, dass sich die Hortensie 
bereits unter den von Commerson gesammelten 
Pflanzen befand, aber nieht von ihm lebend- in Eu- 
ropa eingeführt wurde. Bossin scheint zur Ansicht 
geneigt zu Sein, dass die Hortensie zuerst in Frank- 
reich eingeführt und dass sie von dem zu Ende des 
vorigen Jahrhunderts in Paris lebenden und sehr 
angesehenen Gärtner Audebert zuerst verbreitet 
wurde. Nach der Abhandlung im 12. Jahrgange der 
Wochenschrift war sie aber zuerst in England und 
kam von da später nach dem Festlande. 

Bossin sagt übrigens selbst, dass die Horten- 
sie gegen das erste Jahrzehnt dieses Jahrhun- 
derts auf dem Festlande noch selten gewesen ist. 
Der genannte Gärtner Audebert besass 1808 eine 
Pflanze, deren Blüthenkopf so gross war, dass er 
von einem Hute, wie er damals getragen wurde, nicht 
bedeckt werden konnte. 

Von welch’ ganz anderem Umfange haben wir 
jetzt die Hortensienköpfe! Trotzdem erregte die in 
dem Audebert'schen Garten blühende Hortensie 
damals grosses Aufsehen und wurde um einen sehr 
hohen Preis von einer grossen Blumenliebhaberin, 
der Marquise von Tholozan, welche damals zu 
Denonville im Departement der Eure und des Loir 
einen berühmten Garten besass, gekauft. Das war 
die erste blühende Hortensie, welche Bossin sah. 

Die ersten blaublühenden Hortensien erregten zu 
Ende der dreissiger Jahre, als sie in einer Sitzung 
der Gartenbau-Gesellschaft in Paris ausgestellt wur- 
den, mit Recht grosses Aufsehen. Ob sie damals 
direkt aus Japan eingeführt oder von Siebold be- 
zogen wurden, wird nicht gesagt. Bald darauf hatte 
aber ein Blumenliebhaber, Moreau mit Namen, in 
Lanvian bei Brest, das Glück, in seinem Garten unter 
den mancherlei Hortensien, welehe er im Freien kul- 
tivirte, auch zufällig blaue zu erhalten. Das Terrain, 
auf dem sie entstanden waren, bestand aus unfrucht- 
barer Thonerde. Wo diese durch gute Gartenerde 
ersetzt wurde, erhielten die bis dahin blaublühenden 
Hortensien wiederum ihre ursprüngliche rothe Farbe. 
Umgekehrt wurden die Blüthen der Hortensien, welche 
bis dahin im guten Boden roth geblüht hatten, blau- 
blühend, wie man den Pflanzen wiederum magern 
Thonboden gab. Am Interessantesten waren die 
Versuche, wo auf der einen Seite einer Hortensie 
gute, auf der andern magere Thonerde gegeben wurde, 
weil hier auch die eine Seite des Exemplars rothe, 
die andere blaue Blüthen besass. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des bartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pilanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 23. Berlin, den 8. Juni. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


IB. 


Die Fest-Ausstellung beginnt am 21. d. M. im Garten des Wilhelms-Gymnasiums (Bellevue-Strasse 15), Festversammlung 
und Festmahl finden hingegen am 23. im Englischen Hause (Mohren-Strasse 49) statt, während endlich am 25. die Festfahrt 
nach Potsdam sein wird. Die hierauf bezüglichen Einladungen mit den näheren Bestimmungen werden zur Zeit den hiesigen 
Mitgliedern mitgetheilt. Auswärtige, welche das Fest beehren wollen, werden ersucht, dieses im Bureau des Vereines (Klub 
der Landwirthe, Französische Strasse 48) gefälligst anzuzeigen. Wer am Festmahl und an der Festfahrt Antheil nehmen 
will, hat dem Herrn Schatzmeister, Rentier Sonntag (Alexandrinen-Strasse 5l) oder auf dem Bureau die Summe von 10, nur 
für das Eine oder Andere dagegen die Summe von 6 Thalern vorher einzuzahlen. Wegen der nöthigen Vorbereitungen wird 
freundlichst ersucht, die Einzeichnungen möglichst zeitig machen zu wollen. 


Inhalt: Die Entstehung der Arten und der Darwinismus. — Illustration horticole, Jahrgang 1871. 


Die Entstehung der Arten | dass en das Bedürfniss u der Erforschung 
uns ferner liegender Gegenstände stets mehr vor- 
und der Darwinismus. handen war, als der uns näher liegenden. 

Vielseitig aufgefordert, meine Ansicht über die Die Astronomie war weit früher Gegenstand der 
Entstehung der heutigen Pflänzenarten zu geben und | Forschung bei allen Kulturvölkern des Alterthums, 
den lockeren Begriff dessen, was Art ist, auf eine |, als etwa Botanik und Zoologie. So verschieden 
etwas sichere und bestimmtere Weise, als es jetzt | z. B. auch Granit und Porphyr schon auf den ersten 
meist geschieht, zu beantworten, wollen wir ver- | Augenblick einem jetzt nur einigermassen gebildeten 
suchen, dem Wunsche möglichst nachzukommen. | Menschen aussehen, so warfen doch die Alten zur 
Wir gestehen jedoch gleich von vorn herein ein, | Zeit eines Plato Alles noch als Stein durcheinander 
dass der Gegenstand der Frage noch lange nicht | und unterschieden nur nothdürftig die am auffallend- 
reif genug vorliegt, um einigermassen wissen- | sten in der Form oder Farbe hervortretenden, tech- 
schaftlich beantwortet werden zu können; wir kön- | nisch zu benutzenden Felsarten, wie Kalk u. s. w. 


nen nur Ansichten, denen aber die strengwissen- | Die Frage, was ist Art (Species)? kann nicht 
schaftliche Grundlage fehlt, aufstellen. ohne Entwickelungsgeschichte der ganzen Erde ge- 


Der Mensch hat von Hause aus eine gewisse | löst werden. Eine möglichst genaue Kenntniss des 
Sehnsucht nach Erklärung dessen, was die Sinne | jetzigen Zustandes unserer Erde ist aber eben so 
noch nicht zu erfassen vermögen, bei dem höher | nothwendig. Da beide aber heut’ zu Tage noch 
Gebildeten schliesst sich noch die Forderung eines sehr mangelhaft sind, so müssen wir uns einstweilen 
sogenannten philosophischen Systems über den lo- | mit dem begnügen, was die exakten Wissenschaften | 
gischen Zusammenhang und über den Ursprung aller | bis jetzt dafür geleistet haben. Die grossen Lücken, 
Dinge an. Was Wunder demnach, wenn auch der | welche uns allenthalben dabei entgegentreten, müssen 
Ursprung der Thiere und Pflanzen auf der Erde die | wir, und zwar nach der Art und Weise der Ausbil- 
Aufmerksamkeit des gebildeten Menschen von jeher | dung unseres Geistes, durch Kombinationen und 
in Anspzuch genommen hat! Es kommt noch dazu, | Schlüsse auszufüllen suchen. Dass nicht Jedermann 


23 


zur Beantwortung solcher schwierigen Fragen be- 
rufen ist, versteht sich von selbst. Auf jeden Fall 
wird dabei der am glücklichsten sein, der mit den 
nach dieser Richtung hin gemachten wissenschaft- 
lichen Resultaten am Meisten vertraut ist, ausserdem 
aber die nöthige Schärfe des Geistes besitzt, die 
vorhandenen Lücken aul eben ängegebene Weise 
möglichst auszugleichen. 

Dass dieses in allererster Reihe nur Männer, 
deren Beruf es ist, nach der einen oder anderen 
Richtung hin die Natur zu erforschen, also Natur- 
forscher im eigentlichen Sinne des Wortes, vermögen, 
versteht sich von selbst; am Meisten sind aber die 
berufen, welche sich ganz specielle Kenntniss von 
der jetzt existirenden organischen Welt nicht allein, 
sondern auch von den Organismen, wie sie uns in 
den Gesteinen aus einer weit früheren Zeit über- 
liefert sind, verschafft haben. Je mehr man daher 
Pflanzen und Thiere in der jetzigen und untergegan- 
senen Welt kennt, sie in ihrem Erscheinen, die er- 
steren auch in allen ihren Entwickelungsstufen, be- 
obachtet hat, um so mehr wird man der Lösung der 
Frage, was ist Art? näher kommen können. 

Dass Viele, die weder genaue Kenntniss der 
Pflanzen, noch der Thiere hatten, die lebende Natur 
überhaupt nicht kannten, ebenfalls über den Ursprung 
der Arten zu Sprechen sich berufen fühlten, hat die 
Frage und. ihre Lösung auf eine Weise verwirrt, 
dass es jetzt dem Laien noch schwieriger geworden 
ist, sich aus dem Labyrinthe der verschiedensten 
Ansichten herauszufinden. Wenn Einer den Beruf 
zur Lösung in sich fühlen konnte, so war es gewiss 
Darwin. Dieser ausgezeichnete Naturforscher hat 
sich durch beharrliches Studium der Natur und durch 
teisen, ‚auch in aussereuropäischen Ländern, nicht 
weniger aber durch den Umgang mit hervorragenden 
Männern der Praxis, hauptsächlich mit Landwirthen 
und Gärtnern, sehr bedeutende Kenntnisse in den 
Erscheinungen der Natur erworben. 

Die Ansichten über die Entstehung der Art, in 
sofern wir bei ihrer Betrachtung nur auf das, was 
von Naturforschern darüber ausgesprochen ist, Rück- 
sieht nehmen, gehen dahin, dass die Einen sagen, 
alle Arten von Pflanzen und Thieren sind auf ein- 
mal durch einen Akt der Schöpfung. fertig hervor- 
während Anderen stufenweise Ent- 
wickelungen der organischen Welt bis auf ihren heu- 


segangen,, die 
tigen Standpunkt annehmen. . 

Der Vertreter letzten Ansicht, Darwin, 
stützt sich dabei auf die fortdauernde Veränderlich- 
keit. der Art, nicht weniger aber auf, die Entstehung 
des heutigen Zustandes der Erde 


der 


und Ausbildung 


178° 


' ferner liegt. 


| kamen 


und ihrer Bewohner, der Pflanzen und Thiere. Dass 
die Erde zunächst gleich Anfangs als etwas Fertiges 


"in der Weise, wie sie jetzt-uns erscheint, vorhanden 


gewesen ist, daran glaubt wohl kaum noch ein 
Mensch, der eine den jetzigen ‚Ansprüchen  nach- 


"kommende Bildung erhalten hat. Sprieht sieh doch 


in gleicher Weise schon die Mosaische Sage aus, 
welche die Welt, d.h. die Erde mit ihren Umgebun- 
gen, in 6. Tagen, die als Welttage gedacht werden 
müssen und Milliarden von Jahren umfassten, ent- 
stehen lässt. 

Trotz unserer Kurzsichtigkeit und unseres nur 
eine Spanne dauernden Lebens sehen wir, dass fort- 
während neue Himmelskörper entstehen und:in ihrer 
weiteren Entwickelung begriffen sind. Sollte dem- 
nach nicht auch die Erde denselben Entwickelungs- 
gang durchgemacht haben und einmal ebenfalls eine 
Zeit in ihrer Geschichte gewesen sein, wo ein fester 
Kern der Erde fehlte, wo weder Menschen noch 
Thiere auf ihr wandelten, noch Pflanzen wuchsen? 

Die Wissenschaft hat dafür Beweise in den ver- 
schiedenen Schichtungen der Erde; je tiefer diese 
liegen, um so weniger enthalten sie organische 
Ueberreste und je unvollkommener in ihrer Zusam- 
mersetzung sind diese im Vergleich zu den jetzigen 
Thieren und Pflanzen. Sie werden aber umgekehrt 
diesen um so ähnlicher, je näher sie. der heutigen 
Oberfläche der Erde liegen, und können schliesslich 
solchen gleiehen, welehe noch jetzt in gleieher Weise 
existiren. Man kann es bei Pflanzen und Thieren 
nachweisen, dass dieselben Arten an einer Stelle 
der Erde untergegangen sind, an einer anderen da- 
gegen noch existiren. 

Nach dem, was wir eben ausgesprochen haben, 
besitzen also die Pflanzen der ersten Vorzeit, aus 
der wir noch Ueberreste besitzen, eine um so grössere 
Verschiedenheit von denen, welche später entstan- 
den sind, als die Zeit von deren Ursprunge ihnen 
Die ersten Pflanzen und Organismen 
überhaupt mögen selbst in ihrer Form sehr unbe- 
stimmt gewesen sein. 
bevor 


Es bedurfte gewiss einer Zeit, 
überhaupt bestimmte Formen zur Geltung 
und damit Arten entstanden. Diese selbst 
wurden um so mannigfaltiger, als allmählig die Ober- 
fläche der ,Erde grössere Verschiedenheiten darbot. 
Bei dieser stufenweisen Entwickelung sehen wir. 
dass Organismen von ihren Umgebungen nicht allein 
völlig abhängig sind, sondern jede Pflanze und jedes 
Thier ist sogar ihr Produkt. Die Annahme dieses 
Ausspruches schlösse aber noch keineswegs aus, 
dass die Arten dabei doch als etwas Fertiges ent- 
standen wären. 


179 


Diese Frage aber, sind die Organismen über- | 
haupt gleich fertig aus einer Schöpfung hervorgegan- | 
gen, oder sind sie erst nach und nach so geworden, 
wie sie sich uns jetzt zeigen? kann, wie wir gleich 
anfangs ausgesprochen haben, mit Bestimmtheit noch 
nicht beantwortet werden, wenn auch die grosse 
Wahrscheinlichkeit für die Ansicht einer allmähligen 
Entwicklung spricht. Wichtiger dagegen und leich- 
ter einer Lösung entgegenzuführen ist die Frage, 
sind die jetzt vorhandenen Organismen als 
Aıten bis zu einem bestimmten Absehlusse fertig, 
mit anderen Worten, giebt es Arten, die so lange, 
auch in ihrer Fortpflanzung, dieselben äusseren Er- 
scheinungen zeigen, als unsere jetzigen Verhältnisse 
und Zustände auf der Erde dieselben bleiben? Oder 
verändern sich auch in unserer Zeit, wo die Ober- 
fläche der Erde mit ihrer Umgebung eine gewisse 
Konstanz erhalten hat, die Organismen fortwährend 
in einer Weise, dass wir gar keine festbestimmten 
Arten annehmen können? 

Die Frage ist beantwortet, wenn wir annehmen, 
was wir ausgesprochen, dass jeder Organismus der 
Ausdruck seiner Verhältnisse ist. Bis jetzt ist kein 
Beispiel bekannt, dass eine Pflanzenart in eine andere 
übergegangen ist. Die Weizenkörner bei den Mu- 
mien und den Pfahlbauten sind genau noch diesel- 
ben, welche wir jetzt haben. Die in Frankreich und 
Grossbritannien zugleich vorkommenden Pflanzen ha- 
ben noch dasselbe Ansehen, als sie zu einer Zeit 
gehabt haben müssen, wo beide Länder noch nicht 
getrennt waren. So weit wir überhaupt geschichtlich 
nachkommen können, sind die Arten stets diesel- 
ben geblieben, wenn sich auch, wie bei den Kultur- 
pflanzen, bisweilen der Formenkreis sehr erweitert hat. 

Bei den grossen, die Verhältnisse durchaus um- 
ändernden Umwälzungen der Erde, muss nach unse- 
rer Ansicht jedes Mal die ganze organische Welt zu 
Grunde gegangen sein. Dass die Organismen sich 
neuen, wesentlich verschiedenen Verhältnissen an- 
passen, akkommodiren könnten, wie Manche glauben, 
widerspricht aller Erfahrung. Es haben sich bekannt- 
lich schon seit längerer Zeit sogenannte Akklimati- 
sations-Gesellsehaften, deren Aufgabe war, Pflanzen 
und Thiere an andere Verhältnisse zu gewöhnen, 
gebildet. Die Erfahrung hat gelehrt, dass ihre Ar- 
beiten ohne Ausnahme umsonst gewesen sind. Auch 
nicht das geringste Resultat ist aus ihren nach allen 
Richtungen hin gemachten Versuchen hervorgegangen. 
Dergleichen Gesellschaften sind wegen dieser Resul- 
tatlosigkeit auch wiederum zum allergrössten Theil 
eingegangen, oder ihre Thätigkeit hat eine andere 
Richtung genommen. Wenn es demnach nicht ein- 


mal möglich ist, jetzt Pflanzen an andere klimatische 
Verhältnisse zu gewöhnen, um so weniger möchte 
unsere Pflanzen- und Thierwelt noch existiren kön- 
nen, wenn sich klimatische und Bodenverhältnisse 
plötzlich durchaus umänderten. 

Als noch jene riesigen Wälder von Schachtel- 
halm- und Farn-Arten aus der Steinkohlenzeit exi- 
stirten und die nicht minder riesigen Eidechsen in deren 
Wäldern ihren Aufenthalt genommen hatten, war die 
Oberfläche der Erde noch nicht so fest, wie heut zu 
Tage; die Kalkberge der spätern Zeit existirten noch 
nicht und es herrschte eine gleichmässigere Tempe- 
ratur auf der ganzen Erde. Massen von Kohlensäure, 
welche jetzt an den Kalk unserer Berge gebunden 
ist, bewegten sich damals in freier Luft und konnten 
den massigen Wäldern der damaligen Zeit die nö- 
thige Nahrung geben. Wie die Pflanzen der Stein- 
kohlen-Perioden diesen Umständen angepasst waren, 
so würden sie heut’ zu Tage eben so wenig exi- 
stiren können, als unsere jetzigen Pflanzen in je- 
ner Urzeit. 

Wie die Verhältnisse sich jetzt gestaltet haben, 
sind für die Arten bestimmte Formen, die aber zu- 
fälligem und unbedeutendem Wechsel unterworfen 
sind, gegeben. Jede Art bewegt sich demnach in 
einem Kreise dieser Formen, der, je nach den Ver- 
hältnissen, grösser und geringer sein kann; aus die- 
sem Kreise geht sie aber bei aller Mannigfaltigkeit 
nicht heraus. Es ist ein Etwas, was wir das Spe- 
eifische nennen wollen, aber wissenschaftlich nicht 
weiter begründen können, was in der Art konstant 
ist und bleibt, so lange nämlich der jetzige Zustand 
der Erde nicht wesentlich verändert wird. Es möchte 
diese Konstanz auch um so nothwendiger sein, als, 
sobald man einmal wesentliche Veränderungen zu- 
liesse, diese gar keine Grenzen finden würden. Es 
möchte dann überhaupt wieder eine Zeit heraufbe- 
schworen werden, wo die organische Form sich erst 
zu entwickeln begann. 

Die Art ist, wir wiederholen es, für unsere Zeit 
beständig und geht, wenn die Verhältnisse auf un- 
serer Erde sich durchaus umändern, unter, akkommo- 
dirt sich, als Produkt dieser Verhältnisse, also nicht. 
Wir haben, wie gesagt, kein Beispiel, wo eine Art in 
eine andere übergegangen ist. Nicht alle Arten aber, 
welche der Systematiker als solche bis jetzt aner- 
kennt, sind wirkliche Arten. Zu ihrer Erkennung, 
gehört das ganze Leben, die Entwickelungsgeschichte 
von dem Embryo bis zum Absterben, das Kennen 
und Erforschen aller Lebens - Stadien. Es ge- 
nügt keineswegs ein einziger Zustand, wie er bei- 
spielsweise in getrockneten Exemplaren des Herbar, 


23° 


Pe - 


so sehr auch dessen Berechtigung als eine Ergänzung 
anerkannt werden muss, gegeben ist. 

Wie unsere klimatischen und Bodenverhältnisse 
gewissen Schwankungen unterworfen sind, so nicht 
weniger auch durch sie bedingt, die Arten. Je hart- 
näckiger diese Schwankungen sind, um so länger 
wird auch die durch sie hervorgerufene Veränderung 
in der Art anhalten, bis zu einem bestimmten Punkt 
selbst konstant werden. Jede Art existiıt in Folge 
einer Reihe aufeinander folgender chemisch-physika- 
lischer Gesetze, beherrscht durch andere, welche 
wir nicht kennen und gewöhnlich als Lebensgesetze 
bezeichnen. Wir möchten diese letzteren die speci- 
fischen, d. h. in der Art selbst beruhenden Gesetze 
nennen. Dass manche von ihnen später noch aus- 
geschieden und den ebemisch-physikalischen unter- 
geordnet werden müssen, unterliegt wohl keinem 
Zweifel und beruht, dass es noch nicht geschehen 
ist, nur auf unserer geringen Kenntniss von dem 
Leben überhaupt. 

Jede Art, mag sie Pflanze oder Thier sein, ent- 
steht aus einer Zelle. In dieser Zelle beruht bereits 
die Art und das Speeilische. Sie existirt als etwas 
Selbständiges, welches sie im Kampfe mit der Aus- 
senwelt, d. h. durch die eben bezeichnete Reihe 
chemisch-physikalischer und nicht weniger durch die 
sogenannten Lebensgesetze bedingter Prozesse, die 
sich immerfort erneuern und verändern, kundthut. 
Es entstehen dadurch gewisse, jeder Art eigenthüm- 
liche Formen, die im Verlaufe ihrer Existenz, d. h. 
ihres Lebens, sich Ändern können oder auch mehr 
oder weniger sich gleich bleiben, bis die Art selbst 
im Kampfe mit der Aussenwelt endlich unterliegt, 
vorher aber durch Bildung neuer Anfänge, welche 
dieselbe Reihe von Prozessen, d. h. denselben Le- 
benslauf, durchmachen, dafür gesorgt hat, dass sie 
als solche erhalten bleibt. Untergang d. h. Tod der 
einzelnen Individuen gehört eben so sehr zum Be- 
griff der Art, als die Fortpflanzung. 

Je früher im Leben des Organismus, speciell 
der Pflanze, ein Einfluss von aussen auf ein Indivi- 
duum so nachhaltiger wird er 
auch auf die Entwiekelung und auf die äussere Form 
einwirken. Es wird dabei der Art 
das Bestreben liegen, den fremden Einfluss möglichst 
Im Anfange des Kam- 
pfes wird es leichter sein, als später, wo der länger 
andauernde Einfluss hartnäckiger geworden ist. Es 
die kurze Dauer des Lebens 
selbst mehrer nach einander existirender 


ausgeübt wird, um 


aber immer in 


bald wiederum zu beseitigen. 


kann schliesslich für 
eines, ja 
die Konstanz einer solehen Form-Verän- 


Der- 


Menschen, 
derung bei einer Pflanzen-Art sich erhalten. 


gleichen Fälle, die nicht selten vorkommen, sind es, 
welche uns sehr leicht Scheinarten geben können. 
Wir wollen versuchen, das hier Gesagte durch 
Beispiele zu erläutern. Bei der Bildung der ersten 
Zelle eines Individuums ist die Befruchtung für die 
spätere äussere Form massgebend. So lange diese 
durch den Pollenschlauch der eigenen Art geschieht, - 
werden aus der ersten Zelle der Mutter vollständig 
gleiche Individuen hervorgehen, wie aber ein Pollen- 
schlauch einer anderen Art, deren Bildung und wei- 
teren Entwickelung ähnlich ist, so dass eine Antheil- 
nahme bei der Bildung des neuen Individuums mög- 
lich wird, einwirkt, werden auch die chemisch- 
physikalischen Prozesse mehr oder weniger für das 
neue Individuum umgeändert werden; es wird sich 
eine Reihe etwas verschiedener Prozesse bilden, 
durch die das neue Individuum seinen Lebenslauf 
auch in etwas verschiedener Weise durchmacht. 
Dieses neue Individuum führt den Namen Blendling 
oder Bastard (planta hybrida) und zeigt in der Regel 
eine äussere Gestalt, welche gleichsam eine Verbindung 
zwischen der von Mutter und von Vater herstellt. 
Gewinnt man von einem solchen Blendlinge Samen, 
was in der Regel nur ausnahmsweise geschieht, so 
werden die daraus gezogenen Individuen, je nachdem 
ihre ersten Zellen bei ihrer Entwickelung einen vor- 
herrschenden Einfluss von Seiten der Mutter oder 
von Seiten des Vaters gehabt haben, ein anderes 
Ansehen erhalten. Benutzt man dergleichen Pflanzen 
mit einem besonderen Typus zur weiteren Aussaat 
und fährt damit mehre Generationen fort, so wird 
dieser Typus um so konstanter werden, als Aus- 
saaten auf einander geschehen sind. Es können 
schliesslich alle Individuen einer Aussaat den be- 
stimmten Typus besitzen, Damit ist eine Scheinart 
entstanden, die, bei fortgesetzter Aufmerksamkeit des 
Gärtners, der nur solche Individuen zur Gewinnung 
von Samen benutzt, die den bestimmten Typus am 
Meisten besitzen, von dem Botaniker, der ihre Ent- 
stehung nicht kennt, als ächte Art betrachtet wird. 
Es kann aber auch bei der Bildung der ersten 
Zelle eines Individuums oder ihrer ersten wei- 
teren Entwickelung irgend ein anderes Etwas einen 
Einfluss auf die mehrmals bezeichneten Prozesse aus- 
üben und dadurch auch mehr oder weniger bestim- 
mend auf die Gestalt des neuen Individuums einwirken. 
sich in derselben 


bei 


Dergleichen Individuen können 
Gestaltung fortpflanzen, gehen in der Regel, wie 
Darwin sich ausdrückt, im, Kampfe um's Dasein 
aber allmählig wieder zu Grunde. Bisweilen erhalten 
sie sich jedoch eine lange Zeit, bis schliesslich andere 
Einwirkungen kommen, durch die dergleichen Schein- 


181 


arten wiederum in ihren ursprünglichen Zustand zu- 
rückgehen. 

Was hier (für uns) der Zufall thut, macht der 
Gärtner, der bemüht ist, seine Blumen, Früchte und 
Gemüse (nach menschlichen Begriffen) zu vervoll- 
kommnen, absichtlich. Sobald er an irgend einem 
Individuum seiner Kulturpflanze eine Abweichung 
sieht, die nach seiner Ansicht nach irgend einer 
Seite hin zu einer Vollkommenheit führen könnte, so 
verfährt er auf gleiche Weise, wie es bereits in Be- 
treff der Blendlinge gesagt worden ist. Sieht der 
Gärtner z. B. bei einer Florblume in sofern eine 
Geneigtheit zum Gefülltsein, dass das eine oder andere 
Staubgefäss in ein Blumenblatt übergegangen ist, so 
wählt er für die Gewinnung des Samens für eine 
folgende Aussaat die Blüthen aus, welche das Ge- 
neigtsein am Meisten besitzen. So verfährt er bei 
den ferneren Aussaaten, bis er schliesslich eine ganz 
gefüllte Blume erhalten hat. Da diese natürlicher 
Weise keinen Samen hervorbringen kann, so ist der 
Gärtner gezwungen, sich für seine weiteren Aussaaten 
solcher Blüthen zu bedienen, wo die Umwandlung 
nicht durchaus geschehen ist. Er wird deshalb eine 
in diesem Sinne gefüllte Pflanze nie konstant machen 
können. 

Was anders istes, wo die Abänderung die äussere 
Form der Blätter und Blüthen, oder auch die Farbe, 
endlich aber den ganzen Habitus betrifft. Hier be- 
sitzen wir eine Reihe ziemlich konstant gewordener 
Abweichungen, also Scheinarten. Durch andauernde 
Bemühungen von Seiten der Gäıtner ist es sogar 
selungen, z. B. bei den Levkojen nicht allein die 
Form mit dem Laekblatte konstant zu machen, son- 
dern man erhält auch jetzt durch die Aussaat be- 
stimmte Farben in den Blumen. Am Hartnäckigsten 
widerstand in dieser Hinsicht lange Zeit den Be- 
mühungen der Gärtner unser Stiefmütterehen (Viola 
altaico-trieolor). Es ist noch gar nicht lange her, 
dass man bei einer Aussaat alle möglichen Farben 
und Zeiehnungen in der Blume erhielt und erhält sie 
noch von nicht ausgewählten Samen. Wer aber jetzt 
bestimmte Farben in den Blumen der Stiefmütterchen, 
‚etwa behufs bestimmter Zeichnungen in seinen Teppich- 
heeten, haben will, kann jetzt Samen kaufen, der 
ihm, wenigstens zum allergrössten Theil, Pflanzen 
mit der Farbe und Zeichnung, wie er sie haben 
will, gibt. 

Gartenbesitzer, welche sich ihr Gemüse selbst 
heranziehen, begehen meistentheils den grossen Feh- 
ler, dass sie die ersten Salatköpfe, die ersten Gurken, 
welche sie heranziehen, auf den Tisch bringen. Diese 
sind allerdings in der Regel die besten und wohl- 


schmeckendsten. Dergleichen beste Salatköpfe, Gur- 
ken u. s. w. bringen aber auch den Samen hervor, 
der vor allen anderen nachreifenden bei einer Aussaat 
die Pflanzen gibt, welche nach unserem menschlichen 
Begriffe am vollkommensten sind. Die vielen Klagen, 
welche wir namentlich auf dem Lande über schlech- 
ten Salat u. s. w. nicht selten vernommen haben, 
besitzen gewöhnlich hierin ihren Grund. Dergleichen 
im Kampfe um’s Dasein sich erhaltene, also ziemlich 
oder ganz konstante Abweichungen bilden unsere 
Abarten erster Ordnung, welche, wie gesagt, leicht 
für ächte Arten gehalten werden können und oft 
auch gehalten werden. Dahin gehört ohne Zweifel 
der grösste Theil unserer heutigen Arten, die bei 
ihren natürlich auch grösseren Schwankungen in ihrer 
äusseren Form leider oft genug zur Behauptung be- 
nutzt wurden, dass die Arten der jetzigen Zeit in 
einander übergehen. 

Je später in der Entwickelung der Art die Ab- 
weichung ihren Anfang nimmt, um so weniger wird 
diese also sich bei Aussaaten erhalten oder, wie 
man sich bisweilen auch ausdrückt, vererben, um so 
mehr werden wir aber auch uns der Gründe bewusst 
werden, durch die die Abweichung bedingt wurde. 

Wenn eine gedrängt wachsende Alpenpflanze in 
unsere nordische Ebene verpflanzt wird, so erhält 
sie allmählig durch Aussaaten ein anderes, zunächst 
weniger gedrängtes Ansehen.  Dergleichen Pflanzen, 
die zufällig, hauptsächlich mit den Flüssen, in die 
Ebene kamen, sind oft schon als besondere Arten 


beschrieben worden. Ranunculus nemorosus sieht 
in der Ebene ganz anders, wie im Gebirge, wo er 
sewöhnlich als R. aureus bezeichnet wird, aus. Salix 


bicolor der Alpen möchte man wohl kaum für die- 
selbe halten, welche in der Ebene wächst, wenn nicht 
damit Aussaatversuche gemacht worden wären und 
diese es bestätigt hätten. Dass unsere Kulturpflanzen 
am Meisten der ursprünglichen 
Form ist natürlich, da auch sie am 
Meisten den Abweichungen von den natürlichen Ver- 
hältnissen ausgesetzt sind. 

Es ist in der -Natur die Einrichtung getroffen, 
dass die Pflanze die Nahrung mit Hülfe sogenannter 
anorganischer Stoffe bereitet und an bestimmten Or- 
ten: in der Wurzel, dem Holze, der Frucht u. s. w. 
ansammelt, damit sie zunächst zu den eigenen Neu- 
bildungen zur Verwendung kommen. Diese Nahrungs- 
stoffe dienen aber auch, und zwar einzig und allein, j 
den Thieren zur Ernährung, also zu ihrer weiteren 
Entwickelung und zum Aufbau ihres Körpers. Die 
Pflanze arbeitet demnach dem Thiere nur vor. Es 
liegt demnach im Interesse des Menschen, dergleichen 


geneigt sind, von 


abzuweichen, 


ee.) 


Pflanzen in ihren Arbeiten für die Anfertigung soleher 
Stoffe zu unterstützen. Bei einigen Pflanzen ist es 
ihm besonders gelungen; diese sind es, welche jetzt 
im Grossen, also landwirthschaftlich, angebaut werden. 
Das ganze Streben des Landwirthes geht auf diesen 
einen Punkt hinaus. 

Es darf nicht Wunder nehmen, dass bei manchen 
Kulturpflanzen, welche viele Jahrtausende vielleicht 
angebaut und dabei allen möglichen Einflüssen von 
aussen unterworfen wurden, schliesslich die Umän- 
derung in einer Weise stattfand, dass wir zuletzt 
allen Zusammenhang mit der ursprünglichen Form 
verloren haben. Es betrifft dieses ganz besonders 
unsere Getreide - Aıten, wenigstens zunächst den 
Weizen, während der Roggen wohl aus Secale fra- 
sile, die Gerste aus einer zuerst von uns in den 
westlich vom Kaspischen Meere gelegenen Ländern 
entdeckten Art, von uns H. spontaneum genannt, 
entstanden ist und Hafer noch im Oriente wild wächst. 
Der Weizen ist das Getreide, was nach unseren Nach- 
forschungen zuerst von dem grossen arabischen Volks- 
stamme angebaut wurde und demnach in dessen 
Stammlande gesucht werden muss. Leider hat man 
sich noch gar nicht damit beschäftigt, dureh Aus- 
saaten, aber in umgekehrter Weise, als Gärtner und 
Landwirthe thun, um nach ihrem Begriffe möglichst 
vollkommene Pflanzen zu erhalten, Versuche anzu- 
stellen, indem man in diesem Falle grade den Sa- 
men solcher Individuen zur Aussaat benutzt, welche 
am wenigsten dem Verlangen des Landwirthes und 
des Gärtners entsprechen, der ursprünglichen Art 
dagegen in ihrer äusseren Erscheinung näher kommen. 

Eine interessante Erscheinung ist, dass der 
Weizen in einer grossen Menge von Formen existirt 
und noch fortwährend neue Formen sich bilden, 
während der Formenkreis des Roggens ein sehr be- 
schränkter ist. Es beweist dieses die Thatsache, 
dass manche Arten zu einem grossen Foımenkreise 
geneigt sind, andere aber gar nicht. Ferner spricht 
der Umstand, dass. der Weizen, obwohl er mehre 
Jahrtausende schon Kulturpflanze ist, sich trotz sei- 
nes grossen Formenkreises doch stets innerhalb des- 
selben auch erhalten hat und kein Beispiel vorliegt, 
dass er in den sonst sehr nah verwandten Roggen 
übergegangen wäre. 

Den Ursprung unserer Obstsorten zu ergründen, 
ist uns dadurch leichter geworden, dass die Natur 
selbst dafür Sorge getragen hat, durch hier und da 
zufällig geschehene, sogenannte freiwillige Aussaaten 
sie der ursprünglichen Form wieder näher zu führen, 
Dergleichen zurückgegangene Obstsorten hat man irri- 
ger Weise zu Pflanzen-Arten erhoben. Gewiss sind 


unsere heutigen Obstsorten zum Theil durch Einflüsse 
der Kultur entstanden, es unterliegt aber auch keinem 
Zweifel, dass hier auch Blendlinge vorliegen. Es 
gilt dieses besonders von dem Kernobste. Wir dür- 
fen uns demnach gar nicht wundern, wenn wir bei 
Aussaaten vom Kernobst Individuen mit allen mög- 
lichen Formen von Blättern und Früchten erhalten, 
welche die Unterscheidung von besonderen Apfel- 
und Birn-Arten illusorisch machen. Der Pariser Aka- 
demiker Decaisne hat hierüber höchst interessante 
Versuche angestellt. 

Ob unsere europäischen Weinreben aus einer 
oder aus mehrern Arten entstanden sind, muss 
noch weiter untersucht werden, wenn es auch wahr- 
scheinlich ist, dass nur eine Art Mutterpflanze aller 
unserer Rebensorten ist. Vor wenigen Jahren hat 
man zur Lösung dieser Frage höchst schätzens- 
werthe Versuche in Lyon und Montpellier gemacht. 
Man hat auch hier gefunden, dass aus einer Aussaat 
alle möglichen Formen der jetzigen Weinreben ent- 
stehen können. Es scheint in der Natur ein beson- 
deres Gesetz zu liegen, dass alle früher vorhanden 
sewesenen Formen, welche einer Mutterpflanze, deren 
Samen man zur Aussaat wählt, ihr vorangegangen 
sind, deren Produkt sie schliesslich selbst geworden 
ist, wiederum zum Vorschein kommen können. Man 
hat dieses Gesetz mit dem Namen Atavismus be- 
lest. Es möchte wohl im Stande sein, die Konstanz 
unserer heutigen Arten vor Allem zu bekräftigen. 

Der grössere oder kleinere Formenkreis, den eine 
Art oder ein Komplex von einander nahe stehender 
Arten besitzt, hängt von der Leichtigkeit der Einwir- 
kung bestimmter Einflüsse ab. Wie es Arten gibt, 
die bei allen klimatischen und Bodenverhältnissen in 
ihrer äusseren Form keine Veränderungen zeigen, so 
haben wir auch umgekehrt Aıten, die bei jedem 
Wechsel ihres Standortes in ihrer äusseren Gestalt 
wechseln. Ferner ist es den einzelnen Arten eigen- 
thümlich, ob sie mit anderen nahe stehenden Arten 
leicht Kreuzungen eingehen oder nicht. Es scheint 
fast, als wenn Pflanzen, welche zu Veränderungen 
geneigt sind, auch leicht Kreuzungen eingehen. Ist 
dieses der Fall, so wird es fast unmöglich, die festen 
Arten noch herauszufinden, es gehören wenigstens 
lang andauernde und schwierige Untersuchungen da- 
zu, sie festzustellen. 

Als Beispiele hierfür mögen vor Allem die Rosa- 
und Rubus-Arten dienen. Gewiss liegen beiden Ge- 
schlechtern nur wenige Arten zu Grunde, es sind 
aber durch den Einfluss der klimatischen und Boden- 
Verhältnisse so viele Formen, die in einander über- 
sehen, entstanden, dass es bis jetzt unmöglich ge- 


wesen ist, zunächst für Rubus bestimmte Arten auf- ! 
zustellen. Die geringste Verschiedenheit im Klima 
und Boden bedingt hier andere Formen. Es erklärt 
dieser Umstand zur Genüge, dass jedes Land mit 
seinen klimatischen und Boden-Verhältnissen auch 
seinebesonderen Rubus-Formen besitzt, die zumgrossen 
Theil in einem andern Lande nieht vorkommen. Die” 
Sueht vieler Botaniker, sich durch Aufstellung neuer 
Arten unsterblich zu machen, hat dieser Umstand 
auch hinlänglich Gelegenheit geboten, neue Arten auf- 
zustellen. Alle Floren der verschiedenen Länder und 
selbst nur einzelner abgeschlossener Distrikte haben 
solche Gelegenheiten gegeben. Die Zahl der be- 
schriebenen mitteleuropäischen Brombeersträucher be- 
trägt schon mehrere Hunderte. Weihe und Gottfr. 
Nees von Esenbeek haben mit Aufstellungen zahl- 
reicher Arten des Genus Rubus begonnen und viele 
Andere in Deutschland, der Schweiz und Frankreich 
sind ihnen später gefolgt. 

Bei unseren wild wachsenden Rosen scheinen 
Klima und Boden-Verbältnisse zwar ebenfalls auf das 
Vorkommen von Formen Einfluss gehabt zu haben, 
die Neigung zu Kreuzungen ist hier jedoch besonders 
hervorzuheben. Dass die Blendlinge bei den Rosen 
meist fruchtbar sind, hat zur Vermehrung der Formen 
ebenfalls nicht wenig beigetragen. 

Eine dritte Reihe von Pflanzen, deren Arten 
formenreich sind, stellen die Disteln, vor Allem die 
Cirsien, dar. Hier scheint eine grosse Neigung zu 
Kreuzungen Ursache zu sein. Da hier aber die 
Blendlinge meist keine keimfähigen Samen bilden, so 
sterben sie bald wieder aus, und neue Blendlinge 
mit anderen Formen treten an ihre Stellen. Bei den 
Hieracien, welche bekanntlich ebenfalls sehr ändern, 
scheinen weniger Blendlinge vorzukommen, als an- 
dere äussere Verhältnisse, welche diese Form -Ver- 
änderungen bedingen. Die Ab- und Anwesenheit 
von. Stolonen bei den Hieracien scheint das un- 
sicherste Merkmal zu sein, um hierauf eine Art zu 
begründen. 

Nach allem diesem, was wir mitgetheilt haben, 
geht wohl unzweifelhalt hervor, dass so lange wir 
dieselben klimatischen und Boden-Verhältnisse auf 
unserer Erde besitzen, wir auch bei Pflanzen und 
Thieren feste Arten, die keineswegs ineinander über- 
sehen, haben. Die heutigen Zustände haben bereits 
eine Konstanz angenommen. Da Pflanzen und Thiere, | 
wie wir gleich anfangs ausgesprochen haben, das 
Produkt dieser Zustände sind, so müssen die Arten 
nothwendiger Weise ebenfalls konstant sein. 


183 


Illustration horticole. 
Jahrgang 1871. 


Die Einrichtung dieses 2. Jahrgangs der dritten 
Reihe, oder des 18. überhaupt, ist dieselbe geblieben, 
wie früher; wie früher so lässt auch jetzt die Aus- 
stattung nichts zu wünschen übrig. Wenn wir wie- 
derum, wie bei Gelegenheit der Besprechung des 
letzten Jahrganges, viele der hier abgebildeten und 
empfohlenen Pflanzen bereits in früheren Jahrgängen 
der Wochenschrift besprochen haben, so liegt der 
Grund auch dieses Mal ebenfalls weniger darin, dass 
der 18. Jahrgang etwa weniger Neues enthält, als 
vielmehr darin, dass wir die abgebildeten Pflanzen 
schon, bevor sie in den Handel kamen, in dem Lin- 
den’schen Etablissement selbst, zum Theil aber auch 
bei Gelegenheit der letzten grösseren Ausstellungen 
gesehen haben. Zu bedauern ist, dass mit der drit- 
ten Reihe der Illustration hortiecole die Zählung der 
Tafeln wiederum von vorn beginnt. Bei Citaten giebt 
eine solehe Einrichtung sehr leicht zu Irrthümern An- 
lass. Trotz der sehr langen Zeit, wo das botanical 
Magazine besteht, wird hier in Betreff der Tafeln 
weitergezählt. 

Wir beginnen mit einigen Lianen des freien Lan- 
des und der Gewächshäuser. Aristolochia bar- 
bata Jaeg. (Tab. 63) zuerst von Linden als A. 
dietyantha Duch. in den Handel gebracht, wurde 
bereits im vo.igen Jahrgange der Wochenschrift (S. 
278) besprochen. Eben so Haemadyetion 
fulgens (Tab. 49), der Echites 
hend (8. 167). 

Zu den buntblättrigen Dioskoreen: D. 


re- 
nutans nahe. ste- 
chryso- 
phylla, melanoleuea, metallieca und retusa, 
welche wir im vorigen Jahrgange (S. 158) empfoh- 
len haben und in der Illustration horticole (Tab. 53) 
abgebildet sind, kommen jetzt noch einige, auf die 
Wir 
haben sämmtliche ‘Arten in üppigster Vegetation im 


wir nicht weniger aufmerksam machen wollen. 


Linden'schen Etablissement gesehen und die Ueber- 
zeugung gewonnen, dass sie zu den schönsten, bunt- 
blättrigen Pflanzen gehören, welche wir in der Neu- 
zeit erhalten haben. Die Blätter ähneln in Gestalt, 
Farbe und Zeiehnung den Anecochilus-Arten unge- 
mein, die Pflanzen sind aber nicht zwergige Kräuter, 
sondern Lianen, wie alle übrigen Arten des Geschlechts 
Dioscorea. 

Die genannten Arten haben 
näher bezeichnet, es bleibt uns demnach 


wir bereits früher 
nur noch 
übrig, auch einige Worte über die noch nicht be- 


sprochenen und hier bildlich dargestellten zu sagen. 


ne 


Dioscorea Sagittaria (Fig. 2) hat, wie der Name |! gensis eine dunkel- und Lady Caroline Nevill 


sagt, pfeilfürmige Blätter. Ihre Oberfläche besitzt 
eine grasgrüne Grundfarbe, die aber zwischen den 
drei von der Basis nach oben gehenden Nerven durch 
breite, silbergraue Bänder vertreten wird. D. Eldo- 
rado (Fig. 5) erinnert etwas an die Zeichnung auf 
den Blättern des Anecochilus Eldorado. Die Blätter 
sind an der Basis herzförmig, ausserdem länglich- 
lanzettförmig. Die Grundfarbe ist ein Lebergrün, wird 
aber durch 9 silbergraue Bänder unterbrochen, welche 
längs der 9 von der Basis aus entspringenden Nerven 
sich erstrecken. Endlich ist noch D. prismatica 
(Fig. 6) zu nennen, unbedingt die schönste von allen. 
Die grossen und breiten Blätter sind herzförmig, haben 
aber eine besondere, nicht sehr in die Länge gezogene 
Spitze. Ihre Länge beträgt bisweilen fast !, Fuss, 
ihre Breite dagegen oft 41), Zoll und selbst mehr. 
Die Grundfarbe ist sammetgrün, aber unterbrochen 
durch ein silbergraues Band längs des Mittelnervs, 
während die 3 andern Nerven auf jeder Seite (nicht 
auch ihre nächste Umgebung) dieselbe silbergraue 
Farbe besitzen. Ausserdem sind noch die die Nerven 
verbindenden Queradern mehr oder weniger roth 
gefärbt. Endlich trägt zur Mannigfaltigkeit auch bei, 
dass die Unterfläche der Blätter eine gleichmässige 
braune Farbe besitzt. 

Linden und Andre betrachten alle diese bunt- 
blättrigen, zum Theil aber in der Form der Blätter 
sehr verschiedenen Dioskoreen nur für Formen einer 
und derselben Art, welcher sie den passenden Namen 
D. multicolor (d. h. der vielfarbigen) geben. 

Zu den grössten Errungenschaften des gärtne- 
rischen Fleisses und des gärtnerischen Kunstsinnes 
sehören ohne Zweifel die Formen und Blendlinge 
derjenigen Waldreben, welche aus Clematis patens 
(azurea) und lanuginosa von Japan und China ge- 
züchtet sind. Den Reigen eröffnete der Engländer 
Jaekman, später ‚trat aber auch der Engländer 
Cripps mit gleichen glücklichen Resultaten in die 
Schranken. Von den ersteren haben wir bereits 
mehrmals in der Wochenschrift gesprochen. Sie sind 
auch so verbreitet, dass wir zu ihrer Empfehlung 
nichts mehr zu sagen brauchen. 

Die Cripps’schen Waldreben übertreffen die 
Jaekman’schen noch an Blumenpracht. Die schön- 
sten 3 sind jetzt in der Illustration horticole (Tab. 50) 
abgebildet worden. Sollten die Blumen in der That 
so gross sein, als sie bildlich dargestellt sind, so 
hätten sie !/, Fuss und mehr im Durchmesser. Star 
of India besitzt eine purpurviolette, Tunbrid- 


eine hellblaue Farbe. 

Donicera Perieclymenum L. ist eine der 
ältesten und beliebtesten Lianen oder Schlingpflanzen, 
die auf dem Lande noch vielfach zur Verwendung 
kommt. Bis jetzt war, so viel wir wissen, keine 
buntblättrige Form im Handel; um so mehr ist dem- 
nach eine zu empfehlen, welche Linden jetzt mit 
der jnäheren Bezeiehnung aurea in der Illustration 
horticole (Tab. 59) abgebildet hat. Die Blätter sind 
kleiner, als bei der grünblättrigen Form, und haben 
fast durchaus eine gelbliche Farbe. 

Eine zweite beliebte Art des Subgenus Capri- 
folium (Geisblatt, Jelängerjelieber in Mittel- und Süd- 
Deutschland) ist die immergrüne Lonicera sem- 
pervirens. Ihr nahe steht eine erst in der neueren 
Zeit eingeführte Art, welche Lindley als Capri- 
folium occidentale beschrieben hat, gewöhnlich 
aber unter dem Namen Lonicera Brownii in den 
Gärten vorkommt. Vor Kurzem haben Simon- 
Louis freres in Metz eine ähnliche Form, welche 
sie für eine Form der L. sempervirens halten, nach 
unserer Ansicht aber wohl mehr ein Blendling dieser 
mit oceidentalis darstellt, dieser sogar weit näher 
steht, in den Handel gebracht. Sie ist reichblüthiger, 
als beide Elternpflanzen, und überhaupt üppiger. 
Die Farbe der unregelmässigen Blumenkronen ist 
safrangelb. Linden hat ihr den Namen L. semper- 
virens Planterierensis (Tab. 86) gegeben, weil 
die Baumschulen von Simon-Louis freres, welche 
in der Nähe von Metz liegen, als Plantieres bezeich- 
net werden. 

Von Blüthensträuchern finden wir zunächst in der 
Illustration horticole die mehrmals besprochene Aza- 
lea mollis Bl. (Tab. 68) in einer Form mit orange- 
gefärbten Blüthen (vergl. vorigen Jahrg. d. Woch. 
S. 264). Auch von Rosa Regeliana Lind. et Andr. 
(Tab. 47) ist bereits berichtet worden (ebenfalls im 
14. Jahrg. S. 196), dass sie nichts weiter ist, als die 
alte bekannte R. ferox. Andre versucht zwar 
in der neuesten Zeit, die Selbständigkeit seiner R. 
Regeliana aufrecht zu erhalten, giebt aber nur Un- 
terschiede von 2 Abbildungen einer und derselben 
Art an, nicht von 2 Arten. Diese R. ferox Lawr. 
stellt nach unserer Ansicht nicht einmal eine selb- 
ständige Art dar und ist nur eine Form der R. ru- 
gosa Thunb. (vergl. Koch’s Dendrologie 1. Band, 
S. 238), einer in ganz Ost-Asien sehr verbreiteten 
und wandelbaren Art. 

(Schluss folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Juni. en. 


Berlin, den 15. 


No. 24. Be 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Die Fest-Ausstellung beginnt am 21. d. M. im Garten des Wilhelms-Gymnasiums (Bellevue-Strasse 15), Festversammlung 
und Festmahl finden hingegen am 23. im Englischen Hause (Mohren-Strasse 49) statt, während endlich am 25. die Festfahrt 
nach Potsdam sein wird. Die hierauf bezüglichen Einladungen mit den näheren Bestimmungen werden zur Zeit den hiesigen 
Mitgliedern mitgetheilt. Auswärtige, welche das Fest beehren wollen, werden ersucht, dieses im Bureau des Vereines (Klub 
der Landwirthe, Französische Strasse 48) gefälligst anzuzeigen. Wer am Festmahl und an der Festfahrt Antheil nehmen 
will, hat dem Herrn Schatzmeister, Rentier Sonntag (Alexandrinen-Strasse 5l), oder auf dem Bureau die Summe von 10, nur 
für das Eine oder Andere dagegen die Summe von 6 Thalern vorher einzuzahlen. An der Festfahrt können auch Damen 
zu 4 Thlr. Antheil nehmen. Wegen der nöthigen Vorbereitungen wird freundlichst ersucht, die Einzeichnungen möglichst 
zeitig machen zu wollen. 


Jahrgang 1871 (Schluss). — Der Papau. 


' geltende Bestimmung ausgeschlossen wären. Schliess- 


v4. Versammlung ‚lich einigte man sich dahin, dass fortwährend Zeich- 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues. | nungen von 10 Thalern für beide Festtage angenommen 
am 28. Mai. ' werden sollten, dass aber auch gestattet würde, ent- 


Da der Vorsitzende durch amtliche Reisen ver- | weder am Sonntag (den 23. Juni) an dem Festmahle 
hindert war zu erscheinen, hatte der erste Stellver- | oder am Dienstag (den 25. Juni) an der Fahrt nach 
treter, Garteninspektor Bouche&, wiederum den Vor- | Potsdam Theil zu nehmen. Für jeden der beiden 
sitz übernommen. Bei der Verlesung des Protokolls | Tage sind höchstens bis zum 20. d. M. im Bureau 
der letzten Sitzung theilte Dr. Filly nachträglich | der Fest - Ausstellung (Französische Strasse 48) die 
noch mit, dass in dem Report der landwirthschaft- | nöthigen Karten für 6 Thaler einzulösen. 


liehen Centralbehörde in Washington eine ausführ- | Es wurden, da in der Mai-Versammlung die ver- 
liche Abhandlung über die Kolorado - Wanze ent- | schiedenen technischen Ausschüsse neu gewählt 
halten sei. werden, die Wahlzettel vertheilt und nach einiger 


Es war in Betreff des Stiftungsfestes der Antrag | Zeit behufs des Skrutiniums wiederum eingezogen. 
eingebracht worden, dass es auch gestattet sein | Es gingen aus der Wahlurne hervor: 
möchte, nur an einem der beiden Festtage Theil zu N 3 % 
nehmen. Bis jetzt war man gezwungen, für beide | I. Ausschu & r0lst, Gemüse,ung 
Tage die Summe von 10 Thalern zu zeichnen. Man Nutzpflanzen. 
machte hauptsächlich darauf aufmerksam, dass Mit- 1. Baumschulbesitzer Spaeth, zugleich als Vor- 
glieder durch irgend eine Ursache verhindert sein sitzender, ; 
könnten, an beiden Festtagen Theil zu nehmen, ab- | . Baumschulbesitzer Lorberg, 
gesehen davon, dass auch auswärts wohnende Mit- | . Kunst- und Handelsgärtner Boese, 
glieder, welche vielleicht nur für den einen der . Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann, 
beiden Tage nach Berlin kämen, durch die bisher . Hofgärtner Reuter auf der Pfaueninsel. 


24 


wm 


ER 


1. Ausschuss für Erziehung von Blumen 
und für Treiberei. 


—_— 


Garteninspektor Gaerdt, zugleich als Vor- 
sitzender, 

Universitätsgärtner Sauer, 

Garteninspektor Bouche, 

Öbergärtner Haack, 

Kunst- und Handelsgärtner Ritter. 


rm 


III. Ausschuss für Gehölzkunde und 
bildende Gartenkunst. 


1. Stadtgartendirektor Meyer zugleich als Vor- 
sitzender, 

2. Hofgärtner Brasch in Charlottenburg, 

3. Holgartendirektor Jühlke, 

4. Dr. Bolle, 

5. Kunst- und Handelsgärtner Jannoch. 


IV. Ausschuss für Revision der Kasse 

und Bibliothek, sowie zur Entwerfung 
eines Etats. 

Präsident v. Kries, zugleich als Vorsitzender, 

Geheimer Rath Maresch, 

Kammergerichtsrath Vogel, 

4. Kunst- und Handelsgärtner Mathieu, 

5. Kammergerichtsrath Bratring. 

Ausgestellt wurde dieses Mal nur von Seiten 
des Königlichen botanischen Gartens, und zwar durch 
Garteninspektor Bouche&, eine Gruppe blühender 
Pflanzen, welche zur weiteren Verbreitung Empfeh- 
lung verdienen. Es waren dieses Mal zum grössten 
Theil Arten, die früher in den Gärten vielfach sich 
vorfanden, leider aber in der letzten Zeit durch das 
immer mehr überhand nehmende Streben nach dem 
Neuen mehr oder minder daraus verschwunden sind. 
Zu diesen jetzt noch in Gärten wenig gesehenen 
Pflanzen gehören unter Anderem die niedrigen, auf der 
Erde kriechenden und ausdauernden Phlox-Arten, be- 
sonders Phl. setacea und subulata, die wegen ihres Blu- 
menreichthums zu unseren jetzigen Arabesken-Beeten 
nicht genug empfohlen werden können, Ausgestellt wa- 
ren als Formen der zuerst genannten Art: Phlox Nel- 
sonii mit etwas kleineren fleischlarbenen, und Phl. 
Loudoni mit etwas grösseren rosafarbigen Blüthen, 
neben der weissblühenden Abart, welche unter dem 
Namen Phl. nivalis auch als eine selbständige Art 
beschrieben ist. 

Zu gleicher Verwendung möchte auch Trifo- 
lium badium benutzt werden können, um so mehr, 
als es sich buschig baut und die Blüthenköpfe in 
ihren Farben insofern wechseln, als sie anfangs eine 
gelbe, eine braune Farbe haben und sehr 
lange dauern. Auch Erodium Manescavii mit 


Nm 


später 


Seinen grossen rothen Blüthen ist Liebhabern, wenn 
auch in anderer Weise, zu empfehlen. In Töpfen 
gezogen und auf Terrassen, Treppenständern u. s. w. 
aufgestellt, nimmt es sich um so besser aus, als die 
Blüthen zwar an und für sich keine lange Dauer be- 
sitzen, sich aber immerfort erneuern. Zu gleichen 
Zwecken könnte endlich eine bisher noch nicht in 
den Gäıten kultivirte Nelke aus der Gruppe des 
Dianthus collinus dienen, welche im Orient wächst 
und den Namen D. thymphresteos führt. 

Von den früher so sehr beliebten kapischen 
und Garten-Haiden waren ebenfalls einige ausgestellt, 
welche man jetzt nur noch wenig sieht, obwohl sie 
Empfehlung verdienen. Dahin gehören Erica ey- 
lindrica, suaveolens, Hendersoni, fimbriata, 
florida, hybrida und rubro-calyx. Ihnen 
schliessen sich einige niedrigbleibende Leptospermen 
an, welche ebenfalls sich kaum noch hier und da in 
einigen Gärten von grösseren Grundbesitzern auf dem 
Lande vorfinden, obwohl sie wegen ihrer leichten 
Vermehrung und wegen ihrer geringen Pflege, welche 
sie in Anspruch nehmen, auch für Handelsgärtner 
eine Waare bilden könnten. Die in reichlichster 
Anzahl hervorkommenden weissen Blüthen, welche 
eine grosse Aehnlichkeit mit denen der Schlehe 
haben, nehmen sich zwischen den nadelförmigen 
Blättern sehr gut aus. Zu empfehlen sind in dieser 
Hinsicht die beiden vom Inspektor Bouch& aus- 
gestellten Arten Leptospermum aciculare und 
stiphelioides. 

Den Leptospermen schliessen sich die neuhol- 
ländischen Polygalen an, welche ebenfalls früher in 
reichlicher Auswahl kultivirt und hochgeachtet wur- 
den, jetzt aber vernachlässigt werden. Ihre grossen 
blaurothen, denen eines Schmetterlingsblüthler’s nicht 
unähnlichen, Blüthen fallen zwischen dem schönen 
Grün der Laubblätter sehr in die Augen und haben eine 
lange Dauer. Besonders möchten wir auf die ausgestellte 
P. latifolia aufmerksam machen. Endlich nennen 
wir noch die Mitraria coccinea, welche man 
doch noch hier und da sieht und mit ihren ziemlich 
grossen und scharlachrothen Blüthen einen ausser- 
ordentlichen Effekt macht. Sie gehört unbedingt zu 
den schönsten, niedrig bleibenden Blüthensträuchern. 

Professor Koch legte einige der letzten Helte 
der 1llustration horticole vor. Bekanntlich ist diese 
Garten-Zeitschrilft mit dem ganzen Etablissement von 
Ambr. Verschaffelt in Gent in den Besitz des 
Direktors Linden übergegangen. Damit hat auch 
die Redaktion der Illustration hortieole in so fern eine 
Aenderung erhalten, als Lemaire sie niederlegte 


und Andre sie übernahm. Die Absicht des Be- 


der Zeitschrift in sofern eine andere 
Richtung zu geben, als der eigentlichen Gärtnerei 
mehr Raum gewidmet werden sollte. Damit hörte 
sie auf, wie bisher, eine einseitig-botanische Zeit- 
sehrift zu sein. Es ist nicht zu leugnen, dass Lin- 
den durch die Gewinnung Andr&'s den gärtneri- 
sehen Werth seiner Zeitschrift heben wird. Andre 
ist ein durchgebildeter und kenntnissreicher Mann, 
der keineswegs auf dem einseitigen französischen 
Standpunkte sich befindet, sondern auch für alles 
Gute und Schöne, was ausserhalb Frankreichs vor- 
handen ist, nicht allein Sinn besitzt, sondern sich es 
aueh anzueignen sucht. Von Haus aus ist er Land- 
schaftsgärtner und hat durch die Krönung seiner 
Arbeit bei Gelegenheit der Konkurrenz für einen Park 
in Liverpool sich auch im weiteren Kreise einen 
Narnen gemacht. 

Die beiden ersten Jahrgänge der 3. Reihe der 
Illustration horticole, mit denen die Uebernahme sei- 
ner Redaktion begonnen hat, sind noch in gleicher Weise, 
wie früher, fortgesetzt worden; mit dem in diesem 
Jahre begonnenen Bande ist aber eine Aenderung 
in der Weise eingetreten, als jedes Heft mit einer 
Chronique horticole beginnt. Hier wird mitgetheilt, 
was Neues in der gäıtnerischen Welt vorgeht. Dann 
folgt die Abbildung irgend einer neuen und zu em- 
pfehlenden Pflanze mit deren Beschreibung. Frucht- 
und Gemüsegarten erhalten, in so weit es wünschens- 
werth oder gar nothwendig ist, ebenfalls Berücksich- 
tigung; am Meisten wird jedoch, wie man es sich 
wohl denken kann, den gärtnerischen Verschöne- 
rungen Raum gewidmet. Es geschieht dieses 
nicht allein durch Besprechungen über grössere 
und kleinere Anlagen, über gärtnerische Arabes- 
ken u. s. w., durch Anleitung zu allerhand Or- 
namenten u. Ss. w., sondern auch dadurch, dass 
auf ornamentale Pflanzen aufmerksam gemacht 
wird. Am Schluss kommt in der Regel noch eine 
Melange, d. h. ein Allerlei aus allen Theilen der ge- 
sammten Gärtnerei. Dass allerhand erläuternde 
Zeichnungen und Abbildungen zu empfehlender Pflan- 
zen u. Ss. w. in den Text gedruckt werden, erhöht 
den Werth der Zeitschrift. Für das, was die Zeit- 
schrift bringt, ist der Preis von 6 Thalern, wofür 
man sie franco zugesendet erhält, ein mässiger. Bei 
der jetzigen Erleichterung von Einzahlung kleinerer 
Summen durch sogenannte Postmandate ist es Lieb- 
habern bequem gemacht, durch Anzahlung genannter 
Summe an die Adresse von Bruylant-Christophe 
et Co. in Brüssel, die Zeitschrift zu beziehen. 

Professor Koch legte die Abbildung einer ei- 
genthümlichen Wurzelbildung eines Rüsters, welche 


sitzers war, 


erstere sich in der 18. Nummer des Gardener's Chro- 
niele (p. 603) befindet, vor und sprach über ähnliche 
Bildungen, welche er hin und wieder beobachtet 
hatte. Dieser Rüster befindet sich auf dem Rande 
eines auf der einen Seite ziemlich steil abfallenden 
Hügels, wo im Verlaufe einer längeren Zeit durch 
Regengüsse allmählig so viel Erde abgeschwemmt 
wurde, dass die nach dieser Seite hin liegenden 
Wurzeln frei zu liegen kamen. Dadurch verloren 
diese ihre ursprüngliche Wurzelnatur, umkleideten 
sich zunächst mit einer korkigeren Rinde und wur- 
den auch geneigt, Adventivknospen zu treiben. Diese 
entwickelten sich zum Theil bis zu einer gewissen 
Höhe selbst stammartig, oder gingen alsbald zu Grunde, 
um anderen Platz zu machen, bis auch diese ein 
gleiches Geschick hatten. Dadurch entstanden un- 
endliche Missbildungen, welche wir bei Rüstern, be- 
sonders aber bei Linden, häufig am Stamme sehen 
und für den Tischler das beste Maserholz geben. 
Je mehr besonders wagerecht laufende Wurzeln, 
wenn diese in Folge des aufliegenden Gesteines nicht 
tiefer eindringen können, frei werden, um so mehr 
vergrössert sich das schliesslich im hohen Grade 
unregelmässige Wurzelgeflecht und bietet, besonders 
dem Künstler, etwas dar, wie es ihm bei regelrech- 
tem Wachsthume nicht geboten wird. 
auch hier der Fall gewesen. 

Professor Koch erinnerte sich in Tyrol, und 
zwar in der Nähe von Bozen, vor einigen Jahren 
etwas Aehnliches gesehen zu haben. Hier war es 
ebenfalls ein Rüster, der dicht an der Strasse am 
Rande einer Schlucht stand. Der Stamm des Bau- 
mes hatte den Durchmesser von gegen 4 Fuss und 
war bereits so unterwühlt, dass er schon nach der 
einen Seite überhing und vielleicht in wenigen Jah- 
ren überstürzen wird. Das Wurzelgeflecht mit einer 
Ausdehnung von gegen 30 Fuss bot um so mehr 
ein pittoreskes Ansehen dar, als auch die dabei be- 
findliehen isolirten Felsen zur Erhöhung der Schön- 
heit beitrugen. 

Wer den Park von Muskau besucht hat, wird 
sich auch der mächtigen Eichen, welche noch aus 
der alten Wendenzeit stammen sollen, erinnern. Sie 
stehen zum Theil ebenfalls auf dem Rande der auf 
der einen Seite das Neissethal einschliessenden Hü- 
selwand und sind ebenfalls mehr oder weniger an 
ihren Wurzeln frei gelegt worden. Wenn auch nicht 
in der grossartigen Weise, wie die Abbildung in Gar- 
dener’s Chroniele es darstellt, das freigelegte Wurzel- 
geflechte sich dem Auge darbietet, so ist es doch 
werth, dass künftige Besucher des Muskauer Parkes 
darauf aufmerksam gemacht werden. 


Dieses war 


24° 


Von Seiten des Garteninspektors Bouche@ und 
des Dr. Bolle wurden ebenfalls Mittheilungen über 
ähnliche Erscheinungen gemacht. 

Garteninspektor Bouch& machte wiederum Mit- 
theilungen über die Stachelbeerwespen, welche bei 
uns, besonders im vorigen Jahre, sehr grosse Ver- 
wüstungen angerichtet haben. Da die vollkommenen 
Insekten (Nematus ventrieosus und Emphytus Gros- 
sulariae) im Jahre leider zweimal kommen, einmal im 
Frühlinge und einmal im Herbste, so sind sie um so 
schädlicher. Die Puppen überwintern in der Erde 
in einem mit Erdklümpchen gemischten Cocon. Wenn 
man demnach in einer Zeit, wo ihre Anzahl notorisch 
zugenommen hat, gegen den Winter hin die Erde 
rings um die Stachel- und Johannisbeerbüsche weg- 
nımmt und durch andere ersetzt, oder noch besser, 
wenn man die Fruchtsträucher selbst vorsichtig her- 
aushebt und sie von aller anhängenden Erde befreit, 
entzieht man sie den im Frühjahre kommenden Alter- 
raupen oder Maden. 

Kunst- und Handelsgärtner Spaeth hatte bereits 
im vorigen Jahre die Versetzung der besagten Sträu- 
cher in andere Quartiere ausgeführt und war in des- 
sen Folge von diesen Verwüstern in diesem Jahre 
verschont geblieben. Auch Obergärtner Perring in 
Pankow hatte dieselbe Erfahrung gemacht. Andern- 
theils glaubte Obergärtner Rönnenkamp, dass das 
Mittel der Verpflanzung, wenn man die Sträucher 
nicht sehr weit wegbringen könne, nicht ausreichend 
sein dürfte, da die kleinen Wespen in Folge ihres 
Instinktes den neuen Ort wohl bald ausfindig machen 
würden. Ein Jahr Beobachtung sei auch zu wenig, 
da möglicher Weise auch andere Ursachen eingewirkt 
haben könnten. Er habe beispielsweise im vorigen 
Jahre seine Stachel- und Johannisbeersträucher nicht 
versetzt und sei trotzdem in diesem Jahre ebenfalls 
verschont geblieben. Das Entfernen der Erde, um 
damit die Puppen zu tödten, sei auf jeden Fall aber 
nach seiner Ansicht vortheilhafter, als das Versetzen 
der Sträucher. 

Professor K o ch legte Oberdieck’s neueste Schrift 
„Beobachtungen über das Erfrieren der Gewächse, 
und namentlich unserer Obstbäume in kalten Wintern, 
nebst Erörterung der Mittel dagegen“ vor und theilte 
mit, dass der Vorstand des deutschen pomologischen 
Vereins beschlossen habe, das ausserordentlich nütz- 
liche Werk unter dessen Mitglieder zu vertheilen. 
Da es aber auch ausserdem im Handel ist und für 
wenige Groschen bezogen werden kann, so ist es 
Liebhabern und Besitzern von Obstgärten nicht genug 
zum Ankaufe zu empfehlen. Professor Koch behält 
sieh vor, noch ausführliche Mittheilungen darüber in 


En: 


der Wochenschrift zu machen und dabei zu gleicher 
Zeit eine andere Abhandlung über diesen Gegenstand 
„de l’action physiologique de la gel&ee sur les vege- 
taux (über den physiologischen Einfluss der Kälte 
auf die Pflanzen) par Emile Mer“, welche im 
Bulletin der botanischen Gesellschaft von Frankreich 
abgedruckt ist, zu berücksichtigen. 

Professor Koch übergab eine Broschüre über 
die Doppelwüchsigkeit bei den Weintrauben und über 
Mittel, diese zu verhindern (la eoulure du raisin, ses 
causes et ses eflets, moyens de l’empecher), welche 
ihm der bekannte Pomolog Charles Baltet in 
Troyes zugesendet hatte und berief sich auf seine 
frühere Abhandlung über diesen Gegenstand. Auch 
Inspektor Bouche stimmte der allgemeinen Ansicht 
bei, dass die Witterung den grössten Einfluss auf 
die Doppelwüchsigkeit ausübe. Eigenthümlich ist es 
aber, dass von 2 neben einander stehenden, aber 
verschiedenen Sorten angehörenden Weinstöcken in 
einem und demselben Jahre oft die eine Doppel- 
wüchsigkeit in den Beeren zeigt, während bei der 
andern alle Beeren einer Traube gleich geformt sind. 
Es mus demnach ausser der ungünstigen Witterung 
doch noch etwas vorhanden sein, was diese Abnor- 
mität befördert. 

Garten-Inspektor Bouch& hielt einen Vortrag 
wider das schädliche Beschneiden der schlecht ge- 
wordenen Blätter bei Palmen, Dracänen, Gureuligo’s 
u. Ss. w., der sich seinem frühern Vertrage über das 
Beschneiden der Blüthensträucher anschloss. Da auch 
dieser Vortrag ausführlich in der Wochenschrift ab- 
gedruckt werden wird, enthalten wir uns hier des 
Näheren. 

Professor Koch legte den neuesten Katalog von 
William Bull in London, Mitglied des Vereins, vor 
und machte auf seine elegante Ausstattung, nicht 
weniger aber auf seinen reichen Inhalt, vor A!lem 
auf die darin enthaltenen neuen Einführungen, auf- 
merksam. Eine nach einer Photographie vermittelst 
der Lithographie angefertigte Darstellung des Inneren 
des eigentlichen Schauhauses im W. Bull’schen Eta- 
blissement, welche dem Kataloge nebst zahlreichen 
Abbildungen von Pflanzen beigegeben ist, gibt eine 
Ansicht nicht allein von dem Reichthume verschieden 
gestalteter Arten, sondern auch von der vortrefflichen 
Kultur derselben. Weil der Katalog des Vorzüglichen 
nicht in geringer Anzahl enthält, behielt sich Professor 
Koch vor, später noch ausfühllich darüber zu be- 
richten. 

Da Professor Koch gelegentlich dabei auf die 
sehr grossen Kosten der Herstellung eines solchen 
Kataloges, besonders bei grossen Auflagen, aufmerk- 


189 


sam gemacht hatte, theilte Kunst- und Handelsgärtner 
Spaeth mit, dass man in England keineswegs so 
grosse Auflagen der Kataloge, wie bei uns, macht; 
man schicke sie in der Regel nur an seine bestimmten 
Kunden, um diesen von dem neusten Zustande des 
Etablissements Kenntniss zu geben. Um sich dagegen 
im Allgemeinen bekannter zu machen, bediene man 
sich der Anzeigen in betreffenden Zeitschriften. Das 
geschehe jenseits des Kanales auf eine so umfassende 
Weise, wie man bei uns sich gar nicht denken könne. 

Professor Koch theilte mit, dass man in Paris 
die Brunnenkresse jetzt auch während der Winters- 
zeit künstlich treibe und sie daher zu jeder Zeit im 
Winter haben könne. Trotzdem die Brunnenkresse kei- 
neswegs zu den sogenannten amphibischen Pflanzen, 
wie Nasturtium amphibium, Ranunculus aquatilis mit 
den ähnlichen Arten u. s. w. gehört, so gedeiht sie 
doch ohne Wasser und bei ziemlich trockener Be- 
handlung in den Treibbeeten vorzüglich. In Paris 
gehört die Brunnenkresse seit dem Jahre 1810, wo 
sie durch einen französischen General aus Erfurt da- 
selbst eingeführt wurde, zu den beliebtesten Sorten 
Salat, so dass ein Bewohner dieser Weltstadt jetzt 
kaum noch, ohne täglich seine Brunnenkresse zu 
haben, leben kann. 

In Berlin würdigt man den Werth der Brunnen- 
kresse noch keineswegs hinlänglich, wie überhaupt 
der Salat nicht die Rolle spielt, wie jenseits der Vo- 
gesen und überhaupt in südlicheren Ländern, aber 
auch in Grossbritannien. In Betreff der Benutzung 
der Brunnenkresse als Salat und Gemüse, wie es in 
Paris, aber auch in Thüringen geschieht, mag auch 
darin ein Grund liegen, dass man in Berlin nur die 
wilde Brunnenkresse unserer wenig fliessenden Bäche 
und Gewässer auf den Markt bringt. Diese hat 
weit härtere Blätter und keineswegs das angenehm 
bittere Aroma, wie es vor Allem der Erfurter Brunnen- 
kresse des sogenannten Dreienbrunnens eigen ist. 

Bei dieser Gelegenheit kam noch zur Sprache, 
dass manche ächte Wasserpflanzen unter gewissen 
Umständen auch auf trockenem Boden wachsen, wenn 
auch grade nicht gedeihen können. So fand Dr. 
Bolle Nymphaea alba einmal auf ziemlich trocke- 
nem Moorboden in Blüthe. Kunst- und Handels- 
gärtner Boese berichtete umgekehrt von Mimulus 
moschatus, dass er ihn im Posenschen in einem 
Bache überwintert gefunden habe. Gleiche Ueberwin- 
terung aber des Mimulus luteus, hatte Dr. Bolle 
in der Grafschaft Glatz, Professor Koch in Hoch- 
heim bei Erfurt beobachtet. 


Illustration horticole. 


Jahrgang 1871. 
(Schluss.) 

Auf die Verwendung der kleinen Liliput- 
Chrysanthemen im freien Lande, besonders auf 
Rabatten, haben wir schon oft aufmerksam gemacht. 
wir ergreifen aber jetzt, wo uns 7 der neueren und 
besseren Formen vorliegen (Tab. 87), gern wiederum 
die Gelegenheit, um sie vom Neuen zu empfehlen. 
Reizend nehmen sich die 10 Linien im Durchmesser 
enthaltenden und etwas rundlichen Blüthenkörbchen 
der Form aus, welche den Namen Madem. Autier 
erhalten hat. Doppelt so gross, fast eben so gefärbt 
und gebaut ist Aissa. Aurelien hat die Grösse 
der ersteren, aber eine schwefelgelbe Farbe mit 
weissen Spitzen an den äusseren und mit schwarzen 
Streifen an den inneren Blüthehen. An Grösse und 
Bau der Blüthenkörbehen ist Maurice Jougla, wo 
die einzelnen Blüthenkörbchen eine braunrothe Grund- 
farbe haben, aber goldgelb gerandet erscheinen, 
Madame Gambu hat einen Durchmesser von 
1!/, Zoll und ist mit Ausnahme der gelben Mitte ganz 
weiss. Taida und Souvenir de Mr. Domage 
gehören schon zu den grösseren Liliputformen, da 
sie fast 2 Zoll im Durchmesser haben und den Astern 
im Bau sehr ähnlich aussehen. Taida hat eine 
weisse, Souvenir de Mr. Domage eine Nankingfarbe. 
Das Verdienst, diese Chrysanthemen-Sorten aus Sa- 
men gezogen und in den Handel gebracht zu haben, 
sehört Madame Lebois in Toulouse. 

Auch 3 neue Kamellien wurden in der Illu- 
stration horticole abgebildet und empfohlen. Ves- 
sillo dell’ Arno (Tab. 52) ist, wie die meisten 
Sorten dieses beliebten Blüthenstrauches, italienischen 


Ursprunges. Die Blume hat eine mittlere Grösse, 
einen regelrechten, dachziegeligen Bau und eine 


zarte Fleischfarbe, von dunkeln Längsstreifen unter- 
brochen. Elvina Delli (Tab. 67) sleicht der vorigen 
in der Grösse und im Bau, hat aber eine Rosafarbe. 
deren Schönheit noch durch dunkele Aderung und 
einen dunkelrothen Längsstreifen in der Mitte 
erhöht wird. Italia unita (Tab. 81) darf man nicht 
mit gleichnamigen Kamellien, welche früher schon 
in den Handel gekommen sind, verwechseln. Diese 
hat einen Durchmesser von 4 Zoll und besitzt bei 
regelmässigem Bau eine blutrothe Farbe. 

Wir gehen zu einigen Blüthensträuchern des 
Warmhauses über. Die Plumieren sind schöne 
Blüthensträucher aus der Familie der Apocyneen. 
Dass besonders 2: Pl. alba und lutea, in Aegyp- 
ten allgemein beliebt sind und zu 25 bis 30 Fuss 


190° 


hohen Pflanzen in den dortigen Gärten herangezogen 
werden, haben wir schon früher einmal mitgetheilt 
(13. Jahrg. 261). Es ist Linden, dem wir die er- 
neute Einführung der Pl. lutea R. et P. verdanken. 
Dieser Strauch ist auch ohne Blüthen als Blattpflanze 
zu empfehlen, da die länglichen, 1 bis 1!/); Fuss 
langen und einander gegenüber stehenden Blätter 
eine prächtige grüne Farbe und eine lederartige Kon- 
sistenz besitzen. Von grösserer Schönheit ist sie 
freilich, wenn eine Doldentraube grosser B’üthen, 
deren Saum fast 4 Zoll im Durchmesser hat, an der 
Spitze der Aeste zum Vorschein kommt. Ihre 
Farbe ist in der Mitte gelb, ausserdem aber weiss. 
Vaterland der Plumiera lutea ist Peru. 

Es sind bereits 13 Jahre verflossen, wo wir der 
Lindenii rivalis, eines aus Guatemala stammenden 
Blüthenstrauches aus der Familie der Rubiaceen, ge- 
dachten (2. Jahrg., S. 84) und von ihr eine ausführ- 
liche Beschreibung mittheilten. Trotz aller Empfeh- 
lung, welche sie wegen ihrer leichten Blühbarkeit 
und wegen ihrer blendend-weissen Blüthen mit lan- 
ser und schlanker Röhre von 3 Zoll Länge, während 
der flachaufliegende Saum einen Durchmesser von 
21], Zoll besitzt, verdient, gelangte sie bis jetzt zu 
keiner grossen Verbreitung. Im Gegentheil, sie wurde 
bald wieder ganz und gar vergessen. Linden hat 
sich deshalb ein ganz besonderes Verdienst um sie 
erworben, dass er von Neuem auf sie aufmerksam 
macht. (Tab. 74.) 

Gloneriajasminiflora. Lind. et Andr. (Tab. 
60) ist ebenfalls ein Blüthenstrauch aus der Familie 
der Rubiaceen, wächst aber in Brasilien, und wurde 
von dem unglücklichen Reisenden Libon, nach dem 
wir eine Akanthacee, einen unserer jetzigen beliebte- 
sten Blüthensträucher genannt haben (6. Jahrg. 265), 
entdeckt. Von der Pflanze sind noch keine Früchte 
bekannt, sie lässt sich daher noch nicht bestimmt 
im Systeme unterbringen. Dass sie zu den Hyoti- 
deen gehört, wie ihre Autoren meinen, bezweifeln 
wir. Zunächst ist sie von diesen als der Typus 
eines besonderen Genus, was zu Ehren vonLinden’s 
Schwiegersohn, der jetzt dem früher Ambr. Ver- 
schaffelt’schen Etablissement in Gent vorsteht, 
den Namen Gloneria erhalten hat, genannt worden. 
Die Pflanze hat den Habitus der ostindischen Ixoren 
und Pavetten und möchte wohl auch zu gleichen 
Zwecken empfohlen werden können. Sie besitzt im- 
mergrüne, kurzgestielte, und länglich-lanzettförmige 
Blätter von 4 Zoll Länge und im unteren Drittel von 
2 Zoll Breite. Die Zoll langen, weissen Blüthen bil- 
den in grösserer Anzahl und am Ende kurzer Zweige 
sedrängte rundliche Traubendolden. 


Carica erythrocarpa Lind. et Andr. (Tab. 
51) ist ein Melonenbaum, den Wallis im Jahre 1863 
aus Ecuador eingeführt hat und wahrscheinlich nur 
eine verwildeıte Form der gewöhnlichen, in allen 
tropischen Ländern angebauten Art darstellt. Diese 
Pflanze soll sich gar nicht verästeln, was man übri- 
gens bei allen Arten des Genus Carica beobachten 
kann, und trägt rothe, mit einer besonderen Spitze 
versehene Früchte. Diese gaben Veranlassung zur 
Benennung, da sie ausserdem am Häufigsten eine 
gelbe Farbe besitzen. Man isst die Baum-Melone 
reif und unreif, bei der letzteren muss man jedoch 
die Vorsicht haben, den etwas scharfen Milchsaft 
vorher auszupressen. Ausser ihren essbaren Früch- 
ten haben die Melonenbäume noch die Eigenthümlich- 
keit, dass dieBlätter, um zähes Fleisch gewickelt, dieses 
mürbe machen. 

Diospyros KakiL. fill. var. costata (Tab. 
176) ist ebenfalls wegen ihrer essbaren Früchte eine 
Kulturpflanze wärmerer Länder, aber nur der süd- 
lichen Provinzen und der Inseln Japans und Chinas, 
so wie Ostindiens. Sie ist bereits in einer besonde- 
ren Abhandlung der Wochenschrift über die Lotos- 
pflaumen (12. Jahrg. S. 259) besprochen worden. 

Darlingtonia californieca Torr. (Tab. 75) 
haben wir in der letzten Zeit mehrmals zu erwähnen 
und zu empfehlen Gelegenheit gehabt (14. Jahrg. 
307, 329), so dass wir sie eben so, wie Primula 
japonica Gr. (Tab. 69), welche erst vor Kurzem in 
einigen schönen Exemplaren bei den letzten Ver- 
sammlungen des Vereines ausgestellt worden war, 
zuerst aber im vorigen Jahrgange der Wochenschrift 
(S. 195) empfohlen wurde, hier übergehen können. 
Dasselbe gilt von Utrieularia montana Jacq. (Tab. 
64), welche einer Pingincula weit ähnlicher sieht, 
als einer Utrieularia, und auch wie eine solche gleich 
kultivirt werden muss. Ueber sie sind bereits im 
vorigen Jahrgange (S. 199) ausführliche Mittheilungen 
gemacht worden. 

Wir gehen zu den Monokotylen über, von denen 
die Lieblingspflanzen Linden’s, die Orchideen, in 
diesem Jahrgange der Illustration horticole besonders 
reich vertreten sind. Von ihnen sind aber ebenfalls 
einige schon früher empfohlen, resp. besprochen 
worden, so die fast ganz weissblühende Abart des 
Cypripedium concolor, was Reichenbach zuerst 
unter dem Namen C.niveum (Tab. 83) beschrieben 
hat (vergl. 13. Jahrg. S. 126), ferner Odontoglos- 
sum Hallii Lindl. (Tab. 58) und Wallisii Rchb. 
(Tab. 56), über welche wiederum erst im vorigen 
Jahrgange der Wochenschrift Mittheilungen (S. 79 
und 182) gemacht wurden. Ausserdem sind aber 


noch 2 Odontoglossen im 2. Jahrgange der neuen 
Reihe der Illustration horticole beschrieben und ab- 
gebildet, die neuerdings in den Handel gekommen 
sind und noch keine Erwähnung in der Wochen- 
schrift erfahren haben. 

Odontoglossum roseumLindl. (Tab. 66) ist 
zwar schon von Hartweg entdeckt, aber doch erst 
durch unsern Landsmann Wallis im Jahre 1865 
eingelührt worden. Sie wächst in Ecuador und ge- 
hört zu den kleinen Arten dieses umfassenden Ge- 
schlechtes; trotzdem kann sie Liebhabern nicht ge- 
nug empfohlen werden. Sie bildet eiförmige Schein- 
zwiebeln mit 2 schmalen, aber ziemlich dicken Blät- 
tern. Aus ihrer Basis kommt die über fusslange 
Aehre auf mittelmässig langem Stiele hervor und 
trägt etwas entlernt die 5), Zoll im Durchmesser 
enthaltenden Blüthen von rother Farbe. 

Die Einführung des ächten Odontoglossum 
luteo-purpureum Rchb. verdankt man Linden 
selbst, der es während seines längeren Aufenthaltes 
in den bolivischen Republiken in Neugranada ent- 
deckte. Neuerdings wurde diese grossblühende Art 
wiederum, und zwar in einer wenig abweichenden 
Form, welche den Beinamen Sceptrum (Tab. 73) 
erhalten hat, von Wallis eingeführt. Es ist eine 
sehr schöne Aıt, welche Liebhabern nicht genug 
empfohlen werden kann. Auch bei ihr sind eiförmige 
Scheinknollen mit schmalen und dicklichen Blättern 
vorhanden. Die 3 Zoll im Durchmesser enthaltenden 
Blüthen bilden eine schlaffe Aehre und haben eine 
goldgelbe Grundfarbe. Bei den 3 äusseren Blumen- 
blättern wird diese, mit Ausnahme des Randes, durch 
Purpurbraun ersetzt, während die beiden innern nur 
purpurbraun gefleckt sind. Die goldgelbe, in der 
Mitte aber purpurbraune Lippe ist weit kürzer, als 
die Blumenblätter. 

Houlletia ehrysantha Lind. et Andr. (Tab. 
138) besitzt eirund-kegelförmige Scheinknollen mit 
ziemlich breiten, elliptischen und genervien Blättern. 
An ihrer Basis entspringt der kurze, rothe Blüthen- 
stiel, mit 6 Blüthen im Durchschnitt eine rundliche 
Aehre bildend. Die 5 goldgelben und braungefleckten 
Blumenblätter sind etwas glockenlörmig zusammen- 
geneigt und hängen über. Ihr Durchmesser beträgt 
13), Zoll. 

Gongora portentosa Lind. et Rehb. (Tab. 61) 
wurde wiederum von Wallis, und zwar erst im 
Jahre 1869, in Neugranada entdeckt. Aus den eiför- 
migen Scheinknollen gehen elliptische, allmählig sich 
aber in einen Stiel verschmälernde Blätter hervor. 
Die zarten Blüthehen sind ziemlich lang gestielt und 
bilden eine schlaffe Traube. Ihr Bau ist, gleich den 


anderen Arten dieses Geschlechtes, in sofern unregel- 
mässig und abweichend, als die 3 äusseren grau- 
gelblichen und violetten Blumenblätter flach ausge- 
breitet sind, während die beiden innern, hornartig 
gestalteten und weit kleiner bleibenden mit ihrer 
Basis der Griffelsäule angewachsen erscheinen. Ihnen 
gegenüber befindet sich die ganz eigenthümlich ge- 
staltete Lippe, zum grössten Theil gelb gefärbt. 

Epidendron Frederiei-Guielmi Rehb. (Tab. 68) 
verdankt Linden wiederum dem Detmolder Reisen- 
den Wallis, der diese Orchidee im nördlichen Peru 
auffand. Sie gehört zu den aufwärts steigenden, auf 
beiden Seiten am Stengel mit elliptischen, fusslangen 
und 4 Zoll breiten Blättern besetzten Arten. Die 
grosse, eirundliche Aehre ist langgestielt und trägt 
schlanke Blüthen mit schmalen Blumenblättern, wie 
diese die meisten Epidendren besitzen. Ihre Farbe 
ist durchaus karmoisin. 


Der Papau. 
Asimina triloba (Anona) L. 


Wir erhielten vor einigen Tagen von dem Ober- 
jägermeister Freiherrn v. Veltheim in Destedt bei 
Braunschweig einen mit zahlreichen Blüthen bedeck- 
ten Zweig des Papau’s unter dem Namen Anona 
glabra. Da wir den Strauch bisher nur mit seinen 
schönen grossen Blättern gesehen hatten, so waren 
wir ausser Stande, mit Bestimmtheit auszusprechen, 
ob hier eine besondere Art oder nur eine gross- 
blättiige Form vorliegt; wir hielten sie möglicher 
Weise für A. eonoidea, eine von Spach aufge- 
stellte, uns aber völlig unbekannte Art. (Vgl. Koch’s 
Dendrologie 1. Band S. 384.) Da der freundlichst 
zugesendete Zweig in Blüthe uns möglich macht, über 
die bisher nur oberflächlich bekannte A. glabra jetzt 
ein bestimmtes Urtheil dahin auszusprechen, dass sie 
ausser in den Grössenverhältnissen und der geringen 
Behaarung in der Jugend, nicht von der ächten A. 
triloba verschieden ist, so wollen wir zu gleicher Zeit 
auch die Gelegenheit ergreifen, auf diesen hübschen 
Blüthenstrauch, der leider aus vielen älteren Parks 
in der neueren Zeit ganz verschwunden ist, in den 
jetztigen Anlagen aber nicht mehr verwendet wird, 
wiederum aufmerksam zu machen und ihn um so’ 
mehr zu empfehlen, als er keineswegs, wie in oben 
eitirter Dendrologie gesagt ist, etwas empfindlich 
gegen unsere klimatischen Verhältnisse ist, sondern 
selbst harte Winter verträgt. 


192 z 


Der Papau wächst in den Vereinigten Staaten 
Nordamerika’s, und zwar von Pennsylvanien und 
Newyork südwärts bis Florida, und erstreckt sich 
auch westwärts weit in das Innere des nordamerika- 
nischen Kontinentes hinein. Ob er auch das Oregon- 
Gebirge erreicht und dieses vielleicht übersteigt, wissen 
wir nicht, da uns noch keine besondere Flor dieses 
Staaten-Gebietes vorliegt. Er wächst in gemischten 
Wäldern, aber nur auf gutem Boden, und erreicht 


eine Höhe von 20 bis 30 Fuss bei einem mehr 
strauch- als baumartigen Wuchse. Nach dem Be- 


richte des Oberjägermeisters v. Veltheim hat das 
Exemplar seines Parkes in Destedt eine Höhe von 
segen 20 Fuss und wurde vor 44 Jahren gepflanzt. 
Die Rinde des Strauches ist ganz glatt und hat eine 
sraulich-weisse Farbe, das Holz dagegen zeichnet 
sich durch grosse Leichtigkeit aus und ist fast 
schwammig, so dass es zu nichts verwendet wer- 
den kann. 

Nach den uns bekannten Exemplaren baut der 
Papau sich den japanisch - chinesischen Magnolien 
ähnlich und hat auch einen gleichen Laubschmuck. 
Die hautartigen Blätter besitzen einen kurzen Stiel 
und haben eine Länge von 4 bis 6 Zoll, während 
ihre Breite im obersten Drittel 1!/,; bis 2 Zoll beträgt. 
Von diesem obersten Drittel verschmälert sich die 
Blattfläche nach der Basis zu, während sie sich nach 
oben abrundet, aber doch eine kurze und besondere 
Spitze besitzt. In der Jugend sind die Blätter be- 
haart, verlieren aber ihre Haare ziemlich rasch. Die 
Oberfläche erscheint in diesem Falle glänzend. An 
den Wassertrieben sind die Blätter in der Jugend 
nicht selten rostfarben behaart. Aber auch diese 
Behaarung verliert sich rasch. 

Die Blüthen kommen aus besonderen Knospen 
am vorjährigen Holze heraus, entweder kurz vor 
oder zugleich mit den Blättern, und hängen auf zoll- 
langem Stiele über. Sie bestehen aus einem grünen 
und dreiblättrigen Kelche, der sich der glockenförmig 
zusammengeneigten Blumenkrone von chokoladen- 
brauner Farbe anlegt. Diese besitzt einen Durch- 
messer von 11), bis 2 Zoll und besteht aus 6 in 
2 Reihen befindlichen Blumenblättern. 
Die innern sind noch einmal so gross, als die dunkler 
gefärbten innern und haben eine Länge von 7 bis 
10 Linien. Kugelförmig vereinigt stehen die kurzge- 
stielten Staubgefässe, die 2 bis 4 Stempel ein- 
schliessen, auf einem unbedeutenden Blüthenboden. 

Interessant ist die weitere Entwickelung des 
Blüthenbodens und der darauf befindliehen Stempel, 


eirundlichen 


von denen jedoch in der Regel nur einer zur völli- 
sen Entwickelung kommt. Leider tragen unsere 
Sträucher bei uns in der Regel keine Früchte; wir 
haben wenigstens deren noch nicht gesehen. Der 
nur wenige Linien lange Stempel streckt sich näm- 
lich mit seinem Blüthenboden auf eine solche Weise, 
dass er als Frucht schliesslich eine Länge von 21/3 
Zoll, mit dem Durchmesser von 15 Linien, erhält. Er 
sieht einer länglichen Pflaume nicht unähnlich "aus. 
Wie diese ist die Frucht fleischig, schliesst aber meist 
mehre, bisweilen jedoch auch nur einen Stein ein, und 
wird von einer gelben Haut eingeschlossen. Nach Mi - 
chaux soll die Frucht fade schmecken und nur von 
Kindern gegessen werden, nach Asa Grey wird sie 
aber in den Vereinigten Staaten allgemein genossen 
und führt den Namen Custard-apple (Custard-Apfel). 
Unter Custard verstehen die Engländer und engli- 
schen Nordamerikaner eine mit Sahne angefertigte 
Eierspeise. 

Die Franzosen in Nordamerika nennen den Strauch 
Asiminier oder Assiminier. Woher das Wort kommt, 
haben wir nicht ergründen können. Bei den Einge- 
borenen heisst er Papau oder Papaw. Der Beiname 
triloba, d. h. dreilappig, bezieht sich auf die anfangs 
an einem gemeinschaftlichen Stempel befindlichen 
3 Früchte. 

Was den Linne’schen Namen Anona, nach dem 
auch die ganze Familie genannt ist, anbelangt, so 
ist er südamerikanischen Ursprunges, und bedeutet 
eine gewisse Pflanze. Linn& schreibt anfangs Anona, 
später glaubt er das Wort latinisiren zu müssen und 
schreibt Annona, weil die Früchte vieler Arten dieses 
Geschlechtes gegessen werden. Annona bedeutet 
bei den Römern Getreide und überhaupt Nahrunsgs- 
mittel. 

Der Papau gehört zur Familie der Anonaceen; 
einer Familie, welche den Magnoliaceen nahe steht, 
sich aber leicht durch die Abwesenheit von Neben- 
blättern, welche bei der zuletzt genannten Familie 
sich in der Knospe scheidenartig entwickeln und das 
eigene Blatt einschliessen, unterscheiden. Bei beiden 
Familien herrscht zwar in der Blüthe die Dreizahl 
vor, bei den Anonaceen aber in so fern entschiedener, 
als hier die Krone nur aus einem bestimmten dop- 
pelten 3blättrigen Kreise besteht, während die Zahl 
der Kronenblätter bei den Magnoliaceen in der Regel 
grösser ist. Die Früchte sind ferner bei den letzte- 
ren holzartige Balgkapseln, bei den ersteren dagegen 
fleischig und schliessen grosse Samen, deren Eiweiss 
von Furchen durchzogen ist, ein. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. \ 


\ 


No. 23. 


1872. 


E 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. — Der Haus- und Landschaftsgarten. — Illustration horticole, 


Jahrgang 1871 (Schluss). — Ausstellung des Gartenbau-Vereines in Halle a. S. 
| Am nächsten steht die Pflanze den Helenien und 


Bericht 
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 


Leider waren wir durch verschiedene Arbeiten 
bisher so in Anspruch genommen, dass wir an die 
Zusammenstellung und Bearbeitung der in dem letz- 
ten Jahre eingeführten Pflanzen nicht kommen konn- 
ten.» Um dieser aber seit vielen Jahren 
unternommenen und Jährlich fortgesetzten Arbeit keine 
Lücke zu verursachen, haben wir trotz der grossen 
Schwierigkeiten und Mühen, welche ein solcher Be- 
richt macht, schliesslich doch noch Zeit zu finden 
gesucht, mehrseitigen Wünschen darnach zu genü- 
sen. Wiederum, wie früher, so ist auch dieses Mal 
das Hauptverzeichniss über Pflanzen und Samen von 
Haage u. Schmidt in Erfurt, was in dieser Hin- 
sicht einzig in Europa dasteht, zu Grunde gelegt 
worden. 

1. Acacia Lophantha discolor heisst eine 
eigenthümliche Form der auch als Marktpflanze be- 
liebten feinblättrigen Akazie mit dunkelgrünen und 
schwärzlich-braun gezeichneten Blättern. 

2. Actinella scaposa Nutt. das 
nordwestliche Amerika, möchte aber kaum die Aulf- 
merksamkeit der Liebhaber und Gartenbesitzer lange 
Zeit auf sich ziehen. Es ist eine niedrige Staude 
aus der Familie der Körbehenträger, mit silbergrauen, 
später oft aber grüngewordenen und schmal- ellipti- 
schen Blättern, die ziemlich dicht gedrängt stehen. 
Zwischen ihnen kommen die verlängerten Blüthen- 
stiele mit gelbstrahligen Blüthenkörbehen 


in schon 


bewohnt 


hervor. 


zsehört mit diesen in die Abtheilung der Heliantheen. 

3. Mit der näheren Bezeichnung daphnites hat 
William Bull eine Form des gewöhnlichen Frauen- 
haares (Adiantum Gapillus Veneris) in den Han- 
del gebracht, Fiederblättchen mit einander 
verwachsen sind und am äussersten Ende eine hah- 
nenkamma.tige Wucherung von 1%, bis 2 Zoll Durch- 
Die Pflanze selbst hat Höhe 
von über 1 Fuss und besitzt eine blaugrüne Färbung. 


wo die 


messer zeigen. eine 

4. Agarista ealliopsidea DC. wurde bereits 
vor 40 Jahren durch den bekannten Reisenden Dou- 
des 
entdeckt und 
auch in Europa eingeführt, ohne jedoch die Aner- 


zahlreiche Pflanzen 


westlichen Nordamerika’s verdanken, 


xlas, dem unsere Gärten 


kennung zu finden, wie die nah verwandte und sehr 
ähnliche Calliopsis tinetoria DC. (bicolor Rehb.) Wie 
diese, ist sie ein Sommergewächs und bildet eine 
durchaus unbehaarte Pflanze 


mehrfach verästelte, 


mit vielfach zertheilten Blättern. Die ziemlich gros- 
sen und langgestielten Blüthenkörbehen haben eine 
orangegelbe Farbe. 

5. Agave Inghami hat Jean Verschaffelt 
in Gent direkt aus Mexiko bezogen und wurde zu 
Ehren eines Agavenliebhabers in Palermo Ingham 
genannt.. Sie gehört zur Gruppe der A. univittata 
und besitzt dunkelgrüne, glänzende Blätter mit zu- 
sammenhängenden Dornen am Rande versehen. Der 
sanzen Länge nach hat sie ebenfalls, wie eben ge- 
nannte Pflanze, einen gelben Mittelstreifen. 
Verschaffelt hat hiervon auch eine riesige Form, 


25 


Jean 


welcher er deshalb auch den Beinamen gigantea 
gegeben. Die Blätter besitzen nicht weniger als eine 
Länge von 2 Fuss 5 Zoll. 

6. Eine eigenthümliche Form der Agave Ver- 
schaffeltii hat Jean Verschaffelt ferner eben- 
falls in den Handel gebracht, wo die Blätter mehr- 
lach gelbgestreift sind. 

7. Endlich ist noch der Blendling zu bemerken, 
den Jean Verschaffelt zwischen der A. univittata 
und xylonacantha erzogen hat. Gestalt und Dornen 
der Blätter sind, wie bei der letzteren, aber ein gel- 


ber Streifen zieht sich auf der Oberfläche von der 
Basis nach der Spitze. 
8. Aloeasia Marshallii schliesst sich der 


A. Jenningsii (10. Jahrg., S. 166) an und hat, wie 
diese, grosse, schildförmige und freudig-grüne Blät- 
ter, deren Mitte ein graues Silberband zeigt, während 
zwischen den Hauptästen des Mittelnervs an dieses 
anstossend purpurrothe Flecken von fast viereckiger 
Gestalt sich befinden. 
zogen. 
sondern vielmehr der Remusatea vivipara, wenigstens 
nach der im neuesten Verzeichnisse von William 
Bull gegebenen Abbildung, anzugehören. 

9. Amorphophallus amabilis und spe cta- 
bilis nennt William Bull zwei Aroideen aus der 
Gruppe der Draeunculeen, welche er aus dem tropi- 
schen Afrika bezogen hat. Bei der ersteren Art ist 
das vielfach-diehotomisceh zertheilte Blatt hellgrün, 
bei der letzteren hingegen ausserdem noch mit brau- 
nen und weissen Flecken. versehen. Wir haben keine 
der beiden Aroideen gesehen und wissen demnach, 
da über die Blüthen gar nichts gesagt wird, auch 
nicht, ob sie wirklich zu dem Genus Amorphophallus 
sehören und ob sie überhaupt neue Pflanzen sind. 

10. Androscepia gigantea Brongn. ist eins 
der schönsten des Warmhauses, was sich 
den niedrigen Bambusgräsern anschliesst, und, wie 
Besonders ornamen- 
tal ist es, wenn sich die grosse Rispe mit den un- 
Die vier 
so genä- 


Sie wurde aus Östindien be- 
Uns scheint die Art keine Alocasia zu sein, 


Gräser 
diese, sieh ungemein verästelt. 
sleichen Aehrehen entwickelt hat. unter- 
sten Aehrchen sind männlieh und stehen 
hert, dass sie für die übrigen eine Hülle zu bilden 


scheinen. Vaterland sind die Molukken und Phi- 
lippinen. 
11. Antennaria Roezlii trägt den Namen 


ihres Entdeckers und ist vielleicht A. margaritacea 
R. Br. Alle Antennaria-Arten oder Katzenplötchen 
bilden niedrige Stauden von silbergrauem Ansehen 
und sind mit schmalen, meist an dem unteren Theile 
Stengels Blättern versehen. Sie 
haben völlig getrenntes Geschlecht, so dass einzelne 


des befindlichen 


Mitte 


a 


Pflanzen weiblich, andere männlich sind. Bei den 
letzteren sind die Blüthenkörbehen meist weisslich, 
bei den ersteren röthlich. Wahrscheinlich können 
sie, ähnlich unseren Katzenpfötehen, als Immortellen 
benutzt werden. 

12. Anthurium eueullatum C. Koch fanden 
wir zuerst vor 20 Jahren in den Gewächshäusern des 
Hofgärtners H. Sello in Sanssouei bei Potsdam und 
wird jetzt im Berliner botanischen Garten ebenfalls 
kultivirt. Auch in Kew bei London ist es unter einem 
falschen, uns nicht mehr erinnerlichen Namen. Diese 
Aroidee ist eine der schönsten und brauchbarsten 
Dekorationspflanzen, deren grosse herzförmig-lanzett- 
förmigen Blätter über 1 und selbst 11, Fuss lang 
werden und eine dicklederartige Textur besitzen. 
Den Beinamen, der kappenartig bedeutet, hat die 
Pflanze erhalten, weil die ohrähnlichen Verlängerungen 
an der Basis der Blätter nach innen und oben ge- 
bogen sind und dadurch eine kappenförmige Ver- 
tiefung bilden. Regel hat A. cucullatum in dem 
vorjährigen Jahrgange seiner vortrefflichen Gartenflor 
(Tab. 702) abgebildet. 

13. Antirrhinum assurgens soll eine den 
Pentstemon - Arten ähnliche Belaubung haben und 
ausdauernd sein. Mir ist diese Art des Löwenmaules 
völlig unbekannt. Die Blüthen sind weiss, haben 
aber eine schwach-hellgelbe Nuaneirung. Haage 
und Schmidt in Erfurt empfehlen sie zu Felsen- 
gruppen. 

14. Aquilegia californica rosea-alba 
plenissima gehört zur ursprünglich scharlachroth 
blühenden A. eanadensis. Sie blüht ausserordentlich 
voll und zeichnet sich durch rosafarbige, in der 
aber weisse Blüthen aus. Ob A. olympica 
mit blassblauer, fast weisser Blüthe von A. alpina 
wirklich verschieden ist, müssen erst weitere Unter- 
suchungen lehren. 

15. Areca NengaBl. ist eine Palme Java’s, 
welche in der Jugend einen ausserordentlich graziösen 
und schlanken Wuchs besitzt und daher besonders 
zu empfehlen ist. In diesem Zustande besitzt sie 
noch einfache und an der Spitze getheilte Blätter, 
während diese später gefiedert werden. 

16. Arundinaria WightianaN. v. E. ist wie- 
derum eine den Bambusgräsern sich anschliessende 
Graminee, welche wohl gleiche Verwendung, wie 
diese, erhalten kann. Uns ist sie nicht bekannt. 
Sie wächst in Ostindien und gehört daher in das 
Warmhaus. 

17. Aplenium schizodon Moore wurde von 
James Veiteh and Sons in London direkt aus 
Neukaledonien eingeführt und stellt ein immergrünes 


195 


Farn mit aufrechten Blättern dar. Deren Konsistenz 
ist mehr pergament- als lederartig. Auf einem schwarz- 
braunen stielrunden Stiele von 3 Zoll Länge befindet 
sich die 6 Zoll lange Blattfläche, aus 7 länglich- 
linienförmigen Fiederblättchen von Zoll Länge und 
9 Linien Breite bestehend. Nach der Basis zu ver- 
schmälern sich die letzteren in einen Stiel und am 
Rande sind sie scharf gesägt. 

t8. Astragalus Marianus ist von dem bekann- 
ten Reisenden Roezl aus Texas eingeführt und steht 
dem A. Tenesseensis A. Gr. gewiss sehr nahe. Die 
Pflanze soll über 2 Fuss hoch werden und sich gut 
belauben; ob sie ebenfalls mit weissen Zottenhaaren 
besetzt ist, wie eben genannte Pflanze, wird nicht 
gesagt. Die violettblauen Blüthen bilden Köpfe. 

19. Atragene capensis L. ist, wie der Name 
sagt, ein Bewohner Südafrika’s und schliesst sich im 
äusseren Ansehen den ächten Atragenen an, ist aber 
im Bau der Blüthe eine Pulsatilla. Wie unsere Alpen- 
Atragene, ist sie ein Halbstrauch mit an der Basis 
holzigem Stengel, sonst aber krautartig. Die lang- 
sestielten und meist doppeltgefiederten Blätter befinden 
sich nur an der Wurzel, während sie am Stengel 
hüllartig werden. Aus der Hülle selbst kommen 
1 oder bisweilen 2 purpurviolette Blüthen hervor. 


20. Balantium Sellowianum Presi wurde 
von dem unglücklichen Berliner Reisenden Sello 


(nieht Sellow),. der beim Durchsetzen eines Flusses 
ertrank, entdeckt, aber weit später erst eingeführt. 
Schöne Exemplare dieses Baumfarns haben wir bei 
Jean Verschaffelt in Gent gesehen. Es ähnelt 
zwar dem bekannten B. antareticum ungemein, unter- 
scheidet sich aber doch zu seinem Vortheile. 

21. Barleria Arnottiana N. v. E. wächst 
auf der Insel Ceylon und gehört zu den schöneren 
Arten dieses ziemlich umfassenden Akanthaceen- 
Geschlechtes. Sie bildet krautartige, aufrechte Stengel 
mit elliptischen und gegen 3 Zoll langen Blättern 
besetzt. Aus dem Winkel der oberen kommen die 
2 Zoll langen Blüthen von schöner blauer Farbe hervor. 

22. Barleria diehotoma Roxb. wächst da- 
gegen auf dem Festlande und steigt 
sogar im Norden die Gebirge aufwärts. Sie ähnelt 
zwar der vorigen und bildet, wie diese, eine auf- 
rechte und krautartige Pflanze, zeichnet sich aber 
durch besonders hervortretende Gabelung aus. Jeder 
Ast endet mit einer kurzen und dicht gedrängten 
Aehre schöner blauer Blüthen; ausserdem kommen 
aber noch dergleichen in der Regel zolllange Blüthen 
aus dem Winkel der oberen Blätter hervor. Die 
übrigen leeren Blätter erlangen eine Länge von 3 Zoll, 
stehen auf einem kurzen Stiel und sind elliptisch. 


ostindischen 


23. Begonia carminata nennt William Bull 
in London einen Blendling der B. boliviensis, welcher 
sich sehr wenig von der oft besprochenen Hauptart 
unterscheidet und deshalb viel eher nur 
darstellen möchte. Die Blüthen besitzen weniger eine 
karmin-, als vielmehr eine lachsrothe Farbe, und die 
sehr schiefen Blätter zeichnen sich durch kupfer- 
braune Adern aus. 

24. Begonia Chelsoni ist ein anderer Blend- 


eine Form 


ling der B. boliviensis, welchen James Veitch 
„and Sons mit B. Sedeni erzogen haben. Die 


sehr grossen Blüthen besitzen eine hellrothe Farbe 
und erneuern sich fast das ganze Jahr hindurch bis 
spät in den Winter hinein. Da der Blendling ausser- 
dem gegen klimatische Einflüsse nicht empfindlich ist, 
so kann er um so mehr empfohlen werden. 

25. Begonia echinosepala Reg. wächst in 
der brasilianischen Provinz Santa Cantharina und 
ist jetzt durch den botanischen Garten in Petersburg 
weiter verbreitet worden. Der Reisende Gautier 
hatte sie daselbst direkt eingeführt. 
Abtheilung Wageneria und stellt 
Halbstrauch mit buschigem Wuchse und gegen 2 bis 
4 Fuss Höhe dar. Die etwas fleischigen und schief- 
länglichen Blätter sind auf der Oberfläche hellgrün, 
auf der Unterfläche dagegen braun. 
nicht grossen Blüthen bilden endständige 


Sie gehört zur 


einen hübschen 


Die weissen, 
und zu- 
sammengesetzte Scheindolden und kommen das ganze 
Jahr hindurch zum Vorschein. 

26. Begonia Haageana ist eine der schönsten 
Züchtungen, welche aus einer Befruchtung der B. 
boliviensis mit B. Pearcei hervorgegangen ist 
jetzt durch Haage und Schmidt in Erfurt in den 
Handel gebracht wird. Sie bildet einen aufrechten, 
ziemlich breiten Busch von 1, bis 2 Zoll Höhe und 
lässt sich bei ihrer Unempfindlichkeit gegen klima- 


und 


tische Einflüsse sehr gut im Freien verwenden. Hier 
blüht sie, bis Frost eintritt, in reichlichster Fülle. 


Während der Blendling hinsichtlich der Belaubung 
der B. Pearcei am Meisten ähnelt, hat sie mit B. bo- 
liviensis die Form, Grösse und Farbe der Blüthen 
gemein. 

27. Begonia Richardsiana T. Moore wurde 
von einem Liebhaber, Richards mit Namen, direkt 
aus Südafıika bezogen. Sie gehört zu den zwer- 
sigen und knolligen Arten und hat die grösste Ver- 
wandtschaft mit B. Dregei oder wohl auch mit B. 
suffrutieosa. Der sich sehr verästelnde Stengel ist 
etwas fleischig und hat, wie die Blattstiele, eine 
braunrothe Farbe. Die im Umkreise eirundlichen 
Blätter sind 2 Zoll lang und 1!/,; Zoll breit 
theilen sich anfangs in 2 Theile, von denen wieder- 


25* 


und 


2 


um ein jeder bis auf die Basis gespalten ist. Die 
nach innen stehenden beiden Theile sind am läng- 
sten und nur gezähnt, während die äusseren gelappt 
erscheinen. 

28.Blaberopus venenatusD(C. ist keineswegs 
eine brasilianische Apocynacee, wie Haage und 
Schmidt, welche die interessante Pflanze jetzt in 
den Handel bringen, behaupten, sondern wächst in 
Östindien- und ist wegen ihres Blüthenreichthums 
und ihres hübschen Aeusseren zu empfehlen. Vor 
20 Jahren befand sie sieh als Cyrtolepis longiflora 
im botanischen Garten zu Berlin, wurde aber nie von 
Handelsgärtnern beachtet. Sie macht aufrecht stehende 
Aeste mit schmalen, elliptisch-lanzettförmigen, meist 
zu 4 einen Quirl bildenden Blättern. Die langen, weissen 
Blüthen stehen in der Regel zu 3 und haben einen 
angenehmen Geruch, der eben so wenig schädlich 
ist, als bei anderen giltisen Pflanzen, wie z. B. bei 
unserem Seidelbast. 

29. Brachysema melanopetalum gehört zu 
den neuholländischen Schmetterlingsblüthlern mit ein- 
fachen Blättern, deren wir bereits schon einige in 
Kultur besitzen. Art unterscheidet sich in 
doppelter Hinsicht den jetzt bekannten Arten 
durch die eigenthümlich gefärbten Blüthen, deren 
Blumenblätter dunkelkastanienbraun sind. Ausserdem 
haben die Aeste und Zweige eine Neigung zum Win- 
den. Die eirund-länglichen Laubb!ätter sind auf der 
Unterfläche silbergrau. 

30. Caladium sanguinolentum wurde zwar 
von Linden direkt aus Brasilien eingeführt, scheint 
aber doch nur zu den buntblättrigen Formen zu ge- 
hören, welche wir seit länger als einem Jahrzehnte 
schon in einer grossen Anzahl besitzen. Dieses Ca- 
ladium hat schwarze Blattstiele, auf jeder Seite durch 


Diese 
von 


einen weissen Streifen gezeichnet. Die Blattfläche 
se!bst besitzt dagegen eine freudig grüne Farbe, 


welche aber durch von der Mitte ausgehende weisse 
Streifen und ausserdem durch zerstreute rothe Flecken 
von unregelmässiger Gestalt unterbrochen wird. 

31. Calochortus elegans Lindl. hat William 
dem nordwestlichen Amerika 
Am 
Ende eines einfachen Stengels befinden sich 3 bis 
5 weisse Blumen, srosse Blumen- 
blätter an der Basis wenig zusammengeneigt sind. 
Von dem im vorigen Jahrgange empfohlenen Calo- 
chortus Leichtlini Hook. (S. 288) unterscheidet sich 
diese Art durch den Mangel der purpurrothen Flecken 
„uf den Blumenblättern. 


Bull von Neuem 
eingeführt und gehört zu den ächten Liliaceen. 


aus 


deren ziemlich 


laciniata L. stammt 


schon 


32. Campanula aus 


Griechenland und befand sich früher in den 


Gärten. Sie ist wohl zu empfehlen. Es ist eine Staude, 
welche bei uns aushält und einen ästigen Stengel 
besitzt. Während dieser schwach behaart ist, er- 
scheinen die Blätter völlig unbehaart. Von diesen 
sind die unteren langgestielt und haben eine fieder- 
spaltige Fläche, die grossen blauen und offenen 
Blüthen bilden am Ende der Aeste laxe Trauben. 

33. Cananga odorata Hook. bildet im Vater- 
lande einen schönen Baum, zur Familie der Anona- 
ceen gehörig, der wegen seiner grossen Blätter schon 
eine hübsche Dekorationspflanze darstellt. Wahr- 
scheinlich wird er in unseren Gewächshäusern aber 
schwer zur Blüthe kommen, was um so mehr zu be- 
dauern ist, als diese eine ansehnliche Grösse und 
eine braune Farbe besitzen, ausserdem sich aber noch 
durch Wohlgeruch auszeichnen. 

31. Cardopatium corymbosum Pers. ist 
eine Distel und ähnlich den ÖOnopordon-Arten als 
Blattpflanze im Freien zu gebrauchen. Die grossen 


fiederspaltigen Blätter haben dornige Lappen und 
erhalten dadurch ein eigenthümliches Ansehen. Die 
sanze Pflanze verästelt sich ungemein. Ob die 


Pflanze übrigens, da die Mittelmeerländer das Vater- 
land sind, bei uns aushält, muss noch erst durch 
Versuche festgestellt werden. 

35. Cassia alataLl. ist eine wohl ursprünglich 
nur in Östindien, jetzt aber auch in den wärmeren Län- 
deın Amerikas wachsende Staude aus der Familie 
der Cäsalpiniaceen und zeichnet sich durch eine 
schöne Belaubung aus. Die ganze Pflanze ist un- 
behaart. Die gefiederten Blätter bestehen aus 8 bis 
14 Paar umgekehrt-eirunden Blättchen und ähnelt in 
sofern den breiten Sennesblättern unserer Apotheken. 
Die ziemlich grossen Blüthen haben, wie fast. bei 
allen Kassien, eine gelbe Farbe. Der Beiname 
alata bezieht sich auf die krautartigen geflügelten 
Hülsen. (Fortsetzung folgt.) 


Der Haus- und Landschaftsgarten. 


In dem eben uns zugegangenen Helte der vor- 
züglich redigirten Regel’schen Gartenflora spricht sich 
der als Gartenkünstler hinlänglich bekannte Hofgärtner 
Jäger in Eisenach über die Anwendung der ge- 
formten Obstbäume in einer besonderen Abhandlung 
aus. (S. 118.) Wer in Eisenach und Umgegend ge- 
wesen ist und sich vielleicht sogar längere Zeit daselbst 
aufgehalten hat, wird der verständigen Hand des 
genannten Gartenkünstlers fast auf jedem Schritt 
begegnet sein. Man werfe uns nicht etwa ein, dass 
es in der Umgegend von Eisenach, wo die Natur in 


der That das Füllhorn ihrer Schönheiten auf das 


197 


Freigebigste gespendet hat, nicht viel bedeutet, wenn 
ein Gartenkünstler etwas Vorzügliches leistet: wir 
sind der entgegengesetzten Ansicht. Es ist umgekehrt 
hier gerade sehr schwierig, wenn man nicht anstatt 
zu verbessern, verbösern will. Man darf nur in der 
Weise arbeiten, dass keine der gebotenen Schönheiten 
verdeckt oder gar noch gründlich verdorben wird; 
man muss dabei eine eigene Idee durchzuführen 
durchaus vermeiden. Es gehört bei dem Schaffens- 
drange, der bald in geringerem, bald in grösserem 
Maassstabe jedem Menschen eigenthümlieh ist, um so 
mehr in begabten Menschen sich vorfindet, viel Kraft 
und Ueberwindung dazu, sich zu beherrschen, vor 
Allem in solchen paradiesischen Gegenden, wie die 
Umgebung von Eisenach darbietet. Man muss sich 
Mühe geben, in den Geist der Natur sich versenken, 
um irgendwo, wo ein Zufall, man möchte es auch 
eine Laune nennen, dem deutlichen Hervortreten einer 
Schönheit entgegensteht, verbessernd, aber nicht ver- 
bösernd Hand anzulegen. Den ästhetischen Geist der 
Natur einer Gegend zu erfassen, ist nicht so leicht, 
als man gewöhnlich glaubt. Wenn auch weniger in 
Eisenach, so doch in dem nahe gelegenen grossen 
Fabrikdorfe Ruhla, und sonst sehr viel in andern 
reizend gelegenen Gegenden haben wir leider oft 
Gelegenheit gehabt, zu sehen, wie von Seiten solcher 
Verbesserer bei dem besten Willen und bei aller 
Mühe, zu verschönern, das Gegentheil bewirkt, bis- 
weilen selbst gräuliche Umgestaltungen hervorgerufen 
wurden. Sie wirkten wie ein Schlag aufs Auge. 
Fürst Pückler kannte die Schwierigkeiten, in 
einer schönen Gegend etwas zu thun, und that es 
mit der allergrössten Vorsicht. Auch die Umgebung 
von Eisenach hat ihm viel zu verdanken. Er hat 
eine Reihe der grossartigsten An- und Fernsichten, 
welche früher verdeckt waren oder aus irgend einer 
anderen Ursache nicht zum Vorschein kommen konn- 
ten, dem Auge offen dargelegt; niemals wagte er es 


aber, einen eigenen Gedanken in Ausführung zu 
bringen. Gerade in der Entsagung legte der unter 


den glücklichsten Verhältnissen geborne und lebende 
Fürst eine seltene Bescheidenheit an den Tag. 

Da aber, wo die Natur wenig bot, wo diese 
kräftig unterstützt oder wo etwas Neues geschaffen 
werden musste, da fühlte sich der Fürst erst wahr- 
haft wohl. In Muskau hatte er eine Reihe von Ein- 
zelheiten, welche ihm zu festen Stützen für seinen 
srossartigen Ideengang dienen konnten und welchen 
er nun auch seine Umgestaltungen, um seltene Schön- 
heiten ins Leben zu rufen, .anlehnte. Das Flussbett 
der Neisse, die beiden das Thal auf den Seiten be- 
sränzenden Höhen mit den alten riesigen Eichen aus 


der alten Wendenzeit u. s. waren vor Allem ge- 
eignet, ihn zu unterstützen und neuen Ideen Nahrung 
zu geben. Ganz anders verhielt es sich in Branitz, 
wo nur leere oder mit krüppelhaften, wenigstens nicht 
srossen Kiefern bewachsene Sandfelder vorhanden 


Ws 


| waren, wo scheinbar nichts ihm geboten wurde, was 


er als Stütze zu gebrauchen vermochte, dem er 
hätte anlehnen können. Es musste aus ihm selbst 
das Fundament zu seinen Anlagen geschaffen werden. 
Das war, wie er uns oft sagte, grade das Element 
für seinen Geist. 

Warum hat Fürst Pückler 
selegenen Ort, 


nicht einen besser 
wo ihm wenigstens etwas geboten 
worden wäre, auserwählt? wurde ich oft gefragt. 
Abgesehen seinem mächtigen Schaffensdrange 
in einer Gegend, wo die Natur das härene Gewand 
einer Stieimutter angelegt hatte, frage man die Be- 
wohner von Kottbus und Umgegend, wie sie den 
grossen Verdiensten des Fürsten Rechnung tragen? 
Dass es möglich ist, selbst Einöden, wie die Um- 
gegend von Branitz war, in freundliche Gegenden 
umzugestalten, hat er glänzend gezeigt, damit aber 
auch zur Nachahmung aufgestachelt. Man hat mit 
Branitz gesehen, dass selbst die hässlichsten Gegen- 
den der Verschönerung zugänglich sind und ihr mit 
Erfolg unterworfen werden können. Auch sie sind 
nicht ganz ohne Reize, wenn man sie nur aufzufinden 
vermag; auch sie haben einzelne Stellen, die unter 
gewissen Bedingungen hervorgehoben, Eindruck zu 
machen nicht verfehlen. 

Es gehörte allerdings der Geist eines 
Fürsten Pückler dazu, um in solchen trostlosen Ein- 
öden, wie Branitz war, dergleichen Stellen aufzufinden. 
Er hat ihnen die Bedeutung zu geben veıstanden, 
welche sie unter gewissen Umständen erhalten konnten. 


von 


auch 


Wir gestehen offen, dass wir manchmal, wenn wir 
bei Spaziergängern in der Umgegend von Branitz, 
wo uns die Ehre der Begleitung zu Theil geworden 
war, keineswegs im Anfange das Schöne herauszu- 
finden vermochten, was der Fürst gefunden hatte. „Sie 
sollen es schon finden, wenn meine Geadanken zu seiner 
Hebung erst durchgeführt sein werden “ war gewöhnlich 
die Antwort, sobald ich ungläubig schüttelte. Man 
wird uns ob dieses Schüttelns vielleicht Mangel an 
Bescheidenheit und Ehrerbietung einem solchen Manne 
gegenüber, als Fürst Pückler war, zeihen. Der Fürst 
gehörte aber zu den wenigen grossen Männern, welche 
begründeten Widerspruch nicht allein vertrugen, auch ' 
verlangten. Er konnte unfreundlich werden, wenn er 
nur entfernt eine Schmeichelei merkte, 
dass er von jedem noch so 
lernen könnte. 


und meinte, 
ungebildeten Gärtner 


Der Fürst wollte seine Anlagen in Muskau und 
Branitz nicht als etwas Abgeschlossenes haben, im 
Gegentheil, diese mussten nach ihm unmittelbar in 
die Umgebungen übergehen, mit ihnen in grösster 
Harmonie stehen. Dadurch unterscheiden sich über- 
haupt die Pückler- aber auch die Lenn&'schen 
Anlagen wesentlich von den englischen Parks, be- 
sonders den älteren in Schottland, wo diese zuerst 
in ihrer eigenthümlichen Weise hergestellt wurden. 
Hier musste sogar eine Mauer nach aussen absperren. 
Man hüte sich aber, diese ächten englischen Parks, 
von denen in dem sogenannten Englischen Garten 
zu München noch ein, wenn auch leider sehr ver- 
nachlässigtes Beispiel vorhanden ist, mit den späte- 
ren Volksgärten oder gar mit den öffentlichen Parks 
der Weltstadt London zu verwechseln; diese sind 
sanz anderer Art und haben nichts mit ihnen zu 
thun. 

In der Nähe des Schlosses oder der Wohnung 
des Besitzers erhält in sofern die Pückler'sche An- 
lage, aber auch der englische Park, eine Umgestal- 
tung, als der tiefe Schatten der Gänge, oder der 
wolkenartig-bewegte Laubschmuck am Rande grosser 
Wiesenflächen mit diesen verschwindet und der 
blaue Himmel mehr zur Geltung kommt. Boskets 


mit feinerem Laube, Blüthensträucher, geschorener 


Rasen und schliesslich Blumenbeete zeigen die Woh- 
nung des Besitzers an. Je nach dessen Reichthum, 
oder nach dessen Ansicht, herrscht hier mehr oder 
weniger Eleganz. Diese Verbindung des eigentlichen 
Parkes mit der Wohnung des Besitzers nennt der 
Engländer Pleasureground, ein Wort, was, wenn es 
das, was es ist, ausdrücken soll, im Deutschen nicht 
wieder zu geben und daher am Besten, wie manches 
andere Fremdwort, beizubehalten ist. 

Dieser Pleasureground hat eine grosse Umge- 
staltung in der neuesten Zeit erhalten und ist aus 
seiner Einfachheit herausgetreten, zumal auch hier 
die gerade herrschende Mode in ihm ihren Sieg ge- 
feiert hat. Im Allgemeinen ist er mannigfaltiger, 
hauptsächlich bunter, aber auch eleganter geworden. 
In ihm spiegelt sich die innere Einrichtung des Haus- 
standes ab. Ist diese überladen, wie man es heut’ 
zu Tage liebt, so drängt auch in dem Pleasureground 
Eins das Andere. Ein seltener Strauch und eine 
seltene Blattpflanze folgt auf die andere. Wie man 
oft in dem Boudoir vor lauter schönen Dingen und 
Nippsachen nicht zur Ruhe kommt und ängstlich ist, 
wenn man sich setzen will, um nicht etwa irgendwo 
so sucht man vergebens in 
mit seinem 


Schaden anzurichten, 
dem entsprechenden Pleasureground 


durch zahlreiche Pflanzungen vielfach zertheilten Ra- 


* 


sen ein Plätzchen, um das herum man sich ein 
Ganzes bilden könnte, ein Bild sich zu schaffen ver- 
möchte. 

Nicht minder findet sich diese Ueberfüllung und 
diese Unruhe im Haus- und Vorgarten der heutigen 
Zeit, der jetzt einen Pleasureground ohne Anlagen 
und ohne Park darstellt. Man möchte, und wenn 
der Hausgarten noch nicht den Umfang eines Mor- 
sens umfasst, meist in ihm ebenfalls ein Stückchen 
Park haben, sollten es auch nur einige Koniferen 
sein, welche nfan als Einzelpflanzen gepflanzt hat. 
Am schlimmsten sind solche Hausgärten bestellt, wo 
man ausserdem auch noch das Schöne mit dem Nütz- 
lichen verbinden möchte, ohne aber den Faden gefunden 
zu haben, der Beides verknüpfen soll. Man sieht 
geformte Obstbäume mitten auf Rasenplätzen, welche 
von geschlungenen Wegen umgeben sind. Wir be- 
sreifen unsern verehrten Freund Holgärtner Jäger 
in Eisenach, wenn er sich dagegen ereifert und über 
Mangel an Geschmack klagt. 

Aber anderntheils sehen wir nicht ein, warum 
man in einem bürgerlichen eleganten Hausgarten 
nicht auch das Schöne mit dem Nützlichen verbinden 
könnte. Wir haben im vorigen Jahrgange der 
Wochenschrilt sogar auf einen solchen Garten, der 
von einem Mitgliede des Vereins in Charlottenburg 
angelegt wurde, aufmerksam gemacht; selbst Jäger 


scheint dessen Berechtigung anzuerkennen. Ein 
soleher Garten entspricht dem Bürgerlichen der 
jetzigen Zeit, wo man auf einen gewissen Com- 


fort Anspruch macht, ohne dass dadurch dem ur- 
sprünglichen Einfachen und Gediegenen Abbruch ge- 
than wird. 

Man muss .nicht Alles auf einem kleinen Raume 
haben wollen: Park, Obstgarten, Pleasureground und 
Teppichbeete. Die letzteren als Veıtreter der Ver- 
irrungen eines unnatürlichen Geschmacks, in dessen 
Folge die weiblichen Glieder der Familie vor allem auch 
ihren Körper in bunte Kleider hüllen, wo die Mode 
seltene Widersprüche sanetioniıt hat, sind in jedem 
bürgerlichen Hausgarten auszuschliessen; sie gehö- 
ren dagegen in Vorgärtchen oder in die unmittelbare 
Nähe der Wohnung einer fashionablen Familie, die 
in den inneren Räumen, besonders in dem Boudoir 
ihrer Wohnung sich abspiegelt und wiederum ausser- 
halb der Ausdruck der bunten Teppichbeete wird. 
Wie der Besitzer und seine Familie in Lebensweise 
und Kleidung bereits von der Natur abgewichen 
und damit in der äusseren Erscheinung Diener einer 
vermeintlichen Kunst geworden sind, so kann und 
muss auch die innere Einrichtung der Wohnung und 
Nähe des Wohnhauses, wo alle Glie- 


die nächste 


19 


der der Familie abgeschlossen von der übrigen Welt 
zeitweilig sich aufhalten, dem entsprechend möglichst 
künstlich, vor Allem reich an Farben ohne milde 
Umgänge gehalten werden. In der Abhandlung über 
Darwinismus in der 23. Nummer der Wochenschrift 
sind alle organischen Geschöpfe das Produkt ihrer 


Verhältnisse genannt worden, umgekehrt ist aber in 


diesem Falle die innere Einrichtung der Wohnung 
und der Luxus-Garten nur das Gepräge der Familie. 
Es darf nieht anders sein, wenn nicht greller Gegen- 
satz hervorgerufen werden soll. 


Illustration horticole. 


Jahrgang 1871. 
(Sehluss.) 

Wir gehen zu andern Monokotylen, und zwar 
zunächst zu einigen Bromeliaceen, über. 

Encholirion corallinum Lind. (Tab. 70) ist 
eine Vriesia, oder da dieses Genus schliesslich nicht 
bestehen kann, eine Tillandsia, wie schon Regel 
richtig gesagt hat. Die ächten Encholirien sind in 
jeglicher Hinsicht ganz andere Pflanzen, welche aber 
leider schon seit geraumer Zeit mit den Tillandsien 
verwechselt werden. Diese Art schliesst sich den 
anderen grösseren Arten dieses Geschlechtes an und 
hat mit diesen den Habitus einer Billbergia. Dass 
dergleichen Pflanzen auch gute Dekorationspflanzen 
im Zimmer sind, habe ich schon früher auszusprechen 
Gelegenheit gehabt, zumal sie wenig Pflege bedürfen. 
Aus der Mitte des aus auf der Unterfläche braun- 
gefärbten Blättern bestehenden Bechers kommt bis 
zu einer Höhe von 2 und 21), Fuss der mit 2 Reihen 
gelber Blüthen besetzte allgemeine Blüthenstiel hervor. 
Den Namen des korallenartigen hat diese Art von 
der dunkelrothen Farbe der lederartigen und lange 
Zeit bleibenden Deekblätter erhalten. 

Bromelia Ferdinandae Ed. Morr. (Tab. 65) 
wurde zu Ehren eines im September 1870 gebornen 
Kindehens, einer Enkelin des allerdings um die Gärt- 
nerei und Botanik höchst verdienstvollen Direktors 
Linden genannt und ist wiederum eine der vielen 
Einführungen von Gustav Wallis, der sie am 
Amazonenstrome in der brasilianischen Provinz Para 
auffand. Es ist eine ächte Bromelia, welehe in der 
Nähe der Br. Karatas steht, aber geringere Dimen- 
sionen annimmt. Die sehr stachliehen und in der 
Regel zurückgebogenen Blätter sind am Rande mit 
steifen Dornen besetzt und haben eine Länge von 
2 bis 2!/, Fuss. Gewöhnlich stehen sie dicht ge- 
drängt beisammen; wenn die Pflanze eben blühen 


will, erhebt sich, abweichend, wie es bei Bromelia 
Karatas der Fall ist, ein kurzer Stamm mit wenigen 
kürzen und auf der Unterfläche leberbraunen 
Blättern. Die Blüthen selbst sind unscheinlich, bil- 
den einen dichten Kopf und stehen im Winkel von 
eirund-lanzettlörmigen und oberhalb der Basis zurück- 
sebogenen Deckblättern von rother Farbe. 

Maranta arrecta Lind. et Andr. (Tab. 77) 
ist die anfangs von Linden als M. setosa in den 
Handel gebrachte und bereits von uns mehrmals, zu- 
letzt im 12. Jahrgange (S. 168) beschriebene Maran- 
tacee, welche aber zu dem Genus Phrynium gehört. 
Dass der Name M. setosa schon früher für eine an- 
dere verwandte Art vergeben ist zuerst von 
uns an bezeichneter Stelle ausgesprochen worden. 

Calathea oder Maranta Lindenii (Tab. 82) 
wurde von Wallis entdeckt, zuerst und zwar 
bereits im Jahre 1866 in der Wochenschrift von uns 
beschrieben (19. Jahrg. 238), daher wir dorthin ver- 
weisen können. 

Verschaffeltia melanochaetes Wendl. 
(Tab. 54, aber nur in schwarzer Abbildung) stellt 
eine zweite, der V. splendida würdige Palme dieses 
neueren Geschlechtes dar. Auch über sie ist bereits 
im vorigen Jahrgange der Wochenschrift gesprochen 
worden (S. 200). 

Ferner haben wir über Welfia regia Wendl. 
(Tab. 62) im 13. Jahrgange (S. 199) nach kleinen, 
damals uns zu Gebote stehenden Exemplaren Mit- 
theilung gemacht. Seitdem haben wir sie in grösse- 
ren Exemplaren gesehen und damit ihre Schönheiten 
noch mehr erkannt. Sie wurde im Jahre 1868 von 
unserem Landsmann Gust. Wallis in Neugranada . 
entdeckt und durch Linden in den Handel gebracht. 
Im Vaterlande bildet sie einen kleinen von 
schlankem Ansehen, etwas ähnlich den Seaforthien 
und einigen Geonomen. Was der Palme aber einen 
besonderen Reiz verleiht, braunrothe 
Färbung, welche die ersten noch 2spaltigen Blätter 
besitzen. ihre 


war, 


aber 


Baum 


das ist die 


Später werden diese gefiedert und 
schmalen Blättchen haben wenigstens in der ersten 
Jugend auf ihrer Unterfläche noch einen braun-röth- 
lichen Schein. 

Geonoma Schottiana Mart. (Tab. 55) ist 
zwar schon lange den Botanikern bekannt, aber erst 
seit dem Jahre 1856 durch Porte aus Brasilien ein- 


geführt. Sie wird ein eleganter, kleiner Baum vom 
Ansehen der jetzt in den Gärten mannigfach kulti- 


virten Cocos Weddeliana. Sie baut sich ausser- 


ordentlich leicht, zumal die Blätter in nicht zu kurzen 


Räumen auf einander folgen und eine lange Dauer 
haben. Sie bestehen aus 20 bis 30 Paar ganz 


200 


schmalen, ausserdem in eine lange Spitze ausgezo- | 


genen Blättehen. 

Philodendron Daguänse Lind. et Andr. (Tab. 
79) ist eine Aroidee, welche wir ebenfalls dem un- 
ermüdlichen Forschergeiste unseres Landsmannes 
Gust. Wallis verdanken. Er entdeckte sie 
Rio-Dagua, ein Umstand, der Veranlassung zur Be- 
nennung der Pflanze gab. Sie steht dem Ph. Lin- 
denii sehr nahe; ob sie aber gerade ein Philoden- 
dron ist, was übrigens ebenfalls von der zuletzt er- 
wähnten Pflanze gilt, müssen erst weitere Beobach- 
tungen lehren. Die herzförmigen und eirund-spitzen 
Blätter besitzen nämlich nicht zahlreiche, einander 
sleiche und parallel vom Mittelnerv aus seitlich ge- 
hende Nerven, sondern es sind, ähnlich wie bei vie- 


am 


len Syngonien, starke und sich wiederum etwas ver- 
ästelnde Hauptäste vorhanden, welche in den Rand 
auslaufen. Wenn man erst die Blüthen kennen ge- 
lernt hat, wird man wohl sicherer urtheilen können. 
Wie bei Ph. Lindenii sind die meist röthlichen Blatt- 
stiele mit zahlreichen Borsten dicht besetzt und ge- 
ben der Pflanze ein eigenthümliches Ansehen. Da 
Ph. Daguense gleich den meisten Syngonien, sehr 
rasch wächst, so kann sie in Kurzem viel überziehen. 

Philodendron calophyllum Brosn. (Tab. 76) 
ist eine der interessantesten Arten dieses grossen Ge- 


schlechtes. Zahlreiche Blätter von oft 3 Fuss Länge 
(ohne den stielrundlichen Stiel von gegen 4 Zoll 


Länge) entspringen aus der Wurzel und sind anfangs 
von einer grünlichen, aber etwas marmorirten und 
8 bis 16 Zoll langen Scheide umgeben. Da sie ziem- 
lich aufrecht stehen und nur wenig nach aussen ge- 
richtet sind, erhält die Pflanze eine grosse Aehnlich- 
keit mit den Anthurien aus der Gruppe des A. acaule 
und vielleicht noch mehr mit dem Nestfarn (Asple- 
nium Nidus avis). Die lederartigen Blätter verschmä- 
lern sich zwar nach der Basis zu, sind aber ausser- 
dem elliptisch. Ihre grösste Breite beträgt 8 Zoll. 
Aus der Basis eines jeden Blattes kommt ein allge- 
meiner Blüthenstiel von 1 bis 11, Fuss Länge und 
endigt mit einer aussen weissen, inwendig hingegen 
blutrothen und um die Hälfte kürzeren Blumenscheide. 
Der walzenlförmige, weisse Kolben hat ebenfalls die 
Länge bis zu !, Fuss. Brongniart hatte diese Aroi- 
dee anfangs als Ph. Prieureanum Schott bezeichnet. 

Dieffenbachia imperialis Lind. Andr. 
(Tab. 85) sahen wir zuerst während des vorigen 
Sommers bei Gelegenheit einer Ausstellung des Lon- 
doner Gartenbau-Vereins (s. vor. Jahrg. 261) in einer 
Linden’schen Sammlung neuer Pflanzen. Sollte sie 


et 


jeden Fall ist aber der Bau etwas robust. 


nicht eine Form der von uns zuerst beschriebenen 
D. robusta, wo nur die Blätter mit zahlreichen, weiss- 
lich-gelblichen Flecken besetzt sind, sein? Wie der 
Stamm werden wird, lässt sich jetzt, wo wir noch 
keine alten Pflanzen gesehen haben, nicht sagen. Auf 
Die ziem- 
lich langgestielten Blätter haben eine längliche Ge- 
stalt und sind meist noch in eine verlängerte Spitze 
ausgezogen, Die Länge der Blattfläche beträgt ziem- 
lich 2 Fuss, während sie nur halb so breit ist. 
Dracaena lutescens striata (Tab. 72) kam 
als Dr. lutescens variegata im Jahre 1869 durch 
Ambr. Verschaffelt in den Handel und wurde 
bereits von uns im 12. Jahrgange (S. 127) erwähnt. 
Seitdem haben wir genaue Kunde von ihr und sind 
geneigt, sie für eine gedrängt- wachsende Form der 
Dr. frutieosa, vielleicht für die Abart, welche Regel 
als Dr. ensilolia var. Greigii bezeichnet, zu halten. 


| Möglicherweise könnte sie auch eine Form unserer 


ı Ausstellungen 


Dr. arborea (Dr. Kochiana Reg.) sein. Die sehr schma- 
len und elegant zurückgebogenen Blätter sollen auf 
der wie mit Firniss überzogenen Oberfläche mit gelb 
gelärbten Nerven versehen sein. Als Vaterland die- 
ser auf jeden Fall interessanten Dracäne wird Ma- 
dagaskar angegeben. ® 


Ausstellung 
des Gartenbau-Vereines in Halle a. 8. 


Es ist eine erfreuliche Thatsache, wie sich die 
in der Provinz von Jahr zu Jahren 


' mehren und damit den Liebhabern von Blumen und 
' Pflanzen Gelegenheit geboten wird, etwas Neues zu 


| und bis zum 10. dauern, 


sehen und damit meist auch später akqueriren zu 
können. Wir erhalten eben ein Programm des Gar- 
tenbau-Vereines in Halle a. S. und werden »ersucht, 
Mittheilungen darüber zu machen. Wir entsprechen 
sehr gern hiermit dem Wunsche. 

Die Ausstellung wird am 6. September beginnen 
und zwar in den Räumen 
des Stadtschiessgrabens. Alles was im weiteren 
Sinne zur Gärtnerei gehört. kann Ausstellungs-Gegen- 
stand sein. Die hervorragendsten Gegenstände wer- 
den gekrönt, die Preise sind aber zunächst erst 
einer späteren Bekanntmachung vorbehalten. Es 
wird ersucht, bis zum 15. August bei dem Rentier 
Kanzler (Martinsberg 5a) die Anmeldungen dazu 
einzusenden. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Te: 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Verzeichuiss der bei der Fest-Ausstellung vom 21. bis 30, Juni 1872 ertheilten Preise. — Bericht über die im letzten 
Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung.) 


Verzeiehniss InrAs Preise des Königlichen Handelsministerinms. 

! Akt: a) Für eine Gruppe von Gewächshauspflanzen 
der. bei der Fest - Ausstellung des Vereins zur der fortfallende Orchideenpreis von 100 Thlr. 
Beförderung des Gartenbaues in den Königlich Dee Bökinischen ee 

Preussischen Staaten (Garten-Inspektor G. Bouche). 
vom 21. bis 30. Juni 18572 bh) Für die Dekorirung einer Festtafel von 4 
4 a es = SEE KL, Meter Länge mit abgeschnittenen Blumen 
Gelegenheit der Feier seines 50jährigen Bestehens 50 Thlr 
erteilten Preise. 1. J.C.Schmidt, Berlin, U. d. Linden 16, 
A. Ehren-Preise. 2. Kommerzienrath Raven & (Obergärtner 
1. Preis Seiner Majestät des Kaisers von Deutsch- Wilhelm König) 20 Thlr., 
land und Königs von Preussen. Für die grössten | ausserdem 1 Extrapreis von 30 Thlr. 
Verdienste um die Ausstellung in ihrer Gesammt- e) Für ein Riesenbouquet, nicht unter 1!/, Me- 
heit, neben den sonstigen der betreffenden Per- ter hoch, in einer Vase auf einem entsprechend 
sönliehkeit von dem Preisrichter-Amt zuerkann- geschmackvoll dekorirten Untersatz 30 Thlr. 
ten Preisen: Dem Gartengehülfen Emil Schulz im Kgl. 
Die grosse goldene Medaille. botanischen Garten, Berlin. 
Dem Kgl. botanischen Garten zu Berlin ı) Für ein Rosenbouquet 10 Thlr. 
(Garten-Inspektor C. Bouche). IC. Schmidt, U.-d.Linden%6. 
2. Preis Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Accessorische Preise. 
Augusta. Für eine ästhetisch aufgestellte Gruppe | a) Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstrasse 177, 
von Pflanzen 100 Thlr. | 8 Thlr. 
Dem Kgl. Schlossgarten zu Monbijou (Hof- b) W.Grothe, Berlin, Friedrichstr. 46, 6 Thlr. 
särtner Janke). 5. Preise des Königlichen Ministeriums für die land- 


3. Preis Ihrer Majestät der Königin-Wittwe Elisabeth | wirthschaftlichen Angelegenheiten. 


von Preussen. Für eine nur aus Palmen beste- | ß 
hende Gruppe: I. Die grosse goldene Staats-Medaille: 
Die Marmor-Büste Sr. Majestät des hochseligen Königs 
Friedrich Wilhelm IV. von Preussen. 
Dem Geh. Kommerzienrath Raven & (Ober- | (Obergärtner Haack) für die Gesammmt- 
särtner Wilhelm König). ausstellung von Orchideen. 


Der Frau Rittergutsbesitzerin Reicehen- 


heim, Berlin. 


9 
“u 


202 


II. a) Eine silberne Medaille: 
für eine aus mindestens 40 verschiedenen Arten be- 
stehende Sammlung von 1—3jährigen Gehölzsämlin- 
gen in guter Kultur. Von jeder Art müssen wenig- 
stens 10 Sämlinge ausgestellt werden. 
Den belaubten Gehölzsämlingen des Baum- 
schulbesitzers Lorberg, Berlin. 
b) Eine silberne Medaille: 
für die besten Formenbäume aller Obstsorten. Die 
Bewerber müssen wenigstens 6 Bäume in 6 verschie- 
denen Formen aufstellen. 
Baumschulbesitzer Späth, Berlin. 
c) Eine bronzene Medaille: 
für Erdbeeren. 
Der Königl. Gärtner-Lehranstalt 
Potsdam. 
d) Eine desgleichen: 
Dem Baumschulbesitzer Späth, Berlin. 
e) Eine bronzene Medaille: 
für hochstämmige Alleebäume. 
Dem GrafenPückler zuBranitz bei Kottbus. 
(Obergärtner Bleyer) und ausserdem ein 
Extrapreis von 10 Thlr. 
f) Eine bronzene Medaille: 
für selbstgezüchteten Blumenkohl. 


zu 


Emil Kratz, Kunst- und Handelsgärtner | 


Hochheim-Erfurt. 
g) Eine bronzene Medaille: 
für selbstgezüchtete Gurken. 
Frau Rittergutsbesitzeriin Reichenheim, 
Berlin, (Obergärtner Haack) für 1 Gurke 
Marquis of Lorne. 
6. Preise des Königlichen Ministeriums der geist- 


lichen, Unterrichts- u. Medieinal-Angelegenheiten: | 


a) Für eine ästhetisch aufgestellte Gruppe von 
Kalthauspflanzen 50 Thlr.: 
Dem Kgl. botanischen Garten, Berlin, 
Garten-Inspektor ©. Bouche. 
b) Für eine desgl. von Warmhauspflanzen: 


1. Dem Geheimen Kommerzienrathe Ra- 
vene (Obergärtner König): 50 Thlr. 
2. Dem Königl. Universitätsgarten, 


Berlin, Universitätsgärtner Sauer. Ex- 
trapreis von 50 Thalern. 
c) Für eine Gruppe von Nadelhölzern, welche 
in Deutschland im freien Lande aushalten: 
1. Jürgens u. 00., Baumschulbesitzer, 
Nienstädten bei Altona, 50 Thlr. 
2. Peter Smith u. Co., Baumschulbesitzer, 
Hamburg und Bergedorf, 50 Thlr. 
d) u. e) Für abgeschnittene Rosen 25 Thlr. 


| 


9. Preise 


Davon: 
Dem Kunst- und Handelsgärtner Wendt, 
Berlin, Hasenhaide 9a., 15 Thlr. 
dem Baumschulbesitzer Böhme (Ober- 
gärtner Kiesewetter), Genthin, 10 Thlr. 
Frl. Bertha Reuter, Forsthaus Garbe bei 
Wittenberge, 1 Extrapreis 8 Thlr. 
Preis der Stadt Berlin: Für ein Projekt zur Um- 
wandlung des „kleinen Thiergartens“ zu Moabit 
zu einer dem dortigen Stadttheile Berlins an- 
gemessenen Parkanlage. Mit einem Grundplan, 
einer Erläuterung und drei perspektivischen An- 
sichten, für welche die Standpunkte und Gesichts- 
linien auf dem Grundplane anzugeben sind, 
100 Thir.: 
Dein Stadt- Obergärtner Rönnenkamp, 
Friedrichshain, Berlin. 


I 


8. Preis von einem Blumenfreund: Für einen Blumen- 


korb oder derartiges Arrangement von 

schnittenen Blumen 20 Thlr.: 

Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstr. 177, 
für einen Blumenkorh. 

J. C. Schmidt, Berlin, Unter den Linden 16, 
für einen Blumenkorb einen Extrapreis 

10 Thlrn. 

Ausserdem J. C. Schmidt, Berlin, Unter 
den Linden 16, für zwei Arrangements 
15 Thlr. 

des Pankow - Schönhauser Gartenbau- 

Vereins: 

a) Für die schönste Rosengruppe von mindestens 
hundert blühenden Exemplaren in mindestens 
fünfzig Sorten 25 Thlr. 

Dem Kunst- und Handelsgärtner H. Wendt, 
Hasenhaide 8a, Berlin. 

b) Für ‘die imponirendste Gruppe von fünfzig 
Koniferen in Töpfen oder Kübeln in fünfund- 
zwanzig Arten und Abarten 25 Thlr. 

Dem Königl. botanischen Garten zu 
Berlin. (Garten-Inspektor Bouche.) 
Der Kgl. Garnison- Verwaltung zu 
Moabit bei Berlin. (Obergärtner Nicolai.) 
1 Ehrenpreis von 25 Thlrn. 

c) Für die schönste Gruppe Araukarien in min- 

destens sechs Arten und Abarten 25 Thlr. 
Der Kgl. Garnison- Verwaltung zu 
MoabitbeiBerlin. (Obergärtner Nicolai.) 

d) Für die schönste Gruppe von buntblätterigen 
Dekorationspflanzen des Warmhauses in fünl- 
undzwanzig Sorten 15 Thlr. i 

Geh. Kommerzien-Rath Dannen- 

(Obergärtner Dressler.) 


abge- 


von 


Herrn 
bergen. 


e) Für die schönste Gruppe von buntblätterigen 
Dekorationspflanzen des Kalthauses, die sich 
zur Aufstellung im Freien während des Som- 
mers eignen, und von buntblätterigen Freiland- 
pflanzen. zusammen in fünfundzwanzig Sorten 


15 Thilr. 
DemKunst- undHandelsgärtnerL.Mathieu, 
Berlin. 


Für das reichhaltigste und schönste Sortiment 
Ziergräser 10 Thlr. 
Dem Kgl. botanischen Garten zu 
Berlin. (Garten-Inspektor C. Bouche.) 
Für die reichhaltigste Sammlung von Frei- 
landsfarnen 25 Thlr. ; 
Dem Königl. botanischen Gaıten in 
Berlin’ (Garten-Inspektor C. Bouche.) 
Für die beste Pflanze, welche zu dekorativem 
Zwecke während des Sommers als Solitair- 
pflanze auf Rasen zu verwenden ist 10 Thlr. 
Peter Smith & Co. in Bergedorf bei Ham- 
burg. (Ein Exemplar einer Araukarie.) 
10. Preis des Kommerzienrathes Gilka 4 Frdor. 
Für die besten hochstämmigen Heliotropen. 
Dem Obergärtner Hornemann. 


h) 


iT. 
bei Waldenburg in Schlesien 10 Thlr. 

Für abgeschnittene Sortiments-Bluimen. 

a. Dem Kunst- und Handelsgärtner Wrede 
in Lüneburg. 

b. Dem Kunst- und Handelsgärtner Schwa- 
necke in Oschersleben ein Extrapreis von 
6 Thlr. 


2 Breis/der Kraus CHR rREe in Potsdam: 


Die bronzene Büste Sr. Majestät des Kaisers von 
Deutschland und Königs von Preussen. 


Für 6 Aprikosen-Sorten. 

Herrn Eduard Meiche, Stadtgärtner in 
Nagy-Beeskerek (im Banat Ungarn). 
Preise des Herrn Geheimen Kommerzienraths L. 

Ravene: ö 

a. Für eine Gruppe von Gewächshaus-Farnen 

25 Thlr. 
Dem Königlichen botanischen Garten 
in Berlin (Garten-Inspektor ©. Bouche). 

b. Für einen Blumentisch. ohne Anwendung 

abgeschnittener Blumen, 25 Thlr. 
Öbergärtner Eggebrecht. 

14. Preis des Geheimen Kommerzienraths Borsig: 
Für einen Blumenstrauss, bestehend aus nur 
in Deutschland einheimischen oder eingebür- 
zerten ausdauernden und annuellen Pflanzen, 


13. 


Preis «des Fabrikbesitzers Hayn in Hermsdorf | 


| 


15. 


16. 


17. 


18. 


19. 


20. 


geschmackvoll geordnet, nicht auf Draht ge- 

bunden, sondern mit den Stielen ins Wasser 

reichend, 18 Zoll Durchmesser an der 

Basis und zu Vasen verwendbar, 20 Thlr. 
Der Wittwe Schmidt, Berlin, Friedrichs- 
strasse 168. 

Preis des Herrn Geheimen Kommerzienraths 

v. Kulmiz, Ida- und Marienhütte bei Saarau: 
Für abgeschnittene Sortiments Blumen 10 Thlr. 

Dem Baumschulbesitzer Späth, Berlin (für 
Anemonen). 
Preis des Generalpächters Sucker in Arklitten 
bei Gerdauen: 
Für eine Haargarnirung von lebenden Blumen 
10 Thlr. 
Herrn Oskar Maschner, Berlin, Brücken- 
strasse 19. 

Preise von einigen Damen Berlins: 

a. Für eine Haargarnirung von frischen Blumen 
nebst entsprechendem Brust-Bouquet 2 Frd’or. 

Herrn J. C. Schmidt, Berlin, Unter den 
Linden 16. 

b. Für einen geschmackvoll verzierten Blumen- 
tisch mit Pflanzen, welche im Zimmer 
aushalten, 2 Frd’or. 

Dem Notar Lämmerhirt, Berlin (Ober- 
gärtner Deppner). 


ca. 


cut 


Preis von K.... — in Berlin: 

Für einen Brautkranz von blühender Myrte 

1 Frd’or. 

J. 6. Schmidt, Berlin, Unter den Linden 16. 
Preis des Kaufmanns R. E.... in Berlin: 
Für einen Fruchtkorb mit Blumen dekorirt 
2 Frd’or. 
Gustav Schmidt, Berlin, Friedrichstr. 177. 
B. Vereinspreise. 
l. Gemischte Aufgaben. 
Eine Alabaster-Vase. 

Dem fürstlich Fürstenbergischen Holgarten zu 

Donaueschingen (Hofgärtner C. Kirchhoff) 

für neue Einführungen. 

Schaupflanzen: 

1. Für Aörides odoratum album, Frau Ritter- 
gutsbesitzer Reichenheim (Öbergärtner 
Haack). 25 Thir. 

2. Für Vanda Batemanni, Frau Rittergutsbe- 
sitzer Reichenheim (Öbergärtner Haack). 
25 Thlr. 

3. Clianthus Dampieri, dem Kunst- u. Handels- 
särtner Maak, Schönebeck bei Magdeburg. 
20 Thlr. 

26” 


10. 


IT. 


12. 


16. 


18. 


19. 


20. 


22. Neue 


. Alocasia euprea, dem Geh. Kommerzien- | 


. Saccolabium Holfordianum, Frau 


. Croton pietum, dem Gutsbesitzer Danneel 


. Botryodendron macrophyllum, dem Kunst- 


. Für Pelargonien, desgl., 10 Thlr. 
. Für 3 Dracaena nutans, dem Kunst- und | 


haide. 10 Thlı. 
. Für 1 Fuchsia Venus de Medieis, dem 


. Für 3 grossblumige Pelargonien, dem Ge- 


rath Ravene&(Obergärtner König). 20 Thlr. 
titter- 
gutsbesitzer Reichenheim (Obergärtner 
Haack). 10 Thlr. 


bei Köthen 
10 Thlr. 


auf Görzig 
König). 


(Anhalt) (Carl 


und Handelsgärtner Maak, Schönebeck 
bei Magdeburg. 10 Thlr. 


. Elaeocarpus eyaneus, dem Garten-Inspektor 


Gireoud in Sagan. 10 Thlr. 


. Anthurium Laucheanum, dem Königlichen 


botanischen Garten in Berlin (Garten- 
Inspektor Bouche). 10 Thlr. 

Plectogyne variegata, dem Kunst- und 
Handelsgärtner Sauerwald — Berlin. 


10 Thlr. 

Für 5 Fuchsien Venus de Medicis, dem 
Geheimen Kommerzienrath Ravene, Berlin 
(Obergärtner König). 10 Thir. 

Für Calceolarien, dem Geheimen Kommer- 
zienrath Ravene (Obergärtner König). 
10 Thlr. | 


Handelsgärtner Lehmfuhl in der Hasen- 


Geheimen Kommerzien-Rath Ravene — 
Berlin (König). 10 Thir. | 
Für 1 Fuchsia Venus de Medieis, der Frau 
Kommerzien-Rath Reichenheim (Ober- 
gärtner Leidener). 10. Thlr. 


heimen Kommeızien-Rath Ravene (Kö- 


NIS) WLOTTNIT. 

Für 1 Attalea compta, dem Geheimen 
Ober-Hofbuchdrucker v. Deeker (Öber- 
särtner Reichholtz). 10 Thlr. 


Für 1 Balantium antareticum, der König- 
lichen Garnison-Verwaltung Berlin (Ober- 
gärtner Nicolai — Moabit). 20 Thlı. 

Für 1 Oreopanax dactylifolia, dem Garten- 
Inspektor Gireoud in Sagan. 10 Thlr. 


. Für Maranta zebrina, dem Freiherrn von 


Lotzbeek (Obergärtner Sonnenberg) 
15 Thlr. 
Einführungen und Zichtungen, noch nicht 


in München. 


in Berlin ausgestellt: 


1: 


Für 20 neue Einführungen dem Kunst- 


23. 


27. 


28. 


und Handelsgärtner Jean Verschaflelt 
in Gent. 40 Thlr. 

2. Für 4 neue Agaven demselben. 30 Thlr. 

3. Für 10 neue Einführungen dem König- 
lichen botanischen Garten (Garten-Inspektor 
Bouche). ! 25; Thlr. 

4. Für 8 neue Agaven dem General der In- 

fanterie a. D. Jacobi, Excellenz. 20 Thlr. 

. Für eine Nymphaea alba var. sphaero- 
carpa, der Königlichen Gärtner-Lehranstalt 
zu Potsdam. 15 Thlr. 

6. Für 3 neu eingeführte Orchideen der Fıau 
Rittergutsbesitzer Reichenheim (Ober- 
särtner Haack). 15 Thlr. 

7. Für eine Gruppe von neuen Einführungen 
dem Garten-Inspektor Gireoud in Sagan. 
15 Thlr. 

8. Für ein, Lilium puberulum dem Kunst- 
und Handelsgärtner L. Mathieu. 10 Thlr. 

9. Für eine Echeveria scaphophilla dem Kunst- 

und Handelsgärtner Jean Verschaffelt 

in Gent. 10 Thlr. 

Für eine Oxalis tropaeoloides roseo-picta 

dem Kunst- und Handelsgärtner Lieb - 

mann in Dresden. 10 Thlr. 

Für eine neugezüchtete Centaurea dem 

Kommerzienrath Heekmann (Obergärtner 

Mäcker). 10 Thlr. 

. Für 2 Rodanthe Mansglesii fl. pl. dem Kunst- 
und Handelsgärtner Grasshoff in Qued- 
linburg. 25 Thlr. 

13. Für 1 Sammlung von Begonien-Sämlingen 
dem Öbergärtner Eggebrecht. 15 Thlr. 

Schlauchpflanzen. 

1. Der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim 
(Obergärtner Haack). 50 Thlr. 

2. Für 2 Darlingtonien dem Universitätsgärtner 
Sauer in Berlin ein Extrapreis von 50 Thlr. 

Bepflanzte Ampeln. 

Dem Geh. Kommerzien-Rath Ravene (Öber- 
särtner König) für Amnpeln mit Fuchsien 
5 Tlılr. 

Arrangements. 

Herrn Otto Rumpf, Königstrasse 4. u. 9, 
20 Thlr. 

Stauden in Blüthe. 

Dem Königl. botanischen Garten in 
(Inspektor Bouche). 10 Thlr. 

Neue Sommergewächse in Blüthe. 

Dem Geh. Kommerzien-Rath Dannenberger 
in Berlin (Obergärtner Dressler). 5 Thlr. 

Marktpflanzen-Gruppen. 


[S)1 


10. 


137 


Berlin 


29. 


32. 


34. 


205 


I. Dem Kunst- und Handelsgärtner H. Ba- 

ding, Andreasstrasse 32. 30 Thlr. 

2. Dem Kunst- und Handelsgärtner OÖ. Lieb- 

mann in Dresden. 20 Thlr. 

3. Dem Kunst- und Handelsgärtner Ritter 

(für Celosia). 10 Thlr. 

Teppichpflanzen und Teppichbeete. 

1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Adolph 

Petzold in Dresden für Teppichpflanzen 
30 Thlr. 

2. Dem Kunst- und Handelsgärtner Leise- 
sang zu Charlottenburg für ein Teppich- 
beet 20 Thlr. 

. Dem Kommerzien - Rath Heckmann in 
Berlin (Obergärtner Maecker) für 1 Tep- 
pichbeet 1 Extrapreis 20 Thlr. 

Aquarien, Terrarien u. S. w. 

1 Preis zu 10 Thlrn. 

Dem Kunst- u. Handelsgärtner CarlBenda. 


= 


Aufgaben für Pflanzen aus bestimmten Familien 
und Geschlechtern. 


Orchideen in Blüthe. 
Dem Kunst- und 
10 Thlr. 
Marantaceen. 
Für 1 Gruppe in 19 Arten. 
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene 
(Obergärtner W. König). 25 Thlr. 
Für 1 desgl. in 40 Arten. 
Dem Garten-Inspektor Gireoud zu Sagan. 
15 Thlr. 
Lilien im weitesten Sinne. 
1. Für Alstroemerien. 
Dem Königlichen 


Handelsgärtner Allardt 


botanischen 


2. Für Lilium auratum. 
Dem Geheimen Kommerzienrath Ravene 
(Obergärtner W. König). 10 Thlr. 

Baumartige Lilien. 

1. Für eine Gruppe dem 
von Jacobi, Excellenz. 40 Thlr. 

2. Für eine desgl. dem Königlichen botanischen 
Garten zu Berlin (Garten-InspektorBouche). 
30 Thaler. 


Agaven General 


Garten in | 
Berlin (Garten-Inspektor Bouche). 15 Thlr. 


3. Für 3 Dracaenen (D. Guilfoylei, Reginae 
und nigro-rubra) dem Garten - Inspektor 
Gireoud in Sagan. 10 Thlr. 

4. Für Yucca reeurvata dem Maurermeister | 


Paetow. 10 Thlr. 


35. 


36. 


37. 


38. 


43. 


44. 


45. 


46. 


Cyeadeen. 

1. Für eine Zamia niveo-lanuginosa dem Ge- 
heimen Kommerzien-Rath Ravene& (Ober- 
särtner König). 15 Thlr. 

2. Für eine Macrozamia spiralis dem König- 
lichen Geheimen Ober - Hofbuchdrucker 
v. Decker (Öbergärtner Reichholtz). 
10 Thlr. 

Lorbeer. 

Für 6 Standbäume dem Kunst- und Handels- 

särtner Leisegang in Charlottenburg. 20 

Thlr. 

Orangen. 
Dem Königlichen Schlossgarten zu Char- 
lottenburg (Hofgärtner Brasch), für 6 Stand- 
bäume. 20 Thlr. 
Myrten. 
Dem Kommerzien-Rath Gilka (Öbergärtner 
Hornemann.) 10 Thlr. 
Und 1 Extrapreis von 15 Thlr. 
. Eriken. 
Dem Kunst- und Handelsgärtner Plage zu 
Schöneberg. 10 Thlr. 
. Aukuben. 
Dem Baumschulbesitzer Lorberg. 10 Th'r. 
. Epheu. 
Dem Baumschulbesitzer Spaeth. 10 Thlr. 
. CGrotons. 
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene. 
(Obergärtner König.) 20 Thlr. 
Gacteen. 


1. Dem Dr. Poselger. 25. Thlr. 
2. Dem Königl. botanischen Garten (Inspektor 
Bouche.) 20 Thlr. 
Crassulaceen. 
1. Dem 
für Kalosanthes. 


Handelsgärtner Gude 
10 Rhlr 

und Handelsgärtner Lieb - 
mann in Dresden für Echeverien. 10 Thlr. 


Kunst- und 


2. Dem Kunst- 


Goleus. 
Dem Geheimen Kommerzien-Rath Raven« 
(Obergärtner König). 10 Thlr. 
Pelargonien. 
1. Dem Dr. Hans Herrmann in Schöne- 


40 Thlr. 
2. Dem Brauerei-Direktor Busse für gross- 
blumige und Odier-Pelargonien. 30 Thlr. 


beck bei Magdeburg. 


3. Demselben für Scharlach-Pelargonien. 20 
Thlr. 

4. Demselben für buntblättrige Pelargonien. 
10 Thlr. 


. Dem Geheimen Kommerzien-Rath Ravene 


ot 


47. 


48. 


49. 


. Caleeolarien. 


206 


(Obergärtner König) 
sonien. 10 Thlr. 

6. Dem Kunst- und Handelsgärtner Leise- 
sang in Charlottenburg für gefüllte Pe- 
largonien. 10 Thlr. 

7. Dem Kunst- und Handelsgärtner J. Hör- 
demann in Kassel für grossblumige und 


für gefüllte Pelar- 


Ödier-Pelargonien. 10 Thlr. 
Fuchsien. 
1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Gude. 
25 Thlr. 


2. Dem Geheimen Kommerzienrath Raven& 
(Obergärtner König) für hochstämmige 
Fuchsien. 15 Thlr. 

3. Dem Obergärtner Eggebrecht für hoch- 
stämmige Fuchsien. 15 Thlr. 

4. Dem Kunst- und Handelsgärtner Neu- 
mann in Schönebeck. 10 Thir. 

Gesneraceen. 

1. Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim 

(Obergärtner Haack) für Gloxinien. 25 


Thlr. 

2. Dem Geh. Kommerzien-Rath Dannen- 
berger(Öbergärtner Dressler) für ver- 
schiedene Gesneraceen. 15 Thlr. 

Hortensien. 

1. Dem Kunst- und Handelsgärtner Bading. 

10 Thlr. 


2. Demselben für Kronenbäumcehen. 10 Thlr. 
3. Dem Kunst- und Handelsgärtner Petzold 
in Dresden für neue Sorten. 10 Thlr. 


Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim (Öber- 
särtner Haack). 10 Thlr. 


1. Phlox Drummondii. 


Dem Kunst- und Handelsgärtner Bading. 
10 Thlr. 
. Reseda. 


Dem Kunst- und Handelsgärtner O. Lieb- 
mann in Dresden (Kugel- und Spalierform) 
10 Thlr. 


3. Stiefmütterchen (Viola altaico-tricolor). 


Dem Kunst- und Handelsgärtner Wrede in 
Lüneburg. 10 Thlr. 
II. Obst und Gemüse. 


. Obst. 


Landesbaumschule in Alt- 
Wrede) für 


1. Der 
Geltow 


Königl. 

(Garten - Inspektor 
Kirschen. 30 Thlr. 

2. Dem Königl. Melonerie-Revier in Potsdam 
(Hofgärtner Buttmann) für Weintrauben 


(Black d’Ingram). 20 Thlr. 


3. Demselben für Pfirsiche. 20 Thlr. 
4. Demselben für Aprikosen. 10 Thlr. 


5. Demselben für 2 Pariser Glocken-Melonen. 
10 Thlr. 

6. Dein Königl. Marly- Gärtner in Potsdam 
(Hofgärtner Nietner) für Melonen und 
Pflaumen. 10 Thlr. 

7. Dem Gartenbauverein zu Guben für Kir- 
schen. 10 Thilr. 

8. Demselben für Beeren-Obst ein 
preis von 10 Thlrn. 

9. Herrn v. d. Osten in Steglitz für Erd- 
beeren. 5 Thlr. 


Extra- 


C. Ausserhalb des Programms. 


55. Dem Königlichen botanischen Garten (Inspektor 
Bouche£) für Selaginellen. 10 Thlr. 

56. Der Frau Rittergutsbesitzer Reichenheim 
(Obergärtner Haack). für Campanula-Medium- 
Formen. 5 Thlr. 

57. Der Frau Senatorin Jenisch in Flottbeck bei 
Altona für selbstgewonnene Früchte der Vanilla 
lutescens. 25 Thlr. 

58. Dem Königlichen botanischen Garten (Inspektor 
Bouche) für buntblättrige Abutilon, durch Ein- 
tluss des KEdelreises auf die Unterlage gewonnen. 
10 Thlr. 

59. Dem Hofgärtner Reuter, auf der Pfaueninsel 
bei Potsdam, für Bastardbildungen von Bohnen, 
Mais ete. 10 Thlr. 

60. Herrn Portrait- und Geschichtsmaler Kadersch 
in Görlitz für Aquarelle 10 Thlr. 


Bemerkung. Mehre Gegenstände, für welche 
keine Konkurrenzen ausgeschrieben waren, sind von 
dem Preisrichter- Amt zur Prämiirung mit einer sil- 
bernen resp. bronzenen Staats-Medaille vorgeschlagen 
worden. Da aber hierzu erst die Genehmigung Sr. 
Excellenz des Herrn Ministers für die landwirthschaft- 
lichen Angelegenheiten erbeten werden muss, So 
bleibt die Veröffentlichung vorbehalten. 


Noack, als Schriftführer. 
Noack. &aerdt. Göppert. 
Neumann. Lauche. 
Krause. Eilner. 

Booth. Meyer. 


Münter, als Vorsitzender. 

Kramer, Kolb. Wendland. 

de Jonge van Ellemeet. Boettger. 

Dippe. Haage. Starke. Bolle. 

Schoch. Bohm. Haenel. Scehiebler. 
Reinecke. 


une De 


ee re ee 


20 


Bericht - 
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
(Fortsetzung.) 

36. Cassia Blumenavia haben Haage und 
Schmidt in Erfurt einen hübschen Blüthenstrauch 
provisorisch genannt, von dem sie Samen durch den 
bekannten Dr. Blumenau in Santa Catharina (Bra- 
silien) erhielten. Sie empfehlen ihn im Sonmer ins 
freie Land. Die grossen und 
sollen eine schöne Belaubung besitzen, deren Reiz 
noch durch die prächtigen goldgelben, etwas ins 
Orangefarbene spielenden Blüthen erhöht wird. 

87. Ceroxylum niveum Hort. (Diplothemium 
:audescens Mart.) wird jetzt wiederum von Linden 
in Brüssel empfohlen. Es ist unbedingt eine der 
sehönsten Palmen, welche wir besitzen, und schliesst 
sich, besonders in der ersten Jugend, 
srossen Blätter noch nicht gefiedert, sondern ganz 
sind, den Phönikophorien an. Sie wächst aber ge- 
drungener und zeigt eine grössere Anzahl von Blät- 
tern, welche später gefiedert werden, die schmalen 
Fiederblättehen aber in grosser Anzahl rasch auf ein- 
ander lolgend besitzen. Ihre Sehönheit wird noch 
besonders dadurch bedingt, dass die Unterfläche eine 
silbergraue Farbe hat. 

38. Unter 
oder des Cheiranthus annuus, also unserer be- 
liebten Sommer-Levkoje, welche Beachtung der Lieb- 
haber verdienen, steht die Viktoria-Sommer-Levkoje, 


wo die 


den neueren Formen der Matthiola 


welche Haage und Schmidt aus Samen erzogen 
haben und eben in den Handel bringen, obenan. 


Nach Mittheilun- 
zen sollen in jedem Kelche 2 Blumen, gleichsam wie 
2 Augen sich befinden und eine kugelige Gestalt be- 
sitzen. Da diese Form ausserdem 10- 
busten Bau, grosse Verästelung und Blüthenreich- 
thum auszeichnet, so mehr 
pfehlen. 

39. Eine andere Form der Levkoje ist jetzt un- 
te rdem Namen M. autumnalis monstrosa in 
Handel gekommen. Die sehr 
Blüthen spitzen sich meist kegelförmig zu. Gewöhn- 
lich kommt es aber noch vor, dass mitten auf dem 
Centrum der Blüthe eine zweite mit ähnlichem Bau 
sich erhebt. 

40. Als Chenopodium pyramidale bringen 
jetzt Haage und Schmidt in Erfurt eine riesige 
Art des Gänsefusses in den Handel, da sie 2 bis 3 
Meter, also bis gegen 10 Fuss hoch, werden soll. 
In Wachsthum wird mit 


Noch haben wir sie nicht gesehen. 


sich durch 


so ist sie um zu em- 


den 


STOSSEen, gefüllten 


sie der Artemisia annua, 


gefiederten Blätter | 


- 


‘ 


einem orientalischen Beifusse mit feiner Belaubung 
verglichen. Sie wurde aus Manilla eingeführt. 

41. Choisyaternata H.B. etK. ist ein mexi- 
kanischer Strauch aus der Zanthoxyleen-Abtheilung 
der Rutaceen und zeichnet sich durch starken Ge- 
ruch in allen seinen Theilen aus. Er ist ohne alle 
Behaarung. Die gegenüberstehenden Blätter bestehen 
aus lederartigen und durchsichtig-punktirten Blätt- 
chen und die prachtvollen weissen Blüthen befinden 
sich, einen trichotomen Blüthenstand bildend, in dem 
Winkel der oberen. 

42. Cinnamomum pedunculatum N. v. E. 
sehört zwar zu den Zimmetbäumen, hat aber das 
Gewürzhafte in geringerer Menge in der Rinde. 
Trotzdem wird diese Art in ihrem Vaterlande Japan 
vielfach zur Gewinnung der Rinde benutzt. Es ist 
ein mässiger Baum mit aufrechten Aesten und Zwei- 
gen, welche mit langgestielten elliptischen und leder- 
artigen Blättern besetzt sind. Neuerdings hat Lin - 
den in Brüssel hiervon eine Abart mit panachirten 
Blättern in den Handel gebracht. 

43. Seitdem die grossblumigen Wandelblumen 
oder Cinerarien mit der letzten internationalen In- 
dustrie-Ausstellung des Jahres 1867 in Paris Beifall 
sefunden haben, sind von Seiten deutscher 
Handelsgärtner Versuche gemacht worden, in ihnen 
eine noch grössere Vollkommenheit hervorzurufen. 
Unter Anderen ist dieses Haage und Schmidt in 
Erfurt gelungen. 


auch 


Eine solehe verbesserte Form wird 


| jetzt mit der näheren Bezeichnung hybrida maxi- 


ma in den Handel gebracht. Eine andere inte- 
ressante Form ist die, oder, wie man gewöhnlich hier 
sagt, die Blumenblätter, sich röhrenförmig zusammen- 
legen; sie hat den Beinamen hybridastellata er- 
halten. Eine dritte Form endlich besitzt die Zungen- 
blüthehen, zwar kürzer, aber breiter, und ist als €. 
hybrida den 


worden. 


pomponica in Handel gebracht 

44. Costus hirsutissimus wurde durch den 
ohnlängst verstorbenen Dr. Seemann aus Central- 
William Bull 


der jetzt die Pflanze in 


Amerika an in London gesendet, 


den Handel gebracht hat. 


In wie weit diese Scitaminee von dem von Presl 
beschriebenen Costus hirsutus aus Mexiko sich unter- 
scheidet, ist uns nicht klar, auf jeden Fall steht er 
ihm nahe und gehört, wie die übrigen Arten dieses 
Geschlechtes, zu den besten ornamentalen Pflanzen 
des Warmhauses. 


Stengel. 


Er macht alljährlich aufrechte 
Seine breit-elliptischen und durchaus mit 
zottigen, aber kurzen Haaren besetzten Blätter bilden 
eine deutliche Spirale. 

45. Collinsia violacea Nutt. bleibt noch kleiner, 


208 


als die bekannte, jetzt aber wieder vergessene C. 
verna, und kann demnach zu Teppichbeeten, Ara- 
besken -Pflanzungen u. s. w. sehr gut verwendet 
werden. Leider ist nur ihre Dauer eine sehr kurze. 


Sie verästelt sich und besitzt am unteren Theile ei- | 


rundliche, am oberen hingegen längliche Blätter. 
Die violetten Blüthen bilden zu 4 bis 6 Quirle und 
nehmen den oberen Theil aller Zweige ein. Vater- 
!ınd ist das südliche Nordamerika, 
Staat Arkansas. 


46. Combretum grandiflorum G. Don ist eine 


Liane des tropischen West-Afrika und gehört des- | 


halb in das Warmhaus. Hier ist es zum Umziehen 
der Säulen, Sparren u. s. w. sehr gut zu gebrauchen. 


Seine in der Jugend behaarten Blätter stehen 
einander gegenüber, sind eirund -elliptisch und 
zeichnen sich durch eine olivengrüne Farbe aus, 
welche aber durch ein silbergraues, an den Aesten 
(les Mittelnervs ausstrahlendes Band unterbrochen 
ist. Auf der Unterfläche sind sie purpurbraun. Der 
kurze und dicke Blattstiel ist eben so gefärbt. Die 


scharlachrothen Blüthen bilden in dem Winkel der 
Blätter, aber auch endständig, Aehren. 

47. Corethrogyne spathulata Gray ist uns 
unbekannt, steht aber gewiss der von Douglas ein- 
seführten C. californiea nahe, und wächst, wie diese, 
auf der Westseite Nordamerika’s. Sie gehört zu den 
den Astern ähnlichen Körbchenblüthlern und dauert 
Wird sie zeitig ausgesäet, blüht sie schon im 
Sie verästelt sich und trägt zahlreiche 
Während 


aus. 
ersten Jahre. 
Blüthenkörbehen von 2 Zoll Durchmesser. 


besonders der 


‚lie Strahlenblüthehen eine violette Farbe besitzen, 
ist die der Scheibe gelb. Im Durchschnitt beträgt 


die Höhe der ganzen Pflanze höchstens 1 Fuss. 


48. Corokia buddlejoides A. Cunn. gehört zu 
den australischen Rhamnaceen und bildet einen bis 
10 Fuss hohen Blüthenstrauch. 
ihn in seiner Gartenflor empfiehlt (Tab. 679, 1. 2 bis 


Nach Regel, der | 


6), verlangt er keine besondere Pflege und ist leicht | 


zu kultiviren. Die lederartigen und schmal-elliptischen 
Blätter sind ganzrandig und haben eine freudig-grüne 
Oberfläche, während die Unterflläche graufilzig ist. 
Die kleinen, gelben Blüthen bilden endständige und 
meist zusammengesetzte Doldentrauben. 

49. Croton angustissimum ist von Cr. Joannis 


(vor. Jahrg. d. Wochenschrift, S. 306) nicht ver- 
sehieden. 
50. Croton grande wurde von Will. Bull in 


den Handel gebracht und stellt eine der kräftigsten 


und haben, 


Formen des vielgestaltigen Cadiaeon variegatum (Cro- 
ton) L., wie jetzt der Dekorationsstrauch im Systeme 
heisst, dar. Die 8 Zoll langen, in der Mitte fast vier 
Zoll breiten und länglichen Blätter stehen auf einem 
1 bis 11, Zoll langen Stiele und sind an dem Mit- 
telnerv und seinem Hauptnerv schön gelb gefärht. 
Ausserdem finden sich aber auch gelbe Flecken vor, 
welche bei älteren Pflanzen mehr .hervortreten. 
Stammt von den Südseeinseln. 


51. Croton fucatum wurde dagegen aus Bombay 
eingeführt und hat ebenfalls ein kräftiges Wachsthum. 
Die Blattstiele der im oberen Theile breiteren Blätter 
sind mit einem rothen Stiele versehen und haben 
ausserdem gelbe Mittelnerven und eine eben so ge- 
färbte Aderung. 

52. Cuphea platycentron gehört ohne Zweifel 
zu den schönsten der niedrig bleibenden Blüthen- 
sträucher, der leider aber wiederum allmählig aus 
den Gärten zu verschwinden scheint. Vielleicht wird 
die Form mit goldgelb-umrandeten Blättern, welche 
jetzt Haage u. Schmidt in den Handel bringen, 
Ursache, dass man ihr wiederum mehr Aufmerksam- 
keit zuwendet. 

53. Cypripediumparviflorum Salisb. und pu-- 
bescens Willd. sind 2 Frauenschuharten Nordame- 
rikas, welche unser einheimisches C. Calceolus ver- 
treten und, wie diese, bei uns in Gärten Anwendung 
Iinden können. Regel hat deshalb eın besonderes 
Verdienst, dass er in seiner vorzüglichen Gartenflora 
(auf der 700. u. 701. Tafel) neuerdings auf sie auf- 
merksam gemacht hat. C. parviflorum besitzt 
kleinere Blüthen, wie der Name sagt, aber auch die 
ganze Pflanze ist schlanker, und zeichnet sich durch 
schmalere und elliptisch-lanzettförmige Blätter aus. 
Die 1!/, bis 1°, Zoll langen und schmalen Blumen- 
blätter sind grünlich-röthlich gefärbt und die 7 bis 
9 Linien im Durchmesser enthaltende Lippe besitzt 
eine schöne, gelbe Farbe. C. pubescens wächst 
dagegen gedrängt und hat einen robusteren Bau. 
Die eirund-spitzen Blätter folgen rasch aufeinander 
bei einer Breite von 2 im unteren Drit- 
tel, eine Länge von 31, Zoll. Von den grün -roth 
gefärbten Blumenblättern ist das oberste und unter- 


ste weit breiter und von 5 Nerven durchzogen, wäh- 


rend 


die beiden seitlichen und spiralig gedrehten 
zwar 3 Zoll lang, aber nur 3 Linien breit sind. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 13. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch. 


General- Sekretär des Vereines. 
No. 27. Berlin, den 6. Juli. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thhlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872, — Bericht über die im 
letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung.) — 6. Obst- und Weinausstellung in Botzen. 


Die Festausstellung 


des Vereines zur Beförderung des &artenbaues 
vom 21. bis 30. Juni 1872. 

Fünfzig Jahre sind für einen Verein schon ein 
hübsches Alter. Eine so lange Zeit kann dem Kritiker 
Gelegenheit geben, sich auszusprechen, inwielern der 
Verein seinem Zwecke entsprochen hat, wie weit 
von ihm die Aufgaben erfüllt Der Verein 
wurde vor fünfzig Jahren zwar durch Nichtgärtner 
angeregt und ins Leben tüchtigsten 
„ärtnerischen Kräfte der damaligen Zeit standen aber 
ihm schon alsbald zur Seite und trugen dazu bei, 
dass er nicht allein anfangs gleich Lebensfähigkeit 


sind? 


serufen, die 


zeigte, sondern auch nach allen Seiten hin seine 
Thätiekeit entfalten konnte. Der Verein ist nicht 


eine Vereinigung allein von Gärtnern, also nicht al- 
lein von Männern Berufes und demnach 
auch nicht gleicher Interessen, Laien bilden 
srosse Mehrzahl. Seine Aufgabe ist zunächst Ver- 
edlun® und Vervollkommnung des Menschen, Bil- 
dungsmittel dabei die Pilege der Blumen und Pflanzen. 
Seit seinem fünfzigjährigen Bestehen war er deshalb 
unablässig bemüht, einestheils Liebe zu Blumen und 
andern- 


gleichen 
seine 


Pflanzen zu erwecken und zu verbreiten, 
theils aber auch den Gärtner zu heben. 
des Gärtners ist vor Allem, Vermittler zwischen Laien 
und Blumen zu sein. Als der Verein ins Leben ge- 
rufen, war dieser Beruf noch keineswegs in der 
Weise, wie es wünschenswerth ist, erkannt. Das 


Glück wollte ihm wohl, da er auch zwei Männer zu 


Der Beruf 


seinen Mitgliedern zählte, die mit besonderer Beza- 


bung die ästhetische Seite der Gärtnerei, die eigent- 
liche Gartenkunst, praktisch durehführten: der Eine 
als Organ dreier preussischer Könige, welche unab- 
Mutter Natur 
stiefmütterlich gespendet, Reize zu schaffen und des 
Menschen Aufenthalt wohnlicher zu machen, der An- 
reichlich 


lässig bemüht waren, grade da, wo 


dere, mit Glücksgütern versehen, zeigte 
durch die That, dass der Mensch auch die vernach- 
lässigtsten und eintönigsten Gegenden in paradiesische 
Gefilde umzuwandeln vermag. 

Das 
Zeit der Existenz des Vereins die Hauptrolle; dureh 
Alles, 


berfaden gleich hindurch. 


ästhetische Moment spielt in der ganzen 
was er that, schlängelte sich dieses einem Sil- 
Doch vermachlässigte er 
auch keineswegs die praktische Seite der Gärtnerei, 
und zwar um so weniger, als beständig tüchtige 
Gärtner unter seinen Mitgliedern sich befanden, welche 
durch Wort und Schrift zu Vor 


Allem war es der Obstbau, welchem er seine sanze 


belehren suchten. 


besonders in den letzten beiden 


Jahrzehnten, Hier 
bedeutende Resultate erzielt zu haben. 


Aufmerksamkeit, 
widmete. darf er sich rühmen, 

In einer Zeit, wo weder in der Landwirthschaft, 
noch in der Industrie Ausstellungen gemacht wurden. 
tief er schon dergleichen ins Leben. Sie fanden all- , 
zemeinen Beifall um so mehr Liebe 
zur Pflanzen- und Blumenkultur, als sie in der Weise 
öffentlich waren, Mit- 
»lied bedurfte, um unentgeldlich Einlass zu erhalten. 


und erweckten 


dass es nur der Bitte an ein 


Bei diesen Ausstellungen stand wiederum das 


24 


U) 


ästhetische Moment obenan. Eben deshalb erfreuten 
sie sich hauptsächlich eines grossen Rufes und wurden 
sehr besucht. Dass sie einen grossen Einfluss auf 
die heutige Richtung der Gartenkunst ausgeübt haben, 
unterliegt keinem Zweifel. Wenn auch bei Franzosen 
und Belgiern, neuerdings auch bei Engländern, dem 
ästhetischen Prinzip bei Ausstellungen gehuldist wird, 
so ist es doch nirgends in der Weise durchgeführt 
worden, wie durch den Verein zur Beförderung des 
Gartenbaues Berlin. Nicht durch  Effektstücke 
suchte man, wie jenseits der Vogesen, die Sinne 
des weniger Gebildeten zu fesseln, sondern man er- 
hielt, trotz der leider dazu geneigten Richtung unserer 


in 


Zeit, die Einfachheit und Reinheit einer edeln Gar- 
tenkunst. Grade diese letzte Ausstellung legte hier- 


von Zeugniss ab. Wenn demnach eine solche ge- 
diegene Ausstellung, wie jetzige, bei dem nach Effekt 
haschenden Publikum nieht den Anklang gelunden 
hat, so dar! der Verein doch nicht bei späteren Aus- 
stellungen von seinen Grundsätzen abgehen. Ist es 
etwa in der Musik, in der Malerei u. s. anders? 
In ästhetischer Hinsicht hat der Verein gewirkt, auch 
die jetzige Ausstellung ist auf die Bildung des Her- 
zens von Einfluss gewesen. Wer ein tieferes Inter- 
esse hatte, besuchte sie und sie nicht unbe- 
Iriedigt verlassen haben. 

Obwohl von auswärts nur eine sehr geringe Be- 
theiligung stattgefunden hatte — man hatte absicht- 
lieh nichts dafür gethan, um ihr das Gepräge einer 


W. 


wird 


Wohngebäude 


schmack erbauten Halle, einen Anblick dar, der selbst 
strenge Künstler zur Bewunderung hinriss. Die Kunst- 
fertigkeit in Gruppirungen, welche bei den Ber- 
liner Gärtnern kurz nach der Gründung des Vereines 
schon anerkannt worden, verdient noch heut’ zu Tage 
dieselbe Anerkennung. Dass aber auch der Inhalt 
der Ausstellung zum Theil vorzüglich war und nicht 
leicht übertroffen werden möchte, beweisen die Reichen- 
heimschen Orchideen, die blühenden Schlauchpflan- 
zen (Sarracenien) aus Donaueschingen, die Sammlun- 
gen von Dickpflanzen u. Koniferen u. s. w. 

Der zur Ausstellung benutzte Raum, der Garten 
des Wilhelms - Gymnasiums in der Bellevuestrasse 
No. 15 umfasste, ausser der grossen Turnhalle, ein 
Areal von 11, Morgen, war aber, wenn auch grad- 
linig, so doch dadurch unregelmässig und unvortheil- 
halt, dass das prächtige Gebäude des Gymnasiums 
auf der einen Seite ziemlich in der Mitte, das kleinere 
des Direktors auf der anderen 
oberen Ende vorsprang. Es wurden dadurch 2 un- 
gleiche Hälften des ganzen Ausstellungsraumes gebil- 
det. Ein Theil der oberen Hällte war in seiner gan- 
zen Breite durch die bereits erwähnte offene Halle von 
50 Fuss Tiefe eingenommen. Diese Halle, im einfachen, 
aber edlen Style, hatte seitliches Oberlicht und trug in 


anı 


' jeglicher Hinsicht dazu bei, dass der Inhalt an Pfianzen 


ächten Berliner Ausstellung zu erhalten — so gehört | 


sie, und das betrifft wiederum vor Allem das ästhe- 
tische Moment, zu den besten und eigenthümlichsten 
Ausstellungen, die je, nicht allein in Berlin, sondern 
auch sonst in Europa stattgefunden haben. Es ist 
dieses ein Ausspruch, den zwei mit Ausstellungen 
sehr vertraute Ausländer uns erst in diesen Tagen 
ausgesprochen haben. Mögen andere grosse Aus- 
stellungen durch Massen, durch Reichthum an Neu- 
heiten oder durch Schaupflanzen sich ausgezeichnet 
und ihr hierin den nicht bestreitbaren Rang abge- 
laufen noch die Erfüllung 
mancher frommen Wünsche ausgeblieben sein, bei den 


haben, mag ausserdem 
schwierigen Verhältnissen, die leider ausserdem ein- 
wirkten, ist dasMögliche für die Ausstellung geschehen; 
hat, ohne den Leistungen etwa nahe 
treten zu wollen. vor Allem in ästhetischer Hinsicht 
einen Triumph gefeiert, wie in gleicher Weise keine 
Ab- 
sesehen von dem Ganzen, was trotz des schwierigen 
Terrains meisterhaft geordnet war, boten die grossen 
Gruppen von Pflanzen, ganz besonders in dem Turn- 
der offenen, mit vielem Ge- 


sie anderen 


andere grosse Ausstellung sich rühmen kann. 


saale, aber auch in 


und sonst nicht in geringster Hinsicht durch irgend etwas 
beeinträchtigt, sondern im Gegentheil alles gehoben 
wurde. Sie macht dem Baumeister alle Ehre und 
kann allen denen, welche in der glücklichen Lage 
sind, über grössere Gärten verfügen zu können, als 
Muster und zur Belehrung dienen. Von der Mitte 
des davor sich ausbreitenden freien, mit Gruppen 
aller Art bepflanzten Stückes aus gesehen, bot diese 
offene Halle mit ihrem mannigfachen Inhalte einen 


stossen Genuss. Wenn wir etwas anders ge- 
wünscht hätten, so war es die helle graue Farbe 
der einfachen Draperie am Eingange, wo leider eine 
gelbe Kante das Auge noch unangenehmer be- 
rührte. Man hätte ein dunkeles Schiefer-, aber kein 
blasses Grau nehmen sollen. Gelb verträgt sich 
nicht mit Pflanzengrün. Die gelben Blumen auf 


unseren Wiesen sind lebendiger 
stimmten Formen. 

Eine zweite sehr schmale offene Halle, oder 
vielmehr ein breiter gedeckter Gang befand sich auf 
der entgegengesetzten Seite des Einganges, also am 
oberen Ende, und diente nur zur Aufstellung von 
Tafeln, um die Früchte, Instrumente, in soweit sie 
zum Gartenbau gehören, hauptsächlich aber die 
Luxuspapiere (Manschetten u. s. w. für Bouquets) 
u. s. w. aufzunehmen. Daran schloss sich ein auf 


und geben keine be- 


ee 


der linken Seite angebautes kleines und wiederum 
nach vorn gehendes Warmhaus, was von dem gros- 
sen Gymnasiums-Gebäude so gedeckt wurde, dass 
man es nur erst dann sah, wenn man der zweiten 
oheren Hälfte des Ausstellungsraumes sich näherte. 
Auf der anderen Seite, der Direktorialwohnung sich 
anschliessend, befindet sich geräumige Turn- 
halle. 

Den Plan für die Ausstellung hat, mit Hinzu- 
ziehung der 3 Ordner: Hofgärtner Brasch in Char- 
lottenburg. Kunst- und Handelsgärtner Jannoch und 
Boese, der Stadtgartendirektor Meyer entworlen. 
Den gegebenen Verhältnissen der beiden genannten 
monumentalen Gebäude und übrigen daran grenzen- 
den Wohnhäuser nach konnte die ganze Anlage auch 
nur architektonisch gehalten werden, d. h. es musste 
die gerade Linie vorherrschen. Dass diese aber 
doch nieht zu sehr vorwaltete und mit den grossen 
Gruppen der offenen Halle und des Turnsaales im 
Widerspruch stand, im Gegentheil allenthalben har- 
dem Einen zum Andern 


die 


monischer Uebergang 
vorhanden war, dass nirgends ein Sprung, wie wir 
dergleichen Allem Anlagen 
sehen, sich den Augen bemerkbar machte, das war 
eben die Kunst des Meisters. 

Von der Strasse führt ein langer Gang zwischen 
zwei Mauern nach dem Gymnasium und dem ganzen 
Ausstellungsraum. Schöne Lorbeer-Standbäume be- 
tunden sich hier in kurzen Zwischenräumen aul bei- 
den Seiten. Derselbe Weg setzte sich vor dem Gym- 
nasium vorbei nach hinten zur zweiten und kleineren 
Hälfte unmittelbar fort. Eine Gruppe von Kalthaus- 
pflanzen des botanischen Gartens, davor die 
Siegesgöttin Lebensgrösse und auf niedrigem 
Postament aus der weithin bekannten Thonwaaren- 
fabrik von March in Charlottenburg begränzten den 
Weg. Diese Endpunkte machten gleich bei dem 
Eintritte von der Strasse aus einen freudigen Ein- 
druck. 

Das Gymnasium bis 6 Fuss Ent- 
fernung mit 2 Hamburger Sammlungen Koniferen in 
Körben und in vorzüglicher Kultur gedeckt. Die 
Exemplare hatten zwar eine verschiedene Höhe, 
waren aber so gestellt, dass die hinteren von gegen 
8 Fuss Höhe die Mauer vollständig deekten. Etwas 
Passenderes als dergleichen dunkellaubige Koniferen 
konnte nicht leicht zur Deckung benutzt werden. 
Aufl der anderen Seite des Weges breitete sich die 
vordere und grössere Hälfte mit den Rasenstücken, 
Springbrunnen, Gruppen von Blüthen- und Blatt- 
pflanzen, Teppichbeeten u. s. w. aus. 

Einen besonders geeigneten Platz hatte Direktor 


von 


vor bei iranzösischen 


in 


selbst war 


| 


Meyer den Dicekpflanzen angewiesen. Sie 
gleich am Eingange zwischen dem Wege und seit- 


lich von der offenen Halle, etwas abgeschlossen von 


waren 


den übrigen Pflanzen, in d geschmackvoll geordneten 
Gruppen aulgestellt. 

Zum ersten Male fand sich hier ein Schmuck in 
den Ausstellungsräumen vor, der bis jetzt bei Aus- 
stellungen weder im Aus- noch im Inlande keines- 
wegs in der Weise hinlänglich in Betracht gezogen 
wurde, wie seine Bedeutung es verlangt. Die bil- 
dende Gartenkunst, d. h. der ästhetische Theil der 
Gesammtgärtnerei, kann sieh auch anderer Kunst- 
segenstände bedienen, in sofern diese zur Erhöhung 
Wenn 
nun schon in grossen Parks und Anlagen Werke der 


der Schönheit des Gesammtbildes beitragen. 


plastischen Kunst deshalb mannigfach in Anwendung 
kommen, so ist dieses noch mehr in Schmuckgärten, 
in denen sich das Leben des Besitzers seiner 
Familie abspiegeln soll, der Fall. Man sich 
dabei allerdings hüten zu überladen. Plastische Ge- 


und 
muss 


senstände, vor Allem lebensgrosse Figuren, ja selbst 
Gruppen und Vasen, können je nach den Umständen 
im Schmuckgarten angezeigt sein. 

Die Frage, welches Material zu dergleichen plasti- 
schen Gegenständen genommen werden soll. riehtet 
sich vor Allem nach der Art und Weise des Schmuck- 
sartens, aber auch nach der Lebensstellung und den 
Vermögens-Verhältnissen des Besitzers. Es ist keine 
Frage, dass Marmor und gute Bronze zwar stets das 
beste Material für plastische Gegenstände sein und 
bleiben werden; abgesehen von der Kostspieligkeit 
werden diese, aus Marmor oder ächter Bronze ange- 
fertigt, aber in einem Schmuckgarten keineswegs an- 
gezeigt sein, da sie als Kunstgegenstände von Be- 
deutung die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich ziehen 
würden, der Schmuckgarten ihnen untergeordnet wäre. 
Die Gartenkunst könnte in diesem Falle nur die Die- 
nerin der plastischen Kunst sein, wie sie unter be- 
stimmten Verhältnissen 
Architektonik 

Deshalb 
elegantes 
Gegenstände 


auch nur als Dienerin der 


in Anwendung kommen kann. 


ist unserer Ansicht nach ein weniger 


und kostspieliges Material für plastische 


und kleineren Schmuck- 


gärten angezeigt, damit sie nur als Attribute zur Er- 


in grösseren 
höhung der Schönheit einzelner Stellen des Schmuck- 
gartens dienen. Es ist nicht zu leugnen, dass der 
Thon, und zwar mit der ochergelben, weil nicht blen- 
denden Farbe, dazu nicht weniger geeignet ist, als 
die Blei-, weniger die Kupfer- und Messingfarbe, un- 
Wir besitzen in unse- 
rer Nähe 2 Künstler, welehe mit dem einfachen Ma- 
Zink 


ter den Bronze-Nachbildungen. 


terial des ocherfarbigen Thones und der auf 


Zi 


212 


basirenden Blei-Bronze aul eine Weise umzugehen 
verstehen, dass sie mit Recht schon lange die ver- 


diente Anerkennung erhalten haben. Die March- 
sche Thonwaarenfabrik in. Charlottenburg und die 
Kahle’sche Zinkwaarenfabrik in Potsdam haben in 


ihren Kunstwerken eine Voll- 
kommenheit erreicht, die wohl kaum noch etwas zu 


den letzten Jahren in 


wünschen übrig lässt. Bei zwar genauem Studium 
der Antike haben sich die Besitzer der neueren 


Richtung doch vorherrschend 
beiden Fabriken 
stellung 


angeschlossen. Aus 
ar Vorzügliches zur Pflanzen-Aus- 
des Vereins zur Beförderung des Garten- 
haues geliefert worden, um ihr einen erhöhten Glanz 
zu verleihen. Doch auch die Gegenstände, welche 
aus der Lippold'schen Zinkgiesserei (Linienstrasse 
154a) hervorgegangen waren, wurden in ihrem Werthe 
init Recht gewürdigt. 

Was zunächst die plastischen Gegenstände aus 
Thon anbelangt, so ist es ein glücklicher Gedanke 
des Künstlers, dass das Ochergelb der Ständer oder 
Postamente stets etwas heller ist, als das des Kunst- 
zegenstandes. Dadurch 
ab und wird von dem ersteren nicht beeinträchtigt. 
Was für eine grossartige Wirkung ein nicht zu helles 
Grün in verschiedenartigem Laube auf die Erhöhung 
des Reizes der plastischen Figur und umgekehrt diese 
auf das Grün ausübt, gaben hier mehre Beispiele 
Veranlassung zu sehen. 

Wir haben der lebensgrossen Viktoria, die einer 
der Rauch’schen srossen Theil entnommen zu 
schon gedacht. Sie im Hinter- 
srunde vor einer Gruppe dekorativer Kalthauspflanzen. 
Je ihr trat natürlich ihre eigene 
Bedeutung um so mehr hervor: sie schien schliess- 


zum 
sein schien, stand 


näher man kam, 
lich das Pflanzliche zu beherrschen, während sie aus 
der Ferne betrachtet nur als Attribut zur Erhöhung 
der Reize der Pflanzen-Gruppe beitrug. Garteninspek- 
tor Bouche hatte 
Sammlung verschiedenlarbiger Alströmerien 


an der Basis des Ständers seine 
herum- 
sruppirt, was ebenfalls nicht wenig beitrug, dass die 
Figur noch mehr zur Geltung kam. 

Eine, wir 
kung machte im 


möchten sagen noch grössere Wir- 


oberen zrossen Rasenstücke, aber 
Flora der 


March’schen Fabrik, da die in einem halben Monde 


seitlich gestellt, eine lebensgrosse aus 
herumgruppirte Sammlung ornamentaler Kalthauspflan- 
zen durch Hofgärtner Brasch mit kunstfertiger Hand 
aufgestellt war. Beides: Flora und Pflanzen, hielten 
Je nachdem man die Flora 
ins Auge fasste, 
schien die eine oder andere Hauptsache zu sein oder 


nur zur Erhöhung der Reize des Andern zu dienen. 


sich das Gleichgewicht. 


oder die Gruppirung besonders 


hebt sich der letztere mehr 


{ 


Wir können nicht auf Alles eingehen, was von 
Seiten der March’schen THonwaarenfahrik in Char- 
lottenburg zur Verschönerung der diesjährigen Aus- 
stellung eingesendet worden war, denn es würde beı 
dem übrigen noch zu beschreibenden Material uns 
schliesslich leider zu viel Raum einnehmen, aber doch 
können wir nicht umhin, vor Allem auch auf die 
lebensgrossen Knaben, welche hier und da aufgestellt 
waren, aufmerksam zu machen. 
verdienen 


Dergleichen Figuren 
in Sehmuckgärten von 1 und 
1'/, Morgen empfohlen zu werden, denn sie machen 
das Ganze lebendiger und bieten Punkte dar, 
sich Bilder zu gruppiren. 


besonders 


um 


Was die Zink-Gegenstände in Bleibronze anbe- 
langt, so haben wir gar nicht geglaubt, dass die in 
ihren Konturen leicht verschwimmende Bleifarbe 
Grün sich wunderschön macht, als es hier der 
Fall war. Dergleichen Figuren treten weit schärfer 
im Grün, als sonst hervor und heben sich aus ihm 
vortheilhaft Der kleine — wir möchten sagen 
Roland — Knabe äuf der einen Seite des Einganges 
zur offenen Halle und auf anderen der Knabe 
ınit dem Fische sind Meisterstücke der plastischen 
Kunst. Und wie wurde das Pflanzengrün hinter ihm 
zur Geltung gebracht! 


im 
so 


ab. 


der 


Nur eins müssen wir bedauern, 
dass nämlich diese und die übrigen wahrlich ent- 
zückend-schönen Figuren auf denselben Postamenten 
standen, wie die aus Thon angefertigten. Man musste 
bei der hellen Farbe der letzteren gegen seinen Wil- 
len die Augen auf diese lenken und zog sie damit 
von der eigentlichen Figur ab. Noch mehr trat dieser 
Uebelstand bei den hochgestellten Vasen mitten im 
Freien des oberen Ausstellungsraumes, wo zum Theil 
prächtige Gruppen ausländischer Koniferen im Hinter- 
»runde standen, hervor. Die schönen Vasen konnten 
auf diese Weise ebenfalls nicht, wie wohl 
verdient hätten, zur Geltung kommen. 

Wir gehen zu den Teppichbeeten und Arabesken 
über. Der Verein hatte sie bei seinen im Programm 
sestellten Aufgaben, dem Zeitgeiste huldigend, be- 
sonders ins Auge gefasst. Wir lieben sie im Allge- 
ıneinen nicht und betrachten so wie die 
jetzigen Moden, besonders der Damen, als eine Ver- 
irrung des menschlichen Geschmackes, halten sie aber 
trotzdem für unsere Zeit berechtigt. Wenn die vor- 
nehme Dame in ihrem Boudoir sich in Aufstellung 
der wundersamsten und mannigfachsten Nippsachen 
gefällt und auch die Möbeln darin dem Kontraste 
huldigen, so würde ein Schmuckgarten, in einem 
edelen Style angelegt, nur missfallen können. Auch 
muss in diesem Falle sein Rococo, wenn auch 
xenildert, haben. Er hängt ebenso, wie alle anderen 


sie es 


sie, eben 


er 


213 


Einrichtungen, von den Umgebungen ab und wird 
um so schärfer in graden Linien hervortreten müssen, 
als die Architektonik der Umgebung sie anzeigt. Um 
so mehr diese Geltung hat und auf Alles ringsum 
wirkt, um so weniger wird das Rein - Gärtnerische 
hervortreten können. 

Interessant war es, dass 2 Arabesken von kunst- 
fertiger Hand angelegt waren, welche in ihrer Anlage 
einander diametral gegenüberstanden. Beide legten 
ein grosses Verständniss der Harmonie in den Pflanzen- 
farben ab. Es war hier freundliches Begegnen der 
einen Farbe zur anderen vorhanden. Die eine Ara- 
beske bildete ein Viereck und war von dem Ober- 
särtner Fr. Mäcker im Garten des Kommerzienrathes 
Heckmann angelegt. Sie war für den Rasen be- 
stimmt. Von schliesslich viereckiger Gestalt hatte 
jede Seite ohngefähr eine Länge von 10 Fuss. Ein 
segen 8 Zoll breiter Streifen mit braunrothem Sande 
belegt, schloss gegen das grüne Rasenstück ab. Eine 
sraue buschige Artemisia bildete den Mittelpunkt und 
wurde von Kleinen Exemplaren der blutrothen Iresine 


Lindeni eingefasst. Darum zogen sich wiederum 
wiedrige Stecklingspflanzen der grauen Santolina 
Chamaeeyparissus in einem und die rothblättriee 


Alternanthera paronychioides in einem anderen Kreise. 
Sehr niedrig gehaltene Kreise des Pyrethrum Gold- 
feather und einer dunkelblauen Lobelia Erinus folgten. 
Endlich schloss wiederum ein Kreis einer etwas an- 
ders gelärbten Alternanthera. Graues Kenthiermoos 
war benutzt, um die Kreisfigur viereckig zu machen, 
diente aber nur, den Boden zu bedecken, während 
etwas höhere, aber immer zwergige Pflanzen da- 
zwischen Die Ecken hatte der 
Künstler mit Gnaphalium Janatum ausgefüllt; ausser- 
dem fanden sich aber in der gegen 8 Zoll breiten 
und viereckigen Einfassung einige hübsche, aber sehr 
niedrige Exemplare der Yucca quadricolor, Coleus 
in Sorten und 


angebracht waren. 


verschiedenen 
Pflanzen vor. 


einige graublättrige 

Die andere Arabeske, welche Obergärtner Leise- 
zang in Charlottenburg dieht am Eingange der offenen 
Halle in einem aus sogenannten Palmblättern haupt- 
sächlich zusammengesetzten Oval mit Kunstfertigkeit 
zusammengesetzt hatte, war mehr für einen von 
ornamentalen Gebäuden eingeschlossenen Raum, wie 
z. B. Klostergärten oder Paläste mit 2 Seitenflügeln 
bieten, berechnet, für einen eigentlichen Schmuck- 
zarten passte sie daher nicht. Wir haben nicht leicht 
etwas gesehen, wo die Farben sich so schön ab- 
sehoben hätten, als grade hier. Dergleichen Arabesken 
sieht man noch und sah man früher 
der Nähe von Palästen, besonders in Italien. 


weit mehr in 


I 


Die Pflanzen spielten in dieser Arabeske natür- 
lich hinsichtlich des Raumes eine untergeordnete Rolle, 
da gewiss die Hälfte davon für mit Ziegelmehl und 
aus Marmorstücken belegte Zeichnungen verwendet 
worden, waren aber sehr gut gewählt. Der Raum 
gestattet uns nicht, ausführlicher über sie zu berichten. 

(Fortsetzung folgt.) 


Bericht 


über die im letzien Jahre eingeführten Pllanzen. 
(Fortsetzung.) 

54. Cyrtanthera chrysostephana gehört zu 
den schönsten Arten dieses Akanthaceen-Geschlechtes 
und hat ein elegantes Aeussere. Die gegenüber- 
stehenden, elliptischen Blätter besitzen eine schöne, 
srüne Farbe mit Ausnahme der Mittelrippe und ihrer 
Hauptäste auf der Unterfläche, welche roth gefärbt 
sind. Die goldfarbigen Blüthen bilden anı Ende des 
Stengels und der Zweige zedrängte Traubendolden. 
Da diese witten im Winter erscheinen und die Kultur 
leicht ist, kann der Blüthenstrauch des Warmhauses 
um so mehr empfohlen werden. Vaterland ist das 
tropische Amerika. 

55. Damaenorops palembanicus und pe- 
riacanthus sind 2 der Abtheilung der Calameen 
zugehörige Palmen aus Java, welche Will. Bull in 
der neuesten Zeit eingeführt hat und welche wegen 
ihrer Eleganz für Dekoration grossen Werth haben. 
Die im Umkreise sehr breiten Blätter sind bei beiden 
Arten geliedert, auf einander folgenden 
Fiederblättehen haben aber eine ausserordentlich ge- 
ringe Breite. Jung besitzen sie bei D. periacanthus 
eine strohgelbe, bei D. palembanieus hingegen eine 


die rasch 


zimmtbräunliche Farbe. Ausgezeichnet sind die Dornen 
an den Blattstielen, welche, besonders bei der zuerst 
senannten Palme, oft eine ringförmige Stellung be- 
sitzen und Veranlassung zur Benennung gegeben haben. 

56. Dammara purpurascens stammt aus Neu- 
seeland und möchte wohl eine Form der D. australis 
Mit dieser gehört sie das Kalthaus. Die 


sein. in 


jüngern Aeste und Zweige haben eine braune Farbe, 


während die breiten und 2 Zoll langen Blätter aul 
auf der Unter- 
Auch 
diese Dammartanne hat William Bull jetzt in den 
Handel gebracht. 


der Oberfläche bräunlieh-olivengrün, 
fläche hingegen blaugrün ‘gefärbt erscheinen. 


57. Sowohl von DianthusHeddewigii, welche 
neuerdings leider wiederum weniger angepflanzt wor- 
den ist, als von D. imperialis, bringen jetzt Haage 
und Schmidt in Erfurt 2 Zwergformen in den Handel, 
auf die ihrer Schönheit 
Brauchbarkeit aufmerksam machen wollen. 


wir besonders wegen und 


24 


58. DieffenbachiaamazonicanenntLinden 
in seinem letzten, eben ausgegebenen Verzeichnisse 
eine neue Art dieses bereits durch zahlreiche Arten 
und Formen in den Gärten vertretenen Aroideen- 
Geschlechtes, welche am Amazonenflusse entdeckt 
wurde. Sie erhält keine bedeutende Höhe, besitzt 
aber ziemlich grosse, elliptisch-lanzettförmige Blätter, 
deren zartes Grün durch eine weiss - gestrichelte 
Mittelrippe und sonst durch hellgelbliche Flecken auf 
der Oberfläche unterbrochen wird. 

59. Auch die Zahl der buntblättrigen Dracaenen 
oder vielmehr Gordylinen ist neuerdings wiederum um 
einige vermehrt worden. Dracaenaexcelsa nennt 
William Bull eine robuste und, wie der Name auch 
sagt, ziemlich rasch hoch werdende Art mit breiten, 
elliptisch - lanzettförmigen Blättern. Ihre Farbe ist 
bronze - grün, wird aber am Rande durch Magenta- 
roth unterbrochen. Bisweilen erstreckt dieses sich 
auch weiter in die Blattfläche hinein. Sie wurde von 
den Südsee-Inseln eingeführt. 

60. Dracaena metallica hat nieht minder einen 
robusten Wuchs, zeichnet sich aber durch dunkel- 
srün-gelärbte und metallisch - glänzende Blätter von 
über Fuss Länge :aus. Die 4 Zoll langen Blattstiele 
erhalten später eine purpurbraune Farbe. 
von den Samoon-Inseln. 

61. Als Dracaena puleherrima hat jetzt Wil- 
liam Bull wiederum eine Foım der breitblättrigen 
Cordylinen in den Handel gebracht, welche er im vori- 
sen Jahre als Dr. eoneinna bezeichnete. Der Um- 
stand wahrscheinlich, dass dieser Name bereits für eine 
ächte Dracaena vergeben war, hat die Umänderung 
des Namens veranlasst. Wir fügen der bereits im 
vorigen Jahrgange der Wochenschrift (S. 14) ge- 
zebenen kurzen Bezeichnung dieser Form noch hinzu, 
dass sie zu den schmalblättrigen mit schlankem Wuchse 
gehört. Die überhängenden Blätter haben bei 12 bis 
14 Zoll Länge eine Breite von fast 2 Zoll und laufen 
von der Mitte aus allmählig in eine Spitze aus. Auf 
ihrer Oberlläche sieht man oft rosafarbige Streifen, 
die bisweilen mit weissen abwechseln. Bisweilen ist 
auch die ganze Oberlläche rosafarben. 

62. Draeaena splendens baut sich weit niedri- 
ser, als die beiden vorher aufgeführten Arten, wächst 
sedrängter und hat auch kleinere Blätter, welche bei 
4 Zoll Breite 9 Zoll Länge besitzen. Sie bilden in 
der Regel deutliche Spiralen und sind übergebogen. 
Die Oberfläche ist zwar hronze- dunkelgrün gefärbt, 
karmoisinrothe Streifen durchziehen sie aber hin und 
wieder. 

63. Dracaena sulcata ist eine ganz eigenthün- 
liche Form von etwas gedrängtem Habitus, wo die 


Sie stammt | 


Blätter längs der Aeste des Mittelnervs mit einer 
schwachen Furche versehen sind, ein Umstand, der auch 
Veranlassung zur Benennung gegeben hat. Sonst be- 
sitzen die Blätter keine bunte Färbung und sind auf 
der Oberfläche besonders dunkel. Wie die vorige, so 
ist auch diese auf einer der Südsee-Inseln gefunden 
worden. 

64. Dr. utilis nennt endlich William Bull 
eine Form der Südsee-Inseln, welche nicht rothbraun 
gefärbte Blätter hat und so die Mannigfaltigkeit der 
buntblättrigen vermehrt. Wahrscheinlich ist es 
ächte Cordyline Terminalis, deren Wurzel (oder wohl 
vielmehr die unterirdischen Stolonen) von den Be- 
wohnern der Sandwich-Inseln zwischen heissen Steinen 
gebraten und dann gegessen wird. Der Beiname 
utilis deutet wenigstens darauf hin, dass die Pflanze 
im Vaterlande irgend eine Anwendung besitzt. 

65. In Betreff der Dracaena Wisemani (14. 
Jahrg. S. 307), welche wir im vorigen Jahre neben vie- 
len anderen Neuheiten in dem grossartigen Etablisse- 
ment von James Veitchand Sons in London sahen. 
dass sie in dem eben ausge- 


die 


bemerken wir noch, 
zebenen Verzeichnisse als Dr. Weismanni aufge- 
führt wird. Der Mann, dessen Namen diese Form 
entnommen, ist demnach kein Engländer, sondern ein 
Deutscher. Auch gleicher Stelle genannte 
Croton Wisemani muss Ur. Weismanni heissen. 

66. Dracaena Saposchnikowi Reg. ist keine 
buntblättrige Cudyline, sondern eine ächte Dracaena. 
welche Regel in dem Garten eines Liebhabers in 
Petersburg fand (Gartenfl. Tab. 705). Sie schliesst 
sich der Dr. Hookeri (Rumphii Hook.) an und baut 
sich wie diese, baumartig, einen kurzen, dicht mit 
Blattnarben besetzten Stamm bildend. An der Spitze 
stehen gedrängt bis 21/, Fuss lange, aber nur bis 
2!/, Zoll breite, auf der Oberfläche flache, auf der 
Unterfläche jedoch dureh einen hervorstehenden Mit- 
telnerven ausgezeichnete Blätter ohne jede Färbung des 
Randes. Die kleinen, grünlich-gelben Blüthen bilden eine 
grosse, aber nur wenig hervorragende Rispe. 

67. Echeveria abyssinica wurde während 
des englisch-abyssinischen Krieges vom Major Leve- 
son entdeckt und an Will. Bull mitgetheilt. Die 
Pflanze besitzt ganz das Ansehen eines baumartigen 
Sempervivum und gehört vielleicht auch, trotz der 
rothen Blüthen, zu dem genannten Genus. An der 
Spitze der flingerstarken Stengel und der Aeste be- 
finden sich zahlreiche und spathelförmige Blätter von 
3 bis 4 Zoll Länge rosettenartig gestellt. 

68. Echeveria carinata ist dagegen 
Blendling der bei uns jetzt hinlänglich bekannten E. 
metallica mit atropurpurea. Ihre Blätter haben zwar 


das an 


ein 


215 


die Färbung der ersteren, sind aber grösser und 
deutlich gekielt. Die Blüthen sind noch nicht bekannt. 
69. Echium pomponieum ist jetzt von Charles 
Huber et Co. in Hyeres eingeführt worden und stellt 
eine riesige Natterzunge von 6 Fuss dar. Der ein- 
fache Stengel soll fast von der Basis an mit Blüthen 
besetzt sein. Dem Namen nach haben diese eine rothe 
Farbe. Sollte es nicht E. altissimum Jaeg. sein? 
70. Elaphoglossum Herminieri Moore ist 
ein in Mittel- und Südamerika, wie es scheint, weit 
verbreitetes Farn, was der erst vor Kurzem verstorbene 
Dr. Seemann auf den Goldfeldern Central-Amerika’s 
entdeckte und im lebenden Zustande nach Europa 
versendete. Zu Ampeln ist es vorzüglich. Seine 
ziemlich dicklichen und schmalen unfruchtbaren Blät- 
ter verlaufen in einen Stiel und hängen über. Sie 
haben einen silbergrauen Schein und werden in die- 
ser Hinsicht mit einem Aale verglichen. Im Vater- 
lande ist deshalb auch der Name der Pflanze: Aalfarn. 
71. Eopepon aurantiaecus Naud. ist eine zweite 
Art des in China vorkommenden Cueurbitaceen-Ge- 
schlechtes Eopepon mit orangefarbenen Früchten. 
Es ist eine hoch kletternde Art, welche deshalb Be- 
achtung verdient. Ob sie aber aul gleiche Weise, 
wie der vor einigen Jahren bei uns eingeführte E. 
vitifolius gedeiht, ist eine Frage, die noch beantwortet 


werden muss. Aus der knolligen Wurzel kommen 
ınehre Stengel hervor und sind dieht mit hand- 


besetzten Blättern besetzt. 

72. Epaeceris impressa Lab. schliesst sich be- 
kanntlich hinsichtlich ihrer Gestalt und der Kultur 
den kapischen Haiden an und war noch vor we- 
nigen Jahren einer der beliebtesten Blüthensträucher, 
welche in einer grossen Anzahl von Formen heran- 
gezogen wurden und besonders auf den Frühjahrs- 
Ausstellungen einen Platz fanden. Regel hat sich 
deshalb wiederum ein Verdienst um unsere ‘Gärten 
erworben, dass er von Neuem auf diese Epaeris auf- 
merksam macht und eine der schöneren, welche 
wegen ihrer brennendrothen Blüthen den Beinamen 
ardens erhalten hat, in seiner Gartenflor (Tab. 695, 
Fig. 8) abgebildet hat. 

75. Epidendron antenniferum Lindl. ist 
zwar keineswegs eine neue Art dieses Geschlechtes, 
wird aber kaum noch in den Gärten der Liebhaber 
gefunden. Rözl hat sie vor Kurzem wieder in 
Mexiko gefunden und dem botanischen Garten in Pe- 
tersburg mitgetheilt. Dort hat sie geblüht und ist 
von Regel in seiner Gartenflora (auf der 678. Tafel) 
abgebildet worden. Kurze zahlreiche und zusammen- 
gedrückte Stengel sind mit Scheiden besetzt, haben 
aber an der Spitze 2 breit - elliptische und dicke 


förmig 


Blätter und endigen mit einer schlaffen, aber 
stielten Aehre kleiner, grünlich-bräunlicher Blüthen. 
welche sich dadurch auszeichnen, dass die beiden 


oß_ 
Se 


innern Blumenblätter eine fadenförmige Gestalt be- 
sitzen. Liebhabern, welche nur über einen der 


Pflanzenkultur knapp zugewiesenen Raum verfügen 
können, ist diese Orchidee nicht zu empfehlen. 

74. Episecia melittifolia Mart. war schon 
Linne unter dem Namen Besleria melittifolia 
bekannt, wurde aber zuerst von Plumier auf den 
karibäischen Inseln entdeckt und auch eingeführt. 
In den ersten Jahrzehnten diesem Jahrhundert 
war sie vielfach in den Gärten, wurde aber immer 
seltener, bis ‘sie nun von Neuem durch Bull in 
London eingeführt ist und damit sieh im Handel be- 
findet. Sie unterscheidet sich von den übrigen Arten 
dieses Gesneraceen-Geschlechtes, dass sie einen auf- 
rechten Wuchs besitzt. Die eirunden Blätter sind 
auf der Oberfläche freudig - grün gefärbt und die 
orangefarbenen Blüthen bilden in ihrem Winkel drei- 
theilige Traubendolden. 

75. Erythronium 
steht zwar dem E. Dens canis an Schönheit nach, 
ist aber doch zu empfehlen. Die langgestielten Blätter 
sind elliptisch und haben keine Flecken, die einzeln 
stehenden, überhängenden Blüthen besitzen 
dagegen eine gelbe Farbe mit grünlicher Mitte. Ihr 
Durchmesser beträgt 21, Zoll. Vaterland ist Nord- 
Amerika. 

76. Escallonia pulverulenta Pers. 
immergrüner Blüthenstrauch aus Chili, der leider 
aber, gleich den anderen Arten dieses ziemlich 
grossen Sexifragaceen-Geschlechtes, bei uns nicht im 
Freien aushält, aber trotzdem eine zu empfehlende 
Pflanze des Kalthauses darstellt. Sie ist durchaus 
behaart und hat kurzgestielte, breit-längliche Blätter. 
welche in ihrer Jugend klebrig sind. 


von 


Nuttallianum R. et S. 


etwas 


ist ein 


Die weisslichen 
und kugeligen Blüthen bilden endständige Trauben. 

77. Eudianthe pusilla Rehb. ist eine reich- 
blühende Form der Eudianthe Coeli rosa Fenzl, welche 
nur die Höhe eines halben Fusses erreicht und des- 
halb besonders zu Arabesken, Beetpflanzungen u. S. w. 
benutzt werden kann. 

78. Unter dem Namen Euphorbia pandurata 
haben Ch. Huber & Co. in Hyeres eine ohngefähr 
1 Fuss hoch werdende Art in den Handel gebracht, 
die wahrscheinlich zu den Poincsettien gehört. Die 
Blätter besitzen die Gestalt einer Geige und werden 
in der Nähe der Blüthen roth gefärbt. Wir haben 
noch keine Gelegenheit gehabt, sie zu sehen, und 
vermögen daher auch über ihren Werth noch nichts 
zu sagen. 


216 


79. Fritillaria pudica Spreng. gehört zu den 
kleineren Arten dieses Geschlechts, ist aber nichts 
desto weniger zu empfehlen, Sie wächst im engli- 
schen Nordamerika, aber auch im Quellengebiete des 
Missouri und am Columbiafluss. Der Stengel erhält 
kaum die, Höhe eines halben Fusses und 
einigen schmalen, fast linienförmigen Blättern besetzt. 
Die einzeln am Ende des Stengels stehende Blüthe 
hängt über und hat eine gelbe Farbe (vergl. Regels 
Gartenllora Tab. 679 Fig. 1). 

850. Gardeniachartacea gehört, wie die be- 
liebte G. Nlorida, in ein gemässigtes Haus und ist im 
Queenslande zu Hause. Die elliptischen, bis 5 Zoll 
langen Blätter sind ungestielt und zeichnen sich durch 
hervorragende Adern aus. In der Regel stehen sie 
zwar einander gegenüber, kommen aber auch quirl- 
ständig vor, Die Blüthen befinden sich im Winkel der 
Blätter und ihre beinahe eiförmige Röhre endigt mit 
einem flachen Saum. 

81. Gilialiniflora Benth. wurde durch Douglas 
ans Kalifornien eingeführt und stellt ein zwar nie- 
driges, aber ungemein buschig wachsendes Samen- 
Sewächs dar, was sehr gut zu Beet- und Teppich- 
Anpflanzungen zu gebrauchen ist, leider aber nur 
eine kurze Dauer besitzt. Die Blüthen 
ähneln denen des Linum tenuifolium. 

32. Gilia lutea Steud. ist schon längst in den 
Gärten als Leptosiphon aureus bekannt, leider 
aber in letzteren Jahren allmählich wiederum 
sehr selten geworden. Eigenthümlich ıst, dass 
die gelbe Faıbe der Blumenkrone bisweilen in Rosa- 
rvoth übergeht, ein Uebergang, der sonst der 
Pflanzenwelt sehr selten ist. Eine solche Abart hat 
Regel in seiner Gartenflor (Tab. 682) abgebildet. 
Sie ist zu Arabesken. Teppichbeeten weit mehr als 
vorige Art zu empfehlen. Aus nur an der Basis ver- 
zweigten Stengeln kommen die langgestielten Blüthen 


weissen 


den 


in 


hervor. Wir machen darauf aufmerksam, dass sie 
in England unter dem Namen Gilia mierantha 


Stend. kultivirt und im Handel verbreitet wird. 
(Fortsetzung folgt.) 


b. Obst- und Weinausstellung 
in Bozen. 


Kine der schönsten und glücklichsten Lagen be- 
sitzt Bozen, bereits jenseits des Brenner im südlichen 
Wenn deshalb es werth ist, 


Tyrol gelegen. schon 


ist mit | 


Bozen eimmal zu besuchen, so kommt jetzt noch der | 


Umstand dazu, dass vom 21. bis 29. September da- 


selbst eine Obst- und Weinausstellung, verbunden 
zugleich mit einer Thierschau, stattfinden wird. Das 
Bozener Obst ist durch seine Güte bekannt; seine 
Rosmarinäpfel werden in allen grossen Städten Nord- 
deutschlands, besonders in Berlin, feilgeboten und 
sem gegessen. Die Bozener Trauben sind nicht 
weniger bei uns beliebt. Endlich dürfen wir nicht 
der Bozener eingemachten Früchte vergessen. Ueber- 
haupt hat der Fruchthandel von ganz Deutschland 
mit Bozen seit Kurzem eine grosse Bedeutung er- 
halten, dass er an und für sich schon das Interesse 
jedes Gebildeten in Anspruch nehmen dürfte. Die 
Stadt Bozen war schon einmal gegen das Ende des 
Mittelalters die Vermittlerin zwischen Deutschland und 
Italien und wird sie der nahen Verbindung 
Deutschlands mit Oesterreich und Italien hoffentlich 
bald wieder sein. Eine solche Stadt dürfte mit ihren 
zahlreichen Obst- und Weingärten wohl im Stande 
sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. 

Der Landwirthschalts- und Gartenbau-Verein in 


bei 


Bozen hat bereits nach allen Gauen des zrossen 
Deutschlands Einladungen und Programme ihrer 


6. Obst- und Weinausstellung gesendet und ladet ein. 
„In der Ueberzeugung. dass diese Ausstellung“, so 
heisst es in ihrem Einladungsschreiben, „gleich den 
vorhergegangenen, der regen Theilnahme des in- und 
ausländischen Publikums versichert sein darf, beehrt 
man sich, die bezügliche Einladung mit der höflichen 
Bitte entsprechende kostenfreie Verlautbarung 
mitzutheilen.“ Die Redaktion der Wochenschrift fühlt 
sich um so mehr veranlasst, diesem zu entsprechen, 
als die Bewohner Bozens im hohen Grade zast- 
freundschaftlich sind, ein Umstand, der nicht wenig 
beiträgt, einen Aufenthalt daselbst angenehm zu machen. 
Ihre ebenfalls in besagter Einladung ausgesprochenen 
Worte: „Besucher von Nah und Fern werden will- 
kommen geheissen und finden Fürsorge für bequemen 
sind. wie Ref. dieses 
dem Herzen der 


um 


und angenehmen Aufenthalt“, 
aus eigener Erfahrung weiss, 
Bozener gesprochen. 

Als vor 2 Jahren die Naturforscher in Innsbruck 
der Stadt Bozen zu einem 
die Fahrt über 


aus 


sie von 


Wer damals 


tasten, wurden 
Besuche eingeladen. 
den Brenner nach durchaus deutschen Stadi 
Bozen mitgemacht hat, wird sich noch der 
sastfreien Aufnahme erinnern, welche Alle daselbst 
fanden. Es war für die Bewohner äussersten 
Südens, wo noch die deutsche Sprache in ihrer Rein- 
heit klingt, ein grosses Fest, einmal wiederum die 
deutschen Brüder des Reiches bewirthen zu können. 


der 
auch 


des 


Verlag von Wiegandt & Hempe! in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 28. 


Berlin, den 18 Juli. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, 


als auch franco durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872 ap). 


— Cyperus 
Braunii, eine neue Dekorationspflanze. — Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung). 
3 | sie hier vorhanden waren, abgelenkt werden. Was 
Ey Y 
Die Festausstellung | anderes wäre es, wenn man etwa nur Epheu, Gummi 


des Vereines zur Beförderung > Gartenbaues | oder Plecetogyne in den Topf brächte, um den gan- 


vom 21. bis 30. Juni 1872. 

(Fortsetzung.) 
‚ Von den plastischen Gegenständen gehen 
zu den »hier ausgestellten Ständern für Blumentöpfe 
über, wie sie heut’ zu Tage die elegante Welt ver- 
langt und der inneren Einrichtung eines Boudoirs 
einer fashionablen vornehmen Dame entsprechen. 
Dergleichen Ständer, aus Metall und zwar aus dem 
Golde gleichen Messing angefertigt, waren aus 2 
Berliner Fabriken, die lange schon eines erfreulichen 
Rufes in Anfertigung von dergleichen Gegenständen 
sieh rühmen können, in einer grösseren Auswahl 
vorhanden und in der offenen Halle aufgestellt. 
Hermann Drabandt Nachfolger (Kochstr. 7) 
und Conrad Garbe & Co. (Schönebergerstr. 6) 
sind die Namen der beiden Fabriken. 

Diese ausgestellten Ständer, zu denen noch einige 
Etageren für Pflanzen und Blumen kamen, waren 
sehr leicht gehalten. Ausserordentlich sauber an- 
gefertigte, feine Ketten von demselben Metall waren 
angebracht und trugen zur Erhöhung der Leichtig- 
keit, aber auch der Schönheit im Allgemeinen bei. 
Auf Eins möchten wir dabei aufmerksam machen, 
die Ständer haben die Aufgabe, schöne, hauptsäch- 
lich blühende Pflanzen, etwa Rosenstöcke, Kamellien 
u. S. w. zu tragen; sollen diese aber zur Geltung 
kommen, so darf das Auge nicht durch die hübschen 
Gemälde auf den Blumen- und Pflanzentöpfen, wie 


| 
| 
| 


wir | 


auf dem Topfe zu 
in diesem 


zen Ständer mit den Gemälden 
heben. Die eingesenkten Pflanzen wären 
Falle Nebensache. 

Diesen Ständern wollen die Aquarien und 
Terrarien anschliessen, welche hauptsächlich Kunst- 
und Handelsgärtner Benda (Magazinstrasse 16) in 
srösserer Anzahl ausgestellt hatte. Sie boten eine 
grosse Mannigfaltigkeit dar. Es ist nicht zu leugnen, 
dass Benda für sie ein besonderes Verständniss 


wir 


und deshalb auch Anerkennung gefunden hat. Viele 
sehen von ihm alljährlich in die Provinzen, obwohl 
in der Residenz die Liebhaberei dafür in der neue- 


sten Zeit sehr abgenommen hat. 

Der Verein hatte bei seinen Aufgaben auch die 
Dekorirung von Tafeln bei festlichen Mahlzeiten ins 
Auge’ gefasst und aus der Summe, welche von Sei- 
ten des Handels-Ministeriums hauptsächlich zur Ver- 
fügung gestellt war, für eine solche Tafel einen Preis 
von 50 Thalern ausgesetzt. 2 Bewerber hatten sich 
Ihre Tafeln von 4 Meter Länge hefan- 
einander in dem Turnsaale. Be- 
kanntlich sind Franzosen bei dergleichen Ver- 
zierungen Meister und wir Deutsche haben viel zu 
lernen, bevor wir uns nur einigermassen deren feinen 
Geschmack aneignen. Eben deshalb war Auf- 
gabe, welche der Verein gestellt hatte, gerade be- 
sonders zeitgemäss. Dass sie auch sehr schwierig 
wird man wohl einsehen. Der Tafelschmuck 


28 


eingelunden. 
den sich neben 


die 


die 


war, 


218 


sollte vorhanden sein, durite aber für die Aufstellung 
der Speisen und was sonst ein Gastmahl verlangt, 
nicht den nöthigen Raum wegnehmen. 

Die eine Tafel war unter der Hand eines Meisters 
Mag der Besitzer des Gartens, von dem 
aus das Arrangement geschah, der Geheime Kon- 
merzienrath Ravene selbst, oder sein Obergärtner 
W.König, die Tafel arrangirt haben, darauf kommt 
es uns bier nicht an, eins steht stets fest, das Ar- 
rangement war einfach und zweckentsprechend, die 
Diese gegen 
14 Fuss lange Tafel war für ein kleines Gastmahl, 
was wohlhabender Grundbesitzer auf seinem 
Landsitze seinen Freunden giebt, bestimmt. Die ein- 
zelnen Couverts, denen sogar Karten mit dem Namen 
der Theilnehmer beigelegt waren, standen mit kunst- 


voll zusammengelegter Serviette rings um den Tisch, 
= 


arrangirt. 


Idee, welche ihr zu Grunde lag, neu. 


ein 


5 Gläser in verschiedenen Gestalten für die nö- 
thigen Weine davor. Ein einfaches kleines Bou- 


quet aus gewöhnlichen, man möchte sagen, länd- 
lichen Blumen angefertigt, ragte aus dem zum gros- 
sen Theil von der Serviette gedeckten Champagner- 
In der Mitte der Tafel standen Eta- 
»eren für den Nachtisch und einige in Vasen ein- 
gesteckte leichte Bouquets. Ausserdem zog sich, 
der viereckigen Tafel entsprechend, ein sinnreich 
zusammengesetzter Blumenschmuck aus linienförmigen 
Theilen verschiedentlich vereinigt, der ganzen Länge 
nach von nach unten. Diese linienförmigen 
Theile bestanden aus fusslangen, von Glas ein- 
sefassten Kanälen von 2 Zoll Höhe und Durchmesser 
und enthielten die kurzstieligen Blumen in der Weise, 
dass man allerhand beliebige Figuren von gegen 4 
bis 5 Zoll Höhe zusammensetzen konnte. 

/wischen diesen Figuren, den Tellern, Etageren 
viel Raum vorhanden, dass 
dieser jedem Bedürfnisse einer Tafel entsprach. Dem 
Ganzen fehlte nichts weiter, als die Gäste, und die 
Diener mit den Speisen; es hatte das Ansehen, als 


Glase hervor. 


oben 


un. S. w. war noch so 


sollte jeden Augenblick Platz genommen werden. 
Die Tafel, welche der bekannten 
kunstfertigen Hand des Kunst- und Haändelsgärtners 
J. €. Schmidt (Unter den Linden 16) arrangirt war, 
hatte der Aufgabe selbst zwar gar nicht entsprochen, 
wohl aber einen anderen Gesichtspunkt ins Auge 
gefasst. Es galt hier Tafelbouquets in verschiede- 
nen Zusammenstellungen dem Auge vorzuführen. Auch 
hier fanden sich die vollständigen Couverts auf der 
gleich grossen Tafel vor, der übrige Raum war aber 
von jenen so besetzt, dass kaum noch irgend etwas 
die Tafel betreffendes Platz gefunden hätte. Das 
Gastmahl als solches spielte daher eine Nebenrolle, 


andere von 


die Bouquets waren die Hauptsache. Es war wohl 
nur die Gelegenheit ergriffen, den Gästen eine Aus- 
wahl verschiedentlich zusammengesetzter Bouquets 
für Tafeln vorzuführen. Wer würde leugnen wollen, 
dass diese Bouquets in der That auch nicht weniger 
einen feinen Geschmack, als eine seltene Kunstfertig- 
keit des Verfertigers, an den Tag gelegt haben. Sie 
lesten eben, wie die übrigen vorhandenen Bouquets, 
zu gleicher Zeit Zeugniss ab, dass man gerade in 
Berlin ihre Anfertigung mehr als irgend wo versteht. 

Es ist interessant, dass der Name Schmidt in 
Berlin für Blumenschmuck einen guten Klang besitzt, 
denn- ausser J. C. Schmidt sind noch Gustav 
Schmidt (Friedrichstr. 177) und die Wittwe Schmidt 
(Friedrichstr. 168) zu nennen. Letztere hatte ein in 
der That originelles Bouquet aus nur einheimischen 
Blumen zusammengesetzt. Doch auch die übrigen 
Bouquets und sonstigen Anlertigungen von Haargar- 
nirungen u. S. w., welehe von Seiten der Kunst- und 
Handelsgärtner Grothe (Friedrichstr. 46) und Os- 
car Maschner (Brückenstr. 13) ausgestellt waren, 
wurden anerkannt; es eılaubt uns leider nur nicht 
der Raum, speciell auch auf sie einzugehen. Das- 
selbe gilt von den Blumentischen und sonstigen Ar- 
rangements, welche in grosser Anzalıl eingesendet 
waren. 

Wir wollen nur noch des Riesenbouquets von 
1!/; Meter Höhe des Gehülfen Schulz im botani- 
schen Garten gedenken, da er die von dem Vereine 
gestellte Aufgabe entsprechend gelöst hatte. Es be- 
stand nur aus Blumen und Gräsern des freien Gar- 
tens und würde in einer Nische, z. B. im Hintergrunde 
eines mit Menschen gefüllten grossen Raumes, nicht 
weniger aber auf einer geschützten Terrasse, seitlich 
an einer Freitreppe u. Ss. w., eine günstige Aufstel- 
lung gefunden haben. 

Seit Kurzem ist ein neuer Industrie-Zweig ent- 
standen und hat bereits eine Ausbildung erhalten, 
woran man vor wenig Jahren noch gar nicht dachte. 
Wenn auch dieser Industriezweig der Luxus- und 
Spitzen-Papiere, hauptsächlich von Manschetten für 
Bouquets ebenfalls in Frankreich, besonders in Paris, 
ihren Anfang nahm und jenseits der Vogesen rasch 
Bedeutendes geleistet wurde, so ist man doch seit 
Kurzem in der Eleganz nicht weniger, als im Reich- 
thum der Zeichnungen, bei diesen Luxuspapieren auch 
in der neuen Kaiserstadt Berlin zu einer nicht unbe- 
deutenden Höhe gelangt. Berliner Luxuspapiere für 
Bouquets u. S. w. beherrschen jetzt den deutschen 
Markt und gehen selbst auch vielfach über die Mar- 
ken des deutschen Reiches, selbst über den grossen 
Ocean hinweg, bis nach Amerika. 


219 


Aus 2 Fabriken Berlins: B. Faderjahn (Inhaber 
Fr. Ziegler, Ritterstrasse 16) und G. Demmler 
(Prinzenstr. 86) waren in grosser Anzahl und Mannig- 
faltigkeit dergleichen Papiere auf der Festausstellung 
vorhanden und zogen vielfach die Aufmerksamkeit 
derer, welche die Festausstellung besuchten und be- 
sonders von auswärts gekommen waren, aul sich. 
Welche Umgestaltung haben die Anlangs nur weissen 
Papiere, welche noch vor einem Jahrzehnte die 
Blumenstiele der Bouquets umfassten, erhalten? Es 
ist nicht zu leugnen, dass man den Luxus vielfach 
übertreibt, man kann aber nicht gegen den Strom 
sehen. Vor Allem muss die Industrie der herrschen- 
den Richtung Rechnung tragen. Man verlangt jetzt 
auch zu den Bouquets feinere und seltenere Blumen, 
wie Orchideen ete., und ist nicht mehr mit denen zufrie- 
den, welehe man vor 30 und 20 Jahren noch allgemein 
benutzte. Nicht selten kosten die Manschetten grössere 
Summen, als die Bouquets. Dergleichen mit einen 
Preise von einigen Friedrichsd’ors sind jetzt keines- 
wegs so Selten, als man glaubt. Man hat uns erzählt, 
dass zur Zeit der sogenannten Subskriptionsbälle, 
welche während der Faschingszeit in Berlin gegeben 
werden, bisweilen für Umfassung der Bouquets selbst 
das feinste Spitzenpapier nicht für genügend erachtet 
wurde, und dass man die Manschetten aus Brüsseler 
und Valeneienner Spitzen anfertigte. 

Die Bouquets und die übrigen diesen entspre- 
chende Verwendung abgeschnittener Blumen waren 
in so reichlicher Menge eingeliefert, dass die Tafeln 
im Turnsaale bei Weitem zu ihrer Aufnahme nicht 
ausreichten, es musste noch Raum für sie in der 
srossen offenen Halle geschaflt werden. Diese Halle 
mit ihrem Inhalte war in jeder Hinsicht gelungen, 
die Blattpflanzengruppe im Hintergrunde trug aber 
hauptsächlich dazu bei, um die Aufmerksamkeit der 
Schauenden auf sie zu lenken. Es schien alles 
Andere darin, selbst die einzeln weiter nach vorn 
und seitwärts stehenden Palmen und Baumfarne, nur 
dazu zu dienen, ihr mehr Glanz zu verleihen. Schirm- 
und Fiederpalmen von untadelhaftem Ansehen und 
in nieht geringer Mannigfaltigkeit bildeten die Grund- 
lage dieser unserm Herrscherpaare gewidmeten Gruppe. 
Zwischen genannten majestätischen Pilanzen ragten 
die Marmorbüsten des hohen Protektors des Vereins: 
des Kaisers, und der Kaiserin, hervor. Alles aus 
der Gruppe zu nennen, was zu ihrer Verschönerung 
beigetragen hatte, würde zu weit führen, es genüge 
demnach die Mittheilung, dass von Seiten des Garten- 
Inspektors Bouch& das Schönste und Beste zur 
Verfüsung gestellt war, was der reiche Inhalt des 
botanischen Gartens darbot. 


Aufl beiden Seiten auf dem vorn mit Pelargonien- 
Sortimenten besetzten grossen Rasenstücke, zwischen 
dem und den grossen breiten und mit anderen Gruppen 
und Pflanzen besetzten Tafeln der beiden seitlichen 
Wände ein breiter Weg sich hinzog, standen die 
bereits erwähnten Baumfarne (mehr nach hinten) und 
Palmen (mehr nach vorn) und bildeten gleichsam den 
Rahmen für die majestätische Alsophila 
australis und Balantium antareticum hatte der Ober- 
särtner Nicolai in der Königlichen Garnison -Ver- 
waltung, in seltener Schönheit und besonders reich 
mit Blättern versehen, aufgestellt. Ihm verdankte 
man aber auch eine Palme, Rhapis flabelliformis, in 
seltener Grösse und mit einem Reichthume von Blät- 
tern, wie man wohl selten findet. Die zweite Palme 
war eine Attalea compta und von dem Öbergärtner 
Rechholtz aus dem Geheimen Ober- 
Hofbuchdruckers v. Decker 
Ausserdem hatte man noch ein schönes Exemplar 
der Cycas eircinnalis aus dem Charlottenburger Schlosse 
(Hofgärtner Brasch) und Phoenix sylvestris aus dem 
botanischen Garten (Inspektor Bouche) angebracht. 

Die 3 Gruppen Pelargonien im vorderen Theile 
der offenen Halle waren in der Weise angebracht, 
dass man die Scharlach - oder Bouquet- Pelargonien 
für das freie Land auf beiden Seiten aufgestellt hatte, 
während eine Gruppe Phantasie-Pelargonien von die- 
sen umfasst wurde. Die letzteren waren ohne Aus- 
nahme prächtige Schaupflanzen von ohngefähr 11/, Fuss 
Durchmesser und gehörten Dr. Hans Hermann in 
Schönebeck bei Magdeburg. Viele derer, welche jetzt 
die Ausstellung besuchten, werden sich noch der 
schönen Pelargonien erinnern, welche in gleicher Voll- 
kommenheit der Väter des jetzigen Besitzers vor nun 
10 und mehr Jahren alljährlich zu den Ausstellungen 
des Vereines sendete und denselben Beifall, den die 
jetzigen erhielten, einerndteten. Leider werden diese 
kleinblüthigen Pelargonien keineswegs mehr in der 
Weise kultivirt, wie früher: man gibt, wir wissen nicht 
aus welchem Grunde? als Marktpflanze den gross- 
blühenden den Vorzug. 

Die anderen Pelargonien für das freie Land ge- 
hörten dem Brauereibesitzer Busse und zeigten eine 


Gruppe. 


Garten des 


zur Verfügung gestellt. 


ausserordentliche Mannigfaltigkeit. Liebhaber hätten 
hier Gelegenheit gehabt, nach ihrem Geschmacke 


eine Auswahl zu treffen. Ausser diesen beiden Grup- 
pen war aber noch aus demselben Garten eine Gruppe 
buntblättriger Pelargonien in besonders gelungener 
Auf- und Zusammenstellung hinsichtlich der Farben 
vorhanden. Es ist nicht zu leugnen, dass man mit 
diesen 3- und 4-farbigen Pelargonien für die Teppich- 
beete und Arabesken, aber auch sonst, ein schönes 
28” 


Material in der neueren Zeit erhalten hat, wie man 
es früher nicht besass. Wenn Lenötre, der Gründer 
dieser jetzt noch verfeinertet Mode des Anfangs des 
18. Jahrhunderts, zur Zeit Ludwig XIV., dieses Ma- 
terial gehabt hätte, würde er sicher noch ganz an- 
deren Effekt hervorgerufen haben. 

Sehr hübsch nahm sich femer eme Gruppe 
zwergiger Hahnenkämme (Celosia eristata), sämnitlich 
in guter, gedrängter Kultur, aus. Um ihr schönes 
Roth noch zu erhöhen, hatte ihr Besitzer kräftige 


und reichlich blühende Nierembergien dazwischen 
xepflanzt, deren violette Blumen das feurige Roth 


der Hahnenkämme etwas milderten. Kunst- und Han- 
delsgärtner Ritter (Markusstr. 12) hatte sie ausge- 
stellt. Aber auch ausserdem verdankte man ihm noch 
Gruppen abgerundeter Pflanzen von Hahnenkämmen 
auf dem ersten grossen Rasenstücke im Freien. 

Mehr im Hintergrunde befanden sich, ebenfalls 
zu Gruppen zusammengestellt, Hortensien in schönen 
Pflanzen, wie man sie in Berlin auf den Markt bringt 
und zu verhältnissmässig geringem Preise verkauft. 
Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreasstr. 32) 
hatte sie ausgestellt. Von ihm waren auch hochge- 
zogene Pflanzen desselben Blüthenstrauches vorhan- 
den. Nach unserer Ansicht nahmen sich die nie- 
drigen, buschigen Pflanzen aber besser aus, als die 
hochgezogenen, da der meist 1 Fuss und mehr im 
Durchschnitt habende Blüthenkopf auf dem sehlanken 
Stamme zu leicht schwankt und auch zu ihm in keinem 
Verhältnisse steht. 

Einen besonderen Schmuck bildeten in der Nähe 
dieser Hortensien auch 2 viereckige, eine Kugel tra- 
zende Ständer von gegen 4 Fuss Höhe, welche durch- 
aus von der bekannten Kletterpflanze des Warm- 
hauses: Ficus stipularis oder seandens, bedeckt waren. 
Der Obergärtner im Krolischen Lokal hatte sie her- 
angezogen. Es ist nicht zu leugnen, dass diese durch 
das Fieus-Laub mattgrün gewordenen Säulen in gross- 
artigen Lokalen, wie das Kroil'sche ist, mannigfache 
Verwendungen finden können, aber auch ausserdem 
könnten sie in halb dunkelen Nischen und sonst auf- 
gestellt werden. 

Auf den Tafeln auf beiden, Seiten befanden sich 
!er Bouch&’schen Mittelgruppe anschliessend noch 
kleinere Gruppen, weiter nach vorn aber noch aller- 
hand interessante Pflanzen, auch einige Neuheiten. 
Ueber diese und jene können wir nur kurz berichten. 
Unter ihnen nahm vor Allem eine Sammlung bunt- 
blättriger Abutilons die Aufmerksamkeit des Botanikers 
in Anspruch. Es ist Thatsache, dass ein buntblättriges 
Abutilon, vor Allem das vor einigen Jahren von 
James Veiteh and Sons in London eingeführte 


20 


A. Thompsoni, auf ein nicht buntblättriges Abutilon 
veredelt, letzteres in den neuen Trieben buntblättrig 
macht. In der Wochenschrift ist diese Thatsache 
zuerst zur weiteren Kenntniss gekommen und seit- 
dem vielfach über sie berichtet worden. In der neuesten 
«Zeit hat der in Betreff dieser Pflanzen den Lesern 
der Wochenschrift schon bekannte Gehülfe im bota- 
nischen Garten zu Berlin, Lindemuth, diesen inter- 
essanten, bis jetzt noch für Abutilon isolirt dastehen- 
den Gegenstand in so fern einer weiteren Unter- 
suchung unterworfen, als er Versuche angestellt hat, 
in wie weit die Uebertragung der buntblättrigen Er- 
scheinung auf andere Abutilon-Arten und Malvaceen 
möglich ist. Das Resultat war, dass bei keinen an- 
deren Malvaceen als Abutilon-Arten, eine Uehbertra- 
zung geschieht, dass aber auch selbst nicht alle 
Abutilon-Arten dazu geeignet sind. Bis jetzt haben 
nur Abutilon esculentum Juss., insigne Planch., ve- 
nosum Hook., megopotamieum Brongn. (vexillarium 
Morr.), Sellowianum Reg., eine noch nicht bestimmte 
Art aus Brasilien und (?) Sida Jangederiana (wahr- 
scheinlich ebenfalls ein Abutilon) angenommen. Ver- 
suche, das Buntblättrige anderer Pflanzen-Arten auf 
nalı verwandte Pflanzen zu übertragen, sind ohne 
Ausnahme misslungen. Dass Lindemuth sich durch 
diese Versuche ein unbestreitbares Verdienst erwor- 
ben hat, unterliegt keinem Zweifel; es wäre nur zu 
wünschen, dass dieser Gegenstand, nachdem so viele 
Ansichten und Vermuthungen darüber ausgesprochen 
sind, auch nun einmal streng wissenschaftlich unter- 
sucht würde. Leider scheint es, dass, nachdem er 
auch in wissenschaftlicher Hinsicht sehr viel Aufsehen 
semacht hat, er wiederum der Vergessenheit anheim 
gegeben werden sollte! 

Nächst dieser interessanten Aufstellung der bunt- 
blättrigen Abutilon-Formen nahmen die Sämlinge von 
Palmen, Cycadeen, Pandaneen u. s. w., welche Haage 
u. Schmidt in Erfurt ausgestellt hatten, die Aul- 
merksamkeit der Pflanzenliebhaber und Botaniker am 
meisten in Anspruch. Unter diesen Sämlingen be- 
fanden sich zahlreiche Arten, welche bis jetzt zu den 
Seltenheiten gehören oder auch noch gar nicht im 
Handel sich befinden. 

Daneben hatte Kunst- und Handelsgärtner Hör- 
demann in Kassel ein Sortiment grossblumiger Pe- 
largonien eigener Züchtung aufgestellt. Man sieht, 
dass die Anzucht von dergleichen Blüthensträuchern 
nicht allein in Belgien, Frankreich und England Re- 
sultate giebt; auch in Deutschland können diese, 
wenn nur bei gehörigem Verständniss die nöthige 
Sorgfalt gegeben wird, trotz der ungünstigeren Ver- 
hältnisse erfolgen. Möchte nur der Besitzer dieser 


u 


‚Pelargonien, dessen Verdienste um die Anzucht neuer 
Florblumen uns ausserdem vortheilhaft bekannt ist, 
in seinen Versuchen weiter fortfahren. 

Auf der andern Seite der offenen Halle hatte 
man verschiedene Kalthauspflanzen neuester Einfüh- 
rung aufgestellt. Man begegnete hier zuerst einer 
Gruppe buntblättriger Pflanzen, welche man dem 
Kunst- und Handelsgärtner Bacher in Pankow ver- 
dankte. Unter diesen befanden sich mehre, die eine 
weitere Verbreitung verdienen; so vor Allem Oxalis 
tropaeoloides roseo-pieta. Als uns der Züchter die- 
ser interessanten Neuheit, Kunst- und Handelsgärtner 
Liebmann in Dresden, vor einigen Monaten einige 
Blätter zur Ansicht schickte, haben wir nicht geglaubt, 
dass die Pflanze solchen Effekt machen würde, als 
es in der That der Fall ist, wo wir die beiden Exem- 
plare, welche ausser dem von Bacher noch der Züch- 
ter selbst ausgestellt hatte, gesehen haben. 

Ueber die buntblättrige Peristrophe angustifolia 
haben wir bereits bei den neuen Pflanzen des vori- 
sen Jahrganges berichtet. Das hier ausgestellte Exem- 
plar befand sich in einem Kulturzustande, der die 
weitere Verwendbarkeit der Pflanze, besonders auch 
im Freien, wünschenswerth macht. Wahrscheinlich 
lässt sie sich auch zwergig und damit mehr buschig 
heranziehen, um dann auch zu Teppicehbeeten und 
Arabesken dienen zu können. ' 

Konnte man die 3 Gymnostachyen (argyroneu- 
von, Pearcei und giganteum), welehe Kunst- und 
Handelsgärtner Bacher ebenfalls ausgestellt hatte, 
auch nicht mehr ganz neu nennen, so sind es doch 
3 empfehlenswerthe Pflanzen des Warmhauses, deren 
buntgezeichnete Blätter dem Laien stets gefallen wer- 
den. Von den übrigen neuen, hauptsächlich bunt- 
blättrigen Pflanzen erwähnen wir nur noch des Ama- 
rantus salieifolius, welcher einigermassen an den jetzt 
leider aus den Gärten verschwundenen Helianthus 
salicifolius erinnert. 

In der Nähe stand ein blühendes Exemplar des 
noch ganz neuen Lilium puberulum aus Nordamerika, 
was Kunst- und Handelsgärtner Louis Mathieu 
ausgestellt hatte. Es gibt uns diese neue, erst vor 
Kurzem eingeführte Art Gelegenheit, von Neuem auf 
dieses nur aus dankbaren Blühern bestehendes Ge- 
schlecht, wo hauptsächlich durch den Fabrikanten 
Leichtlin in Karlsruhe und durch den Pflanzen- 
sammler Roezl eine nicht geringe Anzahl direkt aus 
ihrem Vaterlande jenseits des grossen Oceans bezogen 
worden ist, aufmerksam zu machen. Nächst dem 
botanischen Garten besitzt Louis Mathieu in Berlin 
die vollständigste Sammlung von Lilien, zunächst in 
Norddeutschland. 


Hofgärtner Reuter auf der Pfauen-Insel bei 
Potsdam hatte einige interessante Pflanzen ausgestellt. 
Am meisten nahm eine Thuja oceidentalis die Auf- 
merksamkeit der Kenner nicht weniger, als der Laien, 
deshalb in Anspruch, weil sie im äusseren Ansehen 
zwischen einer Thuja- und Juniperus-Art in der Weise 
stand, als der Lebensbaum im oberen Theile seine 
normale Gestalt sich erhalten, während der untere 
Theil nadelförmige Blätter besass. Es erklärt sich 
diese Eigenthümlichkeit aus dem Umstande, dass die 
sade- und lebensbaumähnlichen Nadelhölzer in ihrer 
Entwickelung 2 aufeinandeifolgende Stadien durch- 
laufen. Junge Pflanzen besitzen anfangs, wie bei 
dem gewöhnlichen Wachholder, abstehende Nadeln, 
und zwar je nach der Art, längere oder kürzere Zeit, 
später verschwinden diese und schuppenförmige Blät- 
ter treten an ihre Stelle. Bei einigen Arten, beson- 
ders bei Juniperus virginiana, kommt es aber auch 
vor, dass besonders im Schatten stehende Zweige 
und Aeste älterer Pflanzen wiederum, eben so wie 
im ersten Lebensstadium, abstehende Nadeln treiben, 
während die meisten übrigen die kleinen Blätter an- 
liegend und schuppenförmig, wie im zweiten Lebens- 
stadium, besitzen. Wir besitzen in der Chamaeeyparis 
oder Retinospora squarrosa schon eine hinlänglich 
bekannte Konifere, wo der Uebergang der nadel- 
förmigen Blätter in schuppenförmige bei uns gar nicht 
geschieht; man glaubt deshalb viel eher einen ächten 
Wachholder, als eine Chamaeeyparis oder Retinospora 
vor sich zu sehen. Da’er durch Stecklinge fort- 
gepflanzt wird, so haben auch die dadurch heran- 
sezogenen Exemplare das Ansehen des ersten Stadiums 
behalten. Ferner ist zufälig eine Thuja oceidentalis 
in Meaux ohnweit Paris entstanden, wo die nadel- 
förmigen Blätter des ersten Lebensstadiums sich lange 
Zeit erhalten haben. Man machte der Pflanze 
durch Stecklinge Vermehrung und brachte auf solche 
Weise diese eigenthümliche Erscheinung durch den 
Verkauf der Stecklingspflanzen zur weiteren Kenntniss. 
Wer den Ursprung nicht kannte, hielt dergleichen 
Stecklingspflanzen, welche als Thuja Meldensis in 
den Handel kamen, für einen Blendling der Thuja 
oceidentalis mit irgend einer Juniperus-Art. 

Was den buntblättrigen Kohl den 
ebenfalls Hofgärtner Reuter ausgestellt hatte, so wird 
dieser in einer grossen Anzahl von Formen in Frank- 
reich allgemein kultivirt und vielfach zur Dekoration 
verwendet. Er pflanzt sich auch durch Samen fort. 

(Fortsetzung folgt.) 


von 


anbelangt, 


222 


Cyperus Braunii, 
eine neue Dekorationspllanze, 


Beschrieben von Vatke. 

Pallide virens, dense caespitosus; stolonibus 
brevissimis eulmisque e rhizomate articulato-tuberoso 
pluribus strietis, obtuse triquetris, laevibus, lateribus 
(in vivo) planis; foliis basalibus 2—4 tertiam culmi 
partem involventibus, ad tertiam partem arreectis, inde 
ad apicem recurvatis, herbaceis, planis, longe angu- 
stato-aeuminatis, supra opacis, subtus glaucescenti- 
bus, margine serrulato, ıetrorsum scabris; anthelae 
effusae ter compositae radiis primariis pluribus elon- 
satis, filiformibus, strictis, ramo uno alterove accessorio 
capillari; ochreis oblique truncatis; involuero 11—13- 
phyllo radios superante; phyllis interioribus ad me- 
dium fere plus minus transverse undulato -plieatis; 
spieis solitariis anthelatisve compressiuseulis, 5—20- 
tloris, apicem versus angustatis, subobtusis; squamis 
densiusculis, removendis subarrectis, ovato-lanceo- 
latis, acutis, margine late scariosis, medio herbaceo- 
carinatis, minute nervosis; staminibus 3, germine 
lateribus impressis trigono; stylis 3. 

Ein stattliches Gewächs, welches gewiss schon 
manchem Leser der Wochenschrift auf der grossen 
Ausstellung des Gartenbau - Vereines aufgefallen ist. 
Aufgegangen aus Vegetabilienerde vom Port - Natal 
im Garten des Kommerzienrathes Ravene (Ober- 
särtner König), blühte dieser Cyperus im Berliner 
botanischen Garten im Herbste des verflossenen Jahres 
(1871). Professor Braun, mein hochverehrter Leh- 
rer, gestattete mir die Untersuchung der Pflanze, die 
sich als eine neue, sehr ausgezeichnete Art eıgab. 
Sie soll deshalb seinen Namen führen. 

Cyperus Braunii schliesst sich in der Tracht von 
den Arten, die sich meines Wissens in Kultur be- 
finden, zunächst an den bekannten Cyperus flabelli- 
formis Rottb. (alternifolius der Gärten) an. Doch 
verleiht die ausgebreitete Spirre mit den verlängerten 
Strahlen unserer Pflanze ein eigenthümliches Ansehen. 

Was ihre Stellung im Systeme betrifft, so er- 
laube ich mir hier die Worte von Boeckeler zu 
Varel, als Monograph der Gattung Cyperus rühmlichst 
bekannt, aus einer zefälligen brieflichen Mittheilung 
zu wiederholen. 

Er schrieb mir: „Der kürzlich erhaltene Cyperus 
Braunii ist wohl ohne Zweifel neu und eine ausge- 
Art der Gruppe. Er. schliesst 
sich zunächst den beiden afrikanischen Arten C. 
albostriatus Schrad. und C. leptocladus Kth. an.“ 

Zur weiteren Charakterisirung der Pflanze diene 
Die Laubblätter erreichen 


zeichnete, hübsche 


noch Folgendes. eine 


Länge bis zu 4 Decim., so wie eine Breite bis zu 
1,5 Centim. Die Aehren sind bis 1,5 Centim. lang, 
aus einer 1 Millim. breiten Basis nach der Spitze zu 
allmählieh verschmäleıt. Im lebenden Zustande sind 
die Seitenflächen des Halmes eben, während im 
trocknen die eine Seite tielrinnig erscheint. Die 
Blattscheiden sind in der Jugend röthlich, im Alter 
schwarzbraun. 

Das Cypergras blüht sehr dankbar den grössten 
Theil des Jahres, lässt sich durch Zertheilung leicht 
vermehren und dürfte daher in den Gärten eine 
schnelle Verbreitung finden. 


Bericht 


über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
(Fortsetzung.) 

83. Gravesia bertolonoides schliesst sich 

den beiden bekannten Arten dieses Melastomateen- 


Geschlechtes: margaritacea und guttata an, besitzt 
aber eine andere Zeichnung auf den Blättern. Diese 


haben nämlich eine sammetgrüne Oberfläche, welche 
Nerven und Adern unterbrochen 
ist breit-länglich, da ihre Länge 
4, ihre Breite 21, Zoll beträgt. Die Pflanze erhebt 
sich nur wenig bis zu einigen Zoll Höhe und wurde 
von James Veitch and Sons in London einge- 
führt. Vaterland ist wahrscheinlich Madagaskar. 

84. Guilielmia utilis stellt eine hübsche Palme 
von Costarica dar. Jung sind die Blätter, wie die 
vieler anderen Palmen, an der Spitze 2theilig, spä- 
ter werden sie leicht gefiedert. Nicht allein der 
Stamm, sondern auch die Blattstiele und die Blatt- 
rippen, sind mit zahlreichen Dornen besetzt. Die Sa- 
men sollen in ihrem Vaterlande gegessen werden 
und den Kastanien ähnlich schmecken. 

85. GymnothrixjaponicaKth. schliesst sich der 
im vorigen Jahrgange der Wochenschrift (S. 166) be- 
sprochenen G. Jatifolia Presl an, wächst aber in Ja- 
pan und hält deshalb vielleicht im Freien bei uns 
aus. Sie gehört, gleich genannter Art, zu den Schmuck- 
und Dekorationsgräsern. Wie bei vielen Paniceen, 
sind hier die Blätter breiter und länger und hängen 
später in einem eleganten Bogen über. Besonders 
hübsch nimmt sich das Gras mit seinen grossen und 
länglichen Aehren aus. 

86. Von Gynerium argenteum, dem Pam- 
pasgrase, hat man bekanntlich bereits eine Menge 
Formen, welche sich auf die Färbung des unteren 
Theiles der Blätter beziehen. Haage und Schmidt 


durch silberfarbige 
wird. Ihre Gestalt 


223 


in Erfurt bringen aber jetzt eine Form in den Han- 
del, wo die Aeste der Blüthenrispe überhängen und 
dadurch der ganzen Pflanze ein eigenthümliches An- 
sehen geben. Für Norddeutschland möchte diese 
Form nur eine geringe Bedeutung haben, da die 
Blüthen daselbst nur in günstigen Jahren zur Ent- 
wickelung gelangen. 

87. Hamamelis japonica S. etZ. steht dem 
bekannten Zauberstrauch (H. virginica) ausserordent- 
lich nahe und entwickelt, gleich dieser, ihre gelben 
Blüthen im Spätherbste oder selbst im Anfange des 
Winters. Die Blätter sind aber hier mehr rundlich 
und in der Jugend auf den Nerven und Adern der 
Unterfläche mit Sternhaaren besetzt. Ob der Blü- 
thenstrauch aber bei uns aushält, muss noch näher 
untersucht werden. 


88. Hesperis matronalis fl. albo pleno 
war vor mehreren Jahrzehnten eine bis in die ent- 


legensten Dörfer des mittleren Deutschlands, beson- 
ders Thüringens, allgemein verbreitete Gartenblume, 
sehört aber jetzt zu den Seltenheiten, so dass man 
sie kaum noch in irgend einem Garten sieht. Und 
doch verdient sie, gleich der Sommerlevkoje, An- 
erkennung und Verbreitung. Sie ähnelt dieser auch 
im Wachsthum und bildet kaum fusshohe und wenig 
verästelte Pflanzen, deren Zweige fast ganz mit 
weissen und wohlriechenden Blumen bedeckt sind. 
Diese weisse und gefüllt blühende Abart unterscheidet 
sich wesentlich von der violett- und einfach-blühen- 
den Pflanze, welche 2 Fuss und selbst höher wird 
und sich weitläufig verästelt. Vilmorin-Andrieux 
in Paris haben diese nicht genug zu empfehlende Flor- 
blume wieder von Neuem in den Handel gebracht. 

89. Hippeastrum (Amaryllis)pyrrhochroum 
ist vielleicht die kleinste ihres Geschlechtes und in 
Brasilien zu Hause. Wenn dieser Ritterstern auch 
deshalb nieht in der Weise imponirt, wie die übri- 
sen Arten dieses Geschlechtes, so verdient er doch 
wegen seiner brennend rothen Blumen Beachtung 
und sollte in keiner Sammlung fehlen. 

90. Humata Tyermani Moore ist eins der 
sehönsten Farne, welche in neuerer Zeit eingeführt 
sind, und ist wohl die grösste Art des Geschlechtes, 
was sonst nur kleine Pflanzen umfasst. Die Blätter 
haben eine deltaförmige Gestalt und sind dreifach 
gefiedert. Da sie ausserdem eine lederartige Textur 
besitzen, so ziehen sie auch nicht ein, d. h. dauern 
mehrere Jahre. Die Länge und Breite (an der Basis) 
der eigentlichen Blattfläche beträgt nur 7 Zoll. Die 
Blätter selbst kommen aus einem mit weissen Spreu- 
blättern besetzten Rhizom hervor. Im äusseren An- 
sehen gleicht diese Humata den kleinblätterigen Da- 


vallien, besonders der D. ballata und Griffithii. Sie 
wächst im tropischen Westafrika und wurde von 
Tyerman, nach dem sie genannt wurde, entdeckt 
und eingeführt. 

91. Als Impatiens Balsamina imperialis 
(Kaiser-Balsamine) bringen Haage & Schmidt in 
Erfurt eine neue Form mit grossen regelmässig ge- 
bauten Blumen in den Handel. Ihre Farbe ist dun- 
kelblau, wird aber durch weisse Flecken unterbrochen. 
Andere neue Sorten sind die Viktoria-Zwerg- 
balsamine mit verschieden gestrichelten Blumen 
und die dreifarbige (tricolor). Die Blumen haben 
bei der letzteren eine zarte, weiss-violette Farbe. 
welche durch dunkelviolette und karmoisinrothe 
Striche und Streifen unterbrochen ist. 

92. Ixora Colei ist ein Blendling der I. eocei- 
nea und alba, der in England herangezogen wurde. 
Er zeichnet sich durch kräftigeren Wuchs und durelı 
ein angenehmeres Grün der Blätter aus. Aus diesem 
treten deshalb die blendend-weissen Blüthen um so 
mehr hervor. Man muss bedauern, dass die Ixoren 
in Deutschland so wenig Anklang finden, da sie un- 
bedingt zu den schönsten und dankbarsten Blüthen- 
sträuchern des Warmhauses gehören. 

93. Kentia Canterburyana wurde auf Lord 
Howe’s Insel im südaustralischen Ocean entdeckt 
und gehört zu den kälter zu behandelnden Arten, 
welche auch nicht gross werden und deshalb ganz 
besonders zur Zimmerzucht geeignet erscheinen. Die 
Blätter sind gefiedert und bestehen aus 7 schmal- 
elliptischen Fiederblättchen, welche bei jugendlichen 
Pflanzen nur bis 8 Zoll lang und 1 Zoll breit sind. 


Wahrscheinlich ist K. Balmoreana H. Wendl, 
welche jetzt Linden in Brüssel ebenfalls in den 
Handel gebracht hat, dieselbe Palme. 

94. Kentia Forsteriana steht der vorigen 


Art dieses Geschlechtes sehr nahe und kommt auch 


auf denselben Inseln vor. Sie unterscheidet sich 
hauptsächlich durch einen eleganteren leichteren 


Wuchs und durch hellgrün gefärbte Blattstiele, wäh- 
rend diese bei Kentia Balmoreana vöthlich sind. 
Linden in Brüssel ist es ebenlalls, der jetzt diese 
Palme in den Handel gebracht hat. 

95. Kohleria rupestris ist eine der letzten 
Entdeckungen des in diesem Jahre verstorbenen 
Dr. Berthold Seemann und wurde in dem Chan- 
tales-Gebirge von Nicaragua aufgefunden. Sie 
schliesst sich den übrigen Kohlerien an, von denen 
die alte Gesneria ignorata wohl noch am Meisten 
bekannt ist, an und ist auf gleiche Weise dicht be- 
haart. Die schönen, in Trauben stehenden Blüthen 


haben ausserhalb eine rothe, innerhalb eine gelbe 


224 


Farbe; letztere ist aber durch rothe Punkte unter- 
brochen. 

96. Kreysigia multifora Rehb. schliesst sich 
den nordamerikanischen Uvularien an, gehört also 
im weiteren Sinne zu den Liliaceen. Sie wächst 
aber in Neuholland und muss deshalb im Topfe ge- 


zogen und in das Kalthaus gestellt werden. Die 
Pflanze war schon früher in Kultur, hat aber nie 
eine grössere Verbreitung gefunden. Aus einem 


vielköpfigen Rhizom kommen mehrere eckige Stengel 
mit stengelumfassenden Blättern hervor. In ihrem 
Winkel befinden sich die lilafarbigen Blüthen einzeln 
oder zu zweien auf einem gemeinschaftlichen Stiele 
von 1 Zoll Länge. 

97. Laelia grandis Lindl. gehört ebenfalls zu 
den älteren Gartenpflanzen, die aber allmählich sel- 
tener geworden sind. Im vorigen Jahre hat ein 
hübsches Exemplar im botanischen Garten zu Peters- 
geblüht, von dem Regel in seiner Gartenflor 
gute Abbildung gegeben hat (Tab. 698). Sie 
aus der brasilianischen Provinz Bahia 
demnach zu den kälter zu behandelnden 
Arten. Wesentlich weicht sie von den übrigen Lae- 
lien ab. Sie steht zwar den meisten übrigen Arten 
an Schönheit nach, ist aber trotzdem zu empfehlen. 
In der Regel ist der am Ende des dünn-länglichen 


burg 
eine 
stammt 
gehört 


und 
ı kannten 


Scheinknollens zugleich mit dem Blatte hervorkom- | 


mende Blüthenstiel nur 2blüthig. Die schmalen 
ocherfarbigen Blumenblätter sind am Rande wellen- 
förmig und haben eine Länge von über 2, aber nur 
die Breite eines halben Zolles, die eben so lange 
und fast gerade emporgerichtete Lippe ist dagegen 
weiss und roth gestreift. 

98. Von Larix hat Regel in seiner Gartenflora 
(S. 99 des vorigen Jahrganges Tab. 684) eine Mo- 
nographie gegeben, auf die wir die Leser der Wochen- 
schrift um so mehr aufmerksam machen wollen, als 
die Lärchenbäume nicht allein in forstlicher, sondern 
auch in landscehaftlicher Hinsicht eine grosse Bedeu- 
tung besitzen. Ihr wunderschönes Laub tritt in seiner 
Frühjahre hervor; 
später wird es dunkler. der Gartenilor ge- 
gebenen des Lärchen- 
baumes (Larix deeidua) mit einigen Formen, der L. 
dahurieca und americana haben unt so mehr Werth, 
als charakteristische Darstellungen des 
äusseren Ansehens genannter Bäume geben. Regel 
nimmt 8 Arten an. Es kann hier nicht unsere Auf- 
gabe sein, speciell auf sie einzugehen. Liebhaber 
verweisen wir auf die Abhandlung selbst, bemerken 


hellgrünen Farbe besonders im 
Die in 


Abbildungen gewöhnlichen 


sie auch 


aber» ausserdem noch, dass die Lärchenbäume in 
dem noch in diesem Jahre erscheinenden zweiten 
Bande von Koch’s Dendrologie ausführlich abge- 
handelt sind. 

99. Lamprococcus coerulescens Reg. (Gar- 
tenflora Tab. 694) wird im botanischen Garten zu 
Berlin unter dem Namen Aechmea Lüddemanniana 
kultivirt und wurde zum ersten Male auf einer der 
Monats - Ausstellungen des Vereines zur Beförderung 
des Gartenbaues im vorigen Jahre blühend ausge- 
stellt (s. vor. Jahrg. d. Wochenschr. S. 218). Re- 
gel möchte vielleicht Recht haben, wenn er meint, 
dass diese Art richtiger zu Hophophytums gestellt 
werden sollte, da sowohl die Deekblätter, wie auch 
später die Früchte, keine rothe Farbe besitzen. Hin- 
siehtlich ihrer Schönheit steht sie den übrigen Arten 
dieses Geschlechtes, was in den Gärten gewöhnlich 
als Aechmea aufgeführt wird, weit nach. 

100. Von Lathyrus odoratus L., der soge- 
nannten wohlriechenden Wicke, haben Haage und 
Schmidt in neuester Zeit ausser der bereits be- 
und verbreiteten „Kronprinzess von 
Preussen“ noch eine Form unter dem Namen der 
Feenkönigin erzogen, die unsere Aufmerksamkeit 
im hohen Grade verdient. Die Fahne ist fleisch- 
farben und weiss gerandet, während Schiffehen und 
Flügel eine blendend weisse Farbe besitzen. 

101. Lilium dalmatieum Maly (Catanii Vis.) 
ist eine sehr interessante, vielleicht die schönste 
Form unseres gewöhnlichen Türkenbundes, welche 
an der Ostküste des adriatischen Meeres wächst und 
durch den Fabrikanten Leichtlin in Karlsruhe, der 
bekanntlich die grösste und beste Sammlung der 
Lilien besitzt, eingeführt wurde. Die Lilie übertrifft 
an Höhe den gewöhnlichen Türkenbund und zeichnet 
sich durch purpurrothe Blüthen aus. 

102. Lisianthus Oerstedii Gris. schliesst 
sich dem bekannten L. Russellianus an und verdient 
dieselbe Berücksichtigung, unterscheidet sich aber 
wesentlich durch den etwas unregelmässigen Bau 
der grünlich-gelben Blume, so wie durch die 5 un- 
gleichen Staubgefässe. Er stellt eine 2jährige Pflanze 
dar, welche in der Kultur doppelt so hoch als im 
wilden Zustande wird und damit eine Höhe von 
6 Fuss erreichen kann. An dem viereckigen Stengel 
stehen die eirund-lanzettförmigen und 5- oder 7-ner- 
vigen Blätter einander gegenüber. Die überhängen- 
den Glockenblumen bilden einen nach einer Seite 
gerichteten und gabelästigen Blüthenstand. 

(Fortsetzung folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No ion. Berlin, den 20. Juli. 


1812. 
Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 30. Juli, Nachmittags: 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung 


‚les Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30, Juni 1872 (Fortsetzung). — Bericht über die im letzten Jahre 
eingeführten Pflanzen (Fortsetzung). — Berichtigung. 


157 Gemeindebezirken und Einschluss der Ritter- 


eng 
Der Frostschaden güter auf einem Flächengehalt von 17,5;,; Quadratm. 


an den Obstbäumen im Grossherzogihum Sachsen wurden durch den Frost getödtet 195,739 Stück 
im Winter von 1870 zu 71. Obstbäume, nämlich 21,099 Apfelbäume, 12,643 Birn- 
Vom Hofgärtner Maurer in Jena.*) bäume, 147,851 Zwetschenbäume, 259 Aprikosen- 


Der Winter von 1870 zu 71 hat in unseren | bäume, 55 Pfirsichbäume, 4,810 Süsskirschbäume, 
Obstbaumpflanzungen so unerhört gewüthet, dass es 2773 Sauerkirschbäume, 2,383 Wallnussbäume, 190 
dem Grossherzoglichen hohen Staatsministerium nicht | Mispelbäume, 2,202 Verlust an Chausseen, Summa 
unzweekmässig erschien, die von dem Unterzeichneten 195,739. Den grössten Verlust in diesem Verwaltungs- 
vorgeschlagene Anfertigung von Verlustlisten im gan- | bezirk erlitt der Ort Wallichen durch das Absterhen 
zen Grossherzogthum anzuordnen. Wenn nun auch von 8,050 Obstbäumen, während die Bäume in den 
die Ausführung einer solchen Maassregel ihre Schwie-  Fluren folgender 13 Gemeindebezirke unbeschädigt blie- 
rigkeiten hat und auf ganz genaue Angaben der ben: Unterpörlitz, Stützerbach, Schöndorf, Roda. Ritters- 
Verlustzahlen mit Sicherheit nicht gerechnet werden | dorf, Rettwitz, Obersynderstedt, Oberpörlitz, Maina, 


kann, so ist es dennoch immerhin von hohem Inter- ' Kammerberg, Hassfeld, Breitenheerda, Grosslohma. 
esse, sich durch eine solehe Zählung ein ungefähres B. Im II. Verwaltungsbezirke (Apolda) mit 


Bild von den enormen Verlusten vorzuführen und 152 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter 
die unausbleiblichen Folgen davon in Betracht zu | wurden aul einem Flächengehalt von 11,,,, Quadrat- 
ziehen. Leider ist die Gesammtverlustzahl aller im  meilen durch den Frost getödtet 326.405 Stück Obst- 
ganzen Grossherzogthum getödteten Obstbäume eine bäume, nämlich 17,192 Apfelbäume, 11,306 Birn- 
so bedeutende, dass wohl Niemand eine Ahnung da- bäume, 269,208 Zwetschenbäume, 2,444 Pflaumen- 
von gehabt hat. Der Gesammtverlust beziffert sich  bäume, 1,429 Aprikosenbäume, 438 Pfirsichbäume. 
nämlich auf 601,845 Stück und vertheilt sich auf | 10,332 Süsskirschbäume, 2,785 Sauerkirschbäume, 
sämmtliche Verwaltungsbezirke wie folgt: 10,569 Wallnussbäume, 658 Mispelbäume, Summa 

A. Im 1. Verwaltungsbezirke (Weimar) mit | 326,405 Stück. Den grössten Verlust nicht allein in 
diesem Verwaltungsbezirk, sondern im ganzen Gross- 
” Der Nerfnsner warte gepgen re ee u herzogthum erlitt der Gemeindebezirk. Neuengönna 
uns bereits in der 137. Nummer der Weimar’schen Zeitung ab- | = f 2 
gedruckt; der Aufsatz ist so interessant, dass wir keinen An- | durch die Vernichtung von 10,439 Obstbäumen. Un- 
stand nehmen, hn hier wiederum abzudrucken. Die Red, beschädigt blieben die Bäume in den Fluren folgender 


29 


ız 


4 Gemeindebezirke, nämlich in Poppendorf, Coppanz, 
Döhritschen, Schorba. 

C. Im Il. Verwaltungsbezirk (Eisenach) mit 
73 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter 
aul einem Flächengehalt von 11,;,, Quadratm. wur- 
den durch den Frost getödtet 23,624 Stück -Obst- 
bäume, nämlich 2,935 Aepfelbäume, 1,451 Birnbäume, 
15,559 Zwetschenbäume, 235 Pflaumenbäume, 41 
Aprikosenbäume, 27 Pfirsichbäume, 2,593 Süsskirsch- 
bäume, 498 Sauerkirschbäume, 479 Wallnussbäume, 


6 Mispelbäume, Sa. 23,624 Stück. Den grössten Verlust | 


erlitt in diesem Verwaltungsbezirk der Ort Bischofsroda 
durch das Absterben von 3,105 Obstbäumen. Unbe- 


schädigt blieben die Bäume in den Fluren folgender | 


9 Gemeindebezirke: Eekardtshausen, Berka a. d. W., 
Dippach, Dankmarshausen, Gerstungen, Grossensee, 
Untersuhl, Burekhardtshausen, Ettenhausen. 


D. Im IV. Verwaltungsbezirk (Dermbach) mit | 
75 Gemeindebezirken und Einschluss der Rittergüter 


auf einem Flächengehalt von 10,7; Qua- 
dratm. 7,361 Stück Obstbäume durch den Frost ge- 
tödtet, nämlich: 1408 Apfelbäume, 1,002 Birn-, 2,637 
Zwetschen-, 192 Pflaumen-, 1 Aprikosen-, — Pfir- 
sich-, 1,522 Süsskirschbäume, 341 Sauerkirsch-, 258 
Wallnuss-, — Mispelbäume. Sa. 7,361 Stück. Den 
srössten Verlust in diesen Verwaltungsbezirk erlitt 
der Ort Geismar durch das Absterben von 793 Obst- 
x Unbeschädigt blieben die Bäume in folgen- 
den 26 Ortschaften: Fischbach, Klings, Empferts- 
hausen, Lenders, Möckritz, Neidhardtshausen, Stein- 
berg, Buttlar, Gerstengrund, RBeinhards, Walthers, 
Wenigentulft, Kaltennordheim, Franckenheim, Kalten- 
westheim, Reichenhausen, Schafhausen, Unterweid, 
Wohlmuthshausen, Zillbach, Weilar, Melpers, Ost- 
heim, Sondheim, Stetten, Pferdsdort. 


wurden 


bäumen. 


E. Im V. Verwaltungsbezirke (Neustadt). mit 
167 Gemeindebezirken und Einschluss der Ritter- 


züter auf einem Flächengehalt von 11,335 Quadratm. 
wurden durch den Frost getödtet 48,716 Stück Obst- 
bäume, nämlich: 4,318 Apfelbäume, 3,205 Birnbäume, 
37,705 Zwetschenbäume, 2,085 Pflaumenbäume, 31 
Aprikosenbäume, 57 Pfirsichbäume, 775 Süsskirsch- 
bäume, 229 Sauerkirschbäume , — Wallnussbäume, 
2 Mispelbäume. Sa. 48,716 Stück. Den grössten 
Verlust erlitt die Gemeinde ÖOberrenthendorf durch 
das Absterben von 4,326 Stück Bäumen. Unbeschädigt 
blieben die Obstbäume in folgenden 14 Ortschaften, 
als: in Bucha, Daumitzsch, Dreba, Grobengereuth, 
Keila, Kleina, Laskau, Moderwitz, Neudeck, Posen, 
Schmieritz, Tausa, Untendorf, Wenigenauma. 

Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass der zweite 
Verwaltungsbezirk am meisten und der vierte am 


wenigsten gelitten hat. Von welcher Bedeutung diese 
Verluste nieht bloss für einzelne Orte, sondern für 
ganze Distrikte des Landes sind, wird sich in der 
Kürze zeigen, namentlich wird der kleinere Landwirth 
die ziemlich sicheren Einnahmen aus dem Frühobst 
vermissen, wodurch gewöhnlich die laufenden Aus- 
saben für den Hausstand gedeckt wurden. Aber 
auch Wohlhabendere werden darunter zu leiden haben, 
denn das Beispiel, dass auf den Ländereien einer 
einzigen Pfarrei 18 Klaftern Scheitholz von Zwetschen- 
bäumen gemacht wurden, steht nicht vereinzelt da. 
Um nun näher auf die Ursachen dieses unerhörten 
Falles einzugehen, gestatte ich mir Folgendes zu be- 
merken: Obgleich sich bereits eine ansehnliehe Zahl 
erfahrener und tüchtiger Fachmänner bemüht hat, 
die eigentlichen Ursachen dieses furchtbaren Ereig- 
nisses zu erforschen, so ist es dennoch Niemand ge- 
lungen, sichere Nachweise über den ganzen Sach- 
verhalt zu geben. Mich haben die aufmerksamsten 
Beobachtungen eines leider so bedeutenden Materials 
nur auf eine Menge von Widersprüchen und Unklar- 
heiten geführt, die ich nachstehend folgen lassen will. 
Im Allgemeinen nimmt man an, dass Obstbaumpflan- 
zungen auf Anhöhen weniger als in Niederungen 
und Thälern vom Frost leiden, allem der Verlust 
von 10,569 Wallnussbäumen im zweiten Verwaltungs- 
bezirke, die fast sämmtlich auf Anhöhen standen. 
widerspricht dieser Behauptung. Ebenso glaubt man, 
dass die zerstörenden Einwirkungen des Frostes aut 
das Pflanzenleben sich nirgends mehr als’ in Niede- 
rungen oder in der Nähe der Flüsse oder stehenden 
Gewässer geltend machen, allein verschiedene, von. 
mir beobachtete Fälle stimmen damit nicht überein. 
So haben z. B. auf einem mir zugehörigen Grund- 
stück die ganz in der Nähe des Ufers der Saale 
stehenden französischen veredelten Pflaumen- und 


| französischen Birnsorten nicht gelitten, während die 


entfernter und geschützter stehenden Bäume total 
erfroren sind. Eben so wenig lässt sich behaupten, 
dass alte Bäume mehr als jüngere gelitten, denn 
mehre Pflanzungen an unseren Chausseen und Ver- 
bindungswegen und auf Gemeindeareal beweisen das 
Gegentheil. Den Einwirkungen des Glatteises kann 
man diese Verheerungen ebenfalls nicht zuschreiben, 
weil oft in den exponirtesten Lagen, mitten unter 
Massen todter Bäume, sich mehre völlig gesunde 
Exemplare vorfinden. In Berücksichtigung aller dieser 
Erfahrungen scheint der Hauptgrund dieser Zerstörun- 
sen einfach in der langen Dauer so ausserordentlich 
hoher Kältegrade und in der grösseren oder geringeren 
Widerstandskraft jedes einzelnen Baumes zu liegen. 


Die Festausstellung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
vom 21. bis 30. Juni 1872. 


(Fortsetzung.) 

In dem Turnsaale waren die Wände 
Weise von Gruppen eingenommen, dass 3 besonders 
grosse die beiden Giebelseiten und die Mitte der 
langen Hinterseite einnahmen. In der Aufstellung 
soleher aus verschiedenen Dekorationspflanzen des 


in der 


Warmhauses, besonders von Palmen, Cyceadeen, 
Pandaneen und Dracäneen, denen nur wenige andere 
srossblättrige Pflanzen aus der grossen Zahl der 


Dikotylen angereiht waren, haben unsere Berliner 
Gärtner, wenn wir uns so aussprechen dürfen, einen 
besonders glücklichen Griff. Man sage uns nicht, 
dass mit gutem Materiale sich leicht zusammenstellen 
lasse: dergleichen Pflanzen, wie wir eben angeführt 
haben, besitzen in ihrer Einzelheit ihre Eigenthümlich- 


keiten, denen Reehnung getragen werden muss. Eine 
nicht geringe Aulgabe. Das Auge wird zu leicht, 


wo dieses nicht geschieht, beleidigt. 

Die 3 grössten Gruppen hatten Inspektor Bouche 
aus dem botanischen Garten, Hofgärtner Janke aus 
Monbijou und Obergärtner König aus dem Garten 
des Geheimen Kommerzienrathes Raven& zusammen- 
gestellt, ihnen schloss sich eine etwas minder grosse 
Gruppe des Universitätsgärtners Sauer an. Da es 
sich weniger um die einzelnen dazu benutzten Pflanzen, 
obwohl sich auch manche seltene oder interessante 
Art darunter befand, handelt, so übergehen wir in 
diesem Berichte, durch Nennung einzelner Pflanzen 
auch nur eine Auswahl zu treffen. Wir bemerken 
nur, dass Inspektor Bouch& im freien Grund und 
Boden der hintern Hälfte des Gartens ausserdem noch 
eine Gruppe von Kalthauspflanzen, hauptsächlich aus 
Neuholländern, Kapsträuchern und südeuropäischen 
Gehölzen bestehend, ausgestellt hatte. Diese Gruppe 
war um so interessanter, als sie an die frühere Lieb- 
haberei genannter Pflanzen besonders grosser Grund- 
hesitzer erinnerte. 

Ferner verdankte man demselben Königlichen 
Institute eine interessante Gruppe blühender Gewächs- 
hauspflanzen. Liebhaber, denen zugleich auch die 
Mittel zu Gebote stehen, solche Pflanzen zu kultiviren, 
aber auch Handelsgärtner, denen es daran liegen 
ınuss, eine grössere Mannigfaltigkeit ihren Käufern 
darzubieten, hätten hier manche Art herausfinden 
können, welche einer weiteren Verbreitung auch zur 
Anzucht für Liebhaber werth ist. Es waren meistens 
Kalthauspflanzen oder doch wenigstens solche, welche 
nur eine mittlere Temperatur verlangen. Sämmtliche 


Pflanzen besassen die geringe Höhe von höchstens 
1!1/, bis 2 Fuss, waren meist buschig erzogen und 
blühten reichlich. 

Nicht weniger zog eine Gruppe von Marktpfilanzen, 
welche Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreas- 
strasse 32) hübsch zusammengesetzt hatte, die Auf- 
merksamkeit der Besucher auf sich. Es waren blühende 
und nichtblühende Pflanzen, zum allergrössten Theil 
strauchartig, wie sie in Berlin, Charlottenburg und 
in Potsdam massenweise herangezogen und in den 
Handel gebracht werden, und zwar nicht etwa allein 
zum Bedarf der neuerdings mächtig heranwachsenden 
Kaiserstadt, sondern auch für den auswärtigen Export. 

Ganz anderer Art war die kleine Gruppe von 
Marktpflanzen, welche Kunst- und Handelsgärtner 
Liebmann in Dresden reizend zusammengestellt 
hatte. In der Mitte befand sieh das gefüllte Scharlach- 
Pelargonium Avocat Gambetta im brennendsten Roth, 
ringsherum das rosafarbige Pelargonium Marie Lemoine 
und einige andere Sorten; auf Zwerggeorginen [olgte 
dann das in Blättern eigenthümlich 
Tropaeolum King of Tom Thumb schliesslich 
die Form der blaublühenden Zwerg-Lobelie, welche 
den Namen Kaiser Wilhelm erhalten hat. Wir machen 
besonders auf das hier genannte Tropaeolum aul- 


den selärbte 


und 


merksam, weil wir bis jetzt keine andere Sorte ge- 
funden haben. wo einestheils die scharlachrothen 
Blumen mitten dem eigenthümlichen Laube das 
Grelle so verloren hatten, anderntheils das Laub aber 
selbst sich in dem Grün des Rasens so angenehm 
abhob, als hier. 

Diesen Gruppen schloss sich eine dritte, eben- 
falls kleinere an, welche man.dem Kunst- und Handels- 


in 


särtner Allardt verdankt. Es war eine Auswahl 
von jenen Marktpflanzen, welche am Besten die 


Zimmerluft vertragen und deshalb in geschlossenen 
Räumen nicht so oft ersetzt werden Die 
Gruppe aus dem Garten des Justizrathes Borchardt, 


müssen. 


| welche der Obergärtner Stephan zusammengestellt 


hatte, enthielt ferner eine nicht geringe Anzahl von 
Pflanzen Gewächshaus eines Liebhabers, 
wie sie am Häuligsten vorkommen, in guter Kultur. 

Endlich befand sich noch eine Gruppe gemischter 


aus dem 


Pflanzen in dem vordern Raume des Gartens. Sie 
hatten sämmtlich bunte Blätter und waren in einer 
"Weise, auch mit Rücksicht auf die Harmonie der 


Farben, arrangirt, dass das Auge wohlgefällig darauf 
ruhen konnte. Die Gruppe bestand aus nicht weniger 
als aus 143 verschiedenen Arten und war von dem 
Kunst- und Handelsgärtner G. Adolph Petzold in 
Dresden eingesendet. Man muss bedauern, dass die 
vor 10 Jahren noch weit verbreitete Liebe zu bunt- 


23” 


29 


blättrigen Pflanzen sehr abgenommen hat: es finden 
von ihnen nur noch die zwergigen Arten zu Teppich- 
beeten, Arabesken u. s. w. Anerkennung. 

Wir gehen, nachdem wir zuvor die vorhandenen 
Gruppen Stauden und Sommergewächsen be- 
sprochen haben, zu den Gruppen bestimmter Familien 
und Geschlechter, aber mit Ausnahme derer, welche 
ins Warmhaus Was Stauden 
anbelangt, so waren hier der Königliche hbota- 


von 


sehören, über. die 
nische Garten und die Handelsgärtnerei von Lo uis 
Mathieu in die Schranken getreten. Leider haben 
Stauden aufgehört, Lieblingspflanzen zu sein. Als 
noch Rabatten an grossen viereckigen Beeten oder 
an breiten Wegen der Parks gemacht und sauber 
erhalten auch die Stauden um so 
mehr in der Ordnung, als ihre Pflege und Erhaltung 
Mühe Jetzt sind sie völlig in den 
Hintergrund getreten und man sieht sie nur ausnahms- 
weise noch in einigen Gärten. Eben deshalb wären 


wurden, waren 


keine machte. 


Gruppen von ihnen auf dieser Ausstellung besonders 
Neuem auf sie aufmerksam 
Das ausserordentlich frühzeitige Jahr war 


geeignet gewesen, von 
zu machen. 
aber leider nicht geeignet, bei der Ausstellung dieser 


Stauden eine gute Auswahl zu treffen, da die meisten 


und in der Regel auch die schöneren bereits ver- 
blüht waren. 
Derselbe ungünstige Umstand betraf auch die 


neueren Sommergewächse, von denen nur eine Gruppe 
von dem Obergärtner Dressler im Gaiten des Ge- 
heimen Kommerzienrathes Dannenberger vorhan- 
den war. Sie bestand aus Arten, die bereits in der 
Wochenschrift besprochen worden waren. Von ein- 
zelnen Sommergewächsen hatte nur Kunst- und Han- 
delsgärtner Liebmann in Dresden sehr grosse und 
sehöne Exemplare der Statice spieata ausgestellt. 
Als zweijährige Pflanze waren vorzüglich kultivirte 
Exemplare der grossblühenden Campanula Medium 
des Obergärtners Haack aus dem Garten der Ritter- 
utsbesitzerin Reıchenheim ausgestellt. Wir be- 
dauern, dass Niemand Alpenpfianzen zu einer Gruppe 
vereinigt ausgestellt hatte. 

Die baumartigen Lilien, unter Dra- 
zaren we- 


denen wir 
eäneen, Yukkeen und Agaveen verstehen, 
nigstens in den letzteren ausserordentlich reichlich, 
aber guter Kultur vertreten. Die Gruppen 
der Agaveen aus dem Königliehen botanischen Garten 
und Generallieutenants v. Jacoby enthielten 
nicht eine Auswahl. es betrifft dieses na- 
mentlich die letztere, fast sämmtliche bis jetzt be- 
schriebene Arten, Abarten und Formen waren in 
meist stattlichen Exemplaren vorhanden. General- 
Lieutenant v. Jacoby, der würdige Nachfolger des 


auch in 


des 
sondern, 


 superbiens (C. indivisa der Gärten) vorhanden. 


Fürsten Salm-Dyek in der Kenntniss dieser Pflan- 
zen, hat sich ein grosses Verdienst um diese bei 
uns noch keineswegs hinlänglich gewürdigten Pflanzen 
erworben, er die verschiedenen Formen fest 
charakterisirte und mit Namen belegte. Diese Formen 
unter bestimmte Arten zu vereinigen und den ganzen 
Formenkreis dieser selbst festzustellen ist allerdings 
eine schwierige Arbeit, die ihm noch bevorsteht. 

Von Yukkeen hatte nur der Maurermeister Pae- 
tow ein blühendes Exemplar der Y. recurvata ausge- 
stellt. Ausserdem waren einige Dracänen, und zwar 
zunächst 2 stattliche Exemplare der Dracaena oder 
vielmehr Cordyline nutans, dieser in der Wochen- 
schrift mehrfach besprochenen Abart der Cordyline 
Der 
Hofgärtner Brasch im königl. Garten zu Charlottenburg 
hatte sie ausgestellt. Ausserdem waren vom Garten- 
Inspektor Gireoud in Sagan noch 3 Schaupflanzen 
von 3 neueren Formen der €. terminalis, welche zu 
den schöneren gehören, nämlich Dr. Reginae, Guil- 
foylei und nigro-rubra, vorhanden. 

Wir schliessen hier gleich die anderen Dick- 
pflanzen, und zwar zunächst die Kakteen, an. Wieder- 
um war es der Königliche botanische Garten, 
aber ausserdem ein enthusiastischer Liebhaber und 
nicht weniger guter Kenner, Dr. Poselger, die auf 
den Aufruf des Vereines in die Schranken getreten 
waren. Dass unter solchen Umständen beide Samm- 
lungen zu den besten gehörten, welche je ausgestellt 
worden sind, unterliegt keinem Zweifel. Nicht we- 
niger als 148 Arten hatte Inspektor Bouch&e zur 
Verfügung gestellt, unter diesen 55 Mamillarien, 
31 Cereen und 15 Echinocacten. Die Poselger'sche 
Sammlung enthielt zwar nur 60 Arten, aber in vor- 
züglicher Auswahl hinsichtlich ihrer Seltenheit oder 
Neuheit. Es betrifft dieses besonders die Leuchten- 
bergien und die Anhalonien. 

Crassulaceen (mit Einschluss der Mesem- 
brianthemen) in grosser Anzahl (85 Arten) hatte nür 
Inspektor Bouche& zu einer Gruppe vereinigt. Reich 
war sie an Mesembrianthemen (27) und an Semper- 
viven (18). Grade diese beiden Genera haben grossen 
särtnerischen Werth und werden trotzdem jetzt von 
Liebhabern ungemein vernachlässigt. Die ersteren 
wurden früher weit mehr verwendet. Es betraf be- 
sonders die Arten, welche reichlich in brennenden 
Farben blühen und eine passende Aufstellung in 
Felsenparthieen fanden. Die Semperviven (im wei- 
teren Sinne), und zwar nicht weniger die, welche im 
Freien aushalten, als die, welche in grosser Menge 
auf den Kanaren, Azoren u. Ss. w. wachsen und in 
einem Kalthause untergebracht werden müssen, ge- 


indem 


A 


2 


hören zu den interessantesten Pflanzen, zumal sie | Sorge zetragen hätte, sie in die zweite Abtheilung 


eine verschiedene Verwendung finden können. 
machen besonders auf die tellerförmigen Arten von 
oft Fuss Durchmesser der Rosetten, welehe auf vor 
Kurzem genannten Inseln wachsen, aufmerksanı. 

Einzelne Crassulaceen - Geschlechter und Arten 
fanden sich auch aus einigen Handelsgärtnereien .vor. 
Es waren besonders Echeverien. Diese unserer 
Hauswurz (Sempervivum tectorum) zum Theil sehr 
ähnlichen Pflanzen sind in neuester Zeit, seitdem ein 
Paar interessante Arten aus Kalifornien und Mexiko 
eingeführt worden waren, rasch Lieblinge geworden 
und sind vor Allem zu Einfassungen geeignet. Dass 
sie eine einzige Rosette fleischiger Blätter bilden und 
ihren Stengel meist feuris - roth gefärbter Blüthen 
rasch emportreiben, gibt einen besonderen 
Werth. Kunst- und Handelsgärtner G. Adolph 
Petzold und Oskar Liebmann in Dresden hatten 
die am Meisten zu empfehlenden Arten in grösserer 
Anzahl ausgestellt. 


ihnen 


Wir 


Eine andere Crassulacee, zwar keineswegs erst 


in der letzten Zeit bekannt geworden, sondern im 
Gegentheil lange schon in Kultur und in Berlin als 
Marktpflanze sehr viel herangezogen, ist die bekannte 
CGrassula oder Kalosanthes eoceinea. Von solchen 
Marktpflanzen hatte der Kunst- und Handelsgärtner 
Gude (Hasenhaide 8a.) eine hübsche Gruppe zu- 
sammengestellt, deren Blumen weithin leuchteten. 
Dass die Farnen keineswegs bei uns in Deutsch- 
land noch so beliebt sind, wie vor 20 und mehr 
Jahren, wo man noch Liebhaber hatte, die von diesen 


zur Dekoration nicht genug geschätzten Pflanzen 
emsig zusammentrugen, was sie schaffen konnten, 
ist leider eine nicht zu bestreitende Thatsache. In 


England ist es anders, denn dort gibt es noch viele 
Farn - Liebhaber. Und doch waren die Farnen in 
2 grossen Gruppen auf der jetzigen Ausstellung vor- 
handen, wie sie kaum schöner in England gesehen 
werden können. Sie gehörten aber wiederum dem 
botanischen Garten, unbedingt dem an Pflanzen 
reichsten Institute des Festlandes, nicht einem Lieb- 
haber. Nur der botanische Garten in Kew bei Lon- 
don steht in Betreff der Menge von Pflanzen, welche 
kultivirt werden, unübertroffen da und wird wohl bei 
den günstigsten Verhältnissen, unter denen er be- 
steht, seinen Ruf auch noch länger behaupten. 

Von den beiden Farm-Gruppen 
schen Gartens bestand die eine aus 
sehiedenen Arten des Gewächshauses. 
tiges reichbeblättertes Baumfarn würde gleichsam 
einen Schirm gegen die brennenden Strahlen der 
Sonne gebildet haben, wenn man nicht vorher schon 


des botani- 
127. ver- 


Ein präch- 


des Gartens, wenigstens in Halbschatten zu bringen. 
Es sollte Niemand versäumen, auch an grössere 
Wärme gewöhnte Farne während der zuten Jahres- 
zeit ins Freie zu bringen, damit sie sich hier für 
die ihrem Wachsthum ungünstige Zeit des Winters 
möglichst erstarken können. 
sehen, erlaubt uns weder 


In das Einzelne einzu- 
Zeit 


noch Raum; wir 
möchten aber darauf aufmerksam machen, dass 
manche Arten sich unter diesen Farnen befanden, 


welche im weiteren Kreise kaum bekannt sind und 
doch eine grössere Verbreitung verdienen. Es gilt 
dieses nicht weniger auch von der anderen Gruppe, 
welche aus Freilandpflanzen bestand und 48 haupt- 
sächlich Haupt-, weniger Abarten enthielt. Beson- 
ders waren in dieser Gruppe einige nordamerikanische 
Arten, welche zum Theil selbst in den reichsten 
Sammlungen von Freilandpflanzen in England fehlen 
möchten. 

Ausser dieser Gruppe von Freilandfarnen war 
noch eine zweite, aber kleinere vorhanden. welche 
hauptsächlich "aus Formen des Aspidium Filix mas 
und femina, so wie des Scolopendrium officinarum, 
bestand. Kunst- und Handelsgärtner Wilhelm 
Eberhardt in Genthin hatte sie ausgestellt. 

Auch von Selaginellen war von Seiten des bo- 
tanisechen Gartens eine hübsche Gruppe zu- 
sammengesetzt, die fast die meisten Arten ufid For- 
men dieses interessanten Geschlechtes enthielt, welche 
bis jetzt beschrieben und in den Handel gekommen 


sind. Die kleinen Pflänzchen zeigen zum Theil 
sehr hübsche Formen, so dass auch Liebhaber, 
welche in ihren Gewächshäusern nicht über viel 
Raum zu verfügen haben, wenigstens einige kulti- 
viren sollten. Im Sommer gedeihen sie, in Schat- 


ten gebracht, vorzüglich. 

Ferner nahm eine Gruppe von 33 Ziergräsern, 
hauptsächlich aus Cyper- und Fenniggräsern (Cyperus- 
und Panieum-Arten) bestehend, die Aufmerksamkeit 
der Besucher in Anspruch. 
selben 


Auch sie war von den- 
Institute durch den In- 
spektor Bouche auf eine den Augen wohlgefällig« 
Weise zusammengesetzt. 


wissenschaftlichen 


Ziergräser waren noch vor wenigen Jahren sehr 
sesucht und dienten in kleineren und grösseren Gäl- 
ten vielfach zum Schmuck, aber auclı 
benutzt, um Bouquets aller Art leichter zu machen. 
Jetzt hat man sich ‚wiederum auf Panmpasgras, Pani- 
cum palmifolium, Cyperus alternifolius und auf wenige 
andere beschränkt. 

Obwohl für die hauptsächliehsten Blüthensträu- 
und Florblumen der Jahreszeit 


sie wurden 


eher Aufgaben ge- 


stellt waren, blieb doch eine Reihe derselben un- 
gelöst, Von den Pelargonien haben wir zum Theil 
schon gesprochen, es bleibt uns daher nur übrig, 
über das, was von diesem von Seiten des Programmes 
sehr begünstigten Blüthenstrauches noch vorhanden 
war, nachträglich zu berichten. Zunächst verdankte 
man dem Geheimen Kommerzienrath Raven& dureh 
seinen Obergärtner König eine Gruppe gefüllter Bou- 
uet- und Scharlach-Pelargonien. Welcher langen Zeit 
und welcher Bemühungen von Seiten der Gärtner be- 
(lurfte es, bevor man gefüllte Pelargonien erhielt! 
Seit der kurzen Zeit von gegen 8 Jahren aber, wo 
die ersten noch ziemlich unvollkommen in Nanzig 
und in England zu gleicher Zeit entstanden, haben 
diese gefüllten Pelargonien, bei bedeutender Vervoll- 
kommnung der Blume, eine solche Verbreitung ge- 
[unden, dass man sie bereits in den entlegensten 
Theilen der Provinzen findet. 

Ausser diesen beiden Gruppen verdankte man 
noch den Kunst- und Handelsgärtnern Leisegang 
in Charlottenburg und Bacher in Pankow hübsche 
Gruppen buntblättriger Pelargonien. 

Reichlich waren die Calceolarien vertreten. 
besonders hübsch nahm sich die Gruppe des Kunst- 
und Handelsgärtners Oscar Liebmann aus. Sie 
bestand aus Sorten der krautartigen, während die 
übrigen strauchartige waren. Als wahre Schau- 
pflanzen mussten die letzteren aus dem Garten des 
Geheimen Kommerzienrathes Raven& anerkannt 
werden, da sie ohne Ausnahme buschige Exemplare 
von 2 bis 21, Fuss Durchmesser bildeten. Doch 
dürften die des Kunst- und Handelsgärtners J. C. 
Sehmidt (Unter den Linden 16) nicht weniger An- 
erkennung finden, als die des botanischen Gar- 
tens, welche Inspektor Bouch& zur Verfügung ze- 
stellt hatte. 

Von Hortensien haben wir ebenfalls schon ge- 
sprochen. Wir fügen nur noch hinzu, dass Kunst- 
und Handelsgärtner S. Adolph Petzold in Dres- 
den eine nicht allein hübsche, sondern auch instruk- 
tive Sammlung der aus Japan stammenden Arten 
und Abarten in 12 verschiedenen Exemplaren aus- 
sestellt hatte, welche die Aufmerksamkeit der Be- 
sucher vielfach auf sich Endlich hatte auch 
Kunst- und Handelsgärtner Crass eine Gruppe biau- 
hlühender Hortensien ausgestellt. 

Leider war die Zeit der Rosen vorüber. So 
reichlich auch diese schönsten aller Blüthensträucher 
im Programm bedacht waren, so kärglich fanden sie 
sich auf der diesjährigen Ausstellung vor. Nur eine 
einzige Gruppe hochstämmiger Rosen hatte man ein- 
Sie bestand aus 50 verschiedenen Sorten 


Ganz 


Z08. 


sesendet. 


Be. 


und war vom Kunst- und Handelsgärtner W. Wendt 
(Hasenhaide 9a.) zur Verfügung gestellt worden. 

Reichlicher waren die abgeschnittenen Rosen 
vorhanden. Leider sah man aber auch ihnen an, 
dass ihre Zeit vorüber war und dass man sich nur 
nit dem zu begnügen hatte, was übrig geblieben. 
Und doch waren manche Blumen vorhanden, die noch 
ihre volle Schönheit besassen und deshalb auch 
Anerkennung fanden. Soleher Sortimente abge- 
schnittener Rosen hatte wiederum W. Wendt, aus- 
serdem aber Kunst- und Handelsgärtner F. Gude 
(in der Hasenhaide 8a.), der Baumschulbesitzer M. 
Böhme (früher W. Rogge) Genthin, Fräulein 
Bertha Reuter im Forsthaus Garbe bei Wittenberge, 
Buchdruckereibesitzer Heinieke und Rentier Altrock 
in Witzleben bei Charlottenburg eingesendet. 

Auch Fuchsien waren reichlich vertreten. Ein 
Sortiment schöner Stecklingspflanzen von diesem 
Jahre, wie sie zu Tausenden in Berlin auf den Markt 
kommen und einen bedeutenden Handelsartikel bil- 
den, hatte wiederum der schon mehrmals genannte 
F. Gude ausgestellt. Hoch gezogen hingegen .waren 
2 Sortimente vorhanden. Das eine gehörte dem 
Öbergärtner Eggehbreeht aus dem Banquier Wage- 
ner'schen Garten, das andere hingegen dem Ober- 
gärtner König aus dem Garten des Geheimen Kom- 
merzienrathes Ravene. Letzterem verdankte man 
auch eine ziemlich hohe Fuchsien-Pyramide, reich 
mit Blüthen bedeckt. Eine zweite hatle dagegen der 
Öbergärtner Leidner aus dem Garten der Frau 
Kommerzienräthin Reichenheim zur Verfügung ge- 
stellt. Sie besass eine Höhe von 13 Fuss. Schliess- 
lich gedenken wir endlich auch der schönen Form 
President Gosselin der Fuchsia fulgens, welche Ober- 
gärtner Hornemann dem Garten des Kom- 
merzienrathes Gilka ausgestellt hatte. 

Von den Coleus- Formen war nur eine ausge- 
suchte Gruppe der besseren Sorten vorhanden und 
von dem Öbergärtner König im Garten des Gehei- 
men Kommerzienrathes Raven& hübsch gruppirt. 
Eigenthümlich sahen dagegen die beiden hochstäm- 
mig gezogenen Exemplare aus, welche wiederum 
Öbergärtner Eggebrecht aus dem Banquier-Wage- 
ner'schen Garten zur Verfügung gestellt hatte. 

Eine sehöne Sammlung von Anemonen und Ra- 
nunkeln hatte der Kunst- und Handelsgärtner Spaeth 
(Köpenicker-Strasse 148) gebracht. Warum diese im 
vorigen Jahrhunderte allgemein beliebten Florblumen 
in Deutschland nieht mehr die frühere Anerkennung 
finden wollen, begreift man nicht. Sie bedürfen 
allerdings der Pflege, sie belohnen aber auch in einer 
Weise, wie wenige andere Pflanzen. 


in 


aus 


Phlox Drummondi gehört bekanntlich zu den 
Florblumen, welche in der neuesten Zeit nicht allein 
eine grosse Vervollkommnung in den Blumen, fast 
noch mehr in der Mannigfaltigkeit der Farben erhalten 
haben. Kunst- und Handelsgärtner Bading (Andreas- 
str. 32) hatte eine Auswahl von 20 Sorten getroffen 
und diese in 32 Exemplaren zu einer Gruppe vereinigt. 

Allgemeinen Beifall fanden die in Kugel- und 
Spalierform herangezogenen heseda-Pflanzen des 
Kunst- und Handelsgärtners Oskar Liebmann in 
Dresden. Mögen dergleichen Exemplare hier und da 


in Berliner Privatgärten herangezozen werden, auf 


den Berliner Märkten, ja selbst in den Blumenkellern, 
sieht man sie leider nicht. Sollte in der That, wie 
behauptet wird, der Berliner Blumenliebhaber sich 
scheuen, für solche schön gezogene und wohlgefäl- 
lige Blumen ein Paar Groschen mehr auszugeben? 

Endlich waren noch aus der Reihe der Flor- 
blumen die Stiefmütterchen (Viola altaico-trieolor) 
vertreten, sowohl in Pflanzen, als in abgeschnittenen 
Blumen. Die Vervollkommnung der Blumen scheint 
bereits ihren Gipfel erreicht zu haben: wir haben 
wenigstens schon seit mehrern Jahren nichts Neues 
mehr gesehen. Trotzdem war die Schönheit und 
Grösse einzelner Blumen anzuerkennen. Blühende 
Pflanzen verdankte man den Kunst- und Handelsgärt- 
nern Emil Kratz in Hochheim bei Erfurt und Wilh. 
Eberhardt in Genthin, abgeschnittene Blumen da- 
gegen den Kunst- und Handelsgärtnern Karl Schwa- 
necke in Oschersleben und H. Wrede in Lüneburg. 

Wir gehen zu den Pflanzen über, deren Werth 
nicht in den Blüthen, sondern in den Blättern liegt 
und die daher als Blatt- und Dekorationspflanzen 
dienen. Kunst- und Handelsgärtner Sauerwald 
(Friedrichsstr. 232) hatte zunächst eine Anzahl von 
schöngezogenen Pleetogynen zu einer freundlichen 
Gruppe zusammengestellt. Diese zwar bereits be- 
werden, als es schon geschieht. Abgesehen davon, 
dass sie ihre Stelle als Blattpflanze völlig ausfüllt, 
so haben wir keine zweite Art, welche 
Pflege verlangt und mit so geringem Anspruch an 
Licht und Luft gedeiht. Als Zimmerpflanze ist Ple- 
ctogyne durch keine zweite zu ersetzen. Wenn alle 
anderen Pflanzen der Gruppe eines Zimmers allmäh- 
lig zu Grunde gehen und weggeschaflt werden müssen, 
hält in der Regel Pleetogyne allein noch aus. Es 
silt dieses von der einfach grünen, so wie von den 
buntblättrigen, die fast häufiger in dem Handel sich 
vorfinden. Von einer solchen hatte Sauerwald 
ausserdem noch ein Exemplar als Schaupflanze heran- 
gezogen. 


so wenig 


Epheu war als Marktpflanze für Zimmerkultur 
nicht vorhanden, obwohl gerade Berlin ein Ort ist. 
wo dergleichen Exemplare in einzelnen Gärtnereien 
zu Tausenden für den einheimischen Gebrauch und 
für den Export herangezogen werden, dagegen hatte 
Kunst- und Handelsgärtner Späth ein reichliches 
Sortiment dieses Klettergewächses ausgestellt. In 
Belgien sind die verschiedenen Formen, besonders 
die buntblättrigen, sehr beliebt, bei uns sieht man 
Sammlungen dagegen nur ausnahmsweise, so schön 
sie auch sind und so mannigfache Verwendungen die 
einzelnen Formen erhalten können. 

Araliaceen waren zwar nicht in Gruppen vor- 
handen, aber einzelne Exemplare von besonderer 
Schönheit, so eine Oreopanax dactylifolia des Inspek- 
tors Gireoud in Sagan, eine Aralia papyrifera des 
Universitätsgärtners Sauer und endlich einige Exem- 
plare des Botryodendron macrophyllum mit grossen, 
schönen Blättern des Kunst- und Handelsgärtners 
W. Mauck in Schönebeck bei Magdeburg. 

Von Aukuben sah man eine ziemlich umfassende 
Sammlung aus den Lorberg’schen Baumschulen in 
22 Abarten. Schade, dass diese den Ilex gleich zu 
verwendenden Sträucher Japan’s und des Himalaya 
gegen unsere Witterungs-Verhältnisse etwas empfind- 
lich sind und im nordöstlichen Deutschland sieh 
nicht im Freien anwenden lassen. Wenn die weib- 
lichen Pflanzen mit den scharlachrothen Beeren dicht 
bedeckt sind — und das geschieht schon bei klei- 
nen Exemplaren — so bieten sie einen Schmuck 
dar, wie kaum ein anderes Gehölz. 

(Sehluss folgt.) 


Bericht 


ı über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
liebte Blattpflanze sollte aber noch mehr verwendet | 


(Fortsetzung.) 

105. Macrozamia corallipes ist eine inter- 
essante grössere Form der bekannten M. spiralis und 
unterscheidet sich zu ihrem Vortheile durch die roth- 
braunen, kurzen Stielechen der Fiederblättchen. Die- 
ser Umstand hat auch Veranlassung zur Benennung 
gegeben. 

104. Die Zahl der Maranten bereits 
und die eine erscheint schöner als die 
andere; aber immer werden noch neue Arten und 
Formen eingeführt. Neben Linden in Brüssel und 
Gent und James Veitch and Sons in London ist 
es jetzt auch William Bull, dem wir neuerdings 
die Einführung einiger hübschen Arten verdanken. 
Marante bellula verdient ihren Namen der lieb- 


ist zwar 
sehr gross, 


er 


lichen, wie man den Beinamen bellula übersetzen 
könnte, da sie eine der kleinsten Arten darstellt. 


Sie ähnelt der M. micans ungemein und verbindet 
diese mit M. undulata. Die kleinen längliehen oder 
elliptischen Blätter stehen auf kurzen Stielen dicht 
xedrängt und haben auf der Oberfläche ein dunkles 


Grün, was durch einen röthliehen Mittelnerv etwas 
unterbrochen wird, die Unterfläche ist hingegen 


braunroth gefärbt. Die Einführung aus Brasilien ver- 
dankt man dem bekannten PflanzensammlerBaraquin. 

105. Marantia Luciani hat aufrechte und 
langgestielte Blätter und schliesst sich deshalb der 
Gruppe an, zu der die längst bekannte M. vittata 
zehört. Die länglich-lanzettförmigen, etwas härtlichen 
Blätter sind zwar grün, aber ein grosser, silberweiss 
selärbter Diskus nimmt die Mitte ein. 

106. Maranta pruinata wurde von dein ver- 
storbenen Dr. Seemann eingeführt und in Nikaragua 
entdeckt. Sie gehört zu den gıösseren Arten und 
hat gegen Fuss lange und 4), Zoll breite Blätter, 
welche an der Spitze eines sehr langen und von 
einem weissen Flaum überzogenen, aber rothpunk- 
tirten Stiele stehen. Sie haben oben eine dunkel- 
srüne Farbe, während die untere weit heller ist und, 
besonders nach der einen Seite hin, einen bräunlichen 
Schein zeigt. 

107. Von der im Jahre 1867 eingeführten Ma- 
ranta Wallisii hat Linden jetzt auch eine Abart 
mit der näheren Bezeichnung discolor in den 
Handel gebracht, wo die Aunkelgrüne Oberfläche 
einen sammetartigen Schein besitzt, die Unterfläche 
dagegen weinroth gefärbt erscheint. 

108. Marcgravia paradoxa ist eine inter- 
essante Pflanze, welche, ähnlich den Marcgravien, an 
Mauern, Planken, Bäumen u. s. w. im Vaterlande 
emporklettert und diese Gegenstände rasch überzieht. 
Dr. Seemann hat sie kurz vor seinem Tode in 
Niearagua entdeckt und an Bull gesendet, der sie 
aber vielmehr für eine Pothos-Art hält. Leider haben 
wir die Pflanze noch nicht gesehen, können demnach 
auch nicht entscheiden, ob Seemann oder Bull 
Recht hat. Die Nervatur und Textur der Blätter ist 
hei beiden Geschlechtern aber so verschieden, dass 
auch eine feste Bestimmung ohne Blüthen möglich 
sein möchte. Die ungleich-herzförmigen Blätter haben 
einen Durchmesser von 4 Zoll und endigen mit einem 
scheidenartigen Stiel. 

109. Monolopia major De. (Reg. Gartenfl. 
Tab. 690) ist ein Körbehenträger aus der grossen 
Abtheilung der Heliantheen und wurde unter dem 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, 


Namen Helenium Douglasii in den Gärten einge- 
führt. Wenn sie wohl auch den Heliantheen zunächst 
steht, so hat sie doch auch eine Aehnlichkeit mit 
den Lasthenien, mehr noch mit den Dimorphoteken. 
Vaterland ist Kalifornien. Monolopia major ist jährig 
und treibt einen 1 bis 2 Fuss hohen und sich ver- 
ästelnden Stengel mit langgestielten, gelbgefärbten 
Blüthenkörbehen von 21, Zoll Durchmesser. Da wir 
bereits dergleichen Pflanzen in Kultur haben, und zwar 
ziemlich reichlich, dürfte ihre Akquisition nicht von 
Bedeutung sein. 

110. Ochrosia elliptica Labill. ist eine neu- 
kaledonische Apacynacee mit dem entfernten Ansehen 
eines Oleanders. Sie bildet einen buschigen Blüthen- 
strauch mit lederartigen, dunkelgrünen und breit- 
länglichen Blättern, welche meist zu 3 und 4 einen 


Quirl bilden, seltener einfach gegenüberstehen. Die 
präsentirtellerförmigen Blüthen bilden endständige 
Traubendolden. (Fortsetzung folgt.) 
» 
Aufforderung. 
„Von Seiten des Vorsitzenden der Gartenbau- 


Gesellschäft „Feronia“ in Dresden, G. Adolph Petzold, 
ist an die Mitglieder des Vereines zur Beförderung 
des Gartenbaues die Bitte ausgesprochen, sich an 
der vom 27. Juli bis 4. August stattfindenden Aus- 
stellung von Pilanzen und Blumen in Dresden zu 
Von Seiten der Redaktion der Wochen- 
schrift, als dem Organe des Berliner Vereines, ist 
diese Bitte der Aufforde- 
rung zur weiteren Kenntniss zu 
bringen, als die Gartenbau - Gesellschaft „Feronia“ 
sich bei der vom 21. bis 30. Juni stattgefundenen 
Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Garten- 
baues selbst durch mehre ihrer Mitglieder lebhaft be- 
theiligt hatte. Es ist ausserden wünschens- 
werth, dass die Gartenbau-Vereine der verschiedenen 
Städte sich gegenseitig, besonders bei den Ausstel- 
lungen, unterstützen und auch auf diese Weise in 


betheiligen. 
man um so mehr bereit, 
um Betheiligung 


aber 


lebhaltem Verkehr mit einander bleiben. 
Die Redaktion. 


Berichtigung. Herr John Booth, Besitzer der 
Flottbecker Baunischulen, theilt der Redaktion mit, 
dass er nicht das ganze Protokoll des Preisrichter- 
Amtes, sondern nur das der betreffenden Sektion, in 
der er Preisrichter gewesen, unterschrieben habe. 

Die Red. 


Königgrätzer-Strasse I 


Wochenschrift 


es 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


a Berlin, gen, 2. J BE 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 30. Juli, Nachmittags 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues statt. 


Inhalt: Die Fest-Ausstellung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues vom 21. bis 30. Juni 1872 (Schluss). 


— Bericht über 


die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung). 


Die Festausstellung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues 
* "om 21. bis 30. Juni 1872. 

(Schluss.) 
bilden in einen 


Myrten verschiedenen Formen 


grossen Handelsartikel in Berlin, besonders auch für 


den Export. Marktpilanzen von 1 und 11), Fuss 
Höhe, wie sie einzelne Gärtner jährlich zu Tausenden 
heranziehen, waren leider nicht vertreten, dagegen 
hatte der Kommerzienrath Gilka durch seinen Ober- 
särtner Hornemann 6 Myrtenbäume von über 
13 Fuss Höhe, welche allgemein wegen ihrer Schön- 
heit den Beifall der Zuschauer erhielten, ausgestellt. 

Ferner waren dergleichen Standbäume von Lor- 
beer und Orangen von seltener Schönheit von meh- 
ıern Ausstellern zur Verfügung gestellt und von den 
Ordnern zum Aufstellen an verschiedenen günstigen 
Orten vortheilhaft benutzt worden. °.So stand ein 
Theil auf beiden Seiten des langen Weges, der von 


der Strasse nach dem eigentlichen Ausstellungsraum | 


führte. Die Orangenbäume verdankte man dem Hof- 
gärtner Brasch in Charlottenburg und waren der 
schönen und berühmten Sammlung des Schlossgartens 
daselbst entlehnt. Die Lorbeerbäume dagegen hatten 
der Kunst- und Handelsgärtner Leisegang in Char- 
lottenburg und der Gutsbesitzer Mosisch in Trep- 
tow a. d. Spree geliefert. Von den erstern wurden 


| das Paar 
; 400 Thalern verkauft. 


der stärksten und schönsten Bäume zu 


Wir kommen schliesslich zu den Koniferen, die 


wohl kaum bei einer andern, selbst bei einer inter- 


ı nationalen Ausstellung in grösserer Schönheit vorhanden 


gewesen sein möchten, als jetzt hier. Die grössten 
Sammlungen von Freiland-Koniferen hatte man aus 
Hamburg eingesendet. Sie bestanden zum grossen 
Theil aus hohen Exemplaren in Körben eingepflanzt, 
so dass sie alsbald mit diesen au Ort und Stelle 
eingesetzt werden konnten. Sie waren benutzt, um 
die Mauern des Gymnasiums zu decken, und erfüllten 


| damit ihren Zweck. Die eine dieser grossen Samm- 
| lungen gehörte F. J. C. Jürgens, Baumschulbesitzer 


in Nienstädten bei Hamburg, die andere den Baun- 
schulbesitzern Pet. Smith et Co. in Bergedorf bei 
Näher einzugehen in das interessante Ma- 
wir 


Hamburg. 
terial erlauben uns weder Zeit noch Raum, be- 


merken nur noch, dass die Nomenklatur, die ganz 


ı besonders bei den Koniferen gewöhnlich eine ver- 


nachlässigte ist, bei beiden Samınlungen eine 
gute war. 

Eine dritte Sammlung hatte H. 
Lorberg in Berlin (Schönhauser Allee 152) ausge- 
stellt. Während in den beiden Hamburger Samım- 
lungen die ächten Nadelhölzer oder Abietineen haupt- 
sächlich vertreten waren, fanden sich diese in der 
Lorberg’schen Sammlung nur durch einige Arau- 
während von den 


von Koniferen 


ausserdem 


30 


karien vertreten vor. 


234 . 


50 Arten und Formen 37 den Cupressineen und 10 | Weise gewürdigt, als sie es verdient hatten. Baum- 


den Taxineen angehörten. Schön waren die Cha- 
maecyparissus-Arten resp. Formen, von denen etwa 
die Hälfte als Retinosporen aufgeführt worden waren, 

Die Gruppe von Koniferen des botanischen 
Gartens, welche Inspektor Bouch&@ zusammenge- 
stellt hatte, enthielt fast nur Arten, welche bei uns 
in das Gewächshaus gehören und deshalb für Kenner 
dieser ziemlich grossen Pflanzengruppe manches In- 
teressante darboten. Es waren im Ganzen 56 Arten, 
unter ihnen allein 9 Podokarpus-Arten vorhanden. 

Endlich hatte der Obergärtner Nicolai im Gar- 
ten der Königlichen Garnison-Verwaltung eine Gruppe 
von 50 Exemplaren in 24 der interessanteren Arten, 
hauptsächlich des Kalthauses, zu einer hübschen 
Gruppe vereinigt; ausserdem verdankte man ihm 
aber noch eine Gruppe von 9 Araukarien in 7 Arten, 
resp. Formen. Einzelne Araukarien hatten ausser- 
dem endlich noch in besonders schönen Exemplaren 
die beiden Hamburger Baumschulbesitzer Peter 
Smith et Co. und F. J. C. Jürgens zur Verfügung 
sestellt und trugen als Einzelpflanzen zur Erhö- 
hung der Schönheit der vordern Gartenhälfte nicht 
wenig bei. 

Zwischen dem Gewächshause für an grössere 
Wärme gewöhnte Pflanzen, von denen alsbald ge- 
sprochen werden soll, und der hinteren Seite des 
Gymnasiums - Gebäudes befand sich der Raum für 
Freiland-, einschliesslich Obstgehölze. Leider hatte 
man sich hieran weit geringer betheiligt, als gewünscht 
worden ist, da grade Baumschulbesitzern, welche etwas 
eingesendet hätten, bei dem von ausserhalb zu erwar- 
tenden Besuche der Ausstellung Gelegenheit geboten 
worden wäre, sieh bekannter zu machen. Der Ober- 
särtner Bleyer in dem reichsgräflich von Pückler- 
schen Schlossgarten und Baumschulen von Branitz 
bei Cottbus hatte Alleebäume in Exemplaren ausge- 
stellt, welehe wohl kaum noch etwas zu wünschen 
übrig lassen. Grade jetzt, wo gute Alleebäume sel- 
tener geworden, von einzelnen Arten fast gar nicht 
aufzutreiben sind, möchte Manchem es genehm sein, 
diese Bezugsquelle in Branitz bei Cottbus zu wissen. 
Von dem guten Zustande der Baumschulen und der 
rationellen Behandlung der daselbst gezogenen Bäume 
haben wir uns zu überzeugen mehrmals Gelegenheit 
gehabt. 

Sehr instruktiv waren die Sammlungen 
von Sämlingen von Gehölzen aller Art, welche die 
Baumsehulbesitzer Spaeth undLorberg ausgestellt 
hatten. Leider wurden sie von den Anwesenden, 
bei denen zum allergrössten Theile das Schöne dem 
Nützlichen vorgezogen keineswegs in der 


beiden 


wurde, 


schulbesitzer Späth (Köpenickerstrasse 148) hatte 
ausserdem Formen-Obstbäume, besonders Spaliere, 
in einer Vollkommenheit und Regelmässigkeit aus- 
gestellt, wie man sie nicht häufig sieht, am Aller- 
wenigsten im Handel Frankreichs. Jenseits der Vo- 
gesen ist das Klima, hauptsächlich für Birngehölze, 
weit günstiger als bei uns, diese selbst wachsen fast 
von selbst. Man gibt sıch deshalb in Frankreich auch 
im Allgemeinen gar nicht die Mühe bei ihrer Behand- 
lung, wie sie bei uns nothwendig ist. Wir wollen 
damit ausserdem der Anzucht der Formenbäfme in 
Frankreich keineswegs nahe treten, da wir uns selbst 
nochmals überzeugt haben, was Ausserordentliches 
man daselbst leisten kann, sobald man ernstlich will, 
und was auch von Einzelnen in dieser Hinsicht in 
der That geleistet wird. Es geschieht dies aber 
hauptsächlich nur von Seiten des Liebhabers, im 
Grosshandel ist es anders, da verlässt man sich zu 
sehr auf das günstige Klima. 

Welche Pflege und Sorgfalt die Späth’schen 
Formenbäume erhalten, aber auch was man auf dem 
auswärts so sehr verschrienen Berliner unfruchtbaren 
Boden heranzuziehen vermag, davon zeugte eine mit 
den Wurzeln blossgelegte Birn-Pyramide. Ein solcher 
Komplex gesunder und kräftiger Wurzeln, wie er 
hier vorhanden war, vermochte wohl dem Stamme 
die nötbige Nahrung zuzuführen, um, der vollkom- 
mensten Ausbildung der Früchte allen Vorschub zu 
leisten. Dergleichen Formenbäume, wie sie aus der 
Späth’schen Baumschule hervorgegangen waren, 


.erinnerten einiger Maassen an die 42 Pfund schweren 


Kohlköpfe, welche bei Gelegenheit der 3. Versamm- 
lung deutscher Pomologen und Obstzüchter im Jahre 
1863 zu Berlin von einem Bauer in Rixdorf, in dessen 
Nähe auch die Späth’schen Baumschulen sich zum 
Theil befinden, ausgestellt wurden. Ein damals an- 
wesender Ungar liess sich von uns nach Rixdorf 
führen, um selbst den Boden, worauf dergleichen 
Kohlköpfe gewachsen, zu sehen. „Bei solcher Be- 
handlung des Bodens und bei solcher Kultur der 
Pflanze“, rief er aus, „ist allerdings auch nur ein 
solches Resultat möglich.“ 

Wir wollen nun in dem extra zu diesem Zwecke 
erbauten Warmhause eintreten und über dessen rei- 
chen, aber auch meist kostspieligen Inhalt berichten. 
Den Glanzpunkt bildeten hier die Orchideen. Wenn 
wir uns auf den Ausspruch eines Hamburger Orchi- 
deenzüchters, dem auch England mit seinen grösse- 
ren und kleineren Sammlungen von Orchideen sehr 
bekannt ist, stützen, so möchte wohl kaum eine Aus- 
stellung irgend wo existirt haben, wo von einem ein- 


285 


zigen Aussteller nicht allein eine so grosse Anzahl 
von in gleicher Vollkommenheit ausgezeichneten Ar- 
‘ten zur Verfügung gestellt worden wäre, sondern 
auch wo die meisten sehr kräftigen Exemplare einen 
solchen Reichthum von Blüthen entfaltet gehabt hätten, 
als es hier der Fall war. Der Besitzer dieser Samm- 
lung, einer der grössten Pflanzen-, besonders aber 
Örchideenliebhaber, Rittergutsbesitzer Moritz Rei- 
chenheim, war leider im besten Alter seines Lebens 
erst kurz vorher gestorben und hatte nicht erlebt, 
welchen Triumph und welche Anerkennung seine 
Orchideen gefunden? Der jedoch, dem die Aufsicht 
über den zwar nicht grossen Garten und die beiden 
bescheidenen Gewächshäuser anvertraut war und 
dem das Verdienst, den hier vorhandenen Orchideen 
diese Vollkommenheit gegeben zu haben, zugesprochen 
werden muss, ist der in der Wochenschrift früher 
schon oft genannte Obergärtner Haack. 

Wenn uns auch Zeit und Raum nicht erlauben, 
so speciell, als es im Interesse des Gegenstandes 
erwünscht sein möchte, in das reiche Material dieser 
Sammlung einzugehen, so können doch nicht 
umhin, wenigstens über Einiges Mittheilung zu machen. 


wir 


Die Hauptsammlung bestand aus 80 Orchideen, ohne - 


Ausnahme starke und im Verhältniss grosse Exem- 
plare; ausserdem waren aber noch einige Schau- 
pflanzen und neue Arten besonders ausgestellt. Am 
Meisten nahm ein 31 Fuss im Durchmesser ent- 
haltendes Exemplar des Adrides odoratum album 


die Aufmerksamkeit der Besucher in Anspruch. Es 
mochten ohngefähr 15 bis 17 besondere Stengel 


vorhanden sein, von denen ein jeder mit 4 oder 
5 Fuss langen Trauben blühte.e. Wenn nun jede 
Traube wenigstens 60 Blumen hatte, so bekommt 
man für die ganze Pflanze die Summe von nahe 
17,000 Blumen an einem Exemplare. 

Nur wenig kleiner war ein Aörides odoratum 
majus. Reizend nahm sich ein Saceolabium guttatum 
mit fusslangen, dicht mit zart fleischfarbenen Blüthen 
besetzt aus; ein anderes Exemplar der den Beinamen 
splendens führenden Form hatte 15 Blüthenähren. 
An einem 31), Fuss hohen Aörides faleatum zählte 
man nicht weniger als 8 Blüthenähren. Vanda Bate- 
manni war in einem 6 Fuss hohen Exemplare vor- 
handen und trug einen 3 Fuss langen, senkrecht in 
die Höhe gehenden allgemeinen Stiel mit nicht we- 
niger als 17 grossen Blüthen. Von neueren und im 
Allgemeinen noch selteneren Arten nennen wir An- 
srecum javanicum, bereits eine ansehnliche Pflanze 
mit kleinen weissen Blüthen geschmückt, Cypripedium 
naevium mit der eigenthümlich gebildeten runden 
Lippe und das noch hoch im Preise stehende Cy- 


‚und der einem türkischen Pantoffel 


pripedium laevigatum mit glänzenden grünen Blättern 
nicht unähnlich 
aussehenden Lippe, 

Ausser diesen Orchideen verdankte dem 
Reichenheim’schen Garten noch eine hübsche 
Gruppe von Schlauchpflanzen, bestehend aus 5 Ne- 
penthes-Arten und aus 4 Sarracenien in guter Kultur. 
Die schönsten Sarracenien in Kultur, wir sie 
kaum irgendwo in dieser Weise gesehen haben, und 
zwar noch in Blüthe, hatte aber der fürstlich Für- 
stenberg’sche Hofgärtner Kirchhof aus Donau- 
eschingen ausgestellt. Sie zogen ganz besonders 
die Blicke der Schauenden auf sich. Vom Universi- 
tätsgärtner Sauer war dagegen eine junge Pflanze 
ausgestellt, die er selbst aus durch Professor Koch 
direkt aus dem Vaterlande erhaltenen Samen gezogen 
hatte. Ausserdem aber hatte dieser 2 Exemplare 
der Darlingtonia ealifornica von bedeutender Grösse 
und untadelhaft in ihrer äusseren Erscheinung zur 
Verfügung gestellt. Auch diese beiden Exemplare 
hatte Sauer vor mehrern Jahren aus direkt impor- 
tiitem Samen gezogen. 

in 2 grossen Sammlungen waren die Maranta- 
ceen vertreten. Die kleinere Sammlung des Ober- 
gärtners König im Garten des Geheimen Kommer- 


man 


wie 


zienrathes Ravene bestand fast nur aus grossen 
Schaupflanzen, an denen man wohl die Schönheit 
der einzelnen Arten beurtheilen konnte, die andere 


aus einer weit grösseren Anzahl von Arten beste- 
hende Sammlung hatte dagegen Inspektor Gireoud 
in Sagan ausgestellt. Da die Marantaceen seit vielen 
Jahren schon mit Vorliebe in der Wochenschrift be- 
handelt und die neu eingeführten Arten alsbald be- 
schrieben wurden, so können wir um so mehr über 
das Einzelne hinweggehen. 

Bromeliaceen sind schon längst aus der Mode 
gekommen, nachdem die reizende Pitkairnie, welche 
in den 30er Jahren wegen ihrer Schönheit den 
Namen des in jener Zeit allgemein beliebten Ministers 
v. Altenstein erhalten, auf die blumistischen Vor- 
züge vieler Arten dieser Familie die Aufmerksamkeit 
besonders gelenkt hatte. Im Anfange der sechsziger 
Jahre erreichte die Liebe zu den Bromeliaceen den 
höchsten Grad; in allen Ländern, wo Gärtnerei ge- 
trieben wurde, lebten besondere Liebhaber für die 
Arten dieser Familie. In Berlin wurde die Kultur 
der Bromeliaceen ebenfalls mit besonderer Vorliebe 
getrieben. Und jetzt, wo die Liebe zu ihnen seit einem 
Jahrzehnt aufgehört hat, fand sich nur — eine ein- 
zige Bromeliacee auf der ganzen Ausstellung vor. 
Es war dieses ein stattliches Exemplar der in Form 
eines kleinen Bäumehens gewachsenen Greigia spha- 


30* 


236 


»alata, welche im botanischen Garten als stattliche 
Dekorationspflanze herangezogen worden war. 


Dagegen gehören immer noch zu den Liehlings- 


pflanzen der Neuzeit die buntblättrigen Croton’s (Co- 
diaeon variegatum), von denen Öbergärtner König 
im Garten des Geheimen Kommerzienraths Ravene& 
eine hübsche Sammlung 14 der schönsten 
Formen in ziemlich grossen Exemplaren ausgestellt 
hatte. 

Die Gesneraceen haben sich als Lieblingspflanzen 
ebenfalls schon seit langer Zeit eıhalten und ver- 
dienen auch wegen der sehönen Blumen. oft aber auch 


von 


wegen der sammetartigen, gefärbten oder buntge- 
zeichneten Blätter Anerkennung. Jetzt war es Ober- 
särtner Haack, der aus dem Garten der Frau 
Rittergutsbesitzer Reichenheim eine Gruppe aus 
reiehblühenden Gloxinien zusammengesetzt hatte. 
In der Anzucht schöner Gloxinien erfreuen sich die 


Berliner schon seit geraumer Zeit eines guten Rufes. 
Die andere Gesneraceen-Sammlung bestand aus Ty- 
daeen, Achimenes und diesen Ähnlichen Pflanzen und 
zeigte eine angenehme Mannigfaltigkeit in der Farbe 
und in der Form der Blüthen. Man verdankte die 
Gruppe dem ÖObergärtner Dressler im Garten des 
Geheimen Kommerzienrathes Dannenberger. 

Endlich haben wir, obgleich den Kalthauspflan- 
zen angehörig, noch einer kleinen Gruppe kapischer 
Haiden oder Eriken zu gedenken, die der Kunst- 
und Handelsgärtner Plage in Neu-Schöneberg bei 
Berlin gebracht hatte. Sie enthielt die Arten und 
Abarten, welche in Berlin hauptsächlich als Markt- 
pflanzen herangezogen werden. 

Bevor wir schliesslich zu den neuen Einführun- 
sen und Schaupflanzen, in soweit letztere noch nicht 
besprochen worden sind, übergehen, müssen wir 
noch zweier Gruppen von Warmhauspflanzen, welche 
in diesem Gewächshause einen Platz gefunden hatten, 
sedenken. Beide wetteiferten mit einander an Schön- 
heit und Mannigfaltickeit zugleich. Die eine hatte der 
Geheime Kommerzienrath durch 
seinen Obergärtner Dressler auf eine Weise zu- 


Dannenberzer 


sammenstellen lassen, dass sie den Augen angenehm 
erschien. Sie bestand aus 63 verschiedenen Pflanzen 
in 76 Exemplaren. Die Gruppe hatte hauptsächlich 
deshalb einen grossen Werth, weil sie vor Allem 
aus der Reihe der buntblätterigen Pflanzen 
Warmhauses das Neueste und Beste enthielt 
Ueberblick über das Beste aus den 
Jahren zu bekommen gestattete. Reich waren die 
Marantaceen (mit 19) und die Kaladien (mit 14) 
Arten resp. Formen vertreten, dann folgten die Akan- 
thaeceen mit Fittonia, Eranthemum, Sanchezia, Grap- 


des 
und 


einen letzten 


tophyllum u. s. w., nebst einigen Melastomateen, wie 
Sonerila und Gravesia-Arten. 

Die zweite, aus 27 Arten bestehende, Gruppe‘ 
sehörte dem Geheimen Kommerzienrath Ravene, 
‚der sie durch seinen Obergärtner König hatte zu- 
sammenstellen lassen. Es waren meist grössere 
Pflanzen, auch einige Palmen, Pandaneen und Dra- 
cänen, ausserdein verschiedene Aroideen, besonders 
Anthurien und Dieffenbachien, so wie die beiden 
Melastomateen: Cyanophyllum magnificum und Sphae- 
rogyne latifolia. 

Schliesslich gedenken wir noch der ebenfalls 
kleineren Gruppe buntblättriger Pflanzen, welche 
Kunst- und Handelsgärtner L. Mathieu ausgestellt 
hatte und manche schöne und zugleich interessante 
Pflanze enthielt, welche die Aufmerksamkeit derer, 
welche die Ausstellung besuchten, auf sich lenkte. 

Die meisten der Schaupflanzen haben wir, wie 
bereits gesagt, schon besprochen, wir übergehen 
diese daher und erwähnen nur kurz noch der übri- 
sen. Dem Rittergutsbesitzer Reus auf Bleckendorf 
bei Egeln verdankte ınan eine Peristeria Humboldtii 
mit 10 Blüthen, dem Freiherrn v. Lotzbeck’schen 
Obersärtner Rob. Sonnenberg in München da- 
gegen ein riesiges Exemplar der Maranta zebrina, 
ausserdem aber noch eine prächtige Peperomia ar- 
gyraea. Inspektor Gireoud in Sagan hatte ein 
hübsches Exemplar der Elaeocarpus eyaneus, über 
und über mit gefransten, weissen Blüthen bedeckt, 
eine buntblättrige Peristrophe in Form eines grossen 
buschigen Exemplares und einen reichlich blühenden 
Clianthus Dampieri, so wie schliesslich ein hoch- 
stämmiges Exemplar des Zwerg-Pelargoniums Miss 
Pollock gebracht. Auch Kunst- und Handelsgärtner 


Wilh. Maack in Schönebeck bei Magdeburg 
hatte einen blühenden Clianthus Dampieri aus- 
gestellt. Die beiden Exemplare der Dracaena 
nutans des Kunst- und Handelsgärtners Lehm- 
pfuhl waren stattliche Pflanzen. Wir bemerken, 


dass keine anderen Dracäneen sich so gut für das 
Auspflanzen ins Freie eignen, als die genannte Dra- 
cäne, zumal wenn sie in der Regel bis unten be- 
blättert ist. 

Von Seiten des botanischen Gartens waren eben- 
falls 2 stattliche Schaupflanzen: Anthurium Lauche- 
anum und magnifieum durch den Inspektor Bouch& 
ausgestellt worden. Endlich nennen wir noch einige 
Schaupflanzen, die man dem Ravene'schen Ober- 
gärtner König verdankte. Es waren dieses die in 
der Kultur schwierige Leschenaultia formosa und 
einige Phantasie-Pelargonien. 

Was die neuen Einführungen anbelangt, so be- 


B 237 


fanden sich diese durch den Kunst- und Handels- 
särtner Jean Verschaffelt in Gent in einer be- 
sonderen Gruppe. welche aus 25 verschiedenen 
Pflanzen bestand. Was zunächst die beiden Farne 
Adiantum amabile und Todea Wilkeana anbelangt, 
so sind diese bereits in der Wochenschrift bespro- 
chen worden (12. Jahrg. 106 u. 14 Jahrg. 119). Wir 
bemerken jedoch, dass sehr olt in der Wochen- 
schrift Pflanzen schon lange vorher besprochen sein 
können, bevor sie in den Handel kommen, da un- 
sere Verbindungen mit den grössten auswärtigen 
Handelsgärtnereien, namentlich mit denen von James 
Veiteh and Sons in London, Linden in Brüssel 
und Jean Verschaffelt in Gent uns in den Stand 
setzen, dergleichen Pflanzen entweder an Ort und 
Stelle zu besehen, oder durch die nicht genug an- 
zuerkennende Liberalität genannter Besitzer behuls 
wissenschaftliceher Kenntnissnahme uns unentgeldlich 
zur Verfügung gestellt werden. Wir halten es für 
unsere Pflieht dieses hier öffentlich anzuerkennen. 
Was die Agaven: Leopoldi, Killischii und Per- 
ringii, so wie Bonapartea (Agave) Hystrix, anbelangt, 
so wird später von kompetenterer Seite darüber be- 
riehtet werden. Ueber Veitchia (Kentia) Canterbu- 
ryana ist erst vor Kurzem in dem Berichte über 
neue Pflanzen (S. 223) Mittheilung gemacht worden. 
Pandanus Vangeertii ist ohne Zweifel eine Form, viel- 
leicht auch nur eine jugendliche Pflanze des P. uti- 
lis, welche sich von dem vor einigen Jahren einge- 
führten elegantissimus durch kürzere Blätter unter- 
scheidet. Dracaena excelsa haben wir bereits früher 
erwähnt (31. Jahrg. 134); eben so Dr. splendens (8. 
214). Cordyline grandifolia aus Neu-Südwales scheint 
dagegen eine eigenthümliche Art zu sein, über deren 
Stellung aber zunächst sich nichts sagen lässt. Auch 
Dieffenbachia Bausei ist im vorigen Jahrgange (S. 306) 
besprochen worden. Ueber den neuen Calamus 
lässt sich vor der Hand ebenfalls nichts sagen. 
Aus der Gruppe der Pflanzen, wo die Samen 
nackt sind und von keiner Fruchthülle eingeschlossen 
werden (der Gymnospermen), war Zamia corallipes 
vorhanden. Ueber sie ist erst unter den neuen 
Pflanzen, aber als Macrozamia corallipes, gesprochen 
worden. Dammara purpurascens ist wahrscheinlich 
eine schmalblättrige Form der D. australis, deren 
Grün sich zum Rothbraunen neigt. Retinospora obtusa 
nana gracilis hat eine pyramidenlörmige Gestalt und 
wächst ziemlich gedrängt. ‚Cryptomeria japonica fol. 
eleg. var. zeichnet sich durch weisse Spitzen aus. 
Von Apetalen war eine Fieus elegantissima vor- 
handen, welche die Ficeus elegans (vergl. 14. Jahrg. 
S. 159), welche im vorigen Jahre von William 


Bull in London eingeführt wurde, darstellt. CGroton 
Wisemani ist wiederum früher schon, und zwar 


im vorigen Jahrgange (S. 307), besprochen worden. 

Die Monopetalen waren in der Jean Ver- 
schaffelt'schen Sammlung neuer Pflanzen nur durch 
2 Pflanzen vertreten. Toxicophloea spectabi- 
lis stellt eine ganz eigenthümliche Apoeynacee mit 
länglichen und lederartigen Blättern dar, über die 
wir im 19. Jahrgange (S. 197) berichtet haben. Sie 
stammt aus Neusüdwales. Dass Clerodendron Bun- 
gei eine im Freien aushaltende schöne Blattpflanze 
ist, hat Gartendirektor Petzoldt in Moskau zuerst 
nachgewiesen, interessant ist es daher, zu wissen, 
dass jetzt eine Form mit bunten Blättern im Handel 
ist und sich nach dem durch Jean Verschaffelt 
ausgestellten Exemplare gut ausnimmt. Auch von 
dem grossblättrigen Körbehenträger, Hebeelinium jan- 
thinum, einer bekannten Warmhauspflanze, war durch 


Jean Verschaffelt eine buntblättrige Form zur 
Kenntniss gebracht worden. 
Endlich bleiben noch 3 Polypetale zu nennen 


albo-varie- 
sagen, bis 


übrig. Ueber den buntblättrigen Hibiseus 
gatus lässt sich wohl nicht früher etwas 
man nicht grössere Exemplare gesehen haben wird. 
Ueber Paullinia thalietrifolia, von James Veıtch and 
Sons zuerst in den Handel gehracht, wird in Kurzem 
unter den neuen Pflanzen berichtet werden. Ueber 
CGombretum grandiflorum (S. 308) ist dieses schon 
geschehen. 

Wir schliessen hier eine sehr interessante Pflanze, 
welehe ebenfalls JeanVerschaffelt ausgestellt hatte, 
an. Sie trug den Namen Echeveria scaphophylla und 
soll ein Blendling der E. agavoides und linguaefolia 
sein. Die ganze Pflanze war, ähnlich einer kleinen 

gave, rosettenartig gebaut und hatte nicht 5 Zoll 
im Durchmesser. Die linienförmig-länglichen, aber 
zugespitzten Blätter besitzen eine glänzende, dunkel- 
grüne Farbe und sind in der Mitte vertieft. 

Man dass die Pflanzen des 
Fürstlich Gartens in Donau- 
eschingen, welche durch den Hofgärtner Kirchhof 
eingesendet waren, erst nach der Preiszusprechung 
anlangten und daher nieht dabei berücksichtigt wer- 
den konnten. Nachträglich wurde ihnen jedoch, um 
doch wenigstens die Anerkennung nicht zu versagen, 


muss bedauern, 
Fürstenberg’schen 


ein Preis, der aus Mangel der Betheiligung nicht er- 
theilt worden war, zugesprochen. Sämmtliche Pflan- 
zen, wie wir bereits auch schon bei Gelegenheit des 
Berichtes über die Schlauchpflanzen mitgetheilt haben, 
erfreuten sich Kultur, man sie 
nur selten findet. 

Unter diesen Donaueschinger Pflanzen befanden 


einer so guten wie 


238 


sich auch einige Neuheiten. Nepenthes Sedeni wurde 
erst im vorigen Jahre durch James Veitch and 
Sons in London eingeführt, und zwar aus wärmeren 
Inseln der Südsee. Sie gehört zu den zwergigen 
Arten und baut sich etwas buschig. Zahlreiche 
Blätter (resp. Blattstiele) sind vorhanden und besitzen 
einen schwach bräunlichen Anstrich. Sie sind in 
der Mitte breit und verschmälern sich dann 
stielartig, um am Ende die kleine kaum 2 Zoll lange 
Kanne zu tragen. Da, wie es scheint, die Pflanze 
nicht empfindlich ist, wird sie in England zur Auf- 
stellung auf Tafeln empfohlen. . 

Fieus sarapiquensis gehört zu den grossblättrigen 
Feigenbäumen und ähnelt einerseits der F. macro- 
phylla, anderseits der F. imperialis. Wie bei letz- 
terem sind die Blätter auf beiden Flächen einfarbig 
und haben eine herzförmige Basis. Dracaena Moorei 
gehört zu den weniger neuen Formen der Cordyline 
Terminalis, welche wir zuerst im 11. Jahrgange (S. 
166) besprochen haben. Das vorhandene Exemplar 
befand sich in einem vorzüglichen Kulturzustande. 

Generallieutenant v. Jacobi hatte eine Gruppe 
von 8 verschiedenen Agaven neuester Einführung 
ausgestellt. Da sie bereits von ihm selber in seinen 
Nachträgen zu den Agaven beschrieben sind, über- 
sehen sie hier. Es waren Agave asperrima, 
cochlearis, graeilis, Kellochii, linearis, subfaleata, tri- 
angularis und Wallisii. 

Auch von Seiten des botanischen Gartens 
waren einige neuere und neueste Pflanzen vorhanden, 
die aber ebenfalls zum Theil früher besprochen wor- 
den sind. Es gehören hierher das rothblühende 
Delphinium nudicaule (im vor. Jahrg. S. 268) und 
Hydrangea stellata (im 12. Jahrg. S. 3). Chlorophy- 
tum prodigiosum fol. var. ist eine zu empfehlende 
Asphodelee mit weissumrandeten Blättern. Aber 
auch mit den eine grosse Rispe bildenden Blüthen 
nimmt die Pflanze sich gut aus. Panicum latani- 
folium stellt, wie P. palmifolium, eine hübsche Blatt- 
pflanze dar. Seubertia laxa ist ein niedlicher Körb- 
chenträger, ähnlich unserem Gänseblümchen (Bellis 
perennis), und Aralia spathulata schliesst sich den 
übrigen einblättrigen Arten des Genus Pseudopanax 
an. Euphorbia abyssinica Raeusch. gehört in die 
Abtheilung der E. offieinarum und gehört demnach 
zu den fleischigen und kaktusähnlichen Arten. 

Von neuen Palmen hatten der Freiherr v. Lotz- 
beek’sche ÖObergärtner Rob. Sonnenberg eine 
nieht näher bestimmte Art, und Universitätsgärtner 
Sauer eine Thrinax von elegantem Wuchse ausge- 
stell. Dem Banquier Wagener’schen Obergärtner 
Eggebrecht verdankte man dagegen eine Samm- 


sehr 


wir 


lung von aus Samen gezogenen Kaladien und eine 
zweite von eben dergleichen Begonien, die manche 
Pflanze enthielten, die eine grössere Verbreitung ver- 
dienen. 

Ferner machen wir noch auf eine gefüllt blü- 
hende Rhodanthe Manglesii aufmerksam, welche 
Kunst- und Handelsgärtner Martin Grashoff aus 
Quedlinburg erzogen hatte. Ohne Zweifel ist diese 
unter den Sommergewächsen eine der besten Akqui- 
sitionen. Endlich hatte Kunst- und Handelsgärtner 
C. Oldenroth in Wriezen a. O. noch Stiefmütter- 
chen mit bunten Blättern ausgestellt. In wie weit 
diese vermehrungsfähig sind, muss die Zeit lehren. 
Vielleicht gelingt es, dergleichen Pflanzen aus Sa- 
men heranzuziehen und die Form damit konstant zu 
machen. 

Leider gestattete uns die kurze Zeit der letzten 
Tage, wo wir die Ausstellung allein besuchen konn- 
ten, nicht, auch noch die Früchte, Gemüse, Instru- 
mente und was sonst als zum Gartenbau gehörig 
ausgestellt war, genau zu besichtigen, um darüber 
berichten zn war Manches darunter, 
was besprochen zu werden verdiente. 

Schliesslich verhehlen wir uns nicht, dass man- 
cher Irrthum in unserer Berichterstattung sich ein- 
gestellt haben kann. Ein grosser Theil des Berichtes 
— und das betrifft besonders die ersten Abschnitte — 
ist uns von sachverständiger Hand zugestellt worden, 
der es vergönnt war, die Ausstellung in den ersten 
Tagen zu sehen. Leider fanden sich später bei vielen 
Einsendungen nur Nummern vor, die aber wiederum 
nicht immer mit denen im gedruckten Verzeichnisse 
übereinstimmten. Wir wollen hiermit keinen Vor- 
wurf machen, da gerade in den letzten Tagen so 
stürmisches Wetter war, dass viele Etiquetten und 
Namen vom Winde weggerissen wurden und von un- 
kundiger Hand bisweilen an unrechter Stelle wieder- 
um angebracht worden waren. 

Nachträglich theilen wir als ergänzend mit, dass 
aus der Louis Mathieu’schen Gärtnerei eine sehr 
reiche Betheiligung stattgefunden hatte. "Wegen 
Mangel an Raum im Ausstellungslokale war es leider 
nicht möglich gewesen, eine grosse Gruppe gemisch- 
ter Pflanzen der Gewächshäuser, wie der Besitzer 
es gewünscht hatte, zu einer einzigen imposanten 
Gruppe zusammenzustellen. Ein grosser Theil von 
ihnen wurde deshalb in dem Turnsaale, ein anderer 
in der oflenen Halle zu besonderen Gruppen ver- 
einigt, während andere der erwähnten Gruppe bunt- 
blättriger Pflanzen des Kalthauses und des Freilan- 
des eingereiht worden waren. Unter diesen befan- 
den sieh besonders schöne Exemplare der Yucca 


können. Üs 


239 


quadrieolor und eine reiche Sammlung buntblättriger 


lunkien. Endlich waren schöne Dasylirien und 
einige Dracänen der Mathieu’schen Gärtnerei als 


Einzelpflanzen zum Theil vor der offenen Halle an- 
gebracht. 


Bericht 


über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
(Fortsetzung.) 


11l. Ochthocharis Borneensis wird jetzt 
von Haage und Schmidt eingeführt und ist uns 
völlig unbekannt. Wir wissen demnach auch nicht, 
wie diese Melastomatee mit kleinen hellfleischfarbenen 
Blüthen sich zu der im vorigen Jahrgange (S. 181) 
besprochenen Ochthocharis javanica verhält und ob 
sie in der That auch verschieden ist. 

112. Oenothera gigantea hat Rözl neuer- 
dings aus Nordamerika eingeführt und soll die be- 
deutende Höhe von 9 und 10 Zoll erhalten. Die 
Farbe der Blumen ist hellgelb. Wahrscheinlich schliesst 
sie sich der O. grandiflora Lam. und den übrigen 
dieser sich anschliessenden und neuerdings einge- 


führten Arten, welche bereits vielfach in Kultur 
sind, an. 
113. Oneidium hyphaematicum Rehb. fil. 


(Reg. Gartenfl. Tab. 676) wurde von Linden aus 
Ecuador eingeführt und steht dem 0. graminifolium 
am Nächsten. Die länglichen und zusammengedrückten 
Seheinzwiebeln tragen an ihrer Spitze ein einziges 
elliptisches Blatt, während der dreimal so langeBlüthen- 
stiel aus der Basis hervorkommt. Ueber die Hälfte 
bildet dieser eine weitläufige Rispe 11, Zoll im 
Durchmesser enthaltender Blüthen. Die 5 länglichen 
und am Rande wellenförmigen Blätter haben fast 
durchaus eine kastanienbraune Farbe, während diese 
nur auf der Unterfläche der Unterlippe vorhanden ist; 
die Oberfläche ist schön gelb gefärbt. 

114. Oneidium ornithocephalum Lindl. 
(Reg. Gartenfl. Tab. 689) erhielt der botanische Garten 
in Petersburg direkt von Sta. Martha (Provinz Ocana 
in Brasilien) und gehört zu den Arten, welche wegen 
der kleinen Blüthen die Beachtung der Liebhaber 
nicht besonders auf sich ziehen werden. Ausserdem 
schliesst sie sich hinsichtlich des äusseren Ansehens 
der vorigen Art an. Auf der Spitze der eirunden 
Scheinzwiebel sitzt ein sehr schmales und in die 
Länge gezogenes Blatt. Der schwache allgemeine 
Blüthenstiel hat seine Aeste in ziemlich grossen Ent- 
fernungen und biegt sich elegant über. Für den 
Botaniker ist diese Art in sofern interessant, als die 


unteren Blütlien der Aeste unfruchtbar und sehr klein 
sind, während die oberen °®/, Zoll im Durchmesser 
enthalten. Die Farbe beider ist gelb, aber unter- 
brochen durch unregelmässige, hellbraune Flecken. 
115. Ophiocaulon cissampeloides Mast. 
kommt in den Gärten als Passiflora marmorea 
vor und gehört zu den besten Schlingpflanzen des 


Warmhauses. Als Vaterland wird das tropische 
Westafrika angegeben. Es ist völlig getrennten Ge- 
schlechtes. Die fast rundlich - nierenförmigen und 


hautartigen Blätter der männlichen Pflanze haben ei- 
nen Durchmesser von 2 und 3 Zoll und stehen auf 
beinahe die Hällte kürzeren Stielen. Die dunkelgrüne 
Farbe wird auf der Oberfläche oft durch weisse, die 
blaugrüne auf der Unterfläche durch schwarze Flecken 
unterbrochen. Aus dem glockenförmigen und tief- 
Stheiligen Kelch ragen die 5 am Rande gewimperten 
Blumenblätter kaum heraus. Die weibliche Pflanze 
ist noch nicht bekannt. 

116. Osbeckia aspera Wright wächst auf Cey- 
lon und hat ihren Namen von‘ den steifen Haaren, 
welche die ganze Pflanze bedecken, erhalten. Sie 
bildet einen hübschen Strauch mit breit-elliptischen, 
önervigen und auf beiden Flächen gleich-grünen Blät- 
tern. Zahlreiche violette Blüthen bilden einen end- 
ständigen Blüthenstand. Die Pflanze gehört zur Fa- 
milie der Melastomateen. 

117. Paneratium ornatum C. Bouche ist eine 


ı Hymenoeallis, welche Roemer in seiner Monogra- 


phie der Amaryllidaceen als H. rotata bezeichnet hat. 
Sie schliesst sich den übrigen bekannteren Arten an 
und besitzt länglich-lanzettliche, fusslange, aber nur 
4 Zoll breite Blätter, mit einem deutlichen, 4 bis 6 
Zoll langen Stiele, der bekanntlich den meisten an- 
deren Arten dieses Geschlechtes fehlt. 6 bis 8 lang- 
gestielte und weisse Blüthen bilden am Ende eines 
zusammengedrückten allgemeinen Stieles eine Dolde 
und verbreiten weithin einen angenehmen Geruch. 
118. Pandanus ceramensis muss cerami- 
cus Rumph heissen. Der Name bezieht sich auf die 
ostindische Insel Ceram, wo Rumph die Art zuerst 
beobachtete. Er gehört zu den zwergigen Arten mit 
dunkelgrünen und elegant übergebogenen Blättern. 
Nur am Rande und auf beiden Nerven der Oberfläche 
befinden sich kleine, aber stechende Dornen, der her- 
vortretende Mittelnerv auf der Unterfläche ist da- 
segen unbewehrt. William Bull erhielt eine Pflanze 
aus Neukaledonien, die aber vielleicht verschieden ist. 
119. Panicum plicatum niveum. Wir ha- 
ben bereits im vorigen Jahrgange der Wochenschrift 
(S. 262) die weissgestreifte Abart des P. plieatum. 
dessen richtiger Name aber P. palmifolium ist, er- 


240 


wähnt, jetzt hat man wiederum eine Abart mit der 
näheren Bezeichnung niveum in den Handel ge- 
bracht, wo fast das ganze Blatt eine weisse Farbe 
besitzt. 

120. Papaver setiferum DC. soll nach Eini- 
gen die Mutterpflanze des Gartenmohnes sein und 
wächst auf den Inseln an der Südküste Frankreichs 
wild, wenn nicht vielmehr verwildert, da ohne Zwei- 
el Östindien das Vaterland ist. Dieser Mohn unter- 
scheidet sich nur durch röthlich- violette Blumen, 


welche an der Basis einen schwarzbraunen Fleck 
besitzen. 
121. Paullinia thalietrifolia Juss. stammt 


aus dem Innern Brasiliens und gehört zu den Sa- 
pindaceen. Die Pflanze hat Neigung zum Klettern 
und kann wegen ihres schönen, vielfach zusammen- 
gesetzten Laubes, was in der Jugend braun heraus- 
kommt, mannigfache Verwendung finden. Die klei- 
nen und hellgefärbten Blüthen haben keine Bedeu- 
tung. Die Pflanze war zwar längst bekannt, aber 
bis jetzt noch nicht in Kultur. Eingeführt wurde sie 
von James Veitch and Sons in London, welche 
sie von dem verstorbenen Bowınan erhielten. 

122. Penstemon vertieillatus Mart. et Gal. 
schliesst sich dem bekannten P. eordatus und ova- 
tus an und gehört zu den zu empfehlenden Stauden. 
Während der Stengel behaart ist, sind die umfassen- 
den, eirund-lanzettförmigen Blätter unbehaart. Die 
etwas glockenförmige Blumenkrone hat eine violette 


Farbe. Da nicht Nordamerika, sondern Mexiko das 
Vaterland ist, so möchte kaum anzunehmen sein, 
dass die Staude bei uns im Freien aushält. 

123. Philodendron Roezlii ist eine von 


Rözl in Neugranada entdeckte Art dieses grossen 
Aroideen-Geschlechtes und gehört zu denen, welche 
allerhand Gegenstände rasch überziehen. Die herz- 
förmigen, gegen 4 und 5 Zoll im Durchmesser ent- 
haltenden Blätter haben eine freudig-grüne Farbe und 
zeichnen sich noch besonders dadurch aus, dass an 
der Insertion des Blattstieles ein Büschel grüner 
haarähnlicher Organe sich befindet. 

124. Phormium nigro-punctatum ist eine 
zwergige Form neuseeländischen Flachses mit 
kaum 2 Fuss langen, aber elegant ausgebreiteten 
Blättern. Sie unterscheidet sich ausserdem noch 
dadurch, dass die Kanten der °/, Zoll breiten Blätter 
dunkelbraunroth gefärbt sind, nicht aber punktirt, 
wie man aus dem Namen vermuthen sollte. 

125. Pithecolobium pruinosum Benth. ist 
neuholländische Mimosacee, welche sich 


des 


eine an 


L) 


Schönheit den bekannteren Inga’s und Calliandren 
anschliesst. Sie gehört zu den Arten, wo die Blät- 
ter in Gestalt und Grösse von einander sehr ab- 
weichen. In der Regel sind sie doppelt gefiedert 
und die Fiedern bestehen aus 3 und 4 Paar Fieder- 
blättchen von am Häufigsten 2 bis 3 Zoll Länge. 
Die lang-herausragenden Staubgelässe haben eine 
weisse Farbe und geben den in Köpfen beisammen- 
stehenden Blüthen die Gestalt eines Reiherbusches. 

126. Platanthera radiata wurde von Wil- 
liam Bull aus Japau eingeführt, wird aber weder in 
Siebold’s Verzeichnisse, noch in der Prolusio der 
japanischen Flora von Miquel aufgeführt. Sollte 
sie in der That eine selbständige neue Art oder 
nicht vielmehr Platantlıera japonica Lindl. (die alte 
längst beschriebene, aber bis jetzt noch nicht in den 
Gärten kultivirte Orchis japonica, jetzt Habenaria ja- 
ponica A. Gr.) sein? Sie wird ungefähr 8 bis 10 
Zoll hoch und gehört gleich den übrigen Arten zu 
den Erdorchideen. An jedem Stengel sollen 2 ziem- 
lich grosse Blüthen von weisser Farbe sich befinden. 
Nach William Bull muss man die Knollen in 
Töpfe mit guter Drainage bringen. Man legt sie auf 
eine Schicht von 2 bis 3 Zoll Erde und bedeckt sie 
einfach mit Sumpfmoos (Sphagnum). _ Geschieht die- 


ses im ersten Frühjahre, so hat man die Blüthen 
im Mai. 
127. Von Rhododendron Brookeanum 


Low (vergl. 19. Jahrg. 239) haben James Veitch 
and Sons jetzt eine Abart, wo schon 'sehr junge 
Pflanzen blühen, mit der näheren Bezeichnung gra- 
cile in den Handel gebracht. Die hellgelben Blü- 
then sollen auch grösser sein und zu 10 bis 12 einen 
Kopf bilden. Vaterland der Pilanze ist Borneo, wo 
sie die dortigen Hochgebirge bewohnt. Dass sie 
sehr frühzeitig im Jahre blüht, giebt ihr ebenfalls 
einen Vorzug. 

128. Rhododendron Edgeworthii Hook. 
fil. ist eine der wenigen Sikkim-Alpenrosen, welche 
eine weitere Verbreitung gefunden haben. Seit eini- 
gen Jahren hat man eine Reihe von Formen, welche 
die Hauptart an Schönheit oder Blüthenfülle über- 
treifen, herangezogen und in den Handel gebracht. 
Ein besonderes Verdienst um ihre Anzucht hat sich 
©. Schulz in Hanau erworben. Sein neuestes, uns 
vorliegendes Verzeichniss führt 7 verschiedene For- 
men auf, von denen Frauenlob, wo die weisse Blume 
mit starken, rothen Streifen versehen ist, besonders 
empfohlen werden kann. 

(Fortsetzung folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch. 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den Er August. 


No. 31. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


? Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Fortsetzung). 


Mittheilungen Dabei bildet sich an dem oberen Rande der Ringel- 
t ' n : wunde eine dieke Wulst von Vernarbungsgeweben, 
der pomologischen Versuchsstation zu Proskau. 


| die der untere Rand nur in ganz geringem Maasse 


l. Schälwunden und Ringelschnitt. zeigt, falls die Sehnittwunde nicht dieht über einem 
Von Paul Sorauer in Proskau. | belaubten Aste ausgeführt worden ist. Ebenso bil- 


Die Praxis sieht sich häufig veranlasst, bei der ' den sich, wie Hanstein vor einigen Jahren zezeigt, 
ÖObstkultur den Ringelschnitt anzuwenden. Derselbe | nur oberhalb der Ringelstelle neue Wurzeln bei den- 
wird entweder dadurch ausgeführt, dass das Messer | jenigen Pflanzen, denen selbstständige zerstreute Ge- 
um die ganze Peripherie eines Zweiges einen ein- | fässbündel an der Markkrone fehlen. 


fachen Einschnitt bis auf den Holzkörper macht, oder | Ferner beginnt die Belaubung des geringelten 
aber dadurch erzeugt, dass 2 parallele Schnitte in | Zweiges früher; die Knospen desselben bilden sich 
verschiedener Entfernung von einander am ganzen | leichter zu Blüthenknospen aus und die aus ihnen 
Zweig- oder Stamm-Umfang gemacht und das zwi- | sich entwickelnden Früchte werden bei stark treiben- 
schen demselben liegende Rindenstück entfernt wird. | dden Bäumen nieht so leicht abgeworfen, als an den 
. Wird die Rinde in einer grösseren Ausdehnung | nieht gerinzelten Zweigen. Diese Früchte entwiekeln 
(also z. B. auf !/, bis 2 Fuss) entfernt, so bezeich- | sich früher und vollkommener, was unlängst von 
nen wir die Wunde nicht mehr als Ringel-, sondern | der oenologischen Versuchsstation bei dem Wein- 
als Schälwunde. | stoeke gezeigt worden ist. 

Der Einfluss, den die Entnahme einer Rinden- | Dieser letztgenannten Vortheile wegen wird das 
partie am ganzen Stammumfang auf das Leben des | Ringeln vielfach angewendet; es ist im nassen kalten 
Baumes ausübt, ist im Wesentlichen derselbe, gleich- | Sommer häufig geboten, um überhaupt einen Theil 
viel, ob das Rindenstück gross oder klein ist. Seit | der Früchte zur Reife zu bringen. Die durch das 
Duhamel und Knight sind dergleichen Ringelungs- 
und Schälversuche vielfach wiederholt und in der | bedeutend. Man opfert nämlich in der Regel den 
Praxis eingebürgert worden. Man findet, dass bei | geringelten Zweig, der oberhalb der Wunde sich be- 
der Mehrzahl der geringelten Pflanzen ein bedeuten- | findet. Derselbe vertrocknet entweder noch in dem- 
des Dickenwachsthum derjenigen Stammtheile ein- | selben oder in den folgenden Jahren, und man ist 
tritt, welche oberhalb der Ringelstelle sieh befinden, | daher mit dem Ringeln auf solche Zweige beschränkt, 
dass dagegen unterhalb derselben die Diekenzunahme | deren Entfernung für den Gesammthabitus des Bau- 
des Stammes eine bedeutend geringere, ja beim Man- | mes nicht störend ist. Dass ein geringelter Zweig 
gel belaubter Zweige eine kaum nachweisbare ist. | an Wassermangel zu Grunde geht, dürfte aus den 


Ringeln hervorgerufenen Nachtheile sind aber sehr 
o x 


31 


noch nicht veröffentlichten Analysen zu schliessen 
sein, welche Dr. Marx bei den von mir an der Ver- 
suchsstation Dahme vor zwei Jahren angestellten 
Ringelungsversuchen an Crataegus und Pirus Malus 
ausgeführt hat. Marx fand die Blätter oberhalb der 
Ringelwunde stets wasserärmer und auch ärmer an 
der Mehrzahl von mineralischen Bestandtheilen, als 
diejenigen, welche an denselben Zweigen sich unter- 
halb der Ringelstelle befanden. Mit diesem Wasser- 
mangel in Zusammenhang zu bringen ist das kurz 
nach dem Ringeln sich ändernde Aussehen der Blät- 
ter oberhalb der Wunde. 

Statt der dunkelgrünen Färbung werden die Blät- 
ter gelblicher; im Sonnenlicht heben sich die Blatt- 
ränder bedeutend nach oben, so dass das Blatt halh 
gerollt erscheint. Bei manchen Pflanzen, z. B. bei 
Aepfeln, entwickelt sich rother Zellsaft von der Mittel- 
tippe aus, so dass manche Varietäten entfernt an die 
Blattfärbung der Blutbuchen erinnern; hier und da 
begegnet man an Kirschen und Pflaumen einzelnen 
Blättern eigenthümlich 
auch bei solchen Exemplaren 


von blaugrünem Aussehen, 


was vorkommt, bei 
denen der Verband von der Veredlung 
Die Ussache ist hier ein theilweises 
Abheben der Epidermis von dem darunter liegenden 
Parenchym. Die Blätter oberhalb der Ringelstelle 
treten früher in die Herbstlärbung ein und das Holz 
ist häufig. speeilisch schwerer, als unterhalb der Rin- 
gelstelle. Diese Erscheinungen wiederholen 
alljährlich, so lange der Zweig lebt. 


nicht gelöst 
worden ist. 


sich 


Gesen die allgemeine Erfahrung, dass die ge- 
ringelten Zweige und geschälten Stämme nach kür- 
zerer oder längerer Zeit absterben, sprechen aber 
einzelne in der Literatur zerstreute Notizen, welche 
Wiedererzeugung seschälten 
Arbeiten von Trevi- 
ranus und Meyen ersieht man, dass schon im Jahre 
IT 2 ENonE 


Rindenbildung 


eine von Rinde an 


Stämmen behaupten. Aus den 
Bäume init 
worden sind. 
von Duhamel und Knight setzten solehe Neubildung 
ausser Bei der Manipulation sollen nach 


den geniunnten Autoren verschiedene Vorsichtsmaass- 


Frisch geschälte neuer 


beobachtet Versuche 
Zweifel. 
regeln angewendet werden. So versichert z. B. Frisch, 
dass das Experiment immer gelinge, wenn man die 
Zeit 
blösste Oberfläche, auf welcher man den ausschwitzen- 


der Sonnenwende dazu benutze und die ent- 
den Saft mit einer Feder gleichmässig ausbreiten soll, 
durch Leinewand und Kohrdecken gegen Sonne und 
Wind schütze (Misc. Berol. Cont. Il. 26) nach Tre- 
viranus (Phys. d. Gew. 1838, Bd. II, Abth. I, S. 222). 
Duhamel umwand 


Stroh. 


ebenfalls die geschälten Stämme 


mit Knight beobachtete einmal die Repro- 


42 


duktion von Rinde an einer Bergulme (Ulmus montana), 
deren Stamm nicht umhüllt wurde; derselbe hält 
aber schattigen Stand für erforderlich zur Neubildung. 
Meyen (Neues Syst. d. Pfl.-Phys. 1837, S. 394) eitirt 
die Beobachtungen von Werneck, wonach die Wieder- 
erzeugung von Rinde nur dann gelingt, wenn das 
Abschälen um Johanni geschieht, wo die Stämme 
noch jung sind und die verwundete Stelle 
sorgfältig durch einen hohl und nicht zu dieht an- 
liegenden Verband Austrocknung geschützt 
wird.“ Die Versuche Hartig und 
Hanstein behandeln, so weit ich weiss, den Punkt 
der Neubildung von 


„sehr 


gegen 
neueren von 
unde nicht; dagegen gebühıt 
dem Direktor des hiesigen pomologischen Institutes, 
Stoll, das Verdienst, seit einer Reihe von Jahren 
Schälversuche mit positivem Erfolge an den ver- 
schiedensten Bäumen wieder aufgenommen zu haben. 
Direktor Stoll schälte junge und alte Bäume in der 
Saftfülle im Frühjahr und hat jetzt noch Exemplare 
aufzuweisen, bei denen dfe neugebildete Rinde von 
der älteren ihrer Ausdehnung, ihrer 
äusseren Beschaffenheit nach zu unterscheiden ist. 
Die Hauptfrage für den Unterzeichneten lag nun 
darin, ins Klare zu kommen, ob die Neubildung durch 
eine modifizirte Ueberwallung von den Wundrändern 
aus erfolgt, ob die Beleuchtung hindernd dem Vor- 
sange in den Weg tritt, ob die verminderte Ver- 
dunstung des blosgelegten Holzkörpers die Neubildung 
beschleunigt und ob der Zustand der Saftfülle bei 
dem Schälen erforderlich ist. Zur Beantwortung die- 
ser Fragen wurden im Frühjahr zu verschiedenen 
Tageszeiten mehre Wochen hindurch in Zwischen- 
räumen von 3—6 Tagen junge Kirschstämme durch- 
sehnittlieh von Daumenstärke geschält.*) Es wurden 
nur solehe Bäume verwendet, deren Cambium in 
energischer Neubildung begriffen, die sich also in 
dem Zustande befanden, in welchem sich die Rinde 


weder noch 


Bei einem Theil der Stämme wurde 
sorgfältig das Berühren der Schälstelle mit der Hand 


leicht „löste.“ 


oder dem Instrumente vermieden, bei einem andern 
Theile wurde die blosgelegte Oberfläche mit einem 
Tuche abgerieben. Von beiden Theilen wurden einige 
Exemplare mit ihren geschälten Stellen in beiderseits 
verkittete Glaseylinder eingeschlossen, dieser 
Gylinder wurde durch diek umwickeltes dunkles Papier 
Von den unverhüllt gebliebenen Schäl- 


einer 


beschattet. 
stellen wurden eine Anzahl von dem Zusammenhange 
mit dem Wundrande (wo also die Rinde oben und 
unten wieder begann) noch dadurch isolirt, dass das 
jüngste Holz mit dem Messer bis auf das alte vor- 


*) Das Schälen führte Gartengehülfe Kittel, Zögling des 
pomologischen Institutes, aus. 


245 


jährige und letzteres selbst noch um ein Weniges ! Stamme gespeicherten Reservenahrung neue Rinde, 


fortgeschnitten wurde. 

Die Erfolge sind jetzt (am 1. Juli) folgende: 
Von den ohne weitere Berührung der Schälwunde 
verletzten Bäumen haben einige bereits eine grünlich- 
selbe neue Rinde von nahezu ein Millimeter Dicke 
gebildet. Von den ebenso vorsichtig geschälten, 
aber an den beiden Enden der Schälwunde bis auf 
das alte Holz abgekratzten Exemplaren sind 2 Bäume 
mit etwas minder dieker und an einzelnen Stellen 
nicht ganz geschlossener neuer Rinde bekleidet und 
7 andere mit einer gleichmässig braun - gelblichen, 
erst Y, Millimeter dieken Schicht überzogen. Die 
abgekratzten Stellen sind ohne jegliche Neubildung 
und äusserlich abgetrocknet. Ebenso verhalten sich 
die Bäume dieser Versuchsreihe, deren Schälstellen 
mit Cylinder umschlossen waren. Keiner von den 
Bäumen, deren Schälstelle mit einem Tuche abge- 
rieben oder mit der Hand abgewischt worden, hat 
eine Spur neuer Rinde erzeugt; auch solche abge- 
riebene Exemplare, deren Schälstelle von einem Glas- 
eylinder umschlossen, gleichviel ob beschattet oder 
nicht, sind ohne jegliche Neubildung von Rinde ge- 
blieben. Einzelne Exemplare sind in allen Versuchs- 
reihen unbekleidet zu finden. Die Ursache davon 
suche ich in einer individuellen geringeren Kräftig- 
keit solcher Bäume, deren Cambium zur Zeit des 
Schälens in dem Zustande kräftiger Zellvermehrung 
sich nicht mehr befand. 

Für die erste der aufgestellten Fragen, ob die 
innerhalb 5 Wochen erfolgte Neubildung von Rinde 
als Ueberwallung von den Wundrändern aus ange- 
sehen werden darf, liefern diejenigen Versuchsbäume 
eine sichere Antwort, deren Schälstelle an den Wund- 
rändern bis auf das alte Holz abgekratzt worden. 
Hier liegt die neugebildete Rinde vollständig von der 
alten durch 4 Centimeter lange trockene Stellen 
isolirtt. Die neue Rinde kann sich hier 
Kosten der in dem Holzeylinder befindlichen Reserve- 
nahrung gebildet haben. Solche ist in Form von 
kleinkörniger Stärke in den Markstrahlzellen nach- 
weisbar. 

Ich glaube somit Folgendes aus den Versuchen 
schliessen zu dürfen: Nicht in allen Fällen zieht 
Ringeln und Schälen der Stämme den Tod des 
Zweiges oder Baumes nach sich. Wird. die Mani- 
pulation zu der Zeit vorgenommen, in der die Rinde 
des Baumes sich mit Leichtigkeit löst und wird da- 
bei die Vorsicht beobachtet, dass die Ringelstelle 
‘oder Schälwunde möglichst wenig berührt wird, so 
bildet sich aus einer auf dem Holzeylinder stehen 
gebliebenen eambialen Zellschicht auf Kosten der im 


nur auf 


deren erste Anfänge sich binnen 3 Tagen zeigen. *) 

Ein Schutz der geringelten Stelle ist in keiner 
Weise nöthig, da sich sowohl bei den amı Morgen, 
sowie Mittags und Abends geschälten Bäumen neue 
Rindenbildung zeigt. Die Neubildung erfolgt sowohl 
bei heiterem Wetter, als auch bei bedecktem Himmel. 
Zu bemerken ist jedoch, dass Direktor Stoll nach 
seinen vieljährigen Erlahrungen die heisse Mittags- 
zeit als die passendste für Ausführung der Manipu- 
lation ansieht. 

Für die Praxis haben diese Versuche, wie ich 
slaube, Anspruch auf Berücksichtigung und mannig- 
fache Wiederholung. Bei älteren Obstbäumen, die 
fortwährend Holz bilden, ohne Fruchtansatz zu zeigen, 
wird sich ein Schälen des Stammes gewiss empfeh- 
len; ebenso wird der Ringelschnitt seinen Nachtheil 
verlieren und ausgedehnterer Anwendung entgegen- 
gehen. 
deren Rinde eine technische Bedeutung hat, wie bei 
der Eiche, den Chinarindenbäumen, Erlen, Kastanien, 
Eschen, Faulbaum, Granate, Seidelbast, Quassia ete. 


Vorzugsweise wird aber bei allen Bäumen, 
o 


das Augenmerk darauf zu richten sein, einen Schäl- 
betrieb einzurichten, wie er für die Korkeiche existirt. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
VI. 

Alle botanischen und gärtnerischen, aber auch 
viele, und zwar gerade die am meisten verbreiteten 
politischen Zeitschriften in England, wie die Times, 
Daily news, Morning-Post u. s. w. nehmen an einem 
Streite und Zerwürfnisse zwischen Dr. Hooker, dem 
Direktor des botanischen Gartens in Kew, und A yr- 
ton, dem Chef seiner vorgesetzten Behörde, thätigen 
Antheil. Von Seiten der englischen Botaniker und 
Gärtner, besonders der Mitglieder der Linn&@’schen 
und der Gartenbau- Gesellschaft in London, haben 
ferner Zusammenkünfte stattgefunden, um in Adressen 
an Minister Gladstone gegen unberechtigte Eingriffe 
Ayrton’s in die inneren Angelegenheiten des botani- 
schen Gartens zu Kew zu protestiren, in anderen 
Adressen aber dem Dr. Hooker ihr Bedauern aus- 
zusprechen und ihn in seinem Widerstande gegen 
ungerechtes Verfahren des Chefs der ihm vorgesetz- 
ten Behörde zu ermuntern. 

Es ist sehr zu bedauern, wenn der Chef eines 
wissenschaftlichen Institutes mit der ihm vorgesetzten 
Behörde in Konflikt kommt, da das Institut selbst 


*) Eine anatomische Bearbeitung des Gegenstandes wird 
später folgen. 


31* 


am Meisten darunter leidet. Niemand wird wohl ver- 


kennen, dass einer Behörde das volle Recht zuste- 
hen muss, die ihr untergebenen Institute zu bewachen 
und, wenn nicht Alles in Ordnung ist, auch mit gan- 
zer Strenge zu verfahren. Es ist selbst im Interesse 
soleher Institute zu wünschen, dass dergleichen Be- 
aulsichtigungen ernster, als es gewöhnlich leider der 
Fall ist, stattfinden. Die grossen Summen, welche 
vom Staate ausgesetzt werden, sind nur dann ge- 
rechtfertigte, wenn ein solches Institut nach allen 
Seiten hin seine Aufgaben erfüllt. 

Wir kennen die Ursache des Zerwürlnisses zwi- 
schen Dr. Hooker und Ayrton 
um hierüber 


zu haben, 


nicht so genau, 
ein selbständiges und richtiges Urtheil 
unserer Ansicht nach muss aber jedem 
Unpartheiischen der Zustand des Institutes selbst 
Zeugniss ablegen, in wie weit die Eingriffe in die 
Verwaltung Seiten Behörde 


Das Publikun: selbst hat um 


von der gereehtfertigt 
so mehr Recht, 


sein Urtheil über ein Institut auszusprechen. wenn 


sind. 
dieses, wie der botanische Garten in Kew, ein Ööl- 
lentliches ist. 

Der botanische Garten in Kew wurde bereits im 
vorigen der Wochenschrift (S. 280) in 
einer ausführlichen Abhandlung besprochen; wir kön- 
daher 


Jahrgange 


Lesern 
bekannt ist. 
Seit der kurzen Zeit seines 30jährigen Bestehens hat 


auch den 


noch 


nen voraussetzen, dass er 


der Wochenschrilt einigermassen 


der genannte Garten eine Höhe erreicht, wie kein 
zweites Institut Art rühmen 
kann. Die Ursachen dieses raschen Emporblühens 
liegen hauptsächlich darin, dass der botanische Gar- 
ten zu Kew das seltene Glück gehabt hat, 2 Direk- 
toren nach einander an der Spitze zu haben, die 
mit voller Hingebung die schwierige Aufgabe erfass- 


der anderwärts sich 


ten, mit seliener Sachkenntniss dem Garten vorstan- 
den und keine Mühe, ja selbst kein Opfer scheuten, 
um diesen zum ersten Institute der Welt zu machen. 
Der botanische Garten in Kew ist kein Institut, was 
nur der Wissenschaft allen zu Gute kommen soll, 
sondern Jedermann soll darin Gelegenheit haben, an 
den Segnungen der Wissenschaft Theil zu nehmen 
und sich Kenntnisse in der botanischen und gärtne- 
nischen Wissenschaft zu verschaffen. 

Abhandlung ist 
des Pflanzen 
kums der Garten besucht wird, 


In dieser unserer mitgetheilt, 


wie sehr von Seiten liehenden Publi- 
aber 
auch Männer der Wissepschaft aus allen eivilisirten 
allen Seiten hin benutzen. 
Bei dem Publikum, wie bei den Gelehrten herrscht 


daher nur die eine Stimme, dass der botanische Gar- 


wie viel ihn 


Ländern und zwar nach 


ten in Kew den an ihn gemachten Ansprüchen na-h- 


kommt und dass dem jetzigen Direktor, ebenso wie 
seinem Vorgänger, dieser gute Zustand, in dem sich 
der Garten belindet, hauptsächlich zu verdanken ist. 

Wie kommt es nun, wo alle Welt seine volle 
Zulriedenheit mit der Leitung des botanischen Gar- 
tens in Kew ausspricht, der Chel der vorgesetzten 
Behörde plötzlich, wie die Times mittheilt, dem Di- 
rektor einen Verweis (reprimand) ertheilt und ihn 
später mehrer Verpflichtungen enthebt? Näheres 
darüber ist offiziell wenigstens noch nicht bekannt 
geworden, es sind bis jetzt nur einzelne Massnahmen 
des Chefs der vorgesetzten Behörde gelegentlich zur 
öffentliehen Kenntniss Es wird unter 
Anderem durch die öffentlichen Zeitschriften mitge- 
theilt, dass Dr. Hooker die Nachricht, nach der er 
sich nieht mehr um einen der wichtigsten Gegenstände 
eines botanischen Gartens, um den Erwärmungs-Ap- 
parat, nicht unmittelbar dureh 
sondein dureh seiner Beamten 
Als er bei dex Behörde selbst sich dar- 
über beschwerte, da wurde er erst offiziell von der 
Beaulsichtigung der Erwärmungs-Apparate enthoben. 
Zur besseren Beurtheilung dieses Beschlusses der 
vorgesetzten Behörde muss man wissen, dass die 
Ausführung dieser Apparate dem jetzigen Direktor 


sekommen. 


zu kümmern habe, 
seinen Chef, 
erhalten. 


einen 


lrüher speziell übertragen worden war. 

Als einen zweiten Eingriff in die Pflichten des 
Direktors von Seiten der Behörde war, dass lür das 
botanische Museum,’ dessen Errichtung recht eigent- 
lich das Weık Dr. Hookers ist, eine Umgestaltung 
beschlossen und Pläne und Anordnungen gemacht 
wurden, ohne dem Dr. Hooker auch nur davon 
Kenntniss zu Wiederum erfuhr dieser es 
erst durch einen seiner Beamten. 

Dr. Hooker ist bereits, wie berichtet wird, da 
ihm von seiner eigentlichen Behörde kein Aufschluss 
über die Gründe dieser neuen, ihn kompromittiren- 
den Massnahmen gegeben wurde, über diese hinaus 


geben. 


an den Minister Gladstone mit einer Beschwerde 
gegangen. Die Angelegenheit ist von diesem für 
wichtig genug gehalten worden, einen Minister- 


zu vernehmen. In diesem soll be- 
dass Dr. Hooker, wie früher, Di- 


Conseil darüber 
schlossen sein, 


rektor mit denselben Rechten. und Pflichten, aber 
unter der Controle der Aufsichtsbehörde bleiben 
solle. Ueber die Regelung des Zerwürlnisses ist 


nichts gesagt. Dass Dr. Hooker sich Mit diesem 
Ausspruche nicht beruhigt hat, ist wohl natürlich. 
Wollen wır wünschen, dass die Missverständnisse, 
welche vielleicht nur vorliegen, im Interesse des bo- 
tanischen Gartens in Kew recht bald gelöst werden! 


In dem eben ausgegebenen Helte (S. 200) 


ch 


der illustrirten Monatsschrik für Obst- und Weinbau 
ist ein interessanter Aufsatz des Rektors Franz in 
Oranienburg bei Berlin über Wurzel-Veredlung ent- 
halten. Veranlassung dazu gab der Aufsatz eines 
englischen Gärtneis John Seott in Gardener’s Chro- 
niele (Jahrgang 1869. pag. 79) über denselben Ge- 
gsenstand. Scott behauptet in diesem seinem Auf- 
satze, dass, wenn ein Apfel auf einen Paradiesstamm 
oder eine Birn auf Quitte veredelt würde, der künf- 
tige Stamm oberhalb der Veredelungsstelle bei ihm 
nie Wurzel geschlagen habe, selbst in dem Falle 
nicht, wo er mehre Zoll hoch mit Erde angehäufelt 
hatte. Er will zwar die Möglichkeit, dass doch Wur- 
zeln sich bilden könnten, nicht in Abrede stellen, 
seine vielen Erfahrungen sprächen aber dagegen. 
Scherzhaft fügt Scott noch hinzu, dass er an die 
Gärtner - Versorgungs - Anstalt in London für jedes 
Beispiel, wo dergleichen Stämme Wurzeln geschla- 
gen hätten, ein Pfund Sterling zahlen wolle. 

Wenn Rektor Franz diese Angabe eines tüch- 
tigen Gärtneis in England im Allgemeinen nicht be- 
sreifen kann, da es in Deutschland eine bekannte 
Sache sei, dass veredelte Aepfel- und Birnstämme 
oberhalb der Veredelungsstelle, besonders wenn man 
Erde anhäufle, sehr leicht Wurzeln bilden, so hat er 
gewiss Recht. Wir können es ebenfalls aus der Er- 
fahrung bestätigen. Das Wurzelschlagen oberhalb der 
Veredelungsstelle wird noch begünstigt, wenn man 
unter der Stelle, wo man Wurzeln haben will, ringelt. 
Während der mit einem Kongresse verbundenen inter- 
nationalen Pflanzen-Ausstellung zu Amsterdam wäh- 
rend des Jahres 1865 hielt der früher oft erwähnte 
Gärtner van Beucker aus Antwerpen einen Voıtrag 
über das Ringeln behufs neuer Wurzelbildung. Er 
empfahl bei Birnen in gewissen Fällen das Ringeln 
oberhalb der eigentlichen Wurzel, um dafür andere, 
und zwar oberflächliche Adventiv- Wurzeln zu er- 
halten. Er übergab uns, dem damals die Ehre des 
Vorsitzes während der Versammlung übertragen wor- 
den war, ein darauf bezüglicbes Exemplar eines 
Birnstämmehens, wo in der That die schönste Wurzel- 
bildung in einem gleichmässigen Kranze 
des Ringelns unterhalb der Stelle geschehen war. 
Van Beucker empfiehlt diese oberflächliche Be- 
wurzelung unserer Obstgehölze für Boden mit schlech- 
tem Untergrunde, damit aus der Oberschicht die 
nöthige Nahrung genommen werden kann. Wie olt 
Aepfel- und Birnbäume, die bisher gediehen und 
Früchte trugen, plötzlich erkranken und schliesslich 
absterben, wenn ihre Wurzeln allmählig tiefer gehen 
und schliesslich in einen schlechten Untergrund kom- 
nien, ist eine bekannte Thatsache. 


in Folge 


Freilich kann ein 


solches Verfahren, wo die Gehölze in dem Boden 
einen schwachen Haltpunkt haben, nur bei Formen- 


bäumcehen, die nicht gross werden und. bei denen 
der Wind wenig oder gar keinen Einfluss hat, in 


Anwendung kommen. 

Wenn nun hier die Wurzelbildung im Allgemeinen 
sar keinem Zweifel verhält es sich 
vielleicht doch anders. nicht Wildlinge zur 
Unterlage dienen, sondern Paradiesapfel und Quitte. 
Beiderlei Gehölze bilden im 
Bäume, 


unterliegt, so 
wenn 


wilden Zustande keine 
sondern nur Sträucher, welche fortwährend 
Ausläufer machen. Dergleichen Ausläufer zieht man 
bekanntlich in der Regel als Stämmehen heran und 
gebraucht sie dann als Wildlinge für die geeigneten 
Aepfel- und Birnsorten. Dergleichen Ausläufer bil- 
den aber an ihrem unteren Ende sehr leicht Wurzeln, 
was bei den 


sewöhnlichen aus Samen gezogenen 
Stämmen nicht der Fall ist. Sollte \emnach hier 


nicht die grössere Neigung des Wildlings zur Wurzel- 
bildung die Wurzelbildung des Edelstammes, wenn 
auch nicht unmöglich, so doch schwierig machen ? 
Nur Versuche könnten Aufschluss geben. Erleichteıit 
würde wahrscheinlich die Wurzelbildung in diesem 
Falle ebenfalls, wenn unterhalb der Stelle, wo man 
sie haben will, geringelt würde. 

Es möge uns erlaubt sein, noch aus einer zwei- 
ten Abhandlung in der illustrirten Monatsschrift für 
Obst- und Weinbau Mittheilung zu machen, um mög- 
lichen Missverständnissen vorzubeugen. Der Gärtner 
Ernst Lieb in der Ukraine empfiehlt zur Unterlage 
für Aepfel den sogenannten Kirsch-Apfel (Pirus Malus 
baccata). Wir stimmen keineswegs dieser Empfeh- 
lung bei, glauben sogar, dass eine Unterlage der P. 
baccata kaum zu 
tauglich ist. 


Schnurbäumehen oder Kordons 
Die ächte P. baccata ist nur ein Strauch 
und lässt sich zum Bäumechen schwierig heranziehen. 
Wahrscheinlich versteht der Verfasser besagter Ah- 
handlung aber gar nicht P. 


baceata, sondern P. 


prunifolia unter seinem Kirschapfel. Diese Verwechs- 
lung ist in Russland, aber auch in Frankreich ziem- 
lich allgemein und darin ihren Grund haben, 
dass Philipp Miller, der zuerst die P. prunifolia 
kennen unzweifelhaft als P. cerasifera, 
(also als Kirschen tragenden Apfelbaum) beschrieb und 
man später diesen Namen auf P. baceata übertrug. 
Dass wirklich hier die Verwechslung stattgefunden 
hat, geht auch daraus hervor, dass Ernst Lieb in 
besagter Abhandlung ferner mittheilt, dass in Russ- 
land die Früchte seiner P. baceata allgemein ein- 
gemacht werden. Es 


mag 


lernte, sie 


dieses aber nicht, wie 
wir uns während unseres mehrmaligen Aufenthaltes 


in Russland und Polen 


sind 


olt überzeugt haben, die 


246 


Früchte von P. baccata, sondern von P. prunifolia. 
Die Früchte der ersteren haben nur die Grösse einer 
Markerbse und zeichnen sich noch dadurch aus, dass 
der Kelch. abfällt, während er bei P. prunifolia da- 
segen auf der Frucht bleibt. 

Beide Apfelgehölze befinden sich übrigens schon 
seit sehr langer Zeit in Kultur und wurden neben 
einander kultivirt. Es entstanden dadurch eine Reihe 
von Blendlingen und Formen, die die Unterscheidung 
beider Arten oft sehr schwierig machen und auch 
einigen Botanikern Veranlassung zur Aufstellung be- 
sonderer Arten gaben. Dergleichen Blendlinge sind 
P. sphaerocarpa Wender und cerasifera Tausch (nee 
Mill.), welche zum Theil ebenso als Unterlage benutzt 
werden können, wie die ächte P. prunifolia. 

In unserer Dendrologie haben wir ausführlich 
über P. baccata und prunifolia und deren Blendlinge 
und Formen gesprochen. Wer sich dafür interessirt, 
den verweisen wir dahin (1. Band, S. 207 u. 210). 
Aber auch über die Mutterpflanzen unserer verschie- 
denen Aepfel, und besonders über den strauchartigen 
Päradies- oder Splitt-Apfel (P. pumila), findet man 
daselbst Aufschluss (S. 203). 

Professor Dr. Münter theilt uns vor bereits 
6 Wochen eine interessante Nachricht über Euca- 
Iyptus Globulus mit, die wohl im Stande sein 
möchte, auf diese als Blattpilanze im Freien leider 
jetzt wiederum vernachlässigte Art aus einem neu- 
holländischen Geschlechte der Myrtaceen von Neuem 
unsere Aufmerksamkeit zu lenken. Wenn in 
der Abhandlung über die Eukalypten Neuhollands, 
welche in der 21. und 22. Nummer der Wochen- 
schrift (S. 161) abgedruckt ist, nicht schon das, was 
uns jetzt unser verehrter Freund mittheilt, erwähnt 
haben, so gestehen wir ganz offen, dass uns eine 
medizinische Anwendung der Blätter bei uns gegen 
kaltes Fieber trotz des Umganges mit Aerzten und 
Apotheken, von denen wir sonst über aus dem 
Pflanzenreiche neu eingeführte Pflanzen regelmässig 
in Kenntniss gesetzt werden, nicht bekannt war, wohl 
aber wussten wir, dass man in Neuholland Blätter 
und Rinden, aber auch den daraus gewonnenen ad- 
stringirenden Stoff (das sogenannte neuholländische 
Kino) mannigfach als tonisches Mittel gegen aller- 
hand Krankheiten, auch gegen kalte oder intermit- 
tirende Fieber, verwendet. 

Nach unserem verehrten 
Münter hat Dr. F. Lorinser, Primär-Arzt eines 
Wiener Krankenhauses, die von den Blättern der 
Eucalyptus Globulus gewonnene Tinktur zuerst, und 
zwar mit grossem Erfolge, gegen kaltes Fieber in 
Er ist deshalb der Meinung, 


wir 


Freunde Professor 


Anwendung gebracht. 


dass sie unser theures Chinin vollständig vertreten 
könne. Die Blätter, welche zur Tinktur benutzt 
wurden, hatte man Exemplaren entnommen, welche 
von dem Apotheker Dr. Joh. Lomatsch in Wien 
kultivirt worden waren. 

Diese Angaben des Dr. Lorinser sind kurz 
darauf durch den Professor Dr. Mosler in Greifs- 
wald, dem wiederum Professor Dr. Münter das nö- 
thige Material aus dem dortigen botanischen Garten 
zur Verfügung gestellt hatte, bestätigt worden. Hun- 
derte von Fieberkranken sind dureh die Tinktur der 
Blätter der Eucalyptus Globulus wiederum hergestellt 
worden, Nach Professor Münter hat man in der 
besagten Tinktur einen vollständigen Ersatz des Chi- 
nins erhalten. 

Da wir einmal über Eucalyptus Globulus sprechen, 
so wollen wir gleich noch Einiges über die mit ihr 
gemachten Kultur - Versuche in wärmeren Ländern 
mittheilen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieser 
neuholländische Baum in Nordafrika und im südlichen 
Italien, sowie auf Sizilien, vielleicht auch in einigen 
Gegenden Süd-Frankreichs, gedeiht. In der Nähe 
von Algier ist Eucalyptus Globulus bereits als Allee- 
baum auch schon mit Vortheil benutzt worden. Sein 
rasches Wachsthum macht ihn ganz dazu geeignet. 
Forstlich ist er hingegen noch nirgends in Anwen- 
dung gebracht; es wäre aber wohl zu wünschen, dass 
auch nach dieser Richtung hin in genannten Ländern 
Versuche angestellt_würden. 

Von Italien wissen wir nur, dass Eucalyptus 
Globulus in Gärten mannigfach kultivirt wird, zu Alleen 
ist er hingegen noch nicht, so viel wir wissen, in 
Anwendung gekommen. Wie weit die Kultur-Versuche 
im Süden Frankreichs, besonders in der Nähe von 
Lyon, gekommen sind, wissen wir nicht. Die früher 
zehegten grossen Hoffnungen scheinen aber nicht in 
Erfüllung gegangen zu sein, da seit dem Jahre 1867 
nichts wieder darüber veröffentlicht wurde. Wir 
haben nur aus den mancherlei Berichten, besonders 
aus denen, welche von Naudin geschrieben sind, 
entnommen, dass die letzten ungünstigen Winter 
auch den Eukalypten sehr nachtheilig gewesen, diese 
zum Theil gänzlich erfroren sind. 

In der letzten Zeit ist uns die Mittheilung zuge- 
kommen, dass der überaus thätige Generalsekretär 
des Gartenbauvereines in Petersburg, Dr. Wolken- 
stein, bedeutende Quantitäten von Samen der Eu- 
calyptus Globulus direkt aus dem Vaterlande bezogen 
hat, um in der Krim Kulturversuche damit zu machen. 
Wir bezweifeln von vornherein, dass die Kultur- 
Versuche zu Resultaten führen werden. Das Klima 
ist daselbst viel zu ungleich, Hitze und Kälte wech- 


247 


seln oft rasch mit einander ab, als dass dergleichen 
Pflanzen, wie die Eukalypten, gedeihen könnten. 
Einen’solehen hohen Kältegrad, wie bisweilen Wochen 
und selbst Monate lang in der Krim herrscht, ver- 
tragen genannte Bäume ebenfalls nicht. Wenn auch 
das russische Reich in seiner grossen Ausdehnung 
die verschiedensten Klimata aufzuweisen hat, so 
möchten doch nur die südlichen Länder an der 
Westküste des Kaspischen Meeres,. wo man früher 
auch Anbau-Versuche mit dem Zuckerrohr machte, 
aber keine Resultate erhielt, dazu geeignet sein. 


Bericht 
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 


(Fortsetzung.) 

129. Rhododendron niveum Hook. fil. (Reg. 
Gartenfl. Tab. 687) ist wiederum eine Sikkim-Alpen- 
rose und hat ihren Namen von dem weissen Filz, 
der die Blätter in der ersten Jugend, später aber 
nur auf der unteren Fläche überzieht, erhalten. Die- 
ser Umstand unterscheidet die Art hauptsächlich von 
Rh. arboreum, das ausserdem aber höher wächst, 
während Rh. niveum kaum die Höhe von 4 bis 6 
Fuss erreicht. Eben deshalb möchte diese Alpenrose 
in gewissen Fällen einen Vorzug vor zuletzt genann- 
ter Art verdienen. 

150. Rhodoleia Teysmanni Miqu. haben wir 
bereits im 2. Jahrgange nach Mittheilungen Miquels 
besprochen (S. 6). Damals kannte man aber diesen 
Blüthenstrauch nur nach getrockneten Exemplaren, 
seine Einführung ist dagegen erst jetzt geschehen. 
Man verdankt sie Haage u. Schmidt in Erfurt. 
Beide bekannte Rhodoleien, diese und Rh. Championi 
Hook, welche letztere in China wächst, während 
erstere auf Java zu Hause ist, sind sehr zu empfeh- 
lende Blüthensträucher, welche im Aeussern eine 
grosse Aehnlichkeit mit den Kamellien besitzen; nur 
werden bei den Rhodoleien die einfachen Blüthen 
durch Blüthenköpfe vertreten, wo die gefärbten und, 
wie bei den Strahlenblumen der Körbcehenträger 
(Compositae), strahlenden Blätter eines allgemeinen 
Hüllkelches die Blumenblätter fingiren. 
Schönheit des Blüthenstrauches ist die seit fast 2 
Jahrzehnten eingeführte Rh. Championi zu keiner 
weiteren Verbreitung gekommen. Wollen wir demnach 
hoffen, dass die obwohl kleinblüthigere Rh. Teys- 
manni Gelegenheit giebt, Liebhaber wiederum auch 
auf Rh. Championi aufmerksam zu machen. 

131. Roezlia granatensis Reg. (Gartenfl. 
Tab. 706) steht den Monochaetum-Arten, von denen 
einige früher mehr in Kultur waren, als jetzt, und 


Trotz der 


besonders zu Schaupflanzen für Ausstellungen heran- 
sezosen wurden, sehr nahe. Sie bildet einen ziem- 
lich weichen Blüthenstrauch der Melastomateen von 
kaum mehr als 3 Fuss Höhe und wächst buschig. 
Die auf beiden Seiten steifhaarigen Blätter sind breit- 
elliptisch und werden der Länge nach von 5 bis 7 
Nerven durchzogen. Ihre endständigen, rothen Blü- 


then bilden gipfelständige Traubendolden. Vaterland 
ist Neu-Granada. 
132. Rodgersia japonica A. Gr. ist eine 


eigenthümliche Saxifragacee, welche der bekannte 
Reisende Maximowitsch in Wäldern Japans fand. 
Sie bildet eine Staude von gegen 3 und 4 Fuss Höhe. 
Die ziemlich grossen und handförmig-getheilten Blät- 
ter kommen vollkommen entwickelt nur aus der 
Wurzel oder dem untersten Theile des einfachen 
Stengels, dessen oberster Theil eine schmale Rispe 
bildet. Die kleinen weissen Blüthen fallen zwar an 
und für sich wenig in die Augen, bieten aber in 
ihrer Gesammtheit, wie die bekannte Hoteia Japo- 
niea, einen angenehmen Anblick dar. 

133. Saxifraga peltata Torr. ist eine riesige 
Saxifragacee, welche jetzt von Froebel & Co. in 
Neumünster bei Zürich in Handel gebracht wird und 
in dem Sakramentothale in Kalifornien entdeckt wurde. 
Da sie, wenigstens in der Schweiz, die harten Win- 
ter von 1870 und 1871 ausgehalten hat, ist ihr Werth 
als Staude so grösser. Die grossen, schirm- 
förmigen Blätter von 1', bis 2 Fuss Durchmesser 
werden im Vateıland allgemein gegen die Hitze der 
Sonne gebraucht, ein Umstand, der zur Benennung 
Sonnenschirm - Pflanze Veranlassung gegeben hat. 
Die Blätter haben ausserdem eine dunkelgrüne, glän- 
zende Farbe und eine derbere Textur. Die rosa- 
farbigen Blüthen bilden einen traubendoldigen Blü- 
thenstand und stehen auf 11, bis 2 Zoll langen Stie- 
len. Da die Pflanze feuchte Stellen liebt, würde sie 
besonders an Teichen, Ver- 
wendung finden. 


um 


Bassins u. 5. w. eine 

154. Saxifraga Maweana Baker ist eine neue 
Art der handförmig-getheilten Steinbrechpflanzen 
(subgen. Dactyloides) und wurde von einem Beglei- 
ter Jos. Dalton Hooker’s auf seiner letzten Ex- 
kursion nach Marokko, von George Maw, entdeckt. 
Sie steht zwar der S. hypnoides nahe, besitzt aber die 
srossen Blüthen der S. granulata und ist überhaupt 
in allen ihren Theilen grösser. Die herz-nierenför- 
migen,. aber fingerförmig-getheilten Blätter haben eine 
Breite von 8 bis 9 Linien und sind mit dem breiten 
bis 1!/; Zoll langen Stiel versehen. 


135. Als Schizolobium sp. e Santa Gatha- 
rina oder S. excelsum bringen. Haage und 


248 


Schmidt eine Cäsalpiniacee in den Handel, welche 
Dr. Blumenau in Brasilien, seiner neuen Heimath, 
entdeckt hat. Nach der von Haage u. Schmidt 
zegebenen und ziemlich ausführlichen Beschreibung 
möchte es kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese 
Art Sch. glutinosum Tul. darstellt. Diese Art hat 
die Eigenthümlichkeit, dass die jungen Aeste klebe- 
rig sind. Die Pflanze wächst ziemlich rasch und 
stellt bald einen schönen Baum Die grossen 
und doppelt-gefiederten Blätter sollen eine Länge von 
fast 5 Fuss (?), eine Breite hingegen von fast 3 Fuss (?) 


dar. 


besitzen und eine lebhaft-grüne Farbe haben. Die 
einzelnen Fiederblättehen sind bisweilen bis 2 Zoll 
lang, aber nur 9 bis 15 Linien breit. Die gelben 


Blüthen bilden grosse Rispen. 

136. Selaginella rubella Moore ist unbe- 
kannter Herkunft und unterscheidet sich wesentlich 
von den übrigen Arten dieses Geschlechts. Sie rankt 
und schliesst sich mit seiner rothen Färbung der 
blaugrünen S. caesia an, sonst Ähnelt sie auch der 
S. Kraussiana (dentieulata der Gärten) in manchen 
Stücken. 
tirten Orchidee gefunden. 

137. Sempervivum chrysanthum Hochst. 
ist unter diesem Namen nirgends beschrieben worden. 
Es gehört zu den davon abgezweigten Aeonien und 
hat von Webb den Namen Aeonium leucople- 
pharum erhalten, weil die dicken, spathelförmigen 
Blätter am Rande steifhaarig, sonst aber völlig unbe- 
haart sind. Der später sich entwickelnde Stengel 
trägt an seiner Spitze eine ziemlich grosse Anzahl 
selber Blüthen auf langen Stielen und eine Trauben- 
dolde bildend. Vaterland ist Abyssinien. 

138. Siphocampylos lantanifolius DC. 
bildet eine krautartige Pflanze von höchstens 2 Fuss 
Höhe und unterscheidet sich schon dadurch von den 
übrigen Aıten dieses Lobeliaceen-Geschlechtes, welche 
weiche Blüthensträucher darstellen. Sie wurde von 
Caracas an William Bull in London gesendet. Die 
eirund-elliptischen und kurzgestielten Blätter sind auf 
der Unterfläche mit einem grau-braunen Filz über- 
zogen und die weichhaarigen Aeste und Zweige en- 
digen in doldentraubig-zusammengestellte Blüthen von 
dunkeler weinrother Farbe. 

139. Smilax asperal. var. punctata (Reg. 
Gartenfl. Tab. 683) ist schon ziemlich lange in den 
Gärten, wie wir auch bereits in der Aufzählung der 
buntblättrigen Pflanzen (5. Jahrg. S. 78) mitgetheilt 
haben. Leider hält diese südeuropäische Schling- 
und Kletterpflanze bei uns nicht aus, sonst würde 


Die Pflanze wurde zufällig an einer impor- 


sie eine grössere Verbreitung verdienen. Im Kalt- 
hause macht sie nicht Effekt genug, um anderen 


Pflanzen Raum wegzunehmen. Die buntblättrige Sm. 
aspera ist übrigens auf der Oberfläche der Blätter 
mehr marmoriıt, als punktitt. 

140. Von Solanum Capsieastrum, einem 
Strauche, den wir wegen des Reichthums von korallen- 
rothen Früchten nicht genug als Dekorationspflanze 
empfehlen können, werden jetzt durch Haage und 
Schmidt 2 Abarten in den Handel gebracht, auf 
die hiermit machen. Die eine hat 
bunte Blätter, die andere bleibt zwergig und erhält 
nur eine Höhe von 4 bis 5 Zoll. 

141. Solanum eiliatum Lam. ‘stellt einen 
niedrigen, aufrechten Weichstrauch von höchstens 
1!/, Fuss Höhe dar, verästelt sich vielfach und ist 
mit graden Stacheln von hellgelber Farbe besetzt. 
Ausserdem finden sich noch zerstreut einzelne Haare 
vor. Die gestielten und eirund - länglichen Blätter 
sind oft auf beiden Flächen, stets aber auf der untern, 
mit grossen Stacheln besetzt, am Rande aber ge- 
wimpeıit. Die überhängenden Blüthen sind nur zum 
Theil fruchtbar und vergrössern nach der Befruchtung 
den ebenfalls bestachelten Kelch. Die fast 1 Zoll im 
Durchmesser enthaltenden Blüthen haben eine weisse, 
die runden Beeren hingegen eine cochenillrothe Farbe. 
Solanum eiliatum wächst in Brasilien. 

142. Solanum ferox L. ist eine schöne Blatt- 
pflanze und schliesst sich den übrigen zu diesem 
Zwecke bereits in Gärten kultivirten Arten Da 
sie sich ziemlich verästelt, wächst sie auch buschig. 
Ein eigenthümliches Ansehen geben die gelben 
Stacheln, welche die ganze Pflanze mehr oder weni- 
ser bedecken und Veranlassung zur Benennung ge- 
geben haben. Ausserdem sind aber die rundlichen 
oder breit-länglichen, lang-gestielten und Sewimperten 
Blätter noch mit sternförmigen Haaren besetzt. Ihre 
Länge beträgt 6 und 7, ihre Breite aber nur 41), Zoll. 
Der sehr grosse, zwar Stheilige, aber glockenförmig 
zusammengeneigte Kelch wächst später noch weiter. 
Auch an ihm finden sich Stacheln vor. Die Krone 
ist kaum grösser. Vaterland soll Östindien sein. 

143. Als Solanum haematocarpum bringen 
Haage und Schmidt in Erfurt eine Art in den 
Handel, welche aus Brasilien stammt und im äusseren 
Ansehen dem S. pyracanthum ähnlich ist. Es unter- 
scheidet sich durch doppelt grössere Blumen und 
durch glänzende, blutrothe Beeren von der Grösse 
einer Kirsche. 


wir aufmerksam 


an. 


(Schluss folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinieke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


| Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Pr. Karl Koch, 
General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 10. A 1872. 
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


No. 32. ugust. 


Bolle in Berlin an den Geh. Rath Göppert in Breslau. — Allerlei aus der Gärtnerei und 


Inhalt: Aus einem Schreiben des Dr. 
Pflanzenkunde VII. — Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen (Schluss). 


Aus einem Schreiben berührender Zug tiefen inneren Leidens geht unläug- 


2 5 } bar durch einen grossen Theil unserer aus etwas 
des Dr. Bolle in Berlin an den Geheimen Rath milderen Klimaten stammenden Gehölze Auch in 


nm a n . e a « B 3 = 
Göppert in Breslau, diesem Frühling wieder zahlreiche Verluste, abnorm 
den Tod von Bäumen durch Frost in Folge verspätete Vegetation, häufiges Misslingen des Ver- 
verspäteter Nachwirkung betreffend.”) pflanzens. Starben, trotz anfänglichen kräftigen Aus- 


Da ein eigenthümliches Missgeschick, trotz un- | treibens, schon im vergangenen Frühjahr und wiederum 
serer gegenseitigen Versuche, uns zu sehen, mich | vom Johannistrieb an bis zum Spätherbst hin einzene 
während Ihrer letzten Anwesenheit in Beılin des Vor- | Bäume und Sträucher bald langsamer, bald rascher 
zugs einer Zusammenkunft mit Ihnen beraubt hat, | unter den Nachwehen übermässiger Frosteinwirkungen 
wende ich mich jetzt zum zweitenmal schriftlich an | hin, so musste man mit Bestürzung bei Eintritt der 
Sie, behufs der Besprechung eines Gegenstands, der, | wärmeren Jahreszeit d. J. gewahr werden, wie die 
wie ich weiss, uns Beiden gleich sehr am Herzen | Aera dieser Unglücksfälle damit noch lange nicht 
liegt: Ihnen als Physiologen und Anatomen, meinem | als geschlossen zu betrachten sei. -Wo nach Be- 
bescheideneren Standpunkt als Objekt mit Vorliebe | schaffenheit von Knospen und Rinde bis zum April 
betriebener Kulturen und specieller, im alten Sinne | hin auf ungestörte Gesundheit zu reehnen schien, 
des Worts, botanischer Studien. Zu gleicher Zeit | täuschte der Anschein bei einer nur allzu erossen 
bitte ich Sie, über meine ersten Mittheilungen, die | Zahl von Speeies oder Individuen, die man als selbst 
Ausdauer der Koniferen bei uns betreffend, ganz nach | gegen die härtesten Winter unempfindlich erkannt 
Belieben verfügen zu wollen. Die Wirkungen der | zu haben glaubte. Es würde zu weit führen, wenn 
letztverflossenen, so furchtbar strengen Winter haben | ich mich in diesen Zeilen auf das Gebiet von Be- 
uns überreichlichen Stoff zu B*trachtungen und Be- | flexionen wagen wollte, die mit den Stimmunsen 
obachtungen dargeboten. Ich glaubte uns jetzt, nach | zusammenhängen, welche unser Gemüth unter dem 
Verlauf von mehr als einem Jahre, über die Trag- | Druck dieser Dinge erleidet, oder wenn ich es ver- 
weite deiseli en hinaus. Der Augenschein lehrt, dass | suchte, praktische Nutzanwendungen daraus abzuleiten. 
ich stark im Irrthum war und dass die von Ihnen | Ich stelle mir in diesem Augenbliek nur die Aulgabe, 
befürwortete und erläuterte Ansicht von einem lang- | Ihnen Bericht über hierher einschlagende Thatsachen 
samen Absterben der Holzgewächse nach allzu hohen | zu erstatten, die im Bereich meiner Beobachtungen 
Kältegraden sich in ungeahnt weitem Umfange be- | lagen. Es sind dieselben, wenn nicht ausschliesslich. 
stätigt. Ein den Freund der Pflanzenwelt schmerzlich | so doch vorzugsweise auf dem Boden meiner kleinen, 


*) Vergl. Nr. 16 der Wochenschrift S. 121. aber pflanzenreichen Insel Seharfenberg gemacht wor- 


32 


250 


den, über deren Lage und Terrainbeschaffenheit ich 
Sie als durch frühere Mittheilungen orientirt voraus- 
setzen darf. 

Rekapituliren wir zuerst noch etwas den Sommer 
1871 Betreflendes. 

Das erste Absterben, welches ich nach anschei- 
nend durchaus normaler Belaubung erfahren musste, 
war dasjenige einer sehr schönen seit 1868 stehen- 
amerikanischen Buche (Fagus americana var. 
Dieselbe erlag zu Anfang Juni binnen 
weniger Tage. Ihre Wurzel lebt noch, hat jedoch 
bis jetzt nicht wieder ausgetrieben. Ich lasse sie 
stehen, denn mir sind Fälle von sehr spätem Wieder- 
erwachen der Lebenskralt, unstreitig durch schlafende 
Knospen am unteren Theil der Wurzel, bekannt. Ich 


von 


den 
castaneaelolia). 


erlebte einen solchen erst in diesem Frühjahr an 
einem alten Goldregenbaum, den ich seit einem Jahre 
für todt gehalten hatte und andere nach der Ver- 
pflanzung an unserer Esche und an Diospyrus virginiana: 

Im Spätherbst starben ab: Der ganze obere 
Theil eines prachtvollen, auf dem Berge von Schar- 
fenberg gepflanzten Exemplars von Tsuga Dougla- 
sii, nur die untersten Zweige blieben lebendig und 
so den Winter. Im Frühjahr versetzt, 
war binnen Kurzem der ganze Baum ein Raub des 
Todes. Nach meinen unmassgeblichen Beobachtun- 
gen glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Dou- 
slastanne bei uns auf trockenem Sandboden aın leich- 
testen erfriert. Auf feuchtem Wiesengrund brachte 
ihr der letzte Winter keinen anderen Nachtheil als 
eine durchgehende starke Bräunung der Nadeln. Ein 
im Frühjahr 1871 aus dem Kübel gepflanzter ziem- 
lich starker Stamm derselben Art blieb, auf dem 
Berg dicht neben der ausgegangenen in sehr trock- 
ner Lage gepflanzt, nicht allein unversehrt, sondern 


überdauerten 


auch vollständig grün. 

Grataegus Aronia, seit 1868 stehend und einmal 
reichlich seine wohlschmeckenden gelben Früchte 
getragen habend, vollständig todt, nach vorangegan- 
zener etwas kränkelnder, aber doch Hoffnung ze- 
bender Belaubung. 

Ferner zwei allerdings erst im Herbst 1870 ze- 
pflanzte starke (Buxus sempervirens 
arborescens) ganz todt. Nur bis auf die Wurzel da- 
gegen ein etwa 10 Fuss hoher schöner Nex Aqui- 
folium, der lest angewurzelt die beiden harten Win- 
ter überdauert hatte. Von anderen Stechpalmen 
vertrocknete, sowohl bei der typischen Art, wie bei 
der Form angustifolia, spät im Herbst der Haupt- 
stamm mit allen seinen neugemachten Sommertrieben 
bis tief nach abwärts 


Im August schon hatte ich an sehr geschützter 


Buchsbäume 


Stelle, an einer Mauer meines Stadtgartens, den Ver- 
lust einer vor siebzehn Jahren durch mich gepflanz- 
ten Tecoma radicans zu beklagen. Ebenso erlag um 
dieselbe Zeit erst der wenig jüngere Stamm einer 
chinesischen Glyeine, nach vielfach wiederholtem, 
stets vergeblichen Austreiben. Aeussere erkennbar 
schädliche Einflüsse, die etwa den Froste und sei- 
nen Nachwirkungen fremd gewesen wären, fehlten 
augenscheinlich in allen diesen Fällen. Das Abster- 
ben geschah von den oberen Theilen unten 
zu und berubte augenscheinlich in einer der Kälte 
zuzuschreibenden krankhaften Beschaffenheit des Zell- 
gewebes. 


nach 


Ich komme nun zu den Opfern, welche erst der 
erneuten, wenn auch abgeschwächten und für sich 
allein durchaus unschädlich sein müssenden Einwir- 
kung des letzten Winters erlagen, da ihre tief er- 
schütterte Organisation auch nicht einmal dem leich- 
ten Stosse dieses, mit seinen höchstens siebzehn 
Graden kurz andauernder Kälte gewachsen war.*) 

Zu den bittersten Verlusten zählt ein besonders 
schöner und kräftiger Baum von Libocedrus decur- 
rens (Thuja gigantea Nutt.), 1868 auf humosem, et- 
was frischem Boden gepflanzt, der bei 6 Fuss Höhe 


schon einen Stammdurchmesser von 3 Zoll erreicht 
hatte. Bis zum Frühjahr war er grün und anschei- 


nend kerngesund gewesen. Binnen wenigen Wochen 
siechte er langsam und rettungslos hin, um jetzt als 
Leiche dazustehen. Drei andere Bäume derselben 
Art, auf trockenem Boden stehend, blieben unan- 
setastet. 

Von dem morgenländischen Lebensbaum (Thuja 
orientalis) hatten viele mittelgrosse Exemplare im 
Winter 70/71 zwar die meisten Zweige eingebüsst, 
aber im Laufe des folgenden Sommers so kräftig 
wieder ausgetrieben, dass sie zu keiner Besorgniss 
Veranlassung gaben. Alle diese, in mehr oder we- 
niger ausgesetzter Lage stehend, sind jetzt todt. In 
sehr geschützter Exposition blieben einige davon, die 
auch vorher vom Froste nicht gelitten hatten, am 
Leben. Wie die Ersterwähnten erlag auch die Va- 
rietät nepalensis. Die Form tätarica oder pyramida- 
lis scheint jedoch glücklicher Weise gänzlich winter- 
fest zu sein. In Scharfenberg ist sie dies sogar auf 
etwas feuchtem Boden. 

Juniperus oblonga pendula, der im vorigen Som- 
mer nach starkem Zurückfrieren erst auls Neue aus- 
treiben musste, ist wiederum bedeutend zurückge- 


*) Ganz zu Beginn des Winters hatten wir eine, wenn 
auch nur kurz andauernde Periode höheren Frostes, der nach 
einigen Beobachtungen 21 Grad betragen haben soll, so dass 
mithin auch dieser Winter zu den strengen gezählt werden muss. 


251 


gangen, sonst aber anscheinend gesund und bemüht, 
das zweimal Verlorene wieder zu ersetzen. 

Die Libanon- Ceder glaubte ich, wenn nicht als 
Baum, wie England und Frankreich sich ihrer er- 
freuen, so doch in Gestalt von Krummholz erhalten 
zu können, indem an meinen mit grosser Sorgfalt 
und unter Anwendung aller von Fintelmann em- 
pfohlenen Vorsichtsmassregeln gepflanzten Bäumen, 


die den Winter von 1869/70 gut überdauert hatten, 


1870/71 die unteren Aeste am Leben geblieben waren. 
Leider war selbst diese bescheidene Hoffnung noch 
zu kühn gewesen. Den März hindurch noch mit 
zrünen und frischen Nadeln, starben die durch Laub- 
decke unten geschützt gewesenen Stämme bald darauf 
völlig ab, so dass sich beim Herausnehmen selbst 
die Wurzel als todt erwies. Die Atlas-Ceder da- 
segen blieb, leicht in Rohr eingebunden, in etwas 
weniger verstümmeltem Zustande am Leben. 

Sehen wir nun, ob der Himalaya uns günstiger 
sein wird, als der Libanon? Längst schon hatte ich 
auf die Hoffnung verzichtet, die Deodara-Ceder ihre 
sraciös zeneigte Krone die blauen Seen der 
Mark beugen zu sehen. Aber gab es nicht zum Er- 
satz andere Koniferen desselben Vaterlandes, die mit 
fast gleicher Schönheit eine grössere Härte zu ver- 
binden versprachen? Gehörten dazu nicht vor Allem 
die beiden herrlichen Tannen Khutrow und Pindrow, 
die in Scharfenberg so prachtvoll gediehen und von 
denen die letztere sogar schon ihre seltsam dunkel- 
blauen Zapfen getragen hatte? Von vielen Bäumchen 
der Picea Khutrow hatte eine kleine Anzahl den 
zweiten der hyperboräischen Winter, wenn auch nur 
in verkrüppelter Zwerggestalt, überdauert. Auch 
diese sind jetzt todt, bis auf zwei, welche ohne Decke 
ihrem Schicksal überlassen, die eine in geschützter, 
die andere in sehr exponirter Lage, gesund geblie- 
ben sind. 

Abies Pindrow, einst bei mir in ihrer vollendeten 
Schönheit das würdige Seitenstück zu Khutrow, hatte, 
abgefroren, aus der Wurzel einen kräftigen Trieb 
wieder emporgesendet. Sie ist jetzt vollständig eine 
Leiche, obwohl sie früher zu den schönsten Hoff- 
nungen berechtigte und den ersten der harten Winter 
ohne allen Schaden überstanden hatte. 

Von meinen beiden überlebenden Wellingtonien 
hat die grössere gar nicht, die kleinere nur wenig 
zelitten. Diese und andere mir zu Gebote stehenden 
Erfahrungen scheinen zu beweisen, dass die Kultur 
dieses Riesen unter den Nadelhölzern in der Mark 
Brandenburg unter besonders günstigen Bedingungen, 
wenn nicht leicht und gesichert, so doch wenigstens 
möglich ist. 


über 


Thuya ericoides hat an besonders exponirten 
Stellen wieder eine Menge vom Frost getödteter 
dürrer Aeste. Ganz kleine Pinsapos, die von der 
Kälte gelitten hatten, sind auch im letzten Winter 
wieder stark zurückgegangen, leben aber wenigstens; 
ältere haben ohne alle Decke nicht weiter gelitten, 
ähnlich wie Abies lasiocapa, die nur gebräunte Na- 
deln und auch diese nicht in allen Fällen zeigt. 

Der Gingko ist auch in diesen Winter wieder 
in mehr herangewachsenen Stämmen unverletzt ge- 
blieben. Die Zartheit Junger Exemplare beweist in- 
dess der Fall eines etwa 4 Fuss hohen Bäumchens, 
welches 1870/71 bis die Wurzel abfror, den 
Sommer darauf von starken Schuss 
machte, jetzt jedoch,todt zu sein scheint. 

Von immergrünen Laubgehölzen, deren Zahl sich 


auf 


unten einen 


bei uns auf ein so verschwindendes Minimum redu- 
eirt, überlebten in Folge vorangegangenen Frost- 


schadens dieses Frühjahr nicht: Magnolia grandiflora 
vet. galissoniensis und Prunus lusitaniea. Beide hatten, 
nach der schweren Prüfung, von unten wieder aus- 
zetrieben und gaben Hoffnung zu ihrer Erhaltung, selbst- 
redend unter Winterdecke. Vergeblich sehe ich mich 
nach Lebenszeichen von Jasminum humile um; auch 
Ruscus aculeatus lebt wohl nicht mehr; dagegen ve- 
getiren um so kräftiger und üppiger der letzteren 
beiden nahe Verwandte Ruscus Hyposlossum und 
Jasminum fruticans. 

Die Stechpalmen, welche das Holz ihrer neuge- 
machten Tıiebe nicht reifen konnten, sind der Mehr- 
zahl nach wieder sehr stark zurückgegangen. Immer 
jedoch bleibt dies, wenn nicht ein Baum, so min- 
destens ein Unterholz, welches wir vor Schlesien 
voraus haben und eigentlich stärker und schöner 


noch voraus haben sollten, da die Species kaum 


zwölf Meilen von Berlin entfernt noch in ganz an- 
sehnlichen Stämmen wild vorkommt. 
Ulex europaens ist bedeutend und fast noch 


mehr als nach dem strengsten der Winter zurück- 
gefroren. Mahonia japonica hat sich gut gehalten. 
Unter den Eriken steht, neben Erica vagens, Erica 
earnea gesund und lebenskrältig da, auch hat sie, 
nach zweijährigem Missrathen ihres schönen Früh- 
lingsflors, zum ersten Mal wieder reich und voll ge- 
blüht. Zum dritten Mal sehr stark zurückgegangen, 
in vereinzelten Fällen sogar todt, ist der Kirsch- 
Lorbeer (unter Decke), sind jüngere und schwächere 
Exemplare von Rhododendron ponticum und maxi- 
mum, ist endlich der schöne, halbimmergrüne Rham- 
nus hybrida. Ein vergessenes Exemplar von Evo- 
nymus japonieus ist unter der natürlichen Decke des 
Laubfalls zwar heruntergefroren, treibt jedoch befiiedi- 


32* 


252 


send wieder aus. Ganz unverletzt geblieben ist der 

kleine bunte Evonymus graeilis (radicans, hort.). 
Trotzdem ich, geehrter Herr Geheimrath, Ihre 

Geduld sicher für heute sehon erschöplt zu haben 


mir vorwerfen muss, will ich dennoch aueh noch 


diejenigen laubabwerfenden Gehölze kurz namhaft | 


machen, die im letztverflossenen Winter Anzeichen 
besonderer Weichliehkeit gegeben haben. 

Zu ihnen gehört in erster Reihe be- 
dauernswerthem Grade die gemeine Catalpa; gerade 


und in 
bei dieser aber hat man speciellen Grund, an eine 
Zeit vor segangene Läsion zu 
glauben, da noch strengere Winter als der von 70/71 
nicht zu gefährden Wie freute 
ınan sich der nach der Kalamität übrig gebliebenen 
Bäume dieser Art! 
auch hinüber, darunter bei mir in Scharfenberg ein 


seit längerer sich 


sie sonst pflegen. 


Jetzt sind die meisten von ihnen 


Baum von wenigstens 4 Zoll Stammdurchmesser, eine 
der Zierden meiner Anlagen. Was Wunder, wenn 
zahlreiche auf dem Felde gruppenweis angepflanzte 
Loos erdulden mussten 
wenn in Sanssouci ein nahe an hundert Jahr alter, 
vielstämmiger Prachtbaum, im vorigen Sommer noch 


Exemplare dasselbe und 


im Blüthenschmuck prangend, bis heut ohne Lebens- 
zeichen dasteht! Nur verhältnissmässig wenige die- 
ser herrlichen, breitblättrigen Bäume mit fast tropisch 
zu nennendem Laub, scheinen gesund geblieben zu 
sein und treiben normal aus. Dagegen haben selbst 
kleine Stämmehen der chinesischen C. Bungei bei 
mir und sonst in der Berliner Gegend nicht gelitten. 

Ein anderer vielversprechender Baum des himm- 
lischen Reichs, Castanea chinensis, von ‘der stärk- 
sten Kälte bisher scheinbar unberührt, ist jetzt bei 
uns plötzlich abgestorben, nachdem er noch vorher 
seine Blattknospen geöffnet hatte. Desgleichen viele 
noch nicht 
ächte Kastanien, 


jüngere, lange stehende gewöhnliche 


besondeiıs solehe, die auf Sand- 


boden gepflanzt waren. Von den Eichen erlagen, 
sehwer zu erklärender Weise, nicht wenige Hoch- 


und Niederstämme, der in Scharfenberg zahlreich 
vertretenen Scharlacheichen (Quercus palustris, coC- 
einea, ambigua, tinetoria) und eine sehr krältige ©. 
imbriearia. Sehr empfindlich erwies sich die Varietät 
atropurpurea unserer heimischen Eiche, während eine 
zweite Form, die gelblaubige Concordia, ihr Laub 
kränkelnd hervortrieb. Zu den wezcn mangelnder 
Holzreife Arten 


zähle ich: Gereis Siliquastrum, Morus alba jJaponica, 


wiederum stark zurückge..orenen 
Tamarix caspiea, Virgilia lutea (nur in einem Falle, 
auf Sand), viele Ailantus, Mespikus grandiflora, mehrere 
Sophoren, Goldregen (Cytisus. Laburnum, alpina, Al- 
schingeri, Weldeni),. Gleditschia sinensis, Platanen, 


Spiraea Lindleyana, Clematis flava und montana, 
Broussonetia, Aprikosenbäume und die Mehrzahl der 
Glycinen G. frutescens, (bis auf ein gigantisches Exem- 
plar, das unversehrt dasteht) und deren Spielart Magni- 
fica, sinensis brachybotrys rosea. Zu den vollständig 
Vermissten rechnen sich: ein hochstämmiger Pfirsich- 
baum (DoubleMontagne)und viele strauehartige, niedrig 
veredelte Pfirsiche, einige junge Nussbäume, sehr viele 
Remontantrosen, Liquidambar styraeiflua in vor Kur- 
zem erst verpllanzten Stämmen, sehr viele Pllaumen- 
bäume, zumal alternde, sowohl Zwetschen als Damas- 
cenen, selbst gewöhnliche blaue Bauer - Pflaumen, 
Buddleja eurviflora, Morus nigra, hochstämmig, nach- 
dem er im verflossenen Sommer von unten auf wie- 
der stark getrieben, Broussonetia var. disseeta, Celtis 
australis (ziemlich starker seit 1868 stehender Baum; 
vorigen Sommer schien er unversehrt), Evonymus 
augustifolia, Prsh., meine beinahe sämmtlichen zahl- 
reichen Kölreuterien, Planera erenata, mehrere Kugel- 
akazien und Vitex Agnus castus (letzterer unter Decke.) 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pllanzenkunde. 
VI. 

In Lyon ündet in diesem Jahre eine internatio- 
nale Industrie-Ausstellung, wo auch dem Gartenbau 
Berücksichtigung zu Theil geworden ist, statt. Von 
Bedeutung kann sie nicht sein, da man in den öl- 
fentlichen Zeitungen fast nichts über sie ver- 
nimmt; selbst was französischer Seite 
ist ohne alle Bedeutung. Nach den 
Nachrichten, welche von der Revue horticole über 
das, was von Seiten der Gartenbau-Sektion geschieht, 
segeben wurden, sind trotz der Anstrengungen und 
Bemühungen, welche man sich gibt, bis jetzt noch 


sar 
das, von 


sesagt wird, 


keine besonderen Resultate erreicht worden. 

Die Gartenbau-Ausstellungen in Lyon erneuern 
sich, wie es bekanntlich’ auch bei der letzten Welt- 
ausstellung in Paris während des Jahres 1867 der Fall 
war, und auch jetzt noch in London bei der dorti- 
sen Industrie - Ausstellung ist, alle 14 Tage durch 
neue Einsendungen. Während aber in London alle 
halbimonatlichen Ausstellungen in der Regel etwas 
Neues, Seltenes oder doch Vorzügliches liefern, wie 
man aus unseren vorjährigen Berichten ersehen kann 
(14. Jahrg. der Wochenschr. S. 257), so ist hier. der 
Inhalt mager und beschränkt sich hauptsächlich auf 
neue Florblumen, auf deren Anzucht allerdings von 


Seiten der Gärtner Süd-Frankreichs, da daselbst ein 


253 


vorzügliches Klima unterstützt, viel Sorgfalt verwen- 
det wird. 

Um ein Bild der Lyoner, alle 14 Tage sich 
wiederholenden Ausstellungen zu geben, theilen wir 
nach dem Berichte in der Revue horticole (S. 267) 
den wesentlichen Inhalt der Ausstellung in der er- 
sten Hälfte des Juli mit. Rosen sollten auch dieses 
Mal die Hauptrolle spielen, waren aber ebenfalls, wie 
an anderen Orten, schlecht vertreten. Man hofft in 
Betreff der Remontanten dafür eine schöne September- 
flor zu erhalten. Leider hatte ausserdem noch die 
srosse Hitze das Ihrige beigetragen, um hier und da 
die ausgestellten Florblumen in einem keineswegs 
dem Auge erlreulichen Zustande erscheinen zu lassen. 
Es betraf dieses vor Alleın die neuen Nelken und 
Stiefmütteıchen des gerade in der Anzucht neuer 
Formen von Florblumen mit Recht anerkannten Han- 
delsgärtners Boucharlat Sohn, dagegen befanden 
sich die neuen Pelargonien von Boucharlat Vater 
in gutem Zustande und erhielten die verdiente An- 
erkennung. Auch die grosse Sammlung verschiede- 
ner Nelken, welche Chinart aus Lyon ausgestellt 
hatte, soll Freunden dieser alten Florblume man- 
ches Interessante dargeboten haben. Die Versuche 
Megatieres durch Kreuzung unserer gewöhnlichen 
Garten- und Federnelke etwas Neues hervorzurufen, 
waren, wenigstens in ihrem Anfange, noch nicht ge- 
slückt. Die Blüthen waren klein und unscheinlich, 
die Pflanzen besassen aber ein ganz besonderes An- 
sehen. Vielleicht wird später bei fortgesetzter Kul- 
tur noch etwas daraus hervorgehen. 

Gesneien hatte Dalliere in Gent ausgestellt, 
leider waren aber die Blumen auf dem langen Trans- 
porte während einer tropischen Hitze zum grossen 
Theil verdoıben. Sehr gerühmt wird eine Samm- 
lung der Hydrangea Otaksa, wo der Durchmesser 
des Btüthenstandes 25 bis 30 Centimeter gehabt ha- 


ben soll. Dergleichen Exemplare kann man in Ber- 
lin auf dem Markte und besonders in den Blumen- 


läden täglich sehen. Wir gedenken dabei eines an- 
deren Exemplars der Hortensia, welche in Versailles 
bei Gelegenheit einer Blumen-Ausstellung vorhanden 
und in Form einer Pyramide von 1 Meter erzogen 
worden war. Dieses Exemplar hatte nicht weniger 
als 71 Blüthenstände, allerdings sämmtlich von sehr 
seringem Durchmesser. 

Von eigentlichen werthvollen Pflanzen, beson- 
ders Neuheiten, war kaum etwas Nennenswerthes 
vorhanden. Nur eine Sammlung von Dickpflanzen 
verdiente einige Berücksichtigung. Auch Gemüse 
fand sich nur wenig vor, Obst aber gar nicht. 

Der Redaktion der Wochenschrift ist vor Kur- 


zem die Abbildung der von uns zueıst beschriebenen 
Fureraea Bedinghausi mit der Nachricht zuge- 
sangen, dass der Besitzer eines Exemplars, was im 
Jahre 1870 in Stuttgart blühte und allgemeine An- 
erkennung fand, Samen erzogen hat, welchen er jetzt 
in den Handel bringt. Der Gärtner heisst Hein- 
rich Schneider und wohnt bei der Gasfabrik in 
Stuttgart. Junge Pflanzen von etwa 20 Centimeter 
(d. h. ohngefähr 8 Zoll) Höhe werden zu 1 Fl. 24 
Xr. (24 Ssr.) angeboten, 50 Stück dagegen an Wie- 
derverkäufer zu 60, 100 Stück endlich zu 100 Gul- 
den abgegeben. 

Die Mutterpflanze, wovon der Samen gewonnen 
worden war, einen Umfang von 6 Meter. 
Das Exemplar wurde. vor nun 12 bis 15 Jahren von 
1özl eingeführt, andere befanden sich aber schon 
früher im Privatbesitz des Agaven-Liebhabers Ton- 
nel in Gent und scheinen selbst noch länger als 
Beschorneria multiflora in dem Handel gewesen 
zu sein. Als solche sahen wir sie zuerst auf einer 
srösseren Ausstellung in Köthen, vor nun 10 Jahren. 
Zu gleicher Zeit erhielten wir, nebst einer Zeichnung, 
frische Blüthen von dem Handelsgärtner Beding- 
haus in Mons und waren dadurch in den Stand ge- 
setzt, sie genau zu untersuchen und unter dem Na- 
men Fucraea Bedinghausi zu beschreiben (8. 
6. Jahrg. der Wochenschr. S. 233.) Später kam sie 
auch als Roezlia regia in den Handel. 

Leider ist diese besonders in der Blüthe pracht- 
volle Pflanze zu keiner eigentlichen Verbreitung ge- 
kommen und daher noch selten. ° Wir ergreifen da- 
her gern die Gelegenheit, wo sich eine günstize Ge- 


besass 


legenheit darbietet, sie zu erhalten, auf sie aufmerk- 
sam zu machen. Vor fast einem Jahrzehnte 
mächtigte sich ein Charlatan dieser Fuieraea und 
verkaufte sie unter einem besonderen hochklingen- 


be- 


den Namen. Von einer Beschreibung begleitet, wo 
die Pflanze als neu hingestellt wurde und hinsicht- 
lich ihrer Schönheit alles Dagewesene weit über- 
treffen sollte, kam sie in den Besitz einer Handels- 
särtnerei, und zwar natürlich um einen ausserordent- 
lich hohen Preis. Der neue Besitzer fand aber bald 


dass er betrogen sei. So viel Werth auch die 
Pflanze hatte, so war sie doch nicht neu. Diese» 


stattzefundene Charlatanerie, welche zu einem lang- 
wierigen Prozesse führte, beeinträchtigt aber keines- 
wegs den Werth der Pflanze, die hauptsächlich noch 
dadurch gewinnt, dass sie in der Kultur nicht 
sehwierig ist und leichter als alle übrigen Furcraen 
und Agaven blüht. In der guten Jahreszeit auf ein 
Rasenstück ins Freie gebracht, nimmt sie sich mit 
ihrer blaugrünen Färbung sehr gut aus. 


254 


Wir sind vielfach über die Mutterpflanze des 
neuen und, wie immer, wenn es neu ist, unfehlbaren 
Mittels gegen Krebs, des Kundurango, befragt 
worden, ohne Auskunft darüber geben zu können. 
Was uns davon zu Gesicht gekommen war, vermochte 
nicht, auch nur annähernd, uns auf die Spur zu füh- 
ren, wohin besagte Mutterpflanze wohl gehören könnte. 
Triana in Paris und Reichenbach in Hamburg 
sind glücklicher gewesen. Letzterer sah nicht allein 
das ziemlich reiche Material Kundurango in Kew, 
sondern erhielt auch ein vorzügliches Exemplar von 
dem bekannten, jetzt in Deutschland sich aufhalten- 
den Reisenden Rözl, der es selbst auf der West- 
küste der Kordilleren gesammelt hatte. Wenn auch 
beide Botaniker, Reichenbach, wie Triana, darin 
übereinstimmen, dass die Kundurango-Pfllanze zu den 
Asklepiadaceen gehört, so stimmen sie doch weder 
hinsichtlich der Art, noch auch hinsichtlich des Genus 
überein. Reichenbach nennt seine Mutterpllanze 
Marsdinia Cundurago, Triana hält sie dagegen 
für einen Gonolobus. 

Es scheint übrigens, als wenn jetzt, wo jeder 
Krebskranke, besonders in Amerika, von dem neuen 
Arzneimittel Hülfe erwartet und demnach eine grösse e 
Nachfrage darnach ist, als ächter Kundurango in den 
Handel gekommen ist, noch andere Asklepiadaceen, 
ja selbst ganz andere, davon verschiedene Pflanzen 
unter diesem Namen verkauft werden. So theilt 
Reichenbach in seinem in der botanischen Zeitung 
(S. 551) abgedruckten Artikel nach Rözl mit, dass 
man in Santa F& de Bogota behaupte, der Kundu- 
rango sei nichts weiter, als das schon längst bekannte 
Arzneimittel Guako, was bekanntlich von einer Liane 
aus der Familie der Körbehenträger stammt, nämlich 
von Mikania Guako, und eins der berühmtesten 
Arzneimittel Amerika’s, besonders gegen Schlangen- 
biss, darstellt. 

Man weiss aus Erfahrung, 
eine Krankheit in der Behandiung ist und je weniger 
die menschliche Kunst dagegen zu machen vermag, 
auch die Zahl der allmählig angewendeten Arznei- 
mittel um so grösser wird. Gerade gegen Krebs, gegen 
Biss toller Hunde und in Amerika gegen Biss giftiger 
Schlangen hat man die meisten Mittel. Es ist ganz 
natürlich, dass man bei dieser Hültlosigkeit gegen 
besagte Krankheiten nach Allem greift, was geboten 
wird. Leider spielt Charlatanerie und Sucht, Geld 
zu gewinnen, ebenfalls eine grosse Rolle dabei. Man 
darf sich deshalb nicht wundern, wenn von Zeit zu 
Zeit immer wieder gegen diese Krankheiten ein neues 
und, wie es denn stets heisst, auch unfehlbares 
Mittel empfohlen wird, was so wenig hilft, als die 


dass, je schwieriger 


schon früher angewendeten Mittel, und oft schon nach 
einigen Jahren wiederum in die Rumpelkammer ge- 
worfen wird. Wahrscheinlich wird es dem Kundu- 
ranzo, zu dem Reichenbach ebenfalls nur geringes 
Vertrauen besitzt, ebenso ergehen; nach 10 Jahren, 
vielleicht noch früher, spricht Niemand mehr von ihm. 

Obwohl man schon früher verschiedene Arten aus 
dem Genus Marsdenia entfernt hat, so unter Anderem 
Grisebach die südeuropäisch-orientalische M. erecta, 
Jetzt Cionura erecta, so begreift man doch noch, wie 
auch Reichenbach richtig bemerkt, als Marsdenien 
eine Reihe von im Bau der Blüthen verschiedene 
Pilanzen. Aus der Beschreibung, wie sie Reichen- 
bach gibt, scheint hervorzugehen, dass die Kun- 
durango-Pflanze zwar einen Stamm, dessen Rinde 
als Arzneimittel gesammelt wird, macht, aber die 
Aeste und Zweige sind schwach und gebrauchen einer 
Stütze, um empor zu steigen. Sie hat dieses dem- 
nach mit anderen Asklepiadaceen, besonders mehrern 
Cynanchum-Arten, gemein. Sie wächst mitten im 
dichten Gebüsch, drängt sich durch und kommt oben 
zum Vorschein. Nach Rözl heisst sie deshalb im 
Vaterlande Bejugo de perro, d. h. Hunds -Schling- 
pllanze. 

Der Stamm soll die Stärke eines Armes erhalten 
und bis 6 Fuss hoch werden, während die rund- 
lichen oder länglichen Blätter auf kurzen Stielen 
stehen und ein von feiner Behaarung etwas grau- 
grünes Ansehen besitzen. Da Rözl, wie er uns 
selbst mittheilte, bald wieder nach Amerika reisen 
und seine gärtnerisch - botanischen Untersuchungen 
fortsetzen wird, dürfen wir uns wohl der Hoffnung 
hingeben, nicht allein noch weitere Auskunft über 
diese interessante Pflanze zu erhalten, sondern auch 
sie eingeführt zu sehen. Wenn wir ‘uns dureh ihre 
Einführung auch nicht viel in gärtnerischer Hinsicht 


versprechen, so werden doch die Gartenbesitzer, 
die zugleich Liebhaber von dergleichen Pflanzen 
sind, Gelegenheit finden, ihre Sammlung zu ver- 


STÖSssern. 

Ueber 100 Jahre kultivirt man in anseren Ge- 
wächshäusern einen Blüthenstrauch aus China, der 
wegen seines Blüthenreichthums den Namen Gar- 
denia florida erhalten hat und wegen des ange- 
nehmen Geruches, den die Blüthen verbreiten, zu 
den dankbarsten Pflanzen unserer Kulturen gehört. 
Man hat ihn in der Regel nur gefüllt, wo die blen- 
dend weissen Blüthen zwischen dem saltigen Grün 
des Laubes sieh sehr gut ausnehmen. Trotz aller 
dieser Vorzüge, zu denen noch eine leichte Kultur 
kommt, findet sich der Blüthenstrauch nicht in der 
Weise verbreitet. wie man denken sollte. Auf den 


Berliner Märkten findet man ihn beispielsweise selten. 
Vor 20 und 30 Jahren existirte dagegen wohl kaum 
eine Handelsgärtnerei, selbst in kleinen Städten der 
Provinz, noch viel weniger ein Privatgarten, der 
auch nur ein kleines Gewächshaus sich erbaut hatte, 
wo nicht Gardenia florida kultivirt wurde. 

* Vielleicht gelingt es uns, der hübschen und 
dankbar blühenden Pflanze wiederum mehr Aulf- 
merksamkeit zuzuwenden, wenn wir noch einiges 
von ihr mittheilen, was Interesse für sie erweckt. 
Unter dem Namen chinesischer Gelbbeeren befindet 
sich nämlich ein Farbstoff in dem Handel, der nichts 
weiter ist, als die Früchte der Gardenia florida, 
welche direkt aus China eingeführt werden. Diese 
slänzend-braunen, vom Kelche gekrönten und mit 4 
bis 6 fast geflügelten Kanten versehenen Früchte 
haben eine zeıbrechliche Schale, welche eine oran- 
sengelbe Masse und die darinliegenden Samen ein- 
schliesst. Diese Masse riecht nicht allein sehr stark 
nach Safran, sondern der eigentliche Farbstoff ist 
sogar nach Rochleder’s Untersuchung mit dem so- 
genannten Crocin oder Polycehroit identisch. Wieder- 
um ein Beispiel, dass dieselben chemischen Stoffe 
bei den verschiedensten Pflanzen vorkommen können, 
ohne auch nur die geringste Verwandtschaft anzu- 
deuten. Das Vorkommen eines solchen Stoffes kann 
sich aber auch nur auf ein bestimmtes Organ bei 
einer und derselben Pflanze beschränken, während 
man sonst bei dieser keine Spur davon findet. Wie 
bekannt, besteht der Safran nur aus den Narben des 


Crocus sativus, einer zu den Iridaceen gehörigen 
Pflanze, während derselbe Farbstoff bei Gardenia 
florida nur innerhalb der Fruchtschale vorkommt. 


In keinem anderen Organe beider genannten Pflan- 
zen findet man eine Spur des Croecins. 


Bericht 
über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
(Sehluss.) 


144. Spondias pleiogyna ist uns unbekannt, 
aber unter diesem Namen jetzt von William Bull 
in London eingeführt worden. Sie soll der bekannten. 
in den Tropenländern ziemlich verbreiteten und wegen 
ihrer essbaren Früchte angebauten S. mangifera ähn- 
lich sein, wächst aber im Queensland, also in Neu- 
holland; da sie deshalb in unseren Gewächshäusern 
eine geringere Wärme verlangen dürfte, möchte sie 
vor der eben genannten Art einen Vorzug haben. 


Die an der Spitze der Zweige stehenden Blätter 
sind gefiedert und haben eirund-lanzettförmige und 


sanzrandige Blättchen. Die unscheinlichen Blüthen 
bilden schmale Rispen. 

145. Stangeria schizodon schliesst sich der 
mehrfach in der Wochenschrift erwähnten St. paradoxa 
an, ist vielleicht gar nicht verschieden. Sie scheint 
durch einige grössere, vielfach eingeschnittene Zähne 
abzuweichen. Bis jetzt sind nur junge Pflanzen von 
William Bull in London zu beziehen, wo die Blätter 
noch aus 3 Paar Fiederblättchen bestehen. Auch 
diese Cycadee wurde, wie die andere dieses Ge- 
schlechtes, von Port Natal eingeführt. 

146. StenosiphoniumRussellianum N. v.E. 
ist ein ostindischer Blüthenstrauch aus der Familie 
der Akanthaceen. Seine eirunden Blätter sind unbe- 
haart. Die langröhrigen Blüthen erweitern sich nach 
oben trichterförmig und stehen einzeln oder büschel- 
weise an einem gemeinschaltlichen allgemeinen Stiele, 


gipfel- oder seitenständige Aehren bildend. 


147. Stephanophysum Baihiri ist eine 
andere uns völlig unbekannte Akanthacee. Die bis 


jetzt bekannten Arten genannten Geschlechtes wach- 
sen in Brasilien und stellen Weichsträucher oder 
Kräuter mit gegenüberstehenden und gezähnten Blät- 
tern dar. Aus deren Winkel kommen die langröhri- 
sen Blüthen hervor und bilden Scheindolden. 

148. Stevia suaveolens Lag. ist ein kraut- 
artiger Körbehenträger aus der Abtheilung der Eupo- 
torineen und bildet eine sich verästelnde Pflanze, 
deren Aeste aber ziemlich grade in die Höhe gehen. 
Die rautenförmig-lanzettlichen Blätter sind von 3 Längs- 
nerven durchzogen und haben, wie viele andere dieses 
Geschlechtes, einen aromatischen Geruch. Die weissen 
Blüthenkörbehen bilden dichte Traubendolden. 

149. Von 7 Arten des Akänthaceen-Geschlechtes 
Strobilanthes bieten Haage und Schmidt in Erfurt 
Samen an. sich diese hier aufgeführten 
Arten von denen, welche William Bull vor einigen 
Jahren in den Handel brachte (vergl. 11. Jahrg. d. 
Wochenschr. 182), unterscheiden, vermögen wir nicht 
zu sagen, da die letztern bisher keiner botanischen 
Kontrole unterlagen und unter den angegebenen Na- 
men wenigstens nicht beschrieben waren. Die Stro- 
bilanthes-Arten stehen den Stephanophysen nahe und 
gehören mit diesen in die Abtheilung der Ruellien. 

7 von Haage und Schmidt aufgeführten 


In wiefern 


Von den 7 
Arten sind 5 beschrieben. 

Str. anceps N. v. E. bildet einen niedrigen 
Weichstrauch mit ungleich-grossen,, unten behaarten 
und eirund-lanzettförmigen Blättern und mit purpur- 
violeiten Blüthen, während Str. cerinthoides N. 


v.E. dem bekannten Str. Arnottianus Ähnlich erscheint, 
nur weniger behaart ist, Str. pulcherrimus ist 
uns völlig unbekannt und scheint noch nicht be- 
schrieben zu sein. Str. rhamnifolius ist wohl 
ButeraearhamnifoliaN.v.E. Hier ist der Stengel 
im unteren Theile völlig unbehaart, im oberen aber 
weissfilzig. Str. trifidus N. v. E. soll dem Str. 
Heyneanus ähnlich sein und hat Stengel und Blätter 
mit kurzen steifen Haaren besetzt. Str. vestitus 
N. v. E. ist dagegen weich- und langhaarig. Str. 
viscosus endlich kennen wir wiederum nicht. Dem 
Namen nach ist die Behaarung klebrig. Sollte 
es Str. glandulosus Bl. oder glutinosus N. v. E. 
sein? Alle diese Strobilinthes - Arten wachsen 
Ceylon. 

150. Tilandsia gigantea Reg. 
Rözl auf den westlichen Kordilleren des südlichen 
Amerikas entdeckt und gehört zu den schönsten 
Dekorations-Pflanzen mit allerdings für das Genus 
riesigen Dimensionen. Aus dem von breiten Blättern 
gebildeten Becher erhebt sich ein allgemeiner Blüthen- 


wurde von 


stiel von 13 Fuss Höhe, der aber wiederum eine 
Blüthenähre von 10 Fuss trägt. 
151. Turraya heterophylla Sm. ist eine 


Meliacee Südafrika’s und bildet einen niedrigen und 
ästigen Strauch mit ganzen und 3lappigen Blättern, 
welche (nach William Bull) vor der Entfaltung der 
Blüthen abfallen sollen. Diese haben eine weisse 
Farbe und stehen in geringer Anzahl und gestielt im 
Winkel der Blätter. Die Staubgefässe sind zu einer 
Röhre vereinigt. 

152. Uncaria Gambir Roxb. 
scher Kletterstrauch aus der Familie der Rubiaceen 
und hat in sofern eine Wichtigkeit, als ein adstrin- 
sirender Stoff, welcher unter dem Namen Gambir 
als eine Art Katechu sich im Handel befindet, von 
ihm gewonnen wird. Die länglichen, lederartigen 
und deshalb bleibenden Blätter sind ungestielt und 
werden auf beiden Seiten an der Basis von Neben- 
blättern begleitet. Die röhrig-trichterförmigen Blüthen 
Vaterland ist 


ist ein ostindi- 


bilden winkelständige Köpfchen. die 
östliche Küste Hinter-Indiens. 

153. .Urtica caracassana Jacg. heisst jetzt 
Urera ecaracassana Gris. und gehört zu der hol- 
zigen Nesseln. Es ist eine zu empfehlende Blatt- 
pflanze. welche im Sommer ins Freie gebracht, gleich 
andern krautartigen Verwandten, besonders auf einem 
Rasenstücke, Effekt machen kann. Die grossen, fast 
einen Durchmesser enthaltenden Blätter sind an der 
Basis bald herzförmig, bald abgerundet, haben eine 


auf 


256 


dunkelgrüne Farbe und sind, ausser mit Brennhaaren, 
noch mit kleinen Wärzchen, welche abfallende Haare 
tragen, besetzt. Die rosafarbigen Blüthen bilden 
dichotome Scheindolden und sind auf einem und dem- 
selben Exemplare getrennten Geschlechtes. Der auf- 
geblasene Kelch wächst nach der Befruchtung in 
der weiblichen Blüthe weiter und wird schliesslich 
fleischig. 

154. Vanda eristata Lindl. (Reg. Gartenfl. 
Tab. 680) wurde von Wallich in Ostindien entdeckt 
und schon 1840 in englischen Gärten eingeführt, ist 
aber immer selten geblieben. Wie bei den übrigen 
Arten dieses vielfach und gern kultivirten Geschlechtes, 
stehen die fleischigen und gekielten Blätter in 2 Reihen 
und haben am oberen Ende einen scharfen Ausschnitt. 
Auf kurzem gemeinschaftlichen und aus dem Winkel 
der Blätter hervorkommenden Stiele befinden sich 
nur 2 und 3 Blüthen. Die gelben Blumenblätter haben 
sämmtlich eine gleiche längliche Gestalt, während 
die rothgestreifte Lippe an ihrer Basis in einen Sporn 
ausgezogen ist. 

155. Veitchia Canterburyana ist dieselbe 
Palme, welche wir früher unter dem Namen Kentia 
Canterburyana aufgeführt haben. 

156. Verbesina erocata Less. gehörte vor 
einem Jahrzehente zu den auf Rasen beliebten, aber 
aus den Gärten verschwundenen Blatt- 
pflanzen aus der Familie der Körbchenträger (vergl. 
4. Jahrg. 2353) und wird jetzt von Haage und 
Schmidt in Erfurt von Neuem eingeführt. 

157. Vestia Iyeioides Willd. ist ein chile- 
nischer Strauch vom Ansehen eines Cestrum, wes- 
halb er in den Gärten früher auch als Cestrum 
vespertinum, bisweilen auch als Cantua foetida, 
kultivirt wurde. Die gestielten, umgekehrt-eirunden 
oder Jänglich - spathelförmigen Blätter sind etwas 
fleischig, völlig unbehaart und haben einen ganzen 
Rand. Die gelblich-grünlichen Blüthen befinden sich, 
wie bei dem gewöhnlichen Bocksdorne (Lycium), in 
dem Winkel der Blätter und auf besonderen kurzen 
nach obef erweiterte 


wiederum 


Zweigen, haben eine lange, 
Röhre und hängen über. 

158. Wigandia floribunda hat seinen Namen 
von dem Reichthum blauer Blüthen erhalten, welche 
grosse Blüthenstände bilden. Sie ist ein Blendling 
von W. caracassana und Vigieri und steht hinsicht- 
lich des äusseren Ansehens und der Blattformen 
zwischen beiden. Wie viele andere Blendlinge, so 
blühet auch diese weit früher, als die beiden Mutter- 
pflanzen. 


Verlag von Wiegandt & Hempel‘in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15 


® 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pfllianzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


Seneral-Sekretär des Vereines. 
G l-Sekretär des Vereine 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 27. August, Nachmittags 5 Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung 
des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: 543. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 30. Juli. — Berichtigung über Agaven. — 


Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer Kulturgewächse. 


43. Versammlung ‚ bei der Festausstellung habe man die gestellte Auf- 


; f R : sabe des Programmes nur deshalb nicht weiter be- 
des Vereines. zur Beförderung des Gartenbaues, rathen, als es unmöglich sei, vom blossen Sehen 


am 30. Juli. über die Brauchbarkeit der ausgestellten Etiketten 


Da der Vorsitzende verreist war, übernahm | zu urtheilen. Dazu gehöre eine längere Zeit der 
sein Stellverti. »r, Garteninspektor Bouche&, den | Beobachtung. Da auch Kunst- und Handelsgärtner 
Vorsitz. Den grössten Theil der Sitzung füllten die- Louis Mathieu, der für die beste Lösung der 
ses Mal innere Angelegenheiten aus. Von Seiten | Etikettenfrage einen Preis ausgesetzt hatte, den An- 
des landwirthschaftlichen Ministeriums wurde auf | trag des Garteninspektors Bouche& unterstützte und 
Vorschlag des Vorstandes dem Lithographen Gott- | sich bereit erklärte, denselben Preis auch fernerhin 
hold Elssner in Löbau (Königr. Sachsen) für na- | zur Verfügung zu stellen, so wurde von der Ver- 
turwissenschaftliche Anschauungsvorlagen eine sil- | sammlung beschlossen, die beiden Aussteller zu er- 
berne Medaille für Landwirthschaft zugesprochen | suchen, dem Vorstande noch eine Anzahl solcher 
und dieselbe ihm alsbald übersendet. Weiter machte | Etiketten zum Vertheilen an Gärtner zu Versuchen 
der Garten-Inspektor Bouche hinsichtlich der Fest- _ zu übergeben. Garteninspektor Bouch&, Stadtgarten- 
Ausstellung noch den Antrag, dass die beiden  direktor Meyer und Öbergärtner Perring zeigten 
Aussteller von Pflanzen - Etiketten: J. G. Müller, sich bereit, mit den ihnen übergebenen Etiketten dann 
Emailleur in Alt-Schöneberg, und Hermann | Versuche anzustellen und im nächsten Frühjahre zu 
Günther, Hof- Photograph, Berlin, ersucht wer- | berichten. 
den möchten, dem Vereine noch eine Anzahl | Ausgestellt waren, abgesehen von einer grossen 
von letzteren zur Verfügung zu stellen; damit ' Anzahl von Topfpfilanzen zur Verloosung aus dem 
ihre Zweckmässigkeit erprobt werden könnte. Die  Versuchsgarten des Vereines, zunächst vom Rentier 
Etiketten - Frage sei eine so wichtige, dass der Paetow ein Lilium auratum mit 17 Blüthen. Es 
Verein, nachdem er sie einmal auf die Anregung | war ein stattliches Exemplar, wie es, wenigstens in 
des Kunst- und Handelsgärtners Louis Mathieu | Berlin, noch auf keiner Ausstellung vorhanden ge- 
in die Hand genommen, sie nicht wieder aufgeben wesen, und was deshalb die Aufmerksamkeit der 
könne, ohne sie auf irgend eine Weise zur Erledi- | Anwesenden in hohem Grade in Anspruch nahm. 
sung zu bringen. Von Seiten des Preisrichter-Amtes || Mehre der Anwesenden fanden, dass die Blumen in 


33 


| 
| 
| 
| 


manchen Stücken sich von denen, wie man sie bis- 
her gesehen, unterschieden. Dagegen wurde erwidert, 
dass Lilium auratum keineswegs eine gute Art dar- 
stelle, sondern erst nach sehr langer Kultur aus Li- 
lium laneifolium der Gärten hervorgegangen sei, dass 
es demnach, wie alle Blumen der Art, von Hause 
aus zu Abänderungen geneigt sei. Prolessor Koch 
theilte mit, dass er im vorigen Jahre bei einem Lieb- 
haber in England ein mehre Quadratruthen umfassen- 
des Beet mit Lilium auratum bepflanzt gesehen, wo 
in der Form, noch mehr aber in der Farbenzeich- 
nung eine grosse Mannigfaltigkeit in den Blumen ge- 
herrscht habe. 

Garteninspektor Bouche hatte aus dem botani- 
schen Garten eine Anzahl blühender Pflanzen, welche 
für Liebhaber und Gärtner Interesse hatten, ausge- 
stellt. Zunächst war es eine Oxalis caprina mit 
gefüllten Blumen; bisher haben wir in Gärten noch 
keine gefüllt blühenden Oxalis-Arten gehabt. 0. 
prina wächst in Südafrika, bedarf also keiner grossen 
Wärme und Pflege im Winter. Zwischen den freu- 
dig-grünen Blättern kommen die gelben Blüthen zwar 


92 


einzeln stehend, aber ziemlich reichlich hervor. Töpfe 
mit dieser Oxalis-Art bepflanzt, können auf Terrassen, 
an Freitreppen, Fensterbrüstungen u. s. w. vortheil- 
haft angewendet werden. - Dr. Bolle fügte diesem 
hinzu, dass auf Madeira eine andere südafrikanische 
Oxalis- Art mit gelben Blüthen verwildert sei, 
diese sich ebenfalls zum grossen Theile im gefüllten 
Zustande befänden. Es sei dieses OÖ. cernua. 
Eine zweite Pflanze der Sammlung des botani- 
schen Gartens, welche Empfehlung verdient, war 
Campanula Vidalii der Kanarischen Inseln. Sie 
kann in Töpfen auf gleiche Weise Verwendung fin- 
den. Obwohl sie bereits seit 


wo 


segen 15 Jahren ein- 
seführt ist, hat sie doch keine allgemeine Verbreitung 
Da sie mehrere Male früher 
schon in der Wochenschrift besprochen worden ist, 
verweisen wir hier auf das, was dort gesagt ist. 
Eine dritte, durch ihre schönen rothen Blüthen aus- 
gezeichnete Pflanze ist die etwas länger schon ein- 
So 
Aufsehen sie im Anlange machte, so ist sie doch 
leider wiederum ganz und gar 


gefunden. bereits 


geführte Zauschneria ealifornica. grosses 
aus den Gärten ver- 
schwunden. Gleich den halbstrauchigen Salbei-Arten 
mit blauen und rothen Blüthen, die trotz ihrer Schön- 
heit und Mannigfaltigkeit ebenfalls heut zu Tage nicht 
mehr in Gärten gesehen werden, ist sie zu Einfas- 
sungen nicht weniger, als zu Beetpflanzungen, ganz 
vorzüglich. 

Unter den neueren Lobelien sind Lobelia picta 
und Trentham blue besonders zu empfehlen; die 


letztere hat eine grosse Aehnlichkeit mit der frühe- 
ren L. Erinus azurea grandiflora. Diese Lobelien 
gehören zu den besten Zwergpflanzen für Teppich- 
beete und Arabesken und haben bereits bis in die 
entferntesten Gegenden in den Provinzen eine Ver- 
breitung gefunden. 

Aus der Zahl einem wärmeren Klima angehören- 
der Pflanzen der Sammlung des botanischen Gartens 
nennen wir Aechmea coerulescens, welche vor 
längerer Zeit schon der botanische Garten aus Pe- 


tersburg erhielt. Wahrscheinlich ist Brasilien das 
Vaterland. Wenn sie auch wegen ihrer porzellan- 


blauen Blüthen keineswegs den Effekt macht, wie 
die rothblühenden Arten genannten Geschlechts, so 
verdient sie doch immerhin unsere Berücksichtigung. 
Wir machen darauf aufmerksam, dass sämmtliche 
Aechmeen der Gärten oder Lamprococeus-Arten auch 
in dem Zimmer vorzüglich gedeihen, wenn man ihnen 
nur einige Aufmerksamkeit zuwendet. Wir kennen 
in Brüssel einen uns befreundeten Blumenliebhaber, 
der neben Lamprococeus-Arten auch noch viele an- 
dere Bromeliaceen in seinem Zimmer kultivirt. Auch 
in Paris gehören Bromeliaceen zu den Lieblingspflan- 
zen für Zimmer und finden sich stets auf den Blu- 
menmärkten vor. Es sind ausserdem noch die Bill- 
bergien und ächte Bromelien mit im bunten Herz 
sitzenden Blüthenständen, welche hauptsächlich in 
grosser Menge in Paris für Zimmerkultur herange- 
zogen werden. 

Von den anderen Warmhauspflanzen nennen wir 
noch Jochroma eoceinea (Chaenestes gesneriflora). 
mit einer Traube matt-scharlachrother und überhän- 
sender Blüthen. Da sie schon im ersten Jahre blüht, 
wenn man nur recht zeitig im Frühjahre Stecklinge 
im Mistbeete macht, hat sie noch einen besonderen 


Werth. Sehr hübsch nahm sich dagegen Naegelia 
multiflora mit ihren schneeweissen Blüthen aus. 


Schliesslich waren 8 verschiedene Achimenes-Sorten, 
in den Zeichnungen der Blüthen mannigfach wech- 
selnd, vorhanden. Schade, dass auch diese Flor- 
blumen mehr aus den Gärten verschwinden. 
Es ist jetzt auch eine Aufgabe der botanischen Gär- 
ten, und besonders eines so grossartigen Institutes, 
wie der botanische Garten in Berlin ist, dergleichen 
Pflanzen der Gärten auch fernerhin zu kultiviren, da- 
mit sie nicht ganz der Kultur verloren gehen. Man 
muss bedauern, dass die Zahl der kultivirten Pflan- 
zen allmählig so gross wird, dass man sie gar nicht 
mehr oder doch nur in einer Weise aufnehmen kann, 
dass sie wegen des beschränkten Raumes, der ihnen 
in den Gewächshäusern geboten werden kann, sich 
nicht ordentlich entwickeln Können. 


immer 


; 259 


Kunst- und Handelsgärtner Boese hatte einige 
neuere Kartoffeln ausgestellt: 

1. Boueh&’s Sämling Nr. 1 ist eine feine 
weisse Nierenkartoffel, etwas grösser als unsere be- 
kannte lange Sechswochen-Kartoffel und ebenso früh- 
zeitig. Sie ist viel reichtragender als diese und hat 
auch ein etwas höheres Kraut. 

2. Bowehe’s Sämling Nr. 36 desgleichen 
eine feine weisse Nierenkartoffel und auch ähnlich 
der langen Sechswochen -Kartoffel, doch im Allge- 
meinen viel kleiner und bedeutend früher (mindestens 
6 bis 10 Tage) reifend, eine Eigenschaft, welche bei 
einer Frühkartoffel von allergrösster Wichtigkeit ist. 
Das Kraut bleibt nur sehr klein. 

Beide Sorten hat der Inspektor im botanischen 
Garten zu Berlin, Bouche, vor gegen fünf Jahren aus 


Samen von Paterson’s weissen Vietoria - Kartoffeln 
gezüchtet. Sie wurden vom Kunst- und Handels- 


gärtner Boese nach von ihm weiter fortgesetzter 
Kultur unter etwa 40 Sorten für die besten erklärt. 
In der 4jährigen Kulturzeit ist keine Pflanze der bei- 
den Sorten erkrankt. 

3. King of the Early, 
wurde vor zwei Jahren, wie bereits früher in der 
Wochenschrift berichtet wurde, aus Nordamerika ein- 
geführt und zu hohen Preisen verkauft. Sie hat sich 
gut bewährt, ist früh, trägt sehr reich, schmeckt gut 
und wird gewiss die lange Sechswochen -Kartoffel 
bald verdrängen. 

4. Breese’s Peerless ist eine 
weisse Kartoffel und erst im vorigen Jahre aus Nord- 
Amerika eingeführt. Sie möchte, entgegengesetzt 
dem, was in der Wochenschrift früher ausgesprochen 
ist, keine grosse Zukunft haben. Sie trägt eben nicht 
besser, als andere, und hat den grossen Nachtheil, 
dass die Knollen entfernter vom Stocke sitzen, also 
bei der Herausnahme grössere Mühe machen. 

5. Die späte Rosen-Kartoffel ist erst in 
diesem Jahre aus Nord-Amerika eingeführt worden. 
Sie hat die guten Eigenschaften der jetzt schon mehr 
verbreiteten frühen Rosen - Kartoffel, nur das sie 
später und allem Anscheine nach reichtragender, 
als jene, ist. | 

6. Paterson’s früheste rothe Nieren- 
Kartoffel ist ebenfalls eine sehr frühe, ziemlich roth 
aussehende Sorte, welehe indess, wie es scheint, 
einen etwas strengen Geschmack hat. 

7. Eine noch unbestimmte Sorte fand 
Kunst- und Handelsgärtner Boese im Frühjahr 1871 
unter mehren Centnern der aus Nordamerika impor- 
tirten Kartoffel „König der Frühen“ sehr abweichend 
von den anderen. Die Knolle war ähnlich unserer 


König der Frühen, 


mittelfrühe 


langen Sechswochen-Kartoffel, doch bedeutend grösser. 
Sie wurde angebaut und gab eine Staude gegen 
11/; Metzen der schönsten Kartoffeln, welche wiederum 
sämmtlich in diesem Jahre ausgelegt wurden, um sie 
weiter zu prüfen. Wie es scheint, zeigt sie sich als 
sehr ertragreich, ist mittelfrüh und hat einen ziemlich 
starken Wuchs. Endlich sitzen die Knollen in der 
Nähe der Staude. Der Geschmack lässt an Feinheit 
nichts zu wünschen übrig. 

Garten-Inspektor Bouche legte einige reich- 
beblätterte Stengel des Polygonum sacchalinense 
vor und empfahl dessen Anbau als Dekorations- 
Pflanze, besonders auf Rasen. 
zu Berlin befinden sich Exemplare, welche eine Höhe 
von 8 Fuss haben, die ganze Staude stellt dagegen 
einen Busch von 13 Fuss Durchmesser dar. Da die 
einzelnen Stengel und Zweige mit ihrem oberen Theile 
nach vorn überhängen, so bildet sie einen Schirm, 
unter dem 6 bis 8 Personen Schutz gegen die bren- 
nenden Strahlen der Sonne finden Dieses 
P. saechalinense verdient in jeglicher Hinsicht den 
Vorzug vor dem schon länger bekannten P. euspi- 
datum oder Sieboldij, dem es sonst sehr ähn- 

Die Blätter sind bedeutend grösser und 
im Durchschnitt nicht weniger als 1 Fuss 

Unser Klima verträgt es ebenso und 
nur empfindlich gegen Nachtfröste im 
Frühjahre. Abgesehen von darauf erfolgten 
Abfrieren der jungen Stengel hat es aber weiter 
keinen andern Nachtheil, denn es entwickeln sich 
aus neuen Knospen am unterirdischen kriechenden 
Stengel andere Stengel, die bald schon die abge- 
frorenen ersetzen. 

Die Empfehlung des P. sacchalinense und euspi- 
datum als Dekorations- Pflanze gab Gelegenheit, die 
Vorzüge und Nachtheile des letzteren von verschie- 
denen Seiten einer Kritik zu unterwerfen. Während 
die Einen in gutem Gartenboden gegen seine Kultur 
sich entschieden aussprachen, weil sie in Folge ihrer 
unterirdischen Stengel resp. Wurzeln den Boden sehr 
verunreinige, hielten Andere dies keineswegs für so 
schlimm. Wiederum meinten Einige, dass die Pflanze 
auch auf Sandboden vorzüglich sei, daher auch auf 
Eisenbahn - Böschungen, zum Binden Sandes 
u. s. w. empfohlen werden könne, dagegen behaupteten 
Andere, die Erfahrung gemacht zu haben, dass Po- 
lygonum euspidatum nur in den ersten Jahren üppig 
wachse, aber dann, besonders in schlechtem Boden, 
rasch nachlasse und verkümmere. 

Dr. Bolle empfahl die Pflanze als Futter, da 
sie auf seiner Havel-Insel (dem Scharfenberg) von 
Kühen und Ziegen begierig gefressen worden sei. 


35” 


Im botanischen Garten 


können. 


lich ist. 
haben 
Durchmesser. 
ist deshalb 
dem 


des 


260 


Es stimmte diese Angabe mit den Lobpreisungen des 
bekannten Japan-Reisenden v. Siebold, dem wir 
die Einführung der Pflanze verdanken, überein. In 
Japan soll sie ein vorzügliches Pferdefutter sein. Als 
aber gleich nach ihrer Einführung in Holland und 
Deutschland Versuche damit gemacht wurden, stellte 
es sich im Gegentheil heraus, dass kein Pferd, selbst 
wenn man es vorher hungern liess, die Blätter an- 
rührte. Da die Pflanze aber durchaus nützlich sein 
sollte, kam später ein Händler auf den originellen 
Gedanken, sie in der Zeit, wo die jungen Stengel 
aus der Erde treten und in dieser Gestalt eine Aehn- 
lichkeit mit essbarem Spargel besitzen, sie als ein 
Surrogat dieses beliebten Gemüses zu empfehlen. 
Mit grossen Lobpreisungen versehen, brachte man 
nun P. cuspidatum als neues Gemüse in den Handel. 
Trotz der Warnung in der Wochenschrilt und sonst 
wurde die Pflanze viel gekauft und man sah sich 
vom Neuen betrogen. 

Kunst- und Handelsgärtner Boese legte zwei 
Futterpllanzen vor und empfahl dieselben 
hatte den Namen Vicia 
sativa macrosperma, war aber die bekannte, im 
Süden Frankreichs und in Spanien als Futterpflanze 


wegen 


ihres Ertrages. Die eine 


angebaute Vieia narbonensis, welche sich von der 
nahverwandten 
dass 


V. Faba nur dadurch unterscheidet, 
die allgemeinen Blattstiele mit Ranken en- 

Auch ist diese Pflanze oft als 
Futterpflanze empfohlen, aber noch nicht zur Gross- 
kultur gekommen. 

Die andere Pflanze, Vicia hirsuta, hat mit der 
ächten Wieke dieses Namens nichts gemein, sondern 
ist die als Ervum hirsutum mehr bekannte und unter 
dem Getreide, besonders in Mittel- und Süd-Deutsch- 
land wachsende Pflanze. 


digen. bei uns 


Futterwerth hat sie gewiss, 
sie wird wenigstens unter dem Häcksel, wenn sie 
zulällig sich an den Halmen befindet, von dem Vieh 
herausgesucht. Dass sie aber als Futterpflanze ange- 


möchte man bezweifeln. 
ähnliche 
aul- 
Diese wird namentlich im russi- 
schen, aber auch im preussischen Polen viel ange- 


baut, da die Samen nicht bitter schmecken 


baut zu werden verdiente, 
Bei dieser Gelegenheit 
Pflanze, Vicia 
merksam gemacht. 


wurde aul eine 


oder Ervum monanthos, 


und als 
Linsen gegessen werden. 


Schliesslieh ist noch zu bemerken, dass die 


Preisrichter den ausgestellten Kartoffeln des Kunst- 
und Handelsgärtners Boese den Preis zusprachen. 


Berichtigung über Agaven 


vom General-Lieutenant v. Jacobi in Berlin. 

In Nr. 25 der Wochenschrift ist in dem Artikel: 
Bericht über die im letzten Jahre eingeführten 
Pflanzen sub 7, 

eines Blendlings erwähnt, den der Handelsgärtner 
Jean Verschaffelt zu Gent aus einer Befruchtung 
zwischen A. univittata Haw. und A. xylacantha Sim. 
gewonnen haben will. Zum Zeugniss der Wahrheit 
finden wir uns hier zu der Erklärung veranlasst, 
dass nicht Herr Jean Verschaffelt, sondern der 
Pflanzenliebhaber und Botanophyle Graf Kerchove 
d’Ousselghem zu Gent diese Hybride erzeugt hat. 
Im Sommer 1865 blühten bei demselben die beiden 
genannten Agaven gleichzeitig, und um nun aus 
diesem glücklichen Zusammentreffen Nutzen für die 
Gärtnerei zu erzielen, rückte er die Kübel beider 
Pflanzen dicht aneinander und band die Blüthenrispen 
derselben zusammen, so dass sich dieBlumen derselben 
gegenseitig befruchten mussten. Den von jeder der 
beiden Pflanzen gesammelten Samen säete er dann 
im Frühjahr 1866 aus und gewann auf diese Weise 
einige tausend junger Pflanzen, die er theils an seine 
Freunde verschenkte, theilweise auch Handelsgärtne- 
reien abliess. Diejenigen Pflanzen dieser Art, welche 
Jean Verschaffelt daher jetzt verkauft und für 
ein von ihm erzeugtes Produkt ausgibt, stammen 
sämmtlich aus dieser Quelle. 

Gleichzeitig sei es gestattet, hier noch einiger 
Pflanzen zu erwähnen, die Jean Verschaffelt 
auf der diesjährigen hiesigen grossen Blumen - Aus- 
stellung des Vereines zur Beförderung der Gärtnerei 
und Pflanzenkunde als von ihm neu eingeführte 

gaven ausgestellt hat. Er hat dieselben 
A. Killischii, 
A. Leopoldi, 
A. Perringii, 
Bonaparlia histrix nana 
benannt. 


Es sind dies aber nur in solern Neaheiten, als 
dieselben allerdings hier am Ort noch nicht ausge- 
stellt gewesen sind. Sie sind aber sämmtlich be- 
reits vom General von Jacobi beschrieben und 

benannt. 

A. Killischii ist die vom General v. Jacobi 
in den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft 
für vaterländische Kultur pro 1870/71 als A. splen- 
dens Hart. aufgeführte und beschriebene Pflanze, 
von der sich übrigens auch bereits hier in den 
Sammlungen des Barons Killiseh von Horn zwei 

| schöne Exemplare befinden. 


261 


A. Leopoldii ist nichts als eine von den hun- 
derten von Varietäten der weit verbreiteten und seit 
mehr als zehn Jahren in unsern Gärten bekannten 
A. Verschaffelti Lem. 

A. Perringii ist eine etwas stärker bestachelte 
Form der A. rigidissima Jacobi, welche bereits 
in Nr. 23 Jahrgang 1869 der Wochenschrift für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde durch General v. Jacobi 
beschrieben ist. 

Die Bonapartia histrix nana ist die von 


Dr. Kellack in London im Laufe der sechziger 


Jahre eingeführte und von General v. Jacobi in 
den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschalt 


pro 1868/69 auf Seite 163 beschriebene A. echi- 
noides. 


Das frühzeitige Treiben und Blühen 


unserer Kulturgewächse. 

Es ist allgemein anerkannt, dass 
Jahre die Witterung abnorm war. Da aber die Vege- 
tation von der Witterung abhängig ist, so dürlte es 
auch nicht auffallen, dass in der Entwickelung der 
Pflanzen ebenfalls manche Erscheinung vorkam, 
welche von den normalen Verhältnissen abweichend 
erschien. Fine solche abnorme Erscheinung war 
beispielsweise, dass die Runkeln und mit ihnen alle 
rübenartigen Wurzeln noch in demselben Jahre zu 
treiben anlingen, also etwas thaten, was erst im 
nächsten Frühjahre geschehen sollte. 

Dass ein solches frühzeitiges Treiben bei Kultur- 
pflanzen für Landwirthschaft und Gärtnerei ausser- 
ordentlich schädlich ist, liegt klar vor. Der Mensch 
will bei genannten Pflanzen die Reservestoffe, welche 
zu ihrer Entwickelung im nächsten Frühjahre die 
nöthige Nahrung geben sollen, für sich benutzen. 
Wenn die Rübe oder Knolle aber, in der die Re- 
servestoffe aufgehäuft sind, schon im Herbste zur 
Entwickelung der jungen Pflanze, d.h. zum Treiben, 
Anstalten macht, so werden natürlich die Reserve- 
stoffe zum Theil schon verzehrt, oder wenigstens so 
umgeändert, dass sie nicht mehr dem Menschen zur 


im vorigen 


Nahrung dienen können. Es tritt natürlich "damit 
ein nicht unbedeutender Verlust an Nahrungsstoff 


für den Menschen oder sein Vieh ein. Der Mensch 
sieht sich gezwungen, die getriebenen Rüben oder 
Wurzeln, zum Theil wenigstens, wegzuwerfen, an- 
statt sie aufzuzehren. 

Die Landwirthe Schlesiens, über das Austreiben 
ihrer Wurzeln bestürzt, wandten sich in ihrer Be- 
sorgniss an Professor Dr. Cohn Breslau, 


in um 


wenigstens Aufklärung in dieser sonderbaren, ihnen 
so schädlichen Erscheinung, wenn auch nicht Ab- 
hülfe zu erbitten. Niemand konnte wohl auch mehr 
im Stande sein, diese zu geben. Professor Cohn 
hat hierauf in der Generalversammlung des Jandwirth- 
schaftlichen Central-Vereines für Schlesien vom 21. 
November v. J. über diesen interessanten Gegen- 
stand einen Vortrag gehalten, er zugleich die 
physiologischen Verhältnisse der Pflanze zum Ver- 
ständniss dieser abnormen Erscheinung in der ihn 
eigenen klaren Manier auseinandersetzte. 

Dass wirklich im Jahre 1871 abnorme Witte- 
rungsverhältnisse obwalteten, bewies Professor Cohn 
zunächst aus den meteorologischen Beobachtungen, 
welche Professor Galle regelmässig auf der König- 
lichen Sternwarte in Breslau anstellt. Die Verthei- 
lung von Regen und Wärme wich im genannten 
Jahre von der, wie sie gewöhnlich vorkommt, un- 
gemein ab. In den Monaten Juni und Juli erreicht 
die Regenmenge in der Regel eine Höhe von 59,90 
Pariser Linien, während sie im vorigen Jahre 119,,; 
betrug. Umgekehrt zeigte die Regenmenge in den 
Monaten August, September und Oktober, wo sie 
sonst im Durchschnitt eine Höhe von 71,;, hat, nur 
30,3,, also 41,,, Pariser Linien weniger. Also auch 
in dieser Zeit herrschte gerade das umgekehrte Ver- 
hältniss gegen früher. 

Nicht weniger abnorm war es mit der Wärme 
der Fall. Bis zum 10. August war bedeckter Him- 
mel vorherrschend; es kam in dieser Zeit zu keiner 
andauernd hohen Temperatur. Mit dem 10. August 
trat aber eine ungewöhnliche Wärme welche 
bis zum 7. September dauerte und nur am 16. und 
17., so wie zwischen dem 27. und 31. August durch 
kühlere Tage unterbrochen Der 
Durchschnitt der Tageswärme wurde von 1 bis 6 
Graden übertroffen. der 25. 
August mit 18,;, anstatt der normalen Wärme von 
13,; Grad, ausserdem aber noch die Tage vom 2. 


wo 


ein, 


wurde. normale 


Besonders heiss war 


bis 7. September. Der 5. genannten Monats hatte 
sogar ein Maximum von 25,, Grad und war mit dem 
11. Juli der heisseste Tag im Jahre. 
der mittleren Tagestemperaturen betrugen vom 
August bis 8. September 449 anstatt 404,, Grad. 

Dass die Vegetation im vorigen Jahre demnach 
auch der würde, 
war vorauszusehen; die Abweichungen selbst gingen 
mit den Veränderungen der Witterung Hand 
Hand. Eine dieser Abweichungen war auch das be- 
reits erwähnte Streben der Wurzeln und Knollen, im 
Herbste schon, 

Da wir voraussetzen dürfen, 


Die Summen 
10. 


von normalen Weise abweichen 


in in 


anstatt im Frühjahre auszutreiben. 
dass dergleichen 


262 


Mittheilungen über das Leben der Pflanze auch den ! vorarbeiten. Wir nennen unter den Thieren die letz- 


Gärtner und Laien interessiren, so stehen wir nicht 
an, in der Wochenschrift diesen Gegenstand eben- 
falls um so mehr zu besprechen, als wir oft ver- 
sucht sind, von Zeit zu Zeit aus dem Leben der 
Pflanze vom wissenschaftlichen Standpunkte aus Mit- 
theilungen zu machen. 

Pflanzen und Thiere ergänzen sich gegenseitig. 
Die Pflanze arbeitet dem Thiere vor. Wenn das 
Thier nach seinem Tode sich auflöst und in seine 
ursprünglichen Bestandtheile zerfällt, wird der Pflanze 
in diesen wieder eine Gelegenheit geboten, sich 
durch Aufnahme neuer Stoffe weiter auszubilden. 
Nur die Pflanze (mit Ausnahme der Pilze und Pflan- 
zen-Schmarotzer) kann aus den Elementen, also aus 
den einfachsten Stoffen die Nahrung bereiten, 
sie das ganze organische Leben, also Pflanzen und 
Thiere, zu seiner weiteren Entwickelung bedarf. 
Diese Nahrung, oder die Wissenschaft ge- 
wöhnlich in diesem Falle nennt, die nährenden Be- 
standtheile der Pflanze, zu denen in erster Reihe die 
sogenannten Kohlenstofl-Hydrate, Stärkemehl, Zucker, 
Schleim u. s. w., so wie die sticksteflhaltigen Pro- 
tein- oder Eiweissstoffe gehören, bildet die Pflanze 
mit Hülfe des in den grünen Theilen, besonders in 
den Blättern befindlichen Blattgrüns oder Chloro- 
phylis und verbraucht sie nicht alsbald zu ihrer Aus- 
bildung, sondern häuft sie zuerst an besonderen 
Theilen an,: um sie gelegentlich zu verwenden. 
Solche Stellen, wo dieses Aufhäufen der Nahrungs- 
stofle in grösserer Menge geschieht, sind z. B. die 
knolligen und rübenartigen Gebilde, das Holz bei 
den Bäumen u. s. w. Man belegt diese Stellen 
neuerdings im Allgemeinen wohl auch mit dem Na- 
men von Magazinen, während man die darin enthal- 
tene Nahrung dagegen Reservestoffe nennt. 

Aber nicht die Pflanze bildet allein aus den Re- 
servestoflen ihre Organe und vergrössert sich durch 
deren Verwendung, auch das Thier ist gezwungen, 
Stoffe in sich aufzunehmen, um sich weiter 
entwickeln zu können. Aus diesen Reservestoffen 
bildet das Thier sein Fleisch, aus den 
ebenfalls darin enthaltenen anorgani- 
schen Stoffen, wie Kalk u. s. w., entstehen die Knochen. 
Wie es gibt, wie die Pilze und Schma- 
rotzer, nährenden Pflanzentheile nicht 
selbst bilden können, sondern diese anderen Pflan- 
zen entnehmen, so haben wir auch Thiere, welche 


wie 


wie sie 


diese 


sein Fett, 
sogenannten 


Pflanzen 
welche die 


diese ihre ursprüngliche Nahrung nicht direkt den 
Pflanzen entnehmen, sondern wiederum andere Thiere 
sebrauchen, resp. verzehren müssen, welche ihnen 
die Umwandlung der pflanzlichen Stoffe in thierische 


teren Fleisch-, die ersteren Pflanzenfresser. Der 
Mensch ist beides zugleich und. nährt sich, je nach 
der Individualität, vorherrschend bald von pflanz- 


lichen, bald von thierischen Stoffen. 


Seitdem der Mensch überhaupt auf der Erde, 
und speciell in einigen Ländern, sich auf eine Weise 
vermehrt hat, dass die wildwachsenden Pflanzen 
nicht mehr zu seiner und seines Viehes Nahrung 
ausreichten, so sah er sich gezwungen, die Pflanzen, 
welche vorherrschend ihm Nahrung darboten, in ihrem 
Wachsthume zu begünstigen, schliesslich zu kultivi- 
ren. Da auch dieses bei zunehmender Bevölkerung 
nicht mehr ausreichte, so verwendete er auf seine 
Kulturpflanzen in so fern noch eine besondere Auf- 
merksanıkeit, als er ihnen mehr und zusagendere 
Nahrung darbot, damit sie besser arbeiten, d. h. mehr 
nährende Bestandtheile in den Magazinen niederschla- 
gen und auf diese Weise anhäufen konnten. Indem 
diese Aufmerksamkeit von Seiten des Menschen Jahr- 
tausende lang fortgesetzt wurde, erhielten allmählig 
unsere Kulturpflanzen die Vervollkommnung, wie wir 
sie jetzt haben und wie sie uns jetzt die meisten 
Nahrungsstoffe geben. Es ist dieses aber eine Ver- 
vollkommnung im menschlichen, nicht im natürlichen 
Sinne. Eben so wenig wie wir die abnorme Fett- 
bildung bei dem Menschen nicht einen normalen Zu- 
stand nennen können, eben so unzureichend ist es 
vom natürlichen Standpunkte aus, wenn wir die Kar- 
toffel unserer Tafel oder gar den Blumenkohl als den 
orderttlichen Zustand der Pflanze betrachten wollten. 

Dass die Pflanzen unter solchen Umständen, wo 
auf sie Jahrtausende und zwar nach einer bestimm- 
ten Richtung eingewirkt wurde, sich auch im äusse- 
ren Ansehen allmählig ändern mussten, ist natürlich. 
Diese Umänderung ist bei einigen Kulturpflanzen oft 
in einer Weise geschehen, dass man die ursprüng- 
liche Form der Pflanze gar nicht mehr kennt. Es 
ist dieses namentlich mit unserem Getreide, wenig- 
stens mit dem Weizen, und wohl auch mit dem Rog- 
gen und der Gerste, der Fall. Der Pfirsichbaum ist 
wahrscheinlich aus dem Mandelbaume entstanden. 
Die anfangs wenig fleischige, später austrocknende 
Fruchthülle der Mandelfrucht ist durch Jahrtausende 
lange Kultur fleischig und damit zur Pfirsiche gewor- 
den. Es ist dieses geschehen in einer Weise, dass 
die Pfirsiche jetzt zu den Früchten gerechnet wird, 
welche den feinsten Wohlgeschmack haben. Ich 
habe auf meinen Reisen im Oriente Kirschbäume 
und Weinstöcke gesehen, wo die Früchte so wenig 
Fleisch besassen, dass man sie gar nicht geniessen 


konnte. Nur die viele Jahrtausende anhaltende Kul- 


Ben. 


tur hat auch hier diese Umänderungen in genannten 
Früchten, wie wir sie jetzt sehen, hervorgebracht. 
So interessant es auch ist, sieh der wahrscheinlichen 
Ursachen bewusst zu sein, wodurch diese Umände- 
rungen hervorgerufen wurden, so würde es uns jetzt, 
wenn wir es thun wollten, doch zu weit führen; wir 
müssen uns auf Angaben über das Leben der Pflanze 
überhaupt beschränken, wie wir es anfangs aus- 
gesprochen haben. Auf jeden Fall behalten wir es 
uns aber vor, diesen Gegenstand ebenfalls einmal in 
diesen Blättern zu besprechen. 

Abgesehen von der ersten Nahrung für das or- 
sanische Leben unterscheidet sich die Pflanze aus- 
serdem auch von dem Thiere dadurch, dass bei ihr 
die Zelle, aus der Pflanzen und Thiere entstehen, 
und welche daher beiden Reichen eigenthümlich ist, 
eine grössere Selbständigkeit besitzt, dass sie in der 
Pflanze nie in der Weise zum Besten des Ganzen 
untergeht, wie bei dem Thiere. Man kann unter 
gewissen Umständen aus jeder Pflanze eine Zelle, 
oder doch wenigstens einen Zellenkomplex, wie das 
Auge beim Okuliren, herausnehmen, gibt ihr oder 
ihm die zu der weiteren Ausbildung nöthigen Bedin- 
sungen, und sie entwickelt sich alsbald zum selbst- 
ständigen Individuum, gleich als wäre dieses aus 
Samen hervorgegangen. Nicht so beim Thiere, wo 
nur bei den Polypen, manchen Würmern, wie z. B. 
bei den Bandwürmern, Ablösungen bestimmter grös- 
serer Theile behufs von Neubildungen von Indivi- 
duen geschehen können. 

Es gibt auch selbständige Pflanzen oder we- 
nigstens Zustände von Pflanzen, wo das Individuum 
nur aus einer einzigen Zelle besteht, wo demnach 
diese alle organischen Funktionen der Ernährung 
und Fortpflanzung übernimmt. Bei anderen Pflanzen 
sind die verschiedenen Funktionen auf verschiedene 
Zellen, die man dann Organe nennt, vertheilt. Der 
Hefenpilz ist beispielsweise eine Pflanze, welche nur 
aus einer Zelle besteht, diese muss alle Funktionen 
des pflanzlichen Lebens verrichten. Die Zelle hat 
also hier für die Erhaltung durch die Ernährung, 
aber auch für die Vermehrung, d. h. für ihre Fort- 
pfllanzung zu sorgen. Ihnen schliessen sich andere 
Pflanzen an, welche nur aus wenigen Zellen beste- 
hen, und hauptsächlich im Meere leben, um den dort 
lebenden niederen und höheren Thieren ebenfalls als 
Nahrung zu dienen. 

Dergleichen Pflanzen sind unserer Ansicht nach 
die echten Proletarier im Pflanzenreiche, und nicht 
die Sommergewächse, wie unser verehrter Freund 
und Kollege Professor Cohn meint. Sie allein leben 
von der Hand in den Mund und vermehren sich ins 


Unendliche, ohne für ihre Nachkommen auch nur im 
Geringsten zu sorgen. Sie arbeiten ferner für An- 
dere, indem sie als Nahrung dienen. Bei den ein- 
Jährigen Pflanzen ist es wesentlich anders, wie wir 
später sehen werden. 

Je mehr Zellen eine Pflanze besitzt, um so mehr 
werden sich diese bei der Verrichtung der Funktionen, 
also in den zum Leben nothwendigen Arbeiten, theilen. 
Die erste Theilung betrifft die Erhaltung des Indivi- 
duums, also die Ernährung und die Erhaltung der 
Art, also die Fortpflanzung. Dass die eigene Er- 
haltung vorausgehen muss, ist natürlich, es folgen 
die Vorbereitungen zur Erhaltung der Art deshalb 
erst später. Viele Pflanzen schliessen, wenn durch 
Bildung von Samen für die Erhaltung gesorgt ist, 
ihr Leben ab und gehen damit zu Grunde. Man 
nennt dergleichen Pflanzen Sommergewächse oder 
annuelle Pflanzen, weil sie nur einen Sommer dauern. 
Gärtner und Botaniker gebrauchen gewöhnlich für 
sie das Zeichen der Sonne (©). 

Das Leben der Sommergewächse ist deshalb so 
kurz, weil, wenigstens in unseren Klimaten, der Win- 
ter jedes Pflanzenleben, wenn nicht, wie wir alsbald 
sehen, besondere Vorkehrungen getroffen werden, 
unmöglich macht. Was anders ist es in den wär- 
mern Ländern, wo keine Unterbrechung durch Kälte 
stattfindet. Da gibt es Pflanzen, die eine lange Zeit, 
selbst bis zu 6, 8 und 10 Jahren, bedürfen, ehe sie 
durch Bildung von Samen für ihre Fortpflanzung ge- 
sorgt haben, und dann erst absterben. Solche Pflan- 
zen sind die Paradiesfeigen oder Musen, die Agaven 
oder hundertjährigen Aloen, die Rieinus-Pflanzen u. s. w. 
Der Name Sommergewächse oder annuelle Pflanzen 
passt für diese Art Pflanzen nicht mehr. Man hat 
deshalb für sie, aber auch für die ächten Sommer- 
gewächse, in der Wissenschaft die treffende Benen- 
nung monokarpische oder einfrüchtige, auch wohl 
periodische Pflanzen, weil sie im Gegensatz zu den 
polykarpischen oder vielfrüchtigen Pflanzen nur ein- 
mal in ihrem Leben Früchte hervorbringen, und weil 
ihr Leben nur aus einer einzigen Periode vom Keimen 
bis zum Absterben besteht. Alle Pflanzen 
wiederholen alljährlich einen neuen Lebenslauf, in 
dem sieeblühen und Samen bringen. 

Die Ursachen Zeit, welche 
ausländischen Pflanzen bis zur Samenbildung be- 
dürfen, schon jetzt zu sagen, ist nicht möglich, da 
hierzu vorher noch eine grosse Menge von Vorfragen 
von der Wissenschaft erledigt werden müssen. Man 
könnte höchstens einen Grund in der grossen Mannig- 
faltiskeit, welche die Natur bei der Hervorbringung 
der verschiedenen Organismen an den Tag gelegt 


anderen 


der langen diese 


264 


hat, suchen. Anderntheils ist es riehtig, dass die 
Nahrungsmittel, welche für die Hervorbringung der 
Samen nothwendig sind, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, feiner sein müssen, als die, welche nur zur 
Ernährung dienen. Dergleichen Pflanzen, welche in 
der That zahllose Samen hervorbringen, wie die 
Paradiesfeigen (bei welchen letzteren die Samen frei- 
lich meist unfruchtbar sind) u. s. w., bedürfen da- 
her auch zur Herbeischaffung der Nahrungsmittel eine 
längere Zeit. 

Martius, der geistreiche Reisende in Brasilien, 
hat uns sehr interessante Beobachtungen über die 
Agave americana gemacht, die wir hier zum besseren 
Verständniss des eben Ausgesprochenen im Auszuge 
mittheilen wollen. Schneidet man von dieser Agave, 
sobald im Herz der Pflanze die erste Entwickelung 
der Blüthe sich zeigt, dieses heraus, so entwickelt 
sich in der ausgehöhlten Wunde eine so grosse Menge 
einer zuckerigen Flüssigkeit, dass man täglich gegen 
200 Kubikzoll (4 Kubikdezimeter) ausschöpfen kann. 
Wenn man nun bedenkt, dass dieselbe Erzeugung 
dieser zuckerigen Flüssigkeit mehre Monate lang ge- 
schieht und man schliesslich von einer einzigen 
Pflanze 1100 Kubik-Dezimeter erhält, so muss man 
verwundert fragen, wo kommt diese Masse Nahrungs- 
stoff auf einmal her? Weiss man aber, dass die 
Pflanze seit mehrern Jahren schon behufs Herstellung 
der Stoffe arbeitete, und diese in ihren Blättern auf- 
häufte, um sie dann mit Hülfe des von ausserhalb 
aufgenommenen Wassers zur Zeit der Blüthe zu ver- 
wenden, so findet man einige Erklärung. Diese 
Massen von Nahrungsstoffen erklären es auch, dass 
im natürlichen, unverletzten Zustande die anfangs 
unscheinliche Blüthenknospe in 4 bis 5 Tagen sich 
zu einem 12 bis 16 Fuss hohen Blüthenstand ent- 
wickeln kann. 

Wenn das Leben unserer Sommergewächse auch 
keineswegs lange währt, so dauert es doch auch 
immer so lange, als zur Bildung der nöthigen feineren 
Nahrungsstoffe für die Samen nothwendig ist. Auch 
bei unseren Sommergewächsen werden die feineren 
zur Bildung der Samen nothwendigen Stoffe vor der 
Blüthezeit schön gebildet und in bestimmten Organen 
um später benuzt zw werden. 
Jedermann weiss. dass vor oder in der Blüthezeit 
semachtes Wiesenheu nahrhafter ist, als solches, was 
erst Juli bereitet wird. Wir stimmen deshalb 
keineswegs, wie wir früher uns schon ausgesprochen 
haben, mit unserem geehrten Freunde, Prof. Cohn, 
überein, dass bei den Sommergewächsen die Nah- 


niedergeschlagen , 


im 


| 
| 
| 
| 
| 


rungsmittel, welche für die Bildung der Samen noth- 
wendig sind, erst dann, wenn sie gebraucht werden, 
durch die Blätter bereitet werden. Lange schon vor- 
her werden sie in den unteren Theilen der Pflanze, 
besonders in den sogenannten Wurzelblättern und 
selbst in Wurzelsprossen, wie beim Getreide, nieder- 
geschlagen. Erst dann kommen sie wieder in Be- 
wegung, wenn bereits die Vorkehrungen zur Anlage 
der Samen getroffen sind und die Befruchtung in der 
Blüthe geschehen ist. Im Frühjahre zeigt das Sommer- 
Getreide eine grössere Anzahl von Sprossen, als zur 
Zeit, wo die Samenbildung beginnt. Untersucht man 
in der zuerst genannten Zeit die Basis der Pflanze, 
so strotzen alle Sprossen mit ihren Blättern von 
Nahrungsstoffen. Nach der Blüthe sieht man allmählig 
einen Theil dieser Sprossen, welche keine Halme 
bilden, sondern nur als Reserve dienten, missfarbiger 
werden und schliesslich ganz vertrocknen. Um so 
freudiger entwickeln sich die anderen Sprossen zu 
Halmen, als ihnen Nahrung geboten wird. 

Die meisten Sommergewächse beginnen schon 
im Frühjahre ihren Lebenslauf und vollenden ihn im 
Sommer. Sie bedürfen bei ihrer Samenbildung eine 
grössere Wärme, weshalb diese zum grossen Theil 
in die Monate Juni und Juli fällt. Es gibt aber auch 
deren, welche erst später zu vegetiren beginnen, bei 
gelindem Winter sich bis zum nächsten Frühjabre 
erhalten und dann erst ihre Vegetation weiter fort- 
setzen, um nun erst mit der Bildung von Samen 
abzuschliessen. Diese Art monokarpischer oder 
periodischer Pflanzen haben zum Theil regelmässig 
zwei durch den Winter fest abgegrenzte Stadien in 
ihrem Leben. In dem einen vegetiren sie nur, d.h. 
sie vergrössern sich in der Weise, um zur Bildung 
von Reservestoffen möglichst viel dazu nöthige Or- 
gane, d. h. Blätter, zu haben. Wie die Temperatur 
im Winter so niedrig wird, dass in der Vegetation 
ein Stillstand eintritt. sind bereits auch die zur Bil- 
dung des Samens nöthigen feinern Nahrungsstoffe 
angelegt und bleiben reservirt, bis im Frühjahre die 
weitere Entwickelung möglich wird. Neubildungen 
zeschehen nun fast gar nicht mehr, sondern alle 
Theile, welche bereits den Herbst vorher angelegt 
waren, strecken sich nur durch Aufnahme von vor- 
her fertigen Nahrungsstoffen. Hauptsache bleibt aber 
in der Frühlingszeit die Bildung der Blüthe, resp. des 
Samens, mit deren Erzeusung auch das Leben des 
Individuums abgeschlossen ist. 


(Schluss folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für - 
Gärtnerei und Pfianzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


1 5 N - 
No. 34. Berlin, den 24. August. 1872. 
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
.des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Dienstag, den 27. August, Nachmittags d Uhr, findet im Palmenhause des botanischen Gartens eine Versammlung 


Inhalt: Die beiden deutschen Eichen. — Die Feinde des Spargels. — Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer 
Kulturgewächse (Schluss). — Gartenbau-Ausstellungen. 


Die beiden deutschen Eichen. 
Eine monographische Skizze. 


Die Eichen gehören ohne Zweifel zu 
sehönsten Wald- und Dekorationsbäumen, welche als 
Winter- und Sommer-Eiche dem Forstmanne nicht 
weniger, als dem Laien, hinlänglich bekannt sind. 
Und doch möchte ihre Besprechung nicht ohne 
Interesse sein. Eiche und Linde spielen schon in 
der ältesten deutschen Geschichte eine grosse Rolle, 
aber auch heut zu Tage ist die Eiche ausschliesslich 
noch der Baum der Deutschen. Allenthalben zer- 
streut in Deutschland findet man starke Eichen, über 
deren Alter die Gelehrten uneinig sind. Während 
die Einen ihnen höchstens ein Alter von 3 und 4 
Jahrhunderten geben, versetzen Andere ihren Ursprung 
wohl ein Jahrtausend zurück. Unter der Hermanns- 
Eiche in dem Park von Muskau sollen schon in vor- 
christlicher Zeit die heidnischen Wenden ihre Opfer 
sehracht haben. 

Wir haben vom Meere bis an die Alpen ursprüng- 
lich einheimisch nur 2 Eichen, die bereits genannte 
Winter- und die Sommer - Eiche, neuerdings steht 
aber dem Landschaftsgärtner ein so mannigfaltiges 
Material verschiedener Eichen zu Gebote, wie kein 
anderes Geschlecht von Bäumen zu liefern vermag. 
Süd-Europa, die Kaukasusländer, weniger Sibirien, 
aber wiederum China und Japan, vor Allem aber 


unseren 


wir sie leider auch anderwärts, 


Nordamerika, haben es uns geliefert. Damit ist aber 
die Mannigfaltigkeit der Eichen noch keineswegs er- 
schöpft. Unsere beiden einheimischen Eichen sind 
in ihrer äusseren Gestaltung nicht weniger, als hin- 
ausserordentlich zu Verände- 


mit 


sichtlich ihrer Blätter, 
rungen geneigt und wir haben 
reichliehe Anzahl von Formen und Abarten erhalten, 
welche zum Theil so sehr von einander abweichen, 
unähnlicher aussehen, 
Diese grosse Mannigfaltigkeit 


der Zeit eine 


dass sie sich als oft reine 
Arten unter einander. 
erhöht den Werth dieser Bäume in landschaftlicher 
Hinsicht ungemein. Wenn auch die Eichen in An- 
lagen bereits vielfach in Anwendung kommen, so 
doch nach unserer Ansicht keineswegs in der Weise, 
wie es wünschenswerth Die Ursache liegt 
hauptsächlich in dem Mangel einer genauen Kenntniss 
des vorhandenen Materials. 

Dieses ist nun der Grund, warum wir hier ver- 
suchen wollen, den Leser um so mehr mit dem zu 
Gebote stehenden Material der Eichen etwas vertrauter 
als man auch hinsichtlich ihrer Benen- 


wäre. 


zu machen, 
nung keineswegs sich in Uebereinstimmung befindet 
und zum Theil eine Verwirrung vorhanden ist, wie 
wo die Genera aus 
vielen Arten bestehen, sehen. Selbst Winter- und 
Sommer-Eiche, so leicht sie sich auch im Allgemeinen 
unterscheiden lassen, werden sehr oft mit einander 
Bei dieser Aufführung der zu Anlagen 
34 


verwechselt. 


266 
uns zu Gebote stehenden Eichen wollen wir uns Linne kannte für Nord- und Mittel-Europa an- 
zunächst auf unsere beiden einheimischen Eichen | fangs nur eine Eiche, der er den Namen Quereus 


beschränken und dann zu den übrigen Arten der 
alten Welt übergehen. Vielleicht steht uns einmal 
Zeit und Raum zu Gebote, um auch die Eichen Nord- 
Amerikas einer Besprechung zu unterwerfen. 

Man bringt die Eichen am Besten in 2 grosse 
Abtheilungen, in solche, wo die Früchte, also die 
Eicheln, noch in demselben Herbste ihre Reife er- 
halten, demnach an diesjährigen Zweigen sich be- 
finden, und in solche, wo sie im Herbste noch nicht 
ihre vollständige Entwickelung bekommen haben, 
sondern diese erst im nächsten Jahre erhalten. Die 
reifen Eicheln befinden sich in diesem Falle an vor- 
jährigen Aesten. Beispiele für die erste Weise der 
Eicheln-Reife sind unsere beiden einheimischen Eichen, 
für die andere Weise die mehr im Süden Deutsch- 
lands u. s. w. wachsende Burgundische oder Tür- 
kische Eiche. 

Ein zweites Eintheilungs -Prinzip ist die Textur 
der Blätter. Wir haben Eichen mit abfallenden und 
Eichen mit den Winter über bleibenden und bisweilen 
mehre Jahre dauernden Blättern. So leicht auch 
dieser Unterschied scheinbar in Anwendung gebracht 
werden kann, so schwierig ist es doch in der Praxis. 
Wir haben nämlich Eichen, welche je nach der 
Stärke des Winters oder auch je nach dem Standorte 
im Süden oder Norden ihre Blätter schon im Herbste 
oder spät im Winter, ja selbst im Frühjahre erst 
verlieren. Es gibt Burgundische Eichen, welche mehr 
oder weniger immergrün sind, während die Haupt- 
art, gleich unseren beiden einheimischen Arten, ihre 
Blätter schon im Herbste abwirlt. Wir haben ferner 
Eichen, wie die Gall-Eiche, welche Blätter von so 
harter Textur besitzen, dass man sie für immergrün 
halten würde, wenn man nicht wüsste, dass sie ent- 
weder im Anfange oder am Ausgange des Winters 
je nach den zufälligen klimatischen Verhältnissen 
abfallen. 

Erste Abtheilung. 
Eichen mit reifen Früchten an diesjährigen Zweigen. 
l. Sommer- oderStiel-Eiche(QOuereusRoburl.). 


Blätter kurz-gestielt oder fest sitzend, mit ohr- 
ähnliehen Anhängseln an der Basis, im oberen Drittel 
am Breitesten, in der Jugend bräunlich hervorkom- 
mend, meist auch auf der Unterfläche unbehaart, auf 
jeder Seite 4 durch breite Buchten getrennte Ab- 
Blattstiel grün; Früchte an verlängerten 
allgemeinen Stielen sitzend; Griffel kurz mit 3 eben- 
kurzen Narben, kaum aus der Fruchtschale 


sehnitte; 


falls 
herausragend. 


Robur beilegte. Unter Robur verstanden die alten 
Lateiner eine Eiche mit besonders hartem Holze. 
Erst weit später fand Linne, dass mehr südlich 
eine etwas abweichende Eiche wachse, welche er 
aber nur als eine Abart betrachtete. Linn&’s gärt- 
nerischer Zeitgenosse, Philipp Miller in England, 
einer der ersten, welcher (im Jahre 1759) dieLinn&'sche 
Nomenklatur annahm, hielt diese Abaıt aber bereits 
für eine gute selbständige Art, von der er aber mit 
Unrecht glaubte, dass sie, weil sie in England sehr 
beliebt ist und vielfach verwendet wird; die Hauptart 
der Linne’schen Qu. Robur sei. Er nannte sie des- 
halb auch Quercus Robur, die andere aber, welche 
er mit der Linn@’schen Abart verwechselte, Quereus 
[emina. 

Obwohl schon der englische Florist James Smith 
im Jahre 1804 auf den Irrthum aufmerksam gemacht 
hatte und für die auch in Schweden wachsende Eiche 


| wiederum den Namen Qu. Robur hergestellt hatte, 


verharrte man, besonders auf dem Kontinente, in dem 
verzeihlichen Irrthum, indem man die Winter- (und 
demnach nicht die Sommer-) Eiche als die ächte 
Linn@’sehe Qu. Robur betrachtete. Erst in der neue- 
sten Zeit haben einige Botaniker die ursprüngliche 
Linn€’sche Benennung wiederum hergestellt. Da der 
Millerrsche Name Qu. femina für die Sommer- oder 
Stiel-Eiche nicht Beifall erhielt, so wurden ihr von 
Botanikern verschiedene Namen beigelegt. So nannte 
der Franzose Lamarck sie Quercus rTacemosa, 
der Süddeutsche Franz. v. Paula-Schrank Ou. 
fructipendula, der Norddeutsche Ehrhart endlich 
Ou. pedunculata. Dieser letztere Namen ist es 
hauptsächlich, der sich auf dem Kontinente einbür- 
serte und auch jetzt noch allgemein in Anwendung 
sebracht wird. Wir bemerken schliesslich noch, dass 
der Engländer Salisbury die Benennung Ou. Robur 
sanz und gar verwarf und für die Sommer-Eiche den 
Namen Qu. longaeva (auf das lange Leben der 
Eiche hinweisend), für die Winter-Eiche den Namen 
Qu. sessiliflora einführte. Nur letzterer wurde 
später allgemein angenommen. 

Während schon die Väter der Botanik, besonders 
aber der Baseler Joh. Bauhin, 2 verschiedene 
Eichen unterschieden, hat der neueste Monograph 
der Eichen, Alph. de Candelle, beide Eichen zu 
einer Art vereinigt. Der italienische Florist Par- 
latore ist ihm gefolgt. So schwierig die Unterschei- 
dang beider Arten bei dem Schwanken, selbst der 
gsewichtigsten Merkmale, bisweilen auch sein mas, 
so möchte sie doch ein geübtes Auge, selbst ohne 


Früchte, nicht leicht im Leben mit einander ver- 
wechseln. Die vielen Uebergänge, die Andere, frei- 


lich nach Herbariums-Exemplaren, beobachtet haben 
wollen, sind uns im Leben nicht vorgekommen. Es 
scheint selbst, als wenn die Eichen weit weniger ge- 
neigt wären, unter einander Kreuzungen einzugehen, 
als andere Gehölze, ganz besonders die Weiden. 
Was man, besonders in Nordamerika in neuester 
Zeit, besonders durch Dr. Engelmann in St. Louis 
angeregt, für Blendlinge zwischen Eichen ausgiebt, 
möchte nur Form sein. 

Winter- und Sommer-Eiche haben ziemlich das- 
selbe Wachsthum, obwohl in der Regel bei der 
Winter-Eiche, besonders die untersten Aeste, weit 
mehr wagerecht abgehen, als bei der Sommer-Eiche. 
Eine Folge davon ist, dass die Laubkrone bei der 
letzteren eine eirundliche, bei der ersteren eine ku- 
gelrundliche Gestalt besitzt. Bei der Winter - Eiche 
kann man in der Regel den Hauptstamm in der 
Krone nicht weiter verfolgen, wohl aber meist bei 
der Sommer-Eiche. Abgesehen von der eigenthüm- 
lichen Form der Blätter bei beiden Eichen ist die 
Färbung bei ihrer Entfaltung bei der Sommer-Eiche 
bräunlich, bei der Winter - Eiche grün. Endlich ist 
die gelbe Färbung der Blattstiele und zum Theil des 
Mittelnervs bei der letzteren sehr bezeichnend. Wenn 
man auf den Fruchtzustand ein grosses Gewicht legt, 
hat man wohl im Allgemeinen Recht; wir haben 
aber auf unseren verschiedenen Reisen, keineswegs 
sehr selten, Winter-Eichen mit ziemlich langen, Som- 
mer-Eichen hingegen mit sehr kurzen Stielen gefun- 
den, so dass damit dieser Unterschied scheinbar 
illusorisch würde. 

Dass die Sommer-Eiche nach verschiedenen Rich- 
tungen hin eine grosse Mannigfaltigkeit hat, ist be- 
reits ausgesprochen. Dies ist bedingt durch klimati- 
sche Verhältnisse, aber auch künstlich oder vielmehr 
dureh Zufall entstanden. Wir wollen jetzt versuchen, 
die hauptsächlichsten Formen, in so fern sie land- 
schaftlichen oder gärtnerischen Werth besitzen, der 
Reihe nach den Lesern der Wochenschrift vorzuführen. 

1. Die grossfrüchtige Sommer- Eiche 
scheint nur im Süden des Verbreitungsbezirkes dieser 
Art vorzukommen, und zwar, wie es scheint, verein- 
zelt auf der grossen Strecke vom Westen Frankreichs 
bis zum ÖOriente. Wir fanden sie auf freiem Felde 
in Anjou, und zwar einige Stunden von der Haupt- 
stadt Angers entfernt, in Form grosser, prächtiger 
Bäume vor nun wohl 10 Jahren. In Italien kommt 
sie nur im früheren Königreiche Neapel vor, in der 
europäischen Türkei ist sie noch nicht beobachtet, 
wohl aber in der asiatischen, wo sie der Wiener 


Reisende Kotschy aufland. Dieser hat sie in sei- 
nem Prachtwerke über europäisch-orientalische Eichen 
unter dem Namen Qu. Haas beschrieben und abge- 
bildet. Der Beiname Haas ist der einheimischen Be- 
nennung dieser Eiche entlehnt. Aber schon 
Kotschy wurde sie von dem früheren Professor 
Tenore in Neapel sogar unter 2 Namen veröffent- 
licht, indem dieser eine Form, wo die Unterfläche 
der Blätter etwas behaart ist, als besondere Aıt be- 
trachtete. Seine beiden grossfrüchtigen Eichen heissen 
Qu. brutia und Thomasii. 

Im freien Lande unserer Anlagen und Gärten 
haben wir die grossfrüchtige Eiche bis jetzt noch 
nicht gesehen, zweifeln aber nicht, dass sie bei uns 
aushält. Versuche würden es uns bald lehren. 
Ziemlich grosse Exemplare befinden sich von ihr im 
botanischen Garten zu Berlin, aber im Topfe. Blüthe 
und Früchte haben sie noch nicht gebracht. Der 
Baum nimmt sich, zumal er sehr reichlich zu tragen 
scheint, mit letzteren, welche eine Länge von 1!/, bis 
11, Zoll und einen Durchmesser von 9 Linien er- 
halten können, sehr gut aus. 

2. Die Form mit grossen Blättern, welche von 
einigen Baumschulen als Qu. macrophylla in den 
Handel gebracht ist, verdient kaum als solche ge- 
nannt zu werden. Es sind üppig - stehende junge 
Pflanzen, deren Sommertriebe hauptsächlich mit 
Blättern von bedeutendem Umfange versehen sind. 
Wie oft sieht man nicht auch solche grossblättrige 
Formen bei Stockausschlägen. 

3. Interessant ist die Pyramiden-Eiche (Ou. py- 
ramidalis), welche schon in der zweiten Hälfte des 
vorigen Jahrhunderts in den Pyrenäen gefunden und 
von Lamarck als eine selbständige Art mit dem 
Namen Qu. fastigiata beschrieben wurde. Ob die 
bei uns vorhandenen Exemplare, wenigstens die- 
jenigen, welche noch aus dem vorigen Jahrhunderte 
stammen, Abkömmlinge dieser pyrenäischen Pflanzen 
sind oder ob die Mutterpflanze ebenfalls bei uns in 
Wäldern entstanden? vermögen wir nicht zu sagen. 
Man behauptet wenigstens forstlicherseits, dass eine 
Pyramiden-Eiche auch in einem Walde Thüringens 
gefunden worden sei. Interessant ist, dass diese 
merkwürdige Sommer-Eiche im Wuchse der Italieni- 
schen Pappel oder der Cypresse zum Theil aus Sa- 
men sich wieder fortpflanzt. Von einem prächtigen 
60 Fuss hohen Baume der Pyramiden-Eiche in Wör- 
litz bei Dessau werden alljährlich nicht wenig Pflanzen 
aus Samen erzogen. 

4. Mit der näheren Bezeichnung horizontalis 
hat der Direktor des Parkes in Muskau, Petzold, 
eine Eiche in Kultur, welche bis jetzt nur 5 Fuss 


34" 


vor 


hoch geworden ist. Die Aeste entspringen ziemlich 
aus einem Punkte und breiten sich nach allen Sei- 
ten hin schirmförmig aus. Aechte Trauer-Eichen, 
wo die Aeste und Zweige überhängen, gibt es zwar, 
sind aber wenig verbreitet. 
5. Im Odenwalde und 
Wäldern Deutschlands haben bisweilen eine 
Sommer-Eiche gesehen, welche strauchartig blieb. 
Einzelne Aeste waren ausgetrieben, welche sich bis 
zur Erde senkten und daselbst sich weiter ausbrei- 
teten. Diese Eiche ist schon vor länger als 60 Jah- 
ren von Bose in Frankreich beobachtet und unter 
dem Namen Qu. viminalis beschrieben worden. 
6. Der bekannte Forstmeister Bechstein hat 
unter dem Namen Qu. hybrida einen vermeintlichen 
Blendling der Sommer- und Winter-Eiche beschrie- 
ben, wo die Früchte, wie bei der Winter-Eiche, fast 
knäuelförmig sich an einem verkürzten allgemeinen 
Stiele befanden, die Blätter sich aber von denen der 


sonst hier und da in 


wir 


Sommer - Eiche nicht unterschieden. Dergleichen 
Eichen haben wir ebenfalls bisweilen gefunden; 


ausserdem hat aber unser verehrter Freund, Garten- 
direktor Hentze in Kassel, uns reiehliches Material 
solcher Eichen zur Verfügung gestellt. Wir halten 
unsererseits dergleichen Bäume nicht für Blendlinge, 
sondern für einfache Formen. (Fortsetzung folgt.) 


Die Feinde des Spargels. 


In Nr. 45 und 46 d. J. der „Annalen der Land- 
wirthschaft in den Königl. preussischen Staaten“ ver- 
öffentlieht Hr. Dr. Birnbaum einen Artikel über den 
Spargelbau im Grossen, wobei derselbe beson- 
ders auf die ausgedehnte Kultur dieses Gemüses in 
der nächsten Umgebung der Stadt Braunschweig hin- 
weist und Näheres die daselbst begründete 
„Aktien - Spargelbau - Gesellschaft zu Braunschweig“ 
mittheilt. Solche Aktiengesellschaften wären auch 
gewiss an manchen andern Orten mit Vortheil zu 
errichten, da wir aber heute einen andern Gegenstand 
näher berühren wollen, so verweisen wir alle sich 
dafür Interessirenden aul den erwähnten Artikel und 
auf das bei H. Sievers & Co. in Braunschweig 1869 
gedruckte Gesellschafts-Statut. 

Dr. Birnbaum kommt, nachdem die in 
Braunschweig übliche Kulturmethode beschrieben hat, 
auch auf die Feinde des Spargels zu sprechen und 
führt ausser den Engerlingen besonders den Spar- 
selkäfer und einen Pilz an. Ausserdem hätten, wie 
wir hier gleich erwähnen wollen, noch die an eini- 
sen Orten mitunter schädliche Gemüsewanze, Stra- 
chia oleracea L. und die Sauerampfer-Blattlaus, 


über 


er 


Aphis rumieis L., genannt werden können, Strachia 
oleracea ist der bekannten Baumwanze ähnlich, aber 
kleiner, nur 6%, mm. lang, meist blau oder grün, 
glänzend; der Rand des Halsschildes, so wie eine 
Linie in der Mitte des letzteren, desgleichen die Spitze 
des Schildehens und zuweilen auch 2 Randflecken 
desselben sind beim Männchen weiss, beim Weib- 
chen blutroth; eben so ist der Rand der Flügeldecken 
und ein Flecken am Innenwinkel derselben gezeich- 
net. Aphis rumieis ist 2 mm. lang, hoch gewölbt, 
dunkelroth oder schwarz, jederseits mit einer Reihe 
Punkte versehen. 

Die Verheerungen, welche die Spargelkäfer, Lema 
asparagi L. (mit gelblichen Flügeldecken und rothem 
Halsschilde; ausserdem auch Lema 12-punctata L. 
mit rothen Flügeldecken) anstilten, sagt Dr. Birn- 
baum, geschehen nicht allein durch den Käfer, son- 
dern ganz vorzugsweise -durch dessen Larve. Der 
Käfer benagt das Kraut und legt seine Eier an die 
saftigen jungen Theile der Stengel und des Krautes. 
Die auskriechenden Larven zerstören die von ihnen 
angegriffenen Pflanzentheile gänzlich. Das einzige 
Mittel, diesen Verheerungen Einhalt zu thun, ist das 
Absuchen und Zerdrücken der punktirten Käfer, be- 
vor sie Eier legten, und das Zerstören ihrer Brut. 
Beim Absammeln muss man vorsichtig zu Werke 
sehen, denn die Käfer fallen bei der geringsten Be- 
wegung ab und verbergen sich in der Erde; doch 
sehr bald kriechen sie an einer anderen Pflanze in 
die Höhe und setzen daselbst ihre Eier ab oder fres- 
sen weiter. Da die Singvögel uns am erfolgreich- 
sten bei der Bekämpfung des Ungeziefers beistehen, 
so sollte man sie hegen und pflegen, wo man nur kann. 

Die durch Pilze herbeigefühite Krankheit beginnt 
gewöhnlich Anfang August. Zunächst zeigen sich 
auf den Stengeln oder dem Kraute kleine dunkel- 
braune Fleckchen, die sich, rasch fortschreitend, in 
einigen Tagen zu einer Länge von !/, bis Y, Cen- 
timeter erweitern und endlich eine intensiv dunkle 
Färbung annehmen; die Flecken sind von der zer- 
platzten Oberhaut des Stengels umgeben und etwas 
aufgetrieben. Beim genauen Untersuchen finden sich 
in diesen länglichen Lagern unter der Oberhaut des 
Spargels kleine, staubartige Sporen; dieselben häufen 
sich hier so an, dass alsbald die Oberhaut zerplatzt 
und die Sporen nach aussen treten. Diese Erschei- 
nung ist der des Fleckenrostes nicht unähnlich; wir 
wollen jedoch nicht behaupten, dass er es in diesem 
Falle ist. Natürlich hat diese Störung an den ober- 
irdischen Theilen der Pflanze auch einen ungünsti- 
gen Einfluss auf die Wurzel derselben, die Pflanze 
stirbt in Folge der Verletzung vorzeitig ab, die Wur- 


zel entwickelt sich nicht genügend und im kommen- 
den Frühjahre ist der Ertrag geringer. 

In Folge dieses Artikels gab dann Prof. Kühn 
in Nr. 52 der Annalen eine genaue Beschreibung der 
Entwickelung des Pilzes, wobei er am Schluss auch 
noch auf einen weiteren Feind, die Spargelfliege, 
Ortalis fuminans, Meigen, aufmerksam macht. 

Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes glauben 
wir den Artikel des Herrn Prof. Kühn wörtlich mit- 
theilen zu sollen und möchten wir namentlich das 
darin empfohlene Verbrennen des Spargelstrohes zur 
Bekämpfung des Pilzes dringend anrathen. Prof. 
Kühn schreibt: 

.. . Diese Pilzkrankheit des Spargels wird durch 
eine Rostart, den Spargelrost, Puceinia Aspa- 
ragi De &. hervorgerufen. Die schwarzbraunen 
Flecke, welche Dr. Birnbaum treffend charakteri- 
sirt, und die nicht selten in ungemein grosser Zahl 
im Herbste an den Spargelstengeln und an deren 
Verzweigungen auftreten, stellen den Höhepunkt in 
der alljährliehen Entwickelung des Parasiten dar. 
Mit ihrer Ausbildung schliesst eine Reihe von Wan- 
delungen ab, die den Parasiten in so abweichenden 
Formen erscheinen lassen, dass jede einzelne der- 
selben früher als eine besondere Pilzart beschrieben 
wurde. Untersucht man jene intensiv dunkel ge- 
färbten Flecke näher, so findet man, dass ihre Ober- 
fläche von einer kleinen Schicht dicht an einander 
sedrängter, zweizelliger Körperchen gebildet wird, 
welche unter dem Mikroskop rothbraun erscheinen. 
Sie sind von länglicher Form, an der Spitze meistens 
stumpf, selten zugespitzt, in der Mitte wenig ein- 
seschnürt und an der Basis mit einem langen, eckigen, 
ungefärbten Stiele versehen. Diese zweilächerigen, 
sestielten Körper sind Fortpflanzungsorgane oder 
Sporen des Pilzes, und zwar sind es diejenigen 
Fortpflanzungsorgane desselben, welche die Funktion 
haben, nach ihrer Ueberwinterung im unveränderten 
Zustande seine Entwickelung im folgenden Jahre zu 
vermitteln. Dieselben werden deshalb Dauersporen 
oder Wintersporen genannt. Sie lösen sich nicht 
von ihrer Unterlage, bleiben daher über Winter an 
dem Stroh des Spargels. Hier, an dem Oıte ihrer 
Entstehung, keimen sie auch im folgenden Jahre, 
wenn höhere Temperatur und genügende Feuchtig- 
keit ihre Entwickelung begünstigt. Es bildet dabei 
jedes einzelne Fach der Sporen einen kurzen, ziem- 
lich dieken, durch Querwände getheilten Keimschlauch, 
der seitlich auf kleinen Stielchen bis vier ungefärbte, 
rundliche Zellen erzeugt. Diese stellen eine besondere 
Form von Fortpflanzungsorganen dar und werden 
Sporidien genannt. Dieselben trennen sich nach 


völliger Ausbildung ab und fallen auf den Boden 
oder werden durch den Wind zerstreut. Finden sie 
genügende Feuchtigkeit, so wachsen sie zu einem 
dünnen Keimfaden aus, der bei ungeeigneter Unter- 
lage bald abstirbt. Gelangt ein solches Sporidium 
aber auf einen Spargeltrieb, dann dringt der Keim- 
faden desselben durch die Membran in eine Ober- 
hautzelle, gewinnt hier einen grösseren Durchmesser 
und bildet Verzweigungen, welche, nach innen vor- 
dringend, in den Zwischenzellgängen des benach- 
barten Gewebes sich verbreiten. Das so entstandene 
Fadengewebe oder Mycelium des Parasiten erlangt 
jedoch nur eine beschränkte räumliche Ausdehnung, 
nur eine mehr oder weniger grosse Partie des Zell- 


gewebes der Nährpflanze wird von ihm umstrickt. 
Diese den Parasiten bergende Stelle der Spargel- 


pflanze erscheint bald dem blossen Auge als ein 
gelblich gefärbter Fleck, auf dem nach kurzer Zeit 
zunächst orangefarbene, punktförmige Erhabenheiten 
und dann grössere Pustelehen entstehen, die sich zu 
kleinen Schüsselchen oder Becherchen öffnen. In 
diesem Entwickelungsstadium stellt der Parasit einen 
Schüsselrost, ein Aecidium dar und ward auch 
von dem Botaniker Lasch als eine besondere Aıt 
dieser Pilzgattung, als Aecidium Asparagi be- 
schrieben. Jene punktförmigen Erhabenheiten sind 
die sogenannten Spermogonien, welche immer 
in Begleitung der Aecidien auftreten und in ihrem 
Innern kleine, eigenthümliche Körperchen, die Sper- 
matien erzeugen; die kleinen Schüsselchen oder 
Becherchen dagegen stellten die eigentlichen Ae- 
eidienfrüchte dar. Diese sind dicht mit reihenweis 
gebildeten Fortpflanzungsorganen, den Aecidien- 
sporen, gefüllt. Die Hülle der Becherchen hat 
einen aufgerichteten, unregelmässig gezahnten Rand; 
die Sporen sind einzellig, von nicht ganz regelmässig 
rundlicher Form, zartwandig 
gelber Farbe. Sie treten bei ihrer Reife aus den 
Becherchen aus und werden vom Winde zerstreut. 
Gelangen sie wieder auf eine Spargelpflanze und ist 
die Witterung ihrer Keimung günstig, dann treiben 
sie einen mehr oder weniger gebogenen Keim- 
schlauch, der durch eine von ihm erreichte Spalt- 
öffnung in die darunter liegende Athemhöhle ein- 
dringt und hier sich verzweigt. 


und von lichtorange- 


Die in die Zwischen- 
zellgänge des benachbarten Gewebes eindringenden 
Verzweigungen stellen nun wiederum ein mässig 
weit verbreitetes Mycelium des Parasiten dar, das 
eine Verfärbung der heimgesuchten Stelle hervorruft. 
Aus diesem Mycelium bilden sich aber nicht wieder 
Spermogonien und Aecidien, sondern es entsteht 
durch dasselbe eine neue Sporenform. Unmittelbar 


270 


unter der Öberhaut verstricken sich die Mycelien- 
fäden zu einem dichtgewebten Polster, auf dem Fa- 
denenden sich emporrichten, welche an ihrer Spitze 
die neuen Fortpflanzungsorgane erzeugen. Mit Er- 
zeugung der letzteren wird die Oberhaut an der be- 
fallenen Stelle gesprengt, nach völliger Reife lösen 
sich die neugebildeten Sporen von den Fadenenden 
oder Basidien, an welchen sie erzeugt wurden, ab 
und quellen in Menge als eigentlicher „Roststaub“ 
an der aufgerissenen Oberhautstelle hervor. Der Pilz 
stellt in diesem Stadium eine Form vor, welehe mit 
der Pilzgattung Uredo übereinstimmt und wurde 
auch früher als eine besondere Art derselben, als 
Uredo Asparagi von Lasch beschrieben. Jetzt 
weiss man, dass alle früher für selbstständige Arten 
angesehenen Formen der Gattung Uredo nur be- 
stimmte Entwickelungsstadien der Rostpilze darstellen, 
und so zeigt auch eine genauere Untersuchung die 
Zusammengehörigkeit von Uredo Asparagi und Puc- 
einia Asparagi. Die Uredosporen des Spargel- 
rostes sind von lichtgelbbräunlicher Farbe, diekwan- 
dig, einzellig und von rundlicher Gestalt. Sie keimen 
bei günstiger Witterung sehr leicht und bilden lange, 
verzweigte Keimschläuche. Gelangen sie auf grüne 
Theile einer Spargelpflanze, so dringen die Keim- 
schläuche durch die Spaltöffnungen in das Innere 
derselben und erzeugen hier wiederum ein Myce- 
lium, das zunächst stets auf’s Neue Uredosporen pro- 
dueirt. Da nun diese in grosser Menge gebildet 
werden, sehr leicht keimen und bald auf’s Neue 
entstehen, so erklärt sich die oft ausserordentliche 
Verbreitung und das massenhafte Auftreten des 
Spargelrostes recht wohl. Der Zeit ihrer Entwicke- 
lung entsprechend werden die Uredosporen auch 
wohl Sommersporen genannt. Während die Aeci- 
dien die Neubildung des Rostes im Frühjahre ver- 
mitteln, ist es die Funktion der Uredosporen, seine 
massenhafte Verbreitung im Hochsommer und be- 
sinnenden Herbste zu bewirken. Später hört ihre 
Neubildung auf. An denselben Stellen nun aber, wo 
die Uredosporen erzeugt wurden, entstehen nach 
einiger Zeit die oben beschriebenen zweifächerigen 
Wintersporen oder Puceiniensporen, welche erst 
im nächsten Frühjahre keimen und die Rostbildung 
von einem Jahre in das andere zu übertragen haben. 
Mit ihrer Entstehung nehmen die anfangs licht ocker- 
farbigen Rostfleeke jenes tiefschwarzbraune Ansehen 
an, welches die befallenen Stellen des Spargelstrohes 
im Spätherbste zeigt. — Obgleich die Puceinien- 
sporen in grösster Menge erst gegen den Herbst hin 
gebildet werden, so kann man den Beginn ihres Auf- 


tretens doch schon im Monat Juli constatiren. 


Zu 


dieser Zeit hat zuweilen die Bildung von Aeeidien 
noch nicht ganz ihren Abschluss erreicht; man kann 
dann, wie ich es selbst wahrgenommen habe, an ein 
und demselben Spargelstengel alle Entwickelungs- 
formen des Parasiten: Spermogonien, Aecidien, Ure- 
dosporen und Puceiniensporen beisammen vorfinden. 
Bald jedoch vertrocknen nun auch die letzten Reste 
der Aecidien und im August und September sind 
lediglich Uredo- und Puceiniensporen zu finden; im 
Spätherbst sind nur noch die letzteren vorhanden, 
um zu überwintern und den Kreislauf der Entwicke- 
lung im nächsten Jahre durch Bildung ihrer Spori- 
dien auf’s Neue zu eröffnen. 

Aus der Entwickelungsgeschichte dieses Schma- 
rotzers ergeben sich die Maassnahmen zu seiner Be- 
kämpfung. Es wird seine Neubildung im folgenden 
Jahre um so mehr beschränkt werden, je vollkom- 
mener es gelingt, die Puceiniensporen im Herbst zu 
vernichten. Man schneide die absterbenden Spargel- 
stengel dieht am Boden ab, verhüte ein Abbrechen 
und Verstreuen der mit Rost behafteten Aestchen 
und bewahre das Spargelkräutig an einem trockenen 
Orte auf, um es zur Feuerung zu benutzen, oder 
verbrenne das Spargelstroh schon auf dem Felde. 
Man beachte ferner das erste Auftreten der Aecidien 
und schneide, ehe die Aecidiensporen reifen, die 
damit behafteten Stengel rechtzeitig ab. — Dagegen 
ist eine Verwendung des Spargelstrohes zum Aus- 
breiten auf die Spargelfelder, wie sie nach den Mit- 
theilungen von Dr. Birnbaum in der Umgegend 
von Braunschweig zum Theil in Ausführung kommt, 
nicht zu empfehlen. Wenn auch das Stroh mit Bo- 
den beworfen wird, so gelangen doch bei der Früh- 
jahrs - Bearbeitung einzelne Theile des verrotteten 
Strohes und damit Puceiniensporen nach oben, die 
einer reichen, erneuten Rostbildung sicher Vorschub 
leisten werden. — Je mehr der Spargelbau in einer 
Oertlichkeit sich ausbreitet, um so wichtiger wird es, 
rechtzeitig die Bekämpfung der Feinde desselben ins 
Auge zu fassen; ihre Vermehrung geschieht sonst in 
immer steigendem Verhältniss. Bei den thierischen 
Feinden ist in den Schmarotzerkerfen (Iehneumoniden) 
derselben doch noch eime Gegenwirkung gegeben, 
die Ausbreitung der Pilzparasiten findet eine solche 
beschränkende Einwirkung nicht. Corda, einer der 
ausgezeichnetsten Beobachter der Pilze, bezeichnet 
in dem 1840 edirten vierten Bande seiner Icones 
fungorum den Spargelrost noch als „selten“ — jetzt 
ist er wohl überall häufig, wo Spargelbau in einiger 
Ausdehnung betrieben wird. In der Umgegend von 
Halle tritt er alljährlich in Menge auf, namentlich auf 
den zahlreichen Spargelfeldern der Fluren von Die- 


271 


mitz und Heideburg. Auch in Thüringen ist dieser 
Parasit nach brieflicher Mittheilung des Herrn Dr. 
Fleischhack in Armstadt erheblich verbreitet und 
der Mykolog Fuckel zu Oestrich in Nassau be- 
zeichnet ihn in dem 1863 edirten 4. Fase. seiner 
Fungi rhenani ebenfalls als häufig. — Da dieser Pa- 
rasit nur die Spargelpflanze bewohnt, so ist seine 
Bekämpfung eine erleichterte; konsequente An- 
wendung der eben empfohlenen Maassnahmen wird 
die Häufigkeit seines Auftretens mit Sicherheit be- 
schränken. 

Den von Herrn Dr. Birnbaum genannten thie- 
rischen Feinden des Spargels möchte ich noch einen 
anfügen, der namentlich den jungen Spargelanlagen 
verderblich wird. Es ist dies die Made der Spar- 
selfliege, Ortalis fuminans Meigen, welche 
in hiesiger Gegend und wahrscheinlich auch ander- 
wärts zuweilen so häufig auftritt, dass nur wenige 
Pflanzen einer Anlage gänzlich verschont bleiben. 
Da die bereits im April erscheinende Fliege bis gegen 
Ende Mai ihr Brutgeschäft beendigt, so kann sie auf 
älteren Spargelfeldern nur die vereinzelt aufge- 
schossten Triebe heimsuchen, auf jüngeren Anlagen 
dagegen, auf denen der Spargel noch nicht gestochen 
wird, bietet sich ihr für das Ablegen der Eier an 


die Köpfe des eben hervorsprossenden Spargels 
reiche Gelegenheit. Die auskriechenden Larven 


dringen bald in den Stengel ein und nagen abwärts 
gehende Gänge aus, die theils gerade hinabsteigen, 
theils seitlich gewendet und gebogen sind. Diese 
Gänge durchsetzen alle Gewebtheile des Stengels, 
am häufigsten jedoch finden sie sich im Marke, das 
bei Anwesenheit vieler Larven ganz in braunes 
Wurmmehl umgewandelt wird. Die oft sehr zahl- 
reichen Gänge erstrecken sich bis zur Basis des 
Stengels, also bis zur Ansatzstelle desselben an der 
Grundachse; in letztere selbst dringen die Larven 
nicht ein. Häufig findet man die erwachsenen Lar- 
ven an dem untersten Ende des Ganges, mit dem 
Mundende abwärts gerichtet; in anderen Fällen sieht 
man sie mehr aufwärts im Gange und dann in der 
Regel in entgegengesetzter Lage. Diese Maden der 
Spargelfliege sind von gelblich-weisser Farbe, haben 
eine glatte, glänzende Oberfläche und eine walzen- 
kurz vor 


förmige, nur dem Mundende etwas ver- 
jJüngte Gestalt. An letzterem befinden sich zwei 
schwarze Nagehaken. Besonders charakteristisch 
ist die Beschaffenheit des Hinterendes. Dasselbe 


schliesst mit einer genau in der Achse des Körpers 
liegenden runden, schwarz gefärbten, etwas ausge- 
tieften Platte ab, auf welcher sich zwei kleine, dicht 
neben einander gegen den Rand hin stehende, ge- 


| 
| 


bogene hornartige Gebilde erheben. 
Juni findet man die Maden schon zum Theil aus- 
gewachsen in Gängen, die bereits die Basis des 
Stengels erreichten; doch kommen zu derselben Zeit 
auch noch jüngere, erst halberwachsene Exemplare 
vor, deren Gänge minder tief sich erstrecken. So 


Gegen Mitte 


fand ich am 13. Juni d. J. in ein und demselben 
Spargelstengel Maden, deren Länge 10 mm. und 


selbst noch etwas darüber betrug, bei 2 mm. gröss- 
ter Körperbreite und 1 mm. Breite der schwarzen 
Stelle am Hinterende, während andere nur 8 mm. 
und die kleinste nur 6 mm. Länge zeigten. Bei 
letzterer war die Körperbreite 1 mm., die Breite der 
schwarzen Stelle am Hinterende gleich 0,5 mm. — 
Die Verpuppung der ältesten Larven beginnt von 
Mitte Juni ab. Die Puppen sind nicht völlig gleicher 
Länge; es beträgt dieselbe 7—7,5 mm., bei 2,5 mm. 
srösster Breite. Sie sind an der Rückenseite gewölbt, 
daher in der Mitte am breitesten. Ihre Farbe ist 
gselbbraun, an der Spitze des Kopfendes dunkelbraun. 
Am Hinterende sind sie mit einem kreisrunden 
schwarzen Flecke versehen, auf dem seitlich eine 
gleichfalls schwarz gefärbte Erhabenheit mit zwei 
kleinen Hörnchen sich vorfindet. Die Puppen über- 
wintern, und erst im April des folgenden Jahres 
kommt die Fliege aus ihnen hervor. Die von diesen 
Fliegenmaden heimgesuchten Stengel sind häufig 
missgebildet und verbogen, es kommen jedoch die 
Maden auch in Stengeln vor, welche derartige Er- 
scheinungen nicht zeigen. Immer aber leidet die 
Lebensthätigkeit der Pflanze durch diese Schmarotzer; 
die Ernährung des Grundstockes ist eine minder 
vollkommene, derselbe entwickelt sich weniger kräl- 
tig, die spätere Nutzung wird dadurch beeinträchtigt. 
Es ist deshalb zu rathen, bei Neuanlagen, welche 
erbeblich durch die Fliegenlarven heimgesucht wur- 
den, in den ersten zwei Jahren, in welchen das 
Stechen des Spargels beginnt, schonend zu verfahren, 
so dass man von Anfang Juni an mit dem Stechen 
aufhört. Dann ist die Gefahr, welche durch die 
Fliege droht, vorüber und die Anlage kräftigt sich 
durch die frühzeitigen aufschiessenden Stengel noch 
in den ersten Jahren der Nutzung, wenn sie nament- 
lich dabei durch recht kräftige Düngung unterstützt 
wird. — Es empfiehlt sich ferner, bis Ende Mai 
auch auf älteren Spargelfeldern alle beim Stechen 
übersehenen Stengel bald nach dem Aufschiessen 
dicht am Boden abzuschneiden, so dass auf den ge- 
nutzten Feldern die Maden nirgends zur vollen Ent- 
wickelung gelangen können. Bei den jungen An- 
lagen lä$st sich wenigstens einigermassen für die 
Vertilgung dieses Feindes dadurch wirken, dass man 


272 


die heimgesuchten Stengel tief absticht, solald sie 
segen den Herbst hin abzuwelken beginnen. Ein 
radikales Mittel ist dies Verfahren freilich nicht, weil 
die Puppen meist sehr tief im Stengel sitzen und 
man sich hüten muss, den Grundstock zu beschädi- 
sen. Da nun ausserdem die Stengel durch den Ma- 
denfrass sehr morsch geworden sind, so verbleibt 
meist eine grössere Zahl von Puppen in der Tiefe 
zurück. Immerhin kann dadurch einigermassen die 
Vermehrung der Spargelfliege gehemmt werden, die 
wichtigste Massnahme bleibt jedoch — nicht zur 
Verhütung des Uebels, wohl aber zur Beschränkung 
der Folgen desselben — pflegliche Behandlung 
in den ersten Nutzungsjahren, unterstützt 
durch recht kräftige Düngung. 


Das frühzeitige Treiben und Blühen 


unserer Kulturgewächse, 
(Schluss.) 

Man nennt dergleichen Pflanzen zweijährige 
oder bienne. Sie sind es hauptsächlich, welche im 
Herbste reichlich mit Reservestoffen versehen werden 
und daher auch am Meisten sich eignen, für Menschen 
und für das Vieh zur Nahrung zu dienen. Schon 


vor vielen Jahrtausenden hatte man dieses gewusst 
und bei der zunehmenden Bevölkerung behufs der | 


Kultur hauptsächlich auf sie seine Aufmerksamkeit 
gewendet. Man vervollkommnete eine Anzahl von 
solehen zweijährigen Pflanzen in der Weise, wie be- 


reits schon im Allgemeinen mitgetheilt ist und erhielt | 


damit eine Reihe von Kulturpflanzen, welche uns 
jetzt unentbehrlich geworden sind. Wie weit man 
es hier in der Massen-Erzeugung von Reserve- oder 
Nahrungsstoffen gebracht hat, zeigen unsere heutigen 
Mohrrüben, Runkeln u. s. w. Wenn man die Wur- 
zeln von wilden Pflanzen untersucht und mit denen 
von kultivirten vergleicht, so möchte man geneigt 
sein, zwei ganz verschiedene Pflanzen vor sich zu 
haben. Es kommt hier noch dazu, dass Mohrrüben 
und Runkeln bei uns einjährige Pflanzen sind, in 
milderen Klimaten sich aber meist zweijährig ver- 
halten. Dort und nicht bei uns, mag auch die Um- 
bildung der wilden Pflanze mit der holzigen Wurzel 
in die mit einer fleischigen geschehen sein. 

Nach dem, was wir aus dem Leben der Pflanze 
mitgetheilt haben, wird es nun auch möglich, die 
wahrscheinlichen Gründe anzugeben, welche im vo- 
rigen Herbste das früh- und unzeitige Austreiben der 


ı servestoffe zu verhindern, 


haben, 


Mohrrüben und Runkeln veranlassten. Zwischen der 
Zeit ihrer Vegetation und ihrer Samenbildung be- 
dürfen die genannten Pflanzen eine Zeit der Ruhe, 
die ihnen durch den Winter geboten wird. In dieser 
Ruhezeit haben sie die meisten Nahrungsstoffe und 
werden vom Menschen als Nahrung benutzt. Wäh- 
rend der wärmeren Juni- und Julitage wurde von 
Seiten der Pflanzen nur für das Erkräftigen der ein- 
zelnen Individuen gesorgt. Die Bildung ihrer Reserve- 
stoffe geschieht dagegen gewöhnlich hauptsächlich 
erst im Spätsommer und im Herbste. 

Im vorigen Jahre waren die Witterungsverhält- 
nisse, wie anfangs mitgetheilt ist, nicht wie gewöhn- 
lich. Der Frühling war kurz. Feuchte Witterung 
trat schon im Juni ein und dauerte fast bis zur 
Hälfte des August. In dessen Folge begannen die 
Mohrrüben- und Runkelpflanzen zur Einbringung 
der Reservestoffe ihre Thätigkeit weit früher und 
beendeten sie, als grosse Hitze und Trockenheit in 
der zweiten Hälfte des August eintrat. Mit dieser 


ı Zeit wurden wegen Mangel der nöthigen Feuchtigkeit 


keine Reservestoffe gebildet. Damit war das erste 
Stadium der Pflanze abgeschlossen. Die Ruhe, welche 
sonst nur im Winter stattfindet, war bereits in der 
Mitte August eingetreten. Als im Spätherbste wie- 
derum Feuchtigkeit eintrat, so war es ganz natürlich, 
dass viele Mohrrüben und Runkeln ihre zweite Ve- 
getation, die der Samenbildung, begannen und da- 
mit die Reservestofle veranlassten, aus ihren Maga- 
zinen herauszutreten. Dadurch wurden Mohrrüben 
und Runkeln, wie gleich anfangs gesagt, als Nahrung 
für Menschen und Vieh unbrauchbar und der Land- 
wirth erhielt durch das Austreiben genannter Wur- 
Schaden. Das Abbrechen der 
das Verbrauchen der Re- 
das Einzige, was man 
thun kann, mehr oder weniger werden aber doch 
die Wurzeln bereits Verlust an Nahrungsstoff gehabt 
abgesehen davon, dass bei fortdauernder 
Feuchtigkeit neue Knospen austreiben, die man wieder 
abbrechen muss. 


Gartenbau - Ausstellungen. 


In Bamberg vom 15.—17. Sept. Anmeldungen 
bei Hrn. Sekretär Th. Gabler. — In Wirietzen a. O. 
vom 15.—17. Sept. Anmeldungen bis zum 8. Sept. 
bei Hrn. Rektor E. Gentz. — In Lübeck vom 26.—29. 
Sept. (im Tivoli). Anmeldungen bis zum 16. Sept. 


zeln einen 
Triebe 


grossen 


ist zwar, um 


| bei Hrn. Dr. Friedrich Grube, Stadtmauer beim Mühlen - 
thor Nr. 736. | 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15 


_ Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 


No. 35. 


31. August. 


Pflanzenkunde VII. 


. . 1. 
Die beiden deutschen Eichen. 
Eine monographische Skizze. 
(Fortsetzung.) 

7. Eine eigenthümliche Form entstand im Jahre 
1820 in einer englischen Baumschule zu Waterford 
und erhielt nach ihren Besitzern, Fennessay and 
Son, den Namen Qu. Fennessi. Die Blätter sind 
deutlich gestielt und haben eine in die Länge ge- 
zogene und oft vielfach geschlitzte Form, weshalb 
der berühmte englische Baumzüchter Loddiges ihr 
auch den Namen Ou. laciniata gab. Da an einem 
und demselben Exemplare die Blätter 
verschiedene Gestalt besitzen, bald fiederspaltig, bald 
fast ganzrandig und weidenartig sind, so wurde sie 
auch Qu. heterophylla, oder wohl auch, wenn 
die letzteren vorherrschten, Ou. salieifolia genannt. 
Interessant ist es, dass die Form mit vorherrschend 


meist eine 


fiederspaltigen Blättern schon vor ein Paar Jahr- 
hunderten im einem Walde bei Jena aufgelunden 
wurde. Auch Bechstein hat sie später in Thürin- 


ven beobachtet und als Qu. rosacea bezeichnet. 
Bisweilen sind die langgestreckten Blätter am 
Rande vorherrschend ausgeschweilt oder leierförmig. 
In diesem Falle hat man sie Qu. Iyrata genannt, 
im ersteren hingegen, besonders wenn sie ausser- 
dem noch sehr in die Länge gezogen sind, Qu. as- 
plenifolia. Von ihr sowohl, wie von der oben 
genannten Qu. salieifolia hat man auch Formen mit 
überhängenden Aesten und Zweigen und bringt sie 


[ 


mit der näheren Bezeichnung pendula in den Han- 


del. Endlieh ist noch einer Form, die den Namen 
Qu. disseeta führt, zu gedenken, wo die Blätter 
am Rande ungleich-eingeschnitten oder ungleich- 
fiederspaltig sind. 

8. Es bleiben noch die buntblättrigen Formen 


zu erwähnen übrig. Die mit gelb- oder weiss-um- 
säumten Blättern (foliis aureo- oder argenteo-varie- 
gatis) sind weniger beliebt, als die, welche durch- 
aus gelb oder durchaus rothbraun gefärbt erscheinen. 
Formen mit den ersteren wurden früher schon als 
Ou. aurea in dem Handel geführt, neuerdings hat 
man aber von Belgien aus eine Form als Qu. Con- 
eordia wo, möchte der That 


sagen, die ganze buschig- und kleinbleibende Pflanze 


verbreitet, man in 
eine schöne goldgelbe Farbe besitzt. 
Unter den Formen mit rothbraunen Blättern gibt 
es in Betreff der Intensität der Färbung verschiedene 
Nuaneirungen, welche aber bisweilen an einem und 
demselben Exemplare vorkommen und eine scharfe 
Unterscheidung illusorisch machen. Im Handel füh- 
ren Sie foliis atropurpureis und 
eupreis, atrosanguinea,nigricans und selbst 
Endlich der Form mit 
selb- und weiss-gestreiften 
Namen Qu. trieolor führt. 


die Namen: 


wir noch 
Blättern, 


nigra. gedenken 


welche den 


I. Die Winter-Eiche (Quereus sessiliflora 
Salish.) 

Blätter deutlich gestielt, ohne ohrähnliche An- 

hängsel an der Basis, in der Mitte oder wenig ober- 


35 ' 


274 


halb derselben am breitesten, jung grün hervor- 
kommend, meist auch auf der Unterfläche unbehaart, 
in der Regel auf jeder Seite 5 durch schmale und 
olt spitze Buchten getrennte Abschnitte; Blattstiel 
gelb; Griffel deutlich entwickelt, aus der Fruchtschale 
hervorragend, mit 3 kurzen Narben; 
einem sehr kurzen Stiele 
sitzend. 

Den Namen Winter-Eiche hat dieser Baum walır- 
scheinlich deshalb erhalten, weil die Blätter normal 
„etwäs später abfallen, als bei der Sommer-Eiche, 
meist aber durch plötzlich eintretenden Frost in der 
Ausbildung des Gliedes, durch das sie sich lösen, 
in der Ablösung verhindert werden, so dass sie olt 
den ganzen Winter hindurch hängen bleiben und 
erst im Frühjahre, durch andere Einflüsse bedingt, 
abfallen. Wenn wir aber schon im September einen 
Frost erhalten, der die Blätter vor der Ausbildung 
des genannten Gliedes tödtet, so bleiben diese auch 
bei der Sommer-Eiche und anderen Bäumen noch 
lange Zeit in den Winter hinein hängen. Es ist 


allgemeinen sedrängt 


demnach keineswegs ein sicheres Merkmal, um die 
Winter- von der Somimer-Eiche zu 
den, die Blätter im Winter noch 
hängen. 


unterschei- 
wenn am Baume 

Wie die Sommer-Eiche zahlreiche Formen bildet, 
so nicht weniger die Winter-Eiche. Die meisten 
Formen und Abarten beziehen sich aber nur auf die 
Verschiedenheit und Färbung der Blätter. Eine Form 
mit überhängenden Aesten habe ich als pendula 
nur in Angers gesehen. Wir wollen nun versuchen, 
die Leser der Wochenschrift mit den hauptsächlich- 
sten übrigen Formen der Winter-Eiche vertraut zu 
machen. 

1. Als Qu. Falkenbergensis ist vor einigen 
und 20 Jahren eine Winter-Eiche durch die Flott- 
becker Baumschulen in den Handel gekommen, welche 
in einem Walde bei Falkenberg im Hannover’schen 
aufgefunden wurde. Mag sie damals in der That in 
einigen Stücken von der Hauptart abgewichen sein, 
im Verlaufe der Kultur ist sie aber wieder zurück- 
Was sich jetzt unter diesem Namen im 
Handel befindet, unterscheidet sich von der Haupt- 
art gar nicht. 

2. Qu. Hartwissiana der Krim 
und wurde von Steven zu Ehren des Direktors des 
kaiserlichen Gartens in Nikita in der Krim genannt. 


gegangen. 


wächst in 


Wir haben sie im Vaterlande gesehen und in ihrem 
äusseren Ansehen keinen Unterschied von der, wie 
sie bei uns in Wäldern wächst, gefunden. Nur die 
Blätter der Unterfläche etwas behaart. 
Eigenthümlich ist der Abart aber, dass die Früchte 


waren auf 


Früchte auf 


meist einzeln auf nieht kurzen Stielen im Winkel der 
Blätter stehen. 

3. Hin und wieder findet man in Wäldern, auch 
bei uns, noch mehr aber im Süden, Winter-Eichen, 
wo der allgemeine Fruchtstiel ziemlich gestreckt ist, 
so dass er ganz das Ansehen derer bei der Sommer- 
Eiche besitzt. Schon Bechstein hat dergleichen 
Bäume gefunden und beschrieb sie unter dem Na- 
men Qu. decipiens. Er hielt sie für Blendlinge 
mit Qu. Robur. Nach unserer Ansicht sind sie aber 
ebenso wenig wie die Sommer-Eichen mit ziemlich 
gedrängt stehenden und sitzenden Früchten, von de- 
nen wir bereits gesprochen, aus einer Kreuzung 
hervorgegangen, sondern sie stellen einfache For- 
men dar. 

4. Qu. conglomerata hat Persoon eine 
Winter-Eiche genannt, wo die Eicheln in etwas grös- 
serer Anzahl bei einander dicht gedrängt sitzen und 
wo ausserdem die Unterfläche der Blätter mehr oder 
weniger behaart ist. Diese eigenthümliche Eiche ist 
aber eben so wenig, wie mancher Botaniker glaubt, 


ein Blendling oder gar Verbindungsglied mit der 
südländischen Qu. pubescens, sondern wiederum 


nur Form. Dr. Schur, der sich sonst um die Flora 
Siebenbürgens viel Verdienste erworben hat, jetzt 
aber in Böhmen lebt, hat in seiner Neigung, mög- 
lichst viel neue Arten zu machen, aus dieser Qu, 
eonglomerata sogar 3 selbständige Arten gebildet, 
die er Qu. polycarpa, condensata und axilla- 
ris nennt. Qu. pallida Heufl. scheint ebenfalls 
hierher zu gehören und hat ihren Namen von der 
helleren (etwas graugrünen) Unterfläche der Blätter 
erhalten. 

5 Eine eigenthümliche Abart, vielleicht sogar, 
wenn man Früchte gesehen haben wird, selbständige 
Art, ist in den Baumschulen als Qu. Alganista- 
nensis vorhanden. Dass sie wirklich aus Algani- 
stan, dem Lande zwischen Persien und Ostindien, 
stammt, möchte ich bezweifeln, da sie bei uns sehr 
gut aushält, was sonst mit dort einheimischen Pflan- 
zen nicht der Fall ist. Im äusseren Ansehen hat 
sie das Ansehen einer Winter-Eiche, unterscheidet 
sich aber wesentlich dadurch, dass die Blätter röth- 
lich braun aus der Knospe hervorkommen. 

6. Als Qu. aurea Wierh. ist eine in Ungarn 
wachsende Eiche in Kultur, welche sich von der 
Hauptart nur dadurch unterscheidet, dass die gelbe 
Färbung nicht allein an den Blattstielen vorhanden 
ist, sondern auch auf der Mittelrippe und deren Haupt- 
ästen sich fortsetzt. 

7. Qu. iberica Stev. haben wir im Vaterlande, 
den südlichen Abhängen des kaukasischen Gebirges, 


srosse Wälder bildend, gesehen. Da sie bei uns 
etwas empfindlich ist, möchte sie vielleicht, ebenfalls 
wie Afganistanensis, eine selbständige Art darstellen. 
Die etwas grösseren Blätter sind weniger tief ge- 
lappt und auf der Unterfläche meist weichhaarig, oft 
auch mit einem eigenthümliehen schwach rostfarbe- 
nen Schein versehen. 

8. Qu. Eseulus L. steht der Qu. iberiea sehr 
nahe und möchte vielleicht nur eine tiefer zelappte, 
fast fiederspaltige Form bilden. Auch sie ist sehr 
empfindlich gegen unsere klimatischen Einflüsse. In 
den deutschen Baumschulen haben wir sie nur 
sehr selten gesehen, obwohl sie fast alle Verzeich- 
nisse aufführen. Qu. Dalechampii Ten. vermögen 
wir nicht zu unterscheiden. 

9. Auch von der gewöhnlichen Winter - Eiche 
giebt es Formen mit tiefer geschlitzten, fast fieder- 
derspaltigen Blättern. Wild findet man sie nicht sehr 
selten in Frankreich, wo sie auch mit der näheren 
Bezeichnung laeiniata und laciniosa beschrieben 
wurde. Bisweilen gehen die Abschnitte bis zur Mittel- 
rippe. Dergleichen Formen sind als Qu. peetinata 
in den Hande! gebracht worden. Sind die Fieder- 
lappen dabei sehr schmal, sanzen Blätter 
aber mehr in die Länge gezogen, so haben die 
Eichen den Namen Qu. filiei oder eomptoniae- 
folia erhalten. 

10. Umgekehrt sind die etwas mehr als gewöhn- 
lich in die Länge gezogenen Blätter am Rande bis- 
weilen sehr wenig gelappt. Eine solche Form ist 
schon früher als Qu. sublobata Kit. beschrieben, 
später als Qu. Geltowiensis in den Handel ge- 
kommen. Qu. petiolata Schur gehört hierher. Der 
deutsche Florist Wallroth fand eine Winter-Eiche 
im Harz, wo die langen Blätter nur einen wenig aus- 


die 


seschweiften Rand besassen und nannte sie Qu. 
mespilifolia. Durch Zufall entstand endlich eine 


Form in Frankreich, wo die am Rande ausgeschweif- 
ten Blätter besonders lang sind. Sie ist als Qu. 
Louetti in den Handel gekommen und vertritt die 
mit eben solehen Blättern versehene Sommer-Eiche, 
welche wir als Qu. Fennessi kennen gelernt haben, 
bei der Winter-Eiche. 

11. Buntblättrige lormen 
Frankreich resp. in Metz gesehen. Eine kultiviren 
Simon-Louis freres daselbst unter dem Namen 
Qu. variabilis, eine andere führt dagegen den 
eigenthümlichen Namen Qu. lusitanica fol. var. 


haben wir nur in 


Zur Statistik des Obstbaues. 


Von Dr. L,. Wittmack. 
(Aus den Annalen der Landwirthschaft.) 

Der Wunsch nach einer genaueren Statistik des 
Obstbaues ist bereits zu wiederholten Malen kund 
gethan, allein immer ist die Sache, als zu schwierig, 
vertagt worden. Hauptsächlich ist es die Furcht, 
die erhaltenen Zahlen möchten nicht absolut richtig 
sein, die wohl bisher davon zurückgehalten hat; et- 
was absolut Vollkommenes gibt es aber nicht, und 
das Bessere ist überall der Feind des Guten. That- 
sache bleibt immer, dass man nur auf Grund von 
Zahlen, wenn auch selbst von nur annähernd riehti- 
sen, eine bessere Uebersicht über den jeweiligen 
Zustand der Obstkultur erlangen kann. Erst dann 
wird sieh positiv herausstellen, was in dieser oder 
jener Gegend gethan ist, und was in einer anderen 
noch geschehen muss. Mit dem grössten Danke ist 
es anzuerkennen, dass die verschiedenen Resierun- 
sen in den letzten Jahren ausserordentlich viel zur 
Hebung des Obstbaues gethan haben, es wäre aber 
man annehmen, 
mehr genug geschehen sei. Die Einsicht 
wirthschaftliehen Weıthe des Öbstes ist 
Weitem nicht in alle Kreise 
braucht sieh nur 
hören, um zu vernehmen, dass die Nachfrage nach 
jungen Obstbäumen noch lange nicht so gross ist, 
als man erwarten sollte, dass im Gegentheil viele 


ein Fehlschluss, wollte dass nun- 


von dem 
bei 


man 


noch 
sedrungen, und 


in grösseren Baumschulen umzu- 


Tausende junger Stämme noch der Käufer harren. 
Es hat das namentlich seinen Grund darin, 
man besonders in landwirthschalftlichen Kreisen den 
Obstbau noch zu gering achtet und speciell die An- 
pflanzung von Obstbäumen an Chausseen und 


dass 


Wesen aus verschiedenen Gründen nicht für 
passend hält. 
Als die wichtigsten der Bedenken gegen die- 


sen Anbau im Grossen werden geltend gemacht: 1) 
das rauhe Klima und die exponirte Lage mancher 
Gegenden; 2) die Sehwierigkeit der Ueberwachung; 
3) die Unsicherheit und Ungleichheit der Ernten und 
der bei reichlichem Eıtrage sofort eintretende niediige 
Preis; 4) endlich die Ansicht, dass das Obst als 
Nahrungsmittel immerhin ein höchst untergeordneter 
Gegenstand sei, da man namentlich im nördlichen 
Deutschland einer kräftigeren Kost bedürfe. 

Der erste dieser Punkte ist in landwirthschalt- 
liehen und gärtnerischen Zeitschriften schon häufig 
genug widerlegt worden. Die deutschen Pomologen- 
versammlungen, die gärtnerischen Kongresse ete. haben 
wiederholt Sorten bezeichnet, welche in den rauhesten 


39* 


N 


Gegenden ganz gut gedeihen, und die Märkte der ! 
entlerntesten Orte Ostpreussens liefern den Beweis, 
dass auch in dem dortigen Klima recht gutes Obst 
gedeiht. Bauen doch auch weit nördlichere Länder, 
Schweden und Norwegen, wenigstens in ihren süd- 
lichen und mittleren Theilen, Obst in reichlicher 
Menge, das sich dureh sein trefflliches Aroma, wie 
alle dort gebauten Früchte, noch besonders 
zeichnet. 

Der zweite Punkt, die Kostspieligkeit und Schwie- 
riskeit der Ueberwachung, fällt auch zum Theil fort, 
wenn man nur eine Sorte — wo möglich eine, die 
durch ihr Aeusseres nicht zu verlockend ist — in 
srösserer Menge baut, oder doch solche Sorten, die 
gleichzeitig reifen, damit der Obstpächter nicht nöthig 
hat, wochenlang Wache zu halten, um das Abernten 
vorzunehmen. Eine gleichmässige Waare in grosser 
Quantität findet ausserdem einen viel besseren Markt 
als eine Menge kleinerer Partieen in verschiedenen 
Sorten. — Was übrigens den etwaigen Diebstahl 
anbetrifft, so ist er jedenfalls nicht so gross als der 
Holzdiebstahl, und Niemandenm wird es doch einfallen, 
wegen der häufigen Holzdiebstähle keine Forsten 
mehr anzulegen. 

Die Unsicherheit der Ernten als der dritte 
Punkt — lässt sich begreiflicherweise nicht durch 
unsere Hand oder doch nur wenig abwenden. Die 
zu leicht eintretende Ueberproduktion und der dann 
zu sehr gedrückte Preis des frischen Obstes dürfen 
aber nicht mehr als ein so grosses Hinderniss an- 
gesehen werden, wenn man, wie es in Süddeutsch- 
land, auch in manchen Gegenden von Mittel- und 
Westdeutschland geschieht, das Obst besser zu nutzen 
versteht, mit anderen Worten, wenn man bei reichem 
Ertrage sich auf das Dörren des Obstes, auf die 
Fabrikation von Mus (Kraut), von Obstwein und Obst- 
essig legt, wozu jetzt durch Konstruktion guter Dar- 
ren und guter Pressen viel mehr Gelegenheit als 
früher geboten ist. Man wird dann nicht nöthig ha- 
ben, sein Obst zu Spottpreisen loszuschlagen, kann 
übrigens dasselbe ausserdem bei den jetzt so sehr 
erweiterten Verkehrsinitteln auch oft im frischen Zu- 
stande nach ferneren Gegenden gut verkaufen. 

Dass endlich viertens das Obst nur ein minder 
wichtiger Gegenstand der Volksnahrung ist, dürfte 
ob 


aus- 


von Jedem zugegeben werden; er aber 
wirklich von so ganz untergeordneter Bedeutung ist, 
wie Manche annehmen, dürfte doch noch sehr zu 
bezweifeln sein. — Da aber kommen wir wieder auf 
_ den Anfang zurück, es fehlt uns an einer Statistik 
des Obstbaues, wir wissen fast niehts über die Grösse 
der Produktion. 


wohl 


Kaum sollte man es glauben, dass seit den Jah- 
ren 1803—1805, wo Krug unter Zuhülfenahme der 
sogenannten Kammertabellen eine Zählung der Obst- 
bäume vornahm und die vorhandenen Lücken durch 
gewissenhafte Schätzung ausfüllte, kein einziges Mal 
der Versuch gemacht ist, die Zahl der Obstbäume in 
Preussen festzustellen. Den freundlichen Mittheilun- 
sen des Herrn Regierungsrathes Meitzen verdanke 
ich die nachstehenden Krug’schen Zahlen nebst eini- 
gen andern der in der Folge erwähnten. Sie sind 
dem kürzlich erschienenen 3. Bande des Meitzen- 
schen Werkes: „Der Boden und die landwirthschalt- 
lichen Verhältnisse des preussischen Staates“ ent- 
nommen. Krug berechnet die Zahl der tragbaren 
Obstbäume im damaligen Preussen mit 5586 Quadrat- 
Meilen auf 15,140,000 Stück, mithin auf 1 Quadrat- 
Meile 2710. — Nehmen wir an, dass sich seitdem 
die Zahl derselben ungefähr verdoppelt habe, ein 
Schluss, zu dem man nach Analogie und nach Er- 
wägung aller einschlagenden Verhältnisse wohl be- 
rechtigt sein dürfte, so ergiebt das für den jetzigen 
Umfang des Königreichs mit 6387 Quadratmeilen 
34,617,540 oder in runder Summe 35 Millionen trag- 
barer Obstbäume. 

Rechnet man den Ertrag eines jeden Baumes 
durehschnittlich nur zu !/, Zentner, so beträgt dies 
7 Millionen Zentner, und den Zentner im Durchschnitt 
der Jahre nur.zu 1 Thlr. geschätzt, erzielt einen 
Werth von 7 Millionen Thalern. Der Preis von 
1 Thaler dar! gewiss nicht als ein zu hoher ange- 
sehen werden, da in Hamburg z. B. bei ganzen 
Kahnladungen im 10jährigen Durchschnitt 1 Thir. 
15 Sgr. per 1 Zentner Hamb. (112 Pfd.) gezahlt sind, 
da ferner nach den Mittheilungen eines zuverlässigen 
Kahnschiffers der 10jährige Durchschnittseinkaufspreis 
in Böhmen sich für das sämmtliehe Obst auf 1Y, Thlr. 
pr. alten preuss. Scheffel stellte. Ein Scheffel wiegt 
aber selbst bei schwerem, festem Obst, z. B. Bors- 
dorfer Aepfeln, nur ea. 85 Pfd., bei leichterem, z. B. 
Hasenköpfen, nur 70—75 Pfd. — Die Preise sind 
im letzten Herbste wegen der schlechten Ernte so 
gestiegen, dass sie in Böhmen pro Scheffel 4 bis 
8 Thlr., in Hamburg pro Zentner 5 Thlr. betrugen. 
Wurden doch die feinen Tyroler Aepfel, die zum 
ersten Male vorigen Winter die Schaufenster der Ber- 
liner Fruchtläden in grösserer Menge schmückten 
und sogar ganz neue Läden extra dafür erstehen 
liessen, en detail mit 1, 11, bis 21/, Sgr. pro Stück, 
selbst im Grossen mit bis 5 Thlr. pro 100 Stück 
bezahlt. 

Will man einen Staat mit Preussen vergleichen, 
so eignet sich wohl keiner besser dazu als Württem- 


Bee 


berg, wo die Statistik des Obstbaues wohl am besten 
in Deutschland durchgelührt wird. 

Die Zahl der (tragbaren) Obstbäume belief sich 
1852 daselbst auf 4,724,102 Kernobst- und 3,223,572 
Steinobststämme, in Summa 7,947,674, also fast 
8 Millionen, eine Zahl, die jetzt gewiss schon be- 
deutend überschritten ist. Die Erträge waren im 
Durchsehnitt der Jahre 1852—61 an Kernobst 4,297,925 
Simri oder (nach Lucas) 1,719,170 Ztr., an Steinobst 
771,709 Simri, (nach Lucas) 308,684 Ztr., zusammen 
2,027,854 Ztr., pr. Baum demnach durchschnittlich 
1), Ztr. oder bei einer Bevölkerung von 1,778,396 
Köpfen pro Kopf 1,14 Ztr. Die Gemeinde Reutlingen 
hatte 1860 auf 1850 Magdeb. Morgen 78,000 Obst- 
bäume, mithin pro Morgen 42,2. Nehmen wir den 
Zentner nur zu 1 Thlr., so erhalten wir als Werth 
des produzirten Obstes ca. 2 Millionen Thaler. Dabei 
ist aber nicht zu vergessen, dass das nur 354 Q.-M. 
umfassende Württemberg ca. 18 mal so klein als 
Preussen mit 6387 Q0.-M. ist, und wollte man für 
letzteres Land dieselben Verhältnisse anlegen, so 
müssten 


in Preussen 144 Millionen Obstbäume an- 
statt der angenommenen 35 Millionen stehen und 


der Werth des Obstes bei nur !/; Ztr. Ertrag fast 
29 Millionen Thlr. betragen. (Direkt pro Kopf, be- 
rechnet nach württembergischem Maassstabe, würden 
in Preussen bei 23,043,296 Einwohnern 27,409,357 
Ztr. Obst produzirt werden müssen.) Niemandem 
wird es einfallen, solche Anforderungen zu stellen, 
die Verhältnisse in Württemberg, wo die Baumfelder- 
wirthschaft in hohem Maasse verbreitet ist, sind ganz 
andere als in Preussen; immerhin wird aber zuge- 
geben werden müssen, dass der Unterschied zwischen 
dem 144 Millionen betragenden „Soll“ und dem 35 
Millionen umfassenden „Haben“ ein so grosser ist, 
als dass nicht noch viel geschehen müsste, um das 
Verhältniss zu einem etwas günstigeren werden zu 
lassen. i 

Man wird sagen: Das meiste sind nur Schätzun- 
gen, es fehlen die positiven Zahlen. — Gut, so mö- 
gen denn im Nachstehenden wenigstens einige Daten 
segeben werden, aus denen einestheils die Bedeu- 
tung des Obstbaues, anderntheils auch die Hebung 
desselben hervorgeht. 

Leider findet sich nicht viel brauchbares Mate- 
rial; die Zollvereinslisten lassen uns fast gänzlich im 
Stich, da sie z. B. in Pos. 9e2 das Obst mit an- 
deren Gartengewächsen, essbaren Knollen, Hyazinthen- 
zwiebeln ete. zusauımenwerfen, so dass nicht einmal 
der Import und Export von Kartoffeln, die doch 
noch weit wichtiger sind, sich ersehen lässt. Die 
Zullbehörde würde wirklich der Wissenschaft wie der 


Praxis einen grossen Dienst leisten, wenn sie diese, 
wie manche andere Positionen theilen möchte. Es 
bleibt für unsern Zweck nur die Pos. 25p 3: getrock- 
netes und gebackenes Obst übrig, die begreiflicher 
Weise nur einen geringen Anhalt bieten kann. 

Es betrug (die älteren Zahlen nach Meitzen) 


die Einfuhr v. Backobst die Ausfuhr 
exel. Transit excel. Transit 


im 10jährigen Durch- 
schnitt 


von 1822—33 pro Jahr 30,532 Ztr. 7,338 Zitr. 

„. 1834—43 „ 29231. 9,325 ,„ 

„ 184453 „ 68,990 1233053 
„. 1854—64 „ 163 15De,; 46,002 

1867 za IIO-ASISER: 

1868 ZPRD er 118,188 , 

1869 365,741 „ 95,398 „ 

1870 245,066 „, 63,606 _„, 

Einen gewissen Anhalt geben auch die Verla- 

dungstabellen der Eisenbahnen etc., welche von 


Herrn Reg.-Rath Meitzen mit grossem Fleisse zu- 
sammengetragen sind, um einmal von einem Jahre 
(derselbe hat aus mancherlei Gründen das Jahr 1867 


gewählt) ein anschauliches Bild der Verkehrsverhält- 
nisse zu geben. Für unsere Zwecke genügen einige 


dieser Zahlen. 
Es wurden verladen: 

Berlin-Potsdam- 

Magdeburger 

Bahn 
Breslau - Posen- 

Glogauer . h 
Stargardt-Posen 
Königl. Ostbahn 
Oberschlesische 

Bahn 
Berlin-Anhalter 

Bahn 
Berlin-Hambur- 

ser Bahn 
An derZollgrenze 

gegen Oester- 

reich 

ein } 
Am Elbzollamt in 

Wittenberge 

singen elbab- 


getrockn. Obst incl. frisches 23,686 Ztr. 


30,855 „. 
36,355 „ 
53,363 „ 


80,051 „ 
82,233 „ 


II 


singen 
193,438 „. 


wärts 3 201,546 „ 
Bedenkt man, wie viele fleissige Hände thätig 
sein müssen, um diese Massen in Umlauf zu bringen, 
wie viele Käufer und Wiederverkäufer dabei parti- 
eipiren, so darf man wohl, namentlich wenn man 
diese Verhältnisse sich für ganz Deutschland aus- 
malt, den Gegenstand für nicht so untergeordnet 


278 


halten. Schätzt doch Th. Fontane in anziehenden 
Schilderungen von Werder und den Werderschen (in 
den Sonntagsnummern der Vossischen Zeitung, Juli 
1871) den Obst-Ertrag incl. Beerenobst dieses einen 
Ortes nebst seinen Umgebungen auf jährlich eirca 
1 Million preuss. Metzen von einem Werthe in Berlin 
von ea. 280,000 Thlr. — Rechnet man den Durch- 
schnittswerth des oben angeführten Backobstes auf 
nur 10 Thlr., wobei das Verhältniss des Steinobstes 
zum Kernobst (auf 8 Ztr. verkauftes getrocknetes 
Steinobst erst 2 Ztr. getrocknetes Kernobst) bereits 
mit berücksichtigt ist, so ergibt sich bei einer Durch- 
schnittssumme von ca. 250,000 Ztr. eingeführtes 
Backobst ein Kapital von 2,500,000 Thlr., das allein 
dafür ins Ausland geht und das wir uns durch reich- 
lichere Anpflanzung von Obstbäumen an Chausseen 
zum grösseren Theile erhalten könnten. Dass ausser- 
dem bei den jetzt so sehr entwickelten Verkehrs- 
mitteln auch frisches Obst ein viel weiteres Absatz- 


sebiet als früher findet, ist schon oben bemeiıkt 
worden, und wie in den letzten Jahren schon an- 


sehnliche Mengen frischen Obstes aus Schlesien und 
den angrenzenden Provinzen nach Russland gehen 
und wie andererseits von den unteren Elbgegenden, 
namentlich dem sogenannten Altenlande im Hannö- 
verschen, enorme Quantitäten über Hamburg ihren 
Weg nach England finden, wie umgekehrt bereits 
öfter grössere Quantitäten amerikanischer Aepfel in 
Hamburg zum Verkauf kamen, so dürften sich auch 
für andere noch manche Absatzquellen 


finden lassen. 


Gegenden 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pilanzenkunde. 
vm. 
In England sind wiederum 2 Knaben durch den 
der rübenähnlichen Wurzeln der Oenanthe 
einer Pflanze aus der Familie der Umbelli- 
feren, die zum Glück bei uns in Deutschland nicht, 
desto mehr jedoch in vorkommt, 
vergiftet worden. Wenn Pflanze 
bei uns nicht wächst, so doch eine nahe Verwandte, 
der Wasserschierling (Cieuta virosa), auf dessen eben 
so giftige Eigenschaften nicht genug aufmerksam ge- 
Sein Name Volke: 
bezeichnender 


Genuss 
erocata, 


Grosshritanien 


aber auch diese 


macht werden kann. bei dem 
eiltiger Wütherich, kann nicht 
Auch bei dieser Pflanze ist die Wurzel am giltigsten 
dem Sellerie ähnlich 
gegessen, um 


Häufiger 


sein. 


und wird bisweilen, da sie 
riecht und schmeckt, 


die Folgen hervorzurufen. 


aus Versehen 


nachtheiligsten 


werden aber Kinder verleitet, die fleischigen, wenn 
auch hohlen Stengel zu geniessen. Wir haben das 
selbst früher einmal gesehen und zwar bei einem 
Handelsgärtner in Mitteldeutschland, wo ein ziemlich 
breiter Graben mit sehr viel Wasserschierlingpflanzen 
quer durch ein diesem gehöriges Grundstück führte. 
Zum Glück sind diese Stengel weniger giftig und das 
Kind hatte eben erst angefangen, in den Stengel zu 
beissen. In Norddeutsehland, besonders in Pommern, 
ist der Wasserschierling an einzelnen Stellen sehr 
verbreitet und man erzählte uns, dass durch den 
Genuss der Stengel alljährlich Vergiftungszufälle vor- 
kommen. Möchten doch Eigenthümer von Grund- 
stücken, namentlich feuchter Wiesen und Gräben, in 
denen Wasserschierling wächst, sich es angelegen 
sein lassen, diese giftige Pflanze auszurotten. 

In Paris hat das massenhafte Erscheinen eines 
mückenähnlichen Insektes, der Bibio Marei, in sofern 
grosses Aufsehen gemacht, als man glaubte. es sei 
die Folge des oberflächlichen Begrabens von Leichen 
während der Unglückstage im vorigen Jahre und 
könnte schädliche Folgen für den Gesundheitszustand 
der Stadt haben. Dieses Insekt, dem man im Deut- 
schen gewöhnlich den Namen Haarmücke gibt, ist 
aber eben so wenig den Menschen gefährlich. als der 
den Gärtnern hinlänglich bekannte Bibio hortulanus, 
und unterscheidet sich von diesem nur durch den 
schwarzen Leib, der bei eben genannter Art eine 
braune Farbe hat. Diese Haarmücken sind zwar 
den Mücken verwandt, aber harmlose Thiere, die 
man auch bei uns bisweilen in grosser Menge sehen 
Am Allerwenigsten stechen sie, wie die äch- 
ten Mücken. In manchen Gärtnereien in Paris hatte 
die Made des Bibio Marci auch in sofern die Auf- 
merksamkeit der Besitzer auf sich gelenkt, als sie 
an einzelnen Stellen massenweise vorkam, so dass 
man sie mit dem bekannten, hier und da plötzlich 
erscheinenden Heerwurme vergleichen konnte. 

Wahrscheinlich hat diese schwarzleibige Haar- 
mücke dieselbe Lebensweise, wie die gewöhnliche, 
deren Schaden in Gärten im Allgemeinen wohl über- 
trieben werden der zweiten Hälfte des 
April, sobald es freundliches Wetter wird, kommen 
diese Mücken aus ihren rundlichen Löchern in der 
Erde hervor. Nur wenn es sehr warm ist, fliegen 
sie des Abends umher, sonst sitzen sie träge an 
Grashalmen oder Pflanzenstengeln. Nach der Be- 
gattung slirbt alsbald das Männchen und sobald nach 
8 bis 10 Tagen das Weibchen die Eier in die Erde 
gelegt hat, auch dieses. 

Im Juli kriechen die Maden 
sich von den feinen Wurzelfasern, 


kann. 


mag. In 


aus und nähren 
wie es scheint, 


279 


aber mehr von den eben absterbenden, als von de- 
nen, welche noch in voller Kraft sind. Daher ist, 
wie wir schon ausgesprochen haben, der Schade 
unbedeutend, den sie verursachen. Pet. Friedr. 
Bouch& behauptet jedoch dagegen, dass die ge- 
wöhnliche Haarmücke der Gärten (Bibio hortulanus) 
vielen Pflanzen, und besonders den Ranunkelknollen, 
von denen sie sich nährten, sehr gefährlich sein 
könnten und bei ihm stets grossen Schaden ange- 
richtet hätten. In Holland, wo man der Anzucht der 
Ranunkeln grosse Sorgfalt zuwendet, weiss man, 
wenigstens nach den uns gemachten Mittheilungen, 
jedoch nichts darüber und hat niemals, so sehr auch 
diese Haarmücke daselbst verbreitet ist, von ihr be- 
merkbaren Schaden gehabt. 


Die Art und Weise der Kultur der Kartoffel 
wird in Frankreich jetzt wieder vielfach debat- 
ti. Nach einem Berichte in dem Journal der 


Pariser Gartenbau-Gesellschaft (p. 265) hat ein ge- 
wisser Ch. Royer nach verschiedenen Richtungen 
hin vergleichende Kulturen angestellt. Darnach lie- 
fern grössere Kartoffeln der Aussaat im Allgemeinen 
zwar mehr Knollen, als die kleineren, geben aber, 
da sie in der Regel auch weiter gepflanzt werden 
müssen, aul einer gewissen Fläche Landes einen 
geringeren Ertrag als diese. Hundert Kilo z. B. gros- 
ser Kartoffeln zur Aussaat angewendet, geben we- 
niger Resultat, als eben so viel Gewicht kleiner. 
Koyer verlangt deshalb, dass man zur Aussaat nur 
-Knollen unter mittlerer Grösse nehmen solle. Zu 
gleicher Zeit macht er darauf aufmerksam, dass die 
Kartoffelpfllanze zu 2 verschiedenen Zeiten Knollen 
bilde, deren Ausbildung und daher auch deren Güte 
verschieden sei. Der erste Ansatz von Knollen ge- 
schieht im Frühjahre, der zweite im Hochsommer. 
Die Knollen der zweiten Periode müssen von der 
Aussaat ausgeschlossen werden. Man erkennt sie 
leicht an der glatten Rinde, die Oberhaut der Knol- 
len des ersten oder Frühlings-Ansatzes ist dagegen 
rissig und mehr oder weniger aufgesprungen. 

Wer nicht ganze Knollen legen will, sondern sie 
‘zur Aussaat theilt, möge sich zuvor davon überzeu- 
gen, welche Seite der meist etwas zusammengedrück- 
ten Kartoffel bei ihrer Bildung in der Erde nach 
oben gelegen hat. Nur auf der oberen Seite befin- 
den sich die besten und kräftigsten, auf der ent- 
gsegengesetzten unteren hingegen die am Wenigsten 
ausgebildeten Augen. Royer verlangt daher, dass 
die Knolle nicht der Quere nach, sondern in der 
Weise geschnitten werde, dass die obere Hälfte mit 
den guten Augen zur Saat, die untere dagegen zur 
Fütterung benutzt werde. 


Ferner hat Royer ebenfalls gefunden, dass das 
Gipfel-Auge stets am Meisten geeignet sei, Resultate 
zu liefern. Wo möglich müsse man deshalb die 
Knospen immer so legen, dass die Gipfelknospe 
nach oben zu liegen komme. 

In den Blumenparterres des Louvre zu Paris 
findet man jetzt, nach Noblet in der Revue horti- 
ceole, die wilde weisse Wucherblume, Chrysan- 
themum LeucanthemumL., mit sehr gutem Erfolg an- 
statt des sonst üblichen Chrysanthemum frutescens 
von den kanarischen Inseln verwendet. Ihre Kultur 
ist höchst einfach: Man säet die Samen im Juni oder 
Juli im Kasten, wie Salat oder Kohl aus, piquirt sie 
nachher auf 15—20 Centimeter Entfernung und pflanzt 
sie entweder noch im Herbst oder im nächsten Früh- 
jahr an den beabsichtigten Stellen aus. — Die Blüthe- 
zeit beginnt im Mai und dauert bis Juni; wenn man 
dann die Pflanzen beschneidet, treiben sie bald 
wieder neue Blüthenzweige. — Noblet hält es aber 
für besser, sie jedes Jahr im Sommer durch Thei- 
lung der Stöcke oder noch besser durch Samen zu 
erneuern. 

Ungleiche Vertheilung der Geschlechter hei 
Ailanthus. Carriere giebt in der Revue horticole Nr. 
12 die Abbildung einer interessanten Ailanthus glandu- 
losa, welche sich in Sceaux bei Paris befindet. Der 
Baum misst, 1 Meter vom Boden, ungefähr 2!/, Meter 
im Umfang; der sehr gerade gewachsene Stamm hat 
bis zu den ersten Aesten eine Höhe von 5—5!/, Me- 
ter. Dort theilt er sich in 2 starke Aeste, die sich 
dann weiter verzweigen. Der eine dieser Aeste und 
zwar der stärkste und am meisten aufrecht stehende 
trug im vorigen Herbst eine grosse Zahl von Früchten, 
während der andere nichts als einige vertrocknete 
Reste von männlichen oder weiblichen Blüthen hatte. 
(Der betreffende Korrespondent konnte die Natur der- 
selben nicht mehr erkennen.) Der Gärtner bemerkte, 
dass alle Jahre sich dasselbe Verhältniss wiederhole. — 
Nach dem Fall der Blätter bemerkt man überhaupt 
bei verschiedenen Ailanthus-Exemplaren eine ausser- 
ordentliche Mannichfaltigkeit in der Vertheilung der 
Frucht. Einige sind 
haben wenige, noch andere gar keine. 


sanz damit beladen, andere 
Die ersteren 
zeisen wieder die Früchte entweder nur auf einzel- 
nen Aesten oder auch an allen, selbst 
sind sie entweder zerstreut oder wieder in einzelnen 
Gruppen beisammen. 

Solche Fälle, wo so zu sagen die eine Hälfte 
des Baumes allein Früchte trägt, gehören aber zu 
den interessantesten von allen. 

Thujopsis dolabrata trägt bekanntlich sehr 
selten bei uns keimfähigen Samen, um so erfreulicher 


dann aber 


R 280 


ist es, zu hören, dass es Hrn. C. Verdier in Paris 
gelungen ist, solchen zu gewinnen, und zwar von 
einer nur 60 Centimeter hohen, aus Stecklingen ge- 
zogenen Pflanze. Einige der Samen keimten und 


zeigten die jungen Pflänzchen ganz den Charakter | 


von Biota. 

Primula japonica A. G., die wir im vorigen 
Jahrgange S. 195 besprochen, ist in der Juli-Num- 
mer dieses Jahres der Regel’schen Gartenflora ab- 
gebildet. Den Besuchern unserer Vereinsversamn- 
lungen war im Mai d. J. Gelegenheit gegeben, die 
Pflanze auch lebend zu sehen. Die Einführung die- 
ser schönen Primel, bei der die Blüthen in mehren 
Quirlen übereinander stehen, verdankt man R. For- 


tune, der von Hrn. W. Keswick in Hongkong 
und Walsh, Hall & Co. in Yokohama Samen er- | 
hielt und diese dem bekannten tüchtigen Gärtner 


Bull betrieb die Kul- 
im Sommer 1871 ein 


W. Bull in London übergab. 
tur so eifrig, dass er schon 
ganzes Gewächshaus damit gefüllt hatte. In England 
hat sie den Winter ohne Deckung im Freien ausge- 
halten. Ob sie das auch bei uns thun 
Die Blüthen, welche ursprünglich magenta-roth waren, 
zeigen jetzt schon verschiedene Nuancen: lila, weiss, 
karminroth, rosa u. S. w. 

In 


wird?? — 


derselben Nummer bespricht Dr. Regel die 
Kultur des bekannten Pancratium speciosum 
Salisb. als Zimmerpflanze. Der Grund, dass man 
die prächtige Pancratius - Lilie so wenig sieht, liegt 
hauptsächlich daran, dass sich nur selten und auch 


dann nur wenig Samen ausbildet und ausserdem erst | 


bei älteren sehr starken Exemplaren junge Neben- 
zwiebeln, ebenfalls nur in geringer Menge auftreten. 

Die Nebenzwiebeln nehme man erst ab, wenn 
sie genügend erstarkt sind und zwar in der Weise, 
dass man mit einem zwischengeschobenen Falzbein 
sie vorsichtig von der Mutterzwiebel (die das ganze 
Jahr in Vegetation bleibt) abbricht. Die jungen Zwie- 
beln werden dann sofoıt einzeln in Töpfe in eine 
recht sandige lehmige Erde gepflanzt und unmittel- 
bar um die Bruchfläche mit Sand umgeben. 
So stellt man sie im geheizten Zimmer an’s sonnige 
Fenster. Die beste Zeit zum Abnehmen ist das Frühjahr. 

Die jungen Zwiebeln liegen 3—6 Monate, ehe 
sie eine kräftige Vegetation zeigen; sie müssen wäh- 
renddess, wie alle Zwiebelgewächse, vorsichtig 
und erst dann, wenn die Erde gut ausgetrocknet 
ist, begossen werden, da sonst leicht Fäulniss ein- 
tritt. — Im nächsten Frühjahr pflanzt man sie in 
srössere (nicht zu kleine) Töpfe mit lehmiger Rasen- 


Erde und erzielt dann bald blühbare Zwiebeln. Das 
stärkste Wachsthum zeigt sich im Spätsommer und 
Herbst; man verpflanze sie dann aber nicht, da sie 
dadurch sehr leiden, sondern warte damit bis zum 
Mai oder Juni. — Die Pflanze liebt recht grosse 
Gefässe, in denen man unten eine Lage Scherben” 
zum Abfluss des Wassers anbringt. Während der 
Wachsthumszeit verlangt sie viel Wasser, aber vor- 
sichtig zugesetzt: auch flüssiger Dünger dürfte sehr 
zu empfehlen sein. 

Der Same bildet sich nur aus, wenn die blühende 
Pflanze einen Platz am Fenster erhält und man den 


reichlieh vorhandenen Blüthenstaub auf die Narbe 
überträgt. Wie bei vielen Pflanzen. entwiekeln sieh 
nicht alle der Anlage nach vorhandenen Samen- 
knospen. Die Amaryllideen, zu denen Paneratium 


gehöit, haben einen 3fächerigen Fruchtknoten und 
in jedem Fach 2 Reihen an der Achse befestigter 
Eier. Von diesen entwickeln sich bei Paneratium 
anfänglich in jedem Fach nur je 2 grundständige, 
später aber verkümmern auch diese 6 bis auf eins 
(seltener 2) und das eine entwickelt sich nun zu 
einem taubeneigrossen oder noch grösseren zwiehbel- 
artigen Samen. Derselbe ınuss einige Monate liegen 
bleiben, ehe man ihn aussäet. Das Keimen dauert 
sehr lange. 

Silybum eburneum Coss et D. R., die Ma- 
riendistel mit elfenbeinweissen Stacheln, welehe un- 
serer gewöhnlichen übrigens sehr ähnlich ist, wird 


wieder als Dekorationspfllanze von Frankreich her: 
empfohlen. Sie muss im Juni gleich an Ort und 


Stelle in gewöhnliche gute Gartenerde gesäet werden 
und zwar 1—1!/, Meter auseinander, da sich eine 
ausserordentlich grosse Blattrosette schon im Herbst 


entwickelt. Diese hält im Winter aus und trägt im 


| Frühjahr einen kräftigen, verzweigten, mit rosa-farbe- 


nen Köpfen besetzten Blüthenstengel. — Vilmorin 
Andrieux & Co. in ihren Fleurs de pleine terre sa- 
gen — und wohl mit Recht — dass sie im Winter 
selbst in Paris schwer aushalte und gedeckt werden 
müsse. Uebrigens erhält man, wenn man die Samen 
im Frühjahr säet, für den ersten Sommer dadurch 
sehr schöne Rosetten, da sie erst im nächsten Jahre 
Blüthen treibt. 

Lilium auratum soll nach Pynaert (im Bul- 
letin d’Arboriceulture, Gent) die Fliegen aus den 
Zimmern entfernen, oder sie wenigstens nieht mehr 
lästig erscheinen lassen. — Jedenfalls eine angenehme 
Zugabe zu den übrigen guten Eigenschaften der herr- 
lichen Blume. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


es 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


- 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 36. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Statut der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau zu Geisenheim. — Das Rheinthal. — Gartenbau-Ausstellung 


in Wrietzen. — Neu eingegangene Preis- Verzeichnisse. 


Statut 


der 
Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau 
em: 


(Provinz Hessen-Nassan). 


die Jandwirthschaftlichen Angelegenhei- 
ten ist dem Verein zur Beförderung des Garten- 
baues das eben zenannte Statut mit der Nachricht 
zugegangen, dass obige Anstalt im Laufe des Mo- 
nat Oktober d. J. eröffnet werden wird. 

Nachdem erst vor wenigen Jahren im Osten 
unseres Landes das pomologische Institut zu Pros- 
kau bei Oppeln ins Leben getreten ist und sich in 
der kurzen Zeit seines Bestehens zu einer so er- 
{reulichen Blüthe emporgeschwungen hat, finden wir 
in der Errichtung der Kgl. Lehranstalt für Obst- und 
Weinbau zu Geisenheim einen neuen thatkräftigen 
Beweis von dem Streben der Königlichen Staatsregie- 
rung, den ÖObst- und Weinbau nach allen Kräften 
zu fördern. 

Das uns vorliegende Statut enthält 1) eine Ein- 
leitung, 2) das Statut selbst und 3) eine Beschrei- 
bung der Gärten, welche zu der Königlichen Lehr- 
anstalt in Geisenheim gehören; es ist also mehr als 
eine blosse Aufzählung von statutarischen Satzungen. 

Die Einleitung sagt über Entstehung und 
Bedeutung der Anstalt unter Anderem Folgendes: 

Zu allen Zeiten hat die Königliche Staatsregie- 
rung der Verbesserung und Verbreitung des Obst- 
und Weinbaues ihre Aufmerksamkeit geschenkt. So 
sorgfältig aber auch dieser Zweig der Landeskuültur 


} 
| 


gepflegt wurde, so war es doch bis in die neueste 
Zeit in Preussen nicht ausführbar, alle Obst- und 
Traubensorten in soleher Vollkommenheit zu erzeu- 
gen, in den meisten Theilen 
und in manchen anderen Ländern der Fall ist. 


Frankreichs 
Seit- 


wie dies 


| her mussten preussische Gärtner, wenn sie die fei- 
Von Seiten des König]. Ministeriums für 


nere Obstkultur und überhaupt den Obstbau in seiner 
Vollkommenheit kennen lernen wollten, das Ausland 
besuchen. 

Erst seitdem Nassau dem Königreich Preussen 
angehört, auch der inländische Obst- und 
Weinbau die glänzenden, in südlicher gelegenen Ge- 
senden erzielten Resultate zu erreichen und selbst 


vermag 


| zu übertreffen. 


Dass in dem von der Vorsehung so reich ge- 
segneten Rheingau, dem Paradiese Deutschlands, alle 
Bedingungen erfüllt sind, um den Obstbau in seiner 
höchsten Vollkommenheit darzustellen, entging nicht 
dem immer wachsamen Auge Seiner Majestät des 
Königs und Seiner wohlwollenden Sorge für die neue 
Provinz. Es wurde auf Allerhöchste Anregung von 
dem Ministerium für die landwirthschaftlichen Ange- 
legenheiten der Plan entworfen, im Rheingau eine 
Anstalt zu errichten, mit der Aufgabe, durch Wort 
und Vorbild den Obst- und Weinbau zu lehren und 
zu fördern. 

Als der für diesen Zweck im Rheingau geeig- 
netste Ort wurde Geisenheim in Aussicht genommen, 
weil eine von Geisenheim nach Berlin gelangte sehr 
reichhaltige Obstkollektion allgemeine Bewunderung 
erregt hatte, und den Obstausstellungen von Geisen- 
heim in Erfurt, in Paris und in Hamburg erste Preise 
zuerkannt worden waren, weil die Stadt Geisenheim 


36 


der Königlichen Regierung einen grossen Theil der 
für die Institutszwecke erforderlichen Ländereien un- 
entgeltlich zur Verfügung stellte, weil in Geisenheim 
die. vor einer Reihe von Jahren angelegten pomolo- 
gischen Gärten der Villa Monrepos belegen sind, 
welche wegen ihres Umfangs und der Männichfaltig- 
keit und vortrefllichen Behandlung des dort kultivir- 
ten Obstes bis zu der Zeit, wo die eigenen Anlagen 
der neuen Lehranstalt herangewachsen sein werden, 
ein Lehrmittel abgeben, wie ein solches in Preussen 
schwerlich wieder zu finden ist, und endlich weil 
Geisenheim als Eisenbahn- und Damplschiflstation 
und umgeben von blühenden Städten und im Som- 
mer reich besuchten Kurorten einer in allen Bezie- 
hungen durchaus günstigen Lage sich erlreut. 
Geisenhein liegt am Fusse eines südlichen Ab- 
Die Lage der Instituts- 
nach Süden sanft abfallende Der 
Boden daselbst besteht aus einer leicht theilbaren, 
durchlässigen, fruchtbaren 


hanges des Taunusgebirges. 
särten ist eine 
und tiefgründigen Erde, 
in welcher alle Pflanzen gedeihen, und vornehmlich 
die feineren (Haar-) Wurzeln eine vorzügliche Aus- 
bildung erlangen. 

Das für die Versuchsweinberge der Lehranstalt 
in Aussicht genommene Areal befindet sich oberhalb 
der pomologischen Gärten an einem Bergabhang in 
suter Weinbergslage. 

Unter so bewandten Umständen, nachdem alle 
einschlägigen Verhältnisse in Geisenheim, ebenso wie 
in anderen in Vorschlag gebrachten Orten der Pro- 
vinz Nassau, wiederholt auf das Gründlichste unter- 
sucht worden waren, und auch die Landesvertretung 
sich für Geisenheim entschieden hatte, beschloss das 
Ministerium für die Jandwirthschaftlichen Angelegen- 
heiten, in Geisenheim die projektirte höhere Lehr- 
anstalt zu errichten. 

Die vielfachen Zwecke, welche dieselbe verfol- 
sen wird, die weitgehenden Vortheile, welche sie 
nicht nur dem Gärtnerstande, sondern auch dem 
kleinen und grossen Grundbesitzer und den Gemein- 
den, nicht weniger der Wissenschaft bringen soll, 
erhellen aus dem nachfolgenden Statut. 


Statut 
der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Weinbau 
zu Geisenheim. 
allgemeine Einrichtung 
Lehranstalt. 
81. 


Dieselbe soll, gegenüber anderen gärtnerischen 


Zweck und der 


Lehranstalten, vorzugsweise einen höheren und mög- 
lichst vollkommenen Betrieb des Obst- und Wein- 


2» 


baues, sowie der ganzen Nutzgärtnerei, ge- 
stützt auf naturwissenschaftliche Grundsätze, lehren 
und darstellen. 

Zu diesem Zwecke wird die Anstalt bestrebt sein, 
durch eine musterhafte Behandlung der Baumschule, 
der Muttergärten, der Prülungsschulen für neue Obst- 
und Traubensorten, der Versuchs- Weinberge und 
Gemüsekulturen, sowie durch wissenschaftliche For- 
schungen auf dem Gebiete der Obst- und Weinkultur, 
der Pomologie und Oenologie, zu möglichst vielseitiger 
Belehrung Gelegenheit zu bieten, und zu möglichst 
weitverbreiteter Nutzanwendung anzuregen. 

82. 

Die mit dem Institut verbundene Lehranstalt ver- 
folgt die Aufgabe, in einem mehrjährigen, gründlichen 
und systematischen Lehrgange solche Gärtner aus- 
zubilden, welche öffentlichen Anstalten, grösseren 
Privatgärten oder Handelsgärtnereien vorstehen sollen. 

Ausserdem sollen in einem kürzeren Zeitraume 
solche Gärtner, welehe zuvor schon mindestens zwei 
Jahre in einer Handelsgärtnerei oder grösseren Privat- 
gärtnerei gearbeitet haben, weitere — wesentlich 
praktische — Ausbildung im Obst-, Wein-. und 
Gemüsebau erlangen. 

Endlich soll die Lehranstalt Obstgärtnern, Baum- 
wärtern, Schullehrern, Landwirthen, Garten- und 
Weinbergsbesitzern, und allen denen, welche sich in 
der praktischen Ausübung des Obst- und Weinbaues, 
sowie der Weinbehandlung vervollkommnen, oder 
für ihre praktischen Anschauungen eine wissenschaft- 
liche Grundlage gewinnen wollen, Gelegenheit bieten, 
als Hospitanten der Anstalt diesen Zweck zu 
erreichen. 

893. 

In Gemässheit dieser verschiedenen Zwecke ver- 
einigt die Lehranstalt folgende 3 Unterrichts-Abthei- 
lungen: 

1. Lehrgang für die ordentlichen Zöglinge (Höhere 
Lehranstalt). 

2. Lehrgang für die Schüler der praktischen 
Gärtnerei (Gärtnerschule). 

3. Lehrgang für die Hospitanten. 

1. Höhere Lehranstalt. 

Die in diese Abtheilung aufzunehmenden Zög- 
linge haben das Zeugniss beizubringen, dass sie die 
Reife für Sekunda eines Gymnasiums oder einer 
Realschule erster Ordnung erlangt haben. Vermögen 
sie das nicht, so müssen sie sich durch ein an der 
Realschule zu Geisenheim abzulegendes Tentamen 
über den genügenden Grad ihrer Vorbildung aus- 
weisen, 

Ausserdem müssen die eintretenden Zöglinge mit 


Be. 


den ersten gärtnerischen Handgriffen und mit der 
Handhabung der gewöhnlicheren gärtnerischen In- 
strumente vertraut sein. 

In den ersten drei Jahren nach Eröffnung der 
Anstalt ist es gestattet, Zöglinge aufzunehmen, welche 
die Tertia einer Schule des vorbezeichneten Ranges 
mindestens ein halbes Jahr, oder wenn die Tertia 
der betreffenden Schule aus mehreren Abtheilungen 
besteht, ein volles Jahr mit Erfolg besucht haben. 

Der Unterricht für die ordentlichen Zöglinge der 
Lehranstalt umfasst: 

a. Besründende Fächer: 

Botanik, Chemie, Physik, Zoologie, Mine- 

ralogie, Mathematik, 

b. Hauptfächer: 

Allgemeiner Pflanzenbau, Obstkultur, insbe- 
sondere Obstbaumzucht, Obstbaumsehnitt 
und -pflege, Obsttreiberei, Topfbaumzucht, 
ÖObstkenntniss (Pomologie), Obstbenutzung, 

Weinbau, insbesondere Rebenzucht, Reben- 
kultur im Weinberg und im Garten, Trauben- 
kenntniss (Oenologie), Weinbereitung und 
Weinbehandlung, 

Gemüsebau und Treiberei, Landschaftsgärt- 
nerei und Gehölzzucht, Plan- und Frucht- 
zeichnen, und Fruchtmalen, Feldmessen 
und Nivelliren. 

ec. Nebienfächer: 

Gärtnerische Buchführung, Bienenzucht, Sei- 
denbau. 

Die vollständige Absolvirung dieses Lehrganges 
erfordert zwei Jahre. 

Ausserdem ist den Zöglingen Gelegenheit ge- 
boten, sich in der französischen und englischen Sprache 
auszubilden. 

2. Lehrgang für praktische Nutzgärtner. 

Die Schüler dieser Abtheilung müssen die Kennt- 
nisse der Elementarschulen besitzen, das 16. Lebens- 
Jahr zurückgelegt haben, und kräftig genug sein, um 
alle vorkommenden Arbeiten im Freien mit Ausdauer 
ausführen zu können. 

Dieselben nehmen auch an dem theoretischen 
Unterricht im allgemeinen Pflanzenbau, im Obst-, 
Wein- und Gemüsebau Theil. Ihre Ausbildung ist 
eine wesentlich praktische. 

Die Dauer dieses Lehrganges ist eine einjährige. 

3. Lehrkursus für Hospitanten. 

Dieser Unterricht wird hauptsächlich in prak- 
tischer Unterweisung und Uebung in den im Garten 
und Weinberg vorkommenden Arbeiten bestehen 
und deshalb in denjenigen Jahreszeiten ertheilt wer- 
den, in welchen die wesentliehsten dieser Arbeiten 


« 


im Freien ausgeführt werden. Vorläufig sind dafür 
drei Wochen im April, zwei Wochen im Juni und 
vier Wochen im September und Oktober bestimmt. 
Das Nähere darüber wird aus dem allgemeinen Lehr- 
plan ersichtlich sein. s 

Zum besseren Verständniss der praktischen De- 
monstrationen sollen mit denselben Vorträge 
Garten- und Weinbau im Allgemeinen, über Cir- 
kulations-, Boden- und Düngerlehre, Krankheiten der 
Gewächse im Garten und Weinberg, schädliche und 
nützliche Thiere u. s. w. verbunden werden. 
2eNoorträgse für das allgemeine Publikum. 

Es ist endlich die Absicht, Männer der Wissen- 
schaft und der Praxis zu populären Vorträgen in den 
Räumen der Anstalt über Gegenstände anzuregen, 
welche nicht allein auf die Gärtnerei, die Obst- und 
Weinkultur Bezug haben, sondern dem. weiten Ge- 
biet der Pflanzenkultur und Pflanzenkenntniss über- 
haupt angehören. Wer derartige Vorträge zu halten 
beabsichtigt, hat sich an den Direetor der Anstalt 
zu wenden und mit diesem das Erforderliche über 
Gegenstand und Zeit der Vorträge, über das von den 
Hörern zu entriehtende Honorar und den ihm davon 
zu gewährenden Theil zu verabreden. 

S4. 

Zu den Lehrmitteln der Anstalt gehören die 
Baum- und Rebschulen derselben, die Muttergärten, 
die Weinberge, der Obstpark, die Formschule, die 
Treibhäuser und Mistbeete, das Naturalienkabinet, die 
Modell- und Geräthesammlung, die Bibliothek, das 
Obstkabinet. 


über 


S 5. 

Der Unterricht wird von dem Direktor, dem 
Öbergärtner und den ordentlichen und ausserordent- 
lichen Lehrern der Anstalt ertheilt. 

Das Nähere darüber wird aus dem allgemeinen 
Lehrplan und den speciellen Stundenplänen ersicht- 
lich sein. - 

Dauer der Lehr- resp. Studienzeit, Aufnahme 
in die Lehranstalt und Entlassung. 
S 6. 

Der Umfang und Inhalt der verschiedenen Dis- 
eiplinen, verbunden mit den bei dem ÖObst- und 
Weinbau vorkommenden Manipulationen, erfordert 
für fähige und gut vorbereitete Zöglinge eine Ver- 
theilung der Lehrgegenstände auf 4 Semester; we- 
niger gut vorbereitete werden wohlthun, 5 bis 6 Se- 
mester in der Anstalt zu verbleiben, wenn sie das 
ihnen in derselben Gebotene mit Verständniss auf- 
nehmen und mit Nutzen verwerthen wollen. 

Die Aufnahme der Zöglinge und Schüler erfolgt 
am 1. October jeden Jahres. 


36* 


284 


Die Anmeldung zur Aulnahme erfolgt schriftlich 
oder mündlich beim Direktor. 

Jeder Eintretende muss das 16. Lebensjahr zu- 
rückgelegt haben, und hat seinen Geburtsschein, das 
Abgangszeugniss von der Schule und, falls er bereits 
im Gartenbau praktisch beschäftigt gewesen ist, ein 
Führungsattest von seinem Lehrherrn beizubringen. 
Minderjährige und überhaupt noch nicht selbststän- 
dige Personen haben ausserdem eine Erklärung 
ihres Vaters oder Vormundes vorzulegen, wonach 
dieser sich mit ihrem Eintritt in die Anstalt einver- 
standen erklärt und sich verpflichtet, die Kosten ihres 
Unterrichts zu tragen. 

SR 

Die ordentlichen Zöglinge der Anstalt (Abthei- 
lung 1 des $ 3) sind verpflichtet, sich bei ihrem 
Abgange von derselben einer Prüfung zu unterwerfen, 
über deren Ausfall ihnen ein Zeugniss ertheilt wer- 
den wird. Zu dieser Prüfung werden nur diejenigen 
zugelassen, welche in der bezeichneten Abtheilung 
der Anstalt mindestens 2 Jahre zugebracht haben. 
Wer die Anstalt früher verlässt, hat keinen Anspruch 
auf ein Abgangszeugniss; jedoch kann die Ertheilung 
eines Zeugnisses, in welchem ein summarisches Ur- 
theil über das von dem Abgehenden Erlernte, über 
seinen Fleiss und seine Führung auszusprechen ist, 
nach dem Ermessen des Direktors erfolgen, wenn 
der Zögling nicht ausscheidet, sondern 
durch äussere, von ihm nicht abhängende Umstände 
gsenöthigt ist, die Anstalt zu verlassen. 

Die Schüler der Abtheilung 2 (für praktische 
Gärtnerei) haben nur dann Anspruch auf ein Ab- 
gangszeugniss der letzteren Art, wenn sie mindestens 
I Jahr der Anstalt angehört haben. 

Näheres bestimmt das zu erlassende Prüfungs- 


freiwillig 


Reglement. 
Honorare. 
88. 
Das Lehrhonorar ist beim Beginn eines jeden 
Semesters pränumerando zu entrichten. Dasselbe 


beträgt: 
höheren Lehranstalt: 
für das 1. und 2. Semester je 20 Thlr. 
für das 3. und 4. Semester je 15° „ 
für das 5. und 6. Semester. je 10 . „ 
b. für die Schüler der praktischen Gärtnerei: 
für das 1. und 2. Semester je 10 Thlr. 
ce. Hospitanten mit Ausnahme der Schullehrer und 
Baumwärter, Unterricht unent- 
geltlich geniessen, haben sich über die Be- 
ihrer Zulassung Zum Unterricht 


a. für die: Zöglinge..der 


welche den 


dingungen 
mit dem Direktor der Anstalt zu verständigen. 


Die Aufnahme der Zöglinge und Schüler zu a. 
und b. ist von der Zahlung für das erste Semester 
abhängig; erfolgen die Vorauszahlungen für die spä- 
teren Semester nicht pünktlich, d. h. innerhalb der 
ersten 14 Tage des Semesters, so ist die sofortige 
Entlassung des Nichtzahlenden zu gewärtigen. 

89. 

Eine Zurückerstattung der gezahlten Beträg 
findet nur dann bis zur Hälfte statt, wenn der Austritt 
ein ganz unverschuldeter und unvermeidlicher ist und 
vor Ablauf der ersten Hälfte des Semesters stattfindet. 

8 1. 

Es bleibt vorbehalten, die Bedingungen festzu- 
stellen, unter welchen einzelnen Eleven der Anstalt, 
die sich durch Fleiss und sittliches Betragen aus- 
zeichnen und,ihre Bedürftigkeit nachzuweisen ver- 
mögen, die Honorarzahlung ganz oder theilweise er- 
lassen werden kann. Die Zahl solcher Beneficiaten 
kann aber nur eine beschränkte sein. 

Sonstige Bestimmungen. 
s& 11. 

Die Zöglinge und Schüler der Anstalt haben 
nicht nur während ihres Aufenthaltes in der Anstalt 
selbst, auch ausserhalb derselben im Orte 
Geisenheim sich eines sittlichen und anständigen Be- 
tragens zu befleissigen, den Zweck ihrer Anwesen- 
heit nicht aus den Augen zu lassen und den An- 
ordnungen des Direktors und der übrigen Beamten 
der Anstalt unbedingt Folge zu leisten. Thun sie 
das nicht, so können sie unter Zustimmung des Cu- 
ratoriums der Anstalt jederzeit entlassen werden. 

Den Zöglingen, Schülern und Baumwärtern liegt 
es ob, ausser den Unterrichtsstunden alle in den 
Baumschulen und Pflanzungen vorkommenden Arbei- 
ten nach Anweisung des Direktors oder des Fach- 
lehrers zu verrichten. 


sondern 


$.,12. 
Wohnung und Beköstigung gewährt die Anstalt 
den sie Besuchenden nicht. Für Beides ist hin- 


reichende Gelegenheit in der Stadt Geisenheim zu 
finden. 
khessort-Verhältnisse der Anstalt. 
& 13. 

Die Anstalt steht unter der unmittelbaren Auf- 
sicht eines vom Minister für die landwirthschaftlichen 
Angelegenheiten ernannten Curatoriunıs, in höherer 
Instanz und in Verwaltungs -Angelegenheiten unter 
der des Ministers für die landwirthschaftlichen An- 
gelegenheiten. Berlin, am 31. Juli 1872. 

Der Minister für die Jandwirthschaftl. Angelegenheiten. 
v. Selchow. 


u 


Das Rheinthal. 


Am Abend sass ich noch auf der Brühlschen 
Terrasse an der Elbe in Dresden und am anderen 
Morgen fuhr ich auf der schönen Brücke über den 
breiten Rhein nach Mainz. Wie ganz anders waren 
jetzt meine Gefühle, seitdem der ganze Rhein in sei- 
nem Laufe nach Norden wiederum auf beiden Seiten 
deutsch geworden war. Elbe und Rhein sind eben 
so von Grund aus verschiedene Flüsse, wie die bei- 
den Städte Mainz und Dresden, aber eins haben sie 
gemein: die Schönheit ihrer Umgebungen. Während 
man aber in Dresden meisterhalt verstand, die Reize, 
welche Mutter Natur so reichlich gespendet, allent- 
halben auch den Blicken derer, welche für dergleichen 
besonders empfänglich sind, angenehm vorzuführen, 
ist bei Mainz noch mancher schöne Punkt vorhan- 
den, der verborgen liegt. Dresden ist seit Jahrhun- 
derten der Sitz eines kunstsinnigen Fürstenhauses, in 
Mainz herrschten Jahrhunderte lang Kirchenfürsten. 
Was ist nicht Alles noch seitens der früheren Kur- 
fürsten und jetzigen Könige von Sachsen für die 
Versehönerung Dresdens geschehen. Schöne Gär- 
ten und reizende Anlagen wurden ins Leben gerufen 
und zum grossen Theil nicht ängstlich verschlossen, 
sondern im Gegentheil mit grosser Liberalität zu je- 
der Zeit am Tage dem Publikum geöffnet. 

Nicht so in Mainz. Die geistlichen Herren der 
Stadt, die dereinst mächtigen Kurfürsten, scheinen 
keinen oder doch nur wenig Sinn für Naturschönhei- 
ten gehabt zu haben. Für die Verschönerung der 
Umgebungen der finsteren, weil enggebauten Stadt 
geschah nicht das Geringste. Weder dem breiten 
Flusse, noch den hohen Punkten mit ihren reizenden 
Fernsichten wendete man auch nur die geringste 
Aufmerksamkeit zu. Es wurde aber auch nicht bes- 
ser, eher schlechter, als Mainz deutsche Bundesfestung 
wurde. Darf man sich deshalb wundern, wenn auch 
bei der Bevölkerung der Sinn für schöne Natur nicht 
zur Entwickelung kam? 

Diese Gleichgültigkeit gegen Naturschönheiten 
hat sich aber in der neuesten Zeit völlig verloren 
und ausserdem ist die Liebe zu Pflanzen und Blu- 
men hinzugekommen. Seit vielen Jahren schon be- 
steht in Mainz ein Gartenbau-Verein, der grosse Thä- 
tiskeit entfaltete, nicht unbedeutende Ausstellungen 
ins Leben rief und damit den erwachten Sinn für die 
Natur und für die in ihr wachsenden Blumen und 
Pflanzen erkräftiste und erweiterte. In Mainz war 
es, wo zuerst eine grosse internationale Pflanzen- 
und Blumenausstellung ins Leben gerufen wurde. Zu 
diesem Gartenbau-Vereine ist neuerdings noch ein 


Verschönerungs -Verein hinzugetreten, der sich die 
Aufgabe gestellt hat, die Umgebungen der Stadt durch 
Anpflanzungen zu verschönern, besonders aber die 
schönsten Punkte in der Nähe nicht allein für Aus- 
und Fernsichten zugänglicher zu machen, sondern 
auch Spaziergängern die Möglichkeit zu geben, an 
ihnen längere Zeit bequem zu verweilen. Es ist im 
hohen Grade erfreulich, dass das Interesse der Main- 
zer Bewohner für dergleichen Verschönerungen auch 
durch freiwillige Beisteuer einen gewichtigen Nach- 
druck erhält. Ein zu Gunsten der Verschönerungs- 
Kasse an einem August-Abende veranstaltetes Con- 
cert auf einem Punkte der Anlagen, wo man zu 
gleicher Zeit eine Restauration errichtet, war ausser- 
ordentlich besucht und hat hoffentlich eine gute Ein- 
nahme gegeben. Anlagen bedürfen, wenn sie gut 
unterhalten werden und ihren Zweck erreichen sol- 
len, viel Geld. Es ist dieses eine Sache, welche 
leider die Väter der Stadt aus dem Auge verlieren; 
nichts kommt aber auch den Bewohnern so sehr zu 
Gute, als sie. Vor Allem tragen sie zur Verbesse- 
rung des Gesundheitszustandes bei. 

Die Brühl’sche Terrasse in Dresden und die Ter- 
rasse der Mainzer Anlage haben in so fern eine 
srosse Aehnlichkeit, als ein grosser, schöner Fluss 
unter ihnen dahinfliesst. Vermag auch die Mainzer 
Terrasse als solche auch nur im Geringsten sich mit 
der in Dresden zu messen, besonders was Eleganz 
und Bequemlichkeit der Einrichtungen und die Schön- 
heit der anliegenden Gebäude anbelangt, so bietet 
sie doch in dem weit mächtigeren und weit belebte- 
ren Strome etwas, was weit grossartiger ist. Gerade 
bei Mainz scheint mir der Rhein besonders schön zu 
sein. Man sieht die ungeheuren Wasserflächen von 
Süd nach Nord ruhig dahinfliessen, als Symbol des 
Friedens, den man vor Kurzem von Seite unserer 
Nachbarn muthwillig brach. Zur Strafe sind aber 
die Friedensbrecher für unwürdig erachtet worden, 
noch ferner eine Seite des Rheines ıhr eigen zu nen- 
nen. Der Rhein ist von Basel bis dahin, wo er 
seine Sehönheit im Norden verliert, deutsch und wird 
für immer deutsch bleiben. 

Es versäume Niemand, besonders wer von Osten 
und Norden unseres grossen Vaterlandes nach Mainz 
kommt, diese Anlagen mit der Terrasse, auf der auch 
eine ziemlich zufrieden stellende Restauration noch 
Wünsche zu erfüllen im Stande ist, zu besehen. 
Aber auch hier begnüge man sich nicht und ersteige 
auf bequemem Wege den breiten Gipfel, wo die 
Fernsieht noch einen ganz anderen Umfang gewonnen 
hat. Auf diesem reizenden Punkte wurde der be- 
rüchtigte Schinderhans hingerichtet, ein Umstand, der 


” 


286 


ihm den Namen Schinderhansberg verschaffte. Möchte ı mässigte Preise für Hin- und Rückfahrten machen 


man ihm doch einen andern Namen geben und damit 
die Erinnerung an eine traurige Zeit, wenn auch nicht 
erlöschen, doch wenigstens in den Hintergrund stellen. 

Die Anlagen lassen Manches zu wünschen übrig, 
so sehr ich der Sauberkeit und Ordnung, welche 
daselbst herrscht, volle Rechnung trage. Es wird 
schwer, ein festes Prinzip, was bei der Entwerfung 
des Planes massgebend war, herauszufinden. Viel- 
leicht ist es im Verlaufe der Zeit allmählig verloren 
gegangen und man ist durch Vernachlässigung von 
dem ursprünglichen Geiste abgewichen? Die Pflan- 
zungen sind viel zu dieht und decken nicht selten 
schöne Aussichtspunkte. Dasselbe geschieht hier 
und da auch durch einzelne Bäume oder Boskets. 
Möchte doch recht bald der richtige Künstler kommen, 
um die Anlagen in ästhetischer Hinsicht zu relormi- 
ren, bevor es zu spät wird und eine totale Um- 
gestaltung sich nöthig macht. 

Die Aussicht von der steil abfallenden Terrasse 
ist wunderschön. Zu Füssen der breite Rhein mit 
seinen vielen Schiffen, die auf- und abwärts fahren, 
nur durch einen schmalen Strich Landes am Fusse 
der Höhe, auf dem die Ludwigs - Eisenbahn - Gesell- 
schaft ihre Fahrgleise bis zur Rheinbrücke gelegt 
hat, getrennt. Darüber der Rheingau, die Perle des 
preussischen Staates, und im Hintergrunde der Taunus 
mit seinen bewaldeten Höhen, welche einerseits die 
kalten Nordostwinde abhalten, andrerseits eine grössere 
Feuchtigkeit bedingen. Das sind die beiden wichtig- 
sten Momente, welehe die Fruchtbarkeit des Rhein- 
gsaues bedingen und hauptsächlich wohl neben den 
feuchten, vom Rheine genährten Niederschlägen Ur- 
sache sind, dass der beste, am Höchsten geschätzte, 
aber auch bezahlte Wein hier gewonnen wird. 

Kein Ort ist so geeignet, den Mittelpunkt von 
Ausflügen zu machen, als Mainz. Nach allen Seiten 
hin bieten sich Wasser- und Eisenbahnwege dar, so 
dass man bequem nach und nach alle schönern 
Punkte der näheren und ferneren Umgebung besuchen 
kann. Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt sind 
schon fast in einer halben Stunde zu erreichen. Auf 
den Schiffen kann man all’ die bekannteren und be- 
rühmteren Orte des Rheingaues besuchen und, je 
nachdem man es sich vorgenommen hat, sich daselbst 
aufhalten. Die trotz der Menschenmenge grosse Ruhe 
und Sicherheit, welche Einem entgegentritt, thut un- 
endlich wohl, besonders, wenn man das Glück hat, 
auch vom Wetter begünstigt zu sein. Wer Bäder 
liebt, findet in dem nahen Schlangenbad, in Schwal- 
hach, in Ems, in Soden, in Homburg, vor Allem aber 
in dem nahen Wiesbaden seine Befriedigung. Er- 


die Ausflüge billiger. 

Ich wandte mich zuerst nach dem Süden, und 
zwar nach der schönen Residenz der hessischen 
Grossherzöge, nach Darmstadt. Die Stadt liegt zwar 
flach in der fruchtbaren Rhein-Ebene, der Horizont 
bietet aber von ihr aus, besonders nach Süden, 
reizende Fernsichten. Vor längerer Zeit schon habe 
ich angeregt, eine Vereinigung von grossen und klei- 
nen Grundbesitzern zugleich mit Verschönerungs- und 
Gartenbau-Vereinen herbeizuführen, welche sieh zur 
Aufgabe macht, die nächsten Umgebungen der Woh- 
nungen, resp. der Ortschaften durch. Anlagen mit. 
Pflanzen und Blumen zu verschönern, dann aber 
diese Verschönerungen möglichst weit auszudehnen, 
so dass sie schliesslich mit anderen, die von anderer 
Seite aus in Angriff genommen sind, zusammen- 
kommen. Wir würden nicht, wie in England, abge- 
schlossene Parks, sondern offene Anlagen erhalten, 
die Jedermann zugänglich sind. Das ganze Deutsch- 
land müsste ein einziger grosser Garten werden. 
Aber auch diesen zusammenhängenden Verschöne- 
rungen müsste eine Idee zu Grunde liegen. Es würde 
dieses keineswegs hindern, dass jeder Grundbesitzer, 
in der Nähe seiner Wohnung, der eigenen Geschmacks- 
richtung huldigte. Meiner Ansicht nach muss an und 
für sich die nächste Nähe der Wohnung bei Anlagen, 
Parks u. s. w. das Gepräge des Besitzers tragen. Dann 
würde man aus den Bepflanzungen um die Wohnung 
herum auch die innern Einrichtungen der Wohnung 
erkennen. Ferner von der Wohnung muss sich aber 
die Anlage der Landschaft anschliessen, es müssen 
hier die allgemeinen Ansichten der Kunst, hier speeciell 
der Gartenkunst, massgebend sein, wie sie vor Allem 
durch den Fürsten Pückler-Muskau ins Leben gerufen 
wurden. Damit vermeidet man ein buntes Konvolut 
verschiedener, vielleicht sogar entgegengesetzter Aus- 
führungen. 

Einen Anfang zu dergleichen Vereinigungen von 
Anlagen und Parks findet man in der näheren und 
weiteren Umgebung von Darmstadt. So lange dieser 
Ort Residenz der hessischen Fürsten und Grossherzög 
war, haben diese sich bemüht, die Umgebungen ihrer 
zeitweiligen Aufenthaltsorte zu verschönern. Es ist 
dieses stets in einer Weise geschehen, dass den 
örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen wurde. 
Dazu kommt allerdings noch, dass dieser ganze Theil 
von Hessen, in dem Darmstadt liegt, einen grossen, 
besonders mit Obstbäumen besetzten Garten, der sich 
ohne Unterbrechung die ganze Bergstrasse entlang 
bis nach Heidelberg hinzieht, darstellt. Was ich 
hauptsächlich für das nördliche Deutschland herbei- 


Bee” 


führen möchte, ist in der That hier schon zum Theil 
in Ausführung gebracht worden. 

Darmstadt ist, wie bereits gesagt, eine schöne 
offene Stadt, zum grössten Theil in regelrechtem 
Style erbaut. Die Stadt hat viele Privatgärten, aber 
auch einen grossherzoglichen Park, den sogenannten 
Herrengarten, der dem Publikum geöffnet ist. Er ist 
nicht gross und besitzt einige schöne Bäume. Die 
Rasenflächen, hier und da kleinere Teiche mit guten 
Konturen umgeben, werden gut und sauber erhalten, 
ebenso die breiten und bequemen Wege. Eine Be- 
schreibung von ihm zu geben, liegt mir fern. 

Von interessanten Gehölzen fielen mir einige 
Akazien, in der Form der Italienischen Pappel und 
mit einer Höhe von 30 bis 40 Fuss, auf. Bei uns 
in Norddeutschland sieht man diese schönen Pyra- 
miden gar nicht, während sie im Süden keineswegs 
selten sind und, wie es scheint, selbst aus Samen 
entstanden sind. An der ganzen Bergstrasse habe 
ich sie ınannigfach in stattlicher Höhe an verschie- 
denen Stellen gesehen. Man sollte doch diese wirk- 
lich schöne Form der Akazie im Norden Deutsch- 
lands häufiger in Anwendung bringen. 

Ein zweites Gehölz, was mich im Herrengarten 
interessirte, war ein Exemplar der Kirschpflaume oder 
Myrobalane. In solcher Stärke, wie es hier vorhan- 
den, hatte ich selbst im Vaterlande (Transkaukasien) 
keinen Baum gesehen. Der mit knorrigen Aus- 
wüchsen dicht besetzte Stamm besass einen Durch- 
messer von 21); Fuss und war nicht grade. Seine 
Höhe betrug dagegen 30 Fuss. Die Myrobalane hat 
in der neueren Zeit in sofern die Aufmerksamkeit der 
Obstzüchter erregt, als sie eine gute Unterlage für 
Pfirsiche und edle Pflaumen darbietet und, nament- 
lich in Frankreich, viel benutzt wird. Wenn man 
dagegen hier und da Prunus divarieata Led. als Un- 
terlage vorzieht, so wusste man wohl nicht, dass 
diese Pflaumenart die ursprüngliche wilde Form der 
Pr. Myrobalanus L. oder cerasifera Ehrh. darstellt. 

Endlich erwähne ich noch ein hübsches Exem- 
plar des Judasbaumes (Cereis Siliquestrum L.). Es 
hatte ebenfalls einen 2!/, Fuss im Durchmesser ent- 
haltenden Stamm, während die Höhe 35, vielleicht 
40 Fuss betrug. Am Bosporus hatte ich früher, noch 
mehr aber auf der asiatischen Seite Konstantinopels, 
in Skutari, ähnliche Exemplare von dieser Grösse 
gesehen. Wenn im ersten Frühjahre die rothen 
Blüthen den Baum, wenn er noch keine Blätter be- 
sitzt, dicht bedecken, nimmt er sich reizend aus. 

Noch an demselben Abende begann ich meine 
weiteren Wanderungen auf der Bergstrasse. So nennt 
man nämlich die Strasse, welche im breiten Rhein- 


thale längs des Odenwaldes bis Heidelberg führt. 
Wenn die Östseite des Rheines unterhalb Mainz 
bis an die Höhen des Taunus, der sogenannte Rhein- 
sau, früher eine Perle Deutschlands genannt wurde, 
so verdient die Ostseite des Rheines oberhalb 
Mainz bis dahin, wo der Neckar das Gebirge durch- 
bricht und dem Rheine zufliesst, den Namen des 
deutschen Kleinodes. Es ist eine nicht allein der 
fruchtbarsten, sondern auch der bebautesten Ebenen, 


welche Deutschland besitzt. Wie im Rheingaue der 
Taunus im Osten den Horizont schliesst, so hier 


der Odenwald 
senden Burgen. 

Auerbach und das daselbst befindliche Fürsten- 
lager war das nächste Ziel, was ich mir gesteckt 
hatte. In einer halben Stunde hatte mich der Dampf 
in das freundliche Dorf gebracht. Der 2400 Fuss 
hohe Melibokus (wenn wir uns richtig noch erinnern), 
der höchste Berg des Odenwaldes, erhebt sich hier 
und trägt auf seinem Gipfel einen runden Thurm, 
von dem man einer prächtigen Aussicht 
erfreut. Auf der einen Seite das ganze Schwabenland 
mit seiner an Burgen und Schlössern reichen rauhen 
Alp, auf der andern das ganze Rheinthal bis an die 
Vogesen. Am Fusse des Melibokus erhebt sich ein 
anderer, weit niedrigerer Bergkegel und trägt die 
noch ziemlich erhaltenen Ruinen des Auerbacher 
Schlosses. 

Der Westabfall des ÖOdenwaldes unterscheidet 
sieh dadurch von dem des Taunus, dass er plötzlich 
geschieht und sich nicht erst in Hügel auflöst. Des- 
halb erscheint auch der Odenwald grossartiger und 
man befindet sich schon in kürzester Zeit im Gebirge, 
während man beim Taunus längere Zeit bedarf. Es 
ist dieses nirgends in der Weise mehr der Fall, als 
bei Auerbach, wo das Dorf selbst sich längs eines 
Baches bis an den Anfang eines einer Schlucht ähn- 
lichen Thales hinzieht. Man begreift die hessischen 
Grossherzoge, dass sie schon längst hier in dieser 
engen Thalschlucht einen Ort der Luftfrische sich 
zum zeitweiligen Aufenthalt gewählt haben, der so 
viel darbietet, als irgend ein bewaldeter Grund eines 
höheren Gebirges, selbst der Alpen darbieten kann. 
Man begreift aber auch die Bewohner der Ebenen, 
besonders der nordischen, sie während der 
heissen Juli- und August- Tage bisweilen hierher 
flüchten, um die ermatteten und geschwächten Glieder 
zu erstärken und eine Luft einzuathmen, welche dem 
sanzen Körper wohlthut. Seit wenigen Jahren wird 
Auerbach vielfach von fremden Familien besucht, 
welche einen kürzeren oder längeren Aufenthalt hier 

| nehmen. 


mit seinen vielen in Trümmern lie- 


aus sich 


wenn 


Es ist bereits auch ein geräumiges Wirths- 


288 


haus entstanden, in dem man ein bequemes und 
wohlfeiles Unterkommen finden kann. 

Das eigentliche Fürstenlager bildet den Anfang 
der bereits bezeichneten, ziemlich engen Schlucht, in 
der ein krystallener Bach dahin fliesst. Matten, wie 
sie nicht schöner im Hochgebirge sein können, 
ziehen sich die Abhänge hinauf und werden an den 
Seiten von hohen Bäumen begränzt. Aber auch an 
dem oberen Ende zieht sich Hochwald dahin. Dass 
die Kunst hier nichts gethan, versteht sich von selbst. 
Einzelne schöne Bäume der nächsten Nähe sind frei- 
gelegt und desto mehr zur Geltung gekommen. Blu- 
menschmuck ist nirgends in einer Weise vorhanden, 
dass er in den Vordergrund treten auch 
Boskets mit Blüthensträuchern hat 
Dagegen sind von verschiedenen schönen Koniferen 
Exemplare angepflanzt, die Zeugniss ablegen, dass 
hier Menschen aus den höchsten Ständen, wenn auch 
nur zeitweilig, wohnen. Alles ist grossartig und im- 
ponirend, nirgends aber barock und wild. 

Die Matten erhalten sich natürlich an solchen 
Orten von selbst und erscheinen die ganze Zeit hin- 
durch im freudigsten Grün. Ob man absichtlich die 
buntblühenden Stauden, wie man sie sonst findet, 
aus ihnen entfernt hat oder ob ursprünglich schon 
nur Gräser die Decke gebildet haben, 
nicht zu sagen. Unter den verschiedenen auslän- 
dischen Koniferen, welche man zerstreut auf den 
Matten angebracht hatte, zeichneten sich besonders 
Wellingtonien, die beiden riesigen Lebensbäume der 
Nordwestküste Amerika’s (Thuja gigantea und Lobbii) 
und’ die spanische Tanne (Abies Pinsapo) aus. Eine 
Pflanze war es aber besonders, welche meine Auf- 
merksamkeit auf sich zog, da ich sie am allerwe- 
nigsten hier erwartet hatte. Es war dieses die auch 
früher in der Wochenschrift vielbesprochene Opuntia 
(Caectus) Rafinesqueana. Am ganzen Odenwalde ge- 
deiht sie vorzüglich, ohne im Winter auch nur im 
Geringsten zu leiden. Sie wächst sehr ähnlich der 
gewöhnlichen Opuntia, wie man diese, besonders in 
Südtyrol, jetzt vielfach findet, und bedeckt sich eben- 
falls während des Frühjahrs dicht mit gelben Blüthen. 
Opuntia Rafinesqueana scheint demnach noch im Süd- 
westen Deutschlands das zu werden, was Opuntia 
vulgaris im südlichen Tyrol darstellt. 

(Sehluss folgt.) 


könnte; 
man vermieden. 


vermag ich 


Gartenbau- Ausstellung in Wrietzen. 


Hinsichtlich der am 15.—17. Sept. in Wrietzen 
a. Ö. stattfindenden Ausstellung (siehe Nr. 34 d. Bl.) 
seht uns die Mittheilung zu, dass der Herr Minister 
für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten 2—3 
grosse Staats-Medaillen für Leistungen im Gartenbau 
zugesagt hat; ausserdem werden in drei Abstufungen 
16 Geldpreise vertheilt. Der Verein hat zugleich den 
Wunsch ausgesprochen, dass Seitens des Vereines 
zur Beförderung des Gartenbaues ein Pomologe de- 
putirt" werde, um etwaige Falsa in der Bestimmung 
der Obstsorten zu berichtigen. 

Wir begrüssen diesen Wunsch mit grosser Freude, 
da er ein neues Zeugniss dafür ablegt, welch reger 
wissenschaftlicher Eifer sieh auch- in kleineren Ver- 
einen zeigt. 


Neu eingegangene Preis-Verzeichnisse 
für Herbst 1872 und Frühjahr 1873. 


Indem wir uns ev. weitere Mittheilungen über 
die eingesandten Preis - Courante etc. vorbehalten, 
geben wir vorläufig nur ein Verzeichniss derselben, 
da es ja für die meisten unserer Leser einfach der 
Erinnerung an diese oder jene Firma bedarf, um 
schon zu wissen, was sie besonders hier oder dort 
zu erwarten haben. 

Joseph Baumann in Gent (Lorbeeren, Aza- 
leen, Rhododendren, Camellien, Araucarien ete.). 

Gebrüder Dittmar in Heilbronn, Württem- 
berg (Garten- und Forstgeräthe). 

August Gebhardt in Quedlinburg (Gemüse 
und Blumen, Hyacinthen, neueste Reseda-Formen). 

Haage u. Schmidt in Erfurt (Blumen - Zwie- 
beln, Knollen-Gewächse, Erd-Orchideen, Palmen und 
andere Warmhaus- resp. Kalthauspflanzen, Beeren- 
Obst ete. — Wie immer äusserst reichhaltig). 

F. C. Heinemann, grossherzogl. sächsischer 
Hof-Lieferant in Erfurt (Blumen -Zwiebeln, Primula 
japoniea- Samen, Rosen, Stiefmütterchen, hybride 
Helleborus, Syringa. Obst). 

J. G. Hübner in Bunzlau, Schlesien (Blumen- 
Zwiebeln, Sämereien, Obst- und Zierbäume). 

Simon Louis Freres in Plantieres bei Metz 
(Nur Erdbeeren. Sehr reichhaltige Auswahl). 

Vilmorin, Andrieux u. Co. in Paris (Blumen- 
Zwiebeln, Knollen- Gewächse, Erdbeeren ete. Sehr 
sorgfältige Auswahl). 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General- Sekretär des Vereines. 


No. 37. 


Berlin, den 14. September. 


182. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
x des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: 544. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 27. August. — Das Rheinthal (Schluss). — 
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde IX. 


944. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, 
am 27. August. 

Da der Vorsitzende verhindert war zu erschei- 
nen und Hr. Inspektor Bouche, als erster Stellver- 
treter, wegen Unwohlseins den Vorsitz nicht führen 
koennte, so übernahm Hr. Dr. Bolle die Leitung der 
Versammlung. 

Hr. Garten - Inspektor Bouche& theilte im An- 
schluss an das Protokoll mit, dass von den betreffen- 
den Etiquetten-Fabrikanten noch keine Etiquetten zur 
Prüfung eingesandt seien. 

Seitens des Ministeriums für die landwirthschaft- 
lichen Angelegenheiten ist das Statut der im Laufe 
des Oktobers d. J. zu eröffnenden höheren Lehran- 
stalt für Obst- und Weinbau in Geisenheim über- 
sandt und wird dasselbe dem General -Sekretär zur 
Benutzung für die Wochenschrift zugestellt. (Ist be- 
reits in Nr. 36 mitgetheilt.) 

Der Gartenbau -Verein zu Wrietzen bittet, dass 
ein Obstkenner zu seiner am 15. bis 17. September 
d. J. stattfindenden Ausstellung von Seiten des Ver- 
eines deputirt werde, um etwaige Falsa in den Be- 
stimmungen zu berichtigen, und wird auf Vorschlag 
des Herrn Ritter beschlossen, Herrn Lübeck in Freien- 
walde zu ersuchen, als Vertreter des Vereines da- 
selbst zu erscheinen. 

Von den Herren Metz und Co., waren durch 
Herrn Obergärtner Müller mehrere Exemplare von 
Cannas ausgestellt, die sich auch durch ihren 
Blüthenschmuck auszeichneten, während sonst be- 


kanntlich die Cannas nur als Blattpflanzen verwerthet 
werden. Es waren folgende Sorten: C. Bichorelli, 
Blüthen dunkelscharlachroth, Brakteen und Stengel 
ganz dunkel purpurn und stark bereift, namentlich 
erstere; 6. Depute Henon, Perigonblätter unten 
röthlich, oben schön hell goldgelb, Brakteen fahl 
röthlich, Stengel und Kapsel grün, eine sehr em- 
pfehlenswerthe Sorte; C. Jean Vandael, dunkel- 
roth, Brakteen schmutzig purpurn, stark bereift; C. 
Jacques Plantier, Perigonblätter röthlich, ins 
Orangefarbige übergehend. Brakteen wie vorige, 
Stengel grünlich purpurn; C. Senateur Chevreau, 
lebhaft scharlachroth, Stengel fast grün, sonst wie 
vorige. — Ausserdem hatte dieselbe Firma noch 
einen sehr schönen blauen, dankbar blühenden Gea- 
nothus hybridus, Gloire de Versailles, 
gestellt. 

Von Seiten des botanischen Gartens war 
eine grössere Zahl in schönster Kultur stehender 
Gewächse ausgestellt. Wir nennen darunter: Cyr- 
thanthera magnifica Nees aus Brasilien, mit schön 
dunkelfleischfarbigen Tast karmoisinrothen Blüthen, 
Seutellaria inearnata Vent. aus Nordamerika, Klugia 
Notoniana, eine schöne blau blühende Gesneracee, Til- 
landsia discolor Hort., die schön dunkelviolett blühende 
Diehorisandra ovata, Pilea grandis, Aphelandra bul- 
lata, eine Acanthacee mit dunkelscharlachrothen in 
Aehren stehenden Blüthen, ferner Clerodendron Bal- 
fourii, ein herrlicher Blüthenstrauch resp. Schling- 
pflanze, Billbergia Croyana, Coronilla rostrata, eine 
niedliche Annuelle mit weissen, etwas röthlichen 
Blüthen, Isotoma petraea Ferd. Müll., eine Lobeliacee 


37 


aus- 


290 


aus Neuholland, mit oval-lanzettlichen, sehr lang, aber 
ungleich gezähnten Blättern und weissen Blüthen, der 
wir freilich die Is. axillaris Lind. mit ihren schönen 
blauen Blumen vorziehen möchten, sodann Tritonia 
aurea, die nicht genug zu empfehlen ist, Bromelia 
Ananas tricolor, welche durch die ostasiatische Ex- 
pedition aus Singapore hier eingeführt wurde, sehr 
schön, fast an eine Yucea erinnernd, und Struthiola 
strieta Dan., eine Thymeleae. Ferner Beaufortia 
splendens Baxter, einer der herrlichsten Neuhollän- 
der und eine Reihe von Eriken: E. mammosa ver- 
ticulata mit schönen grossen rothen Blüthen, E. ven- 
ricosa Rohanii, ähnlich der vorigen, aber etwas 
niedriger bleibend und die Blüthen ein wenig länger 
und schmäler, E. 'margaritacea rubra, E. var. nana 
und E. Bowiana mit ihren schönen grossen, blendend 


weissen Blüthen. — Von Begonien waren 4 vorhanden: 
B. Dregei (Augusta); B. Frogmore seedling, ein Bastard 
B. nitida und B. incarnata purpurascens. — Inter- 


tessant waren auch 3 Alternantheren, die Stammform 
A. paronychioides und die beiden Varietäten A. par. 
grandis mit 11.—2 Cm. breiten Blättern und A. par. 
quadricolor. Beide Abarten sind in dem Garten der 
Flora - Gesellschaft zu Köln erzogen. Als schöne 
Blattpflanze führen wir noch die Dracaena Reginae 
mit ihren breit ovalen Blättern, eine immer noch 
ziemlich seltene Erscheinung an. Endlich dürfen 
wir nicht zweier sehr zierlicher Gräser vergessen, 
der Stipa elegantissima und eines Panicum (?) sp. 
Schimper aus Abyssinien. 

Im Anschluss an die in Nö. 34 der Wochen- 
schrift besprochenen Feinde des Spargels zeigte’ 
Dr. Wittmack mit Puceinia Asparagi D.C. be- 
fallene Spargelstauden, die er bei Berlin gefunden 
und erläuterte kurz den Entwickelungsgang des Pil- 
zes unter Vorzeigung mikroskopischer Präparate. 
Desgleichen legte er Elymus arenarius mit dem 
bekannten Brandpilz Ustilago hypodytes vor, ferner 
eine zwar nur kleine, aber höchst merkwürdige 
ästige Roggenähre (mit reifen Körnern). Der 
oberste Theil des Halmes dieser Aehre zeigt eine 
schwache Furche, die aber am obersten Knoten 
stärker wird und deutlich auf eine Spaltung, resp. 
Verdoppelung hinweist. An diesem Knoten entsprin- 
sen auch zwei Blätter, anstatt des sonst immer nur 
vorkommenden einen, und diesen beiden Tragblät- 
ern entsprechend finden sich auch.zwei Aehren- 
stiele.e. Der eine ist kurz, nur ca. 15 Mm. lang und 
trägt eine 7 Cm. lange Aehre; der andere ist viel 
länger (fast 10 Cm.) und trägt in kurzen Entfernun- 
gen von einander 5 Aehren, von denen die längste 
ca. 6 Cm., die kürzeste nur 2 Cm. lang ist. Diese 


5 oberen Aehren bilden gleichsam eine nach 2 Sei- 
ten entwickelte flache Rispe, während der untere 
Stiel mit seiner Aehre als Ast des ganzen Halmes 
erscheint. ’ 

Die Aechre wurde auf einem Felde bei Frehne 
pr. Meyenburg in der Ostpriegnitz gefunden, 
woselbst ausserdem noch viele Halme mit zwei- und 
dreigabeligen Aehren vorkamen. 

Von dem Ministerium für die Jandwirth- 
schaftlichen Angelegenheiten war dem landwirth- 
schaftlichen Museum ein Strang Seide des japani- 
schenEichenspinnersBombyx Yama mai über- 
seben, welche von dem Gutsbesitzer Johann Mach 
in Slatenegg bei Rudolphswerth in Unterkrain, der 
die Kultur dieses Seidenspinners mit gutem Erfolge 
aus reprodueirten Grains im Grossen betreibt, ange- 
kauft war. Das Ministerium hat eine grössere Quan- 
tität erworben, um daraus probeweise Seidenstofle 
herstellen zu lassen. 

Endlich legte Dr. Wittmack einen dem Mu- 
seum von Hrn. Dr. Sorauerin Proskau überwiesenen 
seschälten Kirschstamm vor, wo sich direkt 
aus dem Rest der stehen gebliebenen kambialen 
Schicht ohne Ueberwallung neue Rinde gebildet 
hatte und besprach ausführlicher die von Dr. Sorauer 
angestellten, in Nr. 31 der Wochenschrift mitgetheilten 
Versuche über Ringelung und Schälung. 

Ueber diesen Gegenstand erhob sich eine längere 
Debatte, in welcher von verschiedenen Seiten Bei- 
spiele neuer Rindenbildung (ob aber ohne Ueber- 
wallung?) mitgetheilt wurden. Ein sehr interessan- 
ter Fall wurde von Hrn. Inspektor Bouche& mitge- 
theilt, wo ein durch Frost beschädigter unten und 
oben veredelter Birnbaum, in einer Stammhöhe von 
6 Fuss ganz von seiner Rinde, die bereits im Ab- 
sterben begriffen war, befreit wurde und eine Um- 
hüllung von Lehm und Kuhmist erhielt. Der Baum 
bildete nach einiger Zeit eine vollständig neue Rinde 
wieder und trug wieder gut. 

Herr Späth theilte ähnliche Versuche mit und 
hält besonders mehrere Längsschnitte bei Bäumen, 
deren Stamm unterhalb der Veredelungsstelle schwä- 
cher ist als oberhalb, für zweckmässig, da sich dann 
ein Gleichgewicht herstellt. Herr Inspector Bouch& 
erwähnte bei dieser Gelegenheit, dass man in neue- 
rer Zeit versucht habe, an Baumstämmen  spiralig 
aufsteigende Streifen von bald geringerer bald be- 
deutenderer Breite aus der Rinde des Stammes her- 
auszunehmen, um zu konstatiren, dass alsdann der 
Saft nicht lothrecht aufsteigen könne, sondern ge- 
zwungen sei, eine spiralige Richtung durch die stehen- 
gebliebenen Rinden - Reste einzuschlagen; dass ein 


x 291 


solches Experiment den Baum nicht tödte, gehe 
daraus hervor, dass man seit langer Zeit junge 
Stämmchen präparire, um Spazierstöcke mit Windun- 
gen zu erzielen. Werde hingegen, wie es oft aus 
Muthwillen auf dem Lande geschehe, die Rinde in 
einem 6—8“ breiten Ringe abgelöst, so gehen die 
Bäume meist ein. 

Dr. Bolle macht sodann auf die spiraligen Um- 
schlingungen durch Lonicera perielymenum ete. auf- 
merksam. 

Herr Blume führt an, dass in Littauen die Bir- 
kenstämme mit Kalkmilch spiralig bestrichen wür- 
den, das Holz nehme an den Stellen dann eine dun- 
kelbraune Farbe an und werde zu Stöcken etc. 
sehr gesucht. 

Herr Dr. Bolle zeigt hierauf den von Hrn. Boese 
ausgelegten japanischen Bast vor (a Ctr. 26 Thlr. 
von letzterem zu beziehen), welcher: schon auf der 
diesjährigen Ausstellung des Vereines, wo Hr. Schwa- 
necke in Oschersleben ihn vorgelegt hatte, grosses 
Interesse erregte. Er lässt sich in die feinsten Strei- 
fen zertheilen, ist äusserst zäh und dabei sehr weich, 
so dass er sich zum Veredeln namentlich feinerer 
Pflanzen, Rosen ete. sehr gut eignet. — Ueber die 
Abstammung blieb man im Unklaren. 

Herr Späth führt an, dass er als Bindematerial 
beim Veredeln Typhablätter benutze, sie hätten 
erstens den Vorzug der Billigkeit und zweitens hiel- 
ten sie nur so lange, als sie halten müssten. Man 
brauche nachher den Verband nicht loszuschneiden, 
da die Typhablätter dann vergangen wären. 

Herr Baurath Gärtner empfiehlt die Ranken von 
Aristolochia als äusserst festes Bindematerial. Man 
müsse sie erst trocknen und vor dem Gebrauch wie- 
der in Wasser legen. 

Herr Garten-Inspektor Bouche& theilt mit, dass 
sich viele Gärtner zum Anbinden der jungen Wein- 
reben der Binse Juneus glaucus und eflusus, sowie 
SeripusLacustris und Tabernae montanus bedienen, die 
ebenfalls für die Dauer eines Sommers ausreichen. 

Herr Blume fragt an, ob es nicht möglich sei, 
die Theerringe zum Abhalten der Schmetterlinge und 
Raupen direkt auf den Bäumen anzubringen, ohne 
Papierstreifen - Unterlage, da die Insekten oft unter 
dem Papier emporkriechen. Er erwähnt dabei, dass 
er zu dem Theer etwas Glycerin mische, damit er 
länger klebrig bleibe. 

Herr Inspektor Bouch& erwidert, dass er den 
Zwischenraum zwischen Papier und Baum mit Moos 
verstopfe. Ein direktes Auftragen sei schädlich. 

Herr Reinecke führt an, dass in einer Anlage 
alle Zwetschenbäume zu Grunde gegangen seien, 


nachdem sie mit 4 Fuss breiten Ringen von (Stein- 
kohlen-!) Theer umgeben waren. 

Herr Perring fügt hinzu, dass er aus Noth in 
frisch getheerte Mistbeetkästen habe Pflanzen ein- 
setzen müssen und von diesen viele zu Grunde ge- 
gangen seien. 

Im Allgemeinen ist man von der Schädlichkeit 
des Theers für die Pflanzen, insbesondere des Stein- 
kohlentheers, überzeugt. 

Die Debatte geht nun auf das Theeren von Holz- 
werk ein. Herr Inspektor Bouche& hält alles Theeren 
für überflüssig, da die Nässe alsdann nicht ausdunsten 
kann und das Aufnehmen von Wasser in Folge der 
Kapillarität des Holzes unvermeidlich sei, wenn es 
der Feuchtigkeit ausgesetzt werde. Herr Lackner 
dagegen ist der Ansicht, dass der Theer, wenn er 
heiss aufgetragen werde und somit gut einziehen 
könne, nütze. Herr Baurath Gärtner hält das Theeren 
nur dann für angezeigt, wenn auch die Theile, die 
auf einanderstossen, vorher getheert werden. Herr 
Späth lässt ebenfalls besonders die Hirnseiten vor- 
her mit Theer tränken. Herr Brix bemerkt, dass 
das Theeren der Telegraphenstangen, wie vielfältige 
Versuche ergeben haben, nichts nütze. Herr Blume 
macht darauf aufmerksam, dass man in Russland das 
Holzwerk mit einem Gemisch von Blut und Kalk 
anstreiche. Der als Gast anwesende Herr Rosen- 
thal aus Wien empfiehlt für Mistbeetfenster Wasser- 
glasanstrich. Herr Inspektor Bouch& will aber auch 
von diesem, sowohl von Natron-, als auch sogar von 
Kali-Wasserglas keinen Erfolg gesehen haben, weil 
beides durch Feuchtigkeit aufgelöst werde. Herr 
Blume empfiehlt für solche Zwecke Kali-Wasserglas 
in ganz normalem Zustande, in welchem es aber des 
hohen Preises halber schwer zu haben sei. 

Herr Dr. Bolle machte sodann auf einen mit 
Früchten besetzten Zweig des Eleagnus angusti- 
folius aufmerksam, den Herr Inspektor Bouche& 
vorgelegt. Es ist höchst selten, dass dieses Ge- 
hölz bei uns Früchte bringt und diese zeichnen 
sich namentlich dadurch aus, dass sie mit ähnlichen 
sternförmigen Schilferschuppen besetzt sind wie die 
Blätter. 

Zum Schluss verkündete der Vorsitzende das 
Urtheil der Preisrichter, wonach den Pflanzen des 
botanischenGartens derMonatspreis zugesprochen 
wurde und fand alsdann eine Verloosung von Topf- 
gewächsen statt. 


37° 


292 


Das Rheinthal. 


(Sehluss.) 


Am anderen Morgen reiste ich in Gesellschaft 
des Garten-Inspektors Schnittspahn in Auerbach, 
eines Sohnes des vor einigen Jahren verstorbenen 
Gartendirektors dieses Namens in Darmstadt, nach 
Weinheim, schon im Grossherzogthum Baden |ie- 
send, ab, um daselbst einen der interessantesten 
Gärten des südwestlichen Deutschlands zu besuchen. 
Er gehört einem enthusiastischen Liebhaber und 
Kenner von Gehölzen, welche in Deutschland im 
Freien aushalten, dem Freiherrn v. Berekheim. 
Niemand versäume um so weniger dessen Anlagen 
zu besehen, wenn er hierher kommt, als der Besitzer 
selbst gern jedem Fremden, der für dergleichen An- 
lagen Interesse hat, erlaubt, Alles in Augenschein zu 
nehmen. 

Es ist schon früher einmal von den Berckheim- 
schen Anlagen in der Wochenschrift die Rede ge- 
wesen, um so mehr nahmen sie da, wo ich vorbe- 
reitet war, meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Wein- 
heim liegt an und für sich so reizend, dass es wohl 
jeden für Naturschönheiten empfänglichen Menschen 
bestimmen könnte, einen, wenn auch nur kurzen 
Aufenthalt hier zu nehmen. Hinter der Stadt eröff- 
net sich ein Gebirgskessel, der einigermassen an das 
Marienthal bei Eisenach erinnert. Die Wartburg wird 
bei Weinheim durch die noch ziemlich erhaltene 
Burg Windeck vertreten. Sie liegt auf einem abge- 
rundeten Hügel, der den Anfang des lang sich hin- 
ziehenden Wagenberges, eine der bedeutendsten 
Höhen im Odenwalde, bildet. 

Die Besitzung des Freiherrn v. Berekheim be- 
sinnt im Hintergrunde der Stadt bereits auf der Höhe 
mit dem in Burgmanier erbauten Schlosse. Der Gar- 
ten beginnt dicht dahinter und kann von einem brei- 
ten und bequemen Altane aus übersehen werden. 
Er mag gegen 20 bis 25 Morgen umfassen und wird 
von einer Mauer umschlossen. Der Garten selbst 
ist eigentlich in seiner ganzen Ausdehnung ein Plea- 
sureground und enthält schöne Rasenflächen, welche 
durch bunte Arabesken oder Teppichbeete, durch 
Boskets vorherrschend immergrüner Gehölze und 
durch einzelne schöne Bäume unterbrochen werden. 
Besonders sind es die letzteren, welche sich zum 
grossen Theil durch Seltenheit auszeichnen. Lieb- 
haber von Gehölzen werden hier einen Genuss haben, 
wie er sich nicht häufig darbietet. Raum und Zeit 
erlauben mir nicht in das Einzelne einzugehen; so 
kann ich mich um so mehr auf die bereits früher in 
der Wochenschrift abgedruckte Abhandlung berufen. 


Für mich besass die eigentliche grosse Anlage 
noch weit mehr Interesse. Freiberr v. Berekheim 
hatte nach und nach das die Anhöhe aufsteigende 
und hauptsächlich mit Castanea vesca bewachsene 
Terrain, was verschiedenen Bewohnern der Stadt 
Weinheim gehörte, gekauft und auf diese Weise einen 
Waldkomplex von 70 Morgen arrondirt. Es war die- 
ses der ganze Abhang nach dem bereits erwähnten 
Kessel zu. Da von ihm aus reizende Punkte nach 
dem gegenüberliegendem Wagenberge mit der Burg 
Windeck im Anfange und in die Tiefe des Kessels 
dargeboten wurden, so war das erste Bestreben des 
Besitzers, diese den Lustwandelnden zur Ansicht zu 
stellen. Auf diese Weise hat man, während man 
im tiefen Schatten dahinwandelt, einen hohen Genuss. 

Der untere Theil, der in dem Thalkessel sich 
verliert, war ursprünglich Matte, Freiherr v. Berck- 
heim hat ihn. aber der Kultur übergeben und mit 
allerhand seltenen Koniferen bepflanzt, und zwar in 
der Weise, dass die einzelnen Arten gleich grössere 
Flächen einnehmen. Noch war die Anlage zu jung, 
um sich ein getreues Bild von dem Effekt, den sie 
gewiss schon in einem Jahrzehnt hervorrufen wird, 
zu machen. Auf jeden Fall wird es aber das In- 
teresse der Leser der Wochenschrift in Anspruch 
nehmen, wenn ich ein Verzeichniss der interessante- 
ren Koniferen, welche hier im Grossen angepflanzt 
sind, gebe. 

Unter den Kiefern war es hauptsächlich Pinus 
Benthamiana, welche mich überraschte und welche ich 
in so grosser Menge noch nirgends angepflanzt ge- 
sehen hatte. Ausserdem nenne ich Pinus Lamber- 
tiana, Jeffreyi, rigida, excelsa und Laricio. Von Tan- 
nen fand ich die Spanische und Nordmanns-Tanne 
(Abies Pinsapo und Nordmanniana), die Morindo des 
Himalaya, die beiden Schierlingstannen (Abies cana- 
densis und Douglasii), ferner Taxodium distichum und 
sempervirens, Cryptomeria japonica, Gingko biloba, 
Cupressus Lawsoniana und nutkana (Thujopsis bo- 
realis), so wie Juniperus Shepherdii, eine Form der 
J. chinensis, welche vor Kurzem James Veitch 
and Sons in London eingeführt haben. An einer 
anderen Stelle nahmen Abies nobilis, die drei Cedern 
des Atlas, des Libanon und des Himalaya, so wie 
Wellingtonien über 2 Morgen Fläche ein. 

Freiherr v. Berekheim führte uns den Nach- 
mittag nach Heidelberg, und zwar zu Wagen. Da- 
mit hatte ich Gelegenheit, die Bepflanzungen und die 
Beschaffenheit dieses Theiles des Rheinthales auf bei- 
den Seiten etwas genauer zubesehen. Das schönste 
Wetter begünstigte unsere rasche Fahrt, denn in 
nieht weniger als 1 Stunde und 5 Minuten langten 


293 


wir an der Neckarbrücke an. Es kann nicht mein 
Zweck sein, hier eine Beschreibung zu geben; so 
oft ich aber auch hier zu Fuss oder später vermit- 
telst der Eisenbahn gereist bin, jedes Mal war ich 
einestheils von dem Reichthum des Bodens, andern- 
theils nicht weniger aber auch von der Schönheit 
der ganzen Gegend tief ergriffen. Ich konnte mich 
in der That in die Obstwälder jenseits des kauka- 
sischen Gebirges im Osten, wo ich vor einem Vier- 
teljahrhundert gewesen war, versetzen, so dicht ge- 
drängt standen zum Theil die Obstgehölze. 

Während bei uns im Nordosten Deutschlands, 
aber auch sonst, in diesem Jahre die Obsternte zum 
Theil völlig fehlgeschlagen ist und wir daselbst kaum 
einige Birnen erwarten dürfen, kann man im ganzen 
Rheinthale, so weit ich es wenigstens gesehen, einer 
fast mittelmässigen Obsternte entgegensehen. Birnen 
und Pflaumen sind noch weit reichlicher, als die 
Aepfel vorhanden. Mirabellen und Renekloden wer- 
den eben in grosser Menge und zu wohlfeilen Prei- 
sen zu Markte gebracht. Eigenthümlich war es. dass 
plötzlich sehr schmale Striche kamen, wo die Bäume 
ebenfalls keine Früchte trugen. 

Wer sollte nieht die schönen Wallnussbäume 
des Rheinthales kennen, oder wenigstens nicht deren 
Früchte, welche durch ganz Deutschland fast in den 
Handel kommen, gegessen haben! Leider werden 
der Bäume alle Jahre weniger, denn nicht allein die 
rheinischen Nüsse werden sehr gesucht, auch das 
rheinische Nussbaumholz. Man erzählte mir, dass 
besonders von Berlin jährlich Nutzholzhändler kom- 
men, um die schönsten und stärksten Bäume aufzu- 
kaufen und abzuhauen. Neue Anpflanzungen habe 
ich nirgends gesehen. So wird das Rheinthal mit 
der Zeit einen Schmuck verlieren, wie keine andere 
Gegend in Deutschland besass. 

Freiherr v. Berekheim führte mich in einige 
Gärten von Heidelberg, wo ich schöne auswärtige 
Bäume sah. Von Heidelberg zu sprechen, überlasse 
ich Anderen, welche mit der Feder gewandter sind, 
als ich. Dunkelheit brach eben ein, als ich wiederum 
im Coupe eines Eisenbahn-Wagens sass und dunkele 
Nacht herrschte um mich, als ich in Mainz anlangte. 

Abwärts den Rhein vom Einfluss des Main, also 
im eigentlichen Rheingau, ändert sich die Ostseite 
des Ufers und hat ein von dem aufwärts, der Berg- 
strasse entlang, verschiedenes Ansehen. Der Oden- 
wald erhebt sich an der Bergstrasse ein Paar Stunden 
entfernt aus der bis dahin ganz flachen Ebene, die 
hier als Kulturland zu den fruchtbarsten Gegenden 
Deutschlands gehört, und sieht eben deshalb viel 
grossartiger aus, als der Taunus, der im Osten den 


Rheingau schliesst. Er fällt nicht steil ab, sondern 
Hügelreihen ziehen sich bis zum Rhein in freund- 
licher Abwechslung und mit abgerundeten, oft ziem- 
lich breiten Konturen. Im Norden, und zwar dicht 
hinter Rüdesheim, geht aber das Gebirge bis an den 
Fluss und schliesst hier den Rheingau. Beide Ge- 
birge, Taunus und Odenwald, sind aber mit schönem 
Walde bewachsen und geben dem Horizonte einen 
dunkelen Hintergund. 

Diese nach Osten und Norden abgeschlossene 
Lage des Rheingaues verschafft ihm das milde Klima, 
was, besonders während der Winterzeit, sich am 
fühlbarsten macht und Ursache ist, dass viele Kranke 
auch in den Wintermonaten in Wiesbaden, dem 
Hauptorte des Rheingaues, gegen ihr Leiden Hülfe 
suchen. Der verstorbene Medizinalrath Dr. Froriep 
in Berlin, später in Weimar lebend, hatte sogar ein- 
mal den Gedanken, grossartige Glashäuser in Wies- 
baden zu erbauen, in denen, im Fall des Bedürfnisses, 
auch geheizt werden konnte, um auch bei niedriger 
Temperatur dem Kranken die Möglichkeit des Be- 
wegens in, wenn auch nicht grade zu freier, doch 
reiner Luft zu geben. Die Ventilation sollte so ein- 
gerichtet werden, dass die Luft sich fortwährend 
erneuern konnte und damit ein fast ununterbrochener 
Luftwechsel vorhanden war. 

Das milde Klima ist aber auch Ursache, dass 
der Rheingau die am Höchsten bezahlten und, man 
darf daraus schliessen, die am Meisten geschätzten 
Weine liefert. Neben der gleichmässigeren, nie einen 
hohen Grad einnehmenden Temperatur ist es aber 
die Feuchtigkeit der Luft, welche das Gedeihen der 
Weinrebe befördert. Beständig erheben sich aus 
dem breiten Rheine, besonders am Abende, Wasser- 
dünste und an den Wäldern des im Osten und Nor- 
den begränzenden Taunus werden die Wolken be- 
dingt, ihren feuchten Inhalt in tropfbar flüssiger 
Weise oft zusammenzuziehen und als Nebel oder 
Regen der Oberfläche des Bodens mitzutheilen. 

Als vor einigen Jahren Regulirungen am Rhein- 
strome vorgenommen werden sollten, widerstrebten 
die Wein bauenden Bewohner der Gegend, wo die 
Regulirung vorgenommen werden sollte, weil sie 
fürchteten, dass jede Aenderung in den Terrain- 
Verhältnissen der Güte ihrer Weintrauben und folge- 
recht auch ihres Weines Abbruch thun könnte. Von 
Seiten der Regierung wurde den Wünschen und 
Klagen in sofern Rechnung getragen, als man nach 
verschiedenen Richtungen hin Sachverständige berief. 
Sie sah sich aus dieser Ursache genöthigt, noch eine 
längere Zeit vorüber gehen zu lassen, bevor sie die 
durchaus : nothwendige Regulirung des Flusses vor- 


294 


nehmen konnte, nachdem schliesslich die Sachver- ! 
ständigen sich zu ihren Gunsten entschieden hatten. 

Seitdem ist die Regulirung’ geschehen und man hat 

keine der Weinkultur und der Güte des Weines 

nachtheiligen Folgen bemerkt. Die Bewohner der 

Umgegend haben sich ebenfalls beruhigt. 

Dass sich vom Taunus Hügel, allmählig bis zu 
unbedeutender Höhe abfallend, bis an den Rhein 
hinziehen, macht, wie bereits ausgesprochen, den 
Rheingau wellenförmig, es werden an den günstig 
gelegenen Abhängen die Stellen geboten, welche den 
besten Wein liefern. Man hatte aber auch vor einem 
Paar Jahrzehnten daran gedacht, die zunächst dem 
Ufer liegenden niedrigen Hügel und das ganze Rhein- 
ufer noch auf eine andere Weise zu verwerthen. 
Bereits hatten sich einige reiche Leute hier ange- 
siedelt, um, zurückgezogen von ihren Geschäften und 
dem Geräusche der grossen Welt, in dieser reizen- 
den und gesunden Gegend ihr Leben zu schliessen. 
Wiesbaden war mit den übrigen nahen Bädern zu- 
gleich ein Anziehungspunkt für Fremde geworden. 

Der geistreiche frühere Gartendirektor Thele- 
mann in Bieberich machte deshalb einmal den für 
Kunstgenüsse empfänglichen, damals noch regieren- 
den Herzog Adolph von Nassau aufmerksam, die am 
Rheine liegenden Grundstücke bis nach Eltville hin 
nach und nach zu erwerben zu suchen, um daselbst 
einen Mittelpunkt für wohlhabende Leute, welche 
sich aus dem geräuschvollen Geschäftsleben zurück- 
ziehen oder von Haus aus unabhängig und von einer 
schönen Gegend umgeben leben wollen, zu bieten. 
Nassau sei ohne alle Industrie und für Ackerbau 
keineswegs günstig, durch seinen Weinbau aber ein 
Land des Luxus geworden. Die vielen Bäder, Wies- 
baden an der Spitze, seien ausserdem sehr geeignet, 
reiche und vornehme Leute anzuziehen. Man müsse 
daher auch daran denken, zum Nutzen des Landes 
diese Seite auszunutzen. Es wäre zu diesem Zwecke 
keineswegs genug, Wiesbaden durch Anlagen mit 
Bieberich zu verbinden, um dieses zu einer Vorstadt 
der herzoglichen Residenz zu machen, man müsse 
die Anlagen, nachdem man allmählig, soweit mög- 
lich, das Terrain erworben hätte, bis nach Eltville 
in derselben Weise fortsetzen. Reichen oder vor- 
nehmen Leuten, welche sich fänden, um sich inner- 
halb der Anlagen anzukaufen, müsse man, wenig- 
stens im Anfange, alle Vortheile bieten, um ihnen ihr 
Beginnen zu erleichtern. 

Es wird Niemand leugnen können, dass dieser 
Thelemann’sche Gedanke ein grossartiger war, 
von dem man nur bedauern muss, dass er damals, 
wo es noch Zeit war, nicht zur Ausführung gekom- 


men ist. Bei dem jetzigen Aufschwunge, den das 
ganze Nassau, hauptsächlich aber Wiesbaden, nimmt, 
würde er, wenn die Regierung jetzt bis nach Eltville, 
wenn auch nicht durchaus, so doch zum grossen 
Theil über die Ufer des Rheines verfügen könnte, 
noch weit mehr beigetragen haben, dass reiche Leute 
sich niederliessen und Wiesbaden zur eigentlichen 
Stadt des Luxus machten. Wiesbaden hat sich trotz- 
dem seit der Umgestaltung der Dinge aber auf eine 
Weise gehoben, wie es am Allerwenigsten die ge- 
glaubt haben, welche die Annexion mit Missmuth 
angesehen hatten und sie für einen Ruin der Stadt 
und des Landes betrachteten. 

Wer Wiesbaden seit 4 und 5 Jahren nicht ge- 
sehen hat, wird eine Vergrösserung und eine Ver- 
schönerung wahrnehmen, wie sie kaum eine zweite 
Stadt des grossen Deutschlands, Berlin etwa ausge- 
nommen, erfahren hat. Grund und Boden sind un- 
gemein im Preise gestiegen. Für die Verschönerung 
der Stadt und Umgegend ist zwar zunächst von 
Seiten der Regierung nichts Neues geschehen, es 
wird aber Sorge getragen, dass das Vorhandene 
sauber erhalten und gut gepflegt wird. Ob dieses 
aber für die Zeit genug ist? ist eine Frage, die ich 
jetzt schon verneine.. Man muss wohl bedenken, 
dass die Anlagen, und mit ihnen die dargebotenen 
Bilder lebende sind, welche durch Wachsthum der 
einzelnen Theile sich nicht allein vergrössern, son- 
dern auch verändern. Es verhält sich inmitten der 
lebenden Natur ganz anders, wie mit der Landschaft 
des Malers, der etwas Fertiges und Abgeschlossenes 
gibt. Seine Bäume wachsen nicht mehr; es kann 
daher auch im Verlaufe der Zeit Licht und Schat- 
ten sich im Bilde nicht mehr verändern. Die 
Durch- und Aussichtspunkte bleiben hier dieselben 
und können nicht, wie dort, zuwachsen. Bei der le- 
benden Anlage ändert sich aber alles mit jedem 
Jahre mehr oder weniger. Der Künstler ist gezwun- 
gen, bisweilen, wenn auch nicht die ursprüngliche 
Idee ganz aufzugeben, so doch wenigstens zu modi- 
fiziren. Der Pinsel des Landschaftsgärtners bei der 
fertigen Anlage ist nicht mehr, wie im -Anfange, der 
Spaten und das zu pflanzende Gehölz, es tritt hier 
das Beil, im geringeren Falle das Messer ein. Das 
Gehölz der Anlage wird bald zu dick; es muss das 
zu Viel herausgeschlagen, das Alte entfernt werden, 
um frischem und deshalb auch freudigerem Grün 
Platz zu machen. 

Den Thelemann’schen Grundgedanken, be- 
sonders bei der neueren nach Bieberich zu gelegenen 
Anlage, kann man zwar immer noch durchschauen, 
es ist aber höchste Zeit, dass an einigen Stellen 


295 


etwas geschieht. Die Regierung hat bis jetzt, so 
viel mir wenigstens mitgetheilt wurde, gezögert, einen 
besonderen Gartendirektor anzustellen; es möchte 
aber doch nun bald nothwendig werden, wenn man 
nicht einen allmäligen Verfall der ganzen Anlage 
abwarten will. Dann müsste aber eine gänzliche 
Umgestaltung, die viel Geld und Zeit kostet, eintreten. 
Einstweilen hat man einen tüchtigen Landschafts- 
gärtner aus Frankfurt mit der Aufsicht der Wies- 
badener Anlagen beauftragt, der durch einen seiner 
Gärtner auch Alles in bester Ordnung erhält. Von 
Seiten der Aufsicht wird nach den derselben zur 
Verfügung gestellten Mitteln den Pflichten vollständig 
nachgekommen. Das genügt aber, wie bereits aus- 
gesprochen, nicht, da keine wesentlichen Verände- 
rungen vorgenommen werden dürfen. Möchte daher 
die Regierung, ich wiederhole es, recht bald einen 
tüchtigen Landschaftsgärtner, die leider nur sehr 
selten sind, finden, um der ganzen Anlage einen 
neuen Impuls zu geben. 

Ich habe bereits ausgesprochen, dass Wiesbaden 
hauptsächlich Luxus-Stadt ist, es müssen demnach 
auch die Anlagen diesem entsprechen, ohne dabei 
aber dem Bedürfnisse derer, die die Bäder gebrau- 
chen, nach Schatten -Abbruch zu thun. Im Allge- 
meinen ist zwar dieser Anforderung entsprochen 
worden, aber doch müsste eine grössere und bessere 
Auswahl in den Gehölzen geschehen. Es gilt dieses 
besonders in der Nähe des Kurhauses, wo sich vor 
Allem des Nachmittags und gegen Abend, die vor- 
nehme und elegante Welt einfindet, und zwar die 
Damen in eleganter Toilette. Dazu passen nicht die 
düstern Laubhölzer unserer Wälder. Diese mögen 
in der Ferne stehen, in der nächsten Nähe sind 
aber Gehölze von leichtem Bau und hellem, mög- 
lichst mannigfaltigen, hauptsächlich gefiederten Laube 
nothwendig. Unsere Akazie mit ihren mannigfachen 
Formen ist dazu einer der besten Bäume. Ausser- 
dem sind Blüthenbäume, wie Magnolien, Sophoren, 
auch unsere Rosskastanien u. Ss. w., vorherrschend 
als Einzel-Exemplare, nicht weniger aber Boskets 
mit feinen Gehölzen, hauptsächlich mit Blüthen- und 
Fruchtsträuchern angezeigt. 

Das Wasser hinter dem Kurhause ist in seinen 
Ulerkonturen ausserordentlich gelungen, vor Allem 
nimmt sich die darin befindliche grosse Insel mit 
ihrer herrlichen Trauerweide gut aus. Es ist nicht 
zu leugnen, dass kaum ein anderer Baum am Ufer 
eines Gewässers einen grösseren Effekt hervorruft, 
als beide Trauerweiden aus dem “äussersten Osten 
Asiens. In Wiesbaden ist fast nur die alte Salix 
babyloniea (jetzt, da sie in Babylonien weder wild, 


Tu 0 a 0 U U 


noch angebaut wächst, Salix pendula zu nennen) 
vorhanden. Nur ein Exemplar der S. elegantissima 
(S. Sieboldii der deutschen Gärten, S. Salomonis der 
französischen Baumschulen) sah ich am Ufer bezeich- 
neten Gewässers, sonst aber nirgends in den An- 
lagen. Aber auch die dritte Trauerweide in den 
Gärten, Salix americana pendula und S. nigra pen- 
dula genannt, steht an diesem Gewässer und zwar 
ein Exemplar von besonderer Schönheit. Sie bildet 
eine gegen 10 Fuss im Durchmesser enthaltende 
Laubkrone, auf eben so hohem Stamme. Wie diese 
einheimische Weide — es ist eine hochveredelte S. 
purpurea — zu dem Namen S. americana kommt, 
da sie gar nicht in Amerika wächst, ja selbst nicht 
einmal dort eingeführt ist, vermag ich nicht zu sagen. 
Diese merkwürdiger Weise auch als S. Napoleonis 
vorkommende Weide hat eine ganz andere Färbung, 
als die beiden orientalischen oder japanischen 
Trauerweiden, und nimmt sich mit dem bläulichen 
Grün der Blätter und den oft rothen Zweigen, gegen 
die helle Farbe der letzteren ganz eigenthümlich aus. 
Auf der Eisenbahn gehend, kommt man nach 
etwas mehr als einer halben Stunde nach dem durch 
seine vorzüglichen Weine berühmten Geisenheim, 
wo noch in diesem Jahre das zweite pomologische 
Institut des preussischen Staates eröffnet werden 
soll. Das Bedürfniss, wie für den Landbau, so auch 
für den Garten-, hauptsächlich Obstbau, Lehr-Insti- 
tute zur Heranbildung junger Leute vom Staate aus 
anzulegen, war um so mehr erkannt worden, als 
Proskau, wo vor wenigen Jahren das erste Institut 
der Art ins Leben gerufen wurde, in der kurzen 
Zeit seines Bestehens rasch einen Aufschwung nahm, 
wie man ihn wohl kaum erwartet hatte. Proskau 
liegst in einer rauhen Gegend, in Oberschlesien, und 
scheint hauptsächlich dazu berufen zu sein, die Obst- 
sorten kennen zu lernen, welche auch unter den 
ungünstigsten Verhältnissen gedeihen. Durch die 
Wahl des Gartendirektors Stoll, der früher Lehrer 
an der landwirthschaftlichen Akademie daselbst ge- 
wesen war, zum Leiter der Anstalt, hat die Regie- 
rung einen glücklichen Griff gemacht. Die pomo- 
logische Anstalt in Proskau hat bereits angefangen, 
segensreich über ganz Schlesien zu wirken und den 
bis dahin niederliegenden Obstbau zu heben. 
Geisenheim liegt gegen Proskau in einer sehr 
günstigen Lage, wie man aus der allgemeinen Schil- 
derung des Rheingaues entnommen haben wird, und 
vermag deshalb wohl wenigstens hinsichtlich des 
Obstbaues selbst etwas zu leisten. Als Direktor ist 
ein Schlesier, der lange Zeit einer Obstbauschule in 
Schweden vorstand und den Lesern der Wochen- 


296 


schrift aus einigen gediegenen Aufsätzen bekannt 
sein wird, Hüttig, ernannt worden. Man hatte von 
Seiten der Regierung, als einmal bei ihr der Ent- 
schluss feststand, am Rheine die zweite pomologi- 
sche Anstalt ins Leben zu rufen, sich schliesslich 
für Geisenheim entschieden. 

Es existirt bereits in Geisenheim ein Obstgarten 
des Generalkonsuls Lade, wie kaum ein zweiter in 
ganz Deutschland sein möchte. Die feinere Obst- 
zucht in Pyramiden, Spalieren und Schnurbäumcehen 
(Kordons) wird hier vertreten, die Kultur des Wirth- 
schafts-Obstes, hauptsächlich in Hochstämmen , ist 
zum grossen Theil ausgeschlossen. Die besten Sor- 
ten von allem Obste, was früher in Deutschland 
schon kultivirt wurde und was neuerdings Belgien 
und Frankreich geliefert hat, sind hier vertreten. Mit 
dem Obstgarten steht ein Luxus-Garten in dem neue- 
ren halb englischen, halb französischen Geschmacke 
in Verbindung, der ebenfalls in grosser Sauberkeit 
und Eleganz unterhalten wird und seines Gleichen 
sucht. Hier steht auch das im eleganten Villenstyle 
erbaute Wohnhaus des Besitzers. 

Beiderlei Anlagen überraschten mich schon, als 
ich zum ersten Male vor 5 Jahren in Geisenheim 
war, durch den guten Zustand und durch die Er- 
träge der einzelnen Obstgehölze, jetzt übertrafen sie 
meine Erwartung noch bei Weitem mehr. Die frü- 
her zum Theil noch jungen und auch hier und da 
unansehnlichen Obstbäume waren jetzt herangewach- 
sen und standen meist in einer Ueppigkeit da, wie 
man sie nicht schöner denken kann. Es bezeugte 
dieses nicht weniger den günstigen Boden, als auch 
die gute Pflege der Bäume. Während bei uns 
im Nordosten Deutschlands in diesem Jahre das 
Kernobst völlig missrathen ist, sieht man hier im 
Lade’schen Obstgarten eine Fülle der Früchte, wie 
man sie in den günstigsten Jahren nicht besser sehen 
kann. Es war ein grosser Genuss, den Obstgarten 
durchzugehen und an Pyramiden, Spalieren, Obliques 
und Kordons den Segen Gottes zu bewundern. Aepfel 
fanden sich in geringerer Menge vor, Birnen dagegen 
um desto mehr. 

Das Statut der königlichen Lehranstalt für Obst- 
und Weinbau zu Geisenheim hat man eben ausge- 
seben. Die Eröffnung soll noch in diesem Jahre 
geschehen. Von Seiten der Regierung ist alles ge- 
than worden, um der Anstalt den gehörigen Nach- 
druck zu geben. So weit das jugendliche Alter der 
Anstalt mit ihren Bepflanzungen jetzt schon urtheilen 
lässt, scheint das Grundstück zum grossen Theil 


günstige Boden-Verhältnisse zu besitzen, namentlich 
wenn noch mehr Sorge getroffen wird, das nöthige 
Wasser herbeizuschaffen. Leider haben sich die 
Verhandlungen mit einer benachbarten Gemeinde 
über Ableitung aus einem Bache zerschlagen. 

Das Institut zerfällt in 3 Abtheilungen: in eine 
höhere Lehranstalt, in eine Gärtnerschule und in 
einen Lehrgang für Hospitanten. Die eigentlichen 
Zöglnge wohnen in der Anstalt. Für den Unter- 
richt sowohl in der Theorie, wie in der Praxis, ist 
nach allen Seiten hin hinlänglich gesorgt. Eine An- 
zahl guter Lehrer ist oder wird noch für alle beson- 
deren Fächer angestellt. Zum grössten Theil woh- 
nen sie in Geisenheim selbst, wo für deren Unter- 
bringung gesorgt wird, einige Wenige sind dagegen 
ın dem nahen Wiesbaden ansässig. Wenn ich nicht 
speciell eingehe und eine längere Beschreibung der 
Anstalt gebe, so liegt der Grund darin, dass bereits in 
Nr. 36 der Wochenschrift das Wesentlichste über die 
Anlage des Ganzen nebst dem Statut mitgetheilt ist. 
Mir lag es hier zunächst nur daran, auf die neue, 
wissenschaftlich-begründete Obst- und Weinbauschule 
des Rheingaues aufmerksam zu machen. 


Allerlei ; 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
IX. 

Peligot bezweifelt in einer kürzlich der Akade- 
mie der Wissenschaften gemachten Mittheilung, dass 
die Pflanzen, die an der See wachsen, wirklich Koch- 
salz durch ihre Wurzeln aufnehmen. Er glaubt eher, 
dass das Salz, welches man bei den Analysen ge- 
funden hat, von dem äusserlich durch Wind und 
Wasser den Pflanzen anhaftenden herstamme. Der 
Gehalt an Salz in dem betreffenden Boden ist ver- 
hältnissmässig sehr klein und obwohl er nicht die 
gute(?) Wirkung des Kochsalzes als Düngungsmittel 
verkennt, glaubt er doch, dass die Hauptwirkung wie 
bei allen Chloriden, so besonders bei dem Chlor- 
natrium, darin liege, dass es den phosphorsauren 
Kalk auflöse. 

Bei der Ausstellung der Newark - Stachelbeer- 
Gesellschaft wog die mit dem 1. Preise gekrönte 
Beere des Hrn. Wm. Clark in London 24 dwt. 14 


gr. = ca. 43 Grammen oder ca. 23, Loth, die mit 
dem 3. Preise belohnte von Hrn. Newton in Careless 
18 dwt. 16 gr. = fast 32 gr. oder 2 Loth. — Das 


beste „Pfund“ brachte Hr. Egglestone, es bestand 
aus 15 Beeren! (Gard. Chr.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Befürderung des ee in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pilanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 38. Berlin, den 21. September. | 12. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl Te Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 29. September, Vormittags ll Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, 


Inhalt: Bericht über Versuche zur Prüfung des Eneharhen Ve sahen beim Anbau der & Artoffel, — En: ee von 
Simon-Louis freres in Metz. — Kultur der hybriden Calceolarien. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde X. 


3) Dieser Minderertrag zeigte sich nicht nur bei 


Bericht | Gegenüberstellung der einzelnen Versuchsparcellen, 
über Versuche zur Prüfung des Gülichschen Ver- | sondern tritt auch sehr augenfällig hervor bei Ver- 
fährens beim Anbau der Kartoffel. ı gleiehung der gesammten nach Gülichs Methode an- 


ı gebauten Fläche. Abgesehen von 337 Quadratruthen, 


Von Prof. Jul. Kühn. ger ; 
welche nach dem modifieirten Verfahren in Damm- 


(1. Heft der Berichte aus dem physiologischen Laborato- | 
| kultur behandelt wurden, kam auf 7/84, Morgen 


rium und der Versuchsanstalt des lJandwirthschaftlichen Insti- 
tuts der Universität Halle. — Halle, Buchhandlung des | die Gülichsehe Methode zur regelmässi- 
Waisenhauses. 1872.) sen Ausführung mit Entfernungen von 3 und 4 
Leider müssen wir es uns versagen, auf den | Fuss Hamburgisch = 10 [_]Fuss Preussisch. — 
reichen Inhalt dieses Berichts, der ausser dem, was | Diese Fläche von 18!1/, Morgen ergab 124612,77 Pfd. 
der Titel sagt, noch manche andere interessante | Erntegewicht und 115758,28 Pfd. an reingewasche- 
Beobachtung über Kartoffelbau mittheilt, specieller | nen Kartoffeln. Hiernach berechnet sich ein Durch- 
einzugehen; die Endresultate aber lassen wir folgen, | schnittsertrag der Gülichschen Methode pro Morgen 
da sie von bleibendem Werth sind, wenn auch die | = 67,4 Centner Ermtegewicht und 62,6 Centner Rein- 
Gülichsche Kartoffelkultur-Methode bereits jetzt an | gewicht. Der Durehschnitts-Ertrag der gesammten 
den meisten Orten in das Meer der Vergessenheit | nach gewöhnlicher Methode kultivirten Fläche betrug 
versenkt ist. aber anstatt dessen pro Morgen 121,2 Centner Ernte- 
1) Durch das Gülichsche Verfahren werden | gewicht und 104,2 Centner Reingewicht. Hiernach 

bei ein und derselben Kartoffelsorte von dem ein- | ist durehschnittlich der ganzen Versuchs- 
selnen Stock in der Regel eine höhere Zahl grös- | fläche der Ertrag der Gülichschen Methode 
serer, sehr schön und vollkommen entwickelter Knol- | um e 40 Procent niedriger als bei der ge- 
len gewonnen. wöhnlichen Kultur. So ergiebt sich bei Ver- 
2) Sämmtliche. bei unseren Versuchen geprüften | gleiehung der Erträge von Quadrat - Ruthen, wie 
Kartoffelsorten, auch die‘von Gülich für seine Me- | bei dem Vergleich der Erträge ganzer Hufen stets 
thode am meisten eı ohlenen Varietäten gaben | das gleiche Resultat. Dort bei Gartenkultur, hier 
nach dem Gülichschen ®erfahren von der gleichen | bei dem umfassendsten comparativen Feldversuch 
Fläche einen wenig& hohen Ertrag, als bei | dasselbe Ergebniss: durch die Gülichsche Me- 
gewöhnlicher guter Kultur. thode von gleicher Fläche erheblich gerin- 

38 


298 


gserer Ertrag! — Zu diesem Minderertrag ‘gesellt 
sich nun noch die Wahrnehmung: 

4) Das Gülichsche Verfahren hat sich nicht 
als ein Schutzmittel gegen die Kartoffelkrankheit 
erwiesen. 

5) Das Gülichsche Verfahren kann daher nur 
eine beschränkte Bedeutung beanspruchen. Es wird 
Jort am Platz sein, wo es sich nieht darum handelt, 
von einer bestimmten Fläche den höchsten Ertrag zu 
erzielen, sondern wo es gilt: die einzelne Kar- 
toffel zu möglichst reicher Vermehrung zu 
bringen. Dies ist der Fall bei Ankauf neuer Sorten, 
die nur in geringerem Saatquantum zu haben sind 
oder für Bezug grösserer Mengen zu hoch im Preise 
stehen; dies ist weiter der Fall bei Vermehrung von 
Sämlingen, die weiterer Prüfung unterworfen werden 
Für letzteren Zweck hat das Gülichsche Ver- 
fahren um so grösseren Werth, als es trefllich ge- 
eignet ist, dieEigenthümlichkeiten der Sorte 
in Bezug auf zu erlangende Grösse und Qua- 
lität der Knollen hervortreten zu 
lassen. 

6) Die in Bezug auf Ertragssteigerung des ein- 
zelnen Stockes unbestreitbaren Erfolge der Gülich- 
schen Methode ruhen zu einem wesentlichen Theile 
in der frühzeitigen und sehr rationell ausgeführten 
ersten Behäufelung. Diese erfordert aber nicht un- 
bedingt den grossen Stockraum der Gülichschen 
Methode, auch für das gewöhnliche Kultur- 
verfahren ist frühzeitigeres und vollkom- 
meneres Behäufeln anwendbar und empfeh- 
lenswerth, als gemeinüblich ist. 

7) Die vier Zoll tief ausgelegten Kartoffeln 
saben die günstigsten Erträge; es wurden jedoch 
auch bei sechs Zoll Tieflage noch höhere Ernten 
pro Morgen erzielt, als durch das Gülichsche Verfahren. 

8) Die bei unseren Versuchen gemachten Beob- 
achtungen lassen eine grössere Tiefe bei dem Aus- 
legen der Kartoffeln unbedenklich erscheinen, wenn 
besondere Umstände dieselbe wünschenswerth machen. 
Hiernach empfiehlt es sich, auf allen leichten, 
offenen, zum baldigen Austrocknen geneig- 
ten Böden das Auslegen bis zu einer Tiefe 
6 Zoll auszuführen, dafür aber das auf 
solehen Böden nicht vortheilhaft wirkende Häufeln 
zu unterlassen. 

9) Es hat sich bei unseren Versuchen als zweifel- 
los sicher herausgestellt, dass bis zu einer gewissen, 
für die einzelnen Sorten und für verschiedene Kraft- 


sollen. 


schneller 


von 


zustände des Bodens nicht gleichen Grenze der 
Kartoffel-Ertrag pro Morgen um so mehr 


steigt, je enger der Stockraum wird. 


10) Entgegen der gewöhnlichen Auflassung, nach 
welcher die Entfernungen um so weiter zu wählen 
sind, je reicher der Boden ist, hat sich die engere 
Reihenentfernung bei gleicher Sorte von um so gün- 
stigerem Einfluss auf den Ertrag gezeigt, je höher 
der Kraftzustand des Bodens, je stärker ge- 
düngt worden war. 

11) Bei einer Reihenweite von 0,6 Meter wird 
für die meisten Verhältnisse je nach Bodenbeschaffen- 
heit, Krafltzustand des Ackers und je nach den be- 
sonderen Anforderungen der Varietät der angemes- 
senste Stand in den Reihen wechseln zwischen 0,3 
bis 0,5 Meter. f 

12) Die Gefahren, welche unseren Kulturpflanzen 
durch mannigfache Krankheitsformen , insbesondere 
aber durch zahlreiche thierische Feinde dro- 
hen, lassen auch, abgesehen von dem unter Nr. 9 
hervorgehobenen Gesichtspunkt, nicht nur für die 
Kartoffel, sondern auch in Rücksicht auf andere 
Kulturpflanzen im Allgemeinen es räthlich erscheinen, 
innerhalb der zulässigen Grenzen den dich- 
teren Pflanzenstand und somit die grössere Saatmenge 
zu bevorzugen. Zu enger Stand, zu dichte Saat 
benachtheiligen die Ernte in Quantität und Qualität, 
und sind ebenso fehlerhaft, wie zu dünne Saat. Es 
silt für den einzelnen Fall nach Massgabe der Boden- 
beschaffenheit, des Kraftzustandes, der Saatzeit und 
nach den Anforderungen der Varietät die für voll- 
kommene Entwickelung noch angemessene obere 
Grenze festzustellen. Diese zu finden, ist im Allge- 
meinen viel wichtiger, als die Ermittelung, bis wie 
weit Verminderung der Saatmenge getrieben werden 
kann. Nicht möglichste Samenersparniss, 
sondern Verwendung des für rationelle Kultur 
noch zulässigen grösseren Saatquantums. 
ist die wirthschaftlich zweckentsprechendste Mass- 
nahme. Jene Ersparniss geschieht auf Kosten der 
Sicherheit des Ertrages. 

13) Von ganz besonderem Einfluss auf Quantität 
und Qualität des Ertrages, sowie in Beziehung aul 
grössere oder geringere Neigung zum Erkranken hat 
sich die Beschaffenheit der Varietät gezeigt. 

14) Die Theorie von einer Degeneration der 
Kartoffel überhaupt und der älteren Varietäten 
insbesondere ist als unhaltbar abzuweisen. Die 
Kartoffel ist in ihrem Produktions - Vermögen nicht 
abgeschwächt, sie vermag heut noch dieselben 
Maximalerträge zu geben wie früher. Die älteren 
Varietäten sind nicht in höherem Grade dem Er- 
kranken unterworfen; aus Samen neugebildete Sorten 
erkrankten zum Theil in höherem Grade als alt- 
bewährte. Von grösster Wichtigkeit ist sorgfältige 


299 


“—— 


Auswahl der Varietät, Anbau der ertragreichsten und !' Favier und sein Sohn Emil vor Allem dem gross- 


widerstandsfähigsten Sorten. Da unter sonst gleichen 
Umständen die Produktionskosten dieselben bleiben, 
so ist der höhere und sichrere Ertrag der besseren 
Varietät von wesentlichstem Einfluss auf die Renta- 
bilität des Betriebes. Daher für jede einzelne Oert- 
lichkeit Würdigung älterer anderwärts bereits 
erprobter und Prüfung neuer Varietäten! — 
Hier bietet sich nicht nur in Rücksicht auf Kartoffel- 
sorten, sondern auch in Bezug auf Prüfung und 
Würdigung der Varietäten anderer Kulturpflanzen eine 
dankbare Aufgabe und ein reiches Feld gemeinsamer 
Wirksamkeit für die Jandwirthschaftlichen Vereine. 


Die Baumschulen 
von Simon-Louis freres in Metz. 


Zu den grössten Etablissements für Obst- und 
Luxus-Gehölze gehören die Baumschulen der Ge- 
brüder Simon-Louis in Metz. Vor einigen und 
40 Jahren existiıtten aber 5 bedeutende Gärtnereien 
mit Baumschulen, deren Besitzer den Namen Si- 
mon führten. Ihre Gärtnereien sind jedoch einge- 
sangen bis aul diese Eine, welche um desto mehr 
Bedeutung erhalten und ihren Expoıt hauptsächlich 
über ganz Frankreich und Deutschland erweitert hat. 
Nicht allein der Samenhandel nahm rasch in erhöh- 
tem Massstabe zu, auch das bis dahin bepflanzte 
Terrain der Baumschulen vermochte bald den An- 
forderungen nicht mehr zu entsprechen. So erwarb 
sich der Besitzer anfangs der dreissiger Jahre in dem 
an der Ostseite, dicht bei Metz, liegenden Dorfe 
Plantieres ein neues Areal von gegen 160 Magde- 
burger Morgen, die jetzt durchaus mit Gehölzen aller 
Art, besonders mit Obstgehölzen, bepflanzt sind. 

Der Besitzer hatte 2 Söhne, Jean Francois und 
Louis, die bei der Uebernahme des Geschäfts nach 
dem Tode ihres Vaters, um sich von den damals 
zum Theil noch existirenden Besitzern von Gärt- 
nereien ihrer Verwandten zu unterscheiden, die Firma 
Simon-Louis freres annahmen. Der Beiname 
Louis wurde dem Familiennamen der Mutter, welche 
eine geborene Louis war, entnommen. Im Privat- 
leben führten dagegen die beiden Brüder zu ihrer 
Unterscheidung, indem sie sich ebenfalls den Namen 
ihrer Frauen beilegten, die Namen Simon-Nice- 
ville und Simon-Favier. Der Erstere ist seit 
längerer Zeit schon gestorben. Sein einziger Sohn 
Leon ist jetzt Theilnehmer des Geschäfts und leitet 
hauptsächlich die Baumschulen, während Simon- 


artigen Samengeschäfte vorstehen. 

Uns interessiren hier zunächst nur die Baum- 
schulen. Sie befinden sich, wie schon gesagt, im 
Osten der Stadt Metz, auf der Höhe des Dorfes 
Plantieres. Ein Bach trennt das 40 Hektaren (160 
Magdeburger Morgen) umfassende Terrain in 2 un- 
gleiche Theile. Auf der einen Seite befindet sich 
ein leichterer und sandiger Lehmboden, auf der an- 
deren hingegen wird die Oberfläche des Bodens von 
einem lehmigen Kalkboden bedeckt. Drei Viertel des 
Terrains wird für die verschiedenen Obstfrüchte in 
Anspruch genommen und wiederum ist Hälfte 
davon allein mit Birngehölzen bestanden. Birnen 
sind bekanntlich das Obst, was in Frankreich, aber 
auch schon jenseits des Rheines in Deutschland, 
sehr beliebt ist und, ausser den Pfirsichen, allen an- 


die 


deren ÖObstfrüchten vorgezogen wird. Auf diese 
Weise sind zwar nur 40 Morgen den Luxus-Gehöl- 
zen gewidmet, die Sammlung ist aber sehr reich 


und mannigfaltig, so dass sie sich mit jeder anderen 
in Deutschland Es wird alljährlich 
gut bearbeitetes Verzeichniss der Gehölze mit 
der neuen Ein- 


messen kann. 
ein 
kurzen Beschreibungen, besonders 
führungen, ausgegeben und ist auch für 11/, Frank 
(12 Sgr.) durch den Buchhandel zu beziehen. 

Diese Sammlung Gehölzen hat 
deutsche Dendrologie deshalb einen grossen Werth, 


von für die 


da man aus ihr ersieht, was für Gehölze in besseren 


Klimaten Deutschlands noch fortkommen. Es er- 
sänzt demnach das Verzeichniss der Flottbecker 


Baumschulen bei Altona (James Booth und Söhne), 
was hauptsächlich für Norddeutschland gilt; man 
muss bedauern, dass die neuesten Verzeichnisse der 
Flottbecker Baumschulen keineswegs mehr so reich- 
haltig sind, wie früher, wo sie den berühmten Ver- 
zeichnissen der nicht mehr existirenden Baumschulen 
von Loddiges bei London zur Seite ‘standen, son- 
dern nur die gangbaren Gehölze der grossen Samm- 
lung aufführen. 

Metz ist jetzt der am Meisten nach Westen vor- 


geschobene Punkt Deutschlands und hat deshalb 
schon ein milderes Klima, als der Osten; da es 
aber eine grössere Höhe über dem Spiegel des 


Meeres besitzt, als das benachbarte Trier und noch 
mehr der Rheingau, die Bergstrasse und das ganze 
badische Rheinthal, so ist der Winter in der Regel 
etwas härter eine Reihe von Gehölzen 
bisweilen, während diese in den genannten Gauen 
ohne Schaden bleiben. Wir haben in diesen jetzt 
Gehölze, besonders Koniferen, gefunden, welche in 
Metz zwar an einigen Stellen und im Schutze eben- 


und leidet 


38” 


300 


u _ 


falls gut aussahen, sonst aber arg gelitten 
die Erfahrungen, welche in dieser Hinsicht im letz- 
ten abnormen Winter gemacht wurden. Die Tage 
vom 9. bis 13. December sind für die Vegetation 
des Westens, besonders Frankreichs und Hollands, 
so verderbenbringend gewesen, als es seit sehr Jan- 
ger Zeit nicht der Fall gewesen ist. 

Man erzählte uns, dass die Besitzer mehrerer 
Baumschulen bei Paris, besonders auf der Seite von 
Sceaux, nachdem sie sich kaum von den Verheerun- 
sen des Krieges und der Kommune einigermassen 
erholt hatten und nun glaubten, wiederum einer 
besseren Zukunlt entgegenzugehen, von dem Froste 
der genannten December - Tage so hart betroffen 
wurden, dass leider mehre von ihnen ihrem völligen 
Untergange entgegengehen werden. 

Gleich in der Nähe der Wohnung des vielen 
Deutschen bekannten Obergärtners Thomas findet 
man in den Baumschulen von Simon-Louis [reres 
in Plantieres Verwüstungen der December - Tage in 
einer Weise, wie wir sie im Nordosten Deutschlands 
auch nicht einmal annähernd gehabt haben. Wel- 
lingtonien, Nordmann’s Tanne, eine Reihe amerika- 
nischer Kiefern, Chamaecyparis- Arten, aber auch 
Laubgehölze, wie Catalpa syringaefolia u. a., haben 
mehr oder weniger stark gelitten oder sind gänzlich 
erfroren. Von Akebia quinata befand sich an einem 
Hause ein Exemplar mit einem mehre Zoll im Durch- 
messer enthaltenden Stamm, der im vorigen Decem- 
bis zur Wurzel abgefroren ist, aus derselben 
wiederum ausschlug. Auf einem Beet 
mit ziemlich starken Exemplaren der härteren Abart 
Galissoniensis der Magnolia grandillora waren diese 
ebenfalls bis auf die Wurzel abgefroren, hatten aber 
ebenfalls wiederum aus dieser getrieben. Ein star- 
ich kein 
zweites in Europa gesehen, war an einer Rothtanne 


ber 
aber (reudig 


kes Exemplar der Hedera colchica, wie 
über 20 Fuss hoch geklettert, und im vorigen De- 
cember durchaus erlroren. Ganze Beete von Abies 
Nordmanniana hatten ihren Bestand gänzlich verloren. 
Obergärtner Thomas hat in dem eben erschie- 
nenen Hefte seiner Revue d’arborieulture einen Ar- 
tıkel über die Verheerungen, welche die December- 
Tage unter den Koniferen angerichtet haben, ge- 
schrieben. Der Artikel ist so interessant, dass wir 
den Verfasser um Erlaubniss ersucht haben, in der 
Wochenschrift ebenfalls diese Mittheilungen 
Da wir der nächsten 
Nummern bringen werden, uns deshalb 
jetzt Mühe interessanten 
Gegenstand hier noch weiter zu erörtern. 


geben 


zu dürfen. diese in einer 


(fühlen wir 


der uberhoben, diesen 


hatten. | 
Wir stützen uns dabei allerdings hauptsächlich auf 


Während bei der Durchsicht der Koniferen in 
den Baumschulen der Gebrüder Simon -Louis freres 
der Vater Thomas unser freundlicher Begleiter 
war, trat bei den Laubgehölzen der Sohn Thomas 
an seine Stelle. Es gereichte uns zur Genugthuung, 
alsbald wahrzunehmen, dass in Betreff der Namen 
zum grossen Theil die Nomenklatur eingeführt ist, 
welche in unserer Dendrologie zu Grunde gelegt ist. 
Sobald der zweite Theil erschienen sein wird, was 
wohl noch im Verlaufe dieses Jahres der Fall sein 
möchte, soll auf gleiche Weise mit den hierin be- 
schriebenen Gehölzen dieser Baumschulen fortgefah- 
ren werden. Wenn auch in anderen Baumschulen 
auf gleiche Weise verfahren würde — in wissen- 
schaftlichen Instituten ist es ebenfalls zum grossen 
Theil schon geschehen — so eıhielten wir in Kur- 
zem, wenigstens bei der Gehölzkunde, eine Einheit 
in der Nomenklatur, und Liebhaber, welche es sich 
oft viel Geld kosten lassen, würden nicht mehr so 
olt getäuscht. 

Was zunächst die Laubhölzer, sowohl mit ab- 
fallenden, als mit bleibenden Blättern, anbelangt, so 
boten sie uns, man sich wohl denken kann, 
manches Interessante dar; aber auch manches Neue 
fanden wir, was uns bis jetzt unbekannt geblieben. 
dass es für die Leser der 
Wochenschrift ein besonderes Interesse haben dürfte, 
wenn wir einige Mittheilungen machen, so stehen 
wir nicht an, diese zu geben. Ich bediene mich der 
alphabetischen Reihenfolge des belehrenden Verzeich- 
nisses der Baumschulen von Simon-Louis freres. 

Unter den Ahorngehölzen fanden wir zunächst 
einige auf dem Hochgebirge wachsende Formen des 
Acer Monspessulanum, welche als Acer cre- 
tieum und sempervirens beschrieben sind und 
durch die Kultur in der Ebene keine Veränderungen 
in der Gestalt erlitten hatten. Es ist dieses eine 
Beobachtung, welche wir auch im botanischen Gar- 
ten in Berlin, wo dergleichen direkt von der Insel 
Creta eingeführt wurden, gemacht haben. Solche 
Formen werden hier in Metz als mierophylium kul- 


wie 


Da wir glauben, auch 


tivirt. Als Acer hibernicum sahen wir eine Form, 
welehe dem A. liburnicum sehr nahe stand. Sollte 
der erste Name nicht ein Schreibfehler sein? Wäh- 


rend bei uns im Nordosten Deutschlands die reizen- 
den Formen des A. palmatum Thunb., wie sie 
durch Siebold direkt und durch Ambr. Verschaf- 
felt in Gent unter neuen Namen vor einigen Jahren 
eingeführt wurden, nicht gedeihen wollen, sondern 
meist ganz erlrieren, sind sie in Metz weniger, im 
Rheinthale gar nicht empfindlich. Wir bedauern, sie 
im letzteren, namentlich an der Bergstrasse, nur sehr 


sol 


vereinzelt gesehen zu haben, da sie allenthalben, wo 
sie stehen, einen grossen Schmuck in unseren Gär- 
ten bilden. 

Unter den Rosskastanien verdient die Abart di- 
gitata, welche wir zwar in unserer Dendrologie 
erwähnt, aber noch nicht in Blüthe gesehen haben, 
Berücksichtigung der Liebhaber. Sie bleibt niedrig 
und hat ein eigenthümliches Ansehen. Während die 
Blüthen der gefüllten Form der gewöhnlichen Ross- 
kastanie bei uns in der Regel sich nicht vollständig 
entfalten, geschieht es hier in Metz und überhaupt 
in den Rheinländern in einer solchen Weise, dass 
sie einer der beliebtesten Alleebäume geworden ist. 

Alnus ealiforniea ist eine eigenthümliche Art, 
welche sich den japanesischen Arten anschliesst, 
und um so mehr unsere Aufmerksamkeit verdient, 
als sie wenigstens in Metz auszuhalten scheint. Wir 
behalten uns vor, über sie noch später zu berichten. 

Amelanchier laneifolia ist eine Form der 
A. canadensis, welche wegen ihrer grösseren Blät- 
ter, hauptsächlich aber wegen der grossen, über- 
hängenden Trauben, aus blendend weissen Blüthen 
bestehend, den Vorzug verdient. 

Unter den Formen der Amygdalus nana ver- 
dient A. Gessleriana wegen ihres kräftigen Wachs- 
thumes und ihrer weit grösseren Blüthen von rosen- 
rother Farbe vor Allem Beachtung. Leider ist sie 
in unserer Dendrologie übersehen worden. A. pe- 
dunculata scheint leider in Deutschland nicht ge- 
deihen zu wollen, denn sie ist auch während des 
letzten Winters in Metz zu Grunde gegangen. Leider 
hat auch die grosse Sammlung von Aukuben, welche 
in den hiesigen Baumschulen vorhanden ist, während 
des letzteren Winters so gelitten, dass die meisten 
Formen bis zur Wurzel eıfroren sind. Doch haben 
auch sie wiederum aus der Wurzel ausgeschlagen. 
Unter den Berberis-Arten fiel uns ein Blendling 
der B. Darwini und empetrilolia auf, der den Namen 
B. stenophylla erhalten hat und deshalb nicht mit 
der Pflanze d. N. aus dem Himalaya verwechselt 
werden darf. Er wächst sehr buschig. Auffallend 
war mir B. japonica mit ihrer stets grösser wer- 
denden Abart Bealii, da beide, selbst während 
der Decemberfröste, unversehrt geblieben waren; bei 
uns wird sie ängstlich ım Kalthause aufbewahrt. 
Auch im Rheinthale sah ich von ihr schöne grosse 
Exemplare im Freien. Man sollte doch auch bei uns 
Versuche damit anstellen, denn sie würde, besonders 


in kleineren Gärten, ein Gewinn sein. Auch B. 
slumacea (mit dem ältesten Namen B. nervosa 


Pursh) war hier in schönen Exemplaren vorhanden. 


Sie unterscheidet sich wesentlich von den anderen 


Mahonien, indem die Deckblätter sich nach der Be- 
fruchtung vergrössern, also nicht abfallen, und blatt- 
artig werden. Nur die unteren von ihnen haben 
Früchte in ihrem Winkel. 

Unter den Buxus-Arten und Formen, welche 
reichlich vertreten waren, befanden sich mehrere, 
welche direkt aus China eingeführt waren und ein 
von den bekannten Arten und Formen etwas Ab- 
weichendes im Ansehen hatten. Es wird sich wohl 
nicht früher etwas über sie sagen lassen, als sie ge- 
blüht haben werden. Leider halten die reizenden 
Fruchtsträucher des Geschlechtes Callicarpa, welche 
wir im 2. Bande der Dendrologie empfohlen haben, 
selbst in Metz nicht gut aus, vielleicht im südlichen 
Rheinthale? Möchten doch hier Versuche ange- 
stellt werden. 

Der amerikanische Kastanienbaum (Casta- 
nea americana) ist unbedingt schöner als der 
europäisch-orientalische und unterscheidet sich ziem- 
lich leicht, wenigstens im Leben, durch weit grössere 
und nicht gerade abstehende, sondern stets über- 
hängende Blätter. Die Früchte sind dagegen klei- 
ner und haben einen süsseren Geschmack. Dass 
C. americana in unseren Anlagen fast gar nicht zu 
finden ist, muss man bedauern. Er kann in seiner 


Weise Effekt zu machen, durch keinen anderen 
Baum ersetzt werden. 
Die Ceanothus-Arten sind neuerdings in 


Frankreich Gegenstand besonderer Aulmerksamkeit 
geworden, es betrifft dieses besondeis den C. ame- 
ricanus und azureus. Man hat bereits eine Reihe 
von Formen erhalten, die auch bei uns eine weitere 
Verbreitung verdienten. Dahin gehören besonders 
die, welche in den Baumschulen von Simon-Louis 
freres erhalten wurden und wohl mehr dem C. azu- 
reus angehören, aber sehr gut im Freien aushalten. 
C. Lucie Simon und Marie Simon wurden 
Jahre 1867 aus Samen erzogen. Erstere Form kann 
unter Umständen eine Höhe von 6 Fuss erhalten und 
brinst vom Juli an bis die Kälte einen Widerstand 


im 


entgegensetzt, zahlreiche Blüthenstände mit dem in- 
tensivsten Azurblau hervor. Marie Simon bleibt un 
die Hälfte niedriger, baut sich aber buschiger und 
beginnt die Blüthezeit schon frühzeitiger. Die gros- 
sen und reichlich erscheinenden Blüthenstände haben 
eine fleischrothe Farbe. Weiss blüht die Form, welche 
im Jahre 1859 in den Baumschulen erzogen worden 
ist und den Namen C. corymbosus erhalten hat. 
Ausserdem empfehlen wir noch die Form von Dau- 
vesse, welche den Namen C. führt und 
blau blüht. 

GelaStrus Orixa, zuerst 


maximus 


als O. japonica von 


302 


Thunberg beschrieben, hält in Metz sehr gut aus, 
es möchten daher auch bei uns Versuche damit an- 
gestellt werden. 

Gephalanthus angustifolius unterscheidet 
sich von dem gewöhnlichen ©. oceidentalis nur durch 
etwas schmälere Blätter. Der letztere war früher 
sehr viel vorhanden, während man ihn neuerdings 
nur noch ausnahmsweise in einzelnen Gärten findet. 

Von den Kirschgehölzen, welche als ornamental 


Empfehlung verdienen, steht Prunus Pseudo- 
Cerasus obenan. Bei uns hat es, obwohl es Sie- 
bold schon vor länger als 2 Jahrzehnten in den 


Handel gebracht, noch keine Verbreitung erhalten. 
Nachdem der Herausgeber der Revue horticole schon 
einmal es mit Namen, nämlich als 
GerasusSieboldii beschrieben hat, beschreibt er es 
in einem der letzten Hefte wiederum als neue Pflanze, 
und zwar mit dem Namen C. Lannesiana. Aber 
auch ausserdem wird es in den Baumschulen auch unter 
den Namen C. serrulata fl. pl. und hortensis 
tl. pl. kultivirt. Man hat 2 Formen, indem die Blüthen 
blendend weiss sind und so bleiben, oder später, 
aber auch häufig gleich im Anfange, rosenroth werden. 

Lonicera caprifolioides habe ich eine 
interessante Art dieses Genus genannt, welche etwas 
rankt und die Blätter in der Form derer der L. sem- 
pervirens besitzt, Blüthen und Fıüchte hingegen denen 
der ächten Xylosteum-Arten gleichen. Im botanischen 
Garten zu Berlin wurde sie seit längerer Zeit als 
Abelia splendens kultiviıt, in Frankreich hingegen 
sahen wir sie bisweilen als Caprifolium Magne- 
villeae, bei Lemoine in Nancy als C. Philomelae, 
in den Boskooper Baumschulen in Holland als Loni- 
cera Niagahalli, Simon-Louis freres 
endlich als Chamaecerasus Niaquerillii und 
als Lonicera spectabilis, aber auch als L. fra- 


einem neuen 


bei 


srantissima. 

Nach den allerdings zur Bestimmung nicht ge- 
nügenden Exemplaren scheint Lonicera Webbiana, 
welche in Metz vorzüglich aushält, doch von L. alpi- 
gena, mit der Hooker und Thomson sie vereinigt 
haben wollen, verschieden. Erst wenn uns Frucht- 
und Blüthen-Exemplare zu Gebote stehen, vermögen 
wir uns zu entscheiden. 

Eine interessante Form der L. X ylosteum wird 
in Metz mit der näheren Bezeichnung translucens 
kultivirt, wo die weissen Früchte etwas durchsichtig 
sind und damit ein eigenthümliches Ansehen erhalten. 

Die Waldreben oder GClematis-Arten aus der 
Abtheilung Viticella wurden hier in reichlichster Ab- 
kultivirt und zeigten allenthalben den 
Blüthenflor. Wenn sie auch zum Theil 


wechslung 


üppigsten 


; haben und verdient weithin den Vorzug. 


empfindlich gegen unsere Winter sind, so lassen sie 
sich doch an Häusern, Mauern, Planken u. s. w. so 
im Schutze anbringen, dass sie den Winter ohne 
Gefahr aushalten. Von der ächten Cl. Vitieella ist 
es besonders die grossblühende Cl. venosa oder 
Francofurtensis, welche sich nicht allein durch grosse 
violette Blüthen, sondern auch durch deren Fülle 
auszeichnet. Von dieser und Cl. lanuginosa haben 
Simon-Louis freres einen reizenden Blendling 
erzogen, den sie Cl. splendida genannt haben, der aber 
nicht mit einem andern d. N. verwechselt werden 
darf. Einen anderen Blendling erzogen sie aus CI. 
lanuginosa und patens mit wohl den grössten hell- 
violetten Blüthen von 6 Zoll Durchmesser. Auf gleiche 
Weise verdienen alle übrigen Formen und Blendlinge 
der Cl. lJanuginosa und patens (azurea), welche an- 
fangs durch Jackman, neuerdings durch John 
Veitehand Sons in den Handel gebracht und von 
uns bereits in der Wochenschrilt vielfach besprochen 
worden sind, Empfehlung. Wir sahen hier aber auch 
die alte, früher in Gewächshäusern mannigfach kul- 
tivirte Cl. florida üppig blühend an der Mauer eines 
Gewächshauses. 

Coeeulus japoniecus, eine Schlingpflanze 
Japans aus der Familie der Menispermaceen, hält in 
Metz sehr gut aus und verdient deshalb, auch bei 
uns angewendet zu werden. 

Als Grataegus alnifolia kultivirt man in Metz 
eine Art, welche von der von uns beschriebenen 
Sorbus alnifolia verschieden sein muss, da sie, 
gleich der Mispel, Steinfrüchte haben soll. Sie nimmt 
sich gut aus, ist gar nicht empfindlich und verdient 
von Seiten der Landschaltsgärtner Beachtung. 

Neben dem von uns früher empfohlenen halb- 
strauchigen Desmodium penduliflorum wird in 
den Baumschulen von Simon-Louis freres noch 
D. Dillenii kultivirt. Beide sind wegen ihres Blüthen- 
reichthums zu eınpfehlen. 

Elaeägnus reflexus ist bestimmt eine andere 
Pflanze, als E. umbellatus (parvifolius Royle), mit 
der wir sie im 2. Bande der Dendrologie vereinigt 
Es biegen 
sich hier die Aeste in einem Bogen zurück, haben 
aber die Blätter wenig verschieden. In den Baum- 
schulen von Simon-Louis freres kultivirt man 
bereits 2 buntblättrige Formen, von denen die eine 
Blätter mit goldgelbem Rande besitzt, während bei 
der andern sich in der Mitte jedes Blattes ein gold- 
gelber Fleck befindet. Besonders ist es die letztere, 
welche zu empfehlen ist. 

Helwingia ruseiflora ist zwar keineswegs ein, 
hübscher Strauch, der aber doch hier und da An- 


HB 


wendung finden könnte, abgesehen davon, dass er 
in keiner Gehölz-Sammlung fehlen sollte. Ihre Stel- 
lung im Systeme ist noch keineswegs fest und wird 
sie sogar von .mehrern Botanikern als der Typus 
einer besonderen Familie betrachtet. Da man den 
Strauch jetzt im Leben beobachten kann, wird es 
nun eher gelingen, ihn unterzubringen. 

Auch die Idesia polyearpa (Polycarpa Maxi- 
mowitschii) hält bei uns aus und verdient um so 
mehr Empfehlung, als sie ein schönes Laub besitzt 
und auch Früchte hervorbringen soll, welche gegessen 
werden können. Die Pflanze ist für den Liebhaber, 
nicht weniger aber für den Botaniker um so inter- 
essanter, als sie in die Familie der Bixaceae gehört, 
welche bis jetzt noch nicht unter den Pflanzen des 
freien Landes vertreten ist. 

Unter den Juglans-Arten ist es J. mandschu- 
rica, deren Blätter bedeutende Dimensionen einnehmen 
und die als Dekorations-Pflanze ganz besonders die 
Aufmerksamkeit des Liebhabers und Gärtners auf 
sich zieht. In einigen Baumschulen wird sie auch 
unter dem Namen J. macrophylla kultivirt. Aus 
gleicher Ursache ist J. ailanthifolia zu empfehlen, 
ein Gehölz, was wohl zu Pterocarya gehören möchte 
und der Pt. caucasieca sich anschliesst. Bevor nicht 
grössere Exemplare vorliegen, lässt sich keine Ent- 
scheidung treffen. Es gilt dieses auf gleiche Weise 
von Pterocarya laevigata, welehe neuerdings von 
Simon-Louis freres eingeführt wurde und sich 
hauptsächlich durch die oben dunkelgrünen und glän- 
zenden Blätter von den ähnlichen Arten unterscheidet. 
Pt. chinensis, ausgezeichnet durch die geflügelten 
allgemeinen Blattstiele, ist dagegen wohl eine Rhus- 
Art und vielleicht von Rh. Osbeckii gar nicht 
verschieden. 

Vom Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera) 
ist in Metz eine interessante Form im Wuchse der 
italienischen Pappel aus Samen erzogen, welche 


demnächst mit der näheren Bezeichnung fastigiatum | 


in den Handel kommen wird. 

Maclura trieuspidata ist eine höchst inter- 
essante Art dieses Geschlechtes, welche um so mehr 
Beachtung verdient, als sie weit besser aushalten 
soll, als die bekannte M. aurantiaca. Sie scheint 
weit kleiner zu bleiben und hat auch kleinere, dun- 
kelgrüne und oben glänzende Blätter. Die Dornen 
im Winkel der Blätter machen den Strauch zu 
Hecken sehr geeignet. Eben deshalb müssten zuvor 
Versuche mit seiner Widerstandsfähigkeit gegen un- 
sern rauhen Winter angestellt werden. 

Nuttalia cerasiformis ist eine interessante 
Amygdalacee, wo mehre Stempel in der Blüthe ent- 


halten sind. Während der Strauch im Berliner bo- 
tanischen Garten im Kalthause kultivirt wird, steht 
er in Metz im Freien und hält die kältesten Winter 
aus. Möchte man doch auch bei uns damit Versuche 
anstellen! 

In wie weit der chinesische Christdorn (Pa- 
liurus lJucidus) von dem gewöhnlichen P. acu- 
leatus sich unterscheidet, lässt sich nach den vor- 
handenen Exemplaren noch nicht sagen, wenn auch 
die Blätter eine dunkelere und etwas glänzende Ober- 
fläche zu haben scheinen. 

Podocytisus caramanicus sahen wir zum 
ersten Mal in Blüthe. Es ist ein sehr zu empfehlen- 
der Strauch von nur 2, höchstens 3 Fuss Höhe, der 
trotzdem baumartig wächst und am oberen Theile 
des Stammes nach allen Seiten ruthenförmige Zweige 
mit schönen, gelben Schmetterlingsblüthen am Ende 
absendet. 

Salix Salomonis existirt in einem grossen 
Baume den Baumschulen zu Metz und möchte 
wohl unsere S. elegantissima sein. Er unterscheidet 
sich nur durch einen schlankeren und weniger in 
die Breite gehenden Wuchs; auch hängen die Zweige 
nicht auf gleiche Weise senkrecht herab. 

Der im Berliner botanischen Garten zufällig aus 
P. balsamifera und canadensis entstandene Blend- 
ling, den wir unter dem Namen P. hybrida Be- 
rolinensis in der Wochenschrift beschrieben 
haben, wird in den Baumschulen von Simon - Louis 
freres vielfach als Alleebaum herangezogen. Durch 
seine schlanke Laubkrone eignet er sich ganz be- 
sonders dazu. 

Endlich erwähnen wir noch der in Metz der 
Kälte gut widerstehenden Abart der Genista alba 
(Spartocytisus albus), auf die wir schon früher in 
der Wochenschrilt aufmerksam gemacht haben. Sie 
ist hier vielfach aus Samen erzogen worden und die 
Sämlinge sind nicht weniger hart, 
pflanzen. Es ist wünschenswerth, dass man auch 
bei uns Norddeutschland mit diesem beliebten, 
bis jetzt nur im Kalthause kultivirten Blüthenstrauche 
Versuche im Freien macht. Er wäre, hielte er auf 
gleiche Weise wie in Metz aus, für uns ein grosser 
Gewinn. 


in 


als die Mutter- 


in 


Kultur der hybriden Calceolarien. 


Lebas giebt in der Revue horticole eine An- 
leitung zur Kultur der schönen, leider im Zimmer 
weniger gedeihenden krautartigen Calceolarien-Pflan- 
zen, die zwar im Allgemeinen nicht von der unsrigen 
abweicht, aber doch Beachtung verdient. Die 


304 


flachen Töpfe oder Schalen, in denen die Aussaat 
erfolgen soll, werden wenigstens zur Hälfte mit grob 
zerkleinerter Haideerde gefüllt, diese mit fein ge- 
siebter Gartenerde bedeckt und mit dem Boden eines 
Blumentopfes ganz gedrückt. Man begiesst 
hierauf so, dass die Erde durch und durch nass ist, 
lässt sie ein wenig trocken werden, streut dann die 
Samen, welche bei ihrer Kleinheit am besten mit 
etwas Sand oder feiner Erde gemengt werden, oben 
auf und drückt sie (mit einem glatten Brettchen oder 
dergl.) an, ohne sie weiter zu bedecken. Hierauf 
legt man eine Glasscheibe auf den Topf und bringt 
ihn einen halbschattigen Ort in einem kalten 
Mistbeetkasten oder Gewächshanse, sanz 
nahe dem Glase. Sobald die jungen Pflanzen er- 
scheinen, giebt man ein wenig Luft, später etwas 
mehr. 

Eine andere, fast vorzuziehende Methode besteht 
darin, dass man die Samen auf sehr kiesel- 
haltige, feine Erde wie vorher ausstreut und sie nach- 
her in einem Mistbeetkasten so anbringt, dass das 
Glas nur einige Centimeter von den Pflanzen entfernt 
ist. Auf diese Weise werden die Pflanzen stämmiger 
und kräftiger als die in Töpfen in der Wärme ge- 
zogenen. Dasselbe Verfahren auch sehr 
und chinesischen Primeln an- 


eben 


an 


im aber 


eine 


lässt sich 
zut bei Cinerarien 
wenden. 

Einerlei, welches Verfahren man eingeschlagen 
hat, sobald die Pflanzen 3 oder 4 Blätter haben, 
werden sie verpflanzt, entweder einzeln in Näpfehen 
oder zu 3 oder 4 in Töpfe mit einem Rand von 10 


bis 12 cm. Durchmesser. Man kann sie auch in 
Schalen oder selbst in die blosse Erde, wie eben bei 
der Saat angegeben, verpflanzen. — Zum Verpflanzen 


nimmt man sandige Haideerde, der man ein wenig 
Gartenerde zusetzen kann, die mit recht zergangenem 
Strassenkehricht gemengt ist. — Im Herbst bringt 
man die Pflanzen wieder alle in Töpfe und lässt sie 
den Winter über einem Mistbeet oder auf den 
Stellagen einem mässig warmen Gewächshause 
stehen. 

In beiden Fällen nahe als 
möglich dem Glase stehen, was sehr wiehtig 
Das 


in 
in 
müssen sie so 
ist, um ein Faulen der Blätter zu vermeiden. 
Begiessen darf nur sehr mässig geschehen. — Da 
die Caleeolarien den ganzen Winter weiter wachsen 
(bei unserer Ueberwinterung Kalthause freilich 
wenig), so müssen sie, sobald die Wurzeln sich am 
3oden der Töpfe zeigen, sofort in etwas grössere 
Töpfe verpflanzt werden, eine Operation, die man ja 


im 


| 
| 
| 


nicht vergessen darf. So wie die Pflanzen und die 
Jahreszeit weiter vorrücken, wird stärker und häufiger 
gegossen und mehr Luft gegeben, Dinge, die man 
in der Praxis am besten lernt. — Gegen die zahl- 
reichen Blattläuse, die gerade die Calceolarien so 
sehr befallen, hilft nichts als Räuchern mit Taback, 
das man im Nothfall nach einigen Tagen wiederholt. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
X. 

In der englischen Zeitung „Record“ wird nach 
dem Gardener Chronicle den zahlreichen jungen nach- 
geborenen Edelleuten empfohlen, Unterricht im Gar- 
tenbau zu nehmen, um dann in der Umgegend gros- 
ser Städte, wo reiche Leute ihre Gärten haben, gleich- 
sam als Pflanzen-Doktoren auftreten zu können. — 
Echt englisch! — Eine Privatschule für wissenschaft- 
liche und praktische Gärtnerei besteht übrigens seit 
1856 von John H. Hawley in Leamington, Warwick- 
shire, unter dem Namen „Brunswick School“. 

Zur Zeit der Obsternte giebt das Gardener Chro- 
niele bekanntlich alljährlich ausführliche tabellarische 
Uebersichten über den Stand der Obsternte in Eng- 
land und’ wird dabei unterstützt durch eine ausser- 
ordentlich grosse Zahl von Korrespondenten. Nach 
allen Berichten stellt sich in diesem Jahr der Obst- 
ertrag als ein sehr mangelhafter heraus und sucht 
man die Hauptursache in den Frühjahrsfrösten, die 
diesmal fast im ganzen Lande eintraten, sowie in den 
späteren vielen Regenfällen. —- Auch die Kartoffel- 
ernte ist schlecht ausgefallen und zeigt sich die 
Krankheit fast überall. 


Sechste allgemeine Versammlung 
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter 


ın 
Braunschweig 
vom .10.—13. October 1872, 
verbunden 


mit einer Obst-Ausstellung. 

Wir machen unsere Leser ganz besonders dar- 
auf aufmerksam, dass Wohnungs - Bestellungen bis 
Ende September an Herrn Finanz-Registrator Stein- 
meyer in Braunschweig zu richten sind und dass 
dabei zu bemerken ist, ob das Unterkommen in einem 
Gast- oder Privathause gewünscht wird. 

Das Programm ist in Nr. 22 der Wochenschrift 
d. J. vollständig abgedruckt. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 
Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 28. September. 


No. 3 182. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 29. September, Vormittags 1 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, 
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XI. — Literatur. 


| machen wollte. Inzwischen glauben wir zunächst 
Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. die Be ne NS ne bo nz 
mittheilen zu sollen, da durch das Trocknen unserer 

In den Mittheilungen der Sektion für Gartenbau | Ansicht nach, ähnlich wie beim Obst, erst die völlige 

des landwirthschaftlichen Central- Vereines des Her- | Ausnutzung des olt so reichlich gewachsenen Ge- 
zosthums Braunschweig finden wir die der Ham- | müses an manchen Örten sich ermöglichen lässt. 
burger Garten - Zeitung entnommene Beschreibung | In der Nähe der Städte freilich finden wir bereits 
zum Trocknen von Gemüse vom Kunstgärtner J. | eine blühende und äusserst lohnende Gemüsekultur; 
Ganschow in Divitz (Neuvorpommern). Herr Gan- | da bleibt nichts mehr zu wünschen übrig, als nur 
schow hat bereits auf verschiedenen Ausstellungen | für den Städter, dass es billiger sein möge. Auf 
Proben seiner Erzeugnisse ausgestellt, die stets eine | dem eigentlichen platten Lande aber wird meist nur 
vorzügliche Qualität bekundeten. Referent sah die- | so viel gebaut, als Jeder selber braucht; ja oftmals 
selben zuerst in der Petersburger Ausstellung 1869, | säet der Gärtner noch viel zu viel an, oder wenig- 
dann in demselben Jahre auch in Hamburg, und | stens nicht in den richtigen Perioden nach und nach, 
hier waren es unter den 66 Sorten ausser dem ge- , so dass Alles auf einmal für die Küche da ist und 
trockneten Gemüse namentlich die getrockneten | die Hausfrau wohl oder übel genöthigt ist, fast alle 
Früchte, die die Aufmerksamkeit aller Anwesenden | Tage dasselbe Gemüse auf den Tisch zu bringen. 
erregten. Viele der Leser erinnern sich vielleicht In allen solehen Fällen könnte man das über- 
noch der Flaschen mit weitem Hals, die gleich links | flüssige Gemüse zweckmässig trocknen, an vielen 
an dem einen Eingangsende der Halle standen, in \-Orten sogar eigens für diesen Zweck Gemüse an- 
welcher die Sämereien, die Bouquets ete. ausgestellt | bauen. Es ist zwar nicht zu leugnen, dass das in 
waren. Unter ihnen ragten besonders die Erd- und | Blechbüchsen conservirte Gemüse, wenn gut einge- 


Himbeeren; die ganz ihre natürliche Farbe und, man | macht, einen besseren Geschmack behält — Einige 
möchte fast sagen, ihre natürliche Grösse und Ge- | wollen das zwar auch bestreiten — immerhin ist 
stalt behalten hatten, hervor; aber auch die anderen | aber nicht zu vergessen, wie viel billiger das Trock- 
Obstsorten waren nicht weniger schön. — Wir wissen | nen kommt, wie viel weniger Raum das getrocknete 


nicht, ob Hr. Ganschow beim Trocknen dieses | Gemüse einnimmt, wie viel besser und leichter. es 
Obstes ein anderes Verfahren einschlägt als beim | sich hält, wie weniger wählerisch man deshalb in 
Trocknen des Gemüses und würden ihm sehr dank- | der Wahl des Aufbewahrungsorts zu sein braucht 
bar sein, wenn er darüber nähere Mittheilungen 


und vor allen Dingen, wenn wir die Verhältnisse im 


39 


in, 


Grossen betrachten, wie viel transportfähiger das ge- 
trocknete Gemüse ist. 

Unsere Nachbarn jenseits des Rheins, die doch 
in Bezug auf Gemüse als Feinschmecker angesehen 
werden Können, benutzen seit langer Zeit getrocknete 
Gemüse, entweder in Tafelform oder in Schnitzeln, 
namentlich als Julienne-Pulver, neben ihren vorzüg- 
in Blechbüchsen eingemachten Gemüsen. 
Eine grosse Quantität wird daselbst zur Verprovian- 
tirung der Schiffe benutzt, die weiteste Anwendung 
fanden sie aber im letzten Kriege, und wer weiss, 
ob nicht die Gesundheitszustände in Paris während 
der Belagerung noch schlimmer geworden wären, 
wenn man nicht in grossen Massen getrocknete Ge- 
müse vorher hineingebracht hätte, obwohl nicht zu 


lichen, 


vergessen ist, dass die während der Belagerung auf 
den eingeschlossenen Territorien gebauten frischen 
Gemüse auch einen nicht unbedeutenden Theil der 
Nahrung ausmachten. — — 
Ueber das Trocknen selbst 
Ganschow folgendermaassen: 
Um das Trocknen junger Küchengewächse, als 
z. B. junge Erbsen, Schnittbohnen, rothe Beete (ein 
Lieblingsgericht der Türken, und daher ein Handels- 
artikel nach dem Orient), Mohrrüben, Sellerie, Spinat, 
Petersilienblätter, Zwiebeln etc. ete. in zweckent- 
spreehender Weise ausführen zu können, so ist, um 
dabeı unabhängig von der Witterung zu sein, ein 
besonders dazu eingerichteter Trockenschrank noth- 


äussert sich Herr 


wendig. Die Construktion eines solchen Schrankes 
ist aber höchst einfach und wenig kostspielig. Man 
kann, um die erforderlichen Hitzgrade in dem 


Schrank zu erzielen, denselben entweder mit einem ge- 
wöhnlichen, aber niedrig gesetzten sogenannten Zug- 
ofen aus Mauersteinen oder durch einen besonderen 
Apparat mittelst Heizröhren verbinden. Im ersteren 
Falle wird der Ofen 86 em. hoch, 86 em. breit und 
1 M. tief aufgeführt,. worauf man den von nicht kie- 
nigem Tannenholze angelfertigten, etwa 1 M. hohen 
Trockensehrank stellt. Der Schrank, welcher unten 
natürlich des Bodens entbehrt, muss im Innern so 
eingerichtet sein, dass man Auszüge darin anbrin- 
worauf die zu trocknenden Vegetabilien 
dünn ausgebreitet werden. Diese Auszüge oder 
Hürden bekommen statt des Bodens ein Geflecht 
von spanischem Rohr oder ein aus fein gesponnenen 
Hanffäden gewirktes Netz, welches so dichtmaschig 


gen kann, 


gearbeitet sein muss, dass die feineren Gemüse 
nieht durehfallen können. Damit nun nicht allein 


die nöthige Trockenheit, sondern besonders auch 
noch eine Lufteireulation in dem Schrank hergestellt 
werde, welehe unumgänglich nothwendig ist, um die 


Gemüse schnell welk zu machen und die aufsteigen- 
den Dünste zu beseitigen, so ist bei der Konstruk- 
tion eines solchen Trockenschrankes zu beachten, 
dass ausserhalb desselben, an der Vorderseite eine 
freie Spalte gelassen werde, durch welche die Luft 
einströmt, und oben in dem Schrank zwei ca. 43 em. 
lange, 92], em. Durchmesser haltende eylinderförmige 
Röhren von Zink angebracht werden, durch welche 
die Dünste sich entfernen können. Im Uebrigen 
muss aber der Trockenschrank so dicht gearbeitet 
sein, dass weiter keine Luft hinein- und heraus- 
strömen kann, als an den bezeichneten Oeffnungen. 
Im anderen Falle, wo die Hitze im Trockenschrank 
mittelst Wasserheizung bewerkstelligt werden soll, 
ist die Konstruktion des Schrankes etwas anders. 
Man lässt denselben aus 3?/, em. starkem und wie 
oben gesagt, nicht kienigem Tannenholze anfertigen. 
Die lichte Höhe beträgt 1 M. 72 cm. und die 
lichte Tiefe 81 cm., während die lichte Breite 
1 M. 37 cm. beträgt. In einem solchen Schranke 


befinden sich 16 Abtheilungen mit je 2 Rahmen 
von 68 cm. lichtem Maass und 'aus 35 cm. 
dieckem Tannenholz, welche ebenfalls mit einem 


feinen aus Hanfläden gewirkten Netz überzogen sind. 
Am Boden des Schrankes liegen die Heizröhren 46 
em. vom unteren Rahmen entfernt. Die Luft strömt 
hier durch einen feinen Spalt ein, erwärmt sich an 
den Röhren, strömt aufwärts durch die Hürden und 
die darauf ausgebreiteten Gemüse, um endlich oben 
aus dem Schrank, mit Wasserdämpfen gesättigt, 
durch eine Spalte in das Dunstrohr abzuziehen. Es 
müssen während des Trocknens die einzelnen Rah- 
men ölter im Schranke gewechselt werden, weil aus 
den Gemüsen mehr oder weniger Wasserdämpfe ent- 
fernt werden müssen, wozu die heisse Luft nöthig 
ist. Daher werden die mit Gemüse versehenen 
Rahmen bald näher an die erwähnten Heizrohre ge- 
schoben, bald durch andere ersetzt, die dies noch 
nöthiger haben. 

Sei es nun, dass die zum Trocknen der Gemüse 
nöthigen Hitzgrade durch einen wie oben beschriebe- 
nen Öfen von Ziegelsteinen oder mittelst Röhren un- 
ter dem Schranke erzielt werden, so erfüllen diese 
Methoden zwar beide vollkommen ihren Zweck, 
allein der Brennstoflersparniss wegen dürfte die so- 
genannte Centralheisswasserheizung mittelst Röhren 
den Vorzug verdienen. In letzter Beziehung kann 
ich die Fabrik von Herrn G. Lisch in Schwerin 
i./M. empfehlen; dieselbe hat ähnliche Anlagen zu 
gleichem Zwecke in anderen Gegenden bereits ge- 
macht, worüber Zeugnisse über zufriedenstellende 
Ausführung bei der genannten Fabrik zur Einsicht 


307 


liegen, auch auf gefälliges Verlangen zugeschickt ! 
werden. (Vielleicht möchte auch die neue eiserne 
transportable Obstdarre von Lucas nach einigen Mo- 
difikationen sich zum Gemüsetrocknen eignen. D. R.) 

Was nun die Behandlung der Gemüse vor dem 
Trocknen anbelangt, so erstreckt sich dieselbe zu- 
nächst über die sorgfältigste Reinigung derselben von 
allem Schadhaften. Alle Küchenkräuter werden ohne 
besondere Zubereitung einfach nur getrocknet und 
demnächst sogleich vermittelst passender Durch- 
schläge oder Siebe in einen solchen verkleinerten 
Zustand gebracht, als man sie gewöhnlich in der 
Küche gebraucht. Bei allen Küchenkräutern und 
Blattgemüsen darf indessen kein zu hoher Hitzgrad 
angewandt werden, während bei den Wurzelgemüsen 
ein höherer Hitzgrad von ca. 45 bis 50 Gr. R. und 
darüber erforderlich ist. 

Dagegen müssen diejenigen Gemüse, die später 
gekocht als Speise auf den Tisch kommen, ganz in 
der Weise vor dem Trocknen zubereitet werden, wie 
man frische Gemüse vor dem Kochen bearbeitet, je- 
doch schneide man das Wurzelgemüse in ziemlich 
dünne Scheiben, damit es schneller welk werde und 
desto rascher vollständig trockne. Die grünen Schnitt- 
bohnen präparirtt man am besten vorher erst mit An- 
wendung von Natron und kochendem Wasser und 
verfährt ‚dabei wie folgt: Nachdem die noch nicht 
faserig gewordenen Bohnen gewöhnlich ge- 
schnitten sind, hält man einen Kessel mit kochendem 
Wasser bereit, thut die Bohnen hinein und setzt 
gleichzeitig dem kochenden Wasser ein Stückchen 
krystallisirttes kohlensaures Natron oder Soda zu, 
lässt die Bohnen nur einmal in die Höhe kochen und 
nimmt sie alsdann mit einem Durehschlage wieder 
heraus, breitet sie auf Papierbogen auseinander, da- 
mit die grösste Feuchtigkeit und Dünste etwas ab- 
trocknen, und bringt sie darnach auf die Hürden des 
Trockenschrankes, wo sie bei 45 bis 50 Gr. R. bald 
trocknen. Indessen weicht das Verfahren, Kartoffeln 
in Scheiben zu trocknen, von dem Vorhergehenden 
etwas ab. Die rohen Kartoffeln werden gut rein ge- 
waschen, geschält, in Scheiben geschnitten und diese 
Schnitte sogleich in kochendes Wasser gethan, wo 
sie so lange verbleiben, bis dieselben gar sind. 
ist dies geschehen, was nur kurze Zeit daueıt, so 


wie 


werden sie herausgenommen, am besten mit Hülfe 
eines Durchschlages, und auf mit Netzen bespannte 
Rahınen gelegt, damit sie Äusserlich möglichst trocken 
werden. Hierauf werden sie auf die betreffenden 
Hürden des Trockenschrankes, der unterdessen ge- 
hörig geheizt worden, gebracht und sogleich stark 
getrocknet. 


Man kann die getrockneten Gemüse Jahre lang 
aufbewahren, ohne dass ihr Aroma verloren geht. 
Auch lassen sich dieselben im gepressten Zustande 
zum Verkauf bequem nach allen Gegenden der Welt 
versenden. 

Vor dem Gebrauch für die Küche lässt man die 
trocken präparirten Gemüse einige Stunden in kal- 
tem Wasser wieder aufquellen; die übrige Behand- 
lung beim Kochen ist wie gewöhnlich. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


X. 

Der bekannte Georginenzüchter A. Sieeckmann 
in Köstritz hat das Glück gehabt, in der diesjährigen 
Samenschule eine bis jetzt vollkommen konstante 
hellgrüne Georgine (Liliput) zu gewinnen. 

Die Differenzen in Kew nehmen noch immer das 
Interesse aller botanischen und gärtnerischen Kreise 
Englands in Anspruch. Sogar auf der grossen Ver- 
sammlung der British association for the advance- 
ment of science, entsprechend der Wanderversamm- 
lung deutscher Naturforscher und Aerzte, wurde eine 
Resolution eingebracht, dass der Vorstand alle ge- 
eigneten Schritte thun möge, um eine Veränderung 
in Kew zu verhindern. (Bekanntlich wollte Dr. Hooker 
seine Entlassung nehmen, weil sein Untergebener 
Ayrton, the Right Honourable, the first Commissioner 
of Works ete., wie die Zeitungen ihn spöttisch mit 
allen seinen Titeln bezeichnen, ihm vorgezogen wer- 
den sollte.) 

Eine interessante Preis-Vertheilung fand 
kürzlich bei einer Hochzeit in England statt. Der Be- 
sitzer eines Landgutes hatte 7 Preise für Feld- 
blumen-Sammlungen ausgesetzt, von denen der 
erste für ein richtig benanntes Sortiment bestimmt 
war. Ihn erhielt die Lehrerin des Ortes, die anderen 
6, für Bouquets, wurden an Kinder vertheilt, von 


denen das kleinste noch auf dem Arm getragen 
wurde. 
Bekanntlich haben Duchartre, Prillieux 


und Andere nachgewiesen, dass unter gewöhnlichen 
Verhältnissen die Blätter der Pflanzen nicht das 
Vermögen haben, Wasser oder Wasserdampf zu 
absorbiren. So sehr das auch von Männern der 
Praxis angezweifelt wurde, so haben doch erneute 
Versuche die Thatsache nur bestätigt. Cailletel hat 
nun kürzlich behauptet, dass die Blätter, so lange 


39 


308 


als die Pflanzen genügende Wasserzufuhr durch die 


| weist nach, dass R. sativus, der Rettig (nebst seiner 


Wurzel erhalten, kein Wasser absorbiren, dass sie | Varietät radicula, dem Radieschen), ferner R. cau- 


dies aber thun, so wie der Boden zu trocken wird, 
und dadurch den Verlust ausgleichen. (G. Chr.) 

In Waterers Gärtnerei zu Knap Hill, England, 
finden sieh noch die ersten eingeführten Exemplare 
von jetzt allgemein verbreiteten Pflanzen, so z. B. 
Rhododendron die erste 
Kalmia u. Ss. w. Es wäre interessant, bemerkt das 
Gardener Chroniele hierzu, wenn der Besitzer über 
diese Veteranen einige nähere Details veröffentlichte. 
Können Deutschland auch nicht über viele 
direkt eingeführte Pflanzen 
aber doch gewiss wünschenswerth, 
treffenden Besitzer, resp. Gärtner von ihren Veteranen 
in der Wochenschrift Mittheilung machen wollten. 

In Gärtnerei sollen auch _ treffliche 
Exemplare von Glyptostrobus pendulus vorhan- 
den sein. Sie sind auf Taxodium distichum veredelt, 
von dem die Pflanze bekanntlich nach der Ansicht 
der meisten neueren Botaniker nur eine Varietät ist 
(vergl. Wochenschrift X1. Jahrgang. 1868, p. 309) 
und deshalb von Parlatore auch T. dist. var. miero- 
phyllum genannt wurde. 

J. E. Howard berichtet, dass die 
semachten Analysen von Chinarinden aus Java 
höchst aufmunternd für die dortige Kultur sind. Cin- 
chona Calisaya verspricht am meisten, €. officinalis 
weniger, während C. suceirubra gerade für pharma- 
ceutische Zwecke sich am meisten eignet. — Wir 
bemerken bei dieser Gelegenheit, dass die Versuche 
mit der Rinde von Eucalyptus globulus als Mittel gegen 
das kalte Fieber, über die wir kürzlich Mittheilungen 
des Herrn Prof. Münter machten, auch in Frankreich 
gute Resultate ergeben haben. 

Allen denen, welche den grossen Gaiten der 
Kgl. Gartenbau-Gesellschalt in London zu Chiswick 
kennen, wird es ausserordentlichem Interesse 
sein, zu vernehmen, dass nach dem Gardener Chro- 
nicle der Garten nicht eingehen wird, wie es erst 
hiess, sondern dass er der Gesellschaft von dem 
Besitzer, dem Herzog von Devonshire, zum grössten 
Theil wieder überlassen ist. Das Arboretum, die 
Wildniss und das sogenannte Kalifornien haben 
aber aufgegeben werden Die berühmte 
Sammlung von Obstbäumen ist reorganisirt und auf 
einem Theil des früheren Arboretums neu gepflanzt, 
was bei dem nassen Wetter sehr glücklich von 
Statten gegangen ist. In Nr. 34 d. J. d. Gard. Chro- 
niele findet sich der Plan des neuen Gartens. 

Prof. H. Hoffmann bespricht in Nr. 26 der 
bot. Zeitung den Bau der Raphanusfrüchte und 


das erste catawbiense, 


wir in 
so wäre es 


die be- 


berichten, 
wenn 


derselben 


von ihm 


von 


müssen. 


datus, der geschwänzte Rettig, und Raphanistrum 
Lampsana Gaertn., bekannter als Raphanus Rapha- 
nistrum L., der Ackerrettig oder Hederich, welche 
in Blatt und Blüthe keine konstanten Unterschiede 
zeigen, auch selbst in den Früchten nicht so ver- 
schieden sind, wie man bisher noch als einziges 
Charakteristikum angenommen hatte. R. caudatus, 
der, wie allen Praktikern bekannt, meist wieder in 
den gewöhnlichen Rettig zurückschlägt und auch 
häufig neben den langen Schoten ganz kurze zeigt, 
bildet den Uebergang zwischen den vermeintlichen 
beiden andern Arten. Es zeigen sich bei ihm näm- 
lich in derselben Aussaat, abgesehen von der Länge, 
zweierlei Früchte. Die einen sind ganz wie die des 
gewöhnlichen Rettigs gebaut oder doch nur wenig 
verschieden, die andern aber — und zwar kommen 
diese an einzelnen Stöcken ausschliesslich vor — 
zeigen deutlich gerippte Oberfläche wie bei 
Raphanistrum und haben besonders noch das Ge- 
meinsame mit denen des letzteren, dass sie im reifen 
trockenen Zustande sich scharf in die Quere zer- 
brechen lassen. Andererseits weichen sie durch 
ihre bedeutendere Grösse und die längeren einge- 
zogenen Stellen (Isthmen) zwischen den Samen etc. 
etwas ah. 

Gustav Wallis ist wiederum aus Brasilien 
zurückgekehrt und hat, trotz der kurzen Abwesen- 
heit, grosse Sammlungen schöner und interessanter 
Pflanzen mitgebracht. Er schreibt uns unter Anderem 
darüber: 

„Von kurzer Dauer war freilich meine diesmalige 
Abwesenheit nur, doch aber genügte die Frist, eine 
ansehnliche Kollektion Pflanzen zu bewerkstelligen; 
und so gebe ich mich aufs Neue und im Voraus 
dem schmeichelhaften Vergnügen hin, das gesammte 
gärtnerische, pflanzenliebende Publikum mit viel 
Interessantem und Schönem bekannt machen zu 
können. + 

Meine neuen Findlinge gehören sowohl den Blatt- 
pflanzen wie Orchideen, Palmen und noch verschie- 
denen anderen Gruppen an. 

In die Reihe der Blattpflanzen, die schon so viel 
des Bewundernswürdigen bietet, wird — so darf ich 
dreist verkünden — ein non plus ultra seiner Art 
eintreten und, ein angestaunter Juwel, sich bald zu 
Aller Liebling machen. 

Das Glück war mir auch in solern günstig, als 
man nun gewisse Blattpflanzen, die bisher nur in 
kostspieligeren Warmhäusern kultivirt wurden, auch 
in Kalthäusern wird bewundern können, wie z. B. 


eine 


{5} 


Anthurium regale, Carludovieca etc.; wohlverstan- 
den, nicht diese selbst, sondern rivalisirende neue 
Arten. 

Ebenso eine Martinezia aus kalten Höhen, die 
noch den besonderen Reiz bietet, ihre Blätter nach 
Fächerart zweizeilig zu tragen. Diese eigenthümliche 
Palme, die Gruppen bildet, wodurch sie uni so male- 
rischer wird, gleicht allerdings äusserlich mehr einem 
Astrocaryum als einer Martinezia; dennoch muss ich 
sie bis auf Weiteres zu letzterer oder 
näher verwandt rechnen. Uehrigens ist dies nicht 
die einzige neue Martinezia, die diese Reise brachte. 

Eines guten Erfolges erfreute ich mich auch 
hinsichtlich der schönen Kordilleren - Wachspalme 
(Ceroxylon andicola), von der ich eine grosse An- 
zahl guter, nun schon keimender Samen zu erlangen 
vermochte. Möglich, dass bei nähern Beobachtungen 
nach dem Keimen sich mehrere Arten (oder Abarten) 
ergeben, da die aus verschiedenen Gegenden stam- 
menden Samen eben so verschieden in Grösse sind. 


derselben 


Welchen Ansehens diese schöne Palme sich selbst 
in ihrem Heimathlande erfreut, geht wohl daraus 


hervor, dass sie im Vaterlande hin und wieder in 
die Umgebungen der Häuser versetzt wird. Auch 
sah ich sie in wärmere Gegenden übertragen, wo 
sie aber bald verkümmert. Und doch zahlt 
unglaubliche Preise dafür. 

Aehnlich, wie hier, wird erst die Erfahrung fest- 
stellen, ob ich nicht auch eine von Welfia regia 
unterschiedene Art gefunden, weil die betreffenden 
Stämme bedeutend niedriger, schwächer waren und 
auch sie in geringerer Höhe trugen. 

Unter den lriarteen befindet sich, ausser ande- 
rem Kulturwürdigen, eine neue Wettenia, welches 
Geschlecht bekanntlich die bestmalerischen Reprä- 
sentanten ihrer Familie liefert. Neu ist ferner eine 
schöne ‚leichte Thrinax, eine Hyospathe, vor Allem 
aber ein sehr interessanter Phytelephas, dessen Fund 
mich in Jubel versetzte; er trägt gelbe rundliche 
Stiele und ist namentlich sein Korn abweichend von 
den übrigen bekannten Arten. Phytelephas wollen 
sich nicht recht einbürgern; diese neue aber dürfte 
Palmen, wie Areca lutescens, mindestens gleich- 
sestellt werden. 

Doch es kann hier meine Absicht nicht sein, 
eine Aufzählung all’ des Gefundenen zu geben; nur 
Einzelnes, allgemeiner Interessirendes sollte einst- 
weilen im Geleite meines so ergebenen wie freund- 
lichen Grusses vorerst zu Ihrer Kenntniss gelangen.“ 

In dem Reiseberichte über die Bergstrasse ist 
von dem vorzüglichen Klima die Rede gewesen, 
welches am westlichen Abhange des Odenwaldes 


man 


bis an den Rhein herrscht; es dürfte daher im 
Interesse der Leser sein, wenn wir hier noch einige 
Ergänzungen, welche wir einer brieflichen Mittheilung 
des Garten-Inspektors Schnittspahn in "Auerbach 
an der Bergstrasse verdanken, hinzufügen. Es handelt 
sich um einige bei uns in Norddeutschland als sehr 
empfindlich bekannte Koniferen, welche dort aber 
mehr oder weniger gut aushalten und während un- 
serer Anwesenheit in Auerbach ein gutes und frisches 
Aussehen hatten. 

Während man allgemein glaubt, dass ältere und 
grössere Exemplare südlich wachsender Gehölze bei 
uns der Kälte leichter widerstehen, als jüngere und 
kleinere, hat es sich mit Abies Morindo in Auerbach 
umgekehrt verhalten. 5 ziemlich grosse Bäume ge- 
nannter Tanne, welche bereits 20 Jahre aller Kälte, 
auch des Jahres 1869/70, ohne alle Schädigung 
widerstanden hatten, sind im Winter 1870/71 voll- 
ständig erfroren, dagegen 4 und 8 Jahre alte Exem- 
plare unversehrt geblieben. Sie befinden sich sämmt- 
lich jetzt in der üppigsten Vegetation, 

Auf gleiche Weise sind die 4 Cypressen: funebris, 
chilensis, Mac-Nabiana und macrocarpa in demselben 
verhängnissvollen Winter 1870/71 vollständig erfroren, 
nachdem Jahre lang im Freien ausgehalten 
hatten. Keineswegs durch dieses Missgeschick ab- 
seschreckt, wird Garten -Inspektor Schnittspahn 
seine Versuche mit diesen und ähnlichen Pflanzen 
fortsetzen. 

Eine längere Zeit ausgehalten, ohne auch nur 
im Geringsten durch einen der Winter beschädigt 
worden zu sein, haben folgende Koniferen: Cuning- 
hamia sinensis, Cupressus Lawsoniana aurea, Podo- 
carpus Maki, Thujopsis dolabrata, Podocarpus an- 
dina, Koraiana, ehinensis Wall., ferruginea, Juniperus 
attica, drupacea, chinensis, excelsa, Pinus Ayaca- 
huite, Peuce, Lambertiana, densiflora, Jeflreyi, Bent- 
hamiana, Lemoireana, Abies Brunoniana, Mertensiana,* 
Alcoequiana, numidieca und Pindrow. 

Hofgärtner Maurer in Jena, der sich um die 
Beerenzucht bereits grosse Verdienste erworben und 
eigentlich erst auf ihre Bedeutung aufmerksam ge- 
macht hat, sandte uns vor nun 6 Wochen ein Sor- 
timent der neuesten amerikanischen Him- und Brom- 
beeren in Früchte tragenden Zweigen zu. Die Him- 
beeren werden zwar bei uns hinlänglich gewürdigt, 
nicht die Brombeeren. Kaum werden die 
Früchte in einigen Gegenden, wie z. B. in Thürin- 
sen, wo die Sträucher allenthalben wild wachsen, 
in geringerer Menge auf die Märkte gebracht, so viel 
wir wissen werden sie aber nirgends, wenigstens 
nieht im Grossen, kultivirt. Anders verhält es sich 


sie 7 


aber 


2, Mi 


in den Vereinigten Staaten Nordamerika’s, wo man 
nicht allein die Beeren der wildwachsenden Brom- 
beersträucher eifrig für den Verkauf sammelt, son- 
dern sich auch, besonders in den letzten 10 Jahren, 
vielfach bemüht hat, einestheils durch Kultur, an- 
derntheils durch Kreuzung, eine Reihe vorzüglicher 
Sorten für die Kultur zu gewinnen. Man hat auch 
Kreuzungen der Brombeere mit der Himbeere ge- 
macht und ebenfalls günstige Resultate erlangt. 
Hofgärtner Maurer ist dieses keineswegs ent- 
sangen, im Gegentheil hat er sich bemüht, durch 
seine Verbindungen, hauptsächlich mit dem intelli- 
zsentesten Beerenzüchter, Fuller, in Nordamerika, 
die besten Sorten und Blendlinge sich zu verschaffen 
und zu vermehren. In dem erst ausgegebenen Ver- 
zeichniss seines Beeren- und Schalen-Obstes befin- 
den sich bereit$ 4 rothfrüchtige, 4 gelbfrüchtige und 
5 braunfrüchtige Himbeersträucher aus Nordamerika. 


Von den Brombeersträuchern ebendaher kannten wir | 


bis Jetzt nur die bereits von uns schon vor mehre- 
ren Jahren bekannt gemachte Lawton - Brombeere 
und die sogenannte gelbe amerikanische, jetzt hat 
Maurer deren nicht weniger als 11 verschiedene 
Sorten und zwar 6 schwarz- und glänzend-früchtige, 
3 schwarz- und bereift-früchtige und 2 gelb-früchtige 
in Kultur. Diese sowohl, wie die Himbeersträucher, 
sind zu 5 Sgr. die Sorte von ihm zu beziehen. 

Die Sorten, welche Hofgärtner Maurer uns vor 
Kurzem sendete, fand ich sämmtlich schmackhaft. 
Sie schienen zum geringen Theil dem ächten ame- 
rikanischen Himbeerstrauche (Rubus oceidentalis), 
zum grösseren Theil dagegen Kulturformen des R. 
strigosus oder auch Blendlinge der eben genannten 
Arten zu sein. Als wohlschmeckend können wir die 
ächte Himbeere: Hildreth purple, empfehlen. Golden 
cap mit schöner goldgelber Farbe ist wahrscheinlich 
ein Blendling, während Arnold’s Hybrid kein Blend- 
"ling, sondern nur eine ausgezeichnete Sorte der R. 
occidentalis sein möchte. Als Himbeerartige Brom- 
beeren (nicht als Brombeerartige Himbeeren, wie 
Maurer sie nennt) empfehlen wir die unbewehrte, 
also ganz glatte, Lum everbearing, welche, wie auch 
der Beiname sagt, vom Juni bis spät in den Herbst 
hinein reichlich trägt, ferner American improved und 
Gardener’s purple, beide mit grossen, glänzend- 
schwarzen Früchten versehen. 

Auf ‚meiner letzten Reise am Rhein, in Elsass- 
Lothringen und in Schwaben habe ich durch den 
Umgang mit intelligenten Gärtnern mannichfach Ge- 
legenheit gehabt, Kenntnisse zu sammeln und inte- 
vessante Beobachtungen zu machen, 


nich noch von Zeit zu Zeit aussprechen werde. Zu- 


über die ich | Gründe bewusst zu werden, 


nächst will ich einen Umstand, das Verhältniss des 
Edelreises zum Wildling betreffend, erwähnen. Es 
kommen bei der Veredlungszucht so eigenthümliche 
Thatsachen vor, dass es wünschenswerth wäre, dass 
auch von anderen Botanikern, sowie von Gärtnern, 
mehr hierauf geachtet würde, als es bis jetzt ge- 
schehen ist. Am Meisten verdanke ich in dieser 
Hinsicht den Obergärtnern Thomas, Vater und Sohn, 
in Metz bei Simon-Louis freres. 

Es ist bekannt, dass bisweilen Edelreiser auf 
dem Aeusseren nach verwandten Gehölzen durchaus 
nicht annehmen, während sie dagegen auf ferner 
stehenden leicht anwachsen. Sollte trotz der äusse- 
ren Aehnlichkeit das Gefüge des Holzes sich so ver- 
schieden verhalten, dass die gegenseitigen Zellen 


nicht eine Verbindung eingehen können, während 
umgekehrt im Aeusseren ferner stehende Gehölze 


ein um desto ähnlicheres Holzgefüge besitzen? Der 
neuerdings im Amurlande entdeckte Ahorn, Acer 
Grimala, gedeiht z. B. veredelt nicht auf A. tatari- 
eum, mit dem ihm einige Botaniker sogar als Art 
vereinigen, während er auf Acer Pseudo - Platanus 
sehr gut anwächst. Laburnum ramentaceum (Cyti- 
sus Weldeni) steht dem Laburnum vulgare (Cytisus 
Laburnum) so nahe, dass Manche ihn nur für eine 
Abart des letzteren halten. Prunus triloba, eine Art, 
welche den Aprikosen näher steht, als den ächten 
Pflaumen, wird in Metz allgemein auf die Bauern- 
pflaume oder Quetsche veredelt. 

In Betreff der buntblättrigen Gehölze kommt das 
Eigenthümliche vor, dass die bunten Triebe keines- 
wegs immer das ganze Jahr hindurch dauern und 
bald im Anfange, bald aber auch später intensiver 
gefärbt sind. Noch interessanter ist, dass es eine 
Rothtanne giebt, welche nur iin Frühjahre mit ihren 
jungen Trieben goldgelb gefärbt ist, während diese 
später ihre grüne Farbe wieder erhalten. Umgekehrt 
wird in den Verzeichnissen eine Quercus nova foliis 
argenteo-pietis aufgeführt, welche das Eigenthümliche 
besitzt, -dass die Blätter erst bei dem Sommertriebe 
bunt erscheinen, während sie am Frühlingstriebe nur 
grüne Blätter hervorbringen. Es gibt aber auch 
buntblättrige Eichen, welche durchaus vom Frühjahre 
bis in den Herbst hinein bunte Blätter besitzen. 

Ferner ist es eine eigenthümliche Erscheinung, 
dass, wenn man die Samen der beiden Taxbaum- 
Abarten, welche als T. hiberniea und adpressa kul- 
tivirt werden, aussäet, man oft buntblättrige Formen 
erhält, während Samen gewöhnlicher Taxbäume der- 
gleichen nur äusserst selten geben. Hier sich der 
möchte wohl zu den 
schwierigsten Aufgaben eines Physiologen gehören. 


Ss 


Und doch wird die Lösung einmal, wenn auch in 
noch so später Zeit, der Wissenschaft gelingen. 

In Nordamerika ist bekanntlich unsere Schwarz- 
pappel (Populus nigra) hier und da verwildert, die 
Bäume unterscheiden sich jedoch von den unsrigen 
dadurch, dass die Blätter in der Jugend etwas be- 
haart, aber auch noch später am Rande gewimpert 
sind. Bekanntlich ist diese nordamerikanische Form 
unter dem Namen Populus hudsoniea auch als eigene 
Art beschrieben worden. Säet man Samen von die- 
ser amerikanischen Abart aus, so erhält man sehr 
oft unsere italienische oder Pyramiden-Pappel daraus. 

Wir ergreifen die Gelegenheit, um die Leser der 
Wochenschrift nochmals auf den interessanten Blend- 
ling der Balsam- mit der kanadischen Pappel, wel- 
cher zufällig im botanischen Garten zu Berlin ent- 
standen ist und als Populus hybrida Berolinensis be- 
schrieben wurde, aufmerksam zu machen. In Metz 
wird er bereits als Alleebaum hoch geschätzt und 
auf der italienischen Pappel veredelt. 

Eine ganz besondere Eigenthümlichkeit ist, dass 
die amerikanische Sumpf-Eiche (Quereus palustris) 
in Metz nicht aus Samen gedeihen will, während sie 
in anderen Gegenden sich aus Samen erziehen lässt. 
Man veredelt sie deshalb auf unsere Winter-Eiche 
(Quercus sessiliflora) und erhält auf diese Weise die 
schönsten Bäume. 

In Metz erhält man ferner sehr oft aus dem Sa- 
men unserer gewöhnlichen Eberesche (Sorbus Aucu- 
paria) Exemplare mit ganzen und halbgefiederten 
Blättern, also Pflanzen, welche der Sorbus (resp. 
Pirus) spuria gleichen. Bekanntlich ist diese erst 
aus Schweden bei uns eingeführt und wird für einen 
Blendling der Sorbus Aucuparia und Aria gehalten. 
So wahrscheinlich dieses auch sein möchte, so 
dürften doch noch erst Versuche damit angestellt 
werden, ob man aus den Samen dieses vermeint- 
lichen Blendlings auch Sorbus Aria, also die eine 
der Elternpflanze, erhalten wird. So viel wir wissen, 
ist dieses noch nicht erprobt. Unserer Ansicht nach 
könnte hier auch nur eine Abart vorliegen. Bei 
unserer gewöhnlichen Esche kommen in der soge- 
nannten Fraxinus heterophylla und simplicifolia ähn- 
liche Erscheinungen vor, ohne dass man hier für die 
Erklärung seine Zuflucht zu einer Kreuzung genom- 
men hätte. 

Wir haben früher schon mitgetheilt, dass in 
Metz eine Form des unter vielen Namen beschrie- 
benen Blüthenstrauches am Häufigsten als Cytisus 
albus oder multiflorus kultivirt wird, welche alle Un- 
bilden des Winters erträgt- und im Freien aushält. 
Diese Form unterscheidet sieh sonst von der Haupt- 


art in nichts, der ganze Unterschied liegt also in der 
grösseren Resistenz des Holzes gegen die Kälte. 
Interessant ist nun, dass man in Metz von ihr aus- 
gesäet und dadurch wiederum dieselbe den Winter 
über aushaltende Form erhalten hat. Wir machen 
Liebhaber von Blüthensträuchern im freien Lande, 
welche ihre Sammlung vermehren wollen, auf diese 
Form um so mehr aufmerksam, als sie den ganzen 
Sommer, bis spät in den Herbst hinein, ihre weissen 
Schmetterlingsblüthen entfaltet. 

Bei unserer Anwesenheit in Strassburg besuch- 
ten wir unter Anderem auch die früher mehrmals 
besprochenen Baumschulen von Martin Müller. 
Obwohl sie eine lange Zeit während der Belagerung 
unter Wasser gestanden hatten, so ist der Schaden, 
den sie dadurch erlitten, doch keineswegs bedeu- 
tend, die Baumschulen befinden sich wenigstens jetzt 
in einem vorzüglichen Zustande und lassen, zwmal 
sie auch vorzüglich gepflest werden, nichts zu wün- 
schen übrig. Ueber sie selbst werden wir noch an 
anderer Stelle sprechen. Wir wollen aber etwas 
aus der gewöhnlichen Pfllanzenzucht der Martin 
Müller’schen Gärtnerei berichten, was. uns wenig- 
stens, noch und deshalb auch manchem 
Laien, vielleicht auch manchem Gärtner, 
sein dürlte. 
Verbenen. 

Martin Müller schneidet nämlich von kräftigen 
Pflanzen Stecklinge und steckt sie in Näpfe, welche 
mit reinem Sande gefüllt sind, aber mit Wasser über- 


neu war 
unbekannt 
Es betrifft die rasche Vermehrung der 


sossen werden. Die Näpfe werden in ein Beet, 
welches man mit einem Fenster deckt, gebracht. 


So stehen sie in der heissesten Sonnenwärme, blei- 
ben trotz der hohen Grade, welche bald unter dem 
Fenster bemerkbar sind, frisch und wurzeln 
mein rasch an. Nach kurzer Zeit schon 
die angewurzelten Stecklinge verpflanzen 
Willkühr Gebrauch davon machen. 


unge- 
kann 
und 


man 
nach 


Literatur. 


Lucas, Dr. E., Auswahl werthvoller 
Obstsorten nebst kurzer Angabe ihrer Merkmale 
und Kultur. 4. Band. Wirthschafts-Obstsorten, 
enthaltend 100 der zur Anpflanzung in den deutschen 
Gärten geeignetsten Sorten. Mit 102 Holzschnitten. 
Ravensburg, Eugen Ulmer. 1872. 

Während in dem ersten Bande dieser Schrift 
die besten Tafeläpfel, im zweiten die besten Tafel- 
birnen, im dritten (noch unter der Presse befindlichen) 
die besten Steinobstarten ihren 


in edelsten Sorten, 


sn 


sowie die Kultur derselben besprochen werden, han- 
delt es sich in dem vorliegenden vierten Bande um 
das Obst für den allgemeinen Konsum, für das 
Wiıthschaftsobst. Erst kürzlich ist in diesen Blättern 
in dem Artikel „Zur Statistik des Obstbaues“ auf die 
grosse Bedeutung des Obstes für Anpflanzung an 
Strassen und Wegen, Eisenbahndämmen ete. auf- 
merksanı gemacht und auf die verschiedenen Ein- 
wendungen, die dieser Kultur im 
näher eingegangen worden, 
in diesem Weıke nun erhalten wir gerade nähere 
Auskunft die auszuwählenden Sorten und die 
Art ihres Anbaues. Eine kurze Inhaltsübersicht (die 
leider in der Schrift fehlt) wird dem Leser zeigen, 
wie 


man sewöhnlich 
Grossen entgezenstellt, 


über 


allseitig der Gegenstand ausserdem behandelt 
ist. Der erste Hauptabschnitt behandelt kurz die 
Kultur des ökonomischen Zwecken im 
Allgemeinen, und zwar: 1) Den Begriff des Wirth- 
schaftsobstes.. 2) Boden und Klima. 3) Die ver- 
schiedenen Arten von ÖObstanlagen. 4) Beschaffen- 
heit der Bäume für grössere Obstanlagen. 5) Zeit- 
periode des Pflanzens. 6) Wahl und Bearbeitung 
des Bodens. 7) Entfernung der Bäume oder Pflanz- 
weite. 8) Verfahren beim Baumsatz. 9) Die Pflege 
der Feld- und Strassenbäume in den nächsten Jah- 
ren nach der Pflanzung. 10) Die Pflege der älteren 
tragbaren Obstbäume. 11) Das Einernten des Obstes 
in ökonomischen Anlagen. — Der zweite Hauptab- 
schnitt giebt sodann die Beschreibung und Kultur 
von 40 Apfel-, 35 Birn-, 10 Pflaumen- und Zwet- 
schen, so 15 Kirschen- und Weichselsorten, 
alle nach der Reifezeit geordnet; endlich folgt ein 
alphabetisches Veızeichniss der 100 empfohlenen 
Sorten. Die Holzschnitte sind die bekannten des 
illustrirten Handbuches der Obstkunde von Öberdieck 
und Lucas, dem sich auch die Art der Beschreibung 
anschliesst. 

Allen Denen, die sich für die Kultur des Obstes 
im Grossen interessiren, namentlich auch den 
Baumwärtern, ist das Buch warm zu empfehlen. 

Fast in unmittelbarem Zusammenhange mit vor- 
stehender steht die folgende Schrift: 

Lucas, Die Eine gemein- 
fassliche Anleitung zur wirthschäftlichen Verwendung 
des Obstes. Zweite vielfach umgearbeitete und ver- 
mehrte Auflage. Mit zahlreichen in den Text gedruck- 
ten Holzschnitten. Ravensburg, Eugen Ulmer. 1872. 

Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses 
Werkes im Jahre 1856 haben Wissenschaft und 
Praxis auf dem Gebiete der Obstbenutzung grosse 


Obstes zu 


wie 


aber 


Obstbenutzung. 


Fortschritte gemacht, wenn dieselben auch unserer 
Ansicht nach nicht mit denen auf dem Gebiet der 
Obstkultur und der Pomologie in gleichem Verhält- 
niss stehen. Der Verfasser ist als einer der wacker- 
sten Vorkämpfer auf dem Gebiete der Obstbenutzung 
bekannt, er hat sich zum Beispiel seit Jahren 
keine Mühe verdriessen lassen, besonders auf 
die Konstruktion guter Darren Pressen, na- 
mentlich ersterer Bedacht zu nehmen und 
so finden denn auch in diesem Buche die 
zweite Abtheilung: Das Trocknen oder Dörren des 
Öbstes, und die vierte: Die Obstwein - Bereitung 
und Darstellung anderer weinartiger Getränke, die 
Essigbereitung, 


und 
aber 
wir 


die Branntweingewinnung aus Obst 
in gebührender Weise ausführlich behandelt, mitunter 
freilich, wie auch in den andern Abschnitten, unserer 
Ansicht nach mit etwas zu vielen älteren Notizen 
ausgestattet. — Von grosser Wichtigkeit verspricht 
die neue transportable Lucas’sche eiserne Obst- 
dörre zu werden und Referent überzeugte sich selber 
von deren rascher Wärme - Entwicklung. Dieselbe 
erinnert in ihrer Konstruktion etwas an die ebenfalls 
abgebildete Dörre von Aichelin (Firma F. Flor) in 
Stuttgart, welche auf der Petersburger Ausstellung 
1869 aber bedeutend leichter 
und eben transportabel. Das Modell befand sich mit 
unter der grossen Sammlung der Lucas’schen Ge- 
räthe auf unserer diesjährigen Ausstellung. Weitere 
Proben in diesem Herbst werden ergeben, wie sie sich 
im Grossen bewährt und werden wir alsdann Gelegen- 
heit nehmen, sie ausführlicher zu beschreiben. 

Die übrigen Abschnitte des Werkes enthalten 
ebenfalls reiches Material. So handelt der erste von 
den chemischen Bestandtheilen des ÖObstes, den 
wichtigsten Obstsorten für ökonomische Zwecke, der 
Obsternte, der Aufbewahrung des Winterobstes und 
der Verpackung der zu versendenden Früchte; der 
dritte von der Musbereitung, der fünfte endlich von 
der Benutzung der Obstabfälle zur Oelgewinnung 
und als Brennmaterial. 

Die Strömung der gegenwärtigen Zeit ist: „Viel 
Obst bauen.“ Allein wollen wir viel Obst bauen, 
so müssen wir auch viel Obst nutzen. Die Kenntniss 
von der besten Art der Obstnutzung ist jedoch, 
namentlich im nördlichen Deutschland, noch weniger 
verbreitet, als sie sollte. Wir wollen deshalb hoffen, 
dass man in den betreffenden Kreisen, namentlich in 
den landwirthschaftlichen Vereinen, durch die vor- 
liegende Schrift einen neuen Impuls erhalte, diesen 
Gegenstand mehr zu würdigen. 


prämiirt wurde, ist 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


es 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 
Redakteur: “ 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 4. Ben den 5. October. 


1872. 
Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Diejenigen geehrten Mitglieder, welche ihren Jahres-Beitrag noch nicht berichtigt haben, werden ersucht, den- 
selben bis zum 31. October .d. J. an den Schatzmeister, Herrn Stadtverordneten Sonntag, Alexandrinenstrasse 5l hierselbst, 
einzusenden. Nach dieser Zeit wird angenommen werden, dass dieselben die Einziehung per Postvorschuss wünschen. 


Inhalt: Die Gärten Braunschweigs. — Die schönsten Pelargonien. — Preisverzeichnisse. 


. f . | bis zu den dunkelsten Varietäten der Remontant- 
Die Gärten Braunschweigs. xosen finden sich für alle Färbungen Vertreter und 
Bei der bevorstehenden 6. allgemeinen deutschen | fast ohne Ausnahme in ganz ausgezeichneter Kultur. 
Pomologen-Versammlung, die vom 10. bis 13. Okto- | Bei kräftigem gedrängten Wuchs mit tadelloser Be- 
ber d. J. in Braunschweig stattfindet, glauben wir | laubung sind die meisten der Pflanzen mit Knospen 
den gewiss zahlreichen Besuchern der Versammlung |; und Blütlien reichlich besetzt. Es werden hier keine 
einen Dienst zu erweisen, wenn wir an dieser Stelle | wurzelächte, sondern meist auf dem Wurzelhals ver- 
den Artikel des Herrn E. Bouche&, Garten-Ingenieur | edelte Stämmehen benutzt, welche jedenfalls einen 
und Beamter des landwirthschaftlichen Centralvereins | reicheren Blüthenflor liefern, als erstere. Die An- 
im Herzogthum Braunschweig, über die Gärten Braun- 
schweigs reproduziren, den derselbe im März- und | auch bald in anderen Zweigen der Topfkultur gün- 
Juni-Heft d. J. der „Mittheilungen der Sektion für | stigen Erfolg konstatiren lassen und sind es beson- 
Gartenbau des landwirthschaftlichen Centralvereins | ders die Kulturen von Pelargonien, Azaleen, Camellien, 
im Herzogthum Braunschweig“ veröffentlicht hat. | Eriken und der verschiedenen Teppichbeetpflanzen, 
Wenn sich Braunschweig bisher hauptsächlich | welche bedeutenden Umfang annehmen und zu den 
seinen gärtnerischen Ruf durch die vorzügliche Spargel- | günstigsten Erfolgen Hoffnung geben. Sind diesen 
kultur erworben hat, so steht es doch in manch | Kulturen hier und da noch einzelne Umstände hin- 
anderer Kultur anderen Städten nicht nach, ja man | derlich, wie z. B. die theuren Düngerpreise, der 
möchte dreist behaupten können, dass es in einigen | Mangel an leichten Erdarten, an guten Töpfen u. Ss. w., 
Zweigen der Pflanzenzucht den Vorrang geniesst. | so werden auch diese bald als überwundener Stand- 
Dies gilt besonders von seiner Rosenkultur, welche | punkt zu betrachten sein, und deshalb darf man in 
hier in so ausgedehntem Maasse und mit so gün- | gärtnerischer Beziehung Braunschweig ein günstiges 
stigem Erfolge betrieben wird, wie verhältnissmässig | Prognostikon stellen. 
kaum an einem anderen Orte. Macht man zwischen Möge man. diese Abschweifung verzeihen, sie 
Ostern und dem weissen Sonntage einen Gang durch | schien aber nothwendig, um die einzelnen Mängel 
die Gewächshäuser unserer Handelsgärten, so wer- | zu motiviren, welche wohl hier und da zu rügen 
den wir von den tausenden von Rosen überrascht, sein möchten, wenn man die Gärten Braunschweigs 
welche die Stellagen in allen Stadien der Entwicke- | einer genaueren Beschauung würdigt. Es sei in 
lung, in allen Farbenschattirungen schmücken. Von | dieser Beziehung noch bemerkt, dass auch die An- 
den zarten Moosrosen und den zartgelben Theerosen | lage und Pflege der Rasenplätze im Allgemeinen 
40 


strengungen einzelner strebsamer Gärtner werden 


314 


Vieles zu wünschen übrig lassen und dass bis jetzt 
nur einzelne kleine Gärten auch in dieser Hinsicht 
als gutes Vorbild dienen können. Der Rasenkultur 
wurde bisher lange nicht die Sorgfalt gewidmet, 
welche allein zu günstigen Resultaten führen kann 
und trat uns meist die Ansicht entgegen, als tauge 
Boden und Klima nicht für Rasenanlage. Nach un- 
serer Ansicht und Erfahrung liegt dieser Anschauung 
indess durchaus keine Begründung unter, sondern 
man hat sie einfach acceptirt, weil es in vielen Fäl- 
len nicht gelungen war, ein günstiges Resultat zu 
erzielen. Wir finden den Grund zu den meist 
schlechten Rasenplätzen allein in der schlechten Vor- 
bereitung des Bodens, in der falschen Auswahl der 
Saat und in der schlechten späteren Pflege nach der 
Keimung des Samens, und weisen deshalb auf den 
kleinen Aulsatz in den Mittheilungen der Sektion für 
Gartenbau im Il. Jahrg. pag. 11: „Ueber Anlage und 
Pflege des Rasens“ hin. 

Ehe wir zur Besichtigung einzelner Gärten gehen, 
möge hier noch angedeutet werden, dass in ästhe- 
tischer Beziehung bei den Anlagen dem schaffenden 
Gärtner dadurch manche Schwierigkeiten geboten 
werden, dass selbst in kleineren Gärten mit der An- 
lage von parkartigen Partien auch die Anlage eines 
Gemüsegartens verbunden werden soll, wodurch selbst- 
verständlich das Schaffen eines einheitlich schönen 
Bildes stets schwierig bleibt, weil es olt zur Unmög- 
lichkeit wird, die nicht immer ästhetisch zu haltenden 
Flächen des Gemüsegartens gegen die parkartigen 
Anlagen hin anmuthig zu scheiden und zu verdecken. 

Besucht ein Fremder Braunschweig mittelst der 
Eisenbahn, so tritt ihm beim Verlassen des Zuges 
gleich die freundliche Anlage des Bahnhofes vor 
Augen, welche zu beiden Seiten der Halle die Plätze 
schmückt. Auf wohlgepflegten Rasenplätzen finden 
sich teppiehbeetartige Blumenpflanzungen zu einem 
[reundlichen Bilde zusammengestellt, in dessen Mitte 


Fontainen eine angenehme Frische verbreiten. Die 
Pflanzungen werden unter spezieller Leitung des 


Eisenbahngärtners Herrn Kreis mit grosser Sorgfalt 
ausgeführt und gepflegt, die dazu nöthigen Pflanzen 
diesem gebauten 
Gewächshause angezogen. Zu den Pflanzungen der 
Blumenbeete sind ausser Iresine, Gnaphalium, Cen- 
taurea, Achyranthes u. s. w. besonders die Scarlet- 
Pelargonien Lady Constance Grovenor (roth 30— 55 
Centimeter hoch), Brillant (roth 30 —35 Centimeter 
hoch), Cybister (roth 40 Centimeter hoch), Triomphe 
de Paris (roth 30—36 Centimeter hoch), die gross- 
doldige rosa Surpasse Beauty de Suresne und Prä- 
sident Schaper (rosa 30—85 Centimeter hoch), sowie 


in einem besonders zu Zwecke 


die schöne Lobelia Blue King, gracilis rosea, speciosa 
spectabilis, Stern von Ischl und andere in geschmack- 
voller Zusammenstellung angewendet. Bemerkens- 
werth ist als Einzelpflanze für Rasenplätze der sehr 
zierliche, fast silbergrau-blättrige Euealyptus globulus, 
welcher eine sehr angenehme Unterbrechung bietet. 

Verlässt man den Eisenbahnhof und geht nach 
dem Wilhelmithore über die Promenade am Hohen- 
thore bis zum Petrithore, so sieht man an der mit 
schattenden Kastanien, Linden und Platanen besetzten 
Strasse, zu beiden Seiten freundliche Gärten, welche 
freilich oft in recht wunderlichem Geschmack ange- 
legt, doch zwischen den Häusern eine angenehme 
Abwechselung bieten. Beklagenswerth ist es, dass 
fast sämmtliche Gebäude unmittelbar an der Strasse 
liegen, so dass es unmöglich ist, kleine Vorgärten 
anzulegen, welche stets einer Promenade ein viel 
freundlicheres Bild, der ganzen Strasse etwas Freieres 
und Anmuthigeres geben. Nur bier und da findet 
man selbst bis unmittelbar an die Strasse reichend 
noch einige Gemüsegärten, doch verschwinden diese 
mehr und mehr, seitdem stattliche Häuser an deren 
Stelle treten. 

Die früher am Wilhelmithore belegene Gärtnerei 
von Franz Schelze ist seit einigen Monaten nach der 
Goslar'schen Strasse übersiedelt und werden dort 
wie in dem alten Grundstücke alle Arten von Markt- 
pflanzen kultivirt. 

Es sei hier noch des an der Wilhelmithor-Pro- 
menade dicht am Hohenthore belegnen Degner’schen 
Gartens Erwähnung gethan, welcher weniger in der 
Form und Grundidee seiner Anlage etwas Hervor- 
ragendes zeigt, als vielmehr wegen der Reichhaltig- 
keit der in ihm vorhandenen Koniferen - Sammlung 
bemerkenswerth ist. Ein stattliches Exemplar der 
Wellingtonia gigantea, welches selbst die letzten har- 
ten Winter, freilich in gutem Brettergehäuse, gut 
überdauert hat, steht der Seite von schönen 
Pflanzen der Thujopsis borealis, der Thuja Lawso- 
niana, der verschiedenen Taxus u. s. w. Wie gesagt, 
es sind weniger schöne Formen der ganzen Anlage, 
welche eher einer Pflanzschule ähnlich sieht, sondern 
die alle wohlgepflegten Pflanzen der verschiedensten 
Arten von Koniferen, welche dem Auge auffallen. 
Der dicht daran grenzende Platz vor dem Hohenthore 
ist abwechselnd mit Hain- und mit rothblättrigen 
Buchen bepflanzt; es kann nicht behauptet werden, 
dass diese letzteren einen angenehmen Effekt hervor- 
bringen, sie haben vielmehr etwas Düsteres und 
durchaus nichts Anheimelndes gerade an dieser Stelle, 
so verwendbar der Baum auch sonst ist. 

Dicht vor dem Petrithore befindet sich in der 


an 


Pflegehausstrasse die ziemlich umfangreiche Gärtnerei 
des Kunst- und Handelsgärtners Jul. Keffel, welcher 
vorzüglich in kräftig erzogenen, gesunden und stets 
reichblühenden Pflanzen der Gamellia, in älteren und 
neuesten Sorten excellirt, der auch tüchtiger Kulti- 
vateur von Rosen und Pelargonien ist, deren letztere 
stets bei ihm in ausgezeichneten Exemplaren vertre- 
ten sind. In der Gellerstrasse hat der Kunst- und 
Handelsgärtner Fricke eine Gärtnerei, in welcher 
neben Rosen und Pelargonien, besonders Pflanzen 
zur Bepflanzung von Gruppen, wie Althernantheren, 
Achyranthes, Verbenen u. dgl. mehr gezogen werden. 
Bemerkenswerth ist bei ihm eine Anlage mit suc- 
eulenten Pflanzen in einer Steingruppirung im freien 
Lande, in welcher eine grosse Auswahl der schönen 
Sedeen, Semperviveen und anderer zu finden sind. 
Ein sehr zierlich gehaltener Garten, welcher in Bezug 
auf Sauberkeit als Muster dienen kann, ist der ganz 
in der Nähe des vorigen befindliche des Fabrikanten 
W. Flagge. Etwas tief gegen die Strasse gelegen, 
in seinem vorderen Theile aus einer einfachen Park- 
partie, reich mit Koniferen besetzt, bestehend, an 
welche sich der fast ganz verdeckte Gemüse- und 
Obstgarten anschliesst, bietet der Garten stets von 
der Strasse aus ein überaus freundliches Bild. Im 
Sommer sind zwar junge, aber in vorzüglicher Kultur 
befindliche Orangenbäumchen und zierliche Topf- 
sewächsgruppen zu freundlicher Umrahmung des 
Bildes aufgestellt. In den nahe liegenden Gärtnereien 
der Kunst- und Handelsgärtner Ernst und E. Keffel 
werden die verschiedenartigsten Marktpflanzen, wie 
sie die Jahreszeit nothwendig macht, erzogen. Der 
dieht am Petrithore belegene, früher v. Bülow’sche 
Garten, der hinter dem von dem verstorbenen Ottmer 
einfach entworfenen Hause, auf einer Seite von der 
Oker begrenzt wird, enthält einzelne schöne alte 
Bäume, wie z. B. eine prächtig geformte Blut-Buche 
(Fagus sylvatiea fol. atropurpureis), einen gelb bunt- 
blättrigen Ahorn (Acer platanoides L. var.), eine sehr 
schön gebaute Trauerbuche (Fagus sylvatica var. 
pendula), eine grosse Zahl prächtiger grosser Bäume 
der rothblühenden Kastanien (Aesculus carnea Willd.), 
welehe in ihrer Blüthezeit einen prachtvollen Anblick 
gewähren. Ausserdem finden sich dort auch noch 
alte Catalpen (Catalpa syringaeflora L.) und pracht- 
volle Sträucher der rothblättrigen Haselnuss (Gorylus 
tubulosa Willd. fol. atropurpureis). 

Vom Petrithore aus nach dem Wendenthore hin 
ist die Promenade mit schönen Platanen (Platanus 
oceidentalis L.) bepflanzt, während weiterhin in der 


Nähe der städtischen Mühle prächtige Gruppen von. 


Ahorn (Acer eampestre L. und Acer Platanoides L.) 


315 


und anderem Laubholz ein 
angenehmes Bild geben. Linker Hand sieht man 
jenseits der Öker umschlossen eine hügelige 
Insel mit gemischten Laubhölzern besetzt, während 
unmittelbar an der Strasse die mit vielen alten Bäu- 
men geschmückte Besitzung des Commerzienraths 
OÖ. Loebbecke sich hinzieht. In anstossenden klei- 
neren Gärten, welche von diesem grösseren Grund- 
stücke nach und nach abgezweigt sind, findet man 
herrliche Exemplare amerikanischer Eichen, von der 
seschlitztblättrigen Ulme (Ulmus campestris L. var. 
asplenifolia), der gesehlitztblättrigen Rothbuche (Fagus 
sylvativa L. var. asplenifolia) und anderen. Auf der 
Promenade selbst steht ein ziemlich altes, freilich zu 
sehr im Druck gehaältenes Exemplar 
(Salisburia adiantifolia Smith), ein leider in den letzten 
Wintern zum Theil erfrorener Baum, die Paulownia 
und ein besonders schönes und selten 


abwechselnd mit Eichen 


von 


des Ginkgo 


imperialis, 


| starkes, etwa 10 Meter hohes Exemplar des Amber- 


baumes (Liquidambar styraeiflua L.), welches in 
seiner herbstliceben röthliehen Belaubung einen be- 
sonderen Effect hervorbringt. 

Der dem mit jungem Nadelholze bepflanzten 
Anatomieberge gegenüber liegende Garten des Landes- 
Oekonomieraths Griepenkerl bietet neben seiner rei- 
zenden Lage viele Schätze an seltenen Gehölzen und 
Obstbäumen. Das im italienischen Style erbaute Haus 
ist von Rasenplätzen nach allen Seiten umgeben, 
welche nach der Seite hin, wo die beiden Okerarme 
zusammenfliessend den Garten begrenzen, mit grös- 
seren Gehölzpartien besetzt sind, während die vor- 
deren nur mit Einzelpflanzen geschmückt erscheinen. 


Hervorzuheben sind besonders zwei sehr schöne, 
2 und 3,5 Meter hohe, breit ausgelegte Exemplare 


der kaukasischen Nordmanns - Tanne (Abies Nord- 
manniana Lindl.), von der eine grosse Zahl jüngerer 
Pflanzen hier und da im Garten zerstreut stehen. 
Hübsche Pflanzen der Mammuthfichte (Wellingtonia 
gigantea Lindl.), der Zwergtanne (Picea excelsa Lindl. 
Glanbrasiliensis Lindl.), der nicht genug zu empfeh- 
lenden, ausdauernden Cypresse (Cupressus Lawso- 
niana Murr.), der Sumpf- Cypresse (Taxodium disti- 
chum) und andere wechseln mit Laubhölzern ab, 
oder sind mit gleichartigen zu Gruppen verschmolzen. 

Besonderes Interesse gewährt Garten 
aber durch die reiche Auswahl von Obst - Sortimen- 
ten, wie Aepfeln, Birnen, Pflaumen, welche entweder 
als Hochstämme oder in den verschiedensten Zwerg- 
formen gezogen werden. Die Stellung der Birnen- 
und Aepfel - Pyramidenbäume als Einzelpflanze auf 
Rasenflächen bietet hier eine sehr angenehme Ab- 


wechselung. 


dieser 


40* 


316 


Vor dem Wendenthore selbst liegen verschiedene |! sonderer Sorgfalt gepflegten Bäume hat zu günstigen 


Besitzungen von Kunst- und Handelsgärtnern, deren 
Hauptkulturen, in der Anzucht der verschiedensten 
Marktpflanzen, Rosen u. s. w. bestehend, doch im 
Allgemeinen nichts Hervorragendes bieten. Erst kürz- 
lich hat sich der frühere Obergärtner A. Weinschenk 
dort etablirt, es wird hoffentlich in einigen Jahren 
unter seiner Leitung eine tüchtige Gärtnerei erstehen. 

Die Promenade vom. Wenden- bis zum Fallers- 
leberthore ist einfach mit Alleen besetzt, doch finden 
sich zu beiden Seiten manche niedliche Gärten 
zwischen oder hinter den Häusern eingestreut, so 
dass auch dieser Theil der Promenade einen ange- 
nehmen und schattigen Spaziergang bietet. Am Fal- 
lersleberthore ist der zum Collegium Carolinum res- 
sortirende botanische Garten, welcher unter Leitung 
des botanischen Gärtners Ohm manche interessante 
Pflanze bietet, welche jedoch mehr in Rücksicht auf 
die wissenschaftlichen Zwecke, als in Bezug auf 
Aesthetik Erwähnung verdienen, ohne dass letztere 
etwa bei der Anlage noch Pflege des Gartens ausser 
Beachtung gelassen wäre. Vor dem Thore befindet 
sich die Handelsgärtnerei von F. Weinschenk, in der 
man gut und kräftig kultivirte Marktpflanzen aller 
Art, sowohl des Kalt- als auch des Warmhauses 
findet. Die gegenüberliegende, früher sehr bekannte 
Gärtnerei von H. Bewig, in der besonders viel Aza- 
leen, Camellien und Rosen gezogen wurden, ist der 
alles derartige vernichtenden Baulust zum Opfer ge- 
fallen. Die Pflanzen sind dem Vernehmen nach von 
A. Weinschenk angekauft. Weiter vor dem Thore 
hinaus, nach Gliesmarode zu, befinden sich die 
Gärten und Ländereien, in und auf welchen der Sa- 
menhändler L. Markworth seine Sämereien erzieht. 
Am Schlusse dieser Notizen soll auf den Samenbau 
specieller eingegangen werden. Wendet man sich 
von hier aus zur Linken, so kommt man zu dem in 
der Kasernenstrasse belegenen herzoglichen Küchen- 
garten unter Leitung des Hofgärtners Diko. In Be- 
zug auf feinere Gemüse-Kultur ist dies für Braun- 
schweig wohl die grösste Anlage, und man findet in 
ihr sowohl die gewöhnlicheren im Freien gebauten, 
als auch die zarteren in Gewächshäusern und Mist- 
beetkästen zu kultivirenden Gemüse in reichlicher 
Auswahl. Auch der Erdbeertreiberei liegt man hier 
eifrig ob, und so sahen wir besonders im vorigen 
Jahre ganz vorzügliche Exemplare in Töpfien, reich 
mit Früchten beladen. Das auf demselben Grund- 
stück befindliche, unter speeieller Leitung des Garten- 
Inspektors Koch angelegte Kompartiment von Formen- 
Obstbäumen, scheint leider von einem besonderen 
Unstern verfolgt zu sein, nur ein Theil der mit be- 


Erfolge geführt, so dass man wohl wünschen möchte, 
es würde dieser Anlage erneute Aufmerksamkeit ge- 
widmet, damit das viele vorhandene Gute erhalten 
und vervollständigt werde. 

Wendet man von dem herzoglichen Küchen- 
garten seine Schritte der Stadt zu, überschreitet man 
die Oker über eine Brücke, so gelangt man unmittel- 
bar zum Theater, welches nach beiden Seiten hin, 
sowohl nach dem Fallersleber- als auch nach dem 
Steinthore zu mit grossartig projektirten Parkanlagen 
umgeben ist. Auf ziemlich hügeligem Terrain, wel- 
ches sich nach der Promenade und zur Oker auf 
der anderen Seite angenehm abböscht, ziehen sich 
in hübschen Linien gelegte Wege durch Rasenplätze, 
welche durch niedrige Bosquetpflanzungen und alte 
Bäume freundliche Umrahmung finden. Die in der 
Parkanlage verwendeten Baumarten sind weniger 
selten, es sind meist Akazien, Ahorn, Pappeln, Lin- 
den und dergleichen, nur einzelne schöne Exemplare 
der Blutbuche schmücken die Rasenflächen in der 
Nähe des Fallersleberthores. Die Länge der Park- 
anlagen bemisst sich etwa auf 1 Kilometer, während 
die durehschnittliche Breite etwa 100 Meter beträgt. 
Sehr hübsch präsentirt sich eine Gruppe von Weiden, 
Salix viminalis, in der Nähe der Theaterbrücke, die 
schlanken Zweige geben zu der Umgebung und in ihrer 
Abspiegelung in der Okerfläche ein angenehmes Bild. 

Betritt man die Stadt vom Theater aus durch 
die gerade darauf mündende Steinstrasse, geht diese 
bis etwa zu ihrer Hälfte hinunter, so gelangt man 
über den Ritterbrunnen zur Linken in den herzog- 
lichen Schlossgarten, welcher das zum Theil neu er- 
baute Schloss auf seiner Nordseite begrenzt. Ein- 
fach, den Raumverhältnissen angemessen, denn er 
ist nieht gross, angelegt, sind es freundliche Rasen- 
plätze mit einzelnen schönen Baumgruppen, die das 
Auge angenehm berühren. Gleich der grössere Ra- 
senplatz mit der Fontaine vor der nördlichen Front 
des Schlosses bietet mit seinen wohlgepflegten grossen 
Teppichbeeten in einfacher, aber geschmackvoller 
Zusammenstellung ein ganz anmuthiges Bild, welches 
durch die Aufstellung von Kübel- und Topfgewächsen» 
besonders schöner Hortensien, an der Rampe des 
Schlosses einen angenehmen Abschluss erhält. Von 
dieser Rampe aus gesehen, überblickt man Rasen- 
flächen, deren rechte Seite durch eine breite Allee 
alter Kastanienbäume begrenzt und unterbrochen ist 
durch ein selten schönes und altes Exemplar des 
Chiecot- oder Schusserbaumes (Gymnocladus cana- 
densis Lem.), welcher mit seinen grossen doppelt 
gefiederten Blättern und bläulich grauen Zweigen ne- 


317 


ben einer stattlichen Blutbuche, und vor einer sehr 
starken Platane einen prächtigen Effeet hervorruft. 
Während des Sommers findet man in der Nähe die- 
ser stattlichen Bäume eine Zusammenstellung von 
herrlichen, gut kultivirten feineren Koniferen in Kü- 
beln, welche unsere Winter im freien Lande nicht 
aushalten. Erwähnt seien hiervon nur die herrlichen 
Arten der Araucaria oder Schmuck-Tanne, Araucaria 
excelsa R. Br., ein stattlicher Baum mit regelmässig 
quirlförmig stehenden Aesten von der Norfolkinsel, 
Araucaria Cuninghami Ait., aus Neuholland stam- 
mend, und besonders Araucaria Bidwillii Hook., ein 
sehr zierliches, in Australien heimisches Gewächs 
mit üppigem Wuchse in saftig grüner Färbung. Eben- 
bürtig ist eine sehr schöne, über 4 Meter hohe 
Wellingtonia gigantea im Kübel, welche vom Rande 
dieses an vollständig gleichmässig mit grünen Zwei- 
gen bedeckt ist. Cryptomeria japoniea Don., Crypto- 
meria Lobbii Hors. und die prächtige Cryptomeria 
elegans Veitch. sind in schönen, gesunden Exemplaren 
vertreten. Ueberhaupt ist die Sammlung von Koni- 
feren eine sehr reiche und in durchgehend guter 
Kultur befindliche. Es seien davon noch angetührt: 
die schöne zierliche Grabcypresse der Chinesen, 
Cupressus funebris Endl., welche im Vaterlande eine 
Höhe von 16 bis 18 Meter erreicht und mit hängen- 
den Zweigen besetzt sein soll. Hier findet sie sich 
in schönen, schlank gewachsenen, etwa 3 bis 4 Meter 
hohen Pflanzen. Der Pracht-Lebensbaum, Thujopsis 
dolobrata Sieb. et Zuce., die aus Nordamerika stam- 
mende zierliche Cypresse, Chamaecyparis nutkaensis 
Spach. (Thujopsis borealis Fisch.), die eben so 
schöne und ausdauernde Cypresse, Chamaeeyparis 
Lawsoniana Parl (Cupressus Lawsoniana Murr.). 
Verschiedene Arten von Retinospora, wie R. ericoi- 
des Sieb. et Zuce., R. squarrosa Veitch und andere. 
Ein recht hübsches Sortiment der hier sonst selten 
gezogenen Odier-Pelargonien steht in guter Kultur, 
es ist für die Zeit der Blüthe eine besondere Glas- 
bedachung angebracht, unter welcher die Blumen 
vor Regen geschützt, aber genügend Licht und Luft- 
zug haben, um nicht vom Ungeziefer zu leiden. Die 
für Braunschweig umfassendste Gewächshausanlage 
besteht in einem grossen Orangerie-Hause mit fester 
Decke und stehenden Fenstern, und einer daran 
stossenden kalten Gewächshaus-Abtheilung für Aza- 
leen, hinter welchen sich grössere Warmhauspflanzen 
befinden, von denen nur eine hübsche Pflanze der 
chinesischen Fächerpalme, Livistonia chinensis Mart. 
(Latania borbonica Tom.) und die prächtige Panda- 
nus utilis Bory, Erwähnung finden sollen. In einem 
davorstehenden Warmhause werden eine grosse 


Menge von verschiedenen Dekorationspflanzen, be- 
sonders auch hübsche Bromeliaceen erzogen, und in 
dem dahinter liegenden sehr praktisch eingerichte- 
ten Vermehrungshause geschieht die Anzucht der in 
vielen Tausenden zu Pflanzungen nöthigen Exem- 
plare. Einige kleinere Gewächshäuser dienen zur 
Kultur verschiedener Pflanzen. Erwähnenswerth ist 
die jetzt in einem sehr guten Zustande befindliche 
Orangerie; alle Bäume, welche vor etwa 7 Jahren 
dem Absterben verfallen schienen, zeigen jetzt eine 
sehr gesunde, dunkle und kräftige Belaubung, bei 
meist guter Form der Krone. Hofgärtner Burmester, 
welcher seit jener Zeit die Gärtnerei leitet, hat bei 
leichter Erde besonders gesiebte Meilerkohlen 
gegeben und für mässigen Guss gesorgt, und allem 
Anscheine nach ist den sämmtlichen Bäumen bei 
so fortgesetzter Kultur eine lange Lebensdauer bei 
gleicher Güte des Ansehens vorauszusagen. Im 
Sommer zieren sie die Front vor dem grossen Ge- 
wächshause, und die besseren besonders den auf 
der Ostseite liegenden Schlosshof. 

Von diesem sich östlich wendend, gelangt man 
durch das Steinthor in die Vorstadt, welehe von mehre- 
ren Gärtnern bewohnt ist. Neuerdings hat sich in der 
Helmstedter Strasse Kunstgärtner Tutenberg etablirt, 
und beschäftigt sich neben Anzucht von verschiede- 
nen Sortimentspflanzen mit Binden von Bouquets und 
Kränzen. Mehr dem Augustthor nahe, in der Ber- 
tramsstrasse, befindet sich die Gärtnerei von A. Bülte- 
mann, dessen Hauptkulturen sich auf Rosen, Pelargo- 
nien, Azaleen, Eriken und die verschiedenen Tep- 
pichbeetpflanzen erstrecken. Erst im letzten Jahre 
ist die Gärtnerei durch Anbau und Vergrösserung 
von Gewächshäusern erweitert, alle Kulturen zeugen 
von eifrigem Streben und tüchtiger Sachkenntniss. 
Unweit davon liegt an der Campestrasse die Gärtne- 
rei von Hillegeist, der neben Rosen, Pelargonien, 
Azaleen und anderen Sortimentspflanzen, Freiland- 
Rosen kultivirt. Der Kunstgärtner Haase zieht all- 
jährlich auf einer nur kleinen Fläche kräftig ausge- 
bildete Exemplare aller möglichen Ziersträucher zu 
Parkpflanzungen heran und beschäftigt sich ebenso 
mit der Anzucht hochstämmiger Rosen. 

Die Gärtnerei von Th. Grabbe ist in Ausdeh- 
nung des Geschäftes und in der Grösse der Ge- 
wächshausanlagen die grösste Braunschweigs. Erst 
vor zwei Jahren wurde von dem Besitzer eine 
Dampfheizung angelegt, mit welcher die sämmtlichen 
Gewächshausräume, Kalthäuser, Warmhäuser, Kon- 
servirräume und Vermehrungshaus erwärmt werden. 
Sind alle Zweige der Gärtnerei hier vertreten, so 
sind es doch besonders Rosen, Kamellien, Azaleen, 


318 


Palmen und sonstige Dekorationspflanzen, so wie die 
im Frühjahr nothwendigen Gewächse zur Bepflan- 
zung von Gruppen, welche vorzugsweise kultivirt 
werden. Eine grössere Gärtnerei, in der zur Früh- 
jahrspflanzzeit die verschiedenen Arten von Gruppen- 
Pflanzen, so wie Koniferen, Azaleen und Rhododen- 
dron in Töpfen gezogen werden, welche zugleich 
eine ziemlich umfangreiche Gehölz - Baumschule be- 
sitzt, ist die von dem Hofsamenhändler W. Keflel 
bei Eisenbüttel; der Besitzer hält besonders gute 
Sortimente der leider so wenig zur 
kommenden Iris, so wie gute Georginen und sorgt 
überhaupt für Beschaffung von Neuheiten. 

Neben diesen grösseren Handelsgärtnereien be- 
stehen eine grosse Anzahl kleiner, welche auf be- 
in kleinen Gewächshäusern 


Verwendung 


schränktem Raume und 
Verkaufspflanzen, wie Fuchsien, Heliotrop, Verbenen, 
Pelargonien, Azaleen und dergleichen erziehen. Das 
Hauptgeschält der Braunschweiger Handelsgärtnereien 
besteht in dem Binden von Bouquets und Kränzen, 
und je nach der Ausdehnung des Geschäftes wird 
diese Arbeit von den Besitzern oder deren Frauen 
selbst, oder durch dazu besonders engagirte Binde- 
rinnen besorgt. Ebenso liegt auch das Verkauls- 
geschäft von Pflanzen hier fast allein in der Hand 
der Gärtner, es existiren nicht wie in anderen gros- 
sen Städten besondere Händler, welche die Sachen 
aus den Handelsgärten auf eigenes Risiko zu weite- 
rem Vertriebe aufkaufen, wenngleich die einzelnen 
Handelsgärtner in der Stadt ihre Verkaufsstellen be- 


sitzen. Da der Geschäftszweig des Bindens von 
Bouquets und Kränzen hier eben so umfangreich 


ist, so sind auch die Kulturen darauf gerichtet, ge- 
nügendes Material heranzuziehen, während man auf 
die Zucht einzelnen schönen und grösseren 
Kulturpflanzen, wie dies in bedeutenden Städten 
meist der Fall ist, wenig oder gar keinen Werth legt, 
weil die Nachfrage nach ihnen eben gleich Null ist. 

Hat die Lage der oben erwähnten Gärtnerei die 
Schritte weit vor das Thor gelockt. so wird es noth- 
wendig, wieder die Nähe der Stadt aufzusuchen, um 


von 


noch einige der bedeutendsten Anlagen kennen zu 
lernen, doch sei es dem Referenten gestattet, vor- 
her noch des ziemlich ausgedehnten und sehr schön 
herzoglichen Parkes von Richmond Er- 
wähnung zu thun. Herrliche Gruppen alter Bäume 
weite Rasenflächen mit südlicher Ab- 
dachung, auf Höhe das Schloss Richmond 
steht. In der Abenddämmerung beschaut bietet sich 
dem Beobachter ein reizendes Bild, welches in sei- 
ner Ruhe und Stille eine ganz besondere Wirkung 
Sehr lohnend ist die Fernsicht vom 


selegenen 


umsäumen 
deren 


hervorbringt. 


Schlosse aus über einen weiten Teichspiegel und 
daran stossende Wiesenflächen in das weite, rund- 
um mit aller Sorgfalt bebaute Feldland, bis zu den 
fernen Bergen des Harzes. 

Kehrt man von Richmond aus durch eine pracht- 
volle Lindenallee zur Stadt zurück, so liegt einem zur 
Rechten die Besitzung des Kommerzienrath v. Voigt- 
länder, welche auf einer Seite von der Campestrasse, 
an der zweiten von der Wolfenbüttlerstrasse, an 
der dritten Seite von der Oker begrenzt wird, 
während die vierte mit.anderen Gärten zusammen- 
stösst. Ein wohlgepflegter Park umgiebt das an der 
Wolfenbüttlerstrasse stehende Wohnhaus und bietet 
von dieser aus einen recht angenehmen Blick. Es 
ist ein besonders sorgfältig gehaltener Rasen, , der 
dem Beschauer hier auffällt und vorzüglich in den 
ersten Sommermonaten ein saftiges Grün zeigt, das 
aber später in ein etwas todtes Graugrün übergeht, 
welches dem Auge weniger angenehm ist. Auf dem 
ursprünglich sterilen Boden ist hier zur Rasenanlage 
eine Schwingelart, Festuca Halleri Vill. Dee. ange- 
wendet und hat sich auch gut bewährt, eine dichte 
Bestaudung und Narbe gegeben, und möchte auch 
zu weiterer Verbreitung auf dergleichen Boden zu 
empfehlen sein, hätte sie eine saftigere Färbung. 
Vor zwei Jahren wurde ein besonderer Obstgarten 
mit Pyramiden-, Spalier- und Cordonbäumehen von 
Aepfeln und Birnen angelegt, welche in diesem Jahre 
zum Theil schon reichlich Früchte tragen. Eben so 
ist eine ziemlich reichhaltige Obst-Orangerie vorhan- 
den, welche jetzt in hübschen Exeniplaren reich- 
liche und gute Früchte trägt. Ein Orangeriehaus, 
ein Kalthaus für Kamellien und Azaleen, ein tempe- 
rirtes Haus für verschiedene Blattpflanzen und eine 
warme Abtheilung mit tropischen Gewächsen grenzen 
Park und Obstformengarten neben welchem, 
durch eine Mauer getrennt, die wohlgepflegten Mist- 
beete liegen. Die nordwestliche Seite des Parkes 
srenzt an einen grossen Gemüse- und daranstossen- 
den Obstgarten, in welchem abwechselnd Hochstämme 
und Pyramiden von Birnen, Aepfeln, Pflaumen und 
Kirschen stehen. 

Jenseit der Oker liegt der Garten des Apothe- 
ker Herrn Tiemann, welcher in geschmackvoller 
Form angelegt und gut gepflegt ist. Er lehnt sich 
an den für Braunschweig als Aussichtspunkt wichti- 
sen Mühlenberg, den er fast in seinem halben Um- 
fange umschliesst. Erst in diesem Jahre ist von 
dem Besitzer ein Gewächshaus fertig gestellt, wel- 
ches besonders zum Konserviren und zur Anzucht 
der verschiedenen Beetpflanzen dienen soll. Im 
Garten finden sich hübsche und wohlgepflegte 


ab, 


319 


Exemplare von seltenen Koniferen, welche im spä- 
teren Alter gewiss guten Effekt machen werden. In- 
teressant ist die Anlage am Abhange des Berges 
für sueceulente Pflanzen, unter denen sich viele 
hübsche und seltene Exemplare befinden. 

Unmittelbar an diesen Garten stösst die Prome- 
nade mit dem Monumentsplatze, in dessen Mitte sich 
der Obelisk zum Andenken an die Gefallenen von 
1812 —1814 erhebt, umgeben von grossen Rasen- 
flächen, in deren Mitte Bassins mit Springbrunnen, 
und an allen Seiten umrahmt von Doppelalleen von 
Kastanien, deren Kronen bei der gar diehten Pflan- 
zung dichtes Laubdach und kühlen Schatten bieten. 
Neben der an dem Platze belegenen Trinkhalle, dem 
Morgen-Vereinigungspunkt von Kranken und Gesun- 
den aus allen Theilen der Stadt, erheben sich pracht- 
volle Exemplare der Blutbuche, von denen man lei- 
der wegen der recht überflüssigen Vorpflanzungen 
von Gesträuchern aus der Ferne wenig bemerkt und 
doch würden sie nach unserer Anschauung einen 
prächtigen Anblick bieten, wenn sie als Baumriesen 
auf freien saftigen Rasenflächen ständen. Geschlun- 
gene Wege führen von hier aus bis zum Rande der 
Oker, an deren Ufer sich ein selten schönes und 
srosses Exemplar der zierlichen Sumpfeypresse, 
Taxodium distichum Rich. (Cupressus disticha L.; 
Schubertia disticha Mich.), einer Blätter abwerfenden 
Konifere, befindet, welche in den Sümpfen Virginiens 
wild wächst und unsere Winter sehr gut überdauert. 

Besonderer Erwähnung ist noch der herzoglichen 
Landesbaumschule zu thun, welche auf einer Fläche 
von etwa 10 Hektaren unter speeieller Leitung des 
Garten-Inspektor Koch jährlich Tausende von kräl- 
tig und vorzüglich gezogenen Obstbäumen aller Art 
produeirt. Sie ist mit einer Muster-Obstpflanzung 
verbunden, um darin die Sorten genau zu prüfen 
und dann erst weiter zu verbreiten. 

Wendet man sich wieder dem Ausgangspunkte 
der Wanderung zu, so erreicht man den dicht am 
Augustthore belegenen Garten des Herrn Major Hol- 
landt, welcher mit seinen grossen Rasenflächen und 
alten Bäumen, so wie mit seiner herrlichen Fernsicht 
über die Wiesen nach’Richmond zu einen durchaus 
würdigen Eindruck macht. Finden sich auch weni- 
ser seltene Exemplare in ihm, so sind doch viele 
der alten Bäume von malerischer Schönheit, und in 
seiner etwas veralteten Anlageweise giebt er ein an- 
senehmes Bild der Ruhe und Behaglichkeit. Dicht 
an der Promenade steht ein ziemlich starkes, etwa 
12 Meter hohes Exemplar der zierlichen Hemlocks- 
oder Schierlings - Tanne, Tsuja canadensis (Abies 
canadensis Mohr), eine in Amerika einheimische 


Konifere, mit leicht überhängenden Zweigen. Der 
das in einfachem Style erbaute Wohnhaus nach der 
Gartenseite hin umgebende freie Platz ist im Som- 
mer mit gut gepflegten ÖOrangenbäumen bestellt, 
welche dem Ganzen ein recht würdiges Aussehen 
seben. Durch einen schmalen Okerarm getrennt 
liegt der Eisenbahn-Park, eine früher der herzog- 
lichen Eisenbahn, jetzt der städtischen Verwaltung 
zugehörige Anlage, welche ein beliebter und ange- 
nehmer Aufenthalt und Spaziergang für Fremde und 
für Einheimische ist. Noch vor wenigen Jahren ein 
ziemlich wild liegendes Terrain in stagnirenden 
Sumpfflächen, wurde durch das schöpferische Talent 
des Garten-Inspektor Koch ein in allen Verhältnissen 
harmonischer und durchaus ästhetisch schöner Park, 
mit angenehm geformter grosser Wasserfläche, schö- 
nen freien Rasenplätzen und herrlichen Baumpartieen 
geschaffen, dessen hinterer Stützpunkt der schlanke, 
hoch hervorragende Thurm der städtischen Wasser- 
werke ist. Seltenere Ziergehölze verschiedenster 
Art sind als Einzel-Exemplare dem Bilde eingefügt 
und werden in späteren Jahren bedeutend dazu bei- 
tragen, die Schöpfung als eine dauernd schöne be- 
stehen zu lassen. Es gehört freilich dazu, dass mit 
kunstverständiger Hand, mit ästhetisch gebildetem 
Geiste die jetzt nur als Schutz- und Deckmaterial zu 
betrachtenden Pflanzungen gewöhnlicher Gesträuche 
nach und nach entfernt werden. Ebenso nothwen- 
dig ist es aber auch, dass die Rasenflächen, welchen 
hier und da geschmackvoll projektirte Blumengruppen 
eingefügt sind, einer besonders aufmerksamen Pflege 
unterworfen werden, damit sie Jedem als ein Muster- 
bild vorgeführt werden können; es dürfte also we- 
niger der Ertrag der Flächen zu Futterwerth, als die 
Aesthetik entscheidender Faktor sein. (Schluss folgt.) 


Die schönsten Pelargonien. 


In der Revue horticole vom 1. September d. J. 
findet sich eine dankenswerthe Zusammenstellung 
der schönsten Pelargonien-Sorten, die wir hier um 
so lieber vollständig mittheilen, als die Zahl der Va- 
rietäten so gross ist, dass selbst der Kenner Mühe 
hat, die besten unter allen annoncirten herauszufinden. 

1. Abtheilung. Grossblumige Pelargonien. 

Argus, Armide, Beaumarchais, Cameleon, 
Cybele, Ernest Duval, Jeanne Millot, Mr. 
Hulot, Rameau, Ivonne. 
Gefüllte Varietät. — Auguste Puhl. 
Doppelte. — La Ville de Caen, Prince 
of Novelties. 
Mit welligen Blättern. — Iphigenie, 
Patrie. 


320 


Englische Varietäten. Charles 
Turner, Keepsake, Lady of the Lake, 
Prince of Orange, Perikles. 

2, Abtheilung. Alte, sehrschöne Sorten. — 
Christoph Columbus, Gloire de France (Ze- 
normand), Jeanne d’Arec, Mme Michaud, Mme 
Thibaut, M. Le Play, M. Mazel, Ptolomäus 
(Ptolome&e), Roseum, Surpasse-belle-Milanaise. 

Phantasie- (Faney-) Pelargonien. — 

Agrippa, Andromeda, Cloth of Silver, Deli- 
cata, Edgar, Fanny Gair, F/ormosa, Lady 
Carington, Lady Dorothy, Liberty, Mme Vilda 
Marmion, M. Alfred Vigan, M. Ford, Mirella, 
Princess Teck, Sylph, Sylvia, Vietor Hugo, 
Vivandiere. 

3. Abtheilung. Pelargonium zonale. Neue 
Varietäten. — Belle Esquermoise, Claude 
de la Meurthe, Deuil de la Lorraine, Em- 
bleme, General Faidherbe, La France, Pa- 
triote, President Grevy. 

Aeltere Varietäten. — Anna Pützer, 


Avocat Gambetta, Blanche d’Eshangues, Che- 


vandier de Valdröme, de Lesseps, Duchesse 


d’Aumale, Flambeau, Hermann Scheurer, 
Indispensable d’Essones, Lady Kirkland, 


Mme Dethos Bertrand, Mme Louis Courmont, 
Marechal Vaillant, M. Licau, M. Thomas, M. 
Zaubitz, Peabody, Prineesse de Trebizonde, 
Stanstead, White Princess. 

Doppelte. — Bouchärlat aine, Camelliae- 
flora Glym, Incendie de Fontenay, Mme 
Boutard, Mme Ch. Martine, Mme Ghebhard, 
Mme Michel Buchmer, Mme Rudolphe Abel, 
M. Gladstone, Vietoire de Lyon, Vietor Le- 
moine, Wilhelm Pfitzer, William Rollisson. 

Varietäten mit bunten Blumen. 

a. Blätter weiss berandet mit schwa- 


cher oder gar keiner Zone. — Bright 
Star, May Queen, Queen of Queens, Stella 
variegata. 


b. Blätter weiss berandet und mit 
bunter Zone. — Beauty of Guestwick, 
Charming Bride, Excellent Glen Eyre Beauty, 
M. M. John Clutton, M. M. Rousby, Silver 
Cloud. 

ec. Blätter gelb berandet und mit bun- 
ter Zone. Archievement, Defiance, 
Feur (?) Emily, Humming Bird, Lady Cul- 
lum, Miss Batters, Miss Dunett, Miss 
Watson, M. M. Headly, M. M. Joshua Dix, 


M. M. Rutter, Queen Vietoria, Sir Robert 
Napier, Victoria Regina. 

d. Blättermitgelbem Grund und bronze- 
farbiger Zone. — Champion, Crown 
Prince, Imperatrice Eug£nie, Prima Donna, 
Reine Victoria. 

Pelargonium lateripes (mit epheuartigeh 
Blättern), Album grandiflorum , V’Elegante, 
Remarkable, Wiloii. 

Selbstverständlich umfasst diese Liste noch lange 
nicht alle Schönheiten, wie denn z. B. eine Anzahl 
deutscher Arten noch fehlen, die wir vielleicht dureh 
einen unserer Leser erhralten;; allein immerhin giebt die- 
ses Verzeichniss speziell dem Liebhaber einigen Anhalt. 


Preisverzeichnisse, 


1) Verzeichniss von in- und ausländischen Wald-, 
Obst- und Schmuckbäumen und Zier- und Obst- 
sträuchern der Königlichen Landes- Baumschule bei 
Potsdam. 1872/73. 

Das diesmalige Verzeichniss weist, wenn es 
auch äusserlich in dem Umfange (62 Seiten) genau 
mit dem vorjährigen übereinstimmt, dennoch eine 
grosse Zahl neuer Arten von Gehölzen auf und 
können wir Gärtner und Liebhaber nicht genug auf 
dasselbe aufmerksam machen. Liebhaber werden 
auch noch besonders die Bemerkungen über den 
Habitus der Pflanzen, ihren Standort ete. mit grossem 
Dank entgegennehmen, ja wir glauben, dass sie 
auch manchem Gärtner sehr willkommen sein werden. 

2) Simon-Louis freres zu Plantieres bei Metz. 
Obstbäume und Obstgehölze im weiteren Sinne. 

Da wir erst kürzlich über die Baumschule dieser 
Firma berichtet haben, so genügt der einfache Hin- 
weis auf dieses Verzeichniss, welches zugleich das 
4. Supplement zum ersten Theil des beschreibenden 
Kataloges bildet. 

3) Louis van Houtte, Gent. 
Nr. 144. Azalea indica, Camellia, Rhododendron. 
sog. Genter Azaleen, Azalea mollis ete. Sehr reich- 
haltise und sorgfältige Auswahl. Viele Neuheiten. 

4) Soupert u. Notting, Rosen - Gärtner in 


Preis - Courant 


Luxemburg. Remontirende Rosen. Ueber 1200 Sor- 
ten. Die neuesten a 10—30 Fres. 


5) Jules de Cock u. soeur, Gent, Faubourg St. 
Lievin. Ornamentale Pflanzen, Palmen, Farne, Aza- 
leen, Camellien, Rhododendren ete. 

6) August Napol&on Baumann u. Söhne in 
Bollweiler. Obst- und Zierbäume, Ziersträucher, pe- 
rennirende freie Land-Pflanzen, Küchen-Gewächse ete. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des han in je Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 12. October. 


No. 4. 182. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., bei Dede dureh den Eorehndnadı 


als auch franco durch alle Post- Anstalten 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Diejenigen geehrten Mitglieder, De: Bio: pro 1872 Bon nicht, berichtigt Beet werden a, a 
selben bis zum 31. October d. J. an den Schatzmeister, Herrn Stadtverordneten Sonntag, Alexandrinenstrasse 5l hierselbst, 


einzusenden. Nach dieser Zeit wird angenommen werden, dass dieselben die Amzelune Ber EUBERUIERUIER Ban 
Inhalt: 545. Versammlung des Vereines zur Beförderung des ©: arte en am 29. Septe anber, — SS: ee :h bei se w einbeere. — 
. Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XII. — Ueber die Rhein-Regulirung. 


94). Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, 
am 29. September 1872. 

Der Vorsitzende, Geh. Ober- Regierungs - Rath 
Knerk, ersucht zunächst nach Erledigung von ge- 
schäftlichen Angelegenheiten die Versammlung, Ver- 
treter für die deutsche Pomologen-Versammlung in 
Braunschweig zu ernennen, und werden hierzu ausser 
dem Prof. Koch die Herren Hoffmann und Späth 
designitt. 

Von dem Herrn Minister für die land- 
wirthschaftlichen Angelegenheiten ist dem 
Verein das neue Statut für die Königl. Gärtner- 
Lehranstalt und die Landesbaumschule bei 
Potsdam übersandt worden, um sich hinsichtlich der 
die Stellung des Vereins zu diesen Anstalten be- 
treffenden Festsetzungen zu äussern. Die Herren 
Bouche&, Gaerdt, Lorberg, Meyer, Späth und 
Vogel werden Seitens des Vorstandes ersucht, in 
der nächsten Sitzung darüber zu berichten. 

Der Vorsitzende macht alsdann die Mittheilung, 
dass von den 10 von dem Herrn Minister für die 
landwirthschaftlichen Angelegenheiten für die Fest- 
ausstellung zur Verfügung gestellten bronzenen Me- 
daillen (welche die Inschrift tragen „für Leistungen im 
Gartenbau”) nur 6 für solche Leistungen im engeren 
Sinne des Wortes verliehen seien, dass aber von 
den Preisrichtern noch 7 Aussteller für diverse 
Gegenstände zu einer bronzenen Medaille vorge- 


| schlagen waren. 


Aufl die Bitte des Vereins, zu den 
verbleibenden 4 Medaillen noch 3 weitere hinzufügen 
zu wollen, hat das Ministerium abschlägig geantwortet, 
da die ausgestellten Gegenstände nicht als Leistun- 
sen im Gartenbau im engeren Sinne des Wortes an- 
gesehen werden könnten, und beschliesst deshalb 
die Versammlung, um Niemanden zu bevorzugen, 
die 4 noch übrigen Medaillen nicht zu vertheilen, 
sondern den 7 Ausstellern Ehren - Diplome zuzu- 
stellen. 

Herr Inspektor Bouche& theilt darauf mit, dass 
von den Etiketten-Fabrikanten bisher nur Herr 
J. G. Müller, Emailleur in Alt-Schöneberg, solche 
ur Prüfung eingesandt habe, Herr Hofphotograph 
Günther noch nicht. Herr Perring bemerkt hier- 
zu, dass die Müller’schen Etiketten sich bei Herrn 
Krüger in Schöneberg sehr gut bewährt hätten; 
derselbe habe solche bei Rosen benutzt, sie im ver- 
sangenen Winter mit den Rosen in die Erde ein- 
geschlagen und sie in diesem Frühjahr ganz wohl 
erhalten gefunden. — Herr Inspektor Bouche& er- 
kennt dies vollkommen an, wünscht aber, dass die 
billigeren Günther’schen ebenfalls zum Versuch ein- 
geschickt werden möchten. 

Der Vorsitzende verliest darauf ein Dankschreiben 
des Herrn Lithographen Gotthold Elsner in Löbau, 
im Königreich Sachsen, für die ihm durch Vermitte- 
lung des Vereins von dem Herrn Minister für die 
landwirthschaftlichen Angelegenheiten verliehene sil- 
berne Medaille Dr Wittmack macht noch- 


4l 


322 


mals auf die vorzüglichen botanischen Abbildun- 
gen von Elsner (Blüthen von Gräsern und andern 
Pilanzen ete.) aufmerksam und theilt mit, dass Herr 
Elsner die Absicht habe, die wichtigsten Pflanzen- 
familien sämmtlich nach und nach in Abbildungen 
herauszugeben Empfehlung dieser Tafeln 
Seitens des Herrn Ministers für die geistlichen, Un- 
terrichts- und Medieinal-Angelegenheiten behufs Ein- 
führung derselben in die Schulen zu bitten. 

Der Vorsitzende, Geh. Ober-Regierungs- 
rath Knerk, erläuterte darauf, weshalb die sonst 
in der Juni-Versammlung stattlindende Neuwahl des 
Vorstandes verschoben sei, und führte als Haupt- 
Bewesgrund an, dass alte Vorstand die Aus- 
stellungsangelegenheit bis zur endlichen Regulirung 
habe leiten sollen. In der Sitzung am 
27. Oktober hoffe nun dem Vereine den voll- 
ständigen Rechnungsabschluss vorlegen zu können 
und würde dann in derselben Sitzung der neue Vor- 
stand zu wählen sein. — Nach $ 26 der Statuten 
wurde alsdann mittels Stimmzettel eine Kommission, 


und um 


der 


nächsten 
man 


bestehend aus den Herren 

Kunst- und Handelsgärtner Boese, 

Kunst- und Handelsgärtner Hoffmann, 

Baumschulbesitzer Lorberg, 

Kunst- und Handelsgärtner Matthieu, 

Kammergerichtsrath Vogel, 
erwählt, welche die Vorschläge für die Vorstandswahl 
der Versammlung zu unterbreiten habe. Die Stimm- 
zettel mit den Namen der von der Kommission vorzu- 
schlagenden Personen werden denjenigen Vereinsmit- 
gliedern, welche in Berlin und der Umgegend wohnen, 
vor der Oktober - Versammlung zugesandt werden. 

Herr Kunst- und Handelsgärtner Boese be- 
richtet hierauf über die von ihm ausgestellten Ge- 
müse. Die meiste Aufmerksamkeit erregte hierunter 
ein ächter scharlachrother Melonen-Kürbis. 
Derselbe hat einen Durchmesser von ca. 65 em., eine 
Höhe von ca. 32 cm. und dabei das ausserordent- 
liche Gewicht von 58%, Kilo. Schon daraus ist zu 
schliessen, dass derselbe sehr fleischig sein muss 
und eignet sich diese Sorte wegen ihres vorzüglichen 
dicken Fleisches und wegen des melonenartigen Ge- 
schmacks auch besonders gut zum Einmachen. 
Ausserdem lag eine riesige Gurke von dersel- 

ben Firma vor; es war die in England und auch bei 
uns immer mehr Verbreitung findende Sorte: The 
Marquis of Lorne. Die Exemplare hatten eine 
Länge von ca. 75 cm., einen Durchmesser bis 8 cm. 
und besassen, wie Ref. sich überzeugte, schon roh 
genossen einen sehr angenehmen Geschmack. Sie 
unterscheiden sich dadurch vortheilhalt von der frei- 


lich noch viel riesigeren chinesischen Gurke (eigent- 
lich wohl Kürbis) Sooli-Qua, deren Fleisch ziemlich 
zähe ist. Die vorgelegte Gurke hat für die Haus- 
frauen noch den Vortheil, dass sie, wie fast alle grös- 
seren Sorten, wenig Kerne enthält, ein Umstand, der 
andererseits freilich nur dazu beiträgt, den Samen 
zu vertheuern. Herr Boese bemerkt noch, dass sie 
nicht an der Erde liegen darf, sondern, wie alle lan- 
gen Gurken, besser an einer Mauer gezogen wird 
und machte zugleich auf die interessante Abbildung 
eines ausserordentlich reich mit Früchten behangenen 
Gurkenhauses in einer der letzten Nummern des Gar- 
dener Chroniele aufmerksam. 

Von landwirthschaftlichen Produkten hatte der- 
selbe drei englische Sorten Futterrunkeln 
ausgestellt, welche er hier auf ziemlich magerem 
Boden kultivirt hatte und die doch eine bedeutende 
Grösse zeigten. Vor allem war es die Improved 
red Mammoth prize, eine rothe Varietät, welche 
durch ihre Länge (75 cm.) auffiel; ausserdem waren 
zwei runde sehr empfehlenswerthe Sorten: Warden 
Örange Globe und Champion new yellow 
intermediate, von 20 bis 25 em. Durchmesser, 
vorhanden. 

Den Gegenständen wurden später der Monats- 
preis zugesprochen und überliess der Aussteller sie 
freundlichst dem landwirthschaftlichen Museum. 

Der Vorsitzende zeigte hierauf den Eingang einer 
Sendung von Preisverzeichnissen der Kgl. Landes- 
baumschule bei Potsdam an, die zur Vertheilung 
an die Mitglieder bestimmt waren; gleichfalls lagen 
diverse andere Preisverzeichnisse zur Ansicht aus. 

Herr Notar Lämmerhirt legte mehrere vorzüg- 
liche Exemplare von Birnsorten vor und erbot 
sich, von einer ausserordentlich schönen Beurre& 
sris den Mitgliedern zum Frühjahr Pfropfreiser 
abzulassen. Eine andere von ihm übergebene Birne 
schien allem Ansehen nach die Duchesse d’Angou- 
leme zu sein, während eine dritte nicht bestimmbar 
war, wie denn bekanntlich überhaupt das Bestimmen 
von Obst nach einem einzigen Exemplar sehr schwierig 
und unsieher ist, da Alter und Standort des Baumes, 
sowie die Witterung oft auf die Form, die Farbe 
und den Geschmack einen grossen Einfluss haben. 

Herr Inspektor Bouch& macht darauf aufmerk- 
sam, dass die Beurre gris, auf alten Bäumen er- 
wachsen, eine glatte Schale zeige, während sie auf 
jungen Bäumen oft rissig wird. 

Herr Baumschulbesitzer Späth bemerkt, dass 
die Beurre gris gar nicht so sehr zu empfehlen sei, 
wie man nach einzelnen Früchten glauben könne; 
die Bäume werden in der Regel krank und hat des- 


neue 


323 


halb die deutsche Pomolozen-Versammlung von der 
Empfehlung Abstand genommen. Derselbe theilt 
ferner Beispiele von der Einwirkung des Standorts 
auf die Bäume mit; Hardenponts Butterbirne z. B. 


gedeiht auf Lehmboden vortrefflieh, während sie auf 


Sandboden nicht fortkommt. 

Herr Inspektor Bouch& erwähnt der merkwür- 
digen Erscheinung, dass die Bergamotte Cras- 
sanne bei uns, auf leichterem Boden, erst eine glatte 
Sehale erhält, wenn der Baum 15—20 Jahre alt ist, 
während in Halle selbst junge Bäume schon glatte 
Früchte tragen, weil sie dort schweren Boden haben. 
Er erinnert sodann daran, wie die Grumkower Birne 


sieh sowohl in Gestalt und Geschmack nach Alter 
und Standort des Baumes ändert. Den Einfluss 


des Wildlings auf das Edelreis bei Obstbäumen 
bestreitet derselbe. 

Dagegen bemerkt Herr Obergärtner Reinecke, 
dass Reineclauden, auf die sog. Ehestandspflaume 
veredelt, einen schlechten Geschmack erhielten. 

Herr Inspektor Bouch& weist zur Bekräftigung 
seiner Ansicht, dass kein Einfluss zwischen Wildling 
und Edelreis statthabe, darauf hin, dass sich nament- 
lich im Wuchs oft merkliche Unterschiede zwischen 
beiden zeigen. Er erwähnt eines Falles, wo auf die 
Ehestandspflaume die Reineclaude und die alte Apri- 
kosenpflaume veredelt seien; erstere bleibe, weil 
saltloser, bekanntlich im Stamme weit dünner als die 
beiden letzteren und die Folge war,denn auch, dass 
die Bäume später alle abbrachen. Man veredele 
doch auch Kirschen sehr viel auf Weichseln, welche 
letztere sich durch ihr im frischen Zustande unan- 
senehm (trocken freilich sehr angenehm) riechendes 
Holz auszeichnen und man finde nie, dass das Holz 
der Kirschen dann auch diesen Geruch erhielte, oder 
sich der Geschmack verändere. 

Herr Baumschulbesitzer Späth ist der Ansicht, 
dass der Wildling wohl auf den Wuchs, nicht aber 
auf den Geschmack einen Einfluss ausübe, Pfirsiche 
für Töpfe werden auf Schlehen, Birnen auf Holz- 
birnen veredelt, ohne dass sich im Geschmack der 
edlen Früchte ein Anklang an die herben der Unter- 
lagen finde. Für geringe, besonders kiesige Boden- 
arten müsse man übrigens für Pfirsiche auch Scehle- 
hen zur Unterlage wählen. 

Herr Dr. Bolle bemerkt, dass belgische Pfirsiche 
auf Schlehen veredelt, erfroren, während die Schlehe 
selbst bekanntlich die strengsten Winter aushält. 

Herr Mosisch jun. berichtet, dass man in Frank- 
reich besonders deshalb die Schlehe als Unterlage 
für Pfirsiche anwende, weil letztere auf ihr viel besser 
als auf allen andern verwandten Bäumen annehme. 


Herr Bouche& fügt hinzu, dass man oft auch die 
Mirobalane anwende. 

Nach Herrn Späths Aeusserungen sollen sich 
die Schlehen, so trefflieh sie für Pfirsiche sind, für 
Pflaumen nicht eignen, da die Bäume nicht dauer- 
haft sind. 

Zum Schluss fand eine Verloosung von 106 Topf- 
pflanzen aus dem Garten des Vereines statt. 


Samenbruch bei der Weinbeere. 


Von Prof. H. Hoffmann in Giessen. 
manchem Weinzüchter die 
Erscheinung aufgefallen, dass mitunter bei ganz nor- 


malen Trauben an einzelnen Beeren ein öder meh- 


Gewiss ist schon 


rere Samen mehr oder weniger über die Oberfläche 
hervortreten, eine Abnormität, die Prof. Hoffmann 
in Giessen treffend mit dem Namen des Samenbruchs 
(Hernie) bezeichnet. Derselbe hat bereits im Februar 
d. J. in Nr. 8 der botanischen Zeitung seine Unter- 
suchungen über diesen Gegenstand mitgetheilt; jetzt 
zur Zeit der Traubenernte halten wir es für zweck- 
mässig, das Wesentlichste aus seiner Veröffentlichung 
hier mitzutheilen. 

Hoffmann bemerkte die Erscheinung zuerst in 
dem ungewöhnlich heissen und trockenen Sommer 
1868 Mitte Juli im botanischen Garten zu Giessen, 
sowohl an Oesterreicher oder Sylvaner wie an Gut- 
edel und auch an Vitis Labrusca, und sagt darüber: 

Die Beeren waren am 13. Juli, wo die Erschei- 
nung zuerst bemerkt wurde, eben halbwüchsig. Die 
Mehrzahl derselben an den betreffenden Stöcken war 
vollkommen normal; an einzelnen Trauben aber zeig- 
ten sich 1—2 bis 10 Beeren von sonst durchaus 
sutem Ansehen, unter 20 —40 ganz normalen, aus 
welchen die Samen mehr oder weniger weit über 
die Oberfläche hervorragten. Der vorgedrungene 
Theil des Samens war glatt, prall, grün in’s Rothe 
verfärbt, wie ein halbreifer Apfel, während die Bee- 
ren selbst noch vollkommen grün waren. Als sehr 
seltene Ausnahme nur fand sich, dass der Same an 
seiner exponirten Gipfelpartie dunkelbraun verfärbt 
welche Verlärbung sich auch etwas auf das 

Gewebe ausgebreitet hatte; nur einmal 
wurde beobachtet, dass die Schale des Samens 
eariös oder nekrotisch angefressen war. In der 
Regel war das Innere des Samens unvollkommen 
ausgebildet, blieb weiterhin halbflüssig, oder ver- 
trocknete, und bräunte sich mitunter, während die 
Schale selbst ihre normale Härte zeigte. Doch kam 
es auch gar nicht selten vor, dass der Sameninhalt 
seine ganz normale Ausbildung mit Eiweiss und Em- 


41* 


war, 
innere 


. 


324 


bryo erlangte. Seine Form war öfters verändert, 
indem sich eine Ausbiegung oder Wulst gerade an 
der der perlorirten Epidermis-Partie entsprechenden 
Stelle zeigte, was bei intakten Beeren niemals vor- 
kommt. Der Grad dieser Dislokation war äusserst 
verschieden, und. dieselben Verschiedenheiten zeig- 
ten sich noch bei vollendeter Reife, welche bei den 
mit der normalen Blaufärbung begleitet 
abgesehen von 


Sylvanern 
war; die Beeren blieben prall und 


geringerer Grösse — in jeder anderen Beziehung 
völlig gesund, auch im Geschmacke in keiner Weise 
verändert. Beim mindesten Grade der Aflektion 
konnte man das Vordringen des Samens nur eben 
bemerken, im extremen Falle aber trat er ganz ent- 
blösst an die Oberfläche und seine Grösse war mit- 
unter derjenigen der Beere gleich. Diese Fälle zeig- 
ten zugleich durch die Kleinheit der Beere, dass die 
Affektion auf frühen Lebensstufe ihren 
Anfang nimmt. Die Stelle der Beerenoberfläche, an 
welcher der Same vortrat, war bald da, bald dort, 
bisweilen sogar an mehreren Orten zugleich; intakt 
blieb nur der unterste Grund der Beere (am Frucht- 
stiel); die organische Spitze (am Griffelrest) sah ich 
nur einmal perforirt. 

An der Ausbruchstelle oder dem Bruchrande 
fand man den Samen oft ganz scharf angedrückt an 
die perforirte Cutis (Fruchtschale, d. h. Epidermis 
mit nächstfolgendem grosszelligen Parenchym); in 
vielen Fällen aber war die Wunde klaffend, ja mit- 
unter trichterförmig vertieft. Der Hof um die Per- 
foration hatte eine, blass holzbräunliche Farbe und 
zeigte unregelmässige Einrisse und braune Fetzen 
der zerstörten und vertrockneten Epidermis, so wie 
des gewulsteten, nächst unterliegenden Gewebes. 

Beim Durchschneiden zeigte sich auf dem Quer- 
schnitte stets eine Veränderung der Samenlage, viel 
deutlicher noch auf dem Längsschnitte, und diese 


einer sehr 


Dislokation ging in einzelnen Fällen so weit, dass 
der Same fast horizontal zu liegen kam. In allen 


Fällen war seine Ansatzstelle und die Gefäss -Ver- 
bindung an seinem Grunde unversehrt, wenn auch 
bedeutend gehoben, oder seitwärts oder hinaufge- 
schoben. — Die Zahl der Samen zeigte nichts Ab- 
normes, sie schwankte zwischen der Normalzahl, 
welche aber bei dieser Sorte sehr selten ausgebildet 
wurde, abwärts — häufiger werdend — bis zu 1; 
2 war der gewöhnlichste Fall. 

Um die ersten Anfänge dieses Phänomens zu 
studiren, liess ich mich von den holzfarbigen, ab- 
gestorbenen Epidermisflecken leiten, welche an vielen 
Beeren ohne Ektopie sich zeigten; durch ihre Aehn- 
lichkeit mit dem Hofe des Bruchrandes lag nämlich 


die Vermuthung nahe, dass zwischen ihnen und der 
Dislokation des Samens ein ursächlicher Zusammen- 
hang bestehen möchte. Diese Flecken sind fast 
immer kreisförmig und schwanken in der Grösse von 
!/g Mm. bis zu 1 oder 1!/, p. Lin. im Durchmesser. 
Man findet dieselben schon an Beeren, welche erst 
die Grösse eines kleinen Pfefferkorns erreicht haben. 
In der That zeigte sich beim Durchschneiden sol- 
cher fleckiger oder grindiger Beeren in vielen Fällen 
eine mehr oder weniger weit lortgeschrittene Lage- 
veränderung (oder der) Samens im Innern, 
während allerdings wieder in anderen Fällen nichts 
der Art bemerkt werden konnte. An ganz intakten 
Beeren dagegen, deren ich aufs Gerathewohl einige 
hundert von da an bis in den Herbst durehschnitten 
habe, konnte ich niemals eine Andeutung der Ekto- 
Hieraus dürfte sich ergeben, dass der 
oben vermuthete Zusammenhang in der That be- 
sründet ist. 

Die erste Andeutung einer Aenderung der Sa- 
men in den grindigen Beeren bestand darin, dass 
dieselben nach der Richtung‘ des Grindes hin eine 
Vorragung zeigten, ja selbst die Samenhöhle hatte 
in einzelnen Fällen eine Ausbuchtung nach dieser 
Seite hin, welche stärker war, als es die Protube- 
ranz des Samens erforderte. Wenn auch der Same 


des 


pie finden. 


offenbar einen Druck mit Vorwärtsschiebung aus- 
führt, so spricht doch Alles dafür, dass dies nur se- 
kundär stattfindet, und dass demselben ein spontanes 
Schwinden der betreffenden äusseren Parenchym- 
Partie der Beere vorhergeht, vergleichbar dem Um- 
belliferen-Stengel, wenn er sich aushöhlt. Die mi- 
kroskopische Untersuchung lässt indess in eben die- 
ser Partie nichts Abnormes erkennen, wenigstens 
nieht in der Struktur, Form und Grösse der Zellen, 
wohl aber bisweilen in der Farbe. Die Frucht- 
stiele sind stets ganz normal. 

Die nächste Stufe war, dass der Same der Epi- 
dermis sich mehr und mehr näherte. Endlich ver- 
trocknet die Trennungsschicht, nachdem sie sich 
braun verfärbt hat, oft in breiterer Ausdehnung. Von 
aussen betrachtet, sieht man zu dieser Zeit an dem 
Grinde die auseinander gewichenen Wundlefzen der 
Epidermis; aus der Pustel tritt, wenig gewulstet, das 
unterliegende Parenchym zu Tage, ebenfalls bleich 
holzfarbig, mit einzelnen noch grünen Stellen da- 
zwischen. 

Was die Ursache dieser Erscheinung anlangt, so 
sprach nach Obigem Alles dafür, dass es sich hier 
in erster Instanz um eine Affektion der Epidermis 
und des nächstfolgenden Gewebes handele; dass 

diese aus irgend einem Grunde lokal absterbe und 


zu wachsen aufhöre, dadurch ihre Elasticität ver- 
liere, und so nicht länger im Stande sei, dem Sa- 
men die genügende Spannung entgegenzusetzen, um 
denselben bei dem Drucke des Wachsthums von 
unten und von gegenüber in richtigem Maasse und 
an richtiger Stelle zu halten. Ich sage: in richtigem 
Maasse, denn es ist deutlich sichtbar, dass der Same 
der herniösen Beeren relativ zu dem Fleische der 
Beere oft viel zu gross ist, ja in manchen Fällen 
erreicht derselbe ein Volumen, welches selbst abso- 
lut genommen übertrieben scheint. Dass nicht der 
Same primär drückend und perforirend wirkt, geht 
daraus hervor, dass die Bruchöffnung bei Weitem 
nicht immer scharf begrenzt ist, sondern in der Re- 
gel einen mehr oder weniger grossen Hof von abge- 
storbener Epidermis zeigt und zwar von einer Be- 
schaffenheit, wie sie auch in vielen Fällen an davon 
entfernten Stellen als Epidermis-Grind vorkommt. 

Es galt hiernach durch künstliches Krankmachen 
der Epidermis (Oberhaut) den Samenbruch hervor- 
zurufen. Die ersten Versuche am 16. Juli 1868 und 
an den folgenden Tagen scheiterten, weil die Mehr- 
zahl der Beeren bereits halbwüchsig war, ein zwei- 
ter Versuch wurde vom 8. August an an einer 
zweiten Tracht von ganz jungen pfefferkorngrossen 
Beeren an .denselben Stöcken vorgenommen, welche 
man der aussergewöhnlich warmen Witterung des 
Sommers zu danken hatte. Freilich blieben auch 
hier mehrere Arten von Verletzung ohne Erfolg, so 
z. B. das Ritzen der Oberhaut, das Abschneiden 
flacher Schnittehen (Kugelsegmente), das Bestreuen 
der Beeren mit Staub und Erdpartikelchen. Im er- 
steren Falle bildete sich an den Wundrändern Kork- 
gewebe und die Ritzen vernarbten, im zweiten ver- 
schrumpften die meisten Beeren, nur wenige ver- 
narbten, im dritten zeigte sich gar keine Wirkung. 

Dagegen zeigte der Versuch, durch stärkere 
Besonnung (Insolation) den Effekt zu erzielen, gute 
Resultate. 

Hoffmann sagt hierüber: Da die Erscheinung 
spontan fast in allen Fällen nur an solchen Stellen 
vorkam, wo die Sonnenstrahlen sehr stark auffielen, 
und gerade die ungewöhnliche Sonnengluth dieses 
Sommers hier anscheinend seit Jahren zum ersten 
Mal das Phänomen zu Wege gebracht hatte, so lag 
die Vermuthung nahe, dass die Insolation dabei eine 
wesentliche Rolle spiele, dass eine partielle Aus- 
trocknung oder Verbrennung hier stattfinden möge. 
Vom 8. Juni an, wo die Vollblüthe des Weinstocks 
stattfand, bis zum Ende des Monats, war der Sonnen- 
schein so intensiv, dass er das Quecksilberthermo- 
meter bis auf 37,50 R. erwärmte. 


e 


9) 


Die seltenen Fälle, wo herniöse Beeren an be- 
schatteten Stellen angetroffen wurden, liessen immerhin 
die Erklärung zu, dass diese Stellen einige Wochen 
vorher noch nicht durch Blätter versteckt, also gleich- 
falls der Sonne ausgesetzt waren. Man konnte hierbei 
daran denken, dass durch einzelne kleine Wasser- 
tropfen, durch wiederholt vorgekommene Sprühregen 
zur Zeit des intensivsten Sonnenscheines, eine Linsen- 
wirkung wie durch ein Brennglas stattgefunden haben 
möge. Vom physikalischen Standpunkte betrachtet, 
ist ein soleher Vorgang durchaus möglich; es kam 
also nur darauf an, wirklich auf diesem Wege eine 
örtliche Versengung in's Werk zu setzen, einschliess- 
lich der vermutheten Folge, nämlich der Dislokation 
des Samens. Bringt man auf den Handrücken einen 
Wassertropfen und lässt dann mittelst einer Sammel- 
linse die Sonnenstrahlen im Brennpunkte durch diesen 
Tropfen hindurch auf die Haut fallen, so empfindet 
man sofort denselben empfindlich stechenden Schmerz, 
als wenn die Haut ganz nackt und trocken wäre, 
und zwar weit früher, als die ersten Zeichen einer 
beginnenden Verdunstung des Tropfens bemerkbar 
werden. Bringt man einen kleinen Wassertropfen 
auf eine Trauben-Beere und lässt das Brennglas 
2—10 Minuten auf die Stelle wirken, so entsteht 
alsbald eine weissliche, opale Verfärbung der be- 
treffenden Epidermis; 24 Stunden später sieht man 
an. diesem Punkte einen braunen Fleck, der bald 
danach schwarz wird. Die so geschwärzte Epidermis- 
Partie liegt entweder flach auf, oder hebt sich all- 
mählich mit schwacher Wölbung in die Höhe. Weiter- 
hin bildet sich um diese Stelle ein blass holzbrauner 
Hof, ungefähr von demselben Ansehen, wie wir ihn 
oben kennen gelernt haben. Oft hat diese Opera- 
tion die Folge, dass die Beere sich nicht weiter 
entwickelt, vielmehr ohne zu verschrumpfen die der- 
malige Grösse bis zu Ende beibehält; in anderen 
Fällen verschrumpft dieselbe, oder fällt ab; in noch 
anderen Fällen tritt eine wirkliche Dislokation des 
Samens ein, entweder eben nur angedeutet, oder 


vollständiger ausgebildet. Da trotz dem aufmerk- 
samsten Suchen zu dieser Zeit (von der zweiten 


Tracht nämlich, am 23. September) keine einzige 
spontan herniöse Beere mehr aufgefunden werden 
konnte (was auch für das Folgende gilt), so ist nicht 
wohl gestattet, hier ein zufälliges Zusammentreffen 
anzunehmen.. Eine Voraussetzung, durch 
das Folgende bestätigt wird. 

Es wurden nämlich zu wiederholten Malen auf 
die jungen Beeren zweiter Tracht während des 
heissesten Sonnenscheins ganz einfach Wasser- 
tropfen gebracht, bald mit der feinen Brause, bald 


welche 


326 


mit dem Finger. (Es verdient hierbei bemerkt zu 
werden, dass die Insolation zu dieser Zeit sehr in- 
tensiv war, so dass das Quecksilber - Thermometer 
z. B. am 17. August auf 39,2° stieg.) In der Mehr- 
zahl der Fälle diese Manipulation ohne alle 
Wirkung; in einigen aber zeigte sich mehrere Wochen 
später vollständig ausgebildete Hernie. In Allem bis in 
das Kleinste zeigte sich eine vollständige Ueberein- 
stimmung mit den Eingangs geschilderten Fällen von 
spontan aufgetretener Hernie, und dieselbe Betrach- 
tung, wie im vorigen Falle, schliesst den Verdacht 
aus, dass wir es hier mit einem zulälligen Zusammen- 
treffen zu thun haben. 


blieb 


Indess muss ich bemerken, 
dass damit jedenfalls noch nicht Alles aufgeklärt war, 
was hier in Frage kommt. Im Jahre 1869 nämlich 
sind meine Versuche, künstliche Hernie zu erzeugen, 
im Wesentlichen erfolglos geblieben. Sei es, dass 
der (schwächere) Sonnenschein während der ent- 
scheidenden Zeit den Erfolg versagte, oder dass 
überhaupt der rechte Moment für die Operation nicht 
getroffen wurde. Allem Vermuthen nach wurde der 
Versuch, des vielfach kühlen und düsteren 
Wetters, allzu lange verschoben. Die ersten Be- 
sprengungen der: (1“' langen) Beeren mit Wasser 
fanden am 4. Juli und weiterhin statt; es traten 
braune Flecken auf, aber weiter nichts. Die ersten 
Versengungen mittelst der Linse begannen am 19. Juli, 
zu einer Zeit, wo bereits (diesmal sehr vereinzelt) 
spontane Hernien in voller Ausbildung beobachtet 
wurden. Diese Anbrennung geschah theils direkt, 
theils durch einen aufgelegten kleinen Wassertropfen. 
Vielfach hörte damit das weitere Wachsthum der 
betreffenden Beere auf; in anderen Fällen wuchsen 
die Beeren normal zur vollen Grösse und zeigten nur 
einen kleinen, runden Brandfleck. In einigen wenigen 
Fällen stellte sich eine stärkere Affektion ein: Ver- 
schrumpfung eines grossen Theiles der Beere in der 
Umgegend der gebrannten Stelle, so dass der Same 
die (abgestorbene) Oberhaut berührte, doch ohne 
deutliche Perforation, sowie ohne Dislokation. In 
diesen Fällen war das trennende Fleisch zwischen 
dem Samen und der Oberhaut durch den Schrum- 


wegen 


pfungsprozess geschwunden. 

Die vegetative Entwickelung der Beeren war in 
diesem Jahre weit früher abgeschlossen, als im 
vorigen; zweites Blühen und damit zweiter Frucht- 
ansatz wurde nirgends beobachtet. 

Ein unmittelbares Anbrennen mit der Flamme 
eines Zündhölzchens ergab (1868) nur sehr unbe- 
friedigende Resultate, vermuthlich deshalb, weil die 
Verletzung hier viel zu weit greift, und es nicht 
ausführbar schien, dieselbe auf einen so kleinen Punkt 


zu beschränken, wie dies bei der spontanen Ektopie 
offenbar der Fall ist. In der Regel verschrumpften 
die angesengten Beeren bald mehr oder weniger 
vollständig, viele fielen weiterhin ab; einige aber, 
bei denen die Verletzung nur sehr gering gewesen 
war, zeigten in sofern wenigstens einen Anfang der 
Dislokation, als der Same bis dieht an die gebräunte 
Cutis vorgedrungen war, ohne jedoch dieselbe jemals 
wirklich zu durchbohren. 

Im Jahre 1870 nahm ich sehr bald nach dem 
Abblühen zwischen dem 15. und 24. Juni (Vormittags 
8 Uhr bei hellem Sonnenschein) bei 15 Trauben an 
zahlreichen Beeren das Anbrennen mit der Linse 
(ohne Wassertropfen) vor. Es entwickelte sich indess 
bei keiner einzigen eine ächte, äusserlich sichtbare 
Hernie des Samens; beim Durchschneiden der an- 
gewachsenen Beeren aber ergab sich, dass in sehr 
vielen Fällen einer der Samen thatsächlich in be- 
sinnender Ektopie begriffen war, indem er an der 
gesengten Stelle bis dicht an die Beerenschale sich 
gestreckt und angedrückt hatte. (Die gesengten 
Stellen zeigten einen schwarzen, runden Schorf von 
1 Mm. Durchmesser, umgeben einem hellen, 
erdfarbigen Rande.) 

Auch in diesem Jahre traten an einigen Beeren 
dieser und anderer Weinstöcke spontane Hernien 
in früherer Weise auf, allerdings sehr spärlich. Die 
Affektion zeigte sich zuerst Anfangs Juli; sie begann 
mit einer erdfarbigen Schrunde oder rauhen Stelle 
der Oberhaut, welche dann platzte; darauf wuchs 
aus der Tiefe her der Samengipfel in die Lücke 
hinein und füllte allmählich den sich proportional 
erweiternden Riss mehr oder weniger genau aus. 

Aus allem Diesem schloss ich, dass wir es im 
vorliegenden Falle mit einer wirklichen Verbrennung, 
ınit einem wahren Sonnenstich unter Mitwirkung des 
Wassers, auf einer frühen Vegetationsstufe, zu thun 
haben. Man kann, wie man sieht, das Phänomen 
künstlich hervorrufen, allerdings unter der schwer zu 
erfüllenden Voraussetzung, dass man gerade den 
richtigen Grad der Verbrennung trifft. Ich will hin- 
zufügen, dass man nach der Aussage eines erfahre- 
nen Weinbauers am Rheine die Erscheinung künst- 
lich auch dadurch erzeugen kann, dass man die 
Weinreben im Juni oder Juli stark entblättert. Er 
nannte sie den Sonnenbrand. 

Im Jahre 1871 gelang es endlich, jeden Zweifel 
über die Natur dieser merkwürdigen Affektion zu 
heben, indem es in einer ganzen Reihe von Fällen 
slückte, dieselbe künstlich zu erzeugen, und zwar 
dureh Anbrennen mittelst der Linse, der Art, dass 
der Sonnenstrahl durch einen auf die Jungen Beeren 


von 


327 


gebrachten Wassertropfen geführt wurde. Diese Ope- 
ration wurde am 14. Juli und den folgenden Tagen 
an 8 eben abgeblühten Trauben vorgenommen, und 
zwar bei jeder an beiläufig 10 Beeren, damals etwa 
von 1 Lin. Länge. Das Sengen wurde theils längere, 
theils kürzere Zeit fortgesetzt (1—4 Minuten); und 
schon am 17. August waren 6 von den stärker ge- 
brannten Beeren bereits deutlich mit Hernien ver- 
schiedenen Grades versehen. Bei einer der Beeren 
war der Same nun fast 1 Linie weit ausgetreten, 
während die Beere nahezu ausgewachsen war; bei 
einer anderen 2 Mm., und zwar war letzteres inner- 
halb 2 Tagen geschehen, während sonst eine weit 
längere — übrigens ungleiche — Zeit für das Zu- 
standekommen einer Hernie erforderlich ist. 

Bei mehreren Beeren, welche keine Hernie aus- 
gebildet hatten, zeigte der Durchschnitt zu Ende 
Augusts, dass an der betreffenden Seite sich nur 
atrophische Eier statt richtiger Samen befanden, wie 
dies so oft vorkommt, wodurch dann selbstverständ- 
lıch das Protuberiren eines Samens aus rein inner- 
lichen Gründen unmöglich gemacht wurde. — Das 
Austreten des Samens, überhaupt der erste Anfang 
der Hernie, trat stets — wie tägliche Beobachtung 
zeigte — entweder unmittelbar neben dem schwar- 
zen Brandschorfe (von 1 Mm. Durchmesser) auf, 
oder in ihm selber, denselben zersplitternd und all- 
mählich abstossend. Alle sehr schwach gebrannten 
Beeren zeigten äusserlich nichts, oder nur Schlaff- 
werden der Cutis; die zu stark gebrannten waren 
nicht weiter gewachsen, sondern mehr oder weniger 
bald durch Schrumpfung zu Grunde gegangen. Die 
Verbrennung muss also eine ganz bestimmte Intensität 
und Tiefe haben. — Spontane Hernie wurde bis da- 


hin nicht beobachtet; sie trat sehr vereinzelt vom | 


18. August an auf. 

Angemerkt muss noch werden, dass Bena- 
sung der Beeren durch Insekten, welche 
Mitte Juli — also in ganz jugendlichem Zustande — 
beobachtet wurde, bei einer einzelnen Beere gleich- 
falls Veranlassung zu schwachem Samen-Vorfall gab, 
während die übrigen Beeren verheilten und normal 
auswuchsen. Selbst frühzeitigses Anschneiden mit 
dem Messer kann mitunter ziemlich ähnliche Erschei- 
nungen herbeiführen. 

Es ist daraus zu schliessen, dass mechanische 
Verletzungen der ÖOberhaut aus vielleicht mehreren 
und verschiedenen Veranlassungen die Ursache der 
Samen-Hernie abgeben und dass dabei die Versen- 
sung durch die Sonne wohl in erster Linie steht. — 

Wir möchten hierzu noch bemerken, dass der 
von Masters in seiner Vegetable Teratology p. 183 


| 


abgebildete Fall, wo in Weinbeeren, die vor der 
Reife aufplatzten, wieder kleine Beeren gefunden 


wurden, die die Lage der Samen einnahmen, auch 
hierher zu gehören scheint. Die Adventiv- Beeren 
sind leider nicht durchschnitten gezeichnet, so dass 
man nicht ersieht, ob sie wirklich mehrere Samen 
enthielten oder nur einen; im ersteren Falle würde 
es dann ein anderes Verhältniss sein; der ganzen 
Abbildung nach scheint es aber dasselbe wie bei 
Hoffmann. 

Die sog. Doppelbeeren, die man mitunter 
ebenfalls bei Weintrauben findet, gehören selbstver- 
ständlich nicht hierher: diese entstehen meist da- 
durch, dass sich auf einem gemeinsamen Stielchen 
resp. innerhalb eines gemeinsamen Kelches zwei 
Övarien, die späteren Beeren, ausbilden, ähnlich wie 
dies bei Doppelkirschen ete. vorkommt. 


Allerlei 
aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


XI. 

Seiner Zeit wurde in der Wochenschrift von 
Seiten des Bremer Gartenbau-Vereines aufgefordert, 
für neu anzulegende Friedhöfe Entwürfe für 
deren Anlage einzusenden. Für die besten wurden 
Preise ausgesetzt. Nach Privat-Mittheilungen sind 15 
Entwürfe eingegangen. Von ihnen haben die beiden 
von Karl Janke in Aachen den 1. Preis von 1500 
Mark gewonnen, während die zweiten Preise von 
600 Mark den Plänen von A. Hoof in Harbke bei 
Helmstädt und von J. C. W. Heins in Bremen zu- 
gesprochen wurden. Die Preisrichter waren Ober- 
baurath Schröder, Hofgärtner Ohrt in Oldenburg 
und Öbergärtner Nagel in Bremen. Die Kosten der 
Ausführung sind auf 634,000 Mark veranschlagt. 

Die Wiener Weltaustellung im nächsten Jahre 
scheint grosse Dimensionen anzunehmen. Nach einer 
uns zugekommenen Mittheilung ist die Betheiligung 
Deutschlands 4 Mal grösser, als die bei der 1867 in 
Paris. Es scheint Ehrensache der Deutschen bei 
uns zu sein, die österreichische Weltausstellung in 
ihrem Glanze möglichst zu erhöhen. Die Kaiser- 
liche Gartenbau -Gesellschaft in Wien hat ein um- 
fassendes Terrain erhalten, um gärtnerischer Seits 
für Ausschmückung Sorge zu tragen; sie wird aber 
auch zu verschiedenen Zeiten vier Pflanzen- und 
Blumen-Ausstellungen veranstalten und für jede der- 
selben ein besonderes Programm aufstellen, und zwar 
mit allgemeiner Konkurrenz. Jedermann, auch ausser- 
halb Oesterreich, kann sich nicht allein mit Produk- 
ten aller Art aus dem Pflanzenreiche betheiligen, es 


zwei 


wird sogar von Seiten der Gartenbau-Gesellschaft in 
Wien für jede Erleichterung gesorgt werden. 

Von Seiten der Landeskommission für die Wiener 
Ausstellung ist für Obst-, Wein- und Gemüsebau ein 
besonderer Kommissär ernannt worden. Abgesehen 
von dem Terrain für Betheiligung an den von Seiten 
der Gartenbau-Gesellschaft in Wien festgesetzten 
Ausstellungen durch Deutsche, hat die Central-Kom- 
mission in Wien für Deuschland besonders noch 32 
Quadratruthen zur Verfügung gestellt, auf denen zu- 
nächst preussischer, wahrscheinlich aberauch deutscher 
Seits die gangbarsten Kultur-Methoden der Weinrebe 
im Grossen vorgelührt werden sollen. Dieser Auf- 
stellung soll sich eine andere, welche die hauptsäch- 
lichsten Kultur- Methoden der Weinrebe in Oester- 
reich-Ungarn vorführt, anschliessen. Der bekannte 
Pomolog Freiherr v. Babo steht hier an der Spitze. 


. . . 
Ueber die Rhein-Regulirung. 
Betreffs der Rhein-Regulirung erhalten wir fol- 
gende berichtigende Zuschrift, die wir bei der Wich- 
tigkeit des Gegenstandes vollständig mittheilen: 
Verehrliche Redaktion! In der Wochenschrift 
vom 14. d. finden sich die folgenden Aeusserungen 
über die Stromregulirungen im Rheingau: 

„Als vor einigen Jahren Regulirungen am 
Rheinstrome vorgenommen werden sollten, wi- 
derstrebten die Wein bauenden Bewohner der 
Gegend, wo die Regulirung vorgenommen wer- 
den sollte, weil sie fürchteten, dass jede Aen- 
derung in den Terrain-Verhältnissen der Güte 
ihrer Weintrauben und folgerecht auch ihres 
Weines Abbruch thun könnte. Von Seiten der 
Regierung wurde den Wünschen und Klagen 
in sofern Rechnung getragen, als man nach 
verschiedenen Richtungen hin Sachverständige 

Sie sah sich aus dieser Ursache ge- 
nöthigt, noch eine längere Zeit vorübergehen 
zu lassen, bevor sie die durchaus nothwendige 
Regulirung des Flusses vornehmen konnte, 
hachdem schliesslich die Sachverständigen sich 
zu ihren Gunsten entschieden hatten. Seitdem 
ist die Regulirung geschehen und man hat 
keine der Weinkultur und der Güte des Wei- 
nes nachtheiligen Folgen bemerkt. Die Be- 
wohner der Umgegend haben sich ebenfalls be- 
ruhigt.“ 

Offenbar haben Sie diese Information von 


berief. 


Je- 


mand erhalten, welcher es weder mit der Wahrheit, 
noch mit dem Rheingau gut meint. Es sind die 
viel besprochenen Strombauten im Rheingau im No- 
vember 1867 auf Befehl Seiner Majestät des Königs 
sistirt und seitdem — Dank der Gerechtigkeit und 
Weisheit unseres Kaiser-Königs — noch nicht wieder 
aufgenommen worden. Die Verhandlungen über 
diesen wichtigen Gegenstand sind überhaupt noch 
nicht zu einem Abschluss gelangt. Ganz gewiss hat 
man also noch keine der Weinkultur nachtheiligen 
Folgen bemerkt! Aber beruhigt hat sich über 
das Schicksal des Rheines im Rheingau noch Nie= 
mand! 

Die Rheingauer wissen nicht nur, dass sie der 
weiten Wasserfläche im Süden ihrer Rebenhügel 
die Güte ihrer Weine wesentlich verdanken; sie 
wissen auch aus Erfahrung, dass die Verlandung — 
nach vorausgegangener langjähriger Versumpfung — 
eines grossen Theiles des Rheines den Gesundheits- 
zustand des Rheingaues in der allerernstesten Weise 
bedroht und dass diese Gegend, diese Lieblings- 
stätte der Touristen aller Länder, die weite Wasser- 
fläche und die malerischen Inseln nicht verlieren 
kann, ohne von ihrer Schönheit viel einzubüssen. 
Ueber das Alles ist kein vernünftiger Mensch im 
Rheingau im Zweifel und zum grossen Theile sind 
die Befürchtungen der Rheingauer für ihre Gesund- 
heit und für ihren Weinbau in denjenigen Gutachten 
als wohlbegründet anerkannt, welche die Regierung 
von Sachverständigen eingezogen hat. 

Was endlich die Unterstellung absoluter 
Nothwendigkeit der hier gedachten Strombauten 
im Rheingau betrifft, so würde eine Berichtigung 
solcher Ansicht an dieser Stelle zu weit führen. Es. 
mag hier nur noch einmal gesagt sein, was schon 
so oft und von Tausenden ausgesprochen wurde: 
dass die Ausführung der Strombauten im Rheingau, 
wie solche im Jahre 1867 beabsichtigt war, und 
überhaupt die Verringerung des Wasserspiegels da- 
selbst bis auf 400 Metres Breite und darunter, eine 
himmelschreiende Ungerechtigkeit gegen die Bewoh- 
ner des Rheingaues zu Gunsten — nicht der Schiff- 
fahrt, sondern nur einiger reichen Dampfschlepp- 
schiflfahrts - Gesellschaften sein würde. Denn die 
Personen - Dampfboote bedürfen dieser Rhein - Ver- 
wüstungen nicht, und die Kleinschifflahrt, eben so. 
wie die Flösserei wollen sie nicht! 

Indem ich um Aufnahme dieser Zeilen in Ihr 
geschätztes Blatt ersuche, zeichne ich mit vorzüg- 
licher Hochschätzung L. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 2. Berlin, a 19, . October. 1872 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug dureh den Buchh andei, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch- Fir a Post-Vereines. 


Sonntag, den 27. October, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48 
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die Bechrien Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Hof- Bartk- Bol Borenen! — Die Gen ren: eigs (Schluss). — Betheiligung des Cr zu 
Danzig an der Säkularfeier in Marienburg. — Der Schlossgarten von Augny. — Ueber die winterliche Färbung immergrüner 
Gewächse. — Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XII. — Die definitiven Ergebnisse der Obsternte in Bayern pro 1871. 


6: : I ya B 2 ) 2 sich auch der Gärtnerei gewidmet hatte, im Kriege 
Hof- arten- nspektoi OFERETS. gegen Frankreich zu verlieren, und ist dies um so 
Am 28. September endete endlich der Tod die | mehr zu beklagen, indem derselbe jetzt eine wesent- 
namenlosen Leiden unseres Freundes und Kollegen, | liche Stütze der Seinen ausmachen könnte. 
des Hof-Garten-Inspektors Borchers, und können Der Verewigte war seit 1851 Vorstand der Kö- 
wir dem lieben Gotte nicht dankbar genug sein, dass | nigliehen Obstbaum-Plantage zu Herrenhausen, Vor- 
er ihn endlich erlösete. stands-Mitglied des Gartenbau-Vereins zu Hannover, 
Der Verewigte hatte seit Jahren eine kleine Warze | mehrerer Gartenbau-, pomologischer und landwirth- 
an der linken Seite der Backe, die er vor ungefähr | schaftlicher Gesellschaften korrespondirendes oder 
einem Jahre durch Abschneiden selbst entfernt hatte. | Ehren-Mitglied. 
Die entstandene Wunde wollte nicht wieder zuheilen Borcehers hat auf dem Gebiete der Garten- 
und wurden sogenannte Hausmittel angewandt, die | Literatur viel geleistet und wusste er mit der Feder 
das Uebel nur verschlimmerten. Als endlich ärztliche | umzugehen. Sein neuestes Werk: „Anleitung zur 
Hülfe in Anspruch genommen wurde, hatte die Wunde | Vervollkommnung des Obstbaues ete.“ wird ihm ein 
einen so bösartigen Charakter angenommen, dass die | bleibendes Denkmal unter den deutschen Pomologen 
Doctoren das Uebel als Hautkrebs konstatirten. | sichern. Die Beschreibungen der einzelnen Obst- 
Die Leiden, die unser Freund nun durchzumachen | Sorten zeugen von dem eisernen Fleisse und von der 
hatte, sind der Art gewesen, dass meine Feder zu | grossen Ausdauer, mit der sich der Geschiedene für 
schwach ist, sie zu beschreiben; nur das sei gesagt, | diese Sache interessirte. 


dass Borchers halbes Gesicht, das linke Auge und Friede seiner Asche! 
die halbe Nase buchstäblich vom Krebse zerfressen | Herrenhausen bei Hannover, den 4. Octbr. 1872. 
und endlich der Schlund angegriffen wurde, in Folge W. Tatter, Hof-Gärtner. 


dessen eine allmähliche Verhungerung statt fand. 
Die Leiche umstanden eine Wittwe und vier un- 


n P : | Te “ AN 
versorgte Töchter, denen der Dahingeschiedene stets | Die Gär te N bı aunschw eigs E 

ein liebevoller Gatte und sorgsamer Vater gewesen (Schluss. 

ist. Die älteste Tochter ist in Kairo verheirathet. Ist so in kurzen Umrissen ein allgemeines Bild 


Borchers hatte das schwere Geschick zu er- | der bedeutenderen Gärten Braunschweigs segeben, 
tragen, seinen einzigen hoffnungsvollen Sohn, der | so möchten wir zum Schluss noch auf einen Umstand 


| 
42 


330 


aufmerksam maclten, der einer strengen Inbetracht- 
nahme werth sein möchte. Sowohl in den grösse- 
ren Parkanlagen als auch auf den Promenaden fin- 
det der Beschauer auch nieht die geringste Bezeich- 
nung zur Erkennung des Namens der Gesträuche 
und Bäume, und doch ist gerade in der genauen 
Bezeichnung der Gattung und Art, der Familie, des 
Vaterlandes, des etwaigen Nutzens u. S. w. ein so 
reiches Feld für das Studium geboten und so mancher 
Baum würde einer genaueren Beachtung gewürdigt 
werden, wenn dem Laien durch derartige Notizen 
ein Anhalt geboten würde. Nirgends haben wir dies 
so gut und lehrreich eingerichtet gefunden, als in 
den öffentlichen Anlagen in Breslau, wo durch die 
eifrigen Bemühungen des Geheimrath Professor Dr. 
Göppert es gelungen, für jede, selbst unscheinbare 
Pflanze eine Tafel mit obigen Angaben zu beschaffen. 
Es ist wohl nicht zu läugnen, dass mit der Erken- 
nung der Pflanzen, auch das Interesse dafür ein rege- 
ganz entschieden würden viel weniger 
der 


res wird, un 
Frevel und Zerstörungen an den Pflanzungen 
öffentlichen Anlagen vorkommen, wenn dem grösse- 

durch die eben angeregten Bezeich- 
neues Feld der Beobachtung geöffnet 
Die Kosten für Anschaffung der Tafeln und 
die Bezeichnung derselben kaum in die 
Waasschale fallen, wenn man den grossen Nutzen 
ın Betracht zieht, welcher dadurch der Allgemeinheit 
seschaffen wird. 

Wie der Gartenbau in Bezug auf Blumenzucht, 
Gemüsebau und Parkanlage in letzteren Jahren einen 
merklichen Aufschwung in Braunschweig genommen, 
so ist der Speecialität Braunschweigs, dem Spargel- 
bau, gleichfalls ein bedeutendes Feld geboten, und 
die gemachten und bereits projektirten Anlagen in 
dieser Beziehung werden nicht unwesentlich zur all- 
semeinen Wohlfahrt beitragen. 

Aber auch der Samenbau, namentlich der der 


ren Publikum 
nungen ein 

würde. 
würden 


Gemüse, ist in Braunschweig in würdiger Weise ver- 
Renommee wird durch 
verschiedene Aıt fort und fort be- 
wahrt. Das grösste der Art ist das unter der Firma 
E. €. C. Wrede seit Jahren 
wenn auch nicht in so ausgedehntem eigenem An- 
doch auf meh- 
Morgen Theil 
der Gemüsesamen erzielt. Die Samengeschälte von 
L. Markworth, Fr. Scholkemeyer, Georg Kallmeyer 
und Rust bauen auf entsprechenden Flächen für ihren 


altbewährte 
der 


treten und das 


Geschäfte 


bestehende, welches, 


bau, wie die Quedlinburger Geschäfte, 


reren Hunderten von einen grossen 


Bedarf und haben meist umfangreiche. Geschäfte. 


Als Specialitäten des hiesigen Samenbaues sind be- 


rüben, Braunsehweiger Cichorien, Winnigstedter Kopf- 
kohl, Braunschweiger platter Weisskohl. 

Sind hier viele Gärtnereien nicht speeiell auf- 
geführt, so lag dies weniger darin, dass sie zu den 
ganzen Bilde nicht passten, sondern weil der Rah- 
men ein viel zu beschränkter war, um Alles zu nen- 
nen; möge deshalb darin keine Nichtbeachtung oder 
Zurücksetzung gefunden werden. Möchten diese apho- 
ristischen Bemerkungen und Andeutungen aber dazu 
beitragen, ein gemeinsameres und einheitlicheres 
Streben und Zusammenwirken der hiesigen gärtneri- 
schen Kräfte mehr und mehr zu entwickeln und da- 
durch die Gärtnerei Braunschweigs zu grösseren 
Emporblühen zu bringen. Bouche. 


Betheiligung des Gartenbau-Vereins 


zu Danzig 


bei der Säkularfeier in Marienburg, 
in den Tagen vom 12.—14. September cr. 
Von Julius Radike, Danzig. 

Der Grund, weshalb einzelne Vereins-Mitglieder 
die Idee sofort lebhaft erfassten, den Verein bei der 
Säkularfeier in Marienburg möglichst würdig auftreten 
zu lassen, ist wol klar und einfach aufzufinden. 

Der Danziger Gartenbau - Verein, durch den 
Schreiber dieser Zeilen vor nun 15 Jahren begründet 
und ins Leben gerufen, ist die einzige vereinigte 
Körperschaft wirklicher Gärtner und Gartenfreunde in 
der Provinz Westpreussen, und musste derselbe des- 
halb, wollte er sich nicht ein Armuths-Zeugniss der 
allerschlimmsten Art selbst ausfertigen, den aus allen 
Theilen der Provinz in Marienburg zusammen strö- 
menden Fremden Zeugniss ablegen, auf welcher Stufe 
sieh die Garten-Kultur in den verschiedenen Zweigen 
der Gärtnerei bei uns befinde und ob sie ebenbürtig 
Schritt halte mit den längst anerkannten gärtnerischen 
Leistungen der südlicheren Provinzen Deutschlands, 
welche durch Klima, bessere Verbindungswege und 
reichere Geldmittel weit mehr als unsere Heimath 
bevorzugt sind. 

Die dem Verein gestellte Aufgabe war um so 
ehrenvoller, weil derselbe in Gemeinschaft mit anderen 
Korporationen, diese mit ihren provinziellen Leistun- 
sen und unser Gartenbau - Verein in seiner Weise 
unserem allverehrten Landesheirscher, Sr. Majestät 
dem Kaiser Wilhelm, beweisen sollte, welcher Grad 
der Entwickelung auch auf dem Gebiete der Gärtnerei 
unter der weisen Regierung der Hohenzollern sich in 
der Provinz Westpreussen in dem Zeitraum von 
hundert Jahren herausgearbeitet und gebildet habe 


sonders zu betrachten: Braunschweiger lange Mohr- | und wie ein eifriges Streben nach immer edleren 


331 


Zielen auch in diesem fernen Gebiete des deutschen der lorbeergekrönte, grosse König seine ersten Re- 


Vaterlandes nicht ruhe und raste, wie dies ja stets 
jedes deutschen Mannes ehrliches und aufrichtiges 
Bemühen gewesen ist und so Gott will zur Ehre der 
deutschen Nation auch bleiben wird. 

Wie sah es aber vor hundert Jahren in unserer 
Provinz aus und was haben wir in unseren jüngeren 
Jahren darüber gelernt? 

Seit der unglücklichen Schlacht bei Tannenberg 
im Jahre 1410 geht der deutsche Orden, der erste 
Pfleger auch der Gartenkultur in unserer Provinz, 
seinem unaufhaltsamen Untergange immer mehr ent- 
gegen, nichts kann ihn mehr von der Unterdrückung 
des damals so mächtigen Slawenreiches, des König- 
reiches Polen, erretten. Als Bundesgenossen zogen 
die Polen in unser Land ein, als Herren und Unter- 
drücker behielten sie es. So schien denn Alles für 
die deutsche Sache verloren, nur ein Brandenburger, 
der Kurfürst Friedrich II., wusste wenigstens einen 
Theil des Ordensstaates, die Neumark, vorläufig den 
Polen zu entwinden. So ging es in stetem Kampfe 
und Ringen auf und ab, und welche Leiden gerade 
unsere Provinz unter dem knechtischen Druck der 
polnischen Herrschaft ertragen hat, sehen wir am 
deutlichsten daraus, wenn wir erfahren, dass, als 
endlich am 27. September 1772 König Friedrich I., 
dem die Nachwelt den Beinamen des Grossen ge- 
geben hat, nach ruhmvoller Beendigung der schlesi- 
schen Kriege unsere Provinz dem Königreich Preussen 
zurückerwarb und damit der deutschen Bildung und 
Gesittung wieder erschloss, es erschrecklich in West- 
preussen aussah. Ganze Dörfer und Städte waren 
niedergebrannt und von den Einwohnern verlassen, 
oder letztere erschlagen. Zerschossene und halb 
niedergebrannte Wohnstätten, die keine Besitzer mehr 
hatten, fanden sich nicht nur zu Dutzenden, sondern 
zu 60—70 Stück in jeder kleinen Stadt. Auf dem 
Lande glichen die gesegneten Fluren, besonders des 
Weichsel- und Nogatthales, grossen, wüsten, ver- 
wilderten Steppen, auf denen die stacheligen Disteln, 
Kletten und andere Unkräuter sich längst als einzige 
Kulturpflanzen breit gemacht hatten. Die von den 
Ordensrittern sorgfältig bei allen von ihnen erbauten 
Burgen und Städten angelegten Obstgärten waren 
abgeholzt und zerstört und daneben sassen auf den 
rauchenden Trümmern ihrer Wohnungen die 
Verzweiflung gemarterten, in tiefem Hinbrüten ver- 
sunkenen und in Stupidität verkommenen Bewohner 
des Landes, schon längst gleichgültig und theilnahm- 
los von dem Uebermass des Schmerzes und der 
Schwere des Unglücks, welches sie ertragen mussten. 

So sah es bei uns vor hundert Jahren aus, als 


von 


simenter in die alte Marienburg einrücken liess, und 
mit ihnen deutsche Treue, Energie und Ausdauer 
wie mit einem Schlage in diese wahrhaft schreck- 
liche polnische Wirthschaft und Verkommenheit hin- 


einpflanzte. 
Zuerst ungläubiges Staunen der Bevölkerung, 


dann bald neu erwachte und neu belebte Hoffnung 
heftete sich an die neue, biedere Verwaltung, und 
wenn der grosse König auch oft mit Gewalt und 
strengem Gebot den verdummten Sinn der Bewohner 
zwingen lassen musste, so dass z. B. jeder Bauer 
eine bestimmte Stückzahl von Obstbäumen pflanzen 
und gewisse Scheffel Kartoffeln aussetzen musste, 
so können wir heute, nach hundert Jahren, diese 
weise Energie nur dankbar anerkennen. 

Diese und ähnliche Gedanken schwirrten dem 
Schreiber dieser Zeilen durch den Kopf, als in der 
Monatsversammlung vom 12. August c. der Antrag 
gestellt wurde, dass eine Betheiligung des Vereins 


bei der Säkulärfeier stattfinden möchte. Die Geld- 
mittel, wenigstens die allernöthigsten, waren bald 


dureh freiwillige Zeichnungen und durch einen Zu- 
schuss, welchen die landwirthschaftliche Sektion uns 
zur Verfügung stellte, gedeckt. Nun erliess der Vor- 


stand Anschreiben an Gärtner, Gutsbesitzer und 
Gartenfreunde in der Provinz mit der Bitte, sich 


durch Einsendung freiwilliger Gaben an Obst und 
Gemüse bei der dekorativen Aufstellung des Garten- 
bau-Vereins zu Danzig bei den Festlichkeiten in 
Marienburg zu betheiligen. Die Gärtner des Vereins 
sagten besonders Sendungen zu, die sich noch ausser- 
dem vornämlich auf dekorative Blattpflanzen und 
abgeschnittene Blumen erstreckten. Bei der hierauf 
folgenden Zusammenkunft eines Ausschusses, der 
die näheren Details zu ordnen hatte, acceptirte man 
eine von A. Lenz, Kunst- und Handelsgärtner zu 
Danzig, vorgeschlagene Disposition für die Gartenbau- 
Sektion, zu welcher Julius Radike in Danzig einen 
detaillirten Entwurf gezeichnet hatte, den derselbe 
mit Hilfe von Raabe demnächst neben der Feststrasse 
in Marienburg zur Ausführung brachte. Die kurze 
Beschreibung des Entwurfs und der Ausführung ist 
folgende: 

Auf zwei schrägansteigenden Stellagen, deren 
vordere Höhe an der Feststrasse 3 Fuss betrug und 
die bei einer Breite von 15 Fuss auf 4—41/, Fuss 
anstieg und dabei je 100 Fuss auf jeder Seite der 
Strasse diese einrahmte, waren vom Bahnhofe 
Stadt zugewendet auf der linken Stellage 2 Statuen 
auf hohen Podesten angebracht, von denen diejenige 


der 


der Flora sich aus einer Blumenschale, diejenige der 


42” 


332 


Pomona sich aus einer reich mit Früchten geschmück- 
ten Schale erhob. Zwischen den beiden Statuen war 
im Hintergrunde ein Tableau von gärtnerischen Ge- 
räthschaften plaeirt und davor eine Gruppe mannich- 
lach geformter Zierkürbisse aufgestellt. Rechts und 
links von beiden Statuen, den Enden dieser Stellage 
zublickend, hatte man Pyramiden des schönsten Ge- 
müses aufgethürmt. Gegenüber war eine ähnliche 
Stellage von gleichen Dimensionen erbaut und die 
Ausschmückung derselben in landschaftlich gärtne- 
rischem Geschmack gehalten. Im Mittelpunkte der- 


selben thronte zwischen Lorbeerbäumen, Palmen, 
Dracaenen und ähnlichen Pflanzen die Büste des 
Kaisers, geziert mit einem Lorbeerkranze. Rechts 


und links weiter abstehend erhoben sich zwei statt- 
liche Blattgruppen. Einen künstlichen Rasen hatte 
man auf beiden Stellagen recht passend durch schö- 
nes, grünes Moos erzielt und waren sowohl die 
Kaiseıgruppe wie auch die beiden anderen, eben 
erwähnten Blattgruppen durch eine symmetrische Ein- 
fassung von in Töpfen gezogenen Pyrethrum Par- 
thenium, fol. aureis variegatis; Alternanthera parony- 
chioıdes und Lobelia erinoides abgegrenzt. Ausser- 
dem befanden sich in 2 Nischen zwei Teppichbeete, 
welche von abgeschnittenen Georginen, Astern und 
sefüllten Zinnien nach Farben mosaikartig in gefälliger 
Form auf feuchten Sand gelegt worden waren. 

Von Interesse dürfte es sein, die Namen der 
Einsender, die sich bei dieser patriotischen und 
provinziellen Herstellung der Gartenbau-Sektion durch 
reiche Einlieferungen von schönem Obst an Aepfeln, 
Birnen, Pflaumen, Weintrauben, Pfirsichen, dann mit 
Melonen und von sehr gut ausgebildetem Gemüse 
an verschiedenen Kohlarten, Gurken, Zwiebeln, Porre, 
Sellerie, Möhren, verschiedenen Rübenarten, Pastinak, 
Bohnen, Erbsen ete. betheiligten. Es waren Ober- 
särtner Goetze- Bellschwitz, Rittergutsbesitzer 
Wächter- Janischau, Rittergutsbesitzer John- 
Kl. Wattkowitz, Rittergutsbes. von Flottwell- 
Lautensee, Rittergutsbesitzer Wienecke-Witto- 
min, Rittergutsbesitzer Ruperti-Grubno, Ritter- 
sutsbesitzer von Brauchitsch-Katz, Kommerzien- 
Rath ©. R. von Frantzius-Danzig, Kommerzien- 
Rath Böhm-Danzig, Baron von Paleske-Spen- 
sawsken, Kunst- und Handelsgärtner Schulze- 
Kulm, Kunst- und Handelsgärtner A. Rathke & 
Sohn-Praust, Kunst- und Handelsgärtner A. 
Lenz-Danzig, Garten - Inspektor Schondorff- 
Oliva, Landschalftsgärtner Julius Radike-Dan- 
zig, Kunstgärtner Raabe-Langfuhr, Kunst- und 
Handelsgärtner Rohde-Öhra, Kunst- und Handels- 
särtner Gebr. Reiche-Danzig, Kirchhofs-Inspek- 


tor Ehrlich-Danzig, Kunst- u. Handelsgärtner M. 
Raymann-Langfuhr, Kunst- und Handelsgärtner 
Hummler-Elbing, Kunstgärtner Blendowski- 
Holm bei Danzig, Kunst-Handelsgärtner Dahms- 
Neustadt W. Pr. 

Zu Anfang -der beiden Stellagen war je eine 
Rotunde, durch besondere Flaggenstangen abgegrenzt, 
angebracht; rechts in derselben hatte beim Einzuge 
Sr. Majestät die Gartenbau -Deputation Aufstellung 
genommen, während vis-a-vis in der anderen Ro- 
tunde die Vereinsmitglieder Platz fanden. 

Durch das Zusammenkommen der vielen wirk- 
lich schönen Gemüse, Früchte und Pflanzen war es 
denn auch möglich, eine dekorative Aufstellung der 
Gartenbau-Sektion zu ermöglichen, wie dies für einen 
Einzelnen niemals erreichbar 
freundlichsten Anerkennungen 


gewesen wäre. Die 
fehlten daher auch 


nicht und selbst die Allerhöchsten Herrschalten ha- 


ben sich nach der an mich ergangenen Mittheilung 
sehr beifällig über dies Arrangement ausgesprochen. 
Es dürlte unter diesen Umständen wohl als kein 
Fehlgriff anzusehen sein, wenn der Schreiber dieser 
Zeilen am Sonnabend, den 14. September er. Vor- 
mittags Sr. Majestät einen Lorbeerkranz neben der 
Gartenbau-Sektion überreichte, als der Kaiser die 
Feststrasse passirte, um. sich zur Parade der zwei- 
ten Division zu begeben. Se. Majestät nahmen diese 
Huldigung sichtlich erfreut auf und dankten huldvoll. 

Schliesslich will ich allen denjenigen, die durch 
ihre Einsendungen es möglich machten, ein so freund- 
liches Bild in der Reihe der festlichen Ausschmückun- 
gen in Marienburg zu schaffen, den wärmsten Dank 
sagen. 


Der Schloss-barten von Augny. 


Zu den schönsten und interessantesten Gärten 
bei Metz im nun deutschen Lothringen gehört der 
Schlossgarten zu Augny, einem Verwandten der Be- 
sitzer des grossen Garten-Etablissements von Simon- 
Louis freres in Metz und Plantieres, dem Banquier 
Emil Simon gehörig. Er liegt im Süden der Stadt, 
gegen 1!/, Meilen entfernt. Hinter ihm und zur 
Seite ziehen sich die Höhen von Gravelotte und 
Prepat, welche der deutschen Tapferkeit ein Denk- 
mal sind, wie wohl die Geschichte kaum ein anderes 
aufzuweisen hat. 

Deutsche Truppen lagen in dem Garten während 
der Belagerung der bis dahin für unüberwindlich 
gehaltenen Festung und fanden daselbst ein gutes 
Unterkommen, was die meisten anderen Truppen- 
theile leider lange Zeit entbehren mussten. Wer den 


333 


Garten früher nicht gesehen, wird nur wenig Spuren der 
feindlichen Besetzung finden; man sieht Reste ab- 
gehauener Bäume, während andere durch Stummel 
weggenommener Aeste sich auszeichnen. Wer den 
Garten aber früher gekannt, wird den Schmerz des Be- 
sitzers gerade darüber begreifen. "Was hier von 
Bäumen abgehauen oder doch wenigstens verstüm- 
melt wurde, bestand aus seltenen ausländischen Ge- 
hölzen und war erst wenige Jahre vorher mit Sorg- 
falt angepflanzt und hatte trotz des südlicheren Vater- 
landes der Gehölze freudig, man möchte sagen üppig 
getrieben. Eben deshalb war der Garten von Augny 
werthvoll. 

Jeder Freund schöner und seltener Gehölze 
wird aber mit dem Besitzer über diese Verwüstun- 
gen trauern. Es ist der Fluch des Krieges, der aber 
nicht deutscher Seits heraufbeschworen, sondern von 
den Franzosen mit einem Uebermuth und mit einem 
Leichtsinn, wie man kaum in der Geschichte kennt, 
angefangen und geführt wurde. Genau dasselbe 
was in dem Garten von Augny durch den Feind 
geschah, wurde in Plantieres, ein Ort, der innerhalb 
des Festungs-Rayons von Metz im Westen liegt, 
durch französische Truppen ausgeführt. Hier und 
dort dienten die breiten Aeste am unteren Theile 
des Stammes, besonders ausländischer Nadelhölzer, 
zum Decken der Baracken, unter denen die Soldaten 
während des Krieges eine Zuflucht gegen Regen und 
Wind suchten und zum Theil auch fanden. 

Der Garten von Augny hat eine ansehnliche 
Grösse und ist im natürlichen Style gehalten. Schöne, 
zum Theil ziemlich umfangreiche Rasenflächen wech- 
seln mit geschlossenen Anpflanzungen, in denen 
sich einzelne schöne Waldbäume befinden, ab und 
bieten an einzelnen Punkten hübsche Bilder dar. 
Im Hintergrunde liegt das ziemlich geräumige Schloss, 
vor dem es in früheren Jahren wahrscheinlich vetwas 
geschmückter aussah, als jetzt, wo man in Frank- 
reich leider zum Theil immer noch an einen nahen 
Krieg glaubt. Blumenbeete und sonstige Verzierun- 
gen durch Pflanzen, wie sie jenseits der Vogesen 
sehr beliebt sind und gewiss auch früher hier vor 
dem Schlosse vorhanden waren, fehlten jetzt. Nur 
einige schöne Exemplare von seltenen Bäumen, be- 
sonders Koniferen, kurze Alleen und zur Seite mehr 
offene Stellen deuteten dagegen die 
Nähe der menschlichen Wohnung an. N 

Wir haben bereits bei der Beschreibung der 
Baumschulen von Simon-Louis freres in Plan- 
tieres bei Metz auch derjenigen Verwüstungen ge- 
dacht, welche die schlimmen December-Tage des 
vorigen Jahres in der Vegetation Frankreichs und 


unmittelbare 


überhaupt jenseits des Rheines ausgeübt haben, auch 
hier fanden sie sich und zwar merkwürdiger Weise 
vorherrschend weniger an zarteren als an härteren 
Gehölzen vor. So steht eine kurze Allee von Tax- 
odium sempervirens unweit des Schlosses, wo die 
Bäume bereits eine nicht unbeträchtliche Höhe er- 
reicht hatten, fast ohne Ausnahme abgefroren da, 
und bietet ein trauriges Schauspiel dar. Doch war 
die Wurzel, wie es schien, durchaus unversehrt ge- 
blieben und zahlreiche Wurzelausschläge umgaben 
den ausserdem todten Stamm. 

Unter anderen seltenen oder interessanten Pflan- 
zen, von denen wir noch zum Theil sprechen wer- 
den, fanden sich auch eine interessante Trauer- 
Sophore (Sophora pendula) vor. Die Laubkrone be- 
stand aus 3 über einander sich befindlichen, etwas 
ungleich geformten Etagen und der ganze auf einer 
srossen Rasenfläche stehende Baum hatte eine nicht 
unbeträchtliche Grösse. Diese Art der Erziehung 
der Sophora in Etagen sahen wir auch an anderen 
Orten und hat uns jedes Mal zugesagt. Möchte sie, 
vor Allem in grösseren Parks, mehr Anwendung 
finden, als es bis jetzt der Fall ist. 

Vorherrschend unter den ausländischen Gehöl- 
zen waren die Koniferen. Viele, die bei uns kaum 
im Schutze und selbst gedeckt nicht aushalten, fan- 
den sich im Schlossgarten zu Augny in stattlichen 
Exemplaren vor, als gehörten sie hierher und stamm- 
ten nicht aus fremden Ländern. Es betraf dieses 
vor Allem einige langnadelige Kiefern. Exemplare 
der Pinus Sabiniana, Benthamiana, Lam- 
bertiana, wie sie hier von 20—25 und selbst 30 
Fuss Höhe vorhanden sind, hatten wir kaum schö- 
ner in England gesehen. Die frischen Triebe von 
mehreren Fuss Länge und mit fusslangen Nadeln 
besetzt, nahmen sich schön aus. Und nun 10 bis 
20 an einem und demselben Exemplare, sämmtlich 
in einer Entfernung, dass keiner den andern berührte. 
Eigenthümlich war es, dass Einige von ihnen in den 
Decembertagen des vorigen Jahres ungemein gelitten 
hatten, während Andere dagegen auch nicht den ge- 
ringsten Schaden zeigten. 

Wir nennen noch als interessant und keines- 
wegs im Freien bei uns (auch der südlichen Gaue) 
sehr verbreitet: Pinus ponderosa, Coulteri, tu- 
bereulata und densiflora, so wie die Fichte 
Pinus maritima, welche sich aber auch unter dem 
milderen Himmel von Metz sehr empfindlich zeigt. 

Fremde Tannen waren ebenfalls in reichlicher 
Anzahl vorhanden, nebst interessanten Formen unse- 
rer beiden einheimischen. An derlei Formen beson- 
ders reich ist bekanntlich unsere Rothtanne oder 


334 


Fichte (Abies excelsa). Die Zwerge, welche schon 
vor längerer Zeit als Clanbrasiliana von England 
aus bei uns auf dem Kontinente eingeführt worden 
sind, haben bereits in unseren Gärten und Anlagen 
eine grosse Verbreitung erhalten und wiederum zu 
neuen Formen Veranlassung gegeben. So heisst be- 
kanntlich der Zwerg dieses Zwerges Abies pyg- 
maea, auch wohl hier und da Abies pumila. 
Eine andere Form wird im Garten von Augny als 
Abies excelsa nigra compacta kultivirt. Wäh- 
rend die beiden zuerst genannten Formen eirundlich 
oder rundlich sind, breiten sich hier die unteren 
Aeste horizontal aus, die oberen verkürzen sich aber 
so rasch, dass dadurch eine zwar kurz- aber breit- 
pyramidenförmige Krone von kaum 2!/, Fuss Höhe 
hervorgeht. 

Bei einem anderen Exemplare betrug die ganze 
Höhe des Gehölzes nur 1!/, Fuss, während die Ba- 
sis eine Breite von fast 4 Fuss besass. Ein eigent- 
licher Stamm war gar nicht sichtbar. Wenn schon 
dieses Exemplar einen ganz eigenthümlichen Eindruck 
auf uns machte, so war es noch mehr bei einem 
dritten der Fall, wo die ganze Höhe kaum mehr als 
3), Fuss betrug, die Breite aber über 3 Fuss. Sollte 
man, nicht eingeweiht in die Formen-Veränderungen 
unserer Kultur-Pflanzen, glauben, dass diese letzte 
Form und der bis 150 Fuss hoch werdende Wald- 
baum einer und derselben Art angehören? Es möchte 
schon einem Gärtner und Botaniker schwer werden, 
dem Laien sind es aber gewiss zwei hinlängliche 
verschiedene Arten. 

In Frankreich soll sich diese eigenthümliche 
Form auch noch an anderen Stellen vorfinden, bei 
uns in Deutschland haben wir sie aber nicht gese- 
hen. Carriere hat sie als Abies tabulaeformis, 
Seneclauze als Abies repens bezeichnet. 

Von interessanten Tannen haben wir noch im 
Garten von Augny im Freien gesehen die japanische 
Abies polita mit sehr stechenden, ringsherum ge- 
henden Nadeln und Abies Alcoquiana, wo die 


kleineren Nadeln auf 2 Seiten stehen und auf der 
Unterfläche eine blaugrüne Farbe besitzen. Von 
Abies Menziesii war ein wunderschönes Exem- 


plar vorhanden, ferner besass eine Abies Gordo- 
niana eine Höhe von 24 Fuss. Zum ersten Mal im 
Auch 
nahm eine kleine Gruppe der schlankeren Form der 


Freien sahen wir ferner Abies Hookeriana. 


Rothtanne, welche den Beinamen fascieulata py- 
ramidalis führt, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, 
ebenso eine Trauer-Edeltanne, wo die Aeste schon 
dicht am Stamme eine Neigung nach abwärts be- 


sassen. Merkwürdig mag diese Form sein, hübsch 


ist sie aber sicher nicht. Interessant war die bereits 
von uns früher besprochene Rothtanne, wo die jun- 
sen Triebe im Frühjahre eine gelblich-weisse Fär- 
bung haben, diese aber allmählich verlieren. Wir 
gedenken auch eines schönen Exemplares der in 
Plantieres zufällig aus Samen gezogenen pyramiden- 
förmig gewachsenen Weisstanne, welche deshalb den 
Beinamen pyramidalis strieta führt. Endlich fiel 
uns eine Nordmanns-Tanne wegen ihrer sehr kur- 
zen, aufrechtstehenden Nadeln auf. 

Von andern Nadelhölzern bemerkten wir noch 
eın schönes, ziemlich ansehnliches Exemplar der 
japanischen Seiadopitys japonica; auch sahen 
wir zum ersten Male die buntblättrige Wellingtonia 
in Form eines stattlichen Bäumchens. Von beson- 
derer Schönheit waren 3 Pyramiden der Thuja 
Lobbii, sowie der Chamaeeyparis nutkaönsis 
(Thujopsis borealis) und Lawsoniana von gegen 
20 Fuss Höhe und in der Nähe des Schlosses stehend. 
Figenthümlich waren die hochstämmigen Exemplare 
der Thuja aurea und Fortunei. Wir möchten 
diese Form wohl empfehlen, besonders als Einzel- 
pflanze auf schönem Rasengrunde. Von Juniperus 
virginiana fand sich ein altes Exemplar vor, wo 
der Stamm nicht weniger als 3 Fuss im Durchmesser 
besass. Auch die ächte Juniperus Oxycedrus 
mit ihren grossen und stechenden Nadeln, sowie die 
blaugrüne J. excelsa des Himalaya-Gebirges fan- 
den sich in mehreren ziemlich grossen Exemplaren 
vor. Die letztere nimmt sich auf offenen Stellen, 
besonders aus der Ferne gesehen, ganz besonders 
gut aus. 

Zum ersten Male sahen wir die eigenthümliche 
Form der Retinospora pisifera, welche jetzt von 
Metz und Frankreich aus mit der näheren Bezeich- 
nung filiformis in den Handel gekommen ist. Sie 
ähnelt im Aeussern der bekannten Abart der Thuja 
orientalis, welche schon lange in Kultur ist und eben- 
falls den Beinamen filiformis führt, aber auch als 
tlagelliformis bezeichnet wird, so sehr, dass sie selbst 
bisweilen schwer zu unterscheiden ist. 

Unter dem Namen Retinospora squarrosa 
kommen 3 verschiedene Pflanzen in unseren Gärten 
vor, die gewöhnlich langnadelig als Retinospora 
juniperoides und kurznadelig als R. erieoides 
Die erstere hat in der That 
meist. längere Nadeln, aber nicht immer. Sie ist 
kräftiger im Wuchse und zeichnet sich in grösseren 
Exemplaren durch die ocher-orangenfarbigen Aeste 
aus, die ihr eine entlernte Aehnlichkeit bisweilen mit 
jugendlichen Pflanzen der Abart der Thuja oceiden- 
talis, in den Gärten unter dem Namen Th. Wareana 


bezeichnet werden. 


335 ° 


bekannt, geben. Sie ist die ächte Retinospora 
squarrosa und selbst am Rheine und an der Mosel 
etwas empfindlich. Eigenthümlich ist der Taxus 
baccata ericoides. Die viel kleinern Blätter brei- 
ten sich hier nicht nach 2 Seiten aus, sondern stehn 
ringsherum am Zweige. Die Pflanze wird nicht hoch, 
sondern bleibt niedrig und wurde neuerdings erst 
von Makoy in Lüttich in den Handel gebracht. Da- 
gegen ist eine andere Art mit dichteren und kleineren 
Nadeln, welche als ächte Retinospora ericoides 
bezeichnet wird, gegen unsere rauhen Witterungs- 
Verhältnisse fast völlig hart. Die dritte Art, welche 
Carriere als R. eriecoides bezeichnet hat, stellt 
nichts weiter dar, als eine Thuja oceidentalis, und 
zwar im ersten jugendlichen Stadium, wo sie noch 
keine anliegenden Blätter, sondern Nadeln besitzt. 
Von andern Gehölzen, welche bedeckte Samen 
haben, bemerkten wir einige schöne Trauer-Roth- 
buchen. Man erzählte uns, dass dergleichen Bäume 
in den Wäldern um Metz auch wild vorkämen. Da 
die schöne, klein- und feinblättrige Abart der Gle- 


ditschia triacanthos, welche in den Gärten den 


Namen Gl. Bujeoti führt und hier in schönen 
Exemplaren vorhanden war, bei uns wenig oder gar 
nieht bekannt ist, machen wir darauf aufmerksam. 
Als Einzelpflanze ist sie nicht genug zu empfehlen. 

Endlich dürfte das Interesse der Leser in An- 
spruch nehmen, dass die bei uns nur warm kultivirte 
Marantacee: Thalia dealbata, in einem allerdings 
sehr geschützten Teiche des Schlossgartens von 
Augny schon mehre Jahre überwintert und in jedem 
Frühjahre frisch ausgeschlagen hat. 


Ueber die winterliche Färbung 


immergrüner Gewächse. 

Aus den Sitzungs-Berichten der physikalisch- 
medieinischen Societät zu Erlangen (19. December 
1871) sind in der botanischen Zeitung die Beobach- 
tungen des Prof. Kraus (jetzt in Halle) über die 
winterliche Färbung immergrüner Gewächse mitge- 
theilt worden. Wir entnehmen daraus folgendes: 

Aus Mohls Untersuchungen ist bekannt, dass 
bei der Roth- und Braunfärbung im Freien über- 
winternder Blätter die Chlorophylikörner (d. h. die 
Körner welche den grünen Farbstoff enthalten) nicht 
zerstört werden, sondern gewöhnlich neben denselben 
im Zellsaft rother Farbstoff auftritt, oder aber (wie 
bei den Nadelhölzern) bei intakt bleibender Form 
der Körner eine bräunliche oder gelbliche Verfärbung 
derselben eintritt. 

Kraus dagegen fand, dass in einigen Fällen mit 


der Verfärbung der Chlorophylikörner eine Zerstö- 
rung der Form Hand in Hand geht. 

In jedem Winter zeigen die kleinen Exemplare 
von Buxus arborescens im botanischen Garten zu 
Erlangen schmutzig rothbraune Blätter, welche im 
Frühjahr dann wieder freudig grün werden. Die Ver- 
färbung findet nur auf der Oberseite der Blätter statt 
und nur an frei in die Luft ragenden Zweigen; die 
Unterseite, wie die Oberseite von in den Büschen 
verborgenen Blättern bleibt schön grün; auch alle 
zufällig bedeckten Partien eines einzelnen Blattes ver- 
färben sich nicht, während der ungedeckte Theil 
dicht daneben scharf begrenzt braun wird. 

Die anatomische Untersuchung ergab, dass die 
dicht unter der oberen Epidermis der Blätter liegen- 
den Pallisadenzellen, welche vorzugsweise das Chloro- 
phyli enthalten, oft wolkig vertheilte lebhaft braun 
oder kupferroth gefärbte Protoplasma-Massen ent- 
hielten, in denen man wohl den (in den meisten Zellen 
vorkommenden) Zellkern, nirgends aber Chlorophyll- 
körner fand. In den darunter liegenden Sehichten 


sind die Körner erst halb zerfallen und noch gelb- 
srün oder bräunlichgelb gefärbt. Die Zellen des 
mehr der Unterseite zugekehrten sog. Schwamm- 


Parenchyms enthalten meist noch ganz unverletzte 
Chlorophylikörner. 

Ebendasselbe beobachtete Kraus Nadel- 
hölzern, besonders schön bei Thuja occidentalis und 
plicata, wo die Verfärbung auch auf die Oberseite 
beschränkt bleibt; ferner bei Juniperus Sabina, bei 
der Kiefer und bei der Rothtanne. Dagegen fand er, 
in Uebereinstimmung mit Mohl, dass bei allen Ge- 
wächsen, die sich im Winter röthen, z. B. Sedum, 
Sempervivum, Sedum palustre, Mahonia und rothes 
sog. Anthoeyan (Anthokyan) in ihren Zellen erzeugen, 
sowie auch die grüne Rinde unserer Bäume (Pappel- 
Linde) unverletzte Chlorophylikörner enthielten. 

Da die Erscheinung alle Winter wiederkehrt, so 
handelt es sich nicht um eine tödtliche Stö- 
rung des Zelllebens, etwa um Erfrieren, son- 


bei 


dern um eine physiologische reparabele Erschei- 
nung. Dies folgert Kraus auch aus seinen weiteren 
Untersuchungen. 

Von den Buxus-Zweigen stellte er einige ins 
Wasser und nahm sie in die warme Stube ans Fenster. 
Nach 3—5, höchstens 8 Tagen war die rothbraune 
Färbung rasch einer grünen gewichen. Das Proto- 
plasma der Zellen zeigte schon nach 1—2 Tagen 
sich homogen, sammelte sich an den Wänden der 
Zellen, und zerfiel dann wie bei der Chlorophylikorn- 
Bildung im Dunkeln, durch Furchung in Körner, wo- 
bei die rothe Färbung desselben Schritt für Schritt 


* 336 


zu einer gelbgrünen und schliesslich rein grünen 
wurde, so dass nach Verlauf der angegebenen Zeit 
die Wände mit lebhaft grünen, homogen erscheinen- 
den, scharf umgrenzten Chlorophylikörnern belegt 
waren. 

Bei Thuja brauchte der gleiche Prozess 2—3 
Wochen. Nach dieser Zeit zeigten sich in den Chloro- 
phylikörnern sogar kleine Stärkekörnchen, die vorher 
in der Zelle nirgends zu finden waren. 


Da die Blätter in diesen Fällen nichts als die 
Temperatur wechselten, so ist sicherlich die er- 
höhte. Temperatur ‚alsı.die „Urs accherder 


Wiederherstellung der verfärbten und ent- 
formten Chlorophyllkörner anzusehen. 

Andererseits wird dadurch auch nahe gelegt, 
die eintretende Winterkälte als Ursache der 
ZerstörungvonForm und Farbe der Chloro- 
phyllikörner zu betrachten, zumal Kraus beob- 
achtete, dass eine einzige Frostnacht genügt, um die 
ganze Erscheinung des Zerfallens und Verfärbens bei 
Buxus, Sabina und Thuja hervorzurufen. 

Ein anderer Forscher, Askenasy, ist der An- 
sicht, dass das Licht hierbei mitwirke, indem stets 
die Lichtseite der Blätter die Erscheinung zeigt; 
Kraus entgegnet dem, dass es diese Seite auch ist, 
welche der Kältewirkung durch Strahlung 
besonders ausgesetzt ist. _ Dass das Licht, wenig- 
stens bei der Reparirung der Erscheinung, keinen 
Antheil hat, geht daraus hervor, dass bei Buxus und 
Thuja unter gleichen Bedingungen im Finstern ge- 
haltene Zweige ihre Körner nach Form und Farbe 
ebenso repariren, als ob sie am Licht stünden. — 
Kraus will noch weiter untersuchen, ob der Chloro- 
phyll-Farbstoff selber verändert ist, oder ob vielleicht 
die Missfärbung von dem Auftreten eines ihn mas- 
kirenden anderen Farbstofls herrührt. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pllanzenkunde. 


XI. 

Wie wir bereits schon früher in der Wochen- 
schrift mitgetheilt haben, wird im nächsten Frühjahre 
wiederum in Gent eine grosse Ausstellung von Pflan- 
zen und Blumen, welche sich den früheren grossen 
Pflanzen-Ausstellungen anschliessen 

Wie uns privatim mitgetheilt wird, 


internationalen 
soll, stattfinden. 


der belgischen Handelsgärtnereien wird Alles auf- 
geboten, um den alten Glanz sich zu erhalten, wo- 
möglich noch zu erhöhen. Vor Allen wird Linden 
in Brüssel, der bekanntlich jetzt auch Besitzer des 
einst berühmten und grossen Pflanzen-Etablissements 
von Ambr. Verschaffelt in Gent ist, genannt. 
Eben ist ein Reisender von ihm aus fremden Ländern 
zurückgekehrt, der ganz besonders schöne Blatt- 
pflanzen des Warmhauses nach Europa gebracht hat. 
Aber auch von früheren Reisenden befindet sich ein 
Reichthum neuer und seltener Pflanzen in den Lin- 
den’schen Gewächshäusern in Brüssel, wie keine 
zweite Gärtnerei, wenigstens auf dem Kontinente, 
aufweisen kann. 

Ausser Linden besitzt aber Belgien noch sa 
manche grosse Gärtnerei, welche Beiträge liefern 
wird. Wir nennen Louis van Houtte, Jean Ver- 
schaffelt, Charles van Geert in Gent, Jacob 
Makoy in Lüttich u. s. w. 


Die definitiven Ergebnisse 


Obsternte in Bayern pro 1871. 


Die Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins 
in Bayern veröffentlicht folgende Nachrichten über 
die Obsternte nach Mittheilungen des königl. bayeri- 
schen statistischen Bureaus. 


Zahl der Bezirke mit: 
i Ganz | | 
Gänzlich 2 | ERS 
miss- | SE | - Guter 
ee (schlech- | mässiger hey: “ i 
\obslerate | fe Obst- | Obsternte.| ar 
'  ernte. . 
Oberbayern ... . Bet, 13 10 1 
Niederbayern . . | 3 13 10 2 
Piazers ER 9 3 1 _ 
Oberpfalz == =: | Mag enlsu 2 == 
Oberfranken... . | 23 7 — — 
Mittelfranken... .| 12 | 1 2 — 
Unterfranken ..| 30 SI — 
Schwaben. ut Al ng nnA1Beil — 
im Königreich. . | 114 34 | 3 3 


Das traurige Bild, welches die Obsternte des 
Jahres 1871 schon nach den vorläufigen Zusammen- 


werden bereits ausserordentliche Vorkehrungen ge- | stellungen darbot, wird sohin durch die richtig ge- 
troffen, um das reiche zu erwartende Material ge- | stellten und vervollständigten Nachweisungen leider 
hörig aufstellen zu können. Aber auch von Seiten | noch mehr getrübt. 

Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pfianzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 
No. 43. Berlin, den 26. October. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 27. October, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, 
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Das gärtnerische Elsass. — Nachträgliche Bemerkungen zum Schutze der Obstbäume etc. vor schädlichen Insekten. — 
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XIV. — Für Obstbaum-Besitzer. 

H L e Wir kamen aus dem deutschen Lothringen und 

Das gärtnerische Elsass. traten im Norden ein, um es längs des Vogesen- 

Eine Skizze. | Gebirges, theils vom Dampfrosse vorwärts gebracht, 

Im äussersten Südwesten unseres jetzt wieder | theils aber auch zu Wagen und selbst zu Fuss, bis 

geeinigten deutschen Vaterlandes fliesst Vater Rhein, | nach dem äussersten Süden an der Schweizergrenze 


nachdem er eine Zeit lang die Grenze zwischen | zu durchwandern. Das Wetter war ausserordentlich 
Deutschland und der deutschen Schweiz gewesen, | günstig für uns, aber auch für die zahlreichen Rei- 
mitten im breiten Thale, in der mittelrheinischen Tiet- | senden, welche die Schlachtfelder der Höhen von 
ebene, und wird auf beiden Seiten von Gebirgen | Spichern, der Umgebungen von Metz und im Norden 
begrenzt. Im Westen sind es die Vogesen mit der | des Elsass bei Weissenburg und Wörth besuchten, 
4400 Fuss hohen Sultzer Kuppe, oder wie die Fran- | um schliesslich auch das noch zum geringen Theil in 
zosen sagen, Ballon de Soultz, im Osten ist es nord- | Trümmern liegende Strasburg zu schauen. Gleich 
wärts der Odenwald mit dem wegen seiner schönen | dem Badener Rheinlande ist Elsass eine Perle Deutsch- 
Aussicht berühmten, aber nur gegen 1600 Fuss hohen | lands und bringt bei seiner grossen Fruchtbarkeit 
Melibocus, im Süden hingegen der bedeutendere | alles das, was der Mensch an Nahrung bedarf: Ge- 
Schwarzwald, wo der Feldberg sogar eine Höhe von | treide, Obst, Wein, Vieh u. s. w., in vorzüglicher 
über 4600 Fuss erreicht. Die eine Hälfte der eben | Qualität und solcher Menge hervor, dass es auch 
bezeichneten Tiefebene ist das schöne Badener Land, | nach andern weniger ergiebigen Ländern ausgeführt 
die andere jenseits des hier schon breiten Flusses | werden kann. 

das urdeutsche Elsass, beide von den den Schwa- Die Bodenkultur, befand sich im Elsass schon 
ben nahverwandten Allemannen, einem der kräftig- | in alten Zeiten, gleich der Wissenschaft und Po&sie, 
sten Volksstämme, bewohnt. Von einem Theile, und | auf hoher Stufe. Schon der Leibarzt Karls V., der 
zwar dem nördlichen der diesseits des Rheines ge- | berühmte Botaniker Charles de Cluse, unter dem 
legenen Tiefebene, haben wir bereits in einer früheren | Namen Clusius bekannter, spricht davon. "In Boll- 
Skizze Mittheilungen gemacht, es sei uns nun erlaubt, | willer lebte damals ein edeles Rittergeschlecht, was 
auch von dem am jenseitigen Ufer sich ausbreiten- | um die Bodenkultur des Landes, hauptsächlich aber 
den Lande, dem Elsass, einige, wenn auch nur flüchtig | um Obst- und Weinbau, grosse Verdienste gehabt 
gemachte Bemerkungen in gärtnerischer Hinsicht zur | hat. Leider starb das Geschlecht der Freiherren 
Kenntniss der Leser der Wochenschrift zu bringen. von Bollwiller zwar schon im 17. Jahrhundert aus, 


43 


358 


seine Nachfolger erkannten aber ebenfalls die Noth- 
wendigkeit einer guten Kultur des Obstes und Wei- 
nes und lührten vor Allem aus Holland, was im vo- 
rigen Jahrlhunderte auch in Betrefl der Vervollkonm- 
nung des Obstes sich einen bedeutenden Rul erwor- 
ben hatte, Obstsorten ein. In 
Bollwiller entstand der interessante Blendling einer 
Birn mit der Arlsbeere (Sorbus Aria), welchen auch 
Liune kannte und 
ria in seiner 2. Mantissa (S. 244) beschrieb. 


verschiedene gute 


dem Namen Pirus Pollve- 
Vor 
ihm aber hat schon Johann Bauhin in seiner Ge- 


unter 


schichte der Pflanzen (l., S. 59) den besagten Blend- 
ling unter dem Namen Pirus Pollvilleriana zur Kennt- 
niss gebracht. 


Im Norden des Elsasses wird viel Hopfen ge- 
baut. Wenn das Strasburger Bier auch nie den 
srossen Ruf des bayerischen Fabrikats erreicht hat, 
so wurde es doch stets, besonders in Paris und 
überhaupt in ganz Frankreich, hochgeschätzt. wWür 
dieses Bier wurde hauptsächlich der nothwendige 
Hopfen im Norden des Elsass gebaut. Wenn man 


mit der Eisenbahn hier das Land durchfährt, sieht 
man oft auf beiden Seiten umfangreiche Hopfenfelder. 
Leider hätte in den letzten Tagen des August der 
Sturm an einzelnen Stellen grosse Verwüstungen an- 
gerichtet, besonders in dem Falle, wo man sich nicht 
bei der Kultur der sonst gekräuchlichen Stangen, 
sondern dafür des Drahtes bedient hatte und den 
Hopfen in sogenannten Rahmen baute. Während auf 
den Feldern, wo man die Pflanzen an Stangen kul- 
tivirte, nur einzelne Exemplare mit den Stangen nie- 
dergeworfen worden waren, sah man dagegen ganze 
Reihen der Hopfenpflanzen an Drahtplanken auf der 
Erde liegen, bisweilen selbst in einer Weise, dass 
an eine Aufrichtung gar nieht mehr zu denken war. 

Der Drahtbau des Hopfens, für den man vor eini- 
gen Jahren schwärmte, scheint neuerdings, wenigstens 
in einigen Hopfen-Gegenden, wiederum in Misskredit 
sekommen zu sein. Ein Hopfenbauer in Franken 
theilte uns mit, dass er den Drahtbau, so sehr er 
auch früher dafür geschwärmt, in der neuesten Zeit 
sanz und gar wieder aufgegeben habe. Ob die 
Gründe, wenn auch nicht des Misslingens, so doch 
der geringeren Erträge, nur für Franken gelten, oder 
allgemeiner Natur sind, vermögen wir nicht zu ent- 
Bei dem Weinbau, wie wir uns neuerdings 
vielfach auf dieser letzten Reise überzeugt haben, 
hat Drahtbau ungemeine Vortheile. Der 
bekannte rationelle Weinbergsbesitzer Englerth in 
bei Würzburg, dessen Rebenkulturen 
vorzüglich sind, hat die Rebenkultur an Draht bereits 


zilfern. 
der aber 


Randesacker 


mit Vortheil im Grossen ausgeführt und wird allmäh- 


lig seine sämmtlichen Weinberge in dieser Weise 
umändern. 

Das Münster von Strasburg erschaut man schon 
lange vorher, ehe man in die nächste Nähe der alten 
reien Reichsstadt kommt. Noch steht es in seiner 
Pracht da, denn die Beschädigungen während der 
Belagerung sind unbedeutend. Strasburg hat ganz 
das Ansehen einer alten deutschen Stadt, etwa wie 
Augsburg oder Regensburg. So bedeutende Handels- 
gärtnereien es auch, wie Elsass überhaupt, besitzt, 
sind doch an Pflanzen und Blumen 
seine und öffentlichen Plätze. Nur einen 
einzigen Blumenladen haben wir in der Stadt, und 
zwar aul dem alten Fischmarkte, gefunden. Er ge- 
hörte dem in Deutschland vortheilhaft als Obst- und 
Baumzüchter bekannten Martin Müller. Nicht weit 
von einem Thore befindet sich seine Gärtnerei bereits 
besten Zustande. Während der Be- 
lagerung stand das ganze Terrain unter Wasser und 


so schmucklos 
Strassen 


wiederum im 


man befürchtete, dass ein grosser Theil der Gehölze 
zu Grunde gehen würde. Das ist nun nicht der Fall 
gewesen. denn der ziemlich umlangreiche Garten hat 
nur wenig Gehölze verloren und besitzt wiederum 
sein freundliches Ansehen, wie vor der Belagerung. 

Wir haben schon früher einmal der Martin 
Müller’schen Gärtnerei in der Wochenschrift gedacht 
und können aul das, was damals gesagt ist, 
berufen. Wir wollen nur jetzt noch erwähnen, dass 
der Garten besonders reich an schönen und inter- 
essanten Koniferen ist. Wir sahen unter Anderem 
ein Exemplar der Thuja strieta, was eine wenig in 
die Länge gezogene Kugel bildete und 12 Fuss im 
Durchmesser besass. Wir kennen nur eine Pflanze, 
welche grösser ist, und vielleicht das grösste Exem- 
plar, was überhaupt kultivirt wird, darstellt. Es be- 
findet sich im Garten des Hofbuchdruckers Haenel 
in Magdeburg. 

Mitten in der Stadt liegt 
Garten, dem als Gärtner ein Vetter von Martin 
Müller vorsteht. So klein er auch ist, so zeichnet 
er sich doch durch grosse Bäume aus, welche ur- 
sprünglich fremden Ländern angehören. Auch hier- 
über ist schon einmal in der Wochenschrift berichtet 
worden. Die Belagerung hat keineswegs, wie man 
früher in den Zeitungen mittheilte, traurige Folgen 
für den Garten gehabt. Kein Baum hat durch das 
Bombardement gelitten, denn alle standen Ende 
August so kräftig da, als wäre unterdess gar nichts 
geschehen. Die schöne Gingko biloba war auch 
dieses Mal wiederum dicht mit den einer Mirabelle 
nicht unähnlichen Samen bedeckt. Es ist dieses, so 
viel wir wissen, das einzige Exemplar in Europa, 


UNS 


auch der botanische 


re 


was, weil ein weibliches Reis, welches unterdess 
zum starken Ast geworden war, vor mehrern Jahren 
auf einen männlichen Baum gepfropft wurde, reife 
Samen hervorbringt (s. 10. Jahrg. S. 367). 

Um desto mehr Schaden hatte die Belagerung 


den Stauden des botanischen Gartens gebracht. Da 
es an freien, wenigstens etwas abgeschlossenen 


Plätzen in der Stadt fehlte, wo man seine Todten 
hätte begraben können, so wurde der botanische 
Garten während der Belagerung schon sehr zeitig 
zum Begräbnissplatze gemacht. 1653 Todte wurden 
allmählig hier begraben. Nur wenige von ihnen sind 
seitdem von den Verwandten reklamirt und auf Kirch- 
höfe gebracht worden. Man theilte uns mit, dass 
man noch für die Herausnahme der übrigen Todten 
durch die Angehörigen eine Zeit lang warten, dann 
aber dafür sorgen würde, dass die hier begrabenen 
Todten an passenden anderen Stellen in die Erde 
gebracht werden. Damit wäre dann der botanische 
Garten seinem ursprünglichen Berufe zurückgegeben. 

Strasburg besitzt in seiner nächsten Nähe eine 
der schönsten Anlagen, welche es überhaupt gibt. 
Sie liegt bei Ruprechtsau, einem Vergnügungsorte 
der Strasburger, und führt in der Regel den Namen 
der Orangerie. Während sie früher in altfranzösischem 
Style, und zwar durch den berühmten Gartenkünstler 
Lenötre selbst, kurz nach der Besitznahme der Stadt 
durch Ludwig XIV. hergestellt, sich befand, hat man 
sie neuerdings mehr und mehr zu einer natürlichen 
Anlage umgewandelt. In der Mitte der Anlage be- 
finden sich die Gebäude zur Aufnahme der schönen 
Orangenbäume und sonstigen Kalthauspflanzen wäh- 
rend der Winterzeit und mehre breite Wege führen 
von allen Seiten dahin. Man kommt ringsum aus 
tiefem Schatten an die grosse offene Mitte, wo der 
blaue Himmel nicht verdeckt wird und dem Lichte 
der Sonne gestattet ist, die mannigfachen, mit ein- 
ander abwechselnden Farben der Blumen deutlich 
hervortreten zu lassen. Der offene Platz ist rings 
um die Gebäude in breite Felder getheilt, welche 
zwar mit Rasen besetzt sind, aber an einzelnen Stel- 
len, besonders an den Ecken, Pflanzen--und Blumen- 
sruppen, sowie einzelne Blüthensträucher und Blatt- 
pflanzen zeigen. Das Ganze sowohl als die einzelnen 
Gruppen waren geschmackvoll arrangirt. Da mehre 
bei uns nicht weiter beachtete Pflanzen hier eine 
vortheilhafte Anwendung gefunden hatten, 50 sei es 
uns erlaubt, wenigstens einige derselben näher zu 
bezeichnen. 

Während Buddleja Lindleyana auch im Winter 
bei uns im Freien kultivirt wird, hatte man sie hier, 
zum 7 bis 8 Fuss hohen Strauche herangezogen, im 


Kalthause und brachte sie nur während der guten 
Jahreszeit mit dem Topfe in freien Grund und Boden. 
Hier nahm sie sich sehr gut aus, da zahlreiche Aeste 
an ihren Zweigen fusslange Aehren lilafarbiger Blüthen 
trugen. Zur Erhöhung ihres Reizes trug ein Kranz 
der Tritoma Uvaria in Blüthe nicht wenig bei. Diese 
Affodilllilie (Asphodelacea), welche auch in England 


| gehörig gewürdigt wird, sahen wir in Gärten des 


Elsasses ausserdem noch viel verwendet. Bei uns in 
Norddeutschland erkannte man vor 20 und 30 Jahren 
ihre Schönheit, kultivirte sie aber nur in Töpfen. Ihr 
eigentlicher Werth liegt jedoch keineswegs in der 
Topfkultur, sondern in der Massen-Erziehung für das 
freie Land. Die anfangs rothen, alsdann gelb sich 
färbenden Blüthen bilden eine lange aufrechte Aehre 
von Fuss Länge und mehr und fast den ganzen 
Sommer hindurch vorhanden, da in dem Maasse, als 
sie unten verblühen, oben weiter sich entfalten. Um 
einen Kranz dieser Tritoma Blüthe hatte man 
wiederum das reizende Panicum plieatum gepflanzt, 
so dass die lebendigen Farben der Tritoma-Blüthen 
um so mehr aus dem Grün des 
breitblättrigen Grases hervortraten. 

An andern Stellen war ein Fennichgras, Penni- 
setum longistylum, benutzt. um kleinere Gruppen von 
Blüthensträuchern in der Mitte und buntfarbige Kräu- 


in 


eben genannten 


ter darum, einzuschliessen. Auch dieses Gras mit 
seinem grossen, einem Sprengwedel nicht unähn- 


lich aussehenden Blüthenstengel hat man im Xor- 
den Deutschlands noch nicht in seinem Werthe er- 


kannt. 
Von anderen Blüthensträuchern war besonders 
noch Habrothamnus elegans und Datura arborea, 


meist in grossen, 6 bis 8 Fuss hohen Exemplaren, 
angebracht. Der erstere ist mit seinen schönen, 
rothen Röhrenblumen, welche einen ziemlich grossen, 
aber schlaffen Blüthenstand an etwas überhängenden 
Zweigen bilden, eine nicht ausser Acht zu lassende 
Zierde auf dergleichen Schmuckbeeten. Da die mit 
Habrothamnus-Pflanzen versehenen Gruppen mit 
anderen wechselten, wo wiederum verzweigte Da- 
tura-Sträucher mit fast fusslangen und weissen Blü- 
then in der Mitte standen, so wurde damit eine an- 
senehme Mannigfaltigkeit geboten. Ein besonders 
buschiger Datura-Strauch mit zahlreichen Blüthen 
versehen, befand sich ausserden: auf einem mit 
Epheu umrankten Felsen-Postamente und war an 
seinem untersten Theile von rothen 'Petunien um- 
geben. 

Wir erwähnen noch der hohen Fuchsien-Pyra- 
miden, wo die Zweige am Stamme bis dicht über 
der Erde sich befanden, diese selbst zum Theil be- 


43* . 


340 


deckten. Reizend nahm sich auch eine Gruppe, nur 
aus dem buntblättrigen Klarinetten-Rohre (Arundo 
Donax fol. var.) bestehend, aus. Rothtannen waren 
endlich an einzelnen Exemplaren von einer Schön- 
heit vorhanden, dass sie darin der regelrecht ge- 
wachsenen Araucaria excelsa nicht nachstanden. 
Ausflüge, und kleineren 
Städten an und in den Thälern der Vogesen mach- 
ten, überzeugten uns, 


die wir nach Dörfern 
dass Blumenzucht keineswegs 
den Lieblingsbeschäftigungen des Mittel- und 
Bauernstandes im Elsass gehört. Auch die Gärten 
der reicheren Fabrikbesitzer im mittleren und unteren 
Elsass zeigten, wenigstens in soweit uns Gelegenheit 
geboten wurde, sie kennen zu lernen, nicht die Sorg- 
falt und Eleganz, wie wir sie hier 
und auch im oberen Elsass fanden; Blumenschmuck 
war hier im Allgemeinen gering, dagegen sahen wir 
manche schöne Bäume und viele grüne Rasenflächen 
und einfache Wiesen. 

Anders wird es, wie angedeutet, im Süden des 
Elsasses, wo auch nur der gute Wein wächst. Das 
Gebirge der Vogesen wird hier mächtiger und tritt 


zu 


erwartet hatten 


als ein grosses zusammenhängendes Ganze, dessen 


vordere Höhen hier und da mit alten Schlössern 
und Burgen besetzt sind, vor die Augen. Uns er- 


schienen die Vogesen hier grossartiger, als der 


Schwarzwald auf der diesseitigen Grenze der mittleren 


Tiefebene des Rheines. Die Gegend von Schlett- 
-stadt und noch mehr von Kolmar bis Mülhausen 
bietet selbst dem, welcher nur auf der Eisenbahn 


das Gebirge schauen kann, grossen Genuss, unendlich 
srösser ist dieser aber dem, dem es die Zeit ver- 
gönnt, längere Zeit daselbst zu verweilen und von 
der grossen Strasse nach Westen zu kleinere oder 
grössere Ausflüge zu machen. 

Mit Kolmar beginnt das eigentliche industrielle 
Elsass und erstreckt sich bis Mülhausen aufwärts. 
Die Fabrikdörfer ziehen sich meist längs des Ge- 
birges hin und haben in den letzten 20 Jahren eine 
solche Ausdehnung erhalten, dass man oft nicht 
weiss, wo das eme Dorf anfängt und das andere 
aufhört. In der Mitte dieses Fabrikbezirkes liegt der 
grösste Ort: Gebwiller oder Gebweiler, fast am Fusse 
der anfangs genannten Sultzer Kuppe. Mülhausen 
selbst, im Süden, nennt man nicht mit Unrecht die 


Arbeiterstadt. 
Auch im oberen Elsass scheint das Volk im 
Allgemeinen als solches keine besondere Vorliebe 


für Blumenzucht 
zu haben, dagegen wird der Obstbau sehr gepflegt. 
Kolmar und Mülhausen liegt das gleich 


für schöne Gärten oder auch nur 


Zwischen 


wo aus hauptsächlich die Obstzucht durch das ganze 
Land verbreitet wurde. Hier wohnte seit einem 
Jahrhundeıte die Gärtner-Familie der Baumann'’s, 
Jetzt in 2 Zweige getheilt, und übte auf den Obst- 
bau des Landes vor Allem einen heilsamen Einfluss 
aus. Da wir uns vorgenommen haben, über diese 
interessante Gärtner-Familie speciell zu berichten, so 
übergehen wir jetzt die Mittheilungen, welche wir 
über sie erhalten haben, und behalten uns diese für 
die nächste Zeit vor, 

In wo wir uns auf einige 
Tage niederliessen, um einestheils die grossartigen 
Baumschulen daselbst, anderntheils die reizenden 
Umgebungen mit den schönen Gärten kennen zu 
Die hier wohnenden Fahrikbesitzer ver- 
stehen es mehr als anderswo, sich das Leben mög- 
lichst angenehm zu machen. sich meist 
grosse, geschmackvolle und ihrer inneren Ein- 
richtung bequeme Wohnungen, die den Namen der 
Schlösser oft mehr verdienen, als die Chateaux im 
Westen Frankreichs, erbaut und tüchtige Männer be- 
rufen, um auch die nächsten Umgebungen mit Pflanzen- 
und Blumenschmuck zu versehen. Diese Gärten sind 
zum allergrössten Theile im neufranzösischen Style 
angelegt, wie sie früher auch schon mehrmals in 
der Wochenschrift beschrieben wurden, und werden 
auf das Sauberste unterhalten. Grosse Rasenflächen, 
herrliche Bäume, einzeln oder hainartig gepflanzt, 
wenige, viel Schatten gebende Gehölzparthieen, da- 
gegen zahlreiche Bepflanzungen von buntblättrigen 
und Blüthenpflanzen in Form von Arabesken, Tep- 
pichbeeten u. s. w., bisweilen auch ächte Pleasure- 
grounds finden sich in freundlichen Abwechslungen 
vor. Neben dem Aesthetischen und Schönen wird 
aber auch dem Nützlichen volle Aufmerksamkeit zu- 
gewendet, so dass Jedermann findet, was sein Herz 
nur begehren kann. Der Obstbau steht hier auf 
einer Höhe, wie wir ihn kaum in den günstigeren 
Gauen Frankreichs gefunden haben. 

Dem jetzigen Besitzer der alten Baumann’schen 
Handelsgärtnerei, August Napoleon Baumann, 
verdanken wir es, dass uns Gelegenheit und Erlaub- 
niss gegeben wurde, die schöneren Gärten, beson- 
ders in Gebwiller, kennen zu lernen. Vor Allem 
fühlen wir uns seinem jüngeren Sohne verpflichtet, 
da dieser uns auf allen Wanderungen freundlichst 
begleitete. Nur auf diese Weise wurde es uns auch 
möglich, Alles, und zwar immer nur das Ausgesuch- 
tere, rasch und bequem zu schauen. Es würde zu 
weit führen, wollten wir Beschreibungen der einzel- 
nen Gärten geben, wir überlassen es einer sachver- 


Bollwiller war es, 


lernen. 


Sie haben 
in 


im Anfange dieser Skizze erwähnte Bollwiller, von | ständigeren und auch gewandteren Feder; über Obst- 


BEN: 


und Weinbau wollen wir jedoch hier noch einige 
Mittheilungen machen. 

Der Obstbau wird mit ganz besonderer Vorliebe 
getrieben und ist bereits auf eine sehr hohe Stufe 
gebracht. Eine Eigenthümlichkeit ist, dass die Aepfel 
nicht mehr im oberen Elsass gedeihen wollen, wäh- 
rend sie in den früheren Zeiten bekanntlich in vor- 
derster Reihe kultivirt wurden. Man gibt es haupt- 
sächlieh dem Rauche der zahlreichen Fabriken schuld, 
welche erst der neuesten Zeit angehören und damit 
auch ihren schädlichen Einfluss ausüben konnten. 
Andererseits ist es notorisch, dass die Engerlinge 
mit besonderer Vorliebe die jungen Wurzeln der 
Aepfelbäume im Elsass abfressen. Mehr als einmal 
habe ich mich überzeugt, dass in einem Obstgarten 
Birn-, Pfirsich- und Zwetschenbäume sowohl a)s 
Hoch-, so wie als Formenbäume ein gesundes An- 
sehen besassen, während die Aepfelbäume, vor 
Allem in der Form des Zwergobstes, in Folge der 
Beschädigung von Engerlingen mehr oder weniger 
kränkelten und allmählig zu Grunde gingen. Dieses 
Aussuchen der Apfelbaumwurzeln von Seiten der 
Larven des Maikäfers fiel uns im Elsass um so mehr 
auf, als in anderen Gegenden von diesen Feinden 
des Obstbaues vorherrschend gerade weniger die 
Wurzeln der Aepfel-, als vielmehr der Pfirsich- und 
Birnbäume benagt wurden. 

Die Birngehölze fanden sich in den Gärten des 

oberen Elsasses hauptsächlich in diagonalen, hier 
und da auch in Flügel- und in gewöhnlichen Pyra- 
miden, ausserdem in verschiedenen Spalier- Formen 
und in Schnurbäumchen (Kordons) vor und waren 
fast durchaus auf eine Weise mit Früchten behangen, 
wie es uns bis jetzt noch nicht vorgekommen war. 
Es war dieses besonders bei den diagonalen Pyra- 
miden, einer Form, welche wir nicht genug empfeh- 
len können, der Fall. Sie sind in Deutschland ausser- 
dem gar nicht, in Frankreich nur sehr wenig in An- 
wendung gekommen und bestehen eigentlich aus 5 
einander völlig gleichen Spindeln, von denen die eine 
den Hauptstamm fortsetzt, während die 4 anderen 
ins Kreuz stehen, anfangs fast wagerecht in einen 
Bogen nach aussen gewendet sind und dann nach 
oben, ein wenig und allmählig nach innen geneigt, 
sehen, um sich schliesslich am oberen Ende zu ver- 
einigen. 

Am schönsten und am reichlichsten besetzt 
fanden wir diese diagonalen Pyramiden in dem Gar- 
ten des Fabrikbesitzers Frey in Gebwiller. Hun- 
derte der grössten, schönsten und auch wohlschmek- 
kendsten Früchte fanden sich an dergleichen Pyra- 
ıniden vor, so dass man sie als übertragen ansehen 


konnte. Es war uns in der That unbegreiflich, wie 
der kleine, kaum 10 Fuss hohe und 4 bis 5 Fuss 
unten im Durchmesser enthaltende Baum diese Menge 
von Früchten ernähren konnte, ohne sich zu er- 
schöpfen. Man hätte wenigstens meinen müssen, 
dass für das nächste Jahr eine sehr geringe oder 
eigentlich gar keine Erndte zu erwarten wäre. Und 
doch ergab eine genauere Untersuchung der Bäume 
wiederum zahlreiche Tragknospen für das nächste 
Jahr. Dass die Kultur des Bodens unter diesen Ver- 
hältnissen eine vorzügliche ist, kann man sich den- 
ken. Nirgends sah man auch nur die Spur eines 
Unkrautes. Der Boden wurde nicht allein oft ge- 
lockert, auch mit nährenden Bestandtheilen versehen. 

Der Weinbau wird an den Abhängen der Vor- 
berge zwischen Kolmar und Mülhausen am stärksten 
betrieben; allenthalben sieht man daselbst gut ge- 
haltene Weinberge. 

„In Gebwiller auf dem Kitterle, 

In Thann auf dem Rangen, 

In Türkheim auf dem Brandt 

Wächst der beste Wein im Land“ 
singt das Volk des oberen Elsasses. Wir haben 
Wein getrunken, der wohl zu den vorzüglicheren 
Sorten gerechnet werden kann und bei noch besse- 
rer Kellerei gewiss noch zu grossen Hofinungen be- 
rechtigt. Elsass wurde als französische Provinz frü- 
her in Betreff des Weinbaues, so wie in manchen 
anderen Dingen, sehr stiefmütterlich behandelt. Das 
benachbarte Burgund, so wie die Champagne, liessen 
den Weinbau nicht allein im Elsass nicht aufkom- 
men, sondern benutzten das Elsässer Produkt sogar 
in ihrem Interesse, hauptsächlich um moussirende 
Weine daraus zu bereiten. Daher kultivirte man im 
Elsass weniger auf Qualität als auf Quantität. 

Man darf sich deshalb auch nicht wundern, dass 
der Wein im Elsass um so mehr einen sehr geringen 
Preis besass, als er des hohen Zolles halber früher 
in dem östlichen Nachbarlande nicht eingeführt werden 
konnte. Die schlechteren Sorten wurden, wie es 
wohl in allen Weinländern der Fall ist, im Lande 
selbst getrunken, die Dienstboten erhielten ihn oder 
man tauschte ihn gegen den sogenannten kleinen 
Wein (petit vin) aus den westlich angrenzenden Pro- 
vinzen ein. Dieser kleine Wein wird durch noch- 
maliges Abziehen der Rückstände nach der Gährung 
mit Benutzung von Wasser und Stärkezucker gewon- 
nen und bietet in ganz Frankreich das gewöhnliche, 
weil sehr wohlfeile Getränk der Armen dar. 

Durch die veränderte politische Lage des Elsasses 
haben sich hinsichtlich des Weinbaues die Umstände 
wesentlich zum Vortheil geändert, die Zolllinie im 


u 


und die Weinhändler 
die besseren Weine 


Osten ist gefallen 
kaufen 


am Rhein 
des Elsasses um so 


eifriger auf, als am Rhein in diesem Jahre eine völlige ' 


Misserndte vorhanden ist. Gegen das vorige Jahr 
wird der gute Wein im Elsass nach den Mittheilun- 
gen eines Mainzer Weingrosshändlers bereits um das 
Vierfache Zum Theil erhalten deshalb 
jetzt die Dienstboten im Elsass von ihren Herrschaf- 
ten keinen Wein mehr. 

Unter den schönen, dem Luxus und dem Nutzen 
zu gleicher Zeit gewidmeten Gärten, in die uns unser 
freundlicher Führer, der junge Baumann, geleitete, 
war auch der von Ollwiller, dicht am Fusse der Vo- 
gesen reizend gelegen. Hier fanden sich noch 2 
italienische Pappeln vor, welche als die ersten, im 
Elsass gepflanzten, bereits ein Alter von 120 Jahren 
besassen. 


aufgekauft. 


Beide erfreuten sich eines gesunden An- 
sehens und mochten eine Höhe von 120 Fuss haben. 
Der Durchmesser des im Umfange ungleichen Stam- 
mes betrug 6 Fuss. In demselben Garten von Oll- 
willer fand sich auch ein prächtiges Exemplar der 
ächten Trauerweide am Rande eines Teiches vor. 
Der kurze Hauptstamm hatte 3 Fuss im Durchmesser 
und theilte sich bald in 6 starke Hauptäste. 


Nachträgliche Bemerkungen 
zum Schutz der Obstbäume ete. vor schädlichen 
Insekten. 
Von Ö©. Becker, 

erstem Lehrer der Bürger -Mädchenschule in Jüterbog. 

Alle Schmetterlinge sind im Raupenzustande 
schädlich, ausgenommen Bombyx mori (Seidenwurm 
als Raupe) und auch dieser in seinem Vaterlande. 

Die ersten Raupen in den Gärten vertilgt man 
Mitte März dadurch, dass man die grossen Raupen- 
nester abschneidet. Diese entstehen durch die Raupen 
des Goldschwanzes (Bombyx chrysorrhoea, Flügel 
schneeweiss, die Spitze des Hinterleibes rostroth; 
die Raupen grauschwarz, roth geadert). Sie zer- 
fressen im Mai und Juni die Knospen und. Blätter 
der Obstbäume, der verschiedensten Laubhölzer und 
Rosen. Die jungen Raupen bereiten sich im August 
eine Wohnung für den Winter an den zusammen- 
gesponnenenZweigspitzen, die sie inwendig mit Seiden- 
fäden ausfüttern und von aussen mit zahlreichen 
Seidenfäden umwickeln, woran sie leicht zu erkennen 
Das Abschneiden der Nester kann von Mitte 
November bis Mitte März erfolgen. Gewöhnlich macht 
die Polizeibehörde den Termin bekannt, bis zu wel- 
chem dies geschehen muss. Am besten betheiligen 


sind. 


sich dabei 2 Personen, der mit dem Gebrauch der 
Raupenscheere Vertraute und ein Kind, welches die 
herabgefallenen, zu vernichtenden Nester sorgfältig 
sammelt. (Vgl. Entomologie für Gärtner und Garten- 
freunde von Dr. E. L. Taschenberg S. 223.) 

Die gefrässigen Ringelraupen (von Bombyx 
neustria, Ringelspinner), welche aus den schwer zu 
findenden, an den dünnen Zweigen der Obstbäume 
ringsum fest angeleimten Eiern (oft mehrere Hundert) 
kriechen, sammeln sich Anfangs Mai an den Spitzen 
der Zweige, später in Nestern in den Astgabeln in 
einem leicht zu erkennenden Gespinnst (vgl. Oken, 
Allgem. Naturgeschichte, 5. Bd., 3. Abth., S. 1150) 


und können mit einem feuchten Lappen zerdrückt 
werden. 
Beide Raupen-Arten wandern. Deshalb bindet 


man Mitte Mai starke, geleimte Papierringe um die 
Bäume und bestreicht sie mit Brumata-Leim. Die 
Raupen überkriechen den Leim nicht, sondern sam- 
meln sich unterhalb der Ringe, wo sie leicht ver- 
nichtet werden können. 

In warmen, dunkeln, regen- und windfreien 
Abenden des Juli und August fängt man viele den 
Gartengewächsen schädliche Nachtschmetterlinge 
und Motten im Garten, indem man einen Glas- 
kasten, oder noch besser ein Einmacheglas von 
etwa 1 Fuss Durchmesser und entsprechender Höhe 
innerlich und äusserlich mit Brumata-Leim über- 
streicht, und in die Mitte eine brennende Petroleum- 
Küchenlampe stellt. Morgens wird das Glas herein- 
geholt und in den Keller gestellt, danit die Tages- 
hitze nicht austrocknend -auf den Leim wirkt. Ich 
habe durch diese Vorrichtung in meinem Garten 
eine Menge schädlicher Schmetterlinge (den Gold- 
schwanz, die Gespinnstmotte, die Heckenschabe, die 
Apfelbaum - Gespinnstmotte (Tinea malinella), sogar 
einzelne Exemplare des Kiefernspinners (Bombyx 
pini), die aus der nahen Waldung jedenfalls herbei- 
geflogen waren, und die Nonne (Liparis monacha) 
gefangen, und der Versammlung des Berliner Garten- 
vereins im September 1871 zur Ansicht vorgezeigt. 

Dies Verfahren gründet sich auf die Beobach- 
tung, dass alle Nachtschmetterlinge, Motten etc. dem 
Lichte zuflattern. 

Besitzt man ein Gewächshaus oder Gartenhaus, 
bestreicht daran einzelne Glasscheiben äusserlich 
und innerlich mit Brumata-Leim und stellt eine Lampe 
von Innen an die Scheiben, so wird man an warmen 
Sommerabenden ebenfalls viele schädliche Nacht- 
falter fangen. Das Glas lässt sich später durch 
einen mit Baumöl getränkten Lappen reinigen. 

Dass auf diese Weise auch Pelzmotten (Tinea 


| Be 


pellionella) und Kornmotten (Tinea granella) gefan- 
gen werden können, leuchtet ein. Doch habe ich 
mit deren Fangen noch keine Versuche gemacht, 
weil es mir hier an Gelegenheit dazu fehlt. 

Mit dem Brumata-Leim haben Justiz - Rath 
Frantz in Fürth bei Nürnberg und der Obergärtner 
des Prinzen Albrecht von Preussen Hoffmann in 
Berlin die Ameisen von den ÖOrangerie-Bäumen ab- 
gehalten. 

Die Anweisung über die Vernichtung des Frost- 
schmetterlings (Geometra brumata), des unbedingt 
gefährlichsten Feindes unserer Obstbäume, und des 
Blüthenbohrers (Anthonomus pomorum) habe ich 
schon früher anderweit gegeben, doch gelingt der 
Fang das erste Mal oft nicht vollständig. Erfahrung 
bleibt auch hier die beste Lehrmeisterin. Die 
Schmetterlinge kommen in verschiedenen Gegenden 
auch zu verschiedenen Zeiten, in Schweden schon 
Anfangs Oktober, in Norddeutschland Ende Oktober, 
in der Nähe Berlins Anfangs November, in der Um- 
gegend Wiens Mitte November, nach kühlem Som- 
mer später, nach heissem früher, auf Gebirgen spä- 
ter, in Ebenen zeitiger. Die Hauptmenge erschien 
hier, 8 Meilen südlieh von Berlin, im Jahre 1856 
den 6. November — im Jahre 1871 am 8. Novem- 
ber; das Thermometer zeigte an diesem Tage ca. 
— 8° R., nachdem schon einige Tage vorher Eis 
gefroren war. An den Abenden solcher lauen No- 
vembertage sieht man die Männchen lustig umher- 
flattern und am anderen Morgen die Brumatabänder 
mit daran klebenden Männchen und Weibchen be- 
deckt. 

Der Blüthenbohrer, welcher die Blüthen zu 
Millionen verdirbt, indem er die Staubgelässe und 
Fruchtknoten ausfrisst, soll nach Dr. Ratzeburgs 
Forstinsekten im Frühjahr, wann der Safttrieb rege 
wird, erscheinen; trotz jahrelanger, sorgfältiger Ver- 
suche fing ich dennoch keinen Käfer, bis ich end- 
lich zufällig Mitte November, nachdem ich die Ringe 
noch einmal frisch überstrichen hatte, auf denselben 
lebende, gefangene Käfer erblickte; dasselbe war im 
Dezember, auch im Februar an nicht zu kälten Ta- 
sen der Fall; die Käfer kriechen dann am Baum in 
die Höhe und werden gefangen, an warmen Früh- 
lingstagen fliegen sie an den Bäumen umher; ihr 
Fang ist dann ganz unmöglich. Uebrigens über- 
schreiten einige Käfer mit ihren kräftigen Schenkeln 
den Leim, der eigens nur für den Frostschmetter- 
ling präparirt ist; doch werden sie die Klebemasse 
von den Füssen nicht wieder los, und können un- 
möglich an die Baumknospen gelangen, um dort ihre 
verderblichen Eier zu legen. 


Will man sein Obst von Maden rein erhalten, 
so bindet man Mitte Juli die Papierringe fest um den 
Baum und überstreicht sie mit Brumata-Leim. Diese 
Maden sind die Raupen der OÖbstschabe, des 
Apfelwiceklers (Tortrix pomonana) und des Pflau- 
menwicklers (Tortrix funebrana). — Der düstere 
Falter des Apfelwicklers (Vorderflügel bläulich - grau 
mit vielen feinen Querstrichen, am Aussenrande ein 
grosser sammetschwarzer, inwendig etwas rothgoldig 
schimmernder Fleck) ist schwer zu fangen, weil er 
am Tage still sitzt, nur Nachts, meist im Juni, fliegt 
und dann Seine (etwa 150) Eier. legt. Die kleinen 
Raupen (Maden) bohren sich im Juli in die halb- 
wüchsigen Früchte, verursachen das KFallobst und 
verderben oft !/;, der Obsternte. Anfangs August 
bis Mitte September lassen sich die Raupen an einem 
Faden aus dem Obst herab (darum wird man weni- 
ser Maden im herabgefallenen, wohl aber im abge- 
pflückten oder abgeschüttelten Obst finden), kriechen 
dann an den Obstbaum und an demselben hinauf, 
um hinter Rindenschuppen oder in Rindenrissen in 
einem weisslichen Gewebe, das mit Rindenspänchen 
und anderem Abnagsel umkleidet ist, zu überwintern. 
Gelangen nun die Raupen an den Brumata-Ring, so 
können sie denselben nicht überkriechen, sondern 
bleiben an ihm kleben; die meisten ziehen es nach 
meiner Beobachtung vor, sich unter dem Ringe, wo 
sie vor Feinden und Frost geschützt sind, zu ver- 
bergen und einzuspinnen. Man löst nun den Ring 
nach einem senkrechten Schnitt Anfangs Oktober, 
oder, will man ihn noch Anfangs November zum 
Fange der Frostschmetterlinge und Blüthenbohrer 
benutzen, in der Zeit vom Dezember bis März ab, 
und vernichtet die gewöhnlich unter einem Papier- 
flecke sitzenden Maden. Schon jetzt, Mitte Septem- 
ber, können sich die Herren, welche meinen Bru- 
mata-Leim (1 Pfd. für etwa 30 Bäume hinreichend) 
im vorigen Jahre angewendet haben, wenn die Ringe 
bis jetzt sitzen geblieben sind, von der Richtigkeit 
meiner Angabe an Bäumen, welche viel madiges 
Obst hatten, überzeugen. ÖObstmaden, auf diese Art 
gefangen, habe ich dem Garten-Director Dr. Lu- 
cas in Reutlingen und dem Eug. Fürst, Redacteur 
der Frauendorfer Blätter, zur Ansicht vorgelegt. Un- 
ter den Ringen sammeln sich zugleich viele schäd- 
liche Insekten, namentlich Ohrwürmer, die den Ge- 
wächsen, besonders dem Blumenkohl, schaden; diese 
vernichtet man mit einer scharfen Bürste oder einem 
feuchten Lappen. 


Dicht belaubte Bäume fangen den Regen auf 
und lassen wenig Feuchtigkeit an die Wurzeln ge- 


| langen; die Bäume vertrocknen und verkümmern oft. 


344 


Darum ist es rathsam, an trockenen Mai- und Juni- 
tagen etwa 2 Fuss breite Löcher 2 Fuss vom Stamm 
entfernt machen und in dieselben mehre Eimer 
Wasser oder Jauche giessen zu lassen; letztere wird 
schon von ihren scharfen Theilen durch den Erd- 
boden absorbirt. Der Baum erhält durch dies Ver- 
fahren mehr Kralt, die Früchte festzuhalten und freu- 
diger zu wachsen. 

Wer den Acker pflegt, den pflegt der Acker, 
und wer den Obstbaum pflegt, dem ist er dankbar. 

Du sollst die Bäume nicht verderben (und nicht 
verderben lassen), denn du kannst davon 
5. Mosis 20, 19. 20. 


essen. 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
XIV. 

Wir haben bereits mehrmals der kleinen Frucht- 
Etiketten in Form und Grösse der Postmarken ge- 
dacht, welche Professor Pynaert in Gent sich aus- 
sesonnen hat und die die Kenntniss des Obstes un- 
gemein erleichtern. Man sollte eigentlich keine Frucht 
geniessen, deren Namen man nicht weiss. Erst 
wenn eine grössere Sorten-Kenntniss im Publikum 
vorhanden ist, wird man auch die besseren Früchte 
mehr schätzen lernen. Nur in dem Falle, wo man 
den richtigen Namen weiss, wird man sich auch die 
Sorte verschaffen können. In der Regel schicken 
aber die Hausfrauen, wenn sie bei einem Gastmahl, 
was gegeben werden soll, gutes Obst haben wollen, 
ihre Dienstboten auf den Markt oder gehen wohl 
selbst dahin und kaufen, ohne Namen zu wissen, 
Früchte, und zwar in der Regel solche, welche gut 
aussehen. Ob diese aber auch gut schmecken, ist 
eine andere Frage, die vor dem Kosten nicht beant- 
wortet werden kann. 

Viele Familien in Belgien, besonders solche, 
welche selbst gutes Obst ziehen, kleben jetzt auf 
alle ihre guten Früchte diese kleinen Etiketten mit 
dem richtigen Namen und setzen das Obst so be- 
nannt ihren Gästen vor. In der kurzen Zeit, wo 
der Gebrauch dieser Etiketten eingeführt ist, hat die 
Kenntniss der Sorten bei solchen Liebhabern un- 
gemein zugenommen. Aber auch die Besitzer grösse- 
rer Gasthäuser, wie die des Hötel royal und de 
Vienne in Gent, haben diese Obst-Etiketten bei sich 


eingeführt. Fremde, welche daselbst speisen, er- 
halten die Birnen auf der Tafel nur etikettirt. Es 
unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Mancher von 
ihnen eine bestimmte Sorte, welche besonders gut 
schmeckt, dann verlangt und dass diese damit auch 
mehr verbreitet wird. 

Ein Gärtner zu Genouilly im Departement Saone 
und Loire, mit Namen Joseph Durousset erzählt in der 
Revue hortieole den interessanten Fall, wo die Flachs- 
seide unserer Wiesen (Cuscuta Epithymum) Beeren 
an einem Weinstocke so überzogen hatte, dass bis 
11, Fuss lange Fäden herabhingen. Da der Besitzer 
dieser mit dem Schmarotzer behafteten Weinrebe, 
um dem Boden mehr Nahrung zuzuführen, Erde von 
einem Kirchhofe geholt hatte, so behaupteten alsbald 
einige religiöse Fanatiker, dass diese Erscheinung 
der Haare (— für diese hielt man die Fäden der 
Flachsseide —) eine Strafe des Himmels sei. In 
dem civilisatorischen Frankreich war es sogar mög- 
lich, dass ein Schwindler eine mit der Flachsseide 
belaftete Traube dem Besitzer abkaufte und als ein 
grosses Wunder für Geld zeigte. 

Eben erhalten wir die Nachricht, dass Franz 
Baumann, Inspektor des botanischen Gartens zu 
Jena, in seinem 80. Lebensjahre am 22. d. M. ge- 
storben ist. Vor drei Jahren feierten wir noch sein 
Dienst-Jubiläum, bei welcher Gelegenheit der Verein 
zur Beförderung des Gartenbaues ihn zu seinem 
Ehren-Mitglied ernannte (s. 12. Jahrg. 289 und 294). 
Baumann ist auch noch einer der Wenigen, welche 
mit Goethe in dessen letzten Jahren in Beziehung 
stand. Manche Sommer wohnte Goethe in dem reizend 
gelegenen Gärtnerhause zu Jena und liess sich von 
dem damals jungen und strebsamen Gärtner die 
neueren und interessanteren Pflanzen zeigen. 


Für Obstbaum-Besitzer. 


Auf den von dem Lehrer C. Becker in Jüter- 

bog präparirten und von ihm zu beziehenden 
Brumata-Leim, 

durch welchen Anfangs November der entschie- 
den gefährlichste Feind der Obstbäume, der Frost- 
spanner (Geometra brumata), auch der Blüthen- 
bohrer (Anthonomus pomorum), später die Obst- 
made (Tortrix pomonana) vertilgt werden, machen 
wir die betreffenden Obstbaum - Besitzer jetzt aul- 
merksam. Die Red. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


„. 
« 


No. 4. Ka 


Berlin, den 2. November. 


des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Beobachtungen über das Erfrieren vieler Gewächse ete. — Mittheilungen über,Gemüsekultur in Japan. 


Beobachtungen 


über das Erfrieren vieler Gewächse, und nament- 
lich unserer Obstbäume, 

Unter diesem Namen hat Superintendent Öber- 

dieck in Jeinsen, der Nestor unserer Pomologen, 

eine grosse Reihe höchst dankenswerther Beobach- 


tungen über eine wichtige Erscheinung im Pflanzen- | 


leben, über das Erfrieren namentlich unserer Obst- 
bäume, gebracht, wofür wir ihm, zunächst vom prak- 
tischen Standpunkte aus, nur danken können. Ein 


Mann bereits sehr hoch in den siebenziger Jahren, | 


und, obwohl er sich dem geistlichen Stande gewidmet 
hatte, doch mit einer grossen Liebe zur Natur und mit 


| terlande des Autors entzogen worden. 
' erhielt zwar Erlaubniss, 


einer seltenen Beobachtungsgabe versehen, hat hier 


die Erfahrungen von über 5 Jahrzehenten nieder- 
gelegt. Oberdieck war überdiess mehr als Dilettant 
in der Gärtnerei. Was er besonders speciell in der 
Pompologie geleistet, ist hinlänglich bekannt, um noch 
besonders darauf hinweisen zu müssen. 
OÖberdieck wurde schon in der ersten Zeit 
seines langen Lebens, und zwar durch den starken 
Winter von 1822 auf 1823, veranlasst, der Einwirkung 
der Kälte auf die Pflanzen besondere Aufmerksam- 
keit zuzuwenden. 
der Wissenschaften zu Harlem gab ihn noch insofern 


Gelegenheit, seine Ansichten darüber in einer beson- | 
deren Abhandlung auszusprechen, als sie über die- 


sen Winter und seinen Einfluss auf die Pflanzen 
eine Preisschrift zur Konkurrenz ausgeschrieben 
hatte. Die von Oberdieck eingesendete Abhand- 
lung erhielt mit dem Beifall der Gesellschaft auch 
den Preis. Leiler ist diese Preisschrift in’s Hollän- 
dische übersetzt und dadurch der Kenntniss im Va- 


Die niederländische Gesellschaft | 


OÖberdieck 
die Schrift auch in deut- 
scher Sprache zu veröffentlichen, amtliche Geschäfte, 
vor Allem eine bald darauf erfolgte Versetzung, und 
wahrscheinlich auch der Wunsch, noch 


an einzelnen Stellen zu ergänzen, resp. auch zu ver- 


sie zuvor 
. 
bessern, hielten ihn aber von seinem Vorsatze bis- 
her ab. So blieb sie selbst dem Manne, der gerade 
das Erfrieren der Bäume die meisten wissen- 
schaftlichen Beobachtungen gemacht hat, und nach 
dem ebenfalls harten Winter von 1829/30 eine Ab- 
handlung „über Wärmeentwickelung in den Pflanzen, 
das Gefrieren und Schutzmittel 
gegen” schrieb, dem Geheimen Mediecinalrathe und 
Professor Dr. Göppert in Breslau, völlig unbekannt. 
Um so mehr konnte Oberdieck mit grosser Ge- 
nugthuung auf seine Schrift blicken, da er in Göp- 
Abhandlung ziemlich dieselben Ansichten 
über das Erfrieren der Pflanzen fand. 

Oberdieck hat seine Beobachtungen über das 
Erfrieren der Pflanzen bis die neueste Zeit fort- 
gesetzt und ein genaues Tagebuch darüber geführt. 
Besonders waren es aber die harten Winter von 
1825/26, von 1837/38, von 1844/45 und 1870/71, 


über 


besonders über da- 


pert's 


in 


welche ihm die meiste Gelegenheit dazu gaben. 
Diese Beobachtungen sind in dem aus 108 Seiten 
bestehenden Schriftchen, über das wir berichten 


3 Annahmen über das Erfrie- 
ren der Bäume sind es hauptsächlich, denen 
darin entschieden entgegentritt. Man glaubt näm- 
lich ziemlich allgemein, dass die Frühlingsfröste, die 
thauende Sonne und das Glatteis die wichtigsten Fak- 
toren Seien, welche das Erfrieren der Bäume herbei- 
führen, eine Ansicht der Oberdieck nicht beipflichtet. 


44 


wollen, niedergelegt. 


er 


wc 


Ehe wir zur Begründung der Oberdieck’schen 
Ansichten in das Einzelne gehen, möchte es noth- 
wendig sein, zum besseren Verständniss Einiges über 
das Leben der Pflanze zu sagen und dann über das, 
was bereits von Seiten der Wissenschaft über den 
Einfluss der Kälte auf die Pflanzen überhaupt er- 
forscht worden ist, Mittheilung zu machen. Es ist 
dieses nothwendig, um die Beobachtungen und die 
daraus gezogenen Schlüsse der Praktiker der 
Wissenschaft in Einklang zu bringen. 


mit 


Die meisten Pflanzen sind keineswegs so einfach, 
als man glaubt, sondern sie bestehen aus einer gros- 
sen Anzahl anfänglich rundlicher Säcke, die man Zellen 
nennt und die bei den höheren Arten verschiedene 
Funktionen zur Erhaltung oder auch zur Fortpflan- 
Diese Zellen 
nur kurze Zeit beschränktes,Leben und müssen sich 
immer wieder erneuern, ohne dass aber die abge- 


zung ausüben. haben ein auf eine 


wie bei den 
dabei entfernt 
Bei einem Theil der Pflanzen, welche wir 
dienen diese todten Zellen sogar, 
ähnlich den Knochen bei den Thieren, zum Gerüste 


lebten und unbrauchbar gewordenen, 
Thieren, durch besondere Prozesse 
werden. 
Gehölze nennen, 
für das Individuum, um das herum sich die neuen, 
Dieses 
Gerüste ist das, was wir Holz nennen und in sofern 
bei dem Einfluss der Kälte Pflanze 
Wichtigkeit, es einen schlechten Wärmeleiter 
darstellt und von der Kälte selbst fast gar nicht an- 


lebensfähigen »Zellen wiederum entwickeln. 


auf die von 


als 


gegriffen wird. Es sind nur die lebensfähigen, ent- 
weder die erst in der Entwickelung begriffenen (Cam- 
bial-) oder die eigentlichen Arbeits- Zellen, welche 
von der Kälte beeinflusst werden. Je nachdem das 
Holz schützt und sich zu den Lebens-Zellen verhält, 
wird der Einfluss der Kälte stets verschieden sein, 
eben so je nachdem die Arbeitszellen die eine oder 
die andere, mehr oder weniger gegen die Kälte 
Widerstand ausübende Funktion Der 
Einfluss der Kälte auf die Pflanze ist demnach nicht 
allenthalben ein gleicher und ist bei demselben In- 
dividuum verschiedenen Stellen, aber auch zu 
verschiedenen Zeiten, bald geringer, bald stärker. 
Die Zelle führt in der Pflanze weit mehr ein 
selbständiges Leben als bei dem Thiere, wo sie im 
Ganzen untergeht, -und kann einzeln oder auch in 
Verbindung mit mehrern durch Frost an einer Stelle 
untergehen, während sie an einer anderen weiter 
vegetirt. Jede Zelle lebt dadurch, dass ihr Inhalt, 
besonders das stickstoffhaltige Protoplasma, mit der 
Aussenwelt in beständigem Stoffwechsel steht. Das 
aber geschehen, wenn das Medium für 
abzugebenden Stoffe, das Wasser, 


ausüben. 


an 


kann nur 


die auf- und 


flüssig ist. Das Wasser wird demnach bei dem Eır- 
frieren auch stets die grösste Rolle spielen. Unter 
Nullgrad ist kein Stoffwechsel in der Zelle möglich. 
Für viele Pflanzen kann durch Kälte eine zeitweilige 
Unterbrechung eintreten, ohne dass ihr Leben ge- 
fährdet ist, für andere aber nicht. 

Der Stoffwechsel ist bedingt durch die Ver- 
wandtschaft der Molekule und Atome zu einander 


und wird nicht durch die das Protoplasma ein- 
schliessende Zellhaut gehindert. Aber nicht alle 
Veränderungen, welche im Innern der Zelle vor- 


kommen, vermögen wir durch die Verwandtschaft 
der Stoffe zu einander zu erklären, es gibt noch 
andere, die wir bis jetzt noch nicht kennen und die 
durch eine uns noch dunkele Kraft, welche man 
sewöhnlich als Lebenskraft bezeichnet, hervorge- 
bracht wird. Diese Lebenskraft ist bei den ver- 
schiedenen Arten auch verschieden und hängt von 
der Spezifizität ab. Diese deshalb auch spezifische 
senannte Kralt ist die Ursache, dass, wenigstens in 
unserer jetzigen Periode, keine Art in die andere 
übergeht. 

Jeder Stöffwechsel, also auch der der Pflanze, 
bedarf eine bestimmte Wärme, die sich in der Höhe 
nach den verschiedenen Prozessen, aber auch nach 
den verschiedenen Pflanzenarten richtet. Interessant ist 
es, dass bei zu geringer Menge von Wärme sich in der 
Regel dieselben Erscheinungen zeigen als bei zu grosser. 
So lange das Zuviel oder das Zuwenig noch nicht 
wesentlich auf die Veränderungen des Stoffwechsels 
einwirken, wird die Zelle oder Pflanze noch eine 
Zeit lang ihre Thätigkeit ausüben können, dauert 
der Einfluss aber zu lange, so ist der Tod eben so 
die Folge, als wenn das Zuviel oder Zuwenig als- 
bald in der Weise wirkt, dass der nothwendige 
Stoffwechsel unmöglich wird. Das Erfrieren, also 
das Aufhören des Austausches des lebendigen Stoffes 
in Folge einer geringen Temperatur, braucht keines- 
wegs erst unter Nullgrad zu beginnen, bei tropischen 
Pflanzen, wo eine grössere Wärme für den Stofl- 
wechsel nothwendig ist, kann das Pflanzen -Indivi- 
duum schon dann erfrieren, wenn das Minimum der 
Wärme 3 oder 4 Grad beträgt, d. h. es stirbt unter 
denselben Verhältnissen, wie eine andere nordische 
Pflanze, wenn die Wärme bereits unter Null Grad 
gefallen ist. 

Wenn der Stoffwechsel durch Mangel der nöthi- 
gen Wärme nicht mehr geschieht und damit der 
Austausch zum Stillstand gebracht wird, so braucht 
die Zelle oder die Pflanze noch nicht todt zu sein; 
so lange nieht dadurch eine Umänderung der Stoffe 
selbst geschieht, ist es auch nicht der Fall. Je 


347 


länger die Unterbrechung des Stoffwechsels dauert, | unter der Epidermis, welche aus fast trockenen Zel- 


um so näher liegt aber die Gefahr des Erfrierens, 
die Kälte einen hohen Grad erreicht 


zumal wenn 
hat und auch die Möglichkeit der Umänderung der 
ruhenden Stoffe damıt gegeben ist. Bei den ver- 


schiedenen Bäumen ist natürlich die Gefahr des 
Erfrierens um so grösser, je leichter in den Zellen 
die Stoffe durch Kälte verändert werden können. 
Sobald nach Eintritt wiederum höherer Temperatur- 
grade, also nach dem Aufthauen, der Stoffwechsel 
auf gleiche Weise wiederum eintreten kann, wie er 
früher stattfand, so schadet die Kälte nicht, ist der 
Stoffwechsel aber nur mangelhaft, so kann unter ge- 
wissen Umständen die Zelle, resp. die Pflanze all- 
mählig wiederum in den normalen Zustand kommen. 
Das Streben darnach ist ein Kränkeln, was schliess- 
lich zur Gesundheit, aber auch zum Absterben füh- 
ren kann. 

Abgesehen von der bestimmten Wärme, welche 
jede Pflanze bei ihrem Stoffwechsel gebraucht, und, 
wenn sie nicht vorhanden ist, unter Umständen den 
Tod herbeiführen kann, spielt das Wasser eine sehr 
grosse Rolle bei dem Erfrieren. Das Wasser ist 
nicht allein Nahrungsmittel der Pflanze, es ist auch, 
wie bereits ausgesprochen ist, das Medium für die 
meisten anderen Stoffe, welche für ihr Leben noth- 
wendig sind. Wasser ist nicht allein im Innern der 
Zelle in grösserer und geringerer Menge vorhanden 
und enthält die Stoffe daselbst aufgelöst, es befindet 
sich auch im Protoplasma, so wie in der Zellwan- 
dung, wo eine gewisse Schicht die einzelnen Mole- 
kule zu umgeben scheint, in grösserer und geıin- 
gserer Menge. 

Es ist eine physikalische Thatsache, dass Lö- 
sungen, wenn Kälte auf sie einwirkt, Wasser ab- 
scheiden, was gefriert, während die Mitte noch weich 
bleibt, bis endlich auch diese bei noch niedrigerer 
Temperatur hart werden kann. Das ist auch bei 
dem Inhalte der Zellen der Fall. Je weniger Wasser 
die Zellen enthalten, um so geringer ist die Gefahr 
des Erfrierens. Geringe Spätfröste, welche zu einer 
Zeit einwirken, wo bereits die Wurzeln Wasser auf- 
senommen haben, um die Reservestoffe zur Ausbil- 
dung der bereits angelegten Organe in Fluss zu 
bringen, werden auf die dann weicheren Theile der 
Pflanzen einen grösseren Einfluss’ ausüben, als oft 
eine starke Winterkälte. 

Aber auch die Zellwandung giebt, wie gesagt, 
sobald Kälte eintritt, Wasser nach aussen ab. Die- 
ses gefriert und setzt sich in Form von Eiskrystal- 
len ringsum, und zwar um so mehr, als die Tempe- 
ratur sinkt. Diese Eiskrystalle kommen besonders 


len besteht und deshalb auch fast kein Wasser, was 
gefrieren könnte, einschliesst, wahrnehmen und bil- 
den bisweilen nicht unbedeutende Schichten. Sie 
heben nicht selten die ganze Epidermis ab, welche in 
diesem Falle nur noch lose umschliesst. Wie bei 
den ausserhalb liegenden Zellen das nach aussen 
tretende Wasser gefriert, so geschieht dieses auch 
allmählig mit den weiter nach innen liegenden und 
länger widerstehenden. Durch Kontraktion wird der 
Raum, den die Zellen einnehmen, geringer. und es 
zerreisst schliesslich das Zellgewebe. Das kann aber 
auch geschehen durch in Folge ungleicher Einwir- 
kung der Kälte bedingte Krümmungen. Bei plötzlıch 
eintretender starker Kälte ist natürlich die Wirkung 
rasch und es tritt olt ein plötzliches Reissen 
Rinde, des Splintes und selbst auch des tiefer nach 
innen liegenden Holzes, nicht selten mit einem lau- 
verbunden, ein. Dergleichen Risse 
nennt man Frostspalten. Wie der Frost nachlässt, 
das Eis wieder zu Wasser wird und die Zellen mit 
dem weicher werden sich wieder ausdehnen, schlies- 
sen sich wieder. Ein erneutes 
Zusammenwachsen dieser Frostspalten geschieht aber 
nıe, wenn auch die neugebildeten Holzschichten sich 
darüber legen und nach aussen mehr oder weniger 
unkenntlich machen. Der Holzhändler hat jedoch in 
der Regel seine Merkmale, welche ihn dergleichen 
mit Frostspalten versehenes und deshalb einen ge- 
ringeren Werth habendes Holz erkennen lassen. 
Wenn der Frost allmählig aufhört und die Zelle, 
resp. die Pflanze, nach und nach aufthaut, so kehrt 
das nach aussen getretene und bis dahin gefrorene 
Wasser wieder in das Innere zurück. Es treten 
schliesslich die ursprünglichen Verhältnisse der Zelle 
oder Pflanze wiederum in den normalen Zustand zu- 
rück. In diesem Falle werden sich auch später keine 
weiteren Folgen Geschieht das Aul- 
thauen aber rasch, so kann das Wasser nicht so 
schnell wiederum an die ursprünglichen Stellen zu- 
rücktreten und verläuft sich deshalb in den Inter- 
eellularräumen. Damit wird natürlich 
Verhältniss in den Zellen nicht wieder hergestellt 
und es können abnorme Zustände eintreten, welche 
selbst den Tod der Zelle und der Pflanze hervorzu- 
rufen im Stande sind. Ein schnelles Aufthauen ist 
daher für die Pflanze wenigstens gefährlich, während 
ein langsames unter Umständen gar keine Nachtheile 
Dass hierbei ebenfalls viel 
dem Lebensstadium 


der 


ten Geräusch 


die Spalten auch 


kundgeben. 


das frühere 


hervorzubringen braucht. 
von der Pflanzenart und von 
des Individuums abhängt, versteht sich von selbst. 
Geheimer Medizinalrath Göppert in Breslau hat in 


44* . 


er, 


dieser Hinsicht die interessantesten 
Beobachtungen angestellt. 

Bei der Selbständigkeit der Pflanzenzelle und 
bestimmter Zellenkomplexe kann das Erfrieren auch 
nur theilweise stattfinden, ohne dass deshalb der 
Tod der Pflanze daraus folgt. Der Frost wirkt aber 
bisweilen in der Weise fort, dass erkrankte oder fau- 
lende Zellen, ähnlich wie bei der Herzfäule, ihren 
Zustand auf die an sie grenzenden übertragen und 
damit die ganze Pflanze krank machen und schliess- 
lich selbst tödten. Zuerst wird im Sommerholze der 
Markcylinder angegriffen, dann kommen bei älterem 


Versuche und 


Holze die Markstrahlen und schliesslich leidet das 
um das Holz herum liegende Cambium. Je mehr 


das Sommerholz ausreift, um desto mehr widersteht 
es, weil trockener, der Kälte. In Nord-China trägt 


der lange gute Herbst nicht wenig dazu bei, dass | 


das Sommer-Holz gewisser Orangen-Gehölze, weil es 
schliesslich sehr hart wird, trotz hoher Kältegrade 
des Winters nicht erfriert. 

Oft hat die Wurzel durch die Kälte gelitten, 
während die Laubkrone unbeschädigt zeblieben ist. 


In diesem Falle schlagen die Laubknospen des Ge- 


hölzes aus und dieses gıünt, wie gewöhnlich, so 
lange die im vorigen Jahre niedergelegten Reserve- 
stoffe noch Material hergeben. Ist dieses aber auf- 
gezehrt, so fängt die Pflanze zu kränkeln an und 
stirbt bisweilen selbst ab. Wie oft hört man Klagen, 
dass ein Gehölz bis in den Mai und Juni hinein sich 
lebenskräftig erwiesen und dann plötzlich zu Grunde 
gegangen In diesem Jahre ist es bei Rosen 
vorgekommen, dass der wilde Stamm erfror, die aul- 
sesetzte Edelkrone aber, welche während der Win- 
terzeit in der Erde bedeckt war, keine Spuren des 
Frostes zeigte. Da von unten auf keine Aufnahme 
von Nahrungsstoffen geschehen konnte, so musste 
leider endlich auch die ganze Pflanze zu Grunde gehen. 

Betrachten wir nun die Erörterungen Ober- 
dieek’s, ob die späten Frühlingsfröste (resp. frühen 
Herbstfröste), die thauende Sonne und das Glatteis 


sei. 


wirklich so grossen Schaden thuen, als man häufig | 


angenommen hat, etwas näher. Was zunächst die 
späten Frühlings-, resp. die frühen Herbstfröste an- 
belangt, so möchte Oberdieck ihre Wirkung doch 
etwas unterschätzen? Darin hat er aber vollkommen 
recht, dass starke und anhaltende Winter weit mehr 
schaden, als diese, da in Folge der heftigen Kälte 
die ruhenden Stoffe in den Zellen in der Regel be- 
reits so weit verändert sind, dass der Stoffwechsel, 
wenn milderes Wetter wiederum eintritt, nicht mehr 
geschehen kann. Wir stimmen Göppert 
dass der Tod einer Pflanze durch 


normal 
vollkommen bei, 


die Kälte selbst augenblicklich geschehen kann, wenn 
er sich auch erst für unsere Sinne nach dem Auf- 
thauen kund gibt. Den Orchideen, wo die Erschei- 
nung des Indigostoffes nach Frost als ein Zeichen 
des Erfrierens angesehen werden kann, könnten wir 
als Beispiele noch einige einheimische Knöterich- 
Arten, vor Allem aber das chinesische Polygonum 
tinetorium, hinzufügen. 

Dass aber frühe Herbst- und späte Frühlingsfröste, 
abgesehen von dem grossen Schaden, den sie durch 
Vernichten der Erndte oft hervorbringen, auch die 
Pflanzen ganz und gar tödten können, wenn im vor- 
ausgegangenen Winter nur eine geringe Kälte ge- 
herrscht hatte, davon haben wir viele Fälle erlebt. 
Im vorigen Dezember, und zwar vom 9. bis 13., trat 
plötzlich, nachdem auf gutes Herbstwetter ein warmer 
Regen gefolgt und dadurch die Vegetation, besonders 
immergrüner Gehölze, von Neuem erregt worden 
war, heftige Kälte ein. Bei uns in Norddeutschland 
war der dadurch entstandene Schaden zwar nicht 
bedeutend, desto grösser aber in Holland, und vor 
Allem in der Nähe von Paris. Dieser Frost ist allein 
Ursache, dass das immergrüne Gehölz, vor Allem 
llex und Aukuben, jetzt in sehr hohem Preise stehen. 
Wir haben auch in Metz die Verwüstungen dieses 
frühen Frostes gesehen und bereits darüber berichtet. 

Fıüh- und Spätfröste tödten zwar in der Regel 
die Gehölze nicht augenblicklich, machen sie aber 
gegen äussere Einflüsse empfindlicher, so dass sie 
oft noch im Verlaufe desselben Sommers zu Grunde 
gehen können. Sie wirken um so schlimmer, wenn 
sie sich wiederholen und damit die Lebenskräfte der 
Gehölze nach und nach aufreiben. Dieses gibt auch 
Öberdieck zu. Man plagt sich oft noch 1 und 2, 
selbst 3 Jahre mit dergleichen Pflanzen, gibt sich 
alle Mühe, sie am Leben zu erhalten und sieht sie 
doch trotz aller Pflege nach und nach verkümmern. 
Wäre es in diesem Falle nicht besser gewesen, sie 
wären im Anfange gleich erfroren oder man hätte 
sie alsbald weggeworfen! 

Was den zweiten Punkt anbetrifft, auf den 
Oberdieck ebenfalls bei dem Absterben von Pflan- 
zen im Frühjahre kein Gewicht legt, die thauende 
Sonne, so mag man auch hier im Allgemeinen zu 
sehr der entgegengesetzten Ansicht sich hinneigen, 
dass das schnelle Aufthauen aber schaden und unter 
gewissen Umständen und bei bestimmten Gehölz- 
Arten den Tod herbeiführen kann, unterliegt keinem 
Zweifel. Wir haben die Möglichkeit einer Schädlich- 
keit des raschen Aufthauens durch die Forschungen 
der Wissenschaft, welche man neuerdings über das 
Erfrieren der Zellen und Pflanzen gemacht hat, nach- 


349 


gewiesen und können jetzt darauf verweisen. Ober- 
dieek hat bei der Untersuchung dieser Frage aber 
weniger mit harten Gehölzen, als vielmehr mit weiche- 
ren, einem wärmeren Klima angehörenden Pflanzen 
seine Versuche angestellt und daher andere Resultate 
erlangt. Wenn er selbst früher sagt, dass die Lev- 
koje bei 7 Grad Kälte erfriert, so versteht es sich 
von selbst, dass das langsamste Aufthauen sie in 
diesem Falle nicht wieder erwecken kann. Eine 
andere Frage wäre aber gewesen, wie sich eine 
Levkojen-Pflanze, wenn sie lange Zeit eine Kälte 
von 3 und 4 Grad ausgehalten hat, damit also noch 
nicht erfroren war, und dann rasch aufthauete, spä- 
ter verhielte? 

Dass das plötzliche Schmelzen von Eis und 
Schnee aul und an Bäumen diese tödtet, indem die 
durch aufgesaugtes Wasser strotzenden Zellen in Folge 
eines nachkommenden Frostes gesprengt würden, ist 
allerdings eine jener Fabeln, welche ausserdem in 
der Empyrie noch in Menge vorkommen. Der Frost 
sprengt weder die Zellen der Pflanzen, noch die viel 
weicheren der Thiere. 

Was endlich den dritten Punkt, den man in der 
Regel ebenfalls für eine Ursache des zu Grundegehens 
der Gehölze hält, das Glatteis und den Rauhreif, an- 
belangt, so geben wir Oberdieck völlig recht, 
wenn er beide Faktoren unschuldig nennt. Auch 
Göppert spricht sich in diesem Sinne aus, hält 
sogar das Glatteis für ein Schutzmittel der Bäume. 
Wie gefrornes Wasser auf einem Teiche gegen dessen 
Ausfrieren und damit auch gegen das Erfrieren der 
darin enthaltenen Fische schützt, so dient auch das 
Glatteis an dem Stamme und an den Aesten nur als 
schützende Decke. Es kann nur dann 
wenn es sich allmählig in solcher Menge anhäuft, 
dass die letzteren brechen. Wenn Oberdieck am 
Schlusse der Beantwortung des dritten Punktes sagt, 
dass, wo grosse Verluste von Obstbäumen vorge- 
kommen sind, hauptsächlich die hohen Frostgrade 
Schuld haben, so stimmen wir mit ihm vollkommen 
überein. 


Mittheilungen über Gemüsekultur 


in Japan. 

Unter dem Titel: „Fachmännische Berichte 
über die österreichiseh-ungarische Expe- 
dition nach Siam, China und Japan (1868—71), 
im Auftrage des k. k. Handelsministeriums redigirt 
und herausgegeben von J. Karl v. Scherzer, erstem 
Beamten der Expedition, Stuttgart, 1872“, ist mit 
dankenswerther Beschleunigung ein umfangreiches 


schaden, - 


Werk (494 Seiten) erschienen, welches hauptsächlich 
über Handels-, Industrie- und Landwirthschaftsver- 
hältnisse Indiens und Ostasiens Auskunft gibt, aber 
auch Einiges für die Gärtnerei Interessante enthält. 
Gern hätten wir eingehendere Berichte auch hierüber 
entgegen genommen, da gewiss noch Manches in 
China und Japan sich findet, was für uns von Be- 
deutung wäre; so z. B. wären nähere Angaben über 
die verschiedenen kultivirten Varietäten, eine ein- 
gsehendere Schilderung der in den Gärten gezogenen 
zahlreichen Gehölze und ihrer Kultur erwünschter 
als den Artikel „Kunstgärtnerei“ streng 
genommen in 4 Zeilen abgefertigt zu sehen; dennoch 
glauben wir aber das Wenige, die ver- 
schiedenen Zweige der Gärtnerei gesagt ist, unsern 
Lesern nicht vorenthalten zu sollen. Wir eitiren 
wörtlich, die Kürze ist also nieht unsere Schuld. 
Hülsenfrüchte. 

Weisse Erbsen (Jendo, bei Nagasaki Jendsu 
genannt) werden im November gepflanzt und im Mai 
geerndtet. — Grüne Erbsen (Sa-jendo) werden in der 
Gegend von Yokohama Ende Oktober auf einem be- 
sonderen Felde in Reihen 3—4 Zoll einander 
in den Boden gelegt und im Mai geerndtet. — Rothe 
Erbsen (Aka-jendo) werden ähnlich wie die vorher- 
gehenden gepflanzt und geerndtet. Die letzteren wer- 
den nur in reifem Zustande und weit häufiger als 
die ersteren genossen. 

Die Rossbohnen (Faba vulgaris, jap.: Sora-mame) 
werden oft nur um die Feller herum im Oktober 
gepflanzt und im Juni geerndtet. Die besten Samen 
werden geröstet genossen, die schlechteren dagegen 
semahlen und dem Vieh als Futter gegeben oder 
auch zum Waschen der Hände statt der Seife gebraucht. 

Die Atsuki-Bohnen (Phaseolus Atsuki*) werden 
im südlichen Japan im April zusammen mit Asche 
in Reihen gelegt und im Juli geerntet. Im mittleren 
Japan, wo man sie viel baut, werden sie im Juni 
gewöhnlich auf einem Weizenfelde, ohne Dünger ge- 
pflanzt und im September geerndtet. Diese Bohnen 
werden gekocht genossen und auch zur Bereitung 
von Sulze verwendet. 

Eine grüne Dolichos-Art (Dolichos unguieulatus 
nach Thunberg) jap. Jaenari, wird im mittleren Ja- 
pan im Juni um die Felder gepflanzt und Anfangs 
Oktober eingesammelt. Eine Dolichos-Art (Dolichos 
Soja), jap. Daidsu, wird im südlichen Japan im April 
gepflanzt und im Juli geerndtet. Im mittleren Japan 
pflanzt man dieselbe zwischen den Reihen eines sei- 
ner Reife sich nähernden Weizens im Mai und 


gewesen, 


was über 


von 


*) Ist die im wärmeren Asien häufig gebaute Strahlenbohne, 
Ph. radiatus L. Ref. 


350 


erndtet sie im September. Der Boden wird nicht ge- 
düngt, die Pflanze begnügt sich mit dem bereits für 
den Weizen dem Boden einverleibten Düngungs- 
material. In der Regel erhält man von 6 Schio 
(& 1,93, Liter?) auf 300 Tsubu (= !/;, Hectare) Feld 
gepflanzt 120 Schio. Diese Dolichos-Art macht be- 
kanntlich den Hauptbestandtheil der Würze „Soja” 
und der Sulze „Misso” aus. (Wäre nur endlich ein- 
mal die genauere Bereitung der Soja angegeben! 
Alle Reisenden reden davon, aber Keiner beschreibt 
das Verfahren. Ref.) 

Eine schwarze Dolichos-Art, jap. Kuro- mame, 


wird in der Gegend von Nagasaki auf einem mit 
Asche gedüngten Boden im April gebaut und es 


werden im mittleren Japan im Mai zwischen den 
Weizenreihen je zwei Samen in ein Loch gelegt. 


Sie wird im südlichen Japan im August oder Sep- 
tember, im mittleren im Oktober geerndtet und ziem- 
lich viel als Nahrung verwendet. 

Eine rothe Dolichos-Art, Kintoki genannt, wird 
im mittleren Japan Ende Mai gepflanzt und im Au- 
gust eingesammelt. Sie wird gekocht gegessen oder 
dem Reis beigemischt, um denselben roth zu färben. 


Grüne Gemüse. 


Von den Kohlarten baut man im südlichen Ja- 
pan hauptsächlich den chinesischen, im mittleren 
mehr den einheimischen Kohl. Man pflanzt ihn im 
September und erndtet den ersteren in der Gegend 
von Nagasaki im Januar und den letzteren gewöhn- 
lich erst im Februar oder März. Lässt man ihn aus- 
wachsen, so bekommt man im Mai Samen, aus denen 
Oel gewonnen wird. Der Kohl wird entweder frisch 
als Nahrung zubereitet oder in Fässern eingesalzen. 
Der chinesische Kohl soll, wenn er noch frisch ist, 
schmackhafter sein, als der einheimische, aber früher 
als der letztere hart werden. 

Spinat (Horendso) wird im Februar gesäet und 
im April gekocht gegessen. 

Lattich (Lactuca sativa), jap. Tsischa, wird 
im mittleren Japan Anfangs April gesäet. 

Die Wassermelone (Citrullus vulgaris), jap. Su- 
ikwa,*) wird im südlichen und mittleren Japan im April 
gepflanzt, während ihres Wachsthums zweimal mit 
menschlichen Auswurlstoffen reichlich gedüngt und 
die Frucht im Juli und August genossen. 

Gurken, jap. Ki-uri, werden gewöhnlieh in dünne 
Scheiben geschnitten und in dieser Form gebraten 
genossen. 

*) Dieser Name erinnert sehr an den der sog. chinesischen 
Riesengurke (Kürbis) Sooli-Qua, wie überhaupt Qua oder Kwa 


Kürbis zu bedeuten scheint; vergl. weiter unten. 


Eine Eierpflanze (Solanum aethiopieum) jap. 
Nassubi, mit dunkelpurpurrother, eiförmiger, ziem- 
lich verlängerter Frucht wird im südlichen Japan 
im Februar und im mittleren Anfangs April auf ein 
Samenbeet gesäet, im Mai oder Juni, nachdem man 
zuerst in die aufgehobenen Gruben  Ochsendünger 
gegeben, auf das Feld verpflanzt, bei ihrem weiteren 
Wachsthum 2—3 Mal angehäufelt und dabei jedes- 
mal mit menschlichen Auswurfstoffen gedüngt. Ihre 
Früchte werden von Juni oder Juli bis Oktober ge- 
sammelt und geschnitten in die Suppe gegeben. 

Zwiebeln (Neghi) werden im mittleren Japan ein- 
Jährig gebaut. Man säet den Samen im Februar, 
düngt mehrmals den Boden und gräbt die Zwiebeln 
im Oktober aus. 

Ausserdem werden angebaut: der Huflattich 
(Tussilago Petasites), jap. Fuku; der Löwenzahn 
(Leontodon Taraxacum), jap. Lam-popo; Chenopodiun 
album, jap. Akasa; Kürbis (Cueurbitia Pepo), jap. 
Tokwa; Lagenaria hispida, jap. Jugawo; Cucumis 
Melo, jap. Tenkwa; Tsuke-uri (Cucumis Conomon 
Thunb.); Knoblauch, jap. O-nira; Zwiebel, jap. 
Nira ete. 


Wurzeln und Knollengewächse. 

Die Ninsiwurzeln (Sium Ninsi), jap. Nindoin, 
werden im südlichen Japan von Juni an auf einem 
mit Ochsenmist gedüngten Boden gesäet und von 
September bis April geerndtet. Im mittleren Japan 
werden sie im April gesäet, mit einer dünnen Schicht 
Erde bedeckt und an manchen Orten noch Reis- 
hülsen darüber gestreut. Das Ausgraben geschieht 
im Oktober. 

Die gelben Rüben werden auf ähnliche Weise 
angebaut. 

Die im Japanischen „Daikon“ genannte Pflanze 
ist Raphanus sativus. Auch diese wird, ähnlich wie 
die meisten Kulturgewächse in Japan, in Reihen ge- 
baut. Die Samen werden im südlichen Japan im 
September und im mittleren im Oktober gesäet, in 
der Gegend von Nagasaki mit Ochsendünger und 
Erde leicht bedeckt und der Boden während der 
ersten drei Monate mit menschlichen Ausleerungen 
zweimal gedünst. Das Einsammeln findet schon im 
Januar und Februar statt. 

Die Lotusblume (Nelumbium speciosum), welche 
wegen ihrer .essbaren Wurzel und Samen angebaut 
wird, habe ich nur in der Gegend von Nagasaki und 
auch hier nur an zwei Stellen gefunden. 

Das Caladium esculentum, jap. Sato-imu, wovon 
die Japaner 6 Varietäten (oder vielleicht auch Arten) 


| unterscheiden, wird, wiewohl gewöhnlich in geringer 


351 


Ausdehnung, sowohl im südlichen als mittleren Ja- 


pan, ziemlich allgemein gebaut. Dasselbe wird im 
März oder April in mässig feuchten, mit menschlichen 
Ausleerungen gedüngten Boden gepflanzt; die Pflan- 
zen werden von Unkraut rein gehalten, zweimal mit 
menschlichen Ausleerungen gedüngt und im Oktober 
oder November ausgegraben. 

Die Wurzelstöcke des Caladium geben immer 
einen geringeren Ertrag als die süssen Kartoffeln ; 
sie werden jedoch von den Japanern diesen letzte- 
ren vorgezogen, sie nicht so süss schmecken 
und werden daher auch theurer bezahlt. 

Ausserdem werden schon während des Wachs- 
thums dieser Pflanze die überflüssigen Blätter und 
Blattstiele, und namentlich kurz vor dem Ausgraben 
der Wurzelstöcke abgeschnitten, in kleine Stücke 
getheilt, dann an der Sonne getrocknet und als Nah- 
rung für den Winter aufbewahrt. 

Die süssen Kartoffeln (Convolvulus Batatas), Jap. 
Satsuma-imu, und zwar deshalb so genannt, weil sie 
sich nach der Ansicht der Japaner von der südlich 
gelegenen Provinz Satsuma, wohin sie zuerst ge- 
bracht wurden, über das übrige Japan verbreitet 
haben, werden im südlichen und mittleren Japan im 
März gepflanzt, indem man kleine Knollen davon auf 
einen gut gedüngten Boden reihenweise in zwei Fuss 
von einander entfernte Löcher steckt. Die jungen 
Pflanzen werden bis zum Mai oder Juni 2—3mal 
mit menschlichen Auswurfstoffen gedüngt. Um diese 
Zeit werden die am Boden liegenden, oft 8 Fuss 
langen Pflanzen in kleinere Stücke (an manchen Orten 
in fünf) zerschnitten und diese Stücke auf ein früher 
sedüngtes oder ein frisch geräumtes Weizenfeld ge- 
pflanzt. Jede Pflanze giebt 5—6 bis zu 5 Zoll lange 
und 2!/, Zoll dicke Knollen, welche schon im Sep- 
tember, wiewohl sie noch klein sind, zur Nahrung 
verwendet, aber erst im Novembe 
sraben werden. 

Die gewöhnlichen Kartoffeln werden wenig ge- 
baut und als gemeiner Nahrungsstoff angesehen. 
Auf der Insel Yesso werden, zu Folge einer von 
einem Reisenden gegebenen Mittheilung, gewöhnliche, 
fast kugelrunde Kartoffeln mit gelblicher Rinde ge- 
baut, die von den Eingebornen für einheimische ge- 
halten werden. 

Von den Wurzelgewächsen werden noch gebaut: 
rothe Rüben (Tudisia) und Rüben, jap. Kabuna. 


weil 


gänzlich ausge- 


Obstbaumzucht. 


Obschon den Japanern ebenso gut wie den Chi- 
nesen fast alle in Europa üblichen Veredlungsarten 
der Bäume bekannt sind und von ihnen auch, na- 


mentlich in der Kunstgärtnerei, geübt werden, so 
erfreut sich doch weder bei den einen, noch bei den 
anderen die Obstbaumzucht einer besonders sorg- 
fältigen Pflege. Man könnte leieht daher versucht 
sein, dies dem praktischen Sinn der genannten Völ- 
ker zuzuschreiben, welche in dem zwar geschmack- 
vollen, aber wenig nahrhaften, mit Mühe und Kosten- 
aufwand produzirten Obste das Angenehme 
durch das nutzlos Kostspielige nicht erkaufen wollen, 
wüsste man nicht, mit welchem Aufwande von Ar- 
beit und Kosten die nämlichen Völker die ebenfalls 
nur zum Vergnügen dienende Kunstgärtnerei betrei- 
ben. Es dürfte somit der Hauptsrund davon in der 
Abneigung zu suchen sein, welche diese Völker mit 
wenig Ausnahmen gegen alles Rohe empfinden, indem 
sie selbst im heissesten Sommer statt kaltes Wasser 
warmen Thee und sogar ihren Samschu und Saki 
sewärmt trinken. 

Von den japanesischen Obstbäumen verdienen 
besonders folgende erwähnt zu werden: 

Der Apfelbaum- mit kleiner Frucht, besonders 
im westlichen Theile der Insel Nipon; der japane- 
sische Birnbaum, jap. Nasi; der Pfirsichbaum (Amyg- 
dalus Persica), jap. Momo; der Bergpfirsichbaum, 
jap. Yama-momo; der Aprikosenbaum, jap. Andou; 
der japanesische Aprikosenbaum (Armeniaca Mume), 
jap. Mume; ein Pflaumenbaum, jap. Si-momo ge- 
nannt; Prunus tomentosa, jap. Yusura; der Pome- 
ranzenbaum, jap. Kan; der japanesische Mispelbaum, 
jap. Biwa; die japanesische Dattelpflaume (Diospyros 
Kaki), jap. Kaki; der Granatbaum, jap. Dsiakuro, und 
der Kastanienbaum, jap. Kuri. 


blos 


Weinbau. 

Man hat in Japan einheimische Weinreben, jap. 
Budo genannt; aus ihren Beeren wird jedoch Kein 
Wein bereitet, sondern sie werden nur gegessen. 
Bei dem Örte Komakai, nicht weit von Kofu, der 
Hauptstadt der Provinz Koschin , zieht man Wein- 
reben auf 7—8 Fuss hohen, aus Gitterwerk gemach- 
ten Geländen und baut darunter andere Nutzpflanzen. 


Kunstgärtnerei. 

Die japanische Kunstgärtnerei ist bekanntlich, 
sehr ausgebildet und sowohl durch Mannichfaltigkeit 
der Blüthengewächse, als auch durch Zwergbäume, 
von denen z. B. 2—3 Jahre alte Fichten olt kaum 
1 Fuss hoch sind, als auch durch schöne Farn- 
kräuter ausgezeichnet. Es dürfte für die europäi- 
schen Liebhaber dieser Erzeugnisse vielleicht nicht 
ohne Interesse sein, zu erfahren, dass Herr Karl 
Kramer (Sohn unseres verdienstvollen Obergärtners 
Kramer. Klein-Flottbeck bei Altona. Red.) schon 


352 


seit einigen Jahren in Yokohama sich etablirt hat 

und nicht nur mit den japanischen Kunstgärtnern 
von Yeddo und Yokohama in Verbindung steht, son- 
dern auch eigene, dazu abgerichtete Leute nach dem 
Innern des Landes sendet und sich durch dieselben 
Zier- und Nutzpflanzen verschafft, die er auf Bestel- 
lung nach England und dem europäischen Kontinent 
in besonderen Kisten verschickt. Vor der Versen- 
dung werden die Gewächse wenigstens drei Mo- 
nate lang in diesen Kisten in Erde gepflanzt, darin 
immer mehr verschlossen und so eine Art 
Winterruhe versetzt. (Wir haben bereits früher auf 
diese Vermittelung hingewiesen und gar Manche un- 


in 


serer Leser werden die Gelegenheit schon benutzt 
haben. Red.) 

Die geeignete Jahreszeit zur Versendung von 
lebenden Pflanzen, Zwiebeln und Samen ist der 


Herbst und der Anfang des Winters. Die Bestellungen 
werden gegen Wechsel oder eine Anweisung auf eine 
Bank in Yokohama unter folgender Adresse ausge- 
führt: „C. Kramer, care of W. H. Smith, Esq. Yoko- 
hama United Club.“ 

Es folgt hier die Preisliste der wichtigsten Nutz- 
und Zierpflanzen. 


Morus alba, der weisse 
Maulbeerbaum per 100 Stück 3,50 Doll. 
Broussonetia papyrifera, 
Papiermaulbeerbaum . u 3.0075 
Edgeworthia papyrifera, 
viel in den nördlichen 
Provinzen zur Papier- 
fabrikation gebraucht . 5 49301 3; 
Quereus serrata, Eiche mit 
abfallenden Blättern. . ” BU0E, 
(Das beste Futter für 
Yama-mai Spinner.) 
Rhus succedanea, Wachs- 
bat 2 Se a AO 
Rhus vernieifera, Firniss- 
baum eve ke 4,00 ,„ 
Thea viridis, der Thee- 
Strauch 5 B: 20 DE 
LaurusCamphora, Kamphbn- 
baum Sir, net: MORE 2 3,00 125; 
Planera acuminata, Jap. 
Kiaki, welche ein weıth- 
volles Bauholz giebt . N B,S02E,, 
Diospyros Kaki, gepfropft 
(die Frucht Persimon- 
pflaume genannt) . . ” 10,00 ,„ 


japonica, 


Cryptomeria japonica (vor- 
zügliches Bauholz) 

Chamaeeyparis (auch Reti- 
nospora) obtusa (Bau- 


per 100 Stück 3,50 Doll. 


Kolzy ar „Nolan. 1”; H 3,00 „ 
Pinus Massoniana, die jJapa- 

nesische Kiefer . .. . n 350. 15, 
Larix leptolepis, der japa- 

nesische Lärchenbaum, 

wächst auf Höhen von 

4000 bis 6000 Fuss . + 4,00 ,„ 
Abies. firmauersms 3 9.0071, 
Cephalotaxus drupacea, mit 

essbaren Nüssen. . . ß 5,00 ,„ 
Torreya nucifera i H 5,50 „ 
Chamaerops excelsa, eine 

Palmenart, deren braune 

Fasern zur Verfertigung 

von Matten, Besen etc. 

dienen!!!’ RZ MEHt. 4 30% 
Camellia japoniea, ver- 

schiedene Varietäten . BE 20,00 ,„ 
Acer (verschiedene Ahorn- 

axtenyi'n»lUln Dos gar ” 15,00 „ 
Aukuba japonica, männ- 

liche Pflanzen zum 

Zwecke der Befruchtung i 5:00.55 


Eine Kiste von ausgewähl- 
ten Zierpflanzen . 

Lilium auratum LEER 

Eine Sammlung von 10 ver- 


20-30 Stück 12,00 
100 Zwiebeln 3,00 


schiedenen Lilienarten . 100 ” 7.0088, 
do. do. do. 200 „2 12:08:08: 
do. do. do. 300 +, 20215,00.083 
Eine Sammlung von Samen 

japanesischer Sträucher: 

20 verschiedene Arten 3,00 „ 
30 5 „ 5,00 „ 


Von den folgenden Gewächsen können jedem 
Herbst Samen erhalten werden: 

Abies Alcockiana, Abies firma, Abies polita, 
Abies Tsuga, Cephalotaxus drupacea, Cryptomeri» 
Cunninghamia sinensis, Larix leptolepis, 
Pinus Massoniana, Podocarpus Maki, Chamaeeyparis: 
(s. Retinospora) obtusa, Retinospora pisifera, Salis- 
burya adiantifolia, Seiadopitys verticillata, Thuja fal- 
cata, Thujopsis dolabrata, Torreya nueifera, Quer- 
cus glabra, Quercus serrata, Rhus succedanea, Thea 
Diospyros Kaki, Chamaerops excelsa, Japa- 
Hanf, Oryza moöntana. 


viridis, 
nischer 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15.. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pfllanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 4. 


Berlin, de 9. November. 


182. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: -546. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues am 27. Oktober. — Der Obstbau an Eisenbahnen. — 
Ueber blaue Hortensien. — Die Weinlaus. 


346. Versammlung 


des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, 
am 27. Oktober. 

Der grösste Theil der Sitzung wurde durch Er- 
ledigung geschäftlicher Angelegenheiten ausgefüllt. 
Da die Wahl des neuen Vorstandes, welche statuten- 
mässig am Jahresteste geschehen soll, am Tage der 
Feier desselben ausgesetzt und bis zur Oktober-Ver- 
sammlung verschoben worden war, wurde sie jetzt 
vorgenommen. Die Namen der von dem dazu ge- 
wählten Ausschusse vorgeschlagenen Mitglieder des 
neuen Vorstandes hatte man auf besondere Stimm- 
zettel gedruckt und diese, ebenfalls nach den Sta- 
tuten, an sämmtliche einheimische Mitglieder des 
Vereines wenige Tage vorher gesendet. Da einige 
Stimmzettel mit Namens -Unterschrift an das Bureau 
des Vereines übergeben worden waren, entstand die 
Prinzipienfrage, ob dieses zulässig sei oder ob nicht 
vielmehr jedes stimmende Mitglied seinen Stimmzettel 
in eigener Person abzugeben habe? Mit 
Majorität entschied sich die Versammlung für das 
Letztere, und zwar mit näheren Bestimmung, 
dass dieser Modus auch für die späteren Wahlen 
ınassgebend sein sollte. 


Srosser 


der 


Der bisherige Vorsitzende, Geheime Oberregie- 
rungsrath Knerk, hatte entschieden jede Neuwahl 
abgelehnt. Nach erfolgtem Skrutinium 
der Wahlu.ne hervor: 

1. als Vorsitzender: Präsident 

Kollegiums Oppermann, 


Singen aus 
des Revisions- 


2. als 1. Stellvertreter: Garteninspektor Bouche, 
3. als 2. Stellvertreter: Dr. Bolle, 


4. als Generalsekretär: Professor Dr. Koch, 
5. als Schatzmeister: Rentier Sonntag. 
Professor Dr. Koch bat um Erlaubniss, erst in 
Versammlung oder 
Garten - In- 
spektor Bouche&, der nicht anwesend war, schrift- 
lich um eine Aeusserung ersucht werden sollte. 
Der neuernannte Vorsitzende, Präsident Opper- 
mann, überreichte im Namen den 
Geheimen OÖber-Regierungsrath Knerk, der 14 Jahre 
ihm segensreich vorgestanden hatte, als ein Zeichen 
| seiner innigsten Verehrung und Dankbarkeit, 


der nächsten seine Annahme 


Niehtannahme auszusprechen, während 


des Vereines 


eine 
mit Früchten aller Art belegte Fruchtschale. 
Obergärtner Dressler hatte aus dem Garten 
des Banquier Seelig eine Blüthe der Lasiandra 
macrantha zur Ansicht übergeben. 
schöne Melastomatacee 


Diese wunder- 


verdient ihren 
wurde zuerst 


Jahre 1868 während der internationalen Ausstellung 


aus Brasilien 
Namen. der grossblühenden und 


im 


in Gent durch Linden von Brüssel, und zwar gleich 
in voller Blüthe, ausgestellt (s. 11. Jahrg. 166). Sie 
ist bereits mehrmals in der Wochenschrift besprochen 


Professor Koch theilte mit, 
in einem Ge- 


| und empfohlen worden. 
| dass er während seiner letzten Reise 


ı wächshause des Fürsten Fürstenberg zu Donau- 
| = i a = 

ı eschingen ein Exemplar der Lasiandra macrantha 
| gesehen habe, was ziemlich umfangreich gewesen 


und in voller Blüthe gestanden. Neuerdings ist eine 
Abart nit der näheren Bezeichnung floribunda in den 


Handel gekommen, die noch reiehblüthiger sein solle. 


Nach Prof. Koch ist dieses aber nicht richtige, denn 


| jede Lasiandra macrantha, wenn sie sich in guter 
| Pflege befindet, blüht reiehlich. 


45 x 


E 


Ausgestellt fanden sich nur Pflanzen aus dem 
Versuchsgarten des Vereines vor, welche zur Ver- 
!oosung unter die Mitglieder bestimmt waren und am 
Ende der Sitzung auch verloost wurden. 
sah 


Dagegen 
neueren und 
Kartoffeln der Handelsgärtnerei von 
Schiebler und Sohn in Celle. Professor Koch 
machte die Anwesenden auf dieses Sortiment beson- 


Sortiment der 


aus 


man ein grosses 


neuesten 


ders aufmerksam, da sein Besitzer von jeher sich 
srosser Verdienste um die Einführung guter Sorten, 


besonders aus England, erworben. Schiebler und 
Sohn seien die ersten, welche auf die Paterson- 
sehen Kartoffeln, wenigstens in Deutschland, aul- 


merksam gemacht und besonders die jetzt allgemein 
verbreitete Viktoria-Kartoffel hauptsächlich verbreitet 
haben (vergl. 9. Jahrg. der Wochenschr. S. 20). 
Unter den 34 Sorten, welche dieses Mal aus- 
westellt waren, befanden sich für die Grosskultur 
unter Anderem neben den beiden schon 
kannten Farinosa 


länger be- 
und 
auch Paterson’s rothe, Dalmahoy und Prolifie. 
den Tafelkartoffeln nehmen die 


Sorten: Algier’sche Futter-, 
Unter 
Paterson’schen Nie- 
venkartoffeln, nicht allein wegen ihres Geschmackes, 
sondern auch zum Theil 
wiehtige Stelle 


wesen ihrer Tragbarkeit, 


Auf einer Quadratruthe 
und 


niger als 1 Scheffel, die blaue dagegen nur 47 Liter 


eine ein. 


hatten die früheste rothe die weisse nicht we- 


segeben. Von der Kartoffel St. Johannis, so wie 
von der Pariser Treib-, erhielten Schiebler und 


2 


Sohn sogar 1!/,, resp. 12); Schefliel. Zum Treiben 
möchte auch die amerikanische Mandel- und Breese’s 
Kartoffel Nro. 4 zu empfehlen sein. Besonders er- 


tragsreich ist Late rose — übrigens gar nicht so 


spät reifend, wie man dem Namen nach glauben 
sollte —, da hiervon auf einer Onadratruthe sogar 
2 Scheffel geerndtet wurden. Auch die Kartoffeln: 


Climax und Breese’s peerless, mit 11/, Scheffel Er- 
als sie 
auch gut schmecken und nicht weniger zur Gross- 


trag, verdienen um so mehr Berücksichtigung, 


kultur empfohlen werden können. 

Kar- 
Grösse Alles 
Es ist 
zu bedauern. dass sie nicht gewogen worden waren, 
um ihr Gewicht festzustellen. 
freilich 


Direktor Gerstenberg 2 Knollen 
toflfeln vor, ihrer 
übertrafen, was man bis dahin gezogen hatte. 


legte 


welche hinsichtlich 


Die Pflanze, der man 


alle und Pflege zugewendet, hätte 

schliesslich einen Umfang von 7 Fuss erlangt. 
Gutsbesitzer Ernst in Wittenfelde 

bei Elbing hatte 2 Runkeln ausgestellt, von denen 


sich die 


SOrge 
Schwaan 


dureh Grösse auszeichnete 
Die andere, welche nur 15 Pfund 


wog, hatte merkwürdiger Weise, wenn man etwas 


eine ebenfalls 
und 25 Pfund wog. 


Phantasie ınit zu Hülfe nahm, die Gestalt einer Gans. 
Eine dritte noch schwerere, weil 33 Pfund wiegend, 
hatte der Besitzer nicht eingesendet. 

Schliesslich wurde von Seiten des Preisrichter- 
Amtes dem Kartoflelsortimente von Schiebler u. 
Sohn der Monatspreis zugesprochen. 


Der Obstbau an Eisenbahnen. 


Ist Deutschland auch lange noch nicht so über- 
völkert, wie das himmlische Reich im Äussersten Osten 
Asiens, wo man sich seit langer Zeit schon gezwun- 
gen sah, den grossen Flüssen Land abzugewinnen, 
indem man umfangreiche Flösse zur Aufnahme von 


suter Erde für den Anbau von Gemüsen erbaute, 
also sich auf dem Wasser schwimmende Gemüse- 


Gärten schaffte, hat es im Gegentheil, besonders im 
Östen, noch viele unfruchtbare und wüste Strecken 
von bisweilen nicht unbedeutendem Umfange, welche 
einer Befähigung für Kulturen entgegensehen, so ist 
es immerhin doch von Werth, wenn ein Theil des 
bereits den Kulturen entrissenen Terrains diesen 
wieder zugeführt wird. Im Königreiche Württemberg 
existiren jetzt über 150 Meilen Eisenbahnen, welche 
nahe 1700 Hektaren, also 6800 Magdeburger Morgen 
Fläche einnehmen und zum grossen Theil wenigstens 
erst dem kulturfähigen Boden 
Es liegen 


entnommen wurden. 
uns jetzt Vorschläge vor, wie dieser aul 
oder andere Weise der Kultur wieder- 
segeben wird. 

Zwei der tüchtigsten Obstkenner und Obstzüchter, 
Karl Baltet in Troyes und Dr. Ed. Lucas in 
Reutlingen, haben bereits vor mehrern Jahren durch 


die eine 


besondere Abhandlungen den Obstbau an Eisenbahnen 
Beide Männer leben allerdings in für 
Obstbau günstigen Gegenden, besonders der Erstere. 
In der Nähe von Troyes hat man, wie in Belgien, 


empfohlen. 


schon länger angefangen, die Eisenbahndämme mit 
Zwergobst zu bepflanzen. Wie uns berichtet wird, 
breiten sich dergleichen Anpflanzungen immer weiter 
aus und bedingen bereits einen Wohlstand bei der 
Bevölkerung, wie er früher nicht vorhanden war und 
wie er sich zu vermehren verspricht. In Deutsch- 
land, zumal im Württembergischen, aber auch inı 
Hannoverschen, hat man zwar ebenfalls angefangen, 
hier da Obstbau an den Eisenbahnen zu be- 
treiben, ohne aber bis jetzt zu eigentlichen Resultaten 
gekommen zu sein. Leider ist der Hofgartenmeister 
Borchers, der im Hannoverschen die Bepflanzung 
der Eisenbahnen auf den Wunsch der Regierung mit 
besonderer Liebe in die Hand genommen hatte, ohn- 
längst gestorben, und die Angelegenheit steht leider 


und 


Be 


wiederum verwaist da; in Württemberg hingegen hat | 


im Jahre 1869 die Regierung einen intelligenten, wenn 
auch noch jungen Förster, mit Namen Magenau, 
gewonnen, um damit vorzugehen. 

Seitdem sind erst 3 Jahre verflossen und Revier- 
förster Magenau ist bereits in einem Werkchen: 
„Steigerungen der Erträge des nutzbaren Eisenbahn- 
Areales, hauptsächlich durch Obstkultur“, mit seiner 
Ansicht hervorgetreten. Resultate können allerdings 
nach einer so kurzen Zeit von 3 Jahren noch nicht 
vorliegen: Revierlörster Magenau spricht es auch 
offen aus, er hat aber die Zeit’ redlich benutzt, um 
sich nach allen Seiten hin zu orientiren, auch ausser- 
halb seines engeren Vaterlandes sich zu diesem 
Zwecke umgesehen, und ist schliesslich zu der An- 
sicht gekommen, dass ein rationeller Obstbau auch 
an den Eisenbahnen nicht allein rentabel sein müsse, 
sondern auch ausserdem noch Vortheile bieten könne. 
Natürlich gilt das, was er sagt, zunächst nur für 
Württemberg, es hat aber im Allgemeinen so viel 
Interesse, dass wir’nicht anstehen, aus dem Werk- 
chen einige Mittheilungen zu machen. 

Gewöhnlich liegt das ganze Terrain, was die 
Bisenbahnen einschliesst, und zwar nicht allein die 
beiden Dämme auf den Seiten, sondern auch oft noch 
das übrige Terrain, was man bei der Erwerbung des 
Ganzen mit in Kauf nehmen musste, unbenutzt da. 
Nur hier und da sieht man fleissige Bahnwärter der- 
sleichen brach liegendes Land mit allerhand Blumen, 
aber auch, wenn es gross genug ist, mit Gemüse, 
besonders mit Kaıtofleln bestellt. Die Eisenbahn- 
Verwaltung selbst kümmert sich in der Regel gar nicht 
darum, denn der Vortheil, den sie möglicher Weise 
daraus ziehen könnte, ist zu unbedeutend gegen den, 
den die Eisenbahnen selbst abwerfen; sie möchte 
nebenbei auch für ihre Beamten fürchten, dass eine 
besondere Beaufsichtigung der möglichen Kulturen von 
Seiten ihrer Beamten diese von der Hauptsache, d. i. 
«en Angelegenheiten der Eisenbahn, abziehen könnte. 

Das Letztere braucht jedoch gar .nicht der Fall 
zu sein, da auch bei Chausseen und sonstigen öffent- 
lichen Wegen der mit der Beaufsichtigung betraute 
Bau-Inspektor ebenfalls für Bepflanzungen der Wege 
zu sorgen hat und bisweilen hier und da, besonders 
wenn noch eine besondere Liebe dafür vorhanden 
ist, sehr gut auch für die Wege sorgt. Wir haben 
im Gegentheil meist gefunden, dass allenthalben da, 
wo die Bepflanzungen an den Wegen sich in vor- 
züglichem Zustande, wie z. B. bei Jena, befanden, 
auch die Wege vorzüglich waren. 

In dieser Hinsicht verdient auch das kleine 
Braunschweiger Land genannt zu werden, wo alle 


öffentlichen Wege hauptsächlich mit Obstbäumen be- 
pflanzt sind. Es ist eine Freude, zu sehen, in welcher 
Ordnung diese Bäume gehalten und 
schön dabei die Wege sind? 
Braunschweigischen besondere Baumwärter gehalten 
und ein Wanderlehrer eıtheilt grade in der Zeit, wo 
am Obstbaume möglicher Weise etwas zu thun gibt, 


wie 
im 


werden 


Freilich werden 


in verschiedenen Gegenden Unterricht, an dem Jeder- 
mann unentgeltlich Theil nehmen kann. Man hat 
ausserdem noch die nachahmungswerthe Einrichtung 
getroffen, einzelne Bäume an ärmere Bauern der dabei 


liegenden Dörfer zu verpachten. Abgesehen davon, 


dass die Bauern im Allgemeinen mehr zahlen, als 
wenn die Bäume insgesammt verpachtet würden, so 
haben diese noch ein besonderes Interesse daran, 
dass die Bäume gut gehalten und hauptsächlich nicht 
von Frevlern besehädigt werden, und führen deshalb 
eine gute Aufsicht. Unter solchen Umständen lernt 
überhaupt das niedere Volk auch den Werth eines 
Obstbaumes erkennen. 

Revierförster Magenau bespricht in seinem nur 
85 Oktav-Seiten enthaltenden und daher wohl auch 
nur wenige Groschen kostenden Werkehen zunächst 
die verschiedenen Weisen, Eisenbahndämme zu be- 
pflanzen. Diese gut und möglichst dauerhaft zu 
haben, besonders, wo beweglicher Sand vorhanden 
ist, ist sehr oft eine nicht leichte Aufgabe des bauen- 
den Ingenieurs und nimmt nicht 
Geld in Anspruch. Mag das Terrain sein, wie es 
will, so muss die erste Sorge darauf gerichtet sein, 
eine die Oberfläche möglichst bindende 
narbe auf den Dämmen zu schaffen. Wo es irgend 
geht, sucht man sich Samen der Kräuter und Gräser 


zu verschaflen, welche auf gleichem Boden, beson- 


bisweilen wenig 


Pilanzen- 


ders auf Wiesen und an Rändern, gedeihen und säet 
sie aus. Im Anfange verlangen die Dämme schon 
deshalb grosse Aufmerksamkeit, weil durch starken 


Regen u. s. w. leicht Lücken in der Bewachsung 


entstehen, welche alsbald wieder gedeckt werden 
müssen, wenn man sich nicht bald weiteren Ver- 


schlechterungen 
Man bedient sich 


und Entblössungen aussetzen will. 


auch wohl der Luzerne und der 


Esparsette, nicht des Klees, weil dieser eine nur 
kurze Zeit dauert. 
Dergleichen Anpflanzungen von Futterpflanzen 


geben zwar eine kürzere oder längere Zeit Ertrag. 
beuten aber oft leider nach 4—6 Jahren den Boden 
schon so aus, dass sie selbst nicht mehr gedeihen, 
und damit auch von Jahr zu Jahr geringeren Ertrag 
geben. Haben sich unterdess allerhand Rain- und 
Wiesenpflanzen anstatt der Futterkräuter angesiedelt, 
so wird die Pflanzennarbe auf der Oberfläche um 


45* 


356 


so fester werden, als diese sich in gutem Zustande 
befinden. In der Regel geschieht dieses, wenn man 
nicht zu Hülfe kommt, was nur ausnahmsweise der 


Fall ist, aber nicht, und die Sommerhitze wirkt auf 


eine Weise ein, dass bald ein aufsteigender Strom 
ziemlich erhitzter Luft jedes erneute Emporschiessen 
von Pflanzen ziemlich unmöglich macht. Hat man 
in den ersten Jahren von solchen mit Wiesenpflan- 
zen oder Futterkräutern besäeten Eisenbahndämmen 
im Durchschnitt einen Reinertrag von ohngefähr 10 
Thaler auf die Hektare gehabt, so nimmt dieser all- 
mählig ab und hört schliesslich auf. 

Auf schlechten Boden hat man im Württemberg- 
schen und sonst die leicht und rasch wachsende 
Akazie angebracht und damit die Dämme wenigstens 
einiger Massen befestigt. Ferner pllanzte man Eichen 
behufs der Rindenschälungen,. an und erhielt dabei 
denselben Ertrag auf die Hektare, den die Futter- 
kräuter abwarfen. Wo die Eichen gedeihen, mögen 
sie zu diesem Zwecke vorzüglich sein. Sie brauchen 
wenig Pflege und werden alle 15 Jahre abgetrieben, 
ohne dass die Bepflanzung, mit Ausnahme 
bedeutenden Stellen, erneut werden müsste. 

Noch vortheilhafter haben 


an un- 
sich an Eisenbahnen 
die Anpflanzungen von Weiden ergeben, da sie einen 
bedeutend höheren Eıtrag liefern. Weiden, je nach- 
dem man die passenden Arten wählt, gedeihen auch 
an trocknen Stellen. Vor Allem ist es die Goldweide 
(Salix vitellina), welche im Württembergschen all- 
semein in Weinbergen, besonders als Einfassung, an- 
gepflanzt und verbraucht wird. Der Bedarf an guten 
Weiden behufs des Bindens, des Flechtwerkes, der 
Anfertigung von Fassreifen u. Ss. w. ist, wenigstens 
in Norddeutschland, sehr gross und ihr Anbau, wenn 
er nur einiger Massen rationell betrieben wird, liefert 
daselbst Erträge. Bei Witien- 
berge (nicht Wittenberg) an der Elbe, dicht an der 
Mecklenburgschen Grenze, wo die Berlin-Hamburger 
Eisenbahn vorbeiführt, finden sich bedeutende Wei- 
den-Anpflanzungen. zum Theil jn Verbindung mit 
Eichenschälwaldungen, vor und geben nicht unbedeu- 


nicht unbedeutende 


tende Einnahmen von einem früher sterilen und wüst 
liegenden Boden. Ebenso haben die Weiden-Anpflan- 
zungen bei Harburg eine grosse Ausdehnung erhalten. 
Derlei Weiden-Anpflanzungen würden, wenn sie 
allenthalben an Eisenbahnen in Anwendung gebracht 
werden sollten, ein sehr monotones und langweiliges 
Ansehen geben. 
kanntlich aber 


Bei Geldfragen, wie hier, hört be- 
alle Gemüthlichkeit auf. Von Seiten 
der Eisenbahn-Verwaltungen würde deshalb, wie wir 
fest überzeugt sind, gewiss der Landesverschönerung 
kein Opfer gebracht werden, man würde allenthalben 


Weiden-Anpflanzungen an den Eisenbahnen machen, 
wenn sie nur viel Geld einbrächten und nicht Pflege 
beanspruchten, die in der Regel nicht gegeben wird 
und bei Mangel des Verstindnisses auch nicht gegeben 
werden kann. Sie bringen zwar bei gehöriger Ab- 
wartung erheblich mehr ein, als der Anbau von Futter- 
kräutern und von Eichen behuls der Rindenschälungen, 
aber in der Regel noch immer nicht genug, um dazu 
zu verlocken, dass man sich noch mehr Mühe gibt. 

Es kommt noch dazu, dass es grossen Eisen- 
bahn-Verwaltungen wie dem Staate geht, sie dürfen 
nebenbei keine industriellen Gewerbe treiben, weil 
sie doch in diesem Falle nicht so wohlfeil verwalten, 
als Privatpersonen, die ein ganz besonderes Interesse 
dabei haben und für Füllung ihres eigenen, nicht 
eines allgemeinen grossen Beutels, zu sorgen haben. 

Wenn schliesslich Revierförster Magenau den 
Obstbau bei Bepflanzung der Eisenbahnen, besonders 
der Dämme, als die beste Rente gebend, empfiehlt, 
so will auch er nieht, dass die Eisenbahn - Verwal- 
tungen sich selbst mit der Bepflanzung und Pflege 
von Obstbäumen beschäftigen; eben so verwirlt er, 
dass das zur Verfügung stehende Terrain, in klei- 
nere Strecken getheilt, an weniger Bemittelte ver- 
pachtet werde, sondern nach ihm müssen die Be- 
sitzer grösserer Güter oder Landstriche da, wo die 
Eisenbahn durchgeht, die zu bebauenden Stellen, 
und zwar gleich auf eine sehr lange Zeit, behufs der 
Anlage von Obstbau in Pacht nehmen. 

Dass auf diese Weise der höchste Ertrag für 
Benutzung des an den Eisenbahnen zur Verfügung 
stehenden Terrains erzielt würde, geben wir unbe- 
dingt zu. Wir glauben aber auch ausserdem, dass 
dem rationell betriebenen Obstbau noch eine Zukunft 
bevorsteht und dass daher auch Alles thun 
muss, ihn zu fördern. Was jedoch zunächst 
den Obstbau an Eisenbahnen betrifft, so verlangt er, 
wenn er im Grossen in Trieb gesetzt werden soll, 
ein nicht unbedeutendes Anlage -Kapital, was erst 
nach einer Zeit von wenigstens 10 Jahren anfängt 
zu rentiren. Nicht jedem Grundbesitzer steht aber 
für grosse, mit Obstbäumen zu bepflanzende Strecken 
ein solehes Kapital zur Verfügung. Heut zu Tage 
will und muss man rasch Geld verdienen. Man ar- 
beitet nieht mehr für die Kinder, wie früher, sondern 
zieht vor, diesen lieber gleich das baare Geld in die 
Hand zu geben. Nach 10 und 20 Jahren verändern 
sich auch oft die sozialen und landwirthschaftlichen Zu- 
stände auf eine Weise, dass die besten Berechnungen 
für die Zukunft zu Schanden werden können. Mit einem 
fremden Boden gibt sich ferner der Landwirth keines- 


man 
um 


wegs die Mühe, wie mit dem eigenen; dort will er 


- 


9) 


7 


a 


noch rascher Vortheile aus dem Boden ziehen, da | nordöstlichen Deutschland, nicht in der Weise, um 


es ihm gleichgültig ist, was derselbe nach ihm ab- 
wirft. Der Obstbau rentirt aber um so mehr, je älter 
Jie Bäume werden. Erst nach 20 und 30 Jahren 
beginnt eigentlich erst der höchste Ertrag. Deshalb 
kann nur ein Gutsbesitzer, der seinem Vater auf dem- 
selben Terrain folgt und auch wünscht, dass das 
Gut seiner Familie erhalten bleibt, nichts Besseres 
und Einträglicheres thun, als wenn er alle nicht be- 
nutzten Stellen seines Landes mit Obstbäumen be- 
setzt, überhaupt Obstanlagen macht und sie fort- 
während in gutem Stande erhält. 

Diese späten Erträge der Obstbäume sind vor 
Allem die Ursache der grossen Abneigung der Land- 
wirthe besonders in Norddeutschland gegen Obst- 
bau. Sollte in der Weise, wie Revierförster Mage- 
nau in seinem Werkchen ausspricht, vorgegangen 
werden, so müsste man vor Allem die Abneigung 
der Landwirthe erst durch Belehrung und Aufklärung 
zu beseitigen suchen. Das möchte schwer sein, 
wenigstens aber noch eine geraume Zeit dauern. Es 
müsste, da wir ebenfalls glauben, dass Eisenbahn- 
dämme am belohnendsten mit Obstbäumen zu 
pflanzen sind, unserer Ansicht nach die Eisenbahn- 
Verwaltung selbst dergleichen Obstanlagen in die 
Hand nehmen. Dadurch wird ihr Geschäftskreis nur 
wenig erweitert. Der Ingenieur, welchem die Auf- 
sicht auf einer bestimmten Bahnstrecke übertragen 
wird, könnte ohne grosse Mühe durch einen sach- 
verständigen Obstgärtner die Anpflanzung ausführen 
lassen. Man nimmt dann einen sogenannten Baum- 
wärter an, der vielleicht schon vom Kreise, in dem 
‚ie Eisenbahnstrecke liegt, angestellt ist und für die 
spezielle Beaufsichtigung sorgt, und überträgt diesem 
die Beaufsichtigung. Kommt die Zeit der Erträge, 
dann verpachtet man die ganze bebaute Strecke auf 
ein oder mehre Jahre an Obsthändler oder angren- 
zende Gutsbesitzer. Hauptsache ist dabei, dass der 
Baumwärter ein geschickter Mann ist, weder Be- 
schädigungen an den Bäumen duldet, noch diese 
sich selbst überlässt, sondern allenthalben da nach- 
hilft, wo es nothwendig ist. Nur auf diese Weise 
haben wir mit Revierförster Magenau die völlige 
Ueberzeugung, dass an den Eisenbahnen sich nicht 
allein Anlage und Unterhaltung bezahlt machen, sondern 
auch ausserdem noch ein nicht unbedeutender und 
zufriedenstellender Ueberschuss erzielt wird. 

Es sei uns jetzt gestattet, die Einwendungen, 
welche selbst einige der tüchtigsten Landwirthe der 
Rentabilität des Obstbaues entgegenstellen, etwas nä- 
her zu betrachten. 

1. Der Obstbau gedeiht bei uns, wenigstens im 


be- 


Erträge geben zu können, er ist nicht naturwüchsig, 
hört man oft sagen. Dieser Vorwurf ist der hin- 
fälligste von allen und widerspricht aller Erfahrung. 
Im äussersten Osten unseres grösseren Vaterlandes 
bis Tilsit hin werden Aepfel, besonders Parmänen, 
Stettiner u. Ss. w. gezogen, welche denen der besten 
Öbstgegenden an Qualität und im Aussehen gleichen. 
Die Grummkower Birn ist ein Produkt des nordöst- 
lichen Deutschlands, eben so wie der Danziger Kant- 
apfel, zwei Früchte, welche sich den besten Birnen 
und Aepfeln des Südens anschliessen. 

Der Obstbau gedeiht nur dann nicht, wenn man 
ihm nicht die nöthige Aufmerksamkeit, welche alle 
Kulturpflanzen nach ihrer Weise verlangen, widmet. 
Der ÖObstbaum ist kein Waldbaum, den man sich 
überlässt, sondern unter gewissen Umständen, denen 
man auch feınerhin bei der Kultur Rechnung tragen 
muss, künstlich entstanden. Man muss nur in der 
Auswahl der zu pflanzenden Bäume vorsichtig sein 
und darf nach Boden- und klimatischen Verhältnissen 
nur die Obstsorten wählen, von denen auch die Er- 
fahrung gelehrt hat, dass sie gedeihen. Diel’s 
Napoleon’s Butterbirn, so der Gravensteiner 
und der Borsdorfer Apfel gedeihen auch in rauheren 
Lagen und sind so vorzügliche Birnen und Aepfel, 
dass wir beispielsweise recht gut Tottleben’s Birn 
und den weissen Kallvill, oder andere ein günstigeres 
Klima verlangende Früchte entbehren können. 

Aber auch ausser den genannten Früchten ha- 
ben wir für unsere Grosskulturen im nordöstlichen 
Deutschland noch viele andere Aepfel, auch 
Birnen, welche den Anbau reichlich belohnen. In 
der Regel will man leider aber von Seiten der Guts- 
besitzer nicht viel Geld anwenden, 
Obstbau gleich von vorn herein für eine verlorene 
Sache hält. Anstatt sich an eine gute und renom- 
mirte Baumschule zu wenden, kauft man von herum- 
ziehenden Händlern die schlechten Bäumehen, welche 
diese erst als Rückstände ausgekaulfter Parzellen obi- 
ser Baumschulen an sich gebracht haben, um we- 


und 
wie 


aber 


weil man den 


nige Groschen und wundert sich dann, wenn diese 
gar nicht oder mit Noth anwachsen und im letzteren 
Falle verschiedenartigsten 
tragen. 


Früchte 
Diese Früchte werden gewöhnlich als Be- 
weis des Nichtgedeihens des Obstbaues gezeigt, an- 
statt dass man sich schämen und lieber die Früchte 
sammt den Bäumen alsbald wegwerfen sollte. 

2. Man sagt ferner, der Obstbau 
Wenn dieser Vorwurf schon 
in olhstreichen 


die verkrüppelt 


rentire nicht. 


durch das Gegentheil 
Gegenden entkräftigt wird. 


man nur bei denen, 


so darf 


welche ihn machen, die Obst- 


bäume ansehen, in welchem traurigen Zustande sie 
sich befinden. An der geringen Rentabilität sind 
nicht die Bäume, sondern ihre Besitzer selbst wegen 
der schlechten Pllege Schuld. 

Ein nicht unwichtiger Faktor, wenigstens der 
geringen Erträge grosser Anpflanzungen, ist ferner 
das Vielerlei von Obstsorten, welche man anpflanzt. 
Unsere Obstbaumschulen haben den grossen Fehler, 
der leider von den Käufern, welche immer etwas 
Neues haben wollen, sehr unterstützt wird, dass sie 
zu viel, und hauptsächlich auch schlechte oder we- 
nigstens 
Durch diese zu grosse Mannigfaltigkeit wird ausser- 
dem noch das Land der Baumschulen so beschränkt, 


unpassende Sorten zur Verfügung stellen. 


dass die wirklich guten Obstsorten in der Regel 
nicht in grösseren Massen dargeboten werden kün- 
nen und daher grosse Anpflanzungen einer Sorte 


sar nicht möglich sind. Es ist dieses schr zu be- 
dauern. Wenn man aus dem Obstbaue grosse Ren- 


es durchaus nothwendig, dass 
gute, besonders Wirthschafts- 
absetzen kann, anbaut. 


ten ziehen will, so ist 
man nur wenige, aber 
soıten, die man rasch 
5 bis 10 Scheffel einer Sorte wird es in der Regel 
schwer, gleich einen Käufer zu finden, hat man deren 
aber hundert und tausend, so können sich Händler 
darnach einrichten und haben regelmässig ihren Bedar!. 


Sie gewöhnen das Publikum auch schliesslich an 


eine bestimmte gute Sorte, weil man sie zu jeder 


Zeit im Winter haben kann. Unter solchen Umstän- 
den sieht sich leider der, welcher gleich grosse An- 


lagen machen will, oft gezwungen, sich den Bedarf 


selbst heranzuziehen. 

Man muss endlich für die grossen Kulturen nur 
solche Sorten in der Reifzeit ein- 
ander mölichst nahe Am besten ist fest- 
hängendes, durch sein Aeusseres nicht verlockendes 
Winterobst, weil dieses die geringsten und daher 
wohlfeilsten Bewachungskosten in Anspruch nimmt 
und sich auch wegen seiner Dauerhaftigkeit leichter 
verkauft. Ausserdem ist Steinobst, hauptsächlich 
Kirschen und Bauerpflaumen oder Zwetschen, zum 
Anbau an Eisenbahnen zu empfehlen, da auch diese 
keine lange Bewachung verlangen. Sobald wegen 
der in der Reife verschiedenen Sorten die Bewachung 
2 und selbst 3 Monate dauern muss, so geht dürch 
die Kosten der Bewachung wiederum ein nicht ge- 
ringer Theil der Einnahme verloren. 

Was schliesslich die Rentabilität des Obstbaues 
in 


wählen, welche 
stehen. 


selbst anbelangt, so werden wir später diese 


einem besonderen Artikel ausführlicher besprechen, 
als jetzt hier des beschränkten Raumes halber der 


Fall sein könnte. 


Für 


3. Der Vorwurf des Obststehlens ist im nord- 
östlichen Deutschland ein ganz gewöhnlicher und 
leider auch gerechter. Diesem entgegen zu arbeiten 
ist Aufgabe der Schule. Leider beschäftigt man sich 
in unseren Landschulen oft viel zu sehr noch mit 
abstrakten Dingen und versäumt, die Kinder in dem, 
was nahe liegt, zu’'belehren. Bei den meisten Schu- 
len befindet sich für den Lehrer ein Garten, wo Obst 
und Gemüse zum Unterricht erzogen werden soll. 
Es existiren auch noch, selbst schon aus dem vori- 
sen Jahrhundeite, Verordnungen, welehe darauf hin- 
weisen. Wolle man nur dergleichen Schul-Gärten in 
Ordnung halten und bei dem Unterrichte die Kinder 
in das Interesse ziehen, damit diese Obst- und über- 
haupt Bäume achten lernen! Haben wir es erst da- 
hin gebracht, dass in den Dörfern selbst Obst gebaut 
wird und schliesslich eine Einnahme bildet 
oder wenigstens zum häuslichen Gebrauche dienen 
kann, so wird das Stehlen allmählig nachlassen und 
schliesslich ganz aufhören. 

Nicht weniger schadet der Frevel an Obstbäu- 
men, besonders derer an der Landstrasse Auch 
dieser würde bei besserer Erziehung der Kinder all- 
mählig seltener werden und ebenfalls endlich nieht 
mehr vorkommen. Der Frevel an Obst- und ande- 
ren Bäumen ist übrigens nicht immer Bosheit des 
Menschen, sondern vielmehr Nichtachtung fremden 
Eigenthums oder mehr Muthwille. Wir rathen übri- 
sens Jedermann, besonders wenn er an Landstrassen 
Obstbäume besitzt, sobald ein junger Baum abge- 
brochen ist, diesen alsbald zu entfernen und mög- 
lichst rasch durch einen andern zu ersetzen, denn 
auch der angeborene Nachahmungstrieb des Men- 
schen macht sich hier in so fern bisweilen geltend, 
als ungebildete und rohe Menschen, wenn sie einen 
abgebrochenen Baum sehen, ebenfalls und zwar gleich 
an dem nächsten ihren strafbaren Muthwillen gern zur 
Geltung bringen und diesen ebenfalls abbrechen. 

Ist in einer Gegend Obstbau vorhanden, so ist 
es durchaus dass sogenannte Baum- 
wärter angestellt werden. Man kann nicht von je- 
dem Bauer verlangen, dass er mit der rationellen 
Behandlung eines Obstbaumes vertraut ist, wenn wir 
auch keineswegs daran zweifeln, dass er bei einiger 
Liebe zum Obstbau es nach und nach erlernt. Dass 
auch Wanderlehrer zur Beförderung des Obstbaues. 
viel thun können, unterliegt ebenfalls keinem Zwei- 
fel. Diese anzustellen ist die eigentliche Aufgabe 
derjenigen Vereine, welche sich Beförderung des 
Pflanzenbaues im Allgemeinen und im Speziellen zur 
Aufgabe gestellt haben. 


dieses 


nothwendig, 


- 


. 
Ueber blaue Hortensien. 

Wir erhalten vom Hofgärtner Jäger in Eisenach 
folgende Mittheilung: 

„In Nr. 22 der Wochenschrift werden in einer 
Abhandlung mit gleicher Ueberschrift einige That- 
sachen bezweifelt, welche ganz sicher dastehen und 
jüngere Gärtner nur irre führen können, während 
ältere nicht begreifen, wie man überhaupt daran 
zweifeln kann. Als Ursache müssen wir einige An- 
gaben von Bossin (s. Wochenschrift S. 176) be- 
trachten. Stände nicht schon in der Wochenschrift 
1869 S. 2 ganz bestimmt, dass die ersten blauen 
Hortensien schon in einem deutschen Gartenbuche 
von 1808 erwähnt werden, so könnte ich bestätigen, 
Jass sie nicht erst zu Ende der dreissiger Jahre bei 
uns eingeführt worden sind, denn ich besinne mich, 
dass sie Schon zu Ende der zwanziger Jahre auf 
dem Blumenbrette eines Apothekers die allgemeine 
Bewunderung errcegten. 1830 sah ich sie bereits bei 
dem Handelsgärtner, bei welchem ich eine Vorlehre 
senoss. Im Garten zu Belvedere bei Weimar, wo 
ich 1831—1834 lernte, hatten wir bereits blaue Hor- 
tensien in Menge und in grossen Exemplaren. Sie 
wurden in einer eisenhaltigen Sumpferde gezogen, 
welche auf einem Grundstücke des Gärtners Grauel 
in Nordhausen gefunden wurde, standen aber zum 
Theil noch in Kohlenmeilererde. Es muss deshalb 
das künstliche Blaumachen schon damals eine un- 
zweifelhafte Sache gewesen sein. 

Es steht ausser allem Zweifel, dass Eisen die 
Karbenwandlung hervorbringt, und zwar jetzt noch 
eben so sicher, wie früher, was in der Wochenschrift 
S. 176 bezweilelt wird. Wie die Färbung bewirkt 
wird, und warum sie nur bei den Hortensien staätt- 
findet, bleibt allerdings unerklärt. Ebenso ist es 
sicher, dass Alaun ebenfalls die Hortensien blau färbt. 
Die blaue Farbe hat sich höchst wahrscheinlich von 
verschiedenen Arten dureh zufällige Anwendung von 
eisenhaltiger Erde erzeust. Die S. 176 von Bossin 
als Merkwürdigkeit aufgeführte Thatsache, dass die 
Hortensie in Thonerde blau, in guter Gartenerde wie- 
der rosenroth blüht, erklärt sich sicher aus dem Ei- 
sengehalt der Thonerde. Es ist jedem Gärtner be- 
kannt, dass beim Verpflanzen blauer Hortensien in 
nicht eisenhaltige Erde die Blüthen im nächsten Jahre 
lilaroth, später wieder ganz roth werden. Am West- 
ufer des Lago maggiore bei Arona sah ich in allen 
Gärten sämmtliche Horfensien (dort grosse Land- 
sträucher) rein "blau blühen. So viel ich mich er- 


innere, ist dort das Gebirge Thonschiefer oder 
Glimmerschiefer. Dass nur Eisen und Alaun das 


färbende Element bilden, zeigt der Umstand, dass 
die Hortensie in der Kohlenmeilererde hiesiger Ge- 
send, wo der Urboden sehr roth, also stark eisen- 
haltig ist, blau werden, während dieselbe Erde aus 
den weiter östlich liegenden Theilen des Gebirges nicht 
dieselbe Wirkung ausüben soll. Die Kunst, die Hor- 
tensien mit Bestimmtheit blau zu färben, ist also 
nicht verloren gegangen, wird nur nicht mehr so wie 
früher geübt, weil der Gärtner durch dıe rasch auf- 
einander folgenden Neuheiten zur Vernachlässigung 
alter schöner Kulturen geführt wird.“ 

Es thut uns sehr leid, unserem verehrten Freunde, 
dem Hofgärtner Jäger, keineswegs in Allem, was 
er hier ausgesprochen, beistimmen zu können. Wer 
auf dem Felde der Wissenschaft arbeitet, geht bei 
seinen Untersuchungen und noch mehr bei seinen 
Aussprüchen etwas vorsichtiger und langsamer zu 
Werke, kommt aber um desto sicherer zum Ziele. 
Der Praktiker ist dagegen gar zu leicht von augen- 
blicklichen Erfolgen eingenommen und hält diese nur 
zu leicht für hinlänglich, um ein Urtheil aussprechen 
Plötzlich bleiben aber unbegreil- 
lichen Ursachen einmal die bisher gehabten Erfolge 
aus und machen ihn rathlos. Grade bei den Kulturen 
olt entgegengesetzte Methoden mit Erfolg 
sekrönt. Wir wollen nur die Frage die Zeit 
und über Art und Weise des Versetzens der 
Obstbäume, welche noch vor kurzer Zeit, als die 
Pomologen und Obstzüchter in Braunschweig tagten, 
Veranlassung zu 
erwähnen. 


zu können. aus 


werden 
über 
die 


weitläufigen Verhandlungen gab, 
Bei dem Einen ist die Herbstzeit, bei 
dem Anderen die Frühlingszeit zum Verpflanzen am 
Geeignetsten, der Eine will die zu versetzenden Obst- 
bäume derb, der Andere gar nicht beschnitten haben. 
Jeder beruft sich auf seine Erfolge und behauptet, 
dass er bei dem entgegengesetzten Verfahren stets 
keinen Erlolg gehabt habe. Wenn 
einander entgegengesetzten 


Beide bei 
recht 
dass 


nun 
ihrem Verfahren 
so unterliegt es doch keinem Zweifel, 
und dass von 
diesen erst die Erfolge der Herbst- oder Frühlings- 
Pflanzung, des scharfen oder möglichst geringen Be- 


haben, 
sanz andere Agentien mitsprechen, 


schneidens abhängig ist. 

Die Praxis hat allerdings 
Hortensien die Erfahrung dass gewisse 
Erden die blaue Farbe der Blüthe bedingen. Man 
slaubte, dass das in der Erde enthaltene Eisen Ur- 


in Betreff der blauen 


gemacht, 


sache sei und wurde noch in dieser Ansicht dadurch 
bestätigt, dass Eisenspähne, welche bei dem Schmie- 
den des Eisens abspringen und dann der Erde für 
die Hortensien beigemischt werden, die blaue Farbe 
bedingen. Andere hatten Erfolg 


aber denselben 


360 


durch Anwendung von Alaun oder Holzkohle. In 
beiden Fällen spielte das Eisen gar keine Rolle. Man 
hätte schon hieraus ersehen sollen, dass andere 
Faktoren massgebend sein müssen und dass das 
Eisen u. s. w. nur ein untergeordnetes Element sein 
kann. Die Ursache, welche Hofgärtner Jäger bei 
dem Blauwerden der Hortensien annimmt, ist dem- 
nach hinfällig. Wie wäre es sonst möglich, dass 
eine und dieselbe Hortensien-Pflanze in einer und 
derselben Erde, je nach der Temperatur-Verschieden- 
heit, wie es nach dem Inspektor Gireoud der Fall 
ist, bald blau, bald rath hlühen könnte! Wie wäre 
es ferner möglich, dass die in Japan in allen Erden 
konstant blaublühende Hydrangea Otaksa bei uns 
mit der rothblühenden in dieselbe Erde gebracht 
wird, doch eine lange Zeit ihre Farbe behält! Die 
Japanesen kultiviren noch eine zweite, aber hellblau- 
blühende Form, welche sie H. Azisai nennen und in 
allen Erden, mögen diese vorherrschend Eisen ent- 
halten oder nicht, blau blüht. Die Franzosen besitzen 
endlich eine ziemlich in allen Erden konstant blau 
blühende Hortensie, welche sie Imp£ratrice Eug£nie 
genannt haben. 

Öttolander zu Boskoop in Holland theilte uns 
früher mit, dass die ursprünglich blau blühende H. 
Otaksa in freien Grund und Boden seiner Baum- 
schule gebracht, in der Regel roth blühe, wenn sie 
aber kräftige Triebe mache und dann Blüthenstände 
von nahe 3 Fuss bilde, die ursprünglich blaue Farbe 
wieder hervortrete. (Vergl. 14. Jahrg. der Wochen- 
schrift S. 69 und 256.) Ist etwa hier auch das 
Eisen Ursache? 

Nach diesen Beobachtungen tüchtiger Gärtner, 
deren Richtigkeit ausser allem Zweifel liegt, sei es 
uns erlaubt, die Behauptung unseres geehrten Freun- 
des über den bestimmten Einfluss des Eisens auf 
das Blauwerden der Hortensiablüthen einstweilen 
noch in Frage zu stellen. Wir geben ihm aber darin 
völlig Recht, dass wir über die eigentlichen Vorgänge 
dieser Erscheinung noch gar nichts wissen. Es ist 


dieses Aufgabe eines Physiologen, deren Lösung wir 
vielleicht bald entgegensehen können. Leider, so viel 
wir wissen, hat sich aber noch Keiner ernstlich mit 
dieser Frage beschäftigt. Nur von Prof. Hoffmann 
in Giessen sind, aber leider nicht ausreichende, Un- 


tersuchungen darüber angestellt worden. Aus ihnen 
ist aber weiter nichts hervorgegangen, als dass das 
Blauwerden der Hortensienblüthen auf einem chemi- 
schen Vorgange, der in der Aufnahme gewisser 
Stoffe aus der Erde seinen Grund hat, beruht. In 


wie weit und ob das Eisen dabei betheiligt ist, hat 
nicht festgestellt werden können. Das Eisen ist ein 
so verbreitetes Metall der Erde, dass es wohl nir- 
sends fehlen und daher allenthalben aufgefunden 
werden möchte. Es gehört auch zu den minerali- 
schen Bestandtheilen, welche den Pflanzen nothwen- 
dig sind. Nach Einigen soll es vor Allem bei der 
Bildung des Blattgrüns eine grosse Rolle spielen. 

Schliesslich wollen wir noch bemerken, dass 
an der Sultzer Kuppe (Ballon de Soultz) in den 
Vogesen eine vorzügliche Erde gefunden wird. in 
der die Hortensien ebenfalls die schönste blaue Farbe 
erhalten. Diese Erde wird nicht allein, da ausser- 
dem alle Pflanzen in ihr vorzüglich gedeihen, im 
Elsass sehr viel verwendet, sie ist sogar ein wichtiger 
särtnerischer Handelsgegenstand geworden, der selbst 
bis nach Nordamerika versendet werden soll. 


“ 


Die Weinlaus (Phylloxera vastatrix). 


Wie wir früher mitgetheilt haben, war ein Mittel 
gegen die Weinlaus in Vorschlag gebracht worden, 
was einigermassen, wenn auch nur für beschränkte, 
nämlich tief liegende Gegenden, Abhülfe versprach: 
die Weinfelder unter Wasser zu setzen. Die Ent- 
deckung der geflügelten d. h. männlichen Thiere in 
srösserer Menge auf dem Boden zu gewissen Zeiten 
im Jahre scheint die nachhaltige Wirkung des Mittels 
zu bestätigen. Die Ehre dieser Entdeckung gebührt 
einem gewissen Faucon und dem Präsidenten des 
landwirthschaltlichen Vereins des Herault (in Süd- 
Frankreich) Gaston Bazille. Ersterer sandte näm- 
lich während der heissen Tage des Spätsommers 
einige geflügelte Weinläuse an den letzteren, der 
nichts Eiligeres zu thun hatte, als sich an Ort und 
Stelle zu begeben. Während die geflügelten Männ- 
chen der Ameisen, Blattläuse u. 5. w. zwar ebenfalls 
schwerfällig sind, sich aber doch der Flügel zum 
Fliegen hier und da bedienen, ist dieses bei denen 
der Weinlaus nicht der Fall. Sie bleiben auf der 
Erde und auf den darauf wachsenden Gräsern und 
kleinen Pflanzen und begatten sich hier wahrschein- 
lich mit den ebenfalls daselbst herumlaufenden un- 
geflügelten Weibchen. Beide bewegen sich ausser- 
ordentlich rasch auf ihren Füssen, die männlichen 
sind aber so klein, dass man sie nur mit scharfen: 
Auge in der nächsten Nähe erblickt. Faucon und 
Bazille waren gezwungen, sich auf den Boden aus- 
zustrecken und fanden die gefürchteten Thiere bald 
in srösster Menge. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91 


. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 
Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 
für 
Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 46. | Dan en 16, November. % 3 1822. 


Preis des Jahrganges 5% 'Thlr., een bei Ben en den Buchhandel als auch nee durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: Sechste Mereeae von F nchten. u a Seion in Er = Ba Me — Anzeige. 
| 
? Seinige beitrug. Aber immerhin frugen wir uns, 
Sechiste Ausstellung warum pflanzt man in Bozen zu Spaziergängen in 
von Früchten und Wein Südtyrols in Bozen der Nähe keine Bäume an? Der fühlbare Mangel 
vom 21. bis 29. September. an Schatten gebenden Bäumen ist vor Allem dem 


Vor 3 Jahren berichteten wir, ziemlich um die- | Nordländer empfindlich. Kranke, wie sie sich im 
selbe Zeit, in-gärtnerischer Hinsicht über unseren | nahen Meran aufhalten, gehen deshalb nieht gern 
Aufenthalt in Bozen (12. Jahrg. der Wochenschrift | nach Bozen, obgleich dieses sonst die Annehmlich- 
S. 312); wir haben wiederum Gelegenheit, über Bo- | keiten einer grösseren Stadt auch in grösserem 
zen zu sprechen, da wir in Folge einer speciellen | Maasse darbietet und mehr Gelegenheit gibt, das ächt 
Einladung des dortigen landwirthschaftlichen und | deutsche Volk der Tyroler in seinen guten Eigen- 
Gartenbau-Vereins am Preisrichter- Amte bei einer | schaften kennen zu lernen. 


Ausstellung von im südlichen Tyrol erzogenen Früch- Wir rügten schon vor drei Jahren diesen Man- 
ten Theil zu nehmen, uns im letzten Drittel des Sep- | gel an Schatten gebenden Bäumen gegen unsere 


tember-Monats fast eine Woche in der im Mittel- | Freunde: man hat aber leider noch keine Anstalten 
alter und selbst noch ein Paar Jahrhunderte später | zur Abhülfe dieses Uebelstandes getroffen. Er ist 
berühmten Stadt, welche damals den Handel zwi- | um so fühlbarer, als auch in Bozen, wie sonst in 
schen Htalien und Deutschland vermittelte, aufhielten. | Südeuropa und noch mehr im ÖOriente, die mit den 

Im Jahre 1869 herrschte noch im September | Häusern verbundenen Gärten durch hohe weisse 
eine Wärme, welche nur zu deutlich uns kundthat, | Mauern abgesperrt sind und enge Wege zwischen 
dass wir uns bereits jenseits der Alpen befanden. | sich haben, wo man ,; wenn die Sonne hoch steht 
Es war kaum möglich, in der Mitte des Tages aus- | und man daselbst wandelt, olt der schwülsten Hitze 
zugehen, wenigstens keine längere Exkursion zu | ausgesetzt ist. Wir sind völlig überzeugt, dass, 
machen. So viel wir aber auch durch die Wärme, | wenn Bozen für die wärmere Jahreszeit einiger 
selbst noch bisweilen in den späteren Nachmittags- | Massen Schatten gebende Spaziergänge hätte, der 
stunden, litten, so wirkte die Schönheit einer gross- | Zudrang länger bleibender Fremder sich bedeutend 
artigen, an Abwechslungen reichen Natur, wie sie | steigern würde. Weiter von der Stadt entfernt sind 
selbst nur wenige andere Orte in Tyrol und in der | allerdings so viele Parthien, welche Schatten geben, 
Schweiz in dieser Weise besitzen, doch so erhebend | dass wiederum die Auswahl grösser ist, als in Meran. 
auf uns, dass wir auch dieses ‚kleine Ungemach gern Das letzte Drittel des Septembers in diesem 
ertrugen, zumal der längere Umgang mit biedern | Jahre liess den Mangel an Schatten keineswegs füh- 
und unterrichteten Bewohnern der Stadt auch das | len, ein Ereigniss, was selbst den Bozenern ausser- 


46 


362 


gewöhnlich vorkam. Wir hatten geglaubt, dass wir 
uns auf jener Seite der Alpen, nachdem wir auf der 
Reise nach Bozen schon von Leipzig an Regen und 
eine sehr niedere Temperatur, welche auf dem Bren- 
ner den höchsten Grad erreichte, gehabt, und uns 
eine Erkältung zugezogen hatten, einiger Massen 
wieder erwärmen und damit erholen könnten. Wir 
wurden leider gründlich getäuscht, denn es war und 
blieb, einen einzigen Tag ausgenommen, auch in Bo- 
zen, also jenseits der Wasserscheide, kalt und reg- 
nerisch. Es thut uns dieses um so mehr leid, als 
wir gern auch die Fortschritte im Obst- und Wein- 
bau, welche sich in der Ausstellung auf eine erfreu- 
liche Weise kund thaten, in den Gärten und an den 
Bergen besser gesehen hätten, als es unter obwal- 
tenden Umständen geschehen konnte. 

Wir haben uns in unserem ersten Berichte da- 
hin ausgesprochen, dass trotz alles vorzüglichen 
Obstes in Südtyrol die Kultur der Bäume daselbst 
keineswegs eine gute und erfreuliche genannt wer- 
den könnte. Es seht Bozen und dem ganzen Süd- 
tyrol, wie anderen sich eines gleichen glücklichen 
und milden Klima’s erfreuenden Gegenden, beson- 
ders des westlichen und südlichen Frankreichs: die 
Natur ist auch ohne Zuthun des Menschen mit ihren 
Erzeugnissen freigebig. Wollten wir in Norddeutsch- 
land die Bäume so unbarmherzig behandeln, wie 
zum Theil noch bei Bozen und in Südtyrol, so würde 
es mit unseren Obst-Erndten schlecht stehen. Ueber 
den Alpen, eben so in Frankreich, hat man gar kei- 
nen Begriff, was man sich bei uns im Norden mit 
dem Obstbaue für Mühe geben muss, wenn er nicht 
allein Ertrag, sondern auch etwas Gutes geben soll. 
Trotzdem erzieht man aber auch in Norddeutschland 
in einzelnen Fällen Früchte, welche an Schönheit 
und Wohlgeschmack denen aus Südtyrol nichts nach- 
geben. Was hier das Klima versagt, muss die kunst- 
fertige Hand des Obstgärtners ersetzen. 

Noch denkt ein grosser Theil der Obst bauen- 
den Südtyroler nicht daran, ihre Bäume, wenigstens 
alljährlich, einmal zu reinigen und auszuschneiden. 
Wenn aber schlechte oder dürre Aeste doch einmal 
herausgeschnitten werden, so geschieht es in der Regel 
nicht mit Vorsicht und dicht am Stamme, wie meist 
bei uns, sondern man lässt noch einen halben Fuss 
langen oder längeren Stummel stehen. Dieser Stum- 
mel wird oft in seiner Mitte faul. Die Fäulniss dringt 
allmählich tiefer ein, bis sie schliesslieh das Herz 
des eigentlichen Stammes ergriffen hat und damit 
den Baum krank, schliesslich todt macht. Diese lü- 
derliche Weise des Wegnehmens der untauglich ge- 


allein zu finden, man sieht sie leider auch in manchen 
Obstgärten des mittleren und südlichen Deutschlands, 
wo ihre Folgen natürlich noch nachtheiliger sind. 

Uns schien überhaupt die Behandlung des Apfel- 
baumes in Südtyrol im Allgemeinen nicht die natur- 
gemässe. Dieser Umstand möchte auch der Grund 
sein, warum man nur selten im Thale der Etsch 
schöne Bäume sieht und warum diese auch in der 
Regel kein hohes Alter erreichen. Der Apfelbaum 
wächst bekanntlich ganz anders, wie der Birnbaum, 
dessen Hauptstamm sich bis in die Krone fortsetzt. 
Deshalb ist dieser auch zu Pyramiden weit mehr 
geeignet, als jener. Bei dem Apfelbaum geht da- 
gegen in der Regel die Fortsetzung des Hauptstam- 
mes zeitig zu Grunde, es bilden sich dafür an 
seiner Spitze einige Hauptäste, welche dicht beisam- 
men stehen und nach allen Seiten sich entwickeln. 
Die natürliche Form des Apfelbaumes ist daher die 
Kesselform. Die meisten Aepfelbäume in der Um- 
gegend von Bozen hatten aber nicht eine dieser einiger 
Massen nahe stehende Form, sondern waren in der 
Regel ähnlich dem Birnbaume erzogen. 

In wärmeren Ländern gibt man im Allgemeinen 
bei der Kultur dem Birnbaum den Vorzug vor dem 
Apfelbaum. Ersterer verlangt auch ein günstigeres 
Klima, während der Apfelbaum im kälteren Norden 
mehr und besser gedeiht. In Frankreich ist, mit 
Ausnahme des Nordens, wo wegen der Ciderberei- 
tung sehr viel Aepfel herangezogen werden, und 
einiger zarteren Sorten von Aepfeln, der Birnbaum 
nebst der Pfirsiche das beliebteste Obst. Nicht so in 
Südtyrol, wo man umgekehrt beim Obstbaue den 
Aepfeln den Vorzug gibt und Birnen nur nebenbei 
kultivirt. Sollte die Alpenluft hier einen besonderen 
Einfluss ausüben? Während Borsdorfer und Graven- 
steiner z. B. grade in Mittel- und Norddeutschland 
das feinste Aroma haben und schon jenseits des 
Thüringer Waldes geringer sind, in Frankreich so- 
gar aber an Güte weit nachstehen, ist, wenigstens 
der Borsdorfer, im südlichen Tyrol, aber schon in 
Böhmen und in Oesterreich, ganz vorzüglich, in 
Grösse und äusserem Ansehen sogar in der Regel 
selbst noch im Vorzuge. 

Die Aepfelbäume hatten in diesem Jahre auch 
in Südtyrol, wie im südöstlichen Deutschland, wegen 
eines schwärzlichen, kleinen, an den jungen Zweigen 
und Blättern massenhaft auftretenden Pilzes, über 
den noch in der Wochenschrift später gesprochen 
werden wird, ein trauriges Ansehen. Zu der Pilz- 
krankheit war noch mehrmals Hagelschlag gekom- 


men, von dem noch hier und da Verwundungen 


wordenen Aeste ist übrigens bei den Tyrolern nicht | aller Art sichtbar waren. Ausserdem hatte sich, beson- 


363 


ders an solchen verwundeten Stellen, die Blutlaus, 
welche leider sich schon seit mehrern Jahren in 
Südtyrol eingenistet hat, ebenfalls eingefunden und 
trug nicht wenig bei, die schon an und für sich 
stark angegriffenen Bäume noch mehr erkranken zu 
machen. Endlich gehört auch die grosse, haupt- 
sächlich bei uns am Holze der lebendigen Weiden- 
stämme lebende Raupe des Weidenbohrers (Cossus 
ligniperda) noch im Thale der Etsch zu den gefähr- 
lichsten Feinden des Obstbaumes. Uns war diese Er- 
scheinung neu, da der Weidenbohrer, so viel wir 
wenigstens wissen, in Norddeutschland Obstbäume 
nicht heimsucht. Trotz aller dieser Kalamitäten hatte 
der landwirthschaftliche und Gartenbau - Verein in 
Bozen eine Ausstellung veranstaltet, die zu den vor- 
züglichsten gehört, die wir je gesehen haben. Man 
sieht, dass ein solches für Obstbau günstiges Klima, 
wie Tyrol besitzt, Alles zu überwinden vermag. 

Es ist eine erfreuliche Thatsache, dass man in 
Bozen nicht allein, sondern wie es scheint, im gan- 
zen südlichen Tyrol, seit einigen Jahren bemüht ist, 
diesen gerügten Uebelständen in der Kultur abzu- 
helfen. Vor Allem ist es der Weinbau, aber nicht 
weniger auch die Weinkellerei, welche nach unseren 
eigenen Erfahrungen bedeutende Fortschritte gemacht 
hat. Wir haben bei der Preiszusprechung, wenig- 
stens an dem Kosten des Weines, Antheil genommen 
und vorzügliche Tafelweine, von denen wir auch 
später sprechen werden, getrunken. 

Wenn man bisher von Seiten der Bewohner 
Südtyrols dem Obst- und Weinbau so wenig Auf- 
merksamkeit geschenkt hat, so liegt auch ein natür- 
licher Grund vor. Nach Italien, wo selbst sehr viel 
Wein gebaut wird, konnte man sein Produkt eben 
so wenig ausführen, wie nach den übrigen öster- 
reichischen Erbländern; nach Norden ging es noch 
weniger, weil hier der hohe Zoll Schranken setzte. 
So blieb nichts weiter zum Absatz übrig, als Nord- 
tyrol, wo der geringe Wohlstand der Bewohner lei- 
der aber keineswegs gestattete, für guten Wein und 
Obst viel Geld auszugeben, man war daselbst mit 
dem schlechtesten, weil wohlfeilen Getränke zufrie- 
den. Man trinkt wohl unbedingt im Allgemeinen 
den schlechtesten Wein in Nord-Tyrol. 

Besser ist es schon mit dem Obste in Südtyrol 
bestellt, da dieses im frischen Zustande keinen Zoll 
zahlt und deshalb leichter nach Deutschland ausge- 
führt werden kann. Der Markt südtyrolischen Obstes 
erstreckt sich bereits bis Berlin, wo Delikatessen- 
händler mit dergleichen, aber auch zum Theil mit 
Weintrauben ihre Schaufenster schmücken und trotz 
des natürlich hohen Preises Käufer anziehen. Mün- 


dazu einen früher berühmten, 


chen war früher eine Stadt, welche sich durch Feil- 
bieten schlechten Obstes auszeichnete und wo umge- 
kehrt gutes Obst zu den seltenen Dingen gehörte. Seit 
einigen Jahren ist es anders geworden. Man erhält 
hauptsächlich schöne wohlschmeckende Zwetschen 
und Weintrauben um ziemlich niedrige Preise. Von 
Aepfeln tyrolischen Ursprungs hat man selbst in 
München eine ziemlich grosse Auswahl. 

Da der Norden für Süd- Tyrol hinsichtlich des 
Obstes und Weines das einzige Absatzland von 
Bedeutung ist, so sind auch die Blicke aller Bozener 
nach Deutschland gerichtet. Gewiss ist kein Wunsch 
natürlicher und gerechter, als dass einmal die Zoll- 
schranken zwischen Deutschland und den österreichi- 
schen Erblanden fallen möchten. Da jetzt Deutsch- 
land, wie ein sachkundiger Engländer erst vor Kur- 
zem ausgesprochen hat, die Stütze des Freihandels 
ist, Frankreich aber sich fast wie Russland abschliesst 
und den schutzzöllnerisehen Ansichten bereits zum 
Theil sich übergeben hat, da ferner Oesterreich - Un- 
garn sich den freihändlerischen Ansichten mehr als 
früher zuneigt, so wollen wir uns gern im Interesse 
der Südtyroler, aber auch im eigenen, der Hoffnung 
hingeben, dass recht bald die lästigen Zollschranken 
zwischen den beiden auf einander gewiesenen gros- 
sen Völkern ganz fallen, oder die Zölle wenigstens 
bedeutend ermässigt werden. Es hat für jeden ächten 
Deutschen stets etwas Unangenehmes, wenn er gegen 
Deutsche die lästige Zollschranke gezogen sieht und 
nicht einmal mit denen, die dieselbe Sprache reden 
und gleich denken, kommuniziren kann. Ist am 
Rheine gegen Elsass endlich die Zollschranke ge- 
fallen, so mag sie auch gegen die durch und durch 
deutschen Tyroler ebenfalls beseitigt werden. 

Ehe wir zur Ausstellung selbst übergehen, sei 
es uns erlaubt, zuvor noch mitzutheilen, dass eben 
jetzt ein mit Gärtnerei verbundenes pomologisches 
Institut in der nächsten Nähe von Bozen, und zwar 
am Weinberlhofe zu St. Jacob, gegründet ist. Von 
einem Privatmanne zwar ausgegangen, muss man 
wünschen, dass auch die Regierung das Ihrige thut, 
um es in seiner schwierigen Aufgabe zu unterstützen. 
Wo eine rationelle Behandlung des Obstbaues im 
Allgemeinen noch zu den frommen Wünschen gehört, 
ist gewiss ein solches Institut nothwendig. Unter- 
nehmer ist der auch in Deutschland, besonders durch 
Handel mit Alpenpflanzen, längst bekannte Gärtner 
Unterrainer in Innsbruck. Seine ursprüngliche 
Gärtnerei besteht noch in Innsbruck, wenn wir nicht 
irren, unter speeieller Leitung eines Solınes. Seit 
2 Jahren hat er aber hier ein Filial gegründet und 
nach dem Tode des 

46* 


Besitzers aber sehr vernachlässigten Obst-Garten ge- 
wonnen. Mit der Gärtnerei ist auch das Institut ver- 
bunden. Bereits sind grössere Baumschulen in einer 
Weise angelegt, dass sie etwas zu versprechen schei- 
nen. Unterrainer’s Töchter verfertigen mit sehr viel 
Geschmack und mit Fertigkeit von kleinen getrock- 
neten Alpenblumen, den Edelweis in der Mitte, aller- 
hand künstliche Zusammensetzungen, welche sie in 
der Mitte einer Enveloppe von starkem Papier und 
ein sogenanntes, hier sehr flaches Kräuterkissen ein- 
schliessend, anbringen. Diese Enveloppen erhält 
man übrigens um billige Preise durch ganz Tyrol. 
Hier und da, wie mir berichtet wurde, auch 
Niederlagen von diesem Luxusartikel in einigen Städ- 
ten Deutschlands vorhanden. 

Ein weiterer Fortschritt in der- Obstkultur ist 
die Anstellung besonderer Wanderlehrer. 50 viel 
wir wissen, existirt aber ein solcher zunächst nur in 
Trient und ist vom dortigen landwirthsehaftlichen 
Vereine angestellt worden. Es ist ein tüchtiger, jun- 
ger Gärtner, mit Namen Frank. 

Wie sehr es den südtyrolischen Vereinen daran 
liegt, mit auswärtigen, gleichen Zwecken nachgehen- 
den Vereinen in Verbindung zu treten, wird man aus 
früheren Berichten in der Wochenschrift über grös- 
sere Ausstellungen, besonders pomologische, ersehen 
haben. Der Bozener Verein hat seit der 2. Pomo- 
logen-Versammlung in Gotha im Jahre 1857 an allen 
folgenden Versammlungen regen Antheil genommen; 
seine Obst-Sammlungen gehörten stets zu den bes- 
seren und erhielten besondere Preise. Auch dieses 
Mal befand sich der oben genannte Wanderlehrer 
Frank während der 6. Pomologen-Versammlung am 
10. Oktober in Braunschweig. 

Um den Handel mit Obst nach Deutschland or- 
dentlich zu betreiben, hat sich eine besondere Ex- 
port-Gesellschaft Südtyroler Früchte gebildet, welche 
die guten Früchte in Südtyrol zu kaufen bemüht ist 
und nur solche in den Handel zu bringen sucht. Ausser- 
dem giebt es aber noch einzelne Händler, welche 
bereits einen ziemlich grossen Export nach den grös- 
seren deutschen Städten besitzen. Wir nennen un- 
ter Anderen die gewiss schon Vielen bekannte Hand- 
lung von Johann Holzknecht in Bozen, die in 
der Leipziger-Strasse zu Berlin bereits ein Filial be- 
sitzt. Beständig sieht man hier am Schaufenster 
Menschen, die das schöne Obst neugierig beschauen. 
Besonders machen wir aber noch auf die Handlung 
verwertheter, besonders kandirter und eingemachter 
Früchte, von Marmeladen und Fruchtsäften von Jo- 
seph Ringler’s Söhne in Bozen aufmerksam. 
Auf sie werden wir später zurückkommen. 


sind 


Wenn der Tyroler Wein bei uns leider auch 
noch dem Zoll unterworfen ist und damit sein Be- 
zug nicht wenig theurer wird, so wollen wir doch 
nicht unterlassen, auf Produzenten aufmerksam zu 
machen, von deren guten Weinen wir uns selbst 
überzeugt haben, also aus Erfahrung sprechen kön- 
nen. Es sind dieses die Weingarten -Besitzer Jo- 
seph Perger, früher Eigenthümer des Gasthofes 
zur Traube in Bozen, und Leonhart Hölz] in Gries 
(Firma: Franz Simon v. Fritz in Bozen). Aus- 
serdem sind noch Andere vorhanden, deren Pro- 
dukte zu erproben wir nur nicht Gelegenheit hatten. 
Wir wollen jedoch die nennen, welche von Seiten 
der Preisrichter die höchsten Preise zugesprochen 
erhielten: Andreas Kirchebner, Dr. Joseph v. 
Braitenberg. und Franz Tschurtschenthaler, 
sämmtlich in Bozen. 

Die Früchte des günstiger gelegenen Thalgebietes 
der Etsch, in dem Bozen liegt, wurden von denen 
der rauheren Lagen an den Bergen und in den Thä- 
lern der höhern Nebenflüsse bei der Beurtheilung 
geschieden. Aus den Sortimenten der letzteren trugen 
die höchsten Preise für Obst im Allgemeinen: Kom- 
munalverwalter Joh. Schuster in Schlanders, für 
Aepfel: der landwirthschaftliche Verein in 
Klausen, und für besonders hervorragende Leistungen 
in der Obstkultur: Wittwe Karoline Baur den Sieg 
davon, im Thalgebiete hingegen für Obst im Allge- 
meinen: Georg Ritter v. Toggenburg in Bozen, 
für Aepfel: Joseph Weger in Girlan, für Birnen: 
Andreas Kirchebner in Bozen, für das schönste 
und grösste Trauben -Sortiment: Wittwe Karoline 
Baur, für sogenannte Südfrüchte: Andreas Kirch- 
ebner, für Südfrüchte besonders schön auf einem 
Tafelaufsatz arrangirt: wiederum derselbe, und end- 
lich für Orangen und Limonen: Georg Ritter von 
Toggenburg. 

Die Ausstellung fand in 2 schönen, ziemlich 
geräumigen Sälen der Handelskammer, welche über- 
einander lagen, statt und war von Jos. Prucha, 
Gärtner des Erzherzogs Heinrich, mit Unterstützung 
des Vereinsgärtners Mader, auf eine so sinnige Weise 
arrangirt worden, dass wir wohl wünschten, sie fände 
Nachahmung. Das günstige Lokal, was unter An- 
derem im Hintergrunde des unteren Saales noch einen 
viereckigen, oben offenen und einem Klosterhofe nicht 
unähnlichen Raum, geschmückt mit prächtigen tro- 
pischen Pflanzen in wohlgelälliger Aufstellung enthielt, 
mag viel zur Erhöhung des Eindruckes beigetragen 
haben: man hatte aber auch ausserdem meisterhaft 
verstanden, das sonst in Massen eintönige Ausstel- 


| Jungs - Material von Früchten auf ächt künstlerische 


365 


Weise zu verwerthen. Mit Ausnahme einer grossen 
Obst- und Wein- Ausstellung in Bordeaux, der wir, 
wenn wir nicht irren, im Jahre 1863 beiwohnten, 
hatten alle Obstausstellungen, auch die in“Paris und 
London, schliesslich etwas ausserordentlich Lang- 
weiliges. Die langen Tafeln, mögen sie flach oder 
terrassenartig aufgebaut sein, sind, eben so wie die 
Tische, und wenn sie mit noch so schönen Früchten 
auf Tellern geschmückt werden, nicht im Stande, das 
Monotone zu verdrängen, selbst wenn hinter ihnen 
längs der Wand noch Pflanzen- und Blumentöpfe, 
die in der Regel leider auch keineswegs zu den 
ausgesuchteren gehören, stehen. 

In den Ausstellungsräumen der Öbstausstellung 
in Bozen war es anders. Die langen flachen oder 
terrassirten Tafeln waren ganz vermieden, auch an 
den Wänden. Hier standen längliche Tische mit 
Fruchtvasen in der Mitte und getrennt von einander 
durch angebrachte Gesimse oder kleinere Etageren, 
während die Mitte der beiden Säle von grossen 
Etageren oder anderen entsprechenden Vorrichtungen 
eingenommen war. 

Die Früchte selbst von einer Vollkommenheit, 
wie sie durchaus nur in einem solchen günstigen 
Klima, als Südtyrol besitzt, wachsen, lagen allerdings 
ebenfalls auf Tellern, aber am Rande der Etageren- 
Absätze hatte man einladende Trauben mit dem 
Laube oder dergleichen, in der Mitte hingegen, den 
Träger der Absätze deckend, allerhand Südfrüchte, 
ebenfalls noch an den Zweigen, also mit Blättern 
versehen, angebracht. Auf dem obersten und klein- 
sten Absatze stand in der Regel eine Vase flach 
oder in der etrurischen Form, auch ein sinnig ge- 
flochtener Korb, gleichsam ein Pickenick (wir finden 
in der That keinen bezeichnenderen Ausdruck) von 
verschiedenen einladenden Südfrüchten enthaltend. 
Man hatte meisterhaft verstanden, selbst den grossen 
Früchten, wie Melonen, Pompelmus, riesigen Granat- 
äpfeln u. s. w. etwas Leichtes zu geben. Jede dieser 
Schalen, Vasen und Körbe hätte den alten holländi- 
schen Meistern in Fruchtstücken Gelegenheit geben 
können, ihre Kunst in Anwendung zu bringen. 

Wir schliessen hier unseren Bericht und werden 
nicht versäumen, wenn die nächste und siebente 
Ausstellung von Früchten und Wein in Bozen statt- 
findet, Kenner und Laien aufzufordern, dahin zu gehen. 
Die Natur ist ausserdem in Tyrol so verschwenderisch, 
die Menschen sind so bieder und brav, dass, wenn man 
einigermassen vom Wetter begünstigt ist, man nach 
allen Richtungen hin zufriedengestellt heimkehren wird. 
Wir können aber nicht umhin, bevor wir schliessen, 
den Leitern dieser schönen Ausstellung, vor Allem 


aber dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem Vize- 
präsidenten der Handelskammer Schuler in Bozen, 
gewiss auch im Namen der vielen Fremden. welche 
sich in der letzten Woche des Septembers in Bozen 
befanden, aber auch dem Weinbergs-Besitzer Perger 
den aufrichtigsten Dank auszusprechen. 


Botanical Magazine. 
Jahrgang 1871. 


Ausnahmsweise ist dieses Mal die Zahl der be- 
schriebenen Orchideen geringer als in früheren Jahr- 
gängen. Trotzdem liebt der Engländer Orchideen eben 
noch so wie früher. Einige Pflanzenliebhaber lassen 
nach, andere dagegen beginnen ihre Vorliebe für die 
eigenthümlichen Glieder dieser Familie zu entfalten. 

Wiederum ist eine Form des beliebten und gross- 
blumigen Onceidium tigrinum Llav. et Lex. (auf 
der 5878. Tafel) dargestellt. Sie unterscheidet sich 
durch grössere Blüthen von der Hauptart und wurde 
zuerst von Duchartre, der sie im Jahre 1862 auf 
einer Ausstellung des Gartenbau-Vereins in Paris 


sah, unter dem Namen Oneidium splendidum 
beschrieben. Vaterland sind Mexiko und Guatemala. 


Die birnförmigen Scheinknollen von 2 bis 31, Zoll 
Länge stehen gehäuft beisammen und haben nur ein 
elliptisches und dickfleischiges Blatt von 1 bis 2 Fuss 
Länge. Aus ihrer Basis kommt ein 2 Fuss langer 
Stiel hervor, welcher eine Rispe 2 Zoll im Durch- 
messer enthaltender Blüthen trägt. Die Grundfarbe 
ist hellgelb, wird aber an den im Verhältniss zur 
Lippe sehr kleinen Blumenblättern durch 
Querbinden unterbrochen. 

Dendrobium barbatulum Lindl. (Tab. 5918) 
ist eine ostindische Orchidee, welche zwar schon seit 
dem Anfange dieses Jahrhunderts in England einge- 
führt, aber erst später (1830) durch Lindley und 
Paxton festgestellt worden ist. Sie wurde mehr- 
fach verkannt. Zunächst bildete Wisht unter die- 
sem Namen eine Art ab, welche später den Namen 
D. ehlorops erhielt, dann hat Bateman das im 
botanical Magazine (Tab. 5444) früher schon bildlich 
dargestellte D. barbatulum als falsch erkannt und D. 
Fytceheanum genannt. Alle 3 Dendrobien haben 
weisse Blüthen, deren Blumenblätter aber nur bei 
dem ächten D. barbatulum breit elliptisch sind. Mehre 
blattlose Stengel mit etwas zwiebelartig angeschwol- 
lener Basis und von Fuss-Länge tragen in Zwischen- 
räumen ziemlich aufrecht stehende Trauben von 3 
bis 4 Zoll Länge und auf kurzen Stielen. Die ellip- 
tischen Blätter von 3 bis 4 Zoll Länge befinden sich 
nur an den Jungen Trieben. 


braune 


366 


Epidendrum evecetum Hook. (Tab. 5902) 
wurde von Purdie in den Bergen Neugranada’s auf- 
gefunden und gehört deshalb zu den kalt zu kulti- 
virenden Arten. Am nächsten steht die Art der erst 
vor Kurzem eingeführten E. Lindeni Lindl. und ge- 
hört mit dieser in die Abtheilung der schistochila 
tuberceulata. Mehre 3 bis 4 Fuss lange Stengel ver- 
ästeln sich und die Aeste sind nach oben zu mit 
elliptischen, 4 bis 6 Zoll langen Blättern in 2 Reihen 
besetzt. Besonders reizend nimmt sich die Pflanze 
in Blüthe aus, da die Blüthentrauben von 4 bis 6 
Zoll Länge und 3 bis 4 Zoll Breitendurchmesser eine 
prächtige dunkelrothe Farbe haben. 

Epidendron Pseud-Epidendron Rechb. 
(Tab. 5929) stammt aus Neugranada und gehört zu 
derselben Abtheilung. Wiederum befinden sich neben 
einander mehre, an der Basis zwiebelartig verdickte 
Stengel dicht bei einander, verästeln sich aber nicht. 
Zwischen den 5 bis 7 Zoll langen Blättern am Ende 
des Stengels kommt die wenig-blüthige Aehre her- 
vor. Der oft 1 und 1!/, Zoll lange und sehr schlanke 
Fruchtknoten hat dieselbe grüne Farbe, wie die über 
Zoll langen und schmalen Blumenblätter, dagegen ist 
die langgestreckte, oben sehr breite Lippe braun, 
mit Ausnahme des gelben und gezähnelten Randes. 

Megaclinium purpuratum Lindl. (Tab. 5936) 
wächst im Osten des heissen Afrika’s und bildet ein 
stielrundes Rhizom von der Stärke eıner Gänsefeder. 
Am Ende der Aeste erheben sich die schmal - ellip- 
tischen Scheinknollen von 11), bis 2 Zoll und endi- 
gen mit einem Paar dunkelgrüner und elliptischer 
Blätter, welche eine Länge von gegen 4 Zoll haben. 
An ihrer Basis kommt der 10 bis 18 Zoll lange Sten- 
gel hervor, dessen obere Hälfte blattartig erscheint, 
eine braun gezeichnete Farbe besitzt und längs der 
Mitte der einen Fläche die kleinen, nur wenige Li- 
nien im Durchmesser besitzenden Blüthen trägt. 
Deren weisse Farbe wird durch rothe Punkte unter- 
brochen. 

Drymoda pieta Lindl. (Tab. 5904) ist eine 
der sonderbarsten und kleinsten Orchideen, welche 


wir besitzen. Sie stammt aus Mergui auf der Ma- 
laiischen Halbinsel und wurde von Griffith ent- 


deckt, nach Kew dagegen durch Parish gesendet, 
der sie in Moulmein fand. Die ganze Pflanze besteht 
aus einem kreisförmigen Scheinknollen von 4 bis 6 
Linien Durchmesser und sitzt an den Aesten ver- 
schiedener Bäume meist reihenweise an. Aus seiner 
Mitte entspringt der stadenförmige Stengel von 11, 
Zoll Länge und trägt nur eine einzige Blüthe von 8 
bis 12 Linien Durchmesser und weiss-grün-rothbun- 
ter Farbe. 


Eria extinetoria Hook. (Tab. 5910) schliesst 
sieh im äusseren Ansehen vollständig der vorigen 
an und wurde ebenfalls von Griffith, aber im Bir- 
manenlande, entdeckt, die Ehre der Einführung ge- 
hört aber wiederum Parish. Lindley hat sie 
nach getrockneten Exemplaren als Dendrobium 
extinetorium beschrieben. Die denen der Drymoda 
pieta gleich grossen Scheinknollen sind mehr rund- 
lich, aber von oben mehr oder weniger zusammen- 
gedrückt. Die stadenförmigen Stengel sind etwas län- 
ger, als bei eben genannter Pflanze, tragen aber eben- 
falls an der Spitze nur eine etwas übergebogene 
Blüthe von schwach-rosenrother Farbe. 

Cypripedium niveum Rcehb. (Tab. 5922) — 
haben wir bereits im 13. Jahrg. (S. 126) besprochen. 
Sie möchte doch vielleicht von C. eoncolor, mit der 
sie viel Aehnlichkeit besitzt, verschieden sein, da sie 
nicht auf dem ostindischen Festlande, sondern nur 
auf einer besonderen Inselgruppe zwischen Singa- 
pure und der Insel Borneo, welche als die Tembe- 
len-Gruppe bezeichnet wird, vorkommt. 

Ophrys lutea Cav. (Tab. 5941) haben wir bei 
Gelegenheit einer Abhandlung über Erd-Orchideen 
des südlichen und mittleren Europa’s erwähnt und 
empfohlen (13. Jahrg., S. 148). In der grössten An- 
zahl werden diese Erd-Orchideen in Twickenham im 
Garten des Grafen von Paris kultivirt und mit gros- 
ser Liberalität weiter verbreitet. Ophrys lutea ist 
keinesweges auf Spanien beschränkt, wie in besag- 
ter Abhandlung gesagt wird, sondern wächst durch 
sanz Südeuropa und geht selbst nach Kleinasien 
über; ausserdem kommt sie aber auch in Nordafrika, 
und zwar von Tunis bis Marokko vor. Im Ansehen 
ähnelt sie den bekannteren Arten, welche früher den 
Kollektivnanien Ophrys insectifera führten, besitzt 
aber grüne, meist zusammengeneigte Blumenblätter 
und eine gelbe Lippe mit dunkelbraunem Diskus. 

Wir gehen zu den übrigen Monokotylen über. 

Costus Malortieanus H. Wendl. (Tab. 5894) 
gehört zu den schöneren Pflanzen, welche Hofgärt-. 
ner H. Wendland in Herrenhausen bei Hannover 
von seiner Reise nach Central-Amerika und Guate- 
mala entdeckt hat. Genannt wurde sie zu Ehren: 
des bekannten Hofmarschalls v. Malortie in Han-. 
nover, eines grossen Pflanzen- und Blumen-Lieb- 
habers, der grosse Verdienste um Hebung der Gärt- 
nerei gehabt hat. Leider ist sie neuerdings wieder- 
aus den Gärten verschwunden, so sehr sie auch als: 


-Blatt- und Blüthenpflanze Empfehlung verdient. Viel 


Aehnlichkeit hat sie mit C. pietus Don. Die ganze. 
Pflanze ist mit langen Zottenhaaren besetzt. Sie- 
macht einen 1 bis 3 Fuss hohen Stengel, der jedoch. 


367 


nur am oberen Theile mit eirundlichen, aber mit 
einer Spitze versehenen Blättern von 8 bis 12 Zoll 
Länge besetzt ist. Diese haben eine schöne dunkel- 
srüne Farbe und breiten sich ziemlich flach aus. 
Die Blüthen bilden einen kurzgestielten, eirund-läng- 
lichen Kopf, aus dem sich immer nur einzelne, grosse 
Blüthen von gelber Farbe, aber von rothen Streifen 
unterbrochen, erheben und eine kurze Lebensdauer 
haben. 

Cureuma albiflora Thwait. (Tab. 5909) stellt 
zwar eine recht hübsche Blatt- und Blüthenpflanze 
dar, steht aber andern, bereits in Kultur befindlichen 
Arten der Familie der Zingiberaceen nach. Das 
Rhizom besteht, wie bei anderen Arten dieses Ge- 
schlechtes, aus Büscheln knolliger Wurzeln, während 
ein eigentlicher Stengel fehlt und nur scheinbar durch 
die einander umschliessenden Blattscheiden gebildet 
wird. Die eigentlichen Blattspreiten sind länglich, 
aber mit einer besonderen Spitze versehen. Ihre 
Länge beträgt 5 bis 7 Zoll. Aus der Mitte der Blät- 
ter kommt der längliche Blüthenkopf, dessen weisse 
Blüthen der Reihe nach sich entfalten, hervor. 

Tillandsiaionantha Planch. (Tab. 5892) ist 
eine interessante Bromeliacee von zwergigem Wuchse, 
welche auch als Tillandsia oder Pityrophyllum 
erubescens in den Gäiten vorkommt. Zahlreiche 
reichblättrige und rosettenartige Triebe von 3 und 
4 Zoll Höhe stehen an einem kleinen Wurzelstock 
und stellen eine rundliche Pflanze dar. Die lanzett- 
förmigen, steifen, aber meist etwas gekrümmten Blät- 
ter erhalten zur Zeit der Blüthe eine schöne rothe 
Farbe. Die Blüthen selbst kommen gedrängt an der 
Spitze eines sehr verkürzten Stengels hervor, sind 
blau- violett und werden von den Blättern einge- 
schlossen. 

Agaveixtlioides Ch. Lem. hat in Kew ge- 
blüht und ist wohl von A. Ixtli verschieden, aber 
doch sehr nahe stehend. Wir haben ihrer schon 
früher gedacht (8. Jahrg., S. 111). Sie macht kei- 
nen oder nur einen sehr kurzen Stengel und ist sehr 
blattreich, da die Zahl der Blätter 30 und selbst 40 
beträgt. Diese sind länglich-lanzettförmig und am 
Rande mit kleinen und entfernt stehenden Dornen 
besetzt, während die Spitze in einen starken Dorn 
ausläuft. Ihre Länge beträgt 11, bis 2 Fuss. In 
der Jugend haben sie eine blaugrüne Farbe. Aus 
ihrer Mitte erhebt sich der 10 bis 12 Fuss hohe 
Stengel mit kurzen Aesten, ähnlich wie bei A. ame- 
ricana, armleuchter-artig. Die Blüthen haben eine 
grüne Farbe. 

Agave Bessereriana (nicht Besseriana, da 
ihr Entdecker Besserer nicht Besser heisst, Tab. 


5949) gehört zu den neueren Arten, welche aus 
Mexiko direkt eingeführt wurden und von uns be- 
reits mehrmals besprochen ist (zuletzt im 13. Jahr- 
sang, 98). Im Ansehen ähnelt die Pflanze als solche 
der A. ixtlioides, aber die kleinern, stets blaugrünen 
Blätter haben in sofern eine andere Gestalt, als sie 
auf beiden Flächen konvex sind. Ausserdem ver- 
schmälern sie sich im unteren Drittel nicht unbedeu- 
tend, während der obere Theil in einen sehr langen 
und braunen Dorn ausläuft. Ausserdem befinden 
sich aber noch am Rande ziemlich entfernt kleine, 
braune und nach oben gekrümmte Dornen. Der 21; 
Fuss hohe Schaft endigt mit einer kurzen Aehre 
srüner Blüthen. 

Bomarea chontalensis Seem. (Tab. 5729) 
wächst auf dem Chontales- Gebirge Nikaragua’s und 
wurde durch William Bull in London eingeführt. 
Sie gehört zu den Amaryllidaceen mit beblättertem, 
schwachem Stengel, der an andern Pflanzen oder 
Gegenständen sich emporwindet. In der Regel wird 
er einige Fuss hoch und hat die Stärke eines Feder- 
kieles. Die elliptischen, von mehrern Nerven durch- 
zogenen Blätter stehen nur an seinem Ende zu 4 und 
5 in einem Quirl, von dem aus 4 oder 5 überhän- 
sende Blüthenstiele, von 4 bis 6 fast glockenförmigen 
und rothen Blüthen besetzt, entspringen. Diese haben 
einen Durchmesser von 1!/, Zoll. 

Crinum brachynema Herb. (Tab. 5937) wurde 
aus Bombay eingeführt; es ist aber noch zweifelhaft, 
ob es dieselbe Pflanze d. N. ist, welche 1842 bei 
Loddiges blühte. Es gehört zu den grossen Arten 
dieses Geschlechts und besitzt eine rundliche Zwiebel 
mit dem Durchmesser eines Fusses. Die 1!/, bis 2 
Fuss langen, aber nur 3!/, Zoll breiten Blätter sind 
glänzend-grün und in der Mitte nicht gekielt. Sie 
kommen erst lange Zeit nach der Blüthe hervor. 
Diese sind wohlriechend, stehen zu 15 bis 20 auf 
einem sehr zusammengedrückten Stiel von 8 bis 12 
Zoll Länge und haben eine schmale und übergebogene 
Röhre, sowie einen grossen, 2!/, bis 3 Zoll im Durch- 
messer enthaltenden Saum. Ihre Farbe ist weiss. 

Nerine pudica Hook. (Tab. 5901) blühte im 
botanischen Garten von Kew, ohne dass man wusste, 
woher sie stammt. Gleich der Guernsey -Lilie (N. 
sarniensis) verdient sie Beachtung. Aus einer eiförmig- 
länglichen Zwiebel kommen schmale, linienförmige 
Blätter und in deren Mitte ein Stiel mit 6 bis 8 meist 
horizontal-abstehenden, 1!/, Zoll langen und trichter- 
förmigen Blüthen hervor. Ihre Farbe ist weiss, mit 
einem rothen Streifen in der Mitte. 

Amaryllis Rayneri Hook. (Tab. 5883) ist, 
wie Hooker selbst berichtigt, von Amaryllis pro- 


368 


ceera Duch. (Hippeastrum procerum Lem.) nicht ver- 
schieden und bereits früher (im 10. Jahrg. S. 344) 
besprochen und empfohlen worden. 

Xiphion junceum Klatt (Tab. 5890) ist Iris 
jJuncea Dest., oder lusitanica Ker, eine auf trockenen 
Hügeln Algeriens, Marokko’s, aber auch auf der Pyre- 
näischen Halbinsel und in Italien wachsende Pflanze, 
welche sich von andern Iris-Arten, gleich der Spa- 
nischen Iris (Iris Xiphoides oder hispanica), durch 
Anwesenheit einer Zwiebel (also keines Kuollens) und 
durch den Mangel eines Bartes auf den äusseren 
Blumenabschnitten unterscheidet. Durch die gelben 
Blüthen weicht sie auch wesentlich von der genannten, 
in wärmern Ländern viel kultivirten Pflanze ab. 

Xiphium filifolium Klatt (Tab. 5928) steht 
hingegen der ächten spanischen Iris mit ihren grossen, 
violetten Blüthen weit näher und unterscheidet sich 
hauptsächlich durch die dünnen und fadenförmigen 
Blätter. An Schönheit übertrifft sie die vorige. Ent- 
deckt wurde sie von Boissier in Spanien und als 
Iris filifolia beschrieben. 

Gladiolus dracocephalus Hook. (Tab. 5884) 
ist eine interessante Art, welche in Port-Natal, also 
in Südafrika aufgefunden wurde und wegen ihrer 
breiten Blätter dem Gl. Papilio, wegen der Zeichnung 
auf den Blüthen aber dem Gl. viperatus nahe steht. 
Dass die letzteren trotz ihrer Grösse dem Auge wohl- 
gefällig wären, kann man nicht sagen. Die 3 Ab- 
schnitte der Oberlippe sind grünlich-gelb, aber ausser- 
dem dunkelbraunroth-gestreift, die beiden der Unter- 
lippe hingegen grün und roth-punktirt. 

Massonia odorata Hook. (5891) wächst eben- 
falls in Südafrika und ähnelt im äusseren Aussehen 
und hinsichtlich der weissen Blüthenfarbe den kleinen 
Örmnithogalum-Arten des Orientes, hat aber röhren- 
förmige Blüthen, die zu 6 bis 10 eine dichte Dolden- 
traube bilden und von 2 schmalen Blättern umgeben 
werden. Die ganze Pflanze erreicht blühend nur 
einige Zoll Höhe. i 

Haemanthus tenuiflorus Herb. 8. coccineus 
(Tab. 5881) wächst in Abyssinien und wurde bei 
Gelegenheit der englischen Expedition dahin entdeckt. 
3 oder 4 Blätter von 4 und 5 Zoll Länge kommen 
im Herbst hervor und sind elliptisch, haben aber 
lange Scheiden, welche einen Scheinstengel bilden. 
Die rothen Blüthen bilden einen ziemlich dichten 
Kopf und kommen im Frühjahre hervor. Ihre sehr 
schmalen Blumenabschnitte breiten sich wagerecht 
aus und sind gegen 8 Linien lang. 


Anzeige. 


Von der Wander- Versammlung der deutschen 
Wein- und Obst-Producenten, welche bekanntlich im 
laufenden Jahre statutenmässig gemeinschaftlich mit 
der allgemeinen XXVIll. Versamınlung deutscher Land- 
und Forstwirthe in München als Sektion für Wein- 
und Obstbau getagt hat, ist aufEinladung der 
Stadt Trier einstimmig beschlossen worden: 

dass, da die Allgemeine Versammlung deut-_ 
scher Land- und Forstwirthe für 1873 in Hin- 
sicht auf die Weltausstellung zu Wien ausfallen 
solle, auch die Sektions-Versammlung der Wein- 
und Obst-Producenten nicht im Jahre 1873 ab- 
gehalten, sondern für ihre nächste selbststän- 
dige XVI. Wander-Versammlung erst das Jahr 
1874 mit dem Versammlungsorte Trier be- 
stimmt werde. 

Dieser von den Herren Wein-Producenten ge- 
stellte Antrag fand umsomehr Anklang, als voraus- 
sichtlich in Wien im September 1873 eine inter- 
nationale Vereinigung der Wein - Producenten zum 
Zwecke der Feststellung der Nomenklatur der Reb- 
sorten und wahrscheinlich auch eine Versammlung 
von Pomologen und ÖObstzüchtern stattfinden wird. 

Ausserdem hat die VI. Versammlung des*deut- 
schen Pomologen-Vereins unter dem Präsidium von 
Oberdieck, C. Koch und Lucas beschlossen, ihre VI. 
Versammlung gemeinschaftlich mit der schon gedach- 
ten Wander-Versammlung für Wein- und Obstbau im 
Jahre 1874 zu Trier abzuhalten und den ergebenst 
Unterzeichneten ebenfalls mit ihrer Geschäftsführung 
beauftragt. 

Nachdem der Vorstand des für diesen Zweck 
bereits konstituirten Trier'schen Fest- Comite’s sich 
mit diesen vorstehenden Beschlüssen einverstanden 
erklärt hat, bringe ich dieselben hiermit vorläufig zur 
öffentlichen Kenntniss, indem ich zugleich an die ge- 
ehrten betheiligten Zeitungs - Redaktionen die er- 
gebenste Bitte richte, die Sorge für die weitere Ver- 
breitung dieser Bekanntmachung gütigst zu über- 
nehmen. 

Trier, den 25. Oktober 1872. 

Der Geschäftsführer der VI. Versammlung des 
deutschen Pomologen-Vereins und der XV]. Sektions- 
Versammlung der deutschen Wein- und Obst- 
Producenten. 

Beck, 

Königl. preussischer Regierungs-Rath. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


des 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 41. 


Berlin, den 23. November. 


Is. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 1. December, Vormittags 1 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, 
eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Die sechste Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig, vom 10. bis 13. Oktober. — 


Botanical Magazine (Schluss). 


Die sechste allgemeine Versammlung 
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter 


in Braunschweig, 
vom 10. bis 13. Oktober 187%, 


Nicht weniger als fünf Jahre lagen zwischen der | 


5. und der 6. Versammlung deutscher Pomologen und 
Obstzüchter, während der gewöhnliche, bisher ein- 
gehaltene Turnus ein dreijähriger war. Die längeren 
Zwischenräume von einer Versammlung zur anderen 
unterscheiden diese Wander - Versammlungen der 
Pomologen von den übrigen, welche alljährlich sich 
in der einen oder andern Stadt Deutschlands ver- 
sammeln. In diesen wird Neues vorgelegt. Die 
Männer der Wissenschaft und der Praxis theilen mit, 
was sie durch Forschungen oder Erfahrungen Posi- 
tives gewonnen und geben den Jüngern eine Än- 
regung, die sie zu Hause weiter 
In den Pomologen -Versammlungen dagegen sollen 
zunächst wichtige Fragen der Gegenwart verhandelt, 
Aussprüche bestimmter Sätze gethan werden, um 
nach 3 Jahren zu sehen, in wieweit das, was früher 
gesagt wurde, sich bestätigt hat, ob die Aussprüche 
ferner anzunehmen oder zu verwerfen sind. 

Die längere Zeit zwischen der 5. und 6. Ver- 
sammlung war durch äussere Ursachen bedingt wor- 
den. 1870 standen wir inmitten eines harten Kampfes 
mit unseren Erzfeinden, den Franzosen, 1871 herrschte 
hingegen eine Misserndte, die wenig Erfolg versprach. 


verarbeiten sollen. 


Wenn nun trotzdem 1872, das Obst ebenfalls 
wenig, nur strichweise gerathen war, die 6. Ver- 
sammlung doch abgehalten wurde, so wollte man 
die Zeit nicht weiter hinausschieben, um die Anhänger 
der Pomologen-Versammlungen in ihrem Eifer nicht 
erkalten zu lassen, auch um Gelegenheit zu 
geben, im Interesse des Obstbaues sich gegenseitig 
wieder zu finden und, abgesehen von den öffentlichen 
Verhandlungen, die Gedanken einander auszutauschen. 
Wenn auch eine verhältnissmässige kleine Anzahl 
von nur 97 Mitgliedern, also noch nicht das volle 
Hundert, sich eingefunden, namentlich der Süden und 
Westen nur sehr spärlich vertreten war, Oesterreich 
nur einen und Ungarn ebenfalls nur einen Pomologen 
entsendet hatte, so waren doch die Verhandlungen 
um so belebter und interessanter. Abweichend von 
früherem Verfahren hatte der Vorstand des land- 
wirthschaftlichen Central-Vereines in Braunschweig 
als geschältsführender 


wo 


aber 


Ausschuss auf besonderen 
Wunsch die nöthigen Vorkehrungen allein übernom- 
men, was wohl auch Ursache des geringen Besuches 
war, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in 
den königlich preussischen Staaten, dem 1867 in der 
5. Versammlung zu Reutlingen das Mandat, die 6. Ver- 
sammlung nach Braunschweig zu berufen, übertragen 
worden war, dagegen nur im Allgemeinen eingeladen. 
Auf jeden Fall war es zu bedauern, dass eine Be- 
theiligung von Elsass -Lothringen, von Belgien, den 
Niederlanden, Frankreich und Grossbritannıen, wie 


BAR, 


370 


es in allen frühern Versammlungen der Fall gewesen, 
nicht stattgefunden hatte. Grade wo man nur wenig 
Obst aus Deutschland erwarten konnte, wären fremde 
Früchte um so erwünschter gewesen, besonders um 
auch hinsichtlich der ausländischen Früchte eine be- 
stimmte Nomenklatur sich zu verschaffen, event. zu 
wissen, unter welchen Namen werden vor Allem in 
England unsere Aepfel kultivirt. 

Die Versammlungen, aber auch die geselligen 
Unterhaltungen, fanden im alterthümlichen Rathhause 
statt, die Ausstellung hingegen war in der Aegidien- 
kirche. Bessere und schönere Lokale konnte man 
nicht haben. Es waren die ausgesuchtesten, welche 
bis jetzt die Pomologen - Versammlungen und Aus- 
stellungen, vielleicht mit Ausnahme des Kroll’schen 
Lokals in Berlin, zur Verfügung gehabt haben. In 
dem schönen grossen Saal sprach es sich während 
der Sitzungen sehr gut und, wenn die Geselligkeit 
begann, konnte man sich ungenirt unterhalten. Für 
Speise und Trank war ebenfalls gut gesorgt. Da 
Abends keinerlei Einladungen stattfanden, eine Ein- 
richtung, welche wir bei allen Wander- Versamm- 
lungen festgehalten haben möchten, so fanden sich 
auch der grösste Theil, wenn nicht alle Mitglieder 
der Wander-Versammlung ein und tauschten bis zur 
späten Stunde ihre Ansichten aus. Weniger Werth 
hatte man von Seiten des geschäftsführenden Aus- 
schusses mit Recht auf die Mittagszeit gelegt. Man 
speiste, in sofern man nicht eine Einladung erhalten, 
wo man Lust hatte. 

Schon den 9. Oktober fanden sich 54 Mitglieder 
im Rathhaussaale zur geselligen Unterhaltung und 
um sich gegenseitig bekannt zu machen, ein. Die 
Eröffnung geschah aber erst den nächsten Tag durch 
den Vertreter des Vereines zur Beförderung des 
Gartenbaues in Berlin, Professor Koch, worauf der 
Vorsitzende des landwirthschaftlichen Centralvereines 
im Herzogthum Braunschweig, Landesökonomie-Rath 
Griepenkerl, zugleich im Namen der Herzoglichen 
Regierung, des Magistrates und des landwirthschaft- 
lichen Anwesenden bewillkommnete. 
Es wurde alsbald zur Wahl des Vorstandes und des 
Bureau’s geschritten. 

Landesökonomie-Rath Griepenker] 


Vereines, die 


* 
wurde als Vorsitzender und 
Direktor Stoll aus Proskau 

zu seinem Stellveitreter ernannt, während der 

Lehrer für Garten- und Weinbau in Keszthely 

am Plattensee in Ungarn Belke, 

Hildesheim und 
Kammer-Kommissär Schönermark 


Inspektor Palandt in 


als geschäftsführende Sekretäre bezeichnet wurden. 


Oekonomie-Rath Griepenkerl übernahm hier- 
mit den Vorsitz und brachte zunächst in Anregung, 
dass einestheils die Mitglieder zu bezeichnen wären, 
welche sich mit der Berichtigung der Obstsorten zu 
beschäftigen hätten, anderntheils wäre zur weiteren 
Belehrung ein richtig benanntes Obstsortiment auf- 
zustellen. Was den ersten Antrag anbelangte, so 
wurden folgende Pomologen als Mitglieder eines be- 
sonderen Ausschusses hierzu ernannt: 

Medizinal-Rath Dr. Engelbrecht in Braun- 
schweig, 

Garten-Inspektor Koch im Pomologischen 
Institut in Braunschweig, 

Senator J. ten Doornkaat-Koolmann in 
Norden, 

Direktor Dr. Lucas in Reutlingen, 

Lehrer Belke in Keszthely in Ungarn, 

Organist Müschen in Belitz (Mecklenburg), 

Garten-Inspektor Lauche in Sanssouei bei 


Potsdam, 

Garten - Direktor Stoll in Proskau (Ober- 
schlesien) 

Superintendent Oberdieck in Jeinsen (Han- 
nover), 


Inspektor Palandt in Hildesheim, 
Oberförster Schmidt inBlumberg (Pommern), 
Baumschulbesitzer Spaeth in Berlin und 
Stadtrath Thränhardt in Naumburg a. d.S. 


Diese hier genannten Mitglieder des Ausschusses 
theilten sich selbst wiederum in 3 Sektionen, zu deren 
Vorstehern Superintendent Oberdieck, Garten- 
Direktor Dr. Lucas und Organist Müschen er- 
wählt wurden. 


Der Ausschuss. zur Aufstellung eines Normal- 
Sortimentes bestand aus dem 


Medizinal-Rath Dr. Engelbrecht, 

Inspektor Koch, beide in Braunschweig, und 

Wanderlehrer Arnold in Löhndorf (Rhein- 
preussen). 


Auf den Wunsch des Medizinalrathes Dr. Engel- 
brecht wurde noch ein besonderes Sortiment von 
Früchten zusammengestellt, welche sich zum Anbau 
im Herzogthum Braunschweig besönders eignen. 


Als Preisrichter wurden endlich bezeichnet: 
Geheimer Kammer - Rath Uhde in Braun- 
schweig, 

Inspektor Palandt in Hildesheim, 

Oberförster Schmidt in Blumberg, 


Inspektor Lauche in Sanssouci und 


37l 


Senator ten Doornkat-Koolmann in 
Norden. 

Inspektor Palandt hatte einen Antrag gestellt: 

„Der. deutsche Pomologen-Verein möge durch 
seine Ausschuss- und andere Mitglieder in allen 
Obstbau treibenden Gegenden Deutschlands, in. ähn- 
licher Weise, wie Dr. Lucas in Württemberg in 
seiner Schrift „Württembergs Obstbau”, die absolut 
schlechten und uneinträglichen Sorten zusammen- 
stellen, damit die Vorschläge des Vereines für Ver- 
breitung besserer Obstsorten dadurch besonders be- 
sründet werden können.” 

Professor Koch machte darauf aufmerksam, 
dass der Antrag, als an den Pomologen - Verein ge- 
bracht, eigentlich gar nicht hierher gehöre. Jetzt 
tage die Versammlung der deutschen Pomologen und 
Öbstzüchter, während der Pomologen-Verein erst am 
Abend eine Sitzung halte. Nichts desto weniger 
wünsche er, dass hier darüber verhandelt werde, damit 
zu gleicher Zeit auch das Verhältniss beider zu ein- 
ander klar werde. Der Pomologen-Verein sei ein 
würdiges Kind der Versammlungen deutscher Pomo- 
logen, und in der 3. Versammlung zu Berlin im Jahre 
1860 aus ihnen hervorgegangen. Während diese als 
eine Wander-Versammlung gewöhnlich alle 3 Jahre 
zusammenkomme, nach wenigen Tagen aber schon 
wieder ihre Thätigkeit einstelle, sei der erstere ein 
ständiger Verein, dessen Wirksamkeit nie stille stehe 
und auch nicht stille stehen dürfe. In den Sitzun- 
sen der Pomologen-Versammlungen komme Mancher- 
lei vor, was zur Erledigung eine längere Zeit be- 
dürfe und demnach nicht weiter berücksichtigt wer- 
den könnte. Wenn dergleichen Gegenstände aber 
von der Pomologen - Versammlung dem Pomologen- 
Vereine zur Erledigung überwiesen würden, so be- 
käme dieser alsbald eine bestimmte Thätigkeit und 
würde damit auch eine grössere Wirksamkeit entfalten 
können. Pomologen-Versammlungen und Pomologen- 
Verein ständen in diesem Falle in einer Wechselwir- 
kung, die dem Obstbaue nur förderlich sein könnte. 

Bis jetzt haben die vom letzteren schon früher 
ernannten Ausschüsse, wie Stadtrath Thränhardt 
aus Naumburg richtig bemerkte, gar nichts gethan. 
Ein solcher Antrag, wie der Palandt’sche, würde z. 
B., von dem Pomologen-Verein in die Hand genom- 
men, den Ausschussmitgliedern, wenn sie es ernst- 
lich mit dem Obstbau meinen, für eine lange Zeit 
eine nützliche Beschäftigung geben. Die schlechten 
Sorten von Obst in ihren Bezirken heraus zu finden 
und sie durch den Pomologen-Verein zur weiteren 
Kenntniss zu bringen, ist eine Heil und Segen brin- 
sende Aufgabe. Nichts hemmt die Verbreitung und 


- 
Beförderung des Obstbaues mehr als die vielen 
schlechten Sorten, welche man anbaut. 

Da die Anwesenden mit der Wichtigkeit des 
Antrages sich einverstanden erklärten, wurde er dem 
Vorstande des Pomologen-Vereines in seiner Abend- 
Sitzung zur Erledigung übergeben. 

Es wurde nun zur Verhandlung der schon im 
Programme aufgestellten Anträge geschritten, nach- 
dem Professor Koch gebeten hatte, ihm zu gestat- 
ten, seinen angekündigten Vortrag über Entwicke- 
lungs - Geschichte der Obstfrüchte erst den anderen 
Tag halten zu dürfen. Den Antrag über Feststellung 
einer pomologischen Terminologie begründete Dr. 
Lucas. Von der Nothwendigkeit einer Ueberein- 
stimmung in den Benennungen der Organe der ver- 
schiedenen Obstbäume sei wohl Jedermann über- 
zeugt, es handle sich hier aber vielmehr darum, die 
nöthigen Männer der Wissenschaft und der Praxis 
heraus zu finden, welche sich der nicht leichten Mühe 
unterziehen wollen. Dass die Wissenschaft allent- 
halben zu Grunde liegen müsse und namentlich auch 
hier, unterliege keinem Zweifel. Aber auch intelli- 
gente Praktiker müssten dazu gezogen werden. Die 
Namen der verschiedenen Organe der Obstbäume sind 
so zu wählen, dass sie allgemein verständlich werden. 
Vor Allem thue Vereinfachung noth. Man habe oft für 
ein Organ in den verschiedenen Erscheinungen ver- 
schiedene Namen, umgekehrt seien für ein und das- 
selbe mehre Namen vorhanden. Da der Antrag zur 
Durchführung eine längere Zeit bedürfe, wurde vor- 
geschlagen, jetzt die Verhandlung abzubrechen und 
ihn dem Pomologen-Verein zu überweisen. 

Der zweite Antrag auf eine Bestimmung über 
die Benennung neu auftauchender Obstsorten, den 
der Medizinalrath Dr. Engelbrecht gestellt hatte, 
wurde ebenfalls dem Pomologen-Verein zur Erledi- 
gung anheimgegeben. 

Der dritte Antrag des Inspektors des pomologi- 
schen Institutes Ad. Koch: welches ist das Ver- 
fahren in Bezug auf das Beschneiden der Krone und 
der Wurzeln beim Verpflanzen der Obstbäume? 
wurde auf den Wunsch des Referenten auf den näch- 
sten Tag verschoben. 

Dagegen rief der vierte Antrag: was ist von 
dem Pineiren der Blätter, Pincement Grin, zu halten, 
resp. welche Eıfahrung hat man darüber gemacht? 
eine grosse und lange dauernde Betheiligung hervor. 
Als Resume der Verhandlungen, welche ausserdem 
zu höchst interessanten Auslassungen über die Ent- 
blätterung der Obstbäume, insbesondere der Wein- 
reben, führten, ging hervor, dass bis jetzt nur we- 
nige alte Erfahrungen, meistens günstiger Natur, vor- 


47* 


372 


- 


liegen, dass daher es durchaus nothwendig sei, be- 
vor man zu einem Resultate gelange, erst weitere 
Erfahrungen abzuwarten. 
Damit wurde die erste Sitzung der 6. Versammlung 
deutscher Pomologen und Obstzüchter geschlossen. 
(Schluss folgt.) 


Botanical Magazine. 


Jahrgang 1871. 
(Schluss.) 


Haemanthus deformis Hook. unterscheidet 
sich wesentlich von den übrigen Arten dieses Ge- 
schlechts und wächst in Südafrika. 2 Paar in 2 Reihen 
stehende und fast kreisförmige Blätter von 31/, bis 
4 Zoll Durchmesser sind auf beiden Flächen behaart 
und haben nur sehr kurze Scheiden. Zwischen ihnen 
kommt der Kopf weisser Blüthen hervor und wird 


von gegen 6 Jlänglichen, ebenfalls weissen, daher 
blumen - blattartigen Deckblättern hüllartig einge- 


schlossen. 

Nothoseordum aureum Hook. (Tab. 5896) 
ist eine interessante Liliacee aus der Abtheilung der 
Allieen, welche von dem amerikanischen Botaniker 
Kellogg zuerst als Bloomeria aurea beschrieben 
wurde. Sie wächst in Kalifornien. Aus der kleinen, 
rundlichen Zwiebel kommt nur ein langes grasähn- 
liches Blatt von Fuss Länge und etwas fleischiger 
Konsistenz hervor. Von gleicher Länge ist der ge- 
rade in die Höhe steigende Stengel und trägt am 
oberen Ende eine Dolde zahlreicher goldgelber 
Blüthen. Die 6 länglichen Blumenblätter sind ziem- 
lich flach ausgebreitet. Vaterland ist Kalifornien. 

Milla capitata Bak. (Tab. 5912) ist ebenfalls 
eine Liliacee aus derselben Abtheilung, welche von 
Bentham zuerst als Brodiaea capitata beschrie- 
ben wurde und ebenfalls in Kalifornien zu Hause 
ist. Aus der länglichen Zwiebel kommen 2 gras- 
ähnliche Blätter von über Fuss Länge hervor, zwi- 
schen denen ein meist noch einmal so langer Stengel 
sich erhebt. An seinem oberen Ende befinden sich 
zahlreiche, trichterförmige Blüthen von blau-violetter 
Farbe und haben noch einen besonderen kurzen 
Stiel. Um sie herum bilden mehre Deckblätter von 
derselben Farbe eine Art Hülle. 

Arisaema concinnum Schott (Tab. 5914) 
wurde von Hooker in Sikkim-Himalaya auf einer 
Höhe von 6 bis 10,000 Fuss entdeckt und gehört 
zu den einziehenden Aroideen. Das einzige Blatt 
besitzt einen Stiel mit einer Länge von 1 und 2 


Fuss und besteht aus zahlreichen, elliptisch-lanzett- 
förmigen Blättchen von fast Fuss Länge. Rings her- 
um stehend bilden sie eine Art Schirm. An der 
Seite des Blattstieles kommt der bedeutend kürzere 
Blüthenstiel hervor und trägt entweder männliche 
oder weibliche Blüthen am unteren Theile eines 
schmalen Kolbens, der von der Röhre der Blumen- 
scheide fast ganz eingeschlossen ist. Der offene 
Theil der letzteren ist unten breit, verschmälert sich 
aber in eine langgezogene Spitze. Bei der männ- 
lichen Pflanze ist er weiss- und dunkelviolett-, bei 
der weiblichen weiss- und grüngestreift. 

Arisaema curvatum Kth (Tab. 5931) wurde 
von Schott auch als A. helleborifolium beschrieben 
und gehört in dem östlichen Himalaya von Bhutan 
an auf einer Höhe von 7 bis 9000 Fuss zu den ge- 
wöhnlichen Waldpflanzen. Aus der knolligen Wurzel 
von der Grösse einer Wallnuss kommen gewöhn- 
lich 2 Blätter von 6 bis 10 Zoll Länge hervor, Der 
Blattstiel ist blutroth-gefleckt, während die fussförmig- 
getheilte Blattfläche den Durchmesser von 8 bis 12 
Zoll besitzt. Die 8 bis 18 Blättehen sind Jänglich- 
lanzettförmig. Der 2 bis 4 Fuss hohe Blüthenstiel 
trägt am oberen Ende männliche und weibliche 
Blüthen auf einem gemeinschaftlichen Kolben, der 
zum Theil von einer bis 7 Zoll langen Scheide um- 
geben wird. Diese öffnet sich nach oben, macht 
seitlich eine Krümmung und hat, mit Ausnahme 
des braunen Rückens und weisslicher Streifen an der 
Röhre, eine grüne Farbe. 

Philodendron Williamsii Hook. (Tab. 5899) 
wächst im südlichen Brasilien und schliesst sich den 
aufsteigenden Blattpflanzen dieses Geschlechtes an 
Brauchbarkeit an. Der Stamm verästelt sich, scheint 
aber nicht sehr hoch zu werden, und trägt die pfeil- 
förmigen und lederartigen Blätter von 1 und 2 Fuss 
Länge am oberen Theil rasch auf einander folgend. 
Die Fuss lange und kurzgestielte Blumenscheide ist 
nur an der Basis geschlossen, sonst offen und kahn- 
förmig. Die äussere Seite ist grün, die innere weiss. 
Der dieke Kolben hat ziemlich dieselbe Länge und 
biegt sich etwas unter der Hälfte nach aussen. 

Wir gehen zu den Dikotylen über und be- 
sprechen zunächst einige Schlingpflanzen. 

Aristolochia Duchartrei Andr. (Tab. 5880) 
ist bereits im 12. Jahrgange der Wochenschrift (S. 
115) ausführlich besprochen worden. 

Chlorocodon Whitei Hook. (Tab. 5898) ist 
eine Asklepiadacee Südafrika’s und gehört wegen 
seiner aromatischen Wurzeln zu den gesuchtesten 
Pflanzen der dortigen Bewohner, da diese sie für ein 
ausgezeichnetes Magenmittel halten. An dem dünnen, 


373 


sich windenden Stengel stehen die grossen, breit- ! rühmte Pflanzenmaler Bauer, welcher die Flinders- 


länglichen, aber mit einer Spitze versehenen Blätter 
von 6 bis 10 Zoll Länge einander gegenüber und 
sind auf beiden Flächen mit unscheinlichen Borsten 
besetzt. Die weissen Blüthen haben einen rothen 
Kranz und bilden in ziemlich grosser Anzahl eine 
seitenständige Scheindolde. Ihr Durchmesser beträgt 
ohngefähr 9 Linien. 

Passiflora einnabarina Lindl. (Tab. 5911) 
wurde bereits im 9. Jahrgange (S. 175) von uns 
unter dem Namen Disemma coccinea besprochen 
und gehört wegen ihrer schönen rothen Blüthen 
unbedingt zu den schöneren Arten dieses Ge- 
schlechtes. 

Rhyncehosia Chrysocias Benth. (Tab. 5913) 
wächst in Südafrika und gehört zu den Schling- 
pflanzen aus der Familie der Schmetterlingsblüthler, 
welche gleich den Kennedyen u. s. w. zu verwenden 
sind. Nur die Basis des Stengels ist holzig, der 
übrige Theil aber krautartig und behaart; eben so 
die gedreiten Blätter mit 6 bis 12 Linien langen und 
länglichen Blättchen. Aus dem Winkel der ersteren 
entspringen die 3 Zoll langen Stiele mit 5 bis 8 gold- 
gelben und 9 Linien im Durchmesser enthaltenden 
Blüthen. , 

Paulliniathalictrifolia A. Juss. (Tab. 5879) 
ist eine Schlingpflanze Brasiliens aus der Familie der 
Sapindaceen, welche im Habitus einigermassen den 
wenigen Schlingpflanzen aus der grossen Abtheilung 
der Farne entspricht, wenigstens deuten die doppelt- 
und selbst dreifach -gefiederten Blätter darauf hin. 
Der Stengel ist holzig, erreicht aber doch nur die 
Höhe von einigen Fuss. Während er von einem 
sammetartigen Filz überzogen ist, sind die 6 bis 10 
Zoll langen Blätter nur weichhaarig. Die kleinen, 
breitlänglichen Blättchen haben am Rande ein Paar 
oder doch nur wenige Kerbzähne und werden höch- 
stens 6 bis 8 Linien lang. In dem Winkel der Blät- 
ter befindet sich auf kurzem Stiel der zusammen- 
sesetzte Blüthenstand, aus kleinen grünen Blüthen 
bestehend. 

Wir lassen die übrigen Gewächshaus - Pflanzen 
folgen. 

Meryta latifolia Seem. (Tab. 5932) heisst 
jetzt eine bekannte, aber interessante Araliacee mit 
srossen einfachen Blättern, welche noch vor wenig 
Jahren eine beliebte Blattpflanze bildete und den ein- 
fachen Stamm der Theophrasten besitzt. Sie wurde 
bereits in der Wochenschrift, als sie zuerst durch 
Linden als Botryodendron Jatifolium Endl. 
in den Handel kam, empfohlen (5. Jahrg., S. 173) 
und wächst auf der Insel Norfolk, wo sie der be- 


sche Reise nach Australien mitmachte, entdeckte. 
Der Inspektor des botanischen Gartens in Sidney, 
Allan Cunningham, fand sie ebenfalls auf ge- 
nannter Insel und sandte sie vor ungelähr 35 Jah- 
ren nach Kew. Im Jahre 1866 hat sie daselbst ge- 
blüht. Die kleinen, gelben Blüthen bilden an der 
Spitze des einfachen Stammes und an einem gemein- 
schaftlichen dicken Stiel zahlreiche längliche oder 
eirunde Köpfe. 

Plagianthus Lyallii Hook. fill. (Tab. 5935) 
bildet einen kleinen Baum aus der Familie der Mal- 
vaceen und wurde von Dr. Lyall in Neuseeland 
entdeckt. Er steht dem Plagianthus pulchellus der 
Gärten (9. Jahrg. d. Wochenschr., 143) sehr nahe 
und stellt, wie dieser, einen Blüthenstrauch dar. Die 
einen Zoll im Durchmesser enthaltenden und weissen 
Blüthen stehen gewöhnlich zu 3 im Winkel der 2 
bis 4 Zoll langen, herz-lanzettförmigen und grob- 
gesägten Blätter und kommen in grosser Menge her- 
vor. Er blüht im Januar. 

Abutilon Darwinii Hook. 
anderer Blüthenstrauch aus der 
ceen, der aber, wie die meisten 
ses umfangreichen Geschlechtes, in Brasilien wächst. 
Er verästelt sich sehr und wird ziemlich hoch. Die 
grossen, 4 bis 6 Zoll langen und 2 bis 4 Zoll brei- 
ten Blätter haben eine herzförmige Basis und sind 
am untersten und mittelsten Theil der Pflanze 5- und 
7-, am obersten hingegen nur 3-lappig. In ihrem 
Winkel stehen 1 bis 3 Blüthen auf kurzen, etwas 
übergeneigten Stielen, sind breit-glockenförmig und 
haben 1!/; bis 21/, Zoll im Durchmesser. Die rothen 
Blumenblätter sind deutlich geadert. 

Sphaeralcea miniata Spach (Tab. 5938) ist 
die alte, seit dem Ende des vorigen Jahres einge- 
führte Malva miniata Cav., von der man lange 
nicht das Vaterland wusste, bis man wilde Pflanzen 
im südlichen Brasilien und der Argentinischen 
Republik auffand. In älteren Gärtnereien und in bo- 
tanischen Gärten wird sie noch kultivirt. Sie bildet 
einen niedrigen Blüthenstrauch von höchstens 4 Fuss 
Höhe und hat 3 lappige, aber ausserdem unregel- 
mässig-gezähnte und behaarte Blätter von höchstens 
2 Zoll Länge. In ihrem Winkel befinden sich, die 
scharlachrothen Blüthen zu 3 und 4, auf einem ge- 
meinschaftlichen längeren Stiele stehend, und haben 
segen 1 Zoll im Durchmesser. 

Begonia erinita Oliv. (Tab. 5897) wurde durch 
Veitch in London aus dem bolivischen Hochgebirge, 
wo sie der bekannte Pflanzensammler Pearce fand, 
eingeführt. Wir haben bereits der Begonien so aus- 


(Tab. 5917) ist ein 
Familie der Malva- 
anderen Arten die- 


in 


374 


gezeichnet schöne Arten und so viel, dass B. cri- 
nita kaum Epoche machen dürfte und Verbreitung 
finden wird. Doch bleibt sie immer eine der hüb- 
scheren, die besonders Sammlern zu empfehlen ist. 
Sie wird nur fusshoch, verästelt sich aber. Ihre 
schiefen, eirund- oder herzförmig in die Länge ge- 
zogenen Blätter werden höchstens 5 Zoll lang, wäh- 
rend die hellrothen Blüthen einen Durchmesser von 
11, Zoll haben und einen laxen Blüthenstand bil- 
den. Die männlichen sind vier-, die weiblichen fünf- 
hlättrig. 

Darlingtonia californica Torr. (Tab. 5920) 
haben wir in der letzten Zeit so oft besprochen (zu- 
letzt 14. Jahrg. 307 u. 329), dass wir sie wohl jetzt 
übergehen können. 

Echidnopsis cereiformis Hook. fil. (Tab. 
5930) ist eine für Botaniker sehr interessante, für 
Pflanzenfreunde unschöne Pflanze aus der Familie 
der Asklepiadaceen, wo sie sich den Stapelien an- 
schliesst, auch als Stapelia eylindrica seit eini- 
gen Jahren schon in England kultivirt wird, aber 
einem Cactus resp. Cereus viel ähnlicher aussieht. 
Das Vaterland ist noch unbekannt, sollte es aber 
nicht Südafrika sein? Ein walzenförmiger, bis 9 Linien 
im Durchmesser enthaltender Stengel steigt 1 bis 2 
Fuss grade in die Höhe oder biegt sich von der 
Mitte an wieder nach unten. Bisweilen kommen an 
den Seiten auch gegliederte Aeste hervor. Ausser- 
dem schnürt sich der Stengel in unbestimmten Zwi- 
schenräumen etwas zusammen. 8 seichte Furchen 
ziehen sich von oben nach unten und die dazwischen 
liegenden Streifen sind in meist quadratische Felder 
mit einer weissen Papille in der Mitte getheilt. Die 
kleinen, gelben Blüthen stehen am oberen Theile des 
Stengels in geringer Zahl dicht bei einander. 

Diascia Barberae Hook. fill. (Tab. 5933) ist 
eine Personate im Ansehen der bekannten Hemimeris- 
Aıten. Wie diese, bildet sie einen 5 bis 6 Zoll hohen, 
unbehaarten und wenig verästelten Stengel, welcher 
unten mit eirund - länglichen, am Rande gekerbten 
und einander gegenüberstehenden Blättern von 1 bis 
1!/;, Zoll Länge besetzt ist, während er oder seine 
Aeste nach oben mit einer Traube rother Blüthen 
von 11%, bis 2 Zoll Durchmesser endigen. Die Krone 
ist unregelmässig 2lippig, hat eine sehr entwickelte 
Unterlippe und endigt nach hinten mit 2 Spornen. 
Vaterland ist Südafrika. 

Asystasia chelonioides Anders. (Tab. 5882) 
ist eine ostindische Akanthacee und besitzt einen 
ziemlich verästelten Stengel von nur 2 Fuss Höhe, 
Die 
kurzgestielten, ebenfalls einander gegenüberstehenden 


der aber mit seiner Basis dem Boden aulfliegt. 


und länglich-lanzettförmigen Blätter sind auf beiden 
Flächen mit kurzen Haaren besetzt. Die violetten 
Blüthen erscheinen am Rande weiss und haben 
ausserdem einen weissen Streifen in der Mitte. Sie 
bilden in geringer Zahl am Ende der Aeste eine ein- 
seitige Traube. Während die Röhre kurz ist, er- 
weitert sich der Saum rasch mehr oder weniger 
glockenförmig. Aus Irrthum ist diese Pflanze, wie 
später von Hooker selbst berichtigt wird, als A. 
violacea beschrieben und abgebildet. 

Beloperone eiliata Hook. (Tab. 5888) ist eine 
Akanthacee, welche Seemann als Jacobinia eiliata 
beschrieben hat und sich wahrscheinlich von B. vio- 
lacea Planch. gar nicht unterscheidet. Sie bildet 
eine wenig verästelte Pflanze von ohngefähr 2 und 
3 Fuss Höhe und hat kurzgestielte, elliptisch-lanzett- 
förmige und unbehaarte Blätter von 2 bis 3 Zoll Länge. 
Die kurzgestielten Blüthen stehen in deren Winkel 
oder auch am Ende der Aeste zu wenigen beisam- 
men und haben eine violette Farbe. Die Länge der 
Blumenröhre beträgt fast 1 Zoll, während der aus- 
gebreitete, zweilippige Saum 7 bis 9 Linien im Durch- 
messer besitzt. Vaterland ist Panama. 

Eranthemum einnabarinumN.v.E. ß.ocel- 
latum (Tab. 5921) ist eine schöne Akanthacee, 
welche von Parish in Birma entdeckt und nach Kew 
gesendet wurde. Die Pflanze wird bis 6 Fuss hoch, 
bleibt aber in der Regel niedriger und verästelt sich 
nur wenig. Die länglichen, aber zugespitzten Blätter 
dieser Abart zeichnen sich durch hellrothe, bisweilen 
auch nur röthlich-grüne Flecken auf der Oberfläche 
aus und machen die Art zu einer hübschen Blatt- 
pflanze. Das Ende der Aeste bildet eine einseitige 
Aehre, an der die schönen, rothen Blüthen büschel- 
weise sich befinden und eine Zoll lange Röhre, sowie 
einen 1!/, Zoll im Durchmesser enthaltenden Saum 
besitzen. - 

Cyrtanthera chrysostephanaHook.F.(Tab. 
5887) wurde durch William Bull in London direkt 
aus Mexiko eingeführt und steht der ebenfalls mexi- 
kanischen C. aurea N. v. E. am Nächsten. Gleich 
den andern Arten dieses Akanthaceengeschlechtes 
bildet auch diese Art einen Weichstrauch mit 4eckigen 
Aesten und Zweigen. Die Oberfläche der elliptischen 
und zugespitzten Blätter von 5 bis 6 Zoll Länge ist 
zwar dunkelgrün, aber doch mit kleinen Härchen 
besetzt, und zeichnet sich durch einen rothen Mittel- 
nerv aus. Die goldgelben, 2 Zoll langen Röhren- 
blüthen bilden an der Spitze der Zweige einen dich- 
ten Büschel und sind nur von kleinen linienförmigen 
Deckblättern umgeben. 

Episcia ehontalensis Hook. F. (Tab. 3925) ist 


375 


bereits in der Wochenschrift als Cyrtodeira chon- 
talensis Seem. beschrieben (s. 11. Jahrg. 119) und 
wächst in den Gebirgen Nicaragua’s. Sie gehört, 
gleich vielen anderen Gesneraceen, zu den kraut- 
artigen Sträuchern, welche sich durch bunte Färbung 
der Blätter auszeichnen. Während die Mitte der 
länglichen Blattfläche grün ist, erscheinen der Rand 
und die von ihm zwischen den Hauptästen des Mittel- 
nervs sich nach der Mitte hinziehenden Verlänge- 
rungen braun. In dem Winkel der Blätter befinden 
sich blass - lilafarbige Blüthen von 1 bis 11, Zoll 
Durchmesser einzeln oder gepaart. 

Grevillea maerostylis F. Müll. (Tab. 5915) 
gehört einem Protraceen-Genus an, was früher viel- 
fach in Gärten vertreten war. Sie stammt aus dem 
westlichen Australien und stellt einen hübschen ver- 
ästelten Strauch dar. Die kurzgestielten oder sitzen- 
den Blätter besitzen in Form und Grösse eine grosse 
Aehnlichkeit mit denen der Crataegus monogyna (des 
Weissdorns) und sind gewöhnlich unbehaart. Die 
rothen und gelben Blüthen bilden am Ende der 
Zweige und im Winkel der obersten Blätter Büschel 
und haben eine zurückgeschlagene Blüthenhülle, so 
wie einen sehr verlängerten Griffel. 

Grevilleaintrieata Meissn. (Tab.5919) wächst 
im südlichen Westaustralien, wo sie 1855 von 
"T. Drummond entdeckt wurde. Der 6 bis 10 Fuss 
hohe und sich vielfach verästelnde Strauch hat bis- 
weilen überhängende Zweige. Die 4 bis 6 Zoll lan- 
sen Blätter bestehen aus einer derben und festen 
Spindel und aus 2 bis 4 Paar Blättchen von nadel- 
förmiger Gestalt, aber wiederum in 3 eben so ge- 
forte, aber am oberen Ende stechende Theile sich 
lösend. Die gelben, kleinen Blüthen bilden im Win- 
kel solcher Blätter und an der Spitze 1 bis 2 Zoll 
lange und eirunde Köpfe. k 

Utrieularia montana Jacqu. (Tab. 5923) ist 
eine höchst interessante Pfianze aus der Familie der 
Lentibulariaceen, weil sie das Ansehen einer Pin- 
suieula und die Blüthen einer Utricularia besitzt. Sie 
wächst weder im Wasser noch auf feuchten Wiesen, 
sondern ist ein Epiphyt Westindiens, der im feuchten 
Moose an alten Bäumen wächst. Die grossen Blüthen 
haben eine weisse Farbe, die nur durch einen: gel- 
ben Gaumen unterbrochen ist, und können leicht 
mit denen epiphytischer Orchideen verwechselt wer- 
den. Uebrigens ist über die Pflanze schon im vori- 
sen Jahrgange (Seite 199) gesprochen worden. 

Dorstenia Mannii Hook. F. (Tab. 5908) ist eine 
sehr interessante Artokarpacee, welche unser Lands- 


mann Gustav Mann aus Hannover am Old-Calabar 


im tropischen Westafrika entdeckte. Der 6 bis 8 


| 4 und 5 Zoll Jang. 


Fuss hohe und einfache Stengel trägt am oberen 
Ende einige breit-elliptische und fast ungestielte 
Blätter von 4 bis 8 Zoll Länge und 21), bis 4 Zoll 
Breite. Beide Flächen sind unbehaart, die obere.aber 
besonders dunkel- und mattgrün. Die Blüthenlager 
sind gestielt und oberhalb der Stelle am’Stengel, wo 
Blätter gestanden, eingefügt. Sie erscheinen konvex, 
haben einen Zoll im Durchmesser und besitzen am 
Rande 10 bis 15 fadenförmige Organe. 

Lithospermum Gastoni Benth. (Tab. 5926) 
ist eine der interessantesten Asperifoliaceen der Py- 
renäen, welche erst 1839 von dem Pastor Gaston 
entdeckt wurde. Ein kurzer krautartiger Stengel 
treibt an seiner Basis mehre aufrechte und einfache 
Zweige von 6 bis 10 Linien Länge. Die lanzettförmi- 
gen, etwas zurückgebogenen Blätter stehen dicht ge- 
drängt und haben keine Behaarung. Die purpur- 
violetten Blüthen befinden sich in dem Winkel der 
obersten Blätter und bilden einen von ihnen einge- 
schlossenen Kopf. 

.Lithospermum petraeum A.DC. (Tab. 5942) 
istein hübscher Halbstrauch aus Dalmatien und ver- 
dient nicht weniger Beachtung, als die vorige Aıt. 
Die Pflanze erreicht nur eine Höhe von 6 bis 8 Zoll 
undtheiltsich alsbald in eineMenge gerade aufsteigender 
Zweige, welche mit schmal-elliptischen und ungestiel- 
ten Blättern besetzt sind. Reiche Haare bedecken 
die ganze Pflanze. Die kleinen Blüthen bilden meist 
rückwärts gerollte Aehren und sind anfangs roth, 
werden aber schliesslich blau. Dass Lithospermum 
petraeum und Gastoni bei uns. im Freien aushalten, 
bezweifeln wir, auf jeden Fall ist es besser, sie im 
Topfe zu ziehen. 

Fucehsia sessilifolia Benth. (Tab. 5907) 
wurde 1835 von Jameson in Quito entdeckt, 1842 
fand sie auch Hartweg auf den Anden Boliviens. 
Eingeführt wurde sie aber erst 1865 durch Ander- 
son-Henry in Edinburgh. Der Blüthenstrauch wird 
nur bis 6 Fuss hoch und ist durchaus unbehaart. 
Die elliptischen, ungestielten und gezähnelten Blätter 
stehen meist zu 3 und 4 in einem Quirl und sind 
Die Zoll langen Blüthen bilden 
eine ziemlich dichte und auf langem Zweige über- 
hängende Rispe. Fruchtknoten und Kelchblätter sind 
hell-, Biumenblätter blutroth. 
des botanical 
Magazine übrig, welche im Freien aushalten. 

Rhododendron 


Es bleiben uns noch die Pflanzen 


(Azalea 
mollis Bl. Tab. 5905) haben wir bereits vielfach be- 
sprochen (zuletzt 14. Jahrg. S. 264), so dass wir zu 
seiner Empfehlung nichts mehr zu sagen brauchen. 

Prunus cerasifera Ehrh. (Tab. 5934) ist ein 


sinense Sweet 


376 


in neuester Zeit auf dem Kontinente vielfach ver- 
breiteter Baum, der als Prunus Myrobalana bei den 
Baumschulbesitzern noch bekannter ist und vielfach 
jetzt als Unterlage für feineres Steinobst gebraucht 
wird. Dass sie nichts weiter, als eine kultivirte Pr. 
divaricata darstellt und daher aus den Kaukasus- 
ländern stammt, haben wir schon früher (5. Jahrg. 


S. 285). ausgesprochen. Dort wird auch eine aus- 
führliche Geschichte des Baumes gegeben. 
Pogogyne Douglasii Benth. (Tab. 5886) 


stellt eine einjährige Labiate aus Kalifornien dar und 
zeichnet sich durch besonderes Aroma aller ihrer 
Theile aus. Sie ist nur wenig verästelt, erreicht die 
Höhe eines Fusses und mehr und hat in der Regel 
gar keine Behaarung. Die spathelförmigen Blätter 
verlaufen in einen Stiel, sind am Rande schwach ge- 
kerbt und haben im Durchschnitt die Länge eines 
Zolles. Die jung röthlichen, später purpurbraunen 
Lippenblüthen bilden einen eiförmigen Kopf von Zoll- 
Länge am Ende des Stengels und der Zweige. 

Cirsium Grahami A. Gr. (Tab. 5885) ist eine 
neumexikanische Distel, welche mehr das Ansehen 
einer Serratula besitzt. Sie scheint zweijährig zu 
sein, macht lange Zweige und kann schliesslich eine 
Höhe von selbst 5 Fuss erreichen. Sie ist mit wol- 
liger, aber abwischbarer Behaarung versehen. Ihre 
elliptischen und sitzenden Blätter von ganzer Zoll- 
Länge sind oberflächlich buchtig-gelappt und ihre 
Abschnitte laufen in einen stechenden Dorn aus. 
Das Blüthenkörbehen wird ebenfalls von stechenden 
Schuppen umgeben und schliesst hochrothe Blüthen 
ein. 

Baptisia leucophoea Nutt. (Tab. 5900) 
schliesst sich im äusseren Ansehen der bekannten 
B. australis an, hat aber keine blauen, sondern weisse 
Schmetterlings -Blüthen, und wächst in ganz Nord- 
Amerika, wo sie trockene Stellen liebt. Die Pflanze 
ist ausdauernd und wird höchstens 2 Fuss. Nicht 
immer ist sie behaart. Die fest sitzenden Blätter 
sind gedreit und die Blättehen schmal-elliptisch. Die 
grossen, bis 11, Zoll langen Blüthen bilden end- 
ständige und fusslange Trauben. 

Primula japonica A. Gray (Tab. 5916) ha- 


ben wir in letzter Zeit so oft besprochen (s. 14. 
Jahrg. S. 195), dass wir zu ihrer Empfehlung nichts 


mehr hinzuzufügen brauchen. 

Androsace carnea L. var. eximia (Tab. 
5906) wächst auf den Alpen der Schweiz, in Süd- 
Frankreich und auf den Pyrenäen und gehört in die 


sten Alpenpflanzen dar. Zahlreiche, schliesslich blü- 
hende Rosetten, aus schmalen, linienförmigen und 
am Rande gewimperten Blättern in grosser Menge 
bestehend, bilden bis 9 und 12 Linien im Durch- 
messer enthaltende Pflanzen. Auch die kleinen rothen 
Blüthen sind dicht gedrängt und stehen-zu 5 bis 
10 zusammen, einen kurzgestielten, die Rosette aber 
überragenden Kopf darstellend. 

Sedum glandulosum Mor. (Tab. 5924) hat 
den Wuchs unserer gewöhnlichen beiden Mauer- 
pfefferarten (Sedum acre und hexangulare), unter- 
scheidet sich aber sehr leicht durch die drüsige Be- 
haarung und durch die rothen Blüthen. Bis jetzt 
wurde die kleine Dickpflanze nur in Sardinien beob- 
achtet, wahrscheinlich kommt sie aber auch in Spa- 
nien und zunächst auf den Pyrenäen vor. 

Saxifraga longifolia Lap. (Tab. 5889) stammt 
aus dem Hochgebirge der Pyrenäen und befindet 


sich schon seit langer Zeit in den Gärten des Fest- 


landes. Die Pflanze bildet eine einzige konvexe Ro- 
sette von ohngefähr 4 bis 7 Zoll im Durchmesser. 
Die verschiedentlich langen, lanzettförmigen und aus- 
dauernden Blätter haben einen weissen Rand und 
sind nur in der Jugend, so wie am Blüthenstengel, 
mit schmierig-drüsiger Behaarung versehen. Dieser 
besteht fast nur aus einer dichten, eiförmigen, 8 
bis 12 Zoll hohen und 5 bis 7 Zoll im Durchschnitt 
enthaltenden Rispe weisser Blüthen, in denen die 
rothen Staubbeutel besonders in die Augen fallen. 

Ueber Gilia liniflora Benth. (Tab. 5895) ha- 
ben wir erst vor Kurzem (13. Jahrg. d. Wochenschr. 
S. 144) gesprochen, so dass wir darauf verweisen 
können. 

Gilia achilleaefolia Benth. (Tab. 5930) 
wurde 1833 von dem unglücklichen D. Douglas in 
Kalifornien entdeckt und befindet sich schon sehr 
lange in den Verzeichnissen der Samenhändler und 
der botanischen Gärten, ohne dass sie aber, wie 
andere Arten dieses Geschlechtes, eine grössere Ver- 
breitung erhalten hätte. Sie steht der bekannteren G. 
capitata am nächsten, ist aber in allen ihren Theilen 
grösser, besonders in der Kultur, während sie im 
Vaterlande kaum einige Zoll hoch wird und mehr 
oder weniger gedrängt wächst. Die mehrfach-gefie- 
derten Blätter haben sehr schmale Blättehen, die 
aber auseinander spreizen und nicht, wie bei denen 
der Schafgarbe (Achillea Millefolium), dicht beisam- 
men stehen. Der dichte, rundliche und langgestielte 
Blüthenkopf hat eine blaue Farbe. Sein Durchmesser 


Familie der Primulaceen. Sie stellt eine der schön- | beträgt meist nur einen Zoll. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


für 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 48. 


Berlin, den 30. ne 


1872. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 1. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, 


eine Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. 


Inhalt: Die sechste allgemeine Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig (Sehluss). — 


Erfahrungen über den Nutzen des Brumata-Leim’s. — Dr. W. Ulrich internationales Wörterbuch der Pflanzen-Namen. — 
Eingesandt nebst einer Erklärung der Redaktion. 


Die sechste allgemeine Versammlung 
deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter 


in Braunschweig, 
vom 10. bis 13. Oktober 1872. 
(Schluss.) 

Den Abend fand die Generalversammlung des 
deutschen Pomologen-Vereines statt. Es kann nicht 
Aufgabe des Berichterstatters der 6. Versammlung 
deutscher Pomologen und Obstzüchter sein, auch 
hierüber ausführliche Mittheilungen zu machen, diese 
werden in dem Organe des Pomologen -Vereins, in 
der Monatsschrift für Obst- und Weinbau, niederge- 
legt. Aber doch möchte Einiges aus der ersten 
Sitzung, als genau im Zusammenhange mit der Po- 
mologen-Versammlung stehend, hier von Interesse 
sein. Professor Koch hatte den Antrag gestellt, die 
7. Versammlung der deutschen Pomologen und Obst- 
züchter nach Wien zu verlegen, und zwar gleich im 
nächsten Jahre, weil daselbst zu gleicher Zeit eine 
Weltausstellung stattfände. Da durch das geschäflts- 
führende Vorstandsmitglied, Dr. Lucas, derselbe 
Antrag im Namen des Prof. Koch auch für eine 
Sitzung des Pomologen - Vereines gestellt war, so 
glaubte mm ihn auch hier zur Verhandlung stellen 
zu können. Professor Koch machte hierüber fol- 
sende Mittheilungen: 

Er habe sich in seiner Eigenschaft als Kom- 
missär für Obst-, Wein- und Gemüsebau bei der 


nächsten Weltausstellung in Wien mit verschiedenen 
deutschen Gartenbau-Vereinen und mit Obst- und 
Weinproduzenten in Verbindung gesetzt und sich die 
Frage vorgelegt, auf welche Weise sei die Wiener 
Weltausstellung für den Obst-, Wein- und Gemüse- 
Bau am Meisten nutzbringend zu machen? In Folge 
dessen habe er von mehrern Weinproduzenten die 
Aufforderung erhalten, nach München, wo zu gleicher 
Zeit mit der Wander-Versammlung der Land- und 
Forstwirthe die Wander - Versammlung deutscher 
Weinproduzenten tagen werde, zu kommen, und die 
Frage in Betreff des Weinbaues zur weiteren ge- 
meinschaftlichen Berathung vorzulegen. Er habe es 
gethan und es sei von der Wander- Versammlung 
deutscher Weinproduzenten beschlossen worden, die 
Centralkommission des deutschen Reiches für die 
Wiener Weltausstellung durch die Königl. Landes- 
kommission in Berlin zu ersuchen, die Erledigung 
zweier wichtiger Gegenstände des Weinbaues in die 
Hand zu nehmen, resp. durch ihren Kommissär in 
Ausführung bringen zu lassen. 

Der erste Gegenstand betreffe die Nomenklatur 
der verschiedenen Weinreben. Sie sei eben so in 
Verwirrung, wie die des Stein- und Kernobstes, be- 
vor der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in 
Berlin die Angelegenheit in die Hand nahm. Die 
Wiener Ausstellung solle nicht allein industrielle Pro- 
dukte zur weiteren Kenntniss bringen, sie solle auch 
in den verschiedenen Zweigen der Landwirthschaft 


48 


378 


und der Technik belehren. Da nach zuvor einge- 
zogener Erkundigung Raum zur Vorführung Jand- 
wirthschaftlicher und namentlich gärtnerischer Kul- 
turen im Wiener Ausstellungslokal vorhanden, so 
wünsche man von Seiten der deutschen Weinprodu- 
zenten, dass man von allen in Deutschland in grös- 
serem Massstabe gezogenen hebenarten sogenannte 
Korbreben im September, wo diese bereits auch er- 
kennbare Trauben haben oder noch erhalten, nach 
Wien sende, um daselbst eingepflanzt zu werden und 
zur Kenntniss resp. Berichtigung durch die dort sich 
einfindenden Oenologen zu kommen. 

Der zweite Gegenstand betrefle die Kultur der 
Weinreben. 
die Entwickelung des Weinstockes weit mehr Ein- 
fluss, als auf die anderen Obstgehölze. Dies sei der 
Grund, warum die Behandlung der Weinrebe in den 
verschiedenen Gegenden sich verschieden heraus- 
stelle. Die Kulturmethoden der verschiedenen Wein- 
länder aber kennen zu lernen, sei im hohen Grade 
interessant und zugleich nützlich. Es wurde deshalb 
in München durch die Wander-Versammlung deutscher 
Weinproduzenten der Wunsch ausgesprochen, dass 
im Herbste vollständig ausgewachsene Weinstöcke 
behufs der Sendung nach Wien herauszuheben und 
zu entblättern seien, um die betreffende Kulturmethode 
daselbst den zahlreichen Besuchern der Weltausstel- 
lung vorführen zu können. 

Unter diesen obwaltenden Umständen der be- 
sonderen Theilnahme der deutschen Weinproduzen- 
ten möchte es gut sein, wenn auch von Seiten der 
Pomologen und Obstzüchter der Wiener Weltaus- 
stellung mehr Aufmerksamkeit gewidmet würde. Es 
sei die Frage an ihn herangetreten, ob es nicht rath- 
sam sei, die 7. Versammlung deutscher Pomologen 
und Obstzüchter ebenfalls nach Wien zu verlegen. 
Von Seiten der meisten Anwesenden wurde jedoch 
gegen das Tagen einer wissenschaftlichen Versamm- 
lung während einer Zeit, wo so Vielerlei die Auf- 
merksamkeit der Anwesenden in Anspruch nehme 
und gewiss nicht die nöthige Ruhe zu Verhandlun- 
gen vorhanden sei, gesprochen und schliesslich der 
Antrag abgelehnt. Da aber auf jeden Fall die Wie- 
ner Weltausstellung und besonders die Zeit im Sep- 
tember auch für den Pomologen vielerlei Interessan- 
tes darbieten werde, auch trotzdem viele Pomologen 
selbst nach Wien reisen werden, so wurde beschlos- 
sen, dass einige Mitglieder des Vereines auf seine 
Kosten nach Wien gesendet werden, um später aus- 
führlıch zu berichten. 

In derselben Sitzung geschah auch die Neuwahl 
des Vorstandes. Die bisherigen Mitglieder: Super- 


Bodenverhältnisse und Klima haben auf 


intendent Öberdieck, Professor Koch und Direktor 
Dr. Lucas, letzterer zugleich als Geschäftsführer, 
wurden ersucht, ihr Amt auch ferner zu behalten. 
Die zweite allgemeine Versammlung wurde Vor- 
mittags um 11 Uhr mit einem Vortrage des Pro- 
fessor Koch über die Entwickelung des Obstes in 
morphologischer Hinsicht eröffnet. Einen Auszug 
hier mitzutheilen ist wohl kaum möglich, da der 
Vortragende selbst, wegen der ihm nur kurz zuge- 
messenen Zeit, man möchte sagen, in aphoristischer 
Weise sprach und nur das durchaus Nothwendige 


hervorhob. In Bezug des von Dr. Lucas einge- 
brachten Antrages, eine bestimmte pomologische 


Nomenklatur, herzustellen, mächte Professor Koch 
den pomologischen Verein, dem seine Erledigung 
überwiesen worden war, darauf aufmerksam, dass 
nur eine Nomenklatur, welche auf die Entwickelung 
der verschiedenen Organe fusse, wissenschaftlichen 
Werth haben Entwickelungsgeschichte be- 
dürfe aber vieler Zeit; es möchte deshalb gut sein, 
zeitig die betreffenden Männer zu suchen und wenn 
gefunden, damit vorzugehen. 

Man kam zur 4. Frage: „über das beste Verfahren 
in Bezug auf das Beschneiden der Krone und der Wur- 
zeln beim Verpflanzen.” Referent Inspektor Ad. Koch 
hatte es übernommen, die Frage einzuleiten. Es 
entspann sich alsbald eine rege Debatte, in der sich 
die entgegengesetzten Ansichten zur Geltung brach- 
ten. Die Einen hatten beim Verpflanzen der Obst- 
bäume nur dann Erfolg gehabt, wenn sie möglichst 
zurückgeschnitten hatten, während von Anderen be- 
obachtet worden war, dass bei dem Verpflanzen der 
Obstbäume diese, abgesehen von einem oft nöthigen 
Ausschneiden, sich selbst überlassen werden müss- 
ten, also nicht beschnitten werden dürften. Auf 
Gründe konnten weder die Einen, noch die Anderen 
sich stützen, da ihre Ansicht eben nur aus reiner 
Erfahrung hervorging. 

Revierförster Magenau aus Stuttgart ergriff die 
Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass 
bei der Beantwortung von dergleichen Fragen in der 
Regel nie ein Resultat herauskomme,. In allgemeinen 
Versammlungen könnte eine Lösung um so weniger 
geschehen, als es sich hier nicht um Ansichten han- 


könne. 


delt, als vielmehr um wissenschaftliche Unter- 
suchungen. In diesem Falle sei es Aufgabe von 
allgemeinen Versammlungen, namentlich - aber des 


deutschen Pomologischen Vereines, dahia zu wirken, 
dass auch, gleich den landwirthschaftlichen, pomo- 
logische Versuchs-Anstalten ins Leben gerufen wür- 
den. Nach Professor Koch sei es auch nicht Sache 
des Pomologischen Vereines, es zu thun, da dieser 


379 


keineswegs mit seinen Mitteln dergleichen Anstalten 
in's Leben rufen könne. Allein dem Staate oder 
reichen Privatleuten liege es ob, ersterer bei seinen 
pomologischen Instituten Laboratorien u. s. w. zu er- 
richten und tüchtige Männer der Wissenschaft her- 
beizuziehen. Die Empyrie sei hier berufen, den letz- 
teren sich zur Verfügung zu stellen, diesen sogar 
hier und da den Weg zum schnelleren Ziele zu zei- 
gen. Man müsse der Preussischen Regierung Dank 
wissen, dass sie hier die Initiative ergriffen und be- 
reits bei dem pomologischen Institute in Proskau 
einen tüchtigen Pflanzen-Physiologen angestellt habe 
und eben im Begriff sei, einen zweiten in Geisen- 
heim anzustellen. Professor Koch wünschte nur, 
dass diese Männer nicht in den oft vorkommenden 
Fehler fallen, wenn auch nicht alle, doch möglichst 
viele pflanzenphysiologische Fragen beantworten zu 
wollen. Eine Frage sei gerade genug, um ihre Zeit 
völlig auszufüllen. Noch wissen wir nichts über 
Entwickelungsgeschichte der Früchte, über die Art 
und Weise ihrer Ernährung und der Umbildung ihrer 
Stoffe. Von der Veredlung kennen wir nur das 
Oberflächlichste, denn noch hat die strenge Wissen- 
schaft hierbei nichts gethan. 

Die Verhandlung der 6. Frage der Tagesordnung, 
„welche Form der Obstbäume passt am Besten für 
die Landstrassen und für grosse Pflanzungen auf 
Aeckern und Weiden”, wurde auf Vorschlag des 
Dr. Lucas auf den nächsten Tag aufgeschoben. 
Die 7. Frage endlich, „welche Form von Obstbäumen 
passt am Besten zur Anpflanzung an Eisenbahnen”, 
leitete Baumschulbesitzer Späth aus Berlin durch 
einen längeren Vortrag ein. Damit wurde diese 
zweite allgemeine Versammlung geschlossen. 

Am 12. Oktober wurde schon um 10 Uhr das 
Urtheil der Preisrichter, und zwar im Ausstellungs- 
lokale der Aegidienkirche selbst mitgetheilt. Wir 
wissen nicht, wie viel Pomologen ausgestellt hatten 
und wie gross die Zahl der verschiedenen Sortimente 
war, auf jeden Fall hatte man sich aber nur sehr 
mässig betheiligt, trotzdem ‚wurden aber doch für 
Obst 18 Preise ausgetheil. Wir sind fern davon, 
den Preisrichtern in Braunschweig ob dieser Frei- 
gebigkeit nahe treten zu wollen, wir fragen aber 
einfach an, mussten alle diese Medaillen durchaus 
ausgegeben werden? Wäre es nicht besser gewesen, 
nur Wenigen Preise zuzusprechen, damit diese um 
desto mehr Werth erhielten ? 

Unsere Preisrichterei bei Pflanzen-Ausstellungen 
befindet sich leider in einem traurigen Zustande. 
Wenn man von Ausstellern selbst hört, dass man 
nur ausstelle, um einen Preis zu erhalten, und wenn 


man doch keinen erhält, alsbald erklärt, dass man 
sich von nun an gar nicht mehr betheiligen wolle, 
so wäre es besser, gar keine Ausstellungen von 
Pflanzen mehr zu veranstalten. Wo das eigene In- 
teresse mehr gilt, als das Ganze, da darf man auch 
nichts erwarten. Unsere Pflanzen-Ausstellungen, vor 
Allem aber die Art und Weise des Preissprechens, 
bedürfen überhaupt einer gründlichen Revision. 

Um 11 Uhr wurde die dritte allgemeine Ver- 
sammlung eröffnet. Es wurde zuerst eine Anzahl 
von Exemplaren einer Broschüre: „Steigerung der 
Erträge des nutzbaren Eisenbahn-Areales hauptsächlich 
dureh Obstkultur, mit specieller Berücksichtigung der 
Württemberg’schen Verhältnisse”, verfasst vom Revier- 
förster Magenau in Stuttgart, unter die Anwesen- 
den vertheilt. Ueber diese Broschüre ist ausführlich 
in der 46. Nummer der Wochenschrift gesprochen 
worden. Es wurde hierauf über die 6. und 7. Frage, 
über die beste Form von ÖObstbäumen für Land- 
strassen, auf Aeckern und Weiden, so wie für Eisen- 
bahnen verhandelt. Wir theilen hierüber mit, was 
das während der Versammlung ausgegebene Tag- 
blatt sagt, da wir leider gezwungen waren, schon 
vorher Braunschweig zu verlassen. 

Arnold, pomologischer Wanderlehrer für Rhein- 
preussen, sprach sich nur für die pyramidale Form 
der Obstbäume (Hochstämme) an Landstrassen, auf 
Aeckern und Weiden aus, und hob hervor, dass 
man nach den gemachten günstigen Erfahrungen im 
Bezirke Trier die Absicht habe, diese Form bei allen 
Landstrassen anzuwenden; Thränhardt, Stadtrath 
in Naumburg, stimmte nicht unbedingt bei und will 
nicht den ganzen Schwerpunkt auf die Erhaltung des 
Mitteltriebes gelegt haben. Er spricht sich mehr für 
Beibehaltung der in Thüringen üblichen Kesselform, 
zumal bei weniger tiefgründigem, schlechtem Boden 
aus; Hörlin, Pastor und Vertreter der Königl. Cen- 
tralstelle für Landwirthschaft in Württemberg, hält 
die Pyramidenform wegen des oft starken Schnee- 
druckes z. B. am Schwarzwalde, der besseren Früchte 
und der geringeren Schattenwerfung für besser; 
Müschen, Organist in Belitz-Mecklenburg, empfiehlt 
unbedingt die Pyramidenform, da die Bäume weni- 
ser Krankheiten (Krebs) ausgesetzt seien; Reiss, 
Apotheker in Peckelsheim in Westphalen, verwirft 
für windige Gegenden Bäume mit ausgelichteter Krone, 
zumal sich das Wurzelsystem der Bäume konform 
der Krone flach entwickele oder tiefer gehe; Späth, 
Baumschulenbesitzer in Berlin, verlangt die natürliche 
Form, z. B. bei den Birn- und bei vielen Apfel- 
sorten die der Pyramide durch den Schnitt zu unter- 
stützen; Uhde, Geh. Kammer-Rath, zieht aus dem- 


48* . 


selben Grunde und weil die Früchte schöner und 
wohlschmeckender seien, die Bäume weniger Schat- 
ten werfen, stärkere Aeste treiben, auf Landstrassen 
dem Beschädigen und Bestehlen nicht so ausgesetzt, 
die Pyramidenform vor und hebt noch hervor, dass 
die Bildung der Wurzeln hauptsächlich von 2 Mo- 
menten, der Bodenbeschaffenheit und der Art und 
Sorte der Bäume bedingt werde; Belke, Lehrer für 
Garten- und Weinbau in Keszthely (Ungarn) stimmt 
aus schon angeführten Gründen, namentlich des 
Schneedruckes wegen, worunter die Kesselform vor- 
zugsweise litte, auch für die Pyramide bei Bäumen 
im Freien, behauptet jedoch, dass das Wurzelver- 
mögen mit dem Schnitte der Krone nichts zu thun 
habe, auch bessere Früchte wohl nicht erzielt wür- 
den; Koch, Pastor in Nottleben, und v. Reuss, 
Landrath in Lossen, hoben hauptsächlich hervor, 
dass die Chausseen des Weges und nicht des Obstes 
wegen da seien und die Kesselbäume den Wegen 
und Nachbarn Schaden zufügten; Koch, Inspektor, 
und Bouche&, Garteninspektor hierselbst, empfahlen 
gleichfalls die Pyramidenform warm und gaben näher 
an, was man unter Pyramidenschnitt in dem vor- 
liegenden Sinne verstehe. Dr. Lucas empfahl in 
seinem einleitenden Vortrage, entgegengesetzt den 
Ansichten des verstorbenen Gartendirektors Bor- 
chers zu Herrenhausen und Kreisbaumeisters Pa- 
risius, dringend, als Grundform die Pyramide fest 
zu halten, den Mittelast nicht heraus zu nehmen, 
ferner dafür zu sorgen, dass sich die Seitenäste 
gleichmässig ausbildeten, denn dann würden schöne 
und dauerhafte Bäume, ähnlich den Birnbäumen mit 
beschränkter Beschattung und eine gleiche Anzahl 
guter Früchte erzielt werden. Wohl Alle hielten die 
Pyramidenform für die beste. Der Boden könne 
darauf wohl keinen Einfluss haben. Wenn einem 
Baume das Herz genommen werde, heile die Wunde 
schwer. Man könne ferner breite Kronen nach und 
nach zu Pyramiden ziehen. Er empfehle hierzu die 
Methode des Verjüngens, das Zurückschneiden Ende 
August bis Mitte September möglichst pyramidal. 
Der Präsident gab folgendes Resume: Die Ver- 
handlung enthält eine vollständige Verurtheilung der 
mehrfach empfohlenen Methode des Kesselschnitts, 
d.h. der Ausschneidung des Mittelastes, um dadurch 
eine verhältnissmässige Entwickelung der Seitenäste 
hervorzurufen. Für die sog. Kessel- oder Schoppen- 
form der Obstbäume an Chausseen, wie sie Pari- 
sius vor einigen Jahren hier nannte, hat sich in 
dieser Versammlung nicht ein einziger Redner erho- 
ben. Der einzige Redner, welcher die Kesselform 
empfahl, hatte nicht unsere Frage von der besten 


30 


Form der Obstbäume an Landstrassen, sondern seine 
lokalen Verhältnisse vor Augen, lobte auch nicht 
die Kesselform im Gegensatz zu der Pyramidalform. 
— Als Vorzüge der Pyramidalform sind hervorge- 
hoben: geringerer Schatten, grössere Festigkeit, Ver- 
meidung zu starker Verwundung, Erzielung besserer 
Früchte, geringere Nachtheile durch Schneedruck, 
Sturm, nachbarlichen Schabernack, Diebstahl und 
Ueberbürdung mit Früchten. Das sind so wichtige 
Momente, die für die Pyramidalform an den Land- 
strassen sprechen, dass es schwerlich künftig Je- 
mand gelingen wird, dieselben gegen etwaige lokale 
Vortheile der Kesselform in Schatten zu stellen. 
Wahrscheinlich wird dieser Gegenstand nach den 
eingehenden Erörterungen, denen Jeder mit grossem 
Interesse gefolgt sein wird, für die Zukunft von der 
Tagesordnung der pomologischen Versammlungen 
verschwinden. Auf Wunsch des Baumschulbesitzers 
Späth ist noch zu konstatiren, dass nach Ansicht 
der Versammlung die Halbhochstammform der Bäume 
an den Eisenbahnen als die zweckmässigste anzu- 
sehen sei, womit auch diese Frage zum Austrage 
gebracht ist. 

Weiter nun wird auf Wunsch der Versammlung 
über den Ort der nächsten 7. allgemeinen Versamm- 
lung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter 
gesprochen und beschliesst dieselbe einstimmig auf 
Vorschlag von Dr. Lucas, Müschen, Thrän- 
hardt, Engelbrecht, Hörling, v. Türk und 
Griepenkerl, unter Angabe der dafür sprechen- 
den Gründe, dass die nächste 7. Versammlung unter 
Beseitigung der Mandatsverhältnisse des Vorstandes 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königl. preuss. Staaten in zwei Jahren, also 1874, 
in Trier tagen und der Regierungsrath Beck er- 
sucht werden solle, die allgemeine Geschäftsführung 
zu übernehmen, sowie für den Fall, dass in Trier 
ein Hinderniss stattfinden sollte, dem Vorstand des 
Pomologen-Vereines die Befugniss eingeräumt werden 
solle, Ort und Zeit zu bestimmen. 

Dann referirt auf Beschluss der Versammlung 
Mediecinalrath Engelbrecht von hier über die 13. 
Frage: „Wie können die Obst-Mustergärten am besten 
zur Hebung des Obstbaues in Deutschland beitragen ?“ 
Es sei zweckmässig, alle noch nicht bis jetzt ver- 
worfenen Sorten mit Sicherheit der Aechtheit in 
Staatsanstalten heranziehen zu lassen. Dieselben 
hätten mit einander in Verbindung zu treten und 
wären aufzufordern, die Erfolge der Sorten nicht nur 
auf ihren Grundstücken zu beobachten, sondern auch 
in anderen Gegenden. Bei der Debatte betheiligten 
sich Dr. Lucas, der den Schwerpunkt sowohl in 


Zen. 


das Sortiren, als hauptsächlich in die Kultur guter 
Hochstämme legt und es für wünschenswerth hält, 
in jeder Provinz einen Obstmustergarten einzurichten 
und Obstbaumwärter anzustellen; Uhde und Öber- 
dieck empfehlen vorzüglich die Anlage von Ver- 
suchsstationen und die Erhaltung dessen, was ge- 
schaffen sei, durch Bezeichnung der Bäume, Auf- 
nahme von Situationsplänen ete.; Arnold brachte 
zur Sprache, dass man beabsichtige, wie in Trier so 
in jedem Kreise, ja in den einzelnen Gemeinden oder 
bei Privatpersonen, Mustergärten zu errichten; Reiss, 
Bouch& und Späth hoben dagegen die Ausbildung 
von praktischen Leuten in Mustergärten und die An- 
stellung von Aufsehern bei Staatsanstalten hervor. 
Stoll versprach zur Verbreitung der empfohlenen 
Sorten beizutragen, machte eine nähere Beschreibung 
des dortigen Mustergartens und übergab einen spe- 
ziellen Aufsatz der daselbst angebauten Sorten etc. 
zur Aufnahme ins Protokoll. 

Nachdem der Präsident noch die Einrichtung 
der Abkürzung der Namen der Sorten auf den Eti- 
ketten für zweckmässig erklärt hatte, gab derselbe 
folgendes Resume: 

„Es ist hervorgehoben, dass die Staats-Anstal- 
ten vorzugsweise bestrebt sein sollen, die werth- 
vollen Obstsorten in absolut richtiger Bezeichnung 
zu erhalten, auch deshalb in Kommunikation mit den 
andern gleichen Anstalten zu treten, um die Richtig- 
keit zu kontroliren durch den Austausch von Früch- 
ten und Reisern, dann aber auch die Abgabe der 
einzelnen Sorten von der Passlichkeit derselben für 
die betreffenden Gegenden soviel als irgend thunlich 
abhängig zu machen. Von anderer Seite ist hervor- 
gehoben, dass die Einrichtung der Mustergärten mög- 
lichst zu decentralisiren, also nicht nur in den einzel- 
nen Provinzen, sondern in möglichst viel verschie- 
denen Localitäten dieselben anzulegen seien, ähnlich 
wie das in der Rheinprovinz und besonders im Re- 
gierungsbezirk Trier der Fall sei, damit die Verbrei- 
tung der Mustersorten und die Ausmerzung schlech- 
ter Sorten möglichst befördert werde, auch gewisser- 
massen dem Reiserdiebstahl eine stillschweigende 
Duldung angedeihen zu lassen. Vor allen Dingen 
müssen die Regierungen und die Vereine für die Er- 
haltung der Mustergärten und für die Anstellung von 
Baumwärtern sorgen, welche die Pflege der Bäume 
überwachen und dem Publikum auf rationelle Weise 
mit Auskunftgeben u. s. w. zur Hand gehen.“ 

Zum Schluss der Sitzung wurde Stadtrath Thrän- 
hardt aus Naumburg gebeten, über die 11. Frage: 
Welche Tafeltrauben sind für den Anbau namentlich 
in Norddeutschland zu empfehlen? nach seinen lang- 


jährigen Erfahrungen zu referiren. Derselbe hebt 
gegen 24 weisse und rothe Sorten namentlich her- 
vor, welche sich durch vorzüglichen Geschmack, 
Frühreife und Ertrag auszeichnen und eine kurze 
Vegetationsperiode haben. 

Der interessante Vortrag wird bestimmt, in der 
am Abend 6 Uhr fortzusetzenden Versammlung dis- 
kutirt zu werden. 

In der 4. allgemeinen Versammlung Abends 6 bis 
8 Uhr wurde Folgendes verhandelt: 

Revierförster Magenau wird vom Präsidenten 
zunächst aufgefordert, in Bezug auf seine Broschüre 
über Anpflanzung des Eisenbahn-Areals mit Obst- 
bäumen und Reben Näheres mitzutheilen. Derselbe 
will es mehr den lokalen Verhältnissen überlassen, 
Hochstämme, Halbhochstämme oder Spaliere an Eisen- 
bahnen anzupflanzen. Es sei wegen der kolossal 
grossen Ausdehnung des zu bepflanzenden Eisenbahn- 
Areals eine Frage von unendlicher volkswirthschaft- 
licher Bedeutung. Ein intensiver Betrieb der Obst- 
und Rebenkultur sei für eine Eisenbahnverwaltung 
durchzuführen von grosser Schwierigkeit; es liesse 
sich die Nutzbarmachung des Areals durch Verpach- 
tung desselben an tüchtige Kultivateure auf eine 
ausreichende Reihe von Jahren erreichen. Der Kul- 
tivateur finde höchst günstige Verhältnisse. 

Es wird sodann zurückgegriffen auf die Frage 11, 
welche Stadtrath Thränhardt in der dritten Sitzung 
beantwortet hatte, und besonders nochmals von dem- 
selben erörtert, welche Sorten und aus welchen 
Gründen er sie für Freikultur, sodann welche er zur 
Kultur an Mauern von früh- und spätreifenden Trau- 
ben, und welche er noch zu Versuchen für geeignet 
halte. 

Bei der Diskussion betheiligte sich Garten -In- 
spektor Koch, der mittheilte, dass hier mit früh- 
reifenden Sorten die verschiedensten Versuche ge- 
macht seien. Derselbe nennt die für hiesige Gegenden 
als zweckmässig erprobten Sorten, sowie die Be- 
dingungen ihres Gedeihens, und redet der mehr 
richtigen Benennung der Sorten das Wort. Professor 
Seelig von Kiel empfiehlt hauptsächlich die Malingre- 
Trauben, weniger für Freikultur, als im Topfe und 
an Gebäuden; Geheimer Kammerrath Uhde empfiehlt 
bei der Ungunst unseres nordischen Klimas die 
Madeleine Angevine im Vergleich mit anderen, die 
hierselbst versucht sind. Inspektor Palandt hält 
die Bestrebungen des Pomologen-Vereins, nicht zu 
centralisiren, sondern zu lokalisiren, auch bei dieser 
Frage für zweckmässig. Was für die eine Gegend 
passe, passe nicht für eine andere. 

Es theilen noch ihre Erfahrungen über den An- 


382 


bau passender Sorten für die verschiedenen Gegenden ı ihm bezeigte Nachsicht und spricht seine Anerken- 


v. Türk, Oberdieck, Arnold, Uhde und Palandt 
mit, Oberdieck bringt dabei das häufige sog. Rie- 
seln des Diamants zur Sprache. Palandt glaubt 
den Grund darin gefunden zu haben, dass bei dem- 
selben bei dem wenigen Blumenstaub die Befruchtung 
bei Regenwetter misslich sei. Künstliche Befruchtung 
durch Zusammenbringen zweier Sorten sei ihm ge- 
lungen. Dr. Lucas giebt ein ganz unfehlbares Mittel 
gegen das Reissen des Diamants an, nämlich das 
Ringeln, ehe die Beere sich bilden will und unter 
der Traube. Rinde und Bast müssten durchschnitten 
werden unmittelbar nach der Blüthe. Superintendent 
Oberdieck giebt das Petroleum als Mittel gegen 
die Feinde der Trauben, die Wespen, an. Dasselbe 
wird in die Löcher gegossen. 

Aus den Verhandlungen geht hervor, dass man 
sich im Ganzen im Kreise der vom Referenten der 
11. Frage empfohlenen Sorten bewegt hat. 

Superintendent Oberdieck referirte sodann in 
einem ausgedehnten Vortrage noch über die Frage 9: 
Welche Steinobstsorten lassen sich für den Anbau 
im Grossen empfehlen und verspricht das schriftlich 
aufgesetzte Referat zum Aufnehmen ins Protokoll 
einzusenden. Für den Vortrag wird ihm der Dank 
der Versammlung dargebracht. 

Vor dem Schluss der Verhandlungen wurden 
noch folgende Anträge gestellt und von der Ver- 
sammlung, einstimmig angenommen: 

1) In Bezug auf die 13. Frage der Tagesord- 

nung möge die Versammlung beschliessen, 
den Medizinalrath Engelbrecht aufzufordern, 
seine Ansichten in einer Denkschrift zum 
Protokoll niederzulegen, die geeignet sein 
wird, die Bestrebungen und Thätigkeit des 
Pomologen-Vereins segensreich zu machen, 
auch die Regierungen in den deutschen Län- 
dern durch Zusendung eines Separatabdrucks 
anzuregen, diese Bestrebungen zu unter- 
stützen. Medizinalrath Engelbrecht übernimmt 
diese Ausarbeitung. 
In Bezug auf die noch auf der Tagesordnung 
stehenden, nicht erledigten Fragen sind die 
betreffenden Referenten schriftlich aufzufor- 
dern, ihre Referate zur Aufnahme ins Protokoll 
binnen 4 Wochen einliefern zu wollen. 

Die Versammlung sagt einstimmig dem Präsi- 
denten Dank für die umsichtige Leitung der Ver- 
handlungen, die vielen Mühen, welche derselbe sich 
gegeben hat, und bringt demselben ein dreimaliges 
Hoch aus. 

Der Präsident dankt der Versammlung für die 


2) 


nung aus für den Fleiss und die Ausdauer, den 
Ernst und die Gediegenheit, die sie bei der Erörte- 
rung der aufgestellten Fragen bewiesen. Die Ver- 
sammlung sei zwar an Quantität nicht bedeutend 
gewesen, um so bedeutender aber an Qualität. 

Nachdem sodann noch dem Superintendenten 
Öberdieck und denen, welche überhaupt den er- 
schienenen Fremden freundlich entgegengekommen 
seien, ein dreimaliges Hoch ausgebracht war, schliesst 
der Präsident die Sitzung. 


Erfahrungen 
über den Nutzen des Brumata-Leim’s des Lelrers 
0. Becker in Jüterbog. 


Von J. Ganschow, Kunstgärtner in Diwitz bei Barth 

in Pommern. 

Die Obstbäume theilen mit den Hausthieren das. 
gleiche Loos; sie haben die meisten Krankheiten und 
die zahlreichsten Feinde. Zu den entschieden ge- 
fährlichsten Feinden unserer Obstbäume gehört der 
Frost-Schmetterling, Frostspanner, Spätling, Fresser, 
Reifmotte, auch Spaniol (Geometra brumata) genannt. 
Die bleich-grüne Raupe zerstört im April und Mai zu 
Millionen die Knospen und Triebe der Obstbäume 
und vernichtet dadurch fast die ganze Obsternte. 
(Vergl. Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde 
von Dr. €. L. Taschenberg, S. 275. Dr. Ratzeburg’s. 
Forst-Insekten, Theil Il., S. 188.) 

Der schmutzig braun-graue Spanner-Schmetter- 
ling erscheint Anfangs November. Das Weibchen 
kann seiner verkümmerten Flügel wegen nicht fliegen, 
kriecht aber behend an lauen November-Abenden am 
Stamme des Baumes hinauf und legt seine Eier (über 
250) an die Knospen. Die Räupchen schlüpfen An- 
fangs Mai, zuweilen schon früher aus, und sind Mitte 
Juni vollständig entwickelt, nachdem sie die Bäume, 
namentlich Apfelbäume, kahl wie Besenreis gefressen 
haben. 

Dann fangen wohl alte kränkliche Bäume an, sich 
wieder zu belauben, treiben aber höchstens an der 
Spitze der Zweige Blätter, nicht Schösslinge; junge 
Bäume machen nur kleine schwächliche Triebe (Jo- 
hannistrieb). Wegen dieser Schädlichkeit verdient 
das Insekt von allen Obstzüchtern mit Nachdruck 
verfolgt zu werden. 

Früher wendeten einige Gärtner ete. den Theer 
dazu an, den sie um die Baumstämme strichen; weil 
aber der Theer die Bäume oft brandig macht, so ist 
er nicht zu empfehlen. 


385 


Ich bezog daher, um meine Obstbäume vor jenen | 


verderblichen Feinden zu retten, vom Lehrer C. 
Becker in Jüterbog seinen von ihm präparirten 
Brumata-Leim, und bestrich mit demselben am 3. No- 
vember 1871 die um meine Bäume gebundenen Papier- 
ringe. Schon am andern Morgen bemerkte ich an 
den Ringen die Frostspanner-Schmetterlinge, die sich 
natürlich vergebens bemühten, von der klebrigen Masse 
los zu kommen; später waren die Ringe reichlich 
mit diesen Feinden bedeckt. Der Erfolg an meinen 
Bäumen war in diesem Sommer sichtbar. 

Auch der Blüthenbohrer, ein Rüsselkäfer (An- 
thonomus pomorum), der im November und Decem- 
ber auf die Bäume kriecht, um in die Blüthen seine 
Verderben bringenden Eier zu legen, deren daraus 
entstehende Larven im Mai die Staubgefässe und den 
Fruchtknoten zerfressen, wurde auf den Ringen ge- 
fangen angetroffen. 

Ich stehe nun nicht an, auf diesen Leim, der 
bereits vom Berliner Verein zur Beförderung des 
Gartenbaues für die preussischen Staaten, vom Garten- 
bau-Verein für Neuvorpommern und Rügen, in der 
Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins in Baiern 
(Januarheft 1872) auf das Beste und Dringendste 
empfohlen ist, alle Obstbaum-Besitzer aufmerksam zu 
machen, überzeugt dass der Gebrauch ihnen Freude 
gewähren und Nutzen schaffen wird. Die geringe 
Ausgabe — 1 Pfund nebst Gebrauchs-Anweisung und 
Probering I. Qualität 20 Sgr., II. Qualität 17 Sgr. — 
für etwa 30 Bäume hinreichend — wird durch den 
Erfolg reichlich aufgewogen. 

Aber auch noch anderweit nutzbar ist dieser 
Leim. Bestreicht man nämlich Mitte Mai die Papier- 
ringe mit Brumata-Leim, so sammeln sich unterhalb 
der Ringe die wandernden ‚schädlichen Raupen des 
Goldschwanzes (Bombyx chrysorrhoea) und Ringel- 
spinners (Bombyx neustria) und andere, und können 
dort leicht vernichtet werden. 

Endlich schützt der Leim auch gegen Obstmaden, 
diese schädlichen und ekelhaften Gäste unseres Obstes. 
Sie sind die Raupen der Obstschabe, Tortrix pomo- 
nana. Ende Juli bis Anfangs September lassen sie 
sich an einem Faden aus dem angestochenen ÖObste 
herab, kriechen an den Baum und an demselben hin- 
auf, um sich zwischen Rindenrissen etc. einzuspinnen 
und dort zu überwintern. 

Mitte Juni des künftigen Jahres erscheint der 
düstere Falter, um seine Eier an das halbwüchsige 
Obst zu legen (vgl. Leunis Synopsis Theil I., S. 257) 
und oft ein Drittel der Früchte zu verderben. 

Bestreicht man nun Ende Juli die Ringe der 
Bäume, welche viel madiges Obst besitzen, mit Bru- 


mata-Leim, so bleiben einzelne Maden darauf kleben; 
die meisten aber ziehen es vor, sich unter den Ring 
zu verkriechen, weil sie dort vor Feinden und Kälte 
mehr geschützt sind. Ende September findet man 
die Raupen in einem Gespinnst unter einem Papier- 
fleck, wo sie leicht getödtet werden können. 

Lehrer Becker hat solche Ringe mit den dar- 
unter eingesponnenen Raupen dem Garten - Direktor 
Lucas in Reutlingen und E. Fürst, Redakteur der 
Frauendorfer Blätter, zur Ansicht eingesandt, und 
durch dies einfache Mittel der Obstzucht einen be- 
deutenden Dienst geleistet. 

Nur wer seine Obstbäume vor ihren Feinden 
schützt, kann auf reichlichere Obsternte rechnen. 


Dr. W. Ulrich 
internationales Wörterbuch der Pflanzen-Namen. 


Wir gestehen, dass wir lange gezaudert haben, 
unser Urtheil über vorliegendes Buch auszusprechen, 
da wir Niemand zu nahe treten wollen, obwohl wir 
immer die Sache von der Person trennen. Wir 
wollen auch in diesem Falle kein Urtheil über vor- 
liegendes Buch geben, sondern nur unsere Ansicht 
über das Bedürfniss und wie es eingerichtet werden 
müsste, aussprechen. Ein internationales Wörterbuch, 
wenn es auch zunächst, wie das vorliegende, nur 
auf drei, aber doch die wichtigsten Sprachen: die 
deutsche, englische und französische, beschränkt ist, 
müsste sich nur auf die einzelnen Floren Deutsch- 
lands, Englands und Frankreichs beschränken. Aus- 
ländische Pflanzen wären von vorn herein auszu- 
schliessen: diese haben einen lateinischen und, in- 
sofern sie im Vaterlande irgend eine Wichtigkeit be- 
sitzen, einen einheimischen Namen, der gewöhnlich 
von Reisenden, insofern diese nicht speciell Botaniker 
sind, gebraucht wird. Würde man ein Buch besitzen, 
wo man durch Nachschlagen erfahren könnte, wie der 
wissenschaftliche, d. h. lateinische, Name einer sol- 
chen unter dem einheimischen Namen aufgeführten 
Pflanze ist, so würde der Leser einigermassen sich 
zurecht finden und sich von der Pflanze einen Begriff 
machen können. 

Was das eigentliche internationale Wörterbuch 
anbelangt, so liegt grade bei den drei wichtigsten 
Völkern Europa’s in den ursprünglichen Pflanzen- 
Namen zum grossen Theil so viel Poetisches und auf 
das menschliche Leben Hinweisendes, es wird, wenig- 
stens in England und Deutschland, so sehnsuchtsvoll 
erwartet, dass, wenn das vorliegende entsprochen, 
es gewiss freudigst begrüsst worden wäre. So er- 


384 


halten wir willkürlich aus- und inländische, inter- 
essante und ganz gleichgültige Pflanzen, selbst Kryp- 
togamen, in beliebiger Auswahl und sehen zu, ob das 
wir suchen, zufällig vorhanden. Immerhin etwas, 
wenn auch nicht viel. 


. 
Eingesandt 
nebst einer Erklärung der Redaktion. 
Herr Redakteur! 

Ich finde in der 33. Nummer der Wochenschrift 
über mich einen keineswegs wohlwollenden Artikel 
des Herrn Generals v. Jacobi, den ich nieht ohne 
Erwiderung lassen kann. Sie erlauben mir deshalb, 
Herr Redakteur, dass ich in der nächsten Nummer 
die darin aufgestellten Behauptungen berichtige. 

Agave hybrida, von der Herr General v. Jacobi 
spricht, wurde vom Herın de Kerchove d’Ous- 
selghem auf seinem Schlosse zu Vosselaere ge- 
züchtet, wie in seinem Artikel richtig behauptet wurde. 
Es ist dieses aber etwas, was Jedermann schon weiss. 
Ich kann demnach gar nicht begreifen, dass Herr 
General v. Jacobi behauptet, die Züchtung dieses 
Agaven-Blendlings mir angemasst und bei ihrem Ver- 
kaufe ausgesprochen zu haben, dass er in meinem 
Etablissement entstanden sei. In meinem Pflanzen- 
Verzeichnisse Nr. 16, p. 13, steht bei Agave univit- 
tata-xylacantha: 

„Prächtiger Blendling (Hybride) zwischen A. uni- 
vittata und xylacantha, im Aussehen zwischen beiden 
stehend; Gestalt und Dornen der Blätter der A. xy- 
lacantha; Oberfläche der Blätter glatt und glänzend, 
wie bei A. univittata. Eine Varietät erster Ordnung.“ 

Wer wollte behaupten, dass in diesen Worten 
auch nur die geringste Andeutung, ich masste mir 
die Urheberschaft dieser Agave an, liegt? An keiner 
anderen Stelle habe ich aber dieser Agave sonst ge- 
dacht. Wohl aber steht in Nr. 25 der Wochenschrift, 
wo von den neu eingeführten Pflanzen gesprochen 
wird, dass diese Agave hybrida von Jean Ver- 
schaffelt gezüchtet sei. Wo in aller Welt bin ich 
aber für das verantwortlich, was Andere gesagt 
haben? 

Weiter in dem besagten Artikel über meine Aga- 
ven, welche in der Fest-Ausstellung des Berliner 
Gartenbau-Vereines ausgestellt waren (über A. Killi- 
schii, Leopoldi und Perringii, sowie über Bonapartea 
Hystrix compacta oder nana) heisst es, dass dieses 


Dass diese werthvoll und interessant sind, geht dar- 
aus hervor, dass jede einzelne Agave, welche ich 
kurz vorher im Garten der Königlichen Gartenbau- 
Gesellschaft in London ausgestellt hatte, von Seiten 
der Preisrichter ein Certifikat erster Klasse erhielt, 
dass sogar derselbe Herr Dr. Kellogg, den auch 
Herr General v. Jacobi erwähnt, unter den Preis- 
richtern sich befand, welche eine dieser Auszeich- 
nungen der Bonapartea Hystrix compaeta zusprachen, 
Alle diese Agaven wurden übrigens erst im Jahre 
1872 direkt aus Mexico eingeführt und waren für 
mich und Andere deshalb neu, weil wir bis dahin 
diese Formen noch nicht gesehen hatten. 
Jean Verschaffelt. , 


Erklärung der Redaktion. 


Die Redaktion der Wochenschrift hatte im An- 
fange der langen Abwesenheit des Redakteurs diese 
Erwiderung auf einen Artikel des Generals der In- 
fanterie a. D. v. Jacobi, die Agaven Jean Ver- 
schaffelt's in Gent betreffend, erhalten und wurde 
gleichzeitig ersucht, dieselbe in der Wochenschrift 
aufzunehmen. Vor der Zurückkunft des Redakteurs 
konnte dieses nicht geschehen. Wir thuen es jetzt 
aber um so lieber, als in Betreff des ersten Punktes 
ein Irrthum vorliegt, der nicht Jean Verschaffelt 
trifft, sondern den Verfasser des Artikels der neuen 
Pflanzen in der Wochenschrift, welcher glaubte, dass, 
da der besagte Blendling der Agave univittata und 
xylacantha durch das Etablissement Jean Ver- 
schaffelt's eingeführt wurde, in diesem auch der 
Blendling entstanden sein müsste. Dass Jean Ver- 
schaffelt irgend wo ausgesprochen, er hätte den 
Blendling erzogen, ist uns völlig unbekannt. 

Was die direkt aus Mexico durch Jean Ver- 
schaffelt eingeführten Agaven anbelangt, so ist 
von Seiten des Generals v. Jacobi nur eine Be- 
richtigung der neuen Namen gegeben; dass dieser 
auch nur einen Zweifel gegen die direkte Einführung 
von Seiten Jean Verschaffelt’s hegte, ist eben- 
falls nirgends ausgesprochen worden. Es kommt sehr 
häufig vor, dass Pflanzen, die als etwas Neues von 
Seiten der Gärtner eingeführt werden, sich nach 
wissenschaftlicher Untersuchung als schon beschrie- 
ben herausstellen. Man kann von keinem Handels- 
Gärtner verlangen, dass er gleich alle von ihm ein- 
geführten Pflanzen kennt; er gibt die Namen vor- 
läufig und überlässt es der wissenschaftlichen Kon- 
trole, diese zu rektificiren oder die Pflanzen als neu 


allbekannte Pflanzen seien, weil bereits beschrieben. | anzuerkennen. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


m» 


A ochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenhaus in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pfianzenkunde. 


Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 49. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., il bei Beree een den Bichhandel 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Berlin, den T: December. 


182. 


als auch franco durch alle Post- Anstalten 


Inhalt: K. Koch’s Dendrologie. — Zu Beantwortung der Frage über die Be = Topfpflanzen-K Kultur otorderhe hen Erdarte N. — 
Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde XV. 


K. Koch's Dendrologie. 
2. Band, 1. Abtheilung. 


Selten ist wohl ein Buch so erwartet worden, 
als Koch’s Dendrologie. 3 Jahre sind bereits ver- 
flossen, seitdem der erste Band veröffentlicht und 
nach allen Seiten freundlichst begrüsst wurde. Jedes 
erscheinende Werk nimmt meist das Bedürfniss für 
sein Erscheinen in Anspruch, wenn es auch völlig 
unnütz sein sollte. Koch’s Dendrologie hat es zwar 
nicht ausgesprochen; dass sie jedoch wirklich nicht 
allein ein Bedürfniss war, sondern dieses auch mög- 
lichst ausgefüllt hat, ist aber allseitig anerkannt wor- 
den. Um so sehnsüchtiger sah man deshalb in Deutsch- 
land, wie im Auslande, dem Erscheinen auch des 
zweiten Bandes, mit dem das ganze Werk schliessen 
sollte, entgegen. 

Eben ist der zweite Band erschienen, 
nicht fertig, denn es fehlen 2 der wichtigsten Pflanzen- 
Abtheilungen: die Kupuliferen, unter ihnen die Eichen, 
und die Koniferen, ausserdem aber noch die wenigen 
Monokotylen; zum Glück erfahren wir, dass nur ein 
allerdings sehr unangenehmer Zufall den Druck plötz- 
lich aufgehalten hat, bereits aber wieder beseitigt ist. 
Um nicht die Ausgabe wenigstens dessen, was bereits 
gedruckt ist, für dieses Jahr aufzuhalten, hat der 
Verleger mit Zustimmung des Verfassers beschlossen, 
einstweilen die erste Abtheilung auszugeben und die 
zweite bis Ostern nachfolgen zu lassen. 

Ueber die Brauchbarkeit und Empfehlung des 
Werkes ist es wohl kaum nothwendig, noch etwas 
zu Sagen; es ist dieses bei der Beurtheilung des 
ersten Bandes bereits im In-, wie im Auslande, hin- 
länglich ausgesprochen worden. In einer Zeit, wo 


aber noch 


durch ganz Deutschland ein 
stosse und 


Landesverschönerung 
allgemeines Bedürfniss 
Grundbesitzer 
die Idee unseres grössten und geistreich- 
Landschaftsgärtners, des Fürsten Pückler- 
Muskau, unsere Parks und Anlagen mit den Um- 
gebungen zu verbinden, allgemeinen Beifall gefunden 
hat, ist es vor Allem gut, zu wissen, was uns über- 
haupt an Gehölzen zu Gebote steht, um darnach 
unsere Auswahl zu trefien. Werfen wir einen Blick 
in die erste Abtheilung des zweiten Bandes, so 
That zu der Ansicht kommen, 
das Material sei im Verhältniss zum ersten Jahre 
in der kurzen Zeit von 3 Jahren noch gewachsen. 
Wenn schon in dem ersten Bande der Dendrologie 
hier und da auf die traurige Verwirrung der Namen 
in den meisten Baumschulen hingewiesen wurde, so 
wird man wohl, wenn man sieht, dass bei den Ge- 
hölzen, welehe im zweiten Bande beschrieben sind, 
diese Verwirrung noch grösser ist, dem Verfasser 
Dank wissen, dass er nicht allein der Wissenschaft 
in der Bearbeitung völlig entsprochen, sondern auch 
Mühen und Kosten nicht gescheut hat, von allen 
einiger Massen wichtigen Baumschulen des In- und 
Auslandes Kenntniss zu und die 
dortigen Namen Dendrologie zu berichtigen. 
Bei einigen Pflanzengruppen, wie bei den Weiden, 
Eschen, Loniceren u. Ss. w., war es bisher fast nicht 
mehr zum Durchkommen. 
Dass der Verfasser nicht alle Fragen, die dabei 


geworden ist, 


kleine allenthalben Anpflanzungen 
machen, 


sten 


möchte man in der 


vorher nehmen 


für seine 


vorkamen, gelöst hat und Manches später noch 
revidirt und verbessert werden muss, spricht er 


selber aus, und wird Niemand auffallen. Um zu einem 
Resultate zu gelangen, legt er den grössten Werth 


49 . 


auf die Gründung eines wissenschaftlichen Institutes, 
weil diese Fragen zum Theil nur hier allein und aın 
Raschesten gelöst werden können. Ein solches In- 
‚stitut, wo alle die in der vorliegenden Dendrologie 
beschriebenen Gehölze kultivirt und beobachtet wer- 
den, hat aber noch eine zweite, nicht minder wich- 
tige Aufgabe, nämlich: bekannt zu machen, mit dem, 
was an Gehölzen vorhanden ist, aber nicht etwa 
allein den Jünger der Wissenschaft, sondern Jeder- 
mann, der sich überhaupt darin belehren will. 
Allee - Bäume und Schmuckgehölze existiren bei- 
spielsweise jetzt in einer Auswahl, wie nie vorher, 
und sind keineswegs in der Weise dem grossen 
Publikum bekannt, als wünschenswerth und im In- 
teresse des Ganzen nothwendig ist. 
besitzer hätten 


Baumschul- 
solchen Institute Gelegen- 
heit, die oft falschen Namen ihrer Gehölze zu revi- 
diren, ausserdem aber auch sich von dem grossen 
Reichthum des Vorhandenen zu überzeugen. 

Der Verfasser hat das Verdienst, höheren Orts 
zuerst auf die Nothwendigkeit eines solchen dendro- 
logischen Gartens aufmerksam gemacht zu haben. 
Von Seiten der Regierung ist auch auls Zuvorkom- 
mendste Geneigtheit zu erkennen gegeben worden, 
ein solches Institut aus Staatsmitteln ins Leben zu 
rufen, es scheiterten aber bisher alle Bemühungen, 
zu diesem Zwecke bei Berlin ein passendes Terrain 
zu finden. Soll ein dendrologischer Garten nämlich 
seinen grössten Nutzen haben, so muss er an einem 
Orte liegen, wo viele Menschen zusammenleben und 
aus dem ganzen Deutschland zusammenkommen. 
Ein solcher Ort kann nur Berlin sein. Es kommt 
hier noch dazu, dass auch in Berlin alle Mittel, das 
Institut auf der durchaus nothwendigen ‚Höhe der 
Wissenschaftlichkeit zu erhalten, geboten sind. In 
ihm wird am meisten Gelegenheit geboten, alle Ge- 
hölze, welche im Freien bei uns aushalten, näher 
kennen zu lernen. Nur auf diese Weise können Lieb- 
haber nach ihren Bedürfnissen eine Auswahl treffen. 

Ein Terrain, wo alle Gehölze, welche im gan- 
zen Deutschland aushalten, so kultivirt werden, dass 
sie sich nach allen Seiten hin gleichmässig entwik- 
keln können, muss wenigstens ein Areal von 60 bis 
80 Morgen haben. Dieses Areal bei Berlin zu kau- 
fen, würde bei den ausserordentlich hohen Preisen 
des Bodens kaum möglich sein. Fiskalisches Land 
aber, was den grossen Bedürfnissen eines dendrolo- 
gischen Gartens entsprechen würde, ist in der Nähe 
Berlins gar nicht vorhanden, wohl aber besitzt die 
Stadt Berlin selbst Grund und Boden, der völlig ge- 
eignet sein dürfte, den Ansprüchen eines solchen 
Institutes nach dieser Richtung hin nachzukommen. 


in einem 


386 


Wie wir vernehmen, hat sich 
bereits in dieser Angelegenheit an eine der städti- 
schen Behörden vertrauensvoll gewendet und man 
ist ihm freundlichst entgegengekommen. 

Abgesehen davon, dass ein dendrologischer Gar- 
ten in der Weise durchgeführt, wie er von dem Ver- 
fasser der Dendrologie ins Auge gefasst ist, noch 
nirgends in Europa, so sehr er auch Bedürfniss ist, 
existirt und daher seine Errichtung nicht allein demr 
ganzen preussischen Staate, als auch der Stadt Berlin 
zur Ehre gereichte, würde er auch einem vielseitig 
gefühlten Bedürfnisse abhelfen. Berlin ist in den letz- 
ten Jahren auf eine Weise gewachsen, wie keine 
andere Stadt, die Bevölkerung hat sich ungemein 
vermehrt, so dass man um so mehr darauf bedacht 


auch der Verfasser 


sein muss, den Gesundheitszustand der bald eine 
Million Einwohner zählenden Stadt zu verbessern. 


Wenige grosse Städte haben leider eine so unvor- 
theilhafte Lage mitten in einer sandigen oder sumpfi- 
sen Gegend, wo das gleiche Niveau des Bodens 
kaum die geringste Bewegung des Wassers gestattet, 
wo die vorhandene Vegetation trotz Allem, was man 
bisher dafür künstlich gethan hat, keineswegs eine 
üppige, sondern vielmehr eine ziemlich ärmliche ge- 
nannt werden muss. Nichts ist aber im Stande, den 
Gesundheitszustand einer Stadt so zu verbessern, 
als Anpflanzungen von Gehölzen. 

Die Behörden der Stadt haben dieses wohl em- 
pfunden und, namentlich in der letzten Zeit, keine 
Kosten und Mühen gescheut, um in dieser Hinsicht 
das Fehlende nachzuholen. Man hat einen der tüch- 
tigsten Landschaftsgärtner gewonnen. Es sind bereits 
von demselben Pläne von Anlagen zur Verbesserung 
des Gesundheitszustandes, aber auch zur Verschö- 
nerung der Stadt Berlin entworfen und zum Theil 
ausgeführt, zum Theil erst genehmigt. Ein grosser 
Park, der Humboldtshain, im Norden der Stadt, wird 
wohl noch in diesem Jahre vollendet werden. Ist 
dieses geschehen, so soll ein zweiter Park am Schle- 
sischen Thore und von ziemlich demselben Umfange 
in Angriff genommen werden. 

Der vom Professor Koch projektirte dendrolo- 
gische Garten wird zwar in erster Linie ein Institut 
für Wissenschaft und höhere Gärtnerei werden, er 
wird aber doch auch zu gleicher Zeit in sofern einem 
öffentlichen Garten entsprechen, als er Jedermann zu 
seiner Belehrung offen steht und dem Publikum nicht 
geschlossen werden soll. Seine Wirkung auf den 
Gesundheitszustand Berlins wird dieselbe sein, wie 
die eines jeden anderen Parkes. Wollen wir daher 
von ganzem Herzen wünschen, dass die bereits an- 
seknüpften Verhandlungen unserer Regierung mit der 


387 


Stadt zu einer raschen Vereinigung führen, dass wir 
recht bald neben dem Königlichen botanischen Gar- 
ten noch ein zweites botanisch -wissenschaftliches 
Institut haben, was den Bewohnern Berlins vielleicht 
mehr zu Gute kommt und hauptsächlich den Gesund- 
heitszustand der neuen Weltstadt fördert. 

Durch die Koch’sche Dendrologie ist bereits auch 
das Fundament für einen dendrologischen Garten ge- 
geben; was darin kultivirt werden soll, ist im Buche 
aufgezeichnet und registrirt. Die grösste Schwierig- 
keit würde nur darin bestehen, die sämmtlichen 
Gehölze herbeizuschaffen. Aber selbst über diese 
Schwierigkeit wird man hinauskommen, da Professor 
Koch mit den Besitzern aller bedeutenderen Baum- 
schulen und Parks des In- und Auslandes in Ver- 
bindung steht und von ihnen auch zum grossen 
Theil die Zusicherung ihrer Unterstützung erhalten 
hat. Allenthalben wird das Bedürfniss nach einem 
solchen Institute seit dem Erscheinen der Koch- 
schen Dendrologie mehr als je gefühlt. 


Zur Beantwortung 
der Frage über die bei der Topfpflanzen-Kultur 
erforderlichen Erdarten. 


Vom Garten-Inspektor Dotzauer. 

In der Literatur, wo solche auf die für die eine 
oder andere Pflanze passende Erdart eingeht, er- 
scheinen im Allgemeinen die Angaben kaum anders, 
als solche, die erfahrungs- und versuchsweise her- 
vorgegangen sind, oder höchstens mit den Beobach- 
tungen, die man über die Standortsverhältnisse ge- 
macht hat, im Zusammenhange stehen. 

Wodurch aber die Versuche sowohl, als auch 
die Beziehungen der Pflanzen zu den Verhältnissen, 
die ihr Auftreten oder Vorkommen bewirken, be- 
dungen seien, darüber fehlt eine Behandlung, welche 
die praktische Handhabung wirklich unterstützt und 
fördert. Ja, man kann sagen, darüber fehlt das Ver- 
ständniss eines klaren Begriffes über das, was als 
das Wesentliche dabei in Betracht kommt und wirk- 
lichen Anhalt gewährt. Denn eben so wenig wie 
eine Begründung dadurch sich ergibt, dass die ge- 
machte Erfahrung eine Behandlungsweise vorschrieb, 
oder die Boden-Benennung, nach dem Befinden da, 
wo die Pflanze im natürlichen Zustande wächst, 
unfehlbare Sicherheit bietet, eben so wenig ist durch 
Beides eine weitergehende Folgerung möglich. Wenn 
man allen Werth auf die Kulturangaben in botani- 
schen und Garten - Schriften legt, so vermisst man 
die Erklärung, und da sie sich auf die einzelnen 
Fälle beziehen, so ist über die Frage wegen der 


Boden- oder Erdart im Allgemeinern die praktische 
Handhabung, ist namentlich also der Gärtner anhalts- 
los. Denn in Betracht des so umfangreichen, meist 


schwer zugängigen literarischen Materials, der Menge 


von Pflanzen, die das Gebiet der Topfkultur berührt, 
und der daher für jene Angaben überall entstehen- 
den Lücken, ist eine systematische Behandlung des 
Gegenstandes nothwendig, die, es sei nicht gesagt 
erschöpfend, doch annähernd für diese Frage eine 
Grundlage gewährt. 

Das Objekt hierzu leistet die Pflanze, da deren 
Wesen die Bedingungen des Bodens erheischt. Die 
Pflanze hat dafür drei beredte Theile: Wurzel, 
Stamm und Blatt. Von diesen Theilen oder Orga- 
nismen ist die Anschauung oder das Verständniss 
der Lebensthätigkeit im Allgemeinen genügend. An 
der Wurzel sind die jungen Spitzen der Verästelung 
ihrer Feinheit oder Dieke nach, ist der schneller, 
langsam oder überhaupt nicht erfolgende Uebergang 
zur Holzbildung, ist die Ausgangsweise vom Wurzel- 
stocke oder Stamme, je nachdem solche auf einen 
Punkt konzentrirt, peripherisch oder von mehrern 
Stellen zulässig ist, zu unterscheiden. Unter diesen 
Unterscheidungen, die massgebend für den Ernäh- 
rungsgang sind, tritt in Betracht, wie mehr oder 
weniger leicht eine Stockung die Theile aflieirt und 
wie mehr oder weniger langsam frische Entwicke- 
lung der Wurzel eintreten kann und bei welchem 
Einflusse der Ernährung unter Mitwirkung der ge- 
sunden Theile jene möglich ist. 

Wenn man für die Eigenthümlichkeiten der Wur- 
zel die Repräsentation in der Cactuspflanze, in der 
Konifere und in der Calla, im Pelargonium, in der 
Gloxinia und Palme, in der Camellia, in Melastoma 
und Leucadendron, auch in der Erika, in der Or- 
chidee und Nepenthes zusammenstellt, so lässt sich 
allerdings damit nicht erklären, wie die Zusammen- 
stellungen in gleichen Bodenverhältnissen bei so ver- 
schiedener Wurzelbildung sich einigen. Das Bedürf- 
niss der Feuchtigkeit und Stoffentwickelung ist allen, 
aber, wie jenes beschränkt oder erweitert wird, ist 
doch nicht alleinige Sache der Wurzel. Der Erwägung 
schliesst sich der Stamm mit den Blatt-Organen an. 

Der Befähigung und der daraus hervorgehenden 
Entwickelungskraft der Wurzel nach wird zwar das 
Gestalten und Wachsthum des Stammes, der seiner 
Konstruktion gemäss in den Haushalt des Stoffum- 
satzes eingreifend, zu seiner eigenen Verkörperung 
hilft, den Ernährungs -Zufälligkeiten zu widerstehen 
und sie durch sich selbst zu regeln vermag, oder 
ihnen erliegt. Je nachdem in der Organisation die 
einfache, weiche und mit Saft erfüllte Zelle vor- 


49* . 


E98 


herrscht, machen mit Luft durchzogene Räume, zähe 
Gefässe und feste Holzmasse das Ergebniss der 
Nährstoffbewegung und Kondensirung im Wege eines 
raschen Vegetationsprozesses oder eines vom An- 
fange an angebaähnten dichtern Verschlusses das 
Individualitätswesen aus. 

Wie die Wurzel dem allseitigen Bedürfnisse des 
Wassers, also der Aufnahme desselben, dauernd ent- 
sprechen soll, das kann nur in dem Verhältnisse mit 
des 
Zersetzungsaktes und das eigentliche Objekt des Ent- 


erfolgen, in welchem die nächste Vermittelung 


stehens und Werdens, also der Pflanzenstamm, 
zu in diesem Sinne Rhizom, Knolle und Zwiebel ein- 
zuschalten sind, entgegenkommt. Die bereits als 
vorgeführten Pflanzen - Geschlechter und 
Familien zeigen im Stamme solche Abweichungen, 
vermöge deren verschiedene Bodenverhältnisse 


WO- 


Beispiele 


be- 
dungen erscheinen, während aber doch die Lebens- 
Bedingnisse im Ganzen eine Uebereinstimmung da- 
Zu diesem Ganzen gehört der dritte 
Organismus, das Blatt. Dasselbe, als der Faktor des 
in Anregung gelangten Lebens, steht mit einer Un- 
ermesslichkeit von Form und Kombination zu seiner 
Funktion. Jene aber mimdert sich für den Begrift 
durch die in der Grösse, Zahl, Weichheit und Festig- 
keit zu suchende Ausgleichung. 

Die für das Gedeihen der Kulturpflanze in ge- 
wissen Bodenverhältnissen kreisende Frage und Auf- 
gabe erfordert dem Obigen zunächst ein Verständ- 
niss des Bodens, nach der von ihm herzuleitenden 
Wirkung, die für das praktische Ressort weder im 
speziell Chemischen, noch im speziell Physikalischen 
festzustellen, wohl aber von beiden Wissenschaften 
zu erklären ist. 

Wenn man sich zunächst und gewiss nicht ohne 
Grund nur auf das Eine einlässt, dass der Kultur- 
boden vegetabilischen Ursprungs, also Humusboden 


für einräumen. 


ist und seiner Substanz nach fortwährender Zer- 
setzung unterliegt, so macht die dabei gewisser- 


massen abgerundete Grenze doch weite Ausbuch- 
tung. Die Entstehung aus Blättern, aus Holzabfällen 
oder aus Wurzeln und aus ganzen Pflanzenbestän- 
den geht mit der Vielseitigkeit der Eigenthümlich- 
keiten der Pflanzenarten dadurch parallel, dass jene 
aus jung gebildeten oder aus gereiften Theilen, im 
überwiegenden oder gleichen Gemenge, durch kurze 
oder langsame Zersetzung die Einseitigkeit aulhebt, 
um so mehr, als dazu diejenigen Bodenarten kom- 
men, die unter besonders langandauernd gewesener 


Lagerung auf trockenem Wege entweder, oder auf 


nassem, zu ihrer Perfektion gekommen sind. Die 


| Laub-, Holz-, Haide-, Moor- und Torferde bekannten. 


Sie werden aus Naturbeständen entnommen. Die 
beiden ersten kann man auch durch Häufen des un- 
verwesten Materials bereiten und haben den Vorzug, 
dass man sicherer über das Material ist, dessen Pro- 
dukt hinsichtlich der Holzerde einen wesentlichen 
Unterschied darin hat, ob letztere aus Abfällen grü- 
nen oder trockenen Holzes entstanden ist, da jene 
zersetzter wird und sich kompakter zusammenfügt, 
diese sich lockerer verhält. Ueber die Torferde 
muss bemerkt werden, dass sie nach beiden Rich- 
tungen hin, kompakt und locker sein kann, 
[risch aus dem Naturzustande entnommen 
ist, dass sie aber als getrocknete Krumen des Brenn- 
torles der Durchlässigkeit «les Bodens dient, in wel- 
cher Beziehung ihre Verwendung in dieser Abhand- 
lung gemeint ist. 

‘Diese Erdarten, die das unter sich gemeinschaft- 
lich haben, für die Topfkultur eigen haben müssen, 
dass ihre Bestandtheile in solchem Verwesungsver- 


also 
wenn sie 


hältnisse sich befinden, in welchem die Einwirkung 
des Wassers in dem Maasse, als es für die Pflanze 
selbst erforderlich ist, auch eine anhaltende Quelle 
der Stoffentwickelung und der Stoflverbindungen bie- 
ten, unterscheiden sich der Art und Zersetzung nach. 
In der einen will manche Pflanze entschieden nicht 
gedeihen, in der andern wächst sie mehr oder we- 
niger gut. Es hat dies seine chemische und physi- 
kalische Erklärung, aber in der Praxis des Garten- 
wesens kann die Beurtheilung sich nur darüber zu- 
nächst verbreiten, in welchem Verhältnisse der 
Wurzelbildung, dem Stamme und den Blättern nach 
auf die Dichtigkeit und Lockerheit des Bodengefüges, 
auf die schnelle und nachhaltende Entwickelungs- 
Fähigkeit, auf die Vertheilung der Bindekraft kleiner 
Bodentheilchen und der mittels grösserer Bodentheile 
entstehenden Durchlässigkeit das Gewicht zu legen ist. 

Die Wurzel bedarf, dass sie in dem betreffen- 
den Boden sich heimisch fühlen und in ihn gern 
eindringen kann. Ihre Absorptionskraft darf nur vom 
Reize der Stoffentwickelung in dem Maasse ange- 
spannt werden, als ihre Naturanlage und der Zu- 
sammenhang mit Stamm und Blättern für alle Vege- 
tationsmomente gestatten. Wenn ihrer Derbheit, 
Feinheit und auch Empfänglichkeit der Boden zu- 
sagend angepasst sein soll, so ist die Bündigkeit 
und Durchlässigkeit im Bezuge des vom Stamme und 
den Blättern des zur Zersetzung des Bodens und 
zur Beschaffung der Stoffe beanspruchten Wassers 
in Betracht zu ziehen. 

In Hinsicht der, ob schnell und leicht anzure- 


hier hauptsächlichen Arten des Bodens sind die als |, regenden Stoffentwickelung hat die Lauberde eine 


389 


Zeit lang Vorzug unter den genannten. Es ist aber | 
ihre Nährkraft eine wenig andauernde, indem der 
Verwesungs-Prozess, zwar der Art und Reife der 
Blätter nach, leicht beschleunigt werden kann. Eine 
Fähigkeit, bei vieler Feuchtigkeit dennoch vorhal- 
tender Entwickelung zu genügen, der aus 
grünem und vollsaftigem Holze entstandenen Erde 
und bei der Moorerde zu suchen, mit welcher letz- 
teren diejenige Torferde, die im vorgeschrittenen 
Zersetzungsprozesse, frisch und im feuchten Zustande 
ist, gleichbetrachtet werden kann. Die aus Abfällen 
trockenen Holzes gewonnene Erde und die beim 
Transportiren und Lagern des Brenntorfes sich er- 
sebenden Krumen gewähren Erdarten, die langsam 
aber auch lange der Stoffentwickelung entsprechen 
und, mehr oder weniger zwar, im Ganzen die Feuch- 
tiskeit besonders entlassen. (Fortsetzung folgt.) 


Allerlei 


aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 
XV. 

In Süddeutschland hat die Larve der schwarzen 
Blattwespe (Tenthredo adumbratus) in den letzten 
Jahren sehr grossen Schaden gethan, aber weniger 
an Birnen, Pflaumen und Kirschen, sondern vorherr- 
schend an Aepfelbäumen. Einzelne Bäume sahen in 
der That, als wir Elsass mit dem übrigen südwest- 
lichen Deutschland in diesem Sommer und Herbste 
besuchten, bisweilen schaurig aus. Und wo die ge- 
nannte Larve noch einige Blätter unversehrt gelassen 
hatte, war der schwärzliche Pilz, von dem ich früher 
schon berichtet, gekommen, um die schönsten Bäume 
zu verunstalten oder selbst erkranken zu machen. 

Alle Blattwespen aus dem Geschlechte Ten- 
thredo sind hauptsächlich unseren Kulturpflanzen, 
vor allen den Obstgehölzen und den Rosen, sehr 
schädlich. Wir haben ohnlängst von den grossen 
Verwüstungen der Larve des Tenthredo Morio an 
den Stachelbeerbüschen vernommen, unsere Rosen 
haben auch in diesem Jahre sogar von 4 Arten die- 
ses Geschlechtes (Rosae, pusillus, bipunctatus und Ae- 
thiops), deren Larven sich bald von dem Fleische 
der Blätter ernähren, bald aber auch in den jungen 
Trieben leben und diese zum Absterben bringen, 
nicht wenig gelitten. Interessant ist, dass die Larve 
von T. Aethiops bei uns durch Ausfressen des Flei- 
sches der Rosenblätter diese skeletisirt, während sie 
in Nordamerika, von woher sie erst bei uns eingeführt 
sein soll, hauptsächlich an den Blättern von Kirschen 
und Quitten Schaden thun soll. 

Doch wir kehren zu unserer im Süden Deutsch- 


ist bei 


lands in diesem Jahre verheerend aufgetretenen Larve 
des Tenthredo adumbratus zurück. In Südtyrol schwe- 
felt man seit ohngefähr 5 Jahren die Obstbäume, wie 
man es früher bei der Weinrebe that und noch thut, 
um den bekannten Weinpilz zu vertreiben, und hat 
sefunden, dass die Obstbäume dann reichlichere und 
bessere Früchte hervorbrachten. Es galt hier nicht 
einen schädlichen Pilz zu vertreiben: man that es 
nur, weil man die Erfahrung eines besseren Ertrages 
gemacht hatte. Ein intelligenter Obstzüchter, " J. 
Fichtner aus Atzgersdorf, wie uns im November- 
heft der illustrirten Hefte für Obst- und Weinbau von 
OÖberdieek und Lucas berichtet wird, kam nach 
Südtyrol, um ebenfalls die Erscheinung des Schwe- 
felns der Obstbäume wahrzunehmen. Als intelligen- 
ter Landwirth begnügte er sich aber nicht mit der 
einfachen Thatsache, sondern wollte auch die Gründe 
der Wirkung des Schwefelns wissen. Kein Mensch 
konnte ihm aber im ganzen südlichen Tyrol diese 
auseinandersetzen. 

Nach Hause zurückgekehrt, fasste J. Fiehtner 
alsbald den Entschluss, an seinen Obstgehölzen in 
Atzgersdorf ebenfalls Versuche mit dem-Schwefeln 
anzustellen. Es wurden dieselben Apparate, welche 
auf 2 und 3 Klaftern hohen Stangen befestigt werden, 
um die Schwefelblüthe über und innerhalb der Kronen 
der hohen Obstbäume sleichmässig in der Form einer 
Staubwolke vertheilen zu können, angewendet. 

Von J. Fichtner sind auch 2 solche Apparate 
nach Klosterneuburg bei Wien an den dortigen Di- 
rektor der Wein- und Obstbauschule Freiherrn v. 
Babo behufs solcher Versuche, hauptsächlich aber um 
dabei zu beachten, ob der Schwefel vielleicht einen 
Einfluss auf Vernichtung von Larven und Raupen 
ausübe, gesendet worden. Es war nämlich dem Be- 
richterstatter in Südtyrol aufgefallen, dass die ge- 
schwefelten Obstbäume wenig von Raupen leiden. 

In dem Gemüsegarten zu Atzgersdorf wurde eine 
Reihe älterer und jüngerer Birnbäume mit mehr oder 
weniger Früchten besetzt zu dem Versuche mit dem 
Schwefeln benutzt. Am 22. Juli war an den Bäumen 
noch alles Laub grün, aber schon den Tag darauf 
bemerkte man hie und da Larven des Tenthredo 
adumbratus. Am 25. d. M. fanden diese sich schon 
in solcher Menge vor, dass einzelne Blätter bereits 
vollständig skeletisirt waren. Junge Bäume hatten 
bereits zum Theil ein graubraunes Ansehen. 

Am Abend desselben Tages wurden die Bäume 
bei ruhiger Luft mit den zweckmässigen Apparaten 
in eine Staubwolke gehüllt.e Die Schwefelblüthe be- 
deckte alsbald die Blätter mit einem mehr oder we- 
niger diehten Anfluge. Am andern Morgen fand 


390 


J. Fiehtner Massen der Larven des besagten Ten- 
thredo todt und zum Theil vertrocknet auf den Blät- 
tern liegen. In Folge dieser erfreulichen Wirkung 
wurde nochmals an demselben Abende geschwefelt. 
Was nicht früher schon den Tod gefunden hatte, 
ging jetzt zu Grunde. 

Schon einige Stäubehen der Schwefelblüthe 
machen die Larve unruhig. Nach kaum einer Stunde 
findet aber eine Häutung der Larve statt. Dieselbe 
erhält anstatt einer olivenschwarzen Farbe eine gelbe. 
Es dauert auch nicht lange, so ringen die Larven 
mit dem Tode und, ehe man es sich versieht, ist 
dieser eingetreten. Auffallend ist dabei das rasche 
Vertrocknen der todten Larven. 

Zufällig einige Bäume übersehen und 
nicht geschwefelt worden. Es wurde nachträglich 
noch gethan. Leider hatten aber die Larven schon 
einen solchen Schaden gethan, dass die Blätter in 
Masse abfielen. Wahrscheinlich werden nun auch 
die daranhängenden Birnen zu keiner ordentlichen 
Reife kommen und mehr oder weniger zusammen- 
schrumpfen. 

J. Fiehtner hat weitere Versuche mit den Lar- 
ven anderer schädlicher Insekten über die Einwir- 
kung des Schwefels gemacht, so mit der des grossen 
Frostspanners (Geometra defoliaria) und mit der der 
Birngespinnstwespe (Lyda pyri), aber auch mit Acker- 
schnecken und mit Regenwürmern gemacht, sie haben 
aber noch keine vollen Erfolge gegeben. Viel. mag 
darin gelegen haben, dass man bei diesen schädlichen 
Thieren erst wissen muss, wann sie gegen das 
Schwefeln besonders empfindlich sind. 

J. Fiehtner bemerkt noch, dass die Schwefel- 
blüthe den Augen schädlich ist. Sind die Augen- 
lider dabei etwa bestäubt worden, so müssen sie 
vorsichtig abgewaschen werden, wenn man sich nicht 
der Gefahr einer Augen - Entzündung aussetzen will. 
Gut thut man daher, sich bei der Arbeit durch eine 
Art dazu eingerichteter Brillen zu schützen. 

Wir bemerken noch, dass die Larve des Ten- 
thredo adumbratus oft auch in England grossen 
Schaden thut. Nach Dr. Taschenbergs vorzüg- 
licher Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde 
gebraucht man jenseits des Kanales eine eigenthüm- 
liche Mischung. Es werden 28 Pfund Artischoken- 
blätter in gegen 48 Quart Wasser 1, Stunde lang 
gekocht und wiederum nach !/; Stunde durchgeseiht, 
um dann mit der Hälfte einer auf gleiche Weise zu- 
bereiteten Abkochung von Tabacksblättern versetzt 
zu werden. Hierauf wird 1 Metze ungelöschter Kalk 
mit gegen 120 Quart Wasser gelöscht und die klare 
Flüssigkeit ebenfalls zugegossen. Schliesslich kom- 


waren 


men noch 2 Pfund schwarze Seife und 1 Pfund 
Schwefel hinzu. Bevor man diese Mischung brauchen 
will, wird noch ein Drittel Wasser zugesetzt. 2 bis 
6 Bespritzungen oder Waschungen mit dieser Flüssig- 
keit sind hinlänglich, um einen Baum von dem 
lästigen Insekte zu befreien. 

In Nordamerika hat man ein einfacheres Mittel 
zur Entfernung und Tödtung der Larven des Ten- 
thredo Aethiops, indem man sich des gepulverten 
ungelöschten Kalkes, der in sehr geringen Mengen 
den Blättern aufgestreut wird, bedient. Sollte aber 
hierbei nicht auch der betreffende Baum leiden ? 

Niemand versäume als Liebhaber von Koniferen, 
wenn er nach England kommt, auch den berühmten 
Park von Dropmore zu besuchen. Dieser Park gibt 
vor Allem das Bild eines ächten englischen Parks, 
wie man sie leider jenseits des Kanales in ihrer 
Reinheit keineswegs mehr sehr häufig findet, da auch 
in England die Neuerungssucht bereits Manches ge- 
than hat, um die ursprüngliche Idee mehr oder we- 
niger zu verdrängen. Der Reisende findet in Drop- 
more auch einen intelligenten und freundlichen Gärtner, 
Frost mit Namen, der gern Liebhabern selbst zum 
Führer dient und auch in seinem gastfreundlichen 
Hause aufnimmt. Dort findet er auch in der liebens- 
würdigen Wirthin eine grosse Verehrerin unseres 
Schillers, dessen Bild als das einzige im Gastzimmer 
hängt. Das englische Volk als solches kennt sonst 
nur seinen Shakespeare und ausserdem vielleicht noch 
den einen oder anderen einheimischen Dichter, von 
fremden Dichtern weiss es wenig, auch +wohl gar- 
nichts, am Allerwenigsten vermag es sich von ihnen 
zu begeistern. 

Das wellenförmige Terrain Dropmore’s ist vor- 
theilhaft benutzt. Dunkele Wälder wechseln mit 
srossen Wiesenflächen besonders da ab, wo breite 
Thäler sich ausbreiten und umschriebene Bilder ge- 
boten werden. Fernsichten ausserhalb des Parkes, 
wie hauptsächlich Fürst Pückler in seinen gross- 
artigen Anlagen Deutschlands liebte und meisterhaft 
herzustellen wusste, fehlen in England durchaus. 
Dafür legt man grösseren Werth auf dunkele Wald- 
parthien, wo man sich von der übrigen Welt abge- 
schlossener fühlt und sich mehr innern Betrachtungen 
hingeben kann. So ist der Charakter des Engländers, 
der sich in diesen seinen älteren Parks abspiegelt. 

Der Engländer liebt aber auch grosse und 
schöne Bäume, welche am Waldessaume stehen 
oder allein auf grossen Wiesenflächen ihren impo- 
nirenden Wuchs zeigen können. Ulmen, Eichen, 
Platanen, vor Allem aber Gedern und andere aus- 
ländische Koniferen liebt er als solche. Wir haben 


391 


in Frankreich sehr hübsche und umfangreiche Cedern 
gesehen, sie standen aber in der Regel immer nur 
einzeln oder zu wenigen beisammen, in England bil- 
den sie dagegen oft gleich grössere und kleinere 
Haine. In diesem Falle sieht man erst in der Mannig- 
faltigkeit, der Art und Weise des Wachsthumes der 
einzelnen Bäume, wenn auch sonst ein bestimmter Typus 
in Allgemeinen vorherrscht, die Schönheit der Ceder. 
Wahrhaft erhebend ist es, wenn man unter und 
zwischen ihnen wandelt. Die starken Aeste am un- 
teren Theil des Stammes senken sich oft bis zur 
Erde herab und zwingen den, der hier wandelt, um 
die flach ausgebreiteten Zweige herum zu gehen. 

Ausser Cedern liebt aber der Engländer auch 
andere Koniferen, vor Allem Tannen und Kiefern. 
Das westliche Nordamerika, von Kalifornien nord- 
wärts bis über das Oregon -Gebiet und das Felsen- 
“ gebirge hinaus, hat ihnen besonders seit den dreissiger 
Jahren -» wo der bekannte eifrige Sammler Douglas 
hier war, viel Neues gebracht. Es wäre wohl in- 
teressant, einmal England zu durchwandern, nur um 
die schönsten Koniferen-Exemplare kennen zu lernen 
und über sie Bericht zu erstatten. Da Gardener’s 
Chroniele uns von Zeit zu Zeit Kunde davon gibt, 
so würde zunächst schon genügen, aus ihm eine Zu- 
sammenstellung der interessantesten Koniferen Eng- 
lands zu machen. 


Zu den beliebtesten Koniferen gehören vor 
Allem die langnadeligen Kiefern. Wir haben erst 


über dergleichen in unserem Berichte über den Park 
von Augny bei Metz gesprochen. Das Klima ist 
aber für dergleichen Bäume unendlich günstiger in 
England, als im oberen Moselgebiete.e. Wenn man 
hier nur Exemplare von 25 bis 30 Fuss Höhe sieht, 
so findet man im Parke von Dropmore und anderswo 
in England deren von 50, 60 und mehr Fuss Höhe 
und demnach noch ganz anders imponirend. 

Eben vernehmen wir, dass eine der interessan- 
testen langnadeligen Kiefern, Pinus Lambertiana, 
des nordwestlichen Amerika’s, besonders Kaliforniens, 
bereits Zapfen angesetzt hat. Dergleichen Zapfen 
spielen in Sammlungen wegen ihrer Grösse, die 11 
Fuss und mehr unter Umständen betragen kann, eine 
grosse Rolle. Wie ganz anders mögen sich nun 
diese Zapfen an Bäumen von wenigstens 40 und 50 
Fuss Höhe ausnehmen? 

Bis jetzt waren der Beispiele, wo bei gegen- 
Seitigen Befruchtungen und Blendungen ein Einfluss 
des fremden Blumenstaubes nicht allein auf die neu 
entstehenden Individuen, sondern auch auf Theile 
des mütterlichen Körpers bemerkt worden war, sehr 
wenig, denn der Mais mit seinen bunten Körnern 


auf einem und demselben Kolben stand fast einzig 
da. Die Beispiele aber von Florblumen, wo nach der 
gegenseitigen Befruchtung die Blüthen anders ge- 
färbt und zum Theil anders geformt erscheinen, kön- 
nen unserer Meinung nach nicht hierher gezogen 
werden, weil dergleichen Veränderungen durch Aus- 
saaten von Florblumen auch ohne gegenseitige Be- 
fruchtungen vorkommen, daher nicht durch diese, 
wenn sie in Anwendung. gekommen sind, veranlasst 
zu sein brauchen. 

Ein neues Beispiel für die Einwirkung eines 
fremden Blumenstaubes auf Theile der mütterlichen 
Pflanze hat aber jetzt der Professor des botanischen 
Gartens in Bordeaux, Durieu de Maisonneuve, 
der bekannte Forscher Algeriens, in botanischer 
Hinsicht geliefert. In Garten blühten zu 
gleicher Zeit ein männliches Exemplar der Chamae- 
rops excelsa und ein weibliches Exemplar der 
Chamaerops humilis; er nahm deshalb den 
Blumenstaub der ersteren und befruchtete damit die 
Stempel der letzteren, indem er ihn auf die Narbe 
auftrug. Die Früchte beider Zwergpalmen sind be- 
kannt und haben eine rundliche oder nierenförmige 
Gestalt, die Früchte aber, welche durch die Befruch- 
tung der Ch. humilis mit dem Blumenstaube der Ch. 
excelsa erzielt wurden, sind dagegen länglich und 
einer Dattel nicht unähnlich. Sie haben bei 1 Centi- 
meter Durchmesser eine Länge von 3 Centimeter. 
Von den 25 Früchten, welche im Anfange vorhan- 
den waren, sind nur 6 übrig geblieben. Wollen wir 
hoffen, dass diese 6 noch an der Mutterpflanze hän- 
senden Früchte zur vollständigen Reife gelangen und 
einen keimfähigen Embryo erhalten. Gewiss ist es 
interessant zu wissen, in welcher Weise die neuen 
Pflanzen sich entwickeln werden 

Wie wir früher bereits mitgetheilt haben, hat 
die königliche Gärtnerlehranstalt in Gent eine durch- 
greifende Reorganisation hauptsächlich dadurch auch 
erfahren, dass nicht mehr der Chef einer wenn auch 
srossen Handelsgärtnerei der Leiter der besagten 
Anstalt ist, sondern in so fern einer strengeren und 
wissenschaftlichen Beaufsichtigung und Leitung unter- 
stellt wurde, als sie jetzt mit dem botanischen Garten 
in Gent verbunden worden ist, und dessen Direktor, 
Professor Kiekx, auch Direktor der Lehranstalt ist. 

In der kurzen Zeit von nicht einem Jahre hat 
sich die Anstalt schon sehr gehoben. Als am 8. Ok- 
tober ein neuer Kurs eröffnet wurde, waren nicht 
weniger als 24 Zöglinge vorhanden. So viel hatte 
die Anstalt seit langer Zeit nicht gehabt. Abge- 
sehen davon, dass von Seiten der Regierung Alles 
geschehen ist, was eine solche Anstalt verlangt, 


seinem 


392 


wenn sie ihren Zwecken entsprechen soll, hat sie 
auch noch das Glück, vorzügliche und erfahrene 
Lehrer, welche bei vielem empyrischen Wissen auch 
hinreichende Wissenschaftlichkeit besitzen, um nach 
beiden Seiten hin zu entsprechen, angestellt zu haben. 
Männer wie Pynaert, Burvenich, Rodigasu. S. w. 
haben sich bereits einen Namen gemacht, der über 
die Grenzen des engeren Vaterlandes hinausgeht. 

Nachdem in der 
des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues über 
den gerühmten Nutzen des Polygonum Sieboldii 
(euspidatum) der Stab gebrochen worden .ist, wird 
die Pilanze jenseits der Vogesen in einem Artikel 
der Revue horticole (p. 893), der von Weber, dem 
Inspektor des botanischen Gartens in Dijon, verfasst 
worden ist, wiederum gerühmt und zu Küchenzwek- 
ken empfohlen. Uns ist darin nur neu, dass die 
Jungen Triebe, ähnlich dem Garten- und Sauerampfer, 
eine angenehme Speise geben sollen. Wir haben 
es nicht versucht, da wir von vorn herein bezwei- 
feln, dass Jedermann an dergleichen Gemüse Gefal- 
len finden sollte. Garten- und Sauerampler sind 
schon nicht Jedermanns Speise. Dass ein guter 
französischer Koch auch den ganzen Endzweigen des 
Polygonum Sieboldii einen angenehmen Geschmack 
beibringen Kann, wollen wir dabei jedoch nicht be- 
zweifeln, die Verdienste fallen nur nicht dem neuen 
Gemüse, sondern der Gewandtheit und Kunstlertig- 
keit des Kochs zu. 

Wenn aber die jungen Sprossen wiederum als 
Surrogate des Hopfens oder gar des Spargels in 
Frankreich empfohlen werden, so ist dieses ein 
Schwindel für unser Nachbarland, der bereits in 
Deutschland schon längere Zeit ausgespielt hat. Wir 
haben in der That wenig Pflanzen, wo der Schwin- 
del im Verlaufe der Zeit eine solche Rolle gespielt 
hat, als Polygonum Sieboldii. Wer die Wochen- 
schrift die letzten 10 und 12 Jahre durchgelesen hat, 
wird sich der verschiedenen Schwindeleien, über die 
berichtet wurde, erinnern. Wir machen aber noch- 
mals darauf aufmerksam, denn möglicher Weise er- 
scheint nach den lockenden Bekanntmachungen des 
Inspektors im botanischen Garten zu Dijon die 
Pflanze von Neuem in den Verzeichnissen französi- 
scher Handelsgärtner in grosser oder wenigstens ge- 
sperrter Schrift und wird als ein ganz neues und 
vorzügliches Surrogat für den Spargel empfohlen. 

Carriere, Redakteur der Revue horticole, em- 
pfiehlt bei dieser Gelegenheit das Polygonun Sie- 
boldi zum Garniren des 


einer letzten Versammlungen 


worunter hier wohl Strauchparthieen verstanden sein 
möchten. Dass diese Anwendung bei uns gefallen 
wird, bezweifeln wir ebenfalls. Der Franzose hat in 
landschaftlicher Hinsicht eine ganz andere Richtung, 
als wir Deutsche, Er sucht grossartige Ideen mit 
möglichst viel Gegensätzen, man möchte fast sagen, 
Sprüngen, auszuführen und bekümmert sich wenig 
um das Einzelne. Um seine Strauch- und Gehölz- 
parthieen zu machen, ist er in seiner Zusammen- 
setzung gar nicht ängstlich, er nimmt dazu, was er 
bekomnit, mag es passen oder nicht, immer grüne 
und dergleichen mit abfallenden Blättern. 
In der eısien Zeit der Anpflanzung füllt er wohl 
auch, um doch einiger Massen zu decken, mit hohen 


Gehölze 


krautartigen Pflanzen. Als vor mehrern Jahren 
Buttes- Chaumont in und der Park von Vincennes 


bei Paris angelegt wurden, hatten wir oft Gelegen- 
heit, zwischen jungen Bäumen, wie Eschen, Eichen 
u. Ss. w., und allerhand Gesträuch, auch Sonnenrosen, 
Stockmalven, ja selbst Blumenrohr (Canna) ange- 
pflanzt zu sehen. Man brauchte dergleichen Pflanzen 
auch, wie jetzt Carriere P. Sieboldii verwendet 
haben will, als Einfassung. 

Carriere macht noch darauf aufmerksam, dass 
die harten Stengel des P. Sieboldii im Vaterlande 
Japan auch benutzt werden, um die Kohle bei der 
Bereitung des Schiesspulvers, anstatt der des Faul- 
baumes (Rhamnus Frangula) und des Lindenholzes 
bei uns, den übrigen Bestandtheilen beizumischen. 

Endlich wollen wir noch bemerken, dass in 
dekorativer Hinsicht, wo wir übrigens den etwaigen 
Werth des P. Sieboldii durchaus nicht schmälern 
wollen, sie von der nahverwandten P. Sacha- 
liense, über die ebenfalls bereits mehrmals in der 
Wochenschrift berichtet wurde, weit übertroffen wird. 


Bei Gelegenheit der Fest-Ausstellung des 
Gartenbau-Vereins im Juni d. J. ist das Februar- 
Heft des ausgelegten Journal de la Societe Im- 
periale et Centrale d’Horticulture, Paris 1859, 
enthaltend eine Abbildung der Vanilla lutescens, ver- 
loren gegangen. 

Das Heft trägt auf dem Titel den eingepressten 
Namen F. B. Kramer, Flottbeck, und wird ge- 
beten, falls Jemand es vielleicht durch Zufall mit 
andern Druckschriften, Katalogen etc. in seine Hände 
bekommen haben sollte, dasselbe an Herrn Ober- 
Gärtner F. B. Kramer, Flottbecker Park bei Altona, 
Holstein, zurückzusenden, da demselben viel an die- 


Unterholzes (soushbois), | sem Heft gelegen ist. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


| Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pflianzenkunde. 
Redakteur: 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


No. 50. Berlin, den 14. December. BE EEBR 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch den Enehnandel, als auch franco dareh ae Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 22. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, eine 
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. Unter den zu berathenden 
Gegenständen wird auch die Beschlussnahme über die künftige Gestaltung des Organes des Vereines stattfinden. 


Inhalt: 547. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Ertenkues am 1% RT Zur Bene der Erage über 
die bei der Topfpflanzen-Kultur erforderlichen Erdarten (Schluss). — Vilmorin’s illustrirte Blumen-Gärtnerei. — Anzeigen. 


ruches, der ihr den Beinamen gratissima verschafft 


IM. Versammlung hatte, sehr beliebt und wurde vielfach auf Aus- 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, | stellungen gesehen. Seitdem ist sie aus den Ge- 
am 1. December. wächshäusern der Liebhaber fast verschwunden. Da 


Von Seiten eines hohen Ministeriums der land- | sie sehr leicht aus Stecklingen wächst, kann sie 
wirthschaftlichen Angelegenheiten wurde dem Ver- | rasch vermehrt werden. 
eine eine grosse bronzene Medaille für Gartenbau Die Sammlung von verschiedenen Sorten des 
zur Verfügung gestellt, um damit noch nachträglich | Cyelamen persicum erhielt nicht allein wegen der 
der Anerkennung der Verdienste des Gartengehülfen | Schönheit und Kräftigkeit der Exemplare und der 
Lindemuth im botanischen Garten um die eigen- | Blüthenfülle den Beifall der Anwesenden, sondern 
thümliehe Erscheinung der Uebertragung des Bunt- | auch wegen der Jugend der einzelnen Pflanzen. Sie 
blättrigen vom Abutilon Thompsonae auf an- | waren vom Kunst- und Handelsgärtner Liebmann 
dere Abutilon-Arten vermittelst der Veredelung einen | in Dresden aus Samen, der erst am 8. December 
Ausdruck zu verleihen. vorigen Jahres ausgesäet worden war, erzogen und 

Abgesehen von den Blumentöpfen aus dem | besassen deshalb kaum das Alter eines Jahres. Nach 
Versuchsgarten des Vereines, welche an die an- | Liebmann’s Mittheilungen gehört dem Pflanzen- 
wesenden Mitglieder verloost wurden, waren noch | und Blumenhändler Richard Müller in Dresden 
aus 5 verschiedenen Gärten Pflanzen eingeliefert, | das Verdienst, den Samen, der sich schon im äusse- 
aus einem dagegen hatte man einen blühenden | ren Ansehen durch besondere Grösse ausgezeichnet 
Zweig der Luculia gratissima übergeben, um | hatte, herangezogen zu haben. Der Züchter gibt sich 
von Neuem auf diesen interessanten und dankbar | aber fortwährend noch Mühe, diese jetzt sehr belieb- 
blühenden Blüthenstrauch des Warmhauses aufmerk- | ten Florblumen noch mehr zu vervollkommnen. 
sam zu machen. Es war dieses von Seiten des Nach Prof. Koch sind die Cyelamen’s oder 
Obergärtners Perring in Moabit geschehen. Luculia | Alpenveilchen schon seit sehr langer Zeit Lieblings- 
gratissima ist eine ostindische Rubiacee aus der | blumen. Als, besonders unter Heinrich IV. und Lud- 
Verwandtschaft der Chinapflanzen (Cinchonen) und | wig XIV., die Anfertigung von Gobelins im Grossen 
wurde auch von Wallich als Cinchona gratissima | zu Paris betrieben wurde, existirten besondere Hof- 
bezeichnet. Vor einem Jahrzehnt und mehr war sie | sticker, welche die Muster entwarfen und dazu sich 
in Berlin, besonders wegen ihres angenehmen Ge- | vielfach neue Ideen aus dem Pflanzenreiche holten. 


50 


394 2 


Die damaligen Königlichen Gärten zu Trianon, be- ! ten 


sonders aber zu Blois, lieferten reichliches Material. 
Die Zahl der Formen der Gyclamens, welche kulti- 
virt wurden, betrug damals schon einige und 30. 
Auch die Engländer liebten vor Zeiten die Cycla- 
mens, aber nur der Blumen wegen, und kultivirten 
sie, aus Parkinson’s Paradisus ersieht, 
ebenfalls vielfach in den Gärten. Da vor 2 Jahren 
eine Monographie dieser Florblumen in der Wochen- 


wie man 


schrift (13. Jahrg. S. 355) segeben ist, wurde auf 


diese hingewiesen. 

Kunst- und Handelsgärtner Neumann in 
Schöneberg hatte 3 Exemplare der bekannten Be- 
sonia floribunda ausgestellt, welche in der Art 
und Weise der Kultur Beifall fanden. Das eine 
Exemplar war zu einem breiten Spalier herangezogen, 
während die beiden anderen Kronenbäumchen dar- 
stellten. Von dem Besitzer war eine grössere An- 
zahl solcher Exemplare während der Sommerzeit im 
Freien, wo sie sehr gut gedeihen und stets reichlich 
blühten, herangezogen worden. Sie hatten in diesem 
Herbste einen solchen Beifall gefunden, dass sie in 
kurzer Zeit verkauft worden waren. 

Kunst- und Handelsgärtner Crass verdankte 
man dagegen eine Anzahl der neuen China-Primeln, 
welche vor einigen Jahren mit der Bezeichnung fim- 
briata in. England in den Handel gekommen waren. 
Abgesehen von ihrem buschigen Wuchse und dem 
reichlicheren Blühen zeichnen sie sich dadurch aus, 
dass die einzelnen Blumenblätter der einer chinesi- 
schen Nelkenblüthe nicht unähnlich aussehenden 
Blüthe am Rande gefranzt ist. Die ausgestellten Pflan- 
zen waren aus englischen Samen erzogen worden. 

Oberzärtner Koenig hatte aus dem Garten des 
Geheimen Kommerzienrathes Ravene& in Moabit ein 
Schau-Exemplar der Lechenaultia formosa her- 
angezogen, was ohngefähr den Durchmesser eines 


Fusses hatte und sehr buschig erschien. Die schönen 


rothen und unregelmässigen Blüthen nahmen sich 
inmitten der haideartigen Blätter sehr hübsch aus. 


Die Pilanze wächst mit den anderen Arten dieses 
Geschlechtes in Neuholland und gehört zu den Gar- 
deniaceen. 

Endlich verdankte man noch dem Obergärtner 
Dressler aus-dem fıüher Dannenberger’schen, 
jetzt Banquier Seelig’schen Garten ein blühendes 
Sxemplar des Lamprocaccus Laurentianus, 
der zuerst im 3. Jahrgang der Wochenschrift (S. 73) 


beschrieben wurde. Es war die Abart mit schma- 


len Blättern, welche früher schon als Aechmea 
Weilbachii beschrieben worden war. Die Aech- 


meen unserer Gärten mit den fleischigen rothen, sel- 


blauen Beeren gehören übrigens nicht Aen 
ächten Arten dieses Geschlechts, welche seitenstän- 
dige Blüthenstände haben, an, sondern dem von 
Beer in Wien aufgestellten Genus Lamprococeus. 

Professor Koch legte die zweite Auflage von 
Ed. Pynaert serres-vergers vor und empfahl das 
Werk allen Denen, welche sich für Fruchttreiberei 
interessiren, um so mehr, als dieser Zweig der Gärt- 
nerei in Norddeutschland, mit Ausnahme von Ham- 
burg, jetzt sehr darnieder liegt. In keiner grösseren 
Stadt ist aber die Fruchttreiberei (Ananas ausge- 
nommen) so sehr vernachlässigt, als in Berlin. Der 
Verfasser vorliegenden Werkes ist Professor bei der 
Königlichen Gärtner-Lehranstalt in Gent und erfreut 
sich auch im Auslande eines nicht unbedeutenden 
Rufes. 

Die erste Auflage erschien im Jahre 1861 mit 
dem Titel manuel theoretique et pratique de la cul- 
ture forc&e des arbres [ruitiers, und fand gleich an- 
fangs den Beifall, den das Werk verdiente. Seit den 
verflossenen 11 Jahren, welche zwischen der 1. und 
2. Auflage liegen, hat die Kunst der Fruchttreiberei 
srosse Fortschritte gemacht, ein Umstand, der den 
Verfasser auch veranlasste, sein Werk völlig umzu- 
arbeiten. Da nicht weniger als 65 Holzschnitte den 
Text erläutern, so ist seine an und für sich leichte 
Sprache um so verständlicher. 

Da man damit umgeht, in Proskau, und zwar 
in dem dortigen pomologischen Institute, ein beson- 
deres Haus für Fruchttreiberei zu bauen, so schlug 
Professor Koch vor, das Werk dem dortigen Chef 
der Anstalt, Direktor Stoll, zuzusenden, damit die- 
ser von der neuen Erscheinung zunächst Kenntniss 
nehme, aber auch um dem Vereine Bericht darüber 
zu erstatten, hauptsächlich schliesslich um auf die 
neuesten Verbesserungen in der Fruchttreiberei Lieb- 
haber und Gärtner aulmerksam zu machen. 

Von Seiten einer Handelsgärtnerei in Lüttich 
war an den Generalsekretär geschrieben, um über 
den Ursprung und die Bezugsquelle des sogenann- 
ten japanischen Bastes, welcher von Hamburg aus 
zum ersten Mal während der grossen Festausstellung 
in Berlin vorhanden war, Näheres mitzutheilen. In 
der Wochenschrift ist bereits mitgetheilt, dass dieser 
Bast nach englischen Nachrichten die Oberhaut der 
Sagopalme, Sagus taedigera, darstelle. Es wurde 
übrigens schon in der Wochenschrift zweifelhaft hin- 
gestellt, dass wirklich Japan das Vaterland des Bastes 
sei. Händler nennen oft, um in ihrem Handelsartikel 
keine Konkurrenz zu erhalten, eine falsche Bezugs- 
quelle. 

Dr. Wittmack theilte mit, dass derselbe Bast 


j 395 


sich bereits in dem landwirthschaftlichen Museum als 
aus Angola an der afrikanischen Westküste stam- 
mend befinde und wahrscheinlich auch die Oberhaut 
palmenartiger Fiederblätter darstelle. In Angola 
wachse Raphia angolensis, eine der Sagus taedigera 
nahe stehende Palme, von der der Bast möglicher 
Weise stammen könne. Noch sei er aber nicht im 
Stande gewesen, vergleichende Untersuchungen an- 
zustellen, da ihm bisher das dazu nöthige Material 
gefehlt habe. Sobald dieses aber geschehen, werde 
er weiter darüber berichten. 

Nach ferneren Mittheilungen des Dr. Wittmack 
hatte Obergärtner Kramer in Flottbeck bei Altona 
den japanischen Bast ausgestellt. Aus Japan komme 
er wahrscheinlich nicht, da Kramer’s in Yokohama 
in Japan lebender Sohn ihn gewiss in einem seiner 
vielen Briefe genannt haben würde, wenn er in Ja- 
pan benutzt würde. Ein Hamburger Kaufmann hatte 
diesen Bast im vorigen Jahre in England gefunden. 
wohin er, man weiss nicht woher? als Ballast auf 
einem Schiffe gekommen war. Er fand keinen Käu- 
fer und wurde deshalb von seinem jetzigen Besitzer 
für eine geringe Summe erworben. Da er ein vor- 
zügliches Bindemittel darstellte, so wurde er alsbald 
in den Handel gebracht. 

Nach Kunst- und Handelsgärtner Wendt ist 
dieser Bast nur im Freien zu gebrauchen, im Treib- 
hause geht er sehr bald zu Grunde. Er warnte des- 
halb, ihn daselbst zu gebrauchen. 

Professor Koch legte ein anderes Bindemittel 
vor, was in dem pomologischen Institute in Reut- 
lingen beim Veredeln junger Obstpflanzen allge- 
mein gebraucht wird. Es bestand aus viereckigen, 
ohngefähr 3 Linien im Durchmesser enthaltenden 
Bändern von meist verfilzter Baumwolle. Nach Dr. 
Lucas sollen diese Bänder in Fabriken als Abfälle 
weggeworfen und deshalb ohne weitere Kosten be- 
zogen werden. Man bezweifelte jedoch in der Ver- 
sammlung, dass es dergleichen Abfälle seien, son- 
dern meinte, %lass diese Bänder extra zu diesem 
Zwecke angefertigt würden. Wäre dieses jedoch 
der Fall, dann würden sie viel zu theuer kommen. 

Diese aus verfilzter Baumwolle bestehenden 
Bänder haben den Vortheil, dass sie die Veredlungs- 
stellen weder drücken, noch reiben, und dass sie 
durch den Gebrauch nicht verderben, sondern immer 
wieder von Neuem angewendet werden können. In 
Reutlingen liest man diese Bänder nach dem Ge- 
brauche wieder sorgfältig auf, um sie dann von 
Neuem zu gebrauchen. 

Der Gutsbesitzer v. Parpart-Pracobron auf 
Schloss Teupitz hatte den Generalsekretär über eine 


neue Methode in Schottland, Wein durch Heizung 
des Bodens im Freien zu treiben, um Auskunft er- 
sucht. Nach dieser Methode werden die Heizröhren 
in der Erde vertheilt, wobei die Wurzeln der Reben 
bisweilen eine Temperatur bis zu 33 Grad R. erhal- 
ten. Die Pflanzen sollen sich bei dieser hohen 
Wärme sehr wohl befinden und nicht allein auf das 
Ueppigste wachsen, sondern auch reichlich Früchte 
ansetzen. Wenn sich das Verfahren bewahrheitete, 
so unterliegt es keinem Zweifel, dass für unsere 
nordische, der Weinkultur im Allgemeinen sehr un- 
günstige Lage sehr viel damit gewonnen wäre. Un- 
günstige Witterungs -Verhältnisse würden unter die- 
sen Umständen keineswegs mehr einen solchen nach- 
theiligen Einfluss ausüben können. 

Wenn auch Professor Koch gleich anfangs ge- 
gen die Ausführung dieser Kulturmethode allerhand 
Zweifel hegte, so glaubte er doch die Angelegenheit 
der Versammlung vorlegen zu können, um möglicher 
Weise etwas darüber zu erfahren. Aber auch in der 
Versammlung war das Verfahren den Mitgliedern 
unbekannt. 

Der Inspektor des botanischen Gartens in Würz- 
burg Salomon hatte dem Professor Koch über 
srosse Exemplare der japanischen Gingko biloba in 
Folge der Erwähnung dieser interessanten Konifere 
bei Gelegenheit einer gärtnerischen Reise - Skizze im 
Elsass Mittheilung gemacht. Darnach existiren noch 
mehre Bäume in Deutschland, welche an Grösse und 
Bedeutung dem in Strasburg nichts nachgeben dürf- 
ten. Ein solcher befindet sich beispielsweise im 
Garten des Würzburger Julius-Hospitales, der vom 
Jahre 1695 bis 1858 botanischer Garten der Univer- 
sität Würzburg war und von dem jetzigen botani- 
schen Garten nur durch eine lange Mauer getrennt 
ist. Seine Höhe beträgt über 60 Fuss, während die 
Basis des Stammes über dem Boden einen Durch- 
messer von 2 Fuss 8 Zoll besitzt. Seit 20 Jahren 
trägt dieser Baum eine grosse Menge von Schein- 
früchten (Samen). 

Neben diesem Baume befindet sich noch ein 
zweiter, dessen Gipfel im Jahre 1842 von einem 
Blitzstrahle abgerissen wurde, der aber wahrschein- 
lich zu gleicher Zeit angepflanzt worden ist. Er hat 
einen 8 Fuss hohen Stamm und theilt sich an sei- 
nem oberen Ende in einige ziemlich wagerecht ab- 
stehende Aeste, so dass der ganze Baum ein schirm- 
förmiges Ansehen erhalten hat. Da Inspektor Salo- 
mon nichts davon sagt, dass er ebenfalls Schein- 
früchte trägt, so vermuthen wir um so mehr, dass 
es eine männliche Pflanze ist, als die Früchte des 
ersten Baumes keimfähig sind und von 80 bis 100 


50* 


. 


396 


Samen, welche im vorigen Jahre ausgesäet sind, 
zwei Drittel gekeimt haben. Ohne eine vorausge- 
sangene Befruchtung würden die Samen taub gewe- 
sen sein. 

Beide Gingko-Bäume scheinen im zweiten oder 
dritten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts angepflanzt 
worden zu sein. Damals regierten Fürstbischöfe in 
Würzburg, welche sich um die Wissenschalt man- 
nichfache Verdienste erworben haben und für Pflan- 
zen eine besondere Vorliebe besassen. Es existirt 
aus dem Jahre 1721 noch ein gedrucktes Verzeich- 
niss des Würzburger Gartens, herausgegeben von 
Stesinger und Dereum, worin nicht weniger als 
6000 seltene und nützliche Pflanzen aufgeführt wor- 
den sind. 

Interessant und wichtig zugleich ist, dass die 
fleischige Umhüllung des nussartigen Kerns nach In- 
spektor Salomon einen ausserordentlichen zusam- 
menziehenden Geschmack besitzt. Ein Arbeiter im 
Juliushospitale liess sich verleiten, dergleichen Schein- 
[rüchte zu essen und erhielt einen heltigen Durch- 
fall. In Japan wird das ölige Innere des Kerns da- 
gegen von den Eingeborenen gegessen. 

Professor Koch legte ein 2 Zoll fast im Durch- 
messer enthaltendes Stück eines Rebenstammes vor, 
an dem eine Weintraube sich ausgebildet hatte. Es 
dürfte wohl sehr selten vorkommen, dass an so 
altem Holze sich Trauben, die auch zur Reife kom- 
men, sich entwickeln. Er hatte das Stück Holz mit 
der Weintraube von dem früheren Statthalter von 
Tyrol, Ritter Toggenburg.in Bozen, in dessen 
Garten der Weinstock gestanden, erhalten. 

Schliesslich wurde der Ausspruch der Preis- 
richter mitgetheilt. Darnach. erhielten die Cycelamens 
des Kunst- und Handelsgärtners Liebmann in Dres- 
den den Monatspreis, den China-Primeln des Kunst- 
und Handelsgärtners Crass wurde aber eine ehrende 
Anerkennung zugesprochen. 


Zur Beantwortung 
der Frage über die bei der Topfpllanzen-Kultur 
erforderlichen Erdarten. 


Vom Garten-Inspektor Dotzauer. 
(Schluss.) 

In diese Verschiedenheiten des Verhaltens tritt 
die Haideerde nach mancherlei Massgabe der Ent- 
stehungsverhältnisse ein, sie ist daher sehr verschie- 
und es ist das, was als Haideerde gilt, 
sehr nach den Beziehungen abzuschätzen, durch 
welche die Entwickelungsfähigkeit, das Bindevermö- 
gen oder die Durchlässigkeit überwiegend wird. 


denartig, 


| 


Diese Erdarten werden zwar theilweise in vielen 
Fällen mit gutem Erfolge je für sich verwendet, ent- 
sprechen aber mehr nur durch Vermischung, wozu 
sich Gartenerde oder besser die aus dem Abraume 
von Gartenunkraut gewonnene Erde und Sand als 
wesentliche Bedürfnisse gesellen. Wichtig ist die 
Dung-Erde, oft wird auch Lehm, Moos und Kohle 
verwendet. 

Wenn man bedenkt, dass in das dennoch enge 
Gebiet dieser Erdarten und der damit anzustellenden 
Mischungen, welche in der Natur durch die Verhält- 
nisse des Unterbodens repräsentirt werden, die ge- 
waltıge Menge von Pflanzenformen sich zusammen- 
drängen soll, so ist nicht zu vergessen, dass die 
Gesichtspunkte der Wurzelbildung und der von ihr 
bedungenen Ernährung, dass die aus der Beschaflen- 
heit des entstandenen Pflanzenkörpers und die aus 
dem hierauf reagirenden Umsatz der Stoffe herzulei- 
tenden Gesichtspunkte sich vielseitigst kreuzen und 
verschmelzen. Daher können die heterogensten Ge- 
wächsformen hierbei eine naturgesetzliche, in weni- 
gen Kreisen das Ganze umfassende Zusammenstel- 
lung finden. 

Wenn also im Sinne der Topfkultur dem Cactus, 
der Conifere und der Calla eine und dieselbe Mischung, 
es sei gesagt Garten- oder Unkraut-Erde und eben so 
viel Lauberde, oder Unkraut- und Torf- (Krumen) 
Erde zu gleichen Theilen gegeben sei, so würde 
noch eine Abweichung in dem mehr oder weniger 
beizumengenden Sande stattfinden. Der Grundton 
liegt hier in der Garten- oder Unkraut-Erde, welche 
das Vertheilen des Wassers in den Räumen zwischen 
kleinen Bodentheilchen und so auch das Festhalten 
desselben bedingt; in diese Wirkung tritt die Laub- 
erde bald mit ein. Je nach Erforderniss der beson- 
deren Umstände und um die Bedeutung des Begies- 
sens bei der Topfkultur nicht zu verkürzen, wird 
durch Sand mehr oder weniger Durchlässigkeit nach 
der Anschauung des Pflanzenwesens erforderlicher 
erscheint, da hat die Eigenthümlichkeit der Torf- 
krumenerde Vorzug vor der Lauberde. Ihr Gefüg 
bildet weite Räume, wird aber vermöge der Garten- 
erde zur Zersetzung angefacht. Die Thatsache bei 
Cactus ist, dass von zarter, wenig oder doch allmäh- 
lig erst verholzender Wurzel mehr mit Feuch- 
tigkeit erfüllter als auf Holzbildung angewiesener 
Stamm zu ernähren ist, der, wenn auch meist nur 
durch sich und nicht durch erheblichen Blattbestand, 
dennoch der durch die Einwirkung des Lichtes an- 
seregten Ausscheidung mächtigen Vorschub leistet, 
als auf Aneignung der Stoffe wirkt, dass also der 
Boden für ein Verhältniss zu berechnen ist, welches 


ein 


397 


das Wasser in Erheblichkeit vorhält, wozu nicht 
nur das reichliche Mass der Gartenerde, ihres ver- 
witterten Zustandes wegen qualifieirt, sondern wo 
auch ihre vorgeschrittene Zersetzung aus bereits sich 
verschliessender Quelle nur die Stoffe lösen lässt. 

Durch die Conifere treten ganz andere Wachs- 
thumsverhältnisse entgegen, denen doch erstere Er- 
nährungsgrundlage zusagen und genügen soll. Für 
einen oft zu besonderer Festigkeit gelangenden Stamm 
ist eine viel verzweigte, kräftige, aber meistens bald 
verholzende Wurzelbildung thätig, welches eine 
trockne Rinde des Stammes, kleine, wenig Fläche an 
und für sich bietende, dabei oft von einer glasartig 
festen Oberhaut umschlossene Blätter gleichsam be- 
schränken, wozu ein Boden, dessen Lösung durch 
Festhalten des Wassers erst erfolgt, aus dem Grunde 
der beschränkten Transspiration bei einer sonst mit 
kräftiger Aufnahme-Thätigkeit ausgestatteten Wurzel 
als Bedingung erscheint. Hinsichtlich der Calla tıitt 
das Bedürfniss des Wassers weniger für Lösung der 
Stoffe, als um der Ausscheidung bei erheblicher 
. Blattfläche zu genügen, daher auch eine Hebung der 
Bündigkeit des Bodens durch Weglassen oder Mäs- 
sigen des Sandes hervor. Es ist eine Wurzel vor- 
handen, die in bündigen Boden einzudringen vermag, 
den Stamm auf einen Knollen, aus dem mit neuen 
Knospen auch neue Wurzeln sprossen, redueirt, da- 
her eine starke Stoffablagerung durch das Bilden 
eines nicht umfangreichen Stamm-Körpers weniger 
als die Verdunstung die Aufgabe der ansehnlichen 
Blattflächen. 

Für die Gruppirung des Pelargoniums, der Gloxinia 
und Palme hat diejenige Bodenart die Bedeutung, 
welche durch mässige Feuchtigkeit entwickelungs- 
!ähig und nahrhaft sich erweist. Hier macht die 
Basis des Bodenverhältnisses die Lauberde aus. Sie 
mag mit dem Zusatze eines Drittels Gartenerde oder 
mit gleichen Theilen Garten- und Torferde ausser 
dem Sande verwendet werden, es ist eben das lei- 
tende Prinzip, dass eine reichliche, bildungsfähige 
Nährkralt nicht durch übermässige Feuchtigkeit an- 
geregt zu werden braucht. Bei dem Pelargonium 
zeigt sich eine’ Wurzel, die aufnahmefähig ist, die 
stark und schnell verzweigt und bei einiger allmäh- 
liger Verhärtung doch so viel Weichheit des Zell- 
und Gefässgefüges behält, dass eine mächtige Be- 
wegung der Nahrungsflüssigkeit im Gange bleibt. 
Letzteres gilt auch vom Stamme und endlich nehmen 
ebenfalls die Blätter mit reger Aktion und Reaktion 
Theil; es ist aber hier nicht zu übersehen, dass die 


Stoffablagerung nach kurzem Vegetationsvorgange auf 


die Metamorphose zur Blüthe gerichtet ist. Für die 


| 


Gloxinia hat das aufgestellte Mischverhältniss, wäh- 
rend im vorherigen Falle einige Bündigkeit des Bodens 
angemessen ist, der zarten Wurzel wegen die Locker- 
heit und Durchlässigkeit des Bodens im Auge, welchen 
beiden durch die Verringerung der Lauberde und 
durch den Zusatz von Torferde ohne Aufgeben der 
Stoffentwickelung Genüge geleistet wird. Bei ganz 
ausserordentlicher Abweichung der drei Organe ist 
die Palme hier eingereiht. Da die Familie an Gestalt 
und Ausdehnung der Theile im Ganzen oder Ein- 
zelnen bevorzugt, an Verschiedenheiten auch reich 
ist, so sind beide Mischungen für die Sache angethan. 
der manche genauere gesuchte Abweichung nicht 
vorenthalten sein dürfte. Die erkennbar kräftige. 
dabei feste Wurzel, der feste, verhältnissmässig dünne 
Stamm und überwiegend mächtige, doch in ihrem 
Wesen zähe Blätter lassen folgern, dass erhebliches 
Schwanken im Ernährungsgange nachtheilig wird, dass 
also das Vertheilen des Wassers und ein anhalten- 
des Lösen des Bodens die Aufgabe sei. 

Für die folgenden Sätze, wo leitend ist, dass 
bei gleichmässiger Feuchtigkeit die Wirkung auf das 
Zersetzen des Bodens nicht überschwänglich erfolgen 
könne, ist dieses in Holz- und Tort- (Torikrumen) 
Erde gelegt, unter Vertheilen der Holzerde zwischen 
solche aus trockenem und aus grünem Holze und 
unter Zulassen einiger Verwendung von Lauberde, 
wenn es mit der Organisation der Pflanze verträg- 
licher, vielmehr von ihr gefordert erscheint. Für 
Camellia, Melastoma und Leucadendron ist das Erd- 
Verhältniss zu gleichen Theilen der Holz- und Torf- 
erde, für Erica, Orchideen (epiphytische) und Nepenthes 
zu zwei Theilen Torferde und einem Theile Holz-, 
resp. Laub-Erde. Ein geringer Zusatz von Garten- 
oder Unkraut-Erde ist bei vielen Arten, namentliel 
auch für ältere und erstarkte Exemplare, nicht aus- 
geschlossen. 

Bezüglich der erstern Zusammenstellung ist die 
Wurzel so beschaffen, dass sie, mehr oder weniger 
stark, zu festem Holze wird, ist der Stamm, wenn 
auch in vieler Verschiedenheit, doch meistens fester 
Natur und sind die Blätter hart, krautartig weich und 
von verschiedener Grösse. 

Ueber die Erica ist besonders der Anspruch aul 
Durchlässigkeit des Bodens, eines Bodens aber, der 
der Zersetzung einigen Widerstand leistet, zu beachten. 
Dıe Rücksicht auf ihre zarten und feinen, aber fest 
werdenden Wurzeln bedingt bei der Härte und Fein- 
heit des Stammes und der Blätter, dass die Durch- 
lässigkeit des Bodens überall zu ihren Gunsten sei. 
wozu die Beimischung von Sandkörnern hier 
Besondern dienen kann, weil dadurch der feinen 


im 


398 


Wurzel das Eindringen in den Boden erleichtert wird. 
Die Orchideen nun würden, in Betreff der sogenannten 
epiphytischen auch kaum zu obiger Einreihung stim- 
men, und es ist hier und überhaupt für diese Familie 
der Beobachtung ihrer Natur ein Spielraum zu über- 
lassen. Indess der Anschein einer auf erheblichen 
Wasserverbrauch hinzielenden Wurzel wird doch sehr 
und oft von dem Stamme oder dem denselben reprä- 
sentirenden Knollengebilde, von den theils festen, 
theils wenigstens nicht besonders transpirationsfähigen 
Blättern und von dem Umstande, dass die Wurzeln 
oberhalb des Bodens hervortreten, modilizirt. Und 
so, dass feuchte Atmosphäre bedungener erscheint, 
als vom Boden festgehaltene Wassermenge. Aehn- 
liches findet für Nepenthes statt; Wurzel und Blätter 
entsprechen mächtiger Wasser-Absorption und Aus- 
scheidung. Der Stamın aber führt darauf hin, dass 
jener Befähigung nur bei einer erheblichen Durch- 
lässigkeit des Bodens unbeschadet entsprochen wer- 
den darf. Für die drei Abtheilungen ist also das 
Uebergewicht eines durchlässigen Bodens nothwendig 
und die engern Abweichungen beständen noch in 
dem, dass nach den bereits gemachten Angaben für 
erstere die Erdarten mürbe bearbeitet oder gesiebt, 
für beide letzteren im groben Gemenge zusagen, für 
Nepenthes die bündige Holzerde die anwendbarere ist. 

Bei allen den genannten Mischungen fällt dem 
Sande die Rolle zu, zur Durchlässigkeit zu helfen, 
wozu die nähere Feststellung auf Pflanze und Boden 
zurückgreift. Vereinzelt ist die Verwendung von 
Lehm, Kohle und Moos. Rasenerde würde olt er- 
spriesslich an Stelle der Garten- oder Unkraut-Erde 
treten, ebenso die Düngererde, welche zugleich in 
vielen Fällen zur Förderung der Kulturzwecke be- 
kanntlich besondere Bedeutung hat. 

Die folgenden Beispiele geben die Anschauung 
von der Menge der zu gleicher Anforderung aus- 
sestatteten Familien und Geschlechter. 

1. a. 1 Theil Gartenerde und 1 Theil Lauberde, 
ya 5 | „  Torferde. 
Abientineae, Agave, Aloe, Amaıyllideae, Bombax, 

Bonapartea, Brexiaceae, Bryophyllum, Cacalia, Cac- 
teae, Calla, Connareae, Cassine, Casuarina, Ceratonia 
Crassula, Cupressineae, Cussonia, Cyelamen, Cype- 
raceae, Daphne, Datura, Deutzia, Dianthus, Dyckia, 
Echeveria, Ehretia, Entelea, Ephedra, Erythrina, Eu- 
comis, Euphorbia, Fontanesia, Forsythia, Gnetum, 
Gramineae, Halleria, Hibiseus, Hoya, Jasminum, Ilex, 
Ixia, Kaempferia, Laurus, Lilium, Lomatophyllum, 
Melanoselinum, Melia, Melianthus, Mesembrianthemum, 
Mespilus,, Nelumbium, Nymphaea, Orchis, Oxalis, 
Pachyphytum, Pentstemon, Phillyrea, Phormium, 


Photinia, Phytolacca, Pittosporum, Podocarpus, Poin- 
settia, Psoralea, Punica, Rosmarinus, Sanseviera, 
Seilla, Sedum, Sempervivum, Solanum, Soldanella, 
Sparmannia, Stapelia, Statice, Stereulia, Strelitzia, 
Styrax, Taxincae, Thalia, Ulex, Viburnum, Watsonia, 
Yucea. 

ll. a. 2 Theile Lauberde und 1 Theil Gartenerde, 

b. 1 Theil Lauberde, 1 Theil Torferde und 1 

Theil Gartenerde. 

Abutilon, Achimenes, Adhatoda, Aechmea, Aga- 
panthus, Aletris, Allopleetus, Alocasia, Alona, Al- 
stroemeria, Amaryllis, Anona, Anthyllis, Aphelandra, 
Apocynaceae, Araliaceae, Aristolochia, Aristotelia, 
Aroideae, Artocarpeae, Arundo, Ascium, Asclepiadeae, 
Beaumontia, Begonia, Benthamia, Berberis, Bignonia, 
Billardiera, Billbergia, Bixa, Bouvardia, Brosimum, 
Caesalpinia, Calathea, Calceolaria, Calonyetion, Ca- 
Iycanthus, Canella, Canarina, Capparis, Carica, Cassia, 
Catananche, Cecropia, Cedrela, Cerbera, Cestrum, 
Charlwoodia, Chirita, Chironia, Chrysocoma, Chymo- 
carpus, Cinchona, Cineraria, Cissus, Cistus, Citha- 
rexylon, Citrus, Cleome, Clerodendron, Clianthus, 
Glusiaceae, Cneorum, Cobaea, Coccoloba, Coflea, Co- 
leus, Columnia, Combretun, Cordia, Cunonia, Cuphea, 
Cycadaceae, Cyperaceae, Desmodium, Dieffenbachia, 
Dorstenia, Dracaena, Eehites, Eranthemum, Euthales, 
Exacum, Filices, Franeiscea, Francoa, Fuchsia, Gar- 
denia, Gazania, Gesnera, Gloriosa, Gloxinia, Gna- 
phalium, Gossypium, Guajacum, Heimia, Heliconia, 
Helicteres, Heliotropium, Hemimeris, Hernandia, Hura, 
Hydrangia, Hypericum, Hypocyrta, Jatropha, Iberis, 
Indigofera, Jochroma, Irideae, Juanulloa, Justicia, 
Lasiopetalum, Lavandula, Leonotis, Lobelia, Lychnis, 
Magnolia, Mahernia, Manettia, Maranta, Methonica, 
Mikania, Musaceae, Myoporum, Myrsine, Myrtus, 
Nerium, Nierembergia, Niphaea, Oederia, Palmae, 
Pandaneae, Passiflora, Pelargonium, Pentarrhaphia, 
Phrynium, Phyllanthus, Piper, Pistacia, Pitcairnia, 
Pleroma, Plumeria, Poineiana, Primula, Prionium, 
Psidium, Puya, Ravenala, Rhodanthe, Rhodochiton, 
Royena, Ruellia, Russelia, Sapindus, Salvia, Santolina, 
Schotia, Seutellaria, Selaginella, Serissa, Simaruba, 
Sinningia, Siphocampylos, Smilax, Sollya, Stephano- 
tis, Streptocarpus, Stryelinos, Stylidium, Swainsonia, 
Tamarindus, Tecoma, Tetranthera, Thunbergia, Tra- 
descantia, Tropaeolum, Verbena, Vinea, Watsonia, 
Zingiberaceae, Zygophyllum. 

ll. a. 1 Theil Holzerde und 1 Theil Torferde, 
beide, ; !, Theil Lauberde und 
1 Theil Torferde. 

Abelia, Abrus, Acacia, Aeschynanthus, Anigo- 

zanthus, Arbutus, Ardisia, Banksia, Barbacenia, Bau- 


399 


hinia, Biophytum, Boronia, Bossiaea, Brachycome, 
Brownia, Burchellia, Callistemon, Camellia, Car- 
michaälia, Caryophyllus, Catesbaea, Centradenia, Cho- 
rizema, Chrysophyllum, Cinnamomum, Citriobatus, 
Clethra, Cleyera, Cliffortia, Clitorea, Codiaeum, Cor- 
rea, Daviesia, Desmodium, Dillwynia, Dodonaea, 
Drimys, Dryandra, Echites, Edwardsia, Escallonia, 
Eucalyptus, Eugenia, Eupomatia, Eutaxia, Galacto- 
dendron, Gareinia, Gardenia, Gnidia, Grevillea, Hakea, 
Hardenbergia, Helipterum, Hibbertia, Hovea, Hyme- 
naea, Illieium, Inga, 1sopogon, Ixora, Kennedya, Lep- 
tospermum, Leucadendron, Malpighia, Mammea, Man- 
sifera, Medinilla, Melaleuca, Melastoma, Mimosa, Mir- 
belia, Muraltia, Myristica, Oxylobium, Phaenocoma, 
Phylica, Physolobium, Pimelea, Platylobium, Poda- 
Iyria, Podolobium, Polygala, Pomoderris. Protea, Pul- 
tenaea, Quassia, Rondeletia, Sarracenia,. Swietenia, 
Templetonia, Thea, Theobroma, Torenia, Viminaria, 
Zyehia. 
IV. a. 2 Theile Torferde und 1 Theil Holzerde, 
7 : 1, Theil Holzerde und 
1, Theil Lauberde. 

Agathosma, Andromeda, Azalea, Baeckea, Ba- 
rosma, Bauera, Beauforlia, Berzelia, Brunia, Calotham- 
nus, Cephalotus, Dionaea, Diosma, Epacris, Erica, 
Dracophyllum, Fabricia, Gaultheria, Ixora, Kalmia, 
Leschenaultia, Leucopogon, Melaleuca, Menziesia, 
Metrosideros, Nepenthes, Orchideae, Passerina, Pa- 
vetta, Rhododendron, Rhodora, Stenanthera. 

Es mag hieraus hervorgehen, dass einer selbst- 
ständigen Beurtheilung, einem weiteren Eingehen 
darauf Raum gelassen ist, indem auf dem Wege die- 
ses Vertrautseins mit der Pflanze die Kenntniss in 
vielen Beziehungen erweitert wird. Wenn und wo 
die Vorlage eine Verbesserung gewinnt, ihr Kern 
wird nicht verändert. 

Unter den Pflanzen - Geschlechtern 
werden wohl einzelne Arten für sich 
Bedingungen beanspruchen. 

Es ist wohl anzunehmen, dass subtile pflanzen- 
physiologische Forschungen hierauf nutzbar und dass 
im Kreise des Gartenwesens die Bestrebungen da- 
für auf dieser Basis erweitert werden können. Un- 


können und 
besondere 


zweifelhaft gewährt diese Behandlung eine Sicherheit | 


der Kultur nicht nur der Leitung wegen, sondern 
auch für Belehrung und Unterricht. Die einfache 
Angabe, dass die und die Pflanze in der und der 
Erdart wachse, kann dem Strebsamen nicht genügen, 
weil die Begründung fehlt, bei welcher aber selbst 
nach ungünstigem Erfolge doch schon die gegebene 
Richtung zu neuem Versuche anspornend ist. Es 
wird also immer die Erfahrung ihre Bedeutung be- 


halten, nur siedelt sie dahin über, dass sie auf der 
Grundlage einer allen Stufen zugängigen Beurtheilung 
über das Wesen der Pflanzen und deren Theile sich 
aufbaut. Davon ausgehend gewinnt das Begutachten 
des Bodens eine andere Seite, da dasselbe nicht in 
der Voraussetzung seiner Fruchtbarkeit gesucht wird, 
sondern unter der Prüfung, dass er seiner Beschaflen- 
heit, seinem Zusammenhange und seiner Entstehung 
gemäss der Anforderung der bestimmten Pflanze 
entspricht. 

Bei jeglichem Eingehen hierauf selbst wird die 
olt oberflächliche und unsichere Verrichtung der 
Arbeiten, wozu besonders das Begiessen gehört. 
mehr der Bedeutung nach betrachtet werden, weil 
doch nicht gerade also nach der Anschauung allein 
begossen werden möchte, wenn der Ballon der Topf- 
pflanze trocken erscheint, sondern nach der die Aus- 
führung in der Angemessenheit geschieht, welche die 
Pflanze und der Boden bezeichnen. 

Es liegt nahe, dass das Begiessen sich nicht 
allein auf das augenblickliche Befinden der Pflanze, 
sondern auf die auf jenes einwirkende Thätigkeit 
des Pflanzenwesens und der Bodenentwickelung be- 
ziehen sollte, dass die Erdart nur hiernach vollen 
Nutzen schaffen kann. 

Jenes wird aus Letzterem Berichtigung und 
Sicherheit gewinnen und annehmen, je nachdem die 
bekannte und neu eingeführte Pllanze durch sich 
selbst, ihre Ernährungstheorie für die von der Zeit 
getriebene Praxis der Kultur darlegend, die Förde- 
rung zur Beantwortung der Erdfrage geworden ist. 


U Ü) . “ ° 
Vilmorin’s illustrirte Blumen-Gärtnerei. 
Uebersetzt von Dr. Grönland und Th. Rümpler. 

Im Verlaufe von 9 Jahren hat das französische 
Original genannten Werkes „les fleurs de pleine 
terre“ 3 Auflagen gehabt und jedes Mal ist es in 
gsrösserem Format und durch Zusätze ungemein be- 
reichert von Neuem erschienen. Weil wir schon drei 
Mal (bei jeder Auflage) von dem Buche gesprochen 
haben, so. können wir voraussetzen, den 
Lesern der Wochenschrift 
fortwährend so viel Schlechtes und 
telmässiges 
übersetzt wird, haben wir uns lange Zeit gewundert, 
dass kein spekulativer Buchhändler daran gedacht 
hat, das vorzügliche Vilmorin’sche Werk, da wir in 


dass es 
bereits bekannt ist. Da 
noch mehr Mit- 
in’s Deutsche 


aus dem Französischen 


dieser Weise kein anderes haben, uns Deutschen 
mundrecht zu machen. 
Endlich liegt ein erstes Heft einer deutschen 


Uebersetzung vor, welche die auf landwiıthschaft- 


400 


lichem Gebiete uns rühmlichst bekannte Verlags- 
handlung von Wiegandt und Hempel in Berlin 
durch Dr. Grönland, jetzt in Dahme, früher lange 
Zeit in Paris lebend und erst durch den französischen 
Krieg von dort vertrieben, und durch Th. Rümpler, 
den Redakteur der früheren allgemeinen deutschen 
Gartenzeitung in Erfurt, ausführen lässt. Wie das 
Öriginalwerk, ist auch die Uebersetzung alphabetisch 
geordnet. Auch schmücken dieselben leider nur zu 
kleinen Abbildungen des Originals den Text der 
Uebersetzung. Die Ausstattung ist zufriedenstellend, 
so dass der Preis von 10 Sgr. für das Heft von 
9 Bogen ein mässiger genannt werden kann. 

Wie das Original, so besteht auch die Ueber- 
setzung aus 2 Abtheilungen, von denen die erste 
die Aufzählung der Florblumen des freien Landes, 
die zweite aber Vorschriften zu ihrer praktischen 
Anwendung enthält. Es ist diese zweite Abtheilung 
besonders, welche wir Liebhabern, da sie gewöhn- 
lich auf diesem Felde der Gärtnerei rathlos dastehen, 
empfehlen. Vor Allem hat die Teppichgärtnerei 
durch gelungene, in bunten Farben gegebene Zeich- 
nungen -in dem Werke Ausdruck gefunden. 

Wir wünschen aber doch, dass die beiden 
Uebersetzer bisweilen etwas vom Texte abgingen, 
um damit das Buch den deutschen Lesern angeneh- 
mer zu machen. Blumenzucht muss allen Menschen, 
Reichen, wie Armen, ein Bedürfniss, aber auch eine 
Erholung von den überstandenen Arbeiten sein. Dazu 
gehört aber, dass sie sich auch in den Benennungen 
der Blumen heimisch fühlen. Während in dem fran- 
zösischen Originale die alphabetische Reihenfolge nach 
den französischen Benennungen geschieht, ist sie in 
der Uebersetzung nach den lateinischen geschehen. 
Warum nicht auch nach den deutschen? Für viele 
anfangs fremde Florblumen sind bereits sinnige Na- 
men eingeführt worden, wie z. B. Gedenkemein für 
Omphalodes linifolia, so dass es wohl wünschens- 
werth wäre, dass sie weiter bekannt würden. Die 
in der Regel nur aus dem Lateinischen übersetzten 
englischen und französischen Namen haben dagegen 
uns Deutsche gar keinen Werth und könnten 
„anz weggelassen werden. Warum haben die Ver- 
B. für Agapanthus nicht den weit 
passenderen Namen Liebesblume anstätt Schmucklilie 
um so mehr gewählt, als er mit der Geschichte der 
Pflanze im Zusammenhange_ steht. 
allerdings als Synonym gebracht. 
die ächt Benennung 


für 


fasser aber z. 


Später wird er 
Für Adonis wäre 


deutsche Christusauge auch 


besser gewesen. 


Von den lateinischen Synonymen | 


hätten sehr viele wegbleiben können, da doch keine 
Vollständigkeit vorhanden ist und das Gedächtniss 
nur unnütz belästigt wird. 

In Betreff der Ableitungen der fremden Namen 
wäre ferner hier und da eine sorgfältigere Bearbei- 
tung, als sie das Original gegeben, zu wünschen 
gewesen. Auch möchten wir den Erfurter Ueber- 
setzer vorliegenden Werkes ersuchen, sich bisweilen 
in Betreff der Kulturen bei seinen Landsleuten zu 
erkundigen, da manche Kultur, welche in Frankreich 
seboten ist, wegen der anderen klimatischen Ver- 
hältnisse bisweilen in Deutschland nicht passt. 

Man wird uns bei diesen gegebenen Winken bei 
der weiteren Uebersetzung nicht missverstehen; wir 
glaubten es im Interesse des Werkes selbst zu thun, 
um es dadurch dem Publikum noch nützlicher zu 
machen, als es ausserdem schon ist. Wir wieder- 
holen, dass wir für unsere Florblumen kein geeig- 
neteres Werk als dieses in Deutschland haben und 
wir es demnach mit Fug und Recht empfehlen können. 


Für Liebhaber alter Pflanzenwerke. 


Eins der interessantesten Werke dieser Art aus 
der ersten Hällte des vorigen Jahrhunderts ist des 
Regensburger Apothekers Joh. Wilh. Weinmanns 
Phytanthozoiconographia. Es besteht aus 
4 starken Foliobänden mit schönen, grossen Abbil- 
dungen der damaligen Gartenpflanzen. Leider haben 
die Künstler, unter denen sich auch der bekannte 
Maler Ridinger befand, dabei mehr ihren Stand- 
punkt, besonders in Betreff der Farben, eingenommen, 
als den der Natur. Dieses Werk ist der Redaktion 
für den geringen Preis von 30 Thalern angeboten. 
Liebhaber, welche sich für dergleichen Werke, aus 
denen sich die Geschichte unserer Gartenpflanzen 
am Besten studiren lässt, interessiren, mögen sich 
an den jetzigen Eigenthümer Dr. Waltl in Passau 
wenden. 


Die K. Lehranstalt für Obst- und Weinbau 


zu Geisenheim am Rhein 
nimmt noch fortgesetzt Zöglinge auf. Der Direktor 
der Anstalt ertheilt nähere Auskunft über die Auf- 
nahme-Bedingungen und vermittelt die Unterkunlt 
der Schüler. 
Geisenheim, den 20. November 1872. 


Für das Direktorium: ©. Hüttig. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgräfzer-Strasse 15. 


Wochenschrift 


Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pflanzenkunde. 


Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 


Berlin, den 21. December. 


No. J1. 


Preis des Jahrganges 5% 


Thlr., sowohl bei Dede durch) a Buchhandel, als auch franco durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Sonntag, den 22. December, Vormittags 11 Uhr, findet im Lokal des Klubs der Landwirthe, Französische Str. 48, eine 
Versammlung des Vereines statt, wozu die geehrten Mitglieder eingeladen werden. Unter den zu berathenden 
Gegenständen wird auch die Beschlussnahme über 2 künftige Gestaltung des Organes des Vereines stattfinden. 


Inhalt: Die nekalaiE des Obstbuumies End: seiner F Taentei — Die bl: und F orstprodukte n- ak ee im 
Glaspalaste zu München. 


Die Entwickelung des Obstbaumes 
und seiner Früchte. 
Ein Vortrag, 
gehalten am 11. Oktober während der zweiten allgemeinen Sitzung 
der 6. Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter 
zu Braunschweig. 

Meine Herren! Erschrecken Sie nicht, 
ich mit meinem Vortrage ex ovo beginne, das heisst, 
mit dem Ei oder der ersten Zelle, aus der jedes 
organische Individuum entsteht, es ist aber eine 
Nothwendigkeit, wenn ich verstanden sein will. Die 
Pflanze ist viel einfacher als das Thier, also auch 
in ihren Erscheinungen weit leichter aufzufassen. 
Was wir von diesem aus dem Innern seines Lebens 
wissen, haben wir zum Theil erst indirekt durch das 
Studium der Pflanze erfahren. 

Die ganze Pflanze ist bisweilen gar nichts wei- 
ter, als eine einzelne Zelle, oder doch nur ein Kom- 
plex mehr oder weniger selbständiger Zellen. Diese 
Zelle lebt, d. h. sie hat im Innern einen eigenthüm- 
lichen Körper, das Protoplasma, das beständig von 
Aussen Stoffe einnimmt und andere nach Aussen 
abgibt. Unter den Stoffen, aus denen das Proto- 
plasma besteht, ist auch der beweglichste, 
immerfort neue Verbindungen eingeht, der Stickstoff, 
Die Haut, die ringsum das in einer dicklichen Flüs- 
sigkeit befindliche Protoplasma einschliesst, existirt 


wenn 


weil er 


nicht, die 


für die in beiden befindlichen Stoffe, d. h. Luft und 
Wasser können durch diese Haut ungehindert in die 
Zelle ein- und austreten. Es ist demnach für die 
Wechselwirkung des Protoplasma’s mit der Aussen- 
welt ganz gleichgültig, ob die Zellhaut da ist oder 
Veränderungen, durch Ein- und Ausgabe 
doch vor. In neuester Zeit sind 
diese Wechselwirkungen und die dadurch bedingten 


bedingt, sehen 
Bewegungen innerhalb der Zelle genau verfolgt wor- 
den und man ist zu bewunderungswürdigen Resul- 
taten gekommen. Man hat gefunden, dass die ver- 
schiedenen Bewegungen verschiedene Zwecke haben. 


Es würde zu weit führen, wollte ich weiter darauf 
eingehen. 
Jeder organische Körper, demnach auch die 


Pflanze und speziell hier der Obstbaum, hat sein 


Leben hindurch zwei Aufgaben. Er muss sich erstens 
im Kampfe mit der Aussenwelt durch Einnahme und 
Ausgabe von Stoffen so lange als möglich zu erhal- 
ten suchen, mit anderen Worten. er muss sich er- 
nähren. Zieht er schliesslich 
Aussenwelt den. kürzeren, so ist er krank, geht er 
darin unter, todt. Tritt das Letztere ein, 
so hat der Körper als Individuum einer Art bereits 
gesorgt, dass einzelne Zellen vorher sich ausschei- 
den und selbständige Organismen werden, 
um mit demselben Kampfe ein neues Leben beginnen. 
Jeder lebende Körper muss also nicht allein sich er- 


im Kampfe mit der 


so ist er 


die wieder- 


nicht für die Luft, so wie nicht für das Wasser und | nähren, sondern auch seine Art zu erhalten suchen. 


al 


402 


Diese beiden Aufgaben hat jeder lebende Kör- 
per, auch die Pflanze, selbst wenn sie nur aus einer 
einzigen Zelle besteht. In diesem Falle sieht man 
keine Theilung der Arbeit. Wo die Pflanze aber 
aus einer oder mehrern Zellen, oder gar aus Zellen- 
Komplexen besteht, beginnt in so fern eine Theilung 
der Arbeit, als bestimmte Zellen nur für die Ernäh- 
rung, andere für die Erhaltung der Art, d. h. für die 
Fortpflanzung, sorgen. Im letzteren Falle tritt auch 
schon bald der Gegensatz des männlichen und weib- 
lichen Prinzips, beides durch besondere Zellen ver- 
treten, hervor. Es müssen hier in Kontakt tretende 
Kräfte, an bestimmte Zellen gebunden, gleichsam 
Oppositionen, vorhanden sein, die aufeinander ein- 
wirken und dadurch etwas Neues hervorrufen. 

(Redner erläutert durch Zeichnung an der Tafel 
die Bewegung der ein- und ausgehenden Stoffe.) 

Das ist eine Art der Fortpflanzung, die Zeu- 
gung. Die andere ist einfacher. Hier werden nur 
Zellen oder Zellenkomplexe vom mütterlichen Kör- 
per abgestossen und existiren alsbald als besondere 
Individuen. x 

Wollen wir jetzt die Fortpflanzung der Art über- 
haupt auf einige Minuten in den Hintergrund stellen 
und uns zunächst wieder mit der Zelle und ihrer 
Aufnahme von Stoffen behufs der Ernährung be- 
schäftigen. 

Wo die Pflanze aus einem grossen Komplex von 
Zellen besteht, ist sie doch aus einer einzigen her- 
vorgegangen. Aus der einen Zelle sind allmählig 
mehre geworden, bis schliesslich das Individuum 
vollkommen entwickelt war. Die Vermehrung der 
Zellen findet durch gänzliche Neubildung (Tochter- 
zelle) innerhalb einer alten (Mutterzelle) oder durch 
Theilung des Zellraumes statt. 

Die Neubildung von Zellen geschieht in der Re- 
gel nur in den Organen der geschlechtlichen Fort- 
pflanzung, und zwar durch Trennung des Protoplasma 
in mehre Theile. Dabei bildet sich in jedem abge- 
sonderten Theil eine neue Haut. Die alte Haut der 
Mutterzelle wird dagegen aufgesaugt und verschwin- 
det. Im anderen Falle der Vermehrung geschieht 
diese dadurch, dass an der inneren Zellwandung 
Scheidewände sich bilden und den ganzen Raum 
durchgehen. Man nennt diese Vermehrung vorzugs- 
weise die durch Theilung- 

Die Theilung der Zellen geschieht hier anfangs 
hauptsächlich senkrecht, später auch wagerecht. Dass 
die Vergrösserung und Vermehrung der Zellen, resp. 
Vergrösserung des Pflanzenkörpers, nur durch weitere 
Aufnahme von mehr Nahrungsstoffen geschehen kann, 
versteht sich eben so, als dass mehr aufgenommen, 


als ausgegeben wird. Man. bezeichnet diese Mehr- 
aufnahme, wobei nicht allein eine Vergrösserung, 
sondern auch eine Vermehrung von Zellen geschieht, 
als Wachsthum der Pflanze. 

Sobald eine grössere Menge von Zellen in einem 
Pflanzenkörper vorhanden ist, so beginnt Theilung 
der Arbeit in der Ernährung. Bestimmte Zellen neh- 
men nur Nährstoff aus dem Boden auf, andere ver- 
arbeiten ihn, wiederum andere dienen als Magazin, 
wo das Verarbeitete, d. h. die näheren Bestandtheile, 
welche nun unmittelbar in die Pflanze übergehen 
und zur Nahrung dienen, niedergelegt werden. Aus 
diesen Magazinen werden die auflgespeicherten Nah- 
rungsmittel endlich durch aus der Erde aufgenom- 
menes Wasser in der nächsten Vegetation zu den 
Organen, hauptsächlich zu den Knospen, den Trä- 
gern und Anfängen der neu sich bildenden Organe, 
geführt. Damit beginnt zunächst bei uns, wo das 
Leben durch den Winter unterbrochen wird, die 
neue Vegetation. Auf diese Weise sind, wie man 
sieht, eine Reihe von Zellen, welche aber verschie- 
dene Funktionen ausüben, Die Zellen 
behalten dabei bisweilen nicht ihre ursprüngliche 
Gestalt, sondern ändern diese, wachsen wohl auch 


vorhanden. 


zusammen und bilden dann sogenannte Leitzellen 
oder Gefässe, neuerdings auch Fibrovasalstränge 
genannt. 


Sie können denken, wenn ein Baum von hun- 
dert Fuss Höhe aus der Erde die rohe Nahrung aul- 
nimmt, möchte es bei der gewöhnlichen Lage und 
Stellung der Zellen lange dauern, bis der rohe Nah- 
rungssaft aus einer Zelle zur andern bis zu den 
Blättern gelangt, wo erst die schliessliche Verarbei- 
tung dieses rohen Nahrungstoffes in die näheren 
Bestandtheile geschieht, wenn nicht von der Natur 
für ein rascheres Aufsteigen gesorgt wäre. Der 
rohe Nahrungssaft hat an und für sich, entgegenge- 
setzt dem Einfluss der Schwere, die Neigung, nach 
oben zu gehen. Durch welche besondere Kraft dies 
geschieht, wissen wir nicht, denn alle bisher ge- 
gebenen Erklärungen reichen nicht aus. In seitliche 
Organe, also z. B. in die unteren Aeste und Blätter, 
kommt der aufsteigende Nahrungsstoff viel später, 
als in die Spitze der Pflanze. 

Wenn Sie eine Sonnenblume eine Zeitlang nicht 
begiessen und recht austrocknen lassen, so dass 
alle Blätter schlaff herunterhängen, und nun auf ein- 
mal wieder Wasser geben, so werden Sie finden, 
dass die obersten Blätter zuerst mit dem nöthigen 
Wasser versehen sind und demnach wiederum in 
die Höhe gehen, die unteren dagegen erst später steif 
werden. Es wird dieser Umstand vielleicht einiger- 


403 


massen dadurch erklärt, dass in den äussersten 
Spitzen einer Pflanze die Thätigkeit am lebendigsten 
ist. Hier sind die Zellen am jüngsten und deshalb 
auch im Kampfe mit der Aussenwelt am kräftigsten. 
Die Jugend hat auch beim Menschen mehr Thatkraft, 
als das Alter. Die tiefer liegenden Zellen sind, um 
mich des vulgären Ausdrucks zu bedienen, mehr 
oder weniger überarbeitet, d. h. im beständigen 
Kampfe mit der Aussenwelt unterliegen sie endlich 
mehr oder minder rasch. 

Die Thätigkeit der Zellen wird um so geringer, 
je länger sie schon gearbeitet haben. Schliesslich 
hört sie ganz auf. Damit ist die Zelle für die Pflanze 
todt. Bei den Thieren wird die abgenutzte Zelle 
ausgeschieden, bei den Pflanzen aber, wenigstens 
bei den höheren, wie den Obstbäumen, von denen 
ich hier nur spreche, ist das nicht der Fall. Da 
bleiben die Zellen als todte noch im Pflanzenkörper 
zurück und dienen, ähnlich wie die Knochen bei den 
höheren Thieren, zum Gerüst der Pflanze. Sie bil- 
den das Holz der Bäume. Zwischen ihm und der 
Rinde befinden sich die neu sich bildenden Zellen 
als sogenanntes Cambium. Aus diesem werden 
hauptsächlich sich wieder Leitzellen (Gefässe), welche 
den rohen Saft aufwärts zu den Blättern führen, und 
Holzzellen zur Aufnahme der in den Blättern berei- 
teten näheren Bestandtheile, besonders des Stärkmehls, 
bilden. Da diese Neubildungen zum Theil dem Holze 
sich anlagern und schliesslich zu diesem werden, So 
bilden sich alljährig Ringe: die Jahresringe. An die- 
sen Jahresringen erkennen wir das Alter eines Obst- 
baumes und das seiner Aeste. Der Zweig, als der 
jüngste Ast, ist das verlängerte Auge, der erste Trieb. 
Seine Leit- und Holzzellen, die den ersten Ring bil- 
den, verdicken sich im Herbste und werden dann, 
was man reif nennt. Je reifer das Holz geworden 
ist, um so mehr widersteht es der Kälte. 

Wenn wir einen Obstbaum hinsichtlich seiner 
Zellen von unten nach oben betrachten, so finden 
wir, dass die untersten Zellen die Wurzeln bilden. 
Von diesen sind die feinen Fasern noch sehr jung 
und bestehen aus thätigen Zellen, welche den rohen 
Nahrungssaft, aber auch das nöthige Wasser, aufneh- 
men. Weiter hinauf strecken sich die Zellen und 
gehen nach und nach in die Leitzellen oder Gefässe 
über. In diesen kommt der rohe Nahrungssaft rasch 
in die Spitzen des Stammes, sowie seiner Aeste und 
Zweige, welche letztere mit Blättern besetzt sind. 
Die sogenannten Nerven und Adern führen ihn weiter 
nach rundlichen Zellen, welche den rohen Saft bei 
Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft umarbeiten. 

Das Protoplasma hat in den Blättern eine grüne 


Farbe und führt deshalb den Namen Chlorophyll oder 
Blattgrün. Man belegt wohl auch nur einen Theil 
des Protoplasma’s, und zwar den, von dem die Um- 
arbeitung auszugehen scheint, mit diesem Namen. 
Man glaubt, dass Eisen eine wichtige Rolle dabei spielt. 

Bei der Zerlegung der Kohlensäure wird Koh- 
lenstoff aufgenommen, aber nur wenn das Licht hin- 
zutritt, der Sauerstoff hingegen wird frei. Auf diese 
Weise wird durch die Pflanze die Luft für uns Men- 
schen verbessert. 

Es findet in Betreff des Athmens, womit man 
diesen Akt der Zersetzung der Kohlensäure bei den 
Pflanzen ebenfalls gern belegt, bei der Pflanze also 
ein umgekehrter Process statt, als bei uns Menschen 
und bei den Thieren. Wir athmen Kohlensäure aus, 
indem dazu erst der Sauerstoff der Luft eingenom- 
men und Kohlenstoff verbrannt wurde Es ist sehr 
weise gesorgt, dass die Blätter eine Fläche bilden 
und damit möglichst viele Zellen vom Lichte, das, 
wie gesagt, bei der Zersetzung der Kohlensäure 
durchaus nothwendig ist, beschienen werden können. 

Wenn übrigens mit dem Begriffe Blatt sich bei 
uns die Idee einer Fläche verbunden hat, so ist 
letztere nicht immer absolut nothwendig. Blätter 
können alle möglichen Formen haben. Es ist hier- 
über eine Vorschrift von der Natur nicht gegeben. 
Wir haben uns an diesen Begriff der Fläche gewöhnt, 
weil es bei unsern Vegetabilien meist so ist. In Neu- 
Holland haben die Blätter oft, wie bei uns die Nadel- 
hölzer, eine Nadelform. 

Die näheren Bestandtheile der Pflanzen bestehen 
hauptsächlich aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasser- 
stoff; man denkt sie sich aber auch als aus Kohlen- 
stoff und Wasser (was aus Wasserstoff und Sauer- 
stoff besteht) zusammengesetzt und nennt sie deshalb 
auch Kohlenstoffhydrate. Es gehören hierher vor 
Allem Stärkemehl, Zucker und Schleim, so wie die 
Säuren und Oele. Einige haben aber auch ausser- 
dem noch Stickstoff, wie z. B. die sogenannten Al- 
kaloide. 

Diese näher bezeichneten Stoffe werden aber, 
wie schon gesagt, bei den höheren Pflanzen nicht 
gleich benutzt, sondern erst in die früher schon er- 
wähnten Magazinzellen gebracht. Das geschieht wie- 
derum durch Leitzellen. Diese unterscheiden sich 
aber wesentlich in ihrer Struktur von jenen, welche 
den rohen Naährungssaft aufwärts führten, indem die 
Scheidewände zweier über einander stehenden Zel- 
len nicht aufgelöst, sondern nur durchlöchert werden. 
Man nennt sie deshalb auch zum grossen Theil 
Siebröhren. 

Die Magazinzellen sind bei den Obst- und an- 


Sl” 


404 


deren Bäumen hauptsächlich das Holz. Bei vielen 
krautartigen und zweijährigen Pflanzen, wo gegen 
den Winter hin die ganze überirdische Pflanze ab- 
stirbt und sich auf einige dem unterirdischen Theile 
(dem Wurzelstock oder der Wurzel) aufsitzende Knos- 
pen beschränkt, finden sich oft besondere Organe 
für die Aufnahme der eigentlichen Nährstoffe, die 
sogenannten Knollen, Zwiebeln, Rüben u. s. w. vor. 

M. H.! Sie haben vom Frühlingssaft und vom 
Sommersalt gehört und auch selbst gesprochen. Das 
ist der Salt, welcher aus den Magazinen, mit Hülfe 
des durch die Wurzeln aufgenommenen Wassers, in 
flüssiger Form zu den bestimmten Orten geführt wird, 
um daselbst Neubildungen am Obstbaume für das 
nächste Jahr anzulegen oder diese Neubildungen zur 
weiteren Entwickelung zu bethätigen. Zwischen bei- 
den Arbeiten liegt ein Zwischenraum von kürzerer 
oder längerer Zeit, der hauptsächlich durch die Thä- 
tigkeit der Chlorophylizellen in den Blättern ausge- 
fült wird. Die Zeit des Frühlings- und Sommer- 
saltes erkennt man, wenn die Rinde sich löst. 

Der Frühlingssaft, d.h. der im vorigen Sommer 
bereitete, in Magazinen aufgehäufte und erst im Früh- 
ling flüssig gewordene Saft dient zur Ausbildung der im 
Sommer vorher angelegten Knospen, der Sommer- 
oder Johannisaft wird dagegen von den eisten Früh- 
lingsblättern hergestellt und ebenfalls in Magazinen 
niedergelegt, bis im Sommer die Zeit kommt, wo er, 
ebenfalls durch aufgenommenes Wasser, flüssig wird 
und hauptsächlich zur Anlage und ersten Entwicke- 
lung der Knospe im Winkel der Blätter, nicht weni- 
ger aber auch zur Ausbildung der Früchte dient. 

Wenn also im Frühjahre die Blätter arbeiten, 
so werden diese verarbeiteten Stoffe nicht etwa für 
die bereits im vorigen Jahre angelegten Blüthen ver- 
wendet, sondern niedergeschlagen, um erst im Juli 
oder August, bisweilen schon gegen Ende Juni, ver- 
braucht zu werden. Unterdess sind durch das Ver- 
längern der Zweige neue Blätter mit grösserer Ar- 
beitsbefähigung, die wieder dieselben Nährstoffe bil- 
den, entstanden. Letztere werden aber wiederum 
nicht alsbald verarbeitet, sondern dies geschieht erst 
im Frühjahr. 

Ich habe bereits der Knospe mehrfach Erwäh- 
nung gethan. Ehe ich zur zweiten Hauptthätigkeit 
der Pflanze, zu der Fortpflanzung (oder vielmehr 
Erzeugung bei dem Obstbaume) übergehe, muss ich 
doch noch einige Worte über diese und deren Ent- 
stehung sagen. Die Pflanze ist, wie bereits schon 
ausgesprochen ist, keineswegs immer ein einfaches 
Individuum, sondern bei den Obstgehölzen in sofern 
ein zusammengesetztes, als die einfache erste Pflanze, 


wie sie aus dem Embryo hervorgeht, nlehbt so bleibt, 
sondern später als Stamm der Träger von neuen 
Individuen, die aus Knospen hervorgehen, wird. Jede 
Knospe durchläuft in dem Zeitraume der sogenannten 
guten Zeit im Jahre (Frühling, Sommer und Herbst) 
denselben Lebenslauf durch, den ihr Träger durch- 
gelaufen hat, und wird selbst wieder Träger von 
Knospen. 

Die Knospe entsteht seitlich oder ist die Fort- 
setzung und das Ende des ersten Stammes oder der 
Acste. Im ersteren Falle erheben sich kurz darauf, 
nachdem das Blatt angelegt ist, im Winkel desselben 
eine und mehre Zellen und bilden eine Aıt Warze. 
Diese Warze verlängert sich wenig, wird aber an 
ihrer Basis durch kleine verkümmerte Blätter (den 
Knospenschuppen) umgeben, welche sie mit ihren 
Neubildungen, d. h. lebensfähigen Anlagen ächter 
Blätter, namentlich im Winter, gegen Kälte schützen. 

Dass diese Knospen dann im Frühling, resp. 
bisweilen zur Zeit des Sommersaltes, sich verlängern 
(ausschlagen), ist ebenfalls bereits mitgetheilt worden. 

Nun kommen wir zur zweiten Hauptthätigkeit 
der Pflanze, zu der geschlechtlichen Fort- 
pflanzung oder Zeugung. Ihre Organe nennt man 
bei dem Obstbaume, wie bei jeder anderen höheren 
Pflanze: Blüthe. Diese besteht aus Organen, welche 
Träger des männlichen (Staubgefässe), und aus an- 
dern, welche Träger des weiblichen Prinzipes sind 
(Stempel, Fruchtknoten). Ausserdem finden sich aber 
bei dem Obstbaume noch zweierlei Organe, von 
denen die innern meist gefärbt, 
die anderen grün sind, vor. 
den Kelch, die ersteren die Blume oder Blumen- 
krone. Alle diese Organe sind nichts weiter als 
veränderte Blätter. 

Die Blüthe wird auf gleiche Weise gebildet, wie 
die Knospe und stellt bisweilen auch einzeln oder 
zu mehrern vereinigt eine solche dar. Auch sie wird 
von Knospenschuppen umgeben. Wir haben bei 
manchen Pflanzen Blüthen- und Blattknospen. für sich, 
bei anderen befinden sich Blätter und Blüthen in 
einer und derselben Knospe. In diesem Falle stehen 
die Blüthen entweder an der Spitze, oder in dem 
Winkel der Blätter oder endlich an der Basis. 

Zur Ausbildung der Blüthenknospe, ebenso wie 
der Blattknospe, dient der im Sommer vorher in den 
Holzzellen aufgehäufte Saft. Es kommt aber auch 
vor, dass dieser nicht genügt und es mehre Jahre 
dauert, bevor die Blüthe sich bildet und zur Frucht 
sich entwickelt. Es ist dieses bei vielen Myrtaceen, 
z. B. bei vielen Arten aus Neuholland mit holzigen 
Früchten, aber auch bei unseren kultivirten Aepfeln 


d. h. nicht grün, 
Die letzteren bilden 


405 


und Birnen der Fall. Jedermann weiss, wie lange 
ein Borsdorfer Apfel gebraucht, bevor er an seinem 
Fruchtspiesse erscheint; ist er aber an dem Träger 
einmal dagewesen, so kommen in der Regel bei 
richtiger Vertheilung der Nahrungssäfte alljährig 
neue Aepfel hervor. Dass man durch Beschneiden 
der Zweige die Zeit verkürzen kann, ist bekannt. | 
Man muss sich dabei nur hüten, dass die vermehrte 
Nahrung nicht der Vegetation, sondern der Frucht- 
bildung zu Gute kommt. Bei richtigem Verständniss 
mit genauer Kenntniss der obliegenden klimatischen 
Verhältnisse werden Fehlgriffe beim Beschneiden der 
Obstbäume nicht leicht vorkommen. 

Zu viel Nahrung, das weiss man aus Erfahrung, 
macht schliesslich die Pflanze unfruchtbar. Es ist 
demnach ebenso, wie bei den Thieren, wenn sie 
zu viel zu fressen bekommen. Es liegt in der Pflanze, 
dass sie, ehe sie abstirbt, für ihre Fortpflanzung 
sorgt. Wenn sie wenig Nahrung bekommt, so dass 
sie kaum existiren kann, so fängt sie sehr olt noch, 
bevor sie zu Grunde geht, zu blühen an, um wenig- 
stens vor ihrem Untergange durch Hervorbringung 
von Früchten die Art zu erhalten. Unser Gummi- 
baum (Ficus elastica) bringt in der Regel bei der 
sorgsamsten Pflege in den Gewächshäusern kaum 
eirimal Früchte hervor, während er in den Familien, 
wo man ihn meist ungeschickt behandelt, ihn einmal 
zu viel begiesst, das andere Mal zu wenig oder gar 
nicht, wo er in der That ausserdem oft wahrhaft 
malträtirt wird, nicht selten blüht, bevor 
Grunde geht. y 

Die Blüthenknospen befinden sich bei unserem 
Kernobste am untersten Theile der Zweige, weil da- 
selbst am meisten Nahrung in den Zellen abgesetzt 
ist. Dass hier noch mehr Nahrung aufgehäuft wird, 
dafür kann man künstlich, wiederum durch das Be- 
schneiden der Zweige, sorgen. Um so besser die 
Ablagerung geschieht, um so grösser und sicherer 
wird die Erndte werden. Unter Umständen wird 
bisweilen der hier aufgehäufte Nahrungsstoff durch 
die Vegetation aufgezehrt. In diesem Falle kommen 
die Fruchtaugen am unteren Theile des Zweiges 
nicht zur Entwickelung, sie bleiben schlafend. 
ist aber Aufgabe eines guten Obstgärtners, bei der 
Behandlung dahin zu wirken, dass dieses nicht ge- 
schieht und in der Vegetation und Fruchtbildung 
stets eine bestimmte Harmonie vorhanden ist. 

Es ist bekannt, dass man, wenn bei dem Feigen- 
und Birnbaum am alten Holze sogenannte nackte 
Stellen vorhanden, solche schlafenden Augen sucht, 
und einen Schnitt, nicht unterhalb, wie bei dem 
Ringeln, sondern oberhalb bis auf das Holz macht, | 


er zu 


sar 
Es 


um das Auge zur Thätigkeit, d. h. zum Austreiben 
zu bringen. Dieses schlafende Auge sollte ursprüng- 
lich zwar eine Blüthenknospe werden, es wird aber 
in diesem Falle keine Blüthen-, sondern eine Laub- 
knospe. Physiologisch ist diese höchst interessante 
Erscheinung leider noch gar nicht erforscht, die 
Thatsache den meisten Botanikern selbst sogar völlig 
unbekannt. 

Ich muss mich schliesslich noch kurz über den 
Begriff Frucht aussprechen. Frucht ist in der 
Wissenschaft der reifgewordene Fruchtknoten. Der 
Fruchtknoten ist aber der Theil des Stempels in der 
Blüthe, in dessen Innern die Eichen als erste An- 
lagen des späteren, den Embryo einschliessenden 
Samens sich befinden. Diese Höhlung wird entweder 
durch Zusammenwachsen von Fruchtblättern gebildet 
(oberer Fruchtknoten) oder stellt eine Versenkung 
der Spitze des Blüthenbodens dar (unterer Frucht- 
knoten). 

Im gemeinen Leben nennt man dagegen Alles, 
was gegessen wird, wie die Kartoffeln, Frucht, und 
schliesst damit oft eine Menge ächter Früchte, weil 
sie nieht gegessen werden, aus. Man hat in Ost- 
und Westindien Bäume (Semecarpus oceidentalis und 
Anacardium orientale), wo die eigentliche Frucht, 
weil giftig, weggeworfen, dafür aber ein Theil des 
Fruchtstieles, der fleischig geworden ist und ange- 
nehm säuerlich schmeckt, von den Eingeborenen als 
Frucht gegessen wird. Solcher vermeintlicher Früchte 
besitzen wir nicht wenige. 

Hier haben wir Erdbeere. Was Sie da 
essen, ist nicht etwa die Frucht, sondern der oberste 
fleischig gewordene Theil des Fruchtbodens, um den 
herum die kleinen, Körnern gleichenden Früchtchen 
eingesenkt sind. So ähnlich die Himbeere auch ist, 
so werden hier doch die ächten Früchtehen, zu einer 
Sammelfrucht vereinigt, gegessen. Was anders ist 
es bei der Maulbeere, wo die Blüthenhüllen fleischig 
geworden und das Essbare an der Frucht sind. Bei 
der Feige essen wir ebenfalls den Fruchtboden., 
Dieser ist nur nicht konvex und verlängert, wie bei 
der Erdbeere, sondern stellt eine Höhlung dar, von 
der die Blüthen und Früchte eingeschlossen werden. 
Grade so ist es bei dem Kernobste, nur dass in der 
Höhlung nicht Blüthen, sondern Stempel eingesenkt 
sind. Bei dem untern Fruchtknoten, z. B. bei der 
Stachelbeere, erhalten sogar nur die Eichen in der 
Höhlung ihre Entwickelung. Man isst hier, wie bei 
der Feige, eigentlich nur den Blüthenboden. 

Wenn aus dem Fruchtknoten die Frucht werden 
soll, muss der Blumenstaub aus den Staubbeuteln 
heraustreten und auf die Narbe, welche dem Frucht- 


eine 


* 


406 


knoten unmittelbar aufsitzt oder vermittelst eines 
Stieles (des Griffels) mit diesem verbunden ist, fallen. 
Es tritt aus jedem Staubkorn ein gestreekter Schlauch 
(Pollenschlauch) heraus und begibt sich durch eine 
besondere Röhre oder zwischen dem Zellgewebe 
hindurch nach dem Innern der Fruchtknoten -Höhle, 
um das dazu vorbereitete Eichen zu befruchten. 
Dieses geschieht, indem der Pollenschlauch durch 
das Keimloch des Eichen bis zu dem sogenannten 
Embryosack, einer im Innern des Kernes liegenden 
Zelle, vordıingt und in dieser die Bildung einer neuen 
Zelle, welche der Anfang des Embryo’s ist, bedingt. 

Ist die Befruchtung geschehen, so wird alles 
von der Pflanze auf die weitere Entwickelung der 
Frucht, resp. der Früchte gerichtet. Fast sämmt- 
licher Nahrungstoff geht zur Frucht, während die 
eigentliche Vegetation zwar nicht ganz stille steht, 
aber doch kaum zu bemerken ist. Die Massen Nah- 
rungsstoff, welche zur Ausbildung der Frucht und 
vor Allem des Embryo’s nothwendig werden, sind 
bei allen Pflanzen, auch bei dem Obstbaume, sehr 
bedeutend. 

M. H.! Ich sehe, dass ich schon sehr lange 
gesprochen habe, es sind auch noch Andere da, 
welche gehört werden sollen. Es möchte Zeit sein 
zu Schliessen, obwohl die eigentliche Entwickelungs- 
geschichte der Obstfrucht erst noch kommen müsste. 
Bis jetzt habe ich mich mit Zeichnungen beholfen, 
um verständlich zu werden, für die Entwickelungs- 
geschichte gehört aber das Mikroskop, mit dem hier 
zu operiren zu umständlich sein dürfte. Nehmen 
Sie deshalb mit dem, was ich hier gegeben, fürlieb. 


Die i 
Holz- und Forstprodukten-Ausstellung 
im Glaspalaste zu München 


in der letzten Woche des Septembers. 

Wer in der letzten Woche des Septembers in 
München gewesen ist und an den Verhandlungen 
der Land- und Forstwirthe, oder auch der zu einer 
besonderen Sektion zusammengetretenen Obst- und 
Gemüsezüchter, oder endlich der süddeutschen Wein- 
produzenten Theil hatte Gelegenheit, 
manches Interessante zu erfahren und nicht weniger 
auch zu sehen, was den Gärtner und nicht weniger 
den Botaniker in Anspruch zu nehmen geeignet war. 
Der überaus rührige und, wo es sich um Belehrung 
handelt, besonders thätige Gartenbauverein von 
München hatte in den geschlossenen Räumen eines 


genommen, 


königlichen Schlosses, und verbunden mit dem so- 
genannten Wintergarten, eine Ausstellung von Pflan- 
zen und Blumen veranstaltet, die schon wegen des 
eigenthümlichen Lokales, ornamentaler und prunkvoller 
Zimmer in dem sie stattfand, Beachtung verdiente 
und auch fleissig besucht wurde. In einem anderen 
Lokale dagegen, und zwar in dem sogenannten Odeum, 
befand sich eine Gemüse- und Obst-Ausstellung, von 
der besonders die erstere unsere Aufmerksamkeit 
wegen der Reinheit und Schönheit, nicht weniger 
aber auch wegen der Güte der einzelnen Gemüse in 
Anspruch nahm. Man erkannte es rasch, dass Mei- 
ster in der Gemüsezucht, als welche man wohl die 
Bamberger Gärtner nennen darf, hier das Beste ge- 
bracht hatten, was auf ihren Fluren gewachsen. War 
das Obst auch keineswegs so schön, als wir es bis- 
weilen wo anders, namentlich noch zuletzt in Bozen, 
gesehen, so hatten die Früchte doch den einen Vor- 
zug, dass sie richtig benannt waren. Man hatte den 
Dr. Lucas aus Reutlingen berufen, um, wo nöthig, 
die richtige Nomenklatur herzustellen, ausserdem 
aber ein Sortiment des in Altbayern gedeihenden 
Kernobstes zur Kenntnissnahme und Belehrung zu 
bringen. Wollte man doch allenthalben die gärtneri- 
schen Ausstellungen nutzbarer machen! Gewöhnlich 
wird auf Ausstellungen gebracht, was zufällig einiger 
Massen ausstellungsfähig ist, man theilt Preise aus, 
die keineswegs immer dem Verdienste zufallen, und 
die Schauenden gehen in der Regel wieder so klug 
daheim, wie sie gekommen sind. 

Wir haben uns dieses Mal vorgenommen, weder 
über Pflanzen und Blumen, noch über Obst und Ge- 
müse zu berichten, sondern einmal aus dem engeren 
särtnerischen Kreise etwas herauszugehen. Unser 
Bericht betrifft aber ebenfalls Pflanzen, und zwar recht 
gewöhnliche, wie sie besonders in Wäldern und auf 
Mooren vorkommen, in der engsten Beziehung aber 
zu den Menschen stehen. Nicht aber landwirthschaft- 
liche Pflanzen sind es, über die wir sprechen wol- 
len, sondern forstwissenschalftliche. Die grosse in- 
ternationale Industrie- Ausstellung des Jahres 1867 
in Paris bot zwar vielfach weit interessanteres und 
mannigfaltigeres Material, als das was in der letzten 
Woche des Septembers im Glaspaläste in München 
vorhanden war, dar, aber keineswegs war sie So 
belehrend. 

Man hatte schon im Jahre 1870 in München die 
Absicht gehabt, eine möglichst vollständige Darstel- 
lung der Holzproduktion Bayerns durch eine Aus- 
stellung zu geben, der bald darauf ausbrechende 
Krieg liess es aber eben so wenig dazu kommen, 
wie zu anderen nützlichen Unternehmungen. Das 


* 


BON, 


einmal dazu ernannte Comite, bestehend aus dem 
Generalsekretär Müller, dem Professor Naegeli, 
dem Forstrath Rau und dem Garteninspektor Kolb, 
wartete nicht umsonst auf günstigere Zeiten, denn 
schon in diesem Herbste wollte die Versammlung 
deutscher Land- und Forstwirthe in München tagen. 
Wenn auch nicht zu gleicher Zeit, so fand doch das 
dieses Mal am 29. September beginnende Oktober- 
fest gegen das Ende der Dauer der Versammlung 
ebenfalls statt. Es wurde rasch ein Programm aus- 
gearbeitet, nach dem die auszustellenden Gegenstände 
aus dem Pflanzenreiche in 8 Gruppen getheilt wur- 
den. Mit Recht klagte man darüber, dass von Sei- 
ten der Forstbehörden seibst so wenig Theilnahıne 
gezeigt worden war. 

Die Aufstellung war dem Inspektor des botani- 
schen Gartens, Max Kolb, übertragen und geschah 
auch in einer Weise, dass Jeder, mochte er Beleh- 
rung suchen oder seinem ästhetischen Gefühle Rech- 
nung getragen haben wollen, den schönen Raum des 
Glaspalastes gewiss zufrieden gestellt verlassen hat. 
Wenn wir darüber berichten wollen, so können wir 
um so mehr nichts Besseres thuen, als den in der 
Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereines abge- 
druckten Bericht des Inspektors Kolb zu Grunde zu 
legen, als wir uns die Erlaubniss dazu geholt haben. 

Die ganze Ausstellung bestand, wie Max Kolb 
in seinem Berichte sagt, aus 8 Gruppen. Es war 
jedoch, als das Lehrreiche nicht ausser Acht ge- 
lassen werden durfte und das Volumen der Gegen- 
stände hierbei in Betracht zu ziehen war, nicht 
immer möglich, dieselben in Reih und Glied zu ver- 
einen, sondern es erwies sich eine abwechselnde 
Darstellung für die Sache viel zweckmässiger und 
instruktiver. So war es nun beispielsweise darum 
zu thun, die wichtigsten Bäume in lebenden Exem- 
plaren zu zeigen, um welche sodann die Baum- 
scheiben der betreffenden Art oder Gattung aufgestellt 
wurden. Sie gaben auf diese Weise einen lehrreichen 
Beitrag über Blatt-, Stamm-, Rinde-, Quer- und Länge- 
Schnitt und veranschaulichten das Ganze in der best- 
möglichsten Weise. Dass durch diese Aufstellungs- 
weise auch zur Verschönerung beigetragen wurde, 
liegt ausser Zweifel. Nachdem mir namentlich er- 
wünschbar schien, alles Einschlagende zur Vertretung 
zu bringen, und ich zum Oeftern auf das „Selbst- 
Suchen“ angewiesen war, darf ich nicht verhehlen, 
dass die Organisation mit manchen Mühen verbun- 
den war. 

Die meisten Gegenstände waren auf Tischen 
ausgebreitet und in Ermangelung eines Kataloges mit 
deutlich gedruckten Zetteln auf holzfarbigem Papier 


versehen. Bei den lebenden Bäumen war stets die 
Vegetationsgrenze angegeben. 

Mit der Gruppe der unbearbeiteten Hölzer nun 
beginnend, nennen wir zuerst die im Vordergrund 
des Ausstellungsraumes aufgestellten hervorragend- 
sten Waldbäume Bayerns, als Fichte, Tanne, Föhre, 
beide Eichen, Lärche, Erle, Esche, Buche, welche 
in schön gewachsenen 20—25° hohen Exemplaren 
in Wassergefässen aufgestellt und um welche nun 
die Baumscheiben in angemessener Entfernung auf- 
gestellt waren. Unter ihnen befanden sich auch 
andere weniger wichtige Bäume, wie die Latsche, 
der Faulbaum, Vogelbeerbaum, die deutsche Pappel 
und andere. 

Dank der warmen Unterstützung Sr. Excellenz 
des Regierungs-Präsidenten v. Braun in Speyer 
dem dortigen Forstamte eine Anzahl 
hervorragender Baumscheiben eingesandt, deren vor- 
treffliche Etiquettirung höchst interessante Aufschlüsse 
gaben und daher auch allen Fachmännern ein Gegen- 
stand besonderer Aufmerksamkeit waren. 

Die zwei schönsten Eichen-Abschnitte dieser 
Sammlung enthielten folgende Angaben: 

Nr. 1 Stammhöhe: Nr. 1 27, Nr. 2 27 Meter. 
Nutzbare Schaftlänge: Nr. 1 19, Nr. 2 16 Meter. 
Mitteldurchmesser Nr. 1 0,84, Nr. 2 0,98 Meter. 
Oberer Durchmesser Nr. 1 0,45, Nr. 2 0,64 Meter. 
Scheibendurchmesser Nr. 1 1,06 Meter. 

Gesammtholzzahl Nr. 1 36%),, Nr. 2 35 Ster. 

Alter: Nr. 1 603, Nr. 2 338 Jahre. 

In gleicher Weise waren sämmtliche aus der 
Pfalz kommenden Bäume etiquettirt, wobei auch die 
Vorsorge getroffen war, dass gemäss einer ange- 
gebenen Linie, welche, von 10 zu 10 Jahres-Ringen 


wurden von 


gezogen, das Alter der betreffenden Baumscheibe 
leicht verfolgen liessen. 
Während nun die Pfalz die schönsten Eichen 


vorführte, hatte der bayrische Wald nicht minder 
Grund, auf seine schönen Föhren, Fichten und Tannen 
stolz zu sein. So sahen wir aus dem Forstamte 
Zwiesler Waldhaus einen 422 Jahre alten Fichten- 
stamm, bei dem die Stammlänge 42 und die Schaft- 
länge 27 Meter betrug. Als Standort war 3400 Pa- 
riser Fuss über der Meeresfläche angegeben. Eine 
225 Jahre alte Föhrenscheibe hatte v. Poschinger 
ausgestellt, als deren Stammhöhe 21 Meter angegeben 
waren. Eine Tannenscheibe von 366 Jahren mit 
einem Durchmesser von 1,71 Meter war von dem- 
selben Aussteller. 

Den schönsten Lärchenstamm lieferte das Forst- 
amt Zweibrücken, dessen Alter 111 Jahre und die 
Länge 41 Meter zählte. — Birken, Buchen, Eschen, 


408 


Linden, Ulmen von gleichfalls hervorragender Stärke 
waren in grösserer Anzahl vorhanden. 

Der Handelsgärtner Velten von Speier hatte 
mehrere Baumscheiben von seltenen Gartenbäumen, 
wie die Bignonia, Trompetenbaum, Tulpenbaum und 
andere eingesandt. Die Mehrzahl der ausgestellten 
Gegenstände kam in den Besitz des hiesigen bota- 
nischen Museums, wo sie zur Belehrung und zur 
bleibenden Erinnerung an diese schöne Ausstellung 
nun aufbewahrt werden. 

Schliesslich sind noch zwei interessante Kiefern- 


stämme sammt Wurzelstock zu nennen, die das 
Forstamt Zweibrücken eingesandt hatte; dieselben 


hatten 1,15 Meter tief in einer der dortigen Torf- 
schichten gelegen und waren erst unlängst zu Tage 
befördert worden. 

Aus der Gruppe der zubereiteten Hölzer hatte 
der bayerische Wald das Meiste und Beste geliefert. 
Eine ganze Anzahl der vorzüglichsten Resonanz- und 
Klaviatur - Hölzer, mit denen bekanntlich im baye- 
rischen Walde ein grosser Handel getrieben wird, 
hatten v. Poschinger aus Oberzwieselau und Max 
Forster und Sohn in Zwiesler- Waldhaus aus dem 
Forstamte Wolfstein-Freyung eingesandt. Jalousie- 
holzdraht rund, viereckig, gerippt, auf das Feinste 
gearbeitet, Zündholzdraht rund und gerippt in einer 
Länge von 6 Meter, womit eine nicht unbeträchtliche 
Einnahme wird und Absatzgebiete 
Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Schweiz, Italien, 
Frankreich, England und Schweden sind, waren in 
einer seltenen Vollkommenheit vorhanden. 

Zu dieser Rubrik gehören noch eine Menge an- 
derer Gegenstände, welche gleichfalls aus Nieder- 
bayern von mehreren Ausstellern eingesandt worden 
waren, so die verschiedenen Bleistifthölzer, Stäbe 
zur Pinselfabrikation, Federhalter, Leisten und Spie- 
gelrahmen, Jalousiebrettchen, Siebreife, Buchen-, 
Fichten- und Tannen-Schusterspäne, Schuhmacher- 
stifte, Holzspäne für Futteralmacher, Schachtelholz 
so dünn wie Papier geschnitten, ferner Fournirhölzer 
in grösster Auswahl. Aber auch Hölzer, wie Spei- 
chen, Deichseln, Wagenholz, Fassreifen u. s. w. fehl- 
ten nicht. Vorzüglich schöne Winzertsstiefel waren 
vom Kreisforstamt Speyer eingesandt. 

Zu den künstlich gebogenen Hölzern kommend, 


erzielt deren 


hatte namentlich die erst vor kurzer Zeit gegründete 
Fabrik von Seitz u. Comp. eine höchst interessante 
Zusammenstellung in den verschiedensten Biegungen 
ausgestellt. Die Ausstellungs-Gegenstände bestanden 
vom rohen Buchenstamme an bis zum fertig polirten 


3 
Stuhle und zeigten den Fortgang der Fabrikation 
durch die geschnittenen Bretter und gebogenen Theile 
im Rohzustande. R 

Das Buchenholz bildet das Hauptmaterial zur 
Fabrikation und waren auch die meisten Stühle dar- 
aus gemacht. Doch stand neben ihnen noch eime 
Garnitur für Gartenmöbel, Tisch und Stühle aus 
massivem Eichenholze. Ferner eine andere: Tische, 
Fauteuils, Schaukelfauteuils, Stühle aus massivem 
Nussbaumholz und 6 Stühle und 1 Fauteuil aus 
Eschenholz; ein Umstand, der hervorzuheben ist, 
da die übrigen gleichen Fabriken die letzteren Hölzer 
nicht in dieser Weise zu behandeln verstehen. 

Das Rohmaterial, hauptsächlich das Buchenholz, 
wird theils aus dem bayerischen Wald, theils aus 
unseren Gebirgsgegenden bezogen. Merkwürdiger 
Weise übersteigt der’ Holzpreis hier zu Lande bei 
Weitem jenen, den die Konkurrenten der genannten 
Firma in Oesterreich oder im Erzgebirge anzulegen 
haben, so dass die Konkurrenz mit einem dortigen, 
älteren grösseren Etablissement sehr erschwert wer- 
den dürfte. Der ganze Verlauf der Fabrikation vom 
Schneiden der Stämme bis zum vollständigen Fertig- 
machen geschieht hier in der Fabrik selbst. 

In der vierten Gruppe sehen wir schon eine 
ganze Menge der verschiedensten Industrie - Gegen- 
stände, so vom Drechslermeister Merkl in München 
eine grosse Anzahl Haus- und Küchengeräthe, wo- 
bei namentlich erwähnt werden muss, dass der ge- 
nannte Aussteller all’ die verschiedenen Holzarten 
(25 an der Zahl) in kleineren Abschnitten ausgestellt 
hatte, welche in seinem Fache mehr oder minder 
zur Verwendung kommen und worunter einige der 
seltenen wie: Evonymus europaeus und Sambueus 
nigra wegen ihres bedeutenden Achsen-Durchmessers 
als grosse Raritäten betrachtet werden dürfen. 

Der Zimmermeister Niederhofer von hier 
hatte einen neu gebauten Holzwagen ausgestellt, 
auf welchem 20 Meter lange Balken ruhten, die in 
mehrern Stücken wieder gesägt waren; ferner ein 
Lastwagen vom Wagnermeister Hauck in Bogen- 
hausen, der wegen mehrfacher Verbesserungen in der 
Holz-, wie Eisen-Konstruktion besonders belobt wurde. 

Schweizerei- und Haushaltungsgegenstände hatte 
das Landesprodukten - Geschäft von Fleschhut in 
Immenstadt in einer so reichen Auswahl, und so 
schön gearbeitet ausgestellt, dass wir nicht erstaunt 
waren zu hören, genannte Firma treibe einen ausser- 
ordentlich grossen Exporthandel nach Norddeutsch- 
land, Oesterreich und England. (Schluss folgt.) 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


E; 


3 Wochenschrift 


en zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten 


Gärtnerei und Pilanzenkunde. 
\ Redakteur: 


er Professor Dr. Karl Koch, 


General-Sekretär des Vereines. 
E} 


No. 52. H Berlin, den 28. December. 1872. 


Preis des Jahrganges 5% Thlr., sowohl bei Bezug durch ee; uchbande), als auch Aneen durch alle Post- Anstalten 
des deutsch-österreichischen Post-Vereines. 


Inhalt: 548. Versammlung des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, am 22. December. — Die Holz- und Forstprodukten- 
Ausstellung im Glaspalaste zu München (Schluss). 


——————— EEE 


dieses Organ auch Eigenthum des Vereines sein 


J48. Versammlung müsse. Ferner war der Ausschuss der Ansicht, dass 
des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues, | anstatt einer wöchentlichen Nummer monatlich ein 
Am 02 December. Heft von 3 Bogen erscheinen solle. Beide Vorschläge 


Es war dureh die Wochenschrift und sonst den | wurden angenommen. Um den Inhalt der Monats- 
Mitgliedern des Vereines die Mittheilung zugekommen, | schrift möglichst werthvoll zu machen, wurde eine 
dass in der heutigen Versammlung des Vereines | bestimmte Summe der Redaktion zur Verfügung ge- 
hauptsächlich über die Gestaltung seines künftigen | stellt, um gute Aufsätze und sonstige Beiträge an- 
Organes berathen werden sollte. Die Wochenschrift | ständig honoriren zu können. 
für Gartenbau und Pflanzenkunde wurde im Jahre Die Redaktion wurde wiederum dem bisherigen 
1858 von dem Professor Koch und dem vor einigen | Generalsekretär übertragen, aber zu gleicher Zeit 
Jahren gestorbenen Hofgärtner Gust. Fintelmann wird noch eine Redaktions - Kommission von zwei 
auf der Pfauen-Insel gegründet und'von Karl Wie- | Vereinsmitgliedern, unter Vorsitz des Vorstands- 
sandt in Verlag genommen. Nach dessen Tode Direktors, bestehen. Deren Befugnisse sind haupt- 
übernahm sie die Buchhandlung von Wiegandt u.  sächlich, dafür Sorge zu tragen, dass die für die 
Hempel. Im Jahre 1860 hatte der Verein zur Be- | verschiedenen Mitglieder des Vereines durchaus noth- 
törderung des Gartenbaues (vergl. 3. Jahrg. S. 1) | wendige Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung der 
beschlassen, die bisher von ihm herausgegebenen | Monatsschrift gewahrt werde. Der Verein zur Be- 
Verhandlungen aufzugeben und die Wochenschrift ı förderung des Gartenbaues besteht aus ?/, Nicht- 
für Gartenbau und Pflanzenkunde zu seinem Organe | Gärtner und aus Y, Gärtner. Auch die Ansprüche 
zu machen. Als solches ist sie bis jetzt 13 Jahre | der ersteren sind zu berücksichtigen. Es muss für 
Jlang geblieben. Die bisherigen Besitzer der Wochen- | Luxus- und Handelsgärtnerei, für bildende Garten- 
schrift fassten jedoch den Beschluss, mit Ende dieses | kunst und Landesverschönerung, für Obst- und Ge- 
Jahres sie eingehen zu lassen, und kündigten des- | müsebau gleichmässig in der Monatsschrift gesorgt 
halb dem Vereine zur Beförderung des Gartenbaues werden. Anderntheils liegt es der Redaktions-Kom- 
den Vertrag. | mission ob, den Werth der eingelieferten Aufsätze 
Es war von Seiten des Vorsitzenden ein Aus- | und Beiträge zu prüfen und das Honorar zu bestim- 
schuss ernannt worden, um die Frage eines Örganes men. resp. dieselben ganz und gar zurückzuweisen. 
in Erwägung zu ziehen und geeignete Vorschläge zu | Das 1. Heft wird in der zweiten Hälfte des 
machen, die in der heutigen Versammlung weiter | Januar erscheinen und an die Mitglieder des Vereines 
besprochen event. angenommen werden sollten. Der | gesendet werden. Die Buchhandlung Wiegandt u. 
Ausschuss hielt die Nothwendigkeit eines selbstän- | Hempel hat den Betrieb der nunmehrigen Monats- 
digen Organes aufrecht, glaubte aber im Interesse | schrift auf gleiche Weise übernommen, wie früher den 
des Vereines zu handeln, wenn er vorschlüge, dass | der Wochenschrift für Gartenbau und Pflanzenkunde. 


92 


410 


Da sie im buchhändlerischen Betrieb ist, so können 
auch Nichtmitglieder sie um den Preis von 4 Thalern 
durch jede Buchhandlung oder auch durch die Post 
beziehen. 

Der Monatsschrift wird ein Anzeigeblatt 
beigegeben. Darauf Reflektirende haben 
sich deshalb mit der Firma Ernst Kühn 
(Kronenstr. 37) in Berlin in Verbindung zu 
setzen und bei dieser das Nähere zu: er- 
fahren. 


Die 
Holz- und Forstprodukten-Ausstellung 
im Glaspalaste zu München 


in der letzten Woche des Septembers. 
(Schluss.) 


Ferner hatte Holzwaarenhändler Lutz von hier 
eine ganze Anzahl der verschiedensten hölzernen 
Werkzeuge und Holzschuhe ausgestellt. 

Gemäss den mancherlei Gegenständen, welche 
unter den verarbeiteten Hölzern allenthalben ge- 
braucht werden, war diese Gruppe jedenfalls als die 
Reichhaltigste zu nennen, denn ausser den im Pro- 
gramm genannten Artikeln gab es noch eine Menge 
von Waaren aller Art, wie Staffeleien, Messwerkzeuge, 
Gewehrschäfte, Pfeifenröhren, Waschpressen u. S. w., 
welche alle sehr reichlich und gediegen vertreten 
waren. 

In derselben Rubrik stehen die Schnitz- 
arbeiten, und zwar die gewöhnlichen, wie die feinen. 
Dass die bekannten Nürnberger Waaren und Kinder- 
spielsachen von den kleinsten Dingen angefangen nicht 
fehlten, bedarf bei der grossen Einnahmequelle, welche 
unsere Schwesterstadt mit diesem Artikel in diesem 
Industriezweige erzielt, keiner weiteren Erklärung. 

War die Anzahl der feinen Holzschnitzgegenstände, 
welche aus Berchtesgaden durch die warme Befür- 
wortung des Bezirksamtmanns, Baron v. Lurz, ein- 


auch 


sesandt waren, auch nicht gerade sehr reichhaltig, 
so befanden sieh dagegen unter denselben einige 
Objekte von hervorragender Kunst-Leistung, welche 
den längst Ruf der Berchtesgadener 
Schnitzkunst auf’s Neue bestätigten. 

Die IV. Gruppe, welche das Flechtinaterial, Flecht- 
werk, Lohrinde, Zaunmodelle und die verschiedenen 
zur Fabrikation verwendeten Materialien im rohen, wie 
im präparirten Zustande umfasste, enthielt eine Menge 
von bekannten Gegenständen für Haus und Hof. 

Die .Moorprodukte (zur V. Gruppe gehörend), 
mit welchen namentlich unsere Kleingutsbesitzer eine 
grosse Einnahme erzielen, waren reichlich vertreten. 
Aus Haspelmoor, wo der Presstorf zuerst im Grossen 


bekannten 


fabrizirt und überhaupt die grössten Torfmengen jähr- 
lich für die Staatseisenbahn geliefert werden, waren 
die verschiedensten Torfimuster, nebst den mancherlei 
Werkzeugen zur Torfbereitung eingesandt; desglei- 
chen hatte Dr. Herold aus Feilenbach den in den 


Wohnhäusern so beliebten Kugeltorf der Fabrik 
Kolbermoor, Modeltorf, Presstorf, und gemahlene 
Torfmulle ausgestellt. 

Um auch über das Nachwachsen des Torfes 


einen Beleg zu geben, wurden von zwei Plätzen im 
Haspelmoor, wo der Torfstich vor 18 Jahren vor- 
xenommen wurde, zwei Torfstösse aufgestellt, auf 
welchen der Zuwuchs seit dieser Zeit 42 Centimeter 


betrug, und die gegenwärtig darauf wachsenden 
Pflanzen veranschaulichte. In einer kurzen hiermit 


verbundenen Beschreibung waren die Pflanzen auf- 
sezählt, welche die mittelbaren oder unmittelbaren 
Torfbilder der dortigen Gegend sind. 

Auch aus dem Pullinger Moos bei Weiden und 
aus dem Forstrevier Mantel in der Oberpfalz waren 
Torfmuster eingeschickt. Wiesenbaulehrer Bernatz 
in Schleissheim hatte ferner ausser den verschiedenen 
Moorprodukten auch einen für den Standort (Moor- 
boden) riesigen Birkenstamm, mit all’ den mancherlei 
Verwendungs-Gegenständen derselben, welche aus 
dem Holze, der Rinde, dem Salte und den Blättern 
bereitet werden, ausgestellt, bei welchen auch der 
Wurzelstock beigelegt war. Aus ihm war zu er- 
sehen, dass die Wurzelbildung der Bäume in dem 
Moorboden eine ganz horizontale ist und dieselbe 
kaum zwei Fuss in dem Boden geschieht. 

Unter den von der Birke müssen wir, ausser 
Wagner- und Reifholz u. s. w. gefertigten Gegen- 
ständen, noch des Birkensaftes (welcher seit dem 
Frühjahr von dem Aussteller aufbewahrt wurde), 
der Birkenkohle und des aus den Blättern bereiteten 
Farbstoffes, so wie der als Entluselungsmittel bekann- 
ten Birkenkohle gedenken. 

Der Holzkohlenhandel im bayerischen Hoch- 
lande und deren Transport auf allen Wasserstrassen 
desselben ist zu allgemein bekannt, um nicht auch 
dieses Zweiges bildlich zu gedenken. Der Besitzer 
der Pulverfabrik in Leutstetten, Felleisen, hatte die 
Güte, einen grossen Kohlenmeiler (t/; der natürlichen 
Grösse) aufzustellen, der parthieen weise in der Art lehr- 
reich aufgebaut wurde, dass man von dem aulge- 
schichteten Holze angefangen bis zur fertigen Kohle in 
die verschiedenen Verwandlungen Einsicht nehmen 
konnte. Von demselben Aussteller war auch der 
ganze Prozess der Pulver-Fabrikation in Gläsern 
mit den nöthigen Beschreibungen vorgeführt. 

Bei den zur VI. Gruppe gehörenden Waldpro- 


411 


dukten, wozu die Lohkäse, die Kohlen, deren Ver- 
wendung: Theer, Creosot, kurz Alles was durch oder 
bei der Holzbearbeitung gewonnen wird, zu zählen 
sind, nennen wir in erster Linie die ausgestellten 
Gegenstände der hiesigen Gasfabrik, welche ausser 
verschiedenen Stein- und Braunkohlen, deren Pro- 
dukte (Theer, Dachpappe bis zur feinsten Anilin- 
Farbe) auch die Holzgasbereitung mit den wieder 
hieraus gewonnenen Produkten sich um die Aus- 
stellung sehr verdient gemacht hat. Auf einer Ta- 
belle war eine nähere Schilderung über den quanti- 
tativen und qualitativen Prozess des aus Holz be- 
reiteten Gases, wie über Holzessig und Creosot, ge- 
seben. Wir dürfen übrigens auch hier die aus 
Kolbermoor eingesandten Torfkohlen nicht übersehen. 

Die Direktion der Zentralschule Weihenstephan 
hatte die Güte, die vom Professor Nördlinger prä- 
parirten Holzdurchschnitte einzusenden, welche in der 
Weise aufgestellt wurden, dass der Besucher die Ob- 
jekte recht leicht sehen und von der Mannigfaltigkeit 
des anatomischen Baues der verschiedenen Holzarten 
(190 Durchschnitte) sich überzeugen konnte. 

Aus der Holzpapierfabrik von M. Schmidt in 
Regenstein bei Cham waren eine grosse Anzahl von 
Holzpapieren und Holzpappen ausgestellt, zu welchen 
stets die keigemengte Quantität der Holzmasse be- 
merkt war; es belanden sich unter denselben Pro- 
dukte von 50—80 Prozent Holzstoffgehalt. Der Be- 
lehrung halber hatte der Besitzer auch die Güte, die 
Holzaıten, welche hierzu verwendet wurden, anzu- 
seben. Ferner waren von ihm die Fichten- und 
Aspenholzstoffe in dem Zustande (direkt vor) ihrer 
Verwendung ausgestellt. 

Die Bereitung des Papierstofles aus Holzfasern 
ist bekanntlich eine Erfindung der neuesten Zeit und 
sebührt die Ehre dieses glücklichen Gedankens Gott- 
fried Keller in Krippen bei Schandau. Wohl we- 
nige Artikel haben in verhältnissmässig kurzer Zeit 
eine solche Bedeutung gefunden, wie der Holzstoff, 
Seine Einführung und Erzeugung in grösserem Mass- 
stabe wurde von den Papierfabrikanten mit Freude 
begrüsst, denn der Zuwachs an Lumpen blieb weit 
zurück hinter dem enorm gesteigerten Papierver- 
brauch, so dass ohne diesen neuen Papierstoff sich 
sehr bald ein bedenklicher Mangel an Rohmaterialien 
eingestellt haben würde. 

Wohl benützt man in neuerer Zeit als Ersatz 
für Lumpen auch Tute (ein algierisches Gras), 
Esparto, geringere Flachs- und Hanfsorten, auch 
Stroh, doch bleibt die Holzfaser das bevorzugteste 
Surrogat. Dieselbe wird durch Schleifapparat von 
verschiedenem System hergestellt, unter denen die 


von H. Völter in Heidenheim den ersten Rang ein- 
nimmt. Allein auch der auf diese Weise geschliffene 
Holzstoff kann, obwohl man bis zu 80 Prozent und 
85 Prozent dem Hadernzeuge beimischt, nicht als 
vollkommener Ersatz für denselben angesehen wer- 
den. So kam man in neuester Zeit auf die Idee, 
reinen Holzstofl (die Cellulose) auf chemischem Wege 
herzustellen. Da hierbei die Faser des Holzes nicht 
zerrissen, sondern nur durch chemische Agentien 
von der Intercellular-Substanz geschieden wird, ohne 
die Länge der Faser zu beeinträchtigen, so wird 
hierdurch ein Stoff erzeugt, welcher ohne jede Bei- 
mengung von Lumpen ein vorzüglich festes Papier 
zu geben geeignet ist. Angesichts dieser Erfolge ist _ 
es unzweifelhaft, dass der Verbrauch des Holzstoffes 
eine grosse und ungeahnte Zukunft hat, um so mehr 
als man in England bereits angefangen hat, denselben 
nieht nur zur Verarbeitung für Papier, sondern auch 
zur Fabrikation von Kleiderstoffen, insbesondere zu 
Tuchwaaren, zu verwenden. 

Die grösste Mannigfaltigkeit bot wohl die VII. 
Gruppe, welche eine Menge der verschiedenen forst- 
wissenschaftlichen Gegenstände enthielt und als die 
vollkommenste aller bezeichnet werden darf. 

Auf besondere Veranlassung des Konservators 
des Königl. botanischen Gartens und des botanischen 
Museums, Professors Nägeli, wurden durch den 
Präparator Kreuzpointner Zweige der einheimischen 
Bäume und Sträucher eingelegt, und zwar in Blüthe 
und Frucht, also mit besonderer Berücksichtigung 
der verschiedenen Entwickelungsstadien. Eine aus 
der Winterschule in Traunstein eingesandte bedeu- 
tende Sammlung von Hölzern, in Form von Bücher- 
einbänden, welche Rinde, Quer- und Längsschnitt, 
roh und polirt, lehrreich ersehen liessen, wurde mit 
diesem Herbarium in der Weise verbunden, dass 
die jeweiligen Hölzer stets in die Nähe der getrock- 
neten Pflanzen gestellt wurden. 

An diese reihte sich nun die Sammlung der 
verschiedenen Hölzer aus dem botanischen Museum, 
die sich in jeder, Beziehung auszeichnete; ausser 
vielen Quer- und Längsschnitten der verschiedenen 
Holzarten befand sich darunter 
für die Forstkunde. 

Man konnte hier der Knopfbildung, 
Astläule, Borkenbildung der verschiedenen Bäume, 
Schäden und Krankheiten, Beschädigungen durch 
Menschen und Thiere, Rindenkrebs, Misswüchse, 
Einschnitte in die Bäume, Ueberwallen der Tannen- 
stöcke u. Ss. w. finden, welche sehr viel Belehren- 
des enthielten und so zu sagen eine Ausstellung für 
sich gebildet haben würden. 


allerlei Interessantes 


Beweise 


52* 


412 


Unter diesen zahlreichen Gegenständen befand 
sich auch ein Wurzelstock einer alten Eiche, in dem 
ein ziemlich grosser Stein eingewachsen war, wel- 
chen König Ludwig I. bei Rom im Jahre 1833 ge- 
funden und dem hiesigen Museum überschickt hat. 

In mehrern Tafeln gab Dr. Engler eine interes- 
sante Zusammenstellung der parasitischen Verheerer 
der Pflanzenwelt, indem er die forstlich- und land- 
wirthschaftlich-wichtigsten Pilze mit je der zugehöri- 
gen Pflanze, auf welcher dieselben vorkommen und 
die Krankheiten derselben bedingen, mit erläuternden 
Zeichnungen über ihr Wachsthum zur Schau legte. 
Wir sahen hier das Mycelium und die Sporenhildung 
im inneren Gewebe lebender Pflanzen, wie sie bei den 
Kartoffeln, Meerrettig und dem Getreide vorkommen. 

Ist auch die Bedingung der Verbreitung, wie 
uns die Tafeln zeigen, eine verschiedene bei den 
verschiedenen Arten, so keimen dieselben doch 
unter günstigen Umständen bisweilen auch auf an- 
dern Individuen derselben Art. und infiziren diese 
oft in kürzester Zeit und in grosser Anzahl. Nächst 
dem Kartoffelpilze war auch der der Bohnen, des 
Hafers, des Weinstockes, wie das Mutterkorn, mit 
vortrefflichen Zeichnungen entwickelungsgeschichtlich 
vorgeführt. 

Die schädlichen Insekten wurden durch die be- 
sondere Güte des K. Konservators, Professors von 
Siebold, in zahlreichen Exemplaren ausgestellt, zu 
welchen, in Gruppen getheilt, stets die lehrreichsten 
und specielleren Eigenthümlichkeiten hinzugefügt 
waren. Wir fanden alle Feinde der Forstwirthschaft 
vertreten, so die Borkenkäfer, deren Larven durch 
das Zerfressen der saltführenden Gewebe ganze 
Wälder von Nadelhölzern, bisweilen auch Laub- 
bestände, zerstören. Sie waren in den verschiedenen 
Entwickelungs-Stadien unter Herbeiziehung der zer- 
fressenen und zerstörten Baumstöcke sehr belehrend 
dargestellt; an diese reihten sich die schädlichen 
Nachtfalter aus der Familie der Spanner, von wel- 
chen unsere Stachel- und Johannisbeer - Sträucher, 
Hopfen etc. so häufig heimgesucht werden, des- 
gleichen die Fichtenspanner, welche, wie bekannt, in 
manchen Jahren und besonders in Norddeutschland 
den gefürchteten Kiefernfrass bedingen, durch den 
Tausende von Morgen Wald schon verwüstet wurden. 

Von den Gallwespen (Cynips), welche durch 
das Ablegen ihrer Eier in das Innere der Pflanzen- 
sewebe die sogenannten Galläpfel erzeugen, war 
eine grosse Anzahl vertreten. 

Die Fächer- oder Blatthornkäfer (Lamellicornida), 


wozu der mit Recht so gefürchtete Maikäfer gehört, 
der als Larve (Engerling) die Baumwurzeln von na- 
mentlich jungen Baumschulen verheert und als Kä- 
fer die Blätter und Blüthen beschädigt und so dop- 
pelten Schaden anrichtet, fielen um so mehr auf, als 
auch Wiesenbaulehrer Bernatz die Güte hatte, die 
Metamorphose dieses schlimmen Feindes in den ver- 
schiedenen Stadien seiner vierjährigen Entwickelungs- 
zeit vor Augen zu führen. 

Auch die Schlupfwespen, welche zu den Ver- 
tilgern schädlicher Insekten gehören, weil sie ihre 
Eier in die Larven oder Puppen fast aller Insekten 
legen, in Folge dessen diese zu Grunde gehen, fehl- 
ten nicht. 

Der Tagfalter, der in der Kohlzucht gefürchtet, 
und bei den Rüben unter dem Namen Krautwurm 
bekannt ist, war gleichfalls vertreten. 

Die von allen Kultivateuren, namentlich von 
Gärtnern gefürchteten Blattkäfer, wozu auch der Erd- 
floh gehört, welche alle Organe der Pflanzen an- 
greifen, so wie die sogenannten Ohrwürmer, Scha- 
ben und Heuschrecken, welche bekanntlich die 
grössten Verheerungen im Pflanzenbau verursachen 
können, zogen die Aufmerksamkeit der Besucher auf 
sich ; desgleichen die Rüsselkäfer, Cureulionen ete., von 
denen bekannt ist, dass sie alle Theile der Pflanzen 
von der Wurzel bis zum Samen bewohnen und zer- 
stören, ferner der Bockkäfer, dessen Larven das 
Innere der bereits gefällten Baumstämme, Bauhölzer 
ete. zerfressen und so gleichfalls grossen Schaden 
unter Umständen erzeugen können. 

Wir haben noch die verschiedenen Motten, als 
Harz-, Wachs-, Getreidemotten zu nennen, von de- 
nen die einen in den jungen Trieben der Föhren 
die Harzbeulen verursachen. Die gefürchtetsten aller 
sind aber die Raupen der Getreidemotte, auch als 
weisser Kornwurm bekannt, welche das aufgespei- 
cherte Getreide zusammenspinnen und es der Art 
ausfressen, dass nur die Bälge übrig bleiben, ferner 
die Blattläuse, die durch das Aussaugen der Sälte 
ganze Auswüchse bei den Pflanzen verursachen, wie 
z. B. die Blasen an den Blättern der Ulmen und 
Pappeln, in denen sich die Thiere in mehrern Ge- 
nerationen entwickeln. 

Schliesslich sind noch die Blattwespen, welche 
an unseren Obstbäumen, Rosen u. s. w. grossen Scha- 
den verursachen, einige Nachtschmetterlinge und auch 
die Ameisen zu erwähnen, welch’ letztere durch das 
Benagen der Früchte u. s. w. gleichfalls für die Kul- 
tur nachtheilig sind. 


Verlag von Wiegandt & Hempel in Berlin, Zimmer-Strasse 91. — Druck von F. Heinicke in Berlin, Königgrätzer-Strasse 15. 


Allgemeines Inhalts- Verzeichnis. 


I.x Verzeichniss der Abhandlungen. 


Beriehtigung über Agaven. 260. 

Allerlei aus der Gärtnerei und Pflanzenkunde. 13. 33. 44. 
69. 106. 156. 243. 252. 278. 296. 504. 307. 327. 336. 344. 
339. 

Artemisia Stelleriana und ihre Verwendung. 
gärtner Jäger in Eisenach. 112. 

Der Papau, Asimina triloba (Anona). 191. 
Die Festausstellung des Vereines zur Beförderung des Garten- 
baues v. 21. bis 30. Juni 1872. 209. 217. 227. 233. 
Verzeichniss der bei der Festausstellung v. 21. bis 30. Juni 

1872 ertheilten Preise. 201. 

Ministerialverfügung, Frachterleichterung zur Pflanzenaus- 
stellung v. 21. Juni 1572 in Berlin betreffend. 121. 

Ausstellung des Gartenbau-Vereines in Halle a./S. 200. 

Die Produkte des Feld- und Gartenbaues auf der land wirth- 
"schaftlichen Ausstellung zu Gothenburg v. 1. bis 
5. August. Vom Dr. Wittmack. 17. 30. 35. 

“artenbau-Ausstellung in Wriezen a./0. 288. 

Die Holz- und Forstprodukten-Ausstellung im Glas- 
palaste zu München in der letzten Woche des Septembers. 
406. 

Die 6. Ausstellung von Früchten und Wein Südtyrols in 
Bozen v. 21. bis 29. September. 361. . 

2 Ausstellungen des verflossenen Herbstes in Bremen und 
Wien. 33. 

Azalea sinensis Lodd. und mollis Bl. SO. 

Ueber den Tod von Bäumen in Folge verspäteter Nachwirkung 
des Frostes. 122. 

Die Baumschulen von Simon Louis freres in Metz. 

J. G. Beer’s Grundzüge der Obstkunde. 95. 


299. 


Belgique horticole von Ed. Morren 1871. 9. 
Benary’sche Neuheiten. 69. 

Die neue Blumenhalle in London. 111. 120. 
Hofgarten-Inspektor Borchers. 329. 

Botanical Magazine. Jahrgang 1371. 365. 372. 


Die Brandformen der Sorghum-Arten: Tilletia Sorghi und 
Ustilago cruönta. 152. 


Kultur der hybriden Calceolarien. 808. 
Cyperus Braunii, eine neue Dekorationspflanze. 222. 
Entstehung der Arten und der Darwinismus. 177. 
Die Dracunculeen. 136. 148. 


Die beiden deutschen Eichen. 
265. 273. 

Eingesandt nebst emer Erklärung der Redaktion. 

Das gärtnerische Elsass. Eine Skizze. 337. 


Eine monographische Skizze. 


334. 


Vom Hof- | 
| Die bunten Färbungen der Pflanze. 


Zur Beantwortung der Frage über die bei der Topfpflanzen- 
Kultur erforderlichen Erdarten, vom Inspektor Dotzauer. 
337. 397. 

Erfahrungen über den Nutzen des Brumata-Leimes. 382. 

sl. 

Ueber die winterliche Färbung immergrüner Gewächse. 

Ueber Fasciation der Pflanzen. 16. 

Die Feigenbäume Egyptens. 140. 

Die Dikotylen der Flore des serres et des jardins de 
l’Europe. Tom. XVII. par C. Vanhoutte. 55. 


33. 


Die Monokotylen der Flore des serres et des jardins de 


l’Europe. Tom. XVII. par C. Vanhoutte. 21. 
Formen der Entwickelung bei den höheren Pflanzen. 
Die Frucht und ihre Bildung. 132. 


7. 


Die Königliche Gartenbau-Gesellschaft m London. 

Die Gärten Braunschweigs. 313. 329. 

Der Schlossgarten zu Augny. 332. 

Betheiligung des Gartenbau-Vereins in Danzig 
Säkularfeier in Marienburg. 330. 

Der Haus- und Landschaftsgärtner. 196. 

Aufforderung der Gartenbau-Gesellschaft Feronia in 
Dresden. 232. 

Kurze Anweisung Gemüse zu trocknen. 305. 

Mittheilungen über Gemüsekulturen in Japan. 


74.83. 


an der 


349. 


' Gerardia pedicularia L. und quercifolia Pursh. 5. 


Die neuholländischn Gummibäume (Eucalyptus). 161. 173. 


Die blaue Hortensie. 175. 

Ueber blaue Hortensien. 359. 

Illustration horticole, Jahrgang 1871. 183. 189. 199. 

Bericht über die Versuche zur Prüfung des Gülich’schen Ver- 
fahrens beim Anbau der Kartoffeln. Von Prof. Kühn. 
DH: 

K. Koch's Dendrologie. 355. 

Einige Worte über das Kombiniren der Samen. 9. 

Ueber das Kombiniren von Samen, resp. über gemischte 


Saaten. 68. 
Der Einfluss des violetten Lichtes auf das Wachsthum des 
Weinstock’s, der Schweine und Stiere. 43. 


Ludwig Leopold Liebig. Eine biographische Skizze. 41. 
Dr. Lucas Jahrbuch für Pomologen, Gärtner und Gartenfreunde. 
Neue Folge. 1. Jahrgang. 104. 


Theodor Nietner IV., Oberhofgärtner in Schönhausen. 58, 


414 


OÖberdiecks und Lucas’ illustrirte Monatshefte für Obst- und 
Weinbau. 17. Jahrgang. 1871. 79. 

Ueber Aufbewahrung und frühere Zeitigung des Obstes. 
R. Stoll in Eldena. 102. 


Von 


Zur Statistik des Obstbaues. 275. 
Die Entwickelung des Obstbaumes und seiner Früchte. Ein 


Vortrag. 409. 

definitiven Ergebnisse der Obsterndte in Bayern pro 1571. 
336. 

Frostschäden an den Obstbäumen im Grossherzogthum 
Sachsen-Weimar. Vom Hofgärtner Maurer in Jena. 225. 
Der Obstbau an den Eisenbahnen. 354. 


Die 


Die 


Beobachtungen über das Erfrieren vieler Gewächse und na- | 


mentlich der Obstbäume. 345. 

Nachträgliche Bemerkungen zum Schutz der Obstbäume vor 
schädlichen Insekten. Von Ü. Becker. 342. 

Palmen und andere Sämereien aus Martinique. 40. 

Die schönsten Pelargonien. 319. 

Bericht über die im letzten Jahre eingeführten Pflanzen. 
193. 207. 213. 222. 231. 239. 247. 255. 

Pomologisches Institut in Reutlingen (Anzeige). 

Pomologisches Institut in Proskau. 72. 

Mittheilungen der pomologischen Versuchsstation m 
Proskau. Vom Dr. Sorauer. 141. 

Statut der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Wein- 
bau zu Geisenheim. 281. 
Das Specialprogramm der 2. 
in Wien 1873. 153. 169. 
Preisausschreiben zur Anlage von Friedhöfen bei Bremen. 

160. 


92. 


Gruppe der Weltausstellung 


Revue horticole. 1370—1871. 
Das Rheinthal. 235. 292. 

Die Rheinregulirung. 328. 
Die Rüstern. Eine monographische Skizze. 


11771232 


138. 150. 


Samenofferte an Mitglieder des Vereines. 104. 

Ueber Verwendung der Selaginellen während des Sommers 
im Freien. Vom Inspektor C. Bouche. 105. 

Aus einem Schreiben des Dr. Bolle an den Geh. Rath Dr. 
Göppert. 249. 


Die Feinde des Spargel. 268. 


| 


Ein Spaziergang durch den prinzlich Stigliano-Colonna’schen 
Garten in Neapel. 1. 10. 


Das frühzeitige Treiben und Blühen unserer Kulturgewächse. 
261. 272. 


' Dr. Ullrieh's internationales Wörterbuch der Pflanzennamen. 


333. 


Ueber bisher unbekannte Vorzüge beim Veredeln der Bäume. 
Vom Prof. Dr. Göppert. 93. 

Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den 
Königlich Preussischen Staaten und das Fest seines 50jäh- 
rigen Bestehens. 114. 


556. Versammlung des Vereins zur Beförderung des Garten- 
baues am 7. Januar. 25. 

537. desgl. aın 28. Januar. 50. 
598. desgl. am 10. März. 97. 

| 539. desel. am 7. April. 129. 
540. desel. am 28. April. 145. 

| 541. 2. desgl. am 28. Mai. 185. 

| 948. desgl. am 30. Juli. 257. 
>44. desgl. aın 27. August. 289. 
545. desgl. am 29. September. 321. 
546. desg]. am 27. October. 353. 
547. desgl. am 1. December 393. 
548. desg]. am 22. December. 417. 


Sechste allgemeine Versammlung deutscher Pomologen und 
Weinzüchter in Braunschweig vom 10. bis 13. October 1372. 
169. 370. 377. 

Vilmorins illustrirte Blumengärtnerei. 399. 

Die Grundlagen des Vogelschutz-Gesetzes. 159. 

Anzeige der Wander-Versammlung deutscher Wein- und 
Obstproducenten. 368. 

Einige Nachträge zur Trauerweide, sowie zur Artischocke und 
Kardone. Vom Hofgärtner Jaeger in Eisenach. 39. 


Der Weinbau in Niederösterreich. 62. 

Samenbruch der Weinbeere. Vom Prof. Hoffmann. 

Die Weizenfliege (Chlorops taeniopus). 168. 

Die Weinlaus (Phylloxera Vastatrix). 360. 

Ueber Beschädigung der Saugwurzeln durch Erkältung und 
Trockenheit. “Von €. Bouche. 54. 60. 


323. 


Il. Inhalt des Allerlei und der Verhandlungen des Vereines. 


Abnormität bei einem Kirschbaum, Carriere beob- 
achtet. 14. 

Blendlinge von Abutilon-Arten. 44. 

Das unverwüstliche Wachsthum der Ackerdistel. 45. 

Ungleiche Vertheilung der Geschlechter bei Ailanthus glan- 
dulosa. 279. 

Das Album von van Eeden. 28, 

Gärtnerische Anzeigeblätter. 47. 

Ausschuss für Berathung des neuen Statutes für die Gärtner- 
lehranstalt und Landesbaumschule. 321. 

Ernennung des Ausschusses zur Wahl eines neuen Vor- 
standes. 146. 322. 

Die technischen Ausschüsse. 


von 


185. 


Die grosse Provinzial-Ausstellung in Birmingham. 45. 
Stoll: die Obstausstellung in Danzig. 71. 

Die Obstausstellung in Bremen. 27. 

Die Festausstellung des Vereins zur Beförderung des 


Gartenbaues. 146. 
Die Erleichterung auf den Eisenbahnen behufs der Fest- 
ausstellung. 129. 
Die internationale Ausstellung in Gent für 1873. 


27. 336. 


| Die Pflanzenausstellung in Lyon. 252. 

Ausstellung des Gartenbau-Vereins in Dresden und 
| München. 146. 

Die Wiener Weltausstellung. 145. 327. 

Ueber die neuesten Azaleen aus China. 109. 


Ueber riesige Bäume, besonders Sykomoren in Egypten. 156. 

Garten-Inspektor Baumann in Jena gestorben. 344. 

Wartenberg: die Wichtigkeit der Baumwärter. 29. 

Der japanische Bast. 291. 

Von der Decken: illustrirte Berichte über Gartenbau. 29. 

Besprechungen verschiedener Birnen. 323. 

Die Missbildung einer Birne. 131. 

Ein alter Spalier-Birnbaum bei Dieppe. 158. 

Ueber das Vermögen der Blätter, Wasser oder Wasser- 
dampf zu absorbiren. 307. 

Die Blattwespen aus dem Genus Tenthredo. 389. 

Die Konkurrenzen für eine Planpflanzung des Bremer Kirch- 
hofes. 327. 

Die Brunnenkresse in Paris. 189. 


Das Schauhaus der Gärtnerei von William Bull. 188. 


Abnorme Beispiele des Buntblättrigen. 45. 
Neue Canna-Sorten. 289. 

Die Cundurango-Pflanze. 254. 

Eine dioeeische Cuphealeiiantha. 48. 
Cuseuta Epithymum auf Weintrauben. 344. 
Eine harte Abart des Cytisus albus. 311. 


Das Keimen a rririum nudicaule. 157. 


Einfluss fremden Blumenstaubes auf 
Frucht. 391. 

Pleasanton: Einfluss des violetten Lichtes 
und Thiere. 29. 


Ueber Einfluss des Wildlings auf das Edelreis. 


Ausbildung der 
auf Pflanzen 


323. 


Die Pflanzen-Etiketten von Müller und Günther. 257. 
288. 321. 
Die Tinktur der Eucalyptus-Blätter als Arzneimittel. 246. 


” 
Eine fasciirte Spiraea confusa von Rönnenkamp. 
Missbildungen (Faseiation) bei Bellis perennis. 130. 
Verheerungen des Frostschmetterlings an dem Kirsch- 
baume. 149. 
Ueber die Bildung des Fruchtknotens. 
(Gebrauch der Fuchsien. 46. 


52 


Jo. 


149. 


Der Farbstoff in den Fruchtschalen der Gardenia florida. 255. | 


415 


Leim Bestreichen 


zum der Bänder an Obstbäumen von 
Sponnagel. 49. 98. 
Ueber Degeneration von Obstbäumen. 158. 
ı Merkel gegen das Erfrieren der Obstblüthen. 29. 53. 


‚ Die Obsterndte in England. 


ı Das pomolorische Institut zu Proskau. 


304. 

Die Pynaert’sehen Obst-Etiketten. 344. 
Vergiftungen der Oenanthe erocata. 278. 
Kirchhofs Photographien von Orchideen. 151. 

Die Mutterpflanze der Panamahüte. 111. 

Der Park von Dropmore bei London. 390. 

Arnoldi’s plastische Nachbildungen von Pilzen. 28. 

v. Loeseke und Boesemann Nachbildungen von Pilzen. 28. 


Die Unterlage der Pirus baccata. 245. 
Werth des Polygonum Sieboldii. 259. 392. 


12. 


| Die 12 Portraits von meist englischeu Gärtnern. 98. 
Hoffmann über Raphanus-Früchte. 308. 
Wittmack über ästige Roggenähren. 50. 290. 


| 


Die d’arborieulture Simon-Louis 


47. 


neue Revue 
freres in Metz. 


von 


Bildliche Darstellungen von landwirthschaftlichen Sämereien 
durch Wickmack. 132. 


Die Schwammraupe (Bombyx dispar). 25. 


' Die neuen von Eugen Simon aus China eingesendeten Ge- 


} 


Der Gartenbauverein in Frankfurt a. O. 147. 

Die Mittheilungen Pomppers aus dem Verbande mittel- 
deutscher Gartenbau-Vereine. 147. 

Die allgemeine deutsche Gartenzeitung in Erfurt. 47. 


Die Antoine’schen Mittheilungen über Gewächshausbau in 
England. 51. 
K ellers Prachtwerk eines 
lichen Gräser. 52. 
Guano auf Rasenplätzen. 149. 
Riesengurke Marquis of Lorne. 322. 


Herbariums der landwirthschaft- 


Eine brauchbare Haideerde bei Genthin. 98. 

Die Insel Helena und ihre Anpflanzungen. 15. 

Reise des Gärtners Hildebrandt nach Zauzibar. 107. 

Die neuesten amerikanischen Him- und Brombeeren. 

Die Zerwürfnisse Hookers in Kew mit der 
2412301: 


309. 
Regierung. 


Die neue Illustration horticole. 187. 

Die Kartoffeln von Schiebler u. Sohn in Celle. 

Die Bouche&'schen Kartoffel-Sämlinge. 259. 

Versuche über die Ertragsfähigkeit grosser und kleiner Knollen . 
von Kartoffeln. 279. 

Krelage: Gartenbau-Illustrationen. 28. 

Dampf-Knochenmehl von Ludwig Michaelis. 

Ueber einige harte Koniferen im Odenwalde. 309. 

Der scharlachrothe Melonenkürbis. 322. 


354. 


110. 


Die Gentner Lehranstalt für Gärtnerei. 391. 
Andre Leroy und die Fortsetzung seines Obstwerkes. 
Das Esparto-Gras (Lygeum Spartum). 25. 


130. 


Die Manna-Esche und die Gewinnung der Manna. 69. 
Die vom landwirthschaftlichen Ministerium gestellten bron- 
zenen Medaillen. 321. 


Das Schwefeln der Obstbäume. 389. 


' Louis freres in Metz. 


hölze. 108. 
Dendrologische Notizen aus den Baumschulen von Simon- 
310. 
Die Stachelbeerraupe. 26. 188. 
Tauschverhältnisse mit dem Director der Anlagen in New- 
york. 101. 
Ueber die Theerringe an Obstbäumen. 
Einfluss des Theerens. 291. 
Samen der Thujopsis dolabrata. 
Liebmann's neuestes Tropaeolum. 
T ypha-Blätter als Bindematerial. 291. 


291. 


279. 


107. 130. 


2. 
in unterirdischen 


Die Ueberwallung geschälter Rinden. 

Vorkommen von Farnen und Vanilla 
Räumen von Yucatan. 48. 

Le Verger von Mas. 47. 


Verluste des Vereins durch den Tod von Mitgliedern. 25. 
Vermehrung der Verbene nach Martin Müller in Strasburg. 311. 


Die 6. Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter 


in Braunschweig. 29. 145. 

Eine aus 6 Schuppen bestehende Wachholderbeere. 

Wahl des Vorstandes. 353. 

Mittheilungen über Gustav Wallis. 308. 

Die Colorado-Wanze in Nordamerika. 

Masse zur Befestigung von Wegen. 26. 

Die babylonische Weide. 131. 

Will. Scaling Weidenkultur. 15. 

Thränhardt über den Weinbau im Elsass. 

Die Doppelwüchsigkeit der Weintrauben. 188. 

Die Weinlaus (Phylloxera Vastatrix). 13. 29. 51. 157. 

Die Folgen des Winters 1870/71 an den Obstbäumen 
vom Rittmeister v. Pfuel. 


148. 


148. 185. 


50. 


, Eigenthümliche Wurzelbildungen an Rüstern und Eichen. 157. 


Umwandlung von Pfahlwurzeln in einen Stamm. 
Rektor Franz über Wurzel-Veredelung. 245. 


73. 


Im 


Abelia splendens 302. triflora 125. 

Abies Alcoquiana 334. excelsa nigra 
compacta 334. excelsa pyramidalis 334. 
Gordoniana 334. Hookeriana 334. Men- 
ziesii 834. Morindo 309. pumila 334. 
pygmaea 334. tabulaeformis 334. 

Abutilon Thompsonae 44. 45. 129. 
220. Darwini Hook. 372. Sellowianum 
129. 

Acacia Julibrissin 127. 
color 195. vestita 39. 

Acer creticum 300. palmatum 300. pla- 
tanoides 37. sempervirens 300. 

Aceras hireina Lindl. 92. 

Achimenes S6. 

Actinella scaposa Nutt. 193. 

Adiantum Capillus daphnites 193. 

Aechmea coerulescens 258. Weilbachii 
127. 

Aörides falcatum 235. odoratum album 
235. odoratum majus 235. 

Aesculus Hippocastanum digitatum 301. 

Agarista caliopsidea DC. 193. 

Agave Bessereriana 367. gigantea 194. 
Inghami 193. ixtlioides Ch. Lem. 367. 
Killischii 260. Leopoldi 260. Perringii 
260. Verschafteltii 194. ö 

Ageratum Lasseauxii 126. 

Ailanthus glandulosa 279. 

Albizzia rosea 127. 

Allamanda nobilis S6. 

Alloplectus bicolor 127. vittatus 127. 

Alnus californiea 501. 

Alocasia Marshallii 194. 

Alstroemeria aurantiaca 24. Coldasii 
24. pallida 24. pulchra 24. tricolor 
Hook. 23. 24. 

Amarantus atropurpureus Roxb. 68. 

Amorphophallus amabilis 194. Gigas 
144. papillosus 143. Rivierei 136. spec- 
tabilis 194. vinosus 143. 144. 

Ampelopsis napiformis Carr. 125. Ray- 

neri Hook. 367. tuberosa Carr. 125. 

Amygdalus incana 124. monstrosa 124. 

Ananas bracteata 127. monstrosa Carr. 
128. 

Androlepis Skinneri 127. 

Andromeda japanica T'hunb. 93. 

Androsace camea L. 7. eximia 376. 

Androscepia gigantea Brongn. 194. | 

Anecochilus Dawsonianus Low 23. 

Anemonen d0. | 

Angrecum javanicum 235. sesquipedale | 
131. 

Anona glabra 191. triloba 191. 

Antennaria Roezlii 194. 

Anthurium cucullatum €. Koch 194. 
Laucheanum 236. magnificum 236. 
Antigonum leptopus Hook. et Arn. S6. 

Antirrhinum assurgens 194. 

Aphelandra bullata 259. 

Aquilegia californica roseo-alba 194. 

Aralia spathulata 238. 

Araucaria Bidwilli 3. Cunninghami 4. 

Areca Nenga Bl. 194. 

Arisaema concinnum Schott 372. 
vatum Kth. 392. 

Aristolochia barbata Jacq. 183. 
antha 183. Duchartrei S6. 372. 

Artemisia Stelleriana 112. 

Arundinaria Wightiana 194. 

Azundo Donax fol. var. 340. 

Asimina conoidea Spach 191. 
191. 


Lophantha dis- 


cur- 


diety- 


triloba 


| Campanula laeciniata L. 196. 


416 


Verzeichniss der Pflanzennamen. 


Asplenium schizodon 194. 

Astragalus Marianus 195. 

Asystasia chelonioides Anders. 374. vio- 
lacea 374. 

Atragene capensis 195. 

Aucuben 231. 


Balantium Sellowianum Presl 195. 

Baptisia leucophaea Nutt. 376. 

Barleria dichotoma Roxb. 195. 

Beaucarnea recurvata Lem. 24, 

Beaufortia splendens 290. 

Begonia carminata 195. Chelsoni 195. 
erinita Oliv. 373. diversifolia 86. echino- 
sepala Reg. 195. floribunda 394. Haa- 
geana 195. incarnata 126. Liminghii 
126. Richardsoniana Th. Moore 195. 
rosaeflora 0. 

Bellis perennis fl. pl. 130. 

Beloperone ciliata Hook. 374. 

Berberis Bealii 301. glumacea 301. ja- 
ponica 301. nervosa 301. stenophylla 
301. 

Besleria Arnottiana N. v. E. 195. 


Billbergia Leopoldii E. Morr. 90. vit- | 


tata Brongn. 90. 
Blaberopus venenatus DU. 196. 
Blandfordia Cunninghami Lindl. 23. 
Bocconia cordata S7. 


' Bomarea chontalensis Seem. 367. 


Bonapartea Hystrix nana 237. 260. 
Botryodendron latifolium 373. 
Bowenia spectabilis 127. 
Brachysema melanopetalum 196. 
Brugmansia sanguinea 87. 
Buddleja curviflora 126. 
339. 
Buginvillea 11. 


Lindleyana 


Caladium sanguinolentum 196. 
Calathea 230. 303. 

Calla aethiopica 4. 
Calochortus elegans 196. 


nellaeflora plena 57. Vidallii 258. 
Cananga odorata Hook. 196. 


| Canna 289. 
| Caprifolium Maenevilleae 302. 


Philo- 
melae 302. 

Carpatium corymbosum Pers. 196. 

Carludovica palmata 110. 


| Cassia alata L. 196. 


Blumenavia Haageana 207. 

Castanea americana 301. 

Cattleya Eldorado Lind. 22. 
Lindl. 22. 

Ceanotus azureus 259. hybridus 289. 

Celastrus Orixa 301. 

Celosia cristata 220. 


labiata 


| Cephalauthus angustifolius 302. 


Lanne- 


Cerasus hortensis fl. pl. 302. 
Sieboldii 


siana 302. serrulata 302. 
302. 
Cereis Siliquastrum 287. 
Ceroxylon niveum 207. 
Chaenestes gesneriflora 258. 
Chamaerops excelsa 127. 391. 
Chamaerops Griffithii 127. humilis 3. 
4. 391. Khasyana 127. 


Cheiranthus annuus 207. 
| Chenopodium pyramidale 207. 


Chlorocodon Whitei Hook 372. 
Chlorophytum prodigiosum 238. 
Choisya ternata H. B. K. 207. 


Chrysanthemen 159, 

Chrysanthemum frutescens 279. Leu- 
canthenum 279. 

Cicuta virosa L. 278. 

Cinchona 15. 

Cinerarien 207. 

Cinnamonum pulverulentum 207. 

Cirsium Grahami A. Gr. 376. 

Clematis-Formen 184. 

Clematis florida 302. lanuginosa 302. 

‘ _splendida 302. Viticella 302. 

Clerodendron Balfourei 289. Bungea- 
num fol. var. 237. 

Clianthus Dampieri 236. 

Cobaea penduliflora 86. 

Coceulus japonicus 302. 

C gells ospermum Jacobianum Ü. Kgeh. 
24. E 

Cocos Welddeliana 199. 

Codiaeon variegatum Müll. Arg. 91. 

Coleus-Formen 230. 

Collinsia violacea Nutt. 207. 

Combretum grandiflorum G. Don 208. 

Commeline deficiens Hook. 24. 

CGordyline grandifolia 237. 

Corethrogyne spathulata A. Gr. 208. 


| Corokia buddlejodes A, Cunn. 208. 


Coronilla rostrata 289. 
Costus Malortieanus Wendl. 366. 


| Crataegus alnifolia 302. 


Crinum brachynema Herb. 367. 

Croton 256. angustissimum 208. fueatum 
208. grande 208. pietum 91. Wise- 
mani 237. 


' Cuceurbita melanocarpa 227. 


Cuphea leiantha 48. 
Cupressus funebris 11. 
118. Lambertiana 118. 


platycentron 208. 
Mac Nabiana 


' Curcuma albiflora Thwait. 367. 


Cuscuta Epithymum 344. 


ı Cycas circinnalis 12. 


Cycelamen persicum 393. 


ı Cynara Cardunculus 40. Scolymus 40. 
solda- | ( 
ı Cypripedium caudatum 130. 


Cyperus Braunii Vatke 222. 

concolor 
190. naevium 230. niveum 190. 368. 
parviflorum Salisb. 208. pubeseens 
Willd. 208. Schlimianum Rehb. 23. 
Veitehianum 128. 


| Cyrtanthera chrysostephana 213. 259. 


magnifica 289. 

Cyrtodeira chontalensis Seem. 375. 

Cyrtolepis longiflora 196. 

Damz-'norhops 213. 
periacanthus 213. 

Damara purpurascens 213. 257. 

Darlingtonia californica 190. 235. 374. 

Dasystoma quereifolium 8. 

Datura arborea 339. sanguinea ST. 

Delphinium nudicaule 157. 238. 

Dendrobium barbatulum Lindl. 365. 
chlorops 365. Fytchianum 365. glu- 
maceum 131. taurinum Lindl. 22. 

Desmodium penduliflorum Oudem. 87. 
302. 

Deutzia crenata fl. pl. SS. 

Dianthus Hedwigiüi 213. imperialis 213. 
tymphresteos 186. 

Diascia Barberae Hook. 374. 

Dichorisandra musaica C. Koch 24. 

Dichrotrichon Ternateum Reinw. 93. 

Dieffenbachia amazonica 214. impe- 
rialis Lind. et Andr. 200. 


palembanicus 


Dioscorea chrysophylla 183. melanoleuca 
183. metallica 153. multicolor 184. 
prismatica 184. retusa 183. Sagittaria 
134. “ 

Diospyros costata 124. Kaki 124. 190. 

Diplothemium caudescens Mart. 207. 

Dolichos bieontortus 126. unguienlatus 
349. 

Doryanthes excelsa Corr. 24. 

Dort enia wäh: Hook. 375. 

Dracaena concinna 214. excelsa 214. 
indivisa 12. lutescens striata und va- 
riegata 200. metallica 214. nutans 
236. pulcherrima 214. regalis hort. 
Paris. 24. Reginae Veitch 24. splen- 
dens 214. 237. Saposchnikowi 214. 
suleata 214. utilis 214. Weismanni 
(Wisemanni) 214. 

Dracontium asperum 143. dubium 143. 
elatum 144. polyphyllum 143. 

Drymoda pieta Lindl. 366. 


#öcheveria abyssinica 214. agavoides 
237. carinata 214. linguaefolia 237. 
scaphophylla 237. 

Echidnopsis cereiformis 374. 

Echium pomponicum 215. \ 

Elaeagnus angustifoius 291. reflexus 302. 

Wlaeocarpus eyaneus 236. 

Elaphroglossum Herminieri T. Moore. 

Encholirion corallinum Lind. 199. 

Eopepon aurantiacus Naud. 215. 

Epacris impressa 95. 215. 


Epidendron antenniferum Lindl. 215. 


evectum Hook. 366. Frideriei Guielmi 
Rehb. 191. Pseud-Epidendron 366. 
Episcia chontalensis Hook. 374. melitti- 
folia Mart. 215. tessellata 127. 
Eranthemum cinnabar. oeellatum 374. 
Bria extinetoria Hook. 366. 
Eriea-Varietäten 186. 236. 290. me- 
lananthera 27. 
Erodium Manescavi 156. 
Erythronium Nuttallianum 215. 
Esecallonia pulverulenta Pers. 215. 
Eucalyptus 3. 12. 161. amygdalina 
173. ceitriodora 173. colossea 173. 
diversicolor 174. eigantea 174. Glo- 
“ bulus 174. 246. gomphocephala 174. 
Gunnü 174. longifolia 174. mannifera 
174. marginata 174. piperita 174. 
populifolia 174. resinifera 175. robusta 
175. Sideroxylon 175. 
Eudianthe pusilla Rchb. 215. 
Euphorbia abyss. 239. pandnrata 215. 


E'icus bengalensis 142. (' ica,. 142, 
cordifolia 142. elastica 142. “slegans 
(elegantissima) 237. populeaster 142. 
sarapiguensis 258..Sycomorus 141. 156. 

Fieldia lissochilioides Gaud. 23. 

Fraxinus excelsior 37. Ornus 69. 

Fritillaria pudica 216. 

Fuchsia 230. Riecartorii 46. 
Benth. 375. 

Furceraea Bedinghausii C. Koch 253. 


Grardenia chartacea 216. florida 254. 

Genista alba (multiflora) 303. 

Geonoma Schottiana Mart. 199. 

Gerardia pedicularia L. 5. 6. querei- 
folia Pursh 5. 7. 

Gesneraceae 236. 

Gilia achilleaefolia Benth. 376. liniflora 
216. 376. lutea Steud. 216. 

Gingko biloba 395. 

Gladiolus dracocephalus Hook. 368. 


sessilifolia 


Gonolobus Cundurango Trian. 254. 


| ZIabenaria japonica A. Gr. 240. 


417 


Gleditschia Bujeautii 335. 

Glonera jasminiflora 190. | 
Gloxinia 85. hypocyrtiflora 130. 
Glyptostrobus pendulus 308. 
Godwinia Gigas 144. 

Gongora portentosa Lind. et Rehb. 191. 
DDR) 


ET 


Gravesia bertolonoides 
Grevillea intricata Meissn. 375. macro- 
 stylis F. Müll. 375. 

Guilielmia utilis 222. 
Gunnera chilensis 87. 

Gymnostachyen 221. 
Gymnothrix japonica 
Gynerium argentenm var. 


222. 
922 


Vis. 224. dalmaticum 
tigrinum 23. 

Lindenia rivalis 190. 

Liquidambar styraciflua 315. 

Liriodendron Tulipifera fastigiat. 303. 

Lisianthus Oerstedii Gris 224. 


Maly 224. 


Lithospermum Gastoni Benth. 375. 
petraeum A. DU. 375. er 

Lobelia Crystallpalast 67. pieta 258. 
Paxtoni 67. speciosa 66. 

Lonicera caprifolioides 302. Niagalli 
302.  oceidentalis 134. Perielyme- 
num 184. spectabilis 302. Web- 


biana 302. Xylosteum translucens 302. 
Luculia gratissima 393. 


| Luzuriaga corymbosa 12. 


Habrothamnus elegans 339. 
Haemanthus deformis Hook. 373. tenui- 
florus Herb. 3. coccineus 368. 
Haemadycetion refulgens 183. 
Hamamelis japonica S. et Z. 223. 
Hebeclinium janthinum fol. var. uro- 
lepis 126. 
Helleborus — Blendlinge 130. 
Helwingia ruseiflora 302. 
Hemerocallis disticha Donn 23. 
Hesperis matronalis fl. alb. pl. 223. 
Hibiscus albo-variegatus 237. 


‚ Hippeastrum pyrrhochroum 223. 


ı Houlletia chrysantha Lind. et Andr. 191. 


| Hypocyrta breviflora 130. 


Hortensien 126. 220. 230. 359. 


Humata Tyermani 223. 
Hydrangea Otaksa 175. 253. stellata 
prolifera SS. 


eFJacobinia ciliata Seem. 374. 

Iberis gibraltarica 125. 

Idesia polycarpa 308. 

Impatiens Balsamine imperialis 223. 

Jochroma coceinea 258. 

Iris filifolia Boiss. 368, juncea Desf. 368. 

Isotoma petraea 28). 

Juglans ailanthifolia 303. intermedia 
quadrangulata 124. macrophylla 303. 
mandschurica 308. | 

Juniperus communis 149. excelsa 334. 
ÖOxycedrus 334. Shepherdi 292. 

Justicia Lindenii 126. 

Ixora Colei 223. 


Walosanthes cocceinea 229. 
Kentia Balmoreana Wendl. 223. 
terburyana Wendl. 223. 237. 
Forsteriana 223. 
Klugia Notoniana 289. 
Kohleria rupestris 223. 
Kosaria Barnimiana 146. 
Kreysigia multiflora Rchb. 223. 


Can- 
256. 


149. | 


Lachenalia luteola Jaeq. 
Laelia grandis Lindl. 224. 
Rehb. 22. | 
Lamprococeus coerulescens 224. Lau- 
rentianus 394. | 
Larix americana 224. dahurica 224. | 
decidua 224. Kaempferi 117. 
Lasiandra macrantha 352. 
Latania borbonica 3. 
Lathyrus odoratus L. 92. 224. 
Leptospermum aciculare 156. 
phelioides 186. 
Leschenaultia formosa 236. 394. 
Leucopogon Cunninghami 97. 
Libocedrus chilensis 11. 
Lilium auratum 257. 


praestans 


sti- | 


250. Catanü | 


‚ Lychnis speciosa 126. 
| Lyeopodium dichotomum Jaeg. 91. 
‚ı Lycopodium mandioccanum Raddi S1. 


taxifolum Sw. 91. 


Lygeum Spartum 25. 


1 


Macleya cordata Jeddoönsis 8 
Maclura trieuspidata 303. 


| Macrozamia corallipes 231. 237. 
Malus floribunda 115. Toringo 118. 
Malva nıniata (av. 373. 

Maranta arrecta Lind. et Andr. 199. 


bellula 231. Lindenii 199. Luciani 232. 
pruinata 232. Wallisii 232. zebrina 236. 
Marantaceae 235. 
Marcgravia paradoxa 232. 
Marsdenia Cunduraugo Rehb. 254. 
Massonjia odorata Hook. 368. 
Matthiola annua 207. autumnalis mon- 
strosa 207. 
Megaclinium purpuratum Lindl. 366. 
Meryta latifolia Seem. 373. 


| Milla capitata Bak. 372. 


Miltonia Warszewiezii 22. 

Mimulus hybr. tigr. 67. luteus 67. SS. 189. 
Mitraria coccinea 156. 

Monolopia major 232. 


Monstera Lennea 141. 
Mühlenbeckia 4. 


Narcissus calathinus 128. 


| Nasturtium officmale 189. 


Nerine pudica Hook. 367. 
Nepenthes Sedeni 238. 
Nothoscordum aureum Hook. 
Nuttallia cerasiformis 303. 
Nymphaea alba 159. odorata Ait. 48. 


Ochrosia elliptica Lab. 232. 

Öchthocharis Bomeensis 239. 

Odontoglossum Halli 190. luteo- 
purpureum Rehb. 191. roseum Lind. 
191. Sceptrum 191. Wallisii 190. 


312. 


| Oenanthe erocata 287. 


Oenothera gigatea 293. 


Oneidium fuscatum Rchb. 21. hyphae- 
maticum 239. lanceolatum 21. Li- 
minghii 22. ormnithocephalum 239. 


splendidum Rehd 21. Duch. 365. ti- 
grinum Llav. et Lex. 365. varicosum 
Lindl. 22. 

Ophiocaulon eissampeloides Mast. 239. 

Ophrys apifera 98. insectifera L. 98. 
lutea Cav. 366. myodes 98. ten- 
thredinifira 98. 

Opuntia Rafinesqueana 2SS. 

Orchis japonica 240. 

Oreopanax dactylifolium 231. 


| Osbeckia aspera Wright 239. 


Oxalis caprina 258. cernua 258. tro- 


paeoloides 107. 130. 


Paliurus lueidus 303. 


Pancratium ornatum Bouch. 239. spe- 
ciosum 280. 

Pandanus ceramensis 295. Vangeertii 
237. 


Panicum latanifolium 235. plicatum ni- 
veum 239. 

& apaver setiferum DC. 240. 
assiflora einnabarina Lind. 373. 
peratrice Bug£enie 3. 

Paullinia thalictroides 237. 240. 373. 

Pelargonien 219. 220. 227. 319. 

Pelargonium Triomphe de St. Maude 
de pl..125: 

Pennisetum longistylum 339. 

Penstemon vertieill. Mart. et Gal. 240. 

Pentas kermesina 127. 

Peristrophe angustifolia 221. 

Persica dianthiflora 124. rosaeflora 124. 

Phalaenopsis Lobbii Lindl. 22 

Philadelphus coronarius fl. pl. 125. 

Philodendron calophyllum Brongn. 200. 
Daguense Lind. et Andr. 200. Prieure- 
anum Schott 200. Roezlii 240. Wil- 
liamsii Hook. 372. 

Phlox cardinalis 66. Urystallpalast com- 
pacta 66. Drummondii 231. Loudoni 
186. Nelsoni 186. nivalis 186. 

Phoenix dactylifera 3. 

Phormium nigropunetatum 240. 

Pincenectia tubereulata 11. 

Pinus Benthamiana 333. Coulteri 333. 
Lambertiana 333. 391. ponderosa 333. 
Sabiniana 333. tubereulata 333. 

Pirus Achras 208. baccata 295. 
sis 205, cordata 108. elaeagnifolia 
108. floribunda 118. Kaido 118. 
persica 10%. prunifolia 246. Ringo 
115. Simonii 108. Toringo 11S. 

Pitcairnia Altensteini 235. 

Pithecolobium pruinosum Benth. 240. 

Pithyrophyllum erusbescens 367. 

Plagianthus Lyallii Hook. 57% 

Platanthera radiata 240. 

Pleetogyne variegata 231. 

Plecetopomen S6. 2 

Plumiera alba 180. lutea 189. 

Podocarpus mucronatus 3. 

Podocytisus caramanicus 308. 

Pogogyne Douglasii Benth. 376. 

Polycarpa Maximowitschii 303. 

Polygala latifolia 186. 


Iın- 


chinen- 


Polygonum Sieboldii 259. 392. sacha- 
liense 259. 
Polystigma typhinum DC. 53. 
Populus hybrida Berolimensis 308. 
nigra 311. 
Primula chinensis fimbriata 394. cortu- 


soides amoena S7. 
149. 190. 280. 576. intermedia_S7. 

Prunus Avium 14. cerasifera 287. 375. 
depressa Pursh 124. divaricata Led. 
376. incana 124. insignis 123. My- 
robalanus 237. prostrata 124. pumila 
124. Susquehanae Willd. 124. tenerrima 
Carr. 124. 

Pterocarya chinensis 305. laevigata 305. 

Ptychosperma Alexandrae F. Müll. 24. 


japonica 92. 126. 


@uercus Aesculus C. 275. Affganista- 
nensis 274. asplenifolia 273. aurea 
Wierb. 273. 274. axillaris Schur 274. 
brutia Ten. 247. Concordia 273. con- 
densata Schur 274.  conglomerata 
Pers. 274. Dalechampii Ten. 275. 


8 


deeipiens Bechst. 274.  Falkenber- | Stevia suaveolens Lag. 2 ; 

gensis 274. fastigiata Lam. 267. | Strobilanthes N, v. E "255. cerin- 
femina Mill. 266. HFennessi 273. | thoides N. v. E. 255. pulcherrimus 256. 
fruutipendula Schrank 266. Haas rhamnifolius 256. trifidus N. v. E. 256. 


Kotschy 267. Hartwissiana Stev. 274. 
heterophylla 273. hybrida Bechst. 268. 
iberica Stev. 274. lacianata 273. lon- 
gaeva Salisb. 266. Louettii 275. 1y- 
rata 273. wmacrophylla 267. mespili- 
folia Wallr. 275. pallida Heuff. 274. 
peduneulata Ehrh. 37. 266. petiolata 
Schur 275. .polycarpa Schur 274. 
pyramidalis 267. racemosa Lam. 266. 
Robur L. 266. rosacea Bechst. 273. 
salicifolia 268. 


273. sublobata Kit. 275. Thomasiüi 
Ten. 267. variabilis 275. viminalis 
Bose 268. 

Keanunculus 230. 

Raphanus caudatus 308. Raphanistrum 


308. sativus 308. 


 Raphia angolensis 395. taedigera 394. 


Raphiolepis ovata 124. 

teseda odorata 231. 

Retinospora ericoides 334. juniperoides 
354. pisifera filiformis 334. squarrosa 
334. 

Rhapis flabelliformis luteo-vittata 29. 

Rhinanthus virginieus 8. 

Rhodanthe Manglesii 238. 

Rhododendron Brookeanum Low 240. 
campanulatum 41. Edgeworthii Hook. 
240. Mortierei 109. niveum Hook. 247. 
Princess of Wales SS. sinense Sweet 375. 

Rhodoleia Championi 247. Teysmanni 
Migqu. 247. 

Rhynchosia Chrysocias Benth. 3 


' Robinia Pseudacaeia ns 987 


' Selaginella 105. 


ı Rodgersia japonica 247. 


Roezlia granatensis 247. 
Rosa 230, ferox 154. Regeliana 14. 
gosa 184. 


Salix babylonica 38. 131. Salomonis 303. 

Sambucus Ebulus 129. 

Sarracenien 23). 

Saxifraga longifolia Lap. 576. Maweana 
Bak. 247. peltata Torr. 247. 

Schinus Molle 2. 

Schizolobim excelsum 247. 

Sedum glandulosum Mor. 376. 

Apus 106. helvetica 
rubella Th. Moore 248. 
Sempervivum chrysanthum 

248. 
Seubertia laxa 238. 
Silybum eburneum 250. 
Siphocampylu lantanifolius DO. 248. 
Smilax aspera punctata 248. 
Solanum Capsicastrum 248. 
Lam. 245. ferox 248. 
carpum 248. 
Sorbus alnifolia 302. 
Spartocytisus albus 303. 
Sphaeralcea miniata Spach 373. 
Sphaeria typhina Pers. 53. 
Spigelia marylandica 57. 
Spiraea confusa 72. 
Spondias pleiogyne 252. 
Stangeria schizodon 255. 
Stapelia eylindrica 374. 
Staphylea colchica 124. 
Stenosiphonium Russellianum N. o. 
E. 255. 
Stephanophysum Baihiri 255. 
= Tuer ra 


TUu- 


Hochst. 


ciliatum 
haemato- 


nz 


sessiliflora Salisb. 266. 


vestitus N. v. E. 256. viscosus 256. 
Symphytum offieinale L. 88. 


| Susberlan ditMerublense 127. 


Tacsonia quitensis 86. 


Tapeinotes Bro S6. 

Telopea speciosissimna 41. 

Thalia dealbata 335. 

Thuja aurea 334 Fortunei 334. Lobbii 
554. oceidentalis monstrosa 221. 

Thujopsis dolabrata 27. 

Thyssanotus proliferus Lindl. 23. 

Tillandsia erubescens 367. gigantea 256. 
jonantha Planch. 367. Lindenii E. Morr. 
90. staticacllora E.Morr. 90. usneoides 90. 

Toxicophloea spectabilis 237. 

Trichopilia erispa var. marginata 23. 

Tryeyrtis sp. fol. striatis 23. 

Trifolium badium 186. 

Triteleia uniflora 98. 

Tritoma Uvaria 339. 

Tsuga Roezlii 118. 

Turraya heterophylla Sm. 356. 


Ulmus alata Mchx. 152. americana L. 


151. antarctica 151. campestris L. 
157. 139. carpinifolia 140. eiliata 
Ehrh. 151. cornubiensis 140. cory- 
lifolia Hort. 150. crispa 150. Dam- 
pieri 150. effusa Willd. 151. elon- 
gata 150. Exoniensis 140. 150. fas- 


tigiata 140. Fordii 150. fulva Mehx 
152. fungosa 139. glabra Mill. 140. 
gracilis 151. laevis Pall. 151. major 
Sm. 15( montana Sm. 150. mo- 
numentalis Rinz 140. nemorosa 
Borkh. 140. nuda Ehrh. 139.  oc- 
tandra Schk. 151. Ontariensis 150. 
peduneulata 151. Rosseelsii 140. ru- 
gosa 151. sarniensis 140. sativa Mill. 
137. scabra Mill. 150. strieta 140. 
suberosa Ehrh. 139. tiliaefolia 150. 
urticaefolia 150. viminalis 151. vi- 
rens 140. 
Uncaria Gambir Roxb. 256. 
Urtica caracassana Jacq. 256. 
Ustilago cruenta Kühn 152. 
Utricularia montana Jacy. 190. 375. 
Vallota purpurea 128. 
Vanda Batemani Lindl. 
Lindl. 256. 
Veitchia Canterburyana 223. 237. 256. 
Verbesina crocata Less. 256. 
Verschaffeltia melanochaetes 
199. 
Vestia lycioides Willd. 256. 
Vicia hirsuta 260. macrosperma 260. 
monanthos 260. 


[827 


eristata 


Wendl. 


Viola altaico-trieolor 231. cornuta 
1732 
Weallicha caryotoides 127. 


Welfia regia Wendl. 199. 
Wigandia floribunda 256. 


Xanthoceras sorbifolia Bge 37. 
Xiphion filifolium Klatt 368. junceum 


Klatt 368. 
Yucca quadricolor 11. recurvata 228. 


Zamia corallipes 237. 
Zauschneria californica 258. 


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